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German Pages 264 Year 1978
WOLFGANG A. BIENERT
DIONYSIUS VON ALEXANDRIEN ZUR FRAGE DES ORIGENISMUS IM DRITTEN JAHRHUNDERT
W DE
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PATRISTISCHE TEXTE UND STUDIEN IM AUFTRAG DER PATRISTISCHEN KOMMISSION DER AKADEMIEN DER WISSENSCHAFTEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
HERAUSGEGEBEN VON K.ALAND UND W. SCHNEEMELCHER
BAND 21
WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1978
DIONYSIUS VON ALEXANDRIEN ZUR FRAGE DES ORIGENISMUS IM DRITTEN JAHRHUNDERT
VON
WOLFGANG A. BIENERT
WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK
1978
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Bienert, Wolfgang A.: Dionysius von Alexandrien : Zur Frage d. Origenismus im 3. Jh. - 1. Aufl. - Berlin, New York : de Gruyter, 1978. (Patristische Texte und Studien ; Bd. 21) ISBN 3-11-007442-7
© 1978 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — KarlJ. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30 Printed in Germany Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen Satz und Druck: Walter de Gruyter, Berlin · Einband: Wübben, Berlin.
Meiner Frau
VORWORT Die Beschäftigung mit Dionysius von Alexandrien geht auf eine Anregung von Herrn Prof. D. Dr. h. c. W. Schneemelcher zurück. Daraus entstand zunächst eine Übersetzung der erhaltenen Fragmente dieses alexandrinischen Theologen und Bischofs (BGL2, Stuttgart 1972). Die dabei aufgekommenen Zweifel am origenistischen Charakter der Theologie des Dionysius, wie er in der Forschung fast durchweg behauptet wird, verstärkten sich durch den Fund neuer Texte (vgl. Kleronomia 5, 1973, 308ff.) und machten eine genauere Untersuchung dieses Problems notwendig. Insgesamt aber sollte die bisher zu wenig beachtete Bedeutung des Dionysius für die Kirchen- und Theologiegeschichte des 3. Jahrhunderts sichtbar gemacht werden. Von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn wurde diese Untersuchung im Wintersemester 1976/77 als Habilitationsschrift angenommen. Für die Drucklegung habe ich sie noch einmal durchgesehen, geringfügig überarbeitet und ergänzt. Zum Abschluß der Drucklegung möchte ich noch einmal allen danken, die diese Arbeit durch Anregungen, Rat und Kritik gefördert haben. Neben Herrn Prof. Schneemelcher seien besonders genannt die Professoren: L. Abramowski, H. Crouzel, D. Hagedorn, R. Hübner, F. H. Kettler und der inzwischen verstorbene M. Richard. Der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland danke ich für die Aufnahme dieser Untersuchung in die Reihe , Patristische Texte und Studien', ebenso der Deutschen Forschungsgemeinschaft für einen namhaften Druckkostenzuschuß. Danken möchte ich auch an dieser Stelle Frl. U. Keuthen für die Reinschrift des Manuskripts sowie dem F. J. DölgerInstitut in Bonn für mancherlei Unterstützung. Für das Mitlesen der Korrekturen danke ich Herrn Pastor H.-P. Friedrich, Bonn, und meiner Frau. Hermannsburg, am 18. Mai 1978
Wolf gang A. Bienen
INHALTSVERZEICHNIS I. Einleitung A. Zum Thema B. Das Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes in der bisherigen Forschung C. Das Problem des Origenismus 1. Der Begriff ,Origenismus' 2. Origenismus und die Lehre des Origenes 3. Die origenistischen Streitigkeiten 4. Das Problem des Antiorigenismus 5. Kriterien für eine Bestimmung des Origenismus im 3. Jahrhundert a) Theologiegeschichtliche Überlegungen b) Kirchengeschichtliche Aspekte D. Aufgaben der folgenden Untersuchung II. Die Grundlagen: Quellen und "Zeugnisse A. Altkirchliche Zeugnisse über Dionysius B. Ein weiterer alexandrinischer Dionysius? 1. Eine Schrift gegen Origenes? 2. Fragmente aus der dem Niketas zugeschriebenen HiobKatene 3. Fragmente aus der Lukas-Katene des Niketas a) Ein Lukas-Kommentar des Dionysius? b) Verbindung zu PS.-Dionysius Areopagita 4. Zusammenfassung C. Fälschungen unter dem Namen des Dionysius 1. Ein Briefwechsel mit Paul von Samosata 2. Ein gefälschter Brief des Dionysius an Sixtus (Xystus) II. von Rom D. Das erhaltene Werk des Dionysius 1. Sammlungen der Fragmente des Dionysius 2. Unbestritten echtes Material 3. Texte aus kanonistischer Überlieferung 4. Exegetica 5. Vermischtes aus griechischer Überlieferung a) Aus den Sacra Parallela des Johannes Damascenus . . .
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Inhaltsverzeichnis
6. 7. 8. 9. ///.
b) Fragmente aus Katenen zu neutestamentlichen Schriften c) Fragen und Antworten d) Zwei Texte Isidors von Pelusium unter dem Namen . des Dionysius Ein lateinisch überliefertes Fragment Syrisch überlieferte Fragmente Armenisch überlieferte Fragmente Zusammenfassung
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts 71 A. Herkunft und Entwicklung des Dionysius 71 B. Die alexandrinische Kirche zu Beginn des 3. Jahrhunderts . . 75 1. Die Anfänge der alexandrinischen Kirche 75 2. Rom und Alexandrien 78 3. Die Anfänge der alexandrinischen »Katechetenschule' . . 81 C. Der Streit um Origenes 87 1. Die Jugend des Origenes: Historic oder Legende? . . . . 87 2. Origenes als kirchlicher Lehrer 92 3. Origenes verläßt Alexandria 95 a) Die Gründe für den Weggang 95 b) Heraklas und seine Stellung im Streit um Origenes . . 100 c) Die Folgen für die Geschichte der alexandrinischen Kirche 104 D. Dionysius als Leiter des Katechumenunterrichts 106 1. Dionysius und Heraklas 106 2. Schriften des Dionysius aus dieser Zeit 108 a) Zur Chronologie der Schriften 108 b) „Über die Natur" 109 c) Der Kommentar zum Ekklesiastes 115 d) Die Deutung des Paradieses bei Dionysius und Origenes 119 e) Die Briefe an Basilides 121 (a) Der griechisch erhaltene ,kanonische' Brief . . . . 121 (ß) Der armenisch überlieferte Brief an Basilides . . . 124 f) „Über das Martyrium. An Origenes" 125 3. Rückblick auf das Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes in dieser Zeit 131
7V. Dionysius als Bischof von Alexandrien A. Vorbemerkungen B. Die Osterfestbriefe 1. Der Ursprung der Osterfestbriefe 2. Zur Chronologie der Osterfestbriefe
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Inhaltsverzeichnis
3. Einzeluntersuchung der Festbriefe a) Der Brief an Hierax b) Der Brief an die Brüder in Alexandrien c) Der Brief an Hermammon d) Die Bedeutung der Festbriefe C. Der Streit um die Busse, das Schisma Novatians und die Folgen 1. Zur Vorgeschichte 2. Die Stellung des Dionysius zur Frage der Busse 3. Der Ketzertaufstreit a) Der Verlauf b) Die Vermittlungstätigkeit des Dionysius D. Die Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Chiliasmus . . 1. Die historischen Zusammenhänge 2. Zum Verständnis der Johannesapokalypse E. Der ,Streit der beiden Dionyse* 1. Vorbemerkungen 2. Der Verlauf 3. Die Streitpunkte zwischen Dionysius und seinen Gegnern 4. Das Lehrschreiben des Dionysius von Rom 5. Die Antwort des alexandrinischen Dionysius V. Origenismus und alexandnnische Tradition VI. Literatur (in Auswahl) VII. Register 1. Stellen a) Altes Testament b) Neues Testament c) Antike Autoren 2. Moderne Autoren 3. Antike Namen, Sachen und Begriffe
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I. EINLEITUNG A. ZUM THEMA Die vorliegende Untersuchung behandelt ein Problem der Kirchenund Theologiegeschichte, das in der Forschung bisher wenig Beachtung gefunden hat: das Verhältnis des alexandrinischen Bischofs Dionysius, des bedeutendsten Repräsentanten seiner Kirche im 3. Jahrhundert, zu seinem Lehrer Origenes1, dem überragenden Theologen der griechischen Kirche. Bei der Fülle der Origenesliteratur2 ist man überrascht, wie selten der Frage nachgegangen wird, auf welchem Wege das Erbe des Origenes zu seiner historischen Bedeutung gelangt ist. Durch die weitgehend theologie- und geistesgeschichtlich bestimmte Origenesforschung gewinnt man häufig den Eindruck, als sei es geradezu selbstverständlich, daß ein so überragendes theologisches Lehrgebäude — wie das des Origenes — sich auch historisch beinahe zwangsläufig durchsetzen und alle zeitgenössischen Theologen — zumindest die griechischen und deren Nachfolger — in ihren Bann schlagen mußte. Man übersieht dabei leicht, daß unsere Kenntnis der Kirchengeschichte des 3. Jahrhunderts fast ausschließlich auf der Darstellung Eusebs von Cäsarea beruht, der bekanntlich ein Anhänger und Verehrer des Origenes war. Und man vergißt ebenso leicht, daß der Lehrer Eusebs, Pamphilus, sich gegen Ende des 3. Jahrhunderts genötigt sah, eine umfangreiche Apologie für Origenes zu verfassen, an der sein Schüler maßgeblich mitgewirkt hat3. Daran zeigt sich, daß das Erbe des Origenes im 3. Jahrhundert bereits keineswegs unumstritten war und daß es schon früh Kreise gegeben hat, die die Theologie des Origenes oder bestimmte Lehren dieser Theologie mehr oder weniger heftig bekämpft haben4. Bisher ging man im allgemeinen davon aus, daß nach Demetrius, der einst Origenes aus Alexandrien verbannt hatte, Petrus I. (gest. 311) der 1
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Daß Dionysius Schüler des Origenes war, erfahren wir von Euseb, h. e. VI, 29, 4; vgl. Hieronymus, vir. ill. 69. Vgl. die umfassende Bibliographie (bis 1969) von H. Crouzel, Bibliographie critique d'Origene (Instrumenta Patristica VIII), Steenbrugge 1971; ferner: R. Farina, Bibliografia Origeniana 1960-1970 (Biblioteca del .Salesianum' 77), Rom 1971. Erhalten ist von dem Werk, das zunächst fünf Bücher umfaßte und zu dem Euseb wohl selbständig ein sechstes Buch angefügt hat, lediglich Buch l in der Übersetzung Rufins. Text: PG 17,521-616; vgl. Photius, Bibl. cod. 118. Daß es sich dabei lediglich um eine „zahme Reaktion" gehandelt habe, wie A. Harnack gemeint hat (Dogmengeschichte, 3. Aufl. Freiburg 1898, 140), erscheint mir fraglich.
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Einleitung
zweite alexandrinische Bischof gewesen sei, der sich gegen den berühmten Lehrer bzw. gegen dessen Lehren gewandt habe5. Dionysius galt weithin — wenn auch gelegentlich mit gewissen Einschränkungen — als genuiner Vertreter des Origenismus und als Anhänger und Freund des Origenes. Inzwischen aber sind neue Fragmente ans Licht gekommen, die zu erheblichen Zweifeln an dieser Anschauung Anlaß geben6. Sollten sich die durch den Neufund verstärkten Zweifel am Origenismus des Dionysius bestätigen7, so hätte das nicht nur Konsequenzen für die Beurteilung des Dionysius selbst. Auch die sogenannte ,alexandrinische Theologie' erschiene in einem anderen Licht8. Denn Dionysius ist nicht nur der bedeutendste bischöfliche Vertreter der alexandrinischen Kirche im S.Jahrhundert, er ist auch der einzige, von dem wir — trotz der fragmentarischen Überlieferung seines Werkes — mehr wissen als von jedem anderen Theologen oder Bischof dieser Kirche nach Origenes bis hin zu Alexander von Alexandrien, dem Vorgänger des Athanasius. Schließlich hängt auch die Beurteilung des Origenismus im 3. Jahrhundert weitgehend davon ab, wie man Dionysius theologiegeschichtlich einordnet, da er bisher nicht selten als Musterbeispiel für einen kirchlichen Origenismus betrachtet wurde und als Vermittler des origeneischen Erbes eine Schlüsselstellung in der theologiegeschichtlichen Entwicklung einnahm.
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A. Harnack, LG I, l, 444: „Petrus war als Schriftsteller ein Gegner des Origenes, und seine Bedeutung in der alexandrinischen Literaturgeschichte besteht darin, daß sich durch ihn die zweite Abkehr des offiziellen Kirchentums in Alexandrien von Origenes vollzogen hat". Vgl. L. B. Radford, Three Teachers of Alexandria, Cambridge 1908, 58. W. Bienert, Neue Fragmente des Dionysius und des Petrus von Alexandrien aus Cod. Vatop. 236, in: Kleronomia 5 (1973) 308-314. Es gab auch früher schon Gründe, am genuinen Origenismus des Dionysius zu zweifeln; vgl. meine Übersetzung (BGL 2, Stuttgart 1972) 18, wo die neuen Fragmente noch nicht berücksichtigt sind. Zu der gesamten Frage vgl. auch R. Staats, in: ZKG 86 (1975) 98-99. Wenn z. B. W. Gericke, Marcell von Ancyra, Halle 1940, 88 schreibt: „Die alexandrinische Theologie ist durch ihren Höhepunkt Origenes genugsam bekannt", dann gibt er damit die weitverbreitete Ansicht wieder, die in Klemens Alexandrinus und vor allem Origenes die beherrschenden Theologen der alexandrinischen Theologie — zumindest für das 3. Jahrhundert — erblickt. H. Chadwick, ,Alexandrinische Theologie' in: RGG3 I (1957) 233f., unterscheidet zwar zwischen einer apologetisch bestimmten Alexandrinischen Theologie bei Klemens und Origenes (im 3. Jh.) und einer hochkirchlichklerikalen Orthodoxie unter dem Einfluß des Athanasius (im 4. und 5. Jh.). Da aber Dionysius mit keinem Won erwähnt wird, bleibt der Eindruck bestehen, daß im 3. Jahrhundert der Einfluß des Klemens und des Origenes bestimmend war.
Das Verhältnis zwischen Dionysms und Origenes in der bisherigen Forschung
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B. DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN DIONYSIUS UND ORIGENES IN DER BISHERIGEN FORSCHUNG
Man hat in der bisherigen Forschung — soweit ich sehe — die Abhängigkeit des Dionysius von Origenes niemals grundsätzlich infragegestellt. Doch schwankt die Beurteilung dieser Abhängigkeit hinsichtlich ihrer Intensität nicht unerheblich. Denn es gab auch früher schon Hinweise darauf, daß sich Dionysius zu bestimmten Lehren des Origenes offenbar kritisch oder gar ablehnend geäußert hat. Je nachdem, welche Bedeutung man diesen Hinweisen innerhalb der Gesamtbeurteilung gab, differieren auch die Urteile. Ohne bereits auf Einzelheiten einzugehen, die einer genaueren Analyse bedürfen, seien hier nur einige markante und bis in die Gegenwart wirksame Urteile wiedergegeben. H. G. Opitz hat Dionysius als „glänzendsten Vertreter der origenistischen Theologie" bezeichnet9, und P. Th. Camelot hat dieses Urteil erst kürzlich wiederholt10. Zurückhaltender äußerte sich Ch. L. Feltoe in der Einleitung zu seiner bis heute grundlegenden Sammlung der Fragmente des Dionysius im Hinblick auf die Exegese des Dionysius: „The general impression . . . left upon us is that Dionysius reverted to the more sober methods of interpreting the Bible that prevailed throughout the Church of his day as a whole, though he approached his master's (sc. des Origenes) theories in his usual sympathetic spirit and availed himself of much that was valuable in them"11. A. v. Harnacks Urteil ist merkwürdig schwankend. In seiner Geschichte der altchristlichen Literatur kommt er zu dem Schluß, „daß Dionysius nur ein bedingter Verehrer des Origenes gewesen ist und deshalb auch ein bedingter Gegner" und daß er einen „gemilderten resp. halbschlächtigen Origenismus" vertreten habe12. In seinem Lehrbuch der Dogmengeschichte13 meint er jedoch, es sei „nicht nachweisbar, daß die nächsten Schüler des Origenes, die Vorsteher der Katechetenschule" — und zu ihnen gehört Dionysius — „ihren Meister erheblich korrigiert haben". In seiner letzten zusammenfassenden Darstellung über Dionysius geht Harnack noch einen Schritt weiter. Dort schreibt er über ihn: „Er lebte und webte in der religionsphilosophischen Wissenschaft seines wenig älteren Lehrers Origenes und verstand es, ihre kirchliche Seite so hervorzukehren, daß das Ansehen des Origenes, das unter seinen beiden Vorgängern tief geschädigt war, sich wieder hob und trotz fortgesetzter Anfechtungen wieder wirksam wurde"14. 9 10 12 14
Dionys von Alexandrien und die Libyer, in: Quantulacumque, London 1937, 42. RSPhTh 57 (1973) 539. » Feltoe S. XXVIII, vgl. S. XXV-XXIX. I, l, 423; vgl. II, 2, 59. » 4. Aufl. I, 777. A. v. Harnack, Die Sammlung der Briefe des Dionysius von Alexandria, in: Die Briefsammlungen des Apostels Paulus und die anderen vorkonstantinischen Briefsammlungen, Leipzig 1926, 63 (insgesamt: 62-69 m. Anm. S. 86f.).
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Einleitung
Damit nähert sich Harnack der weitverbreiteten Ansicht, die in Dionysius den Wegbereiter und ersten Vertreter eines ,kirchlichen Origenismus' sieht, was man im einzelnen darunter auch verstehen mag. Im allgemeinen soll damit wohl ausgedrückt werden, daß er als spekulativ wenig begabter Schüler des Origenes15 einen kirchlich gemilderten Origenismus vertrat, der die problematischen Spitzen des origeneischen Systems beseitigte16. Gemeint ist dies vor allem im Hinblick auf Christologie und Trinitätslehre. F. Loofs hat darüber hinaus bei seiner Einteilung der theologiegeschichtlichen Entwicklung der Trinitätslehre des 3./4. Jahrhunderts in eine „origenistische Rechte" und eine „origenistische Linke" Dionysius der inferioristischen ,origenistischen Linken' zugeordnet17. Im Hinblick auf das Verhältnis zu Origenes muß er allerdings einräumen, daß bestimmte Äußerungen des Dionysius „genuinem Origenismus" widersprächen18. Theologiegeschichtlich betrachtet erscheint Dionysius gemessen an Origenes im allgemeinen als Theologe minderer Begabung und darum auch minderer Bedeutung. Seine kirchengeschichtliche Bedeutung innerhalb des 3. Jahrhunderts wird demgegenüber weitgehend anerkannt und der ihm bereits von Euseb beigelegte Titel „der Große" — — 19 in dieser 20 Hinsicht auch als berechtigt zugesprochen . Eigentümlicherweise tritt bei dieser Betrachtung das Verhältnis des Dionysius zu Origenes deutlich in den Hintergrund21. Man begnügt sich zumeist mit dem Hinweis darauf, daß Dionysius einst Schüler des Origenes und später Leiter der alexandri15
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So bereits Th. Foerster, Dionysius der Große von Alexandrien. Ein Beitrag zu seiner Biographie, in: Zeitschr. f. hist. Theol. 35 (1871) 76; ders.: De doctrina et sententiis Dionysii Magni episcopi Alexandrini, Diss. Berlin 1865, 44. So oder ähnlich: F. Loofs, Leitfaden zum Studium der DG (19596) 173; R. Seeberg, Lehrbuch der DG, I (Nachdruck der 3. Aufl. 1965) 628; H. Lietzmann, Gesch. d. alten Kirche III (1961) 81 ff.; K. Müller, Kirchengeschichte I3 (1941) 303f.; A. Adam, Lehrbuch der DG I (1965) 213; H. Chadwick, Die Kirche in der antiken Welt (1972) 128; u. a. Vgl. Art.: ,Arianismus' in: RE3 2 (1897) 9; Art.: ,Christologie', in: RE3 4 (1898) 45; Leitfaden (19596) 174. — Diese didaktisch hilfreiche, sachlich jedoch wegen der damit verbundenen Schematisierung nicht unproblematische Einteilung hat ihre Wirkung bis heute nicht verfehlt: vgl. J. F. Bethune-Baker, An Introduction in the Early History of Christian Doctrine to the Time of the Council of Chalcedon, London 19202, 121; B. Lohse, Epochen der Dogmengeschichte, Stuttgart 19743, 54 f. Leitfaden, 174. Der in diesem Zusammenhang von F. Loofs angeführte Beleg aus Athanasius (Dion. 4) ist allerdings wenig geeignet, denn es handelt sich hierbei nicht um ein Zitat aus dem Werk des Dionysius, sondern um ein zusammenfassendes Referat des Athanasius. Eus. h. e. VII, prooem. Vgl. z. B. Harnack, LG II, 2, 59; O. Bardenhewer, LG II, 203; u. a. Vgl. etwa O. Bardenhewer aaO; G. Bardy, Denys d'Alexandrie, in: Catholicisme 3 (1952) 614-616.
Das Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes in der bisherigen Forschung
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nischen ,Katechetenschule' war, wobei man davon ausgeht, daß in dieser Schule „charakteristische Tendenzen des Klemens und Origenes weitergegeben wurden"22. Die Tatsache, daß Demetrius und dessen Nachfolger Heraklas Origenes aus Alexandrien verbannt hatten und Dionysius unter dem Episkopat des Heraklas Leiter der alexandrinischen , Katechetenschule' war, findet kaum Erwähnung. Auch daß es neben Methodius von Olympus vor allem Alexandriner waren, die sich gegen Origenes wandten, wird bei der Bestimmung der ,alexandrinischen Theologie' kaum berücksichtigt. Die gesamte weitere Entwicklung erscheint unter dem Einfluß des Origenes, dem sich — zumindest im Osten des römischen Reiches — offenbar kein Theologe entziehen konnte23. Und wenn schließlich festgestellt wird, daß auch die Gegner des Origenes von dessen Theologie beeinflußt waren24, dann ist das Bild vom überragenden Einfluß des Origenes auf die theologische Entwicklung seiner Zeit vollkommen. Es entspricht in vielen Punkten dem, das Euseb von Cäsarea in seiner Kirchengeschichte von dieser Epoche gezeichnet hat. Und eine Korrektur dieses Bildes ist deswegen so schwer, weil andere Quellen — vor allem solche, die nicht von Freunden und Verehrern des Origenes übermittelt sind — fast völlig fehlen. Das spürt man am deutlichsten, wenn man nach den Gründen fragt, die dazu geführt haben, daß Origenes Alexandrien verlassen und nach Cäsa-
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B. Altaner/A. Stuiber, Patrologie, Freiburg 19667, 189. — Für die spätere Entwicklung wird gern darauf verwiesen, daß es im 4. Jahrhundert zu Auseinandersetzungen zwischen der .alexandrinischen' exegetischen Tradition — gemeint ist die allegorische Bibelauslegung — und der ,antiochenischen Tradition' gekommen ist. Als Begründer der antiochenischen Schule gilt der Presbyter Lukian von Samosata (gest. 312). Vgl. dazu: J. Guillet, Les exegeses d'Alexandrie et d'Antioche. Conflit ou malentendu? in: RechSR34 (1947) 257-302. Zu Lukian vgl. neuerdings auch: D. Hagedorn, Der Hiobkommentar des Arianers Julian (PTS 14), Berlin 1973, 30 u. Einl. XXXIV. Kritisch über die Entwicklung der frühen antiochenischen Schule M. Simonetti, Le origini deü" Arianesimo, in: RSLR 7 (1971) 317—330. Zur Frage der antiochenischen Exegese zuletzt: Chr. Schäublin, Untersuchungen zur Methode und Herkunft der antiochenischen Exegese (Theophaneia 23), Köln-Bonn 1974. Selbst K. Müller, der einräumen muß, daß die Theologie des Klemens Alexandrinus und des Origenes „nicht die ganze Theologie des Ostens" umgreift, sieht auch in jener anderen Richtung, „die den starken Spiritualismus preisgibt und die eine Linie verfolgt, . . . die vor allem durch Irenäus vertreten war" und die, „wie der junge Athanasius beweist, an der Wende des Jahrhunderts in Alexandrien selbst eingebürgert gewesen sein" muß, nur eine Weiterentwicklung „auf dem Grund der origenistischen Logos- und Trinitätslehre" (Kirchengeschichte P, 1941, 307). Zu Methodius vgl. N. Bonwetsch, Die Theologie des Methodius von Olympus (AGG 7, 1) 1903, bes. 54, 105ff., 114-126. Zu Petrus I. von Alexandrien vgl. Harnack LG I, 447; F. Loofs, Leitfaden, 173; L. B. Radford, 76; H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, 19632, 290 Anm. 3. 2 Bienen: Dionysius
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Einleitung
rea in Palästina übersiedeln mußte25. Hier ist über Vermutungen kaum hinauszukommen. Doch auch in diesem Fall scheint die Frage nach der Stellung des Dionysius in dieser Angelegenheit nicht unwichtig, denn er war ein Zeitgenosse dieser Ereignisse. So erscheint die Stellung des Dionysius zu Origenes nicht nur theologiegeschichtlich sondern auch kirchengeschichtlich von zentraler Bedeutung.
C. DAS PROBLEM DES ORIGENISMUS l. Der Begriff, Origenismus' Je umfassender man den Einfluß des Origenes auf die zeitgenössische und nachfolgende Theologie voraussetzt, um so schwieriger wird es, den Begriff ,Origenismus' bzw. ,origenistische Theologie' inhaltlich zu füllen. Dabei kommt erschwerend hinzu, daß der Begriff ,Origenismus' in der Wissenschaft unterschiedlich verwendet wird. H. Crouzel unterscheidet drei Bereiche, auf die er angewandt wird: 1. die Lehre des Origenes 2. die dem Origenes von seinen Gegnern zugeschriebenen Lehren 3. die Lehren der ,Origenisten' des 6. Jahrhunderts26. Grundsätzlich dürfte es jedoch genügen, zwei Bereiche auseinanderzuhalten: 1) die Lehre des Origenes und 2) all das, was sich im Laufe der Geschichte als Weiterentwicklung oder gültige Interpretation dieser Lehre verstand. Ob man auch die von Gegnern des Origenes diesem zugeschriebenen Lehrmeinungen als ,Origenismus' betrachten kann, hängt wohl davon ab, ob es Kreise gegeben hat, die entsprechende Lehren unter Berufung auf Origenes vertreten haben. Bloße polemische Unterstellungen wird man schwerlich als ,Origenismus' bezeichnen können. Die Lehre der ,Origenisten' des 6'. Jahrhunderts wäre in diesem Fall lediglich als besondere Form der Weiterentwicklung bzw. Interpretation der Lehre des Origenes anzusehen, ein Vorgang, der sehr wahrscheinlich schon früher eingesetzt hat und verschiedentlich zu Auseinandersetzungen um das theologische Erbe des Origenes geführt hat.
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Vgl. meinen Beitrag ,Dionysius der Große und Origenes' auf der 7. intern, patristischen Konferenz 1975 in Oxford (im Druck). Art.: Origenismus, LThK2 7 (1962) 1235. - Der Artikel ,Origenisme' von G.Fritz, DThC 11,2 (1932) 1565-1588 behandelt den Komplex, den andere Lexika unter das Stichwort .Origenistische Streitigkeiten' stellen, z. B. N. Bonwetsch, RE3 14 (1904) 489-493; F. H. Kettler, RGG3 IV (1960) 1701-1702.
Das Problem des Origenismus
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2. Origenismus und die Lehre des Origenes Auch wenn es um der begrifflichen Klarheit willen sinnvoller erscheinen dürfte, mit dem Wort , Origenismus' lediglich die Weiterentwicklung und Interpretation der Lehre des Origenes zu bezeichnen, da man ,Ismen' im allgemeinen in diesem Sinne versteht27, kann man nicht davon absehen, daß es bis heute auch zur Bezeichnung der Lehre des Origenes verwendet wird. Das zeigt z. B. der Versuch E. von Ivänkas, den Origenismus geistesgeschichtlich einzuordnen28. Auch wenn A. Adam von einer „inneren Konsequenz des Origenismus" spricht29, meint er damit das theologische System des Origenes. Ähnlich verhält es sich, wenn F. Loofs bei einigen Theologen des 3. Jahrhunderts Äußerungen findet, die „genuinem Origenismus" widersprächen30 oder wenn W. Gericke feststellt, Euseb von Cäsarea habe eine „epigonenhafte Form des Origenismus" vertreten31. Dabei machen gerade die zuletzt genannten Formulierungen deutlich, daß die Lehre des Origenes bei seinen Anhängern Veränderungen erfahren hat 27
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Mit Recht fordert z. B. K. Treu, man solle zwischen ,origeneischer' und ,origenistischer' Theologie unterscheiden (ThLZ 98, 1973, 356). E. v. Ivanka, Zur geistesgeschichtlichen Einordnung des Origenismus, By Z 44 (1951) 291—303. Es heißt dort (301): „Im Origenismus ist — so können wir seine Wesensbestimmung formulieren — die Synthese gezogen worden zwischen der christlichen Lehrüberlieferung und dem damaligen, von hellenisch-antiker Denkweise gestalteten Weltbilde — und zwar in der Weise, daß die einzelnen christlichen Lehrstücke und Glaubenselemente sich m den festen Rahmen dieses Weltbildes einfügen mußten. Wenn man auch — vom rein Philosophischen her — bei Origenes sagen kann, daß es oft nur die ,Transskription' des christlichen Inhalts mit den Begriffen der hellenischen Philosophie ist (Hinweis auf J. Dani6lou, Origene, 49), so sind andererseits doch diese christlichen Glaubensinhalte in ein Gesamtschema hineingesehen, das dem hellenischen ,Seelenmythos' entstammt und der zeitgenössischen Philosophie zugrunde liegt. Das bedingt seine eigenartige Zwischenstellung zwischen Glaubenslehre, Philosophie und Gnostik — darin liegt aber auch das wesentlich Unchristliche (!) des Origenismus." In der geänderten Fassung dieses Aufsatzes von 1964 (Plato Christianus, Einsiedeln 1964, 11-125) lautet der Schlußsatz: „. . . und darin liegt auch die Bedrohung des christlichen Glaubensgehaltes, der in dieses zyklische Weltbild hineingestellt wird" (123). — Grundlage für diese Wesensbestimmung des Origenismus ist das System des Origenes, wie es sich vor allem in dessen Schrift ,Peri Archon' niedergeschlagen hat. ,Origenistische' Theologen werden nicht weiter berücksichtigt. Die Möglichkeit einer Weiterentwicklung, Interpretation oder gar Verfälschung der Theologie des Origenes kommt bei dieser Betrachtungsweise nicht in den Blick. Dabei dürfte das abschließende Urteil nicht unwesentlich von den sogen, „origenistischen Streitigkeiten" und der dabei auftretenden Interpretation der Lehre des Origenes beeinflußt sein. Vgl. dazu u. S. lOff. Lehrbuch der DG I, 213. Leitfaden, 174. Marcell von Ancyra, 88. - Der negative Klang dieses Urteils sollte den Blick für die tatsächliche Bedeutung Eusebs nicht verstellen; vgl. dazu H. G. Opitz, Euseb von Caesarea als Theologe, ZNW 34 (1935) 1-19.
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Einleitung
bzw. nur zum Teil von ihnen rezipiert wurde. Letzten Endes wird man sagen müssen, daß kein ,origenistischer' Theologe das gesamte System des Origenes übernommen und uneingeschränkt vertreten hat. Das gilt z. B. auch für Gregor von Nyssa, der ohne Zweifel viel von Origenes gelernt hat und schwerlich als Antiorigenist eingestuft werden kann, der aber gleichwohl bestimmte Lehren — etwa die von der begrenzten Schöpfermacht Gottes — heftig bekämpft hat32. Selbst Didymos der Blinde, den man noch am ehesten als genuinen Vertreter des Origenismus bezeichnen kann, weil er auch bestimmte Sonderlehren des Origenes vertrat, die von anderen bekämpft wurden — z. B. die Lehre von der Präexistenz der Seelen —, ist über Origenes hinausgegangen und hat dessen Lehren in einzelnen Punkten weiterentwickelt33. Je allgemeiner man das Phänomen Origenismus geistes- und theologiegeschichtlich betrachtet, um so stärker ist man genötigt, die Lehre des Origenes als Voraussetzung mit einzubeziehen. Je mehr man jedoch historisch zu differenzieren beginnt, erscheint diese Lehre als eine theologische Größe sui generis, in der platonisch-stoische Elemente zusammen mit philonischer Bibelexegese und christlicher Tradition zu einem einmaligen Lehrgebäude von kosmologischer und zugleich heilsgeschichtlicher Dimension verschmolzen sind, in dem Widersprüchlichkeiten dialektisch in Spannung gehalten werden im Dienste einer umfassenden göttlichen Pädagogik, „die wohl führt, aber niemals zwingt"34. Will man dieser Lehre, mit der Origenes bereits zu Lebzeiten Widerspruch erregte, gerecht werden, dann muß man sie in den historischen Zusammenhang stellen, in dem sie entstanden 32
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Vgl. dazu E. Mühlenberg, Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa (FKDG 16), Göttingen 1966, 135—141; R. Hübner, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa, Leiden 1974, 89 (mit Belegen). Vgl. meine Untersuchung: „Allegoria" und „Anagoge" bei Didymos dem Blinden von Alexandria (PTS 13), Berlin 1972, bes. 163f.; vgl. auch 49f. H. v. Campenhausen, Griechische Kirchenväter, 2. Aufl. Stuttgart 1956, 49. — Zum besonderen Systemcharakter der Theologie des Origenes vgl. F. H. Kettler, in: RGG3 IV (1960) 1700; ders.: Der ursprüngliche Sinn der Dogmatik des Origenes (BZNW 31), Berlin 1966; ders.: War Origenes Schüler des Ammonios Sakkas? in: EPEKTASIS (Festschrift). Danielou), Paris 1972, 327-334 (bes. 329 mit Anm. 20; dort weitere Lit.); anders H. Crouzel, Origene et la philosophic, Paris 1962, 179-215. - Es ist hier nicht möglich, auf dieses zentrale Problem der Origenesforschung näher einzugehen. H. Crouzel gibt einen recht guten Überblick über die ältere Debatte, entscheidet sich dann aber dafür, den Exegeten Origenes in den Vordergrund zu rücken. Aber auch ein Exeget kommt nicht ohne ein systematisches Gerüst aus, auch wenn man nicht so weit wie Hai Koch gehen will, der von Origenes gemeint hat (Pronoia und Paideusis [AKG 22], 1932, 317): „Daß ein Mann jahraus jahrein die Schrift hat lesen können, ohne dadurch entschieden vom biblischen Gedankengang beeinflußt zu werden, daß er die ganze griechische Religionsphilosophie in die Texte hat hineinlesen können, scheint uns undenkbar, ist aber nichtsdestoweniger der Fall". — Vielleicht sollte man den Begriff .System' auf die Lehre des Origenes besser nicht anwenden, sondern eher vom Zentrum
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ist. Man muß sie beurteilen nach den geschichtlichen Voraussetzungen, Aufgaben und Möglichkeiten von Kirche und Theologie zu Beginn des 3. Jahrhunderts und darf keine Maßstäbe von Rechtgläubigkeit an sie legen, die sich erst im Verlauf späterer Entwicklungen herausgebildet haben34*. Erst wenn es gelingt, sie unabhängig von den origenistischen Streitigkeiten im 4. und 6. Jahrhundert zu betrachten und d. h. zugleich ohne den damit verbundenen Häresieverdacht, wird man ihre Besonderheit und Größe recht würdigen können. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es notwendig, Origenismus und Lehre des Origenes auseinanderzuhalten, auch wenn eine sachliche Trennung beider nicht möglich ist. Hieraus ergibt sich allerdings die Aufgabe, nach eindeutigen Kriterien zur Bestimmung des Origenismus zu suchen. Zwar wird man letzten Endes jeden ,origenistischen1 Theologen daraufhin befragen müssen, in welcher Weise und in welchem Umfang er Gedanken und Lehren des Origenes rezipiert und interpretiert hat. Doch entbindet dies nicht von der Suche nach deutlichen Merkmalen, die eine Unterscheidung zwischen der Theologie des Origenes und dem Origenismus ermöglichen. H. Crouzel hat diese Aufgabe gesehen und neuerdings folgende Definition des Origenismus vorgeschlagen: Er sei „eine Geistesströmung, die in einigen spekulativen Positionen seines (sc. des Origenes) Werkes ,Peri Archon' ihren Ursprung hat, welche, vom Kontext getrennt und so ihres hypothetischen, antithetischen Charakters entkleidet, im Lauf des 4.—6. Jahrhunderts systematisiert wurden"35. Als charakteristische Merkmale nennt er: 1. den trinitarischen Subordinatianismus, 2. die Hypothese von der Präexistenz der Seelen, 3. die Präexistenz der menschlichen Seele Christi und 4. die Apokatastasis. Ferner erwähnt er die Auffassung von den Sternen als beseelter und mit Verstand begabter Wesen und die allegorische Auslegung der Heiligen Schrift. Dieser Katalog umfaßt im wesentlichen jene Lehren, die die antiorigenistische Polemik in den origenistischen Streitigkeiten des 4. bis 6. Jahrhunderts bekämpfte und die schließlich im Zusammenhang mit dem V. ökumenischen Konzil des Jahres 553 als häretisch verurteilt wurden36. oder der Mitte seines theologischen Denkens reden. Der regelmäßige Umgang mit der Schrift hat Origenes immer wieder zu neuen und tieferen Überlegungen veranlaßt, und Origenes war flexibel genug, sich von der Bibel korrigieren zu lassen. 341 Es ist das bleibende Verdienst der Arbeit von Walter Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum (19642) — ungeachtet mancher berechtigter Kritik an Einzelheiten des Werkes —, diese Grundregel für ein gerechtes historisches Urteil mit allem Nachdruck hervorgehoben zu haben. Vgl. auch H. D. Altendorf, Zum Stich wort: Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, ZKG 80 (1969) 61-74. 35 In: Sacramentum Mundi 3 (1969) 925; vgl. auch die folgenden Spalten. 36 Vgl. die 15 Anathematismen aus dem Jahre 553, in ACO IV, l (1971), 248-249 (Sträub); H. Görgemanns/H. Karpp, Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien, Darmstadt 1976, 824-830.
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Origenismus wäre demnach ausschließlich als häretische Veränderung bzw. Verfälschung ursprünglich ,rechtgläubiger' — in ihrem ursprünglichen Zusammenhang zumindest unverdächtiger — Lehren des Origenes zu verstehen. Eine solche Definition des Origenismus erweckt zwar ein wenig den Eindruck, als wolle man mit ihrer Hilfe die Lehren des Origenes so weit wie möglich vom Häresieverdacht befreien, indem man all das, was die Gegner des Origenismus bekämpften, als Veränderung oder Verfälschung bestimmter Lehren des Origenes ansieht. Doch wird man nicht bestreiten können, daß damit zumindest ein wichtiger Teilaspekt des Origenismus ins Auge gefaßt ist, auch wenn über die Abhängigkeit bestimmter Lehren des Origenismus von Origenes dadurch noch kein abschließendes Urteil gefällt sein dürfte. Darüber hinaus aber enthält H. Crouzels Definition des Origenismus eine doppelte Verengung: 1) beschränkt sie den Begriff ausschließlich auf die häretische Veränderung origeneischer Lehren und klammert damit einen — wie auch immer gearteten — »kirchlichen* Origenismus von vornherein aus; und 2) begrenzt H. Crouzel den Origenismus zeitlich auf jene Form, die „im Lauf des 4.—6. Jhs." vorherrschte. Wie aber verhält es sich mit der Zeit nach dem Tode des Origenes (t 254) bis zum Beginn der origenistischen Streitigkeiten am Ende des 4. Jahrhunderts? Auch in dieser Zeit fand die Theologie des Origenes Beachtung. Das geht einerseits daraus hervor, daß auch zu dieser Zeit bestimmte Lehren des Origenes — wie z. B. die Lehre von der Präexistenz der Seelen — bekämpft wurden. Andererseits beweist die von Basilius dem Großen und Gregor von Nazianz um die Mitte des 4. Jahrhunderts veranstaltete ,Blütenlese' aus dem Werk des Origenes — die Philokalia37 — ein besonderes Interesse an seinem Werk in dieser Zeit. Das theologische Erbe des Origenes war offensichtlich von Anfang an Gegenstand weitreichender Auseinandersetzungen; schon früh gab es Gegner und Verteidiger seines Werks. Wenn auch die späteren Auseinandersetzungen um dieses Erbe im 4.—6.Jahrhundert besondere Bedeutung für das Problem des Origenismus haben, wird man diesen dennoch nicht beschränken können auf die Form, die in dieser Zeit als Ketzerei bekämpft wurde. Man wird vielmehr auch all das in eine Untersuchung des Problems mit einzubeziehen haben, was sich selbst auch vorher schon als Weitergabe und gültige Interpretation des origeneischen Erbes verstand. 3. Die origenistischen Streitigkeiten Auseinandersetzungen um die Theologie des Origenes hat es von Anfang an gegeben. Als origenistische Streitigkeiten im engeren Sinn bezeichnet man in der Forschung jedoch jene Auseinandersetzungen, die im 37
Vgl. die Ausgabe von J. A. Robinson, Cambridge 1893.
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4. und O.Jahrhundert mit besonderer Heftigkeit geführt wurden und die schließlich die Verurteilung des Origenes zur Folge hatten38. Man unterscheidet im wesentlichen zwei Phasen: die erste um die Wende des 4./5. Jahrhunderts, an der insbesondere Epiphanius von Salamis, Hieronymus und Theophilus von Alexandrien einerseits sowie Rufin und Johannes von Jerusalem andererseits beteiligt waren, — und die zweite zu Beginn des 6. Jahrhunderts, die unter dem Einfluß Justinians zunächst auf einer Synode in Konstantinopel im Jahre 54339 und schließlich im Zusammenhang mit dem Konzil von Konstantinopel des Jahres 553 die endgültige Verurteilung des Origenes (zuletzt zusammen mit Didymos dem Blinden und Euagrius Ponticus) herbeiführte, die auf späteren Konzilien mehrfach wiederholt wurde40. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Streitigkeiten, auf deren Verlauf hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann, liegt für unsere Frage darin, daß die wichtigsten Quellen des Antiorigenismus, aber auch die wichtigsten Texte des Origenes selbst — vor allem die Schrift ,Peri Archon' — uns in einer Form überliefen sind, die von diesen Streitigkeiten wesentlich beeinflußt wurde. Unser Verständnis und nicht zuletzt die Beurteilung der Theologie des Origenes hängen nicht unwesentlich davon ab, ob man beispielsweise Rufin, dem Verehrer des Origenes und Übersetzer von ,Peri Archon', mehr Vertrauen entgegenbringt als den Gegnern Hieronymus und später Justinian oder den von ihnen oder anderen Gegnern zusammengestellten Zitaten aus dem Werk des Origenes41. Welche Folgen sich daraus bis in die Gegenwart ergeben, soll an einem Beispiel erläutert werden. Im Jahre 1954 veröffentlichte H. Jonas eine Darstellung des Systems des Origenes, wobei er dieses als ein System christlicher Gnosis zu deuten 38
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Vgl. außer den in Anm. 26 genannten Lexikonartikeln: F. Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Concil, Münster 1899; K. Holl/A. Jülicher, Die Zeitfolge des ersten origenistischen Streits, in: K. Holl, Ges. Aufs. II, 1928 (Nachdruck 1964), 310-350; M. Villain, Rufin d'Aquilee. La querelle autour d'Origene, RechSR 27 (1937) 5-37, 165-197; K. Baus, in: Hdb. d. KG II, l (1973) 127—134 (mit Literatur!). Wichtig auch: A. Guillaumont, Les ,Kephalaia gnostica' d'Evagre le Pontique (Patristica Sorbonensia 5), Paris 1962. Vgl. A. Guillaumont, Les .Kephalaia gnostica', 132; Ed. Schwanz, AGO III, 189-214. VI. ökumen. Konzil v. Konstantinopel 680/81 (Mansi XI, 632e); Trullanum 692 (Mansi XI, 937); VII. ökumenisches Konzil v. Nicäa 787 (Mansi XIII, 377b) u. ö.; vgl. A. Guillaumont, Les .Kephalaia gnostica', 136f. (vgl. Cone. Oecum. Deer. ed. J. Alberigo et al. 19733, 125, I f f . ; 135, 8ff.). Die damit verbundene grundsätzliche Schwierigkeit hatte bereits Ch. F. W. Walch (Entwurf einer vollständigen Historic der Kezereien, Bd. VII, 1776, 365) erkannt: „. . . es ist ein Fehler, in den wirklich große Männer gefallen, des K. Justinians Edict und den Acten der unter ihm gehaltenen Concilien ein höheres Ansehen beizulegen. Wenn sie von älteren Begebenheiten reden, so sind sie mit Geschichtsschreibern nicht einmal
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Einleitung
suchte42. Dabei stützt er sich nach eigener Darstellung ausschließlich auf das Werk ,Peri Archon'43. Diese Schrift des Origenes ist uns vollständig jedoch nur in der Übersetzung Ruf ins aus dem Jahre 398 erhalten, und Rufin hat — wie er selbst schreibt — sich bei seiner Übersetzung bemüht, Verfälschungen der Lehren des Origenes zu beseitigen44. Diese Übersetzung ist also in apologetischer Absicht entstanden. P. Koetschau, der Herausgeber der noch immer maßgeblichen Edition des Werkes, meinte sogar, sie stelle „eher eine Bearbeitung als eine Übersetzung des griechischen Originals" dar45. Gegen das Verfahren Rufins hatte sich bereits Hieronymus gewandt, der — von Rufin angegriffen — seinerseits eine Übersetzung von ,Peri Archon' anfertigte, um mit seiner ,zuverlässigen Übersetzung* nicht nur die seines ehemaligen Freundes als unredlich bloßzustellen, sondern auch um zugleich die ketzerische Seite der Lehren des Origenes besonders hervorzuheben46. Leider ist die Übersetzung des Hieronymus ebenso wie das griechische Original der Schrift weithin verlorengegangen. Wir besitzen lediglich eine Reihe von Zitaten aus dieser Übersetzung, die Hieronymus in seinem Brief an Avitus selbst zusammengestellt hatte, um auf die ketzerischen Lehren des Origenes in besonderer Weise aufmerksam zu machen47. Nach dem Urteil Koetschaus sind es „gerade diejenigen Stellen von Peri Archon, welche Rufin hatte unterdrücken oder abschwächen wollen"48. Bestätigt und ergänzt werden sie durch eine Reihe griechischer Zitate, wie Jonas hervorhebt, im Brief Justinians an den Bischof Menas von Konstantinopel sowie durch die bereits erwähnten Anathematismen von 543 und 553. H. Jonas schließt seine Übersicht über die Quellenlage mit der Bemerkung: „daß der unverfälschte
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immer der ersten Klasse gleich zu sezen. Parteiische Geschichtsschreiber verrathen sich hier bald. Man siehet, daß Eusebius ein Freund, daß Epiphanius ein Feind des Origenes gewesen." Gnosis und spätantiker Geist, II, l, Göttingen 1954, 171-223. AaO 176 ff. Rufin, praef. 3 zu Origenes, princ. (GCS 22, 5, 11 ff. Koetschau): „Sicubi ergo nos in libris eius aliquid contra id invenimus, quod ab ipso in ceteris locis pie de trinitate fuerat definitum, velut adulteratum hoc et alienum aut praetermisimus aut secundum eam regulam protulimus, quam ab ipso frequenter invenimus adfirmatam. Si qua sane velut peritis iam et scientibus loquens, dum breviter transire vult, obscurius protulit, nos, ut manifestier fieret locus, ea quae de ipsa re in aliis eius libris apertius legeramus adiecimus explanation! studentes. Nihil tarnen nostrum diximus, sed licet in aliis locis dicta, sua tarnen sibi reddidimus." — Vgl. auch Rufin, De adulteratione librorum Origenis (hg. v. M. Simonetti, CCL 20, 1961, 7—17); nach c. 7 dieser Schrift hat sich bereits Origenes selbst über die Verfälschung seiner Lehren beklagt; vgl. ferner Origenes, hom. 25 in Lucam, GCS 49 (35), 151, 7-14, hg. v. M. Rauer. GCS 22 (1913) Einleitung S. CXXVIII vgl. H. Jonas aaO 177. Vgl. Hieronymus, Adv. Rufin. I, 1. 6. 11; ep. 57, 2ff.; ep. 124, 1. Ep. 124. Vgl. die Zusammenstellung der Zitate bei Harnack LG I, l, 381 f. GCS 22, Einleitung S. LXXXIX.
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spekulative Origenes nicht in dem uns erhaltenen ,De principiis', d. h. dem Rufinschen Texte, sondern in den verstreuten häresimachischen Fragmenten und Lehrextrakten zu finden ist. . . . Ganz besonders die 15 Anathematismen sind eine ergiebige Quelle für die Rekonstruktion des Systems . . ., da sie allein (!) die metaphysischen Anfangs- und Endhorizonte des Gesamtaufrisses in hinreichender Präzision, übrigens in systematischer Anordnung, enthalten. . . . Das Original hat zu manchem Punkt Begründungen und Ableitungen geboten (z. B. in Form von Schriftbeweisen), die die lehrsatzmäßige Ketzerverurteilung nicht bringt. Diese aber stellt in der Tat eine Quintessenz der Lehre dar und als solche verwenden wir sie"49. Wenn Jonas von dieser Grundlage aus das System des Origenes zu rekonstruieren versucht und schließlich zu dem Ergebnis kommt, es handle sich um ein gnostisches Lehrgebäude50, dann bestätigt er u. a. indirekt — ohne daß dies in der Intention seiner Untersuchung läge — jene Theologen, die seinerzeit Origenes als Häretiker verurteilten, oder solche, die noch heute die Heterodoxie seiner Lehren betonen51. Ein anderes Ergebnis ist unter den genannten Voraussetzungen allerdings auch nicht zu erwarten. Denn wer sich ausschließlich auf das Material der Ankläger stützt, kann schwerlich zu einem anderen Urteil gelangen. Eine andere Frage ist, ob ein solches Urteil auch gerecht sein kann. Die Begründung, daß „starker, als solcher scharfsichtiger Haß immerhin ein angemessenerer Zeuge ist als schwächliches Entschuldigenwollen"52, dürfte schwerlich überzeugen. Bekanntlich kann auch Haß blind sein und u. U. die Wahrheit verfälschen. Und ob ein in seiner Eitelkeit gekränkter Hieronymus ein besserer Zeuge ist als der treue, zumeist redliche, wenn auch nicht immer genaue Rufin, steht dahin. Das bedeutet nicht, daß damit die Bedenken, die Jonas mit einer Reihe führender Forscher gegenüber der Übersetzung Rufins von ,Peri Archon' teilt53, beseitigt wären. Doch mehren sich die Stimmen, die dem Übersetzer 49 50
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H. Jonas aaO 178. Ob diese Charakterisierung sachlich zutreffend ist, hängt davon ab, wie man den Begriff .gnostisch' interpretiert. In der vorgetragenen Weise entspricht er im wesentlichen dem, was Jonas selbst unter ,Gnosis' bzw. .gnostisch' versteht. - Zur neueren Debatte über dieses Problem vgl. den Sammelband des Kongresses von Messina: Le origini dello gnosticismo, hg. v. U. Bianchi, Leiden 1967; vgl. auch W. Ehester (Hg.), Christentum und Gnosis (BZNW 37), Berlin 1969. Einen guten Überblick über den Stand der Forschung gibt: K. Rudolph, Gnosis und Gnostizismus, ein Forschungsbericht, ThR 34 (1969) 121-175, 181-231, 358-361; 36 (1971) 1-61; 37 (1972) 289-360; 38 (1973) 1-25. Z.B. G. Mamzarides, , Thessaloniki 1960, 83-90; vgl. H. Crouzel, Origene et la philosophic, 205 Anm. 98. Jonas aaO 177 Anm. 1. Dazu gehört vor allem P. Koetschau, auf den H. Jonas sich stützt und der durch seine Ausgabe wesentlich zur Verbreitung dieser Ansicht beigetragen hat; vgl. auch E. de Faye, Origene. Sa vie, son oeuvre, sä pensee, 3 Bde. Paris 1923 — 1928.
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Einleitung
Rufin eine größere Zuverlässigkeit bescheinigen, als Hieronymus ihm zubilligen wollte. Den Anfang machte G. Bardy, der die Ubersetzungstreue Ruf ins auf der Grundlage der erhaltenen griechischen Fragmente von ,Peri Archon' überprüfte54. Durch den Papyrusfund von Tura aus dem Jahre 1941 ergab sich die Möglichkeit, die Zuverlässigkeit der Übersetzungen Rufins anhand der dort gefundenen Teile aus dem Römerbriefkommentar des Origenes erneut zu überprüfen. Das Ergebnis der Untersuchung J. Scherers und anderer veranlaßte die Forscher zwar zu gewissen Einschränkungen, bestätigte aber aufs ganze gesehen, daß Rufin als zuverlässiger Übersetzer angesehen werden kann55. H. Jonas aber hatte nicht nur die Zuverlässigkeit der Übersetzung Rufins in Zweifel gezogen, seine Darstellung gründete sich — wie auch manche früheren Darstellungen der Theologie des Origenes — vor allem auf die antiorigenistischen Anathematismen der Jahre 543 und 553. Nun aber hat A. Guillaumont, gestützt auf die von ihm neuentdeckte und im Jahre 1958 veröffentlichte syrische Übersetzung der ,Kephalaia gnostica' des Euagrius Ponticus56 nachgewiesen, daß im Jahre 553 nicht die Lehren des Origenes selbst, sondern der Origenismus des Euagrius verurteilt wurde57. Die Anathematismen des Jahres 543 entsprechen zwar in vielen Punkten den von Epiphanius und Theophilus von Alexandrien im ersten origenistischen Streit bekämpften Lehren, doch lassen sich auch hier bemerkenswerte Unterschiede zur Theologie des Origenes feststellen. In Nr. l und Nr. 5 der Anathematismen werden z. B. Lehren verurteilt, die 54
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G. Bardy, Le texte du ,Peri Archon' d'Origene et Justinien, RechSR 10 (1920) 224-252; ders.: Recherches sur l'histoire du texte et des versions latines du ,De Principiis' d'Origene, Paris 1923. J. Scherer, Le Commentaire d'Origene sur Rom. Ill, 5-V, 7, Kairo 1957, 85-121; H. Chadwick, Rufinus and the Tura Papyrus of Origen's Commentary on Romans, JThS 10 (1959) 10-42; G. Beck, Das Werk Christi bei Origenes, Diss. theol. Bonn 1966, 32—43; vgl. bereits G. Bardy, Le texte de l'Epitre aux Romains dans le Commentaire d'Origene - Rufin, RevBibl 29 (1920) 229-241. - Ferner zu diesem Problem: M. Wagner, Rufinus the Translator, Washington 1945; R.-C. Baud, Les „Regies" de la theologie d'Origene, RechSR 55 (1967) 161-208 (bes. 164 mit Anm. 9); F. Winkelmann, Einige Bemerkungen zu den Aussagen des Rufinus von Aquileia und des Hieronymus über ihre Ubersetzungstheorie und -methode, in: Kyriakon (Festschr. J. Quasten) II, Münster 1970, 532-547 (Lit.). PO 28,1, Paris 1958; vgl. dazu: A. und C. Guillaumont, Le texte veritable des ,Gnostica' d'Evagre le Pontique, RHR 142 (1952) 156-205; dieselben: DSp 4 (1961) 1731-1744; dieselben: RAC VI (1966) 1088-1107 (bes. 1095f). A. Guillaumont, Les .Kephalaia gnostica', 143ff.; vgl. 158f.: „Ces multiples correspondences doctrinales et laterales obligent ä conclure que les ,Kephalaia gnostica' d'Evagre sont la source principale des quinze anathematismes antiorigenistes de 553, et que l'origenisme qui fut condamne par les Peres du V Concile et qui etait, comme l'histoire le montre, la doctrine des moines origenistes de Palestine est du, au premier chef, ä l'influence de l'oeuvre d'Evagre."
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sich nicht auf Origenes selbst zurückführen lassen, sondern teils auf Euagrius, teils auf noch ungeklärte Ursprünge zurückgehen58. Der Einfluß des Euagrius auf die im Jahre 543 verurteilten origenistischen Lehren ist zwar noch nicht abschließend geklärt, aber insgesamt bleibt die begründete Vermutung, daß die Bedeutung des Euagrius für die origenistischen Streitigkeiten — nicht erst des 6., sondern bereits des 4./S.Jahrhunderts — bisher unterschätzt worden ist. Da die Lebenszeit des Euagrius ungefähr in die Jahre 346—399 fällt59 — zuletzt weilte er in Ägypten —, ist sein Einfluß auf die Ereignisse ohnehin wahrscheinlich. — Auf diesem Hintergrund erscheint Rufins Bemerkung, man habe die Lehren des Origenes verfälscht, in einem anderen Licht. Wie weit diese Verfälschungen gingen, ob sie sich auch auf den Text von ,Peri Archon' direkt bezogen, was die Bemerkung Rufins nahelegt, und wie weit nun Rufin daraufhin seinerseits den Text im Sinne der Orthodoxie abänderte, wird sich wohl nie ganz herausfinden lassen. Das Problem ist offensichtlich komplizierter als es früher schien und kann sicherlich nicht allein zu Lasten Rufins entschieden werden60. Für unsere Fragestellung ergeben sich aus den Untersuchungen A. Guillaumonts zwei wertvolle Hinweise: erstens beweisen sie — was bisher nur vermutet wurde — , daß man die Lehren des Origenes weiterentwickelt und verändert hat, und zweitens, daß in den origenistischen Streitigkeiten des 4./5. und des 6. Jahrhunderts 61 eine besondere Form des Origenismus auf den Plan tritt, die von der vorhergehenden Zeit zu unterscheiden ist.
4. Das Problem des Antiorigenismus Eine generelle theologische Bestimmung des Antiorigenismus erweist sich bei näherer Betrachtung als ebenso schwierig wie die Bestimmung des Origenismus, vielleicht sogar als noch schwieriger. Denn die Quellenlage ist beinahe noch schlechter, der Kreis selbst sehr uneinheitlich und nur durch die Gegnerschaft gegen bestimmte Lehren des Origenes verbunden. Als Hauptvertreter des Antiorigenismus im 3. und 4. Jahrhundert gelten im allgemeinen: Methodius von Olympus, der sich in seiner Schrift ,Uber die Auferstehung' vor allem gegen die Lehren von der Ewigkeit der Welt, 58 59 60
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Vgl. A. Guillaumont, Les ,Kephalaia gnostica', 141 ff. Vgl. Altaner-Stuiber, Patrologie, 265. Vgl. dazu B. Studer, Zur Frage der dogmatischen Terminologie in der lateinischen Übersetzung von Origenes ,De Principiis', in: EPEKTASIS (Festschr. J. Danielou), Paris 1972, 403-414. Zu dem letzten Problemkreis vgl. auch: David B. Evans, Leontius of Byzantium. An Origenist Christology, Washington 1970 (Stichwort: „Origenist Chalcedonian", 183).
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Einleitung
von der Präexistenz der Seelen und von der Auferstehung nur des des Menschen wandte62; Petrus I. von Alexandrien, der sich ebenfalls gegen eine spiritualistische Auferstehungslehre sowie die Lehre von der Präexistenz der Seelen aussprach63; Eustathius von Antiochien, der in seiner Schrift ,Über die Hexe von Endor (l.Sam 28)' die allegorische Schriftauslegung des Origenes bekämpfte64; und schließlich die Wortführer der Antiorigenisten im ersten origenistischen Streit: Epiphanius von Salamis65, Hieronymus66 nach seinem Wechsel ins antiorigenistische Lager und Theophilus von Alexandrien67, der offenbar erst unter dem Druck bestimmter Mönchskreise in Ägypten zu einem entschiedenen Gegner des Origenes und seiner Anhänger wurde68 und auf einer Synode in Alexandrien (Anfang 400) den Origenismus verdammen ließ69. Von Apollinaris von Laodicea, der gelegentlich auch unter die Antiorigenisten gezählt wird70, sind uns keine Zeugnisse überliefert, die näheren Aufschluß über den Inhalt seiner Kritik geben könnten. Geht man davon aus, daß die origenistischen Streitigkeiten des 4.—6. Jahrhunderts einer besonderen Form des Origenismus gelten und darum gesondert betrachtet werden müssen, wird die Quellenlage für die Anfänge des Antiorigenismus noch schwieriger. Es kommt hinzu, daß 62
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Hg v. G. N. Bonwetsch, GCS 27 (1917) 217-424. Vgl. allerdings, de resurr. III, 3 und Sokrates, h. e. VI, 12. Eine neuere Zusammenstellung der erhaltenen Texte des Petrus gibt es leider nicht. Einen guten Überblick über das ältere bekannte Material gibt A. Harnack, LG I, l, 443-449; vgl. auch F. H. Kettler, in: PW 19,2 (1938) 1281-1288; zuletzt AltanerStuiber, Patrologie, 212f. - Weitere Texte bei M. Richard, in: Le Museon 86 (1973) 267-268; W. Bienen, in: Kleronomia 5 (1973) 311-312, vgl. Kleronomia 6 (1974) 237—241; vgl. ferner: J. Barns/H. Chadwick, A Letter ascribed to Peter of Alexandria, JThS 24 (1973) 443-455. Hg. v. E. Klostermann, in: Kleine Texte 83 (1912) 16-62; vgl. auch M. Spanneut, Recherches sur les ecrits d'Eustathe d'Antioche, Lilie 1948. - Zur Exegese des Origenes über diesen Text vgl. den Papyrusfund von Tura, O. Gueraud, Note preliminaire sur les papyrus d'Origene decouverts a Toura, RHR 131 (1946) 85-108 (Text: 99-102). Ancoratus 13, 54f., 62f.; Panarion 64; vgl. Hieronymus ep. 51. Vor allem epp. 82; 86-90; 99; vgl. ep. 124 (ad Avitum). Vgl. die in lateinischer Übersetzung bei Hieronymus überlieferten Briefe: Hieron. ep. 96, 98, 100. - Ferner M. Richard, in: Le Museon 52 (1939) 33-50; ders.: Nouveaux fragments de Theophile d'Alexandrie, NAG 1975, 57-65. Zur Stellung des Theophilus zu Origenes vgl. zuletzt: P. Nautin, La lettre de Theophile d'Alexandrie a l'Eglise de Jerusalem et la reponse de Jean de Jerusalem (Juin-juillet 396), in: RHE 69 (1974) 365-394. Vgl. Hieron. ep. 92; Justinian, ep. ad Menam (AGO III, 202f.). Vgl. Sokrates, h. e. VI 13, 3 (Sokrates spricht von einer antiorigenistischen : Eusthatius v. Ant., Method, v. Öl., Apollinaris, Theoph. AI.); Theophilus b. Hieron. ep. 98, 6. - Vielleicht erklärt sich von daher auch die Polemik des Didymos gegen Apollinaris; dazu: W. A. Bienen, „Allegoria" und „Anagoge", 123ff.
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wichtige Quellen des älteren Antiorigenismus im Kontext der späteren Auseinandersetzungen überliefert sind. Das gilt z. B. für einige der Fragmente des Petrus von Alexandrien71, aber auch für die griechische Überlieferung der Schrift des Methodius ,Über die Auferstehung'72. Das gleiche gilt wahrscheinlich auch für die neugefundenen Fragmente des Dionysius, des Petrus und des Theophilus aus Cod. Vatop. 236, die in einem antiorigenistischen Florileg enthalten sind, über dessen Herkunft noch keine abschließende Klarheit besteht. Möglicherweise gehört es ebenfalls in den Zusammenhang der origenistischen Streitigkeiten73. Wollte man alle Autoren, die in antiorigenistischen Florilegien als Gegner des Origenes zitiert werden, sogleich als Antiorigenisten einstufen, käme man in einige Verlegenheit. Denn man müßte außer den Genannten auch noch Athanasius und die Kappadozier dazurechnen74 oder gar Irenäus, Justin und Klemens Alexandrinus, die in dem Florileg aus Cod. Vatop. 236 als Gegner der Lehre von der Präexistenz der Seelen zitiert werden75, die aber bereits aus historischen Gründen nicht in Betracht kommen. Bei den Kappadoziern lassen sich zwar Äußerungen finden, die zu bestimmten Lehren des Origenes im Widerspruch stehen. Andererseits zeigt die von Basilius und Gregor von Nazianz herausgegebene Philokalia eine deutliche Verehrung des Origenes. Aus diesem und anderen Gründen pflegt man sie deshalb mehr in die Nähe der Origenisten als der Antiorigenisten zu rücken. Athanasius wird man zwar kaum als Origenisten ansehen wollen, doch finden sich in seinem Werk Äußerungen, in denen er voll Respekt von Origenes spricht und mit Zustimmung aus seinen Schriften zitiert; gelegentlich nimmt er ihn sogar gegen seine Gegner in Schutz76. Aus all dem folgt, daß auf diesem Wege eine Einordnung des Dionysius unter die Antiorigenisten nicht möglich ist. Die bloße Tatsache, daß Antiorigenisten späterer Zeit Dionysius als Zeugen für ihre Ansichten zitieren, reicht keineswegs aus, um Dionysius selbst zum Antiorigenisten zu machen. Das gilt auch dann, wenn sich zeigen läßt, daß die Zitate in dem genannten Florileg zuverlässig wiedergegeben sind. Denn aus dem Zu71
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Z. B. bei Justinian, ep. ad Menam (ACO III, 197); vgl. allerdings auch Joh. Damascenus, Sacra Parallela (hg. v. K. Holl, TU 20, 2 [1899] 210). Der wichtige Abschnitt I, 20-II, 8, 10 ist griechisch nur bei Epiphanius, Pan. 64, 12-62 erhalten, d. h. im Zusammenhang der Auseinandersetzung des Epiphanius mit Origenes. M. Richard datiert deshalb das Florileg in das 2. Viertel des 6. Jh. (NAG 1975, 57). Die in Vorbereitung befindliche Edidon des gesamten Florilegs wird hoffentlich noch mehr Licht in diese Angelegenheit bringen. Justinian, ep. ad Menam (ACO III, 198ff.: Athanasius, Basilius, Gregor v. Nyssa). Vgl. A. de Santos Otero, Der Codex Vatopedi 236, in: Kleronomia 5 (1973), 315-326; ders.: Dos capitulos ineditos del original griego de Ireneo de Lyon (Aduersus haereses II, 50-51) en el codice Vatopedi 236, in: Emerita 41 (1973) 479-489. Athanasius, decr. 27; vgl. H. G. Opitz (Hg.), Athanasius Werke 11,1 S. 23, 17ff.; ferner P. Koetschau, Einleitung zu Origenes, Peri Archon (GCS 22), XVIf. (Belege!).
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Einleitung
sammenhang gerissen können Zitate oft recht unterschiedlich interpretiert werden. Erst eine genaue Analyse der Texte im Zusammenhang mit dem gesamten erhaltenen Werk ermöglicht eine weitergehende Einordnung.
.i. Kriterien für eine Bestimmung des Origenismus im 3. Jahrhundert a) Theologiegeschichtliche Überlegungen Versteht man den Origenismus ganz allgemein als das theologische Erbe des Origenes, das bei bestimmten nachfolgenden Theologen wirksam war, hier und dort besondere Ausprägungen erfuhr, wobei bestimmte Lehren des Origenes herausgehoben und u. U. weiterentwickelt wurden, dann bedarf es zur Unterscheidung von anderen theologischen Traditionen, die zur gleichen Zeit ihren Einfluß ausübten, bestimmter spezifischer Merkmale. Das Problem besteht also nicht nur in einer Unterscheidung zwischen der Theologie des Origenes und dem Origenismus, sondern auch — vor allem in der Frühzeit — in einer Unterscheidung zwischen dem Erbe des Origenes und anderen theologischen Strömungen. Die Frage lautet: Welches sind solche charakteristischen Merkmale, an denen das Erbe des Origenes erkennbar wird ? Diese Frage richtet sich zugleich an die Theologie des Origenes selbst. Welches sind ihre spezifischen Kennzeichen, durch die sie sich von anderen theologischen Entwürfen unterscheidet, und was ist überkommenes Gedankengut oder gemeinsames Kennzeichen frühchristlicher Theologie? Eine solche Frage mochte überflüssig erscheinen, solange man von dem alles überragenden Einfluß des Origenes auf die Theologie — zumindest in der östlichen Hälfte des römischen Reiches — überzeugt war. Allerdings hat man diesen Einfluß zwar immer wieder behauptet, doch — soweit ich sehe — bisher niemals im einzelnen nachgewiesen. Für einen solchen Nachweis aber benötigt man die genannten Kriterien. Und dieser ist um so mehr erforderlich, wenn man Dionysius theologiegeschichtlich einordnen will und mit H. Crouzel der Meinung ist, man müsse ihn als unabhängigen und selbständig denkenden Theologen betrachten77. Das bedeutet zugleich, daß man auch Origenes — ungeachtet seiner zweifellos überragenden Bedeutung als Theologe und Lehrer — aus dem geschichtlichen Zusammenhang heraus interpretieren muß, in dem er beheimatet ist. Dabei sollte zweierlei nicht übersehen werden: daß er selbst verschiedene ältere Traditionen — philosophische, exegetische, christlich-theologische — aufgenommen und 77
H. Crouzel schreibt: „Bien que le trop petit nombre de fragments conserves ne nous permette pas d'apprecier avec securite l'originalite de la pensee de Denys, il faut le considerer comme un theologien independant, ce qu'il est certainement, et non comme un eleve qui ne ferait que repeter les lemons entendues" (BLE 76 [1975] 138).
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weitergegeben hat und da er zu seinen Lebzeiten nicht der einzige Lehrer in Alexandrien war. Nur das, was unter diesen Voraussetzungen als charakteristisch f r die Lehre des Origenes erscheint oder durch Origenes eine besondere Pr gung erhielt, er ffnet die M glichkeit, bei einem sp teren Theologen auch dort von Origenismus zu sprechen, wo eine direkte Bezugnahme auf Origenes oder sein Werk fehlt, wie wir sie etwa in der Dankrede Gregors des Thaumaturgen besitzen. Bei Dionysius ist man gezwungen, die erhaltenen Texte auf Hinweise zu untersuchen, die den Einflu des Origenes verraten. Dabei geht es um Gemeinsamkeiten, die ber das hinausgehen, was beide mit lteren Theologen verbindet. Die blo e Feststellung, Dionysius habe einen trinitarischen Subordinatianismus vertreten, reicht beispielsweise nicht aus, um seine Trinit tslehre eindeutig als origenistisch zu bestimmen. Denn Subordinatianismus war — gemessen an den dogmatischen Normen sp terer Zeit — ein Charakteristikum der gesamten vornic nischen Theologie78. Auch die Lehre von einer g ttlichen ,τριάς' begegnet schon vor Origenes79. hnliches gilt f r die Logoschristologie80, sofern man Origenes berhaupt als Vertreter dieser Lehre betrachten will. Denn die Bezeichnung Christi als λόγος, die bereits im NT begegnet81, ist bekanntlich noch kein Beleg f r das Vorhandensein einer Logoschristologie, wie sie inbesondere von den fr hchristlichen Apologeten vertreten wurde. Origenes selbst hat jedoch bestimmte Formen der Logoschristologie abgelehnt82. In jedem Fall ist bei der Er rterung dieses Punktes besondere Sorgfalt notwendig, wenn man dem Einflu des Origenes auf die Spur kommen will. — Das gilt auch, wenn man das Verh ltnis von Theologie und Philosophie untersucht. Die Tatsache, da ein griechischer Theologe des 3. Jahrhunderts — und sei es auch ein alexandrinischer — von sp tantiker Philosophie beeinflu t ist, beweist noch nicht seine Abh ngigkeit von Origenes. In allen genannten F llen bedarf es zus tzlicher Kriterien, die den Einflu des Origenes erkennen lassen. Angesichts der sp rlichen berlieferung von theologischen Texten des 3. Jahrhunderts aus der Zeit nach Origenes oder aus dessen Umgebung, d rfte der Nachweis des Origenismus ohne ausdr ckliche Berufung auf 78
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82
Vgl. W. Marcus, Der Subordinatianismus als historiologisches Ph nomen, M nchen 1963. Vgl. z. B. Theophilus v. Antioch, Ad Autolyc. II, 15. Als Hauptvertreter gelten die fr hchristlichen Apologeten. Vgl. F. Loofs, Leitfaden, 90ff. (mit Belegen); W. Pannenberg, Christologie II, in: RGG 3 I (1957), 1767; B. Lohse, Epochen der DG, 19743, 81 f.; A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition I, Atlanta 19752, 108 ff. Z. B. Joh. l, 1. Zum Einflu der Johanneischen Christologie auf die Dogmengeschichte: T. E. Pollard, Johannine Christology and the Early Church, Cambridge 1970. Joh.-Komm. I,23f. (GCS 10, 1903, 29, 15ff. Preuschen). Hier wendet sich Origenes gegen ein falsches Verst ndnis von PS 44,2 LXX (Έξηρεΰξατο ή καρδία μου λόγον αγαθόν); vgl. auch Joh. Komm. I, 38 (39, 19ff.).
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Einleitung
Person oder Werk des Origenes schwieriger sein, als die herkömmliche Dogmengeschichtsschreibung im allgemeinen erkennen läßt. Noch schwieriger wird es, wenn man mit so erheblichen Veränderungen der Theologie des Origenes bei dessen Nachfolgern rechnen soll, wie sie K. Müller beschreibt: „Origenes selbst hatte sich als Gnostiker gefühlt, der im Geist lebt und dem der Geist die göttlichen Geheimnisse erschließt, der darum über dem einfachen Glauben der Gemeinde steht, der aber auch diese Gnosis mit dem Glauben der Gemeinde unverworren lassen will. Die späteren Vertreter seiner Schule teilen diesen Standpunkt nicht mehr: die Theologie soll nicht mehr reine Gnosis sein, sondern den Gemeindeglauben bearbeiten und feststellen. Darum fällt vom origenistischen System (sc. dem System des Origenes) einerseits alles dahin, was diesem Glauben von Haus aus ganz fremd gewesen war: die Ewigkeit der Schöpfung, das Ende der Leiblichkeit, die Einheit der Geisterwelt in ihrem Auf- und Abstieg, die eigentümliche Gestalt der Christologie. . . . Gehalten haben sich auch in Alexandrien die Logos- und die Trinitätslehre, der Origenes nur eine veränderte Gestalt gegeben hatte, und die Spiritualisierung der Eschatologie, die tief in der ganzen von ihm ausgegangenen geistigen Richtung begründet war"83. Zusammenfassend stellt K. Müller fest: „Jetzt blieb nur noch ein Stück theologischer Metaphysik, die Fortsetzung dessen, was die Apologeten begonnen hatten"84. So betrachtet wäre der frühe Origenismus — Müller vermeidet das Wort und spricht stattdessen von den „späteren Vertretern seiner (sc. des Origenes) Schule" — nichts anderes als eine durch Origenes lediglich vermittelte und von ihm leicht modifizierte Form einer bereits von den frühchristlichen Apologeten vertretenen Theologie. Es ist hier nicht zu untersuchen, ob die Theologie des Origenes in der Zusammenfassung von K. Müller richtig wiedergegeben ist. Uns geht es darum, ob die Beschreibung des Origenismus zutrifft und ob sich aus ihr Kriterien zu seiner Bestimmung gewinnen lassen. Schaut man näher hin, dann erweist sich die Beschreibung Müllers als eine in vielen Punkten zutreffende Charakterisierung der Theologie des Dionysius, allerdings unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß diese Theologie durch Origenes vermittelt ist. Diese Voraussetzung gilt es jedoch zu prüfen. Andererseits erweckt Müller den Eindruck, als seien die „Sonderlehren" des Origenes — die Lehren von der Ewigkeit der Schöpfung, vom Ende der Leiblichkeit usw. — von späteren — insbesondere alexandrinischen Theologen — nicht mehr vertreten worden. Dagegen aber sprechen nicht nur die in Alexandrien und anderen Ortes nachweisbaren antiorigenistischen Äußerungen; dagegen spricht auch, was wir über den alexandrinischen Lehrer und Presbyter Pierus (Ende des 3. Jahrhunderts) wissen, den Hieronymus 83 84
Kirchengeschichte I3 (1941), 303. Ebd. 306.
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einen „Origenes iunior" genannt hat85. Auffallend ist vielmehr, daß jene Besonderheiten der Theologie des Origenes, die die Gemüter späterer Theologengenerationen zu heftigem Widerspruch reizten, sich offenbar bei Dionysius nicht feststellen lassen. Dies könnte auch als Hinweis darauf verstanden werden, daß die Theologie des Dionysius eben nicht aus der Tradition des Origenes, sondern aus anderen Traditionen zu verstehen ist. Zur Bestimmung des Origenismus wird man in jedem Fall auch in Zukunft jene Lehren des Origenes in Betracht ziehen müssen, die schon früh von Gegnern bekämpft wurden. Dies sind vor allem die Lehren von der Präexistenz der menschlichen Seelen, die spirituelle Deutung der Auferstehungslehre wie überhaupt die mit der allegorischen Methode verbundene spirituelle Auslegung der Bibel. Ohne eindeutige Hinweise auf den Einfluß des Origenes dürfte es methodisch zumindest fragwürdig sein, scheinbar fehlende theologische Elemente aus der Theologie des Origenes ergänzend anzufügen, wie es z. B. F. Dittrich bei seiner Darstellung der Trinitätslehre des Dionysius getan hat. Er schreibt dazu: „Dionysius war bekanntlich ein Schüler des Origenes und wurde von ihm in die christliche Wissenschaft eingeführt. Wenn überhaupt ein Schluß von dem Lehrer auf den Schüler berechtigt ist, so wird man auch von vornherein (!) auf eine Abhängigkeit des Dionysius von Origenes bezüglich der höchsten aller christlichen Glaubenswahrheiten, der Trinitätslehre, schließen können"86. Von hier aus sieht sich Dittrich berechtigt, die Trinitätslehre des Dionysius in das System des Origenes einzuzeichnen und scheinbare Lücken durch Origenes auszufüllen. Der Schluß, daß Dionysius „die Theorie des Origenes bis in ihre letzten Consequenzen verfolgte und ausbeutete"87, ist auf diesem Hintergrund kaum anders zu erwarten. Bei der fragmentarischen Überlieferung der Schriften des Dionysius ist es zwar verständlich, daß man nach Möglichkeiten der Ergänzung sucht; doch dazu bedarf es zuvor hinreichender Klarheit über die Lehren des Dionysius selbst. Wer von vornherein von der bloßen Schülerschaft — und mehr behauptet Euseb an der immer wieder als Beleg angeführten Stelle nicht88 — auf die geistige Abhängigkeit des Dionysius von Origenes schließt, ohne vorher diese Abhängigkeit auf der Grundlage des erhaltenen Quellenmaterials kritisch zu überprüfen, der kann die deutlich vorhandenen Unterschiede zwischen Origenes und Dionysius nur als ,Weiterentwicklungc, u. U. auch als Veränderung, Überspitzung oder Verflachung des ursprünglichen origeneischen Systems inter-
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3
Hieron. vir. ill. 76; vgl. dazu auch L. B. Radford, Three Teachers, 44—57. F. Dittrich, Dionysius der Große, 95; vgl. auch 99 f. Ebd. 105. Eus. h. e. VI, 29, 4. Hieronymus, der allerdings weitgehend von Euseb abhängig ist, schreibt: „. . . Origenis insignissimus auditor fuit" (vir. ill. 69). Bienen: Dionysius
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Einleitung
pretieren. Die Möglichkeit einer anderen Interpretation der Theologie des Dionysius kommt von hier aus nicht in den Blick. Es bleibt die Tatsache bestehen, daß Dionysius einst Schüler des Origenes war, was eine persönliche Begegnung beider voraussetzt. Dies wirft aber neben theologiegeschichtlichen auch kirchengeschichtliche Probleme auf.
b) Kirchengeschichtliche Aspekte Origenismus und Antiorigenismus wurden bei unserer bisherigen Betrachtung, wie in der Forschung zumeist üblich, als theologiegeschichtliche Begriffe verwendet. Bei ihrer Näherbestimmung und gegenseitigen Abgrenzung traten jedoch erhebliche Schwierigkeiten auf. Denn einerseits bedeutet es eine Verengung, wenn man unter dem Origenismus lediglich jene häresieverdächtigen Sonderlehren oder jene von anderen in häretischer Weise weiterentwickelten Theologumena des Origenes verstehen will, die von Antiorigenisten bekämpft wurden, und damit jede Form eines — wie auch immer gearteten — ,kirchlichen Origenismus' ausschließt. Umgekehrt aber kann man auch nicht jeden Theologen, der sich gegen bestimmte Lehren des Origenes oder seiner Anhänger gewandt hat, ohne weiteres als Antiorigenisten einstufen89. Von entscheidender Bedeutung ist offenbar die Gesamteinstellung des jeweiligen Theologen zu Origertes und der sich auf ihn berufenden Tradition. Schon O. Bardenhewer hatte festgestellt, „daß der Name des Origenes ein Zeichen des Widerspruchs wurde, nicht erst in den Tagen der ,origenistischen Streitigkeiten', sondern schon im Laufe des 3. Jahrhunderts"90. Das aber bedeutet, daß sich nicht nur an der Theologie, sondern bereits am Namen des Origenes die Geister schieden. Gewiß verbindet sich mit dem Namen immer auch die von ihm vertretene Theologie, aber so wenig ein Schüler notwendigerweise immer auch ein Anhänger und Verehrer der Lehren seines Meisters sein muß, so wenig muß ein Anhänger und Verehrer eines großen Theologen immer auch von allen Lehren seines Meisters durchdrungen sein. Es genügt, wenn er sich dem mit dem Namen seines Meisters verbundenen Programm verschreibt, um als Anhänger und Parteigänger' betrachtet zu werden. Mit anderen Worten: Origenismus 89
90
Dazu gehört außer Gregor von Nyssa (vgl. o. S. 8 mit Anm. 32) z. B. auch Markell v. Ankyra, der sich vor allem gegen eine unkritische Übernahme der Gedanken des Origenes bei dessen Anhängern (Paulinus von Tyrus, Euseb v. Cäsarea u. a.) wehrte und diesen vorwarf, sie stellten seine Lehren über die Schrift (Frg. 37 [GCS 14, 191] gegen Paulinus, vgl. auch Frg. 87 und 88 [GCS 14,204]), vgl. W. Gericke, Marcell von Ancyra, 88, U l f . O. Bardenhewer LG II, 9.
Das Problem des Origenismus
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wird man nicht allein als eine bestimmte, von Origenes abhängige theologische Richtung betrachten dürfen, sondern vor allem auch als eine in der Kirche des 3. Jahrhunderts und danach — vor allem im Osten des römischen Reiches — wirksame und zeitweise wohl recht einflußreiche Gruppierung, ja eine ,Partei'. Verbindendes Element in ihr ist die Verehrung für Origenes und sein theologisches Erbe, das man nach innen sorgfältig pflegt und gegen Angriffe von außen verteidigt. Von daher kann jeder Theologe, der bestimmte Lehren des Origenes bekämpft, von dieser Gruppe entsprechend als Antiorigenist angesehen werden. Eine breitere antiorigenistische Front begegnet allerdings erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts. Der Anfang dieser Entwicklung liegt allem Anschein nach bereits im Auftreten des Origenes selbst, der schon zu Lebzeiten leidenschaftliche Anerkennung, aber auch Ablehnung erfuhr. Der Grund dafür lag wohl nicht nur in der Besonderheit seiner theologischen Lehre, sondern auch in seinem Wirken als theologischer Lehrer. Vor allem in Alexandrien, wo zahlreiche Schulen miteinander konkurrierten, mußte der Lehrerfolg des Origenes bald Neid und Feindschaft hervorrufen91, zumal Origenes nicht 91
Insofern dürfte die Bemerkung des Hieronymus zutreffend sein, mit der er die Ausweisung des Origenes aus Alexandria kommentiert: „. . . non propter dogmatum nouitatem, non propter heresim, ut nunc aduersum eum rabidi canes simulant, sed quia gloriam eloquentiae eius et scientiae ferre non poterarit et illo dicente omnes muti putabantur", ep. 33, 5 (CSEL 54, 259, 8-12 Hilberg). Wohl aus diesem Grund meint K. Baus: „Ob die Spannungen zwischen ihm und seinem Bischof Demetrios, die ihn um 230 zum Verlassen seiner Heimat zwangen, auf den von Origenes vertretenen theologischen Ideen beruhten, ist unwahrscheinlich" (Hdb. d. KG II, l, 127). Ähnlich bereits M. Hornschuh: Das Leben des Origenes, ZKG 71 (1960) 213 Anm. 124: „Um einen Angriff auf die Lehre des Origenes hat es sich damals nicht gehandelt"; doch er fährt kurz darauf fort: „Später muß sich Origenes allerdings auch wegen seiner Lehre verantworten". Denn nach Eus. h. e. VI, 36, 4 versuchte Origenes später in einem Brief an Fabianus von Rom und andere Kirchenführer, seine Rechtgläubigkeit (!) zu verteidigen. M. Hornschuh vermutet: „Wahrscheinlich ist der Angriff auf die Theologie des Origenes von Rom ausgegangen, nicht von Alexandrien". Doch diese Vermutung beruht auf der Annahme, Alexandrien habe „nach dem Ausscheiden des Origenes an einem kirchlich temperierten Origenismus" festgehalten. Und dies wird damit begründet, „daß noch zu Lebzeiten des Meisters ein Origenist, Dionysius, nicht nur die Leitung der Schule, sondern auch das Bistum übernimmt" (ebd.). Wahrscheinlicher aber ist, daß die Ausweisung des Origenes aus Alexandrien auch mit theologischen Argumenten begründet wurde, die die Rechtgläubigkeit des Origenes in Zweifel ziehen sollten. In Rom die Quelle der Angriffe gegen die Rechtgläubigkeit des Origenes zu vermuten, besteht wenig Veranlassung, eher schon in Heraklas, dem Nachfolger des Demetrius in Alexandrien, der sehr wahrscheinlich hinter den Ausweisungsbeschlüssen gegen Origenes stand; vgl. meinen Beitrag in Oxford 1975 (o. S. 6 Anm. 25); ferner: Hugo Koch, Zum Lebensgange des Origenes und Heraklas, in: ZNW 25 (1926) 278-282. Vgl. auch u. S. 87ff., bes. 100ff.
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Einleitung
nur ein begnadeter Lehrer war, sondern sich auch bemühte, seine Lehre beispielhaft vorzuleben. In Cäsarea in Palästina, wohin er sich nach seinem Weggang aus Alexandrien wandte, konnte Origenes seine Arbeit endlich ungestört fortführen. Konkurrenz scheint es für ihn an diesem Ort nicht gegeben zu haben; die benachbarten Bischöfe schätzten und verehrten ihn. Wenn sein Ansehen und sein Nachruhm in Cäsarea und den benachbarten Gemeinden besonders nachhaltig gewesen ist92, dann ist das kaum verwunderlich. Denn einmal genoß er das Vertrauen des Ortsbischofs Theoktist und der einflußreichen Nachbarbischöfe Alexander von Jerusalem und Firmilian von Cäsarea in Kappadozien, und zum anderen gingen viele der späteren Bischöfe der näheren und weiteren Umgebung durch seine Schule in Cäsarea, darunter die Brüder Athenodor und Gregor Thaumaturgus, die Origenes selbst zum Christentum bekehrt hatte. Verfolgt man die Entwicklung des Origenismus in kirchengeschichtlicher Hinsicht, dann fällt auf, daß offenbar an bestimmten Orten und in bestimmten Gegenden das Erbe des Origenes besonders gepflegt wurde. In Cäsarea in Palästina, wo die Bibliothek des Origenes aufbewahrt wurde, ragen Pamphilus und sein Schüler Euseb, der spätere Bischof, hervor. In Kappadozien zeigen Gregor von Nazianz und Basilius durch die Sammlung der Philokalia, daß das Erbe des Origenes im 4. Jahrhundert noch lebendig war. In den origenistischen Streitigkeiten gegen Ende des 4. Jahrhunderts steht Johannes, der Bischof von Jerusalem auf der Seite derer, die das Erbe des Origenes verteidigen, unterstützt von Mönchsgruppen aus seiner Umgebung. Auch in Ägypten gab es bekanntlich Mönchsgruppen, die das Erbe des Origenes verehrten; ihnen wandte sich späterhin Euagrius Ponticus zu. Auch Didymus der Blinde hat diesen Kreisen sicherlich nahegestanden. Die Einstellung zu Origenes in Ägypten und Alexandrien blieb allerdings von Anfang an zwiespältig. Einerseits gab es dort zeitweilig berühmte Vertreter der Lehren des Origenes, wie z. B. Pierius, den Lehrer des Pamphilus, und später Didymus den Blinden. Auch Theognost, von dem wir allerdings recht wenig wissen, gehört vielleicht in diesen Kreis93. 92
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Vgl. E. R. Redepenning, Origenes I (1841) 414: „Es wurde und blieb Palästina seine zweite Heimath; von hier ging sein ferneres Wirken aus". — Die besondere Bedeutung, die Cäsarea durch die Anwesenheit des Origenes erlangte, mußte die Erinnerung und Verehrung für diesen großen Theologen wachhalten. Man denke in diesem Zusammenhang auch an Tyrus, wo man die Erinnerung an den Märtyrer Origenes pflegte und sein Grab zeigte (vgl. H. Chadwick, Die Kirche in der antiken Weh, 124). - Zu Cäsarea vgl. neuerdings: H. Bietenhard, Caesarea, Origenes und die Juden, Stuttgart 1974, bes. 7-18. Vgl. Photius, Bibl. cod. 106. Die Fragmente des Theognost hat A. Harnack gesammelt und kommentiert: Die Hypotyposen des Theognost (TU 24, 3), Leipzig 1903, 73—92. Harnack nennt Theognost einen „Origenesschüler striktester Observanz" (S. 92). Vgl. auch L. B. Radford, Three Teachers, 1—43.
Aufgaben der folgenden Untersuchung
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Doch andererseits fällt auf, daß keiner von ihnen Bischof war, daß vielmehr die bischöfliche Tradition Alexandriens sich distanziert, in einigen Fällen sogar deutlich ablehnend gegenüber Origenes und der sich auf ihn berufenden Tradition verhalten hat. Der Kleinasiate Methodius von Olympus nimmt eine Zwischenstellung ein. Er hat seinerseits Kritik von origenistischer Seite erfahren müssen94. In Antiochien werden — vielleicht schon seit Lukian, den man meist als Begründer der sogenannten ,Antiochenischen Schule' ansieht95 — kritische Stimmen gegenüber der Exegese des Origenes laut, wie die Schrift des Eustathius über die Hexe von Endor zeigt. Es sollten hier nur einige Punkte genannt werden, die deutlich machen, daß der Origenismus nicht nur theologiegeschichtlich, sondern auch kirchengeschichtlich zu beachten ist. Eine Darstellung des Origenismus, die bisher fehlt, dürfte diesen Gesichtspunkt nicht außer acht lassen. Hierbei ergeben sich allerdings für das 4. Jahrhundert besondere Probleme. Insbesondere die Auseinandersetzungen um Arius und den Arianismus, bei denen ebenfalls die kirchengeschichtliche und vor allem auch kirchenpolitische Seite nicht übersehen werden darf, haben sich auch auf die Entwicklung des Origenismus ausgewirkt, so daß später Epiphanius Origenes als geistigen Vater des Arius und damit als eigentlichen Urheber des Arianismus hinstellen konnte96, ein Vorwurf, der bis in die Gegenwart die theologiegeschichtliche Debatte direkt oder indirekt belastet.
D. AUFGABEN DER FOLGENDEN UNTERSUCHUNG
Die grundsätzliche Bedeutung des Dionysius für das Verständnis und die Beurteilung des Origenismus — vor allem im 3. Jahrhundert, aber auch darüber hinaus — dürften die vorangestellten Überlegungen deutlich gemacht haben. Dionysius hat als Leiter der alexandrinischen ,Katechetenschule' und späterer Bischof die Entwicklung der Kirche Alexandriens und Ägyptens nachhaltig beeinflußt; und seine Einstellung zu Origenes und 94 95 96
Vgl. de cibis l, l (GCS 27 [1917] 427 Bonwetsch). Dazu jetzt kritisch: M. Simonetti, L'origini deH'Arianesimo (o. S. 5 Anm. 22), 319f. Es ist auffallend, daß sich Epiphanius (insbesondere Pan. 64, vgl. aber auch Ancor. 13, 54f., 62f.) nur wenig mit Schriften des Origenes selbst auseinandersetzt, sondern sich meist auf Überlieferungen und Ansichten anderer über Origenes beruft. Epiphanius war kein besonders schöpferischer Theologe, sondern vertrat mit Hartnäckigkeit und großem Eifer, was er von anderen emsig zusammengetragen hatte und darum anscheinend von einer relativ breiten Front vertreten wurde. Man sollte allerdings nicht ausschließen, daß erst Epiphanius durch sein unablässiges Bemühen gegen Ende des 4. Jh. einen Großteil der antiorigenistischen Front geschaffen hat. Vgl. dazu: M. Villain, in: RechSR 27 (1937) 5-18; zu Epiphanius insgesamt: W. Schneemelcher, in: RAC V (1962) 909-927.
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Einleitung
dessen Theologie dürfte für die Kirche Ägyptens maßgebliche Bedeutung gehabt haben. Das Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes ist dabei nicht nur theologiegeschichtlich zu untersuchen, sondern auch kirchengeschichtlich; denn beide waren Zeitgenossen und müssen sich persönlich gekannt haben. Leider fehlen in den erhaltenen Schriften sowohl des Dionysius als auch des Origenes direkte Zeugnisse, die das Verhältnis beider zueinander eindeutig bestimmen. Daraus allerdings auf eine freundschaftlich unproblematische Beziehung zwischen beiden zu schließen, wäre ebenso voreilig, wie umgekehrt dies als Zeichen der Feindschaft oder des gegenseitigen Desinteresses auszulegen. Vielmehr ist es notwendig, das erhaltene Quellenmaterial im einzelnen zu prüfen. Die persönliche Begegnung zwischen Dionysius und Origenes fällt in die Zeit, in der Origenes als Lehrer in Alexandrien wirkte. Denn nach seinem Weggang ist Origenes — soweit wir wissen — nicht wieder nach Alexandrien zurückgekehrt. Außerdem übernahm Dionysius bald darauf die Leitung der ,Katechetenschule', war nun also selbst als Lehrer tätig. Über die Frühzeit des Dionysius wissen wir nur wenig. Da aber in diesen Jahren Entscheidungen fallen, die das Verhältnis zwischen der alexandrinischen Kirche und Origenes nachhaltig beeinflußt haben, von denen auch Dionysius in irgendeiner Weise Kenntnis gehabt haben muß, ist es notwendig, die Entwicklung der alexandrinischen Kirche in dieser Zeit in ihren Grundzügen nachzuzeichnen. Das gilt ebenso für die Anfänge der ,Katechetenschule'. Denn erst auf diesem Hintergrund wird die weitere Entwicklung verständlich. Im Mittelpunkt der weiteren Untersuchung steht Dionysius und sein Verhältnis zu Origenes; Probleme der Origenesforschung werden nur dort ausführlicher behandelt, wo dieses Verhältnis betroffen ist. Andererseits soll jedoch versucht werden, einen möglichst umfassenden Eindruck von der vielfältigen Bedeutung des Dionysius für die Kirchengeschichte des 3. Jahrhunderts zu geben, die in der Forschung nicht selten unterschätzt wird97. Schuld daran ist nicht allein, daß Dionysius allzusehr im Schatten des Origenes gesehen wird, sondern auch die äußerst fragmentarische Überlieferung seines Werks. Hier ist die bereits im Jahre 1904 erschienene und von Ch. L. Feltoe herausgegebene Sammlung der Fragmente des Dionysius98 eine nach wie vor unentbehrliche Ausgabe. Doch waren bereits bei der Übersetzung der Texte99 Ergänzungen und Korrek97
98 99
So enthält beispielsweise das Werk von H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht, 19632, zwar ein ausführliches Kapitel über Cyprian (292—322) als dem Repräsentanten der lateinischen Kirche im 3. Jh.; ein entsprechendes Kapitel über Dionysius von Alexandrien fehlt. Für den Osten erscheinen Origenes und die syrische Didaskalia als Hauptquellen für diese Zeit (262-291). , Cambridge 1904. Dionysius von Alexandrien. Das erhaltene Werk (BGL 2), Stuttgart 1972.
Aufgaben der folgenden Untersuchung
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turen gegenüber der Ausgabe Feltoe's erforderlich. Darüber hinaus aber sind neue Texte zu berücksichtigen100 und weitere Korrekturen notwendig, so daß eine Erörterung der Quellenlage unumgänglich erscheint. Bei der Untersuchung selbst sind nicht zuletzt auch jene Gesichtspunkte zu beachten, die R. Staats in seiner Besprechung des Ubersetzungsbandes zusammengestellt hat101, sofern diese nicht bereits in den voraufgegangenen grundsätzlichen Überlegungen zum Thema berücksichtigt worden sind. Den Abschluß bilden ein Überblick über die weitere Entwicklung der alexandrinischen Kirche im 3. Jahrhundert sowie Überlegungen zum Verhältnis von Origenismus und alexandrinischer Tradition. 100
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W. Bienen, in: Kleronomia 5 (1973) 310; M. v. Esbroek, in: Anal. Boll. 91 (1973) 464 (aus armenischer Überlieferung); früher bereits: F. C. Conybeare, The Patristic ,Testimonia* of Timotheus Aelurus, in: JThS 15 (1914) 436—442 (ebenfalls aus armenischer Überlieferung). ZKG 86 (1975) 99.
II. DIE GRUNDLAGEN: QUELLEN UND ZEUGNISSE A. ALTKIRCHLICHE ZEUGNISSE
BER DIONYSIUS
Das lteste Zeugnis ber Dionysius ist im Schreiben der Synode von 268 enthalten, die sich in Antiochien versammelt hatte, um die Lehren Pauls von Samosata zu verurteilen. In diesem Schreiben, aus dem Euseb in seiner Kirchengeschichte ausf hrlich zitiert, hei t es1: Έπεστέλλομεν δε άμα και παρεκαλοΰμεν πολλούς και των μακράν επισκόπων επί την θεραπείαν της θανατηφόρου διδασκαλίας, ώσπερ και Διονύσιον τον επί τη ς Αλεξανδρείας και Φιρμιλιανον τον άπο της Καππαδοκίας, τους μακαρίτας' ων δ μεν και έπέστειλεν εις τήν'Αντιόχειαν, τον ηγεμόνα της πλάνης ουδέ προσρήσεως άξιώσας ουδέ προς πρόσωπον γράψας αύτω, άλλα τη παροικία πάση, ης καΐ το αντίγραφαν ύπετάξαμεν. F r unsere Betrachtung ist diese Notiz aus mehreren Gr nden wichtig. Zun chst zeigt sie das Ansehen und die Bedeutung des alexandrinischen Bischofs und seiner Kirche in der Mitte des 3. Jahrhunderts. Neben Dionysius, dem Bischof von Rom, wird Maximus, der alexandrinische Bischof dieser Zeit, zuvor als Adressat des Synodalschreibens ausdr cklich hervorgehoben. Rom und Alexandrien erscheinen als gleichrangige Bischofssitze dieser Zeit. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, da die Kirche Alexandriens erst zu Beginn des 3. Jahrhunderts deutlicher in das Licht der Geschichte ger ckt ist. Dabei ist es keine Frage, da Dionysius von Alexandrien ma geblich zu der weltweiten Bedeutung der alexandrinischen Kirche beigetragen hat, wie die Untersuchung im einzelnen noch zeigen wird. Das Schreiben selbst weist Dionysius als theologische Autorit t seiner Zeit aus, seine Rechtgl ubigkeit ist unbestritten, und sein Wort hat auch nach seinem Tode noch solches Gewicht, da man seinen Brief an die antiochenische Gemeinde, in dem er sich mit den Lehren Pauls von Samosata auseinandergesetzt hatte, dem Synodalschreiben beilegt2. Dies ist um so bemerkenswerter, als die Rechtgl ubigkeit des Dionysius zu seinen Lebzeiten keineswegs immer und in allen Punkten unumstritten 1 2
Eus. h. e. VII, 30, 3 (GCS 9, 2, S. 706, 11-17). Dieses Schreiben ist verlorengegangen. Die Tatsache jedoch, da Dionysius sich mit den Lehren Pauls von Samosata auseinandergesetzt hatte, bildete die Grundlage f r den — vermutlich aus apollinaristischen Kreisen stammenden — fingierten Briefwechsel des Dionysius mit dem Samosatener. Vgl. dazu u. S. 47ff.
Altkirchliche Zeugnisse über Dionysius
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war. Bestimmte Äußerungen in der Trinitätslehre mußte er in einem ausführlichen Brief an seinen römischen Namensvetter rechtfertigen und Mißverständnisse ausräumen. Und später sah sich Athanasius aus diesem Grunde noch einmal genötigt, die Rechtgläubigkeit dieses Vorgängers auf dem alexandrinischen Bischofsstuhl nachdrücklich hervorzuheben, weil sie durch den arianischen Streit erneut ins Zwielicht geraten war3. Für die Synodalen des Jahres 268 aber stand die Rechtgläubigkeit des Dionysius außer Zweifel. Bemerkenswert ist schließlich, daß Dionysius zusammen mit Firmilian von Cäsarea in Kappadozien genannt wird, der in gleicher Weise die Neuerungen Pauls von Samosata bekämpft hatte, auf dem Weg zur Synode jedoch gestorben war und deshalb an der letzten Zusammenkunft nicht mehr teilnehmen konnte. Firmilian aber war bekanntlich ein Freund und Verehrer des Origenes4 und viele der Teilnehmer der Synode von 268 ebenso. Dies zeigt, daß Dionysius unter den Anhängern des Origenes über den Tod hinaus Respekt und Achtung genoß. Es gibt auch Anzeichen dafür, daß Dionysius zu Lebzeiten ein gutes Verhältnis zu den bischöflichen Freunden des Origenes suchte5. Später unterstreicht Euseb von Cäsarea, der uns den größten Teil der Fragmente des Dionysius überliefert hat, welch großes Ansehen der Alexandriner zu Beginn des 4. Jahrhunderts besessen hat. Große Teile von Buch VI und VII seiner Kirchengeschichte hat er ihm gewidmet und ihm als erstem Bischof der alten Kirche den Beinamen „der Große" — 6 — verliehen. An anderer Stelle nennt er ihn „den bischöflichen Vertreter der christlichen Philosophie"7. Aus diesen Worten klingt 3
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Athanasius, De sententia Dionysii (hg. v. H. G. Opitz, Athanasius Werke II, l [1936] 46-47). „Der Adressat und der Anlaß der Schrift sind unbekannt" (Opitz ebd. 46). Athanasius hat in dieser Schrift Dionysius häufig zitiert und auf diese Weise uns Texte überliefert, die sonst verlorengegangen wären. Vgl. Eus. h. e. VI, 27. Aus einem Schreiben des Dionysius an Cornelius von Rom geht hervor (Referat bei Eus. h. e. VI, 46, 3), daß bereits Firmilian und Theoktist von Cäsarea in Palästina — zwei Anhänger des Origenes — Dionysius nach Antiochien zu einer Synode eingeladen hatten, die gegen des Schisma Novatians in der dortigen Gemeinde gerichtet war (um 251). Stephanus Gobarus erwähnt nach dem Referat des Photius (Bibl. cod. 232 = Bd. V, 79 hg. v. R. Henry) u. a., Dionysius habe in einem Brief an .Theoteknus' von Cäsarea nach dem Tode des Origenes diesen selbst lobend erwähnt. Prof. H. Crouzel macht mich freundlicherweise darauf aufmerksam, daß Photius hier sehr wahrscheinlich Theoteknus mit dem früheren Bischof Theoktist, dem bekannten Freund des Origenes, verwechselt habe (vgl. Bibl. Cod. 118). Eus. h. e. VII, prooem. — Rufin übersetzt diese Stelle „cudat elogiis nobilissimus patrum et clarus in episcopis Dionysius". Eus. p. e. XIV, 22, 17 (. . , .. GCS 43, 2 S. 324, 4-5 . Mras).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
Respekt und Hochachtung. Aber — darin hat A. Harnack sicherlich recht — verglichen mit der Verehrung Eusebs f r Origenes meint man eher, eine gewisse k hle Zur ckhaltung zu sp ren, wenn Euseb von Dionysius berichtet oder aus seinen Schriften zitiert8. Dionysius war trotz seiner ohne Zweifel herausragenden Bedeutung als Bischof der alexandrinischen Kirche offenbar keine Gestalt, die zur Begeisterung f r seine Person oder zu legendarischer Ausschm ckung seiner Verdienste einlud, wie z. B. sein Zeitgenosse Gregor Thaumaturgos. Erst sp ter hat ihm die orientalische Kirche den Ehrentitel ίερομάρτυρ verliehen9, obwohl er den M rtyrertod nicht erlitten hat10. Der Beiname ό μέγας wird Dionysius auch in der sogenannten ,Mystagogie* des Petrus I. von Alexandrien beigelegt, einer Schrift, die nicht von Petrus selbst stammt — obwohl sie sich als Rede des Petrus angesichts seines Martyriums gibt —, sondern mit den unechten M rtyrerakten des Petrus zusammengeh rt. Das bei Justinian in der Epistula ad Menam berlieferte St ck11 wendet sich zugleich nachdr cklich gegen Origenes und stammt sehr wahrscheinlich aus alexandrinischen Kreisen. Auch Basilius der Gro e kennt f r Dionysius den Beinamen ό μέγας und bezeichnet ihn als κανονικός, d. h. als einen in kirchlichen Rechtsfragen kundigen Mann12. Doch ist es f r Dionysius wenig schmeichelhaft, wenn Basilius feststellt: Το δε των Πεπουζηνών (sc. βάπτισμα) ούδένα μοι λόγον έχειν δοκεί, καΐ έθαύμασα πώς κανονικόν οντά τον Διονύσιον παρήλθεν13 — und ein wenig sp ter: Ου γαρ έβαπτίσθησαν οί είς το μη παραδεδομένα ήμϊν βαπτισθέντες. "Ωστε, εί δε και τον μέγαν Διονύσιον τούτο παρέλαθεν, αλλ' ήμϊν ου φυλακτέον την μίμησιν του σφάλματος. Το γαρ άτοπον αύτόθεν πρόδηλον καΐ πάσιν εναργές οΐς τι και μικρόν του λογίζεσθαι μέτεστιν14. Dionysius hatte die Montanisten als Schismatiker und nicht — wie es nach der Meinung des Basilius richtig gewesen w re — als H retiker betrachtet und deshalb eine erneute Taufe bei ihrer Aufnahme in die kirchliche Gemeinschaft abgelehnt. F r einen so bedeutenden und erfahrenen Kirchenmann eigentlich besch mend! Die dem Dionysius beigelegten Titel klingen ein wenig ironisch. — Die kritische Einstellung des Basilius gegenber Dionysius wird auch an anderer Stelle sichtbar, z. B., dort wo er sich 8
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A. Harnack, LG II, 2,59: „Auffallend ist auch eine gewisse K hle dem Dionysius gegen ber bei aller Bewunderung und allem Respekt". Vgl. Bardenhewer LG II, 206. Allerdings existierte eine Proze akte aus der valerianischen Verfolgung, aus der Dionysius selbst einmal zitiert (Eus. h. e. VII, 11, 6-11). AGO III, 197. Harnack nennt dieses St ck „geradezu eine F lschung" (LG I, l, 448). Vgl. Bardenhewer, LG II, 206 m. Anm. 1; vgl. W.-D. Hauschild, Basilius von Caesarea Briefe, 2. Teil (BGL 3), Stuttgart 1973, 100; anders Lampe, s. v. Nr. 3, S. 701. Ep. 188 can. l (Y. Courtonne, Saint Basile. Lettres II, 1961, 121, can. l Z. 5-7). Ebd. Z. 41-46 (S. 122).
Altkirchliche Zeugnisse ber Dionysius
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ber eine von Dionysius verwendete Doxologie berrascht zeigt15. In einem Brief an den Philosophen Maximus, der sich nach den Schriften des Dionysius erkundigt hatte, fa t Basilius seine Meinung ber ihn folgenderma en zusammen: „Nicht alles k nnen wir an dem Mann bewundern; so manches verurteilen wir sogar g nzlich. Denn f r jene Gottlosigkeit, die jetzt so viel Staub aufwirbelt, ich meine die der Anhom er, hat er zuerst, soviel wir wissen, den Leuten die Samen geliefert. Schuld war meines Erachtens nicht Bosheit der Gesinnung, sondern sein bereifer, den Sabellius zu widerlegen. Ich vergleiche ihn darum gern mit einem G rtner, der einen jungen Baum aus einer krummen in eine gerade Richtung bringen will, dann aber durch berm igen Gegendruck die Mitte verfehlt und so das B umchen auf die entgegengesetzte Seite zieht"16. Dieses Urteil ist ziemlich vernichtend. Basilius ist zwar bereit, dem Dionysius lautere Absichten zu unterstellen, als dieser sich in der Abwehr des Sabellianismus zu weit vorgewagt und trinit tstheologisch bedenkliche Formulierungen verwendet hatte. Nichtsdestoweniger aber verfiel er auf diese Weise in das andere Extrem der H resie und wurde so zum geistigen Stammvater der arianischen Ketzerei. Von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Meinung des Gennadius, der Dionysius als „Quelle des Arius" (fons Arn)17 bezeichnete. Dieses Urteil war nicht ganz unberechtigt. Zwar wissen wir nicht, ob sich Arius selbst auf Dionysius berufen hat. Doch besitzen wir in lateinischer berlieferung ein Fragment des Dionysius, das von dem arianischen Bischof Athanasius von Anazarbus zur Unterst tzung seiner trinit tstheologischen Anschauungen zitiert wurde18. Der alexandrinische Athanasius hatte gro e M he, die Rechtgl ubigkeit seines Amtsvorg ngers auf dem Bischofsstuhl unter Beweis zu stellen. Er nennt ihn zwar emphatisch einen „Lehrer der katholischen Kirche" (της καθολικής εκκλησίας διδάσκαλος)19. Doch kann er nicht bestreiten, da es einen Brief des Dionysius gibt, auf den sich die Arianer zu Recht berufen k nnen. Nur — so wendet er ein —, Dionysius hat auch andere Briefe geschrieben, und man mu auch sie ber cksichtigen, ίνα εκ πασών και μη μόνης εκ της μιας ή πίστις δειχθή του ανδρός20. Auf diese Weise ist es Athanasius 15
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Basilius, Spir. 29 § 72 (SC 17b", 504 hg. v. B. Pruche). - Zum Verst ndnis dieser Doxologie vgl. G. Kretschmar, Studien zur fr hchristlichen Trinit tstheologie (BHTh 21), T bingen 1956, 182 ff. Ep. 9, 2. bersetzung nach A. Stegmann, BKV 2 46, 1925, 43 (Text bei Y. Courtonne, I, 1957, 38, 3 ff.). Gennadius, Liber Ecclesiasticorum Dogmatum, c. 4 (Text: C.H.Turner, The ,Liber Ecclesiasticorum Dogmatum' attributed to Gennadius, in: JThS 7 [1906] 90). Vgl. H. Boehmer-Romundt, in: Zeitschr. f. wiss. Theologie 46 (1903) 264ff., 269; D. de Bruyne, in: ZNW 27 (1928) 106ff. - Im einzelnen u. S. 63 f. Ath. Dion. 6, l (Opitz 49, 28f.). Ath. Dion. 4, 3 (Opitz 48, 25f.).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
schließlich gelungen, Dionysius weitgehend vom Geruch arianischer Ketzerei zu befreien und so die Rechtgläubigkeit der kirchlichen Tradition Alexandriens vor Verdächtigungen zu schützen. Die Apologie des Athanasius hat wesentlich dazu beigetragen, daß Ruf in Dionysius als „eruditissimus adsertor ecclesiasticae fidei" betrachtete21. Rufin verband allerdings mit diesem Urteil noch eine andere Absicht, denn für ihn war die Apologie des Athanasius zugleich ein Beweis dafür, daß Schriften rechtgläubiger Kirchenlehrer verfälscht wurden, um sie der Häresie verdächtig zu machen; so sei es auch mit den Schriften des Origenes geschehen. Hieronymus empfand es dagegen als Ausflucht, wenn Rufin argumentierte: „Athanasius episcopus sie Dionysii defendit errorem: apostolorum scripta similiter depravata sunt"22. Die Rechtgläubigkeit des Dionysius aber erschien ihm nicht als Problem. Vielmehr nennt er Dionysius selbst an anderer Stelle: „vir eloquentissimus Dionysius Alexandrinae Ecclesiae pontifex"22". Auch für ihn dürfte die Apologie des Athanasius die Zweifel an der Rechtgläubigkeit des Dionysius beseitigt haben. Das Urteil des Athanasius, vor allem aber die Darstellung in Eusebs Kirchengeschichte haben das Bild des Dionysius für die Folgezeit nachhaltig beeinflußt. Das erklärt sich auch dadurch, daß gegen Ende des 4. Jahrhunderts die Kenntnis der Schriften des Dionysius immer mehr zurückging. Basilius bemerkt in seinem bereits erwähnten Brief an Maximus, daß zu seiner Zeit noch große Teile von ihnen bekannt waren. Aber schon bei Hieronymus und Rufin sucht man vergeblich nach deutlichen Hinweisen für eine selbständige Kenntnis uns womöglich unbekannter Schriften des Dionysius. Hieronymus hat zwar noch die eine oder andere zusätzliche Nachricht über Dionysius aufbewahrt23, doch sein zusammenfassender Bericht über ihn24 stützt sich fast ausschließlich auf die Darstellung in Eusebs Kirchengeschichte. Ähnliches gilt für Theodoret25, vor allem aber für die späteren Historiographen. Zwar ist in der späteren Katenen- und Florilegienliteratur — insbesondere auch in kanonistischem Schrifttum — oder in alten Übersetzungen noch manches zusätzliche echte Textstück aus dem Werk des Dionysius überliefert; doch muß man hier die Überlieferung der Texte sehr sorgfältig prüfen, denn es gibt eine Reihe von Verwechslungsmöglichkeiten. So wird z. B. der Titel in der Überlieferung zwar meist dem Alexandriner vorbehalten, doch finden sich
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Rufin, de adult, lib. Orig., c. 5 (CCL20, S. 10 ed. M. Simonetti). Hieronymus, Apol. adv. Rufin. II, 17 (PL 23,459Cf.); vgl. Ath. Dion. c. 7. 22a Hieran., Comm. in Jes. lib. 18, praef. (PL 24, 627). 23 Hieron., ep. 48, 3; 49 (48), 19; ep. 70, 4; 146, 1. 24 Hieron., vir. ill. 69. 25 Theodoret, haer. fab. II, 8; II, 9; III, 5; III, 6. 22
Ein weiterer alexandrinischer Dionysius?
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sp ter auch berschneidungen mit dem areopagitischen Schrifttum26. Au erdem gibt es F lschungen unter dem Namen des Dionysius, die die berlieferung zus tzlich verwirrt haben27. Zeugnisse, die das Verh ltnis von Dionysius zu Origenes betreffen, besitzen wir nur sehr wenig. Zuverl ssig d rften die Nachrichten bei Euseb sein, da Dionysius einmal Sch ler des Origenes war und eine Schrift Περί μαρτυρίου προς τον Ώριγένην verfa t hat28. Das gleiche gilt sehr wahrscheinlich auch f r die bei Photius berlieferte Nachricht aus Stephanus Gobarus29, Dionysius habe in einem Brief an Theoteknus — gemeint ist wahrscheinlich Theoktist30 von C sarea — Origenes lobend erw hnt. Demgegen ber ist die berschrift eines in den Quaestionen des Anastasius Sinaita berlieferten Fragments des Dionysius — εκ των κατ' ' Ωριγένους eindeutig sekund r31. Wie wenig sich die Verurteilung des Origenes im Jahre 553 auf Dionysius ausgewirkt hat, zeigt sehr deutlich die am Anfang des 9. Jahrhunderts geschriebene Chronographie des Georgius Syncellus (t 810/11)32. W hrend Origenes mehrfach als o ματαιόφρων33 bezeichnet wird und seine Lehren heftiger Kritik unterliegen, wird Dionysius unter die „heiligen und seligen V ter" gerechnet34, hei t ό μέγας35, ό μακάριος36 und sogar ό ίερώτατος37. Deutlicher kann man den Unterschied zwischen beiden kaum hervorheben.
B. EIN WEITERER ALEXANDRINISCHER DIONYSIUS?
Im 'Οδηγός des Anastasius Sinaita (Ende 7. Jh.) findet sich folgende Notiz: „Der gro e Dionysius, Bischof von Alexandrien, zuvor ein Rhetor, 26
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Vgl. dazu die von Harnack zitierte (LG I, l S. 426f.) Bemerkung von F. Loofs (ThLZ 1884, Sp. 555): „Irgend ein noch r thselhafter Zusammenhang besteht jedenfalls zwischen den Schriften des Dionysius Areop. und dem des Dionysius von Alex."; vgl. dazu u. S. 43ff.; 50f. Vgl. u. S. 47-49. Eus. h. e. VI, 46,2; vgl. Hieran, vir. ill. 69; Georg. Sync. 1,704 (Dindorf). Die Nachricht bei Stephanus Gobarus (Photius, Bibl. cod. 232), Dionysius habe an ihn geschrieben, d rfte sich wohl darauf beziehen. Zu den erhaltenen Fragmenten aus dieser Schrift vgl. u. S. 40ff. Cod. 232 (ebd.). Vgl. o. S. 29 Anm. 5. Text bei Feltoe 199. Zur Echtheit vgl. u. S. 37f. Ausgabe von W. Dindorf (CSHB 30), Bonn 1829, 2 Bde. Dindorf 1,670,681,685. Dindorf I, 685. Euseb wird an dieser Stelle daf r kritisiert, da er so viel ber Origenes und so wenig ber die „heiligen und seligen V ter: Klemens Alexandrinus, Hippolyt, Africanus, Dionysius" u. a. berichtet; vgl. auch S. 670. 36 37 Dindorf I, 707, 720, vgl. 685. Dindorf I, 686, 706. Dindorf I, 703.
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
sagt in den Schollen, die er zu dem ihm gleichnamigen seligen Dionysius verfa t hat, da die heidnische Philosophie jede unsichtbare Natur ungeworden zu nennen pflegte und ebenso die Hypostasen ,Usien'"38. Beinahe w rtlich begegnet der Satz wieder in den Scholien des Maximus Confessor zum Areopagiten39 und im sogenannten „Schatz der Rechtgl ubigkeit" des Niketas Choniates (um 1200)40. Man wird damit rechnen m ssen, da die Texte voneinander abh ngig sind. Es ist jedoch schwer, ein sicheres Urteil dar ber abzugeben, wessen Nachricht urspr nglich ist, solange die berlieferung der genannten Schriften nicht hinreichend erforscht ist und solange keine kritische Ausgabe von ihnen vorliegt. Es f llt auf, da der Abschnitt bei Anastasius Sinaita erst in sp terer handschriftlicher berlieferung bezeugt ist. Das gleiche gilt f r die Scholien des Maximus zum Areopagiten, die sp testens im 12. Jahrhundert mit den Scholien des Johannes von Skythopolis zusammengeworfen wurden41 und auch sonst eine Reihe von berlieferungsgeschichtlichen Problemen auf werfen. Ist die Herkunft dieser Nachricht auch nicht ganz klar und manches an ihr auch ziemlich unwahrscheinlich, es bleiben f r unsere Untersuchung eine Reihe von Fragen, denen nachgegangen werden mu , zumal F. Hipler und in seiner Nachfolge F. Dittrich42 mit dieser Nachricht die Existenz eines weiteren alexandrinischen Dionysius begr ndeten und ihm einige Fragmente — vor allem aus der Katenen berlieferung — zuschrieben. Wenn Hipler und Dittrich betonen, da unser Dionysius, der alexandri38
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PG 89, 289 C: Ό γοϋν μέγας Διονύσιος, ό Αλεξανδρείας επίσκοπος, ό άπο ρητόρων, εν τοις σχολίοις οίς πεποίηκεν είς τον μακάριον συνώνυμον αύτοΰ Διονύσιον, οΰτω λέγει· δτι άγένητον εϊωθεν καλείν ή έξω φιλοσοφία πάσαν άόρατον φύσιν, ομοίως και ουσίας τάς υποστάσεις. Maximus, ad coel. hier. V, l (PG 4, 60C). II, 15 (PG139, 1138A - lateinisch!). Die Nachricht begegnet auch bei Joannes Cyparissiota (um 1300) in Theol. Symb., Dekade I, c. l bzw. II, c. 2 (PG 152, 746 bzw. 761). H.-G. Beck aaO 376f.; vgl. H. Urs von Balthasar, Das Scholienwerk des Johannes von Scythopolis, in: Scholastik 15 (1940) 16-38. Nach Urs von Balthasar geh rt die Notiz in den Zusammenhang mit dem durch Georgius von Scythopolis gef lschten Brief des Dionysius an Papst Xystus II. v. Rom, durch den die Echtheit des areopagitischen Schrifttums bewiesen werden sollte (S. 19 Anm. 9 — vgl. dazu u. S. 50f.). F r die Zuweisung der Notiz an Johannes von Scythopolis trat bereits T. W. Davids ein (in: Smith/Wace, Diet, of Chr. Biography III [Nachdruck 1974], 427). F. Hipler, Dionysius der Areopagite, Regensburg 1861, 119ff.; F. Dittrich, Dionysius der Gro e von Alexandrien, Freiburg 1867, 2 Anm. 3; 35ff. Beide Autoren vermuten, da Niketas Choniates der Urheber der Nachricht gewesen sei, weil es bei ihm lediglich hei t: „Auch Dionysius Alexandrinus, jener Rhetor". Es fehlt der Bischofstitel (Hipler 121; Dittrich 37f.). - Vgl. auch A. Harnack LG I, l, 424, der allerdings die Hypothese Hiplers f r „g nzlich verfehlt" h lt und nachdr cklich zur ckweist.
Ein weiterer alexandrinischer Dionysius?
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nische Bischof aus dem 3. Jahrhundert, in der berlieferung sonst nirgends als ,Rhetor' bezeichnet oder seine Herkunft aus dem Kreis der Rhetoren behauptet wird43, so trifft dies formal zwar zu. Doch ist sp testens durch die Untersuchung von Ph. S. Miller44 an Hand der erhaltenen echten Schriften des Dionysius nachgewiesen worden, da dieser eine umfassende rhetorisch-grammatische Schulung erfahren haben mu . In der armenisch berlieferten Chronik des Euseb hei t es sogar, er sei „als Meisterredner zu seinen Zeiten beraus r hmlich ausgezeichnet" gewesen45. brig bleibt der Hinweis auf einen alexandrinischen Dionysius, der Scholien zu dem Areopagiten verfa t habe und der schon aus zeitlichen Gr nden nicht mit unserem Dionysius identifiziert werden kann, weil sein Wirken fr hestens ins 6. Jahrhundert zu datieren w re. Gleichwohl konnten in der berlieferung der Texte Verwechslungen eintreten, weil der Areopagite jahrhundertelang als Sch ler des Apostels Paulus und als erster Bischof von Athen betrachtet wurde46. Angesichts der oft ungenauen und unsicheren Lemmata in den Florilegien- und Katenenhandschriften mu deshalb mit der M glichkeit der Verwechslung unseres Dionysius mit dem Areopagiten, u. U. jenem Scholiasten47 (falls es ihn tats chlich gegeben hat) oder auch einem anderen Autor dieses nicht gerade seltenen Namens gerechnet werden. Hipler st tzte seine Annahme eines weiteren alexandrinischen Dionysius zun chst auf Beobachtungen an der dem Niketas zugeschriebenen Hiob-Katene, in der Texte eines alexandrinischen Dionysius berliefert sind, die nicht ohne weiteres zu dem passen, was wir sonst ber den Bischof aus dem 3. Jahrhundert wissen. Vor allem finden sich Ankl nge und berschneidungen mit dem areopagitischen Schrifttum. Als Hauptargument f r seine Hypothese aber f hrte Hipler jene Stelle aus den Quaestionen des Anastasius Sinaita an, die nach ihrer berschrift aus 43 44
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Hipler aaO 120; Dittrich aaO 38, vgl. 2 Anm. 3. Studies in Dionysius the Great of Alexandria, Diss. Erlangen 1933. Miller bezieht die oben erw hnte Notiz auf unseren Dionysius (2). — Zu dem Problem vgl. auch Feltoe S. XII und S. XXIV; F. H. Colson, Two Examples of Literary and Rhetorical Criticism in the Fathers, in: JThS 25 (1924) 364-377. GCS 20, 225, hg. v. J. Karst. Der zuletzt von dem Metropoliten Athenagoras unternommene Versuch, den alexandrinischen Dionysius mit dem Areopagiten zu identifizieren — ΔΙΟΝΥΣΙΟΣ Ο ΜΕΓΑΣ ΕΠΙΣΚΟΠΟΣ ΑΛΕΞΑΝΔΡΕΙΑΣ Ο ΑΠΟ ΡΗΤΟΡΩΝ ΚΑΙ ΒΟΥΛΕΥΤΩΝ Ο ΣΥΓΓΡΑΦΕΥΣ ΤΩΝ ΑΡΕΟΠΑΠΤΙΚΩΝ ΣΥΓΓΡΑΜΜΑΤΩΝ, in: EPh 33 (1934) 161-193, 443-462, 521-540 - d rfte gescheitert sein; vgl. R. Roques, in: DSp 3 (1957) 253. Feltoe r umt ein, da bei einer solchen Verwechslung „possibly a considerable number of the short sententious extracts doubtfully assigned to D(ionysius) in the present collection come from this mediaeval writer" (S. XII Anm. 1); vgl. auch O. Bardenhewer LG II, 211.
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
einer Abhandlung des Dionysius „gegen Origenes" stammen soll48. Er schrieb dazu: „Nun ist wol nicht anzunehmen, da der gro e alexandrinische Erzbischof, der den Origenes so hoch verehrte, da er ihm sein Buch ber das Martyrthum widmete, gegen diesen seinen Lehrer zugleich auch eine Streitschrift verfa t habe, die seine ganze allegorische Exegese umstie , und es bleibt uns also nichts brig, als einen von diesem verschiedenen Dionysius von Alexandrien als Verfasser des Buches gegen Origenes sowol als auch unserer Fragmente anzunehmen, und dessen Leben und Wirken entweder in den Anfang des f nften oder in die Mitte des sechsten Jahrhunderts zu setzen, wo bekanntlich die origenistischen Streitigkeiten am st rksten waren"49. Dittrich ist Hipler weitgehend gefplgt, f gte aber zu den von Hipler genannten Schriften — Buch gegen Origenes, Kommentar zum Areopagiten, von dem allerdings nichts N heres bekannt ist, Kommentar zu Hiob — noch die Fragmente aus der Lukas-Katene des Niketas hinzu, die S. de Magistris in seiner Sammlung zusammen mit den Fragmenten aus dem Hiob-Kommentar unter der berschrift: „De Martyrio ad Origenem" vereinigt hatte50. Dar ber hinaus meinte er „m gen noch manche der in den neutestamentlichen Catenen mit dem Namen eines Dionysius bezeichneten exegetischen Citate von ihm herr hren"51. A. Harnack hielt die Annahme eines weiteren alexandrinischen Dionysius f r „g nzlich verfehlt", und er begr ndete dies: „denn wenn auch ber manche Fragmente unter dem Namen des Dionysius nicht mehr sicher geurtheilt werden kann, so ist doch nicht der geringste Grund vorhanden, einen neuen alexandrinischen Kirchenschriftsteller Dionysius zu schaffen und ihn mit zahlreichen Werken auszustatten"52. O. Bardenhewer hielt es unter Berufung auf Dittrich f r „wahrscheinlich", da es „auch im Mittelalter noch einen Theologen Dionysius von Alexandrien gegeben hat"53. Doch wie man sich auch entscheidet, man wird nicht umhin k nnen, die einzelnen berlieferten St cke unter dem Namen des Dionysius auf ihre Echtheit hin zu untersuchen, weil insbesondere bei Katenenfragmenten jedes einzelne St ck seine eigene Geschichte hat. Gerade von hier aus aber ergeben sich gegen ber der von Hipler und Dittrich vertretenen Hypothese im einzelnen erhebliche Einw nde, am deutlichsten bei der sogenannten Schrift ,gegen Origenes'. 48
Quaest. 23 zu Gen. 2, 8.9 (PG 89, 541B-C). Die berschrift lautet: Διονυσίου Αλεξανδρείας εκ των κατά Ώριγένους. 49 F. Hipler aaO 119 f. 50 S. de Magistris, S. Dionysii Alexandrini episcopi, cognomento Magni, quae supersunt, Rom 1796, 16-43. 51 Dittrich aaO 40 mit Anm. 1. 52 Harnack LG I, l, 424. " Bardenhewer LG II, 211.
Ein weiterer alexandrinischer Dionysius?
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1. Eine Schrift gegen Origenes? Ein entscheidendes Argument für die Annahme eines zweiten alexandrinischen Dionysius war für Hipler und Dittrich das antiorigenistische Fragment aus den Quaestionen des Anastasius Sinaita. Schon S. de Magistris hatte aus den gleichen Gründen wie sie die Echtheit dieses Fragments bezweifelt54. Dagegen hatte Harnack die Echtheit betont55, obwohl ihm nicht entgangen war, daß ein ähnliches Stück unter dem Namen des Hippolyt überliefert ist56. O. Bardenhewer meinte: „Jedenfalls darf die Aufschrift nicht dahin verstanden werden, daß Dionysius eine Schrift gegen Origenes verfaßt habe. Im übrigen aber muß die Herkunft des Fragments dahingestellt bleiben"57. Bedenken gegen die Aufschrift hatte auch Ch. L. Feltoe. Deshalb reihte er es unter die Exegetica des Dionysius ein58. Inzwischen aber dürften die vielfältigen Probleme dieses Fragments eine eindeutige und wohl auch überzeugende Lösung gefunden haben. Zunächst hatte die Untersuchung der Katenenüberlieferung, in der das Stück ebenfalls begegnet, gezeigt, daß der bei Anastasius Sinaita überlieferte Text ursprünglich aus zwei Teilen bestand, von denen der erste dem Dio-
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S. de Magistris rückte das Fragment ans Ende seiner Sammlung (Text 309f.) und bemerkte dazu: „neque ullus veterum scripti alicuius meminit a Dionysio editi contra Onginem, quem laudasse potius demortuum testamur, sicuti virum S. Gregonus Thaumaturgus insigni oratione commendavit" (297). Harnack LG I, l, 422f. Harnack hielt die Überschrift für sekundär und mochte das Stück am ehesten dem Ekklesiastes-Kommentar des Dionysius zuweisen. Vgl. K. Holl, Fragmente vornicänischer Kirchenväter aus den Sacra Parallela (TU 20, 2), Leipzig 1899, 144; H. Achelis, Hippolytus Werke I (GCS 1,2) 1897, 52f. Bardenhewer LG II, 226 Anm. 2. Feltoe 199f.; vgl. S. XXVIIf. — Von einem Kommentar des Dionysius zur Genesis wissen wir nichts. Hieronymus nennt Dionysius zwar unter den Autoren, welche über die ungerade Zahl der Tiere (Gen. 7, 2) gehandelt haben (ep. 49, 19 - CSEL 54, 384, lOff.). Doch bedeutet dies keineswegs, daß Dionysius einen Kommentar zur gesamten Genesis geschrieben haben muß. Wahrscheinlicher ist, daß er sich in einem seiner Briefe über die Buße oder die Ketzertauffrage an Hand von Gen 7, 2 zur Frage des Verhältnisses von reinen und unreinen Tieren in der Arche Noah geäußert hat. Denn dieser Text war zusammen mit dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13, 24—30) von Kaliist von Rom zur Begründung seiner ,laxeren' Bußpraxis angeführt worden (vgl. Hippolyt, ref. IX, 12, 22 f. - GCS 26, 250, 2 ff.). - Ähnlich dürfte es sich mit der ebenfalls von Hieronymus mitgeteilten Nachricht verhalten, Dionysius habe einen Kommentar zum 1. Korintherbrief bzw. zu dem Kapitel 1. Kor 7 verfaßt (ep. 48, 3 CSEL 54, 348.19ff.). Vermutlich handelt es sich hier um eine Anspielung auf einen Brief des Dionysius über die Ehe, von dem uns Johannes Damascenus ein winziges Stück aufbewahrt hat (Feltoe 256f.). Vgl. aber auch ep. ad Basilidem, can. 3 (Feltoe 103f.). Bienen: Dionysius
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
nysius, der zweite Hippolyt zugeeignet wird59. In einigen Handschriften stehen beide Fragmente in unmittelbarer Nachbarschaft, so da es nur einer geringen Unachtsamkeit bedurfte, bis sie schlie lich unter ein Lemma gerieten. Die endg ltige L sung aber d rfte das erst k rzlich entdeckte antiorigenistische Florileg aus dem Cod. Vatop. 236 gebracht haben, in dem das echte Dionysiusfragment ohne den Zusatz aus Hippolyt unter dem Lemma berliefert ist: Διονυσίου επισκόπου Αλεξανδρείας κατά Θεοφίλου λόγου β" εκ του προς Εύρέσιον και Πασικρίτη προσφωνηθέντος60. Die Ausf hrlichkeit des Lemmas und die fast immer genaue und zuverl ssige Angabe der Lemmata in dem gesamten Florileg sprechen f r die Echtheit, auch wenn uns anderweitig keine Schrift des Dionysius mit diesem Titel bezeugt ist und auch die Namen uns nicht weiterhelfen, die Schrift im Werk des Dionysius einzuordnen. Der Text bei Anastasius Sinaita geht offensichtlich auf ein sp tes Uberlieferungsstadium zur ck; das dortige Lemma ist eindeutig sekund r. Vielleicht ist es von dem Inhalt des Textes her gebildet worden, vielleicht aber — und das erschiene mir wahrscheinlicher — soll es darauf hinweisen, da der Text aus einem antiorigenistischen Florileg bernommen wurde. Die Annahme, da ein anderer alexandrinischer Dionysius ein Werk „gegen Origenes" verfa t habe, wird damit hinf llig. Der echte Text bezeugt, da unser Dionysius die allegorische Deutung des Paradieses abgelehnt hat, ohne da allerdings direkt auf Origenes Bezug genommen wird. Zugleich wird an diesem Text beispielhaft deutlich, mit welchen verwickelten Zusammenh ngen man bei der Beurteilung von Katenenfragmenten rechnen mu und wie sorgsam jeder einzelne Text auf seine Echtheit hin zu pr fen ist.
2. Fragmente aus der dem Niketas zugeschriebenen Hiob-Katene In der dem Niketas von Heraklea zugeschriebenen Katene zum Buch Hiob finden sich insgesamt f nf teilweise recht umfangreiche St cke mit dem Namen Dionysius im Lemma61. Das erste tr gt die Aufschrift: ,Basilii et Dionysii', die anderen: ,Dionysii et Alexandri' bzw. ,Dionysii Alexandrini' oder auch nur ,Dionysii'. Eine Handschrift, der Cod. 59
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Vgl. R. Devreesse, Les anciens commentateurs grecs de l'Octateuque et des Rois (ST 201), Citta del Vaticano 1959, 53. - Zu den Handschriften, auf die mich Prof. M. Richard freundlicherweise aufmerksam gemacht hat, vgl. Kleronomia 5 (1973) 310 Anm. 2. Kleronomia 5 (1973) 308 ff. (Text 309). In der Ausgabe von Patricius Junius (= Patrick Young), Catena Graecorum Patrum in beatum Job collectore Niceta, London 1637, pp. 22, 96, 212, 390, 430. - Auf diese Ausgabe st tzt sich S. de Magistris in seiner Sammlung (aaO 16—29), ver ndert allerdings die Reihenfolge.
Ein weiterer alexandrinischer Dionysius?
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Neapel. 61, verzeichnet f r die beiden letzten Fragmente ,Chrysostomi' und ,Dionysii Halicarnas'62 — eine andere, der Cod. Monac. gr. 32, stellt die vier letzten alle unter das Lemma Διονυσίου Άλε63. Das erste Fragment mit dem Doppellemma ,Basilii et Dionysii' hatte Hipler als ein St ck aus einem Werk des Areopagiten identifiziert, dem ein Exzerpt aus einem Traktat des Basilius angeh ngt ist64. M.J. Routh hatte dieses Fragment bereits fortgelassen, als er — auf eine breitere handschriftliche Grundlage als die fr here Edition von P. Young gest tzt — die vier brigen in seine „Reliquiae Sacrae" als Zeugnisse unseres Dionysius aufnahm65. Gleichwohl ist die Autorschaft bis heute eine offene Frage66. Das liegt vor allem daran, da die Texte anscheinend einem Kommentar zum Buch Hiob entnommen sind. Denn es hei t am Schlu des zweiten bei Feltoe abgedruckten Fragments: Νυνί δε επί τα έχόμενα της ερμηνείας ΐωμεν67. Feltoe m chte mit Routh diesen Satz dem Kompilator der Katene zuweisen68. Dagegen betonen Hipler und Dittrich, da man diese Worte diesem nicht zuschreiben k nne, weil er sie sonst nirgends verwende69. Und w hrend Harnack meinte: „Jedoch l t sich aus inneren Gr nden m. E. nichts gegen die Echtheit einwenden"70, betonte Hipler: „manche Stellen jener Fragmente lauten fast so, als ob sie dem Verfasser des Buches ber die g ttlichen Namen und ber die Hymnen der Engel angeh rten"71. Eine endg ltige Entscheidung ber die Autorschaft l t sich in der Tat nicht f llen. Mehr Klarheit d rfte erst eine gr ndliche Untersuchung der Katene bringen, wie sie J. Sickenberger f r die LukasKatene des Niketas vorgelegt hat72. Dabei sollte man allerdings die von 62 63
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Vgl. Dittrich aaO 35 mit Anm. 7; Harnack LG I, l, 420f. Hipler 118 mit Anm. 3. Bei dem ersten Fragment dieser Handschrift fehlt der Name des Verfassers, was Hipler ausdr cklich bedauert. Hipler 114ff.; Dittrich 35; Harnack LG I, l, 420. - Hipler zeigt allerdings, was in der Forschung meist bergangen wird, da der Teil aus dem areopagitischen Schrifttum zwar teilweise w rtliche bereinstimmung mit der „Himmlischen Hierarchie" des PS-.Dionysius aufweist (coel. hier. VII, 2), aber keineswegs insgesamt daraus entnommen ist, sondern zumeist nur „das charakteristische Gepr ge des Dionysius an sich (tr gt), da man es ihm zuschreiben mu , obwol es sich in keiner handschriftlichen oder gedruckten Sammlung seiner Werke findet" (115). Bd. IV, 2. Aufl. 1846 [Nachdruck 1974], 439-447. - Auf diese Aufgabe st tzt sich auch Feltoe (200-208). Vgl. Harnack LG I, 1,420; Bardenhewer LG II, 212. - Feltoe (201) und Bouma (4) m chten am ehesten die beiden ersten Fragmente als echt ansehen. Feltoe 205, 5. Feltoe 205; Routh aaO IV, 442; vgl. auch Bardenhewer LG II, 212. Hipler 119; Dittrich 36. Harnack LG I, 1,420. Hipler 119. J. Sickenberger, Die Lukaskatene des Niketas von Herakleia (TU 22,4), Leipzig 1902. - Don auch ber Leben und Werk des Niketas (bes. 1-29).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
Hipler und Dittrich vertretene Ansicht, der Autor sei — wie durch die Mehrzahl der Lemmata nahegelegt wird — ein alexandrinischer Dionysius, der dem areopagitischen Schrifttum nahegestanden hat, nicht ganz au er acht lassen. Abschlie end sei nur noch auf zwei Randprobleme eingegangen, die ein wenig zur Kl rung der Problematik beitragen k nnten: a) Ein Vergleich mit der lteren Hiobkatene zeigt, da der erste Satz des ersten bei Feltoe abgedruckten Fragments: Το δέ· "Ωσπερ μία των αφρόνων έλάλησας, τινές εις την Εΰαν έξέλαβον73 von dort bernommen ist. Der restliche Text wie auch die brigen drei Fragmente weisen keine Gemeinsamkeiten mit dieser alten Katene auf, die sich nach bisheriger Kenntnis ausschlie lich auf fr he Bibelkommentare st tzt74. Der alexandrinische Bischof d rfte deshalb als Autor dieses Satzes nicht in Betracht kommen. — b) Harnack vermerkt ohne weiteren Kommentar75, da das vierte Fragment bei S. de Magistris — bei Routh und Feltoe ist es das erste — am Anfang sp ter einsetzt, dann aber erheblich l nger ist als bei Routh. Routh hatte den Abschnitt (ine. βούλει και συ λαμπρός — expl. ψυχήν είναι άποφήναιτο) zu Recht weggelassen, weil er aus einer Homilie des Johannes Chrysostomus zum Matth us-Evangelium stammt, wie eine Nachpr fung ergeben hat76. 3. Fragmente aus der Lukas-Katene des Niketas a) Ein Lukas-Kommentar des Dionysius? Die Lukas-Katene des Niketas enth lt ebenfalls eine Reihe von Fragmenten, die unter dem Namen eines Dionysius berliefert sind. Die Mehrzahl von ihnen geh rt, wie die eingehende Untersuchung J. Sicken bergers gezeigt hat77, zum areopagitischen Schrifttum oder steht ihm 73 74
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Feltoe 201, l f. Den Hinweis verdanke ich Prof. D. Hagedorn, K ln, der sich in seinen Arbeiten mehrfach mit den Problemen dieser Katene besch ftigt hat; vgl. D. Hagedorn, Der Hiobkommentar des Arianers Julian (PTS 14), Berlin 1973, S. Xff.; Didymos der Blinde, Kommentar zu Hiob, Teil III (PTA 3) hg. v. U. Hagedorn, D. Hagedorn und L. Koenen, Bonn 1968, S. XIVf. Harnack LG I, 1,420. Horn. 33, 6-7 (PG 57, 395-397); vgl. Routh aaO IV, 449. Sickenberger (vgl. o. S. 39 Anm. 72) nennt insgesamt sieben Fragmente und f hrt zu ihnen aus: „Zu Luc. 1,11 Διονυσίου Αρεοπαγίτου, zu Luc. 12, 6 του Αρεοπαγίτου, sonst blo Διονυσίου Kap. 9, 12, 15; da aber auch diese Scholien wohl dem Pseudoareopagiten zugeh ren, beweist das zu Luc. 12, 49, welches aus der epist. IX § 3 = Migne 3, 1108 C 16-D 8 stammt. Das Scholion zu Luc. 15, 8ff. ist von Mai, Auct. X 484 ediert, der es f r Eigentum des Dionysios von Alexandrien h lt" (97f.). Zum letzten Scholion, das Feltoe unter die Bu briefe des Dionysius eingeordnet hat (62 ff.) vgl. u. S. 43 ff.
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nahe. Lediglich zwei Fragmente gegen Ende des Kommentars — zu Lk22,42 und zu Lk22,45f. — haben als Lemma ausdr cklich: Διονυσίου Αλεξανδρείας, das erste sogar mit dem Zusatz: προς Ώριγένη78. Die Vermutung liegt nahe, da beide Texte aus der von Euseb (h. e. VI, 46,2) erw hnten Schrift unseres Dionysius Περί μαρτυρίου προς τον Ώριγένην stammen, zumal ernsthafte inhaltliche Bedenken gegen ihre Echtheit nicht bestehen79. F r die Echtheit spricht nicht zuletzt die Beobachtung Sickenbergers: „In ihren Quellenangaben erweist sich die Niketaskatene u erst zuverl ssig. Direkt falsche Lemmata habe ich nicht nachweisen k nnen"80. Gleichwohl blieben gewisse Zweifel. Diese r hrten vor allem daher, da die Texte den Eindruck erweckten, als entstammten sie einem biblischen Kommentar zum Lukasevangelium. Verst rkt wurde dieser Eindruck noch dadurch, da zwei weitere Scholien in einer anderen LukasKatene berliefert werden — zu Lk22,43f. und zu Lk22,47f. —, die ebenfalls unserem Dionysius zugeschrieben werden81, deren Echtheit aber sehr viel umstrittener ist. Da f r den Bischof des 3. Jahrhunderts kein Kommentar zum Lukasevangelium anderweitig bezeugt ist, wollte Dittrich alle vier Texte jenem sp teren alexandrinischen Dionysius zuweisen82. Da wir es mit Texten aus einem Bibelkommentar zu tun haben, scheint vor allem der Schlu satz des ersten Fragments zu best tigen, in dem es hei t83: Άλλα περί μεν τούτων ίκανώς και εν τω Ματθαίω και εν τω Ιωάννη διήλθομεν· τα δε και [εν] τω Μάρκω δίδοντος θεού έροϋμεν. νυν δε των έξης έχώμεθα. Doch hat J. Sickenberger gezeigt, da es sich hierbei um einen Zusatz des Niketas handelt, der nicht zum Text des Fragments selbst geh rt84. Das gleiche gilt f r den Einleitungssatz des Fragments: Άλλα ταύτα μεν
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Vgl. Sickenberger 85f.; Harnack (LG I, l, 421) erweckt den Eindruck, als st nde dieser Zusatz bei beiden Fragmenten. Vgl. Harnack LG I, 1,421; Bardenhewer LG II, 212; S.J. Bouma, Dionysius van Alexandrie, Purmerend 1943, 8f. Sickenberger 76 f. Feltoe, der die Texte in seine Sammlung aufgenommen hat (241—245; 248—250), notiert gewissenhaft ihre Herkunft aus Cod. Venet 494 (= Marc. 494) — abgedruckt bei Andr. Gallandi, Biblioth. vett. patr. XIV, Appendix pp. 115—118. Die beiden anderen (Feltoe 231—241 und 245—248) stammen aus Cod. Vat. 1611 — zuerst gedruckt bei Angelo Mai, Biblioth. Nova Patr. VI, l, 165-166. Vgl. PG 10, 1589-1602. Dittrich 38 ff. Feltoe 241, 3—5; vgl. Dittrich 39 mit Anm. l (Dittrich hatte zwar den richtigen Gedanken erwogen, der Satz k nne vom Katenenkompilator stammen, ihn dann aber wieder verworfen). Sickenberger 78f. Der Versuch Harnacks (LG I, 1,422), diesen Satz als Teil des urspr nglichen Textes zu retten, ist damit hinf llig. Feltoe hat sich der Meinung Sickenbergers angeschlossen (241).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
ειρήσθω περί του θελήματος85. Sickenberger hatte damit alle Hindernisse beseitigt, die einer Zuweisung der beiden aus dem Cod. Vat. 1611 bernommenen St cke an unseren Dionysius im Wege gestanden hatten, zumal er zus tzlich darauf hingewiesen hatte, da es keineswegs nur Evangelienkommentare waren, „denen Niketas seine Scholien entnahm, sondern das ganze Gebiet der theologischen Litteratur . . ,"86. Aufgrund der beiden weiteren Fragmente hielt Feltoe jedoch an seiner Ansicht fest, da wir es mit Resten eines Lukas-Kommentars zu tun h tten. Der unterschiedliche Wert der Handschriften erschien ihm offenbar unwichtig. Denn w hrend der Cod. Vat. 1611 nach der Beschreibung Sickenbergers zu den besten Zeugen der Niketaskatene zum Lukasevangelium geh rt und weithin Zuverl ssigkeit gerade auch in den Lemmata beanspruchen darf87, enth lt der Cod. Marc. 494, aus dem die beiden anderen Texte — aber auch Teile der beiden erstgenannten — stammen, lediglich einen Auszug aus der Lukaskatene aus dem H.Jahrhundert und ist in den Lemmata keineswegs immer zuverl ssig88. Feltoe selbst mu einr umen, da die beiden Scholien aus dieser Handschrift auch aus inhaltlichen Gr nden nicht unerheblichen Zweifeln an ihrer Echtheit unterliegen. Z.B. d rfte die am Ende des Scholions zu Lk22,43f. angesprochene Diskussion um das θέλημα γνωμικόν eher in das 7. als in das 3. Jahrhundert geh ren89. Und das Scholion zu Lk22,47f., das ebenfalls nur im Cod. Marc. 494 berliefert ist, ist auch nach der Meinung Feltoe's derart, da „there can be little doubt that this is from the writings of Chrysostom or one of his imitators"90. Der Grund daf r, da Feltoe diese Texte dennoch in seine Sammlung aufgenommen hat, liegt darin, da „the 85
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Feltoe 231, 6. Vgl. Sickenberger ebd. — Feltoe ist dies offenbar entgangen. berhaupt scheint er die Ergebnisse der Untersuchung Sickenbergers nur durch das Referat Bardenhewers gekannt zu haben (vgl. 231). Sickenberger 74. Vgl. Sickenberger 31 ff. Diese Handschrift ist „die lteste und in erster Linie zu kritischen Zwecken herbeizuziehende Hs." (31); die Katene entstand um das Jahr 1080; die Hs. ist datiert auf das Jahr 1116. Es handelt sich dabei um die Corderiuskatene (Sickenberger 61 f.). Vgl. 86: „Da aber der Marcianus an dieser Stelle (sc. zu Dionysius) manche Lemmata ausl t oder das falsche Lemma του αΰτοϋ schreibt, wurde auch das Eigentum vieler anderer Autoren zu dem Dionysiosscholion gezogen." Vgl. Feltoe 245, 2 f. und 230. Die damit auftretende Schwierigkeit f r die Echtheit hatte bereits S. de Magistris bemerkt (41 Anm. 1). — Zu dem Problem, das vor allem in den monotheletischen Streitigkeiten des 7. Jh. verhandelt wurde, vgl. u. a. W. Eiert, Der Ausgang der altkirchlichen Christologie, Berlin 1957, 252ff.; B. Fraigneau-Julien, Un traite anonyme de la Sainte Trinite attribue a saint Cyrille d'Alexandrie, in: RechSR 49 (1961) 188-211, bes. 208: „La distinction entre θέλημα φυσικόν et θέλημα γνωμικόν est empruntee Maxime le Confesseur qui l'a, semble-t-il, proposee le premier" (vgl. PG91, 28D-29A). Feltoe 230.
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more direct allusions to martyrdom occur in the comments on w. 43 and 44«9i In der Tat ist es schwierig, in den beiden als echt erkannten Fragmenten aus Cod. Vatic. 1611 zu Lk 22,42 und zu Lk22,45f. Bestandteile eines ,Trost- und Bewunderungsbriefes' an Origenes zu erkennen92. Vielmehr geht es in beiden Texten um die Auslegung der Gethsemane-Perikope, vor allem aber um die Interpretation des Satzes: „Vater, wenn es m glich ist, gehe dieser Kelch an mir vor ber" (Mt26,39) und die damit verbundene Frage nach der Einheit des Willens von Vater und Sohn. Die Methode der Auslegung erinnert dabei stark an die Art und Weise, wie Dionysius in einem Brief an Basilides den Zeitpunkt der Auferstehung Jesu zu bestimmen sucht93. Es fehlt jedoch jeglicher Hinweis auf ein pers nliches Schreiben an Origenes oder eine Anspielung auf dessen Leiden in der decischen Verfolgung. Allerdings bleibt zu fragen, ob die von Euseb erw hnte Schrift des Dionysius Περί μαρτυρίου προς τον Ώριγένην berhaupt als Trost- und Bewunderungsbrief an Origenes verstanden werden mu . Die Formulierung προς Ώριγένην besagt lediglich, da Dionysius seine Schrift an Origenes gerichtet hat. Sie kann sogar bedeuten, da Dionysius sich in dieser Schrift kritisch mit Ansichten des Origenes auseinandergesetzt hat — etwa in dessen Schrift Περί μαρτυρίου94 —, obwohl dies in der Forschung bisher nicht erwogen worden ist. Auf jeden Fall sollte aus diesem Grund nicht die Echtheit der beiden Fragmente aus Cod. Vatic. 1611 bezweifelt werden. Anders ist es mit den beiden anderen, aus dem Cod. Marc. 494 bernommenen Fragmenten. Gegen ihre Echtheit sprechen so viele Beobachtungen, vor allem wenn man sie als Einheit nimmt, da sie nicht l nger unserem Dionysius zugeschrieben werden sollten95. Damit er brigt sich zugleich die Annahme eines Lukaskommentars des Dionysius. Vielleicht geh ren diese Texte oder Teile von ihnen — vorausgesetzt, da die Lemmata ein wenig Glaubw rdigkeit beanspruchen d rfen — einem sp teren alexandrinischen Dionysius an. b) Verbindung zu PS.-Dionysius Areopagita In diesem Zusammenhang mu noch auf ein weiteres Fragment eingegangen werden, das ebenfalls im Cod. Vatic. 1611 berliefen ist und 91 93 94
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92 Feltoe ebd. Vgl. Harnack LG II, 2, 61; Dittrich 39ff.; Bouma 8f. Vgl. Feltoe 94 ff. So bezeichnet Euseb (h. e. VI, 28) des Origenes Schrift: .Exhortatio ad Martyrium'. - Da προς mit folgendem Akkusativ sogar die Bedeutung „gegen, wider" haben kann, ist in der Literatur vielfach bezeugt; vgl. W.Bauer, W rterbuch zum NT, 1958s, 1408f.; Liddell/Scott s. v. Sp. 1497. Auch S. J. Bouma meint, da sie „zeker van een anderen auteur afkomstig zijn" (8).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
unserem Dionysius zugeschrieben wird. Als erster hatte es A. Mai veröffentlicht96 und ohne nähere Angabe des Fundortes aus inhaltlichen Gründen den Briefen des Dionysius über die Buße zugeordnet. Auch Feltoe hielt den Text offenbar für echt, denn er übernahm ihn ohne Bedenken in seine Sammlung97; die Überlieferung des Fragments und vor allem seine Nähe zum areopagitischen Schrifttum wurden von ihm nicht erörtert. Doch ergeben sich von hier aus erhebliche Bedenken gegen die Echtheit. Überliefert ist das Stück in der Lukas-Katene des Niketas als Scholion zu Lk 15,8ff- unter dem Lemma: . Bereits das Lemma erweckt Zweifel, weil in der Katene auch Texte des Areopagiten unter diesem Lemma überliefert sind98. Entscheidend aber sind die wörtlichen Übereinstimmungen des Fragments mit einem Abschnitt aus dem Brief des Areopagiten an Demophilus". Da aber bei näherer Betrachtung auch deutliche Textunterschiede sichtbar werden, die sich nicht als einfache Uberlieferungsvarianten erklären lassen, räumte Harnack ein: „Möglich bleibt es jedoch, daß in dem areopagitischen Brief der Brief an Konon benutzt ist"100. Dittrich hatte sich die Unterschiede „einfach aus der Art und Weise" erklärt, „wie die Catenatoren bei ihren Compilationen verfuhren"101. Ob diese Lösung möglich ist und wie die Texte sich insgesamt zueinander verhalten, soll die Gegenüberstellung auf Seite 45 verdeutlichen. Vergleicht man beide Texte miteinander, dann fällt zunächst zweierlei auf: einmal die weitgehende, bis in die Formulierung hinein wörtliche Übereinstimmung beider Texte102 und zweitens die davon abweichenden Bemerkungen am Anfang und am Schluß des Katenenfragments, die zur 96 97
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Auct. class, e vatic, codd. coll. X, p. 484; vgl. PG 10, 1601f. Feltoe 62 ff.; Feltoe nahm den Text auch in seine Übersetzung auf, zu der er selbst im Vorwort (S. V) bemerkt „I was invited to translate the Letters and some of the other more certainly genuine fragments that remain"; vgl. St. Dionysius of Alexandria. Letters and Treatises, London 1918, 62. Vgl. J. Sickenberger aaO 97f. (o. S. 40 Anm. 77). Ep. 8, 5 (PG 3, 1096D-1097 A). LG I, 1,417. Ähnlich bereits Pitra, der das Fragment als Teil eines in der kanonistischen Literatur überlieferten Briefes des alexandrinischen Bischofs ,An Konon' ansah: J. B. Pitra, luris eccl. grace, hist. mon. I (1864), 545ff. (Text unseres Fragments: S. 547, 13-23; dazu 549: „Longe mihi antiquior est, certe s. Maximo aetate maior, bonus ille consarcinator qui Areopagitae larvatam ad Demophilum epistulam ex laciniis epistulae ad Cononem male assutis, confecit"). Vgl. auch S. J. Bouma 6. Zu dem Brief ,An Konon' vgl. u. S. 53 ff. Dittrich 67. Sickenberger, der die Katene gründlich untersucht hat, behauptet dies zwar nicht, schlägt aber selbst keine eigene Lösung vor. Kleine Textvarianten beruhen z. T. auf der unterschiedlichen handschriftlichen Überlieferung des areopagitischen Textes; vgl. den textkritischen Apparat des B. Corderius bei Migne (PG 3, 1096f.).
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PS.-Dion. Areop. ep. 8,5 [PG3, 1096C-1097A] Σύ δε και άνανεύειν επί το φως άρχομένω τάνδρί κατά της κόρρης διδούς άντώθεις, καΐ μετά πολλής αίδοϋς προσιόντα θράσεως άπελάκτιζες! (τοϋτο δη το πολλής φρίκης άξιον!) δν ό Χριστός, άγαθός ων, επί τα όρη πλανώμενον έπιζητεΐ, καΐ άποφεύγοντα, προσκαλεΐται, καΐ ευρεθέντα μόλις επί των ώμων αίρει. Μη παρακαλώ, μή κακώς οΰτω περί εαυτών βουλευώμεθα, μηδέ εις εαυτούς ωθώμεν το ξίφος· οι μεν γαρ άδικεΐν τινας, ή τουναντίον εύεργετεΐν έπιχειροϋντες, εκείνους μεν ου πάντως έδρασαν άπερ ηθέλησαν, έαυτοΐς δε κακίαν ή αγαθότητα συνοικήσαντες, ή θείων αρετών, fj άτιθάσσων έμπλεοι παθών έσονται, Και ούτοι μεν αγγέλων αγαθών οπαδοί και ξυνοδοιπόροι, και ενθάδε και εκεί συν πάση εΙρήνη και ελευθερία πάντων κακών, εις τον άεί δντα αιώνα τάς μακαριωτάτας άποκληρώσονται λήξεις, και μετά θεού αεί έσονται, το πάντων άγαθών μέγιστον ούτοι δε άποπεσοϋνται της θείας άμα και της εαυτών ειρήνης, και ένθάδε και μετά θάνατον άμα τοις άνημέροις δαίμοσιν έσονται. Ου δη Ινεκα ήμΐν ή πολλή . . .
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Katenenfragment[Feltoe63f.]
Νυν δε τουναντίον ποιοΰμεν ημείς· δν γαρ 6 Χρίστος αγαθός ων επί τα όρη πλανώμενον επιζητεί, και άποφεύγοντα προσκαλείται, καΐ εύρεθέντα μόλις επί των ώμων αίρει, τούτον προσιόντα θρασέως άπολακτίζομεν. Άλλα μη ούτω κακώς περί εαυτών βουλευώμεθα, μηδέ εις αυτούς ώθώμεν το ξίφος· οι μεν γαρ άδικεΐν τινάς ή τουναντίον εύεργετεΐν έπιχειροϋντες εκείνους μεν ου πάντως έδρασαν όπερ ηθέλησαν, έαυτοΐς δε κακίαν ή αγαθότητα συνοικίσαντες ή θείων αρετών ή ατίθασων παθών έκπλεοι έσονται. Και ούτοι μεν αγγέλων αγαθών οπαδοί και συνοδοιπόροι, και ένθάδε και εκεί, ξύν πάση ειρήνη και έλευθερίςι πάντων κακών, εις τον αεί οντά αΙώνα τάς μακαριωτάτας άποκληρώσονται λήξεις, και μετά θεού αεί έσονται, το πάντων αγαθόν μέγιστον ούτοι δε άποπεσοϋνται της θείας άμα και της εαυτών ειρήνης, και ένθάδε και μετά θάνατον άμα τοις παλαμναίοις έσονται δαίμοσι. Μη ούν άποπεμπώμεθα τους επιστρέφοντας, αλλ' ασμένως δεχώμεθα, και τοις άπλάνεσιν έναριθμώμεν, και το έλλεΐπον άναπληρώμεν.
Verdeutlichung unterstrichen wurden. Diese Bemerkungen aber sind keine berleitenden Floskeln, Erkl rungen oder sonstige Marginalien, wie sie von Katenenkompilatoren gelegentlich verwandt werden, sondern dienen dazu, den Text des Areopagiten par netisch zu aktualisieren. Dies geschieht auch durch kleinere Umstellungen im Text und durch den Wechsel in der Rede-
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
form. Im Katenenfragment spricht nicht mehr ein Briefpartner seinen Adressaten an, sondern der Text wirkt nun wie ein Stück aus einer Predigt. Damit dürfte auch klar sein, welches von beiden der ursprünglichere Text ist. Denn während sich die Veränderungen des areopagitischen Textes in eine Paränese relativ einfach erklären lassen, wäre der umgekehrte Weg nur sehr schwer plausibel zu machen. In diesem Fall müßte nicht nur erklärt werden, auf welchem Wege die paränetischen Zusatzbemerkungen verloren gingen. Es müßte auch gezeigt werden, wie der übrige Text in den achten Brief des Areopagiten gelangen konnte, ohne daß sich dort weder ein Einschnitt im Gedankengang noch in der Überlieferung des Textes nachweisen läßt103. Der Autor des Katenenfragments ist wohl schwerlich der Areopagite selbst. Vielmehr kannte er das areopagitische Schrifttum außerordentlich gut und hat es für eine bestimmte Gemeinschaft aktualisiert. Ob er mit dem Namen ,Dionysius' im Lemma gemeint ist oder der Areopagite, ist allerdings schwer zu entscheiden. Für unsere weitere Untersuchung aber muß dieser Text außer Betracht bleiben.
4. Zusammenfassung Die Existenz eines weiteren alexandrinischen Dionysius, der als theologischer Autor mit seinen Schriften die spätere Überlieferung der Texte unseres Dionysius beeinflußt haben könnte, ist nach wie vor eine offene Frage. Manches von dem, was F. Hipler und F. Dittrich ihm zuweisen wollten, ist sicherlich nicht von ihm. Anderes, z. B. die Fragmente aus der Hiob-Katene, bedarf überlieferungsgeschichtlich noch genauerer Untersuchung, bevor über seine Herkunft genaueres gesagt werden kann. Das gilt auch für die Frage nach dem Verhältnis zum areopagitischen Schrifttum. Die am Anfang erwähnte Nachricht über einen Dionysius, der Kommentare zum Areopagiten verfaßt habe, die in späterer Zeit relativ weit verbreitet war, ist verdächtig, weil in den meisten Fällen der Versuch erkennbar ist, die Kommentierung des Areopagiten unserem Dionysius, dem alexandrinischen Bischof(!), zuzuschreiben. Es scheint, als könne man auf die Annahme eines zweiten alexandrinischen Dionysius verzichten. Doch bevor man mit Harnack von einer „bodenlosen Hypothese"104 spricht, sollte man Klarheit herbeiführen über zwei bislang unbekannte und noch nicht publizierte Fragmente, auf die mich Prof. M. Richard
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Daß ep. 8 zum festen Bestand des areopagitischen Schrifttums gehört und sich auch keine Lücke in c. 5 in der handschriftlichen Überlieferung zeigt, hat mir freundlicherweise Prof. A. M. Ritter, Göttingen, aus seiner Kenntnis bestätigt. Harnack LG I, 1,424.
F lschungen unter dem Namen des Dionysius
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freundlicherweise aufmerksam gemacht hat105. Sie stehen in einer Handschrift aus Istanbul, Bibl. Patriarch., Panaghias 68, unter der berschrift Διονυσίου Άλεξανδρ.106 und behandeln christologische und pneumatologische Probleme. Begrifflichkeit und theologische Fragestellung weisen allerdings in eine sp tere Zeit und lassen unseren Dionysius als Autor kaum in Betracht kommen (soweit sich das aufgrund der mir vorliegenden vorl ufigen Abschrift bereits feststellen l t). Auffallend ist ihre N he zur ps.-cyrillischen Schrift ,De trinitate'107 sowie zur ,Expositio fidei' des Joh. Damascenus (I, 6ff.), die an dieser Stelle jedoch deutlich von Ps.-Cyrill beeinflu t ist108.
C. F LSCHUNGEN UNTER DEM NAMEN DES DIONYSIUS /. Ein Briefwechsel mit Paul von Samosata Im Synodalschreiben der im Jahre 268 in Antiochien gegen Paul von Samosata versammelten Bisch fe, aus dem Euseb in seiner Kirchengeschichte zitiert109, hei t es, Dionysius habe sich noch vor seinem Tode an die Gemeinde in Antiochien gewandt und dabei den Paul von Samosata keines Gru es gew rdigt. Hieronymus schreibt, Dionysius habe einen Brief „adversus Paulum Samosatenum" geschrieben110, und Theodoret, Dionysius habe den Samosatener zu seiner Pflicht ermahnt und die versammelten Bisch fe zur Verteidigung der Wahrheit aufgerufen111. So unterschiedlich diese Nachrichten auch sind, sie beziehen sich sehr wahrscheinlich alle auf das gleiche Schreiben, den Brief des Dionysius an die antiochenische Gemeinde, der den Akten der Synode von 268 beigelegt worden war. Dieser Brief ist verlorengegangen. Stattdessen wird in lteren Sammlungen von Konzilstexten ein Brief des Dionysius an Paul von Samosata berliefert zusammen mit 10 Fragen des Samosateners und 105
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Mein besonderer Dank daf r gilt auch an dieser Stelle, au er dem inzwischen verstorbenen Prof. M. Richard, M.le Pere Paramelle und Madame J. Kecskemeti, Paris. Fragment (1) inc.: Χρίστος τέλειος εστίν ουκ άλογος εστίν. Λόγον δε έχων, ουκ άνυπόστατον — expl.: εν εστί κατά την φυσιν . . . Του αυτού (2) inc.: (Έσ)τι του λόγου έχειν και πνεύμα συμπαρομαρτούν αύτω - expl.: οΰτω και επί τούτο πνεύμα λέγεται καΐ πατρός και υιού, εϊ τι χρήται. PG 77, 1120ff. (bes. cap. 5-6, PG 77, 1128f.). Vgl. dazu und zur Priorit t dieser Schrift gegen ber Joh. Damascenus: B. Fraigneau-Julien, Un traite anonyme de la Sainte Trinite attribue saint Cyrille d'Alexandrie, in: RechSR 49 (1961) 188-211; 386-405. Vgl. B. Kotter, Die Schriften des Johannes von Damaskos II (PTS 12), Berlin 1972, 15ff. mit App. und Einl. S. XXVIIIf. Eus. h. e. VII, 30, 3; vgl. o. S. 28. Hieronymus, vir. ill. 69. Theodoret, haer. fab. II, 8 (PG 83, 393C-D).
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Antworten des Dionysius sowie einem Brief von sechs Bischöfen — an der Spitze Hymenäus von Jerusalem — ebenfalls an den Samosatener112. S. de Magistris hatte die Texte in seine Sammlung aufgenommen und ihre Echtheit verteidigt113. Seither ist jedoch — soweit ich sehe — die Echtheit der beiden mit dem Namen des Dionysius von Alexandrien verbundenen Dokumente nicht mehr behauptet worden. Anders ist es mit dem Brief der sechs Bischöfe an Paul von Samosata, dessen Authentizität inzwischen weithin anerkannt wird114. Demgegenüber erweisen sich der Brief des Dionysius an Paul und der Zehnfragenbrief bei näherer Betrachtung eindeutig als Fälschungen. Das läßt sich bereits an rein formalen Beobachtungen zeigen. Z. B. gibt sich der Zehnfragenbrief als Schreiben an Paulus von Samosata, obwohl häufig in dem Brief von ,dem Samosatener' die Rede ist115. A. Harnack unterstreicht das Fehlen jeglicher begleitender Tradition für die Texte116, und Ed. Schwartz hebt hervor: „Der ,große' Dionysius war einer der elegantesten und glänzendsten Stilisten nicht nur seiner, sondern der Kaiserzeit überhaupt; der Verfasser der drei Schriften ist ein Stümper, dessen sprachliche Fähigkeiten im umgekehrten Verhältnis zu seinem frommen Eifer stehen" und gibt dafür eine ganze Reihe von Beispielen117. Gerichtet sind die Schreiben offensichtlich gegen die Vertreter der antiochenischen Christologie. Über ihre Herkunft meint F. Loofs: „Die beiden Schriftstücke sind ein so ungeschicktes Machwerk, daß man sie für eine Schülerarbeit einer theo112
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Texte bei Mansi I, 1033 — 1088; zuletzt ediert von Ed. Schwartz, Eine fingierte Korrespondenz mit Paulus dem Samosatener, SAB 1927, H. 3, München 1927, 3—46. Der Brief des Dionysius ist auf lateinisch überliefert in der sogen. Epistula ad episcopum Persarum des Ps.-Athanasius (PG 28, 1561 — 1566). — Zur Überlieferungsgeschichte vgl. auch F. Loofs, Paulus von Samosata (TU 44, 5), Leipzig 1924, 95 ff. Texte: S. 203-289, lat. Text 298-302, vgl. Einl. S. XIV-LXI. Ed. Schwartz hatte trotz der Arbeit von F. Loofs, der die Echtheit dieses Briefes verteidigte (Paulus von Samosata, 265—283 mit Text 324—330), an der Fiktion aller drei Texte festgehalten (Eine fingierte Korrespondenz, 53 ff. vgl. 49). Doch seine Argumente schöpfte er hauptsächlich aus den Texten, die mit Dionysius in Verbindung gebracht werden und betonte lediglich die Zusammengehörigkeit aller Texte. Nach G. Bardy, der die Echtheit ebenfalls verteidigte (Paul de Samosate, 2. Aufl. Louvain 1929, 9-34 mit Text S. 13-19), dürfte H. de Riedmatten die Authentizität gesichert haben (Les actes du proces de Paul de Samosate, Paradosis VI, Fribourg 1952, 121-134). Zu der Frage zuletzt J. Burke, Eusebius on Paul of Samosata: A New Image, in: Kleronomia 7 (1975) 8-21. Belege bei F. Loofs, Paulus von Samosata, 107 Anm. 4. Mit Recht betont Loofs in diesem Zusammenhang (106f.), daß inhaltliche Details weniger zwingend für die Beweisführung sind. LG I, l, 425. - Das Schreiben, das der Synodalbrief von 268 erwähnt, ist ausdrücklich nicht an den Samosatener gerichtet gewesen. Eine fingierte Korrespondenz, 49.
Fälschungen unter dem Namen des Dionysius
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logischen Schule halten könnte, wenn es dergleichen schon um 430 gegeben hätte"118. Bereits Dittrich hatte es für wahrscheinlich gehalten, „daß der Verfasser der apollinaristischen oder monophysitischen Richtung angehört" habe119. N. Bonwetsch hat die Herkunft aus apollinaristischen Kreisen im einzelnen überzeugend nachgewiesen120. Allerdings dürfte Ed. Schwartz recht haben, wenn er gegen Bonwetsch betont, daß mit dem Decknamen Paul von Samosata nicht Nestorius, sondern der geistige Kopf der nestorianischen Theologie, Theodor von Mopsuestia, gemeint sei121. Da es sich bei beiden Schriftstücken eindeutig um Fiktionen handelt, die die antiochenische Christologie als ,samosatenisch' brandmarken sollen, scheiden sie als Quelle sowohl für die Lehren Pauls von Samosata als auch des Dionysius aus. Daß der Verfasser der Schriften Dionysius zur Zentralfigur orthodoxer Lehre erhob, liegt wohl daran, daß er möglicherweise selbst Ägypter war und ihm darum „das alexandrinische Patriarchat als die Hochburg der Orthodoxie erschien"122. Es unterstreicht darüber hinaus das Ansehen unseres Dionysius zu Beginn des S.Jahrhunderts nicht allein in apollinaristischen Kreisen123. Diese Texte haben weitergewirkt und dadurch die Überlieferung der Schriften des historischen Dionysius zusätzlich verwirrt. Vor allem in syrischer und armenischer Überlieferung sind Fragmente erhalten, die in unmittelbarer oder mittelbarer Beziehung zu diesen beiden Texten stehen und darum ebenfalls als unecht ausgeschieden werden müssen124. Auch eine Nachricht im Synaxarium copto-arabicum, die von einem Schreiben des Dionysius an eine Synode in Antiochien berichtet, scheint von dem gefälschten Brief des Dionysius beeinflußt zu sein125.
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Paulus von Samosata, 107. Dittrich 124; vgl. Harnack LG I, l, 425. N. Bonwetsch, Der Brief des Dionysius von Alexandrien an Paulus von Samosata, NGG, Berlin 1909, 103-122; vgl. auch G. Bardy, Paul de Samosate, 144-179. (Bardy bestreitet nicht die Nähe zu Apollinaris, sieht aber auch deutliche Unterschiede, Weiterentwicklungen zu monophysitischen Anschauungen). Ed. Schwartz, Eine fingierte Korrespondenz, 55ff. Ed. Schwanz, ebd. 54. Letzteres ist deshalb bemerkenswert, weil Apollinaris selbst sich einmal in zwei Büchern gegen den Antichiliasmus des Dionysius ausgesprochen hat; vgl. Hieronymus, Comm. in Jes. üb. 18, praef. (PL 24, 627B-C). - Doch ist der Verfasser der Fälschung nicht Apollinaris, sondern ein den Monophysiten nahestehender Theologe. Vgl. dazu u. S. 64ff. PO I (1907) p. 134 (349) ed. R. Basset; vgl. G. Bardy, Paul de Samosate 8-9; A. Harnack LG II, 2, 64 Anm. 4.
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2. Ein gefälschter Brief des Dionysius an Sixtus (Xystus) II. von Rom In der Forschung weniger beachtet, aber für die Frage nach der Echtheit des fragmentarisch überlieferten dionysischen Schrifttums gleichwohl wichtig, ist ein angeblicher Brief des Dionysius an Sixtus von Rom, aus dem uns in syrischer Sprache zwei Fragmente überliefert sind und der sich bei näherer Betrachtung eindeutig als Fälschung erweist126. Der historische Dionysius hat zwar mit seinem Zeitgenossen Sixtus II. von Rom (gest. 258) insbesondere über die Frage der Taufe in regem Briefwechsel gestanden, und Euseb hat einzelne Fragmente aus diesen Briefen aufbewahrt127. Doch mit diesen Fragmenten haben die oben genannten Texte nur insofern zu tun, als sie von dort ihre historische Legitimation abzuleiten versuchen. In Wahrheit handelt es sich — wie Harnack mit Recht feststellt — um „eine förmliche Beglaubigung der areopagitischen Schriften"128 durch ein gefälschtes Zeugnis unseres Alexandriners. Dabei wird der Areopagite nicht nur mehrmals als „magnus Dionysius" bezeichnet, auch seine Schrift über die himmlische Theologie wird erwähnt, und aus einem Brief an Polykarp, der ebenfalls zu dem Corpus der areopagitischen Schriften gehört, wird der Anfang ausdrücklich zitiert129. Sogar der angebliche Lehrer des Areopagiten, Hierotheos, wird als solcher genannt und zum Zeugen für die Bedeutung des PS.-Dionysius aufgerufen130. Demnach kann der gefälschte Brief frühestens zu Beginn des 6. Jahrhunderts geschrieben worden sein. H. Urs von Balthasar nennt als Verfasser Georgius von Scythopolis, einen der ersten Verteidiger der Echtheit des areopagitischen Schrifttums131. Warum unser Dionysius als 126
Die Texte sind überliefert im Cod. Brit. Mus. Add. 12151 fol. 5a—6a und ediert von P. Martin in: Pitra, Analecta Sacra IV (1883) 172-173 mit lat. Übersetzung 414-415. 127 Vgl. Eus. h. e. VII, 5, 3-6; 6; 9, 1-5. 128 Harnack LG I, 1,426. 129 Vgl j^ Ende des ersten Fragments mit PG 3, 1079 B. — Weitere Zitate aus dem Brief im zweiten Fragment: Dion. Areop. ep. 7, 2 und 7, 3 (PG, 3, 1080f.); vgl. ferner Cod. Brit. Mus. Add. 12152 fol. 5b. 130 Auf die vielfältigen Probleme, die mit dem areopagitischen Schrifttum verbunden sind, kann hier nicht eingegangen werden. Einen guten Überblick über das Verfasserproblem, Texte und Überlieferung gibt O. Bardenhewer LG IV, 282-299. Über den Stand der Forschung einschließlich der Weiterwirkung des areopagitischen Schrifttums referiert am besten der Artikel im DSp 3 (1957) 244-429; vgl. auch die Artikel im RAC 3 (1957) 1075-1121 und im DHGE 14 (1960) 265-310. Als allgemein gesicherte Erkenntnis der Forschung darf angesehen werden, daß der Verfasser des Schrifttums um das Jahr 500 gelebt hat und daß das unter dem Namen des Dionysius Areopagita (vgl. Act 17, 34) überlieferte Schriftenkorpus in sich abgeschlossen ist; die Hinweise auf weitere Schriften in den Texten sind demnach rein fiktiv. 131 H. Urs von Balthasar, Das Scholienwerk des Johannes von Scythopolis, in: Scholastik 15 (1940) 16-38 (vgl. bes. 19 Anm. 9). - Phokas Bar Sergius von Edessa (8. Jh.) hat die
Das erhaltene Werk des Dionysius
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Zeuge für die Echtheit aufgerufen wird, ist nicht sicher auszumachen132. Er genoß offenbar in monophysitischen Kreisen besondere Verehrung, wie bereits die antinestorianische Fälschung gezeigt hat. Für unsere Untersuchung ist der Nachweis der Unechtheit dieses Schreibens deshalb wichtig, weil auch dieses Schreiben weitergewirkt hat und manches überlieferte Fragment — vor allem aus dem syrischen und armenischen Sprachraum — möglicherweise von ihm beeinflußt ist oder gar aus dem Brief selbst stammt133.
D. DAS ERHALTENE WERK DES DIONYSIUS /. Sammlungen der Fragmente des Dionysius Die erste umfassende Sammlung der Fragmente des Dionysius stammt von Simon de Magistris aus dem Jahre 17961. Nicht ganz zu Unrecht charakterisiert Dittrich das Werk: „Simon de Magistris hat in seiner Ausgabe der Fragmente des Dionysius mit Bienenfleiß ein großes Material zusammengetragen, leider aber hat dieses jetzt schon überaus seltene Werk des wenig kritischen, von Vorurteilen nicht immer freien, überkühnen Hypothesen huldigenden Bischofs von Cyrene nicht großen wissenschaftlichen Wert"2. Immerhin war es lange Zeit die vollständigste Sammlung, die erst durch die Ausgabe von Feltoe3 endgültig überholt wurde. Migne
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Schriften des Areopagiten in der syrischen Übersetzung des Sergius von Resaina (gest. 536) zusammen mit den Vorreden des Johannes und des Georgius von Scythopolis herausgegeben. Vgl. P. Martin, in: Pitra, Anal. Sacr. IV, S. XXIII-XXV. Zur Überlieferung der areopagitischen Schriften vgl. auch J. Stiglmair, Das Aufkommen der Pseudo-Dionysischen Schriften und ihr Eindringen in die christliche Literatur, Feldkirch 1895. Das Argument von W. Speyer (Die literarische Fälschung im heidnischen und christlichen Altertum [HAW I, 2], München 1971, 220): „Da Dionysius von Alexandrien als einziger der früheren Kirchenväter den Areopagiten erwähnt hatte (bei Euseb h. e. 4, 23, 3), fälschte man auf seinen Namen Briefe, welche die Echtheit der pseudoareopagitischen Schriften beglaubigen sollten" — geht von einer falschen Voraussetzung aus. Denn nicht der Alexandriner, sondern Dionysius von Korinth wird von Euseb an der genannten Stelle referiert. Vgl. dazu u. S. 64 ff. S. Dionysii Alexandrini episcopi, cognomento Magni, quae supersunt, Rom 1796 (Titel auf S. CLX). — Durch die freundliche Vermittlung von Prof. Stead konnte ich das bereits um die Jahrhundertwende schwer zu erhaltende Werk (vgl. Bardenhewer LG II, 207) in der Bibl. Bodleiana, Oxford, einsehen. Dittrich, Einl. S. VI. Ch. L. Feltoe, . The Letters and other Remains of Dionysius of Alexandria, Cambridge 1904; vgl. auch seine Übersetzung: St. Dionysius of Alexandria. Letters and Treatises, London 1918.
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hat sie anscheinend übersehen, denn er druckt im wesentlichen die Stücke nach, die A. Gallandi in seine Väterausgabe aufgenommen hatte, ergänzt um einige Stücke aus Sammlungen von A. Mai4. J. B. Pitra, der in den von ihm herausgegebenen Sammelwerken selbst eine Reihe von bis dahin unbekannten Fragmenten des Dionysius veröffentlichte, gab eine Übersicht über das bei Migne fehlende Material5. M. J. Routh hatte vorher bereits einzelne Schriften und Fragmente des Dionysius in seine Reliquiae Sacrae6 aufgenommen und die Texte zugleich kritisch neu ediert. Erst Ch. L. Feltoe aber hat alle zu seiner Zeit bekannten Texte des Dionysius nach kritischer Prüfung neu herausgegeben (1904) und damit die Grundlage für alle weitere Forschung über Dionysius geschaffen. Wenn diese Ausgabe, die bis heute nicht ersetzt ist7, trotz inzwischen notwendiger Korrekturen und Ergänzungen nach wie vor nützlich und für jeden, der sich näher mit Dionysius beschäftigen will, unentbehrlich ist, so liegt das einmal an dem relativ günstigen Zeitpunkt ihrer Entstehung8 und zum anderen an den überlieferungsgeschichtlichen Erläuterungen, den Überlegungen zu Fragen der Echtheit und den umfangreichen Kommentaren, die Feltoe jedem einzelnen Fragment beigegeben hat. Die Ausführungen über einen weiteren alexandrinischen Dionysius und über die Fälschungen unter dem Namen des alexandrinischen Bischofs haben jedoch bereits deutlich gemacht, wie schwierig die Überlieferungsverhältnisse sind und wie notwendig es ist, die einzelnen von Feltoe aufgenommenen Texte auf ihre Echtheit hin erneut zu untersuchen. Auch von Feltoe nicht aufgenommenes Material ist dabei in die Untersuchung mit einzubeziehen, obwohl dies zumeist unecht ist. Denn inzwischen sind 4 5 6 7
PG 10, 1233-1344; 1575-1602. Anal. Sacr. III (1883) 596. 2. Aufl. 1846-1848 (Bd. III und IV), Nachdruck Hildesheim 1974. Aus diesem Grund liegt sie auch meiner Übersetzung der Fragmente zugrunde: Dionysius von Alexandrien. Das erhaltene Werk, 1972; dort auch ein Überblick über die Entwicklung der Forschung (18-24). Begünstigt wurde die Ausgabe Feltoe's vor allem durch folgende Umstände: 1) Im Jahre 1893 hatte A. Harnack bereits in dem ersten Band seiner Geschichte der altchristlichen Literatur (S. 409—427) das erreichbare Material über Dionysius zusammengestellt und die überlieferten Fragmente eingehend auf ihre Echtheit hin untersucht. 2) Auch die 1. Auflage der Geschichte der altkirchlichen Literatur von O. Bardenhewer (vgl. Band 2 [1903] 167ff. über Dionysius) konnte Feltoe für seine Ausgabe noch benutzen. 3) Im Jahre 1899 hatte K. Holl die Fragmente vornicänischer Kirchenväter aus den Sacra Parallela des Johannes Damascenus (TU 20, 2) in kritischer Edition neu herausgegeben, darunter auch Texte des Dionysius (146-154). 4) Schließlich konnte Feltoe auch die zu seiner Zeit gerade im Druck befindliche Neuausgabe der Kirchengeschichte Eusebs von Ed. Schwartz (GCS 9, l erschien 1903; GCS 9, 2 mit den Büchern VI-X, d. h. mit den Fragmenten des Dionysius, erschien erst 1908) noch einsehen und für seine Ausgabe berücksichtigen (vgl. Feltoe 1).
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weitere Fragmente des Dionysius bekannt geworden, deren Echtheit ebenfalls geprüft werden muß. 2. Unbestritten echtes Material Zu den unbestritten echten Stücken aus dem Werk des Dionysius, die hier nicht im einzelnen aufgeführt werden sollen, gehören ohne Zweifel die in der Kirchengeschichte Eusebs Buch VI—VII 9 und in dessen Praeparatio Evangelica VII, 19 bzw. XIV, 23—2710 überlieferten Fragmente aus einer ganzen Reihe von Briefen und einigen — ebenfalls in Briefform abgefaßt'en11 — Abhandlungen. Das gleiche gilt für jene Stücke, die bei Athanasius12 und Basilius dem Großen13 aufbewahrt sind, denn zu jener Zeit waren die Schriften des Dionysius noch erreichbar14. Aus diesem Grunde dürften auch die Nachrichten über den alexandrinischen Bischof, die sich bei diesen Autoren finden, im wesentlichen zuverlässig sein. Im Zweifelsfall haben natürlich die Originalzeugnisse des Dionysius Vorrang. Auf dieser Grundlage sind alle übrigen unter dem Namen des Dionysius überlieferten Texte auf ihre Echtheit hin zu prüfen.
3. Texte aus kanonistischer Überlieferung Wertvolle Texte des Dionysius sind uns in der Überlieferung kanonistischer Literatur erhalten. Dazu gehört vor allem ein Brief an Basilides, einen Bischof in der Pentapolis, an den Dionysius — wie Euseb mitteilt — verschiedentlich geschrieben hat15. Dieser Brief, der in Sammlungen kanonischer Briefe zusammen mit umfangreichen Kommentaren der berühmten Kanonisten Johannes Zonaras und Theodoros Balsamon16 anscheinend vollständig überliefert ist, behandelt ausführlich die Frage nach dem Zeitpunkt der Auferstehung Jesu, um einen festen Anhaltspunkt für die Beendigung des Osterfastens zu gewinnen, daneben aber auch kurz das Problem der Reinheit menstruierender Frauen, die Frage ehelicher Enthaltsamkeit und das Problem der Reinheit nach unfreiwilligem Samen9 10 11
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GCS 9, 2 (1908), hg. v. Ed. Schwartz. GCS 43, l (1954); 43, 2 (1956) hg. v. K. Mras. Vgl. Eus. h. e. VII, 26, 2. Vor allem in der Schrift ,De sententia Dionysii', Athanasius Werke II, l hg. v. H.-G. Opitz, Berlin 1936, 46-67. Vgl. auch Ath. decr. 25, 4-5; syn. 44. Aufbewahrt hat Basilius nur zwei Zitate in ,De Spiritu Sancto', c. 29 § 72 (hg. v. B. Pruche, SC 17*"*, Paris 1968, 504). Vgl. Basilius, ep. 9, 2 (ad Maximum). Eus. h. e. VII, 26, 3. 12. Jh.; vgl. dazu H.-G. Beck, Kirche und theol. Literatur, 655ff.
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ergu . Man versteht leicht, wie Dionysius auf Grund solcher und hnlicher Briefe in den Ruf eines κανονικός17 kommen konnte. Die Echtheit dieses Briefes ist mit Recht niemals ernsthaft in Zweifel gezogen worden18. Gleichfalls aus kirchenrechtlicher berlieferung hat zuerst J.B. Pitra mehrere Fragmente eines Briefes ,An Konon' herausgegeben19. Da Euseb unter den Briefen des Dionysius zur Frage der Bu e u. a. einen Brief ,An Kolon', einen Bischof von Hermupolis, erw hnt — wobei die berlieferung des Namens zwischen , Kolon' und ,Κοηοη' schwankt20 —, k nnten diese Fragmente oder vielleicht eines von ihnen aus ihm stammen, denn die von Pitra mitgeteilten vier Fragmente sind von sehr unterschiedlichem Wert. Das erste Fragment erweist sich bei n herer Betrachtung als can. 12 des Konzils von Nic a (325), was Pitra entgangen zu sein scheint21. Das zweite St ck, das Pitra an anderer Stelle vorher bereits ver ffentlicht hatte22 und das in einer relativ gro en Zahl von Handschriften berliefert ist, wird man wohl als echt ansehen k nnen23. Das dritte Fragment ist jenes bereits er rterte Textst ck aus Cod. Vat. 1611, das dem areopagitischen Schrifttum nahesteht24, und das vierte, das ebenfalls nur in einer Handschrift — dem Cod. Vatic. 2022 — berliefert ist, erweckt gro e Zweifel an seiner Echtheit. Immerhin lautet die berschrift: Διονυσίου αρχιεπισκόπου Αλεξανδρείας. Doch bereits die Zuweisung an eine bestimmte Schrift des Dionysius erweist sich als schwierig. Pitra selbst kamen Zweifel ber seine Einordnung des Textes unter die Bu briefe. Bei einer erneuten Herausgabe ver ffentlichte er ihn unter der berschrift „In Cantica Canticor. 1,4; VIII, 5"25, weil in dem Text die Verse Cant. 8, 5 (LXX) und 1,5-6- in dieser Reihenfolge! — ausgelegt werden. Aus dem gleichen Grund hat ihn Feltoe dann auch unter die ,Exegetica' eingereiht26, obwohl von einer Auslegung des Hohenliedes durch Dionysius nirgends sonst die Rede ist.
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Basilius, ep. 188 can. 1. Der Text ist u. a. ver ffentlicht bei: S. de Magistris 103 — 124 (mit den Kommentaren von Zonaras und Balsamen); J. B. Pitra, lur. eccl. grace, hist. mon. I, 541—545 (zuvor eine umfangreiche Liste ber die handschriftliche berlieferung); M. J. Routh, Rel. Sacr. III, 221ff.; Feltoe 94-105; V. N. Benesevic, Syntagma XIV titulorum . . ., Petersburg 1906, 570-577; vgl. auch Harnack LG I, l, 416. J. B. Pitra, lur. eccl. grace, hist. mon. I, 545-548 (mit Anmerkungen 548-550). Eus. h. e. VI, 46, 2 - vgl. Ed. Schwartz, GCS 9, 2 S. 628, 2 mit App. z. St.; Hieronymus, vir. ill. 69 schreibt: „et ad Cononem de paenitentia". Vgl. bereits Dittrich 62 Anm. 3; Harnack LG I, l, 417. Spie. Solesm. I, 15. Text bei Feltoe 60-62. Vgl. o. S. 43ff. Feltoe hatte es aus diesem Grunde unter die Bu briefe des Dionysius eingeordnet (63—64). Pitra, Anal. Sacr. III (1883) 597-598. Feltoe 228-229.
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Demgegenüber hatte Harnack betont, daß der Text „sehr wohl in einem der Briefe des D(ionysius) über die Buße gestanden haben" könnte27. Auch F. Loofs hatte in seiner Rezension des zuletzt genannten Werks von Pitra gemeint: „Vielleicht ist der Abschnitt trotz P(itra) dort (sc. in dem Brief an Konon) ursprünglich" und dann hinzugefügt: „Für die Echtheit spricht ein ,error Origenis' im Schluß"28. Gerade dieser ,error Origenis' — gemeint ist die allegorische Deutung der Fellkleider in Gen. 3,21 — bereitete Harnack jedoch Schwierigkeiten. Denn Prokop bezeugt in seinem Genesiskommentar, Dionysius habe gerade diese Lehre in seinem Ekklesiasteskommentar bekämpft29. Das führt Harnack zu folgenden Überlegungen: „Prokop kann falsch berichtet haben, aber auch das Fragment kann unecht sein. Es ist aber auch möglich, daß Dionysius seine Meinung über diesen Punkt im Laufe seines Lebens geändert hat, als das Bedenkliche der origenistischen Theologie stärker hervortrat. Es kann schließlich auch angenommen werden, daß Dionysius einen gemilderten resp. halbschlächtigen Origenismus vortrug, so daß man ihn sowohl zu den Gegnern wie zu den Freunden des Origenes rechnen konnte. Letztere Auffassung ist vielleicht die wahrscheinlichste"30. Auf das hier angesprochene grundsätzliche Problem ist in der Einleitung bereits hingewiesen worden30*. Immerhin muß Harnack einräumen, daß der Widerspruch zwischen der Äußerung Prokops und der in diesem Fragment vorgetragenen Auslegung von Gen. 3, 21 die Echtheit des Textes gefährdet31. Feltoe druckt das Fragment zwar unter Vorbehalt ab, hält aber seine Echtheit durchaus für möglich32. Doch spricht nicht nur der ,error Origenis' gegen die Echtheit, sondern die gesamte unter Verwendung der Etymologien eindeutig allegorische Auslegungsmethode, wie die weitere Untersuchung noch zeigen wird. 4. Exegetica Dionysius hat in seinen Schriften verschiedentlich exegetische Fragen erörtert, doch als Kommentator biblischer Bücher ist er nicht besonders 27
Harnack LG I, l, 419. F. Loofs, in: ThLZ 9 (1884) 553. 29 Prokop, Komm, zu Gen. 3,21 (PG 87, l, 221 B). Zum Ekklesiasteskommentar des Dionysius vgl. u. S. 56ff. 30 Harnack LG I, l, 423. 301 Vgl. o. S. 6ff. 31 Harnack LG I, 1,419. S. J. Bouma schloß sich diesen Bedenken an (4). Auch Dittrich äußerte bereits Zweifel an der Echtheit (67f.), denen Bardenhewer folgte (LG II, 221). 32 Vgl. Feltoe 228: „Apart from a certain extravagance of interpretation the thoughts of the passage are not unworthy of Dionysius; they are briefly these, (1) that at the Resurrection the soul of the faithful will shine white in the light of the Saviour who receives it, though 28
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hervorgetreten33. Der einzige zuverl ssig bezeugte Kommentar ist der zum Predigerbuch, dem Ekklesiastes. Euseb und Hieronymus, der in diesem Fall jedoch eindeutig von Euseb abh ngig ist, teilen mit, Dionysius habe in einem Brief an Basilides, einen Bischof in der Pentapolis, einen Kommentar zum Anfang des Predigerbuches erw hnt34. Beide haben diesen Kommentar offenbar selbst nicht zu Gesicht bekommen; sie verraten auch an anderer Stelle keine n here Kenntnis von ihm. Anders ist es mit Prokop von Gaza. In seinem Kommentar zu Gn. 3, 21 behauptet er, Dionysius habe neben anderen Kirchenlehrern die allegorische Deutung der Fellkleider und anderer Dinge im Paradies in seinem Ekklesiastes-Kommentar verworfen35. Diese Bemerkung Prokops erweckt allerdings den Eindruck, als sch pfe er seine Kenntnis aus einem antiorigenistischen Florileg, denn er nennt nacheinander: Klemens von Alexandrien, Dionysius, Petrus von Alexandrien, Athanasius, Theophilus und Kyrill — alles Alexandriner, die auch in dem neuentdeckten Florileg aus Cod. Vatop. 236 zitiert werden, in dem u. a. zwei kurze Fragmente aus dem Ekklesiastes-Kommentar des Dionysius enthalten sind36. Doch hat Prokop den Kommentar des Dionysius offenbar selbst noch gekannt. Denn in einer Handschrift des 12. Jahrhunderts, dem Cod. Venet. 22, sind in einem Katenenkommentar Prokops zum Ekklesiastes eine Reihe von Fragmenten des Dionysius berliefert, die zu einem Teil sicherlich echt sein d rften37. Es handelt sich um Scholien zu Ekkl. l, 1—3, 11. Leider sind die Lemmata keineswegs in allen F llen gesichert. In drei F llen — zu Ekkl. 2, 14f., 14 und 22 - steht in der Handschrift das Doppellemma: Διονυσίου και Νείλου; eine eindeutige Zuweisung ist bisher nicht m glich38. Auch bei den brigen Texten bleiben gewisse Zweifel hinsichtlich der Echtheit, solange eine genauere Untersuchung der Katene fehlt.
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on earth it was ,black, even if comely'; and (2) Christ who is our Peace clothes us with His robe of righteousness which we lost at Adam's fall". Zu den Fragmenten aus einem Hiob-Kommentar vgl. o S. 38 ff. Auch die brigen von Feltoe unter die ,Exegetica' eingereihten Fragmente sind bereits besprochen worden: zu Gen. 2, 8.9 vgl. o. S. 37f.; zu einem Fragment aus dem Canticum: o. S. 54f.; zu dem angeblichen Lukas-Kommentar o. S. 40ff. Eus. h. e. VII, 26, 3; Hieronymus vir. ill. 69. ... και Διονύσιος ό Άλεξανδρέων επίσκοπος εν τη είς τον Έκκλησιαστην έρμηνείο: (PG 87, 1, 221 Β). Vgl. Harnack LG I, l, 418, der allerdings den Eindruck erweckt, als spreche Prokop wie Euseb und Hieronymus von einem Kommentar zum Anfang des Ekklesiastes. Vgl. Kleronomia 5 (1973) 310f. - dazu u. S. 57f. Vgl. bereits S. de Magistris, 1-16; PG 10, 1577-1588 (aus A. Gallandi, Appendix ad torn. XIV). Vgl. Harnack LG I, l, 418; Bardenhewer LG 11,211; Dittrich 22-25. Feltoe 220, 15-223, 13. - Das erste Fragment - zu Ekkl. 2, 14f. - weist hnlichkeiten mit Nilus, Peristeria, sectio IX c. 7 auf (vgl. Feltoe 209 und 220f. App.). Text: PG 79, 811 ff. Diese Schrift ist allerdings unecht (s. Bardenhewer LG IV, 177f.). Vgl. auch Bouma 3f.
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Das gilt auch f r zwei weitere Scholien, die Feltoe mitteilt39. Er bernahm sie von J. B. Pitra40, der sie aufgrund von Randnotizen im Cod. Coisl. 157 (12. Jh.), fol. 132 und 180, unserem Dionysius zuwies. In dieser Handschrift, einem Kommentar zum Ekklesiastes, werden sie f lschlich Gregor von Nyssa beigelegt. Harnack referiert den Sachverhalt mit offenkundiger Skepsis gegen ber der Echtheit, weil in den Texten selbst ber die Auslegung .anderer' berichtet wird41. Feltoe gibt zu bedenken: „But the style of these is so very different from the style of the other extracts that they can hardly be by the same author, especially as one of the two extracts professes to deal with a verse already commented upon in the other Ms."42. Auf diesem Hintergrund erweisen sich die beiden neugefundenen Fragmente aus dem Ekklesiastes-Kommentar des Dionysius als besonders wertvoll. Da die Lemmata des antiorigenistischen Florilegs aus Cod. Vatop. 236, aus dem sie stammen, im allgemeinen zuverl ssig sind43, d rften an ihrer Echtheit kaum Zweifel bestehen. Zudem best tigen sie die oben erw hnte Bemerkung Prokops insofern, als Dionysius sich in diesem Kommentar tats chlich mit dem Problem der Sch pfung von Leib und Seele auseinandergesetzt und dabei die Lehre von der Pr existenz der Seelen eindeutig abgelehnt hat. Zum besseren Verst ndnis seien die Texte der beiden kurzen Fragmente hier noch einmal wiedergegeben: Διονυσίου επισκόπου Αλεξανδρείας εκ της ερμηνείας του Έκκλησιαστοΰ' Δια τούτο καΐ ακολούθως συνάπτεται1 „και επιστρέφει ό χους επί την γην", όθεν ελήφθη. Και ταΰτα μεν περί του ανθρωπείου σώματος. Περί δε του πνεύματος, δπερ αυτό άμα τη δημιουργία του σώματος δ πλάσας έκτισε' „και το πνεύμα επιστρέψει προς τον θεον, δς εδωκεν αυτό". Και μεθ' ετέρα' Ούτω πάλιν αϊ ψυχαί του θεού ιδιαι αυτού γαρ προστάγματι καΐ δημιουργία παρέρχονται ουκ ούσαι ου προγεγονυϊαι πρότερον. Διόπερ αύτω την εύχαριστίαν ημείς πανταχόθεν όφείλομεν. Das Zitat aus Ekkl. 12, 7 l t vermuten, da die Texte gegen Ende des Kommentars gestanden haben. Das w rde bedeuten, da Dionysius nicht nur den Anfang, sondern das gesamte Predigerbuch exegesiert hat. Es ist m glich, da sich bei systematischer Erforschung der Katenenhandschriften insbesondere zum Ekklesiastes44 noch mehr Fragmente aus 39 40 43
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Feltoe 210, 10-211, 12 (zu Ekkl. l, 3) und 277, 4-14 (zu Ekkl. 4, 9f.). 41 Spie. Solesm. I, 17-19. LG I, l, 418f. « Feltoe 209; vgl. Bouma 3. Vgl. o. S. 38 und 17 mit Anm. 75. Zu der handschriftlichen berlieferung der Ekklesiastes-Katene vgl. G. Karo/H. Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus, NGG 1902, 310ff.; zu Cod. Venet. 22 vgl. 303. Der Cod. Coisl. 157 ist nicht verzeichnet!
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
diesem Kommentar ausfindig machen bzw. bei den oben genannten Texten die Spreu besser vom Weizen trennen lassen. Vielleicht geh rt auch das eine oder andere bisher nicht n her einzuordnende Fragment aus der Katenenliteratur urspr nglich zu diesem Kommentar.
5. Vermischtes aus griechischer
berlieferung
a) Aus den Sacra Parallela des Johannes Damascenus K. Holl hat in seiner Zusammenstellung der .Fragmente vornic nischer Kirchenv ter aus den Sacra Parallela' des Johannes Damascenus eine ganze Reihe zumeist k rzerer Fragmente des Dionysius ausfindig gemacht und soweit m glich durch kritische Untersuchung der handschriftlichen berlieferung echtes und unechtes Material voneinander geschieden45. Am Anfang stehen drei Zitate, die als Eigentum des Dionysius gesichert sind. Die beiden ersten — Nr. 359—360 — stammen aus der Schrift έλεγχος καΐ απολογία des Dionysius und sind uns auch durch Athanasius berliefert46. Das dritte (Nr. 361) ist der Schrift περί φύσεως entnommen. Das ist nicht nur durch das beigegebene Lemma bezeugt, sondern auch durch Euseb, bei dem dieses Zitat in einen gr eren Zusammenhang eingebettet der gleichen Schrift des Dionysius zugewiesen wird47. Am Ende der von Holl zusammengestellten Zitate — Nr. 391 bis 395 — ist das unechte Material versammelt, Texte von Autoren, die zumeist namhaft gemacht sind (Athanasius, Didymus, Philo, Ignatius). Dazwischen aber steht eine gro e Anzahl von Texten unter der berschrift: „Nicht nachweisbare und zweifelhafte Citate" (Nr. 362—390). Doch l t sich auch hier in den meisten F llen die Echtheit mit gro er Wahrscheinlichkeit ausmachen. Das gilt zun chst und vor allem f r jene Fragmente, die durch ihr Lemma einer bestimmten Schrift des Dionysius zugewiesen werden, die durch Euseb oder andere hinreichend verb rgt ist: Nr. 362 wird dem 1. Buch von έλεγχος και απολογία zugeordnet48, Nr. 363—366 der Schrift περί φύσεως49, Nr. 367-368 dem 2. Buch von περί επαγγελιών50.
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47 48 49 50
TU 20, 2 (1899), Nr. 359-395 (S. 146-155). Wahrscheinlicher sind sie sogar aus Athanasius gesch pft, denn sie folgen auch bei diesem (Dion. 17) aufeinander und decken sich inhaltlich (vgl. Athanasius Werke II, l Opitz 58, 15-25; Feltoe 191, 19-193, 4). Eus. p. e. XIV, 27, 3 (Feltoe 156, 9-13; GCS 43, 2 S. 335, 2-6 K. Mras). Feltoe 185, 8-9. Feltoe 163, 5-164, 8. Feltoe 125, 10-16. Diese Schrift ist durch Euseb bezeugt, der aus ihr umfangreiche Exzerpte berliefert hat: Eus. h. e. VII, 24-25.
Das erhaltene Werk des Dionysius
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Nr. 369—374 werden als Zitate aus einem Brief des Dionysius an einen im brigen unbekannten Aphrodisius bezeichnet51. Doch erheben sich inhaltlich keine Einw nde gegen die Echtheit; das ausf hrliche Lemma spricht eher daf r. Das gleiche gilt f r ein kurzes Zitat, das aus einem ,2. Brief περί γάμων' entnommen sein will52. Nr. 376 stammt nach dem Lemma aus einem Brief περί γυμνασίου, der auch von Euseb erw hnt wird53. Es folgen unter Nr. 377 und 378 zwei Fragmente, die Feltoe unter die Festbriefe des Dionysius eingereiht hat54. Das erste tr gt die berschrift: „Aus dem 4. Festbrief", das zweite „Aus dem 2. Brief". Die Autorschaft des Dionysius erscheint zuverl ssig verb rgt, auch wenn eine genauere Einordnung im Werk des Dionysius schwierig ist. Das gilt allerdings noch mehr f r die Zitate Nr. 379—383, die zwar unserem Dionysius, dem Alexandriner, zugewiesen werden, jedoch ohne Angabe einer bestimmten Schrift. Au er einem hat Feltoe diese Fragmente seinem Abschnitt „From works unspecified"55 zugewiesen. Dieses eine, Nr. 380, war l ngere Zeit umstritten, J. B. Pitra hatte den ersten Teil dieses Fragments aus dem Cod. Barberin. I, 158, fol. 69 bereits mitgeteilt56, und zwar im Anhang zu den Fragmenten aus den Bu briefen des Dionysius. Aus diesem Grund hat es Feltoe wohl ebenfalls den Bu briefen zugeordnet57. Dittrich hatte sogar erwogen, diesen Text dem sp teren alexandrinischen Dionysius zuzuweisen58. Doch d rfte die Untersuchung Holls die Echtheit des gesamten, von mehreren Handschriften bezeugten Textes wahrscheinlich gemacht haben. Vielleicht stammt er aus dem Ekklesiastes-Kommentar des Dionysius, denn er endet mit einem Zitat aus Ekkl. 7, 17. Die Echtheit des Zitats Nr. 384 aus Flor. Mon. 81 b, das Feltoe in seine Sammlung bernommen hat59, ist demgegen ber zweifelhaft. Zwar meint Holl: „Die Stellung in der Reihe der V tercitate . . . ist der Echtheit nicht ung nstig"; doch er f hrt fort: „die Form des Worts spricht jedoch mehr 51
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Feltoe 254—256; vgl. Harnack LG I, l, 420. Feltoe m chte diese Fragmente einem von Euseb (h. e. VII, 22, 11) erw hnten Brief Περί σαββάτου zuweisen, von dem au er dem Titel jedoch nichts bekannt ist. Ph. S. Miller (59—63) h lt es f r m glich, da Aphrodisius' der zweite Name von Timotheus, dem Sohn des Dionysius, ist, dem dieser seine Schrift Περί φύσεως gewidmet hat (Eus. h. e. VII, 26, 2). Der Brief sei gewisserma en eine Fortsetzung der Schrift ber die Natur, da deutliche inhaltliche Parallelen zu dieser Schrift best nden. Feltoe 257. Feltoe 256; vgl. Eus. h. e. VII, 22, 11. Feltoe 90-91. Feltoe 257-258 (1-4). lur. eccl. graec. mon. I, 550; vgl. Harnack LG I, l, 420. Feltoe 64, 5-8. Dittrich 68. Feltoe 259 (6).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
f r einen asketischen Schriftsteller"60. Zweifel ergeben sich auch aus dem Lemma Διονυσίου, das in sp terer Zeit zumeist dem Areopagiten vorbehalten ist oder die Verbindung zu dessen Schriften kennzeichnet. Verst rkt wird dieser Verdacht dadurch, da Holl unter Nr. 389-390 Zitate wiedergibt, die dem Areopagiten zugewiesen werden und f r Nr. 385—388 die N he zum areopagitischen Schrifttum betont, so da auch Feltoe diese Fragmente nicht mehr in seine Sammlung aufgenommen hat. Offen mu die Frage nach der Echtheit eines Fragments bleiben, das Feltoe der Ausgabe der Sacra Parallela von Le Quien entnommen hat61, das Holl jedoch nicht erw hnt. Hier bedarf es erst der Klarheit ber die Herkunft, ehe ein zuverl ssiges Urteil gef llt werden kann.
b) Fragmente aus Katenen zu neutestamentlichen Schriften Am Ende seiner Sammlung hat Feltoe einige Fragmente aus Katenen zu neutestamentlichen Schriften zusammengetragen, die dem Dionysius zugeschrieben werden. Er st tzt sich dabei im wesentlichen auf die Ausgabe von J. A. Gramer62, doch ist manches zu korrigieren bzw. zu erg nzen. Das erste Fragment — zu Act. 5, 4 — tr gt in der Ausgabe von Gramer (III, 85) das Lemma: Διονυσίου. Die Zuweisung an unseren Dionysius ist allerdings m glich, denn immerhin lautet das Lemma im Cod. Coisl. 25: Διονυσίου έπισκ. Άλεξ. (Cramer III, 430). Die Echtheit vorausgesetzt, k nnte das Fragment dem Predigerkommentar des Dionysius entnommen sein, worauf das Eingangszitat (Ekkl. 5, 4) hindeutet. Als n chstes druckt Feltoe ein Scholion zu Rom 11,26 ab, das nur aus vier W rtern besteht. Dieses Scholion ist jedoch nicht nur in dem von Gramer benutzten Cod. Monac. 412 berliefert, sondern noch in zwei weiteren Handschriften, wie K. Staab gezeigt hat63. Die Echtheit d rfte damit durch die handschriftliche berlieferung hinreichend verb rgt sein. — Dar ber hinaus teilt Staab ein weiteres Scholion des Dionysius zur gleichen Bibelstelle aus dem Cod. Marc. 546 mit64, das bis dahin unbekannt war: Τουτέστιν αποστρέψει με εξ αμαρτιών, επιστρέψει δε προς εαυτόν. Die gr ndliche Untersuchung Staabs macht die Echtheit dieses Fragments wahrscheinlich. Aus der Katenen berlieferung zum Jakobusbrief druckt Feltoe zwei l ngere Abschnitte ab, von denen allerdings der gr te Teil wohl nur durch 60 61 62
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Holl 153. Feltoe 258 (5). Catenae Graecorum Patrum in Novum Testamentum, Oxford 1844 (8 B nde); vgl. Feltoe 251-253. Monac. 412 (= Gramer IV, 418); Vat. 1430 fol. 26; Pal. 10 fol. 40. Vgl. K. Staab, Die Pauluskatenen nach den handschriftlichen Quellen untersucht, Rom 1926, 192 f. AaO 145.
Das erhaltene Werk des Dionysius
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einen Irrtum bzw. einen Druckfehler in Cramers Edition unter den Namen des Dionysius geriet. Harnack glaubte, aus inhaltlichen Gr nden in dem ersten Abschnitt, der aus zwei aneinandergereihten Fragmenten besteht, Reste einer im brigen verlorenen Schrift des Dionysius mit dem Titel περί πειρασμών vor sich zu haben65. Doch bereits Bardenhewer hatte richtig bemerkt, da dieser Text bei Gramer (Bd. VIII, 5, 7—13) ohne Angabe eines Namens erscheint, im Anhang (S. 583, mit Erg nzungen aus dem Cod. Coisl. 25) und im Index (S. 597) jedoch dem Origenes zugewiesen wird66. Da er allerdings mit Harnack der Meinung war, der Cod. Coisl. 25 weise ihn dem Dionysius zu, vermutete er, beide Namen k nnten im Lemma gestanden haben, die Texte demnach m glicherweise aus der Schrift des Dionysius an Origenes ber das Martyrium stammen. Auch diese etwas komplizierte Annahme ist unn tig. Denn der Text ist nur durch einen Irrtum dem Dionysius zugeschrieben worden, in Wahrheit entstammt er dem Werk des Origenes, wie M. Richard gezeigt hat67. Betrachtet man n mlich den Index bei Cramer genauer, dann stellt man fest, da bei dem Namen des Dionysius lediglich eine Stellenangabe notiert ist: S. 5, 8. An der angegebenen Stelle findet sich der Name des Dionysius jedoch nicht; Zeile 8 beginnt berhaupt kein neues Fragment! Stattdessen steht auf S. 25, 8 ein kurzes Fragment unter dem Namen: Διονυσίου, zu dem im Anhang (S. 585) aus dem Cod. Coisl. 25 erg nzend festgestellt wird, da es dort das Lemma: Διονυσίου Αλεξανδρείας habe. Dieses Fragment wiederum wird im Index nicht erw hnt. Alle genannten Schwierigkeiten lassen sich leicht beseitigen, wenn man davon ausgeht, da der Index an dieser Stelle anstatt 25, 8 f lschlicherweise 5, 8 notiert. Diese Annahme wird durch die Gegenprobe best tigt: Sowohl der Anhang mit den Erg nzungen aus Cod. Coisl. 25 (S. 582) als auch der Index zum Namen Origenes (S. 597) verweisen auf ein Fragment, das S. 5 Zeile 7 beginnt und offensichtlich von Origenes stammt68. F r Dionysius bleibt lediglich jenes kurze Scholion zu Jak. 4, l f. brig, das bereits erw hnt wurde. Feltoe hat es zusammen mit einem anderen Fragment abgedruckt, das bei Cramer voraufgeht, dort jedoch ohne Namen erscheint69. Die Echtheit des letzteren ist deshalb sehr zweifelhaft. Abschlie end mu noch das Scholion zu Apk. 22, 3 erw hnt werden, das Feltoe ebenfalls der Ausgabe Cramers entnommen hat (VIII, 491). Die Echtheit ist umstritten, wie Feltoe selbst einr umen mu . Vermutlich ist mit dem μέγας Διονύσιος an dieser Stelle der Areopagite gemeint, der 65 66 67
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Harnack LG I, l, 419. Vgl. Eus. h. e. VII, 25, 2. Bardenhewer LG II, 210; vgl. Gramer VIII, 5. Vgl. M. Richard, Une scolie d'Origene ind ment attribuee RHE 33, l (1937) 44-46. Vgl. Origenes, Sei. in Exodum (PG 12, 288 D-289 A). Gramer, Bd. VIII, 25, 4-7 (= Feltoe 253, 1-4).
Denys d'Alexandrie, in:
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
mehrfach in der Katene zitiert wird70, w hrend unser Dionysius sonst nicht erw hnt ist.
c) Fragen und Antworten Ans Ende seiner Sammlung hat Feltoe einen Text gestellt, der aus sieben Fragen und Antworten besteht, die in Form der Erotapokriseis das Problem der Zeugung des Sohnes aus dem Vater er rtern. J. B. Pitra, der den Text als erster ver ffentlichte71, hatte ihn auf der letzten Seite des Cod. Pakt. 431 entdeckt unter der berschrift Του εν άγίοις πατρός ημών Διονυσίου αρχιεπισκόπου Αλεξανδρείας. Die Handschrift dieses offensichtlichen Nachtrags datiert Pitra ins 11. Jahrhundert. An der Echtheit dieses Textes bestehen aus mehreren Gr nden Zweifel. Zun chst machte Loofs in seiner Rezension zu dem Werk Pitras darauf aufmerksam, da die f nfte Frage zusammen mit der Antwort auch in einem Cod. Bodleianus begegnet, und zwar unter der berschrift: „Cacodoxi cuiusdam quaestio ad Dionysium magnum", wobei dort vermutlich der Areopagite gemeint sei72. Harnack betonte, Fragen und Antworten dieser Art k nnten erst aus der Zeit nach dem Nic num herr hren73. F r diese Ansicht spricht nicht nur die christologische Thematik. Auch die Form der Erotapokriseis, die im antiken Schulwesen gel ufig war, wurde erst in sp terer Zeit auch auf theologische bzw. dogmatische Probleme angewandt, vorher wurde sie zumeist nur zur Kl rung exegetischer Probleme eingesetzt74. Das alles deutet auf eine relativ sp te Entstehungszeit unseres Textes hin. Ob der Autor sich auf u erungen unseres Dionysius berufen konnte oder auch nur wollte, l t sich heute nicht mehr feststellen. Feltoe meint: „In any case the authenticity of the passage as a whole and in its present form is extremely doubtful"75. F r unsere Untersuchung der Theologie des Dionysius mu dieser Text deswegen au er Betracht bleiben.
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Cramer, Bd. VIII, 246, 30; 277, 3; 331, 14. Anal. Sacra III (1883) 598. Loofs, in: ThLZ 9 (1884) 554; vgl. Hipler, Dionysius der Areopagite, 134. LG I, l, 424f. Vgl. den An. .Erotapokriseis' von H. D rrie und H. D rries im RAG VI (1966) 342-370; bes. 347ff. Zur Anwendung im exegetischen Bereich vgl. auch H. Merkel, Die Widerspr che zwischen den Evangelien (Wiss. Unters, z. NT 13), T bingen 1971, 130ff.; G. Bardy, La litterature patristique des „Quaestiones et Responsiones sur l'6criture sainte", in: Rev. Bibl. 41 (1932) 210-236; 341-369; 515-537. - 42 (1933) 14-30; 211-229; 328-352. Feltoe 259. - Demgegen ber scheint H. J. Vogt in: ThQ 154 (1974) 88f. die Echtheit des Textes f r m glich zu halten.
Das erhaltene Werk des Dionysius
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d) Zwei Texte Isidors von Pelusium unter dem Namen des Dionysius Der Vollst ndigkeit halber sei hier noch auf zwei Brieffragmente hingewiesen, die in einer Katenenhandschrift, dem Cod. Vatic, gr. 331 (11. Jh.), fol. 88, einem Dionysius zugeschrieben werden. Die berschriften lauten: Διονυσίου επιστολή Θεοδοσία) μονάζοντι und kurz darauf: Του αύτοϋ επιστολή Ούρσενουφίω αναγνώστη. Obwohl beide Briefe stilistisch mit echten Briefen des Dionysius verwandt scheinen, handelt es sich in Wahrheit um St cke aus Briefen Isidors von Pelusium. G. Mercati hat dies vor l ngerer Zeit bereits im einzelnen dargelegt76 und die St cke im Werk Isidors nachgewiesen77. An dieser Stelle wird erneut sichtbar, welche Verwechslungsm glichkeiten insbesondere bei Katenenhandschriften bestehen und wie notwendig es ist, jedes einzelne Fragment auf seine Echtheit hin zu pr fen. 6. Ein lateinisch berliefertes Fragment Ein nur in lateinischer bersetzung erhaltenes Fragment des Dionysius hat H. Boehmer-Romundt im Jahre 1903 erstmals einer breiteren ffentlichkeit bekannt gemacht78. berliefert ist es im Cod. Vatic, lat. 5750, p. 275, einem Bobbienser Palimpsest aus dem 5. oder gar dem Ende des 4. Jahrhunderts, zusammen mit einer Reihe von Fragmenten arianischer Herkunft. Das Fragment des Dionysius begegnet dort als Zitat eines gewissen Athanasius, den H. Boehmer-Romundt als den arianischen Bischof Athanasius von Anazarbus in Kilikien identifiziert hat79. Dieser Vorschlag wurde in der Wissenschaft mit allgemeiner Zustimmung aufgenommen80 und die Echtheit des Dionysiusfragments ebenfalls anerkannt.
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G. Mercati, Note di letteratura biblica e cristiana antica VII.: Due supposte lettere di Dionigi Alessandrino (ST 5), Rom 1901, 82-86; vgl. Harnack LG 11,2,66; Bardenhewer LG II, 227. Bardenhewer meint, da mit dem ,Dionysius' im Lemma der Briefe nicht der alexandrinische Bischof, sondern der Areopagite gemeint sei. Bei den Briefen Isidors handelt es sich um Ausschnitte aus I, 39 — Brief an den M nch Theophilus (PG 78,205) - und 111,219 - Brief an den Lektor Ursenuphius (PG 78, 901). H. Boehmer-Romundt, ber den litterarischen Nachla des Wulfila und seiner Schule, in: Zeitschr. f. wiss. Theol. 46 (1903) 233-269; bes. 264ff., 269. Bei Feltoe wird das Fragment nicht erw hnt. Vgl. Athanasius Werke III (Urkunden zur Geschichte des arianischen Streits) hg. v. H.-G. Opitz, Berlin 1934, 18 (Urk. Nr. 11); G. Bardy, Recherches sur Saint Lucien d'Antioche et son ecole, Paris 1936, 204-210. Vgl. Harnack LG II, 2, 60 Anm. 2; Bardenhewer LG II, 219; H.-G. Opitz, Dionys von Alexandrien und die Libyer, in: Quantulacumque (1937) 50ff.
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
Nach H. Boehmer-Romundt hat D. de Bruyne den gesamten Text noch einmal gründlich überprüft und paläographisch gesichert. Sein Text sei darum hier noch einmal wiedergegeben81: Iterum idem ipse Athanasius antiquorum profert memoriam ac Dionysi episcopi, ut ostendat ante esse Patrem quam Filius generaretur, dicens: „Ita Pater quidem, Pater et non Filius; non quia factus est, sed quia est; non ex aliquo, sed in se permanens. Filius autem et non Pater; non quia erat, sed quia factus est; non de se, sed ex eo qui eum fecit, Filii dignitatem sortitus est." Deinde ipse Athanasius: . . . Der Text gehört sehr wahrscheinlich in den Zusammenhang der Auseinandersetzung des Dionysius mit dem libyschen Sabellianismus. Harnack sah in ihm ein weiteres Fragment aus der Schrift , die Dionysius an seinen römischen Namensvetter gerichtet hatte. Überzeugender ist jedoch der Vorschlag von H.-G. Opitz, der in diesem Text ein Stück des verlorengegangenen Schreibens an Euphranor und Ammonius82 sieht, jenes Briefes, der nach allgemeiner Überzeugung den sogenannten ,Streit der beiden Dionyse* ausgelöst hat.
7. Syrisch überlieferte Fragmente In Bd. IV der von J. B. Pitra herausgegebenen Analecta Sacra83 hat P. Martin unter dem Namen des Dionysius aus syrischer Überlieferung insgesamt acht Fragmente von unterschiedlicher Länge veröffentlicht, deren Echtheit teilweise umstritten ist. Lediglich das erste Fragment ist mit Sicherheit echt. Es handelt sich dabei um die syrische Übersetzung des bei Euseb vollständig überlieferten Briefes an Novatian84. In der syrischen Fassung fehlt nur der Schlußsatz. Nr. 2 ist ein nur in syrischer Sprache erhaltenes Fragment, das seiner Überschrift nach aus einem Brief unseres Dionysius „an Dionysius und Stephanus, die an der Spitze der Kirche der Römer standen", entnommen ist. Inhaltlich geht es um die Frage der Wiedertaufe von Häretikern, über die Dionysius mehrfach mit der römischen Kirche korrespondiert hat, darunter auch mit Stephanus I. (254—257)85 und mit Dionysius, als dieser 81
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D. de Bruyne, Deux lettres inconnues de Theognius Peveque arien de Nicee, in: ZNW 27 (1928) 106-110; Text 110. Vgl. H.-G. Opitz, aaO 50, mit dem Versuch einer Rück82 übersetzung ins Griechische. Vgl. Eus. h. e. VII, 26, 1. Paris 1883, 169-175 (Text); 413-417 (lat. Übersetzung). *» Eus. h. e. VI, 45. Eus. h. e. VII, 4—5, 2. Zu den Texten aus syrischer und armenischer Überlieferung vgl. u. S. 65; 68.
Das erhaltene Werk des Dionysius
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noch nicht Bischof, sondern lediglich Presbyter der römischen Gemeinde war86. Zwar klingt das Lemma etwas merkwürdig, inbesondere die Reihenfolge: Dionysius und Stephanus. Doch zwingende Gründe gegen die Echtheit ergeben sich daraus nicht. Möglicherweise handelt es sich um einen Brief an den römischen Presbyter Dionysius, der einem Brief an Stephanus beigefügt war. Harnack hält den nachnicänischen Ursprung des Briefes für wahrscheinlicher, räumt aber ein: „Zur Noth läßt sich jedoch die Echtheit des Schreibens halten"87. Inhaltliche Parallelen bestehen vor allem zu can. 8 der Synode von Arles (314). Doch ist es gut möglich, daß die Regel, nur jene Häretiker erneut zu taufen, die nicht mit der trinitarischen Formel getauft waren, zuerst von unserem Dionysius aufgestellt wurde. Feltoe hat den Text in seine Sammlung aufgenommen88. Auch Nr. 3 ist sehr wahrscheinlich ein echtes Fragment. Nach der Überschrift stammt es aus einem Brief an Stephanus I. über die Taufe. Möglicherweise handelt es sich um denselben Brief an Stephanus, aus dem auch Euseb zitiert89. Allerdings fehlen textliche Übereinstimmungen. Für die Echtheit sprechen jedoch zwei Beobachtungen: 1) ist in einer Katene zum Deuteronomium90 ein kurzes griechisches Fragment des Dionysius überliefert, das sich wörtlich in dem syrischen Text wiederfindet; 2) gibt es in armenischer Überlieferung ein längeres Fragment, in dem der syrische Text vollständig enthalten ist91. Die restlichen fünf Fragmente hat Feltoe nicht aufgenommen; sie dürften auch sehr wahrscheinlich unecht sein. Mit Sicherheit gilt dies für Fragment Nr. 4, das aus jenem gefälschten Brief an SixtusII. stammt, mit dem die Echtheit des areopagitischen Schrifttums bekräftigt werden sollte92. Nr. 5—7 dürften ebenfalls unecht sein, denn sie stehen in enger Verbindung mit dem fingierten Briefwechsel des Dionysius mit Paul von Samosata93. Nr. 5 ist ein kurzes Stück aus den fingierten Fragen und Antworten des Dionysius mit dem Samosatener94. Nr. 6 und Nr. 7 weisen enge 86
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Eus. h. e. VII, 7, 6; 8. — In einem Brief an Sixtus II. erwähnt Dionysius selbst einen Brief an Stephanus und Schreiben an die römischen Presbyter Dionysius und Philemon, „die früher mit Stephanus übereinstimmten" und wohl damals schon im römischen Presbyterium saßen (Eus. h. e. VII, 5, 5-6). LG 1,1,425. S. 48f. (Syrischer Text mit englischer Übersetzung, hg. v. N. McLean). Eus. h. e. VII, 5, l-2. Enthalten in: Cod. Vatic. 1521, fol. 591; vgl. S. de Magistris 200 und Feltoe 46. Der syrische Text ist ebenfalls bei Feltoe abgedruckt, wiederum mit engl. Übersetzung, hg. v. N. McLean (45-48). Vgl. dazu u. S. 68. Vgl. o. S. 50f. Vgl. dazu o. S. 47ff. Zur Echtheit dieser Fragmente vgl. auch Harnack LG I, l, 426; F. Loofs, Paulus von Samosata, 103 f. Vgl. Mansi I, 1085-1086; Ed. Schwanz, Eine fingierte Korrespondenz, 39 (= 274, 7-10).
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
Verwandtschaft mit dem fingierten Brief des Dionysius an Paul von Samosata auf, teilweise sogar w rtliche bereinstimmungen, aber auch Textabweichungen, die allerdings, wie vor allem bei Nr. 7 gezeigt werden kann, den sekund ren Charakter des syrischen Textes deutlich machen95. Nr. 8 soll nach der berschrift zwar ebenfalls aus dem Brief des Dionysius an Paul von Samosata herr hren, doch l t es sich in dem fingierten Brief nicht nachweisen. Es lautet in der lateinischen bersetzung von P. Martin: „Quapropter necesse omnino erat ut Paulus desisteret, ne causa fieret schismatis in Ecclesia Dei. Imo impedire debebat ne sequaces sui schisma facerent; nam summum malum est schisma in Ecclesia." Die Herkunft dieses Fragments ist nach wie vor eine offene Frage. Allerdings hat F. Loofs mit Recht darauf hingewiesen, da es die Absetzung Pauls voraussetzt, die Dionysius selbst nicht mehr erlebt hat96. Seine Autorschaft kommt daher nicht in Betracht.
8. Armenisch
berlieferte Fragmente
Aus armenischer berlieferung hat Feltoe kein Fragment in seine Sammlung aufgenommen. Allerdings waren zu seiner Zeit im wesentlichen nur jene Fragmente bekannt, die P. Martin im gleichen Band der Analecta Sacra97 ver ffentlicht hatte wie die syrischen Fragmente. Diese — insgesamt f nf, teilweise recht umfangreichen — Textst cke aber sind, wie Harnack meinte, „s mmtlich unecht"98. Zumindest bestehen erhebliche Zweifel an ihrer Echtheit. Nr. l, ein l ngerer Text, der aus sieben Abschnitten besteht, gibt sich nach der berschrift als „fragmentum confutationis Pauli Samosateni". Doch ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem fingierten Dionysiusbrief und dem Zehnfragenbrief l t sich nicht feststellen. Gewisse Ber hrungen mit dem Zehnfragenbrief sind allerdings nachweisbar99. Dar ber hinaus wird Paul von Samosata nicht nur in der berschrift erw hnt, in Abs. 2 und 95
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Zu Nr. 6 vgl. Mansi 1,1045-1046; Ed. Schwanz, Eine fingierte Korrespondenz, 8 (= 214, 17-215, 5). Zu Nr. 7 vgl. Mansi I, 1043-1044; Ed. Schwartz aaO 6 (= 210, 1211, 6). Am Ende dieses Fragments ist die Formel erg nzt μία φύσις του θεοϋ λόγου σεσαρκωμένη (hier: σεσαρκωμένου); im griechischen Text fehlt sie! Vgl. F. Loofs, Paulus von Samosata, 104 Anm. 2; G. Bardy, Paul de Samosate, 146 Anm. 1. Vgl. F. Loofs, Paulus von Samosata, 104f.; G. Bardy schreibt dazu: „On supposerait volontiers que ces paroles faisaient partie de l'epitre synodale et sont par consequent authentiques. Mais on ne peut pas le demontrer" (Paul de Samosate, 146 n. 2). J. B. Pitra, Analecta Sacra IV (1883) 176-182 (Text), 417-422 (lat. bersetzung). Harnack LG I, l, 426; vgl. F. Loofs, in: ThLZ 9 (1884) 553f. Zu Abs. l vgl. Mansi I, 1084B; zu Abs. 4 vgl. Mansi I, 1066 B.
Das erhaltene Werk des Dionysius
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Abs. 5 wird er direkt angeredet mit „O Samosatene"! Auch die fortgeschrittene Mariendogmatik (z. B. virgo in partu in Abs. 1) zeigt den sekundären Charakter des armenischen Textes100, für den unser Dionysius als Autor nicht in Betracht kommt. Nr. 2, ein Fragment, das aus vier Abschnitten besteht, dürfte ebenfalls unecht sein. Denn jene in Abs. 2 erwähnten Häretiker, die „filium dei dividere et in duos indivisibilem et inscrutabilem Christum discindere tentant", dürften schwerlich andere als die Nestorianer sein. Nicht so einfach ist die Echtheit bzw. Unechtheit der restlichen drei Fragmente zu bestimmen. Es handelt sich dabei um Texte mit homiletischem Charakter, „gegen deren Echtheit" — wie Harnack meinte — „sich direct nichts einwenden läßt"101. Für ihre Echtheit hat sich neuerdings — wenn auch indirekt — M. van Esbroek ausgesprochen und zugleich auf ein weiteres, bisher unbekanntes Fragment aufmerksam gemacht, das ähnlichen Charakter trägt102. Dennoch bleiben Zweifel an der Echtheit auch dieser Fragmente. Denn einmal ist der homiletische Charakter allen armenischen Fragmenten — auch den unechten — in gleicher Weise eigentümlich; sie bestehen zu großen Teilen aus Bibelzitaten. Der Erweis der Unechtheit muß deshalb an den meist recht kurzen Zwischenbemerkungen erbracht werden. Zum ändern bestehen berechtigte Zweifel an der Echtheit der Fragmente Nr. 4 und 5. Nr. 4 endet mit dem Satz: „Sed Pater, Filius et Spiritus Sanctus sunt una natura unaque est trium personarum voluntas, si quidem una adoratione confitemur Deitatem unam, aequalem, communem, indivisam in unitate, cui gloria in saecula." Diese Formulierungen dürften schwerlich im 3. Jahrhundert nachzuweisen sein, sie deuten auf eine späte Entstehungszeit hin. Das gleiche gilt für die ,Lehre' vom Logos am Kreuz, die in Fragment Nr. 5 vorausgesetzt wird. Denn dort heißt es: „Non homo tantum crucifixus est, sed sanctum unigenitum (Dei) Verbum, Filius Patris. Vides 100 Ygi p LoofS) Paulus von Samosata, 104. Harnack LG I, 1,426. 102 M. van Esbroek, in: Anal. Boll. 91 (1973) 464. Der Text dieses Fragments steht im Cod. 154 von St. Jakobus v. Jerusalem, föl. 900, Nr. 141 (vgl. N. Bogharian, Mayr c'ou'ak jeragrac' Srboy Yakobeanc', tom. l, Jerusalem 1966, p. 414) und lautet in lateinischer Übersetzung: „Beati Dionysii Episcopi Alexandriae. Super pullum sedit Dominus noster lesus Christus, et (eo) ingresso in lerusalem, agitata est civitas tota. Et hoc Zacharias prius dixit: Noli timere, filia Sion, quia ecce rex tuus venit ad te dulcis, et vere salvator sedens super pullum asinae. In excelsis Cherubim et Seraphim timore et tremore accipiunt eum, et hie super terram pullus sine pavore accipit eum. In superis flumina ignea procedunt coram eo et in terra pueri clamabant: Benedictus qui veniebas in nomine Domini, benedictio in excelsis. Et hoc prius prophetavit beatus David quod ex ore puerorum lactantium constituisti benedictionem. Et nos cum illo benedicemus clamando terribilem et timendam laudem lesu Christi Domini nostri, quia decet eum gloria, potentia et honor in saecula saeculorum."
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
quomodo Verbum cruci affixum dixerit, et non tantum purum hominem". Übrig bleibt Fragment Nr. 3, ein recht umfangreicher Text von vier Abschnitten, dessen Echtheit nur deshalb zweifelhaft ist, weil Zweifel an der Echtheit der anderen Fragmente besteht. Eine endgültige Entscheidung aber wird sich erst fällen lassen, wenn über die Herkunft dieser Texte mehr Klarheit herrscht, weil keins der Fragmente den Eindruck einer absichtlichen Fälschung macht. Andererseits darf die Verwirrung nicht übersehen werden, die durch die apollinaristische bzw. monophysitische Fälschung und die ebenfalls auf einer Fälschung beruhende Verbindung zum areopagitischen Schrifttum in späterer Zeit eingetreten ist. In armenischer Überlieferung sind jedoch auch echte Fragmente des Dionysius aufbewahrt worden, die allerdings erst nach der Ausgabe Felloe's bekannt wurden. Dabei handelt es sich zunächst um drei Fragmente, die in der Schrift des Timotheus Älurus gegen das Chalkedonense zitiert werden. Nachdem der armenische Text dieser Fragmente bereits im Jahre 1908 veröffentlicht worden war103, wurden sie einer breiteren Öffentlichkeit erst durch die englische Übersetzung von F. C. Conybeare bekannt104. Ihre Echtheit stand von Anfang an außer Zweifel, zumal das erste Fragment, ein längeres Stück aus einem Brief des Dionysius an Stephanus I. von Rom, zum Teil auch in syrischer Sprache überliefert ist. Die beiden übrigen Fragmente aus einem 1. und aus einem 3. Brief an Sixtus von Rom105, die Fragen der Ketzertaufe behandeln, fügen sich gut in diesen Zusammenhang. Es scheint so, als seien die Briefe des Dionysius zur Frage der Taufe schon früh gesammelt und durchnumeriert worden. Denn bereits Euseb zitiert offenbar aus einer solchen Sammlung106. Ebenfalls nur in armenischer Übersetzung sind Teile eines Briefes des Dionysius im Anhang der Schrift des Timotheus Älurus überliefert107, dessen Echtheit sehr wahrscheinlich ist. Der Brief behandelt das Problem der ,drei Tage' zwischen Tod und Auferstehung Jesu und erinnert in seiner Argumentation stark an den in kanonistischer Überlieferung erhaltenen Brief des Dionysius an Basilides. Lediglich die Überschrift der armenischen Texte enthält ein Problem, das sich jedoch durch eine einfache Konjektur
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K. Ter-Mekerrtschian/E. Ter-Minassiantz, Timotheus Älurus des Patriarchen von Alexandrien Widerlegung der auf der Synode von Chalcedon festgesetzten Lehre. Armenischer Text mit deutschem und armenischem Vorwort, Leipzig 1908, 4-7 (nach der Handschrift aus dem 9./10. Jh., fol. 4a-6a). 104 F. C. Conybeare, Newly discovered Letters of Dionysius of Alexandria to the Popes Stephen and Xystus, in: EHR 25 (1910) 111-114. IDS Ygj_ aucn die deutsche Übersetzung von P. Jungmann in meinem Ubersetzungsband, 43ff.; ferner Harnack LG II, 2, 62. 106 Vgl. Eus. h. e. VII, 7, 1; 7, 6; 9, 1. 107 Fol. 306a-311b (K. Ter-Mekerrtschian/E. Ter-Minassiantz aaO 317-322).
Das erhaltene Werk des Dionysius
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beheben läßt. In der Übersetzung ConybeareV08, der auch diesen Text bekannt gemacht hat, lautet die Überschrift: „Of the Blessed Dionysius, Archbishop of Alexandria, from the Epistle to the Queen (!), an examination of the evidence of the Resurrection after three days of the Lord, shewing that the Lord is true". Das armenische Wort ,Thaguhin' (= Königin) ist wahrscheinlich Übersetzung des griechischen Wortes , was leicht als Verderbnis des Namens angesehen werden kann. Falls diese Konjektur, die bereits F. Cavallera vorschlug109, richtig ist, stünde der Echtheit dieses Textes nichts mehr im Wege. Andernfalls könnte mit der Königin allenfalls die Königin Zenobia von Palmyra gemeint sein, was bei dem Inhalt des Fragments jedoch wenig wahrscheinlich is't. Zum Schluß muß noch auf zwei Fragmente eingegangen werden, die H.Jordan in einer armenischen Handschrift des Z.Jahrhunderts mit dem Titel „Siegel des Glaubens" entdeckt hat110. Obwohl Jordan von den Fragmenten nur jeweils den Anfang und das Ende in deutscher Übersetzung mitteilt, scheint es möglich zu sein, sie zu identifizieren. Das erste Fragment stammt nach der Überschrift „aus einem Brief an Xystus, den Oberbischof von Rom" und beginnt mit den Worten: „Wenn aber der Glaube uns ermahnt, für Gott zu eifern und ihn zu lieben . . .". Es endet mit einem Zitat aus PS. 139, 22: „Mit vollem Haß habe ich sie gehaßt, sie sind mir zu Feinden geworden". Sehr wahrscheinlich handelt es sich hierbei um ein Stück aus einem Brief des Dionysius an Sixtus II. von Rom, aus dem uns ein etwas längeres Fragment in der Sammlung des Timotheus Älurus überliefert ist. Dort findet sich in der Überschrift lediglich der Zusatz „aus dem dritten Brief". Der Anfang ist identisch, und auch das Psalmenzitat findet sich in ihm wieder111. Das zweite Fragment stammt nach der Überschrift „aus den 10 Worten an Paulus von Samosata". Es beginnt mit den Worten: „Der Apostel sagt: Von denen die Väter von denen auch Christus nach dem Fleische, der Gott über alles ist (Rom 9, 5)" — und endet: „Und Esaias bezeugt, sie werden aus Saba kommen, indem sie Gold und Weihrauch und Myrrhen bringen, werden Vorschriften geben und das Heil des Herrn verkündigen (Jes. 60, 6)". Der Überschrift nach müßte es sich hierbei um ein Exzerpt aus 108
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F. C. Conybeare, The Patristic ,Testimonia' of Timotheus Aelurus, in: JThS 15 (1914) 432-442; bes. 436-442 (vgl. 436). F. Cavallera, Le dossier patristique de Timothee Aelure, in: BLE 10 (1909) 352, Anm. 1; vgl. Christ-Stählin, Griechische Literaturgeschichte (HAW 11,2), 1343; S. J. Bouma 16f. - Vgl. auch F. Nau, in: Rev.Bibl. 11 (1914) 423-425. H.Jordan, Armenische Irenaeusfragmente (TU 36, 3), Leipzig 1913, 115 Anm. 5. Über den Inhalt und die Herkunft der Handschrift vgl. 108 ff. Der Text dieses nur armenisch überlieferten Fragments bei: K. Ter-Mekerrtschian/ E. Ter-Minassiantz 7; vgl. die Übersetzungen von F. C. Conybeare, in: EHR 25 (1910) 114 und P. Jungmann in meiner Übersetzung, 44f. Zur Frage der Echtheit s. o. S. 68.
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Die Grundlagen: Quellen und Zeugnisse
dem fingierten Zehnfragenbrief des Dionysius an Paul von Samosata handeln. Im griechischen Text dieser antinestorianischen Fälschung läßt sich das jedoch nicht nachweisen. Dagegen hat Jordan selbst bereits auf eine Parallelüberlieferung im Cod. Armen. Paris 44 (aus dem Jahre 1194), fol. 80b hingewiesen, die P. Martin bei Pitra in den Analecta Sacra veröffentlicht hat. Sie findet sich im ersten der dort zusammengestellten armenischen Fragmente des Dionysius112.
9. Zusammenfassung Die Sammlung der Fragmente des Dionysius von Ch. L. Fei toe aus dem Jahre 1904 ist nach wie vor Grundlage und Ausgangspunkt jeder näheren Beschäftigung mit Dionysius von Alexandrien. Doch es hat sich gezeigt, daß inzwischen nicht nur eine Reihe von neugefundenen Texten nachgetragen werden muß, sondern daß einige — z. T. recht einschneidende — Korrekturen notwendig sind. Um dies im einzelnen zu begründen, war es erforderlich, die Herkunft der Fragmente zu überprüfen und dabei auch zweifelhaftes und unechtes Material — wie z. B. die beiden erwiesenen Fälschungen — in die Untersuchung mit einzubeziehen. Dabei ist hoffentlich kein wichtiger Text übersehen worden. Die Möglichkeit, daß hier und da aus handschriftlicher Überlieferung noch weitere Fragmente des Dionysius ans Licht kommen können, ist allerdings nicht ausgeschlossen. Die schwierige Frage nach möglichen Verbindungen zwischen Texten unseres Dionysius und dem areopagitischen Schrifttum oder nach der Verwendung echten Materials in den antinestorianischen Fälschungen muß zurückgestellt werden. Eine wichtige Voraussetzung zur Klärung dieser und ähnlicher Fragen ist ein hinreichend klares und eindeutiges Bild des historischen Dionysius, seines Werkes und seiner Theologie. Dafür aber können als Grundlage nur die echten Texte des Dionysius sowie die zuverlässigen Nachrichten über ihn dienen. Das gilt in gleicher Weise für die Untersuchung des Verhältnisses zwischen Dionysius und Origenes, die im folgenden unternommen werden soll.
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J. B. Pitra, Analecta Sacra IV (1883) 176ff. (Text); 417ff. (lat. Übersetzung). Folgt man den Angaben Jordans über Anfang und Ende des Fragments, dann könnte es sich um ein Stück handeln, das in der Mitte des ersten Absatzes beginnt und bis zum Beginn des 3. Absatzes reicht. — Vgl. auch G. Bardy, Paul de Samosate, 146.
III. DIONYSIUS UND DIE ALEXANDRINISCHE KIRCHE AM ANFANG DES 3. JAHRHUNDERTS A. HERKUNFT UND ENTWICKLUNG DES DIONYSIUS
Dionysius war ein Zeitgenosse des Origenes; vielleicht war er einige Jahre jünger als dieser. Wir können jedenfalls davon ausgehen, daß er die Entwicklung der alexandrinischen Kirche in dieser Zeit und vor allem die Auseinandersetzung um Origenes persönlich miterlebt hat. Leider ist das, was wir von Dionysius selbst aus dieser Zeit wissen, sehr wenig. Auch unsere Kenntnis der alexandrinischen Kirche in dieser Zeit ist nicht groß. Andererseits ist dies die Zeit, in der die Kirche Alexandriens und Ägyptens immer stärker ins Licht der Geschichte rückt und sich in relativ kurzer Zeit zu einem bedeutenden Zentrum entwickelt. Als Bischof hat Dionysius selbst erheblichen Anteil an dieser Entwicklung gehabt. Um so wichtiger erscheint es deshalb, die Vorgeschichte in ihren Grundzügen nachzuzeichnen — soweit dies durch die erhaltenen Quellen möglich ist —, weil diese Zeit die Einstellung des Dionysius insbesondere auch zu Origenes entscheidend mitgeprägt haben dürfte. Das früheste einigermaßen gesicherte Datum aus dem Leben des Dionysius ist das seiner Übernahme der Leitung der alexandrinischen ,Katechetenschule', nachdem Heraklas, sein Vorgänger in diesem Amt, Bischof geworden war1. Das war im Jahre 231/32. Hieronymus bemerkt dazu, Dionysius sei zu diesem Zeitpunkt Presbyter gewesen2. Dies ist durchaus wahrscheinlich, denn auch Heraklas saß vor seiner Übernahme des Bischofsamtes bereits im Presbyterium Alexandriens. Die Annahme, daß Dionysius zu diesem Zeitpunkt das kanonische Alter von mindestens 30 Jahren gehabt haben müsse3, stößt jedoch auf Schwierigkeiten; denn von einer solchen Regelung kann man zu Beginn des 3. Jahrhunderts noch nicht mit Sicherheit ausgehen4. Gleichwohl dürfte das Geburtsjahr des Dionysius in das letzte Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts fallen, da er, wie Euseb berichtet5, im Jahre 263/64 die Teilnahme an einer Synode gegen Paul von 1
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Eus h. e. VI, 29, 4; vgl. VI, 26. Hieronymus, vir. ill. 69. Vgl. z. B. Dittrich 1; Chr. A. Papadopoulos, in: EPh 15 (1916) 308. Der früheste Beleg für diese Regel begegnet im Can. 11 der Synode von Neocäsarea (ca. 314—325). Die syrische Didascalia (I, 3) aus der Mitte des 3. Jh. bestimmt lediglich das Alter für die Übernahme des Bischofsamtes mit 50 Jahren (vgl. F. X. Funk, Didascalia et Constitutiones Apostolorum I, 1905 [Nachdruck 1970], 30; E. Tidner, Didascaliae Apostolorum canonum ecclesiasticorum traditionis apostolicae versiones latinae [TU 75], Berlin 1963, 15f [= IX, 6ff.]). Eush.e. VII, 27, 2.
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts
Samosata aus Krankheits- und Altersgründen absagen mußte und kurze Zeit später gestorben ist (264/65). Dionysius stammte aus einer heidnischen Familie und kam durch die Lektüre verschiedener religiöser Schriften zum Christentum. Dies geht aus einem Brief an den römischen Presbyter Philemon hervor, aus dem Euseb einige Bruchstücke aufbewahrt hat. Darin schreibt Dionysius u. a. „In der Tat habe ich die Schriften und Überlieferungen der Häretiker gelesen". Und um sein Vorgehen zu rechtfertigen, schildert er eine von Gott gesandte Vision, die mit dem Auftrag verknüpft war: „Lies alles, was dir in die Hände gelangt; denn du bist fähig, alles zu prüfen und zu beurteilen! Für dich war dies ja auch am Anfang Ursache des Glaubens"6. Dieser Hinweis auf die Bekehrung zeigt, daß Dionysius den Schritt zum Christentum bewußt vollzogen hat, nachdem er sich zuvor in der vielfältigen religiösen Landschaft Alexandriens umgesehen hatte. Dafür spricht auch, daß er sehr wahrscheinlich aus einer einflußreichen und begüterten Familie kam. Denn er schreibt selbst in einem Brief, in dem er sich mit den Vorwürfen eines gewissen Germanus zu seinem Verhalten in den Christenverfolgungen unter Decius und Valerian auseinandersetzt: „Germanus rühmt sich seiner wirklich zahlreichen Bekenntnisse. Er kann tatsächlich viel von dem erzählen, was ihm widerfahren ist. Wieviel könnte er von uns aufzählen: Verurteilungen, Beschlagnahmungen, Proscriptionen, Raub von Hab und Gut, Ehrverlusten, Geringschätzung weltlicher Ehren, Verachtung von Auszeichnungen durch Statthalter und Senat . . .?"7. Demnach muß Dionysius ein recht begüterter und zugleich angesehener Bürger Alexandriens gewesen sein. Es ist unwahrscheinlich, daß er diese Ehrungen und öffentlichen Auszeichnungen als alexandrinischer Bischof erworben hat. Vielmehr wird man davon ausgehen können, daß er von vornehmer Abkunft war und vor seinem Eintritt in die christliche Gemeinde öffentliches Ansehen besaß. Für diese Annahme spricht nicht zuletzt die außerordentliche rhetorische und philosophische Bildung, von der viele der erhaltenen Schriften Zeugnis geben. Auch die Tatsache, daß Dionysius in der valerianischen Verfolgung nicht den Märtyrertod erlitt, sondern mit Verbannung bestraft wurde, spricht für das Ansehen, das Dionysius auch als Bischof bei den staatlichen Behörden besaß8. Dionysius gehörte demnach ähnlich wie Cyprian von Karthago zu jener gebildeten Oberschicht aus dem Heidentum, die sich in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts offenbar in verstärktem Maße dem Christentum zuwandte.
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Eus. h. e. VII, 7, 1.3. Eus. h. e. VII, 11, 18. Vgl. dazu das Protokoll der Verhandlung unter dem Statthalter Ämilian (Eus. h. e. VII, 11,6-11).
Herkunft und Entwicklung des Dionysius
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Im Unterschied zu Hieronymus, der nachdr cklich betont, da Dionysius „Origenis insignissimus auditor fuit"9, erw hnt Euseb das Sch lerverh ltnis zu Origenes eher beil ufig. Ihm geht es vor allem um den Hinweis, da die Unterweisung der Katechumenen in Alexandrien nach dem Wechsel im Bischofsamt wiederum in die H nde eines Origenessch lers gelegt wurde, so da der Eindruck einer ,origenistischen Schultradition' (διαδοχή) entsteht10. Von der Bemerkung Eusebs, da Dionysius ebenfalls zu den Sch lern des Origenes geh rte, auf eine enge Beziehung zwischen Dionysius und Origenes zu schlie en, wie es immer wieder geschehen ist, erscheint zumindest voreilig. Im Chronicon Orientale, einer arabischen Weltchronik aus dem D.Jahrhundert, in der eine skizzenhafte Geschichte der alexandrinischen Patriarchen von Markus bis Athanasius ibn Kalll (gest. 1261) enthalten ist11, beginnt der Abschnitt ber Dionysius nach der lateinischen bersetzung von J. S. Assemani (1729)12: „Hie Sabaeus fuerat, summa sapientia praeditus, et ex gentis primoribus. Causa vero eius ad fidem conversionis fuit lectio Epistularum Pauli. Abiit igitur ad Demetrium, qui comiter illum excipiens, Baptismi aqua lustravit." Die Einzelheiten ber den Weg des Dionysius zum Christentum, die hier mitgeteilt werden, erhalten durch Euseb keine Best tigung. Doch eindeutige Widerspr che ergeben sich nicht. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Interpretation des Begriffs ,Sabaeus' bzw. ,Sabaita'13. In der bisherigen Forschung deutete man ihn zumeist als Bezeichnung der Volkszugeh rigkeit zum Volk oder Stamm der ,Sab er' im S den Arabiens. Demnach w re Dionysius seiner Herkunft nach ein Araber gewesen14. Dazu wollen allerdings weder der Name Dionysius noch seine hervorragende griechische Bildung noch sein Ansehen als alexandrinischer B rger so recht passen. 9
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Vir. ill. 69. Diese Schrift hat Hieronymus im Jahre 392 verfa t, d. h. vor der Auseinandersetzung um das Erbe des Origenes. Eus. h. e. VI, 29, 4: ... εν τε Αλεξάνδρεια μετά Δημήτριον Ήρακλά την λειτουργίαν παρειληφότος, της των αυτόθι κατηχήσεως την διατριβήν διαδέχεται Διονύσιος, είς καΐ ούτος των ' Ωριγένους γενόμενος φοιτητών. Vgl. dazu G. Graf, Geschichte der christlichen arabischen Literatur, Bd. II (ST 133), Citt del Vaticano 1947, 434-435. L. Cheikho (Hg.), Petrus ibn Rahib, Chronicon Orientale. Interpretationem olim ab Abraham Ecchellensi institutam turn a I. S. Assemani revisam herum ad fidem arabici textus recognovit (CSCO 46, script, arab. 2), Louvain 1903 (Nachdruck 1955), 116. So die bersetzung des Abraham Ecchellensis, Paris 1653, durch die das Werk erstmals in der Wissenschaft bekannt wurde. Die bisherigen Deutungsversuche legen zumeist diese Form des Namens zugrunde. So z. B. Feltoe S. XIII; A. v. Harnack, Mission und Ausbreitung des Christentums II, Leipzig 19244 (Nachdruck 1965), 701 Anm. 2; anders Dittrich, der das Won nur auf die heidnische Abstammung beziehen m chte (1); kritisch auch Chr. A. Papadopoulos, in: EPh 15 (1916) 308ff. (mit lterer Literatur).
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts
Wahrscheinlicher ist deshalb eine andere Deutung, die sich zudem auf eine bessere Quellengrundlage stützen kann. In der „Geschichte der Patriarchen Alexandriens" des Severus ibn al-Muqaffa (10. Jh.) heißt es: „This Dionysius had formerly been a worshipper of idols, according to the religion of the Sabaeans, among whom he was a leader, and a philosopher"15. Und im Synaxarium der alexandrinischen Kirche heißt es ähnlich: „Erat hie pater (sc. Dionysius) ex parentibus incredulis progenitus, qui Sabaeorum religionem sectabantur, et in plurimis scientiis eruditus, quia genitor eius, cum ex nobili prosapia esset, eum a teneris unguiculis magna instituerat sollicitudine, ut doctor inter Sabaeorum sapientes fieret"16. Ob nun Dionysius selbst einmal Anführer und Philosoph der ,Sabäer' war, wie die Patriarchengeschichte berichtet, oder ob er lediglich von seinen Eltern für eine solche Aufgabe ausersehen war, ist schwer zu entscheiden. Wahrscheinlicher ist die zuerst genannte Version. Eins aber erscheint sicher, daß der Begriff ,Sabaeus* nicht eine ethnische oder nationale Zugehörigkeit bezeichnet, sondern die Zugehörigkeit zu einer religiös-heidnischen Gruppe. Welche Gruppe gemeint ist, läßt sich allerdings nur vermuten. Vielleicht handelt es sich um den in der Spätantike verbreiteten Sabazios-Kult, dessen Anhänger als ,Saboi' bezeichnet wurden17. Für diese Annahme spricht möglicherweise der Name ,Dionysius', weil der Gott Sabazios sehr häufig mit dem Gott Dionysos identifiziert wurde. Auch bestanden eigentümliche Beziehungen zwischen dem Sabazios-Kult und dem Judentum18, was wiederum den Weg des Dionysius zum Christentum erklären könnte. Das alles aber sind reine Vermutungen. 15
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Hg. v. B. Evens, PO I (1903) 175. Zum Quellenwert dieser Schrift vgl. G.Graf, Geschichte II, 302: „Die Patriarchengeschichte hat, mit der nötigen Kritik benützt, nicht nur erste Quellengeltung für die Geschichte der ägyptischen Nationalkirche, . . . sondern ergänzt mit vielen Einzelheiten auch das Quellenmaterial der politischen Geschichte Aegyptens" (vgl. insgesamt 301—306). I. Forget (Hg.), Synaxarium Alexandrinum, CSCO script, arab. 11 (arab. Text), 1912 (Nachdruck 1954); 12-13 (lat. Übersetzung) 1922/26 (Nachdruck 1953). Zitat: Bd. 13, S. 26 (zu 13. Barmahät/9. März); vgl. R. Basset (Hg.), Le synaxaire arabe jacobite (redaction copte), PO 16, 224 f. — Zur Bedeutung der Schrift und zu ihrem Quellenwert vgl. G. Graf, Geschichte II, 416-420. Vgl. dazu: Eisele, in: W. H. Röscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, IV (1909-1915) 232-264 (,Sabazios'); 269-271 (,Sabos£); Schaefer, Art.: ,Sabazios' in: PW 2. Reihe Bd. 1,2 (1920) 1540-1551; M. P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion II (HAW V, 2, 2), München 1961, 658-667. In arabisch-koptischer Literatur ist das schwer zu deutende Wort „Sabier" häufig eine Bezeichnung für das gesamte alte Heidentum; vgl. G. Graf, Ein Reformversuch innerhalb der koptischen Kirche im 12. Jh., in: Collectanea Hierosolymitana 2 (1923) 86f. Den Hinweis verdanke ich Herrn H. Brakmann, Bonn. Vgl. M. Hengel, Judentum und Hellenismus (WUNT 10), 2. Aufl. Tübingen 1973, 479f.; 547f. (mit weiterer Literatur).
Die alexandrinische Kirche zu Beginn des 3. Jahrhunderts
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Auch die übrigen Nachrichten im Chronicon Orientale über die Herkunft des Dionysius und seinen Weg zum Christentum finden sich in den beiden anderen genannten Schriften wieder. Die Bekehrung durch die Lektüre der Paulusbriefe wird dort legendarisch reich ausgeschmückt, auch die Taufe durch Demetrius wird erwähnt. Der Bericht des Chronicon Orientale erscheint auf diesem Hintergrund eher als eine Zusammenfassung der dort überlieferten Nachrichten ohne eigenen Quellen wert. Doch zieht man einmal aus der Patriarchengeschichte und dem Synaxarium die legendarischen Ubermalungen und manche erkennbaren Irrtümer ab, dann bleiben diese Nachrichten als einigermaßen historisch zuverlässig übrig. Sie fügen sich zusammen mit den von Euseb und Hieronymus überlieferten Daten zu dem Bild eines bereits erwachsenen Mannes aus begüterter und angesehener heidnischer Familie, der eine entsprechende rhetorische und philosophische Ausbildung erfahren hat und der durch die Lektüre verschiedener religiöser Schriften — darunter wohl auch der Paulusbriefe — schließlich Christ wurde und sich taufen ließ. Daß Demetrius, der damalige Bischof, die Taufe vornahm, ist durchaus wahrscheinlich. Denn diese liegt sicherlich einige Zeit vor der Übernahme des Katechetenamtes, erst recht, wenn man mit Hieronymus annimmt, Dionysius sei zu diesem Zeitpunkt bereits Presbyter gewesen. Weitere Anhaltspunkte besitzen wir leider nicht. Dionysius selbst spricht über seine Taufe in den erhaltenen Schriften nicht. Von dem Einfluß einer besonderen Persönlichkeit, eines besonderen Lehrers auf dem Weg zum Christentum — etwa des Origenes — hören wir so gut wie nichts. Vielmehr heißt es in der Geschichte der Patriarchen, er sei bereits Lehrer „among the idolatrous Sabaeans" gewesen, ehe er Lehrer in der Kirche wurde19. Der einzige, den Dionysius aus dieser Zeit namentlich und voll Hochachtung erwähnt, ist Heraklas, sein Amtsvorgänger20.
B. DIE ALEXANDRINISCHE KIRCHE ZU BEGINN DES 3. JAHRHUNDERTS 1. Die Anfänge der alexandrmischen Kirche
Die Anfänge der alexandrinischen Kirche liegen weithin im Dunkeln. Was Euseb über das Christentum in Alexandrien und Ägypten in den ersten beiden Jahrhunderten zu berichten weiß, ist denkbar wenig21. Der erste 19 20 21
PO I (1903) 176 (B. Evetts). Vgl. Eus. h. e. VII, 7, 4 und 9, 2; dazu u. S. 106f. Vgl. die Zusammenstellung der wichtigsten Nachrichten bei A. v. Harnack, Mission und Ausbreitung II, 705-710; W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 49-64. - Ferner: H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 283; K. Müller, Kirchengeschichte P, 129.
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts
Bischof, dessen Amts jähre historisch einigermaßen gesichert sind, ist Demetrius (ca. 189-231/2), an der Schwelle vom 2. zum 3. Jahrhundert. Von seinen Vorgängern existiert lediglich eine Namensliste. Doch außer den Namen Annianus, Abilius, Kerdon, Primus, Justus, Eumenes, Marcus, Keladion, Agrippinus und Julianus, die wahrscheinlich historischen Ursprungs sind22, wissen wir von ihren Trägern so gut wie nichts. Nicht einmal die von Euseb mitgeteilten Daten über ihre Amtszeit sind historisch verbürgt. Vermutlich hat zuerst Sextus Julius Africanus23 die unbezifferte Namensliste in seiner Chronographie verankert, und spätere Bearbeiter haben dann die zunächst nach Olympiaden gleichmäßig festgelegten Zeiträume unter Zuhilfenahme der Kaisergleichzeitigkeiten modifiziert24. Mögen die Namen auch historischen Ursprungs sein, die Personen, ihre Stellung und Aufgabe in der Kirche kennen wir nicht. Daß es sich um Vertreter eines monarchischen Episkopats gehandelt haben sollte, ist schwer vorstellbar, weil Hieronymus erwähnt, daß man in Alexandrien bis zu Heraklas und Dionysius den Bischof aus der Mitte der Presbyter berief und gewissermaßen das Prinzip des ,primus inter pares' praktizierte25. Vielleicht handelt es sich bei ihnen um Repräsentanten einer christlichen Gemeinde, die das traditionelle Element stärker betonte als andere Gruppen und die insofern auch institutionell stärker verfestigt war. Daß es daneben auch andere Gruppen in Alexandrien gegeben hat, ist sicher. Das zeigen vor allem die zahlreichen gnostischen Schriften, die für 22
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A. Heckel, Die Kirche von Ägypten. Ihre Anfänge, ihre Organisation und ihre Entwicklung bis zur Zeit des Nicänum. Diss. kath. theol. Straßburg 1918, 28ff.; vgl. E. Caspar, Die älteste römische Bischofsliste (Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft 2. Jg. H. 4), Berlin 1926, 467f. [= 253f.]. Nach Eus. h. e. VI, 31,2 hat er, angezogen von dem Ruf des Heraklas, Alexandrien besucht. Vgl. E. Caspar, aaO 358-372 [= 144-158]; ähnlich auch A. Heckel, aaO 28ff. - Der Versuch von F. Pericoli-Ridolfini (Le origini della Chiesa di Alessandria d'Egitto e la cronologia dei vescovi alessandrini dei secoli I e II, in: Atti della Accademia Nacionale dei Lincei, ser. VIII, Bd. 17 [1962] 308-343), auf der Grundlage der .Geschichte der Patriarchen' und des Synaxariums der koptischen Kirche eine chronologisch zuverlässige und genaue Bischofsliste der alexandrinischen Kirche zu rekonstruieren, dürfte schon deshalb gescheitert sein, weil der Verf. darauf verzichtet, die Angaben Eusebs in seine Überlegungen einzubeziehen, obwohl die .Geschichte der Patriarchen' auf weite Strecken von der Kirchengeschichte Eusebs bzw. ihrer koptischen Überlieferung abhängig ist (vgl. dazu W. E. Crum, Eusebius und Coptic Church Histories, in: Proceed, of the Society of Bibl. Archeology 24 [1902] 68-84; H. Brakmann, Eine oder zwei koptische Kirchengeschichten? in: Le Museon 87 [1974] 129—142). Entsprechend fehlt dann auch eine Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen von Ed. Schwartz, A. v. Harnack und E. Caspar. Vgl. Hieronymus ep. 146,1: „. . . usque ad Heraclam et Dionysium episcopos presbyteri semper unum se electum et in excelsiori gradu conlocatum episcopum nominabant, . . ." (CSEL 56, 310).
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Ägypten bezeugt sind oder dort gefunden wurden und die der Fund von Nag Hammadi um eine große Zahl vermehrt hat. Ergänzt wird dies durch Nachrichten über gnostische Lehrer in Ägypten im 2. Jahrhundert und durch das, was wir über das ,Ägypter-Evangelium* und das ,Hebräer-Evangelium' wissen, Schriften, die ebenfalls ins 2. Jahrhundert, wahrscheinlich in die erste Hälfte dieses Jahrhunderts, zu datieren sind26. Auch sie tragen gnostisch-synkretistische Züge. Dazu schreibt W. Bauer27: „Es gab also in Ägypten am Anfang des 2. Jahrhunderts — wie lange zuvor schon, entzieht sich unserer Kenntnis — Heidenchristen neben Judenchristen beider Religion auf synkretistisch-gnostischer Grundlage ruhend, aber beide offenbar nicht in einer Gesamtgemeinde vereint . . .". Darüber hinaus gab es offenbar innerhalb dieser beiden Gruppen unterschiedliche Richtungen, so daß man mit einer recht bunten Vielfalt von Gruppierungen in Ägypten rechnen muß, die sich selbst als »christlich* verstanden. Verglichen mit den spärlichen Nachrichten über ,kirchliches* oder ,orthodoxes* Christentum — was immer man gegen Ende oder im Verlauf des 2. Jahrhunderts darunter auch verstehen mag — erscheint so die große Mehrheit der ägyptischen Christen in der Zeit vor Demetrius als ,häretisch'28. Doch abgesehen davon, daß sich die Normen für Rechtgläubigkeit auch an anderen Orten erst im Verlauf des 2. Jahrhunderts in der Auseinandersetzung mit ,Häretikern* herausbildeten und ,,es Ketzer eigentlich nur da geben kann, wo sich rechtgläubige Christen von ihnen abheben oder ihnen zum Hintergrunde dienen"29, gibt es auch für Ägypten Anzeichen einer längeren Tradition der ,Rechtgläubigkeit'. Daß Demetrius aus dem Nichts oder dem Chaos einer religiösen Landschaft gleichsam über Nacht eine christliche Gemeinde geformt habe, möchte auch W. Bauer nicht behaupten30. Mit Recht verweist der Papyrologe C. H. Roberts31 auf die zahlreichen neutestamentlichen Papyri aus Ägypten, deren älteste ins 2. Jahrhundert zu datieren sind. Darüber hinaus zeigt ein kurzer Blick in die Schriften des 26
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Vgl. dazu E. Hennecke—W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen I, 4. Aufl. Tübingen 1968, 109-117 (W. Schneemelcher); 104-108 (Ph. Vielhauer). Dort sind auch die erhaltenen Fragmente aus diesen Schriften zusammengestellt. Dazu neuerdings: Ph. Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur, Berlin 1975, 656-665. Zum ,Hebräer-Evangelium' ist zu ergänzen: Didymos der Blinde, Psalmenkommentar (TuraPapyrus) III, Bonn 1969, 198f. (= PsT 184, 9), hg. v. M. Gronewald. Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 57. Vgl. o. S. 75 Anm. 21. Vgl. W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 63; H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 283. W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 63. Vgl. W. Bauer, aaO 57. Early Christianity in Egypt: Three Notes, in: The Journal of Egyptian Archeology 40 (1954) 92—96; vgl. H. I. Bell, Evidences of Christianity in Egypt during the Roman Period, in: HThR 37 (1944) 185—208; R. Kasser, Les origines du christianisme egyptien, in: RThPh 12 (1962) 11-28.
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Klemens von Alexandrien und des Origenes, die ihrerseits die Auseinandersetzung mit der Gnosis geführt haben32, welche Bedeutung die neutestamentlichen Schriften zu ihrer Zeit in Alexandrien gehabt haben33. Zugleich aber ergibt sich aus einem Papyrusfragment aus der Schrift des Irenäus ,Adversus haereses' aus der Zeit um das Jahr 20034, daß man sich in Ägypten schon früh auswärtiger Hilfe in der Auseinandersetzung mit gnostischen Lehren bediente.
2. Rom und Alexandrien Der Einfluß der römischen auf die Entwicklung der alexandrinischen Kirche in den ersten drei Jahrhunderten gilt weithin als sicher. Als ein wichtiger Hinweis dafür wird zumeist die Legende angesehen, nach der der Evangelist Markus, der zugleich Schüler des Petrus gewesen sei, als erster Bischof in Alexandrien gewirkt habe bzw. durch die Einsetzung des ersten alexandrinischen Bischofs Annianus der dortigen bischöflichen Tradition apostolische Würde verliehen habe. Die Herkunft dieser Nachricht ist allerdings dunkel. J. Regul möchte sie „wie so manches andere auf die merkwürdig engen Beziehungen, die immer zwischen Rom und Alexandrien bestanden" hätten, zurückführen35. Doch zweifelt er selbst daran, daß die Markuslegende so alt sei, wie R. A. Lipsius gemeint hatte, der sie ans Ende des 2. Jahrhunderts datieren wollte36. Regul betont mit Recht, daß man in dieser Legende zweierlei auseinanderhalten müsse: 1) die Nachricht über die Verbindung zwischen Markus und Petrus und 2) die, Markus sei der erste Bischof Alexandriens gewesen. Die erste Nachricht ist wesentlich älter — sie begegnet zuerst bei Papias von Hierapolis37 — und ist wohl „aus 1. Petr. 5,13, der Schlüsselstelle für die Verbindung des Markus und des diesem beigelegten Evan32
Ein gutes Beispiel ist der Johanneskommentar des Origenes, der sich auf weite Strecken mit dem des Gnostikers Herakleon auseinandersetzt.
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Die These von S. G. F. Brandon, The Fall of Jerusalem and the Christian Church, London 1951 (2. Aufl. 1957), 217-243; 244-248 - den Ursprung des Matthäusevangeliums nach Alexandria zu verlegen, braucht hier nicht erörtert zu werden. Sie ist ohnehin recht problematisch; vgl. W. G. Kümmel, Einleitung in das Neue Testament, 18. Aufl. Heidelberg 1976, 89f. Der Text aus Irenäus, Adv. haer. III, 9 bei: B. Grenfell/A. Hunt, The Oxyrhynchus Papyri, III (1903) Nr. 405; vgl. Bd. IV (1904) 264f.; dazu C. H. Roberts aaO 94. Das Fragment ist zugleich der älteste Beleg für diese Schrift. J. Regul, Die antimarcionitischen Evangelienprologe (Vetus Latina. Aus der Geschichte der lateinischen Bibel 6), Freiburg 1969, 97. R. A. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden II, 2, Braunschweig 1890, 323; vgl. J. Regul ebd. Zitiert bei Eus. h. e. III, 39, 15.
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geliums mit dem Apostel Petrus ausgesponnen"38. — Die zweite Nachricht wird erstmals von Euseb erwähnt, und zwar als mündliche Tradition ( ) ohne nähere Angabe der Herkunft39. Daneben verwies man früher auch auf den nur in lateinischer Überlieferung überkommenen Prolog zum Markusevangelium, der jedoch schwerlich vor das 4. Jahrhundert zu datieren sein dürfte40. Sucht man nach einem terminus post quem für die Entstehung der Markuslegende, dann fällt zunächst auf, daß die alexandrinische Bischofsliste, die Julius Africanus vorfand, offensichtlich nichts von einem Episkopat des Evangelisten Markus weiß. Auch Africanus selbst scheint die Legende nicht zu kennen. Das gleiche gilt für Origenes41 und wohl auch für Dionysius42. Damit rückt die Entstehungszeit für die Markuslegende ans Ende des 3. Jahrhunderts43. Das bedeutet, daß sie zwar ein besonderes Verhältnis zwischen Rom und Alexandrien signalisiert, auf das später auch gern Bezug genommen wurde44, daß sie jedoch als Zeugnis für den Einfluß Roms auf die Entwicklung der frühen alexandrinischen Kirche unbrauchbar ist. Überhaupt ist der Einfluß Roms auf die Entwicklung der alexandrinischen Kirche noch nicht restlos geklärt. Sicherlich übertrieben dürfte die Ansicht von K. Mörsdorf sein, Alexandrien habe alle kirchenbildenden Elemente — monarchisches Bischofsamt, Kanon, Liturgie und Kirchenordnung — aus Rom übernommen45. In einem solchen Fall rückte die alexandrinische Kirche in eine Abhängigkeit von Rom, die faktisch nie be38 39
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J. Regul aaO 96. Eus. h. e. II, 16, 1; vgl. II, 24, wo Markus gleichsam als erster Bischof Alexandriens erscheint, ohne daß der Titel verwendet wird. Eus. h. e. III, 14 wird Annianus als erster Bischof Alexandriens vorgestellt. — Später: Hieron., vir. ill. 8; Decretum Gelasianum III, 3 (vgl. E. v. Dobschütz, Das Decretum Gelasianum [TU 38, 4], Leipzig 1912, 259). Dazu die bereits mehrfach genannte Untersuchung von J. Regul, bes. 89; zum Markusprolog vor allem 95—99; Text: 30 u. 48. — Der Datierung ins 4. Jh. hatte sich bereits A. Harnack angeschlossen, nachdem er zunächst die Zeit der Bischöfe „Victor und Zephyrin (c. 190-217)" als Entstehungszeit angenommen hatte (LG 11,2,205); vgl. A. v. Harnack, Die ältesten Evangelien-Prologe und die Bildung des Neuen Testaments (SAB phil.-hist. 1928, H. 24), Berlin 1928, 3; W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 121. Vgl. Eus. h. e. VI, 25. Vgl. Eus. h. e. VII, 25. Vgl. im einzelnen: A. Heckel, Die Kirche von Ägypten, 43 — 76. Heckel verweist ferner darauf, daß die alexandrinische „Mzrkuskirche ursprünglich Baukaliskirche" geheißen habe (61 Anm. 1). Vgl. Leo L, ep. 9 (an Dioskur), praef. (PL 54, 625 A). In: Evangelisches Staatslexikon, 2. Aufl. Stuttgart 1975 (hg. von H. Kunst, R. Herzog, W. Schneemelcher), Sp. 1747.
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standen hat. Gewiß hat die römische Kirche schon sehr früh versucht, ihren Einfluß in anderen Gemeinden geltend zu machen. Das zeigen u. a. der 1. Klemensbrief, der Streit um den Ostertermin bzw. das Osterfasten und der Ketzertaufstreit. Als relativ große Gemeinde in der Hauptstadt des Reiches, finanziell unabhängig, mit guten Verbindungen in alle Teile des römischen Imperiums, war sie ohnehin begünstigt. Doch bedeutete dies umgekehrt zugleich, daß alle wesentlichen kirchlichen und theologischen Entwicklungen innerhalb der Christenheit in Rom aufeinandertrafen und der Ausgleich zwischen ihnen gesucht werden mußte. Griechen und Römer, Judenchristen, Heidenchristen, Anhänger Markions, Montanisten aus Kleinasien, Gnostiker aus Ägypten, die Schule Noets, Sabellius — um nur einige bekanntere Richtungen zu nennen, zu denen später auch Hippolyt und Novatian zu rechnen sind — kennzeichnen stichwortartig eine Gemeinde, die vielfältigen Konflikten ausgesetzt war und die wahrscheinlich deshalb keine eigenständige schöpferische theologische Leistung von Bedeutung in dieser Zeit hervorgebracht hat — jedenfalls keine, die für die gesamte Gemeinde Roms oder darüber hinaus verbindlich gewesen wäre. Auf der anderen Seite verlangte eine solche Situation nach Orientierungen, nach Möglichkeiten der Integration unterschiedlicher Gruppen bzw. nach Maßstäben zur Bestimmung von Rechtgläubigkeit und Ketzerei46, da sich die verschiedenen Gruppen oft untereinander befehdeten. Was sich in solchen Auseinandersetzungen bewährt hatte, konnte auch in anderen Gemeinden nützlich sein, zumal ähnliche Probleme in den großen Gemeinden des Ostens — Antiochien, Alexandrien bzw. im Westen Karthago — bestanden und mit dem Anwachsen der Gemeinden sich verstärkten. Da der Austausch zwischen den Gemeinden, der sich keineswegs auf offizielle kirchliche Kontakte beschränkte, mit der Zeit immer reger wurde, brauchte man gemeinsame Maßstäbe christlichen Lebens, die zugleich als verbindendes Band die Einheit der Kirche festigten. In diesem Zusammenhang muß man wohl auch die Beziehungen zwischen der römischen und der alexandrinischen Kirche sehen. Es wäre ohnehin seltsam, wenn bei dem regen Austausch zwischen der Hauptstadt des römischen Reiches und dem neben Athen bedeutendsten geistigen Zentrum des Ostens in dieser Zeit, der sich in vielerlei Hinsicht — in politischer, wirtschaftlicher, kultureller und auch religiöser — belegen läßt, der Kontakt unter den Christen ausgeblieben wäre oder sich auf offizielle kirchliche Kontakte beschränkt hätte. Der Apologet Justin zeigt sich z.B. unterrichtet über einen Vorgang in der alexandrinischen Gemeinde47, und der Gnostiker Valentin belegt auf seine Weise die Verbindungen zwischen Alexandrien und Rom. 46
Insofern ist der These W. Bauers vom Vorrang Roms in der Bestimmung von Orthodoxie und in der Bekämpfung der Ketzerei zuzustimmen (vgl. Rechtgläubigkeit und 47 Ketzerei, 115ff.; 231 ff.). Apol. 1,29.
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Der erste alexandrinische Bischof, von dem wir wissen, daß er mit Rom im brieflichen Kontakt stand, ist Demetrius. Ob er allerdings einen Brief an Viktor I. von Rom (gest. um 198) mit einer Osterberechnung geschickt hat, ist nicht sicher. Diese Nachricht begegnet erst in späterer alexandrinischkoptischer Überlieferung und ist nicht sehr zuverlässig, wie A. Harnack meint48. Doch ganz auszuschließen ist die Möglichkeit nicht. Euseb zitiert in seinem Bericht über den Osterstreit zur Zeit Viktors lediglich aus einem Schreiben der Bischöfe Palästinas und anderer, aus dem hervorgeht, daß man sich mit Alexandrien brieflich über den Ostertermin verständigt hatte49. Später aber hat Demetrius bzw. die alexandrinische Kirche unter anderen auch der römischen Gemeinde die Verurteilung des Origenes mitgeteilt50. Und da eine Reihe von Kirchen, insbesondere im Osten, dieser Verurteilung nicht zustimmten, z. B. Palästina, Achaia51, entwickelte sich möglicherweise von hier aus die später so bedeutsame — erstmals bei Dionysius deutlich sichtbare — enge Beziehung zwischen der alexandrinischen und der römischen Kirche. Jedenfalls ist auffallend, wie in dieser Zeit eines erstarkten monarchischen Episkopats in den sich ausbreitenden und innerlich festigenden Regionalkirchen Rom und Alexandrien in vielen Fragen der kirchlichen Einheit, bei den Problemen der ,lapsi', der rigoristischen Novatianer, der Wiedertaufe von Häretikern und auch in theologischen Fragen eng zusammenarbeiten52, ohne daß von einer Abhängigkeit Alexandriens von Rom die Rede sein könnte. 3. Die Anfänge der alexandriniscben ,Katechetenscbule' Eine Besonderheit der Kirche Alexandriens bildet die sogenannte alexandrinische Katechetenschule. In keiner anderen Kirche der frühen 48
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LG I, l, 330f. - Vgl. I. Forget, Synaxarium Alexandrinum (CSCO script, arab. 12), p. 111: „Pater autem Demetrius, cum consecratus est patriarcha, agricola erat neque artis scribendi neque lectionis Scripturarum gnarus; sed, mente ipsius divino charismate illuminata, omnes Ecclesiae libros novit, memoriter didicit, et plerosque eorum explicavit; turn computum epactarum, ex quo derivatur tempus ieiunii et resurrectionis, coptice et graece definivit; dein illius exemplum ad patrem Victorem, papam romanum, exemplum alterum ad patrem Maximum, patriarcham antiochenum, exemplum item ad patrem Agabium hierosolymitanum, misit." Eus. h. e. V, 25. Vgl. Hieronymus, vir. ill. 54; ders.: Adv. libros Rufin. II, 18; Photius, cod. 118. — Im einzelnen dazu u. S. 96f. Vgl. Hieronymus, ep. 33, 4. Auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten gab es Kontakte, wie ein Papyrus aus der Zeit des Bischofs Maximus von Alexandrien beweist; vgl. A. Deissmann, Licht vom Osten, 4. Aufl. Tübingen 1923, 172-179 (Text 174ff.); dazu C.H.Roberts, in: Journ. of Egypt. Arch. 40 (1954) 95 f.
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Christenheit scheint es eine vergleichbare Einrichtung gegeben zu haben, obwohl es christliche Lehrer und Schulen im antiken Sinne auch anderswo — z. B. in Rom53 — recht früh gegeben hat und obwohl sich mit der Entwicklung der einzelnen Gemeinden auch der Katechumenenunterricht nach und nach institutionalisierte. Allerdings wissen wir nicht, seit wann der Katechumenat als feste Institution bestand. Zu Beginn des S.Jahrhunderts begegnet er bereits in ausgebildeter Form, wie die Schriften Tertullians und vor allem die Kirchenordnung Hippolyts bezeugen54. Folgt man der Kirchengeschichte Eusebs, reichten die Anfänge der alexandrinischen Schule bis in das apostolische Zeitalter hinauf, und ihre Tradition ließe sich hinab bis in die Lebzeiten Eusebs verfolgen, ja möglicherweise sogar bis ans Ende des 4. Jahrhunderts55. Da wir jedoch über die Anfänge des Christentums in Alexandrien und Ägypten nur äußerst mangelhaft unterrichtet sind, bleiben auch die Angaben über die Anfänge der alexandrinischen Schule blaß und unverbindlich56. Erst mit dem Namen 53
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Es sei an die Schule des Gnostikers Valentin, aber auch an Justin, den Märtyrer erinnert; vgl. G. Bardy, Les ecoles romaines au second siecle, in: RHE 28, l (1932) 501—532; H. Langerbeck, Zur Auseinandersetzung von Theologie und Gemeindeglauben in der römischen Gemeinde in den Jahren 135 — 165, in: Aufsätze zur Gnosis, Göttingen 1967, 167-179. Einen Überblick über die Entwicklung gibt K. Baus, in: Hdb. d. KG I, 315-320. Vgl. Eus. h. e. V, 10, 1. Zu den Anfängen vgl. auch Clem. Alex., Strom. 1,11,3 (= Eus. h. e. V. 11, 5). — Wenig zuverlässig ist die Notiz eines unbekannten Verfassers über die Vorsteher der alexandrinischen Katechetenschule, die aus der Kirchengeschichte des Philippus Sidetes (5. Jh.) exzerpiert sein will (Text aus Cod. Baroc. 142, fol. 216, hg. v. H. Dodwell, Dissertationes in Irenaeum, Oxford 1689, 488; zuletzt bei G. Chr. Hansen, Theodores Anagnostes. Kirchengeschichte [GCS 54], Berlin 1971, 160). Nach ihr wäre der erste Leiter der Schule der Apologet Athenagoras gewesen. Für das 4. Jh. nennt der Text einen gewissen Makarios als Nachfolger des Petrus v. Alexandrien, Didymus und nach ihm Rhodon, den Lehrer des Philippus Sidetes. Doch dieser Text ist insbesondere dort, wo er von dem Bericht Eusebs abweicht, nur mit großer Vorsicht heranzuziehen. Zur Kritik vgl. Bardenhewer LG 1,301; 11,38; IV, 135ff.; L. B. Radford, Three Teachers, If. Eine ausführliche Untersuchung des Textes hatte F. Lehmann, Die Katechetenschule zu Alexandria, Leipzig 1896, 8—66 vorgelegt, doch seine Arbeit erfuhr sehr herbe Kritik (vgl. P. Koetschau, in: ThLZ 22, [1897] 101: ein „Buch, das ... besser ungeschrieben geblieben wäre"). — Vgl. ferner: G. Bardy, Pour l'histoire de l'ecole d'Alexandrie, in: Vivre et penser 2 (1942) 81-84. Es ist sehr fraglich, ob es bereits im l.Jh. eine katechetische Schule in Alexandrien gegeben hat, wie F. Pericolo-Ridolfini meint. In der Zusammenfassung seines Aufsatzes über: La origini della Scuola di Alessandria, in: RSO 37 (1962) 211-230, schreibt er: „nella comunitä cristiana di Alessandria, fin dal primo periodo della sua organica costituzione (e quindi probabilmente durante lo stesso episcopato di Anniano, 62—84), funziono una scuola catechetico-esegetica, naturalmente derivata dalle costumanze giudaiche, ehe non potevano non continuare nell'ambiente cristiano prevalentemente costituito da ebrei" (227f.). Die Annahme einer solchen Schule steht und fällt mit der
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Pantänus rückt diese Schule ins Licht der Geschichte. Das bedeutet immerhin — da man sein Wirken in Alexandrien im allgemeinen um das Jahr 180 datiert57 —, daß bereits vor Demetrius eine christliche Schule in Alexandrien existierte, die christlichen Glauben und antike Philosophie miteinander verband, zugleich aber mit der christlichen Gemeinde in irgendeiner Weise verbunden war, z. B. auch in der Abwehr gnostischer Irrlehren oder der Lehre Markions. Deutlich erkennbar wird dies bei Klemens von Alexandrien, dem berühmtesten Schüler des Pantänus58, der seinerseits sich auf apostolische Überlieferung beruft59. Nach Eusebs Darstellung hat Klemens später die Leitung der Schule übernommen, und sein Nachfolger wurde Origenes, nachdem Klemens während der Christenverfolgung unter Septimius Severus (202/203) Alexandrien verlassen hatte60. Dabei wird Origenes zugleich als Schüler des Klemens vorgestellt. Nach dem Weggang des Origenes nach Cäsarea wurden — folgt man Euseb — nacheinander Heraklas und Dionysius mit der Leitung der Schule betraut, beide Schüler des Origenes61. Auf diese Weise entsteht für die Zeit von Pantänus bis Dionysius das Bild von einer festen, durch das LehrerSchüler-Verhältnis vermittelten alexandrinischen Schultradition, die bei Dionysius erstmals mit der bischöflichen Tradition zusammenfällt, denn aus der Zeit seines Episkopats ist uns nichts von einem Wechsel in der Lei-
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Annahme einer bereits fest gefügten Gemeinde unter der Leitung eines Bischofs, von der der Verf. allerdings ausgeht (vgl. auch oben S. 76 Anm. 24). G. Bardy, in: Vivre et penser 2 (1942) 84; ders.: Aux origines de l'ecole d'Alexandrie, RechSR 27 (1937) 65-90 (bes. S. 69-75); Altaner/Stuiber, Patrologie, 189; u. ö. Daß Klemens Schüler des Pantänus war, wird allgemein angenommen, auch wenn in dem erhaltenen Werk des Klemens Pantänus namentlich nur an einer Stelle erwähnt wird (Ecl. proph. 56, 2). Allerdings bezeugt Euseb (h. e. V, 11, 2; VI, 13, 2), daß Klemens Pantänus als seinen Lehrer in den Hypotyposen bezeichnet habe, einer Schrift, die bis auf wenige Reste verloren ist. Demnach dürfte mit der ,sizilischen Biene' (ström. I, 11,2) sehr wahrscheinlich Pantänus gemeint sein. Vgl. O. Stählin in der Einleitung zu seiner Übersetzung der Schriften des Klemens, BKV, 2. Reihe Bd. 7, München 1934, 10 ff. Der Versuch W. Boussets (Jüdisch-Christlicher Schulbetrieb in Alexandria und Rom, Göttingen 1915, 190ff.), in den Schriften des Klemens eine ,Pantainosquelle' nachzuweisen, dürfte in dieser Form zwar gescheitert sein, da angesichts der Quellenlage über Vermutungen nicht hinauszukommen ist. Es soll aber nicht bestritten werden, daß wesentliche Gedanken des Pantänus im Werk des Klemens ihren Niederschlag gefunden haben dürften. Dazu: J. Munck, Untersuchungen über Klemens von Alexandreia, Stuttgart 1933, 173-185. Strom. I, 11, 3. — Auf kirchliche Autoritäten — etwa einen der Bischöfe Alexandriens — beruft sich Klemens nicht; überhaupt spielt die Kirche als Institution in seinen Schriften eine auffallend geringe Rolle. Vielmehr wird die Kirche bei Klemens zur Schule, in der Christus selbst als Lehrer wirkt; vgl. F. Normann, Christos Didaskalos, Münster 1967, 172-177. Eus. h. e. VI, 6; vgl. VI, 3, 1. Eus. h. e. VI, 15 mit Eus. h. e. VI, 26 (Heraklas); Eus. h. e. VI, 29, 4 (Dionysius).
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tung der Schule bekannt. Dar ber hinaus f llt auf, da Euseb von einer kontinuierlichen Fortentwicklung der Schule nach dem Tod des Dionysius nichts wei . In seiner Kirchengeschichte nennt er lediglich noch Achillas, einen Presbyter zur Zeit des Bischofs Theonas (281/82—300), der in dieser Zeit mit der Leitung der „Schule des heiligen Glaubens" betraut gewesen sei62. Von dem im gleichen Zusammenhang erw hnten Presbyter Pierius, den Hieronymus einen „Origenes iunior" genannt hat, hei t es lediglich, da er au erordentliche Kenntnisse in der Philosophie besa und in der Erforschung und Erkl rung der Schrift erstaunlich gewandt war63. Pr ft man die Angaben Eusebs64 ber die alexandrinische Schultradition hinsichtlich ihrer historischen Zuverl ssigkeit, dann erheben sich etliche Zweifel. Denn abgesehen von der Tatsache, da Klemens einmal Sch ler des Pant nus war und da Origenes sehr wahrscheinlich von Demetrius zum Leiter der Schule ernannt wurde65, sind alle weiteren Angaben unsicher. Da wir z. B. nicht wissen, wann Klemens den Pant nus in der Leitung der Schule abgel st hat, ja nicht einmal, wann und wo Pant nus gestorben ist, besteht durchaus die M glichkeit, da beide zu gleicher Zeit Lehrer in Alexandrien gewesen sind, zumindest f r eine gewisse Zeit66. Zweifel bestehen ferner, ob Origenes tats chlich einmal Sch ler des Klemens war67, denn in seinen Schriften erw hnt er ihn mit keinem Wort. Ob und in welchem Sinn Heraklas und Dionysius als Sch ler des Origenes anzusehen sind, soll noch untersucht werden. Die entscheidende Frage aber ist die nach dem Charakter der alexandrinischen Schule, nach ihrer Aufgabe und ihrer Stellung innerhalb der Kirche. 62 63
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Eus. h. e. VII, 32, 30 (της Ιεράς πίστεως το διδασκαλεΐον έγκεχειρισμένος). Eus. h. e. VII, 32, 26—27; vgl. Hieronymus, vir. ill. 76. — In dem zusammenfassenden Referat des Photius ber die Apologie des Pamphilus und Eusebius f r Origenes hei t es allerdings (Bibl. cod. 118): THv δε Παμφίλου διδάσκαλος ό Πιέριος, του εν Αλεξάνδρεια και αΐιτος προεστηκώς διδασκαλείου (ed. R. Henry, II, 92). Seine Angaben d rfen am ehesten als zuverl ssig betrachtet werden; vgl. H. R. Nelz, Die theologischen Schulen der morgenl ndischen Kirchen w hrend der sieben ersten christlichen Jahrhunderte in ihrer Bedeutung f r die Ausbildung des Klerus, Diss. kath.theol. Bonn 1916, 28: „Als erster und zuverl ssigster Zeuge berichtet von der sog. Katechetenschule zu Alexandria Eusebius. Gelegendich erw hnen ihrer auch Hieronymus, Rufinus, Cassiodor, Sozomenus, Philippus Sidetes und Photius, bieten aber wenig Neues und scheinen in ihren Mitteilungen von Eusebius abh ngig" (die n heren Angaben zu den einzelnen Autoren sind im beigef gten Apparat vermerkt). Eus. h. e. VI, 3, 8. Vgl. Th. Zahn, Forschungen zur Geschichte des neu testamentlichen Kanons und der altkirchlichen Literatur III, Suppl. Clementinum, 1884, 172 Anm. 1. Vgl. E. R. Redepenning, Origenes, Bd. I (1841) 431ff.; J. Munck, Untersuchungen, 224ff.; G. Bardy, in: RechSR 27 (1937) 83ff.; Hai Koch, An. .Origenes' (5), in: PW 18, l (1939) 1038; M. Hornschuh, Das Leben des Origenes und die Entstehung der alexandrinischen Schule, in: ZKG 71 (1960) 3.
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Handelte es sich bei ihr berhaupt um eine offizielle kirchliche Einrichtung, vielleicht im Zusammenhang mit der Unterweisung der Katechumenen (κατήχησις), oder war es lediglich eine private christliche Schule, vergleichbar den antiken Philosophenschulen, wie z. B. Justin eine in Rom leitete? Fr her war man zumeist der Ansicht, da die sogenannte alexandrinische Katechetenschule eine kirchliche Einrichtung darstellte, die vor allem der Ausbildung des Klerus diente68. Diese Ansicht ist heute weithin aufgegeben. G. Ruhbach stellt in diesem Zusammenhang sogar fest, da die alte Kirche „eine eingehende, geschweige denn wissenschaftliche Ausbildung ihrer Priester offenbar nicht f r n tig hielt". Ja, er meint mit gutem Grund vermuten zu k nnen, „da eine gr ndliche Besch ftigung der kirchlichen Amtstr ger mit profaner Bildung gar nicht erw nscht war"69. Die Bezeichnung ,Katechetenschule' ist in jedem Fall irref hrend. Eher deuten schon die von Euseb gelegentlich verwendeten Bezeichnungen ή κατήχησις, το κατηχεϊν im Zusammenhang mit der Schule darauf hin, da die Schule in irgendeiner Beziehung zur Unterweisung der Katechumenen bzw. dem Taufunterricht der Gemeinde gesehen werden mu . Dabei f llt jedoch auf, da Euseb zwar h ufiger von einem διδασκαλεϊον in Alexandrien spricht70, aber erst bei Origenes die Bezeichnung το της κατηχήσεως διδασκαλεϊον verwendet71. Auch die Rede von der κατ' Άλεξάνδρειαν κατήχησις (Eus. h. e. VI, 6) bei Klemens steht im Zusammenhang der von Euseb vorausgesetzten Schultradition von Pant nus ber Klemens zu Origenes und darf von daher f r das Unternehmen des Klemens nicht berinterpretiert werden. Verschiedene Untersuchungen zu Klemens haben vielmehr gezeigt, da seine T tigkeit schwerlich im Sinne einer Unterweisung von Taufbewerbern zu deuten sein d rfte. Daf r ist das geistige Niveau seiner Schriften zu anspruchsvoll. Auch pa t es schlecht zu einem kirchlich gebundenen Lehrer, da er w hrend einer Verfolgung seine Heimat verl t. Insofern d rfte J. Munck recht haben, wenn er schreibt: „Die Schulen des Pantainos und Klemens waren freie Unternehmungen, die mit ihrer pers nlichen Lehrert tigkeit entstehen und mit ihr auch vergehen"72. 68
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Vgl. H. R. Nelz aaO 30ff.; S. 30 Anm. 13 ist eine umfangreiche Literaturliste zusammengestellt. G. Ruhbach, in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte I, M nchen 1974, 298. Eus. h. e. V, 10, 1.4; VII, 32, 20. Eus. h. e. VI, 3,3; vgl. VI, 3, 8; VI, 15. J. Munck, Untersuchungen, 185; vgl. auch G. Bardy, in: RechSR 27 (1937) 82: „Si Ton veut reserver le nom de didascalee une institution officielle ou tout au moins controlee par l'eveque d'Alexandrie, une ecole catechetique o Ton se prepare recevoir le bapteme, il ne saurait y avoir de doute: Clement n'a pas etc le chef d'un tel didascalee".
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Ob man allerdings die Tätigkeit des Pantänus mit der des Klemens ohne weiteres gleichsetzen darf, wie dies häufig wegen der zweifellos engen Beziehungen zwischen beiden geschieht, erscheint zumindest fraglich. Denn Origenes beruft sich, als er sich wegen seiner Beschäftigung mit heidnischer Literatur verteidigt, neben Heraklas, der seinen Philosophenmantel auch als Presbyter noch trägt, auch auf Pantänus73. Das läßt darauf schließen, daß dieser in der Kirche Alexandriens besonderes Ansehen besaß und seine Tätigkeit möglicherweise tatsächlich in der christlichen Gemeinde verankert war. Den Charakter der Schule des Klemens hat A. Knauber richtig erfaßt74, wenn er ihren missionarisch-erzieherischen Grundzug nachdrücklich betont. Die Schule steht zwar auf dem Boden der zeitgenössischen Popularphilosophie und folgt ihrem Unterrichtsschema. Aber ihr Ziel ist keineswegs eine gehobene Bildung im christlichen Gewand oder theologische Wissensvermittlung, sondern Verkündigung unter Gebildeten und zugleich Erziehung zu vollkommener Lebensweise auf der Grundlage jener »Philosophie', die alle anderen überbietet, der christlichen. „In der Metropole der hellenistischen ,wissenschaftlichen Welt' betreibt ein von unbändigem missionarischem Drang erfüllter, selbst auf diesem Weg zum Christentum konvertierter Lehrer im Philosophengewand eine , Schule' ganz im Stil der Zeit für die jungen und alten Weisheitssucher und Weisheitsliebhaber seiner heidnischen Umwelt", schreibt A. Knauber über Klemens75. Mit ähnlichen Worten könnte auch die Tätigkeit des Origenes beschrieben werden. Mit Recht verweist Knauber auf die Parallelen zwischen der Schule des Klemens und der des Origenes in Caesarea76, über die wir durch die Dankrede Gregors des Thaumaturgen77 besonders gut unterrichtet sind. Allerdings bleibt zu fragen, ob das, was wir über die Schule des Origenes in Caesarea wissen, ohne weiteres auf die Zeit in Alexandrien übertragen werden kann. Alles deutet darauf hin, daß der Zeit in Alexandrien eine besondere Bedeutung zukommt. Der Grund dafür liegt darin, daß Origenes in Alexandrien wahrscheinlich als erster den Katechumenenunterricht der Gemeinde mit der Intention eines antiken christlichen Lehrers verband78. Mit anderen Worten: Origenes war offenbar 73
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Eus. h. e. VI, 19, 13. Katechetenschule oder Schulkatechumenat? in: TThZ 60 (1951) 243-266. A. Knauber aaO 248. - Von einem ähnlichen Missionseifer muß auch Pantänus erfüllt gewesen sein; vgl. Eus. h. e. V, 10, 1—4. AaO 260ff.; vgl. ders.: Das Anliegen der Schule des Origenes zu Cäsarea, in: MThZ 19 (1968) 182-203. Hg. v. P. Koetschau, Freiburg 1894. Vgl. G. Bardy, in: RechSR 27 (1937) 89f.: „. . . l'ecole d'Alexandrie, entendons par la l'ecole officielle, organisee et surveillee par l'eveque, avail etc exclusivement reservee a la
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während seiner Tätigkeit in Alexandrien nicht nur der mit missionarischer Leidenschaft erfüllte Lehrer, der die Gebildeten anzog und zur „wahren Philosophie" bekehrte, sondern — zumindest zeitweilig — zugleich der von Bischof Demetrius beauftragte Leiter des kirchlichen Katechumenenunterrichts. Diese Verbindung, die — wie sich später herausstellte — den Keim des Konflikts in sich trug, war ein einmaliger Vorgang, zumal in Alexandrien, dem wissenschaftlichen Zentrum der damaligen Welt, der tiefe Spuren in der Kirchengeschichte hinterlassen hat. Wenn man von der Besonderheit der alexandrinischen Schule spricht, so hat sie hier ihre historischen Wurzeln. Manche Legende hat sich später darum gebildet, vor allem um das Leben des Origenes, von dem Euseb meinte, es sei schon „von den Windeln an" erwähnenswert79. Origenes hat ohne Zweifel der Schule ihre besondere Bedeutung verliehen und ihr auch ein besonderes Gepräge gegeben, wie das bei einer so überragenden Persönlichkeit nicht ausbleiben konnte.
C. DER STREIT UM ORIGENES 1. Die Jugend des Origenes: Historic oder Legende? Über das Leben des Origenes, über seine Kindheit und Jugendzeit, sind wir — so scheint es auf den ersten Blick — außerordentlich gut unterrichtet, vor allem, wenn man es mit dem vergleicht, was wir über andere frühchristliche Theologen wissen. Doch was Euseb im VI. Buch seiner Kirchengeschichte, unserer wichtigsten Quelle für diese Zeit, über Origenes und sein Verhältnis zur alexandrinischen Kirche zusammengetragen hat, erweist sich bei näherer Betrachtung als eine schwer entwirrbare Mischung aus historisch Zuverlässigem und Legendarischem, durchsetzt von Widersprüchen und Ungereimtheiten. Das gilt nicht nur für die Angaben über die alexandrinische Schule, sondern auch über die damit eng verbundene Lebensgeschichte des Origenes. In unserem Zusammenhang ist es nicht möglich, auf alle Einzelheiten dieser Entwicklung näher einzugehen, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Es soll hier nur zu einigen grundsätzlichen Fragen Stellung genommen werden und zu solchen Punkten, die in der neueren Forschung umstritten, aber für unsere Betrachtung wichtig sind. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage nach dem historischen Quellen wert der Darstellung Eusebs. Während die ältere Forschung dieser
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catechese elementaire. Origene est le premier qui en transforme le but et Pauditoire. A ce titre, il meiite le nom de fondateur." Eus. h. e. VI, 2, 2.
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Darstellung zumeist ohne größere Vorbehalte folgte1, weil Euseb nicht nur authentisches Material — z. B. Originalzeugnisse des Origenes — verwertet hat, sondern sich darüber hinaus auf die Apologie des Pamphilus stützen konnte2, die für uns bis auf Buch I fast vollständig verloren ist3, mehren sich in neuerer Zeit die Stimmen, die den legendarischen Charakter der Darstellung Eusebs unterstreichen und damit zugleich den historischen Wert relativieren. Nach Hai Koch, der das ganze Buch VI der Kirchengeschichte Eusebs ein „typisches Stück beginnender Hagiographie" genannt hatte4, vertritt insbesondere M. Hornschuh diese Ansicht. Bei ihm heißt es: „Der eusebianische Bericht über das Leben des Origenes ist im ganzen wie im einzelnen legendarisch"5. Zur Begründung verweist Hornschuh auf Parallelen zu zeitgenössischen Biographien nach 6 Art der Schilderung eines , auf typische Motive, wie sie bei der Beschreibung eines Heldenlebens verbreitet waren. Solche Motive lassen sich in der Tat im Bericht Eusebs nachweisen. Die Erzählung von dem Vater, der an der Brust seines Sohnes heimlich lauscht, um das göttliche Pneuma darin zu bewundern, oder die von dem martyriumssüchtigen Kind, dem die Mutter die Kleider versteckt, damit es nicht dem Vater in den Tod folgt7, sind ohne Zweifel fromme Legenden nach solchen Mustern. Euseb, der offensichtlich nur ungenaue Vorstellungen von den Ereignissen in Alexandrien zu Beginn des 3. Jahrhunderts besaß, hat solche Legenden, von denen eine ganze Reihe im Umlauf waren8, in seine Darstellung einbezogen und auf diese Weise auch seiner eigenen Verehrung für Origenes Ausdruck verliehen. Die Frage ist, ob dadurch der Bericht Eusebs für eine historische Betrachtung wertlos wird. Hornschuh neigt dazu, diese Frage zu bejahen, 1
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Vgl. z. B. Bardenhewer LG II, 105-112; kritischer: Harnack LG II, 2, 26-36. Ferner: R. Cadiou, La jeunesse d'Origene, Paris 1935; J. Danielou, Origene, Paris 1948. Vgl. Eus. h. e. VI, 23, 4; 33, 4; 36, 4. Erhalten ist Buch I nur in der Übersetzung Rufins; vgl. darüber hinaus den Bericht bei Photius, Bibl. cod. 118. In: PW 18, l (1939) 1037. M. Hornschuh, Das Leben des Origenes und die Entstehung der alexandrinischen Schule, in: ZKG 71 (1960) 1-25; 193-214 (Zitat S. 3). Vgl. auch H. Kraft, der in seiner Einleitung zur Übersetzung der Kirchengeschichte Eusebs (München 1967, 11) bemerkt, „aber was von seiner Jugend (sc. des Origenes) berichtet wird, das erweist sich bei näherer Betrachtung großenteils als Legende mit recht fragwürdigem historischem Kern. In Wirklichkeit reicht auch bei ihm die Kenntnis nicht viel weiter als bei den anderen." Zu dem Problem neuerdings: R. M. Grant, Eusebius and his Lives of Origen, in: Forma Futuri (Festschr. M. Pellegrino), Turin 1975, 635-649. AaO 6 mit Hinweis auf L. Bieler, , 1935. Eus. h. e. VI, 2, 11; 2, 3 ff. Vgl. auch Epiphanius, Pan. 64, wo Legenden überliefert werden, die nicht aus der Kirchengeschichte Eusebs geschöpft sind.
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auch wenn er die eine oder andere von Euseb überlieferte Einzelheit nach kritischer Prüfung gelten lassen will. Eine solch kritische Prüfung auf der Grundlage aller erhaltenen Quellen ist ohne Frage notwendig. Widersprüche oder Brüche in der Darstellung Eusebs können dabei behilflich sein, der geschichtlichen Wahrheit auf die Spur zu kommen, und Zitate aus den Schriften des Origenes sind in jedem Falle zuverlässigere Wegweiser als der Bericht Eusebs. Legenden aber können auf andere Weise erhellend für historische Zusammenhänge sein, zumal wenn sie sich um eine historische Persönlichkeit ranken. Gewiß beabsichtigen sie, den jeweiligen Helden zu glorifizieren. Aber einerseits beruht ihre Glaubwürdigkeit nicht zuletzt auf einem historischen Kern, aus dem sie herausgesponnen sind, und zum anderen enthüllen sie manche Besonderheiten des Helden und seiner Umgebung, die anders schwer mitzuteilen sind. Es ist sicherlich kein Zufall, daß das Leben des Origenes offenbar schon zu einem frühen Zeitpunkt legendarisch ausgeschmückt wurde. Origenes muß eine besondere Faszination auf seine Umwelt ausgeübt haben und dies bereits in jungen Jahren. Sein sittlicher Ernst, seine asketische Haltung und seine tiefe Religiosität verbunden mit einer für seine Jugend erstaunlichen Bildung scheinen viele — gerade auch gebildete Heiden — angezogen zu haben. Darüber hinaus aber deutet alles darauf hin, daß in diesem Leben erstmals der klassische Konflikt zwischen einem Bischof und einem kirchlichen Lehrer ausgetragen wurde, was allerdings voraussetzt, daß Origenes tatsächlich ein Amt innerhalb der Kirche besaß9 und nicht bloß als freier christlicher Lehrer in Alexandrien wirkte. Ist man bereit, auch den legendarisch gefärbten Berichten mit der notwendigen Behutsamkeit ihren relativen historischen Wert zuzugestehen, dann wird man weniger streng, als Hornschuh es getan hat, zwischen Historic und Legende zu scheiden versuchen und ein Legendenmotiv nicht schon deshalb als unhistorisch abtun, weil es auch anderswo begegnet. Das bedeutet zugleich, daß der Bericht Eusebs unter Umständen größere Glaubwürdigkeit beanspruchen darf, als Hornschuh zugeben möchte. Das gilt zunächst für die Frage nach der christlichen Herkunft des Origenes, die Euseb mit Nachdruck gegen den Neuplatoniker und Christengegner Porphyrius verteidigt, der behauptet hatte, Origenes sei vom Heidentum zum Christentum übergetreten10. Hornschuh hält demgegenüber das Zeugnis des Porphyrius für glaubwürdiger11, zumal Euseb offenbar übertrieben hat mit seiner Behauptung, Origenes stamme aus einer 9
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R. Gögler sieht hier den Ursprung des Lektorats (Zur Theologie des biblischen Wortes bei Origenes, Düsseldorf 1963, 201 Anm. 5). Vgl. Hippolyt, Trad. Apost. 12; Const. Apost. VIII, 32. Eus. h. e. VI, 19, 7 (Porphyrius); 19, 9f. (Euseb). Hornschuh 13 ff.
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Familie mit langer christlicher Tradition. Wahrscheinlicher dürfte es jedenfalls sein, daß Leonides, der Vater des Origenes, erst im Laufe seines Lebens zum Christentum übertrat12, das er dann als Märtyrer in der Verfolgung unter Septimius Severus (201/202)13 beschloß. Origenes aber dürfte schwerlich vom Heidentum zum Christentum übergetreten sein, wie Hornschuh unter Berufung auf Porphyrius behauptet. Denn es erscheint wenig wahrscheinlich, daß Demetrius einem eben erst zum Christentum Bekehrten die Unterweisung der Katechumenen anvertraut hätte. Die Möglichkeit, daß Porphyrius hier Origenes mit einem Neuplatoniker gleichen Namens verwechselt haben könnte, untersucht Hornschuh erst gar nicht14. Wichtiger für uns ist die Frage nach dem Beginn der alexandrinischen ,Katechetenschule' bzw. nach der Übernahme des Katechetenamtes durch Origenes, die Hornschuh gegen Euseb in das Jahr 217 verlegen möchte15. Dies geht jedoch nicht ohne gelegentlich recht gewaltsame Uminterpretation der Texte16. Denn Euseb betont nicht nur, daß Origenes die 12
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Daß Leonides ursprünglich Heide war, vermuten auch: Hai Koch, P W 18, l, 1037; J. E. L. Oulton/H. Chadwick, Alexandrian Christianity, London 1954, 171f. — Anders: Harnack LG II, 2, 28 Anm. 2. Zur Datierung vgl. J. Molthagen, Der römische Staat und die Christen, Göttingen 1970, 39, Anm. 4. - Auf diese Verfolgung bezieht sich außer dem Bericht Eusebs (h. e. VI, 1) wohl auch die Notiz in der Historia Augusta (Vita Sept. Sev. 17, 1): „ludaeos fieri sub gravi poena vetuit. idem etiam de Christianis sanxit." Dazu vgl. K.-H. Schwarte, Das angebliche Christengesetz des Septimius Severus, in: Historia 12 (1963) 185—208; Molthagen 39 f. Das ist umso erstaunlicher, als bereits E. R. Redepenning (Origenes I, 427ff.) diese Möglichkeit erwägt. Zu dem Neuplatoniker Origenes vgl. neuerdings: K.-O. Weber, Origenes der Neuplatoniker (Zetemata 27), München 1962. — Stattdessen versucht Hornschuh, die Unglaubwürdigkeit Eusebs u. a. damit zu beweisen, daß dieser den Christen Ammonius Sakkas mit einem Neuplatoniker gleichen Namens verwechselt habe (14), eine Annahme, die neuerdings wieder umstritten ist. Vgl. F. H. Kettler, War Origenes Schüler des Ammonios Sakkas? in: EPEKTASIS (Festschr. J. Danielou), Paris 1972, 327-334. Hornschuh bes. 203—207. Gefolgt sind seiner Argumentation: K.Baus, in: HbKG 1,265; C. Andresen, Die Kirchen der alten Christenheit, 211. — Anders neuerdings G. Ruhbach, in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte I, 301, vgl. 310. Besonders kühn ist dabei die Annahme von zwei verschiedenen Traditionen mit unterschiedlichen Tendenzen über die alexandrinische Schule, von denen eine in Alexandrien, die andere in Cäsarea beheimatet gewesen sei (l6ff.). Nimmt man die Originalzeugnisse des Origenes hinzu, sind es sogar drei verschiedene Tendenzen, die nach der Meinung Hornschuhs in der Darstellung Eusebs miteinander konkurrieren. Euseb wäre dann lediglich ein — noch dazu schlechter — Kompilator, der es nicht vermocht hätte, die unterschiedlichen Traditionen zu harmonisieren. Es kann auf diese Frage hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Immerhin bliebe zu fragen, welches Interesse in Cäsarea an einer alexandrinischen (!) Schultradition bestanden haben sollte. Auch ist es bedenk-
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Leitung der Schule als sehr junger Mann übernahm, er schreibt sogar ausdrücklich, daß Origenes zu diesem Zeitpunkt im 18. Lebensjahr gestanden habe17. Aus dem Bericht Eusebs geht mit hinreichender Klarheit hervor, daß die Übernahme des Katechetenamtes durch Origenes in das Jahr 203 zu datieren sein dürfte18. Im Jahr 217 war Origenes bereits über 30 Jahre alt, also keineswegs ein Jüngling mehr. Darüber hinaus ist Hornschuh bei seiner Annahme gezwungen, den Bericht Eusebs über die Martyrien von Katechumenen des Origenes19 als „Bericht voller Unwahrscheinlichkeiten" beiseite zu schieben20. Die Frage, wie es zu der Überlieferung von dem jugendlichen Origenes als berühmtem Lehrer in Alexandrien kam, stellt sich Hornschuh nicht. Dabei ist es in der Antike keineswegs außergewöhnlich, wenn ein junger Mann von rund 18 Jahren Grammatiklehrer wird21. Aber daß jemand bereits in so jungen Jahren von seinem Bischof zum Leiter des Katechumenenunterrichts ernannt wird, ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Kirche. Bedenkt man, daß Origenes in Alexandrien nicht zum Presbyter ernannt wurde, während Heraklas und später auch Dionysius allem Anschein nach als Presbyter die Leitung des Katechumenenunterrichts innehatten, dann wird die Besonderheit dieses Ereignisses noch augenfälliger. Vermutlich war Origenes zu Beginn seiner Tätigkeit noch zu jung für dieses Amt. Später aber hat möglicherweise seine Selbstkastration verhindert, daß er ins Presbyterium Alexandriens gelangte. Vielleicht gab es aber inzwischen auch Spannungen und Differenzen mit dem Bischof, die dies verhinderten. Zweifel daran, daß Origenes sich in jugendlichem Eifer im Blick auf Mt 19, 12 selbst entmannt hat22, wie sie von E. Früchtel erst kürzlich wieder vorgebracht wurden23, sind unbegründet. Dafür ist die Uber-
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lich, wenn aufgrund einer solchen Annahme der Brief Alexanders von Jerusalem (Eus. h. e. VI, 14, 8) kurzerhand zur „Fälschung" erklärt werden muß (24). Eus. h. e. VI, 3, 3; vgl. VI, 2, 12. In diesem Jahr endete zugleich die Präfektur des Laetus (Eus. h. e. VI, 2, 2), der die Christenverfolgung in Alexandria durchgeführt hatte, in der Leonides, der Vater des Origenes, umkam. Sein unmittelbarer Nachfolger aber war nicht Subatianus Aquila (Eus. h. e. VI, 3, 3), wie früher angenommen wurde und in dessen Amtszeit die Verfolgung der Katechumenen des Origenes fällt, sondern Claudius Julianus, wie aus kürzlich bekanntgewordenen Papyrusurkunden eindeutig hervorgeht. Seine Amtszeit dauerte von 203 bis 206; ihm folgte Subatianus Aquila von 206 bis 210. Vgl. Molthagen 40 mit den erforderlichen Belegen. Vgl. Eus. h. e. VI, 3, 1-6; 4, 1-3. Hornschuh 11; vgl. 10 f. Es sei hier nur an Prokop von Gaza erinnert, der mit ca. 18—20 Jahren bereits Lehrer der Rhetorik war. Vgl. K. Seitz, Die Schule von Gaza, Diss. phil. Heidelberg 1892, 11. Eus. h. e. VI, 8, 1-2; vgl. Epiphanius, Pan. 64, 3. E. Früchtel, Origenes. Das Gespräch mit Herakleides (BGL 5), Stuttgart 1974, lOf. Dagegen bereits ausführlich: E. R. Redepenning, Origenes I, 202-219; 444-458. Vgl. auch R. P. C. Hanson, A Note on Origen's Self-Mutilation, in: VigChr 20 (1966) 81-82.
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lieferung zu eindeutig und auch durch die Schriften des Origenes nicht widerlegt24. 2. Origenes als kirchlicher Lehrer Geht man davon aus, daß Origenes im Jahre 203 von Demetrius mit der Leitung des Katechumenenunterrichts in Alexandrien beauftragt wurde, ergeben sich allerdings einige Probleme, die Hornschuh durch die Annahme der Spätdatierung des Ereignisses auf das Jahr 217 zu überwinden versucht hatte, z. B. das merkwürdige Nebeneinander von kirchlicher Lehrtätigkeit und eigener Weiterbildung. Möglicherweise bedeutete das Jahr 217 tatsächlich einen Einschnitt in dieser Entwicklung. Folgt man Euseb, verdankte Origenes die Grundlage seiner allgemeinen Bildung im wesentlichen seinem Vater Leonides, der ihn auch in das Studium der hl. Schrift einführte. Als Leonides das Martyrium erlitt, war Origenes noch nicht 17 Jahre alt. Um seine Mutter und seine Geschwister zu ernähren, arbeitete er — anscheinend mit gutem Erfolg — als Grammatiklehrer25, ehe er rund ein Jahr später den kirchlichen Auftrag übernahm. Diesen scheint er von Anfang an sehr ernst genommen zu haben. Jedenfalls gab er den Grammatikunterricht auf und führte ein strenges, asketisches Leben, ganz dem Studium der Bibel und einem sittenstrengen christlichen Wandel hingegeben. Das führte einerseits dazu, daß auch seine Schüler sich bemühten, asketisch zu leben26 — was durch deren Bereitschaft zum Martyrium unterstrichen wird —, andererseits zog gerade diese strenge und kompromißlose Lebensweise offenbar eine Reihe von angesehenen und gebildeten Heiden an, darunter die Brüder Plutarch und Heraklas und möglicherweise auch Dionysius. Man hat in der Forschung einen Widerspruch zu sehen gemeint zwischen der Angabe Eusebs, Plutarch und Heraklas seien die beiden ersten aus dem Heidentum zu Origenes gekommenen Schüler27 und einer ebenfalls bei Euseb aufbewahrten Bemerkung des Origenes, er habe Heraklas bei seinem Philosophielehrer — vermutlich Ammonius Sakkas — „getroffen" ( )28. Ein Widerspruch entsteht aber nur, wenn man die Bemerkung des Origenes so versteht, als habe er Heraklas bei dieser Ge24
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Später hat Origenes eine solche Tat selbst verurteilt; vgl. Comm. in Mt. 15, 1—3 (GCS 40, 348ff.). Eus. h. e. VI, 3, 8; vgl. VI, 2, 15. Vgl. Eus. h. e. VI, 3, 13. Eus. h. e. VI, 3, 2. Eus. h. e. VI, 19, 12-14. Dazu: Hugo Koch, Zum Lebensgange des Origenes und des Heraklas, in: ZNW 25 (1926) 278-282; Hai Koch, in: PW 18, l, 1038f.; Hornschuh aaO 9 f.
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legenheit erstmals kennengelernt. Möglich wäre es jedoch, daß er ihn bereits von früher her kannte und ihn bei dieser Gelegenheit wiedersah. Vielleicht waren inzwischen einige Jahre vergangen. Die Meinung Hugo Kochs: „wenn Origenes, als er selber erstmals zu Ammonius ging, schon den Heraklas zu seinen Schülern zählte, so hätte er doch wohl davon Kenntnis gehabt, daß dieser bei Ammonius höre"29, setzt ein besonderes Schülerverhältnis voraus, das gegenüber einem kirchlichen Katecheten nicht unbedingt bestanden haben muß. Darüber hinaus aber könnte es gut sein, daß Heraklas im Unterschied zu seinem Bruder Plutarch, der unter dem Statthalter Subatianus Aquila das Martyrium erlitt30, ein weniger enges Verhältnis zu Origenes hatte. Vielleicht haben gerade diese Ereignisse ihn zusätzlich befremdet. Jedenfalls zeigt sein späteres Verhalten eine deutliche Distanz zu Origenes. Vermutlich ist er es sogar, der hinter dem späteren Ausweisungsbeschluß der alexandrinischen Kirche gegen Origenes gestanden hat. Euseb kann man in diesem Zusammenhang nur den Vorwurf machen, daß er — wie auch an anderen Stellen seiner Kirchengeschichte — versucht hat, Spannungen und Konflikte in der Kirche zu überdecken, auf die man erst durch Widersprüche oder Brüche in seiner Berichterstattung aufmerksam wird. Das erwähnte Zitat aus Origenes beweist lediglich, daß dieser „trotz seines Alters als Hörer einen philosophischen Lehrer" aufsuchte31, um in Auseinandersetzungen mit gebildeten Heiden und Häretikern gerüstet zu sein. Überraschend daran dürfte allerdings weniger das Alter des Origenes gewesen sein, wie Hai Koch meinte — denn Origenes war zu dieser Zeit noch nicht einmal dreißig Jahre alt —, als vielmehr die Tatsache, daß er als kirchlicher Lehrer zugleich bei einem Philosophen in die Schule ging. Wie selbständig aber Origenes sein Amt als Katechet verwaltete, zeigen u. a. seine Reisen nach Rom zur Zeit des Bischofs Zephyrinus, bei der er vermutlich auch Hippolyt kennengelernt hat32, nach Arabien33 und schließlich während der blutigen Unruhen unter Caracalla (215/216)34 nach Palästina, wo er u. a. vor den dortigen Bischöfen Lehrvorträge hielt. Auf dem Hintergrund dieser Entwicklung werden die wachsenden Spannungen zwischen Origenes und Demetrius verständlich. Denn während Origenes auf Reisen ging, war die Unterweisung der Katechumenen unterbrochen. Eine kontinuierliche Arbeit war auf diese Weise 29 30
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Hugo Koch, in: ZNW 25 (1926) 279. Eus. h. e. VI, 4, 1; vgl. VI, 3, 3; 5, 2. Hai Koch, PW 18, l, 1039. Eus. h. e. VI, 14, 10-11; vgl. Hieronymus, vir. ill. 61. Eus. h. e. VI, 19, 15. Vgl. Eus. h. e. VI, 19, 16. Zu den Unruhen im Jahre 215 vgl. die Angaben bei Harnack LG II, 2,30 Anm. 2. Einen anschaulichen Eindruck von den Ereignissen gibt Th. Mommsen, Römische Geschichte V, 11. Aufl. Berlin 1933, 582 ff.
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nicht möglich, auch wenn Demetrius es zu Anfang möglicherweise nicht ungern gesehen hatte, wie das Ansehen der Schule und damit der Kirche in Alexandrien durch die Arbeit des Origenes wuchs. Aber bereits bei der Romreise scheint Demetrius den Origenes dringend ersucht zu haben, seine Katechetenpflichten nicht zu vergessen35. Trifft die durch den Bericht Eusebs nahegelegte Chronologie der Ereignisse zu, dann teilte Origenes nach seiner Rückkehr aus Rom seinen Unterricht und überließ dem Heraklas den Unterkurs, d. h. den eigentlichen Katechumenenunterricht36. Der Grund für diese Teilung war wohl nur nach außen hin die große Zahl der Schüler und die Überlastung des Katecheten Origenes. Vielmehr dürfte es sich hier um einen mit seinem Bischof ausgehandelten Kompromiß gehandelt haben, der die Kontinuität der Arbeit an den Katechumenen sicherte und Origenes zugleich mehr Zeit und Freiheit für die eigene Arbeit gab, die von da an immer stärker den Charakter der Lehrtätigkeit der berühmten Alexandriner Pantänus und Klemens annahm, nur mit dem Unterschied, daß Origenes weiterhin offizieller Lehrer der Kirche war. Wenn Heraklas nun in die Arbeit des Katechumenenunterrichts eintrat, so zeigt das, daß er einerseits das Vertrauen des Bischofs Demetrius besaß, andererseits aber auch mit Origenes zusammenarbeiten konnte und wollte. Daraus auf ein besonders inniges Verhältnis zwischen Origenes und Heraklas zu schließen, wie es der Bericht Eusebs nahelegen möchte, erscheint jedoch keineswegs notwendig. Zu einem ersten ernsten Konflikt zwischen Demetrius und Origenes kam es, als dieser während der Unruhen im Jahre 215 heimlich Alexandrien verließ und sich nach Cäsarea in Palästina begab, um dort als Laie(!) vor Bischöfen die hl. Schrift auszulegen, ein Vorgang, den Demetrius offensichtlich mit Nachdruck kritisierte37. Alexander von Jerusalem und Theoktist von Cäsarea unterstützten Origenes und rechtfertigten sein Verhalten. Origenes kehrte allerdings auf die Aufforderung seines Bischofs nach Alexandrien zurück. Wie nachdrücklich Demetrius Origenes zur Rückkehr aufforderte, wird sichtbar daran, daß er nicht nur brieflich intervenierte, sondern gleich einige Diakone schickte. All das zeigt ebenso wie das Verhalten des Origenes, daß dieser ein kirchliches Amt verwaltet haben muß. Mit einem freien theologischen Lehrer hätte Demetrius schwerlich in dieser Weise verfahren können. Auch von daher wird die von Hornschuh vorgeschlagene Spätdatierung der Übernahme eines kirchlichen Amtes durch Origenes erschwert. Man hat vielmehr den Eindruck, daß von diesem Zeitpunkt an Origenes sich mit noch größerem Eifer als zuvor seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete, zumal er in Ambrosius, einem ehemaligen Valentinianer, der aus 35 36
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Vgl. Eus. h. e. VI, 14, 10-11. Eus. h. e. VI, 15. Eus. h.e. VI, 19, 16-19.
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einem reichen, vornehmen Geschlecht stammte38, einen Mäzen gefunden hatte, der seine Arbeiten finanziell unterstützte, so daß er seine Aufgaben als Katechet vollends aufgeben konnte. Für diese Annahme spricht vor allem die nun verstärkt einsetzende literarische Tätigkeit des Origenes39. Eine andere Frage ist, ob er damit zugleich das ihm übertragene Lehramt zurückgab oder überhaupt zurückgeben konnte oder ob man seine neue Tätigkeit unter den gebildeten Heiden nach Art eines freien christlichphilosophischen Lehrers, die er neben seiner Tätigkeit als Katechet bereits begonnen hatte, als besonderen Auftrag der Kirche verstand, solange Origenes bereit war, den Weisungen seines Bischofs bzw. des alexandrinischen Presbyteriums zu folgen. Eine solche Regelung wäre denkbar, solange Origenes nicht selbst im Presbyterium saß. Es verdient in diesem Zusammenhang Beachtung, daß Heraklas offenbar schon bald, nachdem er den Katechumenenunterricht übernommen hatte, alexandrinischer Presbyter geworden war40 und später das Amt des Bischofs übernahm. Voraussetzungen für weitere Konflikte zwischen Origenes und der alexandrinischen Kirche waren somit reichlich vorhanden.
3. Origenes verläßt Alexandrien a) Die Gründe für den Weggang Als Origenes im Jahre 230/31 auf einer Reise nach Griechenland seinen Weg durch Palästina nahm, wurde er in Cäsarea von den Bischöfen dieser Gegend zum Presbyter geweiht. „Die Bewegung, die dieses Ereignis gegen ihn hervorrief, die Beschlüsse, welche infolge dieser Bewegung von den Kirchenvorstehern gefaßt wurden, und die zahlreichen Verdienste des jungen Origenes um die göttliche Lehre erheischen eine gesonderte Darstellung. In mäßigem Umfange haben wir sie niedergeschrieben in dem zweiten Buche unserer Apologie für Origenes", schreibt Euseb41. Ohne 38
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Vgl. Eus. h. e. VI, 18, 1; 23, 1—2. Nach Hieronymus (vir. ill. 56; 61) war Ambrosius ursprünglich Marcionit; vgl. auch Epiphanius, Pan. 64, 3. — Ambrosius begleitete Origenes später nach Cäsarea in Palästina. Viele Schriften des Origenes sind ihm gewidmet; vgl. Harnack LG II, 2, 54-57. Vgl. Eus. h. e. VI, 23, 1; 24-25. Vgl. Eus. h. e. VI, 19, 13. Eus. h. e. VI, 23, 4; vgl. VI, 8, 4. Nach Eus. h. e. VI, 26 erfolgte im gleichen Jahr die Übersiedlung des Origenes nach Cäsarea; nach der Chronik des Hieronymus ist dieses Ereignis auf das Jahr 233 zu datieren (GCS 47, 217 Helm), d. h. nachdem Heraklas als Nachfolger des Demetrius Bischof geworden war. Zu dem Gesamtproblem vgl. C. W. F. Walch, Kezerhistorie VII (1776) 384-397; E. R. Redepenning, Origenes I,405ff.; R. Cadiou 371ff.; H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 310ff.; Hornschuh 209 ff.
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Zweifel war dieses Ereignis mit all seinen Folgen von tief einschneidender Bedeutung f r die Entwicklung der Kirchengeschichte nicht nur in Alexandrien und auch nicht nur im 3. Jahrhundert, sondern f r die gesamte alte Kirche. Deshalb w ten wir gern N heres ber das, was sich damals zutrug, vor allem auch ber die Gr nde, die schlie lich zum Weggang des Origenes nach C sarea f hrten. Leider ist jedoch das von Euseb erw hnte zweite Buch der Apologie f r Origenes verlorengegangen. Erhalten sind lediglich einige verstreute Hinweise und Nachrichten, aus denen sich nur mit M he ein einigerma en zuverl ssiges Bild gewinnen l t. Sicher d rfte sein, da Origenes zwischen 231 und 233 Alexandrien verlassen mu te, nach C sarea bersiedelte und danach nicht wieder nach Alexandrien zur ckgekehrt ist. Das bedeutet, da der Weggang des Origenes in jene Zeit fiel, als in Alexandrien das Bischofsamt von Demetrius auf Heraklas berging, ein Umstand, der in der Forschung kaum beachtet worden ist, der aber m glicherweise verst ndlich macht, warum unsere Nachrichten uneinheitlich sind und vielleicht auch, warum mit solcher Entschiedenheit die Ausweisung des Origenes aus Alexandrien betrieben wurde, von der uns Origenes selbst einen anschaulichen Eindruck vermittelt42. Leider enth lt seine Schilderung keine n heren Einzelheiten ber den Ablauf der Ereignisse. Es fehlen auch die Namen derer, die die Vertreibung des Origenes bewirkt hatten. Wir erfahren lediglich, da Origenes w hrend seiner Arbeit am Johanneskommentar, den er in Alexandrien begonnen hatte, bereits Schwierigkeiten bekam, als er an Buch V arbeitete. Als er dann bei Buch VI ein St ck bereits vorangekommen war, hat man ihn aus gypten ausgewiesen (έξειλκύσθημεν άπο γης Αιγύπτου), und zwar so nachdr cklich, da er nicht einmal mehr seine Aufzeichnungen mitnehmen konnte und im Exil den Anfang von Buch VI noch einmal erarbeiten mu te. Von einer Ausweisung des Origenes berichtet auch Photius aus der Apologie des Pamphilus. Dort ist von zwei Synodalbeschl ssen unter der Leitung des Demetrius die Rede43. Der erste Beschlu , gefa t von „Bisch fen und einigen Presbytern", verbannte Origenes aus Alexandrien und entzog ihm die Erlaubnis, als kirchlicher Lehrer zu wirken, ohne ihm allerdings die Presbyterw rde zu nehmen. Erst ein zweiter Beschlu unter Beteiligung einiger gyptischer Bisch fe sprach ihm auch diese W rde ab. 42 43
Joh. K m. VI, 1-12 (GCS 10, 106ff.), bes. VI, 8ff. Photius, Bibl. cod. 118: τρέπεται δια τούτο Δημητρίψ είς μίσος το φίλτρον και οΐ έπαινοι προς τους ψόγους και σύνοδος αθροίζεται κατά Ώριγένους επισκόπων καί τίνων πρεσβυτέρων. Ή δε, ως δ Πάμφιλός φησι, ψηφίζεται μεταστήναι μεν άπο Αλεξανδρείας τον'Ωριγένην, καί μήτε διατρίβειν εν αυτή μήτε διδάσκειν, της μέντοι του πρεσβυτηρίου τιμής ουδαμώς άποκεκινήσθαι. Αλλ' δ γε Δημήτριος άμα τισίν έπισκόποις Αίγυπτίοις και της Ιερωσύνης άπεκήρυξε, συνυπογραψάντων και τη άποφάσει των συμψήφων αύτφ γεγενημένων (ed. R. Henry II, 91 f.).
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Nach diesem Bericht hat Origenes in Alexandrien bis zu seinem Weggang als kirchlicher Lehrer gewirkt. Dazu paßt gut, daß man ihn in Cäsarea sogleich zum einzigen kirchlichen Lehrer ernannte44. Allerdings ist nicht sicher, ob der Bericht des Photius in allen Punkten zuverlässig ist. Immerhin ist darin ein — wenn auch verzeihlicher — Fehler enthalten. Der Bischof von Cäsarea, der Origenes mit zum Presbyter geweiht und ihn später in Cäsarea aufgenommen hat, hieß nicht, wie es in dem Bericht mehrmals heißt, Theoteknus sondern Theoktist45. Hieronymus spricht von einer Verurteilung („damnatio")46 durch Demetrius, die dieser den übrigen Kirchen mitgeteilt habe, um deren Zustimmung einzuholen. Doch schlössen sich Palästina, Arabia, Phönizien und Achaia dieser Verurteilung nicht an47. Vielmehr wirkte Origenes nach seinem Weggang aus Alexandrien in diesen Kirchen als gefeierter theologischer Lehrer und nahm an zahlreichen Lehrgesprächen als wissenschaftliche Autorität und Anwalt der Rechtgläubigkeit teil, wobei er von seinen Anhängern wie einer der „heiligen Apostel und Propheten" verehrt wurde48. Man könnte einen Widerspruch darin sehen, daß Hieronymus nur von einer Verurteilung durch Demetrius spricht, während Pamphilus nach dem Referat des Photius zwei Synodalbeschlüsse erwähnt. Doch erscheint bei Hieronymus wie auch bei Euseb die Ausweisung des Origenes durch Demetrius als ein Akt, zumal offenbar nur ein Rundschreiben des Demetrius in dieser Angelegenheit existiert hat. 44
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Vgl. Eus. h. e. VI, 27. Vgl. Eus. h. e. VI, 19, 17; VI, 27; Hieronymus, vir. ill. 54. Theoteknus wird von Euseb erstmals h. e. VII, 17 erwähnt, und zwar als Nachfolger eines gewissen Domnus, der nach Theoktist für kurze Zeit das Bischofsamt verwaltet hatte. Die Amtszeit des Theoteknus fällt demnach sehr wahrscheinlich erst in die Zeit nach 260. — Vielleicht liegt in dem Referat des Photius über Stephanus Gobarus (Bibl. cod. 232), in dem ein Brief des Dionysius an ,Theoteknus' erwähnt wird, gleichfalls eine Verwechslung mit Theoktist vor; vgl. o. S. 29 Anm. 5. Vgl. K. Müller, Kleine Beiträge zur alten Kirchengeschichte: 9. Die Grundlagen des Ketzertaufstreits und die Stellung des Dionys von Alexandrien in ihm, in: ZNW 23 (1924) 240. Müller bezieht die Verurteilung allerdings nicht auf Demetrius, sondern auf Heraklas; s. dazu u. S. lOOff. Hieronymus, ep. 33, 5: „Damnatur a Demetrio episcopo; exceptis Palaestinae et Arabiae et Phoenices atque Achaiae sacerdotibus in damnationem eius consentit orbis" (CSEL 54, 259, 5-8 Hilberg). Vgl. Pamphilus, Apol. I, praef. (PG 17, 543B). Pamphilus selbst schreibt von Origenes: „qui per tot annos magister Ecclesiae fuit, qui in Ecclesia catholica senuit, qui adversus eas haereses, quae illo tempore Ecclesiam impugnabant, ita consumer, ita fortiter dimicavit, ut omnia eorum diabolicae machinationis fundamenta subverterit, non studiorum laborem, non continentiae, non humilitatis; quae super caeteras omnes virtutes eius maximam gratiam continet, non illud certe considerantes quod presbyterii dignitate in Ecclesia honoratus est" (547B-C).
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Es bleibt die Frage nach den Gründen für die Ausweisung des Origenes. Folgt man Euseb, Pamphilus und Hieronymus49, die hier weitgehend übereinstimmen, so gab es vor allem zwei Arten von Gründen: einmal persönliche — wie Haß, Neid, Mißgunst usw. — und zum anderen kirchenrechtliche50, die insbesondere die Rechtmäßigkeit der Presbyterweihe betrafen. Als entscheidenden Grund nennt Euseb in diesem Zusammenhang die Selbstverstümmelung des Origenes51. Es fällt jedoch auf, daß bei keinem der genannten Autoren theologische Differenzen als Gründe für die Ausweisung des Origenes geltend gemacht werden. Hieronymus betont sogar ausdrücklich, daß bei dem Beschluß der römischen Kirche, mit dem sie sich der Verurteilung durch Demetrius anschloß, ungewöhnliche oder häretische Lehren des Origenes keine Rolle gespielt hätten52. Das erscheint besonders merkwürdig, wenn man bedenkt, wie sehr bestimmte Sonderlehren des Origenes die Gemüter späterer Generationen erregt haben und wie bereits zu Lebzeiten des Origenes sich heftige Diskussionen um seine Theologie entwickelten. Man hat den Eindruck, als wollten die genannten Autoren absichtlich verschweigen, daß es in Wahrheit Auseinandersetzungen um die Theologie des Origenes waren, die letzten Endes zu seiner Ausweisung führten. Bei Pamphilus und Euseb, die gemeinsam eine umfangreiche Apologie für Origenes verfaßt hatten, wäre dies sogar verständlich. Denn für sie war Origenes der bedeutendste theologische Lehrer seiner Zeit, dessen Lehren nur aus Mißverständnis oder böswilliger Unterstellung angefochten worden waren. Hieronymus aber fußt im wesentlichen auf ihren Berichten. 49
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Die von Epiphanias, Pan. 64, 2, erzählte Begebenheit, Origenes sei während einer Verfolgung gezwungen worden, den Götzen Weihrauch zu opfern, und deswegen aus der Kirchengemeinschaft ausgestoßen worden, ist schon früh mit Recht als „Fabel" ohne historischen Wert erkannt worden. So bereits C. W. F. Walch, Kezerhistorie VII, 396. Bei Hieronymus vgl. vir. ill. 54. In ep. 33, 5 ist davon nicht die Rede. Den Grund dafür, daß Hieronymus erst in späterem Zusammenhang die kirchenrechtliche Seite hervorhob, erklärt E. Früchtel mit seiner gewandelten Einstellung zu Origenes (Origenes. Das Gespräch mit Herakleides, 12 Anm. 33). Er übersieht jedoch, daß auch die Schrift ,De viris illustribus' (geschrieben 392) in die Zeit vor dem Wechsel des Hieronymus ins antiorigenistische Lager gehört. Eus. h. e. VI, 8, 4f. Inwieweit sich Demetrius bei seiner Entscheidung bereits auf kirchenrechtliche Bestimmungen berufen konnte, ist ungewiß; vgl. jedoch can. 22 der Apostolischen Kanones (Const. Apost. VIII, 47, 22 [Funk I, 570, 5f.]); can. l von Nicäa (325). Immerhin gab es im römischen Recht Bestimmungen, die eine Kastration untersagten; vgl. Justin, Apol. 1,29; dazu: Cuiacius ad Justinian., Novell. 142 (CIC III, 705f.): „Vetus est haec constitutio, ne eunuchi fiant, Nervae, Adriani, Domitiani". Hieronymus, ep. 33, 5: „Roma ipsa contra hunc cogit senatum non propter dogmatum novitatem, non propter haeresim, ut nunc adversum eum rabidi canes simulant, sed quia gloriam eloquentiae eius et scientiae ferre non poterant et illo dicente omnes muti putabantur" (CSEL 54, 259, 8-12 Hilberg).
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Es gibt jedoch unabh ngig davon Hinweise darauf, da man Origenes in Alexandrien auch der H resie bezichtigte „und da diese letztere Anklage von ausschlaggebender Bedeutung wurde"53. So berichtet Euseb54, Origenes habe sich u. a. in einem Brief an Fabian von Rom zu seiner Rechtgl ubigkeit ge u ert. Demnach herrschten dort Zweifel an ihr, die sich kaum anders erkl ren lassen als damit, da die alexandrinische Kirche die Ausweisung des Origenes auch mit dem Vorwurf der H resie begr ndet hatte. Wichtiger aber ist ein Brief des Origenes selbst an seine Freunde in Alexandrien, aus dem Rufin und Hieronymus ausf hrlich zitieren55. In diesem Brief wehrt sich Origenes mit Nachdruck gegen die Verf lschung seiner Schriften, aber auch gegen die Unterstellung, er habe in einer Disputation — vermutlich mit dem Valentinianer Candidus — die Meinung vertreten, auch der Teufel k nne erl st werden. Nach Hieronymus, der inzwischen in das Lager der Antiorigenisten bergewechselt war und Rufin der Verf lschung des wahren Sachverhalts bezichtigte, war dieser Brief die Antwort des Origenes auf seine Exkommunikation in Alexandrien, die er mit heftigen Angriffen auf Bisch fe und Presbyter verband56. Da in dem Brief selbst von einem Aufenthalt in Athen die Rede ist und auch die Verbindung zur Kirche Pal stinas erw hnt wird, liegt die Vermutung nahe, da Origenes sich auf jener eingangs erw hnten Reise nach Griechenland befand57, auf der ihn die Bisch fe Alexander von Jerusalem und Theoktist von C sarea zum Presbyter geweiht hatten. Beides, die Nachricht ber die 53 54
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Bardenhewer LG II, 109; vgl. bereits C. W. F. Walch, Kezerhistorie VII, 396. Eus. h. e. VI, 36, 4. Rufin, De adulteratione c. 7 (CCL 20, llff. Simonetti); Hieronymus, Adv. Rufin. II, 18 (PL 23, 461 C—462C). Zusammenstellung der berlieferten Zitate auch bei Lommatzsch, Origenis opera, XVII (1844) 6-10. Hieronymus, Adv. Rufin. II, 18: „Cumque illa epistola tota Demetrium Alexandrinae urbis pontificem laceret, et in totius orbis episcopos et clericos invehatur, et frustra ab Ecclesiis excommunicatum esse se dicat, nee velle in maledictis referre vicem, ne scilicet maledicus videatur esse homo, qui in tantum cautus sit ad maledicendum, ut ne diabolo quidem audeat maledicere" (PL 23, 461 A-B). Vgl. o. S. 95. Nach Eus. h. e. VI, 23, 4 war Origenes wegen dringender „kirchlicher Angelegenheiten nach Griechenland gereist" (εκκλησιαστικών ένεκα πραγμάτων επί την Ελλάδα στειλάμενος). Dabei handelte es sich schwerlich um einen Auftrag des Demetrius, wie man in der Forschung gelegentlich angenommen hat (Redepenning, Origenes I, 406; Bardenhewer LG II, 109; dagegen mit Recht Hornschuh 210), zumal Pamphilus nach dem Referat des Photius ausdr cklich betont, Origenes sei ohne Wissen seines Bischofs abgereist (Bibl. cod. 118: Αλλ' Ώριγένης μέλλων άπαίρειν εις Αθήνας χωρίς της οικείου γνώμης επισκόπου εις πρεσβύτερον ου δέον αναβιβάζεται [ed. R. Henry II, 91]). Vielmehr zeigt dies, welches Ansehen Origenes zu dieser Zeit bereits au erhalb Alexandriens besa . Vermutlich stammte die Einladung von der Kirche in Achaia, die sp ter auch der Verurteilung des Origenes nicht zustimmte.
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Disputation in Athen und über die widerrechtliche Weihe in Cäsarea, hätte Demetrius schließlich zu seinem energischen Vorgehen gegen Origenes veranlaßt. Diese Ansicht, die insbesondere von H. Chadwick vertreten wird58, klingt zwar auf den ersten Blick überzeugend, zumal sie auch theologische Gründe für die Ausweisung des Origenes geltend machen kann, doch läßt sie die Frage unbeantwortet, weshalb Origenes nach diesen Ereignissen zunächst nach Alexandrien zurückkehrte und erst einige Zeit später die Stadt endgültig verließ59. Von daher stellt sich die Frage, ob nicht die endgültige Verbannung des Origenes erst nach dem Tod des Demetrius, und zwar durch dessen Nachfolger Heraklas, erfolgte.
b) Heraklas und seine Stellung im Streit um Origenes Pamphilus, Euseb und Hieronymus verschweigen nicht nur, daß der Streit um Origenes auch theologische Gründe hatte, sie schweigen auch über die Rolle des Heraklas in dieser Auseinandersetzung. Gäbe es keine anderen Quellen, könnten wir nur vermuten, daß Heraklas eine wichtige Rolle bei der Ausweisung des Origenes gespielt haben muß. Denn der Höhepunkt der Auseinandersetzungen fällt in die letzten Lebensjahre des Bischofs Demetrius, der „nach vielleicht glaubhafter koptischer Nachricht", wie Harnack meint60, 105 Jahre alt geworden ist. Sein Nachfolger aber war Heraklas, der zu dieser Zeit bereits im Presbyterium Alexandriens saß61 und demnach höchstwahrscheinlich zu jenen Presbytern gehörte, die die Ausweisung des Origenes und den Entzug seiner Lehrbefugnis beschlossen62. Geht man davon aus, daß Origenes auch nach den ersten Synodalbeschlüssen, die offenbar noch zu Lebzeiten des Demetrius gefällt wurden63, noch in Alexandrien weilte, so bleibt nur die Annahme, daß Heraklas als eine seiner ersten bischöflichen Entscheidungen die Ausweisung des Origenes bekräftigte64. Dies wird durch verschiedene Zeugnisse bestätigt. 58
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H. Chadwick, Early Christian Thought and the Classical Tradition, Oxford 1966, 99f.; ders.: Die Kirche in der antiken Welt, 123f.; vgl. auch Alexandrian Christianity, London 1954, 431 f.; C. C. Richardson, The Condemnation of Origen, in: Church History 6 (1937) 50-64, bes. 52ff. Die damit verbundenen Schwierigkeiten hatten bereits C. W. F. Walch (Kezerhistorie VII, 394 f.) und Redepenning (Origenes I, 406 ff.) gesehen. LG II, 2, 24. o> Vgl. Eus. h. e. VI, 19, 13. Photius, Bibl. cod. 118; s. o. S. 96 Anm. 43. S. o. S. 96f. Von hier aus erklärt sich wohl auch die Angabe in der Chronik des Hieronymus zum Jahre 233: „Origenes de Alexandria ad Caesaream Palaestinae transit" (GCS 47,216 Helm).
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Gennadius erw hnt, Theophilus von Alexandrien habe sich bei seinem Vorgehen gegen Origenes auf Heraklas berufen65, und Justinian hat in seiner Epistula ad Menam zwei weitere Belege aufbewahrt, die den Einflu des Heraklas auf die Entscheidung der alexandrinischen Kirche ber Origenes deutlich machen. Beide Belege stammen offensichtlich wie auch der zuerst genannte aus alexandrinischer berlieferung. Justinian zitiert zun chst aus der sogenannten Mystagogie des Bischofs Petrus I. von Alexandrien, in der Heraklas und Demetrius (in dieser Reihenfolge!) als Gegner des Origenes genannt werden66, und etwas sp ter zitiert er aus dem Synodalschreiben einer nicht n her datierbaren gyptischen Synode, in dem es hei t, Heraklas habe seinerzeit als „wahrer Ackersmann und Weing rtner" den Origenes wie Unkraut aus dem Weizen gerupft, als dieser gottesl sterliche Predigten zu halten begann67. Mit welcher Leidenschaft Heraklas Origenes gerade auch wegen seiner Lehren verfolgte, geht schlie lich aus einer Begebenheit hervor, die Photius berichtet68. Danach begn gte sich Heraklas keineswegs damit, Origenes wegen seiner Lehrvortr ge an den Mittwochen und Freitagen69 aus Alexandrien zu verbannen; sondern in ganz gypten wurden ihm solche Vortr ge untersagt. Und als der Bischof Ammonius von Thmuis dem Origenes ffentlich zu predigen erlaubt hatte, wurde er von Heraklas kurzerhand abgesetzt und ein gewisser Philippus zu seinem Nachfolger ernannt. Nur auf Dr ngen der Gemeinde durfte Ammonius sein Amt weiter verwalten, mu te es aber von da an mit dem neuernannten Bischof teilen. Einen deutlicheren Beweis f r die Feindschaft des Heraklas gegen ber Origenes kann man sich kaum vorstellen. Es ist m glich, ja wahrscheinlich, da sich die Klagen des Origenes ber den ihm entgegenschlagenden Ha in gypten und Alexandrien, von dem er am Anfang von Buch VI seines Johanneskommentars schreibt, auf diese Ereignisse beziehen. Vielleicht richtet sich seine Kritik an Bisch fen und Klerikern in seinem Brief an die Freunde in Alexandrien auch mehr gegen 65
Gennadius, vir. ill. 33: „simulque docens (sc. Theophilus) non a se eum (sc. Origenem) primum sed ab antiquis patribus et maxime Heracia fuisse et a presbyterio eiectum et de ecclesia pulsum et de civitate fugatum" (ed. C. A. Bernoulli 73). 66 AGO 111,197,30-32 (Ed. Schwanz): τί δε είπω Ήρακλάν και Δημήτριον τους μακάριους επισκόπους, οίους πειρασμούς υπέστησαν ΰπο του μανέντος Ώριγένους και αύτοΰ σχίσματα βαλόντος εν τη εκκλησία, τα καΐ έως σήμερον ταραχάς αύτη έγείροντα; 67 AGO 111,202,23-26 (Ed. Schwartz): άρξαμένου γαρ αύτοΰ βλάσφημους ομιλίας όμιλείν ό κατ' εκείνο καιρού μακαρίτης Ήρακλάς επίσκοπος ως άροτηρ και αμπελουργός φιλαλήθης του της εκκλησίας χωρίου τυγχάνων εκ μέσου του καλού σίτου τούτον έξέτιλεν ως του πονηρού ζιζανίου όντα αληθώς. 68 Photius, Συναγωγαι και αποδείξεις 9 (PG 104, 1229). Beste Ausgabe des Textes noch immer bei I. D llinger, Hippolytus und Kallistus, Regensburg 1853, 264f. Anm. 100; vgl. Harnack LG I, l, 332; Bardenhewer LG II, 110 Anm. 1. 6 » Vgl. dazu Socr. h. e. V, 22 (PG 67, 636 A). 8 Bienen: Dionysius
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Heraklas als gegen Demetrius70. Origenes nennt in beiden Fällen keine Namen. Faßt man alle Beobachtungen zusammen, dann folgt daraus mit großer Wahrscheinlichkeit, daß nicht Demetrius das eigentliche Haupt der Antiorigenisten in Alexandrien war, sondern Heraklas. Zwar mag es zwischen Origenes und Demetrius wegen gewisser Unregelmäßigkeiten gelegentlich zu Spannungen gekommen sein, der eigentliche Rivale aber hieß Heraklas. Anhaltspunkte dafür lassen sich bereits aus den wenigen Daten gewinnen, die wir über ihn besitzen. Demetrius, der einst Origenes ins Katechetenamt berufen hatte und auch später noch als Zeuge für Origenes und seine Lehre von einem unbekannten Apologeten erwähnt wird71, war nach koptischer Überlieferung von Haus aus ein ungebildeter Bauer, der weder lesen noch schreiben konnte72. Demgegenüber stammte Heraklas offenbar ähnlich wie Dionysius aus der gebildeten Oberschicht Alexandriens73 und war wahrscheinlich einige Jahre älter als Origenes. Ursprünglich Heide, war er — möglicherweise tatsächlich von der Lehrtätigkeit des jugendlichen Origenes angelockt — zum Christentum übergetreten74. Später vervollständigte er seine philosophische Bildung bei Ammonius Sakkas, und Origenes ist seinem Beispiel gefolgt, wie er selbst in einem von Euseb mitgeteilten Brief schreibt75. Noch als Presbyter trug Heraklas weiterhin seinen Philosophenmantel, wie aus dem gleichen Brief des Origenes hervorgeht, in dem zugleich eine gewisse Rivalität zwischen beiden spürbar ist. Diese wird verständlich, wenn man bedenkt, daß Heraklas selbst ein gefeierter alexandrinischer Lehrer war, wie wir durch Sextus Julius Africanus erfahren, der seinetwegen nach Alexandrien gereist ist76. Als Schriftsteller scheint Heraklas nicht hervorgetreten zu sein. Denn es fehlen nicht nur direkte, sondern auch indirekte Zeugnisse dafür. Man hat den Eindruck, als habe Heraklas wie sein Lehrer Ammonius Sakkas bewußt darauf verzichtet, seine Ansichten schriftlich niederzulegen — ganz im Gegensatz zu Origenes. Deshalb ist es nicht möglich, sich ein Bild von ihnen zu machen. Harnacks Ansicht, seine Lehrweise und sein philosophisch-theologischer Standpunkt seien „dem des Origenes wesentlich 70 71 72
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Diese Ansicht vertritt P. Nautin, Lettres et ecrivains, 129 Anm. l; 246 Anm. 4. Vgl. Photius, Bibl. cod. 117. Vgl. das kopt. Synaxarium zum 12. Bäbah: „Fuerat hie sanctus agricola et idiota, ignarum artis scribendi" (CSCO, script, arab. 13, 65, l f. Forget). Vgl. Eus. h. e. VI, 3, l f.; 15. Eus. h. e. VI, 3, l f. Die heidnische Herkunft bezeugt auch das koptische Synaxarium zum 8. Klhak (CSCO, script, arab. 13, 192f. Forget). Eus. h. e. VI, 19, 12—14 ( ). Vgl. Eus. h. e. VI, 31, 2. Harnacks Versuch, dies mit dem Hinweis zu erklären: „Vielleicht hat eben der bescheidene Origenes den Africanus auf Heraklas aufmerksam gemacht" (LG II, 2, 90 Anm. 1), dürfte schwerlich den tatsächlichen Verhältnissen m Alexandrien gerecht werden.
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ähnlich gewesen"77, ist durch nichts zu belegen. Vermuten könnte man allenfalls, daß er den Einfluß der Philosophie auf die Theologie grundsätzlich positiv bewertete, da er den Philosophenmantel auch als Presbyter noch trug. Da aber Origenes der Philosophie keineswegs unkritisch gegenüberstand und ihr nur einen mehr propädeutischen Wert beimessen wollte78, sind auch in diesem Punkt deutliche Unterschiede möglich. So bleibt der Eindruck bestehen, daß Heraklas und nicht Demetrius der eigentliche Gegner des Origenes in der alexandrinischen Kirche war. Und spätestens in dem Augenblick, da man Origenes zum Presbyter weihte, mußte die Rivalität zwischen ihm und Origenes offen ausbrechen. Denn von da an hätte Origenes in der alexandrinischen Kirche ein gewichtiges Mitspracherecht und als gefeierter Lehrer mit einer gewiß nicht kleinen Anhängerschar einen bedeutenden Einfluß besessen. Es ist gut möglich, daß Heraklas die Gefahr einer Kirchenspaltung kommen sah und daß deswegen auch Rom der Verurteilung des Origenes zustimmte, zumal dort durch die Sondergemeinde Hippolyts die Problematik eines Schismas in der Kirche hinreichend bekannt war. Die Gefahr einer Kirchenspaltung aber war für die frühe Kirche ein weitaus größeres Problem als die Verbreitung theologisch bedenklicher Lehren. Meist fiel jedoch beides zusammen, und auch im Fall des Origenes spielten theologische Fragen gewiß eine nicht unwichtige Rolle. Doch läßt sich in diesem Fall über Vermutungen nicht hinauskommen, da die wenigen erhaltenen Quellen nur von „gotteslästerlichen" Reden des Origenes berichten, ohne genauere Auskunft über deren Inhalt zu geben. Der erwähnte Brief des Origenes, aus dem Euseb zitiert, läßt erkennen, daß es Kreise in Alexandrien gab, die ihm die Beschäftigung mit der Philosophie zum Vorwurf machten. Der Brief an die Freunde zeigt Auseinandersetzungen über eschatologische Probleme. Daneben können Fragen der Bibelexegese und der Kosmologie eine Rolle gespielt haben, die in späteren Auseinandersetzungen häufig genannt werden. Die Theologie des Origenes bot offensichtlich genügend Angriffsflächen, zumal Origenes sich häufig dialektisch ausdrückte, was nicht selten zu Mißverständnissen über seine wirklichen Ansichten führen mußte. Andererseits gab es keinen Zeitgenossen, der es mit Origenes an Bibelkenntnis, an dialektischer Schulung und theologisch-philosophischer Bildung aufnehmen konnte, um 77 78
RE 3. Aufl., 7 (1899) 693, 15. Vgl. H. Crouzel, Origene et la philosophic, Paris 1962; H. Chadwick schreibt: „Origenes schreibt immer als Glied einer Mänyrerkirche; sein Verhältnis zur heidnischen Philosophie und Kultur ist weniger positiv als das des Klemens und kann gelegentlich in eisige Verachtung übergehen. Für Klemens besaß Platon hohe Autorität, für Origenes nicht die geringste. Origenes anerkannte natürlich, daß Plato viele weise Aussprüche getan habe und daß seine Dialoge viel Wahres enthalten. Aber man bekommt bei Origenes beinahe das Gefühl, daß er es trotz Plato für wahr hielt, nicht weil dieser es gesagt hatte" (Die Kirche in der antiken Welt, 112).
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ihn der Ketzerei zu überführen, zumal die Normen für Rechtgläubigkeit noch nicht genügend ausgebildet waren. Und da Origenes selbst ein Mann der Kirche sein wollte79, Glaubensbekenntnis, Kanon und auch die Institution Kirche80 von ihm grundsätzlich respektiert wurden, mußten alle Angriffe gegen ihn letztlich ins Leere gehen. Nur so läßt es sich erklären, daß Origenes nach seinem Weggang außerhalb Alexandriens weithin als theologische Autorität anerkannt wurde. Wichtig ist dabei sicherlich, daß er selbst darauf verzichtete, Rang und Ansehen in der Kirche anzustreben, und so dem Verdacht entgegenwirkte, als wolle er die Einheit der Kirche aufs Spiel setzen. Mit welchen Argumenten Heraklas die Ausweisung seines Rivalen durchsetzte, läßt sich nur vermuten. Euseb hat die Verhältnisse absichtlich verschleiert und Heraklas zum Schüler und Freund des Origenes gemacht, um auf diese Weise das Bild einer alexandrinischen Schultradition entstehen zu lassen, die faktisch nie bestanden hat. Richtig erscheint lediglich, daß von Origenes bis Dionysius der Katechumenenunterricht in Alexandrien von hervorragenden Gelehrten geleitet wurde, von denen Heraklas und Dionysius möglicherweise durch die Lehrtätigkeit des Origenes für das Christentum gewonnen wurden und von ihm den Katechumenenunterricht erfuhren.
c) Die Folgen für die Geschichte der alexandrinischen Kirche Mit der Ausweisung des Origenes beginnt ein neues Kapitel alexandrinischer Kirchengeschichte. Die Rolle, die Heraklas hierbei gespielt hat, ist in der Forschung auch früher schon erkannt und beschrieben worden81. Nur war man bisher nicht bereit, auch für die Theologiegeschichte die notwendigen Konsequenzen aus dieser kirchengeschichtlichen Entwicklung zu ziehen82. Die überragende Bedeutung des Origenes für die Theologie79
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Vgl. Hom. 16 in Luc (GCS 49, 97f. 28ff. M. Rauer); Horn, in Josua 7,6 (GCS 30, 334, 11 ff. W. A. Baehrens). Vgl. dazu neuerdings: H. J. Vogt, Das Kirchenverständnis des Origenes (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 4), Köln 1974. Vgl. I. Döllinger, Hippolytus und Kallistus, 262 ff.; H. Hagemann, Die Römische Kirche und ihr Einfluß auf Disciplin und Dogma in den ersten drei Jahrhunderten, Freiburg i. Br. 1864, 284ff.; A. Harnack, in: RE3 7, 692f.; ders.: LG II, 2, 24f.; vgl. I, 1,332; K.Müller, in: ZNW 23 (1924) 239f.; P. Nautin, Lettres et ecrivains, 129 Anm. l; 246 Anm. 4. Am deutlichsten ist dies bei K. Müller zu beobachten. Müller schreibt: „Er (sc. Heraklas) hat den Origenes, seinen einstigen Meister, der ihn zum Genossen an der Schule angenommen hatte, abermals aus der Gemeinde ausgeschlossen und damit als Irrlehrer verurteilt. Von ihm datiert wohl der Umschwung in Alexandrien, bei dem von Origenes nur noch die Trinitätslehre und etwa der allgemeine Spiritualismus besonders
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geschichte — nicht nur des 3. Jahrhunderts — , die durch die Darstellung Eusebs, aber auch durch die Werke des Origenes selbst unübersehbar ist, hat den Blick dafür verstellt, daß sich mit dem Episkopat des Heraklas, der selbst ein philosophisch gebildeter Theologe war, eine tiefgehende Abkehr von Origenes in Alexandrien vollzog, die theologische Vorbehalte einschloß, auch wenn wir diese nicht im einzelnen mehr ausmachen können. Zugleich verstärkten sich mit dem Streit um Origenes die Verbindungen zwischen Rom und der alexandrinischen Kirche. Noch Demetrius hatte enge Beziehungen zu Palästina unterhalten und sich in Fragen des Ostertermins mit den dortigen Gemeinden verständigt83. Und die Freundschaft zwischen Alexander von Jerusalem und den alexandrinischen Theologen Pantänus, Klemens und schließlich Origenes84 ist ein weiterer Hinweis auf gutnachbarliche Beziehungen. Die Entscheidung der Kirche Palästinas für Origenes und gegen die offizielle Kirche Alexandriens aber mußte zumindest vorübergehend zu einer gewissen Entfremdung führen. Und da die Kirchen von Phönizien, Achaia und Arabia sich der Entscheidung der Kirche Palästinas anschlössen und sich somit der größere Teil der östlichen Kirchen für Origenes und gegen Alexandrien entschied, während die römische Kirche sich der alexandrinischen Entscheidung anschloß, mußte die Verbindung dieser beiden Kirchen zwangsläufig intensiver werden, was in der Folgezeit auch deutlich erkennbar wird. Wenn nicht alles täuscht, liegen hier die Wurzeln für die in späterer Zeit oft überraschend engen Beziehungen zwischen der römischen und der ägyptischen Kirche, die sich über das 3. und 4. Jahrhundert hinaus verfolgen lassen. Für die weitere Entwicklung der alexandrinischen Kirche aber war die Haltung des Dionysius, der als Nachfolger des Heraklas im Katechetenund später auch im Bischofsamt die Geschichte dieser Kirche wesentlich mitgestaltet hat, von entscheidender Bedeutung. Wie stand er zu Origenes, und welches Verhältnis hatte er zu Heraklas ? Diese Fragen drängen sich vor allem auf. — Da Dionysius der erste alexandrinische Bischof war, der auch als Schriftsteller und Theologe hervortrat, von dessen Werk einige Reste überliefert sind, besteht unter Umständen die Möglichkeit, einen unmittelbaren Einblick in die geistigen und theologischen Grundlagen der bischöf-
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der Mystik übrig blieb und alle anderen Ergebnisse seiner Gnosis fielen. Der Zustand Alexandriens hatte sich also von Grund aus geändert" (ZNW 1924, 240; vgl. auch Kirchengeschichte P, 303). Müller sieht also deutlich den Einschnitt in der kirchengeschichtlichen Entwicklung, kann die theologiegeschichtliche Veränderung aber nur auf der Grundlage der Lehre des Origenes verstehen, obwohl außer der von Euseb behaupteten Freundschaft und Schülerschaft des Heraklas zu Origenes inhaltlich über eine theologische Nähe beider absolut nichts bekannt ist. — Ähnlich wie Müller auch Harnack, RE 3. Aufl. 7, 693. Vgl. Eus. h. e. V, 25. Vgl. Eus. h. e. VI, 14, 8f.
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lich-alexandrinischen Tradition nach Origenes zu erhalten, die vielleicht auch Rückschlüsse auf die theologische Position des Heraklas erlauben.
D. DIONYSIUS ALS LEITER DES KATECHUMENENUNTERRICHTS 1. Dionysius und Heraklas
Nachdem Heraklas Bischof geworden war, übernahm Dionysius die Leitung des Katechumenenunterrichts in Alexandrien. Diese dürre Mitteilung Eusebs1 erhält auf dem Hintergrund der skizzierten Vorgeschichte eine zentrale Bedeutung. Denn sie bedeutet mit anderen Worten, daß Heraklas sogleich, nachdem er Origenes vertrieben hatte, Dionysius die Leitung des Katechumenenunterrichts übertrug und zu seinem Nachfolger in diesem Amt machte. Daraus folgt zunächst zweierlei: a) Dionysius muß ein enger Freund und Vertrauter des Heraklas gewesen sein, und b) Dionysius kann unmöglich als Freund und ,Parteigänger' des Origenes angesehen werden. Man kann sich schlechterdings nicht vorstellen, daß Heraklas unmittelbar nach dem Weggang des Origenes, der gewiß nicht ohne Spannungen innerhalb der alexandrinischen Kirche verlaufen ist, einen Vertrauten des Origenes in dieses wichtige Amt berufen hätte. Die Strenge und Unerbittlichkeit, mit der er gegen Origenes und dessen Anhänger vorging, zeigen, mit welcher Entschlossenheit Heraklas sein Bischofsamt verwaltete. Demnach muß Dionysius zumindest in kirchenpolitischer Hinsicht zu jenem Kreis in Alexandrien gerechnet werden, der die Ausweisung des Origenes bejahte; vielleicht hat Dionysius sogar selbst als Presbyter daran mitgewirkt2. Zu dieser Einstellung paßt es, daß er weder als Katechet noch als Bischof den Versuch unternommen hat, Origenes aus Cäsarea nach Alexandrien zurückzuholen. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach seiner theologischen Einstellung gegenüber Origenes. Man wird kaum annehmen können, daß Dionysius jene umstrittenen Sonderlehren des Origenes geteilt hat, die bei dessen Ausweisung eine Rolle gespielt hatten. Doch bleibt natürlich die Möglichkeit bestehen, daß er bei Origenes manches gelernt hatte, was theologisch unumstritten war. Aber man sollte nicht vergessen, daß er bereits durch eine vielfältige philosophische und religiöse Bildung geprägt war, ehe er als Erwachsener Christ wurde. Das gute Verhältnis zwischen Heraklas und Dionysius wird umgekehrt durch zwei erhaltene Äußerungen des Dionysius über seinen Amtsvorgänger bestätigt. In einem Brief an den römischen Presbyter Philemon zur Zeit des Bischofs Xystus (Sixtus) II. von Rom beruft sich Dionysius, der 1 2
H. e. VI, 29, 4; vgl. Hieronymus, vir. ill. 69. Vgl. Hieronymus, vir. ill. 69.
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inzwischen Bischof von Alexandrian geworden ist, auf eine Regel bei der Aufnahme von H retikern in die Gemeinde, die er von seinem „seligen Vater Heraklas" bernommen habe3. Und in einem Brief an SixtusII. erw hnt er ein lteres Gemeindeglied, das bereits „vor der Einsetzung des seligen Heraklas am Gottesdienst teilgenommen habe"4. Diese Bemerkung ist insofern erstaunlich, als Dionysius sehr wahrscheinlich von Demetrius getauft worden ist5, gleichwohl Heraklas als ersten bedeutenden Bischof Alexandriens ansah. Mit ihm, so scheint es, beginnt f r Dionysius die Kirchengeschichte Alexandriens. Zwar k nnte man diese u erungen auch als traditionelle Respektsbezeigungen gegen ber dem Amtsvorg nger deuten, aber daf r ist einerseits das Vergleichsmaterial f r diese Zeit der Kirchengeschichte zu sp rlich, vor allem aber sind die hierbei vorauszusetzenden bisch flichen Traditionen noch zu jung, um solche u erungen als blo e Floskeln abzutun. Und wenn man auch die genannten Wendungen nicht berbetonen sollte, es bleiben respektvolle u erungen, die auf ein vertrauensvolles Verh ltnis zwischen Heraklas und Dionysius schlie en lassen. Dionysius kn pft ausdr cklich an die Politik seines Amtsvorg ngers an. Darin zeigt sich zugleich seine auch in anderem Zusammenhang deutlich feststellbare Hinwendung zur Tradition. Nachdem Origenes Alexandrien verlassen hatte und nach C sarea gegangen war, scheint es zwischen ihm und der alexandrinischen Kirche zu keiner Ann herung mehr gekommen zu sein, jedenfalls nicht zu seinen Lebzeiten. Origenes ist, soweit wir wissen, nach seinem Weggang nicht mehr nach Alexandrien zur ckgekehrt. Die Kirchen, in denen er von da an wirkte, gaben seiner T tigkeit gen gend Raum und Anerkennung. Und da ihn Ambrosius, sein Freund und M zen, begleitete, d rfte ihm die Trennung von Alexandrien auf die Dauer nicht allzu schwer geworden sein. Zur gleichen Zeit dehnte Heraklas immer st rker seinen Einflu auf ganz gypten aus6 und trug auf diese Weise wesentlich dazu bei, da der Bischof Alexandriens immer mehr zum geistlichen Oberhaupt der gyptischen Kirche wurde. Auch hierin ist Dionysius sp ter seinem Amtsvorg nger gefolgt. Man kann deshalb mit gro er Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, da Dionysius als Katechet an der Abgrenzung der alexandrinischen Kirche 3
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Eus. h. e. VII, 7, 4: τούτον εγώ τον κανόνα και τον τύπον παρά του μακαρίου πάπα ήμών'Ηρακλά παρέλαβαν (644, 6f. Schwartz). Eus. h. e. VII, 9, 2. Vgl. z. B. das Chronicon Orientale (CSCO, script, arab. 2), 116. Vgl. dazu au er dem erw hnten Bericht bei Photius eine Notiz in den Annalen des Eutychius von Alexandrien (933-943), PG 111,982 D: „Usque in tempora Demetrii patriarchae ibidem (is patriarcha fuit Alexandrinus undecimus) nullum fuisse in provinciis Aegypti episcopum; nee patriarchae ante eum crearunt episcopos. Ille autem factus patriarcha tres constituit episcopos. Et primus fuit hie patriarcha Alexandrinus qui episcopos fecit. Mortuo Demetrio suffectus est Heraclas patriarcha Alexandrinus, qui episcopos constituit viginti."
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von Origenes festhielt, ja daß er vor allem unter dem Episkopat des Heraklas diese Abgrenzung besonders nachdrücklich unterstrich. 2. Schriften des Dionysius aus dieser Zeit a) Zur Chronologie der Schriften Rechnet man damit, daß Dionysius nach der Übernahme des Bischofsamtes die starre Haltung der alexandrinischen Kirche gegenüber Origenes und vor allem seinen bischöflichen Freunden in Palästina und Kappadozien nach und nach aufgegeben hat, wofür es gewisse Anzeichen gibt7, dann lassen sich hieraus möglicherweise Anhaltspunkte für die Chronologie seiner Schriften gewinnen. Deutlich antiorigenistische Äußerungen wären dann am ehesten in die Frühzeit seines öffentlichen Wirkens in Alexandrien zu datieren, zumal sich in den datierbaren späteren Schriften solche Äußerungen nicht finden lassen. Das gilt insbesondere für den EkklesiastesKommentar des Dionysius, dessen antiorigenistische Tendenz durch Prokop von Gaza bezeugt und durch die neugefundenen Fragmente bestätigt worden ist8. Aus allgemeinen Überlegungen heraus hatte man auch früher schon diesen Kommentar der Zeit vor der Übernahme des Bischofsamtes zugeordnet9, woraus zumindest so viel zu entnehmen ist, daß sich gegen eine Frühdatierung des Werkes keine ernsthaften Gründe geltend machen lassen. Vielleicht gehören in diese Zeit auch die Briefe des Dionysius ah Basilides, einen Bischof in der libyschen Pentapolis; denn in einem von ihnen, der allerdings nicht erhalten ist, wurde der Anfang des EkklesiastesKommentars erwähnt10. Die neugefundenen Fragmente aus diesem Kommentar aber lassen die Vermutung zu, daß Dionysius das gesamte Predigerbuch in diesem Kommentar exegesiert hat. Die Gründe für eine Frühdatierung dieser Briefe sind allerdings nur von geringem Wert, so daß ihre Datierung letzten Endes offen bleiben muß. Die Datierung der Schrift „Über das Martyrium. An Origenes" hängt davon ab, ob man sie weiterhin als Trost- und Bewunderungsschrift für 7
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Vgl. den von Stephanus Gobarus (Photius, cod. 232) wahrscheinlich an Theoktist von Cäsarea gerichteten Brief; ferner die von Photius erwähnte Apologie eines Unbekannten (cod. 117), in der Dionysius als Zeuge für Origenes erwähnt wird. Vor allem aber spricht für eine solche Annahme, daß Dionysius von Helenus von Tarsus, FirmiKan und Theoktist zu einer Synode nach Antiochien, vermutlich im Jahre 251, eingeladen worden ist (Eus. h. e. VI, 46, 3). Vgl. dazu o. S. 55 ff. So z. B. Dittrich 22; Feltoe 210; vgl. S. XV; Bardenhewer LG II, 211. A. Harnack hielt dies jedoch für eine „grundlose Vermutung" (LG II, 2, 59). Eus. h. e. VII, 26, 3; Hieronymus, vir. ill. 69.
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Origenes verstehen möchte oder ob man sie aufgrund der erhaltenen Fragmente als kritische Auseinandersetzung mit Origenes' Schrift über das Martyrium interpretieren kann. Im letzteren Fall dürfte sie mit großer Wahrscheinlichkeit nach 235, aber vor der Übernahme des Bischofsamtes geschrieben worden sein. Zu den frühesten Werken des Dionysius gehört sehr wahrscheinlich die Schrift . Wenn es dafür auch keine schlüssigen Beweise gibt, so kann man sich jedoch nur schwer vorstellen, daß Dionysius während seiner bewegten Amtszeit als Bischof Muße gefunden haben soll, eine solche, etwas akademisch anmutende Schrift zu verfassen. Aus diesem Grunde hat man sie auch früher schon unter die Frühschriften gerechnet11. Da zwischen der Schrift ,Uber die Natur* und den bei Johannes von Damaskus überlieferten Fragmenten eines Briefes an Aphrodisius inhaltliche Parallelen bestehen, könnte dieser Brief in die gleiche Zeit gehören. In jedem Fall aber dürfte es wegen der inhaltlichen Nähe sinnvoll sein, die Interpretation beider Schriften miteinander zu verbinden.
b) „Über die Natur" Die Schrift des Dionysius ,Uber die Natur'12 ist die älteste und zugleich ausführlichste Auseinandersetzung mit der Atomenlehre Epikurs und Demokrits vom christlichen Standpunkt aus13. Mit Epikur hatte sich zwar bereits der Apologet Justin auseinandergesetzt14, doch seine Polemik richtete sich vor allem gegen das Lustprinzip, den Hedonismus, gegen Schwelgerei und Üppigkeit, worin nach allgemeiner Ansicht die Philosophie Epikurs gipfelte. Justin stützt sich im wesentlichen auf verbreitete polemische Topoi aus der Popularphilosophie, wie sie auch später gern von christlichen Schriftstellern gegen Epikur in Anspruch genommen werden; genauere eigene Kenntnis von der Lehre Epikurs verrät er nicht. Das ist anders bei Klemens von Alexandrien15 und Dionysius im griechischen sowie bei Laktanz im lateinischen Sprachbereich. Letzterer verdankt
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Dittrich I2ff.; G. Roch, Die Schrift'des alexandrinischen Bischofs Dionysius des Großen ,Über die Natur', Leipzig 1882, 18ff.; Feltoe S. XV; Bardenhewer LG II, 209; Bouma 3. Text: Feltoe 131-163; vgl. meine Übersetzung 63-74. Das Hauptstück ist überliefert bei Eus. p. e. XIV, 23-27 (GCS 43, 2 S. 324-338). Vgl. K. Lasswitz, Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton. Bd. I. Die Erneuerung der Korpuskulartheorie, Hamburg/Leipzig 1890, 13. —18. — C. Bailey, The Greek Atomists and Epicurus (1928), Nachdruck New York 1964, geht auf die Texte der Kirchenväter nicht ein. Vgl. II. Apol. 7,3; 12,5; 15,3. W. Schmid, Epikur1, in: RAG V (1962) 781 f.
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seine Kenntnis vor allem Lukrez16. Klemens, der mehrfach aus den Schriften Epikurs zitiert, besaß offensichtlich mehr als nur die Kenntnis einschlägiger Kompendien; er scheint Schriften Epikurs selbst gelesen zu haben. Ob auch Dionysius selbständige Kenntnis des epikureischen Schrifttums besessen hat, ist ungewiß. Seine Argumente, mit denen er der Naturphilosophie Epikurs begegnet, sein Hinweis auf die alles durchwaltende göttliche Vorsehung ( ), die im Walten der Natur, im Lauf der Gestirne wie auch in dem kunstvoll gestalteten menschlichen Organismus erkennbar sei und wodurch jegliche Annahme eines blinden Zufalls ( ) bei der Entstehung der Welt im Großen wie im Kleinen als töricht und gottlos entlarvt wird, zeigt deutlich stoischen Einfluß, vor allem wenn man an die weiterführende Interpretation der älteren Stoa durch Panaitios und Poseidonios denkt17. Immerhin ist bemerkenswert, daß sich Dionysius nicht damit begnügt, die Vorwürfe der Popularphilosophie zu wiederholen, um die Sittenlosigkeit und atheistische Grundeinstellung der Epikureer anzuprangern, sondern daß er die naturphilosophischen Grundlagen des Materialismus und des Atomismus angreift, um auf diese Weise die Voraussetzungen der epikureischen Ethik zu widerlegen. Die Physik stand bei Epikur ohne Zweifel im Dienst der Ethik18, und Dionysius war in seinem Bemühen wie auch in seinen anderen Schriften vornehmlich an den praktisch-ethischen Konsequenzen interessiert19. Von daher ist es besonders beachtlich, daß Dionysius keineswegs ein Zerrbild der Lehre Epikurs konstruiert, um dieses dann um so leichter zu widerlegen, sondern daß er sich bemüht, diese Lehre so zuverlässig wie möglich wiederzugeben, ehe er sie mit Spott und Ironie ad absurdum zu führen versucht20. Und wenn er die Schriften Epikurs auch selbst vielleicht nicht gelesen hat, so verfügte er 16
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Zu Laktanz vgl. W. Schmid, 785 f. - Die Auseinandersetzung mit dem Epikureismus erfolgt insbesondere in der Schrift ,De opificio Dei' (CSEL 27, 3-64). Vgl. M. Pohlenz, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung. Göttingen 19643, Bd. I, 431 und II, 210 (Anmerkungen); W. Schmid 782. Vgl. Ed. Zeller, Die Philosophie der Griechen, 6. Aufl. Darmstadt 1963 (= Nachdruck der 5. Aufl. 1923), III, l, 492; zu Epikur insgesamt: 373-494. Vgl. G. Roch 21: „Es entspricht vollständig der praktischen Richtung des Dionysius, die wir an ihm beobachtet haben, wenn er durch solche Umstände veranlaßt wurde, die Atomistik Epikurs zu bekämpfen, um dem praktischen Materialismus seine theoretische Rechtfertigung zu entreißen. Daß er gerade die Grundlagen des Epikureismus angreift und nicht etwa an den sittlichen Folgen die Unhaltbarkeit dieser philosophischen Schule nachweist, ist ein Zeichen des tiefen Verständnisses, das er von jener Weltanschauung besaß." Die philosophiegeschichtliche Zuverlässigkeit der Darstellung des Dionysius wird in der Forschung allgemein anerkannt; vgl. W. Schmid 781 f. und 751 f.; G. Roch 41—60. Da die stoischen Vorbilder, von denen Dionysius wahrscheinlich beeinflußt ist, nur mit Mühe rekonstruiert werden können, behält die Schrift des Dionysius auch philosophiegeschichtlich ihren Wert.
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doch ber eine ausgezeichnete Kenntnis durch die Vermittlung der Schulphilosophie. Der Titel der Schrift ist sehr wahrscheinlich in Anlehnung an Epikurs 37 B cher umfassendes naturphilosophisches Hauptwerk Περί φύσεως21 gew hlt. Ein unmittelbarer Anla f r die Abfassung l t sich zwar nicht erkennen, doch spielte der Epikureismus im 3. Jahrhundert durchaus noch eine beachtliche Rolle, wie Diogenes Laertios, ein Zeitgenosse des Dionysius, bezeugt22, der seinerseits deutliche Sympathien f r Epikur und seine Lehren erkennen l t23. Vielleicht neigte Timotheus, der Sohn des Dionysius, dem die Schrift gewidmet ist24, dem Epikureismus zu. Oder Dionysius widmete die Schrift dem heranwachsenden Sohn, um ihn — nach verbreiteten antiken Vorbildern — ber die Irrt mer des gottlosen Epikureismus rechtzeitig aufzukl ren. Ph. S. Miller hat in seiner Untersuchung gezeigt25, welche rhetorischen Mittel Dionysius zur Widerlegung der Atomenlehre Epikurs einsetzt und wie geschliffen Sprache und Stil seiner Darlegung sind, hnlich wie in den Osterfestbriefen26. Die gl nzende rhetorische Schulung des Dionysius wie auch seine gute klassische Bildung, die durch eine Reihe von Zitaten und Anspielungen aus Homer, Hesiod, Plato, Demokrit und anderen belegt wird, stehen au er Zweifel27, auch wenn es sich dabei weithin um Schulkenntnisse handeln d rfte. F r uns stellt sich die Frage nach den theologischen Traditionen, insbesondere nach dem Einflu des Origenes, der in der bisherigen Forschung zumeist vorausgesetzt wird, ohne da er im einzelnen nachgewiesen w re. Dabei gilt es zun chst festzuhalten, da Dionysius seine rhetorische und 21 22
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Vgl. dazu Schmid 699ff. Diog. Laert. X, 9: ή τε διαδοχή, πασών σχεδόν έκλιπουσών των άλλων, ες αεί διαμένουσα και νηρίθμους αρχάς άπολύουσα άλλην εξ άλλης των γνωρίμων. Vgl. auch Lactanz, Inst. Div. Ill, 17. Dazu E. Zeller, Philosophie III, l, 390 Anm. 2. Vgl. Schmid 771. Eus. h. e. VII, 26, 2. Da es sich bei Timotheus, der als παις bezeichnet wird, um einen Sohn und nicht um einen Sch ler gehandelt haben d rfte, wie noch Dittrich (4 f.) gemeint hatte, geht vor allem aus dem Brief des Dionysius ,Gegen Germanus' (Eus. h. e. VI, 40, 3) hervor. Vgl. dazu im einzelnen: Roch 23—25; Bardenhewer LG II, 204 Anm. 1. Demnach d rfte Dionysius verheiratet gewesen sein. Ob er allerdings als Bischof noch verheiratet war, wissen wir nicht. Ausgeschlossen w re es nicht, denn von Demetrius hei t es in koptischer berlieferung, er sei verheiratet gewesen (Synaxarium Alexandrinum, CSCO, script, arab. 13,65 Forget; Chronicon Orientale 114f.; Historia Patriarchum Alexandrinum c. 4 [PO l, 115]), und Dionysius selbst erw hnt einen Bischof aus Nilus mit Namen Ch remon, der in einer Verfolgung mit seiner Frau ins Gebirge geflohen sei (Eus. h. e. VI, 42, 3). AaO 2-25. Vgl. dazu u. S. 156ff. Vgl. au er den Arbeiten von G. Roch und Ph. S. Miller die Anmerkungen bei Feltoe und in meiner bersetzung zum Text.
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wohl auch seine klassische Allgemeinbildung schwerlich dem Origenes zu verdanken haben dürfte. Denn dieser stand bekanntlich der Rhetorik voll Mißtrauen gegenüber und bevorzugte selbst die einfache und schmucklose Rede28. Darüber hinaus fällt auf, daß Origenes selbst sich mit Epikur und dem Epikureismus zwar auseinandergesetzt hat; doch geschah dies eher beiläufig und traditionell. Anders als Klemens verrät Origenes keine genauere Kenntnis des Epikureismus. Ja, den Platoniker Kelsos bezeichnet er als ,Epikureer'29, was allerdings polemisch gemeint sein könnte30. Wichtiger für uns ist, daß Origenes den Atomismus Epikurs ebenso ablehnte wie den Materialismus der Stoiker31, während Dionysius weniger den Materialismus Epikurs kritisiert als vielmehr die Zufälligkeit und Planlosigkeit seiner atomistischen Kosmologie, was er als Ausdruck seiner Gottlosigkeit betrachtet. Im Sinne des Kreatianismus ist Dionysius sogar bereit, Gottes Schöpfertätigkeit gegen den Vorwurf der Mühsal zu verteidigen32, während Origenes Traduzianismus und Kreatianismus durch die Lehre von der Präexistenz der Seelen zu überwinden trachtete33. Auffallend ist bei Dionysius auch das eigentümliche Nebeneinander von philosophischer Erkenntnis und Bibelwort, bzw. die gleichwertige Verwendung klassischer und biblischer Zitate. Gleich zu Anfang des von Euseb überlieferten Textes stellt Dionysius die christliche Lehre von der Einheit der Welt in eine Reihe mit Plato, Pythagoras, Stoa und Heraklit34. Später beruft er sich zur Unterstützung seiner Argumente für das göttliche Wirken in der Welt auf den Dichter, d.h. auf Homer35, und stellt diesen gewissermaßen in eine Reihe mit Paulus36 und den Propheten des Alten Testa-
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Vgl. dazu u. S. 174 ff. C. Cels. 1,8; 111,80. Vgl. C. Andresen, Logos und Nomos (AKG 30), Berlin 1955, 386. Vielleicht handelt es sich auch um eine Verwechslung mit einem Epikureer gleichen Namens. Dazu W. Schmid aaO 770. C. Cels. IV, 14. Eus. p. e. XIV, 27, Iff.; Feltoe 155ff. Vgl. dazu H. Chadwick, in: The Cambridge History of Later Greek and Early Medieval Philosophy (hg. v. A. H. Armstrong), Cambridge 1970, 191: „Creatianism seemed to involve God in endless fuss". Vgl. 190f.; ferner: A. Harnack, Lehrbuch der DG II, 316. Vgl. dazu u. S. 115ff. Eus. p. e. XIV, 23, l (GCS 43, 2, 324, lOff.); Feltoe 131, 7ff. Eus. p.e. XIV, 25, 9 (328,24); Feltoe 143,3. Das von Dionysius angeführte Zitat stammt aus Homer, Od. XVII, 218, war jedoch in der Antike weit verbreitet; vgl. Plato, Grg. 510b; Aristoteles, Nik. Eth. IX, l, 6. Vgl. Eus. p. e. XIV 25, 6 (328, 8 f.), wo Dionysius 1. Kor. 15, 41 zitiert zum Beweis dafür, wie treffend Paulus den Glanz der verschiedenen Gestirne unterschied (Feltoe 141, 9ff.).
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ments37 sowie mit anderen Aussagen der Bibel, die Dionysius gelegentlich als „heilige Schrift" (αγία γραφή)38 bezeichnet. Dem blinden Zufall in der Atomenlehre Epikurs stellt Dionysius nach stoischem Vorbild die „allweise Vorsehung" (πρόνοια)39 gegen ber. Sie ist es, die in Wahrheit die Sch nheit und Zweckm igkeit der Natur bewirkt. Sie gestaltet den Kosmos und regelt den Kreislauf der Gestirne und wird in besonderer Weise im Wunderwerk des menschlichen Organismus sichtbar40. F r Dionysius verbindet sich diese Lehre ebenso wie f r die anderen Theologen der fr hen Kirche m helos mit dem biblischen Sch pferglauben. Da Gott, der Sch pfer der Welt, auch f r sie sorgt, sie leitet und f hrt, ist eine im Alten Testament durchaus verbreitete Vorstellung41. Allerdings ist der Gedanke einer g ttlichen F rsorge f r die Welt, wie er dabei im Vordergrund steht, vor allem als geschichtsgestaltender g ttlicher Wille gemeint. Erst in sehr sp ten Schriften des Alten Testaments, insbesondere in der j dischen Weisheitsliteratur, begegnet der Gedanke an eine g ttliche Vorsehung im Sinne einer abstrakten philosophischen Idee. In diesen Schriften, die nur in der Septuaginta berliefert sind, findet sich erstmals auch der Begriff πρόνοια, f r den es in der hebr ischen Sprache anscheinend kein quivalent gibt42. Diese Schriften, die offensichtlich von der stoischen Philosophie beeinflu t sind, haben ihrerseits auf Philo43 und dann auch auf die alexandrinische Theologie44 eingewirkt, so da 37
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Eus. p. e. XIV 25, 17 (330, 22ff.); Feltoe 147, 16ff. wird „der Prophet" Amos zitiert (Amos 3,3); Eus. p. e. XIV 27,2 (334, 20ff.), Feltoe 156, 6ff. zitiert Dionysius aus Jer. 31, 10 (LXX). Eus. p. e. XIV 25, 4 (327, 10), Feltoe 140, 6. Dionysius zitiert in diesem Zusammenhang Hiob 14, 1; „Sterblich ist der vom Weibe Geborene; sein Leben ist kurz". Eus. p. e. XIV, 26, 6; vgl. 25, 10; 26, 4 (Feltoe 151,55; 144,5; 150, 2). Eus. p. e. XIV, 26, l ff. (Feltoe 148, lOff.). In 26, 9 (Feltoe 153, 3 ff.) verweist Dionysius auf rzte, die bei der Betrachtung des menschlichen Organismus so berw ltigt waren, da sie der Natur g ttliches Wesen zuschrieben. Dazu wie auch zu dem Folgenden: J. Behm, in: ThW IV, 1005ff. Vgl. die Angaben bei E. Hatch/H. A. Redpath, A Concordance of the Septuagint and the other Old Versions of the Old Testament, 1892/97 (Nachdruck Graz 1954) s.v. Philo, der selbst der stoischen Philosophie in vielf ltiger Weise verpflichtet ist, hat seinerseits eine Schrift mit dem Titel Περί προνοίας verfa t, von der allerdings in griechischer Sprache nur einige Fragmente in der Praeparatio Evangelica Eusebs erhalten sind. Die gesamte Schrift, die aus zwei Teilen besteht, ist nur auf armenisch berliefert. Vgl. die deutsche bersetzung von L. Fr chtel, in: Philo von Alexandria. Die Werke in deutscher bersetzung Bd. VII, Berlin 1964, 267-382. Selbstverst ndlich finden sich in dieser Schrift deutliche Auseinandersetzungen mit dem Epikureismus (vgl. bes. I §§ 37—54). Doch l t sich ein Einflu auf Dionysius nicht feststellen. Auch Klemens von Alexandrien hat m glicherweise eine Schrift Περί προνοίας verfa t, von der allerdings nur sp rliche Reste erhalten sind. Dazu: O. St hlin, in: GCS 17 (2. Aufl. 1970), S. XXIIf.; Texte: Ebd. 219-221.
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Dionysius als legitimer Erbe dieser Tradition erscheint. Aus der Nähe betrachtet ergeben sich allerdings vor allem gegenüber Origenes nicht unwesentliche Unterschiede in der Übernahme dieses Erbes. Wie für Dionysius45 spielt auch für Origenes der Gedanke an die göttliche Vorsehung eine nicht unbedeutende Rolle. Aber im Unterschied zu Dionysius, der beinahe ungebrochen stoische Gedanken übernimmt, verhält sich Origenes deutlich distanziert gegenüber stoischen Gedankengängen, gerade auch in der Frage der Theodizee46. Der -Begriff hat bei Origenes eine heilsgeschichtliche Dimension und kann mit dem Leitgedanken der geradezu identisch werden47. Dionysius aber geht es nicht um Gottes Erziehungswerk am Menschen — auch dies unterscheidet ihn von Origenes — sondern um das Wunderwerk der Schöpfung, durch das Gottes Vorsehung hindurchschimmert. Die Vorsehung wird bei Dionysius sogar zum handelnden Subjekt, die sich um Schönheit und Nutzen der Dinge kümmert48, wofür es — soweit ich sehe — keine Parallelen bei Origenes gibt. Solche finden sich hingegen nicht nur in der eigentlichen stoischen Literatur, sondern auch in den bereits erwähnten spätjüdischen Schriften49, wo die ebenfalls zum Gottesbegriff werden kann. Berücksichtigt man, daß bei Dionysius der Vorsehungsgedanke mit der Schöpfungslehre verbunden ist50, dann fällt auf, daß jeglicher Bezug zur Logoslehre in diesem Zusammenhang fehlt. Die zentrale Bedeutung des Logos für Origenes, aber auch für Philo findet bei Dionysius keine Parallele51. Gewiß liegt das auch an der Zielsetzung des dionysischen Traktats gegen Epikur, der sich — genauer betrachtet — als Beitrag eines Christen des 3. Jahrhunderts zu der philosophischen Auseinandersetzung zwischen Stoa und Epikureismus entpuppt, weshalb Euseb recht hat, wenn er Dionysius 45 46
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Vgl. dazu außer dem vorliegenden Traktat auch Eus. h. e. VI, 40, 3 (Feltoe 25, 5). Vgl. dazu vor allem: Hai Koch, Pronoia und Paideusis, 1932, 28ff.; 214ff.; 240ff. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Beobachtung Kochs: „Zwar verwendet er (sc. Origenes) gelegentlich — besonders in den Homilien, also für die simpliciores und nicht für die Gnostiker bestimmt — einen großen Teil der stoischen Theodizeegedanken, aber diese Stellen tragen gerade das Gepräge der Zufälligkeit. Wirkliche Bedeutung für seinen eigenen Vorsehungs- und Gottesbegriff haben sie nicht" (215). Dionysius stand in diesen Dingen den simpliciores offensichtlich näher. Vgl. Hai Koch, Pronoia und Paideusis, 31. Eus. p. e. XIV, 26, 4 (Feltoe 150, Iff.); vgl. 26, 6 (Feltoe 151, 4ff.). Sap. Sal. 17, 2; 4. Makk. 9, 24; 13, 19; 17, 22. Vgl. 3. Makk. 4, 21. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Eus. p. e. VII, 19, 1-8 (GCS 43, l Mras 401, 5402, 5), Feltoe 182 — 185. Dieser Abschnitt gehört zur Verteidigungsschrift des Dionysius im sogen. .Streit der beiden Dionyse' (dazu u. S. 200ff.). Die sachliche Nähe dieses Textes zu der Auseinandersetzung mit Epikur wurde in der Forschung auch früher schon betont (Dittrich 20ff.; Bouma 190f.). Zur Christologie des Dionysius vgl. u. S. 125ff., 210f.
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in der Einleitung zu diesem Traktat als „bischöflichen Vertreter der christlichen Philosophie" bezeichnet52 und ihn in eine Reihe mit Plato und Aristoteles stellt. Zwar erreicht Dionysius keineswegs die Bedeutung der genannten Philosophen, aber sein Beitrag ist philosophischer Natur. Seine Argumente verbinden heidnische und christliche Elemente in einer Weise, die deutlich über die Apologeten hinausgeht, auch wenn sich bei Dionysius gewisse Parallelen zu Theophilus von Antiochien finden lassen53. Doch bei ihm fehlt jener apologetische Zug, der das Christentum von irgendwelchen Vorwürfen zu befreien sucht. In überlegener Weise tritt Dionysius als Christ in den philosophischen Dialog seiner Zeit ein, und seine Stellungnahme gegen Epikur und den Epikureismus hat sicherlich wie die anderer Theologen zum Rückgang des Epikureismus nicht unwesentlich beigetragen. All dies läßt sich nur schwer als Erbe des Origenes interpretieren, der in seiner Kosmologie sehr viel stärker dem Platonismus folgte als der Stoa und weniger den Atomismus Epikurs als vielmehr den Materialismus von Epikureismus und Stoa in gleicher Weise ablehnte. Insgesamt aber hatte Origenes versucht, die Auseinandersetzung mit der Philosophie mit theologischen und vor allem biblischen Argumenten zu führen, wobei die biblischen Argumente nicht — wie bei Dionysius — mit klassischen Zitaten einfach verknüpft wurden, der auf diese Weise einen breiten Konsensus der Gebildeten für seine Anschauungen zu erreichen suchte.
c) Der Kommentar zum Ekklesiastes Angesichts der schwierigen Uberlieferungsverhältnisse dieses Kommentars54 sei hier nur auf die beiden neugefundenen Fragmente eingegangen, die deutlich antiorigenistisches Gepräge zeigen und darum für unsere Fragestellung besonders wichtig sind. Vermutlich handelt es sich um Bemerkungen, die ursprünglich gegen Ende des Kommentars gestanden
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Eus. p. e. XIV, 22,17. Vgl. z. B. die Bemerkungen über die Etymologie des Wortes bei Theoph., Ad Autol. I, 4 und Dionysius (Eus. p. e. XIV, 27, 8) und die Schilderung der Schönheit und Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt sowie der gesamten kosmischen Ordnung in Ad Autol. I, 6 und Eus. p. e. XIV, 25, Iff. Der Hinweis auf die Plejaden, den Orion und den Arktur knüpft dabei an biblische Vorbilder an (vgl. Hiob 9, 9; 38, 31). Zur ähnlichen Deutung des Paradieses vgl. u. S. 119f. Eine direkte Abhängigkeit des Dionysius von Theophilus läßt sich daraus nicht ableiten. Vielmehr dürften beide aus einem gemeinsamen Überlieferungsstrom schöpfen. Vgl. ergänzend zu den vorausgeschickten Bemerkungen über diesen Kommentar (o. S. 55 ff.) M. Faulhaber, Hohelied-, Proverbien- und Prediger-Catenen (Theol. Studien der Leo Gesellschaft 4), Wien 1902, 145 f.
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hatten und in deren Mittelpunkt die Exegese des Verses Ekkl. 12, 7 stand55. Dionysius deutet den Satz: „Der Staub wird wieder zur Erde, wie er war, und der Geist (πνεύμα)56 kehrt zu Gott zur ck, der ihn gegeben hatte" — im Sinne des alttestamentlichen Sch pfungsglaubens x jd im Kontext des Predigerbuches legitimerweise auf Leib und Seele des Menschen. Denn nach Gen. 2, 7 hatte Gott den Menschen aus Erde geschaffen und ihm seinen Odem eingehaucht. Dionysius betont nun im ersten Fragment mit Nachdruck, da dabei die Sch pfung des πνεύμα zusammen (άμα) mit dem menschlichen Leib erfolgte. Auch wenn er nicht von ψυχή, sondern in Anlehnung an den biblischen Text vom πνεύμα des Menschen spricht, handelt es sich sachlich um die Sch pfung des Menschen im Sinne des Kreatianismus. Dabei liegt die Spitze seiner Interpretation in der gleichzeitigen Erschaffung von Leib und Seele bzw. Geist. Dies aber widerspricht eindeutig der Lehre des Origenes von der Pr existenz der Seelen sowie einer ewigen geistigen Welt, einer ewigen Sch pfung, die sich vor bergehend mit der Materie verbindet. Der Widerspruch gegen Origenes wird noch deutlicher im zweiten Fragment, das wahrscheinlich auch urspr nglich im gleichen Zusammenhang gestanden hat. In ihm ist ausdr cklich von Seelen (ψυχαί) die Rede, die auf den Befehl Gottes bei der Sch pfung zu den Leibern hjnzutreten, „keineswegs jedoch vorher existiert h tten oder zuvor gezeugt worden w ren" (ουκ ούσαι ου προγεγονυΐαι πρότερον). Deutlicher Hann man die Ablehnung der Lehre von der Pr existenz der Seelen kaum zum Ausdruck bringen. Zwar wird Origenes nicht namentlich genannt, aber die Tatsache, da ein alexandrinischer Theologe in der Mitte des 3. Jahrhunderts diese Lehre so nachdr cklich bek mpft, l t sich kaum anders interpretieren als eine Polemik gegen Origenes. War Dionysius demnach ein Antiorigenist ? Diese Frage l t sich nicht pauschal beantworten. Bedenkt man die zentrale Stellung, die die genannte Lehre innerhalb der Theologie des Origenes hat57, bedeutet ihre Verwerfung in der Tat eine fundamentale Differenz mit weitreichenden Konsequenzen f r die gesamte theologische Position des Gegners. Die Bezeichnung .Antiorigenist' w re jedoch lediglich eine wenig hilfreiche plakative Schematisierung des Sachveth lts, eine Negativfolie, die wenig ber die inhaltlichen Konsequenzen f r die theologische Position des Dionysius aussagt. Allerdings wird man angesichts dieser u erungen Dionysius noch weniger als bisher als ,Origenistenc einordnen k nnen und stattdessen verst rkt nach dem geistigen Hintergrund und der Mitte seines 55
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Dieser Vers wird im ersten Fragment zitiert. — Von dem Ekklesiastes-Kommentar des Didymos, der in Tura gefunden wurde, fehlt leider der Schlu , so da ein Vergleich seiner (origenistischen) Exegese mit der des Dionysius nicht m glich ist. Im hebr ischen Text steht an dieser Stelle das Wort ΠΠ. Vgl. dazu K.-H. Schwane, Die Vorgeschichte der augustinischen Weltalterlehre (Antiquitas I, 12), Bonn 1966, 183ff. (mit Belegen).
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theologischen Denkens zu fragen haben. Wie weit hat er die Konsequenzen aus seiner Ablehnung der origeneischen Kosmologie und Seelenlehre gezogen? Tats chlich verzichtet Dionysius berhaupt auf die Annahme einer geistigen, g ttlichen Welt, einer ewigen Sch pfung neben Gott58. Zwar sind auch f r ihn die Seelen der Menschen g ttlichen Ursprungs (του θεού ϊδιαι) und kehren nach dem Tode der Menschen zu Gott zur ck. Aber sie sind Teile der allgemeinen und nicht einer besonderen Sch pfung. F r Dionysius ist Gott nicht nur der Sch pfer, sondern zugleich das Wesen aller Dinge (ύπόστασις των δλων)59. Im Unterschied zur Materie (ΰλη) — und diesen Unterschied betont Dionysius mit Nachdruck60 — ist Gott als einziger ungeworden (άγένητος), ja, die άγενησία ist sein besonderes Wesen, durch das er sich von allem anderen abhebt61. Auf diese Weise versucht Dionysius die Einheit des Gottes begriff s zu bewahren. Jede Art von Dualismus oder gar Polytheismus sind ihm ein Greuel. Polytheisten sind in Wahrheit Atheisten62. Die Sch pfung erfolgte entsprechend der g ttlichen Weisheit (κατά την εαυτού σοφίαν)63, nicht wie bei einem Handwerker, der irgendwelche Rohstoffe bearbeitet oder formt. Darin liegt f r Dionysius kein Widerspruch zu den T tigkeiten des Sch pfers: „Wirken, Lenken, Wohltun und F rsorgen", wie er gegen ber Epikur betont64. Denn Gott ist nicht allein leidensunf hig (απαθής), unwandelbar (άτρεπτος) und unbeweglich (ακίνητος), sondern auch t tig (έργαστικός)65. 58
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Vgl. dagegen f r Origenes K.-H. Schwane aaO 187: „Im Gegensatz zum biblischen Sch pfungsbericht, der die creatio ex nihilo mit dem zeitlichen Anfang dieser sichtbaren Welt ineins setzt," — dies tut auch Dionysius — „unterscheidet also Origenes zwischen der berzeitlichen Erschaffung der Geister und der durch ihren Abfall hervorgerufenen innerzeitlichen Hervorbringung der Materie und der sichtbaren Welt". Eus. p. e. VII, 19, 7 (Mras 402, 2). Diesen Unterschied betont auch Athenagoras, suppl. 4, 1. Er richtet sich einerseits gegen die Annahme eines kosmischen Dualismus und andererseits gegen die Lehre von einer ewigen Materie, die Gott — gleichsam wie ein Handwerker — nach seinen Pl nen gestaltet h tte. Eine solche Lehre von der ewigen Materie begegnet z. B. im Zusammenhang der Deutung der platonischen ανάγκη (Timaios 47 e) auf die Materie, wie wir sie bei Hermogenes finden. Vgl. J. H. Waszink, Bemerkungen zum Einflu des Platonismus im fr hen Christentum, in: VigChr 19 (1965) 145. Eus. p. e. VII, 19, 3: εΐ μεν γαρ αΰτοαγενητόν εστίν ό θεός και ουσία εστίν αύτοΰ, ως αν εΐποι τις, ή άγενησία (Mras 401, 12 f.). Vgl. 19, 8: τω γαρ είναι άγένητον άμα και το πως είναι προσήψε (Mras 402, 3 f.). Bei der Formulierung προς τους άθεωτάτους πολυθέους (Eus. aaO 19, 8 Mras 402, 5) handelt es sich vermutlich um ein sp ttisches Wortspiel, vgl. Bouma 162. Eus. p. e. VII, 19, 7 (Mras 401, 25).
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Eus. p. e. XIV, 27, 1: „Έργάζεσθαι δε γε και διοικεΐν και εύεργετείν τε και προκήδεσθαι" (Mras 334, 9).
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Eus. p. e. VII, 19, 5 (Mras 401, 19). Au er dem letzten Begriff, der in der fr hchristlichen Literatur ohne Parallele ist, geh ren die anderen zu den in apologetischem Schrift-
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Gott als Schöpfer und als Lenker des Weltgeschehens, der alles irdische Leben nach seiner allweisen Voraussicht ( ) regelt — dies entspricht wie auch die anderen Vorstellungen über Gott und Welt nicht selten apologetischer Tradition, der auch Origenes zum Teil verpflichtet ist, die aber bei Dionysius anscheinend ungebrochen fortwirkt, wobei der Einfluß der stoisch beeinflußten jüdischen Weisheitsliteratur besonders auffallend ist, während platonische Gedanken stark zurückgedrängt werden. Insbesondere fehlt bei ihm jene Spannung zwischen unsichtbarer geistiger bzw. göttlicher Welt auf der einen Seite und der sichtbaren, irdischen und materiellen Welt auf der anderen. Dionysius denkt offensichtlich geschichtlich linear, die Schöpfung ist für ihn ein zeitlicher Akt, mit ihr tritt die Welt in die Geschichte ein, und mit ihrem Ende hört die Geschichte auf. Jene kosmologische Dimension des origeneischen Erlösungswerkes, die deutliche Parallelen zu den gnostischen Systemen aufweist, findet sich bei Dionysius nicht. Damit fällt auch die Lehre von der bei ihm dahin66. Die Welt ist nach Dionysius für den Menschen eine Werkstatt, ein Theater, eine Schule und eine Sporthalle67, d. h. Ort der Bewährung und Gegenstand der Betrachtung, die zur Erkenntnis des Menschen über sich selbst führen soll. Die Frage stellt sich, welche Bedeutung unter dieser Voraussetzung die Bibel für Dionysius hat, durch deren Studium der Mensch nach Origenes erst in die tieferen göttlichen Geheimnisse eindringt. Bekanntlich ist der menschgewordene Logos in Christus für Origenes nicht nur die zentrale kosmische Mittlergestalt, die bei Dionysius deutlich in den Hintergrund rückt, sondern zugleich das Herzstück seiner biblischen Hermeneutik, Orientierung für das wahre, geistliche Verständnis der Schrift, das es durch den Wonsinn hindurch zu erfassen gilt. Das biblische Wort ist gewissermaßen die Inkarnation des ewigen Gotteswortes68 und der Logos der hermeneutische Schlüssel zu seinem wahren Verständnis. Gerade am Umgang mit der Bibel muß es sich zeigen, ob und wieweit Dionysius durch Origenes geprägt war oder nicht. Denn Origenes war vor
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turn geläufigen Gottesattributen; vgl. z. B. Athenagoras, suppl. 4, 1; 10, 1; 22, 5 sowie den dazugehörigen Kommentar bei Joh. Geffcken. Zwei griechische Apologeten (Stuttgart 1907), Nachdruck Hildesheim 1970. Zur Lehre des Origenes von der Apokatastasis vgl. K.-H. Schwarte aaO 189ff. Vgl. außer der dort S. 189 Anm. 49 genannten Literatur auch G. Müller, Origenes und Apokatastasis, in: ThZ 14 (1958) 174-190; ferner den Artikel im Hist. Wörterbuch d. Phil. I (1971) 440f. (G. Bien/H. Schwabl) mit weiterer Literatur. Text dieses in den Sacra Parallela des Joh. Damascenus überlieferten Fragments bei K. Holl, S. 147 Nr. 364; Feltoe 163. Vgl. R. Gögler, Zur Theologie des biblischen Wortes bei Origenes, Düsseldorf 1963, 299ff. - Außer auf die Arbeit von Gögler sei in diesem Zusammenhang verwiesen auf: H. Crouzel, Theologie de l'image de Dieu chez Origene, Paris 1956 und M. Harl, Origene et la fonction revelatrice du Verbe Incarne, Paris 1958.
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allem Bibeltheologe. Das zeigt bereits ein kurzer Blick auf sein Werk. Und die von ihm systematisch begr ndete allegorische Bibelerkl rung darf als besonderes Merkmal origenistischer Theologie angesehen werden.
d) Die Deutung des Paradieses bei Dionysius und Origenes Ein weiteres Fragment des Dionysius aus dem antiorigenistischen Florileg in Cod. Vatop. 23669 besch ftigt sich mit der Deutung des Paradieses. Dionysius wendet sich in ihm nachdr cklich gegen die Vorstellung, das Paradies sei ein himmlischer Ort (χώρον ύπερκόσμιον) und nicht ein Teil dieser Welt. W re es n mlich kein Teil dieser Welt, fragt Dionysius, wie h tte Gott dort die Tiere aus Erde schaffen k nnen, und wo w ren dann der Mensch mit seiner Frau, der Baum des Paradieses und die Schlange gewesen ? Dieser Text best tigt indirekt die Bemerkung Prokops70, Dionysius habe in seinem Ekklesiastes-Kommentar die allegorische Deutung der Fellkleider (Gen 3,2l) 71 und anderer Dinge des Paradieses abgelehnt, auch wenn ein Beleg daf r in den erhaltenen St cken des Kommentars fehlt. Jedenfalls geh rt Dionysius zu jenen Theologen der alten Kirche, die ein w rtliches Verst ndnis der biblischen Paradiesgeschichte gegen eine allegorische oder bertragene Deutung verteidigten72. Eine solche Deutung begegnet bereits bei Philo von Alexandrien, wurde dann aber vor allem von Origenes vertreten73 und war deshalb sp ter nicht selten Gegenstand antiorigenistischer Polemik, insbesondere bei Epiphanius von Salamis74. Die Vermutung liegt nahe, da sich auch die u erung des Dionysius ber das Paradies bereits gegen Origenes richtete, auch wenn ein direkter Hinweis 69 70 71
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Vgl. dazu o. S. 37f. Prokop, Komm, zu Gen 3,21 (PG 87, l, 221 B). H. Crouzel hat nachzuweisen versucht, da die allegorische Deutung der Fellkleider, die in der antiorigenistischen Polemik eine wichtige Rolle spielt, nicht von Origenes selbst stammt, sondern da die sp tere Polemik auf die Fehlinterpretation einer Stelle aus dem Werk des Methodius von Olympus bei Epiphanius zur ckgeht (Les critiques adressees par Methode et ses contemporains la doctrine origenienne du corps ressuscite, in: Gregorianum 53/4 [1972] 679—716). In der Tat ist diese allegorische Deutung im exegetischen Werk des Origenes nicht nachweisbar. Vgl. jedoch Origenes, c. Cels. IV, 40 (mit den Bemerkungen von M. Borret [SC 136] Paris 1968, 288, 20ff.). Den Hinweis verdanke ich Herrn Prof. Kettler, M nster. Vgl. z. B. Theophilus von Antiochien, Ad Autol. II, 24, wo es hei t: το ούν έτι εκ της γης και κατά ανατολάς σαφώς διδάσκει ημάς ή θεία γραφή τον παράδεισον ύπο τοϋτον τον ούρανόν, ύφ' δν και άνατολαι καΐ γη εΐσιν (ed. R. M. Grant, 64). Vgl. S. L uchli, Die Frage nach der Objektivit t der Exegese des Origenes, in: ThZ 10 (1954) 181; R. P. C. Hanson, Allegory and Event, London 1959, 269ff. Epiph., Ancor. 54; 62; vgl. Method. l. bei Epiph., Pan. 64, 47.
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auf das Werk des Origenes fehlt. Nun hat allerdings M. Rauer vor einigen Jahren auf ein bis dahin unbekanntes Katenenfragment des Origenes hingewiesen, in dem die reale Existenz des Paradieses ausdr cklich verteidigt wird75. Darin hei t es unter Hinweis auf die Quelle, die Fl sse, den Feigenbaum, Adam und Eva usw.: „wenn das Paradies nicht real (αίσθητός) w re, w rde sich die ganze Geschichte in Mythos und Allegorie aufl sen" (μυθολογεΐται αλήθεια και άλληγορεΐται τα πάντα). Geht man davon aus, da die berlieferung zuverl ssig ist und dieser Text tats chlich von Origenes herr hrt, was bei der Katenen berlieferung nicht immer mit Sicherheit festgestellt werden kann, dann folgt daraus, da Origenes trotz seiner zumeist bertragenen Deutung des Paradieses an der Realit t des in Gen 1—3 Berichteten festhalten und keineswegs alles in Allegorie aufgel st wissen wollte. Zur allegorischen Auslegung des Origenes besteht insofern kein grunds tzlicher Widerspruch, als dabei dem Wortsinn eines Textes nicht selten eingehend Beachtung geschenkt wird. Auch das in einem Text geschilderte Ereignis wird zumeist nicht in seiner sachlichen oder historischen Realit t bestritten. Bei der Analyse der Texte bedient sich Origenes h ufig der zeitgen ssischen und in Alexandrien besonders gepflegten grammatischen und philologischen Methoden76. Doch dies alles dient bei ihm nur dazu, das vordergr ndige Verst ndnis eines Textes zu erschlie en. Gelegentlich, vorwiegend bei alttestamentlichen Texten, kann die w rtliche Betrachtungsweise auch dazu dienen, dieses ad absurdum zu f hren, um den in der gesamten Bibel enthaltenen geistlichen Sinn mit Hilfe der allegorischen Auslegungsmethode zu erschlie en77. In jedem Fall geht es Origenes um ein tieferes Verst ndnis der Texte, das von den αισθητά zu den νοητά vordringt78. Daf r findet sich bei Dionysius keine Parallele. Sofern Origenes jedoch auch die Realit t des Paradieses betont, besteht zwischen ihm und Dionysius kein Widerspruch.
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M. Rauer, Origenes ber das Paradies, in: Festschrift Klostermann (TU 77), Berlin 1961, 253-259; der Text des Fragments 258 f. Vgl. dazu R. M. Grant, The Earliest Lives of Jesus, London 1961; Chr. Sch ublin, Untersuchungen zu Methode und Herkunft der antiochenischen Exegese, K ln-Bonn 1974, 33 Anm. 34. Vgl. J. Pepin, A propos de l'histoire de l'exegese allegorique: l'absurdite, signe de Pallegorie, in: Stud. Patr. I (TU 63), Berlin 1957, 395-413. Kritik an diesem Vorgehen scheint Origenes schon fr h erfahren zu haben. Sie klingt bereits in der Legende ber den jugendlichen Origenes an, wo es hei t, da der Vater ihn zurechtgewiesen und ihn davor gewarnt habe, in der Bibel nach etwas zu forschen, was ber den Wortsinn hinausgehe (Eus. h. e. VI, 2, 9-10).
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e) Die Briefe an Basilides a) Der griechisch erhaltene ,kanonische' Brief
Der in Sammlungen kanonischer Briefe berlieferte Brief des Dionysius an Basilides79 ist ein bemerkenswertes Zeugnis kirchlicher Literatur des 3. Jahrhunderts. Bei dem Empf nger handelt es sich vermutlich um den bei Eus. h. e. VII, 26, 3 erw hnten Bischof der libyschen Pentapolis. Der rege Briefwechsel mit diesem Bischof unterstreicht die engen Beziehungen, die in dieser Zeit bereits zwischen der gyptischen Kirche und den Gemeinden Libyens bestanden. In der Anrede bezeichnet Dionysius den Adressaten als „meinen geliebten Sohn, Bruder und Mitdiener (in der Kirche) (συλλειτουργός)"80. Das l t einerseits darauf schlie en, da dieser — ebenso wie Dionysius — ein priesterliches Amt in der Kirche verwaltete. Die mehrfach wiederkehrende Bezeichnung als „Sohn"81 k nnte andererseits ein Hinweis darauf sein, da Basilides einmal Sch ler des Dionysius war. F r diese Annahme spricht m glicherweise auch eine Wendung gegen Ende des Briefes, in der Dionysius betont, er spreche zu ihm „nicht wie ein Lehrer" (ούχ ως διδάσκαλος)82. Zwar bedeutet dies zun chst, da Dionysius seine Ansicht nicht als autoritative ,Lehrmeinung' verstanden wissen wollte, sondern eher als einen Beitrag zur Diskussion. Vielleicht aber ist diese Wendung zugleich eine Anspielung auf seine T tigkeit als Katechet bzw. alexandrinischer Lehrer. Die betonte Zur ckhaltung, mit der Dionysius seine Meinung vortr gt, l t zudem vermuten, da Dionysius noch nicht alexandrinischer Bischof war, auch wenn jene zur ckhaltende, auf Vermittlung bedachte und Streitigkeiten m glichst vermeidende Art ein besonderer Wesenszug auch des Bischofs Dionysius gewesen ist83. In diesem Fall aber ging es ohnehin mehr um ein theologisches Gutachten zu einer umstrittenen kirchlichen Frage, zu dem Dionysius gut als kirchlicher Lehrer in Alexandrien — noch dazu von einem ehemaligen Sch ler — gebeten worden sein kann. Im Hauptteil des Briefes behandelt Dionysius die Frage nach dem Zeitpunkt der Auferstehung Jesu. Daneben geht er kurz auf Fragen der Sexualethik ein, die Reinheit menstruierender Frauen und ihre Beteiligung am 79 80 81
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Text: Feltoe 94-105; vgl. auch o. S. 53 f. Feltoe 94, l f. Feltoe 94, 3: πιστότατε και λογιώτατε υΙέ μου; 105, 5: συνετώτατέ μου υΙέ; 105, 7: αγαπητέ υιέ μου. Feltoe 105, 2 f. Vgl. insbesondere die Art und Weise, wie Dionysius die Auseinandersetzung mit den gyptischen Chiliasten (dazu u. S. 193 ff.) beizulegen versuchte. Oder sollte diese Auseinandersetzung ebenfalls in die Zeit vor der bernahme des Bischofsamtes geh ren?
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Gottesdienst, eheliche Enthaltsamkeit, die er nach l.Kor 7,5 geregelt wissen m chte, und schlie lich das Verhalten nach unfreiwilligem Samenergu , das Dionysius nach Rom 14,23 in die Gewissensentscheidung des einzelnen stellt. Bemerkenswert ist jedoch vor allem, wie Dionysius den Zeitpunkt der Auferstehung Jesu zu bestimmen sucht. Basilides hatte ihn darum gebeten, weil in der Kirche ber die Beendigung des vor sterlichen Fastens unterschiedliche Ansichten herrschten. In Rom wartete man bis zum ersten Hahnenschrei, in Libyen beendete man das Fasten bereits am Abend vor dem Ostersonntag. M glicherweise berief man sich in Libyen auf den Auferstehungsbericht des Matth us, der mit den Worten beginnt „sp t am Sabbat" (όψέ σαββάτων Mt 28, 1) und scheinbar einen fr hen Auferstehungszeitpunkt anzeigt. Demgegen ber behandelt Dionysius die Auferstehungsberichte aller vier Evangelisten gleichrangig — er behandelt nacheinander Mt 28,1-6; Joh 20, l; Lk 23, 56-24, 2; Mk 16, 1-2 - und versucht mit philologischer Akribie, aus den unterschiedlichen Angaben die gemeinsame Wahrheit zu erheben. Er ist davon berzeugt, da die Evangelisten in der Sache keineswegs unterschiedlich berichteten oder sich gar widerspr chen84, und bem ht sich deshalb ausdr cklich, das von ihnen Mitgeteilte „glaubw rdig miteinander in Einklang zu bringen"85. Zu diesem Zweck untersucht er eingehend den Bedeutungsspielraum des Wortes ,sp t* im allgemeinen Sprachgebrauch86, fragt nach dem n heren Zusammenhang, verweist auf sachliche Parallelen in den verschiedenen Berichten und kommt schlie lich zu dem Ergebnis, da der Aufbruch und der Weg der Frauen zum Grabe beim „ersten Morgengrauen" bzw. „sehr fr h" erfolgt sei. Der Weg bis zum Grab beanspruchte die Zeit bis zum Sonnenaufgang. Als die Frauen jedoch ankamen, hie es, der Herr sei bereits auferstanden87. Innerhalb dieser sorgf ltig ermittelten Zeitspanne erfolgte also die Auferstehung Jesu, genauer ist der Zeitpunkt nicht zu bestimmen. Als seelsorgerlichen Rat f gt Dionysius deshalb hinzu, diejenigen, die bereits mehrere Tage gefastet h tten, k nnten auch schon fr her das Fasten beenden, die anderen aber sollten tunlichst bis zum Morgengrauen aushaken. Die von Dionysius angewandte exegetische Methode zur Bestimmung eines f r die kirchliche Praxis wichtigen Datums entspricht jener vor allem 84
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Feltoe 96,8-10: και μηδέ διαφωνεΐν μηδέ έναντιοϋσθαι τους εύαγγελιστάς προς αλλήλους ύπολάβωμεν. Bei der Behandlung der Gethsemaneperikope in seiner Schrift ,Uber das Martyrium' nennt Dionysius als Begr ndung: T oiv πνεύμα το αγιον είς τους εΰαγγελιστάς κατανεμηθεν την πασαν του Σωτήρος ημών διάθεσιν εκ της εκάστου φωνής συντίθησιν (Feltoe 234, 8-10). Feltoe 96, 13-15: αλλ' ημείς ευγνωμόνως τα λεχθέντα και πιστώς άρμόσαι προθυμήθωμεν. Feltoe 97, 11 ff. Feltoe 100, l ff.
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im 4. Jahrhundert geübten Harmonistik, bei der die Widersprüche zwischen den Evangelien — insbesondere beim Stammbaum Jesu und der Auferstehungsgeschichte - mit allen Mitteln des Scharfsinns und der Gelehrsamkeit überbrückt wurden88. Dionysius bedient sich dieser Methode auch in anderem Zusammenhang, wenn es gilt, scheinbare oder wirkliche Widersprüche in der Bibel zu überwinden, und beweist dabei nicht selten beachtliches philologisches Geschick. Auch Origenes hat sich mit dem Problem der Widersprüche in den Evangelien beschäftigt, wertvolle philologische und historische Beobachtungen zu den einzelnen Texten notiert und sich auch grundsätzlich — vor allem in Buch X seines Johannes-Kommentars — dazu geäußert89. Wie Dionysius so ist auch er davon überzeugt, daß die Evangelisten vom Hl. Geist inspiriert waren, so daß sich ihre Berichte letztlich nicht widersprechen. Doch während Dionysius sich darum bemüht, die Widersprüche exegetisch auszugleichen bzw. aus den unterschiedlichen Stimmen zu einem Problem den gemeinsamen Sinn zu erheben, zieht Origenes aus den Spannungen und Widersprüchen zwischen den Evangelien die Folgerung, daß die Wahrheit der biblischen Erzählungen nicht in ihrem buchstäblichen, sondern in ihrem geistigen Sinn gesucht werden muß, der mit Hilfe der allegorischen Auslegung erschlossen werden kann. Gerade die Widersprüche und Spannungen zwischen den Texten können dazu anregen, die Frage nach jenem tieferen Sinn zu wecken, wobei die Vielfalt der Zeugnisse zugleich den vielfältigen Verständnismöglichkeiten und -fähigkeiten der Menschen bei der Erkenntnis der göttlichen Wahrheit behilflich ist. Dionysius geht es um Ausgleich, Origenes um tiefere Einsicht. Der Unterschied liegt weniger im Umgang mit den biblischen Texten, bei dem nicht selten die gemeinsame alexandrinische philologische und grammatische Schulung sichtbar wird, als vielmehr in der Auffassung von der Bedeutung der Bibel insgesamt. Für Origenes ist sie Quelle göttlicher Offenbarungen, weshalb er auch der von der stoischen Mytheninterpretation herkommenden Allegorese verpflichtet ist, für Dionysius ist sie Wegweiser christlichen und kirchlichen Lebens und darum in ihrem Wortlaut verpflichtend, auch wenn dieser der historischen und philologischen Kritik offensteht.
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Vgl. H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche III, 159. Lietzmann sieht den Beginn der Harmonistik bei Euseb von Cäsarea. Ähnlich neuerdings auch H. Merkel, der meint: „Nach Origenes hat sich als einziger vornicänischer Kirchenvater nur noch Euseb von Caesarea einläßlich mit den Differenzen zwischen den Evangelien befaßt" (Die Widersprüche zwischen den Evangelien, 130). Wichtigstes Zeugnis ist Eusebs Schrift (PG 22, 879-1006), die Merkel eingehend analysiert (130ff.). Auf Dionysius geht er nicht ein. Vgl. dazu F.-H. Kettler, Funktion und Tragweite der historischen Kritik des Origenes an den Evangelien, in: Kairos 15 (1973) 36-49.
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts ) Der armenisch überlieferte Brief an Basilides
Auch in dem zweiten Brief an Basilides, von dem längere Bruchstücke in armenischer Sprache überliefert sind90, behandelt Dionysius ein Problem, das mit dem Osterfest zusammenhängt, den Zeitraum der drei Tage zwischen Tod und Auferstehung Jesu. Diese Frage ist schon früh in der alten Kirche behandelt worden91, oft zusammen mit einer theologischen Deutung der Hadesfahrt Christi. Dionysius geht es jedoch nicht um die damit verbundenen christologischen und soteriologischen Probleme92, sondern um den Sinn der biblischen Überlieferung von den drei Tagen, während der Zeitraum zwischen dem Tod Jesu am Freitagnachmittag und seiner Auferstehung am Sonntag in der Frühe oberflächlich betrachtet nur zwei Tage umfaßt. Erst gegen Ende des Briefes wird der Sinn der anfangs recht umständlich wirkenden Beweisführung deutlich. Dionysius wendet sich offensichtlich gegen eine Auffassung, die die Sonnenfinsternis am Karfreitag (Mk 15, 33; Mt27,45; Lk23,44) als Nacht interpretiert, um auf diese Weise die in Mt 12, 40 (Zeichen des Jona) vorausgesetzten drei Tage und drei Nächte exegetisch zu begründen, — eine Auffassung, wie sie z. B. die syrische Didaskalia vertritt93. Dionysius beginnt seine Widerlegung mit der Erörterung der Frage, in welcher Reihenfolge Tag und Nacht zusammengehören. Gehört die Nacht zum darauffolgenden Tag, oder beginnt der Tag am Morgen und endet mit der anschließenden Nacht? Für beide Auffassungen gibt es zwar biblische Belege, aber gerade die drei Tage zwischen Tod und Auferstehung Jesu machen deutlich, daß zunächst die Nacht und dann der Tage gerechnet werden muß. Denn Jesus ist nicht am Sabbat auferstanden, sondern am ersten Tag der Woche, weshalb die Christen auch diesen Tag feiern und nicht den Sabbat. Vielmehr sollte gerade der Sabbat, der jüdische Feiertag,
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Vgl. dazu o. S. 68 f. Der Brief ist am einfachsten zugänglich in der Übersetzung von F. C. Conybeare, in: JThS 15 (1914) 436-442. Vgl. W. Bauer, Das Leben Jesu im Zeitalter der neutestamentlichen Apokryphen (Tübingen 1909), Nachdruck Darmstadt 1967, 243ff., bes. 253ff. Vgl. dazu A. Grillmeier, Der Gottessohn im Totenreich, in: Mit ihm und in ihm. Christologische Forschungen und Perspektiven, Freiburg 1975, 76—174. Die wichtigste Literatur zu dieser Frage ist 76 Anm. l zusammengestellt. Conybeare 440ff. - Syrische Didascalia V, 14, 9-12 (Funk I, 274, 7ff.); vgl. W. Bauer, Das Leben Jesu, 254f.; F. Nau, Le comput pascal de la Didascalie et Denys d'Alexandrie, in: Rev. Bibl. 11 (1914) 423-425. - C. Holzhey hatte einst die Ansicht vertreten, Dionysius sei der Verfasser der syrischen Didaskalie bzw. einer griechischen Urschrift derselben (Theologisch-praktische Monatsschrift, Passau, 11 [1901] 515-523). Diese Ansicht, die später nicht wieder aufgegriffen wurde, dürfte durch diesen Text des Dionysius endgültig widerlegt sein.
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zu einem Trauertag werden, da an diesem Tag Jesus im Herzen der Erde weilte. Daß ein Tag von Abend bis Abend gerechnet werden muß, zeigt insbesondere der Bericht von der Einsetzung des Passafestes (Ex 12, 18—19; vgl. Lev. 23,5—6), das am Abend des 14. Nisan beginnt. Demgegenüber rechnet die syrische Didaskalia den Tag vom Morgen bis zum anderen Morgen, teilt den Karfreitag in zwei volle Tage, indem man nach der Sonnenfinsternis einen Einschnitt setzt und diese zusammen mit dem voraufgegangenen Tag als Einheit zählt sowie die restlichen drei Stunden des Tages zusammen mit der folgenden Nacht als weitere Einheit. Wohin aber gehört dieser künstlich geschaffene zweite Tag? Liegt er vor dem Sabbat, dann erfolgte die Auferstehung Jesu noch am Sabbat; tritt er an seine Stelle, dann erfolgte die Auferstehung Jesu an der Grenze zwischen dem ersten und dem zweiten Tag der Woche. Demgegenüber betont Dionysius, daß der Freitag als vollständiger Tag betrachtet werden muß, ebenso der Sabbat und schließlich auch der erste Tag der Woche, wobei der erste und der letzte der drei Tage nach üblichem Sprachgebrauch als ganze Tage anzusehen sind, weil auch im Teil das Ganze enthalten sei, wie ja auch von einem Geburtstag gesprochen werde, obwohl die Geburt selbst nur einen Moment dieses Tages ausmache. Die exegetische Argumentation des Dionysius, bei der sich umfangreiche Bibelkenntnis mit gesundem Menschenverstand verbindet, erinnert stark an den ersten Brief an Basilides. Wieder geht es um praktische kirchliche Fragen und nicht um die Erfassung eines geistlichen Schriftsinnes. Die Auseinandersetzung mit der syrischen Didaskalia zeigt vielmehr, daß es um Fragen der Kirchenordnung ging, und man versteht von hier aus gut, wie Dionysius später in den Ruf eines kommen konnte94. f) „Über das Martyrium. An Origenes" Geht man von den erhaltenen Fragmenten der an Origenes gerichteten Schrift des Dionysius ,Uber das Martyrium' aus95, dann fällt es schwer, in ihr eine Trost- und Bewunderungsschrift für Origenes zu erblicken. Es fehlt nicht nur jeglicher Bezug zum Martyrium des Origenes, sondern überhaupt jeder Hinweis auf eine Verfolgungszeit. Stattdessen behandelt Dionysius in den beiden erhaltenen Fragmenten ausführlich die Gethsemaneperikope, prüft die unterschiedlichen Zeugnisse der Evangelisten, die sich jedoch — vom Hl. Geist inspiriert — bei aller Vielfalt zu der einen göttlichen Wahrheit über den Erlöser zusammenfügen96, und be94 95 96
Basilius, ep'. 188 can. 1. Feltoe 231-241; 245-248 (dazu meine Übersetzung 95-99; 100-102). Vgl. o. S. 40ff. Feltoe 234, 8 ff.
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Dionysius und die alexandrinische Kirche am Anfang des 3. Jahrhunderts
schäftigt sich insbesondere mit der Frage nach der Einheit des göttlichen Willens bei Vater und Sohn. Allerdings gehören in christlicher Tradition schon früh Martyrium der Christen und Passion Christi zusammen. „Wo im Neuen Testament vom Martyrium der Christen die Rede ist, da erscheint auch, stärker oder schwächer betont, die Verknüpfung mit der Passion"97. Noch deutlicher tritt diese Verknüpfung bei Ignatius von Antiochien hervor, für den Leiden und Nachahmung — und — Grundbegriffe seiner Martyrologie sind und der emphatisch ausrufen kann: „Gestattet mir, ein Nachahmer der Leiden meines Gottes zu sein"98. Ignatius ist jedoch nur ein besonders markantes Beispiel für eine in der frühen Kirche verbreitete Martyriumsfrömmigkeit, bei der Christusnachfolge im Sinne von Christusnachahmung verstanden wurde99 mit dem Ziel einer besonderen Verbundenheit mit Christus. Auch für Origenes ist Christus das Vorbild, dem der Märtyrer nachfolgt, allerdings „der göttliche, schlechterdings keiner menschlichen Schwachheit unterworfene Christus der idealistischen Spekulation. Der Gedanke, Jesus könnte in Gethsemane wirklich gebangt und gezittert haben, wird ausdrücklich verworfen: wenn Jesus darum bat, den Kelch nicht trinken zu müssen, so wünschte er nicht seine Errettung, sondern sehnte sich nur nach einer anderen und vielleicht noch schwereren Form des Leidens, so wie sich der Märtyrer freut, einen Tod von besonderer und höherer Art zu erleiden", schreibt H. von Campenhausen unter Berufung auf c. 29 der Schrift ,Exhortatio ad martyrium' des Origenes100. Vergleicht man dieses Kapitel mit der Schrift des Dionysius, dann fällt auf, daß die gleichen biblischen Texte behandelt werden. Ja, man hat den Eindruck, daß Dionysius sich gerade mit jener „idealistischen Spekulation" des Origenes in der Schrift, die bei Euseb den Titel trägt101, kritisch auseinandersetzt, so daß sich von hier aus eine einleuchtende Erklärung für den Titel der dionysischen Schrift ergäbe. Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung steht die Auslegung des Verses Mt26, 39 („Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber") und seiner synoptischen Parallelen (Mkl4,36; Lk22, 42). Für Origenes wäre es, wie er in c. 29 von ,Exh. ad martyrium' schreibt102, ein 97
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H. von Campenhausen, Die Idee des Martyriums in der alten Kirche, Göttingen 19642, 57. Ign. Rom. 6, 3. Vgl. H. v. Campenhausen aaO 65-79 (bes. 74); ferner N. Brox, Zeuge und Märtyrer (Studien z. Alten u. Neuen Testament 5), München 1961, 203-225 (bes. 206ff.). Vgl. dazu außer der genannten Arbeit von H. v. Campenhausen auch K. Baus, in: HbKG I, 334-336 mit Belegen (bes. 334 Anm. 31). H. v. Campenhausen aaO 129. Eus. h. e. VI, 28. GCS 2,25,3 ff. (Koetschau). Außer an dieser Stelle behandelt Origenes das Wort Mt 26,39 noch an verschiedenen Stellen seines Werks: z.B. Comm. ser. 92 in Mt;
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Mißverständnis des Textes, wenn man aus ihm schließen wollte, Jesus sei zur Zeit seines Leidens verzagt gewesen. Wäre er verzagt gewesen, wer könnte dann für immer standhaft sein, fragt er. Vor allem aber ergäbe sich ein Widerspruch zu PS27(26) l—3103, wo es u.a. heißt: „Und wenn ein kampfbereites Heer sich gegen mich stellt, wird mein Herz sich nicht fürchten" (V. 3), sofern man mit Origenes diese Verse als prophetische Worte Christi versteht. Verzagtheit und Tapferkeit in einer Person, das reimt sich für Origenes nicht zusammen. Und so sucht er nach verschiedenen Möglichkeiten, wie das Wort Jesu gemeint sein könne. Wenn also Jesus sage „so gehe dieser Kelch von mir", dann beziehe sich das vielleicht auf die besondere Art seines Martyriums; denn daß ,Kelch* das Martyrium bezeichnet, ist für Origenes gewiß. Und warum lehnte Jesus die besondere Art seines Martyriums ab? Vielleicht weil er insgeheim eine andere, schwerere Art des Martyriums wünschte — aus überschwenglicher Liebe für die Menschheit. Allerdings, so schließt Origenes seine Überlegungen ab, war dies nicht der Wille des Vaters, der höher und weiser ist als der Wille des Sohnes. Demgegenüber betont Dionysius gleich zu Anfang seiner erhaltenen Fragmente, wie sehr Jesus sich geängstigt und gezittert hat104, und stellt damit den Menschen Jesus ausdrücklich in den Vordergrund. In einer subtilen philologischen Begriffsbestimmung unterstreicht er zudem, daß die Wendung „der Kelch soll vorübergehen ( )"105 keine Zurückweisung des Kelches wie bei Origenes bedeutet, sondern die Bitte, der Kelch solle zunächst auf ihn zukommen. Jesus weist den Kelch nicht zurück, sondern wünscht, daß er kommen und dann an ihm vorübergehen solle. Damit ist auch klar, daß mit „diesem Kelch" kein anderer als der c. Cels. 11,25; VII, 55. Vgl. E. Früchtel in seinem Kommentar zu märt. 29,124 Anm. 30. Interessant sind in unserem Zusammenhang die Ausführungen in c. Cels. VII, 55: „Was nun im Gebet als Ablehnung desjenigen erscheint, was hier als Kelch bezeichnet wird, hat eine Bedeutung, die wir in anderen Schriften eingehender geprüft und dargelegt haben. Aber selbst wenn man die Stelle in dem einfachen Wortsinn versteht, so beachte man, ob nicht auch dies Gebet mit der Gott gebührenden frommen Gesinnung gesprochen ist; denn jeder Mensch betrachtet die Trübsal nicht als wünschenswert, sondern erträgt das, was ihm wider seinen Wunsch begegnet, nur, sobald die Umstände es fordern. Aber die Worte: „Doch nicht, was ich will, (geschehe), sondern was du willst" (Mk 14, 36), sind nicht von einem gesprochen, der sich in das Unvermeidliche fügt, sondern der willig annimmt, was über ihn kommt, und sich den von der Vorsehung verhängten Leiden ehrerbietig unterwirft" (Übersetzung nach Koetschau, BKV 53 [1927] 280). Was Origenes hier als Verständnis im „einfachen Wortsinn" ( ) bezeichnet, entspricht ziemlich genau der Auslegung des Dionysius. los £>je Verbindung von Mt 26, 39 und PS 26, l -3 (LXX) begegnet bei Origenes auch im Joh.-Kom. XXXII, 23. Vgl. E. Früchtel aaO 123 Anm. 28. 104 Feltoe 232, 5 ff. Dionysius spielt auf Mt 26, 37 und Mk 14, 33 an. 105 Feltoe 232, Iff.; vgl. 236, 11 ff.
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bereits nahe Kelch gemeint ist. Dadurch erübrigen sich die verschiedenen von Origenes vorgeschlagenen Deutungsmöglichkeiten. , Kelch' bezeichnet ferner für Dionysius nicht das Martyrium — wie bei Origenes —, sondern die Versuchung. Dabei unterscheidet Dionysius in wiederum recht subtiler Weise zwischen dem ,Versucht-Werden1 und dem ,In-Versuchung-Fallen' bzw. ,-Geraten'106. Jesus wird zwar — wie beispielsweise Abraham (Gen 22,1) — auf die Probe gestellt, aber er besteht sie und erliegt nicht der Versuchung. Die Bitte, „der Kelch möge vorübergehen", ist also nach der Meinung des Dionysius ähnlich zu verstehen wie die Bitte des Vater-Unsers „führe uns nicht in Versuchung"107, wobei diese Versuchung durch alle Widrigkeiten des irdischen Lebens kommen kann und nicht eine besondere Herausforderung für das Martyrium darstellt. Der für Origenes zentrale Widerspruch zwischen Mt26, 39 und PS 27(26), l —3 fällt für Dionysius von vornherein dahin, weil er die christologische Deutung der Psalmen nicht mit Origenes teilt. Möglicherweise aber ist das mehrfach in unserem Zusammenhang verwendete Bild eines kriegerischen Überfalls108 auf den Einfluß des Psalmenzitats in der Origenesexegese zurückzuführen. Das entscheidende theologische und exegetische Problem unseres Textes ist für Dionysius der scheinbare Widerspruch zwischen Mt 14,36 („Alles ist dir möglich") und Mt 26,39 („Wenn es möglich ist. . ."). Dazu schreibt er: „Wenn ich den Sinn nicht in dieser Weise aneinander angliche ( ), könnten vielleicht einige das — „wenn es möglich ist" — gottlos auslegen, als gäbe es etwas, das Gott nicht auszuführen in der Lage wäre, abgesehen lediglich von dem, was er nicht will". Und er fährt fort: „Er (sc. der Erlöser) äußerte seine Bitte also nicht selbstherrlich und nicht, als habe er sie allein beschlossen oder im Gegensatz zum Willen des Vaters, sondern so, daß es auch Gott gefiel"109. Gehorsam und voller Demut fügt sich Jesus in Gottes Willen. Nicht sein eigener, d. h. der menschliche Wille Jesu soll erfüllt werden, sondern der vollkommene Wille des Vaters110. Und so fügt sich auch das Wort Jesu bei Johannes111 gut in diesen Zusammenhang: „Soll ich den Kelch, den mir mein Vater gegeben hat, etwa nicht trinken?" (Joh. 18, 11). Dazu Dionysius: „Den Kelch trinken aber bedeutete den Auftrag ( vgl. Act 12,25) 106 107 108 109 110 111
Feltoe 247, 5ff.; vgl. 232, 12ff. Vgl. Feltoe 246, 20 ff. Feltoe 236, 13ff.; 238, 13ff. Feltoe 235,7-12. Feltoe 233, 5ff.; vgl. Rom 12, 2. Origenes unterscheidet demgegenüber deutlich zwischen den Berichten der Synoptiker, die mehr der menschlichen Natur Jesu entsprechend berichten, und Johannes, dessen Berichte mehr der göttlichen Natur Jesu entsprechen. Vgl. Comm. ser. 92 in Mt (GCS 38,210).
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erf llen und — in Verbundenheit mit dem Vater — den gesamten Plan (οικονομία) der Versuchung tapfer vollenden und seine Schrecken berwinden"112. Das ist das Ziel dieses Weges, der uns zum Heil dient. Jesus ist der Mensch, der sich in vollkommener Weise in den Willen Gottes f gt und dadurch Vorbild f r das Leben aller Christen und ihr Erl ser (σωτήρ) wird. Aber er ist keineswegs blo er Mensch, der sich den himmlischen Lohn durch seinen vollkommenen Gehorsam verdient h tte. Vielmehr scheint Dionysius an den Hymnus Phil 2,6ff. zu denken, wenn er schreibt: „er (sc. der Geliebte) nahm menschliche Gestalt an, als er Mensch wurde"113, und „gem seiner Gottheit (κατά την θεότητα) war sein Wille mit dem seines Vaters identisch"114. Als Mensch aber litt er, ngstigte sich, war dem Wandel unterworfen und besa einen eigenen menschlichen Willen. Am Ende seines irdischen Lebens aber vollzog sich die totale Verwandlung. An die Stelle des Leidens trat die Leidenslosigkeit, an die Stelle des Todes die Unsterblichkeit, an die Stelle des Vergehens die Unverg nglichkeit; aus dem Gerichteten wurde der Richter, aus dem Beherrschten der Herrscher, und dieser wurde v llig mit dem Hl. Geist durchtr nkt. Zugleich aber bereitete er uns so die „lebendigmachende und heilbringende Auf erweckung"115. Vergleicht man die hier sichtbar werdende Christologie, in der die Menschlichkeit Jesu so nachdr cklich betont wird und die gewisse hnlichkeiten mit dem ,dynamistischen Monarchianismus' dieser Zeit aufweist116, mit der des Origenes, dann wird der Unterschied sichtbar. Origenes versuchte Gottheit und Menschheit in Christus zusammenzudenken, wobei ein bergewicht des g ttlichen Anteils im Interesse des universalen Heilswerks Gottes notwendig war. F r ihn wurde Gott in Christus Mensch, damit die Menschen vergottet w rden. F r Dionysius geschah dies, damit die Menschen durch 112 113 114 115
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Feltoe 237, 14ff. Feltoe 233, 8 f.: οίκειούται γαρ το πρόσωπον των ανθρώπων, ως γενόμενος άνθρωπος. Feltoe 233, 11 f. Feltoe 240,4—241,2. Dionysius kn pft an die Ereignisse auf Golgatha an und deutet den Essig im Sinne der totalen Verwandlung (τροπή καΐ μεταβολή), den Schwamm als Bild f r die v llige Durchdringung (άνάκρασις) Christi mit dem Hl. Geist und den Ysop als Heilmittel f r uns. — Das Beispiel zeigt, da auch Dionysius biblische Texte allegorisch interpretieren konnte, auch wenn man diese Form der Allegorese, die stark rhetorische Z ge tr gt, nicht mit der des Origenes verwechseln sollte, bei der es letztlich um ein geistliches Verstehen der Schrift insgesamt geht. Von Theodot, dem Wechsler, und Asklepiodot hei t es z. B. im sogen, kleinen Labyrinth (Eus. h. e. V, 28, 14f.), sie h tten grammatisch-historische Exegese betrieben und Aristoteles, Theophrast, Euklid und Galen bewunden. Vgl. F. Loofs, Leitfaden zum Studium der DG, 143. Auch Dionysius betont den Wortsinn der Schrift und die Menschlichkeit Jesu. Auf diesem Hintergrund wird besser als bisher verst ndlich, weshalb er sp ter den ,Sabellianismus', d. h. einen modalistischen Monarchianismus, so heftig bek mpfte (dazu u. S. 207ff.).
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den vollkommenen Gehorsam Jesu erlöst würden und entsprechend seinem Vorbild Gottes Gebot und Willen in ihrem Leben erfüllten. Eine Aufforderung zum Martyrium, wie sie die Schrift des Origenes enthält, läßt sich aus der theologischen Position des Dionysius nicht ableiten. Ihm geht es vielmehr um Standhaftigkeit, Geduld im Leiden, Ergebung in Gottes vollkommen guten und gnädigen Willen, denn „Gott kann nicht zum Schlechten versuchen"117. Dionysius hat dies nicht nur seiner Gemeinde gepredigt, sondern selbst sein Leben danach ausgerichtet. Als man ihn später wegen seines Verhaltens in der Verfolgungszeit kritisierte, berief er sich bezüglich seiner Flucht während der decischen Verfolgung auf einen Befehl Gottes und meinte außerdem rückblickend, „daß dies ein Werk der Vorsehung Gottes war, das hat die Folgezeit gezeigt, in der wir wohl manchen von Nutzen gewesen sind"118. Gleichwohl bezeugt Dionysius größte Hochachtung gegenüber den Märtyrern, „die jetzt neben Christus thronen, an seiner Herrschaft teilhaben, bei seinem Gericht mitwirken und mit ihm zusammen das Urteil sprechen"119, und schildert in allen Einzelheiten ihre schrecklichen Leiden während der alexandrinischen Verfolgungszeit. Allerdings fällt auf, daß bei allem Realismus der Beschreibung dieser Martyrien jede Seligpreisung der Märtyrer und jede überschwengliche Verehrung fehlt. Von Dioskur, einem jungen Mann von 15 Jahren, der grausame Martern überlebt und somit die Vollendung des Martyriums nicht erlangt hat, kann Dionysius sogar sagen: „Der wunderbare Dioskur weilt auch jetzt noch unter uns, verblieben für einen noch schwereren Kampf und einen beständigeren Siegespreis"120. Und in einem Osterfestbrief an die Brüder in Alexandrien stellt er jene Christen, die die Pestkranken aufopfernd gepflegt hatten und dabei selbst umgekommen waren, mit Märtyrern in eine Reihe121. Indem Dionysius die aufopfernde Tat christlicher Liebe dem Martyrium gleichstellt, dämpft er zugleich jegliche schwärmerische Martyriumsfrömmigkeit, wie sie u. a. auch aus der Schrift des Origenes spricht. Wie man den Titel der hier behandelten Schrift des Dionysius auch deuten mag, die theologischen Differenzen zwischen ihr und Origenes dürften hinreichend deutlich geworden sein. Zugleich wird wiederum sichtbar, daß Dionysius am Wortsinn der Bibel konsequent festhält und 117 118 119
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Jak. l, 13. Vgl. Feltoe 247, 20ff. Eus. h. e. VI, 40, 3 (gegen Germanus). Eus. h. e. VI, 42, 5 (An Fabius von Antiochien). Vgl. 1. Kor 6, 2; Origenes, märt. 28. Was bei Origenes als Belohnung für das Martyrium erscheint, wird bei Dionysius zu einer nüchternen Feststellung und zugleich zu einem Argument in der Auseinandersetzung um die Beurteilung der in der Verfolgung Abgefallenen (,lapsi'). Vgl. dazu E. Früchtel in seinem Kommentar zur Schrift des Origenes, 123 Anm. 27. Eus. h. e. VI, 41,20. Eus. h. e. VII, 22, 8.
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theologisch den ,simplices'122 seiner Gemeinde sicherlich nähersteht als Origenes mit seiner spekulativ-esoterischen Gedankenwelt. 3. Rückblick auf das Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes in dieser Zeit Die Analyse der kirchengeschichtlichen Entwicklung Alexandriens zu Beginn des 3. Jahrhunderts dürfte wahrscheinlich gemacht haben, daß Dionysius als Anhänger oder gar Vertrauter des Heraklas die Abkehr der alexandrinischen Kirche von Origenes in den Jahren 230/232 mitgetragen hat. Kirchenpolitisch ist er deshalb unter die Gegner des Origenes zu rechnen, zumindest solange Heraklas das Bischofsamt innehatte, der wohl als der eigentliche Gegner des Origenes in Alexandrien angesehen werden muß. Origenes hatte nach seinem Weggang in Cäsarea rasch eine neue Heimat gefunden. Das Vertrauen der benachbarten Bischöfe in seine Rechtgläubigkeit gaben ihm bald sein Ansehen als kirchlicher Lehrer zurück. Dafür sprechen die zahlreichen Disputationen über Fragen des Glaubens und der kirchlichen Lehre, an denen Origenes in der Folgezeit führend beteiligt war123. Aus diesem Grunde dürfte auch sein Rechtfertigungsschreiben an Fabianus von Rom124, der im Jahre 236 zum Bischof gewählt worden war, seine Wirkung nicht verfehlt haben, zumal Origenes sich offensichtlich mit seiner Stellung als kirchlicher Lehrer begnügte und keine Spaltung in die Kirche hineintrug. Dies mußte im Laufe der Zeit auch seine Auswirkungen auf die alexandrinische Kirche haben, weil die Verbindung zwischen Rom und Alexandrien durch die gemeinsame Verurteilung des Origenes sich vertieft hatte. Spätestens nach dem Tod des Heraklas mußte sie daran gehen, die Beziehungen zu den Nachbarkirchen, die durch den Streit um Origenes getrübt waren, und damit zugleich das Verhältnis zu Origenes selbst zu bereinigen. Alles deutet darauf hin, daß Dionysius diesen Schritt vollzogen hat. Denn er war ganz offenkundig ein Mann des Ausgleichs und ein Vorkämpfer für die Einheit der Kirche, was während seines Episkopats besonders deutlich wird. Eine andere Frage ist die nach seiner theologischen Einstellung zu Origenes. Je mehr der Häresievorwurf gegenüber Origenes in der Folgern Vgl. dazu M. Hirschberg, Studien zur Geschichte der simplices in der Alten Kirche, Diss. theol. Heidelberg 1944, bes. 182-234. 123 Vgl. Eus. h. e. VI, 33, 1-3 (Beryll von Bostra); VI, 37 (ferner das bei dem Papyrusfund von Tura gefundene Protokoll einer „Disputation des Origenes mit Herakleides und seinen Mitbischöfen über den Vater, den Sohn und die Seele" (Text hg. v. J. Scherer [SC 67], Paris 1960). Vgl. zu diesen Lehrgesprächen zuletzt: H.J.Sieben, Zur Entwicklung der Konzilsidee XI, in: Theol. u. Phil. 51 (1976) 52-92, bes. 53-61. 124 Eus. h. e. VI, 36, 4.
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zeit verblaßte, weil seine Lehren in den Kirchen des Ostens — Achaia, Phönizien, Arabia, Palästina und wohl auch Kappadozien — als rechtgläubig angesehen wurden, verlor die Auseinandersetzung um seine Theologie an Schärfe, auch wenn die sachlichen Differenzen weiterbestanden. Darüber hinaus gab es offenbar keinen zeitgenössischen Theologen, der es mit Origenes an Bibelkenntnis, theologischer Gelehrsamkeit und dialektischer Schulung aufnehmen konnte. Gleichwohl sind die Unterschiede zwischen der Theologie des Dionysius und der des Origenes beträchtlich, wie die Untersuchung der mit mehr oder weniger Sicherheit in die Frühzeit datierbaren Schriften des Dionysius ergeben hat. Die sichtbar gewordenen Unterschiede beziehen sich dabei nicht auf das eine oder andere theologische Randproblem, sondern sind fundamental. Die Bestreitung der Präexistenz der Seelen ist nur der markanteste Punkt für ein anderes Verständnis von Schöpfung und Kosmologie. Das Festhalten am buchstäblichen Sinn der Bibel mit aller philologischen Gelehrsamkeit hat nicht nur Folgen für das Verständnis der Bibel insgesamt und die biblische Hermeneutik, sondern auch für die Christologie, die bei Origenes untrennbar mit seiner Hermeneutik verknüpft ist. Fragt man schließlich ganz allgemein nach dem Erbe aus der Schule des Origenes bei Dionysius, so bestünde immerhin die Möglichkeit, daß Dionysius trotz der theologischen Differenzen dem Origenes seine grammatisch-exegetische Schulung und seine ohne Zweifel erstaunliche Bibelkenntnis verdankt. Jedenfalls gibt es gelegentlich Berührungspunkte bei textkritischen und exegetischen Überlegungen, die Origenes dem Literalsinn der Bibel widmet. Ohne Zweifel ist Origenes nicht nur von der stoischen Mytheninterpretation, sondern auch von der alexandrinischen Philologie beeinflußt125 und hat gerade auch mit seinen textkritischen Arbeiten und historisch-kritischen Überlegungen zu bestimmten Texten die weitere kirchliche Bibelinterpretation nachhaltig gefördert. Die Frage ist nur, ob auch Dionysius ihm seine gründliche philologische Schulung verdankt. Eine Notwendigkeit besteht dafür nicht, zumal Dionysius erst als Erwachsener Christ wurde und seine Rhetorik klassische heidnische Züge trägt. Sieht man jedoch von den gewiß zahlreichen — für uns jedoch nicht mehr im einzelnen nachprüfbaren — Möglichkeiten ab, im Alexandrien dieser Zeit kritische Philologie zu erlernen, so zeigt das Beispiel des Sextus Julius Africanus, daß man in der damaligen Zeit auch ohne den Einfluß des Origenes ein kritischer Bibelexeget sein konnte. Sein erhaltener Brief an 125
Vgl. Chr. Schäublin, Untersuchungen, 33; R. P.C. Hanson, Allegory and Event, 1959, 259ff.; R. M. Grant, The Earliest Lives of Jesus, 1961, 50-79. Beispiele auch bei F. H. Kettler, Funktion und Tragweite der historischen Kritik des Origenes an den Evangelien, in: Kairos 15 (1973) 36-49. Kettler geht es um den Nachweis, „daß diese Kritik nicht primär im Dienst seiner Allegorese gestanden hat, sondern im Dienst seiner esoterischen Theologie und seiner Apologetik" (49).
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Origenes, in dem er sich mit diesem über die Echtheit der Susannageschichte kritisch auseinandersetzt, ist „das Muster einer philologisch-kritischen Untersuchung"126, und auch sein Brief an Aristides, der die unterschiedlichen Stammbäume Jesu in M t l , Iff. und Lk3,23ff. behandelt, ist ein beredtes Zeugnis „einer scharfsinnigen und gründlichen, über das gewöhnliche Niveau zeitgenössischer Versuche sich hoch erhebenden Kritik"127. Bedenkt man, daß es der Ruf des Heraklas als Lehrer war und nicht der des Origenes, der Julius Africanus zu einer Reise nach Alexandrien veranlaß te128, dann ergibt sich die Möglichkeit, daß auch Dionysius bei Heraklas in die Schule gegangen ist und ihm sein theologisches und exegetisches Rüstzeug verdankt. Aber auch wenn man dieser Annahme nicht folgen will, sondern weiterhin Origenes als entscheidenden theologischen Lehrer betrachten möchte, bestünde sein nachweisbarer Einfluß lediglich in der Vermittlung der alexandrinischen kritischen Philologie. Die Besonderheit seiner Exegese, die Suche nach dem geistigen Sinngehalt der Bibel unter Anwendung der allegorischen Methode, wie sie später z. B. bei Didymus dem Blinden anzutreffen ist, fehlt bei Dionysius ganz, so daß es schwerfällt, ihn als origenistischen Exegeten oder gar Theologen zu betrachten. 126
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W. Reichardt, Die Briefe des Sextus Julius Africanus an Aristides und Origenes (TU 34, 3), Leipzig 1909, 63. Der Text des Briefs 78-80. - Origenes hatte bei seiner Widerlegung außerordentlich große Mühe. Vgl. seinen Antwortbrief b. Lommatzsch, Bd. XVII (1844) 20-48. Bardenhewer LG II, 270. Text dieses Briefes bei W. Reichardt aaO 53-62. Eus. h. e. VI, 31,2.
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IV. DIONYSIUS ALS BISCHOF VON ALEXANDRIEN A. VORBEMERKUNGEN
Nach dem Tod des Heraklas übernahm Dionysius im Jahre 247/48 das Bischofsamt in Alexandrien, das er bis zu seinem Tod im Jahr 264/651 verwaltete. Seine Amtszeit war überschattet von den beiden großen Christenverfolgungen dieses Jahrhunderts unter Decius (250/51) und Valerian (257/60); die Pest wütete2, und eine Reihe von inneren Krisen erschütterte die trotz aller äußeren Bedrohungen immer weiter anwachsende, über den lokalen Bereich immer stärker hinauswirkende und auf Einheit hindrängende Kirche. Nicht lange nach seiner Übernahme des Bischofsamtes kam es bereits im Frühjahr 249, ein Jahr vor dem Beginn der decischen Verfolgung, zu einer blutigen Verfolgung in Alexandrien. Anstifter war, wie Dionysius berichtet, ein nicht näher bezeichneter „Seher und Dichter ( ) des Unheils", der die Masse der Heiden gegen die Christen aufhetzte, „indem er ihren einheimischen Aberglauben neu entfachte"3. Sicherlich hatte die im Jahre 248 begangene Jahrtausendfeier Roms, „die die gegenwärtige Notlage des Reiches durch die Erinnerung an seine große Vergangenheit besonders kraß hervortreten lassen mußte"4, die Hinwendung zu den Göttern, die das Imperium begründet und mächtig gemacht hatten, in der Bevölkerung verstärkt. Wenn Dionysius in dem gleichen Brief über die Verfolgung schreibt: „Immer und überall schrie alles, wer nicht in die gotteslästerlichen Worte mit einstimme, solle sogleich fortgeschafft und verbrannt werden"5, so erinnert das an die Forderung der von Cassius Dio verfaßten Maecenasrede, die in besonderer Weise das Aufflammen heidnischer Religiosität in dieser Zeit dokumentiert und geradezu zum Programm für die spätere kaiserliche Religionspolitik geworden ist: „Hasse und bestrafe", die von
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Wie Euseb berichtet (h. e. VII, 28, 3), starb Dionysius im 12. Jahr der Regierung des Kaisers Gallienus; vgl. auch Hieronymus, vir. ill. 69. Bereits im Jahre 263/64 hatte er die Teilnahme an einer Synode in Antiochien gegen Paul von Samosata aus Alters- und Krankheitsgründen absagen müssen (Eus. h. e. VII, 27, 2). Über die Pest in Alexandrien, über die Dionysius in einigen Osterfestbriefen schreibt, vgl. u. S. 147f. Eus. h. e. VI, 41, l (An Fabius). — Man hat bei der Schilderung des Dionysius den Eindruck, als wolle er den Namen absichtlich verschweigen. Molthagen 77 f. Eus. h. e. VI, 41,8.
Vorbemerkungen
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der rechten Gottesverehrung abweichen6! In der decischen Verfolgung wurden darüber hinaus die für die Christen besonders negativen Folgen der im Jahre 212 von Caracalla verfügten Constitutio Antoniniana sichtbar, in der das römische Bürgerrecht allen freien Reichsbewohnern — darunter auch zahlreichen Christen — verliehen worden war7. Denn was ursprünglich wohl vornehmlich fiskalischen Überlegungen entsprungen war, um mit den dadurch erzielten Steuermehreinnahmen die staatlichen Finanzen zu sanieren8, erwies sich nun als Handhabe zur Durchsetzung der kaiserlichen Religionspolitik. Im Juni 251 fiel Decius jedoch im Kampf gegen die Goten. Damit fand seine Religionspolitik, die sich keineswegs allein gegen die Christen richtete, sondern — wie die erhaltenen ,libelli' bezeugen9 — alle Reichsbewohner zur Verehrung der römischen Staatsgötter verpflichten wollte, ein vorzeitiges Ende. Nicht wenige Christen aber waren dem Opferedikt des Kaisers — aus welchen Gründen auch immer — gefolgt und hatten sich damit außerhalb der Kirche gestellt. Viele von ihnen drängten nun in die Kirche zurück, und so kam es innerhalb der Kirche zum Streit über die Wiederaufnahme jener Abgefallenen (,lapsi'). Rigoristen wie Novatian und seine Anhänger lehnten ihre Aufnahme generell ab; andere — sogenannte ,Laxisten' wie Felicissimus und Fortunatus in Karthago — waren stattdessen bereit, jeden wieder aufzunehmen, ohne auch nur eine Bußleistung zu verlangen. Der daraus sich entwickelnde Streit um die Buße wurde durch das Schisma Novatians zu einer sehr ernsten Bedrohung der kirchlichen Einheit und damit der Kirche überhaupt. In dieser und der sich später daran anschließenden Auseinandersetzung um die Anerkennung der Häretikertaufe hat Dionysius sich leidenschaftlich für die Einheit der Kirche eingesetzt. Er verfaßte zahlreiche Briefe und trug durch seine vermittelnde und kompromißbereite Haltung wesentlich dazu bei, daß die Fronten in der Kirche sich nicht verhärteten und die Rigoristen letztlich eine Minderheit blieben. Damit stärkte er zugleich nachhaltig das Ansehen der ägyptischen Kirche. Nicht zuletzt hierauf gründet sich Harnacks auch heute noch gültiges Urteil: ,,Er ist ... der erste alexandrinische Bischof von ökumenischkirchlicher Bedeutung geworden. Er hat den Stuhl des Markus über Ägyp6
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Cassius Dio LII, 36, l f.; vgl. Molthagen 79. Zur Bedeutung der Maecenasrede insgesamt vgl. außer Molthagen 76ff. auch J. Vogt, Christenverfolgung, in: RAC II (1954) 1179; J. Bleicken, Der politische Standpunkt Dios gegenüber der Monarchie, in: Hermes 90 (1962) 444-467; F. Millar, A Study of Cassius Dio, Oxford 1964, 102ff. Vgl. Frend, Martyrdom and Persecution, 312; Molthagen 46; C. Andresen, in: Gnomon 45 (1973) 693; vgl. auch ders., Die Kirchen der alten Christenheit, 119. Vgl. dazu M. Grant, Das Römische Reich am Wendepunkt, München 1972, 100. Vgl. Molthagen 61 ff. - Die Texte der .libelli' bei: J. R. Knipfing, The Libelli of the Decian Persecution, in: HThR 16 (1923) 345—390; dazu ergänzend J. Schwartz, in: RevBibl 54 (1947) 365-369.
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Dionysius als Bischof von Alexandrien
ten hinausgehoben, ihn an die Seite des Stuhls Petri gestellt und die universale Politik der alexandrinischen Bischöfe, die sich bis Dioskur fortsetzt, begründet, weil ihm das Gesamtwohl der Kirche am Herzen lag und er an allen Fragen, welche die Kirchen in der Welt bewegten, wirksamen Anteil nahm"10. Harnack denkt darüber hinaus an weitere theologische Auseinandersetzungen in dieser Zeit, an denen Dionysius maßgeblich beteiligt war — über den ägyptischen Chiliasmus und den libyschen Sabellianismus, den sogenannten , Streit der beiden Dionyse'. Auch die Osterfestbriefe, in der späteren alexandrinischen Kirche ein fester Brauch, haben zum Ansehen des Dionysius in seiner eigenen Kirche nicht unwesentlich beigetragen. Wegen seiner umfangreichen und vielfältigen Korrespondenz hat man Dionysius in der Forschung gelegentlich als „den größten Briefsteller der alten Kirche" bezeichnet11. Mag diese Bezeichnung auch etwas übertrieben sein — allenfalls für die Kirche der ersten drei Jahrhunderte erscheint sie berechtigt —, zusammen mit einer Bemerkung Eusebs, wonach Dionysius fast alle seine Abhandlungen ebenfalls in Briefform abgefaßt habe12, macht sie jedoch deutlich, wie sehr Dionysius diese Form der persönlichen Mitteilung schätzte. Zugleich war er ein glänzender Stilist, sonst hätte Euseb schwerlich so umfangreiche Reste aus seinem Werk überliefert. Darüber hinaus aber erweist die Form des Briefes Dionysius als praktisch denkenden und handelnden Kirchenmann, der den unmittelbaren Kontakt sucht und sich persönlich engagiert. So umfangreich und weitgestreut13 die Korrespondenz des Dionysius auch ist, aus der Nähe betrachtet schälen sich zwei Kreise von Adressaten heraus, denen er sich offensichtlich besonders verbunden fühlte: das ist einerseits sein unmittelbarer kirchlicher Einflußbereich — Ägypten und Libyen — und andererseits die römische Gemeinde. Der Briefwechsel mit Rom, der sich keineswegs auf die bischöfliche Ebene beschränkte, sondern auch mit Presbytern der dortigen Gemeinde geführt wurde, unterstreicht die engen Beziehungen zwischen den beiden Kirchen in dieser Zeit. Um 10
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Harnack LG II, 2, 58; vgl. ders., Die Sammlung der Briefe des Dionysius von Alexandria, in: Die Brief Sammlung des Apostels Paulus und die anderen vorkonstantinischen christlichen Brief Sammlungen, Leipzig 1926, 65. H.Jordan, Geschichte der altchristlichen Literatur, Leipzig 1911, 152; vgl. J. Schneider, Brief, in: RAG II (1954) 579. A. Harnack schreibt: „Man braucht nur die Liste seiner Adressaten zu überschauen, um festzustellen, daß an Umfang und Weite der Korrespondenz ihn kein römischer Bischof übertroffen hat. Was aber Gehalt und Vielseitigkeit seiner Briefe anlangt, so ist ihm kein Bischof des Altertums gleichgekommen. Auch Cyprian von Karthago vermag nicht, mit ihm zu rivalisieren" (LG II, 2, 58f.). Vgl. Eus. h. e. VII, 26, 2. Euseb (h. e. VI, 46, 2) erwähnt u. a. einen Brief über die Buße an „die Brüder in Armenien, deren Bischof Meruzanes war". Dies ist das älteste Zeugnis für die Existenz einer armenischen Kirche.
Vorbemerkungen
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so auffallender ist, da unsere Quellen nichts von einem Kontakt zwischen Cyprian und Dionysius bzw. Karthago und Alexandrien in dieser Zeit berichten. Mit sprachlichen Differenzen allein l t sich das nicht begr nden, denn zwischen Cyprian und Firmilian von C sarea hat es z. B. w hrend des Ketzertaufstreits einen Briefwechsel gegeben14. Allerdings ist die Korrespondenz mit Rom der einzige bezeugte Briefwechsel des Dionysius mit einer Gemeinde im Westen des r mischen Reiches; alle brigen n her bestimmbaren Briefe sind an Gemeinden im Osten gerichtet. Das fr heste offizielle Schreiben des Dionysius nach Rom scheint der von Hippolyt berbrachte „diakonische" Brief15 gewesen zu sein. Die Worte διακονική δια Ιππολύτου, mit denen Euseb diesen nicht erhaltenen Brief n her bezeichnet, werfen jedoch einige Probleme auf und sind in der Wissenschaft sehr unterschiedlich interpretiert worden. Schwierig ist vor allem die Deutung des Wortes διακονική, das Ruf in in seiner bersetzung der Kirchengeschichte Eusebs mit „de ministeriis" wiedergibt16. Phil. Haeuser bersetzt den Satz im Zusammenhang folgenderma en: „Weiterhin existiert noch ein anderer Brief des Dionysius an die R mer: derselbe behandelt den Kirchendienst und wurde durch Hippolyt berbracht"17. Von dieser Grundbedeutung geht anscheinend auch P. Nautin aus, schl gt aber zugleich eine ansprechende Deutung vor18. Demnach handelt es sich bei diesem Brief um das bliche Schreiben des neugew hlten Bischofs, durch das die kirchliche Gemeinschaft befestigt werden sollte. Mag dies auch der Sinn des Briefes gewesen sein, aus dem Wort διακονική ist er nur mit M he herauszulesen. Viel wahrscheinlicher ist die Deutung, da es sich um einen Brief handelte, der „von dem Diakon Hippolyt" berbracht wurde. Denn es geh rte zu den Aufgaben von Diakonen und vor allem Subdiakonen, Briefe zu berbringen19. 14
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Ep. 75 in der cyprianischen Brief Sammlung ist bekanntlich ein aus dem Griechischen ins Lateinische bersetzter Brief Firmilians. In cap. l dieses Briefes ist ein nicht erhaltenes Schreiben Cyprians an Firmilian erw hnt. Eus. h. e. VI, 46, 5. GCS 9, 2 S. 629, 12. Zur lteren Diskussion ber das Problem vgl. Bardenhewer LG II, 221 f. BKV 2. Reihe, Bd. l (1932) 319; ebenso die von H. Kraft herausgegebene und von H. A. G rtner durchgesehene bersetzung Haeusers, Darmstadt 1967, 318. Lettres et ecrivains chretiens 1961, 160 f. Nautin behandelt weitere teilweise recht problematische Deutungsversuche, darunter eine einschneidende Text nderung von G. Dix, The Treatise on the Apostolic Tradition of St. Hippolytus of Rome, London 1937, XXXIV (Dix schl gt die nderung vor: δικανική διά'Ιππόλυτον). Zu dieser Deutung des Wortes vgl. bereits Lampe s. v. διακονικός (S. 351). H. G lzow nennt in seinem Buch Cyprian und Novatian (BHTh 48), T bingen 1975, Beispiele f r Subdiakone als Briefboten (8; 28 ff. u. .). S. 8 Anm. 38 gibt er Belege f r die h ufig beklagte Schwierigkeit, geeignete Briefboten zu finden.
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Dionysius als Bischof von Alexandrien
Ist diese Deutung richtig, dann erübrigt sich auch die neuerdings vertretene Ansicht, der hier genannte Hippolyt sei kein anderer als der bekannte Theologe und römische Presbyter20; denn der Presbyter dürfte später kaum mit dem Titel Diakon bedacht worden sein. Es ist hier nicht der Ort, auf die schwierigen Uberlieferungsverhältnisse näher einzugehen, die mit Person und Werk des Theologen und Schriftstellers Hippolyt verbunden sind. Nach dem neuesten Stand der Forschung scheint dieser Hippolyt tatsächlich mit seinem Gegenspieler, dem Bischof Pontian von Rom, im Jahre 235 nach Sardinien verbannt worden zu sein, wo beide den Märtyrertod erlitten21. In der weiteren Untersuchung geht es um den spezifischen Beitrag des Dionysius zur Lösung der vielfältigen kirchlichen und theologischen Probleme in der Mitte des 3. Jahrhunderts, die oben skizziert wurden. Darüber hinaus aber bleibt zu fragen, ob das bisher gewonnene Bild von dem Verhältnis zwischen Dionysius und Origenes durch die übrigen erhaltenen Texte des Dionysius bestätigt wird, wieweit es ergänzt oder gar revidiert werden muß.
B. DIE OSTERFESTBRIEFE 1. Der Ursprung der
Osterfestbriefe
Dionysius ist der erste alexandrinische Bischof, von dem wir wissen, daß er sogenannte ,Osterfestbriefe' ( ) geschrieben 1 hat . Aufgabe dieser Briefe war es einerseits, den Termin des Osterfestes und der damit verbundenen Fastenzeit für die Gemeinde verbindlich festzulegen, solange das Osterfest nicht in allen Kirchen zur gleichen Zeit gefeiert wurde und verschiedene Osterzyklen zur Berechnung des Ostertermins zugrunde gelegt wurden 2 . Andererseits haben insbesondere die 20
21
1 2
So: J.-M. Hanssens, La liturgie d'Hippolyte, Rom 1959, 317—340; ders., in: Archivium Historiae Pontificiae 3 (1965) 6-29; vgl. K. Baus, in: HbKG I, 282; H. J. Vogt, Coetus sanctorum, 1968, 55 Anm. 84. Den besten Überblick über den Forschungsstand vermittelt der Artikel von M. Richard, Hippolyte de Rome, in: DSp VII, l (1969) 531-571 (zu dem erörterten Problem vgl. Sp. 553). — Die schwierige Legendenüberlieferung, die gelegentlich zur Annahme verschiedener Märtyrer mit dem Namen Hippolyt geführt hat, behandelt R. Reutterer, Legendenstudien um den heiligen Hippolytus, in: ZKTh 95 (1973) 286—310. Reutterer bestreitet nicht nur die Existenz verschiedener Märtyrer mit Namen Hippolyt im 3. Jahrhundert, sondern zeigt auch eindrucksvoll, wie die Legendenüberheferung das Schisma Hippolyts zu verschleiern suchte. Eus. h. e. VII, 20; vgl. W. Müller, Art.: .Osterfestbriefe', in: RGG 3 V, 1735. Vgl. Ed. Schwartz, Christliche und jüdische Ostertafeln, Berlin 1905; M. Richard, Notes sur le comput de cent-douze ans, in: REB 24 (1966) 257—277; ders.: Le comput Pascal par Octaeteris, in: Le Museon 87 (1974) 307-339.
Die Osterfestbriefe
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Bisch fe Alexandriens diese Gelegenheit benutzt, eine Art ,Fastenhirtenbrief' an ihre Gemeinde zu richten. In Alexandrien war die Sitte der Osterfestbriefe bis ins 9. Jahrhundert bekannt. Zu den kirchengeschichtlich bedeutsamsten Briefen dieser Art geh ren neben denen des Dionysius die des Athanasius3, des Theophilus und des Kyrill von Alexandrien, in denen ber die Fragen des Termins hinaus oft aktuelle kirchliche und seelsorgerische Fragen behandelt wurden. Man hat vermutet, da Dionysius den Brauch der Osterfestbriefe aus seiner bisch flichen Tradition bernommen habe4. Da aber Festbriefe fr herer alexandrinischer Bisch fe nicht erhalten, ja nicht einmal bezeugt sind, m te man sich in seinem Fall mit der wenig befriedigenden Antwort begn gen: „Die Anf nge der Sitte verlieren sich in Dunkel"5. H.Jordan 6 hat unter Berufung auf A. Harnack und O. Bardenhewer und mit einem Hinweis auf die Beteiligung des Demetrius an den Osterstreitigkeiten gegen Ende des Z.Jahrhunderts, von der uns u.a. auch Euseb berichtet, die Vermutung ge u ert, da bereits Demetrius Osterfestbriefe geschrieben habe. Doch weder die Notiz bei Euseb7 noch die Hinweise auf Harnack und Bardenhewer lassen eine solche Interpretation zu. Beide genannten Forscher behaupten lediglich, da Demetrius von Alexandrien zu Fragen des Osterfestes in brieflichem Kontakt mit der r mischen bzw. mit pal stinensischen Gemeinden gestanden habe8. 3
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Zu Athanasius vgl. besonders: Ed. Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius, NGG 1904, 333-356 (= Ges. Sehr. III, Berlin 1959, 1-29). So z.B.: Harnack LG 11,2,63; H.Jordan, Geschichte der altchristlichen Literatur, Leipzig 1911, 153; O. Bardenhewer LG 11,224; A. Puech, Histoire de la litterature grecque chretienne jusqu' la fin du IVe siecle II, Paris 1928, 455. Vgl. auch Ed. Schwanz, in: Ges. Sehr. III, 188; dazu kritisch: W. Schneemelcher, Gesammelte Aufs tze zum Neuen Testament und zur Patristik, Thessaloniki 1974, 318. O. Bardenhewer LG II, 224; hnlich A. Puech, Histoire II, 455. H.Jordan, Geschichte, 152. Bei Eus. h. e. V, 25 hei t es in dem Synodalschreiben einer zuvor bereits erw hnten Synode pal stinensischer Bisch fe (Eus. h. e. V, 23, 3) lediglich: Δηλοϋμεν δε ύμίν ti tfj αύτη ήμέρςι και εν Αλεξάνδρεια άγουσιν ήπερ και ημείς· παρ' ημών γαρ τα γράμματα κομίζεται αύτοΐς καΐ ήμίν παρ' αυτών, ώστε συμφώνως και όμοΰ άγειν ημάς την άγίαν ήμέραν (Schwartz GCS 9,1,498,3-6). Auffallend ist, da Demetrius nicht namentlich genannt wird. Doch d rfte er zu dieser Zeit Bischof in Alexandrien gewesen sein (vgl. Eus. h. e. V, 22). Harnack LG I, l,330f.; Bardenhewer LG II, 194f. (1. Aufl. 159f.). Harnack und Bardenhewer verweisen in diesem Zusammenhang auch auf Nachrichten ber Demetrius aus sp terer berlieferung. Die Bemerkung Harnacks: „doch da Demetrius Osterbriefe erlassen hat, ist nach Euseb., h. e. V, 25 nicht zu bezweifeln" (331) k nnte man bei oberfl chlicher Betrachtung im Sinne Jordans interpretieren, doch spricht Harnack lediglich von ,Osterbriefen', nicht aber von .Osterfestbriefen'. — Zu dem Osterfeststreit vgl. zuletzt H. v. Campenhausen, Ostertermin oder Osterfasten? in: VigChr 28 (1974) 114-138.
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Dionysius als Bischof von Alexandrien
Wenn nun aber in unseren Quellen jeglicher Hinweis fehlt, daß in Alexandrien vor Dionysius Osterfestbriefe verfaßt wurden, kann man mit gleichem Recht auch zu dem Schluß kommen, daß Dionysius der erste alexandrinische Bischof war, der solche Briefe geschrieben hat, und daß er die spätere Sitte, alljährlich zum Osterfest einen Brief an die eigene Gemeinde zu richten, selbst begründet hat. Noch wahrscheinlicher aber ist, daß Dionysius zwar der erste alexandrinische Bischof war, der Osterfestbriefe geschrieben hat, daß aber die Sitte, alljährlich zum Osterfest zu schreiben, sich in Alexandrien erst im 4. Jahrhundert herausgebildet hat9. Wer sich nicht mit der Auskunft begnügen will, der Brauch, Osterfestbriefe zu schreiben, habe sich in Alexandrien irgendwann einmal — gleichsam von selbst — herausgebildet, der muß sich fragen: Was könnte einen Bischof dazu bewegen, sich brieflich an seine eigene Gemeinde zu wenden? Das gilt gerade auch für Dionysius, der ausdrücklich betont, daß er das Gespräch mit den Brüdern höher schätzt als den brieflichen Kontakt10. Ed. Schwartz dürfte deshalb recht haben, wenn er schreibt: „die Sitte der Osterfestbriefe hat sich in der Verfolgungszeit herausgebildet"11. Für diese Annahme sprechen nicht nur die aus den Osterfestbriefen erhaltenen Fragmente des Dionysius. Auch Euseb gibt einen Hinweis, wenn er am Schluß seines Summariums über die Osterfestbriefe feststellt: „und auch diese (Briefe) noch während der Verfolgung"12. Gewiß hat Harnack recht, wenn er betont, daß sich diese Formulierung keineswegs auf die Festbriefe beschränkt13. Doch dürfte sicher sein, daß die zuvor genannten Festbriefe mit eingeschlossen sind131. Es ist darüber hinaus auffallend, daß Euseb für die Zeit zwischen der decischen und der valerianischen Verfolgung offenbar keine Osterfestbriefe kennt. Dies rührt allerdings an das Problem der Chronologie der Festbriefe, auf das noch einzugehen sein wird. Es sei hier nur noch auf die Tatsache hingewiesen, daß nach Dionysius Petrus I. von Alexandrien (gest. 311) der erste alexandrinische Bischof ist, von dem wir wissen, daß er Osterfestbriefe geschrieben hat. Bisher ist jedoch nur ein Osterfestbrief bekannt geworden, der genauer datiert werden kann, der für das Jahr 30914. Auch dieser Brief ist also in einer Verfolgungszeit geschrieben worden — zur Zeit der 9
Die bekanntesten Belege sind: Athanasius, Fest. lett. X, 1; Cassian, coll. X, 2. Eus. h. e. VII, 21, 3 (Brief an Hierax); vgl. auch VII, 24, 5 (Wäre Nepos am Leben, könnte man u. U. in mündlicher Verhandlung den Streit beilegen). 11 GCS 9, 3, 39 (Einleitungs- und Registerband zu Euseb, Kirchengeschichte). 12 (Eus. h. e. VII, 20 - GCS 9, 2, 674, 16 Schwartz). 13 Vgl. LG II, 2, 64. 131 Vgl. auch Bouma 20. 14 Der Text dieses erst kürzlich bekannt gewordenen Briefes bei: M. Richard, Le florilege du cod. Vatopedi 236 sur le corruptible et l'incorruptible, in: Le Museon 86 (1973) 267-268. 10
Die Osterfestbriefe
141
diokletianischen Verfolgung. Nach Petrus hat — soweit wir wissen — erst Athanasius wieder Osterfestbriefe verfa t15. All das deutet darauf hin, da der ,Brauch', Osterfestbriefe zu schreiben, sich in der Tat erst nach und nach herausgebildet hat und da er seinen Ursprung in einer Verfolgungszeit hat, in der der Bischof das Osterfest von seiner Gemeinde getrennt feiern mu te. So erkl rt sich auch, da Dionysius in diesen Briefen keineswegs blo den Ostertermin festlegte, sondern — wie Euseb schreibt — „feierliche Ansprachen zum Osterfest vortrug"16. Die erhaltenen Fragmente best tigen dies nachdr cklich. F r die normale Ansage des Ostertermins bedurfte es im allgemeinen auch keines besonderen Briefes an die Gemeinde. Anders lie e es sich nur schwer erkl ren, warum wir von Osterfestbriefen in der fr hen Kirche so wenig h ren. Zu ber cksichtigen ist aber auch, da bisch fliche Rundschreiben, wie sie die Osterfestbriefe darstellten, eine relativ gro e Gemeinde bzw. Di zese bereits voraussetzen. Im Normalfall d rfte der Ostertermin f r die Gemeinden bekannt gewesen sein, sei es, da man sich am j dischen Passafest orientierte oder einen eigenen Osterzyklus festlegte17. Ausnahmen bilden lediglich jene Jahre, in denen es durch unterschiedliche Osterzyklen — z. B. in Rom und Alexandrien — zu unterschiedlichen Fest- und damit auch Fastenzeiten kam. Aus den genannten Gr nden d rfte es unwahrscheinlich sein, da Dionysius ,allj hrlich' Osterfestbriefe geschrieben hat, wie in der Forschung immer wieder behauptet worden ist18. In der Kirchengeschichte des Euseb findet sich daf r keinerlei Hinweis. Nur in der bersetzung Ruf ins wird dieser Brauch erw hnt19. Doch als Rufin zu Beginn des 5. Jhs. seine 15
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Ob Athanasius tats chlich zu jedem Jahr einen Osterfestbrief geschrieben hat, wie allgemein angenommen wird, erschiene mir einer Untersuchung wert, die hier nicht unternommen werden kann. Da er zahlreiche Briefe dieser Art verfa t hat, ist bekannt; aber er lebte auch viele Jahre seines Lebens in der Verbannung, und es ist nur zu gut verst ndlich, da er in dieser Zeit den Kontakt mit seiner Gemeinde nicht verlieren wollte. Interessanterweise enthalten die sp ter zusammengestellten Sammlungen der Festbriefe des Athanasius etliche L cken, und es wurden Osterdaten einfach nachgetragen. Nicht selten fallen diese L cken mit den Zeiten zusammen, in denen Athanasius in Alexandrien weilte! Vgl. Ed. Schwanz, Ges. Sehr. III, 1-29. „. . . πανηγυρικωτέρους εν αύταίς περί της του πάσχα εορτής άνακινών λόγους" (Eus. h. e. VII, 20 - GCS 9, 2, 674, 9-11 Schwartz). Dionysius hat bekanntlich einen achtj hrigen Osterzyklus entwickelt (vgl. Eus. h. e. VII, 20). Vgl. Dittrich 43; Harnack LG 11,2,63; Jordan, Geschichte, 153; K. Baus, in: HbKG I, 275; P. Th. Camelot, Art.: ,Dionysius von Alexandrien', in: LThK2 3 (1959) 401. Kritisch dazu: S. J. Bouma 19f. Rufin gibt in seiner bersetzung die Stelle Eus. h. e. VII, 22, l (Μετά ταύτα λοιμικής τον πόλεμον διαλαβούσης νόσου της τε εορτής πλησιαζούσης, αύθις δια γραφής τοις άδελφοίς ομιλεί, τα της συμφοράς έπισημαινόμενος πάθη δια τούτων . . .) mit den
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Dionysius als Bischof von Alexandrien
Übersetzung der Kirchengeschichte Eusebs anfertigte20, gab es natürlich diesen Brauch in Alexandrien. Vielleicht hat man in jener Zeit auch begonnen, die Osterfestbriefe des Dionysius zu sammeln. Jedenfalls zitiert später Johannes Damascenus in seinen Sacra Parallela aus einer Sammlung, in der die einzelnen Briefe numeriert waren21. Demgegenüber kannte Euseb zwar eine Sammlung der Briefe im Ketzertaufstreit; die Osterfestbriefe lagen ihm wohl nicht in einer festen Sammlung vor. O. Bardenhewer geht zwar davon aus, daß bereits im 3. Jahrhundert „der Bischof von Alexandrien alljährlich gleich nach dem Epiphanienfeste den ihm unterstehenden Bischöfen und Gemeinden der ägyptischen Provinzen den Tag der Feier des Osterfestes und den Beginn der voraufgegangenen Fastenzeit anzeigte . . .", aber er fährt kurz darauf fort: „Dionysius aber hat, wie wir wiederum hauptsächlich durch Eusebius erfahren, wenn nicht Jahr für Jahr, so doch zu wiederholten Malen Festbriefe ausgehen lassen, mitunter, wie es scheint, mehrere in einem und demselben Jahre, nach verschiedenen Gegenden"22. Der in diesen Sätzen offenkundige Widerspruch läßt sich m. E. nur überwinden, wenn man für das S.Jahrhundert auf die Annahme eines festen Brauchs verzichtet. Das ist insbesondere auch bei dem Versuch einer chronologischen Einordnung der Osterfestbriefe zu berücksichtigen. Hier gilt in den Grundzügen noch immer, was Ed. Schwartz geschrieben hat: „Für die chronologische Bestimmung der Osterbriefe ist zu beachten, daß Dionysius nicht in jedem Jahr einen Festbrief erlassen zu haben braucht, aber auch mehrere Episteln für ein Fest geschrieben haben kann. Es ist unwahrscheinlich, daß in den damaligen wirren Zeiten der Usus schon so fest im Gebrauch war, wie unter Athanasius oder gar Cyrill"23.
2. Zur Chronologie der
Osterfestbriefe
Folgt man dem Bericht des Euseb über die Osterfestbriefe des Dionysius24 und nimmt man mit A. Harnack an, daß Euseb aus einer ihm vorliegenden Sammlung in chronologischer Reihenfolge geschöpft hat25, dann ergibt sich eine Sammlung von Festbriefen in folgender Reihenfolge:
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Worten wieder: „Scribit autem de his Dionysius in epistula paschali, quae sollemniter per annos singulos scribi solet, his verbis . . ." (GCS 9, 2, 679, l f. Mommsen). „Sehr wahrscheinlich 403" (Bardenhewer LG III, 554); „nach 402" (Th. Mommsen, in: GCS 9, 3 S. CCLI). Vgl. K. Holl, Fragmente (TU 20, 2), 151; Feltoe 90f. Bardenhewer LG H, 224; vgl. H.Jordan, Geschichte, 153. GCS 9, 3, 39. Eus. h. e. VII, 20—22, 11. Es ist auffallend, auch wenn es bisher selten beachtet wurde, daß Euseb nur in diesem Abschnitt ausdrücklich von Festbriefen des Dionysius spricht. LG II, 2, 63.
Die Osterfestbriefe
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
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An Flavius An Dometius und Didymus An die Mitpresbyter in Alexandrien An die Br der in Alexandrien (Eus. h. e. VII, 21, 1—2) An Hierax (VII, 21,2-10) An die Br der in Alexandrien („Pestbrief" - Eus. h. e. VII, 22, 2-10) An die Br der, nachdem der Friede wiederhergestellt war (VII, 22,11).
Der Brief an Hermammon und an die Br der in gypten26, aus dem Euseb mehrfach zitiert27 und der vor dem Osterfest des Jahres 262 verfa t wurde28, wird zwar gern als Osterfestbrief angesehen, von Euseb jedoch nicht als solcher bezeichnet29. Versucht man nun, die Briefe chronologisch festzulegen, ergibt sich zun chst die Schwierigkeit, da au er dem Brief an Hermammon keiner der genannten Briefe auf den ersten Blick eindeutig zu datieren ist. Weder die von Euseb mitgeteilten Fragmente der Briefe noch die von Euseb beigef gten Hinweise erm glichen eine eindeutige und sichere Datierung. Lediglich der weitere Zusammenhang, in den Euseb den Komplex der Festbriefe des Dionysius einordnet, scheint nahezulegen, da die Briefe in die Zeit nach der valerianischen Verfolgung geh ren. Diese wird n mlich zuvor von Euseb behandelt30. Auch das Friedensedikt des Gallienus, durch das die Christenverfolgung beendet wurde, nachdem Valerian in persische Gefangenschaft geraten und dort umgekommen war (260), wird zuvor erw hnt31. Leider ist jedoch der chronologischen Einordnung Eusebs nicht immer zu trauen. Markantestes und in unserem Zusammenhang von der Forschung immer wieder hervorgehobenes Beispiel ist der Brief des Dionysius an Dometius und Didymus, aus dem Euseb zwei Abschnitte mitteilt32. Euseb f gt sie den ausf hrlichen Schilderungen des Dionysius ber die valerianische Verfolgung an, obwohl sie eindeutig auf die decische Verfolgung zu
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Es handelt sich hier m glicherweise um zwei verschiedene Briefe, vgl. S. J. Bouma 18f.; gegen Feltoe 69. Eus. h. e. VII, l, 10, 2-9; 23, 1-4 (insgesamt 6 Fragmente); Feltoe 70-78. Vgl. die abschlie ende Notiz bei Eus. h. e. VII, 23, 4:'O δε όσιώτερος καΐ φιλοθεώτερος (sc. Gallienus) υπερβάς την έπταετηρίδα, νυν ένιαυτον ένατον διανύει, εν ω ημείς έορτάσωμεν (GCS 9, 2, 684, 19f. Schwartz). - Zur Datierung vgl. Ed. Schwartz, GCS 9, 3, 39; vgl. auch u. S. 144 Anm. 36. Vgl. auch Bouma 21: „Dat de brief aan Hermammon een feest-brief was, wordt niet gezegd". Vgl. besonders VII, 11, 1 — 19 mit den ausf hrlichen Zitaten aus dem Brief des Dionysius ,An Germanus'. VII, 13. - Vgl. dazu zuletzt: C. Andresen, Der Erla des Gallienus an die Bisch fe gyptens, in: Stud. Patr. XII (TU 115), Berlin 1975, 385-398. VII, 11,20-25.
144
Dionysius als Bischof von Alexandrian
beziehen sind33. Identifiziert man nun diesen Brief an Dometius und Didymus mit dem unter den Osterfestbriefen erwähnten Brief an die gleichen Adressaten, wie es in der bisherigen Forschung meistens geschieht34, dann gerät die von Euseb nahegelegte Chronologie durcheinander. Man könnte sich damit begnügen, den Brief an Dometius und Didymus als einen Sonderfall zu betrachten. Die Spätdatierung der übrigen Briefe bliebe dann unangetastet35. Man könnte den Irrtum Eusebs aber auch zum Anlaß nehmen, grundsätzlich an der Chronologie Eusebs zu zweifeln und nach überzeugenden Kriterien für die chronologische Einordnung zu suchen. Dies geschieht in steigendem Maße. Harnack, der bei seinem Versuch, für jedes Amtsjahr des Dionysius einen Festbrief auszumachen, ohnehin gelegentlich ins Gedränge kommt36, 33
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35 36
Die in VII, 11,20-23 geschilderten Ereignisse sind offensichtlich die gleichen, die Dionysius in seinem Brief ,An Germanus' (VI, 40) beschreibt. Aus 40, l aber geht hervor, daß es sich um die decische Verfolgung handelt. Der Versuch von M. Sordi, den Brief an Dometius und Didymus entgegen der bisherigen Auffassung in die Zeit der valerianischen Verfolgung zu verlegen (in: Rendiconti 35 (1962/63), bes. 128ff.: „certo dopo l'editto del 258"! [129]) dürfte kaum Zustimmung finden. Zwar ist zuzugeben, daß das zweite Fragment (VII, 11,24-25) überraschende Parallelen zu VII, 11,3 (vgl. auch das Gerichtsprotokoll: VII, 11,6) aufweist — es tauchen z. B. die gleichen Namen auf: Faustus, Eusebius und Chäremon. Doch beweist das nicht zwingend eine zeitliche Zusammengehörigkeit. Dagegen dürfte der Versuch, die in VI, 40 geschilderten Ereignisse auseinanderzureißen und die in VI, 40, 4—9 geschilderte Flucht in die Zeit der valerianischen Verfolgung zu verlegen (129 ff.) gescheitert sein. Denn 1) bestehen enge Beziehungen zwischen 40, l und 40, 5 (es geht um den Nachweis göttlicher Fügung) und 2) wird in 40, l —9 eine Flucht ( 40, 1 + 4 ) des Dionysius geschildert, während es bei der valerianischen Verfolgung um die Verbannung durch den Statthalter Ämilian geht (VII, 11,1-17). J. Molthagen, der die Schwierigkeiten ebenfalls gesehen hat, verzichtet auf eine eindeutige Entscheidung (Der römische Staat und die Christen im zweiten und dritten Jahrhundert, Göttingen 1970, 91 Anm. 26). Da aber auch er der Meinung ist, daß sich die in VII, 11, 20-23 geschilderten Ereignisse auf die decische Verfolgung beziehen, niemand aber — soweit ich sehe — bisher vorgeschlagen hat, die beiden Fragmente unterschiedlichen Briefen zuzuordnen (was die Probleme eher vergrößern würde), wird man an der bisherigen chronologischen Einordnung festhalten müssen. So: Dittrich 41; Foerster, in: Zeitschr. f. hist. Theol. 35 (1871) 55; Harnack LG I, l, 411; II, 2, 63; Bardenhewer LG II, 224; Feltoe 64ff.; H. J. Lawlor/J. E. L. Oulton, Eusebius. The Ecclesiastical History II, London 1928, 250; M. Richard, in: Le Museon 87 (1974) 311. — Die Annahme, es handle sich um zwei verschiedene Briefe, vertraten bisher nur: C. A. Bernoulli, Der Schriftstellerkatalog des Hieronymus, Freiburg 1895, 156 (vgl. dazu Harnack LG II, 2, 63 Anm. 4) und S. J. Bouma, mit dem ohne Zweifel gewichtigen Argument: „Belangrijker is het, dat Dionysius zijn brief HE. VII, 11, 20 characteriseert als een antword, hetgeen eerder aan een gewonen dan aan een feest-brief zou doen denken" (l 8). So z. B. Dittrich 130; Bardenhewer LG II, 224. LG II, 2, 63. Harnack datiert den Brief an Hermammon vor Ostern 261 (ebenso neuerdings C. Andresen, Der Erlaß des Gallienus, 387 u. 389). Nach Harnacks Chronologie
Die Osterfestbriefe
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verlegt die drei zuerst genannten Festbriefe kurzerhand an den Anfang der Amtszeit des Dionysius. Das ist um so leichter, als wir über den Inhalt der Briefe an Flavius und an die Presbyter in Alexandrien nichts Näheres wissen37. Möglich wäre es allerdings, daß der Brief an Flavius und der an Dometius und Didymus inhaltlich gleich wären, zumindest im Hinblick auf die Mitteilungen über den achtjährigen Osterzyklus und die Anweisung, Ostern nach dem Frühlingsäquinoktium zu feiern38. Vielleicht hat es sich hierbei mehr um einen Osterbrief als um einen ausgesprochenen Festbrief gehandelt. Doch gilt auch für diese Briefe, daß sie in der Verfolgungszeit geschrieben wurden (Eus. VII, 20). Den Brief an die Presbyter in Alexandrien, der in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt wird, möchten Lawlor/Oulton in ihrem Kommentar zur Kirchengeschichte Eusebs mit dem sogenannten Brief ,An Germanus' gleichsetzen39. Daß dieser Brief nicht an einen sonst nicht weiter bekannten Germanus adressiert gewesen ist, sondern sich gegen dessen Vorwürfe richtete, geht mit Sicherheit aus dem letzten von Euseb mitgeteilten Fragment aus dem Brief hervor40. Leider fehlen eindeutige Hinweise darauf, daß es sich bei ihm um einen Osterfestbrief gehandelt hat. Auch die vier restlichen Osterfestbriefe, von denen Euseb in seiner Kirchengeschichte spricht, werfen chronologische Probleme auf. Harnack ordnet alle vier ohne weitere Begründung zeitlich dem Brief an Hermammon nach, d. h. er datiert sie in die Jahre 262—26441. Die meisten Forscher beziehen demgegenüber den Einleitungssatz Eusebs: „Kaum brach der Friede herein, kehrte (Dionysius) nach Alexandrien zurück" (h. e. VII, 21, 1) auf das Ende der valerianischen Verfolgung und datieren die Briefe in die Jahre 260—262, setzen sie also zeitlich vor den Brief an Hermammon42. Die bisher vorgeschlagene Chronologie wirft nun allerdings einige inhaltliche Probleme auf. In dem ersten Brief an die Brüder in Alexandrien
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fiele sonst der letzte Osterfestbrief nicht mehr in die Lebenszeit des Dionysius. — Diese Datierung ist vor allem deshalb nicht möglich, weil der Brief auf den Tod des Makrianus und seiner Söhne zurückblickt (VII, 23, 1), die im Herbst bzw. Ende des Jahres 261 umkamen (vgl. Art.: .Macrianus', in: Lexikon der alten Welt, 1965, 1803f.). Auch Ed. Schwartz datiert den Brief an Flavius in die Frühzeit (GCS 9, 3, 39). Vgl. M. Richard, in: Le Museon 87 (1974) 310-312; vgl. bereits C. A. Bernoulli, Der Schriftsteüerkatalog, 156. Lawlor/Oulton II, 250f., 253 (Text des Briefes: Eus. h. e. VI, 40; VII, 11, 1-19; Feltoe 23—36). Als Osterfestbrief könnte er für das Jahr 260 bestimmt gewesen sein, da er während der valerianischen Verfolgung geschrieben wurde (vgl. Eus. h. e. VII, 11, 8). Eus. h. e. VII, 11, 18-19. Harnack LG II, 2, 63; vgl. o. S. 144 Anm. 36. So: Ed. Schwartz, in: GCS 9, 3, 39; vgl. auch Dittrich 119ff.; Foerster aaO 65ff.; Feltoe 76ff.; Bardenhewer LG II, 224f.; J. Burel, Denys d'Alexandrie, Paris 1910, 67ff. Die Zuweisung auf bestimmte Osterfeste ist allerdings unterschiedlich. Bardenhewer verzichtet überhaupt auf eine feste Chronologie.
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wendet sich Dionysius, wie Euseb erwähnt, gleichsam als Auswärtiger an die eigene Gemeinde, da in der Stadt Aufstand und Bürgerkrieg ( ) ausgebrochen sind, die die Stadt in zwei Lager gespalten haben. Vermutlich handelt es sich dabei um denselben Bürgerkrieg, den Dionysius in seinem Brief an Hierax beschreibt und aus dem Euseb anschließend einen längeren Abschnitt mitteilt. In diesem Abschnitt schildert Dionysius zugleich den Ausbruch von Krankheiten und Pest, deren Ursachen er in den Schrecken des Bürgerkriegs und einer Nilüberschwemmung erblickt. In dem anschließend von Euseb mitgeteilten Brief an die Brüder (Eus. h. e. VII, 22) wird die Pest eindrucksvoll beschrieben, und Dionysius erwähnt darin rückblickend nacheinander folgende Ereignisse: Verfolgung, Krieg, Hungersnot, eine kurze Friedenszeit und schließlich den Ausbruch der Pest (22, 4-6). Es erhebt sich zunächst die Frage, welcher Bürgerkrieg in dem Brief an Hierax und wohl auch in dem erstgenannten Brief an die Brüder in Alexandrien gemeint sein könne. Die Antworten fallen in der bisherigen Forschung unterschiedlich aus: Feltoe schreibt:,,. . . the extract, as we have it, deals almost entirely with the devastations of the plague in Egypt, which broke out afresh after the revolt and overthrow of Macrianus and which was possibly in part due to the number of unburied corpses lying about in the city"43. Da aber Makrian, den Dionysius in seinem Brief an Hermammon erwähnt hat44, persönlich in dieser Zeit schwerlich in Ägypten gewesen sein kann, sieht man meist in dem „Tyrannen" Ämilian45, möglicherweise einem Parteigänger des Makrianus, die Zentralfigur des alexandrinischen Bürgerkriegs, den Dionysius beschreibt. Ed. Schwanz schreibt: „Sehr wahrscheinlich ist dieser ,Krieg' die Erhebung und Unterdrückung des /Tyrannen' Aemilian (Pauly-Wissowa l, 541), der wahrscheinlich mit dem Vicepraefecten identisch ist, der am Anfang der valerianischen Verfolgung 258 Dionys verhörte"46. Th. Mommsen meint sogar, in 43
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Feltoe 85. — Da Makrianus und seine Söhne Ende 261 umkamen, wäre dieser Brief ebenso wie der an Hermammon für das Osterfest des Jahres 262 geschrieben worden. Für diese Datierung zuletzt auch C. Andresen, Der Erlaß des Gallienus, 387. — S. 394ff. folgt der Versuch einer Deutung des Briefes im Zusammenhang mit dem Usurpationsversuch des Makrianus. — Zu Makrianus vgl. auch G. Bardy, Kommentar zu Eus. h. e. VII, 21, l (SC 41, 1955, 194); J. Lebreton, in: Fliche-Martin, Histoire de l'Eglise II, 1948, 325. Eus. h. e. VII, 10, 4ff.; 23,2. Script. Historiae Augustae, Trig. Tyr. 22; 26, 4. Gall, 4, If.; 5, 6; 9, l (hg. v. E. Hohl, Leipzig 1965); vgl. Dittrich 120f.; A. Stein, Die Präfekten von Ägypten in der römischen Kaiserzeit, Bern 1950, 143-145; M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 125f.; J. R. Martindale, Prosopography of the Later Roman Empire: .addenda et corrigenda* to Volume I, in: Historia 23 (1974) 246f. Ed. Schwartz, GCS 9, 3, 39. Dementsprechend datiert er die beiden Eus. h. e. VII, 21 erwähnten Briefe vor das Osterfest 260, den ,Pestbrief' und den ,Friedensbrief' (VII,
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den von Dionysius geschilderten Ereignissen einen Zusammenhang mit der Belagerung der Burg Bruchium zu erkennen47. Doch wird in dem später von Euseb mitgeteilten Bericht über diese Belagerung Dionysius nicht erwähnt. St. I. Oost48 hat zuletzt die historischen Zusammenhänge dieser Ereignisse unter Berücksichtigung der verschiedensten Quellen (Münzen, Inschriften etc.) und in Auseinandersetzung mit den früheren Forschungsergebnissen einer eingehenden kritischen Prüfung unterworfen. Dabei entwickelt er selbst ein eigenes und in vieler Hinsicht überzeugendes Bild von dem Usurpationsversuch des Makrianus und vom Aufstand des Ämilianus in Ägypten. Hinsichtlich der Einordnung des Berichtes des Dionysius in diese Zusammenhänge scheint mir jedoch der Wert seiner Untersuchung mehr darin zu liegen, daß sie die offenen Fragen und Widersprüche der älteren Forschung aufdeckt49. Denn die angebotene Lösung bleibt insbesondere in einem Punkt unbefriedigend: bei der Frage nach der Pest in Alexandrien, von der in beiden genannten Briefen, aus denen Euseb zitiert, die Rede ist. Folgt man nämlich der Lösung von St. I. Oost, die sich in diesem Punkt nur wenig von früheren Datierungsversuchen unterscheidet, dann ergibt sich folgende merkwürdige Situation, die P. Keresztes mit dem Wort beschreibt: „While he writes profusely about the raging of the plague in the post-Valerian era, Dionysius of Alexandria does not apparently write about the plague's effects in the post-Decian period"50. Merkwürdig ist dabei nicht nur, daß wir von der Pest um 252 in Nordafrika durch Cyprian ausführlich unterrichtet sind51, während Dionysius anscheinend darüber schweigt52. Merkwürdig ist dies vor allem, weil die
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22, 11) vor 261. — Dionysius zitiert aus dem Protokoll des Verhörs vor Ämilian (Eus. h. e. VII, 11,6-11); vgl. dazu Molthagen 87ff. Th. Mommsen, Römische Geschichte, V, 11. Aufl., Berlin 1933, 570 mit Anm. 2; vgl. Eus. h. e. VII, 32. St. I. Oost, The Alexandrian Seditions under Philip and Gallienus, in: Class. Phil. 56 (1961) 1-20; vgl. C. Andresen, Die Kirchen der alten Christenheit, 302. Vgl. bes. 9 ff. P. Keresztes, Two Edicts of the Emperor Valerian, in: VigChr 29 (1975) 81-95; Zitat S. 82. K. begnügt sich mit dieser Feststellung, ohne den damit verbundenen Fragen weiter nachzugehen. Vgl. Cyprian, De mortalitate (CSEL 3, l S. 295-314 hg. v. W. Hartel), bes. c. 14; Ad Demetrianum (ebd. S. 349-370). Zur Datierung dieser Schriften vgl. J. Quasten, Patrology II, Utrecht 1964, 356f.; P. de Labriolle, Histoire de la litterature latine chretienne II, Paris 1947, Anhang Tab. 3. Lediglich im Brief an Dometius und Didymus findet sich möglicherweise ein versteckter Hinweis darauf, sofern a) dieser Brief auf die decische Verfolgung zurückblickt (vgl. o. S. 144 Anm. 33) und b) in Eus. h. e. VII, 11, 24 anstatt der von Ed. Schwartz vorgeschlagenen Lesart — zu lesen ist. Als Erläuterung merkt Ed. Schwartz zu seinem Vorschlag an: „Dionys zählt die Presbyter und Diakonen auf, die trotz der
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Chronik des Hieronymus, die in ihrer Grundlage bekanntlich auf Euseb zur ckgeht, f r das Jahr 253 eine Pest in Alexandrien und gypten vermerkt und dabei ausdr cklich auf das Zeugnis des Dionysius verweist53, w hrend f r die brige Amtszeit des Dionysius keine Pest in Alexandrien oder anderswo verzeichnet ist. Das gleiche gilt f r die aus dem Armenischen bersetzte Chronik des Euseb54. Verfolgung noch in Alexandrien geblieben und nicht hingerichtet oder geflohen sind: in den Zusammenhang pa t die Seuche nicht hinein, ganz abgesehen davon, da man leichter begreift, wie νήσω in νοσώ verf lscht wurde als umgekehrt. Es ist eine bestimmte, den Adressaten des Briefes bekannte Nilinsel gemeint, in der wahrscheinlich Christen einen Zufluchtsort gesucht hatten, aber aufgesp rt und hingerichtet waren: vgl. Euagrius bei Socrat. 4, 23, 54" (GCS 9, 3 S. LXXXVI zu S. 664, 2). - Demgegen ber bevorzugen Feltoe (68, l mit Anm.) und G. Bardy (SC 41, S. 185) die Lesart νόσφ, die von der gesamten griechischen berlieferung des Textes getragen wird. Anders lesen nur Rufin („in insula") und Zarm. Rufin gibt jedoch nicht immer eine blo e bersetzung, sondern fa t gelegentlich zusammen (auch in unserem Fall!) oder erg nzt sogar den Text (vgl. o. S. 141 f. Anm. 19). Entsprechend urteilt Th. Mommsen: „Der Wert der lateinischen Version . . . ist gering" (GCS 9, 3 S. CCLI). Man wird deshalb der Lesart νόσψ trotz der Einw nde von Ed. Schwartz den Vorzug geben m ssen. Vgl. auch J. Lebreton, in: Fliche-Martin 11,321 Anm. 3; M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 128 Anm. 15. 53 GCS 47, 219, 4-8 (ed. R. Helm, Berlin 1956): „Pest ens morbus multas totius orbis prouincias occupauit maximeque Alexandriam et Aegyptum, ut scribit Dionysius et Cypriani de mortalitate testis est ber". Reiches Belegmaterial bietet neben dem Apparat S. 219 z. St. auch der Anhang S. 433 z. St. Bemerkenswert sind dabei vor allem die Parallelen aus heidnischem Schrifttum, die fast ausschlie lich die Pest in die Zeit des ,Gallus und Volusianus', d. h. ins Jahr 252/3, verlegen. Der Chronograph v. 354 spricht nur von einer ,magna mortalitas', datiert diese aber auch ins Jahr des Gallus und Volusianus (ed. Mommsen MGH auct. antiq. IX, 148f.). Die Historia Augusta ist, soweit ich sehe, die lteste Quelle, die f r das Jahr 262 von einer Pest in Rom und Achaia zu berichten wei (Gall. 5,5-Hohl II, 84,20ff.). Bei der Angabe „Gallieno et Faus(t)iano conss." (Gall. 5, 2-Hohl II, 84, 9) aber handelt es sich u. U. um ein Versehen. Die inkorrekte Angabe Faustianus (!) k nnte ein Fingerzeig sein. Andererseits bietet auch Zonaras (12. Jh.) eine m gliche L sung des Problems, sofern er nicht von dem Bericht der Historia Augusta direkt oder indirekt beeinflu t ist. Zonaras schreibt im Zusammenhang mit Gallus und Volusianus: Άλλα και λοιμός τηνικαΰτα ταΐς χώραις ένέσκηψεν, έ| Αιθιοπίας άρξάμενος και πασαν σχεδόν έπινεμηθείς χωράν έωαν τε και έσπέριον, και πολλάς των πόλεων των οίκητόρων έκένωσεν, επί πεντεκαίδεκα διαρκέσας ένιαυτούς (ed. L. Dindorf, Bd. III, 137, 14—18). Der Verlauf einer Pestwelle von 15 Jahren durch das gesamte r mische Reich, die zuletzt auch Rom und Achaia erreicht h tte, k nnte eine Erkl rung f r die unterschiedlichen Angaben sein. Allerdings ist die Beschreibung des Verlaufs der Pest — beginnend in thiopien — m glicherweise als alter Topos zu betrachten (vgl. Thukyd. II, 48, 1). Zu Zonaras - Person und Werk - vgl. zuletzt: K. Ziegler, in: PW 2. Reihe, 19. Halbbd. (1972), 718-732. 54 GCS 20 (hg. v. J. Karst, Berlin 1911), 226: „Eine Pestseuche verbreitete sich ber viele Gegenden des Erdkreises, haupts chlich ber Alexandria und Egyptus: es berichtet hiervon Dionesios". Kurz vorher war von ,Dekos' und seiner Verfolgung die Rede. J. Karst rechnet allerdings mit einer Textverschiebung und m chte den Text lieber
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Dies ist offensichtlich der Grund, der Lawlor/Oulton als erste bewegen hat, einen der beiden Festbriefe, aus denen Euseb zitiert, aus dem überlieferten Zusammenhang herauszunehmen und auf das Jahr 252 zu datieren55. Aus verschiedenen Gründen scheint ihnen der Brief an Hierax zusammen mit dem in VII, 21,1 erwähnten Brief an die Brüder in Alexandrien in die Zeit nach Decius zu gehören, vor allem weil das von Euseb mitgeteilte Exzerpt aus dem Brief an Hierax „barely alludes to the war, and is mainly occupied with a pestilence"56. Gemeint ist in dem Brief offenbar jene von Cyprian, Hieronymus und anderen bezeugte Pest in Alexandrien. Doch die Begründung, in dem Brief an Hierax werde eher die Pest als ein Bürgerkrieg beschrieben, ist für einen Leser des Textes wenig überzeugend, auch wenn auf die Pest offenbar angespielt wird. Überzeugender erscheint der umgekehrte Versuch von M. Sordi, den sogenannten „Pestbrief" (Eus. h. e. VII, 22) auf die Jahre 252/3 zu datieren, den Brief an Hierax jedoch mit dem Aufstand des Ämilian in Verbindung zu bringen57. Problematisch dürfte hingegen sein, den Brief an Hierax und den „Pestbrief" zeitlich so weit voneinander zu trennen. Mit Recht hat St. I. Oost die Zusammengehörigkeit dieser Briefe betont58. Die genannten Versuche dürften deutlich gemacht haben, daß die von Euseb nahegelegte Chronologie der Briefe, vor allem die Spätdatierung der letztgenannten, erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Inhaltliche Kriterien zur Datierung, vor allem wenn sie aus den Exzerpten der Dionysiusbriefe gewonnen werden können, dürften in jedem Fall der Einordnung Eusebs vorzuziehen sein. Das gilt um so mehr, als Euseb weder behauptet, er berichte in chronologischer Folge aus den Osterfestbriefen, noch erkennen läßt, daß er — wie z. B. bei den Briefen über die Tauffrage — aus einer bereits geordneten Sammlung der Festbriefe zitiert. Bei näherer Betrachtung ergibt sich, daß Euseb den Abschnitt über die Osterfestbriefe des Dionysius als selbständiges Kapitel konzipiert hat, gewissermaßen als Anhang zu einem in vieler Hinsicht bereits abgeschlossenen Bericht59. Auch die im Anschluß daran geschilderten Ereignisse, die Auseinandersetzung des Dionysius mit dem ägyptischen Chiliasmus (Eus. h. e. VII, 24—25) und die u. a. in cap. 26 erwähnten Briefe an Basilides, dürften schwerlich wegen ihrer Stellung im Bericht Eusebs an das Ende der Amtszeit des Dionysius zu datieren sein. Eher wird man annehmen dürfen, daß Euseb diese Nachrichten ans Ende seiner Darstellung über Dionysius gerückt hat, weil sie auf Grund der Quellen nicht näher zu datieren waren. — Kurz gesagt: die
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Abr. 2270 GE als Seitenlemma zuordnen (S. 238 Anm. l zu S. 226 — jedoch ohne weitere Begründung). Lawlor/Oulton II, 251f. Zitat S. 251 f. M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 125ff. AaO S. 9. Vgl. Eus. h. e. VII, 11,26.
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Kapitel 20—26 in Buch VII der Kirchengeschichte Eusebs enthalten offensichtlich Nachträge, die bis dahin unberücksichtigtes Material über Dionysius zusammentragen, ohne daß aus ihrer Stellung in Eusebs Bericht unmittelbare Folgerungen für die chronologische Einordnung gezogen werden können. Der Weg für eine aus inhaltlichen Kriterien gewonnene Chronologie der Festbriefe dürfte deshalb frei sein. Geht man davon aus, daß die Briefe an die Brüder in Alexandrien (VII, 21, 1), an Hierax und der sogenannte „Pestbrief" nicht nur durch die Stellung bei Euseb, sondern auch durch inhaltliche Beziehungen zusammengehören, dann bleibt nach den bisherigen Überlegungen nur die Möglichkeit, sie insgesamt aus der Zeit nach der valerianischen Verfolgung herauszunehmen und in die Frühzeit des bischöflichen Wirkens des Dionysius zu verlegen. Denn eine Pest in Alexandria ist für die spätere Zeit sonst nicht bezeugt. Die Briefe lassen sich jedoch noch genauer datieren. Nur liegt der Schlüssel dafür nicht in irgendwelchen Berichten über Aufstände in Alexandrien aus dem historischen Umfeld60, sondern in dem Brief des Dionysius an den Bischof Fabius von Antiochien (Eus. h. e. VI, 41 —42; 44), aus dem Euseb umfangreiche Reste überliefert hat. Dieser Brief ist nach dem Ausbruch des novatianischen Schismas geschrieben worden, dem Fabius, wie es heißt 61, zugeneigt habe. Da Fabius gegen Ende des Jahres 252 starb62, fällt seine Abfassungszeit in die Jahre 251/52. In diesem Brief schildert Dionysius mit eindrucksvollen Worten ausführlich das Schicksal der alexandrinischen Märtyrer in der decischen und einer lokalen Verfolgung in Alexandrien, die ein Jahr vor dem Edikt des Decius ausgebrochen war63, mit dem Ziel, Fabius von seiner rigoristischen Haltung gegenüber den sogenannten ,lapsi' abzubringen. Denn jene Märtyrer waren weniger streng mit ihren gefallenen Brüdern, nahmen diese sogar in ihre Gebets- und Mahlgemeinschaft wieder auf, so daß ein anderes Urteil zugleich eine Kritik an ihrer Entscheidung bedeutete64. Für die Chronologie der Ereignisse kann man davon ausgehen, daß das Edikt des Decius im Frühjahr des Jahres 250 erging65. Demnach ereignete 60
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Bekanntlich fehlen für die Jahre zwischen Decius und Gallienus die Nachrichten aus der Historia Augusta; der Bericht des Dio Cassius hört schon früher auf, so daß wir über diese Zeit — abgesehen von den Briefen des Dionysius und den aus ihnen geschöpften 61 Nachrichten des Euseb — nur wenig Zuverlässiges wissen. Eus. h. e. VI, 44, 1. Vgl. Harnack LG II, 1,215. Zu dem Briefwechsel mit Fabius im Zusammenhang vgl. P. Nautin, Lettres et ecrivains chretiens, Paris 1961, 143 — 156. Dionysius macht einen nicht näher genannten für den Ausbruch dieser Verfolgung verantwortlich (VI, 41, 1). Zur Chronologie der Ereignisse vgl. VI, 41, 9. Vgl. Eus. h. e. VI, 42, 5-6. W. H. C. Frend, Martyrdom and Persecution, Oxford 1965, 406; Molthagen 64-69; das Martyrium des Bischofs Fabian von Rom wird auf den 20. Jan. 250 datiert. Vgl. auch u. S. 153 f. Anm. 74.
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sich die lokale Verfolgung in Alexandrien, von der Dionysius in diesem Zusammenhang spricht, zu Beginn des Jahres 249. Sie f llt also in jene unruhige bergangszeit zwischen der Herrschaft des , Christenfreundes' Philippus Arabs und seines Nachfolgers Decius66. F r unsere Betrachtung ist nun jene Bemerkung in dem Brief wichtig, mit der Dionysius den bergang zwischen der lokalen Verfolgung und dem offiziellen kaiserlichen Edikt beschreibt. Es hei t dort: „Dieser Zustand dauerte lange in dieser Weise an. Als jedoch die Revolte und der B rgerkrieg (στάσις καΐ πόλεμος εμφύλιος) auf die belt ter bergriff, wandte er ihre gegen uns ge bte Grausamkeit gegeneinander. Ein wenig konnten wir aufatmen (προσανεπνεύσαμεν), weil sie nun keine Zeit hatten, ihre Wut an uns auszulassen. Sehr bald aber erhielten wir die Nachricht, da es in der kaiserlichen Regierung, die uns so wohlgesonnen gewesen war, einen Wechsel gegeben hatte. Da steigerte sich die Furcht vor dem, was uns drohte, sehr"67. Darauf folgt die Ank ndigung des kaiserlichen Edikts. Vergleicht man diesen Abschnitt mit dem Hinweis Eusebs auf den Festbrief an die Br der in Alexandrien (VII, 21, 1), dann f llt auf, da dort ebenfalls die Rede von στάσις und πόλεμος in Alexandrien ist; und zu dem Brief an Hierax bemerkt Euseb, da in ihm jene Revolte (στάσις) geschildert werde68. In dem anschlie enden sogenannten ,Pestbrief' (VII, 22, 4—6) erw hnt Dionysius nacheinander folgende Ereignisse, die ber die Gemeinde hereingebrochen seien: Zun chst Verfolgung und Martyrien (διωκόμενοι και θανατούμενοι). Auch im Brief an Fabius ist zun chst von einer Verfolgung und einer Reihe von Martyrien die Rede (vgl. VI, 41, l: διωγμός). Darauf folgten Krieg und Hungersnot (πόλεμος και λιμός). Entsprechend ist auch im Brief an Hierax die Rede von D rre und berschwemmung des Nils69. Danach gab es eine kurze Friedenszeit, die allerdings, wie Dionysius ausdr cklich hervorhebt, den Christen allein geschenkt wurde (ειρήνη, ην μόνοις ήμϊν δέδωκεν). hnlich klingt die Bemerkung im Brief an Fabius, da die Christen kurze Zeit aufatmen konnten, als die Gegner die Grausamkeiten gegeneinander wandten. Auch im ,Pestbrief' ist in diesem Zusammenhang die Rede von einer kurzen Verschnaufpause (αναπνοή), ehe die Pest (ή νόσος αυτή) hereinbrach. Daneben gibt es weitere auffallende Parallelen zwischen dem Brief an Fabius und dem an Hierax, bzw. dem ,Pestbrief'. So wird z. B. in dem Brief an Hierax ausf hrlich geschildert, wie Alexandrien w hrend des B rgerkrieges in zwei Lager gespalten war und die Stadt selbst in der Mitte geteilt schien. hnlich klingt eine Bemerkung im Brief an Fabius: „Keinen Weg, keine Stra e, keine
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Vgl. dazu St. I. Oost aaO 3-7 mit Anm. VI, 41,9. VII, 21, 2: της κατ' αυτόν των Άλεξανδρέων στάσεως μνημονεύει δια τούτων. VII, 21, 5-6.
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Gasse konnten wir gehen, weder bei Nacht noch bei Tag" (VI, 41, 8). Aus dem Brief an Fabius geht ferner hervor, daß Dionysius angesichts der Verfolgung geflohen war. Dionysius drückt sich zwar gegenüber dem Rigoristen Fabius sehr vorsichtig aus und umschreibt sein Verhalten mit einem Bibelzitat. Doch dürfte er selbst mit eingeschlossen sein, wenn es heißt: „Die Brüder wichen aus und zogen sich zurück und ,ertrugen mit Freude den Raub der Güter' (Hebr. 10, 34), wie jene, von denen es Paulus bezeugt"70. Dazu paßt gut die Bemerkung Eusebs, Dionysius sei bei Einbruch des Friedens nach Alexandrien zurückgekehrt (VII, 21, 1). Die bis in die Formulierungen hineinreichenden auffallenden Parallelen zwischen dem Brief an Fabius und den beiden Osterfestbriefen an Hierax und an die Brüder in Alexandrien legen den Schluß nahe, daß in beiden Fällen die gleichen Ereignisse in Alexandrien geschildert werden. Das aber würde bedeuten, daß die beiden Osterfestbriefe zeitlich vor den Brief an Fabius gerückt werden müßten. Kleinere Unterschiede könnte man mit der zeitlichen Differenz, den unterschiedlichen Adressaten und eventuell auch mit der offensichtlichen rhetorischen Stilisierung der Festbriefe erklären. Doch ehe diese Schlußfolgerung erlaubt ist, muß eine Frage geklärt werden, die bisher unbeantwortet ist: Wie kommt es, daß Dionysius in dem Brief an Fabius die Pest in Alexandria mit keinem Wort erwähnt? — Es wäre sicherlich zu einfach, wollte man dies mit dem fragmentarischen Charakter der Überlieferung erklären. Hier dürften vielmehr sachliche Gründe eine Rolle gespielt haben. In dem Brief an Fabius, der der Einheit der Kirche dienen soll, beschreibt Dionysius die Schicksale der alexandrinischen Märtyrer in beiden Verfolgungen deshalb so ausführlich, damit Fabius den Ernst dieser Martyrien erkennt und die Entscheidungen der Märtyrer zugunsten der ,lapsi' entsprechend würdigt. Es geht um das Urteil der Märtyrer, „die jetzt neben Christus thronen, an seiner Herrschaft teilhaben, bei seinem Gericht mitwirken und mit ihm zusammen das Urteil sprechen" (VI, 42, 5). Von den Toten der Pestepidemie aber sagt Dionysius selbst: „Diese werden sehr verehrt, weil auch diese Art des Todes, die aus großer Frömmigkeit und starkem Glauben hervorging, dem Martyrium nichts nachzustehen scheint"71. Das bedeutet, daß die in der Pest Umgekommenen nicht den Märtyrern gleichgestellt werden konnten, vor allem dann nicht, wenn es — wie im Brief an Fabius von Antiochien — darum ging, den Rigorismus gegenüber den , Gefallenen' mit dem Hinweis auf die Milde der Märtyrer bzw. Konfessoren zu widerlegen. 70
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Eus. h. e. VI, 41, 6. Es fällt auf, daß Dionysius den Hebräerbrief als Paulusbrief bezeichnet, wie vor ihm z. B. auch Klemens von Alexandrien (vgl. Eus. h. e. VI, 14, 2f.). Demgegenüber meint Origenes, daß der Brief zwar den Paulusbriefen gedanklich nahestehe, jedoch nicht von Paulus selbst verfaßt sei (vgl. Eus. h. e. VI, 25, 11-14). Eus. h. e. VII, 22, 8.
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Die Kirche in Alexandrien hatte Schweres erlitten, nicht nur in der Verfolgung unter Decius, sondern auch in einer vorauf gegangenen lokalen Verfolgung. Ihr Leidensweg und die große Zahl ihrer Märtyrer gaben ihr ein gewichtiges Mitspracherecht bei der Frage der Wiederaufnahme der gestrauchelten Gemeindeglieder. Aber es ist verständlich, daß Dionysius gegenüber einem Rigoristen nicht auf die allgemeinen Leiden verweist, sondern sich auf das Urteil der .echten' Märtyrer beschränkt. Damit aber dürfte einer Frühdatierung der genannten Festbriefe nichts mehr im Wege stehen. Versucht man von hier aus die Ereignisse in Alexandrien in den Jahren nach 248 chronologisch zu ordnen, dann ergibt sich folgendes Bild: Zu Beginn des Jahres 249 ereignet sich in Alexandrien eine lokale Verfolgung, die vielleicht im Zusammenhang mit der Milleniumsfeier des römischen Reiches im Jahre 248 und dem dabei aufflammenden heidnischen Selbstbewußtsein steht72. Viele Christen, darunter auch Dionysius, verlassen die Stadt; ein gemeinsames Osterfest ist in diesem Jahr (249) nicht möglich73. Aus diesem Grund und weniger, um den Ostertermin bekanntzugeben, wendet sich Dionysius brieflich an seine Gemeinde. Zum Osterfest selbst ist Dionysius anscheinend wieder in Alexandrien, denn der inzwischen ausgebrochene Bürgerkrieg gönnt den Christen eine gewisse Ruhepause. Doch die Stadt ist gespalten, und die Gemeinde ist davon ebenfalls betroffen. Der nicht erhaltene Brief an die Brüder in Alexandrien und der an Hierax sind anscheinend im Zusammenhang mit dem Osterfest dieses Jahres (249) geschrieben worden. Kurz darauf bricht offenbar die Pest in Alexandrien aus, die im Brief an Hierax angedeutet zu sein scheint, dann aber in dem sogenannten ,Pestbrief', vermutlich dem Osterfestbrief für das Jahr 250, eingehend beschrieben wird. Es fällt auf, daß in diesem Brief kein Hinweis auf das Edikt des Decius enthalten ist. Allerdings wissen wir nicht, wann dieses Edikt in Alexandrien eintraf74 und wann der Brief geschrieben wurde. Die Pest in 72
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Ein wichtiges Zeugnis für die wiederaufflammende heidnische Religiosität in dieser Zeit ist die von Cassius Dio verfaßte Maecenasrede (LII, 14—40), die als Ausdruck der religiösen Haltung des Verfassers zu verstehen ist, der bis zum Jahre 229 n. Chr. Mitglied des römischen Senats war (gest. 235). In ihr finden sich bereits Grundzüge der Religionspolitik des Decius (vgl. bes. c. 36, If.). Im einzelnen dazu: Molthagen 76ff.; vgl. auch o. S. 134f. mit Anm. 6. Dieses Osterfest dürfte gemeint sein, wenn Dionysius schreibt: „Zuerst hat man uns vertrieben; und obwohl wir als einzige von allen verfolgt und getötet wurden, haben wir auch damals gefeien. Und jeder Ort mit seiner besonderen Pein wurde für uns zum Festplatz - Feld, Wüste, ein Schiff, ein Gasthaus, ein Gefängnis" (Eus. h. e. VII, 22, 4). Vgl. A. Alföldi, Zu den Christenverfolgungen in der Mitte des 3. Jhs., in: Klio 31 (1938) 324: „Manche Angaben sprechen dafür, daß der Druck der Verfolgung im März 250 verstärkt wurde. Doch war all dies nur Patrouillenkampf; der Generalangriff, . . . kam erst im Juni". Ferner: St. I. Oost 7 mit Anm. 33; Molthagen 66f. Auffallend ist, daß die
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Alexandrien fiele danach in den Zeitraum zwischen der lokalen und der decischen Verfolgung, d. h. in die zweite H lfte des Jahres 249. Im allgemeinen wird sie f r das r mische Reich auf das Jahr 252 datiert. Doch ist es mehr als wahrscheinlich, da gypten und Alexandrien zuerst von ihr heimgesucht wurden, ehe sie von Afrika aus auch auf andere Teile des Reiches bergriff75. Was die Einzelheiten der Schilderung des Dionysius betrifft, so darf man eine gewisse rhetorische Stilisierung nicht bersehen. Auch hat m glicherweise eine bestimmte Auslegungstradition von Exod. 12 auf sie eingewirkt76. Um die chronologische Einordnung der Osterfestbriefe abzuschlie en, sei noch kurz auf den Brief an Dometius und Didymus eingegangen. Wie bereits ausgef hrt, sieht man in ihm meistens den Festbrief f r das Jahr 25l77, vor allem, wenn man annimmt, da die von Euseb mitgeteilten Fragmente (VII, 11,20—25) aus diesem Brief stammen. M.Richard aber hat k rzlich eine andere Datierung vorgeschlagen78. Aufgrund eines neuentdeckten Fragments aus einem Osterfestbrief des Petrus von Alexandrien hat M. Richard den in Eus. h. e. VII, 20 im Zusammenhang mit dem Brief an Dometius und Didymus erw hnten achtj hrigen Osterzyklus zu rekonstruieren versucht und ist zu dem Schlu gekommen, da dieser Brief f r das Jahr 254 verfa t worden sei, da mit diesem Jahr der Zyklus neu einsetze. Dagegen kann man einwenden, da eine so generelle Regelung, wie sie die Aufstellung eines Zyklus darstellte, einer l ngerfristigen Vorbereitung bedarf, d. h. da der Brief durchaus schon fr her verfa t sein kann, als der Einsatz des Zyklus nahelegt. M glicherweise gibt sogar der von M. Richard rekonstruierte Zyklus79 einen Hinweis f r eine solche fr here Datierung, und zwar auf das Jahr 251. Denn in diesem Jahr differierte, wie M. Richard zeigt, das Osterdatum in Alexandrien und Rom (23. bzw. 30. M rz). Die Aufforderung des Dionysius, Ostern nach dem Fr hlings quinoktium zu feiern, k nnte dabei als Kompromi bzw. als Ann herung an die r mische Praxis verstanden werden. Da Rom und Alexandrien sich schon fr h ber den Ostertermin verst ndigt haben, ist bekannt80. Und es ist durchaus
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erhaltenen ,libelli' alle aus der Mitte des Jahres (zwischen dem 12. Juni und 14. Juli) stammen. Vgl. die Notiz bei Zonaras, zitiert o. S. 148 Anm. 53. Thukydides beschreibt bereits diesen Weg der Pest: "Ηρξατο δε το μεν πρώτον, ως λέγεται, εξ Αιθιοπίας της υπέρ Αιγύπτου, έπειτα δε και ες Αΐγυπτον και Λιβύην κατέβη και ες την βασιλέως γην την πολλήν (Thuk. II, 48, 1 [Loeb I, 342]). Vgl. u. S. 158 ff. Vgl. o. S. 144 mit Anm. 33. In: Le Museon 87 (1974) 312. AaO S. 334ff. Vgl. Ed. Schwanz, Christliche und j dische Ostertafeln (AAG VIII, 6), Berlin 1905, 19: „Es wird sich noch herausstellen, da schon vor dem nicaenischen Concil Rom und Alexandrien sich, wenn m glich, ber das Osterdatum verst ndigten". Vgl. ebd. 27.
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m glich, da auch in dem Brief an Flavius diese Regelung des Ostertermins eine Rolle gespielt hat81. Dies d rfte auch der Grund sein, weshalb Euseb diese Briefe unter die Osterfestbriefe eingeordnet hat, obwohl sie — verglichen mit den brigen Fragmenten und dem Hinweis Eusebs ber den Charakter der Briefe — keine feierliche Ansprache zum Osterfest enthalten zu haben scheinen82, d. h. sie waren wohl eher Osterbriefe als Osterfestbriefe. Der Brief an Dometius und Didymus war zudem nicht einmal an die eigene Gemeinde gerichtet, wie aus dem Beginn des ersten der beiden von Euseb mitgeteilten Fragmente hervorgeht (VII, 11,20). Dort gibt Dionysius n mlich einen berblick ber die verschiedenen M rtyrer in der decischen Verfolgung, verzichtet aber auf deren Namen, da sie die Empf nger des Briefes ohnehin nicht kennen. Mit Recht hat ferner S. J. Bouma darauf hingewiesen, da der Brief den Charakter eines Antwortschreibens tr gt83. Vermutlich war der Brief an die r mische Gemeinde gerichtet, die nach dem Tode Fabians am 20. Jan. 250 zu Beginn des Jahres 251 noch immer ohne neuen Bischof war84. Erst im Fr hjahr 251 wurde Cornelius zum Bischof gew hlt, wodurch das novatianische Schisma ausgel st wurde85.
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Vgl. M. Richard, in: Le Museon 87 (1974) 312. Der Brief an Flavius (Eus. h. e. VII, 20 erw hnt) ist nicht erhalten. Vgl. Eus. h. e. VII, 20 (πανηγυρικότεροι λόγοι). Bouma 18; vgl. Eus. h. e. VII, 11,22: τα γαρ καθ' ημάς επειδή πυνθάνεσθε και βούλεσθε δηλωθηναι . . . Die f r eine Datierung auf das Jahr 254 notwendige Annahme, Dionysius sei im Jahre 253 noch im Exil gewesen (M. Richard aaO 312), setzt voraus, da unter Gallus in Alexandrien die Christenverfolgung fortgesetzt wurde. Dionysius spricht zwar von einer Verfolgung unter Gallus, in der die „heiligen M nner" verbannt worden seien (Eus. h. e. VII, 1), doch konkrete Hinweise auf eine Verfolgung in Alexandrien besitzen wir nicht. Cyprian wei lediglich von Ma nahmen gegen die r mische Kirche (ep. 60, 1—2, an Cornelius; ep. 61 an Lucius. — In ep. 68, 5 werden beide als .M rtyrer' bezeichnet. Cornelius ist im Herbst 253 in der Verbannung gestorben und Lucius wurde sein Nachfolger). Dies ist m glicherweise der historische Kern einer Verfolgung unter Gallus, von der sp ter auch Zonaras berichtet (XII, 21 - L. Dindorf III, 137, Iff.). P. Keresztes d rfte deshalb Recht haben, wenn er schreibt: „there was only a ,wind' during Gallus' reign, for there seems to be little doubt that there was some anti-Christian violence at least in Rome at this time" (VigChr 29 [1975] 81). Vgl. auch A. Alf ldi, in: Klio 31 (1938) 335 ff.; Molthagen 85 Anm. 1. Vielleicht hingen die Ma nahmen mit den Streitigkeiten innerhalb der r mischen Gemeinde zusammen, die das Schisma Novatians hervorgerufen hatte. Auch die sogenannte Christenverfolgung unter Maximinus Thrax (235), bei der in Rom Pontian und Hippolyt nach Sardinien verbannt wurden, scheint nicht zuletzt durch innerr mische Streitigkeiten bedingt gewesen zu sein. Vgl. G. W. Clarke, Some Victims of the Persecution of Maximinus Thrax, in: Historia 15 (1966) 445-453; Molthagen 52-58. Vgl. dazu jetzt: H. G lzow, Cyprian und Novatian, T bingen 1975, 134ff.; 152ff.
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Der letzte Osterfestbrief des Dionysius, aus dem Euseb umfangreiche Stücke aufbewahrt hat, ist der zu Anfang bereits erwähnte Brief an Hermammon86, der vor Ostern 262 geschrieben worden ist. — In diesen Zusammenhang gehört möglicherweise auch der von Euseb erwähnte, aber nicht erhaltene »Friedensbrief' an die Brüder in Ägypten87. Eine zeitliche Einordnung dieses Briefes ist jedoch sehr schwierig. Von Euseb wird er im Anschluß an den ,Pestbrief' genannt. Nach unserer Chronologie könnte er demnach auch vor Ostern 251 geschrieben worden sein. — Möglich wäre aber auch eine Spätdatierung (vor Ostern 262?). Ein Osterfestbrief vor Ostern 262 könnte u. a. im Zusammenhang damit stehen, daß in diesem Jahr das Datum des Osterfestes in Rom und Alexandrien erneut differierte88.
3. Einzeluntersuchung der Festbriefe Die Festbriefe des Dionysius sind in der bisherigen Forschung meist nur als Quelle für die Kirchengeschichte des 3. Jahrhunderts gewürdigt worden. Ihr eigentümlich rhetorischer Charakter blieb weithin unbeachtet89, obwohl dieser für ihre Beurteilung als Geschichtsquelle von nicht geringer Bedeutung ist. Das ist um so erstaunlicher, als Euseb ausdrücklich betont, Dionysius habe in ihnen „feierliche Ansprachen zum Osterfest vorgetragen" ( )90. Lediglich der Brief an Hermammon ist auch früher schon in seiner Form als Panegyricus auf Gallienus erkannt und gewürdigt worden91.
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Texte bei Eus. h. e. VII, 1; 10; 23; Feltoe 70-78. Eus. h. e. VII, 22, 11. Vgl. M. Richard, in: Le Museon 87 (1974) 335. Eine Ausnahme bildet die wenig beachtete Arbeit von Ph. S. Miller, Studies in Dionysius the Great of Alexandria, Diss. Erlangen 1933, in der die rhetorische Bildung des Dionysius eingehend untersucht wird. (Zu den Festbriefen vgl. bes. S. 54ff.). Vgl. auch F. H. Colson, Two Examples of Literary and Rhetorical Criticism in the Fathers, in: JThS 25 (1924) 364-377. - Demgegenüber ist es überraschend, daß ein Buch über die Darstellungsweise der Pest in der Literatur der Antike (einschließlich der Bibel) Dionysius mit keinem Wort erwähnt, während Cyprian ein eigenes Kapitel erhält: J. Grimm, Die literarische Darstellung der Pest in der Antike und in der Romania (Freiburger Schriften z. Roman. Phil. 6), München 1965. Eus. h. e. VII, 20. A. Alföldi nennt ihn einen „nach den Regeln der antiken Rhetorik verfertigten Panegyricus auf Gallienus" (in: Klio 31 [1938] 339). - Mit Recht wendet sich P. Keresztes jedoch dagegen, wenn A. Alföldi den historischen Wert dieses Dokuments herabsetzt und z. B. die Schandtaten des Makrianus als „Kindermär" (ebd.) abtut; vgl. VigChr 29 (1975) 88ff. Vgl. auch M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 132-136; Oost 7 mit Anm. 36-41; Molthagen 86f.
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Zugleich aber fällt von hier aus ein eigentümliches Licht auf Dionysius selbst, auf seine Theologie, seinen Umgang mit der Bibel und seine Rolle als Bischof der geistigen Metropole seiner Zeit. Möglicherweise erschließt sich in diesen Texten deutlicher als anderswo die Persönlichkeit des Dionysius gerade auch im Unterschied zu Origenes — Dionysius als Rhetor auf dem Bischofsstuhl im Unterschied zu dem mit dem Wort der Bibel ringenden Theologen. Wichtig erscheinen diese Briefe auch in ihrer Beziehung zu den frühchristlichen Osterhomilien. Allerdings ist dafür das Vergleichsmaterial aus der frühen Kirche, d.h. aus der Kirche der ersten drei Jahrhunderte, recht gering92. a) Der Brief an Hierax Der Brief des Dionysius an Hierax, einen ägyptischen Bischof93, schildert in düsteren Farben einen Bürgerkrieg in Alexandrien94 und den darauf folgenden Ausbruch der Pest. Für den Historiker, der das von Euseb überlieferte Fragment aus dem Brief nach Einzelheiten über den Hergang der Ereignisse befragt, ist das Ergebnis allerdings recht enttäuschend. Genaueres erfährt er nicht. Stattdessen begegnet er einer eindrucksvollen Schilderung in bildreicher Sprache voller Anklänge und Reminiszenzen an alttestamentliche Ereignisse und Vorbilder. Alles wirkt stilisiert. Ein antiker Rhetor im christlichen Gewand wird sichtbar. Das zeigt sich bereits am Anfang des von Euseb mitgeteilten Textes. Ob dies der Anfang des Briefes war, läßt die Einleitung Eusebs nicht erkennen. In diesem Fall wäre die Frage . . als Einstieg besonders auffällig. Doch auch sonst bleibt die rhetorische Stilisierung durch die Wortstellung — das Fragewort ist nachgestellt — deutlich erkennbar. Auffallend ist auch die wortreiche Entschuldigung zu Beginn des Briefes, in der der Verfasser beklagt, daß er gezwungen sei, brieflich mit seiner eigenen Gemeinde zu verkehren. Schwerlich wörtlich zu nehmen 92
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Vgl. P. Nautin, Homelies pascales II (SC 36), Paris 1953, 7f. - Hinsichtlich der Echtheit der Passahomilie Melitos von Sardes dürften kaum Zweifel mehr bestehen. Vgl. W. Schneemelcher, Der Sermo ,De anima et corpore', in: Festschr. f. G. Dehn, Neukirchen 1957, 141ff. (= Ges. Aufs. 271ff.) mit entscheidenden Argumenten; ferner: B. Lohse, Die Passa-Homilie des Bischofs Meliton von Sardes (Textus minores 24), Leiden 1958, 5ff.; O. Perler, Meliton de Sardes. Sur la Päque (SC 123), Paris 1966, 16-23; W. Huber, Passa und Ostern, 33 Anm. 17. Eus. h. e. VII, 21, 2. - Der Text des Briefes: 21, 2-10 (Feltoe 85-89). Das Urteil Felloe's, „but in the extract which he proceeds to give no mention of this revolution actually occurs" (85; ähnlich: Lawlor/Oulton II, 252), vermag ich nicht zu teilen. Allerdings hängt vieles von einer genauen Interpretation des Textes ab.
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dürften dabei die Wendungen sein, er könne nicht einmal mit sich selbst sich beraten und „es wäre leichter, daß ein (Brief) nicht bloß über die Grenze, sondern von Ost nach West gelangte, als daß er von Alexandrien selbst nach Alexandrien käme" (VII, 21,3). Es soll keineswegs bestritten werden, daß der Bürgerkrieg in Alexandrien das normale Leben der Gemeinde außerordentlich beeinträchtigt haben dürfte. Auch an dem herzlichen Verhältnis des Bischofs zu seiner Gemeinde mögen Zweifel unberechtigt sein. Doch die Ausdrucks weise verrät eindeutig rhetorische Elemente. Dabei ist es gewiß nicht ohne Absicht geschehen, daß Dionysius die Brüder in seinem Hause als bezeichnet und damit 95 eine paulinische Wendung aufnimmt , ohne dies besonders hervorzuheben — ein Zeichen, wie stark sich bei ihm das antike Erbe mit biblischem Sprachgebrauch bereits vermischt hat. Dieser Eindruck verstärkt sich im folgenden noch. Aus der Begründung dafür, daß er sich brieflich an seine eigene Gemeinde wenden muß, entwickelt Dionysius ein düsteres, schauerliches Bild von den Zuständen in Alexandrien. Er erinnert an Erfahrungen des Volkes Israel beim Auszug aus Ägypten, beim Durchzug durch das Rote Meer und bei der Wüstenwanderung, vergleicht eine Nilüberschwemmung mit der Sintflut und sieht alles von Mordblut und Ekel erfüllt, daß kaum der grenzenlose Ozean dieses abscheuliche Meer fortschwemmen könnte. Krankheiten und Pest brechen aus, die Bevölkerung der Stadt vermindert sich zusehends. Die Szenerie ist wiederum rhetorisch ausgemalt, die verschiedensten biblischen Bezüge sind kunstvoll miteinander verknüpft. Was sich jedoch an historischen Ereignissen hinter den vielerlei Bildern verbirgt, ist schwer auszumachen. Es scheint, als wolle Dionysius nur mit aller Eindrücklichkeit vor Augen führen, daß es für ihn keine Möglichkeit gibt, persönlich zu den Brüdern zu gelangen. Denn erstens sei die Straße, die mitten durch die Stadt führt96, öder und unwegsamer als die Wüste, die Israel durchzog, und als der durch das Rote Meer gebahnte Weg und zweitens seien die sonst ruhigen Häfen aufgewühlt wie die Wogen, die die Ägypter bei ihrem Durchzug verschlangen, und das Wasser sei rot von Blut, wahrhaftig ein ,rotes Meer'. Schließlich sei auch der Nil einmal völlig ausgetrocknet gewesen — trockener als die Wüste, sogar als jene Wüste, bei der Israel vor Durst gegen Mose schrie97. Für den bibelkundigen Leser fügt Dionysius 95 96
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Phlm 12. Th. Mommsen meint, es sei „die von der Lochiasspitze quer durch die Stadt laufende mit Säulenhallen besetzte Straße" (Rom. Gesch. V, 570 Anm. 2). St. I. Oost spricht (10) von zwei Straßen, die durch die Stadt liefen, eine von Nord nach Süd, die andere von Ost nach West (vgl. auch Anm. 49 mit Lit. zur schwierigen Frage der Topographie Alexandriens). Zur Topographie Alexandriens vgl. ferner den Artikel von W. Schubart in: RAG I (1950) 271-283 (mit Stadtplan von A. Calderini Sp. 273f.). Vgl. Num. 20, 1-11; Sap. Sal. 11,4.
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noch einen Hinweis hierzu auf, „den schroffen Felsen"98, aus dem das Wasser quoll, ein Wunder dessen, „der allein Wunder tut"99. Ein andermal sei der Nil ber die Ufer getreten, und es habe eine berschwemmung gegeben, vergleichbar der Sintflut zu Zeiten Noahs. Doch nun wechselt das Leitthema. Was vorher nur angedeutet wurde, wird nun deutlich in den Vordergrund ger ckt: die hnlichkeit der Ereignisse mit den gyptischen Plagen zur Zeit des Mose, als das Wasser des Nils „sich in Blut verwandelte und stank"100. Dionysius fragt: Wer k nnte diesen vom Blut der Ermordeten und den Leichen der Ertrunkenen verschmutzten Flu wieder reinigen ? Das k nnte wohl nur der grenzenlose Ozean. Aber wie soll das geschehen? Selbst wenn alle Fl sse des Paradieses ihr Wasser in den Nil101 leiteten, schiene eine Reinigung unm glich. Denn nicht nur das Wasser, sondern auch die Luft sei durch Blut und Leichen schrecklich verpestet. Dies alles ist, wie Dionysius meint, in Wahrheit der Grund f r die ,andauernde Pest'102, f r die ,schweren Erkrankungen', f r das ,massenhafte Sterben' in der Stadt, die nunmehr weniger Menschen in ihren Mauern beherberge, als sie fr her an ,Fr hrentnern'103 versorgte, ja, da deren Zahl auch dann nicht erreicht w rde, wenn man alle Erwachsenen, die noch da sind, zusammenz hlte. Man wird auch diese Bemerkung des Dionysius nicht allzu w rtlich nehmen d rfen, ohne den ernsthaften 98
W rtliche Anspielung auf Sap. 11,4. PS. 71, 18; 135, 4 (LXX) - rhetorische Umschreibung f r Gott. Man k nnte auch an Christus denken — vgl. Mt. 21, 15. Eine Anspielung auf die Allegorie: Fels = Christus (vgl. 1. Kor. 10, 4) oder eine andere Allegorie liegt jedoch nicht vor. Zu den im Judentum verbreiteten Deutungen vgl. H. Lietzmann/W. G. K mmel, An die Korinther I.II (HbNT 9), 4. Aufl. T bingen 1949, z. St. 100 Ygj £x 7^ 20f. Dionysius zitiert nicht w rtlich, sondern fa t die beiden Verse inhaltlich zusammen. 101 Vgl. Gen. 2, lOff. - Die Gleichsetzung des Quellflusses Gihon mit dem Nil findet sich bereits im Judentum: vgl. Jer. 2, 18 (LXX); Jes. Sir. 24, 25; Josephus, ant. I, l, 3 — vgl. auch Theophil. Ant., Ad Autol. II, 20. Auffallend ist wiederum der v llige Verzicht auf jegliche allegorische Deutung, wie sie etwa f r Philo, Leg. alleg. I, 63 — 87; vgl. De post. Caini 129; de somn. II 242 und sp ter f r die Gnostiker (vgl. Hippol. ref. VI, 15f.) charakteristisch ist. Zu diesem Problem vgl. jetzt J. Frickel, Ein Kriterium zur Quellenscheidung innerhalb einer Paraphrase, in: Le Museon 85 (1972) 430ff. 102 Im Text ist die Rede von ασυνεχείς λοιμοί (Feltoe 88, 13). Der Plural und der weitere Zusammenhang machen deutlich, da Dionysius keine konkrete Pestepidemie im Auge hat, sondern auf h ufigere Erscheinungen anspielt, die in gypten anscheinend fter auftraten (vgl. Feltoe 88 Anm. z. St.). Im Unterschied dazu hei t es im sogenannten ,Pestbrief' nicht λοιμός sondern ή νόσος αυτή (Eus. h. e. VII, 22, 6 [Feltoe 81, 13]); vgl. VII, 11,24. Wahrscheinlich beschreibt Dionysius in dem Brief an Hierax die ersten Anf nge dieser neuen Krankheit. 103 Diese bersetzung f r das Wort: ώμογέροντες (eig. ,r stige Greise') scheint mir nach wie vor das zu treffen, was Dionysius gemeint hat. Vgl. jetzt auch R. Staats, in: ZKG 86 (1975), 98. 99
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Hintergrund dieser Worte zu leugnen. Denn wie sollte Dionysius bei der eingangs geschilderten verworrenen Lage der Stadt Genaueres wissen? Vielmehr gehen auch diese Schilderungen auf das Konto des geschulten Rhetoren. — Man darf wohl auch hinter diesem Abschnitt Anspielungen auf die ägyptischen Plagen der Pest und der Tötung der Erstgeburt in Ägypten vermuten. Doch fehlen dafür eindeutige Hinweise im Text104. Das von Euseb überlieferte Fragment des Briefes endet mit einer schwer zu deutenden Bemerkung: „Obwohl sie sehen, daß das menschliche Geschlecht auf Erden sich ständig verringert und aufgerieben wird, zittern sie nicht, während ihre völlige Vernichtung zunimmt und voranschreitet" (21, 10). Wer ist hier gemeint — die Bevölkerung Alexandriens oder nur die christliche Gemeinde? Der Text selbst ist zu allgemein gehalten, und die Fortsetzung fehlt. Vielleicht gehört in diesen Zusammenhang das von Johannes Damascenus überlieferte Fragment aus dem sogen. ,2. Brief'105. Inhaltlich würde es sich gut anfügen, denn es heißt darin, daß es für ein Fest kaum ein geeigneteres Verhalten geben könne als furchtloses Ausharren. Die Lage der Gemeinde dürfte in beiden Fällen sehr ähnlich sein, und beide Male klingt etwas von einer gewissen stoischen Gelassenheit an, die angesichts schrecklicher Umstände bewahrt werde oder bewahrt werden sollte. Daran ändert auch nichts, daß das zuletzt genannte Fragment mit einem Hinweis auf Eccl. l, 12 („Die Furcht des Herrn erquickt das Herz") endet. Betrachtet man rückblickend den Text im Zusammenhang, dann ist man einerseits beeindruckt von der rhetorischen Kraft und dem Bildreichtum, andererseits jedoch unbefriedigt, nicht nur wegen des geringen historischen Quellen wertes, sondern auch wegen der kaum erkennbaren christlichen Theologie. Wüßten wir nicht, daß der Verfasser ein christlicher Bischof aus der Mitte des 3. Jahrhunderts ist, der Text selbst gäbe uns kaum Anhaltspunkte dafür. Die zahlreichen Anspielungen auf alttestamentliche Texte beweisen lediglich, daß der Verfasser mit dem AT und jüdischem Schrifttum106 gut vertraut war. Er könnte demnach auch ein 104
In Ex. 9, 3 übersetzt die LXX das hebr. Wort 13"3 (,Pest') mit ; vgl. auch Ex. 5, 3. Dionysius zitiert das AT meistens nach der LXX (vgl. Miller 26). Allerdings war er sprachlich gewandt genug, seine Schilderung in eigene Worte zu fassen. Der obige Text enthält dafür genügend Beispiele. 105 Holl, Fragmente, Nr. 378; Feltoe 90. 10 * Dionysius zitiert mehrfach die Sapientia Salomonis; auch Jesus Sirach ist ihm offenbar vertraut (vgl. den Index in meiner Übersetzung S. 130). Die Sap. Sal. wird auch von Melito in der Passahomilie benutzt (vgl. O. Perler im Apparat zu §§ 11—33). Zur Verwendung der Weisheitsliteratur bei den alexandrinischen Theologen vgl. W. Völker, Die Verwertung der Weisheitsliteratur bei den christlichen Alexandrinern, in: ZKG 64 (1952/53) 1-33; R. M. Grant, The Book of Wisdom at Alexandria, in: Stud. Pair. VII (TU 92), Berlin 1966, 462-472.
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rhetorisch gebildeter Jude gewesen sein. Allerdings war das AT auch für die Christen der alten Kirche verbindliche heilige Schrift, was bei Dionysius in anderem Zusammenhang noch deutlicher wird. Wichtig erscheint in unserem Zusammenhang die Bedeutung, die der alttestamentliche Bericht vom Passa, den ägyptischen Plagen und dem Exodus des Volkes Israel für die Osterfeier der frühen Kirche besaß, wie vor allem in der Passahomilie Melitos von Sardes deutlich wird, die darüber hinaus jedoch fester Bestandteil frühchristlicher Osterhomilien waren107. Von hieraus wird nicht nur verständlich, daß Euseb den Brief des Dionysius den Osterfestbriefen zuordnet. Auch was Feltoe als „weit hergeholte" Anspielungen aus dem AT ansah108, erscheint auf diesem Hintergrund in einem anderen Licht. Die alttestamentlichen Texte waren der christlichen Gemeinde nicht nur vertraut, sie hatten insbesondere ihren festen Platz im christlichen Osterfest. Allerdings gibt Dionysius im Unterschied zu den frühchristlichen Osterhomilien in unserem Text keine, auch keine typologische — wie etwa Melito109 — Auslegung des alttestamentlichen Passageschehens. Grundlage seiner Ausführungen ist überhaupt kein biblischer Text oder ein in der Bibel geschildertes Ereignis. Ihm geht es vielmehr darum, die gegenwärtige Situation der Gemeinde im Lichte jener alttestamentlichen Texte zu deuten. Dabei interpretiert er nicht das alttestamentliche Geschehen im Hinblick auf die Gemeindesituation, sondern beschreibt umgekehrt die Lage der Gemeinde in Anlehnung an den Exodusbericht des Volkes Israel. Das entspricht seinem auch sonst zu beobachtenden Umgang mit der Bibel, die es nicht zu interpretieren gilt, sondern die ihrerseits die Welt und ihre Geschichte interpretiert. Keine enthusiastische Naherwartung wird gepredigt, trotz der geradezu apokalyptischen Ereignisse. Geduld, Beharrlichkeit, Furchtlosigkeit, Nüchternheit ist das, was Dionysius seiner Gemeinde in dieser Lage — gerade auch zum Osterfest — empfiehlt und worin er den Erweis christlicher Tugend erblickt. Auffallend ist nicht zuletzt im Hinblick auf das Osterfest der völlige Verzicht auf Christologie und Soteriologie. Nur von Gottes Willen — und auch dies nur in sehr allgemeiner Weise — ist die Rede. Es fehlt jeder Hinweis auf den Leidensweg Christi, auf Kreuz und Auferstehung — auf alles, was normalerweise in den Zusammenhang des christlichen Osterfestes gehört und was z. B. auch Melito in seiner Passa-Homilie ein-
io7 Ygj insbesondere Melito, Passahomilie §§ 11—34. Ferner: W. Huber, Passa und Ostern, 139 ff. ice Fdtoe schreibt: ,,Dionysius makes interesting though rather far-fetched references to Old Testament history, especially in connexion with Egypt and the Nile" (85). Allerdings kannte Feltoe die erst 1940 erstmals veröffentlichte Passahomilie Melitos nicht. 109 Vgl. Melito, Passahomilie §35; dazu W. Huber, Passa und Ostern, 95ff.
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drucksvoll zum Ausdruck bringt110. Zwar mu man ber cksichtigen, da der Text fragmentarisch ist und ein abschlie endes Urteil deshalb schwerf llt. Bemerkenswert ist jedoch, da eine Analyse des Briefes an die Br der in Alexandrien zu hnlichen Ergebnissen f hrt.
b) Der Brief an die Br der in Alexandrien Auch von diesem Brief, dem sogenannten ,Pestbrief', sind nur Bruchst cke erhalten111. Wieder ist eine deutliche Verbindung zwischen antiker Rhetorik und biblischer Tradition festzustellen, nur die Hinweise auf das Osterfest sind noch klarer als in dem Brief an Hierax. Bereits der Beginn des Textes weist auf das Osterfest hin. Andere als die Christen d rfte die Gegenwart schwerlich zum Feiern ermuntern. Denn es gibt Tote berall. „Kein Haus, in dem nicht ein Toter" liegt, zitiert Dionysius mit Hinweis auf den Tod der Erstgeburt der gypter zur Zeit des Moses112 und f hrt fort: „Ich wollte, es w re nur einer!". Eine schreckliche Krankheit ist ausgebrochen, von der Christen und Heiden113 in gleicher Weise betroffen sind. Blickt man zur ck, sind die Leiden der Christen noch gr er als die der Heiden, denn die Verfolgung galt ihnen allein, B rgerkrieg und Hungersnot aber mu ten sie ebenso erdulden wie die Heiden, ehe diese Krankheit ausbrach. Im Unterschied zu dem Brief an Hierax verzichtet Dionysius diesmal auf eine Ausmalung des Geschehens durch plastisch eindrucksvolle Bilder. Die F lle der Toten, das gro e Wehgeschrei und die Totenklage erinnern zwar an den Tod der Erstgeburt in gypten, doch im Unterschied zu Melito114, der diese Szene in seiner Passa-Homilie dramatisch ausschm ckt, begn gt sich Dionysius diesmal mit einem Hinweis auf die hnlichkeit der Ereignisse. Mag dieser Hinweis auch durch die Ostertradition mitbedingt sein, Dionysius versucht in keiner Weise, das alttestamentliche Geschehen christlich zu deuten. Im Unterschied zu Melito finden wir wiederum keinen Hinweis darauf, da nach Ex. 12 nur die gypter, nicht
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Vgl. Melito, Passahomilie §§72ff.; lOOff.; dazu W. Huber, Passa und Ostern, 148ff. Text: Eus. h. e. VII, 22, 2-10; Feltoe 80-84. Zitat: Ex. 12, 30. Das Zitat wird eingef hrt: ως ... γέγραπται (Feltoe 80, 10f.). .Heiden' = τα έθνη: Feltoe 81, 5; 82, 4; 84, 1. Vgl. Melito, Passahomilie § 18: Όλη γαρ Αίγυπτος, γενηθεΐσα εν πόνοις και πληγαΐς, εν δάκρυσιν και κοπετοίς, άφίκετο προς Φαραώ όλη πενθήρης (119-122); §20: ΤΗν γαρ περικειμένη Αίγυπτος τον Φαραώ ως περιβολή κωκυτοϋ (135). § 28: Οιμωγή δε καΐ κοπετός επί τη των ανθρώπων απώλεια έγένετο, επί τη των πρωτοτόκων νεκρών. "Ολη γαρ έπώζεσεν Αίγυπτος άπο των άταφων σωμάτων (194-196) (Text nach Perler). Vgl. auch Sap. Sal. 17,5-20.
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aber das Volk Israel von der ,Plage' betroffen waren115. Dionysius versucht auch nicht, das Volk Israel und die christliche Gemeinde typologisch aufeinander zu beziehen. Betroffen von der Plage sind vielmehr Christen und Heiden gemeinsam. Unterschiedlich ist nur das Verhalten beider Gruppen. Auf diesen Unterschied macht Dionysius mit allem Nachdruck aufmerksam, den Christen zur Ermutigung, den Heiden zur Besch mung, indem er ihr ehrloses Verhalten brandmarkt. Geschickt greift er in seiner Schilderung auf klassische Vorbilder zur ck. Deutlich ist die Anlehnung an die Schilderung der Pest in Athen durch Thukydides, dessen Beschreibung die sp tere Literatur nachhaltig beeinflu t hat116. Dabei begn gt sich Dionysius nicht mit der Wiedergabe traditioneller Topoi, er zitiert vielmehr auch das Urteil des Thukydides ber die Pest, das dieser Perikles in den Mund legt, als charakteristisches Urteil der Heiden ber die Pest, das zugleich ihr Verhalten erkl rt: „πράγμα μόνον δη των πάντων ελπίδος κρεϊσσον γενόμενον"117. Was f r die Heiden schrecklicher ist als alles, was sie sonst kennen, ist f r die Christen nur eine erneute Pr fung ihrer Standhaftigkeit. Wie ja Dionysius berhaupt das Leben in dieser Welt insgesamt als Erziehung und Pr fung (γυμνάσιον δε και δοκίμιον) versteht118. 115
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Vgl. Melito, Passahomilie §30: Τοιαύτη συμφορά περιέσχεν Αιγυπτον, άφνω δε ήτέκνωσεν αυτήν. ΤΗν δε ό Ισραήλ φρουρούμενος υπό της του προβάτου σφαγής (203-206); §33: Δια τούτο ουκ έπάταξας τον Ισραήλ, αλλά μόνην Αΐγυπτον ήτέκνωσας (230-231). § 34: Αΐγυπτον μεν παταχθήναι εις άπώλειαν, τον δε Ισραήλ φυλαχθήναι εις σωτηρίαν; (233-234) (Text nach Perler); vgl. auch § 16. Thuk. II, 47-54 (Loeb 1,340-356). Vgl. vor allem J.Grimm, Die literarische Darstellung der Pest in der Antike und in der Romania, 1965. — Von weitreichender Bedeutung war insbesondere der Einflu auf Lukrez, dessen Beschreibung (rer. nat. 1090—1286 — zu den Parallelen zwischen Thukydides und Lukrez vgl. Grimm 45f.) stark auf den lateinischen Sprachraum eingewirkt hat, z. B. auch auf Cyprian (vgl. Grimm 87ff.). - Zu Dionysius vgl. Miller 40, 42f. - Zum Bericht des Thukydides selbst vgl. D. L. Page, Thucydides' Description of the Great Plague at Athens, in: Class. Quart. 47 (1953) 97-119; A. Parry, The Language of Thucydides' Description of the Plague, in: Bullet, of the Institute of Class. Stud. London 16 (1969) 106-118; H.-P. Stahl, Thukydides. Die Stellung des Menschen im geschichtlichen Proze (Zetemata 40) M nchen 1966, 77-81; Chr. Schneider, Information und Absicht bei Thukydides (Hypomnemata 41), G ttingen 1974, 119ff. Feltoe 81, 15f.; vgl. Thuk. II, 64, l (Loeb I, 370). - Miller (40) h lt es f r ein direkt aus Thukydides gesch pftes Zitat. Interessant ist auch seine Beobachtung hinsichtlich der Einf hrung des Zitates. Die Formulierung: και ως ίδιος τις αυτών άπήγγειλε συγγραφεύς erinnert an Tit. l, 12, wo ein Dichterzitat mit den Worten eingef hrt wird: είπέν τις εξ αυτών ίδιος αυτών προφήτης. Es ist keineswegs ausgeschlossen, da dieser biblische Sprachgebrauch auf Dionysius abgef rbt hat. Feltoe 82, 2; vgl. 168, 9ff. (Holl, Fragmente, Nr. 364, p. 147):Έργαστήριον άνθρώποις και θέατρον, διδασκαλεϊον και γυμνάσιον ό κόσμος ήνέψγεν, ΐν' αυτόν και τα εν αΰτφ πολυπραγμονήσαντες το μέγιστον επί την αυτών γνώσιν έφελκώμεθα. Nach
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In dem zweiten von Euseb mitgeteilten Fragment aus diesem Brief (VII, 22,7—10) schildert Dionysius, mit welcher Hingabe sich die Christen der Erkrankten annahmen, wie sie sie pflegten und sich dabei selbst infizierten und umkamen. Auch Thukydides wei von Leuten zu berichten, die w hrend der Pest in Athen sich aufopfernd um ihre Freunde k mmerten119. Allerdings bestehen trotz deutlicher literarischer Ankl nge charakteristische Unterschiede zwischen Thukydides und Dionysius. Bei Thukydides handeln die Menschen aus Schamgef hl (αισχύνη); bei Dionysius tun sie es aus bersch umender Liebe und Br derlichkeit (ύπερβαλλοϋσαν άγάπην και φιλαδελφίαν), ihre Pflege ist eine Tat des christlichen Glaubens (θεραπεύοντες εν Χριοτώ)120. Im Unterschied zu Thukydides fehlt bei Dionysius auch jeglicher Hinweis darauf, da man sich Immunit t erwerben konnte, weil niemand zum zweiten Mal ernstlich von der Krankheit befallen wurde121. Stattdessen umschreibt Dionysius den Tod der sich aufopfernden Br der mit einer gel ufigen Redensart, in der der schillernde Begriff περίψημα vorkommt122. In der Redensart bezeichnet das Wort eine Art h flicher Selbsterniedrigung, etwa im Sinne von „untert nigster Diener", wobei das Wort περίψημα genau betrachtet soviel wie „Abfall, Abschaum, Kehricht" o. . bedeutet. Bei einem christlichen Schriftsteller wie Dionysius wird man allerdings auch damit rechnen d rfen, da ihm die Verwendung des Wortes bei Paulus123 und Ignatius von Antiochien124 nicht unbekannt war. Bei diesen aber schimmert die ltere Bedeutung „S hnopfer" noch durch125. F r einen heidnischen Leser mag die von Dionysius gew hlte Formulierung als ,understatement' erscheinen, f r den christlichen Leser aber schwingt in ihm Demut vor Gott bis hin zum Martyrium mit, auf das Dionysius dann ausdr cklich hinweist. Mag der Tod derer, die auf diese Weise ums Leben kamen, auch nicht mit dem Martyrium gleichgesetzt werden k nnen, als Beweis f r echte Fr mmigkeit und starken Glauben mu man ihn gleichwohl betrachten.
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Eus. h. e. VII, 22, 11 hat Dionysius auch eine Schrift Περί γυμνασίου verfa t. Vgl. dazu Feltoe 256 (Holl, Fragmente, Nr. 376). Thuk. II, 51,5: αΙσχύνη γαρ ήφείδουν σφών αυτών έσιόντες παρά τους φίλους. Vgl. Feltoe 82, 6-9. Thuk. II, 51,6. Feltoe 82, 15ff.: καΐ το δημώδες ρήμα, . . . άπιόντες αυτών περίψημα. 1. Kor. 4, 13. Paulus wendet dieses in jedem Fall mit dem Unterton des Ver chtlichen behaftete Wort auf seine apostolische Existenz an. hnlich klingt es, wenn er das Wort έκτρωμα (1. Kor. 15, 8) auf sich bezieht. Vgl. G. St hlin, in: ThW VI, 89f. Zu IgnEph 8, l (περίψημα υμών και άγνίζομαι υμών Έφεσιών; vgl. auch 18,1) schreibt G. St hlin, es sei „ein Ausflu seines (sc. des Ignatius) einzigartigen M rtyrerbewu tseins" (ThW VI, 91). Vgl. G. St hlin, in: ThW VI, 83-92; W. Bauer, W rterbuch zum NT, s. v.
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Im krassen Gegensatz dazu steht das Verhalten der Heiden, wie Dionysius ausdr cklich hervorhebt126. Diese flohen aus Angst vor der Krankheit, sogar wenn es sich um ihre eigenen Angeh rigen handelte, die sie halbtot ihrem Schicksal berlie en und nicht einmal die Verstorbenen bestatteten. Auch hier kn pft Dionysius wieder an die Schilderungen des Thukydides an, verzichtet aber darauf, den Vorwurf der Gesetzlosigkeit und Schamlosigkeit, den Thukydides gegen ber diesem Verhalten ausspricht, zu wiederholen127. Ihm gen gt es darauf hinzuweisen, da dieses Verhalten wenig n tzte, um dem Verderben zu entkommen. So verwandelt sich der unausgesprochene Vorwurf, der gleichwohl in der Schilderung des Dionysius enthalten ist, in eine Apologie f r die Christen: Diese k mmern sich n mlich nicht nur um ihre kranken Angeh rigen, sie vernachl ssigen trotz der schwierigen und gef hrlichen Lage auch nicht die notwendige Piet t gegen ber den Verstorbenen. Dem Schicksal, der Vorsehung Gottes, wie Dionysius als Christ es versteht, entgeht ohnehin niemand. Vergleicht man diesen Brief mit dem an Hierax, dann f llt auf, da die Anspielungen an alttestamentliche Texte deutlich zur cktreten. Stattdessen wird st rker die klassische Literatur verwendet. Die rhetorische Gestaltung ist in beiden Briefen unverkennbar, nur das Stilmittel der ,hyperbole' tritt diesmal zur ck128. Hinter beiden Briefen aber steht die klassisch-rhetorische Form des λόγος επιδεικτικός129. Am deutlichsten wird das in dem Brief an die Br der in Alexandrien, der ja keineswegs der Information der Br der dient, sondern die Leidenszeit der Gemeinde pathetisch in Erinnerung ruft130. Beide Briefe zeichnen sich durch die Verbindung von klassischer Rhetorik und Vertrautheit mit der Bibel aus. Deutlicher als in dem Brief an Hierax ist in dem Brief an die Br der der christliche Hintergrund. So erinnert Dionysius in Anlehnung an Joh 14, 27 an den „Frieden Christi", der der Gemeinde geschenkt worden sei, und betont, da die Br der die Pestkranken „in Christus" (εν XQUTT J) gepflegt h tten. Voller Ehrfurcht gedenkt er der M rtyrer, „die am Freudenmahl im Himmel teilnehmen durften", und jener, die durch ihre Opferbereitschaft „dem Martyrium nichts nachzustehen" scheinen. Diese haben die Bew hrung in dieser Welt bestanden. Auffallend aber ist, da auch zu diesem Osterfest wieder jeder Hinweis auf Kreuz und Auferstehung Jesu, auf Christologie und Soteriologie fehlt und da die Bibel vornehmlich als Quelle der Rhetorik und nicht als Grundlage theologischer Besinnung verwendet wird. 126 127
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Feltoe 84, 1: τα δε γε έθνη παν τουναντίον. Vgl. Thuk. II, 52: ες όλιγωρίαν έτράποντο και Ιερών και οσίων ομοίως, νόμοι τε πάντες ξυνεταράχθησαν οίς έχρώντο πρότερον περί τάς ταφάς (Loeb I, 350). Vgl. dazu: H. Lausberg, Elemente der literarischen Rhetorik, 197l4, 75 (§§212-215). Miller 54 f. - Vgl. Lausberg aaO 18 (§ 22. 3). Am deutlichsten zeigt sich das an dem R ckblick Eus. h. e. VII, 22, 4-6 (Feltoe 81ff.).
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c) Der Brief an Hermammon Der Brief des Dionysius an Hermammon, aus dem Euseb verschiedentlich zitiert131, ist der letzte der erhaltenen Festbriefe, wahrscheinlich der bedeutendste. Auch in ihm verbindet Dionysius klassische Elemente der Rhetorik mit biblischen. Zugleich aber wird das eigentümliche Geschichtsverständnis des Dionysius noch deutlicher als bisher erkennbar. Es wird biblisch begründet und hat Vorläufer in der frühchristlichen Apologetik. Die rhetorische Stilisierung erschwert allerdings die Interpretation des Textes. Man hat die von Euseb überlieferten Fragmente des Briefes bisher gern als Quelle für die Geschichte des 3. Jahrhunderts ausgewertet. Tatsächlich enthalten sie auf den ersten Blick interessante Hinweise auf die Regierungszeit des Gallus, des Valerian und vor allem auf den Usurpationsversuch des ehemaligen Finanzministers Makrianus, der von Dionysius als der eigentliche Urheber der valerianischen Verfolgung angesehen wird. Doch spätestens bei der Schilderung der Herrschaft des Gallienus, die wie ein strahlender Sonnenaufgang dem vorauf gegangenen Spuk ein Ende bereitet, wird eindeutig erkennbar, daß wir es bei diesem Brief mit einem „nach den Regeln der antiken Rhetorik verfertigten Panegyricus auf Gallienus"132 zu tun haben. Das bedeutet aber, daß das Urteil des Dionysius über die Vorgänger des Gallienus und die Schilderung der dunklen Machenschaften des Makrianus ebenfalls rhetorisch stilisiert sind. Ihr historischer Wert wird dadurch relativiert, auch wenn das keineswegs bedeuten muß, daß alle Einzelheiten erfunden sind und als „Kindermär" beurteilt werden müssen133. Auf der anderen Seite sollte der Einfluß biblischer Vorstellungen nicht unterschätzt werden. Er beschränkt sich keineswegs auf die eindeutigen Zitate aus alttestamentlicher Prophetic und der Apokalypse des Johannes134. M. Sordi hat gezeigt, wie stark die gesamte Darstellung des Dionysius von der Johannesapokalypse bestimmt ist135. Demgegenüber läßt sie das 131 132
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Eus. h. e. VII, 1; 10; 23; Feltoe 70-78. A. Alföldi, in: Klio 31 (1938) 339. C. Andresen (Die Kirchen der alten Christenheit, 302 Anm. 315) spricht davon, daß Dionysius das Kaisertum des Gallienus „enkomienartig ausmalt". Vgl. auch Miller (55 f.), der auf Parallelen zu dem Rhetor Menandros von Laodicea verweist (vgl. das Zitat u. S. 173 Anm. 163); ferner A. v. Harnack, Mission I, 309 Anm. 1. A. Alföldi ebd.; vgl. dazu o. S. 156 Anm. 91. Über den Verfasser der Apokalypse und das Verständnis der Schrift hat sich Dionysius ausführlich in seiner Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Chiliasmus geäußert; vgl. dazu u. S. 197ff. M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 133f. Zusammenfassend bemerkt sie: „Dionigi ha constantemente presente l'Apocalisse" (134).
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rhetorisch-panegyrische Element des Textes weithin unber cksichtigt. Dar ber hinaus bleibt zu fragen, was es bedeutet, wenn ein christlicher Bischof in einem Osterfestbrief an seine Gemeinde ausgerechnet einen Panegyricus auf den heidnischen Kaiser Gallienus verfa t. Das erste der erhaltenen Fragmente blickt zur ck auf die Herrschaft des Kaisers Gallus, den Nachfolger des Decius. Gallus, so meint Dionysius, verfiel trotz mancher u erer Erfolge in den gleichen Fehler wie Decius und „stolperte ber denselben Stein, der vor seinen Augen lag". Vermutlich spielt Dionysius mit dieser Formulierung auf den „Stein des Ansto es" (λίθος προσκόμματος) aus der alttestamentlichen Prophetic an, der im NT auf Christus gedeutet wird136. Einem christlichen Leser — und an solche war das Schreiben gerichtet — d rfte diese Anspielung ohne weiteres verst ndlich gewesen sein, zumal Dionysius zur Begr ndung fortf hrt: ,,. . . er verbannte die heiligen M nner, welche f r seinen Frieden und f r seine Gesundheit zu Gott beteten. So verfolgte er mit ihnen auch die f r ihn (dargebrachten) Gebete"137. Da von einer allgemeinen Verfolgung der Christen unter Gallus nichts bekannt ist, beziehen sich die Bemerkungen des Dionysius sehr wahrscheinlich auf die Verbannung des Cornelius und anderer Kleriker in Rom, die in die Regierungszeit des Gallus geh rt138. Das Gebet der christlichen Gemeinde f r das Wohl des — heidnischen! — Kaisers ist bereits im NT bezeugt139. Sehr fr h hat dieses Gebet liturgische Form bekommen, zuerst fa bar im l. Klemensbrief. Dort finden wir auch schon die Formel „Friede und Gesundheit" (ειρήνη, ύγίεια), auf die Dionysius anspielt140. Da das Gebet f r den Kaiser in Alexandrien ge bt
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l.Petr. 2,8; vgl. Jes. 8, 14. - Ferner: Rom 9, 32f.; Mt. 16,23; 21,44; Lk 20, 18. Feltoe 70, 7-10: τους ιερούς άνδρας τους περί της ειρήνης αύτοϋ και της ίιγιείας πρεσβεύοντας προς τον θεον ήλασεν. ούκοΰν συν έκείνοις έδιωξε και τας υπέρ έαυτοϋ προσευχάς. »β Vgl 0 g ΐ55 Anm. 84. - Da mit den ιεροί άνδρες Kleriker gemeint sind, wird auch dadurch nahegelegt, da Dionysius von Verbannung (ήλασεν; vgl. dazu Feltoe im App. z. St.) spricht. 139 I.Tim. 2, l f. - Das christliche Gebet konnte dabei an j dische und an heidnische Vorbilder ankn pfen. Vgl. Komm. z. St. im HbNT 13, M. Dibelius/H. Conzelmann, 3. Aufl. 1955 mit Exkurs S. 30f. - Zu den heidnischen Gebeten vgl. F. J. D lger, Zur antiken und fr hchristlichen Auffassung der Herrschergewalt von Gottes Gnaden, in: AuC III (1932) 119. 140 l.Klem. 61,1. - H. Rahner bezeichnet das Gebet in 1. Klem 60,4-61,3 als „das lteste Kirchengebet f r den Staat" (Kirche und Staat im fr hen Christentum, M nchen 1961, 41; vgl. auch 34f.). Zu dem Problem: L. Biehl, Das liturgische Gebet f r Kaiser und Reich, Paderborn 1937; vgl. neuerdings P. Mikat, Zur F rbitte der Christen f r Kaiser und Reich im Gebet des 1. Clemensbriefes, in: Festschr. U. Scheuner, Berlin 1973, 455-471. Ferner: A. Harnack, Mission I, 308. Ein fr her Beleg f r dieses Gebet auch Polykarpbrief 12, 3. 137
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wurde, best tigt Dionysius an anderer Stelle selbst. In dem Protokoll der Gerichtsverhandlung vor dem Statthalter milianus, das Dionysius ausf hrlich in einem Brief gegen die Anschuldigungen eines gewissen Germanus zitiert, ist eine u erung des Dionysius festgehalten, in der dieser sich mit dem Hinweis auf das Gebet f r die Kaiser Valerian und Gallienus verteidigt141. Die fr hchristlichen Apologeten benutzten das Gebet f r den Kaiser gern als Argument f r die Loyalit t der Christen gegen ber dem Staat142. Aristides war sogar berzeugt davon, da nur das Gebet der Christen die Welt vor dem Untergang bewahre143. hnlich selbstbewu t tritt uns Dionysius entgegen, wenn er behauptet, der Kaiser Gallus habe sein Wohlergehen selbst verscherzt, indem er die Gebete f r ihn verfolgte. Diese Haltung ist um so bemerkenswerter, als Dionysius auf zwei — in Alexandrien sogar auf drei — Christenverfolgungen zur ckblickte und Pest, B rgerkrieg und Hungersnot miterlebt hatte. Sie erkl rt aber auch den Zustrom der Menschen und die wachsende Bedeutung, die die Kirche trotz — oder besser wegen — dieser Katastrophen zu verzeichnen hatte144. Der n chste Abschnitt, den Euseb aus diesem Brief mitteilt (VIII, 10), behandelt die Regierungszeit Valerians, der seit Sept. 253 zusammen mit seinem Sohn Gallienus die Regierung leitete, 259/60 aber in persische Gefangenschaft geriet und dort umkam. Auf ihn, so meint Dionysius, treffe zu, was Johannes145 in der Apokalypse schreibt: „Und ihm wurde ein Maul gegeben, das gro e Worte und l sterliche Reden f hrte; und es wurden ihm Macht gegeben und 42 Monate" (Apk 13, 5)146. Zuvor hatte Dionysius offensichtlich eine andere Bibelstelle mit hnlichem Sinn zitiert, denn der von Euseb mitgeteilte Text beginnt mit den Worten: και τφΙωάννη δε ομοίως αποκαλύπτεται (Feltoe 71, 3). Da sich die Schilderungen in Apk 13 auf Dan 7 beziehen, liegt die Vermutung nahe, da Dionysius aus diesem 141
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Eus. h. e. VII, 11, 8 (Schwartz 656, 14-18; Feltoe 31, 1-6): ημείς τοίνυν τον ένα θεον και δημιουργον των απάντων, τον και την βασιλείαν έγχειρίσαντα τοίς θεοφιλεστάτοις Ούαλεριανφ και Γαλλιήνω Σεβαστοίς, τούτον καΐ σέβομεν και προσκυνοϋμεν, και τούτω διηνεκώς υπέρ της βασιλείας αυτών, οπως ασάλευτος διαμείνη., προσευχόμεθα. Die Kaiser werden in diesem Zusammenhang sogar als θεοφιλέστατοι bezeichnet! Justin, Apol. I, 17, 3; Theophil. Am., Ad Autol. I, 11; Tert., Apol. 30, 1; 39, 2; vgl. auch Origenes, c. Gels. VIII, 73. Arist., Apol. 16, 6; vgl. auch Justin, Apol. II, 7; Tert. Apol. 39, 2. Vgl. E. R. Dodds, Pagan and Christian in an Age of Anxiety, Cambridge 1965, 108: „In the interval, helped by the appalling social and economic conditions of the years 250 to 284, the Church had gained rapidly in numbers and influence". Da der Verfasser der Apokalypse Johannes hie , wird von Dionysius auch dort nicht bestritten, wo er den Nachweis f hrt, da er mit dem Verfasser des Joh.-Ev. und der Joh.-Briefe nicht identisch sein k nne (vgl. Eus. h. e. VII, 25, 12 - dazu u. S. 197ff.). Der Text weicht an einzelnen Stellen von der allgemeinen berlieferung ab; am Grundtenor hat sich dadurch aber nichts ge ndert; vgl. Feltoe 71 App. z. St.
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Kapitel einen Vers vorausgeschickt hat, m glicherweise Dan 7,25, wo es hei t: Και ρήματα εις τον υψιστον λαλήσει και τους αγίους του υψίστου κατατρίψει καΐ προσδέξεται άλλοιώσαι καιρούς και νόμον, και παραδοθήσεται πάντα είς τάς χείρας αυτού έως καιρού καΐ καιρών καΐ Ιως ήμίσους καιροΰ. Dieser Text enth lt nicht nur inhaltliche Parallelen zu Apk 13, 5, er spricht auch von der Verfolgung der ,Heiligen', was als Hinweis auf die valerianische Verfolgung gedeutet werden konnte. Auch sprachlich pa t der Text in den Zusammenhang, denn Dionysius f gt in das Zitat aus Apk 13, 5 ein „γαρ" ein (καΐ εδόθη γαρ αύτω), sieht also in dem Text der Apokalypse die Begr ndung f r die Weissagung im Danielbuch. Eine solche Deutung eines alttestamentlichen Textes vom NT her ist f r Dionysius nicht ungew hnlich, AT und NT stehen f r ihn auf einer theologischen und argumentativen Ebene. Schwierig ist das Verst ndnis des folgenden Satzes, in dem Dionysius die Br cke zwischen dem Text und der zu deutenden historischen Situation zu schlagen versucht. Es hei t: Αμφότερα δε εστίν έπι Ούαλεριανοϋ θαυμάσαι καΐ τούτων μάλιστα τα προ147 αυτού ως οΰτως εσχεν, συννοείν ως μεν ήπιος και φιλόφρων ην προς τους ανθρώπους του θεού. Unklar an diesem Text ist vor allem, was mit αμφότερα gemeint ist. Feltoe m chte das Wort beziehen auf die „blasphemous tongue and power to use it against the Christians for 42 months"148. Doch das ist schwer m glich, denn beides sind eindeutig negative Eigenschaften. Dagegen betont Dionysius nicht nur in dem Satz selbst, sondern auch im folgenden die beraus freundliche Haltung Valerians gegen ber den Christen zu Beginn seiner Herrschaft. Er stellt ihn, sicherlich rhetorisch berspitzt, sogar ber jene fr heren Kaiser, die — wie man sagte — „ ffentlich Christen" (αναφανδόν Χριστιανοί) gewesen seien149, und betont, er habe so viele Christen in seinem Haus aufgenommen, da dieses geradezu als εκκλησία θεού erschienen sei. Auf diesem Hintergrund m chte Dionysius 147
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Text nach Ed. Schwartz, 650, 1-4. - Feltoe (71, 5 ff.) m chte an dieser Stelle, gest tzt auf eine andere handschriftliche berlieferung προς statt προ lesen. Das w rde bedeuten, da Valerian im Unterschied zu Gallus zeitweise gewu t habe, was zu seinem Nutzen war (προς αυτού). Ed. Schwartz bezieht das αυτού nicht auf Valerian, sondern auf Makrian, m chte also eine zeitliche Differenzierung annehmen, die Zeit, in der Valerian noch nicht unter dem b sen Einflu des Makrian stand. Noch andere Textzeugen lesen πρώτα αυτού was ebenfalls das zeitliche Moment betont. Die L sung Feltoe's klingt bestechend, doch scheint Dionysius eher das zeitliche Element in der Regierungszeit Valerians betonen zu wollen, wie aus der weiteren Interpretation des Textes hervorgeht. Feltoe 71, App. z. St.; vgl. M. Sordi, in: Rendiconti 35 (1962/63) 133. Dionysius spielt hier sehr wahrscheinlich auf Alexander Severus (vgl. Eus. h. e. IV, 21, 3 und 28) und Philippus Arabs an (Eus. h. e. VI, 34, l; vgl. auch VI, 41, 9, wo Dionysius vom Wechsel in der Regierung, „die uns so wohlgesonnen war", spricht). Auffallend ist, da er auf jede Namensnennung verzichtet.
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mit αμφότερα wahrscheinlich die beiden Seiten der Regierungszeit Valerians hervorheben: „Beides" — Gutes und B ses in geradezu extremer Weise — konnte man in dieser Zeit erblicken. Der Wechsel vollzog sich ziemlich genau in der Mitte der Amtszeit. Und da Valerian insgesamt — wenn man die Zeit bis zu seinem Lebensende zugrunde-legt — sieben Jahre regierte, gab es 42 Monate freundlicher, ja herzlicher Beziehung zwischen dem Kaiser und den Christen und danach 42 Monate der Verfolgung und des Hasses. Vielleicht will Dionysius auch dies mit dem Wort αμφότερα zum Ausdruck bringen. Eine so schillernde Ausdrucksweise d rfte in einem so stark rhetorisch gef rbten Zusammenhang nicht ungew hnlich sein. Auf eine Zeit guter, ja herzlicher Beziehungen zwischen Valerian und den Christen folgten mit einem Mal Ha und Verfolgung. Schuld daran war der Einflu des Finanzministers Makrianus, der als „Lehrer und oberster Vorsteher der gyptischen Magier" (o i aoTcaXog καΐ των απ Αιγύπτου μάγων άρχισυνάγωγος) der Herrschaft der , D monen* zum Siege verhelfen wollte und zu diesem Zweck scheu liche Riten und schreckliche Kinderopfer vollziehen lie , um aus deren Eingeweiden die g ttliche Gunst der Stunde abzulesen. Solchen abscheulichen Zaubereien standen die Christen im Wege150. Die drastische Schilderung des Dionysius weckt erhebliche Zweifel an der historischen Zuverl ssigkeit. Ob sich unter Umst nden ein uns nicht n her bekanntes Ereignis hinter seinen Worten verbirgt, l t sich nicht mehr ausmachen. Immerhin war Dionysius ein Zeitgenosse des Makrianus und als alexandrinischer Bischof mit gyptischen Riten vertraut. Doch klingt der Vorwurf des rituellen Kindermords eher wie die Umkehrung eines h ufig gegen die Christen erhobenen Vorwurfs151. Gleichwohl bleibt unter Ber cksichtigung der rhetorisch bedingten Ubertreibung die Frage nach dem historischen Kern. Makrianus war Finanzminister („procurator summarum rationum" oder „rationalis Augusti") Valerians. Von daher ist es gut m glich, da er die Christenverfolgung unterst tzte, um die zerr tteten Staatsfinanzen sanieren zu helfen152. Vielleicht war er tats chlich die treibende Kraft hinter der Verfolgung. Was aber bedeutet die Bezeichnung „Lehrer und 150
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Da es Christen gab, die die Anschl ge der D monen vereiteln konnten, wie Dionysius behauptet, war eine weitverbreitete Ansicht. Jesus selbst hatte D monen ausgetrieben (Mk. l, 39; 5, 2 ff. u. .) und seine Macht ber sie an seine J nger weitergegeben (Mk. 3, 15; 6, 13; vgl. Lk. 10, 17; Mk. 16, 17). „Als D monenbeschw rer sind die Christen in die gro e Welt eingetreten, und die Beschw rung war ein sehr wichtiges Mittel der Mission und Propaganda" (A. v. Harnack, Mission I, 156; vgl. den gesamten Abschnitt S. 151-170). Vgl. Min. Fei., Octav. 9, 5; Tert., Apol. 7, l ; 8, 2. 7; vgl. auch 9, 2ff. Vgl. Frend, Martyrdom, 433f.; C. Andresen, Kirchen, 288f.
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άρχισυνάγωγος der gyptischen Magier" ? Das Wort άρχισυνάγωγος, das auch im NT vorkommt, bezeichnet im Judentum den Synagogenvorsteher, begegnet aber auch im heidnischen Kult- und Vereinswesen zur Bezeichnung des Vorsitzenden153. In unserem Zusammenhang bedeutet es zun chst „Vorsteher der gyptischen Magier", wobei mit „Magier" — μάγοι — wahrscheinlich die gyptischen Priester gemeint waren154. Zugleich aber sollte man nicht bersehen, da in dem Brief eines christlichen Autors an eine christliche Gemeinde der j dische Anklang des Wortes άρχισυνάγωγος sicherlich nicht unbeabsichtigt war, als sei Makrianus, als j discher Renegat155 Oberpriester der gyptischen Priester geworden, am ehesten f hig, solch grausame Ritualmorde an Kindern in der Art der Haruspices durchzuf hren. Oder war er gar ein Christ — ein ehemals (gnostischer?) Lehrer? M gen auch die schauerlichen Einzelheiten aus verbreiteten polemischen Topoi gegen ber heidnischen Priestern oder heimlichen Kulten stammen, die Tendenz der Beschreibung des Dionysius zielt offenbar in die Richtung, Makrianus als Abtr nnigen und falschen Propheten zu brandmarken. Anders l t sich der Satz nur schwer verstehen: „Deshalb wurde er auch zum Feind seiner universalen Kirche, entfernte und entfremdete sich von der Barmherzigkeit Gottes und schlo sich selbst, soweit wie m glich, von seiner eigenen Rettung aus, wodurch er seinem Namen alle Ehre machte" (Eus. h. e. VII, 10, 6). Wer sich selbst von der Barmherzigkeit Gottes ausschlie t, der mu einmal zum Kreis der ,Geretteten', d. h. der Christen geh rt haben. Es sei hier nur daran erinnert, da Dionysius als einen der schlimmsten Vorw rfe gegen Novatian hervorhebt, er habe Jesus Christus „als unbarmherzig verleumdet" (ως άνελεή συκοφαντούντι)156. Die Barmherzigkeit Gottes geh rt f r Dionysius zum zentralen Bestandteil des christlichen Glaubens157. Das Wortspiel am Schlu des oben zitierten Satzes Μακριανός — μακράν setzt nur noch den rhetorischen i-Punkt auf den kunstvoll aufgebauten Abschnitt. Schon vorher hatte Dionysius ein Wortspiel benutzt, um Makrianus in seiner Rolle als Finanzminister (griech.: επί των καθόλου λόγων) als keineswegs vern nftig (εύλογος) oder gar auf das Ganze 153
Vgl. W. Schr ge, in: ThW VII, 842-845; W. Bauer, W rterbuch zum NT, s. v. ISA vielleicht ist dabei an jene gyptischen Priester zur Zeit des Mose gedacht (Ex. 7, 11 ff.). Allerdings bersetzt die LXX das entsprechende Wort nicht mit μάγοι. Es begegnet jedoch im Judentum (Joseph., Am. 2, 285) im Blick auf jene gyptischen Priester, wobei eindeutig ein negatives Element mitschwingt im Sinne von „Zauberer, Gaukler" (vgl. St. Oost 8; vgl. auch G. Delling, ThW IV, 360-636; W.Bauer, W rterbuch zum NT, s. v. iss Vgl. St. Oost: „It is possible, but fairy doubtful, that Macrianus was also a (necessarily renegade) Jew" (8). 156 Eus. h. e.VII, 8 (Schwartz 646, 8 f.). 157 Vgl. auch den Brief an Konon (Feltoe 60ff.).
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schauend (καθολικός) l cherlich zu machen. Biblisch untermauert wird der Gedankengang noch durch ein Zitat aus dem AT: „Wehe denen, die nach ihrem Herzen prophezeien und die Gesamtheit (το καθόλου) nicht im Blick haben"158. Dieses Zitat zeigt zugleich, welche Bedeutung Dionysius dem Makrianus beigemessen hatte, und es unterstreicht die Vermutung, da Makrianus ein ehemaliger, vielleicht aus dem Judentum gekommener Christ war. Wie kunstvoll Dionysius den gesamten Abschnitt gestaltet hat, erkennt man erst, wenn man auch den biblischen Hintergrund beachtet, durch den das Ganze den Charakter des von Gott bestimmten Geschehens erh lt. M. Sordi hat mit Recht darauf hingewiesen, da die Schilderungen von Apk 13 hinter den Schilderungen des Dionysius stehen159. Makrianus tr gt deutlich die Z ge der in Apk 13,11 ff. geschilderten zweiten Bestie, die die erste zu ihren Bosheiten verf hrt, ein Pseudoprophet (V. 14) mit zwei H rnern wie ein Lamm — vielleicht ein indirekter Hinweis auf die beiden S hne, denen Makrianus die kaiserlichen W rden bertragen wollte (Eus. h. e. VII, 10, 8f.). Wie stark die Deutung durch die Apokalypse im Hintergrund steht, geht vor allem auch aus dem R ckblick (VII, 23,3) hervor, wo es hei t: „Das eine ist nicht (mehr), denn es hat berhaupt nicht existiert"160. Bevor auf den Schlu des Briefes eingegangen werden soll, kurz noch ein Blick auf eine bislang noch offene Frage: Welche Verbindung besteht zwischen dem Obersten der gyptischen Priester und dem Finanzminister des R mischen Reiches? Will man dies nicht als willk rliche Zusammenf gung des Dionysius betrachten, der im allgemeinen seine Argumente sehr geschickt miteinander verbindet und — von bertreibungen abgesehen — meistens zuverl ssig berichtet, wird man der L sung die gr te Wahrscheinlichkeit zubilligen, die St. I. Oost auf der Grundlage lterer Forschung anbietet161. Danach war im 3. Jahrhundert der Oberste der gyptischen Priesterschaft zugleich der h chste Finanzbeamte in gypten, der Jdiologos'. Als solcher aber konnte er nat rlich auch zum Finanzminister des Reiches aufsteigen. Trifft dies zu — und auch die anderen Beobachtungen unterstreichen dies — dann wird man annehmen k nnen, da Dionysius Makrianus pers nlich gekannt hat. Das gibt — trotz aller 158
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Ez. 13, 3 LXX. Nur der LXX-Text erm glicht dieses Wortspiel; ein deutliches Zeichen daf r, da Dionysius — wie auch sonst h ufig zu beobachten — das AT nach der LXX zitiert. Vermutlich konnte er nicht Hebr isch. Rendiconti 35 (1962/63) 133 f. Vgl. Apk. 17, 8. 11. - Der Unterschied des Textes bei Schwanz (684, 11: δ μεν ουκ Ιστιν, έπεί μηδέ ην) und Feltoe (77, 10f.: ό μεν ουκ εστίν, έπεί μηδέ ην) erkl rt sich dadurch, da Feltoe den Text auf Makrianus bezieht, Schwartz jedoch die Anspielung auf Apk. 17, 8 bzw. 11 bemerkt hat. Der Text ist bewu t schillernd gehalten! AaO 8 mit Anm. 41.
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rhetorischen Verfremdung — den Informationen des Dionysius ber Makrianus einen besonderen Wert, erkl rt wohl auch die Ausf hrlichkeit und die Leidenschaft, mit der Dionysius ber ihn berichtet. Doch nun ist der ,Spukc vorbei: die Verhei ungen des AT haben sich sowohl an Valerianus wie auch an Makrianus und dessen S hnen Makrianus (jun.) und Quietus erf llt162. Sie alle, die die christliche Gemeinde verfolgt haben, sind umgekommen. Um so strahlender erscheint nun die Herrschaft des Gallienus im Lichte des Prophetenwortes: „Was von Anfang war, siehe, es ist da, und neu ist, was nun aufgehen wird" (Jes 42, 9). Um dies noch zu unterstreichen, nimmt Dionysius einen Topos aus dem Panegyricus auf: Wie eine Wolke, die vor bergehend die Sonne verdeckte, so dr ngte sich Makrianus kurze Zeit vor die Herrschaft des Gallienus, der bereits seit 253 regierte und nun alleinregierend dem Reich besonderen Glanz verleiht163. Geradezu berschwenglich beschreibt Dionysius die nun hereingebrochene Friedenszeit164, als k nne er es noch gar nicht recht fassen, da die Schrecken der vorhergehenden Zeit zu Ende sind. Doch auch in diesem Fall darf man die rhetorische Gestaltung des Textes nicht aus den Augen verlieren, ebensowenig wie den Hintergrund der Apokalypse. Erst dann wird sichtbar, da Dionysius die Einbeziehung der Apokalypse bewu t verwendet, um zu zeigen, wie auch in dieser Schrift der Bibel die geschichtliche Gegenwart ihre Deutung erf hrt. Doch im Unterschied zur Apokalypse fehlt jeder Hinweis auf das Ende der Welt. Man k nnte meinen, die Herrschaft des Gallienus sei bereits die Erf llung apokalyptischer Sehns chte, das eschatologische Reich des Friedens sei mit ihr bereits angebrochen, Gallienus selbst geradezu die Inkarnation des endzeitlichen Christus. Sicherlich w re das eine unzul ssige Uberinterpretation, zumal man nicht bersehen darf, da der Brief an Christen gerichtet war und nicht apologetischen Zwecken diente. Wahrscheinlicher ist darum eine andere Deutung des Textes. Am Schlu verweist Dionysius — wie es scheint, lediglich um den Zeitpunkt des Osterfestes zu bestimmen — auf die Regierungszeit des Gallienus, die das 7. Jahr berschritten und demn chst das 9. Jahr erreichen wird. Kein Wort ber den Termin des Osterfestes — vielmehr ein heilsgeschichtlich wichtiges Datum! Denn nun ist offensichtlich, da die in der Apokalypse verk ndete Endzeit nicht eingetroffen ist, obwohl die in Apk 13 beschriebene Vision beinah in allen Einzelheiten durch die j ngste Ver162
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Dionysius zitiert in diesem Zusammenhang Jes 66, 3 — 4 (LXX) als Prophetic ber Valerian und Ex. 20, 5 als Prophetic ber Makrian und seine Nachkommen. Zu dem Bild von der Wolke verweist Miller (55) mit Recht auf Menander, Rhet. Gr. III (L. Spengel, 371): μετά την γένεσιν έρείς τι και περί φύσεως, οίον δτι έξέλαμψεν εξ ώδίνων εύειδής τψ κάλλει και καταλάμπων το φαινόμενον αστέρι καλλίστω κατ' ούρανον εφάμιλλος .. . άνελήφθη δε είς βασιλείαν νέος ων υπό τίνος μοίρας ευτυχούς. Vgl. Eus. h. e. VII, 13.
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gangenheit eine Aktualisierung erfahren hat. Es ist gut möglich, daß Dionysius zeitgenössische chiliastische Erwartungen, die sich auf die Texte der Apokalypse stützten, aufnimmt, scheinbar bestätigt, um sie schließlich durch die geschichtliche Realität eindrucksvoll ad absurdum zu führen165. Wir hätten dann in diesem Text einen weiteren Beweis für die antichiliastische Einstellung des Bischofs, zugleich aber auch für das glänzende rhetorische Geschick, mit dem er seine Gegner zu widerlegen versteht.
d) Die Bedeutung der Festbriefe Die Analyse der Festbriefe hat gezeigt, wie souverän Dionysius klassische Bildungsgüter und biblische Zeugnisse miteinander verbinden konnte. Die Bibel ist dabei vollständig in das antike Erbe integriert, auch wenn sie für Christen selbstverständlich Vorrang hat. Ein guter Rhetor versteht es jedoch, sich auf seine Hörer bzw. Leser einzustellen. Dies hat Dionysius sicherlich nicht allein aus taktischen Überlegungen getan. Vielmehr war auch er von der Überlegenheit der christlichen Lehre überzeugt, aber antike Bildung und Christentum bildeten bei ihm keinen Gegensatz. Die Festbriefe selbst bzw. das, was von ihnen erhalten ist, sind kleine Meisterwerke frühchristlicher Rhetorik. Das kann man trotz der fragmentarischen Überlieferung sagen. Allerdings ist unsere Kenntnis dieser Gattung recht spärlich; das Vergleichsmaterial insbesondere aus dem griechischen Sprachraum ist gering. Am ehesten wird man die ,Dankrede' Gregors des Thaumaturgen an Origenes zum Vergleich heranziehen dürfen166. Auch in ihr verbinden sich rhetorische Anklänge an antike Texte mit biblischen Elementen. Auch in ihr werden — wenn auch vergleichsweise selten — Bibelzitate und biblische Geschichten als Illustrationsmittel verwendet167. Doch wird man kaum sagen können, daß Gregor mehr als eine gefällige, nach den Regeln der Schulrhetorik aufgebaute Dankrede an Origenes verfaßt hat168. Die enge Verbindung von 165
Vgl. M. Sordi aaO 136: „Nella lettera ad Ermammone la storia dei rapporti fra l'impero e la Chiesa diventa cosi un argomento fundamentale nella polemica antimillenaristica". 166 Text hg v p Koetschau (SQS 9), Freiburg 1894. P. Koetschau betont in der Einleitung, daß wir es nicht mit einem ,Panegyricus', sondern mit einer „Danksagung an Origenes für den genossenen Unterricht" zu tun haben (S. XXVII), leugnet jedoch nicht den rhetorischen Charakter (S. XXVIII). 167 So vergleicht er seine Freundschaft mit Origenes mit der zwischen David und Jonathan (c. 6 [Koetschau 17, l Off.]); sich selbst vergleicht er mit dem verlorenen Sohn (Lk 15, 11 ff.; vgl. c. 16 [Koetschau 36, 15 ff.]) u. a. 168 P. Koetschau (S. XXVIII) spricht zwar von einer „beachtenswerte(n) rhetorischen Leistung", muß dann aber auch feststellen: „Der Stil ist im ganzen etwas schwerfällig" (S. XXIX).
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klassischen Bildern und biblischer Sprache, die F lle der eindrucksvollen Vergleiche auf engstem Raum wie bei Dionysius finden wir bei ihm nicht. Der Grund daf r liegt aber wohl nicht allein an der geringeren rhetorischen Begabung, eher schon an der in der Schule des Origenes vernachl ssigten bung. Gregor l t klar erkennen, da der von ihm hoch verehrte Lehrer Origenes der Rhetorik ablehnend gegen bersteht169. Dies wird auch durch das Werk des Origenes best tigt. Grammatik, Dialektik und Rhetorik geh ren f r Origenes zur menschlichen Weisheit, die als Wege zu g ttlicher Erkenntnis wenig oder gar nicht geeignet sind170. Von der Dialektik hei t es sogar: „minutis et sublimibus verborum stimulis animas terebrat et tanta calliditate circumvenit, ut deceptus nee videat nee intelligat, unde decipitur"171. Sch nredner, die zum Vergn gen der H rer predigen, sind Origenes ein Greuel172. Nicht die hohe Kunst der Rhetorik, sondern die schlichte, einfache und klare Form des Ausdrucks sind f r ihn dem g ttlichen Wort am angemessensten173. Diese Forderung richtet Origenes nicht nur an andere, sondern auch an sich selbst. Sein Werk ist bei aller Gelehrsamkeit durchaus ein lebendiger Ausdruck dieses Bem hens174. Das negative Urteil des Origenes ber Rhetorik und Grammatik im Umgang mit den heiligen Schriften erscheint auf den ersten Blick berraschend. Denn er selbst war nicht nur mit der griechischen Philosophie und ihren Problemen bestens vertraut, er hatte auch eine gr ndliche Ausbildung in Grammatik und sicherlich auch in Rhetorik erfahren, weil dies zur Grundlage antiker Bildung geh rte175. Doch gab es seit alter Zeit 169
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Vgl. c. 7 (Koetschau 21, 22ff.): Ου κατά τας καλών ρητόρων κρίσεις, εί τι Έλληνικον ή βάρβαρόν εστί τη φωνή" το μικρόν τούτο και ουκ άναγκαίον μάθημα. Gregor hat seine rhetorische Ausbildung vor seinem Aufenthalt in Caesarea erhalten (vgl. c. 5 u. c. 10). Und wenn sich Gregor so beredt dagegen str ubt, einen ,Panegyricus' auf Origenes halten zu wollen, wie es ihm vielleicht vorgeschwebt hatte (vgl. c. 2), um stattdessen eine Dankrede zu halten (c. 3 [Koetschau 7, 18]), so d rfte das auch unter dem Einflu des .gro en Meisters' erfolgt sein. Horn. V, 7 in Lev. (GCS 29, 347, 16ff.). H rn. IV, 6 in Ex. (GCS 29, 178, 3 ff.). Hom. in Ez. 111,3 (GCS 33, 350, 29f.). Vgl. E.Norden, Die antike Kunstprosa II, 5. Aufl. (Nachdruck Darmstadt 1958), 549. Vgl. auch Hom. in Jos. XXVI, 2 (GCS 30, 459, 22ff.; hom. VII, l in Jos. (GCS 30, 327, 18ff.). Vgl. Redepenning, Origenes I, 48f.; 22; II, 251; H. Crouzel, Origene et la philosophic, 125ff. (mit weiterer Literatur). Vgl. Eus. h. e. VI, 2. Porphyrios erw hnt unter den geistigen V tern des Origenes auch den Rhetor Longinus (Eus. h. e. VI, 19, 8): „doch ist dieser auch als Grammatiker und Kritiker ausgezeichnet, und zog wohl vorz glich von dieser Seite Origenes an" (Redepenning I, 49 Anm. 4). — Ob Origenes auch Rhetorik lehrte, wie wir nur von Hieronymus erfahren (vir. ill. 54: „quod dialecticam quoque et geometriam et arithmeticam, musicam, grammaticam et rhetoricam omniumque philosophorum sectas ita didicit, ut
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Spannungen, Rivalität, ja Feindschaft zwischen der vornehmlich platonisch orientierten Philosophie und der Rhetorik176, zwischen dem meist nur im Kreis seiner Schüler und Anhänger verehrten, um tiefere Einsicht in Gott und Welt bemühten Philosophen und dem im öffentlichen Leben auf Ruhm und Anerkennung bedachten Rhetoren. Diese Kluft ist wohl der Hauptgrund dafür, daß Origenes in seiner Schule in Cäsarea zwar die philosophische Grundlage der antiken Bildung vermittelt, aber die Rhetorik unberücksichtigt läßt. Betrachtet man auf diesem Hintergrund die Festbriefe des Dionysius, dann wird man sie schwerlich als das Ergebnis der Schule des Origenes ansehen können. Die Art der christlichen Reden — Predigten wird man sie kaum nennen können177 —, in denen sich Dionysius zum Osterfest an seine Gemeinde wendet, dürfte den Vorstellungen des Origenes von bischöflichen Schreiben zu diesem Fest schwerlich entsprechen. Keine Auslegung eines biblischen Textes, keine Hinführung zu einem vertieften Verstehen des österlichen Mysteriums findet sich da, vielmehr die Aufforderung zu Geduld und Ausharren in schwerer Zeit, zur Abkehr von eschatologischer Naherwartung und zur Freude über den von Gott geschenkten Frieden, im einzelnen jedoch glänzend rhetorisch ausgeschmückt mit zahlreichen Bibelzitaten und Anklängen an biblische Zusammenhänge. Die Texte sind keine Homilien178 eines begnadeten Bibeltheologen und theologischen Lehrers, sondern Dokumente eines für seine Zeit nicht minder begnadeten Kirchenführers, der zu einer bestimmten Situation seiner Gemeinde geeignete Bibelstellen kunstvoll miteinander verknüpft und es auf diese Weise versteht, das Schiff seiner Gemeinde durch die verschiedenen äußeren und inneren Bedrohungen hindurch zu leiten. Die Bibel ist nicht Gegenstand tieferer theologischer Besinnung, sondern unmittelbarer Wegweiser im praktischen Leben. Das muß kein studiosos quoque saecularium litterarum sectatores haberet"), ist nicht sicher. Vielleicht trifft es für den Beginn seiner Lehrtätigkeit zu. 176 Ygl_ plato, Gorgias. H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik I, München 1960, 44 (§ 36). 177 Anders die Passahomilie Melitos, die bekanntlich der asianischen Rhetorik verpflichtet ist (vgl. A. Wifstrand, The Homily of Melito on the Passion, in: VigChr 2, 1948, 201-223; ders.: Die alte Kirche und die griechische Bildung, Bern 1967, 40ff.). Von ihr gilt in gewissem Sinne das, was Ed. Norden für die panegyrische Rede als Form der christlichen Predigt feststellt, daß „für die christlichen Redner die Stellen der Schrift den Ausgangspunkt bilden" (Die antike Kunstprosa II, 544). Das kann man von den Festbriefen des Dionysius nicht sagen. 178 Miller (56) möchte das von Joh. Damascenus überlieferte Fragment aus dem 4. Osterfestbrief (Holl, Fragmente, Nr. 377; Feltoe 91) als .Homilie' ansprechen. Auffallend an diesem Text, einem Lobpreis auf die Liebe („this is a truly Christian subject", Miller ebd.), ist jedoch das Fehlen biblischer Bezüge, die man bei diesem Thema vor allem erwartet hätte.
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unüberbrückbarer Gegensatz sein, doch es markiert deutlich den Unterschied zwischen Origenes und Dionysius. Daß Dionysius nicht nur ein klassisch geschulter, sondern auch ein meisterlicher Rhetor war, zeigen sowohl die souverän eingesetzten unterschiedlichen Stilmittel als auch die Einbeziehung der Bibel. Das wird zwar auch an anderen Stellen seines Werkes sichtbar, am deutlichsten jedoch in den Festbriefen. Als Geschichtsquelle lassen sich die Festbriefe nur mit den genannten Einschränkungen verwenden, und auch als Osterfestbriefe unterscheiden sie sich von den später so genannten Schreiben des alexandrinischen Episkopats. Gleichwohl dürfte gerade die Bedeutung der Festbriefe des Dionysius wie auch ihre glänzende rhetorische Form dem späteren Brauch wichtige Anregungen vermittelt haben. Wichtig sind sie aber nicht nur als Beispiele frühchristlicher Rhetorik. Vielmehr spricht sich in ihnen ein der heidnischen Umwelt überlegenes christliches Selbstbewußtsein aus, das zwar in der apologetischen Literatur Vorläufer hat, in der von Dionysius vorgetragenen Weise aber alles Frühere übertrifft. Der Panegyricus auf Gallienus ist der erste Lobpreis eines christlichen Bischofs auf einen heidnischen Kaiser. Es scheint, als sei die Zeit bereits reif für ein Zusammengehen von Christentum und Römischem Reich. Auch von hier aus wird verständlich, warum Euseb von Cäsarea diesem alexandrinischen Bischof so viel Raum in seiner Darstellung der Kirchengeschichte gegeben hat. Die geistige Nähe dieser beiden altkirchlichen Bischofsgestalten dürfte gerade auch an diesem Punkt sichtbar geworden sein179.
C. DER STREIT UM DIE BUSSE, DAS SCHISMA NOVATIANS UND DIE FOLGEN
1. Zur Vorgeschichte Die Folgen aus der decischen Verfolgung waren für die Kirche von einschneidender Bedeutung. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte erlebte sie den Ansturm einer großen Zahl von Abgefallenen, die in die Kirche zurückkehren wollten. Sie waren dem Opferbefehl des Decius nachgekommen, einige aus Furcht, andere, weil sie von Amts wegen dazu verpflichtet waren, manche freiwillig, manche auch erst nach längerer Haft oder sogar erst unter dem Druck der Folter, wie Dionysius in seinem
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Vgl. etwa E. Peterson, Der Monotheismus als politisches Problem, in: Theologische Traktate, München 1951, bes. 91 f. - Zu dem Problem auch W. Schneemelcher, Heilsgeschichte und Imperium. Meliton von Sardes und der Staat, in: Kleronomia 5 (1973) 257-276.
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Brief an Fabius schreibt1. Aber unabhängig von den einzelnen Gründen galten sie der Kirche als Todsünder, weil sie ihren Herrn verleugnet und den Götzen geopfert hatten. Wie sollte die Kirche verfahren? Sollte sie den , Gefallenen' die Wiederaufnahme in die kirchliche Gemeinschaft grundsätzlich verweigern, wie Novatian2 und seine Anhänger forderten? Sollte sie sie ohne weiteres wieder aufnehmen, wie Felicissimus und Fortunatus in Karthago3 meinten? Oder sollte sie sie erst nach einer angemessenen Zeit ernsthafter Buße wieder in ihrer Mitte aufnehmen, wie Cyprian4 verlangte? — Da der generelle Verzicht auf eine Zeit der Buße die Ernsthaftigkeit des christlichen Glaubens gefährdet und vor allem die Leiden und Verdienste der Märtyrer und Konfessoren geschmälert hätte, mußte die Entscheidung fallen zwischen den Rigoristen, die die Wiederaufnahme grundsätzlich ablehnten, und den Anhängern einer vergleichsweise milderen Bußpraxis. Bereits zu Beginn des 3. Jahrhunderts hatte es in Rom Streit um die Frage der Buße und die Wiedereingliederung der Büßer gegeben. Damals hatte Bischof Kallist (ca. 217—223) das Recht für sich in Anspruch genommen, Unzuchtssünder nach einer Zeit der Buße wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen, und war dafür von Hippolyt heftig kritisiert worden5. Kallist berief sich bei seinem Vorgehen u. a. auf das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13, 24ff.) und die Geschichte von der Arche Noah, in der reine und unreine Tiere miteinander versammelt waren (Gen 6, 19 ff.), eine Stelle, auf die auch Dionysius möglicherweise Bezug genommen hat6 und die auf die Kirche gedeutet das Reinheitsideal nicht in den Himmel wachsen läßt. Verglichen mit dem Problem der ,Gefallenen' in der decischen Verfolgung betraf die Entscheidung Kallists nur einzelne Fälle. Grundsätzlich aber bedeutete sie einen weiteren Schritt der Kirche auf dem Weg aus der Weltabgeschiedenheit7, weshalb sie auch in anderen Gemeinden über1 2
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Vgl. Eus. h. e. VI, 41, 10-13. H. J. Vogt zeigt in seiner Untersuchung über den Kirchenbegriff Novatians (Coetus sanctorum, Bonn 1968) sehr deutlich, wie sehr der Rigorismus Novatians von Anfang an in seiner Theologie begründet lag. In Karthago kam es deswegen zum Schisma; im Mai 252 wurde Fortunatus zum Bischof gewählt (vgl. Cyprian, ep. 59, 16). Als dann auch die Novatianergemeinde in Maximus einen eigenen Bischof besaß (Cyprian, ep. 59, 9), gab es schließlich drei Bischöfe zu gleicher Zeit in dieser Stadt. Vgl. bes. die Schrift ,De lapsis' aus dem Jahre 251. Hippolyt, ref. IX, 12, 20ff. (Text auch bei H. Karpp, Die Buße [Traditio christiana I], Zürich 1969, Nr. 124). Zum Streit zwischen Hippolyt und Kaliist vgl. K. Beyschlag, Kallist und Hippolyt, in: ThZ 20 (1964) 103-124. Hieronymus nennt Dionysius unter den Autoren, die über die ungerade Zahl der Tiere in Gen 7, 2 gehandelt hätten (ep. 49, 19). Vgl. auch o. S. 37 Anm. 58. Vgl. H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 253 f.
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nommen wurde8. Die Wahl des römischen Bischofs im Frühjahr 251 mußte also nicht allein entscheiden über Rigorismus oder mildere Bußpraxis in der Gefallenenfrage, sondern auch über die Fortsetzung und Weiterentwicklung der bisher geübten römischen Praxis. Erschwert wurde die Wahl noch durch äußere Umstände. Seit dem Märtyrertod Fabians am 20. Januar 250 war die römische Kathedra wegen der äußeren Bedrohung ein volles Jahr unbesetzt geblieben. In dieser Zeit wurde die Kirche von römischen Presbytern und Diakonen geleitet, unter denen Novatian eine herausragende Stellung einnahm9. Gleichwohl entschied sich die Mehrheit des römischen Klerus bei der Wahl für den Presbyter Cornelius, der zu Konzessionen in der Gefallenenfrage bereit war. Daraufhin aber ließ sich Novatian von seinen Anhängern ebenfalls zum Bischof weihen; die Spaltung zwischen den Rigoristen und den Anhängern einer möglichen Buße auch für ,Gefallene' war damit auch nach außen sichtbar. Nun mußte sich zeigen, welche Partei in der Kirche den größeren Rückhalt besaß. Cornelius berief sogleich eine Synode ein, an der 60 Bischöfe und eine große Zahl von Presbytern und Diakonen teilnahmen, und ließ Novatian und seine Anhänger exkommunizieren10. Trotzdem breitete sich die Kirche der „Reinen" ( ), der „vor der Befleckung gerettete Rest der Kirche", wie Novatian seine Gemeinde nannte11, rasch aus und fand überall Anhänger12. Vielleicht hatte Novatian ursprünglich auch mit der Unterstützung Cyprians gerechnet, doch dieser erkannte nach kurzem Zögern die Wahl des Cornelius an und stellte sich damit gegen Novatian ebenso wie einige römische Konfessoren, die ihn vorher unterstützt hatten13. 8
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Nach Hippolyt (ref. IX, 13, 1) verbreitete sich Kallists Lehre über die ganze Welt. Auch in Nordafrika scheint es in dieser Zeit zu einer Auseinandersetzung gekommen zu sein, sofern sich Tertullians — aus montanistischer Zeit — stammende Schrift ,De pudicitia' nicht auf die römischen Ereignisse bezieht. Vgl. Ten., De pudic. I, 6ff. (Text bei H. Karpp, Die Buße, Nr. 138). Die besondere Stellung Novatians im römischen Presbyterium dieser Zeit geht u. a. aus dem Briefwechsel zwischen ihm und Cypnan hervor, den neuerdings H. Gülzow eingehend untersucht hat (Cyprian und Novatian, Tübingen 1975). — Zu den Ereignissen 10 vgl. auch H. J. Vogt, Coetus sanctorum, 37—56. Eus. h. e. VI, 43, 2. Eus. h. e. VI, 43, 1. Vgl. H. J. Vogt, Coetus sanctorum, 56. In Antiochien neigte Bischof Fabius dem Schisma Novatians zu (Eus. h. e. VI, 44, 1); in Kathago gab es bald eine eigene Novatianergemeinde unter einem Bischof Maximus (Cyprian, ep. 59,9); in Südgallien war Bischof Marcianus von Arles ein Anhänger Novatians (Cyprian, ep. 68, 2). Zur Ausbreitung der Novatianerkirche vgl. H. J. Vogt, Coetus sanctorum, 53f., 183ff. Vgl. den Brief des Cornelius an Fabius von Antiochien (Eus. h. e. VI, 43, 5—6. 20). Auch Dionysius hat sich offensichtlich an jene römischen Konfessoren gewandt, um sie vom Schisma zurückzuhalten; vgl. Eus. h. e. VI, 46, 5 (Euseb erwähnt insgesamt drei Briefe).
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Im Osten trat Dionysius von Anfang an auf die Seite des Cornelius; er war in der Bußfrage grundsätzlich anderer Meinung als Novatian. Die Leidenschaft, mit der er sich an dieser Auseinandersetzung beteiligte, erklärt sich jedoch vor allem dadurch, daß das Schisma Novatians durch die zentrale Stellung Roms und die Einflußmöglichkeiten der römischen Kirche eine ernste Bedrohung für die Gesamtkirche darstellte. Das Problem der Buße war zu einem Problem der Einheit der Kirche geworden14.
2. Die Stellung des Dionysius zur Frage der Buße Von den zahlreichen Briefen des Dionysius über die Buße, die Euseb in seiner Kirchengeschichte erwähnt15, ist nur ein längeres Stück eines Briefes an Konon in kanonistischer Literatur überliefert16. In ihm behandelt Dionysius die Frage der Sündenvergebung bei einem Todkranken. Es wäre „ein Werk der gottgefälligen Menschenfreundlichkeit" ( ), meint Dionysius, einem Sterbenden, der — Gottes Gericht vor Augen — um Vergebung seiner Sünden bittet, die Absolution zu erteilen. Die Institution der Buße ist Dionysius also geläufig. , Binden' und , Lösen'17 gehören für ihn selbstverständlich zu den Aufgaben des kirchlichen Amtes. Und er geht von dem Grundsatz aus, daß Gottes Güte wahr und beständig ist. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn jemand nach dem Empfang der Absolution wieder gesund wird. Denn es wäre unsinnig ( ), meint Dionysius, jemandem nachträglich jene Sünden noch einmal vorzuwerfen, die man ihm bereits erlassen hat. Die Begründung klingt wie der klassische Rechtsgrundsatz, daß niemand zweimal für dasselbe Vergehen bestraft werden dürfe. Doch dann folgt ein 14
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Cyprian verfaßte noch im Sommer 251 gleich im Anschluß an seine Schrift ,De laps is' seine berühmte Abhandlung ,De catholicae ecclesiae unitate'. Euseb erwähnt in seinem Summarium (h. e. VI, 46, iff.): 1) einen Brief an die Brüder in Ägypten über die Buße, in dem er sich zur Frage der , Gefallenen' äußert und verschiedene Grade von Verschuldungen unterscheidet; 2) einen Brief an Kolon von Hermupolis; 3) einen Brief an die Gemeinde in Laodicea unter Bischof Thelymidres; 4) einen Brief an die armenische Kirche unter Bischof Meruzanes; 5) einen Brief an die römische Gemeinde „Über die Buße" (neben einer Reihe anderer Briefe nach Rom in diesem Zusammenhang!). Feltoe 60—62. — Zur Interpretation vgl. B. Poschmann, Paenitentia secunda. Die kirchliche Buße im ältesten Christentum bis Cyprian und Origenes (Theophaneia 1), Bonn 1940, 471 ff. Die dortigen Ausführungen sind allerdings weitgehend zu korrigieren, weil Poschmann sich offensichtlich auf den gesamten bei J. B. Pitra abgedruckten Text stützt, d. h. auch auf die unechten Teile (can. 12 von Nicäa und den Abschnitt, der dem areopagitischen Schrifttum nahesteht). Vgl. dazu im einzelnen o. S. 53 ff. Vgl. Mt 16, 19.
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schwer widerlegbares theologisches Argument, das Dionysius geschickt in eine rhetorische Frage gekleidet hat: „Sollen wir etwa Gott die Grenzen unseres Urteils auferlegen, die er beachten soll, während wir selbst sie nicht einzuhalten brauchen, indem wir einerseits die Güte des Herrn laut verkündigen18, sie aber andererseits für uns selbst behalten wollen?" Gottes Güte darf nicht durch Menschen, auch nicht durch Kleriker, eingeschränkt werden. Für die Praxis macht Dionysius aber dann doch eine Einschränkung: Sollte eine Bußübung dennoch sinnvoll erscheinen, dann sollte man dem Betreffenden raten, mit Rücksicht auf die Gemeinde sich freiwillig zu demütigen. Erst wenn er sich weigern sollte, wäre dies ein hinreichender Grund, ihn erneut aus der kirchlichen Gemeinschaft auszuschließen. Das ist der seelsorgerlich abgewogene Rat eines rechtlich und praktisch denkenden Kirchenführers, der an dem Grundsatz von Gottes Güte und Barmherzigkeit unbeirrt festhält und darum jedem schwärmerischen Rigoristen widerstehen muß. In dem Brief an Konon ist ganz allgemein von Sündern die Rede. Daß Dionysius dazu ganz selbstverständlich auch die , Gefallenen' zählt, zeigt jene Begebenheit von einem gewissen Serapion, die Dionysius in seinem Brief an Fabius von Antiochien schildert19. Dieser einst untadelige Greis hatte während der Verfolgung geopfert und war deshalb trotz mehrerer Bitten nicht wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen worden. Als er jedoch auf dem Sterbelager lag, galt auch für ihn die Weisung des Bischofs (Dionysius), man solle allen Sterbenden, wenn sie darum bäten, die Absolution erteilen, damit sie hoffnungsfroh ( ) sterben könnten. Konkret bedeutete dies, daß er die Eucharistie erhalten durfte, wodurch der sakramentale Charakter der Absolution deutlich wird. Kaum aber hatte er die Eucharistie zu sich genommen, gab er seinen Geist auf. Dionysius erkennt darin ein göttliches Zeichen und fragt den zum Schisma Novatians neigenden Fabius: „Wurde er nicht deutlich bewahrt und blieb am Leben, bis er die Absolution erhielt und er nach der Vergebung der Sünden die Anerkennung20 für all das Gute erlangen konnte, was er getan hatte?" Wieder stellt Dionysius Gottes Güte über die Strenge menschlicher Beurteilung, und er kann sich in dem gleichen Brief zusätzlich auf jene Märtyrer berufen21, die die reuigen Sünder — es handelt sich wieder um 18 19
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Vgl. 1. Petr. 2, 3; PS 33, 9 LXX. Eus. h. e. VI, 44, 2-6. Dionysius spielt an auf Mt 10, 32 (Lk 12, 8; vgl. Apk 3, 5), wobei er das untadelige Leben eines Christen offenbar als Bekenntnis in dieser Welt wertet, dem der himmlische Lohn nicht versagt werden kann. Die Verfehlung ist durch die kirchliche Absolution beseitigt. Eus. h. e. VI, 42, 5—6. Auch früher schon haben sich Märtyrer der .Gefallenen' angenommen und bei ihrer Wiedereingliederung in die Kirche mitgewirkt; vgl. Eus. h. e. V, 2, 5 (Märtyrer von Lyon); Tertullian, Ad märt. 1. Das Martyrium besaß sünden-
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,Gefallene' — in ihre Gebets- und Mahlgemeinschaft aufgenommen hatten22, weil Gott — nach der biblischen Botschaft — nicht den Tod des S nders, sondern seine Sinnes nderung (μετάνοια) wolle23. Dionysius fragt: Sollen wir uns der Entscheidung der M rtyrer anschlie en, „oder sollen wir ihr Urteil f r ungerecht erkl ren, uns zu Kritikern ihrer Meinung aufschwingen, ihre Freundlichkeit beleidigen und ihre gute Ordnung beseitigen?" — Auch hier beendet Dionysius seine Argumentation mit einer rhetorischen Frage und berl t Fabius die Entscheidung. Doch dieser wird sich kaum ber die Entscheidung der M rtyrer hinwegsetzen wollen, die inzwischen an Gottes Gericht beteiligt sind24. Das ent-
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tilgende Kraft (vgl. Clem. Alex., str m IV, 9, 75, 3); im M rtyrer handelte gleichsam Christus selbst (vgl. Tertullian, De pudic. 22). — Zur Zeit Cyprians kam es allerdings zum Streit zwischen dem Bischof und den Konfessoren ber die sogenannten „Friedensbriefe" (Libelli pacis), mit denen offensichtlich auch Mi brauch getrieben wurde; vgl. H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 232ff. (mit den erforderlichen Belegen); ferner: B. Poschmann, Paenitentia secunda, 274f. (zu Dionysius 275—279). Dionysius schreibt w rtlich: είσεδέξαντο και συνήγαγαν καΐ συνέστησαν καΐ προσευχών αύτοΐς καΐ εστιάσεων εκοινώνησαν (GCS 9, 2 S. 612, 4-6 Schwartz). In dem Wort συνέστησαν vermutet B. Poschmann (Paenitentia secunda, 276 Anm. 1) eine Anspielung auf die erst sp ter bezeugte Bu stufe der „Mitstehenden", die nicht wie die brigen B er, sofern sie berhaupt zum Gottesdienst zugelassen wurden, w hrend des Gebets knien mu ten, sondern ,mitstehen' durften, jedoch vom Opfermahl ausgeschlossen waren. Vorformen dieser nur im Osten verbreiteten Bu stufen lassen sich nach allgemeiner Ansicht zuerst im kanonischen Brief Gregors des Wundert ters nachweisen. Vgl. Ed. Schwartz, Bu stufen und Katechumenatsklassen, in: Ges. Schriften V, Berlin 1963, 274-362, bes. 308ff.; J. Grotz, Die Entwicklung des Bu stufenwesens in der vornic nischen Kirche, Freiburg 1955, bes. 400f. Im Unterschied zu Ed. Schwartz (310) ist jedoch Grotz der Ansicht, da sich auch das Institut der ,Mitstehenden' schon bei Gregor nachweisen l t (405 f.). Auf die Stelle bei Dionysius gehen beide nicht ein. — Da Dionysius verschiedene Stufen der Verfehlung unterschied, ist sicher (vgl. Eus. h. e. VI, 46, 1). Im Brief an Fabius unterscheidet er dar ber hinaus sehr genau zwischen verschiedenen Formen des Abfalls und begn gt sich keineswegs mit der Feststellung des Opfers (41, 11 ff.). Ob er allerdings auch entsprechende Abstufungen f r das Bu wesen kannte, wissen wir nicht, erscheint jedoch m glich. In diesem Fall k nnten die oben zitierten Worte ber die Bekenner bedeuten, da diese s mtliche Bu stufen bersprangen und die vollst ndige Rekonziliation gew hrten, ohne da dies allerdings von Dionysius ger gt w rde. M glicherweise gibt es bei Dionysius einen noch deutlicheren Hinweis darauf, da er die Stufe der ,Mitstehenden' kennt. In einem Brief an Xystus II. schildert er einen von H retikern getauften Mann, der trotz Aufforderung durch den Bischof sich scheut, am eucharistischen Mahl teilzunehmen; und es hei t dann: και μόλις παρακαλούμενος συνεστάναι ταϊς προσευχαϊς ανέχεται (Eus. h. e. VII, 9, 5 - Schwartz 648, 12 f.). Der Fall w re dann ein Beleg f r die Annahme von J. Grotz (406), bei der Stufe der ,Mitstehenden' habe es sich zun chst um eine sehr pers nliche und private Form der Bu e gehandelt.
Vgl. 2. Petr. 3, 9; Ez 18, 23; 33, 11. Eus. h. e. VI, 42, 5; vgl. Mt 19, 28; 1. Kor 6, 2f.
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scheidende Argument gegen die Rigoristen ist also für Dionysius, daß diese Gottes Güte leugnen und ihre Entscheidung über Gottes Gericht stellen. Inwieweit diese milde Bußtheologie des Dionysius von Origenes beeinflußt ist25, läßt sich nur schwer genauer feststellen. Zwar hielt auch Origenes beispielsweise eine Heilung von der Todsünde für möglich26, doch bemerkt Ed. Schwartz mit Recht: „Wie die Dinge sich im Osten entwickelten, ist nicht klar: eine Überlieferung über die bischöfliche Praxis ist nicht vorhanden, und aus den biegsamen, alles vergeistigenden Theorien des Origenes ist es schwer, den Stand der Dinge zu erkennen"27. Einschränkend könnte man dazu allenfalls feststellen, daß die bischöfliche Praxis des Dionysius durch die einseitig origenistische Interpretation seiner Theologie in ihrer Eigenständigkeit bisher nicht genügend beachtet worden ist. Gewiß war Origenes „einer der hervorragendsten Bußtheologen der alten Kirche"28. Dionysius war demgegenüber ein Mann der Praxis, dessen theoretische Überlegungen nur schwer zu erkennen sind. Spekulative Theologie aber war ihm fremd, und dies unterschied ihn grundlegend von Origenes. Gewisse allgemeine Übereinstimmungen in den Anschauungen beider lassen sich zwar feststellen, doch tragen diese kein spezifisch origenistisches Gepräge. Den Praktiker Dionysius beschäftigte vielmehr das Problem der kirchlichen Einheit, zu dem die Frage der Buße durch das Schisma Novatians geworden war. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang sein vollständig von Euseb überliefertes Schreiben an Novatian persönlich29, in dem er diesen auffordert, die kirchliche Einheit um jeden Preis wiederherzustellen. Der Ton ist freundlich, ja herzlich, aber voll banger Sorge, Novatian könne seinen Rat in den Wind schlagen und sein Seelenheil verlieren. Für Dionysius gibt es nichts Schlimmeres als eine Spaltung in der Kirche, und darum sollte man alles Erdenkliche ertragen, um eine solche Spaltung zu verhindern. Ein Martyrium für die Einheit der Kirche erschiene Dionysius wertvoller als jedes andere Martyrium. Sollte es Novatian gelingen, seine Anhänger zur Einheit der Kirche zurückzuführen, wäre seine frühere Verfehlung damit mehr als wettgemacht. Not25
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B. Poschmann geht davon aus, daß Dionysius „nur in die Praxis umsetzte, was Origenes . . . als selbstverständlich gelehrt hatte" (Paenitentia secunda, 471 Anm. 2; vgl. 473 f.). Belege dafür nennt er nicht. Auch ist bereits darauf hingewiesen worden, daß sich Poschmann teilweise auf unechte Texte stützt (s. o. S. 180 Anm. 16). Vgl. Origenes, c. Cels. 111,31. Ed. Schwartz, Bußstufen und Katechumenatsklassen, 289. H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht, 284. Eus. h. e. VI, 45. — Wie sehr Dionysius an den Ereignissen in Rom Anteil nahm, zeigt sein reger Briefwechsel mit der römischen Gemeinde. Euseb nennt von ihm außer dem Brief an Novatian noch sieben weitere Briefe nach Rom in dieser Zeit (Eus. h. e. VI, 46, 3—5). Vgl. dazu auch P. Nautin, Lettres et ecrivains chretiens, 157—165.
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falls aber solle er seine Seele auch allein retten. Dies ist nicht der Brief eines geschickten Kirchenpolitikers, sondern eines Bischofs, der um jede einzelne Seele leidenschaftlich ringt, der bereit ist, jedem ernsthaften B er die Absolution zu erteilen — und auch den Schismatiker Novatian wieder aufzunehmen, weil f r ihn Barmherzigkeit und G te Gottes nicht Mittel, sondern Inhalt seines bisch flichen Wirkens sind. Auch der bereits mehrfach herangezogene Brief an Fabius von Antiochien30 ist hnlich gepr gt. Wir wissen nicht, ob Fabius diesen Brief noch erhalten hat. Die gegen ihn geplante Synode, zu der Dionysius von Helenus von Tarsus, Firmilian und Theoktist eingeladen worden war, hat er offenbar nicht mehr erlebt31. Aber es ist nicht ausgeschlossen, da ihn die an ihn gerichteten Briefe des Cornelius32 und des Dionysius beeindruckt haben. Wie sehr Dionysius ber das weitere Verhalten Novatians entt uscht war, zeigt sich in einem sp teren Brief an den damaligen Presbyter Dionysius in Rom33, in dem er die f r ihn entscheidenden Vorw rfe gegen Novatian zusammenfa t: „Wir sind mit gutem Grund ber Novatian erbittert, denn er hat die Kirche gespalten und einige der Br der zu Gottlosigkeiten (ασέβεια) und Gottesl sterungen (βλασφημία) verf hrt; auch hat er eine zutiefst unheilige (άνοσιωτάτη) Lehre ber Gott eingef hrt und unseren g tigsten Herrn Jesus Christus als unbarmherzig verleumdet; ber all das hinaus verachtet er (άθετέω) das heilige Bad, zerst rt den ihm voraufgehenden Glauben34 und das Glaubensbekenntnis (πίστιν και όμολογίαν) und vertreibt aus ihnen v llig den Heiligen Geist, auch wenn noch eine Hoffnung bestand, da er bliebe oder zu ihnen zur ckkehrte". Sieht man einmal von dem pauschalen und allgemeingehaltenen Vorwurf der Gottlosigkeit und Gottesl sterung und der aktuellen Fragestellung nach dem Sinn der Taufe ab, dann bleiben zwei grunds tzliche Vorw rfe gegen ber Novatian brig: einmal der Vorwurf des Schismas, den Dionysius mit Nachdruck an den Anfang stellt und der ihm der wichtigste zu sein scheint, und zum anderen die generelle Verweigerung der Rekonzilia30
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Eus. h. e. VI, 41, 42, 44. Vgl. Eus. h. e. VI, 46,3. Das bef rchtete Schisma in Antiochien ist ausgeblieben; Demetrianus, ein Anh nger der kirchlichen Einheit, wurde Nachfolger des Fabius. Nicht zuletzt auf die intensiven Bem hungen des Dionysius ist es zur ckzuf hren, da das novatianische Schisma sich in den stlichen Kirchen nicht weiter ausbreitete. Wie gro jedoch die Gefahr war, zeigt sein Brief an Stephanus I. von Rom (Eus. h. e. VII, 5, 1—2), wo eine ganze Reihe stlicher Kirchen genannt werden, die inzwischen zur Einheit zur ckgefunden h tten. Vgl. dazu auch H.J.Vogt, Coetus sanctorum, 53f., 183. Eus. h. e. VI, 43. Eus. h. e. VII, 8. Zur Interpretation dieses Briefes vgl. auch H. J. Vogt, Coetus sanctorum, 174—178; ders., Άθετέω im Brief des Dionys von Alexandrien ber Novatianus, in: Stud. Patr. X (TU 107), Berlin 1970, 195-199. Vgl. 2. Tim 2, 18.
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don durch Novatian, die die Lehre von der Barmherzigkeit Gottes Lügen straft und zugleich den Sinn der Taufe entleert. Denn für Dionysius ist die Taufe einerseits Ausdruck der uneingeschränkten Vergebungsbereitschaft Gottes und zugleich Angeld des Heiligen Geistes, das unverlierbar ist und jedem Getauften in seinem Leben die Möglichkeit zur Buße und Rückkehr zu Gott offen läßt. Diesen Grundsatz versucht Dionysius dann auch bei dem Streit um die Anerkennung der Häretikertaufe festzuhalten.
3. Der Ketzertaufstreit a) Der Verlauf Kaum schien die Gefahr einer weltweiten Spaltung der Kirche durch das Schisma Novatians gebannt35, drohte ein neuer Streitpunkt die Kirche zu entzweien. Diesmal ging es um die Frage, ob die Kirche jene noch einmal taufen solle, die von Häretikern bereits getauft waren, bzw. ob die Taufe der Häretiker nichtig sei, so daß der von dort Kommende nun zum ersten Mal richtig getauft werden müsse, oder ob eine Handauflegung wie bei der Aufnahme eines reuigen Sünders genüge, um den Übertritt zu besiegeln. Ausgelöst wurde die Auseinandersetzung durch eine Reihe Novatianer, die in die Gemeinschaft der katholischen Kirche zurückkehren wollten36. Während Cyprian von Karthago entschieden dafür eintrat, daß die Novatianer wie alle Häretiker noch einmal getauft werden müßten37, verteidigte Stephanus I. von Rom38 die gegenteilige Ansicht, daß bei einem Übertritt in jedem Fall die Handauflegung genüge. Beide Bischöfe waren zutiefst davon überzeugt, daß ihre Ansicht die apostolische Wahrheit widerspiegele und beriefen sich entsprechend auf die Tradition. Dabei verwies Stephan pauschal auf die apostolische Überlieferung39 und betonte, daß man keine Neuerung einführen dürfe40. Offen35 36
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Vgl. den Brief des Dionysius an Stephanus I. (Eus. h. e. VII, 5, 1—2); dazu o. Anm. 31. Zum Verlauf des Ketzertaufstreits vgl. außer den einschlägigen Lexikonartikeln: H. von Soden, Der Streit zwischen Rom und Karthago über die Ketzertaufe, in: QFIAB 12 (1909) 1-42; W. Sattler, Die Stellung der griechischen Kirche zur Ketzertaufe, Diss. theol. Marburg 1911; H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche II, 239-242, 260-263; K. Müller, Kirchengeschichte I, 329-334; K. Baus, HbKG I, 404-407; C. Andresen, Die Kirchen der alten Christenheit, 199-204. Ep. 69, 1. — Selbstverständlich handelt es sich für Cyprian dabei nicht um eine Wiedertaufe, sondern um die einzig gültige und wirksame Taufe; vgl. ep. 73, 1; 71, 1. Nach Cornelius (gest. 253) und Lucius (gest. Anfang 254) war Stephanus I. noch im Frühjahr 254 zum Bischof gewählt worden. Vgl. Firmilian b. Cyprian, ep. 75, 5. In ep. 74, l zitiert Cyprian aus einem Schreiben Stephans: „Si qui ergo a quacumque haeresi uenient ad uos, nihil innouetur nisi quod traditum est, ut manus illis imponatur in paenitentiam, cum ipsi haeretici proprie alterutrum ad se uenientes non baptizent, sed
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sichtlich war es in Rom seit langem Brauch, Häretiker beim Übertritt in die kirchliche Gemeinschaft durch bloße Handauflegung aufzunehmen41. Cyprian berief sich demgegenüber auf eine nordafrikanische Synode unter Bischof Agrippinus von Karthago aus der Zeit um 220, auf der die , Wiedertaufe' von Häretikern beschlossen worden sei42. Der Streit spitzt sich zu, als Cyprian ab 255 durch mehrere Synodalbeschlüsse in Nordafrika43 seine Position zu stärken versucht. Dabei wird immer deutlicher, daß hinter dem scheinbar auf Nordafrika begrenzten Konflikt eine Auseinandersetzung zwischen Rom und Karthago ausgetragen wird44, bei dem es zugleich um einen Primatsanspruch der römischen Kirche geht. Dieser Eindruck findet seine Bestätigung spätestens in dem Augenblick, als Stephan den Beschluß der Septembersynode von Karthago (256) gar nicht entgegennimmt, sondern stattdessen Cyprian aus der Kirchengemeinschaft kurzerhand ausschließt45.
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communicent tantum" (CSEL 3,2 Hartel 799,15-19). Zu dem Grundsatz ,Nihil innovetur, nisi quod traditum est' vgl. Fr. J. Dölger, in: AuC l (1929) 79—80; R. P. C. Hanson, Tradition in the Early Church, London 1962, 152f. (zu dem Traditionsproblem insgesamt 130ff.). Einzelheiten über die römische Praxis vor Stephan sind kaum bekannt. Immerhin scheint man sogar Markioniten, die lediglich mit der Taufe „auf den Namen Jesu Christi" getauft waren, ohne erneute Taufe in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen zu haben (Cyprian, ep. 73, 4). — Zu dem Problem vgl. neuerdings H. von Campenhausen, Taufen auf den Namen Jesu? in: VigChr 25 (1971) 1-16; bes. 12f. - Umstritten ist, ob man aus Hippolyt, ref. IX, 12, 26, entnehman kann, daß Kallist die Wiedertaufe geübt hat. Hippolyt berichtet kurz darauf von Elchasai, daß dieser die zweite Taufe verlangt habe (ref. IX, 15, 1), ohne auf Kaliist Bezug zu nehmen. Cyprian, ep. 73, 3; vgl. 71, 4; ferner: Augustin, De unico baptismo, c. 13. Gegen wen sich dieser Beschluß richtete, ist nicht klar. Theologisch liegt er auf der Linie von Tertullian, De baptismo, c. 15. Karthago, Ostern 255, unter Beteiligung von 32 Bischöfen der Proconsularis (Cyprian, ep. 70); Numidien, Frühjahr 256, unter Beteiligung von 71 Bischöfen (vgl. Cyprian, ep. 73, 11); Karthago, am 1. Sept. 256, unter Beteiligung von 87 Bischöfen, nur Teilnehmer aus Numidien, Mauretanien und Tripolitanien (Text des erhaltenen Protokolls dieser Synode, hg. v. H. von Soden, in: NGG 1909, 247-277). - Mit Recht bemerkt allerdings C. Andresen: „die 87 Voten des Protestes bildeten kaum die Mehrheit des nordafrikanischen Episkopats" (Die Kirchen der alten Christenheit, 203). Vgl. H. von Soden, Der Streit zwischen Rom und Karthago, 15 Anm. l: „Es war Diplomatie Stephans, nicht direkt den Cyprian herauszufordern, wie es Diplomatie Cyprians war, dem Stephanus nicht direkt entgegenzutreten, obwohl er schon länger von dessen Agitation wußte. Auch ist es antike literarische Art, Namen zu verschweigen, wenn sie den Lesern bekannt sind". Stephan hat die Möglichkeit einer Exkommunikation anscheinend vorher bereits angekündigt; vgl. Cyprian, ep. 73 (dazu: H. von Soden, Der Streit zwischen Rom und Kathago, 20). Demnach hat Cyprian offenbar bewußt von sich aus die darin liegende Herausforderung angenommen und es auf einen Bruch mit Rom ankommen lassen, weil er sich im Recht fühlte.
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Im Osten hat man dies jedenfalls so empfunden, und man fühlte sich sogleich an das selbstherrliche Vorgehen Viktors von Rom (ca. 189—199) erinnert, der im Streit um das Osterfest auch kurzerhand die Gemeinschaft mit den östlichen Kirchen aufgekündigt hatte46. Darüber hinaus zeigte sich nun, daß Cyprian mit seinen Ansichten nicht allein stand. Firmilian von Cäsarea in Kappadozien, einer der bedeutendsten Bischöfe des Ostens in dieser Zeit, verwarf nicht nur die Exkommunikation Cyprians durch Stephanus47, sondern trat offen auf dessen Seite. Denn auch im Osten hatte man in den dreißiger Jahren des 3. Jahrhunderts auf Synoden in Ikonium und Synnada in Kleinasien48 die Taufe der Häretiker — genauer der Montanisten — verworfen und beim Übertritt eines Häretikers dessen nochmalige Taufe verlangt. Nun sah sich Stephanus genötigt, auch den östlichen Kirchen die Gemeinschaft aufzukündigen 49 ; die Einheit der Kirche war damit erneut ernstlich in Gefahr. Hätte Ägypten sich den östlichen Kirchen angeschlossen, wäre die Kirche möglicherweise auseinandergebrochen. Das zeigt die Bedeutung, die der Vermittlung des Dionysius in dieser Auseinandersetzung zukommt. Die Gräben, die der Streit aufgerissen hatte, machten eine Vermittlung ohnehin schwer, und nur ein Kompromiß konnte beide Seiten wieder soweit annähern, daß trotz gewisser regionaler Unterschiede die kirchliche Gemeinschaft nicht völlig aufgegeben zu werden brauchte. Erst auf diesem Hintergrund lassen sich die Vermittlungsversuche des Dionysius recht würdigen. Vielleicht wären aber auch sie gescheitert, wenn nicht Stephanus am 2. August 257 gestorben und Xystus (Sixtus) II. sein Nachfolger geworden wäre. b) Die Vermittlungstätigkeit des Dionysius Wie schwer es ist, die Ansicht des Dionysius zur Frage der Ketzertaufe und seine Position im Ketzertaufstreit50 genauer zu bestimmen, wird an 46
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Firmilian b. Cyprian, ep. 75, 6. — Vgl. Eus. h. e. V, 24, 9f. Erst durch die Vermittlung des Irenäus war es seinerzeit gelungen, den Streit beizulegen. Irenäus war der Meinung gewesen, daß unterschiedliche Praxis keineswegs die Einheit der Kirche gefährden müsse (Eus. h. e. V, 24, 12-17). Firmilian b. Cyprian, ep. 75,25; vgl. c.2. Vgl. Dionysius b. Eus. h. e. VII, 7, 5; Firmilian b. Cyprian, ep. 75, 7; 19; vgl. auch Dionysius b. Eus. h. e. VII, 5, 5. In einem Brief an Xystus II. von Rom schreibt Dionysius: „(Stephanus) hatte also seinerzeit in bezug auf Helenus, Firmilianus und alle (Bischöfe) Kilikiens, Kappadoziens und offensichtlich auch Galatiens und sämtlicher daran angrenzender Provinzen geschrieben, er wolle nicht länger mit ihnen Gemeinschaft halten aus eben diesem Grunde, weil sie, wie er sagt, die Häretiker wiedertaufen" (Eus. h. e. VII, 5, 4). Vgl. dazu außer der o. S. 185 Anm. 36 genannten Literatur vor allem: J. Ernst, Die Stellung Dionysius des Großen von Alexandrien zur Ketzertauffrage, in: ZKTh 30 (1906) 38—56.
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zwei altkirchlichen Zeugnissen deutlich. Hieronymus51 schreibt „Hie in Cypriani et Africani synodi dogma consentiens de hereticis rebaptizandis plurimas ad diuersos misit epistulas". Demgegenüber heißt es bei Basilius dem Großen52, er habe die Taufe der Pepuzener (Montanisten) anerkannt und sich dadurch deutlich von Cyprian und Firmilian unterschieden. Es ist also nicht möglich, Dionysius einer der beiden streitenden Parteien — der römischen oder der afrikanischen — einfach zuzuordnen. Dadurch ist in der Forschung gelegentlich der Eindruck entstanden, sein Urteil über die Ketzertaufe sei „unklar und schwankend"53. Richtiger dürfte hingegen sein, daß er „eine prinzipielle Stellungnahme zu der Streitfrage (zunächst) abgelehnt" hat54, weil ihm die Sorge um Frieden und Einigkeit in der Kirche wichtiger war. Mag er in mancher Hinsicht auch Cyprian und vor allem Firmilian näherstehen, die traditionell guten Beziehungen zwischen Rom und Alexandrien und die Suche nach einem möglichen Kompromiß verbieten ihm, sich auf eine der Parteien festzulegen. Man darf nicht übersehen, daß all seine Briefe in dieser Angelegenheit, von denen wir wissen55, nach Rom adressiert waren, wo Dionysius — gleichsam als Anwalt der übrigen Parteien — zu vermitteln suchte. Anscheinend hat er erst in die Auseinandersetzungen eingegriffen, als sich die Gegensätze durch das Eintreten Firmilians für Cyprian verschärft hatten. Möglicherweise war er bisher über den Streit zwischen Rom und Karthago nur durch Rom informiert worden und hatte deshalb die Ansichten Cyprians zunächst wie dort als »Neuerungen' betrachtet. Als er dann jedoch von Firmilian über die Synoden in Synnada und Ikonium informiert worden war, hatte sich seine Meinung geändert56. Das würde bedeuten, daß Dionysius erst im
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Diese Arbeit ist trotz der nicht berücksichtigten syrischen und der erst später bekannt gewordenen armenischen Fragmente (dazu o. S. 64f. und 68) noch immer nützlich. — Ferner: K. Müller, Die Grundlagen des Ketzertaufstreits und die Stellung des Dionys von Alexandrien in ihm, in: ZNW 23 (1924) 235-247 (wichtig vor allem die Auseinandersetzung mit der Arbeit von W. Sattler auf S. 243ff.). S2 Hieronymus, vir. ill. 69. Basilius, ep. 188 can. 1. Dittrich 85; weitere Belege bei J. Ernst aaO 38f. Bardenhewer LG II, 222. Bardenhewer meint dies im Hinblick auf das griechische Fragment des Briefes an Stephanus I. (Eus. h. e. VII, 5, 1-2). Euseb nennt in dem Abschnitt h. e. VII, 2-9 insgesamt acht Schreiben (er zitiert aus fünf von ihnen) nach Rom über die Taufe (vgl. Harnack LG II, 2, 62 f.). Nimmt man den in VII, 9, 6 erwähnten Brief hinzu, der an den römischen Dionysius gerichtet war, waren es möglicherweise sogar neun Briefe, die alle nach Rom gingen. Auch die in syrischer und in armenischer Übersetzung erhaltenen Fragmente stammen aus Briefen, die nach Rom adressiert waren. Doch gehören diese wahrscheinlich zu den von Euseb erwähnten Schreiben. Vgl. den Brief an Philemon (Eus. h. e. VII, 7, 5). Daß Dionysius den Brief Firmilians an Cyprian gekannt hat (so Harnack LG II, 2, 62 Anm. 3; anders W. Sattler aaO 32), ist wahrscheinlich. In jedem Fall aber dürfte er seine Informationen von Firmilian oder aus dessen Umgebung erhalten haben.
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Herbst 256 — vielleicht sogar erst im Fr hjahr 257 — in dieser Angelegenheit nach Rom schrieb. Wichtigstes Ziel mu te es zun chst sein, den Primatsanspruch, den Stephan f r Rom erhoben hatte, behutsam aber deutlich zur ckzuweisen. Denn dieser hatte insbesondere die stlichen Kirchen erz rnt57. Um seine Mission nicht an einer eventuellen Halsstarrigkeit scheitern zu lassen, schickte Dionysius zusammen mit seinem Brief an Stephan zwei Begleitbriefe an die offensichtlich einflu reichen r mischen Presbyter Philemon und — den sp teren Bischof — Dionysius58. Der Alexandriner beginnt seinen Brief an Stephanus59 geschickt mit einem Ausdruck der Freude ber die berwundene Spaltung und die wiedergewonnene Einigkeit gerade auch mit den stlichen Kirchen und vergi t auch nicht, den Anteil Roms, das Syrien und Arabia regelm ig unterst tzt hat, r hmend zu erw hnen. Soll man diese Einigkeit etwa durch den Streit um die Ketzertaufe sogleich wieder in Gefahr bringen ? So scheint Dionysius fragen zu wollen. Jedenfalls — so beginnt das armenische Fragment — ist Weisheit ein besserer Ratgeber als Bosheit, die die Menschen zu Feinden Gottes macht. Es folgen dann einige schwer verst ndliche berlegungen60 ber menschliches Brauchtum, ber Geschmack, Mode usw., die zeitlich sind, und ber ewige, von Gott geschaffene Gesetze, die im allgemeinen den menschlichen Traditionen vorauf gehen. Es gibt auch Menschen, die gelegentlich Gesetze erlassen und damit Brauchtum begr ndet haben. Verpflichtend f r die Kirche sind jedoch nur die Br uche, die auf die Apostel zur ckgehen. Alles sp tere ist berfl ssig, weil es niemals verbindlich sein kann61. Ketzerische Br uche sind demnach zu verwerfen. 57 58
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Vgl. Firmilian b. Cyprian, ep. 75, 17; ferner: c. 2f.; 6. Vgl. Eus. h. e. VII, 5, 6. Fragmente bei Eus. h. e. VII, 5, l — 2 (vermutlich der Anfang des Briefes); syrisch: Feltoe 45—47; armenisch: engl. bersetzung von F. C. Conybeare in: EHR 25 (1910) 112f.; deutsch von P. Jungmann in meiner bersetzung, 43f. Vgl. auch o. S. 64f. und 68. Vgl. F. C. Conybeare zu diesem Abschnitt (112 Anm. 6): „The passage is anyhow obscure". Das erinnert an jenen αρχαίος επίσκοπος εκκλησιαστικός, von dem Didymos der Blinde in seinem Ekklesiastes-Kommentar (EcclT 8, 5ff. - hg. v. G. Binder/ L. Liesenborghs, Didymus der Blinde. Kommentar zum Ecclesiastes. Lage l des Tura-Papyrus, K ln 1965, 40ff.) folgende Ansicht ber das Lesen (neutestamentlicher) Apokryphen berliefert: „Deswegen sind wir gegen das Lesen der Apokryphen, weil die Leser nicht unterscheiden k nnen, was ihnen von den Heiden beigemengt worden ist. . . . Wenn sie das gleiche sagen wie die zugelassenen Schriften (τοις δημοσιευομενοις), so haben f r uns die zugelassenen Schriften absolute Richtigkeit, und wir brauchen nicht jene noch hinzunehmen, die Unrichtigkeiten enthalten k nnen. Wenn sie aber in Wirklichkeit nicht das gleiche sagen wie die zugelassenen, so sind sie unserer Meinung nach zu verwerfen." Vielleicht ist unser Dionysius gemeint. Die Formulierung d rfte allerdings von Didymos stammen. Zu dem Problem vgl. jedoch auch Eus. h. e. IV, 22, 9 bzw. III, 25.
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Für Ketzer gilt ohnehin das Wort des Apostels, daß man sich nach einoder zweimaliger Beratung von ihnen trennen solle (vgl. Tit 3, 10). Dionysius nimmt hier offensichtlich Gedanken Firmilians auf62, der darauf hingewiesen hatte, daß es in den verschiedenen Kirchen durchaus unterschiedliche Bräuche — z. B. bei der Gestaltung des Gottesdienstes — gebe, ohne daß darin früher ein Trennungsgrund gesehen worden sei. Die Anerkennung der Häretikertaufe könne allenfalls auf menschlicher Überlieferung beruhen, da doch gerade der Apostel die Trennung von den Ketzern gefordert habe. Einen wichtigen Punkt teilt Dionysius auch mit Cyprian. Das wird am Schluß des Briefes deutlich, der syrisch und armenisch überliefert ist und der zur Frage der Abgrenzung von Häretikern grundsätzlich Stellung nimmt. Dort heißt es gleich zu Beginn, daß jene, die Gott unbarmherzig nennen, wie die zu behandeln seien, die andere zur Götzenanbetüng verführen. Aus einem Brief des Alexandriners an den römischen Presbyter Dionysius, der bereits behandelt wurde63, aber geht eindeutig hervor, daß hier nur Novatian und seine Anhänger gemeint sein können, die auch Cyprian zu den Häretikern gezählt hat64. Dann folgt eine Aufzählung verschiedener Häresien, die nicht namentlich genannt, sondern inhaltlich gegenüber dem Taufbekenntnis abgegrenzt werden. Dazu gehören jene, die das Mysterium Christi, d. h. seine Gottheit oder seine Menschheit ablehnen, solche, die den Tod, die Auferstehung oder die Wiederkunft Christi leugnen, und solche, die die Lehre von der Auferstehung des Leibes verfälschen. Ihnen allen gilt der Fluch des Paulus65. Da Dionysius keine Namen nennt66, kann er gewiß einer breiten Zustimmung in der Kirche sicher sein, denn offensichtlich orientiert er sich an der zu seiner Zeit gültigen kirchlichen Lehre. Über Lehrfragen dieser Art sollten die Kirchen, Bischöfe und Presbyter in jedem Fall miteinander beraten, um einen Konsensus zu erzielen. In praktischen Einzelfragen — und dazu gehört für Dionysius der Eintritt oder Übertritt in die Kirche — sollte jeder Ortsbischof allein entscheiden dürfen. Auch in diesem Punkt schließt sich Dionysius in der Sache an Cyprian an67 und weist den Primatsanspruch Roms zurück. Damit stellt er sich in 62 63
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Vgl. Firmilian b. Cyprian, ep. 75, 6. S. o. S. 184. Zeitlich gehört dieser Brief mit dem ersten Brief an Xystus II. Etasammen (etwa Spätsommer 257). Vgl. Cyprian, ep. 69, l; 73, 2. Vgl. l.Kor 16,22; Gal l, 8f. Anders etwa Cyprian, der in ep. 73, 4 eine Liste von Häresien nennt, die aber sachlich nicht weit von der des Dionysius entfernt ist: „Patripassiani, Anthropiani, Valentiniani, Apelletiani, Ophitae, Marcionitae" (CSEL 3,2, 781, 12f. Harte!). Firmilian nennt in seinem Brief (Cyprian, ep. 75, 5): Marcion, Apelles, Valentinus, Basilides. Vgl. Cyprian, ep. 73, 26; 72, 3; 69, 17.
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verbindlichem Ton und trotz aller Kompromißbereitschaft in die Reihe der Gegner Stephans. Möglicherweise hat er zu gleicher Zeit in dem Begleitbrief an den römischen Presbyter Dionysius68 den später praktizierten Kompromiß69 vorgeschlagen, nur bei den Häretikern die Taufe zu verlangen, die nicht auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft waren. Der darin implizierte Unterschied zwischen Häretikern und Schismatikern ist von Cyprian abgelehnt worden70. Solange Stephan lebte, scheint man in Rom den Vermittlungsvorschlag des Dionysius nicht beachtet zu haben. Deshalb wiederholte der Alexandriner seine Bemühungen, als dessen Nachfolger Xystus II. (seit August 257) das Amt des Bischofs übernommen hatte. Wieder schickte er zugleich zwei Begleitschreiben an die beiden Presbyter Philemon und Dionysius71. Der Ton dieser Briefe ist nun nicht mehr nur freundlich und kompromißbereit, sondern ähnlich wie in den Briefen an Fabius von Antiochien und Novatian seelsorgerlich werbend. Denn inzwischen ist die Einheit der Kirche durch die Exkommunikation Cyprians und die Androhung der Exkommunikation gegenüber den östlichen Kirchen, die Stephan ausgesprochen hatte, ernstlich in Gefahr. Auf diese Situation weist Dionysius seinen römischen Amtsbruder mit allem Nachdruck hin. Zugleich unterrichtet er ihn — getreu seiner im Brief an Stephan formulierten Maxime — über den Ausbruch einer neuerlichen Ketzerei in der libyschen Pentapolis72. In dem armenischen Fragment wiederholt er seinen Kompromißvorschlag, nur jene sollten wiedergetauft werden, die nicht nach der trinitarischen Form getauft seien, und verweist in diesem Zusammenhang auf Mt 28, 19 und die damit verbundene apostolische Tradition, der man folgen müsse. Philemon teilt er mit, daß er sich selbst intensiv mit den Schriften der Häretiker befaßt habe, ja daß er selbst einst von dort aufgrund einer göttlichen Weisung über die Lektüre häretischer Schriften zum wahren Glauben gekommen sei. Dionysius weiß also, was Ketzerei bedeutet. Ferner verweist er auf eine Regel bei der Aufnahme von Häretikern in die Gemeinde, die er von seinem Amtsvorgänger Heraklas übernommen habe. Dieser hatte keineswegs die Häretiker wiedergetauft, die aus seiner Gemeinde abgefallen waren und später zurückkehren wollten. Denn 68 69 70 71
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Text des syrisch erhaltenen Fragments bei Feltoe 48; vgl. o. S. 64f. Vgl. can. 8 der Synode von Arles (314). Vgl. Cyprian, ep. 69, 1; de cath. eccl. unit. 3. Zu diesem Brief an Xystus gehören die bei Euseb h. e. VII, 5, 3—6; 6 überlieferten sowie das erste der an ihn adressierten armenischen Fragmente (F. C. Conybeare, in: EHR 25, 1910, 113; P. Jungmann in meiner Übersetzung, 44). Aus den beiden anderen Briefen hat wiederum Euseb Stücke aufbewahrt (h. e, VII, 7—8). Dazu u. S. 204 ff.
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diese waren ja korrekt getauft. Damit möchte Dionysius offensichtlich dem Eindruck entgegenwirken, als sei er ebenso wie Cyprian und Firmilian ein prinzipieller Anhänger der Wiedertaufe. Aber, so argumentiert er weiter — und dies verbindet ihn wiederum mit Cyprian und Firmilian —: „Ich bringe es nicht über mich, die (Beschlüsse der Brüder in Ikonium und Synnada) umzustoßen; denn (die Bibel) sagt: ,Du sollst die Grenzen deines Nachbarn nicht verrücken, die deine Väter gesetzt haben' (Deut 19, 14)"73. An einem Punkt allerdings bleibt Dionysius gegenüber Rom unnachgiebig, Novatian ist und bleibt für ihn ein Ketzer, weil er die Barmherzigkeit Gottes leugnet. Dionysius hielt also konsequent an seinem Kompromißvorschlag fest, den er Stephan unterbreitet hatte. Doch Rom schien noch nicht zum Einlenken bereit, obwohl sich ein Umschwung in dem Brief an Xystus bereits ankündigt, wo es von Dionysius und Philemon heißt, sie hätten „früher" mit Stephan übereingestimmt74. Jedenfalls wendet sich Dionysius noch einmal an Xystus — vermutlich nach Ostern 2587S — und bittet ihn um Rat in einem schwierigen Fall. Es geht dabei um einen alten Mann, der schon viele Jahre zur Gemeinde gehört und der bei der Teilnahme an einer Taufveranstaltung feststellt, daß er selbst einst von Häretikern in ganz anderer Weise getauft wurde. Er ist überzeugt, seine Taufe müsse ungültig sein. Er bittet deshalb seinen Bischof (Dionysius), ihn doch in der richtigen Weise zu taufen. Dionysius zögert. Er möchte ihn nicht noch einmal an den Anfang seines Christenlebens versetzen, nachdem er schon so viele Jahre am Gottesdienst und der Eucharistie teilgenommen habe. Die geistlichen Gaben, die er dabei empfange, müßten ihm doch Trost und Gewißheit geben, daß er voll zur Gemeinde gehöre. Doch der Mann läßt sich von Dionysius nicht überzeugen und wagt nicht mehr, an der Eucharistie teilzunehmen. Man hat in der Forschung oft an diesem Text herumgerätselt und vielfältige Betrachtungen über den Zustand der alexandrinischen Gemeinde und die Taufpraxis der damaligen Zeit angestellt76. Dabei wurde die Pointe des Textes jedoch übersehen. Sie liegt in der Tatsache, daß Dionysius diesen Fall seinem Amtsbruder Xystus erzählt, um seinen Rat zu erbitten. Hinter dieser Geschichte steht also unausgesprochen die Frage: Soll ich diesen Mann (noch einmal) taufen oder nicht? Betrachtet man die Geschichte genauer, dann erweist sich diese Frage aber als ebenso rheto73 74
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Eus. h. e. VII, 7, 5. - Vgl. auch Prov 22, 28 - zitiert bei Athanasius, ep. ad Afros l, 4. Eus. h. e. VII, 5, 6. Text bei Eus. h. e. VII, 9, 1—5. Die Datierung ergibt sich aus dem Hinweis auf die Taufe (9,2), die in der alten Kirche zumeist an Ostern stattfand; vgl. Harnack LG 11,2,63 Anm. 1. Vgl. Dittrich 90f.; J. Ernst, in: ZKTh 30 (1906) 48f.; W. Sattler aaO 45; K. Müller, in: 2NW23 (1924) 238 ff.
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risch wie jene Fragen im Brief an Fabius, wo es um die Wiedereingliederung der ,Gefallenen4 in die Gemeinde ging. Die Antwort kann nur lauten: Gewiß sollte man in diesem Fall die kirchliche Taufe nicht verweigern. Daraus aber folgt, daß es in der gemeindlichen Praxis Fälle geben kann, in denen die erneute Taufe aus seelsorgerlichen Gründen notwendig sein kann. Die Entscheidung darüber sollte in den Händen des jeweiligen Bischofs liegen, der darin nicht durch eine engherzige gesetzliche Regelung behindert werden sollte. In dieser Geschichte wird erneut der tiefere Grund sichtbar, der Dionysius bei seinem Vermittlungsversuch im Streit um die Ketzertaufe geleitet hat und der schließlich zum Erfolg führte77. Nicht taktisches Geschick bei der Durchsetzung eigener Interessen, auch nicht der Versuch, eine besondere theologische Auffassung von der Taufe78 durchzusetzen, sondern die Sorge um die Einheit der Kirche, die durch den Primatsanspruch Roms ebenso gefährdet war wie durch die Forderung nach erneuter Taufe aller Häretiker, und die Sorge, daß eine gesetzliche Regelung der Tauffrage den seelsorgerlichen Notwendigkeiten nicht gerecht werden würde, haben sein Vorgehen bestimmt. Dionysius hat durch sein Verhalten das Ansehen des Bischofsamtes in der alten Kirche nachhaltig gefördert und zugleich die Autonomie der einzelnen Kirchenprovinzen — nicht zuletzt Ägyptens selbst — gegenüber Rom gestärkt.
D. DIE AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM ÄGYPTISCHEN CHILIASMUS 1. Die historischen Zusammenhänge
Ein gutes Beispiel für das bischöfliche Wirken des Dionysius in seiner eigenen Kirchenprovinz ist seine Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Chiliasmus. Einzige Quelle für die Ereignisse ist seine Schrift „Über die 77
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Zwischen Cyprian und Xystus II. ist es anscheinend noch zu einer Aussöhnung gekommen (vgl. Cyprian, ep. 80), ehe beide in der valerianischen Verfolgung den Märtyrertod starben - Xystus II. am 6. August 258, Cyprian am 14. Sept. desselben Jahres. Inwieweit Dionysius in seiner Auffassung von der Ketzertaufe von den großen alexandrinischen Theologen beeinflußt ist, läßt sich aus den erhaltenen Quellen nicht mehr erheben. Klemens von Alexandrien nannte die Häretikertaufe abfällig ein (ström. I, 19 - GCS 52, 62, 3 f.). Zu Origenes verweist W. Sattler auf eine nicht ganz eindeutige Stelle im Johanneskommentar (VI, 25 zu Joh l, 33b — GCS 10, 162, 4ff.), auf eine Stelle im Tituskommentar (PG 14, 1306 -B), wo Origenes schwankt, ob er die Montanisten den Häretikern oder den Schismatikern zuordnen solle (Firmilian rechnete sie zu den Häretikern, Dionysius zu den Schismatikern) und auf eine Stelle im Römerbriefkommentar (V, 8 - PG 14, 1037-1043), kommt aber zu dem Schluß: „In keinem Fall ist das Zeugnis des Origenes unmittelbar ein Zeugnis für die derzeitige Ketzertaufpraxis in Alexandrien" (46).
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Verheißungen" ( ), bzw. das, was Euseb aus ihr mitteilt1. Wann das dort Geschilderte sich zugetragen hat, wissen wir nicht. Aus der Art seines Auftretens aber darf man wohl schließen, daß Dionysius bereits alexandrinischer Bischof war2. Versucht man den Zeitpunkt noch genauer zu bestimmen, so scheinen am ehesten die relativ ruhigen Jahre 253—257 in Betracht zu kommen, da in den Texten weder von einer Verfolgung noch von einer besonders schwierigen Zeit etwas zu spüren ist3. Den Adressaten der in Briefform4 abgefaßten Abhandlung kennen wir nicht. Von Euseb5 wissen wir, daß die Schrift aus zwei Büchern bestand, von denen das erste die Auffassung des Dionysius über die Lehre von den göttlichen Verheißungen enthielt, während das zweite Buch, aus dem Euseb dann einige längere Stücke mitteilt, vor allem die Apokalypse des Johannes untersucht. Anlaß für diese Untersuchung war die Schrift eines ägyptischen Bischofs mit Namen Nepos. Dieser Bischof, so heißt es, habe gelehrt, man müsse die biblischen Verheißungen wörtlich nehmen6 und unter Berufung auf die Apokalypse des Johannes die Lehre von einem tausendjährigen jhimmlischen' Reich auf Erden vertreten7. Die Schrift, in der er seine Lehre im einzelnen darlegte, trug den Titel „Widerlegung der Allegoristen" ( ). Demnach richtete sie sich allem Anschein nach gegen das Bibelverständnis des Origenes und seiner Anhänger. Denn dieser hatte nicht nur die Methoden der allegorischen Auslegung auf die Bibel insgesamt angewandt, sondern sich auch ausdrücklich gegen das wörtliche Verständnis der biblischen Verheißungen ausgesprochen, wie er
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Eus. h. e. VII, 24—25. Euseb hat allem Anschein nach außer dieser Schrift keine weiteren Quellen über diese Ereignisse besessen. In Eus. h. e. VII, 24, 6 heißt es, daß Dionysius Presbyter und Lehrer der umliegenden Dörfer zusammengerufen und eine öffentliche Untersuchung gefordert habe. Daraus läßt sich entnehmen, daß er besondere Vollmachten besaß. Möglich wäre es jedoch, daß er eine Mission im Auftrag des alexandrinischen Bischofs (Heraklas) erfüllte. Als Leiter des Katechumenenunterrichts und Presbyter der alexandrinischen Kirche war er in der damaligen Zeit dem Bischof fast gleichrangig (vgl. Hieronymus, ep. 146, 1). So Dittrich 129. Bardenhewer (LG II, 214) und Harnack (LG II, 2, 60) begnügen sich damit, die Vorgänge in die bischöfliche Zeit zu datieren. Vgl. Eus. h. e. VII, 24, 6. H. e. Vil, 24, 1-3. Euseb verwendet das Wort (686, l Schwanz), das in exegetischem Zusammenhang spätestens seit Origenes zur Bezeichnung des wörtlichen Bibelverständnisses verwendet wird (vgl. Lampe s. v.) und hier entsprechend auf die biblischen Verheißungen übertragen ist. Vgl. Apk. 20 (bes. V 4). Zu dem Problem vgl. immer noch H. Bietenhard, Das tausendjährige Reich, Zürich 1955. Auf die von uns zu behandelnden Texte geht Bietenhard jedoch nicht näher ein.
Die Auseinandersetzung mit dem gyptischen Chiliasmus
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es insbesondere bei den ,simpliciores' fand8. Da Dionysius wiederum sich mit der Schrift des Nepos kritisch auseinandersetzt, hat man gefolgert, er m sse demnach selbst ein Anh nger der Allegorese gewesen sein. Doch ist dieser Schlu keineswegs zwingend, wie die weitere Untersuchung noch zeigen wird. Bereits die Art und Weise der Schilderung l t erkennen, da es Dionysius nicht darum ging, das Ansehen des Nepos herabzusetzen, zumal dieser nicht mehr am Leben ist und Dionysius ber einen Toten ohnehin nicht gern etwas Negatives sagt. Vielmehr scheint er sogar eine tiefe Sympathie f r ihn zu empfinden, denn er lobt seinen Glauben, seinen Arbeitseifer, seine Bibelkenntnis und seine zahlreichen geistlichen Lieder, die anscheinend recht verbreitet waren. Nur seine Lehre vom Reich Christi auf Erden mu Dionysius um der Wahrheit willen9 korrigieren. Aber er ist berzeugt davon, da ein ausf hrliches Gespr ch mit Nepos gen gt h tte, um der Wahrheit zum Siege zu verhelfen. Doch dies ist nicht mehr m glich. Stattdessen liegt die Meinung des Nepos schriftlich vor und verlangt nach einer schriftlichen Auseinandersetzung. Gravierender aber als die Schrift selbst ist es, da einige Lehrer (διδάσκαλοι) diese Schrift ber die Bibel stellten und dadurch die Verhei ung der g ttlichen Erscheinung Christi (Tit 2,13), der Auferstehung von den Toten und „der Versammlung und Gleichwerdung mit Christus" (της προς αυτόν έπισυναγωγής και όμοιώσεως)10 zu einer Hoffnung auf Irdisches und Verg ngliches herabw rdigten. Ihnen gegen ber macht sich Dionysius ausdr cklich zum Anwalt der einfachen Gl ubigen (απλούστεροι αδελφοί). Aufgrund der durch die Schrift des Nepos gef rderten chiliastischen Erwartungen war es in Mittel gypten, im Gebiet um Arsinoe, zu Spal8
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Origenes, princ. 2, 11; Prolog in Cant.: „Unde accidit, ut simpliciores quidam nescientes distinguere ac secernere, quae sint, quae in scripturis divinis interiori homini, quae vero exteriori deputanda sint, vocabulorum similitudinis falsi ad ineptas quasdam se fabulas et figments inania contulerint, ut etiam post resurrectionem cibis corporalibus utendum crederent potumque sumendum non solum ex illa vite vera et vivente in saecula, verum et existis vitibus et fructibus ligni" (GCS 33, 66, 17-23 Baehrens); vgl. Comm. in Mt. XVII, 35; ferner: A. von Harnack, Der kirchengeschichtliche Ertrag der exegetischen Arbeiten des Origenes II (TU 42, 4), Leipzig 1919, 79. - Da sich die Schrift auch gegen gnostische Auslegungen gerichtet haben kann, ist nat rlich nicht ausgeschlossen. Eus. h. e.VII, 24, 4. — Die Formulierung des Dionysius lehnt sich dabei an Aristoteles, Eth. Nik. A 4 (1096" 16), an. Eus. h. e. VII, 24, 5 (688,4 Schwartz); vgl. 2. Thess 2,1; l.Joh 3,2 (όμοιοι). Der Begriff όμοίωσις ist nicht besonders hervorgehoben und wohl als biblische Anspielung zu verstehen. - Zu der platonischen Vorstellung der όμοίωσις θεώ, die hier schwerlich gemeint ist, die aber bei Origenes und vor allem bei Gregor von Nyssa eine wichtige Rolle spielt, vgl. die grundlegende Arbeit von H. Merki, Όμοίωσις θεφ. Von der platonischen Angleichung an Gott zur Gott hnlichkeit bei Gregor von Nyssa (Paradosis 7), Freiburg (Schweiz) 1952.
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tungen und Abfall ( ) ganzer Gemeinden gekommen. Diese Spaltungen hatte Dionysius zu überwinden gesucht, und all sein Bemühen hatte der Wiederherstellung der kirchlichen Einheit in diesem Gebiet gegolten. Man spürt dem Bericht des Dionysius11 noch an, wie sehr sich der alexandrinische Bischof um Ausgleich und Einigkeit unter den Gemeinden seiner Kirchenprovinz bemüht hatte. Er hatte Presbyter und Lehrer zusammengerufen und eine öffentliche Untersuchung der Streitfragen verlangt. Drei volle Tage hatte man intensiv und in aller Offenheit miteinander die theologischen Probleme erörtert, ehe man zu einer Verständigung gekommen war. Grundlage dieser Verständigung, der auch der damalige Anführer der chiliastischen Bewegung, ein gewisser Korakion, öffentlich zustimmte, waren die Lehren der heiligen Schrift. Im einzelnen war das Ergebnis offensichtlich ein Kompromiß, denn Dionysius räumt ein, daß auch er in einigen Punkten seine Meinung änderte. Von daher fällt es schwer, in seinem Vorgehen ein „Lehrzuchtverfahren" zu sehen12. Der Bericht des Dionysius deutet eher darauf hin, daß es sich um eine lokale Synode handelte, eine Art Konzil, das der alexandrinische Bischof einberufen hatte13, um über eine strittige theologische Frage, die die Einheit seiner Kirche bedrohte, Klarheit zu gewinnen und die gemeinsame Lehrgrundlage neu zu bestimmen. Die Schrift „Über die Verheißungen" ist gewissermaßen die Frucht jener Synode. In ihr gibt Dionysius nachträglich eine ausführliche Begründung seiner Haltung gegenüber der Schrift des Nepos14. Aber bereits die Einleitung macht deutlich, daß es dem alexandrinischen Bischof dabei nicht um eine Rechtfertigung der Allegorese gegangen sein kann, sondern um ein dem Wortsinn der Bibel abgelauschtes Verständnis von den göttlichen Verheißungen, die für einen erklärten Gegner des Epikureismus natürlich nicht in irdischen Genüssen bestehen durften15.
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Eus. h. e. VII, 24, 6-9. So C. Andresen, Die Kirchen der alten Christenheit, 178 mit Anm. 130. Daß Dionysius „autokratisch in fremden Gemeinden die Lehrzucht übte und sich selbst die Rolle des auswärtigen Gutachters anmaßte" (178), widerspricht nicht nur dem Text, es paßt auch wenig zu der diplomatischen und kompromißbereiten Art, die Dionysius auch in anderem Zusammenhang erkennen läßt. Vgl. dazu H.-J. Sieben, Zur Entwicklung der Konzilsidee (XI), in: Theologie und Philosophie 51 (1976) 53 ff. Möglicherweise hat Dionysius die Schrift des Nepos erst auf der Synode kennengelernt (vgl. Eus. h. e. VII, 24, 7). Vgl. aber auch Rom 14, 17.
Die Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Chiliasmus
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2. Z«m Verständnis der Johannesapokalypse Im Anschluß an den Bericht über das Lehrgespräch in Mittelägypten zitiert Euseb ausführlich aus den Ausführungen des Dionysius zur Johannesapokalypse16, die dem zweiten Buch der Schrift „Über die Verheißungen" entnommen sind. Dort geht Dionysius ausführlich auf Fragen der Echtheit, des Verständnisses und vor allem des Verfassers dieser Schrift ein. Wie so oft, sucht er auch in seiner Auseinandersetzung mit Nepos nach einem Mittelweg zwischen den Extremen. Denn während sich Nepos ausdrücklich auf die Johannesapokalypse berief — d. h. ihre Echtheit und Apostolizität voraussetzte — gab es andere, die diese Schrift wegen ihrer Unverständlichkeit verwarfen, sie als unecht und nicht apostolisch ablehnten und sogar der Meinung waren, nicht Johannes, sondern der Gnostiker Kerinth17 sei ihr Verfasser, der mit seinen Anhängern ein irdisches Reich Christi mit allen fleischlichen Genüssen erwartet habe. Dionysius bezieht sich hier sehr wahrscheinlich auf Äußerungen des Römers Gaius18, der sich zu Beginn des 3. Jahrhunderts als Antimontanist hervorgetan und u. a. die Johannesapokalypse wie auch das Johannesevangelium zu Fälschungen Kerinths erklärt hatte19. Zwischen den Anschauungen von Nepos und Gaius sucht Dionysius nach einem für die Kirche möglichen Ausweg. Verwerfen möchte er die Apokalypse nicht, 16
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Eus. h. e. VII, 25. Aus dem ersten Abschnitt (25, 2—4) hatte Euseb bereits früher zitiert (h. e. 111,4-5). Die wichtigste Quelle für Kerinth ist Irenäus, haer. I, 26, l (vgl. III, 3, 4; 11,1); vgl. ferner Hippolyt, ref. VII, 7; 33; X, 21. Zu weiteren Quellen vgl. A. Hilgenfeld, Die Ketzergeschichte des Urchristentums (1884), Nachdruck Darmstadt 1966, 411—421. Zur Lehre Kerinths und seinem Verhältnis zu den Johanneischen Schriften vgl. zuletzt K. Wengst, Häresie und Orthodoxie im Spiegel des ersten Johannesbriefes, Gütersloh 1976, 24-34. Nach Eus. h. e. VI, 20, 3 lebte Gaius zur Zeit des Bischofs Zephyrin (198/99-217) in Rom, verfaßte einen Dialog gegen den Montanisten Proklos und verwarf den Hebräerbrief. Aus dem Dialog zitiert Euseb an drei Stellen: h. e. 11,25,7; 111,28,2; 31,4. Mehr ist nicht erhalten. — In h. e. II, 25, 6 nennt Euseb Gaius einen . Photius bezeichnet ihn sogar als Presbyter (Bibl. cod. 48). Hieronymus macht darüber keine Angaben (vir. ill. 59). In seinem Kommentar zur Johannesapokalypse schreibt Dionysius Bar Salibi (gest. 1171): „Hippolytus Romanus dixit: Apparuit vir nomine Caius, qui asserebat Evangelium non esse lohannis, nee Apocalypsim, sed Cerinthi haeretici ea esse. Et contra hunc Caium surrexit beatus Hippolytus et demonstravit aliam esse doctrinam lohannis, in Evangelic et in Apocalypsi, et aliam Cerinthi" (CSCO 60, script, syr. 20 [1910] l f.). Fragmente dieser Schrift Hippolyts gegen Gaius in deutscher Übersetzung in: GCS l, 2 (1897) 241-247 (ed. H. Achelis); vgl. dazu Bardenhewer LG II, 569f. - Zu dem gesamten Fragenkomplex vgl. vor allem H. von Campenhausen, Die Entstehung der christlichen Bibel, Tübingen 1968, 276ff.
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Dionysius als Bischof von Alexandrian
weil viele Br der sie sehr hoch sch tzten20; und in der Tat besa sie im Osten wie im Westen in dieser Zeit bereits viele Anh nger21. F r sich selbst erkl rt er jedoch, da die Schrift seinen Verstand bersteige. Zwar ahne er, da in ihr irgendein tieferer Sinn (νουν τίνα βαθύτερον) enthalten sei, und er sei berzeugt, da ihre Auslegung ganz besondere F higkeiten erfordere, die er jedoch nicht besitze. Aber wenn er die Schrift auch nicht verstehen k nne, so verwerfe er sie deswegen doch nicht. Er gebe vielmehr dem Glauben den Vorrang und bewundere die Schrift, die sich seinem Verstand entziehe. Man hat diese Worte h ufig so gedeutet, da Dionysius f r eine allegorische — und d.h. zugleich origenistische — Auslegung der Apokalypse eingetreten sei, weil f r ihn ein w rtliches Verst ndnis dieser Schrift nicht m glich sei22. Doch davon steht im Text des Dionysius nichts. Gewi sp rt man „hinter seinen (sc. des Dionysius) vorsichtigen Auslassungen sehr deutlich eine noch weiter gehende Reserve"23 gegen ber diesem biblischen Buch. Aber diese Reserve r hrt daher, da schw rmerische Chiliasten sich seiner bedient hatten. Ihnen tritt Dionysius mit dem Argument entgegen, da er die Schrift nicht verstehe, und sie verweist er auf jenen tieferen Sinn, der eine vordergr ndige — und d. h. chiliastische — Auslegung verbietet. Das w rtliche Verst ndnis der Bibel, dem Dionysius selbst verpflichtet ist, kommt hier an eine Grenze, die er nicht berschreiten will, bzw. nach den eigenen Worten nicht berschreiten kann. Gegen Ende seiner Untersuchung24 geht Dionysius ausf hrlich auf die Frage des Verfassers der Apokalypse ein. Dabei gibt er zugleich ein eindrucksvolles Beispiel seiner gl nzenden philologisch-kritischen Schulung25. Er bezweifelt zwar nicht, da die Apokalypse von einem Johannes 20
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Eus. h. e. VII, 25, 4. - Da Dionysius die Apk abgelehnt habe, wie H. Bietenhard behauptet (Das tausendj hrige Reich 151; vgl. 7) trifft nicht zu. Auch Euseb hat die Schrift nicht abgelehnt (gegen Bietenhard 151), sondern geschwankt, ob er sie den echten (όμολογούμενα, h. e. III, 25, 2) oder den unechten (νόθα, 25, 4) Schriften zuordnen solle. Vgl. z. B. Justin, Dial. 81, 4. Origenes hielt die Apk f r ein Werk des Zebedaiden (vgl. Redepenning I, 248f. mit Belegen). Au erdem h tte er wohl schwerlich einen Kommentar zu ihr verfa t, wenn er sie f r eine F lschung gehalten h tte. Vgl. C. Diobouniotis/ A. Harnack, Der Scholienkommentar des Origenes zur Apokalypse Johannis (TU 38, 2), Leipzig 1911; C. H.Turner, in: JThS 13 (1912) 386-397 und 25 (1924) 1-16. So bereits Ch. W. F. Walch, Kezerhistorie II (1764) 164; L. Atzberger, Geschichte der christlichen Eschatologie (1896), Nachdruck Graz 1970, 460. Vorsichtiger urteilt H. von Campenhausen; aber auch er sieht in den Worten des Dionysius „origenistisch bestimmte(n) Spiritualismus" am Werk (Die Entstehung der christlichen Bibel, 275). 2 H. v. Campenhausen, ebd. " Eus. h. e. VII, 25, 6-27. F r St. G. Papadopoulos ist dieser Text des Dionysius ein Beweis daf r, da kritische Bibelwissenschaft orthodoxer Tradition keineswegs widerspreche (Διονύσιος Αλεξανδρείας. Παράδοσις (ή θεοπνευστία) και κριτική, in: Δελτίον Βιβλικών Μελετών 3, Athen 1975, 1-14).
Die Auseinandersetzung mit dem gyptischen Chiliasmus
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verfa t wurde und da sie das Werk eines heiligen und von Gottes Geist erf llten Mannes ist. Aber dieser Johannes ist nicht identisch mit dem Verfasser des Johannesevangeliums und des l. Johannesbriefes26. Dagegen sprechen der Charakter (ήθος) der Schrift, der Sprachstil (είδος λόγων) und die Komposition (διεξαγωγή). Wichtig ist auch, da der Verfasser der Apokalypse mehrfach seinen Namen nennt (Apk l, l f. 4. 9; 22, 7f.) ganz im Unterschied zu dem Verfasser der brigen johanneischen Schriften. Da aber der Name Johannes keineswegs selten ist — auch im Neuen Testament wird au er dem Zebedaiden und Bruder des Jakobus noch ein weiterer Johannes erw hnt27 — besteht durchaus die M glichkeit, da ein anderer Tr ger dieses Namens die Apokalypse verfa t hat, vielleicht einer der beiden, die in Ephesus begraben wurden. Es ist offensichtlich, da Dionysius bei aller kritischen Distanz gegen ber der Apokalypse nicht in den Verdacht geraten m chte, er wolle diese Schrift als F lschung abtun oder ihre N he zum apostolischen Schrifttum bestreiten. Gleichwohl weist er auch auf Besonderheiten in der theologischen Gedankenwelt, in Begriffen und Vorstellungen hin, die einerseits die N he zwischen Johannesevangelium und Johannesbrief verdeutlichen, wie z. B. die Begriffe Leben, Licht und Finsternis, Wahrheit, Gnade, Freude, Fleisch und Blut des Herrn, Gericht, Vergebung der S nden usw., f r die es andererseits jedoch keine Parallelen in der Apokalypse gibt. „Fast k nnte man sagen, sie habe keine Silbe mit ihnen gemeinsam"28. Schlie lich geht Dionysius auch auf Stilunterschiede, sprachliche und grammatische Besonderheiten ein und stellt fest, da im Unterschied zu den brigen johanneischen Schriften der Verfasser der Apokalypse nicht immer ein korrektes Griechisch schreibt, barbarische Stileigent mlichkeiten verwendet und sogar grammatische Fehler macht. Die Unterschiede sind so offenkundig, da man verschiedene Verfasser voraussetzen mu , auch wenn beide den Namen Johannes tragen. Man fragt sich unwillk rlich, warum Dionysius den Unterschied zwischen der Apokalypse und den johanneischen Schriften so ausf hrlich behandelt. Ist es nur philologische Gewissenhaftigkeit, die ihn dazu treibt, oder ist dies ein Hinweis darauf, da Nepos und seine Anh nger montanistischen Str mungen nahestanden, bei denen die Verhei ungen des Parakleten im Johannesevangelium mit Vorstellungen aus der Apokalypse verbunden wurden29? Nimmt man an, da Nepos zu Beginn des 3. Jahr26
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Dionysius nennt ihn den „katholischen Brief" (επιστολή καθολική, Eus. h. e. VII, 25, 7) und hebt ihn deutlich von den beiden anderen Johannesbriefen ab (25, 11). Dionysius erinnert an Johannes Markus (Act. 12, 25; 13, 5. 13), glaubt aber nicht, da von ihm die Apokalypse herr hre (Eus. h. e. VII, 25, 15). Eus. h. e. VII, 25, 22. Vgl. dazu H. von Campenhausen, Die Entstehung der christlichen Bibel, 278ff.
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Hunderts in Ägypten wirkte — und dies ist aufgrund der Schilderungen des Dionysius wahrscheinlich —, dann erscheint diese Verbindung keineswegs ausgeschlossen. Denn für die gleiche Zeit beweist das Auftreten des Gaius montanistischen Einfluß in Rom. In Nordafrika wendet sich etwa um die gleiche Zeit (um 207) Tertullian dem Montanismus zu, und in Alexandrien gab es Kreise, die in hochgespannten apokalyptischen Erwartungen lebten, wie aus der Chronographie des Judas hervorgeht, der den Weltuntergang aufgrund von Dan 9 für das Jahr 202 errechnet hatte30. Allerdings läßt sich hier montanistischer Einfluß nicht unmittelbar nachweisen. In jedem Fall bewirkte die philologisch klare Differenzierung zwischen dem johanneischen Schrifttum und der Johannesapokalypse gerade durch die behutsame und den Respekt gegenüber diesen Schriften nie verleugnende Art des Dionysius eine nachhaltige Ernüchterung für den Chiliasmus in Ägypten31. Dies gelang ihm um so leichter, als Dionysius im Unterschied zu Origenes keine grundsätzlich andere theologische Position in der Frage der Eschatologie einnahm, sondern lediglich versuchte, übersteigerte Jenseitshoffnung und apokalyptische Naherwartung zu dämpfen. Die Art und Weise wie Dionysius die Verfasserfrage der Johannesapokalypse behandelt, erinnert zwar an Äußerungen des Origenes über den Hebräerbrief32, doch ist dies lediglich ein erneuter Beleg für die alexandrinische Philologentradition, der beide verpflichtet sind33. Origenes selbst hielt die Apokalypse für ein Werk des Zebeda'iden34.
E. DER .STREIT DER B E I D E N DIONYSE' 1. Vorbemerkungen
Die Auseinandersetzung unseres Dionysius mit dem libyschen Sabellianismus in den Jahren 257—260, die wegen der Beteiligung des römischen Bischofs Dionysius in der Forschung gern als ,Streit der beiden Dionyse' bezeichnet wird, gehört zu den kirchen- und theologiegeschichtlich folgenreichsten Ereignissen des 3. Jahrhunderts, obwohl es sich zu-
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Eus. h. e. VI, 7; vgl. K.-H. Schwarte, Die Vorgeschichte, 141. Auf S. 140-148 behandelt Schwane außerdem den Danielkommentar Hippolyts aus dieser Zeit. Auch in dem Brief an Hermammon (Eus. h. e. VII, 10) bekämpft Dionysius unter Einbeziehung der Apokalypse chiliastische Vorstellungen, vgl. o. S. 166ff. Eus. h. e. VI, 25, 11-14. Vgl. dazu o. S. 132 f. Vgl. o. S. 198 Anm. 21.
Der ,Streit der beiden Dionyse'
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n chst um eine relativ unbedeutende Episode gehandelt zu haben scheint1. Die Bedeutung dieser Auseinandersetzung wurde erst sichtbar, als sich im 4. Jahrhundert arianische Theologen auf u erungen des alexandrinischen Dionysius beriefen2 und dadurch dessen bis dahin unangefochtene Rechtgl ubigkeit ins Zwielicht geriet. Athanasius von Alexandrien sah sich gezwungen, die Rechtgl ubigkeit seines fr heren Amtsvorg ngers zu verteidigen, und seiner Apologie verdanken wir den gr ten Teil der erhaltenen Fragmente3. Aus ihnen geht hervor, da die trinitarischen und christologischen Grundprobleme des arianischen Streits einschlie lich der Diskussion um den Begriff ομοούσιος bereits in der Mitte des 3. Jahrhunderts zwischen Rom und Alexandrien verhandelt worden waren und da die seinerzeit angefochtene Rechtgl ubigkeit des alexandrinischen Bischofs durch dessen Verteidigungsschrift "Ελεγχος και απολογία wiederhergestellt worden war. Theologiegeschichtlich sieht man in diesen Vorg ngen mit Recht ein „Vorspiel des arianischen Streites"4. Nur besteht bei der Interpretation der erhaltenen Fragmente, wenn man sie von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, die Gefahr, da man sie zu sehr im Licht der Probleme des 4. Jahrhunderts deutet und die des 3. Jahrhunderts aus den Augen verliert. Diese Gefahr ist um so gr er, als die meisten Fragmente nur als Zitate im Zusammenhang der arianischen Streitigkeiten berliefert sind und ihr urspr nglicher Kontext verloren ist. Wegen der theologisch zentralen Bedeutung der in ihnen behandelten Probleme sind diese Texte in der kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung immer wieder untersucht worden. Das ist vor allem auch deswegen verst ndlich, weil unsere Quellen f r die Theologiegeschichte der zweiten H lfte des 3. Jahrhunderts u erst sp rlich flie en. Aber es hat dazu gef hn, da das Urteil ber die Theologie des Dionysius sich zumeist von diesen Texten aus gebildet hat. Und da man in ihnen die Theologie des Origenes wiederzuentdecken meinte, entstand daraus jenes verbreitete Bild 1
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Diesen Eindruck erweckt die Berichterstattung Eusebs. Euseb zitiert in seiner Kirchengeschichte lediglich ein kurzes St ck, das den Beginn der Streitigkeiten in der libyschen Pentapolis anzeigt (VII, 6), und erw hnt dann nur summarisch eine Reihe weiterer Briefe, darunter vier Schreiben an den r mischen Namensvetter (VII, 26, 1). Dar ber hinaus hat er ein etwas l ngeres St ck aus einer Schrift gegen Sabellius (εν τω πρώτψ των προς Σαδέλλιον) in seiner Praeparatio evangelica aufbewahrt (VII, 19). Zu dem Exzerpt aus einer Schrift des arianischen Bischofs Athanasius von Anazarbus vgl. o. S. 63 f. Ob auch Arius selbst sich auf unseren Dionysius berufen hat, wissen wir nicht. Athanasius, De sententia Dionysii (Athanasius Werke II, l, 46—67 hg. v. H.-G. Opitz). Auch das Fragment des r mischen Dionysius ist bei Athanasius berliefert (decr. 26, 2 — 7 [Opitz 22, l,-23, 16]). Die Fragmente sind zusammengestellt bei Feltoe 176-198. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 767; H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche III, 80 u. .
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von Dionysius, dem origenistischen Theologen und geistigen Erben origenistisch-alexandrinischer Tradition, auf das in der Einleitung bereits eingegangen wurde. Nachdem die bisherige Untersuchung jedoch gezeigt hat, daß dieses Bild weithin korrekturbedürftig ist, gilt es, die hier zu behandelnden Texte besonders sorgfältig auf ihren historischen und theologischen Hintergrund zu prüfen. Zuvor aber sei daran erinnert, wie widerspruchsvoll die Beurteilung der Theologie des Dionysius aufgrund dieser Texte früher ausfiel, wenn man sie auf die origenistische Tradition festzulegen versuchte. So schrieb beispielsweise R. Seeberg5: „Seine (sc. des Dionysius) Stellung im christologischen Kampf verrät in allen Punkten die Abhängigkeit von Origenes, aber zugleich auch, wie wenig Dionys sich den Origenismus innerlich angeeignet hatte." Seeberg sieht in dem ,Streit der beiden Dionyse* allerdings eine Auseinandersetzung innerhalb der origenistischen Tradition — „der origenistische Subordinatianismus ruft den Widerspruch des origenistischen Homousianismus hervor"6 — und kann so jede Äußerung des Dionysius mit dem Schlagwort Origenismus belegen, ohne den Widerspruch auflösen zu müssen. K. Müller hält an dem Origenismus des Dionysius auch dann noch fest, nachdem er wahrscheinlich gemacht hat, daß der Alexandriner in seiner Antwort an seinen römischen Namensvetter von Tertullians Schrift ,Adversus Praxean' beeinflußt ist7. Ähnlich ist es in anderem Zusammenhang bei A. Orbe, der in seiner umfangreichen Untersuchung über die Dionysius zunächst als „gran admirador de Origenes"8 einführt, dann aber feststellt, daß bestimmte Begriffe bei ihm eher valentinianisch als origeneisch sind und daß seine Theologie vor allem apologetischen Traditionen verpflichtet ist9. Gewisse Anklänge an die Theologie des Origenes erscheinen zwar nachweisbar, doch eine einlinig origenistische Interpretation erscheint nur möglich, wenn man mit R. Seeberg die gesamte Theologie des 3. Jahrhunderts unter dem Einfluß des Origenes sieht. Allerdings geht Seeberg nicht so weit, auch die Theologie des römischen Dionysius von Origenes abhängig zu sehen. Hier ist er mit der Mehrzahl der Forscher der Meinung, daß dessen Theologie „ganz auf dem Boden Novatians und Tertullians"10 stehe, d. h. ,westlicher* Tradition entspringe. 5 6
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Lehrbuch der Dogmengeschichte I (3. Aufl. 1922), Nachdruck Darmstadt 1965, 627. Ebd. 592; vgl. 590. K. Müller, in: ZNW 24 (1925) 282-285; vgl. H. Lietzmann, Geschichte III, 84. A. Orbe, Hacia la primera teologia de la procesion del Verbo (Estudios Valentinianos I, 1-2), Rom 1958, 617. Ebd. 621: „S. Dionisio Alejandrino representa en su teologia, un estadio mäs proximo a los Apologetas que a los magnos escritores nicenos". Vgl. 618f. Lehrbuch der DG I, 590. Dies ist insofern bemerkenswert, als Novatian gerade erst als Schismatiker die Gemeinschaft der römischen Kirche verlassen hatte und Tertullian gegen Ende seines Lebens Montanist geworden war.
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Von dort ist es nur ein kleiner Schritt zu der Ansicht, die Korrespondenz der beiden Dionyse sei „das erste Anzeichen für das Vorhandensein einer Kluft zwischen Ost und West, die bald zu einem gähnenden Abgrund werden sollte. Die origenistische Theologie erschien dem Westen als Tritheismus. Dafür kam die westliche Lehre in den Augen des Ostens dem ,Sabellianismus' gefährlich nahe"11. Oder, etwas weniger dramatisch ausgedrückt: „So ist die Auseinandersetzung zwischen den beiden Dionysen praktisch eine Auseinandersetzung zwischen der Gedankenwelt des Origenes und der des Tertullian, genauer gesagt, der eines nur oberflächlich verstandenen Tertullian"12. Die Problematik dieser Sätze liegt vor allem in ihrer groben Schematisierung, als habe es im 3. Jahrhundert eine allseits anerkannte ,westliche' (lateinische, von Tertullian beherrschte) oder ,östliche* (griechische, von Origenes beherrschte) Theologie gegeben. Bedenkt man, daß in Rom „wenigstens bis zur Mitte des dritten Jahrhunderts" ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung auch unter den Christen griechisch gesprochen hat13, so fällt insbesondere für diese Gemeinde eine säuberliche Trennung zwischen griechischer und lateinischer Theologie schwer, vor allem wenn man an eine Gestalt wie Hippolyt denkt, der als griechischer Theologe bis ca. 235 in Rom gewirkt hat. Inwieweit Origenes bereits im 3.Jahrhundert die griechische Theologie des Ostens tatsächlich bestimmt hat, ist bisher nicht im einzelnen nachgewiesen; in Alexandrien war sein Einfluß zumindest auf die offizielle Kirchenpolitik nicht sehr groß, wie unsere Untersuchung gezeigt haben dürfte. Es scheint, als habe jene Schematisierung der theologiegeschichtlichen Entwicklung das Verständnis des ,Streits der beiden Dionyse' bisher eher behindert als gefördert, zumal die Beobachtung K. Müllers, der alexandrinische Dionysius sei möglicherweise von Tertullian beeinflußt14, jene säuberliche Trennung zwischen Ost und West für das 3. Jahrhundert ohnehin problematisch macht. Schließlich sei vorweg noch auf ein grundsätzliches Problem hingewiesen, das die Beurteilung der Theologie des Dionysius in unserem Zusammenhang erschwert. Dionysius hat — aus der Nähe betrachtet — zwei verschiedene Auffassungen von der Trinität entwickelt, zunächst eine stark subordinatianische und später — aufgrund der römischen Intervention — eine mehr ausgewogene Form, die dann als rechtgläubig anerkannt wurde. Welche entspricht der Theologie des Dionysius am ehesten? Wenn
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H. Chadwick, Die Kirche in der antiken Welt, 128. K. Aland, Kirchengeschichte in Lebensbildern I, 3. Aufl. Berlin 1962, 149. Th. Klauser, Kleine abendländische Liturgiegeschichte, Bonn 1965, 23; vgl. 26; 187. Vgl. o. S. 202 Anm. 7; H. Kraft, , in: ZKG 66 (1954/55) 5 Anm. 26. Allerdings sieht auch Kraft im Streit der Dionyse einen „Zusammenstoß der beiden Verstehensweisen . . . im Osten und Westen" (8).
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R. Seeberg schreibt: „Es ist merkwürdig, wie schnell Dionys v. Alex, den Weg zu der Lehre des Origenes zurückfand"15, so bringt er damit zum Ausdruck, daß nach seiner Meinung die erste Form der Trinitätslehre nicht genuin origeneisch ist, sondern erst die zweite. Weshalb aber sollte Dionysius zunächst seine Lehre geändert und dann wieder zu ihr zurückgefunden haben ? Ist es nicht wahrscheinlicher, daß er zunächst seine eigene Lehre formulierte und sie dann, als er damit auf Widerstand stieß, modifizierte und dabei auch andere theologische Einflüsse zur Geltung brachte ? Für diese Annahme spricht u. a. die Bemerkung des Dionysius in seinem Brief an Xystus II., er habe zunächst eine „mehr schulmäßige" ( ) Erklärung abgegeben16.
2. Der Verlauf Der Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Dionysius von Alexandrien und den libyschen Sabellianern ist zuletzt von H.-G. Opitz im einzelnen dargestellt worden17 und braucht hier nur in seinen wesentlichen Zügen festgehalten zu werden. Den Beginn der Auseinandersetzung schildert der alexandrinische Dionysius in einem Brief an Xystus II.18, in dem es heißt: „Die Lehre ( ), die sich jetzt in Ptolemais in der Pentapolis regt, ist gottlos und voller Gotteslästerungen gegenüber dem allmächtigen Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus; auch enthält 15
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Lehrbuch der DG I, 591. Vgl. auch H. Lietzmann, Geschichte III, 84: „Damit war also im wesentlichen die Auffassung des Origenes wiedergewonnen, und wir dürfen annehmen, daß der alexandrinische Bischof hier seine Ansicht ehrlich zum Ausdruck bringt und nicht etwa in einem diplomatischen Rückzugsgefecht maskiert." Aber auch wenn man davon ausgeht, daß Dionysius seine ehrliche Meinung wiedergibt, schließt das nicht einen ehrlich gemeinten Kompromiß in der umstrittenen Lehrfrage aus. Dionysius hat schließlich seine frühere Meinung ausdrücklich korrigiert! Eus. h. e. VII, 6 (642, 10 Schwartz). H.-G. Opitz, Dionys von Alexandrien und die Libyer, in: Quantulacumque, London 1937, 41—53 (bes. 44ff.); vgl. auch den historischen Apparat von Opitz zu Ath. Dion, in: Athanasius Werke II, 1. Ferner: K. Müller, Dionys von Alexandrien im Kampf mit den libyschen Sabellianern, in: ZNW 24 (1925) 278-285. Eus. h. e. VII, 6. Der Brief, der zugleich der erste Brief des Alexandriners an Xystus in der Ketzertaufangelegenheit war (s. o. S. 191), wurde vermutlich im Herbst 257 geschrieben (vgl. Opitz, in: Quantulacumque, 44) nicht lange, nachdem Xystus Bischof geworden war. Daß Xystus bereits seit 14. Sept. 256 Bischof gewesen sein soll, wie H. Lietzmann gemeint hat (Petrus und Paulus in Rom [AKG 1], 2. Aufl. Berlin-Leipzig 1927, 9; vgl. Opitz ebd.), ist deswegen unwahrscheinlich, weil sowohl die karthagische Synode vom 1. Sept. 256 als auch der Brief Firmilians vom Ende des Jahres 256 (Cyprian, ep. 75) nichts von dem Tod Stephans wissen. Da sein Todestag auf den 2. August datiert wird, dürfte er erst im Jahr 257 gestorben sein.
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sie viel Ungläubiges ( ) über seinen einziggeborenen Sohn und ,Erstgeborenen aller Schöpfung' (Kol 1,15), den Mensch gewordenen Logos ( ), und viel Törichtes ( ) über den Heiligen Geist. — Als von beiden Seiten schriftliche Erklärungen bei mir eintrafen und Brüder die Angelegenheit mit mir besprechen wollten, schrieb ich so gut ich konnte mit Gottes Hilfe einige Briefe und gab eine mehr schulmäßige Erklärung, deren Abschriften ich Dir schicke". In Ptolemais in der libyschen Pentapolis war also ein theologischer Streit entbrannt. Die beiden streitenden Parteien wandten sich zunächst an ihren Oberbischof in Alexandrien19, damit dieser den Streit beilege, und Dionysius antwortete mit einer — wie er sagt — „schulmäßigen Erklärung". Diese Erklärung aber hatte offensichtlich die streitenden Parteien keineswegs besänftigt, sondern möglicherweise die benachteiligte Seite veranlaßt, sich nach Rom um Unterstützung zu wenden. Denn Dionysius distanziert sich bereits vorsichtig von seiner ersten Stellungnahme. Darüber hinaus läßt der Brief an Xystus erkennen, daß Dionysius eine der beiden streitenden Parteien favorisiert und die Lehren der anderen als Gotteslästerung empfindet. Welche Lehre Dionysius meint, lassen die allgemeinen und offensichtlich traditionell geprägten Formeln des Alexandriners nicht erkennen. Nach der einleitenden Bemerkung Eusebs handelte es sich um die sabellianische Häresie20. Falls die damit gemeinte Partei sich inzwischen nach Rom gewandt hat, wäre das auch eine Erklärung dafür, daß Dionysius seinen römischen Amtsbruder so ausführlich von den Vorgängen unterrichtet und ihm die Abschriften seiner Briefe schickt. Allerdings hatte Dionysius bereits in seinem Brief an Stephanus I. die Ansicht vertreten, man solle sich in strittigen Lehrfragen unter den einzelnen Kirchen über die Rechtgläubigkeit verständigen, und ein solcher Fall war nun eingetreten. Euseb erwähnt in seiner Zusammenfassung außer der Verteidigungsschrift an Dionysius von Rom, die aus vier Büchern bestand, drei21 weitere Briefe: an Ammon von Berenike, an Telesphoros und einen weiteren an Euphranor, Ammon und Euporos. Von diesen dürften zumindest die beiden ersten dem Brief an Xystus beigelegen haben zusammen mit den voraufgegangenen Schreiben der beiden streitenden Parteien. 19
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Schon die Briefe an Basilides zeigen, daß Libyen zum Einflußbereich des alexandrinischen Bischofs bereits in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts gehörte. Vgl. auch Ath. Dion. 5, l (49, 16f. Opitz mit App.). Ferner: K. Müller, Beiträge zur Geschichte der Verfassung der Alten Kirche (AAB 1922 Nr. 3), Berlin 1922, 8f., 18ff. Eus. h. e. VII, 6 (642, l Schwanz); vgl. VII, 26, 1; p. e. VII, 18, 13. In den erhaltenen Fragmenten des Dionysius taucht der Name Sabellius nicht auf. Eus. h. e. VII, 26, 1. — Daß es sich um drei verschiedene Briefe gehandelt haben dürfte, hat K. Müller wahrscheinlich gemacht (ZNW 24 [1925] 278ff.; vgl. Opitz, in: Quantulacumque, 44). Anders: Harnack LG II, 1,412 (vier Briefe); H. Hagemann, Die Römische Kirche, 418 (fünf Briefe).
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Athanasius nennt au er der Schrift "Ελεγχος και απολογία22 und einem Brief an Ammon und Euphranor23, der wohl mit dem von Euseb erw hnten Brief an Euphranor, Ammon und Euporos identisch ist und der offensichtlich die umstrittenen u erungen enthielt, die die Intervention des r mischen Dionysius hervorriefen und die den Alexandriner sp ter in den Verdacht arianischer Ketzerei brachten24, noch weitere Briefe (άλλαι έπιστολαί) des alexandrinischen Bischofs in diesem Zusammenhang, die aber wohl keine gesonderte Korrespondenz darstellten25. Wie Athanasius berichtet, war der Brief des Dionysius an Euphranor und Ammon f r „einige der rechtgl ubigen Br der" (τινές των άπο της εκκλησίας αδελφών φρονοΰντες μεν ορθώς)26 der Anla , ihren Bischof bei dem r mischen Dionysius zu verklagen, der seit dem 22. Juli 259 Bischof war27, nachdem er vorher bereits zu den wichtigsten Presbytern der r mischen Gemeinde geh rt hatte. Vielleicht f hlten sich die Gegner des alexandrinischen Bischofs zu ihrer Anklage dadurch ermutigt, da dieser in der valerianischen Verfolgung (257—260) von dem gyptischen Statthalter Aemilian zun chst nach Kephro und sp ter nach Kolluthion verbannt worden war28. 22 23 24
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Ath. Dion. 13, 3; 14,2; vgl. Ath. syn. 43; Basilius, spir. c. 29. Ath. Dion. 9, 2; 10, 1; 12, 2; 26, 1; vgl. 4, 1. Aus ihm stammt wohl auch das lateinisch erhaltene Fragment aus dem Bobbienser Palimpsest; dazu o. S. 63 f. Vgl. Opitz, in: Quantulacumque, 44 Anm. 8 (mit Belegen). Ath. Dion. 13, l (66, 13 Opitz). — Ob es sich bei den Ankl gern um Rechtgl ubige im r mischen Sinn (Harnack, Lehrbuch der DG I, 768 Anm. 1; vgl. R. Seeberg, Lehrbuch der DG I, 589f.; Opitz im App. z. St.; H. Lietzmann, Geschichte III, 82) oder um ,Sabellianer' (K.M ller, in: ZNW24, 1925, 281) gehandelt hat, ist schwer zu entscheiden. Sicherlich waren es keine Sabellianer im urspr nglichen Sinn des Wortes, d. h. Anh nger jener Lehre, die um 217 in Rom als h retisch verurteilt worden war. Denn diese h tten sich schwerlich nach Rom gewandt. Subjektiv hielten sich die Ankl ger des Dionysius selbstverst ndlich f r orthodox. Nach sp teren Ma st ben geurteilt m gen sie es vielleicht auch gewesen sein. In jedem Fall hielten sie den strengen Subordinatianismus, den der alexandrinische Dionysius vertreten hatte, f r h retisch. — Die Frage, ob es Alexandriner (Seeberg, Lietzmann, einschr nkend auch Harnack) oder Libyer (Opitz, in: Quantulacumque, 45) waren, erscheint demgegen ber unerheblich. Der umstrittene Brief war nach Libyen gegangen. So mit Recht Opitz, in: Quantulacumque, 49. H. Lietzmann hatte die Inthronisation auf den 22. Juli 260 datiert (Petrus und Paulus, 9); doch schrieb der alexandrinische Dionysius seine Antwort auf das r mische Schreiben noch zur Zeit der valerianischen Verfolgung, d.h. sp testens 259/60 (vgl. Ath. Dion. 18,3; deer. 25,5; syn. 44,2). Vgl. den Brief des Dionysius gegen Germanus bei Eus. h. e. VII, 11,5 und 15. Die Verbannung nach Kolluthion erfolgte m glicherweise auf das zweite Edikt Valerians im Aug. 258 und bedeutete eine Versch rfung (vgl. Molthagen 87ff., 92f.). — Nach Eus. h. e. VII, 11, 3 waren zur Zeit der Verhandlung vor dem gyptischen Statthalter (vgl. das Protokoll 11,6-11) Br der aus Rom in Alexandrien. Der Vergleich mit dem Protokoll
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Der r mische Bischof antwortete einerseits mit einem offiziellen Schreiben seiner Kirche, das m glicherweise auf einer lokalen Synode beschlossen worden war29 und in dem erstmals der Name Sabellius erscheint, der als Vertreter eines extremen Monarchianismus verurteilt wird30. Daneben schickte er einen Brief an seinen alexandrinischen Namensvetter, in dem er diesen von den Vorw rfen seiner Gegner unterrichtet31 und m glicherweise auch um eine Stellungnahme zu dem r mischen Lehrschreiben bat. Auf diesen Brief antwortete der Alexandriner sogleich mit seiner umfangreichen Verteidigungsschrift "Ελεγχος και απολογία, die sp testens in den Jahren 259/60 verfa t sein mu , da der Autor sich noch in der Verbannung befindet32. In ihr korrigiert er fr here u erungen, widerruft mi verst ndliche Gleichnisse und bem ht sich um eine ausgewogene Lehre von der Trinit t. Diese Antwort hat den Gegnern des Dionysius offensichtlich ausgereicht, denn wir h ren nichts davon, da man danach noch einmal seine Rechtgl ubigkeit in Zweifel gezogen hat. Vielmehr galt er bis zu Beginn der arianischen Streitigkeiten als anerkannter Lehrer seiner Kirche.
3. Die Streitpunkte zwischen Dionysius und seinen Gegnern Die Theologie der Gegner des alexandrinischen Dionysius, die traditionell als ,Sabellianismus' bezeichnet wird, liegt weitgehend im Dunkeln. Direkte Zeugnisse fehlen ganz. Es besteht lediglich die M glichkeit, aus Andeutungen des alexandrinischen Bischofs r ckschlie end einige Anhaltspunkte zu gewinnen. Denn der r mische Dionysius begn gt sich in seinem Lehrschreiben, soweit es erhalten ist, mit einer kurzen Verurteilung der Lehre des Sabellius, die bei ihm zusammengefa t lautet: Ό μεν γαρ βλασφημεί (sc. Sabellius) αυτόν τον υίον είναι λέγων τον πατέρα και
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ber den Proze Cyprians (vgl. H. Musurillo, The Acts of the Christian Martyrs, Oxford 1972, XXXI und 168ff.) legt die Vermutung nahe, da diese Verhandlung, in der die Verbannung nach Kephro ausgesprochen wurde, im Herbst 257 stattfand. Einen l ngeren Abschnitt aus diesem Schreiben hat Athanasius in decr. 26, 2 ff. (22, l ff. Opitz) berliefert; vgl. auch Ath. Dion. 13,2 (55, 15ff. Opitz). Da es sich um ein Synodalschreiben gehandelt habe, erw hnt Athanasius nur in syn. 43, 4 (268, 29ff. Opitz), weshalb G. Roethe berechtigte Zweifel anmeldet, ob es sich tats chlich um ein Synodalschreiben gehandelt habe, zumal der Absender die Ich-Form w hlte (Zur Geschichte der r mischen Synoden im 3. und 4. Jahrhundert, Stuttgart 1937, 47-49). Da es sich gleichwohl um ein offizielles Schreiben handelte, schreibt Opitz (in: Quantulacumque, 45). Ath. decr. 26, 2 (22, 6 Opitz). Ath. Dion. 13, 2 (55, 19 Opitz). Dionysius bei Ath. Dion. 18, 3 (59, 13f. Opitz) und die Parallelen decr. 25, 5 (21, 22f.); syn. 44, 2 (269, 12).
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εμπαλιν33. Ob aber diese Lehre, bei der Vater und Sohn als identisch betrachtet werden, von den Gegnern des alexandrinischen Bischofs tats chlich vertreten wurde, geht aus dem Schreiben des R mers nicht hervor. Am ehesten, so scheint es, sind Anhaltspunkte f r die Theologie der Ankl ger des alexandrinischen Dionysius aus den Vorw rfen zu gewinnen, mit denen dieser sich in seiner Verteidigungsschrift auseinandersetzt. Nach Harnack und anderen34 sind es vor allem f nf Vorw rfe: a) Dionysius trenne Vater und Sohn, b) er leugne die Ewigkeit des Sohnes, c) er spreche vom Vater, ohne vom Sohn zu sprechen und umgekehrt, d) er vermeide das Wort ομοούσιος und e) er betrachte den Sohn als Gesch pf des Vaters und verwende entsprechende Beispiele. Dieser Katalog folgt im wesentlichen der Darstellung des Athanasius, der in seiner Apologie f r Dionysius die genannten Vorw rfe durch Zeugnisse seines Amtsvorg ngers zu widerlegen sucht. Dabei ist jedoch nicht zu bersehen, da es Athanasius weniger um die Vorw rfe der libyschen ,Sabellianer' aus der Zeit des Dionysius als vielmehr um den Arianismusverdacht geht, in den Dionysius vor allem durch seinen Brief an Euphranor und Ammon geraten war. Die Ausdrucksweise des Athanasius ist eindeutig von diesen Auseinandersetzungen gepr gt, auch dort, wo er die Lehren des Dionysius referiert35, so da seine Darstellung f r eine Untersuchung der Begriffe und Vorstellungen des Dionysius wie auch seiner Gegner wenig geeignet erscheint. Diese kann sich nur auf die ausdr cklichen Zitate des alexandrinischen Dionysius st tzen. Dabei werden zwar einige der genannten Vorw rfe best tigt, aber es fehlt ihnen dort jener abstrakt metaphysische Charakter, der erst durch die Darstellung des Athanasius hereinkommt.
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Ath. decr. 26, 3 (Opitz 22, 6 f.; Feltoe 178, l f.). A. Harnack, Lehrbuch der DG I, 768f.; Feltoe 166f.; J. N. D. Kelly, Early Christian Doctrines, 2. Aufl. London 1960, 134; T. E. Pollard, Johannine Christology and the Early Church, Cambridge 1970, 107; A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition I, 154f. Das zentrale Problem f r Athanasius lautete: Τί τοίνυν δμοιον ή Αρείου αΐρεσις και, ή Διονυσίου διάνοια; (Dion. 6, 1. Vgl. die zahlreichen Hinweise auf Arius und die arianische H resie: l, 1; 3, 3; 7, 1; 14, l f.; 22, 1; 23, l u. .). Wie stark dieses Problem die Darstellung des Athanasius beeinflu t hat, zeigt u. a. sein Hinweis auf das Schreiben des r mischen Dionysius, bei dem er den urspr nglich erw hnten Markion durch Arius ersetzt (Dion. 13, 2). Man wird deshalb auch Formulierungen aus dem Referat des Athanasius nur dann als Ausdrucksweise des Dionysius werten d rfen, wenn sie durch Originalzeugnisse gedeckt sind. Als besonders problematisch hat sich in der bisherigen Forschung der Abschnitt Ath. Dion. 4, 2 erwiesen, der h ufig als Zeugnis des Dionysius au dem Brief an Euphranor und Ammon verwendet wurde (Harnack, Lehrbuch der DGI, 769 Anm. 5; K . M ller, in: ZNW24 [1925] 282; T. E. Pollard Johannine Christology, 106f.; vgl. F. Loofs, Leitfaden, 174; Kelly, Doctrines, 134 Anm. 5), obwohl er eindeutig als Referat des Athanasius zu erkennen ist. Vgl. dazu Opitz, in: Quantulacumque, 49f.; ders., im App. zu Dion. 4,2 (48, 19ff.).
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Dionysius r umt ein, da er in dem umstrittenen Brief einige ziemlich unpassende (ως αχρειότερων) Beispiele gew hlt habe, um das Verh ltnis zwischen Vater und Sohn auszudr cken, so das Beispiel vom Bauern und der Pflanze sowie vom Schiffsbaumeister und Boot36. Mag man das erste Beispiel noch als biblische Reminiszenz interpretieren37, was Dionysius selbst nicht tut, das zweite Beispiel zeigt unabh ngig davon, wie sehr der Alexandriner den Unterschied zwischen Vater und Sohn betonen wollte und dies auch im Sinne des Verh ltnisses von Sch pfer und Gesch pf. Zwar wendet er sich mit allem Nachdruck gegen die Behauptung, er habe Gott als Sch pfer des Sohnes und den Sohn als sein Gesch pf (ποίημα) bezeichnet. Aber dann mu er doch zugeben, da er — wenn auch beil ufig — von Gott als ποιητής des Sohnes gesprochen hat38. Allerdings m chte er dieses Wort nun im Sinne des geistigen Sch pfers — des Dichters — verstehen. Dionysius spielt mit der doppelten Bedeutung des Wortes. Das ist zwar recht geschickt und verr t wieder einmal seine rhetorische Begabung. In der Sache aber kann er nicht leugnen, wie sehr ihm an einer Unterscheidung von Vater und Sohn in der Trinit t gelegen ist. Auf diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, da die Gegner des Dionysius ihm vorwerfen, er trenne und scheide Vater, Sohn und Geist voneinander39. Entsprechend verwerfen sie die Lehre von den drei Hypostasen, die f r sie die Teilung der Gottheit und Zerst rung der Einheit Gottes bedeutet40. Daraus aber folgt, da sie das Wort ομοούσιος, das f r sie offensichtlich zentrale Bedeutung besitzt, als Ausdruck der Wesenseinheit von Vater und Sohn verstehen. Ein wichtiger Vorwurf von ihrer Seite lautet deshalb auch, Dionysius habe dieses Wort zur Bezeichnung des Verh ltnisses von Vater und Sohn abgelehnt. Die Antwort des alexandrinischen Bischofs auf diesen Vorwurf ist bemerkenswert41. Gewi , so schreibt er, habe er in einem fr heren Brief 36
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Ath. Dion. 18, 1: Πλην εγώ γενητά τίνα και ποιητά τίνα φήσας νοείσθαι των μεν τοιούτων ως αχρειότερων εξ επιδρομής είπον παραδείγματα, έπει μήτε το φυτον (τούτον) έφην τω γεωργώ μήτε τω ναυπηγώ το σκάφος (Opitz 59, 3ff.; Feltoe 188, 3—6). Feltoe erg nzt das Wort ταύτόν, Opitz setzt es deshalb in spitze Klammern. Falls die Erg nzung Feltoe's richtig ist, w re das ein deutlicher Hinweis darauf, da die Gegner des Dionysius Vater und Sohn tats chlich als identisch ansahen, und die Bezeichnung .Sabellianer' w re dann berechtigt. Vgl. JohlS, 1. Ath. Dion. 21, 3: ως γαρ ου ποίημα φρονώ τον λόγον, καΐ ου ποιητην άλλα πατέρα τον θεον αΰτοΰ λέγω. καν εξ επιδρομής ειπώ ποιητην τον θεον διηγούμενος περί του υιού, άλλα και ούτως άπολογήσασθαι δυνατόν, ποιητάς γαρ των ιδίων λόγων Ελλήνων μεν οί σοφοί φασι καίτοι πατέρας εαυτούς όντας των ιδίων λόγων (Opitz 62, 8-11; Feltoe 195, 1-6). Vgl. auch Dion. 20, 3. In 23, 3 hei t es u. a.: αλλ' δ γε νους ποιεί τον λόγον εν αύτώ φανείς (Opitz 63, 17; Feltoe 197, 7). Ath. Dion. 17,2; vgl. 17, 1. Basilius, spir. c. 29 § 72 (Pruche 504; Feltoe 195f.). Ath. Dion. 18, 2f. (Opitz 59, 7ff.; Feltoe 188, 9ff.).
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darauf hingewiesen, da dieses Wort nicht in der Bibel zu finden sei. Doch in der Sache habe er keineswegs eine andere Auffassung vertreten. Er habe n mlich den Vergleich mit der menschlichen Abstammung benutzt und dar ber hinaus auf eine hnliche Beziehung in der Natur zwischen Wurzel und Pflanze hingewiesen. Das Wort ομοούσιος bedeutete demnach f r Dionysius soviel wie ομογενής oder όμοφυής42, d. h. es dr ckt f r ihn die wesens- und gattungsm ige Zusammengeh rigkeit im Sinne der Wesensgleicbheit aus, die eine Differenzierung und sogar Abstufung der Einzelwesen untereinander nicht ausschlie t. Wie stark Dionysius diese Differenzierung zwischen Vater und Sohn vor allem in der ersten Phase seiner Auseinandersetzung mit den Libyern unterstreicht, zeigt auch jenes lateinisch berlieferte Fragment aus dem Brief an Euphranor und Ammon, in dem es ber den Sohn hei t: „filius autem et non pater; non quia erat, sed quia factus est; non de se, sed ex eo qui eum fecit, filii dignitatem sortitus est"43. Der Sohn hat seine W rde, seine Existenz nicht aus sich selbst, sondern aus dem Vater, der ihn ,gemacht* hat. Weshalb, so mu man sich fragen, hat Dionysius eine so strenge Unterscheidung zwischen Vater und Sohn vor allem zu Beginn der Auseinandersetzungen gelehrt? Spekulatives Interesse war es sicher nicht. Der entscheidende Grund liegt wohl darin, da seine Gegner einen extremen modalistischen Monarchianismus vertraten, der ihm als Gottesl sterung erschien. Worin f r ihn die Gottesl sterung bestand, wird in dem bereits erw hnten Brief an Xystus II.44 trotz der formalen Ausdrucksweise deutlich. W hrend dort n mlich die Lehren der Libyer ber Gott und den Heiligen Geist ohne weitere Erl uterungen als gottlos und t richt bezeichnet werden, nennt Dionysius gleich drei christologische Formeln, die f r ihn zum Kern des christlichen Glaubens geh ren: die Lehre vom μονογενής υιός, vom πρωτότοκος πάσης κτίσεως (Kol 1,15) und vom ένανθρωπήσας λόγος. In allen drei Formeln geht es um die reale Menschwerdung Christi, und diese Lehre sieht Dionysius im libyschen Modalismus ernsthaft in Gefahr. In einem weiteren Brief an Xystus, von dem ein Fragment in armenischer bersetzung erhalten ist45, nennt Dionysius dar ber hinaus noch einmal 42
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Beide Ausdr cke fallen in dem genannten Abschnitt (Opitz 59, 11 bzw. 60, l f.). Ob Dionysius an gnostischen Sprachgebrauch ankn pft (vgl. Opitz im App. z. St.) oder als geschulter Philologe die ihm richtig und passend erscheinende Interpretation vornimmt, ist m. E. nicht genau zu entscheiden. Vgl. dazu Opitz, in: Quantulacumque, 50ff.; o. S. 63 f. Eus. h. e. VII, 6. Vgl. o. S. 204f. Engl. bersetzung von F. C. Conybeare, in: EHR 25 (1910) 114; deutsch von P. Jungmann in meiner bersetzung, 44 f. Es handelt sich um den sogenannten 3. Brief an Xystus.
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all jene Lehren, die man in Alexandrien als eindeutige H resien betrachtet: a) die Lehre derer, die die g ttliche Einheit verachten und die Sch pfung einem anderen Gott zuschreiben (gemeint sind offensichtlich die Markioniten), b) die Aufl sung des g ttlichen Mysteriums der Einheit von Gott und Mensch in Christus und c) die Leugnung der realen Menschwerdung Christi46, wie sie von den Doketen vertreten wird, die in Anspielung an l.Joh. 2,22 als ,Anti-Christoi' bezeichnet werden. Die letztgenannte H resie wird besonders hervorgehoben; sie sieht der Alexandriner offenbar in Libyen am Werk. Ber cksichtigt man, da Dionysius ber Novatian vor allem deswegen so erbittert war, weil dieser nach seiner Meinung die Barmherzigkeit Gottes L gen strafte, dann versteht man auch die Leidenschaft, mit der er gegen die libysche H resie vorging. Auch dort sah er durch den Verzicht auf die Realit t der Menschwerdung Christi die Realit t des g ttlichen Erl sungswerkes in Gefahr. Dar ber hinaus mu te er von seiner theologischen Grundposition aus, die dem dynamistischen Monarchianismus verwandt war47 — auch wenn Dionysius sich immer um eine ausgewogene, an Bibel48 und Taufbekenntnis orientierte kirchliche Lehre bem ht hat —, den Modalismus der Libyer als fundamentalen Gegensatz seiner Auffassung empfinden. Dies ist der theologische Hintergrund seiner Auseinandersetzung mit dem modalistischen Monarchianismus und nicht ein verzerrter Origenismus, dem man, wie die Forschung immer wieder gezeigt hat, die Beziehung zur Lehre des Origenes ohnehin nur mit gro er M he nachweisen kann.
4. Das Lehrschreiben des Dionysius von Rom Der Abschnitt, den Athanasius aus dem Brief des Dionysius von Rom „gegen die Sabellianer"49 mitteilt, geht auf die Lehre des Sabellius nur am Anfang kurz ein. Stattdessen behandelt er ausf hrlich jene Lehre, die dieser geradezu entgegengesetzt ist, den Tritheismus50. Geistiger Urheber dieser 46
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Im Text lautet das Stichwon ,oikonomia'; vgl. dazu auch Ath. decr. 25, 3 (Opitz 21,9-15). Vgl. auch Ath. Dion. 17, 1: εν τε ταΐς χερσίν αυτών εστί το πνεύμα μήτε του πέμποντος μήτε του φέροντος δυνάμενον στέρεσθαι (Opitz 58, 21f.; Feltoe 192, 9ff.). Hier wird Gott als Sender und Christus als Tr ger des Geistes bezeichnet! Vgl. auch o. S. 129. In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, da Dionysius das Wort ομοούσιος als unbiblisch bezeichnet, auch wenn er es schlie lich — in seinem Sinne verstanden — akzeptiert. Athanasius f hrt die Schrift mit den Worten ein: ιδού και ό της 'Ρώμης επίσκοπος Διονύσιος γράφων κατά των τα Σαβελλίου φρονούντων (deer. 26, l [Opitz 21, 31f.]). Der Textbeginn: έξης δ'αν είκότως λέγοιμι και προς τους διαιρούντας legt allerdings die Vermutung nahe, da in dem vorausgegangenen St ck, das Athanasius weg-
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„teuflischen Unterweisung" ist nach der Meinung des r mischen Bischofs Markion, der die Lehre von den drei Prinzipien (άρχαί) vertreten habe51. Aber es gibt, wie er erfahren hat, in der gyptischen Kirche Katecheten und Lehrer, die Wegbereiter einer hnlichen Lehre sind, weil sie von drei getrennten Hypostasen (μερισμένας υποστάσεις) oder von drei einander v llig fremden Hypostasen (υποστάσεις ξένας αλλήλων παντάπασι) sprechen und so die heilige Einheit (μονάς) zertrennen und zerteilen52. Gleichwohl will der R mer die Lehre von der g ttlichen τριάς keineswegs verwerfen, wenn sie nur in rechter Weise verstanden wird. Auch seine Polemik gegen die drei Hypostasen richtet sich ausdr cklich gegen eine Trennung bzw. Scheidung der Hypostasen voneinander, weil dadurch die Gefahr einer Dreig tterlehre besteht. Seine eigene L sung lautet deshalb: Es besteht einerseits die Notwendigkeit, „da der g ttliche Logos mit dem Gott des Alls vereint ist und da auch der Heilige Geist in Gott weilt und sich aufh lt"; und es besteht andererseits die Notwendigkeit, „da die g ttliche Trias auf einen hin, gleichsam auf einen Gipfel hin — den Gott des Alls, den Allherrscher — zusammengef hrt wird und versammelt ist"53. Mit Nachdruck unterstreicht also der r mische Bischof die g ttliche Einheit. Die Sorge des Alexandriners, da dabei die Lehre von der g ttlichen οικονομία zu kurz kommen k nnte, scheint er nicht zu teilen. Ihn bewegt vielmehr die Sorge, die Gottheit k nne gespalten und in drei G tter aufgeteilt werden. Das zeigen auch die weiteren Ausf hrungen zur Christologie, bei denen es ihm nicht um das Problem der Inkarnation, sondern um die Einheit des g ttlichen Logos mit dem Vater geht.
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gelassen hat, die Lehre des Sabellius ausf hrlicher behandelt worden ist. Entsprechend ist meine bersetzung (75) zu korrigieren. Ferner mu es dort f nf Zeilen sp ter nat rlich „euch" statt „uns" hei en. A. v. Harnack ist der Ansicht, da Markion in der Regel nicht von άρχαί gesprochen habe, sondern da diese Lehre eher auf Apelles zur ckgehe (Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott, 99 Anm. 1; 160 Anm. 2) und da die Dreiprinzipienlehre in Rom von Synerus eingef hrt worden sei (336* mit Anm. 1). Doch schreibt Hippolyt, da Markion diese Lehre wie sein Lehrer Kerdon vertreten habe (ref. X, 19, l; vgl. VII, 31, 2). Vielleicht ist er die Quelle f r den r mischen Dionysius. Es ist gut m glich, da Anh nger des Origenes gemeint sind, denn dieser hat bekanntlich die Lehre von den drei Hypostasen vertreten (Or. comm. in Joh II, 10, 75 [GCS 10, 65, 16]; vgl. fr. in Mt. 58; 244; 257). Aber auch Dionysius Alex, ist f r sie eingetreten, wenn auch nur zum Schutz der g ttlichen τρίας (Bas. spir. c. 29 [Feltoe 196, Iff.]). Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes ΰπόστασις vgl. H. D rrie,Ύπόστασις. Wort- und Bedeutungsgeschichte, in: NAG 1955, 35-92. Ath. decr. 26, 3: ήνώσθαι γαρ ανάγκη τφ θεώ των δλων τον θείον λόγον, εμφιλοχωρεί ν δε τφ θεφ και ένδιαιτάσθαι δει το αγιον πνεύμα, ήδη και την θείαν τριάδα εις ένα, ώσπερ εις κορυφήν τίνα, του θεού των όλων τον παντοκράτορα λέγω, συγκεφαλαιοϋσθαί τε και συνάγεσθαι πασά ανάγκη (Opitz 22,9-12; Feltoe 178, 5 — 10). Dionysius Alex, nimmt sp ter die Gedanken des R mers auf; vgl. Ath. Dion. 17,2 (Opitz 58, 24f. mit App.; Feltoe 193, 2ff.). Vgl. auch u. S. 217 mit Anm. 78.
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Der R mer wendet sich deshalb vor allem gegen jene, die den Sohn f r etwas Geschaffenes (ποίημα) halten54 und ihn damit in eine Reihe mit den Gesch pfen stellen. Aber, so argumentiert er, „wenn der Sohn geworden ist, gab es eine Zeit, in der er nicht da war"55. Das aber widerspr che nicht nur dem Satz im Johannesevangelium, wonach Christus im Vater sei (Joh 14,11), sondern w rde auch bedeuten, da es eine Zeit gegeben h tte, in der Gott ohne Logos, ohne Weisheit und ohne Kraft gewesen w re56, die jedoch seiende Kr fte (δυνάμεις οΰσαι) Gottes und zugleich biblische Bezeichnungen f r Christus seien. Als entscheidendes Argument der Gegner f r eine Unterscheidung von Vater und Sohn empfand der r mische Bischof offensichtlich den Vers Prov 8,22 („Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege"), denn ihm widmet er besondere Aufmerksamkeit57. Das Wort κτίζειν hat nach seiner Meinung verschiedene Bedeutungen; dar ber hinaus unterscheide auch die Bibel zwischen .schaffen' (κτίζειν) und ,machen' (ποιήσαι)58. Den Vers Prov 8,22 m chte er deshalb verstehen: ,Der Herr stellte mich (den Sohn) allem Gewordenen voran', denn das Gewordene habe seine Existenz aus dem Sohn. Der Sohn selbst aber sei nicht geschaffen, sondern — wie die Bibel immer wieder sage59 — gezeugt. Zeugen aber bedeute keineswegs schaffen. Dar ber hinaus meine jedoch die Bibel, wenn sie von der Zeugung des Sohnes spreche, eine „g ttliche und unaussprechliche Zeugung"60. 54
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Dazu geh rte auch der alexandrinische Dionysius; vgl. Ath. Dion. 20 und o. S. 209 Anm. 38. Ath. decr. 26, 4: ei γαρ γέγονεν υΙός, ην δτε ουκ ην (Opitz 22, 20 f.; Feltoe 179, 11 f.). Hier und im weiteren Zusammenhang finden sich bereits Wendungen, Begriffe und Bibelstellen, die im arianischen Streit immer wieder auftauchen. Vgl. auch Ath. Dion. 15, l, wo die gleichen Begriffe - in Anlehnung an 1. Kor l, 24 verwendet werden. Bei Dionysius Alex, begegnet der Vers nicht. Doch ist es denkbar, da auch er diesen Vers als Argument benutzt hat. In diesem Fall h tte er ihn - nach allem, was wir ber seine Exegese wissen —, gewi w rtlich verstanden. M. Simonetti, der im brigen die N he des alexandrinischen Dionysius zu Origenes betont, verweist in unserem Zusammenhang auf apologetische Traditionen (Studi sull'Arianesimo [Verba Seniorum 5], Rom 1965, 27ff.). Doch da Prov. 8, 22 in den erhaltenen Texten des Dionysius nicht zitiert wird und sich auch keine Anspielung darauf finden l t, h ngt die Argumentation Simonettis in der Luft. Gleichwohl ist seine Untersuchung (S. 9—87) ein wertvoller Beitrag zur Auslegungsgeschichte von Prov. 8, 22. Als Beleg wird zitiert Deut. 32, 6: „Hat nicht dieser, dein Vater selbst, dich erworben, dich gemacht und dich geschaffen?" Zitierte Belege: PS 109, 3 (LXX); Prov 8, 25 und Kol l, 15. Die Stelle Kol l, 15 hatte auch f r den Alexandriner zentrale Bedeutung (vgl. Eus. h. e. VII, 6). Allerdings lag f r diesen in der Formel πρωτότοκος πάσης κτίσεως das Gewicht wohl st rker auf dem Begriff der Sch pfung als auf dem der Zeugung. Der Begriff der ,ewigen Zeugung' fehlt zwar, aber er ist sachlich intendiert, da auch die Ewigkeit des Sohnes herausgestellt wird. Bienett: Dionysius
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Zusammenfassend erkl rt der R mer noch einmal, man d rfe weder die g ttliche Einheit (μονάς) aufl sen und von drei Gottheiten sprechen noch die W rde und Gr e des Herrn (κύριος) durch ein Machwerk (ποίησις) erniedrigen61. Man solle an Gott Vater, Sohn und Hl. Geist glauben, aber so, da der Logos mit dem Gott aller Dinge vereint ist. Zur Bekr ftigung werden Joh 10,30 („Ich und der Vater sind eins") und Joh 14, lOf. („Ich bin in dem Vater, und der Vater ist in mir") zitiert. Denn nur so k nne man sowohl an der Trias als auch an der μοναρχία in vollem Umfang festhalten. Die Sorge um den Bestand der μοναρχία steht f r den R mer offensichtlich im Vordergrund; das Wort erscheint in dem erhaltenen Text gleich zweimal62. Aber diese Sorge teilt er mit dem Alexandriner63, auch wenn dieser eine st rkere Differenzierung in der Gottheit bef rwortet. Bei der Frage nach der theologischen Tradition des r mischen Dionysius, die gemeinhin als ,westlich' eingestuft wird, ist vor allem der Charakter des erhaltenen Schriftst cks zu beachten. Es handelt sich dabei nicht um einen theologischen Traktat, eine akademische Abhandlung oder einen Diskussionsbeitrag zu einer aktuellen theologischen Frage, auch nicht um eine Predigt oder einen pers nlich motivierten Brief, sondern um ein offizielles Lehrschreiben des r mischen Bischofs, das der Abwehr der H resie und der St rkung der kirchlichen Lehre dienen soll. Solche Lehrschreiben nehmen bekanntlich nicht selten vielf ltige theologische Str mungen in sich auf, sofern diese f r den zu erreichenden Zweck n tzlich sind. Dieser besteht in Fragen der Lehre zumeist darin, einen m glichst breiten Konsensus zwischen zwei extremen Positionen zu finden und nur die u ersten Extreme abzuschneiden. In unserem Fall werden diese Extreme durch die Namen Sabellius einerseits und Markion andererseits bestimmt. Beides sind H retiker, die die Kirche bereits verurteilt hat. Dadurch sind Grenzen gezogen, die nicht berschritten werden d rfen. Jede neue Lehre, die in die N he einer dieser beiden Extreme ger t, steht damit sogleich unter dem H resieverdacht. Die kirchlich anerkannte Lehre liegt zwischen diesen Extremen und vereinigt all jene, die bereit sind, die Extreme zu meiden. Auch bei Dionysius von Alexandrien konnten wir beobachten — etwa in seiner Auseinandersetzung mit dem gyptischen Chiliasmus oder bei dem Ringen um die Einheit der Kirche, als es um das Problem der Bu e und dann der Ketzertaufe ging —, wie er diesen kirchlichen Weg zwischen den Extremen suchte. Gleichwohl ist der r mische Dionysius ebenso wie der alexandrinische bestimmten Traditionen verpflichtet, vor allem den Traditionen seiner 61
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Ich folge hier der von O. St hlin vorgeschlagenen Text nderung von κωλύειν in κολούειν (ZKG 58 [1939] 587). Au er Ath. decr. 26, 7 (Opitz 23, 16) auch 26, 3 (Opitz 22, 13). Vgl. den Anfang des armenisch berlieferten 3. Briefes an Xystus II. (s. o. S. 210 Anm. 45).
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eigenen Kirche. Das wird in unserem Fall wiederum an den beiden Namen Sabellius und Markion deutlich, die beide von der r mischen Kirche verurteilt wurden. W hrend wir aber ber Markion und seine Lehre ausreichend unterrichtet sind64, wissen wir ber Sabellius so gut wie nichts, obwohl gerade seine Verurteilung durch die r mische Kirche f r unseren Zusammenhang besonders wichtig erscheint. Die einzige einigerma en zuverl ssige Quelle, die wir dar ber besitzen, ist der Bericht Hippolyts65. Hippolyt aber ist weniger an der Person und Theologie des Sabellius interessiert als an Kaliist, seinem r mischen Gegenspieler. Diesem wirft er vor, er habe Sabellius zwar verurteilt, stehe ihm jedoch theologisch sehr nahe66. In der Tat hat Kallist wie bereits sein Vorg nger Zephyrin eine stark monarchianische Theologie vertreten67, wobei er sich allerdings gegen ber Sabellius einerseits und Hippolyt andererseits abgrenzte. Hippolyt warf er Ditheismus vor68; gegen ber Sabellius erkl rt er, nicht der Vater habe gelitten und sei gestorben, sondern der Sohn69, Logos und Sohn aber seien identisch, und Vater und Sohn seien eins im untrennbaren πνεΰμα70. Vielleicht stammt aus diesem Zusammenhang auch der sp ter so umstrittene
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Vgl. dazu vor allem die grundlegende Arbeit von A. v. Harnack, Marcion, 2. Aufl. 1924, Nachdruck (mit Anhang) Darmstadt 1960. Ref. IX, 11 — 12. — Was wir dar ber hinaus ber Sabellius wissen, ist — von einigen verstreuten Hinweisen abgesehen — au erordentlich wenig. Die Quellen des 4. Jh. m ssen vielfach ausfallen, weil don mit ,Sabellius' sehr h ufig Markell von Ankyra gemeint ist, wie zuerst Th. Zahn berzeugend nachgewiesen hat: Marcellus von Ancyra, Gotha 1867. Aus der neueren Literatur sei vor allem hingewiesen auf die Arbeiten von M. Tetz, Zur Theologie des Markell von Ankyra I, in: ZKG 75 (1964) 217-270; II, in: ZKG79 (1968) 3-42; III, in: ZKG 83 (1972) 145-194. Vgl. auch R. H bner, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa (Philosophia Patrum 2), Leiden 1974, 269-324. - Von daher sind alle sp teren Berichte ber Sabellius, z. B. auch Epiphanius, haer. 62, nur mit gr ter Zur ckhaltung aufzunehmen. Das gilt auch f r die Hippolyt zugeschriebene Schrift ,Contra Noetum', die wahrscheinlich ins 4. Jh. geh rt (vgl. M. Richard, in: DSp VII, l [1969] 533; ders.: La transmission des textes des Peres grecs, in: SE 22, l [1974/75] 51-60). Hippolyt, ref. IX, 12,15; 11,1. In IX, 12,19 schreibt Hippolyt ber die Lehre Kallists: ποτέ μεν είς το Σαβελλίου δόγμα εμπίπτων, ποτέ δε εις το θεοδότου ουκ αΐδεϊται (249, 18f. Wendland); vgl. ref. X, 27,4. Vgl. dazu im einzelnen: C. Andresen, Zur Entstehung und Geschichte des trinitarischen Personbegriffs, in: ZNW 52 (1961) 1-39, bes. 3ff. Zu Zephyrin: A. von Harnack, Die lteste uns im Wonlaut bekannte dogmatische Erkl rung eines r mischen Bischofs, in: SAB 1923, 51-57. Vgl. Hippolyt, ref. IX, 11,3; 12, 16. Hippolyt, ref. IX, 11, 3 (246, 2ff. Wendland); vgl. IX, 12, 19 (249, 8ff.). Hippolyt, ref. IX, 12, 16ff. (248, 25ff.). Dort wird als Beleg u. a. Joh 14, 11 zitiert. Vgl. X, 27, 3-4 (283, 14ff.).
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Begriff ομοούσιος. Denn wenn Hippolyt richtig berichtet71, hat Kaliist u. a. gelehrt: εν οΰν τοΰτο πρόσωπον, ονόματι μεν μεριζόμενον, ούσίςι δε ου. Zwar fehlt das ber hmte Stich wort; sachlich aber k nnte es in einem solchen Zusammenhang gestanden haben. Sollte die hier ge u erte Vermutung richtig sein, erg be sich f r manches offene Problem in der Erforschung der Geschichte dieses Begriffs eine L sung: a) Der Streit, ob der Begriff ,westlichen'72 oder , stlichen'73 Ursprungs sei, k nnte mit dem Hinweis beigelegt werden: er stammt aus dem griechisch sprechenden Rom. b) Zugleich w rde erkl rt, warum der Begriff eine so eigent mliche N he zu Sabellius erkennen l t und man dennoch immer wieder behaupten konnte, er sei nicht sabellianisch. c) Verst ndlich w rde auch, weshalb der Begriff zur Zeit des Dionysius von Alexandrien in Rom so selbstverst ndlich als rechtgl ubig betrachtet wurde. Jedenfalls l t das die Art und Weise erkennen, wie der Alexandriner sich gegen ber seinem Namensvetter zu rechtfertigen versucht. d) Dadurch aber, da Dionysius von Alexandrien den Begriff als rechtgl ubig akzeptierte, entstand f r die alexandrinisch-bisch fliche Tradition je l nger um so mehr die Verpflichtung, an ihm festzuhalten. Demgegenber hat Origenes das Wort m glicherweise abgelehnt74, weshalb dann auch die Origenisten in Antiochien (268) den Begriff verwarfen75.
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Ref. X. 27, 4 (283, 18). - C. Andresen (ZNW52 [1961] 4) h lt diesen Passus unter Berufung auf G. L. Prestige (God in Patristic Thought, London 1952, 160) f r eine Erl uterung durch Hippolyt, vor allem wegen des ουσία-Begriffs. - In welchem Sinn Kaliist von ουσία gesprochen hat, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Wahrscheinlich war die Erkl rung, mit der Kailist sich gegen ber Sabellius abgrenzte, eine bewu t schillernd gehaltene kirchenpolitische Kompromi formel, die den Anh ngern des Sabellius so weit wie m glich entgegenkam. Jedenfalls ist der theologische Entwurf Kallists nach dem Bericht Hippolyts eigent mlich widerspr chlich. Auf die schillernde Bedeutung des Begriffs ομοούσιος hat vor allem F. Loofs aufmerksam gemacht (Das Nic num, in: Festgabe K. M ller, T bingen 1922, 68—82). Vgl. dazu A. M. Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol (FKDG 15), G ttingen 1965, 270-293, bes. 277. Ritter gibt in dem Abschnitt einen guten berblick ber die vielf ltige Literatur zu dem Problem. Vgl. F. Ricken, Das Homousios von Nikaia als Krisis des altchristlichen Platonismus, in: Zur Fr hgeschichte der Christologie (Quaestiones disputatae 51), Freiburg 1970, 74,99, bes. 92 ff. Vgl. R. P. C. Hanson, Did Origen apply the word homoousios to the Son? in: EPEKTASIS (Festschr. J. Danielou), Paris 1972, 293-303. Vgl. P. Galtier, L' ομοούσιος de Paul de Samosate, in: RechSR 12 (1922) 30-45; H. de Riedmatten, Les actes du proces de Paul de Samosate (Paradosis 6), Fribourg 1952, 103 ff.
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e) Die Aufnahme des Begriffs in das Symbol von Nic a (325) erkl rt sich vielleicht daher, da sich Arius so energisch gegen ihn wandte76 und dadurch seinen Bischof Alexander von Alexandrien n tigte, ebenso energisch f r ihn einzutreten. — Ich breche hier ab; die Einzelheiten bed rfen einer genaueren Betrachtung. Eins aber d rfte in jedem Fall deutlich geworden sein, da Dionysius von Rom in seinem Lehrschreiben jener r mischen Tradition folgt, die bei Kaliist erkennbar geworden ist. Das gilt nicht nur f r die Art der Abgrenzung gegen ber H resien, sondern auch f r die Theologie, die nur den Bed rfnissen seiner Zeit angepa t wurde77. Die starke Betonung der Einheit und der μοναρχία Gottes ist geblieben. i. Die Antwort des alexandrinischen Dionysius Der Streit mit den Libyern hatte durch das Eingreifen Roms eine neue Situation f r den alexandrinischen Bischof geschaffen. Zum ersten Mal war er nicht mehr die kirchliche und theologische Autorit t seiner Di zese, die berall als Vermittler auftreten konnte, sondern war selbst der Kritik ausgesetzt. Man bezweifelte seine Rechtgl ubigkeit und dies zu einem Zeitpunkt, als er nicht in Alexandrien sein konnte, sondern auf Veranlassung des Kaisers Valerian von dem gyptischen Pr fekten Aemilian aus der Stadt verbannt worden war. Ung nstiger h tte die Lage f r ihn kaum sein k nnen. — Nun galt es rasch zu handeln, um jeden Zweifel an der Rechtgl ubigkeit zu beseitigen. Allerdings gen gte es diesmal nicht, Formeln des Glaubensbekenntnisses zu wiederholen oder auf die Bibel zu verweisen, wie es der Alexandriner zuvor meist getan hatte. Vielmehr mu te er zu innertrinitarischen Problemen Stellung nehmen, was ihm innerlich widerstrebte. Denn in das g ttliche Mysterium hatte er bisher gedanklich nicht einzudringen versucht, wie nicht zuletzt die problematischen Beispiele zeigen, die er in der Auseinandersetzung mit den Libyern verwandte. Den Rahmen, den der r mische Dionysius zur Bestimmung der Rechtgl ubigkeit abgesteckt hatte, konnte der Alexandriner ohne weiteres bernehmen. Tritheismus lehnte er ebenso ab wie den Sabellianismus. Der Glaube an die g ttliche τριάς aber war f r ihn ebenso unaufgebbar wie der an die g ttliche μονάς. In Anlehnung an eine Formulierung des r mischen Dionysius konnte er deshalb schreiben: „So erweitern wir die Einheit, ohne sie zu zerteilen, zur Dreiheit und fassen umgekehrt die Dreiheit, ohne sie zu vermindern, zur Einheit zusammen"78. 76
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Vgl. das Glaubensbekenntnis des Arius: Urk. 6, 3 (Opitz, Athanasius Werke III, 12, lOff.). Dazu H. Kraft, ΟΜΟΟΥΣΙΟΣ, in: ZKG 66 (1954/55) 8f. Das Problem des ,Ditheismus' hat sich zum Problem des ,Tritheismus' entwickelt. Ath. Dion. 17, 2: οϋτω μεν ημείς εις τε την τριάδα την μονάδα πλατύνομεν άδιαίρετον, και την τριάδα πάλιν άμείωτον είς την μονάδα συγκεφαλαιοΰμεθα (Opitz 58, 24f.;
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Wichtiger als das Verh ltnis von Einheit und Dreiheit in der Gottheit aber war f r den Alexandriner79 die Frage, wie man das Verh ltnis von Vater und Sohn beschreiben k nne innerhalb der auch f r die Trinit tslehre g ltigen Grundvoraussetzungen: Zusammengeh rigkeit, aber nicht Identit t — Unterscheidung, aber nicht Trennung. Ohne Zweifel war Dionysius von Alexandrien davon berzeugt, da man den Sohn Gottes nicht den brigen Gesch pfen Gottes gleichsetzen d rfe. Wie aber sollte jenes besondere Verh ltnis des Sohnes zum Vater zum Ausdruck gebracht werden, ohne da die Eigenst ndigkeit des Sohnes verlorenging? Zweierlei f llt in der Argumentation des Alexandriners auf: a) er vermeidet jene f r den r mischen Bischof so wichtigen Zitate aus dem Johannesevangelium, die im Sinne der Identit t von Vater und Sohn verstanden werden k nnen (Joh 10,30 und Joh 14,10f.); und b) er spricht nur in Beispielen, Analogien, Metaphern, Bildern ber das Verh ltnis von Vater und Sohn und hebt dies ausdr cklich immer wieder hervor. Dabei bem ht er sich im Unterschied zu den fr heren, umstrittenen Beispielen und in deutlicher Abgrenzung zu ihnen um solche Analogien, die das ομοούσιος — entsprechend seinem Verst ndnis, d. h. im Sinne von ομογενής bzw. όμοφυής — veranschaulichen sollen. Eine wichtige Voraussetzung daf r war allerdings, da er die biblischen Wendungen von Gottes Logos, Gottes Weisheit, Gottes Kraft80 oder auch Gottes Wahrheit81 usw. christologisch verstand. Diese Voraussetzung teilte er jedoch nicht nur mit seinem r mischen Namensvetter, sondern mit einer breiten kirchlichen Tradition82. Von hier aus entwickelt Dionysius eine Reihe von Beispielen, die das Verh ltnis von Vater und Sohn in der Trinit t veranschaulichen sollen, wobei er vielf ltige Anregungen verwertet, deren Herkunft jedoch nicht immer leicht zu ermitteln ist. Die Ewigkeit des Sohnes belegt Dionysius mit der biblischen Wendung vom „Abglanz (απαύγασμα) des ewigen Lichtes"83. Denn wenn das Licht
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Feltoe 193, 2—4). Zur Formulierung des r mischen Dionysius s. o. S. 212 Anm. 53. — Das Wort πλατύνομεν galt sp ter als photinisch, weshalb einige Handschriften (WV) den Text in άρμόζομεν ndern. Die Lehre Photins wurde 351 in Sirmium verurteilt; vgl. die Ekthesis bei Ath. syn. 27, bes. Nr. 6 u. 7 (Opitz 255, 6ff.). M glicherweise entsteht dieser Eindruck nur durch die Auswahl der Fragmente bei Athanasius, die von den Problemen des arianischen Streits beeinflu t ist; vgl. o. S. 208 mit Anm. 35. Ath. Dion. 15, 1; vgl. 1. Kor l, 24. Ath. Dion. 25, 1. berraschenderweise zitiert Dionysius als Begr ndung nicht eine Stelle aus dem Johannesevangelium, sondern 3. Esra 4, 40. Es f llt allerdings auf, da in den anderen erhaltenen Texten des Dionysius von dieser Tradition nichts zu sp ren ist. Z. B. sucht man darin vergeblich nach Anzeichen f r eine Logoschristologie, wie sie hier vorausgesetzt wird. Ath. Dion. 15, 2f.; vgl. Sap. 7, 26; Hebr. l, 3. - Zu dem Hintergrund dieses Bildes, zu dem auch 1. Joh l, 5 („Gott ist Licht") geh rt, vgl. F. J. D lger, Sonne und Sonnen-
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ewig ist, dann ist auch der Abglanz ewig. Beide geh ren untrennbar zusammen. Bemerkenswert ist die Formel φως εκ φωτός, die Dionysius wie eine feststehende christologische Formel anf hrt, als handle es sich um ein Zitat aus dem Glaubensbekenntnis84. Biblisch begr ndet wird auch das Bild vom Geist und Hauch (άτμις)85. Beispiele f r die bereits in der Begrifflichkeit ausgedr ckte Zusammengeh rigkeit sind die menschlichen Relationen: Vater — Sohn bzw. Erzeuger — Kind86. Denn die Begriffe sind bereits untrennbar aufeinander bezogen. Vater kann man nur sein, wenn man ein Kind, einen Sohn, hat und umgekehrt. Schon das Wort Vater impliziert das Vorhandensein eines Kindes. Zugleich l t sich dieses Bild aber auch im Sinne der Abstammung verstehen, hnlich wie in der Natur Wurzel und Pflanze oder Quelle und Flu zusammengeh ren87. Schlie lich sei noch auf zwei Texte n her eingegangen, in denen Dionysius das Verh ltnis von Vater und Sohn wie das Verh ltnis von Wort (λόγος) und Verstand (νους) zu beschreiben versucht88. Der Abschnitt beginnt mit dem Satz: „Das Wort ist der Ausflu (απόρροια) der Vernunft"89, und dieser Satz wird dann w rtlich, d. h. anthropologisch, interpretiert: Das Wort wird vom Herzen durch den Mund nach drau en
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strahl als Gleichnis in der Logostheologie des christlichen Altertums, in: AuC l (1929) 271-290 (mit zahlreichen Belegen; vgl. bes. Origenes, princ. I, 2, 7; Tertullian, Apol. 21, 10-13). Ath. Dion. 15, 4 (Opitz 57, 14f.; Feltoe 187, 14). Die Formel begegnet im Symbol von Caesarea und im Nicaenum. Vgl. allerdings auch Tertullian, Apol. 21, 12 (lumen de lumine). - Vgl. ferner Ath. Dion. 18, 5, wo u. a. die Formel ζωή εκ ζωής begegnet (Opitz 60, 9f.; Feltoe 196, 8), die sich ebenfalls im Symbol von Caesarea wiederfindet. Ath. Dion. 15, 5; vgl. Joh 4, 24 mit Sap. 7, 25. Ath. Dion. 15, 4; 17, 1; 20, 3. Vgl. Tertullian, Adv. Prax. 10, 2f.: „Atquin pater filium facit et patrem filius et qui ex alterutro fiunt a semetipsis sibi fieri nullo modo possunt, ut pater se sibi filium faciat et filius se sibi patrem praestet. Quae instituit Deus, etiam ipse custodit. Habeat necesse est pater filium ut pater sit, et filius patrem ut filius sit" (CCL 2, 1169, 4ff.); Origenes, princ. I, 2, 10: „quemadmodum pater non potest esse quis, si non filius non sit, neque dominus esse quis potest sine possessione vel servo" (41, 11 ff. Koetschau); vgl. auch I, 3. Ath. Dion. 18, 2f.; 18, 5; 23, 2. Zu dem Bild: Wurzel - Pflanze (18, 3) vgl. vor allem Tertullian, Adv. Praxean, c. 8. Ath. Dion. 23,2 (Opitz 63,5-11; Feltoe 190,15-191,8) und 23,3-4 (Opitz 63,12-64,2; Feltoe 196,13-197,19). Wichtige Parallelen dazu sind: Tatian, orat. 5, 2ff.; Athenagoras, leg. 10. Vgl. auch A. Orbe, Hacia la primera teologia, 617-621. Vgl. Plotin, Ennead. III, 2, 2: το γαρ απορρέον εκ νου λόγος. Zum Begriff απόρροια vgl. J. Ratzinger, Emanation, in: RAG IV (1959) 1219ff.; H. D rrie, Emanation. Ein unphilosophisches Wort im sp tantiken Denken, in: Parusia (Festgabe J. Hirschberger), Frankfurt/M. 1965, 119—141; M. Harl, A propos d'une passage du Centre Eunome de Gregoire de Nysse: απόρροια et les titres du Christ en theologie trinitaire, in: RechSR55 (1967) 217-226.
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Dionysius als Bischof von Alexandria!
geleitet, und, obwohl es sich von der Zunge löst und überall hingetragen wird, bleibt es untrennbar mit dem Verstand bzw. dem Wort im Herzen verbunden. Deutlich spielt Dionysius in diesem Zusammenhang mit dem Wort . Daß auch dieses Bild einen biblischen Hintergrund hat, wird in dem zweiten Text deutlich, in dem der Vers PS 44,2 (LXX: „Mein Herz floß über von einem guten Wort") zitiert wird. Gleich darauf kann Dionysius sogar schreiben, der Verstand „schaffe" ( ) das Wort. Doch dann findet er Formulierungen, die eine sehr enge Beziehung ausdrücken: „Der Verstand ist gleichsam in sich ruhendes Wort ( ) und das Won hervorspringender Verstand ( )". Wort und Verstand erscheinen so beinahe austauschbar. Gleichwohl ist der Unterschied nicht zu übersehen, der eine Identität beider ausschließt. So ist es auch mit Gott Vater, dem universalen Verstand, der in seinem Sohn das Wort und damit den Boten und Dolmetscher besitzt. Beide gehören untrennbar zusammen und sind doch deutlich unterschieden. Nur an dieser Stelle geht Dionysius über den bildhaften Charakter seiner Ausführungen hinaus, weil das Wort ,Logos' eine schillernde Bedeutung hat. Im übrigen bemüht er sich, mit einer Fülle von Vergleichen die Beziehung zwischen Vater und Sohn nach dem Grundsatz zu veranschaulichen: untrennbar, aber nicht identisch. Dieses Ziel behält Dionysius immer im Auge, ob es sich um Beispiele aus der Bibel oder um Analogien aus dem menschlichen Leben handelt. Indirekt ist auch der Hl. Geist in diesen Bildern als umgreifendes Element gegenwärtig90, wodurch sich der Alexandriner der seit Kallist in Rom gültigen Auffassung von der Trinität annähert. Aber es gelingt ihm im Unterschied zu seinem Namensvetter, die Differenzen innerhalb der Trinität deutlicher herauszustellen dadurch, daß er letztlich von Begriffsrelationen ausgeht, die von ihrem physischen bzw. ontologischen Hintergrund ablösbar sind. Dionysius gab auf diese Weise eine glänzende Rechtfertigung seiner Trinitätslehre. Von der römischen Auffassung übernahm er lediglich den Rahmen, der die Grenze zwischen Rechtgläubigkeit und Ketzerei bestimmte. Innerhalb dieses Rahmens aber fand er eine eigene Lösung des trinitarischen Problems, die sich stärker gegenüber der Gefahr des Sabellianismus abgrenzte als die römische. Indem er darüber hinaus bereit war, frühere mißverständliche Äußerungen zurückzunehmen, konnte ihm die Anerkennung der Rechtgläubigkeit nicht mehr versagt werden. Zugleich dürfte das öffentliche Eingeständnis eigener Fehler zur Versöhnung der streitenden Parteien innerhalb seiner Kirche beigetragen haben. Jedenfalls scheint mit der Apologie des Dionysius die Auseinandersetzung mit den jSabellianern* beendet gewesen zu sein.
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Nur einmal (Ath. Dion. 17, 1) wird ausdrücklich darauf hingewiesen.
Der .Streit der beiden Dionyse'
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Zum Schluß sei noch einmal die Frage nach der Abhängigkeit des Dionysius von Origenes gestellt, die in der Forschung vor allem mit der Trinitätslehre des alexandrinischen Bischofs begründet wird. Betrachtet man das vielfältige Vergleichsmaterial, das H.-G. Opitz in seinem Apparat zur Schrift des Athanasius über Dionysius zusammengetragen hat, dann erscheint in der Tat unabweisbar, daß Dionysius von der Theologie des Origenes beeinflußt ist. Allerdings muß man einschränkend hinzufügen: dort, wo Anspielungen zugleich auf biblische Vorstellungen zurückweisen, besteht die Möglichkeit, daß der alexandrinische Bischof unabhängig von Origenes auf sie zurückgegriffen hat oder daß beide einem gemeinsamen Uberlieferungsstrom verpflichtet sind. Darüber hinaus aber hat K. Müller91 auf deutliche Parallelen zwischen Tertullian und Dionysius aufmerksam gemacht, und A. Orbe92 hat gezeigt, wie Dionysius an Origenes vorbei an älteren apologetischen Traditionen anknüpft. Berücksichtigt man außerdem, daß auch der Einfluß des Dionysius von Rom in der Schrift des Alexandriners nachweisbar ist, dann tritt der häufig als beherrschend angesehene Einfluß des Origenes immer weiter in den Hintergrund. Sicher ist nur, daß der alexandrinische Bischof gerade in seiner Apologie vielfältige theologische und wohl auch philosophische Anregungen verarbeitet hat, wobei origenistischer Einfluß nicht geleugnet werden soll. Es sind Anregungen, die in den zahlreichen Vergleichen und Beispielen ihren Niederschlag gefunden haben, die Dionysius jedoch selbständig für sein trinitätstheologisches Konzept verarbeitet hat. Denn gewiß war Dionysius kein großer Theologe, sondern ein der kirchlichen Praxis und Lehre verpflichteter Bischof. Doch auch seine häufig Kompromißcharakter tragenden theologischen Beiträge sind für seine Zeit verantwortlich und eigenständig erarbeitet.
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ZNW24 (1925) 282-285. Hacia la primera teologia, 617—621.
V. ORIGENISMUS UND ALEXANDRINISCHE TRADITION Die Erkenntnis, daß mit Dionysius ein Bischof die Leitung der ägyptischen Kirche übernahm, der kein Anhänger und Verehrer des Origenes war, sondern bestimmte Lehren des großen Theologen ablehnte und sogar bekämpfte, bedeutet nicht, daß damit zu gleicher Zeit die Lehren des Origenes aus Alexandrien verbannt waren. Aus ihr folgt jedoch, daß die von den Bischöfen vertretene offizielle kirchliche Tradition Alexandriens und damit der ägyptischen Kirche von Demetrius an über Heraklas bis zu Dionysius ein distanziertes Verhältnis zu Origenes und seinen Lehren einnahm. Umgekehrt ist es sicherlich keine allzu kühne Vermutung, daß die Auseinandersetzungen, die Origenes in seinen Schriften mit den »simplices1 führt, weniger gegen die einfachen Gläubigen der Gemeinde gerichtet waren, als gegen deren geistige Führer, Lehrer und Kleriker. Zu ihnen aber wird man — wenn nicht schon Heraklas — gewiß Dionysius rechnen dürfen. Für die Entwicklung des Origenismus in Alexandrien war die Ausweisung des Origenes durch Heraklas, die Dionysius mitgetragen hatte, ein einschneidendes Ereignis. Doch je mehr das Ansehen des großen Exegeten und Theologen von Caesarea aus in den östlichen Kirchen wuchs, desto weniger konnte man sich auch in Alexandrien seinem Einfluß verschließen. Als er schließlich sogar das Martyrium erlitt, versagten auch jene kirchlichen Kreise ihm die Anerkennung nicht, die seinen Lehren mißtraut hatten. Darüber hinaus hatte der Streit um Origenes das Verhältnis der ägyptischen Kirche zu den östlichen Nachbarkirchen getrübt. Eine Bereinigung dieses Verhältnisses, um das sich Dionysius offensichtlich bemühte, schloß notwendigerweise eine Rehabilitierung des Origenes in der ägyptischen Kirche ein. Dies läßt die Vermutung zu, daß unter dem Episkopat des Dionysius die Lehren des Origenes in Alexandrien wieder verstärkt Eingang fanden. Jedenfalls zeigt das Wirken des Theognost, den A. Harnack einen „Origenesschüler striktester Observanz" genannt hat1, daß die Gedanken des Origenes noch zu Lebzeiten des Dionysius oder kurz danach 1
Die Hypotyposen des Theognost (TU 24, 3), Leipzig 1903, 92. Dort hat Harnack (73—92) die vier erhaltenen Fragmente des Theognost sowie die altkirchlichen Zeugnisse über ihn zusammengestellt. Zum Problem der Chronologie vgl. auch Harnack LG II, 2, 66—69. Für unsere Frage ist nach wie vor grundlegend die Untersuchung von L. B. Radford, Three Teachers of Alexandria, Cambridge 1908, 1-43.
Origenismus und alexandrinische Tradition
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wieder in dieser Stadt lebendig waren. Vielleicht läßt sich bereits die Auseinandersetzung in der ägyptischen Kirche über die Trinitätslehre, die im ,Streit der beiden Dionyse' sichtbar wird, auf den verstärkten Einfluß des Origenismus zurückführen 2 . Gegen Ende des 3. Jahrhunderts wird bei dem alexandrinischen Presbyter Pierius, der später den Beinamen ,Origenes iunior' erhielt3, deutlich sichtbar, wie lebendig das Erbe des Origenes in der alexandrinischen Kirche war. Bestätigt wird dies auch durch die Reaktion des Bischofs Petrus I. von Alexandrien (300—311), der in seinen Schriften deutlich Kritik an origenistischen Lehren geübt hat und der häufig als der alexandrinische Bischof angesehen wird, der „die zweite Abkehr des officiellen Kirchenthums in Alexandrien von Origenes vollzogen hat" (nach Demetrius und Heraklas)4. Geht man jedoch davon aus, daß Maximus und Theonas, die Bischöfe zwischen Dionysius und Petrus L, die Kirchenpolitik ihrer Amtsvorgänger im wesentlichen weitergeführt haben5, dann bedeutet dies, daß die mehr oder weniger deutliche Distanz zu Origenes und seinem theologischen Erbe in der bischöflichen Tradition Alexandriens kontinuierlich weiterlebte. Dionysius aber hat diese bischöfliche Tradition durch seine Persönlichkeit und durch sein vielfältiges Wirken in der Kirche für lange Zeit geprägt6. Seine Entscheidungen hatten weitreichende Folgen nicht allein für die alexandrinische Kirche. Der Beiname ,der Große' ist ihm deshalb mit Recht schon früh gegeben worden.
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Vgl. den Hinweis des römischen Dionysius auf die Katecheten und Lehrer in Ägypten (Ath. decr. 26, 2). Hieronymus, vir. ill. 76. Zu Pierius vgl. Radford aaO 44—57. Harnack LG 1,1,444. Vgl. Radford aaO 58-86. Eine Übersicht der erhaltenen Schriften bei F. H. Kettler, in: PW 19, 2 (1938) 1281-1288; Altaner/Stuiber, Patrologie, 2121. Von beiden Bischöfen wissen wir nur wenig. Immerhin war Maximus (264/65—281/82) unter dem Episkopat des Dionysius bereits Presbyter (vgl. Eus. h. e. VII, 10, 3.6; ferner: VII, 28, 4; 32, 30). Zu Theonas (281/82-300) vgl. Eus. h. e. VII, 32, 30f. Über Petrus I. schreibt L. B. Radford: „In many ways Peter recalls and resembles his predecessor Dionysius the Great" (61). Auch Athanasius ist von Dionysius nachhaltig beeinflußt; vgl. außer der Verteidigungsschrift für Dionysius z. B. decr. 30, 4 und ep. ad Afros 6.
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Die ABKÜRZUNGEN entsprechen dem Abkürzungsverzeichnis von ,Die Religion in Geschichte und Gegenwart', 3. Aufl. Tübingen 1957—1962; bei neueren Periodica dem der Bibliographia Patristica, Berlin 1959 ff. Namen und Werke griechischer Kirchenväter werden nach ,Lampe' abgekürzt; andere griechische Autoren nach ,Liddell-Scott'. Die Literatur wird bei mehrmaligem Vorkommen durch Angabe des Verfassers und gegebenenfalls unter Hinzufügung einer Kurzform des Titels abgekürzt; Sonderfälle sind im Literaturverzeichnis in eckigen Klammern beigegeben.
VII. REGISTER 1. STELLEN
a) Altes Testament (mit Apokryphen) Genesis 1-3 120 2,7 116 2,8.9 56 2,ioff. 159 3,2l 55f., 119 6,l9ff. 178 7.2 37 22,1 128 Exodus 5.3 160 7,11 ff. 171 7,20f. 159 9,3 160 12 154, 162 12,10 162 12,18-19 125 20.5
173
Leviticus 23,5-6 125 Numeri 20,1-11 158 Deuteronomium 19,14 192 32.6 213 l. Samuel 28 16 Hiob 9,9 115 14.1 113 38,31 115 Psalmen 27,1-3 127f. 33,9 (LXX) 181 44.2 (LXX) 19,220 71,18 (LXX) 159 109,3 (LXX) 213
135,4 (LXX) 159 139,22 69 Proverbien (Sprüche) 8,22 213 8,25 213 22,28 192 Ecclesiastes (Prediger) l,l-3li 56 1,12 160 2,i4f. 56 2,22 56 5.4 60 7.17 59 12,7 57,116 Canticum (Hoheslied) 1,5-6 54 8.5 (LXX) 54 Jesaja 42.9 173 60,6 69 66,3-4 (LXX) 173 Jeremia 2.18 159 31.10 (LXX) 113 Ezechiel 13,3 (LXX) 172 18,23 182 33.11 182 Daniel 7 168 7,25 169 9 200 Amos 3,3 113 Sapientia (Weisheit) 7.25 219 7.26 218
234 11,4 158f. 17,2 114 17,5-20 162 Jesus Sirach 24,25 159 3. Esra 4,40 218
Register 3. Makkabäer 4,21 114 4. Makkabäer 9,24 114 13,19 114 17,22 114
b) Neues Testament Matthäus 1,iff.
133 10,32 181 12,40 124 13,24 ff 37, 178 16,19 180 16,23 167 19,12 91 19,28 182 21,15 159 21,44 167 26,37 127 26,39 43,126-128 27,45 124 28,1-6 122 122 28,1 28,19 191 Markus 1,39 170 3,15 170 5,2 ff. 170 6,13 170 14,33 127 14,36 126-128 15,33 124 16,1-2 122 16,17 170 Lukas l,ii 40 3,23 ff. 133 10,17 170 12,6 40 12,49 40 15,8ff. 40,44 174 IS.nff. 20,18 167 22,42 41,43,126 22,43 f. 41-43
22,45 f. 41,43 22,47f. 41 f. 23,44 124 23,56-24,2 122 Johannes 1.1 19 4,24 219 10,30 214,218 14,lof. 214,218 14,11 213,215 14,27 165 15,1 209 18,11 128 20.1 122 Apostelgeschichte 5.4 60 12.25 128, 199 13,5 199 13,13 199 17,34 50 Römer 9.5 69 9,32 f. 167 11.26 60 12.2 128 14,17 196 14,23 122 1. Korinther 1,24 213,218 4,13 164 6.2 130 6,2 f. 182 7 37 7,5 122 10,4 159 15,8 164 15,41 112 16,22 190
Stellen
Galater l,8f. 190 Philipper 2,6ff. 129 Kolosser 1,15 205,210,213 2. Thessalonicher 2,1 195 l.Timotheus 2,lf. 167 2. Timotheus 2,18 184 Titus 1.12 163 2.13 195 3,10 190 Philemon 12 158 I.Petrus 2,3 181 2.8 167 5,13 78 2. Petrus 3.9 182
235
l. Johannes 1,5 218 2,22 211 3,2 195 Hebräerbrief 1,3 218 10,34 152 Jakobus 1,13 130 4,if. 61 Johannesapokalypse l,if. 199 3,5 181 4,9 199 13 168, 172f. 13,5 168f. 13,11 ff. 172 13,14 172 17,8 172 17,11 172 20,4 194 22,3 61 22,7f. 199
c) Antike Autoren Anastasius Sinaita Hodegos (PG 89, 289 C) 33 f. Quaestio 23 zu Gen 2,8.9 33, 35-37 Aristides Apologia 16.6 168 Athanasius von Alexandrien De decretis Nicaenae synodi 25.3 211 25.4 f. 53 25.5 206f. 26.1 211 26,2ff. 201, 207 26.2 207, 223 26.3 208, 212, 214 26.4 213 26.7 214 30,4 223 De sententia Dionysii 29, 53, 201 ff., 204
1,1 208 3,3 208 4 4 4,1 206 4,2 208 4,3 31 5,1 205 6,1 31, 208 7 32 7,1 208 9,2 206 10,1 206 12,2 206 13,1 206 13,2 207f. 13,3 206 14,lf. 208 14,2 206 15,1 213, 218 15,2f. 218 15,4.5 219
236 17
Register 58
17.1 209, 211, 219f. 17.2 209, 212, 217 18,1 209 18,2f. 209, 219 18.3 206f., 219 18,5 219 20 213 20,3 209, 219 21,3 209 22,1 208 23,1 208 23,2.3f. 219 23.3 209 25,1 218 26.1 206 Epistula ad Afros 1.4 192 6 223 Epistulae heortasticae X,l 140 De synodis 27,6-7 218 43 206 43.4 207 44.2 206 f. [Epistula ad episcopum Persarum] 48 Athenagoras Legatio pro Christianis 4.1 117f. 10 219 10,1 118 22.5 118 Augustinus De unico baptismo 13 186 Basilius von Caesarea Epistulae 9.2 31, 53 188 can. 1 30, 54, 125, 188 De Spiritu Sancto 29 31, 53, 206, 209, 212 Constitutiones apostolorum VIII,32 89 VIII,47,22 98 Cyprian von Karthago De ecclesiae unitate 180 3 191
Ad Demetrianum 147 Epistuale 59,9 178f. 59.16 178 60,1-2 155 61 155 68.2 179 68,5 155 69,1 185, 190f. 69.17 190 70 186 71,1 185 71,4 186 72.3 190 73 186 73.1 185 73.2 190 73.3 186 73.4 186,190 73,11 186 73,26 190 74,1 185 [75] 137, 204 [75,2] 187 [75,2f.] 189 [75,5] 185, 190 [75,6] 189f. [75,7] 187 [75,17] 189 [75,19.25] 187 80 193 De lapsis 178, 180 De mortalitate 14 147 Decretum Gelasianum 111,3 79 Didaskalia (syr.) 26, 124 f. 1,3 71 V,14,9-12 124 Didymus der Blinde Ekklesiastes-Kommentar von Tura 8,5 ff. 189 Dio Cassius LII,14-40 153 LII,36,lf. 135 Dionysius von Alexandrien (bei Athanasius, Euseb u. a. überlieferte Fragmente s. dort) An Aphrodisius 59, 109
Stellen An Basilides 37,43, 53,68f., 108, 121-125, 149 Bu briefe 40, 59 Ekklesiasteskommentar 37, 55-57, 59f., 115-119 An Euphranor und Ammonius 64, 205f., 208, 210 An Konon 44, 54f., 171, 180ff. Osterfestbriefe 59, 138-177 "Ελεγχος και απολογία 64, 20lff., 206f. Κατά Θεοφίλου 38 Περί γάμων 37, 59 Περί γυμνασίου 59, 164 Περί επαγγελιών 58, 194-200 Περί μαρτυρίου 33, 36, 41-43, 108f., 122, 125-131 Περί πειρασμών 61 Περί σαββάτου 59 Περί φύσεως 58f., 109-115 Epiphanius Ancoratus 13 16, 25 54 119 54 f. 16, 25 62 119 62f. 16, 25 Panarion 62 215 64 16, 25, 88 64.2 98 64.3 91 64,12-62 17 64,47 119 Euseb von Caesarea Historia ecclesiastica 11,16,1 79 11,24 79 11,25,6.7 197 111,4-5 197 111,14 79 111,25,2.4 198 111.28.3 197 111,29 189 111.31.4 197 111,39,15 78 IV,21,3 169 IV,22,9 189 IV,23,3 51 17 Bienen: Dionysius
237 IV,28 169 V,2,5 181 V, 10,1 82 V,10,1.4 85 V.10,1-4 86 V, 11,2 83 V,ll,5 82 V,22 139 V,23,3 139 V,24,9f. 187 V,24,12-17 187 V,25 81, 105, 139 V,28,14f. 129 VI,l 90 VI,2 175 VI,2,2 91 VI,2,3ff. 88 VI,2,9-10 120 VI,2,11 88 VI,2,12 91 VI,2,15 92 VI,3, l 83 VI,3,lf. 102 VI,3,l-6 91 VI,3,2 92 VI,3,3 85, 91, 93 VI,3,8 84f., 92 VI,3,13 92 VI,4,1 93 VI,4,l-3 91 VI,5,2 93 VI,6 83, 85 VI,7 200 VI,8,l-2 91 VI,8,4 95 VI,8,4f. 98 VI,13,2 83 VI,14,2f. 152 VI,14,8 91 VI,14,8f. 105 VI,14,10-11 93 f. VI.15 83, 85, 94, 102 VI,18,1 95 VI,19,7 89 VI,19,8 175 VI,19,9f. 89 VI,19,12-14 92, 102 VI,19,13 86, 95, 100 VI,19,16 93
238
Register
VI,19,16-19 94 VI,19,17 97 VI,20,3 197 VI,22 87 VI,23,1 95 VI,23,l-2 95 VI,23,4 88, 95, 99 VI,24-25 95 VI,25 79 VI,25,11-14 152, 200 VI.26 71, 83, 95 VI.27 29, 97 VI.28 43, 126 VI,29,4 1, 21, 71, 83, 106 VI,31,2 102, 133 VI,33,l-3 131 VI,33,4 88 VI,34,1 169 VI,36,4 23, 88, 99, 131 VI,37 131 VI,40 144f. VI,40,1 144 VI,40,l-9 144 VI,40,1.4 144 VI,40,3 111, 114, 130 VI,40,4-9 144 VI,40,5 144 VI,41-42;44 150, 184 VI.41,1 134, 150f. VI.41,8 134, 152 VI,41,9 150f., 169 VI,41,10-13 178 VI,41,llff. 182 VI,41,20 130 VI,42,3 111 VI,42,5 130, 152, 182 VI,42,5-6 150, 181 VI.43 184 VI,43,2 179 VI,43,5-6.20 179 VI,44,1 150, 179 VI,44,2-6 181 VI,45 64, 183 VI,46,1 182 VI,46,lff. 180 VI,46,2 33, 54, 136 VI,46,3 29, 108, 184 VI,46,3-5
VI,46,5
183
137, 179
VII, prooem. 4, 29 VII,1; 10; 23 143, 156, 166 VII,1 155, 167f. VII.2-9 188 VII,4-5,2 64 VII,5,l-2 65, 184f., 188f. VII,5,3-6; 6; 9,1-5
50
VII,5,3-6; 6 191 VII,5,4.5 187 VII,5,5-6 65 VII,5,6 189, 192 VII.6 201, 204f., 210, 213 VII,7-8 191 VII,7,1 68 VII,7,1.3 72 VII,7,4 75, 107 VII,7,5 187f., 192 VII,7,6; 8 65 VII, 7,6 68 VII,8 171, 184 VII,9,l-5 192 VII,9,1 68 VII,9,2 75, 107, 192 VII,9,5 182 VII,9,6 188 VII,10 168ff., 200 VII,10,3.6 223 VII,10,4ff. 146 VII,10,6 171 VII, 10,8 f. 172 VII,11,1-17 144 VII,11,1-19 143, 145 VII,11,3 144, 206 VII,11,5 206 VII, 11,6 144 VII,11,6-11 30, 72, 147, 206 VII,11,8 145, 168 VH.11,15 206 VII,11,18 72 VII,11,18-19 145 VII.l 1,20-25 144 f., 154 VH.11,20 144, 155 VII,11,22 155 VII,11,24 147, 159 VII, 11,26 149 YII.13 143, 173 VII.17 97 VII,20-26 150 VII,20-22,11 142
Stellen
VII,20 138, 140f., 145, 154-156 VII,21 146 VII,21,1 145, 146, 149-152 VII,21,l-2 143 VII,21,2 151, 157 VII,21,2-10 143, 157 VII,21,3 140, 158 VII,21,5-6 151 VII,21,10 160 VII,22 146, 149 VII,22,1 141 VII,22,2-10 143, 162 VII,22,4 153 VII,22,4-6 146, 151, 165 VII,22,6 159 VII,22,7-10 164 VII,22,8 130, 152 VII,22,11 59, 143, 147, 156, 164 VII,23 173 f. VII,23,1 145 VII,23,2 146 VII,23,3 172 VII,23,4 143 VII,24-25 58, 149, 194ff. VII,24,l-3 194 VII,24,4 195 VII,24,5 140 VII,24,6 194 VII,24,6-9
196
VII,24,7 196 VII,25 79, 197ff. VII,25,2 61 VII,25,2-4 197 VII,25,4 198 VII,25,6-27 198 VII,25,7 199 VII,25,11 199 VII,25,12 168 VII,25,15.22 199 VII.26 149 VII,26,1 201, 205 VII,26,2 53, 59, 111, 136 VII,26,3 53, 56, 108, 121 VII,27,2 71, 134 VII,28,3 134 VII,28,4 223 VII,30,3 28, 47 VII,32,20 85 VII,32,26-27 84 17*
239
VII,32,30 84, 223 VII,32,30f. 223 Praeparatio evangelica VII,18,13 205 VII.19 53, 201 VII,19,l-8 114 VII,19,3.5 117 VII,19,7.8 117 XIV,22,17 29, 115 XIV,23-27 53, 109ff. XIV,23,1 112 XIV,25,lff. 115 XIV,25,4 113 XIV,25,6 112 XIV,25,9 112 XIV,25,10 113 XIV,25,17 113 XIV,26,lff. 113 XIV,26,4 113 f. XIV,26,6 113 f. XIV,26,9 113 XIV,27,lff. 112 XIV,27,1 117 XIV,27,2 113 XIV,27,3 58 XIV,27,8 115 Ζητήματα και λύσεις 123 Firmilian s. Cyprian, ep. 75 Gennadius Liber ecclesiasticorum dogmatum 4 31 De viris illustribus 33 101 Gregorius Thaumaturgus Oratio panegyrica 174 f. Hieronymus Adversus libros Rufini 1,1.6.11 12 11.17 32 11.18 81, 99 Comm. in Jes. lib. 18, praef. 32, 49 Epistulae 33.4 81 33.5 23, 97f. 48,3 32, 37 49 (48) 32 49.19 37, 178 51 16
240
Register
57,2 ff. 12 70,4 32
82; 86-90 16 92 16 [96; 98; 100] 16 [98,6] 16 99 16 124 12, 16 124,1 12 146,1 32, 76, 194 De viris illustribus 98 8 79 54 81, 97f., 175 56 95 59 197 61 93, 95 69 l, 21, 32f., 47, 54, 56, 71, 73, 106, 108, 134, 188 76 21, 84, 223 Hippolyt
In Danielem 200 Contra Gaium 197 Refutatio omnium haeresium VI,15f. 159 VII,7 197 VII,31,2 212 VII,33 197 IX,11-12 215 IX,11,1.3 215 IX,12,15.16ff..l9
215
IX,12,22f. 37 IX,12,26 186 IX,13,1 179 IX,15,1 186 IX,20ff. 178 X,19,l 212 X,21 197 X,27,3-4 215 X,27,4 216 Traditio Apostolica 12 89 [Contra Noetum] 215 Historia Gall. Gall. Gall. Gall. Sept.
Augusta 150 4,1 f. 146 5,2.5 148 5,6 146 9,1 146 Sev. 17,1 90
Trig. Tyr. 22 146 Trig. Tyr. 26,4 146 Ignatius von Antiochien An die Epheser 8,1 164 18.1 164 An die Römer 6,3 126 Irenaeus Adversus haereses 1.26.1 197 111.3.4 197 111,9 78 111,11,1 197 Isidor von Pelusium Epistulae 1,39 63 111,219 63 Johannes Damascenus Expositio fidei I,6ff. 47 Josephus Antiquitates 1,1,3 159 11,285 171 Justin Apologia 1,17,3 168 1,29 80 11,7 168 11,7,3 109 11.12.5 109 11,15,3 109 Dialogus cum Tryphone 81,4 198 Justinian Epistula ad Menam 11, 16f., 30, 101 Klemens Alexandrinus Eclogae propheticae 56.2 83 Stromateis 1.11.2 83 1.11.3 82 1,19 193 IV,9,75,3 182 1. Klemensbrief 80 60,4-61,3 167 61,1 167
Stellen
Ps.-Kyrill von Alexandrien De trinitate 47 Lactantius Divinae institutiones 111,17 111 Leo I. (der Gro e) Epistulae 9, praef. 79 Lukrez De rerum natura, 1090-1286
163
Melito von Sardes De pascha 161-163 Methodius De cibis 1,1 25 De resurrectione 15 f. 1,20-11,8,10 17 111,3 16 Minucius Felix Octavius 9,5 170 [Nilus] Peristeria sectio IX,7 56 Niketas von Heraklea Lukas-Katene 36, 39, 40-43, 44 [Hiob-Katene] 35f., 38-40 Origenes Contra Celsum 1,8 112 11,25 127 111,31 183 111,80 112 IV,14 112 IV,40 119 VII,55 127 Exegetica In Exodum, hom. IV,6 175 In Exodum, Sei. 61 In Leviticum, hom. V,7 175 Hom. in Jos. 7,1 175 Hom. in Jos. 7,6 104 Hom. in Jos. 26,2 175 Comm. in Canticum, prolog. 195 Hom. in Ez. 111,3 175 Comm. in Mt. 15,1-3 92 Comm. in Mt. 17,35 195
241
Comm. in Mt., ser. 92 126, 128 Fragmenta in Mt. 58,244,257 212 In Lucam, hom. 16 104 In Lucam, hom. 25 12 Comm. in Johannein 101 I,23f. 19 1,38 19 11,10,75 212 VI, l-12 96 VI,8ff. 96 VI,25 193 X 123 XXXII,23 127 Comm. in Romanos 14 V,8 193 Comm. in Titum 193 Exhortatio ad martyrium 28 130 29 126ff. Philokalia 10, 17, 24 De principiis 7, 9, 11-15, 17 1,2,7 219 1,2,10 219 1,3 219 11,11 195 Pamphilus Apologia pro Origene l I, praef. 97 Philo Legum allegoriae 1,63—87 159 De posteritate Caini, 129 159 De somniis, 11,242 159 Περί προνοίας 113 Photius Bibliotheca Cod. 48 197 Cod. 106 24 Cod. 117 102, 108 Cod. 118 l, 29, 81, 84, 88, 96, 99 f. Cod. 232 29, 33, 97, 108 Συναγωγαι και αποδείξεις c. 9 101 Plotin Enneaden 111,2,2 219
242
Register
Polykarp An die Philipper 12,3 167 Ps.-Dionysius Areopagita De coelesti hierarchia VII,2 39 Epistulae 7 (An Polykarp) 50 7,2.3 50 8 (An Demophilus) 44-46 8,5 44f. Rufinus Praefatio zu Origenes, De principiis 3 12 De adulteratione librorum Origenis 5 32 7 12, 99 Socrates Historia ecclesiastica IV,23,54 148 V,22 16 VI.13,3 16 Tatian Oratio ad Graecos 5,2 ff. 219 Tertullian Apologeticum 7.1 170 8,2.7 170 9.2 ff. 170 21,10-13 219
21,12 219 30.1 168 39.2 168 De baptismo 15 186 Ad martyras 1 181 Adversus Praxean 202 8 219 10,2f. 219 De pudicitia l,6ff. 179 22 182 Theodoret Haereticarum fabularum compendium 11.8 32, 47 11.9 32 111,5.6 32 Theophilus von Antiochien Ad Autolycum 1,4.6 115 1,11 168 11,15 19 11,20 159 11,24 119 Thukydides 11,47-54 163 11,48,1 148,154 11,51,5.6 164 11,52 165 11,64,1 163
2. MODERNE AUTOREN
Abraham Ecchellensis 73 Achelis, H. 37 Adam, A. 4, 7 Aland, K. 203 Alberigo, J. 11 Alföldi, A. 153, 155f., 166 Altaner, B. 5, 15f., 83, 223 Altendorf, H. D. 9 Andresen, C. 90, 112, 135, 143f., 146f., 166, 170, 186, 196, 215f. Armstrong, A. H. 112 Assemani, J. S. 73 Athenagoras, Metropolit 35 Atzberger, L. 198
Bailey, C. 109 Balthasar, H. U. von 34, 50 Bardenhewer, O. 4, 22, 30, 35-37, 39, 41f., 50-52, 55f., 61, 63, 82, 88, 99, 101, 108f., 111, 132, 137, 139, 142, 144f., 188, 194, 197 Bardy, G. 4, 14, 48, 62f., 66, 70, 82-86, 146, 148 Barns, J. 16 Basset, R. 49, 74 Baud, R.-C. 14 Bauer, W. 9, 43, 75, 77, 79f., 124, 164, 170 Baus, K. 11, 23, 82, 90, 126, 138, 141, 185
Moderne Autoren
Beck, G. 14 Beck, H.-G. 34, 53 Behm, J. 113 Bell, H. I. 77 Benesevic, V. N. 54 Bernoulli, C. A. 101, 144f. Bethune-Baker, J. F. 4 Beyschlag, K. 178 Bianchi, U. 13 Biehl, L. 167 Bieler, L. 88 Bien, G. 118 Bienen, W. A. 2, 6, 8, 16, 23, 26f., 38, 52, 68f., 109, 111, 160, 212 Bietenhard, H. 24, 194, 198 Binder, G. 189 Bleicken, J. 135 Boehmer-Romundt, H. 31, 63f. Bogharian, N. 67 Bonwetsch, N. 5f., 16, 25, 49 Borret, M. 119 Bouma, S. J. 39, 41, 43, 55-57, 69, 109, 114, 117, 140f., 143f., 155 Bousset, W. 83 Brakmann, H. 74, 76 Brandon, S. G. F. 78 Brox, N. 126 de Bruyne, D. 31, 64 Burel, J. 145 Burke, J. 48 Cadiou, R. 88, 95 Calderini, A. 158 Camelot, P. Th. 3, 141 Campenhausen, H. von 5, 8, 26, 126, 139, 183, 186, 197-199 Caspar, E. 76 Cavallera, F. 69 Chadwick, H. 2, 4, 14, 16, 24, 90, 100, 103, 112, 203 Cheikho, L. 73 Christ, W. 69 Clarke, G. W. 155 Colson, F. H. 35, 156 Conybeare, F. C. 27, 68f., 124, 189, 191, 210 Conzelmann, H. 167 Corderius, B. 44 Cramer, J. A. 60-62
243
Crouzel, H. l, 6, 8-10, 13, 18, 29, 103, 118f., 175 Crum, W. E. 76 Danielou, J. 7, 88 Davids, T. W. 34 Deissmann, A. 81 Delling, G. 171 Devreesse, R. 38 Dibelius, M. 167 Diekamp, F. 11 Diobouniotis, C. 198 Dittrich, F. 21, 34-37, 39-41, 43f., 46, 48, 51, 54-56, 59, 71, 73, 108f., 111, 114, 141, 144-146, 188, 192, 194 Dix, G. 137 Dobschütz, E. von 79 Dodds, E. R. 168 Dodwell, H. 82 Dölger, F. J. 167, 186, 218 Döllinger, I. 101, 104 Dörrie, H. 62, 212, 219 Dörries, H. 62 Eisele 74 Eiert, W. 42 Ehester, W. 13 Ernst, J. 187f., 192 Esbroek, M. van 27, 67 Evans, D. B. 15 Evetts, B. 74f. Farina, R. l Faulhaber, M. 115 Faye, E. de 13 Feltoe, Ch. L. 3, 26f., 33, 35, 37, 39-45, 51f., 54-60, 62f., 65f., 68, 73, 108f., Ulf., 121-123, 125, 127-130, 142-146, 148, 157, 159, 161, 163f., 167-169, 172, 180, 189, 191, 201, 208 f. Foerster, Th. 4, 144f. Forget, I. 74, 81, 102, 111 Fraigneau-Julien, B. 42, 47 Frend, W. H. C. 135, 150, 170 Frickel, J. 159 Fritz, G. 6 Früchtel, E. 91, 98, 127, 130
244 Früchtel, L. Funk, F. X.
Register
113 71, 98
Gärtner, H. A. 137 Gallandi, A. 41, 52, 56 Galtier, P. 216 Geffcken, J. 118 Gericke, W. 2, 7, 22 Gögler, R. 89, 118 Görgemanns, H. 9 Graf, G. 73f. Gram, M. 135 Grant, R. M. 88, 120, 132, 160 Grenfell, B. 78 Grillmeier, A. 19, 208 Grimm, J. 156, 163 Gronewald, M. 77 Grotz, J. 182 Gülzow, H. 137, 155, 179 Gueraud, O. 16 Guillaumont, A. 11, 14 f. Guillaumont, C. 14 Guillet, J. 5
Holzhey, C. 124 Hornschuh, M. 23, 84, 88-92, 94f., 99 Huber, W. 157, 160-162 Hübner, R. 8, 215 Hunt, A. 78 Ivänka, E. von
7
Jonas, H. 11-14 Jordan, H. 69f., 136, 139, 141f. Jungmann, P. 68f., 189, 191, 210
Karo, G. 57 Karpp, H. 9, 178 i. Karst, J. 35, 148 Kasser, R. 77 Kelly, J. N. D. 208 Keresztes, P. 147, 155 f. Kettler, F. H. 6,8,16,90,119,123, 132, 223 Klauser, Th. 203 Klostermann, E. 16 Haeuser, Ph. 137 Knauber, A. 86 Hagedorn, D. 5, 40 Knipfing, J. R. 135 Hagedorn, U. 40 Koch, Hai 8, 84, 88, 90, 92f., 114 Hagemann, H. 104, 205 Koch, Hugo 23, 92f. Hansen, G. Chr. 82 Koenen, L. 40 Hanson, R. P. C. 91, 119, 132, 186, Koetschau, P. 12f., 17, 82, 86, 127, 216 174 Hanssens, J.-M. 138 Kotier, B. 47 Harl, M. 118, 219 Kraft, H. 88, 137, 203, 217 Harnack, A. (von) l -5,12,16,24,30, Kretschmar, G. 31 33f., 36f., 39-41, 43f., 46, 48-50, Kümmel, W. G. 78, 159 52, 54-57, 59, 61-68, 73, 75f., 79, 81, 88, 90, 93, 95, 100-102, 104f., 108, 112, 135f., 139-142, 144f., Labriolle, P. de 147 150,166f., 170,188,192,194f., 198, Läuchli, S. 119 201, 205f., 208, 212, 215, 222f. Lampe, G. W. H. 137, 194 Hatch, E. 113 Langerbeck, H. 82 Hauschild, W.-D. 30 Lasswitz, K. 109 Heckel, A. 76, 79 Lausberg, H. 165, 176 Hengel, M. 74 Lawlor, H. J. 144f., 149, 157 Hilgenfeld, A. 197 Lebreton, J. 146, 148 Hipler, F. 34-37, 39f., 46, 62 Lehmann, F. 82 Hirschberg, M. 131 Liesenborghs, L. 189 Holl, K. 11,17,37,52,58-60,118, Lietzmann, H. 4, 57, 75, 77, 95, 123, 142, 160, 163 159, 178, 182, 185, 201f., 204, 206
245
Moderne Autoren
Lipsius, R. A. 78 Lohse, B. 4, 19, 157 Loofs, F. 4f., 7, 19, 33, 48, 55, 62, 65-67, 129, 208, 216 Magistris, S. de 36-38, 40, 42, 48, 51, 54, 56, 65 Mai, A. 40f., 44, 52 Mantzarides, G. 13 Marcus, W. 19 Martin, P. 50f., 64, 66, 70 Martindale, J. R. 146 McLean, N. 65 Mercati, G. 63 Merkel, H. 62, 123 Merki, H. 195 Mikat, P. 167 Millar, F. 135 Miller, Ph. S. 35, 59, 111, 156, 160, 163, 165f., 175f. Mörsdorf, K. 79 Molthagen, J. 90f., 134f., 144, 147, 150, 153, 155f., 206 Mommsen, Th. 93, 142, 146-148, 158 Mras, K. 29, 53, 58 Mühlenberg, E. 8 Müller, G. 118 Müller, K. 4f., 20, 75, 97, 104f., 185, 188, 192, 202-206, 208, 221 Müller, W. 138 Munck, J. 83-85 Musurillo, H. 207
Nau, F. 124 Nautin, P. 16, 102, 104, 137, 150, 157, 182 f. Nelz, H. R. 84f. Nilsson, M. P. 74 Norden, E. 175f. Normann, F. 83 Oost, St. I. 147, 149, 151, 153, 156, 158, 171f. Opitz, H.-G. 3, 7, 17, 29, 31, 53, 58, 63f., 201, 204-210, 218, 221 Orbe, A. 202, 219, 221 Oulton, J. E. L. 90, 144f., 149, 157
Page, D. L. 163 Pannenberg, W. 19 Papadopoulos, Ch. A. 71, 73 Papadopoulos, St. G. 198 Parry, A. 163 Pepin, J. 120 Pericoli-Ridolfini, F. 76, 82 Perler, O. 157, 160 Peterson, E. 177 Pitra, J. B. 44, 52, 54f., 57, 59, 62, 64, 66, 70, 180 Pohlenz, M. 110 Pollard, T. E. 19, 208 Poschmann, B. 180, 182f. Prestige, G. L. 216 Puech, A. 139 Quasten, J.
147
Radford, L. B. 2, 5, 21, 24, 82, 222f. Rahner, H. 167 Ratzinger, J. 219 Rauer, M. 12, 104, 120 Redepenning, E. R. 24, 84, 90f., 95, 99f., 175, 198 Redpath, H. A. 113 Regul, J. 78 f. Reichardt, W. 133 Reutterer, R. 138 Richard, M. 16f., 38, 46f., 61, 138, 140, 144f., 154-156, 215 Richardson, C. C. 100 Ricken, F. 216 Riedmatten, H. de 48, 216 Ritter, A. M. 46, 216 Roberts, C. H. 77f., 81 Robinson, J. A. 10 Roch, G. 109-111 Roethe, G. 207 Roques, R. 35 Routh, M. J. 39f., 52, 54 Rudolph, K. 13 Ruhbach, G. 85, 90 Santos Otero, A. de 17 Sattler, W. 185, 188, 192f. Schaefer 74 Schäublin, Chr. 5, 120, 132
246
Register
Scherer, J. 14, 131 Schmid, W. 109-112 Schneemelcher, W. 25, 77, 79, 139, 157, 177 Schneider, Chr. 163 Schneider, J. 136 Schräge, W. 171 Schubart, W. 158 Schwabl, H. 118 Schwarte, K.-H. 90, 116-118, 200 Schwartz, Ed. 11, 48f., 52-54, 65f., 76, 101, 138-143, 145-148, 154, 169, 172, 182f. Schwartz, J. 135 Seeberg, R. 4, 202, 204, 206 Seitz, K. 91 Sickenberger, J. 39-42, 44 Sieben, H. J. 131, 196 Simonetti, M. 5, 12, 25, 32, 99, 213 Soden, H. von 185 f. Sordi, M. 144, 146, 148f., 156, 166, 169, 172, 174 Speyer, W. 51 Staab, K. 60 Staats, R. 2, 27, 159 Stählin, G. 164 Stählin, O. 69, 83, 113, 214 Stahl, H.-P. 163 Stegmann, A. 31 Stein, A. 146 Stiglmair, J. 51
Sträub, J. 9 Studer, B. 15 Stuiber, A. 5, 15f., 83, 223 Ter-Mekerrtschian, K. 68 f. Ter-Minassiantz, E. 68 f. Tetz, M. 215 Tidner, E. 71 Treu, K. 7 Turner, C. H. 31, 198 Vielhauer, Ph. 77 Villain, M. 11, 25 Völker, W. 160 Vogt, H. J. 62, 104, 138, 178f., 184 Vogt, J. 135 Wagner, M. 14 Walch, Ch. F. W. 11, 95, 98-100, 198 Waszink, J. H. 117 Weber, K.-O. 90 Wengst, K. 197 Wifstrand, A. 176 Winkelmann, F. 14 Young, P.
38 f.
Zahn, Th. Zeller, Ed. Ziegler, K.
84, 215 110 f. 148
3. ANTIKE NAMEN, SACHEN UND BEGRIFFE
Achillas, alexandrinischer Presbyter 84 Ägypten 15, 25f., 71, 75, 77, 82, 96, 101, 105, 107, 193-200 Ägypterevangelium 77 Aemilian, römischer Statthalter 72, 144, 146f., 168, 206, 217 Agrippinus v. Karthago 186 Alexander v. Alexandrien 2, 217 Alexander v. Jerusalem 24, 91, 94, 99 Alexander Severus 169
Alexandrien 2,5,19,23-26,28,71f., 75-81, 82f., 86, 153ff., 201, 211, 222 f. Allegorese, allegorisch 5, 8f., 16, 21, 55, 119f., 123, 129, 132, 159, 194-196, 198 Ambrosius, Freund d. Origenes 94f., 107 Ammon v. Berenike 205f., 208, 210 Ammonius Sakkas 8, 90, 92f., 102 Ammonius v. Thmuis 101
Antike Namen, Sachen und Begriffe
Anastasius Sinaita 33—35, 37f. Annianus (Bischof v. Alexandrien) 76, 78f., 82 Antiochien, Synode v. 251 29, 108 -, Synode v. 268 28f., 47f. —, antiochenische Theologie 5, 25 Apelles 190, 212 Aphrodisius 59, 109 Apokatastasis 9, 118 Apokryphen 189 Apollinaris, apollinaristisch 16, 49
70 Apologeten 19f., 168, 177, 202, 221 απόρροια 219 Aristides 133 Aristoteles 112, 115, 129, 195 Arius, arianisch 5, 25, 29, 31 f., 201, 206-208, 217f. αρχή 212 Asklepiodot 129 Arles, Synode v. 314 65, 191 Athanasius v. Alexandrien 5, 17, 29, 31f., 53, 56, 58, 63, 139-142, 201, 206-208, 211, 218, 221, 223 Athanasius v. Anazarbus 63f., 201 Athanasius ibn Kalll (f 1261) 73 Athenagoras 82 Athenodor 24 Atomismus 109-113, 115 Auferstehung 15f., 21, 122ff. Balsamon, Theodores 53 f. Basilius 10, 17, 24, 30f., 38f., 53, 188 Baukaliskirche 79 Beryll v. Bostra 131 Bischofsliste, alexandrinische 76 Bu e 37, 135, 177f., 180if. Bu stufen 182 Caesarea (Pal stina) 5f., 24, 86, 90, 94-97, 100, 106f., 131, 175-177, 222 Caracalla 93, 135 Cassian 140 Cassiodor 84 Candidus (Valentinianer) 99 Ch remon v. Nilus 111 Chiliasmus 49, 121, 136, 149, 166, 174, 193-200, 214
247
Christen Verfolgungen 30, 134 f., 143-147, 153-155, 166, 168, 170, 177, 193, 206 Christologie 9, 19f., 128 ff., 132, 161f., 165, 205, 210f., 215, 218ff. Chronicon Orientale 73, 75,107,111 Chronograph v. 354 148 Claudius Julianus, r mischer Statthalter 91 Chrysostomus 39f., 42 Cod. Vatop. 236 17, 38, 56f., 115ff., 119f. Constitutio Antoniniana 135 Corneliusv. Rom 29,155,167,179f., 184 f. Cyprian v. Karthago 26, 72, 136f., 147-149, 155f., 163, 178-180, 182, 185-188, 190-193, 207 Decius 134f., 143f., 147-151, 153-155, 166, 177 Demetrianus v. Antiochien 184 Demetrius v. Alexandrien l, 5, 23, 73, 75-77, 81, 83f., 87, 90, 92-103, 105, 107, 111, 139, 222f. Demokrit 111 Didymus, Presbyter 143-145, 147, 154 f. Didymus der Blinde 8, 11, 16, 24, 40, 58, 77, 82, 116, 133, 189 Dio Cassius 134f., 150, 153 Diogenes Laertios 111 Dionysius Bar Salibi (t 1171) 197 Dionysius v. Halikarnass 39 Dionysius v. Korinth 51 Dionysius v. Rom 28, 64f., 184, 187, 190-192, 200ff., 211-217, 223 Dioskur v. Alexandrien 79, 136 Dioskur, alexandrinischer M rtyrer 130 Dometius, Presbyter 143 — 145, 147, 154 f. Elchasai 186 Emanation 219 Epikur, Epikureismus 196 Epiphanius v. Salamis 25, 119
109—115,117, llf., 14, 16f.,
248
Register
Erotapokrisis 62 Euagrius Ponticus 11, 14f., 24 Eucharistie 181f. Euklid 129 Euphranor 205f., 208, 210 Euporos 205 f. Euseb v. Caesarea 1, 5, 7, 12, 22, 24, 28-30, 32f., 43, 50, 52-54, 56, 58f., 64f., 71-73, 75f., 79, 81-85, 87-100, 112-115, 121, 123, 134, 136f., 139-152, 154-157, 160, 166, 177, 183, 188, 194, 197f., 201 Eustathius v. Antiochien 16, 25 Eutychius v. Alexandrien 107 Fabianus v. Rom 23, 99, 131, 150, 155, 179 Fabius v. Antiochien 130, 134, 150-152, 178f., 181f., 184, 191, 193 Felicissimus v. Karthago 135, 178 Firmilian 24, 28f., 108, 137, 184f., 187f., 190, 192f., 204 Flavius 143, 145, 155 Fortunatus v. Karthago 135, 178 Gaius (R mer) 197, 200 Galenus 129 Gallienus. 134, 143, 150, 156, 166, 168, 173, 177 Callus 148, 155, 166f., 169 Georgius v. Scythopolis 34, 50f. Georgius Syncellus 33 Germanus 72, 111, 130, 143-145, 168, 206 Gnosis, gnostisch 7, 11, 13, 20, 77f., 80, 82 f. Gregory. Nazianz 10, 17, 24 Gregor v. Nyssa 8, 17, 22, 57, 195 Gregor Thaumaturgus 19, 24, 30, 37, 86, 174f., 182 Harmonistik 123 Hebr erbrief 152, 197, 200 Hebr erevangelium 77 Helenus v. Tarsus 108, 184, 187 Heraklas 5, 23, 71, 73, 75f., 83f., 91-97, 100-104, 105-108, 131, 133f., 191, 194, 222f. Herakleides 131
Herakleon 78 Heraklit 112 Hermammon (Brief an H.) 143 — 146, 156, 166-174, 200 Hermogenes 117 Hesiod 111 Hierax (Brief an H.) 140, 143, 146, 149-153, 157-162, 165 Hieronymus 11-14, 16, 23, 32, 37, 47, 56, 71, 73, 75f., 84, 95, 97-100, 134, 144, 148f., 175, 178, 181, 188, 197 Hierotheos 50 Hiob-Katene 40, 46 Hippolytv. Rom 33, 37f., 80, 82, 93, 103, 137f., 155, 178f., 186, 197, 200, 203, 212, 215f. Hippolyt, Diakon 137f. Historia Patriarchum Alexandrinum 74-76, 111 Homer 11 If. Hymen us v. Jerusalem 48 Hypostasen 209, 212 Ignatius v. Antiochien 58, 126 Iren us v. Lyon 5, 17, 78, 187 Isidor v. Pelusium 63 Joannes Cyparissiota 34 Johannes, Apostel 128, 197 Johannes Damascenus 17,37,47,52, 58-60, 109, 118, 142, 160 Johannes v. Jerusalem 11, 16, 24 Johannes Markus 199 Johannes v. Scythopolis 34, 50 f. Johannesapokalypse 166, 168, 173f., 194, 197-200 Johannesbriefe 199 Johannesevangelium 168, 197, 199 Judas, Chronograph 200 Julian (Arianer) 5, 40 Justin 17, 80, 82, 85, 109 Justinian 11 f., 16f., 98 Kaliist v. Rom 37, 178, 186, 215-217, 220 κανονικός 54, 125 Katechumenat 82 ff.
Antike Namen, Sachen und Begriffe
, Katechetenschule', alexandrinische 3, 5, 25f., 71, 73, 75, 81-87, 90-95 ,Kelch' 126-128 Kelsos 112 Kerdon 212 Kerinth 197 Ketzertaufstreit 37, 64, 68, 80f., 135, 137, 142, 185-193,204,214 Klemens v. Alexandrien 2, 5, 17, 33, 56, 78, 83-86, 94, 103, 105, 109f., 112f., 152, 193 Konstantinopel, Synode v. 543 12, 14-16 -, Konzil v. 553 9,11-14 -, Konzil v. 680/81 11 -, Konzil v. 692 11 Korakion 196 Kreatianismus 112, 116 Kyrill v. Alexandrien 42,56,139,142 Laetus, r mischer Statthalter 91 Laktanz 109 f. ,lapsi' 130, 135, 150, 152, 178, 181f., 193 Leonides 90-92 Leontius v. Byzanz 15 Libyen 122, 136, 204ff. Logos(lehre) 19f., 114, 118, 132, 212f., 215, 218-220 Longinus (Rhetor) 175 Lucius v. Rom 155, 185 Lukian v. Samosata 5, 25 Lukrez 110, 163 Makarios (Alexandriner) 82 Makrianus 145-147, 156, 166, 169-173 Makrianus jun. 173 Markell v. Ankyra 2, 7, 22, 215 Markion, Markioniten 80, 83, 186, 190, 208, 211f., 214f. Markus, Apostel 73, 135 Markuslegende 78 f. Martyrium, M rtyrer 126ff., 152f., 155, 164f., 178, 181-183 Materialismus 112 Maximinus Thrax 155 Maximus, Philosoph 31, 53 Maximus v. Alexandrien 28, 81, 223
249
Maximus Confessor 34, 42 Maximus v. Karthago 178 Melito v. Sardes 157, 160-163, 176f. Menander v. Laodicea (Rhetor) 166, 173 Menas v. Konstantinopel 12 Meruzanes v. Armenien 136, 180 Methodius v. Olympus 5, 15—17,25, 119 μοναρχία 214, 217 μονάς 212, 214, 217 Monophysitismus 49, 51, 68 Montanisten (Pepuzener) 30, 80, 187f., 193, 197, 199f., 202 Mystagogie des Petrus (I. v. Alexandrien) 30, 101 Nepos 140, 194-197, 199 Nestorius 49 Nic a, Konzil v. 325 54, 98, 180 -.Konzil v. 787 11 Niketas Choniates 34 Niketas v. Heraklea 39 Nilus 56 Noet 80 νους 219 f. Novatian 29, 64, 80f., 135, 155, 177-181, 183-185, 190-192, 202, 211 οικονομία 129, 211 f. ομοούσιος 201-203, 208-211, 216-218 Origenes 1-26, 29f., 32f., 36-38, 41-43, 55, 61, 70f., 73, 78, 81, 83-109, Ulf., 114-120, 123-133, 137, 152, 157, 174-177, 183, 193195, 198, 200-204, 211-213, 216, 221-223 Origenes, Neuplatoniker 90 Origenismus, origenist. Streitigkeiten 2-4, 6-25, 26f., 55 Osterfest 122, 124 Osterfestbriefe 111, 138-177 Osterfeststreit 187 Ostertermin (Osterberechnung) 80f., 138 Osterzyklus 138, 141, 145, 154
250
Register
Pal stina 97, 105, 108, 132 Pamphilus 1,24,84,88,96-100 Panaitios 110 Pant nus 83-86, 94, 105 Papias v. Hierapolis 78 Paradiesdeutung 38, 115, 119f. Passafest 141 Paul v. Samosata 28f., 47-49, 65-67, 69f., 71 f., 134,216 Paulinus v. Tyrus 22 Paulus, Apostel 2, 35, 73, 75, 112, 136, 152, 158 περίψημα 164 Pest 134, 146-154, 156-160, 162-165, 168 Petrus, Apostel 78f., 136 Petrus I. v. Alexandrien l f., 5, 16 f., 30, 56, 82, 140f., 154, 223 Petrus ihn Rahib 73 Philemon, r mischer Presbyter 65, 72, 106, 188f., 191f. Philippus Arabs 151, 169 Philippus Sidetes 82, 84 Philippus v. Thmuis 101 Philo v. Alexandrien 58, 113, 119 Philologie, kritische 122, 127f., 132f., 198ff. Philosophie / Theologie 19, 103, 115 Phokas Bar Sergius 50 Photin v. Sirmium 218 Photius 33, 84, 96f., 99 Pierius 20f., 84, 223 Plato 103, Ulf., 115, 117, 176 Plutarch, Bruder des Heraklas 92 f. ποίημα 209, 213 Pontian v. Rom 138, 155 Porphyrius 89 f., 175 Poseidonios 110 Pr existenz der Seelen 8—10, 16f., 21, 57, 112, 116f., 132 Proklos (Montanist) 197 Prokop v. Gaza 55-57, 91, 108, 119 πρόνοια 110, 113f., 118 Ps.-Dionysius Areopagita 33—36, 39f., 43-46, 50f., 54, 60f., 63, 65, 68, 70, 180 Pythagoras 112 Quietus, Sohn d. Makrianus
173
Rechtgl ubigkeit/Ketzerei 9 f., 13, 22f., 77, 80, 104, 214, 217, 220 Rhetorik Ulf., 129, 132, 156f., 159f., 162, 165, 166ff., 169f., 173-177, 18lf., 192f., 209 Rhodon 82 Rom, r mische Kirche 28, 78—82, 98, 103, 105, 131, 154-156 Rufin v. Aquileja l, 11-15, 17, 29, 32, 84, 88, 99, 137, 141f., 148 Sabaeus/Sabaita 73 f. Sabazios 74 Sabellius, Sabellianismus 31, 64, 80, 129, 136, 200f., 203-209, 211f., 214-217, 220 Sch pfung 8, 20, 113f., 116-118 Schriftverst ndnis 3, 113, 118f., 122ff., 130 Serapion 181 Sergius von Resaina 51 Septimius Severus 83, 90 Severus ibn al-Muqaffa (10. Jh.) 74 Sextus Julius Africanus 33, 76, 102, 132 f. »Siegel des Glaubens' (armenisch) 69 f. .simplices' 114, 127, 131, 195, 222 Sixtus II. s. Xystus II. Sokrates (Kirchenhistoriker) 16 Sozomenus 84 Stephanus Gobarus 29, 33, 97, 108 Stephanus I. v. Rom 64f., 68, 184-187, 189, 191f., 205 Stoa, stoisch 110, 112-115, 123, 132 Subatianus Aquila, r mischer Statthalter 91, 93 Synaxarium Alexandrinum 74—76, 81, 102, 111 Synaxarium copto-arabicum 49, 74 Synerus 212 Taufe (vgl. auch Ketzertaufstreit) 68, 186, 188, 192f. Telesphoros 205 Tertullian 82, 200, 202f., 221 θέλημα γνωμικόν 42 Thelymidres v. Laodicea 180 Theodizee 114
64,
251
Antike Namen, Sachen und Begriffe
Theodor v. Mopsuestia 49 Theodoret v. Kyros 32, 47 Theodoros Anagnostes 82 Theodot, der Wechsler 129 Theognost 24f., 222 Theoktist v. Caesarea 24, 29, 33, 94, 97, 99, 108, 184 Theonas v. Alexandrian 84, 223 Theophilus v. Alexandrien 11,14,16, 56, 101, 115, 139 Theophrast 129 Theoteknus v. Caesarea 29, 33, 97 Thukydides 163-165 Timotheus, Sohn des Dionysius v. Alexandrien 59, 111 Timotheus Aelurus 27, 68 f. Traduzianismus 112 τριάς 212, 214, 217 Trinit t(slehre) 9, 19-22, 29, 31, 42, 203f., 206f., 209, 211 f., 217ff., 220, 223
Tritheismus 211 f., 217 Tura (Papyrusfund) 14, 16, 131 Tyrus 24 Valentin, Valentinianer 80, 82, 190, 202 Valerian 30, 134, 143-147, 150, 166, 168-170, 193, 206, 217 Viktor v. Rom 79,81,187 Volusianus 148 Weisheitsliteratur
160
Xystus II. v. Rom 34, 50f., 65, 68f., 106f., 182, 187, 190-193, 204f., 210,214 Zenobia v. Palmyra 69 Zephyrin v. Rom 79, 93, 197, 215 Zeugung, ewige 213 Zonaras, Johannes 53f., 148, 154f.
W DE G
Wilter de Gruyter Berlin · New\brk Patristische Texte und Studien Im Auftrag der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften zu Göttingen, Heidelberg, München und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz herausgegeben von Kurt Aland und Wilhelm Schneemelcher Groß-Oktav. Ganzleinen
A. de Santos Otero
Das kirchenslavische Evangelium des Thomas VIII, 193 Seiten. 1967. DM 42,- (Band 6)
Wolfgang A. Bienert
„Allegoria" und „Anagoge" bei Didymos dem Blinden von Alexandria XII, 188 Seiten. 1972. DM 58,- (Band 13)
P. Bonifatius Kotter
Die Schriften des Johannes von Damaskus
(Hrsg.)
Herausgegeben vom Byzantinischen Institut der Abtei Scheyern, besorgt von P. Bonifatius Kotter. Etwa 8 Bände. Band I: Institutio elementaris. Capita philosophica (Dialectica). Als Anhang: Die philosophischen Stücke aus Cod. Oxon. Bodl. Aue. T. I. 6. XVI, 198 Seiten. 1969. DM 48,- (Band 7) Band H: Expositio Fidei LX, 291 Seiten. 1973. DM 128,- (Band 12) Band III: Contra imaginum calumniatores oraüones tres XVI, 229 Seiten. 1975. DM 128,- (Band 17)
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A. de Santos Otero
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