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German Pages XI, 41 [46] Year 2021
Katrin Keller · Dennis Klinkhammer Eva-Maria Rottlaender
Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen Empirische Befunde zu Blended-Learning-Ansätzen
essentials
essentials liefern aktuelles Wissen in konzentrierter Form. Die Essenz dessen, worauf es als „State-of-the-Art“ in der gegenwärtigen Fachdiskussion oder in der Praxis ankommt. essentials informieren schnell, unkompliziert und verständlich • als Einführung in ein aktuelles Thema aus Ihrem Fachgebiet • als Einstieg in ein für Sie noch unbekanntes Themenfeld • als Einblick, um zum Thema mitreden zu können Die Bücher in elektronischer und gedruckter Form bringen das Expertenwissen von Springer-Fachautoren kompakt zur Darstellung. Sie sind besonders für die Nutzung als eBook auf Tablet-PCs, eBook-Readern und Smartphones geeignet. essentials: Wissensbausteine aus den Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften, aus Technik und Naturwissenschaften sowie aus Medizin, Psychologie und Gesundheitsberufen. Von renommierten Autoren aller Springer-Verlagsmarken.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13088
Katrin Keller · Dennis Klinkhammer · Eva-Maria Rottlaender
Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen Empirische Befunde zu Blended-Learning-Ansätzen
Katrin Keller Köln, Deutschland
Dennis Klinkhammer Köln, Deutschland
Eva-Maria Rottlaender Köln, Deutschland
ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716 (electronic) essentials ISBN 978-3-658-31850-5 ISBN 978-3-658-31851-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Marija Kojic Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Was Sie in diesem essential finden können
• Eine Einführung in Blended Learning und die Sequenzierung von Lerninhalten • Theoretische Grundlagen zum Lernprozess in akademischen L ehr-LernSettings • Die Bedeutung der Passung von mediendidaktischen Konzepten und Lerntypen • Grundlagen der Fachkompetenz- und Methodenkompetenzmessung sowie quantitativer Lernstandskontrollen in akademischen Lehr-Lern-Settings • Einen systematischen Vergleich von Präsenz-, Webinar- und Videovorlesungen • Handlungsempfehlungen für Lehr-Lern-Settings in Studiengängen im Gesundheits- und Sozialwesen • Einen Scientific-Use-File zur Reproduktion und Adaption
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Vorwort der Autorinnen und Autoren
Liebe Leserinnen und Leser, der digitalen Hochschullehre wird nicht erst seit SARS-CoV-2 eine entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet, aber das Sommersemester 2020 hat über die eigentlichen Akteurinnen und Akteure der Hochschuldidaktik und des Hochschulmanagements hinaus Lehrende und Studierende zur aktiven Auseinandersetzung mit den Grenzen und Möglichkeiten einer aussetzenden Präsenzlehre aufgefordert. Insbesondere in der Funktion als Lehrende haben wir unsere Erfahrungen systematisch hinterfragt und zusammengefasst, um allen interessierten Leserinnen und Lesern entsprechende Einblicke zu ermöglichen und Handlungsempfehlungen, insbesondere für Studiengänge im Gesundheits- und Sozialwesen, abzuleiten. Dabei setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie Präsenz-, Webinar- und Videovorlesungen als unterschiedliche Lehr-Lern-Settings miteinander verglichen werden können und welches dieser Lehr-Lern-Settings, hier beispielhaft für das - allseits beliebte - Fach Statistik analysiert, zu nachhaltigen Lernerfolgen aufseiten der Studierenden führen kann. Um insbesondere den Akteurinnen und Akteuren der Hochschuldidaktik und des Hochschulmanagements zeitnahe Einblicke in unsere Befunde zu ermöglichen, haben wir uns für eine Veröffentlichung in Form eines essentials entschieden. Ein Scientific-Use-File ermöglicht nicht nur weitere Einblicke, sondern auch die Reproduzierbarkeit unsere Befunde. Katrin Keller Dennis Klinkhammer Eva-Maria Rottlaender
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Theoretische Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Blended Learning als Lehr-Lern-Setting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Segmentierung und Sequenzierung der Lerninhalte in Lehr-Lern-Settings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 Lernen als Prozess in akademischen Lehr-Lern-Settings . . . . . . . . . 9 2.4 Mediendidaktische Konzepte unterschiedlicher Lehr-Lern-Settings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.5 Berücksichtigung verschiedener Lerntypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4 Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.1 Grundlagen zur kompetenzbasierten Evaluation von Studierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.2 Erhebungsinstrument – Teil 1: Kompetenzmessung . . . . . . . . . . . . . 22 4.3 Erhebungsinstrument – Teil 2: Lernstandskontrolle . . . . . . . . . . . . . 24 4.4 Auswertungsmethode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5 Datenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.1 Kennwerte auf einen Blick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.2 Vergleich der Fachkompetenz-SCORES. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.3 Vergleich der Methodenkompetenz-SCORES. . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.4 Vergleich der Lernstandskontrollen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
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Inhaltsverzeichnis
6 Diskussion der Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 7 Derivate und Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Scientific-Use-File. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Über die Autoren
Prof. Dr. Katrin Keller ist Professorin für Gesundheitspädagogik und Personalentwicklung an der FOM Hochschule in Köln und realisierte die theoretische Rahmung und Diskussion der Befunde unter mediendidaktischer Perspektive sowie unter besonderer Berücksichtigung des in diesem essential dargestellten Blended Learning Ansatzes. Prof. Dr. Dennis Klinkhammer ist Professor für Gesundheits- und Sozialmanagement, insbesondere empirische Sozialforschung an der FOM Hochschule in Köln und konzipierte im Rahmen dieses essentials die unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings im Fach Statistik und realisierte die quantitative Evaluation sowie die Lernstandskontrolle. Dr. Eva-Maria Rottlaender ist externe Lehrbeauftragte an der FOM Hochschule in Köln und realisierte im Rahmen dieses essentials die hochschuldidaktische Hospitation der analysierten Lehr-Lern-Settings zur qualitativen Validierung der Befunde.
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Einleitung
Digitalisierung ist für viele gesellschaftlichen Bereiche relevant. Sie durchdringt den privaten und beruflichen Alltag auf fast allen Ebenen und hat die Formen von Kommunikation und Interaktion grundlegend verändert (vgl. Mayrberger 2016); Dieser Einfluss hat in den vergangenen Jahren auch vor akademischen Lehr-Lern-Settings keinen Halt gemacht. Der mit der Digitalisierung einher gehende gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozess bedeutet für akademische Lehr-Lern-Settings beispielsweise, dass deren Digitalisierung mehr ist als die reine Digitalisierung der Medien und des Medieneinsatzes, sondern dass gleichermaßen auch eine medienbezogene Perspektive auf das Lehren und Lernen als Prozess erforderlich ist: Im theoretischen Diskurs wird hier unter anderem von einer Kultur der Digitalität als Element der mit den akademischen Lehr-LernSettings einhergehenden Lern-Kultur gesprochen (vgl. Mayrberger 2016). Nach Petko (2014) kann in Bezug auf die Gestaltung von akademischen Lehr-LernSettings und deren Ausgestaltung mit Lern-Kulturen auch von zu errichtenden Lernumgebungen gesprochen werden. In diesen Lernumgebungen stellen digitale Medien nur ein Element neben einer Vielzahl weiterer Elemente dar. Dabei führe erst die lerntheoretische, methodisch-didaktische und konzeptionell zielführende Verknüpfung entsprechender Elemente zu einem Lernerfolg. Eine entsprechende Aufmerksamkeit sollte daher der Errichtung der Lernumgebungen unter Berücksichtigung der vielfältigen Möglichkeiten im Umgang mit digitalen Medien zukommen. Dabei sind in den vergangenen Jahren zunehmend Mischformen und innovative Lehr-Lern-Settings von der Anreicherung herkömmlicher Präsenzveranstaltungen bis hin zu einer umfassenden Virtualisierung entstanden, wobei die Wirkmechanismen digitaler Medien aber nicht immer unter kontrollierten Bedingungen eingehend wissenschaftlich analysiert werden konnten: Schließlich © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 K. Keller et al., Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2_1
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findet Lehren und Lernen vornehmlich in der Praxis und nicht im Labor statt. Das Sommersemester 2020 bedeutete für akademische Lehr-Lern-Settings, bedingt durch die mit SARS-CoV-2 in Kraft getretenen Schutzmaßnahmen und die damit einhergehende und temporäre Abkehr von der Präsenzlehre, dass gleichzeitig mehrere Alternativen zur Präsenzlehre in der deutschen Hochschullandschaft eingerichtet werden mussten, so dass unter sonst gleichen Rahmenbedingungen ein kontrastierender Vergleich unterschiedlicher Lehr-Lern-Settings auf Basis unterschiedlicher digitaler Medien ermöglicht wurde. Beispielsweise konnte eine im vorherigen Semester noch als Präsenzvorlesung abgehaltene und eingehend evaluierte und hinsichtlich ihrer Didaktik analysierte Vorlesung im aktuellen Semester zeitgleich als Webinarvorlesung und als Videovorlesung realisiert werden. Dies ermöglicht ceteris paribus eine eingehende Analyse der Wirkmechanismen sowohl in einer Präsenzveranstaltung, als auch in deren Pendants auf Basis von Webinaren oder Videos, in denen die digitalen Medien die Lehr-Lern-Settings maßgeblich rahmen. Im Fokus dieses essentials steht dabei die Statistikausbildung in Studiengängen mit einer späteren Berufsanbindung im Gesundheits- und Sozialwesens. Dass digitale Medien sowohl in Präsenzveranstaltungen zur Visualisierung der Inhalte eingesetzt werden und damit die traditionellen Lehr-Lern-Settings anreichern können, wird dabei bereits in diesem kontrastierenden Vergleich berücksichtigt. Schließlich geht es um einen Vergleich mit einer höheren Integrationsstufe dieser digitalen Medien, um beispielsweise organisatorische Hinweise und Unterrichtsmaterialien zum orts- und zeitflexiblen Abruf über das Internet zur Verfügung zu stellen. Videobasierte Medien ermöglichen beispielsweise einen orts- und zeitflexiblen Abruf und können das Lehr-Lern-Setting nicht nur ergänzen, sondern bei Bedarf vollständig ins Internet verlagern. Möglicherweise kommen dabei auch eine vollständige Virtualisierung der Veranstaltungen mit Hypertexten zur Vermittlung der Inhalte, computergestützter Kommunikation zur Diskussion und Beratung oder auch eine Liveübertragung via Videokonferenz für den unmittelbaren Dialog infrage. Bedingt durch die Möglichkeiten der Kombinierbarkeit und erforderlichen Verzahnung analoger und digitaler Elemente, hat sich der Begriff Blended Learning etabliert, welcher folglich einen zentralen Stellenwert in diesem essential einnimmt. Dabei kann bereits im theoretischen Diskurs herausgestellt werden, dass Blended Learning ohne Begleitung des Lernenden durch einen Menschen als Lehrenden in akademischen Lehr-Lern-Settings nicht zielführend zu realisieren ist. Die Euphorie über die Möglichkeiten der „neuen Medien“ als Allheilmittel der Lehre hat sich entsprechend in den vergangenen Jahren gelegt. Annahmen, dass mit dem Einsatz von e-Learning der Lehrende weitestgehend ersetzt
1 Einleitung
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werden könne, haben sich entsprechend als falsch erwiesen. Sicher gibt es einige Bereiche, in denen mit reinem e-Learning gute Erfolge erzielt werden können. Sobald aber Interaktion und Kommunikation gefragt sind, kann e-Learning (Technologie) nur noch ein Mittel (wie auch andere Unterrichtsmittel) sein. Der Lehrende bleibt in diesen komplexen Fernlehrformaten weiterhin der Ermöglicher und Vermittler, wobei unter anderem eine bewusste Entscheidung für Webinare oder Videos als digitale und somit Lehr-Lern-Settings rahmende Medien getroffen werden sollte. Dies ist dabei unter der eingangs erwähnten medienbezogenen Perspektive auf das Lehren und Lernen als Prozess zu verstehen. In diesem essential wird daher primär der Frage nachgegangen, wie Präsenzvorlesung, Webinarvorlesung und Videovorlesung im unmittelbaren Vergleich unter kontrollierten Rahmenbedingungen auf Lernende im akademischen Lehr-Lern-Setting einwirken können. Dies soll mit einer sekundären Frage stellung zur Kompetenzentwicklung von Studierenden als mittelbare Folge dieser unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings analysiert werden. Sowohl die Lehrmethodik und -didaktik, als auch die bewusste Entscheidung für den Einsatz von digitalen Medien zur Ausgestaltung von akademischen Lehr-Lern-Settings stehen dabei im Fokus dieser Analyse. Der gewählte analytische und über ein einschlägiges Erhebungsinstrument zur Anwendung gebrachte Fokus auf die Kompetenzentwicklung von Studierenden resultiert dabei auf der oftmals in den akademischen Curricula definierten Kompetenzen als Ziele einer Vorlesung. Demnach geht es in akademischen Lehr-Lern-Settings nicht mehr nur um die Vermittlung von fachlichen und sozialen Qualifikationen, sondern zunehmend auch um die Förderung der individuellen Besonderheiten und Stärken – also der Kompetenzen. Dieses essential soll entsprechend Lehrenden ermöglichen, das Ziel der Kompetenzentwicklung mit der Entscheidung für einen entsprechenden Medieneinsatz bedarfsspezifisch umzusetzen. Dafür werden neben den theoretischen Grundlagen des Blended Learnings die Segmentierung und Sequenzierung von Lerninhalten vorgestellt, wobei Lernen als Prozess verstanden werden soll, der einen versierten Umgang mit mediendidaktischen Konzepten erfordert, um unter anderem verschiedenen Lerntypen gerecht zu werden. Gleichermaßen werden die Stichprobe und Auswertungsmethode detailliert vorgestellt. Die dargestellten Befunde zielen entsprechend auf eine Kontrastierung von Präsenz-, Webinar- und Videovorlesung im Fach Statistik ab, um eine Entscheidungsgrundlage für den Einsatz digitaler Medien zu bilden.
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Theoretische Grundlagen
2.1 Blended Learning als Lehr-Lern-Setting Die zunehmende Komplexität der Veränderungen in der Arbeitswelt 4.0 wirkt sich auf die Dynamik sowie auf Inhalte und Formen von Lernen, den in der Einleitung und im weiteren Verkauf des essentials genannten Lehr-Lern-Settings, aus. In diesem Zusammenhang wird es unvermeidlich, Lernen an Prozessen und an den Möglichkeiten neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zu orientieren. Moderne innovative Arbeitsanforderungen schließen dabei die Bereitschaft zu fortlaufendem Lernen ein, wobei das in der Einleitung bereits genannte Blended Learning eine besondere Rolle zukommen kann. Auch die überkommene Trennung zwischen Arbeiten und Lernen löst sich in modernen Wirtschaftsprozessen zunehmend auf; Eine ähnliche Entwicklung lässt sich in der Erwachsenenbildung im Allgemeinen und in akademischen Lehr-Lern-Settings im Besonderen nachzeichnen (vgl. Keller 2020). Insbesondere die Digitalisierung, ein im fachlichen Diskurs vielgenannter Promotor der beschriebenen Veränderungsprozesse, erfordert dabei zur zielführenden Ausgestaltung akademischer Lehr-Lern-Settings an Hochschulen nach Kreulich und Wortmann (2016) drei übergeordnete Handlungsfelder: a. Lehrkoordination: Lehr – und Lernorte, Berufungspolitik von Hochschulen, Organisationsstrukturen, Qualitätswesen b. Lehrmethoden: Methodik-Didaktik, Lernen, Prüfen c. Kompetenzentwicklung von Studierenden: Neugestaltung von Lehrangebote und Curricula
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 K. Keller et al., Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2_2
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Entsprechend der in der Einleitung genannten Fragestellungen nach den Wirkmechanismen unterschiedlicher durch digitale Medien gerahmter Lehr-Lern-Settings und der damit einhergehenden Kompetenzentwicklung von Studierenden ordnet sich dieses essential den beiden letztgenannten Handlungsfeldern bei. Als Derivat des zugrunde liegenden Diskurses sei bereits zu Beginn des essentials darauf hingewiesen, dass Schulmeister (vgl. 2016) innerhalb seiner Forschungsarbeiten eine Korrelation von Lernerfolg und Kombination aus Präsenz und Online – Angeboten nachweisen konnte. Eine Mehrheit der Studierenden präferiert demnach die face-to-face Kommunikation und spricht sich für einen moderaten Einsatz von digitalen Medien in der Lehre aus (vgl. Schulmeister 2016). Dabei hat selbstverständlich auch die Lehrkoordination einen entscheidenden Einfluss auf das Studierverhalten – insbesondere auf die Kontinuität von studentischen Lernprozessen. Zentrale Elemente der Lehrorganisation sind dabei: Wochenrhythmus, Verteilung der Kurse über das Semester, der Prüfungszeitplan sowie die Gestaltung der Zeit nach den Prüfungen (vgl. Schulmeister 2016). Dabei reduzieren parallele Lehr-Lern-Settings im Internet die Präsenz der Studierenden. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass nicht alle Studierenden gleichsam von der Anwesenheit in Lehrveranstaltungen profitieren – diese sind vor allem leistungsschwachen Studierenden hilfreich und förderlich (vgl. Schulmeister 2016.). Auf der anderen Seite kann für alle Studierende im Durchschnitt nachgewiesen werden, dass der Kompetenzerwerb höher ausfällt, wenn neben Lehr-Lern-Settings im Internet auch Präsenzangebote vorhanden sind. Hierbei kommt es jedoch maßgeblich darauf an, wie Blended Learning Angebote aufgebaut sind. Blended Learning beschreibt dabei, wie in der Einleitung bereits expliziert, Mischformen in der Lehre. Auch andere Begriffe wie „hybride Lernarrangements“ haben sich im theoretischen Diskurs etabliert. Dabei ist Blended Learning nicht lediglich als Kombination von e-Learning mit Präsenzphasen zu verstehen, sondern es geht vornehmlich um „die ideale Mischung aus klassischen und neuen Organisationsformen, Methoden und Medien werden“ (vgl. Kerres 2002). Bereits 2003 schreibt Reinmann-Rothmeier, dass face-to-face Arrangements (wie Präsenzseminare und Präsenzvorlesungen) mit asynchronen und synchronen Medienarrangements verknüpft werden sollen; Intranet sowie Internet, CBT (Computer Based Trainings) und WBT (Web Based Trainings), Audio- und Videomaterial, einschlägige Handouts sowie analoge und digitale Bücher haben ihren gleichberechtigten Platz; Selbstlernphasen wechseln mit Situationen, in denen der Lehrende „den Ton angibt“, und daneben gibt es Lehrenden-Lernende-, Lerner-Mentor-, Peer-to-Peer- oder Team-Lernsituationen. Dabei ist darauf zu
2.2 Segmentierung und Sequenzierung der Lerninhalte …
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achten, dass die Mischung aus Präsenz- und e-Learning und die Mischung von analogen und digitalen Medien sowie Methoden der Gruppe und dem Thema bzw. dem Lerngegenstand angemessen ist. Als Quintessenz sieht Reinmann-Rothmeier (vgl. 2003) den „bewusst arrangierten Mix aus Medien und Methoden“ beim Blended Learning. Um ein solches Arrangement wirksam und somit erfolgreich zu gestalten, ist die Anwendung einer neuen Lehrtheorie – des gemäßigten Konstruktivismus – notwendig. Dieser spiegelt sich wider in lerneraktivierenden und lernerzentrierten Lernarrangements, welche unter anderem über eine Segmentierung und Sequenzierung der Lerninhalte zur Ausgestaltung adäquater Lernumgebungen erreicht werden können.
2.2 Segmentierung und Sequenzierung der Lerninhalte in Lehr-Lern-Settings Die sinnvolle Aufteilung (hier: Segmentierung) und Abfolge (hier: Sequenzierung) der Lerninhalte ist die Basis für eine erfolgreiche Durchführung von Lehr-Lern-Settings. Zunächst geht es um das Prinzip der zeitlichen Strukturierung von Lernangeboten; Dies ist die sogenannte Exposition. Damit wird die richtige zeitliche Anordnung von Elementen des Lernangebotes mit dem angestrebten Lernerfolg verbunden. Eine optimale Struktur eines medialen Lernangebots kann eine Kombination der vier Prinzipien (Exposition, Exploration, Konstruktion und Kommunikation) sein. Die Schwierigkeit, liegt in der Bestimmung, an welcher Stelle des Lernangebots welche Variante zum Einsatz kommen soll. Eine ausreichende Planung und Zielidentifizierung des Lernangebots ist daher unumgänglich, weshalb die einzelnen Prinzipien nachfolgend vorgestellt werden (siehe Abb. 2.1): Unter Exposition wird die zeitliche Strukturierung von Lernangeboten verstanden. Dieses Prinzip geht davon aus, dass eine korrekte zeitliche Strukturierung des Lernangebots zu einem Lernerfolg führt. Die zeitliche Strukturierung wird durch eine schrittweise Präsentation der Inhalte, der sogenannten Sequenzierung, erreicht. Dem Lernenden wird ein Lernpfad vorgegeben, der ihn durch das Lernangebot führt. Dieses Prinzip ist durch eine hohe Kontrolle des Lernenden und mit einem sehr niedrigen Grad an Selbststeuerung gekennzeichnet. Der Vorteil dieses Prinzips liegt in der kontrollierten Vorgehensweise des Lernenden, was besonders für lernschwache oder unselbstständige Lernende vorteilhaft sein kann. Der Nachteil, der sich aus dieser „Kontrolle“ ergibt, äußert sich in einer oftmals geringen Motivation (vgl. Kerres 2001).
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Abb. 2.1 Systematische Segmentierung und Sequenzierung von Lerninhalten. (Eigene Darstellung 2020 nach Kerres 2001)
Exploratives Lernen verlangt eine hohe Selbstständigkeit vom Lernenden. Er wird nicht anhand eines Lernpfads durch das Lernangebot geführt, sondern es obliegt ihm selbst das Lernangebot zu „erforschen“. Diese Freiheit beim Lernen führt oft zu einer hohen Motivation, da das eigene Forschen nicht als Lernen aufgefasst wird. Der Nachteil dieses Prinzips liegt in einer möglichen Überforderung des Lernenden durch das Lernangebot. Das Schlagwort „lost-inhyperspace“ trifft hier zu. Außerdem obliegt es dem Lernenden, seine Lernziele selbst zu definieren. Ein Beispiel für das explorative Lernen wären Hypertext und Hypermedia-Systeme (vgl. Kerres 2001). Mediensysteme können in didaktischen Kontexten auch als Werkzeuge zur Konstruktion und Kommunikation von Wissen genutzt werden. Bei interaktiven kognitiven Werkzeugen kann der Lernende durch (direkte) Manipulation Einfluss auf einen Sachverhalt nehmen, und somit die Konsequenzen seines Handelns beobachten. Kognitive Werkzeuge beschränken sich nicht nur auf das Manipulieren von vorgegebenen Inhalten, sie umfassen auch Programme zur aktiven Konstruktion neuer Inhalte durch den Benutzer (bspw. dem Erstellen neuer multimedialer Inhalte durch Wikis, Blogs, Social Tagging, etc.). Auch Simulationen und Modellrechnungen lassen sich der Kategorie der interaktiven kognitiven Werkzeuge zuordnen. Durch die Integration von Lernangeboten in ein System, das die Kommunikation zwischen Menschen ermöglicht, wird die zeitliche und räumliche Flexibilität der computergestützten Lernangebote, um die Komponente der personellen Interaktion erweitert. Die Erweiterung des Lernangebots um eine
2.3 Lernen als Prozess in akademischen Lehr-Lern-Settings
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soziale Komponente stellt einen wesentlichen Aspekt des Konstruktivismus dar. Die mediengestützte Kommunikation erlaubt dabei die Bildung sogenannter Communities innerhalb der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings, welche den Prozess des Lernens maßgeblich beeinflussen können, weshalb dieser Prozess zunächst im weiteren Verlauf des essentials für akademische Lehr-Lern-Settings expliziert werden soll.
2.3 Lernen als Prozess in akademischen Lehr-Lern-Settings Lernen ist ein individueller und aktiver Prozess. Es wird davon ausgegangen, dass der Prozess des Lernens zu einer Veränderung von Verhaltenspotentialen und Wissensstrukturen führen kann (vgl. Dinkelaker 2018). Dabei scheinen Lernprozesse eng mit den psychischen Prozessen der Motivation und Emotion verbunden und können entsprechend von internen und externen Faktoren beeinflusst werden. Als interne Faktoren werden die Bedürfnisse, Motive und Interessen der Lernenden im theoretischen Diskurs ausgewiesen. Entsprechende Beispiele für externe Faktoren sind neben dem allgemeinen Lehr-Lern-Setting auch im Besonderen die Zusammensetzung der Lerngruppe, den bereits genannten Communities, sowie die Sympathie/Antipathie zu einer Lehrperson (vgl. Rohr et al. 2016). Hier lässt sich eine theoretische Brücke zu dem explorativen Lernerlebnis des vorherigen Abschnitts ziehen, indem das Erforschen des Lernangebots die intrinsische Motivation zu steigern vermag. Beim Lernen in akademischen Lehr-Lern-Settings, wie es beispielsweise an Hochschulen in Form von Seminaren und Vorlesungen realisiert wird, stehen erwachsene Menschen im Fokus des Lernprozesses. Für das vorliegende essential lässt sich die Zielgruppe der Lernenden noch weiter konkretisieren: Da die Untersuchung mit Studierenden der FOM Hochschule durchgeführt wurde, handelt es sich in der Regel um berufsbegleitende Studierende mit einem abgeschlossenen Berufsbildungsabschluss. Konkret handelt es sich um Studierende in einem Bachelor-Studiengang im Gesundheits- und Sozialwesen, welche an einer Statistikvorlesung partizipiert haben. Der Lernprozess erwachsener Menschen ist in diesem Fall und mit Blick auf die Lehr-Lern-Settings sowie die Zusammensetzung der Lerngruppen insbesondere von Diversität geprägt (vgl. den Ouden und Rottlaender 2017; vgl. Spelsberg 2013), wohingegen sich bei oftmals noch jüngeren Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit unmittelbarem Übergang in das Hochschulsystem ein durchaus homogeneres Bild ergeben kann. Dies lässt sich für die
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berufsbegleitenden Studierenden wie folgt explizieren: Die Lernenden weisen teilweise unterschiedlich lange Erwerbsbiographien in verschiedenen Branchen auf und unterscheiden sich in vielen Fällen auch hinsichtlich ihrer regionalen Herkunft sowie der schulischen, berufsschulischen oder akademischen Vorbildung. Die Lernenden bringen demnach bereits eine eigene Lernbiographie mit, die im Gegensatz zu der Lernbiographie von Kindern und Jugendlichen bereits mehrere Phasen durchlaufen haben kann. Demnach sind unterschiedliche Lern-Voraussetzungen zu berücksichtigen. Lernbiographien und Lern-Voraussetzungen können dabei innerhalb der einzelnen Phasen von Erfolgs- sowie Misserfolgserlebnissen geprägt sein, die sich oftmals auf die externen Faktoren zurückführen lassen und dabei auch die internen Faktoren erheblich beeinflussen können (vgl. Krüger und Marotzki 2006). Die Lernbiographie eines Menschen kann sich demnach in unterschiedlichen Wissensbeständen, Einstellungen und Lernstrategien niederschlagen, mit denen die Lernenden in ebenso unterschiedliche Lehr-Lern-Settings mit weiteren Erfolgs- sowie Misserfolgserlebnissen eintreten. Um eine Kontinuität von Misserfolgserlebnissen vorbeugen zu können, scheint eine Analyse des Einflusses unterschiedlicher Lehr-Lern-Settings auf die Lernenden geboten. Insbesondere der Einfluss der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings, bspw. in Form von einer Präsenzvorlesung, einer Webinarvorlesung, als auch einer Videovorlesung, welche jeweils als externe Faktoren einwirken können, rückt in den Fokus des vorliegenden essentials. Ziel soll es sein, der Diversität der erwachsenen Menschen als Lernende insofern gerecht zu werden, als dass Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren auf Seite der Lehr-Lern-Settings bereits während der Lehrplanung mitgedacht werden können, um den Prozess des akademischen Lernens zielführend gestalten zu können. Dies erfordert insbesondere eine Systematisierung dieses Prozesses über mediendidaktische Konzepte, welche nachfolgend vorgestellt werden.
2.4 Mediendidaktische Konzepte unterschiedlicher Lehr-Lern-Settings Zu den Aufgabengebieten akademischer Lehrpersonen gehört unter anderem die systematische Lehrplanung, welche sich aktiv mit den Zielen, Methoden, Sozialformen und Unterrichtsmaterialien auseinandersetzen sollte, sodass möglichst alle Lernenden die intendierten Lehr-Lern-Ziele erreichen können. Nach Baumgartner (vgl. 2007) können didaktische Konzepte und Szenarien allgemein als ein Skript für die Inszenierung eines bestimmten Lernangebotes verstanden
2.4 Mediendidaktische Konzepte unterschiedlicher Lehr-Lern-Settings
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werden. Dabei ist von den akademischen Lehrpersonen zu berücksichtigen, wie dieses Ziel vor dem Hintergrund der zuvor dargelegten Diversität der Lern-Voraussetzungen auf Seite der Lernenden umgesetzt werden kann. Eine versierte Methoden- und Medienvielfalt kann theoretisch zur Erreichung dieses Zieles beitragen –entscheidend ist dabei vor allem der zielführende Einsatz von Methoden und Medien (vgl. Mayr et al. 2005). Zur Bewältigung dieser Aufgabe stehen Lehrpersonen heutzutage eine Vielzahl an analogen und digitalen Medien zur Gestaltung ihrer Lehre zur Verfügung, wie dem bereits vorgestellten Diskurs zu e-Learning und Blended Learning entnommen werden kann (vgl. Mayberger 2016; vgl. Kerres 2016). Die Vielzahl an Möglichkeiten bedingt auch einen Katalog an Forderungen, die erfüllt sein sollten, damit Lernen und insbesondere eLearning und Blended Learning erfolgreich sein können (vgl. Pätzhold und Lang 1999): • • • • • •
Erzeugen von Eigenmotivation, Ermitteln des Lernbedarfs, Festlegen der Lernziele, Auswählen der benötigten Ressourcen und Materialien, Evaluieren des Lernergebnisses und Modifizieren der Lernstrategie.
Für den Einsatz von digitalen Medien und zur Erfüllung des Katalogs an Forderungen stehen daher verschiedene Konzepte zur Auswahl. Je nach Konzept nehmen Lehrperson und Medium dabei unterschiedliche Rollen und Funktionen ein (vgl. de Witt und Czerwionka 2012). Um systematisch den Einfluss der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings auf die Lernenden untersuchen zu können, bietet sich die in diesem essential vorgestellte Kontrastierung der Präsenzvorlesung mit der Webinarvorlesung und der Videovorlesung an, die wie folgt systematisiert werden können: 1. Die Präsenzvorlesung entspricht dem sogenannten Lernumgebungskonzept, in dem Medien von den Lehrenden als Arbeitsmittel, Werkzeug und Wissensvermittler sequenziell, aber auch parallel eingesetzt werden können. Die Lernenden können sich dabei mit der ihnen gebotenen Lernumgebung selbstständig auseinandersetzen, diese kontrastieren und im Plenum diskutieren (vgl. de Witt und Czerwionka 2012). Die Lehrperson partizipiert bei diesem Prozess und kann vor Ort unterstützend eingreifen. 2. In einer Webinarvorlesung ist hingegen oftmals der sequenzielle Einsatz von Medien anzutreffen. Diese dienen dabei als Hilfsmittel bei der
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2 Theoretische Grundlagen
Wissensvermittlung, weshalb Webinarvorlesungen oftmals eine stärkere Lehrendenorientierung aufweisen als bspw. Präsenzvorlesungen. Dies hängt insbesondere mit den „Rechten“ desjenigen zusammen, der die Webinarvorlesung initiiert und folglich auch technisch verantwortet und somit kontrolliert. Selbst unter Abgabe der „Rechte“ an die Lernenden unterscheidet sich das Lehr-Lern-Setting noch deutlich von einer Präsenzvorlesung. Insgesamt rücken dadurch die Lernenden verstärkt in die Rolle von Rezipientinnen und Rezipienten (vgl. Süss et al. 2013). 3. Die Videovorlesung unterscheidet sich dadurch von einer Webinarvorlesung, dass die Medien ausschließlich für einen bestimmten Unterrichtszweck konzipiert werden, um Elemente der Präsenzvorlesung abzubilden. Dies bedeutet bspw. ein Video für die theoretischen Grundlagen, ein Video mit einem ergänzenden praktischen Beispiel sowie ein Video mit einem entsprechenden Arbeitsauftrag an die Lernenden und schließlich zur Musterlösung. Auch hier liegt eine rezipierende Rolle auf Seite der Lernenden vor (vgl. Süss et al. 2013), wobei die Videos, anders als Präsenz- und Webinarvorlesungen, in ihrer Anzahl der möglichen Rezeptionen nicht limitiert sind und somit beliebig oft von den Lernenden eingesehen werden können. Zusätzlich ermöglicht eine Videovorlesung den Verweis auf Textbausteine zum Eigenstudium, auf welche in einem weiteren Video sukzessive eingegangen werden kann. Eine Webinarvorlesung müsste zu diesem Zweck „unterbrochen“ werden, wohingegen die Videos kleinere thematische Einheiten beinhalten und entsprechend abschließen können Darüber hinaus können Videovorlesungen für Lernende noch weitere Vorteile bieten (Kumar et al. 2001), wie Persike (vgl. 2016) zusammenzufassen weiß: „Sie gewährleisten zeitliche und örtliche Flexibilität, sie können Überschneidungsfreiheit zwischen konkurrierenden Veranstaltungen ermöglichen, sie erleichtern selbstgesteuertes und wiederholbares Lernen und sie können kollaborative Lernprozesse zwischen örtlich verteilten Lernenden sowie Lehrenden vereinfachen.“ Dabei werden sowohl positive Lernerfahrungen (vgl. Draus et al. 2014) als auch eine mögliche Steigerung der Lernmotivation auf Seite der Lernenden (vgl. Bollinger et al. 2010) im theoretischen Diskurs um Videovorlesungen diskutiert. Ergänzend und als Nebenprodukt der bereits erwähnten zeitlichen und örtlichen Flexibilität können sich Lernkooperationen unter den Studierenden herausbilden (vgl. Li et al. 2014), weshalb von den Autorinnen und Autoren dieses essentials erwartet wird, dass eine Videovorlesung einer Präsenzvorlesung mindestens gleichzusetzen sei. Nach Schulmeister (vgl. 2016) lassen sich mit diesem digitalen Lehrformat vier zentrale Lern-Schranken überwinden: die Zeit-, Raum-, Digital-Analog- und die Normenschranke, um den verschiedenen Lerntypen gerecht werden zu können.
2.5 Berücksichtigung verschiedener Lerntypen
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2.5 Berücksichtigung verschiedener Lerntypen Nachfolgend werden prägnant vier verschiedene Lerntypen skizziert, die in den gegebenen Lehr-Lern-Settings eine unterschiedlich Performance zeigen können. Dabei ist zu beachten, dass auch Kombinationen aus verschiedenen Lerntypen, sogenannte Mischformen, auftreten können. Es ist daher sinnvoll, akademische Lehr-Lern-Settings didaktisch so zu gestalten, dass Lernende innerhalb dieses Angebotes von Lehrinhalten ihren eigenen Lerntypus realisieren können, sowohl kognitiv als auch affektiv. Die unterschiedlichen Lerntypen lassen sich wie folgt ausdifferenzieren (vgl. Keller 2008): Visueller Lerntyp Der visuelle Lerntyp zeichnet sich dadurch aus, dass er Texte zum Lesen, Grafiken, Bilder und Illustrationen sowie Animationen oder Videos benötigt, um Sachverhalte zu begreifen. Reine Vorträge oder Vorlesungen ohne visuellen Medieneinsatz bereiten diesem Lerntyp Schwierigkeiten. Auditiver Lerntyp Bei diesem Lerntyp handelt es sich um Menschen, die den Lernstoff hören müssen. Die Lernenden können gut mit Tonaufnahmen lernen, Inhalte von Vorlesungen und Vorträgen prägen sich gut ein. Allerdings sind Nebengeräusche eher hinderlich. Kinästethetischer Lerntyp Ein handlungsaktiver Lernstil steht bei diesem Lerntyp im Vordergrund: Es wird durch aktives Tun gelernt. Meist ist dem Lernenden das Lernen im Sitzen zuwider, er will Neues ausprobieren und dabei „spielend“ lernen. Verbal-abstrakter Lerntyp Der verbal-abstrakte Lerntyp lernt hingegen primär durch das Einprägen von Definitionen. Die unterschiedlichen Lerntypen haben ein gemeinsames Ziel: Zunehmend eigenaktiv und tendenziell selbstorganisiert bzw. selbstverantwortlich den eigenen Lernprozess gestalten zu können. Grundsätzlich kann gesagt werden, wenn Lernende wissen, wofür sie lernen, wenn sie beim Lernen ein smartes Ziel kompetenten beruflichen Handelns durchgehend im Auge haben, dann lernen sie motiviert und erfolgreich (vgl. Keller 2008). Solche Selbstlern-Prozesse anzustoßen führt zu einem positiven selbstverstärkenden Prozess: Eigenverantwortung wird gestärkt und Selbstorganisationsdispositionen können sich entwickeln.
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2 Theoretische Grundlagen
Ob sich tatsächlich aus den zuvor skizzierten unterschiedlichen L ehr-LernSettings unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lerntypen Einflüsse auf die Lernenden ableiten lassen, soll mit einem quantitativen Analyseverfahren hinsichtlich des Kompetenzerwerbs und auf Basis einer Lernstandskontrolle analysiert werden. Wie diese unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings dabei adäquat in miteinander vergleichbaren Stichproben abgebildet werden können, soll im nachfolgenden Abschnitt zur Stichprobenziehung dargelegt werden.
3
Stichprobe
Drei verschiedene Lehr-Lern-Settings werden untersucht: Präsenzvorlesung, Webinarvorlesung sowie Videovorlesung. Alle drei Lehr-Lern-Settings wurden im Rahmen inhaltlich identischer Vorlesungen in Statistik mit insgesamt 120 Studierenden (N) realisiert. Für jedes Lehr-Lern-Setting wurde eine einfache Zufallsstichprobe mit 30 Teilnehmenden (NP, NW und NV) aus einem Bachelor-Studiengang des Fachbereichs Gesundheit und Soziales am Kölner Hochschulzentrum der FOM Hochschule gezogen (siehe Abb. 3.1). Die Daten zu den Teilnehmenden aus der Präsenzvorlesung beziehen sich auf das Wintersemester 2019. Die Daten zu den Teilnehmenden der Webinarvorlesung bzw. der Videovorlesung beziehen sich auf das Sommersemester 2020. Alle Studierenden konnten sich im Sommersemester 2020 freiwillig zwischen einer Webinarvorlesung und einer Videovorlesung entscheiden. Die Videovorlesung basiert dabei auf dem sogenannten Screencast-Verfahren, bei dem eine Aufzeichnung des Computerbildschirms den Hauptbestandteil der Videos ausmacht (vgl. Ozsvald 2010). Im Wintersemester 2019 war hingegen die Präsenzvorlesung obligatorisch. Der Livestream bei einer Webinarvorlesung versucht das Lehr-Lern-Setting einer Präsenzvorlesung abzubilden, wohingegen die Videovorlesung in den Videos einzelne Elemente der Präsenzvorlesung abzubilden versucht. Angebot und Struktur der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings setzen sich dabei wie folgt zusammen (siehe Tab. 3.1): Ein bemerkenswertes Zwischenergebnis kann den Stichproben für die Webinarvorlesung und Videovorlesung bereits an der tabellarischen Übersicht von Angebot und Struktur der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings attestiert werden: Obschon der Webinarvorlesung über einen Livestream in Verbindung mit E-Mail Kontakt zum Lehrenden sowie einem Forum zum Austausch mit dem
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Idensche Vorlesungen (N = 120)
3 Stichprobe
Präsenzvorlesung (Wintersemester 2019, NP = 30) jeweils einfache Zufallsschproben
Webinarvorlesung (Sommersemester 2020, NW = 30) Videovorlesung (Sommersemester 2020, NV = 30)
Abb. 3.1 Stichprobenziehung (Eigene Darstellung 2020)
Tab. 3.1 Angebot und Struktur der Lehr-Lern-Settings Präsenzvorlesung
Webinarvorlesung
Videovorlesung
Lerneinheit
vor Ort
Livestream
aufgezeichneter Screencast
Übungseinheit
vor Ort
Livestream
aufgezeichneter Screencast
Lösungseinheit
vor Ort
Livestream
aufgezeichneter Screencast
Frageeinheit
vor Ort
Livestream
E-Mail
E-Mail Forum
vor Ort
Livestream
E-Mail
E-Mail Forum
Antworteinheit
E-Mail Forum E-Mail Forum
Lehrenden und anderen Lernenden gleich drei Angebote für Frage- und Antworteinheiten unterbreitet wurde, nutzten diese die Angebote am seltensten. Beispielsweise stellten weniger als 25 % der Studierenden ihre Fragen ins Forum, wohingegen in der Videovorlesung das Forum von bis zu 50 % der Studierenden genutzt wurde. Die Fragequote in Echtzeit, also vor Ort in der Präsenzvorlesung oder im Livestream der Webinarvorlesung, liegt bei vergleichbaren 10 % der Studierenden. Das Forum wurde erstmals im Sommersemester 2020 eingerichtet und statt in der Präsenzvorlesung des Wintersemesters 2019 den Studierenden noch nicht zur Verfügung.
3 Stichprobe
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Die Versuchsanordnung ermöglicht über die Angebote und Struktur hinaus auch eine direkte Vergleichbarkeit der Vorlesungsinhalte. Sowohl die Lehrperson, als auch das Vorlesungsskript, die dazugehörigen Übungsaufgaben sowie weitere identische Rahmenbedingungen für die Prüfungsleistung bilden die Grundlage für die direkte Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings. Die Vergleichbarkeit konnte zudem von Studierenden aus der Präsenzvorlesung des Wintersemesters 2019 nach eingehender Sichtung der im Sommersemester 2020 eingesetzten digitalen Medien bestätigt werden.
4
Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethode
Sowohl in der Präsenzvorlesung im Wintersemester 2019 als auch in der Webinarvorlesung bzw. in der Videovorlesung im Wintersemester 2020 wurden jeweils zur Halbzeit des Semesters eine Kompetenzmessung als auch eine Lernstandskontrolle durchgeführt. Für das Wintersemester 2019 liegen zusätzlich die mit der Lernstandskontrolle korrespondierenden Abschlussnoten der Studierenden vor. Die Teilnahme an der Kompetenzmessung als auch der Lernstandskontrolle erfolgte auf freiwilliger und anonymer Basis. Kompetenzmessung und Lernstandskontrolle werden nachfolgend mit der dazugehörigen Auswertungsmethode und unter Rückgriff auf deren Ursprung im Konzept der Schlüsselqualifikation vorgestellt.
4.1 Grundlagen zur kompetenzbasierten Evaluation von Studierenden Im vorliegenden essential wird auf eine kompetenzbasierte Evaluation von Studierenden – nachfolgend auch Kompetenzmessung genannt – zurückgegriffen. Die Kompetenzmessung basiert auf einem in akademischen Lehr-Lern-Settings etablierten Erhebungsinstrument von Klinkhammer und Schemmann (vgl. 2018) und knüpft an den theoretischen Diskurs um den Begriff der Schlüsselqualifikationen sowie die daraus abgeleiteten und ausdifferenzierbaren Kompetenzen an. Der Begriff der Schlüsselqualifikationen ist dabei zunächst auf den Beitrag „Schlüsselqualifikationen – Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft“ von Mertens (vgl. 1974) zurückzuführen. Die darauf aufbauende wissenschaftlichen Auseinandersetzung ist geprägt von bildungspolitischen und wirtschaftlichen Argumentationsmustern im Besonderen, aber auch von gesamtgesellschaftlichen Argumentationsmustern im Allgemeinen. Häufig geht © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 K. Keller et al., Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2_4
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4 Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethode
es um die praktische Anwendbarkeit des institutionell und nicht-institutionell Erlernbaren und Erlernten. Entsprechend vergleicht Siebert (2006, S. 31) die Bedeutung des Konzepts der Schlüsselqualifikationen damit, einen „[…] berufsund erwachsenenpädagogischen Stein ins Rollen […]“ zu bringen, der „[…] bis heute nicht zum Stillstand gekommen ist.“ Ausgehend von seinen Ausführungen über die „Unsicherheiten über die Entwicklungen der speziellen Arbeitsanforderungen“ (Mertens 1974, S. 37) und die „Grenzen der Prognostik als Orientierungshilfen der Bildungsplanung“ (Mertens 1974, S. 38) scheint es Mertens um eine system- und lebensphasenübergreifende Flexibilisierung der Bildungslandschaft zu gehen, die sich entsprechend auf akademische Lehr-Lern-Settings übertragen lässt: Welche Schlüsselqualifikationen prägen das Profil eines Studiengangs und mit welchen Kompetenzen verlassen Studierende die akademischen Lehr-Lern-Settings? Im Fokus akademischer Lehr-Lern-Settings stehen analog des Konzepts der Schlüsselqualifikationen nicht nur die Vorbereitung auf eine Teilnahme am Erwerbsleben, sondern ebenso auch die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Der gemeinsame Fokus auf die Teilnahme am Erwerbsleben und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verdeutlicht die hier als immanent postulierte Verbindung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Elementen „[…] für eine Existenz in der modernen Gesellschaft […]“ (Mertens 1974, S. 39). Dieser Ansatz ist dabei u.a. deckungsgleich mit dem aktuellen Verständnis der Europäischen Kommission (2018): Allgemeinbildende und berufsbildende Elemente können mit Blick auf die Teilnahme am Erwerbsleben und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als gleichwertig und ergänzend angesehen werden. Das Konzept der Schlüsselqualifikation geht dabei davon aus, dass übergeordnete Elemente „[…] zur raschen und reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen […]“ (Mertens 1974, S. 36) beitragen können. Für Studierende in Studiengängen im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens würde dies bedeuten, dass diesen eine entsprechend „[…] große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Option […]“ zur Verfügung stehen würde, um ferner auf die „[…] Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens“ (Mertens 1974, S. 40) reagieren zu können. Die darüberhinausgehende Anschlussfähigkeit lässt sich auch über einen systematischen Vergleich mit dem wissenschaftlichen Diskurs zum Kompetenzbegriff weiter verdeutlichen: Arnold und Schüssler (2001, S. 58) stellen in ihrem Beitrag die Entwicklung des Kompetenzbegriffs und seine Bedeutung für die akademische und nicht-akademische Berufsbildung und für die daran anknüpfende Berufsbildungsforschung heraus, dass ausgehend von dem Konzept der Schlüsselqualifikationen für die bundesdeutsche Ausbildungslandschaft bereits eine Entwicklung zu einer
4.1 Grundlagen zur kompetenzbasierten Evaluation von Studierenden
21
„[…] handlungsorientierten Berufsbildung […]“ nachgezeichnet werden kann. Roth (vgl. 1971) argumentierte bereits in den frühen Siebzigern über eine dem Anwendungskontext entsprechende Ausdifferenzierung in Fachkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz. In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde diese Ausdifferenzierung um den Begriff der Methodenkompetenz erweitert (vgl. Klippert 1994; vgl. Maurer 2006), so dass gezielt der Aspekt der Anwendbarkeit des institutionell und nicht-institutionell Erlernbaren und Erlernten fokussiert werden kann. Eine besonders hervorzuhebende Brücke zwischen akademischer und nicht-akademischer Berufsbildung stellen dabei die sogenannten dualen Studiengänge dar, welche betriebliche Praxisanbindung in der Regel mit einem Fachhochschulstudium kombinieren. Entsprechend lässt sich dieser Gedanke auf ein berufsbegleitendes Studium übertragen. Zur Erinnerung: Bei den im vorliegenden essential analysierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern handelt es sich vornehmlich um Studierende im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens, welche mehrheitlich bereits in einem einschlägigen Berufsfeld arbeiten. Entsprechend handelt es sich um berufsbegleitende Studierende. Unter Rückgriff auf das Schlüsselqualifikationszkonzept vermag ein akademisches Lehr-Lern-Setting – wie in der nicht-akademische Berufsbildung übrigens auch – entsprechend eine umfassendere Kompetenzentwicklung aufseiten der Studierenden zu bewirken, als es ein alleiniger Fokus auf die Berufspraxis zu leisten vermag (vgl. Arnold 2001). Ausdifferenzierte Curricula tragen zu dieser Kompetenzentwicklung bei und schließlich münden Studierende im Anschluss an ein Hochschulstudium oftmals nicht nur in das Erwerbsleben ein, sondern gleichsam in einen neuen Lebensabschnitt. Dadurch kann der Begriff der Kompetenz insgesamt vom Begriff der Qualifikation differenziert werden. So differenziert beispielsweise Reetz (1999, S. 39) die Begriffe über einen Rückgriff auf Mertens eigene Argumentation, nach der „[…] nicht Qualifikationen, sondern Kompetenzen [..]“ in Form von übergreifenden Bildungselementen in den Curricula adressiert werden. Qualifikationen würden nämlich zu erfüllende Anforderungen bezogen auf eine bestimmte Tätigkeit implizieren, während der Begriff der Kompetenzen allgemeiner gefasst ist und sich unmittelbar auf die Bildungsteilnehmerinnen und Bildungsteilnehmer beziehe (vgl. Arnold 1997). Dadurch ergibt sich eine subjektbezogene, also auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Bildung adressierte Sichtweise, beziehungsweise eine objektbezogene Sichtweise hinsichtlich der eigentlichen Berufspraxis. Diese Argumentation lässt sich mit Blick auf den wissenschaftlichen Diskurs um den Kompetenzbegriff abschließend untermauern. Dieser scheint nicht
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4 Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethode
nur interdisziplinär aufgegriffen und diskutiert zu werden (vgl. Hartig 2007), sondern ebenfalls mit den verschiedenen Perspektiven von Theorie und Praxis sowie Subjekt und Objekt einherzugehen. Während im ursprünglichen – bereits genannten – Konzept Roths (vgl. 1971) zunächst ganz allgemein die Bildungsteilnehmerinnen und Bildungsteilnehmer im Fokus stehen, lassen sich im weiteren Diskurs ebenfalls Argumentationen mit einem besonderen Fokus auf die beruflichen Kompetenzen nachzeichnen (vgl. Bunk 1994). Reetz (vgl. 1999) verbindet diese Perspektiven, indem er einzelne Schlüsselqualifikationen den bereits genannten Kompetenzdimensionen von Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz zuordnet und damit gleichermaßen deren Anwendung bei beruflichen wir privaten und somit gesamtgesellschaftlichen Tätigkeiten impliziert. Dadurch scheinen Subjekt und Objekt gleichermaßen adressiert zu werden. Breuer (2005, S. 14) fasst diese Verbindung wie folgt zusammen: Kompetenzen beziehen sich auf „[…] die Bereitschaft und Fähigkeit des einzelnen, sich in gesellschaftlichen, beruflichen und privaten Situationen sachgerecht, durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten.“ Diese Auslegung weist dabei eine deutliche Parallele zu Mertens übergeordneten Bildungselementen auf. Insgesamt scheinen dadurch über die Berufspraxis hinausgehende Bereitschaften und Fähigkeiten durch den Kompetenzbegriff abgedeckt zu sein. Die Effekte eines sachgerechten, durchdachten sowie individuellen und sozial verantwortlichen Verhaltens bilden entsprechend die Grundlage der nachfolgenden Kompetenzmessung.
4.2 Erhebungsinstrument – Teil 1: Kompetenzmessung Wie bereits erwähnt, basiert die Kompetenzmessung auf einem Erhebungsinstrument von Klinkhammer/ Schemmann (vgl. 2018) und vermag zwischen dem Erwerb von Fachkompetenz und Methodenkompetenz im akademischen Kontext zu differenzieren. Dabei handelt es sich gemäß der Autoren um eine Einstellungsmessung in Form einer Selbstauskunft (vgl. Likert 1932), indem die Teilnehmenden Fragen zur Sicherheit im Umgang mit einem bestimmten Objekt, einem Sachverhalt oder einer bestimmten Situation beantworten (vgl. Klinkhammer und Schemmann 2018). Einschlägige Objekte, Sachverhalte und Situationen in Bezug auf die Fachkompetenz können entsprechend der zugrundeliegenden Theorie bspw. der adäquate Umgang mit Fachbegriffen, Konzepten und Theorien aus einem Studiengang sein. Bei der Methodenkompetenz stehen die Anwendung und Umsetzung der Fachkompetenz mittels geeigneter Methoden,
4.2 Erhebungsinstrument – Teil 1: Kompetenzmessung
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Techniken und Verfahren im Vordergrund (vgl. Klippert 1994; vgl. Maurer 2006; vgl. Trautwein 2011). Eine symbolische Ratingskala mit zunehmender Reihenfolge von (1) sehr unsicher bis 5 (sehr sicher) stellt dabei die Interpretationsgrundlage (vgl. Bortz und Döring 2006). Jeweils vier bis fünf Items sind der Fachkompetenz bzw. der Methodenkompetenz zugeordnet. Die Autoren des Erhebungsinstruments weisen dabei sowohl Rahmenbedingungen und Gütekriterien aus (vgl. Klinkhammer und Schemmann 2018). Diese bestätigen sich auch bei dem für dieses essential vorliegenden Datensatz. Die Reliabilität der Fachkompetenz liegt mit einem standardisierten Cronbach’s Alpha Wert bei 0,91 bzw. 0,89 für die Methodenkompetenz. Diese guten bis sehr guten Cronbach’s Alpha Werte sind, wie von den Autoren des Erhebungsinstruments ausgewiesen, insbesondere auf die theoretische Fundierung der bivariaten Zusammenhänge zwischen den einzelnen Items einer Kompetenzdimension zurückzuführen. Diese bivariaten Zusammenhänge konnten im vorliegenden Datensatz über einen signifikanten Bravais-PearsonKorrelationskoeffizienten mit einer minimalen Ausprägung von 0.595 und einer maximalen Ausprägung von 0.771 ebenfalls bestätigt werden. Der Rückgriff auf eine Selbsteinschätzung der Fachkompetenz und Methodenkompetenz durch die Studierenden hat für den vorliegenden Datensatz eine hohe prognostische Validität in Bezug auf die Abschlussnote der Studierenden gezeigt. Dies kann für die Präsenzvorlesung im Wintersemester 2019 expliziert werden, für die entsprechende Daten vorliegen: In einem linearen Regressionsmodell hat eine höhere Fachkompetenz mit einem Regressionsgewicht von −0,310 (Std. Error: 0,106 mit p = 0,001) einen entsprechenden Einfluss auf die erzielte Abschlussnote. Dieser Einfluss fällt für die Methodenkompetenz mit einem Regressionsgewicht von −0,433 (Std. Error: 0,109 mit p = 0,000) noch etwas deutlicher aus. Demnach scheint zu gelten: Je sicherer sich die Teilnehmenden in der Selbstauskunft einschätzen, desto besser ist die erzielte Abschlussnote. Der Determinationskoeffizient liegt bei 76,89 %, sodass ein entsprechend großer Anteil der Varianz der Abschlussnote über die Prädiktoren Fachkompetenz und Methodenkompetenz vorhergesagt werden kann. Zwar liegen im vorliegenden Datensatz noch keine Daten zu den Abschlussnoten für die Webinarvorlesung bzw. die Videovorlesung im Sommersemester 2020 vor, allerdings kann an dieser Stelle auf den deutlichen bivariaten Zusammenhang zwischen der „fiktiven“ Note der Lernstandskontrolle und der tatsächlichen Abschlussnote verwiesen werden. Hier liegt der B ravais-PearsonKorrelationskoeffizient im Wintersemester 2019 für die Präsenzvorlesung bspw. bei 0,930 (p = 0,000).
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4 Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethode
4.3 Erhebungsinstrument – Teil 2: Lernstandskontrolle Die Lernstandskontrolle, welche zur Halbzeit eines Semesters durchgeführt wird, entspricht in Form und Umfang einer Probeklausur zu den bis zu diesem Zeitpunkt behandelten Themen der Vorlesung. Dieses Angebot wurde sowohl in der Präsenzvorlesung im Wintersemester 2019, als auch in der Webinarvorlesung bzw. in der Videovorlesung im Sommersemester 2020 von allen Studierenden freiwillig wahrgenommen. Ziel der Lernstandskontrolle ist eine „fiktive“ Note als Indikator für den eigenen Lernfortschritt. Erfahrungsgemäß variiert die tatsächliche Abschlussnote bei den meisten Studierenden im einen 0,3er Notenschritt um diese „fiktive“ Note.
4.4 Auswertungsmethode Für die Kompetenzdimensionen werden entsprechende SCORE-Variablen erstellt, basierend auf der anteilsmäßig gewichteten Summe der einzelnen Items einer Kompetenzdimension. Die drei verschiedenen Lehr-Lern-Settings werden, basierend auf der zugrunde liegenden Verteilung der SCORE-Variablen, mittels Welch Two Sample t-Tests hinsichtlich der Fachkompetenz, der Methodenkompetenz als auch dem Ergebnis aus der Lernstandskontrolle gegenübergestellt.
5
Datenauswertung
5.1 Kennwerte auf einen Blick In der Präsenzvorlesung (N = 30) liegen der Mittelwert des FachkompetenzSCORES bei 3,60 (0,65) und der Mittelwert des M ethodenkompetenz-SCORES bei 3,64 (0,63). Der Mittelwert der Lernstandskontrolle liegt bei 1,85 (0,47). Für die Webinarvorlesung (N = 30) ergibt sich ein Mittelwert des Fachkompetenz-SCORES von 3,06 (0,52) und ein Mittelwert des Methoden kompetenz-SCORES von 3,13 (0,49). Der Mittelwert der Lernstandskontrolle mit 2,40 (0,45) fällt im direkten Vergleich mit der Präsenzvorlesung schlechter aus. Die Mittelwerte für die Videovorlesung (N = 30) liegen bei dem FachkompetenzSCORE schließlich bei 3,79 (0,71) bzw. 4,00 (0,64) bei dem Methodenkompetenz-SCORE. Bei der Lernstandskontrolle wird ein Mittelwert von 1,76 (0,42) erreicht.
5.2 Vergleich der Fachkompetenz-SCORES Ausgehend von diesen deskriptiven Kennwerten lassen sich die drei verschiedenen Lehr-Lern-Settings gegenüberstellen, sodass sich folgende Befunde hinsichtlich des Fachkompetenz-SCORES (siehe Abb. 5.1) ergeben: Der Welch Two Sample t-Test offenbart einen signifikanten Unterschied (p = 0,001) zwischen einer Webinarvorlesung und einer Präsenzvorlesung. Die Webinarvorlesung schneidet entsprechend mit dem zuvor genannten Mittelwert schlechter ab als die Präsenzvorlesung. Auch ein Vergleich zwischen der Webinarvorlesung und der Videovorlesung offenbart einen signifikanten Unterschied (p = 0,000). Zwischen der Präsenzvorlesung und der Videovorlesung ist jedoch © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 K. Keller et al., Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2_5
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5 Datenauswertung
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Webinar
Abb. 5.1 Fachkompetenz-SCORES. (Eigene Darstellung 2020)
kein signifikanter Unterschied feststellbar (p = 0,285). Dieser Befund deutete sich bereits basierend auf der hohen Standardabweichung beim Mittelwert des Fachkompetenz-SCORES bei der Videovorlesung an und spiegelt sich auch entsprechend in den dazugehörigen Boxplots wider:
5.3 Vergleich der Methodenkompetenz-SCORES Bei der Methodenkompetenz zeigt sich zwischen allen Lehr-Lern-Settings ein signifikanter Unterschied (siehe Abb. 5.2). Demnach schneidet die Videovorlesung besser ab als die Präsenzvorlesung (p = 0,030) und die Webinarvorlesung
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5.4 Vergleich der Lernstandskontrollen
2
2
1
1
3
4
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Video
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Webinar
Abb. 5.2 Methodenkompetenz-SCORES. (Eigene Darstellung 2020)
(p = 0,000). Entsprechend lässt sich auch zwischen der Präsenzvorlesung und der Webinarvorlesung ein signifikanter Unterschied feststellen (p = 0,001), sodass die Webinarvorlesung in Bezug auf den Erwerb an Methodenkompetenz am schlechtesten abzuschneiden scheint.
5.4 Vergleich der Lernstandskontrollen Schließlich ist zu erwarten, dass die erworbene Fachkompetenz und die erworbene Methodenkompetenz aus den drei verschiedenen Lehr-Lern-Settings einen Einfluss auf das Resultat der Lernstandskontrolle nehmen kann. Hier zeigt
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5 Datenauswertung
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Video
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Webinar
Abb. 5.3 „Fiktive“ Note der Lernstandskontrolle. (Eigene Darstellung 2020)
sich eine signifikante Verbesserung der „fiktiven“ Noten der Studierenden in der Präsenzvorlesung (p = 0,000) bzw. in der Videovorlesung (p = 0,000) im direkten Vergleich zur Webinarvorlesung (siehe Abb. 5.3). Zur Erinnerung: Die Lernstandskontrolle kann als zuverlässiger Indikator der tatsächlichen Abschlussnote der Studierenden gesehen werden. Lediglich zwischen der Videovorlesung und der Präsenzvorlesung zeigt sich kein signifikanter Unterschied (p = 0,461).
6
Diskussion der Befunde
Die Datenauswertung deutet an, dass das Lehr-Lern-Setting einen mittelbaren Einfluss auf den Kompetenzerwerb der Studierenden nehmen kann. Als Lehr-Lern-Settings wurden eine Präsenzvorlesung, eine Webinarvorlesung und eine Videovorlesung gegenübergestellt. Diese wurden hinsichtlich der Fachkompetenz und der Methodenkompetenz der Studierenden mittels Welch Two Sample t-Tests untersucht und über eine Lernstandskontrolle validiert. Sowohl bei dem Fachkompetenz-SCORE als auch bei dem Methodenkompetenz-SCORE und der Lernstandskontrolle zeigt sich, dass eine Webinarvorlesung zu signifikant schlechteren Ergebnissen aufseiten der Studierenden führen kann, als es bei einer Präsenzvorlesung und einer Videovorlesung der Fall zu sein scheint. Zur Erinnerung: Dies wurde bei gleichen Vorlesungsinhalten und unter gleichen Prüfungsvoraussetzungen im Fach Statistik untersucht. Während die Videovorlesung zusätzlich im Methodenkompetenz-SCORE signifikant besser abschneidet als eine Präsenzvorlesung, lässt sich diese Tendenz mit Blick auf den Fachkompetenz-SCORE und die Lernstandskontrolle nicht bestätigen. Demnach scheinen diese beiden Lehr-Lern-Settings gleichaufzuliegen, wohingegen die Webinarvorlesung unter Berücksichtigung der gleichen Rahmenbedingungen schlechter abzuschneiden scheint. Individuelles, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht systematisch erhobenes Feedback der Studierenden, deutet an, dass sowohl die Präsenzvorlesung als auch die Videovorlesung weniger durch technische und zwischenmenschliche Begebenheiten negativ beeinflusst zu sein scheinen. Ferner scheint sich hier für einen Großteil der Studierenden die Eigeninitiative und das im theoretischen Diskurs erörterte „eigenständige Erforschen“ der Lerninhalte auszuzahlen. Auch betonten die Studierenden als Vorteil der Videovorlesung, dass ein unbegrenzter und
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6 Diskussion der Befunde
iederholbarer Zugriff auf den Inhalt der Videovorlesung bei einem abstrakten w Fach wie der Statistik zweckdienlich sei. Dies könnte eine Erklärung für den signifikanten Unterschied im Vergleich zur Präsenzvorlesung mit Blick auf den Fachkompetenz-SCORE sein, wohingegen die Anwendung und Umsetzung der Fachkompetenz mittels geeigneter Methoden, Techniken und Verfahren als Methodenkompetenz vermutlich besser in einer Präsenzvorlesung vermittelt und kontrolliert werden kann. Hier scheinen weiterführende Analysen geboten, um die zugrunde liegenden Wirkmechanismen eingehend aufschlüsseln zu können. Zusätzlich ist in der Interpretation dieser Befunde zu berücksichtigen, dass sich die Zielgruppe der analysierten Teilnehmenden aus Bachelor-Studierenden im Gesundheits- und Sozialwesen im Rahmen der Partizipation an einer Statistikvorlesung zusammensetzt. Sowohl das Bachelorniveau als auch der vorliegende Fokus auf das Fach Statistik schränken die darüber hinausgehende Interpretierbarkeit ohne weiterführende Analysen entsprechend ein. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Anforderungen im Fach Statistik im Bachelorstudium prinzipiell anders gelagert sind als im Masterstudium und die vermittelten Methoden im Gesundheits- und Sozialwesen durchaus eine andere Schwerpunktsetzung aufweisen können als bspw. in wirtschaftswissenschaftlichen oder anderen Studiengängen. Zusätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass die Studierenden im Gesundheits- und Sozialwesen das Fach Statistik mit Blick auf das Curriculum oftmals als abstrakt klassifizieren. Eine solche Einschätzung mag in anderen Studiengängen durchaus anders gelagert sein. Auch können die genauen Wirkmechanismen, beispielsweise im Zusammenspiel mit der im theoretischen Diskurs genannten Anforderung an die Eigeninitiative und Motivation seitens der Studierenden, erst durch noch zu erfolgende qualitative Einblicke hinreichend nachgezeichnet und aufgeschlüsselt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung dieser Spezifität werden die Autorinnen und Autoren des essentials diese Befunde mit Blick auf die anstehenden Klausuren im Fach Statistik im Sommersemester 2020 jedenfalls bereits berücksichtigen können, da das Lehr-Lern-Setting über die Wahl der digitalen Medien und die damit errichtete Lernumgebung einen nachweisbaren Einfluss auf den Kompetenzerwerb von Studierenden zu nehmen scheint.
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Derivate und Handlungsempfehlungen
Die Autorinnen und Autoren kommen unter Berücksichtigung der eingangs diskutieren lerntheoretischen Grundlagen und der dargestellten Diversität der Studierenden unter sonst gleichen Rahmenbedingungen zu dem Schluss, dass die Bereitstellung einer Videovorlesung und der damit einhergehenden Videos als digitale Medien in Verbindung mit einem Forum für Fragen und Antworten den Kompetenzerwerb der Studierenden im Fach Statistik besser zu unterstützen scheinen, als es bei einer inhaltsgleichen Webinarvorlesung der Fall ist. Sowohl über einen Fachkompetenz-SCORE als auch über einen Methodenkompetenz-SCORE konnten im direkten Vergleich zwischen einer Videovorlesung und einer Webinarvorlesung bessere Resultate erzielt werden. Die Videovorlesung erzielt dabei annähernd vergleichbare Resultate wie eine Präsenzvorlesung. Sowohl der Fachkompetenz-SCORE als auch der Methodenkompetenz-SCORE führen validierend zu zuverlässigen Vorhersagen in einer klausurähnlichen Lernstandskontrolle. Dabei kann die in der deskriptiven Statistik nachgezeichnete Spannweite der Kompetenzentwicklung durchaus auch hinsichtlich der Offenheit der individuellen Nutzung dieses Angebots interpretiert werden, wie dem theoretischen Diskurs zu unterschiedlichen Lerntypen entnommen werden kann. Deren Einfluss wurde jedoch im vorliegenden essential weder erhoben noch analysiert. In Anlehnung an den theoretischen Diskurs lässt sich zusätzlich ableiten, dass der Einsatz von digitalen Medien im Zuge von Blended Learning mit einer Änderung der geforderten Kompetenzen von Lehrenden und Lernenden gleichermaßen einhergeht. Durch die andersartigen Rollen von Lehrenden und Lernenden in örtlich sowie zeitlich synchronen bzw. asynchronen Lehr-Lern-Settings entstehen teilweise veränderte bis neue Aufgaben. Dabei kommt auf Seite der Lehrenden den sozialen, methodisch-didaktischen sowie © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 K. Keller et al., Digitale Hochschullehre im Gesundheits- und Sozialwesen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31851-2_7
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den medientechnischen Kompetenzen eine immer größere Bedeutung zu. Unter Berücksichtigung der in diesem essential dargestellten Bedeutung der Segmentierung und Sequenzierung von Lerninhalten und des zugrunde liegenden Verständnisses von Lernen als Prozess, lassen sich unter anderem folgende Kompetenzen eruieren, um den unterschiedlichen Lerntypen aufseiten der Studierenden gerecht werden zu können: Bedingt durch die digitale Lernumgebung und die räumliche (sowie zeitliche) Distanz zwischen Lehrenden und Lernenden scheint der Sozialkompetenz des Lehrenden eine besondere Rolle zuzukommen. Denn auch über Webinarvorlesungen und Videovorlesungen hinaus ist für die Studierenden eine Betreuungssituation sicherzustellen. Neben einem Lehrendenkontakt über E-Mail wurden den vorliegenden Stichproben zusätzlich die Möglichkeiten der Fragestellung während eines Livestreams eröffnet, als auch in einem Forum. Dabei gibt die in diesem essential als Konstante eingesetzte Lehrperson an, dass die asynchrone Videovorlesungen eine engmaschigere Betreuung der Studierenden ermöglicht hat, als es in einer synchronen Webinarvorlesung der Fall war. Inhalte lassen sich in reiner Form in Videos wiedergeben, sodass erst nachgelagert (Stichwort: Sequenzierung) die Lernumgebung für Fragen und Antworten in Form des bereits genannten Forums eröffnet werden konnte. In zeitlich gesetzten und in ihrem Umfang begrenzten Webinarvorlesungen, so wie sie in diesem Anwendungsfall realisiert werden konnten, können Fragen und Antworten zwischen Lehrenden und Lernenden die Segmentierung der Inhalte konterkarieren und – den vorliegenden Befunden nach – scheinbar den Kompetenzerwerb aufseiten der Studierenden schmälern. Auch neigten die Studierenden der Videovorlesung verstärkt dazu, auf das bereitgestellte Forum für Fragen und Antworten zurückzugreifen, als es bei den Studierenden der Webinarvorlesung der Fall war (Stichwort: Eigeninitiative). Sowohl die Moderation und Partizipation an einer Webinarvorlesung, als auch die Erstellung und bewusste Auseinandersetzung mit einer Videovorlesung kommen beide nicht ohne entsprechende medientechnische Kompetenzen aus. Ganz allgemein kann schließlich noch festgehalten werden, dass je mehr über die Lernenden in Erfahrung gebracht werden kann, umso einfacher wird es für die Lehrenden, diese auch individuell begleiten und motivieren zu können. Dabei bietet sich eine wohlwollende und ermutigend-motivierende Wortwahl, möglicherweise auch in Kombination mit Spaß und Humor, an. Die mit im Fokus dieses essentials stehende Lehrperson empfand die Segmentierung und Sequenzierung eben dieser Elemente im Rahmen einer Videovorlesung natürlicher und passgenauer zu implementieren, als diese im Rahmen einer
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Webinarvorlesung mit manchmal unvorhergesehenen Momenten (bspw. bei technischen Störungen) realisiert werden konnte. Denn auch wenn der Einfluss von unterschiedlichen digitalen Medien systematisch gegenübergestellt und sogar statistisch kontrastierend ausgewiesen werden kann, so scheint der menschliche Faktor hinsichtlich Planung, Umsetzung und Bindung an die Lernenden weiterhin maßgeblich.
Was Sie aus diesem essential mitnehmen können
• Blended Learning Grundlagen für eine digitale Hochschullehre • Die Abwägung zwischen unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings hinsichtlich der Sequenzierung von Lerninhalten und der Anwendung mediendidaktischer Konzepte • Dass Videovorlesungen unter bestimmten Voraussetzungen ein zielführenderes Substitut für Präsenzvorleungen sein können als Webinarvorlesungen • Ein quantitatives Instrument zur Evaluation der Fach- und Methodenkompetenz von Studierenden in einem Studiengang im Gesundheits- und Sozialwesen • Die Realisierung quantitativer Lernstandskontrollen in der akademischen Lehre • Die Möglichkeit zur kompetenzbasierten Evaluation der eigenen Hochschullehre • Einen Scientific-Use-File
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Scientific-Use-File
Unter den Kontaktangaben der Autorinnen und Autoren kann ein Scientific-Use-File zur Reproduktion der Befunde sowie zur Konzeption einer kompetenzbasierten Evaluation von Lehr-Lern-Settings angefragt werden. Das Scientific-Use-File wird in anonymisierter Form als CSV-Datensatz einschließlich Syntax für die Programmiersprache R zur Verfügung gestellt und umfasst neben dem Datensatz und der Syntax das auch das Codebuch zur Aufschlüsselung der Variablen.
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