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German Pages 368 [369] Year 2023
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 566
Die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln und die Rechtsfolgen ihrer Unwirksamkeit Eine Untersuchung unter Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG
Von
Otto Fock
Duncker & Humblot · Berlin
OTTO FOCK
Die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln und die Rechtsfolgen ihrer Unwirksamkeit
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 566
Die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln und die Rechtsfolgen ihrer Unwirksamkeit Eine Untersuchung unter Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG
Von
Otto Fock
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D6 Alle Rechte vorbehalten © 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-18966-3 (Print) ISBN 978-3-428-58966-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2022/23 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten in dieser aktualisierten Fassung bis April 2023 berücksichtigt werden. Die Arbeit entstand überwiegend während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl meiner Doktormutter Frau Professorin Dr. Bettina Heiderhoff. Für die schöne Zeit am Lehrstuhl und die hervorragende Betreuung bei der Erstellung dieser Arbeit bin ich ihr zu großem Dank verpflichtet. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Thomas Klicka für die sorgfältige Erstellung des Zweitgutachtens. Von Herzen danken möchte ich meinen Eltern Anke Winter und Walter Fock für ihre stetige Unterstützung. Hervorzuheben ist dabei die Hilfe meines Vaters beim Korrekturlesen. Ganz besonderer Dank gilt schließlich Vanessa Schwenk, die mich unermüdlich unterstützt hat. Bernau bei Berlin, im Mai 2023
Otto Fock
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schönheitsreparaturen: Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Teil Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Die Klauselrichtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entstehung der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Zielsetzung der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Wirkungsweise der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Legislative Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Transformation einer Richtlinie ins nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Umsetzung der Klauselrichtlinie in Deutschland . . . . . . . . . . . . 2. Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kompetenzverteilung zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den nationalen Gerichten bei der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Entscheidung Océano . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Entscheidung Freiburger Kommunalbauten im Widerspruch zu Océano . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Anschluss an die Entscheidung Freiburger Kommunalbauten . . . . . . . . . . . . . . . e) Die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . f) Zusammenfassung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personeller Anwendungsbereich: Verbraucherverträge . . . . . . . . . . . . . . a) Verbraucher im Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbetreibende im Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abgrenzung zwischen gewerblichem Handeln und privater Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einschaltung einer professionellen Immobilienverwaltung . . . . 2. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
V.
a) Nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfasste Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kontrollfreie Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausnahme in Art. 1 Abs. 2 Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen der Harmonisierung durch die Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . .
B. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mietvertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . II. Einbeziehungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kontrollfähigkeit von Schönheitsreparaturklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vornahme-, Freizeichnungs- und Kostenabwälzungsklauseln . . . . . . . . . 2. Zuschläge zur Miete für Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grundsätzliche Übertragbarkeit der Schönheitsreparaturpflicht . . . . . . . . . . 1. Beurteilungsmaßstab für die AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriterien für das Vorliegen einer missbräuchlichen Klausel . . . . . . . aa) Unionsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Generell-abstrakte oder individuell-konkrete Betrachtung? . . . . . . . . c) Maßgebliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unangemessene Benachteiligung aufgrund der Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung? . . . . . . . . . . . a) Der Leitbildcharakter von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Erhaltungspflicht des Vermieters als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wille des historischen Gesetzgebers? Die Begründung zum Gesetzentwurf für das Mietrechtsreformgesetz 2001 . . . . . . . . . b) Das Argument der Verkehrssitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Historische Entwicklung der Abwälzung von Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestehen einer Verkehrssitte und ihre Relevanz bei der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Entgeltargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundgedanke des Entgeltarguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Relevanz von Preiserwägungen bei der Inhaltskontrolle . . . . . . . cc) Überzeugungskraft des Entgeltarguments vor dem Hintergrund der Preisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Argument der Kalkulierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Vereinfachung von Abläufen durch die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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aa) Vermeidung der Abgrenzung von der Sachbeschädigung . . . . . bb) Gestaltungs- und Planungsfreiheit des Mieters . . . . . . . . . . . . . . cc) Kostenreduktion durch Eigenvornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verhaltenssteuernder Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Differenzierung zwischen Wohn- und Geschäftsraummietverträgen? g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unwirksamkeit gemäß § 536 Abs. 4 BGB bei Wohnraummietverträgen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragbarkeit der Schönheitsreparaturpflicht bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Beseitigung vorvertraglicher Gebrauchsspuren als Grund für eine unangemessene Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Vorliegen unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Räume . . . . 3. Darlegungs- und Beweislast für den anfänglichen Dekorationszustand a) Darlegungs- und Beweislastverteilung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenansicht zur Darlegungs- und Beweislastverteilung . . . . . . . . . c) Amtsermittlung bei Verbraucherverträgen als Gebot der Klauselrichtlinie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Prozessuale Vorgaben der Klauselrichtlinie im Allgemeinen . . bb) Tatsachenermittlung von Amts wegen im Besonderen . . . . . . . . 4. Rechtslage bei teilrenovierten Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einwände gegenüber der Anknüpfung an den anfänglichen Dekorationszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abstrakt-generelle Betrachtung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Das Kompensationsmodell des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundgedanke des Kompensationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berechnung eines angemessenen Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Quotenlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kompensation durch Ersatz der Renovierungskosten . . . . . . . . . c) Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulässigkeit des Kompensationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorgaben der Klauselrichtlinie: Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln und Abschreckungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein unzulässiges Preisargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anspruch auf Rückgewähr der Kompensationsleistung bei Auszug des Mieters vor Fälligkeit der Renovierungspflicht? . . . . . . . . . . . . . 7. Auswirkungen von Vereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter über die Vornahme von Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis a) Der Standpunkt des Bundesgerichtshofs: Relativität der Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schuldübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Laufende Renovierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässigkeit der Abwälzung von Renovierungsarbeiten während der Mietzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fälligkeit der Renovierungspflicht während des Mietverhältnisses . . . . a) Starre Fristenpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Flexible Fristenpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anforderungen an einen flexiblen Fristenplan . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unwirksamkeit flexibler Fristenpläne gemäß § 309 Nr. 12 BGB c) Abwälzungsklauseln ohne Fristenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Anfangsrenovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Endrenovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedarfsabhängige Endrenovierungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Kombination verschiedener Renovierungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Umfang und Ausführungsart der Renovierungspflicht des Mieters . . . . . . . 1. Bei Wohnräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bei Geschäftsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Quotenabgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Kostenabwälzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Zuschläge zur Miete für vom Vermieter geschuldete Schönheitsreparaturen XIV. Freizeichnung des Vermieters von der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV. Sonstige Anforderungen an die Transparenz von Schönheitsreparaturklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI. Zahlungs- statt Renovierungspflicht bei anschließendem Umbau von Räumen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
C. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter durch im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbedingungen und Individualvereinbarungen . I. Keine Begrenzung durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Summierungseffekt bei der Kombination einer individualvertraglichen mit einer formularvertraglichen Renovierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unwirksamkeit der Abwälzung der Anfangsrenovierung im preisgebundenen Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter durch schlüssiges Verhalten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Inhaltsverzeichnis I. II.
III.
Vorschlag des Bundesrats zur Regelung der Schönheitsreparaturpflicht im Rahmen der Mietrechtsreform 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Regelungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit des Mieters für Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freistellung oder Freizeichnungsmöglichkeit des Vermieters . . . . . . . . . 3. Freistellung des Vermieters und Endrenovierungspflicht oder Quotenabgeltung bei renoviert übergebenen Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wahlrecht des Mieters zwischen Zuschlagszahlung und Vornahme der Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kostentragungspflicht des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Unabdingbarkeit der Erhaltungspflicht des Vermieters . . . . . . . . . . . . . . Stellungnahme und eigener Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
2. Teil Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Verbot geltungserhaltender Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kein Vertrauensschutz für Verwender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Auswirkungen der Unwirksamkeit einer Regelung über die Renovierungspflicht auf die übrigen Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Fortbestand des rechtlichen Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Teilunwirksamkeit von Renovierungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Lehre von der Einheitlichkeit der Schönheitsreparaturpflicht . . . . . 3. Unionsrechtliche Bedenken gegen die Teilunwirksamkeit . . . . . . . . . . . III. Folge der Lehre von der einheitlichen Renovierungspflicht für separat formulierte Renovierungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel . . . . . . . . . . . . I. Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bei anfänglich renovierten Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geltung des dispositiven Rechts – Vereinbarkeit mit der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine ergänzende Vertragsauslegung infolge der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bei anfänglich unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Räumen . . a) Die unterschiedlichen Standpunkte der 18. und der 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
II.
III.
b) Die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Richtlinienwidrigkeit der Beteiligungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unionsrechtlich unzulässige ergänzende Vertragsauslegung? . . bb) Fehlender Abschreckungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersatzansprüche bei Vornahme von Schönheitsreparaturen aufgrund einer unwirksamen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ansprüche aus § 536a Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche aus culpa in contrahendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ansprüche aus Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verjährung der Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen der Anwendung von §§ 195, 199 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . c) Folgen der Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unionsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückzahlungsansprüche bei Zahlungen aufgrund einer unwirksamen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
281 287 287 291 293 293 294 295 298 301 307 311 311 312 314 315 316 321
D. Rückforderung einer unzureichenden Ausgleichsleistung für die Überlassung unrenovierter Räume durch den Vermieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 E. Ersetzung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel durch eine wirksame Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 F. Mieterhöhung aufgrund unwirksamer Schönheitsreparaturklausel . . . . . . . . I. Bei preisfreiem Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bei preisgebundenem Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur preisfreien Wohnraummiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unionsrechtlich unzulässiger Rückgriff auf nationales Gesetzesrecht . . 3. Zulässigkeit der Kostenmieterhöhung außerhalb von Verbraucherverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bei Geschäftsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
327 327 329 329 331 334 336
G. Bußgeldverhängung wegen Verwendung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
Abkürzungsverzeichnis ABl. EG ABl. EU Abs. AcP AEUV AG AGB Alt. Anh. Art. Aufl. BAG BAGE BayObLG BB BeckRS Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BR-Drucks. BT-Drucks. bzw. CML Rev. DB DDR ders. dies. Diss. Dok. DWW EGBGB EGV Einl.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Archiv für die civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternative Anhang Artikel Auflage Bundesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebsberater Beck-Rechtsprechung Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache beziehungsweise Common Market Law Review Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik derselbe dieselbe/dieselben Dissertation Dokument Deutsche Wohnungswirtschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einleitung
14 ELR E.L.Rev. endg. ERCL ERPL et al. EuGH EuGRZ EUVR EuZW EWGV EWiR EWS f./ff. Fn. FS GPR GRUR Int GRUR-RS GS Hrsg. i. d. F. i.V. m. IWRZ JA J. Consum. Policy JR JURA JuS JZ Klausel-RL LG lit. LMK Ls. MDR MietRB MMR NJOZ NJW NZA NZI
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Abkürzungsverzeichnis NZM OLG RabelsZ RDC RIW Rn. S. Slg. u. a. UAbs. Urt. v. Verf. VIZ Vorbem. VuR WM WuM ZEuP ZfIR ZfPW ZfRV ZGB ZGS ZIP ZK ZMR ZUM-RD
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Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Oberlandesgericht Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revue de Droit Commercial Belge Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Satz; Seite Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz und andere Unterabsatz Urteil von; vom Verfasser Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Vorbemerkung; Vorbemerkungen Verbraucher und Recht Wertpapier-Mitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wohnungswirtschaft und Mietrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilkammer Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst
Einleitung I. Ziel der Untersuchung Die rechtlichen Probleme rund um das „Dauerthema“ 1 Schönheitsreparaturen beschäftigen die Rechtsprechung und die Rechtswissenschaft schon seit Jahrzehnten. Die Diskussion ist nicht zuletzt aufgrund der mehrfachen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung keineswegs abgeschlossen.2 Zu der Frage, ob und in welchem Umfang die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen dem Mieter auferlegt werden kann, hat sich ein breites Meinungsspektrum herausgebildet. Für die mietrechtliche Praxis von großer Bedeutung ist dabei die Frage, ob eine Pflicht des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt werden kann.3 Ertragreich könnte dabei der Blick auf das europäische Recht sein: Die europäische Richtlinie 93/13/EWG vom 21. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen4 (im Folgenden: „Klausel-RL“) enthält unionsweite Mindestvorgaben für das Recht der vorformulierten Klauseln. Gleichwohl wurden die Bestimmungen der Klausel-RL und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Rahmen der umfangreichen Rechtsprechung über Schönheitsreparaturklauseln in Deutschland bisher weitgehend außer Betracht gelassen. So hat der Bundesgerichtshof bisher in keiner seiner hierzu ergangenen Entscheidungen auf die Klausel-RL Bezug genommen und – insoweit konsequent – bisher auch von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof anlässlich einer Schönheitsreparaturklausel abgesehen. In der Literatur wurde in jüngerer Zeit hingegen mehrfach auf Vorgaben der Klausel-RL hingewiesen, die im Umgang mit Schön-
1 Als solches schon vor über 30 Jahren bezeichnet von Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233. Häublein, VuR 2021, 214, spricht von „einer schier unüberschaubaren Flut von Gerichtsverfahren und Publikationen“; ähnlich Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 264: „fast keine Redaktionswoche vergeht, in der ich keine neue gerichtliche Entscheidung zu diesem Themenkomplex erhalte“. 2 Neuere zentrale Entscheidungen zu Schönheitsreparaturen sind die drei Urteile des BGH v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594; BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871; NJW 2015, 1874; zudem BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302; BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NZM 2020, 704. 3 In der Praxis handelt es sich bei Schönheitsreparaturklauseln in den meisten Fällen um AGB, vgl. Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065; Zehelein, NZM 2020, 857, 867. 4 ABl. EG L 95/29–34.
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heitsreparaturklauseln bei der Anwendung des nationalen AGB-Rechts zwingend zu beachten sein könnten.5 Neben der Frage, ob Schönheitsreparaturklauseln wirksam vereinbart werden können, wirft auch die rechtliche Behandlung solcher Klauseln über die Schönheitsreparaturpflicht Probleme auf, deren Unwirksamkeit festgestellt wurde.6 Es stellen sich dabei interessante Fragen, die die Grundlagen des AGB-Rechts betreffen, etwa die Auswirkungen einer unwirksamen Klausel auf die übrigen Vertragsbestimmungen, die Ansprüche des Mieters aufgrund der Verwendung einer unwirksamen Klausel durch den Vermieter oder die durchaus umstrittene Frage, ob der Vermieter im Falle der Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel den Mietzins erhöhen kann. Das Recht der Schönheitsreparaturen bietet daher eine gute Gelegenheit, um die deutschen und europäischen Regeln über vorformulierte Vertragsbedingungen anhand eines konkreten Klauseltyps zu untersuchen. Dabei soll die umfangreiche rechtswissenschaftliche Diskussion über Schönheitsreparaturklauseln durch eine detaillierte Betrachtung der Auswirkungen des Unionsrechts auf das deutsche Recht im Bereich der Klauselkontrolle bereichert werden. Eine Beschränkung auf Wohn- oder Geschäftsraummietverträge oder auf solche Verträge, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13/EWG fallen, erfolgt nicht, denn es soll gerade untersucht werden, welche Unterschiede sich aus der Geltung verschiedener Rechtsnormen ergeben können.
II. Schönheitsreparaturen: Begriff und Abgrenzung Die Wirksamkeit von Vereinbarungen über Schönheitsreparaturen stellt die Hauptfrage dieser Untersuchung dar. Zu klären ist daher zunächst, was sich hinter dem Begriff der Schönheitsreparaturen verbirgt. Für die Zwecke dieser Untersuchung soll das übliche Begriffsverständnis von Schönheitsreparaturen zugrunde gelegt werden. Als Synonym für die Durchführung von Schönheitsreparaturen soll im Folgenden die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung „Renovierung“ dienen. Das überkommene Verständnis von Schönheitsreparaturen ist in zweifacher Hinsicht von großer Bedeutung. Bei der Durchführung eines Mietvertrags richtet 5 Kritisch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland in Bezug auf Schönheitsreparaturklauseln vor dem Hintergrund der Klausel-RL geäußert haben sich insbesondere Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 15–19; ders., NZM 2018, 1001; ders., NZM 2021, 409–417; Kappus, NZM 2016, 616 f.; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1073–1075; Brinkmann, WuM 2021, 705, 712–715; Häublein, VuR 2021, 214, 216 f.; Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 565 f. 6 Diesen Problemkreis betrifft auch die jüngste und sehr umstrittene Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs über Schönheitsreparaturen v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NZM 2020, 704.
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es sich in der Wohnraum- wie in der Geschäftsraummiete nach dem gewöhnlichen Begriffsverständnis von Schönheitsreparaturen, welche Arbeiten konkret erbracht werden sollen, wenn eine allgemein gehaltene Abrede über „die Schönheitsreparaturen“ ohne nähere Konkretisierung getroffen wird.7 Außerdem erlaubt die Rechtsprechung nur in engen Grenzen die formularvertragliche Übertragung von Arbeiten auf den Mieter, die über den üblichen Umfang der Schönheitsreparaturen hinausgehen.8 In den §§ 535 ff. BGB, die die vertraglichen Pflichten der Mietvertragsparteien regeln, finden sich keine Regelungen über Schönheitsreparaturen. Obwohl eine allgemeine Legaldefinition fehlt, ist der Begriff der Schönheitsreparaturen aber zumindest in seinen Grundzügen nicht umstritten. Unter Schönheitsreparaturen werden nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung die in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO9 genannten Arbeiten zur Beseitigung der durch den vertragsgemäßen Gebrauch entstandenen Gebrauchsspuren und der Veränderungen durch den natürlichen Verschleiß verstanden.10 § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO gilt nach seinem Anwendungsbereich lediglich für die Bestimmung des Mietzinses im preisgebundenen Wohnraum und findet überdies gemäß § 50 Abs. 1 Wohnraumförderungsgesetz11 nur noch auf solchen Wohnraum Anwendung, für den bis zum 31. Dezember 2001 öffentliche Mittel bewilligt worden sind. Dennoch wird diese Norm seit Langem als allgemeine Beschreibung des Umfangs von Schönheitsreparaturen auch außerhalb des preisgebundenen Wohnraums herangezogen. § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO lautet: „Schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.“
Diese Definition der Schönheitsreparaturen wird gleichermaßen für Wohnund Geschäftsräume zugrunde gelegt.12 Wie sich insbesondere aus der Beschränkung auf die Innentüren sowie Fenster und Außentüren von innen ergibt, gehören 7 BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; Elzer/Riecke, ZMR 2016, 20. Zur Frage der Zulässigkeit einer solchen pauschalen Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt der Transparenz siehe unten S. 224 ff. 8 Siehe dazu näher unten S. 209 ff. 9 Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen v. 5.4.1984 i. d. F. der Bekanntmachung v. 12.10.1990, BGBl. I S. 2178–2202. 10 Etwa BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; BGH, Urt. v. 8.10.2008, NJW 2009, 510 Rn. 19 f.; Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 258; Emmerich, in: ders./Sonnenschein, Miete, § 535 Rn. 58; Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, Anh. zu § 535 Rn. 1 f.; Siegmund, MietRB 2021, 122, 123; Hinz, ZMR 2023, 1. 11 Gesetz über die soziale Wohnraumförderung, verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts v. 13.9.2001, BGBl. I S. 2376–2393. 12 BGH, Urt. v. 8.10.2008, NJW 2009, 510, 511 Rn. 20.
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nur Arbeiten innerhalb der Mieträume zu den Schönheitsreparaturen. Arbeiten in einem gemeinschaftlich genutzten Hausflur oder an der Wohnungstür von außen sind daher nicht Teil der Schönheitsreparaturen.13 Wenn von „Schönheitsreparaturen“ die Rede ist, ist das insofern ein wenig missverständlich, als es sich bei den in § 28 Abs. 4 S. 3 der Verordnung genannten Maßnahmen nicht um Reparaturen im engeren Sinne handelt, sondern um Malerarbeiten zur Beseitigung eines unansehnlichen Zustands der Räume infolge des gewöhnlichen Gebrauchs und der Alterung des Materials.14 Daher wird die Zuständigkeit der einen oder der anderen Vertragspartei für die Durchführung der Schönheitsreparaturen auch als Dekorationslast bezeichnet. Grundsanierungsarbeiten wie die Beseitigung von Rissen im Mauerwerk gehören nicht zu den Schönheitsreparaturen.15 Aus der Beschränkung auf Renovierungsarbeiten zur Beseitigung der durch den Mietgebrauch und die Materialalterung entstandenen Dekorationsmängel folgt zudem, dass hierunter nicht solche Arbeiten fallen, die durch äußere Ursachen wie Brand16 notwendig geworden sind. Eine ähnliche Beschreibung der Schönheitsreparaturen wie die in § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO enthielt schon die Verordnung über die Mietzinsbildung in Preußen vom 17. April 1924.17 Im BGB finden sich dagegen, wie bereits erwähnt, keine speziellen Regelungen über Schönheitsreparaturen. Sie sind vielmehr schlicht ein Teil der Maßnahmen zur Erhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs, die gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB im gesetzlichen Regelfall zu den Pflichten des Vermieters gehören. Während über den Begriff der Schönheitsreparaturen als solchem Konsens besteht, kann die Unterscheidung, welche Arbeiten im Einzelfall darunter zu fassen sind, Probleme bereiten. Diese Unsicherheiten beruhen vor allem darauf, dass § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO keine abschließende Regel über die Verteilung der Pflichten im Hinblick auf Schönheitsreparaturen enthält. § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO bestimmt unmittelbar lediglich die Folgen für die Höhe der Kostenmiete im preisgebundenen Wohnraum, wenn der Vermieter die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt. Gleichwohl wird die Norm als Auslegungshilfe dafür herangezogen, was die Parteien vereinbart haben, und zugleich nach der Rechtsprechung als Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeiten auf den Mieter übertragen werden können. 13
BGH, Urt. v. 28.2.2009, NJW 2009, 1408, 1409 Rn. 10. Herlitz, WuM 2015, 654, 656; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 23. 15 Ausführlich zur Abgrenzung Gellwitzki, NZM 2009, 881, 882–889. 16 Vgl. BGH, Urt. v. 25.2.1987, WM 1987, 822 Rn. 20. 17 Preußische Gesetzessammlung S. 474–478. Gemäß der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 der Verordnung umfassen die Schönheitsreparaturen „das Tapezieren und Aufstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Fenster und das Streichen der Türen“. 14
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So ist das Streichen von Versorgungsrohren im Innenbereich nicht in § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO genannt. Dennoch wird diese Arbeit überwiegend als Teil der Schönheitsreparaturen angesehen, da es sich auch dabei um eine Verbesserung des Dekorationszustandes im Innenbereich handelt und eine Aufteilung zwischen den Dekorationsarbeiten an der Wand und denen an den Leitungen bei der praktischen Durchführung wenig sinnvoll wäre.18 Auch nennt § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO das Streichen der Fußböden. Dies entspricht aber in den meisten Fällen nicht mehr der heutigen Raumgestaltung, sodass an die Stelle des Streichens die Grundreinigung des Fußbodens tritt,19 nach überwiegender Ansicht aber nicht der Austausch von Teppichboden20 oder das Abschleifen und Versiegeln von Parkett.21 Nicht zu den Schönheitsreparaturen gehören nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Reparaturen, die der Beseitigung von Sachbeschädigungen aufgrund eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mieträume dienen.22 Ist der Mieter für die Sachbeschädigung verantwortlich, schuldet er die Durchführung der Reparaturen als Schadensersatz gemäß §§ 280 I, 241 II und 823 Abs. 1 BGB und nicht aufgrund einer etwaigen Schönheitsreparaturklausel. Zu beachten ist dabei, dass Personen, die sich mit dem Einverständnis des Mieters in den gemieteten Räumen aufhalten, als Erfüllungsgehilfen des Mieters im Hinblick auf dessen Schutzpflichten angesehen werden.23 Folglich hat der Mieter im Rahmen des vertraglichen Schadensersatzanspruchs das Verschulden solcher Personen, die mit seinem Wissen und Wollen Zugang zu den Räumen erhalten haben, etwa die Gäste eines Wohnraummieters oder die Kunden eines gewerblichen Mieters, gemäß § 278 S. 1 BGB wie eigenes Verschulden zu vertreten. Dies ist auf den ers18 Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 38 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 5; kritisch dagegen Kappus, NZM 2016, 609, 611. Weitere Beispiele dazu, welche Maßnahmen zu den Schönheitsreparaturen gehören, bei Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 4–9; Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5208 f. 19 Dies soll jedenfalls für Teppichboden gelten: BGH, Urt. v. 8.10.2008, NJW 2009, 510, 511 Rn. 26 f.; kritisch Lehmann-Richter, NZM 2009, 349, 350–352; für die Wohnungsmiete ablehnend Gellwitzki, NZM 2009, 881, 883. 20 OLG Hamm, Rechtsentscheid v. 22.3.1991, NJW-RR 1991, 844. 21 BGH, Urt. v. 13.1.2010, NJW 2010, 674 Rn. 12. 22 BGH, Urt. v. 5.10.1994, NJW-RR 1995, 123 Rn. 27; Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 13; Wetekamp, Mietsachen, Kap. 4 Rn. 22; anderer Ansicht sind Kraemer/Paschke, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. III Rn. 2610, die argumentieren, die Schönheitsreparaturklausel erfasse nach ihrer typischen Formulierung alle objektiv erforderlichen Malerarbeiten. Ausführlich zur Abgrenzung der Schönheitsreparaturen von als Schadensersatz geschuldeten Reparaturen anhand von Beispielen Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 48–72. 23 Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rn. 648; Grundmann, in: MüKo-BGB, § 278 Rn. 32; Schaub, in: BeckOGK BGB, § 278 Rn. 70.5.
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ten Blick überraschend, denn die Schutzpflicht des Mieters gemäß § 241 Abs. 2 BGB stellt zwar eine Verbindlichkeit desselben dar, doch „bedient“ sich der Mieter nicht im eigentlichen Sinne seiner Besucher zur Erfüllung dieser Verbindlichkeit gegenüber dem Vermieter. Insoweit wird aber ein weites Verständnis zugrunde gelegt,24 denn es ist bisher nicht bestritten worden, dass der Mieter für das Verhalten von Nutzern der Räume einstehen muss, wenn diese mit seinem Einverständnis mit der Mietsache in Berührung gekommen sind. Da auch durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Räume mit der Zeit Schäden entstehen, kann die Abgrenzung zwischen der Sachbeschädigung und dem noch vertragsgemäßen Gebrauch, der Anlass zu Schönheitsreparaturen gibt, Schwierigkeiten bereiten.25 § 538 BGB stellt klar, dass der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch derselben herbeigeführt werden, nicht zu vertreten hat. Welcher Gebrauch noch vertragsgemäß ist und demzufolge keine Schadensersatzpflicht auslöst, ist durch Auslegung des Mietvertrags unter Berücksichtigung des Mietzwecks gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.26 Die Unterscheidung zwischen vertragsgemäßem und vertragswidrigem Gebrauch ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Vermieter, wie nach dem gesetzlichen Leitbild vorgesehen, die Dekorationslast trägt, denn in diesem Fall ist der Mieter nur zur Durchführung von Arbeiten verpflichtet, wenn ein darauf gerichteter Schadensersatzanspruch des Vermieters besteht. Aber auch dann, wenn der Mieter wirksam zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet wurde, hat die Einordnung als Sachbeschädigung durch den Mieter rechtliche Konsequenzen. Denn während ein Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen einer Sachbeschädigung durch den Mieter gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 und § 823 Abs. 1 BGB keine Fristsetzung voraussetzt,27 besteht ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung wegen Nichtvornahme von geschuldeten Schönheitsreparaturen gemäß §§ 280 I, III, 281 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Durchführung der Schönheitsreparaturen.28 Zwar steht dem Vermieter nach teilweise vertretener Ansicht auch bei Beschädigung der Mieträume durch den Mieter ein Schadensersatzanspruch zumindest nach Vertragsende nur unter der Vorausset-
24 Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5216, spricht von „Erfüllungsgehilfen, deren Kreis weiter als im engen Sinne des § 278 gezogen wird“. 25 Siegmund, MietRB 2021, 122, 123; Häublein, VuR 2021, 214, 218. 26 Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 BGB Rn. 228. 27 BGH, Urt. v. 28.2.2018, BGHZ 218, 22 = NJW 2018, 1746 Rn. 18. 28 BGH, Urt. v. 28.2.2018, BGHZ 218, 22 = NJW 2018, 1746 Rn. 17; Dötsch, NZM 2007, 275, 279; Emmerich, in: ders./Sonnenschein, Miete, § 535 Rn. 69; Klein-Blenkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 477.
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zung eines erfolglosen Fristablaufs gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB zu.29 Dahinter steht zum einen die Überlegung, der Mieter schulde die Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 BGB in vertragsgemäßem Zustand, sodass die Rückgabe im beschädigten Zustand die Verletzung einer Leistungspflicht des Mieters sei.30 Der daraus folgende Anspruch sei deshalb auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet. Zum anderen werde dadurch die teils schwierige Abgrenzung zu den Schönheitsreparaturen vermieden.31 Dies kann jedoch nicht überzeugen, denn die Beschädigung der Mietsache stellt bereits für sich genommen eine Schutzpflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar, durch die das Integritätsinteresse des Vermieters verletzt wird.32 Der daraus resultierende Anspruch ist auf Schadensersatz neben der Leistung gerichtet, § 280 Abs. 1 BGB. Ein Schadensersatzanspruch entsteht deshalb bereits mit dem Eintritt der Beschädigung und nicht erst infolge der Rückgabe in beschädigtem Zustand unter der Voraussetzung einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB.33 Ein prominentes Beispiel zur Abgrenzung der vertragsgemäßen von der vertragswidrigen Nutzung von Mieträumen ist das häufige Rauchen in Wohnräumen. Sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, stellt das Rauchen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein sozialadäquates Verhalten und damit eine vertragsgemäße Nutzung der Wohnung dar, sodass keine Pflicht- und Rechtsgutsverletzung durch den rauchenden Mieter vorliege.34 Die Maßnahmen zur Beseitigung der durch das Rauchen verursachten Gebrauchsspuren sind somit in den meisten Fällen als gewöhnliche Schönheitsreparaturen einzuordnen, die bei Fehlen einer besonderen Vereinbarung vom Vermieter durchzuführen sind. Es stellt sich aber die Frage, ob bei „exzessivem“ Rauchen nicht doch eine Nutzung vorliegt, die über das nach dem Mietvertrag Zulässige hinausgeht, mit der Folge, dass ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter besteht. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Frage in der Weise beantwortet, dass auch überdurchschnittlich starkes Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehört, sofern dadurch keine Schäden eintreten, die nicht mehr im Wege der in § 28 Abs. 4 S. 3 II. BerechnungsVO genannten Arbeiten beseitigt werden können.35 Solange also wegen des Rauchens in der Mietwohnung lediglich vergilbte 29 Kraemer, in: FS Blank, S. 281, 289; in diese Richtung auch Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts, Rn. 661. 30 So auch Schermaier, JZ 2018, 950, 951 f., der im Ergebnis dennoch keine Fristsetzung für erforderlich hält. 31 Kraemer, in: FS Blank, S. 281, 290. 32 Zutreffend und instruktiv BGH, Urt. v. 28.2.2018, BGHZ 218, 22 = NJW 2018, 1746. 33 Zum Ganzen ausführlich Fervers, WuM 2017, 429, 429–437; Jost, in: FS Börstinghaus, S. 277, 277–283. 34 BGH, Urt. v. 28.6.2006, NJW 2006, 2915, 2917 Rn. 23. 35 BGH, Urt. v. 5.3.2008, NJW 2008, 1439, 1440 Rn. 23.
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Tapeten erneuert oder überstrichen werden müssen, handelt es sich nicht um eine Beschädigung der Mieträume. Anders ist es demnach, wenn so hartnäckige Nikotinablagerungen entstanden sind, dass der Putz abgeschlagen und neu aufgetragen werden muss. Damit hängt die Frage, ob eine zulässige Nutzung der Mietsache vorliegt, hier dem Bundesgerichtshof zufolge wiederum von der Art der Beseitigung der durch sie entstandenen Schäden ab. Diese Abgrenzung hat den Vorteil, dass sie zum regelmäßig relevanten Zeitpunkt, dem Vertragsende, eine leichte Zuordnung ermöglicht, ob eine Sachbeschädigung des Mieters vorliegt oder aber es sich lediglich um die Folgen des vertragsgemäßen Gebrauchs handelt. Ihr kann aber entgegengehalten werden, dass es nicht vollständig überzeugt, wenn in der Konsequenz das starke Rauchen zunächst als vertragsgemäß angesehen wird und dann ab einem gewissen Zeitpunkt, in dem solche schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Mietsache eintreten, dasselbe Verhalten nunmehr als vertragswidrig gelten soll. Demzufolge könnte der Vermieter gemäß § 541 BGB ab diesem Zeitpunkt auch die Unterlassung des Rauchens verlangen, nicht aber, bevor feststeht, dass durch das Rauchen ein bestimmtes Maß an Schäden verursacht wird. Ausgehend von der Grundannahme des Bundesgerichtshofs, dass das Rauchen in der eigenen Wohnung sozialadäquat und grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wäre es vielmehr folgerichtig anzunehmen, dass demnach unabhängig von den eingetretenen Verschlechterungen der Mietsache keine Sachbeschädigung gegeben ist, weil es an der Pflichtwidrigkeit der Verletzungshandlung fehlt.36 Dies zeigt, dass die Abgrenzung zwischen der vertragsgemäßen und der vertragswidrigen Nutzung nicht immer nur danach erfolgen kann, in welcher Weise die entstandenen Schäden beseitigt werden. Entscheidend für die Abgrenzung sind die Vereinbarungen der Vertragsparteien, bei deren (gegebenenfalls ergänzender) Auslegung der Vertragszweck zu berücksichtigen ist.37 Ebenfalls nicht zu den Schönheitsreparaturen gehören außerdem sogenannte Kleinreparaturen. Als solche bezeichnet man Reparaturen von geringerem Umfang an Gegenständen, die der häufigen Nutzung durch den Mieter ausgesetzt sind, wie sie in § 28 Abs. 3 S. 2 der II. BerechnungsVO aufgeführt werden. Die Rechtsprechung gestattet in begrenztem Umfang die Abwälzung der Kosten für 36 Paschke, NZM 2008, 265, 267, meint allerdings, dass bei der Anwendung des Kriteriums des Bundesgerichtshofs ohnehin nur selten eine vertragswidrige Nutzung durch das Rauchen festgestellt werden könne, da sich die typischen Nikotinablagerungen durch übliche Malerarbeiten beseitigen ließen. Dagegen weist Dötsch, MietRB 2008, 161, darauf hin, dass der Austausch des Teppichbodens, der durch exzessives Rauchen notwendig geworden ist, nach herrschender Ansicht nicht zu den Schönheitsreparaturen gehört und somit doch Fälle existieren können, in denen auch nach dem Abgrenzungskriterium des BGH eine Sachbeschädigung durch das Rauchen vorliegt. 37 Ähnlich Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 41; Looschelders, NZM 2022, 393, 401.
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Kleinreparaturen auf den Mieter, wobei die Abwälzung bei der Vermietung von Geschäftsräumen in größerem Umfang möglich sein soll als bei der Wohnraummiete.38 Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich der von der Rechtsprechung und der Literatur übereinstimmend verwendete Begriff der Schönheitsreparaturen an § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO orientiert. Bei darüber hinausgehenden Maßnahmen handelt es sich nicht mehr um Schönheitsreparaturen. Für sie bleibt auch bei wirksamer Abwälzung der Dekorationslast gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB der Vermieter zuständig, es sei denn, sie sind auf eine Sachbeschädigung durch den Mieter zurückzuführen. Eine prägnante Zusammenfassung des heutigen Verständnisses von Schönheitsreparaturen enthielt auch der Vorschlag des Bundesrats für den Erlass eines § 551a Abs. 1 S. 1 BGB im Zuge der Mietrechtsreform 200139, der sich allerdings auf Wohnraummietverhältnisse beschränken sollte. Danach sollten Schönheitsreparaturen legaldefiniert werden als „Arbeiten zur Beseitigung von Abnutzungen innerhalb des Wohnraums, wie sie durch vertragsgemäßen Gebrauch entstehen.“ Der Gesetzgeber verzichtete jedoch im Zuge der Mietrechtsreform schließlich auf eine Regelung über Schönheitsreparaturen.40
38 Dazu im Überblick Kinne, in: FS Blank, S. 272–277; Bub, in: ders./Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. II Rn. 1358–1382; Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 135–140, jeweils mit weiteren Nachweisen. 39 BT-Drucks. 14/4553, S. 84. 40 Siehe dazu näher unten S. 112 ff.
1. Teil
Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Die Klauselrichtlinie 93/13/EWG Um den im neueren Schrifttum geäußerten Zweifeln an der Unionsrechtskonformität der bisherigen Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln nachgehen zu können, ist die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und ihre Umsetzung in Deutschland genauer in den Blick zu nehmen. Dafür wird im Folgenden untersucht, wie weit die Vereinheitlichung des Rechts der vorformulierten Klauseln durch die Klausel-RL reicht und welche Auswirkungen sie bei der Anwendung des nationalen Rechts entfalten kann, wobei ein besonderes Augenmerk auf ihre Anwendbarkeit im Mietrecht gelegt wird.1
I. Die Entstehung der Klauselrichtlinie Die Klausel-RL wurde im Jahre 1993 und damit deutlich später als das deutsche AGBG von 19762 erlassen. Die Überlegungen zum Erlass einer Regelung über das Recht der vorformulierten Vertragsbedingungen als Teil der Verbraucherschutzpolitik auf Gemeinschaftsebene begannen aber bereits in den 1970er Jahren. Im ersten Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher vom 14. April 19753 wurden die Ziele einer europäischen Verbraucherschutzpolitik festgelegt, darunter der Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher. Die europäischen Verbraucher sollten demnach „insbesondere vor einseitig festgelegten allgemeinen Geschäftsbedingungen, vor dem mißbräuchlichen vertraglichen Ausschluss wesentlicher Rechte“ 4 geschützt werden. In einem kurze Zeit später im Auftrag der Europäischen Kommission erstellten rechtsvergleichenden Gutachten5 sprach
1 Zur Bedeutung sonstiger verbraucherschützender Unionsrechtsakte im deutschen Mietrecht Gsell, WuM 2014, 375, 377–387. 2 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) v. 9.12.1976, BGBl. I S. 3317–3324. 3 ABl. EG C 92/1–16. 4 ABl. EG 1975 C 92/6. 5 Abgedruckt in RabelsZ 41 (1977), 237–280.
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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sich von Hippel für die Angleichung der mitgliedstaatlichen Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen aus. Der ursprüngliche Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen6, der erst 1990 zustande kam, stieß gerade in Deutschland auf scharfe Kritik. Diese betraf vor allem die im Vorschlag vorgesehene Kontrolle auch individuell ausgehandelter Klauseln7 und der Vereinbarung von Hauptleistungspflichten, welche als unvereinbar mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit angesehen wurde, sowie die Aufzählung von stets als missbräuchlich anzusehenden Klauseln im Anhang der Richtlinie.8 Zudem wurde das Regelungsbedürfnis unter dem Gesichtspunkt verneint, dass inzwischen in fast allen Mitgliedstaaten Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen existierten.9 Schon nach dem ersten Vorschlag der Kommission sollte sich der Anwendungsbereich der Richtlinie im Gegensatz zum damals in Deutschland geltenden AGB-Gesetz auf Verträge zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden beschränken.10 Wichtige Impulse für die Genese der Klausel-RL setzte der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag vom 24. April 1991.11 Er verlangte eine Differenzierung zwischen vorformulierten und individuell ausgehandelten Klauseln, ohne aber ausgehandelte Klauseln vollständig aus der Richtlinie ausklammern zu wollen. Vielmehr sollten demnach die Begleitumstände des Vertragsschlusses berücksichtigt werden, worunter auch die individuelle Aushandlung einer Klausel fallen würde. In der Stellungnahme wurden zudem die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere als Verbraucherverträge und die Einführung eines Klarheits- und Verständlichkeitsgebots erwogen.12 Weiterhin schlug der Wirtschafts- und Sozialausschuss vor, in der Richtlinie klarzustellen, dass diese nur einen Mindeststandard festlege, über den die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie hinausgehen
6 ABl. EG 1990 C 243/2–5, Begründung in KOM(90) 322 endg. – SYN 285 (CELEX: 51990PC0322). Ausführlich zu der dem Vorschlag vorausgehenden Entwicklung auf Gemeinschaftsebene Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 52–64. 7 Anders als das zu der Zeit in Deutschland geltende AGBG sahen etwa die nordischen Rechtsordnungen durchaus auch eine Inhaltskontrolle von im Einzelnen ausgehandelten Verträgen vor, vgl. Wilhelmsson, J. Consum. Policy 16 (1993), 435, 439. 8 Vgl. etwa Bunte, in: FS Locher, S. 325, 331 f.; H. E. Brandner/Ulmer, BB 1991, 701, 702–708; Canaris, in: FS Lerche, S. 873, 887–889. 9 So Bunte, in: FS Locher, S. 325, 329. 10 Dazu kritisch H. E. Brandner/Ulmer, BB 1991, 701, 702 f., die eine Aufspaltung des Vertragsrechts befürchteten. 11 ABl. EG 1991 C 159/34–37. 12 ABl. EG 1991 C 159/34, 36.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
dürfen.13 Damit sprach er mehrere Regelungsaspekte an, die sich in der schließlich verabschiedeten Richtlinie niedergeschlagen haben. Ein Transparenzgebot und die Klarstellung des Mindeststandardprinzips in der Richtlinie forderte auch das Europäische Parlament in seiner Stellungnahme vom 20. November 1991.14 Das Parlament schlug zudem einen von der Kommission zu ernennenden Ombudsmann vor, der die Durchführung der Richtlinie überwachen und als eine Anlaufstelle für die gütliche Streitbeilegung bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten über etwaige missbräuchliche Klauseln fungieren sollte.15 Im zweiten Vorschlag der Kommission vom 5. März 199216 war dann nur noch die Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen vorgesehen, nicht mehr auch die Kontrolle von im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingungen. Die Kommission beharrte aber trotz der Kritik weiterhin auf einer verbindlichen Liste missbräuchlicher Klauseln im Anhang der Richtlinie. Außerdem nannte der geänderte Vorschlag ebenso wie der ursprüngliche Vorschlag der Kommission eine Vertragsgestaltung, die zu einer von den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers abweichende Art der Vertragserfüllung führt, als eigenständigen Grund für die Missbräuchlichkeit von Klauseln neben dem Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Auch im zweiten Vorschlag der Kommission war die Festlegung der Hauptleistungspflichten nicht von der Klauselkontrolle ausgenommen. Die weitreichenden Vorschläge der Kommission schwächte der Rat in seinem gemeinsamen Standpunkt vom 22. September 199217 ab. Individuell ausgehandelte Klauseln und Hauptleistungspflichten waren darin von der Klauselkontrolle ausgenommen. Der Liste im Anhang zur Richtlinie mit Beispielen für missbräuchliche Klauseln sollte nur noch ein unverbindlicher Hinweischarakter zukommen. Der gemeinsame Standpunkt des Ministerrats entsprach inhaltlich der später verabschiedeten Richtlinie. Die Kommission konnte sich mit ihren Änderungsvorschlägen18 in der Folge nicht durchsetzen. Sie schlug erneut das Kriterium der nachteiligen Vertragserfüllung als Unwirksamkeitsgrund von Klauseln vor und wollte den Anhang 13
ABl. EG 1991 C 159/34, 37. ABl. EG 1991 C 326/108–117. 15 Die Idee der Einführung eines Ombudsmanns war möglicherweise durch die skandinavischen Rechtsordnungen inspiriert, wo bereits seit Langem ein staatlicher Verbraucher-Ombudsmann existierte, vgl. v. Hippel, RabelsZ 41 (1977), 237, 241 f., 278 f.; Wilhelmsson, J. Consum. Policy 16 (1993), 435, 437 f. 16 ABl. EG 1992 C 73/7–12; dazu näher Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.3. 17 Bekanntmachung im ABl. EG C 283/1. Text abgedruckt in ZIP 1992, 1590, 1591– 1594. 18 Dok. KOM(93) 11 endg. – SYN 285 v. 26.1.1993 (CELEX: 51993PC0011). 14
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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als Liste von typischerweise missbräuchlichen Klauseln ausgestalten, sodass das Vorliegen einer der genannten Klauseln eine Vermutung für ihre Unwirksamkeit begründen sollte.19 Diese Änderungen lehnte der Rat in seiner Sitzung am 2. März 1993 ab, sodass es im Wesentlichen bei der Fassung des gemeinsamen Standpunkts blieb.20 Die Richtlinie wurde schließlich am 5. April 1993 vom Rat verabschiedet21 und setzte den Mitgliedstaaten in ihrem Art. 10 Abs. 1 eine Frist zur Umsetzung bis zum 31. Dezember 1994. Sie wurde auf Art. 100a EWGV22 als Kompetenzgrundlage für ein Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaft gestützt.23 Die Regelungen der Klausel-RL lehnen sich an zuvor existierende Grundsätze des AGB-Rechts aus verschiedenen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen an.24 Erkennbar ist eine starke Orientierung an der damals in Deutschland geltenden Regelung, was dazu geführt hat, dass nur wenige Änderungen am deutschen AGBG zur Umsetzung der Klausel-RL erforderlich wurden.25 Die Richtlinie gebietet eine Klauselkontrolle einerseits im einzelnen Zivilprozess und andererseits im Verbandsprozess (Art. 7 Abs. 2 Klausel-RL). Eine solche zweigleisige AGBKontrolle sah das AGBG ebenfalls vor.26 Auch das Gebot von Treu und Glauben als Teil der Generalklausel für die Inhaltskontrolle gemäß Art. 3 Abs. 1 KlauselRL fand sich bereits in § 9 Abs. 1 AGBG. Ein Transparenzgebot für vorformulierte Klauseln, wie es Art. 5 S. 1 Klausel-RL vorsieht, existierte zuvor bereits entweder ausdrücklich kodifiziert oder im Rahmen des Richterrechts in mehreren mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen.27 An der Klausel-RL wurden seit ihrer Verabschiedung zwei eher geringfügige Ergänzungen vorgenommen. Durch Art. 32 der Verbraucherrechte-RL vom
19 Näher zur Entstehungsgeschichte und dem Verbindlichkeitsgrad des Anhangs zur Richtlinie Henke, Enthält die Liste des Anhangs der Klauselrichtlinie 93/13/EWG Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts?, S. 13–17. 20 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 564; Nebbia, Unfair Contract Terms in European Law, S. 8. 21 Erforderlich war dafür eine qualifizierte Mehrheit im Rat, dem Europäischen Parlament kam lediglich eine beratende Funktion zu. Dazu damals kritisch („demokratieferne Rechtsnormenvereinheitlichung“) Taupitz, JZ 1993, 533, 536. 22 Entspricht dem späteren Art. 95 EGV und dem heutigen Art. 114 AEUV. 23 Ausführlich zu den möglichen Kompetenzgrundlagen für die Klausel-RL Frie, Die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und ihre rechtlichen Grundlagen zwischen Verbraucherschutz- und Vertragsrecht, S. 42–116. 24 Nebbia, Unfair Contract Terms in European Law, S. 3; für einen Überblick zu den unterschiedlichen normativen Modellen in Europa vgl. Jansen, ZEuP 2010, 69, 70–72. 25 Basedow, in: FS Brandner, S. 651, 652 f.; Gsell, WuM 2014, 375, 379; Pfeiffer, NJW 2017, 913, 913 f. 26 Der Verbandsprozess wegen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist heute in § 1 UKlaG geregelt. 27 Hondius, ERPL 1995, 241, 249.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
25. Oktober 201128 wurde ein Art. 8a in die Klausel-RL eingefügt. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einer Mitteilung an die Europäische Kommission, wenn sie, wie gemäß Art. 8 Klausel-RL zulässig, Regeln für vorformulierte Klauseln erlassen, die strenger als die Bestimmungen der Klausel-RL sind. Dazu gehören etwa Regelungen, die die Kontrolle auch auf individuell ausgehandelte Klauseln und auf die Vereinbarung der Hauptleistungspflichten erstrecken oder eine Liste stets unwirksamer Klauseln enthalten. Nach dem ersten Kommissionsvorschlag29 sollte die Klausel-RL sogar insgesamt durch die vollharmonisierende Verbraucherrechte-RL ersetzt werden.30 Vollharmonisierung bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung nicht von den unionsrechtlichen Vorgaben abweichen und auch kein über die Richtlinienregelung hinausgehendes Schutzniveau anstreben dürfen.31 Die Neuregelung in der Verbraucherrechte-RL sollte zwei Listen missbräuchlicher Klauseln enthalten: Eine „schwarze“ Liste stets unwirksamer Klauseln und eine „graue“ Liste von Klauseln, deren Missbräuchlichkeit vermutet wird. Der Anwendungsbereich der neuen Regeln sollte weiterhin auf Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern beschränkt sein. Das Konzept einer vollständigen Harmonisierung des Rechts der vorformulierten Klauseln in Verbraucherverträgen auf europäischer Ebene konnte sich aber in Anbetracht der unterschiedlichen Privatrechtsordnungen in den Mitgliedstaaten und der Unsicherheiten über die verbleibenden Freiräume für die Mitgliedstaaten nicht durchsetzen.32 Zuletzt wurde 2019 durch Art. 1 der sogenannten Omnibus-RL33 ein Art. 8b in die Klausel-RL eingefügt. Dieser verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einführung
28 Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU L 304/ 64–88. 29 Dok. KOM(2008) 614 endg. (CELEX: 52008PC0614). 30 Vgl. Art. 4 und Art. 30–42 des Entwurfs. Ausführlich zum Vorhaben der Vollharmonisierung des Klauselrechts in der Verbraucherrechte-RL und den damit einhergehenden Problemen Mittwoch, Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht, S. 246–259. 31 Slot, E.L.Rev. 1996, 382 f.; Buchmann, Umsetzung vollharmonisierender Richtlinien, S. 43; Schröder, in: Streinz, AEUV Art. 114 Rn. 46. 32 Vgl. etwa die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 15. und 16.7.2009, ABl. EU C 317/54; aus der deutschen Politik die Stellungnahme des Bundesrats v. 6.3.2009, BR-Drucks. 765/08(B), S. 3–7, 16 f.; kritisch auch Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 459–464, 482–486; Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 83, 84–86, 97–99, 108–111; Jansen, ZEuP 2010, 69, 77–83, 95–106; Riegel, Einheitliche unionsweite Geschäftsbedingungen für Verbraucherverträge, S. 229 f. 33 Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.11. 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren
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von Sanktionen, insbesondere Geldbußen, die bei Verstößen gegen die nationalen Umsetzungsvorschriften zur Klausel-RL verhängt werden sollen.34
II. Die Zielsetzung der Klauselrichtlinie Zweck der Klausel-RL ist ausweislich ihres Art. 1 Abs. 1 die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Da die Klausel-RL auf die Binnenmarktkompetenz in Art. 100a EWGV gestützt wurde, muss es sich bei ihr um eine marktfördernde Maßnahme handeln: Ein gemeinsamer Mindeststandard für die Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln gegenüber Verbrauchern soll den europäischen Binnenmarkt stärken, da die Verbraucher als wichtige Marktteilnehmer in ihrer Rolle als Endabnehmer ihre Sorge vor missbräuchlichen Vertragsklauseln auch bei grenzüberschreitenden Verträgen ablegen sollen. Die Verbraucher sollen darauf vertrauen können, dass sie in der gesamten Union vor benachteiligenden Klauseln geschützt sind, ohne sich mit ausländischen Rechtsordnungen oder einzelnen Klauseln auseinandersetzen zu müssen.35 Indem das Verbrauchervertrauen gestärkt wird, sollen Kaufhemmnisse beseitigt werden.36 Ein ähnliches Ziel verfolgte auch die einige Jahre später erlassene Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. 37 Die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Verbraucherverträge belegt, dass die Klausel-RL die Verbesserung des Binnenmarkts speziell durch den Schutz des Verbrauchers bewirken soll, wie sich auch aus den Erwägungsgründen38 6, 8, 9 und 10 ergibt. Darin unterscheidet sie sich von dem 1993 wie heute in Deutschland geltenden Konzept der Klauselkontrolle, demzufolge die Vertragspartner des Verwenders unabhängig von der strukturellen Rollenverteilung Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union, ABl. EU L 328/7–28. 34 Siehe dazu im Einzelnen unten S. 337 ff. 35 Vgl. Erwägungsgrund 5. 36 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, RL vor Art. 1 Rn. 1 f.; dagegen kritisch zum „confident consumer“-Argument Nebbia, Unfair Contract Terms in European Law, S. 12 f.; vgl. zum Zusammenhang zwischen der Förderung des Verbrauchervertrauens durch zivilrechtliche Richtlinien und der Förderung des europäischen Binnenmarkts Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 224–227. 37 Vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. EG L 171/12–16. 38 Erwägungsgründe sind die amtlich publizierten, den Artikeln eines unionsrechtlichen Sekundärrechtsakts vorangestellten Erläuterungen. Ihnen können die Motive für den Erlass der Regelung und andere auslegungsrelevante Hinweise entnommen werden, vgl. Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6 Rn. 75, 78; Gumpp, ZfPW 2022, 446, 451–455.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
vor einer einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen geschützt werden sollen.39 Der Europäische Gerichtshof, dem gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a) AEUV das Monopol für die Auslegung des europäischen Rechts zusteht, hat in seiner Rechtsprechung zur Klausel-RL mehrfach betont, dass durch die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln eine materielle Ausgewogenheit der vertraglichen Rechte und Pflichten hergestellt werden soll. Das Bedürfnis nach einem materiellen Ausgleich der Rechte und Pflichten der formell gleichberechtigten Vertragspartner sei auf die regelmäßig schwächere Verhandlungsposition des Verbrauchers zurückzuführen, welche dazu führe, dass er Vertragsbedingungen zustimmt, ohne sie beeinflussen zu können.40 Der Gedanke einer ungleichen Verhandlungsmacht erscheint gerade in der hier besonders interessierenden Raummietpraxis plausibel, weil dort die Nachfrage das Angebot in einem bestimmten Gebiet erheblich übersteigen kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht für den Vermieter, der in aller Regel Verwender der Vertragsklauseln ist, ein Anreiz, vorformulierte Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, die ihn einseitig bevorzugen, während der Mieter sich aufgrund der Marktsituation möglicherweise außerstande sieht, die ihn benachteiligenden Klauseln abzuwehren. Ein derartiges Szenario, bei dem die materielle Vertragsfreiheit des Vertragspartners des Verwenders ungebührlich eingeschränkt wird, soll nach der Zielsetzung der Richtlinie durch die Inhaltskontrolle der nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln verhindert werden, sofern es sich bei dem Verwender um einen Gewerbetreibenden und bei dem Vertragspartner des Verwenders um einen Verbraucher handelt. Zugleich lohnt es sich, auf die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Klauselkontrolle41 zu schauen: Auch in solchen Märkten, in denen den Kunden eine uneingeschränkte Auswahl an Anbietern zur Verfügung steht, besteht ein Bedürfnis zur Kontrolle der vorformulierten Geschäftsbedingungen. In den meisten Fällen wäre
39 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 565 f.; Ulmer, EuZW 1993, 337 f.; H. Roth, JZ 1999, 529, 530; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vor § 307 BGB Rn. 26–28. 40 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 25 – Océano; EuGH, Urt. v. 4.9.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367 Rn. 22 – Pannon; EuGH, Urt. v. 6.10.2009, Slg. 2009, I-9579 = EuZW 2009, 852, 853 Rn. 29 f. – Asturcom; EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010, I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 37 f. – Pohotovost’; EuGH, Urt. v. 15.3.2012, NJW 2012, 1781 f. Rn. 27 f. – Perenicˇová; EuGH, Urt. v. 24.4.2012, ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 33 f. – NFH; EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253, 2254 Rn. 41 – RWE; EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 150 Rn. 56 – Gutiérrez Naranjo u. a.; ähnlich Micklitz, in: Reich/Micklitz/ Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.1; dagegen kritisch zur Heranziehung eines strukturellen Ungleichgewichts zur Rechtfertigung der Klauselkontrolle Kötz, Jus 2003, 209–211; Pfeiffer, EuZW 2013, 241, 242. 41 Dazu ausführlich Adams, in: Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, S. 655–680.
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es für einen Verbraucher unwirtschaftlich, sich mit einzelnen vorformulierten Vertragsbedingungen zu beschäftigen, zumal sich der Verwender insbesondere bei Massengeschäften ohnehin meistens nicht auf Verhandlungen einlassen würde.42 Überdies betreffen viele Vertragsklauseln Ereignisse, deren Eintreten bei der einzelnen Vertragsdurchführung unwahrscheinlich ist.43 Ein rational handelnder Marktteilnehmer lässt sich bei seiner Entscheidung, einen Vertrag zu schließen, daher in der Regel nicht von den Geschäftsbedingungen der Anbieter beeinflussen, sodass praktisch kein funktionierender Wettbewerb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen existiert.44 Die Kontrolle der einseitig vorformulierten Vertragsbedingungen stellt vor diesem Hintergrund sicher, dass zum einen keine andauernde Verschlechterung der Vertragskonditionen eintritt, die aus dem fehlenden Konkurrenzmechanismus in Bezug auf allgemeine Vertragsbedingungen resultieren kann. Zum anderen werden – unnötige Kosten verursachende – Prüfungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor dem Abschluss eines Vertrags in vielen Fällen entbehrlich und somit die Transaktionskosten bei Vertragsschlüssen gesenkt. Diese Begründungsansätze zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle von vorformulierten Vertragsbedingungen treffen indes nicht nur für die von der Klausel-RL geregelten Verbraucherverträge zu, sondern ebenso im unternehmerischen Geschäftsverkehr und bei Verträgen zwischen Verbrauchern. Gemäß Erwägungsgrund 7 soll die Klausel-RL zugleich den Wettbewerb fördern. Dahinter steht der auch in Erwägungsgrund 2 zum Ausdruck kommende Gedanke, dass uneinheitliche Regeln über die Klauselkontrolle in den Mitgliedstaaten zu Wettbewerbsverzerrungen führen können.45 Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass die Klausel-RL schon wegen des Umstands, dass sie lediglich eine Mindestharmonisierung anstrebt, weiterhin keine unionsweit vollständig einheitlichen Bedingungen herbeiführen kann.46
III. Die Wirkungsweise der Klauselrichtlinie Gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV sind die europäischen Richtlinien nur hinsichtlich des Ziels verbindlich und überlassen den Mitgliedstaaten dabei die Wahl der Form und Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht wird. Mit dem „Ziel“ ist dabei 42 Dazu schon die Begründung der Kommission zum ersten Vorschlag für die Richtlinie 93/13/EWG, KOM(90) 322 endg. – SYN 285 (CELEX: 51990PC0322), S. 8. 43 Adams, in: Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, S. 655, 663; Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 565. 44 Kötz, JuS 2003, 209, 211; Zimmermann, The New German Law of Obligations, S. 176; Jansen, ZEuP 2010, 69, 84; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 618–620; Fervers, WuM 2022, 441, 443. 45 Wagner-Wieduwilt, Die Bank 1990, 710, 712; Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 2. 46 So auch Weatherill, ERPL 1995, 307, 314.
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aber durchaus die Herstellung eines bestimmten Rechtszustands als Ergebnis gemeint und nicht nur eine allgemeine Zweckrichtung.47 Richtlinien entfalten keine direkte Wirkung gegenüber Privatpersonen im Verhältnis zu anderen Privaten, sondern richten sich an die Mitgliedstaaten und verpflichten diese zur effektiven Umsetzung.48 Unmittelbar aus einer Richtlinie kann eine Privatperson nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Ansprüche gegen eine andere Privatperson herleiten, da sich dies immer auch zulasten eines Privaten auswirken würde.49 Aus diesem Grund führt die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit den Bestimmungen einer Richtlinie auch nicht dazu, dass das richtlinienwidrige Recht in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen unangewendet bleiben muss.50 Eine solche Direktwirkung von Richtlinien kommt nach der zutreffenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur zugunsten einer Privatperson gegenüber staatlichen Einrichtungen in Betracht.51 Die unterbliebene oder fehlerhafte Umsetzung privatrechtlicher Richtlinien kann aber zu einem Staatshaftungsanspruch desjenigen, der durch die fehlerhafte Umsetzung geschädigt wurde, gegen den Staat führen, der seiner Umsetzungspflicht nicht oder nicht richtig nachgekommen ist.52 Für die Privatrechtsangleichung in Europa bietet die Rechtsform der Richtlinie den Vorteil, dass das zweistufige Rechtssetzungsverfahren es den Mitgliedstaaten erlaubt, ihre Form der Regelung so weit wie möglich beizubehalten und Systembrüche in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu vermeiden.53 Durch die Wahl der Richtlinie statt einer Verordnung gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV wird somit auch das Subsidiaritätsprinzip gemäß Art. 5 Abs. 3 EGV verwirklicht, 47 Ipsen, in: FS Ophüls, S. 67, 72–75. Weniger missverständlich sind hier zum Beispiel die französische und die englische Sprachfassung, die von „résultat“ bzw. „result“ sprechen. 48 Vgl. für die Klausel-RL auch Art. 10 Abs. 1 und Art. 11 Klausel-RL. 49 Grundlegend EuGH, Urt. v. 26.2.1986, Slg. 1986, I-723 = NJW 1986, 2178, 2180 Rn. 48 – Marshall. 50 EuGH, Urt. v. 22.1.2019, EuZW 2019, 242, 246 Rn. 73; dafür aber Generalanwalt Saggio in den Schlussanträgen zur Rechtssache Océano (ECLI:EU:C:1999:620), Rn. 29–38, vor dem Hintergrund einer verspäteten Umsetzung der Klausel-RL. Der EuGH verweist in der darauf ergangenen Entscheidung dagegen nur auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Vorschriften, vgl. EuGH, Urt. v. 27.6. 2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 f. Rn. 30–32 – Océano. 51 Ausführlich zu den Voraussetzungen für eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 71–88; Prokopf, Das gemeinschaftsrechtliche Rechtsinstitut der Richtlinie, S. 182–200; Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung und nationale Auslegungsmethodik, S. 31–46. 52 Grundlegend EuGH, Urt. v. 19.11.1991, Slg. 1991, I-5357 = EuZW 1991, 758, 760 f. Rn. 31–46 – Francovich; vgl. dazu Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 113–122; Prokopf, Das gemeinschaftsrechtliche Rechtsinstitut der Richtlinie, S. 225–232. 53 Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 42.
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denn mit einer unmittelbar geltenden Verordnung könnte zwar auch das verfolgte Ziel verwirklicht werden. Doch würde die Union mit dem Erlass einer Verordnung über das hinausgehen, was zur Verwirklichung des Ziels auf europäischer Ebene erforderlich ist, wenn das verfolgte Ziel auch durch eine Richtlinie erreicht werden kann, die den Mitgliedstaaten eigene Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnet.54 1. Legislative Umsetzung a) Anforderungen an die Transformation einer Richtlinie ins nationale Recht Aus der Rechtsnatur der Richtlinie gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV folgt, dass sie bei der Umsetzung im Wege der Rechtsetzung nicht wörtlich in das nationale Recht übertragen werden muss.55 Durch die Umsetzung muss aber sichergestellt sein, dass die von der Richtlinie vorgesehene Rechtslage eintritt und die begünstigten Bürger auch die Möglichkeit haben, die ihnen nach der Richtlinie zustehenden Rechte zu erkennen und sie geltend zu machen.56 Im Hinblick auf die Umsetzung der Klausel-RL ist zu berücksichtigen, dass sie wie die meisten Richtlinien, die in den 1990er Jahren erlassen wurden,57 gemäß ihrem Art. 8 lediglich mindestharmonisierenden Charakter hat.58 Die mitgliedstaatliche Regelung muss also nur den von der Richtlinie vorgegebenen Mindeststandard erfüllen, darf aber über diesen hinausgehen, indem sie strengere Anforderungen an Klauseln in Verbraucherverträgen stellt, als sie von der Klausel-RL verlangt werden.59 b) Die Umsetzung der Klauselrichtlinie in Deutschland Die deutsche Umsetzung der Klausel-RL erfolgte anderthalb Jahre nach dem Ende der Umsetzungsfrist gemäß Art. 10 Abs. 1 Klausel-RL und beschränkte sich auf die Einfügung von § 24a AGBG und die Änderung von § 12 AGBG.60 Der deutsche Gesetzgeber entschied sich damit für eine möglichst geringfügige Än-
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Hirsch, in: FS Odersky, S. 197, 207. Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 86. 56 EuGH, Urt. v. 30.5.1991, Slg. 1991, I-2567 = EuZW 1991, 440, 441 f. Rn. 15, 24 – Kommission/Deutschland; EuGH, Urt. v. 10.5.2001, Slg. 2001, I-3541 = NJW 2001, 2244, 2245 Rn. 17 – Kommission/Niederlande. 57 Mittwoch, Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht, S. 51–53. 58 Siehe dazu auch Erwägungsgrund 12 der Klausel-RL. 59 Slot, E.L.Rev. 1996, 384; Calais-Auloy/Temple/Depincé, Droit de la consommation, Rn. 167. 60 Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung v. 19.7.1996, BGBl. I S. 1013. 55
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derung des bestehenden AGB-Rechts.61 Im Gegensatz dazu wurde vereinzelt vorgeschlagen, ein gesondertes Gesetz über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen zu erlassen, das neben dem AGBG gelten sollte, um der vom allgemeinen deutschen AGB-Recht verschiedenen Zielrichtung der Klausel-RL, dem spezifischen Verbraucherschutz, Rechnung zu tragen.62 Diesem Vorschlag wurde mehrheitlich entgegengehalten, dass das deutsche AGB-Recht zu diesem Zeitpunkt auch im Hinblick auf seine Anwendung in der gerichtlichen Praxis bereits ein so hohes Schutzniveau gewährleiste, dass die von der Klausel-RL geforderte Rechtslage bereits durch eine minimale Änderung der bestehenden Regeln hergestellt werden könne.63 Im Zuge der Schuldrechtsreform 2002 wurde der materiell-rechtliche Teil des AGBG ohne inhaltliche Veränderung ins BGB inkorporiert.64 Der verfahrensrechtliche Teil, die ehemaligen §§ 13 ff. AGBG, ist seither im UKlaG enthalten. Die Regelung des damaligen § 24a AGBG befindet sich seit der Schuldrechtsreform in § 310 Abs. 3 BGB. Im BGB sind damit nun infolge der Umsetzung der Klausel-RL drei Sonderregeln für die AGB-Kontrolle in Verbraucherverträgen enthalten: Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, sie wurden durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt. Diese Ausnahme vom AGB-Begriff in § 305 Abs. 1 BGB ist zur Umsetzung der Klausel-RL erforderlich gewesen,65 weil die Richtlinie das „Stellen“ nicht voraussetzt, sondern es für die Eröffnung der Inhaltskontrolle ausreichen lässt, wenn eine Vertragsbedingung nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde. Dadurch wird die AGB-Kontrolle insbesondere auf Vertragsbedingungen erweitert, die nicht vom Verwender, sondern von einem neutralen Dritten vorgegeben wurden.66 Die in ihren praktischen Auswirkungen wohl bedeutendste Sonderregel für Verbraucherverträge enthält § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass die wichtigsten Vorschriften des AGB-Rechts (§§ 305c Abs. 2, 306, 307–309 BGB) auch dann auf vorformulierte Vertragsbedingungen in Verbraucherverträgen Anwendung finden, wenn diese lediglich zur einmaligen Verwendung bestimmt 61 Reich, ERPL 1997, 165, 172; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Einl. BGB Rn. 92. Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (abgedruckt in VuR 1995, 61 f.) sah sogar noch geringere Änderungen des AGB-Gesetzes vor, indem er auf die heute in § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BGB enthaltenen Regelungen verzichtete. 62 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 564–572. 63 H.-W. Eckert, WM 1993, 1070, 1072, 1078; Ulmer, EuZW 1993, 337, 341–346; Remien, ZEuP 1994, 34, 65; Reich, ERPL 1997, 165, 172. 64 Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001, BGBl. I S. 3138–3170. 65 Dies bezweifelnd aber Ulmer, EuZW 1993, 337, 342. 66 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2192; Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, Rn. 609; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 89.
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sind, soweit der Verbraucher wegen der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Damit wird Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Klausel-RL umgesetzt. Außerhalb von Verbraucherverträgen bleibt es aber dabei, dass es sich bei vorformulierten Vertragsbedingungen nur dann gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und sie somit nur dann einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterliegen, wenn die Absicht der mehrfachen Verwendung der Klauseln besteht.67 § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB normiert schließlich das in Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL vorgegebene Gebot der Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände bei der Kontrolle von Klauseln in Verbraucherverträgen. In Deutschland bleibt es damit auch nach der Umsetzung der Klausel-RL bei Regeln über die Einbeziehung und die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Grundsatz für alle Verträge gelten. Jedoch können sich die anwendbaren Vorschriften nach der Regelung des § 310 BGB je nach der Personenkonstellation zwischen dem Verwender und dem Vertragspartner des Verwenders unterscheiden. Es können in diesem Zusammenhang drei verschiedene Personenkonstellationen unterschieden werden: Erstens gelten die soeben genannten Besonderheiten des § 310 Abs. 3 BGB für Verbraucherverträge. Zweitens finden bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB die §§ 305 Abs. 2 und 3, 308, 309 BGB keine Anwendung.68 In dieser Konstellation sind zudem gemäß § 310 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz BGB die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen zu berücksichtigen. Ohne Besonderheiten gelten drittens die §§ 305 ff. BGB für Verträge zwischen Verbrauchern. Die nachträglich eingefügten Sanktionsregeln in Art. 8b Klausel-RL wurden in Art. 246e EGBGB umgesetzt.69 Es überwiegt die Ansicht, dass die Regelung der Klauselkontrolle im BGB im Wesentlichen die Vorgaben der Klausel-RL erfüllt.70 Der deutsche Gesetzgeber 67 Rechtspolitische Kritik an dieser Beschränkung des Anwendungsbereichs der AGB-Kontrolle außerhalb von Verbraucherverträgen äußert Fervers, NZM 2018, 640, 650–652, der argumentiert, der Schutzzweck der AGB-Kontrolle greife gleichermaßen bei lediglich zur einmaligen Verwendung vorformulierten Vertragsbedingungen ein. 68 Die Bedeutung des Ausschlusses von §§ 308, 309 BGB bei der Verwendung gegenüber Unternehmern ist aber gering, da den Klauselverboten eine Indizfunktion bei der Anwendung der Generalklausel in § 307 BGB beigemessen wird, so ausdrücklich BGH, Urt. v. 19.9.2007, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774, 3775 Rn. 12; zur geringen praktischen Bedeutung von § 310 Abs. 1 S. 1 BGB auch Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 137; Leuschner, NJW 2022, 1193, 1165 f. Rn. 13. 69 Siehe dazu im Einzelnen unten S. 337 ff. 70 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2196; Hau, JZ 2010, 553, 555; Graf v. Westphalen, NJW 2013, 961, 965 f.; Gutkin, Die Europäisierung der AGB-Kontrolle von Preisänderungsklauseln, S. 31; zweifelnd dagegen – im Hinblick sowohl auf den Maßstab der
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hatte zunächst darauf verzichtet, ein Transparenzgebot ausdrücklich in das AGBG aufzunehmen, wie es in Art. 5 S. 1 Klausel-RL vorgesehen ist. Diese Entscheidung beruhte auf der Erwägung, dass die Intransparenz einer Klausel ohnehin nach der vorherigen Rechtsprechung bereits als Unwirksamkeitsgrund angesehen worden sei.71 Bei der Verlegung des AGB-Rechts ins BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurde dann aber das Transparenzgebot ausdrücklich in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB festgehalten, kurz nachdem der Europäische Gerichtshof eine unzureichende Umsetzung unter anderem des Transparenzgebots in Art. 5 Klausel-RL in das niederländische Recht festgestellt hatte.72 Zweifelhaft und umstritten sind hingegen die Richtlinienkonformität von § 306 Abs. 2 und Abs. 3 BGB. Darauf wird näher einzugehen sein, wenn die Rechtsfolgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln dargestellt werden. Zum Teil wurde zudem die Vereinbarkeit von § 310 Abs. 3 Nr. 3 mit den Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL angezweifelt.73 2. Richtlinienkonforme Auslegung Die Wirkungen einer Richtlinie sind mit dem Erlass nationaler Umsetzungsvorschriften noch nicht abgeschlossen. Durch Art. 288 Abs. 3 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV werden alle Staatsorgane zur Umsetzung einer Richtlinie verpflichtet, auch die Rechtsprechung.74 Daraus folgt, als Unterfall der unionskonformen Auslegung, eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung sowohl der nationalen Vorschriften, die der Umsetzung der Richtlinie dienen, als auch der sonstigen Rechtsordnung, soweit dies zur Erfüllung der Richtlinienvorgaben erforderlich ist. Gegebenenfalls muss also auch das sonstige Recht, das nicht zum Zwecke der Richtlinienumsetzung erlassen wurde, im Lichte der Richtlinie ausgelegt werden, selbst wenn es sich um Vorschriften handelt, die schon vor dem Erlass der Richtlinie existierten.75
Inhaltskontrolle als auch im Hinblick auf die prozessuale Gewährleistung der Klauselkontrolle – Graf v. Westphalen, VuR 2019, 93, 98. 71 Vgl. BT-Drucks. 13/2713, S. 6 mit dem Verweis auf BGH, Urt. v. 17.1.1989, BGHZ 106, 259 = NJW 1989, 582. 72 EuGH, Urt. v. 10.5.2001, Slg. 2001, I-3541 = NJW 2001, 2244, 2245 Rn. 22 – Kommission/Niederlande. 73 Graf v. Westphalen, VuR 2019, 93; ders., EuZW 2019, 121, 123 f. Siehe dazu unten S. 102 ff. 74 Grundlegend EuGH, Urt. v. 10.4.1984, Slg. 1984, 1891 = NJW 1984, 2021, 2022 – von Colson; EuGH, Urt. v. 10.4.1984, Slg. 1984, 1921 = EuGRZ 1984, 217, 222 Rn. 26 – Harz; zur dogmatischen Herleitung des Gebots der richtlinienkonformen Auslegung etwa Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 292–320; Prokopf, Das gemeinschaftsrechtliche Rechtsinstrument der Richtlinie, S. 122–128. 75 EuGH, Urt. v. 13.11.1990, Slg. 1990, I-4135 – Marleasing.
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Wenn der Inhalt der Richtlinie im Hinblick auf eine konkrete Rechtsfrage feststeht, muss ein Gericht also das nationale Recht so auslegen, dass die von der Richtlinie vorgesehene Rechtsfolge eintritt – allerdings nur, sofern eine solche Auslegung sich in den Grenzen der in der nationalen Rechtsordnung anerkannten Methoden hält.76 Kann durch die Auslegung einer Vorschrift kein Einklang mit den Vorgaben einer Richtlinie erreicht werden, kommt auch eine richterliche Rechtsfortbildung in Betracht, soweit sie nach den Methoden des nationalen Rechts zulässig ist.77 Die Auslegung der Richtlinie erfolgt dabei unter Berücksichtigung des gesamten Normtextes einschließlich der Begründungserwägungen, wobei die verschiedenen Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind.78 Sofern der Inhalt einer Richtlinie nicht klar ist und er für die Entscheidung durch das nationale Gericht entscheidungserheblich ist, muss die Auslegungsfrage im Hinblick auf die Richtlinie spätestens in der letzten Instanz gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. b), Abs. 3 AEUV im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens an den Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden. Auf diese Weise stellt das Vorabentscheidungsverfahren die einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof sicher.79 Die unteren Gerichte sind gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV berechtigt, aber nicht verpflichtet, eine Frage über die Auslegung einer Richtlinie dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Bezogen auf die Klausel-RL folgt somit aus der Pflicht zur Umsetzung des Unionsrechts, dass die Gerichte, wenn sie mit vorformulierten Klauseln in Verbraucherverträgen konfrontiert werden, sicherstellen müssen, dass die Anforderungen der Klausel-RL erfüllt werden, indem sie das nationale Recht einschließlich des Prozessrechts „soweit wie möglich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zweckes dieser Richtlinie auslegen“.80 Bei Unklarheiten über die rich76 EuGH, Urt. v. 4.7.2006, Slg. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465, 2467 Rn. 110 – Adeneler; EuGH, Urt. v. 27.2.2014, EuZW 2014, 435, 438 Rn. 45 – OSA: keine richtlinienkonforme Auslegung contra legem; Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 93–96; W.-H. Roth, ZIP 2020, 2488, 2490. 77 So ausdrücklich BGH, Urt. v. 26.11.2008, BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427, 428 f. Rn. 21. Der EuGH unterscheidet hingegen nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung, vgl. Franzen, in: Weber et al., Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1997, S. 285, 287; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 115. Welche Grenzen der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung gesetzt sind, etwa aufgrund des Grundsatzes der Rechtssicherheit, ist im Einzelnen umstritten, vgl. dazu Schürnbrand, JZ 2007, 910, mit weiteren Nachweisen; umfassend Weber, Grenzen EU-rechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung, S. 140–185. 78 Neuner, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 12 Rn. 4. 79 Bork, RabelsZ 66 (2002), 327, 346 f.; Wegener, in: Calliess/Ruffert, AEUV Art. 267 Rn. 1; Pechstein/Görlitz, in: Frankfurter Kommentar AEUV Art. 267 Rn. 5. 80 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2573 Rn. 32 – Océano.
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tige Auslegung der Richtlinie wäre spätestens in der letzten Instanz eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof geboten. Dies gilt auch dann, wenn nationale Regeln über die Klauselkontrolle nicht speziell zur Umsetzung der Klausel-RL erlassen wurden. 3. Kompetenzverteilung zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den nationalen Gerichten bei der Inhaltskontrolle a) Einführung Als „Einfallstor“ im deutschen Recht für eine Berücksichtigung der materiellen Richtlinienvorgaben bei der Klauselkontrolle können insbesondere die Generalklauseln in § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB dienen. Auf den ersten Blick erscheint es nach dem Vorstehenden naheliegend, dass die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Klauseln in Verbraucherverträgen durch die Klausel-RL als Teil des autonom auszulegenden Unionsrechts determiniert wird, welches bei der Anwendung des Umsetzungsrechts beachtet werden muss. Es war und ist allerdings Gegenstand einer umfangreichen juristischen Diskussion, inwieweit ein nationales Gericht bei der Beurteilung der Frage, ob eine konkrete Klausel missbräuchlich ist, die Klausel-RL berücksichtigen muss. Die Frage nach autonom auszulegenden materiellen Vorgaben der Klausel-RL, die von dem Gericht beachtet werden müssen, ist eng verknüpft mit der Frage, welche Rolle der Europäische Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der Klausel-RL im Zusammenspiel mit den nationalen Gerichten einnimmt:81 Die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts ist in jedem Fall eine Aufgabe der nationalen Gerichte.82 Aber wenn bei der Klauselkontrolle im Einzelfall der Inhalt der KlauselRL zu berücksichtigen ist, dann müsste bei einer Unsicherheit über die richtige Auslegung der Richtlinie spätestens in der letzten Instanz gemäß Art. 267 AEUV eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erfolgen. Die Unsicherheit darüber, ob und wie detailliert die Klausel-RL die Wirksamkeit von Klauseln bestimmt, resultiert daraus, dass die zentrale Bestimmung der Richtlinie, Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, eine Generalklausel ist. Es handelt sich also um eine Regelung, deren Tatbestand so offen formuliert ist, dass die Subsumtion unmittelbar unter die Norm ohne eine weitergehende Konkretisierung, etwa durch Fallgruppenbildung, schwerfällt.83
81 Leible, RIW 2001, 422, 426; Freitag/Riemenschneider, WM 2004, 2470, 2476; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 89; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 29; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, RL vor Art. 1 Rn. 27. 82 Heiderhoff, WM 2003, 509, 510. 83 Zum Begriff der Generalklausel vgl. etwa Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 536 f.; Grundmann, in: ders./Mazeaud, General Clauses and Standards in European Contract Law, S. 2 f.
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Die Debatte, inwieweit die materielle Klauselkontrolle unionsrechtlich bestimmt wird und demnach in Zweifelsfällen der Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof unterliegt, wird zumeist unter dem Stichwort der sogenannten Konkretisierungskompetenz geführt.84 Dass eine Konkretisierung im Falle des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL notwendig ist, folgt aus der Unschärfe des Tatbestands dieser Vorschrift. Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL lautet: Eine Vertragsklausel, die nicht im einzelnen ausgehandelt wurde, ist als mißbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
Es geht bei der Frage nach der Konkretisierungskompetenz also darum, welches Gericht dafür zuständig ist, die recht unbestimmten Tatbestandsmerkmale „erhebliches und unerhebliches Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner“ und „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben“ näher zu konkretisieren: der Europäische Gerichtshof oder die nationalen Gerichte.85 Einen greifbaren Inhalt für die praktische Anwendung kann die Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL aufgrund ihrer Unbestimmtheit nur durch eine gerichtliche Ausfüllung erlangen.86 Zwar enthält der Anhang zur KlauselRL eine Liste von Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können. Allerdings handelt es sich gemäß Art. 3 Abs. 3 Klausel-RL lediglich um „eine als 84 Vgl. aus der umfassenden Literatur etwa die Beiträge von W.-H. Roth, in: FS Drobnig, S. 135, 139–145; Franzen, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1997, S. 285, 302–306; ders., Privatrechtsangleichung durch die europäische Gemeinschaft, S. 538–543, 552–558; H. Roth., JZ 1999, 529, 535 f.; Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, S. 437–440; Heiderhoff, WM 2003, 509, 510– 512; dies., Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 120–146; Röthel, ZEuP 2005, 421–427; M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 40–58, 62–112, 202–260; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 82, 89–93, 108–145, 165–171; ders., ZEuP 2017, 102, 103–116, 122–125; Gutkin, Die Europäisierung der AGB-Kontrolle von Preisänderungsklauseln, S. 61–80; Möslein/Röthel, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 11 Rn. 7–22. 85 Eine Konkretisierungskompetenz des EuGH wird in der Literatur überwiegend bejaht, vgl. (jeweils mit weiteren Nachweisen) etwa Remien, RabelsZ 66 (2002), 503, 520–526; M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 222 f.; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 168; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 30; Möslein/Röthel, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 11 Rn. 16; ablehnend hingegen Canaris, EuZW 1994, 417; Franzen, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1997, S. 285, 302–306; W.-H. Roth, in: FS Drobnig, S. 135, 141–143. 86 Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 537 f.; Heiderhoff, WM 2003, 509, 510; dies., Europäisches Privatrecht, Rn. 161; Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.21; Grundmann, in: ders./ Mazeaud, General Clauses and Standards in European Contract Law, S. 2; Canaris, EuZW 1994, 417 meint, bei der Konkretisierung von Generalklauseln handele es sich „de facto weitgehend um eine gesetzgebungsähnliche Ausdifferenzierung eines bloßen Normprogramms“.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste“.87 In einem Vertragsverletzungsverfahren erklärte der Europäische Gerichtshof, dass die Liste im Anhang die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie weder in die eine noch in die andere Richtung binde. Sie schränke nicht den Ermessensspielraum bei der Klauselkontrolle ein.88 Eine zumindest auf bestimmte Fallgruppen bezogene nähere Ausgestaltung des Missbräuchlichkeitskriteriums in Art. 3 Abs. 1 KlauselRL ist somit auch durch den Richtlinienanhang nur in sehr geringem Maße gegeben.89 Weitere Generalklauseln finden sich in anderen europäischen Richtlinien, etwa in Art. 3 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 der schon vor der Klausel-RL erlassenen Handelsvertreter-RL90. Besonders lebhaft diskutiert wurde aber die Konkretisierungskompetenz für die Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, zumal es sich bei dieser um eine zentrale Vorschrift einer Richtlinie handelt, die selbst wiederum einen Kernbereich des Vertragsrechts betrifft.91 Die große Bedeutung der Verteilung der Konkretisierungskompetenz lässt sich leicht anhand von Schönheitsreparaturklauseln in Verbraucherverträgen vergegenwärtigen. Denn ginge man davon aus, dass die Wirksamkeit einer solchen Klausel in erster Linie durch Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL determiniert wird, dann müssten die nationalen Gerichte bei der Prüfung, ob eine Klausel gemäß § 307 BGB unwirksam ist, zunächst auf die Klausel-RL zurückgreifen und bei Zweifeln über deren Inhalt das Verfahren aussetzen und eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof einleiten. Die Natur der Generalklausel bringt es aber mit sich, dass generell viele unterschiedliche, bisher noch nicht vom Europäischen Gerichtshof beurteilte Klauseln an einer Generalklausel zu messen sein können, sodass sich der Europäische Gerichtshof bei der Annahme einer weitreichenden Konkretisierungskompetenz desselben, die auch die Anwendung auf konkrete 87
Vgl. dazu auch Erwägungsgrund 17 der Klausel-RL. EuGH, Urt. v. 7.5.2002, EuZW 2002, 465, 466 Rn. 20 f. – Kommission/Schweden. 89 Fornasier, ZEuP 2014, 414, 417. In seinen späteren Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof dem Richtlinienanhang allerdings immerhin eine recht starke Indizwirkung zugemessen, siehe unten S. 57 ff. 90 Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, ABl. EG L 382/17–21. Art. 3 Abs. 1 Handelsvertreter-RL bestimmt: „Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Handelsvertreter die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen und sich nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten.“ Art. 17 Abs. 2 lit. a) Strich 2 S. 1 lautet: „Der Handelsvertreter hat Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.“ Für Beispiele für Generalklauseln in Richtlinien vgl. Herresthal, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 113, 125. 91 Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 552 f.; Remien, RabelsZ 66 (2002), 503, 519. 88
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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Klauseln einschließt, mit einer nahezu unbegrenzten Vielzahl von Klauseln beschäftigen müsste.92 Die Offenkundigkeit der richtigen Anwendung (sogenannter acte clair)93 oder das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (sogenannter acte éclairé)94 sind im Hinblick auf eine Generalklausel jedenfalls nur selten gegeben, da eine große Bandbreite an verschiedenen Klauselformen in Verbraucherverträgen vorkommen kann, deren richtige Beurteilung aus der Sicht des Unionsrechts nicht vollkommen klar ist.95 Schon innerhalb des Themenbereichs der Dekorationslastverteilung im Mietverhältnis sind viele verschiedene Gestaltungen denkbar, wie eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen in Deutschland zeigt. Ginge man dagegen davon aus, dass der Richtliniengeber es durch die Wahl einer solchen Generalklausel den Mitgliedstaaten überlässt, festzulegen, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Klausel als missbräuchlich anzusehen ist,96 dann müssten die nationalen Gerichte bei der Behandlung der Schönheitsreparaturklauseln kaum Rücksicht auf Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL nehmen. Dies würde also eine erhebliche Schmälerung der praktischen Bedeutung der KlauselRL bei der Harmonisierung der Klauselkontrolle und zugleich eine stark beschränkte Kompetenz des Europäischen Gerichtshofs auf dem Gebiet der Klauselkontrolle bedeuten. Im Hinblick auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung und eine etwaige Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV ist zunächst wieder der mindestharmonisierende Charakter der Klausel-RL gemäß ihrem Art. 8 zu berücksichtigen. Da die Mitgliedstaaten bei der Klauselkontrolle strenger verfahren dürfen, als es die Richtlinie bestimmt, verstößt die Erklärung der Unwirksamkeit einer Klausel, die ein Gewerbetreibender gegenüber einem Verbraucher verwendet und die den
92 Die Gefahr einer Überlastung des ohnehin mit einer steigenden Zahl von Vorabentscheidungsverfahren belasteten EuGH stellt zugleich ein Motiv für die Suche nach Möglichkeiten zur Vermeidung von Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH dar, vgl. Heiderhoff, WM 2003, 509, 510; siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed zur Rechtssache Freiburger Kommunalbauten (ECLI:EU:C:2003:504) Rn. 29 (dazu näher unten S. 48 ff.). Die Sorge vor einer Überlastung des EuGH kann für sich genommen allerdings nicht eine eingeschränkte Konkretisierungskompetenz desselben begründen, wie M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 57 f., zutreffend darlegt: Die Ressourcen der Justiz müssen sich nach den Erfordernissen durch das materielle Recht richten und nicht umgekehrt. 93 Vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 – CILFIT; EuGH, Urt. v. 6.10.2021, NJW 2021, 3303, 3305 Rn. 33, 39 – Consorzio Italian Management. 94 Vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 – CILFIT; EuGH, Urt. v. 6.10.2021, NJW 2021, 3303, 3305 Rn. 36 – Consorzio Italian Management. 95 Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 19. 96 Für eine solche Deutung insbesondere W.-H. Roth, in: FS Drobnig, S. 135, 141– 145.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Verbraucher schlechter stellt, als er nach dem dispositiven Recht stünde, niemals gegen die Klausel-RL. Nur wenn das Gericht eine solche Klausel bei Anwendung des nationalen Rechts für wirksam hält, kommt die Möglichkeit in Betracht, dass aus der Klausel-RL etwas anderes folgt.97 Erst in diesem Schritt können somit Zweifel über die richtige Auslegung des Unionsrechts auftreten und daher kommt auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof von vornherein nur in Betracht, wenn das nationale Gericht eine gegenüber einem Verbraucher verwendete Klausel für wirksam erklären würde.98 Die Aufgabenverteilung im dezentralen99 europäischen Justizsystem ist im Grundsatz simpel: Der Europäische Gerichtshof entscheidet im Vorabentscheidungsverfahren nach dem Wortlaut von Art. 267 Abs. 1 AEUV verbindlich nur über die Auslegung der europäischen Vorschriften. Die Rechtsanwendung, die im Falle der Richtlinien normalerweise in der Anwendung nationalen (Umsetzungs-) Rechts besteht, bleibt dagegen dem nationalen Gericht vorbehalten.100 Es ist somit nicht die Aufgabe des Europäischen Gerichtshofs, eine Entscheidung in einem Fall herbeizuführen, sondern ihm obliegt die Auslegung des europäischen Rechts, auf das es in einem Verfahren ankommt. Anders als bei einem Rechtsmittelgericht bilden die Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren nicht eine Stufe oder den Abschluss des Instanzenzugs, sondern sie haben vielmehr den Charakter eines verbindlichen Rechtsgutachtens allein über das relevante Unionsrecht und helfen damit dem vorlegenden Gericht bei dessen eigener Entscheidung über das ausgesetzte Verfahren.101 Das Problem bei einer Generalklausel wie der in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL ist es nun aber, dass Auslegung und Anwendung nicht leicht voneinander abzugrenzen sind, weil es schwerfällt, eine Generalklausel ohne Bezug zu einem Einzelfall auszulegen.102
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Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2196; Coester, in: FS Heinrichs, S. 99, 101. Nassall, JZ 1995, 689–694; H. Roth, JZ 1999, 529, 535; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 138; dies., Europäisches Privatrecht, Rn. 162. 99 Vgl. dazu Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S. 9, 51 f. 100 Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 538 f.; Remien, RabelsZ 66 (2002), 503, 509; so auch der Kern der Argumentation des EuGH im Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 22 – Freiburger Kommunalbauten. 101 EuGH, Urt. v. 6.10.2021, NJW 2021, 3303, 3305 Rn. 30 – Consorzio Italian Management; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 390; Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S. 11 f., 52–55. 102 Röthel, ZEuP 2005, 421, 424; Rosenfeld, GPR 2005, 71, 73; Hesselink, ERCL 2006, 366, 369; Pavillon, ERPL 2007, 735, 747; M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 53 f.; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 22. 98
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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Nach überzeugender Ansicht lässt sich die Verteilung der Konkretisierungskompetenz für Generalklauseln in Richtlinien nicht pauschal beantworten. Vielmehr ist auf die jeweilige Generalklausel und die von ihr intendierte Harmonisierungsintensität zu schauen.103 Dies ist mithilfe der klassischen Auslegungsmethoden zu untersuchen, um zu ermitteln, wer die Konkretisierung einer Generalklausel vornehmen soll.104 Blickt man nun auf Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, ist demnach auch der Zweck zu berücksichtigen, der durch diese Norm verfolgt wird. Es soll ein europaweit einheitlicher Mindeststandard für wirksame Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen geschaffen werden.105 Dieses Ziel kann ohne eine Konkretisierung durch den Europäischen Gerichtshof nicht erreicht werden, denn nur durch ein einheitliches Verständnis der Untergrenze des Missbrauchstatbestands wird zumindest eine Teilharmonisierung herbeigeführt.106 Dass zur Förderung dieses Regelungsziels eine Generalklausel verwendet wurde, dient nicht der Zuweisung der Konkretisierungskompetenz an die Mitgliedstaaten,107 sondern ist die Folge „gesetzgeberischer Not“ 108, die darin besteht, dass die Inhaltskontrolle von Klauseln nicht ohne weit gefasste Bestimmungen hergestellt werden kann.109 Es spricht somit einiges für die Zuweisung der Konkretisierungskompetenz zum Europäischen Gerichtshof. Es handelt sich damit nach hier vertretener Auffassung insgesamt um eine Frage der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL mit dem Ziel der Kompetenzfeststellung. Da die Auslegung des Unionsrechts Aufgabe des Europäischen Gerichtshofs ist, obliegt diesem auch die Aufgabe, die Verteilung der Konkretisierungskompetenz festzustellen. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Verteilung der Konkretisierungskompetenz in Bezug auf den Missbrauchstatbestand in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, die von der juristischen Literatur stets aufmerksam verfolgt wurde, ist vielfach als wechselhaft und widersprüchlich empfunden worden.110 Sie soll im Folgenden anhand wichtiger Entscheidungen des Gerichtshofs zur Klausel-RL dargestellt werden. 103 Remien, RabelsZ 66 (2002), 503, 523, 529 f.; M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 168; Möslein/Röthel, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 11 Rn. 12–15. 104 Dazu ausführlich M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 62–106. 105 Siehe dazu auch oben S. 31 ff. 106 So auch Leible, RIW 2001, 422, 426; Röthel, ZEuP 2005, 421, 425. 107 Zutreffend M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 220. 108 M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 62. 109 Remien, RabelsZ 66 (2002), 503, 525; Heiderhoff, WM 2003, 509, 511. 110 Vgl. Pfeiffer, NJW 2009, 2369; ders., EuZW 2013, 241, 242; Nemessányi, in: Welser, Konsumentenschutz in Zentral- und Osteuropa, S. 117, 120; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 32.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
b) Die Entscheidung Océano Zunächst schien der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Océano111, dem ersten Urteil zur Richtlinie 93/13/EWG, für sich eine weitreichende Kompetenz zur Beurteilung konkreter Klauseln zu beanspruchen: Ohne dass das vorlegende Gericht darum gebeten hatte,112 erklärte der Europäische Gerichtshof eine Gerichtsstandsklausel, die die ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Gerichte am Sitz des Klauselverwenders vorsah, für missbräuchlich im Sinne des Art. 3 Klausel-RL.113 Auch der Generalanwalt114 Saggio hatte in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache Océano ohne Weiteres angenommen, es seien „die Vorschriften der Richtlinie auszulegen, um so klarzustellen, ob eine Gerichtsstandsklausel zugunsten des Sitzes des Gewerbetreibenden eine mißbräuchliche Klausel ist“.115 Die Missbräuchlichkeit der streitgegenständlichen Klausel begründete der Europäische Gerichtshof damit, dass eine solche Gerichtsstandsklausel die Verbraucher insbesondere bei einem geringen Streitwert davon abhalten könne, ihre Ansprüche geltend zu machen, weil die Aufwendungen für das Erscheinen vor Gericht diese abschrecken könnten. Die Gerichtsstandsklausel gehöre damit zur Gruppe der in Nr. 1 lit. q) des Richtlinienanhangs genannten Klauseln, die darauf abzielen oder Folge haben, dass dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen, erschwert wird.116 Weiterhin verschaffe eine solche Gerichtsstandsklausel einseitig dem Verwender Vorteile.117 Durch diese Entscheidung konnte aus Sicht der nationalen Gerichte der Eindruck entstehen, der Europäische Gerichtshof prüfe eine vorformulierte Klausel selbst unmittelbar am Maßstab des Art. 3 Klausel-RL (gegebenenfalls in Verbin111
Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571. Das vorlegende spanische Gericht fragte, ob es bei der Prüfung seiner Zuständigkeit ohne besonderen Antrag des Verbrauchers von Amts wegen eine Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Klausel durchführen dürfe. Diese Frage bejahte der EuGH. Näher zum Gebot der amtswegigen Klauselprüfung in der Rechtsprechung des EuGH unten S. 161 ff. Von der Missbräuchlichkeit der Gerichtsstandsklausel ging das vorlegende Gericht ohnehin aus. 113 Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 21, 24 – Océano. 114 Die Generalanwälte stellen gemäß Art. 252 Abs. 2 AEUV unparteiliche Schlussanträge zu den Rechtssachen des EuGH. Es handelt sich um Rechtsgutachten mit Entscheidungsvorschlägen und rechtlichen Erwägungen. Der Gerichtshof ist durch die Schlussanträge nicht gebunden, bezieht sich in seiner Argumentation aber häufig auf die Schlussanträge und folgt ihnen in der überwiegenden Zahl seiner Entscheidungen, vgl. Kovács, JA 2010, 625, 627, 629. 115 Schlussanträge des Generalanwalts Saggio v. 16.12.1999 (ECLI:EU:C:1999:620) Rn. 16, ebenso deutlich: Rn. 18 – Océano. 116 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 22 – Océano. 117 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 23 – Océano. 112
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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dung mit dem Richtlinienanhang) und bilde Fallgruppen für Klauseln, die als missbräuchlich im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind.118 Von manchen Stimmen in der Literatur werden allerdings Bedenken geäußert, ob der Europäische Gerichtshof tatsächlich selbst unter Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL subsumiert hat, wie dies in der deutschsprachigen Literatur überwiegend angenommen wurde.119 Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, dass im Wortlaut der französischen und der englischen Sprachfassung des Urteils eine definitive Beurteilung der streitgegenständlichen Klausel nicht eindeutig zum Ausdruck kommt. Während es in der deutschen Sprachfassung heißt „Somit ist eine Gerichtsstandsklausel, die in einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden aufgenommen worden ist, ohne im einzelnen ausgehandelt worden zu sein, und die ausschließliche Zuständigkeit dem Gericht zuweist, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seine Niederlassung hat, als mißbräuchlich im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie anzusehen, da [Hervorhebung durch den Verf.] sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht“,120
steht an der Stelle des deutschen „da“ in der französischen Fassung „dans la mesure où“ und in der englischen Fassung „in so far as“. Die französische und die englische Sprachfassung legen damit nahe, dass die Gerichtsstandsklausel nur als missbräuchlich anzusehen ist, soweit entgegen dem Gebot von Treu und Glauben ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis vorliegt, dass dem vorlegenden Gericht mit anderen Worten also doch die definitive Beurteilung der Klausel überlassen bleiben soll. Dieses Verständnis ist aber nicht zwingend, denn die englische und die französische Formulierung können möglicherweise auch als Kausalsatz verstanden werden. Auch ging, wie bereits erwähnt, der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen zu dem Verfahren davon aus, dass der Europäische Gerichtshof selbst die Missbräuchlichkeit der Klausel feststellen solle. Dieser Annahme wird in der Entscheidung zumindest nicht ausdrücklich widersprochen, während an anderer Stelle eine Bezugnahme auf dessen Schlussanträge erfolgt.121 Außerdem wurde die Entscheidung Océano auch von einigen anderssprachigen Kommentatoren in der Weise verstanden, dass der Europäische Ge-
118 Im deutschen Schrifttum wurde die Entscheidung überwiegend in dieser Weise aufgefasst, vgl. Freitag, EWiR 2000, 783 f.; Schwartze, JZ 2001, 245, 248; Borges, NJW 2001, 2061 f.; Pfeiffer, ZEuP 2003, 144, 151, 154; Röthel, ZEuP 2005, 421, 423. 119 Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.20; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 112–114. 120 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 24 – Océano. 121 Vgl. EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 27 – Océano.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
richtshof selbst die Missbräuchlichkeitsprüfung durchgeführt hat.122 Schließlich ging auch der Europäische Gerichtshof selbst in der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten davon aus, er habe in der Entscheidung Océano die Missbräuchlichkeit einer Klausel feststellen können, da diese besonders einseitig den Verwender begünstigte.123 c) Die Entscheidung Freiburger Kommunalbauten im Widerspruch zu Océano Sofern man die Entscheidung Océano so versteht, dass der Europäische Gerichtshof in der Tat selbst die Missbräuchlichkeitsprüfung durchgeführt hat, tendierte er in der Rechtssache Freiburger Kommunalbauten124, dem vierten Vorabentscheidungsverfahren zur Klausel-RL, dann jedenfalls in die entgegengesetzte Richtung. Wohl bestärkt von der Entscheidung in der Rechtssache Océano bat der Bundesgerichtshof in seiner Vorlagefrage um die Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs, ob eine konkrete Klausel als missbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL anzusehen sei. Diese Klausel bestimmte, dass die Erwerber eines zu errichtenden PKW-Stellplatzes anders als nach dem anwendbaren dispositiven Recht unabhängig vom Baufortschritt den gesamten Werklohn bezahlen sollten, nachdem ihnen der Bauträger eine Bankbürgschaft für Ansprüche aufgrund mangelhafter oder unterlassener Erfüllung des Vertrags gestellt hat.125 Der Bundesgerichtshof hielt diese Klausel für wirksam. Zwar weiche die Klausel von der Vorleistungspflicht des Werkunternehmers nach § 641 Abs. 1 BGB ab, jedoch reduziere die gewährte Bürgschaft die Nachteile für die Besteller entscheidend.126 Der Bundesgerichtshof hielt es aber für möglich, dass Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL „bei einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der Vielfalt der Rechtsordnungen innerhalb der Europäischen Union“ eine andere Beurteilung der Klausel vorsehe.127 Der Europäische Gerichtshof antwortete auf die Vorlagefrage, „dass es Sache des nationalen Gerichts ist, festzustellen, ob eine Vertragsklausel wie die, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, die Kriterien erfüllt, um als missbräuchlich im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie qualifiziert zu werden“.128 122 De Meese, RDC 2000, 669; Hesselink, ERCL 2006, 366, 370; wohl auch Layton/ Mercer, European Civil Practice, Rn. 17.046. 123 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 23; ähnlich Generalanwalt Tizzano in den Schlussanträgen zur späteren Rechtssache Mostaza Claro v. 27.4.2006 (ECLI:EU:C:2006:265) Rn. 30; andererseits aber EuGH, Urt. v. 4.9.2006, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2369 Rn. 42 – Pannon (dazu unten S. 53 f.). 124 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647. 125 BGH, Beschl. v. 2.5.2002, ZIP 2002, 1197. 126 BGH, Beschluss v. 2.5.2002, ZIP 2002, 1197, 1198. 127 BGH, Beschluss v. 2.5.2002, ZIP 2002, 1197, 1198; zu dieser Begründung für die Vorlage kritisch Heiderhoff, WM 2003, 509, 513. 128 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 25 – Freiburger Kommunalbauten.
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In der kurz gehaltenen Begründung führte der Europäische Gerichtshof zunächst aus, dass die Klausel-RL nur abstrakt die Faktoren für die Missbräuchlichkeit einer Klausel bestimme und dass auch der Richtlinienanhang bei der Klauselkontrolle in keine Richtung Bindungswirkung entfalte.129 Deutlicher positioniert sich Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen, in denen er ausführt, der Richtliniengeber habe „die Frage, ob eine Klausel im konkreten Fall missbräuchlich ist, nicht unter die Geltung des Gemeinschaftsrechts bringen“ wollen.130 Aufgrund der noch stark verschiedenen europäischen Zivilrechtsordnungen gebe es außerdem kein Bedürfnis für eine einheitliche Auslegung des Begriffs der missbräuchlichen Vertragsklausel.131 Diese Argumentation erscheint problematisch, denn der Richtliniengeber hat mit dem Erlass der Klausel-RL gerade den Zweck verfolgt, dass eine einheitliche Untergrenze in allen Mitgliedstaaten für die Wirksamkeit von vorformulierten Klauseln geschaffen wird. Ein solches Ergebnis kann aber nur durch eine einheitliche Auslegung des Missbrauchstatbestands erreicht werden.132 Anderenfalls wäre die rechtliche Wirkung von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL darauf beschränkt, dass in den Mitgliedstaaten überhaupt eine Inhaltskontrolle erfolgt, ohne dass dafür ein materieller Mindeststandard existiert.133 Wichtig ist der Hinweis des Europäischen Gerichtshofs, dass die Klauselkontrolle gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL unter Berücksichtigung des Vertragsgegenstands und der den Vertragsschluss begleitenden Umstände erfolgt. Teil dieser Begleitumstände seien die Folgen der betreffenden Klausel im Rahmen des nationalen Rechts, „was eine Prüfung des nationalen Rechtssystems impliziert“.134 Damit spricht der Europäische Gerichtshof eine strukturelle Besonderheit der Klauselkontrolle an. Zentrales Element der Missbräuchlichkeitsprüfung, die die Klausel-RL vorsieht, ist nämlich der Abgleich der Vertragsklausel mit dem sonst geltenden dispositiven Recht, welches als Vergleichsmaßstab für das Vorliegen eines Missverhältnisses der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien dient.135 Dies kommt im Wortlaut der Richtlinie zwar nicht so deutlich zum Ausdruck wie 129 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 19 f. – Freiburger Kommunalbauten. 130 Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed v. 25.3.2003 (ECLI:EU:C:2003: 504) Rn. 17 – Freiburger Kommunalbauten. 131 Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed v. 25.3.2003 (ECLI:EU:C:2003: 504) Rn. 30 – Freiburger Kommunalbauten. 132 Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 58. 133 Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 117. 134 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 21 – Freiburger Kommunalbauten. 135 So schon Franzen, in: Weber et al., Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1997, S. 285, 303–305; ders., Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, S. 554–556; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 134.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
in der deutschen Regelung des § 307 BGB (hier insbesondere § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Europäische Gerichtshof hat aber später in der Rechtssache Aziz noch einmal zutreffend klargestellt, dass die Missbräuchlichkeitsprüfung gemäß Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL stets vor dem Hintergrund der anwendbaren Vorschriften erfolgen müsse.136 Das einschlägige dispositive Recht ist in den meisten Fällen das nationale Vertragsrecht. Die Prüfung, wie stark eine Klausel vom nationalen Recht abweicht, gehört indes nicht zum Aufgabenkreis des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren.137 Insofern sind die Möglichkeiten des Europäischen Gerichtshofs, bei der Beurteilung von Vertragsklauseln mitzuwirken, von vornherein begrenzt. Der Europäische Gerichtshof hat vor diesem Hintergrund festgestellt, dass er sich im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens allein zur Auslegung der Klausel-RL, nicht aber zur Anwendung der darin enthaltenen Kriterien auf den Einzelfall äußern kann.138 Dies wirft die Frage auf, warum der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Océano offenbar kein Problem darin sah, sich selbst zur Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu äußern. Hierzu erläutert der Gerichtshof, dass die Beurteilung in Océano „in Bezug auf eine Klausel [erfolgte], die ausschließlich und ohne Gegenleistung zugunsten des Verbrauchers für den Gewerbetreibenden vorteilhaft war, da sie unabhängig vom Vertragstyp die Wirksamkeit des gerichtlichen Schutzes der Rechte in Frage stellte, die die Richtlinie dem Verbraucher zuerkennt. Daher konnte die Missbräuchlichkeit dieser Klausel festgestellt werden, ohne dass alle Umstände des Vertragsschlusses geprüft und die mit dieser Klausel verbundenen Vor- und Nachteile im Rahmen des auf den Vertrag anwendbaren nationalen Rechts gewürdigt werden mussten.“ 139
Der Europäische Gerichtshof unterscheidet also offenbar zwischen Klauseln, die unabhängig von den unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen in jedem Fall den Verbraucher unangemessen benachteiligen und weniger eindeutigen Klauseln, die nur unter Berücksichtigung des anwendbaren nationalen Rechts und durch eine detaillierte Einzelfallabwägung beurteilt werden können.140 Solche klar benachteiligenden Klauseln, die ohne Rücksicht auf die nationale 136 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 469 Rn. 76 – Aziz; danach ständige Rechtsprechung, vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 21 – Constructora Principado; EuGH, Urt. v. 3.4.2014, BeckRS 2014, 81587 Rn. 27 – Sebestyén. 137 Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 135. 138 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 22 – Freiburger Kommunalbauten. 139 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 23 – Freiburger Kommunalbauten. 140 Dazu kritisch Freitag, EWiR 2004, 397, 398; Wittwer, ELR 2004, 380, 384; Hesselink, ERCL 2006, 366, 371 f.; Osztovits/Nemessányi, ZfRV 2010, 22, 24.
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Rechtsordnung für missbräuchlich erklärt werden können, kommen nur selten vor,141 sodass es nicht überrascht, dass der Europäische Gerichtshof seit der Entscheidung Océano nicht mehr selbst eine Vertragsklausel verworfen hat. Häufig wird zudem angenommen, für die Zurückhaltung des Gerichtshofs im Hinblick auf die Konkretisierung des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL sei auch ein außerhalb der Klausel-RL liegendes Motiv zumindest mit von Bedeutung gewesen:142 Wie bereits angesprochen, hätte die Annahme einer umfassenden Konkretisierungskompetenz den Europäischen Gerichtshof zu einer „privatrechtlichen Superrevisionsinstanz“ 143 für die Klauselkontrolle in Verbraucherverträgen machen können. Dadurch würde die stetig steigende Zahl der Vorabentscheidungsverfahren144 weiter erhöht mit der Folge, dass der Europäische Gerichtshof im schlimmsten Fall nicht mehr die erforderlichen Ressourcen aufbringen könnte, um seinen Aufgaben adäquat nachzukommen. Dementsprechend wurde die Entscheidung Océano mit der Sorge kritisiert, der Europäische Gerichtshof könnte von einer „Welle von Verfahren überschwemmt“ 145 werden. Diesen Aspekt sprach auch der Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen an, in denen er erklärt, es sei „nicht nur eine Frage der klaren Zuständigkeitsabgrenzung [. . .], sondern auch des ökonomischen Gebrauchs der Rechtsbehelfe“, dass keine Vorlageverpflichtung nationaler Gerichte besteht, wenn es um die Beurteilung einer Klausel unter Berücksichtigung des Art. 3 Klausel-RL geht.146 Die Zurückhaltung, die der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten und auch in späteren Entscheidungen an den Tag gelegt hat, hat in der Literatur ein gespaltenes Echo ausgelöst.147 Dem Gerichtshof wurde dabei zum Teil vorgeworfen, den gebotenen Dialog mit den nationalen Gerichten zu verweigern.148 Zu Recht wurde außerdem bemängelt, dass der Gerichtshof in der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten zugleich jegliche 141
Riegel, Einheitliche unionsweite Geschäftsbedingungen für Verbraucherverträge,
S. 55. 142 Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 61; Osztovits/Nemessányi, ZfRV 2010, 22, 24; Riegel, Einheitliche unionsweite Geschäftsbedingungen für Verbraucherverträge, S. 56; Fornasier, ZEuP 2014, 414, 418; Stempel, ZEuP 2017, 102. 143 Dieses Schlagwort stammt von Canaris, EuZW 1994, 417. 144 Vgl. dazu Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S. 70–74; Basedow, EU Private Law, S. 566. 145 Hakenberg, ZEuP 2001, 888, 902. 146 Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed v. 25.9.2003 (ECLI:EU:C:2003: 504) Rn. 29 – Freiburger Kommunalbauten. 147 Überwiegend zustimmend Freitag, EWiR 2004, 397, 398; Röthel, ZEuP 2005, 421–427; Rosenfeld, GPR 2005, 71, 73; klar ablehnend dagegen Wittwer, ELR 2004, 380–385; Hesselink, ERCL 2006, 366, 370, 373; Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 55–61, die mit drastischen Worten beklagen, dass diese Rechtsprechung im Ergebnis eine Harmonisierung auf dem Gebiet der Klauselkontrolle verhindere. 148 Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 57 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Präzisierung der fraglichen Tatbestandsmerkmale in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL unterließ, sodass unklar blieb, was unter den gemeinschaftsrechtlichen Begriffen „erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis“ und „Treu und Glauben“ zu verstehen ist, obwohl eine entsprechende Abwandlung einer Frage des vorlegenden Gerichts durch den Europäischen Gerichtshof möglich und auch üblich ist.149 d) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Anschluss an die Entscheidung Freiburger Kommunalbauten Der Europäische Gerichtshof hat in den darauffolgenden Entscheidungen an seiner im Urteil Freiburger Kommunalbauten entwickelten Linie festgehalten und seine Zurückhaltung bei der Konkretisierung der Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL eher noch stärker zum Ausdruck gebracht. Möglicherweise auch deshalb ging es in vielen Vorabentscheidungsersuchen zur Klausel-RL im Schwerpunkt um prozessuale Fragen der Klauselkontrolle und nur selten um die Kriterien bei der Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln. In der Entscheidung Mostaza Claro150 sollte der Europäische Gerichtshof eigentlich nur eine prozessuale Frage des vorlegenden spanischen Gerichts beantworten. Bevor der Europäische Gerichtshof auf die Vorlagefrage antwortete, wiederholte er unter Bezugnahme auf die Entscheidung Freiburger Kommunalbauten, dass der Europäische Gerichtshof sich nicht zur Anwendung von Art. 3 Klausel-RL auf eine konkrete Klausel äußern dürfe. Dies sei allein Sache des nationalen Gerichts.151 Die Ausnahme einer eindeutig missbräuchlichen Klausel, wie sie offenbar bei der Entscheidung Océano vorgelegen hat, sprach der Europäische Gerichtshof dagegen nicht an. Dass der Europäische Gerichtshof ab der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten nicht mehr an der Annahme einer umfassenden Konkretisierungskompetenz einschließlich Einzelfallanwendung, wie sie nach überwiegender Lesart der Entscheidung Océano zugrunde lag, festhalten sollte, empfahl auch der Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache Mostaza Claro mit den Worten, „dass es sich bei der [. . .] Rechtssache [Océano] um einen ganz außergewöhnlichen Präzedenzfall handelt, der als solcher nicht verallgemeinert werden kann“.152 149 Wittwer, ELR 2004, 380, 381 f.; Röthel, ZEuP 2005, 421, 426; Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S. 443; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 118 f. Eine solche Umformulierung der Vorlagefrage erfolgt zum Beispiel im Urt. d. EuGH v. 7.11.2019, EWS 2019, 345, 348 Rn. 32 – NMBS. 150 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135. 151 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135 Rn. 22 – Mostaza Claro. 152 Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano v. 27.4.2006 (ECLI:EU:C:2006:265) Rn. 30 – Mostaza Claro.
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In der Rechtssache Pannon153 ging es wie schon in der Rechtssache Océano um eine vorformulierte Gerichtsstandsklausel, die den Sitz der Klauselverwenderin als ausschließlichen Gerichtsstand vorsah. Das vorlegende ungarische Gericht stellte unter anderem die – entsprechend den vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten vorgegebenen Leitlinien154 abstrakt formulierte155 – Frage, welche Gesichtspunkte bei der Prüfung einer Vertragsklausel auf ihre Missbräuchlichkeit zu berücksichtigen und abzuwägen sind. Bei seiner Antwort auf diese Frage nannte der Europäische Gerichtshof jedoch im Wesentlichen nur die einschlägigen Bestimmungen, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL, und wiederholte die Kernaussage der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, zu beurteilen, ob eine Klausel als missbräuchlich anzusehen ist.156 Eine Konkretisierung dieser Bestimmungen, um die das vorlegende Gericht gerade gebeten hatte, unterblieb hingegen. Immerhin deutete der Gerichtshof seine Einschätzung von der Gerichtsstandsklausel an, indem er unter Bezugnahme auf die Entscheidung Océano erklärte, dass diese Klausel „alle Kriterien erfüllt, um als missbräuchlich im Sinne der Richtlinie qualifiziert werden zu können“.157 Zu der früheren Entscheidung Océano erklärt der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Pannon außerdem, er habe damals lediglich die allgemeinen Kriterien der Klausel-RL ausgelegt und sie nicht auf eine bestimmte Klausel angewandt.158 Diese Beschreibung widerspricht allerdings wie aufgezeigt dem herrschenden Verständnis von der Vorgehensweise des Gerichtshofs in der Entscheidung Océano.159 In der Rechtssache Pénzügyi Lízing160 drehten sich die Vorlagefragen abgesehen von einer prozessualen Frage161 speziell um das Verhältnis zwischen den 153
EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367. EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647 Rn. 22 – Freiburger Kommunalbauten. 155 Osztovits/Nemessányi, ZfRV 2010, 22, 24 weisen auf einen deutlichen Unterschied in der Formulierung im Vergleich zur Vorlagefrage des BGH in der Rechtssache Freiburger Kommunalbauten hin. 156 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 f. Rn. 37–39, 42–44 – Pannon. 157 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2369 Rn. 40 – Pannon. 158 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2369 Rn. 42 – Pannon. 159 Siehe dazu oben S. 46 ff. Pfeiffer, NJW 2009, 2369, spricht von „starker Biegung von Océano“ in der Entscheidung Pannon; eine Korrektur der früheren Rechtsprechung annehmend Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 32. 160 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27. 161 Es handelt sich um eine Frage zur Tatsachenermittlung von Amts wegen zur Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln in Verbraucherverträgen, welche gerade 154
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nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren zu Art. 3 Klausel-RL. Die Generalanwältin Trstenjak sah deshalb in diesem Verfahren die Gelegenheit für den Europäischen Gerichtshof zur „Klärung einzelner kompetenzrechtlicher und institutioneller Aspekte im komplexen Kooperationsverhältnis zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten“.162 Gegenstand des Ausgangsverfahrens war wieder eine Gerichtsstandsklausel, die dieses Mal nicht die Zuständigkeit des Gerichts am Sitz der gewerbetreibenden Klauselverwenderin vorsah, aber ein anderes Gericht in der Nähe dieses Sitzes bestimmte. Das vorlegende Gericht wollte zum einen wissen, ob der Europäische Gerichtshof nach Art. 267 AEUV auch für die Auslegung des Begriffs „missbräuchliche Vertragsklausel“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL sowie der im Anhang der Richtlinie aufgezählten Klauseln zuständig ist. Zum anderen bat es um Auskunft darüber, ob sich bei Bejahung dieser Frage ein Vorabentscheidungsersuchen, mit dem um die Auslegung des Begriffs der missbräuchlichen Vertragsklausel gebeten wird, im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung in der Europäischen Union auf die Frage beziehen darf, welche Aspekte vom nationalen Gericht bei der Anwendung der Kriterien der Richtlinie im Hinblick auf eine besondere individuelle Vertragsklausel zu berücksichtigen sind. Aufschlussreich sind die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak, in denen sie zutreffend erläutert, dass der Europäische Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren zur Auslegung aller unionsrechtlichen Rechtsakte zuständig ist und dass die darin enthaltenen Begriffe gemeinschaftsautonom, also einheitlich anhand des Unionsrechts und unabhängig von der jeweiligen Bedeutung der Rechtsbegriffe in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten,163 auszulegen sind, sofern nicht eine Verweisung auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen erfolgt.164 Das Gebot der autonomen Auslegung gelte auch für die Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, da nur durch eine autonome Auslegung dieser Bestimmung das von der Richtlinie angestrebte Ziel der Rechtsvereinheitlichung erreicht werden könne.165 Autonome Auslegung ist zwar nicht zwingend mit einer Konkretisierungskompetenz des Europäischen Gerichtshof gleichzusetzen,166 auf dem Gebiet der Schönheitsreparaturen von großer Bedeutung sein kann, siehe unten S. 165 ff. 162 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 59 – Pénzügyi Lízing. 163 EuGH, Urt. v. 18.1.1984, Slg. 1984, 108 = BeckRS 2004, 70817 Rn. 11 – Ekro; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 112; Herresthal, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 113, 121. 164 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 87 – Pénzügyi Lízing. 165 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 89 – Pénzügyi Lízing. 166 Herresthal, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 113, 119 f.
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die Generalanwältin schlussfolgert daraus aber aus dem Blickwinkel des gesetzgeberischen Ziels der Rechtsangleichung, dass der Europäische Gerichtshof für die unionsweit verbindliche Konkretisierung des Begriffs der missbräuchlichen Klausel zuständig sein müsse.167 Aus Sicht der Generalanwältin Trstenjak war die Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs bis zu diesem Zeitpunkt keineswegs abgeschlossen. Die Konkretisierung der Generalklausel sei „im Ergebnis als ein fortdauernder Vorgang zu verstehen, den letzten Endes der Gerichtshof zu steuern hat“, indem er im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren schrittweise die allgemeinen Kriterien präzisiert und „mit wachsender Erfahrung Konturen einer gemeinschaftlichen Missbrauchskontrolle“ erarbeitet.168 Die Generalanwältin widersprach damit den Stimmen in der Literatur, die eine autonome Bestimmung des Missbrauchsbegriffs in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL generell ablehnen. Sie plädierte vielmehr für die allmähliche Herausbildung von detaillierteren europäischen Kriterien für die Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen im Zuge eines Dialogs zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den nationalen Gerichten, der durch Vorabentscheidungsersuchen hergestellt wird.169 Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Pénzügyi Lízing wird zum Teil als „Wendepunkt“ 170 weg von einer restriktiven Linie des Europäischen Gerichtshofs bei der Konkretisierung des Missbrauchsbegriffs angesehen. Zwar bekannte sich der Gerichtshof in dieser Entscheidung in der Tat zu seiner Aufgabe, die „allgemeinen Kriterien“ in Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL auszulegen.171 Er ging dabei jedoch nicht über seine Ausführungen in früheren Entscheidungen hinaus, sondern wiederholte im Wesentlichen die maßgeblichen Aussagen der Entscheidungen Freiburger Kommunalbauten172 und Pannon173. Es kann daher nicht von einem klaren Richtungswechsel die Rede sein.174 Zumindest bekräftigte der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung, dass
167 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 89 – Pénzügyi Lízing. 168 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 99 – Pénzügyi Lízing. 169 Dafür schon Röthel, ZEuP 2005, 421, 426 f. 170 Kas/Micklitz, EWS 2013, 314, 318; Gutkin, Die Europäisierung der AGB-Kontrolle von Preisänderungsklauseln, S. 76. 171 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 29 Rn. 40–43 – Pénzügyi Lízing. 172 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647. 173 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367. 174 Stempel, ZEuP 2017, 102, 110, konstatiert, dass im Gegensatz zu den Schlussanträgen der Generalanwältin „die Haltung des Gerichtshofs selbst zur Konkretisierung der Generalklausel im Unklaren bleibt“.
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Vorabentscheidungsersuchen, mit denen das vorlegende Gericht Näheres zum Missbräuchlichkeitsmaßstab der Klausel-RL erfahren möchte, weiterhin zulässig sind.175 Eine weitere Möglichkeit zur Auslegung der materiellen Bestimmungen der Klausel-RL auf Ersuchen eines nationalen Gerichts bot sich dem Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Pohotovost’176. Eine Verbraucherin hatte einen vorformulierten Kreditvertrag geschlossen zu einem effektiven Jahreszins von 95,6 % und einem Verzugszins von 0,25 % pro Tag, was 91,25 % pro Jahr ergibt. Überdies enthielt der Kreditvertrag eine Vollmacht der Kundin zugunsten eines von der Bank auszuwählenden Rechtsanwalts zu ihrer Vertretung, welche nur gegen Zahlung einer Vertragsstrafe widerruflich sein sollte. Das vorlegende slowakische Gericht fragte unter anderem, ob das Fehlen der Angabe des effektiven Jahreszinses im Kreditvertrag einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt. Dies hätte gemäß Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL zur Folge, dass ausnahmsweise auch die Vereinbarung über die Zinsen der Inhaltskontrolle unterliegen würde.177 Es wollte außerdem wissen, ob in diesem Fall die Regelung über die Verzugszinsen wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit als missbräuchlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL angesehen werden kann. Zur Frage der Missbräuchlichkeit des Verzugszinssatzes erwähnte der Europäische Gerichtshof in seinem Beschluss zwar Art. 3 Abs. 3 Klausel-RL in Verbindung mit Nr. 1 lit. e) des Richtlinienanhangs, wonach Klauseln als missbräuchlich angesehen werden können, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird.178 Er machte allerdings keine Angaben dazu, wann eine unverhältnismäßig hohe Entschädigung im Sinne dieser Bestimmung vorliegt.179 Im Übrigen rekapitulierte der Gerichtshof die aus der Rechtssache Freiburger Kommunalbauten bekannte Zuständigkeitsabgrenzung, wonach er sich zu den allgemeinen Kriterien der Richtlinie, nicht aber zur Anwendung der Bestimmungen auf eine konkrete Klausel äußern dürfe.180 175 So zutreffend Pfeiffer, LMK 2010, 311868, vgl. EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27 Rn. 44 – Pénzügyi Lízing. 176 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370. 177 Siehe dazu auch unten S. 76 f. 178 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 58 – Pohotovost’. 179 Die Bedeutung der „Unverhältnismäßigkeit“ in Nr. 1 lit. e) des Anhangs ist nach wie vor unklar, vgl. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, RL Anh. Rn. 48. 180 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 56, 59 f. – Pohotovost’. In diesem Fall ging das vorlegende Gericht jedoch ausweislich der Vorlagefrage offenbar ohnehin schon von der Unverhältnismäßigkeit des Verzugszinssatzes aus, sodass kein Bedürfnis nach einer näheren Benennung der Kriterien für eine solche Unverhältnismäßigkeit bestand, zumal der Klauselliste im Richtlinienanhang wie erwähnt eine allenfalls indikative Funktion zukommt. Die Bedeutung des Richtlinienan-
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Etwas detaillierter äußerte sich der Europäische Gerichtshof dagegen zu der Frage, ob die unterbliebene Angabe des effektiven Jahreszinses im Kreditvertrag einen Verstoß gegen das Transparenzgebot der Klausel-RL darstellt, indem er erklärt, dies sei „ein maßgeblicher Faktor“ bei der Beurteilung der Frage, ob eine Klausel klar und verständlich im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL ist.181 Der Europäische Gerichtshof verzichtete jedoch auf eine abschließende Beurteilung, ob das Fehlen dieser Angabe an sich bereits zur Intransparenz der Zinsregelung führt. Er übertrug damit seine Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, wonach es schlussendlich immer Sache des nationalen Gerichts ist, die Missbräuchlichkeit einer Klausel festzustellen, auf das Transparenzgebot in Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 Klausel-RL.182 e) Die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs In der Rechtssache NFH 183 hat der Europäische Gerichtshof dann im Gegensatz zu den meisten davor ergangenen Entscheidungen deutliche Hinweise zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL gegeben und zugleich die Bedeutung des Anhangs zur Klausel-RL gestärkt. Ein ungarisches Gericht, das mit einer Klage einer Verbraucherschutzorganisation gegen ein Telekommunikationsunternehmen befasst war, wollte vom Europäischen Gerichtshof unter anderem erfahren, ob eine Vertragsklausel als missbräuchlich anzusehen ist, in der eine einseitige Änderung der dem Verbraucher auferlegten Kosten vorgesehen ist, ohne den Modus für die Berechnung ausdrücklich zu beschreiben oder triftige Gründe im Vertrag aufzuführen. Der Europäische Gerichtshof bekräftigte in seinem Urteil, dass sich seine Kompetenz auf die Auslegung der allgemeinen Kriterien erstreckt, ohne aber eine bestimmte Klausel bewerten zu können.184 Zum Richtlinienanhang führt er aus, dass „sich die Missbräuchlichkeit einer streitigen Klausel nicht ohne Weiteres und allein anhand des Anhangs ermitteln [lässt], doch ist er eine wesentliche Grundlage“ für diese Beurteilung.185 Relevant waren hier Nr. 1 lit. j) und l) sowie hangs ist in der jüngeren Rechtsprechung des EuGH allerdings gestiegen, vgl. Micklitz/ Reich, EuZW 2013, 457, 459 und sogleich S. 57 ff. 181 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 71 – Pohotovost’. 182 Graf v. Westphalen, NJW 2013, 961, 964; Fornasier, ZEuP 2014, 414, 418; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 33. Im Urt. v. 12.1.2023, NJW 2023, 903, 905 f. Rn. 36–45 – D.V., ist der EuGH ähnlich verfahren. 183 EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020. 184 EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020 Rn. 22 – NFH. 185 EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 26 – NFH; an dieser Beurteilung hält der EuGH in späteren Entscheidungen fest, vgl. Urt. v. 30.5.2013, NJW 2013, 2579, 2582 Rn. 55 – Asbeek Brusse und de Man Garabito; Beschl. v. 3.4.2014, BeckRS 2014, 81259 Rn. 32 – Sebestyén. Dennoch ist eine in der Liste im Anhang zur Richt-
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Nr. 2 lit. b) und d) des Anhangs zur Klausel-RL. Aus diesen schlussfolgerte der Gerichtshof, für die Beurteilung der Klausel komme es entscheidend darauf an, ob die Gründe oder der Modus der Kostenänderung angegeben sind und ob die Verbraucher über ein Recht zur Beendigung des Vertrags verfügen.186 An dieser Stelle hat der Gerichtshof also erstmals konkrete Kriterien aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang zur Klausel-RL abgeleitet, die das Gericht bei der ihm überlassenen Beurteilung zu beachten hat.187 Dass der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung dazu überging, genauere Hinweise zu den Vorgaben der Klausel-RL über die Inhaltskontrolle zu geben, und dies in späteren Entscheidungen fortgesetzt hat, ist zu begrüßen.188 Indem er sich auf die Auslegung der Richtlinie beschränkt und die Anwendung des nationalen Rechts unter Berücksichtigung der Richtlinie dem nationalen Gericht überlässt, beachtet der Gerichtshof die Aufgabenverteilung gemäß Art. 267 AEUV. Durch die Erteilung konkreter Hinweise zur Auslegung der Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL sorgt er aber dafür, dass der materielle Gehalt dieser Bestimmung an Kontur gewinnt. Damit nähert er sich dem mit der Klausel-RL verfolgten Ziel, einen einheitlichen Mindeststandard bei der Klauselkontrolle zu etablieren. Diese Tendenz hat der Gerichtshof in späteren Entscheidungen fortgesetzt. In der Rechtssache Aziz189 fragte ein spanisches Gericht anlässlich mehrerer potenziell missbräuchlicher Klauseln in einem Darlehensvertrag unter anderem nach der Bedeutung des Begriffs der Unverhältnismäßigkeit im Sinne der Klausel-RL. Von „Unverhältnismäßigkeit“ ist in der Klausel-RL nur in Nr. 1 lit. e) des Anhangs die Rede. Diese Bestimmung hatte der Gerichtshof zuvor in der Entscheidung Pohotovost’ erwähnt, aber keine inhaltlichen Ausführungen gemacht.190 Das vorlegende Gericht verstand den Begriff der Unverhältnismäßigkeit aber offenbar in einem weiteren Sinne, denn nicht für alle fraglichen Klauseln kam es in erster Linie auf Nr. 1 lit. e) des Anhangs an.191 Der Europäische Gerichtshof antwortete auf die Frage dementsprechend in der Weise, dass er allgemeine Klarstellungen zum Begriff der missbräuchlichen Klausel gemäß Art. 3 Abs. 1 und
linie genannte Klausel weiterhin nicht zwingend als missbräuchlich anzusehen, vgl. EuGH, Urt. v. 19.9.2019, IWRZ 2020, 32, 33 Rn. 45 – Tóth. 186 EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 24, 26 – NFH. 187 Micklitz/Reich, EuZW 2013, 457, 549, sehen darin eine Aufwertung des Richtlinienanhangs zu einer „grauen Liste“, die nach und nach zur Schaffung einheitlicher Mindeststandards führe. 188 So auch Wurmnest, MüKo-BGB, § 307 Rn. 34. 189 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464. 190 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 58 – Pohotovost’. 191 So auch Generalanwältin Kokott in den Schlussanträgen v. 8.11.2012 (ECLI:EU: C:2012:700) Rn. 59 f. – Aziz.
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Abs. 3 in Verbindung mit dem Richtlinienanhang und zugleich Hinweise zur Beurteilung der konkreten Kreditvertragsklauseln lieferte.192 Für die Frage, ob ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis vorliegt, sei zu prüfen, ob und wie stark die Klauseln von den Vorschriften abweichen, die gelten würden, wenn die Parteien keine Vereinbarung in diesem Punkt getroffen hätten.193 Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt, müsse das Gericht prüfen, ob der Gewerbetreibende vernünftigerweise erwarten durfte, dass der Verbraucher sich nach individuellen Verhandlungen auf eine solche Klausel einlässt.194 Der Gerichtshof folgte damit den Ausführungen der Generalanwältin.195 Anschließend gab der Europäische Gerichtshof dem vorlegenden Gericht Hinweise zur Beurteilung von Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung eines Darlehens, über die Missbräuchlichkeit von Verzugszinsen und zu einer Klausel über die Bezifferung der offenen Forderung und leitete diese zum Teil aus dem Richtlinienanhang her.196 Eine detaillierte Auslegung der materiellen Richtlinienbestimmungen erfolgte erneut in der Entscheidung RWE 197. Hier ging es neben einer Frage über den Anwendungsbereich der Klausel-RL um die Transparenz einer Preisänderungsklausel in Verträgen über Erdgaslieferungen zwischen einem deutschen Energieversorgungsunternehmen und Verbrauchern. Der Europäische Gerichtshof zog aus Nr. 2 lit. b) Abs. 2 und lit. d) des Anhangs zur Klausel-RL sowie einer Bestimmung aus dem Anhang zur Erdgasbinnenmarktrichtlinie 198 die Schlussfolgerung, dass der Unionsgesetzgeber das Bedürfnis nach Preisänderungsklauseln in unbefristeten Verträgen anerkannt habe.199 Soweit das europäische Recht dazu eigene Aussagen enthält, nimmt der Europäische Gerichtshof also auch selbst zur generellen Zulässigkeit einer Klauselgestaltung Stellung. In der Entscheidung RWE gab der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht außerdem detaillierte Hinweise zu den Anforderungen an die Transparenz von Preisänderungsklauseln an
192
EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 f. Rn. 65–75 – Aziz. EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 68 – Aziz. 194 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 69 – Aziz; an dieser Definition des Missbrauchstatbestands in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL hat der EuGH in seiner weiteren Rechtsprechung festgehalten, vgl. EuGH, Urt. v. 26.1.2017, NZM 2018, 130, 134 Rn. 59 f. – Banco Primus; EuGH, Beschl. v. 22.2.2018 (ECLI:EU:C:2018:103) Rn. 30 – Lupean (bisher nur auf Rumänisch und Französisch veröffentlicht); EuGH, Urt. v. 27.1.2021, WM 2021, 273, 276 Rn. 48 – Dexia. 195 Schlussanträge der Generalanwältin Kokott v. 8.11.2012 (ECLI:EU:C:2012:700) Rn. 71–74 – Aziz. 196 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 469 Rn. 73–75 – Aziz. 197 EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253 – RWE. 198 Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG v. 26.6.2003, ABl. EU L 1176/57–78. 199 EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 46 – RWE. 193
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
die Hand,200 die über seine Ausführungen in der Entscheidung NFH201 hinausgingen. Die Kriterien für die Missbräuchlichkeit einer Klausel hat der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Constructora Principado202 auch unter Bezugnahme auf eine konkrete Klausel ausgeführt. Wie in der gesamten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Ausnahme der Entscheidung Océano203 erfolgte erneut keine abschließende Beurteilung dieser Klausel durch den Europäischen Gerichtshof. Er formulierte aber nicht nur abstrakte Umschreibungen der in der Richtlinie enthaltenen Begriffe, sondern gab dem vorlegenden Gericht auch speziell auf diese Klausel zugeschnittene Prüfungsschritte vor, die das nationale Gericht bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit der in der Klausel vorgesehenen Verpflichtungen zu beachten hatte.204 Ähnlich ist der Gerichtshof auch bei späteren Vorabentscheidungsersuchen verfahren.205 In dieser Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs in seiner neueren Rechtsprechung kann somit eine gewisse Abkehr von der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten206 gesehen werden, in der sich der Gerichtshof, wie aufgezeigt, überhaupt nicht zu einer bestimmten Klausel äußern wollte.207 An der Grundaussage des Urteils Freiburger Kommunalbauten, dass die Entscheidung über die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel dem nationalen Gericht überlassen bleibt, hält er aber fest.208 f) Zusammenfassung der Rechtsprechung Schon der Wirtschafts- und Sozialausschuss ging bei seiner Stellungnahme im Jahre 1991 davon aus, der Europäische Gerichtshof werde eine „wichtige Rolle 200
EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253, 2255 f. Rn. 49–54 – RWE. EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020. 202 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035. 203 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, dazu oben S. 46 ff. 204 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 27 f. – Constructora Principado. 205 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 26.1.2017, NZM 2018, 130, 135 Rn. 65–67 – Banco Primus; EuGH, Urt. v. 27.1.2021, WM 2021, 273, 276 f. Rn. 54 f. – Dexia; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1684, 1688 Rn. 67–70 – BNP Paribas 206 EuGH, Urt. v. 1.4.2004, Slg. 2004, I-3403 = NJW 2004, 1647, dazu näher oben S. 48 ff. 207 In diesem Sinne auch Micklitz/Reich, EuZW 2013, 457, 459; Fornasier, ZEuP 2014, 414, 425; Gutkin, Die Europäisierung der AGB-Kontrolle von Preisänderungsklauseln, S. 77; Fornasier, in: MüKo-BGB, Vor § 305 Rn. 49; Schulte-Nölke, in: Schulze/Janssen/Kadelbach, Europarecht, § 24 Rn. 111. 208 Siehe etwa EuGH, Beschl. v. 3.4.2014, BeckRS 2014, 81259 Rn. 27–35 – Sebestyén, in dem der EuGH die Frage nach der Missbräuchlichkeit einer bestimmten Klausel unbeantwortet ließ und dem vorlegenden Gericht lediglich Hinweise auf der Grundlage seiner früheren Entscheidungen gab. 201
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[. . .] bei der Fortentwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Definition des Begriffes ,Mißbrauch‘ “ einnehmen.209 Diese Erwartung hat sich jedoch zunächst nicht bestätigt, da die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof gerade in der Anfangszeit sehr zurückhaltend war und sie daher nur eine begrenzte Wirkung im Hinblick auf die Missbräuchlichkeitskontrolle von Vertragsklauseln entfalten konnte.210 Diese Zurückhaltung des Gerichtshofs in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL kontrastierte mit dem in anderen Bereichen zum Teil anzutreffenden Vorwurf, der Europäische Gerichtshof überschreite in Vorabentscheidungsverfahren seine Kompetenzen.211 Es zeigte sich hier außerdem ein Kontrast zu der eigenen Rechtsprechung über die prozessualen Vorgaben der Klausel-RL, auf die noch näher einzugehen sein wird:212 Während sich der Europäische Gerichtshof auch zu Randfragen der prozessualen Durchsetzung der in der Richtlinie verbürgten Rechte ausführlich äußert, dabei die nationalen Gerichte zur Durchführung der Klauselkontrolle von Amts wegen verpflichtet und weitreichende Vorgaben zur Ersetzung nichtiger Klauseln formuliert, hielt er sich lange Zeit mit Aussagen zur „Kernfrage“ der Missbräuchlichkeit als solcher zurück.213 Die Widersprüchlichkeit dieser Praxis bestand darin, dass die Gerichte in möglichst jeder prozessualen Lage von Amts wegen die materiellen Vorgaben der Klausel-RL durchsetzen sollten, diese Vorgaben aber andererseits unionsweit nicht einheitlich definiert waren.214 Die Tendenz der späteren Rechtsprechung, das Missbräuchlichkeitskriterium in Art. 3 Klausel-RL detaillierter zu behandeln, löst diesen Widerspruch ein Stück weit auf. Der Europäische Gerichtshof übernimmt die Aufgabe, die Mindestvorgabe in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL zu präzisieren. Die Konturen eines solchen europäischen Missbräuchlichkeitsmaßstabs in der Klausel-RL sind aber insgesamt bisher unscharf geblieben. Dies ist vor allem auf den Umstand zurückzuführen, dass sich die Missbräuchlichkeit einer vorformulierten Klausel nur vor dem Hintergrund der Bestimmungen beurteilen lässt, die ohne die kontrollierte Klausel gelten würden – und diese Bestimmungen sind beim aktuellen Stand der Privatrechtsharmonisierung mehrheitlich nationale Vorschriften. Ein Bedürfnis bzw. eine Pflicht zur Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs bei der Inhaltskontrolle durch die nationalen Gerichte kommt nach der vom 209 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 24.4.1991, ABl. EG C 159/34, 35. 210 Stuyck, CML Rev. 2010, 879, 893; Fornasier, ZEuP 2014, 414, 416, 418; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 165. 211 Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 81; ausführlich zum Vorwurf der Kompetenzüberschreitung durch den EuGH, insbesondere mit Blick auf das Urt. v. 22.11.2005, Slg. 2005, I-9981 = NJW 2005, 3695 – Mangold, Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S. 136–146. 212 Siehe unten S. 161 ff. 213 Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 58; Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 168. 214 Basedow, in: FS Hirsch, S. 51, 58.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Gerichtshof vorgenommenen Aufgabenverteilung in Betracht, wenn es um die allgemeinen, von der einzelnen Zivilrechtsordnung unabhängigen Kriterien geht, die das Gericht bei seiner eigenen Beurteilung berücksichtigen muss. Für die Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln lässt sich daher schon an dieser Stelle feststellen, dass eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob eine bestimmte Schönheitsreparaturklausel oder auch vorformulierte Schönheitsreparaturklauseln allgemein in Verbraucherverträgen zulässig sind, keinen Erfolg hätte, da der Gerichtshof eine solche Beurteilung nicht durchführt. Dies gilt umso mehr, als bisher keine speziell das Immobiliarmietrecht regelnden europäischen Vorschriften existieren,215 sodass der Referenzmaßstab für eine Inhaltskontrolle von Mietvertragsklauseln nur das nationale Recht sein kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht noch offene Fragen bezüglich der generellen Kriterien der Inhaltskontrolle bestehen, die sich auf die Diskussion über die formularvertragliche Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln auswirken.216
IV. Der Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie Da die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nur innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie zum Tragen kommt, ist es für die Anwendung des Rechts der vorformulierten Vertragsbedingungen von Bedeutung zu ermitteln, in welchen Fällen die Klausel-RL anwendbar ist. Die Vorgaben der Richtlinie für die Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln und für die Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln können sich unmittelbar nur auf solche Mietverträge auswirken, die dem Anwendungsbereich der Klausel-RL unterfallen. In zeitlicher Hinsicht sind die Bestimmungen der Klausel-RL gemäß ihrem Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 auf alle Verträge anwendbar, die nach dem 31.12.1994 geschlossen wurden. 1. Personeller Anwendungsbereich: Verbraucherverträge Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit verschiedener verbraucherschützender Vorschriften im BGB, die in erster Linie der Umsetzung europäischer Vorgaben dienen – darunter § 310 Abs. 3 BGB für die AGB-Kontrolle – sind die Begriffe des Verbrauchers und des Unternehmers in den §§ 13 f. BGB.217 Es ist daher nötig zu erfassen, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist.
215 Hau, JZ 2010, 553, 554, 560; zur Frage der Kompetenz der Union für den von Hau befürworteten zukünftigen Erlass von Rechtsakten im Raummietrecht Hau, JZ 2010, 554, 561. 216 Siehe unten S. 120 ff., 126 ff. und 224 ff. 217 Ein Überblick über die Vorschriften des BGB, die auf §§ 13 f. BGB verweisen, findet sich bei Micklitz, in: MüKo-BGB, § 13 Rn. 7.
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Dass die Sonderregelungen für das AGB-Recht in § 310 Abs. 3 BGB nur für Verbraucherverträge gelten, ist auf den personellen Anwendungsbereich der Klausel-RL zurückzuführen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist, wie sich aus nahezu allen ihren Artikeln ergibt,218 auf Verträge zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher beschränkt.219 Nicht erfasst sind im Umkehrschluss Verträge zwischen Gewerbetreibenden oder Verbrauchern untereinander. Eine solche Beschränkung auf Verbraucherverträge findet sich auch in vielen anderen europäischen Verordnungen und Richtlinien.220 Die darin enthaltenen Definitionen der Begriffe des Verbrauchers und des Gewerbetreibenden unterscheiden sich jedoch teilweise. Es stellen sich dennoch rechtsaktübergreifend häufig parallele Probleme bei der Auslegung dieser Begriffe.221 Die Auslegung der §§ 13 f. BGB kann deshalb nicht allgemein, sondern immer nur im Zusammenhang mit den jeweils anwendbaren Vorschriften und ihrem unionsrechtlichen Hintergrund erfolgen.222 a) Verbraucher im Mietrecht Verbraucher ist gemäß Art. 2 lit. b) Klausel-RL jede natürliche Person, die bei Verträgen, die unter die Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Aus Art. 2 lit. b) Klausel-RL und seiner deutschen Umsetzungsvorschrift, § 13 BGB, folgt, dass juristische Personen unabhängig von dem Zweck, den sie mit einem Vertragsschluss verfolgen, nicht als Verbraucher angesehen werden können.223 218
Insbesondere Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 3 und Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL. Dafür schon v. Hippel, RabelsZ 41 (1977), 237, 251, der in der Benachteiligung von Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein dringenderes Problem sah als den Schutz vor missbräuchlichen Vertragsbedingungen im Unternehmerverkehr; ablehnend dagegen mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit insbesondere von Kleingewerbetreibenden Hondius, ERPL 1995, 241, 243; Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 81. Auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss sprach sich in seiner Stellungnahme zum Vorschlag für die Klausel-RL dafür aus, Regelungen zur Unterbindung von missbräuchlichen Klauseln auch für sonstige Verträge vorzusehen, siehe ABl. EG 1991 C 159/34, 36. 220 In jüngerer Zeit etwa die Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen v. 20.5.2019, ABl. EU L 136/1–27 (siehe deren Art. 3 Abs. 1). In der Digitale-Inhalte-Richtlinie wird wie in vielen europäischen Verbraucherrechtsakten statt „Gewerbetreibenden“ von „Unternehmern“ gesprochen, inhaltlich stimmt die Definition des Unternehmers in Art. 2 Nr. 5 Digitale-Inhalte-Richtlinie aber mit der Definition des Gewerbetreibenden in Art. 2 lit. c) KlauselRL überein. 221 Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 5 Rn. 6; Schulte-Nölke, in: Schulze/Janssen/ Kadelbach, Europarecht, § 24 Rn. 33. 222 Micklitz, in: MüKo-BGB, § 13 Rn. 7. 223 EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Slg. 2001, I-9049 = NJW 2002, 205 Rn. 16 – Cape; rechtspolitisch ablehnend Remien, ZEuP 1994, 34, 42; Kapnopoulou, Das Recht der 219
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Zudem ist die Verbrauchereigenschaft auch bei natürlichen Personen nur erfüllt, wenn sie den Vertrag weder zu gewerblichen noch zu beruflichen Zwecken schließen. Die Verbrauchereigenschaft ist somit kein dauerhafter Status, sondern wird situativ für das einzelne Geschäft bestimmt.224 Maßgeblich für diese Bestimmung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.225 Keine Rolle spielt, ob die Person bei dem jeweiligen Geschäft tatsächlich im Einzelfall über einen geringeren Kenntnisstand verfügt.226 Entscheidend ist die objektiv zu bestimmende227 private Zwecksetzung des Vertragsschlusses. Aus diesem Grund sind nach der überzeugenden herrschenden Ansicht Personen, die ein Geschäft zum Zwecke der Aufnahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abschließen, in Bezug auf dieses nicht als Verbraucher anzusehen.228 Sogenannte Existenzgründungsgeschäfte, zu denen etwa das Anmieten von Geschäftsräumen gehören kann, dienen nicht privaten Zwecken, sondern bedeuten den Eintritt in den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Auf die möglicherweise vorliegende Unerfahrenheit der Existenzgründer kommt es nicht an. Da Art. 2 lit. b) Klausel-RL nicht zwischen selbstständiger und unselbstständiger beruflicher Tätigkeit unterscheidet, fallen Arbeitnehmer nach überwiegender und zutreffender Ansicht nicht unter den Verbraucherbegriff der Richtlinie.229 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Arbeitnehmer hingegen auch bei Verträgen mit ihrem Arbeitgeber durchaus vom Verbraucherbegriff der §§ 13, 310 Abs. 3 BGB umfasst.230 Dass die deutsche Rechtsordnung damit die in den Richtlinien enthaltenen Regelungen auf Sachverhalte erstreckt, die sich außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien befinden, ist möglich, jedenfalls solange durch die betreffenden Richtlinien nur Mindeststandards gesetzt
missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 80, weil den Interessen der in juristischen Personen organisierten Verbrauchern keine Rechnung getragen werde. 224 EuGH, Urt. v. 3.9.2015, EuZW 2015, 767, 768 Rn. 20 – Costea; EuGH, Urt. v. 3.10.2019, ZIP 2020, 385, 386 Rn. 41 – Petruchová; Duve, in: HKK-BGB, §§ 1–14 Rn. 81. 225 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 2 RL Rn. 6. 226 EuGH, Urt. v. 3.9.2015, EuZW 2015, 767, 768 Rn. 21 – Costea. 227 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 2 RL Rn. 5. 228 OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001, NJW-RR 2002, 641, 642; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 310 Rn. 23; Saenger, in: Erman BGB, § 13 Rn. 16; anderer Ansicht Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrecht, S. 21, 36. 229 Graf v. Westphalen, EWS 1993, 162; G. Brandner, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, S. 85, 87; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 218; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 2 RL Rn. 7; Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 107; anderer Ansicht Micklitz, in: MüKoBGB, § 14 Rn. 32. 230 BAG, Urt. v. 25.5.2005, BAGE 115, 19 = NZA 2005, 1111, 1115.
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werden sollen.231 Das gegenteilige Vorgehen, also die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs gegenüber den Vorgaben der Richtlinie, wäre hingegen unionsrechtswidrig. Somit kann aber auch die Ausdehnung des Verbraucherbegriffs problematisch sein, denn wenn eine Person, die nur nach nationalem Recht als Verbraucher angesehen wird, mit einem „echten“ Verbraucher im Sinne des Unionsrechts kontrahiert, kämen die Vorschriften, die einen Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer voraussetzen, nicht mehr zur Anwendung. Der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzrechts würde also durch die Erweiterung des Verbraucherbegriffs beschränkt.232 Blickt man nun auf die Immobiliarmiete, so handelt eine Person, die einen Mietvertrag zu reinen Wohnzwecken abschließt, unzweifelhaft weder zu gewerblichen noch zu beruflichen Zwecken.233 In Bezug auf diesen Vertragsschluss ist sie folglich stets als Verbraucher im Sinne des Art. 2 lit. b) Klausel-RL und des § 13 BGB anzusehen. Es stellt sich dann noch die Frage, was gilt, wenn eine Person mit einem bestimmten Geschäft sowohl private als auch berufliche oder gewerbliche Zwecke verfolgt, zum Beispiel ein Mietobjekt zum Wohnen und zugleich als Büro für eine freiberufliche Tätigkeit nutzen möchte. Sogenannte Mischmietverhältnisse sind in der Praxis verbreitet.234 Zu der gegenüber Art. 2 lit. b) Klausel-RL wortgleichen Definition des Verbrauchers in Art. 13 EuGVÜ235 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Verbrauchereigenschaft in derartigen DualUse-Situationen nur erfüllt sei, wenn der berufliche oder gewerbliche Zweck des Vertragsschlusses eine ganz untergeordnete Rolle spielt.236 Jedoch ist bisher noch unklar, ob dieses enge Verständnis auch für die Verbrauchereigenschaft nach Art. 2 lit. b) Klausel-RL gelten soll.237 In der Entscheidung Costea hat der Europäische Gerichtshof lediglich klargestellt, dass auch ein Rechtsanwalt als Verbraucher im Sinne von Art. 2 lit. b) Klausel-RL angesehen werden kann, wenn er einen Kreditvertrag mit einem vertraglich nicht näher bestimmten Verwendungs231 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191; zum Problem der Erweiterung des Verbraucherbegriffs bei der Umsetzung vollharmonisierender Richtlinien Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 228. 232 Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 5 Rn. 15; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 229. Beim Arbeitnehmer stellt sich dieses Problem im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht, weil der Arbeitgeber ohnehin ein Unternehmer ist. 233 So auch Pfeilschifter, WuM 2003, 543, 545; Wichert, ZMR 2014, 612, 613; Häublein, VuR 2021, 214, 221. 234 Burbulla, MDR 2020, 1479. 235 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 27.9.1968, ABl. EG 1972, L 299/32–45. 236 EuGH, Urt. v. 20.1.2005, Slg. 2005, I-439 = NJW 2005, 653, 656 Rn. 54 – Gruber. 237 Micklitz, in: MüKo-BGB, § 13 Rn. 54.
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zweck schließt, selbst wenn die Darlehensforderung mit einer Hypothek gesichert ist, die er als Vertreter seiner Kanzlei bestellt hat und die berufsbezogene Güter betrifft.238 Damit hat er nur zutreffend festgestellt, dass es für die Einordnung als Verbraucher oder Gewerbetreibender jeweils auf den einzelnen Vertrag ankommt. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil aber betont, dass die Verbrauchereigenschaft in Bezug auf den Kreditvertrag voraussetzt, dass „der Vertrag nicht mit der beruflichen Tätigkeit dieses Rechtsanwalts in Verbindung steht“.239 Zur Behandlung von Dual-Use-Konstellationen enthält die Entscheidung somit keine klare Aussage, weil es in dem Fall nicht um einen Vertrag mit gemischter Zwecksetzung ging, sondern dieser Zweck vielmehr schlicht unbekannt war. Dass der Vertrag nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mit der beruflichen Tätigkeit der Person in Verbindung stehen darf, ist aber ein deutliches Indiz dafür, dass Dual-Use-Konstellationen nach seiner Auslegung nicht vom Verbraucherbegriff der Klausel-RL umfasst sind. Für den deutschen Verbraucherbegriff stellt § 13 BGB in seiner aktuellen Fassung hingegen klar, dass es genügt, wenn mit dem Rechtsgeschäft „überwiegend“ weder gewerbliche noch selbstständige berufliche Zwecke verfolgt werden. Damit ist der deutsche Verbraucherbegriff wahrscheinlich weiter gefasst als derjenige der Klausel-RL. Somit müsste eine Person, die mit der Anmietung einer Immobilie gleichzeitig private und gewerbliche oder berufliche Zwecke verfolgt, als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB angesehen werden, auch wenn dies nicht mit dem Verbraucherbegriff der Klausel-RL übereinstimmt. Dies ist wie oben ausgeführt aus Sicht des Unionsrechts unproblematisch, solange der Vertragspartner Gewerbetreibender ist. Handelt es sich bei dem Vertragspartner aber um einen Verbraucher im Sinne der Klausel-RL, müsste der Dual-Use-Mieter hingegen als Unternehmer angesehen werden, damit die verbraucherschützenden Vorschriften zugunsten des Vertragspartners Anwendung finden können. b) Gewerbetreibende im Mietrecht Größere Schwierigkeiten als beim Verbraucherbegriff stellen sich in mietrechtlichen Zusammenhängen bei der Frage, ob auf Seiten des Vermieters ein Gewerbetreibender bzw. Unternehmer agiert.240 Gewerbetreibender ist gemäß Art. 2 lit. c) Klausel-RL eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter die Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist. Eine Person kann somit bei einem konkreten Vertragsschluss immer nur entweder Verbraucherin oder Gewerbetreibende sein, da sich diese Begriffe auf238 239 240
EuGH, Urt. v. 3.9.2015, EuZW 2015, 767, 768 Rn. 28–30 – Costea. EuGH, Urt. v. 3.9.2015, EuZW 2015, 767, 768 Rn. 30 – Costea. So auch Gsell, WuM 2014, 375, 378; Mediger, NZM 2015, 185, 187.
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grund der jeweils erforderlichen Zwecksetzung gegenseitig ausschließen.241 Als deutsche Umsetzungsvorschrift entspricht die Definition des Unternehmers in den §§ 14, 310 Abs. 3 BGB der des Gewerbetreibenden in Art. 2 lit. c) KlauselRL. Wann ein Vermieter von Wohnraum als Unternehmer anzusehen ist, ist nicht zuletzt aufgrund der hohen rechtlichen Bedeutung dieser Frage sehr umstritten, denn wenn – wie in den meisten Fällen – feststeht, dass es sich beim Wohnraummieter um einen Verbraucher handelt, kommt es für das Vorliegen eines Verbrauchervertrags nur noch auf die Unternehmereigenschaft des Vermieters an. Wenn ein Verbrauchervertrag gegeben ist, eröffnet dies insbesondere gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB die oftmals streitentscheidende Inhaltskontrolle auch von nur zur einmaligen Verwendung vorformulierten Vertragsbedingungen. Hinzu kommt, dass gemäß §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB nur bei Verbraucherverträgen Widerrufsrechte zugunsten des Mieters bestehen. Von praktischer Bedeutung sind hier in erster Linie Fernabsatzverträge im Sinne des § 312c BGB.242 aa) Abgrenzung zwischen gewerblichem Handeln und privater Vermögensverwaltung Umstritten ist, wann die Vermietungstätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne von Art. 2 lit. c) Klausel-RL und § 14 BGB darstellt. Einer Mindermeinung zufolge soll dies bei jeder Vermietung von Immobilien der Fall sein.243 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Meinung in der Literatur ist hingegen kein gewerbliches Handeln gegeben, wenn die Tätigkeit des Anbieters nur in der privaten Verwaltung des eigenen Vermögens besteht.244 Dieser herrschenden Ansicht ist im Grundsatz zuzustimmen. Dass ein entgeltliches Angebot im Wettbewerb zu anderen Anbietern erfolgt, kann noch nicht ausreichen, um die Unternehmereigenschaft zu begründen,245 denn anderenfalls müsste jedes Angebot von entgeltlichen Leistungen zur Annahme gewerblichen Handelns führen, selbst wenn es sich um eine völlig ge241 Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 5 Rn. 11; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 2 RL Rn. 14. 242 Als wichtige Ausnahme besteht allerdings gemäß § 312 Abs. 4 S. 2 BGB kein Widerrufsrecht zugunsten des Mieters, wenn dieser die Wohnung zuvor besichtigt hat. Ausführlich zu den Widerrufsrechten des Mieters bei der Begründung von Mietverträgen und im laufenden Mietverhältnis Fervers, NZM 2018, 640, 642–649. 243 Pfeilschifter, WuM 2003, 543, 545; offenbar auch Wetekamp, Mietsachen, Kap. 4 Rn. 42. 244 BGH, Urt. v. 25.11.2011, WM 2011, 548, 550 Rn. 25; BGH, Urt. v. 25.3.2015, BGHZ 204, 325 = NJW 2015, 3228, 3232 Rn. 50; BGH, Urt. v. 3.3.2020, WM 2020, 781, 782 Rn. 12; BGH, Urt. v. 28.5.2020, BGHZ 226, 39 = NJW 2020, 3786 Rn. 19; Börstinghaus, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 535 Rn. 76. 245 So aber noch Heinrichs, in: Palandt, BGB (67. Aufl. 2008), § 14 Rn. 2.
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ringfügige Tätigkeit handelt, so beispielsweise auch der gelegentliche Verkauf gebrauchter Kleidung.246 Eine Gewinnerzielungsabsicht reicht für sich genommen ebenfalls nicht aus, um ein gewerbliches Handeln anzunehmen.247 Stimmt man der Grundannahme zu, dass die bloße private Vermögensverwaltung nicht die Unternehmereigenschaft begründet, stellt sich dann aber das Problem, zu ermitteln, wann noch eine solche private Vermögensverwaltung gegeben ist und wann bereits ein gewerbliches Handeln. Ein berufliches oder gewerbliches Handeln ist nicht erst dann gegeben, wenn die Tätigkeit die Hauptbeschäftigung der Person bildet. Auch bei einer Nebentätigkeit kann es sich um eine professionelle Tätigkeit handeln.248 Ob eine private oder aber eine gewerbliche Vermögensverwaltung vorliegt, soll dem Bundesgerichtshof zufolge nicht von dem Wert der verwalteten Objekte, sondern von dem damit verbundenen Aufwand abhängen.249 Ist ein planmäßiger Geschäftsbetrieb erforderlich, was zum Beispiel durch den Betrieb eines Büros für anfallende Verwaltungsaufgaben indiziert sein soll, so liege eine gewerbliche Tätigkeit vor.250 Auf die Vermietungstätigkeit bezogen bedeuten diese Grundsätze, dass die Vermietung einer Vielzahl von Objekten – insbesondere, wenn ein eigens für die Vermietung eingerichtetes Büro betrieben wird – für eine gewerbliche Tätigkeit sprechen soll, die Vermietung eines einzelnen oder weniger Objekte hingegen für eine rein private Vermögensverwaltung, die nicht zur Qualifikation als Unternehmer führt. Eine bestimmte Anzahl an vermieteten Objekten wird hierbei nicht als Grenzwert genannt. Die Frage, ob aufgrund des Aufwands für den Vermieter ein planmäßiger Geschäftsbetrieb vorliegt, ist nach dieser Rechtsprechung somit nicht immer trennscharf möglich, sondern durch eine Bewertung des Einzelfalls zu ermitteln.251 Darauf, ob der Vermieter für die aus der Vermietung generierten Umsätze zur Umsatzsteuer optiert, kommt es nicht an, da sich der Unternehmerbegriff des UStG vom zivilrechtlichen Unternehmerbegriff unterscheidet, indem er auch die bloße private Vermögensverwaltung umfasst.252 Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von der gewerblichen Tätigkeit sind in instanzgerichtlichen Entscheidungen häufig kaum berücksichtigt worden oder es ist ihnen so246
Häublein, in: FS Blank, S. 207, 218. EuGH, Urt. v. 4.10.2018, BB 2018, 2451, 2452 Rn. 37–40 – Kamenova (zum Warenverkauf im Internet); EuGH, Urt. v. 3.10.2019, ZIP 2020, 385 – Petruchová (zu Börsengeschäften). 248 LG Berlin, Urt. v. 5.9.2006, MMR 2007, 401; Mann, BB 2017, 2178. 249 BGH, Urt. v. 23.10.2001, BGHZ 149, 80 = NJW 2002, 368, 369; BGH, Urt. v. 3.3.2020, WM 2020, 781, 782 Rn. 13. 250 BGH, Urt. v. 23.10.2001, BGHZ 149, 80 = NJW 2002, 368, 369. 251 BGH, Urt. v. 3.3.2020, WM 2020, 781, 782 Rn. 13; BGH, Urt. v. 28.5.2020, BGHZ 226, 39 = NJW 2020, 3786, 3788 Rn. 20; Lehmann-Richter, NZM 2011, 57, 61. 252 BGH, Urt. v. 3.3.2020, WM 2020, 781, 782 f. Rn. 15–17. 247
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gar offen widersprochen worden.253 So war die Vermietung von insgesamt acht Wohnungen dem Landgericht Köln zufolge ausreichend, um eine gewerbliche Tätigkeit des Vermieters anzunehmen, wobei es ausdrücklich erklärt, „jedes planmäßige und dauerhafte Angebot von Dienstleistungen gegen Entgelt, unabhängig von Regelmäßigkeit und Umfang dieser Tätigkeit“ sei in Anbetracht der zugrunde liegenden Verbraucherschutzrichtlinien vom Unternehmerbegriff umfasst.254 Es widerspricht damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach gerade der Umfang der Vermietungstätigkeit entscheidend sein soll. Dagegen ließ das Landgericht Waldshut-Tiengen die Vermietung derselben Anzahl von Wohnungen noch nicht für die Qualifikation des Vermieters als Unternehmer ausreichen.255 Ähnlich wie das Landgericht Köln führt das Oberlandesgericht Düsseldorf aus, für ein gewerbliches Handeln sei es unabhängig vom Umfang der Tätigkeiten des Vermieters schon ausreichend, wenn überhaupt ein Angebot am freien Markt und damit eine Teilnahme am Wettbewerb erfolgt.256 Ob die Abgrenzung der privaten von der gewerblichen Vermögensverwaltung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen von § 14 BGB im Einzelnen mit den zugrundeliegenden europäischen Rechtsnormen und insbesondere der Klausel-RL übereinstimmt, ist nicht geklärt, weil speziell zu dieser Frage noch keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergangen ist.257 Schon die diffuse instanzgerichtliche Rechtsprechung zeigt, dass gerade im Bereich der Immobilienvermietung unterschiedliche Verständnisse von gewerblichem und privatem Handeln zugrunde gelegt werden. Ein weiteres Verständnis von gewerblichem Handeln, als es der Bundesgerichtshof vertritt, wird dabei zum Teil gerade unter Berufung auf die europäischen Richtlinienvorgaben angenommen.258 Klarheit schaffen kann hier nur ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV im Zuge eines Rechtsstreits, in dem es auf die potenzielle Unternehmereigenschaft des Vermieters ankommt.259 Der Unternehmerbegriff in §§ 14, 310 Abs. 3 BGB in seiner Auslegung durch die nationalen Gerichte muss mindestens dem Begriff des Gewerbetreibenden in 253
Beispiele bei Gsell, WuM 2014, 375, 378; Fervers, NZM 2018, 640, 641. LG Köln, Urt. v. 12.3.2009, WuM 2009, 730. 255 LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 30.4.2008, ZMR 2009, 372. 256 OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2004, NJW-RR 2005, 13, 17. Das Gericht betont dabei sogar, dass die Vermieter in diesem Fall „in Ausübung der Anlage und Verwaltung [ihres] Vermögens“ Wohnungen vermietet hätten; so auch AG Lichtenberg, Urt. v. 21.6.2007, BeckRS 2011, 15039, dem deshalb offenbar die Vermietung einer einzelnen Wohnung zur Bejahung der Unternehmereigenschaft genügte. 257 Gsell, WuM 2014, 375, 379. 258 Vgl. AG Lichtenberg, Urt. v. 21.6.2007, BeckRS 2011, 15039; LG Köln, Urt. v. 12.3.2009, WuM 2009, 730. 259 Für eine Vorlage an den EuGH zur Gewerbetreibendeneigenschaft von Vermietern auch Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 69; Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5248. 254
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Art. 2 lit. c) Klausel-RL entsprechen, weil die dem Verbraucher nach der Richtlinie zustehenden Rechte sonst nicht im Rahmen des deutschen Rechts von ihm wahrgenommen werden könnten.260 Der Europäische Gerichtshof hat in einem anderen Zusammenhang – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – festgestellt, dass die Beurteilung, ob eine bestimmte Tätigkeit bereits ein gewerbliches Handeln darstellt, nicht abstrakt getroffen werden kann, sondern eine umfassende Prüfung der Einzelfallumstände verlangt.261 Es ist aber zumindest denkbar, dass der Europäische Gerichtshof im Bereich der Immobilienvermietung die Schwelle zur gewerblichen Tätigkeit niedriger ansiedeln würde, als es der überwiegenden gerichtlichen Praxis in Deutschland entspricht.262 Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass auch eine Nebentätigkeit gewerblicher Natur sein kann, unter anderem dann, wenn es sich um eine planmäßige und regelmäßige Erwerbstätigkeit handelt.263 Diese Kriterien könnte man auch in den Fällen der gleichzeitigen und dauerhaften Vermietung von mehreren Wohnungen als erfüllt ansehen, in denen die Rechtsprechung in Deutschland die Schwelle zum unternehmerischen Handeln noch nicht als überschritten ansieht.264 Insbesondere ist bisher ungeklärt, ob der Wert der für die Tätigkeit genutzten Gegenstände aus der Sicht des Unionsrechts tatsächlich – wie der Bundesgerichtshof meint –265 nicht von Bedeutung ist bei der Beurteilung, ob ein professionelles Handeln gegeben ist. Da die Abgrenzung des gewerblichen vom privaten Handeln unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat,266 erscheint es eher geboten, den Wert der eingesetzten Vermögensgegenstände zumindest als einen relevanten Faktor bei dieser Abwägung miteinzubeziehen. Dies würde die Bewertung der Immobilienvermietung stärker in Richtung gewerbliches Handeln verschieben. bb) Einschaltung einer professionellen Immobilienverwaltung Die von der herrschenden Meinung praktizierte Abgrenzung zwischen bloßer privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit wirft außerdem die 260
Kollmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 310 Rn. 4c. EuGH, Urt. v. 4.10.2018, BB 2018, 2451, 2452 Rn. 37–40 – Kamenova, zum Begriff des Gewerbetreibenden bzw. Unternehmers in der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (ABl. EU 2005 149/22–39) und in der VerbraucherrechteRL (Fn. 67). 262 So auch Gsell, WuM 2014, 375, 379. 263 EuGH, Urt. v. 4.10.2018, BB 2018, 2451, 2452 Rn. 38 – Kamenova. 264 Als Beispiel sei hier erneut auf das Urt. des LG Waldshut-Tiengen v. 30.4.2008, ZMR 2009, 372, hingewiesen, wonach die Vermietung von acht Wohnungen noch nicht zum gewerblichen Handeln zu zählen ist. 265 BGH, Urt. v. 23.10.2001, BGHZ 149, 80 = NJW 2002, 368, 369; BGH, Urt. v. 3.3.2020, WM 2020, 781, 782 Rn. 13. 266 EuGH, Urt. v. 4.10.2018, BB 2018, 2451, 2452 Rn. 37, 39 – Kamenova. 261
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Folgefrage auf, was gelten soll, wenn ein nach diesen Grundsätzen nicht unternehmerischer Vermieter einem professionellen Immobilienverwalter die Verwaltung seiner Objekte überträgt. Die Rechtsprechung hat sich mit dieser Frage bisher nicht beschäftigt. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, der Kleinvermieter müsse sich das gewerbliche Handeln des Verwaltungsunternehmens analog § 166 BGB zurechnen lassen, denn das entscheidende strukturelle Machtungleichgewicht liege auch vor, wenn der Vermieter bei der Mietvertragsgestaltung und den Vertragsverhandlungen von einem gewerblichen Immobilienverwalter vertreten wird.267 Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass es sich gerade bei einer eher geringfügigen Vermietungstätigkeit lohnen kann, die Verwaltungsaufgaben an einen professionellen Dienstleister zu delegieren. Die Hinzuziehung einer Verwaltung spricht deshalb nicht von vornherein dafür, einen planmäßigen Geschäftsbetrieb des Vermieters anzunehmen.268 Stattdessen muss es auf den Umfang der Tätigkeit des Vermieters selbst ankommen. Überträgt etwa der Vermieter einer einzelnen Wohnung die Verwaltung seiner Immobilie an eine professionelle Hausverwaltung, wird der Kleinvermieter dadurch nicht zum Gewerbetreibenden bzw. Unternehmer. 2. Sachlicher Anwendungsbereich a) Nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln In sachlicher Hinsicht findet die Richtlinie 93/13/EWG auf vorformulierte Vertragsklauseln Anwendung. Als Klausel wird jede sprachlich und inhaltlich abgrenzbare Regelung eines Vertrags bezeichnet.269 Auf die Form der vorformulierten Klauseln kommt es dabei nicht an, auch mündliche Verträge können der Kontrolle unterliegen:270 Art. 5 S. 1 Klausel-RL bestimmt das Transparenzgebot speziell für schriftlich niedergelegte Klauseln, sodass im Umkehrschluss auch Klauseln in anderer Form dem Anwendungsbereich der Richtlinie im Übrigen unterfallen müssen. Dies wird durch Erwägungsgrund 11 der Klausel-RL bestätigt, der besagt, dass die Verbraucher bei mündlichen und bei schriftlichen Verträgen, unabhängig davon, 267 Lehmann-Richter, NZM 2011, 57, 61; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 125.1. 268 So im Ergebnis auch Gsell, WuM 2014, 375, 379, die die Hinzuziehung einer Immobilienverwaltung mit einem Agenturgeschäft beim Gebrauchtwagenverkauf vergleicht: Ein unzulässiges Umgehungsgeschäft liegt dabei nach der BGH-Rechtsprechung nur vor, wenn in Wirklichkeit der Händler und nicht der private Verkäufer, in dessen Namen der Verkauf erfolgt, das wirtschaftliche Risiko trägt, vgl. BGH, Urt. v. 26.1.2005, NJW 2005, 1039, 1040. Bei der Immobilienvermietung trägt in aller Regel der Vermieter selbst und nicht das Verwaltungsunternehmen die wirtschaftlichen Risiken, sodass die bloße Arbeitsteilung Gsell zufolge nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaft führen könne. 269 Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 11. 270 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 3 RL Rn. 3.
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ob die Klauseln in einem oder in mehreren Dokumenten enthalten sind, den gleichen Schutz vor missbräuchlichen Klauseln genießen sollen. Kontrollfähig sind nach Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Klausel-RL alle Vertragsklauseln, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden. Nicht erfüllt sein müssen dabei im Gegensatz zum klassischen deutschen AGB-Begriff in § 305 Abs. 1 BGB die Merkmale des Stellens durch den Verwender und der Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen. Diesem erweiterten Anwendungsbereich der Klauselkontrolle bei Verbraucherverträgen trägt das deutsche Recht in § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB Rechnung. Um in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13/EWG zu fallen, muss eine Vertragsbedingung daher nicht in einem Formular- oder Standardvertrag enthalten sein. Auch eine Bestimmung in einem Individualvertrag unterliegt der Klauselkontrolle, solange diese Klausel nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Klausel-RL ist eine Klausel als nicht im Einzelnen ausgehandelt anzusehen, wenn sie im Voraus formuliert wurde und der Verbraucher aufgrund dieses Umstands nicht die Möglichkeit hatte, Einfluss auf den Vertragsinhalt zu nehmen. Im Fall von Standardverträgen, also klassischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die zur mehrfachen Verwendung formuliert wurden, trägt gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Klausel-RL der Gewerbetreibende die Beweislast dafür, dass eine Klausel im Einzelnen ausgehandelt wurde.271 Dass auch vorformulierte Individualverträge der Kontrolle unterliegen, ist unter Berücksichtigung der Schutzzwecke der Klauselkontrolle rechtspolitisch zu begrüßen. Auch bei solchen Verträgen, die zur einmaligen Verwendung vorformuliert wurden, lohnt es sich für den Verbraucher in vielen Fällen schlicht nicht, sich mit dem „Kleingedruckten“ auseinanderzusetzen, was zu derselben Informationsasymmetrie zwischen den Vertragsparteien bei Vertragsschluss führt wie bei zur vielfachen Verwendung eingesetzten Standardverträgen.272 Art. 3 Klausel-RL setzt nicht voraus, dass der Verwender selbst die Vertragsklausel vorformuliert und ihre Einbeziehung in den Vertrag verlangt hat, sodass auch solche Klauseln kontrollfähig sind, die von einem neutralen Dritten, etwa einem Notar, vorgeschlagen wurden.273 Es ist für jede Klausel einzeln zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der Klauselkontrolle eröffnet ist. Sind manche Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt worden, so können die übrigen Klauseln gleichwohl der Kontrolle unterliegen.274 Auch klare und transparente Klauseln, deren Regelungsinhalt ohne Weiteres verständlich ist, unterliegen der Missbräuchlichkeitsprüfung.275 271 272 273 274
Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.7. Jansen, ZEuP 2010, 69, 93. Schulte-Nölke, in: Schulze/Janssen/Kadelbach, Europarecht, § 24 Rn. 105. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 3 RL Rn. 7.
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b) Erfasste Vertragstypen Laut Erwägungsgrund 10 S. 2 der Klausel-RL sollen deren Vorschriften für alle Verträge gelten, die zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern geschlossen wurden. Eine Beschränkung auf Verträge eines bestimmten Inhalts wird somit nicht intendiert. Zwar sollen nach S. 3 des 10. Erwägungsgrunds Arbeitsverträge und Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts von der Richtlinie ausgenommen sein. Damit ist jedoch keine weitergehende Beschränkung des Anwendungsbereichs gemeint,276 denn es folgt schon aus dem Erfordernis eines Verbrauchervertrags, dass die Richtlinie in diesen Rechtsgebieten keine Geltung beansprucht, da in diesen Bereichen regelmäßig keine Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden vorkommen.277 Demgegenüber wird teilweise die Ansicht vertreten, dass Verträge über Immobilien im Allgemeinen, also Kauf-, Pacht-, Miet-, Tausch- und Schenkungsverträge, die unbewegliche Sachen zum Gegenstand haben, nicht von der KlauselRL erfasst seien.278 Begründet wird diese Auffassung vor allem mit dem Hinweis darauf, dass in Art. 4 Abs. 1 und 2 Klausel-RL sowie in den Erwägungsgründen 2, 5–7, 9, 16 und 18 f. nur von Verträgen über „Waren“ bzw. „Gütern“ und „Dienstleistungen“ die Rede ist.279 Aus diesem Grund wird dann auch zum Teil angenommen, Verträge über die Veräußerung oder die Überlassung geistigen Eigentums unterfielen nicht dem Anwendungsbereich der Klausel-RL.280 Im Hinblick auf den Immobilienverkehr wird zudem angeführt, dieser Bereich spiele für die Verwirklichung des Binnenmarkts nur eine geringe Rolle.281 Diese Argumentation kann jedoch nicht überzeugen. Was das zentrale Wortlautargument anbelangt, so ist zuzugeben, dass die Richtlinie auch in anderen Sprachfassungen eine Begrenzung auf bestimmte Vertragsgegenständen möglich erscheinen lässt: In der englischen Sprachfassung ist von „goods or services“ die 275 EuGH, Beschl. v. 3.4.2014, BeckRS 2014, 81259 Rn. 34 – Sebestyén; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 412. 276 So auch Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.12; Thüsing/Bleckmann/Peisker, JuS 2022, 793, 794. 277 Dieser Zusammenhang wird in Erwägungsgrund 10 S. 3 angesprochen („daher“). Beim Arbeitsvertrag handelt es sich nicht um einen Verbrauchervertrag im Sinne der Klausel-RL, vgl. oben S. 64. 278 Kappus, NJW 1994, 1847, 1848; Ulmer, in: FS Heinrichs, S. 555, 568 f.; Bülow/ Artz, Verbraucherprivatrecht, Rn. 608; zweifelnd auch Bone/Rutherford/Wilson, Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations, S. 11, 13; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191; zum Streitstand Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 1 RL Rn. 11. 279 Kappus, NJW 1994, 1847, 1848; Bone/Rutherford/Wilson, Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations, S. 11, 13; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191; Ulmer, in: FS Heinrichs, S. 555, 568; Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, Rn. 608. 280 Bone/Rutherford/Wilson, Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations, S. 13. 281 Kappus, NJW 1994, 1847, 1848.
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Rede, in der französischen von „biens ou services“. Wie der 10. Erwägungsgrund klarstellt, sollen von der Klausel-RL jedoch alle Verbraucherverträge erfasst sein. Schaut man sich die Bestimmungen der Richtlinie im Einzelnen an, so wird klar, dass an den Stellen, in denen „Güter“, „Waren“ oder „Dienstleistungen“ genannt werden, damit schlicht der Gegenstand des Vertrags angesprochen wird, ohne aber Anforderungen an diesen Vertragsgegenstand für die Anwendbarkeit der Richtlinienbestimmungen zu stellen. Dass die Richtlinie nur für Verträge über Waren und Dienstleistungen gelten soll, ist dagegen an keiner Stelle ausdrücklich vorgesehen. Wenn eine derartige Ausnahme bezweckt worden wäre, dann hätte der Richtliniengeber einen Katalog von Verträgen, die nicht in ihren Anwendungsbereich fallen, in die Richtlinie aufnehmen können, wie dies etwa bei Art. 3 Abs. 3 Verbraucherrechte-RL der Fall ist.282 Eine Interpretation, wonach bestimmte Vertragsgegenstände von der Klausel-RL ausgenommen sind, würde außerdem zu Abgrenzungsproblemen führen, weil in der Richtlinie eine Definition davon fehlt, was und was nicht unter „Waren“ bzw. „Gütern“ oder „Dienstleistungen“ zu verstehen ist. Auch der Verweis auf eine fehlende Binnenmarktrelevanz von Verträgen über unbewegliche Sachen greift nicht durch. Zwar zeigen die Erwägungsgründe 5 und 6, dass der Richtliniengeber im grenzüberschreitenden Verkehr ein besonderes Bedürfnis für eine Vereinheitlichung der Klauselkontrolle gesehen hat. Das bedeutet aber nicht, dass die Bestimmungen der Richtlinie – wie die Verkehrsfreiheiten nach dem AEUV – nur bei einem grenzüberschreitenden Bezug zur Anwendung kommen sollen.283 Vielmehr sollen die Mitgliedstaaten nach Erwägungsgrund 4 dafür Sorge tragen, dass Verbraucherverträge ganz allgemein keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Dementsprechend finden sich im Regelungsteil der Klausel-RL keine Bestimmungen, wonach ein grenzüberschreitender Bezug des Vertrags vorliegen müsste. Auch bei der Klauselkontrolle in rein innerstaatlichen Fällen sind daher die Vorgaben der Klausel-RL zu beachten. Dieser Befund ist für die Wirkung der Klausel-RL im Mietrecht von großer Bedeutung, weil hier selten transnationale Sachverhalte auftreten.284 Der Europäische Gerichtshof hat daher zutreffend entschieden, dass auch ein Wohnungsmietvertrag, der zwischen einem gewerblichen Vermieter und einem Mieter, der mit dem Vertragsschluss private Zwecke verfolgt, geschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Klausel-RL fällt.285 Zusätzlich zu den hier ge282 Auf diese Möglichkeit weisen zutreffend hin Häublein, in: FS Blank, S. 207, 218; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 1 RL Rn. 11. 283 EuGH, Urt. v. 31.5.2018, NJW 2018, 2181, 2184 Rn. 57–59 – Sziber. 284 Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 420. 285 EuGH, Urt. v. 30.5.2013, NJW 2013, 2579, 2580 Rn. 34 – Asbeek Brusse und de Man Garabito. Der Gerichtshof stellte zugleich klar, dass die Bezeichnung „Verkoper“ in der niederländischen Sprachfassung der Klausel-RL (anstelle des „Gewerbetreibenden“ in der deutschen Fassung) keine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie bedeutet (Rn. 28).
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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nannten Argumenten stellt der Gerichtshof ergänzend darauf ab, dass gerade im Bereich der Wohnraumvermietung ein Bedürfnis für den durch die Richtlinie geschaffenen Schutz des Verbrauchers bestehe, weil die Wohnraummiete ein grundlegendes Bedürfnis des Verbrauchers betreffe und die dabei in Frage stehenden Beträge für die Mieter zumeist einen der größten Haushaltsposten darstellen.286 Die Bestimmungen der Klausel-RL gelten somit auch für Vertragsklauseln in Raummietverträgen und anderen Immobilienverträgen unter der Voraussetzung, dass es sich um einen Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher handelt. Dies ist bei Wohnraummietverträgen der Fall, bei denen der Vermieter in einem Umfang tätig ist, der die Schwelle zum gewerblichen Handeln überschreitet. Verträge zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher kommen auch bei der Gewerberaumvermietung vor, wenn ein Vermieter, der lediglich das eigene Vermögen verwaltet und somit nicht gewerblich handelt, ein Objekt an einen Gewerbetreibenden vermietet.287 Dennoch wird die Klausel-RL auf gewerbliche Mietverträge in aller Regel keine Anwendung finden, weil sie nur für Klauseln gilt, auf die der Verbraucher keinen Einfluss nehmen konnte. Da die Klauseln in Mietverträgen aber in der Praxis in der weit überwiegenden Zahl der Vertragsschlüsse vom Vermieter stammen,288 ist die Klausel-RL in diesen Fällen nicht zugunsten des Verbraucher-Vermieters auf diese Vertragsbedingungen anwendbar. c) Kontrollfreie Klauseln aa) Ausnahme in Art. 1 Abs. 2 Klauselrichtlinie Gemäß Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL unterliegen Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Union Vertragsparteien sind, nicht den Bestimmungen der Richtlinie 93/13/EWG. Die Formulierung „bindende Rechtsvorschriften“ darf aber nach herrschender und zutreffender Ansicht nicht so verstanden werden, als ginge es nur um zwingendes Recht. Vielmehr sind von der Kontrollfreiheit nach Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL auch alle Vertragsbestimmungen erfasst, die mit dem dispositiven Recht übereinstimmen.289 Dies zeigt sich in Erwägungsgrund 13, wonach der Begriff der 286 EuGH, Urt. v. 30.5.2013, NJW 2013, 2579, 2580 Rn. 32 – Asbeek Brusse und de Man Garabito. 287 Häublein, WuM 2016, 468, 475. 288 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189; Arndt, ZMR 2020, 812, 817. 289 EuGH, Beschl. v. 14.4.2021, WM 2021, 970, 972 Rn. 27 – X.U.; Tilmann, Die Klauselrichtlinie 93/13/EWG auf der Schnittstelle zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht, S. 181–205 (mit ausführlicher Erörterung der möglichen Auslegungsansätze); Stoffels, AGB-Recht, Rn. 425; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 1 RL Rn. 22; hingegen zweifelnd Micklitz, in: Reich/Micklitz/Rott/Tonner, European Consumer Law, Rn. 3.10; ähnlich missverständlich sind insoweit auch die engli-
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
bindenden Rechtsvorschriften auch die Regeln umfassen soll, die gelten, wenn zwischen den Vertragsparteien nichts anderes vereinbart wurde.290 Hinter der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL steht, wie sich erneut aus Erwägungsgrund 13 ergibt,291 die Vermutung, dass die in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehene Verteilung der Pflichten und Risiken ausgewogen ist und mit ihr deckungsgleiche Vertragsbedingungen demzufolge nicht missbräuchlich sein können.292 Der nach Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL kontrollfreie Bereich ist jedoch auf die Fälle beschränkt, in denen die deckungsgleiche gesetzliche Regelung tatsächlich genau für den konkreten Vertrag gilt. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass eine Kontrolle auch dann zu erfolgen hat, wenn in den Vertragsbedingungen die gesetzlichen Bestimmungen zu einer anderen Vertragskategorie unverändert übernommen werden.293 Dem ist zuzustimmen, weil die Annahme, dass eine gesetzliche Regel auch eine gerechte vertragliche Regelung bedeutet, außerhalb des vom Gesetzgeber intendierten Anwendungsbereichs nicht in demselben Maße gelten kann.294 Im deutschen Recht findet sich eine Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL entsprechende Regel in § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. bb) Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 Klauselrichtlinie Die Klauselkontrolle erstreckt sich nach Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL nicht auf den Hauptgegenstand des Vertrags oder auf die Angemessenheit des Preis-Leistungsverhältnisses. Als Beispiel nennt Erwägungsgrund 19 Bestimmungen in Versicherungsverträgen, in denen das versicherte Risiko und die Verpflichtung des Versicherers festgelegt sind. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Klauseln, in denen der Hauptgegenstand des Vertrags oder das Entgelt festgelegt werden, transparent sind. Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags regeln, sind solche, die die wesentlichen geschuldeten Leistungen bestimmen und damit den Vertragstyp festlegen.295 Da es sich um eine Ausnahme von dem durch die Richtlinie gesche und die französische Sprachfassung, in denen von „mandatory statutory or regulatory provisions“ bzw. „dispositions législatives ou règlementaires impératives“ die Rede ist. 290 EuGH, Urt. v. 3.4.2019, BeckRS 2019, 4807 – Aqua Med; EuGH, Urt. v. 7.11. 2019, EWS 2019, 345, 350 Rn. 58 – NMBS; Kieninger, RabelsZ 73 (2009), 793, 800. 291 Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 17; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 1 RL Rn. 21. 292 EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253, 2254 Rn. 28 – RWE; EuGH, Urt. v. 7.11.2019, EWS 2019, 345, 350 Rn. 59 – NMBS. 293 EuGH, Urt. v. 21.3.2013, NJW 2013, 2253, 2254 Rn. 39 – RWE. 294 In diese Richtung auch Graf v. Westphalen, NJW 2013, 961, 966. 295 EuGH, Urt. v. 23.4.2015, EuZW 2015, 516, 518 Rn. 33 – van Hove.
A. Unionsrechtliche Grundlagen der Klauselkontrolle: Klauselrichtlinie
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schaffenen Schutzsystem handelt, muss der Begriff des Hauptgegenstands dem Europäischen Gerichtshof zufolge eng ausgelegt werden.296 Nicht darunter fallen Nebenabreden, die einzelne Leistungsmodalitäten festlegen. Die Begrenzung der Reichweite der Missbrauchskontrolle in Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL dient dazu, den Vertragsparteien die privatautonome Festlegung von Leistung und Gegenleistung zu ermöglichen sowie den marktwirtschaftlichen Preis- und Leistungswettbewerb unangetastet zu lassen.297 Die Rückausnahme für intransparente Vertragsklauseln erklärt sich dadurch, dass dieser Wettbewerb nur funktioniert, wenn Hauptgegenstand und Preis transparent geregelt sind und somit einen Vergleich des Preis-Leistungs-Verhältnisses ermöglichen.298 Die Mitgliedstaaten können aber auch insoweit weitergehende Regelungen schaffen, als die Richtlinie vorsieht, indem sie die Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL nicht ins nationale Recht übernehmen.299 Im deutschen AGB-Recht enthält § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nach herrschender Ansicht zugleich eine Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL entsprechende Freistellung der Hauptleistungsbeschreibung und Preisvereinbarung von der Inhaltskontrolle, auch wenn dies im Wortlaut von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB auf den ersten Blick nicht deutlich zum Ausdruck kommt.300 Dies wird damit begründet, dass gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nur solche Klauseln der Inhaltskontrolle unterliegen, die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vorsehen, während für die Festlegung von Preis- und Leistungsbeschreibungen kein rechtlicher Kontrollmaßstab besteht.301 § 307 Abs. 3 S. 2 BGB sieht in Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL eine Rückausnahme für intransparente Hauptleistungsvereinbarungen vor.
V. Grenzen der Harmonisierung durch die Klauselrichtlinie Der Klausel-RL kommt in der Entwicklung des europäischen Verbraucherrechts die besondere Bedeutung zu, dass sie als historisch erster verbraucherschützender Unionsrechtsakt einen zentralen Bestandteil des Vertragsrechts re296
EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2336 Rn. 42 – Kásler. Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, S. 428; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 23. 298 Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 136; Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 10 Rn. 20. 299 EuGH, Urt. v. 3.6.2010, Slg. 2010, I-4785 = NJW 2010, 2265, 2267 Rn. 43 f. – Caja de Madrid, zur spanischen Umsetzung; anderer Ansicht offenbar noch H. E. Brandner, MDR 1997, 312, 314. 300 BGH, Urt. v. 13.5.2014, BGHZ 201, 168 = NJW 2014, 2420 Rn. 24; BGH, Urt. v. 15.11.2022, NJW 2023, 296 Rn. 17; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 13, 17; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 276; anderer Ansicht Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 95. 301 BGH, Urt. v. 25.10.2016, BGHZ 212, 329 = NJW 2017 1018, 1019 Rn. 21; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 276. 297
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
gelt, ohne sich auf einzelne Vertragstypen oder auf Widerrufsrechte in bestimmten Konstellationen zu beschränken.302 Eine Vereinheitlichung der Klauselkontrolle in den Mitgliedstaaten bewirkt sie aber nur in eingeschränktem Maße. Dies liegt zum einen an ihrem begrenzten Anwendungsbereich. Da die Klausel-RL nur für Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gilt, betrifft sie vielfach nur einen Teilbereich der nach den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen durchzuführenden Klauselkontrolle. Vor allem aber bewirkt die Verschiedenheit des Vertragsrechts der Mitgliedstaaten, dass die Beurteilung von Klauseln je nach nationaler Rechtsordnung unterschiedlich ausfällt. Nach Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL unterliegen Klauseln, die der anwendbaren gesetzlichen Regelung entsprechen, nicht der Kontrolle. Daraus folgt, dass der Inhalt einer Klausel, die in einem Mitgliedstaat als unwirksam angesehen wird, in einem anderen Mitgliedstaat dem gesetzlichen Regelfall entsprechen und deshalb von der Inhaltskontrolle ausgenommen sein kann.303 Auch dann, wenn ein bestimmter Klauselinhalt in beiden Mitgliedstaaten nicht der gesetzlichen Regelung entspricht, kann die Beurteilung je nach dem Kontext der nationalen Rechtsordnung unterschiedlich ausfallen,304 weil der Vergleich mit den Regeln, die ohne die untersuchte Klausel Anwendung finden würden, einen maßgeblichen Bestandteil der Klauselkontrolle bildet. Gebremst wird die materielle Vereinheitlichung der Klauselkontrolle somit weniger durch den mindestharmonisierenden Charakter der Klausel-RL als durch die Verschiedenheit der mitgliedstaatlichen Vertragsrechtsordnungen, denn das Problem, dass die Klauselbeurteilung je nach anwendbarem Recht unterschiedlich ausfällt, bestünde auch bei dem Versuch, einen vollharmonisierenden Rechtsakt zur Klauselkontrolle zu schaffen.305 Für die grenzüberschreitende Verwendung von einheitlichen Verträgen bei Geschäften mit Verbrauchern innerhalb des europäischen Binnenmarkts schafft die Klausel-RL damit wenig Vereinfachung für unternehmerische Klauselverwender, denn es gilt in den Mitgliedstaaten jeweils ein unterschiedlicher Kontrollmaßstab, sodass die unionsweite Verwendung einheitlicher Vertragsbedingungen nicht möglich ist. Da gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom-I-VO306 das auf einen Verbrauchervertrag anwendbare Recht das Recht des Staates ist, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit auf
302 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 564; Damm, JZ 1994, 161; Hondius, ERPL 1995, 241, 242; Pfeiffer, EuZW 2013, 241; Stempel, ZEuP 2017, 102, 103. 303 Nassall, JZ 1995, 689, 691. 304 Beispiele finden sich bei Kieninger, RabelsZ 73 (2009), 793, 801–804. 305 Kieninger, RabelsZ 73 (2009), 793, 801. 306 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. EU L 177/6–16.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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diesen Staat ausrichtet,307 müssen Unternehmen weiterhin für die verschiedenen europäischen Mitgliedstaaten, auf die sie ihre Tätigkeit ausrichten, unterschiedliche Vertragsbedingungen formulieren.308
B. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bei den meisten in Mietverträgen enthaltenen Regelungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB.309 Die Frage der Übertragbarkeit der Dekorationsarbeiten auf den Mieter stellt sich deshalb häufiger in Bezug auf die Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als in Bezug auf im Einzelnen ausgehandelte Klauseln und Individualvereinbarungen, die den §§ 305 ff. BGB nicht unterliegen.310
I. Mietvertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen Die Anwendbarkeit der Bestimmungen in §§ 305 ff. BGB setzt voraus, dass es sich bei der fraglichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt. Im Folgenden soll daher mit Blick auf Renovierungsklauseln in Mietverträgen dargestellt werden, in welchen Fällen Allgemeine Geschäftsbedingungen gegeben sind. Gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrags stellt. Nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB handelt es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden. Vertragsbedingung ist jede Erklärung, die den Inhalt des Vertrags bestimmen soll.311 Diese muss vorformuliert, das heißt, vor Vertragsschluss vom Verwender oder einem Dritten entworfen worden sein.312 Somit sind auch Klauseln aus For-
307 Im Falle der Rechtswahl nach Art. 3 Rom-I-VO gelten gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom-I-VO weiterhin die Schutzstandards des Staats des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers, wenn diese höher sind als die des gewählten Rechts. 308 Ausführlich Riegel, Einheitliche unionsweite Geschäftsbedingungen für Verbraucherverträge, S. 19–22. 309 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 67. 310 Zur Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen durch Individualvereinbarung siehe unten S. 229 ff. 311 Kamanabrou, Vertragsgestaltung, § 3 Rn. 7. 312 Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 13 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
mularhandbüchern oder aus Musterverträgen von Interessenverbänden, die gerade bei der Raummiete eine große Rolle spielen, vorformulierte Vertragsbedingungen. Weiterhin ist nicht erforderlich, dass die Klausel schriftlich fixiert wurde, um als vorformuliert zu gelten. Auch eine „Vorformulierung im Kopf“, bei der bestimmte Formulierungen im Gedächtnis des Verwenders gespeichert sind, um sie bei Vertragsabschlüssen zu verwenden, genügt.313 Damit eine Klausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, muss beim Verwender oder beim Formulierenden die Absicht der mindestens dreimaligen Verwendung bestehen.314 Nicht erforderlich ist dementsprechend, dass die Vertragsbedingung tatsächlich mehrfach verwendet wird.315 Das Abstellen auf die Absicht des Verwenders bedeutet zugleich, dass eine Klausel bei ihrer ersten Verwendung nicht im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB als für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert anzusehen ist, wenn bei ihrer Formulierung die Absicht bestand, sie nur im konkreten Einzelfall einzusetzen, auch wenn sie später doch noch mehrfach verwendet wird.316 In einer solchen Konstellation ist das Merkmal der mehrfachen Verwendungsabsicht erst bei den erneuten Verwendungen gegeben.317 Durch das Merkmal des „Stellens“ wird der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt.318 Dies ist für die AGB-Kontrolle von Bedeutung, weil die Inhaltskontrolle allein gegen den Verwender wirkt und die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders erfolgt. „Stellen“ setzt voraus, dass die Vertragsbedingungen einseitig vorgeschlagen werden.319 Die Anknüpfung der Verwendereigenschaft an das Stellen in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB birgt das Problem, dass es in manchen Fällen zufällig erscheint, welche der Vertragsparteien ein Vertragsformular vorschlägt und deshalb durch die AGB-Kontrolle belastet wird, ohne sich selbst auf das AGB-Recht berufen zu können.320 Bei der Immobilienvermietung, insbesondere bei der Wohnraummiete, stellt sich dieses Problem allerdings selten, weil in der Regel der Vermieter als Verwender der im Mietvertrag enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutig erkennbar ist. Auch wenn der Mieter zwar selbst ein Vertragsformular mitbringt, er aber zuvor vom Vermieter aufgefordert wurde, 313
BGHZ 141, 108 = NJW 1999, 2180, 2181; Borges, ZIP 2005, 185, 186. BGH, Urt. v. 21.3.2002, BGHZ 150, 226 = NJW 2002, 2470, 2471; LehmannRichter, in: BeckOGK BGB, § 305 Rn. 124. 315 Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 18; Lehmann-Richter, in: BeckOGK BGB, § 305 Rn. 122. 316 BGH, Urt. v. 26.9.1996, NJW 1997, 135. 317 BGH, Urt. v. 26.9.1996, NJW 1997, 135. 318 Lehmann-Richter, in: BeckOGK BGB, § 305 Rn. 128. 319 Miethaner, NJW 2010, 3121; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 21; Grüneberg, in: ders., BGB, § 305 Rn. 10. 320 Kritisch auch Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 30. 314
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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speziell dieses Vertragsformular zu besorgen, bleibt der Vermieter Verwender der darin enthaltenen Klauseln.321 Wird ein Mietvertragsformular verwendet, das von einem Makler stammt, so werden die enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Vertragspartei gestellt, die den Makler zur Vertragsanbahnung eingeschaltet hat.322 Nicht von einer Vertragspartei gestellt sind die Vertragsbedingungen, wenn sie gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurden.323 „Aushandeln“ geht nach der Rechtsprechung über bloßes „Verhandeln“ hinaus.324 Die bloße Bitte an den Vertragspartner, Anmerkungen oder Änderungswünsche an einem vom Verwender eingebrachten Vertragstext zu äußern, führt nicht dazu, dass die darin enthaltenen Vertragsbedingungen als im Einzelnen ausgehandelt anzusehen sind.325 Damit ein Aushandeln im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB vorliegt, muss der Verwender den wesentlichen, vom dispositiven Recht abweichenden Inhalt einer Klausel ernsthaft zur Disposition stellen und seinem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit einräumen, sodass Letzterer wirklich die Möglichkeit hat, den Inhalt der Vertragsbedingung zu beeinflussen.326 Dafür ist zwar nicht zwingend eine Änderung des ursprünglichen Textes erforderlich, jedoch ist eine Klausel nur unter besonderen Umständen als im Einzelnen ausgehandelt anzusehen, wenn keine Textänderung erfolgt. Dies ist nur der Fall, wenn die Klausel nach eingehender Erörterung, bei der der Verwender seine Bereitschaft zur Änderung des gesetzesfremden Kerngehalts der Klausel deutlich signalisiert, bestehen bleibt.327 Einen solchen Verhandlungsverlauf nachzuweisen, dürfte dem Verwender oftmals schwerfallen.328 Umgekehrt führt eine nachträgliche Textänderung aber auch nicht zwingend zur Annahme einer im Einzelnen ausgehandelten Klausel: Handelt es sich lediglich um eine Anpassung der Klausel an den Einzelfall, ohne dass der Regelungsgehalt der Klausel zur Disposition gestellt wird, so fehlt es am Aushandeln.329 Zu Recht ist der Bundesgerichtshof deshalb zu dem Schluss gekommen, dass eine Änderung eines Rechenbeispiels zu einer Abgeltungsklausel über Schönheitsreparaturen330, die infolge 321
BGH, Beschl. v. 8.5.2018, NJW-RR 2018, 843, 844 Rn. 11. BGH, Beschl. v. 14.12.2010, WuM 2011, 96 Rn. 7. 323 Grüneberg, in: ders., BGB, § 305 Rn. 18. 324 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2000, 1110, 1111. 325 BGH, Urt. v. 20.1.2016, NJW 2016, 1230, 1232 Rn. 29 f. 326 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2000, 1110, 1111 f.; BGH, Urt. v. 19.5.2005, NJW 2005, 2543, 2544; BGH, Urt. v. 22.11.2012, NJW 2013, 856 Rn. 10. 327 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2010, 1110, 1111 f.; BGH, Urt. v. 28.7.2015, BGHZ 206, 305 = NJW 2015, 3025, 3026 Rn. 23. 328 Kappus, NJW 2016, 33, 35. 329 BGH, Urt. v. 10.10.1991, NJW 1992, 1107 Ls. 2. 330 Siehe zu Abgeltungsklauseln im Zusammenhang mit der Schönheitsreparaturpflicht näher unten S. 214 ff. 322
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
einer geänderten Vertragslaufzeit zustande gekommen ist, nicht dazu führt, dass die Abgeltungsklausel als im Einzelnen ausgehandelt anzusehen ist.331 Da der Verwender gerade den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel zur Disposition stellen muss, damit eine Klausel als im Einzelnen ausgehandelt angesehen werden kann, ist es hierfür auch nicht ausreichend, wenn der Verwender sich lediglich dazu bereit erklärt, die genaue Ausgestaltung der Klausel, etwa den Umfang einer Pflicht einer Vertragspartei, abweichend zu regeln. So ist eine Vertragsstrafenklausel, bei der sich der Verwender auf eine Änderung bei der Höhe der Vertragsstrafe einlässt, die Vereinbarung der Vertragsstrafe als solche aber nicht zur Disposition stellt, nicht im Einzelnen ausgehandelt.332 Hingegen hat der Bundesgerichtshof im Falle einer Endrenovierungsklausel in einem vorformulierten Mietvertrag angenommen, es handele sich dabei um eine im Einzelnen ausgehandelte Klausel, nachdem auf Wunsch des Mieters eine gesonderte Klausel in den Mietvertrag aufgenommen worden war, wonach der Mieter nicht zum Austausch des Teppichs bei Mietende verpflichtet sei.333 Die zuvor bereits im Mietvertrag enthaltenen Klauseln über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen blieben unverändert und waren soweit ersichtlich auch nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen. Die Beurteilung durch den Bundesgerichtshof überzeugt nicht, da der gesetzesfremde Kerninhalt der Klausel, der in der Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen bei Vertragsende besteht, durch die gesonderte Regelung über den Teppichboden keineswegs zur Disposition gestellt wurde.334 Dasselbe dürfte gelten, wenn ein Vermieter als Verwender die Bereitschaft zur Änderung einer Regelung über die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen erklärt, er aber auf der vom Gesetz abweichenden Abwälzung der Renovierungslast beharrt. Die strengen Anforderungen an das Aushandeln gelten auch, wenn davon auszugehen ist, dass der Vertragspartner des Verwenders hinreichende rechtliche Kenntnisse besitzt, um den Inhalt einer Klausel selbstverantwortlich prüfen und beeinflussen zu können. Zutreffend hat der Bundesgerichtshof deshalb festgestellt, es könne für den AGB-Charakter einer Schönheitsreparaturklausel keinen Unterschied bewirken, dass der Mieter im konkreten Fall von Beruf Richter war.335 Jedenfalls bei umfangreichen oder nicht ganz leicht verständlichen Klauseln setzt „Aushandeln“ außerdem voraus, dass der Vertragspartner über Inhalt und Tragweite der Klausel belehrt wird oder auf andere Weise deutlich geworden ist, dass der Vertragspartner ihre Bedeutung wirklich erkannt hat, damit dieser die 331 332 333 334 335
BGH, Beschl. v. 5.3.2013, NJW 2013, 1668, 1669 Rn. 10. BGH, Urt. v. 27.3.1991, NJW 1991, 1678, 1679. BGH, Urt. v. 18.3.2009, NJW-RR 2009, 947, 948. So auch Eisenschmid, jurisPR-MietR 10/2009 Anm. 2. BGH, Beschl. v. 5.3.2013, NJW 2013, 1668, 1669 Rn. 11.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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reale Möglichkeit einer Änderung der Vertragsbedingung hat.336 Für Vereinbarungen über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen bedeutet dies, dass der Mieter darüber informiert werden muss, dass die Zuständigkeit des Vermieters den gesetzlichen Regelfall darstellt, damit ein individuelles Aushandeln dieser Vereinbarung in Betracht kommt.337 Dies ist insbesondere deshalb notwendig, weil juristische Laien oftmals davon ausgehen, die Vornahme von Schönheitsreparaturen sei auch ohne diesbezügliche Vereinbarung Aufgabe des Mieters.338 Für die Frage eines Aushandelns im Einzelnen kommt es nach dem Wortlaut von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB („soweit“) stets auf die individuelle Klausel an. Es genügt für die Qualifikation einer Klausel als individuell ausgehandelte Vereinbarung nicht, dass die Parteien andere Klauseln im Vertrag im Einzelnen ausgehandelt haben.339 Die Voraussetzungen des Aushandelns müssen zudem wirklich vorliegen. Die Bestimmungen in einem Vertrag können nicht dadurch dem AGB-Recht entzogen werden, dass die Parteien erklären, über die Klauseln sei „ernsthaft und ausgiebig verhandelt“ worden, weil dies zur Umgehung des durch die §§ 305 ff. BGB gewährten Schutzes führen würde.340 Wie erwähnt gilt für Verbraucherverträge und somit für viele Wohnungsmietverträge gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB ein erweiterter AGB-Begriff, bei dem das Stellen der Vertragsbedingungen durch den Unternehmer fingiert wird und auf die Absicht mehrfacher Verwendung verzichtet wird. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen trägt nach den allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich auf den Schutz des AGB-Rechts beruft, im Individualprozess also der Vertragspartner des Verwenders.341 Jedoch spricht der erste Anschein für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn es sich um ein gedrucktes Vertragsformular handelt, bei dem nach der Lebenserfahrung von einer Absicht mehrfacher Verwendung ausgegangen werden kann.342 Als Indiz für das Stellen einer Klausel wird zudem der Inhalt einer Klausel herangezogen: Kommt diese allein einer Vertragspartei zugute, spricht dies dafür, dass sie von dieser einseitig in den Vertrag eingeführt wurde.343 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Klau336
BGH, Urt. v. 19.5.2005, NJW 2005, 2543, 2544. Kappus, NJW 2016, 33, 34. 338 Kappus, ZMR 2007, 31; Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823. 339 OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.6.2015, NJW-RR 2016, 53 Ls. 3; BGH, Beschl. v. 19.3.2019, NJW 2019, 2080, 2081 Rn. 15; siehe für Verbraucherverträge auch Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Klausel-RL. 340 BGH, Urt. v. 20.3.2014, BGHZ 200, 326 = NJW 2014, 1725, 1727 f. Rn. 27. 341 BGH, Urt. v. 14.5.1992, BGHZ 118, 229 = NJW 1992, 2160, 2162. 342 BGH, Urt. v. 14.5.1992, BGHZ 118, 229 = NJW 1992, 2160, 2162. 343 OLG Dresden, Beschl. v. 6.3.2019, BeckRS 2019, 4671 Rn. 28. 337
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
sel bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurde, trägt der Verwender,344 im Falle von Renovierungsklauseln also in der Regel der Vermieter. Dies entspricht der Vorgabe in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Klausel-RL für Verbraucherverträge. Bei Schönheitsreparaturklauseln handelt es sich um Vertragsbestimmungen. Gerade bei der verbreiteten Verwendung von Musterverträgen bereiten auch die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Probleme. Der Umstand, dass eine Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter allein dem Vermieter zugutekommt, spricht im Prozess dafür, dass eine Klausel dieses Inhalts vom Vermieter gestellt wurde.345 Auch bei Formulierungen in einem Übergabe- oder Rückgabeprotokoll, die die Verteilung der Renovierungslast betreffen, handelt es sich in der Regel nicht um von der AGB-Kontrolle ausgenommene Individualvereinbarungen. Zwar hat es der Bundesgerichtshof in einem Urteil346 für möglich gehalten, dass eine Passage in einem maschinenschriftlichen Übergabeprotokoll, der zufolge der Mieter bei Auszug Schönheitsreparaturen vornehmen werde,347 als von der Klauselkontrolle ausgenommene Individualvereinbarung anzusehen ist. Das Landgericht Hannover, zu dem das Verfahren zurückverwiesen wurde, kam zu dem Schluss, es handele sich in der Tat um eine nur einmalig verwendete Klausel, die demzufolge nicht den §§ 305 ff. BGB unterliege.348 Dies stellt aber nicht den Regelfall dar. Die Frage stellt sich allerdings nur, wenn man den Text eines Übergabe- oder Rückgabeprotokolls wie der Bundesgerichtshof und das Landgericht Hannover als Vereinbarung der Vertragsparteien über Renovierungspflichten qualifiziert. Dagegen spricht der Zweck eines solchen Protokolls, der im Regelfall lediglich darin besteht, den tatsächlichen Zustand der Mietsache zu dokumentieren.349 Ein Mieter darf deshalb grundsätzlich davon ausgehen, dass es für die Verteilung der Schönheitsreparaturlast auf die Bestimmungen des ursprünglichen Mietvertrags sowie gegebenenfalls erfolgte ausdrückliche Änderungen des Mietvertrags ankommt, während den im Übergabeprotokoll enthaltenen Ausführungen lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt.350 Dies gilt erst recht, wenn wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall im eigentlichen Mietvertragstext be344
BGH, Beschl. v. 19.3.2019, NJW 2019, 2080, 2081 Rn. 14. OLG Dresden, Beschl. v. 6.3.2019, BeckRS 2019, 4671 Rn. 28. 346 BGH, Urt. v. 14.1.2009, NJW 2009, 1075; dazu kritisch Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 146. 347 Die Geltung des AGB-Rechts hätte die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge gehabt, siehe unten S. 204 ff. 348 LG Hannover, Urt. v. 16.10.2009, ZMR 2011, 212. 349 Kappus, NJW 2009, 1076. 350 Kappus, NJW 2009, 1076; Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 77. 345
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reits (unwirksame) Regelungen zur Schönheitsreparaturpflicht enthalten sind. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers gemäß §§ 133, 157 BGB tritt deshalb durch die Unterzeichnung eines Übergabeprotokolls ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein Rechtsbindungswille im Hinblick auf die Vereinbarung neuer vertraglicher Pflichten hervor.351 Sieht man dies anders, handelt es sich bei den in einem Übergabe- oder Rückgabeprotokoll enthaltenen Ausführungen in den meisten Fällen um Allgemeine Geschäftsbedingungen.352 Enthalten die von einem Vermieter mit seinen Mietern angefertigten Übergabe- oder Rückgabeprotokolle regelmäßig Formulierungen desselben Inhalts oder plant der Vermieter, eine bestimmte Formulierung noch mindestens zwei weitere Male zu verwenden, ist die Mehrfachverwendungsabsicht zu bejahen. Dann ist auch davon auszugehen, dass die entsprechende Formulierung „im Kopf“ des Vermieters „gespeichert“ und damit vorformuliert ist, auch wenn sie erst während der Übergabe oder Rückgabe einer Mietsache schriftlich notiert wird. Wurde die Klausel nur im Hinblick auf ein einzelnes Übergabeprotokoll formuliert, findet das AGB-Recht gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gleichwohl Anwendung, wenn es sich um einen Verbrauchervertrag handelt und der Verbraucher wegen der Vorformulierung keinen Einfluss auf den Klauselinhalt nehmen konnte. Formulierungen in Übergabe- und Rückgabeprotokollen sind somit nur im Ausnahmefall von der AGB-Kontrolle ausgenommen, wenn man ihnen überhaupt den Charakter von vertraglichen Vereinbarungen über die Pflichten der Vertragsparteien zuschreiben kann. Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei Regelungen über die Renovierungslast insbesondere aufgrund der hohen Anforderungen an das „Aushandeln“ im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB in der Praxis fast immer um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.353
II. Einbeziehungsvoraussetzungen Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen richtet sich nach § 305 Abs. 2 und § 305c Abs. 1 BGB. Ausdrückliche unionsrechtliche Vorgaben zur Einbeziehungskontrolle existieren nicht, sodass die Mitgliedstaaten bei der Regelung, unter welchen Bedingungen vorformulierte Vertragsbedingungen Bestandteil eines Vertrags werden, frei sind.354 Lediglich Erwägungsgrund 20 S. 2 351
Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 146. Derleder, NZM 2009, 227, 228; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 77. 353 Zehelein, NZM 2020, 857, 867. 354 Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 231. Hingegen sah der zweite Vorschlag der Kommission für die Klausel-RL vom 5.3.1992 (ABl. EG 1992 C 73/7–12) noch in dessen Art. 5 Abs. 2 vor, nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklauseln dürften nur als vom Verbraucher angenom352
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
der Klausel-RL verlangt, dass der Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit haben muss, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Dies wird in der deutschen Einbeziehungskontrolle durch § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB sichergestellt. Die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB müssen nach dessen Wortlaut kumulativ erfüllt sein.355 Erforderlich ist somit ein Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Verwender (Nr. 1) sowie die Möglichkeit der Kenntnisnahme für den Vertragspartner des Verwenders (Nr. 2) und dessen Einverständnis mit ihrer Geltung. Diese Voraussetzungen werfen bei Schönheitsreparaturklauseln normalerweise keine Probleme auf, da sie in aller Regel im schriftlichen Mietvertragstext enthalten sind. Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen im Vertragsdokument selbst enthalten, ist kein zusätzlicher Hinweis darauf erforderlich, dass der Vertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält.356 Die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist dadurch, dass eine Renovierungsklausel im Vertragsdokument enthalten ist, ebenfalls sichergestellt. Mit der Zustimmung zum Mietvertrag erklärt der Mieter als Vertragspartner des Verwenders außerdem seine Zustimmung zur Geltung der darin enthaltenen Vertragsklauseln. Handelt es sich beim Vertragspartner des Verwenders dagegen um einen Unternehmer, wie es bei Gewerbemietverträgen stets der Fall ist, finden die Einbeziehungsvoraussetzungen in § 305 Abs. 2 BGB nach § 310 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung. Die Einbeziehung richtet sich somit nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre.357 Dies bereitet im Hinblick auf in Geschäftsraummietverträgen enthaltene Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenfalls keine Probleme, weil die Mietparteien in aller Regel ausdrücklich ihre Zustimmung zum Mietvertrag erklären. Gemäß § 305c Abs. 1 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen, „die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht“, nicht Vertragsbestandteil. Erforderlich ist dafür eine erhebliche Diskrepanz zwischen den berechtigten Erwartungen des Vertragspartners und dem Inhalt der Klausel.358 Eine Vertragsbedingung kann auch aus formen gelten, wenn dieser die tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Im Gegensatz zur deutschen Systematik des AGB-Rechts unterscheidet die Klausel-RL aber nicht klar zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Vielmehr bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, auf welcher Ebene sie gegen missbräuchliche Klauseln vorgehen. Dazu näher Spruß, Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im deutschen Recht unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Rechts und des UN-Kaufrechts, S. 79 f., 87. 355 Kollmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 305 Rn. 46. 356 Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 67. 357 Lehmann-Richter, in: BeckOGK BGB, § 305 Rn. 301. 358 BGH, Urt. v. 18.5.1995, BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553, 2554.
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malen Gründen überraschend sein, wenn sie etwa an einer ungewöhnlichen oder unpassenden Stelle steht, an der sie der Vertragspartner nicht erwarten musste.359 Da die Übertragung der Renovierungslast auf den Mieter seit Langem verbreitet ist,360 ist die Abwälzung der Schönheitsreparaturen als solche nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB.361 Dennoch kommt die Annahme einer überraschenden Klausel im Hinblick auf bestimmte Gestaltungen in Bezug auf Schönheitsreparaturen in Betracht. Die Vereinbarkeit dieser Gestaltungen mit dem Verbot überraschender Klauseln soll jeweils bei der Untersuchung dieser Klauselgestaltungen geprüft werden.362 Ob die Nichteinbeziehung überraschender Klauseln gemäß § 305c Abs. 1 BGB trotz des fehlenden Verweises in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch auf vorformulierte Einmalklauseln in Verbraucherverträgen Anwendung findet, ist umstritten. Die Rechtsprechung hat sich zu dieser Frage bisher nicht geäußert.363 Die wohl herrschende Ansicht in der Literatur364 steht auf dem Standpunkt, § 305c Abs. 1 BGB sei auch auf Einmalklauseln anzuwenden. Nicht abzustreiten ist das dafür sprechende Argument, dass kaum einzusehen ist, warum der Schutz vor überraschenden Klauseln davon abhängen sollte, ob eine Klausel zur einmaligen oder zur mehrfachen Verwendung vorformuliert wurde, wenn die restlichen Vorschriften des AGB-Rechts in beiden Fällen gleichermaßen Anwendung finden.365 Jedoch kann eine solche Sichtweise kaum mit der Regelung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB in Einklang gebracht werden, da diese § 305c Abs. 1 BGB klar vom Verweis auf die Vorschriften des AGB-Rechts ausschließt, was sich besonders deutlich daran zeigt, dass im Gegensatz dazu ein Verweis auf § 305c Abs. 2 BGB enthalten ist. Möglicherweise kann eine erweiternde Auslegung im Einzelfall wegen des Gebots richtlinienkonformer Auslegung notwendig werden, denn es bestehen Schnittmengen mit dem Transparenzgebot in Art. 5 S. 1 Klausel-RL und der Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL.366 Eine besondere Regelung zu überraschenden Klauseln ent359 BGH, Urt. v. 10.9.2014, NJW 2014, 3722, 3724 Rn. 15; Fornasier, in: MüKoBGB, § 305c Rn. 27. 360 Siehe dazu näher unten S. 117 ff. 361 Zutreffend BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2793. 362 Siehe unten S. 209 ff., 219 ff. und 324 ff. 363 Bonin, in: BeckOGK BGB, § 305c Rn. 17. 364 Für eine Geltung des § 305c Abs. 1 BGB auch für Klauseln im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB etwa Grüneberg, in: ders., BGB, § 310 Rn. 18; Hu. Schmidt, in: BeckOK BGB, § 305c Rn. 6; Stadler, in: Jauernig, BGB, § 310 Rn. 8; ablehnend hingegen Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 3; Mäsch, in: Staudinger, BGB, § 305c Rn. 7. 365 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193. 366 Fornasier, in: MüKo BGB, § 305c Rn. 3; Bonin, in: BeckOGK BGB, § 305c Rn. 17.1.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
hält die Klausel-RL aber nicht, weswegen die Geltung von § 305c Abs. 1 BGB auch für Einmalklauseln in Verbraucherverträgen nicht generell im Wege richtlinienkonformen Auslegung der §§ 305c Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB angenommen werden sollte.367 Jedoch kommt es darauf im Ergebnis ohnehin nur in den seltenen Fällen an, in denen das überraschende Element nicht auch im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307, 310 Abs. 3 BGB, insbesondere im Rahmen der Transparenzkontrolle, zur Unwirksamkeit der überraschenden Klausel führt.368
III. Kontrollfähigkeit von Schönheitsreparaturklauseln 1. Vornahme-, Freizeichnungs- und Kostenabwälzungsklauseln Die Frage, ob Schönheitsreparaturklauseln der Inhaltskontrolle standhalten, stellt sich nur, wenn diese überhaupt der Inhaltskontrolle unterliegen. Wie bereits angesprochen, sind – entsprechend Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL – Preisabreden gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich nicht kontrollfähig.369 Von der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur werden vom Mieter übernommene Schönheitsreparaturen allerdings gemäß der sogenannten Entgeltthese370 als ein Bestandteil der Gegenleistung des Mieters für die Überlassung der Mieträume angesehen, mit anderen Worten also als Teil des Preises, den der Mieter gemäß § 535 Abs. 2 BGB für die vom Vermieter erbrachte Leistung bezahlen muss. Aufgrund dieser rechtlichen Konstruktion wird zum Teil erwogen, dass Klauseln, durch die sich ein Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB von der Klauselkontrolle ausgenommen sein könnten.371 Selbst wenn man dem Entgeltargument folgt und die Schönheitsreparaturen im Fall der Abwälzung auf den Mieter als Teil des von ihm geschuldeten Mietpreises betrachtet, folgt daraus aber nach zutreffender Ansicht nicht die Kontrollfreiheit von Abwälzungsklauseln.372 Klauseln, die eine vom gesetzlichen Normalfall abweichende Art der Erbringung des Entgelts regeln, sind als sogenannte Preisnebenabreden kontrollfähig.373 Hinzu kommt, dass durch eine Schönheitsreparaturklausel die Erhaltungs367
Mäsch, in: Staudinger, BGB, § 305c Rn. 7. Siehe zu diesem Problem auch unten S. 219 ff. 369 Siehe oben S. 76 f. 370 Dazu im Einzelnen unten S. 124 ff. 371 Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 241; Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 533; ders., in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97. 372 Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 150; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 426. 373 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247, 2248; Pfeiffer, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 323. 368
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pflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB modifiziert wird.374 Klauseln, durch die der Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen bzw. zur Tragung der hierbei entstehenden Kosten verpflichtet oder durch die der Vermieter von dieser Pflicht freigezeichnet wird, unterliegen somit gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle, da sie von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen darstellen. Davon geht auch die ständige Rechtsprechung aus.375 2. Zuschläge zur Miete für Schönheitsreparaturen Problematischer als die Kontrollfähigkeit von Abwälzungsklauseln oder bloßen Freizeichnungsklauseln stellt sich die Kontrollfähigkeit von Klauseln in Mietverträgen dar, durch die ein vom Mieter zu zahlender Betrag für die gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB vom Vermieter geschuldeten Schönheitsreparaturen bestimmt wird. Es geht hierbei also nicht um Schönheitsreparaturklauseln in einem engeren Sinne, da keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Abwälzung der Vornahme von Schönheitsreparaturen bestimmt wird. Solche Zuschlagsklauseln sollen in dieser Untersuchung gleichwohl behandelt werden, weil sie eng mit der Verteilung der Dekorationslast zwischen den Mietvertragsparteien zusammenhängen. Der Bundesgerichtshof ist in einem Hinweisbeschluss davon ausgegangen, dass ein „Zuschlag Schönheitsreparaturen“, der neben die „Grundmiete“ treten sollte, als Preishauptabrede gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliege.376 Ein solcher Zuschlag sei nicht anders zu behandeln, als wenn von vornherein eine höhere Grundmiete ausgewiesen sei. Der „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ sei lediglich ein Hinweis auf die interne Kalkulation des Vermieters, der für die Durchführung des Mietvertrags ohne Bedeutung sei.377 Diese Auffassung wird von der wohl herrschenden Meinung im Schrifttum geteilt.378
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Dose, NZM 2009, 381, 382; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 426. Der BGH hat sich bisher in keiner Entscheidung über die Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklauseln zu ihrer Kontrollfähigkeit geäußert. Zur Begründung der Kontrollfähigkeit von Kleinreparaturklauseln in Mietverträgen führt der BGH aber im Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247, 2248 aus: „[D]er Senat [hat] auch die formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter, deren Entgeltcharakter feststeht, einer Kontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGB-Gesetz unterworfen.“ §§ 9–11 AGBG entsprechen den heutigen §§ 307–309 BGB. Das Fehlen einer ausdrücklichen Auseinandersetzung mit § 307 Abs. 3 S. 1 BGB vor dem Hintergrund des Entgeltarguments kritisiert Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 241. 376 BGH, Beschl. v. 30.5.2017, NJW-RR 2017, 981, 982 Rn. 5. 377 BGH, Beschl. v. 30.5.2017, NJW-RR 2017, 981, 982 Rn. 7. 378 Börstinghaus, NZM 2017, 594, 595; ders., NZM 2018, 529, 536; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 19; Siegmund, in: MietRB 2021, 122, 124; Gras, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 2407; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 425. 375
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Zum Teil wird die Einordnung eines solchen Zuschlags für die vom Vermieter vorgenommenen Schönheitsreparaturen als kontrollfreie Preishauptabrede aber in Zweifel gezogen.379 Insbesondere Fervers380 nimmt stattdessen die Kontrollfähigkeit und dann auch die Unwirksamkeit derartiger Zuschläge an: Im Fall der Aufspaltung des Mietzinses erfolge im Regelfall keine privatautonome Entscheidung über die Gesamtmiete, weil sich die Mieter an der „Grundmiete“ orientieren und den für Schönheitsreparaturen vorgesehenen Zuschlag bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigen würden.381 Anders sei dies nur, wenn der Vermieter das Mietobjekt unter Nennung der Gesamtnettomiete anbietet.382 § 307 Abs. 3 S. 1 BGB wolle nach seinem Sinn und Zweck aber nur die vollwertige privatautonome Entscheidung der Vertragsparteien über die Leistungen der Vertragsparteien von der Klauselkontrolle ausnehmen.383 Fervers meint, ein solcher Zuschlag sei in Wahrheit eine Regelung zur Verteilung der Schönheitsreparaturlast und nicht eine Regelung zur Höhe der Miete: Es handele sich nicht um irgendeinen Mietzuschlag, sondern um eine Bestimmung, nach der speziell die Kosten für die Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen werden sollen.384 Dem ist aber nicht zuzustimmen. Die Schönheitsreparaturen gehören nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung zur Erhaltungspflicht des Vermieters und werden durch die Miete abgegolten. Dass der Vermieter hierfür einen gesonderten Preisanteil ausweist, ändert nichts daran, dass dieser schlicht ein Teil des vereinbarten Mietzinses ist. Es handelt sich vielmehr, wie der Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt hat, um eine – wenn auch für die Vertragsdurchführung nutzlose –385 Aufschlüsselung der internen Kalkulation des Vermieters.386 Da die Höhe der Miete aber gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB und Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL von der Inhaltskontrolle ausgenommen ist, sind die „Zuschläge“ nicht an §§ 307 ff. BGB zu messen. Dies schließt die Unwirksamkeit derartiger Zuschläge aber nicht vollständig aus, da diese je nach Vertragsgestaltung überraschend oder intransparent sein können.387
379 Kritisch Niebling, ZMR 2017, 965 f.; Hu. Schmidt, in: BeckOK BGB, § 307 Rn. 89.1. 380 NZM 2020, 1082; WuM 2022, 441, 445–447. 381 Fervers, NZM 2020, 1082, 1083 f.; ders., WuM 2022, 441, 446. 382 Fervers, NZM 2020, 1082, 1083 f.; ders., WuM 2022, 441, 445. 383 Fervers, NZM 2020, 1082, 1083; ders., WuM 2022, 441, 443. 384 Fervers, NZM 2020, 1082, 1084. 385 Börstinghaus, NZM 2017, 594, 595 drückt es so aus: „Man möchte eigentlich nur sagen: ,Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?‘ “. 386 So auch Böstinghaus, NZM 2017, 594, 595; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 425. 387 Siehe unten S. 219 ff.
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IV. Grundsätzliche Übertragbarkeit der Schönheitsreparaturpflicht Wie noch zu zeigen sein wird, kommen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit denen die Pflicht zur Vornahme von Renovierungsarbeiten auf den Mieter übertragen werden soll, in vielen verschiedenen Formen vor. Die Wirksamkeit dieser verschiedenen Klauselgestaltungen setzt aber in einem ersten Schritt voraus, dass der Mieter überhaupt grundsätzlich im Unterschied zur gesetzlichen Ausgangslage zur Tragung der Dekorationslast verpflichtet werden kann. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Abwälzung auf den Mieter als solche auch in vorformulierten Verträgen stets für möglich erachtet, und zwar sowohl bei Wohn-388 als auch bei Geschäftsräumen389. Die Grenzen der zulässigen Abwälzung wurden dabei aber mit der Zeit immer enger gesteckt. Das Meinungsbild in der Literatur reicht hingegen schon seit Jahrzehnten von zumindest grundsätzlicher Akzeptanz der Übertragung der Renovierungslast auf den Mieter390 bis zur Ablehnung jeglicher formularvertraglichen Verschiebung auf den Mieter.391 Dementsprechend wurde die mit der Zeit in Bezug auf die Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen strenger gewordene Rechtsprechung je nach eigenem Standpunkt in der Literatur als besonders mieterfreundlich392 oder 388 Etwa BGH, Urt. v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; BGH, Urt. v. 6.10.2004, NZM 2004, 903, 904; BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2878 Rn. 20. 389 Etwa BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 12; BGH, Urt. v. 12.3.2014, NJW 2014, 1444, 1445 Rn. 19. 390 Dies ist die weit überwiegende Meinung im Schrifttum, vgl. Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 53–56; Hensen, NZM 1999, 151, 155; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 190 f.; Heinrichs, NZM 2005, 201; Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 17; Fallak, ZMR 2013, 161, 165; Christensen, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Teil 2 (31) Rn. 10; Bub, in: ders./Treier, Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete, Kap. II Rn. 1434 f.; Gramlich, Mietrecht, § 535 Rn. 50; Zehelein, in: Graf v. Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Geschäftsraummiete, Rn. 51a; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 7; Brückner, ZMR 2021, 644, 650; Häublein, VuR 2021, 214, 217 f.; Klein-Blenkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 443; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, § 535 Rn. 42. 391 Emmerich, JuS 1986, 16, 17; ders., in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233–243; ders., NZM 2000, 1155, 1157; ders., in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 128 f.; ders., in: FS Derleder (2015), S. 75, 76; ders., in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 110 f.; Arndt, ZMR 2020, 812, 815–824; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 50; Looschelders, NZM 2022, 393, 398; Sonnenschein, NJW 1980, 1713, 1719 (mit einer Ausnahme für den Fall, dass im Vertrag unterschiedliche Preise mit oder ohne Übertragung der Schönheitsreparaturen vorgesehen sind); wohl auch Schwab, AGB-Recht, 4. Teil Rn. 584; Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 417 f. 392 Oestmann, in: HKK-BGB, §§ 535–580a Rn. 39; Von Bressensdorf, ZMR 2019, 3.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
aber als besonders vermieterfreundlich393 angesehen. Auch in der Instanzrechtsprechung wurde schon die grundsätzliche Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinzelt angezweifelt.394 Die Zweifel an der Wirksamkeit von Klauseln, in denen der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet wird, beziehen sich zum einen auf ihre AGB-rechtliche Zulässigkeit und zum anderen auf ihre Vereinbarkeit mit der halbzwingenden Vorschrift des § 536 Abs. 4 BGB. 1. Beurteilungsmaßstab für die AGB-Kontrolle Um die Frage nach der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beantworten zu können, ist zunächst zu klären, nach welchem Maßstab sich die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen beurteilt. Dazu gehört zum einen die Frage, nach welchen Kriterien genau sich das Vorliegen einer missbräuchlichen bzw. unwirksamen395 Klausel richtet. Überdies ist zu klären, ob die Beurteilung der Klausel bei abstrakt-genereller oder konkret-individueller Betrachtung zu erfolgen hat, und welche Auslegung der Vertragsbestimmung für ihre Beurteilung zugrunde gelegt werden muss. a) Kriterien für das Vorliegen einer missbräuchlichen Klausel aa) Unionsrechtliche Vorgaben Der Missbrauchstatbestand in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL setzt sich zusammen aus dem Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und dem durch die Klausel geschaffenen erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Dass das Missverhältnis nicht nur erheblich, sondern auch „ungerechtfertigt“ sein muss, ist eine Besonderheit der deutschen Sprachfassung, die zum Beispiel in der englischen und französischen Fassung der Richtlinie nicht vorkommt.396 Die Bedeutung dieses Merkmals ist daher gering, auch weil eine Rechtfertigung einer Benachteiligung des Vertragspartners aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls oder der sonstigen Vertragsbedingungen im Rahmen der Prüfung des
393 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 235; ders., in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 101; Kappus, NJW 2014, 1447. 394 LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189. 395 Die Klausel-RL spricht von „missbräuchlichen“ Klauseln, die §§ 305 ff. BGB dagegen von „unwirksamen“ Klauseln. Ein sachlicher Unterschied folgt daraus aber nicht. Gemeint sind in beiden Fällen Klauseln, die der Inhaltskontrolle nicht standhalten. 396 Dort ist nur die Rede von „significant imbalance“ bzw. „déséquilibre significatif“.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Gebots von Treu und Glauben und der den Vertragsschluss begleitenden Umstände nach Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL erfolgen kann.397 Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsbestimmung kann sich gemäß Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL nur daraus ergeben, dass sie ein Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers als Vertragspartner des Gewerbetreibenden hervorruft. Zugunsten des Gewerbetreibenden findet deshalb nach der Klausel-RL keine Inhaltskontrolle statt.398 Wie bereits angesprochen wurde, sind für die Beurteilung, ob ein Missverhältnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL vorliegt, nach der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seit der Rechtssache Aziz „insbesondere diejenigen Vorschriften zu berücksichtigen, die im nationalen Recht anwendbar sind, wenn die Parteien in diesem Punkt keine Vereinbarung getroffen haben. Anhand einer solchen vergleichenden Betrachtung kann das nationale Gericht bewerten, ob – und gegebenenfalls inwieweit – der Vertrag für den Verbraucher eine weniger günstige Rechtslage schafft, als sie das geltende nationale Recht vorsieht.“ 399
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kommt dem dispositiven Recht somit eine Leitbildfunktion bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von vorformulierten Vertragsklauseln zu.400 Der Europäische Gerichtshof hat in der Entscheidung Aziz ausgeführt, für die Beurteilung, ob ein Missverhältnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL gegeben ist, sei „außerdem von Bedeutung, dass die Rechtslage des Verbrauchers vor dem Hintergrund der Mittel untersucht wird, die ihm das nationale Recht zur Verfügung stellt, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen.“ 401
Was genau unter diesem Prüfungsschritt zu verstehen ist, erscheint auf den ersten Blick unklar.402 Die vom Europäischen Gerichtshof in späteren Entscheidungen403 erneut verwendete Formulierung erinnert auch in anderen Sprach397 In diese Richtung Kapnopolou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 129 f.; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 3 RL Rn. 62 f. 398 Schulte-Nölke, in: Schulze/Janssen/Kadelbach, Europarecht, § 24 Rn. 111. 399 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 68 – Aziz; EuGH, Urt. v. 26.1.2017, NZM 2018, 130, 134 Rn. 59 – Banco Primus; EuGH, Urt. v. 27.1.2021, NJW 2021, 1447, 1449 Rn. 48 – Dexia. 400 Fornasier, in: MüKo-BGB, Vor § 305 Rn. 50; Ebers, LMK 2013, 345483. 401 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 68 – Aziz. 402 Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 10 Rn. 30, spricht von „einer nicht leicht eingängigen Formulierung“. 403 EuGH, Urt. v. 14.11.2013, BeckRS 2013, 82219 Rn. 65 – Banco Popular und Banco de Valencia; EuGH, Urt. v. 26.1.2017, NZM 2018, 130, 134 Rn. 59 – Banco Primus.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
fassungen an Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass nach Ansicht des Gerichtshofs eine besonders strenge Sanktionierung missbräuchlicher Vertragsbedingungen im nationalen Recht dazu führt, dass ein weniger strenger Maßstab bei der Inhaltskontrolle anzulegen ist.404 Ein solches Beurteilungskriterium wäre zweifelhaft, weil kein logischer Zusammenhang zwischen den durch das nationale Recht vorgesehenen Rechtsfolgen für missbräuchliche Klauseln und der Klauselbeurteilung als solcher erkennbar ist. Ob eine Klausel missbräuchlich ist, kann nicht davon abhängen, wie das nationale Recht missbräuchliche Klauseln sanktioniert.405 Der Kontext der Entscheidung Aziz und der Schlussanträge der Generalanwältin Kokott sprechen indes dafür, dass der Europäische Gerichtshof eine solche Aussage nicht treffen wollte: In dem der Entscheidung Aziz zugrunde liegenden Verfahren ging es unter anderem um eine Klausel, die die Bank dazu berechtigte, den gesamten Darlehensbetrag fällig zu stellen, sobald der Schuldner mit einer einzigen Ratenzahlung in Verzug kommt. Vor diesem Hintergrund wies Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen auf eine Bestimmung im spanischen Recht hin, wonach der Darlehensnehmer durch den Ausgleich fälliger Raten im Ergebnis die Wirkung der Gesamtfälligstellung wieder beseitigen kann.406 Wenn man diese Umstände des Verfahrens Aziz bedenkt, spricht viel dafür, dass der Europäische Gerichtshof klarstellen wollte, dass ein Gericht bei der Beurteilung, wie stark eine Klausel vom dispositiven Recht abweicht, in Rechnung stellen muss, welche Möglichkeiten der Verbraucher nach dem nationalen Recht hat, um die Wirkungen einer für ihn nachteiligen Klausel abzumildern.407 Dies würde zu der zuvor schon in Bezug auf Preisänderungsklauseln vom Europäischen Gerichtshof angestellten Erwägung passen, dass bei deren Inhaltskontrolle zu berücksichtigen sei, ob der Verbraucher gegebenenfalls die Möglichkeit hat, sich vom Vertrag zu lösen.408 Dann handelt es sich bei dem vom Gerichtshof vorgegebenen Prüfungsschritt in der Sache nur um einen Bestandteil des umfassenden Vergleichs der durch die Klausel geschaffenen Rechtslage mit der ohne sie geltenden Rechtslage. In der Entscheidung Constructora Principado stellte der Europäische Gerichtshof zudem fest, dass auch dann ein erhebliches Missverhältnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL gegeben sein kann, wenn die wirtschaftliche Belastung des Verbrauchers durch die kontrollierte Klausel im Vergleich zum Gesamtvolu-
404 So auch die Interpretation von Ebers, LMK 2013, 345483; Stempel, ZEuP 2017, 102, 113. 405 Ebers, LMK 2013, 345483. 406 Schlussanträge der Generalanwältin Kokott v. 8.11.2012 (ECLI:EU:C:2012:700) Rn. 78 – Aziz. 407 In diese Richtung auch Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 10 Rn. 30. 408 EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 30 – NFH.
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men des Geschäfts gering erscheint.409 Dem ist zuzustimmen, denn aus den vom Europäischen Gerichtshof zu Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL entwickelten Grundsätzen folgt schon, dass eine schwerwiegende Benachteiligung des Verbrauchers im Vergleich zum sonst anwendbaren Recht ein erhebliches Missverhältnis begründet. Ein zusätzliches Erfordernis, wonach die Benachteiligung durch die Klausel im Vergleich zum Geschäft insgesamt erhebliche wirtschaftliche Folgen haben müsste, wäre damit nicht vereinbar, weil sonst schwerwiegende Abweichungen vom dispositiven Recht, die nur Randfragen betreffen, im Ergebnis keiner Kontrolle unterlägen. Daraus folgt, dass auch geringfügige Renovierungspflichten des Mieters in vorformulierten Vertragsbedingungen der vollen Kontrolle unterliegen müssen. Zu dem durch die fragliche Klausel geschaffenen Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten muss nach Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL der Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben hinzutreten.410 Gemäß Erwägungsgrund 16 stellt das Gebot von Treu und Glauben „die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien“ dar. Der Europäische Gerichtshof verlangt dafür die Prüfung, ob die Klausel auch bei einer hypothetischen Individualvereinbarung die Zustimmung des Verbrauchers erfahren könnte: „Zur Frage, unter welchen Umständen ein solches Missverhältnis ,entgegen dem Gebot von Treu und Glauben‘ verursacht wird, ist festzustellen, dass in Anbetracht des 16. Erwägungsgrundes der Richtlinie [. . .] das nationale Gericht prüfen muss, ob der Gewerbetreibende bei loyalem und billigem Verhalten gegenüber dem Verbraucher vernünftigerweise erwarten durfte, dass der Verbraucher sich nach individuellen Verhandlungen auf eine solche Klausel einlässt.“411
Die „Testfrage“ der hypothetischen Konsensfähigkeit auch im Fall eines im Einzelnen ausgehandelten Vertrags, die der Europäische Gerichtshof aufbauend auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott 412 in der Rechtssache Aziz aufgestellt hat, ist als recht streng angesehen worden.413 Sie ist aber überzeugend: Die Vertragsparteien haben oftmals ein Interesse daran, ihre Beziehung abweichend von der gesetzlichen Ausgangslage zu regeln. Wenn der Gewerbetreibende als Verwender von vorformulierten Vertragsbedingungen aber nicht ernstlich davon ausgehen durfte, dass sich der Verbraucher auf eine bestimmte Klausel 409 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 22 f., 26, 30 – Constructora Principado; bestätigt im Urt. d. EuGH v. 18.11.2021, WM 2022, 73, 77 Rn. 66. 410 Zu dem Verhältnis des „erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnisses“ zum „Gebot von Treu und Glauben“ hat sich der EuGH bisher nicht ausdrücklich geäußert. Das Urt. des EuGH v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 68 f. – Aziz, deutet aber darauf hin, dass der EuGH offenbar davon ausgeht, dass diese beiden Merkmale kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Klausel als missbräuchlich anzusehen ist. Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL. 411 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 69 – Aziz. 412 Schlussanträge v. 8.11.2012 (ECLI:EU:C:2012:700) Rn. 74 – Aziz. 413 Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 10 Rn. 31; Stempel, ZEuP 2017, 102, 113.
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bei individuellen Vertragsverhandlungen eingelassen hätte, dann darf diese Klausel keinen Bestand haben. Dies entspricht der Zwecksetzung der Klauselkontrolle, die materielle Vertragsfreiheit des Klauselgegners zu gewährleisten. Die Missbräuchlichkeit einer Klausel kann sich außerdem aus ihrer Intransparenz ergeben.414 Das in Art. 5 S. 1 Klausel-RL geregelte Transparenzgebot fügt sich ein in das dem europäischen Verbraucherrecht an vielen Stellen zugrunde liegende Konzept, Verbraucherschutz durch die Information des Verbrauchers herzustellen.415 Gemäß Art. 5 S. 1 Klausel-RL müssen schriftlich niedergelegte Klauseln stets klar und verständlich abgefasst sein. Daraus folgt, dass Klauseln so bestimmt formuliert sein müssen, dass Auslegungszweifel vermieden werden und ihr Inhalt für den Vertragspartner nachvollziehbar ist.416 Dies bedeutet nicht nur, dass eine Vertragsklausel lesbar und grammatikalisch verständlich sein muss (formelle Transparenz), sondern sie muss auch so gestaltet sein, dass der Verbraucher die ihn treffenden wirtschaftlichen Folgen der Klausel anhand genauer Kriterien nachvollziehen kann (materielle Transparenz).417 Eine Angabe der endgültigen Höhe der durch die Klausel hervorgerufenen Kosten verlangt das Transparenzgebot jedoch nicht, wenn dem Klauselverwender eine solche Angabe bei Vertragsschluss noch nicht möglich ist.418 Maßgeblich für die Prüfung der Transparenz einer Vertragsklausel sind dem Europäischen Gerichtshof zufolge die Verständnismöglichkeiten eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers.419 bb) Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB Im deutschen AGB-Recht entspricht § 307 Abs. 1 und 2 BGB funktional der Generalklausel in Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL.420 Im Gegensatz zur Liste im Anhang zur Klausel-RL enthalten zudem die §§ 308, 309 BGB echte Klauselverbote. Gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders 414
EuGH, Urt. v. 26.4.2012, ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 28 – NFH. Dazu näher Nassall, JZ 1995, 691, 692; Riesenhuber, EU-Vertragsrecht, § 5 Rn. 29; Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 48–50. 416 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 5 RL Rn. 8–10. 417 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2338 Rn. 71–73, 75 – Kásler; EuGH, Urt. v. 20.9.2017, WM 2017, 1974, 1978 Rn. 51 – Andriciuc; EuGH, Urt. v. 20.9.2018, NJW 2019, 207, 211 f. Rn. 73, 75 f., 78 – OTP Bank; EuGH, Urt. v. 18.11.2021, WM 2022, 73, 75 f. Rn. 42 f. – M.P. und B.P.; EuGH, Urt. v. 12.1.2023, NJW 2023, 903, 905 Rn. 37 – D.V. 418 EuGH, Urt. v. 12.1.2023, NJW 2023, 903, 905 f. Rn. 41, 43 – D.V. 419 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2338 Rn. 74 – Kásler; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1684, 1688 Rn. 51 – BNP Paribas. 420 Graf v. Westphalen, NJW 2013, 961, 965; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 44. Zur Pflicht richtlinienkonformer Auslegung des § 307 BGB siehe oben S. 37 ff. 415
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entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. Die Feststellung der Benachteiligung erfolgt zunächst anhand eines rechtlichen Vergleichsmaßstabs, der in § 307 Abs. 2 BGB näher ausgestaltet ist. Die Unangemessenheit einer solchen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben nimmt die ständige Rechtsprechung an, wenn „der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.“ 421 In diesem wertenden Schritt erfolgt somit eine Interessenabwägung.422 Die Generalklausel in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wird durch § 307 Abs. 2 BGB konkretisiert. Vorrangig sind daher die speziellen Tatbestände des § 307 Abs. 2 BGB zu prüfen, bevor auf die Generalklausel in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zurückgegriffen wird.423 Den auch nach Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL gebotenen Vergleich mit dem dispositiven Recht sieht das Regelbeispiel in § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. Danach ist eine unangemessene Benachteiligung „im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“. Soweit durch eine Klausel eine Norm des dispositiven Rechts mit Leitbildcharakter verdrängt wird, bedarf es somit gewichtiger Gründe, um diese Abweichung rechtfertigen zu können.424 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich um einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn dieser nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern „Ausdruck eines Gerechtigkeitsgebots ist“.425 Maßgeblich ist, ob die Norm, von der abgewichen wird, einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Vertragspartners dient.426 Insbesondere für die Fälle, in denen eine dispositive Regelung fehlt,427 ist eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unter Rückgriff auf den Vertragszweck zu beurteilen. In Übereinstimmung mit der Klausel-RL setzt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nach der zutreffenden Rechtsprechung nicht voraus, dass
421
BGH, Urt. v. 28.1.2010, NJW 2010, 2046, 2047 Rn. 13; BGH, Urt. v. 18.2.2016, BGHZ 209, 52 = NJW 2016, 1578, 1579 Rn. 17. 422 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 468. 423 Canaris, in: FS Ulmer, S. 1073, 1075–1077; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 96. 424 Vgl. die Begründung im Regierungsentwurf zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919, S. 23; BGH, Urt. v. 30.10.1991, BGHZ 115, 391 = NJW 1992, 746, 746 f. 425 Ständige Rechtsprechung, etwa BGH, Urt. v. 25.6.1991, BGHZ 115, 38 = NJW 1991, 2414, 2415; BGH, Urt. v. 12.5.2004, NJW-RR 2004, 1206, 1207. 426 Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 30. 427 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 67 f.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 501, 522; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 97.
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aus der Klausel eine zahlenmäßig erhebliche wirtschaftliche Belastung des Vertragspartners des Verwenders folgt.428 Die Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB ist gegenüber einer auf § 242 BGB gestützten Ausübungskontrolle vorrangig.429 Eine Renovierungsklausel kann deshalb nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, die Berufung auf sie könne im Einzelfall gemäß § 242 BGB unzulässig sein.430 In Betracht kommt lediglich die Ausübungskontrolle einer wirksamen Vertragsklausel auf Grundlage von § 242 BGB.431 Als Teil der Generalklausel für die Inhaltskontrolle bestimmt zudem § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, dass sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben kann, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Insbesondere muss eine Klausel so formuliert sein, dass die wirtschaftlichen Folgen, die sich aus ihr ergeben, für den Vertragspartner erkennbar sind.432 Maßstab sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, nicht rechtlich vorgebildeten Kunden des Verwenders.433 Dabei ist zwischen verschiedenen Gruppen von Vertragspartnern zu unterscheiden: Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern verwendet, kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Unternehmers und nicht auf diejenigen eines Durchschnittsverbrauchers an. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen wird dementsprechend ein weniger strenger Maßstab bei der Transparenzkontrolle angelegt, weil davon auszugehen ist, dass ein Unternehmer zum Beispiel branchentypische technische Begriffe kennt.434 Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln allerdings betont, die Verpflichtung des Verwenders zu einer klaren und leicht verständlichen Formulierung bestehe „nur im Rahmen des tatsächlich Möglichen [. . .]. Gerade bei der Formulierung von Schönheitsreparaturklauseln treten erhebliche Schwierigkeiten auf, die verschiedenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände und die vorhandenen Kombinationsmöglichkeiten zu erfassen [. . .].“ 435
428 BGH, Urt. v. 25.10.2016, BGHZ 212, 329 = NJW 2017, 1018, 1021 Rn. 40; BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2989 Rn. 43. 429 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 26; Heinrichs, NZM 2005, 201, 203; Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 561. 430 So aber Ahlt, DWW 2005, 96, 99; H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 674 f. 431 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 381; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vorbem. zur Inhaltskontrolle, Rn. 63. 432 BGH, Urt. v. 7.12.2010, BGHZ 187, 360 = NJW 2011, 1801, 1802 Rn. 20. 433 BGH, Urt. v. 8.5.2013, NJW 2013, 2739, 2740 Rn. 10. 434 BGH, Urt. v. 16.5.2007, WM 2007, 1477, 1478 Rn. 19. 435 BGH, Urt. v. 3.6.1998, NJW 1998, 710, 711; zustimmend Specht, in: Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, H Rz. 514.
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Diese Ausführung ist als Widerspruch zum Transparenzgebot in Art. 5 S. 1 Klausel-RL kritisiert worden.436 In der Tat verlangt Art. 5 S. 1 Klausel-RL, Klauseln müssten „stets“ klar und verständlich formuliert sein, was dafür spricht, dass das Risiko, eine Vertragsklausel nicht transparent formulieren zu können, den Verwender treffen muss. Der zitierten Einschätzung des Bundesgerichtshofs ist aber insofern zuzustimmen, als das Transparenzgebot gerade nicht dazu führen sollte, dass Klauseln so lang und detailgenau formuliert werden müssen, dass dem Vertragspartner wiederum der Blick auf das Wesentliche verstellt wird.437 b) Generell-abstrakte oder individuell-konkrete Betrachtung? Die Klauselkontrolle kann im Grundsatz zwei verschiedenen Betrachtungsweisen unterliegen: Man legt einen abstrakten Maßstab bei der Beurteilung des Inhalts einer Vertragsklausel an oder man beurteilt die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer solchen Klausel zumindest auch anhand der Umstände des Einzelfalls und der im Einzelfall bestehenden Interessen der Vertragsparteien. Da die Klauselkontrolle ohnehin nur bei zur mehrfachen Verwendung bestimmten, gleichförmigen Vertragsbedingungen möglich war, galt vor dem Inkrafttreten der Klausel-RL im deutschen AGB-Recht ein durchgehend überindividuell-generalisierender Kontrollmaßstab. Die Erwartungen und Interessen der konkret beteiligten Parteien und die Umstände des einzelnen Vertragsschlusses waren somit nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich waren vielmehr die typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise.438 Jedoch bestimmt Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL, dass bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel in einem Verbrauchervertrag nicht nur die Art der Güter und Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, sowie alle anderen Klauseln des Vertrags oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt – diese Aspekte werden auch bei einer generalisierenden Betrachtungsweise berücksichtigt –439, sondern auch alle den Vertragsabschluss begleitenden Umstände berücksichtigt werden müssen. Dem trägt § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB Rechnung. Der Europäische Gerichtshof bezieht die Berücksichtigung der Begleitumstände offenbar auf beide Prüfungspunkte von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, sowohl auf das Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten als auch auf den 436
Sternel, EWiR 1999, 307, 308; kritisch auch Hensen, NZM 1999, 151, 152. Stoffels, AGB-Recht, Rn. 573. 438 BGH, Urt. v. 8.10.1986, BGHZ 98, 303 = NJW 1987, 487, 489; BGH, Urt. v. 9.2.1990, BGHZ 110, 241 = NJW 1990, 1601, 1602; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 56 f.: Borges, Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, S. 22 f. 439 BGH, Urt. v. 17.1.1989, NJW 1989, 582; Ulmer, EuZW 1993, 337, 345; Remien, ZEuP 1994, 34, 54. 437
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Verstoß gegen Treu und Glauben.440 Weder Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL noch die deutsche Umsetzungsvorschrift, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, gehen ins Detail, welche Umstände des individuellen Vertragsschlusses dabei relevant sein können. Erwägungsgrund 16 S. 3 der Klausel-RL nennt aber als berücksichtigenswerte und nicht abschließende441 Aspekte bei der Beurteilung nach Treu und Glauben das „Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, um seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden“. Relevante Faktoren können in diesem Zusammenhang etwa die Abhängigkeit des Verbrauchers vom Leistungsangebot des Unternehmers oder die Geschäftserfahrenheit des Verbrauchers sein.442 Diese Gesichtspunkte können allerdings nur in die Abwägung bei der Klauselbeurteilung mit einfließen und für sich genommen noch nicht die Missbräuchlichkeit von Klauseln bewirken: Die infrage kommenden Umstände müssen mit der Vertragsgestaltung zusammenhängen.443 Solange kein Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten besteht, wirkt sich ein ungleiches Kräfteverhältnis in der Vertragsabschlusssituation, das in den meisten Fällen ohnehin nur schwer messbar sein dürfte, somit nicht auf die Inhaltskontrolle aus. Für die Fälle von Täuschung oder Drohung, an die man bei der Formulierung „ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben“ in Erwägungsgrund 16 S. 3 denken könnte, greifen in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen statt der Klauselkontrolle andere zivilrechtliche Mittel ein.444 Gleichwohl verpflichtet die Klausel-RL somit zu einer Beurteilung von Klauseln unter Berücksichtigung der Umstände des individuellen Vertragsschlusses.445 Dies ist rechtspolitisch keineswegs selbstverständlich: Im Interesse der nach Erwägungsgrund 7 der Klausel-RL angestrebten Erleichterung der Verkaufstätigkeit von Gewerbetreibenden im Binnenmarkt wäre es wohl naheliegender, auf die Berücksichtigung individueller Umstände bei der Klauselkontrolle zu verzichten.446 440 EuGH, Urt. v. 20.9.2017, WM 2017, 1974, 1979 Rn. 56 – Andriciuc; EuGH, Beschl. v. 22.2.2018 (ECLI:EU:C:2018:103) Rn. 29 – Lupean (bisher nur auf Rumänisch und Französisch veröffentlicht). 441 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 478. 442 Ausführlich Borges, Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, S. 61–77. 443 Ulmer, EuZW 1993, 337, 345; Borges, Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, S. 60. 444 Ulmer, EuZW 1993, 345 f. 445 Burckhardt, Das AGB-Gesetz unter dem Einfluss der EG-Richtlinie, S. 166–168; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 114. 446 In diese Richtung Remien, ZEuP 1994, 34, 54. Dieses Problem stellt sich erst recht, wenn – wie im ursprünglichen Vorschlag für die Verbraucherrechte-RL – eine Vollharmonisierung der Klauselkontrolle angestrebt wird. Dann steht die Berücksichti-
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Die Berücksichtigung der konkreten Umstände kann allerdings nur im individuellen Streit über die Geltung einer Vertragsbedingung zwischen den Vertragspartnern erfolgen, nicht dagegen in einem abstrakten Kontrollverfahren.447 In einem abstrakten Kontrollverfahren, wie es in Deutschland das UKlaG vorsieht, existieren keine individuellen Umstände, die bei der Beurteilung einfließen könnten. Dies wird auch in Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL klargestellt,448 wonach diese Regelung „unbeschadet des Artikels 7“ gelten soll, in dessen Abs. 2 die Einrichtung eines abstrakten Kontrollverfahrens vorgeschrieben wird. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Klausel-RL dafür entschieden, den Anwendungsbereich der konkret-individuellen Betrachtungsweise nach Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL auf Verbraucherverträge zu beschränken: Im Umkehrschluss aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bleibt es im unternehmerischen Geschäftsverkehr und bei Verträgen zwischen Verbrauchern auch im Individualprozess bei der überindividuell-generalisierenden Betrachtungsweise.449 Handelt es sich um einen Verbrauchervertrag, ist die Berücksichtigung der Umstände des Vertragsschlusses im Individualprozess aber nach der zutreffenden herrschenden Ansicht nicht auf vorformulierte Individualverträge nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB beschränkt.450 Der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL und Erwägungsgrund 16 enthält keine solche Beschränkung, sodass die Berücksichtigung individueller Umstände auch bei der Prüfung von klassischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erfolgen hat. Bei vorformulierten Einzelverträgen kann den Einzelfallumständen aber eine größere Bedeutung zukommen, da bei Standardverträgen meistens auch die Umstände des Vertragsschlusses gleichartig sind.451 Auch im Anwendungsbereich der Klausel-RL erfolgt aber keine ausschließlich konkret-individuell ausgerichtete Inhaltskontrolle.452 Nach der herrschenden Ansicht findet bei der Klauselkontrolle in Verbraucherverträgen in einem ersten gung individueller Umstände dem mit der Vollharmonisierung verfolgten Ziel entgegen, Gewerbetreibenden die unionsweite Verwendung einheitlicher allgemeiner Geschäftsbedingungen zu ermöglichen, vgl. Jansen, ZEuP 2010, 82, 104. 447 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 568 (Fn. 59); Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2194; Caspers, Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, S. 152; Graf v. Westphalen, VuR 2019, 98. 448 Graf v. Westphalen, EuZW 2019, 121, 124. 449 Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1202; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 109 f. 450 H. E. Brandner, MDR 1997, 312, 314; Caspers, Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, S. 153; Fornasier, in: MüKoBGB, § 310 Rn. 114; dagegen meinen Remien, ZEuP 1994, 34, 57 f.; J. Becker, in: BeckOK BGB, § 310 Rn. 21, die konkret-individuelle Betrachtung sei nur bei vorformulierten Individualverträgen und nicht bei Standardverträgen angebracht. 451 Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 113. 452 In diese Richtung aber Schmidt-Salzer, BB 1995, 733, 736.
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Schritt eine generalisierende Betrachtung statt, bevor im zweiten Schritt die abzuwägenden Gesichtspunkte durch die Umstände des Einzelfalls ergänzt werden.453 Dieser Vorgehensweise, die auch als „Kombinationslösung“ bezeichnet wird, ist zuzustimmen. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB sieht vor, dass die den Vertragsschluss begleitenden Umstände „auch“ berücksichtigt werden sollen, also neben die außerhalb von Verbraucherverträgen allein praktizierte abstrakt-generelle Betrachtung nach § 307 BGB treten sollen. Dagegen hat Graf von Westphalen454 in jüngerer Zeit Einwände gegen die Vereinbarkeit der von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB angeordneten zweistufigen Prüfung mit dem Kontrollmaßstab von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL vorgebracht. Er stützt sich dabei insbesondere auf das Urteil in der Rechtssache Andriciuc, in dem der Europäischen Gerichtshof unter anderem Folgendes entschieden hat: „Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass für die Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel auf den Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags abzustellen ist und die gesamten Umstände berücksichtigt werden müssen, von denen der Gewerbetreibende zu diesem Zeitpunkt Kenntnis haben konnte und die die spätere Erfüllung dieses Vertrags beeinflussen. Das vorlegende Gericht hat unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens sowie u. a. der Expertise und der Fachkenntnisse des Gewerbetreibenden – hier der Bank – zu den möglichen Wechselkursschwankungen und den mit der Aufnahme eines Fremdwährungskredits verbundenen Risiken das etwaige Vorliegen eines erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnisses im Sinne dieser Bestimmung zu prüfen.“ 455
Daraus schlussfolgert Graf von Westphalen, dass die Klausel-RL in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof einen ausschließlich individuell-konkreten Prüfungsmaßstab vorgebe, bei dem für die Berücksichtigung der typischen Interessen der Vertragsparteien kein Platz sei.456 Im Rahmen der bereits in der Entscheidung Aziz457 etablierten Prüfung, ob der Gewerbetreibende vernünftigerweise erwarten durfte, dass sich der Verbraucher nach individuellen Verhandlungen auf diese Klausel einlässt, sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Entscheidung Andriciuc nunmehr eine ausschließlich individuell-konkrete Sicht maßgeblich.458 Dann aber wäre § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, der lediglich „auch“ die den Vertragsschluss begleitenden Umstände miteinbezieht, mit den 453 OLG Frankfurt, Urt. v. 17.11.2000, NJW-RR 2001, 780; Burckhardt, Das AGBGesetz unter dem Einfluß der EG-Richtlinie, S. 169; H. E. Brandner, MDR 1997, 312, 314; Caspers, Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, S. 152; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 480 f. 454 VuR 2019, 93. 455 EuGH, Urt. v. 20.9.2017, WM 2017, 1974 – Andriciuc. 456 VuR 2019, 93, 95 f.; EuZW 2019, 121, 122–124. 457 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 69. 458 Graf v. Westphalen, VuR 2019, 93, 94 f.; ders., EuZW 2019, 121, 122–124.
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Vorgaben der Klausel-RL unvereinbar, weil ein Kombinationsmodell, wie es § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB vorsieht, in der Tat nicht stets als strengere Vorgehensweise angesehen werden kann im Vergleich mit einer streng individuell-konkreten Betrachtung.459 Der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich dagegen nach hiesigem Verständnis nicht entnehmen, dass aus der Klausel-RL eine ausschließlich konkret-individuelle Betrachtungsweise folgen muss. Dass die Beurteilung „unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens sowie u. a. der Expertise und der Fachkenntnisse des Gewerbetreibenden“ 460 zu erfolgen hat, schließt es nicht aus, bei der Klauselbeurteilung zumindest auch in einem ersten Schritt auf die typisierten Interessen der Vertragsparteien zu schauen. Der Wortlaut der Richtlinie deutet vielmehr auf das Gegenteil hin: Nach Erwägungsgrund 16 S. 1 der Klausel-RL muss die „nach den generell festgelegten Kriterien erfolgende Beurteilung der Mißbräuchlichkeit von Klauseln [. . .] durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien ergänzt werden“. Im Anschluss werden in S. 3 des Erwägungsgrunds die bereits erwähnten Umstände des Vertragsschlusses genannt, die bei der Beurteilung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben „besonders zu berücksichtigen“ sein sollen. Es mag zutreffen, dass die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung Andriciuc betonte Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Vertragsschlusses in der deutschen Rechtsprechung bisher nicht ausreichend praktiziert wurde. So ist zumindest der Bundesgerichtshof soweit ersichtlich bisher in keinem Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass die Umstände des Einzelfalls zu einem von einer generalisierenden Betrachtungsweise abweichenden Ergebnis führen. Weder dem Wortlaut der Klausel-RL noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich aber entnehmen, dass die zweistufige Vorgehensweise, wie sie § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB vorschreibt, als solche mit dem Unionsrecht unvereinbar ist. Um verbleibende Zweifel zu beseitigen, könnten deutsche Gerichte – Entscheidungserheblichkeit vorausgesetzt – diese Frage gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen. Auf der zweiten Ebene der Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen nach §§ 307, 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist außerdem umstritten, ob die Berücksichtigung der Einzelfallumstände sich nur zugunsten des Verbrauchers auswirken darf oder ob sie auch zugunsten des Gewerbetreibenden ausfallen kann. Hierzu wird zum Teil vertreten, der Gesetzgeber habe mit der Einfügung von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB (bzw. vormals § 24a Nr. 3 AGBG) nicht den vor der Umsetzung der Klausel-RL durch das AGB-Recht gewährten Verbraucherschutz verringern wollen. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB sei daher als nach Art. 8 Klausel-RL zulässigerweise 459 460
Graf v. Westphalen, VuR 2019, 93, 98; ders., EuZW 2019, 121, 123. EuGH, Urt. v. 20.9.2017, WM 2017, 1974 – Andriciuc.
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strengere Vorschrift so auszulegen oder teleologisch zu reduzieren, dass sich die Berücksichtigung individueller Umstände ausschließlich zugunsten des Verbrauchers auswirken kann.461 Dieser Ansicht ist jedoch nicht zuzustimmen. In der Klausel-RL findet sich kein Anhaltspunkt für eine nur zugunsten des Verbrauchers wirkende Berücksichtigung der individuellen Umstände. Es wäre zwar gemäß Art. 8 Klausel-RL ohne Weiteres zulässig, einen strengeren Maßstab im nationalen Recht vorzusehen, der die Berücksichtigung dieser Umstände nur zugunsten des Verbrauchers zulässt. Dies ist in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB aber nicht geschehen, denn nach dieser Vorschrift sind schlicht „auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen“ – und diese können sich in beide Richtungen auswirken. Daher kann die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände in beide Richtungen wirken und somit auch eine den Verbraucher bei generalisierter Betrachtung benachteiligende Klausel „retten“.462 Diese Befunde bedeuten für die Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln, dass sich der Kontrollmaßstab je nachdem, ob es sich um einen Verbrauchervertrag handelt oder nicht, unterscheiden kann: Bei gewerblichen Mietverträgen erfolgt die Kontrolle stets anhand einer abstrakt-generellen Betrachtungsweise, die lediglich auf die typische Interessenlage von Mietern und Vermietern Rücksicht nimmt, während bei denjenigen Wohnungsmietverträgen, die als Verbraucherverträge zu qualifizieren sind,463 im Einzelfall aufgrund der den Vertragsschluss begleitenden Umstände und der individuellen Interessen der Vertragsparteien eine abweichende Beurteilung geboten sein kann. c) Maßgebliche Auslegung Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Die Beurteilung einer Klausel kann nur vorgenommen werden, wenn ihr zuvor ein bestimmter Inhalt zugemessen wurde.464 Nach der ständigen Rechtsprechung sind Allgemeine Geschäftsbedingungen sowohl im Individual- als auch im Verbandsprozess ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden ein461 Michalski, DB 1999, 677, 679 f.; Caspers, Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, S. 156–159; J. Becker, in: BeckOK BGB, § 310 Rn. 21. 462 Dies entspricht der wohl herrschenden Meinung, vgl. etwa OLG Frankfurt, Urt. v. 17.11.2000, NJW-RR 2001, 780, 781 Rn. 15; BAG, Urt. v. 14.8.2007, NJW 2008, 458, 460 Rn. 31; OLG Jena, Urt. v. 4.6.2014, BeckRS 2014, 11854; Heinrichs, NZM 2005, 201, 209; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 114; Roloff/Looschelders, in: Erman BGB, § 310 Rn. 24 f. 463 Siehe dazu oben S. 62 ff. 464 Lange, ZGS 2004, 208; Graf v. Westphalen, EuZW 2019, 121, 124; Mäsch, in: Staudinger, BGB, § 305c Rn. 86.
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heitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden.465 Es gilt somit ein Grundsatz der objektiven Auslegung. Verbleiben bei dem Versuch einer solchen objektiven Auslegung der fraglichen Klausel Unklarheiten, weil mindestens zwei Auslegungsergebnisse vertretbar sind, so ist die Klausel gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders auszulegen. Diese Unklarheitenregel stimmt nach zutreffender Auffassung466 im Ergebnis mit Art. 5 S. 2 Klausel-RL überein, wonach im Zweifelsfall „die für den Verbraucher günstigste Auslegung“ gilt. Daraus folgt in einem ersten Schritt, dass der Prüfung der Klausel sowohl im Verbands- als auch im Individualprozess die kundenfeindlichste Auslegung derselben zugrunde gelegt werden muss, denn diese Auslegung führt am ehesten zur Unwirksamkeit der verwendeten Klausel, was für den Vertragspartner des Verwenders das günstigste Ergebnis darstellt.467 Die scheinbar kundenfeindliche Auslegung ist somit in Wirklichkeit für den Kunden gerade günstig. Teilweise wird vertreten, die Klausel-RL sehe in Art. 5 S. 2 für den Individualprozess gerade nicht die kundenfeindlichste Auslegung vor, sondern auch im ersten Schritt der Auslegung bei Unklarheiten eine kundenfreundliche Auslegung, auch wenn diese seltener zur Unwirksamkeit der Klausel führt.468 Wegen des Hinweises in Art. 5 S. 3 Klausel-RL sei eine kundenfeindliche Auslegung lediglich im abstrakten Kontrollverfahren nach Art. 7 Abs. 2 Klausel-RL geboten.469 Der Wortlaut von Art. 5 S. 2 Klausel-RL, es gelte „die für den Verbraucher günstigste Auslegung“, sei mit der Vornahme der kundenfeindlichsten Auslegung unvereinbar.470 Dem ist aber nicht zuzustimmen. Da die im ersten Schritt vorgenommene kundenfeindlichste Auslegung am ehesten zur Unwirksamkeit der kontrollierten Klausel führt, ist diese sowohl die „für den Verbraucher günstigste Auslegung“ (Art. 5 S. 2 Klausel-RL) als auch die Auslegungsvariante, die am stärksten „zulasten des Verwenders“ geht (§ 305c Abs. 2 BGB).471 Selbst wenn die Klausel465 BGH, Urt. v. 9.4.2014, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2269 Rn. 37; BGH, Urt. v. 20.1.2016, NJW-RR 2016, 526 Rn. 17; BGH, Urt. v. 20.7.2017, NJW 2017, 2762, 2764 Rn. 19; Kollmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 305c Rn. 39. 466 Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 44. 467 BGH, Urt. v. 29.4.2008, BGHZ 176, 244 = NJW 2008, 2172, 2173 Rn. 19; BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2878 Rn.16; BGH, Urt. v. 10.6.2020, WM 2020, 1840, 1844 Rn. 39. 468 Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 36; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 30. 469 Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 36; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 30. 470 Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 36; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 30. 471 So auch Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 148 f.
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RL entgegen der hier vertretenen Auffassung insoweit eine andere Auslegung vorsähe, wäre die im deutschen Recht gemäß § 305c Abs. 2 BGB praktizierte kundenfeindlichste Auslegung aber zulässig, weil es sich dann um eine gemäß Art. 8 Klausel-RL gestattete strengere Vorgehensweise handeln würde.472 Nur wenn die untersuchte Klausel bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Inhaltskontrolle standhält, ist sie in einem zweiten Schritt so auszulegen, dass sie den Interessen des Vertragspartners des Verwenders möglichst entspricht.473 Für die Inhaltskontrolle ist also stets von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen. Die Anwendung dieser für den Ausgang der Inhaltskontrolle entscheidenden Auslegungsgrundsätze ist in der Praxis aber oftmals schwierig und umstritten, wie die bisherige Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturklauseln eindrücklich anhand verschiedener Beispiele zeigt. Auf diese soll in dieser Untersuchung im Zuge der jeweils untersuchten Klauselgestaltungen eingegangen werden.474 d) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt Bei der Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln kann die Frage aufkommen, welcher Zeitpunkt der Inhaltskontrolle zugrunde zu legen ist. Erstens, weil sich der je nach Zeitpunkt möglicherweise unterschiedliche Zustand der Mietsache auf die Beurteilung einer Schönheitsreparaturklausel auswirken könnte. Zweitens, weil sich die Anschauungen zu der Frage, wann ein Mieter durch eine Renovierungsklausel unangemessen benachteiligt wird, mit der Zeit gewandelt haben und sich deshalb die Frage stellt, ob möglicherweise die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses herrschenden, inzwischen überholten Rechtsauffassungen gleichwohl zugrunde gelegt werden müssen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit ist im Individualprozess gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. In den §§ 305 ff. BGB findet sich keine Regelung zum Beurteilungszeitpunkt für die AGB-Kontrolle. Dennoch ist auch hier anerkannt, dass im Individualprozess der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend ist, wie es in Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL ausdrücklich bestimmt ist.475 Dies gilt sowohl für die der Beurteilung zugrunde zu legenden Tatsachen als auch für die anwendbaren Rechtsvorschriften und auch bei Dauerschuldverhältnissen wie dem Mietvertrag. 472 Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 36; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 30. 473 Kollmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 305c Rn. 33. 474 Siehe S. 143 ff., 174 f., 196 ff., 209 ff. und 221 ff. 475 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2000, 1110, 1113; BGH, Urt. v. 30.3.2010, BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041, 2043 f. Rn. 30; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 117; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 93.
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Relevant sind somit allein diejenigen tatsächlichen Verhältnisse, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen oder deren zukünftiges Eintreten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar sind. Sonstige Ereignisse, die nach Vertragsschluss auftreten, sind für die Inhaltskontrolle unbeachtlich.476 Die Frage, auf welchen Zeitpunkt für die der Beurteilung einer Klausel zugrunde zu legende Gesetzeslage abzustellen ist, spielt im Kontext der Schönheitsreparaturklauseln bisher keine Rolle, weil sich die maßgeblichen Vorschriften sowohl im Mietrecht als auch im AGB-Recht seit Inkrafttreten des AGBG inhaltlich nicht verändert haben. Nach der herrschenden Ansicht, für die im Bereich der Verbraucherverträge klar der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL spricht, ist die Gesetzeslage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich.477 Von Bedeutung ist im Kontext der Schönheitsreparaturklauseln hingegen, wie soeben angedeutet, die Frage, wie sich Änderungen in der rechtlichen Beurteilung, namentlich Rechtsprechungsänderungen, auswirken, da diese in Bezug auf die Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln mehrfach geschehen sind und auch in Zukunft geschehen könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Falle einer Rechtsprechungsänderung die jeweils aktuelle Rechtsauffassung zugrunde zu legen, nicht die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorherrschende Auffassung.478 Dem ist zuzustimmen und es liegt darin auch kein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL: Wenn ein Gericht bei unveränderter Gesetzeslage im Gegensatz zu einer früheren Rechtsprechung annimmt, dass eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt oder aus anderen Gründen unwirksam ist, dann geht es davon aus, dass die Klausel bereits früher unwirksam war, dies jedoch damals noch nicht erkannt worden ist. Wendet das Gericht die gleich gebliebenen Vorschriften entsprechend seiner aktuellen Rechtsauffassung an, legt es somit durchaus die nach seiner Ansicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Rechtslage der Beurteilung der Klausel zugrunde. Hiervon zu unterscheiden ist die noch zu behandelnde Frage, ob auf der Rechtsfolgenseite die Wirkungen der Feststellung der Unwirksamkeit einer
476 EuGH, Urt. v. 20.9.2017, WM 2017, 1974, 1979 Rn. 58 – Andriciuc; EuGH, Urt. v. 27.1.2021, WM 2021, 273, 276 f. Rn. 54 – Dexia; BGH, Urt. v. 30.3.2010, BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041, 2043 f. Rn. 30; anderer Ansicht van Gool, Die Problematik des Rechts der missbräuchlichen Klauseln und die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, S. 77. 477 BGH, Urt. v. 4.2.2009, NJW 2009, 1491, 1493 Rn. 15; BAG, Urt. v. 24.9.2019, BAGE 168, 54 = NZA 2020, 310, 315 Rn. 42; Roloff/Looschelders, in: Erman, BGB, § 307 Rn. 6; anderer Ansicht Jesgarzewski, BB 2017, 63. 478 BGH, Urt. v. 18.1.1996, BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924, 925; BGH, Urt. v. 30.3.2010, BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041, 2044 Rn. 30; so auch Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 117 f., mit der Ausnahme eines „tief greifenden Bewertungswandels“, der in Bezug auf die Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln bisher nicht gegeben sein dürfte; anders aber offenbar BGH, Urt. v. 23.1.2003, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805, 1809.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Klausel im Interesse des Schutzes des Vertrauens auf eine frühere Rechtsprechung begrenzt werden müssen.479 Im Verbandsprozess nach dem UKlaG wird für die Klauselbeurteilung auf die tatsächlichen Verhältnisse und die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt.480 Hier fehlt es an einem konkreten Vertragsschluss, auf den als Beurteilungszeitpunkt abgestellt werden könnte.481 2. Unangemessene Benachteiligung aufgrund der Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung? Nach dem System des § 307 BGB ist zunächst zu prüfen, ob die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar ist. Wenn die Prüfung dieses Regelbeispiels ergibt, dass „wesentliche Grundgedanken“ im Sinne dieser Vorschrift nicht betroffen sind oder aber eine solche Vereinbarung zumindest nicht mit diesen Grundgedanken unvereinbar ist, verbleibt als Prüfungsmaßstab nur der Auffangtatbestand des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.482 Ergibt die Prüfung einer Klausel aber, dass sie gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbar ist mit derartigen wesentlichen Grundgedanken, so müssten besondere Gründe bestehen, damit gleichwohl keine unangemessene Benachteiligung anzunehmen ist.483 Die Unwirksamkeitsvermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB kann widerlegt werden, wenn die Abweichung von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung sachlich gerechtfertigt ist oder der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung auf andere Weise gewahrt wird.484 Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln, wie im Schrifttum zu Recht kritisiert wurde,485 dagegen oftmals nicht zwischen der Prüfung von § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB differenziert, sondern einfach beide Bestimmungen nebeneinander genannt oder pauschal auf § 307 BGB (bzw. § 9 AGBG) abgestellt.486 Wie bereits er479
Siehe dazu unten S. 257 ff. BGH, Urt. v. 18.6.2019, BGHZ 222, 240 = NJW 2019, 3771 Rn. 17; Medicus, NJW 1995, 2577, 2580; Roloff/Looschelders, in: Erman, BGB, § 307 Rn. 6; Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 7. 481 Medicus, NJW 1995, 2577, 2580; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 472. 482 Kappus, NZM 2016, 609, 612. 483 Siehe die Nachweise oben in Fn. 424. 484 BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2989 Rn. 41. 485 Kappus, NZM 2016, 609, 612; Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 146. 486 Vgl. BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792; BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 1. 480
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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wähnt, hält er die formularvertragliche Abwälzung der Dekorationslast in ständiger Rechtsprechung für grundsätzlich zulässig. Wegen der insoweit undifferenzierten Vorgehensweise ist aber zum Teil unklar geblieben, ob die Abwälzung von Schönheitsreparaturen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs schon nicht die Voraussetzungen des Regelbeispiels in § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllen soll oder aber trotz des Eingreifens von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausnahmsweise keine unangemessene Benachteiligung des Mieters entgegen den Geboten von Treu und Glauben gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben sein soll. In einem älteren Rechtsentscheid487 hat der Bundesgerichtshof allerdings angedeutet, er gehe in der Tat davon aus, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit den gesetzlichen Grundgedanken unvereinbar sei, die daraus folgende Vermutung für die Unwirksamkeit aber wegen besonderer Gründe widerlegt sei.488 Diese Ausführungen wurden in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgegriffen und bestätigt.489 a) Der Leitbildcharakter von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB Die Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln gemäß § 307 BGB muss also mit der Prüfung von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB als Konkretisierung des allgemeinen Unwirksamkeitstatbestands beginnen. Um zu ermitteln, ob die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist, ist die Frage zu klären, ob und, wenn ja, zu welchem Grad eine solche Gestaltung von einer leitbildgebenden dispositiven Norm abweicht. Wie gezeigt ist das Abstellen auf den Grad der Abweichung vom dispositiven Recht bei der Inhaltskontrolle ohne Weiteres mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar. aa) Die Erhaltungspflicht des Vermieters als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung? Die Durchführung der Schönheitsreparaturen ist durch § 535 Abs. 1 S. 2 BGB gesetzlich dem Vermieter zugewiesen: Nach dieser Bestimmung hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand 487
BGH, Rechtsentscheid v. 31.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481. So auch die Interpretation von Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 533 und Bach, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 7. Dafür spricht auch die Formulierung im Urt. des BGH v. 8.10.2008, NJW 2008, 3772 Rn. 12: „[. . .] hat es der BGH gebilligt, dass in Formularverträgen Schönheitsreparaturen regelmäßig auf den Mieter verlagert werden, obwohl nach § 307 BGB Bestimmungen, die vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen, in der Regel als unangemessen und damit unwirksam anzusehen sind [. . .].“ 489 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 12. 488
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
zu erhalten.490 Daraus folgt, dass er zur Instandsetzung und Instandhaltung der vermieteten Sache verpflichtet ist.491 Dies bedeutet, dass der Vermieter während der gesamten Mietzeit alle negativen Abweichungen vom vereinbarten oder vorausgesetzten Zustand der Mietsache zu beseitigen hat, selbst wenn es sich nur um unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigungen handelt.492 Es handelt sich dabei um eine Hauptleistungspflicht des Vermieters, die im Synallagma zur Mietzahlungspflicht des Mieters aus § 535 Abs. 2 BGB steht.493 Wie § 538 BGB klarstellt, ist der Vermieter auch dann für die Beseitigung der eingetretenen Verschlechterungen zuständig, wenn diese Abnutzung durch den Mieter hervorgerufen wurde, solange dieser nicht die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten hat.494 Somit obliegt die Durchführung der Schönheitsreparaturen nach der dispositiven Regelung in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB dem Vermieter.495 Der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Mangelbeseitigung, unter den die Schönheitsreparaturen während des laufenden Mietverhältnisses fallen, unterliegt nicht der Verjährung, da es sich um eine Dauerverpflichtung des Vermieters handelt, die ständig neu entsteht.496 Es entspricht damit dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrags, dass der Vermieter während der gesamten Mietzeit für die Erhaltung der Mietsache sorgt. Die dauerhafte Erhaltungspflicht des Vermieters stellt ein prägendes Merkmal der Miete dar.497 Da § 535 Abs. 1 S. 2 BGB insoweit keine Differenzierung vorsieht, gilt dies gleichermaßen für Wohn- und Gewerberäume. Die Übertragung der Schönheitsreparaturlast auf den Mieter bedeutet folglich immer auch eine Abweichung von einer Norm, die einen wesentlichen Grundgedanken im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für das Leitbild der Miete enthält. Damit ist im Falle von Verbrauchermietverträgen zugleich aus unionsrechtlicher Perspektive das Vorliegen eines Missverhältnisses im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL naheliegend, weil eine Abweichung vom dispositiven Recht zum Nachteil des Verbrauchers erfolgt. 490
Diese Regelung befand sich bis zum 31.8.2001 in § 536 BGB. Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 402; eine einheitliche Abgrenzung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung besteht nicht, vgl. Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 124. 492 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 402. 493 BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 9; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 192; Kratzlmeier, ZfIR 2020, 661, 662. 494 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1067; Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/ Siegmund, Miete, § 538 Rn. 1; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 418. 495 Wie Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233 f., ausführt, entspricht dies auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei der Schaffung des BGB. 496 BGH, Urt. v. 17.2.2010, BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292 Rn. 17. 497 Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 128; Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 114. 491
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Der Umstand, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter in § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO vorausgesetzt wird, kann noch keine abweichende Schlussfolgerung rechtfertigen.498 Die II. BerechnungsVO bestimmt nur die Folgen der Dekorationslastverteilung für die Höhe der Kostenmiete im preisgebundenen Wohnraum. Sie enthält aber keine eigene Aussage zur Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen auf den Mieter.499 Die festgestellte Abweichung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB bedeutet aber noch nicht, dass im Falle der Übertragung der Schönheitsreparaturen auch eine Unvereinbarkeit mit dessen wesentlichen Grundgedanken gegeben ist. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfordert in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL500 die Prüfung, wie stark die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild durch die untersuchte Klausel ausfällt.501 Eine solche Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Grundgedanken des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB wäre nur anzunehmen, wenn schon die Abwälzung der Schönheitsreparaturen, die lediglich einen Teilbereich der Instandhaltungsmaßnahmen darstellen, den Kern der gesetzlichen Aufgabenverteilung im Mietverhältnis betreffen würde. Es handelt sich damit um eine Frage der Auslegung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Hierbei stellt sich das Problem, dass der Grad der Abweichung vom gesetzlichen Leitbild, der zur Unvereinbarkeit mit den gesetzlichen Grundgedanken im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt, schwierig zu bestimmen ist. Zum Teil wird vertreten, das BGB habe mit der Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB für alle Arten der Instandhaltung dieselbe Entscheidung getroffen. Dieser Grundentscheidung widerspreche eine Aufteilung in Schönheitsreparaturen und sonstige Instandhaltungsmaßnahmen.502 Dieses Verständnis hat zur Konsequenz, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen als mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar angesehen werden muss, denn durch die Abwälzung der Schönheitsreparaturen wird eine Hauptleistungspflicht des Vermieters zur Hauptleistungspflicht des Mieters. Eine andere Wertung verdient indes den Vorzug. Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen weicht zwar von einem prägenden Grundsatz der Pflichtenverteilung im Mietverhältnis ab. Soweit sich die Abweichung vom Gesetz jedoch auf den eng umgrenzten Bereich der Schönheitsreparaturen beschränkt, ist die generelle Erhaltungspflicht des Vermieters aber noch nicht in einer Weise modifiziert, dass wesentliche Grundgedanken von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB betroffen sind. Es besteht im Hinblick auf die verschiedenen Aspekte der Erhaltungspflicht des Vermieters vielmehr ein unterschiedlich 498 499 500 501 502
So aber Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 56. So zutreffend Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 243. EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464 Rn. 68 – Aziz. Stoffels, AGB-Recht, Rn. 518. Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 239 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
stark ausgeprägtes Schutzbedürfnis des Mieters, sodass eine Abweichung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB differenziert beurteilt werden kann.503 Im Wesentlichen dekorative Arbeiten, die infolge der Benutzung durch den Mieter notwendig werden, berühren nicht den „Gerechtigkeitskern“ des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.504 Es handelt sich hierbei um Arbeiten, die in besonderem Maße „mieternah“ sind, weil die konkrete Ausführung der Schönheitsreparaturen auch vom Geschmack des Ausführenden abhängt.505 Hinzu kommt, dass Schönheitsreparaturen vielfach vom Mieter kostensparend eigenhändig durchgeführt werden können. Dies unterscheidet sie auch von sonstigen Erhaltungs- und Reparaturarbeiten, bei denen eine Abwälzung auf den Mieter in der Regel nicht für zulässig gehalten wird. bb) Wille des historischen Gesetzgebers? Die Begründung zum Gesetzentwurf für das Mietrechtsreformgesetz 2001 Bei der Frage, wie die Bestimmung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, von der durch Schönheitsreparaturklauseln abgewichen wird, auszulegen ist, könnte auch der Wille des historischen Gesetzgebers zu berücksichtigen sein. Die damalige Bundesregierung verzichtete in ihrem Entwurf für die Mietrechtsreform 2001 auf eine Regelung zu den Schönheitsreparaturen und konnte sich damit im Ergebnis auch durchsetzen. Dabei nahm sie aber auch zu der Frage Stellung, ob die Praxis der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter zu billigen ist: „Der Gesetzentwurf sieht an dieser Stelle davon ab, eine gesetzliche Regelung zu den so genannten Schönheitsreparaturen, das heißt den durch Abnutzung notwendig gewordenen Maler- und Tapezierarbeiten zu treffen. Damit wird an dem gesetzlichen Leitbild festgehalten, dass der Vermieter, der grundsätzlich die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit auch in diesem Zustand zu erhalten hat, auch zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Gleichzeitig bleibt es bei der heute vielfach genutzten Möglichkeit, die Durchführung der Schönheitsreparaturen (in gewissen Grenzen) auf den Mieter zu übertragen. Dies bedeutet, dass es letztlich die Mietvertragsparteien selbst in der Hand behalten, im Rahmen der konkreten Vertragsverhandlung und -ausgestaltung zu regeln, wer von ihnen die Schönheitsreparaturen zu tragen hat und diesen Faktor gegebenenfalls bei der Höhe der Miete zu berücksichtigen. Dies ist sinnvoll und interessengerecht. Die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter kann durch eine individuell ausgehandelte vertragliche Vereinbarung (Individualklausel) oder als Vereinba503
Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387. So zutreffend Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 244; ders., NJW 2016, 1201, 1204; ders., BeckOGK BGB, § 535 Rn. 388; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97; ähnlich Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 152; ders., VuR 2021, 214, 218. 505 Streyl, NZM 2017, 345, 346. 504
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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rung im Rahmen einer Allgemeinen Vertragsbestimmung (Formularklausel) erfolgen. Aus einer Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen insbesondere zu Formularklauseln haben sich mittlerweile einige vernünftige und praxisgerechte Grundsätze für die Zulässigkeit der Übertragung von Schönheitsreparaturen entwickelt, die sich am gesetzlichen Leitbild des § 536 BGB bzw. des § 535 Abs. 1 Satz 2 Entwurf orientieren. Die Frage, ob eine vertragliche Vereinbarung zulässig ist oder nicht, kann letztlich nie schematisch beantwortet werden, sondern hängt immer entscheidend von der gesamten Vertragsgestaltung und der Interessenlage der Parteien im Einzelfall ab. Vor diesem Hintergrund wird eine starre gesetzliche Regelung der Vielzahl der in der Praxis vorkommenden und möglichen Fallgestaltungen nicht gerecht. Die Vorschrift des § 535 Abs. 1 Satz 2 Entwurf gibt deshalb ein gesetzliches Leitbild vor, das Maßstab ist für die Beurteilung der Zulässigkeit insbesondere von Formularklauseln nach § 9 AGBG, sie bietet aber gleichzeitig den nötigen Spielraum für eine einzelfallbezogene, wirklich interessengerechte Lösung.“ 506
Die Bundesregierung brachte damit ihre Zustimmung zu der bis zu dem damaligen Zeitpunkt ergangenen Rechtsprechung zum Ausdruck, wonach eine Abwälzung der Schönheitsreparaturen auch formularvertraglich zumindest im Grundsatz möglich war. Umstritten ist, inwiefern diese Äußerung der damaligen Bundesregierung bei der Auslegung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB und damit mittelbar bei der Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln zu berücksichtigen ist. Die Zivilkammer 67 des Berliner Landgerichts hat sich auf den Standpunkt gestellt, der zitierten Äußerung in der Begründung für das Mietrechtsreformgesetz lasse sich nicht entnehmen, ob und, wenn ja, in welchem Umfang, die Abwälzung von Schönheitsreparaturen vom Gesetzgeber für zulässig erachtet wurde.507 Hilfsweise führt das Gericht aus: Selbst wenn im Gesetzgebungsverfahren die Einschätzung von Gesetzgebungsorganen erkennbar werde, dass die Abwälzung der Vornahme von Schönheitsreparaturen nach ihrer Ansicht zulässig ist, sei dies ohne Belang für die Inhaltskontrolle, da nur solche Gesetzgebungsmaterialien bei der Gesetzesauslegung verwendet werden dürften, bei denen sich die darin enthaltene Auffassung in der verabschiedeten Norm niedergeschlagen hat. Da es im Hinblick auf die Schönheitsreparaturen zu keiner gesetzlichen Regelung gekommen sei, könne der Äußerung keine Bedeutung für die ohnehin vorrangig auf den objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes ausgerichtete Auslegung beigemessen werden.508 Der ersten genannten These des Landgerichts Berlin, wonach sich der Begründung zum Mietrechtsreformgesetz nichts darüber entnehmen lasse, ob der Gesetzgeber die Abwälzung für zulässig hielt, ist nicht zuzustimmen. In der Begründung wird zwar nicht ausdrücklich erklärt, unter welchen Bedingungen die 506 507 508
BT-Drucks. 14/4553, S. 40. LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 191. LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 191 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Abwälzung zulässig sein soll. Die Bundesregierung umgeht eine Stellungnahme mit dem Hinweis, die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung könne „letztlich nie schematisch beantwortet werden“ 509, und überlässt den umstrittenen Bereich der Schönheitsreparaturklauseln damit gänzlich der Rechtsprechung. Aus der Begründung geht aber klar die Zustimmung zur bisherigen Rechtsprechung hervor, die die formularvertragliche Abwälzung der Dekorationslast im Grundsatz billigte. Es schließt sich dann die Folgefrage an, ob es für eine Berücksichtigung bei der Auslegung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB und damit auch bei der Inhaltskontrolle ausreicht, dass die Einschätzung der Bundesregierung in der Gesetzesbegründung vorkam, in dem erlassenen Gesetz aber keinen Niederschlag gefunden hat. Das Berliner Landgericht hat dies unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs verneint:510 Demnach sei der in einer Gesetzesvorschrift objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, während die subjektive Vorstellung einzelner Beteiligter am Gesetzgebungsverfahren nicht relevant sei. Die Auslegung könne nicht durch im Gesetzgebungsverfahren dargelegte, im Gesetzeswortlaut aber nicht wiedergegebene Motive gebunden werden.511 Diese Einschränkung der genetischen Auslegung wird allerdings nicht von allen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur vertreten: Wohl überwiegend wird auf den in sonstigen Gesetzgebungsmaterialien kommunizierten Willen von an der Gesetzgebung beteiligten Organen abgestellt, auch wenn der Wortlaut des Gesetzes diesen Willen nicht widerspiegelt.512 Bei Bundesgesetzen werden gerade die in einem Regierungsentwurf geäußerten Motive oftmals als maßgeblich für den Willen „des Gesetzgebers“ angesehen, obwohl die Bundesregierung nur eines der an der Gesetzgebung beteiligten Organe ist.513
509
BT-Drucks. 14/4553, S. 40. LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 192. 511 BGH, Beschl. v. 19.4.2012, ZUM-RD 2012, 587, 591 Rn. 29; ähnlich BGH, Urt. v. 15.11.2012, NZI 2013, 178, 179 Rn. 13; so auch Halder, ZJS 2017, 719, 723 f.; das BVerfG erklärte einmal, der Wille des Gesetzgebers könne „bei der Auslegung des Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat“ (Beschl. v. 17.5.1960, BVerfGE 11, 126 = NJW 1960, 1563, 1564 Rn. 18). Die Haltung des BVerfG in dieser Frage ist aber bisher uneinheitlich gewesen, vgl. mit weiteren Nachweisen Frieling, Gesetzesmaterialien und Wille des Gesetzgebers, S. 68–71. 512 OLG Bamberg, Beschl. v. 29.4.2016, NStZ-RR 2017, 27, 27 f.: „Die Auslegung nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich vorliegend eindeutig aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist als eine gegenüber den weiteren Methoden gleichrangige Auslegungsmethode auch dann anwendbar, wenn der Gesetzeswortlaut selbst keinen entsprechenden Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers enthält“; ähnlich BGH, Urt. v. 27.1.2017, NJW-RR 2017, 443, 444 Rn. 9; Wedel, ZMR 2017, 400; Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 350. 513 Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 352. Zum Begriff des Gesetzgebers Frieling, Gesetzesmaterialien und Wille des Gesetzgebers, S. 23–25. 510
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Es geht hierbei nicht darum, ob sich eine in den Gesetzesmaterialien enthaltene Stellungnahme gegen einen entgegenstehenden Normwortlaut durchsetzen kann.514 Vielmehr fragt sich, ob eine außerhalb des Gesetzestextes enthaltene Einschätzung berücksichtigt werden kann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten innerhalb des Wortlauts der Norm denkbar sind. Richtigerweise ist das im Grundsatz zu bejahen. Sofern man dem Willen des historischen Gesetzgebers überhaupt eine Bedeutung bei der Gesetzesauslegung beimessen will,515 ist es überzeugend, auch die in den Gesetzesmaterialien enthaltenen Stellungnahmen zu berücksichtigen, soweit sie dem verabschiedeten Gesetzgebungsakt zugerechnet werden können. Dies ist im Hinblick auf die Stellungnahme der Bundesregierung in ihrer Gesetzesbegründung zu bejahen, da § 535 Abs. 1 S. 2 BGB bei der Mietrechtsreform 2001 in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Form verabschiedet wurde. Allerdings kann diese Stellungnahme für sich genommen nicht das ausschlaggebende Element bei der Auslegung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sein, da sich die Bundesregierung wie aufgezeigt nur äußerst zurückhaltend zur Wirksamkeit der Überwälzung der Dekorationslast auf den Mieter geäußert hat. Sie verweist vielmehr auf die Rechtsprechung zur Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen, die sich aber wiederum im Vorfeld der Stellungnahme und noch stärker im Anschluss daran gewandelt hat. Eine klare Entscheidung in die eine oder die andere Richtung, die bei der Auslegung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB als gesetzliches Leitbild für die Inhaltskontrolle zu beachten wäre, lässt sich der Stellungnahme somit nicht entnehmen. Es stellt sich im Zusammenhang mit der Mietrechtsreform zudem das der historisch-genetischen Auslegung immanente Problem, dass der Wille des Gesetzgebers nur schwerlich durch die Stellungnahmen einzelner Akteure ermittelt werden kann, weil die Beteiligten unterschiedliche Interessen und politische Ansichten vertreten. Wie der Rechtsausschuss in seiner Beschlussempfehlung ausführte, „gingen die Meinungen weit auseinander“ 516, als es um eine gesetzliche Regelung der Schönheitsreparaturen im Zuge der Mietrechtsreform ging.517
514 In diese Richtung deutet aber Arndt, ZMR 2020, 812, 821, den Streit über die Beachtlichkeit der oben zitierten Stellungnahme der Bundesregierung. Er meint, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB enthalte eine klare Zuweisung der Erhaltungspflichten zum Vermieter. Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, nur geht es hier darum, ob diese Zuweisung formularvertraglich abdingbar ist, und hierzu enthält der Gesetzeswortlaut keine klare Festlegung. 515 Ausführlich und mit weiteren Nachweisen zur grundlegenden Kontroverse über die Bedeutung und den Stellenwert der Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers bei der Gesetzesauslegung Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 247 f., 250–259. 516 BT-Drucks. 14/5664, S. 75. 517 Siehe auch den Vorschlag des Bundesrats zur Regelung der Schönheitsreparaturen im Rahmen der Mietrechtsreform, BT-Drucks. 14/4553, S. 84 f. Dazu näher unten S. 238 ff.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Gleichwohl sprechen, wie unter (1) ausgeführt, die überzeugenderen Argumente dafür, dass die Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter im Grundsatz nicht mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist. Soweit man die Voraussetzungen von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegen der hier vertretenen Auffassung als erfüllt ansieht,518 stellt sich die Frage, ob sich eine solche Leitbildabweichung gleichwohl im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB aus besonderen Gründen rechtfertigen lässt. Wie bereits erwähnt, geht der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung offenbar diesen Weg und stützt sich dabei auf mehrere Argumente, die allerdings im Schrifttum teils heftiger Kritik ausgesetzt waren. Diese weiteren Schritte der Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln sollen im Folgenden nachvollzogen und einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Im Zentrum der Argumentation des Bundesgerichtshofs für die formularvertragliche Zulässigkeit von Bestimmungen, in denen Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen werden, standen bisher das Argument der Verkehrssitte und das Entgeltargument. b) Das Argument der Verkehrssitte Das Argument der Verkehrssitte, das auch als „Traditionsthese“ bezeichnet wird,519 brachte der Bundesgerichtshof erstmals in einem Rechtsentscheid aus dem Jahre 1984 vor. Er führte damals aus, die Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter könne „jedenfalls auch deswegen nicht als unangemessen angesehen werden, weil sie Verkehrssitte geworden ist. Die Vertragsteile des Wohnungsmietvertrages sehen es als selbstverständlich an, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen trägt [. . .] Auch die vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen beiden Formularverträge [. . .] sehen die Möglichkeit vor, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen trägt.“ 520
Das Argument der Verkehrssitte taucht in mehreren späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs erneut auf.521 In dem hier zitierten Rechtsentscheid äußert er sich zwar ausdrücklich nur über die Wohnungsmietparteien, später zog 518 So die wohl herrschende Meinung auch im Schrifttum, die im Ergebnis aber wie der BGH gleichwohl zur formularvertraglichen Zulässigkeit der Schönheitsreparaturklauseln kommt, vgl. Blank, NJW 2009, 27; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97; Zehelein, NZM 2020, 857, 869. 519 Blank, NJW 2009, 27; Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, Anh. zu § 535 BGB, Rn. 40. 520 BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481. 521 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576; BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962; BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 12; BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2878 Rn. 20; BGH, Urt. v. 12.3.2014, NJW 2014, 1444, 1445 Rn. 19. In den BGH-Entscheidungen der letzten Jahre wurde das Argument der Verkehrssitte hingegen nicht mehr angeführt, was daran liegen dürfte, dass die grundsätzliche Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturpflicht nicht mehr im Zweifel lag.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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der Bundesgerichtshof das Argument der Verkehrssitte aber auch für die Geschäftsraummiete heran.522 Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Mietvertragsparteien sähen die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter als eine Verkehrssitte an und dies rechtfertige die Abweichung von der gesetzlichen Aufgabenverteilung, hat im Schrifttum viel Kritik hervorgerufen.523 Im Folgenden soll anhand eines Rückblicks auf die bisherige Praxis der Abwälzung von Schönheitsreparaturen beleuchtet werden, wie es zur verbreiteten Abwälzung der Dekorationsarbeiten gekommen ist. Im Anschluss soll erörtert werden, ob aufgrund dieser tatsächlichen Befunde das Bestehen einer Verkehrssitte bejaht werden kann und inwiefern dies bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen ist. aa) Historische Entwicklung der Abwälzung von Schönheitsreparaturen Bereits im 17. Jahrhundert sahen Mietverträge die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter vor.524 Für die Frage der Herausbildung einer Verkehrssitte vor dem Hintergrund der heute geltenden Rechtslage kommt es aber auf die Entwicklung ab dem Inkrafttreten des BGB im Jahr 1900 an. Das BGB sieht seither unverändert als dispositive Regel die Zuständigkeit des Vermieters für die Vornahme aller Instandhaltungsarbeiten inklusive der Schönheitsreparaturen vor. Die Renovierungskosten waren nach der Vorstellung des Gesetzgebers in die Miete einzupreisen, die zunächst noch keiner Preisregulierung unterlag.525 Schon um 1900 wurde die Renovierungslast aber oftmals vertraglich auf den Mieter abgewälzt.526
522 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 12. 523 Sonnenschein, NJW 1980, 1713, 1719; ders., JZ 1985, 430, 432; Wolf, ZMR 1981, 100, 101; Emmerich, JuS 1986, 16, 17; ders., NZM 2009, 16, 17; ders., in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 128; Finger, WuM 1987, 293, 296; Hu. Schmidt, in: Artz/ Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 242 f.; ders., in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387.2; Schwab, AGB-Recht, 4. Teil Rn. 584; Halder, ZJS 2017, 719, 722; Arndt, ZMR 2020, 812, 818 f.; Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 150 f.; Leo/Ghassemi-Tabar, AGB im Gewerberaummietrecht, II. Teil Rn. 364; zustimmend hingegen Hübner, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, § 13 Rn. 152; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Teil 2 (31) Rn. 10; Boerner, in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, § 535 Rn. 127; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97; Leuscher, in: AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 10; Brückner, ZMR 2021, 644, 650; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 53. 524 Herrlein/Mai, NZM 2011, 672, 673; zur Verteilung der Erhaltungslast bei der Miete schon im römischen Recht Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 233 f. 525 Kappus, NZM 2016, 609, 610; Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 231. 526 Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 10; Kappus, NZM 2016, 609, 610.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Von der gesetzlichen Aufgabenverteilung abweichende vertragliche Gestaltungen in Bezug auf Schönheitsreparaturen gewannen gegen Ende und im Anschluss an den Ersten Weltkrieg weiter an Bedeutung, weil die Miethöhe nunmehr staatlicher Regulierung unterlag:527 1917 wurden die Landesbehörden durch § 1 der 1. Mieterschutzverordnung528 befugt, kommunale Mieteinigungsämter dazu zu ermächtigen, die Fortsetzung gekündigter Mietverhältnisse auf Antrag von Mietern anzuordnen und ihre Miethöhe zu bestimmen. Die 2. Mieterschutzverordnung von 1918529 sah vor, dass die Mieteinigungsämter die Miete bei Neuvermietungen auf Antrag der Gemeindebehörden herabsetzen konnten. Infolge der 3. Mieterschutzverordnung von 1919530 konnten die Einigungsämter auch auf Antrag der Mieter die Miethöhe für Wohn- und Geschäftsräume herabsetzen. Durch das Reichsmietengesetz 531 aus dem Jahr 1922 wurde als zulässiger Mietzins die „Friedensmiete“ festgelegt. Dies war die Miete, die für ein Objekt am 1.7.1914 zu zahlen war.532 Auch diese strikte Mietpreisbegrenzung galt unabhängig davon, zu welchen Zwecken die Mieträume genutzt wurden. Aufgrund der durch staatliches Eingreifen niedrig gehaltenen Mieten und der zugleich steigenden Kosten für die Unterhaltung der Objekte war es vielen Vermietern nicht möglich, ihre Kosten durch die Mietzahlungen zu decken.533 Dies machte die Abwälzung von eigentlichen Vermieterpflichten auf den Mieter besonders attraktiv.534 Auch nach dem Abbau von Mietpreisbeschränkungen in den 1960er Jahren535 blieb die vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Mieter üblich.536 Einer Inhaltskontrolle, wie sie später durch das AGBG eingeführt wurde, unterlagen solche Abreden zu dieser Zeit nicht. Begrenzt war die Abwälzbarkeit somit nur durch allgemeine zivilrechtliche Unwirksamkeitsgründe wie § 138 BGB.537
527 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 234; Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 120 f., betonen den Zusammenhang zwischen Mietpreisregulierung und vertraglicher Abwälzung der Schönheitsreparaturen; ausführlich zur Mietpreisregulierung seit Inkrafttreten des BGB Herrlein, NZM 2016, 1, 2–8. 528 RGBl. S. 659; dazu näher Herrlein, NZM 2016, 1, 4. 529 RGBl. S. 1135–1139. 530 RGBl. S. 591–593. 531 RGBl. 1922 S. 273–279. 532 Dazu näher Herrlein, NZM 2016, 1, 5. 533 Emmerich, JuS 1986, 16, 17; ders., in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 234. 534 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 234; Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 231. 535 Dazu Herrlein, NZM 2016, 1, 7. 536 Emmerich, JuS 1986, 16, 17; ders., in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 235. 537 Zur richterlichen Inhaltskontrolle vorformulierter Klauseln vor Inkrafttreten des AGBG vgl. Graf v. Westphalen, NJW 2022, 1409, 1410, mit weiteren Nachweisen.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Der verbreiteten Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter entsprach es, dass auch der „Mustermietvertrag“ des Bundesjustizministeriums aus dem Jahr 1976538 diese Abwälzung als eine Möglichkeit zum Ankreuzen vorsah. Auf diesen beruft sich auch der Bundesgerichtshof zur Untermauerung des Verkehrssittearguments.539 Dem Mustermietvertrag kann allerdings keine eigenständige Bedeutung bei der Beurteilung von Mietvertragsklauseln zukommen, denn es handelt sich hierbei nicht um eine Rechtsnorm, sondern nur um eine Empfehlung, die ebenso wie Musterverträge aus Formularhandbüchern der vollen Inhaltskontrolle unterliegt.540 Zudem hat der Bundesgerichtshof selbst in einer Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kleinreparaturklausel zutreffend festgestellt, dass der Mustermietvertrag „nichts Entscheidendes für die Annahme einer Verkehrssitte ergibt, weil die Überbürdung der Kosten für kleine Reparaturen auf den Mieter als bloße Möglichkeit vorgesehen ist“.541 Dies trifft jedoch gleichermaßen auf den im Mustermietvertrag enthaltenen Vorschlag zur Regelung der Schönheitsreparaturlast zu, weil dieser Ankreuzoptionen für die Renovierungslast vorsieht. In der DDR war die Tragung der Schönheitsreparaturlast durch den Mieter nicht nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung verbreitet. Das ZGB der DDR sah in § 104 Abs. 1 S. 2 sogar als dispositive Regel vor, dass der Mieter für die „durch vertragsgemäße Nutzung notwendigen Malerarbeiten“, also Schönheitsreparaturen, zuständig war. Hiervon abweichende, gemäß § 104 Abs. 2 ZGB zulässige vertragliche Regelungen, nach denen der Vermieter dekorationszuständig sein sollte, waren selten.542 Mit Inkrafttreten des AGBG im Jahre 1977 unterlagen Schönheitsreparaturklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nunmehr der kodifizierten richterlichen Inhaltskontrolle. Die Rechtsprechung hat die Abwälzung der Schönheitsreparaturen in dem Umfang, der in § 28 der II. BerechnungsVO beschrieben ist, für zulässig erachtet, sodass die vertragliche Übertragung der Schönheitsreparaturlast weiterhin praktiziert werden konnte. Aufgrund zunehmend verschärfter Anforderungen der Rechtsprechung an wirksame Abwälzungsklauseln sind später viele Vermieter auf andere Modelle wie Freizeichnungs- oder Kostenklauseln umgestiegen, sofern sie überhaupt noch eine vom Gesetz abweichende Regelung der Schönheitsreparaturlast anstreben. Jedoch ist auch in jüngerer Zeit die vertragliche Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mie-
538 Mustermietvertrag v. 3.2.1976, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 22; auch abgedruckt in ZMR 1976, 68–75. 539 BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; so auch Horst, DWW 2015, 82, 86. 540 Horst, NZM 2007, 185, 191; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 14. 541 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247, 2248. 542 Wendtland, in: BeckOGK EGBGB, Art. 232 § 2 Rn. 14.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
ter üblich geblieben.543 Der Gesetzgeber hat sich, wie oben ausgeführt,544 in Bezug auf eine Regelung zu den Schönheitsreparaturen zurückgehalten und im Zuge der Mietrechtsreform 2001 bewusst auf eine gesetzliche Regelung verzichtet. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass seit Inkrafttreten des BGB vertragliche Vereinbarungen verbreitet waren, nach denen der Mieter entgegen der gesetzlichen Aufgabenverteilung die Schönheitsreparaturen durchführte, und dass der Gesetzgeber dieser Vertragspraxis bisher nicht ausdrücklich ablehnend gegenüberstand. bb) Bestehen einer Verkehrssitte und ihre Relevanz bei der Inhaltskontrolle Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die Abwälzung der Dekorationslast eine Verkehrssitte darstellt, die zur Wirksamkeit von entsprechenden Klauseln führt. Zu klären ist dafür, was unter einer Verkehrssitte zu verstehen ist und inwiefern das Vorliegen einer solchen bei der Inhaltskontrolle zugunsten der Wirksamkeit der kontrollierten Klausel zu berücksichtigen ist. Die Voraussetzungen für das Bestehen einer „Verkehrssitte“ hat der Bundesgerichtshof – ebenfalls im mietrechtlichen Zusammenhang – so beschrieben: „Eine Verkehrssitte als eine die beteiligten Verkehrskreise untereinander verpflichtende Regel verlangt, dass sie auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen tatsächlichen Übung beruht, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums für vergleichbare Geschäftsvorfälle gebildet hat und der eine einheitliche Auffassung sämtlicher an dem betreffenden Geschäftsverkehr beteiligten Kreise zu Grunde liegt. Dazu genügt es nicht, dass eine bestimmte Übung nur von einem bestimmten, wenn auch quantitativ bedeutsamen Teil der beteiligten Verkehrskreise gepflogen wird; sie muss sich vielmehr innerhalb aller beteiligten Kreise als einheitliche Auffassung durchgesetzt haben.“ 545
Damit hat der Bundesgerichtshof eine hohe Hürde aufgestellt:546 Es muss sich um eine Regel handeln, die die beteiligten Verkehrskreise – also Vermieter und Mieter gleichermaßen – billigen, und die auf einer dauerhaften, freiwilligen Übung beruht. Die bloße Verbreitung einer entsprechenden Praxis genügt somit nicht. Wie aufgezeigt, besteht eine dauerhafte Übung im Hinblick darauf, dass Mieter die Dekorationslast tragen. Allerdings ist dieser Befund zu relativieren vor dem Hintergrund, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen gerade in jün543 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 43; Hinz, ZMR 2023, 1. 544 Siehe oben S. 112 ff. 545 BGH, Urt. v. 30.9.2009, WuM 2009, 647 Ls. 2. 546 Kappus, NZM 2017, 261, 262.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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gerer Zeit in vielen Fällen aufgrund einer verschärften Rechtsprechung keine Wirksamkeit entfalten konnte.547 Diese Entwicklung ist den Vertragsparteien auch oftmals bekannt.548 Vor allem ist zweifelhaft, ob es sich um eine aus Sicht der Mieter freiwillige Übung handelt. Es erscheint wenig plausibel, dass Mieter in ähnlichem Umfang Renovierungsarbeiten durchführen würden, wenn sie hierzu nicht durch ihren Mietvertrag verpflichtet würden.549 Die häufigen rechtlichen Streitigkeiten über die Wirksamkeit von unterschiedlichen Formen der Schönheitsreparaturklauseln zeigen ferner, dass keine einheitliche Auffassung über ihre Angemessenheit besteht. Allerdings ist fraglich, ob der Bundesgerichtshof in der oben wörtlich zitierten Entscheidung dasselbe rechtliche Verständnis vom Begriff der Verkehrssitte zugrunde gelegt hat wie im Zuge der Rechtfertigung von Schönheitsreparaturklauseln. Nach hiesigem Verständnis ist das nicht der Fall.550 Der Bundesgerichtshof spricht in der zitierten Passage von einer „die beteiligten Verkehrskreise untereinander verpflichtende Regel“. In der Entscheidung ging es unter anderem um die Frage, ob ein Mieter ohne besondere vertragliche Abrede kraft einer Verkehrssitte berechtigt ist, von seinem Vermieter die Ausstellung einer Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit zu verlangen. Wenn der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung von einer Verkehrssitte spricht, meint er also eine Regelung, die auch ohne eine entsprechende vertragliche Abrede zwischen den Parteien gilt. In seinen Rechtsfolgen ähnelt eine solche Verkehrssitte damit dem Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB.551 Letzterer ist bei der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, gemäß § 310 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz zu berücksichtigen.552 Würde er bei der Begründung der Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklauseln eine Verkehrssitte in diesem Sinne bejahen, hätte dies zur Konsequenz, dass der Mietvertrag auch ohne besondere Regelung so zu verstehen wäre, dass die Schönheitsreparaturen vom Mieter zu tragen sind.553 Dies hat der Bundesgerichtshof aber in seinen Entscheidungen zur Wirksamkeit von Schönheitsrepara-
547 Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 151; Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5218. 548 Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5218. 549 So zutreffend LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 192; Sonnenschein, NJW 1980, 1713, 1719; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387.2. 550 Anders aber Kappus, NZM 2017, 261, 262. 551 Steimle/Dornieden, in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, HGB, § 346 Rn. 1; zur Anlehnung des Begriffs der Verkehrssitte an den des Handelsbrauchs Al-Shamari, Die Verkehrssitte im § 242 BGB, S. 60 f. 552 BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2990 Rn. 55, 57. 553 Sonnenschein, JZ 1985, 430, 432; Finger, WuM 1987, 293, 296.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
turklauseln ersichtlich nicht gemeint, denn er geht zu Recht davon aus, dass die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter weiterhin eine entsprechende Vereinbarung voraussetzt, für die der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig ist.554 Dem Begriff der Verkehrssitte schreibt der Bundesgerichtshof also zwei verschiedene Bedeutungsinhalte zu. Wenn er zur Rechtfertigung von Schönheitsreparaturklauseln das Bestehen einer Verkehrssitte heranzieht, geht es nicht – wie in der oben zitierten Entscheidung – um eine „automatisch“ geltende, gewohnheitsrechtliche Regel, sondern es handelt sich in der Sache um einen Hinweis auf die Branchenüblichkeit von Schönheitsreparaturklauseln, die lediglich die Abwägung zugunsten der Wirksamkeit der Klausel beeinflussen soll.555 Eine solche Branchenüblichkeit ist, wie oben ausgeführt,556 im Falle der Abwälzung von Schönheitsreparaturen zumindest im Grundsatz zu bejahen. Ob die bloße Üblichkeit zugunsten des Verwenders bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen ist, ist allerdings umstritten. Diese Frage stellt sich sowohl im Rahmen von § 307 BGB als auch (bei Verbraucherverträgen) im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL: Wenn die Klausel-RL die Branchenüblichkeit einer Klausel nicht als Argument für ihre Wirksamkeit zulässt, dann dürfte dies auch nicht im Zuge der Anwendung von § 307 BGB bei Verbraucherverträgen geschehen, weil es sich gerade nicht um eine verbraucherschützende, strengere Regel des nationalen Rechts im Sinne von Art. 8 Klausel-RL handeln würde. Generalanwältin Kokott hat in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache Aziz erklärt, bei der Bestimmung des erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnisses nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL sei „unter anderem von Bedeutung, ob entsprechende Vertragsklauseln gebräuchlich sind, d. h., in vergleichbaren Verträgen regelmäßig im Rechtsverkehr verwendet werden, oder aber überraschend sind“.557 Der Europäische Gerichtshof hat sich hierzu in seiner daraufhin ergangenen Entscheidung558 nicht geäußert. Soweit mit der zitierten Ausführung der Generalanwältin lediglich gemeint ist, dass völlig unübliche und daher überraschende Klauseln unwirksam sein müssen, ist dem zuzustimmen. Eine solche Regelung enthält im deutschen Recht ohnehin § 305c Abs. 1 BGB. Soweit damit aber zusätzlich ausgedrückt werden soll, dass die Gebräuchlichkeit einer Klausel für ihre Wirksamkeit spricht, erscheint dies in Anbetracht der Zwecksetzung der Klausel-RL jedoch zweifelhaft.
554 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576; BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962. 555 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576. 556 Siehe oben S. 117 ff. 557 Schlussanträge der Generalanwältin Kokott v. 8.11.2012 (ECLI:EU:C:2012:700) Rn. 75 – Aziz. 558 EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464 – Aziz.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Der Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL enthält keine klare Aussage zu der Frage, in welcher Weise sich die Branchenüblichkeit auf die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel auswirkt. Es wäre allenfalls denkbar, die weite Verbreitung einer bestimmten Klausel unter die den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL zu fassen, weil es sich bei der Üblichkeit im weitesten Sinne um einen Umstand handelt, der den Gewerbetreibenden bei der Formulierung der Klausel und den Verbraucher bei seiner Zustimmung zum Vertrag beeinflussen könnte. Entscheidend dürfte hingegen die Zielsetzung der Klausel-RL sein, die darin besteht, Klauseln zu eliminieren, die den Verbraucher übermäßig belasten. Dies muss gleichermaßen oder sogar erst recht gelten, wenn solche missbräuchlichen Klauseln branchenüblich sind.559 Anderenfalls könnten die Verwender von Klauseln selbst das Ergebnis der Inhaltskontrolle beeinflussen. Die Frage, inwiefern die Üblichkeit einer Klausel zugunsten der Wirksamkeit bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen ist, betrifft ein generelles Kriterium der Klauselkontrolle, zu der der Europäische Gerichtshof somit nach den von ihm aufgestellten Grundsätzen560 Stellung beziehen würde. In Betracht kommt daher ein Vorabentscheidungsverfahren an den Europäischen Gerichtshof durch ein deutsches Gericht, wenn wieder einmal bei einem Verbrauchervertrag die Frage nach der Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen und damit auch nach der Bedeutung des durch den Bundesgerichtshof vorgebrachten Traditionsarguments aufkommt. Einem solchen Vorlageverfahren könnte jedoch eine fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Frage entgegenstehen. Gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV ist ein Vorabentscheidungsverfahren nur zulässig, wenn das vorlegende Gericht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die richtige Auslegung des Unionsrechts zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Es ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof und die Instanzgerichte – insbesondere auf der Grundlage des Entgeltarguments561 – auch dann die grundsätzliche Wirksamkeit von Klauseln annähmen, die die Dekorationslast auf den Mieter abwälzen, wenn das Argument der Üblichkeit nicht berücksichtigt würde. Sofern ein Gericht dem Europäischen Gerichtshof aber zugleich auch die Frage stellen würde, inwiefern das hochumstrittene Entgeltargument bei der Klauselkontrolle zu berücksichtigen ist, wären diese Fragen zusammengenommen wahrscheinlich doch für die Abwägungsentscheidung über die Wirksamkeit einer solchen Klausel erheblich. Eine Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof könnte wie folgt lauten:
559 So zutreffend Stempel, Treu und Glauben im Unionsprivatrecht, S. 134; Gutkin, Die Europäisierung der AGB-Kontrolle von Preisänderungsklauseln, S. 282. 560 Siehe oben S. 40 ff. 561 Dazu sogleich S. 124 ff.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
„Ist bei der Beurteilung, ob eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG als missbräuchlich anzusehen ist, das Vorhandensein inhaltlich im Wesentlichen mit der überprüften Klausel übereinstimmender Klauseln in einer Vielzahl von gleichartigen Verträgen in der Weise zu berücksichtigen, dass dieser Umstand gegen die Missbräuchlichkeit dieser Vertragsklausel spricht?“
Nach der hier vertretenen Ansicht müsste der Europäische Gerichtshof im Falle einer solchen Vorlage feststellen, dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL nicht so auszulegen sind, dass die bloße Verbreitung einer Klausel für ihre Wirksamkeit spricht. Zumindest im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln vertritt die wohl überwiegende Ansicht allerdings in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof die gegenteilige Auffassung.562 Dabei bestehen die auf das Telos der Inhaltskontrolle gestützten Zweifel an der Berücksichtigung der Branchenüblichkeit einer Klausel gleichermaßen im Rahmen des deutschen AGB-Rechts: Die §§ 305 ff. BGB dienen auch dazu, üblich gewordene Benachteiligungen zu beseitigen.563 Im deutschen AGB-Recht tritt ein systematisches Argument hinzu: Wenn im Falle der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer gemäß § 310 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz BGB lediglich die enger definierten Handelsbräuche bei der Inhaltskontrolle berücksichtigt werden müssen, dann kann im Umkehrschluss eine bloße Verkehrssitte im Sinne der Üblichkeit einer Klausel nicht zur Rechtfertigung einer Leitbildabweichung genügen.564 Außerhalb des Handelsverkehrs müsste dies erst recht gelten, weil hier keine Vorschrift existiert, die auf Bräuche oder Gewohnheiten Bezug nimmt. c) Das Entgeltargument aa) Grundgedanke des Entgeltarguments Die zentrale „Stütze“ des Bundesgerichtshofs bei seiner Argumentation für die Wirksamkeit von Klauseln, die die Dekorationszuständigkeit auf den Mieter übertragen, bildet das sogenannte Entgeltargument, das auch als Entgeltthese, Ausgleichsprinzip oder Entgelttheorie 565 bezeichnet wird. Das Entgeltargument spielt in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die grundsätzliche
562 Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 120; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht Teil 2 (32) Rn. 10; Halder, ZJS 2017, 720, 721; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 97; Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 17. 563 Wolf, ZMR 1981, 100, 101; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 72 f. 564 So Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 150 f. 565 Langenberg, NZM 2014, 299, 300; Wiek, WuM 2016, 71, 75 f.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Frage der Abwälzbarkeit hinaus auch für die Beurteilung von einzelnen Klauselgestaltungen zur Renovierungslast eine wichtige Rolle.566 Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die „übernommene Renovierungsverpflichtung sich im Regelfall als Teil des von [dem Mieter] zu leistenden Entgelts darstellt“.567 Dem Entgeltmodell zufolge teilt sich die Gegenleistung des Mieters im Falle der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf in eine Geldleistung und eine Werkleistung – die Durchführung der Schönheitsreparaturen. Diese Annahme wird gleichermaßen für die Wohn- und Geschäftsraummiete zugrunde gelegt. Wie bereits erörtert wurde, führt die Entgeltthese nicht zur Kontrollfreiheit von Abreden über die Schönheitsreparaturlast.568 Sie soll aber die vom Bundesgerichtshof angenommene Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung rechtfertigen. Normativer Anknüpfungspunkt ist § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO, der bestimmt, dass im preisgebundenen Wohnraum die Kosten für die Schönheitsreparaturen nicht in der Kostenmiete enthalten sind. Die Übernahme der Schönheitsreparaturen wird dem Bundesgerichtshof zufolge aber generell – auch im preisfreien Wohnraum und bei der Geschäftsraummiete – bei der Bestimmung des Mietzinses berücksichtigt, sodass der Mieter im Gegenzug zur Übertragung der Dekorationslast eine geringere Miete schulde.569 Würde keine Abwälzung erfolgen, müsste der Mieter demnach eine entsprechend höhere Miete zahlen.570 Im Ergebnis bestehe damit im Fall der Übertragung der Dekorationslast kein Nachteil für den Mieter, weil ihm insgesamt keine höheren Kosten entstehen, als es der Fall wäre, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen trüge, zumal viele Mieter kostensparend eigenhändig renovieren können. Dieses Entgeltargument wird von vielen Stimmen in der Literatur scharf kritisiert.571 Hierbei lassen sich zwei wesentliche Angriffspunkte ausmachen: Zum 566
Artz, NZM 2015, 801, 803; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 427. BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; zuvor schon zur Pacht, für die insoweit nichts anderes gelten kann, BGH, Urt. v. 25.6. 1980, BGHZ 77, 301 = NJW 1980, 2347, 2348; bestätigt in BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576 f.; BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792; BGH, Urt. v. 26.9.2007, NJW 2007, 3632, 3633 Rn. 15; BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 20; BGH, Urt. v. 12.2.2014, BGHZ 200, 133 = NJW 2014, 1521, 1523 Rn. 19. In jüngerer Zeit hat der BGH in seinen Entscheidungen nicht mehr auf das Entgeltargument zurückgegriffen, es aber auch nicht ausdrücklich aufgegeben. 568 Siehe oben S. 88 f. 569 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576; BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792. 570 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792. 571 Niebling, NJW 1987, 2564; Finger, WuM 1987, 293, 295; Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 240 f.; ders., NZM 2006, 761, 763–765; Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 55; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 197; 567
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
einen fragt sich, ob es sich bei der Entgeltthese um eine – bei der AGB-Kontrolle möglicherweise unzulässige – Preiserwägung handelt. Vor allem wird zum anderen vorgebracht, die tatsächlichen Annahmen des Bundesgerichtshofs widersprächen den Prinzipien der Preisbildung. Diesen Einwänden soll im Folgenden nachgegangen werden. bb) Relevanz von Preiserwägungen bei der Inhaltskontrolle Auch wenn der Bundesgerichtshof dies bisher nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, handelt es sich bei seiner Entgeltthese in der Sache um ein Preisargument:572 Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen führe zwar zu einem Nachteil für den Mieter im Vergleich zur gesetzlichen Ausgangslage. Dieser Nachteil werde aber durch eine entsprechend reduzierte Miete ausgeglichen. Unabhängig davon, ob der vom Bundesgerichtshof angenommene Mechanismus in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, stellt sich schon die Frage, ob die Berufung auf einen geringeren Preis für die Wirksamkeit einer Vertragsklausel beachtlich sein kann. Weitgehend anerkannt ist, dass eine Benachteiligung durch eine Klausel durch einen sonstigen Vorteil, der dem Vertragspartner des Verwenders gewährt wird, kompensiert werden kann.573 Dies setzt zum einen voraus, dass die Kompensation in einem sachlichen Zusammenhang zur Benachteiligung durch die fragliche Klausel steht, weil nicht das allgemeine vertragliche Äquivalenzverhältnis beurteilt werden soll, sondern eine Interessenabwägung nur im Hinblick auf die kontrollierte Klausel zu erfolgen hat.574 Es setzt zum anderen voraus, dass der im Gegenzug gewährte Vorteil groß genug ist, damit er als angemessene Kompensa-
Blank, NZM 2007, 472, 473; Sternel, NZM 2007, 545, 551; Flatow, NZM 2010, 641, 648; Langenberg, NZM 2014, 299, 302; Artz, NZM 2015, 801, 803; Schwab, AGBRecht, 4. Teil Rn. 584; Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 240–242; ders., in: FS Börstinghaus, S. 363, 364 f.; ders., in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387; Wiek, in: WuM 2016, 71, 76; Arndt, ZMR 2020, 812, 815–818; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 150 f.; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 50; Graf. v. Westphalen, NZM 2021, 409, 414 f.; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 426; zweifelnd Herrlein, NJW 2015, 2925, 2929; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Teil 2 (31) Rn. 10; Looschelders, NZM 2022, 393, 398. 572 So auch Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 240; Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 242; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 147; Schwab, AGB-Recht, 3. Teil Rn. 377; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 227; Bach, in: Leuscher, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 9; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 50. 573 BGH, Urt. v. 21.4.2015, NJW 2015, 2571 Rn. 23; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 68; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 151; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 125. 574 Eckelt, in: BeckOGK BGB, § 307 Rn. 88 f., 92.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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tion für die Benachteiligung angesehen werden kann.575 Zu klären ist aber, ob auch eine vermutete Preissenkung als eine solche Kompensation dienen kann. Diese Frage wird sowohl im Kontext der Klausel-RL als auch im Kontext des § 307 BGB diskutiert. Bei der Klausel-RL ist hierfür Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL auszulegen, der die bei der Inhaltskontrolle von Klauseln in Verbraucherverträgen zu berücksichtigenden Elemente bestimmt. Demnach sind unter anderem „alle anderen Klauseln desselben Vertrags“ bei der Abwägungsentscheidung miteinzubeziehen. Zu diesen anderen Klauseln könnte man auch die Festlegung des Preises zählen. Dass diese gemäß Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL im Regelfall von der Kontrolle ausgenommen ist, steht dem nicht entgegen,576 weil nach dem Wortlaut der Norm alle Klauseln, nicht nur die kontrollfähigen Klauseln des Vertrags berücksichtigt werden sollen. Für eine Berücksichtigung des Preises bei der Beurteilung sonstiger Klauseln nach Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL spricht zudem Erwägungsgrund 19 S. 2 der Klausel-RL.577 Demnach kann „das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden“. Anders als zum Argument der Verkehrssitte hat sich der Europäische Gerichtshof zumindest im Ansatz schon zur Relevanz des Preises für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel geäußert. In dem bereits erwähnten Vorabentscheidungsverfahren Constructora Principado578 ging es um eine Klausel in einem Wohnungskaufvertrag zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher, durch die eine Wertzuwachssteuer und Gebühren für den Anschluss an Versorgungsnetze auf den Käufer abgewälzt wurden, während diese Lasten nach dem dispositiven spanischen Recht durch den Verkäufer zu tragen wären. Die Klausel enthielt in Bezug auf die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung der Wertzuwachssteuer den zusätzlichen Hinweis, dass diese Regelung bei der Preisfindung berücksichtigt worden sei. Das vorlegende Gericht fragte nicht speziell danach, ob sich ein Gewerbetreibender zur Rechtfertigung einer benachteiligenden Klausel auf einen im Gegenzug geringeren Preis berufen kann. Der Europäische Gerichtshof äußerte sich gleichwohl zu der in der streitgegenständlichen Klausel enthaltenen Formulierung, wonach die den Verbraucher belastende Abwälzung den Preis gesenkt habe: 575 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 69; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 125; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 216– 219. 576 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 8. 577 So auch Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, S. 136; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 116; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 8; Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 65. 578 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
„Hinzuzufügen ist, dass die Angabe in der Klausel 13 des Vertrags, die Zahlung der Wertzuwachssteuer durch den Verbraucher sei bei der Preisfindung berücksichtigt worden, für sich genommen keinen Beweis für eine Gegenleistung darstellen kann, die der Verbraucher erhalten haben soll. Damit die Wirksamkeit der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln gewährleistet wird, kann nämlich eine Preisminderung als Gegenleistung dafür, dass der Verbraucher zusätzliche Verpflichtungen übernommen hat, nicht dadurch nachgewiesen werden, dass der Gewerbetreibende eine bloße Behauptung in diesem Sinne in eine Vertragsklausel aufnimmt, die nicht im Einzelnen ausgehandelt worden ist.“ 579
Diesen Ausführungen lassen sich zwei Aussagen darüber entnehmen, inwiefern nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs ein reduzierter Preis eine benachteiligende Klausel bei der Inhaltskontrolle nach Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL „retten“ kann. Erstens lässt er die bloße Behauptung, eine benachteiligende Klausel habe sich bei der Preisfindung senkend ausgewirkt, nicht als Nachweis für einen solchen Zusammenhang genügen. Erforderlich wäre also vielmehr der Beweis, dass sich die kontrollierte Klausel zugunsten des Verbrauchers auf den von ihm geschuldeten Preis auswirkt. Auch wenn dies nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, lässt sich den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs im Umkehrschluss zweitens entnehmen, dass dieser es offenbar in der Tat für zulässig hält, eine Benachteiligung des Verbrauchers durch einen im Gegenzug reduzierten Preis auszugleichen, falls ein solcher Nachweis wirklich im Einzelfall nachgewiesen werden kann. Hielte der Gerichtshof die Berufung auf einen geringeren Preis ohnehin für unzulässig, dann hätte er nicht darauf hinweisen müssen, dass die Behauptung in der fraglichen Klausel nicht als Nachweis dafür genügt, dass die Abwälzung der Wertzuwachssteuer auf den Käufer zu einem entsprechend geringeren Kaufpreis geführt hat. Der vom Europäischen Gerichtshof geforderte Beweis für eine im Gegenzug gewährte Preisminderung wird allerdings praktisch schwer zu führen sein.580 Vollständige Klarheit über die Relevanz des Preisarguments bei der Inhaltskontrolle hat der Europäische Gerichtshof mit der Entscheidung Constructora Principado aber noch nicht geschaffen. Daher wäre diesbezüglich – etwa anlässlich eines gerichtlichen Streits über eine Schönheitsreparaturklausel, da bei dieser das Preisargument bisher eine besondere Stellung innehatte – eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof denkbar.581 Doch auch wenn man das Preisargument nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL für beachtlich hält, folgt daraus noch nicht, dass es auch bei der Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln relevant ist. Da der durch das deutsche AGB-Recht vermittelte Verbraucherschutz gemäß Art. 8 Klausel-RL über die
579 580 581
EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 29 – Constructora Principado. Dazu sogleich S. 131 ff. So auch Fornasier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 116.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Klausel-RL hinausgehen darf, könnte das deutsche Recht die Berufung auf einen geringeren Preis zur Rechtfertigung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ablehnen, denn für den Verbraucher als Vertragspartner des Klauselverwenders wäre es günstiger, das Preisargument nicht zu berücksichtigen. Die AGB-rechtliche Rechtsprechung in Deutschland in Bezug auf das Preisargument erscheint nicht völlig stringent. In Übereinstimmung mit der klar herrschenden Meinung in der Literatur582 geht der Bundesgerichtshof in der Regel davon aus, dass eine unangemessene Benachteiligung nicht durch einen im Gegenzug niedriger kalkulierten Preis ausgeglichen werden könne.583 Schon vor der Geltung des AGBG verwarf er bei der damals auf § 242 BGB gestützten AGBKontrolle „preiskalkulatorische Erwägungen“.584 Anbieter von Leistungen müssten ihre Preise nach solchen Bedingungen kalkulieren, die sich mit den Geboten von Treu und Glauben vereinbaren lassen. Der Umstand, dass die Verwendung unbilliger Vertragsbedingungen eine für den Kunden günstigeren Preis herbeiführen kann, könne keine unbilligen Vertragsbedingungen rechtfertigen.585 Diese Ansicht verdient Zustimmung. Fast jede Benachteiligung des Vertragspartners führt zu geringeren Kosten des Verwenders für die Bereitstellung der Leistung, was sich dann nach der Logik des Preisarguments reduzierend auf den Preis auswirken kann.586 Damit bestünde die Gefahr, dass die Inhaltskontrolle ineffektiv wird, weil der Benachteiligung durch die Vertragsbedingungen immer eine entsprechende Preissenkung entgegengehalten werden könnte.587 Die AGB-Kontrolle dient auch dazu, eine fortwährende Verschlechterung der Vertragskonditionen zu verhindern, die dadurch entstehen kann, dass der Wettbewerb in erster Linie über den Preis erfolgt. Lässt man das Preisargument zu, ist es für Anbieter von Leistungen möglicherweise attraktiver, ihre Leistungen zu ungünstigeren Konditionen, aber zu einem geringeren Preis anzubieten, da letzterer häufiger den Ausschlag für die Entscheidung des Kunden gibt.588 Daher sollte die Möglichkeit der Erzielung eines geringeren Preises nicht zur Rechtfertigung einer benachteiligenden Klausel herangezogen werden. Wie der Bundesgerichtshof zu582 Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 48; Roloff, in: Erman BGB, § 307 Rn. 17; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, § 307 Rn. 224; Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 18. 583 BGH, Urt. v. 12.5.1980, BGHZ 77, 126 = NJW 1980, 1953, 1954; BGH, Urt. v. 3.3.1982, BGHZ 83, 169 = NJW 1982, 1391, 1393; BGH, Urt. v. 16.11.1992, BGHZ 120, 216 = NJW 1993, 2442, 2444; BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2990 Rn. 48. 584 BGH, Urt. v. 29.10.1956, BGHZ 22, 90 = NJW 1957, 17, 19; BGH, Urt. v. 29.9.1960, BGHZ 33, 216 = NJW 1961, 212, 213. 585 BGH, Urt. v. 29.10.1956, BGHZ 22, 90 = NJW 1957, 17, 19. 586 Niebling, NJW 1987, 2564; Armbrüster, NZA-Beilage 2019, 44, 47; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 138. 587 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 132. 588 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 132.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
treffend festgestellt hat, muss vielmehr der Verwender so kalkulieren, dass er marktgerechte Leistungen anbieten kann, ohne die Rechtslage durch für den Vertragspartner ungünstige Klauseln zu verändern. An seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Preisargument hat der Bundesgerichtshof nach dem Inkrafttreten des AGBG im Grundsatz festgehalten,589 aber auch Ausnahmen zugelassen. Zu diesen Ausnahmen gehört neben der Freizeichnung von der Haftung für Schäden durch die Stromversorgung590 wie ausgeführt die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter. Der Bundesgerichtshof hat einen möglichen Widerspruch durch die Berücksichtigung des Preisarguments im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturklauseln zu seiner sonstigen Rechtsprechung durchaus wahrgenommen. Er führt dazu lediglich aus: „Diese – Fälle unbilliger Haftungsfreizeichnung des Klauselverwenders betreffende – Rechtsprechung ist hier nicht einschlägig, wo es darum geht, daß Leistung und Gegenleistung durch eine Berücksichtigung in der Mietzinsbemessung in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden sollen.“ 591
Diese Begründung kann eine von den allgemein geltenden Grundsätzen abweichende Behandlung des Preisarguments bei der Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln jedoch nicht erklären.592 Bei dem in sonstigen Zusammenhängen verworfenen Preisargument geht es immer darum, dass sich die Ausgestaltung von Leistung und Gegenleistung durch ihre Berücksichtigung bei der Preisbestimmung auswirkt. Die AGB-Kontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB sieht aber gerade keine Bewertung des Äquivalenzverhältnisses vor.593 Dass der Bundesgerichtshof im Kontext der Schönheitsreparaturen ein Preisargument anführt, hat dementsprechend dazu geführt, dass sogar von einem „Sonderprivatrecht für Schönheitsreparaturen“ gesprochen wurde.594 Es erscheint insgesamt wenig nachvollziehbar, warum das Preisargument in manchen Wirtschaftsbereichen Geltung bei der AGB-Kontrolle beanspruchen soll, wenn es im Regelfall verworfen wird.595 Die angeführten Argumente gegen das Preisargument gelten hier gleichermaßen.
589
Siehe die Nachweise in Fn. 583. BGH, Urt. v. 25.2.1988, BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640 Rn. 37: „Das sogenannte Preisargument kann jedoch (. . .) auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung Einfluß auf die Angemessenheit der Haftungsfreizeichnung nehmen.“ 591 BGH, Urt. v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576. 592 So auch Finger, WuM 1987, 293, 296; kritisch auch Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 269. 593 Niebling, NJW 1987, 2564; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 131. 594 Niebling, NJW 1987, 2564. Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 1, sieht das Entgeltargument in einer Reihe „bedenkliche[r] Tendenzen, allgemeine zivilrechtliche Grundsätze im Zuge mietrechtlicher Entscheidungen anzupassen bzw. abweichend anzuwenden“. 595 So auch Stoffels, AGB-Recht, Rn. 495. 590
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Speziell auf das Mietverhältnis bezogen leuchtet außerdem nicht ein, warum gerade die Überwälzung der Schönheitsreparaturen zu einer entsprechenden Preissenkung führen soll, sonstige Pflichtenübertragungen dagegen nicht.596 Zudem müsste das Entgeltargument auch im Falle der Überlassung unrenovierter Räume gelten, bei der die Überwälzung der Schönheitsreparaturen inzwischen nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung im Schrifttum für unwirksam gehalten wird.597 Nach der Entgeltthese müsste der Preisnachlass schlicht stärker ausfallen, wenn der Mieter auch zur Beseitigung der Gebrauchsspuren des Vormieters verpflichtet wird. Es wird daher zu Recht angemerkt, dass der Bundesgerichtshof das Entgeltargument im Zusammenhang mit den Schönheitsreparaturklauseln selbst nicht konsequent anwendet.598 cc) Überzeugungskraft des Entgeltarguments vor dem Hintergrund der Preisbildung Der häufigste Einwand gegen die Berücksichtigung des Preisarguments ist, dass der Nachweis, die Benachteiligung durch eine Klausel habe sich günstig auf den Preis ausgewirkt, kaum gelingen kann.599 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die These des Bundesgerichtshofs, die Miete sei auch im preisfreien Wohnraum und bei der Geschäftsraummiete infolge der Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter entsprechend herabgesenkt, zutrifft. Diese Annahme bildet die Grundlage für seine Schlussfolgerung, Schönheitsreparaturklauseln bedeuteten in der Summe keinen Nachteil für den Mieter. Es ist bisher wirtschaftswissenschaftlich nicht belegt worden, dass sich eine für den Verwender günstigere Vertragsgestaltung generell in entsprechender Höhe auf den Preis auswirkt, zu dem er seine Leistung anbietet.600 Daher kann in Be596 So auch Arndt, ZMR 2020, 812, 817 f. Im Urt. des BGH v. 5.6.2002, BGHZ 151, 53 = NJW 2002, 2383, wurde zwar auch die Übernahme weiterreichender Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten durch den Mieter als Teil des von ihm geschuldeten Entgelts angesehen, jedoch nur aufgrund der besonderen Umstände des Falls, da aufgrund des Verlaufs der Vertragsverhandlungen anzunehmen war, dass die Miete gerade aufgrund dieser Pflichtenübertragungen herabgesenkt war. 597 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 151. 598 Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 241; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 151. 599 Kliege, Rechtsprobleme der AGB in wirtschaftswissenschaftlicher Analyse, S. 67; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGG, S. 69 f.; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 130. 600 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 130; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387.1. Kliege, Rechtsprobleme der AGB in wirtschaftswissenschaftlicher Analyse, S. 51–58, kommt vielmehr anhand von Modellrechnungen zur formularvertraglichen Haftungsfreizeichnung zu dem Ergebnis, eine Kostensenkung durch für den Verwender günstigere AGB werde nur etwa hälftig an den Kunden weitergegeben. Da andere Faktoren einen deutlich stärkeren Einfluss auf den Preis hätten, lasse sich ein
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
zug auf Dekorationsklauseln das Entgeltargument nur überzeugen, wenn hierbei ein solcher Zusammenhang ausnahmsweise doch nachweisbar oder zumindest sehr wahrscheinlich ist. Ein solcher kausaler Zusammenhang zwischen der Ersparnis von Kosten und dem vereinbarten Preis ist jedoch auch im Falle der Abwälzung von Schönheitsreparaturen zweifelhaft. Auf den ersten Blick erscheint es zwar plausibel, dass ein Vermieter, der die Kosten für Schönheitsreparaturen nicht tragen muss, entsprechend niedriger kalkulieren kann. Der Anreiz, diese Ersparnis an den Mieter weiterzugeben, könnte dann aus dem Wettbewerb mit anderen Vermietern resultieren. Diese Überlegung widerspricht jedoch den herrschenden Annahmen über die marktwirtschaftliche Preisbildung.601 Zwar weist der Immobilienmietmarkt Besonderheiten auf,602 jedoch finden auch hier grundlegende Regeln des Marktes Anwendung.603 Der Preis für eine bestimmte Leistung richtet sich nicht in erster Linie nach den Kosten des Anbieters.604 Zur Mieterhöhung gemäß § 558 BGB hat der Bundesgerichtshof selbst ausgeführt, dass Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung nicht die Kosten des Vermieters, sondern die Marktverhältnisse seien.605 Doch nicht nur für eine Mieterhöhung, sondern auch für die ursprüngliche Preisfindung beim Abschluss eines Mietvertrags kommt es auf die Marktverhältnisse an. Die Vorstellung, die Kosten bestimmten unmittelbar den Preis, trifft nur im preisgebundenen Wohnraum zu, wo die Miete zu festgelegten Sätzen anhand der Kosten des Vermieters berechnet wird. Im Bereich der preisfreien Wohnraummiete und der Gewerberaummiete müsste ein wirtschaftlich rational handelnder Vermieter dagegen unabhängig von seinen Kosten immer so viel Miete verlangen, wie es die Marktsituation zulässt.606 Wenn dies möglich ist, versucht er dann noch seine eigenen Kosten zu reduzieren, um seine Gewinnspanne zu vergrößern, indem er die Schönheitsreparaturen als Teil der Instandhaltungskosten auf den Mieter abwälzt.607
Kausalzusammenhang zwischen Haftungsfreizeichnungsklauseln und Preissenkungen zudem nicht allgemein nachweisen (S. 67). 601 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 241; ders., NZM 2006, 761, 765; Artz, NZM 2015, 801, 803; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 50. 602 Hemming, WuM 1987, 110. 603 Hu. Schmidt, in: Artz/Börstinghaus, 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, S. 236, 240. 604 Sonnenschein, NJW 1980, 1713, 1719; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Teil 2 (32) Rn. 10; Halder, ZJS 2017, 719, 724; Langenberg, in: ders./ Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 49. 605 BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840, 2841 Rn. 12. 606 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 241; ders., NZM 2006, 764; Both, WuM 2007, 3, 6; Flatow, NZM 2010, 641, 648. 607 Emmerich, NZM 2006, 761, 764.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Die Verteilung der Renovierungslasten ist dabei kein Faktor, der bei der Entscheidung potenzieller Mieter unter mehreren Angeboten eine Rolle spielt.608 Maßgeblich sind verschiedene, im Einzelnen nur schwer auszumachende609 Faktoren, darunter Lage, Mietpreis und Nebenkosten, nicht aber das „Kleingedruckte“.610 Letzteres kann schon deshalb nur eine sehr geringe Rolle spielen, weil es in den entsprechenden Werbeanzeigen sowie im Vorfeld des Vertragsschlusses in der Regel nicht einsehbar ist und auch nicht thematisiert wird. Ein Vermieter muss also nicht deshalb einen niedrigeren Mietzins anbieten, weil er die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzt, denn diese Frage spielt im Wettbewerb zu anderen Vermietern keine Rolle. Damit ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Abwälzung der Schönheitsreparaturen wirke sich regelmäßig unmittelbar auf die Höhe der Miete aus, außerhalb des preisgebundenen Wohnraums nicht überzeugend. Selbst wenn man der faktischen Annahme des Bundesgerichtshofs, der Vermieter könnte in aller Regel ohne die Übertragung der Schönheitsreparaturen eine höhere Miete verlangen, zustimmt,611 ließe sich ein solcher Kausalzusammenhang nicht bei den einzelnen Verträgen feststellen, in denen Schönheitsreparaturklauseln vorkommen. Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass der Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht nur „im Regelfall“ 612 eine entsprechende Entlastung durch eine geringere Miete gegenübersteht. Dass der im Einzelfall vereinbarte Preis gerade auch durch die Übertragung der Dekorationslast zustande gekommen ist, lässt sich nicht objektiv überprüfen. Ein solcher Nachweis wäre aber erforderlich, damit die angenommene Preissenkung als taugliche Kompensation angesehen werden kann.613 Dies gilt nicht nur für Verbraucherverträge, bei denen der Europäische Gerichtshof wie aufgezeigt einen konkreten Nachweis der Berücksichtigung der Klausel bei der Preisfindung verlangt.614 Denn das Erfordernis, dass eine Kompensation für eine benachteiligende Klausel tatsächlich erfolgen muss, folgt nicht aus der nur für Verbraucherverträge gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB gebotenen Berücksichtigung der individuellen Um608 Hemming, WuM 1987, 110, stellt fest: „Die Frage, ob der Vermieter oder der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführt, spielt für die Miethöhe eine mehr als untergeordnete Rolle.“ Ebenso Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 241; Artz, NZM 2015, 803. 609 Emmerich, in: ders. et al., Mietpreisermittlung, S. 46, 53–55. 610 Finger, WuM 293, 296; Fervers, NZM 2018, 640, 650. 611 So Hinz, NZM 2001, 264, 274; Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 79; Bieber, NJW 2008, 3774, 3775; Oestmann, in: HKK-BGB, §§ 535–580a Rn. 39; Kraemer/ Paschke, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. III Rn. 2598; Zehelein, in: Graf v. Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Geschäftsraummiete Rn. 51; Häublein, VuR 2021, 214, 217. 612 BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481. 613 Sonnenschein, JZ 1985, 430, 432. 614 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 – Constructora Principado.
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stände, sondern schon daraus, dass ein wirklicher Vorteil im Gegenzug zur ungünstigen Klausel zustande gekommen sein muss, damit eine hinreichende Kompensation des Nachteils bejaht werden kann. Auch die ausdrückliche Behauptung in einer vorformulierten Klausel im Mietvertrag, der Mietzins sei ohne die Kosten für Schönheitsreparaturen kalkuliert worden,615 beweist nicht, dass die Miete ohne die Abwälzung der Schönheitsreparaturen tatsächlich in entsprechendem Umfang erhöht wäre. Dies hat der Europäische Gerichtshof zu Recht wie oben ausgeführt in der Entscheidung Constructora Principado klargestellt.616 Aus diesem Grund kann das Entgeltargument auch dann nicht überzeugend für die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel vorgebracht werden, wenn der Mietvertrag die Kalkulation des Vermieters offenlegt und dabei einen „Rabatt“ für die Abwälzung der Schönheitsreparaturen ausweist.617 Ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Nachteil und geringerem Preis besteht dagegen bei der Verwendung sogenannter Tarifwahlklauseln. Bei einer Tarifwahl kann sich der Vertragspartner des Verwenders zwischen einer ungünstigen Gestaltung zu einem niedrigen Preis und einer günstigen Gestaltung zu einem höheren Preis entscheiden. Die Verwendung einer Tarifwahlklausel führt nicht dazu, dass die Vertragsbedingung, für die sich der Kunde – hier also der Mieter – entscheidet, als Individualvereinbarung im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB angesehen werden kann, sofern der Kunde keinen Einfluss auf den Inhalt der Alternativen nehmen konnte.618 Solange beide Varianten vom Verwender vorformuliert und gestellt sind, ändert die Wahlmöglichkeit des Kunden zwischen den vorgegebenen Varianten nichts an der Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingung.619 Bietet der Vermieter aber zwei Preisoptionen – eine mit, eine ohne Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter – an, so besteht ein konkret nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen der Abwälzung und dem Preisvorteil. In diesen Fällen ist das Entgeltargument daher inhaltlich zutreffend und nach herrschender Ansicht deshalb auch bei der Inhaltskontrolle zugunsten der Wirksamkeit der Klausel zu berücksichtigen.620 Die Verwendung von Tarifwahlklauseln in Mietverträgen stellt aber den praktischen Ausnahmefall dar. 615 Eine solche Formulierung fand sich etwa in den Mietverträgen, die Gegenstand der Urt. des BGH v. 8.10.2009, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772; v. 18.3.2015, NJW 2015, 1874, und des Beschl. des OLG Dresden v. 6.3.2019, NZM 2019, 412, waren. 616 Siehe oben S. 126 ff. 617 Anderer Ansicht Bach, in: Leuscher, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln Rn. 9; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 387.1. 618 OLG Stuttgart, Urt. v. 7.12.2016, NZM 2017, 598 Ls. 2; Fallak, ZMR 2013, 161, 162; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 Rn. 42; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 126; anderer Ansicht für die Geschäftsraummiete aber Wichert, ZMR 2014, 612, 615. 619 Zu den Anforderungen an die individuelle Aushandlung von Tarifwahlklauseln Kappus, NZM 2016, 609, 619. 620 Kliege, Rechtsprobleme der AGB in wirtschaftswissenschaftlicher Analyse, S. 67 f.; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 494; Forna-
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Das Entgeltargument stößt zudem an Grenzen, wenn es um Wohnraum geht, bei dem Mietpreiserhöhungen gesetzlich begrenzt werden.621 Gemäß § 556d BGB622 darf bei einer Neuvermietung der Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB höchstens um 10 % übersteigen, wenn es sich um eine Wohnung in einem von den Landesregierungen bestimmten Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten handelt. Soweit diese sogenannte Mietpreisbremse eingreift, können Vermieter ohnehin keine höhere Miete verlangen, wenn sie die Renovierungslast selbst tragen. Das Argument, der Vermieter würde die zusätzlichen Kosten durch die Tragung der Schönheitsreparaturen zum Nachteil des Mieters durch eine höhere Miete ausgleichen, geht somit erst recht nicht auf, wenn aus rechtlichen Gründen schon keine Möglichkeit einer höheren Miete besteht. Das nach Ansicht des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Überwälzung von Schönheitsreparaturen grundlegende Entgeltargument kann damit nicht überzeugen. Schon die zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen sind nicht durchweg plausibel. Zudem sollte ein Preisargument abgesehen vom Sonderfall der Tarifwahl wie erläutert generell nicht bei der AGB-Kontrolle berücksichtigt werden, damit eine effektive Klauselkontrolle durchgeführt werden kann. d) Das Argument der Kalkulierbarkeit Thematisch verknüpft, aber inhaltlich verschieden vom Entgeltargument ist das vom Bundesgerichtshof ebenfalls vorgebrachte Argument der Kalkulierbarkeit der Kosten, die dem Mieter durch die Abwälzung der Schönheitsreparaturen entstehen. Er führt aus, die den Mieter treffenden Pflichten seien für ihn „überschaubar und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen vorauskalkulierbar. Der Mieter kann durch Ansparen Vorsorge treffen und sich außerdem durch Eigenleistungen Kosten ersparen“.623 Da die Kosten im Vorhinein zumindest näherungsweise abschätzbar seien, unterscheide sich die Abwälzung der Schönheitsreparaturen klar von Haftungsausschlüssen durch den Verwender, bei denen unüberschaubare Risiken auf den Vertragspartner des Verwenders übergewälzt werden.624 sier, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 117; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 9. 621 Anderer Ansicht Häublein, VuR 2021, 214, 217. 622 Eingeführt mit dem Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung v. 21.4.2015, BGBl. I S. 610–612, das zuletzt durch das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn v. 27.3.2020, BGBl. I S. 540, geändert wurde. Für die Geschäftsraummiete gelten hingegen bisher keine Beschränkungen der Miethöhe. Auch der Ordnungswidrigkeitentatbestand der Mietpreisüberhöhung in § 5 WiStG erfasst nur die Wohnraummiete. 623 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792. 624 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2792.
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Dem ist zuzustimmen. Es leuchtet gerade vor dem Hintergrund des Transparenzgebots ein, dass die Abwälzung von Pflichten den Vertragspartner weniger stark benachteiligt, wenn die damit einhergehenden Kosten bei Vertragsschluss näherungsweise erkennbar sind. Da Schönheitsreparaturen nach einem gewissen Zeitablauf nötig werden und einen eher gleichbleibenden Aufwand erfordern, sind die Kostenrisiken für den Mieter dabei in der Tat geringer als etwa im Falle der Haftungsfreizeichnung. Dafür ist es auch nicht erforderlich, dass die Abwälzungsklausel, wie von einer im Vordringen befindlichen Ansicht verlangt,625 eine zahlenmäßige Begrenzung der den Mieter treffenden Kostenbelastung vorsieht. Anders als die Kleinreparaturen, die nach ständiger Rechtsprechung nur im Falle einer zahlenmäßigen Begrenzung wirksam auf den Mieter abgewälzt werden können,626 werden Schönheitsreparaturen nur nach gewissem Zeitablauf notwendig, sodass die bei den Kleinreparaturen bestehende Befürchtung, der Mieter könnte in kurzer Zeit mit den Kosten einer Vielzahl von Kleinreparaturen konfrontiert werden, auf die Schönheitsreparaturen nicht zutrifft. Hinzu kommt, dass der Aufwand für die vom Mieter durchzuführenden Renovierungsarbeiten vom Nutzungsverhalten des Mieters selbst beeinflusst wird.627 Auch der Europäische Gerichtshof hat angedeutet, dass es für die Missbräuchlichkeit einer Klausel spricht, wenn die durch sie auf den Verbraucher zukommenden Kosten unklar sind.628 Dies bedeutet aber nicht, dass jede Übertragung von Kosten wirksam ist, wenn die Kosten nur kalkulierbar sind. Davon geht soweit ersichtlich auch der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung nicht aus. Stellt die Überwälzung bereits eine schwerwiegende Abweichung von den gesetzlichen Grundgedanken dar, dürfte die dadurch indizierte Unwirksamkeit somit auch nicht dadurch widerlegt werden, dass die entstandenen Kosten überschaubar sind. e) Die Vereinfachung von Abläufen durch die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter Es bestehen aber mehrere praktische Aspekte, die die Interessenlage der Mietvertragsparteien beeinflussen, und die als Argumente für die grundsätzliche Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklauseln angeführt werden können. Aus unionsrechtlicher Perspektive kommt es, wie bereits ausgeführt wurde, neben dem Grad der Abweichung vom dispositiven Recht darauf an, ob ein Unterneh625 LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 192; zustimmend Halder, ZJS 2017, 719, 724; Arndt, ZMR 2020, 812, 820. 626 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247 Ls. 1; BGH, Urt. v. 15.5.1991, NJW 1991, 1750, 1752; BGH, Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759, 1760. 627 Siehe dazu auch unten S. 139 ff. 628 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 26 – Constructora Principado.
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mer als Klauselverwender davon ausgehen durfte, dass sich ein Verbraucher in individuellen Verhandlungen auf eine solche Bestimmung eingelassen hätte.629 Bei dieser hypothetischen Betrachtung können etwaige praktische Vorteile einer vom dispositiven Recht abweichenden Dekorationslastverteilung eine Rolle spielen. aa) Vermeidung der Abgrenzung von der Sachbeschädigung Wie bereits kurz aufgezeigt wurde, ist schon die rechtliche Abgrenzung zwischen der Sachbeschädigung und dem vertragsgemäßen Gebrauch im Einzelnen umstritten.630 Die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter vermeidet zugleich die tatsächliche Streitfrage nach der Ursache von Beeinträchtigungen und verringert damit das Konfliktpotenzial zwischen den Vertragsparteien: Auf die Frage, ob optische Mängel durch vertragswidriges Verhalten zustande gekommen sind oder nicht, kommt es nicht mehr an, wenn der Mieter in beiden Fällen zur Beseitigung verpflichtet ist. Dieser Aspekt wurde von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln bisher kaum thematisiert. Zur Rechtfertigung der Wirksamkeit von Klauseln, durch die einem Mieter die Kosten für kleinere Reparaturen übergebürdet werden, hat der Bundesgerichtshof allerdings ausgeführt, diese dienten der Streitvermeidung und damit dem Rechtsfrieden zwischen den Mietvertragsparteien, weil es nicht auf die Frage der Ursache nach den Mängeln ankomme.631 Diese Argumentation lässt sich auf die Dekorationslastverteilung übertragen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob sich das Interesse an Konfliktvermeidung gegen die gesetzliche Wertung in §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB durchsetzen kann, wonach die Gebrauchserhaltung einschließlich der Beseitigung der normalen Gebrauchsspuren Aufgabe des Vermieters ist. Es spricht aber zumindest für die Wirksamkeit der Abwälzungsklauseln. bb) Gestaltungs- und Planungsfreiheit des Mieters Ein weiterer beachtenswerter Aspekt bei der Bestimmung der Interessenlage in Bezug auf die Verteilung der Schönheitsreparaturlast ist das Interesse der Mieter an einer individuellen Gestaltung der von ihnen gemieteten Räume. Dies unterschiedet sie von sonstigen Reparatur- und Erhaltungsarbeiten, bei denen es lediglich um die Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Einrichtungen geht. Der Aspekt der Gestaltungsfreiheit betrifft Mieter von Wohnraum, die sich ihre Wohnung nach eigenem Geschmack so einrichten 629
EuGH, Urt. v. 14.3.2013, EuZW 2013, 464, 468 Rn. 69 – Aziz. Siehe oben S. 18 ff. 631 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247; im Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759, 1761, erklärt der BGH erneut, Kleinreparaturklauseln dienten dem „Interesse des Rechtsfriedens“. 630
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möchten, dass sie sich wohl fühlen.632 Noch wichtiger ist die dekorative Gestaltungsfreiheit aber für gewerbliche Mieter, die die Räume entsprechend dem öffentlichen Erscheinungsbild ihres Unternehmens gestalten oder die Dekoration an ihren jeweiligen Geschäftszweck anpassen möchten.633 Zwar hindert die Zuständigkeit des Vermieters für die Durchführung der Schönheitsreparaturen den Mieter nicht, dennoch selbst zu renovieren. Solange ein Mieter die Räume aber ohnehin individuell gestalten will, hat er wenig Interesse an der Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter während der Mietzeit. Dies gilt zumindest so lange, bis geklärt ist, ob der Vermieter bei eigener Renovierungspflicht Rücksicht auf die Gestaltungswünsche des Mieters nehmen muss.634 Ein Anspruch auf Berücksichtigung individueller Farb- und Materialwünsche soll sich aber nach wohl herrschender Ansicht lediglich dann aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB ergeben, wenn dies nicht zu Mehrkosten für den Vermieter führt.635 Hinzu kommt, dass im Interesse beider Vertragsparteien kein Bedarf für eine zeitliche Abstimmung von Renovierungsarbeiten besteht, wenn der Mieter diese abweichend von der dispositiven Rechtslage selbst vornimmt oder vornehmen lässt.636 Geschäftsraummieter sind regelmäßig darauf angewiesen, dass Verschönerungsarbeiten in ihrem Geschäft während der Betriebsferien oder im Zuge größerer Umbauarbeiten, für die der Betrieb unterbrochen wird, stattfinden. Dies lässt sich deutlich leichter sicherstellen, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen selbst trägt, als wenn er dafür den Vermieter in Anspruch nimmt. cc) Kostenreduktion durch Eigenvornahme Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter kann außerdem in der Summe zu geringeren Kosten für die Renovierung führen. Damit ist nun nicht die bereits besprochene und nach hiesiger Ansicht abzulehnende Entgeltthese angesprochen, sondern der Umstand, dass eine Eigenvornahme erheblich kostengünstiger ist als die Beauftragung eines Handwerksbetriebs mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen. Für die Durchführung der Schönheitsreparaturen wird ein gewisses handwerkliches Geschick benötigt, es sind aber keine professionellen Kenntnisse erforderlich.637 In der Praxis nehmen insbesondere 632
Siegmund, MietRB 2021, 122, 125. OLG Brandenburg, Urt. v. 6.12.2022, NJW-RR 2023, 518 Rn. 27; Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1204; Zehelein, NZM 2017, 137, 141. 634 Bejahend Halder, ZJS 2017, 719, 725; verneinend Sternel, NZM 2007, 545, 547; Flatow, WuM 2009, 208, 211; Harsch, MDR 2012, 201, 202; Bach, in: Leuscher, AGBRecht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 4. 635 LG Bremen, Beschl. v. 18.5.2017, WuM 2017, 710, 711; LG Berlin, Urt. v. 23.5.2017, WuM 2017, 395; Horst, DWW 2007, 48, 53 f.; Siegmund, MietRB 2012, 116, 118. 636 Hinz, ZMR 2023, 1. 637 Näher zu den Qualitätsanforderungen unten S. 209 ff. 633
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Wohnraummieter zur Verringerung ihrer eigenen Kosten die erforderlichen Arbeiten oftmals selbst vor, während Vermieter damit häufiger Malerbetriebe betrauen.638 Daher können die Gesamtkosten für Schönheitsreparaturen im Falle der Abwälzung auf den Mieter in diesen Fällen geringer ausfallen. Diesen Aspekt zieht der Bundesgerichtshof als ergänzendes Argument für die Kalkulierbarkeit der Wirksamkeit der Vornahmeklauseln heran und sieht folgerichtig zumindest bei der Wohnungsmiete solche Klauseln, die dem Mieter die Möglichkeit der Eigenvornahme verwehren, als unwirksam an.639 Eine solche Kostenreduktion kommt allerdings nur zustande, sofern die Mieter oder Personen aus ihrem Umfeld tatsächlich eigenhändig renovieren. Es hängt schon von den persönlichen Umständen des Mieters ab, unter anderem von seinem Gesundheitszustand, ob eine Eigenvornahme überhaupt möglich ist.640 Wird stattdessen ein Handwerksbetrieb mit dieser Aufgabe betraut, entsprechen die Kosten des Mieters in etwa denjenigen, die der Vermieter bei eigener Zuständigkeit und der Einschaltung von Handwerkern hätte aufwenden müssen. Insbesondere bei der Geschäftsraummiete kommt es wahrscheinlich häufig zur Beauftragung eines Fachbetriebs durch den Mieter, da die Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Geschäftsinhaber oder seine Beschäftigten oftmals wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Außerdem wäre ein Vermieter ebenso wenig wie der Mieter gehindert, eigenhändig Schönheitsreparaturen durchzuführen. Aus der Beobachtung, dass Mieter häufig eigenhändig renovieren und damit in erster Linie nur ihre eigene Arbeitszeit plus Materialkosten aufwenden müssen, lässt sich somit nicht die allgemeine Schlussfolgerung ziehen, die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter verursache insgesamt geringere Kosten als die Beibehaltung der gesetzlich vorgesehenen Aufgabenverteilung. Allerdings führt die Abwälzung auf den Mieter immerhin dazu, dass organisatorischer Aufwand wie die Terminabstimmung zwischen den Vertragsparteien und die Begehung der Mieträume durch den Vermieter während der Mietzeit vermieden wird. dd) Verhaltenssteuernder Effekt Außerdem wird zum Teil vorgebracht, die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter schaffe einen Anreiz für den Mieter, sorgsam mit den gemieteten Räumen umzugehen.641 Der Zustand der Räume wird neben dem Zeitablauf von der Nutzung des Mieters beeinflusst,642 sodass ein vorsichtiger Umgang mit 638
Kappus, NZM 2011, 674, 675. BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2878 f. Rn. 21. Dazu näher unten S. 209 ff. 640 Arndt, ZMR 2020, 812, 819. 641 Häublein, VuR 2021, 214, 217; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 51. 642 Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 537; Häublein, VuR 2021, 214, 217 f. 639
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den Räumen es dem Mieter ermöglicht, seltener und zu geringeren Kosten zu renovieren. Verbleibt es dagegen bei der gesetzlich vorgesehenen Dekorationszuständigkeit des Vermieters, trägt dieser die Konsequenzen einer mehr oder weniger starken Abnutzung der Mieträume, sodass der beschriebene Anreiz für den Mieter entfällt.643 Auch innerhalb der vertragsgemäßen Nutzung im Sinne des § 538 BGB können sich die Folgen der Nutzung stark unterscheiden.644 Diesen verhaltenssteuernden Effekt hat der Bundesgerichtshof bisher nicht im Zusammenhang mit der Abwälzung von Schönheitsreparaturen, wohl aber – wie schon das Argument der Konfliktvermeidung – im Kontext von Kleinreparaturklauseln angesprochen.645 Dabei hat er jedoch ausdrücklich offengelassen, ob ein solcher „,pädagogische[r]‘ Gesichtspunkt“ bei der AGB-Kontrolle zu berücksichtigen sei.646 Der dagegen vorgebrachte Einwand, innerhalb der erlaubten Nutzung dürfe keine Verhaltenssteuerung erfolgen,647 überzeugt nicht, weil es nicht darum geht, dass dem Mieter ein bestimmter Umgang mit der Mietsache aufgezwungen wird. An seinen Nutzungsmöglichkeiten wird durch die Abwälzung der Schönheitsreparaturen nichts geändert. Es ist aber sinnvoll, wenn diejenige Person mit einer Aufgabe betraut wird, die das Aufkommen der Aufgabe am ehesten beeinflussen kann. Es erscheint daher angebracht, eine verhaltenssteuernde Wirkung durch die Vertragsgestaltung zumindest bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. f) Differenzierung zwischen Wohn- und Geschäftsraummietverträgen? Diskutiert wird auch, ob bei der Frage der AGB-rechtlichen Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln zwischen Mietverträgen über Wohnraum und Mietverträgen über Gewerberaum unterschieden werden sollte. Dies betrifft nicht nur die grundsätzliche Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen, sondern vor allem die verschiedenen Klauselgestaltungen im Einzelnen. Im Rahmen der Klauselkontrolle nach § 307 BGB ist es denkbar, dass dieselbe Klausel je nach dem Personenkreis, gegenüber dem sie verwendet wird, wirksam oder unwirksam ist.648 Dem steht die grundsätzlich generalisierende Betrachtungsweise nicht entgegen, weil hierbei ganze Gruppen betrachtet werden.649 643
Häublein, VuR 2021, 214, 217 f. Häublein, VuR 2021, 214, 218. 645 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247, 2248. 646 BGH, Urt. v. 7.6.1989, BGHZ 108, 1 = NJW 1989, 2247, 2248. 647 Halder, ZJS 2017, 719, 725. 648 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 112; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 183; Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 8. 649 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 183. 644
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Eine solche Unterscheidung kann durch unterschiedliche Interessenlagen oder eine verschiedene Schutzbedürftigkeit begründet werden. Bei Verbraucherverträgen kann eine abweichende Beurteilung im Wege richtlinienkonformer Auslegung geboten sein, wenn das von der Klausel-RL in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof vorgegebene Schutzniveau im Einzelfall über § 307 BGB hinausgeht. Auch können sich bei Verbraucherverträgen wie ausgeführt Besonderheiten aus der Berücksichtigung der Einzelfallumstände gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ergeben.650 Zu beachten ist dabei, dass längst nicht alle Wohnraummietverträge Verbraucherverträge sind,651 sodass die Unterscheidung zwischen Verbrauchervertrag und sonstigem Vertrag nicht gleichbedeutend mit der Unterscheidung zwischen Wohnraum- und Geschäftsraummietvertrag ist. Die Zuständigkeitsverteilung für Erhaltungsmaßnahmen wird durch §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB ohne Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten von Mietverträgen vorgegeben. Während das BGB an mehreren Stellen einen stärkeren Schutz des Wohnraummieters enthält, besteht im Hinblick auf die Tragung der Schönheitsreparaturen somit für die Wohn- und die Geschäftsraummiete dasselbe gesetzliche Leitbild.652 Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen wird im Grundsatz an § 307 BGB gemessen,653 sodass sich auch aus der Nichtanwendbarkeit der §§ 308 f. BGB bei Gewerbemietverträgen gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB kein Grund zur Unterscheidung ergibt.654 Gleichwohl wird unter Berufung auf eine geringe Schutzbedürftigkeit des Geschäftsraummieters zum Teil vertreten, es könnten bei der Geschäftsraummiete im Hinblick auf den Umfang und die Ausgestaltung von Schönheitsreparaturklauseln weitergehende Regelungen formularvertraglich getroffen werden als bei der Wohnraummiete.655 Auf die einzelnen Gestaltungen, bei denen dies diskutiert wird, wird noch einzugehen sein. Der Bundesgerichtshof ist diesbezüglich aber zu Recht zurückhaltend. Er behandelt Schönheitsreparaturklauseln in Geschäftsund Wohnraummietverträgen in der Regel gleich: Mehrfach hat sich der für die gewerbliche Miete zuständige zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zuvor ergangenen Entscheidungen des für das Wohnraummietrecht zuständigen achten 650
Siehe oben S. 99 ff. Siehe oben S. 62 ff. 652 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3773 Rn. 21–23; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 369, 376; Specht, in: Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, H Rz. 559. 653 Jedoch kann das Klauselverbot in § 309 Nr. 12 BGB für Fristenpläne in Bezug auf Schönheitsreparaturen von Bedeutung sein, siehe dazu unten S. 199 ff. 654 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3773 Rn. 23. 655 H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 674; Heinrichs, NZM 2005, 201, 209 f.; Bieber, NJW 2008, 3774, 3775; Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 116; Wichert, ZMR 2014, 612–617, der zudem weitergehend eine Unterscheidung nach verschiedenen Gruppen von Gewerbemietern befürwortet; ähnlich Müller, NZM 2016, 185, 191. 651
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Zivilsenats angeschlossen.656 Dabei hat der zwölfte Senat zutreffend darauf hingewiesen, dass der besondere gesetzliche Schutz des Wohnraummieters in anderen Bereichen nicht zu einer Unterscheidung bei der Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln führen müsse.657 Auch ein geschäftlich erfahrener, gewerblicher Mieter ist je nach Marktsituation nicht in der Lage, Klauseln abzuwehren, die seine rechtliche Position gegenüber der dispositiven Rechtslage verschlechtern.658 Folglich sind Wohn- und Geschäftsraummietverträge nach der zutreffenden Rechtsprechung sowohl im Hinblick auf die grundsätzliche Übertragbarkeit der Dekorationsarbeiten als auch im Hinblick auf den zulässigen Umfang der übertragenen Arbeiten im Regelfall gleich zu behandeln. g) Zwischenergebnis Wie ausgeführt wurde,659 stellt die Abwälzung der Schönheitsreparaturen nach hiesiger Auffassung im Wohn- und Geschäftsraum gleichermaßen keine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da es nicht zu den wesentlichen Grundgedanken des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB gehört, dass der Vermieter gerade auch die Schönheitsreparaturen durchführt. Für dieses Verständnis spricht wie aufgezeigt tendenziell auch die Einschätzung des Mietrechtsreformgesetzgebers. Somit ist die Unwirksamkeit von Klauseln, durch die der Mieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet wird, nicht indiziert. Folglich ist die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Schönheitsreparaturpflichten auch formularvertraglich übertragbar sind, im Ergebnis zutreffend. Sieht man dagegen wie die herrschende Ansicht in der Literatur und wohl auch in der Rechtsprechung den Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB als erfüllt an, können die vom Bundesgerichtshof vorgebrachten Argumente – das Argument der Verkehrssitte und das Entgeltargument – die indizierte Unwirksamkeit nicht widerlegen. Insbesondere im Hinblick auf das Entgeltargument bestehen auch erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität dieses Ansatzes, weil der Europäische Gerichtshof zu Recht einen im Einzelfall nachvollziehbaren Nachweis für eine erfolgte Kompensation durch eine Preissenkung verlangt hat.660 656 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006, 2007 f.; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3773 f. Rn. 21–29; siehe auch OLG Brandenburg, Urt. v. 6.12.2022, NJW-RR 2023, 518, in dem die zu Wohnungsmietverträgen ergangene Rechtsprechung zu Klauseln über die Ausführungsart auf die Geschäftsraummiete angewandt wird. 657 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3773 Rn. 23. 658 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3773 Rn. 24. 659 Siehe oben S. 109 ff. 660 Siehe oben S. 124 ff.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
143
Um eine Ausnahme von einer durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB indizierten Unwirksamkeit zu begründen, könnte man allenfalls auf die genannten praktischen Vorteile abstellen, die mit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen einhergehen. Zu diesen gehört auch, dass die Mietvertragsparteien im Regelfall schlicht „in Ruhe gelassen“ werden wollen,661 also im Zweifel weniger Austausch mit dem Vertragspartner bevorzugen und erst recht Konflikte vermeiden wollen. Es ist aber zweifelhaft, ob diese rein praktischen Erwägungen ausreichen würden, um die durch das Regelbeispiel in § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründete Vermutung der Unwirksamkeit der Klauseln zu widerlegen. 3. Unwirksamkeit gemäß § 536 Abs. 4 BGB bei Wohnraummietverträgen? Verbreitet wird angenommen, die Abwälzung der Durchführung von Schönheitsreparaturen auf einen Wohnungsmieter sei nicht (nur) aufgrund AGB-rechtlicher Bestimmungen, sondern wegen § 536 Abs. 4 BGB unwirksam.662 Gemäß § 536 Abs. 4 BGB sind bei einem Mietverhältnis über Wohnraum Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Bestimmungen über die Minderung gemäß § 536 Abs. 1 bis 3 BGB abweichen, unwirksam. Wenn der Tatbestand von § 536 Abs. 4 BGB im Falle der Abwälzung der Durchführung von Schönheitsreparaturen erfüllt wäre, hätte dies zur Folge, dass jegliche, auch die individuell vereinbarte, Abwälzung auf den Wohnraummieter unwirksam wäre, da § 536 Abs. 4 BGB nur eine „Vereinbarung“, nicht eine Allgemeine Geschäftsbedingung voraussetzt. Wegen des auf den Wohnraum beschränkten Anwendungsbereichs kann § 536 Abs. 4 BGB dagegen nicht der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln in Geschäftsraummietverträgen entgegenstehen, egal, ob es sich um eine formularvertragliche oder um eine individuell ausgehandelte Klausel handelt. Entscheidend für das Eingreifen von § 536 Abs. 4 BGB bei Renovierungsklauseln in Wohnungsmietverträgen ist, ob sie eine Minderung der Miete ausschließen. Gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB ist die Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache bei Überlassung oder während der Mietzeit mangelhaft ist. Allerdings bleibt eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit gemäß § 536 Abs. 1 S. 3 BGB außer Betracht. Zwar enthalten die Vornahmeklauseln nach ihrem Wortlaut nur die Verpflichtung, auf eigene Kosten Schönheitsreparaturen durchzuführen. Die 67. Zivilkammer des Berliner Landgerichts und mehrere Stimmen in der Literatur sind jedoch 661
Siegmund, MietRB 2021, 122, 125. LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 190 f.; Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 253–257; Halder, ZJS 2017, 719, 722; Graf v. Westphalen, NJW 2018, 205, 209; Bieder, in: BeckOGK BGB, § 536 Rn. 112; kritisch auch Over, in: Hannemann/Wiegner, MAH Mietrecht, § 19 Rn. 151; Looschelders, NZM 2022, 393, 398. 662
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
der Ansicht, dass Vornahmeklauseln über Schönheitsreparaturen so auszulegen seien, dass dem Mieter keine Gewährleistungsrechte zustehen, solange er seiner Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht nachgekommen ist.663 Dann wäre das Minderungsrecht beschränkt, was zur Unwirksamkeit der Abrede gemäß § 536 Abs. 4 BGB führen würde. Diese Ansicht beruft sich zudem auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach eine Klausel, die den Mieter zur Vornahme von Kleinreparaturen verpflichtet, bei kundenfeindlichster Auslegung durch den durchschnittlichen Mieter so verstanden werde, dass ihm keine Gewährleistungsrechte zustehen, solange er der ihm übertragenen Reparaturverpflichtung nicht nachgekommen ist.664 Aus diesem Grund sieht der Bundesgerichtshof bei der Wohnraummiete allein die begrenzte Übertragung der Kosten für Kleinreparaturen, nicht aber die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme dieser Reparaturen, als wirksam an.665 Die wohl herrschende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur steht hingegen auf dem Standpunkt, dass die Voraussetzung des § 536 Abs. 4 BGB im Falle der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter nicht erfüllt sei.666 Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass unterbliebene Schönheitsreparaturen normalerweise nicht zu einem Zustand führen, der gemäß § 536 BGB eine Minderung der Miete bewirkt. Aus diesem Grund sei es fernliegend, eine Vornahmeklausel über Schönheitsreparaturen so zu verstehen, dass dem Mieter die Gewährleistungsrechte entzogen seien, solange er die von ihm geschuldeten Schönheitsreparaturen nicht vorgenommen hat.667 Das vom Bundesgerichtshof vorgebrachte Verständnis der Vornahmeklauseln ist in Anbetracht der bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung aber nicht zwingend. Dennoch ist dem Bundesgerichtshof im Ergebnis darin zuzustimmen, dass § 536 Abs. 4 BGB der Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht entgegensteht. Ob die Mietsache mangelhaft ist, hängt zunächst von den Vereinbarungen der Vertragsparteien ab.668 Werden die Dekorationsarbeiten auf den Mieter übertragen, entfällt dadurch denklogisch immer auch die Renovierungspflicht des Ver663 LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 190; Kraemer, NZM 2003, 417, 419; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 422. 664 BGH, Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759, 1760. 665 BGH, Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759. 666 BGH, Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759, 1760; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 155; Klein-Blenkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 443; Lützenkirchen, in: ders., Mietrecht, § 535 Rn. 558; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, § 538 Rn. 62. 667 BGH, Urt. v. 6.5.1992, BGHZ 118, 194 = NJW 1992, 1759, 1760. 668 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 155; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 536 Rn. 19; Looschelders, NZM 2022, 393, 396; Schüller, in: BeckOK Mietrecht, § 536 Rn. 5.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
145
mieters.669 Mit anderen Worten beinhaltet die Verpflichtung des Mieters zu renovieren zugleich eine Freizeichnung des Vermieters von dessen Renovierungspflicht. Im Falle der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter wäre ein schlechter Dekorationszustand somit dem Mieter zuzurechnen, sodass ihm von vornherein keine Mängelrechte in Bezug auf die Dekoration zustehen.670 Diese Betrachtungsweise führt zwar zu dem Widerspruch, dass eine vertragliche Beschränkung des Minderungsrechts gemäß § 536 Abs. 4 BGB unzulässig ist, die Gewährleistungsrechte des Mieters aber im Vorhinein durch Vereinbarungen über die geschuldete Beschaffenheit der Mietsache faktisch beschränkt werden können.671 Dieser Konflikt kann aber so aufgelöst werden, dass eine Vereinbarung über den Soll-Zustand der Mietsache individual- und formularvertraglich zulässig sein soll, solange ihr Gegenstand klar beschrieben wird und die Konsequenzen für den Mieter überschaubar sind.672 Denn einerseits müssen die Vertragsparteien die Möglichkeit haben, selbst über die geschuldete Beschaffenheit der Mietsache zu entscheiden, andererseits darf das Minderungsrecht nicht völlig ausgehöhlt werden. Die genannten Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Abwälzung von Schönheitsreparaturen in der Regel erfüllt, da für die Mieter erkennbar ist, wie sich die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf ihre Gewährleistungsrechte auswirkt.673 Führen unterbliebene Schönheitsreparaturen zu einem schlechteren Zustand der Mieträume, handelt es sich somit im Falle der Abwälzung auf den Mieter schon nicht um einen Mangel, weil keine negative Abweichung vom vereinbarten Zustand der Mietsache vorliegt. Dass deswegen keine Minderung der Miete eintritt, ist dann lediglich ein „Reflex“ der zulässigen Vereinbarung über die Dekorationslastverteilung.674 Somit bewirkt die Abwälzung der Schönheitsreparaturen nach der zutreffenden herrschenden Ansicht keine Beschränkung der Mietminderung gemäß § 536 Abs. 1 BGB. Folglich ist die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auch bei der Wohnraummiete nicht gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam.
V. Übertragbarkeit der Schönheitsreparaturpflicht bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Räumen Bisher ist die grundsätzliche Abwälzbarkeit der Dekorationslast auf den Mieter untersucht worden. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob die Schönheitsreparaturen auch dann übertragbar sind, wenn die Mieträume zu Be669 670 671 672 673 674
Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 530. Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 531. Darauf weist zutreffend hin Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 155. Gsell, NZM 2016, 702, 710 f.; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 155. Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 144. Häublein, in: MüKo-BGB, § 536 Rn. 57.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
ginn des Mietverhältnisses in unrenoviertem Zustand an den Mieter übergeben wurden. Zu dieser Frage ist vor einigen Jahren eine wichtige Rechtsprechungsänderung eingetreten, die neue Fragen aufgeworfen und unter anderem deshalb ein breites Echo im Schrifttum hervorgerufen hat. 1. Die Beseitigung vorvertraglicher Gebrauchsspuren als Grund für eine unangemessene Benachteiligung Die Diskussion über die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln bei anfänglich unrenovierten Mieträumen begann aber schon deutlich früher. Ausgangspunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung war eine Vorlage des Oberlandesgerichts Stuttgart an den Bundesgerichtshof im Jahr 1985.675 Das Oberlandesgericht hielt die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter für unwirksam, wenn dieser die Räume unrenoviert übergeben bekommen hat.676 Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem hierzu ergangenen Rechtsentscheid dagegen auf den Standpunkt gestellt, dass auch bei unrenoviert übergebenen Räumen die Abwälzung zulässig sei, solange die im Vertrag festgelegten Renovierungsintervalle erst mit Beginn des Mietverhältnisses zu laufen beginnen.677 Er hat die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im Falle unrenovierter Räume zwar als „besondere Fallgruppe“ 678 angesehen. Weiterhin hat der Bundesgerichtshof damals bereits zugestanden, dass die Abwälzung bei anfänglich unrenovierten Räumen zur Folge haben kann, dass der Mieter die Mieträume in besserem Zustand zurückgeben muss, als er sie erhalten hat, was allein dem Vermieter zugutekäme.679 Er hat im Ergebnis dennoch keinen Grund zu einer anderen Bewertung bei der Inhaltskontrolle als im Falle der Überlassung renovierter Räume gesehen. Der Bundesgerichtshof stellte hierbei die praktische Erwägung an, dass es für die Vermieter unwirtschaftlich wäre, wenn sie die vermieteten Räume immer zunächst renovieren müssten, damit sie die Mieter wirksam zur Durchführung der Schönheitsreparaturen während der Mietzeit verpflichten können.680 Bei Überlassung unrenovierter Räume sei sichergestellt, dass der Mieter keinen größeren Pflichten in Bezug auf Schönheitsreparaturen ausgesetzt ist als bei der Überlassung renovierter Räume, wenn die vorgesehenen Renovierungsfristen erst bei Übergabe zu laufen beginnen.681 An
675
OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.9.1985, NJW 1986, 2115. OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.9.1985, NJW 1986, 2115, 2116. 677 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575; bestätigt im Urt. v. 20.10.2004, NJW 2005, 425. 678 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2576. 679 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2577. 680 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2577. 681 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575, 2577; dazu kritisch schon Hensen, NZM 1999, 151, 156. 676
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
147
dieser Ansicht hat der Bundesgerichtshof lange Zeit festgehalten,682 während die Abwälzbarkeit der Dekorationsarbeiten bei unrenoviert überlassenen Räumen schon früh von manchen Stimmen in der Literatur bestritten wurde.683 Im Schrifttum fand sich aber zunächst verbreitet Zustimmung zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.684 Später bahnte sich eine Änderung der Rechtsprechung an. Im Kontext von Quotenabgeltungsklauseln685 hat der Bundesgerichtshof erstmals im Jahr 2007 Zweifel angedeutet, ob eine solche Bestimmung bei anfänglich unrenovierten Mieträumen wirksam sein kann,686 diese Frage aber offengelassen, da es in dem entschiedenen Fall um eine zu Mietbeginn renovierte Wohnung ging. Die zuvor geäußerten Zweifel wurden in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2014 bekräftigt:687 Es komme eine unangemessene Benachteiligung des Mieters in Betracht, wenn er Kosten für die Beseitigung von Gebrauchsspuren tragen müsste, die nicht er selbst, sondern der Vormieter hervorgerufen hat.688 Zugleich führte der achte Zivilsenat aus, dass die bestehenden Bedenken nicht nur in Bezug auf die Wirksamkeit von Abgeltungsklauseln bestehen, sondern zugleich auch die Abwälzbarkeit der Durchführung von Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen beträfen.689 2015 verkündete der Bundesgerichtshof schließlich sein auch als „Paukenschlag“ 690 bezeichnetes Urteil691, in dem er seine bisherige Rechtsprechung zur Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen zumindest für den Wohnraum ausdrücklich aufgibt. Die formularvertragliche Übertragung der laufenden, das heißt während der Mietzeit erforderlich werdenden, Schönheitsreparaturen auf den Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung sei gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewähre.692
682 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790, 2791; BGH, Urt. v. 28.4.2004, NJW 2004, 2087, 2088; BGH, Urt. v. 9.3.2005, NJW 2005, 1426, 1427; BGH, Beschl. v. 18.11.2008, WuM 2009, 36. 683 Finger, WuM 1987, 293, 296 f.; Schädel, WuM 1987, 107, 108. 684 Etwa Putzo, in: Palandt, BGB (48. Aufl. 1989), § 536 5) c) aa); Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 23 f. 685 Siehe dazu unten S. 214 ff. 686 BGH, Urt. v. 26.9.2007, NJW 2007, 3632, 3633 f. Rn. 20. 687 BGH, Beschl. v. 22.1.2014, WuM 2014, 135. 688 BGH, Beschl. v. 22.1.2014, WuM 2014, 135 Rn. 3. 689 BGH, Beschl. v. 22.1.2014, WuM 2014, 135 Rn. 5. 690 Artz, NZM 2015, 801, 802; ders., NZM 2020, 769, 770. 691 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594. 692 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 1.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Als Begründung führt der achte Senat aus, der Mieter dürfe nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren aus der Zeit vor Mietbeginn belastet werden.693 In der früheren Rechtsprechung sei davon ausgegangen worden, dass dies sichergestellt werden könne, wenn die Klausel so ausgelegt werden kann, dass die Renovierungsfristen erst mit Beginn des Mietverhältnisses zu laufen beginnen. Der Bundesgerichtshof stellt zu Recht fest, dass die damalige Auslegung der Abwälzungsklauseln aber nicht mit dem nun auch für den Individualprozess anerkannten Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung im Einklang stehe.694 Die Abwälzungsklauseln stellen regelmäßig nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Abnutzungsspuren ab, sondern auf den Eintritt des Renovierungsbedarfs, sodass schon nach dem Wortlaut der Schönheitsreparaturklauseln auch die vor Mietbeginn entstandenen Gebrauchsspuren von der auf den Mieter abgewälzten Renovierungsverpflichtung mit umfasst sein müssen.695 Auch ein denkbarer Zusatz in der Abwälzungsklausel, wonach nur die Verschlechterungen vom Mieter behoben werden müssen, die während seiner Mietzeit eingetreten sind, könnte das faktische Problem nicht lösen, dass bei der Renovierung kaum zwischen während der Mietzeit und vorher eingetretenen Verschlechterungen unterschieden werden kann, sodass der Mieter in jedem Fall die selbst verursachten und zugleich die zuvor verursachten Gebrauchsspuren beseitigen müsste.696 Werden die Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen abgewälzt, bedeutet dies entgegen der früheren Rechtsprechung durchaus eine schwerwiegendere Belastung des Mieters. Bei kundenfeindlichster Auslegung ist, wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausführt, auch das Szenario zu bedenken, in dem die Mietsache bei Mietbeginn bereits stark abgewohnt ist, sodass der Mieter bei Vertragsbeginn eine Renovierung durchführt und er dann wegen der auf ihn abgewälzten Vornahmeverpflichtung gegebenenfalls erneut kurz vor Ende des Mietverhältnisses renovieren müsste, obwohl die Mietsache in keinem schlechteren Zustand ist als bei Vertragsbeginn.697 Diese Rechtsprechungsänderung fand im Schrifttum weit überwiegend Zustimmung698 und der Bundesgerichtshof hat seitdem an seiner neuen Rechtsprechung festgehalten.699 Die Argumentation des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Klauseln, die Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen auf den Mieter abwälzen, wird verbreitet mit der bereits beschriebenen, in dieser Entscheidung 693
BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1595 Rn. 17. BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1596 f. Rn. 24 f. 695 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1596 f. Rn. 25. 696 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 84. 697 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1596 f. Rn. 25. 698 Etwa Langenberg, NZM 2015, 681, 682; Schmidt, NJW 2016, 1201; Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 236; Hinz, ZMR 2023, 1, 2. 699 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 20. 694
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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aber nicht ausdrücklich angesprochenen Entgeltthese verknüpft.700 Demnach steht die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter im Synallagma zur Überlassung der Mieträume durch den Vermieter. Wenn der Mieter die Gebrauchsspuren des vorherigen Mieters beseitigt, würde der Mieter, so wird argumentiert, nach dem Prinzip des Entgeltarguments die „Miete“ des Vormieters bezahlen, indem er dessen Gebrauchsspuren beseitigt. Für die Beseitigung fremder Gebrauchsspuren erhalte der Mieter somit keine Gegenleistung in Form der Überlassung der Mieträume zu einem entsprechend niedrigeren Preis.701 Diese Begründung anhand der Entgeltthese ist aber – abgesehen von den Zweifeln an der Richtigkeit dieses Denkmodells –702 nicht zwingend. Ausgehend vom Entgeltargument könnte man ebenso annehmen, dass der Mietzins bei anfänglich unrenovierten Räumen durch die Abwälzung der Schönheitsreparaturen noch stärker herabgesetzt ist, als es bei der Überlassung renovierter Räume der Fall wäre, im Gegenzug dafür, dass der Mieter zusätzlich auch fremde Gebrauchsspuren beseitigen muss.703 Eine Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Wohnraummieter ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015 somit nur noch möglich, wenn der Vermieter entweder dem Mieter die Wohnung am Anfang des Mietverhältnisses renoviert übergibt oder er sie unrenoviert übergibt, dafür aber einen angemessenen Ausgleich704 leistet. Auch wenn der für die Geschäftsraummiete zuständige zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshof hierzu noch keine Entscheidung fällen musste, kann für Geschäftsräume nichts anderes gelten, weil die vom achten Senat angestellten Erwägungen hier gleichermaßen gelten:705 Der Mieter muss, je nach Länge des Mietvertrags und dem Eintritt der Renovierungsbedürftigkeit, unter Umständen die Räume in besserem Zustand zurückgeben, als er sie erhalten hat, sodass die ohnehin vom Gesetz abweichende Verteilung der Dekorationslast noch zu einem zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil für den Vermieter führt, der einem zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteil des Mieters entspricht. Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei der Vermietung unrenovierter Räume bedeutet somit eine weitere Verschiebung der vertraglichen Rechte und Pflichten 700 Artz, NZM 2015, 801, 802; Langenberg, NZM 2015, 681, 682; Zehelein, NZM 2018, 105, 109 f.; Boerner, in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, § 535 Rn. 143. 701 Artz, NZM 2015, 801, 802; Zehelein, NZM 2018, 105, 109. 702 Siehe oben S. 124 ff. 703 So zutreffend Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 151; siehe bereits oben S. 131. 704 Zu den Anforderungen an diesen Ausgleich siehe unten S. 177 ff. 705 So auch Drasdo, NJW-Spezial 2015, 417, 418; Drettmann, NZM 2015, 3694, 3695; Zehelein, NZM 2017, 137, 139–142; Guhling, NZM 2019, 457, 462; Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 147 f.; ablehnend hingegen Schmidt, NJW 2016, 1201, 1204.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
zulasten des Mieters als Vertragspartner des Verwenders und zugleich eine stärkere Abweichung vom gesetzlichen Leitbild.706 Der im Ausgangspunkt zutreffende Einwand, dass Geschäftsraummieter ohnehin oftmals ein eigenes Interesse an selbst durchgeführten Renovierungsarbeiten bei Vertragsbeginn haben, um eine bestimmte betriebstypische Gestaltung einzubringen,707 kann nicht als Argument für eine Pflicht statt einem bloßen Recht des Geschäftsraummieters zur Tragung der Renovierungslast auch bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Räumen überzeugen.708 Je nach Nutzungszweck der Räume haben Geschäftsraummieter ein unterschiedlich hohes Eigeninteresse an der eigenen Gestaltung der Mieträume.709 Freiwillige Renovierungsarbeiten durch den Mieter bleiben weiterhin möglich und die Parteien können bei Bestehen eines Interesses des Mieters an einer Anfangsrenovierung durch ihn eine Individualvereinbarung hierüber schließen.710 Der inzwischen herrschenden Meinung ist daher darin zuzustimmen, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter diesen im Falle der Überlassung eines unrenovierten Objekts unabhängig von der Nutzungsart der Räume unangemessen benachteiligt. In der Instanzrechtsprechung wurde die Kehrtwende des Bundesgerichtshofs bei der Wohnraummiete daher zu Recht für die Geschäftsraummiete übernommen.711 Graf von Westphalen beklagt hingegen das durch die 2015 erfolgte Rechtsprechungsänderung neu entstandene Streitpotenzial im Mietverhältnis, das bei Verbraucherverträgen gerade vor dem Hintergrund des Missbräuchlichkeitsmaßstabs von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL problematisch sei:712 Die Wirksamkeit der Abwälzungsklausel hänge zum einen von der bei Vertragsende streitanfälligen Frage ab, ob die dem Wohnraummieter als Verbraucher übergebene Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben wurde. Im letzteren Fall hänge sie zum anderen von der ebenso streitanfälligen Frage ab, ob die Ausgleichsleistung713 angemessen war. Schon diese dem Verbraucher-Mieter unzumutbare Unsicherheit, die in eine Vielzahl von gerichtlichen Streitigkeiten münden könne, führe zur Missbräuchlichkeit von Abwälzungsklauseln, da sie bei der Geltung der dispositiven Rechts-
706
Hu. Schmidt, NZM 2011, 561, 566 f. Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1204. Siehe dazu bereits oben S. 137 f. 708 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 185; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 158. 709 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 441. 710 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 441. 711 OLG Celle, Beschl. v. 13.7.2016, NJW 2016, 3732, 3733 Rn. 28 f.; OLG Dresden, Beschl. v. 6.3.2019, NZM 2019, 412, 413 f. Rn. 34–38; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.7.2019, ZMR 2019, 930 Ls. 2. 712 Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1005 f. 713 Siehe dazu unten S. 177 ff. 707
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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lage als Vergleichsmaßstab nicht bestünde.714 Hält man die Übertragung der Schönheitsreparaturen jedoch wie die herrschende Meinung im Grundsatz für möglich, kann sich aus den 2015 neu gesetzten, mietergünstigen Einschränkungen der formularvertraglichen Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen nichts anderes ergeben. Auch wenn der Rechtsprechungswende von 2015 im Wesentlichen zuzustimmen ist, ist zu konstatieren, dass sie wiederum viele neue Fragen aufgeworfen hat, die der Bundesgerichtshof teilweise schon in diesem Urteil zu klären versucht hat. Zu klären ist insbesondere, in welchen Fällen der zur Unwirksamkeit der Abwälzung führende unrenovierte Zustand der Mieträume gegeben ist und wer sein Vorliegen oder Nichtvorliegen im Streitfall darzulegen und zu beweisen hat. Es stellt sich weiterhin die Frage, was gilt, wenn die Mieträume teilweise renoviert und teilweise unrenoviert sind. Außerdem wirft der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung aufgeworfene „angemessene Ausgleich“ für die Überlassung unrenovierter Mieträume Fragen auf. Sie sollen im Folgenden näher beleuchtet werden. 2. Das Vorliegen unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Räume Unwirksam sind nach neuerer Rechtsprechung wie aufgezeigt Klauseln, die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen, wenn die Mieträume dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergeben wurden. Dies gilt auch dann, wenn sich der Mieter mit der Überlassung unrenovierter Räume einverstanden erklärt. Darauf, ob die Überlassung renovierter oder unrenovierter Räume durch den Vermieter geschuldet war, soll es nicht ankommen.715 Da dieses Kriterium nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheidend für die Wirksamkeit einer Vielzahl von Schönheitsreparaturklauseln in Mietverträgen ist, drängt sich die Frage auf, wann noch von renovierten und ab wann von unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Räumen gesprochen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat (für die Wohnraummiete) folgende Definition vorgenommen: „Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist, wobei solche Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.“ 716 714
Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1005 f. Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 87. 716 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 2. 715
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
„Unrenoviert“ sind Räume nach der oben aufgeführten Definition, wenn sie Gebrauchsspuren aus der vorherigen Nutzungszeit aufweisen. „Renoviert“ als Gegenbegriff sind Räume somit jedenfalls beim Erstbezug und wenn sie unmittelbar vor dem Einzug des neuen Mieters umfassend renoviert worden sind.717 Aber auch bei bloß kleineren, punktuellen Dekorationsmängeln718 kann dem zweiten Leitsatz des Urteils des achten Senats zufolge noch ein nach dem „Gesamteindruck“ 719 renoviertes Mietobjekt gegeben sein. Eine vollständige Renovierung durch den Vermieter vor Vertragsbeginn ist dem Bundesgerichtshof zufolge somit nicht unbedingt erforderlich, damit die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt werden können.720 Unerheblich für die Einordnung der Mieträume als renoviert oder unrenoviert ist, wer die bei Übergabe vorhandenen Gebrauchsspuren verursacht hat, ob sie also etwa aus der Sphäre des Vormieters oder von Interessenten bei einer Besichtigung stammen.721 Eine Abgrenzung zum renovierungsbedürftigen Zustand nimmt der Bundesgerichtshof nicht vor, weil es für die Unwirksamkeit der Abwälzung ausreicht, wenn die Räume unrenoviert sind.722 Renovierungsbedürftigkeit meint – als Unterfall des unrenovierten Zustands – einen Dekorationszustand, bei dem die Abnutzungsspuren so ausgeprägt sind, dass eine Renovierung der Räume geboten erscheint.723 Die Frage der Renovierungsbedürftigkeit spielt somit allein für die Fälligkeit der von einer Vertragspartei geschuldeten Schönheitsreparaturen, nicht aber für die Wirksamkeit der Abwälzung auf den Mieter eine Rolle.724 Die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Definition des unrenovierten Zustands enthält allerdings weiterhin eine große Unschärfe, was dieser auch selbst erkannt hat: „Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt die Beurteilung, ob eine Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.“ 725
Der Bundesgerichtshof überlässt es damit den unteren Gerichten, nicht nur im Einzelfall den Dekorationszustand festzustellen, sondern auch Kriterien zur genaueren Abgrenzung eines renovierten von einem unrenovierten Zustand zu ent717
Kappus, NZM 2016, 609, 613. Beispiele finden sich bei Kappus, NZM 2016, 609, 613. 719 Dazu kritisch Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 115. 720 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1597 Rn. 31: „Im Einzelfall kann die Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen.“ 721 Zehelein, NZM 2018, 105, 107. 722 Zehelein, NZM 2018, 105, 108. 723 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1069; Hinz, ZMR 2023, 1, 3. 724 Zehelein, NZM 2018, 105, 108. 725 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 3. 718
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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wickeln, und beschränkt die Möglichkeit der Revision auf Extremfälle. 726 Dies birgt das Risiko von Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die für die Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln nunmehr entscheidende Frage, ob die gemieteten Räume bei Vertragsbeginn renoviert waren oder nicht.727 Im Schrifttum sind deshalb Überlegungen angestellt worden, die durch den Bundesgerichtshof vorgegebenen Abgrenzungskriterien näher zu konkretisieren.728 Ein kasuistischer Ansatz, bei dem vornehmlich durch die Rechtsprechung Fallgruppen von Beeinträchtigungen gebildet werden, bei denen ein unrenovierter Zustand bejaht werden muss, schafft wenig Rechtssicherheit, weil jeder neue Einzelfall, der in keine der bisher geschaffenen Fallgruppen fällt, schwer einzuordnen ist.729 Als Alternative wird zum einen vorgeschlagen, eine Parallele zur Abnahme von Werkleistungen gemäß § 640 BGB zu ziehen.730 Danach ist der Besteller verpflichtet, das hergestellte Werk abzunehmen, wobei gemäß § 640 Abs. 1 S. 2 BGB die Abnahme nicht wegen unwesentlicher Mängel verweigert werden kann. Diesen Wesentlichkeitsmaßstab könnte man auch zur Beantwortung der Frage verwenden, wann „wesentliche“ Gebrauchsspuren vorliegen: Renoviert und damit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen zugänglich wären Mieträume dann, wenn ein Besteller, der die Renovierung der Räume beauftragt hat, die Renovierungsarbeiten abnehmen müsste, da die verbleibenden Mängel nur noch unwesentlich im Sinne des § 640 Abs. 1 S. 2 BGB sind.731 Diese Vorgehensweise verschiebt zwar die Probleme bei der Beurteilung des Dekorationszustandes auf die Auslegung von § 640 Abs. 1 S. 2 BGB, ermöglicht den Rechtsanwendern aber zumindest den Rückgriff auf die bereits bestehende Kasuistik zu § 640 Abs. 1 S. 2 BGB.732 Eine weitere Möglichkeit zur Abgrenzung eines renovierten von einem unrenovierten Anfangszustand im Sinne der Definition des Bundesgerichtshofs wird darin gesehen, die Frage danach zu stellen, ob ein Mieter bei dem anfänglich vorliegenden Zustand vom Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB Renovierungsarbeiten verlangen könnte, wenn die Schönheitsreparaturlast nicht auf den 726
Artz, NZM 2015, 801, 807; Kappus, NZM 2016, 609, 613; Zehelein, NZM 2018, 105, 107; vgl. etwa die gründliche Auseinandersetzung mit den Kriterien für das Vorliegen eines unrenovierten Zustands im Urt. des LG Krefeld v. 25.8.2021, WuM 2021, 547, 548 f.; siehe ferner den Überblick über die hierzu bisher ergangene Instanzrechtsprechung bei Hinz, ZMR 2023, 1, 3 f. 727 Zehelein, NZM 2018, 105, 106. 728 Langenberg, NZM 2015, 681, 682 f.; Drasdo, NJW-Spezial 2015, 417, 418; Zehelein, NZM 2018, 105, 107–113. 729 Zehelein, NZM 2018, 105, 109. 730 Zehelein, NZM 2018, 105, 110; dazu kritisch Hinz, ZMR 2023, 1, 5. 731 Zehelein, NZM 2018, 105, 110. 732 Zehelein, NZM 2018, 105, 110.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Mieter abgewälzt worden wäre.733 Wäre dies der Fall, müssten die Mieträume demnach als unrenoviert gelten, sodass eine Abwälzungsvereinbarung in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung unwirksam ist. Nicht jede dekorative Beeinträchtigung begründet einen solchen Instandhaltungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Er besteht erst, wenn ausreichend deutliche Gebrauchsspuren vorhanden sind. Diese Abgrenzung würde bedeuten, dass ein unrenovierter Zustand mit einem renovierungsbedürftigen Zustand gleichgesetzt wird. Der Bundesgerichtshof spricht in seinem Urteil aber ausdrücklich von anfänglich unrenovierten und anfänglich renovierungsbedürftigen Wohnungen. Er geht also von einem Unterschied zwischen dem unrenovierten und dem renovierungsbedürftigen Zustand aus. Damit wäre die beschriebene Gleichsetzung nicht vereinbar. Vor allem würde sie dem Grund der Unwirksamkeit der Abwälzung bei anfänglich unrenovierten Räumen widersprechen: Der Mieter soll gerade nicht mit zuvor verursachten Gebrauchsspuren und damit „doppelt“ belastet werden können. Diese Belastung kann aber auch dann vorliegen, wenn wegen der vorhandenen Gebrauchsspuren noch nicht die Schwelle zur Renovierungsbedürftigkeit überschritten ist. Diese Möglichkeit der Abgrenzung renovierter von unrenovierten Räumen kann deshalb nicht überzeugen. In das Entgeltmodell des Bundesgerichtshofs würde sich am besten ein Mehrkostenprinzip zur Abgrenzung des anfänglichen Dekorationszustandes einfügen: Mieträume sind demnach renoviert, wenn nur solche Gebrauchsspuren vorhanden sind, die weder zusätzliche Renovierungskosten verursachen noch den Fälligkeitszeitpunkt von Schönheitsreparaturen nach vorn verschieben können.734 Mit anderen Worten wären die Mieträume nur anfänglich renoviert und damit eine Abwälzung der Dekorationslast möglich, wenn durch die Vornutzung keine höheren Kosten für den künftig renovierenden Mieter entstehen als bei neu errichteten Räumen. Nach dem Modell der Entgeltthese wäre dann das Verhältnis von Mietnachlass und Renovierungsverpflichtung gewahrt, weil der Mieter nur die Kosten für die Beseitigung der auf seine Mietzeit entfallenden Abnutzung tragen müsste.735 Vor allem aber entspricht diese Abgrenzungsmethode am ehesten den Gründen für die Unwirksamkeit der Abwälzung in bei Vertragsbeginn unrenovierten Räumen: Die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen führt bei Überlassung unrenovierter Räume zu einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung des Mieters. Eine solche zusätzliche Belastung ist aber nicht gegeben, wenn die anfänglich vorhandenen Gebrauchsspuren nicht dazu geeignet sind, zusätzliche Kosten wegen eines größeren Renovierungsaufwandes oder einer früher notwendigen Renovierung zu verursachen. Daher erscheint dieses Kriterium am besten geeignet zur Abgrenzung eines renovierten 733 734 735
Zehelein, NZM 2018, 105, 110 f. Zehelein, NZM 2018, 105, 111. Zehelein, NZM 2018, 105, 111.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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von einem unrenovierten Zustand im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien im Tatsächlichen sind damit aber weiterhin keineswegs ausgeräumt, weil es praktisch schwierig zu bestimmen sein dürfte, ob die bei Vertragsbeginn vorhandenen Gebrauchsspuren zu zusätzlichem Aufwand für den Mieter führen, zumal diese Frage oftmals erst bei Beendigung des Mietverhältnisses und damit möglicherweise viele Jahre später aufkommt. Es stellt sich ferner die Frage, ob die formularvertragliche Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen dadurch hergestellt werden kann, dass die Vertragsparteien einen renovierten Zustand bei der Übergabe der Räume an den Mieter feststellen. Ist eine Klausel dieses Inhalts im Mietvertrag enthalten, handelt es sich in der Regel um eine vom Vermieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Dann kommt eine Unwirksamkeit gemäß § 309 Nr. 12 lit. b) BGB in Betracht. Gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB gilt § 309 BGB jedoch nicht für Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, sodass das Klauselverbot in § 309 Nr. 12 BGB nicht unmittelbar zugunsten gewerblicher Mieter greifen kann. Gemäß § 309 Nr. 12 lit. b) BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil seines Vertragspartners ändert, insbesondere indem er den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Ein Verbot der Änderung der Beweislastverteilung sieht auch Nr. 1 lit. q) des Anhangs zur Klausel-RL vor. Enthält der Mietvertrag einen Passus, wonach die Mieträume in renoviertem Zustand übergeben wurden, liegt darin eine Bestätigung von Tatsachen. Für ein Eingreifen von § 309 Nr. 12 BGB genügt es, wenn dem Vertragspartner des Verwenders die Beweisführung erschwert wird.736 Zwar muss nach der – auch insoweit umstrittenen –737 Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Streitfall der Mieter beweisen, dass die Räume unrenoviert überlassen wurden, wenn er sich auf die Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen beruft.738 Dem Mieter soll dieser Beweis aber in jedem Fall möglich sein. Durch die Bestätigung, der Mieter habe die Räume renoviert erhalten, wird dessen Beweisführung weiter erschwert, weil sie potenziell Indizwirkung entfalten kann.739 Somit ändert eine vom Vermieter gestellte Vertragsbedingung, in der der anfängliche Dekorationszustand als renoviert beschrieben wird, die Beweislast zum Nachteil des Mieters, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Mieter die Beweislast für den anfänglichen Dekorationszustand trägt. Sie ist folglich gemäß § 309 Nr. 12 BGB un736 BGH, Urt. v. 28.1.1987, BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634, 1635; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rn. 10; Habersack, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rn. 8. 737 Siehe sogleich S. 156 ff. 738 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 4. 739 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rn. 10.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
wirksam.740 Für die Verträge, auf die § 309 BGB keine Anwendung findet, ergibt sich die Unwirksamkeit einer solchen Klausel aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, sofern die vermieteten Räume in Wirklichkeit bei Übergabe unrenoviert waren:741 Eine solche Zustandsbeschreibung dient dazu, die zwingend angeordnete Unwirksamkeit der Abwälzung von Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen zu umgehen. Sie benachteiligt daher den Mieter unangemessen. Hierfür ist es schon ausreichend, dass dem Mieter der Eindruck vermittelt wird, ihm sei die Möglichkeit aus der Hand genommen, einen anfänglich unrenovierten Dekorationszustand nachzuweisen.742 Eine Regelung, wonach die Räume in renoviertem Zustand übergeben wurden, kann aber auch individualvertraglich erfolgen. Dies kann insbesondere in einem Übergabeprotokoll geschehen. In diesem Fall muss die Vereinbarung gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden, um zu ermitteln, welche Wirkung die Feststellung des Dekorationszustandes entfalten soll. Ging es den Vertragsparteien erkennbar übereinstimmend darum, späteren Streit über den anfänglichen Zustand der Räume zu vermeiden, handelt es sich um eine bindende Tatsachenfeststellung,743 sodass ein abweichender nachträglicher Vertrag ausgeschlossen ist. Umgekehrt kann im Nachhinein auf die Überlassung unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Räume geschlossen werden, wenn dem Mieter im Mietvertrag die Durchführung von Schönheitsreparaturen binnen einer kurzen Frist ab Mietvertragsbeginn aufgegeben wird.744 Eine solche Bestimmung im Mietvertrag belegt, dass die Vertragsparteien vom Bestehen eines Renovierungsbedarfs bereits bei Vertragsbeginn ausgehen. 3. Darlegungs- und Beweislast für den anfänglichen Dekorationszustand Im Kontext der Schönheitsreparaturklauseln spielen Darlegungs- und Beweislastfragen eine für die Klauselkontrolle ungewöhnlich große Rolle. In aller Regel ist die Frage, ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle standhält, eine reine Rechtsfrage.745 Auf Rechts- und Wertungsfragen kann sich eine Beweislastregelung nicht beziehen.746 Nur ausnahmsweise kommt es für die 740
So auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.4.2005, NJW-RR 2005, 1538 Ls. 4; LehmannRichter, NZM 2014, 818, 819; Wetekamp, Mietsachen, Kap. 4 Rn. 79. 741 So auch Wiek, WuM 2016, 71, 73; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 87. 742 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 87. 743 Zehelein, in: BeckOGK BGB, § 546 Rn. 88. 744 LG Berlin, Urt. v. 17.3.2022, NZM 2023, 160, 161 Rn. 16 f. 745 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 37, 53; Schmidt-Eichhorn, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 307 BGB Rn. 2; Grüneberg, in: ders., BGB, § 307 Rn. 9. 746 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 228.
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Wirksamkeit einer Vertragsklausel, wie hier, auf einen tatsächlichen Umstand an. Der für das Ergebnis der Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln nunmehr entscheidende tatsächliche Umstand ist wie aufgezeigt der Zustand der Mieträume, wie er bei Beginn des Mietverhältnisses bestand. Die Beweislastverteilung kann insbesondere bei langjährigen Mietverhältnissen entscheidend für den Ausgang von Prozessen sein, die sich um die Wirksamkeit der im Mietvertrag enthaltenen Schönheitsreparaturklauseln drehen, weil bei Vertragsende der anfängliche Dekorationszustand streitig und auch nicht mehr ohne Weiteres feststellbar sein kann.747 a) Darlegungs- und Beweislastverteilung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Obwohl in dem Fall unstrittig war, dass die Wohnung bei Vertragsbeginn unrenoviert an den Mieter übergeben worden war, hat sich der Bundesgerichtshof bei seiner Rechtsprechungsänderung zur Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen auch bereits mit der Frage beschäftigt, wessen Aufgabe es im Zivilprozess ist, den anfänglich renovierten bzw. unrenovierten Zustand der Räume darzulegen und zu beweisen: „Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, obliegt es ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war.“ 748
Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, im Individualprozess trage der sich auf die Unwirksamkeit der Klausel berufende Vertragspartner des Verwenders die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt.749 Er bezieht sich damit auf die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast: Im Regelfall trägt jede Partei die Beweislast für die Tatsachen, die eine für sie günstige Rechtsnorm voraussetzt.750 Da die Unwirksamkeit der Abwälzung der Renovierungslast gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB im Falle der Überlassung unrenovierter Räume eintrete, sei es Aufgabe des Mieters, den anfänglich unrenovierten Zustand als Voraussetzung dieser für ihn günstigen Normen darzulegen und zu beweisen. Der Mieter könne dies bewerkstelligen, indem er zum Beispiel bei Vertragsbeginn fotografische Aufnahmen der ihm überlassenen Räume vornimmt.751 747 Hinz, 2023, 1, 5. Vgl. für einen Fall, in dem der anfängliche Zustand der Mieträume nicht mehr zweifelsfrei ermittelbar war, etwa das Urt. des LG Berlin v. 18.8. 2015, BeckRS 2015, 16431. 748 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594 Ls. 4; zustimmend LG Berlin, Urt. v. 18.8.2015, NJW 2016, 580, 581. 749 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1597 Rn. 32. 750 Pohlmann, Zivilprozessrecht, Rn. 352; Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 381. 751 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 33.
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b) Gegenansicht zur Darlegungs- und Beweislastverteilung Im Schrifttum wird aber auch eine gegenteilige Ansicht vertreten: Richtigerweise sei umgekehrt der Vermieter in Bezug auf den anfänglichen Dekorationszustand darlegungs- und beweispflichtig.752 Dies folgt, so die Mehrzahl der Vertreter dieser Ansicht, aus dem Wortlaut von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Demnach ist eine unangemessene Benachteiligung „im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“. Wenn man wie der Bundesgerichtshof in der Abwälzung der Schönheitsreparaturen eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sieht, habe dies „im Zweifel“ die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge. Damit gehe auch die Darlegungs- und Beweislast des Verwenders einher, denn der Verwender müsse die Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen die Wirksamkeit der Klausel trotz der Erfüllung des Tatbestands von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB resultiert. Dieser Gegenposition zur Darlegungs- und Beweislastverteilung ist – ausgehend von der grundlegenden Herangehensweise des Bundesgerichtshofs bei der Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln – zuzustimmen. Um die Darlegungsund Beweislast zutreffend zu ermitteln, muss man die einzelnen Prüfungsschritte bei der Inhaltskontrolle nachvollziehen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen trägt, aus denen folgt, dass der Tatbestand von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt ist, und der Frage, welche Partei bei Bejahung des Tatbestands von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die für die anschließende Abwägungsentscheidung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB relevanten Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat. Es ist Aufgabe des Vertragspartners des Verwenders, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass der Tatbestand von § 307 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BGB erfüllt ist,753 da es sich hierbei um Tatsachen handelt, die eine für den Vertragspartner des Verwenders günstige Rechtsfolge – die indizierte Unwirksamkeit der Klausel – begründen. Ist eines der beiden Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 BGB erfüllt, so ist zu klären, welche Partei die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, die für die sich anschließende Abwägung von Bedeutung sind. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthält unmittelbar keine Beweislastregel, weil diese Bestimmung eine rechtliche Indizwirkung vorsieht und keine tatsächliche
752 Elzer/Riecke, ZMR 2016, 20, 21; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 15 f.; ders., WuM 2017, 677, 679; Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1203; Kappus, NZM 2016, 609, 616; Börstinghaus, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 535 Rn. 31; Zehelein, NZM 865, 866; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 115. 753 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 53; Schmidt-Eichhorn, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 307 Rn. 3.
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Vermutung.754 Ist eine solche Indizwirkung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu bejahen, obliegt es nach herrschender Ansicht aber dem Verwender, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen die Wirksamkeit der Klausel entgegen der Regelwertung durch § 307 Abs. 2 BGB folgen soll.755 Dem ist zuzustimmen: § 307 Abs. 2 BGB sieht als Regelfall die Unwirksamkeit solcher Klauseln vor, die mit Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sind. Daher muss es Aufgabe des Verwenders sein, die Umstände darzulegen und zu beweisen, die zu seinen Gunsten eine Ausnahme von dieser Regel begründen. Der Bundesgerichtshof ist wie bereits ausgeführt zumindest in früheren Entscheidungen davon ausgegangen, die Unwirksamkeit einer Klausel, durch die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt werden, sei zwar nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB indiziert, da die Abwälzung mit wesentlichen Grundgedanken des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB unvereinbar sei. Gleichwohl sei die Abwälzung im nächsten Prüfungsschritt, der Abwägung unter Berücksichtigung der durch § 307 Abs. 2 BGB eingeführten Wertung, grundsätzlich zulässig, weil sie der Verkehrssitte entspreche und bei der Mietpreisbildung berücksichtigt werde.756 Im Zuge der 2015 erfolgten Rechtsprechungswende führt der Bundesgerichtshof als zusätzliches Kriterium für die Wirksamkeit der Abwälzungsklausel ein, dass die Räume bei Übergabe an den Mieter renoviert sein müssen. Da zumindest nach älterer Rechtsprechung schon die Abwälzung als solche, unabhängig vom anfänglichen Dekorationszustand, den Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllen soll, kann dieses neue Kriterium im Rahmen der Herangehensweise des Bundesgerichtshofs nur auf der zweiten Stufe, bei der anschließenden Abwägungsentscheidung, eine Rolle spielen. Auf dieser zweiten gedanklichen Stufe der Inhaltskontrolle trägt wie ausgeführt nach hiesiger Ansicht der Verwender die Beweislast für die Umstände, die zur Widerlegung der Unwirksamkeit dienen. Folglich obläge es nach der vom Bundesgerichtshof entwickelten Dogmatik zur Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln dem Vermieter als Verwender, den renovierten Anfangszustand der Mieträume darzulegen und zu beweisen, da der renovierte Anfangszustand ein Umstand ist, der zur Widerlegung der Regelvermutung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlich ist. Dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zu einem anderen Schluss gekommen ist, dürfte daran liegen, dass er nicht unterschieden hat zwischen einerseits der Darlegungsund Beweislast in Bezug auf die Erfüllung der Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 754 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 39 f.; v. Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz, Rn. 237; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 70; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 307 Rn. 141. 755 BGH, Urt. v. 13.7.2004, GRUR Int 2005, 152, 159; T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 54; Schmidt-Eichhorn, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 307 Rn. 3; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 70; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 100. 756 Siehe oben S. 109.
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BGB und andererseits derjenigen, die für die bei der Abwägung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB relevanten Tatsachen gelten soll, wenn der Tatbestand von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt ist: Die Kommentierungen, auf die der Bundesgerichtshof zur Begründung der Darlegungs- und Beweislast des Mieters für den anfänglichen Dekorationszustand verweist,757 beziehen sich nicht auf die nach seiner Herangehensweise eigentlich maßgebliche Frage, wer bei Bejahung eines Tatbestands von § 307 Abs. 2 BGB im nächsten Prüfungsschritt beweispflichtig ist, sondern darauf, wer das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen von § 307 Abs. 2 BGB darzulegen und zu beweisen hat.758 Sieht man dagegen wie nach hiesiger Ansicht die Abwälzung der Schönheitsreparaturen grundsätzlich noch nicht als unvereinbar mit den gesetzlichen Grundgedanken von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB an, ist die vom Bundesgerichtshof angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zutreffend, weil es sich dann bei dem unrenovierten Anfangszustand um einen Umstand handelt, der erst zum Eingreifen von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt.759 Für diese Umstände trägt wie ausgeführt der Vertragspartner des Verwenders die Darlegungs- und Beweislast. Im Ergebnis ist daher nach hier vertretener Ansicht dem Bundesgerichtshof darin zuzustimmen, dass es dem Mieter obliegt, den anfänglich unrenovierten Zustand der ihm überlassenen Räume darzulegen und zu beweisen. Geht man jedoch von der Argumentation des Bundesgerichtshofs aus, müsste das Gegenteil gelten. Dieser auf den ersten Blick willkürlich erscheinende Unterschied bei der Beweislastverteilung folgt daraus, dass die Darlegungs- und Beweislast von der materiellen Weichenstellung bei der Inhaltskontrolle abhängt.760 c) Amtsermittlung bei Verbraucherverträgen als Gebot der Klauselrichtlinie? In Bezug auf Schönheitsreparaturklauseln in solchen Mietverträgen, die als Verbraucherverträge zu qualifizieren sind,761 wird zum Teil die Ansicht vertreten, die vom Bundesgerichtshof dem Mieter zugewiesene Beweislast für den anfänglichen Dekorationszustand sei mit den prozessualen Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof aus der Klausel-RL herleitet, unvereinbar.762 Der Europäische Gerichtshof verlange im Anwendungsbereich der Klausel-RL vielmehr von den Gerichten die Ermittlung von Amts wegen derjenigen Tatsachen, die für die
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BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1597 Rn. 32. Darauf weist zutreffend hin Graf v. Westphalen, WuM 2017, 677, 679. 759 Ähnlich Hinz, ZMR 2023, 1, 6. 760 Kappus, NZM 2016, 609, 616. 761 Siehe dazu oben S. 62 ff. 762 Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 18 f.; ders., WuM 2017, 677, 680 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 4 Rn. 67 f. 758
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Inhaltskontrolle von Bedeutung sind.763 Zu diesen Tatsachen gehört im Falle der Schönheitsreparaturklauseln wie ausgeführt nach der neueren Rechtsprechung der anfängliche Dekorationszustand. aa) Prozessuale Vorgaben der Klauselrichtlinie im Allgemeinen Um diesen Einwand nachvollziehen und bewerten zu können, ist es zunächst erforderlich, die prozessualen Vorgaben der Klausel-RL näher zu beleuchten. Der Europäische Gerichtshof hat sich in vielen Vorabentscheidungsverfahren764 mit der zivilprozessualen Seite der Klauselkontrolle beschäftigt und der Klausel-RL diesbezüglich weitreichende Pflichten für die nationalen Gerichte entnommen, auch wenn der Wortlaut der Richtlinie hierzu nur wenige konkrete Hinweise enthält. Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL und Erwägungsgrund 24 verlangen, dass die Mitgliedstaaten angemessene und wirksame Mittel vorsehen, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende zu setzen. Art. 7 Abs. 2 Klausel-RL bestimmt, dass dazu ein abstraktes Kontrollverfahren gehören muss, in dem Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung über die Missbräuchlichkeit von Klauseln herbeiführen können, die für eine vielfache Verwendung formuliert wurden. Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL sieht vor, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sein müssen, und überlässt den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen die genaue Ausgestaltung dieser Rechtsfolge. Im Übrigen werden die in Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL angesprochenen Mittel zur Beseitigung missbräuchlicher Klauseln nicht näher festgelegt. Aus Art. 6 und 7 Klausel-RL als zusammenhängende Regelungen765 leitet der Europäische Gerichtshof ab, dass ein Gericht von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel in einem Verbrauchervertrag prüfen muss.766 Die Klauselkontrolle soll auch ohne ausdrücklichen Antrag der Parteien erfolgen, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass der Verbraucher seine Rechte nicht wahrnimmt, 763 Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 18 f.; ders., WuM 2017, 677, 680 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 4 Rn. 67. 764 Während die ersten Vorabentscheidungsverfahren zur Klausel-RL die Auslegung von Art. 3 und 4 Klausel-RL betrafen, ging es in der wohl überwiegenden Zahl der jüngeren Vorabentscheidungsverfahren um Art. 6 und 7 Klausel-RL. 765 Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 410. 766 Im Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 26–29 – Océano, hat der EuGH zunächst die Kontrolle von Amts wegen durch ein Gericht bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Klage gestattet (vgl. Basedow, EU Private Law, S. 560 f.). In der Folge hat er darüber hinaus in ständiger Rechtsprechung auch eine Pflicht zur amtswegigen Kontrolle angenommen, vgl. etwa Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135, 136 Rn. 38 – Mostaza Claro; Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 Rn. 35 – Pannon; Urt. v. 20.9.2018, NJW 2019, 207, 213 Rn. 87, 90 f. – OTP Bank.
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weil er seine Rechte nicht kennt oder Schwierigkeiten hat, sie auszuüben.767 Das Gericht muss dem Europäischen Gerichtshof zufolge die Missbräuchlichkeit aller, aber auch nur solcher Klauseln von Amts wegen prüfen, die mit dem Streitgegenstand zusammenhängen.768 Die amtswegige Klauselkontrolle ist dem Europäischen Gerichtshof zufolge ein „Mittel [. . .], das geeignet ist, das in Art. 6 Richtlinie 93/13/EWG festgelegte Ziel, zu verhindern, dass der einzelne Verbraucher an eine missbräuchliche Klausel gebunden ist, zu erreichen und die Verwirklichung des Ziels des Art. 7 Richtlinie 93/13/ EWG zu fördern, da eine solche Prüfung abschreckend wirken kann und damit dazu beiträgt, dass der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch Gewerbetreibende in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird.“ 769
Im deutschen Recht musste auch zuvor schon nach dem Grundsatz iura novit curia ein Gericht das Recht kennen und es von Amts wegen auf den Rechtsstreit anwenden,770 sodass die Annahme einer Pflicht zur amtswegigen Klauselkontrolle durch den Europäischen Gerichtshof jedenfalls für das normale Erkenntnisverfahren keine Änderungen im deutschen Zivilprozess verlangt.771 Dies war jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten der Fall.772 Die Aufstellung von Verfahrensgrundsätzen auf Grundlage der Klausel-RL stellt keine – der Rechtsnatur der Richtlinie fremde – Direktwirkung zwischen Privatpersonen dar, da sich das Gebot zur amtswegigen Prüfung an die nationalen Gerichte richtet und sich nur mittelbar auf die Prozessparteien auswirkt.773 Das Gebot der amtswegigen Klauselkontrolle gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch in einem Verfahren zur Aufhebung eines Schiedsspruches,774 im Mahnverfahren,775 im Insolvenzverfahren776 und im Voll-
767 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571, 2572 Rn. 26 – Océano; EuGH, Urt. v. 21.11.2002, Slg. 2002, I-10875 = NJW 2003, 275, 276 f. Rn. 33 – Cofidis; EuGH, Urt. v. 20.9.2018, NJW 2019, 207, 213 Rn. 88 – OTP Bank. 768 EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 676 Rn. 30–32, 44 – Lintner. 769 EuGH, Urt. v. 21.11.2002, Slg. 2002, I-10875 = NJW 2003, 275, 276 Rn. 32 – Cofidis. 770 Prütting, in: MüKo-ZPO, § 293 Rn. 2; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rn. 179; vgl. zu gelegentlichen Verstößen gegen diesen Grundsatz bei der AGB-Kontrolle in Deutschland Hu. Schmidt, IWRZ 2022, 10, 12. 771 Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 19 f. 772 Ebers, ERPL 2010, 823, 826 f.; Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 20. 773 W.-H. Roth, ZIP 2020, 2488, 2491. 774 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135, 136 Rn. 39 – Mostaza Claro. 775 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2258 f. Rn. 43, 53–57 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 19.12.2019, EuZW 2020, 193, 195 f. Rn. 44–54 – Bondora. Demnach muss zumindest in einer Phase des Mahnverfahrens die Möglichkeit zur Prüfung von Amts wegen bestehen; dazu kritisch Ayad, BB 2012, 2716, 2717. 776 EuGH, Urt. v. 21.4.2016, EuZW 2016, 474, 476 f. Rn. 52, 54, 59 – Radlinger.
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streckungsverfahren, wenn zuvor keine Kontrolle der Klauseln stattgefunden hat, auf denen der Vollstreckungstitel beruht.777 Stellt ein Gericht die Missbräuchlichkeit einer Klausel fest, muss es die Verfahrensbeteiligten über dieses Ergebnis informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben.778 Möchte der Verbraucher im Anschluss an diese Information dennoch an der fraglichen Klausel festhalten, kann das Gericht diese gleichwohl aufrechterhalten.779 Dem Verbraucher muss somit nicht im Wege der amtswegigen Klauselkontrolle ein ungewollter Schutz aufgedrängt werden.780 Damit der Verbraucher diese Entscheidung frei und gut informiert treffen kann, soll das nationale Gericht ihn, unabhängig davon, ob er anwaltlich vertreten wird, im Rahmen des nach nationalem Zivilprozessrecht Zulässigen über die Rechtsfolgen der Geltendmachung oder des Verzichts auf die Geltendmachung der Unverbindlichkeit einer Klausel informieren.781 Zwar ist das Prozessrecht der Mitgliedstaaten überwiegend nicht unionsrechtlich harmonisiert. Die Durchsetzung des Unionsrechts einschließlich der KlauselRL erfolgt deshalb im Rahmen der nationalen Verfahrensmodalitäten, die die Mitgliedstaaten im Grundsatz frei gestalten können.782 Der Europäische Gerichtshof schränkt die grundsätzliche Autonomie der nationalen Prozessrechte aber in ständiger Rechtsprechung auch in anderen Rechtsgebieten durch den Äquivalenzgrundsatz und den Effektivitätsgrundsatz ein.783 Bezogen auf die Klauselkontrolle bedeutet der Äquivalenzgrundsatz, dass die Durchsetzung der Rechte aus der Klausel-RL nicht schwieriger sein darf, als es bei Rechten aus
777 EuGH, Urt. v. 17.5.2022, IWRZ 2022, 238 – SPV Project 1503; dies ablehnend H. Roth, JZ 2023, 100. 778 EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 988 Rn. 29–36 – Banif Plus Bank; EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 676 Rn. 42 – Lintner. 779 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 Rn. 33 – Pannon; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 989 Rn. 35 – Banif Plus Bank; EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 676 Rn. 43 – Lintner; EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1404, 1406 Rn. 25 – Ibercaja Banco. 780 Heinig, EuZW 2009, 885, 886; vgl. zum Verbot des aufgedrängten Verbraucherschutzes bei der Klauselkontrolle auch EuGH, Urt. v. 16.3.2023, BeckRS 2023, 4205 Rn. 45 – M.B., in dem der EuGH es untersagt hat, die Gesamtunwirksamkeit eines Vertrags infolge der Unwirksamkeit einer Vertragsklausel (siehe dazu unten S. 263 ff.) gegen den ausdrücklichen Willen des informierten Verbrauchers abzuwenden, selbst wenn die Nichtigkeit des Vertrags für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen haben kann. 781 EuGH, Urt. v. 29.4.2021, WM 2021, 1035, 1042 Rn. 97 – I.W. und R.W. 782 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135 Rn. 24 – Mostaza Claro. 783 Etwa EuGH, Urt. v. 14.12.1995, Slg. 1995, I-4705 = EuZW 1996, 542, 543 f. Rn. 17 – van Schijndel und van Veen; EuGH, Urt. v. 16.5.2000, Slg. 2000, I-3201 = NZA 2000, 889, 890 Rn. 31 – Preston; EuGH, Urt. v. 19.9.2006, Slg. 2006, I-8559 = EuZW 2006, 696, 699 Rn. 57 – I-21 und Arcor; EuGH, Urt. v. 6.10.2021, NJW 2021, 3303, 3307 Rn. 61 – Consorzio Italian Management.
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dem rein innerstaatlichen Recht der Fall ist.784 Der Effektivitätsgrundsatz besagt, dass die Ausübung der durch das EU-Recht verliehenen Rechte durch die nationalen Verfahrensregeln nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf.785 Der Äquivalenzgrundsatz nimmt dabei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs meistens eine Vorrangstellung gegenüber dem Effektivitätsgrundsatz ein: Wenn das nationale Prozessrecht es dem Gericht erlaubt, Verstöße gegen zwingendes nationales Recht von Amts wegen zu prüfen, muss dies nach dem Äquivalenzgrundsatz auch für missbräuchliche Klauseln im Sinne der Klausel-RL gelten. In einem solchen Fall bedarf es dann nicht des Rückgriffs auf den Effektivitätsgrundsatz.786 Kann das Äquivalenzprinzip dagegen nicht zur Anwendung gebracht werden, weil das nationale Verfahrensrecht zum Beispiel für ein Verfahren generell keine Möglichkeit zum Einschreiten von Amts wegen vorsieht,787 prüft der Gerichtshof in einem weiteren Schritt, ob die nationalen Verfahrensregeln die Verwirklichung von Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL – die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln für den Verbraucher – unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Ist dies der Fall und auch keine richtlinienkonforme Auslegung der betroffenen Rechtsvorschriften möglich, die dem Unionsrecht zur Geltung verhelfen würde, folgt daraus der Auftrag an den nationalen Gesetzgeber, das Prozessrecht so zu ändern, dass die effektive Anwendung des Unionsrechts – im Fall der Klausel-RL also insbesondere die amtswegige Kontrolle von Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen – möglich wird.788 Das Gebot der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts gilt jedoch nicht unbeschränkt. Vielmehr ist es mit entgegenstehenden Grundsätzen des nationalen Prozessrechts abzuwägen. Aus diesem Grund hat der Europäische Gerichtshof mit Blick auf die hohe Bedeutung des Instituts der Rechtskraft entschieden, dass aus dem Effektivitätsgrundsatz nicht die Pflicht eines Vollstreckungsgerichts folgt, einen auf einer missbräuchlichen Klausel beruhenden rechtskräftigen Schiedsspruch aufzu-
784 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135 Rn. 24 – Mostaza Claro; EuGH, Urt. v. 31.5.2018, NJW 2018, 2181, 2182 Rn. 35 – Sziber; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1884 f. Rn. 27 – BNP Paribas. 785 EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Slg. 2006 I-10421 = NJW 2007, 135 Rn. 24 – Mostaza Claro; EuGH, Urt. v. 31.5.2018, NJW 2018, 2181, 2182 Rn. 35 – Sziber; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1884 f. Rn. 27 – BNP Paribas. 786 EuGH, Urt. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 Rn. 48–54 – Pohotovost’. 787 Dies galt etwa für das spanische Mahnverfahren, vgl. EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2258 Rn. 47 f. – Banco Español de Crédito. 788 So hat die Rechtsprechung des EuGH zur prozessualen Durchsetzung der Klausel-RL Änderungen des spanischen Zivilprozessrechts notwendig gemacht, vgl. Gómez/ Lyczkowska, in: Heiderhoff/Schulze, Verbraucherrecht und Verbraucherverhalten, S. 151, 166–169.
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heben, wenn der Verbraucher zuvor ausreichend Zeit hatte, um sich gegen diesen Schiedsspruch zur Wehr zu setzen.789 bb) Tatsachenermittlung von Amts wegen im Besonderen Der Europäische Gerichtshof hat die Pflicht zur amtswegigen Klauselkontrolle zunächst unter der Voraussetzung aufgestellt, dass das Gericht „über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt“.790 Auch wenn nicht gänzlich klar ist, was genau unter diesen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen zu verstehen ist,791 ist davon auszugehen, dass mit den tatsächlichen Grundlagen gemeint ist, dass das Gericht Kenntnis der Tatsachen haben muss, die für die Beurteilung einer Klausel von Bedeutung sind. In der Rechtssache Pénzügyi Lízing792 ging der Europäische Gerichtshof aber noch einen Schritt weiter. In diesem Verfahren sollte er die Frage beantworten, ob ein Gericht auch von Amts wegen Untersuchungsmaßnahmen vornehmen muss, um diese rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen festzustellen, wenn es vermutet, dass eine missbräuchliche Klausel vorliegen könnte. Der Gerichtshof erklärt hierzu, „dass das nationale Gericht verpflichtet ist, von Amts wegen Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen, um festzustellen, ob eine Klausel über einen ausschließlichen Gerichtsstand in einem Vertrag, der Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits ist und zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, und, falls dies zu bejahen ist, von Amts wegen zu beurteilen, ob eine solche Klausel möglicherweise missbräuchlich ist.“ 793
Damit hat der Europäische Gerichtshof dem ersten Anschein nach erklärt, dass für die Gerichte zumindest in bestimmten Konstellationen und wenigstens in Bezug auf bestimmte Tatsachen neben die Pflicht zur Klauselkontrolle von Amts wegen eine Pflicht zur amtswegigen Tatsachenerforschung tritt. Dies ist bemerkenswert, weil in den Zivilprozessrechten der Mitgliedstaaten der Beibringungsgrundsatz (oder synonym: Verhandlungsgrundsatz) vorherrscht, der besagt, dass 789 EuGH, Urt. v. 6.10.2009, Slg. 2009, I-9579 = EuZW 2009, 852, 854 Rn. 35–48 – Asturcom. Der EuGH hat sich deshalb darauf beschränkt, festzustellen, dass eine solche Pflicht zur Aufhebung nach dem Äquivalenzgrundsatz nur besteht, wenn dies nach dem nationalen Prozessrecht auch im Falle des Verstoßes gegen zwingende Normen des nationalen Rechts vorgesehen ist. 790 Etwa EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 Rn. 32, 35 – Pannon; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 988 Rn. 23 – Banif Plus Bank; EuGH, Urt. v. 26.1.2017, NZM 2018, 130, 133 f. Rn. 43, 52 – Banco Primus. 791 Ebers, ERPL 2010, 823, 841 f. 792 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27 – Pénzügyi Lízing. 793 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 30 Rn. 56 – Pénzügyi Lízing.
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es Aufgabe der Prozessparteien und nicht des Gerichts ist, das erforderliche Tatsachenmaterial zu beschaffen und es in den Prozess einzubringen.794 Mit Blick auf diese Durchbrechung eines zentralen Verfahrensgrundsatzes in den Mitgliedstaaten hatten sich in dem Vorabentscheidungsverfahren Pénzügyi Lízing mehrere mitgliedstaatliche Regierungen, die Europäische Kommission und die Generalanwältin Trstenjak gegen die Ableitung einer gerichtlichen Untersuchungspflicht aus den Bestimmungen der Klausel-RL ausgesprochen.795 Bedeutung und Tragweite der vom Gerichtshof angenommenen Amtsermittlungspflicht sind jedoch noch immer weitgehend ungeklärt und umstritten.796 Erstens äußert sich der Europäische Gerichtshof im Tenor der Entscheidung Pénzügyi Lízing nur zu Klauseln, die einen ausschließlichen Gerichtsstand festlegen, sodass sich die Frage stellt, ob die Pflicht zur Durchführung der „Untersuchungsmaßnahmen“ auf Gerichtsstandsklauseln beschränkt sein soll oder auch bei der Prüfung sonstiger Klauseln in Verbraucherverträgen bestehen soll. In der Literatur wird die Entscheidung zum Teil so verstanden, dass es sich bei den Gerichtsstandsklauseln um einen Sonderfall handele und daher auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Amtsermittlungspflicht im Hinblick auf vertragliche Regelungen zu den materiellen Vertragspflichten bestehe.797 Für eine Begrenzung auf Gerichtsstandsklauseln mag sprechen, dass ein effektiver prozessualer Verbraucherschutz hier besonders wichtig ist, damit ein Verbraucher nicht gezwungen wird, seine Rechte vor einem unwirksam prorogierten Gericht wahrzunehmen.798 Außerdem bedeutet die Ermittlung der relevanten Tatsachen bei Gerichtsstandsklauseln keinen großen Mehraufwand für das Gericht.799 Andere betonen dagegen, in der Entscheidung sei kein Anzeichen dafür ersichtlich, dass die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze nicht auf alle potenziell missbräuchlichen Klauseln zu erstrecken seien.800 In der Tat enthält der Tenor der Entscheidung Pénzügyi Lízing die Verpflichtung zu amtswegigen Untersuchungsmaßnahmen zwar zunächst nur für Gerichtsstandsklauseln, dies aber wahrscheinlich deshalb, weil das vorlegende Gericht auch nur im Hinblick auf diese gefragt hat. In der Begründung stellt der Europäische Ge794 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 110 – Pénzügyi Lízing; Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 18. 795 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 43–58, 107–117 – Pénzügyi Lízing. 796 So auch Fornasier, in: MüKo-BGB, Vor § 305 Rn. 40; Zehelein, NZM 2020, 857, 868 f.; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 6 RL Rn. 7. 797 Wendenburg, EuZW 2012, 758, 759; darauf zumindest hoffend Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 24; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 410. 798 Pfeiffer, LMK 2010, 311868. 799 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 14.2.2012 (ECLI:EU:C:2012:74) Rn. 45 – Banco Español de Crédito. 800 Pfeiffer, LMK 2010, 311868; Faber, in: Eilmansberger/Herzig, Europarecht Jahrbuch 2011, S. 444.
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richtshof allgemein auf die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers und die daraus resultierende Erforderlichkeit des Eingreifens Dritter ab.801 Diese Erwägungen, die er zuvor bereits zur Begründung der Pflicht zur amtswegigen Klauselkontrolle herangezogen hat, gelten unabhängig von dem Inhalt einer vorformulierten Klausel. Der Europäische Gerichtshof führt dabei zwar zugleich unter Berufung auf die Entscheidung Océano802 aus, warum Gerichtsstandsklauseln den Verbraucher unangemessen benachteiligen können.803 Daraus lässt sich aber keine Beschränkung auf Gerichtsstandsklauseln schlussfolgern, sondern vielmehr, dass das Erfordernis einer amtswegigen Tatsachenermittlung gelten müsste, sobald die Missbräuchlichkeit einer Klausel in Betracht kommt. Denn die Ausführungen zu Gerichtsstandsklauseln dienen in der Entscheidung nur dazu, zu begründen, warum bestimmte Gerichtsstandsklauseln als missbräuchlich angesehen werden können, nicht aber zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs einer Amtsermittlungspflicht. Dieses Verständnis wird dadurch bestätigt, dass der Europäische Gerichtshof in späteren Entscheidungen die Pflicht zu gerichtlichen Untersuchungsmaßnahmen von Amts wegen erneut wiedergegeben hat, auch wenn es nicht um eine Gerichtsstandsklausel ging.804 Zweitens stellt sich die Frage, auf welche Tatsachen sich eine etwaige Amtsermittlungspflicht erstrecken soll. In der Entscheidung Pénzügyi Lízing erklärt der Europäische Gerichtshof lediglich, es sei geboten, „Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen, um festzustellen, ob eine Klausel [. . .] in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, und, falls dies zu bejahen ist, von Amts wegen zu beurteilen, ob eine solche Klausel möglicherweise missbräuchlich ist“.805 An dieser Formulierung hat er in späteren Entscheidungen festgehalten.806 Der Europäische Gerichtshof scheint damit zu differenzieren zwischen den Tatsachen, die der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Klausel-RL zugrunde liegen, und den Tatsachen, die für die Prüfung der Missbräuchlichkeit relevant sind.807 Dann müssten die Gerichte selbst die Umstände ermitteln, die erforderlich sind, damit der Anwendungsbereich der Klausel-RL eröffnet wird, also insbesondere die Verbraucher- und Gewerbetreibendeneigenschaft der Vertragsparteien und das Vorliegen nicht im Einzelnen ausgehandelter Vertragsklauseln. Diejenigen Umstän801
EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 29 f. Rn. 46–48 – Pénzügyi Lízing. 802 EuGH, Urt. v. 27.6.2000, Slg. 2000, I-4941 = NJW 2000, 2571 – Océano. 803 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 30 Rn. 53–55 – Pénzügyi Lízing. 804 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2258 Rn. 44 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 988 Rn. 24 – Banif Plus Bank. 805 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 30 Rn. 56 – Pénzügyi Lízing. 806 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2258 Rn. 44 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 988 Rn. 24, 31 – Banif Plus Bank. 807 So auch die Deutung von Stempel, ZEuP 2017, 102, 117.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
de, die für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel von Bedeutung sind, wären dagegen nicht vom Gericht zu ermitteln, sondern von den Parteien in den Prozess einzubringen, und es wäre dann lediglich Aufgabe des Gerichts, von Amts wegen zu entscheiden, ob die Klausel missbräuchlich ist. Insbesondere könnte unter dem Gesichtspunkt einer so verstandenen Amtsermittlungspflicht die Rechtsprechung in Deutschland, wonach der Verbraucher die Beweislast dafür trägt, dass eine zur einmaligen Verwendung bestimmte Klausel vorformuliert wurde und dass der Verbraucher wegen der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte,808 nicht aufrechterhalten werden.809 Vielmehr handelt es sich um einen Umstand, den das Gericht von Amts wegen ermitteln müsste, weil es sich um ein Tatbestandsmerkmal des Anwendungsbereichs der Klauselkontrolle handelt. Im Unterschied dazu unterfielen die Umstände, auf die es für die Beurteilung der Klausel im Rahmen der Inhaltskontrolle ankommt, nicht der Amtsermittlungspflicht. Damit handelte es sich, wenn die Amtsermittlung nur für den Anwendungsbereich der Klauselkontrolle in Verbraucherverträgen geboten ist, auch bei dem anfänglichen Dekorationszustand um einen Umstand, der nicht von Amts wegen zu ermitteln wäre. Eine Unterscheidung bei der Amtsermittlung zwischen dem Anwendungsbereich der Klauselkontrolle und der Inhaltskontrolle selbst, wie sie in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs anklingt, wird im Schrifttum jedoch mitunter für wenig sinnvoll gehalten.810 Jedenfalls geht aus den Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs keine Begründung für eine Differenzierung hervor. Daher wird das gerichtliche Amtsermittlungsgebot im Schrifttum verbreitet auf alle Tatsachen erstreckt, die bei der Klauselkontrolle in Verbraucherverträgen von Bedeutung sind, egal, ob sie für die Eröffnung des Anwendungsbereichs oder für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel relevant sind.811 Um die Zweifel darüber auszuräumen, auf welche Umstände sich die vom Europäischen Gerichtshof geforderten Untersuchungsmaßnahmen beziehen, ist eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV geboten. Eine solche Vorlage ist insbesondere in einem Gerichtsverfahren denkbar, in dem vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen den Parteien darüber gestritten wird, wie der Zustand der überlassenen Räume bei Mietbeginn war. Kappus hat bereits 2016 ein geeignetes Muster für eine Vorlagefrage, die in einem solchen Fall verwendet werden könnte, formuliert: „Ist das angerufene nationale Gericht unter den Bedingungen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens, in dem ein unternehmerisch handelnder Vermieter seinem Mie808
BGH, Urt. v. 15.4.2008, BGHZ 176, 140 = NJW 2008, 2250, 2252 f. Rn. 18–22. Zehelein, NZM 2020, 857, 868. 810 Stempel, ZEuP 2017, 102, 117; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 18 f. 811 Faber, in: Eilmansberger/Herzig, Europarecht Jahrbuch 2011, S. 445; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 18 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 4 Rn. 67. 809
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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ter als Verbraucher in Umkehrung des dispositiven innerstaatlichen Rechts formularmäßig Schönheitsreparaturpflichten auferlegt hat, wofür nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in diesem Mitgliedstaat eine renovierte oder nur unerheblichen Renovierungsbedarf aufweisende Wohnung übergeben worden sein muss, widrigenfalls der Vermieter die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs an den Mieter darzutun und gegebenenfalls zu beweisen hätte, von Amts wegen verpflichtet, die für die Anwendbarkeit der Richtlinie 93/13/EWG maßgeblichen Umstände auch über den personalen Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus zu ermitteln dergestalt, dass alle verfügbar zu machenden Erkenntnisse zum Zustand der Wohnung bei Übergabe gewonnen werden mit dem Ziel zu verhindern, dass der Mieter die Folgen eines insoweit offenen Beweisergebnisses tragen muss?“ 812
Diese Vorlagefrage könnte nicht nur Klarheit darüber bringen, auf welche Tatsachen sich die in der Entscheidung Pénzügyi Lízing formulierte Pflicht der Gerichte erstreckt, sondern zugleich, inwieweit es sich wirklich um eine Tatsachenermittlungspflicht handelt. Denn es stellt sich drittens noch die Frage, um welche Maßnahmen es bei den eingeforderten „Untersuchungsmaßnahmen“ geht. Überwiegend wird angenommen, geboten sei infolge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nunmehr die Ermittlung der relevanten Tatsachen durch das Gericht anstelle der Prozessparteien.813 Bezogen auf den Anwendungsfall des anfänglichen Renovierungszustands bei der Beurteilung von Schönheitsreparaturklauseln könnte dies bedeuten, dass das Gericht von sich aus Gutachten einholen muss, um diesen Zustand ermitteln zu können. Kappus hat auch hierzu eine Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof vorformuliert: „Falls Frage 1 bejaht wird, umfasst die von Amts wegen dem nationalen Richter obliegende Pflicht zur Gewinnung der zum Wohnungszustand bei Übergabe erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gegebenenfalls auch die Einholung sachverständiger Feststellungen, die einen Rückschluss auf den dekorativen Wohnungszustand bei Übergabe – z. B. das Alter der verwendeten Farben auf Wänden, Heizkörpern oder Holzteilen – zulassen?“ 814
Anknüpfungspunkt im nationalen Recht für derartige Ermittlungen durch das Gericht könnten nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht die Regeln zur Tatsachenermittlung von Amts wegen in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß §§ 26 ff. FamFG sein.815 Diese könnten im Wege richtlinienkonformer Rechtsfortbildung analog angewendet werden, um der Verpflichtung zur amtswegigen Tatsachenermittlung bei der Klauselkontrolle in Verbraucherverträgen nachzukommen. Zum Teil wird im Schrifttum zudem zur Umsetzung einer unionsrechtlichen Amtsermittlungspflicht eine Änderung der ZPO gefordert.816 812
Kappus, NZM 2016, 609, 617. Faber, in: Eilmansberger/Herzig, Europarecht Jahrbuch 2011, S. 445; Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 16–27; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 18. 814 Kappus, NZM 2016, 609, 617. 815 Kappus, NZM 2016, 609, 616. 816 Graf v. Westphalen, EuZW 2019, 121, 125. 813
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Eine richterliche Untersuchungspflicht würde Beweislastregelungen allerdings nicht überflüssig machen: Wenn das Gericht die fragliche Tatsache nicht eindeutig ermitteln kann, würde die Beweislastverteilung darüber entscheiden, welche Partei Recht bekommt.817 Könnte also ein mit der Beurteilung einer Schönheitsreparaturklausel befasstes Gericht wegen eines sehr lange zurückliegenden Vertragsbeginns nicht mehr zweifelsfrei feststellen, ob die vermieteten Räume bei Übergabe renoviert waren oder nicht, käme es weiterhin auf die oben diskutierte Frage an, welche Partei die Beweislast hierfür trägt. Zum Teil wird unter den „Untersuchungsmaßnahmen“ trotz ihrer Bezeichnung hingegen lediglich eine richterliche Hinweis- und Aufklärungspflicht verstanden, wie sie im deutschen Zivilprozessrecht bereits in § 139 ZPO vorgesehen ist.818 Es seien vom Europäischen Gerichtshof keine Ermittlungsmaßnahmen gemeint, sondern prozessleitende Maßnahmen: Sobald ein Gericht in den ihm vorliegenden Akten Anhaltspunkte für missbräuchliche Klauseln feststellt, müsse es die Prozessparteien darauf hinweisen und eine Klärung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien empfehlen.819 Für dieses Verständnis spricht eine Ausführung des Europäischen Gerichtshofs in der neueren Entscheidung Lintner: „Ebenso ist es [. . .] dann, wenn die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen in der dem nationalen Gericht vorliegenden Akte ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Missbräuchlichkeit bestimmter vom Verbraucher nicht einbezogener, aber mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Klauseln aufkommen lassen, ohne dass jedoch insoweit eine endgültige Beurteilung vorgenommen werden kann, Sache des nationalen Gerichts, gegebenenfalls von Amts wegen Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen, um diese Akte zu ergänzen, indem es die Parteien unter Wahrung des kontradiktorischen Verfahrens um die hierfür erforderlichen Klarstellungen und Unterlagen ersucht.“ 820
Diese Passage erweckt den Eindruck, dass die geforderten „Untersuchungsmaßnahmen“ in der Tat darin bestehen, dass die Parteien vom Gericht aufgefordert werden, die erforderlichen Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die für die amtswegige Klauselbeurteilung notwendig sind, wenn das Gericht Anhaltspunkte für die Missbräuchlichkeit von Klauseln gefunden hat, die mit dem Streitgegenstand des Prozesses zusammenhängen. Kommt eine Prozesspartei diesem Hinweis nicht nach, dürfte das Gericht nicht von sich aus nach den relevanten Tatsachen forschen. Dies würde mit dem Verhandlungsgrundsatz übereinstimmen, weil es weiterhin Aufgabe der Prozessparteien bliebe, das Tatsachenmaterial in den Prozess einzubringen. Es lässt sich somit feststellen, dass das Wesen und die Reichweite der vom Europäischen Gerichtshof eingeforderten „Untersuchungsmaßnahmen“ durch die 817 818 819 820
Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 26. Kühne, EuZW 2020, 676, 677 f. Kühne, EuZW 2020, 676, 677. EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 675 Rn. 37 – Lintner.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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nationalen Gerichte nicht abschließend geklärt sind. Deshalb ist zu hoffen, dass ein Gericht, das mit dem häufig auftretenden Problem konfrontiert ist, dass der anfängliche Zustand vermieteter Räume später umstritten ist, dem Europäischen Gerichtshof ähnliche Fragen wie die von Kappus vorformulierten vorlegen wird.821 Anhand des Anwendungsfalls der Schönheitsreparaturklauseln ließe sich gut klarstellen, welche Pflichten dem Gericht bei der Tatsachenfeststellung im Zivilprozess zukommen. Spätestens der Bundesgerichtshof wäre, wenn ein solcher Fall bis zu ihm gelangt, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zu einer Vorlage diesbezüglich verpflichtet, weil es sich um eine entscheidungserhebliche Frage zum europäischen Recht handelt, die keineswegs als geklärt angesehen werden kann. Da es hierbei um eine allgemeine Frage zur Art und Weise der Klauselkontrolle geht und nicht um die abschließende Beurteilung einer einzelnen Klausel, würde sich der Europäische Gerichtshof hierzu entsprechend der von ihm etablierten Kompetenzverteilung äußern. Bisher sind die möglichen Auswirkungen der Klausel-RL auf den deutschen Zivilprozess noch nicht ausreichend von den Gerichten wahrgenommen und hinterfragt worden, wie das Urteil822 des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln bei einer anfänglich unrenovierten Wohnung zeigt: Auf mögliche Besonderheiten für Verbraucherverträge bei der Darlegungsund Beweislastverteilung geht der Bundesgerichtshof nicht ein. Sofern es sich bei den geforderten „Untersuchungsmaßnahmen“ wirklich um Ermittlungsmaßnahmen durch das Gericht handelt, ist fraglich, ob sich aus der Klausel-RL solch ein weitreichender Eingriff in die nationalen Zivilprozessrechte schlussfolgern lässt. Der Europäische Gerichtshof stützt sich in der Entscheidung Pénzügyi Lízing auf seine auch in anderen Urteilen angebrachten Erwägungen, das Schutzsystem der Klausel-RL gehe davon aus, dass sich der Verbraucher in einer schwächeren Position befinde und über einen geringeren Informationsstand verfüge, sodass die bestehende Ungleichheit nur durch ein Eingreifen Dritter ausgeglichen werden könne.823 Es fehlt aber eine Begründung dafür, dass der Schutz des Verbrauchers gerade auch erfordert, dass das Gericht von Amts wegen tatsächliche Umstände ermittelt. Wie ausgeführt824 ist die Autonomie der nationalen Prozessrechte durch den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz beschränkt. Der Europäische Gerichtshof verzichtet in der Entscheidung Pénzügyi Lízing darauf, auf diese Prinzipien einzugehen. Aus dem Äquivalenzgrundsatz ließe sich eine gerichtliche Tatsachenermittlungspflicht nicht herleiten, da die nationalen Prozessrechte in der Regel auch bei zwingendem na821
Dafür auch Zehelein, NZM 2020, 857, 870. BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594. 823 EuGH, Urt. v. 9.11.2010, Slg. 2010, I-10847 = EuZW 2011, 27, 29 f. Rn. 46–48 – Pénzügyi Lízing. 824 Siehe soeben S. 161 ff. 822
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
tionalem Recht keine Amtsermittlung vorsehen.825 Als Grundlage könnte daher nur der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz dienen. Dann müsste dem Verbraucher die Durchsetzung der durch die Klausel-RL gewährten Rechte dadurch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden, dass es seine Aufgabe ist, bestimmte Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Betroffen ist hier die Vorgabe des Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL, wonach missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sein müssen. Bei der Prüfung nach dem Effektivitätsgrundsatz sind auch entgegenstehende Prinzipien des nationalen Rechts zu berücksichtigen. Zu diesen Prinzipien gehört der Beibringungsgrundsatz im Zivilprozess, der durch eine Amtsermittlungspflicht erheblich eingeschränkt würde. Für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel durch ein Gericht erscheint es nicht zwingend notwendig, dass dieses Gericht selbst Tatsachenerforschung betreibt.826 Das Gericht kann sich auf das Vorbringen der Prozessparteien stützen und im Rahmen der Prozessleitung gegebenenfalls auf eine Ergänzung des Tatsachenvortrags hinwirken.827 Unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Verhandlungsmaxime kann eine Pflicht zur richterlichen Amtsermittlung daher nicht mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz begründet werden. Damit lässt sich eine richterliche Untersuchungspflicht weder auf das Äquivalenz- noch auf das Effektivitätsprinzip stützen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass unklar ist, ob und inwiefern der Europäische Gerichtshof von den mitgliedstaatlichen Gerichten eine Tatsachenermittlung von Amts wegen verlangt. Es spricht inzwischen einiges dafür, dass es sich bei den vom Europäischen Gerichtshof geforderten „Untersuchungsmaßnahmen“ um weniger weitreichende Maßnahmen handelt, als anfänglich befürchtet wurde. Nach hier vertretener Ansicht besteht kein Bedürfnis für eine amtswegige Ermittlung der Tatsachen, die der Klauselkontrolle zugrunde zu legen sind. Aus diesem Grund ist im Hinblick auf Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln eine amtswegige Ermittlung des anfänglichen Dekorationszustandes abzulehnen. Eine verbindliche Klärung dieser Frage sollte durch ein Vorabentscheidungsverfahren an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV herbeigeführt werden. 4. Rechtslage bei teilrenovierten Räumen Die bisherigen Ausführungen zur Wirksamkeit der Abwälzung der Dekorationslast beziehen sich stets auf die Unterscheidung zwischen renovierten und unrenovierten Räumen. Es ist daher noch zu klären, was gelten soll, wenn inner825
So auch Saare/Sein, EUVR 2013, 15, 18. Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 114 – Pénzügyi Lízing. 827 Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak v. 6.7.2010 (ECLI:EU:C:2010:401) Rn. 114 – Pénzügyi Lízing. 826
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
173
halb einer Mietsache einige Räume bei Vertragsbeginn renoviert, andere aber unrenoviert waren. Differenziert die Abwälzungsklausel nicht zwischen den renovierten und den unrenovierten Teilen der Mietsache, ist die Abwälzungsklausel insgesamt unwirksam.828 Eine Beschränkung der Unwirksamkeit auf diejenigen Teile, die unrenoviert überlassen wurden, verstieße gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.829 Ob die Abwälzung formularvertraglich auf die renovierten Räume beschränkt werden kann, hat der Bundesgerichtshof offengelassen.830 Überwiegend wird die in räumlicher Hinsicht teilweise Abwälzung der Schönheitsreparaturen mittels einer „gespaltenen Renovierungsklausel“ für möglich gehalten.831 Dem ist zuzustimmen: Nach dem oben ausgeführten Grundsatz832 darf der Mieter nur nicht mit solchen Gebrauchsspuren belastet werden, die nicht von ihm selbst stammen. Dies ist sichergestellt, wenn eine Abwälzung der Dekorationslast nur im Hinblick auf die anfänglich renovierten Räume erfolgt. Es bestehen aber auch berechtigte Einwände gegen diese Ansicht: Zehelein ist der Meinung, eine Aufteilung der Renovierungspflicht zwischen Mieter und Vermieter benachteilige den Mieter unangemessen, weil dieser unter dem Druck stehe, doch die gesamte Mietsache zu renovieren, um erstens nicht teilrenovierte Räume nutzen zu müssen und zweitens Konflikte mit dem Vermieter zu vermeiden.833 Hinzu komme, dass der Mieter in der Regel unterschiedliche Ausführungsarten der Renovierung innerhalb der Mietsache vermeiden wolle, was ihn ebenfalls veranlassen könne, alle Räume zu renovieren, obwohl er hierzu nicht verpflichtet ist. Wegen dieses faktischen Drucks geschehe die überobligatorische Renovierung durch einen Mieter, der die gesamte Mietsache renoviert, keineswegs freiwillig.834 Diese Einwände sind durchaus nachvollziehbar. Allerdings führen diese für den Mieter lästigen Erscheinungen einer gespaltenen Renovierungsklausel noch nicht dazu, dass eine unangemessene Benachteiligung des Mieters besteht. Die Gefahr, dass die Gestaltung der vom Vermieter renovierten Räume nicht dem Geschmack des Mieters entspricht, besteht gleichermaßen, wenn der Vermieter wie gesetzlich vorgesehen für alle Räume dekorationspflich828
BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 38. BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 38; siehe zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion näher unten S. 255 ff. 830 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 38. 831 Lehmann-Richter, NZM 2014, 818, 819; ders., WuM 2016, 529, 536 f.; Artz, NZM 2015, 801, 807; Drettmann, NJW 2015, 3694, 3696; Harsch, MDR 2015, 801, 803; Kappus, NZM 2016, 609, 619; ablehnend vor dem Hintergrund der Entgeltthese dagegen Wiek, WuM 2016, 71, 76. 832 Siehe oben S. 146 ff. 833 Zehelein, NZM 2018, 105, 115 f. 834 Zehelein, NZM 2018, 105, 115 f. 829
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
tig ist. Dasselbe gilt für das Interesse des Mieters, Auseinandersetzungen mit dem Vermieter wegen dessen Renovierungspflicht zu vermeiden. Der Wirksamkeit einer solchen Teilabwälzung kann jedoch im Einzelfall das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB entgegenstehen. Eine Klausel, durch die dem Mieter ohne nähere Bezeichnung die Dekorationslast für alle Räume übertragen wird, die renoviert übergeben wurden, führt zu einem vermeidbaren Irrtumsrisiko des Mieters über seine Pflichten und ist daher intransparent. Stattdessen müssen die betroffenen Räume genau bezeichnet werden, zum Beispiel in einem Grundriss, damit eine gespaltene Renovierungsklausel der Inhaltskontrolle standhält.835 5. Einwände gegenüber der Anknüpfung an den anfänglichen Dekorationszustand Der Bundesgerichtshof geht wie ausgeführt nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung davon aus, für die Wirksamkeit einer Klausel, durch die die Renovierungslast auf den Mieter abgewälzt wird, komme es maßgeblich auf den dekorativen Zustand der Mieträume im Zeitpunkt des Mietvertragsbeginns an. Es wurden jedoch von manchen Stimmen Bedenken geäußert, ob das Abstellen auf dieses Kriterium mit den Grundsätzen der AGB-Kontrolle vereinbar ist. a) Abstrakt-generelle Betrachtung der Klausel Zum Teil wird die Ansicht vertreten, eine Abwälzungsklausel müsse wegen der generalisierenden Betrachtungsweise bei der Klauselkontrolle und der kundenfeindlichsten Auslegung der kontrollierten Klausel schon dann unwirksam sein, wenn sie so formuliert ist, dass sie sowohl auf renovierte als auch auf unrenovierte Mieträume Anwendung finden könnte.836 Dies hätte zur Folge, dass die Abwälzung der Dekorationslast auf den Mieter auch im Falle anfänglich renovierter Mieträume unwirksam wäre, sofern die Abwälzungsklausel nicht klarstellt, dass die Abwälzung nur im Falle der Überlassung renovierter Räume gelten soll. Dem hat der Bundesgerichtshof zu Recht widersprochen:837 Auch bei einer generalisierenden Auslegung und Beurteilung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist – auch außerhalb von Verbraucherverträgen, bei denen dies schon aus Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL folgt – der Gegenstand des Vertrags nicht außer Betracht zu lassen.838 Das Gesetz knüpft in § 309 Nr. 8 lit. b) BGB selbst 835
Artz, NZM 2015, 801, 807; Kappus, NZM 2016, 609, 619 f. AG Dortmund, Urt. v. 26.8.2014, NJW-RR 2014, 1482 Rn. 40; Schach, ZMR 2014, 944; Hartmann, WuM 2015, 406, 407; Börstinghaus, NZM 2016, 417, 431; Elzer/Riecke, ZMR 2016, 20, 21. 837 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1597 Rn. 28. 838 Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 113. 836
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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an den konkreten Vertragsgegenstand an, indem es die Unwirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses nur für neu hergestellte, nicht auch für gebrauchte Sachen bestimmt.839 Es kann daher im Individualprozess in derselben Weise danach unterschieden werden, ob der untersuchte Mietvertrag renoviert oder unrenoviert überlassene Mieträume zum Gegenstand hat. Im ersten Fall ist die Abwälzung auch durch eine Klausel möglich, die keine besonderen Hinweise oder Bedingungen zum anfänglichen Dekorationszustand enthält. Eine Ergänzung im Klauseltext, dass die Abwälzung nur bei der Übergabe von anfänglich renovierten Räumen gelten soll, ist somit nicht notwendig, damit die Abwälzungsklausel der Inhaltskontrolle standhält. b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung Wie bereits erwähnt ist für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Klausel im Individualprozess gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL und nach dem einhelligen Verständnis von § 307 BGB die Sachlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zugrunde zu legen.840 Daraus folgt, dass eine bei Vertragsschluss als wirksam anzusehende Klausel nicht durch später eintretende tatsächliche Umstände unwirksam werden kann841 und – spiegelbildlich – eine bei Vertragsschluss unwirksame Klausel nicht durch später eintretende Umstände wirksam werden kann.842 Nimmt man die in der Rechtsprechung und im Schrifttum gebräuchlichen Formulierungen wörtlich, so scheint es zunächst, als würde von diesem zugrunde zu legenden Beurteilungszeitpunkt ein Stück weit abgewichen, indem die Wirksamkeit der Abwälzungsklausel allein von dem bei Überlassung an den Mieter bestehenden Zustand der Mietsache abhängig gemacht wird.843 Die Formel des Bundesgerichtshofs, nach der die Überwälzung der Schönheitsreparaturen bei einer „dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen“ Mietsache der Inhaltskontrolle nicht standhält, ist vor dem Hintergrund des einhelligen Verständnisses von § 307 BGB dahingehend zu präzisieren, dass dies in allen Fällen gilt, in denen nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnissen dem Mieter die Mietsache in unrenoviertem oder renovierungsbedürftigem Zustand übergeben werden wird. Bei der Beurteilung einer Klausel können alle im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnisse, auch wenn sie erst in Zukunft eintreten, berücksichtigt werden.844 In der Regel wird im Zeitpunkt des Abschlusses eines 839
Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1202. Siehe oben S. 107. 841 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 117. 842 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2000, 1110, 1113. 843 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1595 Rn. 15; so auch statt vieler Wiek, WuM 2020, 535, 538. 844 EuGH, Urt. v. 27.1.2021, WM 2021, 273, 276 f. Rn. 54 – Dexia. 840
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Mietvertrags bereits feststehen, ob die Mietsache in renoviertem oder unrenoviertem Zustand übergeben werden wird, selbst wenn zwischen dem Vertragsschluss und dem Vertragsbeginn ein längerer Zeitraum liegt. Klärungsbedürftig sind allerdings die Fälle, in denen der im Zeitpunkt ihrer Überlassung bestehende Zustand doch einmal von dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses – insbesondere aufgrund der Vereinbarungen der Vertragsparteien – vorhersehbaren Zustand abweicht. Verpflichtet sich der Vermieter im Vertrag zur Überlassung einer renovierten Mietsache, müsste bei der im AGB-Recht gebotenen Beurteilung anhand der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnisse die Wirksamkeit der Abwälzungsklausel angenommen werden, auch wenn die Mietsache im späteren Zeitpunkt ihrer Überlassung nicht renoviert ist. Da die Renovierungspflicht des Mieters allerdings nach der inzwischen fast einhelligen Ansicht unmittelbar mit dem bei Überlassung der Mietsache bestehenden Zustand zusammenhängt, wird sich der Vermieter gemäß § 242 BGB dauerhaft nicht auf die Abwälzungsklausel berufen können, da er seine eigene, zeitlich vorgeschaltete Pflicht zur Überlassung einer renovierten Mietsache nicht erfüllt hat. Dies läuft in seinen praktischen Wirkungen auf dasselbe Ergebnis hinaus, wie wenn man entsprechend der Formulierung des Bundesgerichtshofs allein auf den Zustand im Zeitpunkt der Überlassung abstellt. Anders liegt es im umgekehrten Fall. War aufgrund des damaligen Zustands der Mietsache und der Vereinbarung der Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch davon auszugehen, dass die Mietsache in unrenoviertem Zustand übergeben würde, und befindet sich die Mietsache im Zeitpunkt ihrer Überlassung doch in einem renovierten Zustand, so muss die Abwälzungsklausel als unwirksam angesehen werden. Denkbar wäre hier das Szenario, dass die Vertragsparteien von der Überlassung unrenovierter Räume ausgehen, der Vormieter aber wider dem Erwarten der Vertragsparteien bei seinem Auszug Schönheitsreparaturen vornimmt, etwa weil er fälschlicherweise glaubt, dazu generell verpflichtet zu sein. Da die Wirksamkeit einer Klausel anhand der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnisse beurteilt werden muss, kann der Umstand, dass schließlich doch die Überlassung einer renovierten Mietsache erfolgt, nicht zugunsten der Wirksamkeit der Abwälzungsklausel berücksichtigt werden. Es handelte sich sonst, soweit ein Verbrauchervertrag betroffen ist, zudem um eine auch nicht durch den mindestharmonisierenden Charakter der Klausel-RL zu rechtfertigende Abweichung von dem nach Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL zugrunde zu legenden Beurteilungszeitpunkt.845 In einem solchen Sonderfall greift die Formel des Bundesgerichtshofs, die Abwälzung der Schönheitsreparaturen halte der Inhaltskontrolle nicht stand, wenn dem Mieter die Mieträume in unrenoviertem oder renovierungsbedürftigem Zustand überlassen wurden, zu kurz.
845
Hess, Dynamische AGB-Kontrolle, S. 84 f.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Festzustellen ist somit, dass der abstrakt-generelle Prüfungsmaßstab bei der AGB-Kontrolle dem Abstellen auf den bei Überlassung an den Mieter bestehenden Renovierungszustand, wie es in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs praktiziert wird, nicht entgegensteht, dass aber in Abweichung von dieser Kurzformel in seltenen Fällen eine andere Beurteilung aufgrund der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Sachlage getroffen werden muss. 6. Das Kompensationsmodell des Bundesgerichtshofs a) Grundgedanke des Kompensationsmodells Der Bundesgerichtshof hat bei seiner Rechtsprechungswende 2015 eine Möglichkeit angesprochen, wie die Schönheitsreparaturen wirksam formularvertraglich auf den Mieter abgewälzt werden können, auch wenn die Räume unrenoviert überlassen werden: „Allerdings kann die formularvertragliche Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung gleichwohl wirksam vereinbart werden, sofern die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung vorvertraglicher Abnutzungsspuren durch einen vom Vermieter gewährten Ausgleich kompensiert wird, durch den der Mieter so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden [. . .]. Die Parteien können sich etwa dafür entscheiden, dass der Mieter zum Ausgleich für den Renovierungsaufwand für eine bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat [. . .].“ 846
Der Bundesgerichtshof weist damit auf die bereits angesprochene847 Möglichkeit der Kompensation einer den Vertragspartner des Verwenders benachteiligenden Klausel durch eine andere, diesen begünstigende Vereinbarung hin. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs geht es um die Wohnraummiete, für die Geschäftsraummiete kann aber nichts anderes gelten. Als mögliche Kompensationsleistungen des Vermieters nennt der Bundesgerichtshof eine für eine bestimmte Zeit geminderte Miete oder einen Verzicht auf einzelne Mietzahlungen. Gleichwertig wäre die Zahlung einer Geldsumme durch den Vermieter an den Mieter bei Vertragsbeginn. Die Gewährung einer solchen Kompensation verpflichtet den Mieter nicht zwingend, selbst eine Anfangsrenovierung durchzuführen. Sie soll ihn lediglich so stellen, als habe er renovierte Räume übergeben bekommen, um die Wirksamkeit der formularvertraglichen Dekorationslastabwälzung herbeizuführen. Sobald Renovierungsbedürftigkeit eintritt, ist der Mieter dann aufgrund der Abwälzungsklausel, nicht aber wegen der Kompensationsabrede, zur Renovierung verpflichtet. Somit besteht im Falle der erfolgreichen Kompensation eine Pflicht des Mie846 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 35; bestätigt im Urt. des BGH v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 20. 847 Siehe oben S. 126.
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ters zur Renovierung bei Einzug nur, wenn die ihm überlassenen Räume zu diesem Zeitpunkt nicht nur unrenoviert, sondern auch bereits renovierungsbedürftig sind.848 Zum Teil wird eine Kompensation nur durch eine Individualvereinbarung für möglich gehalten.849 Von anderen wird dagegen die Berücksichtigung einer individuellen Vereinbarung als Kompensationsregelung ausgeschlossen, sodass nur solche Klauseln als mögliche kompensierende Regelungen in Betracht kommen sollen, bei denen es sich selbst auch um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.850 Sofern die Kompensation ausreichend ist, um im Ergebnis die Benachteiligung des Mieters auszugleichen, kommt es richtigerweise nicht darauf an, ob es sich bei der Kompensationsregelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder um eine individuell ausgehandelte Vereinbarung handelt.851 Zwar unterliegt immer eine einzelne Klausel der Inhaltskontrolle, nicht der gesamte Vertrag, doch sind bei der Bewertung dieser einzelnen Klausel die übrigen relevanten Vertragsbedingungen zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob es sich bei diesen um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Individualabreden handelt.852 Allerdings wird eine ausreichende Ausgleichsleistung aufgrund der noch auszuführenden Anforderungen an sie praktisch nur durch eine individuelle Festlegung für den einzelnen Vertragsschluss herbeigeführt werden können. Wird die Kompensationsleistung individuell ausgehandelt, ändert dies nichts an der Einordnung einer Abwälzungsklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung, solange die Abwälzung selbst nicht zur Disposition gestellt wird.853 Da für die Bestimmung der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist,854 muss die Vereinbarung der Kompensation spätestens gleichzeitig mit der Vereinbarung der Renovierungsklausel erfolgen, in der Regel also beim Mietvertragsabschluss.855 Eine Bestimmung im Vertrag, wonach die Kompensation in der Miete enthalten ist, genügt nicht.856 Für Verbraucherverträge hat der Europäische Gerichtshof wie bereits ausgeführt in einem anderen Zusammenhang klargestellt, dass die 848
Artz, WuM 2017, 120, 121. Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, § 535 Rn. 43; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 432. 850 T. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 61–64, 69. 851 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 215; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 88a; Hinz, ZMR 2023, 1, 7. 852 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 116. 853 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 88a. 854 Siehe oben S. 106 ff. 855 Hinz, ZMR 2023, 1, 7. 856 Langenberg, NZM 2015, 681, 684. 849
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bloße Behauptung einer finanziellen Kompensation nicht ausreichen kann.857 Eine solche Bestimmung lässt nicht erkennen, ob es wirklich zu einer Ausgleichsleistung gekommen ist. Auch eine Bestimmung im Vertrag, die vorsieht, dass dem Mieter durch den Vermieter ein angemessener Ausgleich gewährt werden soll, ohne dass dessen Umfang klar bestimmt wird, kann keine Kompensation der Benachteiligung des Mieters bewirken, weil sie keine nachvollziehbaren Kriterien zur Bestimmung der Ausgleichsleistung beinhaltet und daher intransparent ist.858 b) Berechnung eines angemessenen Ausgleichs aa) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Die für die Praxis wichtigste Frage im Zusammenhang mit dem Kompensationsmodell ist, wie groß die Gegenleistung, also etwa die mietfreie Zeit oder der Renovierungskostenzuschuss, ausfallen muss, um die Überlassung unrenovierter Räume zu kompensieren. In seiner Entscheidung aus dem Jahr 2015 und auch in einer späteren Entscheidung859 hat der achte Senat diese Frage offengelassen.860 Die einzige geäußerte Vorgabe ist, dass „der Mieter so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden“.861 In dem im Jahr 2015 entschiedenen Fall hielt der Bundesgerichtshof den Verzicht des Vermieters auf eine halbe Monatsmiete für Streicharbeiten in drei von vier Zimmern nicht für ausreichend, ohne zu erläutern, wie hoch die Kompensationsleistung seiner Ansicht nach hätte sein müssen.862 Dies zeigt, dass die Angemessenheit einer Kompensationsleistung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs unabhängig davon, ob diese durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder eine Individualvereinbarung festgelegt wird, objektiv zu bestimmen ist, sodass eine Einigung der Parteien über eine objektiv unzureichende Ausgleichsleistung nicht zur Wirksamkeit der Abwälzungsklausel führt.863 Die Festlegung einer Berechnungsmethode zur Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs im Sinne seiner Rechtsprechung überlässt der Bundesgerichtshof offenbar vor allem den Instanzgerichten.864 Auch haben sich im Schrifttum verschiedene Autoren mit der Frage beschäftigt, welchen Umfang eine Ausgleichsleistung haben müsste, um die Wirksamkeit der Abwälzungsklau857 EuGH, Urt. v. 16.1.2014, BeckRS 2014, 80035 Rn. 29 – Constructora Principado, siehe dazu oben S. 127 f. 858 Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1006; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 111. 859 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302. 860 Diesbezüglich kritisch Horst, DWW 2015, 82, 84. 861 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 35. 862 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 37. 863 Kappus, NZM 2016, 609, 614. 864 Siehe etwa LG Berlin, Urt. v. 2.10.2015, NZM 2016, 124.
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sel herbeizuführen, wenn die Räume bei Vertragsbeginn unrenoviert überlassen wurden.865 bb) Quotenlösung Als eine Möglichkeit zur Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs für die Überlassung unrenovierter Räume bei gleichzeitiger Abwälzung der Renovierungspflicht wird eine Erstattung der Renovierungskosten vorgeschlagen, die anteilig auf die vorherige Abnutzung zurückzuführen sind.866 Demnach müssen die Kosten einer Renovierung durch einen Handwerksbetrieb zugrunde gelegt und der Abnutzungsgrad bei Vertragsbeginn durch einen bestimmten Prozentsatz festgelegt werden.867 Dieser Anteil von den ermittelten Gesamtrenovierungskosten wird durch eine Geldzahlung oder einen Mietnachlass in den ersten Monaten des Vertragsverhältnisses an den Mieter geleistet. Diese Methode birgt bereits praktische Schwierigkeiten. Um die voraussichtlichen Gesamtrenovierungskosten zu bestimmen, müsste bei Vertragsbeginn ein Kostenvoranschlag eingeholt werden. Auch der „Abnutzungsgrad“, nach dem sich der Anteil an den Gesamtrenovierungskosten richten soll, ist kaum objektiv bestimmbar. Ein Abstellen auf die früher üblichen Renovierungsintervalle ist problematisch, weil es auf die tatsächliche Abnutzung ankommen muss und der Rückgriff auf starre Fristen nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung unzulässig ist.868 Entspricht der vereinbarte Betrag der Kompensationsleistung in Wirklichkeit nicht den anteiligen, voraussichtlichen Renovierungskosten, dann wird kein Ausgleich für die Überlassung unrenovierter Räume bewirkt, sodass die Abwälzungsklausel unwirksam ist. cc) Kompensation durch Ersatz der Renovierungskosten Andere halten eine nur quotenmäßige Beteiligung an den hypothetischen Renovierungskosten nicht für eine hinreichende Kompensation.869 Vielmehr sei ein Ausgleich nur sichergestellt, wenn der Mieter durch die Kompensationsleistung in die Lage versetzt wird, dass er die ihm überlassenen Räume ohne eigenen Kostenaufwand – je nach Unteransicht – eigenhändig renovieren oder von einem
865 Langenberg, NZM 2015, 681, 684 f.; Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 536; Kappus, NZM 2016, 609, 614 f.; Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 117; Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 14 f.; Wiek, WuM 2016, 71, 73 f.; Artz, WuM 2017, 120–122; Beyer, WuM 2017, 122, 124 f. 866 Artz, WuM 2017, 120 f.; in diese Richtung auch Langenberg, NZM 2015, 681, 684. 867 Siehe die Beispielrechnung bei Artz, WuM 2017, 121. 868 Siehe dazu unten S. 195 f. 869 Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 14; Beyer, WuM 2017, 122, 124; Hinz, ZMR 2023, 1, 8.
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Handwerksbetrieb renovieren lassen kann.870 Somit wäre eine hinreichende Kompensation nur durch den Ersatz der hypothetischen Kosten für eine Anfangsrenovierung gewährleistet. Dem ist zuzustimmen: Durch die Kompensationsleistung soll der Mieter nach der Vorgabe des Bundesgerichtshofs871 so gestellt werden, wie er bei Übergabe renovierter Mieträume stehen würde. Dieser Zustand ist mit einer nur quotalen Beteiligung nicht hergestellt, weil der Mieter über die Ausgleichsleistung hinausgehende Kosten tragen muss, wenn er die Räume in einen renovierten Zustand versetzen möchte.872 Maßgebend für die Höhe der Kompensationsleistung müssen somit die hypothetischen Kosten für eine Renovierung bei Vertragsbeginn sein. Folglich kommt es hierfür auch nicht auf die Höhe der Miete an.873 Soweit vertreten wird, es sei nur der Ersatz der (hypothetischen) Materialkosten erforderlich, solange die Abwälzungsklausel eine Eigenvornahme des Mieters gestattet,874 wird dies darauf gestützt, dass es sich bei der Übernahme der Renovierungsverpflichtung bei anfänglich unrenovierten Räumen in der Sache um eine Geschäftsbesorgung des Mieters für den Vermieter handele. Die Ausgleichsleistung stelle damit einen Aufwendungsersatz im Sinne des § 670 BGB dar, der wegen der Unentgeltlichkeit des Auftrags keinen Ersatz von Zeit und Arbeitskraft umfasst.875 Die Gegenauffassung verlangt dagegen zu Recht in jedem Fall die Zahlung der hypothetischen Handwerkerkosten.876 Wie bereits ausgeführt soll der angemessene Ausgleich den Mieter in eine Lage versetzen, die der Überlassung renovierter Räume gleichwertig ist. Da Mieter wie Vermieter nach ständiger Rechtsprechung selbst bestimmen können, auf welche Weise sie Renovierungsarbeiten durchführen,877 müssen die voraussichtlichen Kosten einer professionellen Renovierung angesetzt werden. Davon ging offenbar auch der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung von 2015 aus, weil er darin eine Kompensation im Umfang von einer halben Monatsmiete nicht für ausreichend hielt,878 obwohl dieser Betrag wohl ausreichend war zur Deckung
870 Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 14; Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 117; Beyer, WuM 2017, 122, 124; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 110; Wiek, WuM 2020, 535, 540; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 432. 871 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 35. 872 Beyer, WuM 2017, 122, 124. 873 So auch Wiek, WuM 2016, 71, 74; Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB; anders Langenberg, NZM 2015, 681, 684. 874 Dies ist Voraussetzung für eine wirksame formularvertragliche Abwälzungsklausel und daher der Regelfall, siehe dazu unten S. 209 ff. 875 Graf v. Westphalen, NZM 2016, 10, 14. 876 Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 536; Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 117; Beyer, WuM 2018, 704, 706; Wiek, WuM 2020, 535, 540. 877 Siehe dazu unten S. 209 ff. 878 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 37.
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der Materialkosten.879 Dies hat zugleich zur Folge, dass das vom Bundesgerichtshof vorgeschlagene Kompensationsmodell kaum praktische Bedeutung entfalten kann, weil es für den Vermieter dann mit ähnlichem Kostenaufwand und deutlich höherer Rechtssicherheit möglich ist, die Räume bei Vertragsbeginn selbst zu renovieren, um die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen zu können, statt eine Kompensation zu gewähren.880 c) Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs Der Bundesgerichtshof weist die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Kompensationsleistung dem Vermieter zu mit der Begründung, es handele sich um einen besonderen tatsächlichen Umstand, der dazu führt, dass eine Benachteiligung des Mieters doch noch gerechtfertigt erscheinen kann.881 Dem ist entsprechend den oben ausgeführten Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislastverteilung bei der AGB-Prüfung882 zuzustimmen: Geht es um besondere tatsächliche Umstände, die bei der Inhaltskontrolle trotz des Eingreifens von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Wirksamkeit der Klausel begründen sollen, ist es Aufgabe des Verwenders, diese Tatsachen darzulegen und zu beweisen. d) Zulässigkeit des Kompensationsmodells Es ist allerdings im Schrifttum die Frage aufgeworfen worden, ob eine formularvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen bei Überlassung anfänglich unrenovierter Räume überhaupt durch die Zahlung einer Geldsumme an den Mieter oder eine sonstige finanzielle Ausgleichsleistung möglich gemacht werden kann. aa) Vorgaben der Klauselrichtlinie: Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln und Abschreckungswirkung Graf von Westphalen vertritt die Ansicht, die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung, wie sie vom Bundesgerichtshof vorgeschlagen wurde, verstoße bei Verbraucherverträgen gegen die in Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL angeordnete Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln und laufe dem in Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL
879
Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1005. Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 88, stellen dementsprechend fest, das Kompensationsmodell habe sich auch wegen der Schwierigkeiten, den angemessen Ausgleich rechtssicher zu bestimmen, „in der Praxis nicht bewährt“ und es sei „praktisch zu vernachlässigen“. 881 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594, 1598 Rn. 36; zustimmend Kappus, NZM 2016, 609, 615. 882 Siehe oben S. 158 ff. 880
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genannten Ziel zuwider, Gewerbetreibende von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln gegenüber Verbrauchern abzuschrecken.883 Er weist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hin, die besagt, dass die Gerichte „verpflichtet sind, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich aus dem nationalem Recht ergeben, damit diese [missbräuchlichen] Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind“.884 Wenn man, so die Argumentation von Graf von Westphalen, die Abwälzung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebenen Räumen für unwirksam hält, dann habe dies nach der strikten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwingend die Unverbindlichkeit dieser Abwälzungsklausel zur Folge, eine Kompensation komme demzufolge nicht in Betracht.885 Die Vereinbarkeit des Kompensationsmodells mit dem Unionsrecht solle deshalb bei Gelegenheit durch ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV geklärt werden.886 Diese Einwände überzeugen jedoch nicht. Sie beruhen auf der Annahme, dass es bei der Frage der Zulässigkeit eines Kompensationsmodells, wie es der Bundesgerichtshof vorgeschlagen hat, um die Rechtsfolgen einer Klausel geht, deren Missbräuchlichkeit festgestellt wurde. Die Prüfung, ob eine hinreichende Kompensation für die Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gegeben ist, erfolgt jedoch schon bei der Inhaltskontrolle und somit einen Schritt vorher. In der Klausel-RL wird das in ihrem Art. 4 Abs. 1 deutlich. Danach sind „alle anderen Klauseln desselben Vertrags“ bei der Beurteilung einer Vertragsklausel zu berücksichtigen. Dies zeigt, dass bei der Inhaltskontrolle gemäß der KlauselRL in Rechnung gestellt werden soll, ob eine etwaige Benachteiligung durch andere Bestimmungen des Vertrags verstärkt oder abgemildert wird. Die Abmilderung der Benachteiligung durch eine finanzielle Ausgleichsleistung ist somit bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen. Ist ein hinreichender Ausgleich für die Benachteiligung des Vertragspartners gegeben, fehlt es schon an einer missbräuchlichen Klausel, sodass Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL, der die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln für den Verbraucher vorsieht, nicht zur Anwendung gelangt.887 In einem solchen Fall ist demzufolge das in Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL formulierte Ziel, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, ebenfalls nicht betroffen, weil bei Bestehen einer hinreichenden Kompensation keine Verwendung missbräuchlicher Klauseln gegeben ist. Somit steht das Rechtsfolgenregime der Klausel-RL für missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen nicht dem beschriebenen Kompensationsmodell entgegen. 883
Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1007 f. EuGH, Urt. v. 15.3.2012, NJW 2012, 1781, 1782 Rn. 30 – Perenicˇová; EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257 Rn. 63 – Banco Español de Crédito. 885 Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1007. 886 Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1008. 887 So auch Kappus, in: FS Börstinghaus, S. 289, 298; Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 65. 884
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
bb) Kein unzulässiges Preisargument Oben wurde das vom Bundesgerichtshof entwickelte Entgeltargument zur Rechtfertigung der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter mit der Begründung abgelehnt, dass erstens eine Benachteiligung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Gewährleistung einer effektiven Klauselkontrolle nicht durch einen geringeren Preis gerechtfertigt werden darf und dass zweitens keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es wirklich im Regelfall oder gar bei jedem Mietverhältnis zu einer Senkung der Miete infolge der Abwälzung der Schönheitsreparaturen kommt.888 Da es bei dem in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgeschlagenen Kompensationsmodell darum geht, dass für einen Nachteil eine finanzielle Kompensation gewährt werden soll, könnte man daran denken, dass es sich auch hierbei um eine unzulässige Berufung auf einen niedrigeren Preis handelt: Der Mieter erhält eine Kompensation für den Nachteil, der darin besteht, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen soll, obwohl er bei Vertragsbeginn unrenovierte Räume erhalten hat. Hierbei geht es jedoch anders als beim Entgeltargument nicht um eine – nur vermutete – Berücksichtigung dieses Nachteils in der Miethöhe, sondern um eine konkret festgesetzte und vom Mietzins unabhängige Leistung des Vermieters zur Herbeiführung der Wirksamkeit der Klausel. Aufgrund des oben ausgeführten gebotenen Umfangs der Ausgleichsleistung steht fest, dass der Mieter im Falle der Abwälzung der Schönheitsreparaturen und Gewährung einer Ausgleichszahlung an ihn nicht schlechter steht, als er bei der – als wirksam angesehenen – Überlassung renovierter Räume und Abwälzung der Schönheitsreparaturen stünde. Somit gilt der wesentliche oben gegenüber dem Entgeltargument angeführte Einwand nicht für das Kompensationsmodell des Bundesgerichtshofs. Da die Kompensationsleistung nach hiesiger Ansicht den vollständigen Ersatz der hypothetischen Kosten einer Anfangsrenovierung beinhalten muss, droht durch die Zulassung einer Kompensation für die Überlassung unrenovierter Räume auch keine fortwährende Verschlechterung der Mietvertragskonditionen. Der Mieter steht durch eine solche Kompensation ebenso gut wie durch die Überlassung einer anfänglich renovierten Mietsache.889 e) Anspruch auf Rückgewähr der Kompensationsleistung bei Auszug des Mieters vor Fälligkeit der Renovierungspflicht? Umstritten ist, was gelten soll, wenn eine hinreichende Kompensation durch den Vermieter gewährt wird, die zur Wirksamkeit der Abwälzung der Schönheits888
Siehe oben S. 126 ff. Im Ergebnis ebenfalls keinen Fall eines unzulässigen Preisarguments annehmend Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 63 f. 889
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reparaturen führt, das Vertragsverhältnis dann aber bereits nach kurzer Zeit endet, wenn die Renovierungspflicht des Mieters noch nicht fällig geworden ist. Im Schrifttum wird zum Teil die Ansicht vertreten, in einem solchen Falle müsse der Mieter entweder bei Auszug renovieren, sodass der Vermieter die Räume wieder in renoviertem Zustand vermieten könne, oder der Mieter müsse dem Vermieter den Ausgleichsbetrag zurückerstatten.890 Anspruchsgrundlage für den Rückerstattungsanspruch sei die Zweckverfehlungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.891 Die herrschende Ansicht verneint dagegen zu Recht Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen oder Rückgewähr der Kompensationsleistung.892 Zweck dieser Kompensationsleistung ist es allein, die Wirksamkeit der Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter herzustellen.893 Dieses Ziel wird bei einer ausreichenden Ausgleichsleistung erreicht, auch wenn es wegen der kurzen Dauer des Mietverhältnisses nicht zur Renovierungsbedürftigkeit und deshalb nicht zur Fälligkeit der Renovierungsverpflichtung des Mieters gekommen ist.894 Somit fehlt es an der für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erforderlichen Zweckverfehlung. Es besteht wegen der Kompensationsleistung auch kein Anspruch des Vermieters auf Durchführung einer Renovierung durch den Mieter, wenn eine unrenovierte Mietsache überlassen wird, bis zum Ende des Mietverhältnisses aber auch noch kein Renovierungsbedarf eintritt. Denn der angemessene Ausgleich dient nur als Hilfsmittel zur Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen und begründet nicht selbst eine Vornahmeverpflichtung des Mieters. Die Ausgleichsleistung dient allein dazu, den Mieter so zu stellen, als habe er bei Vertragsbeginn renovierte Räume erhalten. Ein Mieter, der renovierte Räume überlassen bekommt und auf den die Dekorationslast abgewälzt wird, ist bei einem Auszug vor Eintritt eines renovierungsbedürftigen Zustands nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.895 Für den Mieter, der unrenovierte Räume zusammen mit einer Kompensationsleistung erhalten hat, kann nichts anderes gelten. Jedoch lässt sich vertraglich – auch als Allgemeine Geschäftsbedingung – wirksam ein Anspruch auf Rückgewähr der Kompensationsleistung für den Fall vereinbaren, dass die auf den Mieter abgewälzte Renovierungsverpflichtung nicht fällig geworden ist, weil bis zu seinem Auszug kein Renovierungsbedarf
890
Beyer, WuM 2017, 122, 124; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 187. Beyer, WuM 2017, 122, 124; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 187. 892 Artz, WuM 2017, 120, 121; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 112; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 432. 893 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 432. 894 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 432. 895 Artz, WuM 2017, 120, 121. 891
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
eingetreten ist.896 Eine solche Klausel bedeutet keine unangemessene Benachteiligung des Mieters, weil sie nur eingreift, wenn der Mieter keine Renovierungsarbeiten vorgenommen hat.897 7. Auswirkungen von Vereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter über die Vornahme von Schönheitsreparaturen Wie ausgeführt führt die Übernahme unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Räume ohne ausreichende Kompensation zur Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Abwälzungsklausel. Es stellt sich aber die Frage, ob dies auch dann gelten soll, wenn sich der neue Mieter, der Räume in einem solchen Zustand anmietet, mit seinem Vorgänger darauf geeinigt hat, dass er dessen Renovierungspflicht gegenüber dem Vermieter, die aus dem Mietvertrag des Vormieters folgt, erfüllen werde. a) Der Standpunkt des Bundesgerichtshofs: Relativität der Schuldverhältnisse In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall898 sah ein Mietvertrag über eine Wohnung die Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter vor. Dieser hatte sich allerdings mit der Vormieterin darauf verständigt, dass er als Nachmieter nicht nur einige Gegenstände der Vormieterin kaufen würde, sondern auch die im vorherigen Mietvertrag vereinbarte Renovierungsverpflichtung der Vormieterin übernehmen werde (sogenannte Ablösevereinbarung). Dem neuen Mieter wurde somit eine unrenovierte Wohnung übergeben. Am Ende seines Vertragsverhältnisses gab er die Wohnung nach mangelhaft durchgeführten Renovierungsarbeiten an die Vermieterin zurück. Die Vermieterin ließ Renovierungsarbeiten durch einen Handwerksbetrieb durchführen und verlangte hierfür Schadensersatz. In der ersten Instanz verwehrte das Amtsgericht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dem Mieter, sich auf die Überlassung einer unrenovierten Wohnung zu berufen, die grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel führt.899 Der Mieter müsse sich wegen der Vereinbarung mit der Vormieterin so behandeln lassen, als habe er eine renovierte Wohnung übernommen. Das Berufungsgericht, das Landgericht Lüneburg, stellte nicht ausdrücklich auf Treu und Glauben ab, kam aber ebenfalls zu dem Schluss, dass der Grundsatz der Rechtsprechungswende von 2015, wonach die formularvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen unwirksam ist, wenn dem Mieter die Räume unrenoviert 896
Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 112. Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 112. 898 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302. 899 AG Celle, Urt. v. 1.6.2016, BeckRS 2016, 132268 Rn. 20; so auch v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 5. 897
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überlassen wurden, unter diesen Umständen nicht gelten dürfte.900 Der Mieter habe zwar keinen Ausgleich vom Vermieter erhalten, sich aber gegenüber der Vormieterin zur Übernahme bereit erklärt. Dass der neue Mieter deswegen Abnutzungsspuren der Vormieterin beseitigen müsse, sei nicht der „Sphäre des Vermieters zuzuordnen, der deshalb nicht gehalten ist, dem Mieter im Gegenzug einen Ausgleich zu gewähren“.901 Durch eine Vereinbarung zwischen Mieter und Vormieter über die Durchführung der Schönheitsreparaturen würden die Interessen des Vermieters nicht berührt.902 Der Inhalt der in der Praxis üblichen Vereinbarung zwischen Vormieter und Nachmieter schlägt dem Landgericht Lüneburg zufolge nicht auf die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel durch, weil der Vermieter sonst nicht erkennen könnte, ob die Abwälzungsklausel den neuen Mieter unangemessen benachteiligt. Anderenfalls müsse der Vermieter, um die Wirksamkeit dieser Klausel sicherzustellen, stets versuchen, Vereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter zu unterbinden. Dies laufe auch den Interessen von Vor- und Nachmieter zuwider: Der Vormieter wolle die Durchführung der Renovierung vermeiden, der Nachmieter wolle die Räume nach eigenem Geschmack gestalten.903 Der Mieter müsse deshalb aufgrund der Übernahme der Renovierungspflicht der Vormieterin so behandelt werden, als habe er eine renovierte Wohnung erhalten.904 Der Bundesgerichtshof hat das anders gesehen: Aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse ändere eine Vereinbarung des Mieters mit dem Vormieter über die Übernahme der Schönheitsreparaturen nichts daran, dass der Vermieter die Wohnung unrenoviert an den Mieter übergeben habe, ohne dass letzterer eine Kompensation dafür erhalten habe.905 Deshalb sei die Abwälzungsklausel gemäß den Grundsätzen der Entscheidung von 2015 unwirksam. In der Tat wirken die Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter sowie zwischen Vor- und Nachmieter aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse grundsätzlich nur zwischen den jeweiligen Vertragspartnern. Die vertragliche Übernahme der Renovierungsverpflichtung des Vormieters durch den Nachmieter hat deshalb, solange keine Beteiligung des Vermieters an der Ablösevereinbarung erfolgt, keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Klausel über die Schönheitsreparaturpflicht des Mieters im Vertrag zwischen Vermieter und Mieter. Daraus folgt auch, dass die Übernahme der Renovierungspflicht durch den neuen Mieter nicht zum Un-
900
LG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2016, BeckRS 2016, 132269 Rn. 19. LG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2016, BeckRS 2016, 132269 Rn. 19. 902 LG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2016, BeckRS 2016, 132269 Rn. 19. 903 LG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2016, BeckRS 2016, 132269 Rn. 20. 904 LG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2016, BeckRS 2016, 132269 Rn. 20. 905 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 23; zustimmend Looschelders, JA 2018, 945, 947; Wiek, WuM 2020, 535, 537 f.; kritisch hingegen Zehelein, NZM 2018, 865, 866 f. 901
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
tergang des Anspruchs des Vermieters auf Durchführung fälliger Renovierungsarbeiten gegen den Vormieter führt.906 Im Schrifttum wird jedoch darauf hingewiesen, dass in derartigen Konstellationen je nach den im Einzelfall bestehenden Umständen der Vermieter in das Vertragsverhältnis zwischen Vor- und Nachmieter eingebunden sein könne, sodass er eigene Rechte daraus gegen den Nachmieter geltend machen könne.907 Dies soll im Folgenden näher beleuchtet werden. b) Schuldübernahme Eine Schuldübernahme kann entweder gemäß § 414 BGB durch einen Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer oder gemäß § 415 BGB durch einen Vertrag zwischen dem bisherigen und dem neuen Schuldner erfolgen. Bei einer zwischen Vor- und Nachmieter geschlossenen Vereinbarung, wonach der Nachmieter die vom Vormieter geschuldeten und fälligen Schönheitsreparaturen übernimmt, kann es sich um die letztgenannte Form der Schuldübernahme handeln.908 Der Bundesgerichtshof hat diese Möglichkeit ausdrücklich angesprochen.909 Die Wirksamkeit der Schuldübernahme hängt dann gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB von der Genehmigung des Vermieters als Gläubiger ab. Verweigert der Vermieter die Genehmigung, ist gemäß § 415 Abs. 3 BGB im Zweifel von einer Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) auszugehen.910 Die Schuldübernahme nach § 415 BGB setzt zunächst eine wirksame Vereinbarung zwischen dem bisherigen Schuldner und dem Übernehmer voraus. Im Falle einer Ablösevereinbarung ist bisheriger Schuldner der Vormieter und Übernehmer der Nachmieter. Eine solche Vereinbarung ist im Wohnraum gemäß § 4a Abs. 1 S. 1 WoVermittG911 unwirksam, wenn der Nachmieter die Schönheitsreparaturen übernimmt, damit der Vormieter auszieht.912 Erhält der Nachmieter für die Übernahme der Schönheitsreparaturen eine Gegenleistung wie die Überlas906
BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3304 Rn. 27. Zehelein, NZM 2018, 865, 866; v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 4 f.; Kappus, in: FS Börstinghaus, S. 289, 295 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 86. 908 v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 4; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 157; Wiek, WuM 2020, 535, 539–542. 909 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3304 Rn. 30. 910 Siehe zum Vertrag zugunsten Dritter und zur Erfüllungsübernahme sogleich S. 192 ff. 911 Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, verkündet als Art. 9 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen v. 4.11.1971, BGBl. I S. 1745– 1750. 912 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 158; Wiek, WuM 2020, 535, 536. 907
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sung von Einrichtungsgegenständen, so ist die Vereinbarung gemäß § 4a Abs. 2 S. 2 WoVermittG unwirksam, wenn der Wert der Werkleistung, die in der Durchführung der übernommenen Renovierungsarbeiten besteht, in einem auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung durch den Vormieter steht.913 Diese Bestimmung verhindert die Umgehung von § 4a Abs. 1 S. 1 WoVermittG.914 Die objektiven Voraussetzungen von § 4a Abs. 2 S. 2 WoVermittG entsprechen denen des Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB, während die subjektiven Voraussetzungen des Wuchers nicht erfüllt sein müssen.915 Ein auffälliges Missverhältnis liegt dem Bundesgerichtshof zufolge jedenfalls dann vor, wenn das Entgelt, hier die Durchführung der Renovierungsarbeiten, den Wert der im Gegenzug überlassenen Einrichtungsgegenstände um mehr als 50 % übersteigt.916 Da eine Teilung der Übernahme der Schönheitsreparaturen nicht möglich ist, führt ein solches auffälliges Missverhältnis zur Unwirksamkeit der Ablösungsvereinbarung insgesamt.917 In einem solchen Fall ist somit keine wirksame Vereinbarung über die Übernahme der Verpflichtung durch den Nachmieter gegeben. Außerdem kann nur eine bestehende und fällige Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen übernommen werden.918 Ist der Vormieter aufgrund einer unwirksamen Abwälzungsklausel in Wirklichkeit nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet oder besteht bei Auszug des Vormieters noch kein Renovierungsbedarf, besteht keine Schuld, die vom Nachmieter übernommen werden könnte.919 Dem Nachmieter stehen zudem gemäß § 417 Abs. 1 BGB die Einwendungen des Vormieters gegen den Anspruch des Vermieters auf Durchführung von Renovierungsarbeiten zu. Die Wirksamkeit einer zwischen Vor- und Nachmieter vereinbarten Schuldübernahme im Hinblick auf die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen setzt wie bereits angesprochen gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB die Genehmigung des Vermieters voraus. Er muss sich damit einverstanden erklären, dass der Vormieter von seiner Renovierungspflicht befreit und stattdessen der Nachmieter mit ihr belastet wird.920 Die Genehmigung gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB kann nach den allgemeinen Regeln auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, etwa dadurch, dass der Vermieter in Kenntnis von der Ablösevereinbarung
913 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 158; Wiek, WuM 2020, 535. 914 Wiek, WuM 2020, 535. 915 BGH, Urt. v. 23.4.1997, BGHZ 135, 269 = NJW 1997, 1845, 1846; Gramlich, Mietrecht, § 4a WoVermittG Rn. 1. 916 BGH, Urt. v. 23.4.1997, BGHZ 135, 269 = NJW 1997, 1845 Ls. 3. 917 Wiek, WuM 2020, 535. 918 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 157. 919 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 160. 920 v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 4.
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keine Ansprüche auf Durchführung von Renovierungsarbeiten gegen den Vormieter geltend macht.921 Wird die Verpflichtung zur Durchführung von vom Vormieter geschuldeten Renovierungsarbeiten auf den Nachmieter übertragen, folgt daraus aber noch nicht die Wirksamkeit der Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den neuen Mieter im Mietvertrag.922 Hierfür gelten vielmehr dieselben Wirksamkeitsvoraussetzungen wie für alle formularvertraglichen Schönheitsreparaturklauseln. Das bedeutet, dass bei Übergabe unrenovierter Räume eine Kompensation erfolgen muss, durch die der neue Mieter so gestellt wird, als habe er renovierte Räume erhalten.923 Um sicherzustellen, dass eine solche Kompensation erfolgt und damit eine Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter möglich wird, kann der Vermieter seine Zustimmung zur Schuldübernahme davon abhängig machen, dass dem neuen Mieter eine angemessene Kompensationsleistung gewährt wird.924 Dem Bundesgerichtshof zufolge kommt allerdings nur ein solcher finanzieller Vorteil als taugliche Kompensationsleistung in Betracht, der „in der gebotenen Gesamtschau jedenfalls wirtschaftlich so zu bewerten ist, als hätte ihn der Vermieter als Ausgleich für die von ihm unrenoviert übergebene Wohnung selbst gewährt“.925 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs muss also auch bei einer Schuldübernahme eine Ausgleichsleistung zugunsten des neuen Mieters bestehen, die bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung aus dem Vermögen des Vermieters stammt, damit die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam abgewälzt werden können. Dagegen wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, es sei für die Wirksamkeit der Abwälzungsklausel unerheblich, ob eine Kompensationsleistung aus dem Vermögen des Vermieters oder des Vormieters stamme.926 Für die Rechtsstellung des Mieters mache es keinen Unterschied, von wem ein Ausgleich für die Übergabe unrenovierter Räume geleistet werde, sodass der Mieter im Falle einer Ausgleichsleistung durch den Vormieter ebenso wenig unangemessen benachteiligt werde wie im Falle einer Ausgleichsleistung durch den Vermieter.927 Zuzustimmen ist dem Standpunkt des achten Zivilsenats, der mit Ausführungen des elften Senats übereinstimmt. Letzterer hatte – wenn auch ohne nähere
921
Kappus, in: FS Börstinghaus, S. 289, 296. BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 30; anders v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 5. 923 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3304 Rn. 20; zu den Anforderungen an eine solche Kompensation siehe oben S. 179 ff. 924 Looschelders, JA 2018, 945, 948. 925 BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 30. 926 Pielsticker, NJW 2018, 3304, 3305; Wiek, WuM 2020, 535, 540. 927 Wiek, WuM 2020, 535, 540. 922
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Begründung – ausgeführt: „Die inhaltliche Unausgewogenheit einer Klausel, die den Verwender einseitig begünstigt, kann aber nur durch Vorteile für dessen Vertragspartner kompensiert werden, die ihm vom Klauselverwender gewährt werden [. . .].“ 928 Aus diesem Grund stelle die Möglichkeit des Vertragspartners des Verwenders, finanzielle Nachteile wiederum auf dessen Kunden abzuwälzen, keine taugliche Kompensation dar.929 Als Kompensation kommen wie bereits erläutert Vorteile in Betracht, die in einem sachlichen Zusammenhang zu der fraglichen Klausel stehen und die nach ihrem Umfang ausreichend sind, um den durch die Klausel geschaffenen Nachteil auszugleichen.930 Eine Vereinbarung, durch die der Vormieter dem Nachmieter eine Gegenleistung für die Übernahme der von ihm geschuldeten Schönheitsreparaturen verspricht, weist zwar einen sachlichen Zusammenhang zu der Klausel auf, durch die dem neuen Mieter die Dekorationslast im laufenden Mietverhältnis übertragen wird, weil es jeweils um die Dekorationslastverteilung geht. Deckt die Gegenleistung durch den Vormieter die Kosten für eine professionelle Beseitigung der vorvertraglichen Gebrauchsspuren, ist sie auch von hinreichendem Gewicht, um die Benachteiligung des neuen Mieters auszugleichen. Jedoch sind richtigerweise nur solche Vorteile bei der Beurteilung miteinzubeziehen, die von dem Klauselverwender gewährt werden. Die Inhaltskontrolle erfolgt im Grundsatz auf Grundlage der typischen Interessen der Vertragsparteien, wobei das Vertragsgefüge berücksichtigt wird. Zu diesem Vertragsgefüge gehören aber nicht Vereinbarungen mit einem Dritten, durch die der Dritte dem Vertragspartner des Verwenders Vorteile gewährt, wenn dieser Dritte nicht Partei des Mietvertrags ist. Auch die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände gemäß § 310 Abs. 3 BGB und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL führt nicht zur Berücksichtigung von Vorteilen, die ein Unbeteiligter an dem Vertrag, der die fragliche Klausel enthält, gewährt: Gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL sind nur die übrigen Klauseln des Vertrags sowie eines anderen Vertrags, von dem der Vertrag abhängt, zu berücksichtigen. Bei einer Ausgleichsleistung durch den Vormieter würde es sich nicht um eine Klausel in demselben Vertrag handeln. Mit der Abhängigkeit von einem anderen Vertrag ist lediglich der Fall gemeint, in dem der Vertrag, der die fragliche Klausel enthält, bei Unwirksamkeit des anderen Vertrags selbst unwirksam wäre.931 Umfasst sind somit etwa Rahmenverträge.932 Ein solcher Fall liegt bei der hier behandelten Konstellation ebenfalls nicht vor, weil der zwischen Vermieter und neuem Mieter geschlossene Mietvertrag mit einer darin enthaltenen Abwälzungsklausel nicht von einer Vereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter abhängt, in der gegebenenfalls ein Ausgleich für die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den 928 929 930 931 932
BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2989 Rn. 44. BGH, Urt. v. 4.7.2017, BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2986, 2989 Rn. 44. Siehe oben S. 126. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 18. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 4 RL Rn. 18.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Nachmieter vereinbart wird. Die Ausgleichsleistung muss daher, wie der Bundesgerichtshof zu Recht festgestellt hat, in allen Fällen vom Vermieter stammen, um die Wirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebenen Räumen herzustellen. Zusammengefasst ist nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Abwälzung der Schönheitsreparaturen in einer anfänglich unrenovierten Mietsache somit auch bei einer Schuldübernahme durch den Nachmieter nur bei Gewährung eines angemessenen Ausgleichs möglich. c) Vertrag zugunsten Dritter Fehlt es an der für eine Schuldübernahme notwendigen Mitwirkung des Vermieters, kommt die Einordnung der Ablösevereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter als Vertrag zugunsten Dritter in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung zur Wirksamkeit der Abwälzung der Dekorationslast bei unrenoviert übergebenen Räumen und einer Ablösevereinbarung zwischen Vorund Nachmieter ausgeführt, „dass die in einem Schuldverhältnis gewährten Rechte ebenso wie die dort übernommenen Pflichten – von Ausnahmen wie zum Beispiel §§ 328, 566 BGB abgesehen – grundsätzlich relativ sind“ 933, dabei aber nicht näher beleuchtet, ob und unter welchen Bedingungen die von ihm erwähnte Ausnahme des § 328 BGB, des Vertrags zugunsten Dritter, im Falle einer solchen Ablösevereinbarung gegeben ist.934 Der Vertrag zugunsten Dritter setzt voraus, dass sich der Schuldner – hier der Nachmieter – im Deckungsverhältnis wirksam gegenüber dem Gläubiger (Vormieter) verpflichtet, dem Dritten (Vermieter) eine Leistung zuzuwenden.935 Die Kenntnis oder die Zustimmung des Dritten ist nicht erforderlich.936 Durch eine Vereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter, gemäß derer sich der Nachmieter zur Durchführung der bei Ende des Vertrags des Vormieters fälligen Schönheitsreparaturen durchzuführen, verpflichtet sich der Nachmieter zur Erbringung einer Leistung gegenüber dem Vermieter als Dritten. Hierbei sind wieder die oben genannten Unwirksamkeitsgründe in § 4a WoVermittG zu beachten. Zu unterscheiden sind der „echte“ Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB, bei dem der Dritte ein eigenes Forderungsrecht erwirbt, und der „unechte“ Vertrag zugunsten Dritter, die bloße Erfüllungsübernahme, bei der nur der Gläubiger zur Forderung der Leistung berechtigt bleibt und der Schuldner lediglich berechtigt ist, mit befreiender Wirkung an den Dritten zu leisten.937 Ob der 933
BGH, Urt. v. 22.8.2018, NJW 2018, 3302, 3303 Rn. 22. Dies kritisierend Beyer, WuM 2018, 704, 706; v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 5; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 162. 935 Janoschek, in: BeckOK BGB, § 328 Rn. 10. 936 Stadler, in: Jauernig, BGB, § 328 Rn. 15. 937 Rahbari, ZGS 2010, 172. 934
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Dritte (Vermieter) das Recht erwerben soll, die Leistung selbst zu fordern, ist bei Fehlen einer besonderen Vereinbarung gemäß § 328 Abs. 2 BGB durch Auslegung des Vertrags unter Berücksichtigung der Umstände zu ermitteln, wobei dem Vertragszweck und der Interessenlage der Parteien eine besondere Bedeutung zukommen.938 Zwar bestimmt die Auslegungsregel in § 329 BGB, dass im Zweifel kein „echter“ Vertrag zugunsten Dritter vorliege, wenn sich jemand gegenüber einem anderen verpflichtet, dessen Verbindlichkeit gegenüber einem anderen zu übernehmen. Dennoch liegt bei einer Vereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter über die Durchführung der Schönheitsreparaturen die Einordnung als „echter“ Vertrag zugunsten Dritter nahe.939 Ziel der Vereinbarung ist es, zu erreichen, dass der Vermieter seinen Anspruch gegen den Vormieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht durchsetzt.940 Der Vermieter dürfte dazu nur bereit sein, wenn er die Durchführung stattdessen vom Nachmieter verlangen kann.941 Durch diese Vereinbarung wird der Nachmieter aber nur zu der Leistung verpflichtet, zu der der Vormieter verpflichtet war, das heißt die Durchführung der bei Übergabe der Räume erforderlichen Arbeiten, falls zu diesem Zeitpunkt Renovierungsbedarf besteht. Die wirksame formularvertragliche Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen im Mietvertrag kann bei Übergabe unrenovierter Räume nach den Grundsätzen der Rechtsprechung weiterhin nur erfolgen, wenn der Mieter einen angemessenen Ausgleich erhält.942 Zusammenfassend ist festzustellen, dass Ablösevereinbarungen zwischen Vorund Nachmieter nach der konsequenten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wenige Auswirkungen auf die Wirksamkeit der formularvertraglichen Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den neuen Mieter haben. Es bleibt dabei, dass die Abwälzung bei unrenoviert überlassenen Räumen nur möglich ist, wenn der Vermieter hierfür einen angemessenen Ausgleich gewährt.
VI. Laufende Renovierungspflicht Nachdem dargestellt wurde, dass die Überwälzung von Schönheitsreparaturen grundsätzlich formularvertraglich möglich, jedoch bei Überlassung unrenovierter Räume regelmäßig unwirksam ist, sollen im Folgenden aufbauend auf diesen Grundlagen verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten der Schönheitsreparaturpflicht des Mieters näher beleuchtet werden. Untergliedert man diese nach dem Fälligkeitszeitpunkt für die geschuldeten Arbeiten, lassen sich Renovierungen
938 939 940 941 942
Rahbari, ZGS 2010, 172, 173; Stadler, in: Jauernig, BGB, § 328 Rn. 5. Beyer, WuM 2018, 704, 706. v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 4 f. v. Bressensdorf, ZMR 2019, 3, 5. Wiek, WuM 2020, 535, 542.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
während des laufenden Mietvertrags, Anfangs- und Endrenovierungen unterscheiden. 1. Zulässigkeit der Abwälzung von Renovierungsarbeiten während der Mietzeit Fehlt es an einer Regelung über die Fälligkeit von auf den Mieter abgewälzten Schönheitsreparaturen, ist nach herrschender Ansicht davon auszugehen, dass diese im laufenden Mietverhältnis auszuführen sind, sobald Renovierungsbedarf besteht.943 Dies betrifft allgemein gehaltene Abwälzungsklauseln wie etwa: „Die Schönheitsreparaturen trägt der Mieter.“ 944 Die Ausführung von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit stellt folglich den „Grundtyp“ der Renovierungspflicht dar, weil sie in Ermangelung besonderer Vereinbarungen geschuldet sein soll. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Renovierungsarbeiten während der Mietzeit AGB-rechtlich zulässig ist.945 Für den Mieter bedeutet eine Renovierungspflicht während der Mietzeit einen erheblichen organisatorischen Aufwand. Fraglich ist, worin ein Interesse des Vermieters bestehen soll, das geeignet ist, diese Belastung des Mieters aufzuwiegen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Vermieter kein anerkennenswertes Interesse an einer bestimmten farblichen Gestaltung der Mieträume während der Mietzeit hat.946 Ein solches Interesse bestehe nur im Hinblick auf die Rückgabe der Mieträume.947 Dann ist es aber schwer zu begründen, warum ein Vermieter ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran haben soll, dass während der Mietzeit Schönheitsreparaturen vom Mieter durchgeführt werden. Aus Sicht des Vermieters ist der dekorative Zustand der Mietsache in erster Linie bei Vertragsende relevant, weil er für den Erfolg der Weitervermietung von Bedeutung sein kann.948 Es kommt daher auch praktisch selten vor, dass ein Vermieter während eines laufenden Vertragsverhältnisses die Ausführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter verlangt.949 Stattdessen wird ein Anspruch des 943 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 1862; Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 535 Rn. 422. 944 Formulierung aus BGH, Urt. v. 18.3.2009, NJW-RR 2009, 947. 945 Dies wird von der herrschenden Ansicht bejaht, vgl. etwa BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962; Kraemer, NZM 2003, 417, 419; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 159; verneinend hingegen AG Gießen, Urt. v. 6.3.2002, ZMR 2002, 828, 829 f.; kritisch auch Kappus, NZM 2010, 529, 532. 946 BGH, Urt. v. 18.6.2008, NJW 2008, 2499, 2500. 947 BGH, Urt. v. 18.6.2008, NJW 2008, 2499, 2500. 948 Mersson, NZM 1998, 938, 939; Zschieschack, ZMR 2009, 821; Streyl, NZM 2017, 345; Hübner, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, § 13 Rn. 155. 949 AG Gießen, Urt. v. 6.3.2002, ZMR 2002, 828, 830; Derleder, in: FS Bub, S. 305, 317.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Vermieters gegen den Mieter auf Durchführung von Renovierungsarbeiten, die nach der Abwälzungsklausel während der Mietzeit erfolgen sollten, regelmäßig erst bei Mietvertragsende geltend gemacht, sodass der Mieter zur Nachholung dieser Arbeiten aufgefordert wird. Dass die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während seiner Mietzeit dennoch auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für wirksam gehalten wird, lässt sich wohl dadurch erklären, dass insoweit eine Identität der vertraglich bestimmten Renovierungspflicht des Mieters mit der gesetzlich in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmten Renovierungspflicht des Vermieters angenommen wird: Letzterer ist, wenn er die Renovierungslast trägt, auch und insbesondere während der Mietzeit im Rahmen seiner Gebrauchserhaltungspflicht bei Bedarf zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.950 Dasselbe soll für den Mieter gelten, wenn ihm in Abweichung von der gesetzlichen Aufgabenverteilung die Schönheitsreparaturpflicht übertragen wird. Außerdem wird durch eine Renovierungspflicht während der Mietzeit der Vermieter von dem Risiko befreit, dass ein bei Mietvertragsende zahlungsunwilliger oder -unfähiger Mieter den dann erheblichen Renovierungsbedarf nicht mehr beseitigt, sofern der Vermieter diesen Anspruch auch wirklich während der Mietzeit durchsetzt.951 2. Fälligkeit der Renovierungspflicht während des Mietverhältnisses Ein wichtiger Aspekt einer auf den Mieter abgewälzten Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt diese fällig wird. Dabei geht es zum einen darum, inwiefern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam Fälligkeitstermine festgelegt werden können. Zum anderen stellt sich die Frage, was gilt, wenn eine Bestimmung über die Fälligkeit von während der Mietzeit geschuldeten Schönheitsreparaturen fehlt. a) Starre Fristenpläne Bestimmungen zur Fälligkeit der vom Mieter geschuldeten Schönheitsreparaturen können in der Abwälzungsklausel selbst oder in einer separaten Klausel enthalten sein. Als starre Fristenpläne werden in diesem Kontext vertragliche Bestimmungen verstanden, durch die dem Mieter vorgegeben wird, in einem bestimmten Rhythmus, häufig differenziert nach einzelnen Räumen, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Sie sind nach inzwischen herrschender Ansicht sowohl in der Wohnungs- als auch in der Geschäftsraummiete unwirksam.952 950
Langenberg, WuM 2006, 122, 124. Weitemeyer, NZM 2005, 646; Klimke, JR 2007, 353, 355. 952 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586; BGH, Urt. v. 13.7.2005, NJW 2005, 3416; BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2115; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 951
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Starre Fristenpläne schneiden dem Mieter die Möglichkeit ab, die Durchführung von Schönheitsreparaturen aufzuschieben, wenn in Wirklichkeit noch kein Renovierungsbedarf besteht. Somit wird der Mieter durch einen solchen Fristenplan gegebenenfalls zu objektiv nicht notwendigen Arbeiten verpflichtet. Die Unwirksamkeit starrer Fristenpläne lässt sich aufbauend auf dieser Feststellung mit einem „Reziprozitätsargument“ 953 oder einem Argument der „Spiegelbildlichkeit“ 954 begründen: Wenn die Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen schon entgegen dem dispositiven Recht auf den Mieter abgewälzt wird, dann dürfen dem Mieter nicht weitergehende Pflichten auferlegt werden, als sie den Vermieter bei Beibehaltung der dispositiven Rechtslage träfen.955 Da der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann Schönheitsreparaturen schuldet, wenn hierfür Bedarf besteht, ginge die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach einem festen Zyklus gegebenenfalls über die normalerweise den Vermieter treffende Renovierungspflicht hinaus. b) Flexible Fristenpläne „Flexible“, „weiche“ oder „bewegliche“ Fristenpläne werden dagegen in ständiger Rechtsprechung als angemessen erachtet.956 Hierbei handelt es sich um vertraglich vorgegebene Renovierungszyklen, die jedoch eine Verkürzung oder Verlängerung der Fristen zulassen, damit dem tatsächlichen Renovierungsbedarf Rechnung getragen werden kann. aa) Anforderungen an einen flexiblen Fristenplan An eine wirksame Fristenregelung werden überwiegend zwei Anforderungen gestellt: Erstens dürfen die vorgegebenen Fristen nicht unangemessen kurz sein, weil sie in etwa dem zeitlichen Eintritt von Renovierungsbedarf entsprechen sol158 = NJW 2008, 3772; BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW 2009, 1408, 1409 Rn. 13; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 195; Heinrichs, NZM 2005, 201, 202; Lehmann-Richter, NZM 2005, 691, 692; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 121; anderer Ansicht (für die Geschäftsraummiete) H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 674 f.; Wichert, ZMR 2014, 612, 616. Zu den Folgen eines unwirksamen Fristenplans für die Abwälzungsklausel siehe unten S. 265 ff. 953 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 148; Bach, in: Leuscher, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 12. 954 Flatow, NZM 2010, 641, 648. 955 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586, 2587; Heinrichs, NZM 2005, 201, 202; Klimke/Lehmann-Richter, WuM 2006, 653; Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 130. 956 BGH, Urt. v. 22.10.2008, NJW 2009, 62; BGH, Urt. v. 26.9.2007, NJW 2007, 3632 Rn. 12; BGH, Urt. v. 12.3.2014, NJW 2014, 1444, 1456 Rn. 22; Beispiele für wirksam und unwirksam erachtete Formulierungen finden sich bei Schwab, AGBRecht, 4. Teil Rn. 587 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 242–254.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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len.957 Zweitens muss der Mieter aus der Formulierung der Fristenregelung entnehmen können, dass er eine Renovierung bei Fristablauf unter Berufung auf einen fehlenden Renovierungsbedarf verweigern darf.958 Für die Bestimmung angemessener Renovierungsfristen in der Wohnungsmiete griff die Rechtsprechung lange Zeit auf einen 1976 vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrag959 zurück. Obwohl es sich bei ihm nicht um einen rechtlich bindenden Text, sondern um eine bloße Empfehlung handelt,960 auf die zudem nicht in der Mehrzahl der Mietvertragsabschlüsse zurückgegriffen wird,961 wurde einer Fußnote zu § 7 des Mustermietvertrags eine große Bedeutung im Zusammenhang mit der Fälligkeit von Schönheitsreparaturen zugemessen. Zum einen, indem die dort vorgesehenen Fristen für die Wohnraummiete als angemessen für eine vertragliche Festlegung der Fälligkeit angesehen wurden.962 Zum anderen, indem diese Fristen bei Fehlen einer vertraglichen Fristenregelung als Orientierungshilfe angesehen wurden, um einen Renovierungsbedarf festzustellen.963 Der Fristenplan im Mustermietvertrag sieht Renovierungen in Küchen und Bädern alle drei, in Fluren sowie Wohn- und Schlafräumen alle fünf und in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre vor. Verbreitet sind Zweifel, ob diese Fristen der Lebensdauer der heute verwendeten Materialien, dem Fortschritt bei der Raumbeheizung und der verringerten Wohnungsbelegung noch entsprechen.964 Der Bundesgerichtshof hat dies 2007 jedenfalls für bis dahin geschlossene Verträge bejaht.965 Soweit in Mietverträgen ausnahmsweise Fristen für vom Vermieter durchzuführende Renovierungen vorgesehen sind, sehen diese aber in aller Regel längere Renovierungszyklen vor als der Mustermietvertrag.966 Diese Frage soll hier nicht näher behandelt werden, weil die Wirksamkeit von Fristenplänen für die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den 957 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586, 2587; Lützenkirchen, ZMR 1998, 605, 606; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 193. 958 Heinrichs, NZM 2005, 201, 203; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 13. 959 Mustermietvertrag v. 3.2.1976, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 22, auch abgedruckt in ZMR 1976, 68–75. 960 Siehe oben S. 119. 961 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189. 962 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586, 2587; BGH, Urt. v. 16.2.2005, NJW 2005, 1188, 189; zumindest für Altverträge: BGH, Urt. v. 26.6.2007, NJW 2007, 3632 f. Rn. 13: BGH, Urt. v. 22.10.2008, NJW 2009, 62. 963 BGH, Urt. v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; KG, Urt. v. 29.3.2004, NZM 2005, 181; BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962. 964 AG Gießen, Urt. v. 6.3.2002, ZMR 2002, 828, 830; Lützenkirchen, ZMR 1998, 605, 606–608; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 193; Heinrichs, NZM 2005, 201, 207; Langenberg, WuM 2006, 122, 123–125; Derleder, NZM 2010, 1, 8; Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 130; Gramlich, Mietrecht, § 535 Rn. 53. 965 BGH, Urt. v. 26.6.2007, NJW 2007, 3632 f. Rn. 13. 966 Langenberg, WuM 2006, 122, 124.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Mieter unabhängig von der Dauer der vorgegebenen Zyklen zweifelhaft ist, wie sogleich zu zeigen sein wird.967 Bei gewerblichen Mietverhältnissen müsste zur Bestimmung angemessener Renovierungsfristen ohnehin auf die konkrete Nutzung Rücksicht genommen werden, weil etwa ein gastronomischer Betrieb eine andere Intensität der Abnutzung mit sich bringt als eine Arztpraxis.968 Dem steht die abstrakt-generelle Betrachtungsweise bei der AGB-Kontrolle nicht entgegen, weil auch bei dieser der Vertragsgegenstand einbezogen werden kann.969 Bei der Frage, wann ein Fristenplan hinreichend deutlich macht, dass er keine starren Renovierungszyklen festlegt, sondern eine Berücksichtigung des wirklichen Renovierungsbedarfs zulässt, rückt das Gebot der Auslegung zulasten des Verwenders gemäß § 305 Abs. 2 BGB und Art. 5 S. 2 Klausel-RL ins Zentrum der Aufmerksamkeit, aus dem im ersten Schritt die mieterfeindlichste Auslegung der Fristenplanklauseln folgt.970 Formulierungen wie „im Allgemeinen“ 971, „grundsätzlich“ 972 oder „in der Regel nach . . . Jahren“ 973 sollen genügen, um klarzustellen, dass es für die Fälligkeit der vom Mieter geschuldeten Schönheitsreparaturen auf den wirklichen Eintritt eines Renovierungsbedarfs ankommt und die angegebenen Fristen lediglich Orientierungshilfen darstellen.974 Sollen Schönheitsreparaturen hingegen „regelmäßig“ binnen bestimmter Fristen ausgeführt werden, handelt es sich um eine starre Fristenregelung.975 Schwierigkeiten bereitet dagegen eine Formulierung wie die Folgende: „Diese Arbeiten sind [. . .] in der Regel in Küchen [. . .] spätestens nach drei Jahren [. . .] zu tätigen“.976 Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat hierin einen starren und damit unwirksamen Fristenplan gesehen.977 Der Bundesgerichtshof hat sich dagegen auf den Standpunkt gestellt, diese Formulierung mache hinreichend deutlich, dass die angegebenen Fristen nur Anhaltspunkte für die Fälligkeit der Renovierungsarbeiten darstellen.978 Für einen verständigen Mieter liege es auf der Hand, dass er bei fehlendem Renovierungsbedarf längere Fristen in Anspruch nehmen
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Siehe unten S. 199 ff. Fallak, ZMR 2013, 161, 165; Boerner, NZM 2015, 686, 689; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 161; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 62. 969 Siehe oben S. 99 und S. 174. 970 Siehe dazu oben S. 104 ff. 971 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2087. 972 AG Titisee-Neustadt, Urt. v. 21.7.2006, NZM 2007, 328. 973 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116, 2117 Rn. 15. 974 Dazu kritisch Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 130, der von „semantischen Spitzfindigkeiten“ spricht. 975 KG, Urt. v. 22.5.2008, NJW 2008, 2787. 976 Um diese Formulierung geht es im Urt. des BGH v. 13.7.2005, NJW 2005, 3416. 977 OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2004, NJW-RR 2005, 13, 15. 978 BGH, Urt. v. 13.7.2005, NJW 2005, 3416. 968
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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könne.979 Zuzustimmen ist unter Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung der Ansicht des Oberlandesgerichts. Die Fristenregelung lässt sich zwar so interpretieren, dass Renovierungsarbeiten im ersten Gedankenschritt „spätestens“ zum angegebenen Zeitpunkt erfolgen sollen, dies aber – im zweiten Gedankenschritt – nur „in der Regel“.980 Diese sprachliche Feinheit ist für den durchschnittlichen Mieter aber wohl nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Durch die Verwendung des Wortes „spätestens“ lässt sich die Bestimmung vielmehr auch so verstehen, dass Schönheitsreparaturen bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt sein müssen, weswegen diese Formulierung bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung als starre Fristenregelung anzusehen ist. bb) Unwirksamkeit flexibler Fristenpläne gemäß § 309 Nr. 12 BGB Auch eine Fristenregelung, die die soeben genannten Anforderungen erfüllt, könnte aber gemäß § 309 Nr. 12 BGB unwirksam sein. Für die Geschäftsraummiete, bei der § 309 BGB gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung findet, könnte sich die Unwirksamkeit flexibler Fristenpläne aus der Generalklausel in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben. Unwirksam ist gemäß § 309 Nr. 12 BGB eine Bestimmung, durch die die Beweislast zum Nachteil des Vertragspartners des Verwenders verändert wird.981 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat in flexiblen Fristenplänen bisher keine unzulässige Beweislastverschiebung gesehen.982 Jedoch ist in jüngerer Zeit das Landgericht Krefeld zu dem Schluss gekommen, dass Fristenregelungen für Schönheitsreparaturen an § 309 Nr. 12 BGB scheitern.983 Eine flexible Fristenregelung begründet eine Vermutung für das Bestehen von Renovierungsbedarf und damit für die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen bei Ablauf der Fristen.984 Entsprechend begründet sie auch eine Vermutung dafür, dass vor Fristablauf noch keine Renovierung geschuldet ist.985 Da die Schönheitsreparaturen diesen Bestimmungen zufolge „im Allgemeinen“, „üblicherweise“ oder „in der Regel“ bei Ablauf des angegebenen Zeitraums notwendig sind, wird es Aufgabe des Mieters, zu beweisen, dass bei Ablauf dieser Fristen 979
BGH, Urt. v. 13.7.2005, NJW 2005, 3416. So das Verständnis von Heinrichs, NZM 2005, 201, 203. 981 Siehe dazu bereits oben S. 155 f. 982 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 29; BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871, 1872 Rn. 16–18. 983 LG Krefeld, Urt. v. 25.8.2021, WuM 2021, 547 Ls. 1; zustimmend Herrlein, NJW 2022, 1290, 1293 Rn. 17. 984 BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 29; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 194; Lehmann-Richter, NZM 2005, 691, 692; Langenberg, WuM 2006, 122, 125; Derleder, in: FS Bub, S. 305, 315; Fallak, ZMR 2013, 161, 166; Gramlich, Mietrecht, § 535 Rn. 53; Brückner, ZMR 2021, 644, 645. 985 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 194; Brückner, ZMR 2021, 644, 645. 980
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
gleichwohl kein Renovierungsbedarf besteht, weil er sich dann auf einen vom Regelfall abweichenden Ausnahmetatbestand beruft.986 Die Schlussfolgerung, dass durch flexible Fristenpläne eine Beweislastverschiebung zulasten des Mieters erfolgt, ließe sich daher nur verneinen, wenn der Mieter auch ohne Fristenplan im Mietvertrag die Beweislast dafür trüge, dass nach Ablauf der Renovierungsfristen kein Renovierungsbedarf besteht. In der Tat wird zum Teil die Ansicht vertreten, Fristenpläne für Schönheitsreparaturen bewirkten keine für den Mieter nachteilige Beweislastverschiebung, weil bei Ablauf der üblichen, im Mustermietvertrag vorgesehenen Zeiträume ohnehin eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen von Renovierungsbedarf bestehe.987 Die tatsächliche Vermutung ist eine gesetzlich nicht geregelte und in ihren Voraussetzungen wie Rechtsfolgen hoch umstrittene Rechtsfigur,988 bei der im Falle des Vorliegens bestimmter Tatsachen auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung auf ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal geschlossen wird.989 Längere Fristen als im Mustermietvertrag vorgesehen müssten nach diesem Gedanken erst recht zulässig sein, weil sie die Beweislast zugunsten des Mieters verschieben, indem sie die Vermutung für einen späteren Renovierungsbedarf aufstellen, als es nach einer auf der Lebenserfahrung beruhenden tatsächlichen Vermutung der Fall wäre. Wie soeben erläutert,990 ist aber sehr umstritten, nach welchem Zeitraum üblicherweise Renovierungsbedarf eintritt. Es kann daher nicht von einer allgemeinen Lebenserfahrung die Rede sein, die besagt, dass nach Ablauf der im Mustermietvertag genannten Fristen Renovierungsbedarf eintritt, sodass auch keine Grundlage für eine entsprechende tatsächliche Vermutung gegeben ist.991 Vielmehr ist es bei Fehlen eines Fristenplans nach den allgemeinen Grundsätzen Aufgabe des Vermieters, einen bestehenden Renovierungsbedarf darzulegen und zu beweisen.992 Dieser Befund wird durch einen Vergleich mit der gegenteiligen Situation bestätigt: Ist der Vermieter entsprechend dem dispositiven Recht renovierungszuständig, so ist es unumstrittene Aufgabe des Mieters, das Bestehen eines Renovierungsbedarfs darzulegen und zu beweisen.993 Ein Rückgriff auf übliche Zeiträume erfolgt hier nicht. Spiegelbildlich muss bei Fehlen einer abweichenden Regelung der Vermieter beweispflichtig dafür sein, dass Renovierungsbedarf eingetreten ist, wenn der Mieter die Renovierungslast trägt. Somit 986
H. Schmdt, NZM 2011, 561, 568. Weber, DWW 2022, 44, 47; ferner Lehmann-Richter, NZM 2005, 691, 692, der diese Meinung aber später revidiert hat, vgl. ders., WuM 2016, 529, 537. 988 Laumen, MDR 2015, 1, 1–4; Prütting, in: MüKo-ZPO, § 292 Rn. 29 f. 989 Laumen, MDR 2015, 1, 3; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rn. 424. 990 Siehe oben S. 197. 991 Hu. Schmidt, NZM 2011, 561, 568; Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 537. 992 OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.4.2005, NJW-RR 2005, 1538, 1539; Derleder, in: FS Bub, S. 305, 315; Hu. Schmidt, NZM 2011, 561, 568. 993 Horst, DWW 2007, 48, 54. 987
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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verschieben Fristenregelungen, auch wenn sie flexibel ausgestaltet sind, die Beweislast für das Vorliegen eines Renovierungsbedarfs auf den Mieter. Gegen das Eingreifen von § 309 Nr. 12 BGB kann nicht überzeugend eingewandt werden, dass es sich bei den Abnutzungen, die einen Renovierungsbedarf auslösen können, um Umstände handelt, die im Einflussbereich des Mieters liegen.994 Zwar hebt § 309 Nr. 12 lit. a) BGB das Verbot der Änderung der Beweislast in Bezug auf solche Umstände hervor, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen. Es handelt sich dabei aber nur um einen Unterfall des generellen Verbots von Klauseln, durch die die Beweislast geändert wird, wie durch das Wort „insbesondere“ in § 309 Nr. 12 BGB klargestellt wird.995 Auch flexible Fristenpläne sind somit bei der Wohnraummiete gemäß § 309 Nr. 12 BGB unwirksam, weil sie die Beweislast zum Nachteil des Mieters verändern.996 Wenngleich § 309 Nr. 12 BGB auf gegenüber Unternehmern verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht unmittelbar Anwendung findet, benachteiligen flexible Fristenpläne auch einen Geschäftsraummieter wegen der durch sie begründeten Verschiebung der Beweislast unangemessen. Beweislastregeln gelten als wichtige Ausprägungen des Gerechtigkeitsgebots, weswegen sie auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, grundsätzlich nicht geändert werden dürfen.997 Ein Grund für eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nicht ersichtlich. Flexible Fristenpläne für vom unternehmerisch tätigen Mieter durchzuführende Schönheitsreparaturen sind somit gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.998 c) Abwälzungsklauseln ohne Fristenregelung Als wirksame Klauseln, durch die der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während des Vertragsverhältnisses verpflichtet werden soll, kommen folglich nur solche in Betracht, die auf einen Fristenplan zur Festlegung der Fälligkeit der geschuldeten Renovierungsarbeiten verzichten.
994 So aber BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 29; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 185. 995 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 12 Rn. 42; Grüneberg, in: ders., BGB, § 309 Rn. 106. 996 So auch LG Krefeld, Urt. v. 25.8.2021, WuM 2021, 547 Ls. 1; Lehmann-Richter, WuM 2016, 529, 537; anderer Ansicht Weber, DWW 2022, 44, 47 f. 997 BGH, Urt. v. 5.10.2005, NJW 2006, 47, 49 Rn. 21 f.; Habersack, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, § 309 Nr. 12 Rn. 26; Grüneberg, in: ders., BGB, § 309 Rn. 106. 998 Anderer Ansicht BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 29; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 185.
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Die Fälligkeit richtet sich dann nach dem Eintritt eines Renovierungsbedarfs aus der Sicht eines objektiven Betrachters, nicht einer Vertragspartei.999 Renovierungsbedarf besteht, wenn die Räume unansehnlich geworden sind.1000 Im Falle der Abwälzung der Renovierungspflicht auf den Mieter gilt für die Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen derselbe Maßstab wie bei Renovierungszuständigkeit des Vermieters.1001 Anders als für die Annahme eines unrenovierten Zustandes1002 reicht es nicht aus, wenn nur an vielen Stellen leichte Abnutzungsspuren oder an einer Stelle starke Abnutzungsspuren vorliegen.1003 Eine Substanzgefährdung ist nicht erforderlich,1004 wobei Substanzschäden infolge unterlassener Schönheitsreparaturen ohnehin kaum auftreten können.1005 Der Renovierungsanspruch wird nicht fällig, solange Schönheitsreparaturen wegen baulicher Mängel nicht sinnvoll ausgeführt werden können.1006 Dem Vermieter steht ein Besichtigungsrecht zu, damit er überprüfen kann, ob Renovierungsbedarf besteht, und damit er gegebenenfalls seinen Renovierungsanspruch geltend machen kann.1007 Früher wurde der Verzicht auf eine Fristenregelung als problematisch angesehen, weil dies bei Übergabe renovierungsbedürftiger Räume dazu führen würde, dass der Mieter gleich bei Vertragsbeginn renovieren müsste und damit die Gebrauchsspuren beseitigen müsste, die er nicht selbst verursacht hat.1008 Dieses Problem stellt sich nun nicht mehr, da inzwischen erkannt wurde, dass die formularvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen bei anfänglich unrenovierten Räumen nicht ohne angemessenen Ausgleich wirksam vereinbart werden kann.1009 Umstritten ist jedoch, ob Abwälzungsklauseln, die lediglich auf den Eintritt eines Renovierungsbedarfs abstellen oder gänzlich auf eine Bestimmung der Fäl-
999 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 1862 Ls. 1; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.4.2005, NJW-RR 2005, 1538 Ls. 6; Bub, in: ders./Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. II Rn. 1438; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 12. 1000 Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5268. 1001 LG Berlin, Urt. v. 27.7.2021, WuM 2021, 668, 669. 1002 Siehe dazu oben S. 151 ff. 1003 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 456. 1004 BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 1862 Ls. 1. 1005 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 456. 1006 KG, Urt. v. 28.4.2008, NZM 2009, 661. 1007 Drasdo, NJW-Spezial 2021, 225. 1008 BGH, Urt. v. 28.4.2004, NJW 2004, 2087; Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 243; Kraemer, NZM 2003, 417, 419. 1009 Siehe oben S. 146 ff.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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ligkeit der Renovierungspflicht verzichten, transparent sind.1010 Das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und Art. 5 S. 1 Klausel-RL verlangt, dass eine Klausel nicht nur sprachlich verständlich ist, sondern auch, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Verwenders für diesen nachvollziehbar werden.1011 Für den Mieter besteht bei Fehlen einer Fristenregelung das Problem, dass schwer erkennbar ist, in welchem Zeitpunkt seine Renovierungspflicht fällig wird. Es kann Unsicherheit und Uneinigkeit darüber herrschen, wann aus Sicht eines objektiven Betrachters eine Renovierung erforderlich ist.1012 Es stellen sich hierbei ähnliche Probleme wie bei der Feststellung eines unrenovierten Zustands. Dass Fristenpläne nach hiesiger Ansicht stets unwirksam sind, bedeutet nicht, dass eine Abwälzung unter Verzicht auf einen Fristenplan wirksam sein muss, weil nach zutreffender Ansicht der Verwender das Risiko trägt, keine inhaltlich unbedenkliche und zugleich transparente Klausel formulieren zu können.1013 Andererseits dürfte es bei Fehlen einer Fristenregelung auf der Hand liegen, dass geschuldete Schönheitsreparaturen fällig werden, sobald hierfür ein Bedürfnis besteht, wie es auch im Falle der Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters nach der dispositiven Rechtslage der Fall ist. Dass im Einzelfall eine gewisse Unsicherheit bei der Beurteilung im Hinblick darauf bestehen kann, ob Renovierungsarbeiten bereits erforderlich sind, macht eine Abwälzungsklausel noch nicht intransparent. Deshalb kann nach der zutreffenden herrschenden Ansicht1014 die Abwälzung der Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses ohne Fristenplan wirksam vereinbart werden.
VII. Anfangsrenovierung Die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Renovierungsarbeiten bei Vertragsbeginn ist grundsätzlich unwirksam, auch wenn nicht zugleich eine Abwälzung der während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen erfolgt.1015 Eine Gestaltung, bei der allein eine Anfangsrenovierung durch den 1010 Bejahend BGH, Urt. v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481; BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 177; verneinend LG Halle, Beschl. v. 8.7.2021, GE 2021, 1005; kritisch auch Derleder, in: FS Bub, S. 305, 315; Fallak, ZMR 2013, 161, 166. 1011 Siehe oben S. 96. 1012 Fallak, ZMR 2013, 161, 166. 1013 Siehe oben S. 99. 1014 BGH, Urt. v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363; Gramlich, Mietrecht, § 535 Rn. 53; Lützenkirchen, in: ders., Mietrecht, § 535 Rn. 565. 1015 OLG Hamburg, Rechtsentscheid v. 13.9.1991, NJW-RR 1992, 10, 11 f.; Graf v. Westphalen, in: FS Börstinghaus, S. 135, 148 f.; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 157 f.; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 116. Zum Summierungseffekt bei Abwälzung einer Anfangsrenovierung und der laufenden Renovierungen siehe unten S. 207 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Mieter vorgesehen ist, dürfte einen praktischen Ausnahmefall darstellen, weil es für den Vermieter als Klauselverwender in erster Linie auf den dekorativen Zustand der Mieträume am Ende des Vertragsverhältnisses ankommt.1016 Wie bereits ausgeführt, können Schönheitsreparaturen bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Mieträumen formularvertraglich nur gegen Gewährung eines angemessenen Ausgleichs übertragen werden. Dies gilt nach hier vertretener Auffassung gleichermaßen für Wohn- und Geschäftsräume.1017 Der Verzicht auf eine Abwälzung der während des Mietverhältnisses erforderlich werdenden Schönheitsreparaturen stellt keine Kompensationsleistung dar, weil er keinen Vorteil des Mieters im Vergleich zur dispositiven Rechtslage begründet.1018
VIII. Endrenovierung Wird der Mieter durch eine Abwälzungsklausel zur Durchführung der während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen verpflichtet, so schuldet dieser bei Vertragsende keine Renovierungsarbeiten, wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein Renovierungsbedarf eingetreten ist, auch wenn bereits eine Abnutzung erfolgt ist.1019 Soweit in Mietverträgen jedoch eine Regelung zu dem vom Mieter bei Vertragsende geschuldeten Zustand der Mieträume enthalten ist, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit dieser Klausel zwischen bedarfsunabhängigen und bedarfsabhängigen Endrenovierungsklauseln zu unterscheiden. 1. Bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln „Unbedingte“ oder „echte“ Endrenovierungsklauseln verpflichten den Mieter, die Mieträume bei Vertragsende in jedem Fall zu renovieren. Verwandt sind Klauseln, durch die der Mieter verpflichtet werden soll, bei Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu entfernen.1020 Solche uneingeschränkten Endrenovierungsklauseln sind nach zutreffender und fast allgemeiner Ansicht unwirksam, und dies unabhängig davon, ob zugleich die laufenden Schönheitsreparaturen abgewälzt werden oder ausschließlich eine Endrenovierungspflicht bestimmt wird.1021 Zweifellos besteht ein Interesse des Ver1016 Börstinghaus, DWW 2005, 92; Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 140. 1017 Siehe oben S. 146 ff. 1018 Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 140; Flatow, NZM 2018, 939, 940; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 441. 1019 Emmerich, in: ders./Sonnenschein, Miete § 535 Rn. 67. 1020 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2115 Rn. 12–14. 1021 BGH, Urt. v. 12.9.2007, NJW 2007, 3776 f. Rn. 12–16; BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW-RR 2009, 656, 657 Rn. 13; Börstinghaus, DWW 2005, 92; Blank, NJW 2009, 27, 28; Bub/von der Osten, NZM 2007, 76; anderer Ansicht für isolierte Endrenovierungsklauseln in Geschäftsraummietverträgen Boerner, in: Guhling/Günter, Gewerberaum-
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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mieters, bei Vertragsende renovierte Räume vom Mieter zurückzuerhalten, weil dies die Weitervermietung erleichtert. Derartige Klauseln benachteiligen den Mieter aber unangemessen, weil sie ihn auch dann zu Renovierungsarbeiten verpflichten, wenn kein Renovierungsbedarf besteht.1022 Bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln verpflichten den Mieter selbst dann zur Renovierung, wenn der Vertragsbeginn oder die letzten Renovierungsarbeiten erst kurze Zeit zurückliegen.1023 Damit weichen sie noch weiter vom gesetzlichen Leitbild ab, weil die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB erst bei einem entsprechenden Bedarf ausgelöst wird. Der Grund für die Unwirksamkeit „echter“ Endrenovierungsklauseln ist damit im Kern derselbe wie für die Unwirksamkeit starrer Fristenpläne: Der Mieter wird zu einer Renovierung verpflichtet, obwohl gegebenenfalls noch kein Renovierungsbedarf besteht, weswegen der Vermieter bei eigener Zuständigkeit auch nicht renovieren müsste. Da insoweit kein sachlicher Unterschied zwischen der Wohn- und Geschäftsraummiete besteht, sind „echte“ Endrenovierungsklauseln in beiden Bereichen gleichermaßen unwirksam.1024 2. Bedarfsabhängige Endrenovierungsklauseln Von einer solchen Endrenovierungsverpflichtung sind bedarfsabhängige, als „unecht“ oder „bedingt“ bezeichnete Endrenovierungsklauseln zu unterscheiden. Sie können zum einen im Falle der Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter vorkommen. In diesem Fall handelt es sich um eine Klarstellung der Folgen der Abwälzungsklausel ohne eigenen Regelungsgehalt: Eine „unechte“ Endrenovierungsklausel bestimmt, dass die Räume so zurückgegeben werden müssen, wie dies bei ordnungsgemäßer Durchführung der laufenden Renovierungsarbeiten der Fall sein müsste, oder – inhaltsgleich – dass während der Mietzeit fällig gewordene Schönheitsreparaturen gegebenenfalls bei Beendigung des Mietverhältnisses nachgeholt werden müssen. Klauseln dieses Inhalts enthalten somit keine Verpflichtung zur Endrenovierung.1025 Der Vermieter kann im Falle einer „unechten“ Endrenovierungsklausel weiterhin nur dann bei Vertragsende Renovierungsarbeiten vom Mieter verlangen, wenn zu diesem Zeitpunkt Renovierungsbedarf besteht.1026 Rechtliche Grundlage dieses Anspruchs ist dann die Klausel, die den Mieter zur Renovierung während der Mietzeit verpflichtet, miete, § 535 Rn. 145. Zum Summierungseffekt bei Abwälzung der laufenden Renovierungen und einer bedarfsunabhängigen Endrenovierung siehe unten S. 207 f. 1022 BGH, Urt. v. 12.9.2007, NJW 2007, 3776, 3777 Rn. 16. 1023 Zschieschack, ZMR 2009, 821. 1024 Bach, in: Leuscher, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 26. 1025 Blank, NJW 2009, 27, 28; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 309. 1026 BGH, Urt. v. 28.4.2004, NJW 2004, 2087.
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nicht die „unechte“ Endrenovierungsklausel, die auf diese Rechtsfolge der Abwälzungsklausel hinweist. Dies hat zur Folge, dass der Vermieter aus einer solchen eingeschränkten Endrenovierungsklausel keine Rechte herleiten kann, wenn die Klausel, die die Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter bestimmt, unwirksam ist. „Unechte“ Endrenovierungsklauseln sind daher AGB-rechtlich nicht zu beanstanden,1027 aber bei gleichzeitiger Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auch ohne rechtliche Wirkung. Bei der Frage, ob im Einzelfall eine zulässige „unechte“ oder eine unzulässige „echte“ Endrenovierungsklausel vorliegt, geht es wieder um die richtige Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. So ist bei Klauseln, die besagen, dass der Mieter die Räume in „bezugsfertigem Zustand“ zurückzugeben habe, umstritten, ob diese so zu verstehen sind, dass eine Renovierungsverpflichtung des Mieters begründet werden soll. Wäre dies der Fall, handelte es sich um eine „echte“ und damit unwirksame Endrenovierungsklausel. Eine „unechte“ Endrenovierungsklausel verschafft dem Vermieter zwar auch keinen neuen Anspruch gegen den Mieter, wenn die laufenden Schönheitsreparaturen bereits abgewälzt wurden. Die Unterscheidung ist dennoch von Bedeutung, weil die Unwirksamkeit einer Endrenovierungsklausel die Wirksamkeit sonstiger Abreden über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen in Frage stellt.1028 Der Bundesgerichtshof vertritt die Ansicht, eine Rückgabe im bezugsfertigen Zustand bedeute nur, dass der Mieter die Räume in einem solchen Zustand zurückzugeben habe, wie dies bei Erfüllung der auf ihn abgewälzten Pflicht zur Renovierung im laufenden Mietverhältnis der Fall sei. Die Klausel habe lediglich deklaratorischen Charakter, weil auch unrenovierte, aber noch nicht renovierungsbedürftige Räume „bezugsfertig“ seien.1029 Diese Argumentation ist jedoch nicht überzeugend. „Bezugsfertig“ bedeutet seinem Wortlaut nach zunächst, dass die Räume dazu geeignet sind, bezogen zu werden. Darunter kann man geräumte, besenreine Räume verstehen. Es kann darunter aber auch ein ansprechender, eher frisch renovierter Zustand verstanden werden.1030 Bestehen mehrere ernsthaft vertretbare Auslegungsmöglichkeiten, muss gemäß § 305 Abs. 2 BGB diejenige gewählt werden, die sich zulasten des Verwenders auswirkt. Dies ist hier die Annahme einer Endrenovierungsverpflichtung, weil diese wie oben aufgezeigt die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat. Eine Klausel, die den Mieter zur Rückgabe in bezugsfertigem Zustand auffordert, ist somit nach überzeugender Ansicht unwirksam.1031 1027
BGH, Urt. v. 28.4.2004, NJW 2004, 2087. Siehe dazu sogleich S. 207 f. 1029 BGH, Urt. v. 12.3.2014, NJW 2014, 1444, 1445 Rn. 27 f.; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 135. 1030 Kappus, NJW 2014, 1446, 1447; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 276. 1031 Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 109, 117; Zehelein, in: BeckOGK BGB, § 546 Rn. 62. 1028
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Bedarfsabhängige Endrenovierungsklauseln können außerdem isoliert, das heißt ohne gleichzeitige Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses, wirksam vereinbart werden.1032 Die Endrenovierungsklausel hat in einem solchen Fall einen eigenen Regelungsgehalt: Renovierungsarbeiten werden vom Mieter nur bei Vertragsende und nur bei zu diesem Zeitpunkt bestehendem Renovierungsbedarf geschuldet. Diese Gestaltung ist allein denkbar, wenn sich der Vermieter zugleich von seiner Renovierungspflicht während der Mietzeit freizeichnet, weil sonst kein Renovierungsbedarf bei Vertragsende bestehen kann, der eine Renovierungspflicht des Mieters auslösen könnte, da die entsprechenden Schönheitsreparaturen zuvor schon vom Vermieter erledigt worden sein müssten.1033 Nach den oben ausgeführten Grundsätzen ist auch die Vereinbarung einer solchen bedarfsabhängigen Endrenovierungspflicht nur bei Überlassung renovierter Räume oder Gewährung eines angemessenen Ausgleichs wirksam.1034 Die Vereinbarung einer bedarfsabhängigen, isolierten Endrenovierungsabrede hat für den Mieter den Vorteil, dass er während des laufenden Mietverhältnisses wählen kann, ob er Renovierungsmaßnahmen durchführt. Zugleich besteht nicht die Gefahr, der Mieter müsse objektiv unnötige Arbeiten vornehmen, weil die Verpflichtung zur Endrenovierung nicht schon bei Bestehen gewisser Abnutzungsspuren, sondern erst bei Renovierungsbedarf besteht. Der Vermieter kann vom Mieter keine Renovierung während der Mietzeit verlangen, doch ist für ihn wie ausgeführt ohnehin häufig nur der Zustand bei Rückgabe relevant.
IX. Kombination verschiedener Renovierungspflichten Die Unwirksamkeit von Klauseln über die Verteilung der Dekorationslast kann zudem aus einem sogenannten Summierungseffekt resultieren. Die Summierung stellt als Wertungskriterium bei der Beurteilung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Berücksichtigung der restlichen Vertragsbestimmungen das Gegenstück zur Kompensation der Benachteiligung einer Klausel durch eine andere, den Vertragspartner des Verwenders begünstigende, Klausel dar. Klauseln, die einzeln gegebenenfalls noch keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders bewirken, können im Zusammenspiel mit einer oder mehreren den Vertragspartner belastenden Klauseln zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB führen.1035 Ein Summierungseffekt kann sowohl durch zwei isoliert betrachtet wirksame als 1032
Kappus, NZM 2016, 609, 620. Zur Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln siehe unten S. 221 ff. 1034 Siehe oben S. 146 ff. 1035 BGH, Urt. v. 26.2.2020, BGHZ 224, 370 = NJW 2020, 1507, 1510; Klimke, JR 2007, 353; Wendland, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 139; Rieländer, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, § 307 Rn. 38. 1033
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auch durch die Kombination einer isoliert betrachtet wirksamen mit einer schon für sich genommen unwirksamen Klausel entstehen. Denn dem Verwender ist es nicht gestattet, sich selbst auf die Unwirksamkeit der unwirksamen Klausel zu berufen, um die Wirksamkeit der anderen Klausel zu begründen.1036 Ein Summierungseffekt kann ebenso wie eine Kompensationswirkung sowohl durch eine zusätzliche belastende Allgemeine Geschäftsbedingung als auch durch eine belastende Individualvereinbarung zustande kommen.1037 Voraussetzung ist aber, dass die Klauseln zusammen genommen eine Gesamtregelung zu einer einheitlichen Leistung treffen. Rechtsfolge der unzulässigen Summierung von Belastungen des Vertragspartners des Verwenders ist die Unwirksamkeit aller Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die durch ihr Zusammenwirken die unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders bewirken.1038 Zwar könnte die Unwirksamkeit einer Klausel zumindest in dem Fall, in dem alle betroffenen Klauseln einzeln betrachtet wirksam wären, dadurch vermieden werden, dass nur eine Klausel wegfällt. Es kann aber nicht Sache des entscheidenden Gerichts sein, auszusuchen, welche der Klauseln bestehen bleiben und welche wegfallen soll.1039 Vor diesem Hintergrund ist der Bundesgerichtshof zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass der Mieter durch eine Kombination der Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen mit der bedarfsunabhängigen Verpflichtung zur Durchführung einer Endrenovierung unangemessen benachteiligt wird.1040 Die verschiedenen Renovierungspflichten stehen in engem sachlichen Zusammenhang zueinander, auch wenn sie an unterschiedlichen Stellen im Mietvertrag geregelt sind,1041 und belasten den Mieter zusammengenommen mit einem Übermaß an Renovierungspflichten. Dasselbe dürfte für die Kombination der Abwälzung einer Anfangsrenovierung ohne angemessenen Ausgleich mit der Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen gelten, jedoch stellt sich die Frage hier nicht mehr, da die Übertragung jeglicher Schönheitsreparaturlast bei unrenoviert überlassenen Räumen wie aufgezeigt ohnehin unwirksam ist, sofern kein angemessener Ausgleich gewährt wird.1042
1036
Fuchs, in: Brandner/Ulmer/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 155; Stoffels, AGBRecht, Rn. 486. 1037 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116. Zu den Rechtsfolgen eines Summierungseffekts durch die Kombination mit einer Individualklausel siehe unten S. 230 ff. 1038 BGH, Urt. v. 25.6.2003, NJW 2003, 3192, 3193; Fuchs, in: Brandner/Ulmer/ Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 155. 1039 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 486; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 213. 1040 BGH, Urt. v. 14.5.2003, NJW 2003, 2234; BGH, Urt. v. 25.6.2003, NJW 2003, 3192; BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006. 1041 BGH, Urt. v. 25.6.2003, NJW 2003, 3192. 1042 Siehe oben S. 146 ff.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Im Falle der Kombination der Überwälzung der laufenden Renovierungspflicht mit einer gesonderten Anfangs- oder Endrenovierungspflicht des Mieters ist die Verpflichtung zur Anfangs- bzw. Endrenovierung zwar wie aufgezeigt schon isoliert unwirksam. Der Summierungseffekt hat jedoch zur Folge, dass auch die an sich unbedenkliche Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen den Mieter unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist.1043
X. Umfang und Ausführungsart der Renovierungspflicht des Mieters 1. Bei Wohnräumen Rechtsprechung und Literatur akzeptieren bei in der Wohnraummiete eingesetzten Allgemeinen Geschäftsbedingungen fast einhellig nur die Abwälzung der in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO genannten und zum Bereich der Schönheitsreparaturen gezählten Arbeiten.1044 Arbeiten, die nicht zum in dieser Vorschrift genannten Maßnahmenkatalog gehören, wie etwa der Austausch des Teppichbodens, das Streichen von Fenstern und Türen von außen oder das Abschleifen und Versiegeln von Parkett, können deshalb nicht formularvertraglich auf einen Wohnraummieter übertragen werden. Eine dogmatische Begründung für diese Beschränkung hat der Bundesgerichtshof nicht geliefert. Er erklärt lediglich, der an § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO orientierte Begriff der Schönheitsreparaturen markiere zugleich die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter auferlegt werden dürfen.1045 Der Bundesgerichtshof geht indes nicht darauf ein, warum speziell der übliche Katalog der Schönheitsreparaturen im Falle seiner Abwälzung auf den Mieter keine unangemessene Benachteiligung des Mieters begründen soll, jede Überschreitung dieses Katalogs dagegen schon. Im Schrifttum wird zur Begründung der gegenständlichen Begrenzung der abwälzbaren Arbeiten zum Teil die Entgeltthese herangezogen: Da der Mieter durch die Abwälzung nicht höheren Kosten ausgesetzt werden dürfe, als er durch den infolge der Abwälzung der Schönheitsreparaturen vermeintlich reduzierten Mietzins einspart, benachteilige die Übertragung wei1043
BGH, Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006. BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW 2009, 1408, 1409 Rn. 11; BGH, Urt. v. 10.2.2010, WuM 2010, 231, 232 Rn. 16; Klein-Benkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 445; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 11; anderer Ansicht ist Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 125, der für eine Einzelfallbeurteilung eintritt, die danach erfolgen soll, ob die über den üblichen Maßnahmenkatalog der Schönheitsreparaturen hinausgehenden Arbeiten durch den Mieter selbst ausgeführt werden können und eine kalkulierbare Kostenbelastung des Mieters hervorrufen. Siehe zu den in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. Berechnungsverordnung genannten Maßnahmen bereits oben S. 18 ff. 1045 BGH, Urt. v. 10.2.2010, WuM 2010, 231, 232 Rn. 16. 1044
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tergehender Maßnahmen den Mieter unangemessen.1046 Dies ist aber wenig überzeugend, denn mit der Entgeltthese ließen sich gerade auch weitergehende Lastenübertragungen rechtfertigen: Nach dem Konzept der Entgeltthese müsste man davon ausgehen, dass weitergehende Abwälzungen auf den Mieter durch einen stärkeren Mietnachlass ausgeglichen werden. Es besteht kein Grund anzunehmen, dass sich nur ausgerechnet die Abwälzung von Erhaltungsmaßnahmen im klassischen Umfang der Schönheitsreparaturen auf die Miete auswirkt, die Abwälzung sonstiger Arbeiten hingegen nicht.1047 Eine Beschränkung der abwälzbaren Arbeiten auf den klassischen Katalog der Schönheitsreparaturen lässt sich aber entsprechend dem hier eingeschlagenen Argumentationsweg anderweitig begründen: Werden weitergehende Arbeiten abgewälzt, wird in den Kernbereich der Erhaltungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB eingegriffen, sodass eine Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzunehmen ist. Es mag willkürlich erscheinen, dass gerade die in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO aufgezählten Arbeiten noch keine übermäßige Belastung des Wohnraummieters darstellen sollen. Immerhin handelt es sich bei diesen aber um Arbeiten, die unmittelbar mit dem Gebrauch der Mietsache durch den Mieter zusammenhängen und die grundsätzlich in kostensparender Eigenarbeit vorgenommen werden können. Werden Arbeiten abgewälzt, die über diesen klassischen Katalog der Schönheitsreparaturen hinausgehen, erscheint es weniger plausibel, dass sich ein Mieter bei hypothetischen individuellen Verhandlungen damit einverstanden erklärt hätte. Werden Arbeiten, die außerhalb der Grenzen des § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO liegen, im Mietvertrag unter der Überschrift „Schönheitsreparaturen“ aufgeführt, so kann deren Abwälzung zudem schon deshalb unwirksam sein, weil der Mieter an dieser Stelle nicht mit ihrer Regelung rechnen muss und die entsprechende Regelung deshalb gemäß § 305c Abs. 1 BGB als überraschend anzusehen ist.1048 Was Vorgaben für die Farb- und Tapetenwahl bei der Durchführung von Schönheitsreparaturen angeht, ist zwischen solchen Klauseln, die das laufende Mietverhältnis regeln, und solchen, die die Rückgabe der Mieträume betreffen, zu unterscheiden. Während des Mietverhältnisses dürfen dem Wohnungsmieter durch Allgemeine Geschäftsbedingungen keine Vorgaben zur farblichen Gestaltung gemacht werden, weil es sich hierbei um einen Aspekt seiner persönlichen Lebensgestaltung handelt.1049 Zu Recht hat der Bundesgerichtshof deshalb ent1046 Zehelein, in: Graf v. Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Geschäftsraummiete Rn. 51a. 1047 Siehe dazu bereits oben S. 131. 1048 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 147. 1049 BGH, Urt. v. 23.9.2009, NJW 2009, 3716 Rn. 7; BGH, Urt. v. 20.1.2010, NJWRR 2010, 666; BGH, Urt. v. 22.2.2012, NJW 2012, 1280 Rn. 9 f.
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schieden, dass auch eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, Wände und Decken zu „weißen“, diesen unangemessen benachteiligt, weil unter „Weißen“, zumal bei kundenfeindlichster Auslegung, ein Anstrich in weißer Farbe verstanden werden kann, auch wenn das Wort etymologisch gesehen nur ein Synonym für Streichen sein mag.1050 Entscheidend ist nach den allgemeinen Grundsätzen, wie die Klausel von einem durchschnittlichen Mieter zu verstehen ist.1051 Hingegen akzeptiert die Rechtsprechung die formularvertragliche Vorgabe an den Mieter, die Mieträume in hellen oder neutralen Farben zurückzugeben.1052 Zwar besteht die Gefahr, dass Mieter sich durch eine solche Vorgabe auch bei ihrer Gestaltungsentscheidung während der Mietzeit beeinflussen lassen, weil sie vermeiden möchten, bei Vertragsende umdekorieren zu müssen. Es überwiegt jedoch das Interesse des Vermieters an einer möglichst einfachen Weitervermietung, die bei ungewöhnlicher Dekoration durch den bisherigen Mieter gefährdet sein kann.1053 Eine Beschränkung auf die Farbvorgabe „weiß“ wird jedoch auch für den Zeitpunkt der Rückgabe als unangemessen benachteiligend angesehen, weil sie die Entscheidungsfreiheit des Mieters unnötig einschränkt.1054 Im Hinblick auf die Qualität der durchgeführten Schönheitsreparaturen schuldet der Mieter – ebenso wie der Vermieter bei eigener Zuständigkeit – die Ausführung der Arbeiten in mittlerer Art und Güte. Auch wenn § 243 Abs. 1 BGB nach seinem Wortlaut von einer „nur der Gattung nach bestimmte[n] Sache“ spricht, wird diese Bestimmung direkt oder analog auch auf Dienst- und Werkleistungen angewendet.1055 Eine Klausel, durch die vom Mieter ein höherer als ein mittlerer Standard verlangt wird, benachteiligt diesen unangemessen, da sie von ihm mehr verlangt, als der Vermieter bei eigener Renovierungspflicht leisten müsste.1056 Daraus folgt, dass der Wohnraummieter formularvertraglich nicht wirksam verpflichtet werden kann, Renovierungsarbeiten von einem Handwerksbetrieb durchführen zu lassen.1057 Die Zulassung einer solchen sogenannte Fachhand1050
BGH, Urt. v. 23.9.2009, NJW 2009, 3716 Rn. 8. Siehe oben S. 104 ff. 1052 BGH, Urt. v. 22.2.2012, NJW 2012, 1280 Rn. 9. 1053 BGH, Urt. v. 22.10.2008, NJW 2009, 62, 62 f. Rn. 16 f.; anderer Ansicht Blank, NJW 2009, 27, 29. 1054 BGH, Beschl. v. 14.12.2010, NJW 2011, 514. 1055 Für direkte Anwendung BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2878 f. Rn. 21; Sternel, NZM 2007, 545, 547; Flatow, NZM 2010, 641, 642; für analoge Anwendung Tettinger, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 243 Rn. 9. 1056 OLG Stuttgart, Rechtsentscheid v. 19.8.1993, NJW-RR 1993, 1422, 1423; Heinrichs, NZM 2005, 201, 209. 1057 OLG Stuttgart, Rechtsentscheid v. 19.8.1993, NJW-RR 1993, 1422; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 173; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 52; einschränkend Heinrichs, NZM 2005, 201, 209, der sich für Ausnahmen aufgrund der Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ausspricht. 1051
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werkerklausel würde zudem dem oben aufgeführten Argument der Kostenersparnis1058 durch eine Selbstvornahme durch den Mieter widersprechen.1059 Die Abwälzungsklausel muss vielmehr erkennen lassen, dass auch eine Eigenvornahme durch den Mieter möglich ist.1060 Aus diesem Grund ist eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, Schönheitsreparaturen „ausführen zu lassen“ unwirksam, denn sie ist bei kundenfeindlichster Auslegung so zu verstehen, dass der Mieter die Arbeiten nicht selbst vornehmen darf.1061 Klauseln, die fordern, Schönheitsreparaturen müssten „fachmännisch“ oder „handwerksgerecht“ durchgeführt werden, wurden vom Bundesgerichtshof diesbezüglich bisher nicht beanstandet.1062 Diese Begriffe werden von ihm offenbar als gleichbedeutend mit „fehlerfrei“ oder „in durchschnittlicher Qualität“ verstanden.1063 Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist jedoch davon auszugehen, dass eine „handwerksgerechte“ oder „fachmännische“ Ausführung über die mittlere Art und Güte hinausgeht, weil diese Bezeichnung nahelegt, dass die Arbeiten von einer fachkundigen Person vorgenommen werden müssen.1064 Ein ausdrücklicher Hinweis, dass die Arbeiten auch vom Mieter oder dessen Bekannten eigenhändig vorgenommen werden dürfen, ist im Übrigen jedoch nicht erforderlich, weil für einen durchschnittlichen Mieter erkennbar ist, dass es für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten nicht darauf ankommt, ob er selbst oder ein Dritter die verlangten Handlungen vornimmt. 2. Bei Geschäftsräumen Für die Geschäftsraummiete wird überwiegend die Auffassung vertreten, auf den Mieter könnten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auch andere Renovierungsarbeiten abgewälzt werden, als es dem klassischen Begriff der Schönheitsreparaturen entspricht.1065 Entsprechende Verpflichtungen des Mieters sind bei der Geschäftsraummiete auch praktisch deutlich stärker verbreitet.1066 Doch
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Siehe oben S. 138 f. Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 173. 1060 BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877. 1061 BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877; anders zuvor noch BGH, Urt. v. 14.7. 2004, NJW 2004, 2961. 1062 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, NJW 1988, 2790, 2792; BGH, Urt. v. 22.10. 2008, NJW 2009, 62. 1063 Beyer, NZM 2009, 137, 140. 1064 Blank, NJW 2009, 27 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 33. 1065 Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 5; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 137; ablehnend Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 19. 1066 Gellwitzki, NZM 2009, 881, 892. 1059
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auch für die Geschäftsraummiete gilt, dass weitergehende Pflichtenübertragungen eine schwerwiegendere Abweichung vom Leitbild des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB bedeuten. Wie aufgezeigt, unterscheidet dieses gesetzliche Leitbild im Grundsatz nicht zwischen der Wohnungs- und Geschäftsraummiete.1067 Werden andere als die in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO genannten Renovierungsarbeiten auf den Mieter abgewälzt, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit dieser Klausel zu prüfen, ob sich aus dem Vertragsgefüge besondere Gründe ergeben, die die weitergehende Pflichtenübertragung rechtfertigen.1068 Die sonstigen Bedingungen des Vertrags sind auch bei der in der Geschäftsraummiete stets gebotenen abstrakt-generellen Klauselkontrolle zu berücksichtigen.1069 Werden ohne nähere Beschreibung „die Schönheitsreparaturen“ auf den Geschäftsraummieter abgewälzt, so geht dessen Verpflichtung jedenfalls wie beim Wohnungsmieter nicht über den klassischen Katalog der Schönheitsreparaturen hinaus, weil für beide Bereiche derselbe Begriff zugrunde gelegt wird.1070 Vorgaben für die Farbwahl während der Mietzeit benachteiligen den Mieter auch in der Geschäftsraummiete unangemessen, weil sie ihm die Möglichkeit nehmen, die Räume entsprechend seiner Geschäftsausrichtung gestalten zu können.1071 Dasselbe gilt für ein formularmäßiges Verbot der Abweichung von der bisherigen Ausführungsart ohne Zustimmung des Vermieters.1072 Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit wiegen in der Geschäftsraummiete regelmäßig noch schwerer als bei der Wohnraummiete, weil das Geschäftskonzept eine bestimmte Gestaltung mit sich bringen kann, die von einer neutralen Farbwahl und Gestaltung abweicht.1073 Für Klauseln über die Rückgabe gilt in der Geschäftsraummiete ebenfalls, dass sich diese nicht auf die Vorgabe „Weiß“ beschränken dürfen.1074 Im Gegensatz zur Wohnraummiete werden bei der Geschäftsraummiete jedoch zum Teil auch Fachhandwerkerklauseln für wirksam erachtet.1075 Dem kann aber nicht gefolgt werden, weil hier gleichermaßen gilt, dass eine Fachhandwerkerklausel dem Mieter eine höhere Pflicht auferlegt, als sie den Vermieter bei eige-
1067
Siehe oben S. 140 ff. Ähnlich Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 137. 1069 Siehe oben S. 99. 1070 Siehe oben S. 18 ff. 1071 Fallak, ZMR 2013, 161, 164; anderer Ansicht Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 40. 1072 OLG Brandenburg, Urt. v. 6.12.2022, NJW-RR 2023, 518 Rn. 27. 1073 OLG Brandenburg, Urt. v. 6.12.2022, NJW-RR 2023, 518 Rn. 27. 1074 Fallak, ZMR 2013, 161, 164. 1075 Heinrichs, NZM 2005, 201, 210. Im Urt. des BGH v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, wurde dieser Aspekt der Abwälzungsklausel nicht beanstandet, die Klausel aber aus anderen Gründen für unwirksam befunden. 1068
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
ner Renovierungspflicht treffen würde, weswegen sie den Mieter unangemessen benachteiligt.1076
XI. Quotenabgeltung Eine andere Form der Belastung des Mieters im Zusammenhang mit der Renovierungslast stellen sogenannte Quotenklauseln oder Quotenabgeltungsklauseln dar. Durch sie soll der Mieter bei Auszug vor Fälligkeit der von ihm geschuldeten Schönheitsreparaturpflicht, das heißt bei Auszug vor Eintritt eines Renovierungsbedarfs, verpflichtet werden, sich in Form einer Abschlagszahlung anteilig für die seit der letzten Renovierung verstrichene Zeit an den Kosten für Schönheitsreparaturen zu beteiligen.1077 Berechnungsgrundlage für die Berechnung der Abgeltungszahlung ist in der Regel der Kostenvoranschlag eines Handwerksbetriebs und die Quote bestimmt sich regelmäßig nach dem Zeitablauf seit der letzten Renovierung im Verhältnis zu den Renovierungsfristen des Mustermietvertrags von 1976.1078 Zweck einer solchen Klausel ist es, dem Vermieter den Anspruch auf Zahlung zumindest eines prozentualen Anteils der Renovierungskosten zu sichern, da eine bedarfsunabhängige Endrenovierung durch den Mieter nicht wirksam durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bestimmt werden kann.1079 Die Quotenabgeltungsklausel beruht auf der Vorstellung der Schönheitsreparaturpflicht des Mieters als Entgeltzahlung: Für die Zeit zwischen Vertragsbeginn bzw. letzter Renovierung und dem Auszug des Mieters leistet dieser kein Entgelt in Form von Schönheitsreparaturen. Dies soll durch eine Abgeltungszahlung ausgeglichen werden. Anhand der Quotenabgeltungsklauseln zeigt sich deutlich, wie die Rechtsprechung im Bereich der Renovierungsklauseln die Anforderungen des AGB-Rechts nach und nach immer konsequenter durchgesetzt hat. Eine Quotenabgeltungsklausel kann schon dem Grunde nach nur wirksam sein, wenn eine wirksame Vornahmeklausel besteht, weil letztere die Grundlage für die ergänzende Quotenabgeltungsregel bildet.1080 Darauf, ob es sich bei der Vornahmeklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung oder um eine individuell ausgehandelte Vertragsbedingung handelt, kommt es dabei nicht an.
1076 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.12.2010, NJW 2011, 1011; Fallak, ZMR 2013, 161, 164; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 43; Bub, in: ders./ Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. II Rn. 1480, 1483; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 173. 1077 Emmerich, in: FS Bärmann und Weitnauer, S. 233, 238; Arndt, ZMR 2020, 812, 814. 1078 Zu diesen Fristen näher oben S. 197. 1079 Siehe oben S. 204 f. 1080 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 1728; BGH, Urt. v. 18.10.2006, NJW 2006, 3778, 3780 Rn. 17; Artz, NZM 2007, 265, 269.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Die oben genannten praktischen Vorteile, die für eine Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter sprechen,1081 bestehen im Hinblick auf eine Quotenabgeltungsklausel nicht: Sie vermeidet nicht die Abgrenzung zur Sachbeschädigung, betrifft nicht die Gestaltungsfreiheit des Mieters und kann nur dann verhaltenssteuernd wirken, wenn der Grad der Abnutzung durch den Mieter bei der Berechnung der Abgeltungszahlung hinreichend berücksichtigt wird.1082 Lehnt man wie nach hiesiger Ansicht das Argument der Verkehrssitte und das Entgeltargument ab, bestehen somit kaum Gründe, die diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild rechtfertigen könnten.1083 Der Bundesgerichtshof hat Quotenabgeltungsklauseln hingegen zunächst unter den Voraussetzungen gebilligt, dass dem Mieter nicht untersagt wird, statt der Abgeltungszahlung bei Auszug in kostensparender Eigenarbeit selbst zu renovieren, und dass der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachbetriebs nicht ausdrücklich für verbindlich erklärt wird, sodass der Mieter die Angemessenheit des Kostenvoranschlags bestreiten könnte.1084 Später wurden als Konsequenz der Verwerfung von starren Fristenplänen zumindest in der Wohnraummiete solche Quotenabgeltungsklauseln für unwirksam erklärt, die zur Bestimmung der Abgeltungsquote auf starre Zeitintervalle abstellen.1085 Vielmehr müsse der tatsächliche Abnutzungsgrad auch bei der Berechnung einer Abgeltungszahlung berücksichtigt werden: Daraus folgt, dass sich die Quote nicht nach dem Verhältnis zwischen der Mietdauer seit der letzten Durchführung der Schönheitsreparaturen und den festgelegten Renovierungsfristen richten darf. Maßgeblich müsse das Verhältnis zwischen dem Zeitablauf seit der letzten Renovierung und dem Zeitraum bis zu dem Zeitpunkt sein, in dem bei einer hypothetischen Fortsetzung des Mietverhältnisses Renovierungsbedarf einträte.1086 Der Bundesgerichtshof stellte außerdem fest, dass eine Abgeltungsklausel, die dem Mieter unter Bezugnahme auf eine flexible Fristenregelung lediglich aufgibt, „angelaufene Renovierungsintervalle [. . .] zeitanteilig zu entschädigen“, intransparent und deshalb unwirksam ist.1087 In ausdrücklicher Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung entschied der Bundesgerichtshof dann zurecht, dass es für die Wirksamkeit nicht ausreichen könne, dass der Kostenvoranschlag nur nicht ausdrücklich für verbindlich erklärt werde.1088 Verzichtet die Abgeltungs1081
Siehe oben S. 136 ff. Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 196. 1083 Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 196. 1084 BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790 Ls. 1; BGH, Urt. v. 6.10.2004, NZM 2004, 903, 904. 1085 BGH, Urt. v. 18.10.2006, NJW 2006, 3778; BGH, Urt. v. 7.3.2007, WuM 2007, 260. 1086 BGH, Urt. v. 26.9.2007, NJW 2007, 3632, 3633 Rn. 16–18. 1087 BGH, Urt. v. 5.3.2008, NJW 2008, 1438 Ls. 1. 1088 BGH, Urt. v. 29.5.2013, NJW 2013, 2505 Ls. 1. 1082
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
klausel insoweit auf eine Klarstellung, kann sie auch so verstanden werden, dass der Kostenvoranschlag des ausgewählten Betriebs bindend ist.1089 Diese Auslegung ist wegen des Grundsatzes der kundenfeindlichsten Auslegung der Klauselbeurteilung zugrunde zu legen, sodass die Klausel den Mieter unangemessen benachteiligt, indem sie ihm die Möglichkeit nimmt, die Angemessenheit des Kostenvoranschlags anzuzweifeln. In einem Hinweisbeschluss im Jahr 2014 formulierte der Bundesgerichtshof Zweifel daran, ob eine den Mieter nicht benachteiligende Abgeltungsklausel überhaupt denkbar ist.1090 Diese Zweifel sind – neben den oben genannten grundsätzlichen Bedenken gegenüber Quotenabgeltungsklauseln – berechtigt, da die auf den Mieter zukommenden Kosten in zweifacher Hinsicht schwer absehbar sind. Erstens steht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht fest, welcher Abnutzungsgrad bei Vertragsende vorliegen wird.1091 Zweitens muss für die Bestimmung einer an der tatsächlichen Abnutzung ausgerichteten Abgeltungsquote prognostiziert werden, wann bei hypothetischer Fortsetzung des Mietverhältnisses Renovierungsbedarf eintreten würde.1092 Diese Prognose hängt von verschiedenen, zum Teil unvorhersehbaren Variablen ab, etwa Ein- oder Auszüge von Bewohnern oder Änderungen in der Lebensweise bzw. der Geschäftstätigkeit.1093 Zu Recht hat deshalb der Bundesgerichtshof schließlich zumindest für die Wohnungsmiete entschieden, dass Quotenabgeltungsklauseln immer unwirksam sind, da sie vom Mieter bei Vertragsschluss verlangen, zur Ermittlung der auf ihn zukommenden Kosten mehrfach hypothetische Betrachtungen anzustellen, weswegen er die später auf ihn zukommenden Kosten nicht zuverlässig einschätzen kann.1094 Der Bundesgerichtshof hat dabei ausdrücklich offengelassen, ob Quotenabgeltungsklauseln intransparent gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind, und ihre Unwirksamkeit stattdessen allein auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gestützt. Verbreitet wird wegen der zwingenden Komplexität und der schwer ermittelbaren Kostenbelastung des Mieters ein Konflikt mit dem Transparenzgebot angenommen.1095 Die Erwägungen, die der Bundesgerichtshof zur Begründung einer unangemessenen Benachteiligung durch Quotenabgeltungsklauseln angestellt hat, lassen sich auch unter dem Gesichtspunkt der Transparenz in einem weiter reichenden Verständnis anbringen. Der Europäische Gerichtshof hat 1089
BGH, Urt. v. 29.5.2013, NJW 2013, 2505, 2506 Rn. 15. BGH, Beschl. v. 22.1.2014, WuM 2014, 135 Rn. 6–8. 1091 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871, 1873 Rn. 30. 1092 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871, 1873 Rn. 30. 1093 Kappus, NJW 2007, 3635, 3636; Langenberg, NZM 2014, 299, 301. 1094 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871, 1873 f. Rn. 28–31; zum Schicksal der Vornahmeklausel bei unwirksamer Quotenabgeltungsklausel siehe unten S. 272. 1095 Artz, NZM 2007, 265, 274; Horst, NZM 2007, 185, 188; Sternel, NZM 2007, 545; Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 132; Flatow, NZM 2010, 641, 642. 1090
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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wie bereits erwähnt in der Entscheidung Kásler ausgeführt, das Transparenzgebot erfordere nicht nur die sprachliche Nachvollziehbarkeit der Regelung, sondern auch, dass ein Verbraucher die sich aus der Klausel für ihn ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien absehen kann.1096 Dieses Erfordernis wird durch Quotenabgeltungsklauseln, die stets auf spekulative Berechnungsmethoden zurückgreifen müssen, nicht eingehalten. Sie können daher mit der vom Bundesgerichtshof vorgebrachten Begründung auch als intransparent im Sinne von Art. 5 S. 1 Klausel-RL und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB angesehen werden. Für die Geschäftsraummiete, zu der diesbezüglich noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, werden Quotenabgeltungsklauseln hingegen teilweise noch für AGB-rechtlich zulässig gehalten.1097 Dies wird damit begründet, dass die durch eine Abgeltungsklausel auf den Geschäftsraummieter zukommenden Kosten für diesen leichter erkennbar seien, weil der bei Vertragsende bestehende Abnutzungsgrad und der voraussichtliche Zeitpunkt des Eintritts eines Renovierungsbedarfs zuverlässiger eingeschätzt werden könnten als bei der Wohnungsmiete: Geschäftsraummietverhältnisse würden oftmals auf bestimmte Zeit geschlossen. Zudem sei der Grad der Abnutzung der Räume leichter vorhersehbar als bei der Wohnungsmiete, weil der Nutzungszweck bekannt sei und Veränderungen der Nutzungsintensität, wie sie bei der Wohnungsmiete etwa durch das Hinzukommen von Kindern, Haustieren oder durch berufliche Veränderungen auftreten können, beim geschäftlichen Mieter nur in unwesentlichem Maße stattfänden. Verbleibende Unsicherheiten im Hinblick auf die voraussichtlichen Kosten begründeten keine unangemessene Benachteiligung des Mieters.1098 Nach zutreffender Ansicht müssen Quotenabgeltungsklauseln jedoch aus den genannten Gründen auch in der Geschäftsraummiete unwirksam sein.1099 Die Behauptung, die Abnutzung von Geschäftsräumen sei besser vorhersagbar, trifft in dieser Pauschalität nicht zu.1100 Vielmehr kann sich die Intensität der Nutzung auch bei der Geschäftsraummiete während des Mietverhältnisses stark verändern, etwa durch Veränderungen des Personalbestands oder der Anzahl von Kunden.1101 Es bleibt zudem dabei, dass eine Prognose des Eintritts eines Renovie1096
EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2338 Rn. 73, 75 – Kásler. Boerner, NZM 2015, 686, 689 f.; differenzierend nach dem Nutzungszweck Zehelein, NZM 2017, 137, 142 f. 1098 Boerner, NZM 2015, 686, 689 f. 1099 Guhling, NZM 2019, 457, 463; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 30; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 196; Hu. Schmidt, in: FS Börstinghaus, S. 363, 366. 1100 Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 29; Hu. Schmidt, in: FS Börstinghaus, S. 363, 367; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 446. 1101 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 446. Besonders stark ausgeprägt waren derartige Veränderungen bei pandemiebedingten Lockdowns. 1097
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
rungsbedarfs bei hypothetischer Fortsetzung des Mietverhältnisses kaum zuverlässig möglich und deshalb auch für den gewerblichen Mieter unzumutbar ist.
XII. Kostenabwälzung Von Vornahmeklauseln zu unterscheiden sind ferner Klauseln in Mietverträgen, durch die der Mieter mit den Kosten für Schönheitsreparaturen belastet wird. Die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bleibt in diesem Fall beim Vermieter, er wälzt durch eine solche Klausel aber die hierbei entstehenden Kosten oder zumindest einen Teil dieser Kosten auf den Mieter ab. Sieht man in der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen einen Verstoß gegen das Minderungsausschlussverbot in der Wohnungsmiete gemäß § 536 Abs. 4 BGB, stellt die Kostenabwälzung die einzige mögliche Form der Beteiligung des Mieters an dem konkret anfallenden Aufwand für Schönheitsreparaturen dar.1102 Wie die Abwälzung der Vornahmepflicht kann auch die Abwälzung der Kosten für Schönheitsreparaturen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nur wirksam bestimmt werden, wenn die Räume dem Mieter renoviert übergeben werden, weil er sonst mit zusätzlichen Kosten belastet würde, die aus einer vorherigen Nutzungszeit herrühren. Grundlage der Kostenabwälzung dürfen nur die erforderlichen Schönheitsreparaturen im zulässigen Umfang1103 sein, die während des Mietverhältnisses durchgeführt werden. Außerdem muss es dem Mieter im Falle einer Kostenabwälzung ausdrücklich freigestellt sein, der Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter im Wege der Selbstvornahme zuvorzukommen.1104 Nur dann besteht die Möglichkeit des Mieters, die ihn treffenden Kosten zu reduzieren, was seine Benachteiligung im Vergleich zur dispositiven Rechtslage zumindest abmildert. Des Weiteren darf wie bei Quotenabgeltungsklauseln nicht der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter ausgewählten Betriebs für verbindlich erklärt werden.1105 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Abwälzung der Kosten für vom Vermieter durchgeführte Schönheitsreparaturen für den Mieter zwar nachteiliger als die dispositive Rechtslage, aber günstiger als die ebenfalls grundsätzlich zulässige Abwälzung der Vornahmepflicht, weswegen sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligt.1106 Der Mieter hat wei1102 Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 257; Kostenabwälzungsklauseln generell ablehnend aber Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 126a; zu Zuschlägen zur regelmäßigen Mietzahlung für Schönheitsreparaturen siehe sogleich S. 219 ff. 1103 Siehe oben S. 201 ff. und S. 209 ff. 1104 LG München I, Beschl. v. 7.4.2016, NJW 2016, 2047, 2048; Derleder, NZM 2009, 227; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 103; anderer Ansicht Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 423. 1105 Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 423. 1106 Anderer Ansicht Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 51 f.
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terhin die Möglichkeit, statt der Kostentragung wie im Falle einer klassischen Abwälzungsklausel selbst Schönheitsreparaturen durchzuführen, er kann aber auch vom Vermieter die Durchführung gegen (je nach Inhalt der Klausel gegebenenfalls anteilige) Kostenerstattung verlangen. Uneinigkeit kann allerdings im Einzelfall darüber bestehen, ob eine Übertragung der für Renovierungsarbeiten entstehenden Kosten oder aber eine Übertragung der Vornahmepflicht geregelt ist. Der Bundesgerichtshof hat in der Klausel „Die Kosten für Schönheitsreparaturen trägt der Mieter“ keine Kostenabwälzung, sondern eine Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen gesehen.1107 Da die Abwälzung der Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter der Verkehrssitte entspreche, verstehe ein durchschnittlicher Mieter darunter nicht die Abwälzung der Renovierungskosten, sondern eine Vornahmeverpflichtung.1108 Nach zutreffendem Verständnis belastet eine Klausel dieses Wortlauts den Mieter dagegen (nur) mit den Kosten für Schönheitsreparaturen.1109 Sie kann so verstanden werden, dass Schönheitsreparaturen durch Handwerker auf Kosten des Mieters durchgeführt werden sollen. Bei unbefangener Lektüre drängt sich dieses Verständnis wegen des insoweit klaren Wortlauts der Klausel („Kosten“) sogar auf.1110 Diese Auslegung hätte die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge, weil sie bei kundenfeindlichster Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB die Möglichkeit einer Eigenvornahme durch den Mieter ausschließt.1111 Spätestens unter Berücksichtigung des Gebots kundenfeindlichster Auslegung ist daher die oben genannte Klausel als bloße Kostentragungspflicht zu verstehen, weil dieses Verständnis zur Unwirksamkeit der Klausel führt, was für den Mieter als Vertragspartner des Verwenders das günstigste Ergebnis ist. Der Bundesgerichtshof ist auf das Gebot kundenfeindlichster Auslegung in seiner Entscheidung nicht eingegangen, weil es offenbar aus seiner Sicht aufgrund einer entsprechenden Verkehrssitte schon keine Auslegungszweifel gibt, bei denen § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung kommen könnte.
XIII. Zuschläge zur Miete für vom Vermieter geschuldete Schönheitsreparaturen In der Praxis kommen auch Klauseln vor, durch die festgelegt wird, der Mieter müsse einen „Zuschlag“ zur Miete für die vom Vermieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen leisten. Es bleibt damit ebenso wie bei der soeben behan1107
BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962. BGH, Urt. v. 14.7.2004, NJW 2004, 2961, 2962. 1109 LG Berlin, Urt. v. 9.3.2017, WuM 2017, 189, 190; Harsch, MDR 2015, 801; Halder, ZJS 2017, 719, 722; Häublein, VuR 2021, 214, 215. 1110 Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 403, spricht im Hinblick auf die Auslegung der Klausel durch den BGH von „deutlicher Dehnung des Wortlauts“. 1111 Harsch, MDR 2015, 801; Häublein, VuR 2021, 214, 215. 1108
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
delten Klauselgestaltung bei der Renovierungsverpflichtung des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Anders als bei der Abwälzung der tatsächlich jeweils anfallenden Kosten für Schönheitsreparaturen verlangt der Vermieter hier aber von vornherein unter Berufung auf seine Schönheitsreparaturpflicht unabhängig von den im Einzelfall für Schönheitsreparaturen angefallenen Kosten einen Zuschlag zur Miete. Wie bereits ausgeführt unterliegt die Vereinbarung eines solchen Zuschlags nach herrschender und auch hier vertretener Ansicht nicht der Inhaltskontrolle, weil es sich um eine grundsätzlich kontrollfreie Preisabrede handelt.1112 Dies hat zur Konsequenz, dass die Höhe des Zuschlags innerhalb der Grenzen des § 138 BGB und gegebenenfalls anwendbarer Mietpreisvorschriften frei gewählt werden kann und keinen Bezug zu den wirklichen Kosten für die vom Vermieter durchgeführten Schönheitsreparaturen aufweisen muss.1113 Die Vereinbarung eines solchen Zuschlags kann aber überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB sein mit der Folge, dass sie nicht Vertragsbestandteil wird. § 305c Abs. 1 BGB gilt auch für Klauseln, die gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, weil es sich um eine Regel der Einbeziehungs-, nicht der Inhaltskontrolle handelt.1114 Für das Vorliegen einer Überraschung im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB kommt es darauf an, in welcher Form dieser Zuschlag festgelegt wird. Wird der Zuschlag für Schönheitsreparaturen im Mietvertrag von der „Grundmiete“ gesondert oder gar an einer anderen Stelle als der Mietzins ausgewiesen, so ist seine Festlegung überraschend, weil ein Mieter nicht damit rechnen muss, dass neben der Grundmiete noch weitere Kosten in Rechnung gestellt werden, die normalerweise bereits in der Grundmiete enthalten sind, und für die er keine zusätzliche Leistung erhält.1115 Ist der „Zuschlag“ hingegen bereits in der als Miete oder Kaltmiete bezeichneten Summe enthalten, so ist diese Aufschlüsselung unbedenklich, weil dem Mieter keine zusätzliche Zahlungspflicht auferlegt wird.1116 Es handelte sich dann um eine Information ohne eigenen Regelungsgehalt. Die erstgenannte, hier als überraschend qualifizierte Gestaltung dürfte den Regelfall darstellen,1117 weil die Festlegung eines „Zuschlags für Schönheitsreparaturen“ normalerweise dazu dienen wird, dem 1112
Siehe oben S. 89 ff. Fervers, in: FS Börstinghaus, S. 89, 98 f. 1114 BGH, Urt. v. 1.10.2014, BGHZ 202, 309 = NJW 2015, 49, 50 Rn. 13; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 2; Rodi, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, § 305c Rn. 14. 1115 Fervers, in: FS Börstinghaus, S. 89, 99. 1116 Fervers, in: FS Börstinghaus, S. 89, 92. 1117 Auch der im Beschl. des BGH v. 30.5.2017, NJW-RR 2017, 981, behandelte Mietvertrag sah einen gesonderten „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ vor, der in der „Grundmiete“ nicht eingerechnet war. Auf § 305c Abs. 1 BGB ging der BGH allerdings nicht ein. 1113
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Vermieter durch die Ausweisung einer scheinbar geringeren Miete Wettbewerbsvorteile zu schaffen.1118 Somit werden nach hier vertretener Ansicht die meisten Zuschlagsklauseln für Schönheitsreparaturen nicht in den Mietvertrag einbezogen. Dies führt allerdings zu dem oben angesprochenen Problem, dass das Überraschungsverbot in § 305c Abs. 1 BGB nach dem klaren Wortlaut von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht auf vorformulierte Einmalklauseln in Verbraucherverträgen Anwendung findet.1119 In Betracht kommt in dieser Konstellation allerdings die Unwirksamkeit der einbezogenen Zuschlagsklausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot. Gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB und Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL unterliegen auch Preisklauseln einer Transparenzkontrolle. Eine Preisregelung ist demnach intransparent, wenn sie nicht aufgrund der Höhe des Preises, aber durch ihre Darstellung den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt.1120 Durch die Ausweisung eines Zuschlags für Schönheitsreparaturen, der in der ausgewiesenen Nettokaltmiete nicht enthalten ist, wird dem Mieter ein falscher Eindruck vom Mietzins vermittelt, da der Mieter möglicherweise seiner Entscheidung die angegebene, zu niedrige Nettokaltmiete zugrunde legen wird, die den Zuschlag für Schönheitsreparaturen nicht enthält. Auch Zuschlagsklauseln für Schönheitsreparaturen, bei denen es sich um Einmalklauseln im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt, sind deshalb nach hier vertretener Ansicht häufig unwirksam und führen daher nicht zu einer Zahlungspflicht des Mieters.
XIV. Freizeichnung des Vermieters von der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen Von Vornahme- und Kostenabwälzungsklauseln zu unterscheiden sind solche Klauseln, durch die der Vermieter sich von seiner eigenen Renovierungspflicht freizeichnet, ohne den Mieter zur Durchführung oder Bezahlung von Schönheitsreparaturen zu verpflichten. Im Falle wirksamer Freizeichnung kann der Mieter abweichend von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nicht die Durchführung von Schönheitsreparaturen vom Vermieter verlangen. Es steht dem Mieter dann frei, selbst zu renovieren. Eine solche Gestaltung ist für Vermieter häufig aus wirtschaftlicher Sicht attraktiv, weil sie ihre Mieter wie oben aufgezeigt nur bei Überlassung renovierter Räume oder bei Gewährung einer entsprechenden Kompensationsleistung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichten könnten, was eine erhebliche Kostenbelastung für Vermieter bedeuten kann. Für sie kann es deshalb vorzugs1118 1119 1120
Fervers, in: FS: Börstinghaus, S. 89, 93. Siehe oben S. 87 f. Hu. Schmidt, in: BeckOK BGB, § 307 Rn. 92.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
würdig sein, auf die Überwälzung der Dekorationslast zu verzichten und sich auf eine Abbedingung der eigenen Renovierungspflicht zu beschränken. Außerdem wird auf diese Weise Streit zwischen den Vertragsparteien darüber vermieden, wann von der einen oder der anderen Vertragspartei geschuldete Schönheitsreparaturen erforderlich sind. Freizeichnungsklauseln benachteiligen den Mieter jedenfalls unter den Bedingungen nicht unangemessen, unter denen auch eine Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Renovierungsarbeiten zulässig wäre. Denn wenn die Übertragung der Vornahmeverpflichtung zulässig ist, muss erst recht die den Mieter weniger stark belastende Freizeichnung möglich sein.1121 Umstritten ist jedoch, ob eine Freizeichnung von der Renovierungspflicht des Vermieters im Gegensatz zur Abwälzung auch bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Räumen möglich ist.1122 Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seinem Urteil1123 über die Unwirksamkeit von Vornahmeklauseln bei unrenoviert überlassenen Räumen nicht behandelt. Nach zutreffender Ansicht ist die Freizeichnung des Vermieters von seiner Renovierungspflicht durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch bei einem unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Mietobjekt zulässig. Durch die Freizeichnungsklausel wird der bei Übergabe bestehende Zustand als vertragsgemäß festgelegt.1124 Zwar hat der Mieter die nach Vertragsbeginn eintretende Abnutzung durch vertragsgemäßen Gebrauch und durch die Alterung der Materialien gemäß § 538 BGB nicht zu vertreten, weswegen die Beseitigung der weitergehenden Abnutzungsspuren nach dem dispositiven Recht dem Vermieter obläge, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.1125 Diese Abweichung von der gesetzlichen Aufgabenverteilung besteht aber in noch stärker ausgeprägter Form bei der Abwälzung der Vornahmepflicht, die nach herrschender und auch hier vertretener Ansicht grundsätzlich zulässig ist.1126 Die zusätzliche Benachteiligung des Mieters, die bei Vornahmeklauseln bei unrenoviert überlassenen Räumen darin gesehen wird, dass er zwingend auch die 1121 LG Karlsruhe, Beschl. v. 23.6.2016, NJW 2016, 2897; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 196; Artz, NZM 2015, 801, 806; Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, Anh. zu § 535 Rn. 12a; Guhling, NZM 2019, 457, 463; Bach, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, Renovierungsklauseln, Rn. 30; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, § 538 Rn. 68, 192; anderer Ansicht Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1203. 1122 Bejahend Artz, NZM 2015, 801, 806; Herlitz, WuM 2015, 654, 656 f.; Horst, DWW 2015, 82, 85; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 152; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 128; verneinend Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 115; unsicher Kappus, NZM 2016, 609, 618 f., 622; Börstinghaus, NZM 2021, 521, 535. 1123 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594. 1124 Artz, NZM 2015, 801, 806. 1125 Hu. Schmidt, NJW 2016, 1201, 1203. 1126 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 153.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
223
Abnutzung aus vorvertraglicher Zeit beseitigen muss, besteht bei einer bloßen Freizeichnung des Vermieters nicht. Hier wird es dem Mieter freigestellt, gleichwohl zu renovieren, sodass er weniger stark belastet wird als bei einer Vornahmeklausel. Die Wirksamkeit einer Freizeichnungsklausel erfordert allerdings, dass sich aus ihr klar entnehmen lässt, dass bloß die Renovierungsverpflichtung des Vermieters abbedungen, nicht aber der Mieter zur Durchführung verpflichtet werden soll. Dabei ist zunächst erneut gemäß § 305c Abs. 2 BGB die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen. Klauseln, die lediglich besagen: „Schönheitsreparaturen sind Sache des Mieters“ oder „Die Vornahme von Schönheitsreparaturen bleibt dem Mieter überlassen“ sind im Falle der Überlassung unrenovierter Räume wegen des Gebots kundenfeindlichster Auslegung als Vornahmeklauseln anzusehen, weil sie auch auf diese Weise verstanden werden können und diese Auslegung wie aufgezeigt1127 zur Unwirksamkeit der Klausel insgesamt führt.1128 Insbesondere aufgrund der weiten Verbreitung von Klauseln, die die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen, können Mieter die genannten Formulierungen so verstehen, als seien sie zur Vornahme der Arbeiten verpflichtet. Klauseln wie die oben genannten sind allerdings nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung in jedem Fall aufgrund ihrer Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, weil aus ihrer Formulierung nicht hinreichend klar werde, dass nur eine Freizeichnung und nicht auch eine Abwälzung der Vornahmepflicht auf den Mieter erfolgen soll.1129 Dagegen spricht auf den ersten Blick, dass die Auslegung der Transparenzkontrolle vorgeht, sodass die Intransparenz einer Klausel grundsätzlich ausscheidet, sofern ihr im Wege der Auslegung ein eindeutiger Inhalt zugemessen werden kann.1130 Unter bestimmten Umständen kann ihr aber gerade kein eindeutiger Inhalt zugemessen werden, weil die kundenfeindlichste Auslegung je nach den Umständen des Einzelfalls unterschiedlich ausfällt: Wäre in einem Mietvertrag sowohl eine Freizeichnungs- als auch eine Vornahmeklausel wirksam, weil es sich um anfänglich renovierte Räume handelt, folgt aus dem Gebot der Auslegung zu Lasten des Verwenders gemäß § 305c Abs. 2 BGB im Gegensatz zu den obigen Ausführungen, dass die genannten Formulierungen als Freizeichnungsklauseln zu verstehen sind, weil auch bei kundenfeindlichster Auslegung als Vornahmeklausel keine Unwirksamkeit der Klausel anzunehmen ist. Das Verständnis als Freizeichnungsklausel wäre für den Mieter als Verwendungsgegner in diesem Fall günstiger. Für die oben ge1127
Siehe oben S. 146 ff. Artz, NZM 2015, 801, 806; Herlitz, WuM 2015, 654, 656; anderer Ansicht Flatow, WuM 2009, 208, 210; Over, in: Hannemann/Wiegner, MAH Mietrecht, § 19 Rn. 173. 1129 Artz, NZM 2015, 801, 806; im Ergebnis auch Hartmann, WuM 2015, 406, 408. 1130 Lange, ZGS 2004, 208, 211; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 224. 1128
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
nannten Formulierungen kann somit keine bestimmte, für den Rechtsverkehr maßgebliche Bedeutung ermittelt werden, weil mehrere Verständnismöglichkeiten vertretbar sind und die Auslegung zulasten des Verwenders gemäß § 305c Abs. 2 BGB je nach den Umständen des Einzelfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Kann einer Klausel auch durch die Anwendung der Unklarheitenregel keine für den Rechtsverkehr eindeutige Bedeutung zugewiesen werden, weil sie selbst bei der Verwendung gegenüber demselben Verkehrskreis unterschiedlich verstanden werden muss, ist sie intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.1131 Da die oben genannten, mehrdeutigen Formulierungen die Rechte und Pflichten des Mieters nicht ausreichend klar darstellen, sind sie somit wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, selbst wenn im Einzelfall bei klarer und eindeutiger Formulierung sowohl eine Freizeichnungs- als auch eine Vornahmeklausel zulässig wäre.
XV. Sonstige Anforderungen an die Transparenz von Schönheitsreparaturklauseln Die Beachtung des Transparenzgebots kann sich unabhängig von der konkreten Art der betroffenen Schönheitsreparaturklauseln als problematisch erweisen. Aus dem Gebot einer klaren und verständlichen Darstellung gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und Art. 5 S. 1 Klausel-RL folgt zunächst, dass Regelungen über die Schönheitsreparaturpflicht des Mieters, über die Freizeichnung des Vermieters oder über eine Abwälzung von Kosten für Schönheitsreparaturen nicht über den Vertragstext verstreut sein dürfen.1132 Im Hinblick auf das Transparenzgebot stellt sich außerdem die praktisch hoch relevante Frage, ob dem Mieter, wie häufig empfohlen,1133 wirksam „die Schönheitsreparaturen“ ohne nähere Beschreibung oder Abgrenzung der davon umfassten Arbeiten übertragen werden können. Die Frage stellt sich für die Abwälzung der Vornahme oder der Kosten für Schönheitsreparaturen ebenso wie für die Freizeichnung des Vermieters von seiner gesetzlichen Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen. Der Bundesgerichtshof hat bisher keine Bedenken gegen die pauschale Verwendung des Begriffs „Schönheitsreparaturen“ geäußert.1134 Dem folgt die herrschende Ansicht im Schrifttum.1135 1131
Lange, ZGS 2004, 208, 211, 213. LG Mannheim, Urt. v. 28.6.2000, WuM 2000, 485. 1133 Vgl. etwa Schultz, in: FS Merle, S. 345, 354. 1134 Siehe etwa BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480; BGH, Urt. v. 28.4.2004, NJW 2004, 2087. Ähnlich hält der BGH auch die Abwälzung „der Betriebskosten“ auf den Mieter für transparent, weil für den durchschnittlichen Mieter erkennbar sei, dass damit die nach § 556 Abs. 1 BGB i.V. m. der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten gemeint seien, vgl. BGH, Beschl. v. 7.6.2016, NJW-RR 2016, 1293 Rn. 3. 1132
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Das Problem bei einer solchen Formulierung besteht darin, dass ein Mieter den Inhalt seiner Verpflichtung nach allgemeiner Auffassung auch ohne ausdrücklichen Verweis auf diese Norm anhand von § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO erschließen soll, obwohl diese Norm im Regelfall nicht einmal unmittelbar einschlägig ist.1136 Aus diesem Grund wird im Schrifttum zum Teil die Vereinbarkeit einer pauschalen Abwälzung der Schönheitsreparaturen mit dem Transparenzgebot angezweifelt.1137 Es handelt sich hierbei erneut um eine Frage, bei der ein Vorabentscheidungsersuchen zum Europäischen Gerichtshof denkbar ist. Zwar hat der Europäische Gerichtshof ebenso wie für die allgemeinen Missbräuchlichkeitskriterien entschieden, dass es Aufgabe des nationalen Gerichts sei, zu prüfen, ob eine bestimmte Klausel klar und verständlich im Sinne des Art. 5 S. 1 Klausel-RL ist.1138 Unzulässig wäre demnach die Frage an den Europäischen Gerichtshof, ob die unspezifizierte Übertragung bzw. Freizeichnung von „den Schönheitsreparaturen“ dem Transparenzgebot zuwiderläuft. Wie Häublein aber zutreffend ausführt, betrifft die abstrakte Frage, ob es einem Verbraucher unter Transparenzgesichtspunkten zumutbar ist, für das Verständnis einer Klausel auf eine nicht ausdrücklich bezeichnete und nicht unmittelbar einschlägige Norm zurückzugreifen, ein allgemeines Kriterium der Transparenzkontrolle.1139 Zu dieser Frage müsste der Europäische Gerichtshof somit nach der von ihm entwickelten Kompetenzverteilung Stellung nehmen. Auf die abstrakt gefasste Antwort des Europäischen Gerichtshofs müsste dann bei Beurteilung der Transparenz einer Schönheitsreparaturklausel Rücksicht genommen werden. Da für die Transparenzkontrolle auf die Verständnismöglichkeiten eines aufmerksamen, aber nicht rechtlich vorgebildeten Durchschnittskunden abzustellen ist,1140 ist diesem nach überzeugender Ansicht nicht zumutbar, zum Verständnis einer Klausel Gesetze oder Verordnungen nachschlagen zu müssen.1141 Dies muss erst recht gelten, wenn ein Hinweis auf diese Normen im Klauseltext fehlt. Die bisher ergangene Rechtsprechung zum Umfang der Schönheitsreparaturen ist für den durchschnittlichen Mieter noch schlechter zugänglich als die Beschreibung in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO.1142 Zwar können von Gewerbe1135 Etwa Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 535 Rn. 18; Schneider, in: Spielbauer/ Schneider, Mietrecht, Anh. zu § 535 Rn. 62; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 2; Lützenkirchen, in: ders., Mietrecht, § 535 Rn. 558. 1136 Häublein, VuR 2021, 214, 221. 1137 Heinrichs, NZM 2003, 6, 12; Hinz, ZMR 2003, 77, 80; Kraemer, NZM 2003, 417, 418; Häublein, VuR 2021, 214, 221; kritisch auch Kappus, NZM 2006, 6, 8. 1138 EuGH, Beschl. v. 16.11.2010, Slg. 2010 I-11557 = BeckRS 2012, 81370 – Pohotovost’; siehe dazu bereits oben S. 57. 1139 Häublein, VuR 2021, 214, 221. 1140 Siehe oben S. 96. 1141 Schwab, AGB-Recht, 3. Teil Rn. 320; anderer Ansicht Borzutzki-Pasing, NZM 2004, 161, 164. 1142 Heinrichs, NZM 2003, 6, 12.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
treibenden unter Umständen höhere Kenntnisse erwartet werden als von Verbrauchern, weswegen von ihnen eher erwartet werden kann, sich über bestimmte Regelungen zu informieren.1143 Die Kenntnis bzw. das Nachschlagen der II. BerechnungsVO dürfte aber auch für Geschäftsraummieter unzumutbar sein, da es sich um eine Verordnung von sehr geringer Alltagsrelevanz handelt. Hinzu kommt, dass nicht einmal die Lektüre von § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO ausreichend ist, um die von den Schönheitsreparaturen umfassten Arbeiten zu erfassen, weil etwa die Grundreinigung eines Teppichbodens nach der Rechtsprechung zu den Schönheitsreparaturen zu zählen ist, obwohl diese in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO nicht ausdrücklich genannt wird.1144 Die Transparenz der Abwälzung bzw. Freizeichnung von Schönheitsreparaturen ohne Beschreibung der damit gemeinten Arbeit lässt sich indessen bejahen, wenn man davon ausgeht, dass es für das Verständnis dieses Begriffs nicht erforderlich ist, die in der II. BerechnungsVO genannte Definition oder die hierzu ergangene Rechtsprechung zu kennen. Dann käme es auch nicht auf die soeben aufgeworfene Frage an, ob ein – in der Regel sogar stillschweigender – Verweis auf eine Norm der Transparenz einer Klausel entgegensteht. Dafür spricht, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen als feststehende Gruppe von Renovierungsarbeiten wie aufgezeigt1145 lange Zeit üblich war und auch heute noch verbreitet vorkommt. Im Alltagsverständnis dürfte deshalb verankert sein, dass mit Schönheitsreparaturen die oberflächlichen Maler- und Tapezierarbeiten im Inneren von Räumen gemeint sind. Eine Kenntnis von den zum Teil auch umstrittenen Einzelfragen des Begriffs der Schönheitsreparaturen kann von dem durchschnittlichen Mieter aber nicht erwartet werden. Es erscheint deshalb keineswegs abwegig, mit der Mindermeinung die pauschale Abwälzung der Schönheitsreparaturen für intransparent zu halten. Dies hätte zur Folge, dass nur solche Abwälzungsklauseln als wirksam angesehen werden können, in denen Inhalt und Umfang der geschuldeten Maßnahmen im Einzelnen aufgeführt werden. Da der Begriff der Schönheitsreparaturen jedoch zumindest in seinen wesentlichen Grundzügen der Allgemeinheit bekannt ist, kann der Mieter im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seine daraus resultierende Belastung abschätzen. Kommt es dann doch einmal auf einzelne Aspekte des Begriffs der Schönheitsreparaturen an, lässt sich der Stand der Rechtsprechung hierzu wohl auch ohne Rückgriff auf juristische Fachliteratur hinreichend zuverlässig ermitteln. Auch gegenüber Verbrauchern dürfte daher die weithin verbreitete, pauschale Abwälzung „der Schönheitsreparaturen“ den Anforderungen des Transparenzgebots genügen, auch wenn durchaus Zweifel verbleiben.
1143 1144 1145
Wichert, ZMR 2014, 612, 618. Siehe oben S. 21. Siehe oben S. 117 ff.
B. Überwälzung auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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XVI. Zahlungs- statt Renovierungspflicht bei anschließendem Umbau von Räumen? Hat der Vermieter die Renovierungslast wirksam formularvertraglich auf den Mieter übertragen, kann die Frage aufkommen, was gelten soll, wenn der Vermieter die Mietsache im Anschluss an das Mietvertragsende umbauen will und die Vornahme eigentlich fälliger Schönheitsreparaturen damit sinnlos wäre. In diesem Fall kommt anstelle des Renovierungsanspruchs ein Zahlungsanspruch des Vermieters in Betracht, und zwar sowohl im Falle einer dies bestimmenden Klausel im Mietvertrag als auch im Falle des Fehlens einer solchen Vertragsbedingung. Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB wegen der Nichterfüllung der Pflicht zur Vornahme der Renovierungsarbeiten kommt unter den beschriebenen Umständen nicht in Betracht, schon allein, weil der Vermieter aufgrund der sich anschließenden Umbauarbeiten nicht anders steht, als er stünde, wenn der Mieter die Renovierung durchgeführt hätte.1146 Der Bundesgerichtshof hat dem Vermieter jedoch für den Fall, dass die Vertragsparteien wie im Regelfall hierüber keine besonderen Vereinbarungen getroffen haben, in mehreren älteren Entscheidungen im Wege ergänzender Vertragsauslegung in der beschriebenen Situation einen Ausgleichsanspruch zugesprochen.1147 Da der Vertrag keine Regelung zu dem Fall enthalte, in dem der Vermieter einen Umbau im Anschluss an das Vertragsende plant, bestehe eine planwidrige Vertragslücke. Es stehe in offenbarem Widerspruch zum Inhalt des Vertrags, wenn der Mieter von seiner Renovierungspflicht befreit würde, ohne hierfür einen Ausgleich leisten zu müssen.1148 Grundlage dieser Überlegung ist erneut das Entgeltargument, demzufolge die Vornahme der Schönheitsreparaturen Teil des vom Mieter geschuldeten Entgelts für die Überlassung der Mietsache ist. Der Mieter würde demnach wegen des Vorhabens des Vermieters von einem Teil seiner Entgeltzahlungspflicht befreit. Es entspreche daher dem mutmaßlichen Willen der Vertragsteile, dass dem Vermieter unter diesen Umständen anstelle eines Renovierungsanspruchs ein Geldanspruch zusteht. Dieser soll seiner Höhe nach dem Betrag entsprechen, den der Mieter bei Durchführung der erforderlichen Schönheitsreparaturen hätte aufwen-
1146
Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 135. BGH, Urt. v. 25.6.1980, BGHZ 77, 301 = NJW 1980, 2347 (zum Pachtvertrag); BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 482; BGH, Urt. v. 20.10.2004, NJW 2005, 425, 426 f.; BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2115, 2116 Rn. 17; BGH, Urt. v. 8.10.2008, NJW 2009, 510; BGH, Urt. v. 12.2.2014, BGHZ 200, 133 = NJW 2014, 1521, 1522. 1148 BGH, Urt. v. 25.6.1980, BGHZ 77, 301 = NJW 1980, 2347, 2347 f.; BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 481. 1147
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
den müssen.1149 Folglich soll für die Höhe des Ausgleichsanspruchs danach zu unterscheiden sein, ob der Mieter die Renovierung voraussichtlich selbst vorgenommen oder einen Handwerksbetrieb damit betraut hätte. Die Begrenzung auf Eigenvornahmekosten bei voraussichtlicher Eigenvornahme durch den Mieter soll aber wiederum nur gelten, wenn der Mieter erfüllungsbereit war. Lehnt der Mieter von sich aus die Vornahme der Renovierung ab, sollen die Kosten einer Ersatzvornahme für den Ausgleichsanspruch maßgeblich sein.1150 Der geplante Umbau durch den Vermieter muss nach der Rechtsprechung aber tatsächlich erfolgen. Die Absicht allein, nach Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen durchzuführen, genüge nicht, um den Ausgleichsanspruch zu bejahen, da sonst die Voraussetzungen des § 281 BGB umgangen würden.1151 Der Ausgleichsanspruch soll zudem insoweit reduziert sein, als durch den Umbau Renovierungsaufwand entfallen wäre.1152 Diese Rechtsprechung wird von Teilen des Schrifttums1153 zu Recht kritisiert. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Vertragsparteien hätten eine solche Ausgleichszahlungspflicht bei Vertragsende vereinbart, wenn sie an die Möglichkeit gedacht hätten, dass der Vermieter im Anschluss an die Beendigung des Vertragsverhältnisses Umbauten vornimmt, kann nur überzeugen, wenn man entsprechend der hier bezweifelten1154 Entgeltthese davon ausgeht, dass die Miete im Einzelfall gerade mit Blick auf die Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter herabgesenkt wurde. Nach hier vertretener Ansicht dürfte im Regelfall nicht davon auszugehen sein, dass redliche und verständige Vertragsparteien bei Kenntnis der Vertragslücke eine Ausgleichszahlung durch den Mieter vereinbart hätten. Da der Entschluss, die Mietsache im Anschluss umzubauen, allein vom Vermieter stammt, spricht wenig dafür, dass es im Interesse redlicher Vertragsparteien liegen soll, dem Vermieter die Umwandlung des Renovierungs- in einen Zahlungsanspruch ohne Fristsetzung und ohne Verschulden des Mieters zu gestatten. Es ist aber ohnehin zweifelhaft, ob der Bundesgerichtshof heute noch eine solche ergänzende Vertragsauslegung vornehmen würde, weil sie möglicherweise im Widerspruch zu seiner in der Zwischenzeit ergangenen Rechtsprechung über die Unwirksamkeit von Quotenabgeltungsklauseln steht. Da bei einer ergänzenden Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Willen vernünftiger Vertragsparteien 1149 BGH, Urt. v. 25.6.1980, BGHZ 77, 301 = NJW 1980, 2347, 2348; BGH, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480, 482; BGH, Urt. v. 20.10. 2004, NJW 2005, 425, 426. 1150 BGH, Urt. v. 20.10.2004, NJW 2005, 425, 426 f. 1151 BGH, Urt. v. 12.2.2014, BGHZ 200, 133 = NJW 2014, 1521, 1523. 1152 BGH, Urt. v. 20.10.2004, NJW 2005, 425, 427. 1153 Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 535 Rn. 428; LehmannRichter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 156; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 135. 1154 Siehe oben S. 131 ff.
C. Überwälzung auf den Mieter durch Individualvereinbarungen
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gesucht wird,1155 kann sie nicht zu einem Ergebnis führen, das seinerseits eine der Vertragsparteien unangemessen benachteiligt.1156 Quotenabgeltungsklauseln benachteiligen nach der aktuellen Rechtsprechung jedenfalls den Wohnungsmieter unangemessen, weil die auf den Mieter im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zukommenden Kosten für ihn nicht abschätzbar sind.1157 Ähnliches gilt für die Ausgleichszahlungspflicht,1158 auch wenn hier der zu zahlende Betrag nicht anhand einer Renovierung durch einen Fachbetrieb ermittelt wird, sofern der Mieter voraussichtlich selbst renoviert hätte. Dann aber ist die Ausgleichszahlungspflicht nicht als ein Vertragsinhalt anzusehen, den vernünftige Vertragsparteien nach Treu und Glauben vereinbart hätten,1159 sodass die nach älterer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebotene ergänzende Vertragsauslegung bei anschließendem Umbau der Mietsache keinen Bestand haben kann. In Mietverträgen, insbesondere solchen über Geschäftsräume, kommen mitunter Klauseln vor, die den vom Bundesgerichtshof im Wege ergänzender Vertragsauslegung etablierten Mechanismus der Umwandlung der Renovierungspflicht in einen Zahlungsanspruch bei anschließendem Umbau der Mietsache ausdrücklich vorsehen (sogenannte Umbauklauseln).1160 Aus dem Vorstehenden folgt, dass solche Klauseln den Mieter in vergleichbarer Weise wie Quotenabgeltungsklauseln benachteiligen und daher unwirksam sind.
C. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter durch im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbedingungen und Individualvereinbarungen I. Keine Begrenzung durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Auf im Einzelnen ausgehandelte oder einmalig verwendete Klauseln außerhalb von Verbraucherverträgen finden die §§ 305 ff. BGB keine Anwendung. Begrenzt wird die Abwälzbarkeit von Renovierungsarbeiten auf den Mieter deshalb nur durch die zivilrechtlichen Generalklauseln in §§ 134, 138, 242 BGB1161 und, 1155 BGH, Urt. v. 8.8.2019, BGHZ 223, 45 = NJW 2020, 337, 340 Rn. 28; Roth, in: Staudinger, BGB, § 157 Rn. 30. 1156 Hu. Schmidt, in: FS Börstinghaus, S. 363, 366. 1157 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871, 1873. Siehe dazu oben S. 214 ff. 1158 Hu. Schmidt, in: FS Börstinghaus, S. 363, 366; Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5274. 1159 Hu. Schmidt, in: FS Börstinghaus, S. 363, 366. 1160 Klocke, WuM 2014, 575; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 135. 1161 BGH, Urt. v. 18.3.2009, NJW-RR 2009, 947, 948 Rn. 19; Schultz, in: FS Merle, S. 345, 347; Kappus, NJW 2016, 33.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
soweit es um Wohnungsmietverträge geht, durch das Verbot der Abweichung vom Minderungsrecht des Mieters gemäß § 536 Abs. 4 BGB. Somit kann durch eine Individualabrede auch die Verpflichtung des Mieters zu einer Anfangs- oder bedarfsunabhängigen Endrenovierung wirksam vereinbart werden.1162 Allerdings kann im Einzelfall die Berufung auf eine an sich wirksame, individuell ausgehandelte Endrenovierungsklausel treuwidrig im Sinne des § 242 BGB sein, wenn die Mietzeit kurz war und die Räume deshalb einen nur sehr geringen Abnutzungsgrad aufweisen.1163 Da es nicht darauf ankommt, ob der Mieter im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt wird, können Schönheitsreparaturen in anfänglich unrenovierten Räumen durch eine Individualabrede auch ohne Ausgleichsleistung abgewälzt werden. Außerdem können selbst starre Fristenpläne für die Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter wirksam vereinbart werden. Ebenso bestehen gegen die Wirksamkeit einer individualvertraglichen Umbauklausel keine Bedenken, solange kein stark überhöhter Betrag für die an die Stelle der Renovierungspflicht tretende Zahlung vorgesehen ist.1164 Ferner kann der Mieter individualvertraglich dazu verpflichtet werden, die von Arbeiten von Fachhandwerkern vornehmen zu lassen. Bei einer Abwälzung von Arbeiten, die über die in § 28 Abs. 4 S. 3 der II. BerechnungsVO genannten hinausgehen, droht dagegen bei der Wohnungsmiete ein Konflikt mit dem Verbot des Minderungsausschlusses gemäß § 536 Abs. 4 BGB.1165 Überdies ist hierfür eine ausdrückliche Festlegung dieser Arbeiten nötig, weil anderenfalls der gewöhnliche Begriff der Schönheitsreparaturen zugrunde zu legen ist.1166
II. Summierungseffekt bei der Kombination einer individualvertraglichen mit einer formularvertraglichen Renovierungspflicht Die Frage eines Summierungseffekts durch die Kombination von mehreren auf den Mieter übergewälzten Renovierungspflichten stellt sich auch dann, wenn zu einer formularmäßigen Renovierungsklausel eine nicht dem AGB-Recht unterliegende Renovierungsklausel hinzutritt. Denkbar ist etwa, dass der Mieter durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung zu Schönheitsreparaturen während der Miet1162 BGH, Urt. v. 18.3.2009, NJW-RR 2009, 947, 948 Rn. 18–21; BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418, 1419 Rn. 16. 1163 Derleder, NZM 2009, 227, 228; Kappus, NZM 2010, 529, 541. 1164 Klocke, WuM 2014, 575, 577 f. 1165 Gellwitzki, NZM 2009, 881, 889; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 80; siehe dazu auch oben S. 143 ff. 1166 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 79 f.
C. Überwälzung auf den Mieter durch Individualvereinbarungen
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zeit und durch eine Individualklausel zur bedarfsunabhängigen Endrenovierung verpflichtet wird.1167 Es geht hierbei nicht um das Konkurrenzverhältnis zwischen Allgemeiner Geschäftsbedingung und Individualklausel. Gemäß § 305b BGB haben individuelle Abreden stets Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Problem besteht vielmehr darin, dass neben eine Renovierungspflicht durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine weitere, individuell vereinbarte Renovierungspflicht tritt. In einem solchen Fall entsteht für den Mieter ebenso wie beim Zusammenwirken zweier Renovierungspflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen1168 ein Übermaß an Renovierungspflichten.1169 Der sogenannte Summierungseffekt ist – ebenso wie ein Kompensationseffekt – nicht auf die Wechselwirkung zwischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen begrenzt, sondern kann auch aus dem Zusammenspiel zwischen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung und einer Individualvereinbarung resultieren.1170 Dies hat gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel zur Folge, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.1171 Für eine individualvertragliche Renovierungspflicht, die zu einem Summierungseffekt beiträgt, kann die Unwirksamkeit jedoch nicht unmittelbar aus einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB folgen, da das AGB-Recht auf sie, wie soeben ausgeführt, keine Anwendung findet.1172 In Betracht kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Ansicht im Schrifttum aber die Nichtigkeit der individualvertraglichen Renovierungspflicht gemäß § 139 BGB.1173 Danach ist im Falle der Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. § 139 BGB gilt nach allgemeiner Ansicht für den Fall der Teilnichtigkeit bei einem einheitlichen Rechtsgeschäft.1174 Die Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts setzt nach herrschender Ansicht einen sogenannten Einheitlichkeitswillen voraus: Aus den Erklärungen der Parteien muss der Wille hervorgehen, dass die Rechts1167 Diese Konstellation liegt dem Urt. des BGH v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116, zugrunde. 1168 Siehe dazu oben S. 207 f. 1169 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116. 1170 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116, 2117 Rn. 16. 1171 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116, 2117 Rn. 16; Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823; Lützenkirchen, in: ders., Mietrecht, § 535 Rn. 609. 1172 BGH, Urt. v. 14.1.2009, NJW 2009, 1075 Rn. 13; BGH, Urt. v. 18.3.2009, NJWRR 2009, 947, 948 Rn. 21. 1173 BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2116, 2117 Rn. 20; Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823; Lützenkirchen, in: ders., Mietrecht, § 535 Rn. 620. 1174 BGH, Urt. v. 10.10.2006, NJW 2007, 1131, 1133 Rn. 24; Busche, in: MüKoBGB, § 139 Rn. 15; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 139 Rn. 5.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
geschäfte miteinander stehen und fallen sollen.1175 Im Anwendungsfall der Kombination einer formularmäßigen und einer individualvertraglichen Renovierungspflicht soll es für die Anwendbarkeit des § 139 BGB nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs darauf ankommen, ob die beiden Klauseln gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten vereinbart wurden. Wurde die Individualklausel später als die Formularklausel vereinbart, soll es an einem einheitlichen Rechtsgeschäft fehlen, auf das § 139 BGB anwendbar wäre, mit der Folge, dass die Individualklausel wirksam bleibt.1176 Dass der Bundesgerichtshof für die Anwendbarkeit von § 139 BGB auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Renovierungspflichten abgestellt hat, wurde im Schrifttum von vielen kritisiert.1177 Zwar ist anerkannt, dass bei der Aufnahme in eine Urkunde eine tatsächliche Vermutung für die Einheitlichkeit besteht, während die getrennte Beurkundung für selbstständige Rechtsgeschäfte streitet.1178 Jedoch dienen die verschiedenen Vereinbarungen zur Renovierungspflicht einem einheitlichen Zweck, der darin besteht, den Vermieter von jeglichen Schönheitsreparaturen freizustellen und diese dem Mieter aufzubürden, weswegen es wenig überzeugend ist, für die Frage eines einheitlichen Rechtsgeschäfts allein auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Renovierungspflichten abzustellen.1179 Es stellt sich jedoch schon die grundlegende Frage, ob die Regelung des § 139 BGB auf die Kombination einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mit einer inhaltlich verwandten Individualklausel anwendbar ist. Nach allgemeiner Ansicht wird § 139 BGB grundsätzlich durch § 306 Abs. 1 BGB als speziellere Regel für die Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verdrängt.1180 Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag im Falle der Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Übrigen wirksam. Folglich müssten auch Individualklauseln über Renovierungspflichten des Mieters trotz des Summierungseffekts wirksam bleiben.1181 Allerdings soll § 306 Abs. 1 BGB die Ver-
1175 BGH, Urt. v. 30.4.1976, NJW 1976, 1931, 1932; BGH, Urt. v. 22.9.2016, NJW 2016, 3525, 3526 Rn. 16, Arnold, in: Erman BGB, § 139 Rn. 12. 1176 BGH, Urt. v. 14.1.2009, NJW 2009, 1075 Rn. 13 f. In diesem Fall befand sich eine formularmäßige Renovierungsklausel im Mietvertragsdokument, das Übergabeprotokoll enthielt nach Ansicht des BGH eine Individualvereinbarung über eine Endrenovierungspflicht des Mieters. 1177 Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823; Kappus, NZM 2010, 529, 539; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 171; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 295. 1178 BGH, Urt. v. 24.10.2006, NJW-RR 2007, 395, 396 Rn. 19; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 139 Rn. 5. 1179 Zschieschack, ZMR 2009, 821, 823, Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 295. 1180 Arnold, in: Erman BGB, § 139 Rn. 4; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 139 Rn. 18; Wendtland, in: BeckOK BGB, § 139 Rn. 4; siehe dazu auch unten S. 263 ff. 1181 Klimke, JR 2007, 353, 354.
C. Überwälzung auf den Mieter durch Individualvereinbarungen
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tragsparteien, und insbesondere den Vertragspartner des Verwenders, davor schützen, dass der Vertrag insgesamt infolge der Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam wird.1182 Hier geht es hingegen zunächst nicht darum, ob der Mietvertrag insgesamt unwirksam sein soll, sondern um die Frage, ob sich die Unwirksamkeit lediglich auch auf die inhaltlich zusammenhängende Individualvereinbarung erstreckt. Es werden von der Rechtsprechung also nur die Abreden über die Renovierungspflicht als ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB zusammengefasst. Dennoch ist § 139 BGB nach überzeugender Ansicht1183 nicht auf die hier behandelte Konstellation anwendbar. Denn versteht man die Formularklausel und die Individualklausel als einheitliche Regelung über die Renovierungspflicht, auf die § 139 BGB anzuwenden ist, erscheint es wenig konsequent, es dabei zu belassen: Nimmt man dann die Nichtigkeit der individualvertraglichen Renovierungspflicht nach § 139 BGB an, weil nicht anzunehmen ist, dass die Individualklausel auch ohne die formularmäßige Renovierungsklausel vereinbart worden wäre, stellt sich die Folgefrage, ob dies wiederum gemäß § 139 BGB die Nichtigkeit des Gesamtvertrags zur Folge haben kann. Denn es handelt sich auch hierbei um ein einheitliches Rechtsgeschäft, das infolge der Unwirksamkeit der Individualklausel über Schönheitsreparaturen teilweise nichtig ist.1184 Jedoch soll, wie ausgeführt, gerade diese Anwendung des § 139 BGB auf den Gesamtvertrag im Falle der Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch § 306 Abs. 1 BGB ausgeschlossen werden. Überzeugender ist es deshalb, die Regelung des § 139 BGB auch bei einem Summierungseffekt durch die Kombination einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mit einer inhaltlich zusammenhängenden Individualklausel nicht anzuwenden. Die unangemessene Benachteiligung, die aus dem Summierungseffekt resultiert, führt lediglich zur Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung. Die übrigen Vertragsbedingungen, einschließlich einer die Benachteiligung verstärkenden individuellen Renovierungsklausel, bleiben gemäß § 306 Abs. 1 BGB wirksam.
III. Unwirksamkeit der Abwälzung der Anfangsrenovierung im preisgebundenen Wohnraum Zwar ist die Verpflichtung des Mieters zu einer Anfangsrenovierung durch eine Individualvereinbarung grundsätzlich möglich, da die §§ 305 ff. BGB einer solchen Vereinbarung keine Grenzen setzen.1185 Jedoch könnte sich im preisgebundenen Wohnraum die Unwirksamkeit einer solchen Abwälzungsvereinbarung 1182 1183 1184 1185
Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 1 f. Klimke, JR 2007, 353, 354 f. Klimke, JR 2007, 353, 354. Siehe oben S. 229 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
aus § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG1186 oder aus dem jeweils einschlägigen, inhaltsgleichen Landesgesetz ergeben. Danach ist eine „Vereinbarung, nach der der Mieter [. . .] mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung eine einmalige Leistung zu erbringen hat [. . .] vorbehaltlich der Absätze 2 bis 6 [. . .] unwirksam“. Ob es sich bei der Vereinbarung über eine einmalige Leistung des Mieters um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, spielt für ihre Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG somit keine Rolle. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung hat der Mieter gemäß § 9 Abs. 7 WoBindG einen Anspruch gegen den Vermieter auf Rückerstattung der von ihm erbrachten einmaligen Leistung. Zwar haben im Zuge der Föderalismusreform die Länder die Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wohnraumförderung erhalten und davon zum Teil auch Gebrauch gemacht.1187 In den übrigen Ländern und für den Wohnraum, für den bis zum 31. Dezember 2001 öffentliche Mittel bewilligt worden sind, gilt das WoBindG aber fort. Zudem enthalten viele landesrechtlichen Vorschriften eine inhaltsgleiche Norm oder einen Verweis auf § 9 Abs. 1 WoBindG.1188 Die Frage der Unwirksamkeit der Anfangsrenovierungsklauseln als einmalige Leistungen des Mieters mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung stellt sich daher weiterhin. Sie betrifft aber nur einen geringen Anteil der in Deutschland geschlossenen Mietverträge, zumal die Abwälzung der Anfangsrenovierung auf den Mieter wenig verbreitet ist.1189 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Abwälzung der Anfangsrenovierung wie bereits ausgeführt ohnehin grundsätzlich unwirksam, da sie den Mieter mit Kosten belastet, die nicht durch den eigenen Gebrauch der Mietsache entstanden sind.1190 Die Frage der Wirksamkeit von Anfangsrenovierungsvereinbarungen im preisgebundenen Wohnraum stellt sich somit nur für individuell ausgehandelte oder einzelvertragliche Vereinbarungen. Bei einer Anfangsrenovierung handelt es sich im Gegensatz zur Vornahme der während der Mietzeit erforderlichen Renovierungsarbeiten um eine einmalige Leistung des Mieters.1191 Diese erfolgt „mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung“, wenn ein Zusammenhang zwischen der Vereinbarung und der Woh1186 Wohnungsbindungsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung v. 31.9.2001, BGBl. I S. 2404–2414. 1187 Dazu näher Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, § 558 Rn. 12–13a; Bister, in: Hannemann/Wiegner, MAH Mietrecht, § 25 Rn. 2; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, Vorbem. zu §§ 557–557b BGB, Rn. 25–37. 1188 Siehe § 10 Hamburgisches WoBindG; § 9 Hessisches WoBindG; Art. 10 Bayerisches WoBindG; § 10 Bremisches WoBindG; § 44 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen. In Berlin und Niedersachsen gilt das WoBindG weiter, da nur ergänzende Regelungen getroffen wurden, vgl. Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, § 558 Rn. 13a Fn. 13. 1189 Flatow, NZM 2018, 939. 1190 Siehe oben S. 203 f. 1191 Flatow, NZM 2018, 939, 940.
C. Überwälzung auf den Mieter durch Individualvereinbarungen
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nungsüberlassung besteht.1192 Dies ist bei der Verpflichtung zur Vornahme einer Anfangsrenovierung regelmäßig der Fall.1193 Die Ausnahmeregelungen in § 9 Abs. 2–6 WoBindG bzw. in den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind nicht einschlägig. Folglich ist der Tatbestand des Verbots von Vereinbarungen über Einmalleistungen des Mieters im preisgebundenen Wohnraum erfüllt. Dennoch hat sich der Bundesgerichtshof in einem Hinweisbeschluss auf den Standpunkt gestellt, die individualvertragliche Verpflichtung eines Mieters von preisgebundenem Wohnraum zur Durchführung einer Anfangsrenovierung sei wirksam.1194 In dem entschiedenen Fall hatte der Vermieter im Gegenzug für die Abwälzung der Anfangsrenovierung auf die Zahlung einer Monatsmiete verzichtet. Diese erlassene Mietzahlung betrug allerdings nur etwa ein Zehntel der durch die Anfangsrenovierung entstandenen Kosten des Mieters und wäre damit nicht als angemessene Kompensation für die Benachteiligung durch eine Anfangsrenovierungsklausel in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ausreichend gewesen.1195 Zu Schönheitsreparaturen während der Mietzeit oder zu einer Endrenovierung wurde der Mieter nicht verpflichtet. Dass die Verpflichtung zur Einmalleistung in Form der Anfangsrenovierung wirksam ist, begründet der Bundesgerichtshof damit, dass dem Mieter bei dieser Gestaltung insgesamt keine höheren Pflichten auferlegt würden, als sie im Rahmen der Kostenmiete zulässig wären.1196 Im preisgebundenen Wohnraum kann der Vermieter gemäß § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO einen Zuschlag verlangen, wenn er die während der Mietzeit erforderlich werdenden Schönheitsreparaturen nicht auf den Mieter abwälzt, sondern sie selbst trägt. Hier hatte der Vermieter offenbar auf einen solchen Zuschlag verzichtet, obwohl die laufenden Renovierungen nicht auf den Mieter abgewälzt wurden. In einer Gesamtschau werde der Mieter daher dem Bundesgerichtshof zufolge nicht stärker belastet als durch das zulässige Verlangen des Zuschlags nach § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO oder durch die Verpflichtung zu Renovierungsarbeiten während der Mietzeit.1197 Damit nimmt der Bundesgerichtshof, wenn auch nicht ausdrücklich, eine teleologische Reduktion des § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG vor:1198 Zu der Vereinbarung einer Einmalleistung mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung muss nach seiner Ansicht hinzutreten, dass die Pflichten des Mieters insgesamt nicht über den zulässigen Rahmen der Kostenmiete hinausgehen. Eine teleologische Reduktion ist geboten, wenn der Wortlaut einer Norm planwidrig auch Fälle einschließt, für die sie nach 1192 Bellinger, in: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, § 9 WoBindG, Anm. 3.3. 1193 Flatow, NZM 2018, 939, 940. 1194 BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418. 1195 Siehe oben S. 179 ff. 1196 BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418, 1419 Rn. 12. 1197 BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418, 1419 Rn. 14. 1198 Flatow, NZM 2018, 939, 940.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
ihrem Sinn und Zweck nicht gelten sollte.1199 Der Bundesgerichtshof bejaht dies, indem er erklärt, durch § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG werde der Zweck verfolgt, die Umgehung der Preisvorschriften zu verhindern.1200 Die Einführung einer „Saldo-Prüfung“ 1201 für das Eingreifen von § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG kann aber nicht überzeugen, weil eine solche Prüfung erst im Nachhinein sinnvoll vorgenommen werden kann: Der Bundesgerichtshof ist in seinem Beschluss davon ausgegangen, für den Mieter sei es wirtschaftlich insgesamt günstiger, zur Anfangsrenovierung verpflichtet zu sein und zudem eine Monatsmiete zu sparen, als den Kostenzuschlag oder die Durchführung der laufenden Renovierungen leisten zu müssen. Dies trifft aber nur zu, wenn das Mietverhältnis lange Zeit besteht. Endet das Mietverhältnis dagegen nach kurzer Zeit, sind die Kosten für eine Anfangsrenovierung in der Regel deutlich höher als die Zuschläge, die gemäß § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO in dieser Zeit zu entrichten gewesen wären, auch wenn man einen Renovierungskostenzuschuss in Höhe von einer Monatsmiete berücksichtigt. Es kann aber nicht vom weiteren Verlauf des Mietverhältnisses abhängen, ob eine Anfangsrenovierungsvereinbarung wirksam ist, weil die Pflicht zur Anfangsrenovierung schon mit Einzug fällig wird. Dem Bundesgerichtshof ist somit nicht darin zuzustimmen, dass § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG nur dann eingreifen soll, wenn die Belastung durch die einmalige Leistung des Mieters bei einer wirtschaftlichen Gesamtschau über den zulässigen Rahmen der Kostenmiete hinausgeht. Dies entspricht außerdem dem Zweck dieser Vorschrift, den einziehenden Mieter davor zu schützen, besondere Leistungen vorzunehmen, um in den Genuss des Mietverhältnisses zu kommen.1202 Die Vereinbarung einer Anfangsrenovierung ist daher im Anwendungsbereich von § 9 Abs. 1 S. 1 WoBindG oder inhaltsgleicher Vorschriften unwirksam, auch wenn sie nicht dem AGB-Recht unterliegt.
IV. Überwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter durch schlüssiges Verhalten? Mietverträge können nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre durch schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien geschlossen und geändert worden, sodass auch eine Vereinbarung über die Abwälzung von Schönheitsreparaturen durch zwei konkludente Willenserklärungen, die nicht den §§ 305 ff. BGB unterworfen ist, an sich nicht ausgeschlossen ist. Praktisch dürfte dies jedoch äußerst selten vorkommen. 1199 1200 1201 1202
Himmen, JURA 2021, 872, 875. BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418, 1419 Rn. 12. Flatow, NZM 2018, 939, 940. BGH, Beschl. v. 22.8.2018, NJW-RR 2018, 1418, 1419 Rn. 13.
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
237
In der Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter ist in der Regel kein konkludentes Angebot für eine entsprechende Vertragsänderung zu sehen. Die Vornahme der Schönheitsreparaturen dürfte in den meisten Fällen dazu dienen, die Räume im eigenen Interesse ansprechender zu gestalten oder auf dem Glauben beruhen, hierzu verpflichtet zu sein. Deshalb kann die Vornahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter aus der Sicht eines objektiven Empfängers ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht so verstanden werden, dass der Mieter sich dadurch für die Zukunft zu weiteren Arbeiten verpflichten möchte.1203 Spiegelbildlich ist im Regelfall keine Willenserklärung des Vermieters darin zu sehen, dass er trotz Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter diese doch selbst durchführt.1204
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung? Die rechtlichen Unsicherheiten in Bezug auf die Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln sowie die mehrfachen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung haben dazu geführt, dass seit Langem und immer wieder von verschiedenen Stimmen im Schrifttum eine gesetzliche Regelung zur Schönheitsreparaturpflicht im Mietverhältnis gefordert wurde.1205 Die Vorschläge für den Inhalt einer solchen Regelung unterscheiden sich aber stark. Sie werden in diesem Teil der Untersuchung behandelt, weil die Vorschläge die Frage der Wirksamkeit von Renovierungsklauseln betreffen und nicht die Rechtsfolgen der Feststellung ihrer Unwirksamkeit. Die verbreitete Forderung nach einer gesetzlichen Regelung über die Schönheitsreparaturen betrifft im Wesentlichen zwei verschiedene Aspekte. Zum einen wird gefordert, den Begriff der Schönheitsreparaturen gesetzlich klar zu definieren. Zum anderen – dies steht im Zentrum der Regelungsvorschläge – soll die Frage, welche Vertragspartei die Dekorationslast im Mietverhältnis trägt bzw. inwiefern vertragliche Vereinbarungen dazu wirksam sein können, einer besonderen gesetzlichen Regelung zugeführt werden. Zum Teil wird eine gesetzliche Regelung der Schönheitsreparaturen mit dem Ziel gefordert, die Autonomie des deutschen Mietrechts zu stärken und auf diese 1203 Bongartz, Schönheitsreparaturen als Mieterpflicht, Rn. 18; Horst, NZM 2007, 185, 186. 1204 Artz, NZM 2005, 367, 368. 1205 Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 265–272; Kappes, NJW 2006, 3031, 3035; Horst, DWW 2007, 48, 55; Derleder, NZM 2010, 1, 8; Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 278 f.; Artz, NZM 2015, 1573, 1577; Horst, DWW 2015, 82, 86; Elzer/Riecke, ZMR 2016, 20, 21; Streyl, NZM 2017, 345; Zehelein, NZM 2018, 105, 116; Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 237; Häublein, VuR 2021, 214, 218 f.; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 47; skeptisch dagegen Boerner, NZM 2015, 686, 691.
238
1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Weise die Bedeutung der Klausel-RL im Bereich der Renovierungsklauseln zu reduzieren, um diesen Themenkomplex der als zu weitgehend empfundenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entziehen.1206 Würde die Verteilung der Schönheitsreparaturlast durch Gesetz zwingend vorgegeben, würden sich die AGB-rechtlichen und damit auch unionsrechtlichen Fragen nicht mehr stellen. Dasselbe gälte für alle Klauseln, die die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter vorsehen, wenn die Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter als Regelfall vorgesehen wäre, weil Klauseln, die dem dispositiven Recht entsprechen, gemäß Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL und § 307 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich kontrollfrei sind. Im Zentrum der Forderungen nach einer besonderen gesetzlichen Regelung der Renovierungspflichten in Raummietverhältnissen steht aber die Vermeidung rechtlicher Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, die seit Langem zu einer Vielzahl von Gerichtsverfahren führt.1207 Im Ergebnis soll durch eine möglichst einfache und verständliche Regelung also vor allem die Belastung der Justiz mit Streitigkeiten über die Schönheitsreparaturpflicht verringert werden.
I. Vorschlag des Bundesrats zur Regelung der Schönheitsreparaturpflicht im Rahmen der Mietrechtsreform 2001 Wie bereits beleuchtet, wollte die Bundesregierung die Schönheitsreparaturen im Mietrechtsreformgesetz von 2001 trotz einer Vielzahl von unterschiedlichen Kodifikationsvorschlägen1208 ungeregelt lassen und dieses Thema der Rechtsprechung überlassen, die nach Ansicht der Bundesregierung bisher sach- und interessengerecht gewesen sei.1209 Jedoch wirkt sich der Verzicht auf eine gesetzliche Regelung zu Lasten der Rechtsklarheit aus.1210 Die in erster Linie von der Rechtsprechung entwickelten Möglichkeiten und Grenzen, die Schönheitsreparaturlast zu regeln, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Erforderlich ist vielmehr die Kenntnis der inzwischen recht komplizierten Rechtsprechung, die zudem häufigen Änderungen unterlag. Dies widerspricht dem von der damaligen Bundesregierung formulierten Ziel der Mietrechtsreform, die Mietvertragsparteien sollten in die Lage versetzt werden,
1206
Häublein, VuR 2021, 214, 221. Siehe etwa Hinz, NZM 2001, 264, 274 f.; Derleder, NZM 2010, 1, 8; Streyl, NZM 2017, 345; Knops, in: Herrlein/Knops/Spiegelberg, Kommentar zum Mietrecht, § 535 Rn. 47. 1208 Ein Überblick der Vorschläge im Vorfeld der Mietrechtsreform findet sich bei Hinz, NZM 2001, 264, 274 f. und Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 249–253. 1209 Siehe oben S. 112 ff. 1210 Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 269. 1207
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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„ihre wesentlichen Rechte und Pflichten auch ohne fachlichen Beistand unmittelbar aus dem Gesetz entnehmen zu können“.1211 Unter anderem deshalb sah der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung für das Mietrechtsreformgesetz von 2001 ein dringendes Bedürfnis für eine gesetzliche Regelung. Ihm zufolge sei die höchstrichterliche Rechtsprechung zur damaligen Kautelarpraxis „lückenhaft, teilweise widersprüchlich, unübersichtlich und Streit fördernd“.1212 Das Streitpotenzial im Hinblick auf Renovierungsklauseln ist insbesondere aufgrund der Anknüpfung an den anfänglichen Renovierungszustand in der neueren Rechtsprechung1213 seither sicherlich nicht geringer geworden. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung zur Schönheitsreparaturpflicht im Mietverhältnis sollte die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit verbessern und dadurch der Belastung der Gerichte mit Streitigkeiten über die Renovierungspflichten der Mietvertragsparteien entgegenwirken.1214 In der Stellungnahme des Bundesrates wurde die Einführung des folgenden § 551a BGB vorgeschlagen: „(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter abweichend von § 535 Abs. 1 Satz 2 verpflichtet ist, Maler- und Tapezierarbeiten innerhalb des Wohnraums zur Beseitigung von Veränderungen auszuführen, wie sie durch vertragsmäßigen Gebrauch entstehen (Schönheitsreparaturen). Schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren oder Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren auf der Innenseite. (2) Schönheitsreparaturen sind in dem vereinbarten oder nach der Verkehrsauffassung üblichen Zeitraum und Umfang unter Berücksichtigung des Zustandes der jeweiligen Teile des Wohnraums fachgerecht durchzuführen. (3) Hat der Mieter seine Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2 bis zur Rückgabe des Wohnraums oder bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht erfüllt, hat er dem Vermieter die erforderlichen Kosten für die Ausführung der Schönheitsreparaturen zu ersetzen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ 1215
Nach Abs. 1 sollte also weiterhin der Vermieter für die Schönheitsreparaturen zuständig sein, jedoch sollte eine Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ausdrücklich für möglich erklärt werden. Dadurch würde klargestellt, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen sowohl durch Individualvereinbarungen als auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätz1211 1212 1213 1214 1215
BT-Drucks. 14/4553, S. 1. BT-Drucks. 14/4553, S. 85. Siehe oben S. 145 ff. BT-Drucks. 14/4553, S. 85 f. BT-Drucks. 14/4553, S. 84.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
lich möglich ist. Im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB würde sich die Frage, ob die Abwälzung der Schönheitsreparaturen als solche zulässig sein kann, daher nicht mehr stellen. Zudem würden die Zweifel über die Vereinbarkeit der Abwälzung von Schönheitsreparaturen mit dem zwingenden Minderungsrecht des Wohnungsmieters gemäß § 536 Abs. 4 BGB ausgeräumt. In Übereinstimmung mit der damaligen Rechtsprechung sollte es für die Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen nicht erforderlich sein, dass die Räume dem Mieter renoviert überlassen werden. Die in Abs. 1 S. 2 des vorgeschlagenen § 551a BGB enthaltene Definition deckt sich weitgehend mit dem von der Rechtsprechung zugrunde gelegten Begriff der Schönheitsreparaturen. Sie verzichtet auf das in der II. BerechnungsVO noch genannte, heute überholte Streichen von Böden sowie das ebenfalls überholte Kalken von Wänden und Decken. Abweichend von der heutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sollte die Grundreinigung des Teppichbodens nach dem Vorschlag des Bundesrats dagegen bewusst nicht zu den Schönheitsreparaturen gerechnet werden.1216 Dass die Schönheitsreparaturen nach Abs. 2 von der jeweils zuständigen Vertragspartei „in dem vereinbarten oder nach der Verkehrsauffassung üblichen Zeitraum und Umfang unter Berücksichtigung des Zustandes der jeweiligen Teile des Wohnraums fachgerecht durchzuführen“ sein sollten, lässt den Schluss zu, dass vertraglich auch kürzere als die üblichen Renovierungsintervalle zulässig sein sollten. Dies sollte allerdings, wie sogleich zu zeigen sein wird, aufgrund einer parallelen Änderung des AGB-Rechts nur für individualvertragliche Renovierungsvereinbarungen gelten. Durch die Wendung „unter Berücksichtigung des Zustandes der jeweiligen Teile des Wohnraums“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die vereinbarten oder üblichen Renovierungsintervalle flexibel gehandhabt werden sollen, sodass den Vertragsparteien der Beweis eines vorzeitig oder erst später eintretenden Renovierungsbedarfs offenstehen sollte.1217 Durch Abs. 3 des vorgeschlagenen § 551a BGB sollte dem Vermieter ein gesonderter Anspruch auf Kostenerstattung für die Ausführung der Schönheitsreparaturen zugesprochen werden für den Fall, dass der Mieter die von ihm geschuldeten Arbeiten bis zur Rückgabe der Wohnung oder bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht vorgenommen hat.1218 Diese Regelung hätte für Vermieter gegenüber der aktuellen Rechtslage den Vorteil, dass die nach §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Fristsetzung entbehrlich würde. Weitergehende Schadensersatzansprüche, etwa aufgrund einer verzögerten Weitervermietungsmöglichkeit, sollten dadurch nicht ausgeschlossen werden.1219 1216 1217 1218 1219
BT-Drucks. 14/4553, S. 85. Dazu kritisch Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 264. Dazu kritisch Hinz, NZM 2001, 264, 275. BT-Drucks. 14/4553, S. 86.
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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Zu Quotenabgeltungsklauseln enthielt der Vorschlag des Bundesrats keine ausdrückliche Regelung. Sie sollten offenbar als abweichende Vereinbarungen gemäß Abs. 4 stets unwirksam sein, während der Bundesgerichtshof sie damals noch für grundsätzlich zulässig hielt.1220 Neben der Einführung eines § 551a BGB schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme eine Änderung des AGB-Gesetzes vor. Danach sollten die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 11 AGBG, heute § 309 BGB) dadurch ergänzt werden, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Bestimmung unwirksam ist, „durch die bei Mietverträgen über Wohnraum der Mieter verpflichtet wird, a) Schönheitsreparaturen in kürzeren Abständen auszuführen, als es für die jeweiligen Arbeiten bei gewöhnlichem vertragsmäßigen Gebrauch erforderlich ist, b) bei Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen auszuführen, die im Falle der Fortsetzung des Mietverhältnisses noch nicht erforderlich wären, c) Schönheitsreparaturen nur durch Fachhandwerker ausführen zu lassen;“ 1221
Die Möglichkeit zur Festlegung kürzerer Renovierungsintervalle als üblich sollte somit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bestehen. Auch die Verpflichtung zu einer bedarfsunabhängigen Endrenovierungspflicht sollte nur individualvertraglich möglich sein. Ebenfalls in Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtslage sollten schließlich auch Fachhandwerkerklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt werden. Der Rechtsausschuss des Bundestags äußerte im Anschluss Kritik am Vorschlag des Bundesrats. Seiner Ansicht nach biete er den Vertragsparteien zu wenig Flexibilität für individualvertragliche Vereinbarungen über die Verteilung der Schönheitsreparaturpflicht.1222 Er bezweifelte, dass die vorgeschlagenen Regelungen zu mehr Rechtssicherheit beitragen würden, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass es wieder längere Zeit dauern würde, bis sich eine gefestigte Rechtsprechung zu den neuen Regelungen etabliert.1223 Zudem befürchtete der Rechtsausschuss eine Verschiebung des gesetzlichen Leitbilds zulasten der Mieter.1224 An dem Vorschlag des Bundesrats positiv hervorzuheben ist die einfache Definition der Schönheitsreparaturen. Dadurch würden zu einem gewissen Grad Streitigkeiten vermieden werden, etwa weil die Grundreinigung des Teppichs eindeutig nicht umfasst wäre, während ihre Zuordnung mangels einer gesetzlichen Regelung lange Zeit umstritten war.1225 Durch die Klarstellung, dass eine Abwäl1220 1221 1222 1223 1224 1225
Siehe oben S. 214 ff. BT-Drucks. 14/4553, S. 84 f. BT-Drucks. 14/5663, S. 75 f. BT-Drucks. 14/5663, S. 76. BT-Drucks. 14/5663, S. 76. Siehe BGH, Urt. v. 8.10.2008, NJW 2009, 510, 511 Rn. 21–23.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
zung der Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich möglich ist, würde zudem die bisherige herrschende Meinung bestätigt. Damit würde zwar keine weitreichende Änderung der Rechtslage bewirkt, doch würde die Rechtsklarheit verbessert und weitere Unsicherheit über die grundsätzliche Abwälzbarkeit der Schönheitsreparaturen vor dem Hintergrund des AGB-Rechts und von § 536 Abs. 4 BGB vermieden. Zu kritisieren ist aber der beschränkte Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Regelung. Sie hätte nach Wortlaut und Systematik nur für die Wohnraummiete gegolten, eine Erstreckung auf sonstige Raummietverträge nach § 578 BGB war nicht vorgesehen. Dies erscheint wenig sinnvoll, weil die Ziele, die bei der Forderung nach der Schaffung einer gesetzlichen Regelung angeführt werden – Vermeidung gerichtlicher Streitigkeiten über die Renovierungspflichten, Verbesserung der Rechtsklarheit – gleichermaßen für die Geschäftsraummiete gelten müssen. Führte man eine Regelung nur für die Wohnungsmiete ein, würde sich in Rechtsprechung und Literatur zwingend die Folgefrage anschließen, inwieweit diese auf Mietverträge über sonstige Räume übertragbar ist. Die dadurch neu geschaffene Rechtsunsicherheit wird vermieden, wenn von vornherein dieselben oder unterschiedliche Regelungen sowohl für Wohn- als auch für sonstige Raummietverträge eingeführt werden. Wie zuvor aufgezeigt, sind viele Fragen der Schönheitsreparaturpflicht in der Geschäftsraummiete sogar stärker umstritten als in der Wohnungsmiete. Dies gilt zum Beispiel für die Zulässigkeit einer Quotenabgeltung für noch nicht fällige Renovierungsarbeiten oder den Umfang der abwälzbaren Arbeiten.1226 Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs einer gesetzlichen Regelung über die Zulässigkeit von Renovierungsklauseln auf Wohnmietverträge kann deshalb nicht überzeugen. Da der Bundestag das Mietrechtsreformgesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses beschloss,1227 findet sich weiterhin keine besondere Regelung zu den Schönheitsreparaturen im BGB. Verändert hat sich durch die Mietrechtsreform diesbezüglich nur, dass die Erhaltungspflicht des Vermieters nun in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB statt in § 536 BGB geregelt ist. Ein inhaltlicher Unterschied geht damit nicht einher.
II. Weitere Regelungsvorschläge Im Schrifttum wurden, auch nachdem der Gesetzgeber auf eine Regelung im Zuge der Mietrechtsreform 2001 verzichtet hatte, weitere Vorschläge für eine gesetzliche Regelung der Aufgabenverteilung zwischen den Mietvertragsparteien in Bezug auf die Schönheitsreparaturen formuliert. 1226
Siehe oben S. 212 ff. Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts v. 19.6. 2001, BGBl. I S. 1149–1176. 1227
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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1. Zuständigkeit des Mieters für Schönheitsreparaturen Der soeben vorgestellte Vorschlag des Bundesrats sah zwar die Möglichkeit einer abweichenden vertraglichen Gestaltung vor, beließ es aber bei der Zuständigkeit des Vermieters für die Durchführung der Schönheitsreparaturen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Im Schrifttum wird dagegen teilweise vorgeschlagen, dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren. Damit soll der mietvertraglichen Praxis entsprochen werden. So schlägt Schön-Höftmann eine Änderung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB vor, nach der der Vermieter weiterhin die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten hat, „wobei die Schönheitsreparaturen während der Mietzeit dem Mieter obliegen.“ 1228 Diese Änderung würde nach der gesetzlichen Systematik gleichermaßen die Wohn- und Geschäftsraummiete betreffen. Da es dann nach dispositivem Recht Aufgabe des Mieters wäre, die Schönheitsreparaturen vorzunehmen, würde bei einer solchen Gesetzesänderung eine Inhaltskontrolle von Renovierungsklauseln nur in dem seltenen Fall erfolgen, in dem vom Mieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen eine Renovierungspflicht des Vermieters vorsehen. Ähnlich ist der Vorschlag von Kappes, dem Mieter entgegen dem bisherigen § 538 BGB auch die Verantwortlichkeit für Abnutzungen der Mietsache durch den vertragsgemäßen Gebrauch zuzuweisen.1229 2. Freistellung oder Freizeichnungsmöglichkeit des Vermieters Auch Elzer und Riecke1230 sowie Häublein1231 sprechen sich dafür aus, die Schönheitsreparaturen aus der allgemeinen Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auszuklammern. Statt einer Renovierungspflicht des Mieters soll es aber wie bei einer vertraglichen Freizeichnungslösung1232 im Belieben des Mieters liegen, ob und wann er Schönheitsreparaturen vornimmt. Eine Pflicht des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen solle nur bestehen, wenn dies zur Vermeidung von Substanzschäden erforderlich ist.1233 Dass der Vermieter nicht mehr für die Vornahme der Schönheitsreparaturen zuständig ist, soll nach diesen Vorschlägen auch gelten, wenn die Mieträume in unrenoviertem Zustand überlassen worden sind. Werden sie in renoviertem Zustand überlas-
1228 Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 279; kritisch zur gesetzlichen Zuweisung der Renovierungszuständigkeit zum Mieter Boerner, NZM 2015, 686, 691. 1229 Kappes, NJW 2006, 3031, 3035. 1230 Elzer/Riecke, ZMR 2016, 20, 21. 1231 Häublein, VuR 2021, 214, 222. 1232 Siehe dazu oben S. 221 ff. 1233 Häublein, VuR 2021, 214, 222.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
sen, sollte es nach Häubleins Auffassung aber möglich sein, den Mieter formularvertraglich zu einer Endrenovierung zu verpflichten.1234 Auch auf eine Freistellung des Vermieters von der Renovierungspflicht abzielend, aber im Ausgangspunkt abweichend ist ein Vorschlag von Hinz: Danach sollte es grundsätzlich bei der Renovierungspflicht des Vermieters bleiben, aber keine Abwälzung der Vornahmepflicht, sondern nur eine Freizeichnung durch den Vermieter vereinbart werden können.1235 3. Freistellung des Vermieters und Endrenovierungspflicht oder Quotenabgeltung bei renoviert übergebenen Räumen Auch nach den Vorstellungen Streyls sollte der Vermieter grundsätzlich nicht für die Schönheitsreparaturen zuständig sein.1236 Deren Durchführung solle durch eine Neuregelung von § 535 BGB im Belieben des Mieters stehen, wobei die Vertragsparteien vereinbaren können sollen, dass doch (ausnahmsweise) der Vermieter dekorationszuständig ist. Im Falle der Übergabe renovierter Räume soll vereinbart werden können, dass den Mieter eine bedarfsunabhängige Endrenovierungspflicht trifft, wenn seit der Übergabe bis zur Rückgabe der Mieträume mindestens sieben Jahre verstrichen sind. Für den Fall einer kürzeren Dauer des Mietverhältnisses soll im Falle der Übergabe in renoviertem Zustand vereinbart werden können, dass der Mieter bei Rückgabe für jedes angefangene Jahr des Mietverhältnisses ein Siebtel der Kosten der Renovierung durch einen Malerfachbetrieb (ohne Umsatzsteuer) zahlen müsse. Diese Quotenabgeltung soll der Mieter durch die Rückgabe renovierter Räume abwenden können. In der Neuregelung soll zudem eine Definition der Schönheitsreparaturen und des renovierten Zustands erfolgen, wobei Streyl offen lässt, wie diese Definitionen im Einzelnen formuliert werden könnten. Zugunsten des Mieters halbzwingend soll die gesetzliche Regelung nur für die Wohnungsmiete sein, sodass die Parteien eines Geschäftsraummietvertrags auch zulasten des Mieters abweichende Regelungen treffen könnten. 4. Wahlrecht des Mieters zwischen Zuschlagszahlung und Vornahme der Schönheitsreparaturen Eine deutlich komplexere Regelung hat Herrlein mit seinem Entwurf für einen zugunsten des Mieters halbzwingend ausgestalteten § 535a BGB vorgeschlagen.1237 Nach diesem Vorschlag soll die Verteilung der Renovierungslast vor al1234
Häublein, VuR 2021, 214, 222. Hinz, NZM 2001, 264, 275. 1236 Hierzu und zum Folgenden Streyl, NZM 2017, 345, 347. 1237 Zum Folgenden Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 236 f.; ähnlich ist der Vorschlag von Hinkelmann, NZM 2000, 1163. 1235
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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lem von der Wahl des Mieters zwischen einer zusätzlichen Zahlungspflicht und der Übernahme der Schönheitsreparaturen abhängen. Der Vermieter soll grundsätzlich zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet bleiben. Er soll dann aber einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 BGB erheben dürfen, sofern diese Kosten bei der Aufstellung eines qualifizierten Mietspiegels nach § 558d BGB nicht berücksichtigt wurden. Die Höhe dieses Zuschlags solle mindestens die Hälfte des Höchstsatzes und höchstens den Höchstsatz gemäß § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO betragen.1238 Der Zuschlag müsste dem Vorschlag zufolge wie eine Mietsicherheit getrennt vom Vermögen des Vermieters angelegt werden. Der Mieter soll sich jederzeit von der Pflicht zur Zahlung des Zuschlags befreien können, indem er gegenüber dem Vermieter erklärt, die Schönheitsreparaturen selbst auszuführen. Entscheidet sich der Mieter nicht für die Übernahme der Durchführung der Schönheitsreparaturen und läuft der Mietvertrag fünf Jahre, ohne dass der Vermieter Schönheitsreparaturen vorgenommen hat, so soll der Zuschlag ex nunc entfallen. Er soll wieder aufleben, wenn der Vermieter die erforderlichen Schönheitsreparaturen vorgenommen und den Mieter darüber unterrichtet hat. Nach Ablauf der fünf Jahre ohne Renovierung durch den Vermieter soll der Mieter zudem bedarfsunabhängig zwischen der Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter und der Auszahlung des Zuschlags an ihn wählen dürfen. Entscheidet sich der Mieter dafür, dass der Vermieter renovieren soll, soll der Vermieter seine Vornahmepflicht wiederum dadurch abwenden können, dass er die Summe der bisher geleisteten Zuschläge an den Mieter auszahlt. Entscheidet sich der Mieter für die Auszahlung des Zuschlags an ihn, soll er dem Vermieter nachweisen müssen, dass er selbst Schönheitsreparaturen durchführt. Endet das Mietverhältnis, sollen nicht verbrauchte Zeiträume und Zuschläge auf das folgende Mietverhältnis übertragen werden, es sei denn, der Vermieter führt vor Übergabe an den Nachmieter eine vollständige Renovierung durch. Der Anwendungsbereich der von Herrlein entworfenen Norm beschränkt sich auf die Wohnungsmiete. Zwar soll es sich um einen § 535a BGB handeln, der systematisch also zum allgemeinen Teil des Mietrechts gehören würde. Jedoch ist im Entwurf nur die Rede von der „Wohnung“. Durch die Bezugnahme auf die preisrechtlichen Vorschriften, die nur für die Wohnungsmiete gelten, steht fest, dass eine Geltung allein für Wohnraummietverhältnisse bezweckt wird. Aus diesem Grund wäre die Einführung der vorgeschlagenen Norm in einem § 535a BGB systemwidrig. Inhaltlich ist eine gesetzliche Regelung über die Schönheits1238 Die Höhe des Zuschlags wird in § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO auf 8,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche festgelegt. Sie verändert sich aber gemäß §§ 28 Abs. 5a, 26 Abs. 4 der II. BerechnungsVO entsprechend dem vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex und beträgt seit dem 1.1.2020 11,02 Euro je Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr, vgl. Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 558a Rn. 53.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
reparaturpflichten allein für die Wohnraummiete nach hier vertretener Ansicht aus den soeben genannten Gründen1239 weniger zielführend. Ein Vorteil dieser Ansparkonstruktion besteht darin, dass die Insolvenzrisiken verringert werden:1240 Der Vermieter kann auf die bisher vom Mieter gezahlten Zuschläge zugreifen, wenn der Mieter nicht selbst renoviert. Der Mieter ist in Bezug auf den Anspruch auf Auszahlung der angesparten Zuschläge durch ihre getrennte Anlage vor einer Insolvenz des Vermieters geschützt. 5. Kostentragungspflicht des Mieters Ein anderes gesetzliches Modell zur Beteiligung des Mieters an den Schönheitsreparaturen hat Langenberg vorgeschlagen.1241 Danach sollte die Zuständigkeit für die Vornahme zwingend beim Vermieter verbleiben, aber die Vereinbarung einer Abwälzung der Kosten, die bei diesem bei der Renovierung konkret anfallen, auf den Mieter zulässig sein.1242 Dem sollte der Mieter im Falle einer solchen Vereinbarung durch die Möglichkeit einer Eigenvornahme zuvorkommen können. Außerdem sollte bei Übergabe anfänglicher renovierter Räume demnach eine Quotenabgeltung für bei Vertragsende noch nicht fällige Schönheitsreparaturen vereinbart werden können.1243 6. Unabdingbarkeit der Erhaltungspflicht des Vermieters Während also von manchen die grundsätzliche Zuständigkeit des Mieters für die Schönheitsreparaturen, die Einführung eines Zuschlags für vom Vermieter durchgeführte Schönheitsreparaturen oder die Möglichkeit der Abwälzung der Renovierungskosten vorgeschlagen wird, schlägt Kappus den gegenteiligen Weg ein. Nach seinem Vorschlag soll die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zugunsten des Mieters einseitig zwingend formuliert werden („wovon zu Lasten des Mieters nicht abgewichen werden kann“).1244 Damit würde jede Abwälzung von Renovierungs- und Reparaturpflichten auf den Mieter und jegliche Freizeichnung von diesen Pflichten unwirksam, unabhängig davon, ob es sich um einen Wohn- oder Geschäftsraummietvertrag handelt. Es käme auch nicht mehr auf die bisher oft streitentscheidende Frage an, ob es bei einer Renovierungsklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, 1239
Siehe oben S. 242. Hinkelmann, NZM 2000, 1163 f. 1241 Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 264 f. 1242 Zur Wirksamkeit entsprechender Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach jetziger Rechtslage bereits oben S. 218 ff. 1243 Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 265. 1244 Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 270. 1240
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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weil das Verbot der Abweichung von der Erhaltungspflicht des Vermieters zulasten des Mieters auch für Individualvereinbarungen gälte.
III. Stellungnahme und eigener Vorschlag Mit Blick auf das vorrangig mit einer besonderen gesetzlichen Regelung der Renovierungspflicht angestrebte Ziel der Streit- und Prozessvermeidung sollen die hier vorgestellten Kodifikationsvorschläge insbesondere unter dem Gesichtspunkt beurteilt werden, inwiefern sie dazu geeignet sind, Konflikte zwischen den Vertragsparteien und dadurch mittelbar eine Inanspruchnahme der Gerichte zu vermeiden. Für eine Regelung, bei der entweder dem Mieter die grundsätzliche Zuständigkeit für die Renovierungen1245 oder im Gegenteil dem Vermieter die gar unabdingbare Zuständigkeit hierfür zugewiesen wird,1246 spricht die Einfachheit und Klarheit einer solchen Norm. Die Vertragsparteien könnten mit einem Blick ins Gesetz erkennen, dass der Mieter grundsätzlich die Schönheitsreparaturen trägt oder aber dies gerade nicht, auch nicht individualvertraglich, vereinbart werden kann. Um künftig Streitigkeiten darüber zu vermeiden, welche Arbeiten konkret von den Schönheitsreparaturen umfasst sind, sollte bei einer solchen Regelung eine aktualisierte Definition der Schönheitsreparaturen hinzutreten. Mögliche Streitpunkte bleiben aber bei beiden Modellen die Fälligkeit und die geschuldete Qualität der von der einen oder anderen Seite geschuldeten Renovierung. Der Vorschlag von Kappus, die Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar zu machen, brächte nicht nur rechtliche Klarheit für die Vertragsparteien, sondern böte im Hinblick auf die Entlastung der Justiz auch den Vorteil, dass sich die Frage der Wirksamkeit von Abwälzungsklauseln nicht mehr stellen würde, weil jede Abweichung vom Gesetz zwingend zur Unwirksamkeit führen würde. Es würden sich dann lediglich noch Fragen in Bezug auf die praktische Durchführung der vom Vermieter geschuldeten Renovierungen stellen, insbesondere zur geschuldeten Qualität der Schönheitsreparaturen und ihre Fälligkeit, sowie Abgrenzungsfragen zur Sachbeschädigung. Eine so eindeutige Rechtslage besteht naturgemäß nicht, wenn wie im Vorschlag des Bundesrats lediglich die grundsätzliche Abwälzbarkeit klargestellt oder wie in anderen Vorschlägen die Renovierungszuständigkeit des Mieters als Grundregel festgelegt wird, da sich dann weiterhin vor allem AGB-rechtliche Wirksamkeitsfragen zu abweichenden vertraglichen Gestaltungen stellen. Der Vorschlag von Kappus brächte zudem über den Bereich der Schönheitsreparaturen hinaus Klarheit über die bisher umstrittene Frage der Übertragbarkeit sonstiger Erhaltungsmaßnahmen und Reparaturarbeiten auf gewerbliche Mieter. Die Kehrseite der von Kappus vorgeschlagenen 1245 1246
Schön-Höftmann, Schönheitsreparaturen im Mietrecht, S. 279. Kappus, in: GS Sonnenschein, S. 263, 270.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
unabdingbaren Erhaltungspflicht des Vermieters ist, dass die Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien stark eingeschränkt wäre, da nicht einmal mehr individuell ausgehandelte Abwälzungs- und Freizeichnungsklauseln zulässig wären.1247 Aus diesem Grund wäre es möglicherweise vorzugswürdig, die Unabdingbarkeit der Erhaltungspflicht des Mieters nicht in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB anzuordnen, sondern sie auf Allgemeine Geschäftsbedingungen zu beschränken, indem eine entsprechende Regelung in § 309 BGB aufgenommen wird. Jedoch hätte dies den Nachteil, dass damit keine klare Entscheidung für die Geschäftsraummiete getroffen würde, da § 309 BGB gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen findet, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Es würde sich dann also die Frage stellen, ob und inwiefern die Wertung durch die neu geschaffene Regelung in § 309 BGB im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu berücksichtigen ist. Folglich würde die durch den Vorschlag von Kappus geschaffene Rechtssicherheit durch eine „kleine“, AGB-rechtliche Lösung wiederum vermindert. Aber auch im Hinblick auf ein etwaiges Klauselverbot in § 309 BGB ist zu bedenken, dass eine gesetzlich zwingende Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters dem politischen Interesse zuwiderlaufen könnte, ein möglichst breites Angebot an Mietwohnungen sicherzustellen. Zwar lässt sich nach hier vertretener Ansicht kaum nachweisen, dass die Miete im einzelnen Vertragsverhältnis gerade wegen der Abwälzung oder der Freizeichnung von der Renovierungspflicht herabgesetzt ist.1248 Jedoch könnte eine unabdingbare Renovierungspflicht der Vermieter die erzielbare Rendite aus der Vermietung gerade bei Bestehen von Mietpreisbeschränkungen reduzieren, was konkurrierende Möglichkeiten zur Kapitalanlage attraktiver erscheinen ließe. Die Folge könnte eine Verknappung des Angebots an Mietwohnungen sein.1249 Die Unterbindung der Abwälzungs- und Freizeichnungsmöglichkeit könnte zwar vermutlich die Belastung der Justiz verringern, aber zugleich möglicherweise ein rechtspolitisches Ziel von großer Bedeutung beeinträchtigen. Der Vorschlag von Streyl, bei dem der Vermieter grundsätzlich von der Renovierungspflicht befreit werden soll und der Mieter bei Überlassung renovierter Räume aber bei Vertragsende zur Endrenovierung oder zur quotalen Abgeltung verpflichtet sein soll, berücksichtigt zunächst in überzeugender Weise die typischen Interessen der Vertragsparteien, insbesondere derjenigen des Vermieters: Während der Mietzeit hat regelmäßig allein der Mieter ein Interesse am Dekorationszustand der von ihm gemieteten Räume. Der Vermieter möchte im Interesse der schnellen und einfachen Weitervermietung renovierte Räume zurückerhalten oder zumindest einen Teil der Kosten für eine frische Renovierung erhalten. Je1247 1248 1249
Kritisch auch Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 252. Siehe oben S. 131 ff. Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Teil 2 (31) Rn. 10.
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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doch birgt der Vorschlag einer gesetzlich gestatteten Quotenabgeltung neues Konfliktpotenzial, weil die Parteien über die Angemessenheit der Renovierungskosten durch einen Handwerksbetrieb streiten könnten. Außerdem ist die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielfach dafür kritisiert worden, dass sie die Wirksamkeit von Abwälzungsklauseln davon abhängig macht, ob die Räume bei Vertragsbeginn renoviert übergeben wurden, weil dies zu Abgrenzungs- und Beweisproblemen führe.1250 Durch Streyls Vorschlag würde der später oftmals umstrittene anfängliche Renovierungszustand weiterhin von entscheidender Bedeutung sein, weil von ihm die Wirksamkeit von Endrenovierungs- und Quotenabgeltungsklauseln abhinge. Auch das von Herrlein vorgeschlagene Modell, bei dem Zuschläge zur Miete für die grundsätzlich vom Vermieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen vorgesehen sind,1251 erscheint wenig geeignet, das Konfliktpotenzial im Mietverhältnis zu verringern. Lässt der Vermieter in dem nach dem Vorschlag maßgeblichen Fünfjahreszeitraum nur stellenweise Renovierungsarbeiten vornehmen, können sich die Vertragsparteien darüber streiten, ob dies genügt, um die Unterbrechung bei der Zuschlagszahlung und die Pflicht zur Auszahlung der angesparten Zuschläge an den Mieter zu umgehen. Die Parteien müssten den Fünfjahreszeitraum zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Blick behalten. Durch die Festlegung auf diesen Zeitraum könnten die Parteien zudem zur Vornahme noch nicht notwendiger Renovierungsarbeiten gedrängt werden. Insgesamt bringt der Vorschlag deshalb wenig Vereinfachung, sondern macht im Gegenteil einen stärkeren Austausch zwischen Vermieter und Mieter erforderlich. Die Fragen, ob der Zuschlag weiter zu zahlen ist und ob die angesparten Zuschlagszahlungen an den Mieter ausgezahlt werden müssen, stellen möglicherweise Quellen neuer Streitigkeiten dar. Der geringste Abstimmungsbedarf zwischen den Vertragsparteien besteht, wenn die Vornahme der Schönheitsreparaturen, wie von mehreren Stimmen in der Literatur vorgeschlagen, in das Belieben des Mieters gestellt wird, während zugleich eine Freizeichnungsmöglichkeit des Vermieters besteht. Dann bestünde kein Recht des Mieters, vom Vermieter die Durchführung zu verlangen und es bestünde mangels Abwälzbarkeit der Vornahmepflicht auf den Mieter deutlich weniger Anlass zu Streitigkeiten: In rechtlicher Hinsicht würde Streit über die Wirksamkeit von Abwälzungsklauseln obsolet und in tatsächlicher Hinsicht käme es nicht mehr auf die Frage der Erforderlichkeit von Renovierungsarbeiten oder den anfänglichen Renovierungszustand an. Mit Blick auf das Ziel der Vermeidung (gerichtlicher) Auseinandersetzungen erscheint es daher am sinnvollsten, Ansprüche auf Vornahme von Schönheitsreparaturen während der gesamten 1250 Vgl. Börstinghaus, NZM 2016, 417, 431; Zehelein, NZM 2018, 105; Häublein, VuR 2021, 214, 215 f. 1251 Herrlein, in: FS Börstinghaus, S. 229, 236 f.; dazu soeben S. 244 f.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
Dauer des Vertragsverhältnisses einschließlich der Rückgabe der Mietsache für beide Seiten auszuschließen oder zumindest die Möglichkeit einer vom Gesetz abweichenden Gestaltung auf Freizeichnungsklauseln zu beschränken. Eine solche Regelung würde die Justiz entlasten und wäre für die Vertragsparteien in ihren praktischen Auswirkungen wohl hinnehmbar: Der Dekorationszustand während der Mietzeit ist ohnehin vor allem für den Mieter, nicht aber der für den Vermieter von Interesse.1252 Der Mieter könnte nach seinen eigenen Bedürfnissen Schönheitsreparaturen vornehmen. Zwar erhielte der Vermieter in der Regel keine renovierten Räume zurück, was die Weitervermietbarkeit erschweren kann. Darauf konnten sich Vermieter aber auch nach bisheriger Rechtslage nicht verlassen, da bedarfsunabhängige Endrenovierungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind.1253 Der Zustand bei Rückgabe mag noch einmal schlechter sein, wenn der Mieter auch nicht wegen der Renovierungsarbeiten in Anspruch genommen werden kann, die während der Mietzeit erforderlich geworden sind.1254 Zudem könnte der Vermieter bei einer solchen Regelung auch nicht bei Vertragsende die Nachholung der erforderlichen Schönheitsreparaturen verlangen. Allerdings haben die meisten Mieter, ob im Wohn- oder Geschäftsraum, ein eigenes Interesse daran, die Räume in einigermaßen nutzbarem und ansehnlichem Zustand zu erhalten.1255 Eine Verwahrlosung der Räume dürfte deshalb zumindest nicht im Regelfall drohen. Zudem ist nach bisheriger Rechtslage die Verpflichtung des nachfolgenden Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohnehin nur wirksam möglich, wenn der Vermieter die Räume vor der Übergabe in einen renovierten Zustand versetzt oder dem Nachmieter die dafür erforderlichen Kosten erstattet.1256 Der durch eine solche Neuregelung entstehende Nachteil für den Vermieter bestünde somit höchstens in Höhe der Differenz zwischen den Kosten für eine Renovierung in zuvor regelmäßig renovierten Räumen und den Kosten für eine Renovierung in zuvor vernachlässigten Räumen. Für den Fall einer vertragswidrigen Nutzung der Mietsache, die zu einer übermäßigen Abnutzung führt, stünden dem Vermieter selbstverständlich weiterhin Schadensersatzansprüche wegen einer Beschädigung der Mietsache zu, da diese durch die Regelung der Schönheitsreparaturlast nicht beeinflusst werden. Sollen die Schönheitsreparaturen ins Belieben des Mieters gestellt werden, so kommen dafür verschiedene Regelungsmodelle in Betracht: Zum einen könnte in oder nach § 535 BGB ergänzt werden, dass die Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht zur vom Vermieter geschuldeten Gebrauchserhaltung gemäß 1252 1253 1254 1255 1256
Siehe dazu bereits oben S. 194. Siehe oben S. 204 f. Langenberg, in: FS Derleder (2005), S. 249, 252. Hinz, NZM 2001, 264, 275; Streyl, NZM 2017, 345, 346. Siehe oben S. 145 ff.
D. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung?
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§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB gehört, die Verpflichtung des Mieters dazu aber ebenfalls unzulässig ist. Will man am bisherigen Regelungskonzept des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB festhalten, könnte man zum anderen diese Norm unangetastet lassen und lediglich die Abwälzung der Vornahmepflicht auf den Mieter untersagen, eine Freizeichnung aber gestatten. Dann würde es bei Fehlen einer vertraglichen Regelung bei der Renovierungspflicht des Vermieters bleiben. Auf diese Weise bliebe der Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien zumindest größer als bei einer zwingenden Freistellung des Vermieters von der Schönheitsreparaturpflicht. Eine solche Regelung könnte wiederum entweder im allgemeinen Teil des Mietrechts erfolgen oder durch eine Ergänzung von § 309 BGB. Eine Regelung in den §§ 535 ff. BGB hätte im Gegensatz zu einer Ergänzung von § 309 BGB zur Folge, dass sämtliche Raummietverträge erfasst würden, dafür aber auch individuell ausgehandelte abweichende Vertragsbedingungen unwirksam wären. Im Interesse der Herbeiführung einer klaren, konfliktvermeidenden Rechtslage erscheint eine Regelung im allgemeinen Teil des Mietrechts vorzugswürdig, damit auch für die Geschäftsraummiete klare rechtliche Maßstäbe gesetzt werden. Dass dadurch die Gestaltungsfreiheit der Parteien stärker eingeschränkt wird, weil auch individualvertragliche Abwälzungsklauseln stets unwirksam würden, erscheint hinnehmbar, zumal individuell ausgehandelte Schönheitsreparaturklauseln selten sind. Eine gesetzliche Regelung im BGB, die nach hiesiger Ansicht geeignet ist, eine Vielzahl der Konflikte um die Renovierungspflicht im Mietverhältnis zu entschärfen, könnte wie folgt lauten: „§ 535a Schönheitsreparaturen (1) 1Die Vertragsparteien können bei einem Mietverhältnis über Räume vereinbaren, dass der Vermieter abweichend von § 535 Absatz 1 Satz 2 nicht verpflichtet ist, Schönheitsreparaturen durchzuführen. 2Eine Vereinbarung, wonach der Mieter zur Durchführung oder zur Übernahme der Kosten für die Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet wird, ist unwirksam. 3Im Falle einer Vereinbarung nach Satz 1 ist die Miete abweichend von § 536 nicht wegen eines Mangels gemindert, der durch das Unterlassen von Schönheitsreparaturen entstanden ist. (2) Schönheitsreparaturen sind die Maler- und Tapezierarbeiten innerhalb der Mietsache zur Beseitigung von Veränderungen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch und die Alterung des Materials entstehen.“
Abs. 1 S. 1 und 2 sind eng angelehnt an eine von mehreren von Hinz1257 genannten Formulierungen, die nach seiner Ansicht für eine Regelung der Schönheitsreparaturpflicht im Zuge der Mietrechtsreform 2001 in Betracht kamen. Durch Abs. 1 S. 3 BGB wird als Ausnahme von § 536 BGB bestimmt, dass die Miete im Falle der Vereinbarung einer Freizeichnungsklausel wegen der vom Vermieter unterlassenen Schönheitsreparaturen nicht gemindert ist, damit der Vermieter zur Vermeidung der Minderung nicht doch renovieren muss. Abs. 2 1257
NZM 2001, 264, 275.
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1. Teil: Schönheitsreparaturklauseln auf dem Prüfstand
enthält eine möglichst prägnante Definition der Schönheitsreparaturen. Die vorgeschlagene Regelung ließe sich anstelle der Einfügung eines eigenen Paragraphen auch in den § 535 BGB integrieren. Im Übrigen könnte eine solche Bestimmung statt im allgemeinen Teil des Mietrechts auch in den Bestimmungen über das Wohnraummietrecht in §§ 549 ff. BGB enthalten sein. Um sie auf die Geschäftsraummiete zu erstrecken, könnte in § 578 Abs. 2 BGB ein entsprechender Verweis hinzugefügt werden.
E. Fazit und Ausblick Zusammenfassend ist festzustellen, dass Renovierungsklauseln zwar auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden können, dass ein Großteil der bisher verwendeten, formularvertraglichen Klauseln aber nicht der Inhaltskontrolle standhält. Dabei sind nach hier vertretener Ansicht auch einige Klauselformulierungen unwirksam, die weit verbreitet sind, von der Rechtsprechung bisher nicht beanstandet wurden und weiterhin empfohlen werden, da insbesondere Abwälzungsklauseln mit flexiblem Fristenplan nach hiesiger Ansicht unwirksam sind.1258 Die in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof entwickelte dogmatische Begründung für die Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklauseln kann an mehreren Stellen nicht überzeugen. Insbesondere das Entgeltargument widerspricht anerkannten Grundsätzen des AGB-Rechts. Zweifel bestehen auch an der Unionsrechtskonformität der Argumentation des Bundesgerichtshofs, soweit sie sich – und dies ist im Hinblick auf das Entgelt- und das Verkehrssitteargument der Fall – zulasten des Verbrauchers auswirkt. Obwohl die Inhaltskontrolle im Wesentlichen am Maßstab des nationalen Rechts erfolgt, hat sich gezeigt, dass die Vorgaben der Klausel-RL nicht nur in Bezug auf den erweiterten Anwendungsbereich der Klauselkontrolle, sondern auch bei der Inhaltskontrolle von Renovierungsklauseln berücksichtigt werden müssen. Der partiell vom sonstigen deutschen AGB-Recht abweichende Schutzzweck der Klausel-RL wirkt sich nach den Erkenntnissen dieser Untersuchung nicht in der Weise aus, dass Renovierungsklauseln in Verbraucherverträgen anders behandelt werden müssen als in anderen Verträgen. Auch die Berücksichtigung individueller Umstände gemäß Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB hat nur geringe Bedeutung bei der Kontrolle von Renovierungsklauseln, zumal die Rechtsprechung durch das Abstellen auf den Renovierungszustand bei Überlassung der Mietsache und auf die Gewährung einer angemessenen Kompensation auch außerhalb von Verbraucherverträgen stark auf die Umstände des Einzelfalls Rücksicht nimmt. Jedoch bewirkt die Geltung der Klausel-RL als höherrangiges Recht, dass die Vorgehensweise bei der Inhaltskontrolle bestimmter Klauseln mit den Vorgaben von 1258
Siehe oben S. 199 ff.
E. Fazit und Ausblick
253
Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof abgestimmt werden muss. Es wäre deshalb wie erläutert wünschenswert, wenn der Bundesgerichtshof seine im Rahmen der Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln angewandten Argumentationsmuster bei passender Gelegenheit gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Überprüfung vorlegen würde. Der Europäische Gerichtshof hat in inzwischen gefestigter Rechtsprechung klargestellt, dass er sich zwar nicht zur Beurteilung der Missbräuchlichkeit einzelner Klauseln, die am Maßstab des nationalen Rechts gemessen werden müssen, wohl aber zu den bei der Klauselkontrolle zu beachtenden Kriterien verbindlich äußert. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof erscheint wie ausgeführt1259 zudem im Hinblick auf eine etwaige und bisher hoch umstrittene Amtsermittlungspflicht der Gerichte bei der Klauselkontrolle geboten. Durch ein solches Vorlageverfahren aus Anlass der Bestimmung des anfänglichen Renovierungszustandes von Mieträumen könnten Fragen geklärt werden, die über den Themenkomplex der Schönheitsreparaturen hinaus von Bedeutung sind. Da gerichtliche Prozesse über die Wirksamkeit von Renovierungsklauseln in Mietverträgen sehr häufig sind und einige Probleme bisher keiner klaren Lösung zugeführt wurden, wird es wahrscheinlich auch in Zukunft wieder wichtige höchstrichterliche Entscheidungen und möglicherweise auch Rechtsprechungsänderungen im Hinblick auf die Kontrolle von Schönheitsreparaturklauseln geben.1260 Für ein Tätigwerden des Gesetzgebers gibt es bisher trotz der vielen Aufforderungen aus dem Schrifttum keine Anzeichen. Dies könnte sich ändern, wenn eine nochmalige Rechtsprechungsänderung zu Ergebnissen führt, die vom Gesetzgeber als für eine Vertragspartei nicht hinnehmbar angesehen werden. Die seit Jahrzehnten währende Zurückhaltung des Gesetzgebers mag auch dadurch zu erklären sein, dass sich die vielen geäußerten Regelungsvorschläge grundlegend unterscheiden. Ein „gemeinsamer Nenner“ ließe sich aus ihnen nicht bilden.
1259 1260
Siehe oben S. 165 ff. So auch Häublein, VuR 2021, 214, 219.
2. Teil
Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln Die Rechtsfolgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bilden einen Problemkreis von großer praktischer Bedeutung, weil die Rechtsprechung in Bezug auf die Wirksamkeit dieser Klauseln mit fortschreitender Zeit immer strenger wurde. Somit wurden viele Klauseln, die zuvor auch richterlich für unbedenklich befunden worden waren, später für unwirksam erklärt. Es enthalten daher insbesondere viele ältere Mietverträge Renovierungsklauseln, die nach dem heutigen Stand der Rechtserkenntnis unwirksam sind.1 Die Frage nach den Rechtsfolgen unwirksamer Renovierungsklauseln betrifft somit nicht nur einen Ausnahmefall, sondern einen erheblichen Teil der Mietverhältnisse. Rechtliche Folgen können sich aus der Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln nicht nur für laufende, sondern auch für bereits beendete Mietverhältnisse ergeben.
A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln I. Grundlagen Gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL müssen missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sein.2 Dies bedeutet, dass ein Gewerbetreibender keine Rechte aus einer missbräuchlichen Klausel gegenüber einem Verbraucher geltend machen kann.3 Dies gilt auch für Preisvereinbarungen und Klauseln über die Hauptleistungspflichten, wenn diese wegen Intransparenz gemäß Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL für missbräuchlich befunden werden.4 Wie die Unverbindlichkeit der missbräuchlichen Klauseln rechtstechnisch herbeigeführt wird, bleibt nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen überlassen.5 Die nationale Umsetzung muss aber 1 Emmerich, JuS 2015, 840, 841; Klein-Blenkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 462. 2 So auch Erwägungsgrund 21. 3 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 6 RL Rn. 4. 4 EuGH, Urt. v. 12.1.2023, NJW 2023, 903, 906–908 Rn. 54 – D.V. 5 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2260 f. Rn. 62 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 16.3.2023, BeckRS 2023, 4205 Rn. 18 – M.B.; Ludwigkeit, in: Kindl/Vendrell, Die Rechtsprechung des EuGH und ihr Einfluss auf die nationalen Privatrechtsordnungen, S. 141, 144.
A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln
255
die Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes wahren.6 Im deutschen AGB-Recht sind Klauseln, die gegen die §§ 307–309 BGB verstoßen, unwirksam. § 306 Abs. 2 BGB bestimmt, dass sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht Bestandteil des Vertrags geworden oder unwirksam sind.7 Für Schönheitsreparaturklauseln folgt daraus zunächst, dass der Vermieter nicht die Vornahme von Arbeiten auf der Grundlage von unwirksamen Vornahmeklauseln und keine Zahlungen vom Mieter auf der Grundlage von unwirksamen Kostenabwälzungs-, Zuschlags- und Quotenabgeltungsklauseln verlangen kann. Stattdessen gilt gemäß § 306 Abs. 2 BGB das dispositive Recht, was bedeutet, dass gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB der Vermieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist.8 Kostenabwälzungs-, Zuschlags- und Abgeltungsklauseln entfallen ersatzlos.
II. Das Verbot geltungserhaltender Reduktion Zu beachten ist des Weiteren das sowohl vom Bundesgerichtshof als auch vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung formulierte Verbot geltungserhaltender Reduktion. Der Bundesgerichtshof hat das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in überzeugender Weise mit generalpräventiven Erwägungen begründet: Würden unwirksame Klauseln auf den gerade noch zulässigen Inhalt begrenzt, könnten die Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Risiko ihren Vertragspartner möglichst weitgehend benachteiligen im Vertrauen darauf, dass die Vertragsbedingungen notfalls nachträglich auf das zulässige Maß reduziert werden. Das Ziel, einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Klauseln herbeizuführen, lasse sich daher nur erreichen, wenn unzulässige Klauseln insgesamt unwirksam sind.9 Hinzu tritt ein Transparenzaspekt: Die Zulassung einer geltungserhaltenden Reduktion würde es dem Vertragspartner des Verwenders erschweren, seine Rechte und Pflichten aus dem Vertragstext zu entnehmen, da sich diese gegebenenfalls erst aus der Reduktion auf den zulässigen Inhalt ergäben.10 Die herrschende Ansicht in der Literatur stimmt dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu.11 In bestimmten Fall6
Dazu bereits oben S. 161 ff. Zur Frage der Unionsrechtskonformität der Ersetzung unwirksamer Klauseln durch dispositives Recht siehe unten S. 273 ff. 8 Dazu im Einzelnen unten S. 273 ff. 9 BGH, Urt. v. 17.5.1982, BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309, 2310; BGH, Urt. v. 18.1.2017, BGHZ 213, 302 = NJW 2017, 1301, 1305 Rn. 38. 10 Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 14. 11 Statt vieler Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 14– 15b; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 31; Grüneberg, in: ders., BGB, § 306 Rn. 6. 7
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
gruppen werden allerdings Einschränkungen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im Schrifttum und in der Spruchpraxis zugelassen.12 Zudem kann nach der ständigen Rechtsprechung eine teilweise Aufrechterhaltung des Inhalts einer Klausel über die Rechtsfiguren der Teilunwirksamkeit im Falle der Teilbarkeit einer Klausel und über eine ergänzende Vertragsauslegung hergestellt werden.13 Der Europäische Gerichtshof verwendet nicht den Begriff der geltungserhaltenden Reduktion, leitet aber letztlich inhaltsgleich aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL sowie Erwägungsgrund 21 der Klausel-RL her, ein Gericht dürfe eine missbräuchliche Klausel nicht auf das zulässige Maß zurechtstutzen.14 Er begründet dies ähnlich wie der Bundesgerichtshof damit, es komme ein Abschreckungseffekt dadurch zustande, dass missbräuchliche Klauseln schlicht unangewendet bleiben. Dieser Abschreckungseffekt werde beeinträchtigt, wenn missbräuchliche Klauseln auf ein zulässiges Maß reduziert werden.15 Zwar wurde das Verbot geltungserhaltender Reduktion in der deutschen AGB-Rechtsprechung schon lange vor diesen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs anerkannt. In anderen Mitgliedstaaten war eine Reduktion missbräuchlicher Klauseln auf den zulässigen Inhalt dagegen üblich und zum Teil sogar gesetzlich vorgesehen.16 Aus dem Vorstehenden folgt, dass eine unwirksame Renovierungsklausel von einem mit ihr befassten Gericht nicht nachträglich so umgestaltet werden darf, dass sie gerade noch den Anforderungen des AGB-Rechts standhält.17 Eine geltungserhaltende Reduktion lässt sich auch nicht wirksam durch eine in Mietverträgen häufig vorkommende18 salvatorische Ersetzungsklausel herstellen, der zufolge sich die Parteien verpflichten, eine unwirksame Klausel durch eine Regelung zu ersetzen, die dem in der unwirksamen Klausel enthaltenen wirtschaftlichen Regelungsgehalt in zulässiger Weise gerecht wird. Eine solche Klausel ist 12
Im Einzelnen Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 57–146. Dazu näher unten S. 265 ff. und 279 ff. 14 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2260 Rn. 64–73 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 21.1.2015, BeckRS 2015, 80134 Rn. 28 – Unicaja Banco; EuGH, Urt. v. 7.11.2019, EWS 2019, 345, 350 Rn. 67 – NMBS; EuGH, Urt. v. 25.11. 2020, NJW 2021, 611, 613 Rn. 30 – Banca B; diese Rechtsprechung ablehnend Uffmann, NJW 2012, 2225, 2230. 15 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2260 Rn. 69 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 30.5.2013, NJW 2013, 2579, 2582 Rn. 59 – Asbeek Brusse und de Man Garabito; EuGH, Urt. v. 7.11.2019, EWS 2019, 345, 351 Rn. 69 – NMBS; EuGH, Urt. v. 16.3.2023, BeckRS 2023, 4205 Rn. 26 – M.B. 16 Ebers, in: Micklitz/Stuyck/Terry, Cases, Materials and Text on Consumer Law, S. 279, 302. 17 Für eine Zulassung der geltungserhaltenden Reduktion bei unwirksamen Renovierungsklauseln hingegen Kappus, NZM 2011, 674, 675 f. 18 H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 677; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 2 Rn. 84. 13
A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln
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auf eine Umgehung des § 306 Abs. 2 BGB gerichtet, indem sie den Verwender möglichst weitgehend von dem Unwirksamkeitsrisiko befreien soll, und daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.19 Wie noch zu zeigen sein wird, ist die Reichweite des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im Zusammenhang mit der Feststellung der Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln im Einzelnen allerdings umstritten.20
III. Kein Vertrauensschutz für Verwender Weder Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL noch § 306 BGB sehen nach ihrem Wortlaut irgendeine Beschränkung der Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln vor. Dennoch wurde im Kontext der Renovierungsklauseln in Mietverträgen intensiv darüber diskutiert, ob die Unverbindlichkeit von Klauseln, die der Inhaltskontrolle nicht standhalten, im Interesse des Vertrauensschutzes für den Verwender begrenzt werden müsse.21 Dabei ging es den meisten nicht um eine Gesetzesänderung,22 sondern um die Anwendung des bestehenden Rechts. Gefordert wurde auf verfassungsrechtlicher Grundlage zum Teil die Verschonung bereits beendeter Mietverträge von den Rechtsfolgen der Feststellung der Unwirksamkeit,23 zum Teil aber auch die Schaffung von Übergangsregelungen für noch laufende Verträge, sofern die entsprechenden Klauselformulierungen zuvor höchstrichterlich nicht beanstandet wurden.24 So sollte nach einer Ansicht übergangsweise eine Ausnahme von dem Verbot geltungserhaltender Reduktion geschaffen werden, um das Vertrauen der Vermieter in die bisherige Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Renovierungsklauseln nicht zu enttäuschen.25 Anlass für die Forderungen nach der Gewährung von Vertrauensschutz für Vermieter als Klauselverwender waren vor allem zwei Rechtsprechungsänderungen des achten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, die beide Pflichtenübertragungen auf den Mieter anhand eines starren Fristenplans betrafen. Zunächst wurden im Jahr 2004 erstmals Abwälzungsklauseln auf der Grundlage starrer Fris19
BGH, Urt. v. 3.12.2015, NJW 2016, 401, 402 Rn. 26. Siehe unten S. 265 ff. 21 Für die Gewährung von Vertrauensschutz bei Rechtsprechungsänderungen in Bezug auf die Wirksamkeit von Renovierungsklauseln H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 677 f.; Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 78 f.; Artz, NZM 2007, 265, 268; Horst, NZM 2007, 185, 187–193; ders., DWW 2007, 48, 50; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 2 Rn. 72, 74 f.; jeglichen Vertrauensschutz ablehnend hingegen Sternel, NZM 2007, 545, 546 f. Emmerich, NZM 2009, 16, 18. 22 Dafür aber Kappes, NJW 2006, 3031, 3035. 23 Artz, NZM 2007, 265, 268. 24 Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 78 f.; Horst, NZM 2007, 185, 187–193; ders., DWW 2007, 48, 50 f. 25 Horst, NZM 2007, 185, 187 f.; dafür allgemein im Falle unvorhersehbarer Rechtsprechungsänderungen Medicus, NJW 1995, 2577, 2583. 20
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
tenpläne für unwirksam erklärt,26 nachdem diese lange Zeit, auch noch ein Jahr vor dieser Entscheidung, von demselben Senat nicht beanstandet worden waren.27 Im Jahr 2006 wurde vom achten Zivilsenat dann auch die Unwirksamkeit von Quotenabgeltungsklauseln erkannt, denen ein starrer Fristenplan zugrunde liegt.28 Auch hier hatte derselbe Senat zwei Jahre zuvor die Wirksamkeit einer inhaltlich übereinstimmenden Klausel angenommen.29 Diese Rechtsprechungsänderungen hatten nicht nur zur Folge, dass Vermieter keine Renovierungsarbeiten bzw. Abgeltungszahlungen mehr von ihren Mietern verlangen konnten, sondern auch, dass Mieter ihre im Glauben an die Wirksamkeit der Abwälzungs- oder Quotenabgeltungsklauseln getätigten Zahlungen zurückverlangen oder Ersatz für die getätigten Arbeiten verlangen konnten, sofern noch keine Verjährung eingetreten war.30 Ähnlich nachteilige wirtschaftliche Folgen für Vermieter hatte die Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs im Jahre 2015, nach der die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nunmehr unwirksam ist, wenn die Mieträume unrenoviert überlassen werden. Im Anschluss an diese Rechtsprechungsänderung ist allerdings keine Diskussion über die Gewährung von Vertrauensschutz für Vermieter mehr aufgekommen. Horst stützt das Erfordernis von Übergangsregelungen nach der Feststellung der Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf das im Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rückwirkungsverbot.31 Somit sei es unproblematisch, dass ein Vermieter bei gerichtlicher Schaffung einer Übergangsregelung im Ergebnis die in einer unwirksamen Klausel vorgesehenen Rechte geltend machen könne, da Rechtsgrundlage für den Anspruch des Vermieters dann nicht mehr die unwirksame Klausel, sondern unmittelbar Art. 1 Abs. 3, 14 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG seien.32 Die Gerichte hätten das verfassungsrechtliche Vertrauensschutzgebot in demselben Umfang zu beachten wie der Gesetzgeber.33 Bei einer Rechtsprechungsänderung bezüglich der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen handele es sich für die im Entscheidungszeitpunkt laufenden und beendeten Verträge um einen Fall der regelmäßig unzulässigen „echten“ Rückwirkung, da auf den bereits vollendeten Vertragsabschluss und damit auf einen abgeschlossenen Sachverhalt eingewirkt 26
BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586. BGH, Rechtsentscheid v. 6.7.1988, NJW 1988, 2790; BGH, Urt. v. 3.6.1998, NJW 1998, 3114; BGH, Urt. v. 25.3.2003, NJW 2003, 3192; offengelassen aber in BGH, Urt. v. 14.5.2003, NJW 2003, 2234, 2235. 28 BGH, Urt. v. 18.10.2006, NJW 2006, 3778. 29 BGH, Urt. v. 6.10.2004, NZM 2004, 903. 30 Zu Rückforderungs- und Erstattungsansprüchen des Mieters bei unwirksamen Vornahme- und Quotenabgeltungsklauseln siehe unten S. 293 ff. und 321 ff. 31 Horst, NZM 2007, 185, 187–193. 32 Horst, NZM 2007, 185, 193. 33 Horst, NZM 2007, 185, 192. 27
A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln
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werde.34 Soweit man die Einwirkung auf laufende Verträge durch eine Rechtsprechungsänderung zu den darin enthaltenen Klauseln hingegen als einen Fall „unechter“ Rückwirkung ansehe, sei die uneingeschränkte Nichtigkeit der nunmehr unwirksamen Klausel aber dennoch verfassungswidrig, da durch sie in der Vergangenheit erworbene und ausgeübte Rechte entwertet würden.35 Das verfassungsrechtliche Gebot des Vertrauensschutzes verlange deshalb ein Verständnis von § 306 Abs. 2 BGB, demzufolge diese Vorschrift nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen sanktionieren wolle, die schon nach der herrschenden Rechtsauffassung im Zeitpunkt ihrer Verwendung, das heißt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, unwirksam waren.36 Der Bundesgerichtshof hat den Verwendern dagegen – wie auch stets bei der Feststellung der Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln –37 in der Mehrzahl der Entscheidungen, die eine Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten, zu Recht keinen Vertrauensschutz gewährt.38 Verfassungsrechtlich sieht der Bundesgerichtshof in der Feststellung der Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Fall der „unechten“ Rückwirkung, weil auf einen in seiner rechtlichen Bewertung noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingewirkt werde.39 An dieser Einordnung mag man auf den ersten Blick zweifeln, wenn es um die Rückwirkung auf bereits beendete Dauerschuldverhältnisse geht. Jedoch führt das Vertragsende nicht dazu, dass die rechtlichen Wirkungen des Vertrags beendet sind, da die Vertragsparteien weiterhin Ansprüche auf Grundlage des Vertrags gegeneinander haben können. Deshalb ist auch im Hinblick auf im Entscheidungszeitpunkt beendete Mietverträge die Einordnung als Fall der „unechten“ – und somit verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässigen –40 Rückwirkung vertretbar. Wie der Bundesgerichtshof mehrfach überzeugend ausgeführt hat, unterliegen höchstrichterliche Urteile geringeren Bindungen durch den Vertrauensschutz als der Gesetzgeber bei der Normsetzung.41 Die geringere Bindung an den Vertrau34
Horst, NZM 2007, 185, 191 f. Horst, NZM 2007, 185, 192. 36 Horst, NZM 2007, 185, 190. 37 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586; BGH, Urt. v. 18.10.2006, NJW 2006, 3778; BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 1594, 1598 Rn. 39. 38 BGH, Urt. v. 18.1.1996, BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924, 925; BGH, Urt. v. 24.9.1998, NJW 1998, 3708, 3709 f.; BGH, Urt. v. 13.5.2014, BGHZ 201, 168 = NJW 2014, 2420, 2429 f. Rn. 87 f.; BGH, Urt. v. 27.4.2021, BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273, 2276 Rn. 34 f.; anders aber BGH, Urt. v. 23.1.2003, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805, 1809. 39 BGH, Urt. v. 27.4.2021, BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273, 2276 Rn. 35; so auch Sternel, NZM 2007, 545, 546. 40 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 104. 41 BGH, Urt. v. 29.2.1996, BGHZ 132, 119 = NJW 1996, 1467, 1469 f.; BGH, Urt. v. 5.3.2008, NJW 2008, 1438, 1439 Rn. 20; BGH, Urt. v. 13.5.2014, BGHZ 201, 168 = 35
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
ensschutz lässt sich gerade mit der Bindung an Recht und Gesetz erklären: Da das Gericht gemäß Art. 1 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG an das Gesetz gebunden ist, muss es grundsätzlich die gesetzlich vorgesehenen Konsequenzen für den nun von ihm zu entscheidenden Fall ziehen, wenn es zu dem Schluss kommt, seine bisherige Rechtsanwendung sei nicht zutreffend. Für das AGB-Recht sieht § 306 Abs. 2 BGB als Konsequenz die Unwirksamkeit der betroffenen Klausel und die Geltung des dispositiven Rechts anstelle der unwirksamen Klausel vor. Dann kann es für ein Gericht nicht ausreichen, die Folgen der Unwirksamkeit auf künftig abgeschlossene Verträge zu beschränken und den ihm vorgelegten Fall auf der Basis einer als unrichtig erkannten früheren Rechtsprechung zu behandeln. Das Risiko, dass sich die Rechtsprechung im Hinblick auf eine Klausel ändert, trägt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich der Verwender.42 Dem ist zuzustimmen, denn es erscheint sachgerecht, dieses Risiko demjenigen aufzuerlegen, der durch von ihm gestellte Vertragsbedingungen zu seinen Gunsten von gesetzlichen Vorschriften abweichen möchte. Andernfalls hätten die Vertragspartner von Klauselverwendern außerdem kaum ein Interesse daran, die Unwirksamkeit einer bisher noch nicht als unwirksam erkannten Klausel geltend zu machen, weil sich die Feststellung der Unwirksamkeit dann nicht zu ihren Gunsten, sondern nur auf zukünftig abgeschlossene Verträge auswirken würde. Wenn es sich um einen Verbrauchervertrag handelt, wäre die Aufrechterhaltung einer Klausel, die den Mieter als Verbraucher nach Ansicht des entscheidenden Gerichts benachteiligt, zudem nach hier vertretener Ansicht nicht mit der in Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL sowie in Erwägungsgrund 21 zwingend vorgesehenen Unverbindlichkeit von missbräuchlichen Klauseln vereinbar. Der Europäische Gerichtshof hat wie zuvor ausgeführt43 in ständiger Rechtsprechung betont, dass die nationalen Gerichte von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel prüfen und bejahendenfalls die Unverbindlichkeit der Klausel herbeiführen müssen. Mit dieser – entsprechend der Zielsetzung der Klausel-RL einseitig zugunsten des Verbrauchers wirkenden – Vorgabe wäre die Aufrechterhaltung einer Klausel zum Schutz des Vertrauens des gewerbetreibenden Klauselverwenders nicht vereinbar. Der vom Europäischen Gerichtshof eingeforderte Abschreckungseffekt, der dadurch zustande komme, dass eine missbräuchliche Klausel keinerlei Wirkung mehr gegenüber dem Verbraucher entfaltet,44 würde gemindert, wenn ein Gericht im Interesse des Vertrauensschutzes eine als unwirksam erkannte Renovierungsklausel ganz oder teilweise aufrechterhielte.
NJW 2014, 2420, 2430 Rn. 88; BGH, Urt. v. 27.4.2021, BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273, 2276 Rn. 35. 42 BGH, Urt. v. 13.5.2014, BGHZ 201, 168 = NJW 2014, 2420, 2430 Rn. 88; BGH, Urt. v. 27.4.2021, BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273, 2276 Rn. 35. 43 Siehe oben S. 161 ff. 44 Dazu bereits soeben S. 255 ff.
A. Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln
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Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Gutiérrez Naranjo.45 In dieser Rechtssache ging es um Zinsklauseln in Darlehensverträgen, die besagen, dass der Zinssatz bei variablem Zinssatz nicht unter einen festgelegten Zinssatz fallen kann. Diese Klauseln hatte der spanische Oberste Gerichtshof aufgrund unzureichender Information der Verbraucher über die wirtschaftliche Tragweite dieser Klauseln als intransparent und deshalb trotz ihrer Einordnung als Preisvereinbarungen als missbräuchlich erachtet. Der Oberste Gerichtshof befürchtete jedoch, die Nichtigerklärung der Klauseln werde schwerwiegende wirtschaftliche Probleme herbeiführen. Gestützt auf den Grundsatz der Rechtssicherheit entschied er deshalb, von den rechtlichen Folgen der Feststellung der Nichtigkeit der Mindestzinsklauseln seien alle Zahlungen ausgenommen, die vor dem Tag des Urteils getätigt wurden, in dem die Nichtigkeit der Mindestzinsklauseln festgestellt wurde, und alle Sachverhalte ausgenommen, über die bereits rechtskräftig entschieden wurde. Als Folge hätten die Banken den Verbrauchern nur solche Zahlungen zurückerstatten müssen, die nach der Verkündung des Urteils getätigt wurden. Die Entscheidung des spanischen Obersten Gerichtshofs kommt damit inhaltlich den Forderungen nahe, die von einigen Stimmen im Schrifttum im Falle der Feststellung der Unwirksamkeit von zuvor unbeanstandeten Renovierungsklauseln geäußert wurden. Mehrere spanische Instanzgerichte legten dem Europäischen Gerichtshof daraufhin anlässlich bei ihnen anhängiger Prozesse die Frage vor, ob diese Beschränkung der Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln mit Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL in Einklang steht. Während der Generalanwalt die Beschränkung der Folgen der Nichtigkeit durch den Obersten Gerichtshof für richtlinienkonform hielt,46 kam der Europäische Gerichtshof in konsequenter Fortsetzung seiner vorherigen Rechtsprechung zur Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln zu dem Ergebnis, dass der spanische Oberste Gerichtshof nicht zu einer solchen Entscheidung befugt gewesen sei: Die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL sei so auszulegen, dass diese „grundsätzlich als von Anfang an nicht existent anzusehen“ seien.47 Die zeitliche Beschränkung der Rechtswirkungen, die sich aus der Feststellung der Nichtigkeit der Klauseln ergeben, führe zu einem unvollständigen Schutz des Verbrauchers und stelle kein wirksames Mittel dar, um gemäß Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen.48 Somit können nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs auch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen – es ging um Rückzahlungsansprü-
45
EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148. Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 13.07.2016 (ECLI:EU:C:2016: 552) Rn. 68–76. 47 EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 150 Rn. 61 – Gutiérrez Naranjo. 48 EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 151 Rn. 73 – Gutiérrez Naranjo. 46
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
che der Verbraucher in Milliardenhöhe gegen ohnehin wirtschaftlich angeschlagene Banken –49 nicht zur Beschränkung der Unverbindlichkeit als missbräuchlich angesehener Klauseln angeführt werden. Dass Verfahren, über die bereits rechtskräftig von einem Gericht entschieden wurde, von den Folgen der Nichtigerklärung ausgenommen werden sollen, sei hingegen aufgrund der Bedeutung des Instituts der Rechtskraft mit der Klausel-RL vereinbar.50 Das Motiv für die Beschränkung der Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln durch den spanischen Obersten Gerichtshof war zwar nicht der Schutz des Vertrauens in eine vorherige Rechtsprechung, sondern vor allem die Verhütung nachteiliger volkswirtschaftlicher Folgen durch die Feststellung der Unwirksamkeit der Zinsklauseln, sodass die in der Rechtssache Gutiérrez Naranjo geregelte Problemstellung nicht vollständig mit derjenigen der Feststellung der Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln entgegen der vorherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmt. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Gutiérrez Naranjo bestätigt aber, dass die Klausel-RL nach Ansicht des Gerichtshofs von den nationalen Rechtsordnungen und deren Anwendung durch die nationalen Gerichte eine zeitlich unbeschränkte Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln verlangt, was die Rückgewähr oder Erstattung von bereits erbrachten Leistungen aufgrund der missbräuchlichen Klausel einschließt. Wenn eine Beschränkung der Folgen der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel selbst zur Verhütung schwerwiegender wirtschaftlicher Folgen ausscheidet, kann für eine solche Beschränkung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten im Anwendungsbereich der Klausel-RL erst recht kein Raum sein. Jedenfalls soweit Verbraucherverträge betroffen sind, trägt der Verwender folglich nicht nur grundsätzlich,51 sondern stets das Risiko einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dieselbe Wertung enthält § 306 Abs. 2 BGB auch außerhalb von Verbraucherverträgen, indem den Verwendern das Risiko einer gegebenenfalls auch schwer vorhersehbaren Unwirksamkeit der von ihnen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen auferlegt wird. Die Feststellung der Unwirksamkeit von bisher nicht beanstandeten Renovierungsklauseln wird daher auch in Zukunft alle gesetzlich vorgesehenen Konsequenzen, einschließlich etwaiger Rückerstattungsansprüche der Mieter, mit sich bringen, ohne dass auf das Vertrauen der Vermieter in den Bestand der bisherigen Rechtsprechung Rücksicht zu nehmen ist.
49 50 51
Döhler, EuZW 2017, 152. EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 151 Rn. 68 – Gutiérrez Naranjo. So BGH, Urt. v. 27.4.2021, BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273, 2276 Rn. 35.
B. Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Vertragsbedingungen
263
B. Die Auswirkungen der Unwirksamkeit einer Regelung über die Renovierungspflicht auf die übrigen Vertragsbedingungen Umstritten ist im Kontext der Renovierungsklauseln die Frage, wie weit die Unwirksamkeit im Einzelfall reicht, das heißt, welche Bestandteile des Vertrags unwirksam sind infolge der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters durch eine bestimmte Formulierung oder infolge sonstiger AGBrechtlicher Unwirksamkeitsgründe, die zunächst nur für eine einzelne Klausel oder einen einzelnen Klauselteil bestehen.
I. Der Fortbestand des rechtlichen Vertrags Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam sind. Dies stimmt mit der Vorgabe in Art. 6 Abs. 1, 2. Halbsatz Klausel-RL überein, wonach der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage, das heißt unter Geltung der übrigen Klauseln, bindend bleiben soll.52 Nach deutschem AGB-Recht soll der Vertrag gemäß § 306 Abs. 3 BGB nur ausnahmsweise insgesamt unwirksam sein, wenn das Festhalten an ihm unter Berücksichtigung der Geltung des dispositiven Rechts (§ 306 Abs. 2 BGB) eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Damit soll für den Fall unwirksamer (oder nicht einbezogener) Allgemeiner Geschäftsbedingungen das Gegenteil gelten wie für sonstige Fälle der Teilnichtigkeit, die gemäß § 139 BGB im Zweifel die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zu Folge haben.53 In den meisten Fällen wäre die Gesamtunwirksamkeit des Vertrags aufgrund der Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung für beide Vertragsparteien, vor allem aber für den Vertragspartner des Verwenders, ungünstiger als die Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen.54 Zweifelhaft ist allerdings, ob die Unwirksamkeit des Gesamtvertrags gemäß § 306 Abs. 3 BGB im Falle der Unzumutbarkeit für eine Vertragspartei mit der von der Klausel-RL vorgesehenen Rechtsfolge für den Gesamtvertrag bei Feststellung der Missbräuchlichkeit einzelner Klauseln vereinbar ist.55 Gemäß Art. 6 52
Gsell, JZ 2019, 751, 757; Mäsch, in: Staudinger, BGB, § 306 Rn. 10. Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 5. 54 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2339 Rn. 83 – Kásler; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 2. 55 Die Unionsrechtskonformität von § 306 Abs. 3 BGB bei Verbraucherverträgen verneinen etwa H.-W. Eckert, WM 1993, 1070, 1077; Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 4e; Graf v. Westphalen, NJW 2021, 277, 279; Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 100; Rieländer, EuZW 2023, 317, 325. 53
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Abs. 1, 2. Halbsatz Klausel-RL muss der Vertrag „für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleib[en], wenn er ohne die mißbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“ Nach Erwägungsgrund 21 kommt es darauf an, ob ein Fortbestehen ohne die missbräuchlichen Klauseln „möglich“ ist, nicht aber darauf, ob sie für eine Vertragspartei zumutbar ist.56 Der Europäische Gerichtshof hat zwar ausgeführt, die Richtlinie bestimme nicht die Kriterien, nach denen sich richtet, ob ein Vertrag ohne die missbräuchliche Klausel bestehen kann. Die Bestimmung dieser Kriterien bleibe gemäß Art. 6 Abs. 1, 2. Halbsatz Klausel-RL den nationalen Rechtsordnungen überlassen.57 Allerdings hat der Europäische Gerichtshof dabei betont, neben dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL spreche das Erfordernis der Rechtssicherheit für eine rein objektive Beurteilung der Frage, ob der Vertrag ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.58 Bei dieser Beurteilung könne die Lage einer der Vertragsparteien nicht als das maßgebende Kriterium angesehen werden.59 Es spricht somit viel dafür, dass das in § 306 Abs. 3 BGB enthaltene Kriterium der Zumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Restvertrags für beide Vertragsparteien nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs in der Klausel-RL nicht vorgesehen ist.60 Dass der Gesamtvertrag nach § 306 Abs. 3 BGB möglicherweise nur unter engeren Voraussetzungen aufrechterhalten werden kann als nach Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL, lässt sich auch nicht mit der Zulässigkeit strengerer nationaler Vorschriften gemäß Art. 8 Klausel-RL rechtfertigen, da die Möglichkeit der Gesamtunwirksamkeit des Vertrags nach § 306 Abs. 3 BGB nicht nur zugunsten des Verbrauchers besteht. Im Gegenteil wirkt sich die Feststellung der Gesamtunwirksamkeit eines Vertrags in der Praxis regelmäßig, wenn überhaupt, nur zugunsten des Verwenders aus.61 Im Zusammenhang mit unwirksamen Renovierungsklauseln stellt sich die Frage der Richtlinienkonformität von § 306 Abs. 3 BGB allerdings kaum, weil die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel auch nach Maßgabe des § 306 Abs. 3 BGB nicht zur Unwirksamkeit des Gesamtvertrags führt: Zwar kann die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel und das Eingreifen des 56
Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 4b. EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 40 – Dziubak. 58 EuGH, Urt. v. 15.3.2012, NJW 2012, 1781, 1782 Rn. 32 – Perenic ˇ ová; EuGH, Urt. v. 14.3.2019, NJW 2019, 1663, 1666 Rn. 51 – Dunai; EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 39 – Dziubak. 59 EuGH, Urt. v. 15.3.2012, NJW 2012, 1781, 1782 Rn. 32 – Perenic ˇ ová; EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 39 – Dziubak. 60 Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 4e; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 6 f., 45; einschränkend Gsell, JZ 2019, 751, 754 f., 758, der zufolge auch nach der Klausel-RL eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrags möglich sein soll, wenn dieser so unausgewogen würde, dass seine Aufrechterhaltung für eine Vertragspartei unzumutbar wird, wobei eine Unausgewogenheit zulasten des Gewerbetreibenden nur ausnahmsweise beachtlich sein soll. 61 BGH, Urt. v. 9.5.1996, NJW-RR 1996, 1009, 1010; Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 4e. 57
B. Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Vertragsbedingungen
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dispositiven Rechts an ihrer Stelle dazu führen, dass ein Mietvertrag für den Vermieter nicht mehr rentabel ist. Eine Verschlechterung gegenüber der ursprünglichen Kalkulation des Verwenders stellt aber für sich genommen keine unzumutbare Härte im Sinne des § 306 Abs. 3 BGB dar.62 Das wirtschaftliche Risiko, dass sich eine verwendete Klausel als unwirksam herausstellt, trägt wie zuvor ausgeführt63 der Verwender, der deshalb grundsätzlich auch an einen für ihn nachteiligen Vertrag gebunden bleibt. § 306 Abs. 3 BGB ist als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragserhaltung eng auszulegen. Unzumutbar ist das Festhalten am Gesamtvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur bei einer grundlegenden Störung des Vertragsgleichgewichts.64 Eine solche dürfte im Falle der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel nicht gegeben sein, weil sie nur einen unter vielen Posten in der Kalkulation des Vermieters ausmacht. Dementsprechend ist soweit ersichtlich in der bisherigen Rechtsprechung kein Mietoder Pachtvertrag aufgrund der Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln gemäß § 306 Abs. 3 BGB für insgesamt unwirksam erklärt worden. Für den Mieter ist der Mietvertrag bei uneingeschränkter Geltung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB statt der unwirksamen Renovierungsklausel stets wirtschaftlich günstiger, sodass eine Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Vertrags aus Sicht des Mieters nicht Betracht kommt. Festzuhalten bleibt somit, dass im Falle der Unwirksamkeit von Renovierungsklauseln der Mietvertrag gemäß § 306 Abs. 1 BGB und Art. 6 Abs. 1, 2. Halbsatz Klausel-RL im Übrigen bestehen bleibt. Die in Mietverträgen verbreitete salvatorische Klausel in Form einer Erhaltungsklausel, die besagt, dass der Vertrag bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen im Übrigen gültig bleibe, hat daher in Bezug auf unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen nur deklaratorische Bedeutung.65
II. Teilunwirksamkeit von Renovierungsklauseln 1. Einführung Aus der Wirksamkeit des restlichen Vertrags gemäß § 306 Abs. 1 BGB wird gefolgert, dass auch ein Bestandteil einer Klausel wirksam bleibt, wenn die einzelne Klausel nur in einem Teilbereich unwirksam ist.66 Dahinter steht die Überlegung, dass es widersinnig wäre, sachlich unterschiedliche Regelungen einheit62
Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 46. Siehe soeben S. 257 ff. 64 BGH, Urt. v. 9.5.1996, NJW-RR 1996, 1009, 1010; BGH, Urt. v. 22.2.2002, NJWRR 2002, 1136, 1137. 65 Michalski/Römermann, NJW 1994, 886, 887. 66 BGH, Urt. v. 18.11.1988, BGHZ 106, 19 = NJW 1989, 831, 833; BayObLG, Rechtsentscheid v. 12.5.1997, NJW-RR 1997, 1371, 1372; BGH, Urt. v. 13.2.2020, BGHZ 224, 350 = NJW 2020, 1811, 1814 Rn. 26; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 600. 63
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
lich zu behandeln, nur weil sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang zueinander stehen.67 Ein Verstoß gegen das Verbot geltungserhaltender Reduktion wird darin nicht gesehen, wobei unterschiedlich beurteilt wird, ob die teilweise Aufrechterhaltung nach ihrem Anwendungsbereich von der geltungserhaltenden Reduktion zu unterscheiden ist68 oder ob es sich bei der teilweisen Aufrechterhaltung schlicht um eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion handelt.69 Die Abgrenzung zwischen einer als zulässig angesehenen teilweisen Klauselerhaltung und einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion kann im Einzelfall jedoch schwerfallen. Gerade im Kontext der Renovierungsklauseln ist umstritten, ob und inwiefern eine teilweise Aufrechterhaltung von Klauseln möglich ist. Es stellt sich die Frage, ob die Unwirksamkeit einer Bestimmung über einen Teilaspekt der Schönheitsreparaturpflicht des Mieters zur Unwirksamkeit der gesamten betroffenen Klausel führt. Probleme bereiten diesbezüglich unwirksame Fristenpläne, die mit einer an sich wirksamen Abwälzungsregelung kombiniert werden. Dieselbe Frage taucht bei unwirksamen Abreden über die Ausführungsart oder den Umfang der auf den Mieter übertragenen Renovierungsarbeiten auf. Die teilweise Aufrechterhaltung einer Klausel, die eine unwirksame Regelung enthält, ist nach der Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht im Schrifttum unter der Voraussetzung möglich, dass der zulässige und der unzulässige Regelungsteil sprachlich und inhaltlich teilbar sind.70 Mit sprachlicher Teilbarkeit ist gemeint, dass nach Streichung der unwirksamen Regelung ein verständlicher Klauseltext verbleiben muss (sogenannter Blue-Pencil-Test).71 Daran fehlt es etwa bei einer Klausel, die dem Mieter aufgibt, „die Schönheitsreparaturen [. . .] ausführen zu lassen“, und ihm damit die Möglichkeit der Eigenvornahme entzieht.72 Streicht man die Worte „ausführen zu lassen“, verbleibt schon kein verständlicher Klauselrest, sodass eine teilweise Aufrechterhaltung der Abwälzungsklausel ohne 67
BGH, Urt. v. 7.10.1981, NJW 1982, 178, 181. So Thüsing, in: Graf v. Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rechtsfolgen Rn. 16. 69 So Schwab, AGB-Recht, 3. Teil Rn. 336; zu den unterschiedlichen Auffassungen zum Verhältnis der teilweisen Aufrechterhaltung zur geltungserhaltenden Reduktion Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 150. 70 BGH, Urt. v. 7.10.1981, NJW 1982, 178 Ls. 2; BGH, Rechtsentscheid v. 10.9. 1997, BGHZ 136, 314 = NJW 1997, 3437, 3439; BGH, Urt. v. 25.6.2003, NJW 2003, 2899 f.; BGH, Urt. v. 26.2.2009, NJW 2009, 1486, 1487 Rn. 19; BAG, Urt. v. 18.9.2018, NZA 2018, 1619, 1622 Rn. 32; Ha. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 306 Rn. 12; Schwab, AGB-Recht, 3. Teil Rn. 336. 71 BGH, Urt. v. 14.1.2015, NJW 2015, 928, 930 Rn. 23; BAG, Urt. v. 21.6.2011, NJOZ 2012, 499, 502 Rn. 31; einschränkend in Bezug auf Schönheitsreparaturklauseln Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 2 Rn. 67–69, der auch bei sprachlich nicht abtrennbaren Klauseln „in einer praxisnäheren Ausgestaltung“ des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zu einer wirksamen Restklausel kommen möchte. 72 Siehe zur Unwirksamkeit dieser Klausel oben S. 212. 68
B. Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Vertragsbedingungen
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den unzulässigen Teil nicht in Betracht kommt.73 Hingegen lassen sich Formulierungen, die unwirksame Fristenpläne oder unzulässige Farbvorgaben enthalten, oftmals so aus einer Abwälzungsklausel streichen, dass die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen sprachlich sinnvoll bestehen bleiben kann.74 Ist eine sprachliche Teilbarkeit der in einer Klausel enthaltenen Regelungen zu bejahen, ist für eine teilweise Aufrechterhaltung wie erwähnt zudem erforderlich, dass die Klauselbestandteile auch inhaltlich teilbar sind. Dies ist unproblematisch der Fall, wenn in einer Klausel zum einen die zulässige Überwälzung der Schönheitsreparaturen und zum anderen die unzulässige Überwälzung von Reparaturarbeiten im engeren Sinne geregelt ist. Die beiden Klauselteile sind sprachlich teilbar und betreffen unterschiedliche Pflichtenübertragungen, sodass die Überwälzung der Schönheitsreparaturen nach den Kriterien der Teilunwirksamkeit trotz Unwirksamkeit der in derselben Klausel enthaltenen Reparaturklausel wirksam bestehen bleiben kann.75 Eine inhaltliche Teilbarkeit ist jedoch nicht schon dann ausgeschlossen, wenn die beiden Regelungen denselben Regelungsgegenstand betreffen.76 Es genügt, wenn der verbleibende Klauselteil als sinnvolle Regelung im Gesamtgefüge des Vertrags bestehen bleiben kann.77 Eine sinnvolle eigenständige Regelung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr vor, wenn der unangemessene Klauselteil von so großer Bedeutung ist, dass seine Streichung eine erhebliche Änderung der Vertragsgestaltung bewirkt.78 Dieses Kriterium ist allerdings unscharf und bietet daher im Einzelfall Anlass zu divergierenden Auffassungen. 2. Die Lehre von der Einheitlichkeit der Schönheitsreparaturpflicht Der Bundesgerichtshof sieht bei einer teilweisen Aufrechterhaltung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel den soeben angesprochenen Fall der erheblichen Änderung der Vertragsgestaltung als gegeben an. Er verneint deshalb durchgehend eine sachliche Abtrennbarkeit der Abwälzungsregelung als solche von den Regelungen, die die dem Mieter übertragene Pflicht näher ausgestalten. Die strikte Linie des Bundesgerichtshofs zeigt sich anschaulich an einem Urteil,79 in dem er über die Wirksamkeit unter anderem der folgenden Klausel zu ent73
BGH, Urt. v. 9.6.2010, NJW 2010, 2877, 2879 Rn. 22. Heinrichs, NZM 2005, 201, 205. 75 BayObLG, Rechtsentscheid v. 12.5.1997, NJW-RR 1997, 1371, 1372 f. 76 BGH, Urt. v. 25.3.1998, NJW 1998, 2284, 2286; BGH, Urt. v. 13.2.2020, BGHZ 224, 350 = NJW 2020, 1811, 1814 Rn. 26; Heinrichs, NZM 2005, 201, 204. 77 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 600. 78 BGH, Urt. v. 28.5.1984, NJW 1984, 2816, 2817; BGH, Urt. v. 1.10.2014, NJW 2014, 3642, 3645 Rn. 28; BGH, Urt. v. 14.1.2015, NJW 2015, 928, 930 Rn. 23. 79 BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW 2009, 1408. 74
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
scheiden hatte: „Schönheitsreparaturen trägt der Mieter (vgl. § 13) einschließlich Streichen von Außenfenstern, Balkontür und Loggia.“ Unangemessen war hier lediglich die Verpflichtung zum Streichen von Außenfenstern, Balkontür und Loggia, weil der Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur zu Schönheitsreparaturen im Inneren der Mieträume verpflichtet werden kann.80 Die Vorinstanz ging davon aus, die Klausel lasse sich in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil aufspalten und erhielt ihren ersten Teil („Schönheitsreparaturen trägt der Mieter“) daher aufrecht.81 In der Tat bliebe der Klauselrest bei Streichung des zweiten Teils der Klausel sprachlich verständlich. Der Bundesgerichtshof hat die sachliche Teilbarkeit der Klausel indessen mit der Begründung verneint, die unzulässige Erweiterung des gegenständlichen Umfangs der Schönheitsreparaturen sei mit der Schönheitsreparaturpflicht als solche so eng verknüpft, dass letztere inhaltlich umgestaltet und mit einem anderen Inhalt aufrecht erhalten werde, wenn lediglich die unzulässige Erweiterung des Umfangs der Pflicht unwirksam wäre, die Abwälzung der Schönheitsreparaturlast als solche hingegen unberührt bliebe.82 Der Bundesgerichtshof führt in ständiger Rechtsprechung aus, die dem Mieter auferlegte Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen stelle eine einheitliche Rechtspflicht dar, die sich nicht in Einzelaspekte aufspalten lasse.83 Eine Aufrechterhaltung der Abwälzungsregelung sei daher als unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Schönheitsreparaturklausel anzusehen.84 In der gleichen Weise wird die Schönheitsreparaturpflicht des Mieters nach Ansicht des Bundesgerichtshofs inhaltlich umgestaltet durch eine unzulässige Fristenregelung85 oder unzulässige Vorgaben zur Ausführungsart,86 was jeweils die Aufrechterhaltung der Abwälzungsregelung ausschließt. Stattdessen führe die Unwirksamkeit der konkretisierenden Regelung stets zur Unwirksamkeit der gesamten Abwälzung der Renovierungspflicht. Die wohl überwiegende Ansicht im Schrifttum stimmt dem zu.87 80
Siehe oben S. 209. LG Berlin, Urt. v. 9.6.2008, BeckRS 2008, 19939. 82 BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW 2009, 1408, 1409 Rn. 14. 83 BGH, Urt. v. 28.6.2006, NJW 2006, 2915, 2916 f. Rn. 19; BGH, Urt. v. 13.1.2010, NJW 2010, 674, 675 Rn. 14; BGH, Urt. v. 18.3.2015, NJW 2015, 1874, 1875 Rn. 17. 84 BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW 2009, 1408, 1409 Rn. 13; BGH, Urt. v. 13.1.2010, NJW 2010, 674, 674 f. Rn. 13; zustimmend OLG Brandenburg, Urt. v. 6.12.2022, NJWRR 2023, 518 Rn. 28. 85 BGH, Urt. v. 23.6.2004, NJW 2004, 2586, 2587; BGH, Urt. v. 22.9.2004, NJW 2004, 3775, 3776; BGH, Urt. v. 5.4.2006, NJW 2006, 2113, 2114 Rn. 15; BGH, Urt. v. 28.6.2006, NJW 2006, 2915, 2916 f. Rn. 19; BGH, Urt. v. 8.10.2008, BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772, 3774 Rn. 33. 86 BGH, Urt. v. 28.3.2007, NJW 2007, 1743, 1744 Rn. 11; BGH, Urt. v. 18.6.2008, NJW 2008, 2499, 2500 Rn. 20; BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW-RR 2009, 656 Rn. 12. 87 Guhling, in: ders./Günter, Gewerberaummiete, § 306 Rn. 15; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 127 f.; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, § 535 Rn. 43; Hu. Schmidt, in: BeckOGK BGB, § 535 Rn. 407; Hinz, ZMR 2023, 249, 251. 81
B. Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Vertragsbedingungen
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Verbreitet ist im Schrifttum aber auch die Ansicht, die Überwälzung der Renovierungspflicht bleibe wirksam bestehen, wenn nur eine konkretisierende Regelung, die zu ihr in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang steht, unzulässig ist.88 Stattdessen könne die an sich zulässige Abwälzungsregelung nach Maßgabe des Blue-Pencil-Tests aufrechterhalten werden, da Fälligkeitsregelungen und sonstige ergänzende Regelungen ohne Weiteres von der Leistungspflicht abtrennbar seien.89 Die von der Rechtsprechung angeführte inhaltliche Umgestaltung einer Leistungspflicht stelle zudem kein zuverlässiges Abgrenzungskriterium dar.90 Überzeugender ist jedoch die Linie der Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht im Schrifttum. Bei der teilweisen Aufrechterhaltung geht es im Gegensatz zur unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion nicht darum, dass eine Regelung auf ihren gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt wird, sondern darum, dass eine von der unwirksamen Regelung verschiedene Regelung erhalten bleibt. Bei den ausgestaltenden Regelungen zur Schönheitsreparaturpflicht handelt es sich aber nicht um inhaltlich gegenüber der Abwälzungsregelung verschiedene Regelungen, sondern um solche, die die Art und Weise oder den Umfang der Verpflichtung ausgestalten und sie damit wesentlich verändern. So regelt etwa ein Fristenplan, wie häufig Renovierungsarbeiten in einem bestimmten Zeitraum vorzunehmen sind, und bestimmt damit entscheidend die Belastung des Mieters durch die ihm übertragene Pflicht.91 Eine teilweise Aufrechterhaltung der verbleibenden Abwälzungsklausel ist daher abzulehnen. 3. Unionsrechtliche Bedenken gegen die Teilunwirksamkeit Sieht man die Kriterien, die für eine teilweise Klauselerhaltung aufgestellt wurden, im Falle unwirksamer Regelungen zur Schönheitsreparaturpflicht dagegen mit einer im Schrifttum verbreiteten und entgegen hiesiger Ansicht als erfüllt an, stellt sich die grundlegende Frage, ob die so herbeigeführte Teilunwirksamkeit der Klausel im Einklang mit dem Rechtsfolgenregime der Klausel-RL steht. Aus dem Gebot der Unverbindlichkeit gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL folgert der Europäische Gerichtshof wie zuvor erläutert in ständiger Rechtsprechung, dass eine als missbräuchlich erachtete Klausel nicht angepasst werden dürfe.92 Stattdessen soll sie schlicht unangewendet bleiben, um die abschreckende Wir88 Kraemer, NZM 2003, 417, 419; Heinrichs, NZM 2005, 201, 209, soweit es um gegenständliche Erweiterungen der Renovierungspflicht geht; Riecke, in: FS Börstinghaus, S. 335, 345 f.; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 169 f. 89 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 170. 90 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 170. 91 BGH, Urt. v. 28.6.2006, NJW 2006, 2915, 2916 f. Rn. 19; Heinrichs, NZM 2005, 201, 205. 92 Siehe oben S. 255 ff.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
kung der Unverbindlichkeit der Klausel zu erhalten. Aus dieser Rechtsprechung wird von manchen Stimmen in der Literatur der Schluss gezogen, auch eine teilweise Aufrechterhaltung bei sprachlich und inhaltlich teilbaren Klauseln sei richtlinienwidrig.93 In der Tat hat die Annahme der Gesamtnichtigkeit von zusammenhängend formulierten Vertragsbedingungen ein stärkeres Abschreckungspotenzial als eine Teilunwirksamkeit, weil der Verwender dann bei der Verwendung problematischer Vertragsbedingungen auch um die an sich zulässigen Regelungen fürchten muss, die mit den möglicherweise unzulässigen Regelungen in einer Klausel zusammengefasst sind. Andererseits würde eine solche strikte Gesamtunwirksamkeit diejenigen Verwender begünstigen, die in möglichst kurzen Sätzen formulieren. Ob Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL der Annahme der Teilunwirksamkeit, wie sie in der deutschen Rechtsprechung praktiziert wird, entgegensteht, hängt aber in erster Linie davon ab, wie man den Begriff der „Klausel“ versteht.94 Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL ordnet die Unwirksamkeit der missbräuchlichen Klauseln an. Entsprechend bezieht sich das in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs formulierte Gebot der Nichtanwendung anstelle einer Modifikation stets auf „die Klausel“.95 Wenn man aber sachlich und inhaltlich trennbare Regelungen jeweils als eigene Klauseln im Sinne der Klausel-RL betrachtet,96 auch wenn sie sprachlich zusammenhängend im Vertrag formuliert sind, so steht Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL einer Aufrechterhaltung nach Maßgabe der für die Teilunwirksamkeit anerkannten Kriterien nicht entgegen.97 Auch der Europäische Gerichtshof scheint von einem Verständnis des Begriffs der Klausel auszugehen, demzufolge sachlich und inhaltlich trennbare Regelungen jeweils einzelne Klauseln im Sinne der Klausel-RL darstellen, auch wenn sie im Vertrag in einem Satz geregelt sind. So hat er entschieden, dass die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Verzugszinssatzklausel wegen des verschiedenen Regelungsgehalts nicht auch zur Nichtigkeit der Festlegung des Darlehenszinssatzes führe, unabhängig davon, ob diese beiden Vertragsinhalte im Vertragstext an einer Stelle oder gesondert voneinander geregelt werden.98 Eine teilweise 93 Wendehorst/Graf v. Westphalen, EuZW 2021, 229, 237: „mit Art. 6 [Klausel-RL] höchstwahrscheinlich nicht vereinbar“; Zweifel äußert ferner Stürner, ZEuP 2013, 671, 680. 94 Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 72. 95 EuGH, Urt. v. 14.6.2012, NJW 2012, 2257, 2260 Rn. 73 – Banco Español de Crédito; EuGH, Urt. v. 30.5.2013, NJW 2013, 2579, 2582 Rn. 60 – Asbeek Brusse und de Man Garabito; EuGH, Urt. v. 26.3.2019, NJW 2019, 3133, 3137 Rn. 64 – Abanca. 96 So Nassall, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, Kap. 6 Rn. 11. 97 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Art. 6 RL Rn. 11. 98 EuGH, Urt. v. 7.8.2018, NZM 2018, 1029, 1034 Rn. 76 f. – Demba; bestätigt durch EuGH, Urt. v. 29.4.2021, GRUR-RS 2021, 8913 Rn. 73 – Bank BPH.
B. Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Vertragsbedingungen
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Aufrechterhaltung sei zulässig, solange dadurch weder der durch die Nichtanwendung der missbräuchlichen Klausel bedingte Abschreckungseffekt beeinträchtigt noch eine grundlegende Änderung des Inhalts der Klausel verursacht werde.99 Dies spricht dafür, dass auch nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs eine zusammenhängende Klauselformulierung teilweise aufrechterhalten werden kann, wenn sie sprachlich und inhaltlich trennbare Regelungen enthält, von denen nicht alle als missbräuchlich anzusehen sind. Ob dies nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs auch gelten soll, wenn die zusammenhängend formulierten Regelungen denselben Gegenstand betreffen, steht damit aber noch nicht fest. Ebenfalls ungeklärt ist, inwiefern die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Voraussetzung, die teilweise Aufrechterhaltung dürfe keine grundlegende Änderung des Klauselinhalts bewirken, mit dem in der deutschen Rechtsprechung angewandten Kriterium der inhaltlichen Teilbarkeit übereinstimmt.100 Wie der Begriff der Klausel in der Klausel-RL genau zu verstehen ist, und inwieweit eine teilweise Aufrechterhaltung zusammenhängend formulierter Regelungen möglich ist, ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs also noch nicht abschließend geklärt. Eine diesbezügliche Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV kommt deshalb in Betracht, wenn die Frage der Teilunwirksamkeit in einem Verfahren entscheidungserheblich ist, das einen Verbrauchervertrag zum Gegenstand hat.101
III. Folge der Lehre von der einheitlichen Renovierungspflicht für separat formulierte Renovierungsklauseln Die von der Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht im Schrifttum angenommene Einheitlichkeit der Schönheitsreparaturpflicht führt nicht nur dazu, dass zusammenhängend formulierte Regelungen über die Schönheitsreparaturpflicht des Mieters insgesamt unwirksam sein müssen, wenn ein einzelner Aspekt der Abwälzung unzulässig ist. Eine unangemessene Benachteiligung durch eine Regelung zur Renovierungspflicht führt vielmehr unabhängig davon, wie der Vertragstext aufgebaut ist, zur Gesamtunwirksamkeit der Überbürdung. Denn wenn die Abwälzungsregelung und die konkretisierenden Bestimmungen zur Schönheitsreparaturpflicht als einheitliche Regelung verstanden werden, kann sich kein Unterschied daraus ergeben, dass der Verwender diese Aspekte in getrennten Klauseln formuliert.102 Folgerichtig hat der Bundesgerichtshof daher 99
EuGH, Urt. v. 29.4.2021, GRUR-RS 2021, 8913 Rn. 80 – Bank BPH. Rieländer, EuZW 2023, 317, 326. 101 So auch Thüsing/Bleckmann/Peisker, JuS 2022, 793, 798; Fornasier, in: MüKoBGB, § 306 Rn. 12; Rieländer, EuZW 2023, 317, 327. 102 Heinrichs, NZM 2005, 201, 205. 100
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
entschieden, dass die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam ist, wenn ihm diese nach einem starren Fristenplan auferlegt werden, selbst wenn die Verpflichtung als solche und die Fristenregelung in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind.103 Würde die Verpflichtung als solche ohne den Fristenplan aufrechterhalten, handelte es sich dabei um eine inhaltliche Umgestaltung der Renovierungspflicht und damit um eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion.104 Ebenso führt die Unwirksamkeit einer Klausel über die vom Mieter bei seiner Renovierung zu beachtende Ausführungsart zur Unwirksamkeit der an einer ganz anderen Stelle im Vertrag aufgeführten Vornahmeverpflichtung als solcher.105 Bildhaft wird davon gesprochen, durch die Unwirksamkeit einer konkretisierenden Regelung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen würden alle anderen Klauseln, die sich mit der Schönheitsreparaturpflicht befassen, „infiziert“.106 An der Einheitlichkeit der Regelung fehlt es hingegen im Verhältnis zwischen der Abwälzungsklausel und einer Quotenabgeltungsklausel. Die Quotenabgeltungsklausel hat im Gegensatz zu Fristenplänen und anderen Bestimmungen zur Ausgestaltung der Renovierungspflicht keinerlei Auswirkungen auf Art und Weise oder Umfang der geschuldeten Renovierung. Wird eine unwirksame Quotenabgeltungsklausel vereinbart, führt dies folglich nicht zur Unwirksamkeit der Regelung über die zugrundeliegende Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der Schönheitsreparaturen.107
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel Die Unwirksamkeit einer vertraglichen Regelung über die Pflicht des Mieters zur Vornahme von Renovierungsarbeiten oder zur Leistung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Renovierung von Mieträumen kann zur Folge haben, dass dem Mieter auf unterschiedlicher rechtlicher Grundlage Ansprüche gegen den Vermieter, der die unwirksame Klausel verwendet hat, zustehen. Zu klären ist, ob und in welchem Umfang dem Mieter infolge der Unwirksamkeit einer überwälzenden Klausel ein Anspruch auf Vornahme der Schönheitsreparaturen 103 BGH, Urt. v. 22.9.2004, NJW 2004, 3775, 3776; BGH, Urt. v. 18.3.2015, NJW 2015, 1874, 1875 Rn. 17. 104 BGH, Urt. v. 22.9.2004, NJW 2004, 3775, 3776; BGH, Urt. v. 18.3.2015, NJW 2015, 1874, 1875 Rn. 17. 105 BGH, Urt. v. 28.3.2007, NJW 2007, 1743, 1744 Rn. 11. 106 Kappus, NZM 2017, 261, 262; Zehelein, in: BeckOK BGB, § 535 Rn. 449. 107 BGH, Urt. v. 18.6.2008, BeckRS 2008, 14067 Rn. 14; BGH, Beschl. v. 18.11. 2008, NZM 2009, 197; Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 30; Sternel, NZM 2007, 545, 546; Hinz, ZMR 2023, 249, 251 f.; anderer Ansicht Both, WuM 2007, 3, 5; Emmerich, in: FS Graf v. Westphalen, S. 127, 132.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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gegen den Vermieter zusteht. In Betracht kommen ferner Ersatz- und Rückgewähransprüche für die vom Mieter im Hinblick auf die unwirksame Klausel bereits erbrachten Leistungen.
I. Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen Der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Vornahme von Schönheitsreparaturen infolge der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel wird zum Teil, und zwar auch von der Rechtsprechung, unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob die Mieträume bei Überlassung an den Mieter renoviert, unrenoviert oder bereits renovierungsbedürftig waren. Es soll daher im Folgenden gesondert geprüft werden, ob ein solcher Anspruch des Mieters in den verschiedenen Ausgangssituationen besteht. 1. Bei anfänglich renovierten Räumen a) Geltung des dispositiven Rechts – Vereinbarkeit mit der Klauselrichtlinie Gemäß § 306 Abs. 2 BGB treten an die Stelle der unwirksamen Klausel die gesetzlichen Vorschriften. Die Bestimmungen, die ohne die untersuchte Klausel gelten würden, sind bei der AGB-Kontrolle somit nicht nur gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL auf Tatbestands-, sondern auch auf Rechtsfolgenebene von entscheidender Bedeutung. Stellt sich heraus, dass die Klausel, mit der die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt werden sollen, unwirksam ist, müsste der Mieter folglich gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB deren Vornahme vom Vermieter verlangen können. Es ist jedoch umstritten, ob die Ersetzung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch dispositive Vorschriften gemäß § 306 Abs. 2 BGB in Verbraucherverträgen mit den Vorgaben der Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 KlauselRL vereinbar ist.108 Ob und wie eine missbräuchliche Klausel ersetzt werden soll, ist in diesen Bestimmungen der Klausel-RL nicht ausdrücklich geregelt. In der Rechtssache Kásler hat der Europäische Gerichtshof erklärt, das vorlegende Gericht könne eine missbräuchliche Klausel durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts ersetzen, wenn das Gericht anderenfalls gezwungen wäre, den Vertrag insgesamt für nichtig zu erklären.109 Er führt aus, das Gericht dürfe den Inhalt einer missbräuchlichen Klausel grundsätzlich nicht anpassen, weil dies den gewünschten Abschreckungseffekt schmälere. Dabei erklärt er in dieser Entscheidung noch nicht ausdrücklich, ob die Ersetzung der missbräuchlichen Klausel 108 Dazu ausführlich Gsell, JZ 2019, 751–758; Graf v. Westphalen, BB 2019, 67, 69– 72; Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 103–168; Wendehorst/Graf v. Westphalen, NJW 2021, 229–236; Wittebol/Choi, WM 2021, 1734–1739. 109 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2338 f. Rn. 77–85 – Kásler.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
durch eine Bestimmung des dispositiven Rechts nach seiner Ansicht bereits eine solche inhaltliche Umgestaltung der Klausel darstellt.110 Die Gesamtnichtigkeit des Vertrags könne für den Verbraucher aber noch nachteiligere Folgen haben als die Ersetzung durch eine Bestimmung des dispositiven Rechts, weswegen der Rückgriff auf die Bestimmung des nationalen Rechts gerechtfertigt sei.111 In dem Verfahren ging es um eine missbräuchliche Zinsklausel in einem Fremdwährungsdarlehensvertrag, sodass, wenn das Gericht bei Streichung der Klausel die Nichtigkeit des Gesamtvertrags feststellen müsste, dies für den Verbraucher die nachteilige Folge gehabt hätte, dass der noch offene Darlehensbetrag sofort in Gänze fällig geworden wäre.112 Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gemäß Erwägungsgrund 13 der KlauselRL davon auszugehen sei, dass das dispositive nationale Recht selbst nicht missbräuchlich sei.113 In der Rechtssache Kásler hat sich der Europäische Gerichtshof somit zunächst nur zu dem seltenen Sonderfall geäußert, in dem bei Streichung der missbräuchlichen Klausel ohne Rückgriff auf das dispositive Recht der Vertrag insgesamt unwirksam würde. Dennoch wurde die Entscheidung in Deutschland teilweise so aufgefasst, der Europäische Gerichtshof habe den Rückgriff auf das dispositive Recht, wie ihn § 306 Abs. 2 BGB vorsieht, generell für richtlinienkonform befunden.114 In den Entscheidungen Unicaja Banco und Demba hat der Europäische Gerichtshof – wenn auch obiter – klargestellt, dass die Ersetzung einer missbräuchlichen Klausel durch eine Bestimmung des nationalen Rechts den Ausnahmefall darstellen müsse, da sie nur in einer Situation eingreifen dürfe, wie sie der Rechtssache Kásler zugrunde lag: „Zwar hat der EuGH die Möglichkeit für das nationale Gericht anerkannt, eine missbräuchliche Klausel durch eine dispositive nationale Vorschrift zu ersetzen, doch geht aus seiner Rechtsprechung hervor, dass diese Möglichkeit auf Fälle beschränkt ist, in denen die Ungültigerklärung der missbräuchlichen Klausel das Gericht verpflichten würde, den Vertrag insgesamt für nichtig zu erklären, wodurch der Verbraucher Konsequenzen ausgesetzt würde, die derart sind, dass er dadurch bestraft würde.“ 115
In der Entscheidung Dexia hat der Europäische Gerichtshof daraufhin erstmals einem Gericht den im konkreten Fall nach nationalem Recht vorzunehmenden 110
EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2338 f. Rn. 77–79 – Kásler. EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2339 Rn. 81–85 – Kásler. 112 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2339 Rn. 84 – Kásler. 113 EuGH, Urt. v. 30.4.2014, NJW 2014, 2335, 2339 Rn. 81 – Kásler. 114 Vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2016, BGHZ 209, 337 = NJW 2017, 320, 322 Rn. 28; Fervers, NJW 2014, 510, 511. 115 EuGH, Urt. v. 7.8.2018, NZM 2018, 1029, 1034 f. Rn. 74 – Demba; inhaltlich übereinstimmend zuvor EuGH, Urt. v. 21.1.2015, BeckRS 2015, 80134 Rn. 33 – Unicaja Banco; diese Rechtsprechung ablehnend Gsell, JZ 2019, 751, 756. 111
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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Rückgriff auf eine Vorschrift versagt, die ohne die missbräuchliche Klausel anwendbar gewesen wäre.116 Die Unanwendbarkeit des nationalen Ersatzrechts gilt nach neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs selbst dann, wenn sich der Gewerbetreibende allein auf die dispositive Vorschrift und nicht auf die missbräuchliche Klausel beruft.117 Dass sich das vertragliche Gleichgewicht durch die Nichtanwendung des Ersatzrechts erheblich zulasten des Klauselverwenders verschiebt, etwa weil – wie in den entschiedenen Fällen – der Verbraucher auch von einer nach dispositivem Recht vorgesehenen Schadensersatzpflicht befreit wird, sei vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses an der Beseitigung missbräuchlicher Klauseln hinzunehmen.118 Für die vom nationalen Gericht durchzuführende Prüfung, ob ohne die Ersetzung einer missbräuchlichen Klausel durch eine Bestimmung des nationalen Rechts der Fortbestand des Vertrags gefährdet ist, soll es auf die im Zeitpunkt des Rechtsstreits bestehenden oder vorhersehbaren Verhältnisse ankommen, weil der Schutz des Verbrauchers nur gewährleistet werde, wenn seine gegenwärtigen und nicht im die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Interessen berücksichtigt werden.119 Bei der Beurteilung, ob die ersatzlose Streichung der Klausel zu einer „Bestrafung“ des Verbrauchers führen würde, sollen dem Europäischen Gerichtshof zufolge nicht nur rein wirtschaftliche Folgen, sondern auch die drohende Rechtsunsicherheit zu berücksichtigen sein.120 Nimmt man den Europäischen Gerichtshof beim Wort, dürfte somit eine unwirksame Klausel in einem Mietvertrag zwischen einem als Unternehmer anzusehenden Vermieter und einem als Verbraucher anzusehenden Mieter, durch die der Mieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten verpflichtet werden soll, nicht durch die dispositiven Rechtsvorschriften in §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB ersetzt werden, weil der Fortbestand des Vertrags keinen Rückgriff auf diese Bestimmungen erfordert. Vielmehr müsste die unwirksame Renovierungsklausel ersatzlos gestrichen werden. Dies hätte zur Folge, dass wie bei einer wirksam vereinbarten Freizeichnung des Vermieters von dessen Renovierungspflicht keine Vertragspartei zur Renovierung verpflichtet wäre.121 Jedoch unterscheidet sich die Situation im Falle unwirksamer Renovierungsklauseln entscheidend von den Sachverhalten, mit denen der Europäische Gerichtshof bisher befasst war: Die Geltung der dispositiven Bestimmung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB anstelle der unwirksamen Klausel ist für den Mieter günstiger
116 117 118 119 120 121
EuGH, Urt. v. 27.1.2021, NJW 2021, 1447, 1451 Rn. 67 – Dexia. EuGH, Urt. v. 8.12.2022, ZIP 2023, 148, 151 Rn. 39 f. – V.B. EuGH, Urt. v. 8.12.2022, ZIP 2023, 148, 151 Rn. 39 – V.B. EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 50 f. – Dziubak. EuGH, Urt. v. 12.1.2023, NJW 2023, 903, 907 Rn. 61 f. – D.V. Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 564.
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als die ersatzlose Streichung der Klausel, weil er dadurch eine Leistung vom Vermieter verlangen kann, statt nur von dem gegen ihn gerichteten Anspruch befreit zu sein. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL dem Rückgriff auf dispositives Recht in den Fällen entgegenstehen sollen, in denen der Verbraucher von der Geltung des dispositiven Rechts stärker profitiert als von der schlichten Nichtanwendung der Klausel.122 Die Gegenansicht wendet dagegen ein, der Wortlaut der Klausel-RL biete keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rückgriff auf dispositives Ersatzrecht nur gesperrt sei, wenn sich dies zulasten des Verbrauchers auswirke.123 Außerdem bedeute eine solche „Rosinentheorie“ eine ungerechtfertigte, einseitige Belastung des Klauselverwenders.124 Zu bedenken ist aber, dass der Europäische Gerichtshof das Verbot des Rückgriffs auf das dispositive Recht in erster Linie aus dem Abschreckungseffekt gegenüber den Gewerbetreibenden herleitet, der dadurch zustande komme, dass missbräuchliche Klauseln ersatzlos entfallen.125 Er räumt damit dem Abschreckungseffekt gemäß Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL offenbar den Vorrang gegenüber dem ebenfalls durch die Klausel-RL verfolgten Ziel ein, einen materiell ausgewogenen Vertragsinhalt herbeizuführen.126 Ein Verbot auch des verbraucherbegünstigenden Rückgriffs auf das dispositive Recht würde den Abschreckungseffekt gegenüber der Verwendung möglicherweise missbräuchlicher Klauseln aber gerade nicht verstärken.127 Da der Wortlaut der Richtlinie speziell zur Zulässigkeit eines ersetzenden Rückgriffs auf dispositive Vorschriften ohnehin schweigt, lässt sich aus ihm kein Argument für oder gegen die Einbeziehung auch der verbraucherbegünstigenden Ersetzung durch dispositives Recht herleiten. Die Frage, ob auch die Anwendung verbraucherbegünstigender dispositiver Vorschriften, die einen erheblichen Teil der Anwendungsfälle des § 306 Abs. 2 BGB ausmachen dürfte, nach Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL unzulässig sein soll, hat der Europäische Gerichtshof bisher nicht geklärt.128 Sie wird sich in der Praxis aber niemals stellen. Denn selbst wenn man der – hier wie ausgeführt
122 So auch Gsell, JZ 2019, 751, 753 f.; Wendehorst/Graf v. Westphalen, EuZW 2021, 229, 234; Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 414; Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 564. 123 Wittebol/Choi, WM 2021, 1734, 1738. 124 Wittebol/Choi, WM 2021, 1734, 1738. 125 EuGH, Urt. v. 21.1.2015, BeckRS 2015, 80134 Rn. 31, 33 – Unicaja Banco; EuGH, Urt. v. 27.1.2021, NJW 2021, 1447, 1451 Rn. 64 – Dexia. 126 Gsell, in: Kindl/Vendrell, Die Rechtsprechung des EuGH und ihr Einfluss auf die nationalen Privatrechtsordnungen, S. 63, 74; Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 562; kritisch gegenüber dieser Wertungsentscheidung des EuGH Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 163. 127 Gsell, JZ 2019, 751, 754. 128 Gsell, JZ 2019, 751, 753; Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 411.
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nicht vertretenen – Ansicht ist, für die Zulässigkeit des Rückgriffs auf dispositives Recht anstelle einer missbräuchlichen Klausel könne es nicht darauf ankommen, ob die einschlägigen dispositiven Vorschriften den Verbraucher begünstigen oder seine Position verschlechtern, wäre der Rückgriff auf verbraucherbegünstigende dispositive Vorschriften wegen des mindestharmonisierenden Charakters der Klausel-RL gemäß Art. 8 Klausel-RL stets zulässig. Die Anwendung einer Norm, die dem Verbraucher einen Anspruch verschafft oder ihn anderweitig begünstigt, würde jedenfalls einen stärkeren Verbraucherschutz gewähren als nach der Klausel-RL vorgesehen. Dementsprechend wäre eine Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof, mit der die Auskunft erlangt werden soll, ob die Klausel-RL auch in diesen Fällen den Rückgriff auf Bestimmungen des dispositiven Rechts verbietet, unzulässig, weil sie in Anbetracht von Art. 8 Klausel-RL nicht entscheidungserheblich sein kann, wenn das nationale Recht den Rückgriff auf das verbraucherbegünstigende dispositive Recht vorsieht. Festzuhalten bleibt somit, dass die Anwendung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB infolge der Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel in einem Verbrauchervertrag mit der Klausel-RL vereinbar ist, entweder weil die Klausel-RL auch im Lichte der weitreichenden und zum Teil stark kritisierten129 Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Anwendung der Vorschrift nicht verbietet oder, falls das Gegenteil zutrifft, weil die Anwendung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB als stärker verbraucherschützende Maßnahme gemäß Art. 8 Klausel-RL zulässig ist. Somit kann der Mieter gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die Vornahme von Renovierungsarbeiten vom Vermieter verlangen, wenn die Abwälzungsklausel unwirksam ist.130 Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Verbrauchervertrag handelt oder nicht. Bei Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel ist auch die darin notwendig enthaltene Abbedingung der Renovierungspflicht des Vermieters unwirksam. Stattdessen gilt wie ausgeführt gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die vollumfängliche Renovierungspflicht des Vermieters. Dies gilt auch dann, wenn die Freizeichnung des Vermieters von seiner Renovierungspflicht separat von der Abwälzungsklausel geregelt ist, weil die Freizeichnungsklausel in diesem Fall ebenso wie eine salvatorische Ersetzungsklausel131 darauf gerichtet ist, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen der Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel zu umgehen, und daher ebenfalls unwirksam ist.132
129 Gsell, JZ 2019, 751, 756 f.; Häublein, VuR 2021, 214, 219 f.; Wittebol/Choi, WM 2021, 1734, 1738 f.; Herresthal, NJW 2023, 1161, 1162–1164; Pfeiffer, LMK 2023, 802885; Rieländer, EuZW 2023, 317, 321–323. 130 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3518 Rn. 16. 131 Dazu bereits oben S. 256. 132 Lützenkirchen, NZM 2016, 113, 116; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 130.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Nach § 306 Abs. 2 BGB gilt zwingend das dispositive Recht und damit im Falle unwirksamer Abwälzungsklauseln die Renovierungspflicht des Vermieters. Die These, ein Renovierungsanspruch des Mieters infolge der Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel bestehe nicht, wenn der Renovierungsaufwand nicht innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren durch die Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden kann,133 ist daher nicht haltbar. Das Leistungsverweigerungsrecht des § 275 Abs. 2 BGB ist nicht einschlägig, da kein Missverhältnis zwischen dem Leistungsinteresse des Mieters und dem Aufwand des Vermieters besteht. Eine Anpassung des Vertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Wegfall einer unwirksamen Klausel zum Risikobereich des Vermieters gehört.134 Gesetzlich vorgesehen ist im Falle unzumutbarer Belastungen durch das Eingreifen der dispositiven Vorschriften allein die Gesamtunwirksamkeit des Vertrags nach § 306 Abs. 3 BGB, die aber wie ausgeführt im Falle unwirksamer Renovierungsklauseln regelmäßig nicht anzunehmen ist,135 nicht aber der Ausschluss der Geltung des dispositiven Ersatzrechts aus Zumutbarkeitserwägungen bei Fortbestehen des Vertrags im Übrigen. Der Renovierungsanspruch gegen den Vermieter besteht ferner auch, wenn der Mieter durch seine Nutzung eine überdurchschnittliche Abnutzung der Dekoration hervorruft, solange er nicht die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs überschreitet und sich dadurch selbst schadensersatzpflichtig macht.136 Der Anspruch des Mieters wird des Weiteren weder dadurch ausgeschlossen, dass er lange Zeit keine Renovierung vom Vermieter verlangt hat, noch dadurch, dass er selbst ebenfalls lange Zeit nicht renoviert hat.137 Der Vermieter schuldet ebenso wie der Mieter bei übertragener Verpflichtung analog § 243 Abs. 1 BGB eine Renovierung von mittlerer Art und Güte.138 Demzufolge genügt auch eine Eigenvornahme durch den Vermieter.139 Die Erhaltungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB besteht, sobald ein entsprechender Mangel gegeben ist. Der Renovierungsanspruch des Mieters wird daher fällig, sobald objektiv Renovierungsbedarf besteht.140 Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Mieter.141
133
So Horst, DWW 2007, 48, 52. BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840, 2842 Rn. 20; Börstinghaus, WuM 2005, 675, 678; Emmerich, NZM 2006, 761, 764. 135 Siehe oben S. 263 ff. 136 Artz, NZM 2020, 769, 771; anderer Ansicht Sternel, NZM 2007, 545, 548. 137 Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 535 Rn. 359. 138 Sternel, NZM 2007, 545, 547; Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5255. 139 Sternel, NZM 2007, 545, 547; Flatow, WuM 2009, 208, 211. 140 Sternel, NZM 2007, 545, 547; Flatow, WuM 2009, 208, 210; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 55 Siegmund, in: BeckOK Mietrecht, § 535 Rn. 5254. 141 Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 195. 134
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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b) Keine ergänzende Vertragsauslegung infolge der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel Im Schrifttum wurde zudem zum Teil die Ansicht vertreten, die uneingeschränkte Geltung von § 535 Abs. 1 S. 2 BGB anstelle einer unwirksamen Abwälzungsklausel stelle einen ungerechtfertigten Eingriff in das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung dar. Die durch die Unwirksamkeit der Klausel geschaffene Lücke sei stattdessen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu füllen.142 Demnach wäre zu fragen, welche Regelung die Vertragsparteien redlicherweise getroffen hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel gekannt hätten.143 Bei Kenntnis der Unwirksamkeit, so die Vertreter dieser Ansicht, wäre in den Mietvertrag zum Beispiel keine echte Endrenovierungspflicht aufgenommen worden, die zur Unwirksamkeit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen insgesamt führt. Stattdessen wäre lediglich die Überwälzung der laufenden Renovierungen vereinbart worden.144 Ebenso hätten die Vertragsparteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit von starren Fristenplänen auf diese verzichtet.145 Es fällt auf, dass eine so verstandene ergänzende Vertragsauslegung im Ergebnis einer geltungserhaltenden Reduktion gleichkommt. Rechtsfolge einer ergänzenden Vertragsauslegung – sofern sie überhaupt anwendbar ist – ist jedoch nicht, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel diejenige Regelung tritt, die der Verwender (einseitig) gewählt hätte, wenn ihm die Unwirksamkeit seiner Klausel bekannt gewesen wäre.146 Die ergänzende Vertragsauslegung ist in Deutschland als Mittel zur Schließung der durch die Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstandenen Lücke im Rahmen des § 306 Abs. 2 BGB anerkannt, wenn geeignete, spezifische Vorschriften des dispositiven Rechts nicht bestehen und eine ersatzlose Streichung der Klausel keine interessengerechte Lösung darstellen würde.147 Die Vereinbarkeit dieses Rechtsinstituts mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 KlauselRL ist jedoch umstritten. Darauf ist an dieser Stelle aber nicht näher einzugehen,148 weil schon die soeben genannten Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung nicht gegeben sind, wenn die Überwälzung der Schönheitsreparaturen unwirksam ist: Da eine etwaige Regelungslücke infolge der Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel durch die Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB 142
Ahlt, DWW 2005, 96, 99; H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 677. Vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2012, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865, 1866 Rn. 24; BGH, Urt. v. 28.10.2015, BGHZ 207, 209 = NJW 2016, 1718, 1725 Rn. 70. 144 H.-G. Eckert, ZfIR 2005, 673, 677. 145 Ahlt, DWW 2005, 96, 99. 146 BGH, Urt. v. 3.11.1999, BGHZ 143, 103 = NJW 2000, 1110, 1114. 147 BGH, Urt. v. 13.11.1997, BGHZ 137, 153 = NJW 1998, 450, 451; Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 32 f.; Grüneberg, in: ders., BGB, § 306 Rn. 13. 148 Siehe aber sogleich S. 287 ff. 143
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
geschlossen wird, besteht schon keine Lücke, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden könnte. Der Bundesgerichtshof hat eine ergänzende Vertragsauslegung im Falle unwirksamer Abwälzungsklauseln bei anfänglich renovierten Räumen daher zu Recht abgelehnt.149 2. Bei anfänglich unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Räumen Während bei anfänglich renovierten Mieträumen also feststeht, dass der Vermieter infolge der Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel ebenso wie bei Fehlen einer vertraglichen Regelung bei Bedarf ohne Einschränkungen renovieren muss, ist diese Frage bei solchen Räumen, die dem Mieter bei Vertragsbeginn in unrenoviertem Zustand oder bereits renovierungsbedürftigem Zustand übergeben werden, deutlich stärker umstritten. Geht man davon aus, dass der Vermieter bei Überlassung unrenovierter Räume auch nur die Herbeiführung eines Dekorationszustandes schuldet, der dem anfänglichen Zustand entspricht, erscheint es möglicherweise problematisch, dem Mieter im Falle einer unwirksamen Überwälzungsklausel einen uneingeschränkten Renovierungsanspruch zuzusprechen. In der Rechtsprechung ist dieses Problem zuletzt unterschiedlich behandelt worden und auch im Schrifttum wird es kontrovers diskutiert. Die Frage des Renovierungsanspruchs gegen den Vermieter bei anfänglich unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Räumen ist von großer praktischer Bedeutung, denn viele Schönheitsreparaturklauseln sind gerade deshalb unwirksam, weil sie die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter trotz Überlassung unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Räume vorsehen. a) Die unterschiedlichen Standpunkte der 18. und der 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin Die Zivilkammer 18 des Berliner Landgerichts hat einen Anspruch von Wohnungsmietern auf Zahlung eines Vorschusses für die Durchführung von Schönheitsreparaturen aus § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB in der beschriebenen Situation verneint.150 Sie zweifelte daran, dass es richtig sei, in einem solchen Fall das dispositive Recht anstelle der unwirksamen Klausel anzuwenden, weil diese Vorgehensweise den Bestimmungen über die Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen „einen von Vermietern punitiv empfundenen Charakter“ verleihe, der ihrer Zwecksetzung nicht entspreche.151 Sähe man dies anders, bestehe jedenfalls kein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB, der die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auslösen könnte. Ein Man149 BGH, Urt. v. 28.6.2006, NJW 2006, 2915, 1917 Rn. 20 f.; zustimmend auch Emmerich, NZM 2006, 761, 763; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 191; Artz, NZM 2007, 265, 267. 150 LG Berlin, Urt. v. 2.5.2018, WuM 2018, 557. 151 LG Berlin, Urt. v. 2.5.2018, WuM 2018, 557, 559.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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gel im Sinne der §§ 535 ff. BGB ist jede negative Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit, die die Gebrauchstauglichkeit einer Sache beeinträchtigt.152 Die Soll-Beschaffenheit unterliegt dabei der Disposition durch die Vertragsparteien.153 Indem die Mieter die Wohnung im unrenovierten Zustand übernahmen, legten sie, so die Ansicht der Zivilkammer 18 des Berliner Landgerichts, den unrenovierten Dekorationszustand im Wege einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung als Soll-Zustand fest.154 Eine Abstufung innerhalb des unrenovierten Zustands habe nicht zu erfolgen.155 Die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel hätte demnach zur Folge, dass weder Mieter noch Vermieter vom jeweils anderen die Durchführung von Renovierungsarbeiten verlangen könnten. Weniger als drei Monate später hat sich die 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin in einem vergleichbaren Sachverhalt auf den entgegengesetzten Standpunkt gestellt.156 In der Übernahme einer unrenovierten Wohnung sei keine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen, der zufolge der unrenovierte Zustand vertragsgemäß ist. Dies folge daraus, dass die Schönheitsreparaturen ursprünglich auf den Mieter abgewälzt werden sollten und dieser dann einen renovierten Zustand herbeiführen sollte.157 Somit sei auch der Vermieter einer unrenoviert überlassenen Wohnung vollumfänglich zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.158 b) Die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs Mit den divergierenden Entscheidungen der Kammern des Berliner Landgerichts musste sich im Anschluss der achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs befassen.159 Dieser hat sich keiner der beiden vorinstanzlichen Entscheidungen angeschlossen, sondern in den beiden Revisionsentscheidungen wiederum eine andere, im Schrifttum heftig kritisierte160 Lösung des Problems entwickelt. Beide 152 Häublein, in: MüKo-BGB, § 536 Rn. 3; Schüller, in: BeckOK Mietrecht, § 536 Rn. 5. 153 Häublein, in: MüKo-BGB, § 536 Rn. 3; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 536 Rn. 19; Looschelders, NZM 2022, 393, 396; Schüller, in: BeckOK Mietrecht, § 536 Rn. 5. 154 LG Berlin, Urt. v. 2.5.2018, WuM 2018, 557, 558–560; so bereits Horst, DWW 2007, 48, 49. 155 LG Berlin, Urt. v. 2.5.2018, WuM 2018, 557, 560. 156 LG Berlin, Urt. v. 24.7.2018, BeckRS 2018, 46900. 157 LG Berlin, Urt. v. 24.7.2018, BeckRS 2018, 46900 Rn. 16–24; so zuvor bereits Sternel, NZM 2007, 545, 547; Artz, NZM 2015, 801, 804 f. 158 LG Berlin, Urt. v. 24.7.2018, BeckRS 2018, 46900. 159 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517 (zur Entscheidung der 18. ZK des LG Berlin); BGH, Urt. v. 8.7.2020, NJW 2020, 3523 (zur Entscheidung der 63. ZK des LG Berlin). 160 Vgl. Wiek, WuM 2020, 564; Artz, NZM 2020, 769, 771–773; Börstinghaus, LMK 2020, 432127; Kratzlmeier, ZfIR 2020, 661; Lehmann-Richter, MietRB 2020, 310, 311–
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Sachverhalte betrafen die Wohnungsmiete. Es ist aber kein Grund dafür erkennbar, dass die vom Bundesgerichtshof entwickelte Beteiligungslösung nicht auch für die Geschäftsraummiete gelten sollte.161 Der Bundesgerichtshof teilt im Ausgangspunkt die Ansicht des 18. Zivilsenats des Landgerichts Berlin, wonach die Vertragsparteien bei Überlassung und Übernahme ersichtlich unrenovierter Räume diesen Anfangszustand mangels abweichender Abreden konkludent als vertragsgemäß bestimmen.162 Daraus, dass nach der unwirksamen Abwälzungsklausel der Mieter einen renovierten Zustand herbeiführen sollte, folge nicht, dass der renovierte Zustand den vertragsgemäßen Zustand im Sinne des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB darstellt.163 Jedoch begründet nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die weitere Verschlechterung des Dekorationszustands im Verlauf des Vertragsverhältnisses einen Mangel der Mietsache, der zu einem Renovierungsanspruch gegen den Vermieter aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB führt.164 Zwar schulde der Vermieter somit dem Bundesgerichtshof zufolge nach einer Verschlechterung des Dekorationszustandes die Vornahme von Renovierungsarbeiten, der vertragsgemäße Soll-Zustand sei aber der unrenovierte Anfangszustand. Die Herbeiführung dieses anfänglichen Zustands liege allerdings nicht im Interesse der Vertragsparteien, denn sie sei weder praktikabel noch wirtschaftlich sinnvoll.165 Aus diesem Grund sei der Anspruch des Mieters auf die Herbeiführung eines frisch renovierten Zustands gerichtet.166 Der Bundesgerichtshof sieht darin allerdings das Problem, dass der Mieter damit Räume erhielte, deren Dekorationszustand über den vertraglich vom Vermieter geschuldeten Zustand hinausgeht.167 Es sei unbillig, den Vermieter mit sämtlichen Renovierungskosten zu belasten, wenn der Mieter den unrenovierten Anfangszustand als vertragsgemäß akzeptiert hat.168 Um eine solche Besserstellung des Mieters auszugleichen, müsse sich dieser nach dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB angemessen finanziell an den Renovierungskosten beteiligen: Es entspreche 314; Brinkmann, WuM 2021, 705, 715; Herrlein/Kappus, NJW 2021, 36, 38; Kupfer/ Weiß, VuR 2021, 97, 98–100; Häublein, VuR 2021, 214, 216; Selk, NZM 2021, 538, 543; Herrlein, NJW 2021, 1283, 1287; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 127b; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 379–379d; Looschelders, NZM 2022, 393, 399. 161 Herrlein/Kappus, NJW 2021, 36, 37 f.; anderer Ansicht Lehmann-Richter, MietRB 2020, 310, 313 f. 162 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3619 Rn. 20–31. 163 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3619 Rn. 27–29; zustimmend Kratzlmeier, ZfIR 2020, 661, 663; Lehmann-Richter, MietRB 2020, 310, 311. 164 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3518 Rn. 13, 32 f. 165 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 38; zustimmend Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1068. 166 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 38 f. 167 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 40. 168 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 43.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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„dem Willen redlicher, die beiderseitigen Interessen berücksichtigenden und um deren angemessenen Ausgleich bemühten Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses, dass Renovierungsarbeiten vorgenommen werden, und zwar solche, durch welche die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt wird und sich der Mieter seinerseits an den Kosten in angemessenem Umfang beteiligt.“ 169
Der Umfang der finanziellen Beteiligung des Mieters sei vom Tatrichter zu bestimmen. In der Regel sei eine hälftige Kostenbeteiligung des Mieters sachgerecht.170 Welche Umstände im Einzelnen zur Bestimmung einer gegebenenfalls abweichenden Kostenbeteiligungsquote zu berücksichtigen sein sollen, bleibt offen.171 Ebenso bleibt unbegründet, weshalb der Bundesgerichtshof gerade eine hälftige Teilung der Kosten im Regelfall für angemessen hält. Da der Bundesgerichtshof insoweit keine Vorbehalte geäußert hat und auch keine Gründe für eine abweichende Beurteilung ersichtlich sind, müsste sein Beteiligungsmodell nicht nur in dem hier interessierenden Fall unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Räumen gelten, sondern auch dann, wenn der Mietvertrag von vornherein keine Abwälzungsregelung vorsieht.172 Denn in dieser Situation müsste nach der Argumentation des Bundesgerichtshofs ebenfalls der anfängliche Zustand als vertragsgemäß vereinbart sein, sodass der Mieter bei einer Renovierung durch den Vermieter einen besseren Zustand erhalten würde, als ihm vertraglich zusteht. Zuzustimmen ist dem Bundesgerichtshof darin, dass auch ein anfänglich unrenovierter (und auch ein bereits renovierungsbedürftiger) Zustand sich weiter verschlechtern kann, sodass Mängelansprüche wegen eines verschlechterten Dekorationszustandes nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Mieter den anfänglichen Zustand als für diesen Zeitpunkt vertragsgemäß akzeptiert. Zutreffend ist außerdem, dass eine Herbeiführung des anfänglichen Dekorationszustandes nicht sinnvoll wäre.173 Das vom Bundesgerichtshof aufgeworfene Problem, der Mieter erhalte eine über das vertraglich Geschuldete hinausgehende Leistung, wenn der Vermieter uneingeschränkt zur Vornahme von Renovierungsarbeiten verpflichtet wäre, stellt sich jedoch nur, wenn man wie der Bundesgerichtshof davon ausgeht, dass der anfängliche, unrenovierte oder renovierungsbedürftige Zustand auch im weiteren Verlauf des Mietverhältnisses den Soll-Zustand für die Erhaltungspflicht des Ver169
BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 43. BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 45. 171 Dies kritisierend Artz, NZM 2020, 769; Kappus, NJW 2020, 3522; Wiek, WuM 2020, 564, 565; zu den möglicherweise zu berücksichtigenden Umständen im Einzelnen Brückner, ZMR 2021, 644, 645–648. 172 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1068; Wiek, WuM 2020, 564; Zehelein, NZM 2020, 704, 708, 709; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 180. 173 So zuvor bereits Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 194 f.; diesbezüglich kritisch aber Wiek, WuM 2020, 564, 565. 170
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
mieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB darstellt. Diesem „statischen“ Begriff des vertragsmäßigen Zustands setzen Gsell und Mayrhofer überzeugend einen „dynamischen“ Begriff des vertragsgemäßen Zustands entgegen.174 Demnach wird zwar der anfängliche Zustand der Mieträume für den Zeitpunkt der Überlassung mangels abweichender Abreden als vertragsgemäß festgelegt. Jedoch entspricht es bei der Miete als Dauerverhältnis nicht den Interessen der Vertragsparteien, diesen anfänglichen Zustand als dauerhafte Soll-Beschaffenheit zu festzulegen.175 Vielmehr widerspräche es, wie der Bundesgerichtshof selbst ausgeführt hat, ihren Interessen, wenn die für die Renovierung zuständige Vertragspartei den anfänglichen Zustand wiederherstellen müsste.176 Die konkludente Einigung über den anfänglichen Zustand als Soll-Zustand bezieht sich deshalb regelmäßig nur auf den Beginn des Vertragsverhältnisses. Die Parteien gehen nach überzeugender Ansicht davon aus, dass der renovierte Zustand den vertragsgemäßen Zustand im Sinne der §§ 535 ff. BGB darstellt, sobald eine erhebliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten ist.177 Auf diese Weise wird zudem ein Gleichlauf mit der Renovierungspflicht des Mieters im Falle einer wirksamen Abwälzung hergestellt, denn dieser ist jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung der Abwälzungsklausel dazu verpflichtet, einen frisch renovierten Zustand der Räume herzustellen.178 Dieses „dynamische“ Verständnis des vertragsgemäßen Zustands hat zur Folge, dass der Mieter durch eine Renovierung des Vermieters nicht mehr erhält, als ihm zusteht, sodass für eine Kostenbeteiligungspflicht des Mieters keine Grundlage besteht.179 Selbst wenn man aber der Ansicht des Bundesgerichtshofs zum vereinbarten vertragsgemäßen Zustand während des Mietverhältnisses folgt, kann die von ihm angenommene Pflicht des Mieters zur Kostenbeteiligung nicht überzeugen.180 § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sieht vor, dass der Mieter nicht mit dem Instandhaltungsaufwand belastet werden soll. Das Problem, dass der ursprüngliche Zustand nicht sinnvoll wiederhergestellt werden kann, gehört somit nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung zur Risikosphäre des Vermieters.181 Außerdem enthält das Gesetz in § 559 BGB bereits eine detaillierte Regelung zur Beteiligung des Mieters an Kosten, die dem Vermieter bei Modernisierungs174 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1066 f.; so auch Artz, NZM 2020, 769, 771 f.; ablehnend aber Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 178. 175 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1067. 176 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 38. 177 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1068 f. 178 Flatow, WuM 2009, 208, 209; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1071. 179 Artz, NZM 2020, 769, 772; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1069. 180 Anderer Ansicht im Ergebnis Kupfer/Weiß, VuR 2021, 97, 100–102, die einen Kostenersatzanspruch des Vermieters aus einer Analogie zu § 670 BGB herleiten. 181 Wiek, WuM 2020, 564, 565; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 379; Looschelders, NZM 2022, 393, 399.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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maßnahmen entstehen. § 559 Abs. 1 BGB sieht für den Fall der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen eine Mieterhöhungsmöglichkeit vor. Schönheitsreparaturen gehören zu den Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 559 Abs. 2 BGB,182 deren Durchführung nach dieser Bestimmung gerade keine Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB rechtfertigt. Durch eine gesetzlich nicht vorgesehene Pflicht zur Beteiligung an den Kosten für vom Vermieter durchgeführte Schönheitsreparaturen würde deshalb die insoweit abschließende Regelung des § 559 BGB ausgehebelt.183 Hinzu tritt folgende Vergleichsüberlegung: In den zuvor erwähnten Fällen des Fehlens einer vertraglichen Abrede oder im Falle der (deklaratorischen) Vereinbarung der Renovierungspflicht des Vermieters war den Parteien bei Vertragsschluss bewusst, dass der Vermieter regelmäßig zur Herbeiführung eines ordnungsgemäßen Dekorationszustands verpflichtet sein würde. Die Vertragsparteien, insbesondere der Vermieter, konnten demzufolge die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung erkennen. Für ein richterliches Eingreifen in den Inhalt des Mietvertrags, wie es der Bundesgerichtshof vornimmt, besteht daher kein Anlass. Dies muss gleichermaßen gelten, wenn die Renovierungspflicht des Vermieters auf die Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel zurückzuführen ist. Das Risiko, dass die Kalkulation des Vermieters infolge der Unwirksamkeit einer Abwälzungsklausel nicht mehr aufgeht, trägt der Vermieter als Verwender der unwirksamen Klausel selbst. Der Bundesgerichtshof setzt sich mit der Beteiligungslösung zudem in Widerspruch zu seiner vorherigen Rechtsprechung: Die von ihm geschaffene Pflichtenverteilung – Renovierungspflicht des Vermieters, aber Beteiligung des Mieters an den Kosten – entspricht inhaltlich der Vereinbarung einer Kostenabwälzungsklausel. Eine solche Kostenabwälzungsklausel dürfte aber entsprechend den vom Bundesgerichtshof 2015 aufgestellten Grundsätzen nur wirksam sein, wenn die Räume renoviert überlassen werden oder ein angemessener Ausgleich erfolgt.184 Dies ist in den von der Beteiligungslösung erfassten Konstellationen aber gerade nicht geschehen. Somit könnte die Regelung, die der Bundesgerichtshof auf § 242 BGB gestützt zum Inhalt des Mietvertrags macht, nicht wirksam in vom Vermieter verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.185 Unklar ist außerdem, ob die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs zur Folge hat, dass der Vermieter auch ohne Aufforderung des Mieters renovieren und dann den Mieter an den Kosten beteiligen kann oder ob der Renovierungsan182
Schüller, in: BeckOK BGB, § 559 Rn. 34. Ausführlich Kratzlmeier, ZfIR 2020, 663–666. 184 Siehe oben S. 218. 185 So auch Artz, NZM 2020, 769, 772, Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1076, die daneben erwägen, eine solche Klausel könne überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB sein; ähnlich Wiek, WuM 2020, 564, 565. 183
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
spruch erst durch die Geltendmachung durch den Mieter erfüllbar wird.186 Der Bundesgerichtshof erklärt, der Vermieter müsse „auf Verlangen des Mieters“ Renovierungsarbeiten vornehmen.187 Auf die Pflicht des Mieters zur Kostenbeteiligung soll sich der Vermieter dann „nach Art eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 I BGB) berufen“ können, um den Verzugseintritt zu verhindern.188 Dass er damit zum Ausdruck bringen will, der Vermieter dürfe den Renovierungsanspruch aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB erst im Anschluss an das Verlangen des Mieters erfüllen, erscheint aber unwahrscheinlich, denn gemäß § 555a Abs. 1 BGB hat der Mieter Erhaltungsmaßnahmen zu dulden.189 Zu den Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 555a BGB gehören auch die Schönheitsreparaturen.190 Nimmt der Vermieter demzufolge ohne Aufforderung durch den Mieter rechtmäßig Schönheitsreparaturen vor, erhält der Mieter im Falle anfänglich unrenovierter Räume wiederum nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof mehr, als ihm nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zustehen würde, wodurch die Kostenbeteiligungspflicht gemäß § 242 BGB ausgelöst würde. Die Beteiligungslösung hat somit zur Folge, dass der Vermieter dem Mieter eine Renovierung aufdrängen kann, an der sich dann aber der Mieter in der Regel hälftig beteiligen muss.191 Dem kann der Mieter zwar entgehen, indem er darauf verzichtet, die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel geltend zu machen, sondern stattdessen sein bewusstes Einverständnis in die eigentlich unwirksame Klausel erklärt. Wie ausgeführt wurde, darf jedenfalls im Anwendungsbereich der Klausel-RL die Nichtigkeit einer Klausel dem Vertragspartner des Verwenders nicht aufgezwungen werden.192 Entscheidet sich der Mieter hierfür, ist er aber wieder selbst aufgrund der von ihm bestätigten Klausel zur Renovierung verpflichtet. Praktisch wird die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oftmals dazu führen, dass um Konfliktvermeidung bemühte Mieter auch bei Kenntnis der Unwirk186 Artz, NZM 2020, 769, 772; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1075; Häublein, VuR 2021, 214, 216, bejahen die Möglichkeit einer Renovierung durch den Vermieter auch ohne Aufforderung des Mieters; Zehelein, NZM 2020, 708, 709, erwägt, der Mieter könne eine aufgedrängte Renovierung durch den Vermieter gemäß § 242 BGB ablehnen; Kupfer/Weiß, VuR 2021, 97, 99, gehen davon aus, der Vermieter könne zwar ohne Verlangen des Mieters renovieren, dann aber keine Kostenbeteiligung vom Mieter verlangen. 187 BGH, Urt. v. 8.7.2020, NJW 2020, 3523, 2325 Rn. 36. 188 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 48. 189 Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1075; Hoch, JR 2021, 396, 398. 190 Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 555a Rn. 17. 191 Anderer Ansicht Lehmann-Richter, MietRB 2020, 310, 313; Hinz, ZMR 2023, 1, 10, denen zufolge dem Vermieter in dieser Situation kein Kostenbeteiligungsanspruch zusteht. 192 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 Rn. 33 – Pannon; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 989 Rn. 35 – Banif Plus Bank; EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 676 Rn. 43 – Lintner; siehe dazu bereits oben S. 163.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
287
samkeit der Abwälzungsklausel selbst renovieren.193 Dies nicht nur, um die andernfalls zu leistende Kostenbeteiligung zu vermeiden, sondern auch, weil die Höhe der Kostenbeteiligungspflicht unsicher und damit streitanfällig ist.194 c) Richtlinienwidrigkeit der Beteiligungslösung Überdies ist zweifelhaft, ob die vom Bundesgerichtshof angenommene finanzielle Beteiligungspflicht des Mieters an den Renovierungskosten des Vermieters im Falle unwirksamer Abwälzungsklauseln mit den Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL vereinbar ist.195 Wie bereits erläutert wurde, ist es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einem nationalen Gericht verwehrt, den Inhalt einer missbräuchlichen Klausel in irgendeiner Form abzuändern. Stattdessen soll die Klausel schlicht unangewendet bleiben, es sei denn, dies brächte Konsequenzen mit sich, die den Verbraucher selbst bestrafen würden. Auch der Rückgriff auf dispositives Recht zur Schließung der Lücke ist dem Europäischen Gerichtshof zufolge grundsätzlich unzulässig, wobei der in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Rückgriff auf § 535 Abs. 1 S. 2 BGB aufgrund der Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln zumindest nach Maßgabe des Art. 8 Klausel-RL unionsrechtlich zulässig sein muss.196 Die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs bewirkt aber gerade nicht lediglich eine für den Verbraucher vorteilhafte Geltung des dispositiven Rechts anstelle der unwirksamen Abwälzungsklausel. Sie stellt also weder eine bloße Nichtanwendung der unwirksamen Klausel noch eine allein den Verbraucher begünstigende Anwendung dispositiver nationaler Vorschriften dar. Dies ist vor dem Hintergrund der strikten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL problematisch. aa) Unionsrechtlich unzulässige ergänzende Vertragsauslegung? Der Bundesgerichtshof hat in seinen beiden Entscheidungen zur Renovierungspflicht des Vermieters bei unrenoviert überlassenen Mieträumen, bevor er das seiner Ansicht nach bestehende Erfordernis einer Kostenbeteiligung durch den Mieter erläutert hat, betont, die Grundsätze der ergänzenden Auslegung des Vertrags gemäß §§ 133, 157 BGB seien nicht anwendbar, weil mit § 535 Abs. 1 S. 2 BGB eine dispositive Bestimmung existiere, die an die Stelle der unwirk-
193
Kratzlmeier, ZfIR 2020, 661, 668. Wiek, WuM 2020, 564, 565. 195 Die Richtlinienkonformität bezweifelnd oder ablehnend Zehelein, NZM 2020, 857, 870; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1073–1075; Häublein, VuR 2021, 214, 216, 220; Graf v. Westphalen, NJW 2021, 277; ders., NZM 2021, 409, 416 f. 196 Siehe oben S. 273 ff. 194
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
samen Klausel tritt.197 Dies ist bemerkenswert, da die Vorgehensweise, die der Bundesgerichtshof daraufhin gewählt hat, große Ähnlichkeit mit einer ergänzenden Vertragsauslegung aufweist, auch wenn sie statt auf §§ 133, 157 BGB auf § 242 BGB gestützt wurde.198 Der Bundesgerichtshof erklärt, wie zuvor bereits zitiert, die Beteiligungslösung bei unwirksamen Renovierungsklauseln entspreche „dem Willen redlicher, die beiderseitigen Interessen berücksichtigenden und deren angemessenen Ausgleich bemühten Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses“.199 Dies kommt einer ergänzenden Vertragsauslegung, bei der nach ständiger Rechtsprechung zu ermitteln ist, „was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten“ 200, auffällig nahe. Der methodische Unterschied liegt darin, dass im Falle einer ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB an die Stelle der unwirksamen Klausel unmittelbar eine den typischen Interessen der Vertragsparteien entsprechende Regelung tritt, während die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs zunächst von der Geltung einer dispositiven Vorschrift ausgeht, diese dann aber gestützt auf § 242 BGB einschränkt, indem der daraus resultierende Anspruch von einer Leistung des Vertragspartners des Verwenders abhängig gemacht wird. Das Ergebnis dürfte aber dasselbe sein, da in beiden Fällen letztlich die Regelung zur Geltung kommt, die nach Ansicht des Gerichts redliche Vertragsparteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel getroffen hätten, weswegen in der Beteiligungslösung im Schrifttum zum Teil auch schlicht eine ergänzende Vertragsauslegung gesehen wurde.201 Die Richtlinienkonformität einer ergänzenden Vertragsauslegung im Anschluss an die Feststellung der Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist umstritten.202 Der Europäische Gerichtshof hat sich mit der im deutschen Recht nach §§ 133, 157 BGB praktizierten ergänzenden Vertragsauslegung bisher
197 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3619 Rn. 17; BGH, Urt. v. 8.7.2020, NJW 2020, 3523, 2524 Rn. 17. 198 Zehelein, NZM 2020, 857, 870; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1074 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 379a. 199 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3521 Rn. 43. 200 BGH, Urt. v. 28.10.2015, BGHZ 207, 209 = NJW 2016, 1718, 1725 Rn. 70. 201 Hu. Schmidt, in: BeckOK BGB, § 306 Rn. 22 f. 202 Die Vereinbarkeit mit der Klausel-RL bejahend BGH, Urt. v. 6.4.2016, BGHZ 209, 337 = NJW 2017, 320, 322 f. Rn. 26–31; BGH, Urt. v. 15.2.2019, NJW 2019, 2602, 2603 f. Rn. 18; BGH, Urt. v. 6.10.2021, BGHZ 231, 215 = BKR 2022, 38, 42 f. Rn. 50–53; OLG Naumburg, Urt. v. 8.2.2023, NJOZ 2023, 643, 649 f. Rn. 78–82; Herresthal, NJW 2021, 589; ders., NJW 2023, 1161, 1165 f.; Grigoleit, WM 2023, 749, 758; verneinend Gsell/Graf v. Westphalen, ZIP 2021, 1729, 1736–1739; Rieländer, EuZW 2023, 317, 319; Hu. Schmidt, IWRZ 2022, 10, 16; zweifelnd auch Looschelders, ZIP 2022, 2222, 2224.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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noch nicht beschäftigt. Aufschluss geben über die Position des Europäischen Gerichtshofs könnte aber dessen Urteil in der Rechtssache Dziubak.203 Das vorlegende polnische Gericht hatte dem Europäischen Gerichtshof unter anderem die Frage vorgelegt, ob es nach der Klausel-RL befugt sei, die durch die Nichtigkeit einer intransparenten Zinsklausel in einem Darlehensvertrag entstandene Lücke nicht durch dispositive Vorschriften des nationalen Rechts, sondern auf der Grundlage von zivilrechtlichen Generalklauseln zu schließen, um die andernfalls drohende Gesamtnichtigkeit des Vertrags zu vermeiden. Die Generalklauseln des polnischen Zivilgesetzbuchs, auf die das Gericht Bezug nahm, bestimmen unter anderem, dass die Wirkungen einer Erklärung ebenso wie die Pflichten von Schuldner und Gläubiger unter Berücksichtigung der Verkehrssitte bestimmt werden müssen. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Antwort erneut betont, dass schon die Ersetzung missbräuchlicher Klauseln durch spezifische dispositive nationale Vorschriften nur in den bereits beschriebenen Ausnahmefällen in Betracht komme.204 Die ausnahmsweise zulässige Ersetzung durch dispositive Vorschriften beruhe allerdings auf der Prämisse, dass die dispositiven Vorschriften des nationalen Rechts selbst nicht missbräuchlich sind, da sie das Gleichgewicht widerspiegeln, das der nationale Gesetzgeber zwischen den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien herstellen wollte.205 Bei der Anwendung einer Generalklausel zur Klauselersetzung könne dagegen nicht davon ausgegangen werden, dass dies „Gegenstand einer besonderen Prüfung durch den Gesetzgeber im Hinblick auf die Herstellung dieses Gleichgewichts“ war.206 Der Europäische Gerichtshof kommt deshalb zu dem Schluss, „dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer Schließung von Lücken eines Vertrags, die durch den Wegfall der darin enthaltenen missbräuchlichen Klauseln entstanden sind, allein auf der Grundlage von allgemeinen nationalen Vorschriften, die die in einem Rechtsgeschäft zum Ausdruck gebrachten Wirkungen auch nach den Grundsätzen der Billigkeit oder der Verkehrssitte bestimmen und bei denen es sich weder um dispositive Bestimmungen noch um Vorschriften handelt, die im Falle einer entsprechenden Vereinbarung der Vertragsparteien anwendbar sind, entgegensteht.“ 207
Im Gegensatz zum Rückgriff auf dispositive Vorschriften soll eine Lückenschließung auf Grundlage von Generalklauseln des nationalen Rechts, die auf Grundsätze der Billigkeit oder der Verkehrssitte verweisen, also nicht einmal dann zulässig sein, wenn andernfalls die Gesamtnichtigkeit des Vertrags fest-
203
EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099. EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 58 – Dziubak. 205 EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 59 f. – Dziubak; vgl. Erwägungsgrund 13. 206 EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 61 – Dziubak. 207 EuGH, Urt. v. 3.10.2019, BeckRS 2019, 23099 Rn. 62 – Dziubak; bestätigt in EuGH, Urt. v. 25.11.2020, NJW 2021, 611, 613 Rn. 35 – Banca B. 204
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
zustellen wäre.208 Zu diesen „allgemeinen nationalen Vorschriften“ könnten die §§ 133, 157 und § 242 BGB zu zählen sein.209 Auch auf die durch eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ermittelte Regelung findet die Vermutung des Erwägungsgrunds 13 der Klausel-RL keine Anwendung, wonach davon auszugehen ist, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Die Wahrnehmung des Bundesgerichtshofs, der Europäische Gerichtshof habe die ergänzende Vertragsauslegung zur Ersetzung unwirksamer Klauseln ausdrücklich für zulässig erklärt,210 trifft jedenfalls in Anbetracht der neueren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr zu.211 Im Gegenteil: Wenn der Europäische Gerichtshof schon den Rückgriff auf dispositive Rechtsvorschriften, die speziell den einschlägigen Sachverhalt für den Fall des Fehlens einer besonderen Abrede regeln sollen, nur im Ausnahmefall gestattet, muss die inhaltlich deutlich unbestimmtere ergänzende Vertragsauslegung erst recht im Konflikt zu Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL stehen.212 In diese Richtung deutet auch eine neue Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, in der er es für mit der Klausel-RL unvereinbar erklärt hat, eine missbräuchliche Klausel „durch eine Auslegung des Willens der Vertragspartner“ zu ersetzen, selbst wenn andernfalls die Gesamtnichtigkeit des Vertrags festzustellen wäre.213 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt bestand allerdings die Besonderheit, dass der Verbraucher die Nichtigkeit des Vertrags akzeptiert hatte. 208 Stattdessen ist es dem nationalen Gericht – um eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrags zulasten des Verbrauchers zu verhindern – in einem solchen Fall dem EuGH zufolge gestattet, die Parteien zu Nachverhandlungen über den missbräuchlichen Klauselinhalt aufzufordern, die allerdings im Rahmen der vom Gericht gesetzten Bedingungen erfolgen und auf ein tatsächliches Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ausgerichtet sein müssen, vgl. EuGH, Urt. v. 25.11.2020, NJW 2021, 611, 614, Rn. 42, 45 – Banca B; EuGH, Urt. v. 16.3.2023, BeckRS 2023, 4205 Rn. 61 – M. B. Die konkrete Vorgehensweise des Gerichts bei derartigen Verhandlungen ist noch ungeklärt, vgl. Deider, Europarechtliche Vorgaben zu den Unwirksamkeitsfolgen im Recht der AGB, S. 133, 185–187; gegenüber dem vom EuGH aufgestellten Gebot von Nachverhandlungen kritisch Herresthal, NJW 2021, 589, 592; Hu. Schmidt, IWRZ 2022, 10, 16. 209 Zehelein, NZM 2020, 857, 870; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065, 1074; Wendehorst/Graf v. Westphalen, EuZW 2021, 229, 236; Gsell/Graf v. Westphalen, ZIP 2021, 1729, 1737, 1739. 210 BGH, Urt. v. 6.4.2016, BGHZ 209, 337 = NJW 2017, 320, 323 Rn. 31; BGH, Urt. v. 5.10.2016, NJW-RR 2017, 557, 559 Rn. 23. 211 So zutreffend Fervers/Gsell, NJW 2019, 2569, 2570; Gsell, in: Kindl/Vendrell, Die Rechtsprechung des EuGH und ihr Einfluss auf die nationalen Privatrechtsordnungen, S. 63, 82–88; Graf v. Westphalen, NJW 2022, 288, 291; Looschelders, ZIP 2022, 2222, 2224; anderer Ansicht Herresthal, NJW 2021, 589; Grigoleit, WM 2023, 749, 759. 212 Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, Rn. 422; Gsell, in: Kindl/Vendrell, Die Rechtsprechung des EuGH und ihr Einfluss auf die nationalen Privatrechtsordnungen, S. 63, 74; Gsell/Graf v. Westphalen, ZIP 2021, 1729, 1737; Graf v. Westphalen, IWRZ 2023, 9, 13. 213 EuGH, Urt. v. 8.9.2022, EuZW 2022, 1005, 1010 Rn. 79 f. – E.K.
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Für die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs gilt – unabhängig davon, ob man sie als einen Anwendungsfall der ergänzenden Vertragsauslegung ansieht oder nicht – ebenfalls, dass es sich statt der ersatzlosen Streichung um eine Anpassung der Rechtsfolge einer unwirksamen Klausel handelt, die nicht auf einer spezifischen Norm des dispositiven Rechts beruht. Sie unterlag demzufolge auch nicht einer besonderen Prüfung durch den Gesetzgeber. Die Beteiligungslösung steht damit, soweit Verbraucherverträge betroffen sind, im Widerspruch zu den vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien für die Lückenfüllung im Anschluss an die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel.214 Nicht überzeugend ist ferner die vereinzelt geäußerte Auffassung, Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL stünden einer ergänzenden Vertragsauslegung oder vergleichbaren Ersetzungsmethoden nicht entgegen, weil die Vorgaben der KlauselRL zu den Rechtsfolgen missbräuchlicher Klauseln nur auf solche Klauseln anwendbar seien, die missbräuchlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL seien.215 Da das Schutzniveau der §§ 307 ff. BGB über das durch Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL vorgegebene Niveau hinausgehe, so die Begründung, enthalte die Klausel-RL keine Regelung über die Rechtsfolgen der meisten nach §§ 307 ff. BGB für unwirksam erklärten Klauseln.216 Der Europäische Gerichtshof hat die Beurteilung, ob eine konkrete Klausel missbräuchlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL ist, jedoch wie zuvor ausgeführt den nationalen Gerichten überlassen.217 Konsequenterweise hat er in seiner Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen missbräuchlicher Klauseln durchgehend die Beurteilung durch das nationale Gericht zugrunde gelegt. Kommt ein nationales Gericht also zu dem Ergebnis, eine Klausel in einem Verbrauchervertrag im Sinne der Klausel-RL verstoße gegen eine nationale Umsetzungsvorschrift von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL, so sind die in der Klausel-RL enthaltenen Vorgaben zu den Rechtsfolgen der Feststellung der Missbräuchlichkeit zu beachten. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL ist folglich stets bei der Bestimmung der Folgen zu berücksichtigen, die sich aus der Unwirksamkeit einer Klausel in einem Verbrauchervertrag gemäß §§ 307 ff. BGB ergeben. bb) Fehlender Abschreckungseffekt Die maßgebliche Erwägung, weshalb der Rückgriff auf dispositive Vorschriften zur Ersetzung missbräuchlicher Klauseln nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unzulässig sein soll, ist, wie bereits ausgeführt, dass dieser den von der schlichten Nichtanwendung ausgehenden Abschreckungseffekt gegenüber Gewerbetreibenden vermindern kann und somit nach Ansicht des Ge214 215 216 217
So auch Brinkmann, WuM 2021, 705, 715; Looschelders, NZM 2022, 393, 399. Schlosser, IPRax 2012, 507, 514. Schlosser, IPRax 2012, 507, 514. Siehe oben S. 40 ff.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
richtshofs kein Mittel darstellt, um im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen.218 Wegen ihrer praktischen Auswirkungen kann auch die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs für den Renovierungsanspruch bei anfänglich unrenovierten Räumen nicht als ein Mittel angesehen werden, das von der Verwendung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln abschreckt.219 Infolge der auf § 242 BGB gestützten Kostenbeteiligungspflicht des Mieters muss der Vermieter die Folgen der Unwirksamkeit seiner Abwälzungsklausel nicht in vollem Umfang tragen. Im Gegenteil werden Mieter – insbesondere Wohnraummieter, auf die es hier wegen des Anwendungsbereichs der Klausel-RL ankommt – in der Praxis zur Vermeidung der regelmäßig hälftigen Kostenbeteiligung doch oftmals selbst renovieren.220 Von der Geltendmachung des Renovierungsanspruchs gegenüber dem Vermieter werden sie zudem durch die Unsicherheit über die Höhe und damit das Streitpotenzial über die genaue Höhe der Kostenbeteiligung abgehalten. Dies hat zur Folge, dass die Vermieter bei anfänglich unrenovierten Räumen eher risikolos unwirksame Abwälzungsklauseln verwenden können,221 was dem in Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL genannten Ziel zuwiderläuft.222 Dass der Mieter als Verbraucher durch eine uneingeschränkte Anwendung des dispositiven Rechts anstelle der unwirksamen Klausel möglicherweise ungerechtfertigt profitieren würde, ist hingegen wie ausgeführt zumindest wegen des mindestharmonisierenden Charakters der Klausel-RL unionsrechtlich zulässig,223 zumal eine solche unterstellte Bevorzugung des Verbrauchers den Abschreckungseffekt gegenüber der Verwendung unwirksamer Renovierungsklauseln noch verstärken würde.224 Die Beteiligungslösung lässt sich – anders als die vorbehaltlose Anwendung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB – unionsrechtlich auch nicht gemäß Art. 8 KlauselRL damit rechtfertigen, diese sei für den Verbraucher immer noch günstiger als die ersatzlose Streichung der unwirksamen Abwälzungsklausel. Bei einer ersatzlosen Streichung wäre keine Vertragspartei zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, es bestünde aber auch kein Anspruch des Vermieters auf Kostenbeteiligung an den von ihm vorgenommenen Renovierungsarbeiten. Die 218
Siehe dazu bereits oben S. 273. Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 416; Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 566. 220 Schubert/Rieger, JR 2022, 559, 561. 221 Artz, NZM 2020, 769, 773; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 127b. 222 Mit Rücksicht auf den erkennbaren Konflikt mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL hat das LG Berlin die Ansicht geäußert, es verbiete sich, die Beteiligungslösung auf Konstellationen anzuwenden, die von den Sachverhalten abweichen, für die der BGH die Beteiligungslösung entwickelt hat, selbst wenn sie eine große Ähnlichkeit aufweisen, LG Berlin, Urt. v. 17.3.2022, NZM 2023, 160, 161 Rn. 25. 223 Siehe oben S. 277. 224 Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 417. 219
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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ersatzlose Streichung wäre damit für einen Mieter, der sich auch mit einem abgewohnten Zustand der Mieträume zufriedengibt, wirtschaftlich erheblich günstiger als die Beteiligungslösung des Bundesgerichtshofs. d) Zwischenergebnis Die Gerichte haben in den beiden Verfahren, in denen der Bundesgerichtshof die Beteiligungspflicht des Mieters an den Renovierungskosten angenommen hat, keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wohnungsvermieter Unternehmer waren und es sich somit um Verbraucherverträge handelte. War dies der Fall, so wäre wegen der beschriebenen Zweifel an der Richtlinienkonformität der Beteiligungslösung eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch den Bundesgerichtshof gemäß Art. 267 AEUV geboten und auch in der Sache sinnvoll gewesen.225 Andernfalls ist eine Vorlage spätestens geboten, wenn der Bundesgerichtshof über den Renovierungsanspruch eines Verbraucher-Mieters gegenüber einem unternehmerischen Vermieter bei unrenoviert überlassenen Räumen zu entscheiden hat, für die Gerichte der unteren Instanzen wäre sie empfehlenswert. Insgesamt erscheint es aus den genannten Gründen überzeugender und vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Klausel-RL unionsrechtlich geboten, mit der herrschenden Ansicht im Schrifttum226 dem Mieter auch dann einen vollen Renovierungsanspruch ohne eigene Kostenbeteiligungspflicht zuzusprechen, wenn ihm die Räume anfangs in unrenoviertem Zustand übergeben wurden und er diesen Zustand akzeptiert hat.
II. Ersatzansprüche bei Vornahme von Schönheitsreparaturen aufgrund einer unwirksamen Klausel In der Praxis kommt es oft vor, dass Mieter in Anbetracht einer unwirksamen Abwälzungsklausel Renovierungsarbeiten vornehmen, ohne dazu verpflichtet zu sein.227 Wegen der erfolgten Rechtsprechungsänderungen ist es auch vorgekommen, dass die Parteien im Zeitpunkt der Vornahme durch den Mieter noch davon ausgehen mussten, die Überbürdung der Renovierungslast sei wirksam erfolgt, und sich die entsprechende Klausel erst später als unwirksam erwiesen hat. Nicht geschuldete Renovierungen durch Mieter wurden auch durch unwirksame Quotenabgeltungsklauseln veranlasst, da Mieter zur Vermeidung der Abgeltungszahlung eigenhändig renovierten. Im Einzelnen ist umstritten, auf welcher Grundlage und in welchem Umfang der Mieter Ersatz vom Vermieter verlangen kann, 225
Häublein, VuR 2021, 214, 220. Artz, NZM 2020, 769, 772; Gsell/Mayrhofer, NZM 2020, 1065; Wiek, WuM 2020, 564; Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 416 f. 227 Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 390. 226
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
wenn er aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung Renovierungsarbeiten an der Mietsache vornimmt oder vornehmen lässt. Für Verbraucherverträge folgt wie bereits angesprochen228 nach überzeugender Ansicht des Europäischen Gerichtshofs aus der Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL, dass die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel zwingend „die Wiederherstellung der Tatsachen- und Rechtslage, in der sich der Verbraucher ohne die missbräuchliche Klausel befände, ermöglichen muss, und zwar insbesondere durch Begründung eines Anspruchs auf Rückgewähr der Vorteile, die der Gewerbetreibende aufgrund der missbräuchlichen Klauseln zulasten des Verbrauchers rechtsgrundlos erhalten hat.“ 229
Den Verbrauchern müssen also Ansprüche auf Rückgewähr solcher Leistungen zustehen, die sie aufgrund missbräuchlicher Klauseln zugunsten der gewerbetreibenden Klauselverwender erbracht haben. Damit sind auch Rückerstattungsansprüche für die Vornahme von Schönheitsreparaturen im Vertrauen auf eine unwirksame Abwälzungsklausel angesprochen. Der Europäische Gerichtshof hat im Hinblick auf derartige Restitutionsansprüche insbesondere auf die Bedeutung des Bereicherungsrechts hingewiesen.230 Die Fragen, welche Anspruchsgrundlagen einschlägig sind und in welcher Höhe diese Ansprüche bestehen, sind aber solche des nationalen Rechts. Beschränkungen der Restitutionsansprüche aus Gründen des Vertrauensschutzes kommen wie bereits ausgeführt nicht in Betracht.231 1. Ansprüche aus § 536a Abs. 2 BGB Mietern, die trotz Dekorationszuständigkeit des Vermieters Schönheitsreparaturen vornehmen, kann ein Anspruch auf Ersatz der für die Selbstvornahme erforderlichen Kosten aus § 536a Abs. 2 BGB zustehen. Gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist. Tritt eine Verschlechterung des Dekorationszustandes ein, die einen Renovierungsbedarf begründet, bedeutet dies einen Mangel der Mietsache.232 Der Verzug des Vermieters mit seiner Renovierungspflicht tritt gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich erst ein, wenn er auf eine Mahnung des Mieters hin nicht leistet. Die Mahnung ist gemäß § 286 228
Siehe oben S. 261 ff. EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 151 Rn. 66 – Gutiérrez Naranjo; bestätigt von EuGH, Urt. v. 31.5.2018, NJW 2018, 2181, 2182 Rn. 34. 230 EuGH, Urt. v. 27.4.2023, BeckRS 2003, 8406 Rn. 48 – M.J. 231 Siehe oben S. 257 ff. 232 BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517, 3518 Rn. 13. 229
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
295
Abs. 2 Nr. 3 BGB für den Verzugseintritt nicht erforderlich, wenn der Vermieter die Vornahme ernsthaft und endgültig verweigert. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB kommt damit nur für die Fälle in Betracht, in denen der Mieter vor der Vornahme der Renovierungsarbeiten weiß, dass er zu ihrer Durchführung nicht verpflichtet ist.233 Sind die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt, steht dem Mieter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Vorschussanspruch in Höhe der voraussichtlichen Beseitigungskosten zu,234 obwohl dieser Anspruch anders als im Werkvertragsrecht (§ 637 Abs. 3 BGB) nicht gesetzlich normiert ist. Ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB für die Vornahme von Schönheitsreparaturen kommt hingegen nicht in Betracht, weil Schönheitsreparaturen nicht zur Erhaltung oder zur Wiederherstellung des Bestands der Mietsache erforderlich sind.235 2. Ansprüche aus culpa in contrahendo Die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann nach ganz überwiegender Auffassung zu Schadensersatzansprüchen des Verwendungsgegners gegen den Verwender aus culpa in contrahendo gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB führen.236 Ein Schuldverhältnis mit Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entsteht gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Verwendet der Vermieter eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel, verletzt er damit seine vorvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber seinem zukünftigen Mieter, indem er ein Vertrauen des Mieters auf die Gültigkeit der in Wirklichkeit unwirksamen Klausel hervorruft.237 Denn auch wenn die Klausel unwirksam ist und damit keine rechtliche Wirkung entfalten sollte, vielmehr gemäß § 306 Abs. 2 BGB durch das dispositive Recht ersetzt wird, kann sie die Rechte, Rechtsgüter oder Interessen des Vertragspartners beeinträchtigen, wenn dieser im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Klausel Aufwendungen tätigt oder die Geltendmachung von eigenen Ansprüchen unterlässt. 233
Flatow, WuM 2009, 208, 212. BGH, Urt. v. 7.5.1971, BGHZ 56, 136 = NJW 1971, 1450 Ls. 2; BGH, Urt. v. 21.4.2010, NJW 2010, 2050, 2051 Rn. 15; BGH, Urt. v. 8.7.2020, BGHZ 226, 208 = NJW 2020, 3517 Rn. 14. 235 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 196 f.; Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 400. 236 BGH, Urt. v. 12.11.1986, BGHZ 99, 101 = NJW 1987, 639, 640; BGH, Urt. v. 11.6.2010, NJW 2010, 2873, 2875 Rn. 24; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 192–194; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 636; ablehnend Rummel, in: FS Canaris, S. 1149, 1152–1159, jedenfalls soweit dem Verwender nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. 237 BGH, Urt. v. 28.5.1984, NJW 1984, 2816, 2817; H. E. Brandner, in: FS Oppenhoff, S. 11, 20 f.; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 199; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 195. 234
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Der Anspruch auf Schadensersatz besteht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn der Vermieter die Pflichtverletzung, hier die Verwendung der unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung, nicht zu vertreten hat. Gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 BGB hat er Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Wusste der Vermieter bei Vertragsschluss von der Unwirksamkeit der Klausel, handelte er vorsätzlich. Für die Beantwortung der Frage, ob die Verwendung einer unwirksamen Klausel fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB war, kommt es darauf an, ob die Unwirksamkeit im Zeitpunkt der Verwendung der Klausel erkennbar war. Da der Sorgfaltsmaßstab objektiv zu bestimmen ist,238 macht es für die Beurteilung der Fahrlässigkeit keinen Unterschied, ob es sich um einen Großvermieter, womöglich mit eigener Rechtsabteilung, oder um einen Einzelvermieter handelt.239 Gegebenenfalls muss der Vermieter Rechtsrat einholen.240 Zu Recht hat der Bundesgerichtshof das Verschulden eines Vermieters bei der Verwendung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel verneint,241 die kurze Zeit vor dem Vertragsschluss wortgleich Gegenstand eines Urteils des Bundesgerichtshofs war und darin nicht beanstandet worden war.242 Der Vermieter durfte sich an der im Vorfeld des Vertragsschlusses ergangenen Rechtsprechung orientieren, sodass die Verwendung einer von dieser gebilligten Klausel nicht fahrlässig war. Dies gilt selbst dann, wenn diese Rechtsprechung bereits zuvor im Schrifttum infrage gestellt worden ist.243 Ist die Zulässigkeit eines bestimmten Klauselinhalts noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Gerichtsentscheidungen gewesen und wird sie in der juristischen Literatur zumindest nicht weit überwiegend für unwirksam befunden, so ist die Einbeziehung dieser Klausel nicht fahrlässig, auch wenn sie sich später als unwirksam erweist.244 Der Ansicht, die Erkennbarkeit der Unwirksamkeit einer Klausel für den Vermieter sei ausgeschlossen, wenn er sich auf die Empfehlung eines Grundeigentümerverbands oder eines juristischen Formularhandbuchs stützt,245 ist mit der Einschränkung zuzustimmen, dass dies nicht gilt, wenn die Empfehlung bereits mehrere Jahre alt ist.246 Denn in diesem Fall ist für den Vermieter erkennbar nicht gewährleistet, dass die Empfehlung der insbesondere in der Rechtsprechung aktuell vorherrschenden Auffassung entspricht. 238 239 240 241 242 243 244
Grundmann, in: MüKo-BGB, § 276 Rn. 55. Blank, WuM 2004, 243, 248. Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 204. BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2590 f. Rn. 12. BGH, Urt. v. 3.6.1998, NJW 1998, 3114. LG Kassel, Urt. v. 7.10.2010, NJW 2010, 3666, 3667. Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 196; anderer Ansicht Sternel, NZM 2007, 545,
549 f. 245
Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 200. Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, Kap. 1 Rn. 400. 246
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
297
Auch wenn ein eigenes Verschulden des Vermieters nach diesen Kriterien im Einzelfall zu verneinen ist, kann er die vorvertragliche Pflichtverletzung wegen eines Verschuldens seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten haben. Lässt sich der Vermieter bei der Formulierung des Mietvertrags oder bei der Auswahl eines Mietvertragsformulars von einem Rechtsanwalt beraten, muss er sich das Verschulden des Rechtsanwalts gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, da der Rechtsanwalt in diesem Fall als Gehilfe des Vermieters bei der Erfüllung der vorvertraglichen Rücksichtnahmepflichten anzusehen ist.247 Dasselbe gilt für die Beratung durch einen Grundeigentümerverband.248 Da die Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB nicht voraussetzt, dass dem Gehilfen seine Hilfe bei der Erfüllung bekannt ist,249 sind selbst die Verfasser eines Mustervertrags in einem Formularhandbuch als Erfüllungsgehilfen des Vermieters im Hinblick auf dessen vorvertragliche Rücksichtnahmepflichten anzusehen.250 Im Falle einer fehlerhaften Information über die Wirksamkeit der im Mietvertrag enthaltenen Klauseln kann der Rechtsanwalt oder der Grundeigentümerverband wegen der Verletzung der aus dem Beratungsvertrag folgenden Pflichten wiederum gegenüber dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet sein.251 Hat sich der Vermieter bei der Verwendung einer unwirksamen Klausel auf ein zuvor erworbenes Formularhandbuch verlassen, kommt ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Verkäufer des Werks nach dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB in Betracht: Da ein Formularvertrag gerade auch dem rechtlich nicht vorgebildeten Benutzer dienen soll, eignet er sich gemäß § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, wenn eine empfohlene Klausel unwirksam ist.252 Der Verkäufer wird den Mangel aber nur zu vertreten haben, wenn er zugleich Hersteller des Formularvertrags ist, was praktisch nur bei den direkt von den Grundeigentümerverbänden vertriebenen Formularverträgen der Fall sein dürfte.253 In diesen Fällen kommt es für die Beurteilung des Vertretenmüssens wiederum darauf an, ob die Unwirksamkeit der empfohlenen Klausel für die Autoren des Mustervertrags erkennbar war.
247
Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 200; Lehmann-Richter, WuM 2005, 747,
748. 248 Im umgekehrten Fall der fehlerhaften Beratung eines Mieters über dessen Zurückbehaltungsrechte durch einen Mieterschutzverein hat der BGH das Verschulden des Mieterschutzvereins bei der Beurteilung der Rechtslage dem Mieter gemäß § 278 BGB zugerechnet, vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2006, NJW 2007, 428. 249 Grundmann, in: MüKo-BGB, § 278 Rn. 43; Schaub, in: BeckOGK BGB, § 278 Rn. 46. 250 Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 748. 251 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 200. 252 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 201. 253 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 202.
298
2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Die Kausalität zwischen der Verwendung der unwirksamen Klausel und dem Vermögensschaden des Mieters festzustellen, bereitet im Falle der Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Regel keine Probleme. Hätte der Vermieter nicht die unwirksame Schönheitsreparaturklausel verwendet, dann hätte der Mieter die Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt, sodass ihm hierbei keine Kosten entstanden wären. Zu ersetzen sind bei einer Eigenvornahme der Renovierung durch den Mieter die ihm entstandenen Materialkosten und der Wert der Arbeitskraft, der vom Gericht gemäß § 287 ZPO geschätzt werden kann.254 Auch für die Arbeitskraft von unentgeltlich tätigen Helfern muss Ersatz geleistet werden.255 Anzusetzen ist der Betrag, den der Mieter für die Bezahlung der Helfer hätte aufwenden müssen, wenn sie entgeltlich für ihn gearbeitet hätten.256 Dabei ist zu bedenken, dass der hypothetische Stundenlohn eines Laien erheblich geringer ist als der eines Fachhandwerkers. Hat der Mieter die in Wirklichkeit nicht geschuldete Renovierung durch einen Handwerksbetrieb durchführen lassen, sind die dafür aufgewendeten Kosten zu ersetzen.257 3. Ansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB Eine Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz von Renovierungskosten des Mieters kommt nicht nur im Hinblick auf ein Verschulden bei Vertragsschluss nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB, sondern auch wegen schuldhafter Schutzpflichtverletzungen im laufenden Vertragsverhältnis gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Die Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ist in den Fällen von großer Bedeutung, in denen der Vermieter die Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Renovierungsklausel bei Vertragsschluss noch nicht erkennen musste und demzufolge kein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo besteht. Verlangt der Vermieter unter Berufung auf eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel vom Mieter die Vornahme von Arbeiten, verletzt er damit nach der überzeugenden herrschenden Ansicht seine aus dem Mietverhältnis folgende Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB, da er eine falsche Wahrnehmung des Mieters über die Rechtslage hervorruft.258 Dafür genügt es, dass er ohne ausdrückliche Leistungsaufforderung auf die unwirksame Klausel hinweist,
254 AG Bautzen, Urt. v. 18.12.2020, WuM 2021, 240, 242; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 199; anderer Ansicht Lehmann-Richter, WuM 2006, 747, 748. 255 AG Bautzen, Urt. v. 18.12.2020, WuM 2021, 240, 242. 256 AG Bautzen, Urt. v. 18.12.2020, WuM 2021, 240, 242. 257 Lehmann-Richter, WuM 2006, 747, 748. 258 KG, Urt. v. 18.5.2009, NJW 2009, 2688; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 199; Lehmann-Richter, WuM 2006, 747, 748; Artz, NZM 2007, 265, 271; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 197.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
299
da ein solcher Hinweis nur in der Weise verstanden werden kann, dass der Vermieter die Durchführung der in der unwirksamen Klausel bezeichneten Arbeiten erwartet.259 Die Gegenansicht sieht eine Pflichtverletzung durch die Berufung auf eine unwirksame Klausel dagegen nur als gegeben an, wenn der Verwender selbst im Verbandsverfahren nach dem UKlaG zur Unterlassung der Verwendung der Klausel verurteilt wurde.260 Dass die Rechtskraft eines Unterlassungsurteils gemäß § 11 S. 1 UKlaG auf den verurteilten Verwender beschränkt ist, bedeutet indes nicht, dass alle anderen Verwender bei der Berufung auf eine unwirksame Klausel pflichtgemäß handeln, unabhängig davon, ob die Unwirksamkeit der betroffenen Klausel im Verbandsklageverfahren oder in einem Individualverfahren festgestellt wurde. Eine Pflichtverletzung des Vermieters besteht gleichermaßen, wenn dieser, auf die Renovierungspflicht angesprochen, nicht auf die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel hinweist.261 Zu einem Hinweis darauf, dass eine bereits erfolgte Disposition des Mieters nicht geschuldet war, ist der Vermieter dagegen nicht verpflichtet.262 Ob im laufenden Mietverhältnis darüber hinaus eine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters als Verwender über die Unwirksamkeit seiner Klausel besteht, ist umstritten.263 Dafür spricht, dass andernfalls das Unwirksamkeitsrisiko des Verwenders erheblich reduziert würde: Der Verwender könnte auch bei erkannter Unwirksamkeit Leistungen von dem von sich aus AGB-konform handelnden Vertragspartner erhalten, die ihm nicht zustehen.264 Dennoch ist eine allgemeine Aufklärungspflicht des Verwenders über die Unwirksamkeit seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzulehnen. Der Vertragspartner des Verwenders darf sich nicht darauf verlassen, der Verwender werde ihn stets über die Gültigkeit der Vertragsbedingungen auf dem Laufenden halten, sondern muss sich grundsätzlich selbst um die Wahrung seiner Interessen bemühen.265 Daher ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Klausel einseitig durch den Verwender zum Inhalt des Vertrags gemacht wurde, nicht anzunehmen, dass die Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB so weit geht, dass der Verwender seinen Vertragspartner ohne besonderen Anlass über die Unwirksamkeit der Klausel informieren müsste. 259
KG, Urt. v. 18.5.2009, NJW 2009, 2688. Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 51. 261 Artz, NZM 2007, 265, 271 f.; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 198; Herrlein, NZM 2022, 19, 23. 262 Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 198. 263 Bejahend Blank, WuM 2004, 243, 248; ders., in: FS Derleder (2005), S. 189, 199; verneinend Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 44; Artz, NZM 2007, 265, 272; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 198. 264 Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 198. 265 Artz, NZM 2007, 265, 272. 260
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Für das Vertretenmüssen gilt ebenso wie bei den Ansprüchen aus culpa in contrahendo, dass der Vermieter schuldhaft handelt, wenn er die Unwirksamkeit der Klausel, auf die er sich beruft oder auf die er wegen eines konkreten Anlasses hätte hinweisen müssen, kennt oder kennen muss. Fraglich ist, ob dem Mieter gemäß § 254 BGB ein Mitverschulden anzulasten ist, wenn er im Vertrauen auf eine unwirksame Renovierungsklausel Arbeiten vornimmt oder vornehmen lässt. Die Frage betrifft gleichermaßen den soeben behandelten Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Ein Mitverschulden des Verwendungsgegners kommt insbesondere in Betracht, wenn zwischenzeitlich ein höchstrichterliches Urteil verkündet worden ist, in dem die Unwirksamkeit der betroffenen Klausel festgestellt wird, und davon auch in der nichtjuristischen Presse berichtet wurde.266 Der Mitverschuldenseinwand setzt voraus, dass der Geschädigte schuldhaft im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst“ gegen eine Obliegenheit verstoßen und damit bei der Schadensentstehung mitgewirkt hat.267 Da Allgemeine Geschäftsbedingungen gerade dadurch gekennzeichnet sind, dass über sie vor dem Vertragsschluss nicht verhandelt wird, und da eine rechtliche Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Vertragspartner des Verwenders selbst bei Dauerschuldverhältnissen regelmäßig unwirtschaftlich wäre, kann keine Obliegenheitsverletzung darin gesehen werden, dass der Mieter die Einbeziehung einer unwirksamen Renovierungsklausel zugelassen und ihre Wirksamkeit später nicht aus eigenem Antrieb überprüft hat.268 Anders dürfte aber der Fall zu beurteilen sein, in dem der Vertragspartner des Verwenders auf der Grundlage einer Allgemeinen Geschäftsbedingung in Anspruch genommen wird. Hätte der Mieter, der einem Renovierungsverlangen seines Vermieters ausgesetzt ist, den allgemeinen, nicht-juristischen Medien ohne besonderen Aufwand die höchstrichterlich festgestellte Unwirksamkeit der Klausel entnehmen können, so verstößt er gegen die zum Schutz seiner eigenen Interessen gebotene Sorgfalt, wenn er ohne eine solche zumindest flüchtige Prüfung renoviert.269 Daraus folgt aber zugleich, dass eine Sorgfaltswidrigkeit des Mieters nur in sehr einfach gelagerten Fällen unwirksamer Klauseln anzunehmen ist. Eine gründliche rechtliche Prüfung dürfte dem Vertragspartner des Verwenders nicht zuzumuten sein. Selbst wenn eine höchstrichterliche Entscheidung über die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel ergangen ist, ist es für einen juristisch nicht vorgebildeten Mieter nicht ohne Weiteres möglich zu ermitteln, ob diese Rechtsprechung auch die Klausel in seinem Mietvertrag betrifft.270 Des Weiteren darf nicht außer Acht 266 267 268 269 270
Fornasier, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 52. BGH, Urt. v. 14.10.1971, BGHZ 57, 137 = NJW 1972, 36, 38. Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 200. Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 200. Blank, NZM 2010, 97, 100.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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gelassen werden, dass der Vermieter durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einseitig die Verantwortung für den Inhalt und die Abwicklung des Vertragsverhältnisses übernimmt.271 Dies spricht dafür, auch bei beidseitiger Fahrlässigkeit ein überwiegendes Verschulden des Vermieters anzunehmen. Verlangt der Vermieter trotz eigener Kenntnis der Unwirksamkeit vom Mieter die Vornahme von Schönheitsreparaturen und führt der Mieter sie in vorwerfbarer Unkenntnis der Unwirksamkeit aus, so ist keine Schadensteilung gemäß § 254 BGB vorzunehmen, da fahrlässiges Mitverschulden des Geschädigten grundsätzlich gegenüber dem Vorsatz des Schädigers zurücktritt.272 Kennt der Mieter schon bei Vornahme der Renovierung die Unwirksamkeit der Klausel, fehlt es dagegen regelmäßig bereits an der Kausalität der Verwendung der Klausel bzw. der Geltendmachung des Renovierungsanspruchs für die Vermögenseinbuße des Mieters, da die Vermögenseinbuße unter diesen Umständen nicht auf die scheinbare Bindung durch die Klausel zurückzuführen ist. 4. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag Führt ein Mieter im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer in Wahrheit unwirksamen Abwälzungs- oder Quotenabgeltungsklausel Schönheitsreparaturen durch, kommt außerdem ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 539 Abs. 1 i.V. m. §§ 677, 683 S. 1 BGB in Betracht. Gemäß § 539 Abs. 1 BGB kann der Mieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 BGB zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. Aufwendungen auf die Mietsache sind Leistungen, die die Mietsache wieder funktionsfähig machen oder ihren Wert erhöhen.273 Dazu gehören auch Schönheitsreparaturen.274 Es ist allerdings umstritten, ob bei Fehlen der Voraussetzungen von § 536a Abs. 2 BGB auf § 539 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden kann.275 Von der wohl herrschenden Ansicht wird § 536a Abs. 2 BGB als abschließende Regelung für den Aufwendungsersatzanspruch des Mieters bei Selbstvornahme der Mangelbeseitigung angesehen, die sonstige Anspruchsgrundlagen verdränge.276 Der 271
H. E. Brandner, in: FS Oppenhoff, S. 11, 24. BGH, Urt. v. 8.7.1986, BGHZ 98, 148 = NJW 1986, 2941, 2943; BGH, Urt. v. 19.12.2017, NJW 2018, 1751, 1753 Rn. 21. 273 Bruns, in: BeckOK Mietrecht, § 539 Rn. 2. 274 Börstinghaus, WuM 2005, 675, 676. 275 Ausführlich zum Streit über das Konkurrenzverhältnis zwischen § 536a Abs. 2 und § 539 Abs. 1 BGB Dauner-Lieb/Dötsch, NZM 2004, 641; Hofmann, Selbstvornahme im Mietrecht, S. 155–183, mit weiteren Nachweisen. 276 BGH, Urt. v. 16.1.2008, NJW 2008, 1216, 1217; Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 539 Rn. 3; Bruns, in: BeckOK Mietrecht, § 539 Rn. 3. 272
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Anwendungsbereich des § 539 Abs. 1 BGB wäre demnach auf Aufwendungen beschränkt, die nicht der Mangelbeseitigung dienen, damit die engen Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB nicht unterlaufen werden. Dadurch soll das Interesse des Vermieters an einer vorrangigen Mangelbeseitigung durch ihn und nicht durch den Mieter geschützt werden.277 Die Gegenansicht hält § 539 Abs. 1 BGB hingegen für uneingeschränkt neben § 536a Abs. 2 BGB anwendbar.278 Schließlich soll nach einer weiteren Ansicht die Regelung des § 536a Abs. 2 BGB wie nach herrschender Ansicht grundsätzlich abschließend sein, dies aber nicht für die hier gegebene Konstellation gelten, in der ein Teil der Mangelbeseitigungslast (wenn auch unwirksam) auf den Mieter übertragen wurde.279 Denn in diesem Fall sei für den Mieter nicht erkennbar, dass Aufwendungen zur Mangelbeseitigung nur unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB zu erstatten seien, vielmehr habe der Vermieter den Mieter durch die Verwendung der Klausel selbst davon abgehalten, die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB einzuhalten.280 In der Tat erscheint das Interesse des Vermieters an einer Mangelbeseitigung durch ihn selbst unter diesen Umständen nicht schutzwürdig.281 Der Streit muss hier nicht vertieft werden, weil, wie sogleich zu zeigen sein wird, nach herrschender und auch hier vertretener Ansicht die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus § 539 Abs. 1 BGB i.V. m. §§ 677, 683 S. 1 BGB im Falle der Renovierung durch den Mieter aufgrund unwirksamer Klausel ohnehin nicht erfüllt sind. Bei § 539 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung.282 Bejaht man mit der als Zweites oder der zuletzt genannten Ansicht die Anwendbarkeit des § 539 Abs. 1 BGB auf den Fall der Renovierung durch den Mieter, sind also die Voraussetzungen einer berechtigten283 Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683 BGB zu prüfen. Der Mieter müsste durch die Renovierung ein Geschäft des Vermieters für diesen besorgen, ohne dazu beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein, und die Übernahme dieses Geschäfts müsste dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters entsprechen. Die Geschäftsbesorgung im Sinne des § 677 BGB ist umfassend zu verstehen und meint jegliche Tätigkeit, gleich, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche oder 277
Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 539 Rn. 3. Gsell, NZM 2010, 71, 74 f.; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 536a Rn. 41. 279 Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 749; ders., in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 539 Rn. 6; zustimmend Flatow, WuM 2009, 208, 213, 280 Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 749; ders., in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 539 Rn. 6. 281 Dötsch, NZM 2007, 275, 279. 282 Sternel, NZM 2007, 545, 548 f.; Bieber, in: MüKo-BGB, § 539 Rn. 8; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 539 Rn. 5. 283 Im Falle der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag käme aber zumindest ein Bereicherungsanspruch gemäß §§ 684 S. 1, 812 ff. BGB in Betracht. 278
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tatsächliche Tätigkeit handelt.284 Folglich besorgt der Mieter ein Geschäft, wenn er Schönheitsreparaturen vornimmt. Der Mieter müsste durch seine Renovierung zudem ein Geschäft des Vermieters besorgt haben mit dem Willen, für diesen zu handeln (sogenannter Fremdgeschäftsführungswille, im Umkehrschluss aus § 687 BGB). Die Renovierung ist als ein für den Mieter fremdes Geschäft anzusehen, wenn sie dem Rechtskreis des Vermieters zuzuordnen ist. Es werden dabei drei Formen des fremden Geschäfts unterschieden: Das objektiv fremde Geschäft fällt schon äußerlich in einen fremden Rechts- und Interessenkreis.285 Das sogenannte auch-fremde Geschäft kommt nach seiner äußeren Erscheinung nicht nur dem Geschäftsführer, sondern unmittelbar auch einem Dritten zugute.286 In den Fällen des objektiv fremden und des auch-fremden Geschäfts wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet.287 Ein Geschäft, das äußerlich zum Rechtskreis des Geschäftsführers oder zum Rechtskreis eines Dritten gehören könnte, wird dagegen nur als fremdes Geschäft angesehen, wenn der Wille, für den Dritten zu handeln, nach außen in Erscheinung tritt.288 Ist dies der Fall, handelt es sich um ein sogenanntes subjektiv fremdes Geschäft.289 Bei unwirksamer Abwälzungsklausel ist gemäß §§ 306 Abs. 2, 535 Abs. 1 S. 2 BGB ebenso wie bei ursprünglichem Fehlen einer Abwälzungsklausel der Vermieter für die Durchführung der Schönheitsreparaturen an der Mietsache zuständig. Dies spricht dafür, die Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter zumindest als ein auch-fremdes Geschäft anzusehen, bei dem der Fremdgeschäftsführungswille nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermutet wird. Vertraut der Mieter auf die Wirksamkeit einer in Wahrheit unwirksamen Abwälzungsklausel, so möchte er durch die Vornahme der Schönheitsreparaturen jedoch in erster Linie seine eigene vermeintliche vertragliche Verpflichtung erfüllen, was Zweifel am Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters aufkommen lässt.290 Dasselbe gilt für das Vertrauen auf eine unwirksame Quotenabgeltungs284 Schäfer, in: MüKo-BGB, § 677 Rn. 39; Bergmann, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 677 ff. Rn. 107. 285 BGH, Urt. v. 21.10.2003, NJW-RR 2004, 81, 82; BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 Rn. 18; Thole, in: BeckOGK BGB, § 677 Rn. 94. 286 BGH, Urt. v. 21.10.2003, NJW-RR 2004, 81, 82; BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 Rn. 18; Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 677 Rn. 15. 287 BGH, Urt. v. 20.6.1963, BGHZ 40, 28 = NJW 1963, 1825, 1826; BGH, Urt. v. 21.10.2003, NJW-RR 2004, 81, 82; BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 Rn. 18; BGH, Urt. v. 5.7.2018, NJW 2018, 2714, 2716 Rn. 20; Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 677 Rn. 13, 15; ablehnend bezüglich auch-fremder Geschäfte Lorenz, NJW 2009, 2576. 288 BGH, Urt. v. 21.10.2003, NJW-RR 2004, 81, 82 f.; BGH, Urt. v. 3.3.2009, NJW 2009, 1879, 1881. 289 Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 677 Rn. 14. 290 Lorenz, NJW 1996, 883, 885.
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klausel, weil der Mieter dann in erster Linie eigennützig seiner vermeintlich bestehenden Zahlungspflicht entgehen möchte. Der Bundesgerichtshof hat allerdings mehrfach angenommen, ein Fremdgeschäftsführungswille sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer glaubt, zur Vornahme des Geschäfts verpflichtet zu sein, solange ihm bewusst ist, dass er im fremden Interessenkreis tätig wird. Aus diesem Grund könne eine Geschäftsführung ohne Auftrag auch dann gegeben sein, wenn der Geschäftsführer durch die Geschäftsbesorgung seine Pflichten aus einem nichtigen Vertrag erfüllen will.291 Auch dem Mieter, der durch eine unwirksame Abwälzungsklausel zur Renovierung veranlasst wird, ist dabei bewusst, im Interessenkreis des Vermieters tätig zu sein, auch wenn er in erster Linie seine eigene vermeintliche Verbindlichkeit erfüllen will.292 Der Bundesgerichtshof hat einen Aufwendungsersatzanspruch insbesondere bei Bauleistungen zur Erfüllung eines unwirksamen Bauvertrags bejaht.293 Gegenstand seiner Rechtsprechung zur Geschäftsführung ohne Auftrag bei Leistungen mit Rücksicht auf nichtige vertragliche Verpflichtungen war somit auch bereits eine mit der Vornahme von Schönheitsreparaturen vergleichbare Art der Leistung des Geschäftsführers. Anknüpfend an diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wurde deshalb in mehreren Gerichtsentscheidungen die Ansicht vertreten, dass ein Mieter, der in der irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung Schönheitsreparaturen vornimmt, ein Geschäft des Vermieters mit Fremdgeschäftsführungswillen besorgt, und dem Mieter deshalb einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1 BGB zugesprochen.294 Die Rechtsprechung, der zufolge auch bei Tätigkeiten zur Erfüllung vermeintlicher Verbindlichkeiten eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben sein kann, wird jedoch zu Recht von vielen Stimmen im Schrifttum295 kritisiert. Dabei geht es nach hier vertretener Ansicht weniger um die Frage, ob dem im Glauben an eine eigene Verbindlichkeit Handelnden ein Fremdgeschäftsführungswille unterstellt werden kann, sondern vor allem um ein Konkurrenzproblem: Die Rückabwicklung von Leistungen, die aufgrund nichtiger Verträge oder einzelner nichtiger Vertragsbestimmungen erbracht wurden, wird nach der Systematik des BGB
291 BGH, Urt. v. 30.9.1993, NJW 1993, 3196; BGH, Urt. v. 11.7.1996, VIZ 1996, 651, 653; BGH, Urt. v. 10.10.1996, NJW 1997, 47, 48; BGH, Beschl. v. 27.4.2009, ZIP 2009, 1661, 1662 Rn. 4. 292 Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 749 f.; Flatow, WuM 2009, 208, 213. 293 BGH, Urt. v. 30.9.1993, NJW 1993, 3196; BGH, Urt. v. 11.7.1996, VIZ 1996, 651. 294 LG Karlsruhe, Urt. v. 28.4.2006, NJW 2006, 1983; LG Wuppertal, Urt. v. 23.8. 2007, ZMR 2007, 973; LG Landshut, Urt. v. 21.11.2007, BeckRS 2008, 12426. 295 Ausführlich Lorenz, NJW 1996, 883; außerdem etwa Beuthien, in: Soergel BGB, § 677 Rn. 23; Dornis, in: Erman BGB, § 677 Rn. 51; Schäfer, in: MüKo-BGB, § 677 Rn. 117.
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durch das Bereicherungsrecht geregelt.296 Das Bereicherungsrecht enthält mit den §§ 814 ff. BGB besondere Regeln, die die Interessen der Beteiligten und ihre unterschiedliche Schutzwürdigkeit, etwa aufgrund der Kenntnis der Nichtschuld, berücksichtigen.297 Die Anwendung dieser spezifisch für die Rückabwicklungssituation vorgesehenen Bestimmungen wird durch die Anwendung der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag umgangen. Auch wenn sie im Widerspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung über die Anwendbarkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag steht,298 ist daher im Ergebnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009 zuzustimmen, in der er Wohnungsmietern, die im Vertrauen auf eine unwirksame Endrenovierungsverpflichtung Schönheitsreparaturen durchführten, einen Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1 BGB versagte.299 Die Begründung des Bundesgerichtshofs, mit der er einen Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 539 Abs. 1, 677 Abs. 1, 683 S. 1 BGB verneint, ist allerdings wenig überzeugend.300 Er begründet die Ablehnung des Anspruchs weder mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen § 539 Abs. 1 und § 536a Abs. 2 BGB noch mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Leistungskondiktion. Stattdessen ist der Bundesgerichtshof der Ansicht, der Mieter wolle bei der Vornahme der Renovierung nicht im Interessenkreis des Vermieters tätig sein, weil es sich bei den Schönheitsreparaturen gemäß der Entgeltthese301 um einen Teil des vom Mieter geschuldeten Entgelts für die Überlassung der Mietsache handele.302 Die Vornahme der Schönheitsreparaturen stelle ebenso wenig wie die Mietzahlung eine Geschäftsführung dar, die die Anwendung der §§ 677 ff. BGB rechtfertigen könne.303 Diese Begründung kann nicht erklären, warum ein Bauunternehmer, der im Vertrauen auf einen in Wahrheit nichtigen Vertrag ein Gebäude errichtet, ein fremdes Geschäft mit Fremdgeschäftsführungswillen führen soll,304 dies aber nicht für einen Mieter gelten soll, der Schönheitsreparaturen an der Mietsache im Vertrauen auf eine wirksame Verpflichtung vornimmt. Aufschlussreich ist aber der Vergleich mit der Mietzahlung: Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass im Vertrauen auf die Wirksamkeit eines Mietvertrags zu Unrecht geleistete Mietzahlungen nur nach den Vorschriften des Bereicherungs-
296
Lorenz, NJW 1996, 883, 884. Lorenz, NJW 1996, 883, 884. 298 Gsell, NZM 2010, 71, 76. 299 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 f. Rn. 15–21. 300 So auch Jacoby, ZMR 2010, 335. 301 Siehe dazu bereits oben S. 124 ff. 302 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 f. Rn. 20; zustimmend Lorenz, NJW 2009, 2576. 303 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2591 f. Rn. 20. 304 Vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1993, NJW 1993, 3196. 297
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rechts zurückverlangt werden können. Nichts anderes kann aber für eine im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Verpflichtung erbrachte Leistung gelten, unabhängig davon, ob diese Leistung als ein „Entgelt“ für die Hauptleistung des Vertragspartners angesehen wird. Abgesehen von den bereits behandelten vertraglichen Schadens- und Aufwendungsersatzansprüchen und dem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo kann der Mieter somit nur nach den §§ 812 ff. BGB Ersatz für die nicht geschuldete Vornahme der Schönheitsreparaturen verlangen. Bejahte man den Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters, so bereiteten die weiteren Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1 BGB kaum Probleme: Infolge der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel besteht kein Auftrag oder sonstige Berechtigung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen. Die Vornahme der Schönheitsreparaturen entspricht zudem regelmäßig gemäß § 683 S. 1 BGB dem Interesse und dem Willen des Vermieters, wenn zuvor Renovierungsbedarf bestanden hat: Die Geschäftsführung ist interessengerecht, wenn sie dem Geschäftsherrn objektiv nützlich ist.305 Da die Renovierung die Gebrauchsfähigkeit der Mietsache erhöht und damit für den Vermieter nützlich ist, liegt sie in seinem Interesse.306 Hat der Vermieter den Mieter zur geschuldeten Renovierung aufgefordert, so entspricht die Geschäftsführung dem Willen des Vermieters.307 Nimmt der Mieter wegen seiner Unkenntnis von der Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel von sich aus die Renovierung vor, so entspricht diese Tätigkeit dem mutmaßlichen Willen des Vermieters, sofern dieser der Renovierung durch den Mieter nicht aktiv widersprochen hat.308 Die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB sind auch erfüllt, wenn der Mieter renoviert, um eine Abgeltungszahlung aufgrund einer unwirksamen Quotenabgeltungsklausel zu vermeiden, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein objektiver Renovierungsbedarf besteht:309 Die Renovierung kommt dem Vermieter gleichwohl zugute und liegt daher in seinem Interesse. Da der Vermieter den Mieter, wenn auch nicht wirksam, formularvertraglich zur Abgeltungszahlung oder alternativ zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet hat, ist auch davon auszugehen, dass die Durchführung der Arbeiten dem mutmaßlichen Willen des Vermieters entspricht, sofern dieser nichts anderes kundgetan hat.310
305 306 307 308 309 310
Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 683 Rn. 3. Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 750; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 204. Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 750. Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 750. Anderer Ansicht Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 752. Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 204.
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5. Ansprüche aus Bereicherungsrecht Wird ein Aufwendungsersatzanspruch nach den Bestimmungen der Geschäftsführung ohne Auftrag verneint, kommt, wie zuvor angesprochen, ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Betracht.311 Bei der Renovierung handelt sich um eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung des Vermögens und damit um eine Leistung312 des Mieters an den Vermieter. Infolge der Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel besteht kein rechtlicher Grund für diese Leistung. Somit sind die Voraussetzungen der sogenannten condictio indibiti gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erfüllt, wenn der Mieter im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Renovierungsklausel entsprechende Arbeiten vornimmt.313 Da die Herausgabe des Erlangten in natura nicht möglich ist, schuldet der Vermieter gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz.314 Es ist umstritten, wie die Höhe des Wertersatzes für die Erbringung nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen zu berechnen ist. Dies hängt davon ab, was man in diesem Fall als das Erlangte im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ansieht. Die Möglichkeit der Schätzung einer der Höhe nach umstrittenen Forderung durch das Gericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO hilft dabei nicht weiter, weil diese für Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Tatsachen vorgesehen ist, nicht aber für den Fall rechtlicher Unsicherheiten bei der Bestimmung der Forderungshöhe.315 Es werden drei verschiedene Möglichkeiten zur Bestimmung der Höhe des Wertersatzanspruchs diskutiert. Erstens könnte man auf die Wertsteigerung der Mietsache in Gestalt eines höheren Ertragswerts schauen.316 Der Vermögenszuwachs des Vermieters wäre demnach darin zu sehen, dass er mit der Mietsache eine höhere Miete erzielen könne.317 Der Wertersatz wäre in monatlichen Raten in Höhe der Mietzinsdifferenz zu leisten.318 Da die Vertreter dieser Ansicht auf eine Differenz bei der tat311 Eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag stellt einen rechtlichen Grund im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB dar und würde einen bereicherungsrechtlichen Anspruch daher ausschließen, vgl. Schäfer, in: MüKo-BGB, § 677 Rn. 114. 312 BGH, Urt. v. 4.2.1999, NJW 1999, 1393, 1394; BGH, Urt. v. 20.3.2019, NJW 2019, 2608, 2609 Rn. 14. 313 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 21. 314 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 23; Paschke, WuM 2008, 647, 650. 315 Flatow, NZM 2010, 641, 647. 316 Dafür AG Karlsruhe, Urt. v. 6.9.2005, BeckRS 2005, 31058455; LG Berlin, Urt. v. 23.10.2006, BeckRS 2007, 7126; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 198; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 203; Both, WuM 2007, 3, 6; Paschke, WuM 2008, 647, 650; Flatow, WuM 2009, 208, 214 f. 317 AG Karlsruhe, Urt. v. 6.9.2005, BeckRS 2005, 31058455; Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 198; Flatow, WuM 2009, 208, 214 f. 318 Blank, in: FS Derleder (2005), S. 189, 198; Paschke, WuM 2008, 647, 651; Flatow, WuM 2009, 208, 214.
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sächlich erzielten Miete abstellen,319 käme ein Bereicherungsanspruch nach dieser Ansicht nur hinsichtlich einer Endrenovierung oder einer bei Vertragsende noch nicht viele Jahre zurückliegenden Renovierung durch den Mieter in Betracht, weil sich nur diese auf die mit dem Nachmieter vereinbarte Miete auswirken kann.320 Praktisch wird sich aber ohnehin nicht feststellen lassen, dass die Miete, auf die sich der Vermieter mit einem Nachmieter einigt, gerade wegen der durch den Mieter vorgenommenen Renovierung höher ist.321 Folgt man dieser Ansicht, muss man einen Bereicherungsanspruch des Mieters somit in aller Regel verneinen. Zweitens könnte man auf die ersparten Aufwendungen des Vermieters abstellen.322 Dies hätte zur Folge, dass zu prüfen wäre, ob der Vermieter die Renovierungsarbeiten durchgeführt hätte, wenn dies nicht durch den Mieter geschehen wäre,323 und ob er in diesem Fall die Renovierung in Eigenarbeit oder durch die Beauftragung eines Fachbetriebs durchgeführt hätte.324 Sieht man die Renovierung als solche als das Erlangte im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB an, so kann man den Wertersatzanspruch drittens auf die übliche Vergütung für diese Leistung ausrichten. Diesen Standpunkt hat der Bundesgerichtshof vertreten.325 Dem ist zuzustimmen. Erlangt hat der Vermieter die Renovierungstätigkeit als Werkleistung des Mieters. Dass er dadurch eigene Aufwendungen erspart, ist nur eine mittelbare Folgewirkung der erlangten Werkleistung.326 Nichts anderes gilt für eine etwaige Werterhöhung der Mietsache. Will man gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert der Tätigkeit des Mieters ersetzen, muss man auf die Vergütung abstellen, die für seine Leistung üblich wäre.327 Diese entspricht nicht den Selbstkosten des Leistenden.328 Innerhalb der zuletzt genannten Ansicht ist allerdings umstritten, ob bei der Bemessung des Wertersatzes zwischen einer Eigenvornahme durch den Mieter (und eventuellen Helfern in Form von Bekannten, Familienangehörigen) und der 319
So ausdrücklich Paschke, WuM 2008, 647, 651. Börstinghaus, WuM 2005, 675, 677. 321 Emmerich, NZM 2006, 761, 762; Both, WuM 2007, 3, 6; Flatow, WuM 2009, 208, 214. Als anekdotischer Beleg kann das Urt. des AG Karlsruhe v. 6.9.2005, BeckRS 2005, 31058455 dienen, in dem ein erhöhter Ertragswert wegen der Renovierung durch den Mieter unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten verneint wurde. 322 Dafür Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 751; Dötsch, NZM 2007, 275, 279; Horst, DWW 2007, 48, 52; Hofmann, Selbstvornahme im Mietrecht, S. 210. 323 Lehmann-Richter, WuM 2005, 747, 751. 324 Hofmann, Selbstvornahme im Mietrecht, S. 210. 325 BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 23 f.; zuvor bereits AG Nürtingen, Urt. v. 28.2.2007, WuM 2007, 316. 326 Vgl. Wendehorst, in: BeckOK BGB, § 812 Rn. 57. 327 BGH, Urt. v. 25.6.1962, NJW 1962, 2010, 2011 (zu Beratungstätigkeiten). 328 Lorenz, NJW 2009, 2576, 2577. 320
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Beauftragung eines Malerbetriebs zu unterscheiden ist. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, bei einer Eigenleistung bemesse sich der Wert der Renovierung „üblicherweise nur nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit als Kosten für das notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen [. . .].“ 329
Der Wert der Eigenleistungen, der deutlich geringer sei als der Betrag, der bei Beauftragung eines Handwerkers entstanden wäre, sei vom Gericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen.330 Es sei aber ein höherer Wert anzusetzen, wenn der Beruf des Mieters auch die Durchführung von Schönheitsreparaturen zum Gegenstand hat, weil er als Maler oder Lackierer tätig ist.331 Dagegen ist eingewandt worden, die übliche Vergütung müsse unabhängig davon beurteilt werden, wer die Schönheitsreparaturen vornimmt.332 Da es auf die Bereicherung des Empfängers, nicht aber auf die Entreicherung des Leistenden ankommt, bestehe kein Raum für eine individuelle Betrachtungsweise. Vielmehr sei für eine Renovierung stets derselbe übliche Werklohn anzusetzen, unabhängig davon, ob sie von einem Laien oder einem beauftragten Handwerker durchgeführt worden ist. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob sich der Mieter zufällig auch beruflich mit Schönheitsreparaturen befasst.333 Jedoch ist auch insoweit der Ansicht des Bundesgerichtshofs zuzustimmen. Auf den ersten Blick leuchtet es ein, bei der Bestimmung der Höhe des Wertersatzanspruchs nicht danach zu differenzieren, wer die Renovierung vorgenommen hat, weil im Rahmen von § 812 BGB auf die Bereicherung des Empfängers, nicht aber auf den Verlust des Leistenden abzustellen ist. Dies wurde jedoch auch vom Bundesgerichtshof nicht übersehen: Der gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert ist der Verkehrswert, also der Preis, der am Markt für die entsprechende Leistung gezahlt würde.334 Für die Arbeit einer Fachkraft wird auf dem Markt aber eine andere Vergütung gezahlt als für die Arbeit eines Laien.335 Hat der Vermieter die Werkleistung eines Laien erlangt, ist er entsprechend nur in geringerem Umfang bereichert, als wenn er die Werkleistung eines professionellen Handwerkers erlangt hätte, da der Marktwert der erhaltenen Leistung maßgeblich ist. Aus diesem Grund ist auch die Erwägung des Bundesgerichtshofs stichhaltig, dass bei einer Eigenvornahme durch den Mieter ein höherer Wert
329 330 331 332 333 334 335
BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 24. BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 24. BGH, Urt. v. 27.5.2009, BGHZ 181, 188 = NJW 2009, 2590, 2592 Rn. 24. Lorenz, NJW 2009, 2576, 2577. Lorenz, NJW 2009, 2576, 2577; Flatow, NZM 2010, 641, 646. Wendehorst, in: BeckOK BGB, § 818 Rn. 27. Blank, NZM 2010, 97, 98.
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anzusetzen sei, wenn die Vornahme von Schönheitsreparaturen zugleich Gegenstand des Berufs des Mieters ist. Auch bei dem gebotenen Blick auf die Bereicherung des Empfängers verdient somit die individuelle Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofs Zustimmung. Darin liegt keine Vermischung des Aufwands und der Bereicherung,336 sondern es handelt sich lediglich um eine Berücksichtigung des unterschiedlichen Verkehrswerts des Erlangten. Da das Erlangte die Werkleistung als solche ist, deren Wert durch die übliche Vergütung für diese Leistung bestimmt wird, liegt kein Wegfall der Bereicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB darin, dass der durch die Renovierung geschaffene Zustand nicht mehr vorhanden ist.337 Kennt der Mieter die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel bei Vornahme der nicht geschuldeten Renovierung, ist ein Bereicherungsanspruch gemäß § 814 BGB ausgeschlossen.338 Erforderlich ist allerdings positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit.339 Dass der Mieter die Unwirksamkeit der Klausel grob fahrlässig verkannt hat, schließt den Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB deshalb ebenso wenig aus wie die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit der Klausel ergibt.340 Der Anspruch ist nur ausgeschlossen, wenn der Mieter weiß, dass er keine Renovierung schuldet. Juristische Kenntnisse sind nicht erforderlich, es genügt eine entsprechende „Parallelwertung in der Laiensphäre“.341 Bei einer Quotenabgeltungsklausel, deren Unwirksamkeit der Mieter nicht erkannt hat, weiß der Mieter zwar, dass er nicht unmittelbar zur Renovierung verpflichtet ist. Die Vornahme der Renovierung stellt für ihn vielmehr eine „Ausweichstrategie“ zur Umgehung der vermeintlichen Abgeltungszahlungspflicht dar. Für einen Anspruchsausschluss nach § 814 BGB wäre es aber erforderlich, dass der Mieter Kenntnis vom Fehlen des rechtlichen Grundes für die Leistung hat. Renoviert der Mieter im Vertrauen auf eine andernfalls vermeintlich bestehende Abgeltungszahlungspflicht, so ist sein Bereicherungsanspruch daher nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. Bleibt die Renovierung durch den Mieter qualitativ hinter der mittleren Art und Güte analog § 243 Abs. 1 BGB zurück, ist die Renovierung als das Erlangte
336
So aber Flatow, NZM 2010, 641, 646. Lorenz, NJW 2009, 2576, 2577; Blank, NZM 2010, 97, 99. 338 Blank, NZM 2010, 97, 99. 339 BAG, Urt. v. 8.11.2006, BAGE 120, 104 = NZA 2007, 321, 324 Rn. 34; BGH, Urt. v. 13.5.2014, NJW-RR 2014, 1133, 1135 Rn. 109; Wendehorst, in: BeckOK BGB, § 814 Rn. 8. 340 BAG, Urt. v. 8.11.2006, BAGE 120, 104 = NZA 2007, 321, 324 Rn. 34; BGH, Urt. v. 11.11.2008, NJW 2009, 580; BGH, Urt. v. 13.5.2014, NJW-RR 2014, 1133, 1135 Rn. 109. 341 BGH, Urt. v. 13.5.2014, NJW-RR 2014, 1133, 1135 Rn. 109. 337
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weniger wert und der Bereicherungsanspruch entsprechend reduziert.342 Verursacht der Mieter bei einer nicht geschuldeten, aber mangelhaft durchgeführten Renovierung zusätzliche Schäden, die einen größeren Beseitigungsaufwand des Vermieters hervorrufen, als es bei Nichtvornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter der Fall gewesen wäre, so kann der Mieter dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet sein.343 6. Verjährung der Ersatzansprüche Der Klärung bedarf schließlich noch die Frage, wann die Ersatzansprüche wegen der Vornahme vom Mieter nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen, die sich wie gezeigt je nach den Umständen des Falles aus unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen ergeben können, verjähren. a) Meinungsstand Im Hinblick auf Aufwendungsersatzansprüche aus § 536a Abs. 2 BGB besteht Einigkeit, dass sich ihre Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB richtet.344 Gemäß § 548 Abs. 2 Alt. 1 BGB verjähren Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen in sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Bei sonstigen Rückforderungsansprüchen wegen der Vornahme nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen ist umstritten, welche Verjährungsregel gilt. Der Bundesgerichtshof steht gemeinsam mit der wohl herrschenden Ansicht im Schrifttum auf dem Standpunkt, auch für einen Schadensersatz- und einen Bereicherungsanspruch des Mieters wegen der Vornahme nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen gelte § 548 Abs. 2 BGB.345 Als „Aufwendungen“ im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB sind demnach alle Maßnahmen anzusehen, die den Bestand der Mietsache erhalten, wiederherstellen oder verbessern, ohne dass es für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Art des Ersatzanspruchs ankäme.346 Die Gegenansicht hält hingegen die dreijährige Regelverjährung gemäß §§ 195, 199
342 Blank, NZM 2010, 91, 100; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 538 Rn. 168. 343 BGH, Urt. v. 18.2.2009, NJW-RR 2009, 656, 657 Rn. 14. 344 Streyl, WuM 2010, 603; Wiek, WuM 2010, 535; Börstinghaus, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Mietrecht, § 548 Rn. 30; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 536a Rn. 159. 345 BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 13–15; BGH, Urt. v. 20.6. 2012, NJW 2012, 3031, 3032 Rn. 13 f.; Paschke, WuM 2008, 647, 652; Gsell, NZM 2010, 71, 76; Hu. Schmidt, WuM 2010, 191, 200; Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 548 Rn. 49; Klotz-Hörlin, in: BeckOK Mietrecht, § 548 Rn. 45; für analoge Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB Klimke/Lehmann-Richter, WuM 2006, 653, 655. 346 BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 12 f.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Abs. 1 BGB für einschlägig.347 Sie betrachtet eine Leistungskondiktion oder einen Schadensersatzanspruch nicht als „Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen“, wie es von § 548 Abs. 2 BGB verlangt wird.348 Als solche seien nur die mietrechtlichen Aufwendungsersatzansprüche und die Aufwendungskondiktion als Unterfall der Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB anzusehen. Um die Auswirkungen der beiden vertretenen Meinungen nachvollziehen zu können, muss zunächst geklärt werden, welche rechtlichen Folgen die Anwendbarkeit der jeweiligen Verjährungsregel hätte. b) Folgen der Anwendung von §§ 195, 199 Abs. 1 BGB Folgt man der Ansicht, § 548 Abs. 2 BGB sei nicht auf Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche des Mieters wegen der Vornahme nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen anwendbar, so gilt gemäß § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Gemäß § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 BGB verjähren die Ansprüche unabhängig von der Kenntnis des Mieters in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Ein Anspruch ist entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, sobald er (gerichtlich) geltend gemacht werden kann, was grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraussetzt.349 Die Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche des Mieters aufgrund der Vornahme nicht geschuldeter Renovierungsarbeiten sind gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Diese Ansprüche sind folglich entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, sobald der Schaden des Mieters eingetreten bzw. seine nicht geschuldete Leistung erfolgt ist. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt der Beginn der Verjährung zudem die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Erforderlich ist allein Tatsachenkenntnis, nicht auch die zutreffende rechtliche Würdigung der Tatsachen, die den Anspruch begründen.350 Demzufolge muss der Mieter für den Verjährungsbeginn beim Bereicherungsan347 Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 45; Blank, NZM 2010, 97, 102; Jacoby, ZMR 2010, 335, 337 f.; Wiek, WuM 2010, 535, 537; ders., WuM 2011, 67; Schwab, AGB-Recht, 4. Teil Rn. 630. 348 Blank, NZM 2010, 97, 102; Jacoby, ZMR 2010, 335, 338. 349 BGH, Urt. v. 21.5.2019, NJW 2019, 2461 Rn. 13; BGH, Urt. v. 17.7.2019, ZIP 2020, 32, 33 Rn. 16; Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, § 199 Rn. 4 f.; Grothe, in: MüKo-BGB, § 199 Rn. 4. 350 BGH, Urt. v. 28.10.2014, BGHZ 203, 115 = NJW 2014, 3713, 3715 Rn. 35; Müller-Christmann, in: FS Bamberger, S. 233, 238; Grigoleit, WM 2023, 749, 751.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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spruch lediglich Kenntnis vom Inhalt der Renovierungsklausel und der Vornahme der Renovierung,351 beim Schadensersatzanspruch lediglich Kenntnis von der Verwendung oder der Geltendmachung der Renovierungsklausel durch den Vermieter und der dadurch veranlassten Renovierung haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Ansicht im Schrifttum beginnt die Verjährung allerdings auch im Falle der bloßen Rechtsunkenntnis des Gläubigers nicht, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt,352 und erst recht nicht, solange eine dem Anspruch entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung besteht.353 In diesen Fällen sei dem Gläubiger die Klageerhebung nicht zumutbar, weswegen es an einer „übergreifende[n] Voraussetzung für den Verjährungsbeginn“ fehle.354 Die Verschiebung des Verjährungsbeginn soll allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen und auch nur dann in Betracht kommen, wenn auch ein rechtskundiger Dritter die Rechtslage nicht richtig einschätzen konnte.355 Die Verjährung soll in diesen Fällen erst beginnen, sobald eine zutreffende Beurteilung der Rechtslage möglich ist. Nach diesen Grundsätzen erscheint es bei unterstellter Anwendbarkeit der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB denkbar, dass die Verjährung von Erstattungsansprüchen wegen der Vornahme von Schönheitsreparaturen an unrenoviert überlassenen Mieträumen nicht vor dem Schluss des Jahres 2015 begonnen hat, da bis zu einer in diesem Jahr verkündeten Entscheidung356 des Bundesgerichtshofs insbesondere eine ausdrücklich entgegenstehende Entscheidung357 aus dem Jahr 1987 die Geltendmachung des Anspruchs unzumutbar gemacht haben könnte.358 Die Frage, bis wann genau die Rechtslage unübersichtlich und zweifelhaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, ist im Einzelfall allerdings 351
Jacoby, ZMR 2010, 335, 338. BGH, Urt. v. 3.3.2005, NJW-RR 2005, 1148, 1149; BGH, Beschl. v. 19.3.2008, NJW-RR 2008, 1237, 1238 Rn. 7; BGH, Urt. v. 20.1.2009, BGHZ 179, 260 = NJW 2009, 2046, 2050 Rn. 47; BGH, Urt. v. 22.7.2014, NJW 2014, 3092, 3093 Rn. 23; Grothe, in: MüKo-BGB, § 199 Rn. 29; ausführlich Müller-Christmann, in: FS Bamberger, S. 233, 239–253; ablehnend Jacoby, ZMR 2010, 335, 338 f.; Edelmann/Schultheiß/Weil, BB 2022, 1548, 1549; Spindler, in: BeckOK BGB, § 199 Rn. 26. 353 BGH, Urt. v. 16.9.2004, BGHZ 160, 216 = NJW 2005, 429, 433; Piekenbrock, in: BeckOGK BGB, § 199 Rn. 140. 354 BGH, Urt. v. 20.1.2009, BGHZ 179, 260 = NJW 2009, 2046, 2050 Rn. 47; BGH, Urt. v. 22.7.2014, NJW 2014, 3092, 3093 Rn. 23. 355 BGH, Urt. v. 3.3.2005, NJW-RR 2005, 1148, 1149. 356 BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594; dazu bereits oben S. 146 ff. 357 BGH, Rechtsentscheid v. 1.7.1987, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575. 358 Vgl. zur parallelen Fragestellung im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von starren Fristenplänen in Renovierungsklauseln und von Endrenovierungsklauseln BGH, Beschl. v. 31.1.2012, NJW 2012, 1572; Jacoby, ZMR 2010, 335, 339. 352
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
schwierig zu beantworten.359 Der Bundesgerichtshof hat erst im Jahr 2015 die Rechtsprechungswende vollzogen, jedoch dürfte die Erhebung einer Klage zur Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs wegen nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen an einer unrenoviert überlassenen Mietsache spätestens seit seinem Hinweisbeschluss360 im Jahr 2014 zumutbar gewesen sein, da der Bundesgerichtshof in diesem ausdrücklich „Bedenken“ gegen die Wirksamkeit dieser Klauseln geäußert hat. Auch wenn damit noch nicht sämtliche Zweifel ausgeräumt waren, konnte ein rechtskundiger Dritter ab der Verkündung dieser Entscheidung erkennen, dass die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen in den Augen der Rechtsprechung grundsätzlich nicht zulässig ist, wenn die Mietsache in anfänglich unrenoviertem Zustand überlassen wird.361 Heute stellt sich die Frage nicht mehr, weil die betroffenen Ansprüche selbst bei einer Unzumutbarkeit der Klageerhebung bis zur Rechtsprechungswende im Jahre 2015 und unterstellter Anwendbarkeit der Regelverjährung inzwischen verjährt sind. Sie wird aber möglicherweise wieder relevant werden, weil zukünftige Rechtsprechungsänderungen in Bezug auf die Wirksamkeit von Renovierungsklauseln nicht unwahrscheinlich sind. c) Folgen der Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB beginnt mit der rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses, nicht mit dem tatsächlichen Auszug des Mieters.362 Die Kenntnis des Mieters vom Bestehen des Anspruchs ist für den Beginn dieser Frist nicht erforderlich.363 Umstritten ist allerdings, ob auch bei Anwendbarkeit von § 548 Abs. 2 BGB während des Mietverhältnisses weiterhin die Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB gilt. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, § 548 Abs. 2 BGB enthalte nur eine Verjährungshöchstfrist, sodass während des Mietverhältnisses ent359 Jacoby, ZMR 2010, 335, 339 (speziell in Bezug auf die Wirksamkeit von Renovierungsklauseln in Mietverträgen); vgl. ferner die Wiedergabe der unterschiedlichen Ansichten zu dieser Frage in Bezug auf die Wirksamkeit bestimmter Bearbeitungsentgelte in Darlehensverträgen im Urt. d. BGH v. 28.10.2014, BGHZ 203, 115 = NJW 2014, 3713, 3716 Rn. 41–43. 360 BGH, Beschl. v. 22.1.2014, WuM 2014, 135. 361 Piekenbrock, in: BeckOGK BGB, § 199 Rn. 171, nennt je nach der Strenge des angelegten Maßstabs zwei Entscheidungen, die als ausreichend für die Zumutbarkeit einer Klageerhebung zur Erstattung von Renovierungsleistungen im Hinblick auf eine Vornahmeklausel bei unrenoviert überlassenen Räumen angesehen werden könnten: Erstens das Urt. des BGH v. 26.9.2007, NJW 2007, 3632, in dem die Wirksamkeit von Vornahme- und Quotenabgeltungsklauseln bei unrenoviert überlassenen Räumen allerdings noch ausdrücklich offen gelassen wurde, und zweitens die Rechtsprechungswende im Urt. des BGH v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594. 362 BGH, Urt. v. 28.5.2008, NJW 2008, 2256, 2257 Rn. 15; H.-G. Eckert, NZM 2008, 313, 315; Paschke, WuM 2008, 647, 652. 363 BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 16.
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stehende, unter § 548 Abs. 2 BGB fallende Ansprüche des Mieters auch vor Beendigung des Mietvertrags durch Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjähren könnten.364 Zu Recht sieht hingegen die wohl herrschende Meinung § 548 Abs. 2 BGB insoweit als vorrangig an mit der Folge, dass die unter diese Norm fallenden Ansprüche während des Mietverhältnisses unverjährbar sind.365 Denn im Wortlaut von § 548 Abs. 2 BGB finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Norm lediglich als eine die allgemeinen Verjährungsregeln ergänzende Verjährungshöchstfrist dient.366 Sinn und Zweck der besonderen Verjährungsregel in § 548 Abs. 2 BGB ist es auch, das Mietverhältnis vor unnötigen Belastungen zu schützen, die dadurch hervorgerufen werden können, dass der Mieter sich in Anbetracht der drohenden Verjährung von Ersatzansprüchen gezwungen sieht, diese während des laufenden Mietverhältnisses durchzusetzen.367 Die Ansprüche, die von § 548 Abs. 2 BGB erfasst werden, verjähren somit nach zutreffendem Verständnis dieser Bestimmung immer erst sechs Monate nach Vertragsbeendigung. Soweit ersichtlich, wird im Hinblick auf die Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB keine Verschiebung des Verjährungsbeginns in den Fällen angenommen, in denen die Rechtslage zweifelhaft und unsicher ist. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass § 548 Abs. 2 BGB im Gegensatz zu § 199 Abs. 1 BGB keinerlei subjektive Voraussetzungen enthält, sondern die Verjährung allein mit dem Ende des Mietvertrags beginnen lässt.368 d) Stellungnahme Überzeugender ist die vom Bundesgerichtshof und dem überwiegenden Teil des Schrifttums vertretene Ansicht, nach der sich die Verjährung der Erstattungsansprüche des Mieters wegen der Vornahme nicht von ihm geschuldeter Renovierungsarbeiten stets nach § 548 Abs. 2 BGB richtet. Sinn und Zweck der kurzen Verjährungsfristen in § 548 BGB ist es nach der Gesetzesbegründung, „zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine möglichst schnelle Klarstellung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen.“ 369 Das Bedürfnis nach einer raschen Klärung der Ansprüche besteht im 364 H.-G. Eckert, NZM 2008, 313, 314–316; Lehmann-Richter, NZM 2009, 761, 763; Häublein, in: MüKo-BGB, § 536a Rn. 31. 365 BGH, Urt. v. 28.5.2008, NJW 2008, 2256, 2257 Rn. 16; Paschke, WuM 2008, 647, 652; Gsell, NZM 2010, 71, 76 f.; Jacoby, ZMR 2010, 335, 337; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 548 Rn. 34 f. 366 Gsell, NZM 2010, 71, 77. 367 BGH, Urt. v. 28.5.2005, NJW 2008, 2256, 2257 Rn. 16; BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 15; zustimmend Gsell, NZM 2010, 71, 77; Jacoby, ZMR 2010, 335, 337. 368 Gsell, NZM 2010, 71, 76. 369 BT-Drucks. 14/4553, S. 45.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Hinblick auf Ersatzansprüche des Mieters für die Vornahme von Schönheitsreparaturen gleichermaßen, wenn diese auf außervertraglichen Anspruchsgrundlagen oder auf einer vertraglichen Schadensersatzhaftung beruhen.370 Da vom Mieter durchgeführte Renovierungen den Bestand der Mietsache verbessern, handelt es sich stets um Aufwendungen im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB, unabhängig davon, auf welcher Grundlage der dadurch entstandene Erstattungsanspruch beruht. e) Unionsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB? Praktisch hat die Geltung der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB oftmals zur Folge, dass Mieter ihre Rückforderungsansprüche wegen nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen nicht durchsetzen können. Dies betrifft insbesondere Renovierungen am Ende des Mietverhältnisses. Wie erläutert wurde, bestehen weder Schadensersatz- noch Bereicherungsansprüche, wenn der Mieter bei Vornahme der Renovierung das Fehlen seiner Verpflichtung kennt. Da die Frist des § 548 Abs. 2 BGB aber unabhängig von der Kenntnis des Mieters mit der Vertragsbeendigung zu laufen beginnt, müsste der Mieter, der eine nicht geschuldete Endrenovierung vornimmt, innerhalb dieser sechs Monate von der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel erfahren, um einen Ersatzanspruch gegen den Vermieter durchsetzen zu können.371 Ein Mieter, der die Unwirksamkeit im Zeitpunkt der Vornahme der Renovierung nicht erkannt hat, wird sie in vielen Fällen auch bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Mietvertrags nicht erkennen. Bei Anwendbarkeit der Regelverjährung gälte an sich nichts anderes, es bliebe dem Mieter aber im Falle der Endrenovierung mehr Zeit, den Sachverhalt rechtlich zutreffend zu würdigen. Bei einer Renovierung, die mehr als drei Jahre vor dem Ende des Mietverhältnisses erfolgt, bleibt dem Mieter dagegen durch die Geltung von § 548 BGB mehr Zeit, das Bestehen seines Anspruchs zu bemerken und diesen geltend zu machen, als es bei Geltung der Regelverjährung der Fall wäre. Problematisch erscheint vor allem, dass nach dem allgemeinen Verständnis von § 548 Abs. 2 BGB ein Anspruch nach dieser Vorschrift auch dann verjährt, wenn der Mieter das Bestehen des Anspruchs bis zum Ablauf der Verjährungsfrist nicht nur nicht erkannt hat, sondern auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen konnte, weil dies zum Beispiel erst infolge einer Rechtsprechungsänderung möglich war, wie es etwa in Bezug auf die Übertragbarkeit der Renovierungslast bei unrenoviert überlassenen Mieträumen372 der Fall gewesen ist. Dieses Problem betrifft nur den Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 370
BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 15. Jacoby, ZMR 2010, 335, 337. 372 Siehe BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594; dazu ausführlich oben S. 146 ff. 371
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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Abs. 2 BGB, weil Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter aus Anlass der Vornahme nicht geschuldeter Renovierungsarbeiten mangels Vertretenmüssens des Vermieters nicht in Betracht kommen, wenn im Zeitpunkt der Vornahme dieser Arbeiten nicht erkennbar war, dass die verwendete Abwälzungsklausel unwirksam ist. Aufgrund der soeben beschriebenen praktischen Auswirkungen der Geltung der Verjährungsfrist in § 548 Abs. 2 BGB könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Geltung dieser Vorschrift den Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL zuwiderläuft, weil Wohnungsmietern und damit Verbrauchern, die im Vertrauen auf eine in Wirklichkeit unwirksame Klausel Renovierungen in der Mietsache eines gewerblichen Vermieters vorgenommen haben, die Rückforderung ihrer Renovierungsleistung erschwert wird. Aus der Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL hat der Europäische Gerichtshof, wie bereits angesprochen, gefolgert, dass die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel grundsätzlich dazu führen müsse, dass die Sach- und Rechtslage wiederhergestellt wird, in der sich der Verbraucher ohne diese Klausel befunden hätte.373 Die Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel entfalte deshalb Restitutionswirkung für Leistungen des Verbrauchers, die im Hinblick auf diese Klausel erfolgt sind.374 Demgegenüber kann die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB zur Folge haben, dass ein Mieter keine Erstattung für die in Wahrheit nicht von ihm geschuldete Renovierung erlangen kann, was zur Folge hat, dass es nicht gelingt, eine Situation herbeizuführen, die der Lage des Mieters ohne die unwirksame Renovierungsklausel entspricht. Die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit einer missbräuchlichen Klausel darf nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht durch Zeitablauf ausgeschlossen werden.375 Diese Vorgabe ist im deutschen AGBRecht ohne Weiteres erfüllt: Die §§ 307 ff. BGB gelten zeitlich unbegrenzt, die Unwirksamkeit muss nicht innerhalb irgendeiner Frist vom Vertragspartner des Verwenders geltend gemacht werden.376 Die Ansprüche, die der Vertragspartner des Verwenders aufgrund der Feststellung der Unwirksamkeit erlangt, unterliegen hingegen gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung. Eine ausdrückliche Regelung zur Verjährung von Restitutionsansprüchen wegen nichtiger Vertragsklauseln enthält die Klausel-RL nicht. Doch auch hier gilt der Grundsatz, dass die KlauselRL zwar die Modalitäten zur Durchsetzung der in der Richtlinie bestimmten
373
EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 151 Rn. 61 – Gutiérrez Naranjo. EuGH, Urt. v. 21.12.2016, EuZW 2017, 148, 151 Rn. 62 – Gutiérrez Naranjo. 375 EuGH, Urt. v. 21.11.2002, Slg. 2002, I-10875 = NJW 2003, 275, 277 Rn. 33 – Cofidis; EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412 Rn. 55 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1886 Rn. 38 – BNP Paribas; EuGH, Urt. v. 8.9.2022, EuZW 2022, 1005, 1010 Rn. 90 – E.K. 376 Pfeiffer, LMK 2020, 434770. 374
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Rechte den nationalen Rechtsordnungen überlässt, die nationale Regelung aber den unionsrechtlichen Mindestanforderungen genügen muss. Die Frage, ob eine Verjährungsregelung des nationalen Rechts mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL vereinbar ist, ist also anhand des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes zu prüfen.377 Was den Äquivalenzgrundsatz betrifft, ist im Hinblick auf § 548 Abs. 2 BGB festzustellen, dass die kurze Verjährungsfrist für alle Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung gilt und nicht nur für Ersatzansprüche, die im Zusammenhang mit unwirksamen Vertragsklauseln stehen. Mit dem Äquivalenzgrundsatz lässt sich daher kein Verstoß gegen die Klausel-RL durch die Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB auf Erstattungsansprüche des Mieters wegen von ihm durchgeführter, aber wegen der Unwirksamkeit der Klausel nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen begründen. Zu prüfen ist deshalb, ob die Geltung der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB die Anwendung der Bestimmungen der Klausel-RL, hier konkret die Unverbindlichkeit einer missbräuchlicher Klausel gemäß Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL, im Sinne des Effektivitätsgrundsatzes übermäßig erschwert. Bei dieser Beurteilung sind entgegenstehende Grundsätze und Institute des nationalen Rechts miteinzubeziehen, hier also das Rechtsinstitut der Verjährung als Mittel zur Stärkung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Für die Beurteilung, ob eine Verjährungsregel des nationalen Rechts dem Effektivitätsgrundsatz genügt, sind dem Europäischen Gerichtshof zufolge, was auch unmittelbar einleuchtet, die Dauer der Verjährungsfrist und die Modalitäten ihrer Anwendung einschließlich des Fristbeginns maßgeblich.378 Dass Ansprüche auf Ersatz von Leistungen, die im Hinblick auf missbräuchliche Klauseln erfolgt sind, generell der Verjährung unterliegen, stellt für sich genommen keinen Umstand dar, der die Ausübung der dem Verbraucher nach der Klausel-RL zustehende Rechte übermäßig erschwert, da diese Beschränkung im Interesse der Rechtssicherheit gerechtfertigt ist.379 Der Europäische Gerichtshof hat zudem in mehreren Vorabentscheidungsverfahren die Ansicht vertreten, eine Verjährungsfrist von drei oder fünf Jahren sei „faktisch ausreichend, um
377 EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412 Rn. 57 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 8.9.2022, EuZW 2022, 1005, 1010 Rn. 90 – E.K.; siehe zu diesen Grundsätzen bereits oben S. 161 ff. 378 EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412 Rn. 61 –Raiffeisen Bank und Société Générale, bezugnehmend auf die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar v. 5.3.2020 (ECLI:EU:C:2020:181) Rn. 70 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 22.4.2021, WM 2021, 973, 976 Rn. 55 – Profi Credit Slovakia; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1885 Rn. 30 – BNP Paribas. 379 EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412, 1412 Rn. 62 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1885 Rn. 31 f. – BNP Paribas.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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dem Betroffenen zu ermöglichen, einen wirksamen Rechtsbehelf vorzubereiten und einzulegen, wenn sie im Voraus festgelegt und bekannt ist“.380 Im Falle einer Endrenovierung hat der Mieter ab der Entstehung des Anspruchs nach § 548 Abs. 2 BGB nur sechs Monate Zeit, um seinen Anspruch notfalls gerichtlich geltend zu machen. Dennoch dürfte auch diese deutlich kürzere Verjährungsfrist als ausreichend anzusehen sein, wenn man das besondere Interesse an einer raschen Klärung der bestehenden Ansprüche bei Mietvertragsbeendigung berücksichtigt, das vor allem darauf zurückzuführen ist, dass der Zustand der Mietsache durch eine Weitervermietung Veränderungen unterliegen und die Beweiserhebung deshalb nach längerem Zeitablauf schwerfallen kann.381 Es bleibt aber das in Zukunft womöglich erneut virulent werdende Problem, dass ein Erstattungsanspruch nach § 548 Abs. 2 BGB auch dann in sechs Monaten nach Vertragsende verjähren soll, wenn der Mieter das Bestehen des Anspruchs wegen einer zu diesem Zeitpunkt unklaren Rechtslage oder gar einer entgegenstehenden Rechtsprechung nicht erkennen konnte. Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass auch eine Verjährungsfrist von mehreren Jahren die Ausübung der dem Verbraucher durch die Klausel-RL verliehenen Rechte übermäßig erschwert, wenn diese Verjährungsfrist mit dem Vertragsschluss oder mit dem Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung des Vertrags beginnt, da die Verjährungsfrist abgelaufen sein könnte, bevor der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von der Missbräuchlichkeit der Klausel Kenntnis zu nehmen.382 Nach dieser Maßgabe ist es auch mit Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL unvereinbar, Erstattungsansprüche wegen einer Leistung im Vertrauen auf den Bestand einer in Wahrheit unwirksamen Klausel in einem Verbrauchervertrag der rein objektiv bestimmten Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB zu unterwerfen, wenn die Unwirksamkeit der Klausel bis zum Ablauf dieser Verjährungsfrist für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht erkennbar war. Es ist auch nicht anzunehmen, dass das besondere Interesse an einer raschen Feststellung der bestehenden Ansprüche bei Vertragsende insoweit überwiegt, weil dem Mieter die Durchsetzung seiner Ansprüche in der Tat praktisch unmöglich ist, wenn die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, obwohl er das Bestehen des Anspruchs nicht erkennen kann.
380 EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412 Rn. 64 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 16.7.2020, WM 2020, 1477, 1483 Rn. 87 – Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1886 Rn. 42 – BNP Paribas. 381 Oprée, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, § 17 Rn. 2. 382 EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1409, 1412, 1413 Rn. 65, 67 – Raiffeisen Bank und Société Générale; EuGH, Urt. v. 16.7.2020, WM 2020, 1477, 1483 Rn. 91 – Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria; EuGH, Urt. v. 10.6.2021, WM 2021, 1882, 1887 Rn. 47 f. – BNP Paribas.; EuGH, Urt. v. 8.9.2022, EuZW 2022, 1005, 1010 Rn. 98 – E.K.; zur bisher ungeklärten Frage der Richtlinienkonformität der Verjährungshöchstfrist in § 199 Abs. 4 BGB vgl. Hu. Schmidt, IWRZ 2022, 10, 14 f. (bejahend); Koch, WM 2022, 1717, 1720 (verneinend).
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Um einen Konflikt mit den unionsrechtlichen Vorgaben zu vermeiden, könnte man erwägen, für die Verjährung der hier behandelten Erstattungsansprüche mit der Mindermeinung doch die Regelverjährung anstelle von § 548 Abs. 2 BGB für anwendbar zu halten, zumindest, soweit ein Verbrauchervertrag betroffen ist. Denn im Rahmen von § 199 Abs. 1 BGB besteht wie ausgeführt nach herrschender Meinung als zusätzliche Voraussetzung die Zumutbarkeit der Klageerhebung, sodass sichergestellt wäre, dass die Erstattungsansprüche nicht verjähren, bevor der Verbraucher die Unwirksamkeit der betroffenen Klausel erkennen kann. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Klageerhebung müsste allerdings im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung auf die Erkennbarkeit für einen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher statt für einen rechtskundigen Dritten abgestellt werden, damit den unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen wird.383 Jedoch kann ein richtlinienkonformes Ergebnis auch unter Geltung von § 548 Abs. 2 BGB herbeigeführt werden. Wenn es sich bei der Zumutbarkeit der Klageerhebung um eine übergreifende Voraussetzung der Verjährung handeln soll,384 liegt es nahe, sie auch im Rahmen der grundsätzlich rein objektiv bestimmten Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB zu verlangen. Ebenso wie § 548 Abs. 2 BGB enthält auch § 199 Abs. 1 BGB in seinem Wortlaut keine Anhaltspunkte für diese Voraussetzung. Es handelt sich vielmehr um eine teleologische Reduktion von § 199 Abs. 1 BGB, da unter Berufung auf Sinn und Zweck der Verjährung eine zusätzliche, ungeschriebene Voraussetzung aufgestellt wird. Nach hier vertretener Ansicht ist dieselbe Reduktion beim Verjährungsbeginn nach § 548 Abs. 2 BGB geboten. Zwar „passt“ die Zumutbarkeit der Klageerhebung als zusätzliche Voraussetzung bei der Regelverjährung besser hinein, weil mit § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ohnehin bereits eine subjektive Voraussetzung für den Verjährungsbeginn besteht. Dies ändert aber nichts daran, dass in beiden Normen die Zumutbarkeit der Klageerhebung ihrem Wortlaut nach nicht verlangt wird. Um Vereinbarkeit mit der Klausel-RL zu gewährleisten, wäre es nur erforderlich, die Zumutbarkeit der Klageerhebung als zusätzliche Voraussetzung des Verjährungsbeginns nach § 548 Abs. 2 BGB zu verlangen, soweit es um Rückerstattungsansprüche wegen unwirksamer Klauseln in Verbraucherverträgen geht. Teilt man allerdings die Ausgangsüberlegung der herrschenden Ansicht zu § 199 Abs. 1 BGB, dass die Regelverjährung nicht beginnen soll, solange die Rechtslage unklar oder zweifelhaft ist, spricht viel dafür, dasselbe für die Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB zu verlangen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass sich die Verjährung von Ersatzansprüchen des Mieters wegen der Vornahme nicht geschuldeter Renovierungsarbeiten unabhängig von der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 548 Abs. 2 BGB
383 384
Piekenbrock, GPR 2021, 178, 181. Siehe die Nachweise oben Fn. 354.
C. Ansprüche des Mieters aufgrund einer unwirksamen Klausel
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richtet, wobei die sechsmonatige Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt, solange dem Erfolg einer entsprechenden Klage eine höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. Die zuletzt genannte Einschränkung wirkt sich nur im Falle erneuter Rechtsprechungsänderungen aus, die aber, wie bereits angesprochen, nach hiesiger Wahrnehmung nicht unwahrscheinlich sind.
III. Rückzahlungsansprüche bei Zahlungen aufgrund einer unwirksamen Klausel Hat ein Mieter im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer in Wahrheit unwirksamen Quotenabgeltungs-385 oder einer Kostenabwälzungsklausel386 eine Zahlung getätigt, so steht ihm ein Anspruch auf Rückgewähr der Zahlung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu, da kein Rechtsgrund für diese Leistung bestand.387 Eine Verpflichtung des Vermieters zur Rückgewähr einer solchen Zahlung kann sich ferner aus einem Schadensersatzanspruch ergeben. Hier bestehen die Voraussetzungen, die soeben im Rahmen der Ansprüche wegen der Vornahme nicht geschuldeter Renovierungsarbeiten erläutert wurden. Dasselbe wie für unwirksame Quotenabgeltungs- und Kostenabwälzungsklauseln gilt für Ausgleichszahlungen, die wegen der Umbauabsicht des Vermieters anstelle der Renovierung durch den Mieter getätigt wurden,388 wenn sich die zugrundeliegende Renovierungsklausel als unwirksam erweist.389 Wenn man, wie nach hier vertretener Ansicht, eine Ausgleichszahlungspflicht des Mieters bei Umbauabsicht des Vermieters ohnehin ablehnt, muss dies sogar für alle derartigen Ausgleichszahlungen gelten, unabhängig davon, ob die im Vertrag enthaltene Renovierungsklausel wirksam war. Umstritten ist aber auch in Bezug auf die Rückzahlungsansprüche, nach welcher Vorschrift sich die Verjährung richtet. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund der Umbauabsicht des Vermieters getätigten Ausgleichssumme verjähre gemäß § 548 Abs. 2 BGB in sechs Monaten nach Vertragsbeendigung.390 Es könne keinen Unterschied machen, ob der Mieter selbst Schönheitsreparaturen durchführt bzw. durchführen lässt oder aber einen auf die Schönheitsreparaturen bezogenen Abgeltungsbetrag an den Vermieter zahlt.391 In beiden Fällen sei es geboten, alsbald nach Beendigung des Mietverhältnisses Klarheit über die bestehenden Ansprüche 385 386 387 388 389 390 391
Diese sind nach hiesiger Ansicht stets unwirksam, siehe oben S. 214 ff. Siehe dazu oben S. 218 ff. Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 78; Artz, NZM 2007, 265, 267 f. Siehe dazu oben S. 227 ff. BGH, Urt. v. 20.6.2012, NJW 2012, 3031, 3032 Rn. 11 f. BGH, Urt. v. 20.6.2012, NJW 2012, 3031. BGH, Urt. v. 20.6.2012, NJW 2012, 3031, 3032 Rn. 13, 15.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
des Mieters zu schaffen.392 Da der Bundesgerichtshof ausdrücklich von einem „Abgeltungsbetrag“ spricht, ist davon auszugehen, dass er auch auf Zahlungen, die der Mieter im Hinblick auf eine unwirksame Quotenabgeltungsklausel getätigt hat, die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB anwenden würde.393 Da nicht zweckgebundene Geldzahlungen im Gegensatz zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht zu den Maßnahmen gehören, die die Mietsache in ihrem Bestand verbessern – so hat der Bundesgerichtshof selbst die Aufwendungen im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB definiert –394, dürfte es sich hier, wenn auch unausgesprochen, um eine analoge Anwendung von § 548 Abs. 2 BGB handeln.395 Sie kann nicht überzeugen. Es fehlt bereits an einer Regelungslücke, weil alle Ansprüche, die nicht von einer speziellen Verjährungsregel erfasst werden, der Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB unterliegen. Des Weiteren ist die Interessenlage bei Rückzahlungsansprüchen wegen rechtsgrundlos erfolgter Abgeltungs- und Ausgleichszahlungen eine andere als bei Erstattungsansprüchen wegen rechtsgrundlos erbrachter Renovierungsarbeiten: Es besteht hier entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs kein ähnlich großes Interesse an rascher Feststellung der bei Vertragsbeendigung bestehenden Ansprüche, weil nach Vertragsende erfolgende Veränderungen an der Mietsache kein Beweisproblem verursachen können.396 Um das Bestehen und die Höhe eines solchen Rückzahlungsanspruchs zu beweisen, muss nur die Unwirksamkeit der Klausel und die Zahlung durch den Mieter nachgewiesen werden. Auf den Zustand der Mietsache kommt es anders als bei den Erstattungsansprüchen wegen der Vornahme von Schönheitsreparaturen nicht an.397 Richtig ist es daher, Ansprüche auf Rückgewähr von Zahlungen aufgrund einer unwirksamen Quotenabgeltungsklausel oder aufgrund eines vermeintlichen Ausgleichsanspruchs wegen Umbauabsicht mit einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht398 der dreijährigen Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu unterwerfen. Bei Ansprüchen des Mieters auf Rückgewähr von Zahlungen aufgrund einer unwirksamen Kostenabwälzungsklausel ist es dagegen überzeugend, § 548 Abs. 2 BGB anzuwenden, weil hier die Kosten für die vom Vermieter erbrachten Schönheitsreparaturen ersetzt werden. Eine solche Zahlung ist damit zumindest mittelbar der Mietsache in ihrem Bestand zugutegekommen, sodass es sich dabei um eine Aufwendung im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB handelt. 392
BGH, Urt. v. 20.6.2012, NJW 2012, 3031, 3032 Rn. 14. Dafür auch Klotz-Hörlin, in: BeckOK Mietrecht, § 548 Rn. 45. 394 BGH, Urt. v. 4.5.2011, NJW 2011, 1866, 1867 Rn. 13. 395 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 185. 396 Wiek, WuM 2011, 67, 68; Börstinghaus, LMK 2012, 336109. 397 Wiek, WuM 2011, 67, 68; Börstinghaus, LMK 2012, 336109. 398 Klimke/Lehmann-Richter, WuM 2006, 653, 656; Wiek, WuM 2011, 67, 68; Wiederhold, in: BeckOK BGB, § 548 Rn. 28. 393
D. Rückforderung einer unzureichenden Ausgleichsleistung
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Auch bei Ansprüchen auf Rückgewähr von Zahlungen kommt eine Verschiebung des Verjährungsbeginns in Betracht, solange eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, insbesondere solange dem Erfolg einer auf Rückzahlung gerichteten Klage eine höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. Eine Klage auf Rückgewähr einer Zahlung aufgrund einer Quotenabgeltungsklausel ist generell spätestens seit 2015399 zumutbar, auch wenn die Wirksamkeit von Quotenabgeltungsklauseln in der Geschäftsraummiete im Schrifttum noch umstritten ist und die Unwirksamkeit einer solchen Klausel in einem Geschäftsraummietvertrag noch nicht höchstrichterlich festgestellt wurde. Im Hinblick auf Rückzahlungsansprüche wegen einer Ausgleichszahlung bei Umbauabsicht des Vermieters besteht weiterhin eine entgegenstehende Rechtsprechung.400 Allerdings dürfte die in der Zwischenzeit ergangene Rechtsprechung über die Unwirksamkeit von Quotenabgeltungsklauseln den Erfolg einer Klage auf Rückzahlung aus der Sicht eines rechtskundigen Dritten zumindest so wahrscheinlich gemacht haben, dass eine Klageerhebung hier ebenfalls seit 2015 zumutbar ist.
D. Rückforderung einer unzureichenden Ausgleichsleistung für die Überlassung unrenovierter Räume durch den Vermieter Hat der Vermieter dem Mieter im Zusammenhang mit der Überlassung einer unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Mietsache eine Ausgleichsleistung gewährt, reicht diese aber nicht aus, um eine wirksame Übertragung der Renovierungslast trotz Überlassung unrenovierter Räume herbeizuführen, so stellt sich die Frage, ob der Vermieter in dieser Situation die Kompensationsleistung zurückfordern kann. So wurde etwa in dem der zentralen Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015401 zugrunde liegenden Fall mit Rücksicht auf den Zustand der Mietsache bei ihrer Überlassung ein Mietnachlass von einer halben Monatsmiete vereinbart. Da dieser Nachlass nicht als ausreichende Kompensation anzusehen war, bestand keine Renovierungsverpflichtung des Mieters, vielmehr war wie erläutert gemäß §§ 306 Abs. 2, 535 Abs. 1 S. 2 BGB der Vermieter zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet. Zu der Frage, ob der Vermieter unter diesen Umständen zumindest den von ihm gewährten Mietnachlass zurückfordern kann, musste sich der Bundesgerichtshof dabei nicht äußern. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, einem Anspruch aus der Zweckverfehlungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB stehe die Regelung des § 306 BGB entgegen. Der Vermieter könne bei unzureichender Kompensation
399 400 401
Vgl. BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 316 = NJW 2015, 1871. Siehe die Nachweise oben in Fn. 1147. BGH, Urt. v. 18.3.2015, BGHZ 204, 302 = NJW 2015, 1594.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
die gewährte Leistung deshalb nicht zurückverlangen.402 Zutreffend ist, dass die Vereinbarung der Ausgleichsleistung eine von der Abwälzung der Schönheitsreparaturen verschiedene Regelung darstellt, sodass die Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel gemäß § 306 Abs. 1 BGB nicht auch die Unwirksamkeit der Vereinbarung der Ausgleichsleistung mit sich bringt. Ein Anspruch des Vermieters auf Rückgewähr der Kompensationsleistung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kommt somit nicht in Betracht. Jedoch ist eine Zweckverfehlungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB damit nicht ausgeschlossen.403 Hat der Vermieter mit der Gewährung der Kompensationsleistung auch für den Mieter erkennbar den Zweck verfolgt, die Wirksamkeit einer Abwälzungsklausel herzustellen, ist die für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erforderliche Zweckvereinbarung gegeben. Gelingt es aufgrund der Vereinbarung einer unzureichenden Kompensationsleistung nicht, eine wirksame Abwälzung der Renovierungslast herbeizuführen, so wird der mit der Kompensationsleistung verfolgte Zweck verfehlt.404 Hier liegt der Unterschied zu der bereits erläuterten405 Konstellation, in der die Abwälzung der Renovierungslast aufgrund einer ausreichenden Kompensation gelingt, es aber mangels Eintritts eines Renovierungsbedarfs nicht zur Fälligkeit der Renovierungspflicht des Mieters bis zum Vertragsende kommt. Unter den beschriebenen Umständen ist ein Anspruch des Vermieters auf Rückgewähr einer unzureichenden Kompensationsleistung aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB daher zu bejahen.
E. Ersetzung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel durch eine wirksame Regelung Stellt ein Vermieter fest, dass eine von ihm verwendete Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist, wird er möglicherweise versuchen, sie durch eine wirksame Regelung über die Renovierungslast zu ersetzen. Eine Änderung des Vertragsinhalts setzt eine entsprechende Einigung der Vertragsparteien voraus. Möchte der Vermieter den Inhalt der unwirksamen Klausel beibehalten, kann er dies nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung mit dem Mieter erreichen. Da das Aushandeln einer Vertragsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB bei einer nicht ganz leicht verständlichen Klausel voraussetzt, dass der Vertragspartner des Verwenders über die Tragweite dieser Vereinbarung belehrt wird, kommt eine wirksame, individuell ausgehandelte Bestätigung des unwirksamen Klauselinhalts nur zustande, wenn der Mieter vor seiner Zustim-
402 403 404 405
Artz, WuM 2017, 120, 122. So zutreffend Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 186 f. Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 186. Siehe oben S. 184 f.
E. Ersetzung durch eine wirksame Regelung
325
mung über die Unwirksamkeit der bisherigen Schönheitsreparaturklausel informiert wurde.406 Denkbar wäre es, dass der Mieter durch die Gewährung eines sonstigen Vorteils zur Zustimmung gebracht wird, nachdem der Vermieter den Klauselinhalt ernsthaft zur Disposition gestellt hat, und somit eine individuell ausgehandelte Vereinbarung des zuvor unwirksamen, formularmäßig vereinbarten Inhalts oder eines anderen Inhalts zustande kommt. Handelt es sich nicht um eine im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB im Einzelnen ausgehandelte, aber gleichwohl um eine vom AGB-Recht ausgenommene Ersetzungsvereinbarung, weil der Vermieter die Ersatzklausel ohne Nutzung eines Musters zur einmaligen Verwendung formuliert hat und § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht eingreift, dann ist zwar auch ohne Hinweis auf die Unwirksamkeit der früheren Klausel zunächst eine wirksame Individualvereinbarung gegeben, doch kommt ohne einen solchen Hinweis die Anfechtbarkeit der Vereinbarung gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen in Betracht.407 Eine Täuschung durch Unterlassen setzt eine entsprechende Aufklärungspflicht voraus. Es besteht nach allgemeiner Ansicht keine allgemeine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Umstände, die für die Entscheidung der anderen Partei über den Vertragsschluss relevant sind, weil es grundsätzlich die Aufgabe jeder Vertragspartei ist, ihre Interessen selbst wahrzunehmen.408 Es wurde jedoch bereits ausgeführt,409 dass den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar keine allgemeine Aufklärungspflicht über die Unwirksamkeit seiner Klauseln trifft, eine solche Pflicht aber besteht, wenn er konkret auf die vermeintliche Verpflichtung aus der unwirksamen Klausel angesprochen wird. Nichts anderes kann gelten, wenn der Vermieter selbst die Renovierungspflicht des Mieters thematisiert, indem er anträgt, die bisherige Regelung durch eine neue zu ersetzen. Der Vermieter ist daher, wenn er dem Mieter die Ersetzung einer unwirksamen Renovierungsklausel vorschlägt, zur Aufklärung über die Unwirksamkeit dieser Klausel verpflichtet,410 sodass das Unterlassen dieser Aufklärung als Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB anzusehen ist. Damit die Zustimmung zur neuen Regelung anfechtbar ist, muss der Mieter durch das Verschweigen der Unwirksamkeit der bisherigen Klausel zu seiner Zustimmung gemäß § 123 Abs. 1 BGB bestimmt worden sein. Dies bedeutet, dass das Verschweigen einen Irrtum des Mieters über die Wirksamkeit der bisherigen Regelung hervorgerufen haben muss und der Mieter wegen dieses Irrtums seine
406
Kappus, NZM 2016, 609, 618. Klimke, ZMR 2005, 161, 165; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 181. 408 BGH, Urt. v. 13.7.1988, NJW 1989, 763, 764, BGH, Urt. v. 11.8.2010, NJW 2010, 3362 Rn. 21; Singer/v. Finckenstein, in: Staudinger, BGB, § 123 Rn. 10. 409 Siehe oben S. 299. 410 Anderer Ansicht Klimke, ZMR 2005, 161, 165. 407
326
2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
Zustimmung zur Ersetzungsregelung erklärt haben muss.411 Da es auf ein Verschulden des Getäuschten nicht ankommt,412 ist die Zustimmung des Mieters auch anfechtbar, wenn die Unwirksamkeit der bisherigen Regelung leicht erkennbar war. Arglist meint zumindest bedingten Vorsatz.413 Somit ist es ausreichend, wenn der Vermieter einen Irrtum des Mieters über die bisherige Rechtslage durch das Verschweigen der Unwirksamkeit der bisherigen Regelung für möglich hält und es außerdem für möglich hält und in Kauf nimmt, dass der Mieter wegen dieser Unkenntnis seine Zustimmung erklärt. Die Ersetzung einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel kann auch durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung zulässigen Inhalts erfolgen. Allerdings wird zu Recht davon ausgegangen, dass eine solche Klausel nur dann nicht als überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB anzusehen ist, wenn der Vermieter auch hier den Mieter vor dessen Zustimmung zu der Ersetzungsklausel über die Unwirksamkeit der durch sie ersetzten Klausel aufklärt.414 Wird der Mieter nicht darüber informiert, dass die vorgeschlagene Klausel der Ersetzung einer unwirksamen Klausel dient, sondern die Neuregelung womöglich gar als ein Entgegenkommen des Vermieters präsentiert,415 so besteht eine schwerwiegende Diskrepanz zwischen dem von dem Mieter zu erwartenden Inhalt der Klausel und ihrer wirklichen Tragweite. Denn der durchschnittliche, rechtsunkundige Mieter muss nicht damit rechnen, dass die Ersetzung der bisherigen Regelung dazu führt, dass statt der Geltung der Renovierungspflicht des Vermieters gemäß §§ 306 Abs. 2, 535 Abs. 1 S. 2 BGB nunmehr er selbst zur Renovierung verpflichtet werden soll. Sieht man dies anders, dürfte eine Ersetzungsklausel ohne einen klarstellenden Hinweis auf die Unwirksamkeit der ersetzten Klausel gleichwohl der Inhaltskontrolle nicht standhalten, weil sie unter diesen Umständen gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB intransparent ist.416 Der Mieter kann aus der Formulierung der Klausel ihre Bedeutung und Tragweite nicht erkennen, weil er ohne einen entsprechenden Hinweis davon ausgeht, dass seine Renovierungspflicht lediglich abgeändert – und zwar in der Regel verringert – wird, nicht aber davon, dass durch die Ersetzung eine solche Pflicht überhaupt erst begründet oder im Falle einer ersetzenden Freizeichnungsklausel ein ihm gegen den Vermieter zustehender Anspruch beseitigt wird.
411
Vgl. Armbrüster, in: MüKo-BGB, § 123 Rn. 21. BGH, Urt. v. 22.2.2005, NJW-RR 2005, 1082, 1083. 413 BGH, Urt. v. 19.5.1999, NJW 1999, 2804, 2806; Rehberg, in: BeckOK BGB, § 123 Rn. 18. 414 Artz, NZM 2007, 265, 272; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 181; anderer Ansicht aber Klimke, ZMR 2005, 161, 163: nur bei aktiver Verdunkelung der Rechtslage durch den Vermieter. 415 Siehe das Beispiel bei Klimke, ZMR 2005, 161, 162 Fn. 9. 416 Klimke, ZMR 2005, 161, 163 f.; Artz, NZM 2007, 265, 272; Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 181. 412
F. Mieterhöhung aufgrund unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
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F. Mieterhöhung aufgrund unwirksamer Schönheitsreparaturklausel Es ist umstritten, ob und in welchen Fällen der Vermieter als Ausgleich für die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel den Mietzins erhöhen kann. Bei dieser Frage ist zwischen der preisfreien, der preisgebundenen und der Geschäftsraummiete zu unterscheiden, da sich die für die Mieterhöhung geltenden Vorschriften je nach der Einordnung des Mietverhältnisses unterscheiden.
I. Bei preisfreiem Wohnraum In der Rechtsprechung und im Schrifttum war lange Zeit die Ansicht verbreitet, ein Vermieter einer nicht preisgebundenen Wohnung könne einen Zuschlag zur Miete verlangen, wenn sich die Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Renovierungsklausel herausstellt.417 Diese Ansicht stützte sich vor allem auf die vom Bundesgerichtshof entwickelte Entgeltthese: Könnte der Vermieter im Falle der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel die Miete nicht erhöhen, dann würde der Mieter vom Vermieter die Renovierung erhalten, obwohl er gerade für die Übernahme der Renovierungslast einen Mietnachlass erhalten hat. Er würde die Renovierung durch den Vermieter somit kostenlos erhalten, was mit der Rechtsnatur des Mietvertrags als synallagmatischer Vertrag unvereinbar sei.418 Aus diesem Grund könne er im Zuge eines Mieterhöhungsverlangens gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB einen Zuschlag für die vom Vermieter geschuldeten Schönheitsreparaturen verlangen, und zwar nicht, weil die Vergleichsmieten gestiegen seien, sondern weil die Miete wegen der Nichtigkeit der Renovierungsklausel von Beginn an unterhalb der ortsüblichen Miete liege.419 Die Höhe dieses Zuschlags sollte je nach Unteransicht entweder dem in § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO Zuschlag entsprechen,420 obwohl diese Vorschrift unmittelbar nur für die preisgebundene Wohnungsmiete gilt, oder sich danach richten, wie viel höher die ortsübliche Miete ist, wenn der Vermieter die Renovierungslast
417 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.4.2007, NJW 2007, 3004, 3006; LG Düsseldorf, Urt. v. 16.5.2007, WuM 2007, 456; LG Wiesbaden, Urt. v. 20.9.2007, NZM 2008, 125; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.12.2007, WuM 2008, 82; Börstinghaus, WuM 2005, 675, 679– 684; NZM 2005, 931; Klimke, ZMR 2005, 161; Hannemann, in: FS Blank, S. 189, 198 f.; Heintzmann, in: Soergel, BGB, § 538 Rn. 44; Artz, NZM 2007, 265, 273. 418 OLG Frankfurt, NJW 2007, 3004, 3006; LG Wiesbaden, Urt. v. 20.9.2007, NZM 2008, 125, 126; Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 79; Lammel, Wohnraummietrecht, § 535 Rn. 213; Oestmann, in: HKK-BGB, §§ 535–580a Rn. 39. 419 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.4.2007, NJW 2007, 3004, 3006; LG Düsseldorf, Urt. v. 16.5.2007, WuM 2007, 456; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.12.2007, WuM 2008, 82; Börstinghaus, NZM 2005, 931; Artz, NZM 2007, 265, 273. 420 So OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.4.2007, NJW 2007, 3004, 3006; LG Wiesbaden, Urt. v. 20.9.2007, NZM 2008, 125, 126.
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trägt,421 oder aber sich an den ungefähren Kosten einer Eigenvornahme orientieren, die der Mieter erspart.422 Nach teilweise vertretener Ansicht sollte ein Mieterhöhungsverlangen wegen der Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel zudem wegen des Gebots der Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB nur zulässig sein, wenn der Vermieter dem Mieter zuvor eine wirksame Abwälzungsklausel zur Ersetzung der unwirksamen Klausel angeboten hat.423 Der Bundesgerichtshof hat einen Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zur Mieterhöhung wegen der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel dagegen mit Verweis auf das Regelungskonzept des § 558 BGB abgelehnt.424 Würde man dem Vermieter einen Zuschlag zur Miete wegen der ihm infolge der Unwirksamkeit der Klausel zusätzlich entstehenden Kosten zubilligen, würde zur Begründung der Mieterhöhung entgegen dem vom Gesetzgeber vorgesehenen System der Vergleichsmieten ein Kostenelement herangezogen, unabhängig davon, ob diese höhere Miete am Markt durchsetzbar wäre.425 Aus dem Entgeltargument als solchem könne nichts anderes folgen.426 Dem ist beizupflichten. Das Ergebnis des Bundesgerichtshofs lässt sich zudem mithilfe der Wertungen des AGB-Rechts untermauern. Es ist schon fraglich, ob sich der Verwender selbst auf die Unwirksamkeit der von ihm eingebrachten Klausel berufen darf.427 Darauf liefe es nämlich hinaus, wenn man ihm zubilligte, vom Mieter aus Anlass der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel die Zustimmung zur Erhöhung der Miete zu verlangen. Ein solches Recht des Vermieters wäre insbesondere aus unionsrechtlicher Sicht sehr bedenklich, weil die Verwendung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln dadurch praktisch sanktionslos würde, insbesondere wenn der Zuschlag, wie teilweise vertreten wurde, nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO berechnet werden soll. Dies widerspräche dem vom Europäischen Gerichtshof immer wieder betonten Gebot, Gewerbetreibende von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln abzuschrecken.428 Es wäre ebenso wie bei der Beteiligungslösung
421 So Artz, NZM 2007, 265, 273. Diese Differenz ist allerdings, wie bereits oben (S. 131 ff.) im Zuge einer grundsätzlichen Kritik am Entgeltargument ausgeführt wurde, im Einzelfall auch durch einen Sachverständigen kaum ermittelbar, vgl. Börstinghaus, WuM 2005, 675, 683; Emmerich, NZM 2006, 761, 765. 422 So LG Düsseldorf, Urt. v. 16.5.2007, WuM 2007, 456; Börstinghaus, WuM 2005, 675, 684; Bub/von der Osten, NZM 2007, 76, 80. 423 LG Düsseldorf, Urt. v. 16.5.2007, WuM 2007, 456; Börstinghaus, WuM 2005, 675, 682; ders., NZM 2005, 931; Artz, NZM 2007, 265, 273. 424 BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840. 425 BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840, 2841 Rn. 12. 426 BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840, 2841 Rn. 13. 427 Siehe dazu sogleich S. 334 ff. 428 Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 128.
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des Bundesgerichtshofs429 anzunehmen, dass viele Mieter die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel nicht geltend machen würden, um die aus ihrer Sicht nachteilige Folgewirkung, hier eine Mieterhöhung, zu vermeiden. Zuzustimmen ist dem Bundesgerichtshof ferner darin, dass der Vermieter eine Mieterhöhung auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB oder nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB430 verlangen kann.431 Abgesehen von den bereits geäußerten Zweifeln an der unionsrechtlichen Zulässigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung wegen der Unwirksamkeit einer Vertragsklausel widerspräche eine solche Anpassung des Vertrags der gesetzlichen Risikoverteilung, weil grundsätzlich der Verwender das Risiko der Unwirksamkeit seiner eigenen Klauseln trägt.
II. Bei preisgebundenem Wohnraum 1. Keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur preisfreien Wohnraummiete Die zutreffende Argumentation des Bundesgerichtshofs, das System der Mieterhöhungsregeln für die preisfreie Wohnungsmiete sehe es nicht vor, ein Kostenelement ohne Rücksicht auf seine Durchsetzbarkeit am Markt im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens einzubeziehen, ist auf die preisgebundene Wohnungsmiete nicht anwendbar.432 Hier richtet sich die Miethöhe nicht nach den Marktverhältnissen, sondern nach den dem Vermieter entstehenden Kosten.433 Der Vermieter ist gemäß § 10 Abs. 1 WoBindG oder einer gegebenenfalls anwendbaren landesrechtlichen Vorschrift434 berechtigt, die Miete einseitig bis zur höchstzulässigen Kostenmiete zu erhöhen.435 Gemäß § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO dürfen die Kosten der Schönheitsreparaturen mit einer Kostenpauschale von derzeit 11,02 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche436 angesetzt werden, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen trägt. Ist die Klausel, mit der die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übergewälzt werden sollten, unwirksam, so ist die Durchführung der Schönheitsreparaturen wie erläutert gemäß 429
Siehe dazu oben S. 281 ff. Dafür Lammel, Wohnraummietrecht, § 535 Rn. 213. 431 BGH, Urt. v. 9.7.2008, BGHZ 177, 186 = NJW 2008, 2840, 2841 f. Rn. 18–20. 432 BGH, Urt. v. 24.3.2010, BGHZ 185, 114 = NJW 2010, 1590, 1591 f. Rn. 20 f.; Wüstefeld, WuM 2008, 697. 433 BGH, Urt. v. 24.3.2010, BGHZ 185, 114 = NJW 2010, 1590, 1591 f. Rn. 21; BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1357 Rn. 20. 434 Art. 11 Abs. 1 BayWoBindG; § 11 Abs. 1 BremWoBindG; § 11 Abs. 1 HmbWoBindG. 435 Feßler/S. Roth, WuM 2009, 560; Klein-Blenkers, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 485; Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 535 Rn. 416. 436 Siehe dazu bereits oben Fn. 1238. 430
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
§§ 306 Abs. 2, 535 Abs. 1 S. 2 BGB Aufgabe des Vermieters. Der Bundesgerichtshof steht deshalb mit der herrschenden Ansicht im Schrifttum auf dem Standpunkt, der Vermieter von öffentlich gefördertem, preisgebundenem Wohnraum sei berechtigt, die Miete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO zu erhöhen, wenn die im Vertrag enthaltene Renovierungsklausel unwirksam ist.437 Es sei nicht nur nach dem Wortlaut der preisrechtlichen Vorschriften geboten, sondern auch in der Sache gerechtfertigt, für die Erhöhung der Kostenmiete um einen Zuschlag wegen der Schönheitsreparaturen allein darauf abzustellen, ob der Vermieter rechtlich verpflichtet ist, die Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen.438 Eine Unterscheidung zwischen dem Fehlen einer Renovierungsklausel und ihrer Unwirksamkeit soll somit nicht geboten sein. Anderenfalls werde der Vermieter zudem gezwungen, sich auf eine nicht kostendeckende Miete zu beschränken, was mit dem System der Kostenmiete unvereinbar sei.439 Dass die Befugnis des Vermieters, den Zuschlag zur Kostenmiete zu verlangen, im Ergebnis möglicherweise gar zu einer stärkeren wirtschaftlichen Belastung des Mieters führt, als es bei Geltung der unwirksamen Klausel der Fall wäre, soll dem Bundesgerichtshof zufolge hinzunehmen sein, weil dies die Folge der die gegenseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden gesetzlichen Regelung sei.440 Die Regelungen über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätten keinen über die Bestimmung des § 306 BGB hinausreichenden Sanktionscharakter.441 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vermieter außerdem nicht gehalten, dem Mieter vor der Mieterhöhung eine wirksame Klausel anzubieten, wie dies wie soeben angesprochen von einigen Stimmen im Schrifttum angenommen wird. Er soll einem solchen Angebot des Mieters auch nicht zustimmen müssen.442 Wenn man der Berechtigung des Vermieters zur Mieterhöhung infolge der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel zustimmt, kann der Mieter auch nicht die Freistellung vom Mietzuschlag als Schadensersatz vom Vermieter gemäß §§ 280 437 BGH, Urt. v. 24.3.2010, BGHZ 185, 114 = NJW 2010, 1590; BGH, Beschl. v. 31.8.2010, NZM 2011, 31; BGH, Beschl. v. 12.1.2011, NZM 2011, 478 Rn. 1; BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356; aus dem Schrifttum etwa Feßler/S. Roth, WuM 2009, 560, 565; Hannemann, in: ders./Wiegner, MAH Mietrecht, § 10 Rn. 338; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 558a Rn. 53; Klein-Blenkers, in: DaunerLieb/Langen, BGB, § 535 Rn. 485; ablehnend hingegen Wüstefeld, WuM 2008, 697; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 176; Emmerich, in: Staudinger, BGB, § 535 Rn. 128a. 438 BGH, Urt. v. 24.3.2010, BGHZ 185, 114 = NJW 2010, 1590, 1592 Rn. 25. 439 BGH, Urt. v. 24.3.2010, BGHZ 185, 114 = NJW 2010, 1590, 1592 Rn. 25. 440 BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1357 Rn. 18. 441 BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1357 Rn. 18. 442 BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1356 f. Rn. 10, 13–16.
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Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB wegen dessen Verwendung einer unwirksamen Renovierungsklausel verlangen. Der Mieter hat, wie der Bundesgerichtshof erkannt hat, keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie er bei Verwendung einer wirksamen Klausel stünde.443 Die vorvertragliche Pflichtverletzung des Vermieters liegt darin, dass er eine unwirksame Klausel verwendet hat, nicht aber darin, dass er es unterlassen hat, eine wirksame Klausel zu verwenden. Es besteht folglich kein ersatzfähiger Schaden des Mieters, weil der Zuschlag nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO auch bei Fehlen einer Renovierungsklausel verlangt werden dürfte.444 2. Unionsrechtlich unzulässiger Rückgriff auf nationales Gesetzesrecht Es entspricht auf den ersten Blick der Regelung des § 306 Abs. 2 BGB, dem Vermieter von preisgebundenem Wohnraum das Recht zuzusprechen, den in § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO vorgesehenen Zuschlag für Schönheitsreparaturen zu verlangen, wenn sich die von ihm verwendete Schönheitsreparaturklausel als unwirksam erweist. Denn wenn keine Renovierungsklausel im Vertrag enthalten wäre, hätte der Vermieter ebenfalls den Zuschlag verlangen können. Darin könnte aber, soweit es sich auf Seiten des Vermieters um einen Gewerbetreibenden handelt und somit der Anwendungsbereich der Klausel-RL eröffnet ist, ein Widerspruch zu der vom Europäischen Gerichtshof mehrfach geäußerten Vorgabe liegen, nationales Ersatzrecht dürfe nur zur Anwendung gelangen, um die durch die Nichtigkeit einer Klausel entstandene Lücke zu füllen, wenn andernfalls die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zulasten des Verbrauchers droht.445 Eine Besonderheit liegt hier darin, dass der Zuschlag zum Mietzins nicht die unwirksame Renovierungsklausel „ersetzt“. An die Stelle der unwirksamen Renovierungsklausel tritt vielmehr – wie zuvor ausgeführt auch unionsrechtlich zulässig – die Renovierungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Zuschlag zur Kostenmiete für die Tragung der Schönheitsreparaturen tritt dagegen nicht unmittelbar an die Stelle der unwirksamen Klausel, stellt aber eine für den Mieter nachteilige Folgewirkung der Nichtigkeit der Klausel dar. Dies unterscheidet die hier behandelte Konstellation von derjenigen in der Rechtssache Dexia446, in der der Europäische Gerichtshof erstmals im konkreten Fall den 443 444
BGH, Beschl. v. 12.1.2011, NZM 2011, 478 Rn. 2. BGH, Beschl. v. 12.1.2011, NZM 2011, 478 Rn. 2; Kappus, NZM 2011, 674,
675. 445 EuGH, Urt. v. 21.1.2015, BeckRS 2015, 80134 Rn. 33 – Unicaja Banco; EuGH, Urt. v. 7.8.2018, NZM 2018, 1029, 1034 f. Rn. 74 – Demba; EuGH, Urt. v. 27.1.2021, NJW 2021, 1447, 1451 Rn. 67 – Dexia; siehe dazu bereits oben S. 273 ff. 446 EuGH, Urt. v. 27.1.2021, NJW 2021, 1447, 1451.
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Rückgriff auf nationales Ersatzrecht verworfen hat. Die missbräuchliche Klausel in der Rechtssache Dexia sollte die Entschädigung der Bank bei einer vom Verbraucher verursachten, vorzeitigen Beendigung eines speziellen Darlehensvertrags regeln. Die in Betracht kommende dispositive Vorschrift des niederländischen Rechts, deren Anwendung der Europäische Gerichtshof untersagt hat, sieht einen Schadensersatzanspruch wegen der durch eine Vertragsverletzung veranlassten Auflösung eines Vertrags vor. Die Vorschrift, deren Anwendung der Europäische Gerichtshof für unzulässig gehalten hat, wäre somit anders als der Mietzuschlag unmittelbar an die Stelle der missbräuchlichen Klausel getreten. Gleichwohl erscheint es gerade in Anbetracht der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs problematisch, zugunsten des Vermieters als Verwender einer unwirksamen Klausel eine Vorschrift anzuwenden, durch die sein Mietzahlungsanspruch erhöht wird, weil die der Anwendung nationaler Ersatzvorschriften ablehnend gegenüberstehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erkennbar darauf ausgerichtet ist, dass die Feststellung der Missbräuchlichkeit den Verbraucher nicht belasten, sondern allein den Gewerbetreibenden sanktionieren soll.447 Dass der Rückgriff auf Rechtsvorschriften zur Lückenfüllung unzulässig sein soll, sofern dies nicht zur Aufrechterhaltung des Gesamtvertrags erforderlich ist, beruht auf der Erwägung, dass der gewerbetreibende Verwender wenn möglich keinerlei Kompensation für die Nichtigkeit seiner Klausel erlangen soll. Dies geschieht jedoch, wenn man ihm gestattet, anlässlich der Unwirksamkeit seiner Renovierungsklausel einen Zuschlag zur Kostenmiete zu verlangen. Der Bundesgerichtshof hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu der Frage der Vereinbarkeit der Zulassung einer Mieterhöhung wegen der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel mit Art. 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 Klausel-RL ausdrücklich nicht für notwendig gehalten.448 In dem konkreten Verfahren ging es aber offenbar schon nicht um einen Verbrauchervertrag, weil es sich bei den am Prozess beteiligten Vermietern wohl nicht um Gewerbetreibende handelte.449 Selbst wenn aber ein Verbrauchervertrag betroffen ist, soll dem Bundesgerichtshof zufolge ein Konflikt mit dem Unionsrecht ausgeschlossen sein, weil die Klausel-RL von denselben Erwägungen ausgehe, die für das Rechtsfolgensystem des § 306 BGB bestimmend sind.450 Eine zusätzliche Sanktion, die darin besteht, dass der Verbraucher anstelle des dispositiven Gesetzesrechts die Einfügung einer den Interessen des Verbrauchers am nächsten kommenden Klausel verlangen kann, sehe auch die Klausel-RL nicht vor.451 447 448 449 450 451
So auch Graf v. Westphalen, NZM 2018, 1001, 1008. BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1358 Rn. BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1358 Rn. BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1358 Rn. BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1358 Rn.
21–24. 22. 23. 24.
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Eine solche Ersetzungsbefugnis des Verbrauchers sieht die Klausel-RL in der Tat nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften, die ohne die missbräuchliche Klausel gelten würden, aber nur zulässig, wenn andernfalls die Gesamtnichtigkeit des Vertrags droht. Es spricht ferner einiges dafür, dass das in Art. 7 Abs. 1 KlauselRL formulierte generalpräventive Ziel, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, es erfordert, dass eine nationale Vorschrift nicht angewendet wird, wenn sie dazu führt, dass dem Verbraucher, hier einem Mieter, gerade infolge der Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel eine zusätzliche Belastung auferlegt wird. Dies muss erst recht gelten, wenn die Folgen der Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel sogar wirtschaftlich ungünstiger sind als die Beibehaltung der unwirksamen Klausel, was im Falle eines sonst eigenhändig renovierenden Mieters, der sich nunmehr dem Zuschlag nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO ausgesetzt sieht, sogar der Regelfall sein wird. Soll trotzdem an der Berechtigung zur Mieterhöhung im Falle unwirksamer Renovierungsklauseln im preisgebundenen Wohnraum festgehalten werden, erscheint eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV wegen der ausgeführten Zweifel an der Unionsrechtskonformität dieser Rechtsprechung dringend geboten. Die Behauptung des Bundesgerichtshofs, die Zulassung eines Mietzinszuschlags im Falle unwirksamer Renovierungsklauseln bei der preisgebundenen Wohnungsmiete stehe im Einklang mit dem Rechtsfolgenregime der Klausel-RL, erscheint jedenfalls im Lichte der seither ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zweifelhaft. Denn diese betont, wie zuvor ausgeführt wurde,452 den Abschreckungseffekt gegenüber gewerbetreibenden Klauselverwendern, der von der schlichten Nichtanwendung missbräuchlicher Klauseln ohne Anwendung derjenigen nationalen Vorschriften, die ohne missbräuchliche Klausel gelten würden, ausgeht. Wollte der Mieter das Zuschlagsverlangen des Vermieters vermeiden, könnte er zwar auch hier in die unwirksame Renovierungsklausel einwilligen und damit auf die Geltendmachung ihrer Unwirksamkeit verzichten, weil ihm die Nichtigkeit einer Klausel nicht aufgezwungen werden darf.453 Damit wird aber das gerade aus der Perspektive des Unionsrechts auch generalpräventive Anliegen der Klauselkontrolle unterlaufen, weil sich der Mieter zwischen der Geltendmachung der Unwirksamkeit und der Freiheit von einem Kostenmietzuschlag entscheiden muss.
452
Siehe oben S. 273. EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Slg. 2009, I-4713 = NJW 2009, 2367, 2368 Rn. 33 – Pannon; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, NJW 2013, 987, 989 Rn. 35 – Banif Plus Bank; EuGH, Urt. v. 11.3.2020, EuZW 2020, 673, 676 Rn. 43 – Lintner; EuGH, Urt. v. 9.7.2020, WM 2020, 1404, 1406 Rn. 25 – Ibercaja Banco; Kappus, NZM 2017, 762. 453
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Die nach hiesiger Ansicht unionsrechtlich gebotene Rechtsfolge, dass ein gewerbetreibender Vermieter keinen Zuschlag zur Kostenmiete infolge der Verwendung einer unwirksamen Renovierungsklausel verlangen kann, lässt sich ohne große methodische Schwierigkeiten im Rahmen des deutschen Rechts herbeiführen. Beruft sich der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf die Unwirksamkeit einer von ihm selbst verwendeten Klausel, kommt der Einwand unzulässiger Rechtsausübung gemäß § 242 BGB in Betracht.454 Darunter kann man – auf der Grundlage eines unionsrechtlich gebotenen weiten Verständnisses – auch den Fall fassen, dass der Vermieter gestützt auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel einen Zuschlag zur Kostenmiete verlangt. Um Konformität mit der Klausel-RL herzustellen, ist es einem gewerbetreibenden Vermieter somit gemäß § 242 BGB verwehrt, den Zuschlag zur Kostenmiete nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO zu verlangen, wenn dieses Verlangen darauf zurückzuführen ist, dass eine im Vertrag enthaltene vorformulierte Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist. Im Übrigen wäre eine richtlinienkonforme Reduktion von § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO dahingehend denkbar, dass dem Vermieter der Zuschlag für die Schönheitsreparaturen nur dann zustehen soll, wenn eine Überbürdung oder Freizeichnung von den Schönheitsreparaturen nicht erfolgt ist, nicht aber dann, wenn sich eine solche Klausel als unwirksam erweist. 3. Zulässigkeit der Kostenmieterhöhung außerhalb von Verbraucherverträgen Es stellt sich dann noch die Frage, was insoweit für Mietverträge über preisgebundenen Wohnraum gelten soll, bei denen auf Vermieterseite kein Gewerbetreibender steht und die somit nicht in den Anwendungsbereich der Klausel-RL fallen. Ein aus der Richtlinie folgendes Verbot des Rückgriffs auf nationales Recht infolge der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel besteht dann nicht. Des Weiteren entspricht es in dieser Situation wie ausgeführt gerade der Regelung des § 306 Abs. 2 BGB, dass der Vermieter nach den anwendbaren mietpreisrechtlichen Vorschriften einen Zuschlag zur Kostenmiete verlangen kann, da er die Schönheitsreparaturlast trägt. Etwas anderes könnte unter dem soeben angesprochenen Gesichtspunkt einer möglichen Treuwidrigkeit der Berufung auf eine unwirksame Klausel durch den Verwender gemäß § 242 BGB gelten.455 Es ist aber klärungsbedürftig, inwieweit genau die Berufung des Verwenders auf die Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Klausel unzulässig ist, soweit das AGB-Recht nicht unionsrechtlich überformt ist. Mitunter wird pauschal formuliert, der Verwender dürfe aus der Un-
454 BGH, Urt. v. 25.3.1987, NJW 1987, 2506, 2507; Bernuth, BB 1999, 1284, 1286 f.; Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 176. 455 Häublein, in: MüKo-BGB, § 535 Rn. 176.
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wirksamkeit seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen generell keinerlei Vorteile herleiten.456 Dann könnte die bisherige Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten werden, der zufolge der Vermieter bei Unwirksamkeit der Renovierungsklausel einen Zuschlag zur Kostenmiete verlangen kann. Richtig ist, dass der Verwender auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Klausel-RL nicht gegen den Willen seines Vertragspartners die Unwirksamkeit der von ihm verwendeten Klausel geltend machen kann, um sich stattdessen auf die dispositive Rechtslage zu stützen.457 Dies folgt aus dem Zweck der Inhaltskontrolle, (nur) den Vertragspartner des Verwenders vor einer unangemessenen Benachteiligung durch die Vertragsbedingungen des Verwenders zu schützen.458 Damit ist aber noch nicht gesagt, dass es auf der Grundlage von § 242 BGB auch geboten wäre, einerseits die betroffene Klausel – gegebenenfalls gegen den Willen des Verwenders – als unwirksam zu behandeln und das dispositive Ersatzrecht (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) zur Anwendung zu bringen, andererseits aber zugleich die Geltung einer an sich nunmehr anwendbaren gesetzlichen Regelung (§ 10 Abs. 1 WoBindG i.V. m. § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO) auszuschließen, wie dies soeben für Verträge im Anwendungsbereich der Klausel-RL angenommen wurde. Anerkannt ist außerdem, dass sich der Verwender nach Treu und Glauben an einzelnen Regelungsinhalten einer an sich unwirksamen Klausel festhalten muss, auch wenn der Verwendungsgegner nicht insgesamt die unwirksame Klausel beibehalten möchte.459 So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich ein Verpächter, der sich ein AGB-rechtlich unzulässiges Kündigungsrecht vorbehalten hatte, gemäß § 242 BGB an dem in der unwirksamen Klausel vorgesehenen, gegenüber dem dispositiven Recht für den Verpächter ungünstigeren Verfahren für die Kündigung festhalten lassen müsse.460 Diese Fallgruppe ist bei der Frage der Berechtigung zur Kostenmieterhöhung bei unwirksamen Renovierungsklauseln aber ebenfalls nicht einschlägig, weil die unwirksame Renovierungsklausel selbst keine Aussage zur Miethöhe trifft, an der sich der Vermieter festhalten lassen müsste. Es bleibt daher bei dem rechtlichen Ausgangspunkt, dass sich der Inhalt des Vertrags gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Bestimmungen richtet. 456 BGH, Urt. v. 30.6.2016, NJW-RR 2016, 1143, 1144 Rn. 24; zustimmend Hu. Schmidt, in: BeckOK BGB, § 307 Rn. 26. 457 BGH, Urt. v. 20.9.2017, NJW-RR 2017, 1356, 1357 Rn. 19; LAG Niedersachsen, Urt. v. 21.2.2018, BeckRS 2018, 3491 Rn. 35; BGH, Beschl. v. 8.5.2018, NJW-RR 2018, 843, 844 Rn. 18. 458 BGH, Urt. v. 20.7.2017, NJW 2017, 2762, 2765 Rn. 31; BGH, Beschl. v. 8.5. 2018, NJW-RR 2018, 843, 844 Rn. 18. 459 Vgl. BGH, Urt. v. 30.6.2016, NJW-RR 2016, 1143, 1144 Rn. 26. 460 BGH, Urt. v. 25.3.1987, NJW 1987, 2506, 2507; zustimmend OLG Celle, Beschl. v. 21.11.2013, MDR 2014, 143, 144.
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Wenn dem Verwender aufgrund der Geltung der gesetzlichen Bestimmungen ein Recht zusteht, so erscheint es im Grundsatz nicht treuwidrig, wenn er dieses Recht geltend macht, da § 306 Abs. 2 BGB gerade vorsieht, dass die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung finden sollen. Nach den soeben beschriebenen Grundsätzen ist der Verwender nach Treu und Glauben lediglich gehalten, an einer unwirksamen Klausel festzuhalten, wenn sein Vertragspartner die von der (unwirksamen) Klausel vorgesehene Rechtslage beibehalten möchte, und er ist unabhängig von dem vom Verwendungsgegner geäußerten Willen gehalten, die zu seinen Lasten wirkenden Regelungsbestandteile der unwirksamen Klausel gegen sich gelten zu lassen. Der Mieter kann dagegen nicht beanspruchen, von seiner in der unwirksamen Renovierungsklausel vorgesehenen Pflicht befreit zu werden, zugleich aber auch von den Nachteilen der Geltung der Rechtslage verschont zu bleiben, die bei Fehlen der Klausel bestehen würde. Denn auch wenn die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nur den Vertragspartner des Verwenders schützen soll, sieht § 306 Abs. 2 BGB gerade nicht vor, dass das Ersatzrecht nur zur Anwendung gelangt, soweit es den Interessen des Vertragspartners des Verwenders nicht zuwiderläuft. Solange der Rückgriff auf das nationale Ersatzrecht nicht kraft Unionsrechts versperrt ist, ist der Vermieter somit nach hier vertretener Ansicht berechtigt, den Zuschlag zur Kostenmiete nach § 28 Abs. 4 S. 2 der II. BerechnungsVO zu verlangen, wenn sich die von ihm verwendete Renovierungsklausel als unwirksam erweist. Der Mieter kann dies wie erläutert lediglich abwenden, indem er erklärt, an der unwirksamen Klausel festhalten zu wollen, weil es dem Verwender nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich gegen den Willen seines Vertragspartners auf die Unwirksamkeit seiner Klausel zu berufen. Um den Zuschlag zu vermeiden, kann er im Übrigen mit dem Vermieter eine zulässige Abwälzungs- oder Freizeichnungsklausel vereinbaren. Es besteht somit nach hiesiger Ansicht im Hinblick auf die Möglichkeit einer Kostenmieterhöhung wegen der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel eine gespaltene Rechtslage, je nachdem, ob es sich bei dem Mietvertrag um einen Verbrauchervertrag handelt oder nicht.
III. Bei Geschäftsräumen Für die Geschäftsraummiete sieht das Gesetz kein Mieterhöhungsverfahren vor. Soll die Miete erhöht werden, gelingt dies also grundsätzlich nur durch eine entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag, durch eine Vertragsänderung oder durch den Abschluss eines neuen Mietvertrags. Somit ist auch keine Rechtsgrundlage für eine Mieterhöhung wegen der Unwirksamkeit einer in einem Geschäftsraummietvertrag enthaltenen Renovierungsklausel ersichtlich. Eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB oder eine Anpassung des Vertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB kommt aus den
G. Bußgeldverhängung wg. unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln?
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bereits zum preisfreien Wohnraum genannten Gründen nicht in Betracht:461 Das Risiko der Verwendung unwirksamer Klauseln trägt allein der Verwender. Es besteht daher kein Grund, ihm eine gesetzlich nicht spezifisch vorgesehene Möglichkeit zur Mieterhöhung zuzusprechen.
G. Bußgeldverhängung wegen Verwendung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln? Als eine – außerhalb des Privatrechts liegende – Folge der Verwendung unwirksamer Klauseln kommt schließlich die Verhängung eines Bußgelds für den Verwender in Betracht. Die Möglichkeit, Bußgelder wegen der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu verhängen, besteht in Deutschland erst infolge der kürzlichen Umsetzung des durch die Omnibus-RL neu geschaffenen Art. 8b Klausel-RL und betrifft nur wenige Fälle. Art. 8b Abs. 1 Klausel-RL sieht zunächst unspezifisch vor, dass die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Sanktionen vorsehen müssen, die bei Verstößen gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Klausel-RL zu verhängen sind. Da die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln schon in Art. 6 Abs. 1 Klausel-RL bestimmt ist, kann nicht bereits die Unwirksamkeit solcher Klauseln gemäß §§ 307 ff. BGB als eine Sanktion im Sinne des Art. 8b Abs. 1 Klausel-RL angesehen werden.462 Die Bundesregierung war bei der Umsetzung dieser Bestimmung jedoch der Ansicht, dass das deutsche Recht bereits grundsätzlich geeignete Instrumente vorsehe, um Verstöße gegen die Vorschriften zur Umsetzung der Klausel-RL angemessen zu sanktionieren.463 Zu nennen sind hier insbesondere die Schadensersatzansprüche wegen der Verwendung oder der Berufung auf unwirksame Klauseln. Nach Art. 8b Abs. 4 Klausel-RL müssen aber bei der Verhängung von Sanktionen nach Art. 21 der Verordnung 2017/2394464 (im Folgenden: VO 2017/ 2394) Geldbußen verhängt werden. Der zulässige Rahmen für die Höhe der Bußgelder wird bereits in Art. 8b Abs. 4 und 5 Klausel-RL vorgegeben. Art. 21 VO 2017/2394 ermächtigt mitgliedstaatliche Behörden, im Rahmen einer koordinierten Aktion Durchsetzungsmaßnahmen gegen einen „weitverbreiteten Verstoß“ oder einen „weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension“ gegen bestimmte 461
Anderer Ansicht Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, § 535 Rn. 47b. Rodi, EuZW 2021, 108, 109. 463 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats v. 5.3. 2021, BT-Drucks. 19/27655, S. 57; diesbezüglich kritisch Rodi, EuZW 2021, 109 f. 464 Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004. 462
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
verbraucherschützende Unionsrechtsakte und ihre nationalen Umsetzungsvorschriften, darunter die Klausel-RL, zu ergreifen, und dabei gegebenenfalls Sanktionen wie Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen. Der weitverbreitete Verstoß und der weitverbreitete Verstoß mit Unions-Dimension werden in Art. 3 VO 2017/2394 legaldefiniert. Darunter fallen nur Verstöße gegen verbraucherschützende Bestimmungen, die Kollektivinteressen von Verbrauchern in mehreren europäischen Mitgliedstaaten geschädigt haben, schädigen oder voraussichtlich schädigen können. Deutschland hat (unter anderem) die aus Art. 8b Abs. 4 Klausel-RL folgende Pflicht zur Einführung von Geldbußen bei weitverbreiteten Verstößen und weitverbreiteten Verstoßen mit Unions-Dimension im Sinne der VO 2017/2394 durch die Einführung eines Ordnungswidrigkeitentatbestands in Art. 246e EGBGB umgesetzt. Art. 8b Abs. 2 Klausel-RL gestattet es den Mitgliedstaaten, die nach Abs. 1 gebotenen Sanktionen auf Fälle zu beschränken, in denen Klauseln nach nationalem Recht ausdrücklich als in jedem Fall missbräuchlich anzusehen sind oder in denen ein Gewerbetreibender Klauseln weiter verwendet, die in einem gegen diesen konkreten Gewerbetreibenden geführten465 Verbandsklageverfahren für missbräuchlich befunden wurden. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht, indem in Art. 246e § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB nur die Empfehlung oder die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ordnungswidrig erklärt wird, die nach § 309 BGB unwirksam sind oder deren Empfehlung oder Verwendung gegenüber Verbrauchern dem Unternehmer durch rechtskräftiges Urteil untersagt wurde. Dies beruht auf dem Wunsch des Gesetzgebers, das Bußgeldverfahren nicht mit schwierigen zivilrechtlichen Prüfungen, insbesondere der Generalklausel in § 307 Abs. 1 BGB, zu belasten.466 Der Ordnungswidrigkeitentatbestand beschränkt sich somit im Hinblick auf die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf weitverbreitete Verstöße (mit Unions-Dimension) im Sinne der VO 2017/2394 (Art. 246e § 1 Abs. 1 EGBGB) durch Klauseln, die § 309 BGB unterfallen oder deren Verwendung oder Empfehlung dem konkreten Täter untersagt wurden (Art. 246e § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB). Zuständig für das Bußgeldverfahren ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.V. m. Art. 246e § 2 Abs. 4 EGBGB das Bundesamt für Justiz. Die Neuregelung in Art. 246e EGBGB ist entsprechend der Vorgabe in Art. 7 Abs. 1 Omnibus-RL am 28. Mai 2022 in Kraft getreten. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand wird bei der Verwendung oder Empfehlung von Schönheitsreparaturklauseln aber auch im Falle der Verwendung durch einen Gewerbetreibenden gegenüber Verbrauchern praktisch nie erfüllt sein.467 Zwar unterfallen die recht
465 466
Rodi, EuZW 2021, 108, 111. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/27655,
S. 38. 467
So im Ergebnis auch Graf v. Westphalen, NZM 2021, 409, 421.
H. Fazit
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weit verbreiteten Schönheitsreparaturklauseln mit weichen Fristenplänen nach hier vertretener Ansicht dem Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit in § 309 Nr. 12 BGB.468 Es handelt sich bei ihrer Verwendung aber in der Regel nicht um einen weitverbreiteten Verstoß oder weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension gemäß Art. 3 Nr. 3 und 4 VO 2017/2394, wie dies von Art. 246e § 1 Abs. 1 EGBGB vorausgesetzt wird, weil die betroffenen Mietvertragsformulare nicht gegenüber Verbrauchern in verschiedenen Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Vermietern droht wegen der Verwendung unwirksamer Renovierungsklauseln somit in aller Regel nicht die Verhängung einer Geldbuße.
H. Fazit Als Ergebnis des zweiten Teils dieser Untersuchung ist festzuhalten, dass Renovierungsklauseln, die der Inhaltskontrolle nicht standhalten, insgesamt unwirksam sind. Eine teilweise Aufrechterhaltung ist abzulehnen. Die Wirksamkeit des restlichen Vertrags wird durch die Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel hingegen nicht gefährdet. Die dauerhaft wirksame Ersetzung der unwirksamen Klausel ist in fast allen Fällen nur möglich, wenn der Mieter über die Unwirksamkeit der vorherigen Regelung informiert wird. Dem Mieter steht infolge der Unwirksamkeit der Klausel gemäß §§ 306 Abs. 2, 535 Abs. 1 S. 2 BGB ein Renovierungsanspruch gegen den Vermieter ohne eigene Kostenbeteiligungspflicht zu. Dies gilt nach hiesiger Ansicht unabhängig von dem bei Überlassung der Mieträume an den Mieter bestehenden Zustand. Hat der Mieter in Unkenntnis der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel Schönheitsreparaturen vorgenommen, kann er in vielen Fällen Schadensersatzund Bereicherungsansprüche geltend machen. Die Verjährung dieser Ansprüche richtet sich nach § 548 Abs. 2 BGB. Bei unwirksamen Quotenabgeltungs- und Kostenabwälzungsklauseln sowie bei Ausgleichszahlungen wegen einer Umbauabsicht des Vermieters können ebenfalls Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche bestehen, wobei diese, soweit es um Abgeltungs- und Ausgleichszahlungen geht, der Regelverjährung unterliegen. Zu differenzieren ist im Hinblick auf die Berechtigung des Vermieters zur Mieterhöhung wegen der Unwirksamkeit seiner Renovierungsklausel. In der Geschäftsraummiete und der preisfreien Wohnraummiete besteht kein solches Recht. In der preisgebundenen Wohnraummiete sehen gesetzliche Vorschriften einen Zuschlag zur Kostenmiete vor, jedoch wäre ein solcher Rückgriff auf das nationale Ersatzrecht nach hier vertretener Ansicht nicht mit dem heutigen Verständnis der Bestimmungen der Klausel-RL zu den Rechtsfolgen missbräuchlicher Klauseln vereinbar. Es ist in Bezug auf die Berechtigung zur Mietzinserhö468
Siehe oben S. 199 ff.
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2. Teil: Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln
hung wegen unwirksamer Renovierungsklauseln deshalb innerhalb der preisgebundenen Miete wiederum zwischen Verbrauchermietverträgen und sonstigen Mietverträgen zu differenzieren. Obwohl Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Klausel-RL ihrem Wortlaut nach den Mitgliedstaaten einen weitreichenden Spielraum zu überlassen scheinen, hat der Europäische Gerichtshof der Klausel-RL auch im Bereich der Rechtsfolgen missbräuchlicher Klauseln konkrete Vorgaben für die Anwendung des nationalen Rechts entnommen. Während etwa das unionsrechtliche Verbot geltungserhaltender Reduktion keinen Konflikt mit dem deutschen AGB-Recht hervorruft, erscheint wie ausgeführt der in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Rückgriff auf die gesetzlichen Vorschriften ebenso wie die verbreitete und weitgehend anerkannte Praxis der ergänzenden Vertragsauslegung vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung problematisch. Ebenso wie im ersten Teil dieser Arbeit die Notwendigkeit der Vorlage bisher ungeklärter Fragen des europäischen AGB-Rechts, die bei der Inhaltskontrolle von Schönheitsreparaturklauseln aufkommen, festgestellt wurde, zeigt sich im Hinblick auf die Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln, dass auch hier Unklarheiten über die richtige Auslegung der Klausel-RL bestehen. Die Vorlage dieser Fragen an den Europäschen Gerichtshof, die weiterhin Gegenstand von mietgerichtlichen Prozessen sein werden, wäre zugleich geeignet, die Vorgaben der Richtlinie für die Rechtsfolgen missbräuchlicher Klauseln über den Problembereich der unwirksamen Renovierungsklauseln hinaus zu erhellen.
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Sachverzeichnis Ablösevereinbarung 187 ff., 192 f. Abschreckungseffekt 162, 182 f., 256, 260, 269 ff., 273, 276, 291 f., 328, 333 Allgemeine Geschäftsbedingungen – Beurteilungszeitpunkt 102, 106 ff., 175 ff. – Einbeziehung 85 ff., 220 – Stellen 36, 80, 83 – Teilbarkeit 256, 266 ff. – Vorliegen 79 ff. Amtsermittlung 160, 165 ff., 253 Anfangsrenovierung 150, 177, 181, 184, 194, 203 f., 208 f., 230, 233 ff. Äquivalenzgrundsatz 163 ff., 171 f., 255, 318 Aushandeln 71 f., 81 ff., 324 f. Begleitumstände des Vertragsschlusses 27, 99 ff., 191 Beibringungsgrundsatz 165, 172 Bereicherungsrecht 294, 305 ff., 321 Beschaffenheitsvereinbarung 145, 281 Beweislast 72, 83, 122, 155 ff., 182, 199 ff., 278 Blue-Pencil-Test 266, 269 Branchenüblichkeit 122 ff. Bußgeld siehe Geldbuße
Entgeltargument 88, 116, 123 ff., 138, 142, 149, 154, 184, 209 f., 214 f., 227 f., 252, 305, 327 f. Entscheidungserheblichkeit 39, 103, 123, 171, 271, 277 Erfüllungsgehilfe 21, 297 Erfüllungsübernahme 188, 192 Ergänzende Vertragsauslegung 227 ff., 256, 279 f., 287 ff., 329, 336, 340 Fachhandwerkerklausel 211 ff., 230, 241 Freizeichnungsklausel 89, 119, 207, 221 ff., 243 f., 248, 250 f., 277, 326, 336 Fristenplan 195 ff., 205, 215, 230, 252, 257 f., 266 f., 269, 272, 279, 339 Geldbuße 31, 337 ff. Geltungserhaltende Reduktion 173, 255 ff., 266, 268 f., 272, 279, 340 Geschäftsführung ohne Auftrag 301 ff. Gewerbetreibender, Unternehmer 66 ff., 167 Grenzüberschreitender Bezug 74 Handelsbrauch 121, 124 Hauptleistungspflicht 27 f., 30, 76, 110 f., 254
culpa in contrahendo 295 ff., 300, 306
Immobilienverwaltung 70
Direktwirkung von Richtlinien 34, 162
Kleinreparaturen 24 f., 119, 136, 140, 144 Kompensation 126 f., 133 f., 142, 177 ff., 190 f., 204, 207 f., 221, 231, 235, 252, 323 f., 332 Konkretisierungskompetenz 41 ff., 51 ff. Kostenvoranschlag 180, 214 ff., 218
Effektivitätsgrundsatz 163 f., 171 f., 255, 318 Endrenovierung 82, 194, 204 ff., 214, 230 ff., 235, 241, 244, 248 ff., 279, 305, 308, 316, 319
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Sachverzeichnis
Kundenfeindlichste Auslegung 105 f., 144, 148, 174, 198 f., 211 f., 216, 219, 223, 284 Mahnung 294 Makler 81 Mangel 110, 143 ff., 153, 251, 278, 280, 282 f., 294, 297, 301 f. Materialkosten 139, 181 f., 298, 309 Mieterhöhung 132, 135, 285, 327 ff., 339 Mietrechtsreform 25, 112 ff., 120, 238 f., 242, 251 Minderung 143 ff., 218, 230, 240, 251 Mindestharmonisierung 28, 31, 33, 35, 43, 78, 128, 176, 264, 277, 292 Modernisierungsmaßnahmen 285 Mustermietvertrag 119, 197, 200, 214 Preisargument 126, 1298 ff., 135, 184 Preisvereinbarung 76 f., 88 ff., 127, 134, 220 f., 254, 261 Quotenabgeltungsklauseln 81 f., 147, 214 ff., 228 f., 241 f., 244, 246, 248 f., 255, 258, 272, 293, 301, 303 f., 306, 310, 321 ff., 339 Rauchen 23 f. Rechtsklarheit 238 f., 242 Rechtssicherheit 153, 182, 239, 241, 248, 261, 264, 318 Rückgabeprotokoll 84 f. Sachbeschädigung 21 ff., 137, 215, 247 Salvatorische Erhaltungsklausel 265 Salvatorische Ersetzungsklausel 256, 277 Schönheitsreparaturen – Begriff 18 ff., 237, 240
– Zuschlag für 89 f., 219 ff., 235 f., 244 ff., 249, 255, 327 ff., 339 Schuldübernahme 188 ff., 192 Störung der Geschäftsgrundlage 278, 329, 336 Summierungseffekt 207 ff., 230 ff. Transparenz 28 f., 38, 56 f., 59, 71 f., 76 f., 87 f., 90, 96, 98 f., 136, 174, 203, 215ff., 221, 223 ff., 254 f., 261, 326 Treu und Glauben 29, 41, 47, 52, 59, 92 f., 95, 97, 100, 103, 109, 129, 176, 186, 229 f., 282, 288, 334 ff. Übergabeprotokoll 84 f., 156 Überraschung 87 f., 90, 122, 210, 220 f., 326 Verbandsprozess 29, 104, 108 Verbraucher 63 ff. Verjährung 110, 258, 311 ff., 339 Verkehrssitte 116 ff., 127, 142, 159, 215, 219, 252, 289 Vertrag zugunsten Dritter 192 f. Vertrauensschutz 108, 257 ff., 294 Verzug 94, 286, 294 f. Vollharmonisierung 30, 78 Vorabentscheidungsersuchen siehe Vorabentscheidungsverfahren Vorabentscheidungsverfahren 39 f., 42 ff., 48, 50 ff., 60 ff., 69, 103, 123 f., 127 f., 161, 166, 168 f., 171 f., 183, 225, 253, 271, 277, 293, 318, 332 f., 340 Wettbewerb 33, 67, 69, 77, 129, 132 f., 221 Wucher 189 Zurückbehaltungsrecht 286