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German Pages 75 Year 1976
LORENZ F ASTRICH
Die Vertretung des minderjährigen Kommanditisten in der Familien·KG
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 32
Die Vertretung des minderjährigen Kommanditisten in der Familien-KG
Von
Dr. Lorenz Fastrieb
DUNCKER &
HUMBLOT I
BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Fastrich, Lorenz Die Vertretung des minderjährigen Kommanditisten in der Familien-KG.- 1. Aufi.- Berlin: Duncker und Humblot, 1976. (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 32) ISBN 3-428-03785-5
Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1976 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany
© 1976 Duncker
ISBN 3 428 03785 5
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 1. Kapitet
Vermögensrechte und -pftichten I. Leistung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
II. Entnahme des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 12
III. Ergebnis 2. Kapitet
Stimmrecht I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
14
1. Problemstellung und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Typus des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbotsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . bb) Der typische Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14 16 16 16 17 17 18
c) Merkmale des verbotenen Insichgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20 21
II. Der Schutz des Vertretenen als erster Normzweck des § 181 BGB
22
1. Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung (§ 164 HGB)
Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der begrenzte Regelungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichartiges Betroffensein der Gesellschafter . . . . . . . . . Bindung der Gesellschafter an den Gesellschaftszweck . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 22 22 23 24 25
b) Anwendbarkeit des § 181 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . OL) Gesellschaftsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Sonderinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 26 26 27 31 32
a) Die aa) bb) cc) dd)
6
Inhaltsverzeichnis 2. Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen a) Vertragsänderungen durch Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschlüsse über die Erhebung von Gestaltungsklagen, §§ 117, 127, 140 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschlüsse, welche die Geltendmachung von Sozialansprüchen betreffen (§§ 112 Abs. 1, 113 Abs. 2 HGB, Entlastungsbeschluß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. Rechtssicherheit als zweiter Normzweck des § 181 BGB . . . . . . . . . . 1. Wirksamkeit der Geschäftsführungsbeschlüsse 2. Abgrenzbarkeit zu den Grundlagenbeschlüssen
IV. Ergebnis und Konsequenzen für die Beschlußfassung in der Familien-KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung, § 164 HGB
2. Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen . . a) Grundsätzliche Geltung der §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB . . b) Fälle, in denen eine Pflegerbestellung nicht erforderlich ist aa) Einstimmig zu fassende Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mehrheitsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 33 36 36 38 40 41 41 43 44 44 45 45 46 46 49
3. Kapitel
Kontrollrechte (§ 166 HGB) I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
II. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
1. Die Bedeutung der §§ 181, 1795 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52 52 52 53 53 54 54
a) Tatsächliche Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mitteilung der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kontrollrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anerkennung der Bilanz b) Klageweise Geltendmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze . . . . . . . . . . . . a) Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 105 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unzulässigkeit der Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz, daß der Kontrollierende vom Kontrollierten nicht abhängig sein darf . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundsatz, daß niemand Richter in eigener Sache sein kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbot des Rechtsmißbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 55 56 56 57 57 58
Inhaltsverzeichnis
7
3. Beschränkung der Vertretungsmacht der Eltern, §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
a) Persönliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mitgliedschaftliehe Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Effektivität des Minderjährigenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Familienrechtliche Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Information des Vormundschaftsgerichts . . . . . . . . . . . . . .
60 60 62 62 63
111. Außerordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . .
64
IV. Ergebnis
65 4. Kapitel
Folgerungen für die Zulässigkeit der Bestellung eines sog. Dauerpflegers I. Voraussetzungen der Pfi.egerbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
II. Wirkungskreis des Pfiegers in der Familien- KG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
111. Insbesondere die Frage der Erforderlichkeit einer Dauerpflegschaft
67
1. Beschlüsse über Grundlagen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67
2. Beschränkung der Vertretungsmacht der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweifel an der Wirksamkeit der elterlichen Vertretung bei der Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Zusammenfassung der Ergebnisse
69
Literaturverzeidmis
71
Einleitung Die KG ist als Rechtsform der Familiengesellschaft zwischen Eltern und minderjährigen Kindern aus praktischen und steuerlichen Gründen besonders beliebt. Da die Gesellschafterstellung des Kommanditisten über eine bloße Kapitalbeteiligung hinausgeht und der Minderjährige grundsätzlich nicht selbständig rechtsgeschäftlich handeln kann (§§ 106 ff. BGB}, stellt sich die Frage, inwieweit die Gesellschafterrechte des Minderjährigen auch in der Familiengesellschaft durch seine Eltern ausgeübt werden können und in welchen Fällen die Bestellung eines Ergänzungspflegers unumgänglich ist. Die Aktualität und praktische Bedeutung des Problems zeigt die Kontroverse zwischen Bundesfinanzhof und Bundesgerichtshof zur Frage, ob zur ständigen Wahrnehmung der Gesellschafterrechte der minderjährigen Kommanditisten ganz allgemein sogenannte Dauerpfleger zu bestellen sind'. Die folgende Erörterung geht von der personalistisch strukturierten KG als der typischen Rechtsform der Beteiligung minderjähriger Kinder am Unternehmen der Eltern aus, da hier die Probleme der rechtlichen Qualifikation der Gesellschafterbeschlüsse und der Überschneidung von Familien- und Gesellschaftsrecht besonders deutlich werden; sie stellen sich aber in ähnlicher Weise auch bei anderen Formen der Familiengesellschaft. Die Ausführungen zur Vertretung des Minderjährigen gelten entsprechend für die Vertretung des geschäftsunfähigen unter 7 Jahre alten Kindes (§ 104 BGB).
1 Vgl. BFHE 108, 219 ff. einerseits, BGH DB 75, 2174 ff. andrerseits. Der BFH hat allerdings seine Ansicht in dieser Allgemeinheit nicht aufrecht erhalten, vgl. BFH GmbH-Rdsch 76, 122 ff.
Erstes Kapitel
Vermögensrechte und •pftichten In der bestehenden Familien-KG kommt die Ausübung von Vermögensrechten1 des minderjährigen Kommanditisten im wesentlichen2 bei Leistung der Einlage und der Entnahme des Gewinnanteils in Betracht. Es fragt sich, inwieweit die §§ 1629 Abs. 2, 1795, 181 BGB die Eltern an einer wirksamen Vertretung des minderjährigen Kommanditisten hindern.
I. Leistung der Einlage Soweit die Kommanditeinlage3 durch Rechtsgeschäfr zu erbringen ist, wird das Rechtsgeschäft zwischen dem minderjährigen Kommanditisten und der vermögensrechtlich verselbständigten (§§ 124, 161 Abs. 2 HGR) KG vorgenommen5 • Wird der minderjährige Kommanditist bei Erbringung der Einlage von einem Elternteil vertreten, der zugleich als Komplementär für die KG handelt, liegt formal ein Insichgeschäft (§ 181 BGB) in Form der Mehrvertretung' vor, da der Vertreter zugleich als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen und als Vertreter der KG handelt. Mit Leistung der Einlage erfüllt der Kom1 Zur Einteilung der Gesellschafterrechte etwa Sudhoff, Rechte und Pflichten § 1 I (4) (S. 2). 1 Kaum vorkommen dürfte der Fall, daß dem minderjährigen Kommanditisten ein Ausgleichsanspruch nach § 110 HGB zusteht. Der Fall wäre nach den Grundsätzen unter Il. zu behandeln. Gleiches gilt für den hier nicht weiter zu verfolgenden Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (vgl. dazu etwa G. Hueck, Gesellschaftsrecht § 11 IV = S. 51 f.), §§ 161 Abs. 2, 155 Abs.l HGB. 3 Von Interesse ist nur die Pflichteinlage, da nur diese in der werbenden KG dem Gesellschaftsvermögen zuzuführen ist, vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 161 Anm. 12; Schlegelherger I Geßler § 161 Rn. 11; Baumbach I Duden § 171 Anm.1; Reinhardt, Rn. 277. 4 Das wird in der Familien-KG regelmäßig der Fall sein. Falls die Pflichteinlage durch Leistung von Diensten (zur Zulässigkeit Schilling in Großkomm. HGB § 161 Anm. 13; Schlegelherger I Geßler § 161 Rn. 15; G. Hueck, Gesellschaftsrecht § 19 IV, 1 [S. 99]) erbracht wird, ist ein Handeln des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich (herrschende Theorie der realen Leistungsbewirkung, vgl. Larenz, SehR. I § 18 I, 4 [S. 174] m. w. N.). 5 Sozialanspruch, vgl. A. Hueck, OHG § 18 Il, 2 (S. 259/260); Schilling in Großkomm. HGB § 161 Anm. 12. 6 Zur Terminologie vgl. Larenz, AT§ 30 II a (S. 484).
II. Entnahme des Gewinns
11
manditist jedoch lediglich seine kraft Gesellschaftsvertrags bestehende Verbindlkhkeit gegenüber der KG. Es liegt somit die Ausnahme des § 181 Hs. 2 BGB vor. Die Eltern sind folglich auch als Mitgesellschafter nicht an einer wirksamen Vertretung des Minderjährigen bei Erbringung der Einlage gehindert7 • Kein Fall des § 181 BGB liegt dagegen vor, wenn bei Leistung der Einlage die Familien-KG nicht durch einen Elternteil, sondern durch einen anderen Komplementär oder einen Prokuristen8 vertreten wird9 •
II. Entnahme des Gewinns Nach der Regelung der§§ 161 ff. HGB wirkt der Kommanditist weder bei Aufstellung noch bei Festsellung der Bilanz mit10• Der Anspruch des Kommanditisten auf den Anteil am Jahresgewinn ergibt sich ohne weiteres aus den§§ 167-169 HGB oder der abweichenden gesellschaftsvertragliehen Regelung11 • Die Auszahlung des dem Kommanditisten nach Maßgabe dieser Regelung zustehenden Gewinnanteils erfolgt deshalb in Erfüllung einer Verbindlichkeit, so daß die Eltern auch in der Familiengesellschaft insoweit nicht an der Vornahme von Insichgeschäften als Vertreter ihrer Kinder gehindert sind,§ 181 Hs. 2 BGB 12• Dagegen betrifft die Frage, ob und wie die Eltern als gesetzliche Vertreter des minderjährigen Kommanditisten den Gewinnanspruch realisieren, ob sie den Gewinn etwa auf dem Privatkonto13 des Kommanditisten belassen oder anderweitig darüber verfügen, die außergesellschaftliche und deshalb lediglich nach Familienrecht zu beurteilende Entscheidung über die Verwaltung der Einkünfte des Kindes. Bei dieser Entscheidung handelt es sich nicht um die Vornahme eines RechtsSo auch Nagel, S. 126. Auch auf die Einforderung rückständiger Einlagen erstreckt sich die Vertretungsmacht des Prokuristen, vgl. Würdinger in Großkomm. HGB § 49 Anm. 5; Schlegelherger I Sehröder § 49 Rn. 8. 9 Vgl. zum ähnlich gelagerten Fall einer wechselseitigen Vertretung der KG bei Abtretung von Gesellschaftsforderungen OLG Hamburg, BB 59, 173; Erman I Westermann § 181 Rn. 9. to Westermann, Rn. 870; Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 2 und § 167 Anm. 2, 3; Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Sudhoff, Rechte und Pflichten § 7 I, 2 (S. 49). 11 Gewinnverteilungsbeschlüsse sind nach dem HGB nicht vorgesehen (Priester, DB 74, 273, 274), können aber vertraglich vereinbart werden, Fischer in Großkomm. HGB § 121 Anm. 10; Schilling in Großkomm. HGB § 168 Anm. 5. Für solche Beschlüsse gilt das unten Kap. 2, II, 2 Ausgeführte. 12 So auch BGH DB 75, 2174 (2175); OLG Hamm, DB 74, 815 (817); Nagel, S. 124; Priester, DB 74, 273 (274); Flume, DB 73, 786 (794); ders., DStR 73, 618 (619); Rosenau BB 73, 975 (977). 13 Soweit die Pflichteinlage erbracht ist, vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 9, 10. 7
8
12
1. Kap.: Vermögensrechte und -pfiichten
geschäfts, so daß die Eltern auch im Fall eines bestehenden Interessengegensatzes nicht kraft Gesetzes von der Vertretung ihres Kindes ausgeschlossen sind14 • Die Eltern können deshalb einen angefallenen Gewinn zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten der KG auf dem Privatkonto des minderjährigen Kommanditisten belassen. Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung15 können sie hierbei im Namen des Kindes jedoch nur eingehen, wenn kein Elternteil, sondern ein anderer Komplementär oder ein Prokurist die KG vertritt, § 1629 Abs. 2, 1795, 181 BGB. Soweit sie damit gegen die Interessen des Minderjährigen handeln, machen sich die Eltern möglicherweise nach §§ 1664, 1649 BGB ersatzpflichtig. Außerdem kann ihnen unter den Voraussetzungen der §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB das Vertretungsrecht1ß durch das Vormundschaftsgericht insoweit entzogen und ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) bestellt werden. In der Familien-KG wird eine solche Maßnahme des Vormundschaftsgerichts aber meist schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Eltern mit der Beteiligung der Kinder den Zweck verfolgen, bei diesen Gewinne anfallen zu lassen, und deshalb der von § 1796 BGB vorausgesetzte erhebliche Inte ressengegensatz zwischen Eltern und Kindern nicht besteht17 •
111. Ergebnis Die zur Wahrnehmung der Vermögensrechte und -pflichten des minderjährigen Kommanditisten erforderlichen Erfüllungsgeschäfte können die Eltern auch dann als gesetzliche Vertreter vornehmen, wenn sie zugleich als Komplementäre die Familien-KG vertreten. Ausnahms14 Vgl. dazu die im Familienrecht herrschende Ansicht, nach der die Entscheidung über die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen den gesetzlichen Vertreter nicht unter die §§ 181, 1795 BGB fällt, da es sich hierbei nicht um ein Rechtsgeschäft handelt; so BGH NJW 75, 345 (346) m. w. N.; BayObLGZ 1963, 132 ff.; KG OLG 14, 273 (274); Gernhuber §51 IV, 5 (S. 588); Jansen, FGG § 37 Rn. 3; Soergel I Lange § 1629 Rn. 26; Staudinger I Donau § 1629 Rn. 69. Ablehnend Schlegelberger, FGG § 37 Anm. 1. Hinter diesem formalen Argument läßt sich das Bedürfnis nicht verkennen, von der starren und zur Pflegerbestellung (§ 1909 BGB) zwingenden Regelung der §§ 181, 1795 BGB zu einer der Interessenlage des Einzelfalls und der Erhaltung des Vertrauensverhältnisses zwischen Eltern und Kind besser Rechnung tragenden Lösung über § 1796 BGB zu gelangen. Denn nach dieser Vorschrift soll die Entziehung der Vertretungsmacht nur erfolgen, wenn die Interessen zwischen Eltern und Kind in einem erheblichen Gegensatz stehen. Bei der Beurteilung dieses Interessengegensatzes bietet sich die Möglichkeit, alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, vgl. BGH aaO. Dieses Bedürfnis besteht in gleicher Weise in der Familien-KG. u Etwa Vereinbarungsdarlehen, § 607 Abs. 2 BGB. 1 ~ Der Begriff der Vertretung ist in§ 1796 BGB weit zu fassen. Er umfaßt auch die Entscheidung über die Erhebung von Ansprüchen, vgl. Gernhuber § 51 IV, 5 (S. 588) m. w. N. 1' Unzutreffend deshalb Oberloskamp, FamRZ 74, 200 (299).
III. Ergebnis
13
weise kann jedoch die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich werden, wenn den Eltern gern. §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB die Vertretung entzogen wurde. Im Regelfall ist jedoch die Erfüllung der Vermögensrechte und -pflichten auch in der Familien-KG durch die Eltern möglich. Da für den Kommanditisten gerade die Kapitalbeteiligung besonderes Gewicht hat18, ist somit der wesentliche Teil der Gesellschafterrechte des minderjährigen Kommanditisten ohne weiteres von den Eltern auch in der Familien-KG wahrzunehmen.
18 Westermann, Rn. 804; Schlegelherger I Geßler § 166 Rn. 1; G. Hueck, Gesellschaftsrecht § 19 I, 2 (S. 96).
Zweites Kapitel
Stimmrecht
I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) 1. Problemstellung und Meinungsstand
Die gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern unterliegt den Beschränkungen der §§ 1629 Abs. 2, 1795, 181 BGB. Für die Beschlußfassung in der Familiengesellschaft stellt sich daher die Frage, inwieweit die Teilnahme beider Eltern oder eines Elternteils an der Beschlußfassung zugleich im eigenen Namen und im Namen des minderjährigen Kommanditisten den Tatbestand des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) erfüllt und deshalb die Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB) für den minderjährigen Kommanditisten erforderlich macht. Das hiermit aufgeworfene Problem der Geltung des § 181 BGB für die Vertretung durch Mitgesellschafter bei Gesellschafterbeschlüssen geht zwar theoretisch über das Minderjährigenproblem hinaus. Praktische Relevanz hat die Frage aber in aller Regel nur für die Familiengesellschaft, da bei der Vertretung des Minderjährigen durch den gesetzlichen Vertreter die ansonsten bestehende MöglichkeW der Gestattung durch den vertretenen Gesellschafter entfäll~. Sie ist deshalb an dieser Stelle zu erörtern. Die Ansichten über die Geltung des § 181 BGB bei Gesellschafterbeschlüssen sind geteilt. Weitgehend Einigkeit besteht lediglich darüber, daß § 181 BGB für einstimmig zu beschließende Änderungen des Gesellschaftsvertrags in der Personengesellschaft Anwendung findet3 • hn übrigen wird die Geltung des § 181 BGB für Gesellschafterbeschlüsse 1 In der Bevollmächtigung eines Mitgesellschafters zur Stimmabgabe bei Gesellschafterbeschlüssen kann für den Fall der Geltung des § 181 BGB jedenfalls Gestattung (§ 181 Hs. 2 BGB) angenommen werden. 2 Die Gestattung unterfällt als einseitige Willenserklärung (Flume § 48, 6 = S. 821; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn.16) der Regelung der §§ 104 ff. BGB. 3 BGH LM § 138 HGB Nr. 8; BGHZ 38, 26 (31); Erman I Westermann § 181 Rn. 2; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 5; A. Hueck, OHG § 6 IV (S. 66); Palandt I Heinrichs § 181 Anm. 1; Schilling in Großkomm. HGB § 161 Anm. 17; Schlegelherger I Geßler § 105 Rn. 54; ders., § 119 Rn. 1; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 18; ders., § 705 Rn. 14; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn. 10.
I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
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von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur mit der Begründung verneint, es handele sich bei den Beschlüssen nicht um Rechtsgeschäfte, sondern um Akte der innergesellschaftlichen Willensbildung ohne Rechtsgeschäftscharakter (Sozialakte)4 • Nach in der Literatur überwiegend vertretener Auffassung5 handelt es sich dagegen auch bei den Beschlüssen um Rechtsgeschäfte, da die Stimme die Merkmale der Willenserklärung als Willensäußerung, die einen Rechtsfolgewillen enthält, erfülle, und die von den Gesellschaftern erstrebte Rechtswirkung allein aufgrund des durch die Stimmen gebildeten Beschlusses eintrete'. Die Geltung des § 181 BGB wird jedoch unterschiedlich beurteilt. Während teilweise vertreten wird, daß es sich beim Beschluß um ein Rechtsgeschäft der Gesellschafter untereinander i. S. des § 181 BGB handelf, ist nach anderer Ansicht § 181 BGB unanwendbar, da die Gesellschafter parallele Willenserklärungen abgeben8 • Unter Berufung auf die besondere Interessenlage wird schließlich die Anwendung des § 181 BGB auf Beschlüsse ganz' oder zumindest für einzelne Gruppen von Beschlüssen10 abgelehnt.
4 BGHZ 52, 316 (318); 33, 189 (191) anders jedoch 49, 117 (119); OLG München, DFG 1942, 58; AG Hamburg, DB 73, 1391; Sudhoff, DStR 1973, 593 (594); Palandt I Thomas, Vorbem. 5 b vor§ 709; Däubler, GmbH-Rdsch. 64, 223 (224); Scheiter, DNotZ 1961, 492; Boesebeck, NJW 61, 481 (485). Ohne Stellungnahme zur Geltung des § 181 BGB verneinen die Rechtsgeschäftsqualität etwa auch RGZ 122, 367 (369); J. v. Gierke, Handelsrecht § 29 I, 1. Weitere Nachweise zum älteren Schrifttum bei Bartholomeyczik, ZHR 105, 300 in
Fn. 31.
5 Aus dem umfangreichen Schrifttum etwa Baltzer, S. 177 m. w. N.; Bartholomeyczik, ZHR 105, 293 (300); Baumbach I Duden § 119 Anm. 3 C; Erman I Schulze-Wenck § 709 Rn. 12; Esser § 95 II, 3 (Bd. 2 S. 281); wohl auch A. Hueck, OHG § 11 V, 2 (S. 183); Larenz, AT§ 18 li a (S. 266); Lebmann I Dietz § 6 III (S. 59) ; Enneccerus I Nipperdey, AT § 146 IV (Bd. 2 S. 911); Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 709 Rn. 28; Staudinger I Keßler § 709 Rn. 19. Aus der älteren Literatur etwa Würdinger § 11 (S. 57); Düringer I Rachenburg I Geiler Anm. 126 a (S. 157/158). Weitere Nachw. bei Zöllner, S. 10 Fn. 30. 6 Zur Definition des Rechtsgeschäfts vgl. Enneccerus I Nipperdey AT § 145 I (S. 895); Lange, AT § 36 IV, 3 (S. 224). 7 So ausdrücklich Soergell Schultze-v. Lasaulx § 709 Rn. 35 und § 714 Rn. 8 (anders, jedoch ohne Begründung, für Generalversammlungsbeschlüsse § 181 Rn. 19); Baumbach I Duden § 119 Anm. 3 C; Heymann I Kötter § 119 Anm. 2; Nagel, S. 108; Klamroth, BB 74, 160 (162); Winkler, ZGR 1973, 177 (213); Würdinger § 11 (S. 55). 8 Enneccerus I Nipperdey AT § 146 IV (S. 911); Schilling, Gesellschafterbeschluß S. 275 für die Zustimmungserklärungen nach §§ 116 Abs. 2, 164 HGB. 11 So Zöllner § 25 IV (S. 269 f.). 10 Himmelsbach, S.1541f.; wohl auch Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 5 a. E.; nunmehr auch BGH DB 75,2174 (2175).
2. Kap.: Stimmrecht
16
2. Kritik
Wenn auch überzeugende Argumente für die Qualifikation der Beschlüsse als Rechtsgeschäfte sprechen11 , so bedarf es einer grundlegenden Stellungnahme zu dem Theorienstreit an dieser Stelle nicht. Denn Vertreter beider Theorien sind sich im Ausgangspunkt einig, daß der Gesetzgeber die besondere Interessenlage des Gesellschaftsverhältnisses in den Vorschriften des Allgemeinen Teils und des allgemeinen Schuldrechts nicht ausreichend berücksichtigt hat und dieser Erkenntnis bei Anwendung der Vorschriften Rechnung zu tragen istt2 • So wird etwa trotz grundsätzlicher Anwendung schuldrechtlicher Vorschriften auf die gesellschaftsvertragliehen Beziehungen der Gesellschafter anerkannt, daß einzelne schuldrechtliche Vorschriften für die besondere Interessenlage des Gesellschaftsverhältnisses nicht passen, weil sie auf Austauschverträge im Zweipersonenverhältnis zugeschnitten sind13• Gleiches gilt nach der Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft für die Rückabwicklungsvorschriften der§§ 142, 812 BGB14• Entscheidend kann deshalb nur sein, ob die Vorschrift des § 181 BGB mit den Besonderheiten der Gesellschafterbeschlüsse zu vereinbaren ist15• Für diese Fragestellung ist die begriffsdogmatische Qualifikation der Beschlüsse nicht ausschlaggebend. 3. Der Typus des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
a) Schutzzweck Eine Klärung der für die Regelung des § 181 BGB kennzeichnenden Interessenlage hat vom Schutzzweck der Vorschrift auszugehen. Nach Eingehend Bartholomeyczik, ZHR 105, 293 (300). Für die Sozialaktstheorie etwa J. v. Gierke, Handelsrecht § 29 I, 1. Von der Gegenansicht wird das zwar nicht ausdrücklich hervorgehoben, der Sache nach aber anerkannt, wenn die Geltung der einzelnen Vorschriften über Rechtsgeschäfte auf Beschlüsse trotz grundsätzlicher Anerkennung der Rechtsgeschäftsqualität untersucht wird, vgl. Bartholomeyczik, ZHR 105, 293 (324 ff.). Für die vergleichbare Problematik hinsichtlich der Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags: A. Hueck, OHG § 6 II, 3 (S. 53 f.) m. w. N.; Westermann, Rn. 25, 26. 13 A. Hueck, OHG § 6 (S. 53 ff.); Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 47 c-g; Schlegelberger I Geßler § 105 Rn. 51-53. 14 BGHZ 13, 320; 26, 330 (334 f.); A. Hueck, OHG § 7 (S. 72 ff.); Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 78 ff.; Schlegelherger I Geßler § 105 Rn. 62 c; Reinhardt, Rn. 240. 15 Methodelogisch handelt es sich hierbei wie in den soeben erwähnten Fällen - (dazu Canaris § 146; Larenz, Methodenlehre S. 383 - ausführlicher in der 2. Aufl. S. 372) um den Versuch einer teleologischen Reduktion. 11
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I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
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heute16 überwiegender Ansicht17 dient das Verbot der Insichgeschäfte L'l erster Linie dem Schutz des Vertretenen. Daneben berücksichtigt die formale Ausgestaltung der Vorschrüt die Erfordernisse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit18• Da der Schutz der Rechtssicherheit für das Verbot der Insichgeschäfte nur sekundäre, nämlich auf die Fassung der Vorschrüt beschränkte Bedeutung hat18, ist für die Untersuchung der für § 181 BGB typischen Interessenlage zunächst der primäre Normzweck heranzuziehen. b) Verbotsgrund
Erkennt man an, daß die Vorschrift primär dem Schutz des Vertretenen dient, so bleibt zu klären, weshalb der Vertretene gerade durch die Vornahme von Rechtsgeschäften in Form des Selbstkontrahierens und der Mehrvertretung besonders gefährdet wird. Diese entscheidende Frage nach der dem Insichgeschäft typischerweise zugrunde liegenden Interessenlage wird von Literatur und Rechtsprechung nicht mit der nötigen Schärfe gesehen. Zwei Ansichten lassen sich im wesentlichen unterscheiden. aa) Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht
Im Anschluß an die Gesetzesmaterialien20 wird der Grund für das Verbot der Insichgeschäfte teilweise in der Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht gesehen21 , die mit der Interessenkollision verbunden ist, in der sich der Vertreter bei Vornahme des Insichgeschäfts regelmäßig befindet. Diese Begründung ist jedoch zu weit und verdeckt den Kern des Problems. Einerseits wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des § 181 BGB keine allgemeine Vorschrift zum Schutz des Vertretenen vor Mißbrauch der Vertretungsmacht schaffen22• Wollte man deshalb die Rege16 Zur Geschichte der Interpretation des § 181 BGB Staudinger I Coing § 181 Rn. 3 a, 3 b; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 6; W. Blomeyer, AcP 172 (1972), S. 1 f.; Göggerle, S. 7 f.; ausführlich Siemes, S . 4 ff. 17 BGHZ 56, 97 (101); 59, 236 (240); Larenz, Methodenlehre, S. 378; Flume § 48 I (S. 809 ff.); Staudinger I Coing § 181 Rn. 3d; Soergel/ Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 3; W. Blomeyer, AcP 172 (1972), S. 3 f.; Plander, S. 33 mit ausführlichen Nachweisen in Fn. 213; 214; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn. 1. 18 BGHZ 56, 97 (101); Larenz, Methodenlehre, S. 379; W. Blomeyer, AcP 172 (1972), S. 5; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn.l. 19 BGHZ 56, 97 (101); Larenz, Methodenlehre, S . 379. 20 Motive I, S. 224/225. 111 RGZ 157, 24 (31); Boehmer, S. 47; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 4; zumindest mißverständlich Enneccerus I Nipperdey AT § 181 II pr. (S. 1109). 22 RGZ 157, 24 (31); Plander, S. 39; Enneccerus I Nipperdey, AT § 181 111, 3 Bd. 2 S. 1113/1114).
2 Fastrieb
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2. Kap.: Stimmrecht
lung des § 181 BGB mit der Mißbrauchsgefahr begründen, so müßten Insichgeschäfte durch eine gesteigerte Mißbrauchsgefahr gekennzeichnet sein. Eine solche läßt sich zwar im Fall des Selbstkontrahierens feststellen, da hier eigene Interessen des Vertreters betroffen sind. Bei der Mehrvertretung sind dagegen Eigeninteressen des Vertreters weder notwendig noch wenigstens typischerweise beteiligt, so daß die Gefahr bewußt unredlichen Handeins nicht über das allgemeine Problem des Vertretungsmißbrauchs hinausgeht23• Umgekehrt läßt sich die Mißbrauchsgefahr auch nicht in den vom Verbot des § 181 BGB ausgenommenen Fällen des Handeins in Erfüllung einer Verbindlichkeit ausschließen24. Außerdem beschränkt das Gesetz nicht die Vertretungsmacht in den Fällen des Handeins teils im eigenen Namen, teils im Namen des Vertretenen25 , obwohl auch in diesem Fall die Mißbrauchsgefahr eine Beschränkung nahelegen könntet8 • Ein weiterer Einwand gegen die vorstehend wiedergegebene Ansicht ergibt sich schließlich aus der Überlegung, daß die wesentliche Problematik der Fälle des Mißbrauchs der Vertretungsmacht auf der grundsätzlichen Bindung des Vertretenen an die Erklärung des Vertreters gegenüber Dritten beruht27. Dieses Problem tritt aber beim Selbstkontrahieren gerade nicht auf. Dem Vertreter gegenüber kann sich der Vertretene jederzeit auf den Mißbrauch der Vertretungsmacht berufen. Als Zwischenergebnis ist deshalb festzustellen, daß die Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht zwar häufig mit der Vornahme von Insichgeschäften verbunden sein mag, als Begründung für die rigorose Regelung des § 181 BGB aber unzureichend ist. Der Typus des Insichgeschäfts kann deshalb mit der Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht nicht zutreffend gekennzeichnet werden. bb) Der typische Interessenkonflikt In seiner grundlegenden Entscheidung zum Selbstkontrahieren des Einmann-Gesellschafters stellt der BGW8 deshalb zu Recht nicht auf 23 Das übersieht Boehmer, S. 47. 24 Vgl. die Erwägungen der 2. Kommission zu Antrag 2, Protokolle I, S. 175 a. E., daß ungetreue Vertreter gerade dadurch, daß sie an sich zahlen, das Interesse des Vertretenen wesentlich zu schädigen pflegen. Vgl. auch Dölle, Festschrift Nipperdey 1965, S. 25 Fn. 8, und Flume § 46, 6 (S. 820). 25 Steffen in BGB-RGRK 12. Auf!. § 181 Rn. 10; Staudinger I Coing § 181 Rn. 12; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 22 ; Erman I Westermann § 181 Rn. 9; Oertmann § 181 Anm. 5 d; RGZ 127, 103 (105); 157, 24 (30). !8 Vgl. etwa den Fall RG JW 1912, 790: Die Mutter als Vorerbin verkauft ein Grundstück zugleich im eigenen Namen und im Namen ihres Kindes als Nacherbe. 27 Vgl. Larenz, AT§ 30 li a (S. 478); Flume § 45 II, 3 (S. 788 ff.). :2s BGHZ 56, 97 (101).
I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
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die Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht ab, sondern sieht den gesetzgeberischen Grund des Verbots darin, die Vertretung verschiedener und einander widerstreitender Interessen durch ein und dieselbe Person zu verhindern, weil mit einem solchen Selbstkontrahieren stets die Gefahr einer Schädigung des einen oder anderen Teils verbunden sei29• Die damit angesprochene Problematik des Insichgeschäfts soll anhand des anerkannten Geltungsbereichs der Vorschrift verdeutlicht werden. Dabei ist zunächst vom Beispiel des Selbstkontrahierens beim gegenseitigen Vertrag auszugehen. Hier ist die Situation des Vertreters durch einen Interessen- und Pflichtenkonflikt gekennzeichnet, der, worauf der BGJPO bereits in einer älteren Entscheidung für die Anwendbarkeit des § 181 BGB zutreffend abgestellt hat, durch die Geschäftsgegnerschaft der Parteien bedingt ist. Der Vertreter ist bei Abschluß des Vertrags in Form des Selbstkontrahierens einerseits verpflichtet, die Interessen des Vertretenen bestmöglich zu wahren, andererseits aber als Vertragspartei zur Wahrung der eigenen Interessen berechtigt. Das eine geht regelmäßig auf Kosten des anderen; dem Vorteil auf der einen entspricht der Nachteil auf der anderen Seite31 • Hinzu kommt, daß für die Angemessenheit der jeweiligen Interessenvertretung kein Maßstab besteht. Denn nach der Konzeption des BGB bestimmt sich die Angemessenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten nicht nach einem objektiv ermittelten wohlverstandenen Interesse der Parteien, sondern von der Grenze des § 138 BGB abgesehen - ausschließlich nach dem Willen der Parteien32, die ihre gegensätzlichen Interessen "aushandeln". An diesem Korrektiv des Austragens der gegensätzlichen Interessen fehlt es beim Insichgeschäft33. Der Vertreter muß sich hier auf Kosten des einen oder anderen Interesses entscheiden. Die dargestellte Konfliktsituation läßt sich in gleicher Weise im Fall der Mehrvertretung feststellen. Freilich ist die Geltung des § 181 BGB nicht auf Verträge beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf einseitige Insichgeschäfte34• Hier kann sich allerdings die Frage stellen, in!!9 So bereits Protokolle I, S.175. RGZ 56, 104 (106); 68, 172 (175); Enneccerus I Nipperdey, AT§ 181 I, Fn. 6 (Bd. 2 S.1109); Larenz, Methodenlehre, S. 378. 30 BGH NJW 61, 724; vgl. auch Staudinger I Coing § 181 Anm. 16; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 5 a. E. 31 Auf diese besondere Konfliktlage weist bereits Siemes, S. 8, hin. 32 Flume § 1, 6 a (S. 7 f.); Larenz, AT § 2 V (S. 39 f.); G. Hueck, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 12. 33 Zutreffend Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn. 2, daß die Wahrnehmung der Interessen beider Seiten durch eine Hand in einer Situation, in der es um den Ausgleich der Interessenlagen geht, verboten sei. 34 Staudinger I Coing § 181 Rn. 7; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 14; Flume § 48, 2 (S. 812).
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2. Kap.: Stimmrecht
wieweit der Vertretene überhaupt benachteiligt werden kann". Die für den Interessenkonflikt des Vertreters ursächliche Geschäftsgegnerschaft besteht jedoch regelmäßig auch hier. Kündigt etwa der Vertreter im Namen des von ihm vertretenen Vermieters dem ebenfalls von ihm vertretenen Mieter, so besteht die Gefahr, daß der Vertreter bei anschließenden Maßnahmen, die seitens des Mieters getroffen werden können (z. B. Widerspruch nach § 556 a BGB), nicht entsprechend in der Interessenwahrung umstell1;36. Der Konflikt liegt auch hier darin, daß gegensätzliche berechtigte Interessen in der Person des Vertreters nicht ausgetragen werden können.
c) Merkmale des verbotenen Insichgeschäfts Die Beispiele aus dem anerkannten Bereich der Geltung des § 181 BGB bestätigen, daß die Gefahr für den Vertretenen bei Insichgeschäften über die allgemeine Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht bei divergierenden Interessen zwischen Vertretenem und Vertreter hinausgeht. Damit soll nicht bestritten werden, daß das Verbot des Insichgeschäfts zugleich dem Schutz des Vertretenen vor einem Mißbrauch der Vertretungsmacht dienen kann. Die charakteristische Gefahr des Insichgeschäfts liegt aber nicht erst in der Gefahr bewußt unredlichen Handeins zum Nachteil des Vertretenen, sondern- enger- einerseits in der besonderen Konfliktsituation des Vertreters, von dem eine angemessene Berücksichtigung der gegensätzlichen berechtigten Interessen nicht erwartet werden kann37, andererseits in der Beweisnot des Vertretenen, dem der Nachweis einer nicht interessegemäßen Ausübung der Vertretungsmacht kaum möglich ist und der deshalb der Gefahr einer Benachteiligung schutzlos ausgesetzt ist38• Diese Situation ist durch die Geschäftsgegnerschaft der Parteien und die damit in aller Regel verbundene Interessenantinomie bedingt. Hierin unterscheiden sich die anerkannten Fälle der Geltung des § 181 BGB von den nicht unter den Tatbestand des Insichgeschäfts fallenden Rechtsgeschäften, in welchen der Vertreter ebenfalls in einer doppelten Funktion tätig wird, etwa dem Handeln teils im eigenen, teils im Namen des Vertress Vgl. Oertmann § 181 Anm. 2 a. 36 Vgl. Flume § 48, 2 (S. 812/813). 37 Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn. 1; Dölle § 123 II, 5 b (Bd. II, s. 704).
38 Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den allgemeinen Fällen des Mißbrauchs der Vertretungsmacht. Diesen wäre der Vertretene, worauf RGZ 157, 24 (32) zu Recht hinweist, nicht schutzlos ausgesetzt. Neben Schadensersatzansprüchen aus Verletzung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses wird insoweit auch Schutz durch die Regeln über den Mißbrauch der Vertretungsmacht gewährt, vgl. Flume § 48, 5 (S. 820); Enneccerus I Nipperdey, AT§ 181 III, 3 (Bd. 2 S. 1113).
I. Die Bedeutung des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB)
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tenen38• Das Merkmal der Geschäftsgegnerschaft brauchte in § 181 BGB nicht ausdrücklich erwähnt zu werden, weil sich die Geschäftsgegnerschaft der Parteien regelmäßig bereits aus der Beteiligung auf verschiedenen Seiten des Rechtsgeschäfts ergibt. Für die hier interessierende Fragestellung, inwieweit § 181 BGB die Eltern an der Vertretung der Kinder bei Gesellschafterbeschlüssen hindert, wird deshalb zu prüfen sein, inwieweit die Vertretung durch Mitgesellschafter bei der Abstimmung zu einer vergleichbar intensiven und über die allgemeine Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht hinausgehenden Gefährdung des Vertretenen führt. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob die Gesellschafter bei Gesellschafterbeschlüssen "Geschäftsgegner" sind'0 und deshalb bei Teilnahme eines Gesellschafters an der Abstimmung in der äußeren Form des Insichgeschäfts regelmäßig auch der für das Insichgeschäft kennzeichnende Interessenkonflikt auftritt. Anschließend ist zu erörtern, ob sich ausreichende Anhaltspunkte dafür bieten, daß aus anderen Gründen die Interessenlage des Vertreters bei der Abstimmung zu einer den anerkannten Fällen des Insichgeschäfts vergleichbaren und über die allgemeine Mißbrauchsgefahr hinausgehenden Gefährdung des Vertretenen führt. d) Ergebnis
Die Vorschrift des § 181 BGB ist auf einen Interessenkonflikt zugeschnitten, bei dem die Gefahr für den Vertretenen über die allgemein bei divergierenden Interessen zwischen Vertretenem und Vertreter bestehende Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht hinausgeht. In den anerkannten Fällen der Geltung des § 181 BGB beruht der Interessenkonflikt des Vertreters auf der Geschäftsgegnerschaft der Parteien und ist gekennzeichnet durch aa) die Kollision gleichberechtigter und regelmäßig gegensätzlicher Interessen der am Rechtsgeschäft beteiligten Parteien, bb) die kollidierende Berechtigung und Verpflichtung des Vertreters zur Verfolgung der Individualinteressen auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts, cc) das Fehlen eines Maßstabs zur Beurteilung der Angemessenheit der Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien.
Oben 2. Kapitel I, 3 b) aa) bei Fn. 25. Vgl. BGH DB75, 2174 (2175); ähnlich bereits BGH NJW 61, 724; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 5 a. E. 39
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2. Kap.: Stimmrecht
li. DerSchutz des Vertretenen als erster Normzweck § des 181 BGB 1. Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung (§ 164 HGB)
a) Die Interessenlage Während in den anerkannten Fällen der Anwendbarkeit des § 181 BGB der Konflikt des Vertreters und die damit verbundene Gefährdung des Vertretenen durch die Geschäftsgegnerschaft der Parteien bedingt ist, kann bei Beschlüssen1 über Maßnahmen der Geschäftsführung (§ 164 HGB) in der Regel von einer weitgehenden Interessengleichrichtung ausgegangen werden. Hierfür sind drei Gründe maßgebend: der begrenzte Regelungsbereich dieser Beschlüsse (aa), das gleichartige Betroffensein der Gesellschafter (bb) und die Bindung der Gesellschafter an den Gesellschaftszweck (cc). aa) Der begrenzte Regelungsbereich Zunächst haben die Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsfüh·rung nur einen begrenzten Regelungsbereich. Denn Geschäftsführung ist die auf Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit für die Gesellschaft2 • Deshalb können Geschäftsführungsbeschlüsse nicht über jeden beliebigen Gegenstand gefaßt werden, sondern nur über Maßnahmen, die sachlich in den Bereich der Geschäftsführung fallen, d. h., die sich auf die Verwaltung der vermögensrechtlich verselbständigten Gesellschaft beziehen. Davon zu unterscheiden sind die Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen. Diese Beschlüsse gehören nicht mehr in den Bereich der Geschäftsführungsangelegenheiten i. S. der §§ 116, 164 HGB3 • Es handelt 1 Die h. M. hält entgegen dem Wortlaut des § 164 HGB die Zustimmung des Kommanditisten für erforderlich (G. Hueck, Gesellschaftsrecht § 19 V, 1 [S. 100]; Reinhardt, Rn. 265; Schilling in Großkomm. HGB § 164 Anm. 5 m. w. N.; Westermann, Rn. 873). Daß es sich hierbei um Gesellschafterbeschlüsse handelt, ist zwar nicht unbestritten, wird aber von der überwiegenden Meinung anerkannt (wie im Text A. Hueck, Gesellschafterbeschlüsse S. 700 ff. und OHG § 11 I, 2 [S. 162] für die Zustimmung nach § 116 Abs. 3 HGB; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 709 Rn. 27; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 1, 2. Abweichend Westermann, Rn. 270); Schilling, Gesellschafterbeschluß S. 257 ff. (259). 2 A. Hueck, OHG § 10 I, 1 (S.115); Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 a; Staudinger I Keßler, Vorbem. vor § 709 Rn. 2. 3 RGZ 162, 370 (374); Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 b; Schlegelherger I Geßler § 114 Rn. 3; G. Hueck, Gesellschaftsrecht § 8 I, 1 (S. 35); A. Hueck, OHG § 10 I (S. 116); Reinhardt, Rn. 161.
II. Der Schutz des Vertretenen als erster Normzweck des§ 181 BGB
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sich hierbei nicht nur um eine terminologische Frage, sondern es bestehen qualitative Unterschiede4 • Bei den Geschäftsführungsbeschlüssen geht es deshalb um Entscheidungen, die nur in einem durch Gesetz und Gesellschaftsvertrag, insbesondere den Gesellschaftszweck5 abgegrenzten Bereich wirksam gefaßt werden können. In die Rechtsstellung der Gesellschafter innerhalb der Gesellschaft6 oder das Privatvermögen eines Gesellschafters kann dagegen durch einen Geschäftsführungsbeschluß nicht eingegriffen werden. So wird etwa von der Regelung, daß bei Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung nach dem Gesellschaftsvertrag mit Mehrheit abgestimmt wird, im Zweifel nicht das Einstimmigkeitserfordernis für Beschlüsse berührt, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen7 • Ein nur mit Mehrheit gefaßter Beschluß, der eine Änderung der von den Gesellschaftern zu erbringenden Beiträge zum Gegenstand hat, wäre in diesem Fall nicht rechtswirksam. Die Geschäftsführungsbeschlüsse haben keine Außenwirkung. Sie sind, wie von Vertretern der Sozialaktstheorie8 formuliert wird, Akte der internen gesellschaftlichen Willensbildung. Die Vertretungsmacht des Komplementärs (§§ 161 Abs. 2, 126 HGB) wird von ihnen nicht berührt9. Der Komplementär kann unabhängig von der Wirksamkeit eines Beschlusses nach § 164 HGB auch ungewöhnliche Rechtsgeschäfte für die KG wirksam abschließen. bb) Gleichartiges Betroffensein der Gesellschafter Bei diesen auf die Verwaltung der Gesellschaft im Rahmen des Gesellschaftszwecks beschränkten Beschlüssen besteht eine gewisse tatsächliche Interessenbindung dadurch, daß die Gesellschafter nicht als einzelne betroffen werden, sondern ihre Anteile am Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch gebunden sind und deshalb von der Durchführung der beschlossenen Maßnahme gleichartig betroffen werden10• Erfolg oder Mißerfolg einer Geschäftsführungsmaßnahme kann im Hinblick auf die engeren Beteiligungsinteressen11 nicht für den einen GesellHeymann I Kötter § 119 Anm. 3; vgl. auch unten III. Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 b; Westermann, Rn. 279. 6 Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 b; Westermann, Rn. 162, 279. 7 RGZ 114, 395; A. Hueck, OHG § 11 IV, 3 (S. 178); ders., ZHR 125, 10; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 12; Sudhoff, Gesellschaftsvertrag, S. 171; Baumbach I Duden § 119 Anm. 2 b. 8 Sudhoff, DStR 73, 593 (594). 9 Fischer in Großkomm. HGB § 116 Anm. 8; Schlegelherger I Geßler § 116 Rn. 5; Westermann, Rn. 197. 10 Wiedemann § 12 I 1 b (S. 281). 11 Mit Beteiligungsinteressen sind hier und im folgenden die Interessen der Gesellschafter an der Förderung des Gessellschaftszwecks bezeichnet. 4
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2. Kap.: Stimmrecht
schafter vorteilhaft, für den anderen nachteilig sein, denn die Konsequenzen treffen die Gesellschaft und damit alle Gesellschafter gleichartig. Die Gesellschafter sitzen deshalb hinsichtlich der Verfolgung des Gesellschaftszwecks und der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens "im gleichen Boot". Ein Komplementär, der die Gesellschaft schädigt, schadet sich notwendig zugleich selbst in seiner Stellung als Mitgesellschafter, denn die gesamthänderische Beteiligung am Gesellschaftsvermögen1: und die Teilnahme am Ergebnis13 gehören zum Wesen der Gesellschafterstellung. Daß ein Gesellschafter darüber hinaus persönlich an einer Geschäftsführungsmaßnahme interessiert sein kannu, ändert an der Tatsache nichts, daß er in seiner Stellung als Mitgesellschafter mitbetroffen ist und für die Schulden der Gesellschaft miteinzustehen hat. Im Regelfall wird deshalb das gleichartige Betroffensein als Machtkorrektiv wirken und zu einer Ausrichtung der Einzelinteressen auf die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks führen15. cc) Bindung der Gesellschafter an den Gesellschaftzweck
Darüber hinaus sind die Gesellschafter bei Abstimmung über Geschäftsführungsangelegenheiten verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu verfolgen11. Diese Pflichtbindung zur treuhänderischen Interessenwahrnehmung besteht auch bei Beschlüssen über ungewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen17• Zwar führt die Pflicht als solche nicht bereits zu einer Interessenbindung bei den Gesellschaftern. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht, die Interessen der Gesellschaft zu ver12 Zur Notwendigkeit eines Gesellschaftsvermögens: Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 41; A. Hueck; OHG § 16 I (S. 216) m. w. N. Zur mit der Mitgliedschaft verbundenen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen vgl. A. Hueck, OHG § 16 li, 2 (S. 218) ; Schlegelherger I Geßler § 105 Rn. 36. 13 Fikentscher, S. 106; Schulze-Osterloh § 5 B (S. 21). Auf den Meinungsstreit, ob daraus für Handelsgesellschaften die Notwendigkeit einer Gewinnbeteiligung folgt (so Schulze-Osterloh § 5 B I, 1 d [S. 25] m. w . N), oder jedes ideelle Interesse des Gesellschafters ausreicht (so A. Hueck, OHG § 1 I, 1 b [S. 4] m. w. N.; Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 9 a), kommt es hier nicht an, da jedenfalls das materielle oder ideelle Interesse des Gesellschafters auf die Förderung des Gesellschaftszwecks gerichtet sein muß und deshalb vom Ergebnis betroffen wird. 14 Zum Problem der Verfolgung von Sonderinteressen vgl. unten b) aa). 15 Wiedemann § 12 I, 1 b (S. 281). Auf das Machtkorrektiv der eigenen Einstandspflicht weist H. P. Westermann, Vertragsfreiheit § 10 111 (33) = S. 355 hin. 16 Ganz herrschende Ansicht: BGH LM § 105 HGB Nr.ll; DB 71, 1246; A. Hueck, OHG § 10 111, 5 (S.130); ders., Treuegedanke S. 75; Fischer in Großkomm. HGB § 115 Anm. 8; ders., NJW 54, 777 (778); Schlegelherger I Geßler § 115 Rn. 7; Westermann, Rn.168. Weitere Nachweise bei Zöllner, s. 323 Fn. 24. 11 A. Hueck, Treuegedanke S. 83; ders., OHG § 10 IV, 4 (5.135/136); Fischer, NJW 54, 777 (778); Schlegelherger I Geßler § 116 Rn. 2.
II. Der Schutz des Vertretenen als erster Normzweck des§ 181 BGB
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folgen, führt aber zur Unwirksamkeit der pflichtwidrig abgegebenen Stimme18 und damit zu einer weiteren Machtbegrenzung des abstimmenden Gesellschafters. Ein Gesellschafter kann sich deshalb mit seiner Stimmabgabe nicht in beliebiger Weise über die Gesellschaftsinteressen und damit die Beteiligungsinteressen seiner Mitgesellschafter hinwegsetzen, sondern es besteht auch rechtlich eine Schranke gegenüber egoistischer Interessenverfolgung. dd) Zwischenergebnis Bei Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung ist für die Interessenlage der Gesellschafter nicht der Interessengegensatz, sondern eine - zumindest im Hinblick auf die Beteiligungsinteressen bestehende - Interessenbindung kennzeichnend. Zwar sind auch im Rahmen der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unterschiedliche Auffassungen unter den Gesellschaftern zu erwarten. Von einem der Geschäftsgegnerschaft der Parteien und dem damit verbundenen Interessenkonflikt des Vertreters vergleichbaren Interessengegensatz kann aber hierbei nicht gesprochen werden, sondern es handelt sich in erster Linie um Meinungsverschiedenheiten über die Zweckmäßigkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen. Die Gesellschafter sind insoweit nicht Geschäftsgegner in dem die typischen Insichgeschäfte kennzeichnenden Sinn19• Dieses Ergebnis wird durch einen weiteren Gesichtspunkt gestützt: Die Regelung des § 164 HGB ist selbst Ausdruck einer - wenn auch beschränkten - Gleichrichtung der Interessen zwischen Komplementät' und Kommanditisten. Wenn der Komplementär nach der Regelung des § 164 S. 1 HGB die üblichen Geschäftsführungsmaßnahmen allein und ohne Widerspruchs- und Kontrollrechtz0 des Kommanditisten treffen kann, so beweist diese Regelung, daß das Gesetz davon ausgeht, daß in diesem Bereich ein der Geschäftsgegnerschaft vergleichbarer Interessengegensatz unter den Gesellschaftern im Regelfall nicht besteht. Denn das Gesetz läßt hier im Gegensatz zu den von § 181 BGB erfaßten Fällen die Vertretung der Interessen des Kommanditisten und des Korn18 A. Hueck, OHG § 11 III, 2 (S. 171); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 31, 32; Schlegelherger I Geßler § 115 Rn. 8; Baumbach I Duden § 119 Anm.
3D; Westermann, Rn.168, vgl. auch BGH DB 71, 1246; BGH DB 75, 2174 (2175). 19 Im Ergebnis übereinstimmend BGH DB 75, 21'74 (2175). 20 Das Kontrollrecht nach § 166 HGB gewährt nur ein Recht zur Überprü,.. fung der Richtigkeit der Bilanz, gibt aber kein Recht zur laufenden Information und Kontrolle über Geschäftsführungsangelegenheiten. Dieses in § 118 HGB für den OHG-Gesellschafter vorgesehene Recht ist durch § 166 Abs. 2 HGB für den Kommanditisten ausgeschlossen, vgl. dazu Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 5.
2. Kap.: Stimmrecht
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plementärs durch ein und dieselbe Person zu. Diese Regelung erscheint nur deshalb unbedenklich, weil die Verfolgung der Interessen des Komplementärs nicht typischerweise auf Kosten der berechtigten Interessen des Kommanditisten geht. Gleiches muß auch für die ungewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen gelten. Denn die Gründe, die zu einer Interessengleichrichtung unter den Gesellschaftern führen, bestehen bei allen Geschäftsführungsmaßnahmen in gleicher Weise. Zwischen den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen bestehen nur graduelle und keine qualitativen Unterschiede. So kann eine Kreditaufnahme je nach den Verhältnissen der Gesellschaft eine gewöhnliche oder eine ungewöhnliche Maßnahme darstellen21. Der maßgebliche Gesichtspunkt für die Beteiligung des Kommanditisten an der Abstimmung über ungewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung ist nicht die hierbei bestehende Gefahr der Geschäftsgegnerschaft unter den Gesellschaftern, sondern das größere Risiko für die Gesellschaft". Deshalb soll die Beteiligung des Kommanditisten nicht dazu dienen, gegensätzliche Individualinteressen auszutragen, sondern eine gemeinsame Entscheidung über die Zweckmäßigkeitsfrage23 herbeizuführen. b) Anwendbarkeit des§ 181 BGB
Dieser durch die Interessenbindung der Gesellschafter gekennzeichneten Interessenlage wird die Regelung des§ 181 BGB nicht gerecht, da sie auf die Geschäftsgegnerschaft der Parteien zugeschnitten ist. aa) Interessenkonflikt ~)
Gesellschaftsinteressen
Infolge der Interessenbindung fehlt es im Regelfall bei der Abstimmung über Geschäftsführungsmaßnahmen an der besonderen Konfliktsituation des Vertreters, die bei den anerkannten Insichgeschäften durch die Geschäftsgegnerschafi;24 der Parteien verursacht wird. Da die Beteiligungsinteressen der Gesellschafter weitgehend gleichgerichtet sind25, geht die Verfolgung des Interesses des einen Gesellschafters nicht notwendig oder auch nur typischerweise auf Kosten eines vertretenen Mitgesellschafters. 21 Fischer in Großkomm. HGB § 116 Anm. 2 a; A. Hueck, OHG § 10 II, 3
(S. 121). 22 23
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Vgl. Lehmann I Dietz § 20 IV, 1 b (S. 143). Fischer, NJW 54, 777 (778); A. Hueck, OHG § 10 III, 5 (S. 131). Vgl. oben I, 3 b) bb). Vgl. oben II, 1 a).
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Als weiteres Element der typischen Konfliktsituation des Vertreters beim Selbstkontrahieren fehlt das Zusammentreffen von Recht zur eigenen Interessenverfolgung mit der Pflicht, die gegensätzlichen Interessen des Vertretenen zu wahren. Der Vertreter ist hier weder berechtigt, eigene Sonderinteressen bei der Abstimmung zu verfolgen, noch berechtigt oder gar verpflichtet, Individualinteressen eines von ihm vertretenen Mitgesellschafters zu verwirklichen, soweit diese über die Förderung des Gesellschaftszwecks hinausgehen26 • Freilich ist auch im Rahmen der Verfolgung des Gesellschaftszwecks mit Meinungsverschiedenheiten unter den Gesellschaftern zu rechnen. Eine den anerkannten Fällen der Geltung des § 181 BGB vergleichbare Konfliktsituation wird dadurch aber nicht hervorgerufen, weil ein Gesellschafter auch als Vertreter eines Mitgesellschafters die Zweckmäßigkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen beurteilen darf27• Außerdem ist die Gefährdung für den Vertretenen durch das Korrektiv des Mitbetroffenseins des Vertreters begrenzt. Ein Gesellschafter, der bei der Abstimmung über Geschäftsführungsmaßnahmen einen Mitgesellschafter vertritt, hat also weder typischerweise gegensätzliche Interessen wahrzunehmen, noch befindet er sich in einer Pflichtenkollision. Es fehlen somit wesentliche Elemente der für das Insichgeschäft kennzeichnenden Konfliktsituation. Davon geht auch die Regelung des§ 164 HGB aus, wonach der Komplementär ohnehin die Beteiligungsinteressen der Kommanditisten wahrnimmt, soweit es sich um gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen handeJt28 •
ß)
Sonderinteressen
Auch bei der Abstimmung über Maßnahmen der Geschäftsführung kann allerdings der Fall einer Interessenkollision beim Vertreter eintreten, wenn nämlich Sonderinteressen des Gesellschafters dessen Beteiligungsinteressen überwiegen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob dje Gefahr der Verfolgung von Sonderinteressen eine Anwendung der generellen Regelung des § 181 BGB rechtfertigt. Denn es kann nicht geleugnet werden, daß in den Fällen, in welchen der Beschluß Sonderinteressen des Vertreters berührt, die mit der Stimmrechtsverstärkung verbundene Gefahr des Mißbrauchs der Vertretungsmacht besteht. Der Interessenkonflikt unterscheidet sich jedoch in den in Betracht kommenden Fällen quantitativ und qualitativ von den typischen Fällen des Insichgeschäfts. Während in den anerkannten Fällen der Geltung des § 181 BGB der Interessengegensatz die Regel bildet, auf der das geneVgl. oben II, 1 a) cc). Auf das Problem der Stimmrechtsverstärkung ist im Zusammenhang mit der Gefahr der Verfolgung von Sonderinteressen einzugehen, vgl. unten ß. 28 Vgl. oben II, 1 a) dd). M
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relle Verbot aufbaut29, ist das Überwiegen von Sonderinteressen bei Geschäftsführungsmaßnahmen die Ausnahme. Selbst in diesem Fall liegt, im Gegensatz zu dem für § 181 BGB kennzeichnenden Sachverhalt, der Konflikt des Vertreters nicht in der Antinomie von Individualinteressen der einzelnen Gesellschafter, sondern in der Kollision von Gesellschaftsinteresse und Sonderinteresse eines Gesellschafters. Dieser Interessenkonflikt des Vertreters wird nicht dadurch verursacht, daß er einen Mitgesellschafter bei der Abstimmung vertritt, sondern besteht unabhängig davon auch hinsichtlich seiner eigenen Stimme. Es handelt sich hierbei um ein allgemeines gesellschaftsrechtliches Problem. Beispiell: KomplementärA stimmt im eigenen Namen und im Namen des von ihm vertretenen Kommanditisten B für die Beteiligung an der X-OHG in Form einer stillen Gesellschaft, weil A zugleich Gesellschafter der X-OHG ist. Beispiel2: Komplementär A stimmt im eigenen Namen und im Namen des von ihm vertretenen Kommanditisten B für die Veräußerung eines Grundstücks aus dem Gesellschaftsvermögen an ihn (A) zu unangemessenem Preis. Beispiel3: Komplementär A versagt im eigenen Namen und als Vertreter des Kommanditisten B die Zustimmung zum erforderlichen Erwerb eines Betriebsgrundstücks, weil er selbst dieses Grundstück erwerben will. Hier besteht die Gefahr, daß A sein Stimmrecht nicht ausschließlich im Interesse der KG gebraucht auch dann, wenn er nicht zugleich B bei der Abstimmung vertritt. Das möglicherweise entgegengesetzte Interesse des B bringt A nicht in einen zusätzlichen Interessenkonfiikt, weil er es wede.r berücksichtigen muß noch darf, soweit es über die Gesellschaftsinteressen hinausgeht. Der regelungsbedürftige Konflikt besteht also nicht zwischen den Sonderinteressen des A und denen des B, sondern zwischen dem Gesellschaftsinteresse, das A als Gesellschafter wie als Vertreter des B zu verfolgen hat, und dem Sonderinteresse des A.
Das Problem dieser Fälle liegt in der Kollision von Gesellschaftsinteresse, das der Vertreter bei der Abstimmung im eigenen Namen und im Namen des von ihm vertretenen Mitgesellschafters zu verfolgen hat, und dem Sonderinteresse des Vertreters. Für dieses allgemeine gesellschaftsrechtliche Problem der Kollision von Sonderinteressen eines Gesellschafters mit dem Gesellschaftsinteresse bestehen Sonderregeln, die eine der besonderen Interessenlage auch im Hinblick auf die Gefahr der Stimmrechtsverstärkung angemessene Lösung bieten. Zu denken ist etwa an die von einem Teil der Literatur30 vertretene entVgl. oben I, 3 b) bb). Zöllner § 20 III (S.190) m. w. N.; Weipert in RGR-Komm. HGB § 119 Anm. 6; Baumbach I Duden § 119 Anm. 1 D; RGZ 136, 236 (245); für "körperschaftsähnliche" Beschlüsse auch Westermann, Rn. 276. tt
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sprechende Anwendung der§§ 34 BGB, 47 GmbHG31 bei Beschlüsen, die ein Rechtsgeschäft mit dem betreffenden Gesellschafter zum Gegenstand haben. Ein solcher Stimmrechtsausschluß würde nicht nur die eigene Stimme des Vertreters betreffen, sondern ihn auch an der Abstimmung im Namen des Vertretenen hindern32 • Beispielsfall 2 wäre damit unproblematisch zu lösen, ohne daß grundsätzlich die Vertretung durch Mitgesellschafter ausgeschlossen wäre. Für Fälle, in welchen konkret die Gefahr einer Interessenkollision besteht, wäre diese gesellschaftsrechtliche Lösung auch zum Schutz des Vertretenen geeignet und der starren, auf einen latenten Interessenkonflikt zugeschnittenen Regelung des § 181 BGB vorzuziehen. Wenn die überwiegende Meinung33 einen Stimmrechtsausschluß in diesem Fall gleichwohl verneint, da sich diese Vorschriften in der Praxis nicht bewährt hätten114 und die Gesellschafter durch die Unwirksamkeit der schuldhaft pflichtwidrigen Stimmabgabe ausreichend geschützt seien35, so treffen diese Argumente nicht nur für die Stimme zu, die ein Gesellschafter im eigenen Namen abgibt, sondern in gleicher Weise auch für die in Vertretung eines Mitgesellschafters abgegebene Stimme. Denn der Vertretene wird vor einem Mißbrauch des Stimmrechts ebenso geschützt wie andere Mitgesellschafter. Stellt die Abstimmung des A in den Beispielsfällen 1 und 2 einen schuldhaften Verstoß gegen die Treuepflicht dar, so kann die pflichtwidrig abgegebene Stimme von den übrigen Gesellschaftern vernachlässigt werden36 • In der kleinen Familien-KG wird allerdhigs die Unwirksamkeit zunächst nicht geltend gemacht werden. Der Komplementär handelt dann jedoch bei Ausführung der Maßnahme=" als auftragsloser Geschäftsführeras und macht sich 31 Die entsprechende Regelung des § 43 Abs. 3 S. 2 GenG a. F. ist durch die Novelle zum GenG vom 9.10. 73 insoweit geändert worden (BGBl. I, S.1451). 32 Zöllner § 26 I, 3 (S. 272 f.). Insoweit dürfte die Regelung des § 136 Abs. 1 S. 1 AktG einen allgemeinen Grundsatz enthalten, daß der persönliche Stimmrechtsausschuß wegen Interessenkollision zugleich auch die Ausübung des Stimmrechts als Vertreter umfaßt. Vgl. auch Wiedemann, JZ 70, 291 (293). 33 A. Hueck, OHG § 11 III, 2 (S.170); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 22; Schlegelherger I Geßler § 119 Rn. 3. 114 Diese Ansicht wird auch durch die oben erwähnte .Änderung des § 43 GenG gestützt. 35 Nähere Begründung bei A. Hueck, Gesellschafterbeschlüsse, S. 700 (710 ff.), vgl. auch OHG § 11 III, 2 (S. 170 f.); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 22. 36 Vgl. A. Hueck, OHG § 11 III, 2 (S.l71); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 32; Schlegelherger I Geßler § 119 Rn. 3 a. E. 37 Wozu trotz Fehlens eines entsprechenden Beschlusses Vertretungsmacht besteht, vgl. oben II, 1 a) aa) bei Fn. 9.
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gegebenenfalls ersatzpflichtig. Diesen Anspruch der KG kann ein eventuell bestellter Pfleger oder der Kommanditist nach Erreichen der Volljährigkeit im Wege der actio pro socio38 geltend machen40• Eine entsprechende Anwendung der §§ 34 BGB, 47 GmbHG würde dagegen in Beispiel1 wegen der rechtlichen Verselbständigung der OHG (§ 124 HGB) auch dann nicht zu einem Stimmrechtsausschluß des A führen, wenn über den Abschluß eines langfristigen Liefervertrages oder eines umfangreichen Kreditgeschäfts zwischen der X-OHG und der KG abgestimmt würde. Verletzt der Komplementär mit seiner Stimmabgabe schuldhaft die Gesellschaftsinteressen, dann ist die Stimmabgabe- gleichgültig ob im eigenen oder im fremden Namen - unwirksam, ohne daß es einer Heranziehung des § 181 BGB bedarf. Der Nachteil gegenüber der Regelung des§ 181 BGB besteht allerdings darin, daß der Vertretene das Beweisrisiko trägt. Dem könnte zunächst im Fall der konkreten Interessenkollision durch entsprechende Anwendung der §§ 34 BGB, 47 GmbHG abgeholfen werden. Für die dann noch verbleibenden Fälle, in welchen die Gefahr des Stimmrechtsmißbrauchs besteht, ist einerseits zu bedenken, daß es sich um Ausnahmefälle handelt, bei denen die Gefahr für den Vertretenen nicht über das allgemeine Risiko des Mißbrauchs der Vertretungsmacht hinausgeht, was allein die Anwendung des § 181 BGB rechtfertigen könnte41 • Andererseits ist die zusätzliche Belastung des Vertretenen auch deshalb gering, weil sich das gleiche Problem hinsichtlich der eigenen Stimme des Vertreters stellen kann. Die Anwendung des § 181 BGB würde außerdem nur einen Teilbereich des Problems erfassen, wenn nämlich ein positiver Beschluß mit der Stimme des Vertretenen gefaßt wird. Eine Verletzung der Gesellschaftsinteressen kann aber ebenso darin liegen, daß sich der Vertreter der Stimme enthält oder die Zustimmung zu einer im Gesellschaftsinteresse notwendigen Maßnahme nicht erteilt42 • Dieser Fall wird von § 181 BGB überhaupt nicht erfaßt43 • Hier ist nur eine Heranziehung der 38 A. Hueck, OHG § 10 VI, 5 (S. 141 f.) m. w. N.; Schlegelherger I Geßler § 114 Rn. 20; Baumbach I Duden § 114 Anm. 3 E; abweichend Fischer in Großkomm. HGB § 116 Anm. 29. 39 A. Hueck, OHG § 18 II, 1 (S. 259); Fischer in Großkomm. HGB § 124 Anm. 11. Weitere Nachweise bei A. Hueck aaO., Fn. 13. 40 Verjährungsprobleme ergeben sich nicht, da für die vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche aus Verletzung der Geschäftsführungspflicht die 30jährige Verjährung nach § 195 BGB gilt, vgl. Fischer in Großkomm. HGB § 159 Anm. 3; Palandt I Thomas § 677 Anm. 5. 41 Vgl. oben I, 3 b) aa). 4~ A. Hueck, Treuegedanke S. 72 (83/84); ders., OHG § 10 IV, 4 (S. 135 f.); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 31; Schlegelherger I Geßler § 116 Rn. 2 mit § 115 Rn. 7; Westermann, Rn. 181. 43 Die Stimmabgabe ist kein Rechtsgeschäft, sondern Willenserklärung, BGHZ 14, 264 (267); A. Hueck, OHG § 11 V, 1 (S.179) m. w. N. in Fn. 52; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 26; Westermann, Rn. 278. Weitere Nachweise bei Himmelsbach, S. 6 f.
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gesellschaftsrechtlichen Grundsätze möglich, nach denen die erforderliche Geschäftsführungsmaßnahme auch ohne die pflichtwidrig versagte Zustimmung vorgenommen werden kann44 • In Beispiel3 läßt sich auch unter Heranziehung des § 181 BGB der Schutz der Beteiligungsinteressen des B nicht verwirklichen. Hier kommt nur eine Anwendung der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze über die Stimmpflicht in Betracht. Danach kann, soweit außer A noch ein weiterer Komplementär vorhanden ist (etwa in der mehrstämmigen Familien-KG), dieser trotz der fehlenden Zustimmung das Grundstück erwerben, ohne damit seine Geschäftsführerpflichten zu verletzen. In der kleinen, nur aus Eltern und Kindern bestehenden Familien-KG wird dagegen nur ein Schadensersatzanspruch gegen A in Betracht kommen45 • Während die Regelung des § 181 BGB den Vertretenen durch Autrechterhaltung des status quo schützt, kann bei Geschäftsführungsmaßnahmen auch darin eine Verletzung der Gesellschaftsinteressen liegen, daß eine erforderliche Maßnahme unterbleibt. Eine unterschiedliche Behandlung der Fälle danach, ob die pflichtwidrige Stimmabgabe positiv oder negativ war, erscheint nicht gerechtfertigt. Ein sinnvoller Schutz des Vertretenen müßte deshalb auch die Vornahme der gebotenen Geschäftsführungsmaßnahmen sicherstellen. Hierfür eignen sich jedoch nur die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze über die Stimmrechtsausübung. Die Regelung des § 181 BGB ist dagegen zum Schutz des vertretenen Mitgesellschafters weder erforderlich noch ausreichend. bb) Sachgerechtigkeit Die Anwendung der auf die Geschäftsgegnerschaft der Parteien zugeschnittenen Regelung des § 181 BGB führt bei der Abstimmung über Maßnahmen der Geschäftsführung nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Die generelle Regelung des § 181 BGB ist zwar geeignet, zum Schutz des Vertretenen das Austragen gegensätzlicher Individualinteressen sicherzustellen. Diese Regelung paßt jedoch nicht für Sachverhalte, in welchen die Verfolgung von Gesellschaftsinteressen gesichert werden muß48 • Hierfür bestehen die dargestellten gesellschaftsrechtlichen RegeA. Hueck, OHG § 11 III, 3 (S. 175). Die Rechtslage ist hier nicht anders als in den Beispielen 1 und 2. 48 Insbesondere kann der Vorschrift auch nicht die Aufgabe zukommen, die Mitwirkung jedes GesellsChafters an der Beschlußfassung über Geschäftsführungsangelegenheiten sicherzustellen. Eine solche Interpretation ließe sich weder mit der Gestattungsmöglichkeit durch den vertretenen Gesellschafter vereinbaren, noch wäre die im Ergebnis erforderlich werdende Vertretung durch gesellschaftsfremde Dritte an Stelle von Mitgesellschaftern den Gesellschaftsinteressen förderlich. 44
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2. Kap.: Stimmrecht
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Iungen, die auch dem Schutz des Vertretenen gerecht werden. Eine Anwendung des § 181 BGB widerspricht dagegen der gesetzgeberischen Wertung, die in der grundsätzlichen Alleingeschäftsführung des Komplementärs (§ 164 HGB) zum Ausdruck kommt, und würde insbesondere in der Familien-KG zu einer Wahrnehmung von Gesellschaftsangelegenheiten durch unbeteiligte Dritte in einem Fall führen, in dem weder das Schutzinteresse des vertretenen Gesellschafters, noch die Interessen der Gesellschaft eine solche Beteiligung erfordern. Einer Beteiligung gesellschaftsfremder Dritter an der Abstimmung über Geschäftsführungsangelegenheiten steht in aller Regel das Gesellschaftsinteresse und damit zugleich das Beteiligungsinteresse des vertretenen Gesellschafters entgegen, da sie das für die Familien-KG entscheidende Vertrauensverhältnis der Gesellschafter untereinander gefährde~7 und keine Gewähr für eine sachgerechte Stimmrechtsausübung bietet. Dritte sind regelmäßig mit den Gesellschaftsangelegenheiten weniger vertraut als Mitgesellschafter und laufen deshalb Gefahr, bei ihren Entscheidungen die Gesellschaftsinteressen nicht in der gebotenen Weise zu berücksichtigen, zumal sich bei ihnen nicht das Mitbetroffensein als Korrektiv bei der Interessenverfolgung auswirk~8• Die Anwendung des § 181 BGB würde deshalb, im Gegensatz zum Individualrecht, nicht den vom Gesetz bei Wahrnehmung des Stimmrechts gebotenen Rechtszustand einer uneigennützigen Wahrnehmung des Mitverwaltungsrechts herbeiführen, sondern die Vertretung von Einzelinteressen fördern. Da die Schutzinteressen des vertretenen Gesellschafters die Anwendung des § 181 BGB nicht erfordern, ist die Heranziehung der auf die Geschäftsgegnerschaft der Parteien zugeschnittenen Vorschrift im Bereich der Beschlüsse über Geschäftsführungsmaßnahmen nicht sachgerecht. c) E-rgebnis
Eine Anwendung des § 181 BGB auf die Vertretung durch Mitgesellschafter bei der Abstimmung über Maßnahmen der Geschäftsführung ist jedenfalls im Hinblick auf den primären Schutzzweck der Vorschrift nicht sachgerecht, denn sie wird vom Schutzbedürfnis des Vertretenen nicht gefordert, sondern läuft seinen Beteiligungsinteressen zuwider. Zu prüfen bleibt, ob der sekundäre Normzweck des § 181 BGB gleichwohl dessen generelle Anwendung erfordert49•
Vgl. BGH DB 75, 2174 (2176). Vgl. H. P . Westermann, Vertragsfreiheit § 10 III (33) mann § 12 I, 1 b (S. 281). 49 Unten III. 47
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= S . 355 und Wiede-
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2. Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, daß der Schutz des Vertretenen eine Anwendung des § 181 BGB auf Beschlüsse, welche Maßnahmen der Geschäftsführung betreffen, nicht erfordert. Es ist deshalb zu prüfen, ob die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte auch für solche Beschlüsse gelten, welche die Grundlagen der Gesellschaft und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft betreffen. Dazu sind, neben den Vertragsänderungen durch Beschluß, die Beschlüsse nach den§§ 113 Abs. 2, 117, 127, 140, 141 HGB50 sowie der Entlastungsbeschluß zu rechnen.
a) Vertragsänderungen durch Beschluß Es kann hier dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Änderungen des Gesellschaftsvertrags durch Beschluß nicht in Wirklichkeit um Abänderungsverträge handelt51 • Die Geltung des § 181 BGB ist nicht auf Verträge beschränkt, sondern gilt grundsätzlich für alle Rechtsgeschäfte, die in Form des Insichgeschäfts vorgenommen werden. Eine abweichende Behandlung kann sich nur im Hinblick auf eine in wesentlichen Merkmalen unterschiedliche Interessenlage rechtfertigen. Das ist bei den Beschlüssen über Änderungen des Gesellschaftsvertrags nicht der Fall. Bei der Abstimmung über Änderungen des Gesellschaftsvertrags besteht regelmäßig ein dem typischen Insichgeschäft vergleichbarer Interessengegensatz unter den Gesellschaftern. Denn die für Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung kennzeichnende Interessenbindung besteht nicht in gleicher Weise bei Abschluß oder Änderung des Gesellschaftsvertrags, sondern tritt erst durch den Vertragsschluß ein. Die Interessen der Gesellschafter sind von Vertragsänderungen nicht notwendig gleichartig betroffen, da durch den Gesellschaftsvertrag die gegenseitigen52 Rechte und Pflichten der Gesellschafter festgelegt werden. Hierbei widersprechen sich typischerweise die Interessen der Gesellschafter an einer für sie möglichst günstigen Vertragsgestaltung, so etwa bei der Frage, in welcher Höhe der einzelne Gesellschafter Beiträge zu leisten hat und in welchem Verhältnis er an Gewinn und VerVgl. Schilling in Großkomm. HGB § 164 Anm. 4. So Westermann, Rn. 270. 52 Damit soll nicht zur Frage Stellung genommen werden, ob es sich bei dem Gesellschaftsvertrag um einen gegenseitigen Vertrag im engeren Sinn handelt (dazu eingehend A. Hueck, OHG § 6 II, 3 (S. 52) mit ausführlichen Nachweisen in Fn. 12). Die Leistungen der Gesellschafter stehen jedenfalls in einem Abhängigkeitsverhältnis, da sich die Gesellschafter nach § 705 BGB gegenseitig · zur Leistung von Beiträgen verpflichten (vgl. A. Hueck a.a.O.). 50
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3 Fastrieb
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lust beteiligt is~. Eine Verbesserung der Rechtsstellung eines Gesellschafters ist regelmäßig nur auf Kosten des Mitgesellschafters möglich54• Das zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit bei der Zweipersonengesellschaft, trifft aber auch für die Mehrpersonengesellschaft zu. Daneben sind allerdings auch Vertragsänderungen in Betracht zu ziehen, durch welche die Gesellschafter im wesentlichen gleichartig betroffen werden, so daß man nicht von einer Änderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters gegenüber seinen Mitgesellschaftern sprechen kann. Zu denken ist etwa an eine Änderung des Gesellschaftszwecks. Hierzu rechnet auch für die stimmberechtigten Gesellschafter der Fortsetzungsbeschluß (§ 141 HGB), da es sich auch insoweit um eine Änderung des Gesellschaftszwecks handeUS5, der nach Eintritt des Auflösungsgrundes in der Liquidation der Gesellschaft besteht56• Entsprechendes gilt für den Auflösungsbeschluß. Durch solche Änderungen des Gesellschaftsvertrags werden zwar in erster Linie die gemeinsamen Gesellschaftsinteressen berührt. Man kann jedoch die Änderung eines Vertragsbestandteils nicht isoliert sehen. Auch die Änderung des Gesellschaftszwecks ist ein Eingriff in das vertragliche Gefüge. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß neben den gemeinsamen Interessen zugleich auch die gegensätzlichen Interessen der Gesellschafter an einer für sie möglichst günstigen Vertragsgestaltung berührt werden. So muß etwa der Gesellschaftszweck, zu dessen Verfolgung sich die Gesellschafter zusammengeschlossen haben, nicht der Endzweck der Beteiligung des einzelnen Gesellschafters sein57• Durch eine Änderung des Gesellschaftszwecks kann deshalb das Interesse eines Gesellschafters an seiner Beteili_gung insgesamt wegfallen. Auch eine in erster Linie die gemeinsamen Gesellschaftsinteressen betreffende Vertragsänderung kann deshalb legitime Einzelinteressen berühren. Die Übergänge sind fließend. Eine Differenzierung nach dem Inhalt des vertragsändernden Beschlusses empfiehlt sich folglich nicht. Im gesellschaftsvertraglich geregelten Bereich besteht generell die Gefahr eines Interessengegensatzes unter den Gesellschaftern, weil Individualinteressen betroffen werden58. 53 Dieser Interessenlage wird etwa auch für die Zulässigkelt von Mehrheitsbeschlüssen Rechnung getragen, wenn eine Abweichung vom Grundsatz der Gleichbehandlung durch Mehrheitsbeschluß nur unter besonderen Voraussetzungen zugelassen wird, vgl. ewa A. Hueck, Gesellschafterbeschlüsse, S. 700 (716 ff.); ders., OHG § 9 III (S. 112); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 12. 54 Zutreffend BGH DB 75, 2174 (2175). 55 A. Hueck, OHG § 23 V, 1 (S. 353); Ulmer in Großkomm. HGB § 131 Anm.146; Westermann, Rn. 597. 56 A. Hueck, OHG § 23 I (S. 341); Ulmer in Großkomm. HGB § 131 Anm. 3; Westermann, Rn. 588. 57 Insoweit unstreitig, vgl. statt aller Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 9; Westermann, Rn. 27 m. w. N.
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Im Gegensatz zur Abstimmung über Maßnahmen der Geschäftsführung sind die Gesellschafter bei Vertragsänderungen grundsätzlich auch berechtigt, ihre Individualinteressen zu verfolgen59• Ein Gesellschafter befindet sich folglich als Vertreter eines Mitgesellschafters in der für das Insichgeschäft typischen Konfliktlage, zur eigennützigen Interessenwahrnehmung berechtigt und zugleich zur Verfolgung gegensätzlichlieber Interessen des Vertretenen verpflichtet zu sein, ohne daß sich die Angemessenheit der jeweiligen Interessenverfolgung objektiv ermitteln läßt. Zwar könnte auch bei Vertragsänderungen der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter•0 herangezogen werden. Dieser verbietet jedoch keine ungleiche Behandlung, wenn der benachteiligte Gesellschafter zustimmt61 • Für diese Zustimmung müßte es deshalb bei der GeltUI·~_g des § 181 BGB bleiben. Ein Ausschluß des § 181 BGB lediglich für Vertragsänderungen, die unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgenommen werden, würde zu einer Einzelfallbetrachtung zwingen, die auch im Hinblick auf die Problematik einer Konkretisierung dieses Grundsatzesn mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit unvereinbar wäre. Der BGH63 begründet deshalb zutreffend die Geltung des § 181 BGB bei Beschlüssen über Änderungen des Gesellschaftsvertrags damit, daß die Gesellschafter in diesem Bereich "Geschäftsgegner" seien. An dieser Interessenlage ändert eine Einführung von Mehrheitsentscheidungen nichts. Ebenso wie bei einstimmig zu fassenden Beschlüssen besteht im Fall der Vertretung durch Mitgesellschafter auch bei Mehrheitsentscheidungen für den Vertretenen die Gefahr, daß der Vertreter aufgrunddes bestehenden Interessenkonflikts seine Vertretungsma-cht zum Nachteil des Vertretenen gebraucht und damit die Interessen des Vertretenen schädigt. § 181 BGB ist deshalb grundsätzlich auch auf die Abstimmung bei Mehrheitsbeschlüssen anzuwenden64 •
58 Unzutreffend deshalb BGHZ 52, 316 für den Auflösungsbeschluß bei der GmbH. Ablehnend auch Schilling, Gesellschafterbeschluß S. 275. 59 BGH LM § 138 HGB Nr. 8; A. Hueck, ZGR 1972, 237 (244); ders., Treuegedanke S. 72 (89); ders., OHG § 11 III, 3 (S. 173); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 31; Zöllner, § 30 II, 2 (S. 345). Ausnahmen sind allerdings aufgrund der Treuepflicht möglich (dazu A. Hueck, ZGR 1972, 237 [244] m.w. N.). 60 Vgl. statt aller G. Hueck, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 35 ff., insbesondere S. 39 ff. 61 G. Hueck, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 250 ff.; A. Hueck, OHG § 9 111
(S. l12}. 82
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3*
Dazu G. Hueck, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 173 ff. NJW 61, 724. So auch Himmelsbach, S. 136; vgl. aber unten IV, 2 b) bb).
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b) Sonstige Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen Dieses Ergebnis gilt auch für die übrigen Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen. Gemeinsam ist diesen Beschlüssen, daß der Gesellschafter, dessen Interessen durch den Beschluß unmittelbar betroffen werden, kein Stimmrecht bei der Beschlußfassung hat und deshalb auch das Stimmrecht nicht in Vertretung eines Mitgesellschafters ausüben kann65 • Eine Anwendung des § 181 BGB kommt jedoch unter den übrigen zur Abstimmung berufenen Gesellschaftern in Betracht, etwa im Fall der mehrstämmigen Familien-KG. aa) Beschlüsse über die Erhebung von Gestaltungsklagen, §§ 117, 127, 140 HGB Wie bei unmittelbaren Änderungen des Gesellschaftsvertrags sind die stimmberechtigten Gesellschafter66 auch bei den Beschlüssen über die Erhebung von Gestaltungsklagen Geschäftsgegner. Zwar kann, soweit keine andere vertragliche Regelung besteht67, die Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis sowie die Ausschließung eines Gesellschafters nur durch gerichtliches Urteil auf Antrag der übrigen Gesellschafter erfolgen. Hierbei handelt es sich um parallele Klageanträge der Gesellschafter68• Die Geltung des § 181 BGB kann aber in Frage stehen, wenn der Gesellschaftsvertrag hiervon abweichend vorsieht, daß über die Erhebung von Gestaltungsklagen mit Mehrheit beschlossen wird68, oder daß der Entzug der Vertretungses Zöllner § 26 I, 3 (S. 272 ff.).
Zum Stimmrecht des Kommanditisten Westermann, Rn. 850. Zur Zulässigkeit vgl. Fischer, NJW 59, 1057 (1059); ders. in Großkomm. HGB § 117 Anm. 28; § 127 Anm.18; A. Hueck, Gestaltungsklagen, S. 287 (299); ders., OHG § 10 VII, 11 b (S. 158) und § 29 I, 2 b (S. 435); Schlegelherger I Geßler § 117 Rn. 16 und § 127 Rn.ll und § 140 Rn.19; Ulmer in Großkomm. HGB § 140 Anm. 51. 68 Die Gesellschafter sind notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO), BGHZ 30, 195 (197); A. Hueck, OHG § 10, VII, 6 (S.150); Fischer in Großkomm. HGB § 117 Anm. 16; Ulmer in Großkomm. HGB § 140 Anm. 31. Es ist deshalb in aller Regel ohne praktische Bedeutung, ob in der Antragstellung zugleich ein Beschluß der antragsberechtigten Gesellschafter zu sehen ist (bejahend A. Hueck, Gesellschafterbeschlüsse. 700 [719]; abweichend Westermann, Rn. 219). Denn für die Antragstellung ist die Wirksamkeit eines zugrunde liegenden Beschlusses weder ausreichend (Fischer, NJW 59, 1057 [1059]; A. Hueck, OHG § 10 VII, 6 und 11 b fS.1501158l ; Schlegelherger I Geßler § 117 Rn. 8), noch erforderlich (Westermann a.a.O.). Stellen die Eltern in der mehrstämmigen Familien-KG im eigenen Namen und als Vertreter ihrer Kinder einen Antrag nach §§ 117, 127, 140 HGB, so ist insoweit das Erfordernis der Antragstellung durch die notwendigen Streitgenossen erfüllt. 66 67
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oder Geschäftsführungsbefugnis oder die Ausschließung dur·c h einfachen Mehrheitsbeschluß erfolgt70 • Im zweiten Fall muß § 181 BGB schon aus den oben a) dargelegten Gründen Anwendung finden, da es sich um unmittelbare Vertragsänderungen durch Gesellschafterbeschluß handelt. Im ersten Fall wird dagegen durch den positiven Mehrheitsbeschluß lediglich die Verpflichtung aller übrigen Gesellschafter begründet, an der Antragstellung mitzuwirken71 • Das Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) gilt aber auch hier, da durch den Beschluß Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander begründet werden und hierbei die Gefahr eines Interessengegensatzes unter den stimmberechtigten Gesellschaftern besteht72• Beispiel: In einer mehrstämmigen Familien-KG wird ein Kommanditist des Stammes A von einem Komplementär des Stammes B vertreten. Soll gegen den Komplementär des Stammes A eine Entziehungsklage erhoben werden,so kann es durchaus im Interesse des vertretenen Kommanditisten des Stammes A liegen, eine Mitwirkung an der Antragstellung zu verweigern73 und damit die Maßnahme zu verhindern, während der Stamm :ß ein Interesse daran hat, mit der Stimme des vertretenen Kommanditisten einen Mehrheitsbeschluß für die Erhebung der Entziehungsklage durchzusetzen.
Für die Interessenlage der stimmberechtigten Gesellschafter macht es keinen Unterschied, ob durch den Beschluß die Vertragsänderung unmittelbar herbeigeführt wird oder eine notwendige Voraussetzung für die Klageerhebung geschaffen wird, die einen Eingriff in den gesellschaftsvertraglich geregelten Bereich zum Ziel hat. In beiden Fällen geht es um eine Änderung der vertraglichen Grundlagen74 der Gesellschaft, wobei generell die Gefahr besteht, daß gegensätzliche Einzelinteressen der stimmberechtigten Gesellschafter berührt werden und deshalb eine sachgemäße Interessenvertretung bei einer Vertretung durch Mitgesellschafter nicht gewährleistet ist. 69 Zur Zulässigkeit vgl. Fischer, NJW 59, 1057 (1059); A. Hueck, OHG § 10 VII, 11 b (S. 158); Schlegelherger I Geßler § 117 Rn. 15; Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 117 Anm. 5. 70 Zur umstrittenen Frage der Zulässigekit vgl. BGH NJW 73, 651; BGH DB 73, 1445. 71 Fischer, A. Hueck, Schlegelherger I Geßler jeweils wie Fn. 69. 12 Vgl. Westermann, Rn. 220. 73 Inwieweit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausnahmsweise eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Antragstellung besteht, ist streitig. Verneinend A. Hueck, ZGR 1972, 237 (247); SchlegelbergeriGeßler § 117 Rn. 7; Staudingerl Keßler § 737 Rn. 16; Düringer/Hachenburg/Flechtheim § 117 Anm. 6. Bejahend unter Berufung auf die Treuepflicht BGH NJW 75, 1410; Fischer in Großkomm. HGB § 117 Anm.l5; Ulmer, JZ 76, 97 (98); Lehmann/Dietz § 20 IV, 1 d (S.145); Westermann, Rn. 220. 74 Düringer/HachenburgiFlechtheim § 117 Anm. 5; Fischer in Großkomm. HGB § 117 Anm. 16.
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2. Kap.: Stimmrecht
Der Schutz des Vertretenen erfordert deshalb wie bei unmittelbaren Vertragsänderungen auch bei der Abstimmung über die Erhebung von Gestaltungsklagen generell die Anwendung des § 181 BGB75• bb) Beschlüsse, welche die Geltendmachung von Sozialansprüchen betreffen (§§ 112 Abs. 1; 113 Abs. 2 HGB; Entlastungsbeschluß) Ebenso ist§ 181 BGB bereits seinem primären Schutzzweck nach auf Beschlüsse anzuwenden, welche die Geltendmachung von Sozialansprüchen betreffen. Hierzu ist neben den Beschlüssen76 nach §§ 112 Abs. 1, 113 Abs. 2 HGB auch der Entlastungsbeschluß zu rechnen77 • Zwar unterscheidet sich die Interessenlage der stimmberechtigten75 Gesellschafter bei der Abstimmung über die Erhebung von Sozialansprüchen von den typischen Fällen der Geschäftsgegnerschaft, auf welche die Vorschrift des§ 181 BGB zugeschnitten ist. Denn die Sozialansprüche stehen der Gesellschaft als solcher zu79, so daß durch die Entscheidung über die Erhebung dieser Ansprüche in erster Linie Vermögensinteressen der Gesellschaft und damit die Beteiligungsinteressen der stimmberechtigten Gesellschafter gleichartig betroffen werden. 75 A. A. Himmelsbach, S. 154 ff., der jedoch die verpflichtende Wirkung dieser Beschlüsse verkennt. 76 Das Gesetz spricht nur in § 113 Abs. 2 HGB von einem Beschluß. Es wird deshalb vertreten, daß im Fall des § 112 Abs. 1 HGB (so Fischer in Großkomm HGB § 112 Anm. 10; A. Hueck, OHG § 13 11, 4 = S 198) und bei der Entlastung (so A. Hueck, OHG § 12, 6 Fn. 21 [S. 191/192]; a. A. Fischer in Großkomm. HGB § 116 Anm. 23; Weipert in RGRKomm. HGB § 116 Anm. 23) ein Beschluß nicht erforderlich sei, sondern die Zustimmung bzw. Entlastung auch einzeln erteilt werden kann. Zutreffend ist, daß ein formeller Beschluß nicht erforderlich ist. Auch eine nacheinander erfolgende Zustimmung der Gesellschafter würde jedoch nicht an der Qualiftkation als Beschluß hindern (Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 3; A. Hueck, OHG § 11 li, 2 = S.163). Da Sozialansprüche sämtlichen Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen (A. Hueck, OHG § 18 li, 2 [S. 2591260]; Fischer in Großkomm. HGB § 109 Anm. 5; Schlegelherger I Geßler § 109 Rn. 2, 3), ist in der Verfügung über diese Ansprüche durch Enteilung der Zustimmung nach § 112 Abs.1 HGB und in der Entlastung eine Maßnahme der Gesellschaftergesamtheit und damit ein Beschluß zu sehen (vgl. Hadding, JZ 75, 159, 163). 77 Für den Anspruch auf Unterlassung des Wettbewerbs und die vom Entlastungsbeschluß betroffenen Ansprüche aus Verletzung der Geschäftsführerpflichten vgl. A. Hueck, OHG § 18 li, 1 (S. 259); Fischer in Großkomm. HGB § 109 Anm. 5; Schlegelherger I Geßler § 109 Rn. 2. 7 & Stimmberechtigt ist auch der Kommanditist, vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 165 Anm. 8; Schlegelherger I Geßler § 165 Rn. 3; Baumbach I Duden § 165 Anm. A. 79 A. Hueck, OHG § 18 li, 2 (S. 2591260); Fischer in Großkomm. HGB § 109 Anm. 5; Schlegelherger I Geßler § 109 Rn. 2, 3.
II. Der Schutz des Vertretenen als erster Normzweck des§ 181 BGB
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Auch besteht grundsätzlich eine Pflicht der Gesellschafter zur Verfolgung von Gesellschaftsinteressen bei der AbstimmungS«'. Der wesentliche Unterschied zu den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung, für die eine Heranziehung des § 181 BGB nicht sachgerecht erscheint, liegt jedoch darin, daß von der Entscheidung zugleich die Grundlagen der Gesellschaft berührt werden81 , da über die Geltendmachung oder Nichtgeltendmachung von Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis abgestimmt wird. So liegt in der Einwilligung nach § 112 Abs. 1 HGB eine Beschränkung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots; der Beschluß nach§ 113 Abs. 2 HGB kann einen Verzicht auf die Ansprüche aus § 113 Abs. 1 HGB enthalten82• Ähnliche Wirkungen hat auch die Entlastung; denn sie führt unter anderem zu einer Beschränkung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus der Geschäftsführertätigkeiflll. Wie eng diese Beschlüsse mit den Grundlagen der Gesellschaft verbunden sind, zeigt etwa die Ansicht des BGH84 , wonach in der Verfügung über einen aus dem Gesellschaftsvertrag selbst entspringenden (Schadensersatz-85)Anspruch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags liegt. Vom Ergebnis der Beschlüsse kann nicht zuletzt auch der Fortbestand der Gesellschaft abhängen, da sie entscheidend auf das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern einwirken88 • Es zeigt sich, daß die Entscheidung über die Erhebung von Sozialansprüchen die Interessen aller Gesellschafter berührt, weil sie in einem engen Verhältnis zu den vertraglichen Grundlagen der Gesellschaft steht. Es besteht deshalb immer die Gefahr, daß Individualinteressen die Abstimmung der Gesellschafter entscheidend beeinflussen. 80 Das wird ausdrücklich allerdings nur für den Beschluß nach § 113 Abs. 2 HGB anerkannt, vgl. A. Hueck, Treuegedanke S. 72 (84); ders., OHG § 13 II, 6 (S. 203); Fischer in Großkomm. HGB § 113 Anm. 9; Schlegelherger I Geßler § 113 Rn. l4. 81 Hadding, JZ 75, 159 (163); RGZ 171, 51 (54); v. Godin, ZAkDR 1943, 196 (197).
Fischer in Großkomm. HGB § 113 Anm. 9. Insoweit herrscht über die Wirkungen der Entlastung in der Personengesellschaft Einigkeit, vgl. Brox, BB 60, 1226; A. Hueck, OHG § 12, 6 (S. 191); Fischer in Großkomm. HGB § 116 Anm. 23; Baumbach j Duden § 114 Anm. 3E; Düringer j Rachenburg I Flechtheim § 114 Anm. 7; für die Entlastung bei der GmbH vgl. BGH LM § 46 GmbHG Nr. 4; für das alte Aktienrecht RGZ 115, 246 (250). Es braucht deshalb nicht auf die umstrittene Frage der Rechtsnatur der Entlastung eingegangen zu werden. Vgl. dazu Brox, BB 60, 1226 und A. Hueck, GmbH-Rdsch. 59, 189 ff., jeweils m. w. N. 84 BGH JZ 75, 178 (180); zustimmend Hadding, JZ 75, 159 (164); Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 b i. V. m. § 109 Anm. 5; vgl. auch A. Hueck, OHG § 18 II, 3 (S. 263). 85 So der vom BGH aaO. entschiedene Fall. 86 Hadding, JZ 75, 159 (163); RGZ 171, 51 (54); A. Hueck, OHG § 13 II, 6 (S. 203) für die Erhebung von Ansprüchen aus§ 113 Abs. 1 HGB. 82
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2. Kap.: Stimmrecht
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Beispiel: In einer mehrstämmigen Familien-KG werden die Stimmen der minderjährigen Kommanditisten des einen Stammes dazu mißbraucht, einen Anspruch nach § 113 Abs. 2 HGB gegen den Komplementär des anderen Stammes geltend zu machen, um diesen zum Ausscheiden aus der Gesellschaft zu zwingen.
Demgegenüber fällt die Pflicht, im Interesse der Gesellschaft zu stimmen, als Mißbrauchsschranke nicht ins Gewicht. Denn für den Vertretenen ist der Nachweis des Mißbrauchs in diesem Bereich kaum möglich, weil für die Entscheidung nicht nur finanzielle Interessen der Gesellschaft, sondern auch ideelle Gesichtspunkte maßgebend sein können87 • Eine Gesamtbetrachtung der Interessenlage zeigt, daß die ·Stellung der Gesellschafter in diesem Bereich zwar der für Insichgeschäfte typischen Interessenlage nur bedingt entspricht. Auch erscheint die durch Anwendung des § 181 BGB insbesondere in der Familien-KG erforderlich werdende Beteiligung gesellschaftsfremder Dritter gerade hier, wo das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter nachhaltig betroffen ist, nicht in jeder Hinsicht befriedigend. Es handelt sich deshalb um einen Grenzfall, für dessen Lösung zu berücksichtigen ist, daß es sich um Ausnahmefälle handelt, so daß die in der Familien-KG mit einer Anwendung des § 181 BGB regelmäßig erforderlich werdende Pflegerbestellung nicht in gleicher Weise wie bei Geschäftsführungsmaßnahmen die Gesellschaftsinteressen beeinträchtigt. Berücksichtigt man außerdem die besondere Tragweite der Beschlüsse für den Fortbestand der Gesellschaft, die erhöhte Gefahr einer Interessenkollision sowie des Machtmißbrauchs durch Stimmenhäufung einerseits, andererseits das mit der Situation des Insichgeschäfts vergleichbare Beweisproblem für den Vertretenen, so erscheint die Anwendung der Vorschrift zum Schutz des Vertretenen geboten88• Für eine Anwendung des § 181 BGB sprechen schließlich auch Gesichtspunkte der Rechtssicherheit, da im Einzelfall die Frage, ob in dem Verzicl:!t auf die Geltendmachung von Sozialansprüchen zugleich eine Vertragsänderung liegt, für die § 181 BGB anzuwenden ist, nicht ohne weiteres zu entscheiden ist. c) Ergebnis
Im Gegensatz zu den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung rechtfertigt das besondere Schutzbedürfnis des Vertretenen eine Anwendung des § 181 BGB bei allen Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen.
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A. Hueck, Treuegedanke, S. 72 (84). A. A. Himmelsbach, S. 154 ff. für den Beschluß nach § 113 Abs. 2 HGB.
III. Rechtssicherheit als zweiter Normzweck des § 181 BGB
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III. Rechtssicherheit als zweiter Normzweck des§ 181 BGB Wenn eine Anwendung des § 181 BGB vom primären Schutzzweck der Vorschrift bei Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung nicht gefordert wird, so kann gleichwohl der Verkehrsschutz, dem die formale Ausgestaltung der Vorschrift in besonderer Weise Rechnung trägt1, eine Differenzierung zwischen Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung und Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, verbieten.
Im folgenden ist deshalb zu klären, ob eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 181 BGB bezüglich der Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu vereinbaren ist. Der Schutz der Rechtssicherheit kann als Normzweck des § 181 BGB nur die Erleichterung der Erkennbarkeit und Nachweisbarkeit der Gültigkeit des Insichgeschäfts bedeuten2 • Entscheidend ist deshalb, ob der Verzicht auf die Anwendung des § 181 BGB dem von der Vorschrift geschützten Personenkreis Prüfung und Nachweis der Gültigkeit der Geschäftsführungsbeschlüsse erschwert. Hierbei stellen sich zwei Fragen: Zunächst ist zu prüfen, ob der Ausschluß der generellen Regelung des § 181 BGB bei den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung zu einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Unsicherheit darüber führt, ob der einz.e lne Geschäftsführungs:beschluß wirksam ist3 (dazu unten 1.). Danach stellt sich die Frage, ob sich die tatbestandliehe Eingrenzung des § 181 BGB mit ausreichender Sicherheit vornehmen läß~ (dazu unten 2.). 1. Wirksamkeit der Gescltäftsführungsbeschlüsse
Unter dem Gesichtspunkt der ReChtssicherheit kann § 181 BGB dem Schutz des Vertretenen, des Vertreters, Dritter und der Allgemeinheit dienen5 • Die Interessen des Vertretenen werden durch den Ausschluß der generellen Regelung des § 181 BGB für Geschäftsführungsbeschlüsse auch im Hinblick auf die Erkennbarkeit und Nachweisbarkeit der GülVgl. oben I, 3 a). W. Blomeyer, AcP 172 (1972), S. 6. 3 Diese Frage war in erster Linie für die generelle Fassung des § 181 BGB ausschlagebend, vgl. Protokolle I, S.175; W. Blomeyer, AcP 172, S. 5; Plander, 1
2
S..41.
4 Diese Frage prüft der BGH (BGHZ 56, 97, 103; 59, 236, 240) in erster Linie, wenn er unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit darauf abstellt, ob die nicht vom Schutzzweck des § 181 BGB erfaßten Rechtsgeschäfte eine "Gruppe" bilden. 5 Dazu eingehend Plander, S. 44 ff.; zustimmend W. Blomeyer, AcP 172, S. 6; Göggerle, S. 24.
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2. Kap.: Stimmrecht
tigkeit des Beschlusses nicht verletzt. Zwar kann sich für den Vertretenen die Frage stellen, ob die Stimmabgabe unwirksam ist, weil sie nicht im Gesellschaftsinteresse abgegeben wurde, sondern der Vertreter außergesellschaftliche Sonderinteressen verfolgt hat. Diese Gefahr ist jedoch mit jeder Stimmabgabe durch einen Stellvertreter verbunden und berührt nicht das Kernproblem des§ 181 BGB, das im Fehlen eines objektiven Maßstabs für die Angemessenheit der Interessenvertretung und dem damit verbundenen Beweisproblem liegt. Das zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit am Fall der Mehrvertretung bei der Abstimmung. Beispiel: V nimmt als gesetzlicher Vertreter das Stimmrecht für seine Kinder A und B wahr. Hier besteht die Frage, ob V bei der Abstimmung pflicht·gemäß die Gesellschaftsinteressen verfolgt hat, unabhängig davon, ob er nur A oder zugleich auch B vertritt. Anders dagegen, wenn V zwischen A und B einen Vertrag schließt.
Bedenken könnten sich lediglich in der kleinen Familiengesellschaft ergeben, wenn nicht erkennbar wird, ob überhaupt ein Beschulß gefaßt wurde. Dieses auch bei der Einmann-GmbH bestehende Problem6 läßt sich aber überwinden, wenn man in diesem Fall zur Gültigkeit des Beschlusses die äußere Erkennbarkeit fordert, wie das auch bei den erlaubten Insichgeschäften verlangt wird7 • Die Interessen des Vertretenen werden im Hinblick auf die Rechtssicherheit also nicht unzulässig beeinträchtigt. Die gleichen Gesichtspunkte gelten auch für den Schutz des Vertreters. Da der Vertreter bei Maßnahmen der Geschäftsführung nicht zur Verfolgung von Individualinteressen berechtigt, sondern zur Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen verpflichtet ist, besteht die mögliche Unsicherheit, ob in der Stimmabgabe ein Verstoß gegen die Treuepflicht liegt, in gleicher Weise bei seiner eigenen wie bei der in Vertretung eines Mitgesellschafters abgegebenen Stimme. Hält sich der Vertreter mit der Stimmabgabe im Rahmen des ihm als Gesellschafter zustehenden Ermessens, so kann auch die in Vertretung eines Mitgesellschafters abgegebene Stimme nicht pflichtwidrig sein. Für den Vertreter ergeben sich deshalb keine zusätzlichen Unsicherheitsmomente, die die Rechtssicherheit beeinträchtigen könnten. Der Schutz außensteheoder Dritter ist dagegen regelmäßig schon deshalb nicht berührt, weil die Vertretungsmacht der Komplementäre unabhängig von dem Vorhandensein eines wirksamen Geschäftsführungs6 Vgl. BGHZ 56, 97 (103). Bei der Einmann-GmbH ist dieser Gesichtspunkt für den Vertretenen allerdings unerheblich. 7 Palandt j Heinrichs, § 181 Anm. 5; Soergel j Schulze-v. Lasaulx § 181 Rn. 12; einschränkend Staudinger I Coing § 181 Rn. 21 ; Erman I Westermann § 181 Rn. 20; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 181 Rn. 4.
III. Rechtssicherheit als zweiter Normzweck des§ 181 BGB
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beschlusses besteht. Von der Unsicherheit möglicherweise betroffene Dritte werden deshalb in aller Regel nur die Mitgesellschafter, etwa die den Beschluß ausführenden Geschäftsführer sein. Für diese tritt durch den Ausschluß des § 181 BGB keine zusätzliche Unsicherheit ein, da sie in jedem Fall beurteilen müssen, ob in der Stimmabgabe eine unzulässige Verfolgung von Sonderinteressen liegt. Schließlich werden auch die Interessen der Allgemeinheit etwa an der Vermeidung von Prozessen8 durch den Ausschluß des § 181 BGB nicht verletzt. Zwar mag in einigen Fällen durch die Häufung der Stimmen in der Person des Vertreters ein gewisser Anreiz geschaffen werden, eigennützige Interessen bei der Geschäftsführung zu verfolgen und damit Anlaß zu Rechtsstreitigkeiten gegeben werden. Doch handelt es sich hierbei um Ausnahmefälle, die sich - wenn überhaupt - besser durch eine analoge Anwendung der §§ 34 BGB, 47 GmbHG9 vermeiden ließen, als durch die Anwendung der starren Regelung des § 181 BGB.
2. Abgrenzbarkeit zu den Grundlagenbeschlüssen Eine Beschränkung der Vorschrift auf Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, setzt weiter voraus, daß die damit notwendig werdende tatbestandliehe Abgrenzung mit der erforderlichen Sicherheit möglich ist. Für die Beteiligten und Dritte muß Klarheit bestehen, ob für den jeweiligen Beschluß § 181 BGB Anwendung findet oder nicht. Das ist insbesondere im Hinblick auf die Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrags wichtig, weil hier ein Verstoß gegen § 181 BGB die Unwirksamkeit der Vertragsänderung zur Folge haben kann. Zwar werden auch für fehlerhafte Vertragsänderungen teilweise die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft herangezogen10• Da die Geltung des § 181 BGB aber typischerweise, wie im Fall der Familien-KG, bei Beteiligung Minderjähriger in Frage steht, gelten diese Grundsätze nur mit Einschränkungen11 • Die Unterscheidung zwischen Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen und den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung wird im Anschluß an das RG 12 ganz allgemein getroffen13, ohne daß dadurch die Rechtssicherheit unzulässig beeinträchVgl. Plander, S. 53. Dazu oben II, 1 b) aa). 10 Vgl. A. Hueck OHG § 7 111, 7 (S. 98 ff.) m. w. N.; Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 84; BGHZ 62, 20 (26 ff.). 11 A. Hueck, OHG § 7 111, 4 (S. 93 ff.); Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 99. 12 RGZ 162, 370 (374). 13 Vgl. statt aller Schilling in Großkomm. HGB § 164 Anm. 4; Fischer in Großkomm. HGB § 114 Anm. 2 b. 8
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2. Kap.: Stimmrecht
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tigt wird. So gelten häufig im Gegensatz zu Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung für vertragsändernde Beschlüsse besondere Form- oder Mehrheitsvorschriften14• Die Geschäftsführungsbeschlüsse bilden also eine Gruppe, die sich qualitativ von den Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, unterscheiden. Darüber hinaus darf der Wert der formalen Tatbestandsfassung des § 181 BGB nicht überschätzt werden, wie sich insbesondere an dem Streit um die Rechtsnatur der Beschlüsse zeigt. Denn auch das Abstellen auf rein formale Kriterien kann nicht verhindern, daß es Grenzfälle gibt, in welchen unklar ist, ob es sich um Rechtsgeschäfte handelt, für welche die Vorschrift des § 181 BGB gilt, oder um "Sozialakte". Die allgemein anerkannte Differenzierung zwischen Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung und Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, genügt deshalb auch im Hinblick auf die Geltung des § 181 BGB den Erfordernissen der Rechtssicherheit;
IV. Ergebnis und Konsequenzen für die Beschlulifassung in der Familien-KG Die Untersuchung hat ergeben, daß es sich bei § 181 BGB um eine auf einen individualrechtliehen Interessengegensatz zugeschnittene Vorschrüt handelt, deren Regelung nur bedingt ·für die gesellschaftsrechtliche Problematik der Stimmrechtsausübung paßt. Für die Geltung des Verbots des§ 181 BGB ist iwischen den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung und den Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, zu differenzieren1 • 1. Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung, § 164 HGB Bei den Beschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung bedarf es zuin Schutz des vertretenen Mitgesellschafters einer Anwendung des Verbots des § 181 BGB nicht, da durch die Bindung der Gesellschafter an den Gesellschaftszweck und die gesamthänderische Beteiligung am Gesellschaftsvermögen .eine Bindung der' Gesellschafterinteressen eintritt, welche die Gesellschafter in Geschäftsführungsangelegenheiten nicht mehr als Geschäftsgegner i. S. des § 181 BGB erscheinen läßt. Für die besondere gesellschaftsrechtliche Interessenlage bestehen vielmehr Sonderregeln über die Stimmrechtsausübung; die zu einer dem GesellVgl. oben II, 1 a) aa). So nunmehr auch BGH DB 75, 2174 (2175); aA. Klamroth, BB 74, 160 ff.; Schilling, Gesellschafterbeschluß S. 275. t4
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IV. Ergebnis und Konsequenzen für die Beschlußfassung
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Schaftsverhältnis angemessenen Abwägung zwischen den Interessen des Gesellschafters und dem Gesellschaftsinteresse führen. Die rigorose Anwendung der Regelung des § 181 BGB ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit geboten, da es sich bei den Geschäftsführungsbeschlüssen um eine abgrenzbare Gruppe handelt, auf die der Schutzzweck des § 181 BGB generell nicht zutrifft. Die Vorschrift des § 181 BGB ist deshalb zu den Vorschriften zu rechnen, die im Gesellschaftsrecht nicht uneingeschränkt Anwendung finden können, da sie für die besonderen Belange der Geschäftsführung bei der Personengesellschaft nicht paßt. Diesen Grundsätzen hat auch die Anwendung des § 1795 Abs. 1 Nr.1 BGB zu folgen, da ratio legis und formale Ausgestaltung der des§ 181 BGB entsprechen2 • Für die Beschlußfassung über Angelegenheiten der Geschäftsführung in der Familien-KG folgt daraus, daß die Eltern auch als Mitgesellschafter nicht an der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder gehindert sind3 • 2. Beschlüsse, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen a) Grundsätzliche Geltung der§§ 181, 1795 Abs.1 Nr.1 BGB
Bei Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, bei denen die Gesellschafter in geringerem Maße der Treuebindung unterliegen, wird dagegen eine Anwendung der §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr.1 BGB vom Schutzzweck der Vorschriften gefordert. Die Eltern sind deshalb in der Familien-KG grundsätzlich an einer wirksamen Vertretung des minderjährigen Kommanditisten bei der Abstimmung gehindert(§§ 1629 Abs. 2; 1795, 181 BGB). Im Regelfall muß deshalb zur Abstimmung bei Beschlüssen, welche die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, für den minderjährigen Kommanditisten ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) bestellt werden. Diese Konsequenz ist aber, abgesehen von den damit verbundenen Kosten, für die Familien-KG nicht unbedenklich, da es sich bei der Abstimmung um Fragen handeln kann, die in besonderer Weise das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern betreffen. Zu denken ist hier insbesondere an die Beschlußfassung über die Erhebung von Schadensersatzansprüchen oder Entziehungsklagen. Ein familien- und gesellschaftsfremder Pfleger wird nicht in jedem Fall in der Lage sein, Gernhuber §51 IV, 2 (S. 586); BGH DB 75, 1310 (1311). Im Ergebnis Zöllner § 25 IV (S. 269 f.); Sudhoff, DStR 73, 59 3(594); Himmelsbach, S.l54ff.; wohl auch Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 5 a.E.; BGH DB 75,2174 (2175). t
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2. Kap.: Stimmrecht
die hierbei gebotene Abwägung der materiellen und ideellen Interessen in Vertretung des minderjährigen Kommanditisten sachgerecht vorzunehmen. Für die Familien-KG ist deshalb von entscheidender Bedeutung, ob und in welchen Fällen trotz der Geltung der §§ 181, 1795 BGB eine Pflegerbestellung zur Abstimmung vermeidbar ist.
b) Fälle, in denen eine Pflegerbestellung nicht erforderlich ist aa) Einstimmig zu fassende Beschlüsse Zunächst ist eine Pflegerbestellung entbehrlich, soweit eine Ausnahme von dem Vertretungsverbot der §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 vorliegt. Die Eltern können deshalb den Minderjährigen bei lediglich rechtlich vorteilhaften Zustimmungen vertreten•. In Ausnahmefällen kann darüber hinaus bei Vertragsänderungen eine konkrete Pflicht zur Zustimmung für den minderjährigen Kommanditisten bestehen•, so daß die Eltern bei Erteilung der Zustimmung lediglich in Erfüllung einer Verbindlichkeit handeln(§§ 181 Hs. 2; 1795 Abs.1 Nr. 1 Hs. 2 BGB)6 • Eine weitere Möglichkeit, die Bestellung eines Pflegers zu vermeiden, besteht in Fällen, in welchen der Minderjährige kurz vor Erreichen der Volljährigkeit steht. Denn nach allgemeiner Ansicht handelt es sich bei §§ 181, 1795 BGB um eine Einschränkung der Vertretungsmacht. Der Vertreter, der das Rechtsgeschäft unter Verstoß gegen§§ 181, 1795 BGB vornimmt, handelt als Vertreter ohne Vertretungsmacht; von ihm vorgenommene Rechtsgeschäfte sind nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam (§§ 177 Abs. 1, 180 BGB) und können nach § 184 Abs. 1 BGB mit Wirkung "ex tune" vom Vertretenen7 genehmigt werden8 • Vertreten die Eltern den minderjährigen Kommanditisten bei der Abstimmung unter Verstoß gegen §§ 181, 1795 BGB, so kann dieser, wenn die übrigen Gesellschafter nicht von den Rechten aus §§ 180, 177 Abs. 2 4 Die Einschränkung des § 181 BGB für Rechtsgeschäfte, die für den Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft sind, entspricht der nunmehr herrschenden Meinung, BGHZ 59, 236 (240); Enneccerus I Nipperdey, AT § 181 II, 4 (S.1114); Larenz, AT§ 30 II a) (S. 485); Boehmer, S. 52; W. Blomeyer, AcP 172, S. 11; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 27 m. w. N. 5 BGHZ 44, 40; BGH WM 67, 1099 (1101); BGH LM § 109 HGB Nr. 8; BGH WM 73, 990 (991/992); A. Hueck, ZGR 72, 237 (244); ders., OHG § 11 Ill, 3 (S.173); Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 31 c; Westermann, Rn. 242; Zöllner § 30 II, 2 (S. 345 ff.); abweichend Kollhosser, S. 275 ff. 6 Vgl. BGH NJW 61, 724. 7 Auch vom volljährig gewordenen Kind, vgl. Staudinger j Donau, § 1629 Rn. 76; Soergel I Germer § 1795 Rn. 8; Soergel/ Lange § 1629 Rn. 19; Erman I Ronke § 1629 Rn. 16; Gernhuber §51 IV, 7 (S. 590). 8 Enneccerus I Nipperdey, AT § 181 IV (S. 1114); Larenz, AT § 30 II a) (S. 484); Staudinger I Coing § 181 Rn. 17 b/c; Staudinger I Engler § 1795 Rn. 13; Soergel I Schultze-v. Lasaulx § 181 Rn. 41 m. w. N.
IV. Ergebnis und Konsequenzen für die Beschlußfassung
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BGB Gebrauch machen9 , die Stimmabgabe nach Erreichen der Volljährigkeit mit Wirkung "ex tune" genehmigen. Dieser Weg wird allerdings nur bei Vertragsänderungen in Betracht kommen, die eine rückwirkende Abänderung zulassen10, wie etwa eine Änderung der Gewinnverteilung. Insoweit hat die Rückwirkung auch steuerliche Bedeutung, weil steuerrechtlich zwar die gesetzliche Rückwirkung der Genehmigung, nicht aber der rückwirkende Vertragsschluß anerkannt wirdu. Schließlich kann auch, soweit keine Stimmpflicht besteht12, ein Absehen von der Ausübung des Stimmrechts im Interesse des minderjährigen Kommanditisten liegen. Hierüber können die Eltern im Rahmen ihres Rechts zur Vermögenssorge für ihr Kind entscheiden, denn die Regelung der §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfaßt nur den Fall, daß die Eltern im Namen des minderjährigen Kommanditisten für diesen rechtsgeschäftlich tätig werden. Die Entscheidung über die Teilnahme an der Abstimmung ist dagegen ebensowenig wie die Entscheidung über die Erhebung von Ansprüchen1~ ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschriften. Die Eltern müssen deshalb im Rahmen der elterlichen Gewalt prüfen, ob die Teilnahme an der Abstimmung den Interessen 9 Man wird dem überstimmten Gesellschafter die Rechte aus § 180 BGB geben müssen, obwohl die Stimmabgabe kein Rechtsgeschäft, sondern Willenserklärung ist (BGH NJW 52, 99; Enneccerus j Nipperdey, AT § 146 IV (S. 912); Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 26 ;A. Hueck, OHG § 11 V, 1 a (S. 179) m. w. N. in Fn. 52), da er sich andernfalls nicht gegen die Vertretung ohne Vertretungsmacht mit den Folgen des § 177 BGB wehren könnte. Denn den Vorschriften der §§ 111, 180 BGB liegt der Gedanke zugrunde, daß die schwebende Unwirksamkeit für den Geschäftsgegner unzumutbar ist, wenn es nicht von seinem Willen abhängt, ob er sich auf das Geschäft einläßt, vgl. Larenz, AT § 6 Ill, b (S. 87/88); Staudinger I Coing § 111 Rn. 4 und § 180 Rn. 1. Der Wortlaut des § 180 BGB steht dem nicht zwingend entgegen, da die Begriffe Rechtsgeschäft und Willenserklärung im AT nicht immer konsequent unterschieden werden, vgl. Soergel I Hefermehl, Anm. 1 vor§ 104; Zöllner§ 31 Ill, 1 (S. 364) bei Fn. 14. 10 Auf die schwierige und ungeklärte Frage, inwieweit die Rückwirkung der Genehmigung bei Beschlüssen im Einzelfall sachgerecht ist, kann hier nicht weiter eingegangen werden (für formelle Beschlüsse ablehnend Würdinger § 11 Ill, 2 (S. 57); Vertretung ohne Vertretungsmacht hält bei Hauptversammlungsbeschlüssen Barz in Großkomm. AktG § 134 Anm. 30 a. E. für unzulässig). Bis zur Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung können Tatsachen geschaffen werden, die mit Wirkung "ex tune" nicht mehr zu beseitigen sind. Dem wird bei Anwendung des § 184 Abs. 1 BGB, der die Rückwirkung der Genehmigung nur anordnet, "soweit nicht ein anderes bestimmt ist", Rechnung zu tragen sein (vgl. insoweit auch die Lehre über die fehlerhafte Vertragsänderung, A. Hueck, OHG § 7 Ill, 7 = S. 98). 11 Kühn I Kutter § 3 StAnpG Anm. 4. 12 Diese besteht bei Beschlüssen über Änderungen des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich nicht, vgl. Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 31; A. Hueck, OHG § 11 III, 3 (S. 173 ff.); Kollhosser, S. 275 ff. m. w. N. in Fn.l, 2. 13 Das ist anerkannt für die Geltendmachung von Schadensersatz-, Pflichtteils- und Unterhaltsansprüchen, vgl. BGH NJW 75, 345 (346) mit ausführlichen Nachweisen und oben 1. Kapitel, li Fn. 14.
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2. Kap.: Stimmrecht
des minderjährigen Kommanditisten entspricht und gegebenenfalls die Bestellung eines. Ergänzungspflegers herbeiführen (§ 1909 Abs. 2 BGB). Es kann aber ebenso im Interesse des minderjährigen Kommanditisten liegen, einer Vertragsänderung nicht zuzustimmen, oder sich an der Erhebung einer Gestaltungsklage nicht zu beteiligen. In diesem Fall ist eine Pflegerbestellung zur Stimmrechtsausübung nicht erforderlich. Allerdings besteht auch bei dieser Entscheidung, welche die Eltern über die Ausübung des Stimmrechts zu treffen haben, die Gefahr der Interessenkollission, insbesondere dann, wenn sich der Beschluß gegen einen Elternteil richtet. Eine entsprechende Anwendung der §§ 181, 1795 BGB ist aber aus zwei Gründen nicht möglich: Einerseits besteht in den §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB eine Regelung, die den Fall der elterlichen Entscheidung für die Ausübung von Rechten umfaßt14• Denn nach zutreffender Ansicht ist der Begriff der Vertretung in dieser Vorschrift weit zu fassen 15• Andererseits würde eine entsprechende Anwendung die Funktion des § 181 BGB verkennen, die in der Aufrechterhaltung des status quo liegt. § 181 BGB verhindert zwar, daß der Vertreter ein Rechtsgeschäft in der Form des Insichgeschäfts mit dem Vertretenen abschließt. Die Vorschrift kann aber nicht die Vornahme von Rechtsgeschäften sicherstellen. Die Entscheidungsbefugnis darüber, ob eine Ausübung des Stimmrechts überhaupt im Interesse des Minderjährigen liegt, ist deshalb nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen, sondern kann den Eltern nur unter den Voraussetzungen der §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB entzogen und einem sog. Überlegungspfleger16 übertragen werden. Voraussetzung einer solchen Maßnahme ist ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind, so daß die Förderung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen möglich ist17• Bei Beurteilung der Interessenlage sind vom Vormundschaftsgericht alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen18• Dazu gehören neben den materiellen Interessen auch die Interessen an der Aufrechterhaltung des Familienfriedens19 und des Vertrauensverhältnisses unter den Gesellschaftern, dem in der Familiengesellschaft besondere Bedeutung zukommt. Insbesondere in den Wie Fn. 13. Gernhuber §51 IV, 5 (S. 588) m. w. N. 16 Vgl. Staudinger I Donau § 1629 Rn. 69; Soergel l Lange§ 1629 Rn. 26; Gernhuber § 51 IV, 5 (S. 589). 17 Staudinger I Engler § 1796 Rn. 2; Soergel I Germer § 1796 Rn. 3; Palandt I Diederichsen § 1796 Anm. 2; Gernhuber §51 IV, 5 (S. 589). 18 BGH NJW 75, 345 (347); Staudinger i Engler § 1796 Rn. 3; Soergel I Lange § 1629 Rn. 26; Erman I Ronke § 1629 Rn.22; Gernhuber § 51 IV, 5 (S. 588). 19 BayObLGZ 1963, 132 (135) ; KG JW 36, 2749; Staudinger I Donau § 1629 Rn. 67; Soergel! Lange § 1629 Rn. 26; Erman I Ronke § 1629 Rn. 22; Palandt I Diederichsen § 1629 Anm. 6. 14
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IV. Ergebnis und Konsequenzen für die Beschlußfassung
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Fällen, in welchen dem Minderjährigen der Gesellschaftsanteil unentgeltlich übertragen wurde und die Hafteinlage erbracht ist, wird dieses Interesse an der Erhaltung des Familienfriedens die materiellen Interessen des minderjährigen Kommanditisten vielfach überwiegen. Es kann deshalb im Einzelfall etwa auch ein Verzicht auf die Erhebung einer Entziehungsklage gegen einen Elternteil trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes dem Interesse des minderjährigen Kommanditisten entsprechen. Dazu kommt, daß es häufig Zweck der Gründung einer Familiengesellschaft ist, bei den minderjährigen Kommanditisten Gewinne anfallen zu lassen und bereits aus diesem Grunde eine Mißbrauchsgefahr gering ist. Solange deshalb keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Interessenlage bestehen, wird die Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Die Eltern sind folglich berechtigt, von einer Ausübung des Stimmrechts für den minderjährigen Kommanditisten abzusehen, wenn sie der Ansicht sind, daß diese Entscheidung im Interesse des Minderjährigen liegt. bb) Mehrheitsbeschlüsse Soweit der Gesellschaftsvertrag für die jeweiligen Beschlüsse im Grundverhältnis Mehrheitsbeschlüsse zuläßt~0, kann eine wirksame Beschlußfassung auch ohne Bestellung eines Pflegers erfolgen, wenn die Stimme des minderjährigen Kommanditisten nicht zur Erreichung der Mehrheit erforderlich ist. Zwar genügt es grundsätzlich nicht, daß sich die Mehrheit bei der Abstimmung unter sich verständigt und ohne Beteiligung der Minderheit entscheidet. Denn jeder Gesellschafter hat Anspruch darauf, daß ihm Gelegenheit zur Darlegung und Begründung seiner Auffassung gegeben wird~1 • Dieses Minderheitsrecht könnte verletzt sein, wenn die Eltern aufgrund ihrer eigenen Stimmenmehrheit beschließen, ohne daß für den minderjährigen Kommanditisten ein Ergänzungspfleger bestellt ist, der das Stimmrecht wirksam ausüben kann. Die Eltern sind jedoch bei der Beschlußfassung nicht generell an der Vertretung des minderjährigen Kommanditisten gehindert, sondern lediglich an der Ausübung des Stimmrechts. Ihnen steht, wie oben b) aa) dargelegt, die Entscheidungsbefugnis darüber zu, ob der Minderjährige von seinem Stimmrecht überhaupt Gebrauch macht. Beteiligen zo Zur Zulässigkeit statt aller A. Hueck, OHG § 11 IV, 2 (S. 176 ff.). u A. Hueck, OHG § 11 II, 2 (S. 163) ; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 3; Düringer I Hachenburg I Flechtheim § 119 Anm. 4. Unzutreffend deshalb Schilling, Gesellschafterbeschluß S. 275. 4 Fastrich
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2. Kap.: Stimmrecht
sich die Eltern nur im eigenen Namen an der Beschlußfassung, ohne daß die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt ist, so ist darin in aller Regel zugleich die Entscheidung der Eltern zu sehen, daß sich ihr Kind an der Abstimmung nicht beteiligt. Der minderjährige Kommanditist wird also bei der Beschlußfassung durch seine Eltern vertreten, die als Vertreter über die Ausübung des Stimmrechts entscheiden. Infolgedessen liegt in der Mehrheitsentscheidung der Eltern keine Verletzung des Minderheitsrechts des minderjährigen Kommanditisten zur Teilnahme an der Abstimmung.
Drittes Kapitel
Kontrollrechte (§ 166 HGB)
I. Problemstellung Der Kommanditist ist nach der gesetzlichen Regelung weder an der Aufstellung noch an der Feststellung der Bilanz beteiligt•. Nach § 166 Abs. 1 HGB kann er deshalb schriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere prüfen (ordentliches Prüfungsrecht). Das weitergehende Informationsrecht des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen OHG-Gesellschafters (§ 118 HGB) steht dem Kommanditisten dagegen nicht zu (§ 166 Abs. 2 HGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes hat der Kommanditist darüber hinaus ein außerordentliches Prüfungsrecht, das durch Antrag bei Gericht geltend zu machen ist, § 166 Abs. 3 HGB. Die Wahrnehmung dieser Prüfungsrechte durch die Eltern in der Familien-KG begegnet in zweifacher Hinsicht Bedenken: Da die Prüfungsrechte sowohl gegen die KG als auch gegen den zur Bilanzaufstellung verpflichteten Komplementär geltend gemacht werden können2 , kann die Ausübung des Prüfungsrechts gegen die Vorschriften der §§ 181, 1795 BGB verstoßen. Daneben stellt sich die Frage, ob es gesellschaftsrechtlich zulässig ist, daß ein Komplementär, der für Aufstellung und Richtigkeit der Bilanz sowie für die Geschäftsführung verantwortlich ist, Prüfungsrechte eines Kommanditisten wahrnimmt. Die Frage, ob diese Bedenken einer Ausübung der Prüfungsrechte durch die Eltern entgegenstehen und die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich machen, wird trotz der erheblichen praktischen Bedeutung für die Familiengesellschaft3 von Literatur und Rechtspre1 Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 3; Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Düringer I Hachenburg I Flechtheim § 167 Anm.l. 2 Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 6; Weipert in RGRK. HGB § 166 Anm. 6; A. Hueck, OHG § 18 III, 2 (S. 269); Fischer, LM § 128 HGB Nr. 3; Heymann I Kötter § 166 Anm. 2; Schlegelherger I Geßler § 118 Rn. 2; anders jedoch ders. § 166 Rn. 7. 3 In der Familiengesellschaft besteht ein besonderes Interesse, gesellschaftsund familienfremden Personen den Einblick in die geschäftlichen Angelegenheiten zu verwehren (vgl. BGHZ 44, 98, 100). Der vertragliche Ausschluß der
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3. Kap.: Kontrollrechte
chung weitgehend vernachlässigt. Die vereinzelten Stellungnahmen sind kontrovers• und beruhen teilweise auf der unterschiedlichen Auffassung zum Problem der Stimmrechtsausübung in der Familiengesellschaft';.
II. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Ahs. 1 HGB Ein Ausschluß der Eltern in der Familien-KG von der Wahrnehmung der Rechte aus § 166 Abs. 1 HGB ist unter drei Gesichtspunkten möglich: Die Ausübung kann zunächst gegen §§ 181, 1795 BGB verstoßen (unten 1.). Außerdem können einer Wahrnehmung der Kontrollrechte eines Kommanditisten durch einen Komplementär gesellschaftsrechtliche Grundsätze entgegenstehen (unten 2.). Schließlich kann der mit einer Wahrnehmung der Kontrollrechte durch die Eltern verbundene Interessengegensatz die Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB rechtfertigen (unten 3.). 1. Die Bedeutung der §§ 181, 1795 BGB
a) Tatsächliche Ausübung Die Regelung der §§ 181, 1795 BGB steht einer Ausübung der Rechte aus § 166 Abs. 1 HGB durch die Eltern in der Familien-KG aus den folgenden Gründen nicht entgegnen: aa) Mitteilung der Bilanz Die schriftliche Mitteilung der Bilanz erfolgt in Erfüllung einer Verbindlichkeit (§ 166 Abs. 1 HGB}, so daß die Eltern auch zur Vornahme von Rechtsgeschäften, etwa der Übereignung der Bilanzabschrift an den minderjährigen Kommanditisten, berechtigt sind, §§ 181 Hs. 2, 1795 Abs. 1 Nr.1 Hs. 2 BGB. Kontrollrechte hat dagegen steuerrechtliche Konsequenzen für die Anerkennung der Kommanditbeteiligung als Mitunternehmerschaft, vgl. Schulze zur Wiesche, DStR 73, 589 (592); Herrmann, FR 73, 389 (390). 4 Die Wahrnehmung der Kontrollrechte durch die Eltern halten für zulässig: OLG Hamm, DB 74, 815 (816); Priester, DB 74, 273 (275); für unzulässig: LG Düsseldorf, GmbH-Rdsch. 74, 40 (41); Schneider, BB 55, 948 (949); nach Ansicht von Schulze zur Wiesche, DStR 73, 589 (592/593), ruhen die Kontrollrechte. Nagel vertritt schließlich S. 122/123 die Ansicht, daß die Kontrollrechte sowohl vom Pfleger als auch von den Eltern wahrgenommen werden könnten. Zur gesellschaftsrechtlichen Frage, ob ein Komplementär Kontrollrechte des Kommanditisten ausüben kann : bejahend Erman, Festschrift Nipperdey, S. 277 (293). 5 So etwa Nagel, S. 122/123 und Schneider, BB 55, 948 (949) einerseits. Schulze zur Wiesche, DStR 73, 589 (592/593) andererseits.
II. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 1 HGB
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bb) Kontrollrecht Auch an der Ausübung des Kontrollrechts sind die Eltern durch §§ 181, 1795 BGB nicht gehindert. Denn diese Vorschriften beschränken nur die rechtsgeschäftliche Tätigkeit des Vertreters. Die Ausübung des Kontrollrechts ist jedoch tatsächlicher und nicht rechtsgeschäftlicher Natur6 • Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften ist aus den bereits dargelegten Gründen7 nicht möglich. In § 1796 BGB besteht nämlich eine Regelung, welche die nicht rechtsgeschäftliche Vertretung durch die Eltern umfaßt. Die §§ 181, 1795 BGB haben dagegen nicht die Funktion, jeden möglichen Nachteil vom Vertretenen abzuwenden, sondern sollen den Vertretenen vor dem Eintritt nachteiliger Folgen einer rechtsgeschäftliehen Vertretung schützen. cc) Anerkennung der Bilanz Rechtsgeschäftlichen Charakter hat dagegen die regelmäßig in der Unterzeichnung durch den Kommanditisten liegende8 Anerkennung de-r Bilanz9 • Da sich der etwaige Berichtigungsanspruch sowohl gegen die KG als auch gegen die Komplementäre richtet10, erfolgt auch die Anerkennung der Bilanz gegenüber beiden. Die Eltern sind deshalb an der Anerkennun~ der Bilanz namens des Kommanditisten gemäß § 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehindert11• Die Anerkennung der Bilanz durch den Kommanditisten ist jedoch zu deren Wirksamkeit nicht erforderlich12• Der Kommanditist ist insbesondere nicht verpflichtet, die Bilanz zu unterschreiben13• Es handelt 6 BGH DB 75, 2174 (2175); OLG Hamm, DB 74, 815 (816); Nagel, S.122; Priester, DB 74, 273 (275). Auch die Erfüllung des Anspruchs auf Duldung der Kontrolle ist kein Rechtsgeschäft, vgl. die herrschende Theorie der realen Leistungsbewirkung (statt aller Larenz, SehR I § 18 I, 4 (S. 174) m. w. N. in Fn. 1). Dem Minderjährigen selbst fehlt allerdings die "Empfangszuständigkeit", vgl. Larenz a.a.O. Abw. Ruppel, S. 105. 7 Oben 2. Kapitel IV, 2 b) aa). 8 Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm.ll; Westermann, Rn. 884; Baumbach I Duden § 166 Anm. 2 A. 9 Insoweit zutreffend LG Düsseldorf, GmbH-Rdsch. 74, 40 (41); vgl. auch BGH LM § 128 HGB Nr. 7; A. Hueck:, OHG § 17 I, 4 (S. 243); Fischer in Großkomm. HGB § 120 Anm. 11; Schlegelherger I Geßler § 120 Rn. 3. 10 Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 167 Anm. 1; Westermann, Rn. 871. 11 Insoweit zutreffend LG Düsseldorf, GmbH-Rdsch. 74, 40 (41). 12 Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 3; Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 167 Anm. 1; Weipert in RGRKomm. HGB § 167 Anm. 3. 13 Brüggemann in Großkomm. HGB § 41 Anm. 4; Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 3; Schlegelherger i Hildebrandt I Steckban § 41 Rn. 2; Baumbach I Duden § 166 Anm. 2 A; Düringer I Hachenburg I Flechtheim § 167 Anm. 1; BGH BB 62, 426.
3. Kap.: Kontrollrechte
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sich also nicht um eine notwendige Mitverwaltungshandlung. Die übrigen Gesellschafter haben zwar ein Interesse daran, daß die Bilanz innerhalb angemessener Zeit außer Streit gestellt wird14• Im Streitfall können die Komplementäre deshalb auf Anerkennung der Bilanz durch den Kommanditisten klagen••. Im übrigen bedarf es aber einer Anerkennung der Bilanz durch den Kommanditisten nicht18• Die Zustimmung des Kommanditisten kann nur ausnahmsweise erforderlich werden, wenn von den üblichen Bewertungsgrundsätzen über das vertraglich vorgesehene Maß hinaus abgewichen wird17• Rechtsgeschäftliche Vertretungshandlungen für den Kommanditisten, auf welche die §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB Anwendung finden, sind deshalb im Zusammenhang mit der Ausübung des Prüfungsrechts im Regelfall nicht erforderlich18• Soll dagegen ausnahmsweise die Anerkennung der Bilanz durch den minderjährigen Kommanditisten erfolgen, so kann dies allerdings wirksam nur durch einen zu diesem Zweck bestellten Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB) geschehen.
b) Klageweise Geltendmachung Die Zuläsigkeit der klageweisen Geltendmachung des Prüfungsrechts richtet sich dagegen nach §§ 181, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB18• Soweit ein Elternteil als Beklagter oder Vertreter der beklagten KG am Rechtsstreit beteiligt ist, kann die Verfolgung des Anspruchs nur durch einen Ergänzungspfleger erfolgen. In der mehrstämmigen Familien-KG können die Eltern jedoch den Anspruch aus § 166 Abs. 1 HGB namens des minderjährigen Kommanditisten gegen einen weiteren Komplementär verfolgen, wenn diesem die Buchführung und Aufstellung der Bilanz übertragen ist. c) Ergebnis
Die §§ 181, 1795 BGB beschränken zwar die klageweise Geltendmachung des ordentlichen Prüfungsrechts, schließen aber im Normalfall Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 167 Anm. 1. Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 167 Anm.l. 16 RGZ 49, 141 (144/145) GmbH; Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 3; Schlegelherger I Geßler § 167 Anm. 3. Die Anerkennung der Bilanz ist auch nicht Teil der Entlastung, vgl. A. Hueck, GmbH-Rdsch. 59, 189 (192) unter 6.; RGZ 112, 19 (26). 17 Schlegelherger I Geßler § 167 Rn. 3; Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 16; Düringer I Rachenburg I Flechtheim § 167 Anm. 1 a. E. 18 Unzutreffend deshalb LG Düsseldorf, GmbH-Rdsch. 74, 40 (41). 19 Zutreffend OLG Hamm, DB 74, 815 (816). 14
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II. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 1 HGB
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die Wahrnehmung des Kontrollrechts des minderjährigen Kommanditisten durch die Eltern trotz der Gefahr der Interessenkollision nicht aus. 2. Die Bedeutung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze In der Diskussion über die Ausübung der Prüfungsrechte in der Familien-KG wird durchwegs die Frage vernachlässigt, ob es gesellschaftsrechtlich zulässig ist, daß die Eltern, die als Komplementäre für die Geschäftsführung und die Richtigkeit der Bilanz (mit-) verantwortlich sind20, Kontrollrechte des minderjährigen Kommanditisten ausüben21. Denn das Prüfungsrecht dient dazu, die Richtigkeit der von den Komplementären aufgestellten und unterzeichneten Bilanz zu überprüfen und gewährt in beschränktem Maß Einblick in die Geschäftsführung des abgelaufenen Geschäftsjahreg22, Bei Berücksichtigung der Verantwortlichkeit des Komplementärs führt die Ausübung des Prüfungsrechts durch diesen zu einer zumindest teilweisen Selbstkontrolle. Das widerspricht aber im Prinzip der Funktion des Prüfungsrechts. Denn eine sachgemäße Kontrolle setzt zumindest die personale Verschiedenheit von Kontrollierendem und Kontrolliertem voraus. Erman23 hat gleichwohl keine zwingenden Bedenken gegen die Ausübung der Kontrollrechte eines Kommanditisten durch den Komplementär gesehen. Diese auf die Abdingbarkeit des Kontrollrechts gestützte Auffassung kann jedoch nicht überzeugen. Im folgenden ist näher zu untersuchen, ob und unter welchen Gesichtspunkten sich rechtliche Bedenken gegen eine Selbstkontrolle ergeben.
a) Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte Die Kontrollrechte aus § 166 Abs. 1 HGB gehören nicht zum unentziehbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte, die dem Kommanditisten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung verbleiben müssen24 • 20 Jeder Komplementär ist für die Geschäftsführung und die Richtigkeit der Bilanz mitverantwortlich. Für die Geschäftsführung folgt das aus der Pflicht, notfalls vom Widerspruchsrecht (§ 115 Abs, 1 HGB) Gebrauch zu machen (vgl. A. Hueck, OHG § 10 IV, 2 = S. 134), für die Richtigkeit der Bilanz aus der Unterzeichnung durch die Komplementäre (vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 167 Anm. 3). Denn der Kommanditist hat Anspruch auf Vorlage einer richtigen und unterschriebenen Bilanz, vgl. Schlegelherger I Geßler § 166 Rn. 5; Düringer I Hachenburg I Flechtheim § 166 Anm. 3 und § 167 Anm. 1; Sudhoff, Rechte und Pflichten § 3 I, 1 (S. 19). 21 Die für die Familien-KG nicht relevante Problematik der Abspaltung von Mitgliedschaftsrechten kann hier außer Betracht bleiben. 22 Zutreffend Nagel, S. 124. 23 Festschrift Nipperdey, S. 277 (293). 21 Schilling in Großkomm. HGB § 161 Anm. 32; Westermann, Rn. 890; Mähring, S. 357 (362); Erman, Festschrift Nipperdey, S. 277 (293) ; Nitschke § 15 I
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·3. Kap.: Kontrollrechte
Das Kontrollrecht aus § 166 Abs. 1 HGB kann deshalb vertraglich ausgeschlossen werden, ohne daß der Kommanditist damit in unzulässige Abhängigkeit von der Willkür der Mitgesellschafter gerät25 • Die Wahrnehmung der Kontrollrechte durch den Komplementär ist gegenüber dem völligen Ausschluß die rechtlich weniger einschneidende Maßnahme. Da eine Billigung der vom Komplementär aufgestellten Bilanz mit der Ausübung des Kontrollrechts nicht verbunden ist25 , begegnet die Wahrnehmung durch den Komplementär weder im Hinblick auf den unentziehbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte, noch unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Abhängigkeit (§ 138 BGB) rechtlichen Bedenkenn.
b) § 105 Abs.l AktG Auch die positivrechtliche Regelung des§ 105 Abs. 1 AktG kann hierfür nicht herangezogen werden, da sie ihren Grund in den entgegengesetzten Aufgabenbereichen der Gesellschaftsorgane in der Aktiengesellschaft hat28 • Mit der Funktion des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan ist die Stellung des Kommanditisten nicht vergleichbar. Denn dieser übt die Kontrollrechte im eigenen Interesse aus29, während der Aufsichtsrat seine Befugnisse im Gesellschaftsinteresse wahrzunehmen hat30• Daß die Wahrnehmung von Befugnissen des Aufsichtsrats durch Vorstandsmitglieder unzulässig ist, besagt deshalb noch nichts über die Zulässigkeit einer Ausübung von Befugnissen des Kommamnditisten durch den Komplementär. Diese Frage ist vielmehr nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beantworten.
c) Unzulässigkeit der Selbstkontrolle Mangels positivrechtlicher Regelung kann sich die Unzulässigkeit der Ausübung der Kontrollrechte des Kommanditisten durch einen Korn(S. 273); H. P. Westermann, Vertragsfreiheit § 8 II, 2 (S. 2561257); A. Hueck, OHG § 12, 4 (S.190); Fischer in Großkomm. HGB § 118 Anm.14. 25 Der vertragliche Ausschluß ist allerdings bei Verdacht unredlicher Ge.,. schäfstführung wirkungslos, Schilling in Großkomm. HGB § 16ß Anm.13; Schlegelherger I Geßler § 166 Rn. 18. In der Familien-KG ist in diesem Fall (vgl. dazu unten 3.) und im Fall des § 166 Abs. 3 HGB (vgl. dazu unten III.) ein Ergänzungspfleger zu bestellen. 26 Oben 1 a) cc). n Zustimmend Erman, Festschrift Nipperdey, S. 277 (293). 28 Geßler in Geßler I Hefermehl I Eckardt I Kropff § 105 Rn. 4; Baumbach I Hueck § 105 Rn. 3; Godin I Wilhelmi § 105 Anm. 3. 29 Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm.ll; Fischer, NJW 54, 777 (779); Möhring, S. 357 (358). 30 Baumbach I Hueck § 111 Rn. 4; Meyer-Landrut in Großkomm. AktG. § 111 Anm. 5.
11. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 1 HGB
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plementär nur aus grundsätzlichen Überlegungen zur Funktion der Kontrollrechte ergeben. aa) Grundsatz, daß der Kontrollierende vom Kontrollierten nicht abhängig sein darf So wird etwa für das Aktienrecht der Grundsatz anerkannt, daß der Kontrollierende nicht vom Kontrollierten abhängig sein darf31 • Dieser für die besondere Situation des Aufsichtsrats als Kontrollorgan32 aufgestellte Grundsatz kann allerdings nicht ohne weiteres auf die Stellung von Kommanditist und Komplementär übertragen werden. Denn der Kommanditist kann auch außerhalb gesellschaftsvertraglicher Verpflichtung für die KG tätig und wirtschaftlich abhängig sein33, ohne daß diese Abhängigkeit dem Bestehen oder der Ausübung seiner Kontrollrechte entgegenstände. Dies folgt daraus, daß die Kontrollrechte aus § 166 HGB primär eigennützige34 Rechte des Kommanditisten sind. Das hier interessierende Problem ist nicht das der Abhängigkeit, sondern der Identität von Kontrollierendem und Kontrolliertem. bb) Grundsatz, daß niemand Richter in eigener Sache sein kann Bei Berücksichtigung der Verantwortlichkeit für die Geschäftsführung und die Richtigkeit der Bilanz könnte einer Ausübung von Kontrollrechten des Kommanditisten durch den Komplementär der allgemeine und auch im Recht der Personengesellschaft geltende Grundsatz entgegenstehen, daß niemand Richter in eigener Sache sein kann35• Dieser Grundsatz wird allerdings, entsprechend seiner Ableitung aus §§ 117, 127, 140 HGB, 712 Abs. 1 BGB, bisher nur zur Begründung des Stimmrechtausschlusses herangezogen. Auch insoweit ist seine Bedeutung nicht ganz geklärfM. So wird versucht, die Geltung des genannten Grundsatzes auf Entscheidungen zu begrenzen, die dem richterlichen Urteil ähnlich sind37• Eine Ausdehnung des genannten Grundsatzes auf die Ausübung von Kontrollrechten muß aus dieser Sicht bedenklich erscheinen, weil er damit seine Kontur verlieren würde. Denn die KonGodin I Wilhelmi, AktG § 105 Anm. 3; BGH WM 75, 790. Zutreffend Godin I Wilhelmi, AktG § 105 Anm. 3. 33 Vgl. G. Hueck, DB 62, 1363 ff. (1364 f.). 34 Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 11; Fischer, NJW 54, 777 (779); Möhring, S. 357 (358). 35 Vgl. zu diesem Grundsatz BGHZ 9, 157 (178); A. Hueck, OHG § 11 III, 2 (S.172) m. w. N.; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 22; ders., LM § 114 AktG Nr.l. 36 Vgl. Zöllner § 24 III, 1 d) aa) Fn. 59 (S. 2361237). 37 So Zöllner § 24 III, 1 d) aa) Fn. 59 (S. 2361237); vgl. auch A. Hueck, OHG § 11 III, 2, Fn. 32 a (S. 172). 31 32
3. Kap.: Kontrollrechte
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trolle durch den Kommanditisten ist mit richterlicher Tätigkeit nicht vergleichbar, zumal der Kommanditist sein Prüfungsrecht nicht als unabhängiges Gesellschaftsorgan im Gesellschaftsinteresse, sondern in erster Linie im eigenen Interesse ausübt. cc) Verbot des Rechtsmißbrauchs Läßt sich die Unzuläsigkeit der Ausübung von Kontrollrechten des Kommanditisten durch den Komplementär auch nicht zweifelsfrei aus den genannten Grundsätzen herleiten, so kann die Unzulässigkeit der Selbstkontrolle jedenfalls mit dem Verbot des Rechtsmißbrauchs begründet werden. Die Funktion des Kontrollrechts aus§ 166 Abs. 1 HGB liegt im wesentlichen darin, dem Kommanditisten, der an der Aufstel· lung und Feststellung der Bilanz nicht beteiligt isf!S, über die Verantwortlichkeit des Komplementärs hinaus eine zusätzliche Überprüfung zu ermöglichen. Diese kann bei Berücksichtigung seiner Verantwortlichkeit gegenüber dem Kommanditisten durch den Komplementär nicht erfolgen, da sowohl im Fall irrtümlichen Handelns, als auch im Fall unredlichen Verhaltens eine Aufdeckung von Fehlern nicht zu erwarten ist. Die Ausübung des Kontrollrechts namens des Kommanditisten durch den Komplementär ist sinnlos und entbehrlichu, zumal der Komplementär selbst über weitergehende Informationsrechte nach § 118 HGB verfüg~0• Die Mißbräuchlichkeit der Ausübung der Kontrollrechte des Kommanditisten durch den Komplementär ergibt sich daraus, daß der Komamnditist aus § 166 Abs. 1 HGB kein laufendes, sondern grundsätzlich nur ein einmaliges Kontrollrecht hat41 • Eine rechtlich beachtliche Ausübung des Kontrollrechts namens des Kommanditisten durch den Komplementär würde im Widerspruch zur Funktion des Kontrollrechts dazu führen, daß dem Kommanditisten die Kontrollmöglichkeit durch den verantwortlichen Komplementär genommen wird. Der Komplementär hätte es als Vertreter des Kommanditisten in der Hand, sich der Kontrolle zu entziehen. Ein solch zweckwidriger Gebrauch des Kontrollrechts ist mißbräuchlich, die Berufung auf die Erfüllung der Duldungspflicht aus§ 166 Abs. 1 HGB unbeachtlich. Beispiel: Die Eltern verlangen Entlastung, berufen sich jedoch gegenüber einem zur Wahrnehmung des Stimmrechts bestellten Pfleger auf eine bereits vorgenommene Selbstkontrolle.
Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 1. Erman, Festschrift Nipperdey, S. 277 (293), der die Mitverantwortlichkeit des Komplementärs verkennt. •o Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 17. 41 Schlegelherger I Geßler § 166 Rn. 4; Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 3. Erneute Prüfung ist allerdings .bei berechtigtem Anlaß möglich, vgl. Westermann, Rn. 884. 38
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Will man aus den dargelegten dogmatischen Gründen die Unzulässigkeit der Selbstkontrolle nicht bereits aus den genannten Grundsätzen, daß der Kontrollierende nicht vom Kontrollierten abhängig sein darf und daß niemand Richter in eigener Sache sein kann, herleiten, so folgt sie jedenfalls aus dem Verbot zweckwidriger Rechtsausübung (Rechtsmißbrauch)n. 3. Beschränkung der Vertretungsmacht der Eltern, §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB Ist aufgrund der vorstehenden Überlegungen eine Ausübung des Kontrollrechts durch die Eltern, soweit sie zugleich Komplementäre sind, nicht möglich, so ist damit noch nicht geklärt, ob die Kontrollrechte des minderjährigen Kommanditisten in der Familien-KG überhaupt ausgeübt werden müssen. Denn wenn schon allgemein von dem Kontrollrecht in der Praxis nur selten Gebrauch gemacht wird43, so kann sich insbesondere in der Familien-KG aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Eltern und Kindern ergeben, daß eine regelmäßige Ausübung des Kontrollrechts entbehrlich ist. Diese Frage, inwieweit das Kontrollrecht des minderjährigen Kommanditisten überhaupt ausgeübt werden soll, liegt nicht mehr im gesellschaftsrechtlichen Bereich, sondern muß im Rahmen der Vermögenssorge für den Minderjährigen entschieden werden. Da diese Entscheidung keinen rechtsgeschäftliehen Charakter hat, kann sie den Eltern nur nach §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB entzogen werden44 • Solange eine solche Maßnahme des Vormundschaftsgerichts noch nicht erfolgt ist, können und müssen die Eltern selbst entscheiden, ob die Ausübung des Kontrollrechts im Interesse des Kindes erforderlich ist und gegebenenfalls, etwa zur Entlastung, die Bestellung eines Pflegers beantragen. Gegen den Willen der Eltern setzt die Bestellung eines Pflegers zur Ausübung des Kontrollrechts als Beschränkung der Vermögenssorge die gleichzeitige Entziehung der Vertretungsmacht voraus. Die entscheidende Frage ist deshalb, ob in der Familien-KG Anlaß besteht, den Eltern die Entscheidung über die Ausübung des Prüfungsrechts zu entziehen und dieses einem Ergänzungspfleger zu übertragen. Das Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes45 bei der Entscheidung über die Ausübung der Kontrollrechte könnte nur dann bejaht werden, wenn die Ausübung des Kontrollrechts dem Interesse des 42 Hierzu Soergel/ Siebert I Knopp § 242 Rn. 249 ff.; Palandt I Heinrichs § 242 Anm. 4 c) dd). 43 Vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 116 Anm. 1 a. E. 44 Vgl. BGH NJW 75, 345 (346) m. w. N. und oben 1. Kapitel 11, Fn. 14. 45 Zu den Voraussetzungen bereits oben 2. Kapitel II, 2 b) aa).
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Kap.: Kontrollrechte
Kindes entspräche und auf Kosten der Eltern ginge. Welches Interesse Eltern und Kind mit der Ausübung oder Nichtausübung der Kontrollrechte verbinden, kann nicht ohne Berücksichtigung der Funktion des ordentlichen Prüfungsrechts beurteilt werden. Die Ausübung der Prüfungsrechte ist nicht Selbstzweck, sondern dient der Wahrung mitgliedschaftlicher und persönlicher Belange des Kommanditisten46 • Diese sind bei Beurteilung der Interessenlage zu berücksichtigen.
a) Persönliche Interessen Soweit die Mitteilung der Bilanz persönlichen Belangen des Kommanditisten dient, etwa der Einstellung auf die Entwicklung der Gesellschaft, läßt sich ein Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind ausschließen. Die hierbei notwendig werdenden Entscheidungen werden ohnehin von den Eltern im Rahmen der Personensorge für den minderjährigen Kommanditisten getroffen.
b) Mitgliedschaftliehe Interessen Schwieriger ist die Beurteilung der Interessenlage in der FamilienKG, soweit es um die Wahrung mitgliedschaftlicher Belange des minderjährigen Kommanditisten geht. Ein erheblicher Interessengegensatz bei der Entscheidung über die Ausübung der Kontrollrechte besteht, wenn durch die Nichtausübung des Kontrollrechts Maßnahmen im Interesse des Minderjährigen verhindert werden, die auf Kosten der Eltern gehen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß in der Familien-KG die Interessen von Eltern und Kind an Bestand und Förderung der Gesellschaft häufig übereinstimmen, insbesondere in Fällen, in welchen es Zweck der Gesellschaftsgründung war, die Kinder an den Erträgen des elterlichen Unternehmens zu beteiligen. Außerdem kann die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten zu Lasten der Eltern bei Berücksichtigung übergeordneter Interessen, etwa der Erhaltung des Familienfriedens47, nicht in jedem Fall den Interessen des Minderjährigen entsprechen. Ein Entzug der Vertretungsmacht kommt darüber hinaus nicht in Betracht, wenn zu erwarten ist, daß die Elterntrotz bestehenden Interessengegensatzes ihre Entscheidung über die Ausübung der Kontrollrechte im Interesse des Kindes treffen48• •• Vgl. Schilling in Großkomm. HGB § 166 Anm. 2. 47 Vgl. dazu bereits oben 2. Kapitel IV, 2 b) aa) bei Fn. 19. 48 Ist zu erwarten, daß die Eltern trotz bestehenden Interessengegensatzes im Interesse ihres Kindes handeln werden, so darf die Entziehung der Vertretungsmacht nicht erfolgen, vgl. Staudinger I Donau § 1629 Rn. 68; Staudinger I Engler § 1796 Rn. 2; Soergel I Germer § 1796 Rn. 3; Erman I Hefermehl § 1796 Rn. 1.
II. Ordentliches Prüfungsrecht, § 166 Abs. 1 HGB
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Beispiel 1: Wenn die Familien-KG gegründet ist, um bei dem minderjährigen Kommanditisten - sei es auch in erster Linie aus steuerlichen Gründen - Gewinne anfallen zu lassen, so werden in aller Regel die Interessen der Eltern und des Kindes gemeinsam darauf gerichtet sein, daß die Bilanz nicht zu Lasten des minderjährigen Kommanditisten unrichtig ist. Von einem erheblichen Interessengegensatz bei Wahrnehmung des Prüfungsrechts kann deshalb nicht die Rede sein. Beispiel 2: Die Ausübung des Kontrollrechts würde ergeben, daß ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 117, 127, 140 HGB für die Erhebung einer Ausschließungs- oder Entziehungsklage gegen einen Komplementär bestehtt9 • Hier besteht zwar abstrakt die Gefahr eines Interessengegensatzes unter den Gesellschaftern, da es sich um eine Maßnahme handelt, die auf eine Änderung der vertraglichen Grundlage abzielt50• Ob auch konkret ein Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind besteht, richtet sich nach der Person des Betroffenen. Im Einzelfall kann es durchaus so liegen, daß der wichtige Grund nicht in der Person eines Elternteils, sondern eines weiteren Komplementärs liegt und die Interessen von Eltern und Kind gleichgerichtet sind.
Die Beispiele zeigen, daß bei der Entscheidung über die Ausübung der Kontrollrechte des minderjährigen Kommanditisten durch seine Eltern zwar abstrakt die Gefahr eines Interessengegensatzes besteht. Im Gegensatz zur Vorschrift des § 181 BGB ist das aber für eine Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs. 2, 1796 nicht ausreichendu. Der von diesen Vorschriften vorausgesetzte konkrete Interessengegensatz ist nicht - will man den Eltern nicht von vornherein unredliches Handeln unterstellen - notwendig mit der Entscheidung über die Ausübung des Kontrollrechts verbunden. Daß sich ein Elternteil nicht sinnvoll selbst kontrollieren kann, besagt deshalb noch nichts über das Vorliegen eines konkreten Interessengegensatzes. Vielmehr kann es gerade in der Familiengesellschaft, die in besonderem Maße auf gegenseitigem Vertrauen basiert, sachgerecht sein, wenn die Eltern auf die Ausübung des Kontrollrechts durch einen Pfleger verzichten, da sie als Komplementäre selbst weitergehende Informationsmöglichkeiten haben. Ein Entzug der Vertretungsmacht der Eltern nach§§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB kommt deshalb in der Familien-KG nur in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sich die Interessen von Eltern und Kind tatsächlich widersprechen und keine Gewähr für ein Handeln im Interesse des Kindes besteht. Bei Beurteilung der Interessenlage hat das Vormundschaftsgericht aber nicht nur die materiellen Interessen des Minderjährigen zu berücksichtigen, sondern auch zu prüfen, ob der Entzug der Vertretungsmacht und die Bestellung 49 Die Kenntnis der Bilanz und die Kontrolle ihrer Richtigkeit durch Einsicht in die Geschäftsbücher kann dem Kommanditisten eine beschränkte Kontrolle der zurückliegenden Geschäftsführung ermöglichen, vgl. Nagel, S.124. 50 Vgl. oben 2. Kapitel II, 2 b) aa). 51 Soergel I Lange§ 1629 Rn. 26; Soergel I Germer§ 1796 Rn. 3m. w. N.
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3. Kap.: Kontrollrechte
eines Pflegers bei Berücksichtigung der damit verbundenen Nachteile, insbesondere der Gefährdung des Familienfriedens und des Vertrauensverhältnisses unter den Gesellschaftern, dem Interesse des Minderjährigen entspricht. Beispiel 3: Haben die Eltern dem Minderjährigen die Kommanditbeteiligung unentgeltlich eingeräumt und die Hafteinlage erbracht, so kann mangels gegenteiliger Anzeichen davon ausgegangen werden, daß sie die Gesellschaft nicht böswillig schädigen. Selbst wenn im Einzelfall durch das Verhalten eines Elternteils ein wichtiger Grund für die Erhebung einer Entziehungsklage besteht, werden die Interessen an der Erhaltung des Familienfriedens die Vorteile der Entziehung in aller Regel überwiegen; denn der minderjährige Kommanditist geht kein den Verlust der geschenkten Beteiligung übersteigendes Risiko ein. Die Ausübung des Kontrollrechts durch einen familienfremden Dritten ist entbehrlich. Beispiel 4: Der Minderjährige ist der wesentliche Kapitalgeber der KG. Dem Vormundschaftsgericht wird (etwa durch einen Mitgesellschafter) mitgeteilt, daß Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung durch die ElternKomplementäre aufgetreten sind. Stellt sich hier der Verdacht als begründet heraus, was vom Vormundschaftsgericht nach § 12 FGG zu klären ist, so werden die überwiegenden Interessen des Minderjährigen für die Ausübung der Kontrollrechte durch einen Pfleger sprechen, um gegebenenfalls die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder die Erhebung von Entziehungsoder Ausschließungsklagen sicherzustellen.
Die Frage des Entzugs der Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs. 2, 1796 BGB läßt sich deshalb nicht für alle Familien-KG einheitlich beantworten. Für den hier im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Fall der kleinen Familien-KG, die gegründet ist, um den Minderjährigen an den Gewinnen des elterlichen Unternehmens zu beteiligen, wird jedoch eine Maßnahme nach § 1796 BGB nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen52•
c) Effektivität des Minderjährigenschutzes Gegen dieses Ergebnis läßt sich nicht einwenden, daß damit ein effektiver Schutz des Minderjährigen nicht gewährleistet ist, weil die Ausübung des Kontrollrechts gegenüber den Eltern nicht gewährleistet ist und das Vormundschaftsgerichf praktisch nur in den seltensten Fällen die für die Feststellung eines erheblichen Interessengegensatzes nach § 1796 BGB erforderliche Kenntnis erlangt. aa) Familienrechtliche Wertung Die Kontrollrechte nach § 166 HGB sind nicht auf den Sonderfall der Familien-KG zwischen Eltern und Kindern zugeschnitten. In der I