Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform.: Eine freiheits- und gleichheitsrechtliche Analyse. [1 ed.] 3428190599, 9783428190591

»The Constitutionality of the Real Estate Tax Reform«: The thesis examines the real estate tax reform following the BVer

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German Pages 317 [318] Year 2024

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Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform.: Eine freiheits- und gleichheitsrechtliche Analyse. [1 ed.]
 3428190599, 9783428190591

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Schriften zum Steuerrecht Band 194

Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform Eine freiheits- und gleichheitsrechtliche Analyse

Von

Jan Winkler

Duncker & Humblot · Berlin

JAN WINKLER

Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 194

Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform Eine freiheits- und gleichheitsrechtliche Analyse

Von

Jan Winkler

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster hat diese Arbeit im Jahr 2023 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten

© 2024 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-19059-1 (Print) ISBN 978-3-428-59059-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2023 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht bei Herrn Prof. Dr. Marcel Krumm. Bearbeitungsstand der Arbeit ist April 2023. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Marcel Krumm, sowohl für die engagierte Betreuung der Arbeit als auch die stetige Unterstützung und Förderung während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl. Herrn Prof. Dr. Janbernd Oebbecke danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die angenehme (Arbeits-)Atmosphäre am In­ stitut für Steuerrecht habe ich stets geschätzt. Dem gesamten Institut danke ich für die persönlich und wissenschaftlich bereichernde Zeit. Besonderer Dank gilt auch meinen Freunden und meiner Familie. Vor allem meiner Partnerin, die durch ihre stets liebevolle Unterstützung maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. Zudem danke ich von ganzem Herzen meinen Eltern, die mir die juristische Ausbildung überhaupt erst ermöglicht haben, auf deren Rückhalt ich stets zählen kann und die mich immer bekräftigen, meine Ziele zu erreichen. Besonders erwähnen möchte ich zuletzt meine Großeltern, die für mich nicht nur seit meiner Kindheit stets Vorbild waren, sondern mich auch ihr Leben lang bedingungslos unterstützt haben. Münster, im Oktober 2023

Jan Winkler

Inhaltsübersicht A. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Einleitendes zur Grundsteuerreform 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Erster Teil: Hintergründe der Grundsteuerreform und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuer und deren Bewertungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerteund Gründe ihrer Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Reformkonsequenz: Grundkonzeptionen des Bundes- und der Landesgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuer­ reformgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IV. Die materiell verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Grundsteuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 V. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein verfassungsmäßiges Grundsteuerrecht auf Bundes- oder Länderebene – Fazit . . . . . . . . . . . . 167 C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene – verfassungsgemäße Konkretisierung steuerverfassungsrechtlicher Anforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Überblick: Die Verfassungsrechtsfragen des Bundesgrundsteuerrechts  . 173 II. Verfassungsrechtlich zulässige objektiv leistungsfähigkeitsorientierte Belastungsentscheidung des Bundesgesetzgebers (sog.. . . . . . . . . . . . . . Sollertragskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Gleichheitsrechtlich zulässige Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert durch die Bewertungsverfahren als solche . . . . . . . . . 176 IV. Hauptfeststellungen im Sieben-Jahres-Turnus (§ 221 BewG) . . . . . . . . . 187 V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens (§§  243 ff. BewG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 VI. Vermeidung struktureller Vollzugsdefizite durch Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem? . . . . . . . 235 VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG) . . . . . . . . 265 IX. Die freiheitsrechtliche Perspektive des § 25 Abs. 5 GrStG – Zulässigkeit der Durchbrechung der Sollertragsgrenze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 D. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 I. Die Grundsteuerreform 2019 und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuergesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

10 Inhaltsübersicht II.

Zum Bundesgrundsteuerrecht und den landesrechtlich vergleichbaren Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 III. Zu den Landesgrundsteuergesetzen in ihren Grundkonzeptionen . . . . . . 293 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Inhaltsverzeichnis A. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Einleitendes zur Grundsteuerreform 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Erster Teil: Hintergründe der Grundsteuerreform und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuer und deren Bewertungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerteund Gründe ihrer Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Verfassungsrechtliches Scheitern einheitswertbezogener Steuern . . . 27 2. „Appellentscheidungen“ des Bundesfinanzhofs und Verfassungswidrigkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . 31 3. Vergangene Reformbemühungen versus aktueller Reformzwang  . . . 33 II. Reformkonsequenz: Grundkonzeptionen des Bundes- und der Landesgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage als Grundsatzfrage der Grundsteuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Das Bundesgrundsteuerrecht (GrStG und §§ 218 ff. BewG) . . . . . . . 37 3. Umfang der Grundsteuerreform in den einzelnen Bundesländern . . . 39 a) Die Landesgrundsteuergesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Baden-württembergisches „Bodenwertmodell“ (BWGrStG) . . . . . 40 c) Bayerisches (wertunabhängiges) Flächenmodell (BayGrStG) . . . 42 d) Hamburgisches „Wohnlagemodell“ (HmbGrStG) . . . . . . . . . . . . . 44 e) Niedersächsisches „Flächen-Lage-Modell“ (NGrStG) . . . . . . . . . 45 f) Hessisches „Flächen-Faktor-Modell“ (HGrStG) . . . . . . . . . . . . . . 47 g) Die Grundsteuermesszahlgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Sächsisches Grundsteuermesszahlgesetz (SächsGrStMG) . . . 48 bb) Saarländisches Grundsteuergesetz (GrStG-Saar) . . . . . . . . . . 49 III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuerreformgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes beendet Kompetenzumfangsungewissheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Umfassende Abweichungsbefugnis der Landesgesetzgeber . . . . . . . . 53 a) Die Abweichungsbefugnis als Kompromisslösung im föderalen System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Die Reichweite der Abweichungsbefugnis (Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

12 Inhaltsverzeichnis c) Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 72 Abs. 3 GG: Die Landesgrundsteuermodelle als „Grundsteuern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Der Begriff der Grundsteuer in Art. 72 GG . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Die Landesgrundsteuermodelle als Grundsteuern . . . . . . . . . 58 d) Geringe Bedeutung des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG für die Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 bb) Anwendung am Beispiel bisheriger Grundsteuerreformgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3. Resümee zur formellen Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 IV. Die materiell verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Grundsteuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Überblick: Grundsteuerrechtlicher Rechtfertigungsbedarf . . . . . . . . . 64 2. Grundbesitz als verfassungsrechtlich zulässiger Steuergegenstand  . 65 3. Der verfassungskonforme Grundsteuerbelastungsgrund als Ausgangspunkt einer Verfassungsrechtsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Die gesetzgeberische Belastungsentscheidung ersetzt vergangene Belastungsgrundungewissheit bei der Grundsteuer . . . . . . . . . 70 b) Grundsteuerspezifische objektive Interpretation des Leistungs­ fähigkeitsprinzips (sog. Sollertragsteuer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Die Begründung einer „Sollertragskonzeption“ . . . . . . . . . . . 72 bb) Verfassungsrechtlich zulässige objektive Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (1) Gleichheitsrechtliche Einwände gegen ein sog.. . . . . . . . Sollertragskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (2) Freiheits- und sozialstaatsrechtliche Einwände gegen ein sog. Sollertragskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Die äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung . . . . . . . . . . . 80 aa) Das Äquivalenzprinzip im Lichte der Grundsteuer . . . . . . . . 80 bb) Differenzierungsnotwendigkeit zwischen äquivalenztheoretischer Belastungsgrundentscheidung und der sog. . . . . . . . . Globaläquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 cc) Verfassungsrechtliche (Un-)Tauglichkeit einer grundsteuerlichen Äquivalenzbelastungsentscheidung? . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Grundsätzliche Übertragbarkeit gleichheits- und freiheitsrechtlicher Einwände auf eine äquivalenztheoretische Belastungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (2) Äquivalenzprinzip versus Steuerbegriff . . . . . . . . . . . . . . 84 (a) Kein Raum für eine Individualäquivalenz im Grundsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (b) Die Gruppenäquivalenz als Konkretisierungsmaßstab über die sog. Globaläquivalenz hinaus? . . . . . . 85 d) Das Wahlrecht zwischen den Belastungsgründen als Ausdruck des weitreichenden Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers . 87

Inhaltsverzeichnis13 e) Die Belastungsentscheidungen der Landesgesetzgeber . . . . . . . . . 90 aa) „Doppelbelastungsentscheidung“ des baden-württembergischen Landesgesetzgebers (BWGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung des bayerischen Gesetzgebers (BayGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung im hamburgischen Grundsteuergesetz (HmbGrStG) . . . . . . . . . . 92 dd) Nutzenäquivalenz im niedersächsischen Flächen-LageModell (NGrStG).und im hessischen Flächen-Faktor-Modell (HGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 f) Willkürfreie Verknüpfung der Belastungsentscheidung der Landesgesetzgeber mit der jeweiligen Bemessungsgrundlage?  . 96 aa) Legitimität der Wertunabhängigkeit in den Landesgrundsteuergesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Folgeprobleme äquivalenztheoretischer Belastungsentscheidungen: Verknüpfung mit einer Bemessungsgrundlage . . . . . 97 cc) Willkürfreie Verknüpfung von Leistungsfähigkeitsprinzip mit wertunabhängigem Flächenmodell ohne Lagefaktor unmöglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 dd) Realitätsgerechte Wert- und Nutzenrelation im baden-württembergischen Grundsteuergesetz (BWGrStG) . . . . . . . . . . . 102 (1) Willkürfreie Nutzenäquivalenzabbildung ohne Gebäudekomponente? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (2) Willkürfreie Abbildung des Leistungsfähigkeitsprinzips trotz Ausblendung der Gebäudekomponente? . . . . . . . . . 105 (3) Mittelbares Vergleichswertverfahren als zur Umsetzung der Bemessungsgrundlage sachgerechtes Bewertungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (4) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 ee) Realitätsgerechte Kostenrelation im bayerischen und hamburgischen wertunabhängigen Flächenmodell? . . . . . . . . . . . 108 ff) Realitätsgerechte Nutzenrelation und Kompensation über den Lagefaktor in Niedersachsen und Hessen? . . . . . . . . . . . 112 (1) Verfassungsrechtliche Mängel der reinen Flächenmodelle gelten in den „Flächen-Lage-Modellen“ fort . . . . . 112 (2) Gleichheitsrechtliche „Kompensationswirkung“ durch den sog. Lagefaktor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (3) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)  . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Grundsteuerspezifische Konkretisierung des Grundsatzes der Lastengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Das Gebot der sog. Rechtssetzungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Gesetzgeberische Anforderungen zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit durch die Finanzverwaltung . . . . . . 122

14 Inhaltsverzeichnis d) Die grundsteuerrechtliche Folgerichtigkeitsprüfung und Anforderungen an deren Durchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Differenzierungsnotwendigkeit zwischen qualitativ-systematischen und quantitativen Ungleichbehandlungen und deren Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Identifizierung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen in verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen . . . 125 cc) Aussagekraft bisheriger Beispielrechnungen . . . . . . . . . . . . . 130 dd) Rechtfertigung grundsteuerrechtlicher Ungleichbehandlungen aufgrund der gesetzgeberischen Typisierungen . . . . . . . . 132 (1) Grundsteuer und Vereinfachung nach der Grundsteuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Weitergehende Typisierungsbefugnis in Äquivalenzmodellen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (3) Anforderungen an die Grundsteuermodelle: Nicht wesentlich über dem Willkürverbot liegende strenge Rechtfertigungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 ee) Rechtfertigung grundsteuerrechtlicher Lenkungsnormen . . . . 140 5. Die freiheitsrechtliche Dimension: Belastungs(-ober-)grenzen ­einer Grundsteuererhebung (Art. 14 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Überblick: Freiheitsrechtliche Aspekte der Grundsteuer . . . . . . . . 144 b) Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Freiheitsrechtlich erforderliche Binnendifferenzierungen im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 bb) Art. 14 GG und grundsteuerrechtliche Fiskalzwecknormen . 150 (1) Die Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes als regelmäßige ­grundsteuerspezifische Belastungsobergrenze? . . . . 150 (2) Konzeptionelle Auswirkungen auf wertabhängige und wertunabhängige Grundsteuermodelle . . . . . . . . . . . . . . . 154 (a) Konzeptionell keine strukturell drohende Substanzbesteuerung bei wertabhängigen Grundsteuermodellen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (b) Einzelfallkompensation der Substanzbesteuerung in den wertabhängigen Grundsteuermodellen . . . . . . . . 155 (c) Konzeptionell drohende strukturelle Substanzbesteuerung in wertunabhängigen Flächenmodellen ohne Lagefaktor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (d) Drohende strukturelle Substanzbesteuerung auch bei Flächen-Lage-Modellen (Hessen, Niedersachsen)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (3) Schutzvorkehrungen der (Landes-)Gesetzgeber gegenüber ­Substanzbesteuerung im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . 158

Inhaltsverzeichnis15

V.

(a) Das Verhältnis konzeptioneller Substanzbesteuerungsgefahr zu ­gesetzgeberischen Korrekturmechanismen im Einzelgrundsteuergesetz . . . . . . . . . . . . . 158 (b) Freiheitsrechtlicher Schutzmechanismus im bayerischen Grundsteuermodell (Art. 8 BayGrStG) . . . . . . 159 (c) Freiheitsrechtlicher Schutzmechanismus im hamburgischen Grundsteuergesetz (§ 8 HmbGrStG) . . . . 160 (d) Niedersachsen und Hessen ohne freiheitsschützende ­Kompensationsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (4) Kommunale Hebesatzgrenzen im Bundesgrundsteuerrecht?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (a) Vergangene Hebesätze und Gesamtbelastungen ohne freiheitsrechtliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . 162 (b) Grundsätze zur Neubeurteilung der Einhaltung der verfassungsrechtlich gebotenen „Sollertragsgrenze“ . 164 cc) Anforderungen an die Durchbrechung der Sollertragsgrenze bei Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungszwecke . . . . 165 d) Resümee zu Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein verfassungsmäßiges Grundsteuerrecht auf Bundes- oder Länderebene – Fazit . . . . . . . . . . . . 167 1. Zur Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Zur formellen Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Freiheitsrechte (Art. 14 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene – verfassungsgemäße Konkretisierung steuerverfassungsrechtlicher Anforderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Überblick: Die Verfassungsrechtsfragen des Bundesgrundsteuerrechts . 173 II. Verfassungsrechtlich zulässige objektiv leistungsfähigkeitsorientierte Belastungsentscheidung des Bundesgesetzgebers (sog.. . . . . . . . . . . . . . Sollertragskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Gleichheitsrechtlich zulässige Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert durch die Bewertungsverfahren als solche . . . . . . . . . 176 1. Willkürfreie Verknüpfung von (Soll-)Ertragsfähigkeit und verkehrswertorientierter Bemessungsgrundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Abstrakte Tauglichkeit der Bewertungsverfahren zur Verkehrswertermittlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Zulässigkeit des Nebeneinanders von Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Sachgerechtigkeit des Sachwertverfahrens zur Bewertung sog. Nichtwohngrundstücke in einem Sollertragsfähigkeitskonzept?  . 182 b) Sachgerechtigkeit der Anwendung des Sachwertverfahrens auf gewerbliche Renditeobjekte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

16 Inhaltsverzeichnis c) Sachgerechtigkeit der Anwendung des Ertragswertverfahrens auf Ein- und Zweifamilienhäuser? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 IV. Hauptfeststellungen im Sieben-Jahres-Turnus (§ 221 BewG) . . . . . . . . . 187 1. Regelmäßige Grundsteuerwertfeststellung als „Wesensvoraussetzung“ einer am Verkehrswert orientierten Bewertung . . . . . . . . . . . . 187 2. Siebenjährige Betragsfortschreibung bzw. vierzehnjährige Hauptfeststellung der Lagefaktoren in „Flächen-Lage-Modellen“ . . . . . . . . 189 V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens (§§  243 ff. BewG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Die Gleichheitssatzfragen innerhalb der verschiedenen Bewertungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerwertermittlung unbebauter Grundstücke (§ 247 BewG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Funktionsweise der Grundsteuerwertermittlung im (mittelbaren). Vergleichswertverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Inhaltliche Vorgaben an die Bodenrichtwertermittlung und Anpassung der ImmoWertV aufgrund der Grundsteuerreform . . . 193 c) Nur geringfügige Berücksichtigung grundstücksindividueller Besonderheiten nach § 247 Abs. 1 S. 2 BewG . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Verfassungsmäßigkeit des mittelbaren Vergleichswertverfahrens – Rechtfertigung der Ungleichbehandlungen . . . . . . . . . . . . 197 aa) Gleichbehandlung innerhalb der Bodenrichtwertzone und Auswirkungen auf sämtliche Bewertungsverfahren . . . . . . . . 197 bb) Zulässige Typisierung durch Rückgriff auf einen sog. Zonenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 cc) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 e) Verfassungsmäßigkeit des (mittelbaren).Vergleichswertverfahrens nach § 38 BWGrStG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Funktionsweise und Rechtfertigungsbedarf des § 38 BWGrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 38 BWGrStG  . 204 f) Vorrang strenger Gesetzesanwendung und effiziente Kontrolle zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeitserklärung des Bewertungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Verfassungsmäßigkeit der Bewertung bebauter Grundstücke (§§ 248 ff. BewG) – Sachwert- und Ertragswertverfahren . . . . . . . . . 208 a) Das Ertragswertverfahren (§§ 250 Abs. 2, 252 ff. BewG) . . . . . . . 208 aa) Anwendungsbereich und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 bb) Funktionsweise des vereinfachten Ertragswertverfahrens . . . 209 cc) Qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen primär mangels innerkommunaler Lagedifferenzierung . . . . . . . . . . 212 dd) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlungen im Ertragswertverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Inhaltsverzeichnis17 (1) Legitimer Zweck, Geeignetheit und Erforderlichkeit . . . 214 (2) Die Angemessenheit des Ertragswertverfahrens . . . . . . . 215 (a) Gewichtiges Interesse an Verwaltungsvereinfachung und deren Umsetzung im Bundesgrund­ steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (b) Tauglichkeit der Bewertungsdatengrundlage? . . . . . 217 (c) Kompensation fehlender Lagedifferenzierung durch Rückgriff auf Bodenrichtwerte? . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (d) Gesamtabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Das Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 aa) Grundsteuerwertermittlung im Sachwertverfahren bei „Nichtwohngrundstücken“ (§ 250 Abs. 3 BewG) . . . . . . . . . 225 bb) Qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen im Sachwertverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 cc) Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung des Grundsteuerwertes im Sachwertverfahren bei „Nichtwohngrundstücken“ . . . 228 VI. Vermeidung struktureller Vollzugsdefizite durch Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem? . . . . . . . 235 1. Gleichheitsrechtliche Fragestellungen auf Steuermesszahlebene . . . . 235 2. Gleichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstab für § 15 GrStG: Zuordnung zur Steuergegenstands- oder Ausgestaltungsebene? . . . . . . . . . . . . . . 235 a) Die Zuordnungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 b) Anwendung auf Bundes- und Landesgrundsteuerrecht . . . . . . . . . 236 3. Bundesgrundsteuerrechtliche Steuermesszahldifferenzierungen . . . . . 238 a) Verfassungsgemäße Steuermesszahldifferenzierung bebauter Wohngrundstücke im Verhältnis zu bebauten Nichtwohngrundstücken und unbebauten Grundstücken (§ 15 Abs. 1 GrStG) . . . . 238 aa) Die Ungleichbehandlung des § 15 Abs. 1 GrStG . . . . . . . . . . 238 bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (1) Normklare Verfolgung der legitimen Wohnraumförderung durch § 15 Abs. 1 GrStG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (2) Angemessenheit einer generellen Wohnraumförderung . 240 b) Verfassungsmäßigkeit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus (§ 15 Abs. 2, 3 GrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 aa) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (1) Normklare Verfolgung legitimer und erforderlicher Gemeinwohlbelange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (2) Verhältnismäßigkeit der sozialen Wohnraumförderung  . 243 c) Verfassungsgemäße Steuermesszahlreduktion für einzelne Gruppen von Wohnungsunternehmen (§ 15 Abs. 4 GrStG)? . . . . 246 aa) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

18 Inhaltsverzeichnis (1) Normklare Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange? . 247 (2) Angemessenheit der Förderung bestimmter Wohnungsbauunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 d) Die Abschläge auf die Steuermesszahl aus Denkmalschutzgründen (§ 15 Abs. 5 GrStG)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 aa) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (1) Denkmalschutz als legitimer normklarer Gemeinwohlbelang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (2) Angemessenheit der Denkmalschutzförderung . . . . . . . . 251 4. Die Steuermesszahlreduktionen in den Landesgrundsteuergesetzen . 252 a) Die Regelungen der Landesgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Messzahlreduktion für Grundstücke, die überwiegend dem Wohnen dienen (§ 40 Abs. 3 BWGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Weitergehende Wohnraumförderung in wertunabhängigen Flächenmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Pauschale Wohnraumförderung in den Äquivalenzmodellen . 255 bb) Förderung „normaler Wohnlagen“ im HmbGrStG . . . . . . . . . 256 cc) Substanzielle Ausnahmen vom sachgerechten Verteilungsprinzip durch Kumulation der Begünstigungsvorschriften? . 257 d) Grundsteuermesszahlgesetze Sachsens und des Saarlandes gleichheitsrechtlich unbedenklich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 aa) Pauschale Messzahlreduktion aus Gründen der Wohnraumförderung in Sachsen und im Saarland  . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 bb) (Ausschließlich) Sächsische Messzahlbegünstigung unbebauter Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (1) Gleichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstab: Zuordnung zur Ausgestaltungsebene anstelle abweichender Belastungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (2) Normklare Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange  . 262 (3) Verhältnismäßige Ausgestaltung: Hinreichende Zielgenauigkeit der Begünstigungsregelung? . . . . . . . . . . . . 262 5. Resümee: Steuermesszahlreduktionen auf Bundes- und Länder­ ebene sind mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG) . . . . . . . . 265 1. Die Wiederbelebung der sog. Grundsteuer C auf Bundes- und Länderebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Durch § 25 Abs. 5 GrStG erzeugte Ungleichbehandlungen . . . . . . . . 266 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der „Grundsteuer C“ . . . . . . . . 267 a) Zuordnung des § 25 Abs. 5 GrStG sowie landesgesetzlicher Regelungen zur Ausgestaltungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 b) Die Wirkungsweise der grundsteuerrechtlichen Lenkungsnorm des § 25 Abs. 5 GrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 c) Kein verfassungsrechtlicher Erkenntnisgewinn durch einen Vergleich zur Baulandsteuer der 1960er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . 271

Inhaltsverzeichnis19 d) Keine gleichheitsrechtliche Rechtfertigung des § 25 Abs. 5 GrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Normklare Verfolgung städtebaulicher Gründe als legitimes, tatbestandlich vorgezeichnetes Lenkungsziel . . . . . . . . bb) Unangemessenheit der Grundsteuer C auf Bundesebene mangels hinreichend zielgenauer Ausgestaltung . . . . . . . . . . 4. Die hessische „Grundsteuer C“ (§ 13 HGrStG) – keine Kompensation der verfassungsrechtlichen Mängel auf Bundesebene . . . . . . . . . a) Wirkungsweise des § 13 HGrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichheitswidrigkeit des § 13 HGrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Baden-württembergische (§ 50 a BWGrStG) und hamburgische (§ 5 HmbGrStG) „Grundsteuer C“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Resümee: § 25 Abs. 5 GrStG und deren landesrechtliche Entsprechungen sind gleichheitswidrig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Die freiheitsrechtliche Perspektive des § 25 Abs. 5 GrStG – Zulässigkeit der Durchbrechung der Sollertragsgrenze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Grundsteuerreform 2019 und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuergesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Bundesgrundsteuerrecht und den landesrechtlich vergleichbaren Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zu den Landesgrundsteuergesetzen in ihren Grundkonzeptionen . . . . . . 1. Baden-Württemberg (BWGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bayern (BayGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hamburg (HmbGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Niedersachsen (NGrStG), Hessen (HGrStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sachsen (SächsGrStMG), Saarland (GrStG-Saar) . . . . . . . . . . . . . . . .

274 274 276 282 282 282 284 285 285 288 288 289 293 293 293 294 294 295

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen entsprechen Kirchner, Hildebert/Pannier, Dietrich, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Auflage, 2021.

A. Einführung in die Problemstellung I. Einleitendes zur Grundsteuerreform 2019 Als das Bundesverfassungsgericht am 10.04.20181 die Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der Einheitsbewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer feststellte, dürften nur die wenigsten überrascht gewesen sein, war zumindest die Gleichheitswidrigkeit dieser Bewertungsregelungen doch spätestens seit den Einheitswertbeschlüssen2 des Bundesverfassungs­ gerichts zur Vermögen- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer aus dem Jahr 1995 nahezu einhellige Auffassung.3 Aufgegeben wurde dem Gesetzgeber seitens des Bundesverfassungsgerichts eine Neuregelung der für verfassungswidrig befundenen Normen des Bewertungsgesetzes bis spätestens zum 31.12.2019, sollte die Grundsteuer den Gemeinden auch nach diesem Stichtag weiterhin erhalten bleiben.4 Die verfassungswidrigen Normen der Einheitsbewertung könnten dann für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens jedoch bis zum 31.12.2024, fortwährend angewandt werden.5 Der bisher fehlende Reformdruck im Bereich des Grundsteuerrechts war höchstrichterlich geschaffen, die Grundsteuer in den Fokus der Öffentlichkeit geraten, der lange Zeit grundsteuerrechtlich insoweit reformuntätige Bundesgesetzgeber musste fristgerecht tätig werden, wollte er den Gemeinden eine ihrer wichtigsten und zugleich konjunkturunabhängigen Steuerquellen dauerhaft erhalten. Mit einem Aufkommen von ca. 14,5 Milliarden Euro ist die Grundsteuer für die Gemeinden als ihre – nach der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer – drittgrößte Einnahmequelle, deren Aufkommen sie zugleich über ihre Hebesatzautonomie (vgl. Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG) beeinflussen können, von erheblicher finanzieller Bedeu1  BVerfG

v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147. v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (Vermögensteuer); v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (Erbschaft- und Schenkungsteuer). 3  Wolf, DStR 1993, 541 (543, 546); Drosdzol, DStZ 1999, 831 (832); Eisele, DStZ 2003, 834 (834 f.); Balke, ZSteu 2005, 322; in den 90er Jahren bereits Uelner, DStJG 7 (1984), 275 (283 ff.) sowie Kruse, BB 1989, 1349 (1351). 4  Für mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar befunden wurden die §§ 19, 20, 21, 22, 23, 27, 76, 79 Abs. 5, 93 Abs. 1 S. 2 BewG; BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Leitsatz 1. 5  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 169. 2  BVerfG

22

A. Einführung in die Problemstellung

tung.6 Aufgrund der vor allem kommunalen Wichtigkeit der Grundsteuer verwundert es kaum, dass der Bundesgesetzgeber im Nachgang der Entscheidung bis zum Ende des Jahres 2019 sodann tätig geworden ist. Eine Abschaffung der Grundsteuer stand nie ernsthaft zur Debatte und ist in Zukunft nicht zu erwarten.7 Auch diese Steuerreform soll sich nach der Vorstellung des Bundes- und der Landesgesetzgeber aufkommensneutral gestalten.8 Ob dies letztlich gelingt, hängt am Ende jedoch von den Gemeinden und ihrer Hebe­ satzgestaltung ab. Bei verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen führen Verkehrswertsteigerungen, soweit sie näherungsweise im jeweiligen Grundbesitzwert abgebildet werden, gleichwohl über die Zeit zu automatischen Steigerungen der nominalen Grundsteuerbelastung. Verkehrswertunabhängige Modelle kennen einen solchen Automatismus zwar nicht, dennoch erscheint es naheliegend, dass dann die Gemeinden ihre Hebesätze entsprechend erhöhen werden. Damit geht letztlich vor allem eine abweichende politische Rechtfertigungslast einher. Im Zuge dieser Reform wurde auf der Verfassungsebene nicht nur eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG für die Grundsteuer ausdrücklich verankert, hiermit korrespondiert nunmehr eine Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder (Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG), um einerseits die zuvor andauernde Ungewissheit über den Umfang der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine umfassende Grundsteuerreform durch Verfassungsänderung letztverbindlich zu klären, andererseits den Ländern die Möglichkeit zu umfassendem eigenem Grundsteuerrecht einzuräumen.9 Einfach-rechtlich wurden sowohl die §§ 218 ff. BewG neugeschaffen sowie (einige wenige) Vorschriften des Grundsteuergesetzes geändert und mit § 25 Abs. 5 GrStG die sog. Grundsteuer C mit dem Ziel der Baulandmobilisierung durch die Möglichkeit eines erhöhten kommunalen Hebesatzes eingeführt.10 Die erste Hauptfeststellung der neuen Grundsteuer6  BT-Drs. 19/11085, 80; vgl. zudem die Übersicht bei Zimmermann/Schilling, KommJur 2022, 1 (2). 7  Hierfür in der Vergangenheit unter anderem Schneider/Vieregge, Die Grundsteuer in der Finanzreform, S. 94 f.; Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 392; Strunk, StuW 1980, 51 (53); Kruse, BB 1989, 1349 (1353); Kruse, BB 1996, 717 (720); Tipke, StRO II, 965; Leuchtenberg, DStZ 2006, 36; Schulemann, Reform der Grundsteuer, S. 16 f.; P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, § 2 Rn. 35 f. 8  BT-Drs. 19/11085, 4; BWLT-Drs. 16/8907, 48; BYLT-Drs. 18/15755, 10; HmbBü-Drs. 22/3583, 7; HLT-Drs. 20/6379, 3; NdsLT-Drs. 18/8995, 11. 9  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125 b), BGBl. I 2019, 1546; Einzelheiten zur alten Kompetenzumfangsungewissheit unter B.III.1. 10  Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts, BGBl. I 2019, 1794; Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung, BGBl. I 2019, 1875.



I. Einleitendes zur Grundsteuerreform 201923

werte auf Bundesebene ist auf den 01.01.2022 datiert, die erste Hauptveranlagung erfolgt auf den 01.01.2025.11 Aufgrund der Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder können diese jedoch eigene Grundsteuermodelle einführen. Hiervon haben insgesamt sieben Länder mittlerweile Gebrauch gemacht und solche – von den bundesgesetzlichen Regelungen unterschiedlich stark abweichende – Regelungskonzepte erlassen.12 Die Grundsteuerreform spielt sich daher auf beiden föderalen Ebenen des Staatsaufbaus ab. Aufgrund der Übergangsregelung in Art. 125 b Abs. 3 GG gilt diese Vorrang­ regelung zugunsten der Ländermodelle für die Erhebung jedoch frühestens ebenfalls ab dem 01.01.2025, nimmt ihnen gleichwohl nicht die Möglichkeit, bereits vorher eigene Grundsteuermodelle zu verabschieden.13 Die nunmehr neugeschaffenen Grundsteuer- und Bewertungsregelungen auf Bundes- und Länderebene werden dabei sicher nicht das Ende einer bereits lange währenden Diskussion um die Reformbedürftigkeit des Grundsteuerrechts sein und wie dieses konkret ausgestaltet werden muss, um nicht in Zukunft dem erneuten Einwand der Verfassungswidrigkeit ausgesetzt zu sein.14 Und zuletzt werden wieder die Verfassungsgerichte abschließend über die jeweiligen Grundsteuermodelle entscheiden (müssen).15 Weiterhin darf im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Analyse der Grundsteuerreform der Einfluss moderner Techniken nicht unbeachtet bleiben. Denn auch im Steuerrecht ist die Digitalisierung eines der Schlagworte des 21. Jahrhunderts. Finanzverwaltung wie Steuergesetzgeber können sich dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel nicht entziehen und sehen sich hierdurch mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert: Einerseits müssen im Grundsteuerrecht – als sog. Massenfallrecht – etwa 36 Millionen16 wirtschaftliche Einheiten auf Bundesebene periodisch bewertet werden (können), andererseits bleibt die Finanzverwaltung ebenfalls vom 11  § 266 Abs. 1 BewG, § 36 GrStG; dies gilt für die Landesgrundsteuermodelle entsprechend. 12  Zu den einzelnen Landesmodellen eingehend unter B.II.3. 13  Kritisch zum „Erhebungsverbot“ vor dem 01.01.2025 Hey, ZG 2019, 297 (302) sowie Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 234 e (Stand: 03/2020). 14  Beispielhaft für eine nicht überzeugende Annahme der Verfassungskonformität allein aufgrund der gesetzgeberischen Verantwortung Zimmermann/Schilling, KommJur 2022, 41 (44); siehe überblickshaft zu den vorgebrachten Einwänden Bräutigam/ Weber, DStR 2023, 739 (740 ff.). 15  Siehe dazu bisher auch die bereits unzulässige Verfassungsbeschwerde vor dem VerfGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.04.2021, 1 VB 54/21; zu den Popularklagen gegen das BayGrStG auch Drüen, BayVbl. 2023, 253 (254). 16  Hiervon geht der Gesetzgeber aus, davon entfallen ca. 32 Millionen auf das Grundvermögen, s. BT-Drs. 19/11085, 3, 107; zu dem jeweils auf die Länder entfallenden Anteil des Grundvermögens siehe bei den Landesgrundsteuermodellen unter B.II.3.

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A. Einführung in die Problemstellung

demografischen Wandel nicht verschont mit der Folge, dass die Personalausstattung im letzten Jahrzehnt weiter abgenommen hat.17 Schon in der Vergangenheit wurde im Rahmen von steuerlichen Reformbemühungen deshalb verstärkt Augenmerk auf die Automatisierung der Verfahrensabläufe gelegt.18 Eine Automatisierungsstrategie ist für die Gewährleistung eines gleichmäßigen Steuervollzugs im Grundsteuerrecht unerlässlich und folgerichtig selbsterklärtes Ziel des Bundesgesetzgebers.19 Automatisierungsprozesse fordern aber zugleich materiell-rechtlich eine Ausgestaltung der Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften unter immer häufigerem und weitreichenderem Rückgriff auf Typisierungen und Pauschalierungen, wodurch sich der Gesetzgeber materiell-rechtlich an das obige Spannungsverhältnis anzupassen versucht. Vermieden werden soll eine Überbeanspruchung der ohnehin schon an Personalmangel leidenden Finanzverwaltung für die – in Relation zu den übrigen Steuern mit einem weitgehend konstanten Anteil von ca. zwei Prozent am Gesamtaufkommen20 – doch eher „ertragsarme“ Grundsteuer, die bei den übrigen Steuern für die Aufrechterhaltung eines gleichheitskonformen Gesetzesvollzugs dringend(er) benötigt wird.21 Diskussionen um die Grundsteuer waren bereits in der Vergangenheit schwerpunktmäßig von Aspekten der Vollziehbarkeit determiniert, dieser Gesichtspunkt ist nunmehr in einem neuen Licht zu sehen: Denn die Grundsteuer ist sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene bewusst an die heutigen Möglichkeiten automatisierter Datenübermittlung und -verarbeitung angepasst worden.22

II. Gang der Untersuchung Aus dem Einleitenden zur Grundsteuerreform 2019 folgt das zentrale Anliegen dieser Arbeit sowie das hierfür notwendige Programm: Gewürdigt werden soll die Grundsteuerreform aus formell und materiell verfassungsrechtlicher Sicht, wobei der Schwerpunkt dieser Arbeit auf materiell-verfassungsrechtlichen Fragestellungen in Ansehung von Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 GG liegt. Ein Blick auf die formelle Verfassungsmäßigkeit soll gerade deshalb – jedoch nur in gebotener Kürze – erfolgen, um mögliche for17  Engels/Rahm, Bericht nach § 99 BHO, S. 10–12; Krumm, in: Droege (Hrsg.), Eigenständigkeit des Steuerrechts, S. 173. 18  Insbesondere durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.07.2016 („StModernG“), BStBl. I 2016, 1679. 19  BT-Drs. 19/11085, 81. 20  Zur Aufkommensentwicklung überblickshaft Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 26 ff. sowie zur Kontinuität über die Zeit Andrae, IFSt Schrift 493, S. 13. 21  Zur Notwendigkeit dieser „Verwaltungsressourcenverteilung“ Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 107. 22  Siehe auf Bundesebene zuvorderst §§ 229 Abs. 5, 247 Abs. 2 BewG.



II. Gang der Untersuchung25

melle Limitationen für die Landesgrundsteuergesetzgeber zu identifizieren, die einer materiell-verfassungsrechtlichen Prüfung ihrer Grundsteuermodelle vorgelagert beantwortet werden müssen. Denn nur dann kann eine materielle Würdigung der Landesgrundsteuergesetze in ihrer jeweiligen Gesamtkonzeption vollumfänglich nachvollzogen werden. Für die Beurteilung der neuen Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften auf Bundes- und Länderebene am Maßstab des Verfassungsrechts müssen in einem ersten Teil die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und maßgeblichen Grundprinzipien erarbeitet und die Grundsteuerreform 2019 in Kürze in ihren historischen (Reform-)Kontext eingeordnet werden (B.), denn nur in Kenntnis der verfassungsrechtlichen Gründe des Scheiterns der Einheitsbewertung lassen sich sämtliche Argumente im Rahmen der sich anschließenden verfassungsrechtlichen Analyse insgesamt beurteilen. Hierzu gehört zugleich, Bundes- und Landesgrundsteuermodelle in ihren Grundkonzeptionen vorzustellen. Nachdem vor allem die gleichheits- und freiheitsrechtlichen Anforderungen an die Grundsteuergesetzgeber erarbeitet wurden, müssen die neuen bundes- und landesrechtlichen Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften daraufhin untersucht werden, ob sie diesen Anforderungen gerecht werden können. In Ansehung der jeweiligen Belastungsentscheidungen sowie deren Abbildung in einer Bemessungsgrundlage wird auf die Landesgrundsteuergesetze bereits im ersten allgemeinen Teil an den entsprechenden Stellen eingegangen. Sodann liegt der Fokus im zweiten Teil der Arbeit auf dem Bundesgrundsteuerrecht (C.). Denn nachdem der gesetzgeberische Belastungsgrund identifiziert wurde, stellt sich die Frage, ob dieser innerhalb des verfassungsrechtlichen „Korsetts“ in einer verkehrswertabhängigen Bemessungsgrundlage sachgerecht abgebildet wurde und ob die hierfür zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren den verfassungsrechtlichen Anforderungen trotz Verwendung vielzähliger Typisierungen und Pauschalierungen (noch) genügen können. Daneben sind die grundsteuerlichen Lenkungsnormen in § 15 GrStG in Ansehung der dort normierten Steuermesszahlabschläge sowie die „Grundsteuer C“ (§ 25 Abs. 5 GrStG) zur Baulandmobilisierung in den Blick zu nehmen. Verbindungen zu den Landesgrundsteuergesetzen werden gleichwohl dort hergestellt, wo sich konkrete Ausgestaltungsfragen für vergleichbare landesrechtliche Regelungen stellen. Zuletzt wird diese Ausarbeitung mit einem Resümee (D.) abschließen, welches zusammenfassend deutlich machen wird, weshalb die Grundsteuerund Bewertungsvorschriften von Bund und Ländern den verfassungsrecht­ lichen Anforderungen überwiegend und unterschiedlich weitreichend, in ihren Details jedoch nicht immer vollumfänglich, gerecht werden können.

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A. Einführung in die Problemstellung

Ziel der Arbeit ist es dabei, die verfassungsrechtlichen Grenzen für die jeweiligen Grundsteuergesetzgeber aufzuzeigen, die es ihnen unter Anerkennung der Vollzugsrealitäten gleichwohl ermöglichen, ein in sich schlüssiges Grundsteuerkonzept im Gesamtsteuergefüge zu etablieren. Dabei sollen vor allem die durchaus weiterhin vorhandenen „Sollbruchstellen“ in den jeweiligen Grundsteuermodellen aufgezeigt werden. Bewusst beschränkt wird sich dabei auf das „Herzstück“ der Grundsteuerreform in Gestalt des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) sowie die hiermit im Zusammenhang stehende sog. Grundsteuer C für unbebaute baureife Grundstücke, denn auf erstere entfallen einerseits ca. 32 von 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten und andererseits der Großteil des Gesamtaufkommens.23

23  BT-Drs. 19/11085, 107; auf die Grundsteuer A entfielen vom Gesamtaufkommen 2020 lediglich ca. 400 Millionen (s. dazu Statistisches Bundesamt, Realsteuervergleich, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/Tabellen/realsteuervergleich-zeitreihe-realsteuern.html; zuletzt abgerufen am: 15.04.2023).

B. Erster Teil: Hintergründe der Grundsteuerreform und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuer und deren Bewertungsrecht I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerteund Gründe ihrer Verfassungswidrigkeit 1. Verfassungsrechtliches Scheitern einheitswertbezogener Steuern Die Anfänge einer Grundbesitzbesteuerung lassen sich bis in die Antike rückverfolgen und sind seitdem regelmäßig und in unterschiedlicher Form Bestandteil der Staatsfinanzierung gewesen.1 Für eine Verfassungsrechtsanalyse ist es jedenfalls von Belang, sich die historischen Gründe für ein Scheitern der Einheitsbewertung zu Beginn zu vergegenwärtigen und den grundsteuerrechtlichen Reformbedarf aufgrund der Entwicklung seit deren Schaffung vor circa 90 Jahren in Kürze nachzuvollziehen. Die Bemessungsgrundlage des noch bis Ende 2024 geltenden Grundsteuerrechts (GrStG und BewG) auf Bundesebene bildet der sog. Einheitswert, dem in den westdeutschen Bundesländern die Wertverhältnisse vom 01.01.1964, in den ostdeutschen Bundesländern sogar vom 01.01.1935 zugrunde liegen.2 Dieser ist nach den Vorschriften des BewG für inländischen Grundbesitz, Land- und Forstwirtschaft sowie Betriebsgrundstücke – theoretisch – in einem Sechs-Jahres-Turnus gesondert festzustellen (§§ 19 Abs. 1, 21 BewG). Diese Konzeption einheitlicher Bewertung lässt sich bis zum Reichsbewertungsgesetz 19253 zurückverfolgen, mit dem der erste Versuch einheit­ licher Bewertungsvorschriften für verschiedene Steuerarten unternommen wurde, jedoch erst anschließend durch das Reichsbewertungsgesetz 1934 1  Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.1; siehe dazu insb. auch die Darstellung bei Andreae, in: Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, S. 579 ff. sowie Hörtnagl-Seidner, Die Grundsteuer auf dem Prüfstand, S. 1 ff. 2  Beck, DS 2019, 48 (50); Krumm, Steuerliche Bewertung als Rechtsproblem, S.  6 f.; Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 7; Heine, KStZ 2019, 61; vgl. auch § 129 BewG. 3  Eingeführt durch Gesetz v. 10.08.1925 (RGBl. I 1925, 214); allerdings konnten die Länder weiterhin eigene Bewertungsvorschriften einführen, dazu Halayzinsky, in: Rössler/Troll, BewG, Einf. Rn. 3 (Stand: 05/2020); Jakob, Bewertung des Grundbesitzes, S. 6.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

dahingehend ausgeweitet wurde, dass der bis heute maßgebliche Einheitswert eingeführt und die gesonderte Einheitswertfeststellung auf die Grundsteuer (neben der Gewerbe- und Vermögensteuer) ausgedehnt wurde.4 Im Anschluss erfolgte im Jahr 1936 zudem die reichseinheitliche Kodifizierung des Grundsteuerrechts, welche zuvor den Ländern überantwortet war.5 Während nach dem zweiten Weltkrieg zunächst erneut die Länder grundsteuerrechtlich tätig wurden, hat der Bundesgesetzgeber sodann im Jahr 1951 das GrStG 1936 mitsamt einigen Änderungen neu bekannt gemacht.6 Seither war die Grundsteuer – bis zur Schaffung der Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder in Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG im Zuge der Grundsteuer­ reform 2019 – ausschließlich eine Bundessteuer.7 Nunmehr findet sowohl teilweise Bundes- als auch Landesrecht Anwendung.8 Zweck der Einheitsbewertung war schon seit deren Einführung, mehreren Steuerarten (im Laufe der letzten 90 Jahre insbesondere der Vermögen-, Erbschaft- und Schenkung-, Gewerbekapital- sowie Grundsteuer) aus verwaltungsökonomischen Gründen einheitliche Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.9 Es war aber auch eben jene Einheitsbewertung, die zu den – freilich nicht immer freiwilligen, sondern regelmäßig schon in der Vergangenheit durch das Bundesverfassungsgericht initiierten – Reformen der an die Einheitsbewertung anknüpfenden Steuerarten führte, nunmehr erstmals durch die Grundsteuerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 die Grundsteuer unmittelbar betrifft. Insbe4  RBewG vom 16.10.1934, RGBl. I 1934 1035; dazu Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 4; Seer, DB 2018, 1488; Seer, FR 2019, 941; Halayzinsky, in: Rössler/Troll, BewG, Einf. Rn. 3 (Stand: 05/2020); Krumm, Steuerliche Bewertung als Rechtsproblem, S.  8 f. 5  Durch das Grundsteuergesetz v. 01.12.1936, RGBl. I 1936, 986; dazu Krumm/ Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 5; Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 20; Hantzsch, DStZ 2012, 758. 6  Aufgrund der durch das GG 1949 in Art. 105 Abs. 2 Nr. 3 GG geschaffenen konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Realsteuern, die aufgrund von Art. 125 Nr. 1 GG ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers voraussetzte; durch ­Änderungsgesetz v. 10.08.1951 (BGBl. I. 1951, 515) und der Neubekanntmachung des GrStG 1936 (BGBl. 1951, 519); Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 20; Hantzsch, DStZ 2012, 758 (759); hierzu und weitergehend mit Einzelheiten zu den Kompetenzfragen Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 6; T.  Schmidt, NVwZ 2019, 103 (104); Schwarz/Sairinger, DVBl. 2020, 800 (801). 7  Eingehend zur weiteren Entwicklung der Grundsteuer unter anderem Krumm/ Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 7 ff.; Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 21 ff. 8  Zu den Landesgrundsteuergesetzen B.II.3. 9  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 2; Seer, FS Siekmann, 535 (537); zum Einfluss der Einheitswerte auf andere Steuern nur Uelner, DStJG 7 (1984), 275 (276 f.).



I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerte 29

sondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus den beiden sog. Einheitswertbeschlüssen10 zur Vermögen- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer aus dem Jahr 1995, in denen aufgrund nicht mehr zu rechtfertigender Wertverzerrungen zwischen der Bewertung von Geld- und Grundvermögen die Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften (§§ 138 ff. BewG) festgestellt wurde, setze der Einheitsbewertung – gleichheitsrechtlich bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannte – neue Grenzen: Das mit der Einheitsbewertung verfolgte Ziel der Verwaltungsvereinfachung, und das galt unausgesprochen selbstredend ebenso für die Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer, konnte nicht mehr jegliche Ungleichbehandlung rechtfertigen.11 Dies bedeutete eine Zäsur für die stark vollzugsorientierte Einheitsbewertung. Bereits im alten Grundsteuerrecht wollte der Gesetzgeber daher aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in hohem Maße auf Typisierungen zurückgreifen.12 Der Anwendungsbereich der Einheitsbewertung beschränkte sich im Anschluss an die Einheitswertbeschlüsse sodann nur noch auf die Grund- und Gewerbesteuer, denn für die Erbschaft- und Schenkungsteuer schuf der Gesetzgeber ein eigenes Bewertungskonzept in Gestalt der sog. Bedarfsbewertung13, und die Vermögen- sowie die Gewerbekapitalsteuer wurden nicht mehr erhoben bzw. letztere vom Gesetzgeber in Gänze aufgehoben.14 Auch wenn schon zu diesem Zeitpunkt absehbar war, dass die Bewertung innerhalb des Grundvermögens selbst nicht mehr gleichheitskonform erfolgte, weil es zu systematischen und damit gleichheitsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigenden Verzerrungen zwischen den wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens selbst kam, hielt der Bundesgesetzgeber am Konzept der Einheitsbewertung für die Grundsteuer weiterhin fest.15 Mittelbar betraf sodann auch der zweite Erbschaftsteuerbeschluss aus dem Jahre 2006 des Bundesverfassungsgerichts die Grundbesitzbewertung für 10  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (Vermögensteuer); v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (Erbschaft- und Schenkungsteuer). 11  Hierzu ausdrücklich Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 9; Krumm, Steuerliche Bewertung als Rechtsproblem, S. 10 f.: „Gegenbewegung“. 12  Dazu BT-Drs. VI/3418, 44. 13  Eingeführt durch Jahressteuergesetz 1997 (BGBl. I 1997, 2049); s. §§ 157, 176 ff. BewG. 14  Die Vermögensteuer wird seit dem 01.01.1997 nicht mehr erhoben, der Gesetzgeber ließ die im Vermögensteuerbeschluss gesetzte Frist (BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 [148 f.]) verstreichen, sodass sie durch richterliche Anordnung außer Kraft trat; die Gewerbekapitalsteuer wurde mit Wirkung zum Erhebungszeitraum 1998 durch das „Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuer­ reform“ v. 29.10.1997 (BGBl. I 1997, 2590) aufgehoben. 15  Wiedergebend Seer, DB 2018, 1488; Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 10.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Grundsteuerzwecke, als das Gericht entschied, dass der Belastungsgrund in der jeweiligen Bemessungsgrundlage gleichheitskonform umgesetzt werden müsse.16 Dieses Erfordernis der sachgerechten Verknüpfung von Belastungsentscheidung und Bemessungsgrundlage gilt für diese Ausarbeitung weiterhin fort und war erneut Maßstab für das Bundesverfassungsgericht im Grundsteuerurteil aus dem Jahr 2018.17 Als das Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2015 die Gleichheitswidrigkeit der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage (§§ 138 ff. BewG) feststellte, fanden die tradierten Bewertungsvorschriften zur Einheitsbewertung nur noch auf die Grundsteuer Anwendung, somit war der Einheitswert ab diesem Zeitpunkt bereits ein reiner „Grundsteuerwert“.18 Gleichwohl sah der Gesetzgeber sich weiterhin nicht zu einer Reform des Grundsteuerrechts berufen, insbesondere weil es nicht zu Wertverzerrungen zwischen verschiedenen Vermögensgegenständen, sondern nur innerhalb des Grundbesitzes selbst kam. In einem verkehrswertorientierten (Einheits-)Bewertungssystem19 – wie weiterhin auf Bundesebene und im Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg20 – stellt eine gegenwartsnahe Bewertung einen zentralen Baustein für eine – aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgende – realitätsgerechte Wertrelation der zu bewertenden Wirtschaftsgüter dar.21 Die mit der Hauptfeststellung 1964 einhergehende besonders aufwendige Bewertungsarbeit konnte sogar erst Anfang der 1970er Jahre endgültig abgeschlossen werden, sodass die auf dieser Datengrundlage festgestellten Einheitswerte zum 01.01.1974 Anwendung fanden.22 Weil erneute Hauptfeststellungen seither unterblieben, beschränkt sich die Bewertung für Grundsteuerzwecke bis Ende des Jahres 2024 auf anlassbezogene Wertfortschreibungen und Nachfeststellungen (§§ 22 f. BewG). Auch hierfür werden allerdings die Wertverhältnisse vom letzten Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 16  BVerfG

v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (33 f.). v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 97. 18  BVerfG v. 23.06.2015, 1 BvL 13/11, BVerfGE 139, 285; bei der Grunderwerbsteuer wird nunmehr ebenfalls eine eigenständige Ersatzbemessungsgrundlage geregelt (§§ 138, 145 ff. BewG); hierzu Seer, FS Siekmann, 535 (538). 19  So ausdrücklich der Gesetzgeber beispielsweise in der Begründung zum BewG 1965, s. BT-Drs. IV/1488, 31. 20  Bewertungsziel ist nach der Gesetzesbegründung auf Bundesebene „die Ermittlung eines objektiviert-realen Werts innerhalb eines gemeinen Werts im Sinne von § 9 Abs. 1 BewG“, BT-Drs. 19/11085, 86; zur Konzeption in Baden-Württemberg B.II.3.b). 21  Seer, FS Siekmann, 535 (539); zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines 7-Jahres-Zeitraums unter C.IV.1. 22  Einzelheiten Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 21 f.; Heller, KStZ 2019, 67 (68 f.). 17  BVerfG



I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerte 31

zugrunde gelegt (§ 27 BewG), sodass sich hierauf auch sämtliche, für die Bewertung maßgeblichen, Ermittlungsfaktoren beziehen. Spätere Veränderungen in den Wertverhältnissen konnten bisher keine Berücksichtigung finden. 2. „Appellentscheidungen“ des Bundesfinanzhofs und ­Verfassungswidrigkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts Nachdem sowohl der Bundesfinanzhof als auch das Bundesverfassungs­ gericht die aus dem weit zurückliegenden Bewertungsstichtag resultierenden Wertverzerrungen im Rahmen der Bewertung des Grundvermögens für Grundsteuerzwecke lange Zeit geduldet hatten23, deutete der Bundesfinanzhof zunächst – anstatt seiner Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG nachzukommen – in zwei sog. Appellentscheidungen24 eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Bewertungsregelungen an, bevor er endgültig zu der Auffassung gelangte, dass die Ungleichbehandlungen innerhalb der Bewertung des Grundvermögens mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im Grundsteuerrecht verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen seien, denn eine realitäts- und relationsgerechte Bewertung sei durch die Grundstückseinheitswerte strukturell nicht mehr gewährleistet. Weil die Grundstückswertentwicklung nicht linear verlief, könne eine Kompensation dieses Defizits der seit 1964 nicht mehr erfolgten Hauptfeststellungen auch durch einen Aufschlag nicht erfolgen.25 Durch den Verzicht auf regelmäßige Hauptfeststellungen und die daraus resultierenden Bewertungsverzerrungen sei es zu einer „objektiven Dysfunktionalität“ des Bewertungssystems gekommen, welche dem Gesetzgeber insbesondere eine Rechtfertigung der hieraus resultierenden Ungleichbehandlungen über seine – grundsätzlich weitreichende – Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis verwehre, denn das anvisierte verkehrswertorientierte Bewertungskonzept werde strukturell verfehlt.26 Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs würden 23  Siehe nur BFH v. 02.02.2005, II R 36/03, BStBl. II 2005, 428 sowie BVerfG v. 18.02.2009, 1 BvR 1334/07, BVerfGK 15, 89 – Nichtannahmebeschluss der 1. Kammer des 1. Senats. 24  BFH v. 30.06.2010, II R 60/08, BStBl. II 2010, 897 (900 f.); v. 30.06.2010, II R 12/09, BStBl. II 2011, 48 (49). 25  Dazu Beck, DS 2019, 48; Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 7; vgl. § 121 a BewG für den Zeitraum von 1964 bis 1974; eingefügt durch Gesetz zur Reform des Vermögensteuerrechts (VStRG) v. 01.01.1974, BGBl. I 1974, 949. 26  Das Verkehrswertkonzept entsprach dem Willen des Gesetzgebers, dazu BTDrs. IV/1488, 31; zu den strukturellen Indifferenzen BFH v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 Rn. 55 ff.; begrifflich zur „objektiven Dysfunktionalität“ BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 134.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

diese Ungleichbehandlungen durch nicht mehr hinnehmbare Defizite beim Gesetzesvollzug verstärkt, denn mangels Aufklärungs- und Mitteilungspflichten werde nicht hinreichend sichergestellt, dass der Finanzverwaltung die für die Wertfortschreibung erforderlichen Informationen tatsächlich mitgeteilt würden, wodurch die Gefahr struktureller Vollzugsdefizite bestehe.27 Aus diesen Gründen legte er die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregelungen im Jahr 2014 schlussendlich dem Bundesverfassungsgericht vor (Art. 100 Abs. 1 GG).28 Das Bundesverfassungsgericht hat sich sodann mit Urteil vom 10.04.2018 den Feststellungen des Bundesfinanzhofs angeschlossen und die Regelungen zur Einheitsbewertung des Grundvermögens – jedenfalls seit dem 01.01.2002 – für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt, sich allerdings – weil es zuvor bereits die Verfassungswidrigkeit der materiellen Bewertungsvorschriften selbst festgestellt hatte – nicht zur Frage nach einem möglichen strukturellen Vollzugsdefizit geäußert.29 Bei der Bewertung des Grundvermögens komme es sowohl im Ertragswert- als auch im Sachwertverfahren zu erheblichen Wertverzerrungen, wodurch die zu bewertenden Wirtschaftsgüter in ihrer Relation zueinander nicht mehr realitätsgerecht abgebildet würden. Diese ­ ­Ungleichbehandlungen seien schlussendlich – auch über die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers – nicht mehr zu rechtfertigen.30 Zur Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung verwies das Bundesverfassungsgericht auf die strengen Gleichheitsanforderungen als Maßstab für die folgerichtige Ausgestaltung des Bewertungssystems und zog als mögliche Rechtfertigungsgründe die Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers, eine mögliche Geringfügigkeit der Grundsteuerbelastung sowie die Frage nach Kompensationsmöglichkeiten durch Nachfeststellungen und Wertfortschreibungen in Betracht, wovon jedoch im Ergebnis kein Grund zur Rechtfertigung verfangen konnte.31 Wie schon in den Einheitswertbeschlüssen praktiziert, hat sich das Bundesverfassungsgericht jedoch auf eine Unvereinbarkeitserklärung der Vor27  BFH v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 Rn. 74 ff.; ob dies durch die §§ 228 f. BewG bzw. landesrechtliche Regelungen nunmehr gewährleistet werden kann unter C.VI. 28  Siehe hierzu die Vorlagebeschlüsse des BFH v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957; v. 22.10.2014, II R 37/14, BFH/NV 2015, 309; v. 17.12.2014, II R 14/13, BFH/NV 2014, 475. 29  Die Verfassungswidrigkeitserklärung für Zeiträume ab 01.01.2002 folgt daraus, dass dies der am weitesten zurückliegende Feststellungszeitpunkt der anhängigen Streitverfahren war, vgl. BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 49, 146; Seer, FR 2019, 941 (942). 30  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 110, 127. 31  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 127.



I. Reformausgangspunkt: Historische Bedeutung der Einheitswerte 33

schriften des BewG mit dem Grundgesetz beschränkt, und dem Gesetzgeber zur Behebung des verfassungswidrigen Zustands bis zum 31.12.2019 Zeit gegeben.32 Zudem hält es das Bundesverfassungsgericht für geboten, dass die Bewertungsregelungen sodann, sofern vor dem 31.12.2019 eine Neuregelung verabschiedet würde, für längstens weitere fünf Jahre und damit bis spätestens zum 31.12.2024 angewendet werden können, um die Neubewertung der knapp 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten seitens der Finanzverwaltung technisch durchführen zu können.33 3. Vergangene Reformbemühungen versus aktueller Reformzwang Auch schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 gab es vielzählige Reformüberlegungen mit Blick auf das Grundsteuer- und dessen Bewertungsrecht, die jedoch – gleichsam aufgrund des bis dahin mangelnden Rechtsprechungs- und damit zugleich Reformdrucks, denn die vorherigen Entscheidungen zur Vermögen- und Erbschaftsteuer wie auch zur Gewerbesteuer betrafen die Bewertung des Grundvermögens für Grundsteuerzwecke lediglich mittelbar – bis zur jetzigen Grundsteuerreform sämtlich erfolglos geblieben sind. Erneut musste der Reformzwang erst durch das Bundesverfassungsgericht ausgelöst werden. Begonnen hatten erste Reformüberlegungen schon in den 1970er Jahren, unmittelbar nach der Durchführung der ersten und zugleich letzten Hauptfeststellung.34 Insbesondere Ende des 20. Jahrhunderts, aber auch im vergangenen Jahrzehnt, wurden vermehrt Diskussionen um alternative Grundsteuermodelle geführt, jedoch ließen sich bisher für kein Konzept die erforderlichen politischen Mehrheiten erzielen.35 Dies war vor allem der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus den Einheitswertbeschlüssen geschuldet, denn der Gesetzgeber musste erkennen, dass ein Verzicht auf weitere Haupt-

32  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 172; zu dieser Praxis zuvor bereits BVerfG v. 16.12.2014, 2 BvE 2/12, BVerfGE 138, 136 Rn. 289; v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (122). 33  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 169. 34  Den Verlauf detaillierter darstellend BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147, Rn. 18–23; überblicksartig auch Eisele/Wiegand, Grundsteuerreform 2022/2025, V. 35  Zu den Modelldiskussionen z.  B. Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 17 ff.; Nehls/Scheffler, IFSt Schrift 503, S. 28 ff.; Spengel/Heckemeyer/Zinn, DB 2011, 10 f.; Zimmermann/Schilling, KommJur 2022, 1 (2 f.); zu den Reformansätzen zum Ende des 20. Jahrhunderts und zu Beginn des 21. Jahrhunderts Thöne, in: Lange (Hrsg.), Reform der Gemeindesteuern, 173 f.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

feststellungen lediglich aus verwaltungsökonomischen Gründen gleichheitsrechtlich keinen Bestand mehr haben könnte.36 Zu nennen sind hierbei vor allem das sog. wertunabhängige Modell (alternativ als „Äquivalenzmodell“ oder „Südländer-Modell“ bezeichnet), welches im Kern als Vorlage für die reinen wertunabhängigen Flächenmodelle fungierte, wie sie nunmehr in Bayern und Hamburg etabliert wurden.37 Daneben wurde weiterhin eine verkehrswertorientierte Bemessungsgrundlage dis­ kutiert (auch „Verkehrswertmodell“ oder „Nordländer-Modell“ genannt).38 Mangels einer schon bestehenden Abweichungsbefugnis waren derartige Differenzen betreffend Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage und deren konkrete Ausgestaltung nicht zu bewältigen. Zuletzt wurde im Jahr 2016 – sodann bereits unter dem Druck der durch die Vorlagebeschlüsse des Bundesfinanzhofs formulierten verfassungsrechtlichen Bedenken an der bisherigen Einheitsbewertung – ein Gesetzentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes durch den Bundesrat eingebracht.39 Dort wurde der Übergang zu einem sog. Kostenwertmodell vorgeschlagen, welches als Bemessungsgrundlage typisierend den Investitionsaufwand für die jeweiligen Immobilien abbilden sollte.40 Aufgrund des dortigen Rückgriffs auf einen Vergleichswert für den Grund und Boden einerseits und einen sog. Kostenwert für die Gebäude andererseits wurden hiergegen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken formuliert.41 Aufgrund der Diskontinuität des Bundestages kam das Gesetz letztlich nicht zustande und wurde auch in der neuen Legislatur­ periode nicht mehr aufgegriffen.42 Der Bundesgesetzgeber hat auf der Grundlage der im Rahmen der Grundsteuerreform 2019 hierfür ausdrücklich geschaffenen43 konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG), somit nunmehr einer Kompetenz ohne das Erfordernis des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG, das Grundsteuer- sowie das 36  Nach Auffassung des Gesetzgebers war nämlich eine verkehrswertorientierte regelmäßige Bewertung durch die Steuerverwaltung nicht zu leisten, dazu BTDrs. VI/3418, 44. 37  Siehe hierzu Nehls/Scheffler, IFSt Schrift 503, S. 28 f. m. w. N. 38  Nehls/Scheffler, IFSt Schrift 503, S. 33 f. 39  BR-Drs. 515/16; vorgesehen war hier ebenfalls eine Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG, dazu BR-Drs. 514/16; das Kostenwertmodell wird nicht vertieft, weil es im Rahmen der Grundsteuerreform 2019 keine Bedeutung mehr hat, siehe dazu u. a. Seer, DB 2018, 1488 ff.; Hiller/Neubauer, DStZ 2018, 281 ff. 40  BR-Drs. 515/16, 36. 41  Löhr, BB 2016, 2075 (2078 f.); Houben, StuW 2017, 184; Marx, DStZ 2017, 19 (22 ff.); Wengerofsky, StuB 2017, 25 (27). 42  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 23; Kriese/Wilke, in: Kriese/Löhr/Wilke, Grundsteuer, 25 (26 f.). 43  Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125 b), BGBl. I 2019, 1546.



II. Grundkonzeptionen35

dazugehörige Bewertungsrecht durch das Grundsteuerreformgesetz vom 26.11.201944 sodann, zwar unter dem Druck des ansonsten vollständig entfallenden Grundsteueraufkommens45, reformiert und so die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Reformfrist gewahrt. Dass der Gesetzgeber vor Ablauf der Frist tätig wurde, war zu erwarten, denn den Gemeinden sollte in jedem Fall eine ihrer wichtigsten und zugleich konjunkturunabhängigen Steuerquellen dauerhaft erhalten bleiben.46 Vollziehen muss sich diese Reform in einem – vor allem politischen – Spannungsfeld: Denn die Herstellung gleichheitssatzkonformer Zustände geht unweigerlich mit Steuererhöhungen bei gleichzeitig ohnehin steigenden Wohnkosten für einen Teil der Grundsteuerpflichtigen einher, soll die Reform wie angekündigt in Ansehung des Gesamtaufkommens aufkommensneutral gestaltet werden. Zugleich muss eine Massenvollzugsaufgabe verfassungskonform bewältigt werden, die den demographischen Wandel auf Seiten der Finanzverwaltung nicht aus den Augen verliert.47

II. Reformkonsequenz: Grundkonzeptionen des Bundes- und der Landesgesetzgeber 1. Die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage als Grundsatzfrage der Grundsteuerreform Während Grunderwerbsteuer sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer an einen Vorgang des Rechtsverkehrs anknüpfen, belastet die Grundsteuer das (regelmäßig) beim bisherigen Eigentümer verbleibende Grundstück. Nichtsdestotrotz erfordert der Besteuerungszugriff auf bestimmte Wirtschaftsgüter immer, dass ein (verfassungskonformer) Maßstab gefunden werden kann, der diese in einer Bemessungsgrundlage quantifizierbar macht. Der in der Bemessungsgrundlage ausgedrückte Maßstab dient somit dem Zweck, diesem Steuergegenstand einen Wert zuzuordnen, der einen Vergleich zwischen den Steuerobjekten untereinander erlaubt.48 Die Grundsteuerreform zielt dabei nicht, wie der Begriff zunächst suggerieren könnte, auf eine vollständige Reform des (noch) geltenden Grundsteuerrechts: Wesentliches Ziel ist gerade die Neukonzeption einer solchen Be44  BGBl. I

2019, 1794. Fehlen einer Neuregelung bis zum 31.12.2019 hätte die Grundsteuer danach nicht mehr erhoben werden dürfen, Seer, FR 2019, 941 (942 f.); Seer, FS Siekmann, 535 (548); Heine, KStZ 2019, 61; Höreth/Stelzer, DStZ 2019, 607 (612). 46  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 12. 47  Zu diesem Spannungsfeld Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 12. 48  Meincke, DStJG 7 (1984), 7 f.; Busse von Colbe, DStJG 7 (1984), 39 f. 45  Bei

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

messungsgrundlage. Dass der Gesetzgeber in Ansehung der Bemessungsgrundlage auch an vom Verkehrswert abweichende Eigenschaften anknüpfen kann, zeigt sich besonders bei den Verbrauchsteuern. Denn deren Bemessungsgrundlage bildet die Menge der verbrauchsteuerpflichtigen Waren.49 Mit einem solchen abweichenden Maßstab gehen zugleich unterschiedliche Vergleichswerte und Ermittlungsmethoden für den konkreten Steuergegenstand einher.50 Dies wollen die Landesgrundsteuermodelle Bayerns, Hamburgs, Hessens und Niedersachsens durch eine verkehrswertunabhängige Bemessungsgrundlage, die im Ausgangspunkt an reine Flächenparameter anknüpfen soll, für sich nutzbar machen. Die verkehrswertabhängigen Grundsteuermodelle können im Rahmen der Ermittlung eines Wertes für die Bemessungsgrundlage – und dies gilt im Regelfall auch für die Erbschaftund Schenkungsteuer – einen Wert mangels Veräußerungsvorgangs ebenfalls nur näherungsweise bestimmen.51 In allen Grundsteuermodellen geht es daher um die Ermittlung eines „Annäherungswertes“ an das jeweilige Bewertungsziel. Diesen Rahmen zeigt die Grundsteuerreform anschaulich auf und dem steht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 auch nicht entgegen, denn es hat den föderalen Wettbewerb zwischen Bund und Ländern um das „beste“ Grundsteuerrecht, welches sich nunmehr anhand der Grenzen von Tradition auf Bundesebene einerseits in Gestalt des Beibehaltens einer verkehrswertorientierten Grundbesitzbewertung (2.) und Innovation in den Ländern andererseits (wertabhängige und wertunabhängige Modelle, teilweise ersteres unter Verzicht auf die Einbeziehung des Gebäudes wie in Baden-Württemberg) abspielt, ebenfalls nicht beschränkt.52 Denn einerseits wurden die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des jeweiligen Grundsteuergesetzes in Ansehung der Belastungsentscheidung, deren Abbildung in einer Bemessungsgrundlage sowie die hierfür erforderlichen Ermittlungsverfahren und -normen nicht überkonkretisiert, sondern es wurde vielmehr die grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich des Grundsteuerrechts offengehalten. Dies ermöglicht gerade die damit einhergehenden Gestaltungsoptionen der Bemessungsgrundlage für die Landesgesetzgeber, von denen in einigen Ländern rege Gebrauch gemacht wurde (3.). Sie visieren damit nicht nur unterschiedliche Ermittlungsmaßstäbe an, sondern darauf aufbauend abweichende Bemessungsin: Tipke/Lang, Steuerrecht, Rn. 18.133. DStJG 7 (1984), 1 (4). 51  P. Kirchhof, Steuerwerte, S. 1; zu den gleichheitsrechtlichen Problemen B. IV.4.d). 52  Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen und Grenzen eingehend B.III. und B.IV. 49  Englisch, 50  Kruse,



II. Grundkonzeptionen37

grundlagen und hierfür zur Anwendung gelangende Ermittlungsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat zugleich auf die Vorgabe eines spezifischen Grundsteuermodells verzichtet, beschränkt wurde sich vielmehr auf die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit der alten Einheitsbewertung. Die Fortentwicklung des bisherigen überkommenen Grundsteuerrechts vollzieht sich nunmehr entlang dieser Linien. Diese Grundsteuermodelle in ihren jeweiligen Grundkonzeptionen werden sich sodann aber in dem verfassungsrechtlich vorgegebenen „Korsett“ halten müssen. 2. Das Bundesgrundsteuerrecht (GrStG und §§ 218 ff. BewG) Das Grundsteuerrecht des Bundes basiert zukünftig weiterhin auf zwei Gesetzen, dem GrStG sowie den §§ 218–266 BewG, ohne dass dieser Trennung rechtliche Relevanz zukäme.53 Steuergegenstand ist der Grundbesitz (§ 2 GrStG), die Bemessungsgrundlage des Bundesgrundsteuerrechts bildet in Ablösung des bisherigen Einheitswertes der sog. Grundsteuerwert, allerdings war auch schon der „Einheitswert“ zuletzt aufgrund seiner ausschließlichen Bedeutung für die Grundsteuer ein solcher.54 Dieser Grundbesitzwert wird – neben der Grundstücksart und der Zurechnung (vgl. § 219 BewG) – für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (§ 243 BewG) nach den §§ 218 ff. BewG ermittelt und gesondert festgestellt. Hierzu gehören – sofern es sich nicht um die zweite Vermögensart in Ansehung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 232–242 BewG) handelt – insbesondere der Grund und Boden sowie die Gebäude, das Erbbaurecht, Wohnungs- und Teileigentum sowie das Wohnungs- und Teilerbbaurecht, nicht jedoch Bodenschätze und Betriebsvorrichtungen. Bewertet werden sodann allerdings die jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten.55 § 244 Abs. 1 BewG ordnet hierfür an, dass jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein Grundstück bildet.56 Als Grundstücke gelten ferner das Erbbaurecht zusammen mit dem Erbbaurechtsgrundstück, die Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörigen Grund und Boden, das Wohnungs- und das Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie das Wohnungs- und das Teilerbbaurecht zusammen mit dem belasteten Grund und Boden (vgl. § 244 Abs. 3 BewG).57 Dem Begriff des Grundstücks als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens kommt 53  Ebenso

Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 16. bereits B.I.1. 55  Wie bei Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer. 56  Siehe § 2 BewG. 57  Diese Anordnung ist in Ansehung von Nr. 1 und Nr. 2 deshalb nötig, weil eine wirtschaftliche Einheit im Grundsatz nur in Ansehung desselben (wirtschaftlichen 54  Dazu

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

somit weiterhin eine wesentliche Bedeutung zu, denn die Konkretisierung der wirtschaftlichen Einheit entscheidet über den Zuschnitt des Bewertungsgegenstandes und damit die zwingende Anwendung der jeweiligen Bewertungsverfahren und wiederum deren Bewertungsparameter zur Ermittlung des konkreten Grundsteuerwertes (§§ 246 ff. BewG). Für unbebaute Grundstücke im Sinne des § 246 BewG findet ein sog. (mittelbares) Vergleichswertverfahren (§ 247 BewG) Anwendung, bei welchem der Grundsteuerwert grundsätzlich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem jeweiligen Bodenrichtwert ermittelt wird (§ 247 Abs. 1 BewG). Für bebaute „Wohngrundstücke“ gelangt hingegen ein Ertragswertverfahren (§§ 250 Abs. 2, 252  ff. BewG) zur Anwendung, bei dem der Grundsteuerwert sich aus dem kapitalisierten Reinertrag und dem abgezinsten Bodenwert zusammensetzt. Für bebaute „Nichtwohngrundstücke“ ordnet der Gesetzgeber ein Sachwertverfahren (§§ 250 Abs. 3, 258 ff. BewG) an, bei dem der Grundsteuerwert aus der Summe des Gebäudesachwertes und dem Bodenwert (im Sinne des § 247 BewG) besteht. Jedes Grundstück ist einem dieser Zustände (unbebaut versus bebaut, Wohn- oder Nichtwohngrundstück nach Maßgabe der Grundstücksarten des § 249 BewG) hierfür zuzuordnen.58 Der Bundesgesetzgeber hat sich weiterhin für ein verkehrswertorientiertes Bewertungsmodell entschieden, bei welchem Grund und Boden sowie aufstehende Gebäude in die Bewertung einbezogen werden.59 Auf zweiter (Verfahrens-)Stufe wird dieser Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl (vgl. § 15 GrStG) – in Abhängigkeit von der jeweiligen Grundstücksart – multipliziert und ergibt so den Steuermessbetrag (§  13 Abs.  1 GrStG). Für Wohngrund­stücke sieht der Gesetzgeber Abschläge von der Steuermesszahl aus Lenkungszwecken vor (§ 15 Abs. 1–5 GrStG). Zuletzt wendet die Gemeinde auf den Steuermessbetrag zur Ermittlung der Grundsteuerzahllast ihren Hebesatz an (§§ 25 ff. GrStG).60

oder zivilrechtlichen) Eigentümers gebildet wird (vgl. § 2 Abs. 2 BewG); dazu Bock, in: Grootens, GrStG, § 244 BewG Rn. 25. 58  Krause, in: Stenger/Loose, BewG, § 244 Rn. 31 (Stand: 02/2023). 59  Zum (mittelbaren) Vergleichswertverfahren C.V.2.a); zum Ertrags- und Sachwertverfahren C.V.3.a)bb) und b)aa). 60  Siehe überblickshaft zum dreistufigen Verwaltungsverfahren nur Krumm/­ Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 45.



II. Grundkonzeptionen39

3. Umfang der Grundsteuerreform in den einzelnen Bundesländern a) Die Landesgrundsteuergesetzgebung Durch die Abweichungsbefugnis (Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG) zugunsten der Landesgesetzgeber betrifft die Grundsteuerreform nunmehr beide Ebenen des föderalen Staatsaufbaus, den Bund und die Länder.61 Die Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder beendet dabei insbesondere die – bisherige Reformprozesse der Vergangenheit stark hemmenden – Meinungsverschiedenheiten in Ansehung von „dem“ Belastungsgrund der Grundsteuer62, dessen Abbildung in einer wertabhängigen oder wertunabhängigen Bemessungsgrundlage mit oder ohne Gebäudekomponente sowie wiederum deren konkrete Ausgestaltung und Umsetzung in den jeweiligen Bewertungsverfahren und die Konkretisierung der dortigen Parameter, sodass – auch aus formell verfassungsrechtlicher Sicht63 – nunmehr Raum für eine Koexistenz bei zeitgleicher Praktizierung beider Alternativen – sogar in unterschiedlichsten Länderausprägungen – besteht.64 Das Gebrauchmachen von der Abweichungsbefugnis ist mittlerweile in insgesamt sieben Bundesländern geschehen: Fünf Bundesländer greifen dabei auf vollständig eigene Grundsteuermodelle zur Erfassung der Grundstücke zurück, daher zugleich auf abweichende Belastungsentscheidungen, Bemessungsgrundlagen und in deren Umsetzung individuelle Bewertungsverfahren. Baden-Württemberg (b)) hat sich für ein sog. modifiziertes Bodenwert­ modell als einzige landesrechtliche „Vollregelung“ des Grundsteuer- und dazugehörigen Bewertungsrechts entschieden, bei dem die Gebäude bei der Bewertung des Grundvermögens vollständig unbeachtet bleiben, sodass nur der Grund und Boden bewertet wird.65 Der Freistaat Bayern (c)) hat für die Grundsteuer B ein sog. (wertunabhängiges) Flächenmodell eingeführt.66 Während Hamburg67 (d)) dem bayerischen Modell folgt und zusätzlich nur 61  Zur Zweistufigkeit des Staatsaufbaus und den Besonderheiten auf kommunaler Ebene nur Waldhoff, DStJG 35 (2012), 11 (17). 62  Zu tauglichen Belastungsgründen bei der Grundsteuer eingehend B.IV.3. 63  Siehe eingehend unter B.III. 64  Zustimmend Hey, ZG 2019, 297 (301). 65  Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz – LGrStG) v. 04.11.2020, BWGVBl. 2020, 974; zur Gesetzesbegründung BWLTDrs. 16/8907. 66  Bayerisches Grundsteuergesetz (BayGrStG) v. 10.12.2021, BYGVBl. 2021, 638, zur Gesetzesbegründung BYLT-Drs. 18/15755. 67  Hamburgisches Grundsteuergesetz (HmbGrStG) v. 24.08.2021, HmbGVBl. 2021, 600; zur Gesetzesbegründung HmbBü-Drs. 22/3583.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

zwischen „guter“ und „normaler“ Wohnlage über eine Steuermesszahlreduktion differenziert (sog. Wohnlagemodell), greifen Hessen und Niedersachsen auf einen für die Grundsteuer völlig neuen „Lagefaktor“ zurück. Niedersachsen68 (e)) und Hessen69 (f)) haben deshalb ein – nur im Detail voneinander abweichendes – sog. Flächen-Faktor- (Hessen) bzw. Flächen-Lage-Modell (Niedersachsen) verabschiedet. Sachsen70 und das Saarland71 (g)) werden das Bundesmodell anwenden, jedoch zwischen den verschiedenen Nutzungsarten bei der Steuermesszahl differenzieren, wodurch es vor allem zu einer Privilegierung von Wohnimmobilien durch Absenkung der dafür maßgeb­ lichen Steuermesszahl kommt. In Sachsen werden zudem die unbebauten Grundstücke durch eine Messzahlreduktion in rechtfertigungsbedürftiger Weise begünstigt. Die übrigen Länder, namentlich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz sowie die Stadtstaaten Bremen und Berlin haben sich schon frühzeitig für die Umsetzung des Bundesgrundsteuermodells entschieden. Auch Nordrhein-West­ falen hat im Mai 2021 als letztes Bundesland erklärt, dem Bundesmodell folgen zu wollen und deshalb auf die Verabschiedung eines eigenen Grundsteuermodells zu verzichten. In Nordrhein-Westfalen wurde allerdings im Juni 2022 noch ein Gesetzentwurf für ein „Flächen-Faktor-Modell“ nach hessischem Vorbild in den Landtag eingebracht, welcher jedoch nicht die entsprechenden politischen Mehrheiten finden konnte.72 b) Baden-württembergisches „Bodenwertmodell“ (BWGrStG) Das baden-württembergische Landesgrundsteuergesetz vom 04.11.2020 war nicht nur das erste landeseigene Grundsteuergesetz im Rahmen der Grundsteuerreform, sondern es weicht als einziges Landesgrundsteuergesetz 68  Niedersächsisches Grundsteuergesetz (NGrStG) v. 07.07.2021; NdsGVBl. 2021, 502; zur Gesetzesbegründung NdsLT-Drs. 18/8995. 69  Hessisches Grundsteuergesetz (HGrStG) v. 15.12.2021, HGVBl. 2021, 906; zur Gesetzesbegründung HLT-Drs. 20/6379. 70  Gesetz zur Bestätigung des Grundsteuermesszahlgesetzes v. 21.12.2021; SNGVBl. 2022, 9; dazu SNLT-Drs. 7/7820 abgelöst wurde das erste sächsische Grundsteuermesszahlgesetz (SächsGrStMG) v. 03.02.2021, SNGVBl. 2021, 242; zur Gesetzesbegründung SNLT-Drs. 7/4095. 71  Saarländisches Grundsteuergesetz (GrStG-Saar) v. 15.09.2021, SaarABl. 2021, 2372; zur Gesetzesbegründung SaarLT-Drs. 16/1653. 72  Siehe den Gesetzentwurf der FDP v. 14.06.2022, NWLT-Drs. 18/49; deshalb als Belastungsgrund ebenfalls die sog. Nutzenäquivalenz heranziehend, NW LT- Drs. 18/ 49, 24  f.; zu den daraus resultierenden verfassungsrechtlichen Problemen auch Krumm, Stellungnahme GrStG NW (LT-Drs. 18/49), 8, 15 f.



II. Grundkonzeptionen41

durch Kodifikation der Grundsteuer- und dazugehörigen Bewertungsregelungen vollumfänglich vom Bundesgrundsteuerrecht ab und stellt deshalb eine sog. Vollregelung des Grundsteuer- sowie des dazugehörigen Bewertungsrechts dar.73 In Baden-Württemberg müssen im Rahmen der sog. Grundsteuer B insgesamt ca. 4,5 Millionen wirtschaftliche Einheiten bewertet wer­den.74 Die Bemessungsgrundlage bildet der – terminologisch mit dem Bundesgrundsteuerrecht übereinstimmende – Grundsteuerwert, jedoch wird dieser für sämtliche Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (§ 37 BWGrStG) aus dem Produkt der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert, vergleichbar mit dem Bewertungsverfahren nach § 247 BewG auf Bundesebene für die unbebauten Grundstücke, in einem sog. (mittelbaren) Vergleichswertverfahren ermittelt (§ 38 BWGrStG).75 Die Gebäude bleiben dabei bewusst für den Grundsteuerwert unberücksichtigt.76 Damit hat sich Baden-Württemberg als einziges Bundesland für eine reine Bodenwertsteuer ohne Gebäudekomponenteneinbeziehung entschieden. § 38 Abs. 1 S. 2 BWGrStG erklärt den Bodenrichtwert des Bodenrichtwertgrundstücks in der jeweiligen Bodenrichtwertzone des zu bewertenden Grundstücks für ausschließlich maßgeblich, sodass es auf die individuellen Grundstücksmerkmale, anders als bei § 247 Abs. 1 S. 2 BewG auf Bundesebene bezüglich unterschiedlicher Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen, nicht ankommt.77 Das BWGrStG greift deshalb in noch weitergehendem Maße auf eine Typisierung durch Anknüpfung an den sog. Zonenwert zurück. Gleichwohl hat der Gesetzgeber hier nachträglich Änderungen betreffend die strikte Geltung des Zonenwertes zur Abmilderung der damit einhergehenden Härten vorgenommen: Durch das Gesetz zur Änderung des Landesgrundsteuergesetzes und zur Einführung eines gesonderten Hebesatzrechts 73  Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz – LGrStG), BWGVBl. 2020, 971; zur Gesetzesbegründung BWLT-Drs. 16/8907; eine Vollregelung schließt dabei den Rückgriff auf das Grundsteuerrecht des Bundes aus, dazu Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 72 Rn. 34; für den Vollregelungscharakter des BWGrStG s. auch BWLT-Drs. 17/1076, 1; zu dieser Einordnung und der Konsequenz des vollständigen Landesrechts nur Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 75, 81. 74  BWLT-Drs. 17/1076, 19; zuvor ging man lediglich von ca. 4,1 Millionen wirtschaftlichen Einheiten aus, dazu BWLT-Drs. 16/8907, 2. 75  Vergleichswertverfahren aufgrund der Ableitung aus verschiedenen Vergleichspreisen, vgl. dazu §§ 24 ff. ImmoWertV 2021. 76  BWLT-Drs. 16/8907, 53. 77  Das stellt auch der Landesgesetzgeber in der Gesetzesbegründung nochmals deutlich klar, vgl. BWLT-Drs. 16/8907, 81: „Individuelle Wertanpassungen erfolgen daher nicht“.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

zur Mobilisierung von Bauland (ÄndGLGrStG) vom 22.12.202178 wurde die Möglichkeit geschaffen, bei Abweichungen von mehr als 30 Prozent des tatsächlichen Wertes des Grund und Bodens im Zeitpunkt der Hauptfeststellung vom festgestellten Grundsteuerwert aufgrund eines qualifizierten Nachweises die Festsetzung des tatsächlichen Wertes zu erreichen (§ 38 Abs. 4 BWGrStG). Eine derartige Nachweismöglichkeit ist auf Bundesebene auch weiterhin nicht vorgesehen. Während in der Ursprungsfassung die sog. Grundsteuer C in Baden-Württemberg mangels ausdrücklicher Umsetzung keine Anwendung finden sollte, hat der Gesetzgeber durch das ÄndGLGrStG mit Einführung des § 50 a BWGrStG insoweit eine weitere Kehrtwende vollzogen: Die Gemeinden können in Baden-Württemberg künftig gesonderte Hebesatzgebiete zur Baulandmobilisierung festlegen. Der einzige Unterschied zu § 25 Abs. 5 GrStG auf Bundesebene liegt darin, dass auf ein Mindestgemeindegebiet für die Hebesatzzone in Gestalt der dortigen 10 ProzentGrenze (vgl. § 25 Abs. 5 S. 6 GrStG) gänzlich verzichtet wurde.79 Die erste Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte ist auf den 01.01.2022 datiert und soll im 7-Jahres-Turnus wiederholt werden (§ 15 BWGrStG). Der baden-württembergische Gesetzgeber gewährt darüber hinaus im Grund­ steuermessbetragsverfahren Abschläge auf die Steuermesszahl zur Wohnraum- und Denkmalförderung (§ 40 BWGrStG), die im Wesentlichen den Regelungen auf Bundesebene (§ 15 Abs. 2–5 GrStG) entsprechen.80 c) Bayerisches (wertunabhängiges) Flächenmodell (BayGrStG) Bayern hat mit dem bayerischen Landesgrundsteuergesetz (BayGrStG) vom 10.12.2021 für die Grundsteuer B – allerdings nur partiell – von der Abweichungsbefugnis des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG Gebrauch gemacht.81 Die nicht ins Landesrecht überführten Normen des Grundsteuerrechts des Bundes gelten in Bayern daher als „partielles Bundesrecht“ fort.82 In Bayern 78  BWGVBl. 2021, 1029; dazu BWLT-Drs. 17/1076 sowie 17/1115 (Finanzausschuss). 79  Eine Bodenwertsteuer setzt zudem bereits aufgrund ihres Charakters Bebauungsanreize, denn unbebaute Grundstücke werden in Relation zu den bebauten Grundstücken erheblich mehrbelastet, zu den Wirkungen Boysen-Hofgrefe/Krolage, Der Gemeindehaushalt 2019, 73 (74). 80  Einzelheiten zu den Steuermesszahlreduktionen C.VII. 81  Bayerisches Grundsteuergesetz (BayGrStG) v. 10.12.2021, BYGBl. 2021, 638; BYLT-Drs. 18/15755 (Gesetzesbegründung); BYLT-Drs. 18/18893 (Haushaltsausschuss). 82  Zum „partiellen Bundesrecht“ Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art.  72 Rn. 271 (Stand: 03/2019); Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 72 Rn. 125; eingehend dazu für das BayGrStG Krumm/Paeßens, GrStG, Art. 10 BayGrStG Rn. 3 f.



II. Grundkonzeptionen43

müssen für die Grundsteuer B insgesamt ca. 5,3 Millionen wirtschaftliche Einheiten bewertet werden.83 Die Bemessungsgrundlage bildet ein (grundstücks- und gebäude-)flächenabhängiger und damit gleichzeitig wertunabhängiger sog. Äquivalenzbetrag, welcher sich gemäß Art. 1 Abs. 3 BayGrStG jeweils für den Grund und Boden sowie die Gebäudefläche, letztere wiederum differenziert nach Wohnund Nutzfläche, aus einer Multiplikation der entsprechenden Flächen (Art. 2 BayGrStG) mit einer diesen zugewiesenen Äquivalenzzahl (Art. 3 BayGrStG: 0,04 €/qm für den Grund und Boden, 0,50 €/qm für die Gebäudefläche) zusammensetzt. Diese Äquivalenzbeträge werden sodann durch Multiplikation mit einer Steuermesszahl (Art. 4 BayGrStG) in einen Grundsteuermessbetrag überführt, der zuletzt mit dem kommunalen Hebesatz multipliziert wird (Art. 1 Abs. 1, 2 BayGrStG). Die Lage des Grundstücks innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes spielt somit für die Höhe des Äquivalenzbetrages keine Rolle. Von der Äquivalenzzahl für den Grund und Boden sind ferner gewisse Abschläge vor­ zunehmen, wenn es sich um „übergroße Grundstücke“ handelt (vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 2 BayGrStG).84 Die Grundsteuermesszahl von grundsätzlich 100 Prozent wird für den Äquivalenzbetrag aller Wohnflächen auf 70 Prozent ermäßigt. Auch der bayerische Gesetzgeber gewährt Steuermesszahl­ ermäßigungen aus Gründen der Wohnförderung sowie des Denkmalschutzes, die den Regelungen im Bundesgrundsteuerrecht weitestgehend entsprechen (vgl. Art. 4 Abs. 1 S. 2, 2–5 BayGrStG).85 Während in der Entwurfsfassung ursprünglich die Besonderheit vorgesehen war, im Grundsteuerfestsetzungsverfahren mit dem auf Bundesebene in § 25 Abs. 4 GrStG verankerten sog. Grundsatz der Einheitlichkeit des Hebesatzes zu brechen und so den Gemeinden gleichheitsrechtliche Verantwortlichkeiten in Ansehung der Herstellung von Belastungsgleichheit zuzugestehen, indem Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 BayGrStG-E in der Ursprungsfassung die Bildung von Hebesatzzonen in Gemeinden ab 5.000 Einwohnern zur infrastrukturmäßigen Erschließung des Gemeindegebietes oder zur Verfolgung städtebaulicher Ziele ermöglichte sowie nach Nr. 2 für Fälle einer ermäßigten Grundsteuermesszahl ein reduzierter Hebesatz auf den Grundsteuermessbetrag zur Anwendung gelangen konnte, hat man sich auf Drängen der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren von der Nr. 1 wieder verab-

83  BYLT-Drs. 18/15755,

3. 17. 85  Einzelheiten zur Verfassungskonformität der Steuermesszahlabschläge auf Bundes- und Länderebene unter C.VII. 84  BYLT-Drs. 18/15755,

44

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

schiedet.86 Stattdessen wurde in Art. 8 BayGrStG eine besondere (erweiterte) Erlassvorschrift eingefügt, die die freiheitsrechtlichen Bedenken gegen ein „reines“ Flächenmodell aufgrund der vollständigen Nichtberücksichtigung der Grundstückslage innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes entschärfen soll.87 Die sog. Grundsteuer C findet in Bayern keine Anwendung (Art. 5 Abs. 2 BayGrStG). d) Hamburgisches „Wohnlagemodell“ (HmbGrStG) Das hamburgische Grundsteuergesetz (HmbGrStG) vom 24.08.202188, ebenfalls als wertunabhängiges Flächenmodell ausgestaltet, weicht für die Grundsteuer B – wie Bayern – partiell vom Bundesgrundsteuerrecht ab, modifiziert das bayerische Flächenmodell jedoch zusätzlich um einen „Wohnlagefaktor“, der eine Differenzierung zwischen „guter“ und „normaler“ Wohnlage ermöglichen soll. Im Ergebnis wird dies aber nur über eine Steuermesszahldifferenzierung abgebildet und dieser stellt daher keinen „Lage-Faktor“ wie in den sog. Flächen-Lage-Modellen Hessens und Niedersachsens dar (vgl. § 4 Abs. 2 HmbGrStG).89 Konzeptionell entspricht das HmbGrStG daher weitgehend dem BayGrStG: Das dreistufige Grundsteuerermittlungsverfahren wird beibehalten, lediglich die Terminologie divergiert. Bemessungsgrundlage ist ein wertunabhängiger Grundsteuerwert, der anhand der Fläche (§ 2 HmbGrStG; Grundstücksfläche und bei bebauten Grundstücken Gebäudefläche, differenziert nach Wohn- und Nutzfläche) zu ermitteln ist und mit den verschiedenen Äquivalenzziffern multipliziert wird (ebenfalls 0,50€/qm Gebäudefläche sowie 0,04€/qm des Grund und Bodens, vgl. § 3 HmbGrStG). Bei „übergroßen Grundstücken“ wird eine Reduzierung der Grund und Boden-Äquivalenzzahl angeordnet.90 Der Grundsteuerwert ist sodann mit der für den jeweiligen Äquivalenzbetrag maßgeblichen Steuermesszahl zu multiplizieren (§ 1 Abs. 2 HmbGrStG). Zur Wohnraumförderung ist auch hier eine generelle Mess­ zahlermäßigung in Höhe von 30 Prozent (§ 4 Abs. 1 S. 2 HmbGrStG) vorge86  Siehe dazu zuerst noch BYLT-Drs. 18/15755, 20  f. sowie die abschließende Beschlussempfehlung ohne diesen BYLT-Drs. 18/18893; zu daraus folgenden Risiken und Chancen Mayer, DB 2018, 2200 (2209). 87  Zu den freiheitsrechtlichen Wirkungen des Art. 8 BayGrStG unter B.IV.5.c)bb) (3)(b). 88  HmbGVBl. 2021, 600. 89  Zur Terminologie als sog. Wohnlagemodell ausdrücklich die Gesetzesbegründung, HmbBü-Drs. 22/3583, 7. 90  § 3 Abs. 1 S. 2 HmbGrStG; siehe dazu die Gesetzesbegründung mit Berechnungsbeispielen, HmbBü-Drs. 22/3583, 14 f.



II. Grundkonzeptionen45

sehen.91 Die Besonderheit in Relation zum bayerischen Flächenmodell liegt in der Messzahlermäßigung nach § 4 Abs. 2 HmbGrStG, die zur Bezeichnung als „Wohnlagemodell“ geführt hat: Danach wird der Äquivalenzbetrag für Wohnflächen um 25 Prozent ermäßigt, wenn eine sog. normale Wohnlage vorliegt. Die Einstufung erfolgt durch den Senat im Wege der Rechtsverordnung.92 Daneben sind weitere Steuermesszahlermäßigungen vorgesehen (zur sozialen Wohnraumförderung sowie für Baudenkmäler und Ensembles, vgl. § 4 Abs. 3, 4 HmbGrStG). § 15 GrStG findet hingegen keine Anwendung (Abs. 6). Der Grundsteuermessbetrag wird abschließend mit dem durch ein gesondertes Gesetz93 bestimmten Hebesatz multipliziert (§ 1 Abs. 1 S. 3 HmbGrStG). Die „Grundsteuer C“ findet gemäß § 5 HmbGrStG ebenfalls Anwendung, es entfällt lediglich die Beschränkung nach § 25 Abs. 5 S. 5 f. GrStG auf einen Teil des Gemeindegebietes, weil es im Stadtstaat Hamburg keine Gemeinden gibt.94 e) Niedersächsisches „Flächen-Lage-Modell“ (NGrStG) Niedersachsen hat mit dem am 07.07.2021 verabschiedeten niedersächsischen Grundsteuergesetz (NGrStG) ebenfalls partiell, wenn auch für die Grundsteuer B wie Bayern und Hamburg in Ansehung von Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage und Bewertungsverfahren besonders weitreichend, von der Abweichungsbefugnis für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens Gebrauch gemacht. Die Bemessungsgrundlage bezieht gleichsam Grund und Boden- sowie Gebäudeflächen ein, modifiziert diese jedoch um einen „Lagefaktor“ zur Berücksichtigung der Lage des Grundstücks innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes. Auch das NGrStG ist daher im Ausgangspunkt als wertunabhängiges Flächenmodell ausgestaltet, wird jedoch durch den auf Bewertungsebene verankerten Lagefaktor nach § 5 NGrStG zu einem sog. Flächen-Lage-Modell transformiert. In Niedersachsen werden für die Grundsteuer B ca. 3,5 Millionen wirtschaftliche Einheiten zu bewerten sein.95

91  HmbBü-Drs. 22/3583.

92  Zu den berechtigten verfassungsrechtlichen Zweifeln hieran nur Krumm/­ Paeßens, GrStG, § 4 HmbGrStG Rn. 7. 93  Weil es in den Stadtstaaten – mit Ausnahme von Bremen in Ansehung von Bremen und Bremerhaven (Art. 143 BremVerf) – keine Gemeinden gibt, kann die Einstufung nicht durch kommunale Satzung erfolgen. 94  Siehe dazu Art. 4 Abs. 1 HmbVerf. 95  NdsLT-Drs. 18/8995, 10.

46

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Die Grundsteuer ermittelt sich durch Multiplikation von Grundsteuermessbetrag mit dem gemeindlichen Hebesatz (§ 2 Abs. 1 S. 2 NGrStG). Der Grundsteuermessbetrag wird wiederum ermittelt, indem die jeweiligen Äquivalenzbeträge (Grund und Boden-, Gebäudewohn- sowie Gebäudenutzfläche) mit der entsprechenden Steuermesszahl multipliziert werden (§ 2 Abs. 2 NGrStG). Die Äquivalenzbeträge, die terminologisch eine äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung hervorheben sollen, ermitteln sich durch Multiplikation der Grundstücks- bzw. Gebäudefläche (§ 3 NGrStG) mit den dafür vorgesehenen Äquivalenzzahlen (§ 4 NGrStG; auch hier wie in allen „Äquivalenzmodellen“ 0,04 €/qm für den Grund und Boden sowie 0,50 €/ qm für die Gebäudefläche) und dem Lagefaktor nach § 5 NGrStG (§ 2 Abs. 3 NGrStG). Die entscheidende Modifikation der Äquivalenzbeträge erfolgt über die Multiplikation mit dem Lagefaktor. Dieser wird aus folgender Formel abgeleitet: (BRW/dBRW)0,3. So soll zwischen gleich großen und gleich genutzten Grundstücken innerhalb des Gemeindegebietes eine Lagedifferenzierung bewirkt werden.96 Denn die Anknüpfung an den jeweiligen Bodenrichtwert im Verhältnis zum durchschnittlichen Bodenrichtwert soll erreichen, dass derjenige, der nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei einem höheren Bodenrichtwert von kommunalen Leistungen in höherem Maße profitiert, höher belastet wird und umgekehrt.97 Durch den Exponenten von 0,3 wird die Differenzierungswirkung des Lagefaktors jedoch deutlich abgeschwächt.98 Der in die Formel einzusetzende Bodenrichtwert (BRW) ist der Bodenrichtwert für „Bauflächen“ in der Bodenrichtwertzone (sog. Zonenwert), grundstücksindividuelle Anpassungen unterbleiben (§ 5 Abs. 2 S. 1 NGrStG). Sofern dieser nicht vorhanden ist, ist gemäß S. 5 der Bodenrichtwert für „sonstige Flächen“ maßgeblich. Sollten sich mehrere Bodenrichtwertzonen überlagern, ist immer der niedrigere Wert anzusetzen (§ 5 Abs. 2 S. 4 NGrStG). Der durchschnittliche Bodenrichtwert (dBRW) ist der Median aller in dem Gemeindegebiet liegenden Bodenrichtwerte (§ 5 Abs. 3 S. 3 NGrStG). Darüber hinaus ist in Niedersachsen einzigartig, dass der Gesetzgeber die Gemeinden für die Grundsteuer B verpflichtet, einen aufkommensneutralen Hebesatz und damit einen Hebesatz, bei dem das Steuermessbetragsvolumen für die neue Grundsteuer ab 2025 dem vorherigen Messbetragsvolumen 2024 entspricht, zu ermitteln (§ 7 Abs. 1 NGrStG). Nichtsdestotrotz können die Gemeinden einen eigenen abweichenden Hebesatz bestimmen (§ 7 Abs. 2

96  NdsLT-Drs. 18/8995,

22. diesem Zusammenhang Krumm/Paeßens, GrStG, § 5 NGrStG Rn. 1. 98  Siehe zum Beispiel die Übersicht zur Relation von Bodenrichtwert und Lagefaktor bei Krumm/Paeßens, GrStG, § 5 NGrStG Rn. 4. 97  Zu



II. Grundkonzeptionen47

NGrStG).99 Den Gemeinden wird hierdurch primär eine besondere politische Rechtfertigungslast für die, mit Blick auf das Gesamtmessbetragsvolumen, nicht aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform auferlegt. Die Grundsteuermesszahlen (§ 6 NGrStG) und deren Ermäßigungen entsprechen wiederum dem bayerischen Modell. Die „Grundsteuer C“ findet – mangels abweichender Regelung im NGrStG – ebenfalls Anwendung, und zwar so wie sie in § 25 Abs. 5 GrStG auf Bundesebene verankert ist.100 f) Hessisches „Flächen-Faktor-Modell“ (HGrStG) Letztes Bundesland, welches wie Bayern, Hamburg und Niedersachsen nur partiell von der Abweichungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, war Hessen mit dem sog. Flächen-Faktor-Modell, welches als hessisches Grundsteuergesetz (HGrStG) am 15.12.2021 durch den Landtag verabschiedet wurde.101 Auch das hessische Grundsteuergesetz ist als ein sog. wertunabhängiges Flächenmodell mit „Lagefaktor“ zur Bewertung von insgesamt ca. 2,3 Millio­ nen wirtschaftlichen Einheiten im Rahmen der Grundsteuer B ausgestaltet.102 Die Bemessungsgrundlage des HGrStG bildet der sog. Flächenbetrag, der sich aus dem Produkt der Fläche und der Äquivalenzzahl (0,04 €/qm des Grund und Bodens sowie 0,50 €/qm für Wohn- und Nutzfläche) zusammensetzt (§ 5 HGrStG). Anders als Bayern (Art. 3 Abs. 1 S. 2 BayGrStG), Hamburg (§ 3 Abs. 1 S. 2 HmbGrStG) oder Niedersachsen (§ 4 Abs. 2 S. 2 NGrStG) findet sich in Hessen jedoch keine Regelung zu den sog. übergroßen Grundstücken. Die jeweiligen Flächenbeträge werden mit einer Steuermesszahl multipliziert (§ 4 Abs. 1 HGrStG). Die Summe dieser Steuermessbeträge wird anschließend mit dem Lagefaktor (§ 7 HGrStG) multipliziert. In Hessen werden in Relation zu Niedersachsen nur die Rechenschritte vertauscht. Die Steuermesszahl für den Ausgangsbetrag des Grund und Bodens sowie für die Nutzflächen beträgt auch im HGrStG 100 Prozent, wird für Wohnflächen sodann pauschal auf 70 Prozent reduziert (§ 6 Abs. 1 u. 2 HGrStG). Auch für Baudenkmäler findet – hier allerdings anders als in Hamburg (vgl. § 4 Abs. 3 HmbGrStG) sowie Bayern (Art. 4 Abs. 3 BayGrStG) und Niedersachsen (§ 6 Abs. 3 NGrStG) – sowohl für den Grund und Boden als auch die Gebäudeflächenbeträge eine Ermäßigung um 25 Prozent statt (§ 6 Abs. 3 HGrStG). Darüber hinaus sind §§ 15 Abs. 2–4 des Bundesgrund99  Trotzdem wird hierin vereinzelt ohne nähere Begründung eine Verletzung der kommunalen Finanzhoheit gesehen, so Arning, NdsVBl. 2022, 33 (38). 100  Ausdrücklich der Gesetzgeber, NdsLT-Drs. 18/8995, 27. 101  HGVBl. 2021, 906; HLT-Drs. 20/6379. 102  HLT-Drs. 20/6379, 10.

48

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

steuerrechts – anders als im HmbGrStG – weiterhin anwendbar (§ 6 Abs. 4 HGrStG). In Anbetracht dieses Lagefaktors (§ 7 HGrStG) wendet Hessen eine – wegen des Exponenten ebenfalls nur gedämpfte und somit degressive – Ermittlung nach niedersächsischem Vorbild ([BRW/dBRW]0,3) an, um die sich nach Ansicht des Gesetzgebers in den Bodenrichtwerten gespiegelte Lagewertigkeit des Grundstücks innerhalb des Gemeindegebietes abzubilden. Der Lagefaktor dient damit als ein Indikator für den unterschiedlichen Nutzen der Steuerpflichtigen an kommunalen Leistungen. Während Niedersachsen insofern auf den Median abstellt, wird in Hessen ein flächengewichteter Mittelwert berechnet. Dies verhindert, dass das Verhältnis der Grundstücke zueinander umso ungenauer wird, wenn in vor allem kleinen Gemeinden entweder nur wenige Bodenrichtwertzonen vorhanden sind und/oder eine oder mehrere davon einen Großteil des Gemeindegebietes ausmachen. Denn der Median ist der Wert, der genau in der Mitte liegt, wenn die Messwerte der Größe nach sortiert werden. Eine (Flächen-)Gewichtung zwischen den Werten unterbleibt in Niedersachsen. Zuletzt wird auf den Steuermessbetrag der kommunale Hebesatz angewandt.103 Erwähnenswert ist noch, dass in § 13 HGrStG der hessische Gesetzgeber die wesentlichen Regelungen der sog. Grundsteuer C des Bundes übernimmt, diese jedoch dahingehend modifiziert, dass die Gemeinden einerseits zugleich mehrere, nach der Dauer der Baureife abgestufte Hebesätze festlegen können (§ 13 Abs. 1 HGrStG).104 Andererseits begrenzt der Gesetzgeber in Absatz 6 den besonderen Hebesatz auf das Fünffache des einheitlichen Hebesatzes und es ist eine Übergangszeit möglich, in welcher der erhöhte Hebesatz noch nicht gelten soll. g) Die Grundsteuermesszahlgesetze aa) Sächsisches Grundsteuermesszahlgesetz (SächsGrStMG) Mit dem sächsischen Grundsteuermesszahlgesetz (SächsGrStMG) vom 03.02.2021 sollten in Sachsen lediglich die Steuermesszahlen für die Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens modifiziert werden.105 Weil aber durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz106 des 103  Hierzu enthält das HGrStG zwar keine explizite Regelung, dies ist jedoch nicht erforderlich, weil aufgrund des Anwendungsvorrangs bei Art. 72 Abs. 3 GG im Übrigen die bundesrechtlichen Regelungen in Hessen als partielles Bundesrecht fortgelten. 104  Dazu HLT-Drs. 20/6379, 23 f. 105  SNGVBl. 2021, 242; SNLT-Drs. 7/4095, 9 ff. 106  BGBl. I 2021, 2931; BT-Drs. 19/28902 (Gesetzesbegründung); BT-Drs. 19/ 30489 (Finanzausschuss).



II. Grundkonzeptionen49

Bundes vom 16.07.2021 die Steuermesszahlen des Bundesgrundsteuerrechts nachträglich nochmals modifiziert wurden, hat der sächsische Gesetzgeber aufgrund der „lex-posterior-Regelung“ des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG das SächsGrStMG mit dem Gesetz zur Bestätigung des SächsGrStMG am 21.12.2021 nochmals beschlossen, sodass ersteres hierdurch ersetzt wurde.107 Dieses SächsGrStMG verdrängt insoweit § 15 Abs. 1 GrStG.108 Danach beträgt die Steuermesszahl für in Sachsen belegene „Wohngrundstücke“ (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 1–4 BewG) 0,36 Promille (auf Bundesebene: 0,31 Promille), für die sonstigen „Nichtwohngrundstücke“ (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 5–8 BewG) hingegen 0,72 Promille (auf Bundesebene: 0,34 Promille). Auch für unbebaute Grundstücke (§ 246 BewG) beträgt die Messzahl 0,36 Promille (auf Bundesebene: 0,34 Promille). Dies führt bei einer intendierten aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform zu einer Belastungsverschiebung dergestalt, dass „Nichtwohngrundstücke“ mehr belastet, „Wohngrundstücke“ sowie unbebaute Grundstücke hingegen entlastet werden.109 Für beide Steuermesszahlbegünstigungen muss sich der sächsische Gesetzgeber deshalb gleichheitsrechtlich gesondert rechtfertigen können.110 bb) Saarländisches Grundsteuergesetz (GrStG-Saar) Das Saarland ist diesem Ansatz einer reinen Steuermesszahlmodifikation mit dem saarländischen Grundsteuergesetz (GrStG-Saar) vom 15.09.2021 gefolgt.111 Die saarlandspezifischen Steuermesszahlen betragen nach § 1 GrStG-Saar für unbebaute Grundstücke (§ 246 BewG) 0,64 Promille (auf Bundesebene: 0,34 Promille). Für die im Sachwertverfahren zu bewertenden „Nichtwohngrundstücke“ (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 5–8 BewG) beträgt diese ebenfalls 0,64 Promille (auf Bundesebene: 0,34 Promille). Für die bebauten Wohngrundstücke (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 1–4 BewG) erfolgt hingegen eine Reduktion auf 0,34 Promille (auf Bundesebene: 0,31 Promille). Begünstigt werden im Saarland somit lediglich die „Wohngrundstücke“, wohingegen Eigentümer unbebauter Grundstücke sowie von „Nichtwohngrundstücken“ mehr belastet werden. Für die Begünstigung der Wohnnutzung 107  SNGVBl. 2022, 9; dazu SNLT-Drs. 7/7820; zur Notwendigkeit aus formell verfassungsrechtlicher Sicht unter B.III.2.d)bb). 108  Krumm/Paeßens, GrStG, § 1 SächsGrStMG Rn. 1. 109  Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 58. 110  Dazu auf Steuermesszahlebene unter C.VII.4.d)aa) und bb). 111  SaarAbl. 2021, 2372; dazu SaarLT-Drs. 16/1653.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

im saarländischen Grundsteuergesetz ist ebenfalls eine gleichheitsrechtliche Rechtfertigung erforderlich.112 Es handelt sich somit gleichfalls um ein par­ tielles Gebrauchmachen von der Abweichungsbefugnis des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG, weshalb § 1 GrStG-Saar wie in Sachsen insoweit eine Sonderregelung ist, die dem § 15 Abs. 1 GrStG vorgeht.113

III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuerreformgesetzgeber 1. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes beendet Kompetenzumfangsungewissheit Gemäß Art. 30, 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund besondere Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Während vor der Grundsteuerreform unklar war, in welchem Umfang dem Bundesgesetzgeber eine Gesetzgebungskompetenz für eine umfassende Reform des Grundsteuerrechts zusteht, zuvorderst betreffend einen möglichen vollständigen Systemwechsel oder aber auch (nur) konkreter Ausgestaltungselemente wie beispielhaft der sog. Grundsteuer C, statuiert Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG nunmehr eine ausdrückliche konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, für die es zudem nicht mehr auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 72 Abs. 2 GG ankommt.114 Die Idee einer Grundgesetzänderung zur Vermeidung von Zweifeln an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich der Grundsteuer ist nicht neu, bereits im Rahmen der Diskussion um das sog. Kostenwertmodell aus dem Jahr 2016 wurde der damalige Gesetzesentwurf115 mit einem Gesetz zur Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG mit identischem Wortlaut wie im Rahmen der jetzigen Grundsteuerreform flankiert.116 Weil allerdings im Jahr 2016 keine Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder intendiert war, sollte stattdessen den Ländern in einem Abs. 2 a des Art. 105 GG die Möglichkeit zu ländereigenen Steuermesszahlen zugestanden werden.117 Diese Befugnis

112  Hierzu

C.VII.4.d)aa). GrStG, § 1 GrStG-Saar Rn. 1, 3. 114  Zu dieser Frage u. a. G. Kirchhof, Gutachten ZIA, S. 8 ff.; Seer, DB 2018, 1488 (1490); Seer, FR 2019, 941 (942 ff.); Hey, ZG 2019, 297 (298 ff.); T. Schmidt, ZRP 2019, 146 ff. 115  BR-Drs. 515/16; zur Stellungnahme der Bundesregierung s. BT-Drs. 18/10753. 116  BR-Drs. 514/16, 1. 117  BR-Drs. 514/16, 1. 113  Krumm/Paeßens,



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen51

wird nunmehr von der umfassenden Abweichungsbefugnis eingeschlossen, sie geht sogar weit hierüber hinaus.118 Der Bund hat sodann durch den Erlass des Grundsteuerreformgesetzes (GrStRefG) vom 26.11.2019119 und des Gesetzes zur Baulandmobilisierung vom 30.11.2019120 im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz vollumfänglich Gebrauch gemacht, denn die neuen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§§ 218 ff. BewG) sowie des Grundsteuergesetzes mitsamt seiner einzelnen Änderungen sind auf eine vollumfängliche Kodifikation des Grundsteuer- und des dazugehörigen Bewertungsrechts hin angelegt.121 Auf die Thematik der Kompetenzungewissheit wird an dieser Stelle lediglich in Grundzügen hingewiesen, erklärt sie doch die mit Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG sowie Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG verbundene Intention des verfassungsändernden Gesetzgebers. Uneinigkeit bestand vor allem darüber, ob sich eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine umfassende Grundsteuerreform aus Art. 105 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG deshalb ergäbe, weil eine bundeseinheitliche Regelung nach der Definition des Art. 72 Abs. 2 GG „erforderlich“ sei. Dies wurde vereinzelt vor allem aufgrund einer Vergleichbarkeit zur Gewerbesteuer und mit Blick auf das Recht des Finanzausgleiches angenommen.122 Überwiegend – und zu Recht – wurde diese Begründung allerdings abgelehnt: Denn die bestehende Grundsteuer weist über das Hebesatzrecht der Gemeinden (§ 25 GrStG) sowie den Möglichkeiten der Länder zur Einführung von Hebesatzgrenzen (§ 26 GrStG) schon regionale und insbesondere kommunale Elemente auf.123 Aufgrund des immobilen Steuergegenstandes besteht ferner keine Gefahr der Grundbesitzverlagerung in ein anderes Bundesland.124 Nach dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG müssen Kompetenzen des Bundes als Beschränkung der Gesetzgebungshoheit im Bereich des Art. 72 Abs. 1 GG darüber hinaus restriktiv gehandhabt werden.125 118  Zum

Umfang eingehend B.III.2.b). 2019, 1794. 120  BGBl. I 2019, 1875. 121  T. Schmidt, DStR 2020, 249 (250). 122  So jedenfalls Becker, BB 2013, 861 (862 ff.); Heun, in: Dreier, GG, Art. 105 Rn. 35; in diese Richtung (wohl auch) Troll/Eisele, GrStG, 11. Aufl., Anhang V Rn. 2. 123  Seer, FS Siekmann, 535 (542 f.); Seer, FR 2019, 941 (943 ff.); Hey, FS Solms, 35 (38); Hantzsch, DStZ 2012, 758 (761 f.); G. Kirchhof, DStR 2018, 2661 (2668); Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 105 Rn. 24. 124  Ebenso Mayer, DB 2018, 2200 (2203); Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2506). 125  Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 72 Rn. 6; insgesamt zu dieser Thematik Krause, in: Stenger/Loose, NGrStG, Rn. 118 f. (Stand: 11/2021). 119  BGBl. I

52

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Deshalb hätte sich nach vorzugswürdiger Auffassung eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes allenfalls über Art. 125 a Abs. 2 S. 1 GG herleiten lassen: Sofern nämlich Recht des Bundes auf Grundlage des Art. 72 Abs. 2 GG in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen wurde, allerdings wegen der Änderung des Art. 72 Abs. 2 GG nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt es auf dieser Grundlage als Bundesrecht fort. Dies traf auf die Grundsteuer zu.126 Dem Bundesgesetzgeber kommt nach Art. 125 a Abs. 2 GG zumindest die Befugnis zu, einzelne Vorschriften des alten Bundesrechts anzupassen, nicht erfasst wird allerdings eine gänz­ liche Neukonzeption des Rechts.127 In welchem Umfang daher eine Grundsteuerreform noch auf diese Vorschrift hätte – insbesondere bei Schaffung einer abweichenden Bemessungsgrundlage oder einer sog. Grundsteuer C – gestützt werden können, war mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden. Auch diese Kompetenz ist restriktiv auszulegen.128 Das Bundesverfassungsgericht hat sich im Grundsteuerurteil zu den kompetenzrechtlichen Fragen nicht geäußert.129 Der Gesetzgeber hat mit Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG nunmehr für die nötige Rechtssicherheit gesorgt und diese Streitfrage in formell verfassungsrechtlicher Hinsicht endgültig geklärt.130 Erfasst werden sowohl die Vorschriften des Grundsteuergesetzes als auch die dazugehörigen Bewertungsvorschriften.131 Besteht damit nunmehr unzweifelhaft eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, so verschiebt sich die Diskussion vielmehr hin zur Frage nach dem Umfang der Abweichungsbefugnis der Landesgesetzgeber durch den gleichzeitig eingeführten Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG.

126  Zu Einzelheiten Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 56 (Stand: 02/2020) m. w. N.; Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 144; M. Vogel, jM 2019, 206 (208). 127  Wolff, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 125 a Rn. 23; für die Grundsteuerreform T. Schmidt, NVwZ 2019, 103 (106); Seer, DB 2018, 1488 (1490); Feldner/ Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2507); siehe beispielweise die generell zurückhaltende Auslegung durch das BVerfG, BVerfG v. 09.03.2004, 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 141 (175). 128  BVerfG v. 27.01.2004, 2 BvR 496/01, BVerfGE 111, 10 (29 f.). 129  Vielmehr BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 87: „Es kann dahinstehen […]. Der Bund hat die Kompetenz für die geltenden Regeln der Einheitsbewertung entweder nach Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG (a) oder Art. 125 a Abs. 2 S. 1 GG (b)“. 130  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 13. 131  Als sog. Annexkompetenz zur Grundsteuer, vgl. dazu auch BT-Drs. 19/28902, 17.



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen53

2. Umfassende Abweichungsbefugnis der Landesgesetzgeber a) Die Abweichungsbefugnis als Kompromisslösung im föderalen System Nach Art. 72 Abs. 3 GG besteht für die Länder gleichwohl die Möglichkeit zu abweichendem eigenen Landesrecht, selbst wenn der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, sofern sich die Regelungsmaterie im dort aufgeführten Kompetenzkatalog befindet. Und eben dort wurde im Rahmen der mit der Grundsteuerreform einhergehenden Änderung des Grundgesetzes Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG eingefügt132, welcher die Grundsteuer in den Anwendungsbereich der Abweichungsbefugnis aufnimmt. Es handelt sich bei der Kombination von konkurrierender Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder letztlich um das Ergebnis eines politischen Kompromisses, weil man sich weder auf „den“ Belastungsgrund, einen Steuergegenstand (Grund und Boden isoliert oder unter Einbeziehung einer Gebäudekomponente) noch eine einheitliche Bemessungsgrundlage (wertabhängig oder wertunabhängig) verständigen konnte.133 Die Antwort hierauf ist nunmehr aus formell-verfassungsrechtlicher Sicht mit Ausnahme des Erfordernisses, dass es sich weiterhin um eine „Grundsteuer“ handeln muss, insoweit schrankenlos den jeweiligen Ländern überantwortet. Daneben bestehen für Bund und Länder freilich die Limitationen des Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG, der den Gemeinden das – in Ansehung von Mindest- und Höchsthebesätzen einschränkbare – Hebesatzrecht garantiert.134 Der, für die Grundsteuer systemwidrig135, außerhalb der Finanzverfassung eingefügte Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG eröffnet den Ländern die gleichberechtigte Möglichkeit zu vom GrStG und BewG des Bundes abweichender Landesgrundsteuergesetzgebung (sog. Abweichungsgesetzgebung).136 Sofern sich einzelne Länder zur Nichtanwendung der Abweichungsbefugnis entscheiden, gilt für sie das durch den Bund erlassene Grundsteuerrecht (GrStG und §§ 218 ff. BewG). Im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung entscheidet der Verfassungsgesetzgeber sowohl durch Ort als auch Formulie-

132  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125  b), BGBl. I 2019, 1546. 133  Ebenso Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 10. 134  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 2. 135  Hey, ZG 2019, 297 (301); Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 58 (Stand: 02/2020). 136  Zum Begriff nur Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 68 (Stand: 02/2020); zur Bedeutung für die Grundsteuerreform Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR, Rn. 6 (Stand: 11/2020).

54

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

rung der konkret zu würdigenden Kompetenznorm, inwieweit er den Ländern einen eigenen Gestaltungsspielraum zugestehen möchte.137 b) Die Reichweite der Abweichungsbefugnis (Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG) Entscheidend für die hiesige verfassungsrechtliche Analyse sind daher die formell verfassungsrechtlichen Grenzen dieser Abweichungsbefugnis, die zugleich auf die im Schwerpunkt vorzunehmende materiell verfassungsrechtliche Prüfung „ausstrahlen“. Zu beantworten ist zunächst: Besteht ein abweichungsfester Kern? Sind den Landesgesetzgebern Grenzen in Ansehung von Belastungsgrund, Steuergegenstand oder Bemessungsgrundlage gesetzt? Folgt daraus dann die Entscheidung für ein wertabhängiges oder wertunabhängiges Grundsteuermodell? Muss sich die Bewertung zwingend auf Grund und Boden sowie die aufstehenden Gebäude beziehen oder kann der Landesgesetzgeber die Gebäude – wie in Baden-Württemberg – zulässigerweise „ausblenden“? Diese Fragestellungen sind kompetenzrechtlich zugleich mit der Frage nach der Zulässigkeit einer sog. Negativgesetzgebung in Gestalt der bloßen Anordnung der Landesgesetzgeber, dass bestimmte bundesrecht­ liche Regelungen nicht gelten sollen, verknüpft.138 Und ferner, ob es den Landesgesetzgebern möglich ist, inhaltsgleiches Landesrecht als „abweichende Regelung“ im Sinne des Art. 72 Abs. 3 GG zu erlassen, wodurch das Bundesgrundsteuerrecht ins Landesrecht überführt würde, sofern dies dem Willen des jeweiligen Landesgesetzgebers entspricht.139 Beides ist im neuen Grundsteuerrecht nach der Grundsteuerreform nunmehr uneingeschränkt zu bejahen.140 Denn zutreffend kann aus den nachfolgenden Gründen nur die Annahme einer umfassenden Abweichungskompetenz sein, sodass der gesamte Kompetenzbereich des neu geschaffenen Art. 105 Abs. 2 GG hiervon erfasst wird.141 Schon der Wortlaut der Abweichungsbefugnis in Art. 72 GG („können“) legt es in das politische Ermessen des jeweiligen Landesgesetzgebers, NVwZ 2019, 701 (702 f.). in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 72 Rn. 124; teilweise abgelehnt, weil Art. 72 Abs. 3 GG nur eine Regelung in der Sache erlaube, überzeugender a. A. insb. Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 72 Rn. 42. 139  Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 72 Rn. 124; Wittreck, in: Dreier, GG, Art. 72 Rn. 43. 140  Zur Frage, wann bei Wiederholung ein „Abweichen“ vorliegt in Grundsteuersachen nur Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 75. 141  Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 234 a (Stand: 03/2020); Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 14 (Stand: 11/2020). 137  Greve, 138  Oeter,



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen55

inwieweit er von der Abweichungsbefugnis Gebrauch machen will, sein Gestaltungsspielraum reicht daher von bloßen partiellen Einschränkungen oder Ergänzungen des Bundesrechts bis hin zu einer vollumfänglichen Neuregelung.142 Zudem gibt es bei Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG nach seinem eindeutigen Wortlaut – anders als in Nrn. 1, 2 und 5 – keinen „abweichungsfesten“ Kern, der einer landesrechtlichen Regelung Schranken setzen würde. Vergleicht man daher die Systematik innerhalb des Art. 72 Abs. 3 GG selbst, so spricht dies eindeutig gegen eine Einschränkung der Abweichungsbefugnis unter Ausnahme eines gewissen Kernbereiches. Historisch scheiterte eine Reform der Grundsteuer bisher immer – neben dem bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2018 fehlenden Reformdruck – an hinreichendem politischen Konsens über Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage und Ausgestaltung. Jenem Problem sollte durch die Abweichungsbefugnis abgeholfen werden. Denn eingeführt wurde diese vor allem auf Drängen des Freistaates Bayern, der sich bereits zuvor für eine wertunabhängige „Flächengrundsteuer“ auf Grundlage des Äquivalenzprinzips und damit zugleich einer abweichenden Belastungsentscheidung sowie Bemessungsgrundlage stark gemacht hatte.143 Denn Belastungsverschiebungen innerhalb des Grundsteuerrechts lassen sich nicht vermeiden und die für einige damit einhergehenden Belastungserhöhungen haben – aufgrund der Überwälzungsmöglichkeit im Rahmen der Betriebskosten144 – zugleich Folgewirkungen für den Mietwohnungsmarkt. Die Abweichungsbefugnis soll ermöglichen, was historisch unmöglich war: Verschiedene Landesgesetzgeber können verschiedene Modelle erproben, die gleichermaßen politische Kompromisse erfordern werden, deshalb unterschiedliche Grundentscheidungen und Ausgestaltungen mit sich bringen und damit Abweichungen vom Bundesgrundsteuermodell des Grundsteuer- und Bewertungsgesetzes. Sinn und Zweck des Art. 72 Abs. 3 GG ist es, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, eigene Konzepte zu entwickeln und in besonderem Maße auf unterschiedliche landes­ individuelle Strukturen und Besonderheiten reagieren zu können.145 Diese Interpretation entspricht deshalb der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Intention des verfassungsändernden Gesetzgebers, der mit Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG und ihrer konkreten Formulierung – eben ohne abweichungsfesten 142  BT-Drs. 16/813, 11; BVerwG v. 11.04.2016, 3 B 29/15, NVWZ-RR 2016, 484; Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 7 (Stand: 11/2020); Krumm/­ Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 74. 143  So wiedergebend unter anderem T. Schmidt, DStR 2020, 249; Eichholz, DStR 2020, 1158 (1160); Dötsch, in: Stenger/Loose, BewG, Einf. BewG Rn. 430 (Stand: 06/2020); Schaffner, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, Vorb. § 243 BewG Rn. 4. 144  § 556 BGB i. V. m. § 2 Nr. 1 BetrKV. 145  BT-Drs. 16/813, 11.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Kern – eine Länderbefugnis zu „umfassenden abweichenden landesrecht­ lichen Regelungen“ in Grundsteuersachen gerade beabsichtigt hat.146 Die Grundsteuermodelle der Länder können daher einerseits wertunabhängig an der Fläche orientiert sein und damit auf Verkehrswerte vollständig verzichten.147 Unbeachtlich ist ferner, ob das bebaute Grundstück für die Bewertung herangezogen wird oder aber – wie nur vom Landesgesetzgeber Baden-Württemberg im Rahmen der dortigen Bodenwertsteuer – ein (fiktiv) unbebautes Grundstück, somit die Gebäude ausgeblendet werden.148 Die Landesgesetzgeber sind andererseits nicht einmal an die Grundkonzeption des Bundesgesetzgebers hinsichtlich seiner Belastungsentscheidung und der verfassungskonformen Umsetzung in der jeweiligen Bemessungsgrundlage gebunden.149 Im Ergebnis erfasst die Abweichungsbefugnis daher Steuergegenstand, Belastungsentscheidung, Bemessungsgrundlage sowie die Bewertungsregelungen zur Ausgestaltung derselben.150 Nicht erforderlich ist auch, dass die Neuregelungen auf Landesebene vor dem 01.01.2020 verabschiedet worden sind, insoweit genügt vielmehr, dass der Bundesgesetzgeber bis zum Ablauf des 31.12.2019 reformierend tätig geworden ist.151 Ermöglicht werden sowohl partielle Landesgrundsteuergesetze als auch sog. Vollregelungen wie das baden-württembergische Grundsteuergesetz, also solche, die das Grundsteuerrecht vollständig regeln und zugleich teilweise Vorschriften des Bundes wortwörtlich übernehmen oder aber nur gewisse Vorschriften aus dem Anwendungsbereich ihres Gesetzes ausklammern.

146  BT-Drs. 19/11084,

1; treffend T. Schmidt, DStR 2020, 249 (250 f.). die bayerische Flächensteuer T. Schmidt, DStR 2020, 249 (250). 148  Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (259); Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 74; Seer, DB 2018, 1488 (1493); a. A. Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2509); Ronn­ ecker, ZKF 2018, 49 (50 f.). 149  So auch Wollenschläger, in: Bonner Kommentar, GG, Art.  72, Rn. 432  f. (Stand: 08/2018); Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 270 (Stand: 03/ 2019). 150  Zutreffend Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 234 b (Stand: 03/2020); Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR. Rn. 8 f. (Stand: 11/2020); Krause, in: Stenger/Loose, GrStG-Saar Rn. 99 (05/2020); zur Normgeprägtheit des Steuergegenstandes auch Kempny, DStJG 44 (2022), 39 (56). 151  Wenig überzeugend insoweit Neufang, BB 2019, 3035 (3036). 147  Für



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen57

c) Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 72 Abs. 3 GG: Die Landesgrundsteuermodelle als „Grundsteuern“ aa) Der Begriff der Grundsteuer in Art. 72 GG Einzige formelle Schranke der einfachen Landesgesetzgeber aus Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG ist, dass Regelungsgegenstand des jeweiligen Landesgrundsteuergesetzes weiterhin eine „Grundsteuer“ im verfassungsrechtlichen Sinne sein muss.152 Während der einfache Gesetzgeber an den Typus der jeweiligen Steuer gebunden ist, gilt dies hingegen nicht für den verfassungsändernden Gesetzgeber selbst. Denn dem einfachen Gesetzgeber steht gerade kein Steuerfindungsrecht zu, er muss sich im Rahmen der finanzverfassungsrechtlich vorgegebenen Steuerarten bewegen.153 Dem verfassungsändernden Gesetzgeber ist es dagegen möglich, den Begriff der Grundsteuer ohne Bindung an ein etwaiges Vorverständnis zu bestimmen. Zur Definition des insoweit maßgeblichen Grundsteuerbegriffs sollte die Abweichungsbefugnis im Zusammenspiel mit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 105 Abs. 2 GG als auch der Ertragshoheit der Gemeinden nach Art. 106 Abs. 6 GG betrachtet werden. Ausgangspunkt ist daher der finanzverfassungsrechtlich fundierte Typusbegriff der Grundsteuer.154 Aufgrund der Begriffshoheit des verfassungsändernden Gesetzgebers kann allerdings dessen Verständnis im Rahmen des Art. 106 GG nicht mehr allein begriffsleitend sein, vielmehr strahlt die Interpretation im Rahmen der neugeschaffenen Art. 72 Abs. 3, 105 Abs. 2 GG umgekehrt auf diesen aus. In Ansehung des Begriffs der Grundsteuer wird zwar teilweise die verfassungsrechtliche Notwendigkeit strikter Unterscheidung der verschiedenen Steuerarten und damit eine vollumfängliche Abgrenzbarkeit – insbesondere zur Vermögensteuer – gefordert.155 Eine solche Interpretation widerspräche jedoch einerseits dem Wesen des Typusbegriffs als wertungsoffen und würde andererseits die der Sache nach besondere Nähe von Grund- und Vermögensteuer (unter anderem Vermögensteuer als Gesamt-Nettovermögensteuer, Grundsteuer als BruttoSondervermögensteuer) ausblenden.156 Deshalb dürfen die Anforderungen 152  Nur

(250).

bezüglich des generellen „Steuercharakters“ T.  Schmidt, DStR 2020, 249

153  BVerfG v. 13.04.2017, 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171 Leitsätze 1, 3; dazu auch Waldhoff, FS Vogel, 495 (513 f.). 154  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 12 (Stand: 11/2020); a. A. Freund, FR 2019, 931 (936). 155  Bei gleichzeitiger Konsequenz der Verengung der Belastungsentscheidung auf äquivalenztheoretisch gerechtfertigte Grundsteuermodelle G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1074 f.). 156  So auch Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 31 (Stand: 11/ 2020).

58

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

hierbei nicht überstrapaziert werden, insbesondere lässt sich daraus keine Beschränkung des Belastungsgrundes auf das Äquivalenzprinzip ableiten.157 Soll außerdem die Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG nicht weitestgehend leerlaufen, kann für die verfassungsrechtliche Bestimmung des Begriffs der „Grundsteuer“ lediglich bestimmend sein, dass an den grundstücksbezogenen Vermögensbestand in Gestalt des Grund und Bodens angeknüpft wird.158 Dafür spricht zudem die historische Entwicklung der Grundsteuer, die seit jeher als Steuer auf den „Grundbesitz“ verstanden wird.159 bb) Die Landesgrundsteuermodelle als Grundsteuern Nach diesen Maßstäben sind alle Landesgrundsteuern in ihrer bereits beschriebenen Grundkonzeption160 „Grundsteuern“ im Sinne des Art. 72 Abs. 3 GG. Eine nur an den Grund und Boden anknüpfende Bodenwertsteuer nach baden-württembergischem Vorbild ist ebenfalls Grundsteuer im verfassungsrechtlichen Sinne, selbst wenn diese die Gebäude nicht in die Bewertung einbezieht.161 Eine abweichende Belastungsentscheidung, identische Steuergegenstände und eine wertabhängige Bemessungsgrundlage bei gleichzeitiger Außerachtlassung der Gebäude sind formell verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die bayerische wertunabhängige Flächensteuer (sog. Flächenmodell).162 Dem Landesgesetzgeber aus Bayern steht es formell verfassungsrechtlich frei, nur punktuell für das Grundvermögen umfassende abweichende Regelungen zu erlassen und im Übrigen für die Land- und Forstwirtschaft das Bundesgrundsteuerrecht (GrStG und BewG) für anwendbar zu erklären. Das gilt gleichsam für das hamburgische „Wohnlagemodell“. Erst recht sind daher die „Steuermesszahlgesetze“ des Saarlandes (GrStGSaar) und Sachsens (SächsGrStMG) formell nicht zu beanstanden: Denn die 157  Überzeugend Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 31 (Stand: 11/2020). 158  So ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 74; sowie Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (259); Seer, DB 2018, 1488 (1493); T.  Schmidt, DStR 2020, 249 (250); a. A. Ronnecker, der für eine Bodenwertsteuer bezweifelt, dass es sich hierbei noch um eine Grundsteuer handelt, vgl. Ronnecker, ZKF 2018, 49 (50 f.); dem für ein Bodenwertmodell widersprechend T. Schmidt, KommP spezial 2021, 120 (122). 159  Hidien, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 106 Rn. 1081 (Stand: 11/2002); Kruse, BB 1996, 717 (718); zur historischen Entwicklung und dem Leistungsfähigkeitsprinzip unter B.IV.3.b)aa). 160  Dazu B.II.3. 161  Gleicher Auffassung Seer, DB 2018, 1488 (1493); Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (539); im Ergebnis auch Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (293); a. A. Ronn­ ecker, ZKF 2018, 49 (50 f.) sowie Beck, DStR 2016, 2689 (2692 f.). 162  Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (293 f.).



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen59

Abweichungsbefugnis aus Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG gestattet es den Landesgesetzgebern, lediglich sehr punktuell – hier nur in Ansehung der Steuermesszahlen – vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen und damit landesspezifisch auf Steuermesszahlebene eine abweichende Belastungsverteilung sicherzustellen. Denn diese wurde vor allem deshalb geschaffen, damit (einzelnen) landesspezifischen Besonderheiten hinreichend Rechnung getragen werden kann.163 Hierzu dient eine Steuerung der Grundsteuerbelastung im Rahmen des Grundsteuermessbetragsverfahrens, von welcher die Gemeinden auf Bundesebene aufgrund der Einheitlichkeit des Hebesatzes (§ 25 Abs. 4 GrStG) dann nicht mehr abweichen können. Und zuletzt sind die wertunabhängigen „Flächen-Lage-Modelle“ Hessens (HGrStG) und Niedersachsens (NGrStG) Grundsteuern in diesem Sinne164: Denn wie das bayerische und hamburgische Flächenmodell knüpfen sie an den Grund und Boden sowie die aufstehenden Gebäude an und modifizieren das wertunabhängige Flächenmodell lediglich um einen an die Bodenrichtwerte anknüpfenden „Lagefaktor“. d) Geringe Bedeutung des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG für die Grundsteuer aa) Grundsätze Nach Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (sog. lex-posterior-Grundsatz). Konzeptionell wurde hierin bereits seit Einführung der Regelung die Gefahr einer sog. Ping-Pong-Gesetzgebung gesehen.165 Diese hat sich jedoch bei den übrigen Abweichungsmaterien des Art. 72 Abs. 3 GG bisher nicht bewahrheitet.166 Sofern danach bundesrechtliche Regelungen den Landesgrundsteuergesetzen nachfolgen und das Merkmal der „Abweichung“ erfüllen, sind diese wiederum vorrangig. Die Bedeutung des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG darf im Rahmen der Grund­ steuerreform jedoch nicht überbewertet werden: Zwar enthält das Grundgesetz selbst keine Antwort darauf, wie weit der Anwendungsbereich des Abs. 3 S. 3 reicht. Nach dem Sinn und Zweck der Neuregelung des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG, der gerade darin besteht, den Ländern eine umfassende Abweichungsbefugnis für die Grundsteuer einzuräumen, kann jedoch nicht 163  BT-Drs. 19/11084, 164  Für

(267).

4. ein Flächen-Lage-Modell bejahend ebenfalls Ronnecker, ZKF 2019, 265

165  Beispielhaft

Häde, JZ 2006, 930 (932); Degenhart, NVwZ 2006, 1209 (1212). in: Dreier, GG, Art. 72 Rn. 32; Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 72 GG Rn. 127. 166  Wittreck,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

schon jede Änderung des GrStG oder BewG wieder zu einem vollständigen Anwendungsvorrang des Bundesgrundsteuerrechts führen. Denn das würde einen erneuten Gesetzgebungsakt des Landesgesetzgebers erfordern, der eine bloße Förmlichkeit wäre. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG sollte daher auf Fälle beschränkt sein, in denen der Bundesgesetzgeber intendiert, entweder die Landesgesetzgebung durch sein Gesetz rückgängig zu machen, oder sich für ein grundlegend neues Konzept zu entscheiden, welches dann – sofern in den Ländern nur partielle Abweichungen vorliegen – die Landesgrundsteuergesetze in ihrem Wesen verändern und daher zwingend ein neuerliches Tätigwerden erfordern würde, sodass es sich dann wieder um ein „Abweichen“ handelt. Deshalb ist jedes Bundesgesetz im Wege der Auslegung daraufhin zu untersuchen, inwieweit der Bundesgesetzgeber die landesrechtlichen Regelungen unangetastet lassen wollte.167 Ferner scheint ein erneuter Vorrang des Bundesgrundsteuerrechts insgesamt durch schlichte Neuverkündung ohnehin nicht zu befürchten, weil es sich in diesem Falle nach Art. 105 Abs. 3 GG um ein Zustimmungsgesetz handeln würde.168 Anders verhält es sich aber mit bloßen Anpassungen des Bundesgrundsteuerrechts, die für die Grundsteuer zukünftig noch erforderlich sein werden und durch einige Änderungsgesetze bereits wurden.169 Bei partiellen Änderungen wird sich der Bundesgesetzgeber wegen der umfassenden Abweichungsbefugnis der Länder jedoch regelmäßig auf seinen eigenen Kompetenzbereich beschränken wollen. Dies gilt zuvorderst dann, wenn es sich um wertunabhängige Grundsteuergesetze handelt, die bereits in Ansehung der Belastungsentscheidung und deren Abbildung in der Bemessungsgrundlage konzeptionell vom Bundesgrundsteuerrecht losgelöst sind. Und zuletzt ist mit Art. 72 Abs. 3 S. 2 GG, wonach das abweichende Bundesrecht erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft tritt, ohnehin eine ausreichende „Karenzzeit“ geschaffen worden, in welcher der Landesgesetzgeber bei bestehender Rechtsunsicherheit erneut tätig werden könnte.170 Eine gesetzgeberische Reaktion der Landesgrundsteuergesetzgeber auf Änderungen des Bundesgrundsteuerrechts ist freilich überhaupt nur geboten, wenn ihre Grundsteuergesetze nicht nach der letzten Änderung des Bundesgrundsteuerrechts erstmalig erlassen wurden. Im Ergebnis lassen sich so dennoch

167  Zu diesem Auslegungserfordernis Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 72 Rn. 305 (Stand: 03/2019) m. w. N.; Hahn-Lorber, Parallele Gesetzgebungskompetenzen, S. 193; für die Grundsteuer T. Schmidt, DStR 2020, 249 (251). 168  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 79. 169  Dazu sogleich bb). 170  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 79.



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen61

in den Fällen lediglich partieller Anpassungen des Bundesgrundsteuerrechts die Konsequenzen für die Landesgesetzgeber beherrschen.171 bb) Anwendung am Beispiel bisheriger Grundsteuerreformgesetzgebung Gesetzgeberische Anpassungen sind im Bundesgrundsteuerrecht zuerst in §§ 2, 17, 36 GrStG und §§ 244, 261 BewG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG) vom 21.12.2020 erfolgt.172 Sodann wurden Änderungen in den §§ 247, 253, 259, 266 BewG sowie Anlage 31 durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG) vom 03.06.2021 vorgenommen.173 Anschließend hieran sah der Gesetzgeber Handlungsbedarf in Ansehung der §§ 263, 266 BewG und §§ 15, 19 GrStG als auch Anlage 39 durch das Grundsteuerreform-­ Umsetzungsgesetz vom 16.07.2021 (GrStRefUG).174 Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 hat der Gesetzgeber – neben bloß redaktionellen Anpassungen in Anlage 39 und § 256 Abs. 3 BewG – noch Korrekturen bei den Steuermesszahlen des § 15 GrStG vorgenommen.175 Für die Landesgesetzgeber folgte hieraus: In Hamburg (Gesetz vom 24.08.2021), Bayern (Gesetz vom 10.12.2021) und Hessen (Gesetz vom 15.12.2021) war bis zum JStG 2022 ohnehin kein erneutes Tätigwerden erforderlich, weil deren Grundsteuergesetze erst nach den letzten Änderungen des Bundesgrundsteuerrechts ergangen sind. Niedersachsen (Gesetz vom 07.07.2021) konnte in zeitlicher Hinsicht nur durch das GrundsteuerreformUmsetzungsgesetz (vom 16.07.2021) betroffen sein. Sachsen (ursprüngliches Gesetz vom 03.02.2021) und das Saarland (Gesetz vom 15.09.2021) konnten aufgrund ihrer spezifischen Grundsteuermesszahlgesetze ebenfalls nur durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz tangiert sein, denn sie haben lediglich die Steuermesszahlen des Bundesgrundsteuerrechts modifiziert. In zeitlicher Hinsicht wiederum war nur das sächsische Grundsteuermesszahl171  Gleicher

Auffassung Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 79. 2020, 3096; dazu BT-Drs. 19/22850, 168 f. (Gesetzentwurf Bundesregierung); BT-Drs. 19/25160, 114 (Bericht Finanzausschuss). 173  BGBl. I 2021, 1498; dazu BT-Drs. 19/27631, 112  f., 132 ff. (Gesetzentwurf Bundesregierung); BT-Drs. 19/28868, 90 f. (Finanzausschuss). 174  BGBl. I 2021, 2931; dazu BT-Drs. 19/28902, 24 f. (Gesetzentwurf Bundesregierung); BT-Drs. 19/30489, 21 f. (Finanzausschuss); die zudem erfolgte Änderung der Anlagen 27 ff. durch die Verordnung zur Neufassung der Anlagen 27 bis 33 des Bewertungsgesetzes v. 29.06.2021 (BGBl. I 2021, 2290; BR-Drs. 275/21) auf Grundlage des § 263 BewG betraf einerseits die Land- und Forstwirtschaft und erging andererseits als Rechtsverordnung. 175  JStG 22 v. 16.12.2022, BGBl.  I 2022, 2294; BT-Drs. 20/3879, 126  ff.; BT- Drs. 20/4729 (Beschlussempfehlung Finanzausschuss); siehe zu den Konsequenzen für die gleichheitsrechtliche Würdigung des § 15 GrStG unter C.VII.3.b) und c). 172  BGBl. I

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

gesetz betroffen, weil dieses – anders als das saarländische Grundsteuergesetz – vor dem GrStRefUG des Bundes verabschiedet wurde. Das niedersächsische Grundsteuergesetz als wertunabhängiges Flächen­ modell zeichnet sich schon durch eine abweichende Belastungsgrundentscheidung sowie daran anschließend eine abweichende Bemessungsgrundlage aus, auf die im nächsten Schritt spezifisch auf diese Bemessungsgrundlage zugeschnittene Steuermesszahlen zur Anwendung gelangen. Es sind daher keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber diese landesspezifischen Steuermesszahlen mit dem GrStRefUG oder dem Jahres­ steuergesetz 2022 tangieren wollte. Dieser Befund muss, wie bereits erläutert, abstrakt für alle bloßen Teilmodifikationen des Bundesgrundsteuerrechts gelten, die auf ein wertabhängiges Grundsteuermodell zugeschnitten sind und daher einem wertunabhängigen Flächen-Lage-Modell schon konzeptionell widersprechen. Anders kann dies jedoch für solche Regelungen zu beurteilen sein, die in diesen Modellen fortgelten. Deshalb war für den niedersächsischen Gesetzgeber bisher keine Reaktionsgesetzgebung veranlasst und eine solche ist auch nicht erfolgt. Vielmehr sind diejenigen Landesgesetzgeber angesprochen gewesen, die – wie Baden-Württemberg – entweder ein vollständig eigenes wertabhängiges Grundsteuermodell etabliert haben, oder aber das wertabhängige Bundesmodell nur partiell modifizieren, die Verkehrswertabhängigkeit jedoch beibehalten, wie das Saarland und Sachsen: Weil durch das GrStRefUG vom 16.07.2021 die Steuermesszahlen des Bundesgrundsteuerrechts (§ 15 Abs. 1 GrStG) für die sog. Wohngrundstücke von 0,34 Promille auf 0,31 Promille reduziert wurden, könnten die landeseigenen Steuermesszahlen in Sachsen und dem Saarland abweichend geregelt worden sein. Denn hierdurch wird zugleich der originäre Anwendungsbereich ihrer eigenen Grundsteuermesszahlgesetze tangiert, sodass insofern von einer abweichenden Geltung der bundesrechtlichen Grundsteuermesszahlen auszugehen ist. Der sächsische Gesetzgeber hat daher das SächsGrStMG im Anschluss an das GrStRefUG des Bundes nochmals ausdrücklich bestätigt und diesem hierdurch wiederum Vorrang eingeräumt.176 Im Saarland musste man dies hingegen nicht tun. Das lag allerdings nur an dem Zeitpunkt der erstmaligen Verabschiedung des GrStG-Saar am 15.09.2021, sodass man sich insoweit auf eine rein redaktionelle Anpassung betreffend die Verweisungen auf das Bundesrecht beschränken und die landeseigenen Grundsteuermesszahlen unverändert einführen konnte.177 Erneuter Anpassungsbedarf ergibt sich durch das Jahressteuerge176  Gesetz zur Bestätigung des Grundsteuermesszahlengesetzes und zur redaktionellen Anpassung des Gesetzes zur Finanzierung des Ausbildungsverkehrs im Öffentlichen Personennahverkehr v. 21.12.2021, SGVBl. 2022, 9; dazu SLT-Drs. 7/7820. 177  Dazu SaarLT-Drs. 16/1789.



III. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen63

setz 2022 nicht, weil dieses den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 GrStG unberührt lässt. Der baden-württembergische Gesetzgeber wollte ebenfalls kein verfassungsrechtliches Risiko eingehen, wenn in der Gesetzesbegründung zum ÄndGLGrStG explizit auf die Notwendigkeit eines erneuten Gesetzesbeschlusses für eine vollumfängliche Weitergeltung des Landesgrundsteuergesetzes (vom 04.11.2020) verwiesen wird.178 Dies wäre nach hier vertretener Auffassung nicht zwingend erforderlich gewesen, denn es ist in keinem der das Bundesgrundsteuerrecht ändernden Gesetze erkennbar, dass der Bundesgesetzgeber die Vorrangwirkung seiner Änderungen für solche Bundesländer erneut in Kraft setzen wollte, die ein vollumfänglich eigenes Grundsteuer­ gesetz erlassen haben, was lediglich auf Baden-Württemberg zutrifft. Zwar ist das BWGrStG als einziges weiteres wertabhängiges Grundsteuermodell ausgestaltet, jedoch aufgrund des Vollregelungscharakters in keinerlei Hinsicht mit dem Bundesgrundsteuerrecht verknüpft. Die – wie im Bundesgrundsteuerrecht – notwendigen Regelungen hat der Landesgesetzgeber in zulässiger Weise wörtlich in sein Landesgrundsteuergesetz überführt.179 Daher kann im Ergebnis nichts anderes gelten als für die partiellen, gleichwohl wertunabhängig ausgestalteten Grundsteuermodelle. Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass die Landesgesetzgeber durch die Karenzzeitregelung bei verfassungsrechtlicher Unsicherheit hinreichend geschützt werden. 3. Resümee zur formellen Verfassungsmäßigkeit Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat mit den Vorschriften der Art. 105 Abs. 2, 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG den Konflikt um die Reichweite der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine umfassende Grundsteuerreform beendet. Der Fokus hat sich hierdurch auf den Umfang der Abweichungsbefugnis der Landesgesetzgeber verschoben. Diesen steht nunmehr eine umfassende Abweichungsbefugnis zu, die sowohl Belastungsgrund, Steuergegenstand als auch Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage umfasst, solange es sich tatbestandlich noch um eine „Grundsteuer“ handelt, wobei hierfür allein entscheidend sein kann, dass an den Grund und Boden angeknüpft wird. Den Ländern wird hierdurch eine besondere politische Gestaltungsmacht180 einge178  BWLT-Drs. 17/1076, 16: „Aufgrund der verfassungsrechtlichen Besonderheiten in Artikel 72 Absatz 3 des Grundgesetzes und dem darin enthaltenen ‚lex posterior‘-Grundsatz ist zudem für eine vollumfängliche Weitergeltung des Landesgrundsteuergesetzes ein erneuter Gesetzesbeschluss zwingend“. 179  Zur Zulässigkeit der wörtlichen Übernahme bereits im Rahmen des Anwendungsbereiches der Abweichungsbefugnis unter B.III.2.b). 180  Im Zusammenhang mit der Abweichungsbefugnis ebenfalls Kreuter-Kirchhof, FS Morlok, 141 (148).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

räumt, die Folgewirkungen im Fortgang der Untersuchung erzeugen wird: Denn gerade durch die Möglichkeit eines abweichenden Belastungsgrundes können die Gesetzgeber eine auf besondere Einfachheit ausgerichtete Entscheidung treffen, die deren Typisierungsspielräume erweitern kann.181 Danach sind alle Landesgesetze als Grundsteuern zu klassifizieren: Sowohl die Bodenwertsteuer Baden-Württembergs, das bayerische und hamburgische wertunabhängige Flächenmodell als auch die verschiedenen Flächen-LageModelle Niedersachsens und Hessens sind Grundsteuern in diesem Sinne, weil sie sämtlich an den Grund und Boden anknüpfen. Für Sachsen und das Saarland, die nur hinsichtlich der Steuermesszahlen abweichen, gilt dies ohnehin, weil im Ausgangspunkt das Bundesgrundsteuerrecht angewandt wird. Die Regelung des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG hat für die Grundsteuerreform keine besondere Relevanz. Nur in Sachsen war bisher eine gesetzgeberische Reaktion auf das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz überhaupt verfassungsrechtlich zwingend geboten. Bloß partielle Anpassungen des Bundesgrundsteuerrechts werden auch zukünftig auf die eigenständigen als Voll­ regelung erlassenen Grundsteuergesetze, wie bisher (nur) das baden-württembergische Grundsteuergesetz, ohne Einfluss bleiben. In den wertunabhängigen Grundsteuermodellen gilt dies jedenfalls insoweit entsprechend, wie sie deren grundlegender Konzeption durch eigene landesrechtliche Regelungen widersprechen. Das Saarland und Sachsen werden nur auf erneute Steuermesszahlanpassungen in § 15 Abs. 1 GrStG besonders reagieren müssen.

IV. Die materiell verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Grundsteuerreform 1. Überblick: Grundsteuerrechtlicher Rechtfertigungsbedarf Die Grundsteuer ist materiell-verfassungsrechtlich in mehrfacher Hinsicht besonders rechtfertigungsbedürftig: Zunächst betreffend die Entscheidung, ob der ruhende Bestand des Grundvermögens überhaupt geeigneter Anknüpfungspunkt für die Besteuerung sein kann. Hierbei werden wir sehen, dass die Anknüpfung an den Steuergegenstand des Grundbesitzes verfassungsrechtlich zulässig ist, dies die Grundsteuer gleichwohl nicht von einer inneren Rechtfertigung suspendiert und hierfür im Ausgangspunkt zwei gesetzgeberische Belastungsgründe (Leistungsfähigkeits- und/oder Äquivalenzprinzip) verfassungsrechtlich – isoliert oder sogar teilweise in Kombination – nicht zu beanstanden sind. Konsequenz des ersten Aspekts ist, dass konzeptionelle und rechtspolitische Kritikpunkte an einem sog. Sollertragskonzept wie auch an einer äquivalenztheoretischen Grundsteuerinterpretation 181  Siehe

dazu B.IV.4.d)dd)(2).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen65

verfassungsrechtlich nicht durchschlagen können, mithin vielmehr die konkrete Ausgestaltung der Grundsteuer den Schwerpunkt einer verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung bilden muss. Letzteres betrifft sodann die zweite Rechtfertigungsebene: Im Mittelpunkt einer hierauf bezogenen verfassungsrechtlichen Analyse der Grundsteuer­ reform steht der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner bereichs­ spezifischen Konkretisierung durch das Bundesverfassungsgericht als sog. Grundsatz der Lastengleichheit und dessen Besonderheiten für das Grundsteuer- und Bewertungsrecht. Dem Gesetzgeber wird gleichheitsrechtlich auch im Grundsteuerrecht ein weitreichender Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes (2.) zugestanden, der sich zwingenderweise auf die zu treffende Entscheidung bezüglich des Belastungsgrundes (3.) auswirkt. Hat der Gesetzgeber diese Belastungsentscheidung, die zugleich willkürfrei in einer Bemessungsgrundlage abgebildet werden muss, einmal getroffen, so muss das jeweilige Grundsteuergesetz anschließend (in gewisser Weise) folgerichtig an diesem Belastungsgrund ausgerichtet worden sein, weshalb Abweichungen von der Belastungsgrundentscheidung mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls einer gesonderten Rechtfertigung (4.) bedürfen, sodass hierfür die tauglichen Rechtfertigungsgründe und -maßstäbe zu beleuchten sind. Besondere Bedeutung kommt dabei den Grenzen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis zu. Aus Art. 14 GG können sich im Grundsteuerrecht einzuhaltende Belastungsobergrenzen ergeben (5.), jedoch kann auch hierbei eine Durchbrechung aus gewichtigen gesetzgeberischen Lenkungszielen möglicherweise zu rechtfertigen sein. 2. Grundbesitz als verfassungsrechtlich zulässiger Steuergegenstand Steuern sind ein unabdingbares Finanzierungs- und Handlungsinstrument des Staates. Dass der Staat zur Steuererhebung berechtigt ist, ist deshalb heute allgemein anerkannt.182 Für die verfassungsrechtliche Legitimation des Grundbesitzes als Steuergegenstand ist eine Binnendifferenzierung geboten: Einerseits ist damit die Frage verbunden, inwiefern die Anknüpfung an den konkreten Steuergegenstand selbst legitim ist, andererseits, inwiefern diese Entscheidung sich zugleich in Ansehung des Gleichheitssatzes willkürfrei in das Gesamtsteuergefüge einordnen können muss. Dies betrifft die Grundsteuer insbesondere deshalb, weil sich der Gesetzgeber nur für die Möglichkeit der Besteuerung des Grundbesitzes und damit einen Teilausschnitt des 182  Die Bundesrepublik ist deshalb „Steuerstaat“, dies unter Bezugnahme auf die Steuerzuständigkeitsregelungen der Finanzverfassung annehmend BVerfG v. 08.06.1988, 2 BvL 9/85, BVerfGE 78, 249 Rn. 43; dazu Seiler, FS Isensee, 875 f.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Vermögensbestandes entschieden hat. Wenn auf dieser Grundlage eine Grundsteuer erhoben wird, dann werden solche Personen ungleich behandelt, deren Vermögen in Summe gleich hoch, aber unterschiedlich zusammengesetzt ist.183 Der Gesetzgeber hat zunächst bei der Auswahl des konkreten Steuergegenstandes einen weiten Gestaltungsspielraum inne.184 Gleichheitsrechtliche Konsequenz der demokratischen Legitimation des Steuergesetzgebers für diese Grundsatzentscheidung ist deshalb, dass die Entscheidung über die konkrete Steuerquelle einer besonderen Folgerichtigkeitsprüfung entzogen ist, sodass hierfür ein reiner Willkürmaßstab Anwendung findet.185 Die Auswahl der Steuerquelle, für die Grundsteuer in Gestalt des Grundbesitzes, ist bereits dann legitim und spiegelbildlich dazu nicht mehr willkürlich, wenn „finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen“ existieren, von denen nur einer dieser Gründe verfangen können muss.186 Hierzu gehören insbesondere auch steuertechnische Erwägungen wie das Anliegen einer vereinfachten Steuererhebung im Massenfallrecht.187 Warum der Verfassungsgesetzgeber letztlich an einen gewissen Steuergegenstand anknüpfen will, ist regelmäßig in weitgehendem Maße von politischen Gründen beeinflusst. Man denke insoweit beispielweise nur an die Diskussion um die (Wieder-)Einführung der Vermögensteuer.188 Auch das Bundesverfassungsgericht hat bisher noch nie eine in der Finanzverfassung genannte Steuer für per se verfassungswidrig erklärt. Im Rahmen der Frage, inwieweit sich der Steuergegenstand willkürfrei in das Gesamtsteuersystem und damit für die Gesamtverteilung der Steuerlast einfügen können muss, rücken sodann eben jene Vorschriften der Finanzverfassung in das Blickfeld und damit die Frage, inwieweit ihnen eine „Sicherungsfunktion“ für die Legitimation des Steuergegenstandes entnommen werden kann. Zwar handelt es sich bei den Art. 105 f. GG zunächst einmal um staatsorganisationsrechtliche Normen, auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann ihnen gleichwohl materiell-verfassungsrechtlicher Aussagecharakter entnommen werden: Denn die von Art. 105 f. GG erfassten Steuern seien in das GG in ihrer historischen Bedeutung aufgenommen wor183  Dazu

auch Kempny, DStJG 44 (2022), 39 (84 f.). v. 30.09.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95) m. w. N.; erneut im Grundsteuerurteil bekräftigt BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 147, 148 Rn. 96. 185  BVerfG v. 15.2.2016, 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862 Rn. 25 zur Gewerbesteuer; dazu Englisch, FS Lang, 167 (187). 186  BVerfG v. 12.10.1978, 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343 (360). 187  Dazu Mark, DStJG 7 (1984), 293 (303). 188  Zur Vermögensteuer in neuerer Zeit u. a. Meyering/Müller-Thomczik, DB 2021, 2029 ff.; zu den diskutierten Reformmodellen auch G. Kirchhof, FR 2021, 517 ff. 184  BVerfG



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen67

den.189 Diese legitimieren daher die Anknüpfung an den Steuergegenstand des Grundbesitzes, ohne den Gesetzgeber jedoch von einer grundrechtlichen Bindung bei der Ausgestaltung des Einzelsteuergesetzes auszunehmen.190 Deshalb ist die grundsätzliche Entscheidung der Grundsteuergesetzgeber auf Bundes- und Länderebene zur Anknüpfung einer Steuerbelastung an den ruhenden Bestand des Vermögens in Gestalt der Grundbesitzbesteuerung in ihrem historisch gewachsenen Bedeutungsgehalt als an den Grund und Boden anknüpfende Steuer191 per Nennung in der Finanzverfassung in seiner „wesentlichen Struktur“ auch nach der Auffassung des Bundesverfassungs­ gerichts verfassungsrechtlich abgesichert.192 Die Legitimation dieses Besteuerungszugriffes werde durch die finanzverfassungsrechtlichen Regelungen über die Gesetzgebungskompetenz, die Ertragshoheit und das Hebesatzrecht der Gemeinden explizit anerkannt. So erlaubt die Finanzverfassung zudem das grundsätzliche Nebeneinander von Ertrags- und Realsteuern.193 Historisch betrachtet waren die Realsteuern bereits in der Finanzverfassung des GG 1949 erwähnt (s. Art. 105 Abs. 2 Nr. 3 GG 1949), jedoch ohne dass zwischen Grund- und Gewerbesteuer ausdrücklich differenziert wurde.194 Gleichwohl war die Grundsteuer bereits in § 1 Abs. 3 RAO195 als Realsteuer definiert. Um die Grundsteuer in diesem Kompetenzgefüge verfassungsrechtlich ausdrücklich abzusichern, hat der verfassungsändernde Gesetzgeber diese im Jahre 1997 in den Wortlaut des Art. 106 Abs. 6 GG aufgenommen.196 Bestätigt wurde die Grundsteuer als solche erneut im Zuge der 189  Zur

(26).

Gewerbesteuer nur BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1

190  Gleicher Ansicht P. Kirchhof, DStR 1984, 575 (578 f.); Grunow, Steuerlast und Steuererhebung, 61 f. m. w. N.; Kempny, DStJG 44 (2022), 39 (85). 191  Zu diesem Typusverständnis bei der Grundsteuer bereits B.III.2.c)aa). 192  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92; dazu Hidien, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 106 Rn. 1336 (Stand: 11/2002); zur generellen Steuerrechtfertigung kraft Nennung in der Finanzverfassung insbesondere BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (25) m. w. N. sowie zur Vermögen- und den Realsteuern BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (134 f.); wiedergebend für die Grundsteuer auch Freund, jM 2022, 161 (168); a. A. insbesondere Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 30, die aus den Kompetenztiteln des Grundgesetzes keine verfassungsrechtliche Bestandsgarantie einzelner Steuerarten ableiten wollen; ausführlich zum umstrittenen Bedeutungsgehalt der Nennung einer Steuer in der Finanzverfassung Tipke, StRO III, 1353 ff.; Tipke, GmbHR 1996, 8 (10). 193  Dazu auch BVerfG v. 25.10.1977, 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224 (236) zur GewSt. 194  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 77. 195  Reichsabgabenordnung v. 13.12.1919, RGBl. I 1919, 1998. 196  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 28 und 106) v. 20.10.1997, BGBl. I 1997, 2470; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 AO Rn. 62 (Stand: 02/2022); Wernsmann, NJW 2006, 1169 (1174); für die Akzeptanz des Grundbesitzes

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Grundsteuerreform 2019, als der verfassungsändernde Gesetzgeber darüber hinaus nunmehr eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit Abweichungsbefugnis zugunsten der Länder in den Artikeln 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7, 105 Abs. 2 GG ausdrücklich festgeschrieben und damit erneut an die Grundsteuer in der Verfassung selbst angeknüpft hat.197 Die gleichheitsrechtliche Prüfung der Verfassungskonformität des Steuergegenstandes wird hierdurch auf den Binnenbereich der Grundsteuer selbst beschränkt.198 Die isolierte Besteuerung des Grundbesitzes ist unter diesem Gesichtspunkt daher nicht willkürlich.199 Geklärt ist damit zunächst einmal nur die sog. Rechtfertigung der Grundsteuer dem Grunde nach und nur insoweit, dass der Grundbesitz verfassungskonformer Steuergegenstand einer Grundsteuererhebung sein kann.200 Dies wurde grundsteuerspezifisch nochmals durch das Bundesverfassungsgericht in der Grundsteuerentscheidung vom 10.04.2018 konkludent dadurch bestätigt, dass dort die Existenz einer Grundsteuer per se verfassungsrechtlich ebenfalls nicht in Frage gestellt wurde. In Zukunft kann insoweit mit einer abweichenden Beurteilung seitens des Bundesverfassungsgerichts unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechnet werden.201 Diese Grundaussagen schließen es folglich nicht aus, die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Grundsteuergesetze auf Bundes- und Länderebene einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen und unabhängig davon, ob sie durch den jeweiligen Gesetzgeber in konkret existierender Gestalt bereits vorgefunden wurden oder nicht.202 Dies gilt insbesondere für das Erfordernis zur Festlegung auf einen verfassungsrechtlich zulässigen Belastungsgrund sowie dessen gleichheitsrechtlich folgerichtige Umsetzung in der Bemessungsgrundlage.203 Dieser Gedanke einer Trennung zwischen der Legitimation dem Grunde nach und der verfassungskonformen inhaltlichen Umsetzung kann auch der Begründung des Gesetzgebers zur Änderung des Art. 106 Abs. 6 GG aus dem Jahr 1998 selbst entnommen werden: Durch als legitimen Steuergegenstand kraft Nennung wohl Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, § 1 Rn. 71. 197  Dazu Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92. 198  Eingehend zur Begründung Drüen, FS Kruse, 191 (201 f.). 199  Im Ergebnis gleicher Ansicht Loritz, DStR-Beih. 1995, 3 (4 f.). 200  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92; Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (268 f.). 201  Vielmehr: „[…] für eine im Grundgesetz als solcher vorgesehenen Grundsteuer […]“, BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 166; sowie in Rn. 172: „[…] Die Belastung mit einer Grundsteuer dem Grunde nach durch die Verfassung legitimiert […]“. 202  BVerfG v. 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12 (26); BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (27 f.); Kube, StuW 2022, 317 (318). 203  T. Schmidt, DStR 2020, 249 (253).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen69

die Aufnahme der Grundsteuer in die Finanzverfassung sollte diese keineswegs aus dem grundrechtlichen Schutzbereich ausgeklammert werden.204 Von einer verfassungsrechtlichen Durchschlagskraft suspendiert werden auf dieser ersten Ebene der willkürfreien Auswahl des Steuergegenstandes und damit zugleich auch für die Überprüfung der Auswahl einer verfassungskonformen Belastungsentscheidung205 im Übrigen lediglich solche damit unmittelbar einhergehenden steuersystematischen Argumente, die gegen die Erhebung einer jeden Steuer auf den Grundbesitz angeführt werden könnten, namentlich Doppelbelastungsargumente durch das Zusammentreffen von Istund Sollertragsbesteuerung bei Ertragsteuern einerseits sowie der Grundsteuer als neben der Vermögensteuer besonderer Steuer auf den Grundstücksvermögensbestand andererseits.206 Die Belastung des Grundstücksmieters durch die (regelmäßige) Überwälzung der Grundsteuer und damit der faktischen Belastung des Nichtinhabers der steuerlichen Leistungsfähigkeit ist hingegen ein Punkt, der primär mit der Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Belastungsentscheidung zusammenhängt, denn Äquivalenzmodelle geraten insoweit unter keinen besonderen Rechtfertigungsdruck. Doppelbelastung wird ferner erst dann zum verfassungsrechtlichen Problem, wenn unterschiedliche Steuern an denselben Besteuerungsgegenstand zeitgleich anknüpfen.207 Materiell verfassungsrechtlich wurde damit der Fokus der nachfolgenden Verfassungsrechtsanalyse folgendermaßen konkretisiert: Die Grundsteuer als Steuer auf den ruhenden Grundbesitz kann zwar verfassungsrechtlich zulässiger Besteuergegenstand sein, gleichwohl aber nur in einer konkreten Ausgestaltung, die auch den übrigen grundgesetzlichen Anforderungen – im Besonderen neben Art. 3 Abs. 1 GG und seiner steuerspezifischen Konkretisierung auch Art. 14 Abs. 1 GG – genügt.208 Angesprochen ist erstens eine verfassungsrechtlich hinnehmbare Belastungsgrundentscheidung sowie deren willkürfreie Abbildung in einer Bemessungsgrundlage, zweitens die folgerichtige Ausgestaltung der Normen zur Erfassung dieser im jeweiligen 204  BT-Drs. 13/8488,

6. diesen Aspekten im Rahmen der Belastungsentscheidung unter B.IV.3.b)bb). 206  Wie hier Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92; Wernsmann, NJW 2006, 1169 (1174); Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (268 f.); unter Verweis auf die Finanzverfassung auch Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (300 f.); zur Grundsteuer als Steuer vom Vermögen BFH v. 08.12.1972, III R 6/72, BStBl. II 1973, 202 (203). 207  Das BVerfG erkennt ansonsten hierin allerdings keinen verfassungsrechtlichen Konflikt, vgl. BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (137 f.); G. Kirchhof, DStR-Beih. 2009, 135 (137); Arndt/Schumacher, NJW 1995, 2603 (2604); Musil, JÖR 64 (2016), 443 (449); dies ebenfalls als Frage der Gesamtbelastung ansehend T. Schmidt, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, S.  40 f. 208  BVerfG v. 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12 (25 f.); im Ergebnis Wernsmann, Verhaltenslenkung, S.  341 f. 205  Zu

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Grundsteuermodell des Bundes- und der Landesgesetzgeber aufgrund der hierfür zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren und -parameter. 3. Der verfassungskonforme Grundsteuerbelastungsgrund als Ausgangspunkt einer Verfassungsrechtsanalyse a) Die gesetzgeberische Belastungsentscheidung ersetzt vergangene Belastungsgrundungewissheit bei der Grundsteuer Eine verfassungskonforme Ausgestaltung einer Grundbesitzbesteuerung für Grundsteuerzwecke erfordert zuvorderst eine gleichheits- und freiheitsrechtlich konforme Bewertung des jeweiligen Grundvermögens. Denn der final in einem Geldbetrag auszudrückende „Wert“209 des Grundbesitzes ist nicht nur zwingende Grundlage für eine Grundsteuererhebung durch die sich anschließende Anwendung einer Steuermesszahl auf den festgestellten Grundsteuerwert und sodann des kommunalen Hebesatzes auf den Grundsteuermessbetrag, sondern ermöglicht darüber hinaus gerade schon auf der ersten Ebene die Vergleichbarkeit des Bewertungsgegenstandes in Gestalt der „Grundstücke“ als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens unter­ einander.210 Dies gilt für die Landesgrundsteuergesetze trotz ihrer Verkehrswertabkopplung und damit der Ermittlung eines abweichenden (verkehrswert­ unabhängigen) „Wertes“ gleichermaßen. Weil aber das Steuerrecht eben keinen Universalbewertungsmaßstab kennt, sind es im Ausgangspunkt die durch den jeweiligen Steuergesetzgeber gewählte Steueranknüpfung in Gestalt des Steuergegenstandes des Grundbesitzes einerseits sowie der gewählte Belastungsgrund für die Grundbesitzbesteuerung andererseits, welche die notwendigen Vergleichsanforderungen aufstellen, die sich ihrerseits ebenfalls in den (weiten) verfassungsrechtlich vorgezeichneten Grenzen halten müssen.211 Der Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verlangt dabei vom Steuergesetzgeber, die Belastungsgrundentscheidung selbst zu treffen.212 Der Belastungsgrund erklärt somit die unterschiedliche Belastungshöhe der Steuerpflichtigen in Ansehung des 209  Ihm kommt deshalb eine eigenständige Funktion im Steuerrecht zu, dazu nur P. Kirchhof, DStR 1984, 575 (583). 210  Zu dieser „Wertfunktion“ bereits K. Vogel, DStZ 1979, 28 (29). 211  Dieses Zusammenspiel von jeweiligem Wert und Steuer hatte schon Hensel, Steuerrecht, S. 82 f. auf den Punkt gebracht: „Jeder im Steuerrecht verwendete ‚Wert‘ ist nur wegen seiner Funktion, die er im Steuertatbestande zu erfüllen hat, bedeutsam“, müsse jedoch keineswegs mit dem „wirklichen“ Wert des Steuergegenstandes übereinstimmen; in neuerer Zeit dazu Krumm, DStJG 44 (2022), 225 (226). 212  BVerfG v. 04.11.2014, 2 BvR 2238/13, BVerfGE 137, 350 (364); Drüen, FS Kruse, 191 (197).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen71

Steuergegenstandes zueinander.213 Daher ist diese Entscheidung zwingender Ausgangspunkt für ein schlüssiges Grundsteuersystem.214 Der jeweilige Grundbesitzwert ist somit ebenfalls ein Wert, der nur in Abhängigkeit von dieser Belastungsentscheidung auf seine verfassungsrechtliche Eignung, zuvorderst zur Gewährleistung von gleichheitsrechtlich geforderter Lastengleichheit, gewürdigt werden kann. Der Grundsteuergesetzgeber legt hierdurch die Lastenverteilungsmaßstäbe fest, an denen sich das konkrete Grundsteuermodell in seiner Ausgestaltung messen lassen muss.215 Schon vor der Grundsteuerreform wurde über „den“ Belastungsgrund der Grundsteuer lange Zeit diskutiert.216 Im Ausgangspunkt stehen sich dabei zwei Ansichten gegenüber: Die einen wollen den Belastungsgrund der Grundsteuer aus „dem“ Leistungsfähigkeitsprinzip (b)) heraus entwickeln, die anderen ein – verschiedenartig zu subkonkretisierendes – Äquivalenzprinzip (c)) der Grundsteuer zugrunde legen. Letztlich fußt diese Differenzierung schon auf einem unterschiedlichen wirtschaftlichen Verständnis der Grundbesitzbesteuerung, denn während die einen das Innehaben von Grundvermögen als solches als Leistungsfähigkeitssteigerung begreifen und deshalb besteuern wollen, soll nach dem Äquivalenzprinzip eine Vorteilsabschöpfung der durch die jeweilige Kommune gewährten (Infrastruktur-) Leistungen stattfinden.217 Sowohl der Bundes- als auch die verschiedenen Landesgesetzgeber greifen auf diese Ansätze im Rahmen ihrer neugeschaffenen Grundsteuermodelle zurück. Wir werden jedoch sehen, dass sie selbst die Diskussion um „den“ Belastungsgrund der Grundsteuer nunmehr durch eine eindeutige eigene legislative Belastungsgrundentscheidung für ihr Grundsteuermodell aus verfassungsrechtlicher Sicht beenden können, ihnen gleichheitsrechtlich hierfür – wenn auch in Grenzen – ein Wahlrecht zwischen diesen zusteht (d)).218 Dies gilt jedoch verfassungsrechtlich nur dann, wenn der Gesetzgeber einerseits für die mit der Belastungsgrundentschei213  In den Worten des BVerfG: „das Steuerrecht lebt aus dem Diktum des Steuergesetzgebers“, s. nur BVerfG v. 04.11.2014, 2 BvR 2238/13, BVerfGE 137, 350 (364); zu diesen Belastungsgrundwirkungen auch G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1077). 214  Seer, BB 2021, 1433. 215  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 27 (Stand: 11/2020). 216  Für eine Sollertragsrechtfertigung beispielweise Eisele, DStR 2005, 1971 (1973); Kruse, BB 1996, 717 (718); Kußmaul/Zabel, BB 2007, 967 (969); Tipke, StRO II, 961; für eine Rechtfertigung über das Äquivalenzprinzip hingegen Scheffler/ Roith, IFSt Schrift 526, S. 30 ff.; Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (539); Freund, FR 2019, 931 (932 ff.); G. Kirchhof, DStR 2018, 2661 (2670); G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1077 f.). 217  Zu Begründungsansätzen überblickshaft P. Kirchhof, DStR 1984, 575; zu diesen Hintergründen auch Mayer, DB 2018, 2200 (2206). 218  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 26 (Stand: 11/2020): „Die alten Unsicherheiten über Rechtfertigung und Belastungsgrund der Grundsteuer kön-

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

dung verbundenen Ungleichbehandlungen einen sachlichen Grund vorweisen kann und andererseits freiheits- sowie finanzverfassungsrechtliche Limitationen nicht bestehen.219 Die jeweiligen Grundsteuergesetze auf Bundes- und Länderebene müssen deshalb, wenigstens im Wege der Auslegung unter ­Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien, den jeweiligen grundsteuerlichen Belastungsgrund erkennen lassen.220 Denn ohne Kenntnis des jeweiligen vom Gesetzgeber bestimmten Belastungsgrundes wäre vor allem die sich zwingend anschließende gleichheitsrechtliche Beurteilung, ob der Gesetzgeber den Anforderungen an die willkürfreie Ausgestaltung des jeweiligen Belastungsgrundes in der konkreten Bemessungsgrundlage gerecht geworden ist (zu den Landesgrundsteuergesetzen sodann unter e) und f)), sowie, ob verfassungsrechtlich zu rechtfertigende Abweichungen von der Belastungsentscheidung im Rahmen der konkreten Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage auftreten, schon gar nicht möglich.221 b) Grundsteuerspezifische objektive Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips (sog. Sollertragsteuer) aa) Die Begründung einer „Sollertragskonzeption“ Art. 3 Abs. 1 GG enthält das Gebot gleichmäßig sachgerechter steuerlicher Lastenverteilung.222 Überwiegend wird das – als solches wenig aussagekräftige und daher besonders konkretisierungsbedürftige – Leistungsfähigkeitsprinzip in der Steuerrechtswissenschaft als „Fundamentalprinzip“ zur Erreichung gleichheitsrechtlich geforderter steuerlicher Lastengleichheit angesehen, ist dann zentraler Vergleichsmaßstab des Gleichheitssatzes.223 Steuerpflichtige sollen bei gleicher Leistungsfähigkeit in gleicher Höhe belastet werden (sog. horizontale Steuergerechtigkeit), eine höhere im Verhältnis zu nen durch den jeweiligen Gesetzgeber durch eigene Belastungsentscheidung überwunden werden“. 219  P. Kirchhof, StuW 2017, 3 (6); gleichheitsrechtlich ist die Belastungsentscheidung sodann taugliches Leitprinzip für die Ausgestaltung der Steuer, dazu auch Birk, DStJG 22 (1999), 7 (10). 220  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 97; v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (143); explizit zum Rückgriff auf die Materialien auch Schulze/Mandler/Zochert, in: Stenger/Loose, HGrStG Rn. 29 (Stand: 05/2022). 221  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 97; Rönnecker, ZKF 2019, 265 (266 f.); M. Vogel, jM 2019, 206 (208). 222  Zu den abstrakten Einzelheiten betreffend Art. 3 Abs. 1 GG eingehend unter B.IV.4. 223  Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.121; Tipke, StRO I, 322 ff.; zu Recht auch F. Kirchhof, StuW 2002, 185 (187): „typische Rechtfertigung von Finanzzweck­ steuern“; allgemeine Grundsätze dazu B.IV.4.a).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen73

einer geringeren Leistungsfähigkeit angemessen berücksichtigt werden (sog. vertikale Steuergerechtigkeit).224 Indikatoren steuerlicher Leistungsfähigkeit, an die der Gesetzgeber im Vielsteuersystem im Rahmen seines weitreichenden Gestaltungsspielraums anknüpfen kann, können – zugleich in zeitlicher Abfolge – das Einkommen (Hinzuerwerb), das Vermögen (Bestand) oder der Verbrauch (Verwendung) sein.225 Dieser „Fundamentalcharakter“ erfordert sodann eine steuerartspezifische Konkretisierung durch den jeweiligen Steuergesetzgeber im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich zustehenden Gestaltungsspielraums, immer in Abhängigkeit vom jeweiligen Leistungsfähigkeits­ indikator.226 Horizontale Steuergerechtigkeit wird dabei nachfolgend verstanden als Erfordernis zur Wahl einer sachgerechten Verteilungsgröße, betrifft damit zuvorderst die sich anschließende Ausgestaltung der jeweiligen Bemessungsgrundlage.227 Aufgrund des Charakters der Grundsteuer als sog. Objektsteuer und des damit einhergehenden Anknüpfens an den Steuergegenstand des Grundbesitzes wird die Grundsteuer teilweise als sog. Sollertragsteuer interpretiert228: Der jeweilige Gesetzgeber – und so explizit und erneut der Bundesgesetzgeber229 – unterstellt typisierend, dass sich im Innehaben von Grundbesitz und damit dem Vermögensgegenstand selbst aufgrund dessen Ertragsfähigkeit regelmäßig eine (verobjektivierte) steuerliche Leistungsfähigkeit widerspiegele, an welche durch die Grundsteuerbelastung angeknüpft werden könne. Diese Interpretation ist bei der Grundsteuer, als eine der ältesten Steuern überhaupt230, nur historisch erklärbar: Weil insbesondere die gezielte Erfassung sämtlicher Einkünfte nicht im heutigen Umfang zu leisten war, wurde an den durch den immobilen Steuergegenstand einfach zu erfassenden Faktor 224  Zur horizontalen Steuergerechtigkeit BVerfG v. 16.03.2005, 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (279); zur vertikalen Steuergerechtigkeit BVerfG v. 29.05.1990, 1 BvL 20/84, BVerfGE 82, 60 (89). 225  Prägnant vor allem BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (134): „Die Steuer ist eine Gemeinlast, die alle Inländer je nach ihrem Einkommen, Vermögen und ihrer Nachfragekraft zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben heranzieht“; diese aufzählend auch Birk, DStJG 22 (1999), 7 (22). 226  Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.41. 227  Auf diese Art auch Kempny, StuW 2021, 85 (86, 91). 228  Zur Grundsteuer als sog. Sollertragsteuer zuvor Kruse, BB 1996, 717 (718); Drosdzol, DStZ 1999, 831 (833); Tipke, StRO II, 961; Kußmaul/Zabel, BB 2007, 967 (969); begrifflich durch das BVerfG erstmals im sog. Vermögensteuerbeschluss verwendet, s. BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (139); so auch Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.1. 229  Zur Belastungsentscheidung auf Bundesebene C.II. 230  Ausführlich dazu Andreae, in: Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, S. 579 ff.; überblickshaft Heller, KStZ 2019, 67 ff.; „alttestamentarisch“, vgl. Kruse, BB 1996, 717 (718).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

des Grundbesitzes und die hierüber typischerweise zu erzielenden Erträge angeknüpft.231 Zudem wurden Grund und Boden lange Zeit als Ausdruck des Reichtums einer Volkswirtschaft angesehen, woraus wiederum abgeleitet wurde, dass Grundbesitz und der hieraus resultierende Ertrag Indikator für eine gesondert zu erfassende gesteigerte Leistungsfähigkeit seien.232 Weil aber die Erfassung individueller Leistungsfähigkeit als immer bedeutsamer für ein gerechtes Steuersystem empfunden wurde, rückte der Vermögens­ ertrag anstelle des Vermögensbesitzes in den Vordergrund und führte zur Einkommensbesteuerung.233 Um neben einer individuellen Ertragsteuer eine weitere Ertragsbesteuerung zu rechtfertigen, entwickelten sich verschiedenste Auffassungen zur Begründung einer grundbesitzvermittelnden Leistungsfähigkeit234: Von den Verfechtern der sog. Fundustheorie wurde überwiegend vorgebracht, im Grundvermögen zeige sich ein „fundiertes Einkommen“, welches den Veränderungen des täglichen Lebens weitgehend entzogen und damit besonders gesichert und deshalb belastungswürdiger sei.235 Die Vertreter der sog. Vermögensbesitztheorie beispielsweise sehen im Besitz des Vermögens als solchem eine besondere Leistungsfähigkeit ausgedrückt.236 Diese Ansichten sehen sich seit langer Zeit (berechtigter) steuersystematischer Kritik ausgesetzt.237 Daraus folgt jedoch zunächst keine unmittelbare Konsequenz für eine verfassungsrechtliche Grundsteueranalyse, denn steuerrechtssystematische und steuerverfassungsrechtliche Grundsteuerrechtfer­ tigung müssen strikt getrennt werden.238 Eine steuersystematisch durchaus kritikwürdige Grundsteuer muss nicht automatisch die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschreiten. Es ist der jeweilige Gesetzgeber, der in Ansehung seiner Belastungsentscheidung, für die auch wirtschaftliche und politischen Aspekte von Bedeutung sein werden, durch die Verfassung und dort zuvorderst die Grundrechte beschränkt wird. Gerade deshalb steht ihm beReform der Grundsteuer, S. 10 f. DStZ 2015, 703 (704); Schulemann, BB 2012, 813 (814); im 18. Jhd. gingen die Vertreter des sog. Physiokratismus davon aus, Grund und Boden sei der einzige Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit, dazu u. a. Kolb, Ökonomische Ideengeschichte, 26 f. 233  Birk, DStJG 22 (1999), 7 (11); zu den ersten Entwicklungen in Preußen, die noch mit Schwierigkeiten verbunden waren nur Buck, FinArch 28 (1911), 45 (48); zu den steuersystematischen Rechtfertigungsansätzen nur Arndt, DStJG 22 (1999), 25 (28 f.). 234  Zuvorderst die sog. Fundustheorie sowie aber auch die sog. Vermögensbesitztheorie, eingehend dazu Arndt, DStJG 22 (1999), 25 (28 ff.). 235  Schulemann, Reform der Grundsteuer, S. 11; Becker, BB 2011, 2391 (2394); Tipke, StRO II, 922 ff., 957; G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1077). 236  Arndt, DStJG 22 (1999), 25 (29). 237  Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 18 m. w. N.; Kruse, BB 1996, 717 (718). 238  Zutreffend schon Arndt, DStJG 22 (1999), 25 (32). 231  Schulemann,

232  Marx/Hartwig,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen75

züglich dieser Belastungsentscheidung ein weitreichender Gestaltungsspielraum zu, der gleichheitsrechtlich mit einer reinen Willkürprüfung korrespondiert.239 Innerhalb dieser Grenzen kann es für eine verfassungsrechtliche Analyse daher nicht darauf ankommen, ob der Gesetzgeber die „zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat“.240 bb) Verfassungsrechtlich zulässige objektive Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips? (1) Gleichheitsrechtliche Einwände gegen ein sog. Sollertragskonzept Diese Interpretation der Grundsteuer als sog. Sollertragsteuer bedingt durch das damit einhergehende Abstellen auf eine besondere Leistungsfähigkeit des Inhabers des Grundbesitzes, abgebildet über dessen Ertragsfähigkeit, dass gleich ertragsfähige Grundstücke gleichheitsrechtlich gleich behandelt werden müssen.241 Abweichungen hiervon bedürfen einer gesonderten Rechtfertigung anhand des Willkürverbotes.242 Sowohl die gleichheitsrechtlich vorgebrachten Einwände gegen eine Grundsteuer als Sollertragsteuer als auch die entsprechenden Rechtfertigungsargumente lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen: Weil der Grundgedanke einer sog. Sollertragsteuer erstens sei, eine typisierte Ertragsfähigkeit des jeweiligen Vermögensgegenstandes zu erfassen, müssten solche Gegenstände von der Besteuerung ausgenommen werden, die schon typischerweise keinerlei Ertragsfähigkeit besitzen. Gemeint sind insbesondere Gegenstände des privaten Gebrauchsvermögens.243 Der Gesetzgeber könne diese auch im Grundsteuerrecht nicht vollkommen unbeachtet lassen, anderenfalls überschreite er durch die hieraus resultierende Gleichbehandlung (von ertragslosem und ertragsfähigem Vermögen) seinen Gestaltungsspielraum in nicht mehr zu rechtfertigender Weise, weil dies letztlich willkürlich sei. Dagegen lassen sich jedoch Einwände sowohl auf Ebene der Ungleichbehandlung als auch bezüglich einer ansonsten möglichen Rechtfertigung ins Feld führen. Für die angenommene Ungleichbehandlung ist erneut 239  BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271); v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (30); v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 (230). 240  BVerfG v. 09.07.1969, 2 BvL 26/64, BVerfGE 26, 302 (310); v. 12.10.1978, 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343 (360 f.); v. 13.03.1979, 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386 (392); v. 06.12.1983, 2 BvR 704/83, BVerfGE 65, 325 (354). 241  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 43 f. 242  Zu den auf der Ebene des Belastungsgrundes geltenden Anforderungen an den Gleichheitssatz eingehend unter B.IV.4.b). 243  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 43 f. mit weiteren Beispielen.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

zu differenzieren: Soweit Grundstücke nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, sind sie ohne Weiteres tatsächlich ertragsfähig. Vor allem in Großstädten leben die Mehrheit der Haushalte zur Miete244 und auch die Mietquote im deutschlandweiten Durchschnitt liegt über 50 Prozent.245 Die im Übrigen selbstnutzenden Eigentümer ersparen gleichwohl die Mietaufwendungen für eine fremde Wohnung und so spiegelt sich auch in diesem Grundbesitz eine Ertragsfähigkeit wider.246 Unbeachtlich ist es insofern auch, dass der tatsächlich ertragslose Grundbesitz keine Liquidität erzeugt.247 Anderenfalls ließe sich für die Rechtfertigung anführen, dass ohne die Erstreckung einer typisierten Ertragsfähigkeit auf das Gesamtgrundvermögen ein steuerrechtliches Massenverfahren mit ca. 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten nicht gleichheitskonform zu bewältigen wäre. Auch dem Vermögensteuerbeschluss lässt sich die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts entnehmen, dass der Gesetzgeber dem Gesamtvermögen eine typisierte Ertragsfähigkeit unterstellen darf.248 Dies muss dann aber für den Teilausschnitt der Grundsteuer als besonderer Steuer auf den Grundstücksbestand erst recht Geltung beanspruchen. Dies führt zu dem zweiten Einwand, dass die Erträge aus dem Grundbesitz in den Fällen der Fremdnutzung bereits der Ist-Ertragsbesteuerung unterliegen, es deshalb zu einer nicht hinnehmbaren Doppelbesteuerung komme („Doppelbelastungsargument“).249 Allerdings muss hier gelten, was bereits zur Zulässigkeit des Grundbesitzes als Steuergegenstand angeführt wurde, namentlich, dass durch die verfassungskonforme Anknüpfung an den Grundbesitz solche steuersystematischen Argumente verfassungsrechtlich konsequenterweise suspendiert werden müssen, die gegen eine jede Grundsteuer im Gefüge des Gesamtsteuersystems angeführt werden könnten. Und dies betrifft zuvorderst das Doppelbelastungsargument.250 Anderenfalls müssten auch Verbrauchsteuern für verfassungsrechtlich unzulässig erachtet werden, denn auch Konsum wird aus bereits versteuertem Einkommen geleistet.251 244  Einen

(323).

Anteil von ca. 70 Prozent annehmend Kriese/Löhr, WuM 2018, 321

245  Zur Eigentümerquote die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Tabellen/­ eigentuemerquote-nach-bundeslaender.html; zuletzt abgerufen am: 15.04.2023. 246  Eisele, Der Gemeindehaushalt 2009, 206 (207). 247  Pelka, DStJG 22 (1999), 63. 248  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (140); so auch schon P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, § 2 Rn. 34 f. 249  Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.2. 250  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92; zur Zulässigkeit des Steuergegenstandes bereits unter B.IV.2. 251  Birk, DStJG 22 (1999), 7 (17).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen77

Der Grundbesitz kann durchaus verfassungskonformer Steuergegenstand sein, die damit einhergehenden unmittelbaren Konsequenzen können deshalb auf die verfassungsrechtliche Würdigung des Belastungsgrundes nicht durchschlagen. Geklärt wurde in diesem Zusammenhang außerdem bereits, dass die isolierte Erfassung des Grundbesitzes und damit eine resultierende Ungleichbehandlung der Grundstückseigentümer gegenüber den übrigen Vermögensarten, gleichheitsrechtlich gerechtfertigt werden kann. Drittens treffe die Belastung aufgrund der zivilrechtlichen Überwälzungsmöglichkeit über die Betriebskosten252 typischerweise den Mieter, während der Grundbesitzeigentümer der Inhaber der über den Steuergegenstand vermittelten Leistungsfähigkeit sei. Daher sei aufgrund der regelmäßigen Fremd­ nutzung der Grundstücke nicht der Inhaber der Leistungsfähigkeit mit der Grundsteuer belastet. Er sei aber zugleich derjenige, der von den versteckten Grundstückspreissteigerungen profitiere.253 Damit blende diese Interpretation über das Leistungsfähigkeitsprinzip die (Belastungs-)Realität aus und sei deshalb willkürlich.254 Diesem Einwand sieht sich eine äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung, anders als bezüglich des Doppelbelastungsund Verschonungsarguments, die auch hiergegen vorgebracht werden könnten, schon im Grundsatz nicht ausgesetzt, denn hier sind die Mieter zugleich Profiteure der Infrastrukturleistungen und damit folgerichtige Adressaten der Grundsteuerbelastung.255 Für die Heranziehung des Eigentümers als Steuerschuldner (vgl. auf Bundesebene § 10 GrStG) lassen sich gleichwohl Argumente finden, diesen als tatsächlichen Inhaber der (objektivierten) Leistungsfähigkeit anzusehen: Einerseits wird vorgebracht, dass es wohl jedenfalls in den deutschen Großstädten mit Nachfrageüberhang bei lebensnaher Betrachtung der Vermieter wäre, der bei Abschaffung der Grundsteuer die Nettokaltmiete (im gesetzlichen Rahmen) entsprechend erhöhen könnte, weshalb er durch die Grundsteuer trotz der zivilrechtlichen Überwälzungsmöglichkeit – zumindest teilweise – wirtschaftlich belastet wird.256 Dafür wird unter anderem angeführt, dass die Grundsteuer langfristig in nicht unerheb­lichem Maße kapitalisiert würde und daher über Veränderungen des Wertes der Immobilie oder aber die Kaltmiete gleichwohl die Eigentümer belastet würden.257 Dies gelte für an den Boden anknüpfende Steuern deshalb, weil das Bodenangebot 252  Vgl.

§ 556 BGB i. V. m. § 2 Nr. 1 BetrKV. WD 2018, 159 (162). 254  Dieser Ansicht Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2508). 255  Gleicher Ansicht Loose, in: Stenger/Loose, GrStG, Einf. Rn. 4 (Stand: 09/ 2020); Tipke, StRO II, 958 f.; Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (266 f.); Hey, FS Lang, 133 (155). 256  So ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 19. 257  Hierzu Maiterth, DStJG 44 (2022), 11 (24); Boysen-Hogrefe/Krolage, Der Gemeindehaushalt 2019, 73 m. w. N.; Fuest et al., Grundsteuer, S. 6; speziell nur für eine 253  Eigenthaler,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

konstant bleibe.258 Der Anteil, der überwälzt werden kann, hängt dabei von dem Anteil der Gebäudekomponente am Grundsteuerwert ab.259 Insofern sind jedoch die mietrechtlichen Mietpreisbeschränkungen zu beachten, die diesen Effekt in Ansehung der Gebäudekomponente einschränken. Auch im Grundsteuerrecht könne eine außersteuerrechtliche Überwälzungsmöglichkeit ferner nicht besonders von Bedeutung sein, denn eine solche Gefahr der Steuerüberwälzung bestünde bei jeder Steuer mit Marktbezug und bei der Grundsteuer trete dieser Befund letztlich nur besonders transparent und unmittelbar auf.260 Bei verdeckter Überwälzung würde ein wirtschaftlich denkender Vermieter die Steuer wohl ebenfalls in seine Preisgestaltung einbeziehen.261 (2) F  reiheits- und sozialstaatsrechtliche Einwände gegen ein sog. Sollertragskonzept Aus freiheits- und sozialstaatsrechtlicher Perspektive stellt sich die Frage, ob im Rahmen einer Grundbesitzbesteuerung zwingend die Freistellung des sog. (existenz-)notwendigen Gebrauchsvermögens erforderlich ist. Denn weil eine Grundsteuerbelastung das Wohnen – und dabei kommt es nicht auf die Differenzierung zwischen Eigen- oder Fremdnutzung aufgrund der Überwälzungsmöglichkeit an – verteuert, ist das indisponible Einkommen betroffen.262 Wohnen ist auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ein existenzielles menschliches Bedürfnis.263 Aufgrund der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG verlangt das Bundesverfassungsgericht, dem mittellosen Bürger die Mindest­ voraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein durch Sozialleistungen zu gewährleisten.264 Daran anknüpfend muss auch das Steuerrecht eben diese Mittel für ein solches Dasein verschonen.265 Dem Steuerpflichtigen könne nicht durch Besteuerung entzogen werden, was ihm auf anderem Wege sodann unmittelbar zurückgewährt werden müsste.266 Das BundesverfassungsBodenwertsteuer Josten, Die Bodenwertsteuer, S. 210 f. sowie Lemmer, Grundsteuer, S.  61 f. 258  Schultewolter, Reform des Gemeindefinanzsystems, S. 87 f. 259  Schultewolter, Reform des Gemeindefinanzsystems, S. 91 f. 260  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 19. 261  Zur Einpreisung in die Kaltmiete Kriese/Löhr, WuM 2018, 321 (326). 262  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92. 263  BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (53 f.). 264  BVerfG v. 18.06.1975, 1 BvL 4/74, BVerfGE 40, 121 (133). 265  BVerfG v. 29.05.1990, 1 BvL 20/84, BVerfGE 82, 60 (85 f.) zur Einkommensteuer. 266  Dazu auch Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, Rn. 3.161.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen79

gericht leitet dieses Gebot der Freistellung des steuerlichen Existenzminimums des Steuerpflichtigen (und seiner Familie) aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1, 3 Abs. 1 und Art. 6 GG ab.267 Dem Gesetzgeber stehen dabei allerdings verschiedenste Handlungsoptionen zur Verfügung: Er kann dies sowohl über den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer als auch staat­ liche Transferleistungen hinreichend berücksichtigen.268 Zudem besteht eine Umsatzsteuerbefreiung bei der Wohnraumvermietung gemäß § 4 Nr. 12 lit. a) UStG, die ebenfalls schon vor ihrer unionsrechtlichen Harmonisierung soziale Gesichtspunkte in Gestalt der Verhinderung einer Verteuerung der Mieten verfolgte.269 Allerdings finden sich auch insoweit keine Stimmen, die die umsatzsteuerliche Befreiung als verfassungsrechtlich zwingend ansehen. Dies hat zugleich eine freiheitsrechtliche Dimension, denn die Belastung überschreitet die Schwelle zur Verfassungswidrigkeit, wenn die Besteuerung den Kernbestand wirtschaftlicher Betätigung beeinträchtigt.270 Hieraus resultiert eine Verletzung von Art. 12, 14 oder Art. 2 Abs. 1 GG durch eine Erdrosselung, wenn besteuert wird, was für den Lebensbedarf notwendig ist.271 Mit Blick auf die Vermögensteuer vertrat das Bundesverfassungsgericht zudem in Ansehung von Art. 14 GG die Auffassung, dass der Gesetzgeber aufgrund der steuerlichen Vorbelastung des Vermögens die Grundlagen der persönlichen Lebensführung gegenüber einer Sollertragsteuer abschirmen müsse.272 Dies betraf allerdings die Ausgestaltungsebene und damit die Frage nach der Erforderlichkeit von Freibeträgen. Der wesentliche Unterschied von Grund- und Vermögensteuer, auch wenn sie beide als Sollertragsteuern gerechtfertigt werden, liegt insoweit jedoch im Objektsteuercharakter der Grundsteuer begründet.273 Die Grundsteuer ist gerade darauf angelegt, die persönlichen Verhältnisse274 des Steuerpflichtigen nicht zu berücksichtigen, sodass diese Aussage – die sich auch im Erbschaftsteuerbeschluss finden 267  BVerfG

v. 13.02.2008, 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125 (154 f.). Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 92; a. A. Loose, in: Stenger/Loose, GrStG, Einf. Rn. 4 (Stand: 09/2020); Tipke, StRO II, 958 f., 962 f. 269  Englisch, in: Rau/Dürrwächter, UStG, §  4 Nr. 12 Rn. 6 (Stand: 07/2018) m. w. N.; Heidner, in: Bunjes, UStG, § 4 Nr. 12 Rn. 1; siehe zudem die Begründung des Finanzausschusses zu BT-Drs. V/1581, 12. 270  BVerfG v. 25.09.1992, 2 BvL 5/91, BVerfGE 87, 153 (169). 271  BVerfG v. 25.09.1992, 2 BvL 5/91, BVerfGE 87, 153 (169). 272  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 4. Leitsatz. 273  BFH v. 12.10.2005, II B 36/05, BFH/NV 2006, 369; siehe daran anschließend BVerfG v. 18.02.2009, 1 BvR 1334/07, BVerfGK 15, 89 (91) sowie BFH v. 19.07.2006, II R 81/05, BStBl. II 2006, 767 (769). 274  Deshalb muss beispielsweise auch nicht auf eine bestimmte Familiengröße Rücksicht genommen werden, siehe dazu BFH v. 22.12.2002, II B 44/02, BFH/NV 2003, 508 f. 268  Gleicher

80

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

lässt275 – schon deshalb nicht zwingend auf die Grundsteuer übertragbar ist.276 Daher hat auch das Bundesverfassungsgericht die Forderung nach Freistellung des existenznotwendigen Gebrauchsvermögens bei der Grundsteuer verworfen.277 Dabei ist vor allem auch zu berücksichtigen, dass Grundstücke regelmäßig gerade nicht zum steuerlich geschützten Existenzminimum gehören.278 Die Berücksichtigung persönlicher oder sachlicher Unbilligkeiten lässt sich im Einzelfall bei der Grundsteuer durch verschiedene Erlassmöglichkeiten (vgl. beispielsweise §§ 33, 34 GrStG sowie §§ 163, 227 AO) ebenfalls auf Ausgestaltungsebene umsetzen. Weil aber der Gesetzgeber einfach-gesetzliche Schutzmechanismen in Gestalt von Erlasstatbeständen vorsehen kann und darüber hinaus zuvorderst im außersteuerlichen Bereich anderweitige Schutzmechanismen greifen, werden konkrete Verhältnisse durchaus berücksichtigt.279 Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Existenzminimums erfasst somit eben nicht sämtliche Wohnnutzungen und auch nicht unabhängig von beispielsweise der Wohngröße und der Ausstattung, sondern nur den existenznotwendigen Bereich. Weil sich dies aber in einem Massenverfahren mit ca. 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten nicht und vor allem auch grundstücksindividuell nicht ohne erheblichen Aufwand feststellen lässt, ist diese Nichtberücksichtigung aufgrund der anderweitigen staatlichen Handlungs­ optionen und des Grundsteuercharakters als Objektsteuer zu rechtfertigen.280 c) Die äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung aa) Das Äquivalenzprinzip im Lichte der Grundsteuer Die Grundsteuer ist schon kraft Zuweisung ihres Aufkommens an die Gemeinden sowie aufgrund ihres Hebesatzrechtes (Art. 106 Abs. 6 GG) eine sog. Gemeindesteuer, die wegen des Anknüpfens an einen immobilen Steuergegenstand in Gestalt des Grundbesitzes zugleich einen besonderen Orts­ 275  BVerfG

v. 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 (175). Ansicht BFH v. 19.07.2006, II R 81/05, BStBl. II 2006, 767 (768 f.). 277  BVerfG v. 18.02.2009, 1 BvR 1334/07, BVerfGK 15, 89, juris Rn. 8. 278  Ebenso T. Schmidt, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, S. 48. 279  Für eine Berücksichtigung auf dieser Ebene Seer, DB 2018, 1488 (1494). 280  So (wohl) auch Seer, DB 2018, 1488 (1494); ebenso Cremers, Grundsteuermodelle und Verfassung, S. 49 f.; zustimmend mit Blick auf das Fehlen freiheits- und sozialstaatsrechtlich zwingender Restriktionen Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 131; a. A. G. Kirchhof, Gutachten ZIA, S. 27; weitergehend sogar für die Zulassung eines Schuldenabzugs Marx/Hartwig, DStZ 2015, 703 (707). 276  Gleicher



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen81

bezug aufweist.281 Das Recht der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu regeln, umfasst als Teil der Finanzhoheit die Steuer- und Abgabenhoheit.282 Sie sollen die Gemeinde­ einwohner für die durch die Erfüllung kommunaler Aufgaben entstehenden Lasten in Anspruch nehmen können.283 Der Charakter der Grundsteuer als sog. Objektsteuer (vgl. § 3 Abs. 2 AO) führt zur Nichtberücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit.284 Anders als „das“ Leistungsfähigkeitsprinzip, welches die Lastenverteilung an der finanziellen Leistungskraft des Einzelnen, an solidarischer Lastentragung mitzuwirken, auszurichten versucht, geht das sog. Äquivalenzprinzip von einem Austauschverhältnis aus, bei dem sich Leistung und Gegenleistung grundsätzlich entsprechen sollen. Auf die Grundsteuer bezogen besteht ein Austauschverhältnis zwischen der Gemeinde als Teil der mittelbaren Landesverwaltung und damit Teil des Staates einerseits und der jeweiligen Gemeindeeinwohner andererseits.285 Dieses Verhältnis zwischen den (Infrastruktur-)Leistungen der Gemeinde und dem für den Einzelnen hieraus entstehenden Nutzen oder aber der aus der Bereitstellung resultierenden gemeindlichen Kosten ist nach Auffassung sämtlicher Landesgesetzgeber eine hinreichende Legitimationsgrundlage für eine Grundbesitzbesteuerung, findet sich deshalb in ihren jeweiligen Belastungsgrundentscheidungen – in den obigen verschiedenen Interpretationsvarianten – ausdrücklich wieder.286 Anknüpfend an die finanzwissenschaftlich fundierten Differenzierungen287 des Äquivalenzprinzips soll der diesem zukommende Gerechtigkeitsgedanke darin liegen, dass grundsätzlich nur derjenige in solcher Höhe die Grundsteuer entrichten soll, wie er einen Nutzen aus der Leistung ziehen könnte oder aber Kosten für diese Leistungen verursacht.288 Diejenigen Grundstückseigentümer, die in weitergehendem Maße von Infrastrukturleistungen profitieren, sollen dadurch höher belastet werden und damit soll zugleich eine gleichheitsrechtlich hinnehmbare Verteilungsgerechtigkeit bewirkt wer281  Zum Gemeindesteuercharakter Seiler, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 106 Rn. 171 (Stand: 09/2017); in den Ländern ohne Gemeinden (Berlin und Hamburg) steht das Aufkommen jedoch den Ländern zu, s. Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG. 282  Mehde, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 77 (Stand: 11/2012). 283  BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185/04, BVerfGE 125, 141 (159). 284  BVerfG v. 25.10.1977, 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224 (237); zu den Konsequenzen für die Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips bereits B.IV.3.b)aa). 285  Hey, FS Lang, 133 (135): Opfergedanke versus Austauschgedanke; die Gemeinden sind organisationsrechtlich Teil der Länder, dazu nur BVerfG v. 27.05.1992, 2 BvF 1/88 u. a., BVerfGE 86, 148 (215). 286  Zu den Belastungsentscheidungen der Landesgesetzgeber eingehend B.IV.3.e). 287  Siehe dazu nur Schmehl, Äquivalenzprinzip, S.  7 f. m. w. N. 288  Zum Gerechtigkeitsgedanken des Nutzenprinzips Hey, FS Lang, 133 (136).

82

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

den. Die Grundsteuer sei deshalb Äquivalent für die Bereitstellung kommunaler Leistungen. Dies erfordert jedoch, dass Nutzen- oder Kostenwerte gemessen, entsprechend gewichtet und in einem Geldbetrag ausgedrückt werden können, der die Vergleichbarkeit der Grundstücke untereinander anhand dieser verschiedenen Blickwinkel ermöglicht.289 bb) Differenzierungsnotwendigkeit zwischen äquivalenztheoretischer Belastungsgrundentscheidung und der sog. Globaläquivalenz Einer gesetzgeberischen äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung vorgelagert ist, gleichsam und unabhängig von der konkreten Belastungsgrund­ entscheidung, die Frage der generellen Legitimation einer Grundbesitzbesteuerung.290 Hierzu gehören zugleich solche Ausführungen, dass durch die Ertragshoheit der Gemeinden und wegen ihrer Hebesatzautonomie (Art. 106 Abs. 6 GG) sowie des besonderen örtlichen Bezuges aufgrund des immobilen Steuergegenstandes die Grundsteuer per se ein kommunales Leistungsäquivalent sei.291 Diese Aussagen im Sinne einer sog. Globaläquivalenz sind der Frage nach der konkreten gesetzgeberischen Belastungsentscheidung allerdings vorgelagert.292 Dies ist gerade die vorhergehende Rechtfertigung dafür, dass ihnen diese Möglichkeiten verfassungsrechtlich überhaupt zu­ gestanden werden. Sie legitimiert jedoch weder eine bestimmte Steuer noch deren konkrete Umsetzung.293 Damit die Gesetzgeber „das“ Äquivalenzprinzip im Rahmen der Grundsteuer zur tauglichen eigenen Belastungsgrundentscheidung machen können, muss sich dieses generelle Austauschverhältnis grundsteuerspezifisch konkretisieren lassen. Weil zur Deckung des gemeindlichen Finanzbedarfes über die Grundsteuer nur herangezogen werden soll, wer von den kommunalen Leistungen dem Grunde und vor allem der Höhe nach profitiert, ist eine besondere Beziehung zwischen Gemeindeleistungen und Grundbesitz erforder289  Dazu –

(37).

290  Zu

jedoch für das Zivilrecht – schon Bartholomeyczik, AcP 166 (1966), 30

dieser allgemeinen Steuerrechtfertigung Tipke, StRO I, 228 ff., 232. v. 20.12.2002, II B 44/02, BFH/NV 2003, 508 (508 f.); Marx, DStZ 2017,

291  BFH

19 (25). 292  Ebenso Hey, ZG 2019, 297 (308); von Tipke, StRO I, 476 zur Unterscheidbarkeit zur konkreten Belastungsgrundentscheidung daher als „Generaläquivalenz“ bezeichnet. 293  Wernsmann, StuW 2018, 100 (103); zu diesem allgemeinen Austauschverhältnis als Begründung der generellen Besteuerung Hansjürgens, Äquivalenzprinzip, S.  209 f.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen83

lich, welche über diese sog. Globaläquivalenz hinaus eine besondere Lastentragung des Grundsteuerpflichtigen begründen kann, um die Belasteten hierdurch zugleich von der Allgemeinheit abzugrenzen.294 cc) Verfassungsrechtliche (Un-)Tauglichkeit einer grundsteuerlichen Äquivalenzbelastungsentscheidung? (1) G  rundsätzliche Übertragbarkeit gleichheits- und freiheitsrechtlicher Einwände auf eine äquivalenztheoretische Belastungsbegründung Das Bundesverfassungsgericht hat, mit Ausnahme von Entscheidungen zum Gebühren- und Beitragsrecht295, ein Äquivalenzprinzip im Steuerrecht bisher ausdrücklich nur für die Gewerbesteuer, als neben der Grundsteuer zweite Realsteuer, als belastungsgrundtauglich anerkannt.296 Die dortigen Ausführungen sind zwar kostenäquivalent geprägt, dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass für die Grundsteuer nicht eine Nutzenäquivalenz­interpretation in Betracht kommen könnte.297 Denn die Gewerbesteuer im Speziellen wurde seit ihren Anfängen damit begründet, dass die durch die Gewerbetreibenden verursachten Zusatzlasten abgegolten werden sollen.298 Das schließt es jedoch nicht aus, für die Grundsteuer den Blickwinkel auf den aus der Bereitstellung für die kommunale Infrastruktur erzeugten Nutzen zu legen. Denn anders als bei der Gewerbesteuer sind gerade nicht nur die Gewerbetreibenden betroffen. Für eine grundsätzliche Übertragbarkeit des Äquivalenzprinzips auf die Grundsteuer in beiden Ausprägungen sprechen sowohl ihr gleichsam bestehender Objekt- als auch Gemeindesteuercharakter.299 FS Lang, 133 (136); Schmehl, Äquivalenzprinzip, S. 110 f. BVerfG v. 07.02.1991, 2 BvL 24/82, BVerfGE 83, 363 (391). 296  Zur Gewerbesteuer BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (39): „Zwar bedarf es der Äquivalenztheorie nach der ausdrücklichen Verankerung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG nicht für deren finanzverfassungsrechtliche Rechtfertigung. Aus der beschriebenen Entwicklung folgt jedoch nicht, dass der Ausgleichsgedanke jegliche finanzrechtliche Bedeutung verloren hätte. Als allgemeiner Ausgangspunkt für die innere Rechtfertigung der Gewerbesteuer hat der Gedanke, dass die Gewerbesteuer einen pauschalen Ausgleich für die besonderen Infrastrukturlasten bietet, die durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben verursacht werden, nach wie vor Bestand“; v. 15.01.2014, 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (153 f.) hingegen zur Ablehnung bei der Zweitwohnsitzsteuer. 297  So aber scheinbar Freund, jM 2020, 203 (204 f.). 298  Bereits in der Begründung zum GewStG, RStBl. 1937, 696; dazu Tipke, StRO II, 1136 ff.; dies deckt sich mit späteren Ausführungen des Gesetzgebers in Reformvorhaben, s. dazu nur BT-Drs. VI/3418, 51. 299  Für die Übertragbarkeit auf die Grundsteuer auch Hey, ZG 2019, 297 (322); a. A. insb. Kruse, BB 1996, 717 (718) sowie Birk/Eckhoff, in: Vom Steuerstaat zum 294  Hey,

295  Beispielhaft

84

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Bei einer äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung stimmen Steuerträger und Nutznießer/Kostenverursacher sowohl im Fall der Eigen- als auch Fremdnutzung überein, weshalb es auf das Auseinanderfallen zwischen faktischem Steuerträger und intendiertem Steuerschuldner bei einer äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung verfassungsrechtlich nicht ankommt, jedoch verbleiben die Einwände betreffend der Doppelbelastung von Soll- und Ist-Ertrag sowie die Nichtberücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums. Verfassungsrechtlich gelten hier die gleichen Argumente wie für die verfassungsrechtliche Akzeptanz einer leistungsfähigkeitsorientierten Belastungsentscheidung, weshalb diese nicht auf die Verfassungsebene durch­schlagen können.300 (2) Äquivalenzprinzip versus Steuerbegriff (a) Kein Raum für eine Individualäquivalenz im Grundsteuerrecht Eine sog. Individualäquivalenz301, wonach der kommunalen Leistung ein individuell zuordenbarer Vorteil des Grundsteuerpflichtigen gegenüberstünde, den die Grundsteuerbelastung des Gesetzgebers als fiskalischen Anknüpfungspunkt ansähe, muss bereits als verfassungsrechtlich unzulässig ausscheiden: Denn diese Interpretation ist dem Gebühren- und Beitragsrecht vorbehalten, weil sie dem finanzverfassungsrechtlichen Steuerbegriff widerspricht (Art. 105 ff. GG). Danach sind Steuern im Sinne des Grundgesetzes nämlich Geldleistungen, die gegenleistungslos zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs auferlegt werden (vgl. zudem § 3 Abs. 1 AO).302 Der Zahlungsverpflichtung des Steuerpflichtigen steht keine individuelle Gegenleistung des Staates gegenüber. Auf eine individuelle Verknüpfung von staat­ licher Leistung und Geldzahlungspflicht kann im Grundsteuerrecht deshalb nicht zurückgegriffen werden.303

Gebührenstaat, S. 61, die das Äquivalenzprinzip im Steuerrecht insgesamt nicht anerkennen wollen. 300  Zu den Gründen B.IV.3.b)bb) bezüglich des Leistungsfähigkeitsprinzips. Diese müssen dann aber für das Äquivalenzprinzip entsprechend Geltung beanspruchen. 301  Zum Begriff Tipke, StRO I, 476. 302  Dazu Jachmann-Michel/Vogel, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 105 Rn. 3. 303  Für die Grundsteuer daher einhellige Auffassung, siehe beispielsweise Marx/ Hartwig, DStZ 2015, 703 (708); Hey, FS Lang, 133 (136 f.); Tipke, StRO II, 962; Wernsmann, Verhaltenslenkung, S.  279 f.; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.44.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen85

(b) D  ie Gruppenäquivalenz als Konkretisierungsmaßstab über die sog. Globaläquivalenz hinaus? Dies ermöglicht somit für die Grundsteuer allenfalls ein Verständnis im Sinne einer sog. Gruppenäquivalenz, die – weil es dann nur noch auf die kommunalen Nutzungsmöglichkeiten des Steuerpflichtigen ankommen kann304 – das Austauschverhältnis zwischen Gemeinde und Bürger weitestgehend relativieren muss, um nicht ebenfalls in einen Konflikt zum verfassungsrechtlichen Steuerbegriff zu geraten.305 Denn die verfassungsrechtlich notwendige Ausblendung von Individualpräferenzen erfordert zwingend eine besonders weitreichende Typisierung, wenn sämtliche Gemeindeeinwohner Teil eines solchen Gruppenverständnisses sein müssen.306 Dieser speziellen Gruppe sollen danach die Kosten oder Vorteile aus der kommunalen Infrastruktur zugewiesen werden. Das bedingt jedoch die Frage, ob ein Gruppenäquivalenzverständnis mit dem Steuerbegriff im obigen Sinne vereinbar ist. Ohne jeglichen herstellbaren Zusammenhang wäre das Äquivalenzprinzip wiederum nur zur generellen Steuerrechtfertigung im Sinne der ebenfalls bereits erläuterten sog. Globaläquivalenz tauglich und müsste bereits deshalb auf der Ebene der Belastungsentscheidung ausscheiden.307 Erfasst werden sollen diejenigen Vorteile oder Kosten, die nicht über Gebühren und Beiträge abgegolten werden.308 Um diese Vorteile oder Kosten des Grundsteuerpflichtigen aus kommunaler Infrastruktur abzubilden und damit das Näheverhältnis zu konkretisieren, sind grundsätzlich zwei Ausgestaltungen denkbar, deren Blickwinkel auf das Austauschverhältnis sich unterscheidet: sog. Kosten- oder Nutzenäquivalenz.309 Während die Interpretation als sog. Nutzenäquivalenz die Steuerlastverteilung am Maßstab der Nutzungsmöglichkeiten (Vorteile) aus der kommunalen ­Infrastruktur abbilden will, soll nach der sog. Kostenäquivalenz die Steuerlastverteilung anhand der aus dem Grundbesitz stammenden Aufwendungen (Kosten) der Gemeinde für die Bereitstellung kommunaler Infrastruktur spezifiziert werden.310 Ist dieser Blickwinkel durch den jeweiligen Landesgesetzgeber festgelegt, ist aber noch nichts dahingehend entschieden, wie die Lasten zwischen den Gruppenteilnehmern verteilt werden sollen.

DStZ 2015, 703 (708). FS Lang, 133 (144); in der Sache ebenfalls T.  Schmidt, DStR 2020, 249

304  Marx/Hartwig, 305  Hey,

(252).

IFSt Schrift 526, S. 32. FS Lang, 133 (148). 308  Marx/Hartwig, DStZ 2015, 703 (708); Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 30; G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1078); Schulemann, Reform der Grundsteuer, S. 12 f. 309  Zu dieser Differenzierung Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (280). 310  Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 31; Rönnecker, ZKF 2019, 265 (266 f.). 306  Scheffler/Roith, 307  Hey,

86

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Diese Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers bleibt allerdings in Ansehung des Steuerbegriffes verfassungsrechtlich nicht unproblematisch, weil jegliche Steuerrechtfertigung unterhalb der sog. Globaläquivalenz auf ein „Austauschverhältnis“ abzustellen versucht, welches dem Steuerbegriff grundsätzlich wesensfremd ist. Entscheidender Kritikpunkt gegen das Äquivalenzprinzip ist daher das Merkmal der Gegenleistungslosigkeit der jeweiligen Steuer.311 Eine „Nähebeziehung“ zwischen kommunalen Leistungen und den hierfür entstehenden Kosten oder dem Nutzen ließe sich bei der Grundsteuer kaum herstellen, ohne zu einer gewissen, verfassungsrechtlich jedoch aufgrund der Gegenleistungslosigkeit einer Steuer unzulässigen Zweckbindung der Grundsteuer zu gelangen, die sich an das Gebühren- und Beitragsrecht annähere.312 Dagegen wird jedoch eingewandt, dies schließe primär die Begründung einer konkreten Belastungshöhe aus, nicht jedoch eine Sonderbelastung einer bestimmten Adressatengruppe, bei der Grundsteuer somit die Belastung der Gemeindeeinwohner.313 Fragen der Belastungshöhe wiederum sind ein gleichheitsrechtliches Problem realitätsgerechter Kosten- oder Nutzenrelation sowie freiheitsrechtlich in Ansehung zulässiger Belastungsobergrenzen. Damit unmittelbar verknüpft ist der Einwand einer unzulässigen Zweckbindung des Grundsteueraufkommens, würden die Einnahmen von einem Nutzen oder einer Kostenverursachung abhängig gemacht.314 Allerdings fließen auch die Gebühreneinnahmen in den allgemeinen Haushalt der jeweiligen Gläubiger.315 Weil es sich dabei zudem um die Lastenverteilungsentscheidung des Gesetzgebers handelt, kann es auf die Einnahmenverwendung insoweit nicht entscheidend ankommen.316 Daher müssen auch Einwände gegen die Grundsteuer auf Basis des Äquivalenzprinzips ausscheiden, die den Zufluss bei den Kreisen als Einwand gegen die Begründung einer Sonderbelastung auf Grundlage des Äquivalenzprinzips anführen.317

311  Crzelius, Stbg 2005, 101 (102); Jochum, StB 2005, 254 (258); Hartmann, BB 2008, 2490 (2495) jeweils zur Gewerbesteuer. 312  Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 31 f.; Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 18. 313  Hey, FS Lang, 133 (144). 314  Birk/Eckhoff, in: Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 60 f. 315  Hey, FS Lang, 133 (144). 316  A. A. zuvorderst T. Schmidt, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, S. 40, der dem Äquivalenzprinzip auch insbesondere deshalb die Rechtfertigungstauglichkeit abspricht, weil ein Teil der Einnahmen in die Kreisumlage einfließt. 317  Gleicher Ansicht Hey, FS Lang, 133 (144 ff.); a. A. T. Schmidt, DStR 2020, 249 (252).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen87

d) Das Wahlrecht zwischen den Belastungsgründen als Ausdruck des weitreichenden Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers Der Gesetzgeber kann gleichheitssatzkonform zwischen den Belastungsgründen wählen, möglicherweise diese sogar miteinander kombinieren. Denn der weitreichende Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers betreffend Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage und deren Ausgestaltung bezieht sich denklogisch auf die hiermit verbundene Belastungsentscheidung.318 Weil aber ein Nebeneinander verschiedener sachgerechter Leitprinzipien denkbar ist, sind Äußerungen zu einem möglichen verfassungsrechtlichen Rang- oder Konkurrenzverhältnis vollumfänglich erforderlich. Zwar können sich unter Umständen bei einem Rückgriff auf das Äquivalenz- oder das Leistungsfähigkeitsprinzip die gleichen grundsteuermodell­ spezifischen Schlussfolgerungen ableiten lassen, wie beispielsweise, dass kommunale Leistungen in der Lage sind, den Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks zu beeinflussen, sodass auch bei nutzenäquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung eine verkehrswertabhängige Bemessungsgrundlage sach­gerecht sein kann319, dennoch ist ersteres kein Subprinzip des letzteren oder aber umgekehrt.320 Weil aber im Grundsteuerrecht „das“ Leistungs­ fähigkeitsprinzip nicht zwingend einzig sachgerechtes gleichheitsrechtliches Leitprinzip und damit Grundlage der Lastenverteilung sein muss, gerät eine äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung hierzu im Ausgangspunkt in keinen verfassungsrechtlichen Zielkonflikt.321 Sofern das Äquivalenzprinzip in seiner Ausprägung als sog. Globaläquivalenz für die allgemeine Steuerrechtfertigung herangezogen wird, besteht aufgrund des Vorfeldcharakters dieser generellen Steuerrechtfertigung gegenüber der Belastungsentscheidung selbst ebenfalls kein Konkurrenzverhältnis.322 Das bedeutet einerseits, dass der jeweilige Grundsteuergesetzgeber grundsätzlich zwischen Leistungsfähigkeits- und Äquivalenzprinzip für die Belastungsgrundentscheidung wählen kann, diese beiden Prinzipien andererseits DStJG 35 (2012), 249 (268, 289 f.). FS Lang, 133 (142 ff.); zur Zulässigkeit im BWGrStG unter B.IV.3.f)dd). 320  Wernsmann, Verhaltenslenkung, S.  285 f.; Hey, FS Lang, 133 (163). 321  Ebenso Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (256); Schmehl, Äquivalenzprinzip, S.  104 f.; Drüen, BayVbl. 2023, 253 (256); zur generellen Wertungsoffenheit des Leistungsfähigkeitsprinzips auch F. Kirchhof, BB 2017, 662 (663); F. Kirchhof, StuW 2002, 185 (187); a. A. (wohl) Marquardsen, StuW 2022, 293 (296), die das Äquivalenzprinzip als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme zum Leistungsfähigkeitsprinzip anzusehen scheint. 322  Siehe dazu auf Bundesebene C.II.; Hey, FS Lang, 133 (163); zu dieser generellen Rechtfertigungsvorfrage über das Äquivalenzprinzip nur K.  Vogel, Der Staat 25 (1986), 481 (483 f., 485 ff.). 318  Schmehl, 319  Hey,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

sogar kombinieren darf.323 Hiergegen kann auch nicht angeführt werden, diese „Belastungsgrundkombination“ verstoße gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit eines Systemwechsels324: Der Gesetzgeber ist zwar bezüglich der einmal getroffenen Belastungsentscheidung an das Folgerichtigkeitsgebot gebunden, allerdings nicht an die Belastungsentscheidung selbst und ferner auch nur für deren Dauer.325 Eine Einschränkung für die Belastungsentscheidung des Bundes- oder Landesgesetzgebers lässt sich hieraus nicht herleiten, ebenso wenig für eine Kombination beider Gründe.326 Äquivalenz- und Leistungsfähigkeitsprinzip müssen sich nicht einmal – wie teilweise angenommen327 – gegenseitig ausschließen. Denn die gleichheitsrechtliche Grenze wird hier erneut erst auf der sich anschließenden Ebene relevant: Die Belastungsentscheidung muss in der Bemessungsgrundlage gleichheitssatzkonform kosten- und/oder nutzengerecht Ausdruck finden. Sofern der Gesetzgeber dies im jeweiligen Grundsteuermodell nicht schafft, verletzt er Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bemessungsgrundlage dann willkürlich gewählt ist.328 Diese Frage betrifft jedoch nicht das grundsätz­ liche Wahlrecht des Gesetzgebers schon auf Ebene der Belastungsgrundentscheidung.329 Dies ist zwingende Konsequenz, denn der weitreichende Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG ist auf dieser Stufe nur durch das Willkürverbot beschränkt. Eine Bemessungsgrundlage, die aber nicht zielgenau auf die verschiedenen Begründungsansätze zurückgeführt werden kann, ist dann gerade deshalb willkürlich und nicht schon aufgrund der Wahl zweier Be­ 323  Zur Ergänzung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch das Äquivalenzprinzip als sog. Nutzenprinzip auch J. Lang, FS Schaumburg, 45 (47): „sachgerechte Kombination“. 324  Zum Systemwechsel nur BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 Rn. 80; dieser Auffassung ohne eingehende Begründung insb. Freund, FR 2019, 931 (938). 325  Englisch, FS Lang, 167 (192); P. Kirchhof, StuW 2017, 3 (8). 326  Ebenso Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 23 (Stand: 11/ 2020). 327  Siehe nur Haller, Die Steuern, S. 15: Das Äquivalenzprinzip sei dem Leistungsfähigkeitsprinzip diametral entgegengesetzt. 328  Zutreffend Krumm, Stellungnahme 17/3252, S. 33; so wird das Grundsteuermodell des Landes Baden-Württemberg sowohl mit dem Leistungsfähigkeits-, als auch dem Äquivalenzprinzip, und somit letztlich mit zwei Belastungsgründen, begründet, vgl. BWLT-Drs. 16/8907, 52 f. 329  Siehe beispielhaft nur die willkürfreie Verknüpfung von Nutzenäquivalenz und Leistungsfähigkeit in einer wertabhängigen „Nur-Boden-Bemessungsgrundlage“ im BWGrStG unter B.IV.3.f)dd); betreffend diese Wahlfreiheit ebenso Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 37 (Stand: 11/2020).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen89

lastungsgründe. Gelingt dem Gesetzgeber diese Verknüpfung im jeweiligen Grundsteuermodell, so kann gleichheitsrechtlich gegen die Kombination verschiedener Belastungsgründe nichts eingewendet werden. Eine Beschränkung des Gesetzgebers auf das Äquivalenzprinzip lässt sich auch nicht darüber begründen, dass bei einer Rechtfertigung der Grundsteuer als sog. Soll­ ertragsteuer ein Konflikt zur Vermögensteuer entstünde: Zwar muss sich der Gesetzgeber dafür rechtfertigen können, wieso er gerade den Grundbesitz mit einer „Sondervermögensteuer“ belasten will, dies gelingt jedoch auf Ebene des Steuergegenstandes – wie bereits erörtert – willkürfrei.330 Gelingt dem Gesetzgeber darüber hinaus eine Kombination aus Äquivalenz- und Leistungsfähigkeitsprinzip, dann fügt sich die Grundsteuer jedenfalls sachgerechter in ein grundsätzlich an der individuellen Leistungsfähigkeit orientiertes Vielsteuersystem ein.331 Das Bundesverfassungsgericht selbst hat sich gleichsam zu „dem“ Belastungsgrund der Grundsteuer in seiner Grundsteuerentscheidung nicht explizit geäußert. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Belastungsgrund hinreichend genau zu bestimmen, um hieraus die Bemessungsgrundlage und daraus wiederum die Steuerlast folgerichtig, realitäts- und somit letztlich gleichheitsgerecht zu entwickeln.332 Diese Nichtäußerung des Bundesverfassungsgerichts deutet zumindest an, dass auch aus dessen Sicht verfassungsrechtlich eine über das Leistungsfähigkeitsprinzip begründete Belastungsentscheidung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, sowie, dass dieses nicht die einzig legitime Belastungsentscheidung des jeweiligen Gesetzgebers sein muss. Den Landesgesetzgebern steht es daher nicht nur über Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG formell, sondern auch in materiell verfassungsgemäßer Weise frei, ob sie diesem Ansatz folgen, ein Äquivalenzverständnis heranziehen oder ob sie diese Ansätze sogar kombinieren.333 Eine Kombination von sog. Kosten- und Nutzenäquivalenz in einem Grundsteuermodell erscheint dagegen von vornherein ausgeschlossen: Denn der Nutzen der Gemeindeeinwohner und die Kosten der Gemeinde für die Infrastrukturleistungen müssen nicht zwingend identisch sein, vor allem wird dies nur schwerlich in einer einheitlichen Bemessungsgrundlage auszudrücken sein, die beides (beispielhaft über einen physischen Flächenmaßstab) abzubilden versucht. 330  Zur Willkürfreiheit des Anknüpfens an den Grundbesitz B.IV.2.; steuersystematisch zutreffend als „Bruttosondervermögensteuer“ verstanden, so Hey, ZG 2019, 297 (298); Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 77. 331  Dies vielmehr als grundsätzlichen Einwand gegen das Äquivalenzprinzip bei Grund- und Gewerbesteuer ansehend Kube, DStJG 37 (2014), 343 (349), dort in der Fußnote. 332  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 97. 333  A. A. Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2509).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Grundrechtlich relevante Verfassungsverstöße beziehen sich deshalb (erneut wie auch schon beim Steuergegenstand) vielmehr auf die sich anschließende Ausgestaltungsebene der Verknüpfung der Belastungsentscheidung mit der jeweiligen Bemessungsgrundlage sowie die wiederum hieran anschließende folgerichtige Ausgestaltung der Vorschriften zur Erfassung dieser Bemessungsgrundlage. Erledigt ist daher die Diskussion um „den“ Belastungsgrund der Grundsteuer: An dessen Stelle tritt nunmehr im Rahmen der Grundsteuerreform die konkrete Belastungsentscheidung des Bundes- oder Landesgesetzgebers in einem der obigen verfassungskonformen Sinne, und hieran schließt sich die Würdigung der folgerichtigen Umsetzung im jeweiligen Grundsteuermodell an.334 e) Die Belastungsentscheidungen der Landesgesetzgeber aa) „Doppelbelastungsentscheidung“ des baden-württembergischen Landesgesetzgebers (BWGrStG) Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat von der nach hier vertretener Auffassung verfassungsrechtlich zulässigen Möglichkeit Gebrauch gemacht, Leistungsfähigkeits- und Äquivalenzprinzip für die Belastungsentscheidung kombinieren zu können, solange die willkürfreie Abbildung beider Belastungsgründe in der Bemessungsgrundlage gelingt. Diese für die Grundsteuer zugleich einzigartige sog. Doppelbelastungsentscheidung bringt der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck: Durch den Rückgriff auf die Bodenrichtwerte soll sich die Nutzungsmöglichkeit des Grundstückseigentümers an den kommunalen Infrastrukturleistungen widerspiegeln lassen (sog. [gruppen-]nutzenäquivalenztheoretische Belastungsbegründung), die insbesondere auch die Lageverfügbarkeit abbilden würde.335 Zugleich werde durch die Bodenrichtwerte als maßgeblicher Bewertungsparameter aber auch ein Bezug zur objektiven Leistungsfähigkeit des Eigentümers hergestellt.336 „Das aus dem Bodenwert abgeleitete Potenzial gibt grundsätzlich wieder, wie gut die kommunale Infrastruktur und Ressourcen für das Grundstück sind und welche hieraus abgeleitet dauerhafte Ertrags- und Wertentwicklung zu erwarten sind.“337 334  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 94; Drüen, in: Stenger/ Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 25 (Stand: 11/2020); Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (289 f.); M. Vogel, jM 2019, 206 (208); Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2508). 335  BWLT-Drs. 16/8907, 52; erneut eindeutig bestätigt in der Begründung zum ÄndGLGrStG, siehe BWLT-Drs. 17/1076, 18. 336  BWLT-Drs. 16/8907, 52. 337  BWLT-Drs. 16/8907, 55.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen91

Die Doppelbelastungsentscheidung fasst der Landesgesetzgeber in der Gesetzesbegründung selbst nochmals eindeutig zusammen: „[…] Somit beruht die Belastungsentscheidung für die Grundsteuer zuvorderst zwar auf dem Äquivalenzgedanken, aber daneben auch auf dem Gedanken der Leistungsfähigkeit.“338 Zwar könnte erwogen werden, ob sich eine reine Bodenwertsteuer nicht auch als sog. Lenkungssteuer rechtfertigen ließe.339 Dies entspricht allerdings schon nicht der Intention des baden-württembergischen Gesetzgebers. Der Landesgesetzgeber verknüpft beide Belastungsgrundentscheidungen, indem im Rahmen der Abbildung dieser Entscheidung in einer Bemessungsgrundlage die Bodenrichtwerte die typisierte Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes widerspiegeln sollen (sog. Sollertragskonzept) und diese sich mit dem kommunalen Nutzen des Steuerpflichtigen an öffentlicher Infrastruktur verbinden lassen würden (Nutzenäquivalenz).340 Diese Kombination beider Belastungsentscheidungen ist verfassungsrechtlich in abstrakter Form auf dieser ersten Ebene zunächst einmal nicht zu beanstanden.341 bb) Kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung des bayerischen Gesetzgebers (BayGrStG) Der bayerische Landesgesetzgeber begründet sein wertunabhängiges Flächenmodell zunächst eindeutig über „das“ Äquivalenzprinzip.342 Ob er darüber hinaus das bayerische Grundsteuergesetz kosten- oder aber nutzenäquivalent konkretisieren will, wird in der Gesetzesbegründung nicht an sämtlichen Stellen vollends deutlich. Denn zunächst wird davon gesprochen, dass die „Verbesserungen der kommunalen Infrastruktur allen Grundstücken zugute [kommen]“343, was durchaus Raum für eine Interpretation als sog. Nutzenäquivalenz ließe, denn es sind die Grundstückseigentümer, die aus den kom338  BWLT-Drs. 16/8907,

52 f. wird überwiegend abgelehnt, so u. a. G. Kirchhof, DB 2020, 2600 (2603); Zweifel an der Verhältnismäßigkeit als Lenkungssteuer bereits P. Kirchhof, DWW 2000, 174 (178 f.). 340  Dazu Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn.  80; a.  A. (wohl) Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (305 f.), der den Äquivalenzaspekt ohne nähere Begründung auszublenden scheint und nur von einer „Sollertragsrechtfertigung“ spricht. 341  Ebenso bei einer Bodenwertsteuer Kriese/Löhr/Wilke, in: Kriese/Löhr/Wilke, Grundsteuer, 9 (11); a. A. Marx, DStZ 2020, 758 (760 f.); Marx, in: Stenger/Loose, BWGrStG Rn. 14 f. (Stand: 09/2022) sowie G. Kirchhof, DB 2020, 2600 (2602), die schon den Belastungsgrund im baden-württembergischen Grundsteuermodell nicht hinreichend erkennen wollen. 342  BYLT-Drs. 18/15755, 11: „Prägendes Element der Lastenverteilung ist der Äquivalenzgedanke“; a. A. – ohne nähere Begründung – Bahn, NWB 21 (2022), 1484 (1486 f.). 343  BYLT-Drs. 18/15755, 11. 339  Dies

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

munalen Infrastrukturleistungen ihren Nutzen ziehen können. Allerdings wird sodann aus den übrigen Äußerungen in der Gesetzesbegründung hinreichend deutlich, dass diese Begründung lediglich der Absage an ein sog. Individualäquivalenzverständnis dient. Für ein sog. Kostenäquivalenzverständnis sprechen die sich anschließenden Ausführungen der Gesetzesbegründung: „Entscheidend für die Belastung in der konkreten Gemeinde ist vielmehr der Finanzbedarf der jeweiligen Belegenheitsgemeinde“.344 Der Fokus wird dadurch auf die Ausgabenseite der Gemeinde gelegt. Hinzu kommen die sich anschließenden Äußerungen, dass die Grundstückseigentümer umso höheren Aufwand für die Gemeinden erzeugen würden, desto größer das jeweilige Grundstück sei.345 Stellenweise verbleibt zwar Interpretationsspielraum, gleichwohl sind die kostenäquivalenten Argumente nach hier vertretener Auffassung deutlich(er) zu erkennen und die Aussagen in Richtung einer sog. Nutzenäquivalenzinterpretation trifft der Gesetzgeber vielmehr nur zur Absage an die für die (Grund-)Steuer verfassungsrechtlich unzulässige sog. Individualäquivalenz, sodass die Belastungsentscheidung im Ergebnis kostenäquivalent begründet ist.346 cc) Kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung im hamburgischen Grundsteuergesetz (HmbGrStG) Die Interpretation des bayerischen Gesetzgebers im Sinne der Kostenäquivalenz deckt sich mit derjenigen des hamburgischen Gesetzgebers in dessen wertunabhängigem Flächenmodell. Zunächst wird im HmbGrStG der Rekurs auf das Äquivalenzprinzip als Belastungsgrund eindeutig erkennbar. Schon zu Beginn der Begründung wird der Haushaltsaufwand für ein „auf den Äquivalenzgedanken gestütztes Grundsteuermodell“ dargelegt.347 Sodann formuliert der hamburgische Gesetzgeber weiter: „Prägendes Element der Lastenverteilung ist der Äquivalenzgedanke“ und das „Hamburgische Grundsteuergesetz [folgt] dem Äquivalenzgedanken als Belastungsgrund“.348 Diese Grundsatzentscheidung wird in der Gesetzesbegründung spezifiziert: Die Grundsteuer sei äquivalent für kommunale Infrastrukturleistungen, der 344  BYLT-Drs. 18/15755,

11. 11 f. 346  Für eine Interpretation in Richtung der sog. Kostenäquivalenz ebenfalls Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 84; im Ergebnis Arning, NdsVBl. 2022, 33 (35); Freund, jM 2022, 203 (207) sowie Bräutigam/Weber, DStR 2022, 337 (338). 347  HmbBü-Drs. 22/3583, 2. 348  HmbBü-Drs. 22/3583, 7. 345  BYLT-Drs. 18/15755,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen93

Blickwinkel wird auf die Aufwendungen der Gemeinde gerichtet. Denn die hamburgische „Grundsteuer B“ stelle eine „gruppenäquivalente Finanzierungsquelle“ hierfür dar.349 Dem Grundstückseigentümer könne „umso mehr Aufwand für bestimmte öffentliche Leistungen […] zugeordnet werden, je größer das zu besteuernde Grundstück“ sei.350 Damit ist im Ergebnis dem hamburgischen Grundsteuergesetz ebenfalls eine kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung zu entnehmen.351 Beide wertunabhängigen reinen Flächenmodelle (Bayern und Hamburg) sind über die sog. Kostenäquivalenz begründet. dd) Nutzenäquivalenz im niedersächsischen Flächen-Lage-Modell (NGrStG) und im hessischen Flächen-Faktor-Modell (HGrStG) Sowohl das niedersächsische „Flächen-Lage-Modell“ als auch das hessische „Flächen-Faktor-Modell“ folgen zwar zunächst dem Äquivalenzprinzip als verfassungsrechtlich zulässige Belastungsentscheidung. Dies wird aus den Ausführungen der beiden Landesgesetzgeber in der Gesetzesbegründung sowie der Gesetzesterminologie ebenfalls hinreichend deutlich: Denn einerseits verwenden sie bewusst terminologisch die sog. Äquivalenzbeträge anstelle eines Grundsteuerwertes. Andererseits führt der niedersächsische Gesetzgeber dazu in der Gesetzesbegründung beispielhaft aus: „[…] Einführung eines nach dem Äquivalenzprinzip an Boden- und Gebäudefläche sowie Lage orientierten Bewertungsmodells […]“.352 Die Ausführungen des hessischen Gesetzgebers sind insoweit ähnlich eindeutig.353 Die Interpretation im Sinne der sog. Nutzenäquivalenz folgt im NGrStG auch aus den Äußerungen in der Gesetzesbegründung: „Die Flächenmerkmale geben regelmäßig den Ausschlag für die Intensität der Nutzung kommunaler Infrastruktur“.354 Und weiter: „Die Bemessungsgrundlage ist im 349  HmbBü-Drs. 22/3583,

8. 8. 351  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 86; Bräutigam/Weber, DStR 2022, 337 (338); Freund, jM 2022, 203 (207); (wohl auch) aufgrund der dortigen Wiedergabe Sklareck, in: Stenger/Loose, HmbGrStG Rn. 25 ff., 59 ff., 92 (Stand: 03/2022). 352  NdsLT-Drs. 18/8995, 1. 353  HLT-Drs. 20/6379, 12: „Der Belastungsgrund der Grundsteuer – das Äquivalent für die Möglichkeit der Nutzung bereitgestellter kommunaler Infrastruktur – spiegelt sich im landesrechtlichen Flächen-Faktor-Verfahren und steht damit im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass die Bemessungsregeln grundsätzlich in der Lage sein müssen, den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund abzubilden“. 354  NdsLT-Drs. 18/8995, 11. 350  HmbBü-Drs. 22/3583,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Belastungsgrund der Äquivalenzsteuer nach den von der Kommune angebotenen Leistungen zu differenzieren, von denen das Grundeigentum profi­ tiert“.355 Am eindeutigsten aber: „Hierbei wird auf die Perspektive des Nutzenden abgestellt“.356 Ebenso bei den Darstellungen zum sog. Lagefaktor, als zweiten wesentlichen Teil der Bemessungsgrundlage, führt der Gesetzgeber aus, dieser sei „Indikator für die Qualität und Quantität des kommunalen Nutzungsangebotes […]“.357 Im Sinne der einzig zulässigen Gruppenäquivalenzinterpretation erkennt der niedersächsische Gesetzgeber an, dass es nur auf die Nutzungsmöglichkeit ankommen kann.358 Und auch beim Grundsteuerausgangsbetrag als Produkt aus Äquivalenzbetrag und Steuermesszahl bezieht er sich eindeutig auf die Nutzenäquivalenz: „Ziel ist die relationsgerechte Belastungsverteilung nach der Nutzungsmöglichkeit für diese örtlich bereitgestellten öffentlichen Güter, wofür als geeigneter Maßstab die Größe des Grundstücks und der auf ihm errichteten Gebäude sowie die Lage innerhalb der Gemeinde angesehen wird“.359 Zweifel daran, ob der niedersächsische Gesetzgeber nicht zugleich auf die Interpretation als sog. Kostenäquivalenz zurückgreifen wollte, könnten aufkommen, wenn lediglich die ursprüngliche Gesetzesbegründung selbst herangezogen wird, denn dort findet sich die Passage: „Neben der hier dargestellten Aufwandsäquivalenz ist aber auch ganz wesentlich die Nutzenäquivalenz zu berücksichtigen“.360 Dass diese ursprünglich vorgesehene Kombination zu verfassungsrechtlichen Problemen in Ansehung der willkürfreien Verknüpfung mit der Bemessungsgrundlage führen würde, dürfte im Laufe des Gesetzgebungsverfahren der niedersächsische Grundsteuergesetzgeber erkannt haben. Denn zieht man zusätzlich den ergänzenden schriftlichen Bericht des Finanzausschusses361 aus dem Fortgang des Gesetzgebungsprozesses heran, so sprechen nach hier vertretener Auffassung die besseren Gründe für die Annahme der abschließenden Festlegung auf die sog. Nutzenäquivalenz. Stellvertretend für diesen Befund, der den dortigen Bericht insgesamt prägt, dürfte die folgende Aussage gleich zu Beginn sein: „Für den Bereich der Grundstücke des Grundvermögens – die Grundsteuer B – soll dies weitgehend erfolgen und ein auf dem Prinzip der Nutzenäquivalenz gründendes, an der Boden- und der Gebäudefläche sowie der Lage des Grundstücks innerhalb der Gemeinde orientiertes Bewertungsmo355  NdsLT-Drs. 18/8995,

11. 11. 357  NdsLT-Drs. 18/8995, 13. 358  NdsLT-Drs. 18/8995, 12: „gruppenäquivalenztheoretische Finanzierungsquelle“. 359  NdsLT-Drs. 18/8995, 18. 360  NdsLT-Drs. 18/8995, 13; dieser Auffassung daher Löhr, BB 2022, 87 (88). 361  NdsLT-Drs. 18/9632. 356  NdsLT-Drs. 18/8995,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen95

dell eingeführt werden“.362 Hier wurde im Gesetzgebungsverfahren im Vergleich zur ursprünglichen Begründung nachgebessert und sich eindeutig hin zur sog. Nutzenäquivalenz festgelegt. In Hessen hingegen, wo man aufgrund des zeitlich nachfolgenden Gesetzgebungsverfahrens an die Erfahrungen und Entwicklungen aus Niedersachsen anknüpfen konnte, wurde bereits in der erstmaligen Gesetzesbegründung auf derartige Ausführungen zu einer irgendwie gearteten Aufwandsäqui­valenz vollständig verzichtet. Der hessische Gesetzgeber äußert sich in der Gesetzesbegründung vielmehr eindeutig dahingehend, dass durch die „Grundsteuer B“ der Nutzen aus kommunal bereitgestellter Infrastruktur abgegolten werden soll.363 Sowohl NGrStG als auch HGrStG beruhen im Ergebnis beide auf dem Gedanken der sog. Nutzenäquivalenz.364 Insoweit besteht deshalb – wie bei den Flächenmodellen – auch bei den „Flächen-Lage-Modellen“ ein Gleichlauf in Bezug auf die Belastungsentscheidung.

362  Nds-LT-Drs. 18/9632,

1. 12: „Mit der Grundentscheidung, die landesrechtliche Bemessungsgrundlage an Flächenmerkmalen und darauf anzuwendenden – wertunabhängigen – Quadratmeterbeträgen anzuknüpfen, wird der Belastungsgrund im Sinne einer Äquivalenz für die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Güter am Maßstab einer gleichheitsgerechten Lastenverteilung erfasst und der Steuergegenstand damit verdeutlicht und zählbar gemacht. Jedes Grundstück ist an die kommunale Infrastruktur angeschlossen und kann damit von deren Bereitstellung profitieren. Folglich werden Leistungen der Gemeinden durch die differenzierte Flächentypisierung gleichheitsgerecht gespiegelt. Denn Flächenmerkmale sind typischerweise Indikatoren für das Ausmaß der Nutzbarkeit kommunaler Infrastruktur. Gerade in der Ausrichtung der Steuer auf das Objekt – und nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen – typisieren Grundstücksfläche und noch stärker die Fläche der Bebauung sachgerecht die Leistungen und Einrichtungen der Gemeinde, die vom Grundstücksnutzer in Anspruch genommen werden können. Die gleichheitsorientierte Ausgangsprämisse lautet daher, dass die Grundstücksfläche und die flächenmäßige Bebauung typischerweise in einem Grundverhältnis zur Nutzungsmöglichkeit kommunaler Güter stehen. Je größer das Grundstück und je mehr bebaute Fläche, desto mehr Bewohner, Beschäftigte, Kunden, die das infrastrukturelle Angebot nutzen können“. 364  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 88; Freund, jM 2022, 203 (207  f.); für das HGrStG Schulze/Mandler/Zochert, in: Stenger/Loose, HGrStG Rn. 31, 33 f. (Stand: 05/2022); a. A. Löhr, BB 2022, 87 (88 f.); scheinbar für das NGrStG auch Krause, in: Stenger/Loose, NGrStG Rn. 19 f., 76 f. (Stand: 11/2021), der zwar zunächst von Nutzenäquivalenz ausgeht, dann jedoch ohne nähere Begründung in Rn. 82 zugleich von Aufwandsäquivalenz spricht. 363  HLT-Drs. 20/6379,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

f) Willkürfreie Verknüpfung der Belastungsentscheidung der Landesgesetzgeber mit der jeweiligen Bemessungsgrundlage? aa) Legitimität der Wertunabhängigkeit in den Landesgrundsteuergesetzen Die grundsteuerrechtliche Legitimität verschiedener Belastungsgründe eröffnet neben dem Bundesgesetzgeber für die Landesgesetzgeber sich daran anschließende Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der zur Anwendung gelangenden Bemessungsgrundlagen, die nunmehr in verschiedenen Formen in den Grundsteuergesetzen auf Bundes- und Länderebene auch tatsächlich zur Anwendung gelangen365: (1) Neben einer wertabhängigen Bemessungsgrundlage, die Grund und Boden sowie die Gebäude einbezieht, wie (erneut) auf Bundesebene umgesetzt, (2) sowie einer wertabhängigen Bemessungsgrundlage nur unter Einbeziehung des Grund und Bodens ohne eine Gebäudekomponente, die sog. Bodenwertsteuer in Baden-Württemberg, (3) sind auch eine wertunabhängige Bemessungsgrundlage aus Grundstücks- und Gebäudefläche wie in Bayern und Hamburg (sog. Flächenmodelle) sowie (4) das vorstehende sog. Flächenmodell, allerdings ergänzt um einen zusätzlichen sog. Lagefaktor als sog. Flächen-Lage-Modell (Niedersachsen) bzw. sog. FlächenFaktor-Modell (Hessen), denkbar.366 Bemessungsgrundlage kann ein an der Sollertragskraft des Grundstücks orientierter Grundsteuerwert sein, oder aber – kumulativ oder alternativ – ein „Äquivalenzwert“, der den Nutzen des Steuerpflichtigen über dessen Grundvermögen oder die grundstücksbezogenen Aufwendungen der Gemeinde zwischen den Einwohnern gleichheitskonform abbilden soll, wiederum zu konkretisieren anhand einer wertabhängigen oder aber wertunabhängigen Bemessungsgrundlage, die in den aktuellen Reformmodellen entweder auf reine Flächengrößen (Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen) oder Bodenrichtwerte (Baden-Württemberg) zurückgreift. Das Bewertungsziel des gemeinen Wertes ist deshalb für die Grundsteuer – anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer als auch der Vermögensteuer aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Vermögensgegenständen – nicht zwingend vorgegeben: Denn es ist nur eine einzige Vermögensart in Gestalt der Grundstücke zu bewerten und gerade die verschiedenen Belastungsgrundmöglichkeiten des Gesetzgebers eröffnen bei der Grundsteuer seinen weitgehenden Gestaltungsspielraum.367 365  Zu diesen und nicht mehr diskutierten Modellen bereits Hantzsch, DStZ 2012, 758 (759). 366  Zu den Grundkonzeptionen auf Bundes- und Länderebene B.II.2. und 3. 367  Für die Grundsteuer im Verhältnis zur Erbschaftsteuer BFH v. 30.06.2010, II R 60/08, BStBl. II 2010, 897 (900 f.); gleicher Ansicht M.  Vogel, jM 2019, 206 (209);



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen97

Erforderlich ist für jede dieser Möglichkeiten jedoch immer eine gleichheitssatzkonforme Verknüpfung der Belastungsentscheidung der jeweiligen Gesetzgeber mit der gewählten Bemessungsgrundlage. Dabei erzeugt eine äquivalenztheoretische Belastungsgrundentscheidung erhebliche Folgepro­ bleme (bb)). Eine gleichheitssatzkonforme Verknüpfung von Leistungsfähigkeitsprinzip und wertunabhängigem Flächenmodell ist gleichheitsrechtlich per se ausgeschlossen (cc)). Daher verwundert es nicht, dass keiner der Grundsteuergesetzgeber diesen Weg im Rahmen der Grundsteuerreform tatsächlich eingeschlagen hat. Konkret muss der baden-württembergische Gesetzgeber (dd)) die über die Nutzenäquivalenz und das Leistungsfähigkeitsprinzip begründete Lastenverteilung willkürfrei in einer Bemessungsgrundlage ausdrücken können, die nur auf die Bodenrichtwerte und die Fläche des Grundstücks ohne die Gebäude zurückgreift (§ 38 BWGrStG). Die reinen Flächenmodelle (ee)) müssen eine Kostenäquivalenz in einer Bemessungsgrundlage, die sowohl auf die Grundstücks- als auch die Gebäudefläche sowie verschiedene Äquivalenzziffern zurückgreift, willkürfrei abbilden können (Art. 1,3 BayGrStG, §§ 1,3 HmbGrStG). Gleiches gilt für die nutzenäquivalenztheoretischen Modelle Hessens und Niedersachsens (ff)), allerdings nunmehr zwischen der Nutzungsmöglichkeit der kommunalen Infrastruktur und der erzeugten Grundsteuerbelastung bei Einbeziehung von Grund und Boden sowie Gebäude in einer Bemessungsgrundlage, die um einen sog. Lagefaktor (§ 5 NGrStG, § 7 HGrStG) erweitert wurde. Weil Sachsen und das Saarland lediglich die Messzahlen modifizieren, ergeben sich für diese keinerlei Besonderheiten, insoweit sind lediglich die Steuermesszahldifferenzierungen auf der sich an die Bewertungsebene anschließenden Steuermessbetragsstufe separat zu rechtfertigen.368 bb) Folgeprobleme äquivalenztheoretischer Belastungsentscheidungen: Verknüpfung mit einer Bemessungsgrundlage Bei einer sog. Nutzenäquivalenzinterpretation stellt die Grundsteuerbelastung eine teilweise Nutzenabschöpfung für die Gewährung der kommunalen Infrastrukturleistungen dar. Die Nutznießer dieser kommunalen Leistungen in Gestalt der Gemeindeeinwohner sollen entsprechend einer (zu typisierenden) Nutzungsmöglichkeit mit einem gewissen Grundsteuerbetrag belastet werden.369 Zwar nehmen auch Nichtgemeindeeinwohner kommunale InfraZeitler, DStZ 2002, 131 (132); zur Vermögensteuer hingegen BVerfG v. 07.05.1968, 1 BvR 420/64, BVerfGE 23, 242 (256). 368  Dazu noch C.VII.4.d). 369  Zum Begriff der Nutzenäquivalenz Freund, FR 2019, 931 (933 f.), gleichwohl als Belastungsgrund die Kostenäquivalenz bevorzugend.

98

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

strukturleistungen in Anspruch, dies schließt diesen Zusammenhang zu den Einwohnern gleichwohl nicht aus.370 Soll die Grundsteuerbelastung für kommunale Infrastrukturleistungen innerhalb der Gemeinde anhand der Nutzungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen abgebildet werden, muss auch dies als Konsequenz des Gruppen­ äquivalenzverständnisses per se unter weitgehender Relativierung des Austauschverhältnisses geschehen, denn sowohl die Messung eines irgendwie gearteten Nutzens als auch dessen Quantifizierung entziehen sich einer punktuell bestimmbaren Messgröße. Anders als bei der sog. Kostenäquivalenz ist es jedoch in weitergehendem Maße möglich, aufgrund des Ablösens von einer Aufwandsbetrachtung hin zum Nutzen des Steuerpflichtigen an den kommunalen Leistungen eine Nähebeziehung zu konkretisieren und den Nutzen zumindest in verschiedenen Abstufungen zwischen den Steuerpflichtigen zu quantifizieren, wodurch eine Vergleichbarkeit abstrakt zumindest nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann.371 Gleichwohl werden insoweit individuelle (Nutzen-)Präferenzen nivelliert werden müssen, im grundsteuerlichen Massenverfahren wird der Gesetzgeber nur eine allenfalls (sehr) grobe Nutzenrelation abbilden können.372 Denn so ist beispielsweise der Rückschluss von Flächengrößen auf die Nutzeranzahl – zumindest lageunabhängig – wenig aussagekräftig: Die Wohnfläche pro Gemeindeeinwohner hängt nämlich in erheblichem Maße mit der Lage des Grundstücks innerhalb des Gemeindegebietes zusammen, diese wird regelmäßig mit zunehmender Entfernung vom Gemeindekern wohl zunehmen. Profiteure dieses Verständnisses sind entweder die selbstnutzenden Eigentümer oder aber die Mieter bei fremdvermietetem Wohnraum, denn über die Betriebskosten wird die Grundsteuerbelastung regelmäßig auf sie überwälzt werden.373 Bei der Interpretation als sog. Kostenäquivalenz treten weitere Gründe hinzu, die die gemeindlichen Infrastrukturaufwendungen (Kosten) als Maßstab für nicht individuell zuordenbare Grundstücke zur realitätsgerechten Abbildung öffentlicher Lasten schon per se nur bedingt tauglich erscheinen lassen374: Dies liegt vor allem darin begründet, dass eine Quantifizierung der Aufwendungen/Kosten mangels des konkreten Gegenleistungsbezuges

370  Gleicher

Ansicht Schulte, Kommunale Einkommensbesteuerung, S. 133 f. diesen Vorteil gegenüber der Kostenäquivalenz Hey, FS Lang, 133 (144). 372  Zu dem Typisierungserfordernis Hey, FS Lang, 133 (147). 373  Zum Adressatenkreis der Nutzenäquivalenz Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 20. 374  Ebenso Seer, DB 2018, 1488 (1492); Löhr, BB 2020, 1687 (1688); a. A. aus ökonomischer Sicht Bizer/Lang, Bodenflächen, S. 22 f. 371  Für



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen99

schwer bis unmöglich ist.375 Primär angesprochen ist die Herleitung einer Belastungshöhe, die wesentlich für die Vergleichbarkeit der Steuerpflichtigen untereinander und damit eine realitätsgerechte Kosten- oder auch Nutzenäquivalenz ist.376 Dies betrifft im Rahmen der Bemessungsgrundlage vor allem die sog. Äquivalenzzahlen der wertunabhängigen Flächenmodelle und deren Relation sowie die sog. Lagefaktoren und dort deren gedämpfte Wirkung, die eine regressive Belastungswirkung und damit Belastungsverschiebung zwischen den Steuerpflichtigen hervorruft.377 Hinzu kommt bezüglich der Belastungshöhe außerdem, dass auch bei äquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung verfassungsrechtliche Belastungsgrenzen durch Art. 14 GG statuiert werden, mit denen wertunabhängige Grundsteuermodelle – jedenfalls ohne Lagefaktor – konzeptionell in einen Konflikt geraten können.378 Eine als Kostenäquivalenz begründete Belastungsentscheidung sieht sich daher bereits unter beiden Gesichtspunkten nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Risiken ausgesetzt.379 Für ein sog. Nutzenäquivalenzverständnis bedeutet dies, dass der Gesetzgeber den typisierten Nutzen des Steuerpflichtigen realitätsgerecht sowohl entweder in einem wertabhängigen (Baden-Württemberg) oder aber wertunabhängigen Modell (Hessen und Niedersachsen) ausdrücken können muss.380 Hieran schließt sich die Frage an, welche Parameter hierfür zur Anwendung gelangen sollen. In Betracht kommen entweder (Grundstücks- und Gebäude-)Flächen wie in den wertunabhängigen Grundsteuermodellen oder wertabhängige Bodenrichtwerte wie in Baden-Württemberg. Gelingen muss es deshalb im baden-württembergischen Grundsteuergesetz, in dem als Bemessungsgrundlage auf die Bodenrichtwerte und die Fläche der (fiktiv) unbebauten Grundstücke zurückgegriffen wird, eine Verknüpfung – neben dem Leistungsfähigkeitsprinzip – mit einer sog. Nutzenäquivalenzinterpretation willkürfrei herzustellen.381 Dies erfordert in Ansehung des Äquivalenzprinzips eine Begründung, weshalb sich im Wert des jeweiligen Grundstücks 375  Hey, FS Lang, 133 (144); siehe zu diesem Problem mit Blick auf die Recht­ fertigung quantitativer Ungleichbehandlungen auf Ausgestaltungsebene B.IV.4.d)aa) bis cc). 376  Gleicher Ansicht Hey, FS Lang, 133 (144). 377  Zur Willkürlichkeit der Bemessungsgrundlage der Flächen-Modelle und Flächen-Lage-Modelle eingehend B.IV.3.f)ee) und ff). 378  Eingehend dazu B.IV.5.c)bb)(2). 379  Grundsätzlich ablehnend daher schon Löhr, BB 2020, 1687 (1688); Seer, DB 2018, 1488 (1492); T.  Schmidt, DStR 2020, 249 (252 f.); Hey, StuW 2002, 314 (319). 380  Zu den individuellen Belastungsentscheidungen der Landesgesetzgeber unter B.IV.3.e). 381  Zu dieser einzigartigen Doppelbelastungsentscheidung B.IV.3.e)aa).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

zugleich bessere Möglichkeiten zur Inanspruchnahme kommunaler Leistungen spiegeln lassen, die deshalb zu einem höheren Grundstückswert führen und damit eine höhere Belastung in Abhängigkeit der Grundstückslage rechtfertigen.382 Sähe man den persönlichen Nutzen des Steuerpflichtigen in den Bodenpreisen als hinreichend gespiegelt, wäre die Herausnahme der Immobilie aus der Bewertung äquivalenztheoretisch sachgerecht begründet.383 Bei den wertunabhängigen Modellen, die auf einer Kostenäquivalenzinterpretation fußen, bedeutet dies: Soll also – wie in Bayern und Hamburg – an reine physische Flächenmerkmale ohne Lagefaktor angeknüpft werden, muss sich ein Zusammenhang von Grundstücksgröße und Aufwand für die Bereitstellung kommunaler Infrastruktur sachgerecht ableiten lassen. Die Landesgesetzgeber unterstellen dabei typisierend, dass zwei Grundstückseigentümer bei gleicher Grundstücks- sowie Gebäudefläche – unter vollständiger Ausblendung von Lage und Nutzungsart, Alter etc. – in gleichem Maße kommunalen Aufwand verursachen, schon weil die Grundstücke identisch groß sind. Insofern verwundert es aber nicht, dass Bayern und Hamburg nicht auf eine Interpretation im Sinne der Nutzenäquivalenz abstellen: Denn es würde den jeweiligen Landesgesetzgebern erhebliche Schwierigkeiten bereiten, ohne Verwendung eines Lagefaktors eine hierauf basierende willkürfreie Bemessungsgrundlage zu schaffen, denn die Lage des Grundstücks ist in erheblichem Maße dafür verantwortlich, in welchem Umfang die Möglichkeit zur Nutzung kommunaler (Infrastruktur-)Leistungen besteht, befinden sich diese doch gerade typischerweise in Zentrumsnähe und nehmen in Randgebieten stärker ab.384 Der Gesetzgeber ist jedoch dazu verpflichtet, bei seinen Typisierungen den Durchschnittsfall vor Augen zu behalten. Eine Gleichbehandlung von innenstadtnahen und zentrumsfernen Grundstücken bei gleicher Größe muss sich regelmäßig schon aus diesem Grund als willkürlich erweisen.385 Entscheidend für die „Flächen-Lage-Modelle“ Hessens und Niedersachsens wird deshalb sein, inwiefern dieser Mangel durch einen (sehr pauschalen) Lagefaktor kompensiert werden kann. Gerade für die reinen wertunabhängigen Grundsteuermodelle Bayerns und Hamburgs kommt erschwerend hinzu, dass die bereits bezüglich deren kostenäquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung bestehenden verfassungsrechtlichen Zweifel auf die willkürfreie Ableitung der Bemessungsgrundlage fortwirken werden.

382  Ebenso Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 82; Seer, DB 2018, 1488 (1492 f.). 383  So Marx/Hartwig, DStZ 2015, 703 (708). 384  T. Schmidt, DStR 2020, 249 (253). 385  Gleicher Ansicht T. Schmidt, DStR 2020, 249 (252); einen solchen Zusammenhang ebenfalls ablehnend Seer, DB 2018, 1488 (1492 f.).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen101

cc) Willkürfreie Verknüpfung von Leistungsfähigkeitsprinzip mit wertunabhängigem Flächenmodell ohne Lagefaktor unmöglich Eine willkürfreie Verknüpfung einer objektiviert leistungsfähigkeitsorientierten Belastungsentscheidung mit einer wertunabhängigen Bemessungsgrundlage, die lediglich an physische Flächengrößen anknüpft, wäre per se nicht gleichheitssatzkonform abzubilden. Dies liegt darin begründet, dass eine realitätsgerechte Relation der verschiedenen Wirtschaftsgüter zueinander bei einem wertunabhängigem Flächenmodell anhand des objektiven Leistungsfähigkeitsprinzips, welches die (Soll-)Ertragsfähigkeit des Grundbe­ sitzes abbilden können müsste, nicht hergestellt werden kann: Denn eine Flächensteuer behandelt zwei Grundstücke schon immer bei identischer Fläche gleich, weshalb sich eine Verknüpfung von leistungsfähigkeitsorientierter Belastungsentscheidung mit der Bemessungsgrundlage (Fläche des Grund und Bodens und der Gebäude sowie der Äquivalenzziffern) nur dann über das Leistungsfähigkeitsprinzip begründen ließe, wenn lageunabhängig die Sollertragsfähigkeit größerer Grundstücke gegenüber kleineren Grundstücken im typischen Fall auch größer wäre, damit zugleich Grundstücke bei identischer Größe innerhalb des Gemeindegebietes eine zumindest ähnliche Soll­ ertragskraft aufweisen würden.386 Diese Unterstellung müsste sich jedoch als willkürlich erweisen, denn dabei würden sämtliche Aspekte unberücksichtigt bleiben, die für die Ertragsfähigkeit eines Grundstücks wesentlich sind: So hängt die Grundstücks- und Gebäude- bzw. Wohnungsgröße von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab, insbesondere sind größere Grundstücke und damit die Gebäude in zentralerer Lage innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes vorwiegend die Ausnahme. Für die Ertragsfähigkeit besteht deshalb immer eine erhebliche Lagebeeinflussung, die in einem reinen Flächenmodell ohne Lagefaktor vollständig ausgeblendet wird.387 Konsequenz wäre eine gesteigerte Grundsteuerbelastung des typischerweise weniger ertragsreichen Grundbesitzes in Randlagen. Dabei kann es jedoch nicht auf einen Vergleich der Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Grundstücke zwischen den Gemeinden ankommen, denn die finale Grundsteuergesamtbelastung als Äquivalent kommunaler Leistungen bestimmt sich erst durch den kommunalen Hebesatz.388 Gleichzeitig ohne Einfluss bleiben müssen die wertbeeinflussenden Gebäudefaktoren, wie das Alter des Gebäudes sowie dessen Beschaffenheit, die grundsätzlich ebenfalls 386  So

auch Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 40. IFSt Schrift 526, S. 40. 388  A. A. in Ansehung der Äquivalenzzahlrelation wohl Löhr, BB 2022, 87 (90 f.), dem es auch auf die Vergleichbarkeit zwischen den Kommunen innerhalb desselben Landes anzukommen scheint. 387  Scheffler/Roith,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

die (Soll-)Ertragsfähigkeit beeinflussen.389 Das Ausblenden des Wertbezuges insgesamt und der Grundstückslage im Speziellen lässt gerade wesentliche wertbildende Faktoren unberücksichtigt, die den typisierten Sollertrag des Grundstücks jedoch in erheblichem Maße beeinflussen. Konsequenz aus der Vernachlässigung des Lageaspektes ist, dass eine höhere typisierte Leistungsfähigkeit nicht zu einer höheren Grundsteuerbelastung führt, sondern bei Grundstücken in zentraler Lage gerade in Relation zu Grundstücken in zentrumsferner Lage zu einer anteilig niedrigeren Grundsteuergesamtbelastung.390 Grundstücke in schlechteren Lagen zeichnen sich nämlich bei gleicher Größe typischerweise durch einen niedrigeren Verkehrswert aus, würden aber gleichzeitig in Ansehung des Grundsteuerwertes stärker mit Grundsteuer belastet als solche Grundstücke in besserer Lage und regelmäßig höherem Verkehrswert.391 Vollkommen zu Recht wird deshalb darauf hingewiesen, dass ein reines Flächenmodell degressive Wirkungen erzeugt und damit einer leistungsfähigkeitsorientierten Besteuerung zuwider läuft.392 Ein solches Flächenmodell ohne Lagefaktor könnte sich nicht willkürfrei auf das Leistungsfähigkeitsprinzip stützen lassen.393 dd) Realitätsgerechte Wert- und Nutzenrelation im baden-württembergischen Grundsteuergesetz (BWGrStG) Die „Doppelbelastungsgrundentscheidung“ des Landesgesetzgebers in Ansehung des Steuergegenstandes des Grundvermögens ist nur dann verfassungskonform, wenn beide Belastungsgründe, sowohl Leistungsfähigkeitsprinzip als auch das (gruppenbezogene) Nutzenäquivalenzprinzip, willkürfrei Ausdruck in der Bemessungsgrundlage in Gestalt der reinen Bodenbewertung anhand der Multiplikation der Fläche des Grundstücks mit dem jeweiligen Bodenrichtwert der Bodenrichtwertzone (vgl. § 38 BWGrStG) gefunden haben. Dies erfordert eine willkürfreie Begründung der Beschränkung auf den Grund und Boden als Steuergegenstand. Denn der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner (grund-)steuerspezifischen Ausprägung gibt DStR 2020, 249 (251). T.  Schmidt, DStR 2020, 249 (251 f.); zustimmend mit Belastungsrechnungen Löhr, BB 2019, 2589 (2590 f.); zuvor schon Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (284); dazu zudem Bach/Eichfelder, DStR 2021, 2938 (2942). 391  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 84. 392  T. Schmidt, DStR 2020, 249 (252); Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 3, Rn. 147.3 (Stand: 11/2022). 393  Zustimmend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 84; schon vor der Grundsteuerreform wurde ein (wertunabhängiges) Flächenmodell als Ausfluss des Äquivalenzprinzips verstanden, siehe beispielhaft Becker, BB 2011, 535 (537). 389  T. Schmidt, 390  Eingehend



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen103

gerade vor, dass es dem Gesetzgeber willkürfrei gelingen muss, die in dem Bodenwertmodell in § 38 BWGrStG damit angelegte Gleichbehandlung von unbebauten und bebauten Grundstücken durch einen sachlichen Grund zu rechtfertigen. Insbesondere bedarf es einer solchen Rechtfertigung, primär sodann mit Blick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip gerade deshalb, weil die (Soll-)Ertragsfähigkeit bebauter Grundstücke grundsätzlich (wohl) höher ist als diejenige der unbebauten Grundstücke.394 Daneben geht der Gesetzgeber in Ansehung des Äquivalenzprinzips davon aus, dass sich die Ertragsfähigkeit im kommunalen Nutzen des Steuerpflichtigen spiegeln lasse. Verfassungsrechtlich entscheidend ist insoweit ebenfalls die willkürfreie Begründung, weshalb der Gesetzgeber davon ausgehen darf, zwei Grundstückseigentümer jeweils eines bebauten und eines unbebauten Grundstücks seien nicht nur bereits gleich leistungsfähig, sondern sollen zudem identischen Nutzen von kommunaler Infrastruktur innehaben, wenn und weil ihre Grundstücke eine identische Lage im Gemeindegebiet – immer bezogen auf die gesamte Bodenrichtwertzone395 – aufweisen. Hierzu verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch nicht, sodass für die Zulässigkeit der Verknüpfung dieser „Doppelbelastungsentscheidung“ mit der Bemessungsgrundlage entscheidend ist, dass sich für beide Belastungsgründe hinreichende Argumente finden lassen, weshalb eine realitätsgerechte Wert- und Nutzenrelation der Grundstücke konzeptionell durch die Bemessungsgrundlage des § 38 BWGrStG gewährleistet werden kann.396 Aufgrund der durch den Gesetzgeber gewählten „Doppelbelastungsentscheidung“ muss diesem Erfordernis jedoch für beide Belastungsgründe gleichermaßen genügt werden, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip als vom Gesetzgeber primär herangezogenen Belastungsgrund397 ist dies sogar noch von gesteigerter Bedeutung, soll dies die tragende Säule des Gesamtgrundsteuerkonzeptes sein.

394  Treffend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 119; dazu auch Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 82. 395  Zur Rechtfertigung dieser durch § 38 BWGrStG erzeugten Ungleichbehandlungen eingehend unter C.V.2.e)bb). 396  Die fehlende Benennung von Sachgründen führt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht bereits zur Verfassungswidrigkeit, dazu BVerfG v. 19.12.2012, 1 BvL 18/11, BVerfGE 133, 1 (14) m. w. N.; ferner sieht es das Bundesverfassungsgericht als zulässig an, einen durch den Gesetzgeber untauglichen Rechtfertigungsgrund durch einen zulässigen zu ersetzen, dazu nur BVerfG v. 20.03.1979, 1 BvR 111/74, BVerfGE 51, 1 (26 f.). 397  BWLT-Drs. 16/8907, 52 f.: „Somit beruht die Belastungsentscheidung für die Grundsteuer zuvorderst zwar auf dem Äquivalenzgedanken, daneben aber auch auf dem Gedanken der Leistungsfähigkeit“.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(1) Willkürfreie Nutzenäquivalenzabbildung ohne Gebäudekomponente? Für eine nutzenäquivalenztheoretische Belastungsgrundentscheidung unter Ausblendung der Gebäudekomponente wird zugunsten des baden-württembergischen Gesetzgebers erstens angeführt, dass der Gebäudewert regelmäßig in nicht unerheblichem Maße von den Investitionsmaßnahmen des jeweiligen Grundstückseigentümers abhänge und deshalb in Relation zum Grund und Boden dieser über die Bodenrichtwerte den Nutzen des Steuerpflichtigen hinreichend sachgerecht abbilden könne, denn diese seien hiervon entkoppelt.398 Der Gebäudebestand ist nämlich – anders als der Bodenbestand – nicht konstant vorhanden. Die Bebauung des Grundstücks und auch die Investitionen in den Gebäudebestand hängen immer auch von der durch den Eigentümer erzielbaren Rendite ab. Eine Steuer, die auch den Gebäudebestand erfasst, verringert denklogisch dabei den Barwert der Investition und bei einer zu geringen Renditeerwartung werden die Eigentümer ihr Kapital anderweitig investieren. Die Entwicklung der Immobilienpreise sei zweitens regelmäßig maßgeblich zuvorderst auf steigende Bodenpreise zurückzuführen, die wiederum wesentlich auf den öffentlichen Investitionen beruhten, die sich in den ört­ lichen Infrastrukturgegebenheiten widerspiegeln.399 Ein höherer Bodenrichtwert sei zugleich Ausdruck einer höheren Kaufpreiszahlungsbereitschaft und damit eines höheren Nutzens des jeweiligen Grundstückseigentümers.400 Gleichzeitig sei die Grundstückslage – und zwar ebenfalls unabhängig vom aufstehenden Gebäude – maßgeblich für den Zugang zu – und damit zeitgleich dem Nutzen von – diesen kommunalen (Infrastruktur-)Leistungen: Denn viele solcher Leistungen werden häufiger und/oder umfangreicher im Stadtzentrum angeboten, wohingegen die Angebotsdichte regelmäßig umso geringer wird, je zentrumsferner das Grundstück belegen ist.401 Bodenrichtwerte seien deshalb grundsätzlich geeignet, aufgrund ihrer typischerweise gleichzeitigen Wertabnahme, je weiter außerhalb das Grundstück belegen ist, auch den Nutzen des Grundstückseigentümers mit Blick auf diese kommuna-

398  Für eine derartige Begründung insbesondere Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 37; Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (540); Löhr, BB 2016, 2075 (2078); Löhr/ Kriese, Der Gemeindehaushalt 2019, 76 (78). 399  Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 37; ebenso Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (539); Löhr/Kriese, Der Gemeindehaushalt 2019, 76 (78); Josten, Die Bodenwertsteuer, S. 32. 400  Lemmer, Grundsteuer, S. 71 f. 401  Büttner/Zimmermann, WD 2020, 380 (381), zugleich zu anderen Einflussfaktoren auf die Grundstückspreisentwicklung.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen105

len (Infrastruktur-)Leistungen typisiert widerzuspiegeln.402 Die Bebauung sei für diesen Zusammenhang ohne wesentlichen Belang, die Ausblendung daher nicht willkürlich.403 Wertveränderungen des Grund und Bodens folgen auch aus Änderungen der Zulässigkeit der konkreten Bebauung, rückzuführen beispielsweise auf eine Bebauungsplanänderung und damit geht eine Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückseigentümers einher.404 Dass die Vernachlässigung der Gebäudekomponente bei der Bewertung voraussichtlich zu einer geringeren Steuerakzeptanz führen wird, weil zwei Grundstücke schon dann identisch bewertet werden, wenn sie nur die gleiche Grundstücksgröße aufweisen, ist für eine verfassungsrechtliche Analyse hingegen ohne Belang und allenfalls rechtspolitisch besonders begründungsbedürftig.405 Im Ergebnis bestehen sachliche Gründe, die eine Vernachlässigung des Gebäudes bei der Bewertung der Grundstücke im Rahmen einer Bodenwertsteuer rechtfertigen können, sodass zunächst nutzenäquivalenztheoretisch die Außerachtlassung des Gebäudewertes nicht als willkürlich einzuordnen und damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Es besteht ein hinreichender sachlicher Zusammenhang zwischen der Heranziehung der Bodenrichtwerte und dem Nutzen aus kommunalen Leistungen der Gemeinde, der selbst bei einem einheitlichen Hebesatz eine hinreichende Differenzierung ermöglichen kann.406 (2) W  illkürfreie Abbildung des Leistungsfähigkeitsprinzips trotz Ausblendung der Gebäudekomponente? Mit Blick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip löst eine „Nur-Boden-Bewertung“ einen in Relation zum Äquivalenzprinzip erhöhten Begründungsaufwand aus, denn bebaute Grundstücke werden im typischen Fall eine höhere Ertragsfähigkeit als unbebaute Grundstücke aufweisen. Dies ist einer der 402  Seer, DB 2018, 1488 (1493); Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (539); Löhr, BB 2020, 1687 (1690): „Tatsächlich gibt es keinen besseren Indikator für den Nutzen aus der quantitativen und qualitativen Ausstattung mit öffentlicher Infrastruktur als den Bodenwert […]“; zuvor auch dazu schon Thöne, in: Lange (Hrsg.), Reform der Gemeindesteuern, 173 (187 f.). 403  Seer, DB 2018, 1488 (1493); Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.38. 404  Lemmer, Grundsteuer, S. 76 f. 405  Zu dieser Kritik Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 38. 406  Ebenso Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (539): „Das zugrundeliegende Belastungsprinzip [einer Bodenwertsteuer] ist das der Nutzenäquivalenz, das auch mit dem steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzip als bereichsspezifischer Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kompatibel ist“.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

wesentlichen Gründe, weshalb ein den Gebäudewert vernachlässigendes verkehrswertorientiertes Grundsteuermodell teilweise als verfassungswidrig angesehen wird.407 Dem sind allerdings zwei wesentliche Aspekte entgegenzuhalten: Erstens, dem Gesetzgeber steht ein weitreichender Gestaltungsspielraum auch bezüglich der Konkretisierung des Steuergegenstandes zu, der nur mit einer bloßen Willkürprüfung korrespondiert. Weil es den Landesgesetzgebern nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG gerade freisteht, nur an den Grund und Boden anzuknüpfen, muss es für die Ausübung dieses Gestaltungsspielraums im Rahmen der Abbildung des Belastungsgrundes in der Bemessungsgrundlage ausreichen, wenn sich mit Blick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip für die Vernachlässigung des Gebäudewerts und damit den Rückgriff auf den Boden (irgend-)ein sachlicher Grund anführen lässt. Anderenfalls würde dieser Abweichungsspielraum der Landesgesetzgeber gleichsam negiert und damit die Wahlfreiheit von vornherein zwingend auf einen Rückgriff auf Grund und Boden mitsamt Gebäudekomponente beschränkt.408 Dies entbindet sodann unter Folgerichtigkeitsaspekten auf der nächsten Prüfungsebene gerade nicht von verfassungsrechtlicher Prüfung, ist doch anschließend ein verfassungsrechtliches „Korsett“ vorhanden, an welchem sich der Gesetzgeber im Rahmen der Ausgestaltung gleichwohl festhalten lassen muss. Ausreichend muss deshalb zweitens sein, dass der (jeweilige) Bodenrichtwert – neben der Abbildung der Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastruktur der Steuerpflichtigen, die nachweisbar ist und im Rahmen dieser Gesamtwürdigung aufgrund der vorrangigen Heranziehung des Äquivalenzgedankens sogar entscheidender sein dürfte – auch die Ertragsfähigkeit des Grundstücks widerspiegeln kann und damit Ausdruck eines objektivierten Leistungsfähigkeitsprinzips ist. Hierfür wird vor allem vorgebracht, dass die Bodenrichtwerte neben dem Nutzen auch Art und Maß der baulichen Nutzung widerspiegeln.409 So führen Änderungen der Bebauungsmöglichkeiten regelmäßig zu Wertveränderungen des Grund und Bodens, weil hierdurch die zukünftig erwartbaren Erträge entsprechenden Veränderungen unterliegen.410 Bodenrichtwerte sollen regelmäßig steigen, wenn eine intensivere Nutzung des Grundstücks (schon) möglich ist, daher sei der Bodenrichtwert (auch) von den planerischen Möglichkeiten für das Grundstück beein407  So insbesondere G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1080); Ronnecker, ZKF 2018, 49 (50 f.). 408  Zutreffend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 119; für die gleichheitsrechtliche Zulässigkeit einer reinen Bodenwertsteuer zuvor schon Drosdzol, DStZ 1994, 205 (207). 409  Kriese/Löhr, WuM 2018, 321 (322); Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.38. 410  Lemmer, Grundsteuer, S. 76 f.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen107

flusst.411 Somit wird über die Bodenrichtwerte jedenfalls mittelbar die Art und der Umfang einer möglichen Bebauung abgebildet, die für die (Soll-) Ertragsfähigkeit des Grundstücks von Bedeutung sind und zugleich eine Differenzierungswirkung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken erreicht.412 Dem steht auch nicht entgegen, dass bei mehreren Wohnungseigentümern auf einem Grundstück die Gesamtbelastung entsprechend aufgeteilt wird, denn gleichzeitig besteht dann auch nur eine anteilige Inanspruchnahme der kommunalen Leistungen und eine anteilige Ertragsfähigkeit.413 Ob diese in den Bodenrichtwerten gespiegelte typische Ertragserwartung tatsächlich ausgenutzt wird, liegt sodann – wie es in einem Sollertragskonzept typisch ist – in der Sphäre des Grundstückseigentümers. Die höhere Grundsteuerbelastung unbebauter Grundstücke in Relation zu den bebauten Grundstücken ist somit gleichzeitig Ausdruck des sog. Sollertragsteuergedankens, bei dem es gerade (nur) auf die (typisierte) Ertrags­ fähigkeit ankommt.414 Auch die leistungsfähigkeitsorientierte Belastungsentscheidung des Landesgesetzgebers wird damit in der Bemessungsgrundlage ausreichend sichtbar. (3) M  ittelbares Vergleichswertverfahren als zur Umsetzung der Bemessungsgrundlage sachgerechtes Bewertungsverfahren Dieser generelle Rückgriff auf die Bodenrichtwerte geht – wie auch beim Bundesmodell für die Bewertung der unbebauten Grundstücke nach § 247 BewG – mit der Anwendung eines sog. (mittelbaren) Vergleichswertverfahrens einher und ermöglicht für tatsächlich und fiktiv unbebaute Grundstücke eine verkehrswertorientierte Grundsteuerwertermittlung und ist daher insoweit mit Blick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip verfassungsrechtlich unbedenklich.415 Auch die Interpretation im Sinne einer Nutzenäquivalenz unter Verknüpfung mit einer wertbasierten Bemessungsgrundlage kann durch Rückgriff auf die Bodenrichtwerte sachgerecht umgesetzt werden. Bei der Bewertung (fiktiv) unbebauter Grundstücke kommt dem Vergleichswertverfahren außersteuerrechtlich eine Vorrangfunktion zu, sodass dessen AnwenDStR 2021, 2938 (2942). Ergebnis Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 68. 413  Ronnecker, ZKF 2018, 49 (50 f.). 414  Seer, DB 2018, 1488 (1493); Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.38; a. A. Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (310): „[…] kommt es unter dem Blickwinkel des Äquivalenzprinzips zu systemindizierten Verzerrungen in der Bemessungsgrundlage, die den Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen können“. 415  Dazu auf Bundesebene noch eingehend unter C.III.2. 411  Bach/Eichfelder, 412  Im

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

dung zur Erfassung der Bemessungsgrundlage ebenfalls als sachgerecht zu qualifizieren ist.416 (4) Resümee Damit lässt sich die Bemessungsgrundlage im baden-württembergischen Landesgrundsteuergesetz und deren abstrakte Ausgestaltung in § 38 BWGrStG hinreichend auf beide Belastungsbegründungen (Nutzenäquivalenz und Leistungsfähigkeitsprinzip) zurückführen. Dies verdeutlicht zugleich nochmals die bereits im Grundlagenteil gewonnene Erkenntnis417, wonach es dem Gesetzgeber gleichheitsrechtlich nicht verwehrt sein kann, mehrere Belastungsbegründungsansätze zu wählen, sofern die willkürfreie Anknüpfung in der Bemessungsgrundlage im jeweiligen Grundsteuermodell gelingt. Die Bemessungsgrundlage und deren Ausgestaltung ist prinzipiell geeignet, die beiden Belastungsentscheidungen willkürfrei abzubilden.418 ee) Realitätsgerechte Kostenrelation im bayerischen und hamburgischen wertunabhängigen Flächenmodell? Der bayerische sowie der hamburgische Gesetzgeber versuchen eine willkürfreie Verknüpfung eines sog. (gruppenbezogenen) Kostenäquivalenz­ verständnisses mit einer wertunabhängigen (Flächen-)Bemessungsgrundlage herzustellen, die die sog. Äquivalenzbeträge anhand von Äquivalenzziffern (Art. 3 BayGrStG; § 3 HmbGrStG) sowie der Fläche des Grund und Bodens als auch der Gebäudeflächen (Art. 1 Abs. 3 BayGrStG, § 1 Abs. 3 HmbGrStG) ermittelt. Unterstellt wird aufgrund der kostenäquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung, dass das jeweilige Grundstück für die Gemeinde Kosten verursache und diese Kosten sich über den Grund und Boden und das Gebäude einerseits sowie die auf deren Flächengrößen angewandten Äquivalenzziffern andererseits typisierend realitätsgerecht zwischen den Grundstücken der Steuerpflichtigen abbilden ließen. Realitätsgerechte Kostenäquivalenz erfordert dann aber, dass je größer die Fläche des Grund und Bodens einerseits sowie des darauf errichteten Gebäudes andererseits ist, desto höher die Kosten für die jeweilige Gemeinde typischerweise sein müssten und dass ein solcher Zusammenhang sachgerecht durch den Gesetz416  Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Syst. Darst. Vergleichswertverfahren Rn. 5; Bischoff, DS 2022, 59 (68). 417  B.IV.3.d). 418  Daran zweifelnd unter anderem Grootens, ErbStB 2021, 80 (81); von der Verfassungswidrigkeit überzeugt G. Kirchhof, DB 2020, 2600 (2602 f.); Beck, DS 2019, 48 (53).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen109

geber begründet wird oder sich zumindest allgemein – auch der Höhe nach – begründen lässt.419 Für die Einbeziehung der Gebäudekomponente mit ihren jeweiligen (Nutzund Wohn-)Flächen in die Bemessungsgrundlage führen die Landesgesetzgeber an, dies sei sachgerecht, weil die Inanspruchnahme kommunaler Leistungen durch die jeweiligen Gemeindeeinwohner erfolge und kommunale Leistungen daher immer auch personen- und damit gebäudebezogen erbracht würden.420 Gemeint sein kann zunächst überhaupt nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme. Hiergegen wird insbesondere eingewandt, dass ein Großteil öffentlicher Infrastrukturkosten sog. Vorhaltekosten seien, die unabhängig von der Bebauung anfielen, sodass eine etwaige Bebauung die aus der Gebäudeflächeneinbeziehung resultierende Mehrbelastung für die jeweiligen Steuerpflichtigen nicht rechtfertigen würde.421 Solche Kosten, die in Relation zur Grundstücksfläche stehen (zuvorderst Kosten für die Erschließung, Entwässerung, Straßenbau oder Winterdienste), werden bereits über Beiträge und Gebühren erfasst und die darüber hinausgehenden Kosten, die die Landesgesetzgeber laut der Gesetzesbegründung erfassen wollen (genannt werden insbesondere Brandschutz, Kinderbetreuung und Spielplätze, kulturelle Einrichtungen und Ausgaben zugunsten der Wirtschaftsförderung422), stehen in keinem besonderen Zusammenhang zur Grundstücksfläche. Insofern ist es deshalb problematisch, dass eine größere Wohnfläche typischerweise Indikator für eine größere Bewohneranzahl und dadurch höhere Kosten sein soll. Dies erscheint jedenfalls bei vollständiger Lageausblendung keineswegs zwingend, denn gerade im Vergleich zum Stadtrand werden sich auch insoweit erhebliche Unterschiede festmachen lassen.423 Denn typischerweise werden in Zentrumsnähe pro Quadratmeter mehr Personen leben als in kommunaler Randlage, die gemeindliche Kostenverursachung für die – auch oben vom Gesetzgeber beispielhaft genannten – Leistungen hängen dann aber gerade auch von der jeweiligen Bewohneranzahl ab. Noch problematischer ist die Anwendung der sog. Äquivalenzzahlen. Beide Gesetzgeber müssen erklären können, weshalb die gewählten Äquivalenzziffern (0,04 €/qm für die Grundstücksfläche sowie 0,50 €/qm für die Gebäudefläche) geeignet sein sollen, die gemeindlichen Kosten zwischen den Steuerpflichtigen realitätsgerecht zu verteilen. Ausführungen dazu, weshalb der Gesetzgeber gerade diese Äquivalenzziffern gewählt hat, fehlen in 419  Zu

diesem Zusammenhang T. Schmidt, DStR 2020, 249 (252). 12; HmbBü-Drs. 22/3583, 9. 421  Scheffler/Roith, IFSt Schrift 526, S. 37. 422  BYLT-Drs. 18/15755, 11; HmbBü-Drs. 22/3583, 8. 423  Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (312 f.); Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2508). 420  BYLT-Drs. 18/15755,

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

beiden Gesetzesbegründungen vollständig. In der Begründung zum bayerischen Grundsteuergesetz wird lediglich darauf hingewiesen, dass es sich um eine „reine Rechengröße zur Bestimmung der relativen Lastenverteilung zwischen dem Grund und Boden und der Gebäudefläche“ handele und sie daher keinen Wertbezug aufweisen würden.424 Es fehlt jedoch eine Begründung dafür, weshalb gerade diese Äquivalenzziffern die Kostenrelation zwischen den Grundstückseigentümern gewährleisten können sollen. Deshalb ist bereits fraglich, welche Kosten hiermit gemessen werden sollen. Dies führt zurück zu dem grundlegenden Einwand, dass sich eine konkrete Belastungshöhe in einem Kostenäquivalenzmodell kaum sachgerecht wird quantifizieren lassen. Die Äquivalenzziffern sind letztlich nur ein politisches Instrument, um zu einer gewollten Lastenverteilung zu gelangen, die gleichzeitig bei vollständigem Systemwechsel auch noch eine aufkommensneutrale Grundsteuerreform gewährleisten sollen.425 Der bayerische Gesetzgeber stellt letzteres selbst in der Gesetzesbegründung klar: „Durch die Festlegung der Höhe der Äquivalenzzahlen und der Grundsteuermesszahlen wird dazu beigetragen, dass den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet ist, dieses Aufkommen zu erhalten“.426 Der hamburgische Gesetzgeber will ebenfalls ein – in Relation zum „alten“ Verkehrswertmodell auf Bundesebene – gleichbleibendes Grundsteueraufkommen erreichen427, gleichzeitig aber einen vollständigen Systemwechsel vollziehen und dennoch sachgerecht begründen können, dass sich nunmehr eine Verknüpfung zwischen der Fläche des Grundstücks und den kommunalen Infrastrukturleistungen der Gemeinde herstellen ließe. Insofern ist jedoch eine Differenzierung geboten: Weil es bei einem Äquivalenzmodell „konzeptionelle Wesensvoraussetzung“ ist, die reinen Flächengrößen in einen Geldbetrag zu überführen, kann es nicht schon der generelle Rückgriff auf die Äquivalenzziffern sein, der zur Willkürlichkeit der Bemessungsgrundlage führt. Die abstrakte Höhe derselben ist ebenfalls nicht der Grund der Willkürlichkeit, weil Art. 3 Abs. 1 GG für ihre isolierte Höhe erst einmal ohne Belang ist. Es ist vielmehr die Nichtbegründung ihrer Relation. Solche Äquivalenzziffern sind zudem einer juristisch-normativen Letztbegründung ohnehin nicht oder zumindest kaum zugänglich. Nichtsdestotrotz kann dies den Gesetzgeber nicht von jedweder Begründungspflicht befreien: Und dies betrifft bei einem Flächenmodell folglich die Begründung, weshalb 424  BYLT-Drs. 18/15755,

17. Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 3 HmbGrStG Rn. 1; Arning, ­NdsVBl. 2022, 33 (35); an der Verfassungskonformität daher auch (zumindest) zweifelnd Sklareck, in: Stenger/Loose, HmbGrStG, Rn. 144 (Stand: 03/2022). 426  BYLT-Drs. 18/15755, 10. 427  HmbBü-Drs. 22/3583, 9. 425  Gleicher



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen111

der Gesetzgeber sachgerecht davon ausgeht, dass sich das Verhältnis von Grund und Boden zu Gebäudeflächen in seiner Kostenrelation nach einem Faktor von 12,5 bemisst. Bei einer Kostenäquivalenz würde dies bedeuten, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich die Kosten für ein unbebautes Grundstück in dieser Höhe von der Zusatzbelastung bei einem bebauten Grundstück unterscheiden. Hier dem Gesetzgeber Festlegungen „ins Blaue hinein“ und damit eine vollkommene Beliebigkeit zu gestatten, muss vielmehr seinen Einschätzungsspielraum überschreiten und daher willkürlich sein. Eine Überprüfbarkeit, inwiefern der Gesetzgeber den typischen Fall vor Augen hat, ist anderenfalls nicht gewährleistet. Allein das Ziel, ein gleichbleibendes Messbetragsvolumen bei gleichzeitig vollständigem Systemwechsel erreichen zu wollen, kann keine gleichheitsrechtlich taugliche Begründung sein. Dies gilt umso mehr, weil aufgrund der geringen Überprüfbarkeit quantitativer Belastungsgrenzen anderenfalls die Prüfung auf ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept unmöglich wäre. Es fehlt daher an einem sachlichen Grund, weshalb der hamburgische und der bayerische Gesetzgeber von einer realitätsgerechten Kostenrelation durch die gewählten Äquivalenzziffern ausgehen können. Schon deshalb muss die Verknüpfung von Belastungsentscheidung mit der Bemessungsgrundlage als willkürlich eingeordnet werden. Demzufolge verletzen die reinen wertunabhängigen Flächenmodelle insofern Art. 3 Abs. 1 GG. Nichts anderes gilt in Hamburg trotz der Konzeption als sog. Wohnlagemodell: Denn dies geht nicht mit einem Lagefaktor wie bei den „Flächen-Lage-Modellen“ einher, sondern nur mit einer Steuermesszahlreduktion aus Lenkungszwecken, die dieses Defizit auf der Bewertungsebene nicht kompensieren kann. In beiden Fällen ändert sich in der Beurteilung nichts dadurch, dass der Gesetzgeber dieses Modell erst aufgrund der Abweichungsbefugnis überhaupt schaffen konnte. Denn auch wenn diese Kompetenz in ihrer umfassenden Form eine abweichende Belastungsentscheidung ermöglicht, so reicht deren Wirkung hierüber nicht hinaus. Insbesondere wird ein wertunabhängiges Modell nicht von den gleichheitsrechtlichen Anforderungen an seine konkrete Ausgestaltung suspendiert.428 Die Gleichbehandlung aller gleichgroßen und nutzungsgleichen Grundstücke innerhalb einer Gemeinde anhand des Infrastrukturaufwands ist nicht gleichheitskonform in der Bemessungsgrundlage abgebildet worden und verletzt daher Art. 3 Abs. 1 GG.429

428  Ebenso 429  A. A. –

Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 126. jedoch ohne nähere Begründung – Bräutigam, DStR 2021, 1330 (1333).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

ff) Realitätsgerechte Nutzenrelation und Kompensation über den Lagefaktor in Niedersachsen und Hessen? (1) V  erfassungsrechtliche Mängel der reinen Flächenmodelle gelten in den „Flächen-Lage-Modellen“ fort Für das hessische und das niedersächsische Grundsteuergesetz gilt, aufgrund der (gruppenbezogenen) Nutzenäquivalenzbelastungsentscheidung, gleichheitsrechtlich das spiegelbildliche Erfordernis der Abbildung einer realitätsgerechten Nutzenrelation in der dortigen Bemessungsgrundlage, wofür sie ebenfalls – wie Bayern und Hamburg – zunächst auf physische Flächengrößen des Grund und Bodens als auch des Gebäudes und die aus den dortigen Modellen bekannten Äquivalenzzahlen zurückgreifen, diese jedoch zusätzlich um einen sog. Lagefaktor erweitern. Hessen und Niedersachsen unterstellen somit, dass zwei gleich große Grundstücke (identische Grund und Bodenfläche sowie Gebäudefläche) in gleichem Maße von den kommunalen Infrastrukturleistungen profitieren können. Ergänzt – und dies ist der wesentliche Unterschied zu den reinen Flächenmodellen – dadurch, dass die Nutzungsmöglichkeit zwischen den Grundstücken über den gedämpften (degressiven) Lagefaktor realitäts- und relationsgerecht umzusetzen sei, der die grundsätzlich gleichen Belastungen bei gleicher Größe innerhalb des Gemeindegebietes zusätzlich anhand einer bodenrichtwertabhängigen Lagedifferenzierung sachgerecht konkretisieren können soll, um so die dem reinen Flächenmodell anhaftenden Lagemängel beseitigen zu können. Ein Nutzenäquivalenzverständnis ohne Lagefaktor wäre zunächst in selbem Maße verfassungsrechtlichen Risiken ausgesetzt wie die Verknüpfung einer leistungsfähigkeitsorientierten Belastungsentscheidung mit einem wertunabhängigen Flächenmodell, denn die Größe des Grund und Bodens sowie des Gebäudes kann allenfalls einen schwach ausgeprägten Zusammenhang zu dem möglichen Nutzen des Steuerpflichtigen herstellen, sofern keine Lagedifferenzierung erfolgt, gerade weil die persönliche Inanspruchnahme kommunaler Leistungen (vor allem beispielhaft Krankenhäuser, Theater, Schulen) in erheblichem Maße von der Lage des Grundstücks innerhalb des Gemeindegebietes abhängt. Der persönliche Nutzen des Steuerpflichtigen des Grund und Bodens ist in Ballungszentren deutlich höher als in schlecht erschlossenen Randgebieten derselben Kommune. Besonders wichtige Infrastrukturleistungen befinden sich häufig zentrumsnäher, sodass die Bewohner außerhalb des Zentrums hiervon regelmäßig nicht gleichermaßen profitieren werden.430 430  Seer, DB 2018, 1488 (1492); T. Schmidt, DStR 2020, 249 (252  f.); Löhr, BB 2022, 87 (90).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen113

In großen Immobilien können darüber hinaus weniger Menschen Leben als in kleinen Gebäuden, ein Flächenmaßstab allein ist daher für die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastrukturleistungen des jeweiligen Gemeindeeinwohners nur bedingt aussagekräftig. Ein hinreichend realitätsgerechter Zusammenhang zwischen der Größe des Gebäudes und des Grund und Bodens und der Inanspruchnahmemöglichkeit/dem potentiellen Nutzen von kommunalen Infrastrukturleistungen ist daher wohl nur anzunehmen, wenn es bei einem Nutzenäquivalenzverständnis zugleich zur Berücksichtigung eines tauglichen „Lagefaktors“ kommt.431 In Ansehung der Äquivalenzzahlrelation gilt das zu den übrigen wertunabhängigen Grundsteuergesetzen Gesagte entsprechend: Es ist eine Begründung erforderlich, die eine hinreichende Plausibilitätsprüfung daraufhin zulässt, ob die in dem Äquivalenzbetrag in einem Geldbetrag ausgedrückte Nutzenrelation zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken (ebenfalls Faktor 12,5) dem typischen Fall entspricht.432 Zweifelhaft erscheint, ob die bisherige Begründung des niedersächsischen Gesetzgebers hierzu ausreichen kann: Denn dieser gesteht selbst ein, dass das Verhältnis der Äquivalenzzahlen von 0,04 und 0,5 nicht empirisch begründbar sei, sondern (nur) abbilden solle, dass ein bebautes Grundstück weitaus mehr Nutzungsmöglichkeit verkörpere als ein unbebautes Grundstück.433 Das ist zwar ein Argument für die grundsätzliche Einbeziehung der Gebäudekomponente, nicht aber für die divergierenden Äquivalenzzahlen ihrer Höhenrelation nach. Lässt sich eine Relation hier nicht empirisch begründen und ist erneut bloß politisch gewollt, so kann deren Äquivalenzmodell deshalb nicht den verfassungsrechtlichen Grundsatzanforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügen.434 Dies gilt umso mehr, wenn in kosten- als auch nutzenäquivalenztheoretischen Modellen die gleichen Äquivalenzzahlen verwendet werden. Dies würde aber voraussetzen, dass sich sowohl gemeindliche Aufwendungen als auch der jeweilige Nutzen in beiden Fällen über einheitliche Zahlen realitätsgerecht verteilen ließen. Dies erscheint jedoch bisher ebenfalls nicht hinreichend belegt.

431  Deshalb für eine Verfassungswidrigkeit des reinen Flächenmodells auf Basis eines Nutzenäquivalenzverständnisses T.  Schmidt, DStR 2020, 249 (252 f.); a.  A. G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1080 ff.), der die Verfassungsmäßigkeit eines wertunabhängigen Flächenmodells bejaht. 432  Für ein solches „Begründungserfordernis“ ebenfalls Löhr, BB 2022, 87 (90 f.). 433  NdsLT-Drs. 18/9632, 10. 434  Für ein Flächen-Lage-Modell explizit Ronnecker, ZKF 2019, 265 (267); zudem Löhr, BB 2020, 1687 (1689).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(2) G  leichheitsrechtliche „Kompensationswirkung“ durch den sog. Lagefaktor? Der Einwand der fehlenden Lagedifferenzierung bei wertunabhängigen Äquivalenzmodellen könnte möglicherweise durch den sog. Lagefaktor (vgl. § 5 NGrStG, § 7 HGrStG) kompensiert werden. Sowohl der hessische als auch der niedersächsische Landesgesetzgeber unterstellen, dass die Lage des Grundstücks innerhalb des Gemeindegebietes zu nicht unerheblichen qualitativen und quantitativen Differenzen in Ansehung der Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastruktur führt, die hierüber typisiert Berücksichtigung finden sollen. Als realitätsnah kann zunächst angenommen werden, dass sich das Angebot an kommunalen Infrastrukturleistungen zumindest teilweise in den Grundstückskaufpreisen und deshalb den Bodenrichtwerten widerspiegelt, weshalb zentrumsnahe Grundstücke typischerweise einen höheren Bodenrichtwert aufweisen als zentrumsferne Grundstücke und damit zugleich dem Befund Rechnung getragen werden kann, dass viele dieser Leistungen sich regelmäßig in Zentrumsnähe befinden.435 Die besondere Lagewertigkeit und damit eine erhöhte Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks spiegelt sich zumindest auch in den Bodenwerten wider und der Lagefaktor differenziert hierbei dergestalt, dass bei einem über dem kommunalen Durchschnitt liegenden Bodenrichtwert eine Erhöhung des Äquivalenzbetrages erfolgt, bei einem unterdurchschnittlichen Bodenwert eine Senkung. Die Differenzierungskraft ist dabei in solchen Gemeinden, die über größere Bodenrichtwertspreizungen verfügen und damit regelmäßig eine höhere Einwohnerzahl aufweisen, zugleich größer. Die Wirkkraft divergiert zudem zwischen dem niedersächsischen und dem hessischen Grundsteuergesetz: Denn während das NGrStG auf den Median abstellt (§ 5 Abs. 3 NGrStG), bezieht das HGrStG einen flächengewichteten Mittelwert ein (§ 7 Abs. 3 HGrStG). Dies bedingt, dass gerade in kleinen Gemeinden mit wenigen Bodenrichtwertzonen und/oder einer weitgehenden Identität der Bodenrichtwerte die Differenzierungskraft in deutlicherem Maße nachlässt als bei einem flächengewichteten Mittelwert. Zudem nimmt die Wirkung über den auf dieses Verhältnis anzuwendenden Exponenten deutlich ab. Zwar enthalten die Bodenrichtwerte zugleich Wertkomponenten, das Flächen-Faktor-Modell wird aufgrund dieses bestehenden Zusammenhangs

435  Für Bodenrichtwerte als Indiz für den Zugang zu kommunalen Leistungen und das Ausmaß möglicher Inanspruchnahme Hubert, StuB 2020, 552 (556); Freund, FR 2019, 931 (938); Seer, DB 2018, 1488 (1493).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen115

mit der Nutzenäquivalenz gleichwohl nicht automatisch zu einem „Misch­ modell“.436 Verfassungsrechtliche Zweifel verbleiben aus zwei wesentlichen Gründen: Einerseits aufgrund der Pauschalität des Lagefaktors und andererseits seiner Dämpfung und damit degressiven Wirkung.437 Ersteres ist jedoch in einem Äquivalenzmodell in weitergehendem Maße hinnehmbar. Diese Pauschalität resultiert unter anderem daraus, dass der durchschnittliche Bodenwert für das gesamte Gemeindegebiet ermittelt wird. In Niedersachsen wird wegen § 5 Abs. 3 S. 5 GrStG ferner nur ein Bodenrichtwert über alle Nutzungen hinweg gebildet, obwohl die jeweiligen Bodenrichtwertzonen – gerade in Städten typischerweise – unterschiedliche Bebauungsstrukturen aufweisen.438 Denn § 5 Abs. 3 S. 5 NGrStG ordnet an, dass für Wohnbauflächen, gewerbliche Bauflächen, gemischte Bauflächen und Sonderbauflächen der Gemeinde nach Anlage 1 der BRW-RL ein Durchschnittsbodenrichtwert gebildet wird, der nach S. 3 sich als Median aller dieser Bodenrichtwerte ergibt. Sofern sich Bodenrichtwertzonen überlagern, ist stets der niedrigste Bodenwert in die Ermittlung einzubeziehen. Maßgeblich bleibt somit ebenfalls ein Zonenwert, sodass grundstücksindividuelle Besonderheiten nicht zu berücksichtigen sind, und es ist immer nur der ermittelte Bodenrichtwert auf den jeweiligen ­Ermittlungsstichtag alle 7 Jahre (§ 5 Abs. 4 S. 5 NGrStG) von Belang. Der Bodenrichtwert ist zudem nicht nur Lageindikator: Gerade die Ausnutzbarkeit des jeweiligen Grundstücks hat Einfluss auf den Bodenrichtwert. Dieser Befund führt dazu, dass eine höhere Bebauungsdichte in Relation zu einer geringeren Bebauungsdichte zu einer erhöhten Grundsteuerbelastung führt, die jedenfalls nur so lange gerechtfertigt werden kann, wie sich dies regelmäßig zugleich aufgrund der besseren Lage einstellt, weil die Flächen in Zentrumsnähe oftmals kleiner sind. In Hessen setzt der Gesetzgeber darüber hinaus sogar darauf, die Lagefaktoren nur alle 14 Jahre – und nicht wie bei § 221 BewG auf Bundesebene im 7-Jahres-Turnus – zu aktualisieren (§ 8 Abs. 1 HGrStG). Auch der flächengewichtete Mittelwert wird über sämtliche Nutzungsarten hinweg ermittelt (vgl. § 7 Abs. 3 HGrStG).

436  Davon gehen die Landesgesetzgeber aus, vgl. NdsLT-Drs. 18/8995, 13 sowie HLT-Drs. 20/6379, 13; ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 89; Schulze/Mandler/Zochert, in: Stenger/Loose, HGrStG Rn. 36 (Stand: 05/2022); Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (315); a.  A. Löhr, BB 2020, 1687 (1690); Ronnecker, ZKF 2019, 265 (267 f., 271 f.); Arning, NdsVBl. 2022, 33 (38). 437  Zweifelnd aufgrund der Pauschalität sowohl Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 127; als auch Krause, in: Stenger/Loose, NGrStG Rn. 46 (Stand: 11/2021); siehe zur Dämpfung zudem die grafische Darstellung in A 5 Abs. 4 AENGrStG. 438  Ronnecker, ZKF 2019, 265 (268 f.).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Besonders zu hinterfragen ist erneut der auf dieses Verhältnis anzuwendende Exponent in Höhe von 0,3, der den Belastungskorridor nicht unerheblich „zusammenstaucht“. Denn eine solche Begrenzung bedingt, dass Eigentümer besonders hochwertiger Grundstücke in geringerem Maße (mehr-)belastet werden, Eigentümer besonders geringwertiger Grundstücke gleichzeitig in geringerem Maße entlastet werden. Hierdurch werden die Grundstückseigentümer besonders hochwertiger Grundstücke unterbelastet und die Grundstückseigentümer geringwertiger Grundstücke überbelastet und dies zugleich zugunsten derjenigen, deren Grundstücke in etwa dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde entsprechen.439 Rechtfertigen ließe sich diese Dämpfung (degressive Wirkung) der Belastungswirkungen als realitätsgerecht nur, wenn eine Nutzenäquivalenzinterpretation einen solchen „Grenznutzen“ plausibel erklären kann. Der hieraus folgende Rechtfertigungsdruck zeigt sich besonders, wenn man sich die degressiven Wirkungen des Exponenten vergegenwärtigt: Denn der zehnfache Bodenrichtwert führt nur zu einer Verdopplung des Lagefaktors, der zwanzigfache Bodenrichtwert nur zu einem Lagefaktor von 2,5. Die Landesgesetzgeber nähern sich hierdurch letztlich den Belastungswirkungen des reinen Flächenmodells an, obwohl sie sich hiervon über den Lagefaktor gerade entfernen wollen und bei einer Nutzenäquivalenzinterpretation auch müssen.440 Wenn zu diesem legitimen Lageverhältnis über die Bodenrichtwerte ein weiterer Exponent hinzugefügt wird, so muss es hierfür zumindest eine plausible Begründung geben. Die Begründung der jeweiligen Gesetzgeber ist jedoch allenfalls bedingt aussagekräftig: Denn der hessische Gesetzgeber nimmt an, dass eine Dämpfung des Lagefaktors den Äquivalenzgedanken konsequent fortführen würde, weil sich in den Bodenrichtwerten nicht nur die kommunale Infrastruktur spiegeln würde.441 Der niedersächsische Gesetzgeber bleibt eine Begründung für die Höhe des Exponenten gänzlich schuldig. Inwiefern durch einen Exponenten von 0,3 aber eine Realitäts- und Relationsgerechtigkeit erzeugt werden kann, bleibt offen. Ferner fehlt es an einer Erklärung, weshalb einerseits sowohl der Äquivalenzbetrag des Grund und Bodens als auch der des aufstehenden Gebäudes andererseits mit dem Lagefaktor multipliziert wird. Es scheint erneut, dass der Exponent eine politisch gewollte Belastungsverteilung erreichen soll, anstatt konsequenter Ausdruck eines Nutzenäquivalenzverständnisses zu sein.442 Darüber hinaus kann das 439  Dies

(173).

erkennend bereits Löhr, BB 2020, 1687 (1691); Löhr, FuB 2020, 171

BB 2020, 1687 (1690). 13. 442  Ebenso Löhr, BB 2020, 1687 (1690): „politische Variable“; a. A. insb. G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1080), der aufgrund eines Lagefaktors von einer realitätsgerechten Nutzenrelation auszugehen scheint. 440  Löhr,

441  HLT-Drs. 20/6379,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen117

Argument des hessischen Gesetzgebers, die Abfederung der Belastungswirkungen wäre deshalb geboten, weil besondere Bodenrichtwertunterschiede auf Grundstücksspekulation zurückzuführen wären, ebenfalls nicht überzeugen443: Denn die Grenzen der zulässigen Typisierung überschreitet der Gesetzgeber immer dann, wenn er einen atypischen Fall als Leitbild wählt. Weil aber überwiegend angenommen wird, dass eine „Immobilienblase“ nicht bestehe, spekulative Bodenrichtwertüberbewertungen deshalb nicht flächendeckend auftreten sollten, erscheint eine Typisierung, die von einem landesweiten „Dämpfungserfordernis“ aufgrund von Grundstücksspekulation ausgeht, nicht den typischen Fall vor Augen zu haben.444 Ohne eine sachgerechte Begründung des Exponenten gilt deshalb für den Lagefaktor das Gleiche wie zur Äquivalenzzahlrelation, sodass insoweit die „Flächen-Lage-Modelle“ gleichheitsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht werden können.445 (3) Resümee Für die „Flächen-Lage-Modelle“ gilt der Einwand der willkürlichen Äquivalenzzahlrelation gleichermaßen. Die Verwendung eines pauschalen Lagefaktors kann zwar die Lagemängel teilweise kompensieren, es verbleibt jedoch bei einer fehlenden Schlüssigkeit des Exponenten. Vielmehr ist bezüglich dessen Dämpfung erneut die Frage aufgeworfen, ob dies Ausdruck eines realitätsgerechten Nutzenverständnisses sein kann oder ein willkürlich gewählter Parameter zur Erreichung einer gewünschten Lastenverteilung, der den Gesetzgeber von jeglichem Begründungserfordernis entbinden soll. 4. Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) a) Grundsteuerspezifische Konkretisierung des Grundsatzes der Lastengleichheit Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Daraus folgert das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung das Gebot, „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich“ zu behandeln.446 Dies gilt für ungleiche Belastungen sowie ungleiche Begünsti443  HLT-Drs. 20/6379,

13. Löhr, BB 2020, 1687 (1691) mit Nachweisen. 445  A. A. – ohne Zweifel bezüglich der Äquivalenzzahlen oder der Dämpfung des Lagefaktors – Schulze/Mandler/Zochert, in: Stenger/Loose, HGrStG Rn. 43, 54 (Stand: 05/2022). 446  St. Rspr., vgl. BVerfG v. 17.12.1953, 1 BvR 147/52, BVerfGE 3, 58 (135); v. 24.03.1976, 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64 (72); v. 16.03.2004, 1 BvR 1778/01, BVerfGE 110, 141 (167) m. w. N. 444  Dazu

118

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

gungen gleichermaßen.447 Über Art. 1 Abs. 3 GG richtet sich dies sowohl an den rechtssetzenden Steuergesetzgeber (sog. Rechtssetzungsgleichheit) als auch – in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG – die rechtsanwendende Finanzverwaltung (sog. Rechtsanwendungsgleichheit).448 Ungleichbehandlungen können bei Vorliegen sachlicher Gründe – in Abhängigkeit von der obigen Differenzierung nach Steuergegenstand, Belastungsgrund und Bemessungsgrundlage einerseits sowie folgerichtiger Umsetzung derselben andererseits unter den jeweils maßgeblichen Anforderungen an den Sachgrund – verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden.449 Dieser generelle gleichheitsrechtliche Prüfungsmaßstab muss jedoch aufgrund der Wertungsoffenheit des Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf seine Inhalte und Grenzen sodann bereichsspezifisch fortentwickelt werden.450 Im Steuerrecht leitet das Bundesverfassungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG den sog. Grundsatz der Lastengleichheit ab.451 Die Steuerpflichtigen müssen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (auch sog. Gleichmäßigkeit der Besteuerung).452 Diese Gleichmäßigkeit verwirklicht sich im Belastungserfolg, den die Anwendung der Steuergesetze beim Steuerpflichtigen bewirkt.453 Gebunden wird der jeweilige Hoheitsträger immer nur in seinem Kompetenzbereich, der Bundesgesetzgeber somit be­ züglich des Bundesgrundsteuerrechts (GrStG sowie §§ 218 ff. BewG), die Landesgesetzgeber in Ansehung ihrer Landesregelungsmodelle sowie die Gemeinden in ihrem Gemeindegebiet bezüglich der Hebesatzgestaltung.454 447  BVerfG v. 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (431); v. 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180); v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 (230). 448  Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.111 ff.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 AO Rn. 52 (Stand: 02/2022); Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 85 AO Rn. 15 (Stand: 01/2017); Birk, DStJG 22 (1999), 7 (17 f.). 449  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 94. 450  St. Rspr., BVerfG v. 08.04.1987, 2 BvR 909/82, BVerfGE 75, 108 (157); v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (268); v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (134); v. 10.04.1997, 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1 (6). 451  St. Rspr., BVerfG v. 17.01.1957, 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55 (70); v. 23.11.1976, 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108 (118 f.); v. 17.10.1984, 1 BvR 527/80, BVerfGE 68, 143 (152); v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (30). 452  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 96; Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 85 AO Rn. 35 (Stand: 09/2022). 453  BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (268). 454  Vgl. auf Bundesebene §§ 1 Abs. 1, 25 Abs. 1 GrStG, Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG; st. Rspr., BVerfG v. 21.12.1966, 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54 (68 f.); v. 23.11.1988, 2 BvR 1619/83, BVerfGE 79, 127 (158); v. 07.11.2002, 2 BvR 1053/98, BVerfGE 106, 225 (241) m.w.N.; zur Bindung des Bundesgesetzgebers im Grundsteuerrecht explizit BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 102.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen119

Deshalb ist es zunächst einmal ohne gleichheitsrechtlichen Belang, wenn die Gemeinden untereinander abweichende Hebesätze beschließen oder die Landesgesetzgeber abweichende Grundsteuermodelle mit unterschiedlichen Belastungsgründen, Steuergegenständen und Bemessungsgrundlagen sowie da­ rauf aufbauenden Bewertungsverfahren einführen. b) Das Gebot der sog. Rechtssetzungsgleichheit Um die zwischen den Steuerpflichtigen gebotene Gleichheit im Belastungserfolg herzustellen, bedarf es zunächst eines Vergleichsmaßstabes. Ausgangspunkt für eine sachgerechte Verteilung der Grundsteuerlast ist die willkürfrei getroffene Belastungsentscheidung in Gestalt des Äquivalenzoder Leistungsfähigkeitsprinzips.455 Diesen Sachgerechtigkeitsmaßstab zu bestimmen, obliegt dem jeweiligen Gesetzgeber bereits aufgrund seiner demokratischen Legitimation für steuerpolitische Grundsatzentscheidungen, weshalb hiermit ein reines Willkürverbot korrespondiert.456 Willkür liegt erst dann vor, wenn sich ein „vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.“457 Die Sachgerechtigkeit des gesetzgeberischen Leitprinzips hängt dabei wiederum mit den Besonderheiten der jeweiligen Einzelsteuer zusammen. Erforderlich ist daher eine grundsteuerspezifische „Subkonkretisierung“ des Grundsatzes der Lastengleichheit und generell in Frage kommender Leitprinzipien.458 Denn die Kriterien hängen untrennbar mit dem jeweiligen Vergleichsziel zusammen.459 Deshalb war zunächst die Frage zu beantworten, ob die Anknüpfung einer Steuererhebung an den Grundbesitz gleichheitssatzkonform möglich ist (1.) und ob Äquivalenz- oder Leistungsfähigkeitsprinzip als grundsteuerliche Belastungsgründe in Betracht kommen können (2.). Die durch den Gesetzgeber getroffene Belastungsentscheidung hat er im Anschluss daran folgerichtig und widerspruchsfrei im Sinne der zu erreichenden Lastengleichheit umzu-

455  Auf

Landesebene dazu B.IV.3.e); auf Bundesebene C.II. Ausfluss von Art. 20 Abs. 2 GG, dazu Englisch, FS Lang, 167 (173); P. Kirchhof, HdbStR VIII, § 181 Rn. 226. 457  St. Rspr., BVerfG v. 05.10.1993, 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132 (141); v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (110); v. 04.12.2002, 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27 (45 f.); v. 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (431 f.); v. 18.07.2005, 2 BvF 2/01, BVerfGE 113, 167 (214); v. 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (143). 458  Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 3 Rn. 280; beispielhaft für das Einkommensteuerrecht Englisch, FS Lang, 167 (181 f.). 459  Mellinghoff, in: Siegel et al. (Hrsg.), Verfassungsgebundenheit, 171 (176 f.). 456  Als

120

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

setzen.460 Denn die Belastungsentscheidung prägt die Vergleichsgruppe und ist deshalb Maßstab für die Identifizierung von rechtfertigungsbedürftigen Abweichungen von dieser Grundsatzentscheidung.461 Abweichungen von der in Bemessungsgrundlage und Steuergegenstand willkürfrei zum Ausdruck kommenden Belastungsentscheidung müssen sich deshalb ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen und bedürfen eines nunmehr hinreichenden sachlichen Grundes, der die jeweilige Ungleichbehandlung rechtfertigen kann (sog. Folgerichtigkeitsgebot).462 Die Anforderungen an Abweichungen von der gesetzgeberischen Belastungsentscheidung sind somit höher: Verlangt werden „besondere, sachlich rechtfertigende Gründe“ oder „hinreichende sachliche Gründe“.463 Der reine Willkürmaßstab wurde durch das Bundesverfassungsgericht in den 1980er464 Jahren dahingehend fortentwickelt, dass dieser der bei den Freiheitsrechten bekannten Verhältnismäßigkeitsprüfung angenähert wurde (sog. neue Formel).465 Entscheidend sind die Wirkungen der jeweiligen Einzelnorm, vor allem die Intensität der Ungleichbehandlung. Der Grundsatz der Lastengleichheit ist danach verletzt, wenn ein Teil der jeweiligen Vergleichsgruppe anders behandelt wird, „obwohl zwischen beiden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können“.466 Die legitimen Differenzierungsgründe müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der hierdurch bewirkten Ungleichbehandlung stehen.467 Dabei ist zur Beurteilung eines angemessenen Verhältnisses insbesondere zu berücksichtigen, ob der Steuerpflichtige der Ungleichbehandlung entgehen kann, eine Nähe zu den Kriterien des Art. 3 Abs. 3 GG besteht, ein Zusammenhang zu Freiheitsrechten besteht und eine Anknüpfung an subjektive oder bloß objektive Merkmale vorliegt.468 Zudem kommt es auf das Ausmaß der Ab460  St. Rspr., BVerfG v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); v. 29.10.1999, 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132 (138); v. 10.11.1999, 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151 (155). 461  Musil, JÖR 64 (2016), 443 (454). 462  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 96. 463  BVerfG v. 11.02.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238 (247); v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (126); v. 13.02.2007, 1 BvR 910/05, BVerfGE 118, 1 (28); v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (29). 464  Erstmals BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50/79, BVerfGE 55, 72 (88 f.). 465  Hey, in: Tipke/Lang, SteueR, Rn. 3.124; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 AO Rn. 48 (Stand: 02/2022); Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 13–24. 466  Seit BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50/79, BVerfGE 55, 72 (88); nachfolgend v. 08.06.1993, 1 BvL 20/85, BVerfGE 89, 15 (22 f.); v. 30.07.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317 (369); v. 07.07.2009, 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199 (219 f.). 467  Siehe nur BVerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (180). 468  St. Rspr., BVerfG v, 07.07.2009, 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199 (220); v. 21.06.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49 (69); v. 07.02.2012, 1 BvL 14/07,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen121

weichung von der zuvor getroffenen Belastungsentscheidung und der Bedeutung für die Gesamtverteilung der Steuerlast an.469 Damit werden durch das Folgerichtigkeitsgebot dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers weitergehende Grenzen gesetzt. Nichtsdestotrotz ist regelmäßig unklar, welchen Maßstab das Bundesverfassungsgericht zur Anwendung bringen will. Man wird dem Gesetzgeber jedoch, und dies folgt insbesondere aus dem – noch näher zu erörternden – Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG, als Rechtfertigungsmaßstab nach hier vertretener Auffassung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auferlegen müssen, in deren Rahmen die Anforderungen an die Rechtfertigung grundsteuerspezifisch entsprechend gewichtet werden können.470 Diese Differenzierung zwischen willkürfreier Auswahl des Steuergegenstandes sowie Bemessungsgrundlage einerseits und folgerichtiger Ausgestaltung derselben andererseits bedingt zugleich Abgrenzungsfragen dahingehend, welche Ebene betroffen ist. Diese Zuordnung ist immer nur einzelfallspezifisch möglich und betrifft bei der Grundsteuer sowohl die Steuermesszahldifferenzierungen in § 15 GrStG als auch die sog. Grundsteuer C in § 25 Abs. 5 GrStG sowie in beiden Fällen die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen.471 Entscheidend ist nach Auffassung des Bundesverfassungs­ gerichts, „inwieweit die Gruppe oder der Sachverhalt […] durch Merkmale geprägt ist, die gerade den Steuergegenstand, dessen Ausgestaltung in Frage steht, unter dem Gesichtspunkt des steuerbaren Vorteils kennzeichnen“.472 Dies eröffnet freilich nicht nur erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall, sondern ermöglicht spiegelbildlich auch dem Bundesverfassungsgericht einen weitreichenden Wertungsspielraum in Ansehung der konkreten Zuordnungsentscheidung.473 Für die Grundsteuer stellt sich diese Problematik aufgrund der eindeutigen gesetzgeberischen Zuordnung jedoch nicht besonders.

BVerfGE 130, 240 (254) zu Art. 3 Abs. 3 GG; v. 26.01.1993, 1 BvL 38/92, BVerfGE 88, 87 (96) zur Verfügbarkeit; v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 Rn. 122; v. 23.06.2015, 1 BvL 13/11, BVerfGE 139, 285 Rn. 71 insgesamt. 469  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 96 m. w. N. 470  Zum Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG unter B.IV.5.b); für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung deshalb ebenfalls Hey, StBJb 2007/2008, 19 (37). 471  Eingehend unter C.VIII.3.a) zur „Grundsteuer C“ und C.VII.2. zu den Steuermesszahlen. 472  BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (30). 473  Zu Recht kritisch deshalb Hey, DStR 2009, 2561 (2563); Wernsmann, StuW 2022, 280 (284 f.).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

c) Gesetzgeberische Anforderungen zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit durch die Finanzverwaltung Das für die Finanzverwaltung bestehende Gebot der sog. Rechtsanwendungsgleichheit aus Art. 20 Abs. 3 GG ist zugleich mit materiell-rechtlichen Anforderungen an den rechtssetzenden Grundsteuergesetzgeber zur Ermög­ lichung eines gleichmäßigen Grundsteuervollzuges verbunden: Denn die Finanzverwaltung muss aufgrund eingeschränkter Personalressourcen den ­ Gesamtvollzug sicherstellen können.474 Sofern aber im Grundsteuergesetz bereits ein struktureller, dem Gesetzgeber zurechenbarer Vollzugsmangel angelegt ist, kann die gleichheitswidrige Verwaltungspraxis zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm selbst führen.475 Der Steuergesetzgeber wird hierdurch dazu angehalten, im Einzelsteuergesetz selbst so weitgehend wie möglich Vorkehrungen zu treffen, die dessen Durchsetzbarkeit gewährleisten.476 Solchen sog. strukturellen Vollzugsdefiziten kommt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch Ausnahmecharakter zu.477 So wurden bisher Vollzugsdefizite immer in einem zu geringen Ent­ deckungsrisiko gegenüber falschen oder unvollständigen Erklärungen des Steuerpflichtigen gesehen.478 Zur Deklaration müssen daher Kontrollmechanismen hinzutreten.479 Der Gesetzgeber muss deshalb bereits bei seiner Belastungsgrundentscheidung die Vollzugsfähigkeit der Grundsteuer in den Blick nehmen.480 Dies erfordert zugleich die Berücksichtigung von Erhebungs-, Personal- und Befolgungskosten.481 Insbesondere können bei der Ausgestaltung daher Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen notwendig werden. Zwar ist die Erfassung sämtlicher Grundstücke im Rahmen der Grundsteuer zunächst unproblematisch möglich. Dort aber, wo die Finanzverwaltung über die für die Ermittlung des Grundsteuerwertes bei wertabhängigen bzw. des „Äquivalenzwertes“ bei wertunabhängigen Grundsteuermodellen notwendigen Informationen nicht selbst verfügt, müssen Anzeige- und Erklärungspflichten des Steuerpflichtigen sowie Übermittlungspflichten anderer 474  Dazu Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 85 AO Rn. 24–27 (Stand: 01/2017); konkretisierend Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 85 AO Rn. 28 f. (Stand: 09/2022); Krumm, in: Droege (Hrsg.), Eigenständigkeit des Steuerrechts, S. 189. 475  BVerfG v. 09.03.2004, 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94 (115 f.). 476  BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 1. Leitsatz. 477  Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.114 f. 478  Meyer, DÖV 2005, 551 (552). 479  P. Kirchhof, HbdStR V, § 118 Rn. 28. 480  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 42 (Stand: 11/2020). 481  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 42 (Stand: 11/2020).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen123

Behörden in einem solchem Umfang statuiert werden, dass eine hinreichende Verifikation ermöglicht wird.482 In welchem Umfang dies erforderlich – und für den Steuerpflichtigen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten noch zumutbar – ist, hängt erneut vom jeweiligen Grundsteuermodell und der konkreten Belastungsentscheidung des Gesetzgebers ab.483 Die Kontrolle der Erfüllung dieser Pflichten muss gesetzlich angeordnet sein und bei Nicht­ beachtung bedarf es hinreichender Sanktionsmechanismen.484 Um diesen Anforderungen für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung gerecht werden zu können, ist Typisierung im Grundsatz unabdingbar.485 Über diese „Mindestanforderungen“ hinaus hat der Gesetzgeber allerdings erneut einen weitreichenden Ausgestaltungsspielraum. Grundsteuerspezifisch betrifft dies die Anzeige-, Erklärungs- und Übermittlungspflichten des Steuerpflichtigen und Dritter (vgl. §§ 228 f. BewG) und die Beurteilung, ob die Gefahr struktureller Vollzugsdefizite, wie sie vom Bundesfinanzhof angenommen wurde, fortbesteht.486 d) Die grundsteuerrechtliche Folgerichtigkeitsprüfung und Anforderungen an deren Durchbrechung aa) Differenzierungsnotwendigkeit zwischen qualitativ-systematischen und quantitativen Ungleichbehandlungen und deren Folgewirkungen Die gleichheitsrechtliche Notwendigkeit folgerichtiger Umsetzung der gesetzgeberischen Belastungsgrundentscheidung hat gleichwohl keinen Ab­ solutheitscharakter. Vielmehr können Durchbrechungen des in der Bemessungsgrundlage willkürfrei abzubildenden Belastungsgrundes dann gerechtfertigt werden, wenn und soweit der Gesetzgeber andere verfassungsrechtlich legitime Belange verfolgt.487 Gleichheitsrechtlich besonders rechtfertigungsbedürftige Abweichungen von der Belastungsentscheidung können dabei grundsätzlich in zwei Ausprägungen auftreten: Sie können einerseits systematischer, andererseits quantitativer Natur sein. Absolute Belastungswirkungen, damit mit Blick auf die konkrete absolute Belastungshöhe des einzelnen Steuerpflichtigen messbare Belastungswirkungen, sind nur freiheitsrechtlich von Belang. Dies gilt nicht für relative Belastungswirkungen. Etwaige Gein: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 41 f. (Stand: 11/2020). Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 47 (Stand: 11/2020). 484  Krumm, in: Droege (Hrsg.), Eigenständigkeit des Steuerrechts, S. 175 f. 485  Seer, BB 2021, 1433 (1436). 486  Zu den Anzeige- und Mitwirkungspflichten zur Vermeidung struktureller Vollzugsdefizite nach der Grundsteuerreform C.VI. 487  Grundlegend bereits B.IV.4.a). 482  Drüen, 483  Dazu

124

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

ringfügigkeitserwägungen sind gleichheitsrechtlich ebenfalls ohne Bedeutung, denn der Gleichheitssatz erzeugt seine spezifischen Wirkungen gerade unabhängig von der absoluten Belastungshöhe.488 Relative (quantitative) Belastungswirkungen zwischen den Grundsteuerpflichtigen sind aufgrund der Besonderheiten der Grundsteuer für eine verfassungsrechtliche Beurteilung allerdings nur bedingt aussagekräftig (bb)). Dies untermauern bisherige Beispielrechnungen (cc)). Die Anforderungen an die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen im Rahmen der Ausgestaltung dürfen aufgrund der grundsteuerrechtlichen Besonderheiten im Ergebnis nicht überbetont werden und liegen daher allenfalls unwesentlich über denen einer reinen Willkürprüfung (dd)). Ohne Belang sind zudem Belastungsverschiebungen in Relation zur Einheitsbewertung, die Rechtfertigung solcher gegenüber den Grundsteuerpflichtigen sind allein rechtspolitischer Natur.489 Sie sind verfassungsrechtlich sogar zwingend geboten, denn flächendeckend lediglich geringfügige Veränderungen des Grundsteuerwertes in Relation zum Einheitswert wären Indiz für die fortbestehende Gleichheitssatzwidrigkeit auch des neuen Grundsteuerrechts, haftete doch den Einheitswerten der Mangel an realitätsgerechter Wertrelation zwischen den Grundstücken in verfassungswidriger Weise an. Für grundsteuerliche Lenkungsnormen gelten darüber hinaus spezifische Rechtfertigungsanforderungen (ee)). Die Feststellung des Vorliegens qualitativ-systematischer Ungleichbehandlungen betrifft einerseits die Frage, wann in Ansehung der jeweiligen Belastungsgrundentscheidung (Leistungsfähigkeits-/Äquivalenzprinzip) zu berücksichtigende Besonderheiten im Rahmen der Ausgestaltung ausgeblendet werden und ist deshalb schon durch das tatbestandliche Zusammenspiel der verschiedenen Bewertungsverfahren und der zur Anwendung gelangenden Bewertungsparameter sowie der gesetzgeberisch grundsätzlich zulässigen Typisierungen und Pauschalierungen objektiv identifizierbar. Zugleich weisen diese qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen immer einen quantitativen Abweichungsaspekt auf, der sich in der Gesamtgrundsteuer­ belastung abbildet. Diese Wechselwirkung bedingt, dass besonders weitreichende Wertunterschiede zugleich ein Indiz dafür sind, dass rechtfertigungsbedürftige qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen innerhalb des jeweiligen Grundsteuermodells vorliegen. Andererseits stellt sich die Frage, ob ihnen eine hiervon unabhängige Bedeutung dergestalt zugewiesen werden kann, dass sie isoliert als rechtfertigungsbedürftig identifizierbar sind.

488  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 151, 156; dazu P. Kirchhof, Steuerwerte, S. 37; Hey, ZG 2019, 297 (315); Löhr, DStR 2019, 1433 (1434). 489  Zutreffend Hey, ZG 2019, 297 (307).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen125

Für die Rechtfertigungsebene geht damit einher, ob diese relativ-quantitativen Belastungsgrenzen dann als Ausgangspunkt für die Ermittlung einer Überschreitung der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis dergestalt herangezogen werden können, dass hierzu ein weiterer „Typisierungszuschlag“ hinzuaddiert wird. Auf beiden Prüfungsebenen (Ungleichbehandlung, Rechtfertigung) sind damit jedoch erhebliche Schwierigkeiten verbunden, die einerseits in wertabhängigen Grundsteuermodellen aus dem Rückgriff auf außersteuerrechtliche Wertermittlungsmethoden beruhen, um ohne Veräußerungsvorgang am Markt gleichwohl einen Verkehrswert festzustellen, andererseits auf der Verknüpfung einer äquivalenztheoretischen Belastungsgrundentscheidung mit einer wertunabhängigen Bemessungsgrundlage, sowie, dass eine Festlegung auf punktgenaue Typisierungsgrenzen immer zwingend subjektiv geprägt sein würde. Dies ist gerade ein wesentlicher Unterschied in Relation zu den qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen und deren möglicher Rechtfertigung, denn diese lassen sich zumindest objektiv bestimmen, sind durch die verwendeten Typisierungen identifizierbar und ermöglichen sodann die Prüfung, ob sich der Gesetzgeber in einem verkehrswertabhängigem Bewertungssystem in solchem Maße von der Bewertungsrealität abkoppelt, dass er sich hierfür nicht mehr auf Vereinfachungsgesichtspunkte berufen kann. Freilich hängt auch insoweit die finale Abwägung von der (subjektiven) Gewichtung der Argumente ab. Dies gilt gleichermaßen für die Identifizierung von etwaigen Typisierungen und Pauschalierungen in den Äquivalenzmodellen. bb) Identifizierung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen in verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen Den Ausgangspunkt für die Ermittlung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen bildet die in der jeweiligen Bemessungsgrundlage willkürfrei abzubildende Belastungsgrundentscheidung. Sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg bestimmen den gemeinen Wert zum Bewertungsziel ihres Grundsteuergesetzes, sodass die Gleichheit im Belastungserfolg eine relationsgerechte Wertrelation erfordert. Nach § 9 Abs. 2 S. 1 BewG wird der gemeine Wert des Bewertungsgegenstandes durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Für die Grundsteuer tritt das grundlegende Problem auf, dass das Bewertungsobjekt am Bewertungsstichtag regelmäßig nicht veräußert wird, sodass ein solcher Tauschwert für das Grundstück nicht feststeht und daher nur in einem Simulationsvorgang ermittelt werden kann. Es geht deshalb (nur) um

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

die Bestimmung eines „Annäherungswertes“ an einen solchen Wert.490 Außersteuerrechtlich besteht dabei die Erkenntnis, dass es aufgrund subjektiver Preisvorstellungen der Marktteilnehmer einerseits, verschiedener möglicher Bewertungsmethoden wie beispielsweise Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren und hierfür erforderlicher Bewertungsdaten, die zudem häufig in ihrem Ableitungsvorgang subjektive Wertungen erfordern andererseits, „den“ Verkehrswert in Gestalt eines exakt bestimmbaren Punktwertes nicht gibt, sondern immer nur ein Marktpreisniveau und somit eine Wertbandbreite.491 Dieser außersteuerrechtlichen Bewertungsrealität kann sich eine verfassungsrechtliche Prüfung der verkehrswertabhängigen Grundsteuergesetze zunächst nicht verschließen.492 Erste Konsequenz hieraus ist, dass solange die jeweiligen Gesetzgeber der verkehrswertabhängigen Grundsteuermodelle mit ihrem Grundsteuerwert als Bemessungsgrundlage einen Wert ermitteln können, der auf Grundlage der außersteuerrechtlichen Verkehrswertermittlung innerhalb dieser tatsächlich vorzufindenden Verkehrswertbandbreite und damit innerhalb dieses „Wertspielraumes“ liegen würde, grundsteuerrechtlich keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung erzeugt, denn sämtliche Werte bilden den gemeinen Wert als Bewertungsziel in Gestalt eines solchen Annäherungswertes gleichermaßen ab und bewirken damit alle die verfassungsrechtlich in Ansehung von Art. 3 Abs. 1 GG geforderte Gleichheit im Belastungserfolg.493 Sofern die Grundsteuergesetzgeber in den verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen zudem (notwendigerweise) Typisierungen und Pauschalierungen verwenden, die die Besonderheiten des außersteuerrechtlichen Grundstückswertermittlungsverkehrs dergestalt ausblenden (müssen), dass der hierdurch ermittelte Grundsteuerwert für das individuelle Grundstück außersteuerrechtlich unter Beachtung der dortigen Bewertungsverfahren und Methoden gerade nicht mehr angewandt werden würde, um einen Marktwert zu ermitteln, dann müssen sie sich hierfür aber gleichheitsrechtlich rechtfertigen können. Soll sodann ermittelt werden, ob eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung aufgrund einer derartigen Abweichung tatsächlich besteht, FS Ritter, 661 (666). wird dabei überwiegend von +/– 30 Prozent gesprochen, dazu Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Vorb. Rn.  82 m. w. N.; Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 48 f.; solche genauen Angaben sind in einem steuerrechtlichen Masseverfahren jedoch wenig zielführend. 492  Für die steuerliche Bewertung Krumm, DStJG 44 (2022), 225 (227 f.); Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 358  f.; dazu außersteuerlich Kleiber, in: Ernst et al., BauGB, Einl. ImmoWertV Rn. 33 f. 493  Grundlegend bereits Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 361, 366; in diese Richtung ebenfalls Jakob, Bewertung des Grundbesitzes, S. 54. 490  Zitzelsberger,

491  Außersteuerrechtlich



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen127

schließen sich aus der Bewertungswirklichkeit folgende Schwierigkeiten an: Denn die Enden dieses Marktpreisniveaus als akzeptierbarer Toleranzbereich lassen sich ebenfalls nicht punktgenau bestimmen. Daher ist eine Identifizierung von rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlungen nur dann überhaupt hinreichend zielgenau möglich, wenn der Fokus von den relativ quantitativen Belastungswirkungen auf die qualitativ-systematische Ausblendung der Bewertungsrealität – somit eben der zwar grundsätzlich möglichen Abweichung von den allgemein anerkannten Grundsätzen der ImmoWertV – gerichtet wird und hierdurch sowohl die außersteuerrechtlich als auch grundsteuerrechtlich bestehenden Quantifizierungsprobleme in Ansehung der Verkehrswertspanne insoweit unberücksichtigt bleiben. Für diesen Vergleich ist die ImmoWertV als Maßstab heranzuziehen, die als Grundlage für die außersteuerrechtliche Simulation des Bewertungsvorgangs anerkannte Verfahren zur Grundstücksbewertung bereitstellt.494 An dieser haben sich nämlich sowohl der Bundesgesetzgeber als auch der Landesgrundsteuergesetzgeber in Baden-Württemberg für die in ihren Modellen zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren orientiert.495 Diese „Spannbreiteneffekte“ haben aber nicht nur Einfluss auf die Frage, ob sich Grenzen für die Identifizierung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen bestimmen lassen, sondern auch, ob sich von diesen in einem zweiten Schritt Grenzen für die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers auf Rechtfertigungsebene bestimmen lassen, mithin ob es insoweit einen bestimmbaren zumutbaren „Abweichungsrahmen“ von der Spannbreite geben kann. Die vereinzelnd geäußerte Forderung496 der Festlegung auf punktgenaue relativ-quantitative Typisierungsgrenzen kann jedoch auf dieser Ebene gleichsam nicht zielführend sein, denn anderenfalls würde auf dieser zweiten Stufe die außersteuerrechtliche Wirklichkeit der Verkehrswertermittlung ausgeblendet werden. Insofern kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer für die Ermittlung etwaiger Grenzen bei der Grundsteuer ebenfalls nicht weiterhelfen.497 Denn erstens lassen sich die Enden der Verkehrswertspanne schon nicht punktgenau bestimmen, zweitens müsste dann auf 494  BGH v. 12.01.2001, V ZR 420, 99, NJW-RR 2001, 732 f.; auf Bundesebene hierzu noch eingehend C.III.1. u. 2. 495  Eingehend auf Bundesebene C.III.2.; in Baden-Württemberg C.V.2.e)aa). 496  So scheinbar mit Blick auf die Entscheidung des BVerfG zur Erbschaftsteuer (BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1) eine starre Grenze annehmend Maiterth/Lutz, StuW 2019, 22 (27). 497  Dazu BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 Rn. 137: „[…] gibt es für Grundvermögen keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktwertniveau, auf dem sich mit mehr oder weniger großen Abweichungen vertretbare Verkehrswerte bilden. Dabei wird von einer Streubreite von plus/

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

der Rechtfertigungsebene im grundsteuerrechtlichen Massenverfahren ohnehin ein weitergehender Typisierungszuschlag zugunsten des Gesetzgebers hinzuaddiert werden. Und dieser lässt sich nur subjektiv quantifizieren, wird aber wohl nicht lediglich bei einem 20-prozentigen Zuschlag, sondern vielmehr aufgrund des Massenfallcharakters bei der Grundsteuer (ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten) weitreichendere Abweichungsgrenzen legitimieren können. Für die Grundsteuer wird hierbei regelmäßig analog zur Verkehrswertspanne von ca. 30 Prozent ausgegangen.498 Weil dieser Wert allerdings ebenso immer zu ungenauen Endpunkten addiert wird, führt dies nicht zu weitreichenderer Klarheit bezüglich etwaiger quantitativer Typisierungsgrenzen. Diese Grenzwerte eignen sich vielmehr dann für solche (Einzel-)Fälle, in denen der Vergleichsmaßstab in Gestalt des Verkehrswertes konkret bestimmt wurde. Insofern verwundert es nicht, dass der badenwürttembergische Gesetzgeber dies als „Abweichungsgrenze“ für den Nachweis eines niedrigeren Wertes in § 38 Abs. 4 BWGrStG bestimmt hat. Die Bezifferung der „Wertspannengrenzen“ ist letztlich immer eine mit Unsicherheiten behaftete Schätzung.499 Diese Ungewissheit wird zudem nicht durch die Anknüpfung der Bewertungsverfahren an die ImmoWertV abgemildert, sondern vielmehr begründet. Denn die Ermittlung der jewei­ ligen Bewertungsparameter (Bodenrichtwerte, Umrechnungskoeffizienten, Lie­ genschaftszinssätze etc. durch die Gutachterausschüsse) hängt oftmals von erheblichen subjektiv geprägten Wertentscheidungen ab.500 So ist beispielweise die Ermittlung von Vergleichsmieten aufgrund einer natürlichen Streuung mit Unschärfen behaftet.501 Im Rahmen der Grundsteuer wird zudem vorgetragen, dass letztlich nur ein Simulationsvorgang nach der ImmoWertV mit einem solchen nach Grundsteuerrecht verglichen wird, sodass sich schon deshalb nicht bestimmen lasse, ob ein typisierendes Verfahren „besser“ geeignet ist, „den“ Verkehrswert abzubilden als die individuelle Verkehrswertermittlung auf Grundlage der ImmoWertV.502 Es liegt darüber minus 20 % der Verkaufspreise für ein und dasselbe Objekt ausgegangen, innerhalb derer ein festgestellter Verkehrswert als noch vertretbar angesehen wird“. 498  So beispielsweise Hey, ZG 2019, 297 (311), allerdings sogar für bis zu 40 Prozent; dies deckt sich auch mit den 30-Prozent-Grenzen nach § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 sowie des § 38 Abs. 4 BWGrStG. 499  Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Vorb. Rn. 72; Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 360 f. 500  Deshalb gleichfalls ein bestehendes Rechtfertigungsproblem ausmachend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 104; Kleiber, in: Kleiber/Fleischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Vorb. Rn. 85 f., 95; siehe beispielhaft zur Ermittlung der Datengrundlage auch Freise, ImmoWertV, S. 49 f. 501  Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 61. 502  Scheffler/Hey, IFSt Schrift 530, S. 42.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen129

hinaus in der Natur der Sache, dass sich eine Vergleichsanalyse mit den Verkehrswerten eines in der Zukunft liegenden Bewertungsstichtags im Beurteilungszeitpunkt nur schätzungsweise vornehmen lässt. In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass der Grundsteuergesetzgeber nicht „den“ Verkehrswert zum Bewertungsmaßstab erklärt, sondern einen in einem typisierenden Massenverfahren verkehrswertorientierten Grundsteuerwert.503 Daraus folgen zwei Erkenntnisse: Einerseits bereits für die Frage nach der Identifizierung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen in wertabhängigen Grundsteuermodellen, andererseits für die sich anschließende Rechtfertigungsebene, weshalb letzteres bereits an dieser Stelle angesprochen wurde. Quantitative relative Belastungsverzerrungen können aufgrund der mit ihnen einhergehenden erheblichen und nur subjektiv möglichen Quanti­ fizierungsprobleme allenfalls die Identifizierung qualitativ-systematischer Ungleichbehandlungen für solche Fälle unterstützen, in denen sich die auf Grundlage grundsteuerrechtlicher Bewertungsverfahren ermittelten Grundsteuerwerte von der außersteuerrechtlichen Bewertungsrealität systematisch entkoppeln und dies zugleich in quantitativer Hinsicht deutlich wird.504 Dieser Fokus auf die systematischen Verzerrungen des jeweiligen Grundsteuergesetzes deckt sich mit der Linie des Bundesverfassungsgerichts aus dem Grundsteuerurteil, welches sich auf die strukturellen Defizite des alten Rechts der Einheitsbewertung fokussiert hat und relativ quantitativen Bewertungsverzerrungen insgesamt keine Bedeutung beigemessen hat. Die Rechtfer­ tigung der so identifizierten Ungleichbehandlungen muss ebenfalls ohne punktgenaue Typisierungsgrenzen auskommen. Damit ist es dennoch möglich, die rechtfertigungsbedürftigen Ungleich­ behandlungen in den verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen zu identifizieren: Denn weil der Gesetzgeber einen (nicht stattfindenden) Veräu­ ßerungsvorgang am Markt simulieren will (§ 9 Abs. 2 BewG), sind solche Typisierungen besonders rechtfertigungsbedürftig, die zu einem Grundsteuerwert führen, den die Parteien bei einem tatsächlich stattfindenden Veräuße­ rungsvorgang so nicht akzeptieren würden, mithin die allgemein anerkannten Grundsätze der Grundstücksbewertung durch die grundsteuerlichen Typisierungen in solchem Maße vernachlässigt werden, dass dies im Rahmen der außersteuerrechtlichen Verkehrswertermittlung nicht anerkannt werden würde.505

503  Siehe

zum Bewertungsziel auf Bundesebene eingehend C.III. das Bundesgrundsteuerrecht Krumm, DStJG 44 (2022), 225 (240); Krumm/ Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 104. 505  Überzeugend auch Krumm, DStJG 44 (2022), 225 (237 f.). 504  Für

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Im Bundesgrundsteuerrecht betrifft dies primär die Verwendung gemeindeeinheitlicher Durchschnittsmieten und damit die Ausblendung der Lage des Grundstücks innerhalb des Gemeindegebietes im Ertragswertverfahren nach den §§ 252 ff. BewG.506 Denn weil die Lage des Grundstücks ein wesentlicher verkehrswertbildender Faktor im Rahmen der Grundstückswert­ ermittlung ist, würden die Parteien diesen bei der Veräußerung innerkommunal keineswegs unbeachtet lassen. Im Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG) zu nennen ist hier vor allem der Rückgriff auf die bundeseinheitlichen Wertzahlen und damit die vollständige Ausblendung der jeweiligen örtlichen Grundstücksmärkte (§ 260 BewG) sowie die deutlich „zusammengestauchten“ Regelherstellungskosten und somit die Negierung der verschiedensten Besonderheiten zwischen den Gebäudeklassen bei den sog. Nichtwohngrundstücken (Anlage 42).507 Im (mittelbaren) Vergleichswertverfahren betrifft dies den Rückgriff auf den sog. Zonenwert unter lediglich geringer Zulassung grundstücksindividueller Besonderheiten (vgl. § 247 BewG), daher zuvorderst die Nichtanpassung des Bodenrichtwertgrundstücks an die Besonderheiten des zu bewertenden individuellen Grundstücks.508 Dies gilt für die übrigen Bewertungsverfahren gleichermaßen, weil sie hieran für die Bodenkomponente anknüpfen. Im baden-württembergischen Grundsteuergesetz (BWGrStG) als zweitem wertabhängigen Grundsteuermodell betroffen ist ebenfalls der Rückgriff auf einen solchen sog. Zonenwert unter vollständiger Ausblendung grundstücks­ individueller Besonderheiten zwischen den Grundstücken innerhalb der Bodenrichtwertzone einerseits sowie der Nichtberücksichtigung der Gebäudekomponente andererseits (vgl. § 38 BWGrStG).509 cc) Aussagekraft bisheriger Beispielrechnungen Im Rahmen der Grundsteuerreform sind bereits verschiedene Beispielrechnungen durchgeführt worden, deren Aussagekraft für eine verfassungsrecht­ liche Grundsteueranalyse nachfolgend zu würdigen ist. Dabei gilt es insbesondere zu beurteilen, ob das zuvor beschriebene Verständnis des Verhältnisses von qualitativ-systematischen zu quantitativen Ungleichbehandlungen hierdurch bestätigt wird, oder ob ihnen nicht doch ein weitergehender Aussagegehalt entnommen werden kann. Somit ist die Frage maßgeblich, ob den quantitativen Ungleichbehandlungen lediglich eine Indizwirkung bzw. Unterstützungsfunktion zur Beurteilung qualitativ-systematischer Ungleichbehand506  C.V.3.a)cc).

507  C.V.3.b)bb). 508  C.V.2.d)aa). 509  C.V.2.e)aa).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen131

lungen beigemessen werden kann. Dies bezieht sich sowohl auf die Feststellung der Ungleichbehandlungen als auch auf eine etwaige Rechtfertigungsprüfung. Die bisher durchgeführten quantitativen Belastungsrechnungen unterstützen dieses Verständnis aus verschiedenen Gründen: Denn teilweise beschränken sie sich lediglich auf einige wenige Berechnungsbeispiele oder die reine Darstellung der Bewertungsergebnisse und ermöglichen deshalb keine massentaugliche Verallgemeinerung oder aber eine hinreichende Verifikation der Belastungswirkungen der verschiedenen Bewertungsverfahren untereinander als auch innerhalb derselben.510 Verglichen werden zudem teilweise die Belastungswirkungen von Grundsteuer einerseits und Erbschafts- und Schenkungsteuer andererseits: Dies hat jedoch für die verfassungsrechtliche Legitimität der Bewertungsverfahren bei der Grundsteuer insofern keine Aussagekraft, als die Belastungsunterschiede in den jeweiligen Eigenarten von Grund- und Erbschaftsteuer begründet liegen, handelt es sich doch bei der Grundsteuer gerade nicht um eine anlass­ bezogene Bewertung, sondern ein periodisiertes Massenverfahren, weshalb damit zwingend Zielgenauigkeitsverluste und Rechtfertigungsverschiedenheiten verbunden sind. Dies gilt generell auch für den Vergleich zu den anderen bewertungsabhängigen Steuerarten. Belastungsunterschiede in den verschiedenen Grundsteuermodellen auf Bundes- und Länderebene mit abweichenden Belastungsgrundentscheidungen sowie deren Abbildung in abweichenden Bemessungsgrundlagen sind jeweils für sich betrachtet gleichwohl systemkonsequent. Daher können Vergleiche zwischen den Belastungswirkungen im Bundesgrundsteuerrecht und den Landesgrundsteuermodellen für die verfassungsrechtliche Bewertung der jeweiligen Modelle nicht entscheidend sein. Denn der Bundes- und die Landesgesetzgeber sind bezüglich der Belastungswirkungen gleichheitsrechtlich nur in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich gebunden und haben insofern auf verschiedene Vergleichsmaßstäbe zurückgegriffen. Und auch interkommunale Belastungsverschiebungen sind deshalb gleichheitsrechtlich ohne Belang. Darüber hinaus fehlt es den meisten Modellrechnungen für die verkehrswertabhängigen Modelle vor allem am Referenzpunkt in Gestalt „des“ jeweiligen Verkehrswertes des konkreten Vergleichsobjektes, der zum Bewertungsstichtag mangels Veräußerungsvorgangs regelmäßig unbekannt ist und der auch wohl nur selten in zeitlicher Nähe hierzu auf Grundlage der ImmoWertV konkret ermittelt worden sein dürfte, zu der die aufgrund des jeweiligen Grundsteuergesetzes erzeugten Grundsteuerbelastungen in Relation ge510  Beispielsweise

Bräutigam/Spengel/Winter, DB 2020, 2090 ff.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

setzt werden könnten.511 Mit wenigen Ausnahmen512 beziehen sich die Berechnungen durchweg nicht auf die Abweichungen von einer etwaigen „Verkehrswertspanne“. Aber auch ohne Veräußerungsvorgang als Vergleichsmaßstab verbleibt es selbst in diesen Fällen bei der bereits beschriebenen Ungewissheit, dass immer noch ein Simulationsvorgang auf Grundlage der ImmoWertV mit einem solchen auf Grundlage der grundsteuerrechtlichen Bewertungsverfahren verglichen wird. Deshalb können die Beispielrechnungen zwar durchaus rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlungen andeuten, darüber hinaus aber keine weitergehenden Konsequenzen sowohl für die Identifizierung von Ungleichbehandlungen als auch deren Rechtfertigungsprüfung und -grenzen liefern. Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, ist es vorzugswürdig, sich auf die qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen zu fokussieren. dd) Rechtfertigung grundsteuerrechtlicher Ungleichbehandlungen aufgrund der gesetzgeberischen Typisierungen (1) Grundsteuer und Vereinfachung nach der Grundsteuerreform Die im obigen Sinne grundsteuerrechtlich relevanten Ungleichbehandlungen bedürfen der Rechtfertigung durch hinreichende sachliche Gründe. Der konkrete Rechtfertigungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts in einer erneuten Grundsteuerentscheidung lässt sich freilich nicht prognostizieren, deshalb soll der hiesigen Rechtfertigungsprüfung im Rahmen der Ausgestaltung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrunde liegen, in deren Rahmen die grundsteuerspezifischen Besonderheiten, wie insbesondere die geänderten Reformumstände, entsprechend gewichtet werden können. Eine Rechtfertigung kann für Fiskalzwecknormen nur über die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers aus dem legitimen Grund der Verwaltungsvereinfachung gelingen.513 Das alte Grundsteuerrecht auf Basis der Einheitsbewertung war bereits in besonderem Maße von dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung geprägt: Denn nicht nur war die Besteuerung des Grundbesitzes historisch zu511  Fuest et al., Grundsteuer, S. 17 ff.; nur für ein Äquivalenzmodell, weil für ein Verkehrswertmodell keine ausreichende Datengrundlage vorhanden ist Nehls/Scheffler, IFSt Schrift 503, S. 37 ff. 512  Maiterth/Lutz, StuW 2019, 22 ff.; Löhr, ZKF 2019, 169 (172), die Belastungswirkungen in Relation zum Verkehrswert aus der Tabelle 3 sind sodann vielmehr freiheitsrechtlich besonders zu würdigen, dazu B.IV.5. 513  BVerfG v. 05.11.2014, 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (375 f.); v. 23.06.2015, 1 BvL 13/11 u. a., BVerfGE 139, 285 (313).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen133

nächst lange Zeit dem Umstand geschuldet, dass die Erfassung individueller Leistungsfähigkeit nur in geringfügigem Maße möglich war, sondern der Einheitswert selbst war ebenso Ausdruck einer besonderen Entscheidung des Bundesgesetzgebers zugunsten weitreichender Verwaltungsvereinfachung, sollten doch gerade mit einem Grundbesitzwert eine Vielzahl hieran anknüpfender Steuerarten bedient werden.514 Der Einheitswert wurde außerdem gerade deshalb lange Zeit für verfassungsgemäß gehalten, weil die festgestellten Grundbesitzwerte erheblich hinter dem gemeinen Wert des Grundstücks zurückblieben.515 Letzteres kann gleichheitsrechtlich allerdings nur so lange ohne Bedeutung bleiben, wie die Einheitswerte gleichmäßig hinter dem Verkehrswert zurückbleiben, denn dann würden hierdurch keine rechtfertigungsbedürftigen Wertverzerrungen zwischen den Steuerpflichtigen hervorgerufen.516 Nichtsdestotrotz setzt das Grundgesetz dem Grundsteuergesetzgeber Schranken in Ansehung seiner Typisierungsbefugnis: Schon seit den sog. Einheitswertbeschlüssen zur Vermögen- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer aus dem Jahr 1995 stand höchstrichterlich fest, und dieser Gedanke wurde im Grundsteuerurteil vom 10.04.2018 für die Grundsteuer nochmals ausdrücklich bestätigt, dass das legitime Interesse an Verwaltungsvereinfachung nicht jedwede Typisierung im Rahmen der Bewertung rechtfertigen kann.517 Zwar kann der Gesetzgeber Massenvorgänge aus Praktikabilitätsgründen typisieren.518 Typisierungen im Rahmen der konkreten Umsetzung der Belastungsentscheidung sind jedoch nur so lange verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, wie sich der Gesetzgeber auf einen hinreichenden sachlichen Grund berufen kann, er sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und die Vorteile der Typisierung in einem rechten, nach hier vertretener Auffassung angemessenen Verhältnis zur dadurch bewirkten Ungleichbehandlung stehen.519 Der Gesetzgeber darf dabei Bewertungsnormen praktikabel gestalten und auf Detailgenauigkeit in Ansehung des Bewertungsergebnisses verzichten.520

514  Zu diesem Anliegen des historischen Gesetzgebers B.I.1. sowie betreffend die Belastungsentscheidung B.IV.3.b)aa) mit weiteren Nachweisen. 515  Hofmann, DStJG 12 (1989), 145 (146 ff.), insbesondere aus freiheitsrechtlicher Sicht, um Konflikte zur Vermögensteuer zu vermeiden. 516  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 109. 517  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Leitsatz 2. 518  BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31). 519  BVerfG v. 20.04.2004, 1 BvR 1748/99, BVerfGE 110, 274 (292); v. 05.11.2014, 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (375 f.); v. 23.06.2015, 1 BvL 13/11, BVerfGE 139, 285 (313). 520  BVerfG v. 23.06.2015, 1 BvL 13/11, BVerfGE 139, 285 (313).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Fehl ginge allerdings die Annahme, die Wertungen des Bundesverfassungsgerichts aus der Grundsteuerentscheidung ließen sich ohne Weiteres auf eine Rechtfertigungsprüfung nach der Grundsteuerreform übertragen. Denn dies würde die seither gewandelten Umstände nicht hinreichend beachten: Nicht nur war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstens eine Reaktion auf jahrzehntelange bewusste gesetzgeberische Untätigkeit, die nicht einmal durch die Einheitswertbeschlüsse aus dem Jahr 1995 in gesetzgeberischen Aktionismus umgewandelt werden konnte. Auch die sog. Appellentscheidungen des Bundesfinanzhofs konnten den Gesetzgeber nicht zu einer Tätigkeit veranlassen. Gerade weil die politischen Vorstellungen über die Umsetzung einer konkreten Grundsteuerreform so verschieden waren, dass ein Konsens nahezu unmöglich schien, musste der Reformdruck erst erneut – wie schon bei der Vermögen- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer – durch das Bundesverfassungsgericht initiiert werden. Und zweitens war es aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts primär „nur“ der Verzicht auf erneute Hauptfeststellungen und die hierdurch bedingten erheblichen Wertverzerrungen, die das Diktum der Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer auf Bundesebene letztlich herbeiführten.521 Nunmehr ist seit dem Jahr 2019 aber nicht nur der Bundesgesetzgeber reformierend tätig geworden, sondern ab dem Jahr 2020 haben einige der Landesgesetzgeber (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen) eigene Grundsteuergesetze umgesetzt, andere Länder zumindest die Steuermesszahlen modifiziert (Saarland, Sachsen).522 Das Grundgesetz ermöglicht den Landesgesetzgebern dabei aber gerade, derartige Modelle in Ansehung von Belastungsentscheidung, Bemessungsgrundlage und deren Ausgestaltung zu verproben.523 Dabei liegt es im Wesen des Föderalismus und ist zugleich Ausdruck der Bindung des jeweiligen Hoheitsträgers nur in seinem eigenen Kompetenzbereich, dass verschiedene Gesetzgeber abweichende Modelle einführen wollen und werden und dies durch die Abweichungsbefugnis des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG gerade können.524 Denn länderspezifische Grundsteuermodelle sind vor allem aufgrund des immo­ bilen Steuergegenstandes hinnehmbar.525 Weil die Vorstellungen über das 521  Denn hierzu führte das BVerfG aus: „[Die] Wertverzerrungen haben ihre Ursache vor allem [Herv. d. Verf.] in der Aussetzung neuer Hauptfeststellungen […]“, BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 163. 522  Zu den Ländermodellen konzeptionell unter B.II.3. 523  Zu den formell verfassungsrechtlichen Anforderungen B.III.; von Hey, DVBl. 2022, 440 (444) treffend als „Entdeckungswettbewerb“ beschrieben. 524  Die vielfach bemängelte Rechtszersplitterung ist daher vielmehr häufige Konsequenz im föderalen Staat; dies für die Grundsteuer – allerdings vielmehr aus praktischer Sicht – kritisierend u. a. Bräutigam, DStR 2021, 1330 (1333). 525  Gleichfalls T. Schmidt, KommP spezial 2021, 120 (123).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen135

„richtige“ Grundsteuerrecht in der Vergangenheit schon so verschieden waren und weiterhin sein werden, gehen zwangsläufig die Ansichten über Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage sowie deren Ausgestaltung entsprechend weit auseinander, weshalb weitreichende politische Kompromisslösungen erforderlich sein werden.526 Das „neue“ Grundsteuerrecht musste darüber hinaus dem zeitlichen Wandel und damit vor allem den neuen technischen Möglichkeiten – bei gleichzeitig reduzierter Personalstärke der Finanzverwaltung aufgrund des demographischen Wandels – angepasst werden. Denn der jeweilige Gesetzgeber muss die für den Vollzug zur Verfügung stehenden personellen Mittel bei der Ausgestaltung seines Grundsteuermodells ebenfalls in den Blick nehmen.527 Die Grundstrukturen der Einheitsbewertung führen jedoch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück und damit einer Zeit, die ohne die heutigen technischen Möglichkeiten auskommen musste. Dass das Grundsteuerrecht dem damals noch nicht hinreichend Rechnung tragen konnte, ist evident. Nunmehr ist es aber das ausdrücklich erklärte Ziel des Bundesgesetzgebers, das Grundsteuerrecht weitestgehend an den digitalen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts auszurichten.528 Dies findet auf Bundesebene insbesondere Ausdruck in den §§ 229 Abs. 6, 247 Abs. 2 BewG, wonach die Liegenschafts­ ämter, Grundbuchämter und Gutachterausschüsse und andere Behörden ihre Informationen automatisiert an die Finanzbehörden übermitteln müssen.529 Zu diesem Ziel weitestgehender Automatisierung und Digitalisierung haben sich auch die Landesgesetzgeber verpflichtet.530 Um dabei eine gleichheitskonforme periodische Bewertung von ca. 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten überhaupt bewältigen zu können, ist Typisierung im Ausgangspunkt auf Bundes- und Länderebene zwingend geboten.531 All diesen Spezifika des Grundsteuerrechts darf sich eine verfassungsrechtliche Analyse der Grundsteuerreform nicht verschließen. In jedem Fall können die Wertungen des Bundesverfassungsgerichts nicht zum Anlass genommen werden, allein hieraus über die Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit eines etwaigen Grundsteuermodells auf Bundes- oder Länderebene zu urteilen.

526  Zum

„geänderten Reformumfeld“ auch Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 96. v. 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 (364); v. 10.04.1997, 2 BvL 77/95, BVerfGE 96, 1 (7). 528  BT-Drs. 19/11085, 81, 83. 529  Zur Automatisierungsstrategie auch Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 51 f. 530  BWLT-Drs. 16/8907, 48; BWLT-Drs. 17/1076, 16; BayLT-Drs. 18/15755, 11, 14; NdsLT-Drs. 18/8995, 1; HLT-Drs. 20/6379, 16; HmbBü-Drs. 22/3583, 7, 21. 531  Hey, ZG 2019, 297 (305). 527  BVerfG

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(2) Weitergehende Typisierungsbefugnis in Äquivalenzmodellen? Der besondere Vereinfachungsgedanke in den Äquivalenzmodellen kann aufgrund der willkürfreien Belastungsgrundentscheidung sogar grundsätzlich weitreichendere Typisierungen rechtfertigen. Denn die Anforderungen an die Rechtfertigung von Typisierungen und Pauschalierungen sind in Abhängigkeit von der jeweiligen Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers zu sehen. So ist eine äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung, wie sie den wertunabhängigen Grundsteuermodellen zugrunde liegt, schon aufgrund ihrer Besonderheiten, insbesondere der damit verbundenen Relativierung des Zusammenhangs zwischen der Nutzungsmöglichkeit beziehungsweise Kostenverursachung und den kommunalen Leistungen, zugleich eine Entscheidung zugunsten weitreichender Verwaltungsvereinfachung auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit, die auf der Ebene der Belastungsentscheidung unter Anerkennung weitreichender gesetzgeberischer Gestaltungsspielräume verfassungsrechtlich (wohl) unbeanstandet bleiben wird.532 Sofern die Landesgesetzgeber die gleichheitsrechtlichen Grenzen in Gestalt einer reinen Willkürprüfung bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der damit verbundenen Belastungsentscheidung jedoch nicht überschreiten, so muss die Legitimität dieser Entscheidung auf der Ausgestaltungsebene bei der Rechtfertigung von Abweichungen von dieser Belastungsentscheidung fortwirken, denn so wird dem damit verbundenen Vereinfachungsgedanken folgerichtig Rechnung getragen. Daher kann eine auf besondere Einfachheit angelegte Belastungsentscheidung die Typisierungsgrenzen bei der Würdigung der konkreten Ausgestaltung beeinflussen: Denn die Erweiterung der Vergleichsgruppe senkt spiegelbildlich die Anforderungen an die Rechtfertigung der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede.533 Gesehen werden muss aber, dass eine sog. Flächensteuer – wie häufig vorgebracht wird534 – nicht zwangsläufig einen geringeren Bewertungsaufwand mit sich bringt als das Bundesgrundsteuerrecht: Denn nur weil dieses auf erheblich mehr Bewertungsparameter angewiesen ist und die Rechenschritte vermeintlich komplexer wirken, führt dies nicht automatisch zu einer

532  Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung bereits B.IV.3.c). 533  Für eine solche Vorwirkung des auf Einfachheit angelegten Belastungsgrundes Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. Verf. Rn. 39 (Stand: 11/2020); in diese Richtung wohl zudem Schmehl, Äquivalenzprinzip, S. 111 f. 534  So unter anderem Hubert, StuB 2020, 552 f.; Lüdicke, BB 2019, 1436 f.; Wünsche, BB 2019, 1821 (1826); relativierend hingegen beispielsweise Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 87 f.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen137

deutlich gesteigerten Bewertungskomplexität.535 Auf Bundesebene sind nämlich die Rechenschritte ebenso automationsfähig und die übrigen – vom Steuerpflichtigen zu ermittelnden – Bewertungsparameter sind nicht aufwendiger zu erheben als in den wertunabhängigen Grundsteuermodellen, bei denen ebenso Wohn- sowie Nutzflächen als auch Grundstücks- und Gebäudeflächen erst einmal erhoben werden müssen.536 Die Grundstücksfläche ist gleichsam den Grundbuchunterlagen zu entnehmen. Im Verhältnis zur Bodenwertsteuer des Landes Baden-Württemberg und den dort erforderlichen Daten (Fläche sowie Bodenrichtwert) zeichnet sich zugunsten des Konzeptes der „Flächensteuer“ auch kein besonderer Effizienzgewinn für die Verwaltung ab.537 Denn für die Grundstücksfläche gelten die gleichen Grundsätze betreffend ihrer Ermittlungseinfachheit und die Bodenrichtwerte sind flächendeckend vorhanden oder werden entsprechend er- und übermittelt. Nur aufgrund des Wegfalls erneuter Hauptfeststellungen tritt nicht zwingend ein erheblicher Vereinfachungsgewinn ein. Denn auf Bundesebene sind durch die typisierenden Bewertungsparameter die Daten weitgehend bekannt. Alle übrigen Daten müssen nicht permanent neu erhoben werden, sodass der Aufwand sich überwiegend auf die erste Hauptfeststellung bezieht. Gerade Veränderungen in den Flächenmerkmalen sowie der Bebauung (z. B. wegen Abriss, Erweiterung o. Ä.) müssen in einem Flächenmodell ebenso nachvollzogen werden. Zumindest bei den Flächen-Lage-Modellen kommt hinzu, dass für die Ermittlung des Lagefaktors immerhin der durchschnittliche Bodenrichtwert im Gemeindegebiet fortlaufend ermittelt werden muss, um in Niedersachsen eine Feststellung der Lagefaktoren mit sich anschließender Betragsfortschreibung (§ 8 Abs. 3 NGrStG) alle 7 Jahre sowie in Hessen eine Hauptfeststellung alle 14 Jahre (§ 8 Abs. 1 HGrStG) zu ermöglichen. Die Vereinfachungseffekte sind bei wertunabhängigen Grundsteuermodellen mit Blick auf den Ermittlungsumfang gegenüber dem Bundesmodell daher überschaubar.538

535  Als nicht administrierbares „Bürokratiemonster“ bezeichnend beispielsweise Kußmaul/Schmeer, StB 2021, 121 (127) m. w. N. 536  Siehe dazu beispielsweise für die sog. Flächenmodelle die Anlage 2 der Vordrucke und Ausfüllanleitungen für die Grundsteuererklärung Bayern (VABayGrStBek) vom 18.02.2022, BayMbl. 2022 Nr. 162. 537  Ebenso T. Schmidt, DStR 2020, 249 (254). 538  Treffend daher mit Blick auf das hessische Grundsteuergesetz Löhr, BB 2020, 1687 (1691): „politisch gepflegter Mythos“; deshalb auch Barthel, DB 2018, 1161 (1162): Flächenmodell kann am wenigsten die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllen.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(3) A  nforderungen an die Grundsteuermodelle: Nicht wesentlich über dem Willkürverbot liegende strenge Rechtfertigungsanforderungen Die Anforderungen an den besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrund dürfen im Grundsteuerrecht in sämtlichen Grundsteuermodellen aufgrund der grundsteuerspezifischen Besonderheiten im Ergebnis nach dem vorstehend Erörterten nicht überbetont werden: Hierfür sprechen nicht nur die Vielzahl an zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten und somit der Massenfallcharakter der Grundsteuer (ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten), sondern die Eigenart der Grundsteuer als Objektsteuer und damit das Vorliegen rein objektiver und gerade nicht personenbezogener (subjektiver) Ungleichbehandlungen.539 Somit wird nicht an personenbezogene Merkmale angeknüpft und eine Nähe zu den Kriterien des Art. 3 Abs. 3 GG besteht nicht. Die geänderten Reformumstände dürfen zudem nicht unbeachtet bleiben: Die Grundsteuer muss und soll an geänderte technische Möglichkeiten angepasst werden, die bei realiter abnehmender Personalausstattung und gleichzeitig neueren technischen Möglichkeiten eine Fortentwicklung des Rechts ermöglichen sollen, welches sich dem digitalen Wandel und seinen Eigenheiten nicht verschließt. Hinzu kommt, dass sowohl in verkehrswertabhängigen Grundsteuermodellen als auch in den Äquivalenzmodellen aufgrund ihrer spezifischen Eigenarten den quantitativen Ungleichbehandlungen allenfalls eine Indizwirkung für die Identifizierung grundsteuerrechtlich rechtfertigungsbedürftiger qualitativ-systematischer Ungleichbehandlungen zukommen kann.540 Orientiert sich der Gesetzgeber an den besonderen Wirkungen seiner abstrakt verfassungsrechtlich tauglichen Belastungsentscheidung und setzt diese dann konsequent um, kann es ihm gelingen, Typisierungsgrenzen besonders weitreichend auszunutzen. „Grund und Grenzen“ der Typisierung sind deshalb miteinander verbunden.541 Zu berücksichtigen ist zudem, dass – wie nachfolgend542 noch zu erörtern sein wird – Art. 14 GG im Grundsteuerrecht eine gewisse Schranken­ ziehungskraft entfalten kann, die die ansonsten freiheitsrechtlich geringe Effektuierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes steuerbereichsspezifisch zumindest teilweise zurücknimmt, sodass die freiheitsrechtlichen Beeinträchtigungen – einerseits gerade deshalb, andererseits aufgrund der ausschließ­ lichen Betroffenheit von Art. 14 GG (oder subsidiär Art. 2 Abs. 1 GG) – ge539  Siehe im Zusammenhang mit dem Art. 118 BayVerf und dem BayGrStG Drüen, BayVbl. 2023, 253 (258). 540  Zur Begründung bereits B.IV.4.d)aa) bis cc). 541  Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 39 (Stand: 11/2020); zur Bedeutung für die Äquivalenzmodelle bereits B.IV.4.d)dd)(2). 542  Dazu B.IV.5.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen139

ringfügiger sind, was zugleich die gleichheitsrechtlichen Typisierungsgrenzen erweitern kann, denn sie entlasten die Steuerrechtsanwender zudem von der Ermittlung sämtlicher Einzelfallbesonderheiten und schützen hierdurch die Privatsphäre des Steuerpflichtigen, weil weitreichende Sachverhaltsermittlung in seinem Privatbereich obsolet wird.543 Zugleich werden die Verwaltungsressourcen geschont. Außerdem unterscheidet sich die Grundsteuer von einer allgemeinen Vermögensteuer insbesondere dadurch, dass nur die Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens zu bewerten sind. Für diese ist, anders als bei der Notwendigkeit zur Erfassung sämtlicher Vermögensgegenstände im Rahmen der Vermögensteuer, eine vollständige Erfassung möglich und mit geringem Aufwand sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen als auch der Finanzverwaltung verbunden.544 Darüber hinaus besteht bei den verschiedenen Grundstücksarten des Bundesgrundsteuerrechts eine besondere Nähe zur Ebene des Steuergegenstandes, weil hierdurch eine Differenzierung nach Nutzungsarten vorgenommen wird, wie es auch schon § 2 GrStG mit der Unterscheidung zwischen Landund Forstwirtschaft und den Grundstücken zum Ausdruck bringt. Wohnnutzung ist dabei etwas anderes als die Nichtwohnnutzung und beides unterscheidet sich wiederum von der Nutzung eines unbebauten Grundstückes. Dies zeigt sich gerade in den verschiedenen Grundstücksarten, für die verschiedene Bewertungsverfahren zur Anwendung gelangen. Das Bundesverfassungsgericht erachtet es zwar für unzulässig, Begünstigungen bereits auf der Bewertungsebene zu verankern.545 Dies schließt es allerdings nicht aus, dass insoweit jedenfalls dann die Rechtfertigungsanforderungen näher an diejenigen einer reinen Willkürprüfung heranreichen, eben weil eine sachliche Nähe zur Steuergegenstandsebene besteht. Bei der Grundsteuer geht es außerdem nur um den Grundbesitz und damit eine Vermögensart. Dies streitet in Ansehung der Vergleichbarkeit sämtlicher Grundstücke jedenfalls dafür, bei der Vergleichbarkeit großzügigere gesetzgeberische Spielräume zuzulassen. Die Anforderungen an den hinreichenden sachlichen Grund können deshalb nicht wesentlich über denen eines reinen Willkürmaßstabes liegen. Erkennt man darüber hinaus die außersteuerrechtlichen Wirklichkeiten einer verkehrswertorientierten Bewertung einerseits und die Quantifizierungsprobleme andererseits an, dann muss für die Rechtfertigung der (Gesamt-)Bewertungskonzepte ausreichend sein, dass der Gesetzgeber letztlich ein in sich 543  BVerfG v. 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (310); Seer, BB 2021, 1433 (1436). 544  Zu diesen Differenzen zwischen Grundsteuer und Vermögensteuer schon Loritz, DStR-Beih. 1995, 3 (16 f.). 545  BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (34 f.).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

schlüssiges Grundsteuergesamtkonzept vorweisen kann, welches bei den verkehrswertorientierten Grundsteuermodellen die außersteuerrechtliche Bewertungspraxis auf Grundlage der ImmoWertV nicht vollständig außer Acht lässt, bei den wertunabhängigen „Äquivalenzmodellen“ den Bezug zu einer Kosten- oder Nutzenrelation nicht vollständig verliert, mithin sich einer empirischen Beurteilung der Bewertungsparameter vollständig entzieht.546 ee) Rechtfertigung grundsteuerrechtlicher Lenkungsnormen Neben der Legitimität der Verwendung von Typisierungen und Pauschalierungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung547 als sachlicher Rechtfertigungsgrund für Ausnahmen von dem Gebot der folgerichtigen Umsetzung einer fiskalisch ausgerichteten Belastungsgrundentscheidung wird seitens des Bundesverfassungsgerichts die Verfolgung außerfiskalischer Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls anerkannt.548 Für eine gleichheitsrechtliche Rechtfertigung und die hierfür zur Anwendung gelangenden Anforderungen an den die Verschonung legitimierenden Gemeinwohlgrund bedarf es erneut der Unterscheidung zwischen der Ebene des grundsteuerlichen Belastungsgrundes und des Steuergegenstandes einerseits und der sich anschließenden Ausgestaltungsebene andererseits. Die grundsteuerlichen Verschonungsregelungen nach der Grundsteuer­ reform sind sämtlich der anschließenden Ausgestaltungsebene zuzuordnen: Denn die Belastungsentscheidungen des Bundes- als auch der jeweiligen Landesgesetzgeber zielen auf die Belastung der Grundsteuerpflichtigen mit der Grundsteuer als eine Gemeinlast zum Zweck der staatlichen Aufgaben­ finanzierung ab und sind deshalb primär fiskalisch ausgerichtet, sie sollen die Grundsteuer gerade nicht als Lenkungssteuer legitimieren.549 Denkbar wäre zwar durchaus, dass der jeweilige Gesetzgeber eine weitergehende Steuergegenstandsdifferenzierung innerhalb der Grundsteuer zur Verfolgung von Verschonungsregelungen vornimmt, dies entspricht allerdings weder im 546  Für verkehrswertabhängige Modelle ebenfalls Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 104; für die Einheitsbewertung schon Jakob, Bewertung des Grundbesitzes, S. 126; siehe zu den verschiedenen Bewertungsverfahren auf Bundesebene eingehend unter C.V. 547  St. Rspr, BVerfG v. 28.06.1960, 2 BvL 19/59, BVerfGE 11, 245 (254); v. 31.05.1988, 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214 (227); v. 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 (359 f.) m. w. N. 548  St. Rspr., BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (147); v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296); v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112); v. 20.04.2004, 1 BvR 1748/99, BVerfGE 110, 274 (292). 549  Zur Belastungsgrundentscheidung der Landesgesetzgeber B.IV.3.e); zum Bundesgrundsteuerrecht noch eingehend unter C.II.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen141

Rahmen der Steuermesszahlabschläge noch bei der sog. Grundsteuer C dem Willen des jeweiligen Grundsteuergesetzgebers.550 Angestrebt wird stattdessen durch einzelne Abweichungen von der fiskalisch motivierten Belastungsentscheidung die Verfolgung von Förderungs- und Lenkungszielen auf Ausgestaltungsebene.551 Weil hierdurch das fiskalisch ausgerichtete Leitprinzip in Gestalt des Leistungsfähigkeits- (auf Bundesebene sowie teilweise in ­Baden-Württemberg) oder Äquivalenzprinzips (in den übrigen Flächen- und Flächen-Lage-Modellen sowie teilweise in Baden-Württemberg) zur Erreichung der gleichheitsrechtlich geforderten Belastungsgleichheit durchbrochen wird, müssen sie sich hierfür verfassungsrechtlich rechtfertigen können.552 Das Bundesverfassungsgericht gesteht dem Gesetzgeber dabei bei der Auswahl des verfolgten Lenkungszwecks (des Förderungsziels) und damit in Ansehung der legitimen Gemeinwohlgründe sowie der hierdurch begünstigten Personengruppe einen weitreichenden Entscheidungsspielraum zu.553 Dies ist insofern sachgerecht, weil es sich regelmäßig um die Festlegung politischer Ziele handelt. Damit korrespondiert letztlich eine reine Willkürprüfung.554 Verlangt wird gleichwohl ein zusätzliches Begründungserfordernis dahingehend, dass „der Lenkungszweck mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet“ sein muss.555 Das Lenkungsziel muss daher im Gesetzestext selbst oder zumindest in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommen, um eine Umdeutung von Fiskalzweck- in Lenkungsnormen zu verhindern.556 Verhaltenssteuerung ist nämlich immer eine bewusste Entscheidung. Für die grundsteuerlichen Lenkungsnormen ist es nicht ausreichend, dass sich eine – vom Gesetzgeber nicht intendierte und artikulierte – sachgerechte Begründung überhaupt finden lässt.557 Eine ungleiche Wert­ erfassung auf Bewertungsebene als verdeckte Steuervergünstigung scheidet

550  Zu den Steuermesszahlreduktionen C.VII.2.; zur „Grundsteuer C“ unter C.VIII.3.a). 551  Zu dessen Zulässigkeit P. Kirchhof, HdBStR VIII, § 181 Rn. 218 m. w. N. 552  P. Kirchhof, StuW 2017, 3 (13); P. Kirchhof, AöR 128 (2003), 1 (47). 553  BVerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182). 554  So explizit BVerfG v. 20.04.2004, 1 BvR 1748, 99, BVerfGE 110, 274 (293 f.). 555  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148); als ein solches qualifizierend schon Kischel, in: Mellinghoff/Palm, Gleichheitssatz, 175 (186 f.). 556  BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 (238); zum Ausreichen der Nennung in den Gesetzgebungsmaterialien zudem Seer, DB 2021, 1433 (1437); sowie Breinersdorfer, StuW 2009, 211 (213). 557  Kempny, JÖR 64 (2016), 477 (481); anders als bei den Fiskalzwecknormen, siehe insbesondere in Baden-Württemberg für die Sachgerechtigkeit der Verknüpfung von Belastungsgrund mit Bemessungsgrundlage bereits B.IV.3.f)dd).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

deshalb ebenfalls aus. Eine rein tatsächliche Begünstigung oder das Nachschieben von Gründen genügen diesen Anforderungen nicht.558 Im Anschluss daran ist eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Förderungs- und Lenkungsziele nötig.559 Hat der Gesetzgeber sich nämlich einmal für ein bestimmtes Förderziel entschieden, so wird eine konsequente Umsetzung auch durch das Bundesverfassungsgericht eingefordert. Insoweit erkennt es für die steuerlichen Lenkungsnormen ebenfalls die Notwendigkeit gleichheitsgerechter Umsetzung an.560 Der Gesetzgeber muss insbesondere den Adressatenkreis sachgerecht abgrenzen, um diejenigen zu erreichen, die in Ansehung des Lenkungszwecks förderungswürdig erscheinen.561 Der Lenkungszweck darf dabei nicht bloß das Ziel der Mehreinnahmengenerierung verschleiern.562 Insbesondere darf er sich mit der Förderung nicht in einen unauflösbaren Widerspruch zu anderen Regelungsbereichen setzen.563 Verlangt wird eine zielgenaue und normklare Ausgestaltung.564 In Anlehnung an die gleichheitsrechtlichen Grundsätze muss in Ansehung der Gewichtigkeit des sachlichen Grundes bei Abweichungen von der jeweiligen Belastungsgrundentscheidung allerdings eingefordert werden, dass hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange vorliegen.565 Denn nur wenn der Gesetzgeber bereits eine solche – in Ansehung der Belastungsentscheidung spiegelbildliche – Entlastungsentscheidung auf Steuergegenstandsebene trifft, werden die Anforderungen an die gleichheitsrechtliche Bindungswirkung entsprechend reduziert. Wenn das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei der Definition der konkreten Förder- oder Lenkungsziele zunächst aber einen derart weitreichenden Gestaltungsspielraum zugesteht, werden damit – und dies entspricht der Entscheidung zugunsten des Äquivalenzprinzips und hierdurch erweiterten Typisierungsmöglichkeiten566 – zugleich die Rechtfertigungsanforderungen für die Durchbrechung der Belastungsentscheidung abgesenkt, weil im Gleichklang damit die Vergleichsgruppe durch den Gesetzgeber in weitgehendem Maße erweitert und somit eine Rechtfer­ tigung aufgrund geringerer Vergleichsmerkmale in weitergehendem Maße 558  Ebenso

P. Kirchhof, AöR 128 (2003), 1 (48). BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148); v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296). 560  BVerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182 f.). 561  BVerfG v. 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182). 562  Knöller, Besteuerung von Sollertrag und Istertrag, S. 192 f. 563  Zur sog. Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nur BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1991/95, BVerfGE 98, 106 (118 f.). 564  BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (34 f.). 565  Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.131 f. 566  Eingehend bereits B.IV.4.d)dd)(2). 559  St. Rspr.,



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen143

ermöglicht wird.567 Sofern aber die Anforderungen an die Durchbrechung der Belastungsgrundentscheidung konsequent eingehalten werden sollen, muss bereits der Sachgrund einen hinreichend gewichtigen Gemeinwohlbelang verfolgen.568 Anderenfalls wird das Erfordernis nach konsequenter Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsgrundentscheidung erheblich aufgeweicht. Denn jede Verschonungsregelung führt zu einer Einschränkung des sachgerechten Lastenverteilungsmaßstabes und damit zu einer zusätzlichen Rechtfertigungslast für den Grundsteuergesetzgeber. Die Ungleichbehandlung muss zur Erreichung des Förderungsziels geeignet, erforderlich und ange­messen sein.569 Die Vergünstigungsregelung ist geeignet, wenn sie einen Zusammenhang zum Förderziel herstellen kann, was sich daher im Ergebnis mit dem Merkmal der „tatbestandlichen Vorzeichnung“ des Lenkungsziels, wie es auch das Bundesverfassungsgericht fordert, deckt.570 Das Förderungsziel darf zudem nicht mit milderen Mitteln gleicher Eignung ebenso zu erreichen sein. Dabei ist somit insbesondere von Belang, ob erhebliche Gemeinwohldefizite zu befürchten wären, wenn die Vergünstigung nicht gewährt würde.571 Zuletzt dürfen die Nichtbegünstigten nicht unangemessen benachteiligt werden, womit eine Abwägung zwischen den verfolgten Belangen und den damit einhergehenden Ungleichbehandlungen vorzunehmen ist.572 Wenn die Verschonungsregelungen isoliert betrachtet einen hinreichend gewichtigen Gemeinwohlbelang verfolgen sollten, so kann es dennoch die Summe der Begünstigungsvorschriften in ihrem Zusammenwirken sein, die die Regelbelastung nach dem fiskalisch ausgerichteten Leitprinzip zur Ausnahme werden lässt und durch diese Kumulation letztlich den Gleichheitssatz verletzt.573 Hinzu kommt das Erfordernis, dass der Gesetzgeber die Vergünstigungstatbestände widerspruchsfrei aufeinander abzustimmen hat.574 Deshalb müssen die Steuermesszahlabschläge zuletzt in ihrem Zusammenwirken gleichheitsrechtlich gewürdigt werden.575 Nur wenn sich der Gesetzgeber bereits grundlegend für den Einsatz der Steuer als Lenkungsinstrument entscheidet, ist ein Gleichlauf mit den verrin567  Zu Recht kritisch deshalb Englisch, FS Lang, 167 (206); aufgrund der Differenzierung des BVerfG noch drastischer Schwarz, FS Isensee, 949 (964): „leere und abstrakte Klausel“. 568  Englisch, FS Lang, 167 (206). 569  Für die Anwendung der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art.  3 Rn.  21 f. m. w. N. 570  Gleicher Auffassung Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 245. 571  Englisch, FS Lang, 167 (208 f.). 572  Englisch, FS Lang, 167 (208 f.). 573  Englisch, FS Lang, 167 (208 f.). 574  Englisch, FS Lang, 167 (214). 575  Dazu C.VII.4.c)cc).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

gerten Anforderungen an den Sachgrund gerechtfertigt. Die vom Gesetzgeber verfolgten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder sozialpolitischen Ziele müssen anderenfalls gerade die Durchbrechung der Belastungsgrundentscheidung tragen und nicht nur als solche legitim sein, was eine Abwägung zwischen den Sozialzwecken einerseits und den damit einhergehenden Gerechtigkeitsverlusten andererseits erforderlich macht.576 Denn mit der lediglich vereinzelten Durchbrechung der fiskalischen Belastungsgrundentscheidung geht keine eigenständige – in den Worten der Verschonung gesprochen – Entlastungsgrundentscheidung einher. Gleichwohl sind bei der nach hier vertretener Auffassung vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung die bereits erörterten grundsteuerspezifischen (Rechtfertigungs-)Besonderheiten ebenfalls zu berücksichtigen, namentlich die lediglich objektiven Ungleichbehandlungen sowie der Massenfallcharakter, sodass die Anforderungen an den hinreichenden Gemeinwohlbelang jedenfalls nicht wesentlich über den Anforderungen an den Sachgrund im Rahmen einer reinen Willkürprüfung liegen.577 Insofern kommt es letztlich zu einem Gleichlauf mit den vom Bundesverfassungsgericht angewendeten geringen Anforderungen an steuerliche Vergünstigungstatbestände, wenn danach regelmäßig nur ein Mindestmaß an zweckgerichteter Ausgestaltung verlangt wird.578 Nichts anderes gilt, wenn der Gesetzgeber aus Lenkungsgründen eine Sonderbelastung statt der Vergünstigung zulasten einer bestimmten Personengruppe schafft. In diesem Zusammenhang und anhand dieser Anforderungen sind im Fortgang der Arbeit daher die Steuermesszahlabschläge auf Bundes- (§ 15 GrStG) und Länderebene aus Gründen der Wohnraumförderung und des Denkmalschutzes sowie die sog. Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG) zur Förderung der Bebauung unbebauter baureifer Grundstücke, auch unter Einbeziehung der landesspezifischen Besonderheiten, gesondert zu würdigen.579 5. Die freiheitsrechtliche Dimension: Belastungs(-ober-)grenzen ­einer Grundsteuererhebung (Art. 14 GG) a) Überblick: Freiheitsrechtliche Aspekte der Grundsteuer Die Steuerpflicht des Bürgers ist zwar einerseits Notwendigkeit für eine freiheitliche Wirtschaftsordnung, andererseits birgt diese zugleich die Gefahr StRO I, 339 m. w. N. bereits zusammenfassend B.IV.4.d)dd)(3). 578  BVerfG v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (113 f.). 579  Eingehend zu den Steuermesszahlreduktionen C.VII. sowie zur „Grundsteuer C“ C.VIII. 576  Tipke, 577  Dazu



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen145

der unangemessenen Beschränkung der damit verbundenen Freiheiten.580 Weil sich die Freiheitsrechte im Steuerrecht jedenfalls gegenüber Fiskalzwecksteuern und einzelnen Fiskalzwecknormen mangels verminderter Grenzziehungskraft des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegen Übermaßbesteuerung grundsätzlich nicht in gleichem Maße wie in anderen Rechtsgebieten effektuieren lassen, ist Art. 3 Abs. 1 GG zum zentralen verfassungsrechtlichen (Vergleichs-)Maßstab aufgestiegen und wurde deshalb dieser Arbeit vorangestellt.581 Nichtsdestotrotz kann die Grundsteuerbelastung beim Steuerpflichtigen sowohl Belastungs- als auch Gestaltungswirkungen und damit Eingriffe in die Freiheitssphäre erzeugen, die freiheitsrechtlich zu rechtfertigen sein müssen.582 Die Freiheitsrechte setzen dem Grundsteuerzugriff des Staates daher verfassungsrechtliche Grenzen. Diese sollen nachfolgend für den grundsteuerrechtlichen Besteuerungszugriff und zugleich für das jeweilige hierfür zur Anwendung gelangende Bewertungsrecht näher konkretisiert werden. Die Gestaltungwirkungen werden dabei nur unter dem Aspekt des Einsatzes für außerfiskalische Lenkungsziele betrachtet und nur insoweit, wie sich ein möglicher Konflikt zu freiheitsrechtlichen Belastungsobergrenzen ergeben kann. Daher sind nur die sog. Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG) sowie in den Landesgrundsteuergesetzen deren Modifikationen gesondert freiheitsrechtlich zu würdigen, denn im Übrigen gewähren Bundes- und Landesgesetzgeber aus Lenkungszwecken nur Steuermesszahlreduktionen und bewirken damit eine Verringerung der Gesamtgrundsteuerbelastung, die dennoch aus gleichheitsrechtlicher Sicht beurteilt werden müssen.583 Der Grundsteuerzugriff des Staates stellt einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG dar (b)). Sowohl in Fällen der Belastungs- als auch der Gestaltungswirkungen ist im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (c)) zuvorderst der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu achten.

DStJG 12 (1989), 3 f. diesem Problem Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.182; K. Vogel, FS Döllerer, 677 (684). 582  Zu diesen grundsätzlichen Wirkungen Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 68, 93; Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 80 ff.; zum Rechtfertigungserfordernis P. Kirchhof, DStJG 15 (1993), 3 (11). 583  Zur gleichheitsrechtlichen Rechtfertigung der Steuermesszahlreduktionen C.VII. 580  Friauf, 581  Zu

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

b) Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung Steuerrecht ist klassisches öffentliches Eingriffsrecht, eine freiheitsrecht­ liche Grundsteueranalyse daher durch die abwehrrechtliche Grundrechtsfunktion determiniert. Freiheitsrechtlich können insbesondere die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG und bei Nichteröffnung eines spezielleren Schutzbereiches gegebenenfalls noch subsidiär die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG von verfassungsrechtlicher Bedeutung sein.584 Für eine freiheitsrechtliche Analyse der „Grundsteuer B“ und der „Grundsteuer C“ kommt allerdings nur die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG in Betracht: Denn das Bundesverfassungsgericht verlangt für die Annahme eines Eingriffs in den Gewährleistungsbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zumindest eine sog. objektiv berufsregelnde Tendenz585, die bei einer vollkommen berufsunabhängigen Anknüpfung der sog. Grundsteuer B sowie der sog. Grundsteuer C an den Grundbesitz – selbst in Fällen von beruflich oder gewerblich genutzten Immobilien – nicht angenommen werden kann.586 Dass unabhängig von dieser Differenzierung im belastungsintensiven steuerlichen Eingriffsrecht in jedem Fall die Freiheitsrechte betroffen sind, folgt schon daraus, dass dem Steuerpflichtigen eine Zahlungsverpflichtung durch den Grundsteuerbescheid auferlegt wird, welche er zu erfüllen hat, sofern er der ansonsten drohenden Vollstreckung (§§ 249 ff. AO) entgehen möchte.587 Sodann ist zu klären, ob Art. 14 GG oder aber lediglich Art. 2 Abs. 1 GG gegen den Grundsteuerzugriff des Staates schützt: Art. 14 GG gewährleistet neben dem Erbrecht das Eigentum. Eigentumsfähig in diesem Sinne sind alle konkreten vermögenswerten Rechtspositionen, die dem Einzelnen zu einem gewissen Zeitpunkt im Sinne eines Ausschließlichkeitsrechts zur Verfügung stehen.588 Zunächst verneinte das Bundesverfassungsgericht den freiheits584  Ebenso Jachmann-Michel, StuW 2017, 209; zur eigentumsrechtlichen Relevanz Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 426 f. m. w. N. 585  BVerfG v. 19.06.1985, 1 BvL 57/79, BVerfGE 70, 191 (214); v. 29.11.1989, 1 BvR 1402/87, BVerfGE 81, 108 (121); v. 08.04.1997, 1 BvR 47/94, BVerfGE 95, 267 (302); v. 12.10.2011, 2 BvR 236/08, BVerfGE 129, 208 (266 f.). 586  Treffend Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 43 (Stand: 11/ 2020); zum regelmäßigen Fehlen einer solchen Tendenz Papier, Der Staat 11 (1972), 483 (493 ff.). 587  Für die Grundsteuer Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 128. 588  BVerfG v. 08.03.1988, 1 BvR 1092/84, BVerfGE 78, 58 (71); v. 09.01.1991, 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (208); v. 07.12.2004, 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (107); v. 10.06.2009, 1 BvR 706/08, BVerfGE 123, 186 (258).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen147

rechtlichen Schutz gegenüber staatlichen Geldleistungspflichten vollständig589, weil nicht das Vermögen als solches geschützt werde und der Steuerpflichtige weiterhin die Wahl besitze, woraus er die Steuerschuld tilge.590 In der Folgezeit war die Rechtsprechung sodann von der (widersprüchlichen) Behauptung geprägt, der Schutzbereich sei erst bei erdrosselnder bzw. sub­ stanzbeeinträchtigender Wirkung eröffnet.591 Dies hatte zur Konsequenz, dass mit der Eröffnung des Schutzbereiches zugleich die verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Rechtsverletzung festgestellt gewesen ist. Der Grundsteuerzugriff des Staates ist jedoch ein Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG, unabhängig von der Belastungsintensität. Denn Fragen der Eingriffsintensität betreffen nach allgemeiner verfassungsrechtlicher Dogmatik die verfassungsrechtliche Rechtfertigungsebene, nicht hingegen schon die Eröffnung des Schutzbereiches. Diese Betroffenheit des Schutzbereiches des Art. 14 GG gilt – auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Vermögensteuerbeschluss aus dem Jahr 1995 – jedenfalls für Steuern, die wie die Grundsteuer an das Inne­ haben von Vermögen und damit an den ruhenden Vermögensbestand selbst anknüpfen.592 Der Bundesfinanzhof teilt diese Ansicht im Bereich des Grundsteuerrechts ebenfalls.593 Auf Ebene des Bundesgrundsteuerrechts folgt die Anknüpfung an den Vermögensbestand zuvorderst aus den Regelungen der §§ 2, 10 GrStG zum Steuergegenstand sowie der Steuerschuldnerschaft, gilt für die Landesgrundsteuergesetze über deren landesrechtliche Regelungen hierzu jedoch entsprechend.594 Es handelt sich um eine Inhalts589  BVerfG

v. 20.07.1954, 1 BvR 459/52, BVerfGE 4, 7. dazu nur Depenheuer/Froese, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 14 Rn. 164 mit weiteren Nachweisen zu Begründung und Entwicklung; dem steht mittlerweile grundsätzlich die überwiegende Auffassung der Literatur gegenüber, siehe unter anderem Friauf, DStJG 12 (1989), 3 (23 f.); P. Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 213 (237); Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 180 ff. 591  BVerfG v. 29.07.1959, 1 BvR 394/58, BVerfGE 10, 89 (116); anschließend v. 08.03.1983, 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312 (327); v. 28.11.1984, 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287 (310); und zuletzt v. 31.05.1988, 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214 (230); zu Recht kritisch hierzu auch Isensee, FS Klein, 611 (620); eingehend zur Begründung F. Kirchhof, StuW 2002, 185 (191) m. w. N. 592  Zu diesem Wandel BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (137); nach Auffassung des ersten Senats liegt immer ein Eingriff in Art. 14 GG vor, vgl. nur BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (114). 593  BFH v. 19.07.2006, II R 81/05, BStBl. II 2006, 767; zustimmend für eine Vermögensbesteuerung auch Musil, DStR 2017, 1903 (1906); zu den divergierenden Begründungsansätzen Depenheuer/Froese, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 14 Rn. 168–171; Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 346 f.; für die Grundsteuer explizit Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 43 (Stand: 11/2020). 594  Auf Länderebene siehe beispielhaft §§ 3, 10 BWGrStG; Art. 1 Abs. 1 BayGrStG; § 1 Abs. 1 HmbGrStG; § 2 Abs. 1 NGrStG; §§ 1, 3 HGrStG. 590  Siehe

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

und Schrankenbestimmung (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) und nicht um eine Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG), denn der Gesetzgeber will mit der Grundsteuererhebung trotz Anknüpfung der Steuerbelastung an den ruhenden Grundstücksbestand keine konkrete Vermögensposition zur Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten entziehen.595 c) Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung aa) Freiheitsrechtlich erforderliche Binnendifferenzierungen im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung Der Eingriff in Art. 14 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung muss sich verfassungsrechtlich rechtfertigen lassen. Zu wahren ist vor allem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Gesetzgeber hat einen legitimen Zweck in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise zu verfolgen.596 Angesprochen sind zuvorderst verfassungsrechtlich noch hinnehmbare Belastungsobergrenzen einer Grundsteuererhebung und damit Fragen der Effektuierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber einer (Übermaß-)Besteuerung. Dabei muss zwischen grundsteuerrechtlichen Fiskalzweck- und Lenkungsnormen differenziert werden. Denn gegenüber grundsteuerlichen Lenkungsnormen (hier nur relevant: die „Grundsteuer C“) lässt sich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung in weitergehendem Maße effektuieren als bei reinen Fiskalzwecknormen: Der konkrete Lenkungszweck kann dort ins Verhältnis zu den damit erreichten Gestaltungswirkungen gesetzt werden.597 Freiheitsrechtliche Belastungsuntergrenzen – insbesondere in Gestalt einer Freistellung von notwendigem Gebrauchsvermögen – sind, wie im Rahmen der Verfas-

595  Ebenso BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 Rn. 35; Friauf, DStJG 12 (1989), 3 (24); Forsthoff, VVDStRL 12 (1953), 8 (32); Englisch, StuW 2003, 237 (245); die Abgrenzung zur Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) erfolgt heute aufgrund einer streng formalisierten Sichtweise, ein Übergang der Institute bei Überschreiten einer gewissen Eingriffs-/Opferschwelle ist ausgeschlossen, dazu überblickshaft Bryde/Wallrabenstein, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 14 Rn. 89 m. w. N.; BVerfG v. 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (331 f.). 596  Zur Herleitung und dem Prüfungskanon BVerfG v. 05.03.1968, 1 BvR 579/67, BVerfGE 23, 127 (133); Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 149 ff. m. w. N. 597  Grundsätzlich Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.183; zur Differenzierung zwischen Belastungs- und Gestaltungswirkung Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 350 m. w. N.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen149

sungskonformität der Belastungsentscheidung schon festgestellt, im Grundsteuerrecht nicht zwingend geboten.598 In Ansehung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des grundsteuerrechtlichen Besteuerungszugriffs durch Fiskalzwecknormen (bb)) ist zwischen der Ebene der Belastungsentscheidung, deren Abbildung in der jeweiligen Bemessungsgrundlage sowie der Ausgestaltung selbiger in den dafür zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren zu differenzieren. Daraus folgt, dass wenn man mit den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Vermögensteuerbeschluss die (Soll-)Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als im Regelfall äußerste (noch) zumutbare Belastungsobergrenze anerkennen will ((1)), somit einen absoluten Schutz des Vermögensstammes für im Regelfall verfassungsrechtlich geboten hält, sowohl der Bundes- als auch die Landesgesetzgeber schon keine Belastungsentscheidung treffen dürften, bei deren Abbildung in der jeweiligen Bemessungsgrundlage es zu einer strukturellen Substanzbesteuerung kommen würde ((2)). Ferner dürfen die Bewertungsverfahren zur Erfassung der Bemessungsgrundlage selbst nicht so ausgestaltet sein, dass diese freiheitsrechtlich maßgebliche Belastungsobergrenze strukturell überschritten würde. Dies steht zugleich im Zusammenhang mit der Frage, ob in den jeweiligen Grundsteuergesetzen durch Korrekturmechanismen in Gestalt von Erlasstatbeständen einer unzulässigen Substanzbesteuerung im Einzelfall entlastend entgegengewirkt werden kann ((3)). Auch die Gemeinden sind als Teil der mittelbaren Landesverwaltung bei ihrer Hebesatzgestaltung über Art. 1 Abs. 3 GG an Art. 14 GG und dessen Belastungsobergrenzen gebunden, denn die finale Belastungshöhe ergibt sich erst aus der Anwendung des jeweiligen Hebesatzes auf den Grundsteuermessbetrag. Zwar kann mangels Kenntnis zukünftiger Hebesätze insoweit keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden. Gleichwohl lassen sich allgemeine Vergleichsmaßstäbe aufstellen und festhalten, dass jedenfalls die Verwaltungsgerichte Art. 14 GG im Grundsteuerrecht auf Grundlage der Einheitsbewertung gegen kommunale Hebesätze bisher nicht in Stellung gebracht haben ((4)). Dies alles betrifft zunächst ausschließlich die Fiskalzwecknormen, sodass daran anschließend die Zulässigkeit der Durchbrechung der regelmäßigen sog. Sollertragsgrenze aus Gründen der Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungsziele gesondert in den Blick zu nehmen ist (cc)).

598  Hierzu bereits im Rahmen der Belastungsentscheidung unter B.IV.3.b)bb)(2) und dies gilt gleichermaßen für die Äquivalenzmodelle.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

bb) Art. 14 GG und grundsteuerrechtliche Fiskalzwecknormen (1) D  ie Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes als regelmäßige ­grundsteuerspezifische Belastungsobergrenze? Der Fiskalzweck einer jeden Besteuerung erfüllt ein legitimes Allgemeinwohlziel, soll die Besteuerung gerade die Aufgabenerfüllung zugunsten der Allgemeinheit sicherstellen.599 Zu dieser Staatsfinanzierung ist eine jede Steuer grundsätzlich geeignet.600 Die Geeignetheitsprüfung kann darüber hinaus den Steuerzugriff im Regelfall nicht begrenzen.601 Weil aber eine ­ Verknüpfung von Einnahmen- und Ausgabenseite aufgrund der Budgethoheit des Parlamentes ausscheiden muss, lässt sich regelmäßig schon nicht mehr beantworten, inwieweit unterhalb der sog. Erdrosselungsgrenze der Steuerzugriff des Staates in Ansehung der Aufgabenfinanzierung noch erforderlich und zuletzt angemessen ist.602 Damit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gegenüber einer (Übermaß-)Besteuerung nicht vollkommen wirkungslos bleibt, hat das Bundesverfassungsgericht ein Verbot erdrosselnder Besteuerung formuliert, eine solche bisher aber noch in keinem Fall angenommen.603 Erdrosselung kann dabei grundsätzlich zweierlei meinen: Einerseits bereits die Ungeeignetheit zur Einnahmenerzielung und damit zur Einnahmenfinanzierung, andererseits die Überschreitung einer noch hinnehmbaren Belastungsintensität. In ersterem Fall ist zugleich der verfassungsrechtliche Steuerbegriff nicht mehr erfüllt. Bei letzterem liegt die Schwierigkeit gerade in der Effektuierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Sinne der Konkretisierung einer etwaigen Zumutbarkeitsschwelle, die sich zugleich justiziabel begründen lässt.604

599  Zum

51 f.

Fiskalzweck eingehend Grunow, Steuerlast und Steuererhebung, S. 27 f.,

600  Dies gilt nicht in den Fällen der Erdrosslung mangels Erreichung des Einnahmenerzielungszweckes sowie der Vernichtung der Steuerquelle. 601  BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 Rn. 44; Wernsmann, NJW 2006, 1169 (1173). 602  Vgl. dazu die Art. 104 a ff. GG; hierzu Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 429; Englisch, StuW 2003, 237 (245) m. w. N. 603  BVerfG v. 09.03.1971, 2 BvR 326/69, BVerfGE 30, 250 (271); v. 25.09.1992, 2 BvL 5/91, BVerfGE 87, 153 (169); v. 08.04.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267 (300); v. 05.02.2002, 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17 (32); v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (115 ff.); anders das BVerwG bei der Kampfhundesteuer, s. BVerwG v. 15.10.2014, 9 C 8/13, BVerwGE 150, 225. 604  Jachmann-Michel, StuW 2017, 209 (213); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 3.182; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 293 (Stand: 04/2018).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen151

Der im Vermögensteuerbeschluss durch das Bundesverfassungsgericht zunächst noch aufgestellte sog. Halbteilungsgrundsatz, wonach die noch zumutbare Belastungsgrenze bei der Kumulation von Ist- und Sollertragsbesteuerung nicht überschritten sein sollte, wenn die Gesamtbelastung des Sollertrages in der Nähe der hälftigen Teilung zwischen Staat und Bürger verblieb, konnte sich zwar nicht durchsetzen.605 Dennoch erkennt das Bundesverfassungsgericht weiterhin an, dass es eine Zumutbarkeitsschwelle im Sinne der grundsätzlichen Verhältnismäßigkeitsdogmatik bereits unterhalb der Erdrosselungsgrenze geben kann.606 Aus dem Vermögensteuerbeschluss erhalten geblieben ist die Aussage zur Effektuierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber Substanzbesteuerung. Freiheitsrechtlich grundsätzlich unzulässig sei danach regelmäßig die Besteuerung der Vermögenssubstanz: „Die Vermögensteuer darf nur so bemessen werden, dass sie in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen die Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt lässt und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträge) bezahlt werden kann. Andernfalls führte eine Vermögensbe­ steuerung im Ergebnis zu einer schrittweisen Konfiskation, die den Steuerpflichtigen dadurch übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde“.607 Dogmatischer Anknüpfungspunkt zur Begründung dieses Ergebnisses ist nach überwiegender Ansicht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz608: Die sog. Vermögenskonfiskation steht nämlich letztlich der Erdrosselungswirkung gleich.609 Die Frage nach einer möglichen Konfiskation des Vermögens betrifft auch die Frage, ob eine Inhalts- und Schrankenbestimmung in eine Enteignung umschlagen kann: Nach der oben bereits erörterten strikten Trennung dieser beiden Institute führt die Belastung mit einer (Sonder-)Vermögenssteuer unabhängig von der Belastungshöhe niemals zu einer Enteignung.610 Wenn der Eingriff durch Auferlegung einer Zahlungsverpflichtung daher nur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist, so ist eine Vermögenskonfiskation im Ergebnis der Enteignung aber wirkungsgleich.611 Denn langfristig betrachtet führt eine den Vermögensstamm 605  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (138); in BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 hat sich das BVerfG wieder von der Idee einer hälftigen Belastungsobergrenze distanziert; dazu Jachmann-Michel/Vogel, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 105 Rn. 30; Musil, JÖR 64 (2016), 443 (448). 606  BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (116). 607  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (137). 608  Englisch, StuW 2003, 237 (245); Kube, DStR-Beih. 2013, 37 (44). 609  Jachmann-Michel, StuW 2017, 209 (214). 610  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 41. 611  Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 431 f.; Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S.  40 f.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

angreifende Steuer zur Vernichtung der Steuerquelle, sodass eine laufende Vermögenssubstanzbesteuerung zur Staatsfinanzierung ungeeignet wäre.612 Zwar beziehen sich die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, wie es sodann nochmals klargestellt hat, nur auf die Vermögensteuer.613 Dieser Vermögenssubstanzschutz muss für die Grundsteuer aber ebenso von Bedeutung sein, weil der Grundstückseigentümer seinen konkreten Vermögensgegenstand gerade nicht gegen einen anderen eintauschen will, mithin der Grundbesitzbesteuerung kein Veräußerungsakt am Markt zugrunde liegt.614 Insoweit geht es ebenfalls um die Besteuerung des (Teil-)Vermögens. Dies ist der wesentliche Unterschied in Ansehung der Eingriffsqualität im Ver­ hältnis sowohl zur Einkommen- als auch Erbschaft- und Schenkungsteuer, der mit Blick auf den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 GG eine Differenzierung rechtfertigen kann.615 Unter Verhältnismäßigkeitsaspekten kann deshalb ein derart weitgehender Eingriff in die Vermögenssubstanz allenfalls in Ausnahmesituationen zu rechtfertigen sein.616 Ein schonender Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz lässt sich durch eine fortlaufende Vermögenssubstanzbesteuerung nicht mehr herstellen, denn im Ergebnis stünde der Steuerpflichtige am Ende vermögenslos dar und dieser Situation könnte er sich nur durch Konsumierung des Vermögensgegenstandes entziehen.617 Soll aber die durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsgarantie den dauerhaften Vermögensbestand schützen, so kann verfassungsrechtlich zulässiger Besteuerungsgegenstand einer an den Vermögensbestand anknüpfenden Grundsteuer nur die (Soll-)Ertragsfähigkeit des Eigentums sein.618 Diese Aussagen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich daher gleichermaßen für die Grundsteuer als besonderer Vermögensteuer auf das Grundvermögen fruchtbar machen, denn sie knüpft ebenfalls an den ruhenden Vermögensbestand an, ist lediglich auf den Grundbesitz konzentriert.619 Die Grundsteuer BB 2007, 967; Kube, DStR-Beih. 2013, 37 (44). v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (108). 614  Deshalb eine geringere Sozialbindung annehmend P. Kirchhof, Steuerwerte, S. 82. 615  Zu Recht Krumm, Steuerliche Bewertung, S. 432 f. 616  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 41 f.; Englisch, StuW 2003, 237 (245); Vieten, Wiedereinführung einer Vermögensteuer, S. 94 ff. 617  Kube, DStR-Beih. 2013, 37 (44). 618  Gleicher Ansicht P. Kirchhof, Steuerwerte, S. 65 f.; Jachmann, StuW 1996, 97 (101); a. A. insb. Böckenförde, Sondervotum zu BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (159); Birk, DStJG 22 (1999), 7 (14 ff.); Musil, DB 2013, 1994 (1997). 619  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 77; als „Bruttosondervermögensteuer“ bezeichnet, Hey, ZG 2019, 297 (298); „Teil-Vermögensteuer“, so Schmehl, DStJG 35 (2012), 249 (267). 612  Kußmaul/Zabel, 613  BVerfG



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen153

ist somit in ihren Belastungswirkungen auf die typische Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes limitiert.620 Die daraus folgenden unmittelbaren Konsequenzen sind aber insbesondere gleichheits- und nicht rein freiheitsrechtlicher Natur: Dies betrifft die Frage, ob der Rückschluss von der (Soll-)Ertrags­ fähigkeit auf den Verkehrswert als Bewertungsziel überhaupt zulässig ist.621 Freiheitsrechtlich sind (nur) die hierdurch intendierten und bewirkten Belastungswirkungen zu beurteilen. Unterhalb dieser äußersten Grenze lassen sich jedoch aus freiheitsrechtlicher Sicht keine justiziablen Schranken für den grundsteuerrechtlichen Besteuerungszugriff ausmachen.622 Dieses Gebot nach freiheitsrechtlicher Effektuierung des Substanzschutzes bei Steuern auf den Vermögensbestand und die damit einhergehende Interpretation der Grundsteuer als sog. Sollertragsteuer bedingen, dass eine gesetzgeberische Konzeption der Grundsteuer als Substanzsteuer verfassungsrechtlich nicht haltbar wäre. Damit ist vor allem die Würdigung der Gesamtgrundsteuerbelastung angesprochen, die sich für die Grundsteuer immer nur dann abschließend beurteilen lässt, wenn die kommunalen Hebesätze bekannt sind. Darüber hinaus ist aber die Frage aufgeworfen, ob diese abstrakten Grundsätze schon auf den vorherigen Ebenen freiheitsrechtliche „Vorwirkungen“ erzeugen, namentlich in Ansehung der Belastungsentscheidung, deren Abbildung in der Bemessungsgrundlage sowie der hierfür konkret zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren. Dies ist uneingeschränkt zu bejahen: Denn die grundsteuerlichen Bewertungsverfahren stehen in einem untrennbaren Zusammenhang zum gewählten Belastungsgrund, müssen deshalb das Belastungsziel näherungsweise erreichen können und erzeugen selbst eine freiheitsrechtliche Rechtfertigungslage. Ferner richten sich die Anforderungen des Art. 14 GG unmittelbar an den Grundsteuergesetzgeber selbst. Darüber hinaus können die Gemeinden bei der Grundsteuer aufgrund der Einheitlichkeit der Hebesätze (vgl. § 25 Abs. 4 GrStG auf Bundesebene623) für die Grundsteuer B etwaigen strukturellen Substanzbesteuerungsgefahren grundsätzlich nur dadurch entgegenwirken, dass sie für sämtliche wirtschaftliche Einheiten auch unterhalb dieser Grenze ihren Hebesatz entsprechend reduzieren. Wenn dem Bundesgesetzgeber außerdem die Bestimmung des konkreten Steuersatzes in Gestalt des Hebesatzes aufgrund 620  So schon vor der Grundsteuerreform Eisele, DStR 2005, 1971 (1973); Kußmaul/Zabel, BB 2007, 967 (969); zur Vermögensteuer Arndt/Schuhmacher, NJW 1995, 2603; K.  Vogel, NJW 1996, 1257 (1258); Meyding, DStR 1992, 1113 f.; Seiler, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 106 Rn. 172 (Stand: 09/2017). 621  Dazu eingehend C.II. und C.III. 622  Zur beschränkten Wirkung des Art. 14 GG daher Papier, DStR 2007, 973 (975). 623  Dies gilt in den Landesgrundsteuergesetzen mangels abweichender Regelung entsprechend sowie in Baden-Württemberg aufgrund des § 50 Abs. 4 BWGrStG.

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

von Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG nicht zusteht, kann er hierüber gerade keine Korrektur bewirken. Er muss deshalb bereits auf der Bewertungsebene entsprechende Korrekturmechanismen vorsehen und nicht auf einen anderen Rechtsträger vertrauen. Daher dürfen weder die Belastungsentscheidung selbst, noch die zur Abbildung derselben in der Bemessungsgrundlage zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren die konzeptionelle Gefahr struktureller Substanzbesteuerung in sich tragen.624 Strukturelle gesetzgeberische Eingriffe in die Vermögenssubstanz sind nicht mit Art. 14 GG zu vereinbaren.625 Die Steuerpflichtigen müssen für eine Verletzung von Art. 14 GG typischerweise die Grundsteuer nicht mehr aus den Sollerträgen aufbringen können.626 Weil die Sollertragsgrenze damit eine freiheitsrechtliche Vorgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung von Eingriffen in Art. 14 GG selbst ist, müssen sich die Landesgesetzgeber mit einem auf Grundlage des Äquivalenzprinzips gerechtfertigten Grundsteuermodell an diese Belastungsobergrenze in gleichem Maße halten.627 Denn sie sind trotz einer abweichenden Landesgrundsteuer und einer damit einhergehenden Abkopplung von einem verkehrswertorientierten Grundsteuermodell samt des „Sollertragsgedankens“ dennoch über Art. 1 Abs. 3 GG an die freiheitsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 GG gebunden. Dies hat zur Konsequenz, dass die Grundsteuer sowohl bei wertunabhängigen Flächenmodellen als auch den Flächen-Lage- oder Flächen-Faktor-Modellen mit ihrer Anknüpfung an reine Flächenmerkmale sowie Äquivalenzziffern als Bemessungsgrundlage als auch in deren Modifikation durch Lagefaktoren regelmäßig aus den Sollerträgen zu bestreiten sein muss. Gleiches gilt für ein wertabhängiges Äquivalenz- und Leistungsfähigkeitsmodell in Baden-Württemberg. (2) K  onzeptionelle Auswirkungen auf wertabhängige und wertunabhängige Grundsteuermodelle (a) K  onzeptionell keine strukturell drohende Substanzbesteuerung bei wertabhängigen Grundsteuermodellen? Die wertabhängigen Grundsteuermodelle in Gestalt des Bundesgrundsteuerrechts sowie des reinen Bodenwertmodells in Baden-Württemberg, bei denen der jeweilige Gesetzgeber schon konzeptionell eine Verbindung zwischen GrStG, Einl. Rn. 131. Ergebnis zur Vermögensteuer Kube, DStR-Beih. 2013, 37 (43). 626  Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 25 m. w. N.; Drüen, in: Stenger/Loose, GrStG, GrSt u. VerfR Rn. 43 (Stand: 11/2020). 627  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 130. 624  Krumm/Paeßens, 625  Im



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen155

dem Steuergegenstand „Grundvermögen“ mit dem jeweils gewählten Belastungsgrund ([in Baden-Württemberg zumindest auch] objektiv leistungs­ fähigkeitsorientiert, Sollertragsteuer) und dessen Ausgestaltung in der anschließenden verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage durch die im Bewertungsgesetz bzw. BWGrStG vorgesehenen Bewertungsverfahren (Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren auf Bundesebene, nur Ver­ gleichswertverfahren in Baden-Württemberg) herstellt, unterliegen zunächst einmal keinen konzeptionellen Bedenken bezüglich einer verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren strukturellen Überschreitung der Sollertragsgrenze.628 Dies gilt auf Bundesebene insbesondere, sofern die absoluten Belastungswirkungen weiterhin denjenigen vor der Grundsteuerreform auf Grundlage der Einheitswerte entsprechen. Weil sich die Grundsteuerbelastung an der Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes schon per ausdrücklich getroffener Belastungsentscheidung orientiert, ist eine Substanzbesteuerung in den wertabhängigen Grundsteuermodellen konzeptionell nicht angelegt. Denn der Grundsteuerwert soll sich an einem Verkehrswert orientieren und weil der Grundsteuerwert zugleich die Sollertragsfähigkeit widerspiegeln soll, bedeutet ein höherer Verkehrswert grundsätzlich eine höhere Grundsteuerbelastung, gleichzeitig aber eine gesteigerte (Soll-)Ertragskraft des Grundbesitzes.629 In Baden-Württemberg gilt nichts anderes: Denn geringere Bodenrichtwerte gehen regelmäßig mit einer niedrigeren erzielbaren Miete und zugleich einem geringeren Verkehrswert einher und umgekehrt.630 (b) E  inzelfallkompensation der Substanzbesteuerung in den wertabhängigen Grundsteuermodellen Weil Bundesgesetzgeber und Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg die Grundsteuer als sog. Sollertragsteuer interpretieren und sich damit explizit zur regelmäßigen Einhaltung obiger Zusammenhänge verpflichten, wird es voraussichtlich nicht zu einer strukturellen Substanzbesteuerung in ihren Grundsteuermodellen kommen. Nichtsdestotrotz ist eine Substanzbesteuerung im Einzelfall denkbar. Im Bundesgrundsteuerrecht bestehen mit den §§ 32 f. GrStG jedoch verschiedene Erlassmöglichkeiten. Dem ist der badenwürttembergische Gesetzgeber mit der Schaffung der §§ 56 f. BWGrStG gefolgt. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Normen kommt zudem ein Erlass aus Billigkeitsgründen nach § 227 AO in Betracht. Dieser Rückgriff 628  Zu diesem Zusammenhang auf Bundesebene eingehend C.III.; in Baden-Württemberg B.IV.3.f)dd). 629  Zu diesem Zusammenhang Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 131. 630  Gegen eine freiheitsrechtliche Gefahr daher Seer, DB 2018, 1488 (1494).

156

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

wird in den wertabhängigen Grundsteuermodellen nicht gesperrt.631 Die Anwendbarkeit der Erlassvorschrift des § 227 AO erfordert allerdings immer, dass durch einen Erlass keine bewusste (Belastungs-)Entscheidung des Gesetzgebers durch die Exekutive rückgängig gemacht wird.632 Sowohl in Baden-Württemberg als auch im Bundesgrundsteuerrecht ist die grundsätzliche Anwendbarkeit der Erlassregelungen daher zu bejahen. Denn es wird bewusst auf ein Sollertragskonzept zurückgegriffen, welches nicht zu struktureller Substanzbesteuerung oberhalb der Sollertragsgrenze führen soll.633 (c) K  onzeptionell drohende strukturelle Substanzbesteuerung in wertunabhängigen Flächenmodellen ohne Lagefaktor? Äquivalenztheoretisch gerechtfertigte wertunabhängige Grundsteuermodelle müssen sich ebenfalls an dieser verfassungsrechtlich vorgezeichneten Belastungsobergrenze in Gestalt der (Soll-)Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes orientieren.634 Es liegt deshalb an den jeweiligen Landesgesetzgebern sicherzustellen, dass sowohl bei kosten- als auch nutzenäquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung diese Belastungsobergrenze nicht bereits aufgrund der Belastungsentscheidung und vor allem deren Abbildung in einer Bemessungsgrundlage durch die Bewertungsverfahren strukturell überschritten wird. Weil eine äquivalenztheoretische Belastungsentscheidung selbst erst einmal nicht zwingend in einen Konflikt mit Art. 14 GG betreffend die Belastungsobergrenze geraten muss, kommt es bei den wertunabhängigen Flächenmodellen gerade auf die Verknüpfung dieser Belastungsentscheidung mit der Bemessungsgrundlage in Gestalt einer reinen Flächen- und Äquivalenzzahlanknüpfung an. Mangels Anknüpfung des Grundsteuerwertes (HmbGrStG) bzw. des Äquivalenzbetrages (BayGrStG) an den Verkehrswert werden reine Flächenmodelle ohne Lagefaktor konzeptionell am ehesten in Konflikt mit Art. 14 GG geraten. Denn die finale Belastungswirkung wird auf jeder der drei Verfahrensstufen unabhängig vom Verkehrswert des jeweiligen Grundbesitzes bestimmt, wenn die Gesetzgeber für die Gestaltung der Bemessungsgrundlage lediglich auf physische Flächengrößen und Äquivalenzziffern zurückgreifen, 631  von Groll, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 61 (Stand: 01/2016); Rüsken, in: Klein, AO, § 227 Rn. 7. 632  von Groll, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 252 (Stand: 01/2016); Oellerich, in: Gosch, AO/FGO, § 227 AO Rn. 3 (Stand: 10/2020); Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 227 AO Rn. 4 (Stand: 04/2020); für die Grundsteuer explizit Krumm/Paeßens, GrStG, § 28 GrStG Rn. 24. 633  Grootens, in: Grootens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 48. 634  Dazu B.IV.5.c)bb)(1).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen157

die als „reine Rechengrößen“ schon konzeptionell keinen Wertbezug aufweisen sollen.635 Konsequenz dieser mangelnden Rückkopplung an die Verkehrswerte könnte sein, dass gerade geringwertige Grundstücke bei gleichzeitig sehr großer Fläche derart hoch belastet werden, dass die Verknüpfung der Belastungsentscheidung mit der Flächen-Bemessungsgrundlage dazu führt, dass die Grundsteuerzahllast in Relation zum Verkehrswert des Grundstücks strukturell in die Substanz des Vermögens eingreifen wird.636 Dies wird regelmäßig primär Grundstücke in kommunaler Randlage betreffen, was erneut auf den Einwand mangelnder Lagedifferenzierung in den reinen Flächenmodellen zurückzuführen ist. Einziger Korrekturmechanismus hiergegen ist in Bayern und Hamburg deshalb die angeordnete Äquivalenzzahlreduktion für „übergroße Grundstücke“ (§ 3 Abs. 1 S. 2 HmbGrStG bzw. Art. 3 Abs. 1 S. 2 BayGrStG). Diese niedrigeren Äquivalenzzahlen verstehen die Gesetzgeber aber zugleich als konsequenten Ausdruck des Äquivalenzprinzips: Eine lineare Berücksichtigung der Äquivalenzzahlen bei zunehmender Grundstücksgröße würde aus ihrer Sicht anderenfalls zu einem Ungleichgewicht zwischen der Inanspruchnahme kommunaler Leistungen und der absoluten Grundsteuerbelastung führen.637 Sie sind deshalb jedenfalls kein bewusstes gesetzgeberisches Ventil zur Verhinderung von Substanzbesteuerung, sondern aus der Sicht des jeweiligen Gesetzgebers folgerichtige Umsetzung eines Äquivalenzgedankens. Dies schließt zwar nicht aus, dass diese Wirkungen hiermit abstrakt vermieden werden können, hat jedoch in sämtlichen Äquivalenzmodellen Bedeutung für die Frage, ob der Gesetzgeber solche Wirkungen bewusst in Kauf nehmen wollte und somit für die Frage nach den Schutzvorkehrungen der jeweiligen Landesgesetzgeber gegen Substanzbesteuerung im Einzelfall.638 Denn eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung kann hierüber nicht mehr rückgängig gemacht werden. (d) D  rohende strukturelle Substanzbesteuerung auch bei Flächen-Lage-Modellen (Hessen, Niedersachsen)? Dieser Befund gilt erst einmal nur für die reinen wertunabhängigen Flächenmodelle Bayerns und Hamburgs. Denn die Flächen-Bemessungsgrundlage wird im hessischen und niedersächsischen Grundsteuergesetz um den 635  So der bayerische Grundsteuergesetzgeber in der Gesetzesbegründung, BYLTDrs. 18/15755, 17; in Hamburg HmbBü-Drs. 22/3583, 14. 636  Ebenso befürchtend T. Schmidt, DStR 2020, 249 (254 f.). 637  BYLT-Drs. 18/15755, 17; HmbBü-Drs. 22/3583, 14. 638  Zu mangelnden Korrekturmechanismen in den Grundsteuergesetzen Hessens und Niedersachsens unter B.IV.5.c)bb)(3)(d).

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

sog. Lagefaktor erweitert, der möglicherweise eine abweichende Beurteilung in Ansehung der Belastungswirkungen rechtfertigen könnte. Denn dieser „Lagefaktor“ (§ 5 NGrStG, § 7 HGrStG) könnte freiheitsrechtlich jedenfalls konzeptionell die Eignung besitzen, dem Einwand einer strukturellen Sub­ stanzbesteuerung bei geringwertigen Grundstücken entgegenzuwirken. Hierdurch wird nämlich der „Äquivalenzbetrag“ zumindest in solchen Fällen verringert, in denen der Bodenrichtwert der Bodenrichtwertzone unterhalb des durchschnittlichen Bodenrichtwerts des Gemeindegebietes liegt, was regel­mäßig gerade Grundstücke in Randlage betreffen wird.639 Gleichwohl verbleibt es aufgrund des Exponenten von 0,3 bei einer degressiven/gedämpften Wirkung. Denn ein in Relation zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde halbierter Bodenrichtwert der Bodenrichtwertzone führt lediglich zu einer Absenkung der Belastungswirkung um 20 Prozent.640 In Niedersachsen gibt es weiterhin die Möglichkeit des Abschlags für „übergroße Grundstücke“ (§ 4 Abs. 2 NGrStG) – wie in Bayern und Hamburg –, weshalb hier eine Reduzierung der Grundsteuerbelastung für solche, gleichsam regelmäßig wohl in Randlage liegende Grundstücke angeordnet ist. Dies gilt allerdings nicht für das hessische Grundsteuergesetz, weil der Gesetzgeber hier auf eine vergleichbare Regelung vollständig verzichtet hat, sodass allein auf den Lagefaktor zurückgegriffen werden muss. Auch in Niedersachsen soll diese Regelung jedoch folgerichtige Umsetzung des Äquivalenzgedankens anstelle eines bewussten Verhinderungsmechanismus gegenüber Substanzbesteuerung sein und ist somit für die Frage relevant, ob die Landesgesetzgeber Substanzbesteuerung strukturell in Kauf genommen haben oder insoweit Schutzvorkehrungen im Einzelfall vorsehen.641 (3) S  chutzvorkehrungen der (Landes-)Gesetzgeber gegenüber ­Substanzbesteuerung im Einzelfall (a) D  as Verhältnis konzeptioneller Substanzbesteuerungsgefahr zu ­gesetzgeberischen Korrekturmechanismen im Einzelgrundsteuergesetz Weil allen äquivalenztheoretischen Flächenmodellen zumindest die konzeptionelle Gefahr struktureller Substanzbesteuerung innewohnt, dabei den reinen Flächenmodellen in weitergehendem Maße als den Flächenmodellen mit Lagefaktor, stellt sich sodann die Frage, ob jedenfalls – sofern nicht bereits bei struktureller Substanzbesteuerung die Abbildung der Belastungsent639  Zu

den Lagefaktoren aus gleichheitsrechtlicher Perspektive B.IV.3.f)ff)(2). hierzu die Belastungsrechnungen in HLT-Drs. 20/6379, 19  f. sowie NdsLT-Drs. 18/8995, 22. 641  NdsLT-Drs. 18/8995, 20. 640  Siehe



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen159

scheidung in der Bemessungsgrundlage freiheitswidrig wäre – im jeweiligen Grundsteuergesetz einer im Einzelfall auftretenden Übermaßbesteuerung durch vorhandene Erlasstatbestände entgegengewirkt werden kann. § 227 AO kann dabei jedenfalls solche Fälle schon grundsätzlich nicht kompensieren, in denen die tatsächliche Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur nicht der typisierten Möglichkeit der Inanspruchnahme entspricht, denn der jeweilige Gesetzgeber hat sich für eine solch typisierende Betrachtung bewusst entschieden, sodass dessen Konzept nicht durch einen Billigkeitserlass rückgängig gemacht werden darf.642 (b) F  reiheitsrechtlicher Schutzmechanismus im bayerischen Grundsteuermodell (Art. 8 BayGrStG) Im bayerischen Grundsteuergesetz regelt Art. 8 BayGrStG einen „erweiterten Erlass“. Nach Abs. 1 S. 1 können Ansprüche aus dem Grundsteuerschuldverhältnis erlassen werden, soweit nach dem durch das BayGrStG vorgeschriebenen Systemwechsel – hin zu einem auf dem Äquivalenzprinzip beruhenden wertunabhängigen Flächenmodell – nach Lage des einzelnen Falles eine unangemessen hohe Steuerbelastung eintritt. Gemäß Abs. 1 S. 2 bleiben die §§ 163, 227 AO sowie §§ 32 bis 34 GrStG ausdrücklich unberührt. Sein Abs. 2 enthält sodann eine nicht abschließende („insbesondere“) Aufzählung von möglichen Erlasssituationen im Rahmen der Besteuerung des Grundvermögens. Der Erlasstatbestand des Art. 8 BayGrStG war in der ursprünglichen Entwurfsfassung zum BayGrStG noch nicht vorgesehen, sondern geht erst auf einen Änderungsantrag im Gesetzgebungsverfahren zurück.643 Entscheidend ist, ob diese Norm als Korrektiv für die in einem wertunabhängigen Flächenmodell ohne Lagefaktor drohende Substanzbesteuerung dienen kann. Denn die Berücksichtigung von Substanzsteuereffekten im Billigkeitswege erfordert gerade, dass der Gesetzgeber die Fälle struktureller Substanzbesteuerung nicht bewusst hingenommen hat.644 Insoweit unterscheidet sich das bayerische Flächenmodell vom Bundesmodell und dem baden-württembergischen Grundsteuermodell, bei denen der Gesetzgeber sich schon kraft seiner Belastungsentscheidung zur Ausrichtung an der Soll­ ertragskraft des Grundvermögens verpflichtet hat. Deshalb stellt sich die Frage der generellen Anwendbarkeit von § 227 AO als „Druckventil“ für Art. 14 GG dort nicht gesondert. Sofern der Gesetzgeber die drohende Sub­ 642  Mit

Blick auf § 14 HGrStG nur Krumm/Paeßens, GrStG, § 14 HGrStG Rn. 7. zur späteren Aufnahme den Änderungsantrag BYLT-Drs. 18/16068, 2. 644  von Groll, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 252 (Stand: 01/2016); Oellerich, in: Gosch, AO/FGO, § 227 AO Rn. 3 (Stand: 10/2020); Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 227 AO Rn. 4 (Stand: 04/2020). 643  Siehe

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

stanzbesteuerungswirkung seiner kostenäquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung aber erkannt hat und dennoch nicht hinreichend gegensteuert, kann ein Rückgriff auf Erlasstatbestände für derartige Fälle nicht in Betracht kommen, sodass dieser Mangel dann auf das bayerische Grundsteuergesetz insgesamt durchschlagen müsste. Diese Frage muss aufgrund der Schaffung des Art. 8 BayGrStG jedoch zugunsten des Gesetzgebers dahingehend beantwortet werden, dass er Sub­ stanzbesteuerungseffekten im Einzelfall entgegenwirken wollte: Denn der Gesetzgeber spricht im Wortlaut des Absatzes 1 einerseits von unangemessen hohen Steuerbelastungen, die aus dem Systemwechsel zu einem wertunabhängigen Grundsteuermodell resultieren. Das wird gerade die durch eine besonders einfache Flächen- und Äquivalenzzahlanknüpfung entstehenden unangemessenen Steuerbelastungen meinen.645 Dies gilt andererseits in Verbindung mit Absatz 2 Nr. 1, der solche Fälle erfassen soll, in denen sich die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit aufgrund der Grundstückslage nicht in den generellen Äquivalenzzahlen nach Art. 3 BayGrStG widerspiegeln kann.646 Somit soll Überbelastungen aufgrund der Nichtberücksichtigung eines Lagefaktors im bayerischen Flächenmodell entgegengewirkt werden. Unterstützt wird dieser Befund von den Umständen, die zur Schaffung des Art. 8 BayGrStG geführt haben: Denn dass bei wertunabhängigen Grundsteuermodellen ohne Lagefaktor eine latente Substanzbesteuerungsgefahr besteht, wurde auch schon vor der Verabschiedung des BayGrStG – insbesondere während des Gesetzgebungsverfahrens – erörtert. Nachdem die Entwurfsfassung dies zunächst unbeachtet lassen wollte, der Gesetzgeber somit Substanzbesteuerungseffekten nicht entgegenzuwirken gedachte, sollen solche Überbelastungen nunmehr über Art. 8 BayGrStG gelöst werden können.647 (c) F  reiheitsrechtlicher Schutzmechanismus im hamburgischen Grundsteuergesetz (§ 8 HmbGrStG) Das hamburgische Grundsteuergesetz kennt mit § 8 HmbGrStG ebenfalls einen weiteren Erlasstatbestand. Nach § 8 Abs. 1 HmbGrStG kann in einem besonders gelagerten, nicht rohertragsbedingten Härtefall der Anteil der „Grundsteuer B“, der auf den Grundsteuermessbetrag eines nicht zu Wohn645  Ebenfalls als Korrektiv für die Typisierungen des Flächenmodells Krumm/­ Paeßens, GrStG, Art. 8 BayGrStG Rn. 4; anders wohl Lehmann, in: Grootens, GrStG, Art. 8 BayGrStG Rn. 28, 41, der dies primär in der Belastungsrelation zum alten Grundsteuerrecht zu betrachten scheint. 646  Krumm/Paeßens, GrStG, Art. 8 BayGrStG Rn. 5. 647  Für die Erfassung dieser Fälle drohender Substanzbesteuerung von Art. 8 BayGrStG ebenfalls Krumm/Paeßens, GrStG, Art. 8 BayGrStG Rn. 6; Konrad, KommP BY 2022, 42 (46); Drüen, BayVbl. 2023, 289 (290).



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen161

zwecken genutzten Gebäudes entfällt, teilweise erlassen werden. Aus Abs. 2 ergibt sich, dass andere Erlasstatbestände unberührt bleiben sollen. Die Gesetzesbegründung nennt als Anwendungsbeispiel ein grobes Missverhältnis zwischen der Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur und der Kostenanlastung und verknüpft damit § 8 HmbGrStG mit der kostenäquivalenten Belastungsentscheidung.648 Der Sache nach handelt es sich somit um einen Billigkeitstatbestand, der – wie im BayGrStG – die Typisierungen eines wert­unabhängigen Flächenmodells in besonders gelagerten Ausnahmefällen korrigieren soll.649 Dies muss mit Blick auf Art. 14 GG und dem Verbot der Substanzbesteuerung damit gerade für solche Ausnahmefälle gelten, in denen die Grundsteuerbelastung im Einzelfall die Grenze der Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes überschreitet.650 Der hamburgische Gesetzgeber hat somit ebenfalls Möglichkeiten zur Verhinderung der Substanzbesteuerung im Einzelfall geschaffen. (d) N  iedersachsen und Hessen ohne freiheitsschützende ­Kompensationsmöglichkeit Hessen und Niedersachsen regeln in ihren Grundsteuergesetzen hingegen nur einen Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung (§§ 10 NGrStG, 14 HGrStG) und modifizieren somit § 34 GrStG. In einem nutzenäquivalenztheoretischen Grundsteuermodell kann ein Erlasstatbestand wegen einer Reinertragsminderung zunächst nur dann folgerichtig sein, wenn die Ertragsminderung als Zeichen einer Mindernutzungsmöglichkeit aufgefasst wird.651 Weil aber die Idee des (Nutzen-)Äquivalenzprinzips als Grundlage für das HGrStG sowie NGrStG ist, die Partizipation an kommunalen Leistungen abzugelten, partizipiert derjenige, bei dem die Sollertragsgrenze überschritten wird, nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch die jeweiligen Typisierungen realitäts- und relationsgerecht an den kommunalen Leistungen, sodass Substanzbesteuerungseffekte in Hessen und Niedersachsen bewusst in Kauf genommen worden sind, weil es an vergleichbaren Regelungen wie in Bayern (Art. 8 BayGrStG) oder Hamburg (§ 8 HmbGrStG) fehlt.652 Struktureller Substanzbesteuerung kann deshalb nur durch den „Lagefaktor“ oder in Niedersachsen zudem durch die Sonderregelung für „übergroße Grundstücke“ entgegengewirkt werden. 648  HmbBü-Drs. 22/3583,

18. Krumm/Paeßens, GrStG, § 8 HmbGrStG Rn. 3. 650  Krumm/Paeßens, GrStG, § 8 HmbGrStG Rn. 3. 651  So die explizite Begründung des hessischen Landesgesetzgebers, vgl. HLTDrs. 20/6379, 24; in Niedersachsen siehe NdsLT-Drs. 18/9632, 28 f. 652  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 14 HGrStG Rn. 6 f., § 10 NGrStG Rn.  6 f. 649  Ebenso

162

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(4) Kommunale Hebesatzgrenzen im Bundesgrundsteuerrecht? (a) V  ergangene Hebesätze und Gesamtbelastungen ohne freiheitsrechtliche Auswirkungen Die Hebesatzautonomie der Kommunen ermöglicht ihnen, gerade in finanziell schwierigen Zeiten, die Gemeindeeinnahmen über das Hebesatzrecht zu beeinflussen. Während im Jahr 1965 der gewogene Durchschnittshebesatz für die „Grundsteuer B“ noch bei 228 Prozent lag, betrug er im Jahr 2020 bereits 478 Prozent.653 Kommunale Hebesätze werden dabei durch eine Vielzahl an Faktoren654 beeinflusst, für eine freiheitsrechtliche Beurteilung zu­ lässiger Hebesatzhöchstgrenzen ist jedoch allein die durch diese bewirkte Gesamtbelastung entscheidend, weshalb es nicht verwundert, dass relative Hebe­satzerhöhungen freiheitsrechtlich bisher nicht beanstandet wurden. Die Hebesatzerhöhungen der Vergangenheit waren zudem zugleich die Reaktion auf die gleichbleibende Bemessungsgrundlage durch den Verzicht auf erneute Hauptfeststellungen im Rahmen der Einheitsbewertung.655 Gerade die Wertabhängigkeit der Bemessungsgrundlage führt darüber hinaus zu einer stetigen (Gesamt-)Aufkommenssteigerung auf Bundesebene und nunmehr auch in Baden-Württemberg. Die bisherige Grundsteuerbelastung hatte in der Vergan­ genheit vielfach bloßen „Bagatellcharakter“. Einerseits beträgt das Grund­ steueraufkommen lediglich rund zwei Prozent656 des Gesamtsteueraufkommens, andererseits sind die individuellen Belastungswirkungen regelmäßig für die Steuerpflichtigen überschaubar gewesen. So lag die individuelle Grundsteuerzahllast im Rahmen der Einheitsbe­ wertung wohl für Einfamilienhäuser deutschlandweit bei durchschnittlich ca. 478 € pro Jahr, für Wohnungen bei ca. 358 €. Der „Belastungskorridor“ je nach Größe der Gemeinde ( 500.000 Einwohner) für die Einfamilienhäuser in Westdeutschland zwischen ca. 285 € und 559 € und für Wohnungen zwischen ca. 159 € und 332 €. In Ostdeutschland hingegen lag die durchschnittliche Grundsteuerbelastung zwischen ca. 227 € und 322 € für Einfamilienhäuser und ca. 135 € bis 189 € für Wohnungen.657

653  Siehe dazu Statistisches Bundesamt, Realsteuervergleich, abrufbar unter h ­ ttps:// www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/Tabellen/realsteuerver gleich-zeitreihe-realsteuern.html; zuletzt abgerufen am: 15.04.2023. 654  Siehe beispielhaft die Übersicht bei Füss/Lerbs/Weigand, ZKF 2022, 49 (53). 655  Hey/Maiterth/Houben, IFSt Schrift 483, S. 22. 656  Siehe zur Aufkommensentwicklung überblickshaft Troll/Eisele, GrStG, Einf. S. 26 ff. sowie zur Kontinuität über die Zeit Andrae, IFSt Schrift 493, S. 13. 657  Fuest et al., Grundsteuer, S. 24.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen163

Selbst in größeren Städten lag die durchschnittliche monatliche Grundsteuerbelastung absolut unter 0,20 €/qm.658 Aufgrund dieser Belastungswirkungen verwundert es nicht, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit im noch geltenden Recht der Einheitsbewertung in Ansehung der freiheitrechtlichen Unzulässigkeit kommunaler Hebesatzsatzungen bisher zurückhaltend war. Dabei wurde seitens der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Art. 14 GG weder gegen die absolute Hebesatzhöhe selbst, noch den relativen prozentualen Unterschiedsbetrag zum vorherigen Hebesatz bei einer Hebesatzerhöhung effektuiert. Dies betrifft Entscheidungen zu Hebesätzen bis zu absoluten 995 Prozent659 einerseits sowie relative Hebesatzdifferenzen von über 400 Prozent660 andererseits, die als freiheitsrechtlich (noch) zulässig erachtet wurden.661 Bezüglich der relativen Hebesatzsteigerungen wurde bisher nur der allgemeine Gleichheitssatz in Stellung gebracht.662 Den Gemeinden kommt dabei insgesamt ein weites Ermessen zu, korrespondierend hierzu überprüfen die Verwaltungsgerichte lediglich, ob die Steuererhöhung willkürlich ist oder aber „erdrosselnde Wirkung“ hat.663 Willkür liegt erst dann vor, wenn die Erhöhung evident unsachlich ist, wie beispielsweise in Fällen des Einsatzes der Gemeinde zur Kapitalbildung.664 Für die Beurteilung der Hebesatzsatzungen kommt es freiheitsrechtlich daher nur darauf an, ob die hieraus resultierenden Gesamtbelastungen strukturell die sog. Sollertragsgrenze überschreiten.665

KStZ 2019, 61 (66). Darmstadt v. 18.08.2021, 4 K 2115/19, BeckRS 2021, 26873; zudem weitere Beispiele bei Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 24 sowie Lange, NvWZ 2015, 695 (699) und Ruff, ZKF 2014, 6 (9). 660  VG Gelsenkirchen v. 12.09.2013, 5 K 839/13, BeckRS2013, 56005. 661  Weitere Beispiele Grootens, in: Grootens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 49. 662  Beispielweise wurde eine Hebesatzerhöhung durch das VG Gießen (v. 16.06.2014 – 8 L 861/14.GI, LKRZ 2014, 329) als willkürlich betrachtet, weil die Gemeinde ihre anderweitigen Ertragsmöglichkeiten (hier: Straßenbeitragssatzung) nicht ausgeschöpft hat. 663  BVerwG v. 26.10.2016, 9 B 28.16, juris, Rn. 4; OVG NRW v. 16.07.2013, 14 A 2761/12, juris, Rn. 4 ff. 664  BayVGH v. 20.10.2011, 4 ZB 11.1187, juris, Rn. 11. 665  Zu dieser für Gesetzgeber und Gemeinden gleichermaßen geltenden Grenze bereits B.IV.5.c)bb)(1); für die kommunalen Hebesatzsatzungen ausdrücklich Krumm/ Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 25. 658  Heine, 659  VG

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

(b) G  rundsätze zur Neubeurteilung der Einhaltung der verfassungsrechtlich gebotenen „Sollertragsgrenze“ Diese bisher stets akzeptierten Hebesatzhöchstgrenzen können jedoch nicht ohne Weiteres auf das neue Grundsteuerrecht auf Bundesebene übertragen werden. Denn an die Stelle des bisherigen Einheitswertes tritt nunmehr der Grundsteuerwert, der zwangsläufig zu Belastungsverschiebungen, auch innerhalb der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens, führen wird. Dies ist zur Beseitigung der bestehenden gleichheitsrechtlichen Wertverzerrungen verfassungsrechtlich sogar zwingend geboten und wurde im Rahmen der Reform daher offen kommuniziert. Weil die neuen Grundsteuerwerte regelmäßig über den veralteten Einheitswerten liegen werden, wurde die Steuermesszahl erheblich nach unten angepasst.666 Eine Vergleichbarkeit zwischen altem und neuen Grundsteuerrecht wäre deshalb nur dann möglich, wenn sich die Grundsteuerwerte in vergleichbarem Maße zur Reduktion der Steuermesszahl erhöht hätten, sodass im Ergebnis ein ähnlicher Steuermessbetrag festgesetzt würde, was im Einzelfall, nicht jedoch für sämtliche Grundstücke aufgrund der Belastungsverschiebungen zwischen den Grundstücken zutreffend sein kann. Auf den absoluten Hebesatzhöchstgrenzen muss vor allem deshalb ein besonderer Fokus liegen, weil die Hebesätze in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen sind.667 Dabei darf jedoch nicht ausgeblendet werden, dass die Grundstückspreise ebenfalls erheblich angestiegen sind.668 Sofern sich ein Verhältnis vergleichbar mit dem vor der Grundsteuer­ reform ergibt, brauchen die Gemeinden jedenfalls nicht mit einer Verfassungswidrigkeitserklärung ihrer kommunalen Hebesätze wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG vor den Verwaltungsgerichten zu rechnen.669 Für diese Beurteilung kann ein von den Verwaltungsgerichten bereits bei der Überprüfung der Grundsteuerbelastung auf Grundlage der Einheitsbewertung angewandter Überprüfungsmaßstab auf die Beurteilung künftiger Grundsteuerhebesätze übertragen werden: Die Gesamtgrundsteuerbelastung bei der noch geltenden Einheitsbewertung – resultierend aus Einheitswert multipliziert mit der bisherigen Steuermesszahl und den konkreten Hebesät666  Von bisher 6 Promille auf 0,55 Promille (§ 14 GrStG) für Betriebe der Landund Forstwirtschaft sowie von 3,5 Promille auf 0,31 Promille für bebaute Wohngrundstücke sowie 0,34 Promille für unbebaute Grundstücke sowie Nichtwohngrundstücke (§ 15 Abs. 1 GrStG). 667  Zur Entwicklung Wagschal/Wolfersdorff/Andrae, IFSt Schrift 508, S. 14. 668  Färber, WD 2018, 163 f. 669  Siehe beispielhaft die Belastungsrechnungen von Löhr, ZKF 2019, 169 (172), die von einem Belastungsniveau von unter 0,3 Prozent des Verkehrswertes ausgehen.



IV. Materiell verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen165

zen – kann ins Verhältnis zum Verkehrswert beziehungsweise Ertragswert des Grundstücks gesetzt werden.670 Dieses Verhältnis kann sodann auf das Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuerbelastung ab 2025 übertragen werden.671 So lässt sich ermitteln, welche (anzupassenden) Hebesatzgrenzen sich für die Gemeinden ergeben. Sofern zudem die typische Ertragsfähigkeit der jeweiligen Grundstücksarten ermittelt werden kann, lässt sich hierdurch beurteilen, wann die verfassungsrechtlich maßgebliche Grenze der Sollertragsfähigkeit des jeweiligen Grundstücks überschritten wird. Die absoluten Hebesatzgrößen lassen sich hiermit vergleichen. cc) Anforderungen an die Durchbrechung der Sollertragsgrenze bei Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungszwecke Bei der Würdigung der grundsteuerrechtlichen Lenkungsnormen lässt sich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weitergehend effektuieren: Denn bei diesen kommt es gerade nicht auf die Zweck-Mittel-Relation von Finanzierungsinteresse einerseits und den durch die Geldzahlungsverpflichtung entstehenden Nachteilen andererseits an. Das konkrete legitime Lenkungsziel kann in Relation zu der konkreten Gestaltungswirkung und den hiermit einhergehenden Nachteilen gesetzt werden. Im Rahmen der Angemessenheit ist die Frage aufgeworfen, ob es in diesen Fällen bei der im Rahmen des Art. 14 GG gegenüber Fiskalzwecknormen zu achtenden Grenze der sog. Soll­ ertragsfähigkeit des Grundbesitzes verbleibt.672 Das ließe sich durchaus annehmen, wenn man sich nochmals die Begründung der regelmäßigen sog. Sollertragsgrenze in Gestalt der Wirkungsgleichheit von konfiskatorischer Besteuerung und Enteignung vergegenwärtigt. Dies muss freiheitsrechtlich jedoch nicht zwingend der Fall sein: Anknüpfungspunkt ist erneut der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die in dessen Rahmen gebotene Herstellung eines angemessenen Interessenausgleiches. Danach muss sich eine Durchbrechung der Sollertragsgrenze in besonders gelagerten Fällen rechtfertigen lassen, wenn der durch die jeweilige Lenkungsnorm verfolgte Lenkungszweck im Einzelfall von besonderem Gewicht ist.673 Sofern dieser legitime Zweck gewichtig ist, kann im Rahmen einer 670  So explizit VG Darmstadt v. 18.08.2021, 4 K 2115/19, BeckRS 2021, 26873 Rn. 38. 671  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 24. 672  So wohl Ronnecker, ZKF 2019, 193 (198). 673  Gleicher Ansicht (wohl) Meyding, DStR 1992, 1113 (1114); Schwarz, Vermögensteuer, S. 239; andeutend auch das BVerfG im sog. Vermögensteuerbeschluss v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (138), wonach der Vermögenssub­ stanzzugriff unter „besonderen Voraussetzungen, etwa in staatlichen Ausnahmelagen“ zulässig sei.

166

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Abwägungsentscheidung eine Substanzbesteuerung durch die Grundsteuerzusatzbelastung verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sein. Es ist die Gewichtung dieses Lenkungsziels im Einzelfall, welches die Durchbrechung legitimieren kann, mithin die Privatnützigkeit des Eigentums in weitergehendem Maße zurücktreten lässt. Ferner kann dies gerade zur Vermeidung „verfassungsrechtlicher Zielkonflikte“ geboten sein, die sich andernfalls nur schwerlich verfassungskonform auflösen ließen: Wenn nämlich Art. 14 GG dem Gesetzgeber diesbezüglich keinen Spielraum gewähren würde, wäre ein Lenkungsziel, welches zu seiner Erreichung erheblicher Mehrbelastung bedarf (wie bei der „Grundsteuer C“ in § 25 Abs. 5 GrStG), entweder freiheitsrechtlich illegitim oder gleichheitsrechtlich nicht zielführend. Ob ein hinreichender sachlicher Grund vorliegt, der die Durchbrechung der Sollertragsgrenze freiheitsrechtlich rechtfertigen kann, ist wiederum nur in Abhängigkeit vom jeweiligen Grundsteuergesetz und dort den konkreten Umständen im Einzelfall abschließend zu beurteilen.674 d) Resümee zu Art. 14 GG Die Belastung des Steuerpflichtigen mit der Grundsteuer stellt einen Eingriff in Art. 14 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Art. 2 Abs. 1 GG spielt insoweit für die Analyse der Grundsteuerreform keine Rolle. Art. 14 Abs. 1 GG begrenzt den Grundsteuerzugriff im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung grundsätzlich auf die typisierte Sollertragsfähigkeit des jeweiligen Grundstücks. Deshalb darf schon der Gesetzgeber keine Belastungsentscheidung treffen, die allein betrachtet und sodann sowohl bei ihrer Abbildung in einer Bemessungsgrundlage als auch den hierfür erforderlichen Bewertungsverfahren eine strukturelle Substanzbesteuerung bedingt. Die Gemeinden sind über Art. 1 Abs. 3 GG ebenfalls an Art. 14 GG gebunden, sodass die kommunalen Hebesätze so ausgestaltet sein müssen, dass die Vermögenssubstanz im typischen Fall in Ansehung der Gesamtbelastung unangetastet bleibt. Dies betrifft wertabhängige Modelle wie auf Bundesebene und in BadenWürttemberg als auch wertunabhängige Grundsteuermodelle in Bayern, Hessen, Hamburg und Niedersachsen gleichermaßen, wobei die Einhaltung dieser Belastungsobergrenze bei wertunabhängigen Grundsteuermodellen aufgrund der „Abkopplung“ vom Verkehrswert strengerer Überprüfung bedarf. Auf Bundesebene und in Baden-Württemberg ist diese Gefahr aufgrund der Kombination aus Belastungsentscheidung, wertabhängiger Bemessungsgrundlage als auch deren Bewertungsverfahren zumindest konzeptionell nicht zu befürchten. Diese Substanzbesteuerungsgefahr gilt zuvorderst für 674  Siehe

zu § 25 Abs. 5 GrStG auf Bundesebene C.VIII. und IX.



V. Verfassungsrechtliche Anforderungen – Fazit167

die reinen Flächenmodelle, bei denen es keine Kompensation durch einen sog. Lagefaktor gibt. Der bayerische Gesetzgeber hat mit Art. 8 BayGrStG auf die freiheitsrechtlichen Bedenken gegen sein Grundsteuermodell reagiert und einen Korrekturmechanismus gegen Substanzbesteuerung im Einzelfall geschaffen. Dies gilt für das hamburgische Grundsteuergesetz aufgrund des § 8 HmbGrStG ebenfalls. Die „Flächen-Lage-Modelle“ müssen die Einhaltung dieser Belastungsgrenzen hingegen über den Lagefaktor gewährleisten können. Daneben besteht in Bayern, Hamburg und Niedersachsen der konzeptionelle Korrekturmechanismus der Äquivalenzzahlreduktion für „übergroße Grundstücke“, der als konsequente Umsetzung eines Äquivalenzmodells verstanden wird und im HGrStG keine Anwendung findet. Die Verwaltungsgerichte sehen freiheitsrechtlich bisher keine substanzbesteuernde Wirkung durch kommunale Hebesatzsatzungen erzeugt. Gleichwohl wird in Zukunft zu beobachten sein, inwiefern die Hebesätze sich auf dem bisherigen Belastungsniveau befinden oder dieses zukünftig überschritten wird, und ob die absolute Belastung in Relation zum Verkehrswert die Schwelle der typischen Ertragsfähigkeit des jeweiligen Grundstücks überschreitet. Eine Durchbrechung der Sollertragsgrenze kann freiheitsrechtlich gerechtfertigt werden, wenn und soweit besonders gewichtige Lenkungsziele verfolgt werden. Erforderlich ist insoweit jedoch, dass sich dem Willen des jeweiligen Gesetzgebers entnehmen lässt, dass er die Gemeinden aus dem Sollertragskonzept entlassen will.675 Hierbei kommt es anschließend auf die auf Grundlage des § 25 Abs. 5 GrStG ergangenen Hebesatzsatzungen der Gemeinden an und wieviel Gewicht dem konkreten Lenkungsziel im Einzelfall zugewiesen werden kann.

V. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein verfassungsmäßiges Grundsteuerrecht auf Bundes- oder Länderebene – Fazit 1. Zur Ausgangssituation Die Gleichheitswidrigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer war aufgrund ihrer historischen Entwicklung der letzten ca. 90 Jahre von vielen schon lange Zeit vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 angenommen worden. Es brauchte nicht nur die bloßen „Apellentscheidungen“ des Bundesfinanzhofs, 675  Dies gilt beispielsweise nicht für das hessische „Grundsteuer C“-Konzept in § 13 HGrStG, dazu C.VIII.4.

168

B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

sondern erneut auch den höchstrichterlich angeordneten „Reformzwang“ des Bundesverfassungsgerichts, damit die diskutierten Reformansätze, vor allem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, durch Bundes- und Landesgesetzgeber tatsächlich in ein Gesetz transformiert wurden. 2. Zur formellen Verfassungsmäßigkeit Die Schaffung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zugunsten des Bundes in Art. 105 Abs. 2 GG hat die zuvor andauernde Kompetenz­ umfangsungewissheit bezüglich einer umfassenden Grundsteuerreform durch Verfassungsänderung beendet. Der Fokus verschiebt sich nunmehr hin zu der Frage nach der Reichweite der Abweichungsbefugnis des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG. Dazu ist festzuhalten, dass den Ländern eine umfassende Abweichungsbefugnis zusteht, die sowohl Belastungsgrund, Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage als auch die sich hieran anschließenden Bewertungsverfahren erfasst und es den Ländern deshalb ermöglicht, vollumfänglich eigene Grundsteuermodelle zu verproben, solange weiterhin an den Grund und Boden angeknüpft wird und damit eine „Grundsteuer“ vorliegt. Dies haben insgesamt sieben Bundesländer – unterschiedlich weitgehend – getan: BadenWürttemberg mit dem sog. modifizierten Bodenwertmodell und einer wertabhängigen „Nur-Boden-Bewertung“, Bayern und Hamburg mit reinen wert­ unabhängigen Flächenmodellen sowie Hessen und Niedersachsen mit ihren Flächen-Lage-Modellen. Sachsen und das Saarland weichen nur bezüglich eigener Steuermesszahlen partiell von § 15 Abs. 1 GrStG ab. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG wird für die Grundsteuerreform allenfalls geringe Bedeutung haben, bisherige Reaktionen in den Ländern auf die Anpassungen des Bundesgrundsteuerrechts verdeutlichen dies. 3. Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit a) Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) Primärer Prüfungsmaßstab für eine verfassungsgemäße Grundsteuer auf Bundes- und Länderebene ist der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in seiner steuerspezifischen Ausprägung als sog. Grundsatz der Lastengleichheit. Im Rahmen des Grundsteuerrechts kommt dem Gesetzgeber sowohl bei der Wahl des Steuergegenstandes als auch des Belastungsgrundes ein weitreichender Gestaltungsspielraum zu, der sich auf die Auswahl und Gestaltung der Bemessungsgrundlage erstreckt. Dem Gesetzgeber steht es frei, zwischen Leistungsfähigkeits- und/oder Äquivalenzprinzip (wiederum in Gestalt von Nutzen- und/oder Kostenäquivalenz) zu wählen. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Belastungsentscheidung willkürfrei in



V. Verfassungsrechtliche Anforderungen – Fazit169

der jeweiligen Bemessungsgrundlage ausgedrückt wird. Ein sog. Individualäquivalenzverständnis scheidet jedoch von vornherein wegen einer damit einhergehenden Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers aus, denn dieses wäre mit dem finanzverfassungsrechtlichen Steuerbegriff nicht in Einklang zu bringen und kann deshalb keine verfassungsrechtlich zulässige Belastungsentscheidung legitimieren. Die sich anschließende Ausgestaltung der Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften muss hingegen strengeren Gleichheitsanforderungen genügen, sodass Abweichungen von der – in der Bemessungsgrundlage willkürfrei zum Ausdruck gekommenen – Belastungsentscheidung eines hinreichenden sachlichen Grundes bedürfen. Die Anforderungen an diesen dürfen aufgrund der grundsteuerspezifischen Besonderheiten, zuvorderst des Massenfallcharakters, der aus dem Objektsteuercharakter resultierenden lediglich objektiven Ungleichbehandlungen sowie Besonderheiten eines geänderten Reform­ umfeldes und der Tatsache, dass anders als bei der Vermögen- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht verschiedene Vermögensarten, sondern „nur“ Grundstücke bewertet werden, nicht überstrapaziert werden. Die Anforderungen liegen deshalb nicht wesentlich über denen einer Willkürprüfung. Während absolute Belastungswirkungen gleichheitsrechtlich ohne Bedeutung sind, vielmehr für die freiheitsrechtlichen Belastungsobergrenzen Wirkung entfalten, stellt sich die Frage nach der Relevanz und der Quantifizierung relativer Belastungsverzerrungen. Wegen der grundsteuerspezifischen Besonderheiten sowohl in den Bundes- als auch Ländermodellen, insbesondere, dass nicht an einen Veräußerungsvorgang angeknüpft werden kann sowie der Tatsache, dass es immer nur eine „Verkehrswertspanne“ gleichsam vertretbarer Verkehrswerte des jeweiligen Grundbesitzes als Referenzpunkt für die verkehrswertabhängigen Grundsteuermodelle geben kann und Kosten- oder Nutzen aus kommunalen Infrastrukturleistungen nicht punktgenau bemessen werden können, darf ihr Aussagegehalt für den Abwägungsprozess nicht überbetont werden. Das jeweilige Gesamtkonzept des Gesetzgebers muss an dem gewählten Belastungsgrund letztlich plausibel ausgerichtet worden sein, wodurch lediglich eine gewisse Folgerichtigkeit verlangt werden kann. Diese Interpretation deckt sich auch mit den Rechtfertigungsanforderungen im Rahmen der Ausgestaltung, die allenfalls unwesentlich über einer reinen Willkürprüfung liegen können. Die Reichweite der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis korrespondiert zugleich mit der jeweiligen Belastungsentscheidung. Insbesondere in den rein äquivalenztheoretisch gerechtfertigten Modellen (Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen), aber auch in Baden-Württemberg aufgrund des Rückgriffs auf zumindest die Nutzenäquivalenz (neben dem Leistungsfähigkeitsprinzip), ist aufgrund der bereits in der Belastungsentscheidung zum Ausdruck kommenden Entscheidung für die besondere Einfachheit des je-

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

weiligen Grundsteuermodells eine weitreichendere Typisierungsbefugnis angelegt. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass sich die reinen Äquivalenzmodelle nicht durch einen besonders weitreichenden Vereinfachungseffekt gegenüber den wertabhängigen Modellen auszeichnen. Die Finanzverwaltung hat die Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften darüber hinaus gleichheitskonform zu vollziehen. Dieser Vollzugsaspekt in Gestalt der sog. Rechtsanwendungsgleichheit hat eine bedeutsame und deshalb besonders zu würdigende materiell-rechtliche Komponente, die zuvorderst erneut den Gesetzgeber betrifft: Dieser muss die materiell-rechtlichen Grundlagen schaffen, die einen strukturellen Gesamtvollzug gewährleisten. Die reinen wertunabhängigen Flächenmodelle Bayerns und Hamburgs beruhen auf einem Kostenäquivalenzverständnis. Verfassungsrechtliche Pro­ bleme folgen hierbei einerseits aus dem Rückgriff auf die Kostenäquivalenz als Belastungsentscheidung selbst sowie andererseits aus dem Fehlen einer Begründung für die konkrete Äquivalenzzahlrelation, auch wenn man den grundsätzlichen Rückgriff hierauf als „Wesensvoraussetzung“ eines Äquivalenzmodells verfassungsrechtlich wird nicht beanstanden können. Die nutzenäquivalenztheoretisch gerechtfertigten Grundsteuermodelle Hessens und Niedersachsens können hingegen einen Zusammenhang zu einer Flächenund Äquivalenzzahl-Bemessungsgrundlage plausibler darstellen. Es verbleibt allerdings bei dem Einwand der fehlenden Plausibilisierung der Äquivalenzzahlrelation. Der Rückgriff auf einen sog. Lagefaktor, der sich an einer Bodenwertrelation ausrichtet, kann unter Beachtung einer weitreichenden Typisierungsbefugnis verfassungsrechtlich legitim sein, jedoch ist hier der Rückgriff auf den Exponenten von 0,3 ohne nähere Begründung verfassungsrechtlich bedenklich, wird man hierfür doch ebenfalls eine plausible Begründung verlangen müssen, um diesen nicht von jeglicher verfassungsrechtlichen Überprüfung abzukoppeln. Die Äquivalenzzahlen beruhen letztlich nicht auf tatsächlich vorgegebenen Größen, sondern sind politisch willkürlich gewählt. Baden-Württemberg, welches als einziges Bundesland neben dem Bundesgrundsteuerrecht auf ein sog. wertabhängiges Bodenwertmodell zurückgreift, geht mit seiner Doppelbelastungsentscheidung aus Leistungsfähigkeitsprinzip und Nutzenäquivalenz einen einzigartigen Sonderweg im Rahmen der Grundsteuerreform, der sowohl abstrakt als auch in der Umsetzung in der „Nur-Boden-Bemessungsgrundlage“ gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Weil die Grundsteuermesszahlgesetze Sachsens und des Saarlandes lediglich die Messzahlen modifizieren, ergeben sich in Ansehung von Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage und deren Ausgestaltung zunächst keine Besonderheiten. Lediglich die hierdurch bewirkten Messzahldifferenzierungen zwischen den Grundstücksarten werden sich gleichheitsrechtlich rechtfertigen lassen müssen.



V. Verfassungsrechtliche Anforderungen – Fazit171

b) Freiheitsrechte (Art. 14 GG) Freiheitsrechtlich stellt der Grundsteuerzugriff des Staates einen Eingriff in Art. 14 GG in Gestalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, der verfassungsrechtlicher Rechtfertigung, zuvorderst unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit, bedarf. Weil die Grundsteuerbelastung unter Verhältnismäßigkeitsaspekten nur als sog. Sollertragsteuer zu rechtfertigen ist, bildet die (Soll-)Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes die im Regelfall verfassungsrechtlich zulässige Belastungsobergrenze, die in den jeweiligen Grundsteuergesetzen nicht strukturell überschritten werden darf. Eine Belastungsuntergrenze, insbesondere die Verschonung des sog. gebrauchsnotwendigen Vermögens, ist freiheitsrechtlich hingegen nicht zwingend geboten. Diese Obergrenze richtet sich sowohl an die Gesetzgeber bereits in Ansehung ihrer Belastungsentscheidung sowie deren Abbildung in der jeweiligen Bemessungsgrundlage durch die hierfür gewählten Bewertungsverfahren und die insofern zur Anwendung gelangenden Bewertungsparameter, aber auch an die Gemeinden über Art. 1 Abs. 3 GG im Rahmen der Hebesatzgestaltung. Denn die finale Grundsteuerbelastung ergibt sich erst durch Anwendung des jeweiligen kommunalen Hebesatzes auf den Grundsteuermessbetrag. Aufgrund der Grundkonzeption der verkehrswertabhängigen Modelle ist eine strukturelle Überschreitung dieser verfassungsrechtlichen Grenze nicht zu befürchten. Die Verwaltungsgerichte haben Art. 14 GG gegenüber absoluten als auch relativen Hebesatzerhöhungen in kommunalen Satzungen bisher freiheitsrechtlich nicht in Stellung gebracht, relative Hebesatzsteigerungen vielmehr ausschließlich gleichheitsrechtlich gewürdigt. Deshalb ist jedenfalls auf Bundesebene bei einem vergleichbaren Belastungsniveau, wie noch im Rahmen der Einheitsbewertung, eine freiheitsrechtlich nicht mehr hinnehmbare Substanzbesteuerung durch die „Grundsteuer B“ nicht zu befürchten. Es ist darüber hinaus abstrakt möglich, die konkrete Grundsteuerbelastung ins Verhältnis zum „Verkehrswert“ zu setzen und dies mit der typisierten Ertragsfähigkeit für die jeweilige Grundstücksart zu vergleichen. Dies ermöglicht zugleich die Beurteilung, welche Hebesatzerhöhungen sich noch in einem verfassungsrechtlich hinnehmbaren Bereich befinden. Ferner sind eigentumsrechtliche „Druckventile“ gegenüber Substanzbesteuerung im Einzelfall erforderlich. Auf Bundesebene findet neben den §§ 32 ff. GrStG auch § 227 AO Anwendung. Die reinen wertunabhängigen Flächenmodelle werden jedoch am ehesten in einen Konflikt zu Art. 14 GG geraten, erfolgt die Betragsermittlung doch auf sämtlichen Verfahrensstufen ohne Verkehrswertbezug. Dies betrifft vor allem besonders große Grundstücke in Randlage. Struktureller Substanzbesteuerung kann bezüglich solcher Grundstücke nur über die Äquivalenzzahlreduktion für „übergroße Grundstücke“ begegnet werden. In den „Flächen-

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B. Erster Teil: Hintergründe und Anforderungen

Lage-Modellen“ kommt als zusätzliches Vermeidungselement noch der „Lage-Faktor“ in Betracht, erreicht aber allenfalls eine gedämpfte Lageberücksichtigung. In Niedersachsen, aber nicht in Hessen, gibt es ebenfalls eine Äquivalenzzahlreduktion für „übergroße Grundstücke“. Sowohl der hamburgische (§ 8 HmbGrStG) als auch bayerische (Art. 8 BayGrStG) Gesetzgeber haben darüber hinaus Schutzmechanismen gegenüber Substanzbesteuerung im Einzelfall geschaffen, die in Hessen und Niedersachsen fehlen. Eine Durchbrechung der sog. Sollertragsgrenze ist dennoch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durch die Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungszwecke möglich. Dafür muss der Gesetzgeber jedoch erkennbar die Verwaltung aus dem Sollertragskonzept entlassen wollen. Die Durchbrechung der typischen Belastungsobergrenze aufgrund der Gewichtigkeit des jeweiligen Lenkungszweckes hängt dabei allerdings von der Bedeutung des Lenkungsziels im Einzelfall ab und ist deshalb besonders für die freiheitsrecht­ liche Beurteilung des § 25 Abs. 5 GrStG („Grundsteuer C“) von Belang, kann dort für die auf dieser Grundlage ergangenen Hebesätze jedoch erst dann vorgenommen werden, wenn die Gemeinden von diesem Instrument tatsächlich Gebrauch gemacht haben und somit auch die Baulandmobilisierungsnotwendigkeit vor Ort in den Blick genommen werden kann.

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene – verfassungsgemäße Konkretisierung steuerverfassungsrechtlicher Anforderungen? I. Überblick: Die Verfassungsrechtsfragen des Bundesgrundsteuerrechts Die im Grundlagenteil (B.) dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen aus gleichheits- (Art. 3 Abs. 1 GG) und freiheitsrechtlicher (Art. 14 GG) Sicht sind im zweiten Teil auf die neuen Grundsteuer- und Bewertungsvorschriften auf Bundesebene (§§ 15, 25 GrStG, §§ 218 ff. BewG) anzuwenden. Dabei wird erneut auf inhaltlich vergleichbare landesrechtliche Regelungen an den entsprechenden Stellen eingegangen. Festzustellen sein wird zunächst, dass der Bundesgesetzgeber sein Grundsteuerkonzept weiterhin eindeutig am sog. Sollertragskonzept ausrichtet (II.) und sich durch diese verobjektivierte Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips zu einem verfassungsrechtlich zulässigen Belastungsgrund bekannt hat.1 An diese Belastungsentscheidung knüpft weiterhin eine verkehrswertorientierte Bemessungsgrundlage in Gestalt des sog. Grundsteuerwertes an, sodass zu beantworten sein wird, ob „der“ Verkehrswert bei einem Sollertragskonzept durch die Ertragsfähigkeit der Grundstücke relationsgerecht und damit willkürfrei abgebildet werden kann und ob die zur Ermittlung des Grundsteuerwertes zur Anwendung kommenden Bewertungsverfahren überhaupt abstrakt geeignet sind, dieses Bewertungsziel relations- und damit gleichheitsgerecht zu erfassen (III.). Dazu gehören zugleich Fragen in Ansehung der Abgrenzung der verschiedenen hierfür zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren. Zuletzt muss das Bundesgrundsteuerrecht auf seine konkret verfassungsmäßige Ausgestaltung hin untersucht werden, somit, ob das Bewertungsziel in Gestalt eines verkehrswertorientierten Grundsteuerwertes – bei Verwendung vielzähliger Typisierungen und Pauschalierungen – im Detail mit Blick auf die im Grundlagenteil erarbeiteten Typisierungsgrenzen noch hinreichend relationsgerecht ermittelt wird. Hierzu gehört sowohl die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Dauer des Hauptfeststellungszeitraums (IV.) als auch die Beurteilung der Ausgestaltung der jeweiligen Bewertungsverfahren (V.), aber ebenso die Würdigung der grundsteuerlichen 1  Zur

Zulässigkeit bereits B.IV.3.b).

174

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Lenkungsnormen in Gestalt der Steuermesszahlabschläge (§ 15 GrStG und dessen landesrechtliche Entsprechungen, VII.) sowie der sog. Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG, VIII.) als Durchbrechungen der Belastungsgrundentscheidung. Strukturelle Vollzugsdefizite dürfen im neuen Grundsteuerrecht nicht mehr zu befürchten sein (VI.). Abschließend ist aus freiheitsrechtlicher Sicht festzuhalten, inwiefern § 25 Abs. 5 GrStG eine Durchbrechung der sog. Sollertragsgrenze legitimieren kann (IX.).

II. Verfassungsrechtlich zulässige objektiv leistungsfähigkeitsorientierte Belastungsentscheidung des Bundesgesetzgebers (sog. Sollertragskonzept) Der Bundesgesetzgeber hält nach der Grundsteuerreform weiterhin an der traditionellen2 (verobjektivierten) leistungsfähigkeitsorientierten Grundsteuerbelastungsgrundbegründung fest. Eindeutig erkennbar wird dies in der Gesetzesbegründung. Dort führt der Bundesgesetzgeber nämlich aus, die Bundesgrundsteuer „folge als Sollertragssteuer aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Belastungsentscheidung knüpft auch künftig an das Innehaben von Grundbesitz in Form von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Grundvermögen an und wird durch den Charakter einer Sollertragssteuer geprägt“.3 Der Bundesgesetzgeber knüpft damit einerseits an den verfassungsrechtlich zulässigen Steuergegenstand „Grundbesitz“ an und lässt andererseits erkennen, dass aus seiner Sicht der Belastungsgrund in der durch den Grundbesitz vermittelten objektiven Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, aufgrund des Innehabens des ruhenden Vermögens, begründet liegt.4 Diese objektive Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips ist aufgrund der Typisierungsbefugnis des Grundsteuergesetzgebers abstrakt weder gleichheits- noch wegen der Außerachtlassung der persönlichen Verhältnisse in Ansehung von selbstgenutztem Wohneigentum und der Vernachlässigung familiärer Besonderheiten freiheitsrechtlich (Art. 14 GG) zu beanstanden und damit sachgerechtes Leitprinzip im Grundsteuerrecht.5 Die steuerpolitische und steuersystematische Kritik, die dieser Interpretation entgegengebracht 2  Dazu Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.1 f.; zur historischen Fundierung dieser Belastungsentscheidung schon unter B.IV.3.b)aa). 3  BT-Drs. 19/11085, 80 f., 84. 4  Zustimmend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn.  17; Bräutigam/Weber, DStR 2022, 337 (338); a. A. G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1075): „keine Klarheit“; Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2508 f.); Eichholz, DStR 2020, 1158 (1161); Arning, NdsVBl. 2022, 33 (37); Marx, DFGT 2020, 69 (77, 88); zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Steuergegenstandes bereits B.IV.2. 5  Eingehend zur Verfassungsmäßigkeit dieses Belastungsgrundes B.IV.3.b)bb).



II. Belastungsentscheidung des Bundesgesetzgebers175

wird, ist dort durchaus berechtigt, auf die verfassungsrechtliche Ebene schlägt sie allerdings nicht durch.6 Zwar wird zugleich auf Äquivalenzerwägungen zurückgegriffen, indem in der Gesetzesbegründung auf die Infrastrukturleistungen der Kommunen Bezug genommen wird: „Über die Erfassung des Grund und Bodens [wird] ein Zusammenhang mit kommunalen Infrastrukturleistungen hergestellt, die durch Beiträge und Gebühren nicht vollständig abgegolten werden können und dem Grundstückseigentümer zu Gute kommen“.7 Diese Ausführungen sollen jedoch nach hier vertretener und überwiegender Auffassung in der Literatur nicht zur Begründung des Belastungsgrundes der Bundesgrundsteuer selbst dienen, sondern generell grundsteuerlegitimierende Wirkung entfalten und sind damit der eigentlichen Belastungsentscheidung vorgelagert.8 Strikt unterschieden werden muss somit zwischen der generellen Grundsteuerrechtfertigung und der Festlegung des Gesetzgebers auf ein sachgerechtes Leitprinzip im Rahmen der Einzelsteuer. Hingewiesen wird durch diese Aussage vielmehr auf die sog. Globaläquivalenz.9 Dies ist ferner vor allem der Grund dafür, dass das Aufkommen aus der Grundsteuer als Gemeindesteuer gemäß Art. 106 Abs. 6 GG den Gemeinden zusteht. Im Grundlagenteil wurde zudem bereits herausgestellt, dass es dem Gesetzgeber zwar durchaus möglich wäre, ein verkehrswertabhängiges Grundsteuermodell nutzenäquivalenztheoretisch zu begründen und somit auf der sich anschließenden Stufe eine gleichheitsgerechte Verknüpfung von äquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung mit einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage herzustellen, wie dies beispielsweise für das badenwürttembergische Grundsteuergesetz selbst ohne Einbezug der Gebäudekomponente festgestellt wurde.10 Auch unter Einbeziehung einer Gebäudekomponente würde dies gleichermaßen gelten: Denn bebaute Grundstücke weisen regelmäßig eine höhere Ertragsfähigkeit als unbebaute Grundstücke auf und diese Ertragsfähigkeit beruht insbesondere auf der Lage des Grundstücks innerhalb der Gemeinde und kann hierdurch zugleich Ausdruck eines höheren Nutzens durch eine bessere Möglichkeit zur Inanspruchnahme kommunaler 6  Zu

Recht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 20, 97. 84. 8  BT-Drs. 19/11085 81; gleicher Ansicht Hey, ZG 2019, 297 (308); Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 18; a. A. Marx, DStZ 2019, 687 (692); Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 155. 9  Zutreffend für die Bundesgrundsteuer Hey, ZG 2019, 297 (308); zum Begriff nur Kube, DStR-Beih. 2013, 37 (40); zu dieser sog. Globaläquivalenz in Unterscheidung zur konkreten äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung bereits unter B.IV.3.c)bb). 10  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 19; Hey, FS Lang, 133 (142 ff.); siehe dazu abstrakt unter B.IV.3.f)dd). 7  BT-Drs. 19/11085,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Leistungen sein. Darüber hinaus sind es gerade die Einwohner der Gemeinde, die diese Leistungen nutzen können. Weder die Gesetzgebungsmaterialien noch das Grundsteuergesetz sowie die §§ 218 ff. BewG deuten jedoch darauf hin, anders als im Grundsteuermodell des Landes Baden-Württemberg, in welchem sogar Leistungsfähigkeit und Nutzenäquivalenz ausdrücklich miteinander verknüpft werden sollen, dass dies dem Willen des Bundesgesetzgebers für die Belastungsentscheidung entsprechen würde.11 Ein derartiger – gleichwohl zulässiger – Systemwechsel hinsichtlich des Belastungsgrundes vom Recht der „alten“ Einheitsbewertung zum neuen Grundsteuerrecht lässt sich daher nicht annehmen. Der Bundesgesetzgeber hat im Unterschied zum BWGrStG nur einen Belastungsgrund in Gestalt der grundsteuerspezifischen Interpretation des Leistungs­ fähigkeitsprinzips gewählt, der abstrakt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.12

III. Gleichheitsrechtlich zulässige Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert durch die Bewertungsverfahren als solche 1. Willkürfreie Verknüpfung von (Soll-)Ertragsfähigkeit und verkehrswertorientierter Bemessungsgrundlage? An diese Belastungsentscheidung schließt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht die Notwendigkeit einer willkürfreien Verknüpfung mit der zur Anwendung gelangenden Bemessungsgrundlage in Gestalt des sog. Grundsteuerwertes an. Dabei will der Gesetzgeber an dem bisherigen Konzept des Grundsteuer- und Bewertungsrechts auch nach der Grundsteuerreform weiterhin festhalten.13 Bewertungsziel des GrStRefG sei „die Ermittlung eines objektiviert-realen Wertes innerhalb eines Wertekorridors des gemeinen Wertes im Sinne von § 9 Abs. 1 BewG“.14 Dies wird auch in der Passage deutlich, die Bewertungsverfahren müssten „strukturell geeignet sein, das dem 11  Zum BWGrStG und der „Doppelbelastungsentscheidung“ bereits B.IV.3.e)aa); zu den mangelnden Anhaltspunkten ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 18. 12  Für eine Grundsteuer als sog. Sollertragsteuer auch Kube, DStJG 37 (2014), 343 (345) m. w. N.; siehe dazu zudem bereits die Nachweise unter B.IV.3.b)bb); a.A. – jedoch ohne nähere Begründung – Preißer/Bernhardt/Wind, Grundsteuerreform, S. 22. 13  Zur alten Rechtslage siehe nur BT-Drs. IV/1488, 31; explizit dazu im Rahmen der Grundsteuerreform BT-Drs. 19/11085, 2, 77; der gemeine Wert entspricht dabei dem Marktwert im Sinne des § 194 BauGB, dazu nur BFH v. 02.02.1990, III R 173/86, BFHE 159, 505 (510). 14  BT-Drs. 19/11085, 90.



III. Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert177

Bewertungsmaßstab innerhalb des zulässigen Wertekorridors nahekommende Bewertungsziel eines objektiviert-realen Grundsteuerwerts als Bemessungsgrundlage für eine relations- und realitätsgerechte Besteuerung zu erfassen“.15 Somit geht es nicht um die Ermittlung eines Verkehrswertes, sondern eines am Verkehrswert orientierten Grundsteuerwertes. Anders als bei § 177 BewG für die Erbschaft- und Schenkungsteuer hat der Gesetzgeber dieses Ziel zwar nicht ausdrücklich gesetzlich verankert, gleichwohl kommt dies in den Gesetzgebungsmaterialien und den hierfür zur Anwendung gelangenden Bewertungsverfahren nach den §§ 218 ff. BewG zum Ausdruck. Der Bundesgesetzgeber muss daher zunächst von diesem Bewertungsziel für das jeweilige Grundstück auf die (Soll-)Ertragsfähigkeit in sachgerechter Weise rückschließen dürfen. Das Verfassungsrecht, zuvorderst die freiheitsrechtlichen Grenzen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Vermögensteuerbeschluss, gibt dem Gesetzgeber dabei aber vor, dass nur eine solche Bewertungskonzeption verfassungsrechtlich Bestand haben kann, die eine Erfassung der Erträge oder aber zumindest der typisierten (sog. Soll-)Erträge ermöglichen kann.16 Entscheidend für die gleichheitsrechtliche Zulässigkeit eines verkehrswertorientierten Ansatzes ist dann aber, ob der Gesetzgeber sich von dem folgerichtigen Ziel der Ermittlung eines Ertragswertes abwenden darf und aus dem Verkehrswert auf die (Soll-)Ertragsfähigkeit rückschließen kann, mithin eine solche Verknüpfung willkürfrei möglich ist. Auch der Bundesgesetzgeber unterstellt hierdurch, dass aus einem hypothetisch für den Grundbesitz zu erzielenden Verkaufspreis als Tauschwert typischerweise auf die (Soll-)Ertragsfähigkeit des jeweiligen Grundstücks rückgeschlossen werden kann.17 Ist Ziel der Wertermittlung die Orientierung an „einem“ – denn es gibt nicht „den einen“18 – Verkehrswert und damit einem Marktwert, dann muss sich die Bewertung konsequenterweise an dem Verhalten der Marktteilnehmer orientieren.19 Weil sich aber der Verkehrswert am Markt anhand der zukünftig erzielbaren Erträge ermitteln lässt, ist die Verknüpfung einer Soll­ ertrags-Belastungsentscheidung mit einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden.20 Denn diese Er15  BT-Drs. 19/11085,

84. eingehend bereits B.IV.5.c)bb)(1). 17  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 99. 18  Zu dieser „Spannbreitenproblematik“ bereits eingehend B.IV.4.d)bb). 19  Jachmann, StuW 1996, 97 (102); Jardin/Roscher, Immobilienwertermittlung, S. 360. 20  Für eine regelmäßige Ableitung des Verkehrswertes aus zu erwartenden Erträgen auch BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 11/02, BVerfGE 117, 1 (34); grundsätzlich zustimmend Hey, JZ 2007, 564 (566); Raupach, FS Lang, 843 (847 f.); Spengel, 16  Freiheitsrechtlich

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

tragswertmethodik beruht auf der konzeptionellen Vorstellung, aus einem nachhaltig erzielbaren Reinertrag auf den Verkehrswert des Grundstücks rückzuschließen.21 Dieser Gesichtspunkt ist vielmehr freiheitsrechtlich von Belang: Der Gesetzgeber muss die damit einhergehenden Belastungswirkungen auf ein freiheitsrechtlich hinnehmbares (Ober-)Maß begrenzen.22 Diese Grundsatzentscheidung des Bundesgesetzgebers, dass sich in dem jeweiligen zu ermittelnden Grundsteuerwert zugleich ein durch die Orientierung am gemeinen Wert als Bewertungsziel gespiegelter zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen der Steuerpflichtigen bezüglich der speziellen Grund­ stücke in ihrer Relation zueinander hinreichend realitätsgerecht abbilden lässt, kann mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz deshalb nicht als eine willkürliche Verknüpfung von Belastungsgrund und Bemessungsgrundlage eingeordnet werden und verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht.23 2. Abstrakte Tauglichkeit der Bewertungsverfahren zur Verkehrswertermittlung? Die vom Bundesgesetzgeber zur Ermittlung des Grundsteuerwertes vorgesehenen Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren) müssen sodann abstrakt dazu geeignet sein, dieses Bewertungsziel zu erreichen. Die Bemessungsgrundlage muss zu einer realitätsgerechten (hier: Wert-)Relation der Grundstücke tauglich sein.24 Ausgangspunkt dieser Beurteilung ist die verfassungsgemäße Belastungsentscheidung des Bundesgesetzgebers, wonach das Innehaben von Grundbesitz dem Eigentümer die Möglichkeit zur ertragsbringenden Nutzung und darüber eine objektivierte Leistungsfähigkeit vermittelt.25 Denn die Bewertung erfüllt keinen Selbstzweck, sondern kann immer nur in Ansehung der konkreten Belastungsentscheidung gewürdigt werden. In abstrakt-konzeptioneller Hinsicht schließt sich daher die Frage an, ob die mit der Belastungsentscheidung verbundene Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage zu einer verkehrswertorientierten Grundsteuerwertermittlung führen kann. In diesen Kontext gehören die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Grundsteuerurteil, dass „der GesetzStBW 2012, 31 (33); kritischer dazu hingegen Loritz, DStR-Beih. 1995, 3 (7); im Rahmen der Einheitsbewertung schon Zitzelsberger, FS Ritter, 661 (668). 21  Grootens, in: Grootens, GrStG, § 252 BewG Rn. 51. 22  Tipke, GmbHR 1996, 8 (10). 23  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 99; für die Zulässigkeit des Festhaltens am Verkehrswert schon Seer, DB 2018, 1488 (1491). 24  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147, Rn. 97. 25  Seer, FR 2019, 941 (946); dies wurde vom Gesetzgeber ebenfalls aufgegriffen, vgl. BT-Drs. 19/11085, 80 f.



III. Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert179

geber für … die Ausgestaltung der Regeln ihrer [Anmerkung d. Verf.: der Bemessungsgrundlage] einen großen Spielraum [hat], solange sie nur prinzipiell geeignet sind, den Belastungsgrund der Grundsteuer zu erfassen“.26 Der Bundesgesetzgeber will den verkehrswertorientierten Grundsteuerwert laut der Gesetzesbegründung „in Anlehnung an die anerkannten Vorschriften zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken auf Grundlage des Baugesetzbuches“ ermitteln.27 Dieser generelle Rückgriff auf ein Ertragswert-, Sachwert- und (mittelbares) Vergleichswertverfahren ist in Ansehung einer verkehrswertorientierten Grundsteuerwertermittlung vor dem Hintergrund, dass es sich dabei um im Rahmen der Immobilienverkehrswertermittlung anerkannte Verfahren zur Abbildung des Verhaltens der Marktteilnehmer handelt, nicht willkürlich ausgewählt.28 So teilt zudem auch der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass die Wertermittlungsverordnung (WertV29), als Vorgängerin der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), die diese Bewertungsverfahrensdifferenzierung ebenfalls schon kannte, über die Verkehrswertermittlung für das BauGB hinausgehende allgemeine Grundsätze für die Verkehrswertermittlung von Grundstücken enthalte.30 Diese Verfahren sind nach allgemeinen Grundsätzen durchaus modifizierbar, dies ist dann jedoch eine konkrete Ausgestaltungsfrage. Und an eben dieser Immobilienwertermittlungsverordnung orientiert sich der Bundesgesetzgeber bewusst für Grundsteuerzwecke.31 Die Höhe des Verkehrswertes des Grundstücks wird trotz seiner Bestimmung auf einen konkreten Wertermittlungsstichtag maßgeblich von den Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer geprägt.32 Dem Vergleichswertverfahren kommt dabei im Rahmen der außersteuerrechtlichen Bodenwert­ ermittlung unbebauter Grundstücke eine Vorrangfunktion zu.33 Trotz der Zugrundelegung zeitnaher Vergleichswerte ist das Vergleichswertverfahren dennoch ein von zukünftigen Ertragserwartungen geprägtes Wertermittlungsverfahren.34 Dabei wird insbesondere der Rückgriff auf das mittelbare Vergleichswertverfahren unter Zugrundelegung der Bodenrichtwerte zur Boden26  BVerfG

v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 98. 83. 28  Jardin/Roscher, Immobilienwertermittlung, S. 303; Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 100. 29  Wertermittlungsverordnung v. 13.12.1988, BGBl. I 1988, 2209. 30  Siehe dazu nur BGH v. 12.01.2001, V ZR 420, 99, NJW-RR 2001, 732 f. 31  BT-Drs. 19/11085, 82. 32  Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 36 f. 33  Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Syst. Darst. Vergleichswertverfahren Rn. 5; Bischoff, DS 2022, 59 (68). 34  Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 37. 27  BT-Drs. 19/11085,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

wertermittlung nicht beanstandet.35 Dies gilt somit im Grundsatz für die Bewertung unbebauter Grundstücke nach § 247 BewG gleichermaßen. Ertragswertverfahren hingegen sollen auf den Bewertungsstichtag einen Barwert künftig zu erzielender Erträge ermitteln, weshalb sie sich zuvorderst für die Verkehrswertermittlung sog. Renditeobjekte eignen.36 Sofern dabei die auf den Bewertungsstichtag marktüblich erzielbaren Ertragsverhältnisse abgebildet werden, können über die Kapitalisierung mit dem Liegenschaftszinssatz diese zukünftigen Ertragserwartungen grundsätzlich dargestellt werden, weshalb ein Ertragswertverfahren in Ansehung der Belastungsentscheidung sachgerecht ist.37 Beim Sachwertverfahren wird hingegen auf Grundlage von (im Grundsteuerrecht sodann: durchschnittlichen/typischen) Normalherstellungskosten durch Marktanpassung (über eine Wertzahl/einen Marktanpassungsfaktor) ein Verkehrswert ermittelt.38 Ein Zukunftsbezug besteht hier allerdings nur insoweit, als diese Kosten das abbilden sollen, was der Grundstückeigentümer bei zukünftiger „Nutzung an eigenen Aufwendungen erspart“.39 Außersteuerrechtlich finden sich durchaus Zweifel an der Tauglichkeit des Sachwertverfahrens zur Verkehrswertermittlung.40 Dies liegt aber vor allem an der Erforderlichkeit der Anpassung des vorläufigen Sachwertes über einen Marktfaktor, wie es in Anlehnung hieran im Bundesgrundsteuerrecht über die sog. Wertzahl des § 260 BewG geschieht.41 Häufig wird darüber hinaus auch die Eignung der Normalherstellungskosten selbst in Frage gestellt: Denn diese werden derzeit noch auf den Stand 2010 ermittelt und sodann über die Baupreisindizes42 auf den aktuellen Stand angepasst.43 Letztere Kritik betrifft daher nicht den generellen Rückgriff auf das Sachwertverfahren, sondern vielmehr die Tauglichkeit der konkreten Datengrundlage: Inso-

35  BGH

v. 04.03.1982, III ZR 156/80, NVwZ 1982, 395 (396 f.).

36  Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Syst. Darst.

Ertragswertverfahren Rn. 3. 37  Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 37. 38  Zimmermann, ImmoWertV, § 14 Rn. 6; siehe dazu die Begründung des Entwurfs der ImmoWertV 2010, BR-Drs. 171/10, 50. 39  Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 37; kritischer Zimmermann, ImmoWertV, § 21 Rn. 29. 40  Zimmermann, ImmoWertV, § 14 Rn. 11 ff. 41  Dieterich, in: Ernst et al., BauGB, § 194 BauGB Rn. 140 (Stand: 09/2010). 42  Für den 1.1.2022 in Höhe von 148,6, BStBl. I 2022, 182. 43  Kritisch vor allem Kleiber, in: Kleiber/Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Syst. Darst. Sachwertverfahren Rn. 68; teilweise findet sich jedoch die Auffassung, dies könne ausreichend über die Wertzahl kompensiert werden, so beispielsweise Bischoff, DS 2022, 59 (66).



III. Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert181

fern gilt es zu beachten, dass diese Normalherstellungskosten nunmehr bis Ende 2024 an die veränderten Verhältnisse angepasst werden sollen.44 Im Grundsteuerrecht setzt sich der Bundesgesetzgeber durch diesen Rückgriff bislang jedenfalls keiner verfassungsrechtlichen Gefährdungslage aus: Denn der Bundesfinanzhof scheint gegen das Sachwertverfahren auf Grundlage der ImmoWertV bislang keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken zu hegen. Er betont vielmehr in neuerer Rechtsprechung das gleichberechtigte Nebeneinander der Wertermittlungsverfahren sowie deren Akzeptanz für die Verkehrswertermittlung von Grundstücken.45 Und vor allem das Bundesverfassungsgericht selbst äußert ebenfalls keine Zweifel an der Eignung des Sachwertverfahrens.46 Der Gesetzgeber ist nicht lediglich auf ein Bewertungsverfahren b ­ eschränkt, denn eine realitätsgerechte Wertrelation der Wirtschaftsgüter zu gewährleisten, erfordert regelmäßig die Anwendung verschiedener Bewertungsverfahren.47 Insbesondere die Zweigleisigkeit von Ertragswert- und Sachwertverfahren zur Verkehrswertermittlung bebauter Grundstücke entspricht einer grundsätzlichen gesetzgeberischen Bewertungsentscheidung, die sich schon bis zum Bewertungsänderungsgesetz 1965 rückverfolgen lässt und – freilich vorbehaltlich einer gleichheitsrechtlich nicht zu beanstandenden Abgrenzung der verschiedenen Anwendungsbereiche (3.) – vom Bundesverfassungsgericht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht beanstandet wurde.48 Die Bewertungsverfahren auf Bundesebene sind deshalb grundsätzlich geeignet, einen verkehrswertorientierten Grundsteuerwert zu ermitteln.

44  Zurückgehend auf den Entschließungsantrag des Bundesrates im Rahmen der Novellierung der ImmoWertV, s. BR-Drs. 407/21, 3; sodann soll zukünftig eine Aktualisierung im 5- oder 10-Jahres-Rhythmus erfolgen; die Anpassung der Anlage 42 zum BewG wäre auf Grundlage des § 263 Abs. 1 Nr. 3 BewG durch das BMF möglich. 45  BFH v. 21.07.2020, IX R 26/19, DStR 2021, 2658 Rn. 30 m. w. N. 46  BVerfG v. 10.02.1987, 1 BvL 18/81, BVerfGE 74, 182. 47  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 98. 48  BVerfG v. 10.02.1987, 1 BvL 18/81, BVerfGE 74, 182 Rn. 57 ff.; siehe zu dieser Entscheidung schon die Gesetzesbegründung des BewG 1965, BT-Drs. IV/1488, 31: „Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Anwendung eines einheitlichen Verfahrens nicht möglich ist, weil die charakteristischen Merkmale, die den Wert eines Grundstücks bestimmen, bei den einzelnen Grundstücksarten unterschiedlich sind.“

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

3. Zulässigkeit des Nebeneinanders von Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren a) Sachgerechtigkeit des Sachwertverfahrens zur Bewertung sog. Nichtwohngrundstücke in einem Sollertragsfähigkeitskonzept? Mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit verschiedener Bewertungsverfahren in Abhängigkeit von der jeweiligen Grundstücksart gehen zwingend unterschiedliche Anwendungsbereiche für Ertragswert- („Wohngrundstücke“ im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 1–4), Sachwert- („Nichtwohngrundstücke“ im Sinne des § 249 Abs. 1 Nrn. 5–8) und Vergleichswertverfahren (unbebaute Grundstücke im Sinne des § 246 BewG) einher, die bezüglich der gesamten wirtschaftlichen Einheit verbindlich anzuwenden sind (vgl. §§ 247, 250 BewG). Diese Zuordnung muss durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden können. Dem Sachwertverfahren kommt nach der Grundsteuerreform weiterhin (zulässigerweise) eine Auffangfunktion zu, in Relation zur Einheitsbewertung sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde dessen Anwendungsbereich mit § 250 Abs. 3 BewG jedoch nicht unerheblich ausgedehnt, wofür es sowohl bezüglich dessen genereller Anwendung in einem Sollertragskonzept als auch bezüglich einzelner Grundstücksarten einer Rechtfertigung bedarf (dazu b)). Weil in einem Sachwertverfahren der Verkehrswert aus dem Gebäudesachwert und dem Bodenwert abgeleitet werden soll, muss der Gesetzgeber mit Blick auf die Belastungsentscheidung (sog. Sollertragsteuer, objektivierte Leistungsfähigkeit) für diesen abstrakten „Systemwechsel“ vom Ertragswertverfahren zum Sachwertverfahren sachgerecht begründen können, warum sich das Marktverhalten bei den sog. Nichtwohngrundstücken (vgl. § 250 Abs. 3 BewG) sachgerecht(er) über die Herstellungskosten abbilden lässt, dem Gesetzgeber vor allem die für die Ertragswertermittlung notwendigen Informationen fehlen, bzw. aufgrund der Individualität dieser Gebäude nicht realitätsgerecht abzuleiten oder nur unter unzumutbarem Aufwand zu beschaffen sind. Dies betrifft primär die Rohmieten der Anlage 39 als wesentlichstem Bewertungsparameter für die Bewertung der sog. Wohngrundstücke im Ertragswertverfahren. Das trifft im Ausgangspunkt auf die sog. Nichtwohngrundstücke und damit vor allem die Gewerbe- und Industriegrundstücke zu, die aufgrund ihrer typischerweise besonderen Individualität einer Durchschnittsbetrachtung anhand typisierender Nettokaltmieten allenfalls in geringem Maße zugänglich sind.49 49  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 101; zur eingeschränkten Verallgemeinerungsfähigkeit in den übrigen Fällen Mannek, in: Stenger/Loose, BewG, § 250 Rn. 18 (Stand: 04/2020).



III. Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert183

Dies ist zugleich der wesentliche Unterschied zu den sog. Wohngrundstücken, bei denen in den Fällen der Fremdvermietung taugliche Nettokaltmieten bestehen, an denen sich der Gesetzgeber für eine Typisierung orientieren kann, und wodurch für die Fälle der Selbstnutzung solche typischen Nettokaltmieten ableitbar sind. In diesen Fällen stellt sich vielmehr auf der sich anschließenden konkreten Ausgestaltungsebene die Frage, ob der Gesetzgeber auf eine taugliche Datengrundlage (hier in Gestalt des Mikrozensus) zurückgreifen konnte. Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, das Sachwertverfahren primär in den Konstellationen anzuordnen, in denen mangels vorhandener Daten eine Bewertung anhand von durchschnittlichen Nettokaltmieten/Quadratmetern wohl nicht möglich wäre oder aber diese Werte nicht ausreichend verallgemeinerungsfähig wären, sodass der generelle Rückgriff auf ein Sachwertverfahren für die „Nichtwohngrundstücke“ in Relation zu der Anwendung des Ertragswertverfahrens für die „Wohngrundstücke“ nicht als willkürlich angesehen werden kann.50 Insoweit wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte jedoch unterstellt, dass die fehlende Datengrundlage des Gesetzgebers der Realität entspricht. Denn der Gesetzgeber muss schon aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen, dass für die Besteuerung sämtlicher Grundstücke ein taugliches Bewertungsverfahren zur Verfügung steht. In diesen Fällen kommt dem Sachwertverfahren grundsätzlich eine Auffangfunktion zu. b) Sachgerechtigkeit der Anwendung des Sachwertverfahrens auf gewerbliche Renditeobjekte? Die zwingende Anordnung eines Sachwertverfahrens ist sowohl für die Geschäftsgrundstücke (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 BewG) als auch die gemischt genutzten Grundstücke (im Sinne des § 249 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 8 BewG) gleichwohl darüber hinaus besonders rechtfertigungsbedürftig: Denn für solche gewerblichen Renditeobjekte sind Ertragswerte am Immobilienmarkt durchaus vorhanden, sodass sich der Gesetzgeber für die Nichtanordnung des Ertragswertverfahrens und damit die Nichtvorgabe (typisierender) Ertragsmietwerte besonders rechtfertigen muss.51 Denn solche gewerblich genutzten Grundstücke werden auch außersteuerrechtlich als „Ertragswertobjekte“ qualifiziert, die dort im Regelfall im Ertragswertverfahren zu bewerten sind.52 50  Siehe die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/11085, 86; für eine taugliche Abbildung der Wohngrundstücke wohl Bock, in: Grootens, GrStG, § 250 BewG Rn. 32. 51  Dazu Seer, FR 2019, 941 (949 f.). 52  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darst. Ertragswertverfahren Rn. 2, Syst. Darstellung Sachwertverfahren Rn. 4.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Die Geschäftsgrundstücke werden gem. § 249 Abs. 7 BewG zu mehr als 80 Prozent der Wohn- und Nutzfläche zu eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken genutzt. Auch wenn deren besondere Individualität vor allem auf Gewerbe- und Industriegrundstücke zutrifft, so erscheint ein genereller Ausschluss sämtlicher Geschäftsgrundstücke, insbesondere auch von Büro- und Ladenflächen, wenig sachgerecht.53 Denn hier erscheint eine Verallgemeinerungsfähigkeit zumindest im Ausgangspunkt einfacher möglich und für die vermieteten Geschäftsgrundstücke lägen der Finanzverwaltung Vergleichswerte jedenfalls vor. Auch die gemischt genutzten Grundstücke können sich durch einen nicht unerheblichen Anteil an Wohnfläche und damit einer Wohnnutzung auszeichnen. So werden insoweit Grundstücke erfasst, die zwar zu mehr als 50 aber weniger als 80 Prozent für Nichtwohnzwecke genutzt werden oder aber solche, die zu mehr als 20 Prozent und weniger als 80 Prozent nach dem Verhältnis von Wohn- und Nutzfläche für gewerbliche Zwecke genutzt werden.54 Somit kann die Wohnnutzung bei 20 Prozent und bis zu knapp unter 80 Prozent liegen. Ab einer Wohnnutzung von 50 Prozent muss jedoch zuvorderst geprüft werden, ob lediglich ein oder zwei Wohnungen vorliegen und es sich deshalb um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelt.55 Dann ist aber kaum nachvollziehbar, weshalb bei einer Wohnfläche von 80 Prozent noch das Sachwertverfahren zur Anwendung gelangt, ab 81 Prozent jedoch das Ertragswertverfahren.56 Die zwingende Anordnung in einem auf Automatisierung angelegten grundsteuerlichen Massenverfahren ist dann als sachgerecht einzuordnen, wenn Durchschnittswerte nicht typisierungstauglich darstellbar sind oder nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden können. Dies gilt jedenfalls grundsätzlich für Teile der Geschäftsgrundstücke, da sie regelmäßig objektspezifische Besonderheiten aufweisen, die sich einer massentauglichen Durchschnittsbetrachtung entziehen werden.57 Auch die Nichtzulassung von Ausnahmen für solche Gebäude, die sich in ihrer Individualität typischerweise nur bedingt unterscheiden (wie z. B. bei Büro- und Ladenflächen) und deren Mietwerte daher möglicherweise verallgemeinerungsfähig sind, lässt sich rechtfertigen: Denn selbst wenn in Fällen der Fremdvermietung die Üblichkeit der erzielten Mieten angenommen werden könnte, würde dies jeden-

53  Eine willkürliche Abgrenzung insoweit auch annehmend Seer, FR 2019, 941 (950). 54  Krause, in: Stenger/Loose, BewG, § 249 Rn. 162 (Stand: 02/2023). 55  Bock, in: Grootens, GrStG, § 249 BewG Rn. 68. 56  Gleicher Ansicht Seer, FR 2019, 941 (950). 57  Davon geht gleichsam der Gesetzgeber aus, s. BR-Drs. 354/19, 120.



III. Ausrichtung der Bemessungsgrundlage am Verkehrswert185

falls gleichheitsrechtlich eine hinreichende Verifikation erfordern.58 In Bezug auf die insgesamt zu bewertenden 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten würde dies verwaltungspraktikabel kaum umsetzbar sein und dem Automatisierungsanliegen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Darüber hinaus wurden schon vor der Grundsteuerreform Geschäftsgrundstücke nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG regelmäßig im Sachwertverfahren bewertet, das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 76 Abs. 1, 3 BewG hierdurch, aufgrund obiger Argumente, rechtstatsächlich ins Gegenteil verkehrt.59 Bei den gemischt genutzten Grundstücken ist eine Rechtfertigung jedoch deutlich problematischer: Denn während bei zwei Wohnungen regelmäßig noch ein im Ertragswertverfahren zu bewertendes Grundstück (Zweifami­ lienhaus) angenommen werden kann, wird bei drei Wohnungen und mehr häufig ein gemischt genutztes Grundstück vorliegen, dessen Wohnanteil gleichwohl erheblich sein kann und für das dennoch keine Möglichkeit der Bewertung im Ertragswertverfahren besteht. Insoweit wird es auch darauf ankommen, wie viele Grundstücke dies in der Bewertungsrealität tatsächlich betreffen wird. c) Sachgerechtigkeit der Anwendung des Ertragswertverfahrens auf Ein- und Zweifamilienhäuser? Als letzter rechtfertigungsbedürftiger Unterschied verbleibt die zwingende Bewertung der Ein- und Zweifamilienhäuser im Ertragswertverfahren, denn anders als im Recht der Einheitsbewertung sind diese nicht mehr nur im Regelfall (§ 76 Abs. 1, 3 BewG), sondern ausnahmslos dem Ertragswertverfahren zugeordnet worden (§ 250 Abs. 2 BewG). Nach alter Rechtslage galt dies dann nicht, wenn es sich um Ein- oder Zweifamilienhäuser mit besonderer Ausstattung oder Gestaltung handelte (sog. Luxusimmobilien). In der steuerrechtlichen Literatur wird zwar teilweise von Uneinigkeiten in der Immobilienwertermittlung über das sachgerechteste Verfahren zur Bewertung der Ein- und Zweifamilienhäuser berichtet, jedoch ohne Nachweise.60 Für die Anwendung des Sachwertverfahrens wird insbesondere vorgebracht, dass bei Ein- und Zweifamilienhäusern die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes gerade nicht im Vordergrund stehe (daher auch als sog. Sach-

in: Stenger/Loose, BewG, § 250 Rn. 18 f. (Stand: 04/2020). GrStG, § 250 BewG Rn. 3. 60  Halaczinsky in: Rössler/Troll, BewG, § 76 Rn. 17 (Stand: 10/2016); Haas, in: Stenger/Loose, BewG, § 76 Rn. 17 (Stand: 09/2018); Wiegand, DB 1994, 2582 (2583). 58  Mannek,

59  Krumm/Paeßens,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

wertobjekte bezeichnet).61 Dennoch wird außersteuerrechtlich durchaus von der Anwendbarkeit des Ertragswertverfahrens auf Ein- und Zweifamilienhäuser ausgegangen, wenn hierfür geeignete Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stünden.62 Dies ist daher erneut keine Frage der generellen Legitimität des Ertragswertverfahrens für diese Grundstücksarten, sondern der Tauglichkeit der hierfür zur Anwendung gelangenden Datengrundlage. Im grundsteuerlichen Massenverfahren muss die Grundbesitzbewertung wiederum praktikabel bleiben. In Ansehung der Automatisierungsstrategie ist der Verzicht auf eine Rückausnahme betreffend die Anwendbarkeit des Sachwertverfahrens sachgerecht, denn gerade die Beurteilung der wesentlichen Abweichung bezüglich Gestaltung und Ausstattung würde einen zusätzlichen Subsumtionsvorgang erfordern, der nicht automatisiert gewährleistet werden könnte und daher dem gesetzgeberischen Grundkonzept zuwiderliefe. Für diese Grundstücksart eignet sich das Ertragswertverfahren daher, wenn der Gesetzgeber aus den vorhandenen Daten sowohl typisierte Vergleichsmieten als auch Liegenschaftszinssätze für die typischen Ein- und Zweifamilienhäuser ableiten kann. Die hiermit einhergehenden Unterbewertungen sind hinnehmbar, solange sie sich auf Ausnahmefälle beschränken und damit gleichwohl der typische Fall abgebildet wird.63 Dies ist (wohl) zu bejahen, denn typische Ein- und Zweifamilienhäuser zeichnen sich gerade nicht durch eine besondere Ausstattung im Sinne solcher Luxusimmobilien aus, weshalb insoweit die vorhandenen Mietspiegel durchaus verallgemeinerungsfähig sind.64 Für eine Bewertung im Ertragswertverfahren wurde in der Vergangenheit darüber hinaus angeführt, dass insbesondere die Einfamilienhäuser regelmäßig zwar nicht zur Veräußerung bestimmt sind, sondern der Selbstnutzung dienen, sich daraus aber ebenfalls ein sog. Nutzwert in einer (typisierten) Miete ausdrücken lässt.65 Denn die Alternative hierzu wäre eine Anmietung eines Vergleichsobjektes, für das insoweit Mietaufwendungen durch den Steuerpflichtigen erspart werden.

61  Mark, DStJG 7 (1984), 293 (304 f.); Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darst. Ertragswertverfahren Rn. 1. 62  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darst. Ertragswertverfahren Rn. 3; Zimmermann, ImmoWertV, § 17 Rn. 38 ff. 63  Siehe dazu schon BFH v. 23.07.1971, III R 86/69, BStBl. II 1971, 797 (798). 64  Gleicher Ansicht Mannek, in: Stenger/Loose, BewG, § 249 Rn. 37 (Stand: 04/2020). 65  So Mark, DStJG 7 (1984), 293 (304); dem folgend Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 101.



IV. Hauptfeststellungen im Sieben-Jahres-Turnus (§ 221 BewG)187

4. Resümee Insgesamt unterliegt daher die abstrakte Verbindung des Steuergegenstandes „Grundvermögen“ mit dem vom Gesetzgeber gewählten Belastungsgrund (objektiv leistungsfähigkeitsorientiert, Sollertragsteuer) und der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage (verkehrswertorientierter Grundsteuerwert) durch die im BewG vorgesehenen Bewertungsverfahren (Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren) in ihren jeweiligen Anwendungsbereichen (unbebaute Grundstücke, bebaute Wohn- und Nichtwohngrundstücke) verfassungsrechtlich – vorbehaltlich der nachfolgenden Prüfung ihrer folgerichtigen Ausgestaltung – keinen durchschlagenden verfassungsrechtlichen Bedenken.66 Dies gilt lediglich eingeschränkt für die zwingende Anordnung des Sachwertverfahrens auch für die gemischt genutzten Grundstücke.

IV. Hauptfeststellungen im Sieben-Jahres-Turnus (§ 221 BewG) 1. Regelmäßige Grundsteuerwertfeststellung als „Wesensvoraussetzung“ einer am Verkehrswert orientierten Bewertung Ein Bewertungssystem, welches sich an einem Verkehrswert – und damit einem unstetigen, Wertschwankungen unterliegenden und nicht punktgenau bestimmbaren Bewertungsziel – orientieren will, ist zwingend auf regelmäßige Wertfeststellungen bei zugleich zeitnaher Datenaktualisierung angewiesen, um so die näherungsweise zu erfassenden Grundstückswerte überprüfen und bei Veränderungen der zugrundeliegenden Bewertungsdaten diese neu ermitteln zu können.67 Denn je länger die Bewertungszeiträume bei unveränderter Bewertungsdatenlage andauern, umso weiter entfernen sich die Grundsteuerwerte vom in der Bemessungsgrundlage in Gestalt des im Grundsteuerwert widerzuspiegelnden – sich aber zwischen den Grundstücken regelmäßig unterschiedlich fortentwickelnden – Verkehrswert.68 Dieses Erfordernis liegt gleichzeitig an den sich stetig wandelnden außersteuerrechtlichen methodischen Anforderungen an die Ermittlung von Verkehrswerten, wie die Reform der ImmoWertV 2021, und damit die Ablösung der ImmoWertV 2010 nach 66  Gleicher Ansicht Hey, ZG 2019, 297 (298); Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn.  99 f.; Bock, in: Grootens, GrStG, § 250 BewG Rn. 33. 67  So deshalb BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 217 Rn. 109; Krumm/Paeßens, GrStG, § 221 BewG Rn. 1, Einl. Rn. 115; Mayer, DB 2018, 2200 (2208). 68  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 106.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

nicht einmal zwölf Jahren, anschaulich zeigt. Dieses tatsächliche Anpassungserfordernis vergangenheitsbezogener Werte betrifft sowohl den Gesetzgeber als auch über § 263 Abs. 2 BewG den Verordnungsgeber. Die Bodenrichtwerte werden durch die Gutachterausschüsse in einem Zwei-JahresTurnus aktualisiert (vgl. § 196 Abs. 1 S. 4 BauGB). Um einen Wertvergleich anhand der Verkehrswerte vorzunehmen, dürfen die Hauptfeststellungszeiträume eine angemessene Dauer nicht überschreiten.69 Hierfür hat der Gesetzgeber normativ Gewähr zu leisten: Der Bundesgesetzgeber hat sich in § 221 Abs. 1 BewG dazu entschieden, die Grundsteuerwerte alle sieben Jahre festzustellen (Hauptfeststellung). Daneben sind Fortschreibungen (§ 222 BewG) und Nachfeststellungen (§ 223 BewG) innerhalb des jeweiligen Hauptfeststellungsturnus möglich. Allerdings können Wertfortschreibungen (§ 222 Abs. 1 BewG) und Nachfeststellungen (§ 223 BewG) das Erfordernis regelmäßiger Hauptfeststellungen nicht ersetzen, denn die Wertverhältnisse innerhalb des Hauptfeststellungszeitraums bleiben stets auf den Hauptfeststellungszeitpunkt bezogen (s. § 227 BewG). Verfassungsrechtlich ist eine regelmäßige Grundsteuerwertfeststellung mit zeitnah aktualisierten Bewertungsdaten elementarer Baustein am objektivierten Verkehrswert orientierter Bewertungsverfahren. Es war letztlich primär der tatsächliche Verzicht hierauf, der zur Gleichheitswidrigkeit der alten Bewertungsvorschriften des Grundvermögens geführt hat.70 Während im noch bis 2024 geltenden Bewertungsrecht die Feststellung des Einheitswertes – als Vorgänger des Grundsteuerwertes – alle sechs Jahre erfolgen sollte (vgl. § 21 Abs. 1 BewG), wurde dieser Zeitraum um ein Jahr verlängert. Der erste Hauptfeststellungszeitraum wird zwar ebenfalls tatsächlich nur sechs Jahre betragen, weil die auf den 01.01.2022 festgestellten Grundsteuerwerte erst ab dem 01.01.2025 Anwendung finden und daher die zweite Hauptfeststellung auf den 01.01.2029 erfolgt, wegen der zweijährigen Nachlauffrist des § 16 Abs. 2 GrStG die Grundsteuerwerte des ersten Hauptveranlagungszeitpunkts dann aber noch bis zum 31.12.2030 angewandt werden, sodass dieser SiebenJahres-Zeitraum erst für alle daran anschließenden Zeiträume (01.01.2031– 31.12.2037 usw.) gilt. Aus dem Verfassungsrecht ergeben sich freilich in Ansehung der konkreten Länge dieses Zeitraums keine punktgenauen Vorgaben, sodass die Fest­ legung der Dauer der Hauptfeststellungszeiträume sachgerecht gewählt sein muss, dem jeweiligen Gesetzgeber steht spiegelbildlich hierzu ein weit­ reichender Gestaltungsspielraum zu. Gewährleistet bleiben muss allerdings einerseits die realitätsgerechte Wertrelation bei andererseits vollziehbarem 69  BFH v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 Rn. 58 m. w. N.; aufgegriffen sodann in BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 32. 70  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 132 f.



IV. Hauptfeststellungen im Sieben-Jahres-Turnus (§ 221 BewG)189

Aufwand. Erforderlich ist daher die Herstellung eines angemessenen Interessenausgleichs. Insbesondere aufgrund des Verwaltungsaufwandes bei einer periodischen Grundsteuerwertermittlung für ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten und damit des Massenfallcharakters der Grundsteuer sowie der Lehren aus den historisch durch zu großen Verwaltungsaufwand unterbliebenen Hauptfeststellungen einerseits, die für die Sachgerechtigkeit einer Verlängerung des Hauptfeststellungszeitraums streiten sowie den nunmehr besseren digitalen Möglichkeiten und der damit verbundenen Automatisierungsstrategie andererseits, die allerdings der Finanzverwaltung deutlich gesteigerte Administrierungsmöglichkeiten einräumen und daher gegen eine zu großzügige Verlängerung des Hauptfeststellungszeitraums sprechen, kann ein insgesamt nur um ein Jahr verlängerter Hauptfeststellungszeitraum verfassungsrechtlich als unbedenklich angesehen werden.71 Dieser entspricht mit Blick auf den zu leistenden Verwaltungsaufwand bei den einzelnen Bewertungsverfahren immer noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an zeitnah zu ermittelnde Grundsteuerwerte.72 Eine erneute Aussetzung der Hauptfeststellungen oder die nicht zeitnahe Aktualisierung der Bewertungsparameter würde jedoch erneut zur Verfassungswidrigkeit führen. Die Ausführungen gelten zugleich für das baden-württembergische Grundsteuergesetz, denn dort hat sich der Gesetzgeber ebenfalls für einen Hauptfeststellungszeitraum von sieben Jahren entschieden (vgl. § 15 Abs. 1 BWGrStG). 2. Siebenjährige Betragsfortschreibung bzw. vierzehnjährige Hauptfeststellung der Lagefaktoren in „Flächen-Lage-Modellen“ Durch das Anknüpfen des Lagefaktors an die (wertabhängigen) Bodenrichtwerte in Hessen und Niedersachsen werden regelmäßige Aktualisierungen notwendig. Daher wird der Lagefaktor in Niedersachsen alle sieben Jahre neu berechnet (§ 5 Abs. 4 S. 5 NGrStG) und auf dieser Grundlage erfolgt sodann eine Betragsfortschreibung (§ 8 Abs. 3 S. 2 NGrStG), in Hessen 71  So Hey, ZG 2019, 297 (316), allerdings mit Zweifeln, ob dies für das Sachwertverfahren zu gewährleisten ist; zur Frage der Administrierbarkeit, die dann gleichzeitig hierfür streitet im Rahmen der Beurteilung von Ertragswert- und Sachwertverfahren insgesamt unter C.V.3.a) und b). 72  BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 Rn. 68  ff.; Krumm/­ Paeßens, GrStG, § 221 BewG Rn. 1; in diese Richtung Schaffner, in: Kreutziger/ Schaffner/Stephany, BewG, § 222 BewG Rn. 2; sowie Bruschke, in: Stenger/Loose, BewG, § 221 Rn. 19 (Stand: 11/2020); Wredenhagen, in: Grootens, GrStG, § 221 BewG Rn. 45.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

findet alle vierzehn Jahre eine erneute Hauptveranlagung statt (§ 8 Abs. 1 HGrStG). Auch insoweit gilt, dass die Dauer noch als angemessen anzusehen sein muss. Jedenfalls in Niedersachsen gibt es bezüglich eines Sieben-JahresTurnus verfassungsrechtlich nichts zu erinnern: Denn dieser entspricht dem des Bundesgrundsteuerrechts und des baden-württembergischen Grundsteuermodells, wenngleich das niedersächsische Flächenmodell bereits aufgrund der äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung in weitreichenderem Maße für Vereinfachungsaspekte offen ist.73 Schwieriger ist diese Frage für das hessische Grundsteuermodell aufgrund der Verdoppelung des Hauptveranlagungszeitraums auf vierzehn Jahre zu beantworten: Denn mit der zunehmenden Dauer des Hauptfeststellungszeitraumes für die Ermittlung des Lagefaktors werden die bereits sehr pauschalen Lagefaktoren sich von den realen Bodenrichtwerten der jeweiligen Zonen entfernen und hierdurch Bewertungsverzerrungen entstehen, die zugleich zu Verzerrungen der Lagerelation führen, die ohnehin aufgrund ihrer Dämpfung die Wirkungen dem reinen Flächenmodell, mit den hiergegen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken auch bei einer Nutzenäquivalenzinterpretation, annähert. Dem § 196 Abs. 1 S. 4 BauGB, wonach die Bodenrichtwerte in einem Zwei-Jahres-Abstand neu ermittelt werden, lässt sich jedenfalls entnehmen, dass es bei Bodenrichtwerten grundsätzlich zur Beibehaltung ihrer Aussagekraft regelmäßiger Neuermittlung bedarf.

V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens (§§ 243 ff. BewG) 1. Die Gleichheitssatzfragen innerhalb der verschiedenen Bewertungsverfahren Im grundsteuerlichen Massenverfahren folgen die Bewertungsvorschriften selbst dann, wenn das Ziel eine verkehrswertorientierte Bewertung ist, der Verkehrswertermittlung im Sinne der §§ 192 ff. BauGB immer nur eingeschränkt: Denn zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes auf ein vollziehbares Maß ist zwangsläufig eine Typisierung der Bewertungsparameter erforderlich. Das Ziel der Bewertungsverfahren ist zunächst aufgrund der Belastungsentscheidung des Gesetzgebers klar vorgegeben: Einen Grundsteuerwert zu ermitteln, der sich am Verkehrswert orientiert. Hieraus und aus der Typisierungsnotwendigkeit folgt zugleich der Prüfungsduktus, dem die Vorschriften 73  Zur

Begründung eingehend bereits B.IV.4.d)dd)(2).



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens191

im BewG auf Ausgestaltungsebene standhalten müssen: Zwar ist – das folgt schon aus dem Wesen einer grundsätzlich legitimen Typisierung – der ohnehin nicht exakt zu bestimmende Verkehrswert eines Grundstücks nie punktgenau abzubilden. Die vom Gesetzgeber normierten Ertragswert- (§§ 252 ff. BewG), Sachwert- (§§ 258 ff. BewG) und Vergleichswertverfahren (§ 247 BewG) müssen jedoch trotz vielzähliger Typisierungen ihrer Verkehrswertermittlungsfunktion in Bezug auf das jeweilige Grundstück im Rahmen des verfassungsrechtlich noch Hinnehmbaren gerecht werden können. Zu rechtfertigen sein muss im Rahmen der Bewertung der unbebauten Grundstücke nach § 247 BewG der Rückgriff auf den sog. Zonenwert in der jeweiligen Bodenrichtwertzone bei gleichzeitiger Akzeptanz nur weniger grundstücksindividueller Merkmale, während im Übrigen die Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks ausgeblendet werden (2.). Sodann geht es um die Bewertung bebauter Grundstücke (3.): Bei der Bewertung der „Wohngrundstücke“ im Ertragswertverfahren (§§ 252 ff. BewG) ist vor allem das Zusammenspiel der vielzählig vorgegebenen Bewertungsparameter (gemeinde­ einheitliche Mieten, Bewirtschaftungskosten, Gesamtnutzungsdauer, Liegenschaftszinssätze) zu würdigen, zuvorderst aber die Ungleichbehandlungen durch die Verwendung gemeindeeinheitlicher Mieten. Für das Sachwertverfahren (§§ 258  ff. BewG) sind insbesondere die bloß bundeseinheitliche Wertzahl sowie die Verdichtung der Regelherstellungskosten in den Gebäudekategorien besonders rechtfertigungsbedürftig. Neben daraus resultierenden Belastungsverzerrungen innerhalb der verschiedenen Bewertungsverfahren, sind auch die durch die Verwendung verschiedener Bewertungsverfahren erzeugten Belastungsunterschiede zu würdigen. Sofern allerdings sämtliche Bewertungsverfahren isoliert verfassungskonform sind, so muss dies für die Verwendung dieser Bewertungsverfahren nebeneinander und damit in ihren Wirkungen zueinander gelten, sodass dieser Aspekt im Fortgang der Untersuchung nicht nochmals explizit aufgegriffen wird. Letztlich gilt für die Rechtfertigung jedes Bewertungsverfahrens die grundsätzliche Erkenntnis des Grundlagenteils, dass es immer auf das Zusammenspiel der konzeptionellen Plausibilität, der Gewichtung der Vollzugsfähigkeit des Grundsteuerrechts sowie die finale Abwägung mit den durch die Typisierung konkret erzeugten Ungleichbehandlungen ankommt.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

2. Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerwertermittlung unbebauter Grundstücke (§ 247 BewG) a) Funktionsweise der Grundsteuerwertermittlung im (mittelbaren) Vergleichswertverfahren Der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke (§ 246 BewG74) ermittelt sich grundsätzlich durch Multiplikation der Grundstücksfläche des Grundstücks mit dem jeweiligen Bodenrichtwert (§ 247 Abs. 1 S. 1 BewG). Soweit in den §§ 243 bis 263 sowie den Anlagen 36 bis 43 BewG nichts anderes bestimmt ist, werden grundstücksindividuelle Besonderheiten mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände75 sowie Arten der Nutzung bei über­ lagernden Bodenrichtwertzonen76 nicht berücksichtigt (§ 247 Abs. 1 S. 2 BewG). Angewandt wird damit weiterhin ein sog. mittelbares Vergleichswertverfahren, denn die Bodenrichtwerte werden im Rahmen der Grundstücksbewertung zuvorderst im Vergleichswertverfahren aus Vergleichspreisen abgeleitet und sodann in die Grundbesitzbewertung unbebauter Grundstücke für Grundsteuerzwecke übernommen.77 Sowohl für die Ermittlung der Bodenrichtwerte auf den Hauptfeststellungszeitpunkt, deren Veröffentlichung als auch die Übermittlung an die zuständigen Finanzbehörden sind die Gutachterausschüsse als hoheitlich und weisungsfrei handelnde Behörden im Sinne der §§ 192 ff. BauGB zuständig (§ 247 Abs. 2 BewG).78 Die Grundstücksfläche als neben dem Bodenrichtwert zweiter zwingend notwendiger Bewertungsparameter im Rahmen des § 247 BewG lässt sich dem Grundbuch entnehmen.79 § 247 Abs. 3 BewG 74  In Abgrenzung zu bebauten Gebäuden (§ 248 BewG) kommt es maßgeblich für die Benutzbarkeit im Sinne des § 248 BewG auf die Bezugsfertigkeit an, dazu Schaffner, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 246 BewG Rn. 3. 75  Zum Begriff § 3 ImmoWertV 2021 u. AEBewGrSt A 247.2: Hierzu gehören Flächen der Land- und Forstwirtschaft, Bauerwartungsland, Rohbauland und baureifes Land. 76  Hierzu § 15 ImmoWertV 2021; dies ist wegen dem in § 13 Abs. 2 S. 2 f. ImmoWertV 2021 verankerten Grundsatz, dass für jede Bodenrichtwertzone grundsätzlich ein Bodenrichtwert gebildet wird, der Ausnahmefall. 77  Vgl. § 195 BauGB, §§ 14, 24 ff., 40 ImmoWertV 2021; Bock, in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 87; Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn. 1, 9; Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darst. Vergleichswertverfahren Rn. 15. 78  Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 192 Rn. 1 f.; Kleiber, in: Kleiber/ Fischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil III § 192 BauGB Rn. 2, 6; BGH v. 04.03.1982, III R 156/80, NVwZ 1982, 395 (396). 79  Bock, in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 47; Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn. 4; zur Übermittlung dieser Daten an die Finanzbehörden siehe § 229 BewG.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens193

gesteht den Finanzbehörden ferner eine sog. Reservekompetenz zu: Wenn die Gutachterausschüsse keinen Bodenrichtwert ermittelt haben, dann ist der Bodenwert des unbebauten Grundstücks aus vergleichbaren Flächen abzuleiten. Diese Ersatzkompetenz greift allerdings nur in solchen Fällen, in denen kein Bodenrichtwert vorhanden ist.80 Hierdurch soll – wie durch die Auffangfunktion des Sachwertverfahrens – eine vollständige Bewertung sämtlicher wirtschaftlicher Einheiten sichergestellt werden.81 Den Bodenrichtwerten kommt über die Bewertung der unbebauten Grundstücke hinaus im Grundsteuerrecht des Bundes insgesamt eine zentrale Bedeutung zu: Denn neben § 247 BewG hat der Bodenrichtwert Relevanz im Ertragswertverfahren als abgezinster Bodenwert (§ 257 Abs. 1 S. 2 BewG), im Sachwertverfahren bezüglich des dort gesondert zu ermittelnden Bodenwertes (§ 258 Abs. 2 BewG) sowie als sog. Mindestwertansatz bei bebauten Grundstücken insgesamt (§ 251 S. 1 BewG). b) Inhaltliche Vorgaben an die Bodenrichtwertermittlung und Anpassung der ImmoWertV aufgrund der Grundsteuerreform Die inhaltlichen Vorgaben an die Bodenrichtwertermittlung finden sich außersteuerrechtlich im Baugesetzbuch (BauGB82), zuvorderst in § 196 BauGB sowie der auf Grundlage von § 199 Abs. 1 BauGB ergangenen Immobilienwertermittlungsverordnung 2021 (ImmoWertV 2021), die im Nachgang zur Grundsteuerreform die bis 31.12.2021 geltende Immobilienwert­ ermittlungsverordnung 2010 (ImmoWertV 2010), an welcher sich der Bundesgesetzgeber zuvor bei der Schaffung der §§ 218 ff. BewG für die Grundsteuerbewertungsvorschriften orientiert hat, mit Wirkung zum 01.01.2022 nach gerade einmal 12 Jahren ablöste.83 Die in Ergänzung zur ImmoWertV 2010 ergangenen Richtlinien (Bodenrichtwertrichtlinie, Sachwertrichtlinie, Ertragswertrichtlinie sowie Vergleichs­ wertrichtlinie)84, die eine einheitliche Verkehrswert- und Bodenrichtwert­ 80  BFH v. 12.07.2006, II R 01/04, BStBl. II 2006, 742; v. 16.12.2009, II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085; zu möglichen Konstellationen Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn.  31 f. 81  Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 247 Rn. 23 (Stand: 12/2021). 82  In der Neufassung v. 03.11.2017, BGBl. I 2017, 3634. 83  Siehe die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2021) v. 14.07.2021, BGBl. 2021, 2805; abgelöst wurde die ImmoWertV v. 19.05.2010, BGBl. I 2010, 639; siehe zur erstmaligen Anwendung § 54 ImmoWertV 2021. 84  Zur Bodenrichtwertermittlung s. die Bodenrichtwertrichtlinie v. 11.01.2011 (BAnz. Nr. 24, S. 597); zur Verkehrswertermittlung die Sachwertrichtlinie v. 05.09.2021 (BAnz. AT 18.10.2012 B1); die Vergleichswertrichtlinie v. 20.03.2014 (BAnz. AT 11.04.2014 B3); sowie die Ertragswertrichtlinie v. 15.11.2015 (BAnz. 04.12.2014 B4).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

ermittlung sicherstellen sollten, sind durch ihren Charakter als Richtlinien, und damit bloße Empfehlungen, bisher nicht bindend gewesen.85 Weil aber im neuen Bundesgrundsteuerrecht die Bodenrichtwertermittlung nunmehr von besonderer Bedeutung für sämtliche Bewertungsverfahren ist, sollten die bisherigen unverbindlichen Empfehlungen in eine verbindliche Rechtsverordnung überführt werden.86 Darüber hinaus soll gerade die Verkehrswert­ ermittlung selbst in weitergehendem Maße automatisiert werden und eine einheitlichere Wertermittlung ermöglichen, um den Finanzbehörden steuerlich relevante Daten „nach einheitlichen Grundsätzen“ übermitteln zu können (vgl. auch § 193 Abs. 5 S. 3 BauGB).87 Der Bodenrichtwert ist dabei ein durchschnittlicher Lagewert des Bodens innerhalb einer mehrere Grundstücke umfassenden Bodenrichtwertzone, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen (§§ 196 Abs. 1 S. 1, 3 BauGB, 13 ff. ImmoWertV 2021). Dabei wird der Bodenrichtwert für ein fiktives unbebautes Bodenrichtwertgrundstück ermittelt (§ 13 Abs. 2 ImmoWertV 2021).88 Diese Vorgehensweise bedingt, dass grundstücksindividuelle Besonderheiten zunächst keine Berücksichtigung finden können. Bei der außersteuerlichen Grundstücksbewertung wird den Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks sodann vor allem durch die sog. Umrechnungskoeffizienten (vgl. § 19 ImmoWertV 2021), zuvorderst bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung, Grundstücksgröße oder -tiefe, Rechnung getragen. Lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken und dem Bodenrichtwertgrundstück dürfen grundsätzlich nicht mehr als 30 Prozent betragen (§ 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021). Einzelne Überschreitungen sind daher durchaus zulässig.89 Verschärft worden ist durch die Neufassung des § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 zugleich die damit abgelöste Vorgängerregelung des § 10 Abs. 3 ImmoWertV 2010, der noch auf lagebedingte Wert­ unterschiede bloß „der Mehrheit“ der Grundstücke zum Bodenrichtwertgrundstück abstellte. Damit geht zugleich die Erwartung einher, dass es vielerorts zu einer Verkleinerung der Bodenrichtwertzonen kommt.90 An diesen durchschnittlichen Lagewert (oder auch sog. Zonenwert) knüpft der Grundsteuergesetzgeber im Grundsatz in § 247 BewG an, sodass er sich 85  Nur in wenigen Fällen wurden diese für verbindlich erklärt, vgl. BR-Drs. 407/21, 1, 82. 86  BR-Drs. 407/21, 78. 87  Dazu Kleiber, ImmoWertV (2021), S. 79; Bischoff, DS 2022, 6. 88  Als Grundstück mit typischen Merkmalen, dazu Zimmermann, ImmoWertV, § 10 Rn. 25; Kleiber, Marktwertermittlung, § 14 ImmoWertV Rn. 5; Bischoff, DS 2022, 59 (69). 89  So explizit BR-Drs. 407/21, 101; hierzu Schaper, KommP spezial 2021, 124 (127). 90  Kleiber, Marktwertermittlung, § 15 ImmoWertV Rn. 9.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens195

hierdurch für eine typisierende Grundsteuerwertermittlung entschieden hat, denn das konkret zu bewertende Grundstück wird im Regelfall aufgrund seiner individuellen Besonderheiten nicht in sämtlichen Merkmalen mit denen des fiktiven Bodenrichtwertgrundstücks übereinstimmen.91 Allen Grundstücken innerhalb der jeweiligen Bodenrichtwertzone werden somit zunächst die Eigenschaften des Bodenrichtwertgrundstücks zugeschrieben, Unterschiede zwingend nivelliert. Für diese Ausblendung der außersteuerrechtlichen Bewertungspraxis in Gestalt der Anpassung an das jeweilige Bewertungsobjekt muss sich der Gesetzgeber gleichheitsrechtlich rechtfertigen können.92 c) Nur geringfügige Berücksichtigung grundstücksindividueller Besonderheiten nach § 247 Abs. 1 S. 2 BewG Der Rückgriff auf Bodenrichtwerte im Rahmen steuerlicher Grundbesitzbewertung mit Massenfallbezug ist steuerartübergreifend ebenfalls bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer (vgl. §§ 145 Abs. 3, 179 BewG) anerkannt und für einen praktikablen automatisierten Grundsteuervollzug grundsätzlich unabdingbar.93 Jedoch entspricht es bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer der Bewertungspraxis sowie dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, die Bodenrichtwerte nur mit Anpassungen an die individuellen Grundstücksmerkmale in das Besteuerungsverfahren zu übernehmen.94 Ob dies für die Grundsteuer gilt, war zunächst unklar: Denn der Wortlaut des §  247 BewG in der Erstfassung des Grundsteuer-Reformgesetzes (GrStRefG) vom 26.11.2019 verhielt sich hierzu nicht.95 Bereits im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat auf eine Klarstellung des § 247 BewG in einem anzufügenden S. 2 dahingehend gedrängt, dass der Bodenrichtwert des Bodenrichtwertgrundstücks ohne individuelle Grundstücksanpassungen GrStG, § 247 BewG Rn. 5. Identifizierung rechtfertigungsbedürftiger Ungleichbehandlungen grundlegend bereits B.IV.4.d)bb). 93  Dazu Löhr/Kempny, DStR 2019, 537 (541); zur Tauglichkeit BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (56). 94  Insbesondere durch sog. Umrechnungskoeffizienten der Gutachterausschüsse (vgl. § 19 ImmoWertV 2021); als „objektspezifischer Bodenrichtwert“ im Sinne von § 26 Abs. 2 ImmoWertV 2021; zur Erbschaftsteuer R B 179.2 I 9, II-VIII ErbStR; dies entspricht dort ebenfalls dem Willen des Gesetzgebers, vgl. zu § 179 BewG nur BT-Drs. 16/7918, 45. 95  Anders § 38 Abs. 1 S. 2 BWGrStG, der bereits in seiner ersten Fassung derartige Umstände eindeutig für unbeachtlich erklärt. 91  Krumm/Paeßens, 92  Zur

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

zu übernehmen sei, ohne dass dies Beachtung gefunden hätte.96 Die Hoffnung war deshalb groß, dass der Bundesgesetzgeber eine Präzisierung im Jahressteuergesetz 202097 dahingehend vornehmen würde, ob Abweichungen zwischen Bodenrichtwertgrundstück und konkret zu bewertendem Grundstück bei der Grundsteuerwertermittlung unberücksichtigt bleiben sollten. So sah der Entwurf des Bundesrates eine grundsätzliche Unbeachtlichkeit besonderer Umstände vor, allerdings mit Ausnahme für unterschiedliche Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen.98 Dieser Vorschlag hat sich ebenfalls zunächst nicht durchsetzen können.99 Mangels gesetzlicher Klarstellung wurde vereinzelt die Auffassung vertreten, die Besonderheiten seien bereits deshalb nicht zu berücksichtigen, weil nur dies der Automatisierungsstrategie des Gesetzgebers gerecht werde.100 Dem konnte indes aus mehreren Gründen schon vor der Klarstellung des § 247 BewG nicht gefolgt werden: Denn der Wortlaut des § 247 BewG ist deckungsgleich mit dem des § 179 Abs. 1 BewG im Rahmen der Erbschaftund Schenkungsteuer. Und wie oben ausgeführt sind bei § 179 BewG Anpassungen an die individuellen Grundstücksmerkmale vorzunehmen und vom Willen des Gesetzgebers ausdrücklich gedeckt. Dies war dem Grundsteuerreformgesetzgeber bekannt, der sich gleichwohl willentlich für eine identische Formulierung des § 247 BewG entschieden und anschließend mehrmals eine Präzisierung bewusst unterlassen hat.101 Denn scheinbar ging der Gesetzgeber davon aus, seine Typisierungsbefugnis zu überspannen, würde die Einzelfallgerechtigkeit zugunsten der Nichtberücksichtigung grundstücksindividueller Merkmale vollständig geopfert. Diese Auffassung hat der Bundesgesetzgeber anschließend allerdings relativiert und sich nunmehr der mehrfach geforderten Formulierung für § 247 BewG angeschlossen und damit verbindlich in § 247 Abs. 1 S. 2 BewG entschieden, dass nur unterschiedliche Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen zu berücksichtigen sind.102 Im Übrigen sind grundstücksindividuelle Besonderheiten für die Grund­

96  BT-Drs. 19/13453,

20. 2020 (JStG 2020) v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096. 98  BT-Drs. 19/23551, 47. 99  Dazu ausdrücklich BT-Drs. 19/25160, 160. 100  So insbesondere Mannek, Die große Grundsteuer-Reform 2020, S. 245 f. 101  Ebenso Bock, in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 116. 102  Erstaunlicherweise erfolgte die Ergänzung des § 247 BewG in einem hiermit in keinerlei Zusammenhang stehendem Gesetz, dem am 03.06.2021 verabschiedeten Fondsstandortgesetz (FoStoG), BGBl. I 2021, 1498; BT-Drs. 19/27631. 97  Jahressteuergesetz



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens197

steuerwertermittlung unbeachtlich. Diese Anpassungen sind daher in die gleichheitsrechtliche Rechtfertigungsprüfung einzubeziehen. d) Verfassungsmäßigkeit des mittelbaren Vergleichswertverfahrens – Rechtfertigung der Ungleichbehandlungen aa) Gleichbehandlung innerhalb der Bodenrichtwertzone und Auswirkungen auf sämtliche Bewertungsverfahren Aufgrund der typisierenden Grundsteuerwertermittlung des § 247 BewG wird eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der damit einhergehenden Gleichbehandlungen erforderlich, die aus der Zuschreibung der Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks an sämtliche in der Bodenrichtwertzone liegende Grundstücke aufgrund der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung der übrigen grundstücksindividuellen Besonderheiten (insbesondere der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, über abweichende Geschosse oder Geschossflächenzahlen sowie der Grundstückstiefe und -größe) resultiert, denn diese Besonderheiten wären aufgrund der Belastungsgrundentscheidung grundsätzlich zu berücksichtigen. Dies gilt in Ansehung der Bodenwertkomponente gleichermaßen für die Bewertung der bebauten Grundstücke im Ertragswert- (§§ 252 ff. BewG) sowie Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG). Zunächst soll jedoch nur auf die Grundstücksgruppe der unbebauten Grundstücke eingegangen werden. Denn zwar ist innerhalb der übrigen Bewertungsverfahren auf die hiesigen Erkenntnisse für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Bodenwertkomponente zurückzukommen, die dor­ tigen Ungleichbehandlungen müssen aber zusätzlich in ihrem Zusammenwirken mit den übrigen Bewertungsparametern gewürdigt werden, die zudem einerseits aus der Einbeziehung der Gebäudekomponente selbst sowie andererseits etwaigen Korrekturmöglichkeiten der Bodenwertkomponente (vgl. § 257 Abs. 1 S. 2 BewG) resultieren können. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes (wie bei § 198 BewG im Rahmen der Bedarfsbewertung) ist – und dies gilt für alle Bewertungsverfahren auf Bundesebene gleicher­ maßen – in gleichheitskonformer Weise im neuen Grundsteuerrecht nicht vorgesehen. bb) Zulässige Typisierung durch Rückgriff auf einen sog. Zonenwert Diese Gleichbehandlungen zwischen den verschiedenen Grundstückseigen­ tümern unbebauter Grundstücke, verursacht durch Rückgriff auf einen durchschnittlichen Lagewert des Grund und Bodens in Gestalt des Bodenrichtwerts, können nur durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im

198

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

grundsteuerlichen Massenverfahren gerechtfertigt werden. Denn durch die Verwendung von Durchschnittswerten versucht der Gesetzgeber im Sinne der Verwaltungspraktikabilität das Grundsteuerrecht, zuvorderst die Grundsteuerwertermittlung, vollziehbar zu halten und dies durch ein Automatisierungskonzept konsequent umzusetzen.103 Diese Automatisierungsstrategie in Gestalt der Bereitstellung von möglichst vielen Bewertungsdaten, der automatischen Verknüpfung zwischen den Behörden sowie eine Minimierung der menschlichen Verifikation seitens des Gesetzgebers, ist Ausfluss der angestrebten Verwaltungsvereinfachung. Diese Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit durch Entlastung des Rechtsanwenders im grundsteuerrechtlichen Massenfallrecht ist ein legitimer Grund für die Verwendung derartiger Typisierungen.104 Hierzu ist ein Rückgriff auf den sog. Zonenwert insbesondere auch geeignet und erforderlich. Denn es besteht eben kein milderes Mittel gleicher Eignung: Ein weniger typisierendes Gesamtkonzept zur Ermittlung der Bodenwertkomponente, welches das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und Automatisierung in gleichem Maße erreichen könnte, ist nicht ersichtlich. Jede weitergehende Individualität würde nämlich eine menschliche Kontrolle voraussetzen und hierdurch das angestrebte Automatisierungskonzept des Gesetzgebers unterlaufen. Eine Anpassung an die grundstücksindividuellen Umstände kann nicht automatisiert geleistet werden. Die Alternativlosigkeit dieses Konzeptes folgt letztlich aus der legitimen Intention des Grundsteuergesetzgebers. Entscheidend ist daher die Angemessenheit der Vereinfachungen im (mittelbaren) Vergleichswertverfahren: Die mit dem Rückgriff auf die Bodenrichtwerte – mit bloß geringfügigen Anpassungen (§ 247 Abs. 1 S. 2 BewG) – einhergehenden Vorteile zugunsten der Finanzverwaltung im Grundsteuervollzug müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verbundenen Gerechtigkeitsnachteilen beim einzelnen Steuerpflichtigen aufgrund der daraus resultierenden Gleichbehandlung stehen, für den damit die individuellen Grundstücksbesonderheiten weitgehend unberücksichtigt bleiben, geht damit doch als Nachteil ein Defizit an Einzelfallgerechtigkeit einher. Aufgrund der Charakteristika der Grundsteuer (Massenfallrecht, Objektsteuercharakter, nur Grundstücke105 als Steuergegenstand) sollen nach hier vertretener Auffassung die Anforderungen an die Rechtfertigungsprüfung allenfalls geringfügig über denen einer bloßen Willkürprüfung liegen.106

103  Zu

diesem Automatisierungsanliegen BT-Drs. 19/11085, 81. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245 f.) m. w. N. 105  Für eine Entlastungswirkung insoweit ebenfalls Krumm, DStJG 44 (2022), 225 (240); ebenso Zitzelsberger, FS Ritter, 661 (664). 106  Zusammenfassend B.IV.4.d)dd). 104  BVerfG



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens199

Die Intensität der mit § 247 BewG bewirkten Gleichbehandlungen ist dabei zunächst nicht bloß geringfügig: Denn mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände sowie Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen sind sämtliche grundstücksindividuellen Besonderheiten unbeachtlich. Demgegenüber ist das Interesse des Gesetzgebers an einem leicht vollziehbaren Grundsteuerrecht als gewichtig einzuordnen. Für die Rechtfertigung der Gleichbehandlungen streiten dabei jedoch folgende Argumente: Zunächst ist ein massentaugliches Vergleichswertverfahren zwingend auf die Übermittlung geeigneter Bodenrichtwerte angewiesen.107 Zwar werden aufgrund der Vielzahl der bundesweit bestehenden Gutachterausschüsse und der damit einhergehenden unterschiedlichen Professionalität und Kompetenz bei der Bodenrichtwertermittlung vor Ort durchaus unterschiedliche Ermittlungsmaßstäbe angelegt werden, was zugleich einen unterschiedlich weitreichenden Einfluss auf die Zielgenauigkeit der Bodenrichtwertermittlung und damit die daraus resultierende Intensität der Gleichbehandlungen bedingt. Die Anzahl der Gutachterausschüsse und deren Besetzung weicht zudem sowohl in den Bundesländern selbst als auch zwischen ländlichen Gemeinden und Großstädten erheblich voneinander ab. Eine realitäts- und damit relationsgerechte Bodenwertermittlung hängt deshalb immer von der Qualität der ermittelten Daten ab. Weiterhin ist der Bodenrichtwertermittlung schon von Natur aus eine gewisse Subjektivität durch das von besonderen Wertungen abhängige Ermittlungsverfahren immanent.108 Auf die spezifischen regionalen Besonderheiten der einzelnen Gutachterausschüsse wie auch die durch tatsächliche Differenzen und subjektive Wertermittlungen bedingten Unterschiede bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte im Einzelfall kann es jedoch für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit des grundsteuerlichen Gesamtkonzeptes des § 247 BewG nicht ankommen: Denn dem Grundsteuergesetzgeber wird man insoweit einzelne Defizite auf der tatsächlichen Anwendungsebene nicht zurechnen können, solange durch die außersteuerrechtliche und daran anknüpfende grundsteuerrechtliche Gesamtkonzeption eine typisierungskonforme Bodenwertermittlung grundsätzlich sichergestellt werden kann.109 Entscheidend ist deshalb vielmehr die konzeptionelle Sicherstellung einer möglichst einheitlichen Bodenwertermittlung, die die bestehenden Wertunterschiede zwischen den verschiedenen Grundstücken systematisch abbilden kann. Dazu gehört, neben der nunmehr verbindlichen Anwendung der Grundsätze der vorherigen Bodenrichtwertrichtlinie im Rahmen der ImmoWertV 2021, 107  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darstellung Vergleichswertverfahren Rn. 15.

108  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 104; Kleiber, in: Kleiber/Fleischer/Werling, Verkehrswertermittlung, Teil IV Vorb. Rn. 85 f., 95. 109  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 111.

200

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

vor allem deren konzeptionelle Weiterentwicklung im Vergleich zur ImmoWertV 2010.110 Die Sachgerechtigkeit dieses Rückgriffs auf die Bodenrichtwerte hängt somit untrennbar mit den Methodenvorgaben an die Gutachterausschüsse zusammen. In diesem Kontext sind die Neuerungen im Rahmen der Immobilienwertermittlung durch die Reform der ImmoWertV 2021, im Nachgang zur Grundsteuerreform, zu berücksichtigen: Denn während die Bodenrichtwertermittlung zunächst nur durch die unverbindliche Bodenrichtwertrichtlinie näher konkretisiert war, hat der Verordnungsgeber im Nachgang zur Grundsteuerreform diese in die ImmoWertV 2021 aufgenommen und dort in den §§ 13 ff. ImmoWertV 2021 weitergehend spezifiziert, um so den Gutachterausschüssen verbindliche und zugleich bundeseinheit­ lichere Ermittlungs­maßstäbe vorzugeben.111 Dazu gehört weiterhin die erstmalige ausdrück­liche Verankerung des Grundsatzes der Modellkonformität (§ 10 ImmoWertV 2021), der für die Anwendung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten die Anwendung der Modelle und Modellansätze anordnet, die der Ermittlung dieser Daten zugrunde gelegen haben. Die verschiedenen Bodenrichtwertzonen erlauben innerhalb des Gemeindegebietes eine Differenzierung anhand der Lage des jeweiligen Grundstücks, solange das Bodenrichtwertgrundstück der Bodenrichtwertzone mit den Merkmalen des konkreten Grundstücks hinreichend weitgehend übereinstimmt. Auch in diesem Zusammenhang erlangen die Änderungen der ImmoWertV 2021 grundsteuerrechtliche Bedeutung: Denn der Verordnungsgeber hat den hinnehmbaren „Ungleichbehandlungskorridor“ für die verschiedenen Grundstücke innerhalb einer Bodenrichtwertzone durch die Schaffung des § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 auf ein akzeptables Maß eingeengt.112 Danach sind die Bodenrichtwertzonen grundsätzlich so abzugrenzen, dass lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken und dem Bodenrichtwertgrundstück nicht mehr als 30 Prozent betragen sollen. Denn je weiter die Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks sich vom Bodenrichtwertgrundstück entfernen, umso weiter nimmt der Aussagegehalt der Bodenrichtwerte ab und dies wird hierdurch begrenzt.113 Das Bundesverfassungsgericht hielt es im Rahmen seines Beschlusses zur Erbschaftsteuer ebenfalls für vertretbar, wenn die Bodenrichtwerte nur ein Niveau von ca. 70 Prozent der tat110  Überblickshaft

(7).

zu den weitergehenden Anforderungen Bischoff, DS 2022, 6

ImmoWertV (2021), S. 78, 81. die Grundsteuer ebenso Bock, in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 24; sowie Krumm, Stellungnahme 17/3252, S. 35; Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.13 und dies sogar schon vor den weiteren Anpassungen der ImmoWertV 2021. 113  Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn. 8. 111  Kleiber, 112  Für



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens201

sächlichen Verkehrswerte erreichen würden.114 Der Verordnungsgeber hat darüber hinaus insoweit nachgeschärft und die Anforderungen an die Gutachterausschüsse bei deren Ermittlung dergestalt erhöht, als dass die Formulierung in § 10 Abs. 3 ImmoWertV 2010, die noch von der bloßen „Mehrheit“ der Grundstücke sprach und deshalb bereits bei über 50 Prozent der Grundstücke in der Bodenrichtwertzone erfüllt gewesen wäre, gestrichen wurde. Durch die Novellierung der ImmoWertV 2021 wurden somit die Anforderungen an die Abgrenzung von Bodenrichtwertzonen deutlich verschärft. Dies hat der Bundesgesetzgeber gerade mit Blick auf die Grundsteuerreform getan.115 Wie bereits erörtert, soll hiermit regelmäßig eine Verkleinerung bisheriger Bodenrichtwertzonen einhergehen. Der Grundsteuergesetzgeber blendet die grundstücksindividuellen Besonderheiten zwar weitgehend, aber doch nicht vollständig, aus: Er hatte scheinbar Bedenken, seinen Typisierungsspielraum zu überschreiten, sofern grundstücksindividuelle Merkmale im Regelfall für vollständig unbeachtlich erklärt würden, hat durch die neue Fassung des § 247 BewG aber einen massenverfahrenstauglichen Kompromiss erreicht. Die Einzelfallgerechtigkeit wird durch die Berücksichtigung verschiedener Entwicklungszustände und Arten der Nutzung im Rahmen des § 247 Abs. 1 S. 2 BewG nicht vollständig ausgeblendet, die Bewertungsgenauigkeit hierdurch teilweise erhöht, gleichwohl aber die Vollziehbarkeit des Grundsteuerrechts nicht völlig negiert. Denn weil Bodenrichtwerte regelmäßig ohnehin nur für baureifes Land bereitgestellt werden, sind in den anderen Fällen Abschläge hiervon zwingend erforderlich.116 Dies ist in einem Massenverfahren automatisiert möglich und widerspricht daher nicht dem Grundanliegen des Gesetzgebers, ein modernes, weitgehend automatisiertes Grundsteuerrecht zu schaffen. In diesem Zusammenhang scheint ferner die damit verbundene Entscheidung des Gesetzgebers vertretbar, durch § 247 Abs. 1 S. 2 BewG die Grundstückstiefe sowie die Grundstücksgröße vollständig auszublenden, denn bei der Bewertung unbebauter Grundstücke fehlt es gerade an einer Bebauung, zu welcher die Wertsteigerung in Relation gesetzt werden könnte.117 Es kann zudem nicht schaden, dass auf eine Nachweismöglichkeit eines niedrigeren gemeinen Wertes – anders als im baden-württembergischen Grund­ 114  BVerfG

v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (56 f.). 84. 116  Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn. 16; siehe hierzu A 247.3 Abs. 1 S. 2 AEBewGrStG, wonach nach Ansicht der Finanzverwaltung für Bauerwartungsland 25 Prozent und für Rohbauland 50 Prozent des Bodenrichtwertes für vergleichbares erschließungsbeitragsfreies Bauland anzusetzen sind; denn Bauerwartungsland und Rohbauland haben regelmäßig kein einheitliches Wertniveau, dazu Kleiber, Marktwertermittlung, § 14 ImmoWertV Rn. 25. 117  Überzeugend dazu Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 111. 115  BR-Drs. 407/21,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

steuergesetz (§ 38 Abs. 4 BWGrStG) – vollständig verzichtet wurde. Denn die Bindungswirkung der Bodenrichtwerte im grundsteuerlichen Besteuerungsverfahren würde hierdurch weitestgehend zulasten der verfolgten Automatisierungsstrategie des Gesetzgebers zurückgenommen werden müssen. Weil der Gesetzgeber jedoch davon ausgehen darf, dass seine normativen Anordnungen durch die Gutachterausschüsse hinreichend beachtet werden, erscheint es folgerichtig, dass eine Gegenbeweismöglichkeit nicht eingeräumt wird. Nach seiner Vorstellung gibt es gerade kaum praktische Fälle, in denen der noch zumutbare Rahmen von 30 Prozent verlassen wird. Dies kann zudem auch nicht unter schlichtem Verweis auf die Regelung des § 38 Abs. 4 des BWGrStG gefordert werden: Denn der baden-württembergische Gesetzgeber lässt in seinem Grundsteuerkonzept – anders als der Bundesgesetzgeber – nicht nur grundstücksindividuelle Merkmale nicht einmal im Umfang des § 247 Abs. 1 S. 2 BewG konzeptionell zu, sondern die Ungleichbehandlungen sind aufgrund der vollständigen Ausblendung der Gebäudekomponente, bei gleichzeitig leistungsfähigkeitsorientierter Grundsteuerrechtfertigung, dort auch deutlich gravierender als auf Bundesebene. Es sind deshalb die divergierenden Belastungsentscheidungen, die trotz gleichsamen Wertbezuges in unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen abgebildet werden, die gegen eine pauschale Übertragbarkeit auf das Bundesgrundsteuerrecht streiten. Gleichheitsrechtlich entscheidend ist deshalb vielmehr die generelle Typisierungstauglichkeit der Bodenrichtwerte, während die Anknüpfung an die von den Gutachterausschüssen und damit einer anderen staatlichen Stelle ermittelten Bewertungsdaten ohne jegliche Gegenbeweismöglichkeit für den Steuerpflichtigen eine – in dieser Arbeit jedoch nicht zu vertiefende – Frage des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG ist.118 Weil zudem alle für die Bewertung der unbebauten Grundstücke, und damit zugleich die Bodenwertkomponente in den übrigen Bewertungsverfahren, erforderlichen Daten in Gestalt der Bodenrichtwerte und der Grundstücksfläche der Finanzverwaltung ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen bekannt sind, muss in die Freiheitsphäre des Steuerpflichtigen zur Datenermittlung – mit Ausnahme einer erstmaligen Abfrage im Rahmen der Grundsteuerwertfeststellungserklärung im Jahr 2022 – grundsätzlich nicht fortlaufend eingegriffen werden. Das Vergleichswertverfahren ist deshalb in besonderem Maße freiheitsschonend.119 Gerade die Möglichkeit zu Anpassungen beim Bodenrichtwert würde beim Steuerpflichtigen regelmäßig (wohl) mit einem erhöhten Beratungsbedarf und damit gesteigerten Kosten einhergehen, die so ver-

118  So ebenfalls Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, Rn. 16.14; Seer, FR 2019, 941 (947 f.) sowie Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 133. 119  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 109.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens203

mieden werden können. Der Rückgriff auf die Bodenrichtwerte reduziert zugleich das Risiko struktureller Vollzugsdefizite.120 cc) Resümee Der Rückgriff auf die Bodenrichtwerte ist daher im Rahmen des § 247 BewG, trotz nur geringer Berücksichtigung grundstücksindividueller Besonderheiten, zulässige Typisierung des Bewertungsverfahrens der unbebauten Grundstücke.121 Der Gesetzgeber hat mit der Festlegung des erforderlichen Genauigkeitsgrades in § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 in Kombination mit den zu berücksichtigenden Eigenschaften in § 247 Abs. 1 S. 2 BewG die notwendigen gesetzlichen Vorkehrungen getroffen, um trotz Anwendung typisierender Bewertungsparameter in hinreichendem Maße auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung Rücksicht zu nehmen, indem die Gleichbehandlungen teilweise zurückgenommen werden, gleichwohl das Ziel eines automatisierten Bewertungsverfahrens im steuerlichen Massenverfahren nicht unterlaufen wird und hierdurch die tatsächlichen Vollzugsrealitäten anerkannt werden. Durch die Überführung der unverbindlichen Empfehlungen der Bodenrichtwertrichtlinie in die ImmoWertV 2021 wurden die Grundlagen für eine verbindliche einheitliche Bodenrichtwertermittlung geschaffen, an die der Grundsteuergesetzgeber durch die Zugrundelegung der auf dieser Grundlage ermittelten Bodenrichtwerte in verfassungskonformer Weise anknüpfen kann. Der Rückgriff auf Bodenrichtwerte zur Grundsteuerwertermittlung im grundsteuerlichen Massenverfahren ist, mit Blick auf die Bewertung der unbebauten Grundstücke (§ 247 BewG), ein unter Beachtung der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers zulässiges Bewertungsverfahren, welches Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.122 e) Verfassungsmäßigkeit des (mittelbaren) Vergleichswertverfahrens nach § 38 BWGrStG? aa) Funktionsweise und Rechtfertigungsbedarf des § 38 BWGrStG Der baden-württembergische Landesgesetzgeber greift mit § 38 BWGrStG ebenfalls auf ein sog. mittelbares Vergleichswertverfahren zurück, erklärt DB 2018, 2200 (2210). in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 48, 21 ff. 122  Zustimmend Bock, in: Grootens, GrStG, § 247 BewG Rn. 48, 21 ff.: vom Typisierungsspielraum gedeckt; Krumm/Paeßens, GrStG, § 247 BewG Rn. 12, Einl. Rn. 111; Schaffner, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 247 BewG Rn. 1; in diese Richtung Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 247 Rn. 5, 16 (Stand: 12/2021). 120  Mayer, 121  Bock,

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dies dort sogar zum ausschließlichen Bewertungsverfahren für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens im Sinne des § 37 BWGrStG. Der Grundsteuerwert ist das Produkt aus Grundstücksfläche und Bodenrichtwert, wobei grundstücksindividuelle Anpassungen gänzlich zu unterbleiben haben (§ 38 Abs. 1 S. 2 BWGrStG). Die Bodenrichtwerte werden von den Gutachterausschüssen er- und übermittelt und den Finanzbehörden steht auch hier eine sog. Reservekompetenz zu (§ 38 Abs. 2, 3 BWGrStG). Somit bedarf es in Baden-Württemberg lediglich der mit § 247 BewG vergleichbaren Beurteilung, ob die aus dem Rückgriff auf die Bodenrichtwerte als zentralem Bewertungsparameter resultierenden Gleichbehandlungen gleichheitsrechtlich gerechtfertigt werden können, mithin der Gesetz­ geber seine Typisierungsbefugnis durch die damit einhergehende Gleich­ behandlung sämtlicher Grundstücke innerhalb der jeweiligen Bodenrichtwertzone, durch die generelle Unbeachtlichkeit grundstücksindividueller Besonderheiten (auch unterschiedlicher Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen), nicht überspannt hat. Hinzu tritt darüber hinaus die Gleichbehandlung bebauter und unbebauter Grundstücke aufgrund der Ausblendung der Gebäudekomponente, die insofern besonderen Rechtfertigungsbedarf auslöst. Dabei kann im Ausgangspunkt an die Erkenntnisse zur Rechtfertigung des § 247 BewG angeknüpft werden. bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 38 BWGrStG Die durch § 38 Abs. 1 BWGrStG erzeugten Ungleichbehandlungen zeichnen sich in Relation zum Bundesgrundsteuerrecht durch eine höhere Intensität aus: Denn erstens erklärt § 38 Abs. 1 S. 2 BWGrStG ausschließlich den Bodenrichtwert des Bodenrichtwertgrundstücks für maßgeblich, sodass noch weitgehender als auf Bundesebene (vgl. § 247 Abs. 1 S. 2 BewG) grundstücksindividuelle Besonderheiten vollständig unberücksichtigt bleiben.123 Allerdings muss man insoweit erneut die ImmoWertV 2021 in den Blick nehmen. Für sich überlagernde Bodenrichtwertzonen bedeutet dies: Weil § 15 Abs. 3 ImmoWertV 2021 voraussetzt, dass sich Bodenrichtwertzonen überlagern können, ist in diesen Fällen auch in Baden-Württemberg eine sachgerechte Zuordnungsentscheidung notwendig, sodass sich die Zuordnung in solchen Fällen danach richten muss, welche Bodenrichtwertzone der ­konkreten Nutzungsart besser entspricht, was letztlich einer Anwendung des

123  Gleicher Auffassung Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 82; Bräutigam/Spengel/Winter, DB 2020, 2090 (2096).



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens205

§ 247 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BewG gleichkommt.124 Bei den unterschiedlichen Entwicklungszuständen gilt im Ausgangspunkt, dass Bauerwartungsland, Rohbauland und auch baureifes Land zu keiner anderen Bewertung nach § 38 BWGrStG führen können, sofern hierfür kein gesonderter Bodenrichtwert ausgewiesen wird. § 196 Abs. 1 S.1 BauGB ordnet insofern jedoch an, dass Bodenrichtwerte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklungszustände zu ermitteln sind. Die Erwartungshaltung, auf die der badenwürttembergische Gesetzgeber zurückgreift, ist daher, dass verschiedene Entwicklungszustände bereits in abweichenden Bodenrichtwertzonen Berücksichtigung finden.125 Die Gleichbehandlungen, die aus dem typisierenden Rückgriff auf Bodenrichtwerte für die Grundstückseigentümer innerhalb der jeweiligen Bodenrichtwertzone resultieren, sind gleichwohl qualitativ erheblicher. Dies folgt sodann zweitens aus der hinzutretenden Gleichbehandlung unbebauter und bebauter Grundstücke durch die Ausblendung der Gebäudekomponente.126 Dem steht allerdings auch ein noch gewichtigeres Vollzugsinteresse des Landesgesetzgebers gegenüber. Denn diese weitergehenden Vereinfachungsmechanismen haben ihren Grund bereits in der abweichenden Belastungsentscheidung, die in Baden-Württemberg primär auf die sog. Nutzenäquivalenz und nicht das Leistungsfähigkeitsprinzip gestützt wird. Setzt die badenwürttembergische Bemessungsgrundlage daher in besonderem Maße eine auf Vereinfachung ausgerichtete Belastungsentscheidung um, so muss sich der damit einhergehende Vereinfachungsgedanke bei der Würdigung der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage konsequent fortsetzen können.127 Gerade die Ausblendung der Gebäudekomponente lässt den damit einhergehenden Ermittlungsaufwand für diejenigen der insgesamt ca. 4,5 Millionen wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens entfallen, die bebaut sind.128 Für die Verfassungskonformität der durch § 38 BWGrStG erzeugten Gleichbehandlungen streiten zudem die folgenden Aspekte: Erstens sind wie bei der Beurteilung des § 247 BewG erneut die Änderungen der Immo124  Dazu Krumm/Paeßens, GrStG, § 38 BWLGtStG Rn. 4; auf Bundesebene siehe A. 247.2 Abs. 7 S. 2 AEBewGrStG. 125  Zu dieser Pflicht der Gutachterausschüsse, Bodenrichtwertzonen nach den unterschiedlichen Entwicklungszuständen zu bilden, nur Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenbeck/Krautzberger, BauGB, § 196 Rn. 56 (Stand: 08/2016); die Entwicklungszustände finden sich nunmehr in § 3 ImmoWertV 2021. 126  Zu diesem Punkt Mayer, DB 2018, 2200 (2210). 127  Zu diesen Wechselwirkungen – vor allem für die Äquivalenzmodelle – bereits eingehend unter B.IV.4.d)dd)(2). 128  BWLT- Drs. 17/1076, 19; zuvor ging man lediglich von 4,1 Millionen wirtschaftlichen Einheiten aus, vgl. BWLT-Drs. 16/8907, 2.

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WertV 2021 von Gewicht, weshalb die strengeren Anforderungen des § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 (in Relation zu § 10 Abs. 3 ImmoWertV 2010) in Ansehung der 30-Prozent Grenze bezüglich lagebedingter Wertunterschiede in Relation der Mehrheit der Grundstücke zum Bodenrichtwertgrundstück innerhalb einer Bodenrichtwertzone die Gleichbehandlungen verschiedener Grundstückseigentümer auf ein sachgerechtes Maß begrenzen.129 Zweitens wurden die bisherigen unverbindlichen Richtlinien in verbindliche und zugleich striktere Vorgaben für die Gutachterausschüsse transformiert. Hinzu kommt besonders die durch das ÄndGLGrStG neu eingefügte Nachweismöglichkeit eines niedrigeren gemeinen Wertes in § 38 Abs. 4 BWGrStG, welche eine zusätzliche „gleichheitsrechtliche Entlastungswirkung“ erzeugen kann, indem die Einzelfallgerechtigkeit auf Bewertungsebene gesteigert wird, wenn in solchen Einzelfällen, in denen die „Toleranzspanne“ des § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021 verlassen wird, dem Steuerpflichtigen eine antragsgebundene, zusätzliche Handlungsoption durch Nachweis eines niedrigeren Wertes eröffnet wird.130 Gleichzeitig wird durch das Eingreifen erst ab der Überschreitung der 30-Prozent-Grenze der Massenfallvollzug im Grundsteuerrecht nicht über Gebühr belastet. Erreicht wird hierdurch ebenfalls ein typisierungstauglicher Kompromiss zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Massenvollzug. Das Bodenwertmodell ist außerdem besonders freiheitsschonend: Ermittelt werden müssen nur die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Die Grundstücksfläche lässt sich aus dem Grundbuch für die zur wirtschaftlichen Einheit gehörenden Grundstücke entnehmen und die Bodenrichtwerte werden grundsätzlich von den Gutachterausschüssen er- und übermittelt.131 Insoweit fallen die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gering aus. Denn gerade bei Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern wird ein solcher Beratungsbedarf regelmäßig überflüssig, der bei Zulassung von Anpassungen beim Bodenrichtwert typischerweise erforderlich wäre. Zudem handelt es sich dabei um einen einmaligen Ermittlungsaufwand und im Fortgang beschränkt sich der (Verifikations-)Aufwand auf die Kontrolle einer – möglicherweise dann zukünftig bestehenden – vorausgefüllten Steuererklärung, die die Bewertungsdaten bereitstellt. Trotz Ausblendung der Gebäudekomponente im Rahmen der Grundsteuerwertermittlung, wird dieser Effekt allerdings durch die Steuermesszahlabschläge in § 40 BWGrStG teilweise wieder zurückgenommen: Denn gerade der Abschlag für überwiegend zu WohnzweGrStG, Einl. Rn. 120. diese Richtung auch F. Schmidt, in: Grootens, GrStG, § 38 BWGrStG Rn. 5. 131  Zur generell einfachen Administrierbarkeit eines Bodenwertmodells ohne Einbeziehung des Gebäudeteils schon Löhr, WD 2017, 809 (815); für das BWGrStG Krumm/Paeßens, GrStG, § 38 BWGrStG Rn. 3. 129  Krumm/Paeßens, 130  In



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens207

cken genutzte Grundstücke (vgl. § 40 Abs. 3 BWGrStG) erfordert, dass die Finanzverwaltung hinreichend verifizieren kann, ob die Wohnfläche für die Gewährung der Steuermesszahlreduktion auch tatsächlich überwiegt.132 Im Ergebnis ist es die (legitime) besondere Gewichtung des Vollzugsinte­ resses durch den baden-württembergischen Gesetzgeber, die schon konsequenter Ausdruck einer auf besondere Einfachheit angelegten Belastungsentscheidung ist, die die durch § 38 BWGrStG erzeugten Ungleichbehandlungen gleichwohl trotz der weitreichenderen Intensität rechtfertigen kann, erneut zuvorderst durch die neugeschaffenen konzeptionellen Mechanismen der ImmoWertV (insbesondere § 15 Abs. 1 und Abs. 3 ImmoWertV 2021) sowie vor allem aber die zusätzlich entlastende Nachweismöglichkeit des § 38 Abs. 4 BWGrStG. Somit begrenzt das Vergleichswertverfahren die Ungleichbehandlungen auf ein verfassungsrechtlich hinnehmbares Maß, weshalb Art. 3 Abs. 1 GG durch § 38 BWGrStG ebenfalls nicht verletzt wird. f) Vorrang strenger Gesetzesanwendung und effiziente Kontrolle zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeitserklärung des Bewertungssystems Aufgrund der Nichtzulassung individueller Anpassungen der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse wird der Aussagekraft des Bodenrichtwertes besonderes Gewicht im neuen Grundsteuerrecht beigemessen. Dies gilt nicht nur für das Vergleichswertverfahren nach § 247 BewG sowie in Baden-Württemberg für § 38 BWGrStG, sondern auch für Ertragswert(§§ 252 ff. BewG) und Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG) auf Bundesebene.133 Damit kommt es zugleich zu einer „Gemengelage“: Das Grundsteuerrecht knüpft an Parameter an, die auf Grundlage der ImmoWertV 2021 ermittelt werden. Die Genauigkeit und damit Qualität der Bodenrichtwerte wird dabei wiederum maßgeblich durch die konkreten Einzelfallermittlungen bestimmt. Insofern wurde bereits herausgestellt, dass der Gesetzgeber an dieses Regelungswerk der ImmoWertV 2021 anknüpfen darf und der dortige Gesetzgeber hinreichende Vorgaben für die Ermittlung des Bodenrichtwertes vorgesehen hat. Einzelne Defizite bei der Bodenrichtwertermittlung können daher nicht gegen die Typisierungstauglichkeit der grundsteuerrechtlichen Regelungen angeführt werden: Vielmehr genießt eine (verfassungskonforme) strenge Anwendung der klaren außersteuerrechtlichen gesetzgeberischen Regelungen über die Bildung des Bodenrichtwertes und der Abgrenzung der Bodenrichtwertzonen durch die vollziehende Gewalt sowie daran anschließend deren effektive gerichtliche Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 GG) im Einzelfall GrStG, § 40 BWGrStG Rn. 4. zur Bedeutung des Bodenrichtwertes in den jeweiligen Verfahren unter C.V.3.a)bb) (zum Ertragswertverfahren) sowie C.V.3.b)aa) (zum Sachwertverfahren). 132  Krumm/Paeßens, 133  Siehe

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Vorrang gegenüber einer Verfassungswidrigkeitserklärung der grundsteuerrechtlichen Bewertungsregelung selbst.134 Die jeweiligen Steuergesetzgeber, die insoweit an ein außersteuerrechtliches Rechtsregime anknüpfen, trifft gleichwohl eine „Gewährleistungsverantwortung“ in Ansehung der Bereitstellung eines tauglichen Gesamtkonzeptes. Sie müssen eben einen hinreichenden Rechtsrahmen bereitstellen. Und dies ist durch die Bewertungskonzeptionen sowohl mit § 247 BewG als auch § 38 BWGrStG erfolgt. Deshalb müssen sie sich dabei auftretende Vollzugsmängel erst einmal nicht unmittelbar zurechnen lassen.135 3. Verfassungsmäßigkeit der Bewertung bebauter Grundstücke (§§ 248 ff. BewG) – Sachwert- und Ertragswertverfahren a) Das Ertragswertverfahren (§§ 250 Abs. 2, 252 ff. BewG) aa) Anwendungsbereich und Bedeutung Der Grundsteuerwert der bebauten Grundstücke im Sinne des § 248 BewG wird in Abhängigkeit von den verschiedenen Grundstücksarten des § 249 Abs. 1 BewG ermittelt (§ 250 BewG). § 250 Abs. 2 BewG ordnet an, dass Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum (sog. Wohngrundstücke, vgl. § 249 Abs. 1 Nrn. 1–4 BewG) zwingend im Ertragswertverfahren nach den §§ 252–257 BewG bewertet werden. Die übrigen bebauten Grundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke, sog. Nichtwohngrundstücke, vgl. § 249 Abs. 1 Nrn. 5–8 BewG) sind zwingend im Sachwertverfahren nach den §§ 250 Abs. 3, 258–260 BewG zu bewerten.136 Dem Ertragswertverfahren kommt im Rahmen der Grundsteuerreform auf Bundesebene besonderes Gewicht zu: Der Bundesgesetzgeber geht davon aus, dass ca. 75 Prozent und damit etwa 24 von insgesamt 32 Millionen wirtschaftliche Einheiten im Ertragswertverfahren zu bewerten sind.137 Auch 134  Zum Verhältnis zwischen strenger Gesetzesbindung und „Verfassungswidrigkeitserklärung auf judikativer Ebene auch Thiemann, FS 100 Jahre BFH, 129 (132 f., 149); insofern für Zurückhaltung bei Abweichungen vom klaren Wortlaut schon Woer­ner, DStJG 5 (1982), 23 (34 f.). 135  Bzgl. einer „Gewährleistungsverantwortung“ auch Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 111. 136  Anders als bei der Immobilienverkehrswertermittlung nach der ImmoWertV 2021 (vgl. § 8 Abs. 1 S. 2 ImmoWertV 2021) besteht bei der Grundsteuerwertermittlung kein Wahlrecht zwischen den Verfahren. 137  BT-Drs. 19/11085, 112; freilich berücksichtigt diese Berechnung noch nicht die mittlerweile ergangenen Landesgrundsteuermodelle.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens209

wenn sich ein Ertragswertverfahren grundsätzlich zur Verkehrswert- und damit auch zur an diesem orientierten Grundsteuerwertermittlung eignet, bedingt dies nicht zwingend die Verfassungsmäßigkeit der konkreten Ausgestaltung im Bewertungsgesetz. Mit den §§ 252 ff. BewG soll an die Funk­ tionsweise eines (vereinfachten) Ertragswertverfahrens nach dem Vorbild des § 17 Abs. 2 Nr. 2 ImmoWertV 2010, nunmehr § 29 ImmoWertV 2021, angeknüpft werden, im grundsteuerlichen Massenverfahren allerdings durch umfangreiche Typisierungen modifiziert.138 bb) Funktionsweise des vereinfachten Ertragswertverfahrens Der Grundsteuerwert der bebauten Wohngrundstücke ist die Summe (vgl. § 252 S. 1 BewG) aus dem kapitalisierten Reinertrag (§ 253 BewG) einerseits und dem abgezinsten Bodenwert (§ 257 BewG) andererseits.139 Der kapitalisierte Reinertrag als erste Bewertungskomponente ermittelt sich dabei, indem zunächst der Reinertrag des Grundstücks bestimmt wird. Dieser setzt sich zusammen aus dem typisierten Rohertrag als maßgeblichem Bewertungsparameter (§ 254 BewG, Anlage 39) abzüglich pauschaliert vorgegebener Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG, Anlage 40). Der Rohertrag selbst ergibt sich aus der Multiplikation der Wohnfläche140 in qm mit der vorgegebenen Nettokaltmiete pro qm und der Zahl 12 (für die Monate des Jahres). Die Nettokaltmiete pro qm wird wiederum in Abhängigkeit von fünf Baujahresgruppen (bis 1948, 1949 bis 1978, 1979 bis 1990, 1991 bis 2000 sowie ab 2001), drei Wohnungsgrößengruppen (kleiner 60 m2, 60 bis 100 m2 sowie über 100 m2) sowie in Abhängigkeit von der Grundstücksart und dem jeweiligen Bundesland bestimmt. Über Zu- und Abschläge anhand verschiedener Mietniveaustufen wird eine gemeindebezogene Differenzierung über die Nettokaltmieten pro qm innerhalb des jeweiligen Bundeslandes bewirkt (Anlage 39 II). Weil sich die Bundesgrundsteuer an der Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes ausrichten will, erfolgt dabei keine Unterscheidung in selbst- und fremdgenutzte Wohngrundstücke, der Gesetzgeber gibt die durchschnittlich zu erzielenden Sollmieterträge einheitlich in Anlage 39 vor. Dabei wird unterstellt, dass sich für sämtliche Wohngrundstücke eine Durchschnittsmiete feststellen lässt. In der Ursprungsfassung griff das GrStRefG als Datengrundlage für die Herleitung der Nettokaltmieten auf die Auswertung des Mikrozensus 2014 138  BT-Drs. 19/11085,

112. für eine schematische Darstellung des Ertragswertverfahrens A 252 Abs. 1 AEBewGrSt sowie schon die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/11085, 114. 140  Im Sinne der WoFlV (v. 25.11.2003, BGBl. I 2003, 2046); dazu Krumm/­ Paeßens, GrStG, § 249 BewG Rn. 5 ff. 139  Siehe

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

zurück und sah eine Differenzierung anhand von sechs Mietniveaustufen vor, die von einem Abschlag in Höhe von 22,5 Prozent (Mietniveaustufe 1) bis hin zu einem Zuschlag von 32,5 Prozent (Mietniveaustufe 6) reichten. In Ansehung der Mietniveaustufen wurde durch das Grundsteuerreform-Um­ setzungsgesetz (GrStRefUG) vom 16.07.2021 eine Anpassung dahingehend vorgenommen, dass nunmehr sieben Mietniveaustufen bestehen und ein Korrekturspielraum durch einen Abschlag von 20 Prozent (Mietniveaustufe 1) bis hin zu einem Zuschlag von vierzig Prozent (Mietniveaustufe 7) besteht.141 Um die Gemeinden in eine Mietniveaustufe einzuteilen, wurde auf Grundlage des § 263 Abs. 2 BewG die Mietniveaueinstufungsverordnung (MietNEinV)142 erlassen, die sich an der Einordnung für Wohngeldzwecke orientiert. Sofern eine Gemeinde nicht zugeordnet wurde, ist sie der Miet­ niveaustufe 3 zuzuordnen (Anlage 39 II, als Auffangklausel). Der so ermittelte Reinertrag wird anschließend mit einem typisierten Vervielfältiger nach Anlage 37 – in Abhängigkeit von der typisierten Restnutzungsdauer und des typisierten Liegenschaftszinssatzes im Sinne von § 256 BewG – multipliziert (§ 253 Abs. 2 BewG). Der Liegenschaftszinssatz soll neben den Roherträgen ebenfalls eine Marktanpassung des Bewertungsobjekts ermöglichen, denn dieser Zinssatz spiegelt die Entwicklung der Ertragsund Wertverhältnisse am Grundstücksmarkt wider, weil er aus den Liegenschaftsverkäufen abgeleitet wird.143 Die Restnutzungsdauer ermittelt sich durch Abzug des tatsächlichen Alters des Gebäudes am Bewertungsstichtag von der nach Anlage 38 typisiert vorgegebenen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 253 Abs. 2 S. 3 BewG). Zu dem so ermittelten kapitalisierten Reinertrag wird der abgezinste Bodenwert als zweite Bewertungskomponente addiert. Durch den Bodenwert wird berücksichtigt, dass dem Eigentümer auch nach dem wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes (= Ablauf der typisiert vorgegebenen Gesamtnutzungsdauer) der Wert des Grund und Bodens erhalten bleibt.144 Weil unterstellt wird, dass dieser am Ende der Restnutzungsdauer dem heutigen Wert entspricht, muss dieser auf den Wertermittlungszeitpunkt abgezinst werden.145 Für die Ermittlung des abgezinsten Bodenwertes ist von den Bodenwerten 141  BT-Drs. 19/28902, 13; auch die Wohngeldverordnung als Datengrundlage wurde entsprechend geändert, s. dazu 12. WoGVÄndV v. 06.07.2020, BGBl. I 2020, 1594. 142  Mietniveaueinstufungsverordnung (MietNEinV) v. 18.08.2021, BGBl. I 2021, 3738. 143  Vgl. die Legaldefinition in § 256 Abs. 1 S. 1 BewG; Jardin/Roscher, Immobilienwertermittlung, S.  454 f.; Grootens, in: Grootens, GrStG, § 252 BewG Rn. 53 f. 144  Dazu Krumm/Paeßens, GrStG, § 252 BewG Rn. 3. 145  Mannek, Die große Grundsteuer-Reform 2020, S. 262; Schaffner, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 252 BewG Rn. 1.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens211

bei unbebauten Grundstücken im Sinne des § 247 BewG auszugehen (§ 257 Abs. 1 S. 1 BewG). Bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern (zur Definition siehe § 249 Abs. 2, 3 BewG) sind zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen zusätzlich die Umrechnungskoeffizienten nach Anlage 36 anzuwenden (§ 257 Abs 1 S. 2 BewG). Danach ist der Bodenwert (mit Ausnahme des Werts von selbstständig nutzbaren Teilflächen im Sinne von § 257 Abs. 3 BewG) mit dem sich aus Anlage 41 ergebenden Abzinsungsfaktor abzuzinsen. Auch der Abzinsungsfaktor richtet sich wiederum nach dem (typisierten) Liegenschaftszinssatz und der (typisierten) Restnutzungsdauer (§ 257 Abs. 2 S. 2 BewG). Der so ermittelte Grundsteuerwert muss zuletzt noch mit dem sog. Mindestwertansatz (§ 251 BewG) verglichen werden. Danach werden für ein bebautes Grundstück als Grundsteuerwert immer mindestens 75 Prozent des Wertes angesetzt, mit dem der Grund und Boden für sich allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre. Hierdurch wird unterstellt, dass ein Grundstückserwerber immer mindestens den gemeinen Wert für Grund und Boden abzüglich etwaiger – typisiert mit 25 Prozent berücksichtigter – Gebäudebeseitigungs-/Freilegungskosten zahlen würde.146 Der Mindestwertansatz kann dabei vor allem in Fällen eine Rolle spielen, in denen eine niedrige Ertragsfähigkeit des Gebäudes vorliegt, gleichwohl der Bodenwert bei hoher Restnutzungsdauer durch die Abzinsung die prägende Komponente für den Grundsteuerwert ist.147 Das Ertragswertverfahren erzeugt aufgrund der Typisierungen insbesondere folgende Wechselwirkungen: Bei neueren Gebäuden (= hohe Restnutzungsdauer) hat der kapitalisierte Reinertrag maßgeblichen Einfluss auf den Grundsteuerwert, wohingegen bei älteren Gebäuden (= geringe Restnutzungsdauer) der abgezinste Bodenwert die den Grundsteuerwert prägende Komponente bildet.148 Der Reinertrag bleibt – vorbehaltlich gleicher Baujahres- und Größengruppe – innerhalb der Gemeinde für jede Grundstücksart identisch, denn die Mietniveaustufen erzeugen keine Binnendifferenzierung innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes. Eine Lagedifferenzierung zwischen diesen Grundstücken kann deshalb nur über den Liegenschaftszinssatz – aufgrund seiner Abhängigkeit von Restnutzungsdauer und Bodenrichtwert – bewirkt werden. Die Bewertungsparameter werden hierdurch weitge146  BT-Drs. 19/11085, 112; dazu Mannek, Die große Grundsteuer-Reform 2020, S. 259. 147  Krumm/Paeßens, GrStG, § 251 BewG Rn. 1, Einl. Rn. 30 ff. mit Beispielen. 148  Vergleiche hierfür die Berechnungsbeispiele bei Bräutigam/Spengel/Winter, DB 2020, 2090 (2092); Marfels, ErbStB 2019, 266 (271 f.); Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 28 ff.; zu diesen Wechselwirkungen Scheffler/Hey, IFSt Schrift 530, S. 30; Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 42 f.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

hend von der individuellen wirtschaftlichen Einheit abgekoppelt: Der Gesetzgeber verwendet eine Vielzahl an Typisierungen und Pauschalierungen, sowohl für die Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche (Anlage 39), die pauschalierten Bewirtschaftungskosten (Anlage 40), die Liegenschaftszinssätze (§ 256 BewG), die Abzinsungsfaktoren (Anlage 37) sowie die jeweilige Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes und damit die Ermittlung der Restnutzungsdauern (Anlage 38). Für die Bewertungsparameter in den Anlagen hat der Gesetzgeber weitestgehend der Verwaltung eine Verordnungs­ ermächtigung zur Änderung erteilt (vgl. § 263 BewG). Die Bodenrichtwerte werden von den Gutachterausschüssen er- und übermittelt. Individuell ermittelt werden müssen nur noch die Wohnfläche und die Gebäuderestnutzungsdauer. Objektspezifische individuelle Grundstücksmerkmale149 werden nicht berücksichtigt und auch ein niedrigerer gemeiner Wert kann nicht mehr nachgewiesen werden. cc) Qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen primär mangels innerkommunaler Lagedifferenzierung Die Ausgestaltung des vereinfachten Ertragswertverfahrens in den §§ 252 ff. BewG führt aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den Bewertungsparametern untereinander zu qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen, die primär durch eine nicht ausreichende Lagedifferenzierung innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes verursacht werden, und die daher vor allem aus dem gemeindeeinheitlich ermittelten Reinertrag resultieren. Dies hängt nämlich neben den typisierten Bewertungsparametern zugleich mit deren Gewichtung für den Grundsteuerwert zusammen: Zunächst werden die Reinerträge für das jeweilige Grundstück im gesamten Gemeindegebiet einheitlich ermittelt, wodurch zwangsläufig ausgeblendet wird, ob sich das zu bewertende Grundstück in zentraler Lage oder aber Randlage der Kommune befindet. Die Spannbreite etwaiger tatsächlicher Mieten nimmt dabei mit der Größe der Gemeinde zu, ohne dass dies im Rohertrag abgebildet würde.150 Besonders gute Grundstückslagen innerhalb der Gemeinde, in denen der durchschnittliche Mietpreis/qm deshalb regelmäßig oberhalb des vom Gesetzgeber vorgegebenen „Durchschnittswertes“ der Anlage 39 liegen wird, werden in Relation zu solchen Lagen, in denen der Wert tatsächlich unterhalb des vorgegebenen Durchschnittswertes liegt, unterbewertet, während letztere überbewertet werden, wodurch es in Relation dieser verschiedenen Grund149  Hierzu gehören beispielhaft abweichende Erträge, Baumängel, Bauschäden, wirtschaftliche Überalterung, überdurchschnittlicher Erhaltungszustand oder grundstückebezogene Rechte und Belastungen, siehe A. 252 Abs. 2 AEBewGrSt. 150  Hey, Stellungnahme, S. 12.



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stücke zu gleichheitsrechtlich systematischen Ungleichbehandlungen kommen wird. Dies ist zwingende Konsequenz des gesetzgeberischen Bewertungskonzeptes durch die verbindliche Vorgabe durchschnittlicher Nettokaltmieten, die nur im Umfang der Anlage 39 differenzieren, sowie Zu- und Abschläge aufgrund der Mietniveaustufen ebenfalls nur gemeindeübergreifend vorsehen.151 Die bisherigen Beispielrechnungen deuten daraus resultierende erhebliche Verkehrswertabweichungen zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern durchaus an.152 Betroffen sein werden sämtliche Gemeinden, in denen sich Lagedifferenzen besonders in Bodenrichtwertdifferenzen widerspiegeln.153 Diese Wirkungen werden durch die übrigen Typisierungen verstärkt: So führt die typisierte Vorgabe der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer in Abhängigkeit von der Gebäudeart zur Ausblendung konkreter Zustände. Gleiches gilt für gesetzlich vorgegebene bundeseinheitliche Liegenschaftszinssätze, die unabhängig vom örtlichen Grundstücksmarkt ermittelt werden. Auch die Nichtberücksichtigung baulicher Veränderungen bei der Ermittlung der Nettokaltmieten pro qm führt dazu, dass Eigentümer in älteren Immobilien begünstigt werden, die durch Sanierung tatsächlich deutlich höhere Nettokaltmieten erzielen können, denn auch insoweit kommt es zu einer Untererfassung der Ertragsfähigkeit.154 Im Ergebnis führt die Heranziehung von Durchschnittsmieten bei unterbleibender Lagedifferenzierung im Gemeindegebiet dazu, dass die Ertragskraft bei besonders hochwertigen Grundstücken nicht immer vollständig erfasst wird, bei unterwertigen Grundstücken hingegen übererfasst.155 Die aus der Verwendung gemeindeeinheitlicher Nettokaltmieten resultierenden qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen sind dabei strukturell im Ertragswertverfahren angelegt.156 Sowohl die interkommunale Lageausblendung als auch die vollständige Nichtberücksichtigung objektspezifischer Besonderheiten im Übrigen führt deshalb dazu, dass hierfür eine gesetzgeberische Rechtfertigung erforderlich wird. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass das Ertragswertverfahren durch die gemeindeeinheitlichen Durch151  Hey, ZG 2019, 297 (309); Seer, FR 2019, 941 (948 f.); Grootens, in: Grootens, GrStG, § 252 BewG Rn. 54; mit Beispielrechnungen F.  Schmidt, NWB 50 (2019), 3719 (3725 f.). 152  Beispielsweise Maiterth/Lutz, StuW 2019, 22 (30); Löhr, ZKF 2019, 169 (171); zur Rechtfertigungsrelevanz der bisherigen Berechnungen grundlegend unter B.IV.4.d)cc). 153  Ebenso Hey, Stellungnahme, S. 13 mit Verweis auf die Erhebung von Fuest et al., Grundsteuer, S. 25 f. 154  Löhr/Kriese, in: Kriese/Löhr/Wilke, Grundsteuer, 35 (38). 155  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 103; Löhr, DStR 2019, 1433 (1435). 156  Als „systematische Bewertungsverzerrungen“ bezeichnend Löhr, FuB 2020, 171 (172).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

schnittsmieten, die Mietniveaustufen und den daraus folgenden einheitlichen Reinertrag eine regressive Wirkung erzeuge.157 dd) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlungen im Ertragswertverfahren (1) Legitimer Zweck, Geeignetheit und Erforderlichkeit Die durch die typisierenden Bewertungsparameter hervorgerufenen Ungleichbehandlungen zwischen den bebauten Grundstücken untereinander sind erneut nur über die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu rechtfertigen. Anders als noch im Rahmen der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Bewertung der unbebauten Grundstücke nach § 247 BewG158, kommt es nunmehr auf mehrere Faktoren an: das Zusammenspiel von Bodenwert- und Gebäudekomponente für den Grundsteuerwert, die Wechselwirkungen der verschiedenen Bewertungsfaktoren zueinander, die – wie schon für die Bodenrichtwerte festgestellte – Tauglichkeit der im Übrigen (vor allem in Ansehung der Nettokaltmieten) zur Anwendung gelangenden Datengrundlage sowie die Plausibilität des Gesamtkonzeptes zur Ermittlung eines verkehrswertorientierten Grundsteuerwertes. Die Ausblendung grundstücksindividueller Besonderheiten in den §§ 252 ff. BewG durch typisierende und pauschalierende Bewertungsparameter ist zur Verwaltungsvereinfachung und in Ansehung des Automatisierungskonzeptes legitim. Hierzu ist das Mittel der Typisierung auch geeignet und erforderlich. Denn weniger typisierende Gesamtkonzepte, die das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und Automatisierung in gleichem Maße erreichen könnten, sind für die Bewertung bebauter Wohngrundstücke in einem Ertragswertverfahren nicht ersichtlich. Diskutiert werden zwar durchaus Binnendifferenzierungen bei einzelnen Bewertungsparametern, wie beispielsweise kürzere Restnutzungsdauern oder abweichende Liegenschaftszinssätze, die die Bewertungsgenauigkeit erhöhen könnten.159 Der Ansatz der tatsächlichen oder ortsüblichen Miete würde jedoch nicht nur zu zusätzlichem erheblichem Verifikationsaufwand führen, ZKF 2019, 169 (171). C.V.2.d). 159  Dazu Hey, ZG 2019, 297 (320 f.); diskutiert wird zudem die Erstreckung des § 256 Abs. 3 BewG auf Mietwohngrundstücke, denn bei Anlage 39 gelangen für Wohnungseigentum ebenfalls die Nettokaltmieten für Mietwohngrundstücke zur ­Anwendung, dazu Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 256 Rn. 10 m. w. N. (Stand: 12/2021). 157  Löhr,

158  Eingehend



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens215

sondern für selbstgenutzte Wohnungen wäre weiterhin die Ableitung einer Vergleichsmiete erforderlich. Darüber hinaus sind die tatsächlichen Mieten nicht immer aussagekräftig für die (typisierte) Ertragsfähigkeit und damit zugleich die folgerichtige Abbildung des Belastungsgrundes.160 Zudem gibt es immer auch solche Konstellationen, in denen bewusst oder unbewusst das vereinbarte Entgelt unterhalb des Marktniveaus liegen kann, insbesondere im Rahmen familiärer Beziehungen. Ferner spielt die Häufigkeit von Neuvermietungen für die Höhe der tatsächlichen Miete eine Rolle. Zu Recht wird aber darauf hingewiesen, dass diese Binnendifferenzierungsmöglichkeiten die Zulässigkeit des gesetzgeberischen Gesamtkonzeptes in den §§ 252 ff. BewG in Gestalt der Vorgabe von Durchschnittsmieten im Ertragswertverfahren nicht erschüttern können.161 (2) Die Angemessenheit des Ertragswertverfahrens (a) Gewichtiges Interesse an Verwaltungsvereinfachung und deren Umsetzung im Bundesgrundsteuerrecht Die mit der Verwendung dieser Typisierungen einhergehenden Nachteile in Gestalt der qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen dürfen nicht außer Verhältnis zu den damit bewirkten Vorteilen in Gestalt der Verwaltungsvereinfachung und Gewährleistung eines automatisiert vollziehbaren Grundsteuerrechts stehen. Im grundsteuerlichen Massenfallrecht ist das Interesse an Verwaltungsvereinfachung und die damit verbundene Automatisierungsstrategie des Gesetzgebers bezüglich des Grundsteuervollzuges zunächst ein gewichtiger Belang, der durch die gesetzgeberischen Typisierungen im Ertragswertverfahren grundsätzlich zu erreichen ist.162 Denn der zuvorderst gegen das Ertragswertverfahren – wie auch das Sachwertverfahren – vorgebrachte Einwand, aufgrund des periodischen Bewertungserfordernisses, bei gleichzeitig in Relation zu den Landesgrundsteuermodellen deutlich umfangreicherer Datengrundlage, ließe sich dies aufgrund der damit verbundenen Komplexität nicht gleichheitssatzkonform vollziehen, verfängt nicht.163 Dabei wird nämlich verkannt, dass eine erhöhte Anzahl an erforderlichen Bewertungsparametern 160  Zur Geeignetheit und Erforderlichkeit Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 105; zum Ertragspotential Hey, ZG 2019, 297 (312). 161  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 105. 162  Das BVerfG gewichtet das Vollzugsinteresse ebenfalls besonders hoch, siehe beispielhaft BVerfG v. 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 (309 f.). 163  So insbesondere Hubert, StuB 2019, 533 (536); bezüglich der Komplexität kritisch Rose, ZKF 2021, 270 (271).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

und Rechenschritten nicht notwendigerweise zu einer Verkomplizierung des Bewertungsverfahrens und damit einem nicht mehr zu leistendem Verwaltungsaufwand führen muss.164 Die besonders weitreichende Vorgabe von Durchschnittswerten ermöglicht eine standardisierte Bereitstellung der Bewertungsdaten für die Finanzbehörden ohne diesbezüglichen zusätzlichen Ermittlungsaufwand. Zudem können die sich daran anschließenden Rechenschritte automatisiert vorgenommen werden. Der Fokus muss deshalb vielmehr auf der Frage liegen, welche Daten die Finanzbehörden zusätzlich erheben müssen, ob insoweit eine periodische Neuerhebung erforderlich ist und inwiefern dies mit zusätzlichem Verifika­ tionsaufwand verbunden ist: Die Bodenrichtwerte werden dabei grundsätzlich (mit Ausnahme der Fälle des § 247 Abs. 3 BewG) von den Gutachterausschüssen er- sowie übermittelt und die Grundstücksfläche kann durch die Grundbuchämter oder Katasterbehörden bereitgestellt werden. In Ansehung der Gebäudekomponente werden zwar zusätzlich die Wohn- und Nutzfläche, die Anzahl der Wohnungen oder Garagen sowie die jeweilige Nutzungsart erforderlich, die hier vom Steuerpflichtigen im Rahmen der Grundsteuerwertfeststellungserklärung deklariert und durch die Finanzverwaltung hinreichend verifiziert werden müssen.165 Insofern ist allerdings keine periodische Neuermittlung mehr erforderlich: Denn das Baujahr verändert sich nur, sofern eine Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer (§ 253 Abs. 2 S. 4 BewG) eintritt oder eine Abbruchverpflichtung besteht (§ 253 Abs. 2 S. 6 BewG). Die Möglichkeit der Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer wird dabei vereinzelt unter Vollzugsaspekten kritisch gesehen, weil damit eine Prüfung notwendig werde, die die Gefahr struktureller Vollzugsdefizite begründen könne.166 Dem muss jedoch entgegengehalten werden, dass für die Annahme einer solchen Verlängerung Zurückhaltung geboten ist und nur Fälle der Kernsanierung erfasst werden sollen, sodass sich die Verlängerung der Restnutzungsdauer auf Ausnahmefälle beschränken wird.167 Im Übrigen werden die typischen laufenden Modernisierungsmaßnahmen schon über die Mindestrestnutzungsdauer (§ 253 Abs. 2 S. 5 BewG) typisierend berücksichtigt.168 164  Zu Recht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 54; Krumm, Stellungnahme 17/ 3252, S. 39. 165  Scheffler/Hey, IFSt Schrift 530, S. 4; F. Schmidt, NWB 50 (2019), 3719 (3722). 166  So z. B. Grootens, in: Grootens, GrStG, § 253 BewG Rn. 77; schon der Bundesrat hatte deshalb die Streichung des § 253 Abs. 2 S. 4 BewG gefordert, s. BRDrs. 354/19, 9. 167  Zu den hohen Anforderungen Krumm/Paeßens, GrStG, § 253 BewG Rn. 10 f.; dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. AEBewGrStG A 253.1 Abs. 3; zur Ausnahmekonstellation F. Schmidt, NWB 50 (2019), 3719 (3722). 168  Grootens, in: Grootens, GrStG, § 253 BewG Rn. 86.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens217

Die einmalig zu ermittelnden Daten wie das Baujahr oder die Wohn- und Nutzfläche lassen sich regelmäßig den Bauakten entnehmen. Insbesondere Vermieter werden über die Daten zur Ermittlung der Wohn- und Nutzfläche verfügen, denn sie werden schließlich jährlich in Anlage 5 zur Einkommensteuererklärung abgefragt.169 Und dies betrifft aufgrund der überwiegenden Fremdnutzung von Grundstücken die Mehrzahl der Steuerpflichtigen.170 Wesentlich ist deshalb, dass es im Anschluss hieran keiner regelmäßigen Neuerfassung dieser Daten mehr bedarf. Es handelt sich überwiegend um einen einmaligen Umstellungsaufwand, der mit jeder grundlegenden Reform einhergeht und somit auch für die Grundsteuerreform keine Besonderheit darstellt. Die folgerichtige Umsetzung des Automatisierungskonzeptes hat dabei zugleich Bedeutung für die Gewichtung des Automatisierungszweckes selbst. Denn wenn der Gesetzgeber bei der Umsetzung dieses Anliegens Inkonsequenzen dergestalt zulassen würde, dass hierdurch die Notwendigkeit individueller Prüfung erforderlich werden würde, so wäre dies ein Grund, den Zweck nicht entsprechend hoch zu gewichten. Ein in sich schlüssiges Automatisierungskonzept spricht jedoch für eine besondere Gewichtung des Automatisierungsgedankens. (b) Tauglichkeit der Bewertungsdatengrundlage? Für die Zulässigkeit des Rückgriffs auf die durch die Gutachterausschüsse er- und übermittelten Bodenrichtwerte gelten die Ausführungen zur Rechtfertigung des § 247 BewG entsprechend.171 Während dort jedoch mit Ausnahme der Anpassungen nach § 247 Abs. 1 S. 2 BewG keine grundstücksindividuellen Besonderheiten zugelassen werden, gibt der Gesetzgeber im Ertragswertverfahren für Ein- und Zweifamilienhäuser (§ 249 Abs. 2, 3 BewG) weitere Umrechnungskoeffizienten in Anlage 36 vor (§ 257 Abs. 1 S. 2 BewG). Hierdurch wird der zur Anwendung gelangende Bodenrichtwert in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße modifiziert, wobei das „Mustergrundstück“ eine Fläche zwischen 500 und 550 qm aufweist. Dies soll dem Befund Rechnung tragen, dass der Bodenrichtwert regelmäßig mit Abnahme der Grundstücksgröße zunimmt und umgekehrt.172 Die zwingend anzuwendenden Durchschnittsmieten der Anlage 39 zu § 254 BewG sind der zur Ermittlung der (Soll-)Ertragsfähigkeit wichtigste Stellungnahme 17/3252, S. 41. diesem Befund bereits unter B.IV.3.b)bb)(1). 171  Dazu C.V.2.d). 172  Krumm/Paeßens, GrStG, § 257 BewG Rn. 4. 169  Krumm, 170  Zu

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Bewertungsparameter. Sie beruhen aufgrund ihrer Ableitung aus den Daten des Mikrozensus auf einer geeigneten Datengrundlage173: Hiergegen wird zwar vereinzelt angeführt, dass eine flächendeckende Ermittlung erforderlich wäre.174 Dies blendet jedoch Folgendes aus: Nachdem die Ursprungswerte der Anlage 39 noch aus den Daten des Mikrozensus 2014 entstammten, ist die nunmehr aktualisierte Datengrundlage seit dem GrStRefUG175 die Zusatzerhebung zum Mikrozensus 2018.176 Hierfür wurden immerhin insgesamt knapp 375.000 Haushalte befragt, die trotz der nicht flächendeckenden Befragung ein typisierungstaugliches Gesamtbild abgeben können.177 Durch die Mietniveaustufeneinteilung und damit den Gemeindegebietsbezug bewirkt der Gesetzgeber keine bundeslandeinheitliche Zugrundelegung dieser durchschnittlichen Mieterträge. Durch den Rückgriff auf regelmäßig aktualisierte Mietwerte verkürzt der Gesetzgeber zudem den erforderlichen „Hochrechnungsprozess“ auf den 01.01.2022 um die Hälfte, denn es müssen keine Daten mehr von der Erhebung des Mikrozensus 2014 hochgerechnet werden, sondern nur noch von der Zusatzerhebung des Mikrozensus 2018. Die Datengrundlage wird damit verlässlicher, das Risiko von Fehleinschätzungen des Gesetzgebers, die zu weitreichenderen Ungleichbehandlungen führen können, verringert. Und die Erhöhung der Mietniveaustufen von bisher sechs auf nunmehr insgesamt sieben – ebenfalls analog zu den Anpassungen der Wohngeldverordnung178 – ermöglicht eine weitergehende Differenzierung zwischen den verschiedenen Gemeinden innerhalb desselben Bundeslandes. In Zukunft müssen die in Anlage 39 normierten Mieten gleichwohl regelmäßig an aktualisierte Daten angepasst werden. Sofern der Gesetzgeber sich jedoch weiterhin an den Daten des Mikrozensus orientiert, besteht nach hier vertretener Auffassung ein typisierungstaugliches Lagebild. Wie der Gesetzgeber die Bewirtschaftungskosten (Anlage 40) hergeleitet hat, lässt sich nicht beurteilen. Verwiesen wird nur auf § 19 Abs. 1 ImmoWertV 2010 (nunmehr § 32 Abs. 1 ImmoWertV 2021), sodass die dortigen 173  A. A. wohl Hey, Stellungnahme, S. 15: „Sollte es keine besseren, stärker nach Lage differenzierenden Werte als die des Mikrozensus geben, folgt hieraus nicht die Gleichheitssatzkonformität der Anknüpfung an zur realitätsgerechten Typisierung ungeeignete Werte“. 174  So M. Vogel, jM 2019, 206 (210). 175  Vom 16.07.2021, BGBl. I 2021, 2931. 176  BT-Drs. 19/28902, 24 f. 177  Vergleiche dazu den Qualitätsbericht zum Mikrozensus 2018 des Statistischen Bundesamtes, S. 5; abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Methoden/Qualitaet/ Qualitaetsberichte/Bevoelkerung/mikrozensus-2018.pdf?__blob=publicationFile; zuletzt abgerufen am: 15.04.2023. 178  Durch Art. 1 der Zwölften Verordnung zur Änderung der Wohngeldverordnung v. 06.07.2020 (12. WoGVÄndV), BGBl. I 2020, 1594.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens219

Kosten in Bezug genommen werden.179 Es finden sich jedoch in der Literatur zumindest vereinzelt Anmerkungen dahingehend, dass diese sich im Rahmen bundesweiter Durchschnittswerte befinden sollen.180 In Ansehung des Ertragswertverfahrens für die Bewertung bebauter Grundstücke bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer hat der Gesetzgeber Änderungen bei § 187 BewG durch das Jahressteuergesetz 2022 vorgenommen: Anzusetzen sind gemäß § 187 Abs. 2 BewG die auf den Bewertungsstichtag angepassten Bewirtschaftungskosten im Sinne der Anlage 23. Absatz 3 statuiert, dass ­ die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten für Wohnnutzung jährlich an den Verbraucherpreisindex anzupassen sind. Gemäß § 12 Abs. 5 ImmoWertV 2021 sind für die Ermittlung der Liegenschaftszinssätze als Bewirtschaftungskosten die Modellansätze nach der Anlage 3 zur ImmoWertV 2021 zugrunde zu legen. Dies wirft die Frage auf, warum der Grundsteuergesetzgeber weiterhin an diesem System in Anlage 40, ohne eine solche Anpassung, festhalten kann: Einerseits wird hierdurch die Anwendung von Erfahrungssätzen der Gutachterausschüsse abgeschafft. Dies spielte jedoch schon vor dem Jahressteuergesetz 2022 für die grundsteuerlichen Bewirtschaftungskosten nach § 255 BewG keine Rolle. Andererseits sind die dortigen Werte aus Anlage 3 zur ImmoWertV 2021 jährlich auf der Grundlage der unter Ziff. III S. 3 angegebenen Basiswerte mit dem Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland für den Monat Oktober 2001 gegenüber demjenigen für den Monat Oktober des Jahres, das dem Stichtag der Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes vorausgeht, erhöht oder verringert hat, anzupassen. Das Verfahren entspricht dabei der Anpassung der Normalherstellungskosten mittels der Baupreisindizes (sowohl in § 190 Abs. 2 BewG für die Erbschaftund Schenkungsteuer als auch in § 259 Abs. 3 BewG). Gründe, warum der Gesetzgeber dies bei der Grundsteuer (bisher) nicht berücksichtigt hat, sind nicht ersichtlich. Eine modellkonforme Bewertung erfordert jedoch, dass für die Bewertung die gleichen Grundsätze angewendet werden, wie für die Ableitung der Daten. Zumal eine Anpassung, wie schon bei den Normalherstellungskosten nach § 259 BewG praktiziert, dem Automatisierungskonzept des Gesetzgebers in einem Massenverfahren auch nicht zuwiderlaufen würde. Die durch diese Pauschalierung im Übrigen entstehenden Ungleichbehandlungen können auf späterer Ebene teilweise wieder kompensiert werden: So können beispielweise bei denkmalgeschützten Gebäuden oder Gebäuden mit besonders hohem Mietausfallwagnis Überbewertungen aufgrund tatsächlich

179  Siehe

Rn. 3.

180  Dazu

BT-Drs. 19/11085, 115; hierzu Krumm/Paeßens, GrStG, § 255 BewG Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 255 Rn. 10 (Stand: 12/2021) m. w. N.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

erhöhter Bewirtschaftungskosten über die Steuermesszahlreduktionen oder aber die Erlasstatbestände korrigiert werden.181 Bezüglich der Liegenschaftszinssätze (§ 256 BewG) hat sich der Gesetzgeber ebenfalls dazu entschieden, diese – ohne Vorrangregelung zugunsten der Liegenschaftszinssätze der Gutachterausschüsse, wie im Rahmen der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bedarfsbewertung (vgl. § 188 Abs. 2 BewG) – gesetzlich und bundeseinheitlich vorzugeben, wodurch der örtliche Grundstücksmarkt ausgeblendet wird. Sie werden nach § 256 Abs. 1 BewG nur hinsichtlich der Grundstücksart differenziert. Eine gesetzliche Fixierung ist in Abweichung von dem ansonsten vorherrschenden „Anlagenkonzept“ des Gesetzgebers nicht vollkommen unproblematisch, weil jedenfalls außersteuerrechtlich in den vergangenen Jahren von einer erhöhten Volatilität der Liegenschaftszinssätze ausgegangen wird. Dennoch unterliegen sie aufgrund ihrer retrograden Ableitung aus den Kaufpreissammlungen in geringerem Maße Schwankungen.182 Insofern wird es vielmehr darauf ankommen, dass der Gesetzgeber diese ebenso rechtzeitig an eine aktualisierte Datengrundlage anpasst. Über § 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG nimmt der Gesetzgeber ferner Abschläge für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Wohnungseigentum in Abhängigkeit vom Bodenrichtwert vor, um hierdurch die Lagedifferenzierungskraft des Bodenrichtwerts zu verstärken (ein niedriger Liegenschaftszinssatz führt zu einem höheren Bodenrichtwert und damit Grundsteuerwert).183 Auffällig ist weiterhin der Unterschied zu den Liegenschaftszinssätzen des § 188 BewG, für die der Gesetzgeber im Rahmen der Grundsteuer eine Erklärung schuldig bleibt, wie bspw. eine zeitliche Aktualisierung oder Anpassungen aufgrund der Veränderungen am Immobilienmarkt. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 wurden die Liegenschaftszinssätze des § 188 BewG zumindest denen des § 256 BewG angenähert. Die Liegenschaftszinssätze bei der Grundsteuer entsprechen jedenfalls in ihrer derzeitigen Form Prozentsätzen, die außersteuerrechtlich als Basiszinssätze für diese Grundstücksarten angegeben werden.184 Diese Abweichung wurde auch schon vor der Anpassung des § 188 BewG für die Grundsteuer mit den gestiegenen Preisen am Immobilienmarkt begründet.185 Die wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauern (Anlage 38) riefen steuerartübergreifend zunächst den Widerspruch hervor, dass der Gesetzgeber diese 181  Ebenso

Grootens, in: Grootens, GrStG, § 255 BewG Rn. 26. DS 2022, 59 (62). 183  Krumm/Paeßens, GrStG, § 256 BewG Rn. 1, 7. 184  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darstellung Ertragswertverfahren Rn. 255 f. (Abb. 16, 17). 185  Grootens, in: Grootens, GrStG, § 256 BewG Rn. 29; dem zustimmend Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 256 Rn. 6 (Stand: 12/2021). 182  Bischoff,



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens221

bei der Grundsteuer teilweise in Abweichung von der Anlage 22 im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer definierte.186 Diesen Widerspruch hat der Gesetzgeber ebenfalls im Jahressteuergesetz 2022 durch Anpassung der Anlage 22 bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt.187 Die vom Gesetzgeber festgelegten Gesamtnutzungsdauern der Anlage 38 für die Erhöhung der Restnutzungsdauern befanden sich allerdings bereits zuvor auf einer Linie mit Anlage 1 zu § 12 Abs. 5 ImmoWertV 2021, weshalb der Gesetz­ geber bei der Grundsteuer von sachgerechten Gesamtnutzungsdauern ausgegangen war. In diesem Zusammenhang ist zuletzt noch die Restnutzungsdauer, als Saldo aus Gesamtnutzungsdauer und Gebäudealter, in den Blick zu nehmen: Gemäß § 253 Abs. 2 S. 5 BewG beträgt die Gebäudemindestrest­ nutzungsdauer – vorbehaltlich einer Abbruchverpflichtung (S. 6) oder einer we­sentlichen Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (S. 4) – 30 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer im Sinne der Anlage 38. Hierdurch berücksichtigt der Gesetzgeber plausibel, dass ältere ­Gebäude typischerweise laufend in Stand gehalten werden und daher eine Mindestrestnutzungsdauer verbleibt.188 Es muss dabei allerdings auch festgestellt werden, dass sich viele der Bewertungsdaten des Gesetzgebers für Grundsteuerzwecke sowohl in Ansehung der konkreten Datengrundlage als auch deren Fortschreibung im Rahmen der grundsteuerlichen Bewertung nicht oder allenfalls bedingt kontrollieren lassen und deshalb insoweit für die verfassungsrechtliche Würdigung unterstellt wird, dass die Daten isoliert betrachtet den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, sie somit hinreichend tauglich zur Erreichung einer realitätsgerechten Wertrelation sind. (c) Kompensation fehlender Lagedifferenzierung durch Rückgriff auf Bodenrichtwerte? Die qualitativ-systematischen Ungleichbehandlungen im Ertragswertverfahren der §§ 252 ff. BewG beruhen primär auf dem Einwand der fehlenden Lageberücksichtigung innerhalb des Gemeindegebietes: Gerade die Lage des Grundstücks ist für die Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie jedoch 186  Bei Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken, Mehrfamilienhäusern, Wohnungseigentum und gemischt genutzten Grundstücken in Anlage 22 nur 70 Jahre, in Anlage 38 hingegen mit einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. 187  Zuvor bereits kritisch zu dieser Differenzierung Grootens, in: Grootens, GrStG, § 253 BewG Rn. 58; Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 253 Rn. 9 (Stand: 12/2021). 188  So explizit BT-Drs. 19/11085, 114; für die Plausibilität Krumm/Paeßens, GrStG, § 253 BewG Rn. 12; außersteuerrechtlich ohne Kritik an der vergleichbaren Regelung des § 185 Abs. 3 S. 5 BewG beispielsweise Kleiber, Marktwertermittlung, § 4 ImmoWertV Rn. 96.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

einer der wesentlichsten Faktoren.189 Ein Grundsteuermodell, welches den Grundsteuerwert der Grundstücke in ihrer Relation realitätsgerecht annähernd am Verkehrswert orientieren muss, kann dieses Ziel daher überhaupt nur erreichen, wenn eine Berücksichtigung der Lagewertigkeit in dem Bewertungsverfahren durch die typisierten Bewertungsparameter hinreichend zum Ausdruck kommt. Auch wenn dies jedenfalls auf den ersten Blick durch den gemeindeeinheitlichen Rohertrag, aufgrund seiner mangelnden Differenzierungskraft innerhalb des Gemeindegebietes, nicht so scheint, relativiert der Gesetzgeber dies zumindest in gewissem Maße wieder: Sowohl im Rahmen der Ermittlung des kapitalisierten Reinertrages als auch bei den abgezinsten Bodenrichtwerten berücksichtigt dieser nämlich einen Lagefaktor über die Differenzierungswirkungskraft des Bodenrichtwertes. Der Vervielfältiger für den kapitalisierten Reinertrag (Anlage 37) sowie die Umrechnungskoeffizienten für den abgezinsten Bodenwert (Anlage 36) richten sich unter anderem nach dem Bodenrichtwert.190 Weil der Abzinsungsfaktor mit zunehmendem Alter des Gebäudes und damit sinkender Restnutzungsdauer steigt, nimmt der Einfluss der Bodenrichtwerte mit steigendem Alter der Immobilie für den Grundsteuerwert zu.191 Gleichzeitig sinkt der Gebäudewertanteil, denn der Vervielfältiger nimmt ebenfalls mit steigendem Alter des Gebäudes ab. Durch die Mindestrestnutzungsdauer von mindestens 30 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (z. B. bei einem Einfamilienhaus mit Gesamtnutzungsdauer gem. Anlage 38 von 80 Jahren mit mindestens 24 Jahren Restnutzungsdauer) wird diese Differenzierungskraft jedoch begrenzt. Der Gesetzgeber will mit der Mindestrestnutzungsdauer wiederum dem ebenfalls realitätsnahen Befund Rechnung tragen, dass auch ältere Gebäude, die regelmäßig über ihre Gesamtnutzungsdauer instand gehalten werden, nach Ablauf der Nutzungsdauer nicht völlig unbrauchbar sind. Dass bei längerer Restnutzungsdauer der abgezinste Bodenwert im Umkehrschluss an Bedeutung für den Grundsteuerwert verliert, ist dem vereinfachten Ertragswertverfahren nach der ImmoWertV aber ebenso immanent.192 189  Löhr, ZKF 2019, 169 (170); Hey, Stellungnahme, S. 11 f.; weil die Ertragsfähigkeit wesentlich von den Nettokaltmieten beeinflusst wird auch an der Verfassungsmäßigkeit zweifelnd Löhr, ZfU 2019, 300 (302). 190  Zur Kompensationsmöglichkeit nur durch den Bodenrichtwert Hey, ZG 2019, 297 (309). 191  Löhr, DStR 2019, 1433 (1435). 192  Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 252 Rn. 7 (Stand: 12/2021); der Begriff „vereinfachtes Ertragswertverfahren“ sei dabei irreführend, denn das Verfahren sei vielmehr nur „vereinfachungsfähig“, weil der Bodenwertanteil bei hoher Rest­ nutzungsdauer gegen Null tendiere und deshalb auf eine Ermittlung verzichtet werden könne, dazu Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darst. Ertragswertverfahren,



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens223

(d) Gesamtabwägung Somit stehen sich einerseits nicht unerhebliche qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen aufgrund der vielzähligen typisierenden Bewertungsparameter – zuvorderst der gemeindeeinheitlichen Mietniveaustufen – sowie ein gewichtiges Interesse an Verwaltungsvereinfachung andererseits gegenüber, wobei das typisierende Ertragswertverfahren dieses legitime Ziel erreichen kann. Zugunsten des Gesetzgebers ist ferner zu berücksichtigen, dass eine Lagedifferenzierung gleichwohl, wenn auch in begrenzter Form, erfolgt: Nämlich durch den Liegenschaftszinssatz (§ 256 BewG), der in Abhängigkeit vom Bodenrichtwert bestimmt wird und sowohl für die Ermittlung des kapitalisierten Reinertrages als auch des abgezinsten Bodenwertes von Bedeutung ist.193 Trotz einer geringeren Differenzierungskraft bei hoher Restnutzungsdauer des Gebäudes nimmt diese Lagedifferenzierungskraft über die Laufzeit – bis zum Erreichen der Mindestrestnutzungsdauer – zu.194 Der Bodenrichtwert hat – weil sich in höheren Bodenrichtwerten zugleich wohl ein höheres Mietniveau spiegelt – ebenfalls Einfluss auf die Ertragsfähigkeit des Grundstücks.195 Letztlich haben daher nicht sämtliche Grundstücke derselben Baujahres-, Wohnflächen- und Gebäudegruppe (vgl. die Differenzierung in Anlage 39) eine vom Gesetzgeber vorgegebene identische Sollertragsfähigkeit. Allein durch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten bei den Bewertungsparametern zur Ermittlung des Rohertrages ergeben sich immerhin 5.040 Kombinationsmöglichkeiten (drei Gebäudearten x sechzehn Bundesländer x drei Wohnflächentypen x fünf Baujahresaltersgruppen x sieben Mietniveaustufen), sodass trotz der typisierten Bewertungsparameter Unterschiede zwischen den Grundstücken Berücksichtigung finden können. Diese Anzahl an Möglichkeiten steigt ferner, sofern die Gemeinde darüber hinaus verschiedene Bodenrichtwertzonen bildet.196 Rn. 109; das „vereinfachte Ertragswertverfahren“ wird deshalb außersteuerrechtlich vorrangig für solche Grundstücke angewandt, bei denen eine besonders lange Restnutzungsdauer besteht; hierfür werden teilweise Restnutzungsdauern von mehr als 60 Jahren angeführt, so z. B. Zimmermann, ImmoWertV, § 17 Rn. 69, 72; teilweise werden aber auch bereits 50 Jahre als ausreichend zur Vernachlässigung der Bodenkomponente angesehen, so z. B. Kleiber, Marktwertermittlung, § 29 ImmoWertV Rn. 6. 193  Zur Lagedifferenzierungswirkung aufgrund des abgezinsten Bodenwertes ebenfalls Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (305). 194  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 106; a.  A. Bräutigam, DStR 2021, 1330 (1331). 195  Löhr, DStR 2019, 1433 (1434). 196  Zu den Kombinationsmöglichkeiten auf Grundlage des alten Referentenentwurfes Scheffler/Hey, IFSt Schrift 530, S. 2.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Für den wesentlichsten Bewertungsparameter in Gestalt der typisierten Durchschnittsmieten der Anlage 39 kann der Gesetzgeber zudem auf eine taugliche Datengrundlage zurückgreifen. Auf das Ertragswertverfahren entfallen immerhin knapp 24 Millionen wirtschaftliche Einheiten und damit ein Großteil der Grundstücke.197 Auch wenn der Gesetzgeber die Bewertungsparameter teilweise in komplexen mathematischen Verfahren herleiten muss, kommt es doch entscheidend darauf an, dass der Steuerpflichtige im Ertragswertverfahren nur Grundstücksart, Wohn- und Nutzfläche und Baujahr zu ermitteln hat. Der damit einhergehende Ermittlungs- und Verifikationsaufwand beschränkt sich durch die Vorgabe von Durchschnittswerten im Übrigen weitestgehend auf die Hauptfeststellung auf den 01.01.2022. Die weitgehende Abkopplung der Bewertungsparameter vom konkreten Objekt führt dazu, dass der Steuerpflichtige nur in geringem Maße Erklärungspflichten zu erfüllen hat, wenige Informationen für die Bewertung aus seiner Sphäre zu beschaffen hat und auch Ermittlungsmaßnahmen vor Ort zur Ausnahme werden.198 Wie die übrigen Bewertungsverfahren ist auch das Ertragswertverfahren daher zugunsten des Steuerpflichtigen freiheitsschonend. Insgesamt wird man das Ertragswertverfahren daher (wohl) als ein schlüssiges Gesamtkonzept begreifen können, welches das legitime Interesse an Verwaltungsvereinfachung einerseits und Einzelfallgerechtigkeit andererseits in einen angemessenen Ausgleich gebracht hat.199 Das Automatisierungskonzept wird im Ertragswertverfahren in folgerichtiger Weise umgesetzt. Der Gesetzgeber hat daher seine Typisierungsbefugnis noch nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überschritten, sodass die Bewertung der „Wohngrundstücke“ nach den §§ 252 ff. BewG Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.200

197  BT-Drs. 19/11085,

112. GrStG, Einl. Rn. 109. 199  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 94; Bock, in: Grootens, GrStG, § 250 BewG Rn. 37. 200  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 110; Breinersdorfer, DStJG 44 (2022), 285 (315); a. A. insbesondere Hey, ZG 2019, 297 (311); Seer, FR 2019, 941 (949); G. Kirchhof, DStR 2020, 1073 (1076), Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 530, S. 159; Grootens, in: Grootens, GrStG, § 252 BewG Rn. 156. 198  Krumm/Paeßens,



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens225

b) Das Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG) aa) Grundsteuerwertermittlung im Sachwertverfahren bei „Nichtwohngrundstücken“ (§ 250 Abs. 3 BewG) Die sog. Nichtwohngrundstücke (Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum sowie sonstige bebaute Grundstücke201) werden zwingend im Sachwertverfahren, ursprünglich in Anlehnung an die §§ 21 ff. ImmoWertV 2010 geschaffen, die nunmehr in die §§ 35 ff. ImmoWertV 2021 überführt wurden, bewertet (§ 250 Abs. 3 BewG). Auch im Sachwertverfahren nach den §§ 258 ff. BewG sind typisierungsbedingte Abweichungen in weitgehendem Maße vorhanden202: Zur Ermittlung des Grundsteuerwertes wird der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert ermittelt (§ 258 Abs. 1 BewG). Der Bodenwert, als erste wesentliche Komponente, ist der Wert des unbebauten Grundstücks im Sinne des § 247 BewG, somit das Produkt aus Bodenrichtwert und Grundstücks­ fläche. Anpassungen aufgrund der Größe des zu bewertenden Nichtwohngrundstücks erfolgen durch diese Anknüpfung – anders als im Ertragswertverfahren für die Ein- und Zweifamilienhäuser in § 257 BewG – nicht. Die Summe aus diesem Bodenwert und dem getrennt ermittelten Gebäudesachwert ergibt den vorläufigen Sachwert des Grundstücks (§ 258 Abs. 3 S. 1 BewG). Weil der vorläufige Sachwert noch nicht die Grundstückslage und die örtlichen Baupreisverhältnisse repräsentiert, wird zur Marktanpassung ein Sachwertfaktor in Gestalt der sog. Wertzahl (vgl. § 260 BewG) auf den vorläufigen Sachwert angewandt.203 Diese Wertzahlen gibt der Gesetzgeber in Anlage 43 sodann jedoch bundeseinheitlich vor. Der Mindestwertansatz nach § 251 BewG findet ebenfalls Anwendung. Zur Ermittlung des Gebäudesachwertes als zweite Komponente des Grundsteuerwertes ist von den Normalherstellungskosten204 des Gebäudes im Sinne der Anlage 42 auszugehen (§ 259 Abs. 1 BewG). Diese gibt der Gesetzgeber dort anhand von drei verschiedenen Baujahreskategorien sowie 18 verschiedenen Gebäudearten ver201  Vgl.

hierzu und zu den Definitionen § 249 Abs. 1 Nrn. 5–8, Abs. 6–9 BewG. Ermittlung des Grundsteuerwertes überblickshaft BT-Drs. 19/11085, 117; siehe dazu die schematische Darstellung in A 258 Abs. 2 AEBewGrSt. 203  Jardin/Roscher, Immobilienwertermittlung, S.  422  f.; Hey, Stellungnahme, S.  19 f.; Krumm/Paeßens, GrStG, § 258 BewG Rn. 5 m. w. N.; BFH v. 21.07.2020, IX R 26/19, DStR 2020, 2658 Rn. 41 m. w. N. 204  Vgl. die Definition in § 36 Abs. 2 S. 1 ImmoWertV 2021: „[…] Kosten, die sich unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte für die Errichtung eines dem Wertermittlungsobjekt nach Art und Standard vergleichbaren Neubaus am Wertermittlungsstichtag unter Zugrundelegung zeitgemäßer, wirtschaftlicher Bauweisen ergeben würden“. 202  Zur

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

bindlich und abschließend vor. Für alle nicht aufgeführten Gebäudearten ist eine Auffangklausel vorgesehen, wonach eine Zuordnung zu vergleichbaren Gebäudearten zu erfolgen hat. Entscheidend für die Zuordnung des Gebäudes zu einer der Gebäudearten der Anlage 42 ist die prägende Hauptnutzung.205 Der Gesetzgeber unterstellt durch die Alterszuteilung (vor 1995, 1995–2004, ab 2005), dass bei allen Gebäuden mit einem Baujahr vor 1995 typisierend ein geringerer Standard herrscht als bei solchen ab den Baujahren 1995 oder aber zuletzt 2005 und älter.206 Eine Berücksichtigung objektspezifischer Grundstücksmerkmale erfolgt darüber hinaus nicht.207 Während die Anlage 4 zur ImmoWertV 2021 eine Standardstufendifferenzierung anhand von fünf Standardstufen kennt, verzichtet der Grundsteuergesetzgeber hierauf, hat diese über die Baujahresgruppendifferenzierung allenfalls in geringem Maße in die drei Altersstufen übernommen.208 Die Normalherstellungskosten der Anlage 42 sind aus den Regelherstellungskosten der Anlage 24 zum BewG abgeleitet worden, die wiederum in Anlehnung an die Normalherstellungskosten (NHK 2010) ermittelt wurden.209 Weil die Normalherstellungskosten auf den Stand des Jahres 2010 ermittelt wurden, müssen sie zum Hauptfeststellungszeitpunkt durch die Baupreisindizes des Statistischen Bundesamtes auf die aktuellen Wertverhältnisse, durch Multiplikation mit diesem Index, angepasst werden. Anschließend werden sie mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes multipliziert (§ 259 Abs. 2 BewG).210 Von dem Gebäudenormalherstellungswert ist eine Alterswertminderung abzuziehen (§ 259 Abs. 4 BewG), die sich nach der Restnutzungsdauer des Gebäudes richtet. Der Gebäudenormalherstellungswert ist danach mit dem Verhältnis des Alters des Gebäudes am Bewertungsstichtag zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 38 zu multiplizieren. Hierdurch berücksichtigt der Gesetzgeber die Wertminderung des jeweiligen Grundstücks durch die Vorgabe typisierter Gesamtnutzungsdauern. Während die Bruttogrundfläche, das Gebäudealter und die Baujahresgruppe vom Steuerpflichtigen zu er- und übermitteln sind, sind die Normalherstellungskosten und die Baupreisindizes verbindlich durch den Gesetzge205  Krumm/Paeßens, GrStG, § 259 BewG Rn. 5; Mannek/Krause, in: Stenger/ Loose, BewG, § 190 a. F. Rn. 38 (Stand: 06/2018); siehe für weitere Gebäudearten die Auflistung der Finanzverwaltung in A 259.2 Abs. 2 AEBewGrSt. 206  BT-Drs. 19/11085, 118. 207  Krumm/Paeßens, GrStG, § 259 BewG Rn. 10. 208  Einzelheiten dazu Krumm/Paeßens, GrStG, § 259 BewG Rn. 4. 209  BT-Drs. 19/11085, 118. 210  Zum Begriff der Brutto-Grundfläche (BGF) und den Normalherstellungskosten (NHK) siehe die Erläuterung in Anlage 42; überblickshaft Eichholz, DStR 2020, 1217 (1222); Marx, DStZ 2019, 687 (689); Grootens, in: Grootens, GrStG, § 259 BewG Rn. 32; eingehend Krumm/Paeßens, GrStG, § 259 BewG Rn. 12 ff.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens227

ber vorgegeben. Wie im Ertragswertverfahren ist eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer möglich (§ 259 Abs. 4 S. 3 BewG). Durch § 259 Abs. 4 S. 4 BewG wird die Alterswertminderung – sofern keine Abbruchverpflichtung gemäß § 259 Abs. 4 S. 5 BewG besteht – hier ebenfalls auf 70 Prozent der Gebäudenormalherstellungskosten begrenzt. Der Gesetzgeber unterstellt damit, dass laufend instand gehaltene Gebäude nach der Restnutzungsdauer einen Restwert in dieser Höhe behalten.211 bb) Qualitativ-systematische Ungleichbehandlungen im Sachwertverfahren Im Sachwertverfahren nach den §§ 258 ff. BewG resultieren rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlungen primär aus dem Rückgriff auf die Normalherstellungskosten des Jahres 2010 in der Anlage 42 sowie der Verwendung einer bundeseinheitlichen Wertzahl (Anlage 43) zur Marktanpassung, denn hierdurch wird der örtliche Grundstücksmarkt vollständig ausgeblendet. Der Rückgriff auf die Normalherstellungskosten 2010 bedingt, dass diese durch die Baupreisindizes auf den aktuellen Stand am Bewertungsstichtag angepasst werden müssen. Gleichzeitig wurden die Gebäudeklassen sowohl im Vergleich zur Anlage 24 des BewG als auch zur Anlage 4 der ImmoWertV 2021 durch den Gesetzgeber deutlich komprimiert, wodurch eine weitergehende Zusammenfassung verschiedener Gebäudeklassen herbeigeführt wird, somit zwischen ihnen bestehende Unterschiede unberücksichtigt bleiben müssen. Die Wertzahl nach Anlage 43 ist immer kleiner oder gleich 1,0, sodass nur ein Abschlag vom vorläufigen Sachwert möglich ist. Die Wertzahleneinordnung ist bei Erreichen einer anderen Stufe auf den gesamten vorläufigen Sachwert anzuwenden, es erfolgt daher keine Interpolation.212 Die Auswirkungen auf den Grundsteuerwert sind deshalb besonders spürbar bei nur geringer Überschreitung einer der Grenzwerte der Tabelle in der Anlage 43. Durch die obige Differenzierung werden die Wertverzerrungen bei hochwertigen Geschäftsgrundstücken evident sein. Denn in Innenstädten mit besonders hohem Bodenrichtwert führt die Begrenzung der Wertzahlen auf 1,0 zu einer in Relation zum Verkehrswert erheblichen und zugleich systematischen Unterbewertung.213 211  BT-Drs. 19/11085,

119; Grootens, in: Grootens, GrStG, § 259 BewG Rn. 111. GrStG, § 260 BewG Rn. 5; dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. AEBewGrSt A 260 S. 2 f. 213  Grootens, in: Grootens, GrStG, § 260 BewG Rn. 43 f.; Nagel, NWB 36 (2021), 2688 (2702 f.). 212  Krumm/Paeßens,

228

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

cc) Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung des Grundsteuerwertes im Sachwertverfahren bei „Nichtwohngrundstücken“ Der Rückgriff auf diese typisierenden Bewertungsparameter ist auch im Sachwertverfahren zur Verwaltungsvereinfachung und Umsetzung des gesetzgeberischen Automatisierungskonzeptes legitim und zu dessen Erreichung geeignet. Weil für die Nichtwohngrundstücke typisierende Gesamtbewertungskonzepte, die das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und Automatisierung in gleichem Maße erreichen könnten, nicht ersichtlich sind, sind diese zudem erforderlich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Grundstücksarten (überwiegend) eine sachgerechte Zuordnung zum Ertragswert- und Sachwertverfahren gewählt hat und für letztere dieses als ein Auffangverfahren anwenden will.214 Der Gesetzgeber muss schon aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung für alle Grundstücke ein Bewertungsverfahren zur Verfügung stellen, denn eine Nichtberücksichtigung sämtlicher Nichtwohngrundstücke wäre ebenso nicht zu rechtfertigen wie die Anwendung eines Verfahrens, für welches der Gesetzgeber keine tauglichen Bewertungsdaten bereitstellen kann. Erneut ist im Rahmen der Angemessenheit entscheidend, ob der Gesetzgeber einen angemessenen Ausgleich zwischen dem gewichtigen Vollzugsinteresse und den erheblichen Ungleichbehandlungen gefunden hat: Für die Ermittlung des Bodenwertes nach § 258 Abs. 2 BewG und des damit verbundenen Rückgriffs auf die Bodenrichtwerte gibt es im Sachwertverfahren – wie bei der Bewertung unbebauter Grundstücke nach § 247 BewG – verfassungsrechtlich nichts zu erinnern, dies ist ein gleichheitsrechtlich zulässiges Bewertungsverfahren.215 Vor allem erscheint es im Sachwertverfahren auch plausibel, Grundstückstiefe und -größe – anders als im Ertragswertverfahren – nicht durch separate Umrechnungskoeffizienten zu berücksichtigen, weil ihr Einfluss auf den Verkehrswert bei den Nichtwohngrundstücken regelmäßig von untergeordneter Bedeutung ist.216 Hier zeigt sich deshalb ein entscheidender Unterschied zu den Wohngrundstücken, der die gesetzgeberische Abweichung zu § 257 Abs. 1 S. 2 BewG rechtfertigen kann, wo der Gesetzgeber (zumindest) bezüglich der Grundstücksgröße entsprechende Anpassungen vorgenommen hat. Wie im (mittelbaren) Vergleichswert- und im Ertragswertverfahren kann es zur Erreichung der Auto214  Dazu bereits C.III.3.; allerdings insbesondere verfassungsrechtlich bedenklich in Ansehung der gemischt genutzten Grundstücke und deren Bewertung im Sachwertverfahren. 215  Eingehend zur Verfassungsmäßigkeit des § 247 BewG unter C.V.2.d). 216  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 111; a.  A. Wünnemann/Koller, BB 2020, 215 (218): Die tatsächlichen Bodenwerte würden erheblich überschritten.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens229

matisierungsstrategie nicht schaden, dass dem Steuerpflichtigen der Nachweis eines geringeren Verkehrswerts nicht zugestanden wird, um die gleichheitsrechtliche Bindungswirkung der Bewertungsparameter nicht in weitgehendem Maße zurücknehmen zu müssen.217 Zu berücksichtigen ist ferner, dass dem Sachwertverfahren nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, denn es sind lediglich 8 Millionen wirtschaftliche Einheiten – in Relation zu 24 Millionen im Ertragswertverfahren – zu bewerten.218 In Ansehung der Tauglichkeit der Bewertungsdaten wird, wie beim Ertragswertverfahren, unterstellt, dass die Bewertungsdaten für sich gesehen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, soweit sie nicht konkret überprüft werden können. Im Rahmen der Ermittlung des Gebäudesachwertes ist darüber hinaus die Bruttogrundfläche (BGF), als zu dessen Ermittlung wesentlichster Bewertungsparameter, in den Blick zu nehmen: Diese wird unter Einhaltung des Grundsatzes der Modellkonformität in Anlage 42 Abschnitt I durch den Gesetzgeber definiert.219 Zwar ist betreffend der Notwendigkeit zur Ermittlung der Brutto-Grundflächen seitens des Steuerpflichtigen nicht von der Hand zu weisen, dass – sofern die Bruttogrundflächen des Gebäudes nicht flächendeckend bereits vorhanden sind – deren Ermittlung mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden sein kann. Dies lässt sich allerdings immer nur in Ansehung der jeweiligen Gebäudeart beurteilen, wird zuvorderst aber die Industriegrundstücke aufgrund ihrer individuellen Besonderheiten erfassen, sowie die nach § 243 Abs. 2 Nr. 2 BewG gebotene Abgrenzung zu den Betriebsvorrichtungen. Dies kann allerdings verfassungsrechtlich grundsätzlich deshalb hingenommen werden, weil es sich hierbei in der Breite erneut – insofern besteht eine Überschneidung mit den Ermittlungsnotwendigkeiten im Ertragswertverfahren – um einen bloß einmaligen Ermittlungsvorgang handelt.220 Darüber hinaus werden in vielen Fällen die Flächenwerte aufgrund erbschaftsteuerlicher Bedarfsbewertung wohl bereits bekannt sein.221 Jede Steuerreform erfordert in gewissem Umfang eine (neue) Datenerhebung von Seiten des Steuerpflichtigen. Dies führt aber nicht zu einer Dauerbelastung für die Steuerpflichtigen und einzelne Großunternehmen mit besonders umfangreichem Grundbesitz dürften im Sachwertverfahren – in Ansehung der verschiedenen Gebäudearten – nicht den Regelfall abbilden. Sowohl die besonders aufwendigen Ermittlungsfälle als auch die

217  Eingehend

dazu bereits C.V.2.d)bb). 107, 112: Denn auf das Ertragswertverfahren entfallen somit 24 von 32 Millionen wirtschaftliche Einheiten. 219  Zu dem erfolgten Gleichlauf Krumm/Paeßens, GrStG, § 259 BewG Rn. 12. 220  Gleicher Ansicht Grootens, in: Grootens, GrStG, § 259 BewG Rn. 59. 221  Krumm, Stellungnahme 17/3252, S. 41. 218  BT-Drs. 19/11085,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Sachverhalte vollständiger Neuermittlung dürften daher nicht den typischen Fall darstellen. Problematisch ist zudem die Typisierungstauglichkeit der Normalherstellungskosten (NHK 2010), und zwar aus zwei Gründen: Einerseits aufgrund der „Verdichtung“ der Normalherstellungskosten auf 25 Gebäudearten (mit den Binnendifferenzierungen in den Nrn. 9–12 der Anlage 42) sowie deren grundsätzliche Aussagekraft, andererseits aufgrund veränderter Anforderungen an die Gebäudeerrichtung der vergangenen Jahre.222 Denn kritisiert wird insbesondere die Zusammenfassung in Relation zu den NHK 2005 sowie der nicht nachvollziehbare Ableitungsvorgang.223 Sie sollen jedoch nunmehr bis 2024 an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden, wodurch der Grundsteuergesetzgeber sodann seine Datengrundlage zumindest entsprechend aktualisieren und so diese derzeitigen Bedenken ausräumen kann.224 Dies verhindert zugleich die umso größere Fehlerhaftigkeit der Indexierung der Normal­herstellungskosten, je größer der durch die Baupreisindizes zu überbrückende Zeitraum ist, wobei als äußere Grenze 15 Jahre angenommen werden.225 Dieser Spielraum wäre zwar für die Hauptfeststellung auf den 01.01.2022 somit noch gewahrt, fortlaufend wird allerdings eine entsprechende Anpassung zwingend erforderlich sein. Auch für das Sachwertverfahren gilt insoweit jedoch das bereits beim Ertragswertverfahren zur Tauglichkeit der Datengrundlage226 Festgestellte: Es muss für die hiesige Analyse mangels Kontrollmöglichkeit unterstellt werden, dass die Bewertungsdaten isoliert verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Weil die Nichtwohngrundstücke sich gerade durch eine besonders hohe Individualität auszeichnen, die zugleich gegen die Ableitung von Durchschnittsmieten im Ertragswertverfahren sprachen, bedingt jede weitere Verdichtung eine weitergehende Ausblendung individueller Grundstücksbesonderheiten. Dies betrifft ebenso die Ausblendung verschiedener Standardstufen, denn unterschiedliche Bauperioden führen zu unterschiedlichen Normalherstellungskosten. Insbesondere der Verzicht auf verschiedene Standardstufen ist in einem Massenverfahren jedoch deshalb vertretbar, weil diese immer eine Einzelfallbetrachtung bedingen würden, jedenfalls bezüglich der Verifikation der individuellen Angaben vor Ort.227 Insoweit hat der Gesetzgeber 222  Außersteuerrechtlich kritisch Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darstellung Sachwertverfahren Rn. 48; Zimmermann, ImmoWertV § 14 Rn. 11 ff. m. w. N. 223  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darstellung Sachwertverfahren Rn. 50. 224  Zurückgehend auf den Entschließungsantrag des Bundesrates im Rahmen der Novellierung der ImmoWertV, s. BR-Drs. 407/21, 3. 225  Kleiber, Marktwertermittlung, Syst. Darstellung Sachwertverfahren Rn. 167 f. 226  C.V.3.a)dd)(2)(b). 227  Krumm/Paeßens, GrStG, § 258 BewG Rn. 1.



V. Die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens231

durch die Baujahresgruppendifferenzierung zumindest eine typisierte Standardberücksichtigung geschaffen, die dieses Problem vermeidet. Ein Verzicht hierauf schont erneut die Freiheitssphäre des Steuerpflichtigen. Es können immerhin noch 75 Fallkonstellationen (25 Gebäudearten x 3 Baujahresgruppen) zur Ermittlung des Gebäudesachwertes unterschieden werden. Die weitergehenden individuellen Besonderheiten erfordern zudem in einem Massenverfahren immer, sie in gewissem Maße zu verdichten. Die Auffangklausel kann durch die angeordnete Zuordnung zu vergleichbaren Gebäudearten die Zweifel an der Zusammenstauchung zumindest teilweise abmildern.228 Die Verwendung bundeseinheitlicher Wertzahlen, die auf den vorläufigen Sachwert angewandt werden, geht mit einer Entscheidung gegen eine Anpassung an den regionalen Grundstücksmarkt einher und ist deshalb besonders rechtfertigungsbedürftig. Die dabei vom Gesetzgeber unterstellten Korrelationen zwischen Bodenrichtwert und Verkehrswert, nämlich niedrigerer Bodenrichtwert und niedrigerer vorläufiger Sachwert führen gleichzeitig zu einer niedrigeren Wertzahl und damit einem Lageabschlag und die ausschließliche Möglichkeit zur Reduzierung der Wertzahlen, gelten somit bundeseinheitlich. Jedenfalls in kleineren Gemeinden dürften diese Wechselwirkungen durchaus als realitätsnah zu unterstellen sein.229 Problematisch wird diese Unterstellung besonders in Innenstädten großer Städte mit zugleich besonders hohen Bodenrichtwerten.230 Die Staffelung zwischen den Wertzahlstufen führt weiterhin gerade dann zu erheblichen Unterschieden im Grundsteuerwert, wenn die vorläufigen Sachwerte knapp über- oder unterhalb der jeweils vorherigen oder nachfolgenden Stufe liegen. Zugunsten der bundeseinheitlichen Vorgabe der Wertzahlen und damit der Ausblendung des örtlichen Grundstücksmarktes wird teilweise auch angeführt, dass die Gutachterausschüsse im Sachwertverfahren regelmäßig keine ausreichenden Sachwertfaktoren ableiten und deshalb jedenfalls in einem bundesweiten Massenverfahren diese nicht flächendeckend vorliegen würden.231 Im Ergebnis kann für das Sachwertverfahren nichts anderes als für das Vergleichswert- (§ 247 BewG) und das Ertragswertverfahren (§§ 252  ff. BewG) gelten: Gewichtet man das Interesse der Verwaltungsvereinfachung im Rahmen der Abwägung besonders hoch, welches auch im Sachwertverfah228  Gleicher Auffassung Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 259 Rn. 5 (Stand: 12/2021); siehe die Konkretisierung der Finanzverwaltung in A 259.2 Abs. 2 AEBewGrSt. 229  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, § 260 BewG Rn. 4; a. A. (wohl) Wünnemann/ Koller, BB 2020, 215 (217 f.), die für Industriegrundstücke generell die Gefahr nicht realitätsgerechter Werte aufgrund der Bodenrichtwerte auszumachen scheinen. 230  An der Realitätsgerechtigkeit in diesen Konstellationen ebenfalls zweifelnd z. B. Grootens, in: Grootens, GrStG, § 260 BewG Rn. 43. 231  So Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 260 Rn. 4 (Stand: 12/2021).

232

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

ren durch die vielzählig bereits vorgegebenen Bewertungsparameter ebenso erreichbar ist und verlangt man dem Grundsteuergesetzgeber aufgrund der grundsteuerspezifischen (Rechtfertigungs-)Besonderheiten nur ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept ab, welches die Automatisierungsstrategie in sich folgerichtig verwirklicht und dabei die zwischen den sog. Nichtwohngrundstücken bestehenden Unterschiede zugleich nicht vollkommen willkürlich ausblendet, so kann dies konzeptionell trotz der vielzählig verwendeten Typisierungen noch erreicht werden.232 Dies liegt sowohl an der Tauglichkeit des Rückgriffes auf den Bodenwert (§§ 258 Abs. 2, 247 BewG) aus den bereits erörterten Gründen und der damit verbundenen Lagedifferenzierungskraft des Bodenrichtwertes als auch der weitgehenden Schonung der Freiheitssphäre des Steuerpflichtigen durch den Typisierungsrückgriff, insbesondere durch den Verzicht auf verschiedene Standardstufen und damit den Verzicht auf eine Ermittlung in der Sphäre des Steuerpflichtigen. Der Gesetzgeber bewirkt durch die Bezugnahme auf die Bodenrichtwerte im Sachwertverfahren ebenfalls den für eine Verkehrswertermittlung notwendigen Lagebezug: Denn ein niedriger Bodenrichtwert führt zu einem niedrigeren vorläufigen Sachwert und damit ist der Grundsteuerwert niedriger, wenn der Bodenrichtwert niedriger ist, weil die Wertzahl geringer ist.233 Der Einfluss der Bodenrichtwerte auf den Grundsteuerwert nimmt mit zunehmendem Gebäudealter zudem ebenfalls zu, weil dann die Normalherstellungskosten geringer sind.234 Die verschiedenen Alters- und Gebäudeklassen erzeugen zugleich eine ausreichende Differenzierungswirkung zwischen gleichen Gebäude­ arten.235 Der Ermittlungsaufwand des Steuerpflichtigen ist auch im Sachwertverfahren regelmäßig verhältnismäßig zu bewerkstelligen. Der Gesetz­geber wird aber die Tauglichkeit der Bewertungsparameter fortlaufend beobachten und entsprechende Anpassungen vornehmen müssen. Dies gilt insbesondere für den Fall der Aktualisierung der NHK 2010, um ein „Hinein­wachsen“ in die Verfassungswidrigkeit zu verhindern. Das Sachwertverfahren (§§ 258 ff. BewG) verletzt daher im Ergebnis Art. 3 Abs. 1 GG nicht.236

VI. Vermeidung struktureller Vollzugsdefizite durch Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten Der Bundesfinanzhof nahm in seinen Vorlagebeschlüssen an, dass es neben der materiellen Verfassungswidrigkeit der Bewertungsvorschriften zu 232  Gleicher

Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 114. GrStG, § 260 BewG Rn. 4. 234  Scheffler/Feldner, IFSt Schrift 542, S. 50. 235  Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 114. 236  A. A. Grootens, in: Grootens, GrStG, § 258 BewG Rn. 144. 233  Krumm/Paeßens,



VI. Vermeidung struktureller Vollzugsdefizite233

einem strukturellen Vollzugsdefizit deshalb komme, weil es an notwendigen Erklärungs- und Anzeigepflichten fehle.237 Die Mitwirkung des Steuerpflichtigen, entweder in Form einer Erklärungsabgabe nach Aufforderung oder aber einer Anzeige in Fällen von veränderten Verhältnissen, ermöglicht es den Finanzbehörden, den zutreffenden Grundsteuerwert zu ermitteln. Nach § 28 Abs. 1, 3 BewG bestand eine Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen grundsätzlich nur auf den Hauptfeststellungzeitpunkt. In den übrigen Fällen bedurfte es einer weiteren Aufforderung zur Abgabe der Erklärung (§ 28 Abs. 2 S. 3 BewG). Die in § 29 Abs. 3 und 4 BewG enthaltenen Mitteilungspflichten anderer Behörden, ohne Aufforderung, reichten nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht aus, sämtliche Fälle abzudecken.238 Das Bundesverfassungsgericht hat sich hierzu – weil es darauf nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der materiellen Bewertungsnormen freilich nicht mehr ankam – nicht geäußert.239 Der Gesetzgeber hat sich der Kritik des Bundesfinanzhofs gleichwohl angenommen und im Rahmen der §§ 228, 229 BewG die erforderlichen Erklärungs-, Anzeige- und Übermittlungspflichten normiert: § 228 Abs. 1 BewG statuiert weiterhin eine an eine Aufforderung gekoppelte Erklärungspflicht. Diese Aufforderung kann nach § 228 Abs. 1 S. 3 BewG durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.240 Darüber hinaus normiert § 228 Abs. 2 BewG eine Anzeigepflicht betreffend die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die sich auf die Höhe des Grundsteuerwertes sowie die Vermögens- oder Grundstücksart auswirken oder die Zurechnung betreffen. Gemäß § 228 Abs. 5 BewG sind sämtliche Anzeigen und Erklärungen Steuererklärungen im Sinne der Abgabenordnung, womit Sanktionsmechanismen eröffnet und die Pflichten erzwingbar werden.241 Zwar erfasst § 228 BewG nicht den Übergang des tatsächlichen Eigentums, hierfür besteht aber eine Übermittlungspflicht der Grundbuchämter nach § 229 Abs. 4 BewG.242 Dieser wiederum knüpft jedoch an den Eigentumsübergang an, der zivilrechtlich mit der Eintragung ins Grundbuch wirksam wird. Dies gilt somit insbesondere nicht in Erbfällen (§ 1922 BGB), bei denen sich der Eigentumserwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht. Gleichwohl werden in diesen Fällen die Neu­ eigentümer aufgrund drohender nachteiliger zivilrechtlicher Konsequenzen 237  BFH

v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 Rn. 74 ff. v. 22.10.2014, II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 Rn. 76. 239  BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147 Rn. 146. 240  Siehe dazu die erstmalige Aufforderung des BMF für den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.2022, BStBl. I 2022, 205. 241  Krumm/Paeßens, GrStG, § 228 BewG Rn. 18; zu den verschiedenen Sanktionsmechanismen zudem Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 228 Rn. 15 ff. (Stand: 09/2022). 242  BT-Drs. 19/11085, 96. 238  BFH

234

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

wohl typischerweise frühzeitig eine Korrektur des Grundbuchs anstreben.243 Insofern lässt es der Gesetzgeber nach § 229 Abs. 6 S. 2 BewG grundsätzlich ausreichen, dass eine Mitteilung nach drei Monaten stattfindet. Darüber hi­ naus wird nach § 229 Abs. 3 BewG, in Anlehnung an § 29 Abs. 3 BewG, eine Mitteilungspflicht anderer Behörden (vor allem der Katasterämter und Bauordnungsbehörden) statuiert, die für die Feststellung von Grundsteuerwerten (oder der Grundsteuer) von Bedeutung sein können. Die §§ 228 f. BewG dürfen die Steuerpflichtigen einerseits nicht unverhältnismäßig belasten, andererseits müssen sie die erforderliche Bewertungs­ datengrundlage der Finanzverwaltung hinreichend absichern können. Den Finanzbehörden wird ermöglicht, die für die Bewertung erforderlichen Informationen – neben der Übermittlung durch andere staatliche Akteure nach § 229 BewG – in erzwingbarer Weise vom Steuerpflichtigen nach § 228 BewG erhalten zu können. Dabei bedarf es keiner vorherigen Aufforderung im Rahmen einer Anzeigepflicht, sodass hierdurch die vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss geäußerten Bedenken betreffend der Ermittlungslücken weitestgehend ausgeräumt werden, ohne dass darüber hinaus in einem Maße auf den Steuerpflichtigen zurückgegriffen werden müsste, welches evident unangemessen wäre. Denn gerade weil im neuen Grundsteuerrecht durch die vielzählig typisierten Bewertungsparameter in sämtlichen Bewertungsverfahren überhaupt nur wenige Daten vom Steuerpflichtigen erhoben werden müssen, wird in seine Freiheitssphäre insoweit nur in geringem Maße eingegriffen. Ein strukturelles Vollzugsdefizit mangels ausreichender Mitwirkungspflichten besteht daher im neuen Recht nicht (mehr). Zudem reduziert der Rückgriff auf die von anderen Stellen zu übermittelnden Daten die Verfahrens- und Kostenlasten des Steuerpflichtigen. In Baden-Württemberg ist der Gesetzgeber mit den §§ 22 f. BWGrStG dem Vorbild des Bundesgrundsteuerrechts gefolgt. Denn § 22 BWGrStG statuiert Erklärungs- und Anzeigepflichten des Steuerpflichtigen, die denen des § 228 BewG entsprechen. Darüber hinaus regelt § 23 BWGrStG Auskunfts-, Erhebungs- und Mitteilungspflichten, die sich in § 229 Abs. 3–6 BewG wiederfinden. Auch die übrigen Landesgesetzgeber mit ihren wertunabhängigen Grundsteuermodellen knüpfen an die §§ 228 f. BewG an, modifizieren diese lediglich partiell.244 243  Gleicher

Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 228 BewG Rn. 11. wird sämtlich die Zuständigkeit des Bundesministeriums der Finanzen zur Aufforderung zur Abgabe der Erklärung durch die entsprechenden Landesbehörden ersetzt, überall bis auf Hessen die Anzeigefrist auf 3 Monate verlängert, dort überdies die Erklärung auf das Grundsteuermessbetragsverfahren bezogen, vgl. im Einzelnen Art. 6 Abs. 5, 6 BayGrStG; § 6 Abs. 5, 6 HmbGrStG; § 2 Abs. 4 HGrStG; § 8 Abs. 5, 6 NGrStG. 244  So



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?235

VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem? 1. Gleichheitsrechtliche Fragestellungen auf Steuermesszahlebene Im in sich an das Grundsteuerwertermittlungsverfahren (§§ 218 ff. BewG) auf Bundesebene auf zweiter Verwaltungsverfahrensstufe anschließende Grundsteuermessbetragsverfahren (§§ 13 ff. GrStG) können sich ebenfalls gleichheitsrechtliche Fragestellungen ergeben, wenn bei der Ermittlung des Grundsteuermessbetrages der jeweiligen wirtschaftlichen Einheit, durch Multiplikation der Steuermesszahl mit dem Grundsteuerwert, der Gesetzgeber verschiedene Abschläge auf die Steuermesszahlen des Grundvermögens gewährt (§ 15 Abs. 2–4 GrStG) sowie schon grundlegend zwischen den Steuermesszahlen des § 15 Abs. 1 GrStG für die jeweiligen Grundstücksarten differenziert. Dabei ist zunächst die Frage aufzuwerfen, welcher Prüfungsmaßstab an die Steuermesszahldifferenzierungen anzulegen ist, mithin ob diese der Steuergegenstands- oder der konkreten Ausgestaltungsebene zuzuordnen sind (2.). Sodann sind die verschiedenen Bundes- (3.) und Landesgrundsteuermesszahldifferenzierungen245 (4.) im Detail zu würdigen. 2. Gleichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstab für § 15 GrStG: Zuordnung zur Steuergegenstands- oder Ausgestaltungsebene? a) Die Zuordnungsfrage Steuergegenstand des Bundesgrundsteuerrechts ist gemäß § 2 GrStG der inländische Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes, wiederum in Gestalt der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Nr. 1) einerseits und der Grundstücke (Nr. 2) andererseits. Über diese ausdrückliche Benennung des Steuergegenstandes in § 2 GrStG könnte aber die Frage aufgeworfen werden, ob es im Grundsteuergesetz darüber hinaus weitere Binnendifferenzierungen zwischen den Steuergegenständen gibt, für die aufgrund der bewussten gesetzgeberischen Zuordnung zur Steuergegenstandsebene spiegelbildlich eine reine Willkürprüfung zur Anwendung gelangen müsste. Anderenfalls wären die Steuermesszahlabschläge der konkreten Ausgestaltungsebene zuzuordnen, sodass es der Wahrung der gleichheitsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung steuerlicher Lenkungsnormen bedürfte.246 245  Vgl. die Regelungen in Art. 4 BayGrStG; § 40 BWGrStG; § 4 HmbGrStG; § 6 NGrStG sowie § 6 HGrStG. 246  Zu den Grundsatzanforderungen betreffend die Rechtfertigung von Lenkungszwecken bereits B.IV.4.d)ee).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Für eine Qualifikation sowohl der Steuermesszahlabschläge in § 15 Abs. 2–4 als auch der Grundsatzdifferenzierung zwischen den Grundstücksarten in § 15 Abs. 1 GrStG als eigenständige „Sub-Steuergegenstände“ ließe sich anführen, dass durch den Abschlag für alle bebauten Wohngebäude faktisch eine Unteraufgliederung des Steuergegenstandes der „Grundstücke“ in „Wohn-“ und „Nichtwohngrundstücke“ bewirkt wird.247 Nichts anderes tue der Gesetzgeber bei der in § 2 GrStG getroffenen Unterscheidung in Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einerseits und der Grundstücke andererseits, denn auch für diese existieren bereits eigene Bemessungsgrundlagen, Messzahlen (vgl. §§ 14, 15 GrStG) und Hebesätze (§ 25 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 GrStG).248 Es kann dabei aber nicht darauf ankommen, ob der Gesetzgeber diese Binnendifferenzierung des Steuergegenstandes in § 2 GrStG selbst vornimmt oder aber in den entsprechenden Normen auf den jeweiligen sich anschließenden Verfahrensstufen (Grundsteuermessbetragsverfahren oder Grundsteuerfestsetzungsverfahren) zur Ermittlung der Grundsteuerzahllast. Dem Gesetzgeber ist zwar durchaus zuzugestehen, den Steuergegenstand „Grundbesitz“ in mehr als zwei Steuergegenstände zu unterteilen, solange es sich weiterhin um eine „Grundsteuer“ handelt, allerdings setzt dies auch eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung dahingehend voraus. Die Schwierigkeit einer konkreten Zuordnungsentscheidung wird jedenfalls dann entbehrlich, wenn Bundes- und Landesgesetzgeber die Begünstigungsvorschriften eindeutig zuordnen (dazu b)). b) Anwendung auf Bundes- und Landesgrundsteuerrecht Bezweckt wird im Rahmen der Steuermesszahlen des § 15 GrStG auf Bundesebene jedoch gerade keine Neuausrichtung der Steuerquelle schon auf der Ebene des Steuergegenstandes, vielmehr ist eine rechtfertigungsbedürftige Binnendifferenzierung durch die steuerliche Begünstigung einer Gruppe innerhalb des Steuergegenstandes des Grundvermögens selbst anzunehmen. Es handelt sich mithin um eine Ausgestaltungsfrage. Denn (nur) diese Interpretation entspricht der Ansicht des Bundesgesetzgebers, der sich für eine bloß zweigliedrige „Aufspaltung“ des Steuergegenstandes „Grundbesitz“ entschieden hat, die – aufbauend auf § 2 GrStG – sowohl im Bewertungs- als auch im Grundsteuergesetz konsequent weiter verfolgt wird. § 15 Abs. 2–5 GrStG – und dies gilt, wie noch zu zeigen sein

247  So

Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 121. Stellungnahme 17/3252, S. 36.

248  Krumm,



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?237

wird, auch für den § 25 Abs. 5 GrStG („Grundsteuer C“) gleichermaßen249 – stellen deshalb (grund-)steuerliche Lenkungsnormen dar, die das gesetzge­ berische Grundkonzept durchbrechen, weshalb diese Sonderlenkungstatbestände in einem ansonsten fiskalisch gerechtfertigten Grundsteuersystem über die Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts an die Ausgestaltung von steuerlichen Lenkungsnormen zu rechtfertigen sind. Der Gesetzgeber auf Bundesebene geht erkennbar davon aus, dass die Steuermesszahlabschläge nach Abs. 2–5 die Ausgestaltungsebene betreffen. Dies wird im Rahmen der Gesetzesbegründung durch die Bezugnahme auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung von steuerlichen Verschonungsregeln eindeutig klargestellt: „Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 7. November 2006 (BGBl. 2007 I S. 194) anerkannt, dass – bei den weiteren sich an die Bewertung anschließenden Schritten – zur Bestimmung der Steuerbelastung der Gesetzgeber Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normenklarer steuerlicher Verschonungsregelungen, berücksichtigen darf.“250 Und weiter führt der Bundesgesetzgeber hierzu aus: „Im Rahmen eines dynamischen Massenverfahrens kann eine zielgenaue und normenklare Verschonungsregelung in Form eines Abschlags von der Steuermesszahl für Wohngrundstücke im Sinne des § 249 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Bewertungsgesetzes (Grundsteuervergünstigung) nur dann erfolgen,…“.251 In Abweichung hierzu kann für § 15 Abs. 1 GrStG hingegen hinsichtlich der Ermittlung der gesetzgeberischen Intention auf die ursprünglichen Gesetzgebungsmaterialien nicht unmittelbar zurückgegriffen werden, denn in seiner Ursprungsfassung sah § 15 Abs. 1 GrStG einen Abschlag für alle „bebauten Wohngrundstücke“ noch nicht vor, weshalb damit noch kein zusätz­ licher Rechtfertigungsdruck einherging, dieser wurde erst im Rahmen des Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetzes vom 16.07.2021 eingefügt. In den dortigen Gesetzgebungsmaterialien fehlen allerdings vergleichbare Ausführungen zu Verschonungsregelungen vollständig. Nichtsdestotrotz kann für § 15 Abs. 1 GrStG nichts anderes gelten, als für die übrigen Absätze 2–5: Denn es ist insoweit der konkrete Sachzusammenhang zur bereits vorhandenen, bewussten Wohnraumförderung in den Absätzen 2–4, der diese Annahme eines gesetzgeberisch gewollten Gesamtkonzeptes nahelegt. Eine hiervon abweichende willentliche Differenzierung zwischen der Wohnraumförderung aufgrund der Differenzierung zwischen den bebauten Wohn- und Nichtwohngrundstücken in Absatz 1 und den Begünstigungen nach den Absätzen 2–4 249  Eingehend

zur Zuordnung zur Ausgestaltungsebene unter C.VIII.3.a). 124. 251  BT-Drs. 19/11085, 124. 250  BT-Drs. 19/11085,

238

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

ist nicht erkennbar. Entspricht es somit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine weiteren „Sub-Steuergegenstände“ schaffen zu wollen, sondern sich mit den Abschlägen auf die Steuermesszahl bebauter Wohngrundstücke der folgerichtigen Ausgestaltung steuerlicher Verschonungsregelungen anzunehmen, so wird er sich hieran bei der gleichheitsrechtlichen Überprüfung derselben festhalten lassen müssen. Nichts anderes gilt für sämtliche Landesgesetzgeber in ihren Landesgrundsteuergesetzen: Denn auch sie wollen sich entweder ausdrücklich an der konkreten Ausgestaltung des § 15 GrStG durch den Bundesgesetzgeber im Rahmen der landeseigenen Grundsteuermesszahlen orientieren, weshalb sie insofern willentlich durch diese Übernahme einer Zuordnung zur Ausgestaltungsebene folgen wollen, oder aber deren Normen ausdrücklich durch Äußerungen in den Gesetzgebungsmaterialien ebenfalls der Verschonungsebene zuordnen.252 So formuliert beispielsweise der baden-württembergische Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum BWLGrStG: „Die […] Berücksichtigung von außerfiskalischen Lenkungs- und Förderzwecken wurde vom Bundesverfassungsgericht auch für die Grundsteuer ausdrücklich gebil­ ligt“.253 3. Bundesgrundsteuerrechtliche Steuermesszahldifferenzierungen a) Verfassungsgemäße Steuermesszahldifferenzierung bebauter Wohngrundstücke im Verhältnis zu bebauten Nichtwohngrundstücken und unbebauten Grundstücken (§ 15 Abs. 1 GrStG) aa) Die Ungleichbehandlung des § 15 Abs. 1 GrStG Während das Grundsteuerreformgesetz vom 26.11.2019 zunächst eine einheitliche Steuermesszahl in Höhe von 0,34 Promille, sowohl für die unbebauten Grundstücke als auch die bebauten Wohn- sowie Nichtwohngrundstücke, vorsah und damit die grundsätzliche Steuermesszahl zwischen den Grundstücken keinen besonderen Rechtfertigungsbedarf hervorrief, hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen des Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetzes vom 16.07.2021 die Steuermesszahl ausschließlich für sämtliche bebauten „Wohngrundstücke“ auf 0,31 Promille abgesenkt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GrStG).254 Für diese Differenzierung, die bereits in der Grundstruktur des § 15 Abs. 1 GrStG auf Steuermessbetragsebene angelegt war, ist, wenn kon252  BYLT-Drs. 18/15755, 19 f.; NdsLT-Drs. 18/8995, 26: Orientierung am Bundeskonzept; HLT-Drs. 20/6379, 18 f.; HmbBü-Drs. 22/3583, 9 f., 15 f. 253  BWLT-Drs. 16/8907, 82. 254  BGBl. I 2021, 2931.



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?239

zeptionell auf der vorherigen Bewertungsebene in sämtlichen Bewertungsverfahren (Vergleichswert- [§ 247 BewG], Ertragswert- [§§ 252 ff. BewG] und Sachwertverfahren [§§ 258 ff. BewG]) ein verkehrswertnaher Grundsteuerwert ermittelt werden sollte, ebenfalls eine besondere gleichheitsrechtliche Rechtfertigung nötig. bb) Rechtfertigung (1) N  ormklare Verfolgung der legitimen Wohnraumförderung durch § 15 Abs. 1 GrStG? Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Messzahldifferenzierung zwischen den Wohn- und Nichtwohngrundstücken laut der Gesetzesbegründung das Ziel verfolgt, das noch auf den ursprünglichen Messzahlen beruhende Grundsteuermessbetragsaufkommen, welches dem Messbetragsvolumen im Recht der Einheitsbewertung aufgrund der angestrebten Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform zumindest nahekommen sollte, trotz der Anpassung der Nettokaltmieten an die Daten des Mikrozensus 2018 in Anlage 39 zu § 254 BewG, konstant zu halten.255 Nimmt man diese Zielsetzung in der Gesetzesbegründung streng beim Wort, dann will der Gesetzgeber mit der Messzahldifferenzierung gerade keine Lenkungsziele in Gestalt einer grundsätzlich legitimen Wohnraumförderung verfolgen.256 Die Wohnraumförderung wird vom Bundesverfassungsgericht hingegen als legitimer Differenzierungsgrund anerkannt.257 Ein derartiges Ziel eines konstanten Messbetragsvolumens in Relation zum verfassungswidrigen Recht der Einheitsbewertung wäre allerdings als zur Rechtfertigung nicht hinreichend tragfähig anzusehen.258 Ein solch enges Verständnis der Gesetzesbegründung erscheint jedoch nicht zwingend, wenn daneben zugleich die übrigen Anpassungsumstände sowie die Gesetzessystematik mit einbezogen werden. Dass der Gesetzgeber vielmehr mit dieser Anpassung der Messzahlen auch das legitime Gemeinwohlziel der Wohnraumförderung verfolgen will, ergibt sich zwar nicht aus den Ausführungen in der Gesetzesbegründung, gleichwohl aus der gesetzlichen Binnensystematik des § 15 GrStG, im Speziellen des Abs. 1 einerseits und den Begünstigungen der Abs. 2–4 andererseits, sowie den zeitgleichen weiteren Anpassungen im Rahmen des Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetzes selbst. Deshalb kann durchaus (noch) von einer tatbestandlichen Erkenn255  BT-Drs. 19/28902,

1. in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 8 (Stand: 01/2022). 257  BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (53 f.). 258  Bei einem derart strengen Verständnis für eine Verfassungswidrigkeit konsequenterweise dann Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 6 (Stand: 01/2022). 256  Desens,

240

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

barkeit des legitimen Gemeinwohlbelanges der Wohnraumförderung ausgegangen werden: Denn mit dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz wurden gerade die Nettokaltmieten in Anlage 39 an die Daten des Mikrozensus 2018 angepasst, wodurch es aufgrund der Erhöhung der dortigen Durchschnittsmieten zugleich regelmäßig zu einer Erhöhung der Grundsteuerwerte für die bebauten Wohngrundstücke kommen wird, womit eine Zusatzbelastung des Wohnens einhergeht. Dem wollte der Gesetzgeber durch Absenkung der Steuermesszahl nur für die bebauten Wohngrundstücke, die hiervon über deren Bewertung im Ertragswertverfahren nach den §§ 252 ff. BewG ausschließlich betroffen sind (vgl. § 250 Abs. 2 BewG), gerade entgegenwirken. Dadurch wird in dem begünstigten Adressatenkreis des § 15 Abs. 1 GrStG hinreichend deutlich, dass – wie in den Absätzen 2–4 – Wohnraumförderung betrieben werden soll. Ein Wegfall dieser gleichwohl sehr pauschalen Vergünstigungsregelung würde zudem dazu führen, dass das Grundanliegen der Wohnraumförderung für 24 von 32 Millionen wirtschaftliche Einheiten, die im Ertragswertverfahren zu bewerten sind, im Ausgangspunkt – vorbehaltlich der speziellen Fördertatbestände für einzelne Wohnsituationen – vollständig entfallen würde, womit gleichzeitig erhebliche Gemeinwohldefizite verbunden wären. (2) Angemessenheit einer generellen Wohnraumförderung Diese Begünstigung sämtlicher Wohngrundstücke aus Gründen der Wohnraumförderung in Relation zu den bebauten Nichtwohngrundstücken und unbebauten Grundstücken ist auch angemessen: Zwar handelt es sich um eine sehr pauschale Begünstigungsregelung, durch die erst einmal sämtliche Wohngrundstücke durch eine Reduktion der Messzahl gefördert werden. Die darüber hinausgehende besondere Förderwürdigkeit einzelner Gruppen innerhalb des Kreises der Wohngrundstücke nimmt der Gesetzgeber sodann jedoch sowohl im Rahmen der Förderung des sozialen Wohnungsbaus (§ 15 Abs. 2, 3 GrStG) als auch verschiedener Wohnungsbauunternehmen (§ 15 Abs. 4 GrStG) zielgenauer in den Blick. Durch die Anknüpfung an die Differenzierungen in § 249 BewG hat der Gesetzgeber zudem die typischen Wohnnutzungen vor Augen gehabt. Dies gilt zunächst uneingeschränkt für die nicht erfassten Grundstücksarten des Teileigentums, der Geschäftsgrundstücke sowie der sonstigen bebauten Grundstücke. Denn Teileigentum ist gemäß § 249 Abs. 6 BewG das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen sowie dem zugehörigen Miteigentumsanteil am Grundstück. Die Geschäftsgrundstücke werden gem. § 249 Abs. 7 BewG immerhin zu mehr als 80 Prozent der Wohnund Nutzfläche zu eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?241

Zwecken genutzt. Und für die sonstigen bebauten Grundstücke statuiert § 249 Abs. 9 BewG eine Auffangklausel.259 Problematisch in Ansehung der Zielgenauigkeit ist deshalb vor allem die Ausnahme der gemischt genutzten Grundstücke im Sinne des § 249 Abs. 8 BewG: Denn dies sind die Grundstücke, die sowohl Wohnzwecken als auch Nichtwohnzwecken dienen und keiner der anderen Grundstücksarten (vor Prüfung der sonstigen bebauten Grundstücke als Auffangklausel) zuzuordnen sind. Auch die gemischt genutzten Grundstücke zeichnen sich allerdings durch einen nicht unerheblichen Anteil an Wohnfläche aus. So werden insoweit auch Grundstücke erfasst, die zwar zu mehr als 50, aber weniger als 80 Prozent für Nichtwohnzwecke genutzt werden, oder aber solche, die zu mehr als 20 Prozent und weniger als 80 Prozent nach dem Verhältnis von Wohn- und Nutzfläche für gewerbliche Zwecke genutzt werden.260 Somit kann die Wohnnutzung ab 20 Prozent und bis zu knapp unter 80 Prozent liegen. Ab einer Wohnnutzung von 50 Prozent muss jedoch zuvorderst geprüft werden, ob lediglich ein oder zwei Wohnungen vorliegen und es sich deshalb um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelt, für welches die Begünstigung gewährt würde.261 Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BewG ist in diesen Fällen eine Mitbenutzung zu anderen als Wohnzwecken von unter 50 Prozent unschädlich, sofern die Eigenart als Einfamilienhaus hierdurch nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Dies gilt gem. § 249 Abs. 3 S. 2 BewG auch für die Zweifamilienhäuser. Während dies in der Regel für Freiberufler zur Anwendung gelangt, ist dies bei gewerblichen Mitbenutzungen im Regelfall nicht anzunehmen.262 Die Anknüpfung an die Grundstücksarten des § 249 BewG bedingt aufgrund der Vereinfachung dieses Rückgriffs auf eine bereits für die Grundsteuerwertfeststellung festgestellte Grundstücksart zugleich, dass die Zielgruppe bei § 15 Abs. 1 GrStG deutlich größer als in den übrigen Begünstigungstatbeständen mit zusätzlichen Begünstigungsvoraussetzungen ausfallen muss. Andererseits stehen dem eine in Relation zu den unbebauten Grundstücken und Nichtwohngrundstücken deutlich geringere Anzahl an wirtschaftlichen Einheiten gegenüber (24 Millionen Wohngrundstücke zu 8 Millionen Nichtwohngrundstücke), und im Verhältnis zu den deutlich erheblicheren Begüns259  Die Gesetzesbegründung nennt hier solche Gebäude, die Vereins- oder Freizeittätigkeiten dienen, dazu BT-Drs. 19/11085, 111; siehe für weitere Beispiele auch den Anwendungserlass in AEBewGrSt A 249.9 S. 2. 260  Krause, in: Stenger/Loose, BewG, § 249 Rn. 162 (Stand: 02/2023). 261  Bock, in: Grootens, GrStG, § 249 BewG Rn. 68. 262  Dazu Krumm/Paeßens, GrStG, § 249 BewG Rn. 19 mit Beispielen und Nachweisen.

242

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

tigungsvorschriften der übrigen Absätze erscheint die Wohnraumförderung als gewichtiger Gemeinwohlbelang ohne Binnendifferenzierung auch insoweit nicht unangemessen, zumal die Messzahlreduktion um lediglich 3 Promille (zugleich unter 10 Prozent) von geringerem Gewicht als bei den übrigen Wohnraum-Ermäßigungstatbeständen ist. Entlastend ist zudem zu berücksichtigen, dass bei denjenigen, die Nichtwohngrundstücke nutzen, regelmäßig die Möglichkeit besteht, die Grundsteuerbelastung an den Markt weiterzugeben. Dies ist bei der Wohnnutzung jedoch nicht der Fall. Diese generelle Wohnraumförderung durch Absenkung der Steuermesszahl, zur Erhaltung eines vergleichbaren Steuermessbetragsniveaus, lässt sich daher aus hinreichend gewichtigen Gemeinwohlgründen rechtfertigen, auch wenn sich der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung hierzu nicht eindeutig positioniert hat.263 b) Verfassungsmäßigkeit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus (§ 15 Abs. 2,  3 GrStG) aa) Ungleichbehandlung Durch § 15 Abs. 2 GrStG ordnet der Gesetzgeber an, dass sich die Steuermesszahl (nur) für bebaute „Wohngrundstücke“ um zusätzliche 25 Prozent ermäßigt, wenn für das Grundstück eine Förderungszusage erteilt wurde und die Fördervoraussetzungen im Hauptveranlagungszeitraum eingehalten werden.264 Gleiches gilt gemäß § 15 Abs. 3 GrStG für solche bebauten „Wohngrundstücke“, die entweder nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz265, nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz266 oder nach den Wohnraumfördergesetzen der Länder gefördert werden.267 Einerseits wird durch diese Begünstigungsregelung eine Ungleichbehandlung in Relation zu den übrigen Wohnnutzungen erzeugt. Andererseits kann eine Ungleichbehandlung aber auch daraus 263  Gleicher

Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 115. § 13 Abs. 2, 3 WoFG (Gesetz über die soziale Wohnraumförderung v. 13.09.2001, BGBl. I 2001, 2376); abgelöst wurde hierdurch ab 2002 das II. WoBauG v. 19.08.1994, BGBl. I 1994, 2137. 265  Gesetz v. 24.04.1950, BGBl. I 1950, 83. 266  Gesetz v. 27.06.1956, BGBl. I 1956, 523. 267  Denn seit der Föderalismusreform I (2006) ist die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG a. F.) für die soziale Wohnraumförderung erloschen, sodass nunmehr eine ausschließliche Länderkompetenz (Art. 70 Abs. 1 GG) besteht, das WoFG über Art. 125 a Abs. 1 S. 1 GG aber in den Ländern fortgilt, in denen keine Wohnraumförderungsgesetze verabschiedet wurden, dazu Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 12; zu den Wohnraumförderungsgesetzen der Länder Krause, in: Stenger/Loose, GrStG, § 15 Rn. 50 (Stand: 11/2021). 264  Nach



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?243

resultieren, dass eine auf der vorherigen außersteuerrechtlichen Ebene bestehende Ungleichbehandlung ins Grundsteuerrecht „fortwirkt“, indem an die dortige Unterscheidung angeknüpft wird. bb) Rechtfertigung (1) Normklare Verfolgung legitimer und erforderlicher Gemeinwohlbelange Auch mit § 15 Abs. 2, 3 GrStG verfolgt der Gesetzgeber das selbsterklärte Ziel, durch „die Schaffung und Verfügbarmachung von ausreichendem Wohn­ raum … [einen] überragenden Gemeinwohlbelang … [zu verfolgen]“.268 Durch steuerliche Entlastung sollen, zusätzlich zur grundsätzlichen Wohnförderung nach § 15 Abs. 1 GrStG, bestimmte Wohnnutzungen gefördert werden. Die soziale Wohnbauförderung wiederum soll gerade denjenigen Haushalten zugutekommen, die sich am Markt anderenfalls nicht angemessen mit Wohnraum versorgen könnten (vgl. § 1 Abs. 2 WoFG). Durch steuerliche Minderbelastung sollen förderungswürdige Wohnnutzungen entlastet werden. Es kommt dem existenziellen Grundbedürfnis des Wohnens zugute, ist zugleich sozialstaatsrechtlich inspiriert und dient daher einem legitimen Gemeinwohl­ belang.269 Diese gesetzgeberische Intention kommt – anders als im Rahmen des § 15 Abs. 1 GrStG270 – sowohl in der Gesetzesbegründung als auch im Adressatenkreis des § 15 Abs. 2, 3 GrStG selbst zum Ausdruck, da durch die Anknüpfung an außerhalb des Grundsteuergesetzes liegende Kriterien nur eine besonders förderungswürdige soziale Wohnraumnutzung begünstigt werden soll. Damit ist der legitime Gemeinwohlbelang tatbestandlich vorgezeichnet. Um dieses Förderziel zu erreichen, ist die Begünstigungsvorschrift auch erforderlich, denn der Wegfall einer solchen 25-prozentigen Förderung des existenziellen Wohnbedürfnisses hätte erhebliche Gemeinwohlverluste zur Konsequenz. (2) Verhältnismäßigkeit der sozialen Wohnraumförderung Im Unterschied zur generellen Wohnraumförderung nach § 15 Abs. 1 GrStG wird in den Absätzen 2 und 3 der Adressatenkreis deutlich enger umgrenzt, wodurch die Zielgenauigkeit der Begünstigungsvorschrift erhöht wird. Um die Kriterien, nach welchen gewisse Steuerpflichtige eine solche 268  BT-Drs. 19/11085,

123.

269  Kotzur, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 20 Rn. 79; Scheffler/Hey, IFSt Schrift 530,

S. 55.

270  Dazu

bereits C.VII.3.a)bb)(1).

244

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Begünstigung verdienen, zielgenau abgrenzen zu können, bedarf es gerade auch der Anknüpfung an außersteuerrechtliche Merkmale, wie vorliegend nach den Wohnraumfördergesetzen. Insbesondere die Ausnahme von privaten Vermietern von den Steuermesszahlreduktionen, die gleichwohl Wohnraum aus – im grundsteuerlichen Massenverfahren kaum hinreichend zu verifizierenden – altruistischen Gründen überlassen, ist dabei verfassungsrechtlich unbedenklich.271 Allerdings gilt insoweit ebenfalls das bereits bei § 15 Abs. 1 GrStG beschriebene Problem, dass nur an bestimmte Grundstücks­ arten angeknüpft wird und die Wohnnutzung bei den gemischt genutzten Grundstücken von der Begünstigung ausgenommen ist. Der Steuermesszahlabschlag wird innerhalb des begünstigungswürdigen Adressatenkreises gleichmäßig in Höhe von 25 Prozent gewährt, womit eine gleiche Förderungswürdigkeit sämtlicher Adressaten unterstellt wird. Auch dies muss aber vor dem Hintergrund der Verwaltungspraktikabilität gesehen werden. Dieses Anknüpfen an außersteuerliche Förderzusagen setzt zudem das grundsteuerliche Vereinfachungskonzept konsequent um, denn hierdurch entfällt gerade die erneute „Begünstigungswürdigkeitsprüfung“ der jeweiligen Wohnnutzung, was anderenfalls weder praktikabel noch vollziehbar wäre.272 Es sind hierdurch nämlich weder Rechtmäßigkeit noch Angemessenheit der gewährten Förderung zu prüfen und auch eine detaillierte Prüfung der Förderung einzelner Wohnungen soll nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht erfolgen.273 Problematisch ist dabei allerdings, dass eine zwingend anzuwendende Begünstigung von einer außersteuerrechtlichen Entscheidung abhängig gemacht wird, die dort im Ermessen der jeweiligen Behörde steht (vgl. § 13 Abs. 4 WoFG). Sofern die für die Förderung im Haushaltsplan bereitgestellten Mittel jedoch verbraucht sind, könnte auch die Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitssatz außersteuerrechtlich keine Bindungswirkung erzeugen, sodass eine Mittelzusage abzulehnen wäre, und an die hieraus resultierende Ungleichbehandlung würde der Grundsteuergesetzgeber ohne Sachgrund seine Begünstigungsverweigerung anknüpfen.274 Hinreichend sichergestellt wird, dass selbstnutzende Eigentümer einerseits und Mieter andererseits, aufgrund der Überwälzungsmöglichkeit der Grundsteuer in den Betriebskosten, gleichermaßen von der Begünstigungsvorschrift profitieren, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen erfüllt werden.275 Auch bei § 15 Abs. 2, 3 GrStG hat der Gesetzgeber eine Aufteilung 271  Ebenso

Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 59. hat der Gesetzgeber zutreffend anerkannt, vgl. BT-Drs. 19/11085, 124. 273  Siehe dazu A 15.2 Abs. 1 AEGrStG. 274  Überzeugend gegen eine Rechtfertigung der hieraus resultierenden Ungleichbehandlungen Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 6. 275  Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 6. 272  Das



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?245

bei bloß anteiliger Förderung des Steuergegenstandes vorgesehen, die ebenfalls die Zielgenauigkeit der Regelung erhöht. Es ist dem Steuergesetzgeber grundsätzlich möglich, gerade dort (zusätzliche) steuerliche Begünstigungen zu schaffen, wo bereits eine Förderung derselben Personengruppe besteht.276 Anders wäre dies nur dann, wenn sich der Grundsteuergesetzgeber durch die steuerlichen Begünstigungen gerade in Widerspruch zu einem anderen Regelungsbereich setzen würde, was jedoch nicht der Fall ist.277 Zunächst formulierte § 15 Abs. 2 Nr. 2 GrStG – und dies galt für § 15 Abs. 4 GrStG bis zur Streichung der Sätze 2 und 3 entsprechend –, dass die Bestimmungen der Förderzusage innerhalb eines jeden Erhebungszeitraumes des Hauptveranlagungszeitraumes eingehalten werden müssten. Dies konnte durchaus dahingehend interpretiert werden, dass der Gesetzgeber anordnen wollte, dass die Bindungen für jeden Erhebungszeitraum des Hauptveran­ lagungszeitraums bestanden haben müssen.278 Dies hätte zugleich einen erheblichen Zielgenauigkeitsverlust der Begünstigungsregelung bewirkt, denn hierdurch hätte das Entfallen der Fördervoraussetzungen zur Aberkennung für den gesamten Hauptveranlagungszeitraum geführt, das erstmalige Ein­ treten erst zu einer Begünstigung im nächsten Hauptveranlagungszeitraum.279 Nunmehr hat der Gesetzgeber allerdings durch § 15 Abs. 6 GrStG, ebenfalls eingefügt durch das Jahressteuergesetz 2022, insoweit nachgebessert: Danach wird die Begünstigung der Absätze 2–5 zunächst auf Antrag für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt, wenn die Voraussetzungen im Hauptveranlagungszeitpunkt vorlagen (S. 1). Sofern die Voraussetzungen nachträglich eintreten, erfolgt eine Neuveranlagung des Steuermessbetrages auf den Beginn des Kalenderjahres, auf den die Voraussetzungen erstmalig vorliegen (S. 2). Umgekehrt führt das Entfallen der Vo­ raussetzungen grundsätzlich zu einer Neuveranlagung auf den Beginn des auf den Wegfall der Voraussetzungen folgenden Kalenderjahres, sofern keine Änderung nach § 21 GrStG zum Hauptveranlagungszeitpunkt vorzunehmen ist (S. 3). Im Übrigen hat der Gesetzgeber mittlerweile darüber hinaus bestehende verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 2, 3 GrStG, die bei der Ursprungsfassung noch bestanden haben, durch das Grundsteuerreform-Um276  Gleicher

Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 6. würde der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung abträglich sein, siehe dazu nur die sog. Kasseler Verpackungsentscheidung des BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1991/95, BVerfGE 98, 106 (118 f.). 278  Dies hat sodann auch der Gesetzgeber im Rahmen des JStG 2022 erkannt, dazu BT-Drs. 20/3879, 128 f. 279  Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 10; anders verstehend schon vor der Änderung (wohl) Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 65. 277  Dies

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

setzungsgesetz280 abgestellt: Denn § 15 Abs. 2 GrStG in Gestalt des Grundsteuerreformgesetzes erfasste ohne sachlichen Grund erstens nur Förderzusagen durch schriftlichen Verwaltungsakt, das WoFG in seinem § 13 Abs. 3 – wie regelmäßig auch die Landeswohnraumfördergesetze – zugleich die ­Förderung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag.281 Diese Gleichstellung ent­ spricht nun der ursprünglichen Gesetzesbegründung zum Grundsteuerreformgesetz, denn intendiert hatte der Gesetzgeber von Anfang an die Förderung des günstigen Wohnraums insgesamt.282 Zweitens hatte der Gesetzgeber nur die Förderung nach dem WoFG begünstigt und hierdurch ohne sachlichen Grund unberücksichtigt gelassen, dass auch Förderzusagen nach den Vorgängergesetzen weiterhin (fort-)bestehen können. Durch die Erweiterung auf das Erste und Zweite Wohnungsbaugesetz hat der Gesetzgeber aber insoweit den Kreis der Begünstigten sachgerecht erweitert.283 Die aus dieser Steuermesszahlreduktion zugunsten der förderwürdigen bebauten Wohngrundstücke resultierenden Ungleichbehandlungen zulasten der nicht begünstigten Nichtwohngrundstücke und der unbebauten Grundstücke einerseits sowie zu den übrigen nicht begünstigten Wohngrundstücken andererseits sind deshalb im Ergebnis durch die Verfolgung hinreichend zielgenauer und normklarer Gemeinwohlbelange verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, nicht jedoch eine Ungleichbehandlung, die mangels Mittelbereitstellung verursacht und in das Grundsteuerrecht fortwirken würde.284 c) Verfassungsgemäße Steuermesszahlreduktion für einzelne Gruppen von Wohnungsunternehmen (§ 15 Abs. 4 GrStG)? aa) Ungleichbehandlung Sofern die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2, 3 GrStG nicht vorliegen, kann die Steuermesszahl (nur) für die bebauten Wohngrundstücke subsidiär und auf Antrag des Steuerpflichtigen dann um 25 Prozent ermäßigt werden, wenn das Grundstück bestimmten Eigentümern als Zurechnungssubjekte zu280  Dies

3 f.

ging erneut auf eine Initiative des Bundesrates zurück, s. BR-Drs. 273/21,

281  Das hatte der Bundesrat schon im Gesetzgebungsverfahren erkannt und deshalb die Aufnahme des öffentlich-rechtlichen Vertrages gefordert, vgl. BT-Drs. 19/ 13453, 23. 282  Dazu BT-Drs. 19/11085, 123: „[…] Schaffung und Verfügbarmachung von ausreichendem Wohnraum […]“; dabei trifft der Gesetzgeber keinerlei Unterscheidung. 283  Zu diesem vorherigen Missstand schon Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 70. 284  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 6.



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?247

geordnet werden kann: Nämlich einer Wohnungsbaugesellschaft (in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft), deren Anteile mehrheitlich von einer oder mehreren Gebietskörperschaften285 gehalten werden und zwischen der Gebietskörperschaft oder den Gebietskörperschaften ein Gewinnabführungsvertrag besteht (Nr. 1), einer Wohnungsbaugesellschaft, die als gemeinnützig im Sinne des § 52 AO anerkannt ist (Nr. 2), oder einer Genossenschaft oder einem Verein, für den eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG besteht und soweit der Grundbesitz der begünstigten Tätigkeit zuzuordnen ist (Nr. 3). Letzteres erfasst die Überlassung von erworbenen oder hergestellten Wohnungen an ihre Mitglieder aufgrund eines Mietvertrages oder genossenschaftlichen Nutzungsvertrages zum Gebrauch. Erfasst sind zudem der Betrieb von erworbenen oder hergestellten Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb notwendig ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 lit. a und b KStG). bb) Rechtfertigung (1) Normklare Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange? § 15 Abs. 4 GrStG soll nach der Vorstellung des Bundesgrundsteuergesetzgebers zusätzliche „Investitionsanreize“ für gemeinwohlorientierte Wohnungsbaugesellschaften schaffen.286 Weil aber die Grundsteuer typischerweise über die Betriebskosten auf den jeweiligen Mieter überwälzt wird (vgl. zu dieser Möglichkeit § 556 BGB, § 2 Nr. 1 BetrKV), könnten diese beabsichtigten Investitionsanreize überhaupt nur dann Wirkung erzeugen, wenn durch die Absenkung der Grundsteuerbelastung die vom Gesetzgeber begünstigten Gesellschaften zugleich eine höhere Nettokaltmiete erzielen könnten und hierdurch ein Anreiz gesetzt würde, vermehrt Wohnraum zu schaffen.287 Dieses Ergebnis stünde dann aber in einem evidenten Widerspruch zu der gesetzgeberischen Auswahl des Adressatenkreises für diese Steuermesszahlbegünstigung, wonach gerade nur solche Unternehmen begünstigt werden sollen, die sich typischerweise – vor allem aufgrund der Anknüpfung an Merkmale wie die Gemeinnützigkeit – durch eine besonders gemeinwohlori285  Insbesondere

Rn. 6.

Bund, Länder oder Gemeinden, dazu Becker, HdBStR XI, § 230

286  BT-Drs. 19/11085, 124: „Mit der Grundsteuervergünstigung sollen zusätzliche Investitionsanreize zur Schaffung von Wohnraum gesetzt werden und zielgenau die Bau- und Wohnungswirtschaft in den Fällen positiv beeinflusst werden, bei denen die günstige Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum Hauptzweck ist“. 287  Diesen Widerspruch ebenfalls ausmachend Krumm/Paeßens, GrStG, §  15 GrStG Rn. 14.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

entierte Mietzinspolitik auszeichnen und damit nicht gleichzeitig Vorteile bei den Betriebskosten über eine höhere Nettokaltmiete kompensieren. In Ansehung der Nr. 1 und des damit verbundenen tatbestandlichen Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrages im Sinne des § 291 AktG gilt dies gleichermaßen, denn hierdurch müssen die Gewinne an das herrschende Unternehmen abgeführt werden, wodurch zumindest der Wohnungsbaugesellschaft selbst die Mittel für eigene Reinvestitionen entzogen werden.288 Hierauf kann es somit in Ansehung des legitimen Gemeinwohlbelanges nicht ankommen. Die Begünstigung des § 15 Abs. 4 GrStG ließe sich daher nur dann als legitim ansehen, wenn die im Adressatenkreis zum Ausdruck kommende gemeinwohlorientierte Mietzinspolitik (über die Beteiligung einer Gebietskörperschaft, die Gemeinnützigkeit oder eine Steuerbefreiung nach dem KStG) des Adressatenkreises aufgrund der weitreichenden Typisierungen der Bewertungsparameter im Ertragswertverfahren, und zuvorderst den dort zugrunde gelegten Durchschnittsmieten (§ 254 BewG, Anlage 39), nicht hinreichend Ausdruck im Grundsteuerwert der wirtschaftlichen Einheiten findet – freilich nur, sofern die tatsächliche Miete unterhalb der vom Gesetzgeber veranschlagten durchschnittlichen Nettokaltmiete liegt – und dies durch die Ermäßigung der Steuermesszahl auf Steuermessbetragsebene kompensiert werden soll.289 Allerdings hat der Gesetzgeber dieses Ziel erstens im Gesetzgebungsprozess keineswegs erkennen lassen und zweitens kommt auch in dem begünstigten Adressatenkreis (siehe bereits bei aa)) diese intendierte Begünstigungswirkung so nicht normklar zum Ausdruck. (2) Angemessenheit der Förderung bestimmter Wohnungsbauunternehmen Die Begünstigung des § 15 Abs. 4 GrStG führt ebenfalls dazu, dass alle anderen Vermieter als Steuerpflichtige, und damit letztlich aufgrund der Umlagefähigkeit der Grundsteuer deren Mieter, durch eine erhöhte Grundsteuerzahllast benachteiligt werden, die diese speziellen Anforderungen an die Förderwürdigkeit nach den Nummern 1–3 nicht erfüllen, bei denen eine gemeinwohlorientierte Mietzinspolitik gleichwohl im Grundsteuerwertermittlungsverfahren aufgrund der Typisierungen der Durchschnittsmieten nicht hinreichend abgebildet werden kann. Betroffen sind insoweit zuvorderst die privaten Vermieter.

288  Die Finanzverwaltung scheint hingegen davon auszugehen, dass dies regelmäßig nicht geschehen würde, s. A 15.3 Abs. 1 S. 2 AEGrStG. 289  So gleicher Auffassung Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 14.



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?249

Auch wenn bei § 15 Abs. 4 GrStG ein Rückgriff auf spezifische außergrundsteuerrechtliche Voraussetzungen grundsätzlich geeignet sein kann, den Adressatenkreis durch vorhandene Kriterien entsprechend zu umschreiben, um so dem Automatisierungs- und Vereinfachungsanliegen des Gesetzgebers hinreichend Rechnung zu tragen, darf der Gesetzgeber gleichwohl den typischen Fall nicht aus den Augen verlieren. Zwar wäre die Prüfung der Förderungswürdigkeit anderer Vermieter, die sich gleichfalls durch eine besonders moderate Mietzinspolitik auszeichnen, nur durch eine aufwendige Einzelfallprüfung möglich und bedürfte fortlaufend hinreichender Verifikation. Damit man diese jedoch vollständig bei der Begünstigung vernachlässigen dürfte, müsste deren Anzahl jedenfalls von untergeordneter Bedeutung sein. Die privaten Vermieter unterliegen zwar nicht in gleichem Maße öffentlichrechtlichen Bindungen wie die Adressaten in § 15 Abs. 4 GrStG und können daher jederzeit im Rahmen des gesetzlich Zulässigen ihre Miete über die durchschnittliche Nettokaltmiete pro qm anheben.290 Hiermit ist aber noch keine belastbare Aussage verbunden, dass die Kommunen tatsächlich die „günstigen Vermieter“ wären. Das Merkmal des Gewinnabführungsvertrages steht zudem in keinem Sachzusammenhang zu dem möglichen Begünstigungszweck. Auch wenn ein mit der Erfassung dieser Vermieter korrespondierender Verifikationsaufwand im grundsteuerlichen Massenfallrecht wohl nicht zu leisten wäre, so kann dies den Gesetzgeber nicht entlasten: Denn er ist verfassungsrechtlich keinesfalls gezwungen, einen zusätzlichen Begünstigungstatbestand für die übrigen Adressaten des § 15 Abs. 4 GrStG zu schaffen. Entlastend wirkt es jedoch, dass § 15 Abs. 4 GrStG im gesetzgeberischen Gesamtbegünstigungskonzept nur eine im Verhältnis zu Abs. 2 und 3 subsidiäre Geltung zukommt. Auch im Grundsteuermessbetragsverfahren müssen aber sowohl die Voraussetzungen des § 5 Nr. 10 KStG als auch der materiellen Gemeinnützigkeit geprüft werden.291 Dabei erfasst Nr. 3 nunmehr – und insoweit zielgenauer als die Ursprungsfassung, die ausschließlich steuerbefreite Körperschaften erfasste – gerade solche Genossenschaften und Vereine, die nicht ausschließlich steuerbefreite Tätigkeiten im Sinne des § 5 Nr. 10 KStG ausüben. Die Steuermesszahl wird dann konsequenterweise nur insoweit ermäßigt, als der Grundbesitz der steuerbefreiten Tätigkeit zuzuordnen ist.292 Darüber hinaus wurde durch die Streichung der alten Sätze 2 und 3 im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022, die noch die Formulierung des Vorliegens der Voraussetzungen in jedem Erhebungszeitraum des Hauptveranlagungszeitraums enthielten, gestrichen und durch § 15 Abs. 6 GrStG ersetzt, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 59. GrStG, § 15 GrStG Rn. 18, 20. 292  BT-Drs. 20/3879, 128 f. 290  Bock,

291  Krumm/Paeßens,

250

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

der hier – wie schon bei § 15 Abs. 2 und 3 GrStG – die Zielgenauigkeit der Begünstigungswirkung erhöht. Die Mängel der hinreichend normklaren Abbildung des Begünstigungszweckes setzen sich daher auch auf der Angemessenheitsebene, aufgrund der sehr pauschalen Begünstigungsregelung, fort. § 15 Abs. 4 GrStG ist deshalb nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt.293 d) Die Abschläge auf die Steuermesszahl aus Denkmalschutzgründen (§ 15 Abs. 5  GrStG) aa) Ungleichbehandlung Für alle bebauten Grundstücke im Sinne der §§ 248, 249 Abs. 1 BewG, somit Wohn- und Nichtwohngrundstücke, wird durch § 15 Abs. 5 GrStG die Steuermesszahl um 10 Prozent reduziert, wenn sich auf dem Grundstück Gebäude befinden, die Baudenkmäler im Sinne des jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetzes sind (S. 1).294 Stehen auf einem bebauten Grundstück nur ein Teil der Gebäude oder nur Teile eines Gebäudes im Sinne des jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetzes, so ist die Ermäßigung der Steuermesszahl entsprechend anteilig zu gewähren (S. 2). bb) Rechtfertigung (1) Denkmalschutz als legitimer normklarer Gemeinwohlbelang Mit der Qualifizierung eines Gebäudes als Baudenkmal gehen typischerweise von Privatpersonen getragene erhöhte Unterhaltungsaufwendungen einerseits sowie teilweise Einschränkungen in den Nutzungsmöglichkeiten andererseits einher.295 Erhöhte Unterhaltungsaufwendungen, die zugleich den Verkehrswert des Grundstücks verringern, können sich in einem objektivierten Bewertungsverfahren jedoch denklogisch nicht auswirken, weshalb der Gesetzgeber allen Steuerpflichtigen, die diese Voraussetzungen erfüllen, einen Ausgleich in Höhe eines Abschlags von 10 Prozent auf die Steuermess-

293  Gleicher Auffassung Eichholz, DStR 2020, 1217 (1225) sowie F.  Schmidt, NWB 50 (2019), 3719 (3721); a. A. Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 59 sowie (wohl) Krause, in: Stenger/Loose, GrStG, § 15 Rn. 63 (Stand: 11/2021). 294  Denkmalschutz fällt in den Kompetenzbereich der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG); dazu nur Uhle, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 70 Rn. 92 (Stand: 10/2008) m. w. N. 295  Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 102; nur in Ansehung der Kosten Krause, in Stenger/Loose, GrStG, § 15 Rn. 76 (Stand: 11/2021).



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?251

zahl gewähren darf.296 Der Gesetzgeber gibt nämlich im Rahmen des Ertragswertverfahrens die Bewirtschaftungskosten nach § 255 BewG in Verbindung mit Anlage 40 typisierend vor. Im Sachwertverfahren findet nur eine typisierte Alterswertminderung (§ 259 Abs. 4 BewG) Anwendung. Weil sich solche negativen Auswirkungen auf den Verkehrswert allerdings wohl nicht zwingend einstellen müssen und Steigerungen der Verkehrswerte keinen zusätzlichen Steuermesszahlabschlag rechtfertigen könnten, kann in solchen Fällen jedenfalls der Aspekt der damit einhergehenden Nutzungseinschränkungen herangezogen werden.297 Die Denkmalförderung ist ein legitimer Gemeinwohlbelang, denn die Erhaltung von Baudenkmälern und damit der Denkmalschutz insgesamt liegt im öffentlichen Interesse.298 Zudem wird angeführt, dass die Gemeinden letztlich (als Grundsteuergläubiger, Art. 106 Abs. 6 GG) an den Aufwendungen der Grundstückseigentümer (stark vereinfacht) in der entsprechenden Abschlagshöhe beteiligt werden: Denn ihr Grundsteueraufkommen vermindert sich insoweit.299 Sie sind jedoch auch die Profiteure dieser Gebäude innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes. (2) Angemessenheit der Denkmalschutzförderung Die mit der Beschränkung auf ausschließlich Baudenkmäler einerseits und einem gleichmäßigen Abschlag für sämtliche Baudenkmäler andererseits einhergehenden Ungleichbehandlungen lassen sich ebenso rechtfertigen: Denn hierdurch entfällt unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung das Erfordernis einer Einzelfallprüfung, wie es sich dann ergeben würde, wenn es weiterhin eine (gleitende) Messzahlreduktionsspanne geben würde, wofür gleichwohl die verschiedenartige Begünstigungswürdigkeit konkret geprüft werden müsste.300 Dies widerspräche ebenfalls dem auf Automatisierung angelegten Grundsteuerkonzept des Bundesgesetzgebers, wes296  Ebenso

Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 1. GrStG, § 15 GrStG Rn. 25; der Finanzausschuss geht davon aus, dass diese Auswirkungen auf den Verkehrswert (d. h. niedrigerer Verkehrswert durch höhere Unterhaltungsaufwendungen) nicht zwingend sind, vgl. BT-Drs. 19/ 14158, 17. 298  Siehe für Kulturdenkmäler vor allem BVerfG v. 02.03.1999, 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (242); Oebbecke, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, § 42 Rn. 13, 55 f.; vgl. dementsprechend die Ausführungen des Gesetzgebers in BT-Drs. 19/14158, 17; ebenso Krause, in: Stenger/Loose, GrStG, § 15 Rn. 76 (Stand: 11/2021); Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 103. 299  Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 25. 300  Siehe dazu noch zum alten Recht Gleichlautende Ländererlasse v. 21.10.1985, BStBl. I 1985, 648, wonach ein Abschlag zwischen 5 und 10 Prozent möglich war. 297  Krumm/Paeßens,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

halb sich die Regelung in ihrer Gestalt in das automationsfähige Gesamtkonzept des Gesetzgebers einfügt. Die Beschränkung der Begünstigung auf den Gebäudeteil nach Abs. 5 S. 2 erhöht darüber hinaus die Zielgenauigkeit der Regelung. Unbebaute Grundstücke und damit auch solche, auf denen sich unbenutzbare Gebäude befinden, werden konsequenterweise von der Förderung ausgenommen. Denn in solchen Fällen bestünde weder eine erhöhte Kostenbelastung noch ginge damit eine Nutzungseinschränkung für den Steuerpflichtigen einher. § 15 Abs. 6 GrStG stellt auch für Abs. 5 nochmals klar, dass die Voraussetzungen für den jeweiligen Erhebungszeitraum vorliegen müssen. § 15 Abs. 5 GrStG verfolgt deshalb gewichtige öffentliche Gemeinwohlbelange, die in Relation zu den daraus resultierenden Ungleichbehandlungen gleichheitsrechtlich zu rechtfertigen sind.301 4. Die Steuermesszahlreduktionen in den Landesgrundsteuergesetzen a) Die Regelungen der Landesgesetzgeber Die Landesgrundsteuergesetzgeber übernehmen teilweise die bundesrechtlichen Steuermesszahlermäßigungen, gehen mitunter aber auch darüber hi­ naus. Dabei fördern sämtliche Landesgesetzgeber ebenfalls den Denkmalschutz, wogegen es aus selbigen Gründen wie beim Bundesgrundsteuerrecht zunächst einmal verfassungsrechtlich nichts zu erinnern gibt: Baden-Württemberg orientiert sich auch der Höhe nach am Bundesgrundsteuerrecht, in den „Äquivalenzmodellen“ wird hingegen ein Abschlag von 25 Prozent gewährt, dafür jedoch nur auf die Gebäudeflächen.302 Daneben finden sich Verschonungsregelungen zur Wohnraumförderung in vergleichbarem Umfang wie bei § 15 Abs. 2–4 GrStG, wogegen es ebenfalls verfassungsrechtlich keine durchgreifenden Bedenken gibt.303 Ferner kennen die Landesgrundsteuergesetze eine generelle Wohnraumförderwürdigkeit, wie sie in § 15 Abs. 1 GrStG für sämtliche Wohngrundstücke vorgesehen ist: So wird in Baden-Württemberg (b)) die Steuermesszahl um pauschale 30 Prozent ermäßigt, wenn das Grundstück überwiegend Wohnzwecken dient. Bayern, Niedersachsen, Hamburg und Hessen gewähren ebenfalls eine pauschale Ermä301  Im Ergebnis Bock, in: Grootens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 103; gleicher Ansicht auch Krumm/Paeßens, GrStG, § 15 GrStG Rn. 25. 302  Siehe § 40 Abs. 6 BWGrStG; Art. 4 Abs. 3 BayGrStG; § 6 Abs. 3 HGrStG (dort: „Kulturdenkmäler“); § 4 Abs. 3 HmbGrStG; § 6 Abs. 3 NGrStG; in Bayern ist dieser Kultur- und Sozialstaatsauftrag z. B. zugleich in Art. 3 Abs. 1 BayVerf niedergeschrieben. 303  § 40 Abs. 5 BWGrStG mit der Besonderheit der Erstreckung auf sämtliche bebauten Grundstücke; Art. 4 Abs. 4 BayGrStG; § 4 Abs. 4 HmbGrStG; § 6 Abs. 4 HGrStG; § 6 Abs. 4 NGrStG.



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?253

ßigung der Äquivalenzbeträge der Wohnflächen von 30 Prozent, in Hamburg ist zudem ein weiterer 25-prozentiger Abschlag möglich, sofern eine „normale“ Wohnlage vorliegt (c)). Sachsen und das Saarland hingegen müssen sich nur für ihre Binnendifferenzierungen der generellen Steuermesszahlen nach § 15 Abs. 1 GrStG rechtfertigen können (d)). b) Messzahlreduktion für Grundstücke, die überwiegend dem Wohnen dienen (§ 40 Abs. 3 BWGrStG) Die grundsätzliche Steuermesszahl für alle Grundstücke in Höhe von 1,30 Promille (§ 40 Abs. 2 BWGrStG) wird pauschal um 30 Prozent ermäßigt, wenn das Grundstück überwiegend Wohnzwecken dient. Dies ist wiederum dann der Fall, wenn der Anteil der Wohnnutzung an der gesamten Wohn- und Nutzfläche den Teil der wohnfremden Nutzung übersteigt (§ 40 Abs. 3 BWGrStG). Begünstigt werden somit sämtliche „Wohngrundstücke“, bei denen der Anteil der Wohnnutzung über 50 Prozent liegt, allen anderen Grundstücken bleibt dieser Abschlag im Umkehrschluss vollständig verwehrt. Eine derart grobe Differenzierung hat zunächst einmal Auswirkungen auf die Zielgenauigkeit des Begünstigungstatbestandes, verzichtet der Landesgesetzgeber hierdurch nämlich zugleich auf eine nähere Konkretisierung des begünstigungswürdigen Adressatenkreises, beispielsweise in Ansehung besonders förderungswürdiger Wohnnutzungen. Insofern unterscheidet sich dieser Verschonungstatbestand auch vom Bundesgrundsteuerrecht und der dortigen pauschalen Wohnraumförderung des § 15 Abs. 1 GrStG, weil dort eine Abgrenzung der Wohn- und Nichtwohngrundstücke anhand der Differenzierung in §§ 249, 250 Abs. 2, 3 BewG, wie sie bereits auf Ebene der Grundsteuerwertfeststellung vorgenommen wird (im Rahmen der [Grundstücks-]Artfeststellung im Sinne des § 219 Abs. 2 Nr. 1 BewG), möglich ist. Auf eine Feststellung der Grundstücksarten bereits im Rahmen der Grundsteuerwertfeststellung kann der baden-württembergische Gesetzgeber jedoch aufgrund des Konzepts einer reinen Bodenwertsteuer nicht zurückgreifen. Motiviert ist das Begünstigungsanliegen des baden-württembergischen Gesetzgebers gerade durch die Wirkungen eines reinen Bodenwertmodells, denn die vollständige Ausblendung der Gebäudekomponente im Rahmen der Grundbesitzbewertung (vgl. § 38 BWGrStG) wird voraussichtlich in Relation zu den bisherigen Einheitswerten zu deutlichen Mehrbelastungen der „Wohngrundstücke“ führen.304 Dies hat seine Ursache vor allem in den regelmäßig deutlich höheren Bodenrichtwerten in den Bereichen des Gemeindegebietes, in denen Wohnnutzung vorzufinden ist. Die Begünstigung ist mit 30 Prozent 304  Vergleiche

die Beispielrechnungen bei Fuest et al., Grundsteuer, S. 24.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

zugleich aber deutlich erheblicher als im Bundesgrundsteuerrecht und der dortigen Absenkung um 0,03 Promille und damit von insgesamt unter 10 Prozent. Hierdurch erzeugt der Gesetzgeber eine erhebliche Durchbrechung seiner eigenen Belastungsentscheidung: Denn die aus dem Konzept einer reinen Bodenwertsteuer zwingend resultierenden Mehrbelastungen der Wohngrundstücke werden über § 40 Abs. 3 BWGrStG durch eine Steuermesszahlreduktion für sämtliche Wohngrundstücke (zumindest teilweise) wieder kompensiert. Es zeigt allerdings, dass der Gesetzgeber die zwingenden Folgen seiner Belastungsentscheidung selbst zumindest nicht uneingeschränkt gewollt hat. Dies geht gleichzeitig mit einer deutlichen Mehrbelastung der Nichtwohngrundstücke einher, wenn das Gesamtaufkommen dem vor der Grundsteuerreform entsprechen soll. Wie im Bundesgrundsteuerrecht ist eine generelle „Wohnraumbegüns­ ti­ gung“305 ein legitimer Gemeinwohlbelang. Es ist sodann (erneut) die auf Vereinfachung angelegte verfassungskonforme Belastungsentscheidung des baden-württembergischen Gesetzgebers und deren Umsetzung in einer reinen Boden-Bemessungsgrundlage, die auch für die Durchbrechungen des Gesetzgebers, analog zu den Durchbrechungen aus Vereinfachungsgründen, weitreichendere Vereinfachungen aus Begünstigungsgründen legitimieren kann. Das Anliegen der Verwaltungspraktikabilität ist für die Vergünstigungsregelungen daher hoch zu gewichten.306 Konzeptionell fehlt es durch die Ausblendung der Gebäudekomponente zudem gerade an bereits vorhandenen Abgrenzungskriterien wie in § 249 BewG für die verschiedenen Grundstücksarten, an welche der Gesetzgeber auf Messbetragsebene, wie im Bundesgrundsteuerrecht, ohne Weiteres anknüpfen könnte. Auf der anderen Seite wird der Vereinfachungseffekt des Gesamtkonzeptes durch die Begünstigung allerdings auch eingeschränkt: Denn insofern müssen Wohn- und Nutzfläche durch den Steuerpflichtigen er- und übermittelt und durch die Finanzverwaltung hinreichend verifiziert werden können.307 Dies gilt vor allem für die gemischt genutzten Grundstücke, bei denen gerade Wohn- und Nichtwohnnutzung so zusammentreffen können, dass die überwiegende Wohnnutzung im Einzelfall durchaus in Frage stehen kann. Solche gemischt genutzten Grundstücke sollen jedoch gerade einmal ca. 2,65 Prozent der wirtschaftlichen Einheiten in BadenWürttemberg ausmachen und damit eine in Ansehung der gewichtigen Ge-

305  BWLT-Drs. 16/8907,

82. diese Richtung ebenfalls Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 123. 307  Krumm/Paeßens, GrStG, § 40 BWGrStG Rn. 4. 306  In



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?255

meinwohlziele der Begünstigungsnorm vernachlässigbare Anzahl an Grundstücken.308 Damit verbundene Härten einer solchen groben Begünstigungsregelung werden abgemildert, weil in Fällen, in denen die Wohnnutzung unter der hälftigen Grenze liegt und daher nicht überwiegt, die Bodenrichtwerte regelmäßig in Relation zu Bodenrichtwerten der Grundstücke mit überwiegender Wohnnutzung typischerweise geringer sein werden. Denn solche Grundstücke liegen dann regelmäßig nicht in (reinen) Wohngebieten und bereits hierdurch wird eine teilweise Begünstigung erreicht, die die Schwere der Ungleichbehandlungen in Relation zu den Nichtbegünstigten abmildert. Die durch den Konzeptionswechsel bedingten Härten kann der Gesetz­ geber durch die Verfolgung eines legitimen Begünstigungszweckes insoweit (teilweise) ausgleichen.309 Eine Differenzierung auf Steuergegenstandsebene wäre insofern zwar die transparentere Differenzierung gewesen, allerdings lassen sich auch für eine Begünstigung als Lenkungsnorm hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange ausmachen. Eine pauschale Wohnraumförderung ist daher in Baden-Württemberg ebenfalls mit Art. 3 Abs. 1 GG zu ver­ einbaren.310 c) Weitergehende Wohnraumförderung in wertunabhängigen Flächenmodellen aa) Pauschale Wohnraumförderung in den Äquivalenzmodellen Die pauschale Förderung der Wohnnutzung, durch einen Abschlag in Höhe von 30 Prozent, ist aufgrund des gewichtigen Gemeinwohlbelangs „Wohnen“ als menschliches Grundbedürfnis einerseits sowie des besonders weitgehenden Vereinfachungsinteresses in den Flächen- und Flächen-Lage-Modellen andererseits, wie im BWGrStG auch, gleichheitsrechtlich zu rechtfertigen, insbesondere aufgrund der Beschränkung auf die Äquivalenzzahl der Wohngebäudeflächen.311 Allerdings sind schon auf der Bewertungsebene in den Flächenmodellen nicht unerhebliche Vereinfachungsregelungen vorhanden, die dort Einfluss auf den Äquivalenzbetrag nehmen, wie beispielsweise, dass Garagen und 308  Für

diese Anzahl jedenfalls Löhr, FuB 2020, 171 (178). GrStG, Einl. Rn. 123. 310  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 123; a. A. Marx, DStZ 2020, 758 (761); Bräutigam, DStR 2021, 1330 (1333). 311  § 4 Abs. 1 S. 2 HmbGrStG; Art. 4 Abs. 1 S. 2 BayGrStG; § 6 Abs. 1 S. 2 NGrStG; § 6 Abs. 2 HGrStG. 309  Krumm/Paeßens,

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Nebengebäude von untergeordneter Bedeutung unter gewissen Voraussetzungen unberücksichtigt bleiben, hierdurch der Äquivalenzbetrag für Wohn- oder Nutzflächen bereits verringert wird.312 bb) Förderung „normaler Wohnlagen“ im HmbGrStG § 4 Abs. 2 HmbGrStG ermöglicht in Hamburg weiterhin einen 25-ProzentAbschlag auf die Steuermesszahl der Wohnflächen, wenn eine „normale“ Wohnlage vorliegt.313 Das Gegenstück hierzu ist die „gute“ Wohnlage. Nach § 4 Abs. 2 S. 2 HmbGrStG wird der Senat durch Rechtsverordnung diese Unterscheidung vornehmen. Ausgangspunkt sei das Hamburger Wohnlageverzeichnis, wodurch insgesamt neun Kriterien mit jeweils unterschiedlichem Gewicht für die Einstufung von Bedeutung sein sollen.314 Sofern darüber hinaus keine Wohnlage angegeben ist, wird eine normale Wohnlage vermutet (S. 4). Ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers ist es, hierdurch bezahlbaren Wohnraum zu fördern und zugleich derartige Wohnlagen attraktiver werden zu lassen.315 Dieser Stadtentwicklungsaspekt ist durchaus legitim und im HmbGrStG normklar ausgedrückt. Auch wenn der Gesetzgeber die Mehrbelastung guter Wohnlagen in Relation zu normalen Wohnlagen darüber hinaus darauf stützt, dass die dortigen Einwohner in größerem Maße von Infrastrukturleistungen profitieren würden, ist dies keine folgerichtige Umsetzung der Belastungsentscheidung, sondern gesondert rechtfertigungsbedürftig, denn der hamburgische Gesetzgeber hat sich insgesamt für eine Kosten- anstelle einer Nutzenäquivalenz entschieden.316 Insofern führt der Verweis auf einen höheren Nutzen solcher Einwohner in guten Wohnlagen nicht zu einer folgerichtigen Umsetzung der kostenäquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung, die von einer gesonderten Rechtfertigung entbunden wäre. Dies muss sich vielmehr anhand der 312  Art. 2 Abs. 2–4 BayGrStG; §§ 2 Abs. 2–4 HmbGrStG; 2 Abs. 2, 5 HGrStG; 3 Abs. 2–4 NGrStG; zweifelnd an der Verfassungsmäßigkeit deshalb Sklareck, in: Stenger/Loose, HmbGrStG, Rn. 44 (Stand: 03/2022). 313  In Bayern (Art. 4 Abs. 2 BayGrStG) und Niedersachsen (§ 6 Abs. 2 NGrStG) gibt es ferner einen 25-Prozent-Abschlag für Wohnflächen in engem räumlichem Zusammenhang zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, der aufgrund der Beschränkung auf das Grundvermögen hier ausgeblendet werden soll. 314  HmbBü-Drs. 22/3583, 9, 15; siehe zu den Kriterien und deren Gewichtung für die Einteilung das Wohnlageverzeichnis für das Jahr 2021, S. 5 ff. (abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/16031654/74f8aa09c8d72fc80044e7bd18978 89c/data/d-wohnlagenverzeichnis-methodenbericht-2021.pdf; zuletzt abgerufen am: 15.04.2023). 315  HmbBü-Drs. 22/3583, 9. 316  HmbBü-Drs. 22/3583, 9; a. A. (wohl) Sklareck, in: Stenger/Loose, HmbGrStG Rn. 171 (Stand: 03/2022).



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?257

Anforderungen an die Rechtfertigung von Lenkungstatbeständen auf Ausgestaltungsebene beurteilen lassen. Somit führt die mangelnde Folgerichtigkeit der Umsetzung der Belastungsentscheidung nicht zur Verfassungswidrigkeit, wenn die Regelung als Begünstigungsvorschrift zu rechtfertigen ist. Zwar darf ein untauglicher Fiskalzweck nicht in einen Lenkungszweck umgedeutet werden, weil Lenkung immer eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung voraussetzt. Hier hat der Gesetzgeber allerdings zumindest auch einen legitimen Lenkungszweck angeführt. An der Angemessenheit dieser Lenkungsnorm bestehen gleichwohl nicht unerhebliche Zweifel: Denn einerseits führt die Begünstigung zu erheblichen Belastungsunterschieden, wenn hiermit ein Abschlag in Höhe von 25 Prozent verbunden ist. Zugleich mangelt es der Regelung an gesetzgeberisch for­ mulierter Zielgenauigkeit, wenn dieser keinerlei Kriterien für die Unter­ scheidung zwischen den verschiedenen Wohnlagen vorgibt. Dies wiegt umso schwerer, als durch die Regelung immerhin ein Abschlag für ca. 73 Prozent aller Wohnflächen vorgenommen wird, jedenfalls wenn man das Verhältnis des Jahres 2021 zugrunde legt.317 Auch die Vermutungswirkung des Grundsteuergesetzgebers deutet an, dass dieser für den Regelfall von einer „normalen“ Lage ausgeht. Andererseits ist aber auch das Vereinfachungsanliegen in den Äquivalenzmodellen höher zu gewichten. Von dieser Belastungsreduzierung profitieren gerade Mieter und Eigentümer in den jeweiligen Gebieten unmittelbar. Die Begünstigungsregelung des § 4 Abs. 2 HmbGrStG, um gewisse Wohngebiete attraktiver zu gestalten, setzt sich aufgrund der umfangreichen Begünstigung des überwiegenden Landesgebietes nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken aus. Damit geht zudem ein verfassungsrechtliches Problem in Gestalt der Zuweisung der Einstufungskompetenz betreffend die konkrete („gute“ oder „normale“) Wohnlage an den Senat einher.318 cc) Substanzielle Ausnahmen vom sachgerechten Verteilungsprinzip durch Kumulation der Begünstigungsvorschriften? Auch wenn verschiedene Begünstigungsregelungen isoliert betrachtet gleichheitsrechtlich gerechtfertigt werden können sollten, so kann die Kumulation mehrerer Begünstigungsvorschriften auf Bundes- und Länderebene als Ausnahmetatbestand gleichwohl dazu führen, dass die zu erreichende Gleich317  Siehe das Wohnlageverzeichnis für das Jahr 2021, S. 11 (abrufbar unter: ­https:// www.hamburg.de/contentblob/16031654/74f8aa09c8d72fc80044e7bd1897889c/ data/d-wohnlagenverzeichnis-methodenbericht-2021.pdf; zuletzt abgerufen am: 15.04. 2023). 318  Eingehend dazu nur Krumm/Paeßens, GrStG, § 4 HmbGrStG Rn. 7 f.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

heit im Belastungserfolg anhand des gesetzgeberischen (fiskalisch ausge­ richteten) Lastenverteilungsprinzips ins Gegenteil verkehrt wird und hierdurch die Grenze der Verhältnismäßigkeit der Begünstigungen überschritten wird.319 Das Bundesgrundsteuerrecht in § 15 GrStG sowie das hessische Grundsteuergesetz ermöglichen eine Absenkung um bis zu insgesamt 35 Prozent, begründet durch die bloß subsidiäre Anwendung des § 15 Abs. 4 GrStG auf Bundesebene.320 Somit ist der Begünstigungsrahmen in diesen beiden Grundsteuergesetzen geringer als in den übrigen Landesgrundsteuergesetzen. Baden-Württemberg ermöglicht durch § 40 Abs. 7 BWGrStG eine Ermäßigung um bis zu 55 Prozent.321 Auch Niedersachsen erlaubt in § 6 NGrStG eine Absenkung bis auf 39,375 Prozent der Ausgangsmesszahl und damit eine Reduzierung um knapp 60 Prozent.322 Dies deckt sich mit den Ermäßigungen nach Art. 4 BayGrStG.323 Am problematischsten ist dies aber in Hamburg, denn nach § 4 Abs. 2 HmbGrStG ist ein weiterer 25-Prozent-­ Abschlag auf die Steuermesszahl der Wohnflächen möglich, wenn eine „­normale“ Wohnlage vorliegt.324 Hierdurch ist eine Reduzierung auf unter 30 Prozent des ursprünglichen Ausgangsbetrages möglich. Einerseits ließe sich für eine (gerade noch) gleichheitsrechtliche Zulässigkeit der Tatbestände in ihrer Kumulation anführen, dass diese Begünstigungsregelungen – neben dem Denkmalschutz als eigenständigem Förderungszweck – dem Wohnen als elementarem menschlichen Grundbedürfnis und daher zugleich sozialstaatlich fundierten Interessen dienen und deshalb besonders gewichtig sind. Andererseits sind die Anforderungen an den hinreichenden Gemeinwohlbelang und damit Differenzierungsgrund aufgrund der grundsteuerspezifischen Besonderheiten nicht sehr hoch. Insbesondere die weitergehende Möglichkeit von Abweichungen von der Belastungsgrund­ entscheidung in den auf weitgehende Vereinfachung angelegten „Äquivalenzmodellen“ streitet für die Angemessenheit der Messzahlbegünstigungen auch in ihrem Zusammenwirken. Die Gesetzgeber setzen sich hierdurch allerdings nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Risiken aus. 319  Gleicher

Ansicht Englisch, FS Lang, 167 (208 f.). in: Stenger/Loose, GrStG, § 15 Rn. 86 (Stand: 11/2021); Krumm/­ Paeßens, GrStG, § 7 HGrStG Rn. 9. 321  Krumm/Paeßens, GrStG, § 40 BWGrStG Rn. 9. 322  Krumm/Paeßens, GrStG, § 6 NGrStG Rn. 25. 323  BYLT-Drs. 18/15755, 20. 324  In Bayern (Art. 4 Abs. 2 BayGrStG) und Niedersachsen (§ 6 Abs. 2 NGrStG) gibt es ferner einen 25-Prozent-Abschlag Wohnflächen in engem räumlichem Zusammenhang zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, der aufgrund der Beschränkung auf das Grundvermögen hier ausgeblendet werden soll. 320  Krause,



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?259

d) Grundsteuermesszahlgesetze Sachsens und des Saarlandes gleichheitsrechtlich unbedenklich aa) Pauschale Messzahlreduktion aus Gründen der Wohnraumförderung in Sachsen und im Saarland Indem der saarländische Landesgesetzgeber die Grundsteuermesszahl für bebaute „Wohngrundstücke“ auf 0,34 Promille – gegenüber 0,64 Promille bei unbebauten Grundstücken und den „Nichtwohngrundstücken“ – reduziert hat, hat er sich für eine Privilegierung der „Wohngrundstücke“ entschieden, für die er sich, wie auch der Bundes- und die übrigen Landesgesetzgeber, gleichheitsrechtlich rechtfertigen können muss. Hierdurch sinkt, weil die Gemeinden im Saar-GrStG diese Differenzierung aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Hebesätze (§ 25 Abs. 4 GrStG) nicht mehr rückgängig machen können, der Grundsteuerwert in Relation zu den sog. Nichtwohngrundstücken in etwa um die Hälfte, wenn man „den“ Verkehrswert als Bewertungsziel des Gesetzgebers heranzieht und unterstellt, dass in sämtlichen Bewertungsverfahren ein verkehrswertorientierter Grundsteuerwert durch die bundesgesetzlichen Bewertungsverfahren tatsächlich ermittelt werden kann. Durch diese Modifikation der Steuermesszahlen für den Bereich der Grundstücke sollen die aufgrund der Grundsteuerreform zu befürchtenden erhöhten Grundsteuerbelastungen im Wohnbereich abgemildert, mithin das Wohnen gefördert werden, was als legitimer Zweck sowohl im Grundgesetz (Art. 1, 20 GG), als auch in den Artikeln 1, 60 der Saarländischen Verfassung (SVerf) Ausdruck findet und deshalb (erneut) ein nicht zu beanstandender legitimer Gemeinwohlbelang ist.325 Wie im Bundesmodell (§ 15 Abs. 1 GrStG) als auch in Baden-Württemberg (§ 40 Abs. 3 BWGrStG) ist diese generelle Messzahldifferenzierung zugunsten der Wohnraumförderung aus den dort genannten Gründen gleichheitsrechtlich zu recht­ fertigen. Dies gilt gleichermaßen für den sächsischen Landesgesetzgeber betreffend die Differenzierung im SächsGrStMG zwischen den „Nichtwohn-“ (0,72 Promille) und den „Wohngrundstücken“ (0,36 Promille) aus dem Grund der Wohnraumförderung, was ein legitimer Gemeinwohlbelang ist, der in Sachsen zudem in Art. 7 SächsVerf zum Ausdruck kommt, den der sächsische Gesetzgeber in verfassungskonformer Weise durch eine Messzahlreduktion

325  Ausdrücklich zu diesem Ziel SaarLT-Drs. 16/1653, 1, 6; gleicher Auffassung Krumm/Paeßens, GrStG, § 1 Saar-GrStG Rn. 4; Krause, in: Stenger/Loose, SaarGrStG Rn. 30, 33 f. (Stand: 05/2022); Wredenhagen, in: Grootens, GrStG, SaarGrStG, Vorwort Rn. 46.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

fördern kann.326 In beiden „Messzahlgesetzen“ ist die Begünstigungswirkung aufgrund der Halbierung der Steuermesszahl allerdings wesentlich erheblicher. bb) (Ausschließlich) Sächsische Messzahlbegünstigung unbebauter Grundstücke (1) G  leichheitsrechtlicher Prüfungsmaßstab: Zuordnung zur Ausgestaltungsebene anstelle abweichender Belastungsentscheidung Der wesentliche Unterschied zwischen den Steuermesszahlgesetzen Sachsens und des Saarlandes liegt darin, dass in Sachsen über die Begünstigung der bebauten „Wohngrundstücke“ aus Gründen der Wohnraumförderung hi­ naus eine zusätzliche Messzahlreduktion zugunsten der unbebauten Grund­ stücke vorgesehen ist, für die ebenfalls eine gesonderte Rechtfertigung erforderlich ist. Insofern stellt sich für das sächsische Grundsteuermesszahlgesetz gleichsam die Frage der damit verbundenen Prüfungsebene, mithin, ob die Messzahlbegünstigungen der Steuergegenstands- oder Ausgestaltungsebene zuzuordnen sind. Dies ist für das SächsGrStMG deshalb nochmals von eigenständiger Relevanz, weil damit ein Aspekt einhergeht, der für die Steuermesszahlgesetze im Rahmen dieser Arbeit noch nicht vertieft wurde: Deren (eigenständige) Belastungsgrundentscheidung. Betrachtet man nämlich die gesetzgeberischen Gründe für die Messzahldifferenzierung zugunsten der unbebauten Grundstücke, so könnte erneut die Frage aufgeworfen werden, ob das SächsGrStMG nicht insgesamt auf einer eigenen abweichenden Belastungsentscheidung beruht, sich somit trotz Anknüpfung an das Bundesgrundsteuerrecht im Übrigen für die Steuermesszahldifferenzierungen von dessen Belastungsentscheidung lösen will. Denn der Gesetzgeber sieht die Gründe für diese Begünstigung der unbebauten Grundstücke einerseits darin, dass von den unbebauten Grundstücken in geringerem Maße Infrastrukturleistungen in Anspruch genommen werden oder diese erforderlich machen, was einen äquivalenztheoretischen Belastungsansatz nahelegen könnte.327 Andererseits leiste das Vorhandensein unversiegelter Flächen einen Beitrag zur Steigerung der Luft- und Lebensqualität, somit soll die umweltschädi-

326  Siehe ausdrücklich in der Gesetzesbegründung, SNLT-Drs. 7/4095, 9; Krumm/ Paeßens, GrStG, § 1 SächsGrStMG Rn. 3; Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 45 (Stand: 01/2022). 327  SLT-Drs. 7/5395, 2.



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?261

gende Bodenversiegelung in Relation zu den unversiegelten Flächen mehrbelastet werden.328 Ersterer Punkt klingt somit nach einer Differenzierung, die äquivalenztheoretisch begründet wäre und damit eine fiskalisch ausgerichtete abweichende Belastungsentscheidung legitimieren könnte. Angesprochen wäre dabei vor allem die sog. Kostenäquivalenz, wenn gerade die Mehrbelastung der bebauten Nichtwohngrundstücke, aufgrund der Kosten für die durch die Gemeinde zu schaffenden Infrastrukturleistungen, abgegolten werden sollte. Gleichwohl erscheint fraglich, ob damit tatsächlich eine abweichende Belastungsgrund­ entscheidung getroffen werden sollte.329 Denn nicht nur lässt sich Vergleichbares den übrigen Gesetzgebungsmaterialien zum SächsGrStMG an keiner Stelle entnehmen. Dies wäre zwar sowohl formell als auch materiell verfassungsrechtlich möglich, denn der Landesgesetzgeber kann in Abweichung vom Bundesgrundsteuerrecht den Belastungsgrund und die Steuergegenstände seines Grundsteuermodells nach Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG abweichend ausgestalten. Allerdings wäre eine Verknüpfung eines wertabhängigen Grundsteuermodells mit der sog. Kostenäquivalenz erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt.330 Ferner spricht gegen eine solche Zuordnung zur Steuergegenstandsebene, dass sich der sächsische Gesetzgeber einer ausdrücklichen Binnendifferenzierung zwischen der Kosten- und der Nutzenäquivalenz entzieht, denn zugleich wird auf den geringeren Nutzen der Steuerpflichtigen bei unbebauten Grundstücken verwiesen. Das Äquivalenzprinzip wird vom sächsischen Gesetzgeber vielmehr als ein möglicher Sachgrund zur Rechtfertigung dieser steuerlichen Lenkungsnorm zulasten der Nichtwohngrundstücke angeführt. Für die Zuordnung zur Ausgestaltungsebene streitet weiterhin, dass die unbebauten Grundstücke nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich „zielgenau“ geringer belastet werden sollen, wodurch eine Bezugnahme auf die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts und eine damit verbundene Zuordnung zur Ausgestaltungsebene jedenfalls anklingt.331 Somit handelt es sich auch hier um eine Frage der Rechtfertigung eines Lenkungstatbestandes auf Ausgestaltungsebene.

328  SLT-Drs. 7/5395, 329  Ablehnend

2022).

2. auch Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 49 (Stand: 01/

330  Grundlegend zum Äquivalenzprinzip bereits B.IV.3.c) und zur Verknüpfung mit der Bemessungsgrundlage unter B.IV.3.f)bb). 331  SLT-Drs. 7/5395, 2.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

(2) Normklare Verfolgung legitimer Gemeinwohlbelange Die vom Gesetzgeber intendierte Förderung der Freiflächen zum Schutz der Lebens- und Luftqualität der Bevölkerung ist zunächst einmal ein legitimer Gemeinwohlzweck.332 Die Legitimität des Lenkungsziels ist für die äquivalenztheoretischen Ausführungen hingegen schwieriger zu beantworten: Die Mehrbelastung der Nichtwohngrundstücke in Relation zu den unbebauten Grundstücken, aufgrund erhöhter Verursachung von Kosten für die Infrastrukturleistungen der Gemeinde oder ein möglicher Mehrnutzen, können zwar zweifelsfrei eine fiskalische Binnendifferenzierung auf Grundlage einer äquivalenztheoretischen Belastungsentscheidung rechtfertigen. Eine Binnendifferenzierung bei der Steuermesszahl lässt sich aus Lenkungsgründen jedoch allenfalls über die typische (Mehr-)Kostenverursachung legitimieren. Denn die Belastungsdifferenzierung zwischen unbebauten Grundstücken und bebauten „Nichtwohngrundstücken“ belastet insoweit diejenigen weniger, die für die Gemeinde weniger Kosten verursachen. In Ansehung der Möglichkeit der Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur wäre dies jedoch gerade umgekehrt: Denn die Mehrbelastung bebauter „Nichtwohngrundstücke“ ist Ausdruck eines möglichen Mehrnutzens und damit eines Vorteils, den Steuerpflichtige bebauter „Nichtwohngrundstücke“ innehaben und der hierdurch abgegolten werden soll. Doch auch in Ansehung der Kosten dient die Differenzierung primär einer gerechten fiskalischen Lastenverteilung und keinen Lenkungszwecken. Angestrebt wird hingegen eine Begünstigung unbebauter Grundstücke durch Entlastung. Daher soll nachfolgend der Fokus auf dem Umweltaspekt (Begünstigung nicht umweltschädigender Freiflächen) liegen, denn das Äquivalenzprinzip legitimiert nach hier vertretener Auffassung allenfalls die fiskalische Lastenverteilung zwischen den Steuerpflichtigen.333 (3) V  erhältnismäßige Ausgestaltung: Hinreichende Zielgenauigkeit der Begünstigungsregelung? Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser sächsischen Steuermesszahldifferenzierung wird vereinzelt vorgebracht, dass es als Differenzierung des Gesetzgebers nicht ausreiche, wenn nicht auch zwischen den unbebauten Grundstücken selbst nach der Beschaffenheit des jeweiligen Grundstücks 332  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 124 sowie in diesem grundsätzlichen Punkt Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 51 f. (Stand: 01/2022). 333  Eingehend dazu bereits B.IV.3.c).



VII. Die Steuermesszahldifferenzierungen als Gleichheitsproblem?263

unterschieden werde.334 Dem ist durchaus zuzugeben, dass insoweit keine Binnendifferenzierung zwischen Flächen erfolgt, die vollständig unberührt sind, solchen die naturschonend genutzt werden und solchen, die (ganz oder teilweise) versiegelt sind. Allerdings ermöglicht dieser Verzicht eben auch, dass der Gesetzgeber nur durch die Differenzierung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken an die für die Ermittlung des Grundsteuerwertes ohnehin erforderliche Abgrenzung nach den §§ 246 und 248 BewG anknüpfen kann und somit den Verwaltungsaufwand auf dieser Stufe reduziert. Darüber hinaus wäre für alle anderen Differenzierungen eine erneute Prüfung der entsprechenden Begünstigungswürdigkeit erforderlich. Dies muss freilich unberücksichtigt lassen, dass dann vereinzelt Grundstücke erfasst werden, die entweder nur teilweise oder aber vollständig versiegelt sein können (beispielsweise, weil sich darauf nicht mehr nutzbare Gebäude befinden, Flächen für Parkplätze o. Ä.).335 Dafür muss der Gesetzgeber allerdings lebensnah unterstellen dürfen, dass unbebaute Grundstücke im Vergleich zu den bebauten Grundstücken im typischen Fall unversiegelt sind und daher die ausschließliche Anknüpfung nur an diese Grundstücksartdifferenzierung im Ausgangspunkt geeignet ist, das legitime Gemeinwohlziel der Förderung der Lebens- und Luftqualität und Freiflächenförderung zu erreichen.336 Dies ist letztlich aber eine empirische Frage, die hier nicht abschließend beantwortet werden kann. Binnendifferenzierungen, wie sie beispielsweise § 73 BewG im Recht der Einheitsbewertung für sog. baureife Grundstücke noch kannte, erfolgen zwar nicht, was sich zulasten der Zielgenauigkeit dieser Regelung auswirken muss. Die Nichterfassung ist jedoch in Ansehung der mit der Grundsteuerreform anvisierten Automatisierungsstrategie konsequent, müssten anderenfalls die verschiedenen Grundstücke betreffend ihrer konkreten Förderwürdigkeit im Einzelfall gewürdigt werden. Stattdessen knüpft der Gesetzgeber an eine ohnehin für die Ermittlung des Grundsteuerwertes zu treffende Differenzierung zwischen den Grundstücksarten an und vermeidet insofern die Notwendigkeit erneuter Feststellungen. Ein für die Begünstigung entstehender erheblicher Mehraufwand widerspräche dieser Intention und war bereits in der historischen Reformdebatte gegen die Einführung von verschiedenen Versiegelungsfaktoren bei der Grundsteuer angeführt worden. Durch die hiesige gesetzgeberische Lösung auf Steuermesszahlebene wird diese Idee wieder aufgegriffen, gleichzeitig aber unter Berücksichtigung legitimer Vereinfa334  So Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 56 (Stand: 01/2022); in diese Richtung zudem Wredenhagen, in: Grootens, SächsGrStMG, Vorwort Rn. 11. 335  Mit weiteren Beispielen Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 54 (Stand: 01/2022). 336  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, Einl. Rn. 124.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

chungsaspekte umgesetzt.337 Unberührt bleibt in diesen Fällen zudem noch die Möglichkeit eines darüber hinausgehenden Erlasses für öffentliche Grünanlagen nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 GrStG, sofern die jährlichen Kosten in der Regel den Rohertrag übersteigen. Der Gesetzgeber setzt sich hierdurch nicht in Widerspruch zum Instrument der sog. Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG), die mangels abweichender Regelung in Sachsen wie auf Bundesebene gilt und gerade die unbebauten baureifen Grundstücke über einen Sonderhebesatz auf der nächsten Verfahrensstufe wieder mehrbelasten will. Denn die Begünstigung unbebauter Grundstücke gilt zunächst einmal für sämtliche im Freistaat Sachsen belegene unbebaute Grundstücke. Mit dem Sonderhebesatz nach § 25 Abs. 5 GrStG hingegen können die Gemeinden für bestimmte Gebiete, betreffend die dortigen unbebauten baureifen Grundstücke, über einen Sonderhebesatz auf einer anderen Verfahrensstufe lenkend eingreifen, wo sodann Wohnraumknappheit herrscht.338 Dies schließt sich nicht aus, sondern ergänzt sich vielmehr gegenseitig. 5. Resümee: Steuermesszahlreduktionen auf Bundes- und Länderebene sind mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar Die aus den Verschonungsregelungen resultierenden Ungleichbehandlungen in § 15 GrStG des Bundesgrundsteuerrechts sowie den Regelungen in den Landesgrundsteuergesetzen sind mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich weitestgehend zu rechtfertigen, da sie mit der Wohnraumförderung und dem Denkmalschutz gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgen, hinreichend zielgenau ausgestaltet sind und das Maß der Vergünstigung in Relation zum Vergünstigungszweck angemessen ausgestaltet worden ist. Bedenken ergeben sich einerseits im Hinblick auf die Nichtbegünstigung der gemischt genutzten Grundstücke, andererseits durch die Übernahme gleichheitsrechtlicher Mängel, die sich bereits auf der Förderungsebene ergeben können. Die Regelung des § 15 Abs. 4 GrStG ist dabei allerdings den größten gleichheitsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil sie das Förderziel nicht hinreichend klar zum Ausdruck bringt und in Ansehung der Zielgenauigkeit dieses allenfalls sehr grob umsetzen kann. In den Landesgrundsteuermodellen gleichheitsrechtlich nicht unproblematisch sind zudem die mög­ lichen Kumulationswirkungen der verschiedenen Begünstigungstatbestände zur Wohnraumförderung sowie der 25-Prozent-Abschlag für „normale“ Wohnlagen in Hamburg. 337  Siehe zur Diskussion um die Einbeziehung von Versiegelungsfaktoren Bizer/ Lang, Bodenflächen, S. 48 f.; dazu Rodi, ZUR Sonderheft 2002, 164 (165); mit Überblick über die verschiedenen Steuerklassen Lemmer, Grundsteuer, S. 120. 338  A. A. Desens, in: Stenger/Loose, SächsGrStMG Rn. 57 (Stand: 01/2022).



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)265

VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG) 1. Die Wiederbelebung der sog. Grundsteuer C auf Bundes- und Länderebene Die insbesondere in Großstädten herrschende Wohnraumknappheit hat zur Einführung eines weiteren Instruments, mit dem Ziel der Baulandmobilisierung im Bereich des Grundsteuerrechts, geführt: Im Rahmen der Grundsteuerreform durch ein separates Gesetz339 geschaffen wurde die sog. Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG), womit ausschließlich den Gemeinden die zusätzliche Möglichkeit eingeräumt wird, im Grundsteuerfestsetzungsverfahren (§§ 25 ff. GrStG) in Abweichung von dem sog. Grundsatz der Einheitlichkeit der Hebesätze in Bezug auf den jeweiligen Steuergegenstand (vgl. § 25 Abs. 4 GrStG), für bestimmte Gebiete innerhalb des Gemeindegebietes aus städtebaulichen Gründen einen gesonderten höheren Hebesatz für unbebaute baureife Grundstücke festzusetzen.340 Während sich die Gesetzesbegründung noch explizit ausschließlich auf den bestehenden Wohnraummangel bezog, wurde der Gesetzeswortlaut im fortschreitenden Gesetzgebungsverfahren auf „städtebauliche Gründe“ insgesamt ausgedehnt und der Anwendungsbereich der Norm damit erheblich erweitert.341 Mit § 25 Abs. 5 GrStG sollen durch steuerliche Mehrbelastung gerade die jeweiligen Eigentümer unbebauter baureifer Grundstücke dazu angehalten werden, eine aus gesetzgeberischer Sicht in diesen Gebieten erwünschte Bebauung vorzunehmen.342 Die Wiederbelebung dieses, bereits mit der Baulandsteuer 1960 einmal Realität gewordenen, Instituts zur Ordnung des Baubodenmarktes hat seine Gründe zugleich in dem verkehrswertorientierten Grundsteuermodell des Bundesgesetzgebers: Denn durch die Einbeziehung einer Gebäudekomponente in die Ermittlung des Grundsteuerwertes bei den bebauten Grund­ stücken ist der Grundsteueranteil, der auf Grund und Boden entfällt, in Rela339  Separat eingefügt durch das Gesetz zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken v. 30.11.2019 (BGBl. I 2019, 1875); dazu BT-Drs. 19/11086; erstmalig findet dieser auf den Hauptveranlagungszeitraum 01.01.2025 Anwendung, vgl. § 37 Abs. 3 GrStG. 340  Eine Ausnahme gilt nur für die Stadtstaaten Berlin und Hamburg, in denen die Grundsteuer durch die Finanzbehörden festgesetzt wird; in Bremen gilt das nur für die Stadtgemeinde Bremen, nicht für Bremerhaven (vgl. § 2 BremAbG). 341  BT-Drs. 19/11086, 1: zur deutlichen Erweiterung des Anwendungsbereiches im Gesetzgebungsverfahren auch Eisele/Wiegand, Grundsteuerreform 2022/2025, S. 92. 342  BT-Drs. 19/11086, 1.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

tion zum Gebäudeteil und damit letztlich zur Gesamtbelastung, relativ gering.343 Deshalb bestehen – anders als beispielsweise bei einer Bodenwertsteuer, bei welcher der Grundsteuerwert unbebauter und bebauter Grundstücke zunächst identisch wäre – zumindest nicht bereits konzeptionelle Anreizwirkungen, unbebaute Grundstücke zu bebauen. Nichtsdestotrotz hat Baden-Württemberg, nachdem man sich ursprünglich aus diesen Gründen gegen eine Einführung dieses Instrumentes entschieden hatte, mit dem ÄndGLGrStG und der damit verbundenen Neuschaffung des § 50 a BWGrStG344 eine solche Möglichkeit auch im reinen Bodenwert­ modell verankert. Während Bayern sich (bisher) gegen eine Grundsteuer C entschieden hat, übernehmen Niedersachsen und Hamburg die bundesgesetz­ liche Regelung. Hessen nimmt in § 13 HGrStG zudem die weitreichendsten Modifikationen der bundesgesetzlichen Regelung vor. 2. Durch § 25 Abs. 5 GrStG erzeugte Ungleichbehandlungen Gleichheitsrechtlich relevante Ungleichbehandlungen können bei § 25 Abs. 5 GrStG nicht schon aus verschiedenen Hebesätzen zwischen den Gemeinden und einer damit bestehenden ungleichartigen Grundsteuergesamtbelastung resultieren, sondern es kann immer nur auf die Belastungsdifferenzen zwischen den Steuerpflichtigen innerhalb des jeweiligen Gemeindegebiets ankommen.345 Denn Art. 3 Abs. 1 GG richtet sich aufgrund der umfassenden Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt gemäß Art.  1 Abs. 3 GG zwar ebenso an die Gemeinden als Teil der mittelbaren Landesverwaltung.346 Der jeweilige Hoheitsträger wird jedoch immer nur in seinem Kompetenzbereich gebunden, die Gemeinden somit nur in ihrem jeweiligen Gemeindegebiet.347 Hinzu kommt, dass die den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2, 106 Abs. 6 GG zugestandene Finanzhoheit denklogisch zu

343  Mit Beispielrechnung zur alten Einheitsbewertung Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 14, 19; bei einem Bodenwertmodell wären derartige Probleme obsolet geworden, vgl. Löhr, BB 2019, 1431 (1436); deshalb wurde auf eine Grundsteuer C im Rahmen der „modifizierten Bodenwertsteuer“ des Landes Baden-Württemberg zunächst verzichtet, siehe aber nunmehr § 50  a ­BWGrStG, dazu C.VIII.5. 344  BWGVBl. 2021, 1029; dazu BWLT-Drs. 17/1076, 21. 345  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 26. 346  Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1 Rn. 227; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1 Rn. 87. 347  St. Rspr., BVerfG v. 21.12.1966, 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54 (68  f.); v. 23.11.1988, 2 BvR 1619/83, BVerfGE 79, 127 (158); v. 07.11.2002, 2 BvR 1053/98, BVerfGE 106, 225 (241) m. w. N.



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)267

einer unterschiedlichen Hebesatzgestaltung zwischen ihnen führen kann und wird.348 Weil die kommunalen Sonderhebesätze bisher noch unbekannt sind und immer nur im Einzelfall gewürdigt werden können, bleiben für eine grundsätzliche gleichheitsrechtliche Analyse nur die in § 25 Abs. 5 GrStG selbst konzeptionell angelegten Ungleichbehandlungen: Einerseits zwischen den Grundstückseigentümern unbebauter baureifer Grundstücke innerhalb und außerhalb des in der jeweiligen Gemeinde festzulegenden erhöhten Hebe­ satzgebietes sowie andererseits die Gleichbehandlung bauwilliger und nicht bauwilliger Grundstückseigentümer (vgl. § 25 Abs. 5 S. 4 GrStG) innerhalb des erhöhten Hebesatzgebietes, und zwar während der gesamten Bauphase. Denn die Grundstückseigentümer unbebauter baureifer Grundstücke innerhalb des gemeindlich festgelegten Gebiets mit erhöhtem Hebesatz haben hierdurch in Relation zu den übrigen Grundstückseigentümern unbebauter baureifer Grundstücke im übrigen Gemeindegebiet eine insgesamt höhere Grundsteuerzahllast zu tragen. Die mit § 25 Abs. 5 GrStG anvisierte Mehrbelastung von „Grundstücksspekulanten“ führt aber immer dann zugleich zu einer Gleichbehandlung mit den übrigen Grundstückseigentümern unbebauter baureifer Grundstücke innerhalb des erhöhten Hebesatzgebietes, die dieses Grundstück nicht zu derartigen „Spekulationszwecken“ nutzen wollen, sondern der gewünschten Bebauung zuführen, jedoch durch die typisierenden Voraussetzungen, wie beispielsweise die Definition des unbebauten Grundstücks und der Baureife, sowohl bis zur Bauphase als auch während dieser Zeit in gleicher erhöhter Weise belastet werden. 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der „Grundsteuer C“ a) Zuordnung des § 25 Abs. 5 GrStG sowie landesgesetzlicher Regelungen zur Ausgestaltungsebene Für § 25 Abs. 5 GrStG stellt sich zunächst die Frage der Zuordnung zur Steuergegenstands- oder aber konkreten Ausgestaltungsebene, wie schon im Rahmen des § 15 GrStG und den entsprechenden landesrechtlichen Steuermesszahlreduktionen349, um damit gleichzeitig den gleichheitsrechtlichen Prüfungsmaßstab festzulegen. Als der Bundesfinanzhof sich im Jahr 1968 mit der sog. Baulandsteuer 1960 befassen musste, hatte er dort nur einen Verstoß gegen das Willkürverbot geprüft.350 Daraus kann jedoch weder ge348  Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 26; Grootens, in: Grootens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 51. 349  Eingehend bereits im Rahmen des § 15 GrStG unter C.VII.2. 350  BFH v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II 1968, 620 (625).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

schlossen werden, dass bei den damaligen Vorgängernormen der Gesetzgeber eine Zuordnungsentscheidung zugunsten der Steuergegenstandsebene hätte treffen wollen, die der heutige Grundsteuerreformgesetzgeber als eine Vorlage für § 25 Abs. 5 GrStG hätte übernehmen können, noch, dass die Rechtfertigungsanforderungen auf Ausgestaltungsebene sich ausschließlich am Willkürverbot messen lassen müssten. Denn die „neue Formel“ des Bundesverfassungsgerichts als Prüfungsmaßstab des Gleichheitssatzes war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht „erfunden“ worden.351 Erneut ist es vielmehr die bewusste Entscheidung des Bundesgrundsteuergesetzgebers, die für eine Einordnung auf Ausgestaltungsebene streitet, denn dieser formuliert insoweit in der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 GrStG: „Dadurch ist die gesonderte Grundsteuerbelastung gebietsmäßig beschränkt, auf den angestrebten Lenkungszweck zielgenau ausgerichtet [Hervorhebung des Verf.] und stärkt zugleich die kommunale Finanzausstat­ tung“.352 Damit bringt er eindeutig zum Ausdruck, dass das Grundsteuergesetz mit einer zusätzlichen grundsteuerlichen Lenkungsnorm versehen werden soll. Es bedarf somit erneut eines hinreichenden sachlichen (Lenkungs-) Grundes sowie einer zielgenauen und normklaren Ausgestaltung des Lenkungstatbestandes.353 Dies gilt für die Landesgesetzgeber entsprechend: Denn im niedersächsischen Grundsteuergesetz kommt die „Grundsteuer C“ mangels abweichender Landesregelung auf bundesgesetzlicher Grundlage zur Anwendung, weshalb zugleich diese Zuordnungsentscheidung übernommen wird. Hamburg und Baden-Württemberg verzichten nur auf die Anwendung der 10-Prozent-Mindestgrenze für das Gemeindegebiet, knüpfen im Übrigen gleichwohl an die Konzeption der Bundesgrundsteuer und deren Eigenarten an und beziehen sich dabei in den Gesetzesbegründungen ebenfalls ausdrücklich auf die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung steuerlicher Lenkungsnormen auf Ausgestaltungsebene.354 Hessen modifiziert hingegen in weitergehendem Umfang im Rahmen des § 13 HGrStG, trifft nichtsdestotrotz diese Zuordnungsentscheidung gleicher­ maßen: Es wird nicht auf Begrifflichkeiten des Bundesverfassungsgerichts 351  Erstmals BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50/79, BVerfGE 55, 72 (88 f.); siehe zu den gleichheitsrechtlichen Anforderungen grundlegend B.IV.4. 352  BT-Drs. 19/11086, 5. 353  Zu den Anforderungen an die Rechtfertigung von Lenkungsnormen bereits B.IV.4.d)ee). 354  BWLT-Drs. 17/1076, 21: „[…] um die Erhebung des gesonderten Hebesatzes zielgenau vornehmen zu können.“; HmbBü-Drs. 22/3583, 16: „[…] gezielt die Bauaktivität aus Gründen sowie im Interesse der städtebaulichen Entwicklung gefördert werden“.



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)269

Bezug genommen, sondern vielmehr an die bundesrechtlichen Materialien angeknüpft.355 b) Die Wirkungsweise der grundsteuerrechtlichen Lenkungsnorm des § 25 Abs. 5 GrStG Die zwingende Anordnung eines gemeindeeinheitlichen Hebesatzes in Bezug auf den jeweiligen Steuergegenstand im Sinne des § 2 GrStG bewirkt, weil der Hebesatz nach § 25 Abs. 4 GrStG für den jeweiligen Steuergegenstand einheitlich sein muss, dass das gemeindliche Hebesatzrecht für die Verfolgung von weitergehenden Lenkungszielen grundsätzlich ungeeignet ist.356 Dies gilt allerdings nunmehr nicht mehr für die durch § 25 Abs. 5 GrStG den Gemeinden eingeräumte Möglichkeit, innerhalb eines Teils des Gemeindegebiets einen erhöhten Hebesatz festzulegen, wobei jedoch einzig eine Differenzierung zwischen unbebauten baureifen und unbebauten nicht baureifen Grundstücken vorgenommen werden kann. Das gesetzgeberisch intendierte Lenkungsziel liegt darin, durch eine (erhebliche) finanzielle Grundsteuermehrbelastung die Bebauung von Bauland zu fördern.357 Hierzu können die Gemeinden aus „städtebaulichen Gründen“ baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der un­bebauten Grundstücke bestimmen und abweichend von § 25 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 GrStG für die Grundstücksgruppe der baureifen Grundstücke einen besonderen Hebesatz festsetzen (Abs. 5 S. 1). Der Gesetzgeber verzichtet dabei auf eine eigenständige Definition des unbebauten Grundstücks im Grundsteuergesetz, sodass durch den Verweis auf die Legaldefinition des § 246 BewG ein Grundstück erst dann nicht mehr als unbebaut gilt, wenn die Bezugsfertigkeit gegeben ist. Dies bedingt sodann, dass auch während der gesamten Bauphase die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 GrStG vorliegen und damit eine erhöhte Grundsteuer zu zahlen ist, sofern das Grundstück in einem erhöhten Hebesatzgebiet liegt. Andererseits sind Grundstücke schon dann bebaut, sodass sie nicht mehr unter § 25 Abs. 5 GrStG fallen, wenn sich auf dem Grundstück benutzbare Gebäude im Sinne des § 248 BewG befinden. Ohne Belang ist deshalb beispielsweise, ob der Grundstückseigentümer das nach Baurecht zulässige Potential des Grundstücks vollständig ausgereizt hat.358 Baureif sind solche unbebauten Grundstücke, die nach Lage, Form, Größe und ihrem sonstigen tatsächlichen Zustand sowie nach öffentlich-rechtlichen 355  HLT-Drs. 20/6379, 23 f.: Anknüpfung unter Verweis auf die Gesetzgebungsmaterialien. 356  Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 1. 357  BT-Drs. 19/11086, 1. 358  Ronnecker, ZKF 2019, 193 (200).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Vorschriften sofort bebaut werden könnten (S. 2). Damit kommt es allein auf die objektive Bebaubarkeit des jeweiligen Grundstücks an, subjektive Vorstellungen der Grundstückseigentümer bleiben im grundsteuerlichen Massenverfahren unberücksichtigt.359 Eine erforderliche, aber noch nicht erteilte Baugenehmigung sowie sonstige zivilrechtliche Gründe, die einer sofortigen Bebauung entgegenstehen, werden für die Grundsteuer für unbeachtlich erklärt (S. 3). Als städtebauliche Gründe kommen insbesondere die Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten sowie Gemeindebedarfs und Folgeeinrichtungen, die Nachverdichtung bestehender Siedlungsstruk­ turen oder die Stärkung der Innenentwicklung in Betracht (S. 4). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts („insbesondere“) ist die Aufzählung der städtebau­ lichen Gründe jedoch nicht abschließender Natur.360 Sofern die städtebau­ lichen Gründe nur in einem Gemeindeteil auftreten, ist der besondere Hebe­ satz hierauf zu beschränken, dieser Teil muss jedoch mindestens 10 Prozent des gesamten Gemeindegebietes umfassen und dort müssen mehrere baureife Grundstücke belegen sein (S. 5 f.). Die jeweiligen Grundstücke sind gesondert zu bezeichnen und durch Allgemeinverfügung öffentlich bekannt zu geben, in welcher die städtebaulichen Erwägungen außerdem nachvollziehbar darzulegen und die Wahl des Gemeindegebiets, für das der erhöhte Hebesatz gelten soll, zu begründen sind (S. 7 f.). Dieser durch kommunale Satzung festzulegende Hebesatz muss für sämtliche Grundstücke in diesem Gemeindeteil einheitlich und außerdem höher als der Hebesatz für die übrigen in der Gemeinde liegenden Grundstücke sein (S. 9). Betrachtet man daher sämtliche Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 GrStG, so werden bereits drei gravierende konzeptionelle Schwachpunkte dieser Lenkungsnorm deutlich, die für die abschließende verfassungsrechtliche Würdigung von Bedeutung sein werden: (1) Erstens bewirkt die Anknüpfung an den Begriff des unbebauten Grundstücks aus § 246 BewG und dessen Abgrenzung zu § 248 BewG, dass hiernach als bebaut geltende Grundstücke auch dann nicht einbezogen werden, wenn deren Bebauung das Lenkungsziel gleichsam nicht erreicht361, (2) zweitens die Verwerfung der Beschränkung des Anwendungsbereiches auf die bloße Förderung der Schaffung von WohnGrStG, § 25 GrStG Rn. 48. war noch die Begründung des Finanzausschusses (BT-Drs. 19/ 14159, 11: „tatbestandliche Beschränkung auf städtebauliche Gründe“), weil man die Offenheit für sämtliche städtebaulichen Gründe (d. h. keine abschließende Aufzählung) zugleich als Beschränkung auf die dort genannten Gründe interpretieren könnte, der Wortlaut des § 25 Abs. 5 GrStG ist allerdings eindeutig; zu Einzelheiten des Begriffs der städtebaulichen Gründe nur Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 49 f. 361  Diskutiert wird deshalb eine Erweiterung des Anwendungsbereiches auf „Schrottimmobilien“ und „mindergenutzte Grundstücke“, dazu Löhr, BB 2019, 1431 ff. sowie bezugnehmend Ronnecker, ZKF 2019, 193 (200 f.). 359  Krumm/Paeßens, 360  Mehrdeutig



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)271

raum und damit die Ausdehnung des Lenkungsziels und drittens (3) die undifferenzierte Konkretisierung des Begriffs der Baureife, wodurch auch „bauwillige“ Grundstückseigentümer während der gesamten Bauphase vom Anwendungsbereich der Norm erfasst werden. c) Kein verfassungsrechtlicher Erkenntnisgewinn durch einen Vergleich zur Baulandsteuer der 1960er Jahre Die Idee einer sog. Grundsteuer C ist rechtshistorisch in ähnlicher Form bereits einmal Realität geworden: Durch die sog. Baulandsteuer 1960.362 Erfasst wurden hiervon ebenfalls die unbebauten baureifen Grundstücke, wobei ausschließliches Ziel – wie auch bei § 25 Abs. 5 GrStG ursprünglich angedacht – die Wohnraumförderung war.363 Es galten erhöhte Steuermessbeträge (§ 12 a GrStG 1960), die jährlich steigen sollten, und zugleich hatten die Gemeinden die Möglichkeit, zusätzlich auf den hierdurch bereits erhöhten Steuermessbetrag einen – ebenfalls in Relation zum „Regelhebesatz“ – erhöhten Hebesatz anzuwenden (§ 21 GrStG 1960).364 Ob ein Grundstück in den Anwendungsbereich der Baulandsteuer fiel, entschied – anders als bei § 25 Abs. 5 GrStG, wo diese Aufgabe ausschließlich den Gemeinden zukommt – das Finanzamt im Grundsteuermessbetragsverfahren.365 Die Gemeinden setzten sodann auf dieser Grundlage Hebesätze zwischen 200 und 1.000 Prozent fest.366 Es sollen letztlich der hohe Verwaltungsaufwand, der außer Verhältnis zu dem Mehrertrag von weniger als 50 Mio. DM stand, Abgrenzungsschwierigkeiten aufgrund des Begriffs des „baureifen Baulandes“, die fehlende Steigerung des Grundstücksangebotes und damit die Verfehlung des Lenkungsziels sowie die besondere Belastung privater Haushalte und damit nicht der damals ebenfalls anvisierten „Grundstücksspekulanten“ gewesen sein, weshalb bereits im Jahr 1964 die Baulandsteuer rückwirkend zum 01.01.1963 wieder abgeschafft wurde.367 362  §§ 12 a–c, 21 Abs. 3 GrStG a. F. wurden eingefügt durch § 172 Bundesbaugesetz (BBauG) v. 23.06.1960 (BGBl. I 1960, 341); dazu Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 12. 363  Zur Baulandsteuer auch Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 43; historisch bereits Gürsching/Stenger, Die Baulandsteuer, S. 12 ff. 364  Ronnecker, ZKF 2019, 193 (194  f.); Eisele/Wiegand, Grundsteuerreform 2022/2025, S. 89 f.; mit Verweis auf damalige konkrete Steuermesszahlen auch Krumm/ Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 43 sowie Troll/Eisele, GrStG, § 15 GrStG Rn. 4. 365  Ronnecker, ZKF 2019, 193 (194); Mannek/Sklareck, in: Stenger/Loose, GrStG, § 25 Rn. 69 (Stand: 06/2021); Eisele, StW 2019, 31 (32). 366  Schupp, JR 1964, 41 (42). 367  Mit Gesetz v. 10.06.1964 (BGBl. I 1964, 347); dazu Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 7, 11 f.

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

Allerdings ist eine abschließende Beurteilung der Gründe des Scheiterns der Baulandsteuer aufgrund des bloß kurzen Wirkungszeitraums nur schwer durchführbar und damalige Argumente sind nicht unkritisch zu übernehmen.368 Ein wesentlicher konzeptioneller Unterschied liegt zudem darin, dass nach erfolgter Bebauung unter den Voraussetzungen des § 12 a Abs. 5 GrStG 1960 die entrichtete Baulandsteuer in dem Umfang erstattet wurde, in dem sie die normalerweise – das heißt ohne erhöhten Messbetrag und Hebesatz – festzusetzende Grundsteuer für unbebaute Grundstücke überstieg.369 Damit erkannte der historische Gesetzgeber jedenfalls an, dass bereits mit der erfolgenden Bebauung das Lenkungsziel erreicht wird und nach Abschluss der Bebauung keine Gefahr der Zweckverfehlung mehr besteht, weshalb in diesem Zeitpunkt eine Erstattung der Mehrbelastung erfolgen kann. Der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 19.04.1968 die Vorschriften über die Baulandsteuer (noch) für verfassungsgemäß erklärt.370 Eine Beurteilung seitens des Bundesverfassungsgerichts erfolgte nicht mehr, weil die drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs mangels Erheblichkeit, durch die vorherige rückwirkende Aufhebung durch den Gesetzgeber zum 01.01.1963, nicht mehr zur Entscheidung angenommen wurden.371 Aus verfassungsrechtlicher Sicht wurde insbesondere eingewandt, dass die Grundsteuer aus den Sollerträgen des Grundstücks nicht mehr gedeckt werden könne, sodass in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Weise in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG eingegriffen würde und gleichheitsrechtlich gar keine Lenkungsziele verfolgt würden, sondern es sich schon gar nicht mehr um eine Steuer handele, weil aufgrund der Geringfügigkeit der Einnahmen und der Rückerstattungsmöglichkeit keine Einnahmenerzielungsabsicht bestünde.372 Der Bundesfinanzhof hielt die Baulandsteuer dagegen insbesondere deshalb für verfassungsgemäß, weil dem Steuergesetzgeber hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der steuerlichen Lenkungsregelungen gleichheitsrechtlich ein großer Gestaltungsspielraum zustehe, den dieser durch die Verfolgung von bodenpolitischen Zielen (Wohnraumschaffung aufgrund von Bodenknappheit und Bodenpreissteigerungen) als legitimes 368  Gleicher Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 43; Ronnecker, ZKF 2019, 193 f. 369  Dazu auch Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 12. 370  BFH v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II 1968, 620; die Verfassungsmäßigkeit der Baulandsteuer wurde schon damals nicht einheitlich beurteilt, vgl. wiedergebend Ronnecker, ZKF 2019, 193 (194) m. w. N. 371  BVerfG v. 17.12.1968, 1 BvR 533/68, DB 1969, 416. 372  BFH v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II 1968, 620 (621).



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)273

Gemeinwohlziel nicht verlassen habe.373 Bereits damals war anerkannt, dass die Einnahmenerzielungsabsicht Nebenzweck sein konnte, ohne dass dies bis zum Jahre 1977 im Wortlaut des damaligen Steuerbegriffs der Abgabenordnung ausgedrückt gewesen wäre.374 Eine Verletzung von Art. 14 GG schied ebenfalls aus, weil der Baulandsteuer keine konfiskatorische Wirkung zukam, denn der Bundesfinanzhof unterstellte eine Steuerbelastung von unter zwei Prozent des Verkehrswertes, die schon damals unterhalb der typischen Ertrags­fähigkeit des betroffenen Grundstückes lag.375 Zwar besteht eine gewisse Nähe des § 25 Abs. 5 GrStG zur Baulandsteuer, gleichwohl sind wesentliche Unterschiede auszumachen: § 25 Abs. 5 GrStG ordnet eine Steuerung nur noch auf der Hebesatzebene an und die Bestimmung der baureifen Grundstücke obliegt ebenfalls allein den Gemeinden. Ein weiterer Unterschied liegt ferner darin, dass eine Rückerstattungsmöglichkeit bei der „Grundsteuer C“ nicht vorgesehen ist. Die damalige verfassungsrechtliche Kritik und die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zur Verfassungsmäßigkeit haben aufgrund der Verschiedenheiten nur geringe Bedeutung für die hiesige Analyse: Einerseits erstaunt es nicht, dass der Bundes­ finanzhof nur eine Willkürprüfung vorgenommen hat, denn die sog. neue Formel war im Jahr 1968 noch gar nicht etabliert worden.376 Andererseits haben sich in den letzten knapp 60 Jahre die politischen, gesellschaftlichen und verfassungsrechtlichen Vorstellungen in so erheblichem Maße gewandelt, sodass als Erkenntnis allenfalls übrig bleiben kann, dass die „Grundsteuer C“ mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 GG erneut eingehender Auseinandersetzung bedarf.377 Darüber hinaus ist es nach hier vertretener Auffassung sogar möglich, dass der Gesetzgeber die Gemeinden konzeptionell insoweit aus dem Sollertragskonzept entlassen kann, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden.378

373  BFH

v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II 1968, 620 (625). die Einnahmenerzielung auch Nebenzweck sein kann, wurde ausdrücklich erst Gesetz mit § 3 AO i. d. F. der AO 1977, BGBl. I 1976, 613; dazu eingehend Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 3 AO Rn. 8 ff. (Stand: 04/ 2021); Müller, Ordnung des Bodenmarktes, S. 195 f. 375  BFH v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II 1968, 620 (624); dazu auch Krumm/ Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 45; a. A. schon vor der Entscheidung des BFH Köhler, Restbaulandsteuer, S. 21 ff. 376  Die unterschiedlichen Rechtfertigungsanforderungen sind erstmals erkennbar im Urteil des ersten Senats vom 07.10.1980, 1 BvL 50/79, BVerfGE 55, 72 (88 f.). 377  Noch kritischer Krumm/Paeßens, GrStG, §  25 GrStG Rn. 45; Ronnecker, ZKF 2019, 193; sowie Troll/Eisele, GrStG, § 15 GrStG Rn. 4. 378  Grundlegend dazu bereits B.IV.5.c)cc). 374  Dass

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

d) Keine gleichheitsrechtliche Rechtfertigung des § 25 Abs. 5 GrStG aa) Normklare Verfolgung städtebaulicher Gründe als legitimes, tatbestandlich vorgezeichnetes Lenkungsziel Das Ziel des Setzens von Bebauungsanreizen und damit die aus Sicht des Gesetzgebers notwendige Verhinderung von „Grundstücksspekulation“, somit die intendierte Förderung der Bebauung unbebauter baureifer Grundstücke als sozial-, und mit Blick auf die Wohnbebauung zugleich wohnungs­ politische Maßnahme aus „städtebaulichen Gründen“ durch Mehrbelastung der Grundstückseigentümer unbebauter baureifer Grundstücke, ist gleichheitsrechtlich nicht zu bemängeln. Der Gesetzgeber verfolgt hiermit einen legitimen Lenkungszweck.379 An der normklaren tatbestandlichen Ausgestaltung des Lenkungsziels könnten bei einer Gegenüberstellung von Gesetzesbegründung und Wortlaut des § 25 Abs. 5 GrStG gleichwohl Zweifel aufkommen: Denn während die Gesetzesbegründung noch davon spricht, dass die „Grundsteuer C“ – wie die Baulandsteuer in den 1960er Jahren auch – dem erheblichen Wohnungsmangel380 entgegenwirken soll, benennt § 25 Abs. 5 S. 4 GrStG darüber hinaus als städtebaulich relevante Gründe insbesondere die Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten sowie Gemeinbedarfs und Folgeeinrichtungen als auch die Stärkung der Innenentwicklung. Weil die Aufzählung zudem nicht abschließend ist, besteht für die Gemeinden sogar die Möglichkeit, weitergehende „städtebauliche Gründe“ zu benennen, die jedenfalls nicht mit dem durch die Gesetzesbegründung anvisierten Ziel der Wohnraumschaffung deckungsgleich sein müssen. Dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Norm gleichwohl bewusst erweitern wollte, wird deutlich, wenn der Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens in die Würdigung mit einbezogen wird: Denn durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs über den reinen Wohnraummangel hinaus ist der Bundesgesetzgeber einer wesentlichen Forderung im Rahmen der Sachverständigenanhörung im Gesetzgebungsverfahren nachgekommen.381 Lediglich eine Anpassung der Gesetzesbegründung ist unterblieben. Daher entspricht es dem Willen des Bundesgesetzgebers, städtebaulich unerwünschter „Grundstücksspekulation“ insgesamt entgegenzuwirken.382

379  Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 44; Mannek/Sklareck, in: Stenger/ Loose, GrStG, § 25 Rn. 11 (Stand: 06/2021). 380  BT-Drs. 19/11086, 1. 381  Stellvertretend dafür vor allem Löhr, BB 2019, 1431 (1435). 382  Im Ergebnis Vogelpoth, DStR 2020, 1026.



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)275

Auch wenn es dem Gesetzgeber nicht (mehr) gelungen ist, diesen Zweck in der Gesetzesbegründung hinreichend zum Ausdruck zu bringen, so tut er dies jedenfalls bewusst in § 25 Abs. 5 S. 4 GrStG. Dass die Aufzählung „städtebaulicher Gründe“ dabei nicht abschließend („insbesondere“) ist, steht diesem Befund, aufgrund der vorherigen expliziten Aufzählung vergleichbarer städtebaulicher Gründe sowie der Konkretisierungsmöglichkeit durch den historisch gewachsenen Begriff der städtebaulichen Gründe im Baurecht (vgl. § 9 BauGB), nicht entgegen.383 Weil außerdem vor allem Grundstücksknappheit in Ballungsgebieten insgesamt herrscht, ist es durchaus legitim, dass der Gesetzgeber hier aktiv werden will. Das legitime Lenkungsziel ist in § 25 Abs. 5 GrStG damit „tatbestandlich vorgezeichnet“.384 Die Verfolgung dieses Ziels ist im Rahmen des Konzeptes der „Grundsteuer C“ darüber hinaus auch erforderlich: Ohne Belang sein müssen insoweit für diese Beurteilung die außersteuerrechtlichen Reformmöglichkeiten385, die den Gesetzgeber gleichwohl nicht dazu verpflichten können, von einer zusätzlichen Regelung im Grundsteuerrecht selbst von vornherein ab­ sehen zu müssen. Gleiches gilt für diskutierte Alternativlösungen über die Grunderwerbsteuer, bspw. eine bereits gezahlte Grunderwerbsteuer anteilig zu erstatten, sofern innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Erwerb des Grundstücks dieses zu Wohnzwecken bebaut wird.386 Denn der Gesetzgeber hat im Gesetzgebungsverfahren von dem Ziel der bloßen Förderung der Wohnbebauung Abstand genommen und verfolgt vielmehr das generelle Ziel der Bebauung aus städtebaulichen Gründen, welches als solches auch legitim ist. Dem Gesetzgeber steht bezüglich der Frage, ob er eine Regelung im Rahmen der Grund- oder Grunderwerbsteuer anstrebt, ein besonders weitreichender Entscheidungsspielraum zu.387 Weil aber das vom Gesetz­ geber verfolgte Ziel („Bebauung aus städtebaulichen Gründen“) durch § 25 Abs. 5 GrStG im Ausgangspunkt auf geeignete Weise verfolgt werden kann, kann der Gesetzgeber nicht zur zwingenden Beschreitung eines Alternativ383  Für eine Begriffskonkretisierung anhand von § 9 BauGB Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 49. 384  Zu diesem Erfordernis nur BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148). 385  Verwiesen sei an dieser Stelle unter anderem auf die Empfehlungen der Baulandkommission hierzu, vgl. Bundesministerium des Inneren, Empfehlungen für Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik, S. 4 ff.; daneben sind für die Vergangenheit beispielhaft die sog. Mietpreisbremse (§ 556 d BGB) oder das Baukindergeld zu nennen. 386  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1029); Bundesministerium des Inneren, Empfehlungen für Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik, S. 10. 387  Die Unterscheidung gilt gleichermaßen bei der Verfolgung von Lenkungs­ zwecken, dazu Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 3 AO Rn. 97 (Stand: 04/2021).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

weges verpflichtet werden. Dies gilt ferner für Vorschläge zur Binnenspezifizierung des § 25 Abs. 5 GrStG, wie zum Beispiel der Schaffung einer Möglichkeit zur weitergehenden Hebesatzdifferenzierung innerhalb eines erhöhten Hebe­satzgebietes.388 Derartige „Feinjustierungsmöglichkeiten“ innerhalb des „Grund­ steuer C-Gesamtkonzeptes“ können zwar durchaus die Gleichheitssatzkonformität verstärken, insoweit gilt hier aber wie schon bei der Beurteilung der Bewertungsverfahren auf Bundesebene, dass dadurch nicht allein schon das vom Gesetzgeber gewählte Gesamtkonzept der „Grundsteuer C“ in Frage gestellt werden kann. bb) Unangemessenheit der Grundsteuer C auf Bundesebene mangels hinreichend zielgenauer Ausgestaltung Bei § 25 Abs. 5 GrStG ist – weil eine solche Zusatzbelastung zu Lasten der Grundstückseigentümer unbebauter Grundstücke in Ansehung des Lenkungsziels grundsätzlich geeignet und erforderlich ist – ebenfalls die Angemessenheit der Lenkungsnorm entscheidend. Das vom Gesetzgeber mit § 25 Abs. 5 GrStG verfolgte Lenkungsziel ist dabei zunächst als gewichtig zu qualifizieren, denn in vielen Gemeinden, vor allem aber in den (Groß-)Städten, bleibt das Grundstücksangebot typischerweise deutlich hinter der Nachfrage zurück, wodurch es zu erheblichen Preissteigerungen für unbebaute Grundstücke kommen kann. Dem stehen andererseits aber die erheblichen „Mitnahmeeffekte“ der Regelung gegenüber: Denn erfasst werden nicht nur die aus Sicht des Gesetzgebers unerwünschten „Grundstücksspekulanten“, sondern auch tatsächlich bauwillige Grundstückseigentümer, die jedoch sowohl vor als auch während der Bauphase über ein unbebautes Grundstück im Sinne des § 25 Abs. 5 S. 1 GrStG verfügen. Denn gemäß § 246 Abs. 1 S. 2 BewG bleibt ein Grundstück so lange unbebaut, bis das errichtete Gebäude nutzbar ist, was wiederum erst ab Bezugsfertigkeit der Fall ist.389 Gleichwohl entsteht die erhöhte Grundsteuerbelastung wegen des Stichtagsprinzips in § 9 GrStG jedes Jahr auf den 01.01., in dem diese Bezugsfertigkeit noch nicht gegeben ist. Hierdurch wird ein innerer Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Lenkungszweck deutlich: Es soll gerade die Bebauung unbebauter baureifer Grundstücke erreicht werden. Dieser Zustand wird allerdings bereits mit dem Baubeginn erreicht, irrelevant müssen daher – gerade auch unverschuldete – Verzögerungen während der Bauphase sein.390 Es erscheint darü388  A. A.

Löhr, BB 2019, 1431 (1434). DStR 2020, 1026 (1027); Feldner/Schätzlein, DStR 2021, 512 (513). 390  Diesen Widerspruch zum Telos des § 25 Abs. 5 GrStG ebenfalls ausmachend Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 47. 389  Vogelpoth,



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ber hinaus fernliegend, dass die naheliegende Gefahr bestünde, dass andernfalls mit der Bebauung begonnen und nur zur Vermeidung einer Grund­ steuermehrbelastung nach Baubeginn das Vorhaben regelmäßig stillgelegt würde. Der Gesetzgeber muss jedoch bei der Typisierung den typischen Fall als Leitbild vor Augen behalten. Die hierdurch entstehenden Gleichbehand­ lungen zwischen den Steuerpflichtigen lassen sich schon deshalb nicht aus Vereinfachungsgründen rechtfertigen, weil der konkrete Zustand der Bebauung ohnehin durch Fortschreibungen und Nachfeststellungen im Sinne der §§ 222 f. BewG dokumentiert werden muss.391 Deshalb wird überwiegend eine Regelung mit vergleichbarer Wirkung zum damaligen § 12 a Abs. 5 GrStG 1960 der Baulandsteuer gefordert, wonach gerade eine Kompensa­ tionsmöglichkeit für die Zeit der Planung des Vorhabens, dessen Finanzierung, des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens und der Bebauung selbst nach erfolgter Bebauung vorgesehen war.392 Ein solcher rückwirkender Erstattungszeitraum (von bspw. zwei Jahren) ließe sich gleichwohl typisieren und würde deshalb keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand erzeugen. So würde zudem vermieden, dass zu frühzeitige Erwerbe nachträglich begünstigt würden. Dass der Gesetzgeber hingegen nicht bloß die Wohnbebauung einbezogen hat, sondern auch das nicht vollständige Ausschöpfen des Potentials des individuellen Grundstücks für unbeachtlich erklärt („unterausgenutzte Grund­ stücke“393), wirkt weniger schwer: Zwar besteht deswegen durchaus die teilweise bereits geäußerte abstrakte Gefahr einer sog. Alibi-Bebauung394, also einer bloß geringfügigen Bebauung, um ein Grundstück im Zustand der Bebauung vorweisen zu können, dem kann allerdings die Gemeinde außersteuerrechtlich über die Bauleitplanung auf kommunaler Ebene in ausreichendem Maße entgegenwirken, um so der Umgehung der Grundsteuermehrbelastung und der damit verursachten Verminderung der Zielgenauigkeit entgegenzuwirken.395 Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise das sog. Baugebot nach § 176 BauGB, kommunale Vorkaufsrechte oder sektorale Bebauungspläne (§ 9 Abs. 2 d BauGB). Solche Instrumente sind dabei deutlich zielgenauer als die Erfassung sämtlicher Grundstücke über die „Grundsteuer C“. Ferner stellt sich die Frage, wie die Gemeinden derartige Grundstücke in einem Massenverfahren rechtssicher und unter hinnehmbarem Verwaltungsaufwand identifizieren können sollten, sodass deren GrStG, § 25 GrStG Rn. 45. Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 45; in diese Richtung gleichermaßen Feldner/Schätzlein, DStR 2021, 512 (513). 393  Dazu nur Löhr, BB 2019, 1431 ff. 394  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1027); Feldner/Schätzlein, DStR 2021, 512 (513). 395  Baurechtliche Elemente als ausreichend ansehend Stöckel, NWB 20 (2018), 1450 (1453). 391  Krumm/Paeßens, 392  So

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Einbeziehung jedenfalls der anvisierten Automatisierungsstrategie entgegenstehen würde. Betrachtet man die „Grundsteuer C“ insoweit als Teil einer Vielzahl an gesetzgeberischen Handlungsinstrumenten zur Baulandmobilisierung, so erklärt sich die geringere Beachtlichkeit dieser Mängel. Denn die Einbeziehung der außersteuerrechtlich bereits bestehenden Maßnahmen kann dafür sprechen, dass dies den Gesetzgeber in Ansehung der „Grundsteuer C“ in gewissem Maße von Rechtfertigungsdruck entlastet. Dies jedoch nur insoweit, wie die daraus resultierenden Mängel durch außersteuerrechtliche In­ strumente (teilweise) kompensiert werden können. Schwerer wiegt das Zusammenspiel mit den zugleich bewirkten Gleichbehandlungen von bauwilligen und bauunwilligen Grundstückseigentümern, weil es nur auf objektive Merkmale ankommt: Denn die – zur Erreichung des Lenkungsziels zwingend erhebliche – Mehrbelastung trifft alle Grundstückseigentümer innerhalb des erhöhten Hebesatzgebietes, ohne dass es auf subjektive Gründe der Nichtbebauung ankommen würde. Nach § 25 Abs. 5 S. 3, 4 GrStG werden zivilrechtliche Gründe sowie eine fehlende Baugenehmigung für grundsteuerrechtlich unbeachtlich erklärt. Insoweit lässt sich jedoch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers fruchtbar machen, denn im grundsteuerlichen Massenverfahren kann nicht jedem Einzelfallumstand Rechnung getragen werden, sodass es jedenfalls zu rechtfertigen sein sollte, dass der Gesetzgeber außerhalb des Grundsteuerrechts liegende Gründe für unbeachtlich erklärt, um so die Grundsteuer vollziehbar zu halten.396 Zwar kann der Gesetzgeber, wie im Rahmen des § 15 GrStG zur Konkretisierung der Anforderungen ebenfalls, an außersteuerrechtliche Kriterien zur Steigerung der Zielgenauigkeit anknüpfen, im Umkehrschluss muss in einem Massenverfahren aber auch die Ausblendung solcher Merkmale zur Verwaltungsvereinfachung möglich sein. Dies vor allem deshalb, weil in Ausnahmefällen besondere Härten über die Erlasstatbestände kompensiert werden können, sodass schon die abstrakte Existenz einer Erlassmöglichkeit die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers hier als Rechtfertigungsgrund unterstützt.397 Diese „Mitnahmeeffekte“ werden zudem freiheitsrechtlich verstärkt: Denn das Erfordernis nach einer „spürbaren“ Mehrbelastungswirkung trifft hierdurch in nicht unbeachtlichem Umfang auch Grundstückseigentümer, die aus anderen Gründen an der Bebauung gehindert sind, zum Beispiel, weil ihnen eine Finanzierungsmöglichkeit für die Bebauung fehlt, sodass insbesondere 396  Ebenso Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 45; a.  A. wohl Feldner/ Schätzlein, DStR 2021, 512 (513). 397  Die Anwendbarkeit des § 227 AO auf die Grundsteuer C wurde durch den BFH schon im Rahmen der sog. Baulandsteuer 1961/1962 anerkannt, dazu BFH v. 19.04.1968, III R 78/67, BStBl. II, 1968, 620 (625); zur Einschränkung auf Ausnahmefälle auch Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 60; zur Anwendbarkeit des § 227 AO in Fällen der Substanzbesteuerung siehe auch B.IV.5.c)bb)(3).



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finanzschwächere Grundstückseigentümer von der Mehrbelastung betroffen sein könnten, erneut ohne, dass für diese dann eine Kompensationsmöglichkeit bestünde.398 Und je höher die Grundsteuerzahllast ist, umso maßgeb­ licher wird die Zielgenauigkeit der Regelung sein müssen. Denn damit die bezweckte Lenkungswirkung überhaupt erreicht werden kann, § 25 Abs. 5 GrStG – in seinem Zusammenspiel mit den darauf beruhenden gemeindlichen Hebesätzen – überhaupt geeignet ist, das Lenkungsziel zu erreichen, wird es einer erheblichen Anhebung der kommunalen Hebesätze bedürfen. Diese Möglichkeit schließt § 25 Abs. 5 GrStG aber gerade nicht aus. Hierdurch entsteht allerdings ein freiheitsrechtliches Spannungsverhältnis zu Art. 14 GG und der Frage der danach verfassungsrechtlich zulässigen Belastungsobergrenze der Grundsteuerbelastung. Im Grundlagenteil wurde bereits herausgestellt, dass eine Durchbrechung der Sollertragsgrenze zur Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungsziele freiheitsrechtlich durchaus zulässig sein kann, sodass Art. 14 GG diesem Lenkungsanliegen im Ausgangspunkt nicht entgegensteht.399 Hierfür wiederum kommt es aber auf die zielgenaue und normklare Verfolgung des Lenkungsziels in § 25 Abs. 5 GrStG erneut umso mehr an. Dies betrifft schon § 25 Abs. 5 GrStG selbst, denn darauf aufbauend erlassen die Gemeinden ihre Hebesätze und auch diese werden sich daran messen lassen müssen, wie gewichtig das Lenkungsziel im Einzelfall ist. Sofern von einer drastischen Mehrbelastung aus politischen oder anderen Gründen abgesehen wird und es deshalb nur zu moderaten Mehrbelastungen kommt, weil die Gemeinden davor zurückschrecken, sich hierfür vor ihren Einwohnern politisch rechtfertigen zu müssen, würden diese schon nicht geeignet sein, das vom Gesetzgeber vorgegebene Lenkungsziel zu erreichen.400 Das ist wiederum ein Aspekt, der die Würdigung der konkreten Hebesatzsatzungen selbst betrifft. Jedenfalls muss im Ausgangspunkt eine erhebliche Mehrbelastung durch § 25 Abs. 5 GrStG selbst intendiert gewesen sein. Die Zielgenauigkeit wird konzeptionell weiterhin dadurch beeinträchtigt, dass die Möglichkeit des Aufschlags der grundsteuerlichen Zusatzbelastung auf den Grundstückspreis nicht verhindert werden kann. Weil die Gemeinde aber die städtebaulichen Gründe in einer Allgemeinverfügung darzulegen hat (§ 25 Abs. 5 S. 8 GrStG), könnten sich die Eigentümer derartiger Grund­ stücke – natürlich nur im Rahmen des nach Angebot und Nachfrage Möglichen – dazu verleitet sehen, aufgrund der damit bestätigten Flächenknappheit innerhalb eines Teils des Gemeindegebietes einen erhöhten Kaufpreis zu 398  Vogelpoth,

DStR 2020, 1026 (1027).

399  B.IV.5.c)cc).

400  Zweifel am Erreichen der erwünschten Lenkungswirkung haben daher Mannek/Sklareck, in: Stenger/Loose, GrStG, § 25 Rn. 50 (Stand: 06/2021).

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C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

verlangen, der zugleich implizit als Zuschlag die erhöhte „Grundsteuer C“ enthalten würde.401 Denkbar wäre aber auch, dass – jedenfalls bei finanzstärkeren Grundstückseigentümern – die Bestätigung des Innehabens eines Grundstücks in einem Gebiet mit besonderer Grundstücksknappheit dazu führt, dass die Mehrbelastung bewusst in Kauf genommen wird, jedenfalls solange sie unterhalb der Bodenpreissteigerungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum liegt. Die Belastung der „Nichtspekulanten“ wirkt deshalb umso schwerwiegender, je weniger die Regelung ihre intendierten Wirkungen erreichen kann. Denn sie sind diejenigen, die – anders als die „Grundstücksspekulanten“ – diese Zusatzbelastung im Ergebnis nicht überwälzen können. Insofern kommt es jedoch erneut auf die Höhe des kommunalen Hebesatzes an. Spiegelbildlich hierzu würde dies auch die Kosten für den Erwerb und die Bebauung eines unbebauten Grundstücks steigen lassen. Dieser Gefahrenlage scheint sich der Gesetzgeber durchaus bewusst gewesen zu sein, denn die Gesetzesbegründung äußert sich hierzu immerhin dahingehend, dass Auswirkungen auf die Gesamtkosten von Bauvorhaben nicht ausgeschlossen werden könnten.402 Denn in Ballungsgebieten besteht in Relation zu den geringen baureifen Flächen regelmäßig eine besonders starke Nachfrage. Dies wären dann aber gerade solche Preissteigerungen, die durch dieses Instrument ausgebremst werden sollten und würden mithin dem Lenkungszweck diametral gegenüberstehen. Grundstücke könnten ferner länger unbebaut bleiben, weil Erwerber die von den Eigentümern geforderten Mehrkosten nicht mehr tragen können oder wollen.403 Spiegelbildlich dazu bewirkt die „Grundsteuer C“ Anreizwirkungen der Bebauung selbst dann, wenn eine solche möglicherweise ökonomisch noch gar nicht sinnvoll ist.404 Weil aber die Beurteilung des Vorliegens von „städtebaulichen Gründen“ allein den Gemeinden überantwortet wird, stellt sich zudem die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit der Regelung. Zwar enthält § 25 Abs. 5 GrStG eine beispielhafte Aufzählung städtebaulicher Gründe, diese sind allerdings einerseits konkretisierungsbedürftig und andererseits nicht abschließender Natur.405 Bei der Festsetzung der Hebesätze werden die Gemeinden vor schwierige Abwägungsentscheidungen zwischen den Grundstückseigen­ tümern gestellt.406 Abgrenzungen müssen nämlich in zweifacher Hinsicht 401  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1027); Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 17; in diese Richtung auch Kornemann, DWW 2018, 165 (168). 402  BT-Drs. 19/11086, 2: „Eine Preiswirkung auf die Gesamtkosten von Bauvorhaben kann nicht ausgeschlossen werden“. 403  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1027). 404  Schultewolter, Reform des Gemeindefinanzsystems, S. 101. 405  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1028). 406  Henger, Expertengutachten Baulandsteuer und zoniertes Satzungsrecht, S. 15.



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)281

vorgenommen werden: Erstens bedarf es einer qualitativen Abgrenzung, wann überhaupt ein „erhöhter“ Bedarf vorliegt und auf welche Grenzen im Gemeindegebiet sich dieser bezieht, und zweitens in quantitativer Hinsicht, welcher Sonderhebesatz aus Lenkungsgründen insofern geboten scheint.407 Die Grundstücke müssen sich am Ende im steuerlichen Massenverfahren gleichwohl rechtssicher und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand bestimmen lassen. Bei § 25 Abs. 5 GrStG scheint dies jedoch nur begrenzt möglich.408 Hierdurch wird zugleich ein gleichheitsrechtliches Risiko für die Gemeinden geschaffen, denn auch deren Hebesatzsatzungen müssen letztlich einer gleichheitsrechtlichen Überprüfung standhalten können. Ob sich eine Lenkungswirkung in ausreichendem Maße wird erreichen lassen, hängt zudem davon ab, dass das Bauplanungsrecht effektiv genutzt wird: Denn als baureif im Sinne des § 25 Abs. 5 GrStG können überhaupt nur solche Grundstücke eingeordnet werden, bei denen eine Bebauung innerhalb der Gemeinde zulässig ist.409 Nimmt man all diese Aspekte zusammen, so muss das Zusammenspiel von nicht hinreichender Zielgenauigkeit bei gleichzeitig strukturell hingenommenen Ungleichbehandlungen letztlich zur Unangemessenheit des § 25 Abs. 5 GrStG führen.410 Dieser Mangel wirkt sich nicht nur im Bundesgrundsteuerrecht, sondern auch unmittelbar in Niedersachsen (NGrStG) aus, denn hier erfolgt ein Rückgriff auf die bundesrechtliche Regelung zur „Grundsteuer C“ ohne jegliche landesrechtliche Anpassung. Für die übrigen Bundesländer, die zumindest (teilweise) Anpassungen in ihren eigenen Gesetzen vorgenommen haben, muss beantwortet werden, ob diese die gleichheitsrechtlichen Mängel kompensieren können. Dies betrifft Hessen sowie Hamburg und BadenWürttemberg.

DStR 2020, 1026 (1028). Rönnecker, ZKF 2019, 193 (203); Mannek/Sklareck, in: Stenger/ Loose, GrStG, § 25 Rn. 50 (Stand: 06/2021). 409  Vogelpoth, DStR 2020, 1026 (1028). 410  Gegen eine Rechtfertigung Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 45; kritisch ebenfalls Marx, DFGT 2020, 69 (87), zuvorderst wegen der Anknüpfung an den Begriff der unbebauten Grundstücke in § 246 BewG; a. A. – jedoch ohne vertiefte Auseinandersetzung – Zimmermann/Schilling, KommJur 2022, 41 (45). 407  Vogelpoth, 408  Ebenso

282

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

4. Die hessische „Grundsteuer C“ (§ 13 HGrStG) – keine Kompensation der verfassungsrechtlichen Mängel auf Bundesebene a) Wirkungsweise des § 13 HGrStG Der hessische Landesgesetzgeber ersetzt die Vorschrift des § 25 Abs. 5 GrStG durch § 13 HGrStG vollständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 HGrStG), zugleich als einziger Landesgesetzgeber mit nicht unerheblichen inhaltlichen Abweichungen: Durch § 13 Abs. 1 HGrStG wird den Gemeinden erstens die Möglichkeit eingeräumt, nicht nur einen gesonderten Hebesatz wie auf Bundesebene (vgl. § 25 Abs. 5 S. 9 GrStG) festzulegen, sondern mehrere Hebesätze bestimmen zu können, deren Höhe sich nur anhand der Dauer der Baureife und damit der Nichtbebauung orientieren muss. Eine Differenzierung in räumlicher Hinsicht dergestalt, dass innerhalb des Gemeindegebietes verschiedene Hebesätze für die unbebauten baureifen Grundstücke ermöglicht werden, ist hierdurch allerdings nicht eröffnet.411 Der Gemeindeanteil muss zweitens nicht 10 Prozent des Gemeindegebietes, sondern 10 Prozent der Siedlungsfläche betragen (Abs. 4). Ausgeklammert werden hierdurch insbesondere Wald- und Ackerflächen, denn der hessische Gesetzgeber hatte die Befürchtung, dass bei Anknüpfung an das gesamte Gemeindegebiet die 10 Prozent-Regelung andernfalls in Gemeinden mit großem Anteil solcher Flächen überhaupt nicht erreicht werden könnte.412 § 13 Abs. 5 HGrStG sieht drittens – anders als § 25 Abs. 5 S. 7 GrStG – die Handlungsform der Allgemeinverfügung nicht explizit vor. Und viertens statuiert Abs. 6 gewisse Höchsthebesatzgrenzen der Gemeinden: Danach dürfen die Hebesätze höchstens das Fünffache des Grundsteuer B-Hebesatzes betragen. Den Gemeinden wird es dabei zudem ermöglicht, eine Karenzzeit zu bestimmen, in welcher der erhöhte Hebesatz noch nicht zur Anwendung gelangt. b) Gleichheitswidrigkeit des § 13 HGrStG Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist für § 13 HGrStG daher entscheidend, inwiefern diese Unterschiede zum Bundesgrundsteuerrecht (konkret die Stufung der Hebesätze nach der Dauer der Baureife, die Fünffache-Belastungshöchstgrenze, die Karenzzeit und die Beschränkung auf die Siedlungsfläche) die Mängel des § 25 Abs. 5 GrStG kompensieren können. Zwar differenziert der hessische Landesgesetzgeber in weitergehendem Maße dadurch, dass die Hebesätze anhand der Dauer der Baureife und damit 411  Krumm/Paeßens,

GrStG, § 13 HGrStG Rn. 6. 23.

412  HLT-Drs. 20/6379,



VIII. Gleichheitswidrigkeit der Grundsteuer C (§ 25 Abs. 5 GrStG)283

der Nichtbebauung abgestuft werden können, wodurch aufgrund der in Relation zum Bundesgrundsteuerrecht weitergehenden Binnendifferenzierungsmöglichkeiten zwischen den Steuerpflichtigen die Zielgenauigkeit der Regelung erhöht werden kann. Denn hierdurch wird die Gesamtbelastung innerhalb des Adressatenkreises dergestalt verteilt, dass mit zunehmender Nichtbebauung die Grundsteuerzahllast weiter zunimmt. Dies setzt freilich voraus, dass die Gemeinden im zweiten Schritt in sachgerechter Weise hiervon Gebrauch machen werden. Es verbleibt jedoch trotz dieser Belastungsstaffelung dabei, dass eine Kompensationsmöglichkeit bei erfolgter Bebauung nicht vorgesehen ist und daher auch während der Bauphase und damit der eigentlichen Zweckerreichung dieses Instrumentes die erhöhte Grundsteuer zu zahlen ist. Dadurch bleibt auch bei einer Staffelung eine Gleichbehandlung von „Grundstücksspekulanten“ mit den „bauwilligen Eigentümern“ gleichwohl bestehen. Auch die Konkretisierung in Bezug auf die Siedlungsfläche kann grundsätzlich geeignet sein, die erhöhten Hebesatzzonen innerhalb des restlichen Gemeindegebietes zielgenauer abzugrenzen. Denn für deren Bestimmung werden, anders als im Bundesgrundsteuerrecht, Wald- und Ackerflächen nicht einbezogen. Dies könnte für die Gemeinden mit großem Anteil derartiger Flächen anderenfalls dazu führen, dass sie Sonderhebesatzgebiete gar nicht ausweisen könnten, wenn die Siedlungsfläche einen geringen Anteil des Gemeindegebietes ausmacht. Durch die Beschränkung auf 10 Prozent der Siedlungsfläche hat sich der Gesetzgeber deshalb in Relation zum Gemeindegebiet auf ein stets kleineres Gebiet beschränkt.413 Allerdings ist es insbesondere die zusätzliche Begrenzung der Höchsthebesatzmöglichkeiten, die schon kraft Gesetzes die Erreichung des Lenkungszieles in erheblichem Maße in Frage stellen kann: Denn wenn der Gesetzgeber in § 13 Abs. 6 HGrStG eine Höchstgrenze für den Sonderhebesatz in Höhe des Fünffachen des Hebesatzes der „Grundsteuer B“ festschreibt, so beschränkt er die zur Erreichung des Lenkungsziels erforderliche Anhebung des Hebesatzes besonders weitgehend. Hierbei hat der Gesetzgeber als Zielvorgabe zugrunde gelegt, dass die „Grundsteuer C“ bei Nichtbebauung des baureifen Grundstückes nicht höher sein soll als die „Grundsteuer B“ im Falle der Bebauung.414 Damit wird zugleich deutlich, dass der hessische Gesetzgeber die Gemeinden für die „Grundsteuer C“ gerade nicht aus dem sog. Sollertragskonzept entlassen will, auch wenn dies aus freiheitsrecht­ licher Sicht möglich wäre, denn die Begründung für diese Beschränkung liegt gerade in der Befürchtung einer andernfalls drohenden Übermaßbesteu413  Mandler,

in: Stenger/Loose, HGrStG Rn. 391 (Stand: 05/2022). 24.

414  HLT-Drs. 20/6379,

284

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

erung.415 Dies schränkt die Tauglichkeit der hessischen „Grundsteuer C“ als Lenkungsnorm jedoch in erheblichem Maße ein. Die Beschränkung der Höchsthebesätze, in Kombination mit den bundesrechtlichen Mängeln, die in Hessen allenfalls teilweise kompensiert werden können, führen zur Unangemessenheit der „Grundsteuer C“, sodass auch § 13 HGrStG den Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. 5. Baden-württembergische (§ 50 a BWGrStG) und hamburgische (§ 5 HmbGrStG) „Grundsteuer C“ Mit dem ÄndGLGrStG v. 22.12.2021 hat sich Baden-Württemberg erst etwa ein Jahr nach Verabschiedung des eigenen Landesgrundsteuergesetzes doch noch dazu entschieden, auf eine „Grundsteuer C“ zur Baulandmobilisierung zurückzugreifen. Die Regelung des § 50 a BWGrStG entspricht inhaltlich dem § 25 Abs. 5 GrStG auf Bundesebene, lediglich dessen S. 6 in Gestalt des Erfordernisses, den erhöhten Hebesatz mindestens in 10 Prozent des Gemeindegebietes zur Anwendung zu bringen, ist entfallen. Diesen Ansatz verfolgt auch der hamburgische Gesetzgeber mit § 5 HmbGrStG, denn in Hamburg gibt es ohnehin keine Gemeinden. Ein Verzicht auf einen Mindestanteil des Gemeindegebietes erhöht zwar einerseits die Zielgenauigkeit der „Grundsteuer C“ in Relation zur Bundesebene, wenn die erhöhten Hebesatzzonen innerhalb des Gemeindegebietes in beschränkterem Umfang zur Anwendung gelangen können. Andererseits ist eine Bodenwertsteuer aufgrund der Ausblendung der Gebäudekomponente bereits konzeptionell in gewissem Maße dazu geeignet, Bebauungsanreize zu setzen. Sofern der Gesetzgeber darüber hinaus solche Lenkungsziele verwirklichen will, sollten die Anforderungen zumindest höher sein als in solchen Modellen, in denen derartige Wirkungen nicht schon konzeptionell bestehen. Denn eine Bodenwertsteuer schöpft Bodenerträge teilweise wieder ab, macht hierdurch Baulandspekulation per se unattraktiver als in anderen Grundsteuermodellen, und erfasst von Natur aus auch zumindest teilweise sog. unterausgenutzte Grundstücke.416 Der Rückgriff im Übrigen auf das Konzept des § 25 Abs. 5 GrStG führt jedoch letztlich sowohl in Hamburg als auch in Baden-Württemberg dazu, dass es bei den verfassungsrechtlichen Mängeln auf Bundesebene verbleibt, weshalb keine andere Beurteilung nur aufgrund dieser abweichenden Besonderheit gerechtfertigt sein kann.

415  HLT-Drs. 20/6379, 416  Löhr/Kriese,

24. Der Gemeindehaushalt 2019, 76 (78).



IX. Die freiheitsrechtliche Perspektive des § 25 Abs. 5 GrStG285

6. Resümee: § 25 Abs. 5 GrStG und deren landesrechtliche Entsprechungen sind gleichheitswidrig Der Gesetzgeber verfolgt mit der Förderung städtebaulicher Gründe in § 25 Abs. 5 GrStG zwar ein im Tatbestand normklar ausgedrücktes legitimes Lenkungsziel. Mangels Zielgenauigkeit und fehlender Kompensationsme­ chanismen scheitert § 25 Abs. 5 GrStG jedoch an der Angemessenheit. Der Verzicht auf eine Kompensationsmöglichkeit dient vielmehr lediglich der Schaffung zusätzlicher Einnahmenerzielungsmöglichkeiten der Gemeinden und damit einem dem Lenkungszweck selbst fremden Finanzierungsinteresse. Der mit Blick auf die Belastungsentscheidung durch § 25 Abs. 5 GrStG bewirkte Systembruch lässt sich jedoch nicht aus rein fiskalischen Motiven rechtfertigen. Sowohl die Ungleichbehandlungen zwischen den Grundstückseigentümern unbebauter baureifer Grundstücke innerhalb und außerhalb des erhöhten Hebesatzgebiets der Gemeinde als auch die Gleichbehandlung von bauwilligen Eigentümern während der Bauphase mit „Grundstücksspekulanten“/nicht bauwilligen Grundstückseigentümern kann daher nicht gerechtfertigt werden, sodass § 25 Abs. 5 GrStG den Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Nichts anderes gilt für die Landesgrundsteuergesetze: Für Niedersachsen bereits aufgrund der vollständigen Übernahme der bundesrechtlichen Regelung, für Baden-Württemberg und Hamburg allerdings gleichermaßen, denn allein die Zielgenauigkeitssteigerung durch Ausnahme der 10-Prozent-Grenze kann die übrigen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht kompensieren. Der hessische Gesetzgeber hat mit § 13 HGrStG die weitreichendsten Anpassungen vorgenommen. Allerdings ist es dort insbesondere die Beschränkung auf gewisse Höchsthebesatzgrenzen, die eine schon gesetzlich angeordnete weitgehende Lenkungszweckbeschränkung bewirkt, weshalb auch dort die bundesrechtlichen Mängel nicht ausgeglichen werden können.

IX. Die freiheitsrechtliche Perspektive des § 25 Abs. 5 GrStG – Zulässigkeit der Durchbrechung der Sollertragsgrenze? Die einzige Lenkungsnorm im Grundsteuerrecht des Bundes, die in Konflikt mit freiheitsrechtlichen Belastungsobergrenzen geraten könnte, ist die „Grundsteuer C“ (§ 25 Abs. 5 GrStG) sowie die landesrechtlichen Regelungen hierzu, mit Ausnahme des Landes Hessen, das den Hebesatz – wie bereits erörtert – beschränkt hat. Denn die Steuermesszahldifferenzierungen des § 15 GrStG sowie die landesrechtlichen Entsprechungen gewähren einzig Steuermesszahlabschläge und geraten daher freiheitsrechtlich in keinen Konflikt mit einer möglichen Übermaßbesteuerung. Der elementare Unterschied von § 25 Abs. 1 GrStG und den auf dieser Grundlage ergehenden gemeind­

286

C. Zweiter Teil: Das „neue“ Grundsteuerrecht auf Bundesebene

lichen Hebesatzsatzungen sowie des § 25 Abs. 5 GrStG liegt gerade darin, dass § 25 Abs. 1 GrStG klassische Fiskalzwecknorm ist, die es der Gemeinde ermöglicht, die finale Grundsteuergesamtbelastung anhand des gemeindlichen Finanzbedarfs, durch das Hebesatzrecht im Rahmen des jeweiligen Steuergegenstandes (zur Einheitlichkeit des Hebesatzes vgl. § 25 Abs. 4 GrStG), zu steuern. Für diese muss die Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes die freiheitsrechtliche regelmäßige Besteuerungsobergrenze bilden, die den Steuerzugriff durch die Gemeinde auf die typisierte Ertragsfähigkeit des Grundstücks limitiert. Eine strukturelle Substanzbesteuerung im Rahmen des Art. 14 GG ist daher durch die Hebesatzgestaltung der Gemeinden ebenso unzulässig. § 25 Abs. 5 GrStG ist aber nicht reine Fiskalzweck-, sondern primär grundsteuerrechtliche Lenkungsnorm.417 Verfassungsrechtlich kann die Durch­ brechung der Substanzbesteuerungsgrenze in Abhängigkeit vom jeweiligen Lenkungszweck im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein.418 Denn gleichheitsrechtlich wäre die „Grundsteuer C“ andernfalls schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die intendierte Lenkungswirkung aufgrund der typischerweise erheblichen jährlichen durchschnittlichen Grundstückspreissteigerungen wohl nur dann überhaupt zu erreichen sein wird, wenn ein spürbar erhöhter Hebesatz durch § 25 Abs. 5 GrStG einerseits möglich ist und andererseits genutzt wird, der zur Erreichung dieses Lenkungsziels durchaus in Konflikt mit der Sollertragsgrenze des Grundstücks geraten könnte (und auch müsste). Entweder würde anderenfalls Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil bereits das Lenkungsziel von vornherein nicht erreicht werden könnte, somit die „Grundsteuer C“ zur Zielerreichung untauglich wäre, oder der Lenkungszweck zwar erreicht, hierdurch allerdings typischerweise die Sollertragsgrenze überschritten würde, sodass eine Verletzung von Art. 14 GG durch die jeweilige Hebe­ satzsatzung angenommen werden müsste.419 Anders als im hessischen Grundsteuergesetz sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Gemeinden insoweit auf die Sollertragsfähigkeit verpflichten wollen würde. Weil die Gemeinden allerdings erst aufgrund ihrer jeweiligen Hebesatzsatzung, durch den dortigen „Grundsteuer C“-Sonderhebesatz, die finale Grundsteuerbelastung bestimmen und es zudem von den konkreten Verhältnissen vor Ort abhängt, wie gewichtig der mit § 25 Abs. 5 GrStG verfolgte – abs417  Dazu

bereits im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG unter C.VIII.3.b). Ansicht Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 46. 419  A. A. Rönnecker, ZKF 2019, 193 (198) sowie Feldner/Schätzlein, DStR 2021, 512 (514), welche wohl – jedoch ohne nähere verfassungsrechtliche Begründung – für die „Grundsteuer C“ die Sollertragsgrenze als maßgebliche Belastungsobergrenze ansehen wollen. 418  Gleicher



IX. Die freiheitsrechtliche Perspektive des § 25 Abs. 5 GrStG287

trakt durchaus bedeutende und legitime – Zweck der Baulandmobilisierung im Einzelfall sein wird, kann insoweit freiheitsrechtlich noch keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden. Die Angemessenheit der jeweiligen Hebesätze kann nur bestimmt werden, wenn die in der Gemeinde vorherrschende konkrete Grundstücksknappheit bekannt ist und die Gewichtigkeit der städtebaulichen Gründe dann ins Verhältnis zu den Sonderbelastungswirkungen gesetzt werden kann.420 Entscheidend ist somit die Höhe der Gesamtbelastung in ihrem Verhältnis zur Dringlichkeit der Verwirk­lichung städtebaulicher Ziele. Hierdurch bewirkte Substanzbesteuerungseffekte aufgrund der Hebesatzsatzungen nach § 25 Abs. 5 GrStG sind daher so lange zu rechtfertigen, wie dies mit Blick auf die innerhalb der jeweiligen Gemeinde verfolgten städtebaulichen Gründe noch als angemessen angesehen werden kann. Starre Grenzen lassen sich indes nicht bereits im Vorhinein ausmachen.

420  Dazu

treffend Krumm/Paeßens, GrStG, § 25 GrStG Rn. 46.

D. Resümee I. Die Grundsteuerreform 2019 und verfassungsrechtliche Anforderungen an die Grundsteuergesetzgeber Diese Arbeit zielte auf eine verfassungsrechtliche Würdigung der Grundsteuerreform 2019 ab. Ausgangspunkt waren die historischen Einheitswerte, deren Entwicklung über die letzten ca. 90 Jahre letztlich auch bei der Grundsteuer zu den „Appellentscheidungen“ des Bundesfinanzhofes und ultima ratio zur Verfassungswidrigkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht, mit Urteil vom 10.04.2018, führte. Die bisher geführte Reformdiskussion der Vergangenheit hatte sich nunmehr zu einem Reformzwang verdichtet.1 Daraus hervorgegangen sind neben dem reformierten Bundesgrundsteuerrecht (§§ 218 ff. BewG, GrStG) insgesamt sieben Landesgrundsteuergesetze, die sich in die reinen Flächenmodelle (Bayern, Hamburg), Flächen-LageModelle (Hessen, Niedersachsen), Steuermesszahlgesetze (Sachsen, Saarland) und die Bodenwertsteuer (Baden-Württemberg) unterteilen.2 Während die Flächenmodelle auf der Idee der sog. Kostenäquivalenz beruhen, sind die Flächen-Lage-Modelle nutzenäquivalent begründet. Die Bodenwertsteuer greift auf eine Kombination von Leistungsfähigkeit und Nutzenäquivalenz zurück, wohingegen der Bundesgesetzgeber an der tradierten leistungsfähigkeitsorientierten Belastungsbegründung festhält. In formell verfassungsrechtlicher Hinsicht besteht nach der Grundsteuerreform eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG, die die zuvor andauernde Kompetenzumfangsungewissheit zugunsten einer umfassenden Grundsteuerreform beendet hat. Auf Basis des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG steht den Ländern eine umfassende Abweichungsbefugnis zu, die Steuergegenstand, Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage und deren Ausgestaltung umfasst. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG ist für die Grundsteuerreform ohne besondere Bedeutung.3 Sämtliche Grundsteuergesetze sind dabei Grundsteuern im Sinne des Art. 72 GG, weil sie an 1  Zu

den Hintergründen eingehend B.I. zu den Grundkonzeptionen des Bundes- und der Landesgesetzgeber B.II. 3  Zu den formell verfassungsrechtlichen Grundlagen B.III. 2  Siehe



II. Bundesgrundsteuerrecht und landesrechtlich vergleichbare Regelungen289

den ruhenden Vermögensbestand in Gestalt des Grund und Bodens anknüpfen. Aus materiell-verfassungsrechtlicher Sicht steht der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner grundsteuerspezifischen Konkretisierung im Vordergrund der Analyse.4 In Ansehung konkreter Belastungs­ obergrenzen einer Grundsteuererhebung war Art. 14 GG in den Blick zu nehmen, der die sog. Sollertragsfähigkeit des Grundbesitzes zur regelmäßig maßgeblichen Belastungsobergrenze erklärt, eine Durchbrechung bei Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungsziele jedoch nicht ausschließt.5 Die Gesetzgeber können als Belastungsentscheidung zwischen Leistungsfähigkeits- und Äquivalenzprinzip wählen und diese sogar kombinieren, wenn es ihnen letztlich nur gelingt, diese Entscheidung willkürfrei in einer Bemessungsgrundlage abzubilden. Eine Steuer (nur) auf den ruhenden Grundstücksbestand ist darüber hinaus als solche verfassungsrechtlich ebenfalls legitim. Rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlungen bei der Umsetzung der Belastungsentscheidung müssen über die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt werden können, für die auf Ausgestaltungsebene verankerten Lenkungsnormen auf Steuermesszahlebene sowie bei der sog. Grundsteuer C gelten die besonderen Voraussetzungen für die Ausgestaltung solcher Lenkungstatbestände. Die Anforderungen an die Gewichtigkeit des sachlichen Grundes dürfen aufgrund der grundsteuerspezifischen Besonderheiten (Massenfallrecht, Objektsteuercharakter, ausschließlich Grundstücke) und des gewandelten Reformumfeldes nicht überspannt werden, weshalb sie nach hier vertretener Auffassung allenfalls geringfügig über denen einer bloßen Willkürprüfung liegen.6

II. Zum Bundesgrundsteuerrecht und den landesrechtlich vergleichbaren Regelungen Das Bundesgrundsteuerrecht wird nach hier vertretener Auffassung den im ersten Teil erarbeiteten verfassungsrechtlichen Anforderungen weitgehend gerecht. Zunächst wird auf der ersten Ebene in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die – insbesondere auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannte und im Grundsteuerurteil vom 10.04.2018 erneut durch die Nichtbeanstandung bestätigte – Verbindung von verfassungsrechtlich zulässigem Steuergegenstand (Grundbesitz), Belastungsentscheidung (objektives Leistungsfähigkeitsprinzip, sog. Sollertragsteuer) und Bemessungsgrundlage (verkehrswertorientierte Grundsteuerwertermittlung von Grund und Bo4  B.IV.4. 5  B.IV.5. 6  Siehe

zu den Rechtfertigungsanforderungen auf Ausgestaltungsebene B.IV.4.d).

290

D. Resümee

den sowie den aufstehenden Gebäuden) zurückgegriffen. Die vom Gesetzgeber hierfür vorgesehenen Bewertungsverfahren (Vergleichswert- [§  247 BewG], Ertragswert- [§§ 252 ff. BewG] und Sachwertverfahren [§§ 258 ff. BewG]) können diese Grundentscheidung auf abstrakt-konzeptioneller Ebene sachgerecht umsetzen. Problematisch ist insofern jedoch die zwingende Anwendung des Sachwertverfahrens auch auf die gemischt genutzten Grundstücke (§ 250 Abs. 3 BewG). Für die sich anschließende Frage nach der verfassungskonformen – zuvorderst folgerichtigen – Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG ist dies hingegen nicht mehr so eindeutig: Problematisch sind insbesondere die im Ertragswertverfahren bei Wohnimmobilien auftretenden strukturellen Ungleichbehandlungen aufgrund nicht ausreichender Lagedifferenzierung innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes, die jedoch mit Blick auf die zu gewährleistende Vollziehbarkeit der Grundsteuer und damit die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im steuerlichen Massenverfahren mit ca. 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten bei gleichzeitiger Belastung der Finanzverwaltung durch den demographischen Wandel noch zu rechtfertigen sind, wenn man insbesondere die Verwaltungspraktikabilität und damit die Vollzugsperspektive entsprechend hoch gewichtet. Dies gilt vor allem deshalb, weil der Gesetzgeber ein schlüssiges Gesamtkonzept vorweisen kann, in dem über die Bodenrichtwerte in nicht nur geringfügigem Maße eine Lagedifferenzierung innerhalb des Gemeindegebietes bewirkt wird. Gleiches gilt im Vergleichswertverfahren zur Bewertung der unbebauten Grundstücke bezüglich des Rückgriffs auf die Bodenrichtwerte und die durch die Ausblendung individueller Grundstücksbesonderheiten innerhalb der jeweiligen Bodenrichtwertzone entstehenden Ungleichbehandlungen, die insbesondere durch die Möglichkeit der teilweisen Anpassung der Bodenrichtwerte an grundstücksindividuelle Besonderheiten, durch von den Gutachterausschüssen vorgegebene Umrechnungskoeffizienten (§  247 Abs.  1 S.  2 BewG) und die Grenzen für die Abgrenzung der Bodenrichtwertzonen nach § 15 Abs. 1 ImmoWertV 2021, auf ein zu rechtfertigendes Maß beschränkt werden und gleichzeitig nicht zu einem nicht mehr vollziehbaren Grundsteuerrecht führen. Diese Gründe zugunsten der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Rückgriffs auf Bodenrichtwerte gelten im Ausgangspunkt gleichermaßen für das Ertragswert- und das Sachwertverfahren und unterstützen die dortige Rechtfertigungsprüfung, weil diese ebenfalls an den Bodenwert anknüpfen (§§ 257, 258 Abs. 2 BewG). Im Sachwertverfahren zur Bewertung sog. bebauter Nichtwohngrund­ stücke ist vor allem die Verwendung bundeseinheitlicher Wertzahlen (§ 260 BewG) sowie die komprimierte Zusammenfassung der Gebäudeklassen, un-



II. Bundesgrundsteuerrecht und landesrechtlich vergleichbare Regelungen291

ter Vorgabe verschiedener Regelherstellungskosten, problematisch. Letztlich kann auch im Sachwertverfahren aus denselben Gründen wie im Ertragswertund Vergleichswertverfahren die Rechtfertigung jedoch (noch) gelingen. Der Gesetzgeber ist aber insoweit gehalten, die Datengrundlage (zuvorderst die Normalherstellungskosten) zeitnah zu aktualisieren. Für die Würdigung sämt­ licher Bewertungsverfahren muss jedoch auch festgestellt werden, dass die Ableitung der jeweiligen Datengrundlage oftmals nicht, oder allenfalls bedingt, möglich ist und deshalb unterstellt wurde, dass die Daten jeweils isoliert betrachtet den verfassungsrechtlichen Anforderungen gleichermaßen genügen können. Die Verfolgung sozial- und wohnungspolitischer Zwecke im Steuermessbetragsverfahren ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich und auch durch die Abschläge bei den Steuermesszahlen in § 15 Abs. 1–5 GrStG in verfassungskonformer Weise umgesetzt worden. Die Prüfungsanforderungen betreffen sowohl auf Bundes- als auch Länderebene die Ausgestaltungsund nicht Steuergegenstandsebene, weshalb die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Ausgestaltung steuerlicher Lenkungsnormen maßgeblich sind. Dabei hat der Bundesgesetzgeber die intendierten Förderungsziele unterschiedlich deutlich in § 15 GrStG zum Ausdruck gebracht, gleichwohl gelingt die Rechtfertigung aufgrund des besonderen Gewichts des Gemeinwohlbelanges.7 Am zweifelhaftesten ist dies jedoch bei § 15 Abs. 4 GrStG, weil der Gesetzgeber das Lenkungsziel dort schon nicht hinreichend im Adressatenkreis abbildet und auch die Angemessenheit der Regelung, aufgrund des sehr pauschalen Begünstigungskreises, mehr als fragwürdig erscheint. In den Landesgrundsteuergesetzen ist es zuvorderst die Kumulation sämtlicher Begünstigungstatbestände, die besonderen Rechtfertigungsdruck erzeugt. Die durch § 25 Abs. 5 GrStG eingeführte sog. Grundsteuer C, als weitere Lenkungsnorm, ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG und danach aufzustellenden Anforderungen (des Bundesverfassungsgerichts) an die Zielgenauigkeit und Normklarheit vereinbar. Nicht nur haften diesem Modell in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Schwachpunkte an, zugleich lassen sich nur wenige Gründe für eine derartige „Sondergrundsteuer“ ins Feld führen, die nicht alle letztendlich zu dem Schluss führen, dass den Gemeinden lediglich ein Instrument zur Erzielung von Steuermehreinnahmen zur Verfügung gestellt werden soll. Dieser reine Fiskalzweck kann die Mehrbelastung jedoch nicht rechtfertigen. Die dabei bewirkten erheblichen „Mitnahmeeffekte“ stehen – mangels beispielsweise einer Kompensationsmöglichkeit wie im Rahmen der Baulandsteuer 1960 – insgesamt außer Verhältnis zur Verfolgung legitimer städtebaulicher Gründe. Es sind im 7  Zu

Verschonungsregelungen auf Messbetragsebene eingehend C.VII.

292

D. Resümee

Ergebnis die Wechselwirkungen dieser mangelnden Zielgenauigkeit der Regelung, bei gleichzeitigem Erfordernis nach erheblichen Mehrbelastungen zur Möglichkeit der Zielerreichung, die die Rechtfertigung der durch § 25 Abs. 5 GrStG bewirkten Ungleichbehandlung sowohl zwischen den Grundstückseigentümern innerhalb des Gemeindegebietes, die sich einerseits innerhalb und andererseits außerhalb des erhöhten Hebesatzgebietes befinden, als auch der Gleichbehandlung solcher, die sich innerhalb des erhöhten Hebe­ satzgebietes befinden, sich als „Nichtgrundstücksspekulanten“ gleichzeitig der Belastung allerdings nicht entziehen können, verhindert. Erkenntnisgewinne für eine verfassungsrechtliche Gegenwartsprüfung lassen sich dabei nicht aus einem Vergleich zur damaligen Baulandsteuer der 1960er Jahre herleiten. Die landesrechtlichen Anpassungen (§ 50 a BWGrStG, § 5 HmbGrStG, § 13 HGrStG) können die bundesrechtlichen Mängel dabei ebenfalls nicht kompensieren.8 Freiheitsrechtlich wäre eine Durchbrechung dieser Grenze bei der Verfolgung besonders gewichtiger Lenkungsziele durch die kommunalen Hebesatzsatzungen möglich. Weil die Gemeinden jedoch die finale Grundsteuerbelastung festlegen, kann das Gewicht des legitimen Zwecks der Baulandmobilisierung nur im Einzelfall abschließend beurteilt werden. Entscheidend ist hierbei die Höhe der Gesamtbelastung in ihrem Verhältnis zur Dringlichkeit der Verwirklichung städtebaulicher Ziele bei der „Grundsteuer C“. Der Bundesgesetzgeber ist mit der Einführung der §§ 228, 229 BewG seinen materiell-rechtlichen Pflichten zur Schaffung von Auskunfts-, Übermittlungs- und Anzeigepflichten nachgekommen, sodass insoweit die Gefahr struktureller Vollzugsdefizite nicht (mehr) besteht.9 Die häufig angeführten Argumente gegen eine Überlastung der Finanzverwaltung sind wenig durchschlagend, denn durch die weitreichenden Typisierungen in sämtlichen Bewertungsverfahren sind überschaubare Datenmengen erforderlich und diese müssen ferner nicht periodisch erhoben werden. Der größte Ermittlungsaufwand im Rahmen der Grundsteuerreform ist einmaliger „Umstellungsaufwand“, der gleichwohl in gewissem Maße mit jeder grundlegenden (Steuer-) Reform verbunden ist. Hierdurch wird vor allem zugleich die Freiheitssphäre des Steuerpflichtigen geschont, denn eine Datenermittlung und Verifikation in seinem Privatbereich wird durch die Typisierungen weitgehend entbehrlich. Insgesamt erscheint durch das Verkehrswertmodell des Bundesgesetzgebers ein struktureller Gesamtvollzug sichergestellt, der keine unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen einerseits sowie unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand der Finanzbehörden andererseits begründet.

8  Eingehend 9  Dazu

zur „Grundsteuer C“ C.VIII. C.VI.



III. Zu den Landesgrundsteuergesetzen in ihren Grundkonzeptionen293

III. Zu den Landesgrundsteuergesetzen in ihren Grundkonzeptionen 1. Baden-Württemberg (BWGrStG) Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat sich für ein „modifiziertes Bodenwertmodell“ entschieden.10 Die von diesem getroffene und zugleich einzigartige „Doppelbelastungsentscheidung“, durch die Kombination von Leistungsfähigkeits- und Nutzenäquivalenzprinzip zur Begründung des Belastungsgrundes, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil es gelingt, diese willkürfrei in der „Nur-Boden-Bemessungsgrundlage“ des Landesgrundsteuergesetzes zum Ausdruck zu bringen.11 Die im Rahmen des Bewertungsverfahrens (§ 38 BWGrStG) auftretenden Ungleichbehandlungen zwischen den unbebauten und bebauten Grundstücken sowie durch den Rückgriff auf einen gar keine Anpassungen zulassenden Bodenwert können durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt werden. Es ist letztlich vor allem die „Fortwirkung“ einer in besonderem Maße auf Vereinfachung angelegten Belastungsentscheidung, die hier den Typisierungsspielraum des Landesgesetzgebers wahren kann. Darüber hinausgehend wirkt die Gegenbeweismöglichkeit in § 38 Abs. 4 BWGrStG gleichheitsrechtlich entlastend.12 2. Bayern (BayGrStG) Das bayerische wertunabhängige Flächenmodell (BayGrStG) wird aus mehreren Gründen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht: Eine kostenäquivalenztheoretische Belastungsentscheidung ist bereits in ihrer Abstraktheit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, zuvorderst gelingt es allerdings nicht, diese in einer reinen wertunabhängigen Flächen-Bemessungsgrundlage auszudrücken, insbesondere durch die gewählten Äquivalenzziffern und Flächengrößen für Grund und Boden sowie die Gebäudeflächen. Dies betrifft vor allem die Äquivalenzzahlen selbst: Selbst wenn man diese isoliert betrachtet als „Wesensmerkmal“ eines Äquivalenzmodells anerkennt, welches zwingend die Flächengrößen in einen Wertbetrag transformieren muss, so muss zumindest vom Gesetzgeber verlangt werden, ihre Relation zueinander plausibel begründen zu können. Entbindet man den Gesetzgeber hiervon, gewährt man ihm letztlich einen ver10  Zur

Konzeption B.II.3.b). B.IV.3.e)aa) (zur Belastungsentscheidung) und B.IV.3.f)dd) (zur Verknüpfung mit der Bemessungsgrundlage). 12  Siehe zur Ausgestaltungsebene C.V.2.e)bb). 11  Eingehend

294

D. Resümee

fassungsrechtlichen „Freifahrtschein“, der mit den Anforderungen an eine gleichheitsrechtlich gebotene Willkürprüfung nicht vereinbar erscheint.13 Weil ein Flächenmodell schon kraft seiner Belastungsentscheidung mit dem Anspruch besonderer Einfachheit auftritt, zeichnet es sich auf Ausgestaltungsebene durch besonders vielzählige und weitreichende Typisierungen aus. Nichtsdestotrotz kann ein Flächenmodell in Relation zum Verkehrswertmodell des Bundes nur bedingt durch besondere Einfachheit überzeugen. In Ansehung des Art. 14 GG eröffnet sich in (reinen) wertunabhängigen Flächenmodellen die Gefahr struktureller Substanzbesteuerung aufgrund des fehlenden Lagefaktors, weil deshalb wertlose, aber besonders große Grundstücke (vorwiegend in Gemeinderandgebieten) strukturell überbelastet werden könnten. Dass Substanzbesteuerungseffekte gleichwohl vermieden werden sollen, zeigt sich durch den besonderen Erlasstatbestand des Art. 8 BayGrStG.14 3. Hamburg (HmbGrStG) Für das hamburgische wertunabhängige Grundsteuergesetz gilt als Flächenmodell mit kostenäquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung nichts anderes als in Bayern. Darüber hinaus hat trotz äquivalenztheoretischer Belastungsentscheidung auch der hamburgische Gesetzgeber struktureller Substanzbesteuerung im Einzelfall in seinem Modell hinreichend entgegengewirkt. § 8 HmbGrStG ist als „eigentumsrechtliches Druckventil“ – vergleichbar mit Art. 8 BayGrStG – gestaltet. Die Messzahlreduktion für „normale“ Wohnlagen des § 4 Abs. 2 HmbGrStG sieht sich jedoch weiteren gleichheitsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Dies gilt in Hamburg vor allem aufgrund der erheblichen Begünstigungswirkung durch die Kumulation der Messzahlreduktionstatbestände.15 4. Niedersachsen (NGrStG), Hessen (HGrStG) Die wertunabhängigen Grundsteuermodelle Niedersachsens und Hessens beruhen auf dem Gedanken der sog. Nutzenäquivalenz. Sie grenzen sich zu den reinen wertunabhängigen Flächenmodellen durch einen zusätzlichen Lagefaktor (§ 5 NGrStG, § 7 HGrStG) ab. Die entscheidende Frage ist daher, ob die Mängel der wertunabhängigen Flächenmodelle Bayerns und Hamburgs hierdurch kompensiert werden können: Zwar greift der Lagefaktor ei13  B.IV.3.f)ee).

14  Zu den freiheitsrechtlichen Fragen der Äquivalenzmodelle unter B.IV.5.c)bb)(2) und (3). 15  Dazu C.VII.4.c)bb) und cc).



III. Zu den Landesgrundsteuergesetzen in ihren Grundkonzeptionen295

nen wesentlichen Schwachpunkt des wertunabhängigen Flächenmodells in Gestalt mangelnder Lagedifferenzierung innerhalb des Gemeindegebietes auf, verfassungsrechtliche Zweifel verbleiben gleichwohl aufgrund der bloß abgeschwächten Wirkung des Lagefaktors durch Anwendung eines Exponenten auf das Verhältnis des konkreten Bodenrichtwertes zum gemeindlichen Durchschnittsbodenrichtwert und seiner Pauschalität. Darüber hinaus liefern beide Landesgesetzgeber auch an dieser Stelle keine plausible Begründung für die Anwendung des konkreten Exponenten. Diesbezüglich wird nach hier vertretener Auffassung verfassungsrechtlich nichts anderes gelten können als für die Äquivalenzzahlen, sodass jedenfalls eine sachgerechte Begründung hierfür zu fordern ist.16 Niedersachsen und Hessen fehlt es ferner an Schutzmechanismen gegenüber einer Substanzbesteuerung im Einzelfall, denn ein Erlasstatbestand – vergleichbar mit § 8 HmbGrStG oder Art. 8 BayGrStG – ist nicht vorhanden. Beide Länder müssen daher einzig auf die differenzierende Wirkung des Lagefaktors vertrauen sowie, dass dieser für besonders gefährdete Grundstücke strukturell einen ausreichenden Abschlag gewährleistet. Daneben kann in Niedersachsen nur noch die Äquivalenzzahlreduktion für „übergroße Grundstücke“ eine Substanzbesteuerung konzeptionell verhindern, wie dies auch in Bayern und Hamburg möglich ist. Diese Möglichkeit gibt es im hessischen Grundsteuergesetz ebenfalls nicht. 5. Sachsen (SächsGrStMG), Saarland (GrStG-Saar) Die Grundsteuermesszahlgesetze Sachsens und des Saarlandes müssen sich nur hinsichtlich ihrer besonderen Steuermesszahlen verfassungsrechtlich rechtfertigen.17 Insoweit entsteht aber gleichheitsrechtlicher Rechtfertigungsdruck. Denn der saarländische Landesgesetzgeber hat sich für eine Privile­ gierung von Wohngrundstücken entschieden, die sich jedoch aus Gründen der Wohnraumförderung, wie in allen anderen Grundsteuergesetzen, gleichermaßen rechtfertigen lässt. Nichts anderes gilt für die Messzahlreduktion zur Wohnraumförderung in Sachsen. Sachsen privilegiert darüber hinaus die unbebauten Grundstücke besonders. Hierfür liefert der Gesetzgeber mit der Förderung der Lebens- und Luftqualität durch Freiflächen jedoch einen legitimen Gemeinwohlbelang, den er gleichheitsrechtlich verfassungskonform umgesetzt hat. Insoweit galt es zugleich zu beantworten, dass diese Frage auch hier der Ausgestaltungsebene zuzuordnen ist und der sächsische Landesgesetzgeber keine abweichende Belastungsentscheidung getroffen hat. 16  B.IV.3.f)ff). 17  Eingehend

C.VII.4.d).

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Stichwortverzeichnis Abbruchverpflichtung  216, 221, 227 Abweichungsbefugnis –– als Kompromisslösung  53 f. –– Bedeutung des Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG  59 ff. –– Landesgrundsteuergesetzgebung  39 f. –– partielles Gebrauchmachen  56 –– Reichweite  54 ff. –– Tatbestandsvoraussetzungen  57 ff. –– Typisierungsbefugnis  64 Allgemeiner Gleichheitssatz –– Folgerichtigkeit und Durchbrechung  120 f., 123 ff. –– Gleichmäßigkeit der Besteuerung  118 –– grundsteuerspezifische Konkretisierung  117 ff. –– Rechtfertigungsmaßstab  121 –– Rechtssetzungsgleichheit  118 ff. –– Verhältnismäßigkeit  120 f. –– Willkürverbot  118 Allgemeinverfügung  270, 279, 282 Alterswertminderung  226 f., 251 Anzeigepflichten  122 f., 233 f., 292 Appellentscheidungen  31 ff., 134, 288 Äquivalenzbetrag –– Bayern  43 f., 108, 253 –– Hamburg  44 f., 108, 253 –– Hessen  93 f., 113 ff., 158, 253 –– Niedersachsen  46, 93 f., 113 ff., 158, 253 Äquivalenzprinzip –– Baden-Württemberg  90 f., 102 ff. –– Bayern  91 f., 108 ff. –– Globaläquivalenz  82 f. –– Gruppenäquivalenz  85

–– Hamburg  92 f., 108 ff. –– Hessen  93 ff., 112 ff. –– Niedersachsen  93 ff., 112 ff. –– Steuerbegriff  84 ff. –– verfassungsrechtliche Anforderungen  80 ff. Äquivalenzzahlreduktion –– übergroße Grundstücke  157, 167, 171 f., 295 Aufklärungspflichten  32, 232 ff. Aufkommen   21, 24, 26, 162 Aufkommensneutralität  22, 35, 46, 110, 239 Automatisierungsstrategie  24, 135, 184 ff., 196 ff., 215, 263, 278 Baden-Württemberg –– Anzeigepflicht  234 –– Belastungsgrund  90 f. –– Bewertung der Grundstücke  41 –– Bodenrichtwert  41 –– Bodenwertmodell  40 ff. –– Ermäßigung der Steuermesszahl  42, 253 ff. –– Gegenbeweis bei Grundstücksbewertung  42 –– Grundsteuer C  42, 266, 284 –– Messzahlermäßigungen  42 –– Nachweis eines niedrigeren Wertes  42 –– Wohnraumförderung  42 Basiszinssatz  220 Baugebot  277 Baujahr  209, 211, 216 f., 223 ff., 231 Baulandmobilisierung  22, 42, 50 f., 265, 278, 284 Baulandsteuer  265, 271 ff.

Stichwortverzeichnis313 Bauleitplanung  277 Baupreisindizes  180, 219, 226 f., 230 Baureifes Land  201, 205 Bayern –– Anzeigepflicht  234 –– Belastungsgrund  91 f. –– Ermäßigung der Steuermesszahl  43, 255 f. –– Flächenmodell  44 –– Grundsteuer C  44, 266 Bebauungsplan  105, 277 Bedarfsbewertung  29, 197, 220, 229 Begründungspflicht –– Äquivalenzzahlrelation  110 f. –– Lagefaktor  113, 116 f. Beispielrechnungen –– Aussagekraft  130 ff. Belastungsgrund –– Bodenwertsteuer (Baden-Württemberg)  90 f. –– Bundesgrundsteuerrecht  174 ff. –– Flächenmodell (Bayern)  91 f. –– Flächenmodell (Hamburg)  92 f. –– Flächenmodell mit Lagefaktor (Hessen und Niedersachsen)  93 ff. –– folgerichtige Ausgestaltung –– gesetzgeberische Belastungsentscheidung als Ausgangspunkt  70 ff. –– Sachsen  260 f. –– Wahlrecht des Gesetzgebers  87 ff. Bemessungsgrundlage –– Ausgestaltung als Grundsatzfrage  35 ff. –– Verknüpfung mit Belastungsentscheidung  96 ff. Berufsregelnde Tendenz  146 Betriebsvorrichtungen  37, 229 Bewertung im Ertragswertverfahren siehe Ertragswertverfahren Bewertung im Sachwertverfahren siehe Sachwertverfahren Bewertung unbebauter Grundstücke siehe Vergleichswertverfahren

Bewirtschaftungskosten  191, 209, 212, 218 ff., 251 Bodenschätze  37 Bodenversiegelung  260 f., 263 Bodenwert –– Anpassung des Bodenrichtwertes  195 ff., 203 f. –– Beweis des niedrigeren Wertes  42, 206 –– Ermittlung  193 ff. Bodenwertmodell siehe Baden-Württemberg Bundesfinanzhof –– Appellentscheidungen  31 f., 123, 232 ff. –– Baulandsteuer  267 f., 272 f. –– Eingriff Art. 14 GG  147 –– Sachwertverfahren  181 Bundesgrundsteuerrecht –– Änderungen  61 –– Belastungsgrund  174 ff. –– Grundkonzeption  37 f. –– Messzahlen  238 ff. Bundesrat  34, 195 f. Bundesverfassungsgericht –– Einheitswertbeschlüsse  29, 32 f., 133 –– Grundsteuerentscheidung  28, 30, 32 f., 36 f., 52, 68, 133 f. Degressive Wirkung –– Flächenmodell  102, 112 –– Lagefaktor  115 f., 158 Demografischer Wandel  23 f., 35, 135, 290 Denkmalschutz  250 ff. Digitalisierung  23 f., 135 Doppelbelastungsentscheidung  90 f., 103 Einfamilienhaus  162, 185 f. Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) –– Begriff  146 f. –– Eingriff  147 f.

314 Stichwortverzeichnis –– Inhalts- und Schrankenbestimmung  147 f. –– kommunale Hebesatzgrenzen  162 ff. –– Rechtfertigung  148 ff. –– Substanzbesteuerungsgrenze  150 ff. Einheitlichkeit des Hebesatzes  43, 59, 153, 259, 265, 269, 286 Einheitsbewertung –– verfassungsrechtliches Scheitern  27 ff. Einheitswertbeschlüsse  21, 29, 133 Einkommensteuererklärung  217 Entwicklungszustände  41, 192, 196 ff. Erbbaurecht  37 Erbschaft- und Schenkungsteuer  29 f., 35, 96, 127 f., 133, 152, 195, 219 ff. Erdrosselung  79, 150 f. Erlass der Grundsteuer –– Baden-Württemberg  155 f. –– Bayern  44, 159 f. –– Bundesgrundsteuerrecht  80, 155 f. –– Hamburg  160 f. –– Hessen  161 –– Niedersachsen  161 Ersatzbemessungsgrundlage  30 Ertragswertverfahren –– Verfahren  38 –– Verfassungsmäßigkeit  180, 208 ff. Existenzminimum  78 ff. Finanzhoheit  81, 266 f. Finanzverfassung  53, 66 f., 69 Föderalismus  134 Folgerichtige Ausgestaltung des Belastungsgrundes –– Bodenwertsteuer (Baden-Württemberg)  102 ff. –– Flächenmodell (Bayern)  108 ff. –– Flächenmodell (Hamburg)  108 ff. –– Flächenmodell mit Lagefaktor (Hessen und Niedersachsen)  112 ff. Formell verfassungsrechtliche Anforderungen  50 ff.

Fortschreibung  188 f., 277 Freiheitsrechte siehe Eigentumsgarantie Fundustheorie  74 Garage  216, 255 Gebäude auf fremden Grund und Boden  37 Gebäudesachwert  38, 182, 225 Gebietskörperschaft  247 f. Gebrauchsvermögen  75, 78 ff., 148 f. Gebührenrecht  83 ff., 109, 175 Gemeindeeinheitliche Miete  191, 223 Gemeindesteuer  80 f., 83, 175 Gemeinnützigkeit  247 Gemischt genutzte Grundstücke  183 ff., 208, 241 Genossenschaft  247, 249 Geschäftsgrundstücke  183 ff., 208, 240 Gewerbesteuer  29 f., 35, 50, 83 Gewinnabführungsvertrag  247 ff. Globaläquivalenz  82 f., 85 ff., 175 Grundbesitz –– als verfassungskonformer Steuergegenstand  65 ff. –– Historie der Besteuerung  27, 58 Grundbuch  192, 206, 233 Grunderwerbsteuer  35, 195, 275 Grundkonzeptionen –– Baden-Württemberg  40 ff. –– Bayern  42 ff. –– Bundesgrundsteuerrecht  37 f. –– Hamburg  44 f. –– Hessen  47 f. –– Niedersachsen  45 ff. –– Saarland  49 f. –– Sachsen  48 f. Grundsteuer C –– Verfassungsmäßigkeit  265 ff. Grundsteuerhebesatz siehe Hebesatz Grundsteuermesszahlgesetze –– Saarland  49 f., 259 f. –– Sachsen  48 f., 259 ff. Grundstück

Stichwortverzeichnis315 –– unterausgenutztes   277 Gutachterausschuss  128, 135, 188, 192 f., 199 ff., 217, 219 f., 231 Halbteilungsgrundsatz  151 Hamburg –– Anzeigepflicht  234 –– Belastungsgrund  92 f. –– Bemessungsgrundlage  108 ff. –– Ermäßigung der Steuermesszahl  44 f., 255 ff. –– Flächenmodell  44 –– Grundsteuer C  45, 266, 284 Hauptfeststellung  22 f., 42, 137, 187 ff., 224 Hauptveranlagung  22 f., 188 ff., 242, 245, 249 Haushaltsplan  244 Hebesatz –– Autonomie der Gemeinden  21, 53, 82, 162 –– freiheitsrechtliche Grenzen  162 ff. –– Grundsteuer C  265 ff. Hessen –– Anzeigepflicht  234 –– Belastungsgrund  94 f. –– Flächen-Faktor-Modell  47 f. –– Grundsteuer C  48, 266, 282 ff. –– Lagefaktor  48 –– Steuermesszahlermäßigung  47 f. Historie –– Bodenrichtwertermittlung  193 ff. –– Einheitswerte  27 ff. –– Reformbemühungen  33 ff. ImmoWertV –– Baden-Württemberg  204 ff. –– Ertragswertverfahren  218 f. –– und Grundsteuerreform  193 ff. –– Vergleichswertverfahren  197 ff. Jahressteuergesetz  62, 196, 219, 221, 245

Karenzzeit  60, 282 Kaufpreissammlung  220 Kompetenzungewissheit  51 f. Konkurrenzverhältnis –– zwischen Belastungsgründen  87 ff. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz  22, 50 ff. Kostenwertmodell  34, 50 Lagefaktor  94, 99 f., 114 ff., 157 f. Land- und Forstwirtschaft  27, 37, 58, 174, 235 f. Landesgrundsteuermodelle –– als Grundsteuern  58 f. –– Anwendung des Bundesrechts  40 –– Konzeptionen  39 ff. Lastengleichheit –– grundsteuerspezifische Konkretisierung  117 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip  72 ff. Lenkungsnorm –– Art. 3 GG  140 ff. –– Art. 14 GG  148 f., 165 f. –– Grundsteuer C  268 –– Messzahlen  236 ff. Lenkungssteuer  91, 140 Liegenschaftszinssatz  128, 186, 191, 212 ff., 219 f. Materiell verfassungsrechtliche Anforderungen  64 ff. Median   46, 48, 114 f. Messzahlen –– Bundesgrundsteuerrecht  235 ff. –– Kumulation von Begünstigungsvorschriften  257 f. –– Landesgrundsteuerrecht  252 ff. –– Prüfungsmaßstab  235 ff. Mietausfallwagnis  219 f. Mietniveaustufen  209 ff., 218, 223 Mietwohngrundstück  208 Mikrozensus  183, 209 f., 218, 239 f. Mindestwert  193, 211, 225

316 Stichwortverzeichnis Mitteilungspflichten  32, 233 f. Mittelwert  48, 114 f. Mitwirkungspflichten   122, 206, 234 Modellkonformität  200, 229 Nachfeststellung  30, 32, 188, 277 Nettokaltmiete –– Ertragswertverfahren  209, 212 ff. –– Messzahlen  239 f. Niedersachsen –– Anzeigepflicht  234 –– aufkommensneutraler Hebesatz   46 f. –– Belastungsgrund  94 f. –– Bemessungsgrundlage  112 f. –– Grundsteuer C  47, 266, 281 –– Lage-Faktor  45 f. –– Steuermesszahlermäßigung  47 Niedrigerer gemeiner Wert  197, 206 Normalherstellungskosten  180 f., 219, 226 f., 230, 232, 291 Objektsteuer  73, 79 ff., 138 Öffentlich-rechtlicher Vertrag  246 Privatsphäre  139 Realsteuer  67, 83 Rechtfertigung –– Anforderungen  138 ff. –– Bedarf  64 f. Rechtsetzungsgleichheit  119 ff. Reformbemühungen  33 ff. Regressive Wirkung  99, 214 Renditeobjekte  180, 183 Restnutzungsdauer  210 f., 216, 221 ff., 226 f. Rohmiete  182 Saarland –– Gesetzesentwicklung  49 f. –– Verfassungsmäßigkeit  259 f. Sachsen –– Belastungsgrund  260 f. –– Gesetzesentwicklung  48 f.

–– Verfassungsmäßigkeit  259 ff. Sachwertverfahren –– Verfahren  38 –– Verfassungsmäßigkeit  225 ff. Sanktionen  123, 233 Senat  45, 256 f. Sollertragsteuer –– als Belastungsobergrenze  150 ff. –– Baden-Württemberg  91 –– Bedeutung für die Landesgrundsteuergesetze  154 –– freiheitsrechtliche Zulässigkeit  78 ff. –– gleichheitsrechtliche Zulässigkeit  75 ff. Sonderhebesatz siehe Grundsteuer C Städtebauliche Gründe  43, 265, 269 f., 274 f., 279 f., 287 Standardstufen  226, 230, 232 Steuerbegriff  84 ff., 150, 169 Steuermessbetrag  38, 48, 164, 271 Steuermesszahl siehe Messzahl Substanzbesteuerung –– Schutzmechanismen in den Grundsteuermodellen  154 ff. –– Vermögensteuerbeschluss  147, 149, 151, 177 Systemwechsel  50, 88, 176, 182 Teileigentum  37, 208, 225, 240 Typisierungsbefugnis –– Äquivalenzmodelle  136 f. –– Grundsätze  132 ff. Übergangsregelung  23, 32 f. Übergroße Grundstücke  43, 157 f., 161, 167, 171 f., 295 Überwälzbarkeit   55, 69, 77 f., 98, 244, 247, 280 Umrechnungskoeffizienten  128, 194, 211, 217, 222, 228 Ungleichbehandlung –– Differenzierung zwischen qualitativsystematischen und quantitativen Ungleichbehandlungen  123 ff.

Stichwortverzeichnis317 –– Identifizierung in verkehrswertabhängigen Modellen  125 ff. Unvereinbarkeitserklärung  32 f. Verbraucherpreisindex  219 Verbrauchsteuern  36, 76 Verein  247, 249 Vergleichswertverfahren –– Baden-Württemberg  41, 107 f., 203 ff. –– Bundesgrundsteuerrecht  38, 179 f., 192 ff., 197 ff. Vermögensstamm  149, 151 f. Vermögensteuer  28 f., 57, 66, 79, 89, 96, 139, 151 f. Verordnung –– MietNEinV  210 –– Wohngeldverordnung  210, 218 Verwaltungsakt  246 Verwaltungsgericht  149, 163 f., 167, 171 Verwaltungsökonomie  28, 33 f., 132 f. Vollregelung  41, 56, 64 Vollzugsdefizite  32, 122 f., 203, 216, 232 ff. Vorkaufsrecht  277

Wertabhängiges Modell –– in der Reformdiskussion  34 Wertunabhängiges Modell –– in der Reformdiskussion  34 –– Legitimität in Landesgrundsteuergesetzen  96 f. –– Verknüpfung mit Leistungsfähigkeitsprinzip  101 f. Wertzahl  130, 180, 191, 225, 227, 231 f. Willkürmaßstab –– Belastungsentscheidung  74 f. –– Grundsätze  119 –– Lenkungsnormen   141 f. –– Steuergegenstand  66 Wohnlagemodell  39 f., 44 f., 58, 111 Wohnraumförderung –– Bundesgrundsteuerrecht  239 ff. –– Landesgrundsteuerrecht  252 ff. Wohnraumknappheit  264 f. Wohnungsbaugesellschaft  247 f. Wohnungseigentum  37, 208, 220 Zustimmungsgesetz  60 Zweifamilienhaus  185 f.