Die Straftaten gegen das Strafrecht: Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 28. November 1984 9783110909098, 9783110106435


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German Pages 34 [36] Year 1985

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Die Straftaten gegen das Strafrecht: Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 28. November 1984
 9783110909098, 9783110106435

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Friedrich-Christian Schroeder Die Straftaten gegen das Strafrecht

Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft zu Berlin Heft 96

w DE

G_ 1985 Walter de Gruyter • Berlin • New York

Die Straftaten gegen das Strafrecht

Von Friedrich-Christian Schroeder

Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 28. November 1984

w DE

_G 1985

Walter de Gruyter • Berlin • N e w York

Dr. jur. Friedrich-Christian

Schroeder

Professor (Ordinarius) für Strafrecht, Strafprozeßrecht und Ostrecht an der Universität Regensburg

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Schroeder, Friedrich-Christian: Die Straftaten gegen das Strafrecht : Vortrag, gehalten vor d. Jur. Ges. zu Berlin am 28. November 1984 / von Friedrich-Christian Schroeder. Berlin; New York : de Gruyter, 1985. (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft zu Berlin ; H . 96) ISBN 3 11 010 643 4 N E : Juristische Gesellschaft (Berlin, West): Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e. V. Berlin

© Copyright 1985 by Walter de Gruyter & Co. 1000 Berlin 30 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Saladruck, Berlin 36 Bindearbeiten: Verlagsbuchbinderei Dieter Mikolai, Berlin 10

I. D i e Tatbestände des Besonderen Teils unseres Strafgesetzbuchs schützen das L e b e n , die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit, die E h r e , das E i g e n t u m und V e r m ö g e n , den Staatsbestand und die verfassungsmäßige O r d n u n g und andere Rechtsgüter. F ü r eine Reihe von Tatbeständen hat der G e s e t z g e b e r dagegen nur das floskelhafte, nichtssagende S c h u t z o b j e k t der „öffentlichen O r d n u n g " gefunden. Sie reichen v o m Hausfriedensbruch über die A m t s a n m a ß u n g bis z u m Vortäuschen einer Straftat. M . E . läßt sich aus dieser amorphen Masse eine G r u p p e von Tatbeständen mit einer ganz spezifischen Zielrichtung herausarbeiten 1 . N e h m e n wir als Ausgangspunkt § 1 3 8 S t G B : D i e s e V o r s c h r i f t dient augenscheinlich dazu, die dort aufgeführten Straftaten zu verhindern. A u c h der Z w e c k der durch das 1 4 . S t Ä G von 1976 in § 145 d S t G B eingefügten

Alternativen

der

Vortäuschung

des

Bevorstehens

einer

schweren Straftat und der Täuschung über Beteiligte daran (Abs. 1 N r . 2, A b s . 2 N r . 2) wird allgemein in dem Schutz der Arbeitskapazität der Kriminalitätsverhütungsorgane und damit in der Kriminalitätsverhütung gesehen 2 . D e m g e g e n ü b e r sieht man den Z w e c k des bisherigen Bereichs des § 145 d - Vortäuschen einer begangenen Straftat und Täuschung über Beteiligte daran - in der Verhinderung der Blockierung der Arbeit der StraiverfolgungsorganeDa

indessen für die ersten Ermittlungen auf-

grund einer Anzeige die Polizei zuständig ist und diese gleichzeitig die Aufgabe der Kriminalitätsverhütung wahrzunehmen hat, läßt sich der Schutz der beiden F u n k t i o n e n nicht voneinander trennen, und dienen alle Alternativen des § 145 d S t G B sowohl der Kriminalitätsverhütung als auch der Kriminalitätsverfolgung, w o b e i aus der Sicht des Rechtsgüterschutzes die Kriminalitätsverhütung im R a n g vorgeht 4 . In diesen Bereich gehört auch § 1 6 4 S t G B 5 . 1 Die folgende Darstellung soll eine erstmals in meiner Neubearbeitung des Lehrbuchs des Besonderen Teils des Strafrechts von Maurach (6. Aufl., Tlbd. 2, 1981) entwickelte Konzeption näher begründen und ausbauen. 2 Im Anschluß an die Begründung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Dr. 7/3030, S. 9. ' So zuletzt BGHSt. 19, 305, 308. 4 Abi. Krümpelmann, Täuschungen mit Wahrheitskern bei § 145 d Abs. 2 Ziff. 1 StGB, ZStW Bd. 96 (1984), S. 999 ff., 1009 f. 5 Der vielfach vertretene Ehrenschutz ist jedenfalls nachrangig, s. Maurach/ Schroeder, a.a.O. (Anm. 1), S.314f.

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Während die bisher genannten Tatbestände der Verhinderung bereits geplanter oder sogar in Ausführung befindlicher Straftaten dienen, richten sich andere bereits gegen die Anregung des Entschlusses zu Straftaten, mit einem modernen Wort: gegen kriminogene Verhaltensweisen. Hierher gehören die Verherrlichung und Verharmlosung von Gewalt (§131 StGB) sowie die - vor kurzem wieder aufgehobene - Anleitung zu Straftaten (§ 130 a StGB). Aus dem Abschnitt „Widerstand gegen die Staatsgewalt" kommt die öffentliche Aufforderung zu Straftaten nach § 111 StGB hinzu. Unter dem Aspekt der kriminogenen Verhaltensweisen erschließen sich auch andere Tatbestände des Abschnitts „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung". Schon bei der Schaffung des Straftatbestandes der Bildung krimineller Vereinigungen bemerkte Richard Lange: „§129 hat unvermerkt einen Sinnwandel durchgemacht und gehört nicht mehr in den 7. Abschnitt der Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche O r d nung, sondern in die Nachbarschaft des § 49 b oder allenfalls des § 111"'. Die Gefährlichkeit krimineller Vereinigungen nach den §§ 129 und 129 a StGB sehen Wissenschaft und Rechtsprechung in der gegenseitigen kriminellen Stimulierung und Enthemmung der Mitglieder und in der stärkeren Schlagkraft und Eigendynamik der Organisation 7 . Damit dient auch dieser Tatbestand der Unterdrückung kriminogener Verhaltensweisen. Wegen seiner kriminogenen Wirkung unter Strafe gestellt ist aber offensichtlich auch der Vollrausch nach § 323 a StGB8. Schließlich gehört in diesen Zusammenhang die Verleitung von Untergebenen zu Straftaten nach den §§357 StGB, 33, 34 WStG. Auch für den Tatbestand der Zuhälterei (§181a StGB) ist behauptet worden, daß er im wesentlichen wegen der Kriminogenität dieser Verhaltensweise geschaffen worden sei9. Dies war jedoch allenfalls ein zusätzlicher Gesichtspunkt; im Vordergrund stand der Schutz der Prostituierten vor einer Bindung an die Prostitution 10 . 6 Strafrechtsänderungs- und Freiheitsschutzgesetz. Kommentar (zugleich Nachtrag zu Kohlrausch/Lange, Strafgesetzbuch, 39./40. Aufl.), 1952, S. 36. 7 BGHSt. 28, 147, 148f.; weit. Nachw. bei Maurach/Schroeder, a.a.O. ( A n m . l ) , S.299. 8 Die Auffassung des § 323 a StGB als Straftat gegen das Strafrecht bleibt auch erhalten, wenn man seinen Zweck in der Sicherung der Zurechnung und damit der Bestrafung sieht (Jakobs, Strafrecht. Allg. Teil, 1983, S.413f.; zust. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 4. Aufl., 1984, S.635). Die Bestrafung ist jedoch kein Selbstzweck, sondern nur zur Abschreckung von vermeidbaren Verletzungen oder Gefährdungen zulässig. ' Abg. Dr. Penner, Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform 7. Wahlperiode, S. 2445; Fincke, Das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen Teil des Strafrechts, 1975, S.81. 10 Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsform, 6. Wahlperiode, S. 1744ff.; BT-Dr. VI/1552, S.29, 6/3521, S.49.

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Schließlich wird auch § 140 StGB, die Belohnung und öffentliche Billigung von Straftaten, allgemein als Vorschrift gegen die Aufhetzung zu weiteren gleichartigen Taten angesehen". Ein solcher Zweck des Gesetzes erscheint allerdings weder von der möglichen Wirkung noch von den Absichten der Täter gedeckt. Daß die öffentliche Billigung einer bestimmten vergangenen Straftat zu weiteren gleichartigen Straftaten anreizt, hat sich bei den bisher vorgekommenen Fällen (Rechtfertigung der Ermordung des Zentrumspolitikers Erzberger in der Weimarer Republik, Buback-„Nachrufe" in der Bundesrepublik) nicht empirisch erwiesen und erscheint auch nicht besonders plausibel. Der E 1962 hat auf das Erfordernis eines Nachweises der Gefahr, daß ein anderer zu einem Verbrechen angereizt wird, ausdrücklich verzichtet, um die Vorschrift nicht zu eng werden zu lassen und vor allem die öffentliche Billigung nationalsozialistischer Massenverbrechen erfassen zu können 12 . Für die Erfassung der Anreizung zu Verbrechen wäre die Beschränkung auf die Anknüpfung an ein tatsächlich begangenes Verbrechen 13 völlig unsachgemäß; sinnvoll wäre hierfür eine Strafbarkeit der allgemeinen Befürwortung von Straftaten. Auch die Täter wollen mit ihrer Billigung eines bestimmten begangenen Verbrechens in aller Regel keine weiteren gleichartigen Verbrechen erzielen (dazu wäre die straflose allgemeine Befürwortung von Verbrechen viel zweckmäßiger!), sondern sie wollen die Rechtsgemeinschaft provozieren. Hierfür ist gerade die Anknüpfung an eine tatsächlich begangene schwere Straftat sinnvoll, und der beabsichtigte Erfolg tritt - wie die Buback-„Nachrufe" gezeigt haben - auch in aller Reggl ein. § 140 StGB schützt daher die grundlegenden Wertauffassungen der Gemeinschaft 14 und berührt sich insoweit mit der Beschimpfung religiöser Bekenntnisse, der Tierquälerei, der Pornographie und der Staats- und Verfassungsverunglimpfung 15 . Bemerkenswerterweise stellt das österr. StGB die Gutheißung begangener mit Strafe bedrohter Handlungen „in einer zur Empörung des allgemeinen Rechtsempfindens geeig-

11 BGHSt. 22, 282, 285; B G H NJW 1978, 58, 59; Hanack, Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 10. Aufl. 1978, §140 Rdn. 1. 12 Begründung, S.465. Dagegen hatten der VE 1909 und der KE 1913 das einschränkende Merkmal der Gefährdung der gesetzlichen Ordnung vorgesehen (§131 VE m. Begr. S.479, 482; §212 KE). Allerdings nähert sich der E 1962 mit seiner Definition des öffentlichen Friedens als Störung des Gefühls der Rechtssicherheit dieser Auffassung wieder an und kann die bloß empörende Billigung nationalsozialistischer Massenverbrechen kaum erfassen. S. auch u. bei Anm. 33 ff. 13 Zur Entstehung dieses Erfordernisses s.u. Anm. 81. 14 Vgl. auch Arzt/Weber, Strafrecht. Besonderer Teil. L H 5 (1982), Rdn. 47, 80. 15 Hierzu Schroeder, Probleme der Staatsverunglimpfung, JR 1979, 89 ff., 90.

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neten Art" (neben der Eignung zur Aufreizung zu solchen Handlungen) unter Strafe (§283)! Wegen seiner Spezifizierung auf das Strafrecht gehört § 140 StGB jedoch auch danach in den vorliegenden Zusammenhang. § 145 d StGB dient - wie oben dargelegt - auch dem Schutz der Strafverfolgung. Damit haben wir die dritte Stufe der Bekämpfung von Straftaten erreicht. Dem Schutz der Strafverfolgung scheint vor allem die Alternative der Verfolgungsvereitelung der Strafvereitelung nach §258 Abs. 1 StGB zu dienen. Allerdings erfaßt §258 Abs. 1 StGB die Verfolgungsvereitelung nur in deren Endauswirkung der Vereitelung der Verurteilung, die teilweise gar nicht mehr zum Begriff der Strafverfolgung gezählt wird16. Geglückter erscheinen insofern das schweizerische und das österreichische Strafrecht, die auf die Entziehung gegenüber der Strafverfolgung abstellen (Art. 305 Schweiz. StGB, §299 österr. StGB). Über das Endstadium der Vereitelung der Verurteilung erfaßt die deutsche Regelung zwar auch die vorausgehende Vereitelung der Verfolgung, macht dabei jedoch einen u. U. sehr schwierigen Nachweis der Kausalität erforderlich. An die Verfolgungs- bzw. Verurteilungsvereitelung schließt sich als nächste und letzte Stufe die Vollstreckungsvereitelung an. Sie ist allgemein in §258 Abs. 2 StGB geregelt. Ebenso wie die Verfolgungsvereitelung erfaßt auch die Vollstreckungsvereitelung neben der Vereitelung der Vollstreckung von Strafen auch die Vereitelung der Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, des Verfalls, der Einziehung und der Unbrauchbarmachung; das Gesetz verwendet hierfür den Oberbegriff der „Maßnahme" (vgl. §11 Abs. 1 Nr. 8 StGB). Daneben gibt es aber noch eine Reihe von Vorschriften, die die Vereitelung spezieller Sanktionen erfassen: den Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht und gegen das Berufsverbot nach den § § 1 4 5 a und 145 c StGB, die Gefährdung einer Entziehungskur nach § 3 2 3 b StGB, die Entziehung aus der Fürsorgeerziehung nach § 86 JWG 1 7 , das Fahren trotz Entzugs der Fahrerlaubnis nach §21 StVG und den Verstoß gegen das Verbot der Tierhaltung nach § 20 Abs. 3 Tierschutzgesetz. Die Zusam-

" S. z . B . v.Hippel, Der deutsche Strafprozeß, 1941, S.243. S. ferner § 1 5 3 Abs. 1 und Abs. 2 StPO. S. andererseits § 78 Abs. 3 StGB. 17 Die Fürsorgeerziehung hat sich zwar von ihrer ursprünglich rein straftatreaktiven Funktion ( § 5 5 StGB 1871) gelöst und wird heute allgemein bei Verwahrlosung oder Verwahrlosungsgefahr Minderjähriger angeordnet ( § 6 4 J W G ) ; die jugendrechtliche Literatur bemüht sich um eine Zurückweisung jeder Verbindung mit der Kriminalprophylaxe. Aber auch heute noch wird die Fürsorgeerziehung bei Straftaten Jugendlicher angeordnet ( § § 5 , 9, 12 J G G ) ; Straftaten sind Hauptsymptom der Verwahrlosung ( P o t r y k u s , Jugendwohlfahrtsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 1972, § 6 4 A n m . 4 . ) .

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menführung dieser weit verstreuten Tatbestände auf den gemeinsamen N e n n e r der Sanktionsvereitelung macht übrigens überraschende Unterschiede in der Ausgestaltung sichtbar", deren Berechtigung hier nicht näher überprüft werden kann. Auch die Gefangenenbefreiung nach den §§ 120, 121 StGB betrifft vornehmlich Strafgefangene; die §§ 120, 121 StGB dienen daher weit überwiegend dem Schutz der Strafvollstreckung. Die Tatbestände erfassen aber auch - wenn auch weitgehend auf dem Papier - die Befreiung von Untersuchungsgefangenen, O r d n u n g s - oder Zwangsmitteln Unterworfenen, vorläufig Festgenommenen und anderen Gefangenen, so daß ihr Schutzbereich weiter der staatliche Gewahrsam an Personen schlechthin und damit die staatliche Tätigkeit ist".

II. Unsere bisherigen Betrachtungen haben es als Zweck von nicht weniger als dreizehn, z u m Teil umfangreichen Paragraphen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs und fünf Paragraphen des Nebenstrafrechts erwiesen, kriminogene Verhaltensweisen zu verhindern und die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten sowie die Strafvollstreckung zu sichern. Die Vorschriften z u m Schutz der Strafverfolgung und -Vollstreckung dienen übrigens mittelbar auch wieder der Kriminalitätsverhütung, nämlich einmal über die General- und Spezialprävention durch Vollstreckung, zum anderen durch die Androhung der Hilflosigkeit des Täters 20 . Ein Teil dieser Tatbestände ist schon früher als Straftaten gegen die Rechtspflege charakterisiert worden 2 '. Aber zum einen erfaßte diese Charakterisierung nicht alle hier behandelten Tatbestände; insbesondere die

" Verstöße des Verurteilten selbst oder Dritter oder beider; Entziehung schlechthin oder nur gegenüber einem bereits eingeleiteten Verfahren; Subsidiarität des § 86 JWG gegenüber § 120 StGB u.a. 15 Maurach/Schroeder, a . a . O . (Anm. 1), S. 153ff., 290. Die Annahme von Gesetzeskonkurrenz zu §258 bei Dohna, Grenzen der Idealkonkurrenz, ZStW Bd.61, S. 131 ff., 133 (zust. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969, §73 V 1 e) beruht nicht auf einer Deckung der beiden Rechtsgüter, sondern auf der weitergehenden Annahme von Gesetzeskonkurrenz bei bloßer regelmäßiger Dekkung. 20 So mit Recht, allerdings einseitig, Miehe, Die Schutzfunktion der Strafdrohungen gegen Begünstigung und Hehlerei, Festschrift für Honig, 1970, S. 91 ff., 104, 105, 107, 109. 21 So vor allem Maurach, Deutsches Strafrecht. Besonderer Teil, 5. Aufl., 1969, S.672ff.; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11.Aufl., 1969, S.516ff. S. auch §§165ff. VE, §§226ff. KE 1913, §§346ff. E 1936.

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Aufforderung zu strafbaren Handlungen nach §111 StGB, die Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 StGB und die Belohnung und Billigung von Straftaten nach § 140 StGB blieben als „Straftaten gegen die Staatsgewalt", und zwar als deren „Gefährdung", ausgeklammert 22 . Mag man dies noch als fehlenden Mut zur Konsequenz abtun, so ist die Charakterisierung als „Straftaten gegen die Rechtspflege" andererseits auch zu allgemein. Dies zeigt sich vor allem bei einem Vergleich mit den Aussagedelikten, die nach den genannten Systemen den Kern der „Straftaten gegen die Rechtspflege" bilden. Die Aussagedelikte schützen alle gerichtlichen Verfahren, also neben dem Strafverfahren auch das Zivil-, das Verwaltungsgerichts-, das Arbeitsgerichts-, das Sozialgerichts- und das Finanzgerichtsverfahren. Bei den hier behandelten Tatbeständen geht es dagegen allein um den Schutz der Strafrechtspflege. Besonders deutlich zeigt sich die Brüchigkeit der Auffassung dieser Delikte als „Straftaten gegen die Rechtspflege" bei der Behandlung der Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 StGB durch Maurach23. Er gesteht nämlich zu, daß diese Einordnung eigentlich die Strafbarkeit der Nichtanzeige von Taten, die nicht bestraft werden können, z. B. wegen Schuldunfähigkeit oder Exterritorialität, ausschließen müßte. Da dies jedoch mit Recht allgemein abgelehnt werde, müsse man als Rechtsgut nicht nur die Strafrechtspflege, sondern auch die Verbrechensprophylaxe ansehen. Über die eigenartige Gedankenführung, daß nicht das Rechtsgut den Anwendungsbereich, sondern umgekehrt der herrschende Anwendungsbereich das Rechtsgut bestimmen soll, soll hier nicht näher gestritten werden. Um die Funktion des §138 StGB als Verbrechensprophylaxe in seinem System unterbringen zu können, mußte Maurach das Rechtsgut der Rechtspflege zu einer „Rechtspflege i. w. S." ausweiten. Übrigens war Maurachs selbsterhobener Einwand noch nicht einmal der entscheidende; für den Schutz der Verbrechensprophylaxe sprechen weiterhin die Pflicht zur Anzeige des bloßen - straflosen (!) - „Vorhabens" der Katalogtaten, das Erfordernis der noch bestehenden Abwendungsmöglichkeit und schließlich die Zulässigkeit der Anzeige gegenüber dem Bedrohten 24 . Ähnlich brüchig ist Maurachs Deutung des § 129 StGB. Er betont dessen „ausgesprochen präventiv-polizeilichen Charakter", reduziert aber dann das Rechtsgut auf die staatliche Zwangsgewalt 25 . Allerdings war die Gesetzgebung der hier vorgenommenen Zusammenfassung und Einordnung dieser Straftaten bereits einmal sehr nahe. Der 22 Maurach a . a . O . (Anm.21), S.624ff., 664ff.; Otto, Grundkurs Strafrecht. Die einzelnen Delikte, 2. Aufl., 1984, S. 435 ff. 23 A . a . O . (Anm.21), S.721. 2 " Vgl. auch Hanack, LK, 10. Aufl. 1978, § 138 Rdn.2. 25 A . a . O . (Anm.21), S.670.

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auch ansonsten sehr originelle - Entwurf von 1919 gliederte die Aufforderung und das Erbieten zu Verbrechen, die Verabredung von Verbrechen und die Bandenbildung sowie die Begünstigung und Strafvereitelung im Gegensatz zu den vorangegangenen Entwürfen aus den Straftaten gegen die Rechtspflege aus und faßte sie zu einem eigenen Abschnitt zusammen (§§231 ff.). Dieser Abschnitt trug zwar die rein additive Uberschrift „Vorbereitung von Straftaten. Begünstigung. Strafvereitelung". Die Begründung erkannte jedoch klar das Hauptcharakteristikum dieser Tatbestände: „Den Tatbeständen dieses Abschnitts ist gemeinsam, daß sie Handlungen unter Strafe stellen, welche die Förderung anderer Straftaten zum Gegenstande haben" 26 . Allerdings wird hierbei für die Strafvereitelung und die Begünstigung nur auf die unmittelbare Förderung der Vortat abgestellt, nicht auf die mittelbare Förderung anderer strafbarer Handlungen durch Verhinderung der General- und Spezialprävention. Der E 1925 schritt auf diesem Wege fort und bezog auch noch die Nichtanzeige ein (§§ 182 ff.). Ihm folgten die E 1927 und 1930 (§§ 196 ff.), ehe der nationalsozialistische Entwurf von 1936 wieder zu der institutionellen Einordnung als „Angriffe auf die Rechtspflege" zurückkehrte (§§346 ff.). Die Zwecke dieser Tatbestände: die Verhinderung der Planung und Ausführung von Straftaten, die Mißbilligung von Straftaten, die Verurteilung und die Strafvollstreckung sind die Zwecke des Strafrechts schlechthin. Die darin verbotenen Straftaten richten sich gegen die Aufgaben des Strafrechts schlechthin, sie sind - Straftaten gegen das Strafrecht. Diese Tatbestände dienen dazu, die Wirkung der übrigen Straftatbestände zu sichern und zu verstärken. Das Rechtsgut dieser Tatbestände ließe sich daher immer nur als Bezugsgriff oder Vorverlagerung umschreiben: Strafrechtspflege, Gewährleistung des Strafrechts, Verhinderung strafbarer Handlungen usw. In Wahrheit haben diese Tatbestände kein eigenes Rechtsgut. Ihre Rechtsgüter sind die durch die sonstigen Tatbestände des Strafrechts geschützten Rechtsgüter. Diese Erkenntnis setzt sich in der letzten Zeit, von den einzelnen Tatbeständen ausgehend, immer mehr durch. Für § 111 StGB hat sie Dreher17, für § 129 StGB Rudolph?', für die §§257 und 258

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S. 178. Der Paragraph mit dem Januskopf, Festschrift für Wilhelm Gallas zum 70. Geburtstag, 1973, S. 307 ff., 312, allerdings neben dem inneren Frieden. 28 Verteidigerhandeln als Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung i.S. der §§129 und 129 a StGB, Festschrift für H.-J. Bruns, 1978, S. 315 ff., 317 f.; Notwendigkeit und Grenzen einer Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes im Kampf gegen den Terrorismus, ZRP 1979, 214ff„ 215f.; SK, §129, Rdn.2. 27

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StGB Miehe29 dargelegt. Bei §138 StGB wurde diese Auffassung schon früher vertreten und gewinnt immer mehr Anhänger30.

III. Für die Alternative der öffentlichen Billigung einer Straftat verlangt §140 StGB seit dem 14.StAG von 1976 allerdings eine Eignung, den öffentlichen Frieden zu stören. Schon 1968 hatte der B G H im Anschluß an den E 1962 den Rechtsfrieden als Rechtsgut des § 140 angesehen". Auch für § 111 StGB nimmt der B G H im Anschluß an eine verbreitete Meinung im Schrifttum dieses Rechtsgut an32. Bedenken ergeben sich zunächst aus der Unschärfe des Begriffs des öffentlichen Friedens. Der E 1962, der einen eigenen Abschnitt „Straftaten gegen den Gemeinschaftsfrieden" vorgesehen und in diesen von den hier behandelten Tatbeständen die Aufforderung zu Straftaten, die Belohnung und Billigung von Straftaten und die Bildung krimineller Vereinigungen eingegliedert hatte, definierte den Gemeinschaftsfrieden als öffentliche Sicherheit und Ordnung, die dagegen gerichteten Straftaten als Hervorrufung von Unruhe, Unfrieden, Schrecken oder Unsicherheit in der Bevölkerung33. BGHSt. 22, 282, 285 f. knüpfte an diese Äußerung an, „erläuterte" („also") sie aber als Förderung der allgemeinen Verbrechensbereitschaft, als „,psychisches Klima', in dem gleichartige Untaten gedeihen". Später anerkannte der B G H dann zwei Richtungen der Friedensstörung, nämlich die Erschütterung des Vertrauens der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit und die Aufhetzung weiterer potentieller Täter durch die Schaffung eines psychischen Klimas, in dem gleichartige Untaten gediehen34. Was das kriminogene Klima anbetrifft, so deckt sich diese Auffassung völlig mit der oben entwickelten Richtung dieser Tatbestände gegen das Strafrecht; eines eigenen Rechtsguts „Rechtsfrieden" bedarf es nicht. Der Effekt der Einschränkung des § 140 StGB durch die Ausscheidung längst vergangener oder ausländischer Straftaten35 läßt sich daher mit der hier vertretenen Auffassung noch besser erreichen. Die Einschränkung durch den B G H geht allerdings über die hier vertretene hinaus, indem die bloße Provokation nicht mehr erfaßt wird. Die Hervorrufung von Unruhe, A . a . O . (Anm.20), S. 105, 109, 112. S. bes. Schöne, Unterlassene Erfolgsabwendungen und Strafgesetz, 1974, S. 114 f. m.Nachw. 31 BGHSt. 22, 282, 285. 32 BGHSt. 29, 258, 267 m. Nachw. 33 S. 462, 465. 34 NJW 1978, 58, 59. 35 BGHSt. 22, 282, 285. 29 30

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Unfrieden, Schrecken und Unsicherheit in der Bevölkerung ist die Wirkung der Befürchtung der angesprochenen Straftaten als solcher; aus ihr kann nicht noch einmal ein eigenes Rechtsgut geschmiedet werden. Bei § 111 StGB stützt der B G H das Rechtsgut des Gemeinschaftsfriedens auf die besondere Gefährlichkeit der Begehungsweise36. Nun ist es schon fragwürdig, daß die Begehungsweise überhaupt ein eigenes Rechtsgut begründen soll. Überdies erschöpft sich die Begehungsweise bei § 111 StGB in der Öffentlichkeit der Aufforderung. Es erscheint schwer nachvollziehbar, daß die bloße Öffentlichkeit einer Handlung einem Tatbestand ein eigenes Rechtsgut verleihen soll37. Worin besteht im übrigen die immer wieder behauptete Gefährlichkeit der Begehungsweise? Schröder verweist auf die Gefahr einer Massenkriminalität58. Dies ist jedoch angesichts der geringen Anforderungen an den Begriff der Öffentlichkeit stark überzogen. Nach Maurach kann der Täter bei der öffentlichen Aufforderung angesichts der Rätsel und Gefahren der Massenpsychologie die Auswirkungen seines Verhaltens nicht mehr übersehen3'. Dreher fügte das Argument hinzu, daß der Täter die Aufnahme seiner Botschaft nicht mehr verhindern könne40. Diese Argumente spekulieren auf einen möglichen Willen des Täters zur Schadensbegrenzung und machen dessen fehlende Verwirklichungsmöglichkeit zur Begründung einer besonderen Gefährlichkeit. Sie sind verfehlt: der Rücktritt ist ein Strafaufhebungs-, aber die Tatbegehung mit Rücktrittsmöglichkeit kein Strafmilderungsgrund. Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich anderer Ansicht: zur Berücksichtigung eines nicht mehr realisierbaren Rücktrittswillens wurde die Mindeststrafe von §111 Abs. 2 StGB 1976 reduziert41. Dreher führt schließlich noch die besondere Verunsicherung der Bevölkerung dadurch an, daß niemand wisse, wer die Aufforderung befolgen werde und welche konkreten Taten schließlich begangen würden42. Die Angst vor Straftaten ist aber einerseits - wie bereits dargelegt - die Folge jeder mindestens schwereren Straftat, andererseits Gegenstand besonderer Strafvorschriften gegen die Androhung von Straftaten (§§ 126, 241 StGB) BGHSt. 29, 258, 267. Abi. auch Lackner, StGB, 15. Aufl., 1983, Anm. 1. Jetzt Schönke/Schröder/Eser, StGB, 21. Aufl., 1982, §111 Rdn.2. 39 Maurach, a . a . O . (Anm.21), S.667; übernommen von Samson, Die öff. Aufforderung zur Fahnenflucht an NATO-Soldaten, J Z 1969, 259, 260; Rogall, Die verschiedenen Formen des Veranlassens fremder Straftaten, GA 1979, 11 ff., 16. 40 Das 3. Strafrechtsreformgesetz und seine Probleme, N J W 1970, 1153 ff., 1156; derselbe, a. a. O. (Anm. 27), S. 313; übernommen von der Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines 13. StÄG, BT-Dr. 7/3030, S. 10: Unmöglichkeit der „Abstiftung". 41 BT-Dr. 7/3030, S.6f. 42 A . a . O . (Anm.27), S.312f., 317. 36 37

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und schließlich gerade der Anlaß der Strafbarkeit der hier behandelten Straftaten, so daß sie nicht n o c h einmal als besonderes Rechtsgut verwertet werden kann. D i e v o m B G H b e z w e c k t e Abweisung einer Straflosigkeit der Beihilfe zu § 111 StGB 4 3 folgt überzeugender aus den allgemeinen Grundsätzen der K o m b i n a t i o n von Strafausdehnungsgründen (s. u. X I I ) . Ahnliche Einwände gelten für das von der h. A . für die § § 1 2 9 , 129 a S t G B angenommene Rechtsgut der öffentlichen Sicherheit und O r d n u n g bzw. der inneren Sicherheit 4 4 . Selbstverständlich läßt sich das D r o h e n von Straftaten als G e f a h r für die innere Sicherheit umformulieren.

Dann

handelt es sich aber wiederum um eine Leerformel. Bedenklich ist es aber, wenn aus dieser angeblichen Eigenständigkeit des Rechtsguts eine extensive Auslegung hergeleitet wird. G e w i ß kann die Schaffung eines staatsunabhängigen

Machtpotentials

schon

durch

seine

Drohwirkung

die

innere Souveränität des Staates beeinträchtigen. Ansatzpunkt für eine adäquate strafrechtliche Erfassung dieses P h ä n o m e n s sind aber T a t b e stände wie die scheinbar so antiquierte Bildung bewaffneter H a u f e n nach § 127 S t G B 4 5 oder die Bildung von Vereinigungen mit unbedingter G e h o r samspflicht nach § 128 a. F . S t G B , nicht dagegen ein Tatbestand, der nur an den Z w e c k der Begehung von Straftaten anknüpft. Ü b r i g e n s verkürzt die A n n a h m e des Rechtsguts der öffentlichen Sicherheit und O r d n u n g teilweise auch sachwidrig den Schutz v o r kriminellen Vereinigungen 4 6 .

IV. D e r hier entwickelte Ansatz ermöglicht auch eine befriedigende E i n ordnung des Tatbestandes der Sicherung von Vorteilen aus Straftaten, der nach der begrifflichen und paragraphenmäßigen Verselbständigung der Strafvereitelung ( § § 2 5 8 , 2 5 8 a S t G B ) heute allein als übriggeblieben

ist ( § 2 5 7

„Begünstigung"

S t G B ) . D i e ü b e r k o m m e n e Systematik

hielt

hierfür nur die G r u p p e n der Straftaten gegen das V e r m ö g e n und gegen die Rechtspflege zur Verfügung 4 7 . Gegen die erstere Auffassung spricht vor allem, daß die Begünstigung nicht nur die Sicherung von V e r m ö g e n s v o r teilen, sondern die Sicherung aller aus rechtswidrigen Taten gewonnenen Vorteile erfaßt, z. B . die Sicherung der Baugenehmigung aufgrund einer Bestechung. D i e s e Auffassung wurde daher dahingehend erweitert, daß

BGHSt. 29, 258, 267. BGH NJW 1966, 310, 312; 1975, 985. S. F.-C. Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht, 1970, S. 368. 46 Vgl. Rudolphi, a.a.O. (Anm.28), ZRP 1979, 216. 47 Nachw. bei Maurach/Schroeder, a.a.O. (Anm. 1), S.328. 45

44

45

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die Begünstigung das Rechtsgut der jeweiligen Vortat verletze 4 '. Darin liegt bereits eine weitgehende Annäherung an die hier dargelegte Auffassung. Die Auffassung der Begünstigung als Straftat gegen die Rechtspflege mußte einräumen, daß die Strafbarkeit auch dann eintritt, wenn der Verletzte seine Rechtsansprüche gar nicht geltend macht. Daher entwikkelte Schröder das Rechtsgut eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Entziehung der Tatvorteile, auf Restitution, den der Begünstiger vereitele4'. Indessen ist ein solcher Anspruch nicht vorhanden 50 . Im übrigen nähert sich aber auch diese Auffassung stark dem hier entwickelten Grundgedanken. Der Sinn des Tatbestandes kann freilich nicht daraus gewonnen werden, daß die Vorteile, deren Weiterbesitz dem Täter einer rechtswidrigen Tat verwehrt werden soll, irgendjemand anderem zugeschrieben werden, sei es nun der durch die Vorrat Verletzte oder die Allgemeinheit. Der Sinn des Tatbestandes liegt vielmehr negativ darin, daß der durch die daraus zu gewinnenden Vorteile bestehende Anreiz zu rechtswidrigen Taten beseitigt wird 5 '. Damit erweist sich zugleich der enge historische Zusammenhang zwischen der Begünstigung und der Strafvereitelung keineswegs als abwegig: Während die Strafvereitelung die Anwendung negativer Tatfolgen verhindert und umgekehrt der entsprechende Straftatbestand die Anwendung dieser Folgen sichert, sichert die Begünstigung die positiven Folgen einer rechtswidrigen Tat und verhindert der dagegen gerichtete Straftatbestand deren Aufrechterhaltung. V. Die Aufgabe der hier behandelten Tatbestände, in anderen Tatbeständen umschriebene Straftaten zu verhüten, zeigt sich auch darin, daß sie sämtlich auf andere Straftaten Bezug nehmen. Die §§111, 140, 145 d, 164, 257, 258, 323 a, 357 StGB sowie die §§33, 34 WStG sprechen hierbei von „rechtswidrigen Taten". Diese Formulierung beruht auf dem EGStGB. Gegenüber dem früher vielfach verwendeten Begriff „mit Strafe bedrohte Handlung" besteht allerdings kaum eine Verbesserung, da der neue Begriff der „rechtswidrigen Tat" in § 11 Abs. 1 N r . 5 StGB dahingehend eingeschränkt werden muß, daß nur solche Taten gemeint sind, die 48 Beling, VDB VII, 61, 205; Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Aufl. 1931, §257 A n m . I ; E 1962, Begründune, S.400, 455. 49 Begünstigung und Hehlerei, Festschrift für Rosenfeld, 1949, S. 161 ff., 162; Die Rechtsnatur der Begünstigung und Hehlerei, M D R 1952, 68. so Miehe, a . a . O . (Anm.20), S.91, 102f.; Amelung, Vorteilssicherung und Angehörigenprivileg, JR 1978, 227, 230. 51 So schon Miehe, a . a . O . (Anm.20), S. 109, 113, allerdings auch für die Hehlerei.

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den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen. Sinnvoll war die Bereinigung des Sprachgebrauchs durch das EGStGB allerdings insofern, als die früheren Begriffe „strafbare Handlung" in den §§ 164 und 357 StGB, „Straftat" in § 145 d StGB und „Verbrechen oder Vergehen" in § 257 StGB beseitigt wurden. Denn diese Begriffe verleiteten zu der falschen Auffassung, daß über die Strafrechtswidrigkeit hinaus noch weitere Stufen der Straftat vorliegen mußten. Hingegen spricht § 138 StGB, soweit er die anzeigepflichtigen Delikte nicht einzeln nennt, sondern sie in einem Oberbegriff zusammenfaßt, von „Straftaten". Auch diese Formulierung wurde durch das EGStGB eingeführt", das damit grundsätzlich tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlungen meinte". Der Hinweis von Dreher, daß im 3. StAG wegen der zu erwartenden generellen gesetzgeberischen Lösung davon abgesehen worden sei, die Erfassung schuldloser Taten ausdrücklich vorzusehen54, verfängt daher nicht mehr. Uberwiegend wird die Einbeziehung schuldloser Taten aus dem Schutzzweck der Vorschrift hergeleitet55. Ich halte diese Überschreitung des Gesetzeswortlauts durch den bloßen Hinweis auf den weitergehenden Schutzzweck der Vorschrift angesichts des Grundsatzes „nulla poena sine lege" für unzulässig, insbesondere bei Vorschriften, die in der jüngsten Zeit erlassen wurden. Eine Uberspielung des Gesetzeswortlauts ist jedoch möglich bei Redaktionsversehen56. Dies scheint in der Tat bei § 138 StGB der Fall gewesen zu sein - eine für den modernen Gesetzgeber allerdings nicht gerade schmeichelhafte Tatsache. Der Gesetzgeber hat übrigens durch das sog. Antiterrorismus-Gesetz von 1976 in § 138 Abs. 3 StGB den Begriff „verbrecherisches Vorhaben" durch „Vorhaben oder Ausführung der rechtswidrigen Tat" ersetzt, allerdings nicht um der begrifflichen Bereinigung willen, sondern weil der in die Anzeigepflicht neu einbezogene § 129 a StGB kein Verbrechen darstellt57. Daß der Gesetzgeber bei der Einführung der neuen Terminologie den Durchblick verloren hat, zeigt sich auch daran, daß auch die Neufassung des - nicht zu dieser Gruppe gehörenden - § 126 StGB (Androhung von Straftaten) durch das 14. StAG von 1976 die unsachgemäße Einschränkung auf „Straftaten" enthält, dabei aber ebenfalls gleichzeitig in Abs. 3

52 Erster Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zu dem Entwurf des EGStGB, BT-Dr. 7/1261, S. 12. 53 Entwurf des EGStGB, BT-Dr. 7/550, S. 191. 54 Das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz, J Z 1953, 421, 427. 55 Cramer in Schönke/Schröder, StGB, 21. Aufl. 1982, §138 Rdn.4; Rudolpbi, SK §138 Rdn.7. 56 Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts. Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 1978, S.126. 57 Regierangsentwurf, BR-Dr. Nr. 381/75.

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von „rechtswidrigen T a t e n " spricht. A u c h diese Vorschrift wird über ihren W o r t l a u t hinaus überwiegend auf schuldlose T a t e n erweitert 5 8 . A u c h die § § 1 2 9 und 129 a S t G B sprechen von Vereinigungen, deren Z w e c k e oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen. A u c h diese Formulierung wurde durch das E G S t G B eingeführt, und dabei war sich der Gesetzgeber bewußt, daß er damit tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlungen meinte 5 '. Dies erscheint kaum sachgerecht. Z w a r wird, wenn eine Vereinigung Straftaten im Zustand der Schuldunfähigkeit, beispielsweise im D r o g e n r a u s c h , plant, in der Regel eine actio libera in causa vorliegen, die eine B e w e r t u n g der zu begehenden Handlungen als schuldhaft ermöglicht. B e i m Einsatz schuldloser T ä t e r wird in der Regel eine mittelbare Täterschaft vorliegen. Es sind jedoch durchaus Vereinigungen denkbar, die nur aus Schuldunfähigen bestehen und rechtswidrige Handlungen planen. M a n denke nur an die in der letzten Zeit häufig aufgetretenen, auf Einbruchsdiebstahl spezialisierten Kinderbanden. Z w a r k ö n n e n die Kinder selbst wegen ihrer Schuldunfähigkeit auch nicht nach § 129 bestraft werden. W o h l aber ist die W e r b u n g für eine solche Vereinigung oder ihre Unterstützung möglich und strafwürdig. D i e F o r m u l i e r u n g dieser Tatbestände ist um so unverständlicher, als sie eine Ausführungsvorschrift zu Art. 9 A b s . 2 G G darstellen, der k o r r e k t von Vereinigungen spricht, deren Z w e c k e den

Strafgesetzen

zuwiderlaufen. Indessen erweisen sich die §§ 129 und 129 a S t G B ohnehin als reichlich mißglückt. D a im deutschen Strafrecht der Grundsatz gilt: „societas delinquere non p o t e s t " , kann eine Vereinigung schon begrifflich gar nicht bezwecken,

Straftaten

zu begehen.

Die

Vereinigung

kann

allenfalls

b e z w e c k e n , daß von ihren Mitgliedern Straftaten begangen werden. Das ist offensichtlich auch gemeint; gleichwohl ist es peinlich, daß der G e s e t z geber sich einer derart systemwidrigen Ausdrucksweise bedient. O b w o h l die U m d e u t u n g bei den § § 1 2 9 und 129 a S t G B schwieriger ist, weil der Gesetzgeber hier ausdrücklich niedergelegt hat, daß er sich zu der T e r m i nologie G e d a n k e n gemacht hat, erscheint doch nach alledem auch hier die A n n a h m e eines Redaktionsversehens und damit die Ausweitung auf alle rechtswidrigen T a t e n als zulässig. V o n den hier behandelten Straftaten verzichtet § 1 3 1 sogar auf das Erfordernis der Rechtswidrigkeit und begnügt sich mit der Schilderung von Gewalttätigkeiten gegen M e n s c h e n schlechthin. Diese Ausweitung

58 Rudolphi, SK §126 Rdn.6; von Bubnofi LK §126 Rdn.5; Lenckner, Schönke/Schröder §126 Rdn.4; Maurach/Schroeder, a.a.O. (Anm. 1), S.67. A . A . Dreher/Tröndle, StGB, 41.Aufl. 1983, §126 Rdn.3. 59 Entwurf des EGStGB, BT-Dr. 7/550, S.221.

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erscheint sachgerecht, da § 131 nicht die Schilderung von Gewalttätigkeiten als solche, sondern die Schilderung in „grausamer oder sonst unmenschlicher Weise" erfaßt und überdies die Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten verlangt. Nach Lenckner wird damit auch die Verherrlichung einer angeblich legitimen, ideologisch verbrämten „Gegengewalt" gegen die „Gewalt durch die angeblich pervertierte Gegenwartsgesellschaft" tatbestandsmäßig60. Indessen stellt sich dieses Problem bei fast allen hier behandelten Tatbeständen. Die gegenwärtige politische Auseinandersetzung ist vor allem durch den Versuch zur Legitimierung und sogar Legalisierung von Gegengewalt gekennzeichnet. Gewalttätige Demonstrationen werden mit dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit oder dem rechtfertigenden Notstand, Hausbesetzungen mit Verstößen der Hauseigentümer gegen den Verfassungsgrundsatz „Eigentum verpflichtet" und gegen die Wohnraum-Zweckentfremdungsverordnung zu rechtfertigen versucht". Aber auch Strafvereitelungen zugunsten von Mitgliedern der RAF und ihres Umfelds wurden mit dem „antiimperialistischen Widerstand" und dem für sie geltenden Kriegsrecht gerechtfertigt. Übrigens hatte sich bereits die erste veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 140 StGB mit der Inanspruchnahme eines Widerstandsrechts gegen die italienische Oberhoheit für Sprengstoffanschläge von Südtirolern auseinanderzusetzen62. Bei den meisten hier behandelten Tatbeständen kommt insofern allenfalls ein Subsumtionsirrtum in Frage. Anders ist es dagegen bei der Billigung von rechtswidrigen Taten nach § 140 StGB. Die stärkste und wirkungsvollste Form der Billigung einer rechtswidrigen Tat ist wohl die Behauptung ihrer Rechtmäßigkeit. Gleichwohl bestehen erhebliche Bedenken, eine Berufung auf anerkannte Regeln der Rechtfertigung als „Billigen einer rechtswidrigen Handlung" nach § 140 StGB anzusehen. Ob ein Angriff noch gegenwärtig oder schon abgeschlossen war, ob das Notwehrrecht eingeschränkt war, ist in Literatur und Rechtsprechung in vielen Fällen sehr umstritten; man denke nur an den Schußwaffengebrauch an der Zonengrenze. Es erschiene unerträglich, die Strafbarkeit nach § 140 StGB von der Entscheidung in dem Hauptverfahren abhängig zu machen und demjenigen, der sich nach sorgsamer Abwägung für eine Rechtfertigung entschieden hatte, allenfalls einen Subsumtionsirrtum zuzubilligen. Andererseits ist die Behauptung der Erlaubtheit vom Rechtsgüterschutz her gesehen das gefährlichste Mittel; die Hervorrufung

60

Schönke/Schröder, §131, R d n . 7 . Hiergegen F.-C. Schroeder, Hausbesetzungen sind rechtswidrig, Das Parlament, N r . 32-33 vom 14./21.8.1982, S . 8 . 62 B G H S t . 22, 282. 61

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eines Verbotsirrtums führt zur mittelbaren Täterschaft63. U . U . könnte eine analoge Anwendung der Sozialadäquanzklausel in den §§ 86, 86 a und früher 88 a, 130 a StGB helfen", doch würde eine Beschränkung auf Zwecke der Wissenschaft unzureichend sein, da auch Nichtwissenschaftler ihre Rechtsauslegung öffentlich vertreten können müssen. Dem Unwertgehalt und dem Grundgedanken der Billigung als Angriff auf die grundlegenden Wertauffassungen (s. o. I) wird nur eine Beschränkung auf das billigende Inkaufnehmen der Rechtswidrigkeit gerecht. Das gleiche gilt für die Werbung für eine Vereinigung mit strafbaren Zielen nach den §§129, 129 a StGB. Diese Erwägungen zeigen zugleich, daß eine Lösung des Problems nicht etwa in dem Verzicht auf das Erfordernis der Rechtswidrigkeit wie bei § 131 StGB gesucht werden kann. So richtig es ist, daß das Gesetz bei den hier behandelten Vorschriften von dem Erfordernis einer volldeliktischen Handlung absieht, so fraglich ist es, ob es mit dem Zurückgehen auf die Rechtswidrigkeit die Voraussetzungen nicht zu niedrig angesetzt hat. Man mag es als nicht sehr geschmackvoll empfinden, wenn jemand demjenigen, der einem gemeinsamen Angehörigen gegen einen anderen den letzten Platz im Rettungsboot freigehalten hat, eine Belohnung zukommen läßt - strafwürdig dürfte dies kaum erscheinen. Das gleiche gilt für den Fall, daß jemand den vor einigen Jahren nach einem Flugzeugunglück in den Anden möglicherweise vorgekommenen Kannibalismus öffentlich billigt65. Bei dieser Alternative kann man auch mit dem Erfordernis der Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens zu einem Ausschluß der Strafbarkeit gelangen, was jedoch dieses Tatbestandsmerkmal nicht eben präziser macht. Und muß die Aufforderung vor 100 Insassen einer Bergbahnkabine, das Seil zu kappen und damit um der eigenen Rettung willen die 100 Insassen der Gegenkabine tödlich zu Tal rasen zu lassen, als öffentliche Aufforderung zu einer rechtswidrigen Tat nach § 111 StGB strafbar sein? Hier zeigt sich die Berechtigung von Maurachs Auffassung, dem entschuldigenden Notstand eine besondere Qualität unter den Schuldbestandteilen zuzuweisen, ihn zur „Tatverantwortung" zu verselbständigen und bei den genannten Tatbeständen neben der Rechtswidrigkeit auch diese Tatverantwortung zu verlangen66. Beim Vollrausch nach § 323 a StGB ergibt sich dies auch aus dem zusätzlichen Erfordernis, daß der Täter wegen der rechtswidrigen Tat nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war. F.-C. Scbroeder, Der Täter hinter dem Täter, 1965, S. 78, 126ff., 181 ff. Von B G H N J W 1978, 58, 59 nur für die Berichterstattung abgelehnt! Abi. Rudolphi, SK §140 Rdn.4; Hanack, L K §140 Rdn.6. Meine abw. Auffassung bei Maurach/Schroeder, a. a. O. (Anm. 1), S. 295, gebe ich auf. 66 S. jetzt Maurach/Zipf, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Tlbd. 1, 6. Aufl., S.414. 63 64

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Während sich das Erfordernis der Tatverantwortung bei der Tatbestandsgruppe der kriminogenen Verhaltensweisen strafeinschränkend auswirkt, führt es bei der Vortäuschung von Straftaten und der falschen Anschuldigung zu einer Strafausweitung: die Strafbarkeit der Vortäuschung von Straftaten wird auf den Fall erstreckt, daß eine rechtswidrige Tat angegeben und nur der entschuldigende Notstand verschwiegen wird. Unter Berufung auf den Gesetzeszweck bzw. die objektiv-teleologische Auslegung" oder mit dem Argument, daß der Begriff der „rechtswidrigen Tat" hier nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB nur zur Abgrenzung gegenüber nicht strafrechtswidrigen Handlungen diene68, wollen manche diese Fälle in die Strafbarkeit einbeziehen. Angesichts des Grundsatzes „nulla poena sine lege" erscheint auch dies nicht zulässig". Die Rechtsgemeinschaft wird mit dieser Rechtslücke leben können. Die Pflicht zur Anzeige von bevorstehenden Notstandstaten, z. B. im Dauernotstand70, erscheint wegen der Schutzbedürftigkeit des Opfers geboten71. Bei den Straftaten gegen die Verhinderung von Straftaten ist daher eine Auslegung des Merkmals „rechtswidrige Tat" i. S. einer „verantwortlichen Tat" nicht angebracht. Das gleiche gilt für die Straftaten gegen die Strafverfolgung und die Strafvollstreckung. VI. Die hier herausgearbeiteten Eigenschaften dieser Tatbestände werfen die Frage auf, ob sie nicht eigentlich in den Allgemeinen Teil gehören. Die Frage der Einordnung einer Vorschrift in den Allgemeinen oder Besonderen Teil ist häufig mit einer Leidenschaft diskutiert worden, die angesichts einer solchen eher technisch erscheinenden Einordnungsfrage überrascht. Dies liegt wohl daran, daß die Bevorzugung des Allgemeinen oder des Besonderen eine Grundrichtung des menschlichen Denkens ist und in der Geschichte einem ständigen Wechsel unterliegt. Es ist bemerkenswert, daß fast alle aus der Zeit vor 1871 stammenden Tatbestände dieser Gruppe, nämlich die öffentliche Aufforderung zu Straftaten, die Nichtanzeige, die Strafvereitelung und die Begünstigung, bis 1871 im Allgemeinen Teil des Preußischen Strafgesetzbuchs geregelt waren (§§36-39) und erst im StGB für den Norddeutschen Bund von 1870 in den Besonderen Teil überführt wurden. 67

Herdegen, LK, 10. Aufl., §164 Rdn. 15. Lenckner, Schönke/Schröder, § 164 Rdn. 10. 69 So auch Rudolphi, SK, § 145 d Rdn. 7, § 164 Rdn. 15. 70 Hierzu eingehend F.-C. Schroeder, Notstandslage bei Dauergefahr - B G H , N J W 1979, 2053, JuS 1980, S. 336 ff. 71 A . A . Maurach/Zipf, a . a . O . (Anm.66), S.414. Dagegen schon Armin Kaufmann, Die Dogmatik der Unterlassungsdelikte, 1959, S. 165 Anm. 187. 68

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Sieht man die „Allgemeinheit" des Allgemeinen Teils darin, daß seine Vorschriften sich auf alle Tatbestände des Besonderen Teils oder jedenfalls eine gewisse Anzahl von ihnen aus unterschiedlichen Abschnitten beziehen, so gehören die hier genannten Vorschriften zweifellos in den Allgemeinen Teil. Der Wert dieser systematischen Erwägung zeigt sich vor allem in der Didaktik: Die hier behandelten Tatbestände werden in Übungsarbeiten immer wieder vergessen, weil die Bearbeiter nicht damit rechnen, daß sich auch im Besonderen Teil „allgemeine" Vorschriften finden. Aber auch, wenn man diese Abgrenzung nicht gelten läßt und den Unterschied darin sieht, daß der Allgemeine Teil im Gegensatz zum Besonderen keine Rechtsgüter kennt, während der Besondere Teil die Vorschriften enthält, die die Verletzung besonderer Rechtsgüter erfassen72, gehören diese Tatbestände in den Allgemeinen Teil73.

VII. Die Erkenntnis, daß die hier beschriebenen Tatbestände keine eigenen Rechtsgüter, sondern nur das Strafrecht schlechthin und damit die durch die übrigen Tatbestände des Besonderen Teils geschützten Rechtsgüter schützen, andererseits aber keine Verletzungen dieser Rechtsgüter darstellen, verbietet es, sie in die Kategorien der Verletzungs- und Gefährdungsdelikte einzuordnen. Dies schließt es allerdings nicht aus, sie unter dem genannten Aspekt zu betrachten. Dies gilt ja auch für andere Institute des Allgemeinen Teils des Strafrechts. Leider werden in den gegenwärtigen Lehrbüchern Versuch und Teilnahme nur noch reichlich farblos als „besondere Erscheinungsformen der Straftat" behandelt. Demgegenüber hatte M. E. Mayer sie als „Strafausdehnungsgründe" eingeordnet74 und damit ihr materielles Wesen erfaßt. Besser würde man allerdings von Tatbestandsausdehnungsgründen sprechen. Dabei beruht die Ausdehnung der Wirkung der Tatbestände des Besonderen Teils auf zwei unterschiedlichen Grundprinzipien: Bei der Teilnahme kommt es zu einer Verletzung des Rechtsguts, allerdings nur mittelbar über einen anderen; bei Versuch und Vorbereitung kommt es allenfalls zu einer Gefährdung des Rechtsguts, die Strafbarkeit wird hier in ein vor der Verletzung liegendes Stadium vorverlagert.

72 Vincke, Das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen Teil des Strafrechts, 1975, S.27f. 73 A . A . Fincke, a . a . O . , S. 76 ff., für §111 StGB, jedoch allein gestützt auf die Behauptung, §111 schütze ein eigenes Rechtsgut. A . A . auch S. 73 ff. für § 3 5 7 StGB, hier jedoch allein mit dem Argument, daß sich § 3 5 7 nicht restlos in Teilnahmeformen des BT auflösen lasse. 74 Der Allgemeine Teil des Deutschen Strafrechts, 2. Aufl. 1923, S. 341 ff.

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Von den hier zu erörternden Delikten verlangen die §§111 Abs. 1 StGB (Aufforderung zu Straftaten), 323 a StGB (Vollrausch) und teilweise 357 StGB (Konnivenz) die Begehung einer Straftat und damit eine Verletzung75. Die übrigen Tatbestände beruhen sämtlich auf der Erwägung, daß sie die Gefahr der Begehung von Straftaten aller Art oder jedenfalls eines bestimmten Schweregrades enthalten bzw. - bei der Nichtanzeige - einer solchen Gefahr nicht entgegentreten76. In diesen Fällen handelt es sich damit um eine Vorverlagerung der Strafbarkeit. Besonders deutlich wird dies bei der Strafbarkeit der Bildung krimineller Vereinigungen, die - wie oben dargelegt - auf die gegenseitige kriminelle Stimulierung und Enthemmung der Mitglieder und die stärkere Schlagkraft und Eigendynamik der Organisation gestützt wird. Noch stärker ist die Vorverlagerung bei der Tatbestandsalternative der Werbung für eine kriminelle Vereinigung77. Auf den ersten Blick nicht ganz einsichtig ist der Gedanke der Vorverlagerung vielleicht bei der Strafvereitelung und der Begünstigung, verlangt das strafbare Verhalten hier doch eine begangene Straftat und knüpft daran an. Indessen sehen wir die eigentliche Gefährlichkeit der in diesen Tatbeständen festgelegten Straftaten in der Verhinderung der General- und Spezialprävention und damit der Ermöglichung weiterer Straftaten. Insoweit handelt es sich auch hier eindeutig um bloß gefährdende Verhaltensweisen.

VIII. Die hier behandelten Tatbestände sind - bis auf die bereits von den Glossatoren entwickelte Strafvereitelung und Begünstigung, die Nichtanzeige und § 111 StGB - recht jung. Der Tatbestand der Belohnung und öffentlichen Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) ist erst durch das

75 F ü r § 138 StGB wurde das Erfordernis der Begehung oder des Versuchs der Tat erst durch das Gesetz zur Änderung des StGB v o m 2. 7 . 1 9 3 6 aufgegeben. Auf die bisher weitgehend übersehene Problematik der objektiven Strafbarkeitsbedingungen für die Definition des Verletzungsdelikts kann hier nicht eingegangen werden. 76 § 138 StGB ist damit wie § 323 c StGB (Maurach/Schroeder, a. a. O . , Anm. 1, S. 33) ein Gefahrbelassungsdelikt. 77 Bedenklich die Ausweitung des Gefährdungsgedankens im Sprachgebrauch der Strafverfolgungsbehörden. N a c h Rebmann (Inhalt und Grenzen des Straftatbestands „Werben für eine terroristische Vereinigung" nach § 129 a StGB, N S t Z 1981, 4 5 7 ff.) schützt § 129 a StGB die öffentliche Sicherheit (also die Gefahrlosigkeit), begnügt sich aber mit deren abstrakter Gefährdung. Terroristische Vereinigungen haben ein „Potential" (also Möglichkeiten) zur Gefährdung (der Gefahrlosigkeit); die Sympathiewerbung „kann" zu einer Stärkung dieses „Gefährdungspotentials", also der Möglichkeiten zur Gefährdung der Gefahrlosigkeit, führen!

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3.StÄG 1953 geschaffen worden 78 . Der Tatbestand der Verherrlichung von Gewalt nach §131 StGB stammt aus dem 4. StRG 1973, die inzwischen wieder aufgehobene Anleitung zu Straftaten nach § 130 a StGB aus dem 14. StAG 1976. Obwohl die Strafgesetzgebung gegen Verbindungen bereits unmittelbar nach der französischen Revolution mit dem preußischen Edikt von 1798 einsetzt™, wurde die Strafbarkeit von Verbindungen mit strafbaren Zielen erst durch das l . S t Ä G 1951 eingeführt 80 . Die Strafbarkeit der Begehung einer rechtswidrigen Tat im Vollrausch nach § 323 a StGB stammt aus dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 24.11.1933, die Vortäuschung von Straftaten nach § 145 d StGB aus der StrafrechtsangleichungsVO von 1943. Die Vorschriften zur strafrechtlichen Erfassung von Verstößen gegen einzelne Maßregeln der Besserung und Sicherung sind naturgemäß erst mit der Einrichtung dieser Maßregeln selbst geschaffen worden, so das Fahren trotz Entzugs des Führerscheins durch das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen von 1909, die Entziehung vor der Fürsorgeerziehung mit dem RJWG von 1922 (in Kraft getreten 1924), der Verstoß gegen ein Berufsverbot nach §145c StGB und die Gefährdung einer Entziehungskur nach § 323 b StGB mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 24.11.1933 und der Verstoß gegen Weisungen bei der Führungsaufsicht nach § 145 a StGB durch das 2. StRG von 1975. Umgekehrt läßt sich sagen, daß der Strafgesetzgeber in den letzten hundert Jahren - abgesehen vom Umweltstrafrecht, dem Feststellungsinteresse nach Verkehrsunfällen, dem Völkermord und der Vertraulichkeit des Wortes - kaum neue Rechtsgüter geschaffen, sich dafür aber um so intensiver bemüht hat, die vorhandenen Rechtsgüter mit flankierenden und verstärkenden Vorschriften zu schützen und das Vor- und Umfeld der Rechtsgutsverletzungen immer stärker zu erfassen. Die Straftaten gegen das Strafrecht sind - im Bereich der Kriminalisierung - das kriminalpolitische Programm des 20. Jahrhunderts.

78 Eine ähnliche Vorschrift war zwar schon von 1922-1930 in den Republikschutzgesetzen enthalten, hatte sich aber auf die Billigung politischer Gewalttätigkeiten und des Hochverrats beschränkt. 79 Näher F.-C. Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht, 1970, S. 46. 80 Verbindungen zu Straftaten gegen das Leben waren allerdings ebenfalls schon durch das Republikschutzgesetz von 1930 unter Strafe gestellt worden. Seit der V O des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19.12.1932 § 4 9 b StGB. Das Republikschutzgesetz von 1922 erfaßte immerhin schon Verbindungen zu Straftaten gegen das Leben von Regierungsmitgliedern (§ 1) und die Verabredung zum Mord (§ 49 b StGB i . d . F . von 1922-1929).

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IX. Diese Herkunft dieser Tatbestände aus der neueren Strafrechtsgeschichte wirft die Frage auf, ob die darin unter Strafe gestellten Verhaltensweisen neuartig sind, ob der Gesetzgeber neue Erkenntnisse über die Gefährlichkeit dieser Verhaltensweisen gewonnen hat oder ob es sich schließlich vielleicht nur um einen Aktionismus des Gesetzgebers handelt, mit dem er sich und andere über seine Ohnmacht hinwegtäuschen will, die Kriminalität zurückzudrängen oder wenigstens ihr Anwachsen zu verhindern. Sicher ist keine der in den hier behandelten Tatbeständen erfaßten Verhaltensweisen völlig neu. Die öffentliche Billigung von Straftaten, die Verherrlichung von Gewalt, die Bildung krimineller Vereinigungen und die Vortäuschung von Straftaten hat es zweifellos schon immer gegeben. Einige der hier behandelten Straftatbestände gehen allerdings auf aktuelle Anlässe zurück. Immerhin waren zwei Tatbestände erstmals in den Republikschutzgesetzen eingeführt, nämlich die Belohnung und Billigung von Straftaten nach § 140 StGB und die Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 StGB hinsichtlich der Bildung von Vereinigungen gegen das Leben. Die Einführung der Strafbarkeit der Billigung von Verbrechen geht darauf zurück, daß die Ermordung des Zentrumspolitikers Erzberger von einigen Zeitungen gerechtfertigt wurde 8 '. Der Tatbestand von Vereinigungen gegen das Leben beruht auf §176 des StrafgesetzbuchEntwurfs von 1927, der die aufschlußreiche Uberschrift „Feme" trug und die der Entwurf damit begründete, daß das Verlangen nach einer besonderen Strafvorschrift gegen sog. Femeorganisationen in der letzten Zeit vielfach hervorgetreten sei. Es waren also die bekannten unruhigen Zustände in der Weimarer Republik mit ihren politischen Gewalttaten, die zu diesen Straftatbeständen geführt haben. Allerdings hat es sich auch hierbei weniger um eine statistisch meßbare, quantitative Vermehrung derartiger Taten gehandelt als vielmehr um die besondere Wirkung auf die Öffentlichkeit, die von ihnen ausging. Ohne jede Rechtfertigung blieb im übrigen die Ausweitung der Strafbarkeit von Verbindungen zu Straftaten !1 G.Jasper, Der Schutz der Republik. Studien zur staatlichen Sicherung der Demokratie in der Weimarer Republik 1922-1930, 1963, S. 34 ff. - Allerdings waren schon lange vorher im Zuge der Bekämpfung der anarchistischen Attentate noch weitergehende Vorschriften verlangt worden, so in dem Entwurf der Novelle zum StGB von 1876 und in der sog. Umsturzvorlage von 1894 (Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 2. Legislaturperiode, 3. Session 1875/76, Anlage N r . 54; 9. Legislaturperiode, 3. Session 1894/95, Anlage-Bd. 1, S. 224 ff.). Der VE 1909 brachte dann - nach ungarischem und bulgarischem Vorbild (näher M. E. Mayer, VDB I, 349 ff., 409) - eine Beschränkung auf begangene Verbrechen (§ 131); ebenso §212 KE 1913. In den folgenden Entwürfen wurde die Vorschrift jedoch wieder fallengelassen, einschließlich des Entwurfs 1936 (!).

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gegen das Leben auf Verbindungen zu Straftaten aller Art durch das 1. StAG 1951. Die Begründung begnügte sich mit dem Hinweis, daß diese Vorschrift die Übernahme von §298 Abs. 2 des Entwurfs 1936 bedeute82. Der Entwurf von 1936, der diese Ausweitung im Gegensatz zu seinen Vorgängern von 1919 bis 1927 erstmals wieder vorgesehen hatte, hatte nur angeführt, daß die Vorschrift eine Lücke zwischen den Straftatbeständen der Teilnahme an Verbindungen zur Verhinderung der Vollziehung von Gesetzen und der Bandenbildung zur Begehung von Straftaten schließe". Auch die Wiedereinführung der Strafbarkeit der Belohnung und Billigung von Straftaten im 3. StAG wurde nicht begründet. Jedenfalls in der Gegenwart ist die kriminalstatistische Relevanz dieser Straftaten fast gleich null: Im Jahre 1982 wurden nach §140 15 Täter abgeurteilt und 9 verurteilt, nach den §§129, 129 a StGB 41 abgeurteilt und 28 verurteilt84. Für die Belastung der Rechtspflege sind freilich die bekanntgewordenen Straftaten wichtiger; sie sind jedoch leider nicht besonders ausgewiesen. Bemerkenswerterweise berichtet der Generalbundesanwalt allein für den Teilbereich des Werbens für eine terroristische Vereinigung nach § 1 2 9 a StGB und allein für das 1. Halbjahr 1981 von 263 Ermittlungsverfahren 85 . Diese hohe Diskrepanz erscheint allerdings unbefriedigend86. Was den §131 StGB - gewaltverherrlichende Darstellungen - anbetrifft, so überzeugt leider ein Blick in gewisse Buchhandlungen und Videotheken sehr schnell davon, daß derartige Verhaltensweisen bedrohlich zugenommen haben. Interessanterweise war allerdings der Ausgangspunkt für die Schaffung dieser Vorschrift nicht das Auftauchen eines dringenden kriminalpolitischen Bedürfnisses, sondern ein Ablenkungsmanöver: Bei der Anhörung der Sachverständigen zu dem Entwurf des 4. StRG durch den Sonderausschuß für die Strafrechtsreform erklärte der Sachverständige Dr. Sigusch zur Abwehr der in dem Entwurf vorgesehenen Strafbarkeit der sadistischen Pornographie, sexuell sadistische Handlungen seien nicht von entscheidender Bedeutung und nicht so gravierend wie nichtsexuelle sadistische Darstellungen. Eher solle man daher letztere

82 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs (Strafrechtsänderungsgesetz 1950), S.43. 83 Begründung, S. 194. 84 Statistisches Bundesamt, Fachserie 10: Rechtspflege. Reihe 3. Strafverfolgung 1982, 1983, S. 8 ff. 85 Rebmann, a . a . O . (Anm. 77), S.45f. 86 Dies selbst dann, wenn man 133 Verfahren für den kollektiven Hungerstreik von Strafgefangenen aus dem Terrorismusbereich (a. a. O.) abzieht, bei denen überwiegend eine Einstellung nach den §§ 154, 154 a StPO erfolgt sein dürfte.

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bestrafen 8 7 . D e r Gesetzgeber griff diese A n r e g u n g auf, allerdings nicht im Sinne der gewünschten Alternative, sondern als K u m u l a t i o n : Neben

der

harten P o r n o g r a p h i e (§ 184 A b s . 3 S t G B ) w u r d e auch die Verherrlichung von G e w a l t ( § 1 3 1 S t G B ) unter Strafe gestellt. Die praktische B e d e u t u n g ist auch bei dieser Vorschrift lächerlich gering: 1 9 8 2 w u r d e n 7 T ä t e r abgeurteilt und 4 T ä t e r verurteilt! Ein echtes praktisches Bedürfnis bestand nur für zwei der hier behandelten Tatbestände, nämlich den Vollrausch und die Vortäuschung einer Straftat. Dies zeigt sich auch in der heutigen kriminalstatistischen H ä u f i g keit. N a c h § 3 2 3 a S t G B w u r d e n 1 9 8 2 9 3 1 4 Personen abgeurteilt und 8 9 0 9 verurteilt 8 8 . D a s sind z w a r i m m e r n o c h nur 1 , 3 7 % aller Verurteilungen in der Bundesrepublik Deutschland, aber immerhin 171 Verurteilungen p r o W o c h e . F ü r § 145 d S t G B betragen die Zahlen 3 6 3 3 und 2 6 7 8 ; der Polizei bekanntgeworden sind sogar 12 123 Fälle 8 '. Gerade bei diesen Tatbeständen w a r der W e g zur gesetzgeberischen Realisierung allerdings sehr lang 90 . W e n n somit auch ein kriminalstatistisches Bedürfnis für die meisten der hier behandelten Tatbestände fehlt, so ist d o c h unbestreitbar, daß sich die Qualität der in den Straftaten gegen das Strafrecht enthaltenen Ä u ß e -

87 Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 6. Wahlperiode, S. 870. Andere Sachverständige schlössen sich dieser Auffassung an, wobei ihre Stellungnahme jedoch zum Teil mit der anderen Alternative Pornographie Darstellung sadistischer Handlungen vermengt wurde, z. B. S. 933, 934. 88 Wie o. Anm. 84. 89 Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 1983, 1984, Tabelle 01. 90 Unter Hinweis auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang des Alkoholmißbrauchs mit der Begehung strafbarer Handlungen sowie auf die neue damalige Gesetzgebung des Auslands (Begr., S. 157 f., 233 ff.) wollte der Vorentwurf von 1909 die von ihm erstmals vorgesehene verminderte Zurechnungsfähigkeit bei „selbstverschuldeter Trunkenheit" ausschließen (§ 63 Abs. 2 S. 2) und im übrigen bei Fahrlässigkeitstaten die entsprechende Strafbarkeit eintreten lassen (§64). Der Kommissionsentwurf von 1913 ließ die Beschränkung auf Fahrlässigkeitstaten fallen und sah Gefängnis bis zu zwei Jahren vor (§ 338); eine Begründung für diesen Entwurf existiert bekanntlich nicht. Der Entwurf von 1919 begründete die Strafbarkeit des Vollrauschs mit der anderenfalls eintretenden „unbilligen Vergünstigung für den trunkenen Täter" (Begr., S. 219), begrenzte allerdings das Strafmaß auf Gefängnis bis zu sechs Monaten und sah überdies für besonders leichte Fälle die Möglichkeit des Absehens von Strafe vor (§ 274). Der Entwurf von 1925 kehrte zu der Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis zurück, damit „auch schwere Fälle ausreichend geahndet werden" könnten (§335 mit Begründung S. 174f.); die Strafe durfte jcdoch nicht höher sein als die für die vorsätzliche Begehung angedrohte Strafe. In dieser Form wurde die Vorschrift durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 2 4 . 1 1 . 1 9 3 3 als § 330 a in das StGB übernommen. Schließlich erhöhte das Gesetz zur Änderung des StGB vom 4 . 9 . 1 9 4 1 die Höchststrafe auf fünf Jahre Gefängnis, da „inzwischen Fälle von Straftaten im Rausch bekannt geworden sind, für die das bisherige Höchstmaß keine ausreichende Sühne ermöglichte; in der Hauptsache hat es sich hierbei um Tötungen im Rausch gehandelt" (Grau/Krug/Rietzsch, Deutsches Strafrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 1943, S.322).

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rungsdelikte wesentlich verändert und damit ihre Gefährlichkeit erhöht hat. Im Zeitalter der Massenkommunikation ist es ohne weiteres möglich, Botschaften an Hunderttausende von Menschen zu richten, und das sogar ohne die Hilfe von Rundfunk und Fernsehen. Die Inszenierung großer Demonstrationen wie z. B. gegen das geplante Atomkraftwerk Brokdorf hat dies zur Genüge bewiesen. Tatsache ist ferner, daß im Zeitalter der organisatorischen und finanziellen Möglichkeit für jedermann, neueste technische Geräte zu erwerben, gegenüber den Staatsorganen sehr viel effizientere private Gruppen aufgebaut werden können als je zuvor. Auf privater Basis läßt sich so eine eigene „Infrastruktur" bilden, die von der staatlichen Infrastruktur unabhängig ist und sich jederzeit gegen diese wenden läßt. Gleichwohl bleibt gegenüber den Straftaten gegen das Strafrecht ein grundsätzliches Unbehagen. Wie dargelegt, flankieren und erweitern alle diese Straftatbestände den unmittelbaren Rechtsgüterschutz der übrigen Straftatbestände. Man kommt an der Tatsache nicht vorbei, daß bei allen diesen Vorschriften der Gesetzgeber das Versagen der Ursprungsvorschriften in Rechnung stellt und nun durch flankierende Vorschriften Abhilfe zu schaffen sucht. Trotz der Einsicht in die fehlende Effektivität der Grundtatbestände schafft der Gesetzgeber unverdrossen neue Straftatbestände. Liegt hierin nicht ein innerer Widerspruch? Diese Bedenken werden allerdings bei den verschiedenen Straftaten gegen das Strafrecht in unterschiedlicher Weise wirksam. Das Verbot der Nichtanzeige bevorstehender Straftaten spannt weitere Verhinderungsmöglichkeiten in die Verhütung von Straftaten ein. Es beruht daher zugegebenermaßen auf der Einsicht in die fehlende Effizienz der Strafrechtsnormen, versucht diese aber durch die Einspannung anderer Personen zu kompensieren. Die §§ 145 d und 164 StGB versuchen in ähnlicher Weise, die Kapazität der Strafverfolgungsorgane für die Verhütung anderer Straftaten zu wahren. Die Strafvereitelung nach § 258 StGB und die ihr verwandten Vorschriften versuchen, die generalpräventive Wirkung der Vorschriften zu sichern und damit andere Straftaten zu verhindern. Anders ist die Lage bei den Veranlassungsdelikten der §§111 und 131 StGB, zu denen die Alternative der Werbung für eine kriminelle Vereinigung nach den §§129 und 129 a StGB hinzutritt. Hier mißtraut der

Die Vortäuschung einer Straftat wurde im Vorentwurf von 1909 im Rahmen der Straftaten gegen die Rechtspflege mit überzeugenden Gründen als nicht strafwürdig angesehen (Begr. S. 555). Sie wurde mit offensichtlich unzulänglicher Begründung (E 1919, Begr., S. 175) erstmals im Kommissionsentwurf von 1913 vorgesehen. Die Einführung 1943 beruhte auf zahlreichen praktischen Fällen und vor allem der Unsicherheit ÜDer die Anwendbarkeit der Analogie (Rietzsch, Die vorgetäuschte Straftat und die falsche Aussage, Dtsch. Strafrecht, 1943, 97 ff., 100).

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Gesetzgeber in der Tat der generalpräventiven Wirkung der Strafrechtsnormen und setzt sie gleichzeitig voraus. Umgekehrt ist die kriminogene Wirkung derartiger Verhaltensweisen bisher in keiner Weise nachgewiesen. Für die Anstiftung greift eine restriktive Auffassung um sich, die eine Abhängigkeit der Entschlußfassung vom Willen des Beeinflussenden 91 ,, einen Unrechtspakt zwischen Anstifter und Täter 92 , verlangt. Übrigens decken sich diese Auffassungen im Ergebnis mit unserer bereits vor 20 Jahren vorgetragenen These, den Einsatz von im Grenzbereich des Entschuldigungsgrunde Handelnden und bedingt Tatentschlossenen aus der Anstiftung aus- und als „Täter hinter dem Täter" in die mittelbare Täterschaft einzugliedern und für die Anstiftung dann eine fakultative Strafmilderung vorzusehen 93 . Unmittelbar einsichtig erscheint eine Vorverlagerung der Strafbarkeit bei solchen Verhaltensweisen, bei denen die Strafnorm im Zeitpunkt der Tat keinen motivierenden Einfluß auf den Täter mehr entfalten kann. Exemplarisch hierfür ist die Strafbarkeit des Vollrauschs nach § 323 a StGB. Diese Erklärung reicht allerdings nicht für die §§ 129 und 129 a S t G B . Zwar wollen diese Vorschriften die gegenseitige kriminelle Stimulierung und Enthemmung der Mitglieder und die stärkere Schlagkraft und Eigendynamik der Organisation erfassen 94 . Die Stimulierung und Enthemmung gehen jedoch sicher nicht soweit, daß - wie bei § 323 a StGB - die Schuldfähigkeit der Mitglieder zum Zeitpunkt der Tatbegehung ausgeschlossen wäre. Die §§ 129 und 129 a S t G B erfassen also das Vorstadium von Verhaltensweisen, bei denen von vornherein feststeht, daß sich die Täter durch die Strafnormen nicht motivieren lassen werden. Wer sich jedoch durch ein Verbot der Verletzung nicht abschrecken läßt, läßt sich auch nicht durch das Verbot der weniger gravierenden Gefährdung abschrecken. Damit handelt es sich um Strafnormen, bei denen der Gesetzgeber von vornherein weiß, daß sie die Grundfunktion aller Strafrechtsnormen, nämlich die Generalprävention, gar nicht erfüllen können. Im Gegenteil: den Gründern und Mitgliedern wird sogar der übliche Anreiz der Straflosigkeit bei späterer Abstandnahme der ganzen Vereinigung von der Tat oder Ausscheiden aus der Vereinigung versagt (§§ 129 Abs. 6, 129 a Abs. 5 StGB). Die Vorschriften wurden bei dem ersten Vorschlag zu ihrer beschränkten Einführung damit begründet, daß es ohne sie oft unmöglich würde, noch rechtzeitig einzuschreiten 95 . Jakobs, Strafrecht, Allgemeiner Teil, 1983, S.551 f. Puppe, G A 1984, 101 ff., 112 ff. 93 Der Täter hinter dem Täter, 1964, S. 204 ff. 94 S. o. A n m . 7. 95 § 1 7 6 E 1927 (Verbindungen mit dem Zweck von Verbrechen wider das Leben), Begründung, S. 90. 91

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Die §§129 und 129 a StGB haben also eine reine Sicherungsfunktion. Der Abg. Dr. Eyrich sprach bei der Beratung über § 129 a StGB sogar von einer „vorbeugenden Maßnahme"96. Die präventive Sicherung ist an sich eine Aufgabe der Polizei. Der Polizei stehen jedoch zur Verhütung von Straftaten nur die vorbeugende Identitätsfeststellung und erkennungsdienstliche Maßnahmen sowie - bei unmittelbar bevorstehenden Straftaten und höchstens für 48 Stunden - ein Gewahrsam zur Verfügung. Es erscheint systemwidrig, daß bei einer entfernteren Gefahr die viel einschneidendere Folge der Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren (§129a Abs. 2 StGB) bzw. daß bei einer Umetikettierung als Strafe eine derart einschneidende Sicherungsmaßnahme zulässig ist97. Vielleicht in Erkenntnis dieser zweifelhaften Grundlage hat der Bundesrat für die Einführung des § 129 a, also der bloßen Qualifizierung, eine ganz andere Begründung geliefert: Die verschärften Strafdrohungen seien geeignet, den Kreis der Personen von einer Unterstützung abzuschrekken, die zwar mit den terroristischen Banden sympathisierten, die aber nicht bereit seien, für deren Zielsetzungen erhebliche und bleibende Nachteile in Kauf zu nehmen. Die vorgesehenen Regelungen hätten somit den Zweck, die Terrororganisationen zu isolieren und ihnen die Basis für ihre verbrecherische Tätigkeit zu entziehen98. Bemerkenswerterweise wird damit versucht, den Tatbeständen dadurch eine sinnvolle Funktion zu geben, daß sie von der späteren Begehung der Straftaten abgekoppelt werden. Diese Begründung ist erwägenswert, läßt sich aber kaum damit vereinbaren, daß die Tatbestände auch und primär die Gründer und Mitglieder der Vereinigung erfassen. Eine - bisher kaum diskutierte - Funktion der §§ 129 und 129 a StGB dürfte allerdings darin liegen, daß oft nicht feststellbar ist, wer von den Mitgliedern der Vereinigung jeweils an den Straftaten beteiligt war. Gegen Strafvorschriften, die die Beweiserfordernisse verkürzen, besteht freilich ein erheblicher rechtspolitischer Widerstand, und das mit Recht. Es erscheint unzulässig, eine der rechtsstaatlichen Grundlagen unseres Strafverfahrens, nämlich eine Verurteilung nur bei Nachweis der Tat (§§261, 267 Abs. 1, S. 1 StPO, Art. 6 Abs. 2 MRK), durch eine Auflockerung des materiellen Rechts zu umgehen. Dieses Verbot kann allerdings dann nicht " Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 7. Wahlp., S. 2445. 97 Ebenso systemwidrig erscheint es übrigens, daß die Rechtsprechung das nicht nur unmittelbar bevorstehende - Drohen von Straftaten als Dauergefahr ansieht und hiergegen entschuldigenden oder gar rechtfertigenden Notstand zuläßt. Eingehend hierzu F.-C. Schroeder, Notstandslage bei Dauergefahr - B G H , N J W 1979, 2053, JuS 1980, 336 ff., 340 f. 98 Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Bekämpfung terroristischer krimineller Vereinigungen, B T - D r . 7/4004, S. 6.

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uneingeschränkt gelten, wenn Täter ihrerseits spezielle Vorkehrungen gegen den Nachweis der Tat und zur Verschleierung der Beteiligungsverhältnisse treffen. Da ein Zweck der kriminellen Vereinigung gerade darin liegt, die Ausführung von Straftaten so zu organisieren und aufzuteilen, daß eine Entdeckung sehr erschwert wird, ist ein strafrechtliches Einschreiten hiergegen zulässig. Insofern können die Vorschriften auch wieder eine generalpräventive Funktion entfalten, indem sie die durch die Vereinigung geschaffene Hoffnung der Beteiligten, ihre Beteiligung an Straftaten vertuschen zu können, durchkreuzen. Bemerkenswerterweise wird auch für § 138 StGB angenommen, daß er häufig den Verdacht der Beteiligung an der nichtangezeigten Straftat auffängt". Bei der Anzeigepflicht hinsichtlich terroristischer Vereinigungen nach § 138 Abs. 2 StGB wurde dies sogar als Grund für die Einführung angegeben100 - eine Verdoppelung des Verdachts!

X. Das Konkurrenzverhältnis für Tatbestände, die dasselbe Rechtsgut in verschiedenen Angriffsstadien schützen oder Vorstufen der Deliktsverwirklichung erfassen, ist die Subsidiarität. Die Subsidiarität gegenüber der eigenen Tatbegehung ist freilich bei den hier behandelten Tatbeständen bisher nur für § 111 StGB anerkannt 10 '. Allerdings gilt auch §323 a StGB als Subsidiaritätsanordnung 102 . Indessen ist die Straflosigkeit des Tatbeteiligten auch bei anderen der hier behandelten Tatbestände anerkannt. Bei den §§ 257 und 258 StGB ist sie aus dem Tatbestand herausgenommen. Der Grund hierfür wird bei der Strafvereitelung in der Anerkennung des „natürlichen Rechts auf Selbstverteidigung" 103 und der notstandsähnlichen Situation gesehen10*. Auch bei §138 StGB wird eine Straflosigkeit des Teilnehmers an der geplanten Straftat behauptet und auf die notstandsähnliche Situation sowie die psychologische Sinnlosigkeit gestützt105. N u n ist eine Selbstverteidigung gegenüber rechtmäßigen Angriffen nicht zulässig, und ein Notstand entschuldigt nach § 35 StGB allenfalls bei Gefahren für die Freiheit und ist auch hier bei besonderen Rechtsverhältnissen hinzunehmen. Dement99

Arzt/Weber, Strairecht. Besonderer Teil, L H 5, 1982, Rdn.213. Lossos, Beratungen des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Sitzung vom 2.4.1976, S.25. 101 B G H 2 StR 699/77 vom 15.3.1978; Dreher/Tröndle, § 111 Rdn.9; Horn, SK §111 Rdn. 10. 102 Dencker, §323a - Tatbestand oder Schuldform?, JZ 1984, 453 ff., 456 m. Nachw. 103 RGSt. 63, 236. 104 Entwurf des EGStGB, BT-Dr. 7/550, S.251. 105 B G H N J W 1956, 30, 31 m . w . Nachw. aus der Rechtspr. 100

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sprechend wird die Straflosigkeit der Vereitelung der eigenen Bestrafung heute teilweise in dem Gesichtspunkt der straflosen Nachtat gesehen™. Die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung im heutigen engeren Sinne läßt sich ohnehin nur mit dem Gedanken der straflosen Nachtat begründen' 07 . Die Auffassung dieser Taten als Straftaten gegen das Strafrecht ermöglicht eine sachgerechte Begründung: Es ist nicht die Unzumutbarkeit für den armen Täter, die zur Straflosigkeit führt, sondern die Sinnlosigkeit für die strafende Rechtsgemeinschaft, denjenigen, der bereits für eine Verletzung bestimmter Rechtsgüter bestraft wird, auch noch einer Bestrafung für die Nichtanzeige, die Sicherung der Tatvorteile oder den Versuch, dieser Strafe zu entgehen, zu unterwerfen. Hieraus kann kein Mehr an General- oder Spezialprävention erwachsen. Diese Auffassung verhindert zugleich, daß in anderer Richtung über das Ziel hinausgeschossen und in jedem Fall eine Strafbarkeit des Tatbeteiligten verneint w i r d : die Strafbarkeit ist vielmehr - soweit sie nicht schon aus dem Tatbestand herausfällt - subsidiär 10 '. Die hier entwickelten Grundsätze legen es nahe, auch denjenigen, der seine eigene Straftat billigt, nicht noch einmal allein deswegen zu bestrafen. In der Tat ist die Einbeziehung eigener Straftaten in die Billigung einer Tat nach §140 StGB schon sprachlich befremdlich, zumal im Kontext der Belohnung. Wenn § 140 StGB als subsidiär gegenüber der Teilnahme angesehen wird"", muß dies erst recht für die Täterschaft gelten. Der B G H begnügt sich hierzu mit der Beteuerung: „Selbstverständlich fällt auch die Billigung eigener Taten unter den Tatbestand des §140 StGB"" 0 . Nun hat die Selbstverständlichkeit in der Jurisprudenz noch nie als gutes Argument gegolten. Die Bestrafung der Billigung eigener Taten ist nicht nur vom Standpunkt der Generalprävention aus sinnlos, sondern führt auch zu einem Gesinnungsterror: In der Öffentlichkeit wird der Täter gezwungen, sich zu seiner Schuld zu bekennen. Konsequent wäre es an sich, auch die §§129 und 129 a StGB als subsidiär zurücktreten zu lassen, wenn die bezweckten Straftaten tatsächlich begangen wurden. Im Gegensatz dazu nehmen allerdings der B G H und die überwiegende Auffassung in der Wissenschaft Tateinheit 1 " oder

106 Kratzsch, Straflosigkeit einer mit einer Angehörigenbegünstigung konkurrierenden Fremdbegünstigung?, JR 1974, 186, 188. 107 Maurach/Schroetter, a . a . O . (Anm. 1), S.330 m. w. Nachw. 108 Schmidhäuser, Über die Anzeigepflicht des Teilnehmers, Festschrift für Bockelmann, 1979, S. 683 ff., 698; Rudolphi, SK § 1 3 8 Rdn. 19a. 109 Lackner, StGB, 15. Aufl. 1983, Anm. 4; für die Belohnung auch Laußütte, M D R 1976, 444. 110 N J W 1978, 58. '" BGHSt. 29, 288, 290 m. Nachw. zum Schrifttum.

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gar Tatmehrheit" 2 an. In der Tat stellt sich hier das Bedürfnis, einerseits Täter, die zunächst nur wegen Zugehörigkeit zu einer Vereinigung bestraft wurden, für später entdeckte schwere tatsächliche Straftaten noch zur Rechenschaft ziehen zu können, andererseits mit der Bestrafung wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung nicht endlos warten zu müssen. Die Annahme von Tatmehrheit, die dies zwanglos ermöglichen würde, ist allerdings vom B G H zurückgewiesen worden. Seine Annahme von Tateinheit führt zu der gleichen Folge des Strafklageverbrauchs wie die Subsidiarität. Ich würde hier für die - allerdings umstrittene - Möglichkeit einer Ergänzungsklage plädieren" 3 . Sie ließe sich bei der Subsidiarität mit ihrer Warnfunktion m. E. leichter begründen als bei der Tateinheit. Auch hinsichtlich weiterer Taten der Mitglieder der kriminellen Vereinigung dürfte die Annahme der Subsidiarität die komplizierten Konstruktionen des B G H zur Ausschaltung der Klammerwirkung und des Verbrauchs der Strafklage" 4 ersparen. Übrigens nahmen Wissenschaft und Rechtsprechung der Weimarer Zeit zu den entsprechenden Tatbeständen der Republikschutzgesetze Subsidiarität an115.

XI. Die Tatsache, daß die Straftaten gegen das Strafrecht die gleichen Rechtsgüter angreifen wie die darin angesprochenen anderweitigen Straftaten, aber mit entfernteren Handlungen, gibt auch die Möglichkeit, in Zweifelsfällen nach dem milderen Tatbestand, d. h. der Straftat gegen das Strafrecht, zu bestrafen. Es wurde schon dargelegt, daß die Tatbestände teilweise geradezu als Auffangtatbestände für die fehlende Nachweisbarkeit der Begehung der Straftat selbst geschaffen worden sind. Diese für §138 StGB weitgehend anerkannte 1 " und für §323a StGB inzwischen gesetzlich festgelegte Möglichkeit muß auch für § 258 StGB gelten"7.

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OLG Karlsruhe NJW 1977, 2222; Nachw. zum Schrifttum BGHSt. a.a.O. Vorschlag des Generalbundesanwalts gegenüber dem Bundesjustizministerium, wiedergegeben bei Grünwald, Der Verbrauch der Strafklage bei den §§ 129, 129 a StPO, Festschrift für Bockelmann, 1983, S. 737 ff., 754. Allgemein zu dem Problem Roxin, Strafverfolgungsrecht, 18. Aufl. 1983, S.293. 114 BGHSt. a.a.O. (Anm. 111); dagegen vor allem Grünwald a.a.O. (Anm. 113). 115 Lobe, Die Gesetzgebung des Reiches und der Länder zum Schutz der Republik, 1922, S.48; Cohn/Schäfer/Wichards, Republikschutzgesetz, 1930, S.21 f.; RGSt. 51, 381, 388; 59, 376. "' Rudolphi, SK Rdn.35; Hanack, LK 10. Aufl. 1978 Rdn.75; Maurach/ Schroeder, a.a.O. (Anm. 1), §96 II 4; Schmidhausen a.a.O. (Anm. 108), S.698; Wolter, JuS 1983, 773. A . A . jedoch BGH bei Holtz, MDR 1979, 635. 117 A . A . BGHSt. 30, 77 m. abl. Anm. Günther JR 1982, 81. 113

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XII. Die Eigenart der hier behandelten Tatbestände als Straftaten gegen das Strafrecht zeigt sich auch bei ihrer Kombination miteinander und mit anderen Vorverlagerungen der Strafbarkeit. Denn die Kombination von Strafausdehnungsgründen ist grundsätzlich fragwürdig, wobei die Vorstufen der Beteiligung als fragwürdiger gelten als die Beteiligung an den Vorstufen (vgl. §30 StGB). Das Gesetz selbst nimmt im Anschluß an ein von der Rechtsprechung entwickeltes Prinzip'" die Organisationsdelikte der §§ 84-87 StGB aus § 129 StGB heraus (§ 129 Abs. 2 Nr. 3 StGB). Auch die Vorbereitung des Hochverrats hat die Rechtsprechung aus § 129 StGB herausgenommen 1 ". Bemerkenswerterweise nimmt der B G H auch Vereinigungen, die lediglich andere zu Straftaten auffordern oder Straftaten anderer billigen, aus § 129 StGB heraus, und zwar mit der Begründung, die Vereinigung müsse selbst Straftaten begehen120. Offensichtlich sieht der B G H die §§111 und 140 nicht als Straftaten an. Im umgekehrten Fall: Aufforderung zur Bildung einer kriminellen Vereinigung oder Billigung von deren Taten, dürften die §§111, 140 StGB hinter den weitgefaßten Begehungsweisen der Unterstützung der kriminellen Vereinigung und der Werbung zurücktreten 12 '. Unter diesem Aspekt erweist sich einmal mehr die Fragwürdigkeit des §138 Abs. 2 StGB, wonach nicht nur die von der terroristischen Vereinigung geplanten Straftaten angezeigt werden müssen, sondern das Vorhaben einer „Straftat nach § 129 a" selbst, also das Vorhaben der Gründung, Betätigung als Mitglied, Unterstützung und Werbung. Anzeigepflichtig ist also das Vorhaben des Vorhabens von Straftaten. Da allerdings terroristische Vereinigungen nur selten mit einem feststellbaren Gründungsakt gegründet werden, wird es hier ohnehin vielfach an dem erforderlichen Vorsatz des Anzeigepflichtigen mangeln. Auf der anderen Seite hat die Verkennung des § 129 a StGB als Bedrohung anderer Rechtsgüter zu einer sachwidrigen Lösung geführt: Die Existenz einer terroristischen Vereinigung selbst und ihre Betätigung, also das gefährlichere Stadium, sind nicht anzeigepflichtig, da dies dem Grundgedanken des § 138 StGB widerspreche, der nur bevorstehende Taten verhindern wolle'22. Deutlicher kann die 118

BGHSt. 7, 6, 8. BGHSt. 7, 6, 8. 120 BGHSt. 27, 325ff., 328; dagegen Schönke/Schröder/Lenckner, §129 Rdn. 7 a. 121 BGHSt. 31, 16 ff., 22. 122 Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 7. Wahlp., S. 2464; BT-Dr. 7/5401, S.6. - Die Pflicht zur Anzeige der Ausführung einer Straftat nach § 129 a läuft wegen des Erfordernisses der Abwendbarkeit der Ausführung weitgehend leer. 119

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Sachwidrigkeit der Verselbständigung der Vereinigung zu strafbaren Zwecken zu einer Handlung gegen die Staatsautorität kaum dargetan werden. Bemerkenswerterweise enthielten auch hier die Republikschutzgesetze noch die sachgemäße Regelung' 23 .

XIII. Der Rahmen eines Vortrags erlaubt es nicht, weitere Folgen der Betrachtung der hier behandelten Delikte als Straftaten gegen das Strafrecht darzulegen. Hierzu gehören Auswirkungen auf die Beurteilung von Handlungen mit Auslandsberührung sowie auf die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale. Ich hoffe aber, daß es gelungen ist zu zeigen, daß die hier vorgestellte Betrachtung dieser Delikte neue Erkenntnisse ermöglicht und in Gang setzt.

Art. I Abs. 2 der Zweiten V O zum Schutze der Republik vom 2 9 . 6 . 1 9 2 2 , § 5 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 2 1 . 7 . 1 9 2 2 , § 2 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 25.3.1930.