Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise: Eine Analyse der Rolle des Strafrechts vor und zu Zeiten der Krise anhand der zentralen Norm des § 266 StGB [1 ed.] 9783428551880, 9783428151882

Der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 liegt ein multifaktorieller Ursachenkomplex zugrunde. Die vorliegende Arbeit a

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German Pages 300 Year 2017

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Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise: Eine Analyse der Rolle des Strafrechts vor und zu Zeiten der Krise anhand der zentralen Norm des § 266 StGB [1 ed.]
 9783428551880, 9783428151882

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Schriften zum Strafrecht Band 306

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise Eine Analyse der Rolle des Strafrechts vor und zu Zeiten der Krise anhand der zentralen Norm des § 266 StGB

Von

Steffen Löwer

Duncker & Humblot · Berlin

STEFFEN LÖWER

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschaftsund Finanzkrise

Schriften zum Strafrecht Band 306

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise Eine Analyse der Rolle des Strafrechts vor und zu Zeiten der Krise anhand der zentralen Norm des § 266 StGB

Von

Steffen Löwer

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2016 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D30 Alle Rechte vorbehalten © 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-15188-2 (Print) ISBN 978-3-428-55188-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-85188-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/2016 durch den Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Oktober 2015 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Matthias Jahn, der mir einerseits den Freiraum gewährt hat, meine Ideen zu verfolgen und eigenständig Hypothesen und Lösungsansatze zu entwickeln, und der andererseits meine Arbeit mit sehr wertvoller Kritik begleitet hat, die zum Erfolg dieser beigetragen hat. Außerdem danke ich ihm für die Unterstützung bei meiner Bewerbung um eine Promotionsförderung von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Auch für die von ihm gehaltenen Doktorandenseminare möchte ich mich hiermit bedanken, da durch den Rahmen dieser Veranstaltungen konstruktive Diskussionen entstanden sind, die hilfreich für meine Arbeit waren. Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. Rainer Hamm für die Erstellung des Zweitgutachtens und die wertvolle Kritik. Der Friedrich-Ebert-Stiftung möchte ich dafür danken, dass ich durch die Promotionsförderung an ihrer ideellen und materiellen Förderung teilhaben durfte. Neben vielen interessanten Seminaren und Diskussionen mit anderen Doktoranden konnte ich mich dank dieser Förderung vollzeitig der Anfertigung meiner Arbeit widmen. Danken möchte ich vor allem auch meiner Mutter, Angelika Löwer, und meiner Großmutter, Lieselotte Stenzel, die mich immer bedingungslos unterstützt haben. Dank ihnen hatte ich in jeder Phase meines Lebens, beginnend bei meiner Kindheit, über meine Schulzeit, mein Studium, meinen Auslandsaufenthalt und letztlich auch während meines Promotionsvorhabens, immer Unterstützung und Rückhalt. Gleiches gilt für meine Frau, Michaela Löwer, der ich hiermit ebenfalls besonders danken möchte. Auch sie hat mich in vielen Phasen meines Lebens in den letzten elf Jahren begleitet und hat mich immer unterstützt. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Frankfurt a.M., im Januar 2017

Steffen Löwer

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Teil Die Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

21

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Absolute Straftheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Relative Straftheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Vereinigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 IV. Konkretisierung der Rolle des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 V. Strafrecht als Mittel zum Zweck der Einflussnahme auf die Wirtschaft? . . . . . . . 31 B. Strafrecht und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Die politische Wirtschaftsstraftat nach Naucke als Konkretisierungsansatz der vorzunehmenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Die „praktische Ebene“ des Strafrechts als die Ebene der vorzunehmenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Ausblick auf die möglichen Konsequenzen einer Ohnmacht des Strafrechts . . 35 3. Konkretisierung des Fortgangs der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Die strafrechtliche Überprüfbarkeit wirtschaftlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . 37 1. Sind wirtschaftliche Entscheidungen strafrechtlich überprüfbar? . . . . . . . . . . . 37 2. Auswirkungen einer strafrechtlichen Überprüfbarkeit wirtschaftlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Negative Aspekte einer strafrechtlichen Überprüfbarkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Die Begrenzung des Strafrechts durch verfassungsrechtliche Prinzipien . . . 41 aa) Ultima-ratio-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 bb) Strafrechtliche Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 cc) Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 dd) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 ee) Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Die Anforderungen an Strafrechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Der historische Kontext zur strafrechtlichen Bestimmtheit von Normen: Die unterschiedlichen Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

8

Inhaltsverzeichnis 2. Die Gesetzgebung zur Bestimmtheit von Strafnormen der letzten Jahrhunderte: Ein kursorischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3. Aktuelle Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4. Ein soziologischer Exkurs mit Niklas Luhmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5. Die Psychologie der Abschreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 6. Wirtschaftswissenschaftliche Modelle einer Täterrationalität . . . . . . . . . . . . . . 56 7. Zusammenfassende Betrachtung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Teil Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

62

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Die Hintergründe der Wirtschafts- und Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Globale Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a) Kapitalzufluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Leitzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Wertpapiere und Zweckgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 d) Die Rolle der Ratingagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 e) Der Ausbruch der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Auswirkungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) IKB Deutsche Industriebank AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Landesbank Sachsen (heute: Sachsen Bank) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 c) Landesbank Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 d) Bayerische Landesbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 e) Westdeutsche Landesbank Girozentrale AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 f) Hamburgisch-Schleswig-Holsteinische Nordbank AG . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 g) Hypo Real Estate Holding AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 h) Andere Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Die „Allzweckwaffe“ § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Die Problematik des § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Vermögensbetreuungspflicht und pflichtwidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . 81 b) Vermögensnachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 c) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 d) Verschleifung der Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 e) Zu den Risikogeschäften und Fällen der Wirtschafts- und Finanzkrise . . . . 88 2. Restriktionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Strengere Prüfung des subjektiven Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Billigung der Realisierung einer Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 c) Gravierende Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Inhaltsverzeichnis

9

d) Die Mannesmann-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 e) Restriktion nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . 95 f) Umsetzung der Vorgaben des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Keine Neuerung in der Rechtsprechungspraxis des Bundesgerichtshofs für Strafsachen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Strafsachen nach dem 23. 06. 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4. Die Folgeproblematik des § 257c StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Der Zusammenhang von § 266 StGB und § 257c StPO . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Die verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. § 257c StPO . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Die Wahrheitserforschung im Strafprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Das Legalitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 cc) Das Öffentlichkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 dd) Weitere Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Zwischenergebnis im Hinblick auf § 257c StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) § 257c StPO contra einer Generalprävention vor dem 19. 03. 2013 . . . . 111 bb) § 257c StPO contra einer Generalprävention nach dem 19. 03. 2013 . . . 111 5. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Zwischenergebnis: Grundsätzliches zur Nichtverhinderung der Krise mit strafrechtlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 B. Die Mitursächlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Teil Zu den strafrechtlichen Mitteln als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

119

A. Das strafrechtliche Arsenal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Die bereits vorgenommenen Subsumtionen der Krisensachverhalte unter § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Die Subsumtion von Kasiske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Die Subsumtion von Schünemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Die Subsumtion von Bermel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Die materiell-rechtliche Subsumtion unter § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Täterkreis und Vermögensbetreuungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Pflichtwidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Die der nachfolgenden Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhalte . . . 126 b) Der Pflichtwidrigkeitsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

10

Inhaltsverzeichnis c) Zu den unterschiedlichen Aufgaben von Vorstandsmitgliedern und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern: Das strafrechtlich zu beurteilende Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Verstoß gegen den öffentlichen Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 e) Der Geschäftszweck der einzelnen Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) SachsenLB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) BayernLB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) WestLB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 dd) IKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 ee) LBBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 ff) HSH Nordbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 f) Zwischenergebnis zum Verstoß gegen den öffentlichen Zweck . . . . . . . . . . 144 g) Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen . . . . . . . . . . . 144 aa) Die Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (1) Der Fall Rudolf Münemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (2) Zinsen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (3) Die mediale Bekanntheit der Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Vertrauen auf Informationen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 cc) Die Rolle der Ratingagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 h) Existenzgefährdung als Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 aa) Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 bb) Einzelfallbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 i) Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Risikoerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 bb) Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 cc) Risikosteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 dd) Risikokontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 ee) Basel II, § 25a KWG a.F. und BaFin Rundschreiben 18/2005 (MaRisk) 166 j) Klumpenrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Portfoliotheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Gesetzgeberische Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Einzelfallbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 k) Bonizahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Die Rolle von Bonizahlungen für die Wirtschafts- und Finanzkrise . . . 175 bb) Die Bedeutung der Mannesmannentscheidung im Kontext von Bonizahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhaltsverzeichnis

11

cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 l) Ermessens- und Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 bb) Betrachtung der einzelnen Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 m) Überwachungspflichten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern

183

aa) Die Pflichten der Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder . . . . . . . . . 183 bb) Pflichtenverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 n) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Das Verhalten der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (1) Zu g): Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen 188 (2) Zu h): Existenzgefährdung als Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . 189 (3) Zu i): Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (4) Zu j): Klumpenrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Das Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern . . . . . . 190 (1) Zu k): Bonizahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Zu m): Überwachungspflichten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 o) Die business judgment rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Unternehmerische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Handeln zum Wohle der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 cc) Keine Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . 194 dd) Handeln auf Grundlage angemessener Informationen . . . . . . . . . . . . . . 194 ee) Handeln in gutem Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 ff) Ergebnis zur business judgment rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 p) Evidenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 q) Gravierende Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage

198

cc) Fehlende innerbetriebliche Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 dd) Vorliegen sachwidriger Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 ee) Abwägung zur Schwere der Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (1) Das Verhalten der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (2) Das Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern . . . 206 ff) Ergebnis zur gravierenden Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 r) Ergebnis zum pflichtwidrigen Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Vermögensnachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Gefährdungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Das Bilanzrecht zur Quantifizierung eines Vermögensnachteils . . . . . . . . . 210 c) Die Bedeutung der Normativität für die Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

12

Inhaltsverzeichnis 4. Kausalität und objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 5. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 III. Bewertung der Ausführungen von Kasiske, Schünemann und Bermel anhand der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Die Bewertung der einzelnen Ausführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Zur Erfassung der Krisensachverhalte durch § 266 StGB und den Problembereichen im Rahmen der Untersuchung der Krisensachverhalte . . . . . . . . . . . . . 221 IV. Ist ein „Mehr“ von Strafrecht notwendig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Die Forderung nach mehr Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Argumentationsmuster . . . . . . . . . . 224 a) Die Gefahren einer Expansion des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Die Forderung nach mehr Strafrecht unter dem Blickwinkel einer rechtsgutstheoretischen Betrachtung – ein Problemaufriss . . . . . . . . . . 227 (1) Risikogesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (2) Zum funktionalen Strafrecht, Gefährdungsdelikten und Überlegungen zur Beschränkung strafrechtlicher Expansion . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) Das Verhältnis von Individualrechtsgütern und kollektiven Rechtsgütern zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 cc) Der rechtstheoretische Hintergrund einer Notwendigkeit der Begrenzung funktionalen Strafrechts: Der Vorrang der Person? . . . . . . . . . . . . 236 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 b) Die Bedeutung der Strafzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Zur Bedeutung der Strafzwecke und der Bestimmtheit von Normen . . 243 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 c) Das Beispiel: Die Strafnormen des KWG und VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 aa) Überblick zu den Strafnormen des KWG und VAG . . . . . . . . . . . . . . . . 246 bb) Zur verfassungsrechtlichen Kritik im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 cc) Das Verhältnis von § 54a KWG und § 266 StGB zueinander . . . . . . . . 250 3. Stellungnahme: Ist ein „Mehr“ von Strafrecht als Reaktion auf die Krise erforderlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

B. Zur Illusion der Notwendigkeit eines „Mehr“ an Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Teil Resümee

255

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

Abkürzungsverzeichnis a.A. ABS Abs. a.F. AG AK AktG APuZ Art. AT Az. BaFin BayernLB BB Beschl. Bespr. BFuP BGB BGBl. BGH BGHSt BKR BMW Bd. BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerfGK bzgl. bzw. ca. CCZ Chap. DCGK DM DÖV DRiZ DVBl. EGMR Ehem. Einl.

andere Ansicht Asset Backed Securities Absatz alte Fassung Aktiengesellschaft Alternativkommentar Aktiengesetz Aus Politik und Zeitgeschichte Artikel Allgemeiner Teil Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bayerische Landesbank Betriebs-Berater Beschluss Besprechung Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bayerische Motoren Werke Band Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bezüglich beziehungsweise circa Corporate Compliance Zeitschrift Chapter Deutscher Corporate Governance Kodex Deutsche Mark Die Öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Deutsches Verwaltungsblatt Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Ehemaligen Einleitung

14 EMRK EU f. FAZ Fed ff. FMS FMSA FMS-WM Fn. FS GA gem. GenG GG GmbH GmbHG GmbHR GVG GwG

Abkürzungsverzeichnis

Europäische Menschenrechtskonvention Europäische Union folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Federal Reserve System fortfolgende Finanzmarktstabilisierung Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung FMS-Wertmanagement Fußnote Festschrift Goltdammer’s Archiv gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Grundgesetz Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) HGAA Hypo Group Alpe Adria HGB Handelsgesetzbuch HRE Hypo Real Estate HRRS Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Hrsg./hrsg. Herausgeber/herausgegeben HSH Nordbank Hamburgisch-Schleswig-Holsteinische Nordbank HStVollzG Hessisches Strafvollzugsgesetz i.H.v. in Höhe von IKB Deutsche Industriebank Inc. Incorporated inkl. inklusive InvG Investmentgesetz i.S. im Sinne i.S.v. im Sinne von i.V.m. in Verbindung mit JA Juristische Arbeitsblätter JuS Juristische Schulung JZ JuristenZeitung KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau KPMG Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KSA Kreditrisiko-Standardansatz KSzW Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht LB Landesbank LBBW Landesbank Baden-Württemberg LG Landgericht lit. littera LK Leipziger Kommentar

Abkürzungsverzeichnis m. Anm. MaRisk MDR Mio. MK Mrd. m.w.N. NJ NJW NK No. Nr. NStZ NVwZ NWVBl. NZG o.Ä. o.g. OLG PharmR RGBl. RGSt Rn. S. SachsenLB SäHO sog. SolvV stellv. StGB StPO StraFo StV Taz Tz. u. a. Überbl. v. UMAG USA u. U. UWG v. vgl. v.H. Vol. VVDStRL VW

15

mit Anmerkungen Mindestanforderungen an das Risikomanagement Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen Münchener Kommentar Milliarden mit weiteren Nachweisen Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Neue Kriminalpolitik Number Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht oder Ähnliches oben genannte(n) Oberlandesgericht Pharma Recht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Randnummer Seite Landesbank Sachsen Sächsische Haushaltsordnung sogenannt(en) Solvabilitätsverordnung stellvertretend Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidiger Forum Strafverteidiger Die Tageszeitung Textziffer unter anderem Überblick von Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts United States of America unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von vergleiche vom Hundert Volume Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Volkswagen

16 WestLB wistra WM WPg WpHG WRP z. B. ZBB ZfgK ZG ZGR ZHR ZIP ZIS ZRP ZStW z.T.

Abkürzungsverzeichnis Westdeutsche Landesbank Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wettbewerb in Recht und Praxis zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zum Teil

Einleitung Die strafrechtliche Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise ist ein weit gefasster Titel. Trotz dieser Weite ist es jedoch nicht möglich, alle relevanten Aspekte zur Wirtschafts- und Finanzkrise (im Folgenden bezeichnet als „Krise“) in nur einem Werk zusammenzutragen und zu untersuchen. Schon nachdem es im Jahre 2008 zum Ausbruch der Finanzkrise kam, der sich weitere wirtschaftliche Negativentwicklungen anschlossen, stellte sich die Frage nach der Rolle des Strafrechts. Umfassend wurden einzelne Aspekte in Symposien beleuchtet: „Die Handlungsfreiheit des Unternehmers – wirtschaftliche Perspektiven, strafrechtliche und ethische Schranken“1 (2009), „Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität?“2 (2010), „Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral“3 (2010), „Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?“4 (2011). Auch im Anschluss an diese Symposien herrschte reger Austausch über die Rolle des Strafrechts im Hinblick auf die Auswirkungen der Finanzkrise5. Daneben gab es noch die Fachtagung „Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?“6 vom 24. 09. 2012 und Artikel in Fachzeitschriften, die die Problematik schon im Titel aufgriffen: So beispielsweise Jahn mit seinem Artikel „Die strafrechtliche Aufarbeitung der Finanzmarktkrise“7 und auch Strate mit seinem Artikel „Strafrechtliche Aufarbeitung der Finanzkrise“8. Diese sehr engagiert betriebene Aufarbeitung der Krise aus strafrechtlicher Perspektive ist zu begrüßen. Diskutiert wurden beispielsweise die Fragen, inwieweit das Strafrecht zur Bewältigung der Krise überhaupt in der Lage ist9 und ob sich durch das Strafrecht präventiv künftige Krisen vermeiden lassen10. Dies wird größtenteils kritisch gesehen11 und es 1 Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers – wirtschaftliche Perspektiven, strafrechtliche und ethische Schranken 2009. 2 Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität? 2010. 3 Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral 2010. 4 Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt? 2011. 5 Vgl. nur Schünemann, ZStW 123 (2011), 767 ff.; Schröder, ZStW 123 (2011), 771 ff.; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791 ff.; Fischer, ZStW 123 (2011), 816 ff. 6 Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland? 2013. 7 Jahn, wistra 2013, 41 ff. 8 Strate, HRRS 2012, 416 ff. 9 Siehe hierzu stellv. m.w.N. Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 793 ff. 10 Stellv. m.w.N. Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 793 ff. 11 Stellv. m.w.N. Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 793 ff.

18

Einleitung

wird auf die Ungeeignetheit des Strafrechts zur Krisenbewältigung hingewiesen12. Aus diesen Überlegungen heraus lassen sich schon mehrere Erkenntnisse für die vorliegende Untersuchung gewinnen: Wenn hier von der „Aufarbeitung“ der Krise die Rede ist, so handelt es sich auch um eine Aufarbeitung des Strafrechts im Hinblick auf mögliche Defizite des Strafrechts, anstatt ausschließlich um eine Aufarbeitung der Krise an sich mit Mitteln des Strafrechts. Es wird (systemtheoretisch) von einem sekundären Rang des Strafrechts13 in einem komplexen Gefüge verschiedener Systeme ausgegangen14, ohne jedoch gänzlich einen potentiellen Steuerungscharakter des Strafrechts abzulehnen. Schließlich soll gerade das „Flankieren“ zivilrechtlicher Regelungen mit dem Strafrecht15 auf das Verhalten potentieller Täter Einfluss nehmen. Wenn also in dieser Arbeit diese Form strafrechtlicher Steuerungselemente betont wird, so soll dies keinesfalls als eine Perspektive auf ein Strafrecht missverstanden werden, welches soziale Systeme steuern soll16. Das Strafrecht kann dies nicht leisten17 und soll dies auch im Hinblick auf die Gefahren eines funktionalisierten Strafrechts18 nicht versuchen zu leisten. Da das Strafrecht jedoch eng mit anderen Systemen verbunden ist, geradezu an diese andockt19, kann es als Teilaspekt einer systemordnenden Verhaltenssteuerung auch untersucht werden. Aus dieser Perspektive 12 Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 218; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 794 ff.; so auch schon grundlegend: Prittwitz, Strafrecht und Risiko 1993. 13 Dies geht zurück auf die grundsätzlichen Überlegungen zur Bedeutung des Strafrechts im Hinblick auf eine Wirtschaftslenkung von Achenbach, ZStW 119 (2007), 789 ff.; so auch Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 229 ff.; Lüderssen, in: FS Eser, 163 ff.; vgl. auch zum „Linienrichter“ Strafrecht: Hassemer, wistra 2009, 169, 171. 14 Vgl. stellv. Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 229 ff.; vgl. außerdem Luhmann, Rechtssoziologie, S. 354 ff.; Luhmann, Kontingenz und Recht, S. 14 ff.; und übersichtlich dargestellt bei Rönnau, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 12 in Fn. 15. 15 Stellv. für viele: Achenbach, ZStW 119 (2007), 789 ff. 16 Dass das Strafrecht keine primäre Quelle gesellschaftlicher Steuerung sein kann, ist weitläufig anerkannt und soll hier auch nicht in Abrede gestellt werden. Deutlich sollte aber anhand der bisherigen Ausführungen sein, dass strafrechtliche Prävention nicht mit einem allgemeinen Steuerungsanspruch gleichgesetzt werden kann. Vgl. Lüderssen, StV 2009, 486, 493; Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers – wirtschaftliche Perspektiven, strafrechtliche und ethische Schranken, S. 284 ff.; kritisch gegenüber strafrechtlicher Steuerung auch: Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 182; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 194. 17 Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 218; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791, 794 ff.; Prittwitz, Strafrecht und Risiko 1993. 18 Siehe hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (2). 19 Stellv. Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 229 ff.

Einleitung

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heraus eröffnet sich die Möglichkeit, speziell das Strafrecht daraufhin zu untersuchen, ob es grundsätzlich dazu in der Lage gewesen wäre, präventiv im Hinblick auf die Verhinderung des Ausbruchs der Krise zu wirken, und ob es präventiv im Hinblick auf künftige Krisen wirken kann20. Die Frage muss an dieser Stelle grundsätzlicher Natur sein, da andernfalls die zuvor genannte Prämisse missachtet werden würde, dass das Strafrecht gerade nicht primär steuern soll, sondern sich dieses auf einer sekundären Ebene befindet21. Nur ein Strafrecht, dass grundsätzlich auch in der Lage ist, im Wirtschaftsleben präventive Wirkung zu entfalten, kann als sekundäre Ordnung andere Primärnormenordnungen (flankierend) unterstützen. Dies könnte man auf verschiedene Weisen untersuchen. Man könnte auf allgemeine Ausführungen zu strafzwecktheoretischen Ansätzen verweisen22, man könnte versuchen, eine rein empirische Untersuchungen zu wagen23 oder aber man bedient sich den Erkenntnissen dieser Forschung, um auf Grundlage dieser eigene Arbeitshypothesen zu entwerfen und zu konkretisieren. So könnte man vor allem unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten die grundsätzliche Eignung des Strafrechts im Hinblick auf die Prävention verknüpft mit dem komplexen Wirtschaftsleben genauer untersuchen. Diese letzte Variante soll der vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegt werden. Dies führt damit zu einer zentralen Frage, die innerhalb der ersten zwei Teile der Untersuchung betrachtet und beantwortet werden soll: Spielte das Strafrecht eine Rolle bei der Nichtverhinderung des Ausbruchs der Krise (zumindest in Deutschland)? Die Frage muss an dieser Stelle auf Deutschland limitiert sein. Die Krisenphänomene sind international und die Ursächlichkeit ebenso24. Es gibt kein internationales Strafrecht25 in dem Sinne, dass global die gleichen strafrechtlichen Maßnahmen im Wirtschaftsleben greifen können. Strafrecht kann bei der hier angestrebten Untersuchung also auch räumlich nur limitiert betrachtet werden. Dies muss nicht die Aussagekraft der Untersuchung selbst mindern, denn deutsche Finanzmarktakteure sind an deutsches Recht gebunden. Damit soll gerade die strafrechtlich präventive Wirkung als Flanke der Primärnormenordnungen genau auf diese Akteure einwirken. 20 Man wird wohl mit keiner Rechtsordnung jemals alle Eventualitäten erfassen können, um einer Krise vorzubeugen und selbst wenn man sie rechtlich erfasst, bedeutet dies nicht zugleich, dass sie als eliminiert angesehen werden können. Auch dies steht jedoch der hier angestrebten Untersuchung nicht im Wege, da es bei der Betrachtung von Normenordnungen immer nur um die potentiellen Möglichkeiten einer Einflussnahme auf Verhalten gehen kann. Diese potentielle Möglichkeit kann auch im (systemisch) sekundären oder tertiären Bereich untersucht werden, in dem das Strafrecht verortet wird. 21 Siehe die Nachweise in Einleitung Fn. 13 und 14. 22 Siehe hierzu näher unter 1. Teil, A. 23 Vgl. hierzu beispielhaft empirische Untersuchungen und Bewertungen dieser Untersuchungen zu Strafzwecken: Bönitz, Strafgesetz und Verhaltenssteuerung 1991; Zeisel, The Supreme Court Review 1976, 317 ff.; Sjoquist, The American Economic Review 1973, 439 ff. 24 Vgl. hierzu 2. Teil, A. I. 1. 25 Insbesondere für den Raum der Europäischen Union ist dies derzeit nicht vorstellbar, da die Vertragsstaaten ihre Kompetenzen im Bereich des Strafrechts nicht abgegeben haben.

20

Einleitung

An diese erste Frage der nachfolgenden Untersuchung soll sich noch eine zweite Frage anschließen, die neben ihrer Bedeutung als Reaktion auf die Krise auch grundsätzliche Bedeutung für das Strafrecht hat. Es geht um die Frage, ob ein „Mehr“ von Strafrecht benötigt wird. Sind neue Strafnormen als Lehre aus der Krise erforderlich? Um diese Frage beantworten zu können, ist zunächst auf den Straftatbestand des § 266 StGB einzugehen. § 266 StGB nimmt – wie sich im Einzelnen noch zeigen wird26 – eine zentrale Rolle im Rahmen einer strafrechtlichen Aufarbeitung der Krise ein. Eine Darstellung der krisenursächlichen Sachverhalte und eine Subsumtion dieser unter § 266 StGB soll dazu dienen, die grundsätzlichen Möglichkeiten einer strafrechtlichen Aufarbeitung aufzuzeigen. So können außerdem auch mögliche Grenzen dieser Aufarbeitung identifiziert werden. Basierend auf den Ergebnissen dieser Subsumtion kann eine Aussage zur Erforderlichkeit neuer Straftatbestände getätigt werden. Es sei schon an dieser Stelle angemerkt, dass eine Erforderlichkeit bezweifelt werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Frage kann jedoch grundsätzlich auf das immer wiederkehrende Phänomen eingegangen werden, dass die Rufe nach dem Strafrecht insbesondere nach (sozialen wie wirtschaftlichen) Krisen laut werden27. Die vorliegende Untersuchung wird auch diese Rufe nach einem „Mehr“ von Strafrecht bewerten und neben dem Aufzeigen von Gegenargumenten28 auf eine besondere Form des argumentativen Umgangs mit solchen Forderungen aufmerksam machen29.

26

Vgl. die Ausführungen unter 1. Teil, B. I.; 2. Teil, A. II. und 3. Teil, A. I. bis III. So beispielsweise nach dem Ausbruch der Finanzkrise: Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f.; Diskussionsbeitrag von Schünemann: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 65; Diskussionsbeitrag von Hefendehl: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 67; Diskussionsbeitrag von Kasiske: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 70; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 28 Vgl. insbesondere 3. Teil, A. IV. 2. a). 29 3. Teil, A. IV. 2. 27

1. Teil

Die Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe Um einen Zugang zu diesem Themenkomplex zu finden und eine Rolle des Strafrechts bei der Aufarbeitung der Krise identifizieren zu können, ist hier zunächst der Sinn und Zweck des Strafens1 näher zu betrachten. Diese Metaebene der Betrachtung ermöglicht es, einen Sinn und Zweck des Strafrechts in Fragen der Wirtschaftskriminalität zu finden und diesen als Rolle des Strafrechts für die weitere Untersuchung zugrunde zu legen. Ein Strafrecht, das den Maßstäben nach Sinn und Zweck des Strafens nicht entspricht, könnte auch zumindest als kleiner Teil eines multifaktoriellen Ursachenkomplexes2 zum Ausbruch der Krise (in Deutschland) beigetragen haben.

I. Absolute Straftheorien Bei den absoluten Straftheorien steht vor allem die Strafe selbst als Sinn und Zweck im Zentrum der Betrachtung und nicht mögliche Auswirkungen bzw. Folgen von Strafe. Nach der sog. Vergeltungstheorie muss demjenigen Leid zugefügt werden, der gegen das Recht verstoßen hat. Dies allein soll aus sich heraus der einzige Grund des Strafens sein3. Strafe sei also nur eine notwendige Reaktion auf ein Verbrechen eines Einzelnen – der Schuld auf sich geladen hat – und dies wiederum müsse losgelöst von jedem 1 Siehe zu dieser seit Jahrhunderten geführten Diskussion die Nachweise bei Gribbohm, in: Jähnke/Laufhütte/Odersky, LK-StGB, Bd. 2, Vor § 46 ff., Rn. 26 ff.; Miebach, in: Joecks/ Miebach, MK-StGB, Bd. 2, § 46, Rn. 24 ff.; eine Übersicht zu den einzelnen Theorien findet sich unter anderem bei Jakobs, Strafrecht AT, S. 6 ff. und bei Roxin, Strafrecht AT, § 3. 2 Vgl. 2. Teil, A. I. 1. 3 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 158; vgl. auch Kühl, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 46, Rn. 2, der anführt, dass sich die Strafe bei den absoluten Theorien „im Schuldausgleich erschöpfe“.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Zweck betrachtet werden4. Zur Intensität der Strafe wird ausgeführt, dass demjenigen, der etwas verbrochen habe, das gleiche Leid zugefügt werden müsse, wie das, was er einem anderen zugefügt habe5. Es gilt also: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“6. Dies ist zumindest der Ansatz, den Kant zur Begründung von Strafe anführt. Bei Hegel wiederum finden sich im Vergleich hierzu ein paar Unterschiede7. Die Strafe soll nach Hegel eine Negation der Negation darstellen8. Hegel geht davon aus, dass wenn ein Täter ein Verbrechen begeht, dass er durch diese Tat seinen besonderen Willen zum Ausdruck bringe, im Widerspruch zum objektiv-allgemeinen Recht zu stehen9. Dies stelle die erste Negation dar – also ein Täter, der das objektiv-allgemeine Recht subjektiv negiere und dies durch den Verstoß auch objektiv zum Ausdruck bringe. Die Strafe wiederum reagiere auf diesen Widerspruch zum Recht und weise diesen zurück. Dadurch entstehe die Negation der Negation10. Hegel führt allerdings auch aus, dass die Strafe nicht zwangsläufig artgleich mit dem zugefügten Leid bzw. Schaden sein müsse11. Dies ist zumindest auf inhaltlicher Ebene der Strafe an sich ein wesentlicher Unterschied zu Kant. Übereinstimmend lehnen jedoch sowohl Kant als auch Hegel präventive Ziele ab12. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass beide zu Zeiten der Aufklärung die Freiheit des Einzelnen verteidigten und ihnen daher „erzieherische“ Elemente fernlagen. Der Ansatz von Hegel soll auch heute noch für eine strafzwecktheoretische Diskussion von großer Bedeutung sein13. Teilweise werden sogar generalpräventive und spezialpräventive Aspekte in Hegels Schriften identifiziert, obwohl man diese erst bei den relativen Straftheorien vermutet zu finden14 und diese – wie dargelegt – den Autoren eher ferngelegen haben müssten. Die absoluten Straftheorien sind jedoch auch einiger Kritik ausgesetzt. Problematisch bei diesem Ansatz ist, dass hier die Strafe schon vorausgesetzt wird, diese aber eigentlich erst begründet werden soll15. Die Frage nach dem Sinn und Zweck der Strafe setzt bei dem Nullpunkt der Begründung von Strafe an. Da sowohl Kant als 4 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 158; Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 2; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337. 5 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 159. 6 Vgl. hierzu Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 2 mit Nachweis zum Talionsprinzip. 7 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 104. 8 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 104. 9 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 104. 10 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 104. 11 Wenn es auch nicht um eine „Gleichheit“ von Verbrechen und folgender Strafe geht, so soll aber doch die Wertigkeit ähnlich sein (Vergleichbarkeit in Qualität und Umfang), vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 101. 12 So auch Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 4. 13 Wohlers/Went, in: Hirsch/Neumann/Seelmann, Strafe – Warum?, S. 182 f. mit Bezug auf Seelmann, Anerkennungsverlust und Selbstsubsumtion Hegels Straftheorien, S. 11 bis S. 31. 14 Becchi, in: Hirsch/Neumann/Seelmann, Strafe – Warum?, S. 94. 15 Roxin, JuS 1966, 377, 378.

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe

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auch Hegel das Strafen nur um des Strafens willen begründet sehen wollen, setzen sie Strafe im Umkehrschluss a priori voraus. Schon an dieser Stelle erweist sich eine solche Begründung des Strafens als Zirkelschluss und sie kann damit kein legitimierendes Fundament für das Strafen darstellen. Auch Kant hat dieses Problem wohl erkannt, denn er schreibt selbst dem Strafrecht doch einen Sinn und Zweck zu, ohne dies so bezeichnen zu wollen. Kant findet einen Sinn und Zweck auf einer Art Metaebene der Gerechtigkeit und nicht auf der Ebene der Strafe selbst16. Er führt das Beispiel einer Insel an, welche von einem Volk besiedelt wird, das sich auflösen möchte17. Wenn sich jedoch dieses Volk wirklich auflöse, dann müsse noch der letzte Mörder vorher hingerichtet werden – so Kant18. Auf der Ebene des Strafens selbst erscheint dies nur folgerichtig, wenn man nach diesem Ansatz nur um des Strafens willen straft. Auf einer Metaebene ist jedoch das Ziel zu erkennen, auf diese Weise Gerechtigkeit herstellen zu können. Mithin verlieren die absoluten Theorien an dieser Stelle also einen Teil ihres absoluten Charakters. Ähnliche Erwägungen führten bereits dazu, dass in Frage gestellt wurde, ob Kant überhaupt eine (absolute) Straftheorie begründen wollte. So wird darauf verwiesen, dass er zum zentralen Element seiner Argumentation die „Erhaltung größtmöglicher Freiheit der Bürger“19 gemacht habe20. Diese Kritik an der Begründung der Theorie selbst ist jedoch nicht der einzige negative Aspekt, der zu berücksichtigen ist. Es sei hier zumindest darauf hingewiesen, dass keine Angaben darüber gemacht werden, wann gestraft werden kann bzw. darf21. Eine solche inhaltliche Begrenzung ist notwendig – aber fehlt22 –, um dem Gesetzgeber keine Narrenfreiheit zu lassen, was wiederum unvereinbar mit rechtsstaatlichen Prinzipien wäre. Ohne diese Grenzen könnte der Gesetzgeber jedes beliebige Verhalten in den Strafkodex aufnehmen und so beliebig bestrafen23. Ein weiterer straftheoretischer Ansatz, der den absoluten Straftheorien zuzuordnen ist, ist die sog. Sühnetheorie. Bei dieser steht die Sühne oder auch das Versöhnen im Vordergrund. Die Strafe soll der Grund dafür sein, dass sich ein Täter mit sich selbst, mit der verletzten Ordnung und mit der Gemeinschaft versöhne24. Strafe sei mithin das notwendige Mittel, um den Täter mit sich und seiner Umwelt wieder in 16

Kant, Metaphysik der Sitten, S. 159; Lesch, JA 1994, 510, 514. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 161. 18 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 161. 19 Wohlers/Went, in: Hirsch/Neumann/Seelmann, Strafe – Warum?, S. 175. 20 Hierzu finden sich einige Nachweise bei Wohlers/Went, in: Hirsch/Neumann/Seelmann, Strafe – Warum?, auf S. 175, die hier z. T. wiedergegeben werden: Scheid, Ethics 1983 (93), 262, 264 („personal liberty“); Byrd, Law and Philosophy 1989, 151, 154, (S. 198: „greatest freedom possible for each individual“); Murphy, Columbia Law Review 1987 (87), 509, 517. 21 Roxin, JuS 1966, 377, 378. 22 So kommt es auch zum Einwand, dass eine Strafe auch dort erfolgen müsse, wo sie nicht nötig wäre: Vgl. Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 8; Roxin, JuS 1966, 377, 378. 23 Roxin, JuS 1966, 377, 378. 24 Lesch, JA 1994, 510, 513; Noll, Recht und Staat 1962, Heft 244, 3, 8. 17

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Einklang zu bringen. Gefordert wird allerdings auch eine (teilweise subjektive) Sühneleistung, damit sich der Täter von seiner Schuld befreien und seine personale Würde zurückerlangen könne25. Als „teilweise subjektiv“ wird diese Sühneleistung hier bezeichnet, da diese vom Täter freiwillig erbracht werden müsse26, denn sonst sei eine Versöhnung mit sich selbst nicht möglich und die Zurückerlangung der personalen Würde bliebe versagt. Dies wird damit begründet, dass Sühne sich im innersten Kern einer autonomen Person ereigne und somit nicht vom Staat erzwungen werden könne27. Auch dieser Ansatz ist nicht frei von Kritik28. Spezifisch gegen diese absolute Straftheorie ist einzuwenden, dass es möglicherweise auch Täter gibt, die keine Schuldgefühle haben und bei denen eine Versöhnung von vornherein scheitern muss, da diese nicht möglich ist29. Daneben wird aber auch – schon mit Blick auf die relativen Straftheorien – ausgeführt, dass derjenige, der Sühne übe und möglicherweise verurteilt worden ist, nicht die Möglichkeit habe, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Zumeist werde nämlich jemand, der einmal straffällig geworden ist, nicht als Entsühnter, sondern vielmehr als ein „Gebrandmarkter“ von der Gesellschaft wahrgenommen30. Ob die absoluten Straftheorien – oder deren Ansätze zumindest z. T. – geeignet sind, die Rolle des Strafrechts bei der Aufarbeitung der Krise zu definieren, kann an dieser Stelle noch nicht entschieden werden. Diese Beurteilung soll anhand einer Gesamtbetrachtung aller straftheoretischen Ansätze erfolgen31.

II. Relative Straftheorien Bei den relativen Straftheorien unterscheidet man zwischen der negativen und positiven Spezialprävention sowie der negativen und positiven Generalprävention. Sowohl Inhalt als auch Kritik an den jeweiligen Ansätzen sollen hier kurz dargelegt werden.

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Kaufmann, Das Schuldprinzip, S. 201. Lesch, JA 1994, 510, 513. 27 Lesch, JA 1994, 510, 513; Noll, Recht und Staat 1962, Heft 244, 3, 8. 28 Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Sühnetheorie nur eine andere Bezeichnung für eine Vergeltungstheorie sei und diese sich daher auch allen Einwänden, die gegenüber einer Vergeltung als Strafzweck erhoben werden, ausgesetzt sehe: Vgl. Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 10. 29 Schmidhäuser, Vom Sinn der Strafe, S. 46. 30 Lesch, JA 1994, 510, 513; Noll, Recht und Staat 1962, Heft 244, 3, 8. 31 Siehe 1. Teil, A. IV. 26

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe

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Bei der negativen Spezialprävention steht im Vordergrund die „Unschädlichmachung“ eines Einzelverbrechers32, sodass dieser der Gesellschaft keinen Schaden mehr zufügen kann. Teilweise werden auch drastische Umschreibungen wie „die Selektion des sozial untauglichen Individuums“33 verwendet. Dieser Ansatz geht davon aus, dass es Menschen gibt, die nicht „verbesserlich“ (im Sinne von resozialisierbar) sind. Daher sollen diese Individuen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden können34. So könne man das Wohl der Gesellschaft selbst fördern und die Ordnung dieser erhalten. Ein Kritikpunkt ist, dass es keine Begrenzung von Strafe gibt35. Begrenzung in diesem Sinne umfasst mehrere Aspekte. Es gibt beispielsweise keine zeitliche Begrenzung im Hinblick auf mögliche Freiheitsstrafen. Eine Freiheitsstrafe könnte auf eine unbestimmte Dauer festgesetzt werden36. In inhaltlicher Hinsicht bleibt zudem fraglich, was als strafwürdiges Verhalten angesehen wird und was nicht. Aufgrund dieser fehlenden inhaltlichen Begrenzung könnte es zum Missbrauch des Strafrechts kommen. So könnten beispielsweise die Machthaber eines Regimes die politischen Gegner durch strafrechtliche Maßnahmen isolieren37. Die positive Spezialprävention richtet den Fokus zwar auch auf den Einzeltäter, aber hierbei steht mehr der Gedanke der (Re-)Integration des Täters in die Gesellschaft im Vordergrund. Bei einer subjektiven Betrachtung des jeweiligen Täters stelle sich heraus, dass diesem Motive fehlen sollen, die gegen das Begehen von Straftaten sprechen würden38. Diese Motive wiederum sollen durch die Strafe dem Täter übermittelt werden. Daneben geht man aber auch davon aus, dass manche Täter bereits Motive gegen das Begehen von Straftaten innehaben und man diese vorhandenen Motive des Täters durch Strafe stärken könne39. Problematisch ist, dass nach einem solchen Ansatz ebenfalls ein Missbrauch nicht auszuschließen ist. Hier könnte eine Situation entstehen, in der die Mehrheit der Bevölkerung eines Staates versucht, eine Minderheit nach den Vorstellungen der Mehrheit zu „sozialisieren“40. Es würde sich dabei dann um eine Zwangssoziali32

338. 33

Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 166; Momsen/Rackow, JA 2004, 336,

Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 164. Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 169. 35 Es existiert „kein Maßprinzip für die Strafe“: Vgl. Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 16; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 338. 36 Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 16; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 338. 37 Roxin, JuS 1966, 377, 379. 38 Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 163; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337. 39 Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 163; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337. 40 Mit welchem Recht sollen sich Erwachsene erziehen lassen? Vgl. Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 17; Roxin, JuS 1966, 377, 379. 34

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

sierung handeln, welche wiederum hinsichtlich ihrer Legitimität zweifelhaft ist41, wenn man rechtsstaatliche Prinzipien zugrunde legt. Daneben gibt es auch Fälle, in denen eine (Re-)Sozialisierung wenig sinnvoll ist. So beispielsweise bei einem Täter, der aufgrund von besonderen Umständen des Einzelfalles in eine Situation geraten ist, in der er ein Verbrechen begangen hat. Bei einem solchen Täter ist es verfehlt, Motive, die gegen eine Straftat sprechen, übermitteln oder stärken zu wollen42. Andere Ansätze finden sich bei den Straftheorien, die die Generalprävention in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen. Hier wird nicht der Einzeltäter in den Fokus genommen, sondern alle Menschen, die Teil einer Gesellschaft sind. Auch eine Generalprävention kann sowohl negativ als auch positiv begründet werden43. Bei der negativen Generalprävention soll die Bestrafung eines Täters dazu führen, dass andere (tatgeneigte) Personen von der Begehung derselben oder einer ähnlichen Tat abgeschreckt werden44. Zur Begründung dieser Ansicht werden vor allem psychologische Aspekte angeführt45. Hierbei wird dargelegt, dass es tatgeneigte Personen gebe, die eine Lust in ihrem Inneren verspüren sollen, ein bestimmtes Verhalten auszuüben, d. h. ein Verbrechen zu begehen46. Um diese innere Gefühlswelt der tatgeneigten Personen kontrollieren zu können, sodass es nicht zur Ausübung des unerwünschten Verhaltens komme, müsse man dieser inneren Lust ein Übel gegenüberstellen47. Dieses wiederum müsse dazu geeignet sein, die Lust zur unerwünschten Handlung in den Hintergrund zu drängen48. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es sich bei dieser Betrachtung nicht um eine Fokussierung auf die Einzelperson handelt. Vielmehr soll die Lust aller Tatgeneigten kontrolliert werden können, was mithin einer Betrachtung aller Menschen innerhalb einer Gesellschaft gleichkommt. Daher lässt sich festhalten, dass hier der Sinn und Zweck der Strafe in der Abschreckung anderer bzgl. einer möglichen Tatbegehung liegt49. Wenn man diesen Ansatz verfolgen und umsetzen wollen würde, dann gäbe es wohl keine Möglichkeit für den Gesetzgeber, adäquate Straftatbestände zu schaffen. Man wäre gezwungen, immer auf die jeweiligen inneren Beweggründe Einzelner zu reagieren50, um so Straftatbestände zu kreieren, die möglichst die potentiell Tatgeneigten abschrecken könnten. Da jedoch unterschiedlichste Beweggründe für die 41 42 43 44

516.

Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 338. Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 19; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 338. Vgl. hierzu stellv. Maurach/Zipf, Strafrecht AT, § 7 II, Rn. 8. Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts II, S. 164; Lesch, JA 1994, 510,

45 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 15; Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, S. 165 f. 46 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 15. 47 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 16. 48 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 16. 49 Lesch, JA 1994, 510, 516. 50 Lesch, JA 1994, 510, 517.

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe

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Begehung einer Tat ausschlaggebend sein können, ist dies nicht sinnvoll. Wie sollte man beispielsweise auf den Täter reagieren, der die Tat lediglich begeht, weil sie ihm einen Vorteil bringt und er das Entdeckungsrisiko als sehr gering einschätzt51? Außerdem wäre es nach diesem Ansatz nur eine logische Konsequenz, härtere Strafen einzuführen, denn dies würde zugleich einen höheren Abschreckungseffekt implizieren52. Ob dies jedoch sinnvoll ist, bleibt unklar. Dies wurde schon früher bezweifelt53 und auch neuere Statistiken liefern hierzu zumindest kein eindeutiges Ergebnis54. Selbst wenn eine Generalprävention einsetzen würde, so bleibt dennoch die Frage nach einer inhaltlichen Begrenzung55. Es würde nämlich ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vorliegen, wenn ein Staat jede Tat mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohen würde, um eine möglichst große Abschreckung von der Begehung von Straftaten zu erreichen. Bei der positiven Generalprävention hingegen soll das Vertrauen einer gesamten Gesellschaft in die bestehende Rechtsordnung dadurch gestärkt werden, dass ein Einzelner bestraft wird56. Es soll sich also im Bewusstsein jeder einzelnen Person einer Gesellschaft der Gedanke festsetzen, dass die Rechtsordnung der Gesellschaft gerecht ist. Dies soll das System selbst von innen heraus stärken. Hierbei kann jedoch ein Konflikt mit der Würde des Einzelnen entstehen, wenn man bedenkt, dass dieser lediglich instrumentalisiert werden soll, um das Vertrauen aller in die Rechtsordnung zu stärken57. Die Grundrechte eines Verbrechers könnten hier zur Zweckerreichung vollends ausgehöhlt werden. Hinzu kommt, dass sich auch hier die gleichen Probleme bzgl. einer empirischen Beweisführung stellen, wie bereits schon bei der negativen Generalprävention58.

51

Lesch, JA 1994, 510, 517. Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337. 53 Roxin, JuS 1966, 377, 380; zur Darstellung von Kritik bzgl. der Empirie siehe auch: Vanberg, Verbrechen, Strafe und Abschreckung, S. 22 ff. 54 Hier beispielhaft Untersuchungen aus den letzten Jahrzehnten: Bönitz, Strafgesetz und Verhaltenssteuerung 1991; Zeisel, The Supreme Court Review 1976, 317 ff.; Sjoquist, The American Economic Review 1973, 439 ff.; siehe auch Kritik an diesen Untersuchungen: Dölling, ZStW 102 (1990), 1, 4 ff.; Bock, JuS 1994, 89, 98 f.; und zu einer neueren Untersuchung siehe auch: Spengler, Ursachen und Kosten der Kriminalität in Deutschland 2005. 55 Vgl. auch Roxin, JuS 1966, 377, 380. 56 Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 26; Jakobs, Strafrecht AT, S. 13; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337; Ostendorf, ZRP 1976, 281, 283. 57 Vgl. auch Lesch, JA 1994, 510, 518. 58 Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 339. 52

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

III. Vereinigungstheorie Es wurde bereits dargelegt59, dass alle Ansätze grundlegender Kritik ausgesetzt sind. Nach der Vereinigungstheorie sollen die bereits dargelegten Ansätze miteinander kombiniert werden. So sollen sich vor allem die kritikwürdigen Aspekte ausschließen lassen60. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) führt hierzu aus: „Schuldausgleich, Prävention, Resozialisierung des Täters, Sühne und Vergeltung für begangenes Unrecht werden als Aspekte einer angemessenen Strafsanktion bezeichnet“61.

Auch dieser Ansatz greift jedoch zu kurz, denn mit der Kombination der Vorteile der jeweiligen Ansätze geht eine Kombination der Nachteile einher. Könnte man die Vorteile isolieren, dann wären auch schon die einzelnen Ansätze an sich nicht zu kritisieren. Daher wird z. T. behauptet, dass sich durch das Nebeneinanderstellen von so verschiedenartigen Konzeptionen keine Schlüssigkeit ergebe62.

IV. Konkretisierung der Rolle des Strafrechts Schon durch diesen Überblick zu den Straftheorien ist deutlich geworden, dass nicht alle dargelegten Aspekte jedes einzelnen Ansatzes verfolgt werden müssen, um die Rolle des Strafrechts für die Aufarbeitung der Krise zu definieren. Die absoluten Theorien leiden nicht nur an den zuvor benannten Kritikpunkten63, sondern können die zu definierende Rolle des Strafrechts nicht weiter konkretisieren, da sie dem Strafrecht keine Rolle zuschreiben. Der Kern der absoluten Straftheorien besteht gerade darin, losgelöst von der Frage des Sinn und Zwecks der Strafe (eben absolut) eine Legitimation von Strafe zu definieren64. Diese Ansätze können hier mithin nicht zielführend sein. Von größerer Bedeutung sind jedoch die relativen Straftheorien und die Vereinigungstheorie. Die Vereinigungstheorie enthält die meisten Elemente aus den relativen Straftheorien65. Insbesondere die Resozialisierung als Kern der positiven

59

1. Teil, A. I. und II. Zu den einzelnen Ausprägungen dieses Ansatzes siehe: Roxin, Strafrecht AT, § 3, Rn. 33 ff.; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 339. 61 BVerfGE 45, 187, 253 f. = NJW 1977, 1525, 1531; vgl. auch BVerfGE 32, 98, 109 = NJW 1972, 327, 330 und BVerfGE 28, 264, 278 = NJW 1970, 1731. 62 Roxin, JuS 1966, 377, 381. 63 Vgl. 1. Teil, A. I.; Schmidhäuser, Vom Sinn der Strafe, S. 46; Roxin, JuS 1966, 377, 378; Lesch, JA 1994, 510, 513; Noll, Recht und Staat 1962, Heft 244, 3, 8. 64 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 158; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 337. 65 Vgl. 1. Teil, A. III. und BVerfGE 45, 187, 253 f. = NJW 1977, 1525, 1531; vgl. auch BVerfGE 32, 98, 109 = NJW 1972, 327, 330 und BVerfGE 28, 264, 278 = NJW 1970, 1731; Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 339. 60

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe

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Spezialprävention66, eine Prävention durch Abschreckung im Sinne einer Abschreckung des Einzeltäters67, aber auch im Sinne der Abschreckung aller potentiell Tatgeneigten68 und die Stärkung des Vertrauens in die Rechtsordnung69 könnten hier zum Kern der Rolle70 des Strafrechts führen. Unsere Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, genau diese Strafzwecke zu verfolgen. So soll beispielsweise die Resozialisierung Einzelner erfolgen. Dies kann man vor allem daran erkennen, dass in den letzten Jahrzehnten viele staatliche Mittel in Einrichtungen investiert worden sind, die durch eine Betreuung von einzelnen Tätern, diese wieder in die Gesellschaft integrieren sollen71. Aber auch der Alltag eines Gefängnisinsassen besteht nicht nur daraus, seine Haftzeit lediglich „abzusitzen“. Vielmehr versucht man, jedem Insassen einen geregelten Tagesablauf zu bieten72. Hierzu gibt es klare Zeiten zum Aufstehen am Morgen und klar definierte Arbeitszeiten bei gefängnisinternen Arbeitsstätten73. All dies sind Maßnahmen, die als wichtig erachtet werden, um einen Insassen später wieder als resozialisiert in eine Gesellschaft integrieren zu können74. Neben der Resozialisierung spielt auch die Prävention durch Abschreckung eine Rolle. Es gab schon häufig Diskussionen um die Anhebung von Strafrahmen75, die Verschärfung des Jugendstrafrechts76 und über die strengere Anwendung des 66

337. 67

Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, S. 163; Momsen/Rackow, JA 2004, 336,

BVerfGE 45, 187, 253 f. = NJW 1977, 1525, 1531. Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 15 f.; Lesch, JA 1994, 510, 516. 69 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 1. Teil, A. II. m.w.N. 70 Die Diskussionen über den Sinn und Zweck von Strafe haben den Grundstein für das gelegt, was heute auch noch als Aufgabe des Strafrechts zu Zeiten der Krise bezeichnet werden kann. Auf Grundlage der strafzwecktheoretischen Diskussionen kann es gelingen, aus mehreren gleichrangigen Bestimmungen vom Sinn und Zweck des Strafens, diejenige(n) herauszufiltern, die auch für die Sachverhalte aus den Zeiten der Krise eine zentrale Rolle spielt/spielen. 71 Dies lässt sich vor allem auch auf den staatlichen Eingliederungsauftrag zurückführen, der in den meisten Strafvollzugsgesetzen der Bundesländer schon in den ersten Paragraphen enthalten ist (so z. B. für Hessen in § 2 HStVollzG). Vgl. aber auch eine Auflistung bei Jehle, in: Schwind/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz: Bund und Länder, § 2, S. 71 ff., Rn. 21 ff. 72 Vgl. beispielhaft § 3 HStVollzG und § 4 HStVollzG, sowie Jehle, in: Schwind/Jehle/ Laubenthal, Strafvollzugsgesetz: Bund und Länder, § 3, S. 73 ff. Rn. 1 ff. 73 Vgl. hierzu auch beispielhaft § 27 ff. HStVollzG. 74 Dies ergibt sich aus dem Eingliederungsauftrag und ist abzuleiten aus den einschlägigen Normen der jeweiligen Strafvollzugsgesetze der Bundesländer. 75 Diese Diskussionen und Forderungen nach „härteren Strafen“ lassen sich in vielen Bereichen finden. Hier nur beispielhaft eine Debatte über „härtere Strafen“ für Gewalt gegen Polizisten: Bachnick, ZRP 2001, 250 ff.; Stern vom 16. 08. 2014, „Bremen will härtere Strafen für Gewalttäter“, unter: http://www.stern.de/panorama/angriffe-auf-polizisten-bremen-will-haer tere-strafen-fuer-gewalttaeter-2131357.html (18. 08. 2014). 76 Bundestagsdrucksache 16/7967, 01. 02. 2008, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/ dip21/btd/16/079/1607967.pdf (23. 08. 2014); Ostendorf, ZRP 2000, 103 ff.; aber auch Medienberichten ist dies unter dem Suchbegriff „U-Bahn-Schläger“ zu entnehmen. So z. B. Die Welt vom 08. 07. 2008, „Warum die Täter keine Höchststrafen erhielten“, unter: http://www.welt. 68

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Strafrechts und der gegebenen Sanktionsmöglichkeiten durch Richter. Diese Diskussionen waren eine Reaktion auf besondere Gewalttaten77. Sie veranschaulichen jedoch den verbreiteten Gedanken, dass durch eine Verschärfung des Strafrechts Probleme zu lösen oder sogar zu vermeiden wären78. Hierbei wird genau der Gedanke einer strafrechtlichen Prävention durch Abschreckung aufgegriffen. Wie das BVerfG ausgeführt hat79 und auch der Bundesgerichtshof (BGH) anerkennt80, steht dieser Aspekt nicht allein, um den Sinn und Zweck von Strafe zu begründen. Jedoch begründen diese Beispiele, dass es sich um einen zentralen Aspekt vom derzeitigen Verständnis von Sinn und Zweck der Strafe handelt. Es gab in den letzten Jahrzehnten empirische Untersuchungen zur Prävention durch das Strafrecht und Beurteilungen dieser Untersuchungen81, aber es gab auch genauso viel Kritik an diesen82. Bestritten wird aber meist nicht, dass ein Zusammenhang zwischen der Begehung der Tat, der Strafwahrscheinlichkeit und der Strafschwere besteht83. Wie sich dieser Zusammenhang darstellen lässt und wie genau er sich herausbildet, steht hier nicht im Fokus der Untersuchung. Es geht vielmehr um die Erkenntnis, dass ein solcher Effekt existiert84. Es muss nicht nachgewiesen werden, dass aufgrund eines abschreckenden Charakters strafrechtlicher Maßnahmen wenige bis gar keine Verbrechen begangen werden. Es genügt vielmehr die Erkenntnis, dass eine Generalprävention diese verringert85. Es darf jedoch nicht ausschließlich auf eine Generalprävention durch Abschreckung abgestellt werden, denn

de/vermischtes/article2191876/Warum-die-Taeter-keine-Hoechststrafen-erhielten.html (18. 08. 2014). 77 So z. B. auch der Fall, auf den die Die Welt Bezug nimmt (siehe 1. Teil Fn. 76). 78 Hierzu insbesondere näher unter 3. Teil, A. IV. 79 BVerfGE 45, 187, 253 f. = NJW 1977, 1525, 1531; vgl. auch BVerfGE 32, 98, 109 = NJW 1972, 327, 330 und BVerfGE 28, 264, 278 = NJW 1970, 1731. 80 BGHSt 24, 40, 42 f. 81 Hier beispielhaft: Spengler, Ursachen und Kosten der Kriminalität in Deutschland 2005; Bönitz, Strafgesetz und Verhaltenssteuerung 1991; Zeisel, The Supreme Court Review 1976, 317 ff.; Sjoquist, The American Economic Review 1973, 439 ff.; Spengler, Empirische Kriminalitätsforschung mit Daten der amtlichen Statistik vom 19. 09. 2006, ab S. 677, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Gastbeitraege/Empirische Kriminalitaet.pdf?__blob=publicationFile (23. 08. 2014). 82 Hier ebenfalls beispielhaft: Dölling, ZStW 102 (1990), 1, 4 ff.; Bock, JuS 1994, 89, 98 f. 83 Dölling, ZStW 102 (1990), 1, 8. 84 Vgl. auch Schöch, in: Jehle, Kriminalprävention und Strafjustiz, S. 291 ff.; Kuhlen, GA 1994, 347, 363 ff.; Wohlers, Deliktstypen des Präventionsstrafrechts, S. 57 f. 85 Vgl. auch Ostendorf, ZRP 1976, 281, 283: „Sicherlich sind generalpräventive Auswirkungen durch Androhung von Sanktionen durch den Gesetzgeber und durch die Kriminalitätsverfolgung sowie deren Legitimation nicht zu leugnen“. Verwunderlich ist daher auch nicht, dass dieser Ansatz der Generalprävention als „plausible und kohärente Rechtfertigung staatlichen Strafens“ bezeichnet wird: Hoerster, GA 1970, 272, 279.

A. Die Rolle des Strafrechts: Zum Sinn und Zweck von Strafe

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„[k]omplexe Theorien der Abschreckungsprävention unterscheiden sich […], außer in der Schwerpunktsetzung, kaum von Theorien der Normintegration.“86

Dies folgt daraus, dass beide Ansätze darauf zielen, die Beziehung zwischen Strafrecht und Verhaltenssteuerung aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive zu erfassen87. Damit können die Ausführungen zur negativen Generalprävention auch grundsätzlich für die positive Generalprävention herangezogen werden. Hieraus folgt, dass der normintegrierende Effekt wohl besteht, aber dass dieser sich kaum empirisch zweifelsfrei wird nachweisen lassen. Letztlich treten damit als zentrale Elemente die Resozialisierung des Täters und eine Prävention durch Abschreckung und Normintegration aus den dargelegten Strafzwecken hervor. Diese sind dazu geeignet, eine Rolle des Strafrechts zu definieren, die das Strafrecht möglicherweise im Rahmen der Krise nicht eingenommen haben könnte. Eine weitere Konkretisierung dieser Rolle hat jedoch noch vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Verhältnisses zwischen Strafrecht und Wirtschaft zu erfolgen.

V. Strafrecht als Mittel zum Zweck der Einflussnahme auf die Wirtschaft? Möglicherweise ist mit der Untersuchung des Verhältnisses von Strafrecht und Wirtschaft zueinander eine weitere Konkretisierung der Rolle des Strafrechts im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Strafens zu finden. Das Strafrecht könnte hier den Sinn und Zweck haben, das Wirtschaftsleben zu steuern88. Wie bereits dargelegt89, kann es jedoch nur auf eine sekundäre (Steuerungs-)Funktion des Strafrechts ankommen90, welche hier kurz dargestellt wird. Vorschriften mit Sanktionscharakter können verhaltenssteuernd wirken91. Hintergrund einer Kriminalisierung von bestimmten Verhaltensweisen ist schließlich, dass diese weniger praktiziert werden sollen92. So wird behauptet, dass „Beispiele zeigen, dass es für Ökonomen schwer wäre, dem Strafrecht generell eine verhaltenssteuernde Wirkung abzusprechen“93. Auch wird in diesem Zusammenhang dargelegt, „Strafrecht zur Regulierung wirt-

86

Müller-Tuckfeld, Integrationsprävention, S. 13. Vgl. Müller-Tuckfeld, Integrationsprävention, S. 115. 88 Vgl. hierzu die von Lüderssen, StV 2009, 486, 494 aufgeworfene Frage. 89 Vgl. hierzu die Ausführungen in der Einleitung m.w.N. 90 Achenbach, ZStW 119 (2007), 789 ff.; so auch Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 229 ff.; Lüderssen, in: FS Eser, 163 ff.; vgl. auch zum „Linienrichter“ Strafrecht: Hassemer, wistra 2009, 169, 171. 91 Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 101. 92 Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 102. 93 Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 102. 87

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

schaftlichen Verhaltens [habe] Konjunktur“94. Das Strafrecht beeinflusst zwar nicht allein die wirtschaftlichen Prozesse, aber das Strafrecht ist ein Mittel, das neben anderen gesetzlichen Vorschriften95 zumindest einen Beitrag zur Beeinflussung leisten kann96. Diese Entwicklung sieht sich auch Kritik ausgesetzt97. Es ist jedoch an dieser Stelle nicht von Bedeutung, welcher Auffassung man folgt. Es wird nämlich auch bei dieser Diskussion deutlich, dass der eigentliche Hintergrund sich auf den Sinn und Zweck der Strafe selbst zurückführen lässt. Die Steuerung wirtschaftlicher Prozesse durch das Strafrecht erscheint hier nicht als eine Art neue Zweckbestimmung. Es handelt sich vielmehr um die Einflussnahme auf das wirtschaftliche Geschehen durch Prävention in Form von Abschreckung98 und Normintegration. Die Frage, ob das Strafrecht wirtschaftliche Prozesse zu steuern vermag, hat für die vorzunehmende Untersuchung zu einer wichtigen Konkretisierung der zu untersuchenden Frage geführt: Für wirtschaftliche Zusammenhänge dürfte es weniger auf den Sinn und Zweck der Strafe in Form einer Resozialisierung ankommen. Im Vordergrund steht eine Abschreckung bestimmten unerwünschten Verhaltens, die durch das Strafrecht verwirklicht werden soll. Dies schließt zugleich aber eine positive Generalprävention nicht aus. Vielmehr ist die Kombination beider Ansätze – schon aufgrund ihrer Ähnlichkeit99 – angezeigt. Gestützt werden kann dieses Ergebnis auch durch die Untersuchungen von Mansdörfer, der feststellt: „Gerade das Wirtschaftsstrafrecht erhält einen Großteil seiner Legitimation […] aus seiner besonderen generalpräventiven Wirkung“100. Mithin kommt es schwerpunktmäßig auf eine Prävention durch Abschreckung und Normintegration bei der vorzunehmenden

94

Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157. Beispielsweise hat das AktG einen „enormen Einfluß“ auf die Unternehmenspraxis ausgeübt, vgl. Hopt/Wiedemann, in: Hopt/Wiedemann, Aktiengesetz, Ergänzung des Vorwortes zur 4. Auflage, S. IX; das GmbHG zielte besonders auf die Bedürfnisse von mittelständischen Unternehmen ab: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Einl., Rn. 20; das GwG soll die Finanzierung von Terrorismus bekämpfen, vgl. Herzog/Achtelik, in: Herzog/Achtelik, Geldwäschegesetz, Einleitung, Rn. 125 ff.; das UWG soll die Verbraucher und Wettbewerber schützen, um den wirtschaftlichen Verbraucherschutz zu stärken: Fezer, in: Fezer UWG Lauterkeitsrecht, Bd. 1, Vorwort, Aus dem Vorwort zur ersten Auflage, S. VI. 96 Dies wird deutlich, wenn man sich näher mit einigen Gesetzen auseinandersetzt, die Einfluss auf wirtschaftliche Prozesse nehmen. So beispielsweise bei Achenbach, ZStW 119 (2007), 789, 792 ff. 97 Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts II, S. 137 ff.; Hefendehl, ZStW 119 (2007), 816, 847: „Und so bleibt vielleicht der Ruf nach noch mehr Strafrecht aus. Es wäre nicht das Schlechteste.“; Lüderssen, in: FS Eser, 163, 180. 98 So lassen sich auch die Aussagen von Reinhard H. Schmidt einordnen, wenn er strafrechtlichen Normen verhaltenssteuernden Charakter beimisst: Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/ Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 101 f. 99 Müller-Tuckfeld, Integrationsprävention, S. 13. 100 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 91, Rn. 177. 95

B. Strafrecht und Wirtschaft

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Untersuchung an. So kann die Frage untersucht werden, ob das Strafrecht in seiner derzeitigen Form genau dieser Rolle nicht nachgekommen sein könnte.

B. Strafrecht und Wirtschaft Da die Krise wirtschaftliche Sachverhalte in den Fokus einer Untersuchung rückt, muss in der vorliegenden Untersuchung nach einer Rolle des Wirtschaftsstrafrechts in diesem Zusammenhang gefragt werden, um sich präziser dem Untersuchungsgegenstand zu nähern. Eine Betrachtung des Strafrechts im allgemeinen Sinne dürfte hier nicht zielführend sein, auch wenn das Wirtschaftsstrafrecht als ein spezieller Bereich des Strafrechts gesehen werden kann101.

I. Die politische Wirtschaftsstraftat nach Naucke als Konkretisierungsansatz der vorzunehmenden Untersuchung Zu fragen ist, wie sich die zuvor definierte Rolle des Strafrechts im Rahmen der Krise untersuchen lässt. Für eine solche Untersuchung kann auf Überlegungen von Naucke zur politischen Wirtschaftsstraftat zurückgegriffen werden. 1. Die „praktische Ebene“ des Strafrechts als die Ebene der vorzunehmenden Untersuchung Eine politische Wirtschaftsstraftat soll eine solche sein, „die zerstörend auf die persönliche Freiheit und auf die freiheitsschützenden rechtlichen Institutionen

101 Es wird also immer das Wirtschaftsstrafrecht gemeint sein, wenn im Folgenden Ausführungen zum Strafrecht getätigt werden, die im Bezug zur Krise stehen. Der Begriff des Wirtschaftsstrafrechts wird zumeist noch als unklar bezeichnet und es gibt mehrere Ansätze, diesen genauer zu definieren. Siehe hierzu vor allem Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 1, Rn. 2 ff.; ein Ansatz, der mehr unternehmensbezogen ist, findet sich bei Richter, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 2, Rn. 2; zum Täterkreis des unternehmensbezogenen Ansatzes siehe Müller-Gugenberger, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 18, Rn. 1; und für spezifische Pflichten und Pflichtverstöße bei diesem Ansatz siehe Schmid, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 20, Rn. 1 und Schmid, in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, § 25 ff.; für eine täterbezogene Definition siehe auch Sutherland, White Collar Crime und Otto, ZStW 96 (1984), 339, 342; Wirtschaftsstrafrecht wird aber auch als die Zusammensetzung verschiedener Elemente wahrgenommen, vgl. Achenbach, Jura 2007, 342; auch ein Verweis auf § 74c GVG als Definition kommt in Betracht, vgl. hierzu Matschke, BFuP 1975, 385, 387; Heinz, ZStW 96 (1984), 417, 423; Tiedemann, JuS 1989, 689; man kann auch eine Definition über das Schutzobjekt suchen, so wie Lindemann, Gibt es ein eigenes Wirtschaftsstrafrecht?, S. 13 ff., der als Wirtschaftsstrafrecht alle Normen des Strafrechts sieht, die wiederum die Gesamtwirtschaft schützen sollen.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

wirkt“102. Schon zu Beginn wird mit diesem Satz verdeutlicht, dass die Freiheit des Einzelnen eine wichtige Rolle spielen soll und dass es gilt, diese Freiheit zu verteidigen. Die Freiheit wiederum sei schon durch staatliche Macht in Gefahr geraten oder gar überwältigt worden und wirtschaftliche Entscheidungsmacht solle nun eine ähnliche Gefahr darstellen103. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang, dass das Wirtschaftssystem sehr mächtig sei und in unseren Alltag eingreife, aber eine Debatte bzgl. der Schaffung und Ausgestaltung von Kontrollinstituten fehlen würde104. Eine Wirtschaftsmacht, die unser tägliches Leben bestimmt, existiert. Allgegenwärtig bestimmen wirtschaftliche Entscheidungen aus der Politik, aus der Unternehmensführung, aber auch aus dem persönlichen Bereich der Lebensgestaltung den Alltag der Menschen. Eine Diskussion zu möglichen Kontrollinstituten ist erst nach der Krise von 2008 ernsthaft entflammt. In diesen Punkten ist Naucke soweit zuzustimmen. Kritisch ist jedoch zu sehen, dass staatliche Macht und wirtschaftliche Macht als parallel angesehen und verknüpft werden105. Dies stellt die wirtschaftliche Macht in Form von wirtschaftlichen Entscheidungen auf eine Metaebene der Betrachtung, die auf einer praktischen Ebene des Strafrechts106 so nicht greifbar ist. Um diesem Dilemma zu entgehen, wird von Naucke das Begriffspaar der politischen Wirtschaftsstraftat geschaffen, welches der wirtschaftlichen Macht ebenfalls wieder auf der beschriebenen Metaebene begegnen kann. Möglicherweise kann jedoch die vorliegende Untersuchung ohne diese Betrachtungsebene auskommen und weiterhin auf einer rein praktischen Ebene nach Lösungsansätzen suchen. Diese Kritik beinhaltet nicht, dass die Beweisführung Nauckes für die Existenz einer politischen Wirtschaftsstraftat obsolet ist107. Einige Erkenntnisse dürften sich für den Fortgang der hier vorzunehmenden Untersuchung fruchtbar machen lassen.

102

Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 4. Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 5. 104 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 8. 105 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 5; ebenso kritisiert werden kann, dass die von Naucke vorgebrachten Fallbeispiele zu Wirtschaftsprozessen letztlich nicht mit Fällen wie dem Mannesmann-Verfahren vergleichbar sind, wenn man die Unterschiede zwischen totalitären Regimen und demokratischen Gesellschaften bedenkt, vgl. nur Becker, StV 2013, 347, 348. 106 Mit „praktischer Ebene“ sind hier das positivierte Strafrecht und die Anwendung dieses Strafrechts gemeint. 107 So auch Becker trotz seiner kritischen Anmerkungen: Becker, StV 2013, 347; wenngleich unter Verweis auf den Freispruch des Ex-Ministerpräsidenten Islands die Thesen von Naucke (zumindest in Teilen) angezweifelt werden können, vgl. Jahn, wistra 2013, 41, 42; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 21. 103

B. Strafrecht und Wirtschaft

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2. Ausblick auf die möglichen Konsequenzen einer Ohnmacht des Strafrechts Naucke nimmt in seiner Monographie eine historische Betrachtung vor, um die politische Wirtschaftsstraftat zu begründen. Zunächst werden die Nürnberger Prozesse untersucht108. Hierbei wird der Fokus der Untersuchung gezielt auf den Teil der Prozesse gelegt, der die Wirtschaftsführung der Nationalsozialisten betraf109. U. a. gewinnt Naucke durch diese Untersuchung die Erkenntnis, dass „Inhaber von Wirtschaftsmacht […] mögliche […] Straftäter“110 sein können. Aber nicht nur der Täterkreis wird erweitert, sondern auch das Arsenal der Tatmittel. Genannt wird u. a. die Wirtschaftsgewalt als Tatmittel111. Im Rahmen der Begründung einer politischen Wirtschaftsstraftat auf der bereits beschriebenen Metaebene ist eine solche Begründung des Täterkreises und der Tatmittel durchaus sinnvoll. Auf der darunter liegenden Ebene des praktischen Strafrechts wird eine solche jedoch nicht benötigt. Inhaber von Wirtschaftsmacht können in den Täterkreis von wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen definiert werden. Dies gilt genauso für die Bestimmung des Tatmittels der Wirtschaftsgewalt. Eine solche äußert sich i. d. R. durch wirtschaftliche Macht in wirtschaftlichen Entscheidungen, die wiederum einer strafrechtlichen Bewertung zugänglich sind112. Beachtlich sind die von Naucke vorgebrachten Aspekte aber dennoch. Sie offenbaren, dass das Strafrecht vielen wirtschaftlichen Entwicklungen nichts entgegenzusetzen hatte, wenn es darum ging, präventiv schädlichem Verhalten (gegenüber dem Einzelnen oder auch der Gesellschaft) entgegenzuwirken. Eine solche Entwicklung – sofern sie denn besteht – könnte als Ohnmacht des Strafrechts gegenüber wirtschaftlicher Entwicklung bezeichnet werden. Das „wirtschaftliche Handeln, das sich zu unwiderstehlicher Macht über Menschen ballt […]“113 ist kein abstraktes wirtschaftliches Handeln, sondern ein Handeln Einzelner, die sich bisher frei von der Angst jeglicher Sanktionen bewegen konnten. Möglicherweise führten sie so die Rolle des Strafrechts ad absurdum. An dieser Stelle gilt es zu hinterfragen, ob das Strafrecht tatsächlich mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten konnte. Sollten die wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen Verhaltensweisen einen „schwer einholbaren Vorsprung vor dem Strafrecht“114 haben, so müsste über eine mögliche Neuordnung des Strafrechts in Wirtschaftsfragen als Reaktion auf diese Entwicklung nachgedacht werden115.

108

Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 13 ff. Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 14. 110 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 22. 111 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 20. 112 Vgl. dazu auch das Mannesmann-Verfahren: BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141. 113 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 22. 114 Der Vorsprung ist bei Naucke auf die Ansammlung wirtschaftlicher Macht bezogen, aber auch dieser Aspekt ist genauso für die (soeben dargelegte) praktische Ebene des Strafrechts relevant: Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 34. 109

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

3. Konkretisierung des Fortgangs der Untersuchung Naucke sieht das Konzept der politischen Wirtschaftsstraftat in Deutschland in § 266 StGB positiviert116 und nimmt zugleich eine Analyse von drei Fällen der Untreuestrafbarkeit vor117. Auch dieser Ansatz von Naucke könnte hier zu einer weiteren Konkretisierung des Fortgangs der Untersuchung dienen. Nauckes Vorgehensweise ist sinnvoll und das nicht nur in Bezug auf die Begründung der Existenz einer politischen Wirtschaftsstraftat auf einer Metaebene. § 266 StGB wird im Zusammenhang mit Fällen aus der Krise als „Allzweckwaffe“118 bezeichnet und ihr kommt eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Rolle des Strafrechts bzgl. der Krise zu119. Diese Überlegungen finden sich auf der Ebene des praktischen Strafrechts wieder. Für die Rolle des Strafrechts bei der Aufarbeitung der Krise bedeutet dies, dass eine Analyse von § 266 StGB zweifelsfrei erfolgen muss. Nur so kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob das Strafrecht in der Lage war und ist, die Rolle der Prävention durch Abschreckung und Normintegration einzunehmen120.

115 Dies bedeutet nicht, dass hierin ein Allheilmittel zu sehen wäre. So auch Jahn, wistra 2013, 41 f.; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 20 f. unter Verweis auf den „guten Prinzen Strafrecht“. 116 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 47. 117 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 47 ff. 118 Seier, in: Kohlmann/Nestler/Seier/Walter/Walther/Weigend, Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, S. 105 ff.; Deiters, in: Kempf/ Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 132; Hellmann, ZIS 2007, 433; Hamm, NJW 2005, 1993, 1994; Jahn, JuS 2011, 1133: „Allroundtalent“ (weitere Nachweise bei Jahn in Fn. 1). 119 Vgl. hierzu nur die zahlreichen Untersuchungen: Schünemann, ZStW 123 (2011), 767 ff.; Schröder, ZStW 123 (2011), 771 ff.; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791 ff.; Fischer, ZStW 123 (2011), 816 ff.; Schröder, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 59 ff.; Säcker, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 119 ff.; Deiters, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 132 ff.; Dierlamm, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201 ff.; Zerbes, in: Kempf/Lüderssen/ Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 158 ff.; Arzt, in: Kempf/ Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 177 ff.; Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 13 ff. 120 Insofern können die Ausführungen von Naucke also vor allem dazu dienen, künftige Untersuchungen (und auch die vorliegende Untersuchung) auf die wesentlichen Aspekte aufmerksam zu machen. Eine „Sternstunde für Wahrheitssuchende“ [vgl. Albrecht, in: Deutschlandradio Kultur, Beitrag vom 30. 09. 2012, aufrufbar unter: http://www.deutschlandra diokultur.de/wege-zu-einem-staerkeren-wirtschaftsrecht.1270.de.html?dram:article_id=222676 (14. 03. 2015)] ist jedoch eine zu euphorische Umschreibung. Ein hilfreicher Kompass für Wahrheitssuchende sind die Ausführungen Nauckes aber allemal.

B. Strafrecht und Wirtschaft

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II. Die strafrechtliche Überprüfbarkeit wirtschaftlicher Entscheidungen Um die nun herausgearbeitete Rolle des Strafrechts überprüfen zu können, sind jedoch noch einige Vorüberlegungen anzustellen. Das Strafrecht könnte diese Rolle nämlich schon gar nicht erfüllen können, wenn wirtschaftliche Entscheidungen strafrechtlich nicht überprüfbar wären. Dieser Frage ist daher zunächst nachzugehen. 1. Sind wirtschaftliche Entscheidungen strafrechtlich überprüfbar? Man könnte überlegen, ob das Strafrecht möglicherweise hinderlich für eine positive wirtschaftliche Entwicklung sein kann. Die Wirtschaft stellt eine Art eigenes Teilsystem dar und weist auch eine eigene normative Ordnung und funktionale Struktur auf121. Daraus wird z. T. gefolgert, dass das Teilsystem Wirtschaft auch selbst bestimme, was richtig oder falsch sei und dass es an dieser Stelle keiner Vorgaben durch das Recht bedürfe122. Recht solle vielmehr erst dann eingreifen, wenn schützenswerte Interessen durch wirtschaftliches Handeln verletzt würden123. Bei einer solchen Betrachtung nimmt das Strafrecht eine eher subsidiäre Position ein. Es wird allerdings nicht behauptet, dass das Recht gar keine Rolle einnehmen soll. Dies wird – soweit es ersichtlich ist –, nicht mehr vertreten. Teile des Wirtschaftssystems unterliegen rechtlichen Vorgaben. Schon aus diesem Umstand ergibt sich, dass durch das Recht (hier: Das Strafrecht) auch wirtschaftliche Sachverhalte beurteilt werden können müssen. So kann möglicherweise auch mit schützender Korrektur auf wirtschaftliches Handeln Einfluss genommen werden. Hierzu seien nur beispielhaft das AktG124, das GmbHG125, das GwG126 und das UWG127 genannt. Dies lässt sich auch anhand von Einzelnormen illustrieren. Beispielhaft ist hier § 331 HGB zu nennen. Inhalt dieser Norm ist die Regelung von Verstößen gegen die richtige Darstellung bestimmter Bilanzen von Unternehmen durch vertretungsberechtigte 121 Hassemer, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 34; Hassemer, wistra 2009, 169, 171. 122 Hassemer, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 34; Hassemer, wistra 2009, 169, 171. 123 Hassemer, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 34; Hassemer, wistra 2009, 169, 171. 124 Das AktG hat einen „enormen Einfluss“ auf die Unternehmenspraxis ausgeübt, vgl. Hopt/Wiedemann, in: Hopt/Wiedemann, Aktiengesetz, Ergänzung des Vorwortes zur 4. Auflage, S. IX. 125 Dieses Gesetz zielt besonders auf die Bedürfnisse von mittelständischen Unternehmen ab: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Einl., Rn. 20. 126 Das GwG soll dazu dienen, die Finanzierung von Terrorismus zu bekämpfen, vgl. Herzog/Achtelik, in: Herzog/Achtelik, Geldwäschegesetz, Einleitung, Rn. 125 ff. 127 Dieses Gesetz soll die Verbraucher und Wettbewerber schützen, um den wirtschaftlichen Verbraucherschutz zu stärken: Fezer, in: Fezer, UWG Lauterkeitsrecht, Bd. 1, Vorwort, Aus dem Vorwort zur ersten Auflage, S. VI.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Organe. Dieser Straftatbestand schützt das Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen, die in den Bilanzen wiedergegeben werden128. Daneben wird der Wert der Publizität des Handelsregisters gesichert, der für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes von Bedeutung ist129. Die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ist wiederum ein so zentrales Element des Wirtschaftssystems, dass hier die Nähe zu wirtschaftlichen Sachverhalten kaum zu bestreiten ist. Dies ist aber kein Einzelfall. Beispielhaft ließe sich ebenso das UWG anführen, durch das unlauterer Wettbewerb bekämpft werden soll130, um wiederum die Wirtschaft zu schützen131. So betrifft auch § 17 UWG gerade die Sachverhalte, die einen wirtschaftsrelevanten Bezug aufweisen132. Hinzu kommt, dass die strafrechtliche Beurteilung von wirtschaftlichen Sachverhalten auch in der Rechtsprechung schon länger praktiziert wird. Im „Fall Mannesmann“133 ist die Rechtmäßigkeit von im Nachhinein beschlossenen Prämien beurteilt worden. Beim „VW-Skandal“134 ging es um eine Sonderbonusregelung. Im Fall „Haffa“135 ging es um die bewusste Bekanntgabe von falschen Halbjahreszahlen und um verdeckte Kassen ging es im Fall „Siemens“136. Damit ist dargelegt, dass das Strafrecht grundsätzlich wirtschaftliche Sachverhalte beurteilen kann. Von Gesetzes wegen ist eine solche strafrechtliche Beurteilung z. T. schon vorgesehen und auch in der Praxis der Rechtsprechung erfolgt diese. Die jeweilige „Linie“, die überschritten sein muss, damit Strafrecht Anwendung finden kann137, ist nachweislich positiviert und bedarf an dieser Stelle der Untersuchung keiner weiteren Konkretisierung138.

128 Dannecker, in: Canaris/Schilling/Ulmer, Handelsgesetzbuch, Bd. 3, § 331, Rn. 3; Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 185. 129 Dannecker, in: Canaris/Schilling/Ulmer, Handelsgesetzbuch, Bd. 3, § 331, Rn. 4. 130 Fezer, in: Fezer, UWG Lauterkeitsrecht, Bd. 1, Vorwort, Aus dem Vorwort zur ersten Auflage, S. VI. 131 Vgl. ebenfalls Fezer, in: Fezer, UWG Lauterkeitsrecht, Bd. 1, Vorwort, Aus dem Vorwort zur ersten Auflage, S. VI (der wirtschaftliche Verbraucherschutz ist schließlich ein wichtiger Teil der Wirtschaft). 132 Rengier, in: Fezer, UWG Lauterkeitsrecht, Bd. 2, § 17, Rn. 4. 133 BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141; vgl. auch die Anmerkungen zu diesem Urteil von Jahn: Jahn, JuS 2006, 379 ff. 134 BGHSt 54, 148 ff. = NStZ 2009, 694 ff. 135 BGHSt 49, 381 ff. = NJW 2005, 445 ff. 136 BGHSt 52, 323 ff.; m. Anm. v. Jahn, JuS 2009, 173 ff.; m. Anm. v. Ransiek, NJW 2009, 89. 137 Vgl. zu dieser „Linie“: Hassemer, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 34. 138 Eine Konkretisierung, in welchen Fällen das Strafrecht eine Rolle spielt und welche „Schwelle“ überschritten sein muss, betrifft die Frage des „WIE“, welche unter 1. Teil, B. II. 2. b) zu klären sein wird. Hier ging es zunächst nur um die Frage des „OB“.

B. Strafrecht und Wirtschaft

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2. Auswirkungen einer strafrechtlichen Überprüfbarkeit wirtschaftlicher Entscheidungen Wirtschaftliche Entscheidungen sind strafrechtlich überprüfbar. Allerdings wäre eine Untersuchung zur hier definierten Rolle des Strafrechts nicht sinnvoll, wenn eine strafrechtliche Überprüfbarkeit wirtschaftlicher Entscheidungen zu negativen Folgen führen würde. In diesem Fall müsste ein Appell gegen eine solche Überprüfbarkeit formuliert werden. a) Negative Aspekte einer strafrechtlichen Überprüfbarkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen Im Zusammenhang mit dem Mannesmann-Verfahren139 sind wirtschaftliche Entscheidungen einer strafrechtlichen Kontrolle im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach § 266 StGB unterzogen worden. Dieses Verfahren kommentierte die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, 2003 mit den Worten, dass es sich hierbei um einen „Schlag gegen den Wirtschaftsstandort“140 handele141. Bei aller Kritik, die man inhaltlich an dieser Aussage üben könnte, führt diese Aussage auch zu der Frage nach ihrem Wahrheitsgehalt. Gefährdet das Strafrecht den Wirtschaftsstandort Deutschlands? Gibt es so etwas wie die „Wachstumsbremse Wirtschaftsstrafrecht“142? Wenn ja, wie muss ein Strafrecht ausgestaltet sein, damit genau dieser Konflikt nicht entsteht143 ? Es besteht zumindest die Möglichkeit, dass durch eine Kriminalisierung von wirtschaftlich relevanten Verhalten ein negativer Effekt für die Wirtschaft entsteht144. Es werden Fragen aufgeworfen wie beispielsweise, ob durch eine „scharfe rechtliche

139 BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141; vgl. auch die Anmerkungen zu diesem Urteil von Jahn: Jahn, JuS 2006, 379 ff. 140 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 09. 2003, „Anklagen gegen Ackermann und Zwickel vollständig gebilligt“, unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mannesmannprozess-anklagen-gegen-ackermann-und-zwickel-vollstaendig-gebilligt-1115823.html (05. 03. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. 09. 2003, „Keine Sonderrechte“, unter: http:// www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/kommentar-keine-sonderrechte-1112008.html (05. 03. 2015); vgl. auch Süddeutsche Zeitung vom 17. 05. 2010, „Machtmenschen zwischen Nähe und Distanz“, unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-und-ackermann-macht menschen-zwischen-naehe-und-distanz-1.162557 (23. 08. 2014). 141 Vgl. zur Frage der Bedeutung des Wirtschaftsstrafrechts für den Wirtschaftsstandort Deutschland auch: Eigen, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 72 f.; außerdem mit mehr Betonung auf „zurückhaltende Staatsanwaltschaften“: Strate, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 29 ff., S. 33. 142 Schneider, NK 2012, 30 ff. 143 Diese Frage wird das „WIE“ aufgreifen, zu welchem zuvor noch nicht Stellung genommen worden ist (vgl. 1. Teil Fn. 138). 144 Vgl. Schneider, NK 2012, 30 ff.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Bekämpfung von Insider-Trading mit den Mitteln des Strafrechts“145 nicht eine Situation entstehe, in der marktrelevante Informationen nicht schnell genug weitergeleitet werden146. Genauso wird dargelegt, dass aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und den damit verbundenen Konsequenzen (bzgl. der Reputation147 und persönlichen wirtschaftlichen Folgen) es gemieden werden könnte, wirtschaftliche Risiken einzugehen148. Wirtschaftliche Initiative könnte sich so nicht entfalten149 und das wäre wiederum negativ für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Schließlich gründen sich aus wirtschaftlichen Initiativen und Risikobereitschaft neue Unternehmen, es entstehen neue Technologien oder gar ganze Wirtschaftszweige. Aber solche Entwicklungen lassen sich nicht nur allgemein befürchten, sondern auch an konkreten Beispielen nachvollziehen. Lüderssen weist beispielsweise auf eine „Drosselung des medizinischen Fortschritts durch Kriminalisierung der Drittmittelförderung […]“150 hin. In diesem Zusammenhang wird auf einen Beschluss des Landgerichts Bonn hingewiesen151. Hierin wird der Vorwurf der Bestechlichkeit eines Klinikleiters erörtert, der für die Entscheidungen zuständig war, welche Produkte für die Klinik von welchem Hersteller zu beziehen waren152. „Insbesondere sieht die Anklage einen Vorteil für den Angeschuldigten darin, dass er Mittel aus diesem Konto für die sachliche und personelle Ausstattung seiner Abteilung sowie für die Patientenversorgung eingesetzt und davon Reisekosten und Bewirtungen für sich und seine Mitarbeiter oder Gäste habe bezahlen lassen, soweit es um die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, Kongressen oder Meetings gegangen sei“153. Durch solche Anklagen könnte tatsächlich eine „Drosselung des […] Fortschritts“154 eintreten. Jeder berufliche Entscheidungsträger könnte sich strafrechtlichen Ermittlungen oder gar Anklagen ausgesetzt sehen, wenn er seinen (arbeitsrechtlichen oder wirtschaftlichen) Pflichten nachkommt. Eine Überprüfbarkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen kann also durchaus negative Folgen für die Gesamtwirtschaft haben, wie sich aus den dargelegten As-

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Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 103. Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 103. 147 Vgl. die Äußerungen von Walter in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959. 148 Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 103. 149 Schmidt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 103. 150 Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts II, S. 137 ff., und Lüderssen, PharmR 2001, 82 ff. 151 LG Bonn, 27 B 13/00, Beschluss vom 8. Februar 2001 = LG Bonn, PharmR 2001, 91 ff.; Hinweis bei Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts II, S. 141 in Fn. 1. 152 LG Bonn, 27 B 13/00, Beschluss vom 8. Februar 2001 = LG Bonn, PharmR 2001, 91 ff. 153 LG Bonn, 27 B 13/00, Beschluss vom 8. Februar 2001 = LG Bonn, PharmR 2001, 91, 92. 154 Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts II, S. 137 ff., und Lüderssen, PharmR 2001, 82 ff. 146

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pekten ergibt155. Allerdings lassen sich – wie bereits dargelegt156 – wirtschaftliche Entscheidungen nicht einer strafrechtlichen Kontrolle entziehen. Wie muss also ein Strafrecht aussehen, das den Spagat zwischen der Wahrung freier wirtschaftlicher Entscheidungen und strafrechtlicher Überprüfbarkeit von (gesellschafts-)schädlichen wirtschaftlichen Entscheidungen bewältigen kann? b) Die Begrenzung des Strafrechts durch verfassungsrechtliche Prinzipien Zur Beantwortung der soeben formulierten Frage sind verfassungsrechtliche Prinzipien von Bedeutung. Diese sind in der Lage, dem Strafrecht Grenzen aufzuzeigen und bestimmen damit wiederum das Maß strafrechtlicher Überprüfbarkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen. aa) Ultima-ratio-Prinzip Das Ultima-ratio-Prinzip besagt, dass das Strafrecht selbst nur als „letztes Mittel im äußersten Fall“157 zum Einsatz kommen darf158. Begründet wird dies damit, dass das Strafrecht selbst das schärfste Schwert der Rechtsordnung sei159, da es die Freiheit des Einzelnen zu beschränken vermag. Teilweise wird dies bezweifelt, da Geldbußen und/oder Reputationsverlust als für den Einzeltäter schlimmer eingestuft werden160. Allerdings können mit Mitteln des Strafrechts grundrechtlich garantierte Freiheiten (Art. 2 Abs. 1 GG) auf rechtlich legitimierte Weise eingeschränkt werden. Damit ist wiederum die Eingriffsintensität vor dem Hintergrund der rechtsstaatlichen Grundordnung besonders hoch161. Strafrecht muss also weiterhin als das schärfste Schwert anzusehen sein162. Vor diesem Hintergrund ist eine wichtige Begrenzung für 155 Vgl. hierzu auch als weiteres Beispiel die Ausführungen zum Medizinstrafrecht: Schneider, NK 2012, 30, 33. 156 1. Teil, B. II. 1. 157 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 57. 158 BVerfGE 39, 1, 47 = NJW 1975, 573, 576 ff.; BVerfGE 88, 203, 258 = NJW 1993, 1751, 1754; BVerfGE 90, 145, 201 = NJW 1994, 1577, 1585; BVerfGE 96, 245, 249 = NJW 1998, 443. 159 Siehe hierzu stellvertretend für viele die Ausführungen von Prittwitz: Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 58. 160 Vgl. für den Reputationsverlust die Äußerungen von Walter in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959 und eine Stellungnahme von Prittwitz zum Verhältnis von Geldbußen und strafrechtlichen Sanktionen als Ultima-ratio in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959, 965 f.; auf den zivilrechtlichen Schadensersatz weist beispielsweise Bauer hin: Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 187; siehe auch Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 223. 161 Vgl. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 3; vgl. auch hierzu die Rechtsprechung des BVerfG: BVerfGE 39, 1, 47 = NJW 1975, 573, 576 ff.; BVerfGE 88, 203, 258 = NJW 1993, 1751, 1754; BVerfGE 90, 145, 201 = NJW 1994, 1577, 1585; BVerfGE 96, 245, 249 = NJW 1998, 443. 162 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 58 f.; Prittwitz in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959, 966.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

das Strafrecht gefunden. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass das Strafrecht in der Praxis oft nicht mehr die Ultima-ratio sei163. Damit würde eine Begrenzung nur rein theoretischer und nicht faktischer Natur bestehen. Es ist wichtig, auf diese Entwicklung mahnend hinzuweisen, damit nicht ein unumkehrbarer Zustand der Präsenz des Strafrechts in allen Lebensbereichen Einzug nimmt. Diese Entwicklung vollzieht sich offenkundig – aber dennoch schleichend – contra dem Verständnis von Strafrecht als Ultima-ratio und damit contra verfassungsrechtlicher Grundsätze164. Es ist aber festzuhalten, dass das Ultima-ratio-Prinzip sowohl durch seine verfassungsrechtliche Relevanz als auch durch die inhaltliche Ausgestaltung eine wichtige Rolle bei der Begrenzung des Strafrechts einnimmt. bb) Strafrechtliche Akzessorietät Das Strafrecht ist an die Wertungen, die andere Rechtsbereiche vordefinieren, gebunden und insoweit akzessorisch165. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine „Versklavung des Strafrechts durch das zivilistische Denken“166 und es bedarf auch keiner „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“167, wie sich schon anhand des pflichtwidrigen Verhaltens im Rahmen von § 266 StGB feststellen lässt. Die Vermögensbetreuungspflicht und auch der Maßstab pflichtwidrigen Verhaltens ergibt sich häufig aus zivilrechtlichen Wertungen168. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Wertungen ohne eine eigenständige strafrechtliche Prüfung übertragbar sind169. Vor dem Hintergrund des Ultima-ratio-Prinzips170 muss ein Vorliegen strafbaren Unrechts immer anhand einer eigenständigen strafrechtlichen Bewertung zu begründen sein171. Dies geschieht im Rahmen von § 266 StGB mittlerweile unter anderem durch die Kriterien des „evidenten“172 und „gravierenden“173 pflichtwidrigen Verhaltens174.

163 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 57; Rzepka, Zur Fairness im deutschen Strafverfahren, S. 458, Fn. 22; Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 193. 164 Hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 165 Dinter, Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz der Untreue, S. 60 f.; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906; Ransiek, ZGR 2009, 157, 161 ff.; Brammsen, ZIP 2009, 1504, 1505 f. 166 Schünemann, NStZ 2006, 196, 202. 167 Bruns, Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken 1938. 168 Hierzu näher unter 2. Teil, A. II. 1. a). 169 Vgl. stellv. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 911 und auch Dinter, Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz der Untreue, S. 61. 170 1. Teil, B. II. 2. b) aa). 171 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 911. 172 Siehe hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. p). 173 Siehe hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. q). 174 BVerfGE 126, 170, 210 ff. = NJW 2010, 3209, 3215 ff., Rn. 111 ff.

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Andererseits ist das Strafrecht jedoch an die Wertungen anderer Rechtsgebiete insoweit gebunden, dass eine strafrechtliche Bewertung eines Sachverhalts ein (nach anderen Rechtsnormen) zulässiges Verhalten nicht als pflichtwidrig werten kann. „[Etwas] was zivilrechtlich erlaubt ist, kann strafrechtlich nicht verboten sein“175. cc) Subsidiarität Strafrechtliche Subsidiarität bedeutet, dass das Strafrecht „nur dort einen legitimen Platz einnehmen [kann], wo […] das Regelungs- oder Sanktionspotential [eines] Rechtsgebiets nicht ausreichend erscheint“176. Der Unterschied zum Ultimaratio-Prinzip sei darin zu sehen, dass dieses grundsätzlicher Natur sei177. Letztlich reiht sich die Subsidiarität also in Form einer Konkretisierung der verfassungsrechtlich gebotenen Begrenzung des Strafrechts in die bereits dargelegten Begrenzungsprinzipien einer strafrechtlichen Akzessorietät und des Ultima-ratio-Prinzips ein. dd) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Ebenfalls rechtsstaatlich verankert (Art. 20 Abs. 3 GG) und von Bedeutung für die Begrenzung des Strafrechts könnte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sein. Verhältnismäßig ist ein Eingriff in ein freiheitlich geschütztes Gut oder eine freiheitlich rechtsstaatlich garantierte Position dann, wenn der Eingriff ein legitimes Ziel verfolgt, der Eingriff geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, der Eingriff erforderlich ist (d. h. das mildeste unter den erfolgsversprechenden Mitteln ausgewählt wird) und der Eingriff angemessen ist (d. h., er sich in einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls bei Gegenüberstellung mit dem verfolgten Ziel als zumutbar für den oder die Betroffenen erweist)178. Eine Begrenzungsfunktion dieses Prinzips wird jedoch mit Skepsis gesehen179. Dies wird z. T. darauf zurückgeführt, dass die Schwelle für eine Verfassungswidrigkeit hoch liege und dem Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative zu-

175 Volk, in: FS Hamm, 803, 804; vgl. außerdem: Günther, Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluß, S. 362 ff.; Tiedemann, in: FS Weber, 319, 323 m.w.N. 176 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 57. 177 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 57. 178 Siehe zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellv.: Epping, Grundrechte, S. 19 ff.; Schmidt, Grundrechte, S. 71 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 20, Rn. 80 ff. 179 Auf diese weist auch Neumann hin: vgl. Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 129. Näher zu dieser Skepsis: Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 83 ff.; Bunzel, in: Hefendehl/Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 102; Sternberg-Lieben, in: Hefendehl/Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 78 f.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

komme180. Hassemer weist darauf hin, dass schon die Geeignetheit zu der Frage nach der Zielbestimmung des Strafrechts selbst (Straftheorien) führe181. Dies ergebe sich daraus, dass die Frage der Geeignetheit eines Eingriffs die Frage nach den Folgen des strafrechtlichen Eingriffs nach sich ziehe182. Mit anderen Worten: Was soll überhaupt erreicht werden mit dem Eingriff? Worin liegt der Sinn und Zweck? Problematisch dürfte sein, dass es aufgrund der Fülle der unterschiedlichen Straftheorien183 zu der Situation kommen könnte, dass immer der Zweck gewählt wird, der gerade als passend erscheint, um strafrechtliches Handeln legitimieren zu können184. Daneben ist die Frage der Geeignetheit nicht frei von dem Einfluss von Wertungen und es ist schwer, die Beurteilung des Gesetzgebers auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen185. Im Rahmen des Kriteriums der Erforderlichkeit findet man erneut das Ultimaratio-Prinzip vor186. So sieht es auch das BVerfG187. Dies könnte also für eine wichtige Rolle des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Begrenzung des Strafrechts sprechen. Hassemer schlägt im Rahmen der Erforderlichkeit vor, eine zweite Prüfungsstufe – die der Legitimität – für das Strafrecht einzuführen188. Es solle ein strafrechtlicher Eingriff, nachdem er vorläufig zugelassen worden ist, erneut (empirisch, wenn möglich) auf seine Geeignetheit hin überprüft werden189. Ein solches Modell würde zwar einen Mehraufwand bedeuten und gesetzliche Vorhaben könnten in ihrer Umsetzung verzögert werden, aber dies muss ein Rechtsstaat in Kauf nehmen können, wenn er die Wahrung der rechtsstaatlichen Prinzipien ernst nimmt. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich im Rahmen der Erforderlichkeit

180

Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 83; Hinweise auf die „strafgesetzgeberische Einschätzungs- und Entscheidungsprärogative“ des Gesetzgebers auch bei Sternberg-Lieben, in: Hefendehl/Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 78 f. 181 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 192; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 122. 182 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 192; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 122. 183 1. Teil, A. 184 Siehe hierzu die Ausführungen unter: 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (2) und vgl. auch: Weigend, in: FS Triffterer, 695, 709; Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 234 f. 185 Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 131. 186 Zur strafrechtlichen Subsidiarität innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung: Roxin, Strafrecht AT, § 2, Rn. 98; vgl. auch Radtke, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 2, Vor §§ 38 ff., Rn. 3. 187 BVerfGE 39, 1, 47 = NJW 1975, 573, 576 ff.; BVerfGE 88, 203, 258 = NJW 1993, 1751, 1754; BVerfGE 90, 145, 201 = NJW 1994, 1577, 1585; BVerfGE 96, 245, 249 = NJW 1998, 443. 188 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 193; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 123. 189 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 193; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 123.

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dennoch „Mehrdeutigkeiten ergeben […] bei der Entscheidung, ob und inwieweit überhaupt Alternativen zur Verfügung stehen“190. Aufgrund der Abwägung der Interessen kommt es bei der Prüfung der Angemessenheit zu noch stärkeren Wertungsproblemen191. Zwar ist diese Kritik berechtigt, aber dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kann dennoch eine wichtige Rolle bei der Begrenzung des Strafrechts zukommen. Der Einfluss von mehreren verschiedenen Wertungen – in diesem Zusammenhang als Schwäche des Prinzips zu sehen – muss nicht zu einer Ablehnung des Prinzips schlechthin führen192. „[…] [D]as Verhältnismäßigkeitsprinzip schafft Argumentationsmöglichkeiten – und damit auch Konsensmöglichkeiten –, die ohne dieses Prinzip nicht verfügbar wären“193. Dies ist eine äußerst wichtige Erkenntnis. Eine Strafrechtsbegrenzung kann also stattfinden, wenn schon im Entstehungsprozess neuer strafrechtlicher Regelungen die Argumentationsstrukturen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beachtet werden194. Dies zeigt trotz aller Skepsis die potentielle Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Strafrechtsbegrenzung. ee) Bestimmtheitsgrundsatz Art. 103 Abs. 2 GG enthält den sog. Bestimmtheitsgrundsatz195, der sich mit wörtlicher Übereinstimmung auch in § 1 StGB wiederfindet (nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege). Hieraus folgt, dass der Gesetzgeber Art und Maß der Strafe so bestimmen muss, dass dieses für den Normadressaten vorhersehbar ist und auch der Strafrahmen muss bestimmt sein, sodass ein Mindestmaß der Strafe und eine Sanktionsobergrenze erkennbar sind196. Für die Beurteilung der Bestimmtheit von Strafvorschriften kommt es stets auf den für „den Adressaten erkennbare[n] und verstehbare[n] Wortlaut des gesetzlichen Tatbestandes“197 an198. Hintergrund dieser Anforderungen 190

Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 131. Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 132; aber auch Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 194; Hassemer, in: Hirsch/Seelmann/ Wohlers, Mediating Principles, S. 123 f. 192 So auch Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 130. 193 Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 136. 194 Hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 2. 195 Für eine detaillierte Darstellung des Bestimmtheitsgrundsatzes siehe: Krahl, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zum Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG) 1985. 196 BVerfGE 105, 135 ff. = NJW 2002, 1779 ff.; für die Bestimmtheit strafrechtlicher Rechtsfolgen siehe auch die gleichnamige Dissertation von Schier: Schier, Die Bestimmtheit strafrechtlicher Rechtsfolgen 2012. 197 BVerfGE 71, 108, 115 = NJW 1986, 1671, 1672. 198 Vgl. auch BVerfGE 47, 109, 121 = NJW 1978, 933, 934; BVerfGE 64, 389, 393 = NJW 1984, 225. 191

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

an die Bestimmtheit von Strafnormen ist, dass hier durchaus gravierende Eingriffe in die Freiheitssphäre eines Betroffenen drohen199. Diese Freiheit unterliegt einem grundrechtlichen Schutz (Art. 2 GG). ff) Zwischenergebnis Die dargestellten verfassungsrechtlichen Prinzipien bilden den Rahmen, in dem sich das Strafrecht bewegen darf, ohne verfassungsrechtlich vorgegebene Grenzen zu überschreiten. Daneben gibt es jedoch noch mehr Prinzipien, die zu einer Strafrechtsbegrenzung beitragen (vgl. Bunzel: „Neben den materiell-rechtlichen Garantien (Schuldgrundsatz, Art. 103 Abs. 2 GG, Verbot bestimmter Strafarten, ne bis in idem, und ultima-ratio-Gedanke) gewährleisten auch die institutionell-verfassungsrechtlichen Garantien (strafrechtlicher Richtervorbehalt, Unschuldsvermutung, gesetzlicher Richter, rechtliches Gehör, Rechtsweggarantie und fair trial) […] eine verfassungskonforme Schaffung und Anwendung strafrechtlicher und strafprozessualer Normen“200). Jede strafrechtliche Norm, die die Überprüfung von wirtschaftlichen Entscheidungen zum Gegenstand hat, muss selbst den hier aufgezeigten verfassungsrechtlichen Kriterien genügen. Bei einer Einhaltung dieser dürften keine negativen Folgen für wirtschaftliches Handeln entstehen. Ein Strafrecht, das als Ultima-ratio zum Einsatz kommt201, die Wertungen anderer Rechtsgebiete akzessorisch berücksichtigt202 und Normen formuliert, die strafbares Verhalten klar erkennen lassen203, wird nicht zu einer unerwünschten Beeinträchtigung der Wirtschaft führen. Die Marktteilnehmer wüssten sicher, welches Verhalten strafbar ist und welches nicht. Sie wüssten außerdem sicher, dass sie Wertungen der einschlägigen Wirtschaftsbereiche, die in einem bestimmten rechtlichen Rahmen definiert sind, vertrauen können. Mit anderen Worten: Wenn die bereits vorhandenen verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden, ist eine Verunsicherung wirtschaftlicher Entscheidungsträger mit Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft unwahrscheinlich. Es lässt sich also festhalten: Wirtschaftliche Entscheidungen sind strafrechtlich überprüfbar, es kann durch diese Überprüfbarkeit zu negativen Auswirkungen für die Gesamtwirtschaft kommen, aber mit der Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben sind diese als gering einzuschätzen.

199 Zutreffend: Middelschulte, Unbestimmte Rechtsbegriffe und das Bestimmtheitsgebot, S. 121. 200 Bunzel, in: Hefendehl/Hirsch/Wohlers, Die Rechtsgutstheorie, S. 103. 201 Vgl. Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. b) aa). 202 Wie gefordert bei: Dinter, Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz der Untreue, S. 60 f.; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906; Ransiek, ZGR 2009, 157, 161 ff.; Brammsen, ZIP 2009, 1504, 1505 f. 203 Vgl. die Ausführungen zu Art. 103 Abs. 2 GG unter 1. Teil, B. II. 2. b) ee).

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Es muss mithin kein Appell erfolgen, dass sich das Strafrecht aus wirtschaftlichen Bereichen zurückziehen sollte. Vielmehr kann nun eine Untersuchung hinsichtlich der Frage erfolgen, ob das Strafrecht seiner Rolle – der Prävention durch Abschreckung und Normintegration – zu Zeiten vor und während der Krise gerecht geworden ist.

III. Die Anforderungen an Strafrechtsnormen Die zentrale Frage, wann strafrechtliche Normen abschrecken können204, führt erneut zu dem Bestimmtheitsgrundsatz zurück205. Grundsätzlich kommen zwei verschiedene Hypothesen in Betracht206, die sich gegenseitig ausschließen könnten: 1. Hypothese: Strafrechtliche Normen wirken umso abschreckender, wenn sie so bestimmt formuliert sind, dass potentielle Täter erkennen können, was strafrechtlich pönalisiert ist und was nicht207. 2. Hypothese: Strafrechtliche Normen wirken umso abschreckender, wenn sie unbestimmt formuliert sind, da potentielle Täter nicht sicher erkennen können, welches Verhalten strafrechtlich pönalisiert ist und sie daher jegliches Verhalten unterlassen, welches dem pönalisierten Verhalten inhaltich nahekommen könnte208. 1. Der historische Kontext zur strafrechtlichen Bestimmtheit von Normen: Die unterschiedlichen Ansichten in der Literatur Zunächst ist es sinnvoll, den historischen Kontext209 darzulegen, um so einen Überblick zu den unterschiedlichen Hypothesen zu gewinnen.

204 Auch hier soll die Normintegration nicht ignoriert werden, wie bereits oben dargestellt (1. Teil, A. IV.). Vorliegend wird jedoch lediglich auf die Abschreckung Bezug genommen, um die nachfolgenden Ausführungen übersichtlich darstellen zu können. 205 Vgl. bereits die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. b) ee). 206 Bei jeder dieser Hypothesen sowie der sogleich erfolgenden näheren Betrachtung dieser könnte zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenebene differenziert werden. Vorliegend ist der Fokus jedoch ausschließlich auf die Bestimmtheit der Tatbestandsebene gelegt. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich also entweder ausschließlich auf die Tatbestandsebene oder wenn ein Bezug zur Rechtsfolgenebene bestehen sollte, wird dies explizit dargestellt. 207 Vgl. zur Problematik der Unbestimmtheit von Tatbeständen auch Müller-Dietz, in: Philipps/Scholler, Jenseits des Funktionalismus Arthur Kaufmann zum 65. Geburtstag, S. 101 f.; außerdem: Kasiske, ZIS 2013, 257, 260. 208 Vgl. auch Volk, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 179. 209 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der historische Kontext hier an Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen, S. 361 ff. angelehnt ist.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Weder in der Rechtsetzung noch in der Literatur spielte die Bestimmtheit von Normen zunächst eine Rolle. Erst bei Hobbes finden sich 1651 (wenn auch eher im Nebensatz) nähere Hinweise zur Bestimmtheit von Normen mit Blick auf ihre Abschreckungsfunktion210. Hobbes selbst ging davon aus, dass Normen gerade dadurch abschrecken können, dass sie unbestimmt sind. Er führt dazu aus: „For seeing the aym of Punishment is not a revenge, but terrour; and the terrour of a great Punishment unknown, is taken away by declaration of a lesse, the unexspected addition is no part of the Punishment. But where there is no Punishment at all determined by the Law, there whatsoever is inflicted, hath the nature of Punishment.“211

Zwar deckt sich dieser Ansatz mit der o.g. 2. Hypothese, aber es folgen hierzu keine näher begründenden Ausführungen. Demgegenüber haben sich sowohl Montesquieu212 als auch Beccaria213 mit dem Zusammenhang von Bestimmtheit der Normen und deren Abschreckungspotential befasst. Montesquieu nähert sich dieser Thematik in einem Kapitel mit dem Titel: „Bei der Abfassung der Gesetze zu beachtende Dinge“214. Hieraus geht die Forderung hervor, dass Gesetze einfach verständlich sein müssten und auf „unklare Ausdrücke“ verzichtet werden sollte215. Jeder solle Gesetze verstehen können und Präzision sei hierfür unabdingbar216. Bei Beccaria kommt es ebenso auf die Verständlichkeit der Strafgesetzte an217. Im Vordergrund der Ausführungen Beccarias stehen vor allem einerseits die Autorität, die zur Schaffung der Gesetze berufen ist und andererseits, dass diese Gesetze bestimmt sein sollen. Ausschließlich der Gesetzgeber solle das Recht haben, Recht zu schaffen; und eben nicht der Richter218. Der Gesetzgeber habe die höchste Gewalt inne219. Außerdem sieht Beccaria gerade in der Ungewissheit strafrechtlicher Normen ein Defizit begründet, das den Abschreckungseffekt nehme220. Dies wird an mehreren Stellen seiner Ausführungen deutlich. Er führt unter anderem aus: „Je größer die Zahl derjenigen sein wird, die den heiligen Gesetzeskodex verstehen und in den Händen halten werden, um so weniger häufig werden die Verbrechen sein, denn es kann nicht zweifelhaft sein, daß die Unkenntnis und Ungewißheit der Strafen die Beredsamkeit der Leidenschaften fördert.“221 210

Hobbes, Leviathan, Part II, Chap. 28, S. 225 f. Hobbes, Leviathan, Part II, Chap. 28, S. 225 f. 212 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze 1748. 213 Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen 1764. 214 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 29. Buch, 16. Kapitel. 215 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 29. Buch, 16. Kapitel, S. 411 f. 216 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 29. Buch, 16. Kapitel, S. 411 ff. 217 Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 16 f. 218 Vgl. Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 12 f. 219 Vgl. Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 12 f. 220 Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 16 f.; und vgl. zur Abschreckung außerdem S. 31. 221 Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 16 f. 211

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Vor diesem Hintergrund würde aus Sicht eines potentiellen Täters die „Bestrafung einer schweren Missetat als etwas Fremdes, das [ihm] nicht zustoßen kann, betrachtet“222 werden. Um letztlich die Begehung von Straftaten zumindest reduzieren zu können, muss für Beccaria das Übel der Strafe – welches erkennbar und damit bestimmt sein muss – den Nutzen überwiegen, den der potentielle Täter durch seine Tat erlangen könnte223. An diese Argumentation und Entwicklung knüpfte Feuerbach an: „Die Bestimmtheit der gesetzlichen Voraussetzungen ist die Grundbedingung jeder Gesetzgebung, weil sie die Grundbedingung aller Gewissheit ist.“224

In diesem Sinne soll der „allgemeine Begriff eines jeden einzelnen Verbrechens bestimmt klar und erschöpfend“225 dargestellt werden. Dies geht auf eine psychologische Vorstellung zurück, die allen Werken Feuerbachs zugrunde liegt. Er geht davon aus, dass Strafnormen nur abschreckend wirken können, wenn ein „psychischer Zwang“ neben einen rein „physischen Zwang“ trete226. Schließlich liege einem Menschen in einer bestimmten Situation die Lust an einer Handlung zugrunde, ein innerer Antrieb, dem ein „unausbleibliches Übel“ gegenübergestellt werden müsse, um diesen Antrieb in den Hintergrund zu drängen227. Bzgl. unbestimmter Strafnormen gesteht Feuerbach zu, dass diese abschreckend wirken können, aber er sagt auch, dass diese „keineswegs so vollständig und in dem Umfang den Zweck der Abschreckung erreichen, wie ein bestimmtes Strafgesetz.“228 Näher begründet wird dies mit psychologischen Überlegungen und zunächst mit dem Aufwurf der Gegenfrage: „Sollte nicht die Phantasie, welche immer um so geschäftiger und lebendiger ist, je weniger sie durch bestimmte Vorstellungen beschränkt wird, die Vorstellung von der künftigen Strafe […] ihm um so lebhafter und um so viel schrecklicher vormalen […] welches Uebel ihn wirklich treffen werde?“229

Diese Frage wird jedoch direkt unter Verweis auf Erfahrungen und Gesetze der Psychologie negiert230. Nach Feuerbach ignoriert oder erachtet eine Person jegliche 222 223 224 225 226

S. 18.

Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 63. Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 46. Feuerbach, Kritik des Kleinschrodischen Entwurfs, Dritter Teil, S. 11. Feuerbach, Kritik des Kleinschrodischen Entwurfs, Zweiter Teil, S. 33. Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, § 12,

227 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, § 13 ff., S. 18 ff. 228 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 133. 229 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 133. 230 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 133.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Hindernisse für gering, die der gewünschten Handlung entgegenstehen könnten231. Hingegen sollen alle Gründe, die für die Vornahme der gewünschten Handlung sprechen, mehr Gewichtung erfahren232. Die Konsequenz, die sich daraus für unbestimmte Strafnormen ergeben würde, fasst Feuerbach dann wie folgt zusammen: „Da er keine bestimmte Vorstellung von dem Uebel hat, das ihn treffen wird, […] so erhält eben dadurch die Phantasie einen weiten und unbeschränkten Spielraum für ihre Bilder, und sie wird (weil dies das Interesse des Subjects ist) unter den vielen unbestimmten Uebeln das erträglichste zugleich, als das wahrscheinlichste vorstellen. Es wird daher ein solches Strafgesetz nie oder doch nur selten seinen Zweck erreichen. Daher nun die Nothwendigkeit des Gesetzgebers bestimmte Strafgesetze zu geben.“233

Ähnlich ordneten es zuvor auch Globig und Huster (1783)234 und später auch Mittermaier – ein Zeitgenosse Feuerbachs – ein. Mittermaier spricht sich zunächst gegen ein detailliertes Strafmaß235 und auch gegen eine grundsätzliche Härte von Strafe aus, die außer Verhältnis zur Tat stehe236. Sein Fokus liegt damit insgesamt mehr auf der Ebene der Rechtsfolgen, aber dennoch finden sich auch Hinweise zum Tatbestand. Es wirkt so, als müsste aus Mittermaiers Sicht nichts näher dazu ausgeführt werden, da er überzeugt von der Grundannahme ist, dass nur die Gewissheit über eine dem Verbrechen folgende Strafe ein „Abhaltungsmittel von Verbrechen“237 sein könne238. Insgesamt lässt sich schon anhand der bisherigen Ausführungen feststellen, dass ab der Aufklärung bis hinein in das 19. Jahrhundert die Bestimmtheit von Strafnormen in der Literatur eine wesentliche Rolle spielte. Die Wurzeln dieses Bestimmtheitsgebotes liegen in der Absicherung der Gesetzgebungshoheit und der Abschreckungstheorie239.

231 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 134. 232 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 134. 233 Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts, Erster Teil, S. 136 f. 234 Globig/Huster, Abhandlung von der Criminal=Gesetzgebung, S. 31; speziell zu Globig/ Huster und deren Auffassung der Bestimmtheit von Strafnormen: Schmidt, Die Abhandlung von der Criminal=Gesetzgebung, S. 51 f., S. 59. 235 Mittermaier, Über Grundfehler der Behandlung des Kriminalrechts in Lehr- und Strafgesetzbüchern (1819), S. 128 f. 236 Vgl. Mittermaier, Über Grundfehler der Behandlung des Kriminalrechts in Lehr- und Strafgesetzbüchern (1819), S. 143 ff. 237 Mittermaier, Über Grundfehler der Behandlung des Kriminalrechts in Lehr- und Strafgesetzbüchern (1819), S. 145. 238 Mittermaier, Über Grundfehler der Behandlung des Kriminalrechts in Lehr- und Strafgesetzbüchern (1819), S. 145. 239 Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen, S. 363.

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2. Die Gesetzgebung zur Bestimmtheit von Strafnormen der letzten Jahrhunderte: Ein kursorischer Überblick Diese Entwicklung lässt sich ebenso exemplarisch anhand der Gesetzgebung der letzten Jahrhunderte nachvollziehen. In der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V., Constitutio Criminalis Carolina (Carolina), von 1532 wurde das zu pönalisierende Verhalten nicht genau umschrieben. Vielmehr sind hier grundsätzlich unter ungenauer Beschreibung und beispielhafter Auflistung Handlungen genannt, die unter Strafe standen (beispielsweise die Zauberei in Art. 109 oder der Ehebruch in Art. 120). Bedenkt man jedoch, dass die Carolina als eine Art „Richtschnur“ für den Richter gedacht war240 und sich gerade nicht an alle potentiellen Täter wandte oder gar ein abschließendes Regelwerk darstellte241, ist nachvollziehbar, dass man sich hier noch nicht mit der Bestimmtheit von Strafnormen auseinandersetze. Noch bis in das 18. Jahrhundert hinein erfuhr die Bestimmtheit von Strafnormen keine Beachtung242. Beachtet man nun die zuvor beschriebene Entwicklung mit den Ansätzen von Montesquieu (das hier zitierte Werk veröffentlicht in 1748) und Beccaria (das hier zitierte Werk veröffentlicht in 1764), so ist auch die nachfolgend skizzierte Gesetzgebung konsequent. So legt beispielsweise Claproths Entwurf eines „CriminalRechts“ von 1774 viel Wert auf Bestimmtheit der Tatbestände243. Minutiös werden einzelne Fälle des Diebstahls in beispielweise insgesamt 18 Paragraphen dargelegt244. Ebenso detailliert widmete er sich „Betrügereyen und Treulosigkeiten“245. Der „Entwurf eines peinlichen Gesetzbuches für die kurpfalzbaierischen Staaten“ von Kleinschrod aus dem Jahre 1802246 war ebenfalls um möglichst viel Bestimmtheit bemüht. Schon die minutiöse Aufteilung bei Diebstahl und Raub lässt dies erkennen (§ 1027 bis § 1134)247 oder die genaue Beschreibung der Verbrechen gegen die Freiheit (§ 1211 bis § 1290)248. Einzureihen sind hier außerdem das bayrische 240

Feuerbach, Kritik des Kleinschrodischen Entwurfs, Zweiter Teil, S. 32; Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen, S. 362. 241 Schreiber, Gesetz und Richter, S. 27. 242 Vgl. hierzu: Schreiber, Gesetz und Richter, S. 28 ff.; Ogorek, Richterkönig oder Subsumtionsautomat?, S. 41 ff.; Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, S. 84. 243 Claproth, Entwurf eines Gesetzbuches, Erste Fortsetzung welche das Criminal-Recht enthält. 244 Claproth, Entwurf eines Gesetzbuches, Erste Fortsetzung welche das Criminal-Recht enthält, 1. Teil, 2. Buch, 4. Abschnitt, 1. Hauptstück. 245 Claproth, Entwurf eines Gesetzbuches, Erste Fortsetzung welche das Criminal-Recht enthält, 1. Teil, 2. Buch, 4. Abschnitt, 4. Hauptstück. 246 Kleinschrod, Entwurf eines peinlichen Gesetzbuches für die kurpfalzbaierischen Staaten. 247 Kleinschrod, Entwurf eines peinlichen Gesetzbuches für die kurpfalzbaierischen Staaten, 1. Teil, 2. Abteilung, 6. Kapitel. 248 Kleinschrod, Entwurf eines peinlichen Gesetzbuches für die kurpfalzbaierischen Staaten, 1. Teil, 2. Abteilung, 9. Kapitel.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Strafgesetzbuch von 1813 und das preußische Strafgesetzbuch von 1851. Zumindest für das bayrische Strafgesetzbuch von 1813 ist nicht verwunderlich, dass dieses um viel Bestimmtheit bemüht war, da hier Feuerbach federführend war249. Im preußischen Strafgesetzbuch von 1851 findet sich in § 2 der Grundsatz nulla poena sine lege. Im zweiten Teil dieses Gesetzes (ab §§ 64 ff.) werden einzelne Tatbestände aufgeführt. Schon jeder Titel für sich betrachtet lässt deutlich werden, dass man um möglichst viel Bestimmtheit der Tatbestände bemüht war. Bei den „Verbrechen und Vergehen gegen und wider das Leben“ unter §§ 175 ff. lassen sich neben einer Unterscheidung von Mord (§ 175) und Totschlag (§ 176) auch weitere Ausdifferenzierungen finden, wie beispielsweise der Totschlag im Affekt (§ 177). Vor dem hier dargelegten Hintergrund der Diskussionen in der Literatur ist die bis hierher skizzierte Entwicklung als konsequent zu bewerten: Weg von der bloßen Aufzählungen von Einzelfällen und der Verwendung weiter Tatbestandsmerkmale bis hin zu einer präziseren Beschreibung der zu pönalisierenden Verhaltensweise, die dennoch so gefasst ist, dass verschiedene Beispielfälle hierunter zu subsumieren sind. Über diese Entwicklung hinaus fand der Bestimmtheitsgrundsatz sodann Einzug im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 und in der Folge auch in der Weimarer Reichsverfassung mit Art. 116, auf den wiederum der derzeitige Art. 103 Abs. 2 GG zurückgeht250. In Anbetracht dieser Gesamtentwicklung lässt sich auch erkennen, dass das derzeitige Strafrecht von diesen Vorstellungen und Entwicklungen geprägt ist und profitiert hat. Wie schon Beccaria forderte, muss auch in unserer derzeitigen Gesellschaft ein demokratisch legitimierter Gesetzgeber (bestimmte) Strafnormen schaffen251. Auch dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG, wenn es heißt: „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“

Genauso wie damals wird auch derzeit (wie man ebenfalls am Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG erkennen kann) an der Bestimmtheit von Strafnormen festgehalten. Zwar existiert mittlerweile mit der sog. Vereinigungstheorie252 ein differenzierteres Bild, was die Strafzwecke betrifft, aber festzuhalten ist, dass über die letzten Jahrhunderte die Bestimmtheit von Normen insbesondere für den Zweck der Abschreckung von Bedeutung war.

249

Vgl. zu der Bedeutung Feuerbachs hier auch Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 2 f. Vgl. unter anderem: Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 3; Ransiek, Gesetz und Lebenswirklichkeit, S. 11 f.; und grundlegend das Gesamtwerk hierzu von Krey, Keine Strafe ohne Gesetz 1983. 251 Vgl. Beccaria, Von den Verbrechen und von den Strafen, S. 12 f. 252 Siehe 1. Teil, A. III. 250

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3. Aktuelle Diskussionen Auch in aktuellen Schriften wird noch auf die Bedeutung der Bestimmtheit von Strafgesetzen im Hinblick auf strafzwecktheoretische Aspekte Bezug genommen253. Es gibt einige Stimmen, die dem Ansatz von Feuerbach Naivität vorwerfen254. Diese Kritik stellt die Bedeutung der Bestimmtheit von Normen für die Verwirklichung strafzwecktheoretischer Ziele jedoch nicht grundsätzlich in Frage. Es wird unter anderem vorgetragen, dass man bei dem psychologischen Ansatz der Abschreckungstheorie erkennen könne, dass dieser aus Zeiten der Aufklärung stamme und damit zumindest in einem wesentlichen Punkt überholt sei255 : Man habe die Irrationalität des menschlichen Daseins außer Acht gelassen256. Menschliche Gewohnheiten, die Lust an Spekulationen (also auch gerade ein bewusstes Eingehen von Risiken) und Taten aus seelischem Ungleichgewicht, wie Affekttaten, blieben unbeachtet257. All diese Aspekte sind in sich schlüssig, aber es wäre doch fraglich, alle Erkenntnisse der letzten Jahrhunderte aufgrund dieser Einwände zu ignorieren, wenngleich ein Hinterfragen immer angezeigt ist. Diese Einwände sind im Hinblick auf das Erfordernis der Bestimmtheit von Normen im Rahmen einer zusammenfassenden Betrachtung und Stellungnahme zu berücksichtigen258. Schon an dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass diese Einwände nicht dazu führten, dass generalpräventive Erwägungen und die Bedeutung der Bestimmtheit der Normen für diese obsolet wurden. Unter Verweis auf Haffke und Engelhardt259 kommt auch Schünemann zu dem Ergebnis, dass „in jüngster Zeit die Generalprävention wie ein Phönix aus der Asche wieder aufersteig[t]“260. Nach dieser „wiederbelebenden Diskussion“ zum Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zur Generalprävention261 ist für viele die Bestimmtheit entscheidend für die generalpräventive Wirkung. Man kann sich schließlich nur nach etwas richten, das man kennt262. Auch manche Kritiker Feuerbachs, die wohl in ähnlicher 253 So beispielsweise Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 2 unter Hervorhebung der Bedeutung Feuerbachs. 254 Vgl. Grünwald, ZStW 76 (1964), 1, 10; Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 181 ff.; Waiblinger, in: Berner Festgabe für den schweizerischen Juristenverein 1955, S. 224 und S. 226 (wobei auch dieser eine generalpräventive Wirkung ausgehend von bestimmten Strafnormen dennoch für plausibel hält, auch wenn mehr die Kenntnis um die Norm in den Fokus gerückt wird, vgl. S. 229 f.). 255 Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 182. 256 Vgl. Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 182. 257 Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 183. 258 Siehe 1. Teil, B. III. 7. 259 Sowohl Haffke als auch Engelhardt nähern sich Fragen der Generalprävention mit Hilfe der Psychologie. Näher hierzu unter 1. Teil, B. III. 5. 260 Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 12. 261 Die zitierten Schriften von Haffke und Engelhardt stammen aus dem Jahr 1976. 262 Beispielhaft hier: Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 23; Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, S. 132.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

Weise die zuvor aufgezeigte Kritik stützen würden, erkennen dies an und umschreiben die Situation mit den Worten: „Die Erzeugung von unbestimmter Angst, das Erschrecken beim Anblick überraschendverunsichernden Durchgreifens, die lastende Ungewißheit, was verboten, was erlaubt ist, all das verhindert nicht die Taten. Der Präventivzweck des Strafgesetzes wirkt nur dann zur Vermeidung von Handlungen, wenn die Handlungen auch bezeichnet werden, deren Ausübung durch die Drohung des Gesetzes verboten ist. Die Unterlassungszwangswirkung hinsichtlich einer bestimmten Handlung kann nur von einem Gesetz ausgehen, das eben diese Handlung genau markiert und aus der Menge aller möglichen Handlungen hervorhebt. Denn unterlassen im relevanten Sinn kann ich nur eine bestimmte Handlung. Weil ich unbestimmte Handlungen weder tun noch unterlassen kann, wäre auch ein Gesetz mit dieser Absicht unsinnig und fehlerhaft“263.

4. Ein soziologischer Exkurs mit Niklas Luhmann Menschen neigen bei komplexen Risikostrukturen (hier ist die Strafbarkeit das Risiko) dazu, die Realisierung des Risikos mit einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten. Es wird von der Komplexität des Risikos und aller Begleitumstände darauf geschlossen, dass die Wahrscheinlichkeit der Realisierung des Risikos gering ist. Aufgrund des kaum überschaubaren Zusammenhangs aller Faktoren sind so viele andere Verläufe des Geschehens möglich, dass gerade der, der zur Strafbarkeit führen kann, für nahezu ausgeschlossen gehalten wird. Diese Überlegung deckt sich nicht nur mit den Ausführungen von Feuerbach264, sondern findet auch eine weitere Stütze. Luhmann hat für diese Erkenntnis einen wesentlichen Grundstein gelegt, als er Vertrauen als einen Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität identifizierte265. Durch Vertrauen könne man gewisse Entwicklungsmöglichkeiten von der Berücksichtigung in einem Entscheidungsfindungsprozess ausschließen266. „Man neutralisiert gewisse Gefahren, die nicht ausgeräumt werden können, die aber das Handeln nicht irritieren sollen“267. So ließe sich auch ein Erklärungsansatz aufzeigen, warum z. T. behauptet wird, dass die Komplexität der Finanzprodukte nicht zu überschauen gewesen sei und die Risiken von niemandem adäquat hätten eingeschätzt werden können268. Man vertraute möglicherweise darauf, dass Ratingagenturen gewissenhaft arbeiten und durch 263

S. 13. 264 265

1973. 266

Bohnert, Paul Johann Anselm Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht, Vgl. 1. Teil, B. III., 1. Luhmann, Vertrauen Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 2. Auflage

Luhmann, Vertrauen, S. 26. Luhmann, Vertrauen, S. 26. 268 Vgl. hierzu die Ausführungen von Sinn, Kasino-Kapitalismus, S. 95 ff. (insbesondere S. 99). Posner, A Failure of Capitalism, S. 284 f.; weiter zu der Dimension der Komplexität aus strafrechtlicher Perspektive: Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 211 ff.; Jahn, JZ 2011, 340, 345. 267

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dieses Vertrauen wurde ein eigener Fehler zum Zeitpunkt der Handlung nicht in Betracht gezogen. Dies legt den Schluss nahe, dass für Banker auch eine mögliche Strafbarkeit fernlag und ausgeblendet worden ist. Also eine Ausblendung einer Entwicklungsmöglichkeit, um ihr wirtschaftliches Handeln nicht zu irritieren269. Hierzu auch wieder Luhmann: „Einer vertraut dem anderen vorläufig, dass er unübersichtliche Lagen erfolgreich meistern wird, also Komplexität reduziert, und der andere hat auf Grund solchen Vertrauens größere Chancen, tatsächlich erfolgreich zu sein“270.

Das von Luhmann dargestellte Vertrauen kann durch die Unbestimmtheit von Strafnormen dazu führen, dass „Sanktionsgefahren“ ausgeblendet werden, da diese nicht erkannt werden können. Bestimmte Strafnormen wären hingegen dazu geeignet, strukturierend auf die Motive der Verantwortlichen271 – im Sinne eines Übels als Gegenkomponente zu einer inneren Lust272 – einzuwirken.

5. Die Psychologie der Abschreckung Haffke konnte mit Hilfe seiner tiefenpsychologischen Perspektive generalpräventive Aspekte genauer betrachten273. Er stellt zu den Ausführungen Feuerbachs unter anderem fest, dass diese trotz der „intellektuell-rationalistischen Psychologie seiner Zeit“274 nicht falsch seien275. Vielmehr seien diese Ausführungen grundsätzlich richtig, aber aufgrund der Komplexität sozialen Verhaltens noch um weitere Aspekte zu ergänzen276. Insbesondere Lernprozessen und Erfahrungen komme dabei eine wesentliche Bedeutung zu277. Insoweit stimmt auch Engelhardt überein, wenn er Kommunikations- und Erziehungsstrukturen in den Fokus der Betrachtung rücken möchte278. Zur Androhung eines Strafübels führt Haffke aus, dass dieses „permanenter Bestandteil des sozialen Lernprozesses“279 sei, es „zum Aufbau intrapsychischer Kontrollinstanzen [beitrage] und […] diese durch latenten, unbewußt wirkenden, heteronomen Druck [stabilisiere]“280. Mit dieser Sichtweise lassen sich 269

Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 26. Luhmann, Vertrauen, S. 26. 271 Vgl. hierzu Luhmann, Vertrauen, S. 39. 272 Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, S. 16. 273 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 79 ff. 274 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 81. 275 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 81. 276 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 277 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 278 Engelhardt, Psychoanalyse der strafenden Gesellschaft, S. 265. 279 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82, wobei Haffke in Fn. 14 auf dieser Seite als Beleg seiner Ausführungen auch auf eine Parallele aus der allgemeinen Neurosenlehre verweist – die Mikro-Traumen. 280 Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 270

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

intrasubjektive Prozesse auch ohne eine ausschließliche Fokussierung auf innere Triebe erfassen und erklären. Es handelt sich also um eine Weiterentwicklung des psychologischen Ansatzes von Feuerbach. Prämisse muss aber auch hier im Anschluss an Feuerbach sein, dass Normen möglichst bestimmt sein müssen, denn anders wird sich kaum ein Lernprozess einstellen können.

6. Wirtschaftswissenschaftliche Modelle einer Täterrationalität Es gab schon einige Bemühungen, wirtschaftswissenschaftliche Modelle zur Analyse menschlichen Verhaltens und speziell als Analyse der Kriminalität fruchtbar zu machen281. Hier ist nicht der Raum alle einzelnen Richtungen dieser Entwicklung darzustellen. Zumeist gehen diese auf einen sehr umfangreichen (auch) soziologischen Hintergrund mit der Entwicklung des „homo oeconomicus“282 und dem Rekurrieren der theoretischen Werke Max Webers283 zurück. Hier soll lediglich ein Kernelement dieser Modelle aufgegriffen werden: Die Kosten-Nutzen-Rechnung284. Es findet an dieser Stelle bewusst eine Reduktion der einzelnen Ansätze statt, da es bzgl. des strafzwecktheoretischen Abschreckungseffektes lediglich auf dieses Kernelement ankommt. Neben der Verhaltensanalyse des potentiell Kriminellen werden auch andere Akteure berücksichtigt (insbesondere die Ermittlungsbehörden)285, um letztlich für jeden Akteur eine rational choice286 darzustellen. Ein Verbrecher wägt ab, ob sich ein Verbrechen lohnt und ein Staatsanwalt prüft, ob er möglichst zur Verurteilung gelangen kann287. Bei dieser Vorstellung werden aus Sicht eines potentiellen Straftäters die Kosten eines Verbrechens oder Vergehens mit dem Nutzen abgewogen288. Unter anderem beginne eine solche Kosten-Nutzen-Rechnung des potentiellen Täters 281 Beispielsweise Kirstein, in: Minthe, Neues in der Kriminalpolitik, S. 65 ff. und auch mit einer modifizierten Variante: Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher 2010. 282 Vgl. hierzu die Ausführungen Kirchlers zur wirtschaftspsychologischen Sichtweise des „Phänomens“: Kirchler, Wirtschaftspsychologie, S. 42 ff.; vgl. weiter Kirchgässner, Homo Oeconomicus 1991; Manstetten, Das Menschenbild der Ökonomie 2000. 283 Dies verwundert nicht, wenn man die Ausführungen von Max Weber zum rationalen Handeln bedenkt. Vgl. eine sozialwissenschaftliche Analyse hierzu: Norkus, in: Lichtblau, Max Webers Grundbegriffe, S. 47 ff. 284 M.w.N. Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 87 ff. 285 Vgl. Kirstein, in: Minthe, Neues in der Kriminalpolitik, S. 68. 286 Hierbei handelt es sich um ein Modell, das von der Annahme ausgeht, dass menschliches Handeln in Großteilen rational ist. Vgl. hierzu (als einen Vertreter dieses Ansatzes): Becker, Journal of Political Economy 1968, Vol. 76, No. 2, 169 ff.; Becker/Becker, The economics of life, S. 5; Grundsätzliches (bezogen auf Max Weber) außerdem bei Norkus, in: Lichtblau, Max Webers Grundbegriffe, S. 47 ff.; vgl. zu empirischen Ansätzen dieser Theorie: Seipel, Zeitschrift für Soziologie 2000, 397, ff. 287 So angedeutet bei Kirstein, in: Minthe, Neues in der Kriminalpolitik, S. 68. 288 So auch Becker, Journal of Political Economy 1968, Vol. 76, No. 2, 169, 176 und 209; Becker/Becker, The economics of life, S. 137 und S. 141.

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damit, dass er sich Informationen beschaffe, wie hoch das Risiko sei, strafrechtlich verantwortlich gemacht zu werden (ein Kostenfaktor)289. Wenn insgesamt der Nutzen die Kosten überwiege, führe dies zur Tatbegehung. Dies setzt voraus, dass man eine subjektive Wahrnehmung in Form eines Risikos einer Tat messen und erfassen kann. Dies wird zwar oft von Vertretern dieser Modelle behauptet290, aber in Anbetracht der Individualität, welche jedes Verhalten bestimmt, ist eine grundlegende Aussage hierzu kaum möglich291. Dennoch dürften nicht alle Erkenntnisse dieser Forschungen gleichermaßen an dieser Schwäche leiden und obsolet sein. Es nimmt nicht jeder potentielle Täter eine solche Kosten-Nutzen-Rechnung im gleichen Maße vor (es ist hier nicht relevant, ob bewusst oder unbewusst)292. Dass aber zumindest die Frage nach einer möglichen Bestrafung (als Kostenfaktor) eine Rollen spielen kann, soweit es sich nicht gerade um Affekttaten handelt293, kann nicht bestritten werden294. Damit kann aufgrund eines solchen Kosten-Nutzen-Modells auch eine Aussage zur Notwendigkeit der Bestimmtheit von Strafnormen getätigt werden. Nur mit bestimmten Strafnormen kann es überhaupt erst zu einer Berechnung potentieller Kosten kommen295. Ein ungewisser Kostenfaktor relativiert diesen in seiner Bedeutung für den potentiellen Täter. 7. Zusammenfassende Betrachtung und Stellungnahme Welche Hypothese ist nun für den Fortgang der Untersuchung zugrunde zu legen? Eine Antwort kann sich nur aus einer zusammenfassenden Betrachtung und Stellungnahme ergeben. Der historische Hintergrund hat aufgezeigt, dass das Strafrecht schon seit Jahrhunderten von der Idee bestimmt ist, das möglichst bestimmte Strafgesetze zu fordern sind, um generalpräventive Wirkung erzielen zu können296. Das Bild, was sich hier aus Zeiten der Aufklärung gezeichnet hat, ist jedoch nicht frei von Kritik. Der Vorwurf eines zu eingeschränkten Menschenbildes – im Hinblick auf rein rational 289

Vgl. Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 89. Vgl. Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 93. 291 Hierzu stellv. Hefendehl, Journal of International Criminal Justice 2010 (8), 769, 772; und ebenfalls einschränkend: Schmitt-Leonardy, Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?, S. 90, Rn. 126. 292 So versucht Englerth dies zu relativieren, indem er darauf abstellt, dass jeder intuitiv die treffendsten Wahrscheinlichkeitsrechnungen anstelle, vgl. Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 95. 293 Um hier die Kritik von Bauer aufzugreifen: Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 182 f. 294 Und sei es durch einen latenten unbewussten Druck innerhalb eines Lernprozesses: Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 295 Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 29. 296 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 1. Teil, B. III. 1. und stellv. für viele: Feuerbach, Kritik des Kleinschrodischen Entwurfs, Dritter Teil, S. 11. 290

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Handelnde – wiegt schwer297. In der Tat blendet diese Sichtweise nicht nur Affekttaten aus298, sondern ignoriert komplexe sozialpsychologische Hintergründe, die bei der Entwicklung eines jeden Menschens eine Rolle spielen. Aufgewogen werden kann dies zunächst wieder dadurch, dass mit Hilfe der Tiefenpsychologie vor allem Lernprozesse und die Erziehung eines jeden Menschens Beachtung finden können299. Diese Aspekte sind in die bisher vorgefundene Matrix zu generalpräventiven Überlegungen einzustellen. So können grundlegende Überlegungen, wie beispielsweise die zur Bedeutung der Bestimmtheit der Normen im Hinblick auf die generalpräventive Wirkung, bestehen bleiben und das Modell eines rein rational Handelnden kann modifiziert werden300. Ergänzt werden kann ein solches Verständnis um die Notwendigkeit der Bestimmtheit strafrechtlicher Normen im Hinblick auf generalpräventive Aspekte durch die Ausführungen Luhmanns301. Eine Reduktion von Komplexität kann dazu führen, dass mögliche Faktoren, die ein gewünschtes Handeln stören könnten, ausgeblendet werden302. Dies ist wiederum dann der Fall, wenn ein Täter sich kein konkretes Bild des Störfaktors machen kann. Umso mehr dieser für den Täter nicht erkennbar ist, desto leichter fällt es ihm, diesen (auch unbewusst) auszublenden. Die wirtschaftswissenschaftlichen oder auch wirtschaftspsychologischen Untersuchungen halten ebenfalls an einer Bestimmtheit von Strafnormen fest303. Nur so könne ein potentieller Täter überhaupt erkennen, was in eine Kosten-Nutzen-Analyse einzubeziehen sei304. Diese Grundüberlegung existiert also auch in dieser Disziplin. Zwar ist ein solch mathematisches Modell wenig geeignet, die Komplexität von Intrasubjektivität zu berücksichtigen305, aber in der Frage der Bestimmtheit von Strafnormen bestätigt es mit mathematischer Logik die anderen Ansätze. Ein potentieller Täter kann im Rahmen einer Kosten-NutzenRechnung nur einen Kostenfaktor berücksichtigen, wenn er ihn erkennt306. Heißt das nun, dass bestimmte Straftatbestände generalpräventiv effektiver sind als unbestimmte? Dies lässt sich nicht pauschal als Ergebnis festhalten. Es gibt keine empirische Überprüfung dessen307 und es dürfte wohl auch weiterhin schwierig bis

297

Vgl. insbesondere Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 182; ebenfalls kritisch: Grünwald, ZStW 76 (1964), 1, 10. 298 Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 183. 299 Vgl. Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 300 So auch Schünemann, Nulla poena sine lege?, S. 12, wenn er die wiederaufkommende Bedeutung der Generalprävention darstellt. 301 Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 26. 302 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 303 Hierzu stellv. Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 29. 304 Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 29. 305 Vgl. hierzu grundlegend die Ausführungen unter 1. Teil, B. III. 6. 306 Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 29. 307 Vgl. Momsen/Rackow, JA 2004, 336, 339; beispielhaft zu empirischen Untersuchungen und Bewertungen dieser: Spengler, Ursachen und Kosten der Kriminalität in Deutschland 2005;

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unmöglich sein, eine solche zu erarbeiten. Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob nicht bei bestimmten Tätern unbestimmte Straftatbestände abschreckender wirken können als bei anderen. Allerdings kann hier aufgrund einer Besonderheit der vorzunehmenden Untersuchung eine Entscheidung herbeigeführt werden. Bei einer Untersuchung zur strafrechtlichen Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise steht eine besondere Tätergruppe im Fokus der Untersuchung; nämlich die der White Collar308. Es handelt sich hierbei um Täter, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie (häufig)309 sehr überlegt handeln310 und auch über Ressourcen im Hinblick auf die Beschaffung von Informationen zur Begehung eines Verbrechens verfügen311. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die oben aufgezeigten Ansätze erneut, so kann man feststellen, dass für eine rational choice312, eine Kosten-Nutzen-Abwägung313, ein kalkulierendes Bewusstsein unter einem latenten Druck314 und das Reduzieren komplexer Informationen, um wiederum ein Irritieren der Handlung zu vermeiden315 insbesondere die Tätergruppe der White Collar in Betracht kommt316. Diese Täter haben die Möglichkeit, sich die Informationen zu beschaffen, die notwendig sind, um ihre Taten zu planen, und sie sind vor allem eher dazu prädestiniert als alle anderen potentiellen Tätergruppen, auf rationaler Grundlage Entscheidungen Bönitz, Strafgesetz und Verhaltenssteuerung 1991; Zeisel, The Supreme Court Review 1976, 317 ff.; Sjoquist, The American Economic Review 1973, 439 ff. 308 Grundlegend: Sutherland, White Collar Crime 1949. 309 „Häufig“ deshalb, weil auch diese Aussage nicht kategorisch andere Ansätze oder möglicherweise individuell anders „geprägtes“ Täterverhalten ausblenden will. So könnten auch einige Täter sich durch das Verhalten anderer leiten und beeinflussen lassen, ohne viel selbst zu reflektieren, vgl. Fischer/Fischer, Wirtschaftspsychologie 2011, 5, 7. 310 Vgl. Sutherland, White Collar Crime, S. 220 f. 311 Schließlich zeichnet sich die Tätergruppe der White Collar gerade dadurch aus, dass sie organisiert ist, vgl. Sutherland, White Collar Crime, S. 217 ff. und S. 255. Für eine solche Organisation ist es unerlässlich, über einen gewissen Grad an Informationen zu verfügen. Dies kann jedoch aufgrund der Täterindividualität ebenfalls kritisch gesehen werden, vgl. Hefendehl, Journal of International Criminal Justice 2010 (8), 769, 773. Des Weiteren besteht eine Besonderheit dieser Tätergruppe im Hinblick auf den Zugang zu Informationen. Außerdem besteht gerade innerhalb dieser Tätergruppe die Möglichkeit, auch auf kostspielige Experteninformationen zugreifen zu können, vgl. Reed/Yeager, Criminology 1996 Vol. 34, No. 3, 357, 367. 312 Vgl. Becker/Becker, The economics of life, S. 5; Becker, Journal of Political Economy 1968, Vol. 76, No. 2, 169, 176 und 209; vgl. Sutherland, White Collar Crime, S. 225 und S. 230 auf der es heißt: „[…] selects crimes which involve the smallest danger of detection and identification […]“ und weiter auf S. 231: „[…] rationality in relation to crime is the selection of crimes in which proof is difficult […]“. 313 1. Teil, B. III. 6. 314 Vgl. Haffke, Tiefenpsychologie und Generalprävention, S. 82. 315 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 316 So lässt sich auch erklären, dass explizit auf Sutherland (S. 9 ff.) und die Theorie der rational choice (S. 109 ff.) verwiesen wird, um eine Untersuchung zur Unternehmenskriminalität durchzuführen, vgl. Werner, Unternehmenskriminalität in der Bundesrepublik Deutschland 2014.

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1. Teil: Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch Straftheorien

zu treffen. Der rationale Straftäter (in dem hier dargestellten Sinne) ist also eigentlich ein eher selten anzutreffender Straftäter317, aber wenn man von exakt diesem Täterverhalten ausgehen kann, dann wohl im Wirtschaftsstrafrecht318. Treffend dazu Teubner: „Wenn Rechtsnormen überhaupt auf den Bildschirmen wirtschaftlicher Kalkulation auftauchen, werden sie nicht kraft normativer Geltung wie innerhalb des Rechtssystems beachtet, sondern als Posten innerhalb von Kosten-Nutzen-Kalkulationen behandelt.“319

Ebenso treffend und aus der aktuellen Diskussion zur Krise Rönnau: „Jedenfalls im Bereich des materiellen Wirtschaftsstrafrechts, in dem die erfasste Kriminalität häufig als Teil des betriebswirtschaftlichen Kalküls erscheint oder aus sonstigen Gründen von einem Nutzen maximierenden Akteur auszugehen ist, liefert die rationalchoice-Theorie vor diesem Hintergrund nach wie vor einen plausiblen und von vielen herangezogenen Steuerungsansatz“320.

Somit kann vor allem bei dieser Tätergruppe auf die Ausführungen zur Bestimmtheit von Strafnormen zurückgegriffen werden, die ein rationales Entscheiden im Hinblick auf eine potentiell zu erwartende Strafe erst ermöglicht. Es ist damit festzuhalten, dass bei dieser speziellen Tätergruppe der White Collar von einem Mehr an generalpräventiver Wirkung beim Vorhandensein bestimmter Strafnormen ausgegangen werden kann. Damit wird die 1. Hypothese der weiteren Untersuchung zugrunde gelegt. Auf einen weiteren Aspekt soll jedoch an dieser Stelle noch eingegangen werden, der sich sonst dieser 1. Hypothese entgegenstellen ließe. Es geht dabei um die tatsächliche Wahrnehmung der Strafnormen durch die Adressaten. Es ist kaum zu erwarten, dass potentielle Täter das StGB durchlesen oder jemals gelesen haben321. Das Strafgesetzbuch ist kein „Volkslesebuch“322. Auch diese Einwände könnten durchaus beachtlich sein, so simpel sie wirken mögen. Allerdings greift auch hier die zuvor aufgezeigte Besonderheit, dass es sich bei Tätern im Bereich des White Collar um Täter handelt, die kalkulieren323 und die sich i. d. R. Informationen beschaffen324. Zu diesen Informationen zählt auch eine mögliche Strafbarkeit nach dem StGB.

317

So auch Müller-Tuckfeld, Integrationsprävention, S. 104. Vgl. Müller-Tuckfeld, Integrationsprävention, S. 104 in Fn. 119 und Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 98; Rönnau, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 11 m.w.N. 319 Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 98. 320 Rönnau, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 11. 321 Vgl. Ransiek, Gesetz und Lebenswirklichkeit, S. 20; Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 183. 322 Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 183. 323 Vgl. die Nachweise in den 1. Teil Fn. 308 bis 316. 324 Vgl. die Nachweise in den 1. Teil Fn. 308 bis 316. 318

B. Strafrecht und Wirtschaft

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Mithin ändert auch diese Argumentation nichts an dem soeben formulierten Ergebnis. Die Hypothese, die der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen ist, lautet somit: Strafrechtliche Normen wirken umso abschreckender, wenn sie so bestimmt formuliert sind, dass potentielle Täter erkennen können, was strafrechtlich pönalisiert ist und was nicht.

2. Teil

Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen? A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts Wie bereits dargelegt, ist eine Untersuchung der Untreue gem. § 266 StGB in dieser Arbeit von entscheidender Bedeutung, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob das Strafrecht seiner Rolle gerecht geworden ist1. Auch die meisten der bereits genannten Strafverfahren2 („Mannesmann-Verfahren“3, „VW-Skandal“4 und „Siemens“5) hatten den Vorwurf der Untreue zum Gegenstand. Für die Sachverhalte der Krise wird die Bedeutung von § 266 StGB in den nachfolgenden Ausführungen näher dargestellt.

I. Die Hintergründe der Wirtschafts- und Finanzkrise Um die Sachverhalte, die die Krise betreffen, verstehen zu können, ist es unabdingbar, zunächst die Ursachen und den Verlauf der Finanzkrise im Überblick darzustellen6. 1. Globale Betrachtung Der Ausbruch der Krise wird (geographisch) auf die USA zurückgeführt. Daher soll hier zunächst ein Überblick zu den Ursachen und dem Verlauf der Finanzkrise in den USA dargelegt werden. Dieser Überblick erhebt nicht den Anspruch, aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht alle Aspekte bzgl. der Finanzkrise darzustellen. 1 2 3 4 5

89.

1. Teil, B. I. 3. 1. Teil, B. II. 1. BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141. BGHSt 54, 148 ff. = NStZ 2009, 694 ff. BGHSt 52, 323 ff.; m. Anm. v. Jahn, JuS 2009, 173 ff.; m. Anm. v. Ransiek, NJW 2009,

6 Ebenfalls die Notwendigkeit des Verständnisses dieser Zusammenhänge betonend: Schröder, ZStW 123 (2011), 771.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Es geht vielmehr darum, die wirtschaftswissenschaftlichen Hintergründe zu erfassen, die dem besseren Verständnis der Sachverhalte mit Bezug zur Krise im Rahmen von § 266 StGB dienen. a) Kapitalzufluss Schon zu Beginn dieser Darstellung sei hiermit darauf hingewiesen, dass die Finanzkrise ein Resultat mehrerer Ursachen ist, die wiederum sehr komplex miteinander verbunden sind7. Zunächst kam es in den USA zu einem Liquiditätsüberschuss. Dieser hatte sich über einen längeren Zeitraum aufbauen können, da nach der Asienkrise der 1990er Jahre viele Anleger ihr Vertrauen in die Schwellenländer verloren hatten und so in heimische Finanzmärkte investierten8. Hiervon profitierten vor allem die Industrieländer9, zu denen auch die USA zählen. Hinzu kam, dass viel Kapital in die USA gelangte, indem Ausländer Wertpapierkäufe tätigten10. Vor allem Chinas („neo-merkantilistische“)11 Handelspolitik war und ist darauf ausgerichtet, Wachstum durch Exporte zu generieren12. Daher hat China ein Interesse daran, eine Aufwertung der eigenen Währung gegenüber dem Dollar möglichst kontrolliert gering zu halten13. So kam es, dass unter anderem China Dollarreserven anhäufte, um so künstlich die Nachfrage auf einem relativ hohen Niveau zu halten14. Diese Menge an Währungsreserven wurde wiederum in staatliche Wertpapiere der USA und andere Anlagemöglichkeiten investiert15. So entstand ein beträchtlicher Kapitalzufluss in die USA. Dieser Kapitalzufluss ist wiederum einer der Faktoren, die letztlich zur Finanzkrise führten.

7

Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 3. 8 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 4. 9 Diamond/Rajan, The credit crisis: Conjectures about causes and remedies, National Bureau of Economic Research 2009, 2. 10 Priewe, APuZ 2008, 21. 11 Priewe, „Von der Subprimekrise zur Weltwirtschaftskrise – unterschiedliche Erklärungsmuster“, Wirtschaftsdienst 2010, S. 92, S. 96. 12 Priewe, APuZ 2008, 21, 22. 13 Priewe, APuZ 2008, 21, 22. 14 Priewe, APuZ 2008, 21, 22; Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise“, WD 4-3000-075/09, 2009, S. 4. 15 The de Larosière Group, The High-Level Group on Financial Supervision in the EU, Report 25. 02. 2009, S. 7.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

b) Leitzinsen Ein weiterer Faktor ist die Zinspolitik der US-amerikanischen Notenbank (Fed). Diese hielt den Leitzins in den Jahren 2003 und 2004 bei 1 %16. Ein so geringer Leitzins führt dazu, dass die Beschaffung von Fremdkapital – zumeist durch Kredite – attraktiv wird, da kaum Zinsen zu zahlen sind. Dadurch versuchten viele Anleger, ihre Eigenkapitalrendite durch einen hohen Grad an Fremdfinanzierung hochzuhebeln17 (siehe auch: „Leverage-Effect“)18. Der niedrige Leitzins und auch der hohe Kapitalzufluss in die USA führten dazu, dass für manche Finanzprodukte die Nachfrage stieg und dadurch die Renditen nachließen19. Dadurch versuchten Anleger auf Produkte mit höherer Rendite auszuweichen20. So kam es, dass sich viele Investitionen in den Immobilienmarkt verlagerten. c) Wertpapiere und Zweckgesellschaften Die Verbriefung von Bankkrediten spielte eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Finanzkrise, da die Kredite so zu einer Art Ware transformiert worden sind, mit der Handel betrieben werden konnte21. In diesem Zusammenhang sind vor allem die sogenannten Asset Backed Securities (ABS) zu erläutern, die eine wichtige Rolle für den Immobilienmarkt in den USA spielten. Hierbei veräußert ein Forderungsverkäufer (auch als „Orginator“ bezeichnet22) eine Forderung an eine eigens gegründete Zweckgesellschaft (auch als „Special Purpose Vehicle“ bezeichnet23). Dadurch erhält der Orginator Kapital und die Zweckgesellschaft kann sich durch die Emission von Wertpapieren („securities“) in Form von Schuldverschreibungen oder Schuldscheinen refinanzieren24. Diese Wertpapiere wiederum werden von den

16 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 119. 17 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 119. 18 Hutzschenreuter, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 100. 19 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 4. 20 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 4. 21 Vgl. auch Jahn, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 114a, Rn. 1 ff. 22 Früh, BB 1995, 105. 23 Früh, BB 1995, 105; Zeising, BKR 2007, 311, 313. 24 Ransiek, WM 2010, 869; Früh, BB 1995, 105; Schröder, ZStW 123 (2011), 771, 772 ff.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Forderungen, die die Zweckgesellschaft erworben hat („assets“)25, gedeckt („backed“)26. Diese Zweckgesellschaften sind vor Ausbruch der Krise von vielen Banken gegründet und betrieben worden27. Neben den bereits beschriebenen Wertpapieren – und vielen weiteren, die hier nicht einzeln aufgeführt werden – spielten sogenannte Collateralised Debt Obligations eine wichtige Rolle. Während ABS zum Großteil aus gleichartigen Forderungen bestehen, wie beispielsweise Hypothekendarlehen, so sind Collateralised Debt Obligations differenzierter28. Diese Differenziertheit machte sie wiederum zu einem beliebten Finanzprodukt. Um die so geschaffenen Wertpapiere marktfähiger auszugestalten, musste jedoch ein großer Nachteil behoben werden. Immobilienkredite haben in der Regel eine hohe Laufzeit von bis zu 30 Jahren und viele Anleger sind mehr in kurzfristige Anlagen interessiert29. Um diesen Nachteil zu beseitigen, haben spezielle Zweckgesellschaften (Conduits) eine Fristentransformation vorgenommen30. Sie refinanzierten die langfristigen Anlagen ausschließlich durch die Emission von kurzfristigen Wertpapieren (Asset Backed Commercial Papers)31. So konnten auch die Finanzierungszweckgesellschaften an diesem Modell Geld verdienen. Schließlich waren die Zinserträge aus den ursprünglichen Anleihen schon aufgrund der längeren Laufzeit höher als die Verbindlichkeiten, die durch die Emission der kurz laufenden Wertpapiere entstanden waren32. Dies wird deutlich, wenn man den Geldfluss innerhalb dieser „Konstruktionen“ näher betrachtet. Der Geldfluss durch diese Finanzprodukte stellt sich folgendermaßen dar: Die Zins- und Tilgungszahlungen, die auf die Wertpapiere zu leisten sind, werden durch die Zweckgesellschaft mit Hilfe der Zins- und Tilgungszahlungen aus den erworbenen Forderungen bedient33. Dies 25

Zeising, BKR 2007, 311; Ransiek, WM 2010, 869. Zeising, BKR 2007, 311; Ransiek, WM 2010, 869. 27 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32; Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 46. 28 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 112. 29 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 93. 30 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 94; vgl. auch Schröder, ZStW 123 (2011), 771, 775 ff. 31 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 94; vgl. auch Schröder, ZStW 123 (2011), 771, 775 ff. 32 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 6. 33 Ransiek, WM 2010, 869; Früh, BB 1995, 105. 26

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

hat allerdings auch zur Folge, dass die Wertpapiere selbst von der Bonität der jeweiligen Forderungen abhängen, die ursprünglich veräußert worden sind34. Auch wenn sich Bezeichnungen wie „forderungsgestützte Wertpapiere“35 oder „forderungsgestützte Verbriefung“36 nicht durchgesetzt haben, illustrieren diese Bezeichnungen den hier beschriebenen Vorgang treffend. Diese Finanzprodukte spielten eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Finanzkrise, da sie dazu beitrugen, dass Kredite für den Häuserbau bzw. -kauf auch an bonitätsschwache Schuldner vergeben worden sind. Banken konnten ihre Kreditforderungen in einem Forderungsportfolio an die Zweckgesellschaft veräußern und so frisches Kapital generieren und damit zugleich das Ausfallrisiko der Kredite auslagern37. Im Anschluss hieran kam es jedoch dazu, dass wieder andere Finanzierungszweckgesellschaften diese Papiere aufkauften und bündelten und eigene Wertpapiere ausgaben, die eine kürzere Laufzeit hatten38. Problematisch an diesem Modell war, dass dadurch ABS zur Grundlage von anderen ABS wurden. Umso mehr sich dieser Prozess wiederholte, desto schwieriger war es, herauszufinden, welche Kredite nun Grundlage von welchen Wertpapieren waren. d) Die Rolle der Ratingagenturen Auch Ratingagenturen spielten eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit ABS. Subprime Mortgages (zweitklassige Hypothekenkredite) hätten z. T. mit einem Rating von BBB eingestuft werden müssen und wären so nicht allen institutionellen Investoren zugänglich gewesen39. Aus diesem Grund wurden die Portfolios zumeist in Tranchen aufgeteilt40 und jede Tranche hat ein unterschiedliches Verlustrisiko41. Letztlich geht es bei diesen Tranchen nur darum, das Verlustrisiko möglichst so aufzuteilen, dass ein hohes Rating des Portfolios erlangt wird. So ist es beispielsweise möglich, ein AAA-Rating für ca. 96 v.H. des Portfolios zu erzielen, wenn dieser Anteil das geringste Risiko trägt, während das Hauptverlustrisiko auf die 34

Ransiek, WM 2010, 869. Früh, BB 1995, 105. 36 Früh, BB 1995, 105. 37 Zeising, BKR 2007, 311, 312; Früh, BB 1995, 105, 106. 38 Ransiek, WM 2010, 869, 870. 39 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 113. 40 Hierbei handelt es sich um die Equity-Tranche, die Mezzanine-Tranche und die SeniorTranche. Diese Tranchen haben alle einen unterschiedlichen Risikofaktor und daher auch unterschiedliche Ratings. Die Tranchen mit dem schlechtesten Rating werden zuerst belastet („Wasserfall-Prinzip“). Vgl. Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 112 f. 41 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 112. 35

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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anderen Tranchen aufgeteilt werden kann42. Dieses Prinzip lässt sich beliebig weiter fortsetzen. So kann es beispielsweise sein, dass einzelne Tranchen wieder verbrieft werden und so wieder neue AAA-Tranchen entstehen43. All dies führte jedoch dazu, dass eine Fülle an komplexen Finanzprodukten auf dem Markt war, deren Bewertung durch die Komplexität kompliziert wurde. Welches Wertpapier stammt aus welcher Tranche eines anderen Wertpapiers? Wenn ABS andere ABS sicherten, stellte sich die Frage, welche Kredite nun überhaupt Grundlage waren. Ratingagenturen sahen sich vor eine schwere Aufgabe gestellt, die Risiken angemessen bewerten zu können44. Dadurch kam es dazu, dass Höchstnoten für Finanzprodukte vergeben worden sind, obwohl die Ratingagenturen die Strukturen der Produkte selbst nicht durchschauen konnten oder ignorierten45. Ein weiterer wichtiger Aspekt dürfte sein, dass Ratingagenturen wohl kaum schlechte Ratings für diese Finanzprodukte vergeben hätten, auch wenn sie das gesamte System durchschaut hätten. Dies folgt daraus, dass die Ratingagenturen z. T. durch die Emittenten finanziert wurden und sie halfen außerdem bei der Strukturierung der Finanzprodukte mit46. e) Der Ausbruch der Krise Ein wichtiger Aspekt, der zum Ausbruch der Finanzkrise beitrug, ist, dass sich die Zinszahlungen der Kreditnehmer am Kreditmarkt orientierten47. Als 2006 die Zinssätze stiegen, bedeutete dies auch einen Anstieg der Zahlungsverpflichtungen der Kreditnehmer48. Dies war gerade im Bereich der Subprime Kredite problematisch, denn gerade hier waren einkommensschwache Personen betroffen, die die Forderungen nicht mehr bedienen konnten. Dieser Bereich hatte ein Volumen von 42 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 114. 43 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 114. 44 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 118; bzgl. der Zugrundelegung von Informationen für die Bewertung der Portfolios vgl. auch: Diamond/ Rajan, The credit crisis: Conjectures about causes and remedies, National Bureau of Economic Research 2009, 3; The de Larosière Group, The High-Level Group on Financial Supervision in the EU, Report 25. 02. 2009, S. 9. 45 Vgl. hier m.w.N. Lüderssen, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 213. 46 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862. 47 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 6. 48 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 6.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

300 bis 400 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen49. Der Immobilienboom endete und es kam zur Schließung von zwei wichtigen Hedge Funds für Immobilien von der Investmentbank Bear Stearns50. Dies stellte ein alarmierendes Zeichen für alle Marktteilnehmer dar. Außerdem stuften die Ratingagenturen plötzlich hypothekengesicherte Papiere teilweise gleich um drei Bewertungsstufen ab51. Dies war ein drastischer Schritt und ließ die Marktpreise für die betroffenen Papiere sinken. Hinzu kam, dass große Unsicherheit bei den Marktteilnehmern herrschte, denn einen solchen Schritt konnte man sich nur mit einer möglichen ursprünglichen Fehleinschätzung der Risiken erklären52. In der Folge gerieten die eigens zum Wertpapierkauf gegründeten Zweckgesellschaften unter Druck. Diese hatten massenhaft hypothekarisch gesicherte Forderungen aufgekauft und besaßen selbst kein Eigenkapital. Sie besaßen aber stattdessen Liquiditätszusagen von den Banken, die sie ursprünglich eingerichtet hatten53. Die Zweckgesellschaften konnten sich nun nicht mehr refinanzieren, da der Markt zusammengebrochen war und dies führte dazu, dass die Liquiditätszusagen fällig wurden54. Schätzungen zufolge dürften diese Zusagen einen Betrag von etwa 1.000 Milliarden US-Dollar beinhaltet haben55. Am 15. 09. 2008 kam es dann zur Insolvenz der Investment Bank Lehman Brothers56. Durch dieses Ereignis ging viel Vertrauen in den Markt und dessen Teilnehmer verloren. Banken und Anleger misstrauten einander57 und dies führte dazu, dass keiner mehr bereit war, Geld zu investieren. Das Kreditgeschäft zwischen Banken war hiervon fast vollständig betroffen. Insbesondere Großhandelsbanken hatten aufgrund dessen Schwierigkeiten, sich Kapital zu verschaffen, da diese auf Kredite von Finanzinstituten angewiesen waren58. Diese Ereignisse waren auch nicht mehr nur auf den amerikanischen Immobilien- oder Finanzmarkt begrenzt, sondern

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Ransiek, WM 2010, 869, 870. Möschel, ZRP 2009, 129, 130; Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 31. 51 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32. 52 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32. 53 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32. 54 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32. 55 Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 32. 56 Möschel, ZRP 2009, 129, 130. 57 Möschel, ZRP 2009, 129, 130; Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, „Arbeitsweise der Bankenaufsicht vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise“, 17. 02. 2009, S. 37. 58 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 122. 50

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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sie betrafen weltweit alle Banken, da diese sich durch ihre täglichen und globalen Finanzgeschäfte vernetzt hatten. 2. Auswirkungen in Deutschland Die soeben dargelegten Ereignisse59 betrafen auch deutsche Kreditinstitute. An dieser Stelle kann nun einerseits die Darstellung der Auswirkungen der Krise in Deutschland erfolgen und andererseits kann die Relevanz von § 266 StGB für die Fälle der Krise illustriert werden. a) IKB Deutsche Industriebank AG Die IKB Deutsche Industriebank AG (im Folgenden als „IKB“ bezeichnet) war von den Auswirkungen der Finanzkrise betroffen. Die IKB hatte Kreditlinien i.H.v. ungefähr 10 Mrd. Euro für eine Zweckgesellschaft (Rhineland Funding Capital Corporation) garantiert, welche als Conduit tätig war60. Als es jedoch zu dem bereits beschriebenen Ende des Immobilienbooms in den USA kam und sich die Rhineland Funding Capital Corporation nicht mehr refinanzieren konnte, wurden die gegebenen Kreditzusagen eingefordert. Um die unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der IKB zu verhindern, trat die KfW-Bankengruppe – welche mit 38 v.H. Hauptanteilseigner der IKB war – in die Kreditlinien ein61. Allein diese Garantien beliefen sich auf 8,1 Mrd. Euro62. Bedenkt man, dass die IKB selbst nur ein Kapital i.H.v. 1,4 Mrd. Euro aufzuweisen hatte, so wird die Schieflage, in der sich die IKB befand, deutlich63. Dieser Fall illustriert einerseits die Auswirkungen der Finanzkrise auf Deutsche Kreditinstitute und andererseits kam es auch mit einer strafrechtlichen Verurteilung des Bankmanagers Stefan Ortseifen wegen vorsätzlicher Marktmanipulation nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu einer strafrechtlichen Aufarbeitung der Geschehnisse64. Dieser trug die Verantwortung für eine am 20. 07. 2007 herausgegebene Pressemitteilung von der IKB65, die suggerierte, dass die IKB nur marginal von der Hypothekenkrise in den USA betroffen wäre66. Die straf59

2. Teil, A. I. 1. LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 17, 19, 192; Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 130. 61 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 86, 138. 62 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 22. 63 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 64 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 375 ff. 65 Für den Wortlaut der Pressemitteilung siehe: LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 110 ff. 66 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 121 ff. 60

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

rechtliche Verurteilung von Stefan Ortseifen durch das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist später durch den 3. Strafsenat des BGH bestätigt worden67 und damit rechtskräftig. Ein Ermittlungsverfahren bzgl. des Vorwurfs der Untreue (§ 266 StGB) ist bereits von Seiten der Staatsanwaltschaft im Jahre 2009 eingestellt worden68. b) Landesbank Sachsen (heute: Sachsen Bank) Auch die damalige Landesbank Sachsen (hier im Folgenden als „SachsenLB“ bezeichnet) war von den Auswirkungen der Finanzkrise betroffen. Die irische Tochtergesellschaft der SachsenLB (SachsenLB Europe) hatte die Zweckgesellschaft (Conduit) Ormond Quay verwaltet69. Diese Zweckgesellschaft hatte wiederum auf dem amerikanischen Immobilienmarkt investiert und damit ein Portfolio mit einem Volumen von 17,3 Mrd. Euro generiert70. Dann ist noch „ein weiteres Finanzloch in dreistelliger Millionenhöhe“71 entdeckt worden und das Eigenkapital der SachsenLB konnte mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro die Risiken nicht abdecken72. Auch die garantierte Kreditlinie der Sparkassen-Finanzgruppe, der Deka Bank und aller deutschen Landesbanken von 17,3 Mrd. Euro konnten die SachsenLB nicht mehr retten73. Um letztlich finanzielle Risiken für das Land Sachsen abzuwenden – aufgrund einer Gewährträgerhaftung74 –, kam es zur Übernahme durch die Landesbank Baden-Württemberg (hier im Folgenden als „LBBW“ bezeichnet)75. Dieser Fall sollte ebenfalls strafrechtlich aufgearbeitet werden. Die Staatsanwaltschaft Leipzig erhob Anklage mit ihrer Anklageschrift vom 27. 02. 2013 gegen vier ehemalige Vorstände der SachsenLB. Tatvorwürfe waren Untreue in einem 67

BGH, Urteil vom 20. 07. 2011, Az.: 3 StR 506/10 = NZG 2011, 1075 ff. Vgl. hierzu die Darstellung bei Hetzer, Finanzmafia, S. 185. 69 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 70 CDU Fraktion des Sächsischen Landtages, SachsenLB – Landesbank Baden-Württemberg – Kapitalmarktkrise, Materialband SachsenLB, S. 17 (abrufbar unter: http://www.ap pixportale.de/CDU/Fraktion/dokumente/Materialband_SLB.pdf). 71 Zeit Online, vom 26. 08. 2007 „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 72 Zeit Online vom 26. 08. 2007, „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 73 CDU Fraktion des Sächsischen Landtages, SachsenLB – Landesbank Baden-Württemberg – Kapitalmarktkrise, Materialband SachsenLB, S. 19 (abrufbar unter: http://www.ap pixportale.de/CDU/Fraktion/dokumente/Materialband_SLB.pdf); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 74 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 75 Zeit Online, vom 26. 08. 2007 „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 68

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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besonders schweren Fall und unrichtige Darstellung76. Allerdings wird es hier nie zu einem Hauptverfahren kommen können, da durch einen Fehler von Seiten der Staatsanwaltschaft nun die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr möglich ist. Das Landgericht Leipzig hatte aus tatsächlichen Gründen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und die Staatsanwaltschaft Leipzig hatte daraufhin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt77. Der Beschwerdeschriftsatz selbst wurde jedoch maschinell erstellt und endete mit „gez. […] Staatsanwältin Diese Mitteilung wurde elektronisch erstellt und enthält deshalb keine Unterschrift […]“78,

was wiederum nicht für eine formgerechte Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist ausreichte79. Gegen diese Entscheidung sind auch keine Rechtsmittel mehr möglich80, womit ein Prozess gegen die ehemaligen Vorstände der SachsenLB nicht stattfinden wird. c) Landesbank Baden-Württemberg Die LBBW hatte Zweckgesellschaften gegründet und ist ebenfalls am Geschäft mit risikoreichen Wertpapieren beteiligt gewesen81. Die LBBW hatte zunächst noch die SachsenLB übernehmen können82. Auch die Selbstdarstellung war stets positiv, wie man am Beispiel einer Presseinformation der LBBW vom 14. 03. 2008 – also

76 Staatsanwaltschaft Leipzig, Pressemitteilungen 2013, „18. 03. 2013 – Anklage gegen ehemalige Vorstände nach Ermittlungen zum Zusammenbruch der vormaligen Sachsen LB“, aufrufbar unter: http://www.justiz.sachsen.de/stal/content/1237.php. 77 OLG Dresden, Pressemitteilungen 2014, „13. 02. 2014 – Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen die ehemaligen Vorstände der Sachsen LB verworfen“, aufrufbar unter: http://www.justiz.sachsen.de/ olg/content/1757.php. 78 OLG Dresden, Pressemitteilungen 2014, „13. 02. 2014 – Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen die ehemaligen Vorstände der Sachsen LB verworfen“, aufrufbar unter: http://www.justiz.sachsen.de/ olg/content/1757.php. 79 OLG Dresden, 2 Ws 658/14, Beschluss vom 13. 02. 2014; OLG Dresden, Pressemitteilungen 2014, „13. 02. 2014 – Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen die ehemaligen Vorstände der Sachsen LB verworfen“, aufrufbar unter: http://www.justiz.sachsen.de/olg/content/1757.php. 80 OLG Dresden, 2 Ws 658/14, Beschluss vom 13. 02. 2014; OLG Dresden, Pressemitteilungen 2014, „13. 02. 2014 – Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen die ehemaligen Vorstände der Sachsen LB verworfen“, aufrufbar unter: http://www.justiz.sachsen.de/olg/content/1757.php. 81 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 01. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 82 2. Teil, A. I. 2. c).

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

noch aus der „Anfangszeit“ des Ausbruchs der Finanzkrise – erkennen kann83. Letztlich waren aber schon 2009 eine Kapitalspritze von 5 Mrd. Euro und weitere Bürgschaften der Eigner i.H.v. 12,7 Mrd. Euro notwendig, um die LBBW zu stützen84. Aus strafrechtlicher Sicht schien sich dieser Fall zunächst zu einem wichtigen Puzzleteil im Hinblick auf eine strafrechtliche Aufarbeitung der Finanzkrise zu entwickeln. Am 07. 12. 2009 fand eine Razzia in den Geschäftsräumen der LBBW statt, wobei es zumindest anfangs auch noch um die Sicherstellung von Beweismitteln im Hinblick auf den Verdacht der Untreue in einem besonders schweren Fall ging85. Dieser Verdacht konnte sich jedoch nicht erhärten. Es kam im November 2012 lediglich zur Anklage gegen sieben aktuelle und ehemalige Vorstände, zwei Abschlussprüfer und zwei weiteren Mitarbeitern wegen unrichtiger Darstellung (§ 331 Nr. 2 HGB) und der Beihilfe an dieser Tat, sowie der Verletzung der Berichtspflicht (§ 332 HGB)86. Eine Anklage wegen Untreue scheiterte vor allem daran, dass kein pflichtwidriges Verhalten nachgewiesen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft konnte nicht nachweisen, dass Verantwortliche der LBBW sich nicht ausreichend informiert hatten, um die Risiken der Geschäfte am Subprimemarkt bewerten zu können87 oder dass es pflichtwidrig unterlassen worden ist, risikoreiche Investments wieder zu veräußern88. Letztlich kam es in dem folgenden Prozess nicht zu Verurteilungen. Das Verfahren ist gegen die jeweiligen Zahlungen von fünfstelligen Eurobeträgen an gemeinnützige Einrichtungen eingestellt worden89.

83 Pfister, LBBW Presseinformation vom 14. 03. 2008 21/2008, „LBBW erreicht trotz Finanzkrise einen deutlich dreistelligen Millionengewinn“, aufrufbar unter: http://www.lbbw.de/ media/presse/pdf_presse/2008_presseinformationen/20080314_LBBW_Presseinformation_ LBBW_erreicht_trotz_Finanzkrise_einen_deutlich_dreistelligen_Millionengewinn.pdf. 84 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 1. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 85 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 01. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 86 Staatsanwaltschaft Stuttgart, Pressemitteilungen 2012, „28. 11. 2012 – Anklage gegen LBBW-Vorstände wegen Bilanzfälschung erhoben“, aufrufbar unter: http://www.staatsanwalt schaft-stuttgart.de/pb/,Lde/1235836?QUERYSTRING=LBBW. 87 Vgl. hierzu auch: BGHSt 47, 148 = NJW 2002, 1211; BGHSt 50, 331, 344 = NZG 2006, 141, 145. 88 Staatsanwaltschaft Stuttgart, Pressemitteilungen 2012, „28. 11. 2012 – Anklage gegen LBBW-Vorstände wegen Bilanzfälschung erhoben“, aufrufbar unter: http://www.staatsanwalt schaft-stuttgart.de/pb/,Lde/1235836?QUERYSTRING=LBBW. 89 Stuttgarter-Zeitung vom 24. 04. 2014, „Verfahren gegen frühere Banker vorläufig eingestellt“, unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lbbw-prozess-verfahren-gegen-fruehe re-banker-vorlaeufig-eingestellt.c9238d22-48c9-4a23-a02e-7166a9ccfa72.html (03. 06. 2014).

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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d) Bayerische Landesbank Auch die Bayerische Landesbank (hier im Folgenden als „BayernLB“ bezeichnet) war an Spekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt beteiligt90. Bereits seit 1998 betrieb die BayernLB über Zweckgesellschaften Geschäfte mit ABS-Verbriefungsstrukturen91. Am 25. Oktober 2005 fasste der Vorstand den Beschluss, das ABS-Engagement auszuweiten92. Die Subprime-Krise hatte damit auch direkte Auswirkungen auf die BayernLB. Daneben erlitt die BayernLB außerdem Verluste durch den Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA). Die damaligen Vorstände der BayernLB sollen am 22. 05. 2007 für den Kauf von Anteilen an der HGAA (50,22 v.H.) verantwortlich gewesen sein93. Bei dieser Transaktion sollen die Verantwortlichen Risiken ignoriert haben, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der HGAA standen und außerdem das für den Erwerb erforderliche Verfahren missachtet haben94. Ein Vermögensnachteil der BayernLB wurde mit knapp 550 Mio. Euro bemessen95. Die Staatsanwaltschaft München I hat daraufhin am 25. 05. 2011 Anklage gegen die damaligen Vorstände der BayernLB bei der sechsten Strafkammer des Landgerichts München I mit dem Vorwurf der Untreue erhoben96. Die Angeklagten konnten während des Verfahrens durch Zeugenaussagen und eigene Darstellungen zum Sachverhalt entlastet werden. Der Vorsitzende Richter versuchte wohl auf eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten gem. § 257c StPO hinzuwirken97. Letztlich kam es im August 2014 dazu, dass das Verfahren betreffend vier ehemalige Vorstände gegen

90 Mock/Kappius, Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst, „Verlauf der Finanzkrise, Entstehungsgründe, Verlauf und Gegenmaßnahmen“, WD 4-3000-075/09, 11. 05. 2009, S. 10. 91 Bayerischer Landtag, Drucksache 15/10950, S. 15. 92 Bayerischer Landtag, Drucksache 15/10950, S. 13. 93 Staatsanwaltschaft München, Pressemitteilungen 2011, „08. 06. 2011 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I in Sachen Bayerische Landesbank vom 08. 06. 2011“, aufrufbar unter: http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2011/03086/. 94 Staatsanwaltschaft München, Pressemitteilungen 2011, „08. 06. 2011 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I in Sachen Bayerische Landesbank vom 08. 06. 2011“, aufrufbar unter: http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2011/03086/. 95 Staatsanwaltschaft München, Pressemitteilungen 2011, „08. 06. 2011 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I in Sachen Bayerische Landesbank vom 08. 06. 2011“, aufrufbar unter: http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2011/03086/. 96 Staatsanwaltschaft München, Pressemitteilungen 2011, „08. 06. 2011 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I in Sachen Bayerische Landesbank vom 08. 06. 2011“, aufrufbar unter: http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2011/03086/. 97 Handelsblatt vom 26. 05. 2014, „Richter erwägt früheres Ende von BayernLB-Prozess“, unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/strafverfahren-richter-erwaegt-fruehe res-ende-von-bayernlb-prozess/9952956.html (03. 06. 2014).

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Zahlung von Geldauflagen eingestellt worden ist98. Im Oktober 2014 wurde der ehemalige Vorstandsvorsitzende Werner Schmidt im Zusammenhang mit dem Kauf der HGAA wegen Bestechung eines Amtsträgers zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und der Zahlung einer Geldauflage von 100.000 Euro verurteilt99. Das Vorstandsmitglied Rudolf Hanisch musste eine Geldauflage von 50.000 Euro zahlen100. e) Westdeutsche Landesbank Girozentrale AG Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale AG (im Folgenden als „WestLB“ bezeichnet) hatte ebenfalls auf dem US-Hypothekenmarkt investiert und war dadurch in Schieflage geraten. Über Zweckgesellschaften und mit Hilfe von ABS und Asset Backed Commercial Papers101 hatte sich ein Risiko angehäuft, welches sich auf knapp 23 Mrd. Euro beziffern lässt102. Daneben führten Spekulationen mit Aktien von VW, Metro und BMW durch Banker der WestLB zu einem Verlust von rund 600 Mio. Euro, was wiederum die Bank so schwächte, dass sie 2007 mit dem Aufkommen der Finanzkrise unter Druck geriet103. Strafrechtliche Ermittlungen gegen ehemalige Vorstände der WestLB in diesem Zusammenhang sind im Jahre 2010 gegen Zahlungen von Geldauflagen in einer Gesamthöhe von 445.000 Euro eingestellt worden104. Bestehen blieben jedoch die Vorwürfe wegen Kursmanipulation und Untreue gegen drei ehemalige Aktienhändler der WestLB und zwei weitere externe Händler, die die Staatsanwaltschaft

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Süddeutsche Zeitung vom 26. 08. 2014, „Ex-BayernLB-Vorstände zahlen und gehen“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/prozess-wegen-debakel-um-hypo-alpe-adria-bay ernlb-vorstaende-kommen-glimpflich-davon-1.2101986 (31. 08. 2014). 99 Süddeutsche Zeitung vom 27. 10. 2014, „Bewährungsstrafe für Ex-Landesbankchef Schmidt“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bayernlb-prozess-bewaehrungsstrafefuer-ex-landesbankchef-schmidt-1.2193011 (11. 09. 2015). 100 Süddeutsche Zeitung vom 27. 10. 2014, „Bewährungsstrafe für Ex-Landesbankchef Schmidt“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bayernlb-prozess-bewaehrungsstrafefuer-ex-landesbankchef-schmidt-1.2193011 (11. 09. 2015). 101 2. Teil, A. I. 1. c). 102 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 23; BaFin, Jahresbericht 2008, S. 123. 103 Handelsblatt vom 30. 07. 2010, „Thomas Fischer muss Strafe zahlen“, unter: http:// www.handelsblatt.com/unternehmen/management/koepfe/ex-westlb-chef-thomas-fischer-mussstrafe-zahlen/3503440.html (03. 06. 2014). 104 Handelsblatt vom 30. 07. 2010, „Thomas Fischer muss Strafe zahlen“, unter: http:// www.handelsblatt.com/unternehmen/management/koepfe/ex-westlb-chef-thomas-fischer-mussstrafe-zahlen/3503440.html (03. 06. 2014); Merkur-online vom 31. 03. 2011, „600-MillionenDesaster: Anklage gegen Ex-WestLB-Händler“, unter: http://www.merkur-online.de/aktuel les/wirtschaft/600-millionen-desaster-anklage-gegen-ex-westlb-haendler-1184264.html (03. 06. 2014).

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Düsseldorf zur Anklage gebracht hat105. Der Schaden wird von der Anklage mit 48 Mio. Euro beziffert – und nicht mit den o.g. 600 Mio. Euro –, da sich der höhere Betrag von knapp 600 Mio. Euro aus einer Vervielfachung des verursachten Schadens i.H.v. 48 Mio. Euro ergeben haben soll106. Diese wiederum soll auf das Verhalten von Spekulanten gegenüber der WestLB zurückzuführen sein107. Das Landgericht Düsseldorf hat 2014 die Anklage gegen die fünf Beschuldigten zugelassen108. f) Hamburgisch-Schleswig-Holsteinische Nordbank AG Die Hamburgisch-Schleswig-Holsteinische Nordbank AG (im Folgenden als „HSH Nordbank“ bezeichnet) war ebenfalls von der Finanzkrise betroffen. Auch sie war über Zweckgesellschaften am US-Immobilienmarkt engagiert. Dies hatte spätestens im August 2007 negative Auswirkungen auf die Bilanz der HSH Nordbank, als sie Forderungsbestände einer Zweckgesellschaft (Poseidon) in ihre Bilanz übernehmen musste109. Noch im Geschäftsjahr 2008 musste die HSH Nordbank Abschreibungen von 2,8 Mrd. Euro tätigen. Dies war auch auf das Kreditgeschäft zurückzuführen110. Eine mögliche Schließung der HSH Nordbank wollte und konnte sich jedoch niemand leisten, wenn man bedenkt, dass schon allein im Rahmen der Gewährträgerhaftung ein Gesamtbetrag von 64,6 Mrd. Euro fällig geworden wäre111. 105

Merkur-online vom 31. 03. 2011, „600-Millionen-Desaster: Anklage gegen Ex-WestLBHändler“, unter: http://www.merkur-online.de/aktuelles/wirtschaft/600-millionen-desaster-an klage-gegen-ex-westlb-haendler-1184264.html (03. 06. 2014). 106 Merkur-online vom 31. 03. 2011, „600-Millionen-Desaster: Anklage gegen Ex-WestLBHändler“, unter: http://www.merkur-online.de/aktuelles/wirtschaft/600-millionen-desaster-an klage-gegen-ex-westlb-haendler-1184264.html (03. 06. 2014); Sächsische Zeitung vom 17. 04. 2014, „Aktienskandal bei WestLB: Ehemalige Händler wegen Untreue angeklagt“, unter: http://www.sz-online.de/nachrichten/aktienskandal-bei-westlb-ehemalige-haendler-wegen-un treue-angeklagt-2821488.html (03. 06. 2014). 107 Merkur-online vom 31. 03. 2011, „600-Millionen-Desaster: Anklage gegen Ex-WestLBHändler“, unter: http://www.merkur-online.de/aktuelles/wirtschaft/600-millionen-desaster-an klage-gegen-ex-westlb-haendler-1184264.html (03. 06. 2014); Sächsische Zeitung vom 17. 04. 2014, „Aktienskandal bei WestLB: Ehemalige Händler wegen Untreue angeklagt“, unter: http://www.sz-online.de/nachrichten/aktienskandal-bei-westlb-ehemalige-haendler-wegen-un treue-angeklagt-2821488.html (03. 06. 2014). 108 Sächsische Zeitung vom 17. 04. 2014, „Aktienskandal bei WestLB: Ehemalige Händler wegen Untreue angeklagt“, unter: http://www.sz-online.de/nachrichten/aktienskandal-bei-west lb-ehemalige-haendler-wegen-untreue-angeklagt-2821488.html (03. 06. 2014). 109 Schleswig-Holsteinischer Landtag, „Bericht und Beschlussempfehlung des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses HSH Nordbank“, 15. 08. 2011 Drucksache 17/ 1675, S. 248. 110 Bürgerschaft Der Freien und Hansestadt Hamburg, „Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, HSH Nordbank: Strategische Neuausrichtung“, 24. 02. 2009 Drucksache 19/ 2428, S. 5. 111 Bürgerschaft Der Freien und Hansestadt Hamburg, „Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, HSH Nordbank: Strategische Neuausrichtung“, 24. 02. 2009 Drucksache 19/ 2428, S. 5.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Schon die anteilige Haftung der Stadt Hamburg hätte den städtischen Haushalt um mehr als das Doppelte überstiegen112. So kam es in den darauffolgenden Jahren zu Ländergarantien, um das Eigenkapital der Bank zu erhöhen und zur Umstrukturierung der HSH Nordbank. Auch die risikoreichen Geschäfte der HSH Nordbank wurden strafrechtlich überprüft. Nachdem Rechtsanwalt Gerhard Strate am 31. 03. 2009 eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der HSH Nordbank an den Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg einreichte113, kam es zu umfassenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und letztlich auch zu einer Anklage. Die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Hamburg hat daraufhin mit Beschluss vom 23. 04. 2013 gegen sechs Angeklagte die Hauptverhandlung eröffnet114. Demnach bestand ein hinreichender Tatverdacht der gemeinschaftlich begangenen Untreue gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank und ein hinreichender Tatverdacht bei zwei der Angeklagten, eine unrichtige Darstellung nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG begangen zu haben115. Im Mittelpunkt der Anklage stand hierbei ein Finanztransaktionsgeschäft mit dem Namen „Omega 55“. Auch die HSH Nordbank hatte Kreditforderungen aus dem Immobiliengeschäft inne, die sie aufgrund des Zusammenbruchs des Immobilienmarktes nicht weiter veräußern konnte. Zur Reduzierung der Risiken und der Verbesserung der Bilanzkennzahlen wurden die Risiken ausgelagert, indem man sie auf eine Zweckgesellschaft übertrug und deren Risiken wiederum übernahm116. Die jeweiligen Vorwürfe der Untreue wurden damit begründet, dass eine Abwägung der Chancen und Risiken des Geschäfts nicht möglich gewesen sei117 und bei der HSH Nordbank dadurch ein Millionenschaden entstanden wäre118. Die Vorwürfe zur unrichtigen Darstellung wurden wiederum damit begründet, dass die beiden Angeklagten in einem Quartalszwischenbericht des HSH Konzerns zum 31. 02. 2008 und zusätzlich in einer Pressemitteilung vom 20. 06. 112 Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 2, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 113 Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 2, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 114 LG Hamburg, 608 KLs 12/11, Beschluss vom 23. 04. 2013. 115 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3951522/ pressemeldung-2013-05-02-olg-01/. 116 Schleswig-Holsteinischer Landtag, „Bericht und Beschlussempfehlung des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses HSH Nordbank“, 15. 08. 2011 Drucksache 17/ 1675, S. 250. 117 Siehe zu Prüf- und Informationspflichten: BGHSt 47, 148 = NJW 2002, 1211; BGHSt 50, 331, 344 = NZG 2006, 141, 145. 118 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3951522/ pressemeldung-2013 – 05 – 02-olg-01/.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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2008 den Betrag von 81 Mio. Euro als Überschuss ausgewiesen haben sollen, obwohl ein Fehlbetrag i.H.v. 31 Mio. Euro vorgelegen haben soll119. Mit Urteil vom 09. 07. 2014 sind alle Angeklagten in allen Anklagepunkten freigesprochen worden120. Die Strafkammer konnte keine gravierende Pflichtverletzung feststellen und der entstandene Schaden sei nicht vorhersehbar gewesen121. Auch eine unrichtige Darstellung ist von der Strafkammer negiert worden. Der falsch berechnete Überschuss stelle keine erhebliche Abweichung der fehlerhaften Darstellung von den zutreffenden Verhältnissen (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) dar, wenn man das Gesamtvolumen der Geschäfte der HSH Nordbank von 250 Milliarden Euro bedenke122. Möglicherweise führt die bereits angekündigte Revision der Staatsanwaltschaft zum BGH zu einer anderen (rechtliche) Beurteilung des Sachverhalts123. g) Hypo Real Estate Holding AG Die Hypo Reals Estate Holding AG (im Folgenden als „HRE“ bezeichnet) hatte im Jahr 2007 die Depfa Bank plc (Depfa) für 5 Mrd. Euro erworben124. Die Depfa war jedoch von der Finanzkrise stark betroffen und das wiederum wirkte sich auch negativ auf die HRE aus125. Die HRE konnte nur durch staatliche Hilfe gerettet werden,

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OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3951522/ pressemeldung-2013-05-02-olg-01/. 120 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2014, „10. 07. 2014 – Freisprüche im Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juli 2014“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/4341388/presse meldung-2014-07-09-olg-01/; LG Hamburg, 09. 07. 2014 – 608 KLs 12/11. 121 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2014, „10. 07. 2014 – Freisprüche im Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juli 2014“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/4341388/presse meldung-2014-07-09-olg-01/. 122 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2014, „10. 07. 2014 – Freisprüche im Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juli 2014“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/4341388/presse meldung-2014-07-09-olg-01/. 123 SpiegelOnline vom 10. 07. 2014, „HSH-Nordbank-Urteil: Staatsanwaltschaft kündigt Revision an“, unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hsh-nordbank-urteil-staatsanwalt schaft-kuendigt-revision-an-a-980272.html (25. 08. 2014). 124 Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) und Hypo Real Estate Holding, Pressemitteilung, „13. 05. 2014 – Abwicklung der DEPFA Bank plc. durch die FMS Wertmanagement“, abrufbar unter: http://www.hyporealestate.com/fileadmin/user_uploads/HRE/ 00_Home/1405depfa_stoptender_final.pdf (07. 06. 2014); Wirtschaftswoche vom 17. 10. 2008, „Hypo-Real-Estate-Chef Funke gibt auf“, unter: http://www.wiwo.de/unternehmen/finanzkrisehypo-real-estate-chef-funke-gibt-auf/5472914.html (07. 06. 2014). 125 Deutscher Bundestag, „Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes“, 19. 09. 2009 Drucksache 16/14000, S. 54 f.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

die zeitweise mehr als 100 Mrd. Euro betrug126. Dies führte letztlich sogar soweit, dass die Bundesrepublik Deutschland nach der Gewährung von Liquiditätsgarantien und Kapitalzuschüssen die HRE vollständig übernahm127. Die Schieflage der HRE war aufgrund des Erwerbs der Depfa samt deren risikoreichen Wertpapieren groß. Dies wird vor dem Hintergrund deutlich, dass bis Ende 2013 „problemhafte und nicht strategische Assets der Depfa in Höhe von ca. 131 Mrd. Euro auf die FMS-WM [wobei es sich um eine Bad Bank128 handelt] übertragen [worden sind]“129. Durch die Auslagerung dieser Assets der Depfa steht diese jetzt wieder positiv da und soll nun abgewickelt werden130. Die Staatsanwaltschaft München I hat bereits im Dezember 2008 Ermittlungen gegen die Vorstände der HRE aus den Jahren 2007 und 2008 sowie gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden aufgenommen. Zunächst bestand der Verdacht der unrichtigen Darstellung gem. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, der Marktmanipulation gem. §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2, Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG und der Untreue131. Am 29. 09. 2014 erhob die Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen Georg Funke und sieben weitere ehemalige Vorstände der HRE wegen unrichtiger Darstellung132. Außerdem wird ein ehemaliger Finanzvorstand wegen Marktmani-

126 Handelsblatt vom 25. 08. 2013, „Hypo Real Estate sucht Käufer für die Depfa“, unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/krisenausloeser-soll-weg-der-ausloeser-al len-uebels/8689760-2.html (07. 06. 2014). 127 Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) und Hypo Real Estate Holding, Pressemitteilung, „13. 05. 2014 – Abwicklung der DEPFA Bank plc. durch die FMS Wertmanagement“, abrufbar unter: http://www.hyporealestate.com/fileadmin/user_uploads/HRE/ 00_Home/1405depfa_stoptender_final.pdf (07. 06. 2014). 128 Näheres zur Bad Bank: Eine Bank mit toxischen Aktiva hat die Möglichkeit diese in eine Bad Bank auszulagern und sichere Aktiva zu erhalten. Die einzelne Ausgestaltung dieser Grundidee kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen, vgl. hierzu beispielhaft: Vieten, Bad-Bank-Konzepte zur Bewältigung von Finanzkrisen Ein modelltheoretischer Vergleich 2013. 129 Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) und Hypo Real Estate Holding, Pressemitteilung, „13. 05. 2014 – Abwicklung der DEPFA Bank plc. durch die FMS Wertmanagement“, abrufbar unter: http://www.hyporealestate.com/fileadmin/user_uploads/HRE/ 00_Home/1405depfa_stoptender_final.pdf (07. 06. 2014). 130 Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) und Hypo Real Estate Holding, Pressemitteilung, „13. 05. 2014 – Abwicklung der DEPFA Bank plc. durch die FMS Wertmanagement“, abrufbar unter: http://www.hyporealestate.com/fileadmin/user_uploads/HRE/ 00_Home/1405depfa_stoptender_final.pdf (07. 06. 2014). 131 Staatsanwaltschaft München, Pressemitteilungen 2008, „17. Dezember 2008 – Pressemitteilung 06/08 Presseerklärung zum Ermittlungskomplex Hypo Real Estate Holding AG“, aufrufbar unter: http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2008/01807/ (07. 06. 2014). 132 Staatsanwaltschaft München I, Pressemitteilungen 2014, „29. 09. 2014 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I vom 29. 09. 2014 – Anklageerhebung in Sachen HRE“, abrufbar unter: https://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2014/04510/ (12. 09. 2015).

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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pulation angeklagt133. Die Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und weiterer Vorwürfe der unrichtigen Darstellung sind eingestellt worden134. h) Andere Kreditinstitute Neben den Bankinstituten, deren Situation in, während und nach der Finanzkrise nun schon näher beschrieben wurde135, haben auch andere Bankinstitute unter der Finanzkrise finanzielle Einbußen erlitten. Die Commerzbank AG hatte am 15. 11. 2005 den Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo vollständig übernommen136. Durch den Beginn der Krise erlitt die Commerzbank AG daraufhin Verluste in Milliardenhöhe137. Außerdem hatte die Commerzbank AG am 31. 08. 2008 beschlossen, die Dresdner Bank zu übernehmen, welche viele Risiken in ihren Bilanzen hatte. Nach der Pleite von Lehman Brothers (einige Wochen später) geriet die Commerzbank AG unter Druck und dies führte letztlich dazu, dass der Bund 25 v.H. plus eine Aktie der Commerzbank AG erwarb138. Im Jahr 2014 befand sich die Commerzbank AG wieder in einem Aufwärtstrend und hatte positive Zahlen zu verkünden139. Die Deutsche Bank AG war von dem Ausbruch der Finanzkrise zwar auch betroffen, aber sie war nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen. Sie hatte im Jahr 2007 MortgageIT Inc. übernommen. MortgageIT Inc. war zu dieser Zeit eine der wichtigsten Firmen auf dem US-Hypothekenmarkt. Die US-amerikanische Staatsanwaltschaft (United States Attorney for the Southern District of New York) hatte im Mai 2011 offiziell Ermittlungen gegen die Deutsche Bank AG und MortgageIT Inc. 133

Staatsanwaltschaft München I, Pressemitteilungen 2014, „29. 09. 2014 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I vom 29. 09. 2014 – Anklageerhebung in Sachen HRE“, abrufbar unter: https://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2014/04510/ (12. 09. 2015). 134 Staatsanwaltschaft München I, Pressemitteilungen 2014, „29. 09. 2014 – Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft München I vom 29. 09. 2014 – Anklageerhebung in Sachen HRE“, abrufbar unter: https://www.justiz.bayern.de/sta/sta/m1/presse/archiv/2014/04510/ (12. 09. 2015). 135 2. Teil, A. I. 2. 136 Süddeutsche Zeitung vom 19. 06. 2013, „Wie die Commerzbank in die Krise schlitterte“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/chronik-eines-abstiegs-wie-die-commerzbank-indie-krise-schlitterte-1.1701007 (12. 09. 2015). 137 Süddeutsche Zeitung vom 19. 06. 2013, „Wie die Commerzbank in die Krise schlitterte“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/chronik-eines-abstiegs-wie-die-commerzbank-indie-krise-schlitterte-1.1701007 (12. 09. 2015). 138 SpiegelOnline vom 24. 11. 2011, „Commerzbank in der Krise: Der MöchtegernChampion geht zu Boden“, unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/commerz bank-in-der-krise-der-moechtegern-champion-geht-zu-boden-a-799575.html (08. 06. 2014). 139 Commerzbank AG, Pressemitteilung vom 07. 05. 2014, „Commerzbank: Operatives Ergebnis im ersten Quartal 2014 bei 324 Mio. Euro“, aufrufbar unter: https://www.commerz bank.de/de/hauptnavigation/presse/pressemitteilungen/archiv1/2014_1/2_quartal/presse_ar chiv_detail_14_02_42378.html (08. 06. 2014).

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

eingeleitet, in denen dem Vorwurf nachgegangen wurde, ob Behörden getäuscht worden sind, um Staatsgarantien für vergebene Kredite zu erhalten140. Im Jahr 2012 konnte dieses Verfahren durch Anerkennung des vorgeworfenen Fehlverhaltens und eine Zahlung von 202 Millionen US-Dollar beigelegt werden141. Letztlich ist noch auf die Situation der Sparkassen und Volksbanken hinzuweisen. Aufgrund ihrer (im Vergleich zu den Privatbanken) anderen Geschäftsstruktur handelten diese nicht mit so risikoreichen Wertpapieren142. Allerdings könnten gerade diese Kreditinstitute auch bald in eine Krise geraten, die mit der Finanzkrise unmittelbar in Verbindung steht. Schärfere Regulierungen und niedrige Zinsen auf Rekordniveau könnten nämlich für Sparkassen und Volksbanken bedeuten, dass sich ihr Gewinn stark reduziert143. 3. Zwischenergebnis Auffällig bei der Darstellung der oben benannten Kreditinstitute und der jeweiligen strafrechtlich relevanten Fälle ist, dass die Untreue nach § 266 StGB in den meisten Fällen eine Rolle spielte oder spielt (IKB, SachsenLB, LBBW, BayernLB, WestLB, HSH-Nordbank und HRE). Die Bedeutung von § 266 StGB für die Krise ist damit offenkundig und eine genauere Untersuchung von § 266 StGB hat zu erfolgen. Dies bestätigt die zuvor definierte Vorgehensweise144 für den Fortgang der Untersuchung und die bereits bei Naucke vorgefundene Bedeutung von § 266 StGB für den Bereich des Wirtschaftsstrafrechts145.

140 United States Attorney for the Southern District of New York, U.S. v. Deutsche Bank and MortgageIT, 09. 05. 2011, aufrufbar unter: http://www.scribd.com/doc/54521806/U-S-v-Deut sche-Bank-and-MortgageIT (11. 06. 2014). 141 The New York Times vom 10. 05. 2012, „Bank to Pay $202 Million To Settle Suit On Mortgages“, unter: http://www.nytimes.com/2012/05/11/business/deutsche-bank-settles-mortga ge-suit.html (16. 09. 2015); Forbes vom 10. 05. 2012, „Deutsche Bank And MORTGAGEIT Settle Federal Fraud Charges For $202 Million“, unter: http://www.forbes.com/sites/billsinger/2 012/05/10/deutsche-bank-and-mortgageit-settle-federal-fraud-charges-for-202-million/ (16. 09. 2015). 142 Handelsblatt vom 03. 01. 2014, „Die Krise der Musterschüler“, unter: http://www.han delsblatt.com/unternehmen/banken/regionalbanken-die-krise-der-musterschueler/9281686.html (11. 06. 2014). 143 Handelsblatt vom 03. 01. 2014, „Die Krise der Musterschüler“, unter: http://www.han delsblatt.com/unternehmen/banken/regionalbanken-die-krise-der-musterschueler/9281686.html (11. 06. 2014). 144 1. Teil, B. I. 3. 145 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 47 ff.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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II. Die „Allzweckwaffe“ § 266 StGB Konnte das Strafrecht nicht präventiv wirken? Konnten sich deutsche Banker ohne jeden Gedanken an Recht und Unrecht zu verlieren, frei bewegen, weil das Strafrecht zu ineffektiv im Hinblick auf komplexe Wirtschaftsfragen ist? 1. Die Problematik des § 266 StGB Wie bereits dargelegt, spielt § 266 StGB eine zentrale Rolle, wenn es um die strafrechtliche Bewertung von Sachverhalten aus der Krise geht146. Diese Norm scheint also auch dazu geeignet zu sein, solche Sachverhalte zu erfassen147. Vor dem Hintergrund, dass der vorliegenden Untersuchung jedoch die Hypothese zugrunde liegt, dass die Bestimmtheit von Strafnormen entscheidend für die generalpräventive Wirkung ist, eröffnen sich mit § 266 StGB auch einige Problemfelder, die an dieser Stelle dargelegt werden sollen. Der folgende Wortlaut von § 266 StGB stammt noch aus der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland148: (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Hieraus ergeben sich folgende objektive Tatbestandsvoraussetzungen: Vermögensbetreuungspflicht, Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht (pflichtwidriges Verhalten) und ein Vermögensnachteil. Diese sollen im Folgenden näher erörtert werden. a) Vermögensbetreuungspflicht und pflichtwidriges Verhalten Der objektive Tatbestand setzt zunächst eine Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht durch pflichtwidriges Verhalten voraus. Schon mit dem Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht erklärt sich, warum die Untreue zu den Vermögensdelikten gezählt wird149. Die Vermögensbetreuungspflicht ist die 146

Vgl. 1. Teil, B. I. 3. und 2. Teil, A. I. 2. Hierzu näher unter: 3. Teil, A. I. bis III. 148 RGBl. 1933 Teil 1, 295, 297. 149 Joecks, Studienkommentar StGB, § 266, Rn. 2; Dierlamm, in: Joecks/Miebach, MKStGB, Bd. 5, § 266, Rn. 1; Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 2; Heger, in: Lackner/ Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 1; BVerfGE 126, 170, 200 ff. = NJW 2010, 3209, 3212, Rn. 86 ff.; BGHSt 43, 293, 297 = NStZ 1998, 514, 515. 147

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Geschäftsbesorgung für einen anderen in nicht ganz unbedeutenden Angelegenheiten und einem Aufgabenkreis von gewissem Gewicht und einem Grad an Selbstständigkeit150. Eine solche Pflicht kann sich aus Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft mit dem Vermögensinhaber ergeben151. Schon hieran kann man erkennen, dass eine solche Vermögensbetreuungspflicht so definiert ist, dass sie in den verschiedensten Lebensbereichen entstehen kann152 und sich daher ein weiter Anwendungsbereich ergibt. Die rechtgeschäftliche Begründung und Ausgestaltung einer Vermögensbetreuungspflicht gem. §§ 145 ff. BGB unterliegt dem Grundsatz der Privatautonomie153 und kann damit inhaltlich sehr breit ausgestaltet sein. Rechtsgeschäftliche Abreden können vage sein und die Pflichten nicht genau umschreiben. Dies ist vor allem problematisch, wenn es sich um eine mündliche Begründung einer Vermögensbetreuungspflicht handelt und sich diese nicht aus einem Arbeitsverhältnis o.Ä. ergibt. Einschränkungen bzgl. des jeweiligen Lebenssachverhalts ergeben sich lediglich bei Rechtsgeschäften, die nichtig sind gem. § 134 BGB, § 138 BGB oder § 242 BGB. Die Fälle des behördlichen Auftrags können ebenfalls viele verschiedene Lebensbereiche erfassen154. Letztlich kommt es für die Vermögensbetreuungspflicht aber auch hier auf den genauen Wortlaut des behördlichen Auftrags an. Auch gesetzlich kann eine Vermögensbetreuungspflicht begründet und bestimmt werden. Zumeist wird die Pflicht an sich schon mit einer vertraglichen Einigung begründet und die Pflicht unterliegt wiederum einer gesetzliche Ausgestaltung (vgl. für manche Situationen beispielsweise Arbeitsverhältnisse). Von besonderer Relevanz für die inhaltliche Ausgestaltung einer Vermögensbetreuungspflicht sind vor allem folgende Normen: § 93 Abs. 1 S. 1 AktG155 : (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.

150 Joecks, Studienkommentar StGB, § 266, Rn. 34; vgl. auch Dierlamm, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 5, § 266, Rn. 52 ff.; m.w.N. Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 21 ff. und Heger, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 4; Adick, Organuntreue (§ 266 StGB) und Business Judgment, S. 10. 151 Siehe hierzu auch – neben dem Wortlaut der Norm – Kasiske, Strafrecht II: Wirtschaftsstrafrecht, S. 51, Rn. 138. 152 So auch Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 640; vgl. auch Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 161; siehe außerdem Seier, in: Kohlmann/Nestler/Seier/Walter/Walther/Weigend, Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, S. 106. 153 Zur Privatautonomie: Busche, in: Säcker/Rixecker, MK-BGB, Bd. 1, Vor § 145, Rn. 2 f.; Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Überbl. v. § 104, Rn. 1. 154 Siehe zum behördlichen Auftrag schon RGSt 69, 333, 336. 155 Siehe zu Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen in diesem Zusammenhang: Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 908 ff.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Für den Fall Mannesmann von Bedeutung und beispielhaft anzuführen ist hier auch § 87 Abs. 1 AktG a.F.156: (1) Der Aufsichtsrat hat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) dafür zu sorgen, daß die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen. Dies gilt sinngemäß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art.

Als Parallele zu § 93 Abs. 1 AktG kann auch noch § 43 Abs. 1 GmbHG angeführt werden: (1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

Verletzt werden kann eine Vermögensbetreuungsflicht durch einen Missbrauch, indem die „[…] eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen […] mißbraucht“ wird (1. Tatbestandsalternative) oder durch einen Treuebruch, indem „[…] die ihm […] [aus] eine[m] Treueverhältnis […] obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt […]“ wird (2. Tatbestandsalternative). Bei der Missbrauchsalternative muss ein rechtsgeschäftliches Handeln vorliegen157. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn der Vermögensbetreuende im Rahmen des rechtlichen Könnens den Rahmen des rechtlichen Dürfens überschreitet158. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Gesellschafter zwar nach Außen berechtigt ist, ein bestimmtes Geschäft für die jeweilige Gesellschaft zu tätigen, aber im Innenverhältnis zur Gesellschaft eine Beschränkung seiner Vertretungsmacht vorliegt. Die Treuebruchalternative ist hingegen weiter gefasst. Hier kann jedes Verhalten, das die Vermögensbetreuungspflicht verletzt, als ein Treuebruch und damit als ein pflichtwidriges Verhalten gewertet werden159. Da hier jegliches Verhalten erfasst werden kann, wird z. T. vertreten, dass hierin ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 Abs. 2 GG läge160. Auch von einer „Ruine des Rechtsstaats“161 ist die Rede und eine Reformbedürftigkeit wird betont162.

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BGHSt 50, 331, 337 ff. = NZG 2006, 141, 143 ff.; vgl. zur Problematik des § 87 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. auch Lüderssen, in: FS Schroeder, 569, 572 ff. 157 Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 24 ff.; Heger, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 6. 158 Kasiske, Strafrecht II: Wirtschaftsstrafrecht, S. 50, Rn. 136. 159 Kohlmann, JA 1980, 228, 233; Labsch, Untreue (§ 266 StGB), S. 319. 160 Überblick bei Schünemann, in: Jähnke/Laufhütte/Odersky, LK-StGB, Bd. 7, § 266 ff., Rn. 31; Lesch, DRiZ 2004, 135; Labsch, Untreue (§ 266 StGB), S. 196; skeptisch zum Treuebruch auch: Arzt, in: FS Bruns, 365, 367; Weber, in: FS Dreher, 555, 564 und S. 571; Reformbedarf sieht Albrecht, in: FS Hamm, 1, 7. 161 Albrecht, in: FS Hamm, 1, 7. 162 Albrecht, in: FS Hamm, 1, 7 und 10.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Aber nicht nur bei der Treuebruchalternative kann man verfassungsrechtliche Bedenken vorbringen. Man könnte im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 266 StGB und der Missbrauchsalternative (sowie der Treuebruchalternative) der Frage nachgehen, ob es sich bei § 266 StGB um ein Blankett handelt. Ein Blankettstrafgesetz liegt vor, wenn eine strafrechtliche Norm Bezug zu anderen (außerstrafrechtlichen) Normen nimmt und diese so zu Tatbestandsmerkmalen werden163. Hierbei ist insbesondere noch einmal auf die oben dargestellten Normen zu verweisen: § 87 Abs. 1 AktG a.F., § 93 Abs. 1 AktG und § 43 Abs. 1 GmbHG. Diese blankettausfüllenden Normen sind dann von Art. 103 Abs. 2 GG erfasst164, aber außerstrafrechtliche Normen, die durch normative Tatbestandsmerkmale in Bezug genommen werden, nicht165. „[…] Wenn eine Verurteilung, wie hier, auf einem Blankettstrafgesetz in Verbindung mit einer zu dessen Ausfüllung herangezogenen Vorschrift beruht, muß die Frage, ob das der Bestrafung zugrunde gelegte Gesetz genügend bestimmt im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sei, für die Blankettnorm und die ihrer Ausfüllung dienende Vorschrift gestellt werden. […]“166.

Dieses Ergebnis lässt sich damit begründen, dass der Gesetzgeber bei Blankettstrafgesetzen seiner Aufgabe nicht nachgekommen ist, den jeweiligen strafrechtlichen Tatbestand vollständig zu umschreiben167. Die Anforderungen der Bestimmtheit auf die blankettausfüllenden Normen auszudehnen, ist insofern nur konsequent. Dies würde auch im Rahmen des Untreuetatbestandes gelten, wenn man bei § 266 StGB von einem Blankett ausginge. Alle Normen, die geeignet sind eine Vermögensbetreuungspflicht und ein pflichtgemäßes Verhalten zu umschreiben, würden zugleich dem Maßstab des Art. 103 Abs. 2 GG unterliegen. Oft wird gerade wegen der Weite des Merkmals der Pflichtwidrigkeit genau dies vertreten168. „[D]ie Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG würde dann beispielsweise dem Prüfungsmaßstab von Art. 103 Abs. 2 GG unterliegen. Trotz der zahlreichen Bewertungen und Interpretationen dieser Norm im Schrifttum und der Rechtsprechung169 bliebe hier ein gewisses Maß an Unbe163

Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 82 ff. Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 128 f. und S. 208; vgl. auch: BVerfGE 23, 265, 270 = NJW 1968, 1515, 1516. 165 Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 128; Roxin, Strafrecht AT, § 5, Rn. 40. 166 BVerfGE 23, 265, 270 = NJW 1968, 1515, 1516. 167 Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 129. 168 Sax, JZ 1977, 663, 664; Deiters, ZIS 2006, 152, 159; vgl. auch Lüderssen, in: FS Schroeder, 569; vgl. außerdem die Ausführungen von Kasiske, Strafrecht II: Wirtschaftsstrafrecht, S. 49, Rn. 133; Seier, in: Kohlmann/Nestler/Seier/Walter/Walther/Weigend, Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, S. 110: „Die Treuepflichtverletzung ist dabei nichts anderes als ein Blankett“. 169 Hier sei nur (da im Kontext der Krise relevant) stellv. auf folgende zwei Autoren verwiesen: Schröder, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 65 f.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 84 ff., insbesondere S. 121 ff. 164

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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stimmtheit, das wiederum § 266 StGB im Ganzen betreffen würde. Auch für die „Angemessenheit“ des § 87 Abs. 1 AktG bliebe ein hoher Grad an Unbestimmtheit, sodass teilweise Parallelen zu einem abstrakten Gefährdungsdelikt gezogen werden170. Es spricht jedoch mehr dafür, die Pflichtwidrigkeit als ein normatives Tatbestandsmerkmal der Untreue zu betrachten171. Es wird zwar bei der Prüfung einer Strafbarkeit nach § 266 StGB die Vermögensbetreuungspflicht und das pflichtwidrige Verhalten dem Grunde nach außerstrafrechtlich festgestellt, aber eine eigene strafrechtliche Bewertung dieser Aspekte wird dennoch vorgenommen172. Um allerdings diese Problematik des objektiven Tatbestandes der Untreue deutlich zu kennzeichnen, kann diese als „Blankettartigkeit“173 umschrieben werden. Diese bisher vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandes haben dazu geführt, dass die Vermögensbetreuungspflicht eingeschränkt worden ist. Sie muss das kennzeichnende Merkmal sein und eben nicht nur eine Nebenpflicht174. Das Ziel war also eine Tatbestandsverengung175. Das Problem der „Blankettartigkeit“176 und auch die Weite der Treuebruchalternative sind hiermit zwar noch nicht gelöst, aber diese Einschränkung ist schon als ein wichtiger Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit zu werten. b) Vermögensnachteil Der Vermögensschadensbegriff des § 263 StGB ist identisch mit dem Vermögensnachteilsbegriff des § 266 StGB177. Damit ist grundsätzlich über das Prinzip der Gesamtsaldierung der Wert des Vermögens vor und nach der pflichtwidrigen Handlung miteinander zu vergleichen, um einen Nachteil beziffern zu können178. Aus dieser Identität des Vermögensschadensbegriffs und des Vermögensnachteilsbegriffs folgen jedoch auch einige Probleme. Problematisch ist vor allem, wenn die für den Vermögensschaden des § 263 StGB entwickelten Fallgruppen auf § 266 StGB 170

Lüderssen, in: FS Schroeder, 569, 573. So auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 905; und Kubiciel, NStZ 2005, 353, 360. 172 So heißt es, dass eine Verarbeitung unter „[…] strafrechtsdogmatische[n] Besonderheiten […]“ stattfinde: Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 905. 173 Dierlamm, StraFo 2005, 397, 401; auch wenn wohl Dierlamm mittlerweile auf diesen Ausdruck verzichtet, denn er findet sich nicht mehr in seiner Kommentierung von § 266 StGB im Münchener Kommentar wieder; Lüderssen, in: FS Schroeder, 569. 174 Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 642; Fabricius, NStZ 1993, 414, 415. 175 Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 642. 176 Siehe 2. Teil Fn. 173. 177 Joecks, Studienkommentar StGB, § 266, Rn. 39; Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 110; Heger, in: Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 17; Dierlamm, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 5, § 266, Rn. 201. 178 Vgl. beispielhaft: BGHSt 15, 342, 343 f. = NJW 1961, 685; BGHSt 47, 295, 301 f. = NJW 2002, 2801; BGH, Urteil vom 07. 09. 2011, Az.: 2 StR 600/10 = NJW 2011, 3528, 3529 = NStZ 2012, 151, 152. 171

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

übertragen werden sollen. Schon bei der Übertragung der Fallgruppe der schadensgleichen Vermögensgefährdung (oder auch: nachteilsgleichen Vermögensgefährdung) wird dies deutlich. Es kann ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB vorliegen, wenn eine schadensgleiche Vermögensgefährdung gegeben ist179. Dies ist wiederum der Fall, wenn sich aus einer wirtschaftlichen Betrachtung ergibt, dass durch die Gefährdung bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage eingetreten ist180. Teilweise wird vertreten, dass es sich aufgrund dieser Vorverlagerung des Anwendungsbereichs der Untreue um eine Extension des Tatbestands handele181. Begründet wird dies damit, dass der Versuch der Untreue nicht strafbar sei und es wird befürchtet, dass vorschnell eine schadensgleiche Vermögensgefährdung behauptet werde, die dann die fehlende Versuchsstrafbarkeit der Untreue unterlaufen würde182. Bei der schadensgleichen Vermögensgefährdung im Rahmen des Betrugs wird der Vollendungszeitpunkt in den Bereich des Versuchs vorverlagert. Der Versuch der Untreue ist jedoch straflos, womit eine Vorverlagerung in den straflosen Bereich noch bedenklicher sei als die Vorverlagerung im Rahmen des Betrugs in den Bereich des strafbaren Versuchs183. Diese „Versuchspönalisierung“184 soll dem Willen des Gesetzgebers widersprechen185. Dieser gesetzgeberische Wille wird allerdings von den Kritikern nicht näher belegt. Der Wille des Gesetzgebers lässt sich nur daraus erkennen, dass man davon ausgehen kann, dass der Versuch der Untreue wohl bewusst nicht in den Tatbestand mit aufgenommen worden ist. Allerdings sagt dies noch nichts per se über die Weite des möglichen Anwendungsbereichs der Untreue aus. Daneben wird als weiteres Argument gegen eine solche Vorverlagerung strafbaren Verhaltens dargelegt, dass die Untreue durch die Anwendung der nachteilsgleichen Vermögensgefährdung den Charakter eines abstrakten Gefährdungsdeliktes bekomme186. Viele Sachverhalte würden dem Unmittelbarkeitsprinzip nicht entsprechen187, denn häufig sei der Nachteilseintritt dadurch bedingt, dass noch Dritte eigenverantwortlich handeln188. 179

Vgl. hierzu die näheren Ausführungen unter: 3. Teil, A. II. 3. BGHSt 48, 354, 357 = NJW 2003, 3717 = NStZ 2004, 95; BGHSt 52, 182 188 = NJW 2008, 1827, 1829; vgl. auch m.w.N.: 3. Teil, A. II. 3. a). 181 Dierlamm, NStZ 1997, 534. 182 Saliger, HRRS 2006, 10, 12; Matt, NJW 2005, 389, 391; Mosenheuer, NStZ 2004, 179, 180; Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 565 ff. 183 Saliger, HRRS 2006, 10, 12; Dierlamm, NStZ 1997, 534: „[D]er Anwendungsbereich der Untreue [wird] weit vorverlagert“. 184 Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 565. 185 Saliger, HRRS 2006, 10, 12. 186 Den Meinungsstand darstellend: Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 659; Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 566: „[…] Qualifizierung von abstrakten Gefährdungslagen als konkrete schadensgleiche Vermögensgefährdung“; besonders im Hinblick auf Kreditgeschäfte: Aldenhoff/Kuhn, ZIP 2004, 103, 106 f. 187 Saliger, HRRS 2006, 10, 13. 180

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Letztlich lassen sich somit Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit von § 266 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG feststellen189. c) Subjektiver Tatbestand Im subjektiven Tatbestand setzt die Untreue lediglich dolus eventualis voraus190. Das bedeutet, dass es ausreicht, wenn ein Täter die pflichtwidrige Handlung und den daraus resultierenden Vermögensnachteils191 billigend in Kauf nimmt192. Diese Vorsatzform ist aber im Hinblick auf die Weite des objektiven Tatbestands kritikwürdig. Da hier noch nicht vorweggegriffen werden soll, verbleibt es zunächst bei diesem Hinweis. Nähere Ausführungen zum subjektiven Tatbestand folgen im Zusammenhang mit den Restriktionsansätzen193. d) Verschleifung der Tatbestandsmerkmale Das sog. „Verschleifen“194 der Tatbestandsmerkmale der Untreue stellt ein Strukturproblem des Tatbestands dar, welches sich wiederum auf dessen Unbestimmtheit zurückführen lässt195. Es handelt sich hierbei um die Situation, in der vom Taterfolg auf die Tathandlung rückgeschlossen wird oder umgekehrt196. Es entsteht dabei ein großer Prüfungspunkt einer Untreue im Rahmen des objektiven Tatbestandes, der nur ein „großes (+) oder (-)“197 als Bewertung erfordert. Dies ist häufig im Rahmen sog. Risikogeschäfte198 der Fall, denn hier liegt der Rückschluss von einem Schadensrisiko auf eine Pflichtverletzung nahe199.

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Saliger, HRRS 2006, 10, 13. Zu den Restriktionsansätzen und der Rechtsprechung des BVerfG näher unter: 2. Teil, A. II. 2. und vgl. auch 3. Teil, A. II. 3. 190 Zwar ergibt sich dies schon aus dem Wortlaut, aber stellv. für viele und zur Klarstellung: BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236. 191 Dass zwischen „dem Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit einerseits und hinsichtlich der Nachteilszufügung andererseits zu differenzieren“ ist, noch einmal klarstellend: BGH, Urteil vom 28. 05. 2013, Az.: 5 StR 551/11 = NStZ 2013, 715. 192 Zur Definition des dolus eventualis hier stellv. für viele: Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 7, Rn. 214 ff. 193 Vgl. insbesondere 2. Teil, A. II. 2. a) und b). 194 BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 113; Kasiske, Strafrecht II: Wirtschaftsstrafrecht, S. 59, Rn. 157; Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 610; Saliger, HRRS 2006, 10, 14; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 638; Rose, wistra 2005, 281, 285; Matt, NJW 2005, 389, 390; Albrecht, in: FS Hamm, 1, 3. 195 Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 610 f. 196 Vgl. auch die Nachweise in 2. Teil Fn. 194. 197 Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 638. 198 Hierzu näher unter: 2. Teil, A. II. 1. e). 199 Vgl. hierzu Saliger, HRRS 2006, 10, 14; Rose, wistra 2005, 281, 285. 189

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

e) Zu den Risikogeschäften und Fällen der Wirtschafts- und Finanzkrise Von besonderer Bedeutung ist die Fallgruppe der sog. Risikogeschäfte, denn diese weisen einen Bezug zur Krise auf. Ein Risikogeschäft ist eine „geschäftliche Disposition, die eine Fehlentscheidung sein kann“200. Hierunter fallen vor allem Vorleistungsgeschäfte (wie die Kreditvergabe im Vorfeld der Krise), Spekulationsgeschäfte (wie etwa der Wertpapierhandel im Vorfeld der Krise), Sanktionsfälle und Investitionsfälle201. In Anbetracht der weiten Definition ist diese Aufzählung nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft. Im Rahmen der strafrechtlichen Beurteilung von Risikogeschäften ist für die Tathandlung der Untreue entscheidend, ob ein vertretbares Risiko überschritten wurde oder nicht202. Zu beachten ist jedoch, dass die jeweiligen einzelfallspezifischen Ausführungen zum vertretbaren Risiko nicht dazu führen dürfen, dass Tathandlung und Vermögensnachteil miteinander verschleifen203. Das BVerfG hat 2010 angemerkt, dass auch die Ausführungen des BGH zur nachteilsgleichen Vermögensgefährdung bei Risikogeschäften eine Verschleifung der Tatbestandsmerkmale darstellten204 und dass der Vermögensnachteil weitgehend normativ bestimmt wurde205. Der BGH urteilte in der Vergangenheit zur Grenze des strafbaren Risikos: „Ein Vermögensschaden ist dann anzunehmen, wenn der Täter nur nach Art eines Spielers bewußt und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine aufs äußerste gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erlangen […]. Eine eindeutige, allgemeine, für jeden Einzelfall gültige Bewertungsregel wird sich kaum festlegen lassen […]. Im Zweifel wird es darauf ankommen, ob bei wirtschaftlich vernünftiger, alle bekannten äußeren Umstände berücksichtigender Gesamtbetrachtung die Gefahr eines Verlustgeschäftes wahrscheinlicher ist als die Aussicht auf Gewinnzuwachs“206.

Obsolet ist diese Rechtsprechung des BGH allerdings nicht. Aus diesem Zitat lässt sich für die Grenze zwischen straflosen und strafbaren Verhaltens noch Folgendes für die Tathandlung entnehmen: Die Regeln kaufmännischer Sorgfalt sind zu beachten. Eine allgemein gültige Regel lässt sich nicht festlegen, sodass eine einzelfallspezifische Bewertung aller Umstände immer erforderlich sein wird. Diese wird wohl im Rahmen einer Gesamtbetrachtung stattfinden müssen, bei der auch die Gefahren des 200

Hillenkamp, NStZ 1981, 161, 165; und so auch der BGH: BGH, Urteil vom 04. 02. 2004, Az.: 2 StR 355/03 = StV 2004, 424 und ebenfalls zustimmend: Hellmann, ZIS 2007, 433. 201 Diese Aufzählung ist entnommen von Hellmann, ZIS 2007, 433 f. 202 Holtz, MDR 1982, 623, 624, vgl. BGH, Urteil vom 12. 06. 1990, Az.: 5 StR 268/89 = NJW 1990, 3219 = NStZ 1990, 437; Rose, wistra 2005, 281; Hillenkamp, NStZ 1981, 161, 165 f.; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 646 f. 203 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 2. Teil, A. II. 1. d). 204 Vgl. BVerfGE 126, 170, 227 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 148. 205 BVerfGE 126, 170, 228 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 149. 206 BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Geschäfts und mögliche Gewinnchancen zu beachten sind. Diese Kriterien sind auch in der Rechtsprechung so weiterhin anerkannt und werden regelmäßig herangezogen207. Der 1. Strafsenat des BGH führte im Jahre 2000 konkretisierend aus: „Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen worden ist, können sich nach der Erfahrung des Senats insbesondere daraus ergeben, dass – die Informationspflichten vernachlässigt wurden; – die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen; – im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen gemacht werden; – die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden; – die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden; – die Entscheidungsträger eigennützig handelten“208.

Damit jedoch keine Verschleifung der Tatbestandsmerkmale eintritt und das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils nicht ausschließlich normativ bestimmt wird, ist der Vermögensnachteil stets zu quantifizieren209. Die Feststellung eines Vermögensnachteils ergibt sich mithin nicht schon aus der Prüfung der o.g. Kriterien im Rahmen des pflichtwidrigen Handelns. 2. Restriktionsansätze Im Laufe der letzten Jahrzehnte gab es einige Ansätze zur Restriktion von § 266 StGB. So besteht beispielsweise Einigkeit darin, dass nicht jede Pflicht eine Vermögensbetreuungspflicht darstellen kann, sondern es sich um eine Hauptpflicht handeln muss210. Daneben sollen im Folgenden noch weitere Ansätze zur Restriktion des Tatbestandes von § 266 StGB dargestellt werden.

207 BGH, Urteil vom 6. 2. 1979, Az.: 1 StR 685/78 = NJW 1979, 1512 (wurden Sicherheiten bei Kreditvergabe verlangt? Um welche Sicherheiten handelt es sich? Wie steht es um die Bonität das Kreditnehmers?); BGH, Urteil vom 06. 12. 1983, Az.: VI ZR 117/82 = NJW 1984, 800, 801 (liegt ein Spekulationsrisiko vor, dass das „normale Risiko“ übersteigt?); vgl. zur Absicherung auch: BGH, Beschluss vom 30. 09. 2010, Az.: 5 StR 259/10 = NStZ 2011, 160, 161; BGH, Urteil vom 05. 07. 1984, Az.: 4 StR 255/84 = NJW 1984, 2539, 2540 zur Strafbarkeit wegen eigenmächtiger Gewährung von ungenügend gesicherten Krediten. 208 BGHSt 46, 30, 34 = NJW 2000, 2364, 2365. 209 Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 3. 210 Vgl. Fabricius, NStZ 1993, 414, 415.

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a) Strengere Prüfung des subjektiven Tatbestandes Ein Ansatz zur Restriktion betrifft den subjektiven Tatbestand. Der BGH hat betont, dass eine besonders strenge Prüfung des subjektiven Tatbestandes erfolgen müsse211. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Untreue nur bedingten Vorsatz voraussetze und objektiv ein weiter Anwendungsbereich bestehe212. Dieser Ansatz erfährt auch z. T. Zustimmung im Schrifttum213. Eine strenge Prüfung sei schon allein deshalb erforderlich, weil Sorgfaltspflichten typischerweise fahrlässig verletzt würden214. Die Rechtsprechung lasse dies zumeist außer Acht, wenn sie über eine bloße Kenntnis der Umstände eine reine Vorhersehbarkeit für den Eventualvorsatz ausreichen lasse215. Es wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass es nicht sachgerecht sei, den Vorsatz bei § 266 StGB sorgfältiger zu prüfen als bei anderen Tatbeständen216. Hinzu kommt, dass in der Praxis diese sorgfältige Prüfung mehr eine „inhaltsleeren Phrase“217 darstellen könnte, was wiederum nicht zu einer Restriktion führen würde. Ausgehend davon, dass von Seiten der Staatsanwaltschaft, aber auch im Rahmen einer richterlichen Beweiswürdigung gem. § 261 StPO, nicht leichtfertig der Vorsatz angenommen wird, liegt die Annahme einer „inhaltsleeren Phrase“218 nahe. Vor allem spricht jedoch gegen diese Form der Restriktion, dass zunächst im objektiven Tatbestand ein Bezugspunkt für den Vorsatz definiert sein müsste, bevor lediglich auf den Vorsatz abgestellt wird219. Eine solche Restriktion im Bereich des Vorsatzes ist mithin allenfalls eine „Krücke der Einzelfallgerechtigkeit“220 und sowohl dogmatisch nicht haltbar als auch inhaltlich eine Leerformel221. b) Billigung der Realisierung einer Gefahr Im Fall des Ex-Innenministers und ehemaligen hessischen CDU-Generalsekretärs Kanther, ging es – neben unrichtigen Rechenschaftsberichten – um Parteiuntreue durch sog. schwarze Kassen222. Der ehemalige CDU-Finanzberater Weyrauch verbrachte mehr als 20 Mio. DM im Jahre 1983 in die Schweiz. Dies geschah auf Geheiß 211 BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236; BGHSt 46, 30, 34 = NJW 2000, 2364, 2365; und m. Anm. v. Dierlamm/Links, NStZ 2000, 655 ff. 212 Vgl. BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236. 213 Ignor/Sättele, in: FS Hamm, 211, 221 ff. 214 Ignor/Sättele, in: FS Hamm, 211, 222. 215 Ignor/Sättele, in: FS Hamm, 211, 222. 216 Dierlamm, NStZ 1997, 534, 535. 217 Dierlamm, NStZ 1997, 534, 535. 218 Dierlamm, NStZ 1997, 534, 535. 219 Kubiciel, NStZ 2005, 353, 356. 220 Hillenkamp, NStZ 1981, 161, 163. 221 Ablehnend daher auch: Dierlamm, NStZ 1997, 534, 535; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 356; Hillenkamp, NStZ 1981, 161, 163; Saliger, HRRS 2006, 10, 23. 222 BGHSt 51, 100 ff. = NJW 2007, 1760 ff.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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von Kanther und die Herkunft des Geldes blieb ungeklärt223. Sinn und Zweck war es, eine Offenlegung der verdeckten Vermögenswerte im Zuge der Parteigesetzänderung von 1984 zu vermeiden224. Über die ausländische Vermögensverwaltung ließen sich marktübliche Renditen erzielen und die Gelder sind sukzessive und verschleiert als Vermächtnisse der Hessen-CDU zugeführt worden225. Nachdem diese sog. „schwarzen Konten“ aufgedeckt worden sind, stellte der Präsident des Deutschen Bundestages fest, dass ein zu hoher staatlicher Förderbetrag an die Partei ausgezahlt worden ist. Die Rückforderungen dieses Betrages belasteten die Bundes-CDU und die Hessen-CDU stark226. Materiell-rechtlich von Bedeutung für den Tatbestand der Untreue war vor allem die Bewertung der Unterhaltung der schwarzen Kassen sowie die Einreichung unrichtiger Rechenschaftsberichte. Auf die Kritik hinsichtlich dieses Urteils im Ganzen227 soll hier nicht im Detail eingegangen werden. Vorliegend ist vielmehr die Restriktion des Untreuetatbestandes auf subjektiver Ebene durch den 2. Strafsenat von Bedeutung: „Nach Ansicht des Senats ist der Tatbestand der Untreue in Fällen der vorliegenden Art im subjektiven Bereich dahingehend zu begrenzen, dass der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens nicht nur Kenntnis des Täters von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts und das Inkaufnehmen dieser konkreten Gefahr voraussetzt, sondern darüber hinaus eine Billigung der Realisierung dieser Gefahr, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des ihm unerwünschten Erfolgs abfindet. Nur unter dieser Voraussetzung erscheint in enger als bisher begrenzten Fallgruppen die Annahme der Tatvollendung schon bei Eintritt einer konkreten Gefahr des Vermögensverlustes als rechtsstaatlich unbedenkliche Vorverlagerung der Strafbarkeit wegen Untreue“228.

Es findet also eine Restriktion der Untreue auf subjektiver Ebene statt. Der Ausweitung des objektiven Tatbestandes durch die Anerkennung der schadensgleichen Vermögensgefährdung soll auf subjektiver Ebene mit dem Erfordernis der „Billigung der Realisierung dieser Gefahr“229 begegnet werden230. Positiv ist herauszustellen, dass bereits hier die Problematik der Weite des Tatbestandes der Untreue erkannt und aufgegriffen worden ist231. Allerdings erweist sich diese Restriktion insgesamt als problematisch. Der 2. Strafsenat geht selbst auf die Problematik einer Inkongruenz zwischen dem objektiven und subjektiven Untreuetatbe223

BGHSt 51, 100, 101 = NJW 2007, 1760, Rn. 4. BGHSt 51, 100, 103 f. = NJW 2007, 1760, 1761, Rn. 8 bis 10. 225 BGHSt 51, 100, 103 = NJW 2007, 1760, 1761, Rn. 8. 226 BGHSt 51, 100 107 f. = NJW 2007, 1760, 1762, Rn. 22. 227 So sei hier z. B. auf Saliger, NStZ 2007, 545, 548 verwiesen, der schon die relativ knappe Feststellung der Vermögensbetreuungspflicht kritisiert. 228 BGHSt 51, 100, 121 f. = NJW 2007, 1760, 1766, Rn. 63. 229 BGHSt 51, 100, 121 = NJW 2007, 1760, 1766, Rn. 63. 230 Vgl. hierzu außerdem die Anmerkungen von Jahn zu einem Beschluss des OLG Hamburg vom 10. 06. 2009: Jahn, JuS 2009, 1144 ff. und ebenfalls zur Restriktion im subjektiven Tatbestand: Jahn, JuS 2014, 82 ff. 231 BGHSt 51, 100, 121 = NJW 2007, 1760, 1766, Rn. 63. 224

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stand ein232. Wenn man eine konkrete Vermögensgefährdung anerkenne, werde bei einer wirtschaftlichen Betrachtung die Vollendung in den Bereich des Versuchs vorverlagert233. Unter Verweis auf die grundsätzliche Natur der Versuchsstrafbarkeit234 und die erhöhten subjektiven Anforderungen von § 263 StGB235 wird auf die Notwendigkeit einer „Billigung der Realisierung dieser Gefahr“236 geschlossen, um eine bestehende Inkongruenz auszugleichen. Allerdings hat der 1. Strafsenat des BGH etwa eineinhalb Jahre später festgestellt: „[Bei] genaue[r] Betrachtung ergibt [es sich], dass sich die bei pflichtwidrigen Risikogeschäften so genannte konkrete Vermögensgefährdung in Wirklichkeit als ein bereits unmittelbar mit der Tathandlung eingetretener Vermögensnachteil darstellt“237.

Wenn jedoch ein solcher Vermögensnachteil bereits vorliegt238, so würde eine Erweiterung des subjektiven Tatbestandes ohne direktes Bezugsobjekt im objektiven Tatbestand zu einer Inkongruenz führen239. Unter Zugrundelegung dieser Definition einer nachteilsgleichen Vermögensgefährdung240 würde dieser Ansatz eine Inkongruenz sogar erst schaffen, anstatt diese aufzulösen. Schon aus diesem Grund ist dieser Restriktionsansatz abzulehnen241. c) Gravierende Pflichtverletzung Ein weiterer Restriktionsansatz soll den objektiven Tatbestand einschränken. Demnach soll die Untreue durch das Kriterium einer gravierenden Pflichtverletzung restriktiver ausgelegt werden können242. Dem 1. Strafsenat des BGH zufolge kann sich aus der Gesamtschau folgender Aspekte ein pflichtwidriges Verhalten als gravierend erweisen:

232

BGHSt 51, 100, 123 = NJW 2007, 1760, 1767, Rn. 66. BGHSt 51, 100, 123 = NJW 2007, 1760, 1767, Rn. 66. 234 Hier besteht ein Minus im objektiven Tatbestand, aber dafür hat der Täter schon die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes in seinen Täterwillen aufgenommen, wenn er unmittelbar zur Begehung der Tat ansetzt. 235 Nämlich der Bereicherungsabsicht. 236 BGHSt 51, 100, 121 = NJW 2007, 1760, 1766, Rn. 63. 237 BGH, Beschluss vom 20. 03. 2008, Az.: 1 StR 488/07 = NJW 2008, 2451, 2452, Rn. 19. 238 Vgl. hierzu die näheren Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 3. 239 Neben dem 1. Strafsenat des BGH wird dies auch in der Literatur kritisch gesehen. Hier nur beispielhaft: Saliger, NStZ 2007, 545, 550 f. und auch Jahn, JuS 2011, 1133, 1135. 240 Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 3. 241 Vgl. aber auch für weitere Kritik: Saliger, NStZ 2007, 545, 550: „[…] die strafrechtliche Zurechnung [wird] von Zufällen abhängig“. 242 BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 233

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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„[F]ehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive“243.

Allerdings schloss sich der 3. Strafsenat des BGH den Ausführungen des 1. Strafsenats zur gravierenden Pflichtverletzung nicht an. In seiner Entscheidung im Fall „Mannesmann“244 nahm der 3. Strafsenat zur gravierenden Pflichtverletzung Stellung. In diesem bedeutenden Fall zur Untreue kam es erstmals zur Überprüfung einer Präsidiumsentscheidung eines Wirtschaftsunternehmens durch Gerichte. Nach der Entscheidung zur Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone plc kam das Präsidium der Mannesmann AG zusammen und bewilligte die Zahlungen nachträglicher Anerkennungsprämien (insbesondere an den Vorstandsvorsitzenden der Mannesmann AG). Dieses Verhalten seitens des Präsidiums sah sich dem Vorwurf der Untreue ausgesetzt245. Der 3. Strafsenat des BGH hat in diesem Fall herausgestellt, dass es sich bei der gravierenden Pflichtverletzung nur um eine Beschreibung des weiten Ermessensund Beurteilungsspielraumes des Vermögensbetreuers bei risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen handele246. An dieser Stelle hat der 3. Strafsenat des BGH dann allerdings versucht, es so wirken zu lassen, als ergäbe sich hier kein Widerspruch zu dem bereits vorhandenen Urteil des 1. Strafsenates des BGH247. Grund hierfür war wohl, dass man die Einberufung des Großen Senats vermeiden wollte gem. § 132 Abs. 2 GVG. Aber nicht nur diese Unstimmigkeit innerhalb der Strafsenate des BGH hatte zunächst das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung fraglich erscheinen lassen. Auch Teile der Literatur kritisierten dieses Kriterium. Im Rahmen dieser Kritik wird beispielsweise die Unangemessenheit im Hinblick auf die Vermögenslage hervorgehoben. So könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass ein Täter immer nur dann bestraft werden könne, wenn eine Vermögensschädigung großen Ausmaßes vorliege248. Diese Sichtweise ist jedoch abzulehnen. Schließlich gibt es zur Berücksichtigung des Ausmaßes der Schädigung auch § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 1. Alt. StGB249 und ein geringfügiger Schaden ist noch kein Tatbestandsausschluss, wie sich aus dem Verweis des § 266 Abs. 2 StGB auf § 248a StGB ergibt250. 243

BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141; vgl. auch die Anmerkungen zu diesem Urteil von Jahn: Jahn, JuS 2006, 379 ff. 245 Vgl. für Angaben zum Sachverhalt: BGHSt 50, 331 ff. = NZG 2006, 141 f. 246 BGHSt 50, 331, 344 = NZG 2006, 141, 145, Rn. 35. 247 BGHSt 50, 331, 345 ff. = NZG 2006, 141, 145 f., Rn. 35 ff. 248 Schünemann, NStZ 2005, 473, 475; Brammsen, ZIP 2009, 1504, 1507; Deiters, ZIS 2006, 152, 157. 249 So auch Brammsen, ZIP 2009, 1504, 1507. 250 So auch Schünemann, NStZ 2005, 473, 475. 244

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Entscheidend sei jedoch, ob generalisierbare Kriterien vorliegen würden, die eine gravierende Pflichtverletzung begründen könnten251. Es wird darauf hingewiesen, dass die genannten Kriterien insgesamt eine gravierende Pflichtverletzung nur vage beschreiben würden252. Letztlich könnte man so zu dem Schluss gelangen, dass die genannten Kriterien nicht zur Restriktion dienen können, da diese damit nicht generalisierbar seien253. Allerdings ist auch diese Kritik an der gravierenden Pflichtverletzung zurückzuweisen. Der 1. Strafsenat des BGH nennt die jeweiligen Einzelkriterien im Zusammenhang einer Gesamtschau254. Dadurch wird deutlich, dass diese Kriterien dazu dienen, ein Gesamtbild zu fügen und nicht für sich selbst und absolut betrachtet werden sollen (was auch nicht zielführend wäre, denn jedes Kriterium für sich genommen ist zu unbestimmt). Innerhalb dieser Gesamtschau ergeben die Kriterien ein hinreichend konturiertes Bild eines pflichtwidrigen Handelns. Das exemplarische Herausnehmen und Kritisieren einzelner Kriterien kann also nicht zu einer fundierten Bewertung des Merkmals der gravierenden Pflichtverletzung als Restriktionsansatz führen. Auch der Einwand, dass der Gesetzeswortlaut dieses Kriterium nicht hergebe255 ist bereits vom BVerfG unter dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Restriktion zurückgewiesen worden256. Die Kritik ist mithin unzutreffend257. d) Die Mannesmann-Entscheidung Im Fall Mannesmann258 wird das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung negiert259. Eine Restriktion des Untreuetatbestandes wird dennoch vorgenommen. Der 3. Strafsenat führt aus: „Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, nicht überschritten sind“260.

251

Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357. Rönnau, NStZ 2006, 218, 220. 253 Vgl. Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357. 254 BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 255 Schünemann, NStZ 2005, 473, 475. 256 BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 112. 257 Kritisch vor allem: Beckemper, NStZ 2002, 324, 326; Sauer, wistra 2002, 465 ff.; Saliger, HRRS 2006, 10, 19 m.w.N.; eher positiv: Dierlamm, StraFo 2005, 397, 402 f.; die Bedeutung einer „gravierenden Pflichtverletzung“ relativierend: Lüderssen, in: FS Lampe, S. 727, 742; auch kritisch gegenüber dem BGH: Wollburg, ZIP 2004, 646, 656 ff. 258 Siehe auch die Ausführungen unter 2. Teil, A. II. 2. d). 259 BGHSt 50, 331, 343 f. = NZG 2006, 141, 145, Rn. 34 ff. 260 BGHSt 50, 331, 336 = NZG 2006, 141, 143, Rn. 15. 252

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Dies ist die Fortführung der Rechtsprechung von „ARAG/Garmenbeck“261. Betrachtet man jedoch die Ausführungen des BVerfG zur gravierenden Pflichtverletzung262, so wird man diese Entscheidung nun rückblickend so bewerten müssen, dass die „sorgfältige […] Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen“263 mit in die Gesamtschau einzubeziehen ist, um festzustellen, ob es sich um eine gravierende Pflichtverletzung handelt oder nicht. Dies mag zwar zur Zeit der Entscheidung (Ende 2005) nicht intendiert gewesen sein, aber die Erkenntnisse des 3. Strafsenats des BGH im Hinblick auf ein pflichtwidriges Verhalten dürfen nicht als obsolet betrachtet werden. Sie sind vielmehr als Bestandteil eines umfassenden Restriktionskonzepts im Rahmen des Präzisierungsgebotes264 weiterhin aktuell. e) Restriktion nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Das BVerfG hat bereits 2009 in einem Beschluss ausgeführt, dass die Anerkennung der schadensgleichen Vermögensgefährdung als Vermögensnachteil im Rahmen der Untreue durch eine eingrenzende Auslegung von Seiten der Gerichte nicht zu beanstanden sei265. Über diese bloße Feststellung ging das BVerfG im darauffolgenden Jahr aber noch weiter hinaus. Entgegen mancher Autoren, die die Bedeutung des Beschlusses des BVerfG vom 23. 06. 2010 nicht hervorheben266, wird hier – im Einklang mit den meisten Besprechungen dieses Beschlusses267 – vertreten, dass es sich um grundlegende Ausführungen zum Bestimmtheitsgrundsatz handelt268. Das BVerfG wendet sich gegen eine Verschleifung der Tatbestandsmerkmale und begründet ein Präzisierungsgebot für Gerichte:

261 BGHZ 135, 244 ff. = NJW 1997, 1926 ff.; so wohl auch: Rönnau, NStZ 2006, 214, 218 m. Anm. zu BGHSt 50, 331 ff. 262 Vgl. BVerfGE 126, 170, 211 ff. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 112 ff. [und zu den weiteren Ausführungen des BVerfG unter 2. Teil A. II. 2. e)]. 263 BGHSt 50, 331, 336 = NZG 2006, 141, 143, Rn. 15. 264 BVerfGE 126, 170, 198 = NJW 2010, 3209, 3211, Rn. 81. 265 BVerfGK 15, 193, 202 ff. = NJW 2009, 2370, 2372, Rn. 33 ff.; vgl. hierzu auch Jahn, JuS 2009, 859 ff. 266 Radtke, GmbHR 2010, 1121 ff., insbesondere S. 1125: „[…] bewegt sich das BVerfG an sich in den vertrauten Bahnen seiner bisherigen Rechtsprechung.“ 267 Becker, HRRS 2010, 383 ff.; Beukelmann, NJW-Spezial 2010, 568 f.; Saliger, NJW 2010, 3195 ff.; auch, wenn mit etwas Kritik: Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121 ff.; Böse, Jura 2011, 617 ff.; Krüger, NStZ 2011, 369 ff.; Kudlich, JA 2011, 66 ff.; Kuhlen, JR 2011, 246 ff., insbesondere S. 253; Safferling, NStZ 2011, 376 ff.; Schünemann, StraFo 2010, 477, 480 ff. 268 Vgl. hierzu auch die näheren Ausführungen zum Vermögensnachteil der Untreue nach den Vorgaben des BVerfG unter 3. Teil, A. II. 3.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen? „[…] [D]ie Rechtsprechung [ist] gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (Präzisierungsgebot)“269. „Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen also auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen […]“270.

Weiter wird ausgeführt: „Im Falle des Nachteilsmerkmals muss die Auslegung den gesetzgeberischen Willen beachten, dieses Merkmal als selbstständiges neben dem der Pflichtverletzung zu statuieren; sie darf daher dieses Tatbestandsmerkmal nicht mit dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal verschleifen […]“271.

Daraus folgt wiederum für das BVerfG, dass eine Schadensfeststellung auf einer sicheren Grundlage zu erfolgen habe und rational nachvollziehbar sein müsse, was auch den Einsatz von Sachverständigen in einigen Fällen unausweichlich machen würde272. Bei Unsicherheiten sei ein (Mindest-)Schaden zu schätzen oder freizusprechen273. Auch normative Gesichtspunkte seien zu berücksichtigen, so beispielsweise wenn es um die Beurteilung der Kompensation des Vermögensnachteils ginge274. All dies folgt daraus, dass das BVerfG von der Notwendigkeit der Wahrung der Untreue als Vermögensdelikt ausgeht275. Neben diesen Ausführungen zum Vermögensnachteil bestätigt das BVerfG außerdem, dass eine Pflichtverletzung gravierend sein muss276. Mit diesen Vorgaben hat das BVerfG einen klaren Rahmen vorgegeben, in dem sich die (gerichtliche) Auslegung zum Untreuetatbestand bewegen darf, ohne die Grenzen der Verfassungswidrigkeit zu überschreiten. Mit diesem Beschluss des BVerfG besteht zumindest bei Umsetzung der Vorgaben durch die strafrechtliche Rechtsprechung kein Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit der Untreue. f) Umsetzung der Vorgaben des BVerfG Im Hinblick auf die (hier zu untersuchende) Rolle des Strafrechts ist es von Bedeutung, die durch den Beschluss des BVerfG eingetretene Veränderung in der Praxis der Rechtsprechung aufzuzeigen.

269 270 271 272 273 274 275 276

BVerfGE 126, 170, 198 = NJW 2010, 3209, 3211, Rn. 81. BVerfGE 126, 170, 198 = NJW 2010, 3209, 3211, Rn. 79. BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 113. BVerfGE 126, 170, 211 f. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 114. BVerfGE 126, 170, 229 f. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 114, 3220, Rn. 151. Vgl. BVerfGE 126, 170, 206 f. = NJW 2010, 3209, 3214, Rn. 103. BVerfGE 126, 170, 210 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 111. BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 112.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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aa) Keine Neuerung in der Rechtsprechungspraxis des Bundesgerichtshofs für Strafsachen? Z. T. wird versucht, retrospektiv darzulegen, dass schon vor dem Beschluss des BVerfG Einigkeit unter den Strafsenaten des BGH bzgl. des Erfordernisses einer gravierenden Pflichtverletzung bestanden haben soll277. Dies ist jedoch – wie bereits dargelegt – unzutreffend. So wird beispielsweise behauptet, dass in der Entscheidung zu Bremer Vulkan278 der BGH von einer gravierenden Pflichtverletzung ausgegangen sein müsse, auch wenn er diese nicht explizit erwähnt habe, denn schließlich handele es sich um einen Fall der Existenzgefährdung und damit liege ein gravierender Verstoß vor279. Dieser Rückschluss ist nicht zulässig, da sich in dem Urteil keine Hinweise zu einer gravierenden Pflichtverletzung finden. Eine ähnliche Unterstellung findet sich zur Entscheidung im Fall Mannesmann280. So wird ausgeführt: „Dass mit der Verletzung des unternehmerischen Ermessenspielraumes zugleich auch eine gravierende Pflichtverletzung einhergeht, stellt der Senat nicht explizit fest“ [Hervorhebungen durch den Verfasser]281.

Man beachte, dass dieser Satz im Indikativ formuliert ist und suggeriert werden soll, dass der Strafsenat schon eine gravierende Pflichtverletzung annehme, wenn eine Verletzung des unternehmerischen Ermessenspielraumes vorliege, auch wenn er dies so nicht formuliere. Dies wird deutlich anhand der weiteren Ausführungen: „Geht man im Einklang mit den zuvor untersuchten Entscheidungen davon aus, dass eine gesellschaftsrechtlich gravierende Pflichtverletzung in der Regel mit dem Überschreiten der äußersten Grenze unternehmerischer Entscheidungsfreiheit vorliegt, […] kann man diese auch im Mannesmann-Fall annehmen.“282.

Ähnlich wie zu Bremer Vulkan283 geht die Unterstellung, man hätte auch schon hier auf eine gravierende Pflichtverletzung – wenn auch nicht explizit – abgestellt, zu weit. Es wird hier versucht dem 3. Strafsenat des BGH eine solche Aussage zu unterstellen. Dieser hat sich jedoch explizit gegen die Notwendigkeit des Merkmals der gravierenden Pflichtverletzung (als Beschränkung des objektiven Tatbestandes) ausgesprochen284. Äußerst problematisch ist jedoch, dass der Autor durch die 277 So suggeriert bei Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 13 ff. 278 BGHSt 49, 147 ff. 279 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 133. 280 BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141. 281 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 135. 282 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 135. 283 BGHSt 49, 147 ff. 284 BGHSt 50, 331, 343 f. = NZG 2006, 141, 145, Rn. 34 ff.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Analyse der Urteile eine Notwendigkeit der gravierenden Pflichtverletzung ablehnt und es vielmehr ausreichen solle, dass die unternehmerische Entscheidungsfreiheit überschritten werde und die verletzte Norm vermögensschützend sei285. Vor dem Hintergrund des Beschlusses des BVerfG – welches die gravierende Pflichtverletzung für notwendig hält – ist diese Analyse nicht haltbar. Auch kann nicht schon mit dem Überschreiten „der äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit“286 eine gravierende Pflichtverletzung vorliegen287. Mit Anerkennung der gravierenden Pflichtverletzung durch das BVerfG wurden auch die Fallgruppen der Gesamtbetrachtung des 1. Strafsenats des BGH anerkannt288. Stellt man lediglich auf ein Überschreiten der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit ab, so wird außer Acht gelassen, dass eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist, bei welcher es maßgeblich auf mehr als nur dieses eine Merkmal ankommt289. Reduziert man die Definition der gravierenden Pflichtverletzung, so reduziert man diese selbst, was wiederum den restriktiven Charakter dieses Merkmals hin zu einer bloßen Floskel reduziert. bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Strafsachen nach dem 23. 06. 2010 Nur drei Monate nach dem Beschluss des BVerfG hat der 1. Strafsenat des BGH Gelegenheit gehabt, die Vorgaben des BVerfG umzusetzen und ist dem auch vollständig nachgekommen. Es wird ausgeführt, dass aufgrund des vermögensschützenden Charakters der Untreue auch eine außerstrafrechtlich begründete Vermögensbetreuungspflicht nicht pflichtwidrig verletzt sein könne, wenn die pflichtbegründende Norm nicht selbst vermögensschützend sei290. Diese Einschränkung wird ausdrücklich mit den Vorgaben des BVerfG begründet291. Auch wird darauf verwiesen, dass der Vermögensnachteil ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal sei, welches nicht in der Pflichtwidrigkeit aufgehen dürfe292. Hinzu kommt, dass der 1. Strafsenat des BGH ausdrücklich fordert, dass im Wege einer Gesamtsaldierung der Vermögensnachteil festzustellen sei293. Dies impliziere, dass mögliche kompensie285 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 137. 286 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 135. 287 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 135 und S. 145. 288 Zur Anerkennung der gravierenden Pflichtverletzung: BVerfGE 126, 170, 211 ff. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 112. 289 Vgl. hierzu die Ausführungen unter: 2. Teil, A. II. 2. c). 290 BGHSt 55, 288, 300 f. = NJW 2011, 88, 91, Rn. 36. 291 BGHSt 55, 288, 300 f. = NJW 2011, 88, 91, Rn. 35 f. 292 BGHSt 55, 288, 304 f. = NJW 2011, 88, 93, Rn. 43. 293 BGHSt 55, 288, 305 f. = NJW 2011, 88, 93, Rn. 46.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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rende Vermögensvorteile zu berücksichtigen seien294. Auf die Notwendigkeit, dass u. U. auf den Sachverständigenrat durch das zuständige Landgericht zurückgegriffen werden muss, wird ebenso in diesem Zusammenhang verwiesen295. Dieser Beschluss des 1. Strafsenats des BGH illustriert, dass die Vorgaben des BVerfG in der richterlichen Praxis aufgenommen worden sind und umgesetzt werden. Ein weiterer Beschluss des 1. Strafsenats zur Kölner Parteispendenaffäre reiht sich ebenfalls in die Vorgaben des BVerfG ein296. Auch bei diesem Beschluss hat der Strafsenat die Vorschriften, die die Vermögensbetreuungspflicht genauer umschreiben297 (hier: §§ 23, 7 PartG, § 25 PartG a.F.), auf ihren Sinn und Zweck untersucht. So sollte festgestellt werden, ob diese vermögensschützend sind und eine Verletzung dieser zugleich ein pflichtwidriges Verhalten i.S.v. § 266 StGB darstellen kann298. Zutreffend wurde klargestellt, dass die Vorschriften der „Sicherstellung und Transparenz der staatlichen Parteienfinanzierung“299 dienen und nicht dem Vermögensschutz i.S.v. einem Schutz des Parteivermögens vor Regressansprüchen des Bundes300. Im vorliegenden Fall ist der Strafsenat jedoch von einer parteiinternen Pflicht zum Vermögensschutz ausgegangen, welche als selbstständige Verpflichtung neben den Vorschriften des PartG bestanden haben soll301. Weiterhin finden sich Ausführungen zur gravierenden Pflichtverletzung302 und auch auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Feststellung eines Vermögensschadens wird – unter Verweis auf den Beschluss des BVerfG – Bezug genommen303. Kritisiert wird an diesem Beschluss z. T., dass der 1. Strafsenat des BGH den Vorschriften des PartG die mittelbar vermögensschützende Funktion abgesprochen habe (denn der Strafsenat habe sich mit dieser nicht einmal auseinandergesetzt)304, obwohl diese ohne Weiteres bestehe305. Außerdem sei es abzulehnen, dass durch die inhaltliche Übernahme der gesetzlichen Vorschriften (die für sich genommen keine untreuetauglichen Pflichten begründen sollen) in eine parteiliche Satzung plötzlich untreuetaugliche Pflichten entstehen würden306. So sei es vor allem möglich, dass Parteien die Bezugnahme auf das PartG ändern könnten, um sich so des Strafbarkeitsrisikos zu entledigen307. Diese 294

BGHSt 55, 288, 305 f. = NJW 2011, 88, 93, Rn. 46. BGHSt 55, 288, 305 = NJW 2011, 88, 93, Rn. 47. 296 BGHSt 56, 203 ff. = NJW 2011, 1747 ff.; diesen Beschluss als nicht überzeugend ablehnend: Saliger, ZIS 2011, 902, 909 ff. 297 Lediglich „umschreiben“ und gerade nicht begründen. 298 BGHSt 56, 203, 211 ff. = NJW 2011, 1747, 1749, Rn. 23 ff. 299 BGHSt 56, 203, 211 = NJW 2011, 1747, 1749, Rn. 25. 300 BGHSt 56, 203, 211 = NJW 2011, 1747, 1749, Rn. 25. 301 BGHSt 56, 203, 211 ff. = NJW 2011, 1747, 1749, Rn. 26 ff. 302 BGHSt 56, 203, 213 = NJW 2011, 1747, 1749, Rn. 30. 303 BGHSt 56, 203, 220 = NJW 2011, 1747, 1752, Rn. 57. 304 Saliger, ZIS 2011, 902, 911, Fn. 105. 305 Saliger, ZIS 2011, 902, 911. 306 Saliger, ZIS 2011, 902, 911. 307 Saliger, ZIS 2011, 902, 911. 295

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Kritik geht jedoch fehl. Es ist zutreffend, dass auch der 1. Strafsenat des BGH grundsätzlich von der Möglichkeit eines mittelbaren Vermögensschutzes von den jeweils in Bezug genommenen Normen ausgeht308, um diesen eine Untreuerelevanz zuzuschreiben. Jedoch darf nicht schon jeder einzelne mittelbare Bezug zum Vermögensschutz ausreichen. Wenn dies so wäre, dann könnte man für viele primär nicht vermögensschützende Normen immer einen Bezug zum Vermögensschutz herstellen. So würde die Tatbestandsrestriktion, welche aus der Begrenzung des Anwendungsbereichs der Untreue auf den Vermögensschutz resultiert, aufgehoben werden. Vielmehr muss es so sein, dass ein mittelbarer Vermögensschutz nur Untreuerelevanz haben kann, wenn diesem ein gewisses Gewicht zukommt. So muss schon gesetzgeberisch ein zumindest mittelbarer Schutz des Vermögens sekundär zum Primärziel der Norm hinzutreten. Auch ist es dogmatisch nicht fehlerhaft, wenn der 1. Strafsenat des BGH von der Möglichkeit selbständig statuierter Pflichten von Seiten der Partei ausgeht309. Der Gesetzeswortlaut lässt dies explizit zu. Der Vorwurf, dass die untreuerelevanten Pflichten zur Disposition der Partei stünden, kann ebenfalls nicht überzeugen. Die Partei dürfte selbst daran interessiert sein, ihr Vermögen auch mit Hilfe des Strafrechts zu schützen. Ein freiwilliger Verzicht erscheint unwahrscheinlich. Parteien erfüllen eine wichtige Funktion für die Öffentlichkeit im Hinblick auf eine aktive Beteiligung am politisch demokratischen Geschehen310 und sie stellen die eigenen Finanzen nicht zur Disposition einzelner. Letztlich erweist sich also die Kritik an dem Beschluss des BGH als unzutreffend. Festzuhalten bleibt, dass der BGH hier erneut gezeigt hat, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben umgesetzt werden. Diese Beobachtung lässt sich auch für die Folgejahre bestätigen. So geht der 2. Strafsenat des BGH 2012 auf die konkrete Ermittlung des Vermögensnachteils mittels Sachverständigengutachtens und auf die Schätzung eines wirtschaftlichen Schadens unter Beachtung des Zweifelssatzes ein311. Auch der 5. Strafsenat des BGH orientiert sich an den Vorgaben des BVerfG und formulierte Anfang 2013: „Dennoch darf die konkrete Ermittlung des Nachteils nicht aus der Erwägung heraus unterbleiben, dass sie mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist […]“312.

Schon diese konsequente Umsetzung der Vorgaben des BVerfG durch alle Strafsenate des BGH313 führt zu einer – nicht nur durch Fachgerichte – zu erken308

BGHSt 55, 288, 300 f. = NJW 2011, 88, 91, Rn. 36; vgl. auch Jahn, JuS 2011, 183 ff. Siehe hierzu beispielhaft auch Velten, NJW 2000, 2852, 2853. 310 Stellv. für viele: Heun, Die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 111. 311 BGH, Urteil vom 10. 10. 2012, Az.: 2 StR 591/11 = NJW 2013, 401, 403, Rn. 33. 312 BGH, Beschluss vom 19. 02. 2013, Az.: 5 StR 427/12 = NStZ-RR 2013, 345, 346. 313 Zwar sind hier nicht alle Strafsenate ausdrücklich erwähnt, aber zumindest lassen sich keine Abweichungen erkennen und neben dem 1., 2. und 5. Strafsenat des BGH beachtet auch der 3. Strafsenat die Vorgaben: BGH, Urteil vom 12. 12. 2013, Az.: 3 StR 146/13 = NStZ 2015, 220 = wistra 2014, 186. 309

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

101

nenden Linie, die die Grenze zum strafbaren Handeln durch Untreue erkennen lässt. Eine Restriktion der Untreue ist damit im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit gelungen. 3. Zwischenergebnis Konnte das Strafrecht nicht präventiv wirken? Konnten sich deutsche Banker ohne jeden Gedanken an Recht und Unrecht zu verlieren, frei bewegen, weil das Strafrecht zu ineffektiv im Hinblick auf komplexe Wirtschaftsfragen ist? Betrachtet man die aus strafrechtlicher Sicht zentrale Norm der Krise (§ 266 StGB)314, lässt sich festhalten, dass vor und während der Krise und ihrer Hochphase in 2008 die Rechtsprechung uneinig war315. Die Strafsenate des BGH haben sich gegenseitig bei zentralen Aspekten der Begründung der Strafbarkeit der Untreue widersprochen316. Über die Anwendung der nachteilsgleichen Vermögensgefährdung war der Tatbestand nahezu uferlos317 und im Rahmen des pflichtwidrigen Verhaltens war auch nicht erkennbar, welches Verhalten strafbar ist318. All dies hat sich erst geändert, als am 23. 06. 2010 das BVerfG ausführlich zur Verfassungsmäßigkeit von § 266 StGB Stellung genommen hat und den Bestimmtheitsgrundsatz weiter fasste und diesem damit selbst mehr Konturen gab319. Selbst für Juristen war es schwer, in diesem Geflecht zwischen Strafbarkeit, Straflosigkeit, Verfassungskonformität und Verfassungswidrigkeit den Überblick zu behalten, da es keine einheitliche Linie gab. Von juristischen Laien ist dies schon gar nicht zu erwarten gewesen und auch nicht von wirtschaftlichen Akteuren mit juristischem Hintergrundwissen oder gegebenenfalls juristischer Beratung. Man könnte denken, dass eine solche Unbestimmtheit insgesamt eine Art Drohkulisse aufbaut – ganz nach dem Motto: „§ 266 StGB passt immer“320 –, die wiederum von der Begehung möglicher strafbarer Taten abschreckt. Dies ist jedoch unter Verweis auf die hier zugrunde gelegte Arbeitshypothese bzgl. der Bestimmtheit321 abzulehnen. Die Tätergruppe der 314 Vgl. 1. Teil, B. I. 3.; Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 47. 315 Vgl. 2. Teil, A. II. 2. a) bis d); BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236; BGHSt 46, 30, 34 = NJW 2000, 2364, 2365; BGHSt 51, 100 ff. = NJW 2007, 1760 ff.; BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587; BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141. 316 BGH, Urteil vom 27. 02. 1975, Az.: 4 StR 571/74 = NJW 1975, 1234, 1236; BGHSt 46, 30, 34 = NJW 2000, 2364, 2365; BGHSt 51, 100 ff. = NJW 2007, 1760 ff.; BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587; BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141. 317 Vgl. zur Kritik an der nachteilsgleichen Vermögensgefährdung: Saliger, HRRS 2006, 10, 12; Matt, NJW 2005, 389, 391; Mosenheuer, NStZ 2004, 179, 180; Saliger, ZStW 112 (2000), 561, 565 ff.; Dierlamm, NStZ 1997, 534. 318 Vgl. 2. Teil, A. II. 1. a). 319 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 320 Ransiek, ZStW 116 (2004), 634. 321 1. Teil, B. III. 7.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

White Collar322 konnte sich grundsätzlich auch vor und während der Krise ausreichende Informationen beschaffen, um eine mögliche Strafbarkeit in ihre Überlegungen mit einzubeziehen323. Aufgrund der soeben dargelegten strukturellen Probleme von § 266 StGB war dies jedoch nur schwer möglich324. Ein unbekanntes Risiko (oder auch eine unbekannte Variable325) verleitet dazu, von einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit einer Strafbarkeit auszugehen326. Die Komplexität des Risikos und die kaum überschaubaren Zusammenhänge aller Faktoren führen dazu, dass gerade der Geschehensverlauf, der zur Strafbarkeit führen kann, für nahezu ausgeschlossen gehalten wird327. Durch Vertrauen kann man gewisse Entwicklungsmöglichkeiten von der Berücksichtigung in einem Entscheidungsfindungsprozess ausschließen328. Um erneut Luhmann zu zitieren: „Man neutralisiert gewisse Gefahren, die nicht ausgeräumt werden können, die aber das Handeln nicht irritieren sollen“329. Wenn man nun von diesem (teilweise) unterbewusst stattfindenden Umgang mit Risiken ausgeht, dann wird deutlich, dass eine abschreckende oder normintegrierende Wirkung sich über § 266 StGB nicht erzielen lassen hat. Nach der hier zugrunde gelegten Arbeitshypothese lässt sich mittels bestimmter Normen ein größerer Abschreckungs- und Normintegrationseffekt erzielen330. Hierfür war der Tatbestand von § 266 StGB jedoch zu unbestimmt. § 266 StGB enthielt in jedem Tatbestandsmerkmal so viel Unbestimmtheit, dass das strafbare Verhalten nicht hinreichend umschrieben worden ist. Für diese Erkenntnis verbietet sich auch an dieser Stelle noch ein Rückgriff auf die erfolgte Restriktion seit dem Beschluss des BVerfG in 2010. Zu diesem Zeitpunkt war die Krise bereits weit vorangeschritten und die Ursachen lagen vor dieser Zeit331. Damit wird aber auch deutlich, dass mit dem Beschluss des BVerfG vom 23. 06. 2010 ein Wendepunkt erreicht worden ist. Mehr Bestimmtheit von § 266 StGB führt nach den hier gewonnenen Erkenntnissen auch zu mehr Abschreckungs- und Normintegrierungspotential332.

322

Grundlegend: Sutherland, White Collar Crime 1949. Vgl. 1. Teil, B. III. 7. und die Nachweise in 1. Teil Fn. 308 bis 316. 324 Vgl. zu diesen Problemkreisen 2. Teil, A. II. 1. 325 Vgl. hierzu die Bedeutung des Wissens um alle Variablen für eine Kosten-NutzenRechnung: Englerth, Der beschränkt rationale Verbrecher, S. 29; vgl. außerdem 1. Teil, B. III. 7. 326 Vgl. 1. Teil, B. III. 7. 327 Vgl. hierzu für die Reduktion von Komplexität: Luhmann, Vertrauen Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 2. Auflage 1973 unter 1. Teil, B. III. 4. 328 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 329 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 330 1. Teil, B. III. 7. 331 Vgl. 2. Teil, A. I. 1. 332 Auch wenn sich vorliegend diese Hypothese auf die Tätergruppe der White Collar beschränkt: Vgl. 1. Teil, B. III. 7. 323

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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4. Die Folgeproblematik des § 257c StPO Möglicherweise ist jedoch die hier aufgezeigte positive Entwicklung, welche durch den Beschluss des BVerfG eingeleitet worden ist333, durch § 257c StPO gefährdet. Es wurde einerseits ein Abschreckungs- und Normintegrationspotential von § 266 StGB durch die Konkretisierung des BVerfG334 wieder neu aufgebaut. Andererseits könnte dieses jedoch durch das Vertrauen335 auf eine Verständigung wieder in den Hintergrund gedrängt werden. Aufgrund der komplexen und komplizierten Sachverhalte könnten (nun oder künftig potentiell) Beschuldigte möglicherweise davon ausgehen, dass sich für sie die Regelung des § 257c StPO positiv auswirken wird. Vor allem für Fälle, die mit dem Vorwurf der Untreue verbunden sind, könnte dies zutreffen. a) Der Zusammenhang von § 266 StGB und § 257c StPO Nachdem nun das BVerfG explizit auf die Hinzuziehung von Sachverständigen für die Feststellung eines Vermögensnachteils im Rahmen von § 266 StGB hingewiesen hatte336, ist die Frage gestellt worden, ob dies hin zu einem „Sachverständigenstrafrecht“ geführt hat337. Wie bereits aus den Zusammenfassungen zu den Fällen der Krise338 hervorgeht, handelt es sich bei Wirtschaftsstrafverfahren meist um komplexe Verfahren, bei denen es häufig auf die Beurteilung eines Sachverständigen ankommt339. Daher wird darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen von Seiten der Gerichte als nicht praktikabel erachtet werde340, was wiederum ein „erhebliches Deal-Potential in sich [birgt]“341,342. Auch auf das Potential von der Zunahme von Verfahrenseinstellungen nach § 153a StPO ist in diesem Zusammenhang hingewiesen worden343. Dass es tatsächlich zu einer Zunahme der Verständigung i.S.v. § 257c StPO oder zu vermehrten Verfahrenseinstellungen für Wirtschaftsstrafverfahren kam, lässt sich anhand der Strafverfahren mit Bezug zur Krise nachvollziehen.

333

BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff.; 2. Teil, A. II. 3. BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 335 Vgl. erneut Luhmann, Vertrauen. S. 26. 336 BVerfGE 126, 170, 211 f. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 114. 337 Hefendehl, wistra 2012, 325. 338 2. Teil, A. I. 2. 339 Ebenfalls auf diese Entwicklung hinweisend: Jahn, JZ 2011, 340, 345 ff. 340 Es werde sich „wenig bis nichts ändern“: Krüger, NStZ 2011, 369, 370. 341 Krüger, NStZ 2011, 369, 370. 342 So auch (nur in korrekter Wortwahl): Hefendehl, wistra 2012, 325, 327; Jahn, wistra 2013, 41, 43; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 26 f.; Fischer, StraFo 2010, 329, 335; Fischer, StV 2010, 95, 101; Kraatz, JR 2011, 434, 439. 343 Wessing/Krawczyk, NZG 2010, 1121, 1124. 334

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

Die Verfahren, die die LBBW betrafen, wurden gegen Geldzahlungen eingestellt344. Im Verfahren gegen die Verantwortlichen der BayernLB wurde früh auf eine Verständigung hingewirkt345 und letztlich wurden gegen vier Verantwortliche die Verfahren gegen Geldauflagen eingestellt346. Für die Verantwortlichen bei der WestLB ist zwar aktuell das Verfahren zugelassen worden, aber betreffend der Handlungen im Vorfeld der Krise kam es bereits zu Verfahrenseinstellungen gegen Zahlung von Geldauflagen347. Aufgrund dieser Entwicklung soll mit der „Folgeproblematik des § 257c StPO“ eine mögliche Steigerung der Anzahl der Verständigungen im Strafprozess gem. § 257c StPO beschrieben werden. Dies könnte – wie bereits dargelegt – für eine strafrechtliche Prävention hinderlich sein. b) Die verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. § 257c StPO Zunächst soll im Folgenden die verfassungsrechtliche Kritik an § 257c StPO dargestellt werden. Dies ist notwendig, da ein Vertrauen348 auf eine mögliche Verständigung zumindest kaum bestanden haben dürfte, wenn unsicher war, ob diese Norm überhaupt in Kraft bleiben würde, um im Einzelfall zur Anwendung zu kommen. Ob ein solches Vertrauen349 in Zweifel gezogen werden konnte, hängt stark davon ab, wie viel verfassungsrechtliche Kritik es gab und wie gewichtig diese ausgefallen ist. Dies ist insbesondere für den Zeitraum zwischen der Einführung von § 257c StPO (2009)350 und der abschließenden Klärung aller verfassungsrechtlichen Fragen dieser Norm (2013)351 relevant.

344 Stuttgarter-Zeitung vom 24. 04. 2014, „Verfahren gegen frühere Banker vorläufig eingestellt“, unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lbbw-prozess-verfahren-gegen-fruehe re-banker-vorlaeufig-eingestellt.c9238d22-48c9-4a23-a02e-7166a9ccfa72.html (03. 06. 2014). 345 Handelsblatt vom 26. 05. 2014, „Richter erwägt früheres Ende von BayernLB-Prozess“, unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/strafverfahren-richter-erwaegt-fruehe res-ende-von-bayernlb-prozess/9952956.html (03. 06. 2014). 346 Süddeutsche Zeitung vom 26. 08. 2014, „Ex-BayernLB-Vorstände zahlen und gehen“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/prozess-wegen-debakel-um-hypo-alpe-adria-bay ernlb-vorstaende-kommen-glimpflich-davon-1.2101986 (31. 08. 2014). 347 Handelsblatt vom 30. 07. 2010, „Thomas Fischer muss Strafe zahlen“, unter: http:// www.handelsblatt.com/unternehmen/management/koepfe/ex-westlb-chef-thomas-fischer-mussstrafe-zahlen/3503440.html (03. 06. 2014); Merkur-online vom 31. 03. 2011, „600-MillionenDesaster: Anklage gegen Ex-WestLB-Händler“, unter: http://www.merkur-online.de/aktuelles/ wirtschaft/600-millionen-desaster-anklage-gegen-ex-westlb-haendler-1184264.html (03. 06. 2014). 348 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 349 Luhmann, Vertrauen, S. 26. 350 BGBl. 2009, Teil I, 2353 ff. 351 BVerfGE 133, 168 ff. = NJW 2013, 1058 ff.

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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aa) Die Wahrheitserforschung im Strafprozess Aus dem Prinzip der Amtsermittlung gem. § 155 Abs. 2 StPO, § 244 Abs. 2 StPO352 ergibt sich, dass die Erforschung der Wahrheit im Mittelpunkt des Strafprozesses steht. In § 244 Abs. 2 StPO heißt es wörtlich: „Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.“

Kernstück des Strafprozesses ist es, den wahren Sachverhalt zu ermitteln353. Von diesem Grundsatz ist kein zu ergründender Sachverhalt ausgenommen – also auch die der Krise nicht. Ohne eine solche Wahrheitsermittlung bestünde auch nicht die Möglichkeit, im Einzelfall das materielle Schuldprinzip zu verwirklichen354. Schon dieser Zusammenhang mit einem solch bedeutenden Prinzip des Strafrechts stellt die Bedeutung der Wahrheitsermittlung selbst heraus. Schließlich soll nur der Schuldige bestraft werden und jegliche nicht notwendigen Unannehmlichkeiten für Unschuldige gilt es zu vermeiden355. Die „Ermittlung des wahren Sachverhalts [wird damit zur] notwendigen Grundlage eines gerechten Urteils“356. Dies macht es auch unerlässlich, dass von Seiten des Gerichts Beweise zur Überprüfungen behaupteter Tatsachen erhoben werden, die sich aus Anträgen oder Anregungen der Parteien oder durch den Verfahrensablauf ergeben können (vgl. u. a. § 244 Abs. 3, 5 StPO)357. So kann es sein, dass trotz der strafprozessualen Möglichkeit der Ablehnung eines Beweisantrags die Umstände es erforderlich machen, dass beispielsweise ein weiterer Sachverständiger noch anzuhören ist358. Allerdings muss das Gericht nur in besonderen Fällen359 alle verfügbaren Beweismittel erschöpfen, wenn die entfernte Möglichkeit besteht, dass sich dadurch die Wahrnehmung der bisherigen Vorstellung über den Sachverhalt ändern könnte360. Der Richter ist damit keinesfalls zu einer 352

Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, § 244, Rn. 10 ff.; Krehl, in: Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, § 244, Rn. 27 ff. 353 BVerfGE 57, 250, 275 = NJW 1981, 1719, 1722; BVerfGE 63, 45, 61 = NJW 1983, 1043; BVerfG, Beschluss vom 08. 11. 1983, Az.: 2 BvR 1138/83 = NJW 1984, 1451 = MDR 1984, 284. 354 BVerfGE 57, 250, 275 = NJW 1981, 1719, 1722. 355 Nicht zuletzt muss daher zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Beschuldigten auch „Waffengleichheit“ herrschen, vgl. BVerfGE 63, 45, 61 = NJW 1983, 1043, 1045. 356 BVerfGE 63, 45, 63 = NJW 1983, 1043. 357 BGH 30, 131, 140 = NJW 1981, 2267, 2268; vgl. auch: BGH 3, 169, 175 = NJW 1952, 1343, 1345; BGH 10, 116, 118 = NJW 1957, 598, 599; BGH 23, 176, 187 f. = NJW 1970, 523, 526; OLG Hamm, NStZ 1984, 462, 463. 358 BGH 10, 116, 118 = NJW 1957, 598, 599. 359 So beispielsweise in BGH 23, 176, 188 = NJW 1970, 523, 526. 360 BGHSt 40, 3, 6; m. Anm. v. Widmaier, NStZ 1994, 247, 248; OLG Hamm, NStZ 1984, 462, 463; Herdegen NStZ 1984, 97, 98; vgl. auch: BGH, Urteil vom 27. 08. 1997, Az.: 3 StR 331/97 = NStZ 1998, 50.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

„ausufernde[n] Aufklärung verpflichtet“361. Außerdem kann von einer weiteren Sachverhaltsaufklärung abgesehen werden, wenn die Belastung für den Angeklagten, der zu betreibende Aufwand und eine mögliche Verfahrensverzögerung dagegen sprechen362. Eine Verständigung im Verfahren könnte dazu führen, dass eine Suche nach der Wahrheit nicht konsequent betrieben oder sogar vorzeitig abgebrochen wird363. Ein „konsensuales Verfahren“364 wird z. T. als offenkundiger Widerspruch zum Amtsermittlungsgrundsatz gesehen365, was auch zutreffend ist, soweit sich dies auf Absprachen jenseits der Regelung des § 257c StPO bezieht366. Dies spricht aber nicht gegen die in § 257c StPO verankerte Verständigung und die mit ihr einhergehende Kommunikation. Durch Jahn wurde eine rechtstheoretische Basis zur Kommunikation in der Hauptverhandlung unter Bezugnahme auf Habermas und Alexy nachgewiesen und anhand von Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte von § 244 Abs. 2 StPO die grundlegende Möglichkeit der Verfahrensergebnisfindung dargelegt367. § 257c StPO bleibt damit von dieser Kritik zunächst frei. Daneben wird jedoch noch kritisiert, dass § 257c Abs. 1 S. 2 StPO, der die Unberührtheit von § 244 Abs. 2 StPO betont, eine „bloße Worthülse“ darstelle368. Auch wird angeführt, dass die richterliche Überzeugung aus dem Inbegriff der Verhandlung gewonnen werden soll gem. § 261 StPO und dass bei einer Verständigung der Richter nur nach Aktenlage entscheide369. Dies entspräche nicht mehr der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO)370. Auch die Frage nach einem der Wahrheit entsprechendem Geständnis wird gestellt371. Teilweise wird nämlich ein „qualifiziertes Geständnis“ gefordert372 und andere stellen wiederum auf eine „schlanke geständige

361

Widmaier, NStZ 1994, 247, 248. M.w.N. OLG Celle, NJW 1984, 185, 186; vgl. hierzu auch die Ausführungen von Endriß, StV 97, 82, 83 f.; Fischer, StraFo 2012, 432. 363 Frankenberg, Grundlagen konsensualer Konfliktlösungsprozesse, S. 22; Hassemer, ZRP 2009, 221; Trüg, StV 2010, 528, 533. 364 Diese Wortwahl ist angelehnt an BVerfGE 133, 168, 204 = NJW 2013, 1058, 1062, Rn. 65; vgl. auch Jahn, ZStW 118 (2006), 427 ff. 365 Stellv. Fischer, StraFo 2009, 177, 181. 366 Soweit man hierbei auf Absprachen jenseits der Regelung des § 257c StPO abstellt (also auf einen Deal), dann muss dies auch abgelehnt werden, vgl. hierzu auch Meyer-Goßner, bevor es die Regelung des § 257c StPO überhaupt gab: Meyer-Goßner, in: FS Böttcher, 105, 110 f. 367 Jahn, GA 2004, 272 ff.; vgl. auch mit einer historischen Betrachtung und auslegungsmethodischer Herleitung: Jahn, ZStW 118 (2006), 427 ff.; dagegen: Lüderssen, in: FS Hamm, 419, 432. 368 Fischer, StraFo 2009, 177, 181. 369 Schünemann, ZRP 2009, 104, 106. 370 Schünemann, ZRP 2009, 104, 106. 371 M.w.N. Kudlich, Band I, Gutachten C zum 68. Deutschen Juristentag 2010, S. 29, S. 48. 372 Vgl. stellv. für viele: Meyer-Goßner, ZRP 2009, 107, 108 und Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 82. 362

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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Einlassung“ ab373. Insgesamt offenbaren sich also schon durch diesen kursorischen Überblick mehrere Problembereiche, auf die auch das BVerfG im Einzelnen eingegangen ist. Das BVerfG führt in seinem Urteil vom 19. 03. 2013 aus: „Das Verständigungsgesetz statuiert nach dem in seinem Wortlaut und Normgefüge zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers (a) kein neues, ,konsensuales‘ Verfahrensmodell. Vielmehr integriert es die von ihm zugelassene Verständigung mit dem Ziel in das geltende Strafprozessrechtssystem, weiterhin ein der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen“374.

Damit ist von Seiten der Verfassungsrichter geklärt, dass Konsens und Wahrheitserforschung nebeneinander treten375. Auch zur Frage der Qualität des Geständnisses stellt das BVerfG klar, dass es sich zwar nicht um ein „inhaltsleeres Formalgeständnis“376 handeln dürfe, aber auch höhere Anforderungen als sonst in anderen Fällen dürfen an ein Geständnis nicht gestellt werden377. Damit sind zumindest die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Wahrheitsermittlung aufgehoben. Beachtet man dazu, dass eine Wahrheitsermittlung nicht „ausufernd“378 stattfinden muss, so fügt sich § 257c StPO verfassungskonform in das Strafprozessrecht ein, ohne einer Sachverhaltsaufklärung im Wege zu stehen. bb) Das Legalitätsprinzip Auch das Legalitätsprinzip könnte verletzt sein379. Dieses ist in § 152 Abs. 2 StPO definiert und zwingt die Staatsanwaltschaft bei tatsächlichen Anhaltspunkten von Straftaten Ermittlungen aufzunehmen380. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beteiligten den Prozessstoff durch § 154 StPO oder auch durch § 154a StPO verringern könnten381. Von der Verfolgung oder Verurteilung einzelner Taten könnte nämlich nach §§ 153 ff. StPO als Gegenleistung dafür abgesehen werden, dass ein Be-

373 Jahn/Müller, NJW 2009, 2625, 2628; vgl. zum „schlanken Geständnis“ auch: Dahs, NStZ 1988, 153, 155. 374 BVerfGE 133, 168, 204 = NJW 2013, 1058, 1062, Rn. 65. 375 Dass diese sich nicht ausschließen, wurde auch von Jahn dargelegt: Jahn, GA 2004, 272 ff.; Jahn, ZStW 118 (2006), 427 ff. 376 BVerfGE 133, 168, 209 = NJW 2013, 1058, 1063, Rn. 70. 377 BVerfGE 133, 168, 209 f. = NJW 2013, 1058, 1063, Rn. 71. 378 Widmaier, NStZ 1994, 247, 248. 379 Vgl. Frankenberg, Grundlagen konsensualer Konfliktlösungsprozesse, S. 23 f. 380 Zum Anklagezwang und m. w. N. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, § 152, Rn. 2 f.; Diemer, in: Hannich, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, § 152, Rn. 4. 381 Vgl. Frankenberg, Grundlagen konsensualer Konfliktlösungsprozesse, S. 24.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

schuldigter kooperiert hat382. In diesem Zusammenhang lassen sich auch Äußerungen verstehen, die die Absprachenpraxis als ein „Zweiklassenstrafverfahren“383 oder eine „Klassenjustiz“ bezeichnen384. Dies folgt daraus, dass ein raffiniertes Vorgehen bei der Tatbegehung und komplexe Sachverhalte, wie sie beispielsweise im Wirtschaftsstrafrecht vorkommen, sich positiv für die jeweils Beschuldigten auswirken können385. Dies sind nämlich Sachverhalte, die schwierig aufzuklären sind und bei denen eine Kooperation des Beschuldigten oft der einzige Weg ist, um überhaupt die Wahrheit (wenn auch nur teilweise) aufklären zu können. Aber selbst Schünemann, als einer der größten Kritiker der Absprachen im Strafprozess, hält ein schrankenloses Legalitätsprinzip im Hinblick auf die Ressourcenbegrenzung für impraktikabel386. Hinzu komme, dass eine Präventionswirkung mit einer Geldbuße in der Regel höher sei als die Fortsetzung eines Verfahrens mit ungewissem Ausgang387. cc) Das Öffentlichkeitsprinzip Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist in § 169 GVG verankert. Er soll dazu beitragen, gerichtliche Entscheidungen transparent zu machen und so letztlich als Kontrollinstrument dienen388. Absprachen zwischen den Verfahrensbeteiligten stehen mit diesem Prinzip zumindest in einem Spannungsverhältnis. Es wird vor allem darauf hingewiesen, dass entscheidend sei, dass in der Hauptverhandlung nicht nur Abspracheergebnisse mitgeteilt werden389. Auch der Absprachevorgang sei von Bedeutung390. Schließlich folge schon aus dem Zweck des Öffentlichkeitsprinzips, dass die Öffentlichkeit die gleiche Informationsbasis haben müsse wie das Gericht391. Andernfalls entstehe ein „Mauschel-Verfahren“392 und es werde durch Geldzahlungen ein „öffentliches Interesse wegdefiniert“393. Das BVerfG sieht jedoch den Grundsatz der Öffentlichkeit aus folgenden Gründen gewahrt: „[…] Dementsprechend hat das Verständigungsgesetz umfassende Transparenz- und Dokumentationspflichten mit Bezug auf die Hauptverhandlung statuiert. Sie zielen darauf, nicht nur die Verständigung selbst, also den formalen Verständigungsakt des § 257c III 382

Eser, ZStW 104 (1992), 361, 373. Gössel, in: FS Böttcher, 79, 84. 384 Eser, ZStW 104 (1992), 361, 395. 385 Vgl. Eser, ZStW 104 (1992), 361, 395 und Gössel, in: FS Böttcher, 79, 84, der vor allem darauf abstellt, dass derjenige besser gestellt sei, der sich den „besten und teuersten Verteidiger“ leisten könne. 386 Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 91. 387 Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 92. 388 Zimmermann, in: Rauscher/Krüger, MK-ZPO, § 169 GVG, Rn. 1 f. 389 Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 89. 390 Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 89. 391 Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 89. 392 Albrecht, in: FS Hamm, 1, 19. 393 Albrecht, in: FS Hamm, 1, 19. 383

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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StPO, sondern darüber hinausgehend auch die zu einer Verständigung führenden Vorgespräche in die Hauptverhandlung einzuführen. […] Für alle Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung verlangt § 243 IV StPO eine Mitteilung deren ,wesentlichen Inhalts‘. Diese Mitteilung ist gem. § 273 I a 2 StPO zu protokollieren. Demgegenüber sind hinsichtlich der Verständigung selbst gem. § 273 I a 1 StPO der wesentliche Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis wiederzugeben. Die Protokollierungspflicht hinsichtlich der Verständigung geht also über die Protokollierung der nach § 243 IV StPO vorgeschriebenen Mitteilung hinaus“394.

Die Gefahr, dass trotz dieser Vorschriften zur Protokollierung weiterhin informelle Wege gewählt werden, bleibt jedoch bestehen395. dd) Weitere Kritikpunkte Neben diesen Kritikpunkten sind hier zumindest noch weitere – nicht unbeachtliche – Kritikpunkte zu nennen. So kann es zu Konflikten mit der Unschuldsvermutung dort kommen, wo ein falsches Geständnis zu einem Urteil führt396. Gerade in diesem Zusammenhang wird auch angeführt, dass schon die Initiative des Richters (im Rahmen der Verständigung ein Geständnis anzusprechen) einen Schuldvorwurf beinhalte und dies bereits eine Verletzung der Unschuldsvermutung darstelle397. Auch könnte man kritisieren, dass Richter sich als Verfahrensbeteiligte auf einer Ebene mit den anderen Beteiligten befinden könnten und so die Neutralität des Gerichts in Frage gestellt wäre. Das BVerfG verbindet die Begründung der Verfassungsmäßigkeit einer Verständigung zumeist unter Bezugnahme all dieser Aspekte. So beispielsweise in folgendem Abschnitt: „Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es jedoch aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung in der Hauptverhandlung, die letztlich mit einem Urteil zur Schuldfrage abschließen soll, zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. […] Demgegenüber steht das Grundgesetz unverbindlichen Erörterungen der Beurteilung der Sach- und Rechtslage zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten nicht entgegen. Eine offene, kommunikative Verhandlungsführung kann der Verfahrensförderung dienlich sein und ist daher heute selbstverständliche Anforderung an eine sachgerechte Prozessleitung“398.

394

BVerfGE 133, 168, 215 f. = NJW 2013, 1058, 1065, Rn. 82. Vgl. Fischer, StraFo 2010, 329, 330 f. 396 Vgl. Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 94 zur „echten Verdachtsstrafe“; vgl. auch Eser, ZStW 104 (1992), 361, 373. 397 Schünemann, NJW 1989, 1895, 1898; vgl. auch: Dahs, NStZ 1988, 153, 156. 398 BVerfGE 133, 168, 227 f. = NJW 2013, 1058, 1068, Rn. 105 f. 395

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Es gab daneben auch verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Unmittelbarkeitsgrundsatzes und des Mündlichkeitsgrundsatzes399. Stichworte wie „Mauschelei“400 oder „Schmierentheater“401 verdeutlichen die Problematik, denn wie soll ein Richter seine Erkenntnisse aus dem Inbegriff der Verhandlung (§ 261 StPO) schöpfen, wenn alles schon zuvor abgesprochen worden ist? Allerdings dürften diese Bedenken zumindest rein formal obsolet sein, wenn man die bereits oben genannten Protokollpflichten und den festgeschriebenen Ort und die Zeit der Verständigung (nämlich in der Hauptverhandlung) bedenkt402. Aber auch diese Regelungen können nicht gegen weiterhin bestehende informelle Verständigungen helfen403. Hinzu kommt die Argumentation, dass aufgrund fehlender Verbindlichkeit der Absprachen der Grundsatz eines fairen Verfahrens gefährdet sei404. Außerdem sei zumindest auch der Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare tangiert, wenn als Gegenleistung eines Beschuldigten ein Geständnis gefordert werde405. Das BVerfG geht in diesem Zusammenhang auf die Bindungswirkung der Verständigung ein und stellt hierzu klar: „Der Angeklagte muss […] wissen, dass die Bindung keine absolute ist, sondern unter bestimmten Voraussetzungen – die er ebenfalls kennen muss – entfällt. Nur so ist es ihm möglich, Tragweite und Risiken der Mitwirkung an einer Verständigung autonom einzuschätzen. Die in § 257c V StPO verankerte Belehrungspflicht ist aus diesem Grund keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine zentrale rechtsstaatliche Sicherung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und der Selbstbelastungsfreiheit“406.

c) Zwischenergebnis im Hinblick auf § 257c StPO § 257c StPO ist prozessökonomisch sinnvoll407 und das BVerfG hat festgestellt, dass keine Verfassungswidrigkeit besteht408. Verfassungsrechtliche Bedenken und 399

Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 84 ff. Albrecht, in: FS Hamm, 1, 19. 401 Schmidt-Hieber, NStZ 1988, 302, 303. 402 Vgl. hierzu auch Kudlich, Band I, Gutachten C zum 68. Deutschen Juristentag 2010, S. 29, S. 34. 403 Vgl. Fischer, StraFo 2010, 329, 330 f. 404 Vgl. die Ausführungen von Kudlich, Band I, Gutachten C zum 68. Deutschen Juristentag 2010, S. 29, S. 33 mit Bezug auf BGHSt 36, 210 ff. = NJW 1989, 2270, 2271. 405 Vgl. hierzu die Ausführungen von Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 98 f. zu § 136a StPO m.w.N. und ebenso die Ausführungen von Kudlich, Band I, Gutachten C zum 68. Deutschen Juristentag 2010, S. 29, S. 32. 406 BVerfGE 133, 168, 237 = NJW 2013, 1058, 1071, Rn. 126. 407 Schon aus der Begründung des Gesetzentwurfes geht dies durch die Bezugnahme auf „knappen Ressourcen“ der Justiz hervor: Bundestagsdrucksache 16/12310, S. 7; ebenso der Beschluss des Großen Senats vom 03. 03. 2005 (BGHSt 50, 40, 53 f. = NJW 2005, 1440, 1443), auf den der Gesetzentwurf aufgebaut ist. 408 BVerfGE 133, 168 ff. = NJW 2013, 1058 ff. 400

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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berechtigte Kritik im Hinblick auf die Verletzung von Verfassungsgrundsätzen409 führen nicht automatisch zu einer Verfassungswidrigkeit. Dass das BVerfG die Verständigung im Strafprozess anerkennt, bedeutet nicht, dass alle Bedenken aufgehoben sind und keinerlei kritikwürdige Berührungspunkte von § 257c StPO mit den verfassungsrechtlichen Prinzipien bestehen. Vielmehr war lediglich die Grenze zur Verfassungswidrigkeit noch nicht überschritten, da das BVerfG großzügig eine gesetzgeberische Einschätzungsprärogative berücksichtigt hat410. aa) § 257c StPO contra einer Generalprävention vor dem 19. 03. 2013 Welche Auswirkungen hatte nun § 257c StPO aus strafzwecktheoretischer Perspektive für § 266 StGB? Die verfassungsrechtlichen Diskussionen um § 257c StPO dürften es unmöglich gemacht haben, dass diese Norm nach dem 23. 06. 2010411 zur Verringerung einer generalpräventiven Wirkung von § 266 StGB geführt haben könnte. Die Kritik war zu groß412. Außerdem wusste man schon bald nach Einführung der Norm, dass sich das BVerfG mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit beschäftigen würde. Die dem Urteil des BVerfG zugrundeliegenden angegriffenen hoheitlichen Eingriffe – hier: Urteile – stammten schließlich aus den Jahren 2010 und 2011413. Das hatte wiederum zur Folge, dass die Anwendbarkeit von § 257c StPO aus damaliger Sicht nicht sicher gegeben war und sich auf dieser Grundlage kein Vertrauen414 bzgl. einer Verständigung bilden konnte, welches eine generalpräventive Wirkung hätte beeinflussen können. bb) § 257c StPO contra einer Generalprävention nach dem 19. 03. 2013 Nach dem Urteil vom 19. 03. 2013415 bestand jedoch keine Unsicherheit mehr hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 257c StPO. Möglicherweise könnte nun ab diesem Zeitpunkt eine Minderung des Abschreckungs- und Normintegrations409

Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990, S. 65 ff.; Albrecht, in: FS Hamm, 1, 19; Schmidt-Hieber, NStZ 1988, 302, 303; Gössel, in: FS Böttcher, 79, 84; Schünemann, ZRP 2009, 104 ff.; Meyer-Goßner, ZRP 2009, 107 ff.; Schünemann, NJW 1989, 1895, 1898; Fischer, StraFo 2009, 177, 181. 410 Vorliegend kommt dies auch schon im Tenor zum Ausdruck: BVerfGE 133, 168 = NJW 2013, 1058. 411 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 412 Angefangen bei Schünemann, Band I, Gutachten B zum 58. Deutschen Juristentag 1990. Für weitere Hinweise siehe 2. Teil, A. II. 4. b). 413 BVerfGE 133, 168, 169 ff. = NJW 2013, 1058, 1059. 414 Vgl. erneut Luhmann, Vertrauen, S. 26. 415 BVerfGE 133, 168 ff.= NJW 2013, 1058 ff.

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2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

potentials eingesetzt haben. Auch dies ist jedoch fernliegend. Schon grundsätzlich dagegen spricht, dass die Anwendung von § 257c StPO nicht nur positiv für den Angeklagten ausfallen kann. Die bereits oben genannten Verfahren können hier als Beispiel noch einmal aufgeführt werden: Bzgl. der LBBW kam es zur Einstellung durch Geldzahlungen416. Im Verfahren gegen die Verantwortlichen der BayernLB wurde früh auf eine Verständigung hingewirkt417 und letztlich kam es zu Einstellungen gegenüber vier Verantwortlichen gegen Zahlung von Geldauflagen418. Die Einstellung gegen Geldauflage wird grundsätzlich dann möglich sein und auch damit begründet, dass das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung damit bedient werden kann419. Diesen Fällen lagen komplexe und komplizierte Sachverhalte zugrunde420 und ein Freispruch dürfte zumindest nach länger andauernder Verhandlung nicht komplett ausgeschlossen gewesen sein. Schließlich stellt sich die Aufklärung solcher Sachverhalte als schwierig dar und dies wiederum erhöht aus Verteidigerperspektive die Chancen auf einen Freispruch nach dem Grundsatz in dubio pro reo421. Das Zahlen einer Geldauflage hat zumindest für den Betroffenen auch einen punitiven Effekt422, während ein Freispruch diesen nicht hat. Außerdem dürfte ein solcher Freispruch im Hinblick auf die jeweilige Reputation besser sein, selbst wenn ein Freispruch nach dem Grundsatz in dubio pro reo vor allem in den Medien als ein „Freispruch zweiter Klasse“423 gilt. Schließlich ist auch dies ein vollwertiger Frei-

416

Stuttgarter-Zeitung vom 24. 04. 2014, „Verfahren gegen frühere Banker vorläufig eingestellt“, unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lbbw-prozess-verfahren-gegen-fruehe re-banker-vorlaeufig-eingestellt.c9238d22-48c9-4a23-a02e-7166a9ccfa72.html (03. 06. 2014). 417 Handelsblatt vom 26. 05. 2014, „Richter erwägt früheres Ende von BayernLB-Prozess“, unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/strafverfahren-richter-erwaegt-fruehe res-ende-von-bayernlb-prozess/9952956.html (03. 06. 2014). 418 Süddeutsche Zeitung vom 26. 08. 2014, „Ex-BayernLB-Vorstände zahlen und gehen“, unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/prozess-wegen-debakel-um-hypo-alpe-adria-bay ernlb-vorstaende-kommen-glimpflich-davon-1.2101986 (31. 08. 2014). 419 So auch schon der Wortlaut von § 153a Abs. 1, S. 1 StPO (bzw. § 153a Abs. 2, S. 1 i.V.m. § 153a Abs. 1, S. 1 StPO). 420 2. Teil, A. I. 2. 421 Zweifel bei der Sachverhaltserforschung erhöhen grundsätzlich die Chancen auf einen Freispruch aufgrund der Unschuldsvermutung, vgl. Dürrer, Beweislastverteilung und Schätzung im Steuerstrafrecht, S 44. Siehe auch grundlegend zur Unschuldsvermutung: Stuckenberg, Untersuchungen zur Unschuldsvermutung 1998. 422 Vgl. stellv. Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 187. 423 Dieser Terminus wird vor allem in den Medien verwendet, vgl. beispielhaft: Frankfurter Rundschau vom 28. 02. 2014, „Freispruch zweiter Klasse für Wulff“, unter: http://www.fr-on line.de/gauck-folgt-wulff/christian-wulff-freispruch-zweiter-klasse-fuer-wulff,11460760,2641 6694.html (14. 11. 2014). Per definitionem gibt es keine Unterschiede zwischen einem Freispruch aufgrund erwiesener Unschuld oder einem solchen, in dem die Schuldfrage nicht abschließend geklärt werden konnte. Daher wird diese Wortwahl auch nicht in den Tenor des Urteils aufgenommen und es darf auch in der Urteilsbegründung nicht ausgeführt werden, dass der Sachverhalt wahrscheinlich so gewesen sei, dass eine Strafbarkeit vorläge: Vgl. hierzu grundlegend EGMR, Urt. v. 15. 01. 2015 – 48144/09 (Case of Cleve versus Germany).

A. Hintergrund(untersuchung) zur Rolle des Strafrechts

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spruch424. Da mag ein länger andauerndes Verfahren – welches auch schon eine Belastung darstellt425 – letztlich im Einzelfall besser für den Betroffenen sein. Anhand der „Causa Wulff“426 lässt sich dies ebenfalls nachvollziehen. Wulff und seine Verteidigung lehnten eine von Seiten des Gerichts in Aussicht gestellte Verständigung ab427 und es kam letztlich zu einem Freispruch428. Dass also eine Verständigung nicht grundsätzlich immer positiv für den Angeklagten sein muss, kann als weitestgehend bekannt vorausgesetzt werden. „Es ist [eben] leider manchmal wie auf dem Basar“429 und dabei kann es auch schlechte Verständigungsergebnisse geben. Mithin ist es unwahrscheinlich, dass § 257c StPO einen negativen Effekt auf das Abschreckungs- und Normintegrationspotential von § 266 StGB nach dem Urteil des BVerfG vom 19. 03. 2013430 haben könnte. 5. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen Schon zu Beginn der Untersuchung wurde dargelegt, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eine Rolle im Hinblick auf eine strafrechtliche Generalprävention spielen431. In den letzten Jahren nach dem Ausbruch der Krise ist häufig darauf hingewiesen worden, dass Staatsanwaltschaften aufgrund der Quantität und Komplexität von wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren überlastet seien432. Krey führt dazu aus, dass die Staatsanwaltschaft „nach ihren personellen und materiellen Ressourcen […] nicht in der Lage [ist], strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen alle verdächtigen

424

Vgl. EGMR, Urt. v. 15. 01. 2015 – 48144/09 (Case of Cleve versus Germany). Reich, Überlange Verfahrensdauer, S. 32 f. 426 Auch dieser Begriff ist den Medien zu entnehmen, um die politische Affäre um den Rücktritt des ehem. Bundespräsidenten Christian Wulff und die strafrechtlichen Ermittlungen und das strafrechtliche Verfahren gegen diesen zu umschreiben. Siehe hierzu stellv.: Süddeutsche Zeitung vom 10. 04. 2013, „Lehren aus der Causa Wulff, Von der Lawine zum Schneebällchen“, unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/lehren-aus-der-causa-wulff-vonder-lawine-zum-schneebaellchen-1.1644858 (13. 11. 2014). 427 Handelsblatt vom 09. 04. 2013, „Wulff zahlt nicht“, unter: http://www.handelsblatt.com/ politik/deutschland/kein-deal-mit-staatsanwaltschaft-wulff-zahlt-nicht/8040766.html (14. 11. 2014). 428 Frankfurter Rundschau vom 28. 02. 2014, „Freispruch zweiter Klasse für Wulff“, unter: http://www.fr-online.de/gauck-folgt-wulff/christian-wulff-freispruch-zweiter-klasse-fuerwulff,11460760,26416694.html (14. 11. 2014). 429 Taz vom 08. 03. 2013, „Rechtsanwalt über umstrittene Deals, ,Wie auf dem Basar‘“, unter: http://www.taz.de/!112391/ (13. 11. 2014). 430 BVerfGE 133, 168 ff. = NJW 2013, 1058 ff. 431 Vgl. hierzu nochmals stellv. Ostendorf, ZRP 1976, 281, 283, der auch die Kriminalitätsverfolgung im Kontext der Generalprävention erwähnt. 432 Auf die Gefahr dieser Überlastung hat im Zusammenhang mit der Wirtschaftskriminalität auch schon Volk vor über 30 Jahren hingewiesen: Volk, JZ 1982, 85, 87. 425

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Banker durchzuführen“433. Vor diesem Hintergrund wird sogar der Vorwurf erhoben, dass Staatsanwaltschaften überwiegend abwarten würden und sogar gelähmt seien, statt die Aufarbeitung der Krise voranzutreiben434. Aber nicht nur in der wissenschaftlichen Literatur finden sich solche Aussagen. So wies der 5. Strafsenat des BGH schon 2005 ebenfalls darauf hin, dass „keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen“435, um komplexe Sachverhalte der Wirtschaftsstrafverfahren angemessen aufklären zu können436. In der Wirtschaftswoche vom 19. 11. 2012 heißt es, dass „[…] Fahnder ständig vor komplexen Wirtschaftsverbrechen kapitulieren [müssen]“437. Es wird vor allem darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Verfahren nach der Krise gestiegen sei und dass es zu wenig Richter und Staatsanwälte gäbe, um diese zu bewältigen438. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich der Artikel auf eine Studie von 2011 bezieht439, bei der Unternehmensvertreter telefonisch interviewt worden sind440. Mithin handelt es sich bei den Angaben zur Entwicklung von Wirtschaftskriminalität ausschließlich um interne Unternehmensdaten und nicht um tatsächlich geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Auch wird nicht dargelegt, dass diese Statistik selbst ausweist, dass im Vergleich zu 2009 ein Rückgang der Wirtschaftskriminalität um 9 v.H. zu verzeichnen ist441. Die Ursachen hierfür bleiben spekulativ. Möglicherweise wollten die Unternehmensvertreter nicht alle Fälle mitteilen oder Ermittlungsbehörden leisteten in der Zwischenzeit so gute Arbeit, dass ein Abschreckung- und Normintegrationseffekt einsetzte. Denkbar ist auch, dass Ermittlungen aufgrund einer Überlastung der Staatsanwaltschaften erst gar nicht aufgenommen oder eingestellt wurden. Es gibt mithin viele Ansätze, um diese Ergebnisse zu interpretieren. Zuletzt griff im September 2014 der Spiegel erneut die Staatsanwaltschaften an442. Durch eine Aneinanderreihung von (teilweise) kritikwürdigen Vorgehens durch Staatsanwälte in Einzelfällen werden die Ankläger selbst zu Angeklagten443. So sei der „Apparat, den der Staat aufbietet, Wahrheit und Gerechtigkeit vor Gericht zu garantieren, […] [ein] Monstrum“444. Verknüpft man nun diese Vorwürfe 433

Krey, in: FS Roxin, 1073, 1076. Strate, HRRS 2009, 441. 435 BGHSt 50, 299, 308 = NJW 2006, 925, 929. 436 BGHSt 50, 299, 308 = NJW 2006, 925, 929. 437 Wirtschaftswoche, Ausgabe Nr. 47 vom 19.11. 2012, S. 48. 438 Wirtschaftswoche, Ausgabe Nr. 47 vom 19.11. 2012, S. 51 f. 439 Studie zur Wirtschaftskriminalität 2011, PwC & Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.), abrufbar unter: http://www.pwc.de/de_DE/de/risiko-management/assets/wikri-studie-2011.pdf (01. 11. 2014). 440 Studie zur Wirtschaftskriminalität 2011, PwC & Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.), S. 12. 441 Studie zur Wirtschaftskriminalität 2011, PwC & Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.), S. 17. 442 Der Spiegel, Ausgabe 9/2014, S. 58 ff. 443 Der Spiegel, Ausgabe 9/2014, S. 58 ff. 444 Der Spiegel, Ausgabe 9/2014, S. 59. 434

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miteinander, so würde ein Bild von in jeder Hinsicht überforderten Staatsanwaltschaften entstehen. Diese würden dann lediglich aus Eigennutz Ermittlungsverfahren einleiten, um so ihr Prestige zu steigern und die Chancen auf eine Beförderung zu erhöhen445. Ob diese Aussagen zutreffend sind, ist jedoch zweifelhaft. Zu bedenken ist schließlich, dass nach dem Legalitätsprinzip gem. § 152 Abs. 2 StPO bei einem Verdacht Ermittlungen aufgenommen werden müssen. Zwar kann es im Einzelfall zur Überschreitung gewisser Grenzen kommen (wie z. B. eine öffentliche Festnahme trotz anderer Möglichkeiten446 oder eine Festnahme im Beisein von Kameras447 und die damit verbundene gesellschaftliche Stigmatisierung und die Verletzung der Unschuldsvermutung)448. Aber es ist auch positiv zu werten, dass die Tätergruppe der White Collar449 vor strafrechtlichen Ermittlungen nicht verschont bleibt und die hier aufgelisteten Fälle nicht die Mehrzahl staatsanwaltschaftlichen Handelns widerspiegeln. Auch in der Politik wurde dieses Thema bereits behandelt. Diskutiert wurden das mögliche Hinzuziehen von Wirtschaftsgutachtern in Untreueprozessen zu verstärken450, aber auch eine Änderung des § 77 GVG wurde vorgeschlagen, um mehr Schöffen mit wirtschaftlicher Expertise zu beteiligen451. Außerdem wurde auf das „Bremer Modell“ abgestellt, wonach folgende Ansätze bundesweit etabliert werden sollen: „ gemeinsame Verfahrensstrategie in umfangreichen Verfahren, *

*

ressortübergreifendes Verfahrenscontrolling,

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elektronische Auswertung und Ermittlungsunterstützung, elektronische Zweitakte,

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445

behördenübergreifendes Qualifizierungskonzept mit gemeinsamen Fortbildungsveranstaltungen für Staatsanwaltschaft, Polizei und Finanzbehörden und gegenseitigen Hospitationen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsorgane,

Vgl. Der Spiegel, Ausgabe 9/2014, S. 61 zur Beurteilung von Staatsanwälten mit Noten. So geschehen bei der No Angels Sängerin Nadja Benaissas: Süddeutsche Zeitung vom 17. 05. 2010, „Welcome – das neue Leben der Nadja Benaissa“, unter: http://www.sueddeutsche. de/panorama/justiz-haftbefehl-aufgehoben-welcome-das-neue-leben-der-nadja-benaissa-1.8733 5 (22. 03. 2015). 447 Vgl. nur die Festnahme Zumwinkels vor laufender Kamera: RP-Online vom 22. 11. 2014, „Das Leben des Managers nach dem Absturz“, unter http://www.rp-online.de/wirtschaft/ unternehmen/das-leben-des-managers-nach-dem-absturz-aid-1.4687056 (22. 03. 2015). 448 Vgl. zu dem Gedanken einer Art „Vorab-Stigmatisierung“: Blum, Gerichtliche Zeugenbetreuung im Zeichen des Opferschutzes, S. 72 ff. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Unschuldsvermutung nicht die Medien unmittelbar binde, aber unter Verweis auf den Pressekodex wird herausgestellt, dass Vorverurteilungen zu vermeiden sind: Vgl. Berger, Kriminalität und Kriminalisierung, S. 76. 449 Sutherland, White Collar Crime. 450 Bundestagsdrucksache 17/13087, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/1 7/130/1713087.pdf (01. 11. 2014). 451 Bundestagsdrucksache 17/13087, S. 4, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/ btd/17/130/1713087.pdf (01. 11. 2014). 446

116 *

2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen? Ressourcenoptimierung durch geschickten Einsatz von Fachpersonal (z. B. Wirtschaftsreferentenstelle bei der Staatsanwaltschaft)“452.

All diese Aspekte können dazu beitragen, die Situation zu verbessern, aber es wird mehr Personal benötigt, um umfangreiche Ermittlungen führen zu können. Allein durch mehr elektronische Vernetzung und Fortbildungen werden sich komplexe Fälle mit wirtschaftlichem Hintergrund wohl kaum effizienter bearbeiten lassen. Einzig der letzte Punkt der Aufzählung dürfte tatsächlich einen Fortschritt darstellen. Die Beteiligung von mehr Spezialisten – schon von vornherein – bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist unerlässlich. So können Sachverhalte überhaupt erst erfasst werden, die sich Experten der Wirtschaft eingehender erschließen als – trotz wirtschaftsstrafrechtlicher Praxiserfahrung – fachfremden Juristen. Der Wirtschaftswoche zufolge verfügt beispielsweise die Staatsanwaltschaft Stuttgart über fünf Einheiten mit je 20 Wirtschaftsspezialisten453, um so effektiver komplexe wirtschaftsstrafrechtliche Fälle bearbeiten zu können. Es bestand jedoch die Gefahr, dass diese spezialisierten Einheiten im Rahmen einer Neuorganisation aufgelöst werden454. Diese Einheiten befanden sich in der „Hauptabteilung IV“ der Staatsanwaltschaft Stuttgart, welche man immer noch auf der Homepage vorfindet455. Bedenklich ist aber, dass die Auflösung dieser Einheiten diskutiert worden ist, denn dies illustriert, dass auf politischer Ebene zwar Probleme erkannt werden, aber deren Ausmaß unterschätzt wird. Wie soll eine Prävention schon bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beginnen können, wenn nötige Ressourcen fehlen und dies auch den potentiellen Tätern bekannt sein dürfte? Im Hinblick auf eine Generalprävention ließ sich zuvor kein Defizit bei § 266 StGB und durch § 257c StPO feststellen456. Dieses zeigt sich jedoch nun im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Vergrößern dürfte sich das Defizit dadurch, dass mit immer mehr abstrakten Gefährdungsdelikten457 (aufgrund der materiell-rechtlichen Weite) immer mehr Arbeit für die Staatsanwaltschaften anfällt458. Treffend hierzu Schneider: „Werden die Schleusen des materiellen Rechts geöffnet, muss die Flut potentieller Straftaten durch die Strafrechtspflege und ihre Instanzen bewältigt werden. Dies ist ohne maßgebliche Aufstockung der personellen Ressourcen unmöglich und führt entweder zu einem inflationären Ausweichen auf das ,soft law‘ der §§ 153 ff. StPO oder zu einem exponentiellen 452 Bundestagsdrucksache 17/13087, S. 5, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/ btd/17/130/1713087.pdf (01. 11. 2014). 453 Wirtschaftswoche, Ausgabe Nr. 47 vom 19.11. 2012, S. 52. 454 Wirtschaftswoche, Ausgabe Nr. 47 vom 19.11. 2012, S. 52. 455 http://www.staatsanwaltschaft-stuttgart.de/pb/,Lde/1235448 (Homepage zuletzt aufgerufen am 24. 09. 2015). 456 2. Teil, A. II. 3. und 4. 457 Hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 2. a). 458 Auf die Instrumentalisierung des Strafrechts durch die Politik und die daraus resultierende „Überforderung des Strafrechts und des gesamten Kriminaljustizsystems“ hinweisend: Albrecht, NJ 1994, 193, 196.

B. Die Mitursächlichkeit

117

Anstieg des Dunkelfeldes, weil die Kontrolle der potentiell verdächtigen Geschäftsvorfälle nicht durchführbar ist. Beide Varianten beeinträchtigen maßgeblich die Normanerkennung und den Glauben an die Legitimität der Strafgesetze und führen damit langfristig zu einer Erosion des Strafrechts auch im Kernbereich der Normen“459.

III. Zwischenergebnis: Grundsätzliches zur Nichtverhinderung der Krise mit strafrechtlichen Mitteln Durch eine strafzwecktheoretische Betrachtung konnte die praktische Ebene des Strafrechts460 untersucht werden. Eine nähere Definition einer politischen Wirtschaftsstraftat auf Metaebene war hierzu nicht erforderlich461. Dem „wirtschaftliche [n] Handeln, das sich zu unwiderstehlicher Macht über Menschen ballt […]“462, sind zumindest mit § 266 StGB Grenzen gesetzt. Diese entsprechen verfassungsrechtlichen Vorgaben463 und haben seit dem 23. 06. 2010464 auch das nötige Abschreckungsund Normintegrationspotential inne465. Diese Ergebnisse können auch nicht durch § 257c StPO in Frage gestellt werden. Diese Norm hat das Abschreckungs- und Normintegrationspotential nicht gemindert466. Damit ist festzustellen, dass das Strafrecht vor dem 23. 06. 2010 seine generalpräventiven Aufgaben nicht erfüllen konnte. Dies hat wohl auch als einer von vielen Faktoren467 dazu beigetragen, dass die Krise in Deutschland dieses Ausmaß annahm. Mit dem 23. 06. 2010 ist das Defizit im Hinblick auf die Erfüllung der – hier zugewiesenen – Rolle des Strafrechts aufgehoben worden468. Das einzige Defizit, was es in diesem Gefüge zu beheben gilt, ist die Ressourcenknappheit bei den Staatsanwaltschaften469.

B. Die Mitursächlichkeit Nach allen bisherigen Ausführungen lässt sich damit die erste der beiden zu untersuchenden Fragen beantworten: Das Strafrecht ist wahrscheinlich – wenn auch 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469

Schneider, NK 2012, 30, 34. Vgl. 1. Teil, B. I. 1. Anders bei Naucke, vgl. 1. Teil, B. I. 1. Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung, S. 22. Vgl. 2. Teil, A. II. 2. e). BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 2. Teil, A. II. 3. 2. Teil, A. II. 4. c). Vgl. 2. Teil, A. I. Vgl. 2. Teil, A. II. 3. 2. Teil, A. II. 5.

118

2. Teil: Konnte das Strafrecht die hier zugewiesene Rolle erfüllen?

als kleiner Teil eines multifaktoriellen Ursachenkomplexes470 – mitursächlich für den Ausbruch der Krise in Deutschland. Dies geht vor allem auf die Unbestimmtheit des § 266 StGB zu Zeiten vor und während der Krise zurück. Dieses Defizit ist jedoch mittlerweile behoben.

470

Vgl. 2. Teil, A. I.

3. Teil

Zu den strafrechtlichen Mitteln als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise A. Das strafrechtliche Arsenal Vor dem soeben dargelegten Hintergrund sind insbesondere die Reaktionen auf die Krise kritisch zu betrachten. Es wurde bereits auf die Bedeutung des § 266 StGB für die Sachverhaltskonstellationen der Krise hingewiesen1. An dieser Stelle soll nun die materiell-rechtlichen Subsumtion der Krisensachverhalte unter § 266 StGB erfolgen. Eine solche Subsumtion wurde bereits u. a. von Kasiske2, Schünemann3 und Bermel4 durchgeführt. Zunächst soll daher auf die Ausführungen dieser Autoren eingegangen werden (I.), bevor eine eigenständige Prüfung der Sachverhalte erfolgt (II.). Im Anschluss werden die Ergebnisse der Untersuchungen miteinander verglichen, um mögliche Problemkreise im Rahmen der Subsumtion der Sachverhalte unter § 266 StGB zu identifizieren (III.).

I. Die bereits vorgenommenen Subsumtionen der Krisensachverhalte unter § 266 StGB Es wird vorliegend nicht verkannt, dass schon einige Autoren die Krisensachverhalte unter § 266 StGB subsumiert haben5. Aufgrund der vergleichsweise um1

Siehe im Ergebnis: 2. Teil, A. III. Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 13 ff. 3 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 71 ff. 4 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht 2014. 5 So beispielsweise: Schünemann, ZStW 123 (2011), 767 ff.; Schröder, ZStW 123 (2011), 771 ff.; Wohlers, ZStW 123 (2011), 791 ff.; Fischer, ZStW 123 (2011), 816 ff.; Schröder, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 59 ff.; Säcker, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 119 ff.; Deiters, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 132 ff.; Dierlamm, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201 ff.; Zerbes, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirt2

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

fänglichen Darstellungen werden im Folgenden lediglich die Ausführungen von Kasiske6, Schünemann7 und Bermel8 dargestellt.

1. Die Subsumtion von Kasiske Kasiske untersucht exemplarisch die Strafbarkeit der Verantwortlichen der IKB gem. § 266 StGB9. Er stellt fest, dass der Vorstand eine Vermögensbetreuungspflicht inne habe und deren Inhalt von § 93 Abs. 1 S. 1 AktG konkretisiert werde10. Bzgl. des pflichtwidrigen Verhaltens verweist er darauf, dass vor dem Hintergrund der Schaffung existenzgefährdender Risiken „besondere Anforderungen an die Informationspflicht“ zu stellen seien11. Er legt weiterhin dar, dass schon aufgrund der Struktur der Wertpapiere beträchtliche Risiken vorhanden gewesen seien12. Außerdem sei durch den Umfang der Liquiditätsgarantien die Leistungsfähigkeit der IKB überstiegen gewesen und damit hätte eine Existenzgefährdung vorgelägen13. Es wird auch auf Defizite im Rahmen der Risikoanalyse hingewiesen14. Der Vermögensnachteil wird als Gefährdungsschaden klassifiziert und eine Kompensation wird vor dem Hintergrund einer Existenzgefährdung der IKB abgelehnt15. Zum Vorsatz führt Kasiske aus, dass die Verantwortlichen Kenntnisse über die Art und den Umfang der jeweiligen Geschäfte sowie deren Risiko gehabt hätten16. Insgesamt geht Kasiske davon aus (mit Einschränkungen im Hinblick auf nicht bekannte Umstände), dass alle Tatbestandsmerkmale der Untreue erfüllt sind. schaftsstrafrecht und die Moral, S. 158 ff.; Arzt, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 177 ff. 6 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 13 ff. 7 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 71 ff. 8 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht 2014. 9 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 22 ff. 10 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 23. 11 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 23. 12 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 24 ff. 13 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 30 f. 14 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 33. 15 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 31 ff. 16 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 33 ff.

A. Das strafrechtliche Arsenal

121

2. Die Subsumtion von Schünemann Schünemann begründet eine Vermögensbetreuungspflicht von Organen juristischer Personen mit ihrer Obhutsherrschaft und bei leitenden Angestellten mit der Entscheidungsmacht, die ihnen zukomme17. Hierunter subsumiert er auch ausdrücklich Aufsichtsgremien18. Pflichtwidriges Verhalten liege bei den Verantwortlichen der Landesbanken vor, weil diese schon aufgrund des öffentlichen Zwecks die in Frage stehenden Investitionen nicht hätten tätigen dürfen sollen19. Aufgrund der Höhe der Investitionen seien hohe Prüfungsanforderungen im Hinblick auf die getätigten Investitionen zu stellen20. Die Verantwortlichen hätten sich nicht auf die Ratings der Ratingagenturen verlassen dürfen21. Auch die fehlende Berücksichtigung von Klumpenrisiken22 sei als pflichtwidriges Verhalten zu werten. Das (kritisch betrachtete und grundsätzlich von Schünemann abgelehnte) Merkmal der gravierenden Pflichtverletzung wird unter Hinweis auf den Umfang der Geschäfte und die planmäßige Umgehung geltender Regeln durch den Einsatz von Zweckgesellschaften im Ausland nachgewiesen23. Auch vom Vorliegen eines Vermögensnachteils geht Schünemann aus24. Aufgrund der Investitionsvolumina bestünde keine jederzeitige Veräußerungsmöglichkeit der erworbenen Wertpapiere25. Außerdem handele es sich um eine Art „Schneeballsystem“26, welches zusammenbrechen musste und womit schon von vornherein ein Vermögensnachteil vorgelegen haben soll27. Als weitere Quelle für einen Vermögensnachteil wird auf die Auszahlung von Boni hingewiesen28. Hinsichtlich des Vorsatzes gelangt Schünemann zu dem Er17

Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 88 f. 18 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 88 f. 19 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 89 f. 20 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 90. 21 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 90 f. 22 Hierzu näher unter 3. Teil, B. II. 2. j). 23 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 92 f. 24 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 94 ff. 25 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 26 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 27 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 28 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte global organisierte Kriminalität, S. 94 f.

Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder

Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder Finanzkrise – Systemversagen oder

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

gebnis, dass zahlreiche Gründe dafür sprechen würden, „dass die mit der Entscheidung über die Anschaffung der letztlich wertlosen Papiere befassten Bankmanager einen zumindest bedingten Schädigungsvorsatz besaßen“29. 3. Die Subsumtion von Bermel Bermel versucht eine Strafbarkeit der Verantwortlichen materiell-rechtlich mit der Prüfung der Merkmale der business judgment rule nachzuwesein30. Mit dem Beispiel der IKB31 soll veranschaulicht werden, dass schon die Teilnahme an den Verbriefungsgeschäften32 dem Geschäftszweck der IKB widersprochen haben soll33. Dieser Geschäftszweck soll nämlich in der „Förderung des Mittelstandes“ bestanden haben34. Diese Geschäfte sollen „in einer evidente[n] Weise Pflichtverletzungen der Vorstände dar[stellen]“35. Als weiterer Anknüpfungspunkt für eine Pflichtverletzung wird das Risikomanagement – angefangen bei einer unzureichenden Risikovorsorge – gewertet36. Eine nicht ausreichende Risikovorsorge vor dem Hintergrund der Gefahren von sog. Klumpenrisiken37 in Verbindung mit der Anlage von Geld in Subprime Kredite38 entspräche nicht dem Maßstab „der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“39 gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG40. Auch hätten die Vorstände sich vor dem Ankauf der Wertpapiere nicht ausreichend informiert und sie hätten sich nicht auf die Ratings der Ratingagenturen verlassen dürfen41. Daneben 29

Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 99. 30 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 88 ff. 31 Vgl. hierzu 2. Teil, A. I. 2. a) und vgl. auch zur IKB: Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 52 ff. 32 Vgl. hierzu 2. Teil, A. I. 1. c). 33 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 94; vgl. hierzu außerdem 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 34 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 94; vgl. hierzu außerdem 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 35 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 94. 36 Vgl. Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 97 ff., insbesondere S. 100 zur unzureichenden Risikovorsorge. 37 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 97 ff.; 3. Teil, A. II. 2. j). 38 Siehe dazu 2. Teil, A. I. 1. und 2. 39 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 105; vgl. auch § 93 Abs. 2 AktG und 2. Teil, A. II. 1. a). 40 Vgl. vor allem Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 84 ff. 41 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 106 ff.

A. Das strafrechtliche Arsenal

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werden das Eingehen existenzgefährdender Risiken und die Fristentransformationen kritisiert42. Das Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung wird abgelehnt43. Ein Vermögensnachteil wird in Form einer nachteilsgleichen Vermögensgefährdung unter Hinweis auf normative Kriterien, die einer Risikoanalyse zugrunde zu legen seien, angenommen44. Insbesondere unter Verweis auf die bewusste Umgehung von bestehenden Regeln und dem Wissen um die Höhe der eingegangenen Risiken und der bereitgestellten Liquiditätslinien wird von Bermel das Vorliegen eines dolus directus zweiten Grades behauptet45.

II. Die materiell-rechtliche Subsumtion unter § 266 StGB Die zuvor zusammengefassten Ausführungen von Kasiske46, Schünemann47 und Bermel48 haben im Ergebnis gemeinsam, dass der Tatbestand des § 266 StGB erfüllt ist, auch wenn die rechtliche Bewertung des jeweiligen Verhaltens im Detail unterschiedlich ist. Um dieses Ergebnis überprüfen zu können und zu den Ausführungen der Autoren Stellung nehmen zu können (III.), ist es notwendig, die verschiedenen Sachverhaltskonstellationen unter § 266 StGB zu subsumieren. 1. Täterkreis und Vermögensbetreuungspflicht Bei allen hier beispielhaft aufgeführten Fällen, die Untreue zum Vorwurf haben, geht es um komplexe Finanzgeschäfte49. Die Verantwortung für diese Art von Geschäften müssen vor allem die Vorstandsmitglieder des jeweiligen Kreditinstituts übernehmen. Auch Aufsichtsratsmitglieder und Verwaltungsratsmitglieder einiger Kreditinstitute zählen zu dem potentiellen Täterkreis. 42 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 113 ff. 43 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 137. 44 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 167 ff. 45 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 173 ff. 46 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 13 ff. 47 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 71 ff. 48 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht 2014. 49 Vgl. 2. Teil, A. I. 1. und 2.; vgl. insbesondere zur Neuartigkeit der Finanzprodukte: Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Bei Vorstandsmitgliedern ist unproblematisch eine Vermögensbetreuungspflicht nachzuweisen50. Sie haben weitreichende Befugnisse und umfassende Entscheidungsfreiheit51. Damit haben Vorstandsmitglieder einen gewissen Grad an Selbstständigkeit in einem Aufgabenkreis mit gewissem Gewicht in bedeutenden Angelegenheiten für das jeweilige Kreditinstitut52. Wenn man die hier näher zu untersuchenden Kreditinstitute differenziert betrachtet, muss sowohl zu Aufsichtsratsmitgliedern als auch zu Verwaltungsratsmitgliedern im Hinblick auf eine etwaige Vermögensbetreuungspflicht Stellung genommen werden. Während Privatbanken in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft einen Aufsichtsrat haben53, haben Landesbanken als Anstalten öffentlichen Rechts54 i. d. R. einen Verwaltungsrat55. Für den Fall, dass dies eine Satzung bestimmt, wird sich i. d. R. an den Vorschriften des Aktiengesetzes orientiert56. Landesbanken können jedoch auch statt einem Verwaltungsrat einen Aufsichtsrat haben. Zu untersuchen ist, ob die Mitglieder eines Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft, die Mitglieder eines Aufsichtsrates einer Anstalt öffentlichen Rechts und die Mitglieder eines Verwaltungsrates einer Anstalt öffentlichen Rechts eine Vermögensbetreuungspflicht innehaben. Die Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrats werden in § 111 AktG geregelt. Gem. § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen und nach § 111 Abs. 2 S. 1 AktG stehen dem Aufsichtsrat umfassende Prüfrechte zu. „Diese Kontrolle bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Sachverhalte, sondern erstreckt sich auch auf grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftspolitik; sie ist nicht auf eine Rechtsmäßigkeitsprüfung beschränkt, sondern muß die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung einbeziehen“57.

50 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 72 f.; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1090. 51 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 72 f.; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1090. 52 Vgl. zur Vermögensbetreuungspflicht: 2. Teil, A. II. 1. a) und Joecks, Studienkommentar StGB, § 266, Rn. 34; vgl. auch Dierlamm, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 5, § 266, Rn. 52 ff.; m.w.N. Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 21 ff. und Heger, in: Lackner/ Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 4; Adick, Organuntreue (§ 266 StGB) und Business Judgment, S. 10. 53 Der Aufsichtsrat ist schon für die Gründung unverzichtbar, vgl. §§ 30, 33, 36 AktG. 54 Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. b) und d). 55 Näher zum Verwaltungsrat: Ehlers, Die Haftung von Verwaltungsratsmitgliedern öffentlich-rechtlicher Anstalten gegenüber der Anstalt und Außenstehenden, S. 35 ff.; Völter, Aufgaben und Pflichten von Verwaltungsräten, S. 31. 56 KPMG, PublicGovernance Frühjahr 2006, „Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats“, S. 8 f. 57 BGHZ 114, 127, 129 f. = NJW 1991, 1830, 1831.

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Damit kommt dem Aufsichtsrat eine für die AG nicht unbedeutende Aufgabe in einem Bereich mit gewissem Gewicht zu, bei der er selbstständig agieren kann58. Auch für die Aufsichtsratsmitglieder einer AG ist damit eine Vermögensbetreuungspflicht anzunehmen59. Als Beispiel für eine Landesbank, die mittels Satzung einen Aufsichtsrat eingerichtet hat, soll hier die LBBW dienen. Anhand der in der Satzung definierten Aufgaben des Aufsichtsrates können Aussagen zur Vergleichbarkeit mit den Aufgaben eines Aufsichtsrates einer AG getroffen werden. Damit kann letztlich festgestellt werden, ob auch die Aufsichtsratsmitglieder einer Landesbank eine Vermögensbetreuungspflicht inne haben. § 15 Abs. 1 „Aufgaben des Aufsichtsrats“60 der Satzung der LBBW vom 09. 05. 2014 lautet: „(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen. Er muss der Erörterung von Strategien, Risiken und Vergütungssystemen für Vorstände und Mitarbeiter ausreichend Zeit widmen. Ihm obliegt die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands sowie die Bestellung und Abberufung des Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands, ferner die Festlegung der Vergütung der Mitglieder des Vorstands. Der Aufsichtsrat kann stellvertretende Vorstandsmitglieder bestellen; die stellvertretenden Mitglieder haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Vorstandsmitglieder. Der Aufsichtsrat wählt gemäß § 12 Abs. 2 der Satzung einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats, soweit das Gesetz über die Landesbank BadenWürttemberg nichts anderes bestimmt [Hervorhebungen durch den Verfasser].“61

Schon § 15 Abs. 1 S. 1 der Satzung der LBBW ist wortgleich mit § 111 Abs. 1 AktG. Dies legt nahe, dass man sich bei der Formulierung der Aufgaben des Aufsichtsrates der LBBW an den Regeln des AktG orientiert hat62. Zur Bedeutung dieser Aufgabe des Aufsichtsrates kann nichts anderes gelten als für die des Aufsichtsrates einer AG. Untermauert wird dieses Ergebnis durch § 15 Abs. 1 S. 2 der Satzung der LBBW, der sicherstellt, dass der Aufsichtsrat der „Erörterung von Strategien, Risiken und Vergütungssystemen für Vorstände und Mitarbeiter ausreichend Zeit widm [et]“. Damit wird die Kontrollfunktion des Aufsichtsrates erneut hervorgehoben und gestärkt. Mithin haben auch die Mitglieder eines durch Satzung einer Landesbank eingerichteten Aufsichtsrates eine Vermögensbetreuungspflicht inne. 58

Vgl. zur Vermögensbetreuungspflicht: 2. Teil, A. II. 1. a) und Joecks, Studienkommentar StGB, § 266, Rn. 34; vgl. auch Dierlamm, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 5, § 266, Rn. 52 ff.; m.w.N. Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 21 ff. und Heger, in: Lackner/ Kühl, Strafgesetzbuch, § 266, Rn. 4; Adick, Organuntreue (§ 266 StGB) und Business Judgment, S. 10. 59 So auch Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 113, 114. 60 Satzungstext der LBBW vom 09. 05. 2014 abrufbar unter: http://www.lbbw.de/media/de/ investor_relations/pdf_investorrelations/satzung_lbbw_de.pdf (09. 06. 2015). 61 Satzungstext der LBBW vom 09. 05. 2014 abrufbar unter: http://www.lbbw.de/media/de/ investor_relations/pdf_investorrelations/satzung_lbbw_de.pdf (09. 06. 2015). 62 Vgl. hierzu: KPMG, PublicGovernance Frühjahr 2006, „Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats“, S. 8 f.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Auch dem Verwaltungsrat kommen ähnliche Kompetenzen zu wie einem Aufsichtsrat. Bohn hat unter Bezugnahme auf die Satzungen verschiedener Landesbanken die verschiedenen Kompetenzen des Verwaltungsrates herausgestellt63. Danach hat der Verwaltungsrat in gleicher Weise die Geschäftsführung der Anstalt des öffentlichen Rechts zu überwachen wie ein Aufsichtsrat die Geschäftsführung einer AG64. Im Ergebnis kann damit auch für die Mitglieder des Verwaltungsrates von Anstalten öffentlichen Rechts eine Vermögensbetreuungspflicht nachgewiesen werden. 2. Pflichtwidriges Verhalten Im Nachfolgenden soll untersucht werden, ob die Vorstandsmitglieder und die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder pflichtwidrig ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt haben gem. § 266 StGB. Zunächst werden die zu untersuchenden Sachverhalte konkretisiert a), es wird ein Pflichtwidrigkeitsmaßstab festgelegt b) und die unterschiedlichen und zu bewertenden Verhaltensweisen werden dargestellt c). Im Anschluss werden diese Verhaltensweisen untersucht und soweit es mit den bekannten Informationen zu dem jeweiligen Sachverhalt möglich ist, werden diese strafrechtlich bewertet. Eine vollständige Bewertung aller für den Einzelfall relevanten Aspekte kann jedoch nur tatgerichtlich erfolgen. Dies folgt daraus, dass Sachverhaltsinformationen bzgl. der internen Organisation des jeweiligen Kreditinstituts und bzgl. des individuellen Verhaltens, sowie subjektive Wahrnehmungen der Vorstandsmitglieder und der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder von entscheidender Bedeutung sind. Die nachfolgende Untersuchung kann daher lediglich die Grundlagen für eine einzelfallspezifische Untersuchung liefern und grundlegendes Fehlverhalten feststellen, ohne den – für das Strafrecht bedeutenden – individuellen Schuldvorwurf erheben zu können. a) Die der nachfolgenden Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhalte Die Sachverhalte die der nachfolgenden Untersuchung zugrunde liegen, wurden bereits dargestellt65. Aus diesen Darstellungen lässt sich ein krisenspezifischer Verhaltenskomplex isolieren, welcher genauer untersucht werden soll. Im Fokus der nachfolgenden Untersuchung sollen die SachsenLB, BayernLB, WestLB, IKB, LBBW und die HSH Nordbank stehen. Alle untersuchten Kreditinstitute waren am Wertpapierhandel am US-Hypothekenmarkt beteiligt. Die IKB war über die Zweckgesellschaft Rhineland Funding 63

Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts unter Berücksichtigung des Wandels der Anstalt durch die Beteiligung Dritter, S. 143 ff. 64 Vgl. Bohn, Die Anstalt des öffentlichen Rechts unter Berücksichtigung des Wandels der Anstalt durch die Beteiligung Dritter, S. 147. 65 2. Teil, A. I. 2.

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Capital Corporation mit Geschäften am US-Hypothekenmarkt beteiligt66. Die SachsenLB war über SachsenLB Europe – eine Tochtergesellschaft der SachsenLB –, welche die Zweckgesellschaft (Conduit) Ormond Quay verwaltete67, mit Investitionen am US-Hypothekenmarkt beteiligt68. Auch die LBBW war über eigens gegründete Zweckgesellschaften am Geschäft mit risikoreichen Wertpapieren beteiligt69. Die BayernLB nahm ebenso am Wertpapierhandel auf dem US-Hypothekenmarkt teil70. Gleiches gilt für die WestLB71 und die HSH Nordbank72. All diese Kreditinstitute gerieten aufgrund ihrer Investitionen in den Wertpapierhandel am US-Hypothekenmarkt in finanzielle Notlagen73. Damit hatten diese Investitionen eine zentrale Bedeutung für den Ausbruch der Krise in Deutschland. Der nachfolgende strafrechtlich zu untersuchende Sachverhalt befasst sich ausschließlich mit diesen Investitionen. Insbesondere die Entscheidungen zu den jeweiligen Investitionen, die besondere Art und Weise der Investitionen (vgl. u. a. die Ausführungen zu den Klumpenrisiken)74, die Überwachung der Entscheidungen75 zu Investitionen und die Überwachung der Folgen der Investitionen76 stehen nachfolgend im Fokus der Untersuchung. Auch das Bereitstellen von Liquiditätsgarantien für Zweckgesellschaften wird in diesem Zusammenhang als Investition gewertet77. Diese Entscheidungs- und Handlungskomplexe lassen sich in spezifische Verhaltensweisen aufteilen, deren Pflichtwidrigkeit geprüft wird78. b) Der Pflichtwidrigkeitsmaßstab Fraglich ist, welcher Maßstab zur Beurteilung der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens der potentiell Verantwortlichen zugrunde gelegt werden soll. Da das pflichtwidrige Verhalten i.S.v. § 266 StGB an Wertungen anderer Rechtsgebiete gebunden 66 2. Teil, A. I. 2. a); LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 17, 19; Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 130. 67 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 68 2. Teil, A. I. 2. b). 69 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 01. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 70 2. Teil, A. I. 2. d). 71 2. Teil, A. I. 2. e). 72 2. Teil, A. I. 2. f). 73 2. Teil, A. I. 2. 74 3. Teil, A. II. 2. j). 75 Dies betrifft die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder, vgl. 3. Teil, A. II. 2. m). 76 Vgl. hierzu die Ausführungen zum Risikomanagement, 3. Teil, A. II. 2. i). 77 Vgl. zu den Liquiditätszusagen 2. Teil, A. I. 1. e). 78 Zu den Verhaltensweisen unter 3. Teil, A. II. 2. c).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

und damit akzessorisch ist79, ist es entscheidend, welcher (zivil-)rechtliche Haftungsmaßstab für die Verantwortlichen gilt. Für die Verantwortlichen einer Privatbank in Rechtsform einer AG oder auch Landesbanken in Rechtsform einer AG kann unproblematisch auf §§ 93, 116 AktG verwiesen werden. Fraglich ist jedoch, ob dies auch für die übrigen Landesbanken gilt. Einerseits könnte man aufgrund ihrer Rechtsform als Anstalten öffentlichen Rechts80 auf einzelvertragliche Bestimmungen und deren Verletzung abstellen81. Andererseits könnte man aber auf gesellschaftsrechtliche Vorschriften und Wertungen (wie beispielsweise §§ 93, 116 AktG) zurückgreifen82. Teilweise wird vertreten, dass lediglich der individuelle Vertrag entscheidend sei83. Nur wenn die Parteien bestimmte Pflichten vertraglich festgelegt hätten, könnte ein Verstoß gegen diese auch zu einer Haftung führen84. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass Landesbanken trotz ihrer Rechtsform als Anstalten öffentlichen Rechts85 als gleichwertige Marktteilnehmer zusammen mit Privatbanken am Markt tätig werden86. Die Landesbanken und ihre Organe genießen damit weitreichende Freiheiten, denn nur so können sie am Markt in Konkurrenz zu den Privatbanken bestehen. Zu diesen Freiheiten zählen u. a. eine weisungsfreie und eigenverantwortliche Unternehmensführung87. Diese kommt schon bei den meisten Landesbanken in der jeweiligen Satzung dadurch zum Ausdruck, dass „Bankgeschäfte aller Art“ getätigt werden dürfen88. Diese „privatrechtliche Unabhängigkeit der Organe [hat] […] ihren notwendigen rechtlichen Preis“89, nämlich eine Haftung der Organe nach den Grundsätzen der §§ 93, 116 AktG90. Würde man lediglich auf vertragliche Pflichten abstellen91, so stünde die Haftung zur Disposition der 79 1. Teil, B. II. 2. b) bb); Dinter, Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz der Untreue, S. 60 f.; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906; Ransiek, ZGR 2009, 157, 161 ff.; Brammsen, ZIP 2009, 1504, 1505 f. 80 Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 59; vgl. auch für nähere Ausführungen 3. Teil, A. II. 2. d). 81 Vgl. Grossfeld/Noelle, AG 1986, 275, 276 zu den Sparkassenorganen. 82 Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11. 83 Zu den Sparkassenorganen: Grossfeld/Noelle, AG 1986, 275, 276. 84 Zu den Sparkassenorganen und m.w.N. Grossfeld/Noelle, AG 1986, 275, 276. 85 Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 59; vgl. auch für nähere Ausführungen 3. Teil, A. II. 2. d). 86 Vgl. auch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 125 f. und die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. d). 87 Vgl. auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 231. 88 Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. e); vgl. aber auch Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 10 f. für die Sparkassen. 89 Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11. 90 Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11; vgl. auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 231 f. 91 Vgl. Grossfeld/Noelle, AG 1986, 275, 276.

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Verantwortlichen und diese könnten sich ohne Weiteres ihrer Haftung entledigen. Lutter weist außerdem darauf hin, dass mit der Organfunktion bestimmte Aufgaben verbunden sind und diese wiederum gewissenhaft ausgeführt werden müssen92. Diese Aufgabenerfüllung und die „Haftungsverantwortlichkeit bilden eine Einheit“93. Diese ist wiederum unabdingbar, um letztlich auch über das Instrument der Haftung eine sorgfältige Erfüllung der Aufgaben durch weisungsfreie Organmitglieder sicherstellen zu können94. Letztlich kann auch nur auf diese Weise ein einheitlicher Haftungsmaßstab und damit zugleich Rechtssicherheit geschaffen werden. Für die Anwendung der §§ 93, 116 AktG spricht außerdem, dass in diesen Vorschriften ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zum Ausdruck kommt95. Dieser ist auch in § 52 GmbHG i.V.m. § 116 AktG und in §§ 41 i.V.m. 34 GenG enthalten96. Damit kann vorliegend auf den Haftungsmaßstab der §§ 93, 116 AktG zurückgegriffen werden. c) Zu den unterschiedlichen Aufgaben von Vorstandsmitgliedern und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern: Das strafrechtlich zu beurteilende Verhalten Sowohl den Vorstandsmitgliedern als auch den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern obliegen bestimmte Pflichten. Während der Vorstand die Geschäfte der jeweiligen Gesellschaft führt97, überwacht der Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat den Vorstand98. Aus diesen unterschiedlichen Pflichten folgen auch unterschiedliche potentielle Pflichtverletzungen. Betrachtet man die Krisensachverhalte genauer, so ergeben sich mehrere Verhaltensweisen, die mit dem Wertpapierhandel in Verbindung stehen und deren Ausführung durch den Vorstand gegen die Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters verstoßen haben könnte. Untersucht werden sollen daher folgende Verhaltensweisen der Vorstandsmitglieder: g) Die Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen h) Das Hervorrufen und Nichtverhindern einer Existenzgefährdung i) Das Errichten und Ausgestalten eines Risikomanagementsystems j) Das Schaffen von Klumpenrisiken 92

Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11. Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11. 94 Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, S. 11; vgl. außerdem zur präventiven Wirkung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche: Bauer, Das Verbrechen und die Gesellschaft, S. 187; Hefendehl, kollektive Rechtsgüter, S. 223. 95 Rümker, in: FS Werner, 745, S. 764. 96 Rümker, in: FS Werner, 745, S. 765. 97 Vgl. nur § 76 Abs. 1 AktG. 98 Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. m). 93

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Für die Mitglieder des Aufsichts- bzw. Verwaltungsrates des jeweiligen Kreditinstituts kann bezüglich auf ein potentiell pflichtwidriges Verhalten von Vorstandsmitgliedern ebenfalls ein eigenes pflichtwidriges Verhalten vorliegen. Sie könnten ihrer Überwachungspflicht nicht ausreichend nachgekommen sein oder keine Gegenmaßnahmen ergriffen haben, nachdem ein pflichtwidriges Verhalten der Vorstandsmitglieder bekannt geworden war99 [hierzu unter m)]. Außerdem ist aufgrund der besonderen Bedeutung zu Zeiten vor und zu Beginn der Krise k) die Bewilligung der Auszahlung von Boni an Vorstandsmitglieder kritisch zu prüfen. Der Maßstab der jeweils zu erfüllenden Pflichten wird außerdem entscheidend vom jeweiligen Geschäftszweck des Kreditinstituts bestimmt. Daher ist für die hier zu untersuchenden Kreditinstitute die vorherige Untersuchung folgender Gliederungspunkte von Bedeutung: d) Verstoß gegen den öffentlichen Zweck e) Der Geschäftszweck der einzelnen Kreditinstitute d) Verstoß gegen den öffentlichen Zweck Die hier dargestellten und im Folgenden näher zu untersuchenden Kreditinstitute sind Landesbanken100. Landesbanken sind Anstalten öffentlichen Rechts101 und hieraus ergeben sich einige Besonderheiten. Schon das Begriffspaar der Anstalt öffentlichen Rechts bereitet Schwierigkeiten, da dieses sehr weit gefasst ist102. Die Definition der Anstalt öffentlichen Rechts geht auf Otto Mayer zurück: „Die öffentliche Anstalt ist Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind.“103

Unter eine solch weite Definition lassen sich nahezu „alle administrativen Organisationseinheiten einschließlich der Behörden“104 fassen. Für die vorliegende Untersuchung weist jedoch schon diese Definition auf einen wesentlichen Aspekt im Hinblick auf den Aufgabenbereich der Landesbanken hin. Landesbanken haben einen sachlichen Bestand, weisen einen Bezug zum Staat aufgrund der mittelbaren

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3. Teil, A. II. 2. g) und 3. Teil, A. II. 2. m). Vgl. schon die Darstellungen unter 2. Teil, A. I. 2. 101 Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 59. 102 Beispielhaft für die Versuche, dieses Begriffspaar näher zu erörtern: Rüfner, DÖV 1985, 605 ff.; Löwer, DVBl. 1985, 928 ff.; Lange, VVDStRL (44) 1986, 169 ff.; siehe auch ausführlicher zu dem Begriffspaar der Anstalt des öffentlichen Rechts: Blessing, Öffentlichrechtliche Anstalten unter Beteiligung Privater, S. 41 ff. 103 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 268. 104 Lange, VVDStRL (44) 1986, 169, 171. 100

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Staatsverwaltung auf105 und sollen öffentliche Aufgaben wahrnehmen106. Damit müssen sie also nach der Definition einem „besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt“107 sein. Dieser „besondere […] öffentliche […] Zweck“108 liegt bei Landesbanken insbesondere darin „die Grundversorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen in der Fläche“109 sicherzustellen110. Damit die Landesbanken dieser Aufgabe möglichst konkurrenzfähig im Vergleich zu Privatbanken nachkommen können, handelt es sich bei den Landesbanken um Anstalten mittelbarer Staatsverwaltung111. Mittelbare Staatsverwaltung beinhaltet, dass den Landesbanken ein gewisser Grad an Unabhängigkeit zugebilligt wird112, aber sie dennoch „ein Werkzeug“113 des Staates zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind. Hierdurch wird erreicht, dass spezifische Aufgaben nahezu unabhängig vom staatlichen Einfluss wahrgenommen werden können, was wiederum dazu führen soll, dass diese Aufgaben insgesamt effektiver wahrgenommen werden können114. Wenn andere staatliche Ziele für eine Anstalt wie beispielsweise eine Landesbank irrelevant sind, so kann die Landesbank sich besonders auf die ihr zugewiesene spezifische Aufgabe konzentrieren115. Fraglich ist allerdings, wie es sich auswirkt, dass Landesbanken nicht nur in dem ihnen zugewiesenen spezifischen Aufgabenbereich tätig werden. Sie agieren in vielen Bereichen wie Privatbanken und dies ist sogar in den Satzungen der Landesbanken mit der Formulierung „Bankgeschäfte aller Art“116 legitimiert. Dies könnte im Widerspruch zu der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen. Das Agieren von Landesbanken wie Privatbanken und die soeben erwähnte Legitimierung in den jeweiligen Satzungen kann jedoch nicht als grenzenlos verstanden werden. Andernfalls würde dies einer Legitimation zur bloßen Gewinnerzielung durch Landesbanken gleichkommen und dieser Zweck wird vor dem Hintergrund der öffentlichen Aufgabenerfüllung als nicht zulässig angesehen117. Andererseits ist die 105

Vgl. hierzu Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 393; Lange, VVDStRL (44) 1986, 169, 191 f.; Dörries, Zur Rechtsstellung von Landesbanken, S. 84 ff. 106 Zu den öffentlichen Aufgaben im Einzelnen unter: 3. Teil, A. II. 2. e). 107 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 268. 108 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, S. 268. 109 Vgl. m.w.N. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 409. 110 Vgl. auch (unter Bezugnahme auf das Beihilferecht) Gärtner, ZBB 1998, 6 ff. 111 Vgl. Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 59; näher zur mittelbaren Staatsverwaltung: Lange, VVDStRL (44) 1986, 169, 191 f. 112 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 393. 113 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 393. 114 Lange, VVDStRL (44) 1986, 169, 191 f. 115 Lange, VVDStRL (44) 1986, 169, 192; nach Storr zeichnet sich die Anstalt durch „eine Spezialisierung auf bestimmte Aufgabenbereiche aus“: Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 393. 116 Vgl. hierzu die Auslegung der Satzungstexte der Satzungen der Landesbanken unter 3. Teil, A. II. 2. e). 117 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 120; Dörries, Zur Rechtsstellung von Landesbanken, S. 91 ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Erfüllung öffentlicher Aufgaben aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes auch nicht so zu verstehen, dass nur Aufgaben wahrzunehmen wären, die nicht rentabel sind118. Wirtschaftlichkeit selbst wird auch als ein öffentlicher Zweck bezeichnet119. Daraus folgt, dass die für Landesbanken zulässigen Geschäfte sich im Bereich eines Spannungsfeldes zwischen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und dem Wirtschaftlichkeitsgebot befinden. Vor allem im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit der Landesbanken am internationalen Markt muss zwingend die Möglichkeit bestehen, Leistungsangebote auszuweiten und international tätig sein zu können120. Um diese Tätigkeit begrenzen zu können, führt Storr aber aus: „Immer muß die materielle Zielimplikation einer öffentlichen Unternehmertätigkeit zugrunde liegen, damit Wettbewerb kein Selbstzweck ist“121.

Daraus folgt, dass das Hauptziel immer die Erfüllung öffentlicher Aufgaben sein muss. Es müssen Gemeinwohlgründe im Vordergrund stehen122. Dies ist vor allem auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass in Deutschland und der gesamten Europäischen Union die freie soziale Marktwirtschaft die zugrunde liegende wirtschaftliche Ordnung darstellt123. Um den Eingriff eines Staates in dieses System zu rechtfertigen, bedarf es gewichtiger Gründe des Gemeinwohls124. Als Eingriff könnte man die Einrichtung von Landesbanken nämlich schon aufgrund ihrer (noch bis 18. 07. 2005 bestehenden125) Gewährträgerhaftung126 und ihrer Insolvenzunfähigkeit gem. § 12 InsO127 bewerten. Diese Umstände führten dazu, dass die meisten Landesbanken gute Ratings durch die Ratingagenturen erhalten haben128. Auf Drängen der EU Kommission fiel ab 2005 zwar die Gewährträgerhaftung weg129. Aber Bundespost, S. 107; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 93; Lutter, BB 2009, 786, 788; vgl. auch Enkler, ZG 1998, 328, 333; Stober, ZHR 145 (1981), 565, 584. 118 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 124. 119 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 124; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 95. 120 Vgl. auch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 125 f. 121 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 131. 122 Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 131. 123 Vgl. Art. 3 Abs. 3 EUV; vgl. außerdem zur wirtschaftlichen Ordnung in Deutschland: Papier, APuZ 2007, 3 ff. 124 So auch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 131. 125 Schon am 17. 07. 2001 trafen die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland und die EU Kommission eine Vereinbarung mit dem Inhalt, dass die Gewährträgerhaftung mit einer Übergangsfrist bis zum 18. 07. 2005 abzuschaffen ist, vgl. EU Kommission, Pressemitteilung IP/ 02/343 vom 28. 02. 2001, „Deutschland will Vereinbarung mit der Kommission über staatliche Garantien für Landesbanken und Sparkassen umsetzen“, in englischer Fassung aufrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-02-343_en.htm?locale=en. 126 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 388; vgl. auch Henkel, Die Abwracker, S. 95 f. 127 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 389 f. 128 Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 388 in Fn. 754; Henkel, Die Abwracker, S. 95 f. 129 Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 63 f.; EU Kommission, Pressemitteilung IP/02/ 343 vom 28. 02. 2001, „Deutschland will Vereinbarung mit der Kommission über staatliche

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dennoch bedarf es eines besonderen – durch öffentliche Zwecke – legitimierenden Grundes, um mittelbar über Landesbanken im Bankensektor tätig werden zu dürfen. Schließlich führt eine (neue) Bank immer zur Änderung der Wettbewerbssituation (beispielsweise durch die Steigerung von Leistungsangeboten130) für andere Marktteilnehmer. Mithin ergibt sich aus der vorgenommen Betrachtung, dass die Landesbanken als Anstalten öffentlichen Rechts in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Handeln und öffentlicher Aufgabenerfüllung agieren. Ihr Hauptziel ist es, „die Grundversorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen in der Fläche“131 sicherzustellen, wenngleich dies nicht „Bankgeschäfte aller Art“132 aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes verbietet. Diese dürfen aber das Hauptziel nicht verdrängen. e) Der Geschäftszweck der einzelnen Kreditinstitute Vor dem Hintergrund des öffentlichen Zwecks soll nun im Folgenden Stellung zu den Geschäften der hier betrachteten Kreditinstitute genommen werden. Hierzu werden zunächst die jeweiligen Satzungen der einzelnen Kreditinstitute näher betrachtet. aa) SachsenLB Zunächst soll hier die Satzung der SachsenLB näher betrachtet werden, um den Geschäftszweck zu identifizieren und um feststellen zu können, ob die von der SachsenLB getätigten Geschäfte möglicherweise von vornherein aufgrund der Satzung nicht zulässig waren. § 2 der Satzung der SachsenLB in der Fassung vom 28. 04. 2006 definiert die Aufgaben der SachsenLB wie folgt: „(1) Der Bank obliegen die Aufgaben einer Staats-, Kommunal- sowie einer Zentralbank der sächsischen Sparkassen. Sie ist Geschäftsbank und betreibt als öffentlich-rechtliches Wettbewerbsunternehmen Bankgeschäfte aller Art und sonstige Geschäfte, die ihren Zwecken dienen. (2)

Als Staats- und Kommunalbank unterstützt die Bank insbesondere den Freistaat Sachsen, seine kommunalen Körperschaften, die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen und ihnen nahestehende Unternehmungen in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und in der Durchführung ihrer Bankgeschäfte.

Garantien für Landesbanken und Sparkassen umsetzen“, in englischer Fassung aufrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-02-343_en.htm?locale=en. 130 Köhler, WRP 1999, 1205, 1209. 131 Vgl. m.w.N. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 409. 132 Vgl. hierzu die Auslegung der Satzungstexte der Landesbanken unter 3. Teil, A. II. 2. e).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

(3)

Als Sparkassenzentralbank verwaltet die Bank insbesondere die Liquiditätsmittel der sächsischen Sparkassen durch eine geeignete Anlagepolitik und stellt ihnen angemessene Liquiditätskredite bereit. Ferner obliegen ihr in Zusammenarbeit mit den sächsischen Sparkassen alle sich aus dem Verbund ergebenden Geschäfte.

(4)

Als Geschäftsbank fördert die Bank insbesondere die Versorgung der Wirtschaft im Freistaat Sachsen mit Bankleistungen unter Berücksichtigung der von den sächsischen Sparkassen zu erfüllenden gesetzlichen Aufgaben.

(5)

Die Bank ist insbesondere berechtigt, a) Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen und sonstige Schuldverschreibungen auszugeben, b) Geschäfte in Finanzinnovationen und -derivaten zu tätigen, c) Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte zu erwerben, zu veräußern und zu belasten sowie Wirtschaftsgüter zu erwerben, zu vermieten, zu verpachten und zu veräußern, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, d) mit Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde andere Unternehmen und Beteiligungen an Unternehmen zu erwerben und zu veräußern.

(6)

Die Geschäfte der Bank sind unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen [Hervorhebungen durch den Verfasser]“133.

Schon aus dem Wortlaut und der Systematik von § 2 der Satzung der SachsenLB kann man den Aufgabenschwerpunkt im Bereich der öffentlichen Aufgaben erkennen. Die SachsenLB ist ein „öffentlich-rechtliches Wettbewerbsunternehmen“ (Abs. 1) und soll den Freistaat Sachsen bei der „Erfüllung öffentlicher Aufgaben“ unterstützen (Abs. 2). Neben dieser Wortwahl im Hinblick auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zeigt auch die Systematik, dass dies der Hauptaufgabenbereich der SachsenLB ist, da von sechs hierarchisch geordneten Absätzen die ersten beiden diese benennen. Legt man nun dieses Zwischenergebnis zugrunde, dann müsste man die Frage, ob die Geschäfte der SachsenLB satzungsgemäß waren, negieren. Die irische Tochtergesellschaft der SachsenLB (SachsenLB Europe) verwaltete die Zweckgesellschaft (Conduit) Ormond Quay134, welche wiederum auf dem amerikanischen Immobilienmarkt investierte. Dass diese Investitionen den Freistaat Sachsen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienten, ist fernliegend. Es ging bei diesen Investitionen darum, über höhere Zinsen auch höhere Erträge zu generieren135. Dies ist jedoch kein öffentlicher Zweck136. Allerdings berechtigt § 2 Abs. 5 lit. b die SachsenLB dazu, „Geschäfte in Finanzinnovationen und -derivaten zu tätigen“. Wie 133

Lutter, BB 2009, 786 f. Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 135 Lutter, BB 2009, 786, 790. 136 Lutter, BB 2009, 786, 790; für Derivatgeschäfte: Koenig, WM 1995, 317, 323; Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 62; vgl. aber auch die obigen Ausführungen zum öffentlichen Zweck unter 3. Teil, A. II. 2. d). 134

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bereits dargelegt, handelte es sich bei den ABS und anderen Wertpapieren mit ähnlicher Struktur137 durchaus um Finanzinnovationen138. Zunächst ist dies ein Widerspruch zu dem o.g. Zwischenergebnis. Bezieht man jedoch Abs. 6 im Rahmen der systematischen Auslegung mit ein, so löst sich dieser Widerspruch auf. Dort heißt es: „Geschäfte der Bank sind unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen“. Lutter hat hieraus abgeleitet, dass die Beachtung des öffentlichen Auftrags die Art und Weise betrifft, wie alle Geschäfte der SachsenLB zu führen seien139. Der Hinweis auf die kaufmännischen Grundsätze beinhaltet hingegen, dass die Banker ertragsorientiert handeln sollen und damit die SachsenLB wie eine Privatbank zu führen sei140. Damit könne grundsätzlich ertragsorientiert gehandelt werden und wenn das öffentliche Interesse dies verlange, sei der Ertragsgedanke zurückzunehmen141. Dieser Interpretation kann gefolgt werden. Dies ergibt sich aus den o.g. Überlegungen zum öffentlich Zweck142, da gerade das dort beschriebene Spannungsverhältnis zwischen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit hier widergespiegelt wird. Dies ist auch kein Widerspruch zu den öffentlichen Aufgaben. Vielmehr muss damit die Frage, ob solche Geschäfte getätigt werden dürfen, (grundsätzlich) affirmativ beantwortet werden143. Kaufmännisch (im Sinne von ertragsorientiert) waren die Geschäfte mit den Finanzinnovationen allemal. Die Frage nach der öffentlichen Aufgabenerfüllung betrifft vielmehr das „Wie“ der Geschäftsführung144 und dieses „Wie“ bestimmt auch die Grenze des Handlungsspielraumes. Dies bestätigt auch der Wortlaut des Abs. 6, der die Art und Weise der Geschäftsführung beschreibt: „Die Geschäfte der Bank sind unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen“. Somit ist der Frage nachzugehen, ob im Falle der SachsenLB die Geschäftsführung gegen den öffentlichen Auftrag verstoßen hat. In diesem Falle würde trotz der grundsätzlichen Erlaubnis für solche Geschäfte das Korrektiv des öffentlichen Zwecks greifen und es läge ein Verstoß gegen die Satzung der SachsenLB vor. Um dies (das „Wie“ der Geschäftsführung) beurteilen zu können, sind zunächst die verschiedenen Verhaltensweisen der Vorstandsmitglieder und Aufsichts- bzw. Ver137

2. Teil, A. I. 1. c). Vgl. 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) cc); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/ Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 139 Lutter, BB 2009, 786, 787. 140 Lutter, BB 2009, 786, 787. 141 Lutter, BB 2009, 786, 787. 142 3. Teil, A. II. 2. d). 143 Entgegen der kategorischen Ablehnung solcher Geschäfte wie beispielsweise bei Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 63. 144 So auch Lutter, BB 2009, 786, 787 ff. 138

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

waltungsratsmitglieder genauer darzustellen und zu bewerten. Hierbei muss jeweils der öffentliche Zweck bei der Beurteilung des jeweiligen Verhaltens beachtet werden. Die beiden Fragen, ob der öffentliche Zweck verletzt worden ist und ob ein pflichtwidriges Verhalten eines Organmitglieds vorliegt, sind damit untrennbar miteinander verbunden. Bevor diese umfassende Untersuchung der einzelnen Verhaltensweisen vorgenommen wird, ist jedoch auf die jeweiligen Satzungen der anderen Kreditinstitute einzugehen. So kann festgestellt werden, ob dort möglicherweise schon das „Ob“ der Geschäftstätigkeit gegen die Satzung verstieß. bb) BayernLB Wie schon zuvor bei der SachsenLB ist auch bei der BayernLB zunächst auf die Satzung in der Fassung vom 08. 07. 2005 abzustellen. Dort heißt es in § 3 der Satzung: „(1) Die Bank hat insbesondere die Aufgaben einer Staatsbank sowie einer Kommunalund Sparkassenzentralbank. Sie betreibt Bankgeschäfte aller Art im In- und Ausland, namentlich das Personal- und Realkreditgeschäft, und sonstige Geschäfte, die den Zwecken der Bank sowie des Freistaates Bayern und des Sparkassenverbands Bayern dienen. Die Hereinnahme von Spareinlagen ist ausgeschlossen, mit Ausnahme der Spareinlagen von Mitarbeitern und Pensionisten der Bank sowie von Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern dieser Personen. (2)

Die Bank hat gleichrangig (a) den Freistaat Bayern als Hausbank in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, insbesondere der Strukturförderaufgaben, zu unterstützen; (b) den Sparkassenverband Bayern und seine Mitglieder zu unterstützen, insbesondere die Obliegenheiten einer Girozentrale der bayerischen Sparkassen wahrzunehmen, den Konsortialkredit mit ihnen zu pflegen, ihre Liquiditätsreserven zu verwalten und den Liquiditätsausgleich zu fördern, den Geldverkehr sowie finanz- und banktechnische Angelegenheiten des Sparkassenverbands Bayern, der Städte, Gemeinden, Landkreise sowie der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere das Kommunalkreditgeschäft, zu besorgen und den bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie Wertpapier und Auslandsgeschäfte der Sparkassen zu unterstützen.

(3)

Die Bank ist ferner berechtigt (a) Pfandbriefe und sonstige Schuldverschreibungen auszugeben sowie Schuldbuchforderungen zu begründen, sowie (b) Grundstücke und Gebäude zu erwerben und zu veräußern.

(4)

145

Die Geschäfte der Bank sind nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen, wobei den der Bank öffentlichen Aufgaben Rechnung zu tragen ist [Hervorhebungen durch den Verfasser]“145. Lutter, BB 2009, 786, 787.

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Abs. 1 weist der BayernLB die „Aufgaben einer Staatsbank“ zu und gestattet grundsätzlich „Bankgeschäfte aller Art im In- und Ausland“ sowie „Geschäfte, die den Zwecken der Bank sowie des Freistaates Bayern und des Sparkassenverbands Bayern dienen.“ Damit sind einerseits die Aufgaben der BayernLB öffentliche Aufgaben, nämlich die einer Staatsbank und andererseits werden sämtliche Bankgeschäfte legitimiert, die für den Freistaat Bayern dienlich sein können. Damit soll die BayernLB zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben beitragen, aber dabei auch wie eine Privatbank handeln dürfen. Abs. 2 b bestätigt dies, denn es sollen vor dem Hintergrund der öffentlichen Aufgabenerfüllung „finanz- und banktechnische Angelegenheiten des Sparkassenverbands Bayern, der Städte, Gemeinden, Landkreise“ besorgt werden, aber es sollen auch „Wertpapier und Auslandsgeschäfte der Sparkassen“ unterstützt werden. Abs. 4 dieser Satzung ist ähnlich wie Abs. 6 der Satzung der SachsenLB strukturiert und in gleicher Weise auszulegen. Durch das Begriffspaar der „kaufmännischen Grundsätze“ wird der BayernLB die Möglichkeit eröffnet, wie eine Privatbank zu agieren und dieser Handlungsspielraum wird wiederum durch die öffentliche Aufgabenerfüllung begrenzt146. Vor diesem Hintergrund sind nun die Geschäfte der BayernLB am US-Hypothekenmarkt147 zu bewerten. Nach der hier zugrunde gelegten Auslegung der Satzung der BayernLB stellt sich nicht mehr die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Investitionen. Es ist jedoch fraglich, ob die Geschäftsführung einen Widerspruch zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben darstellt und daher gegen die Satzung der BayernLB verstoßen hat. Auch hier kommt es mithin auf das „Wie“ der Geschäftsführung an und damit letztlich auf die bereits o.g. Verhaltensweisen, die einzeln zu untersuchen sind148. cc) WestLB Der Geschäftszweck der WestLB ergibt sich ebenfalls aus der Satzung, die zur Zeit der Krise galt149 : „(1) Die WestLB AG betreibt bankmäßig Geschäfte aller Art und ergänzende Geschäfte einschließlich der Übernahme von Beteiligungen. (2) 146

Der WestLB AG obliegen die Aufgaben einer Sparkassenzentralbank und einer Kommunalbank. Als Teil der Sparkassenorganisation umfasst der Geschäftszweck

So auch Lutter zur Auslegung der Satzung der SachsenLB: Lutter, BB 2009, 786, 787. Vgl. hierzu Strate, Strafanzeige gegen die in den Jahren 2004 – 2008 tätig gewesenen Mitglieder des Vorstandes sowie des Verwaltungsrates der Bayerischen Landesbank, 21. 01. 2010, abrufbar unter: http://www.strate.net/de/dokumentation/BayernLB-Strafanzeige.pdf. 148 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. c). 149 Auch dieser Auszug der Satzung ist aus Lutter, BB 2009, 786, 788 übernommen, enthält jedoch keine Datierung. Vor allem der Umstand, dass Lutter diesen Auszug der Satzung selbst zugrunde gelegt hat, um die die Geschäfte zu beurteilen, die zur Schieflage der WestLB während der Krise führten, spricht dafür, dass es sich um einen Auszug aus der zu diesem Zeitpunkt geltenden Satzung handelt. 147

138

3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise auch die Entwicklung und Bereitstellung bankmäßiger Produkte für Sparkassen und öffentliche Kunden.

(3)

Die WestLB AG hat Niederlassungen. Sie kann weitere Niederlassungen errichten und vorhandene Niederlassungen auflösen [Hervorhebungen durch den Verfasser]“150.

Die Satzung der WestLB gestattet der WestLB „bankmäßig Geschäfte aller Art“ (Abs. 1) und verweist in Abs. 2 darauf, dass ihr die „Aufgaben einer Sparkassenzentralbank und einer Kommunalbank“ obliegen. Im Unterschied zu den Satzungen der SachsenLB und der BayernLB werden hiermit öffentliche Aufgaben des Landes Nordrhein-Westfalen nicht explizit erwähnt. Durch den Hinweis in Abs. 2, dass der WestLB die Aufgaben einer Kommunalbank obliegen, werden jedoch öffentliche Aufgaben in den Aufgabenbereich der WestLB aufgenommen. Dies folgt daraus, dass Kommunalbanken insbesondere zur Förderung öffentlicher Zwecke im Kommunalwesen angehalten sind151, wie beispielsweise „den Kreditbedarf der Gemeinden und Gemeindeverbände zu decken und die Durchführung volkswirtschaftlich notwendiger Sachinvestitionen zu fördern“152. Ähnlich wie die SachsenLB und die BayernLB lässt sich auch bei der WestLB aus der Satzung kein grundsätzliches Verbot erkennen, das gegen das Tätigen von Investitionen am US-Hypothekenmarkt sprechen könnte. Insbesondere sind nach Abs. 1 explizit „bankmäßig Geschäfte aller Art“ gestattet153. Auch hier könnte damit ein Verstoß gegen die Satzung nur vorliegen, wenn eine Beschränkung der geschäftlichen Tätigkeiten der WestLB sich aus der öffentlichen Aufgabenerfüllung ergeben würde. Die WestLB tätigte ebenfalls Geschäfte am US-Hypothekenmarkt und war dadurch in Schieflage geraten. Durch den Wertpapierhandel über Zweckgesellschaften hatte sich ein Risiko angehäuft, welches sich mit knapp 23 Mrd. Euro beziffern lässt154. Ob mit diesem Verhalten die Grenzen des „Wie“ der Geschäftsführung überschritten wurden, muss ebenfalls mit der Betrachtung der einzelnen Verhaltensweisen festgestellt werden155. Die WestLB ist zwar eine Aktiengesellschaft, aber auch für diese gilt der öffentliche Zweck als Grenze des zulässigen Verhaltens. Eine Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft und auch der Staat kann sich dieser Rechtsform grundsätzlich bedienen, um seine Aufgaben zu erfüllen156. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Staat sich damit seinen Verpflichtungen entledigen könnte157. Wenn der Staat seine Aufgabenerfüllung durch eine Aktiengesellschaft wahrnimmt, muss er si150

Lutter, BB 2009, 786, 788. Vgl. auch Dörries, Zur Rechtsstellung von Landesbanken, S. 65 f. 152 BGHSt 31, 264, 271 = NJW 1983, 2509, 2510. 153 So auch Lutter, BB 2009, 786, 788. 154 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 23; BaFin, Jahresbericht 2008, S. 123. 155 Vgl. hierzu schon die Ausführungen zur SachsenLB: 3. Teil, A. II. 2. e) aa). 156 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 115 f.; Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 365. 157 Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 365; vgl. auch zu den Grenzen einer Verwendung von privatlichen Organisationsformen: Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117 ff. 151

A. Das strafrechtliche Arsenal

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cherstellen, auf diese den notwendigen Einfluss ausüben zu können, um das Handeln unter der Leitmaxime der öffentlichen Zwecke zu gewährleisten158. dd) IKB Die IKB ist eine „traditionsreiche Industriebank des Wiederaufbaus, [und] Spezialbank mit staatlichem Förderauftrag“159, womit ihre Rolle im Hinblick auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit der der Landesbanken vergleichbar ist. Wie bereits zuvor für die SachsenLB, die BayernLB und die WestLB ist auch die Satzung der IKB vom September 2006 zu untersuchen. § 2 der Satzung lautet: „(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere durch Bereitstellung von mittel- und langfristigen Finanzierungen oder Eigenkapital bzw. Eigenkapitalsurrogaten und Leasingfinanzierungen sowie der damit verbundenen Beratungsleistungen. Den Finanzierungsbedürfnissen des Mittelstandes soll bevorzugt Rechnung getragen werden. (2)

Die Gesellschaft kann Bankgeschäfte aller Art betreiben und Finanzdienstleistungen aller Art erbringen.

(3)

Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die geeignet erscheinen, dem Gegenstand des Unternehmens zu dienen. Sie kann ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise durch Tochter-, Beteiligungs- und Gemeinschaftsunternehmen verwirklichen und zu diesem Zweck im In- und Ausland andere Unternehmen gründen, erwerben und sich an solchen beteiligen [Hervorhebungen durch den Verfasser]“160.

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 09. 12. 2009161 im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zur Bestellung eines Sonderprüfers gem. § 142 Abs. 2 AktG die zur Zeit der Krise gültige Fassung der Satzung der IKB rechtlich gewürdigt. Das OLG Düsseldorf betont162, dass § 2 der Satzung eindeutig die „[…] Förderung und Finanzierung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes […]“163 als Geschäftszweck festlege. § 2 Abs. 2 der Satzung sei daher so auszulegen, dass die Geschäfte der IKB „unter dem Oberziel der Förderung und Finanzierung der gewerblichen Wirtschaft steh[en], also der unmittelbaren oder mittelbaren Zweckerfüllung dienen [müssen]“164. Daher seien auch nicht beliebige Risiko- und Spekulationsgeschäfte unter „Bankgeschäfte aller Art“ i.S.v. § 2 Abs. 2 der Satzung zu

158 Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 365; so auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 148 ff. 159 Florstedt, AG 2010, 315, 317. 160 Die Satzung ist zitiert aus dem Beschluss des OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 161 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 162 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 163 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 164 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

fassen165. Um diese Argumentation zu stützen, wird vom OLG Düsseldorf auf folgende Absätze zwei und drei des § 2 der Satzung der IKB aus den Jahren von 2001 bis 2006 verwiesen (wobei Abs. 1 identisch mit dem der Satzung aus dem Jahr 2006 ist): „(1) Außerdem kann die Gesellschaft sonstige Finanzierungen im In- und Ausland übernehmen oder sich an solchen beteiligen, Grundstücke erwerben, verwalten und veräußern, sich an anderen Unternehmen beteiligen und solche Unternehmen gründen oder erwerben sowie Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten. (2)

Soweit gesetzlich zulässig, darf die Gesellschaft alle Geschäfte und Maßnahmen durchführen, die geeignet sind, den Geschäftszweck zu fördern. Die Gesellschaft ist berechtigt, ihre Geschäftstätigkeit auch durch Tochter-, Beteiligungs- und Gemeinschaftsunternehmen zu verwirklichen sowie Unternehmens- und Kooperationsverträge abzuschließen [Hervorhebungen durch den Verfasser]“166.

Aus der Formulierung in Abs. 3, die explizit auf den Geschäftszweck verweist, leitet das OLG Düsseldorf her, dass diese Formulierung das zuvor gefundene Ergebnis stütze167. Alle Geschäfte seien dem Geschäftszweck der Förderung und Finanzierung des Mittelstandes untergeordnet168. Ausgehend von dieser Interpretation des § 2 der Satzung der IKB kommt das OLG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen den Geschäftszweck vorliege169. Dies folge vor allem daraus, dass die IKB insgesamt etwa „46 % des Gesamtvolumens ihres Geschäftsfeldes“170 im Verbriefungssektor anlegte und in diesen Sektor wiederum in Anbetracht des Geschäftszwecks – wenn überhaupt – nur in einem geringen Umfang hätte investiert werden dürfen171. In der Literatur finden sich Hinweise, dass der Satzungstext auch anders interpretiert werden könnte172. So sei der Satzungstext „ambivalent“173, da eine hierarchische Anordnung sich nicht zwingend entnehmen lasse174. Dass aber letztlich doch die Finanzierung und Förderung des Mittelstandes im Vordergrund steht, wird auch von diesen Autoren nicht bestritten, sondern auf anderem Wege nachgewiesen. Es wird vor allem betont, dass nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG der Unternehmensgegenstand in der Satzung konkret benannt werden müsse175. Unter Verweis darauf, dass 165

OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. Satzung zitiert aus dem Beschluss des OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 167 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 168 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 169 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 170 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 171 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 172 Florstedt, AG 2010, 315, 317; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 89 ff. 173 Florstedt, AG 2010, 315, 317. 174 Florstedt, AG 2010, 315, 317; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 90 f. 175 Florstedt, AG 2010, 315, 317. 166

A. Das strafrechtliche Arsenal

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die IKB als „traditionsreiche Industriebank des Wiederaufbaus“176 bekannt sei, könne vor dem Hintergrund des § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG der Satzungstext im Ergebnis nur so beurteilt werden, wie es bereits das OLG Düsseldorf getan habe177. Das gleiche Ergebnis kann ebenfalls erzielt werden, wenn man den Satzungstext der IKB mit dem Satzungstext einer reinen Geschäftsbank vergleicht, da ein solcher häufig keine Eingrenzung von potentiellen Bankgeschäften enthält178. Im Ergebnis sind sich somit das OLG Düsseldorf und die Literaturstimmen darin einig, dass der Satzungstext der IKB als Geschäftszweck die Förderung und Finanzierung des Mittelstandes festlegt. Mithin kommt es für die Frage der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens der Vorstandsmitglieder und der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder der IKB (wie bei den zuvor genannten Landesbanken179) ebenfalls darauf an, ob das „Wie“ der konkreten Geschäftsführung gegen den hier definierten öffentlichen Zweck verstieß. Wie bei der WestLB kann auch bei IKB die Beachtung öffentlicher Zwecke nicht durch den Umstand ausgeschlossen sein, dass es sich um eine Aktiengesellschaft handelt180. ee) LBBW Auch für die LBBW kann sich schon aufgrund der allgemeinen Ausführungen zu den Landesbanken und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben181 keine Sonderstellung im Vergleich zu den anderen Landesbanken ergeben. Da auch die Satzung der LBBW diesen Grundsätzen nicht widersprechen darf, lässt dies den Schluss zu, dass auch die Satzung der LBBW vor und während der Krise (ähnlich wie die Satzungen der SachsenLB, der BayernLB und der WestLB) eine Geschäftstätigkeit am US-Hypothekenmarkt grundsätzlich zuließ. Auch hier ist das „Wie“ der Geschäftsführung entscheidend. Dieser Rückschluss wird durch § 4 der aktuellen Satzung der LBBW Satzung vom 09. 05. 2014 bestätigt. § 4 der Satzung benennt und beschreibt die Aufgaben und damit auch den Geschäftszweck der LBBW in insgesamt zehn Absätzen, wobei hier nur die ersten sechs relevant sind und dargestellt werden: „(1) Die Landesbank hat volle Geschäftsfreiheit. Sie kann alle Arten von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften betreiben sowie alle sonstigen Geschäfte, die der Landesbank dienen.

176

Florstedt, AG 2010, 315, 317. Florstedt, AG 2010, 315, 317. 178 So argumentiert beispielsweise Bermel in einem Vergleich mit der Satzung der Commerzbank AG vom 08. 07. 2011: Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 93 f. 179 SachsenLB, BayernLB und WestLB AG, 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc). 180 Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 365; so auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117 ff. und S. 148 ff. 181 3. Teil, A. II. 2. d). 177

142

3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

(2)

Die Landesbank stärkt den Wettbewerb im Kreditgewerbe. Sie erbringt ihre Leistungen für die Bevölkerung, die Wirtschaft und die öffentliche Hand unter Berücksichtigung der Markterfordernisse. Im Hinblick auf ihren öffentlichen Auftrag ist die Landesbank auch bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten soziale, ökologische, kulturelle und sonstige gemeinnützige Vorhaben zu unterstützen.

(3)

Die Landesbank ist Universalbank und internationale Geschäftsbank.

(4)

Die Landesbank ist auch die Zentralbank der Sparkassen in Baden Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Freistaat Sachsen; zusammen mit den Verbundunternehmen der Sparkassen fördert und unterstützt sie die Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen im Markt.

(5)

Die Landesbank erfüllt auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart auch die Aufgaben einer Sparkasse in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 des Sparkassengesetzes.

(6)

Die Landesbank ist auch Hausbank des Landes und der Stadt [Hervorhebungen durch den Verfasser]“182.

In Abs. 1 wird zunächst die „volle Geschäftsfreiheit“ betont und es sollen „alle Arten von Bank und Finanzdienstleistungsgeschäften“ betrieben werden dürfen. Diese grundsätzliche Weite des Geschäftsbetätigungsbereiches entspricht soweit den Satzungen der anderen bereits untersuchten Landesbanken183. Abs. 2 nimmt sodann Bezug auf den „öffentlichen Auftrag“ (Abs. 2 S. 2) der Landesbank und stellt heraus, dass „Leistungen für die Bevölkerung, die Wirtschaft und die öffentliche Hand“ (Abs. 2 S. 1) zu erbringen sind. Die nachfolgenden Absätze vier bis sechs konkretisieren diese öffentlichen Aufgaben. Insbesondere wird klargestellt, dass die LBBW „auch Hausbank des Landes und der Stadt“ ist (Abs. 6), womit eine Bindung an die regionalen öffentlichen Aufgaben hergestellt wird. Insgesamt unterscheidet diese Satzung damit – genauso wie die der anderen Landesbanken auch – zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der geschäftlichen Betätigung. Grundsätzlich sollen also auch Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt zulässig sein (vgl. § 4 Abs. 1 der Satzung der LBBW), aber die Grenze wird über die öffentliche Aufgabenerfüllung (das „Wie“) bestimmt, vgl. § 4 Abs. 2 der Satzung der LBBW. Damit stellt sich auch hier die Frage, ob das „Wie“ der getätigten Geschäfte am Subprimemarkt dem Geschäftszweck entsprach und nicht die Frage, ob diese Geschäfte grundsätzlich zulässig waren184. Zwar ist diese Satzung in der Fassung vom 09. 05. 2014 unter dem Eindruck der Krise und ihrer Folgen konzipiert worden, aber dennoch ist ein Rückschluss auf die satzungsmäßigen Aufgaben zu der Zeit vor und während der Krise dadurch nicht verwehrt. Dies ergibt sich – wie bereits dargelegt – schon aus den allgemeinen Ausführungen zum öffentlichen Zweck der Geschäftsführung der 182 Satzungstext der LBBW vom 09. 05. 2014 abrufbar unter: http://www.lbbw.de/media/de/ investor_relations/pdf_investorrelations/satzung_lbbw_de.pdf (09. 06. 2015). 183 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis dd). 184 Vgl. Staatsanwaltschaft Stuttgart, Pressemitteilungen 2012, „28. 11. 2012 – Anklage gegen LBBW-Vorstände wegen Bilanzfälschung erhoben“, aufrufbar unter: http://www.staats anwaltschaft-stuttgart.de/pb/,Lde/1235836?QUERYSTRING=LBBW.

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Landesbanken185. Somit ist auch für die LBBW die Betrachtung der einzelnen Verhaltensweisen entscheidend, um festzustellen, ob das „Wie“ der Geschäftsführung gegen den öffentlichen Zweck verstieß. ff) HSH Nordbank Wie auch schon bei der LBBW kann sich aufgrund der allgemeinen Ausführungen zu den Landesbanken und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben186 keine Sonderstellung der HSH Nordbank im Vergleich zu den anderen Landesbanken ergeben187. Auch lässt sich der derzeitige Geschäftszweck aus der aktuellen Satzung der HSH Nordbank für die vorliegende Untersuchung heranziehen, da sich – wie bei der LBBW – im Kern des Geschäftszweckes keine Unterschiede zu der Zeit vor und während der Krise ergeben können188. § 2 der Satzung der HSH Nordbank vom 23. 05. 2014 hat folgenden Inhalt: „(1) Die Bank ist eine allgemeine Geschäftsbank. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft sind Bank- und Finanzgeschäfte aller Art sowie weitere Dienstleistungen und Geschäfte im kreditwirtschaftlichen Bereich. Sie bietet ferner als Bankpartner der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg Finanzdienstleistungen fu¨ r öffentliche Kunden an und nimmt die Funktion einer Sparkassenzentralbank wahr. Die Bank ist Mitglied der Sparkassen-Finanzgruppe. (2) Die Gesellschaft ist berechtigt, im Inland und im Ausland Banken und andere Unternehmen zu gru¨ nden oder sich an solchen zu beteiligen sowie Niederlassungen und Repräsentanzen zu eröffnen und zu unterhalten [Hervorhebungen durch den Verfasser]“189.

Abs. 1 S. 1 stellt klar, dass der „Unternehmensgegenstand der Gesellschaft […] Bank- und Finanzgeschäfte aller Art“ umfasst. In Abs. 1 S. 2 und S. 3 wird die HSH Nordbank an die Erfüllung öffentlicher Zwecke gebunden. Als „Bankpartner der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg [sollen] Finanzdienstleistungen fu¨ r öffentliche Kunden [angeboten werden] und […] die Funktion einer Sparkassenzentralbank [wahrgenommen werden]“. Diese Formulierungen entsprechen im Wesentlichen denen aus den Satzungen der anderen Landesbanken190. Hier wird ebenfalls zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der Geschäftsführung unterschieden. Das „Ob“ ist zulässig und es kommt auf die einzelnen Verhaltensweisen an, um am 185

3. Teil, A. II. 2. d). 3. Teil, A. II. 2. d). 187 Vgl. zur Argumentation: 3. Teil, A. II. 2. e) ee). 188 Vgl. zur Argumentation: 3. Teil, A. II. 2. e) ee). 189 Satzung der HSH Nordbank vom 23. 05. 2014, abrufbar unter: https://www.hsh-nord bank.de/media/pdf/konzern/corporategov/corporategovernance/satzung/HSHNordbank_Sat zung_052014.pdf? (09. 06. 2015). 190 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc) und ee). 186

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Maßstab des öffentlichen Zwecks zu bestimmen, ob die Grenzen des „Wie“ eingehalten worden sind. Wie bei der WestLB und der IKB kann auch bei HSH Nordbank die Beachtung öffentlicher Zwecke nicht durch den Umstand ausgeschlossen sein, dass es sich um eine Aktiengesellschaft handelt191. f) Zwischenergebnis zum Verstoß gegen den öffentlichen Zweck Alle hier näher dargestellten Kreditinstitute sind errichtet worden, um öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Die IKB soll der Förderung des Mittelstands dienen192 und die Landesbanken (SachsenLB, BayernLB, WestLB, LBBW und die HSH Nordbank) haben alle die Aufgabe das jeweilige Bundesland bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu unterstützen193. Aus den Satzungen der Kreditinstitute geht hervor, dass das Tätigen von Investitionen am US-Hypothekenmarkt nicht grundsätzlich unzulässig gewesen ist194. Es könnte sich jedoch im Einzelfall herausstellen, dass die Grenzen der Geschäftsführung überschritten worden sind und aufgrund dessen ein pflichtwidriges Verhalten von Vorstandsmitgliedern und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern vorliegt. Die beiden Fragen, ob der öffentliche Zweck verletzt worden ist und ob ein pflichtwidriges Verhalten eines Organmitglieds vorliegt, sind damit untrennbar miteinander verbunden. g) Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen Gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG darf ein Vorstandsmitglied unternehmerische Entscheidungen nur treffen, wenn es vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dies beschreibt eine Sorgfaltspflicht für Vorstandsmitglieder, die vor allem die Auswahl aber auch die Art und Weise der Bewertung der Informationen betrifft195. Ein Verstoß gegen diese Sorgfaltspflicht kann auch ein pflichtwidriges Verhalten i.S.v. § 266 StGB darstellen196.

191

Siekmann, NWVBl. 1993, 361, 365; so auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117 ff. und S. 148 ff. 192 Florstedt, AG 2010, 315, 317; vgl. auch die Auslegung der Satzung unter 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 193 3. Teil, A. II. 2. d) und 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc), ee) und ff). 194 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc), ee) und ff). 195 Vgl. stellv. Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 48 ff.; Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 12. 196 Vgl. zur strafrechtlichen Akzessorietät 1. Teil, B. II. 2. b) bb) und speziell zu § 93 Abs. 1 S. 1 AktG als Konkretisierung einer Vermögensbetreuungspflicht 2. Teil, A. II. 1. a).

A. Das strafrechtliche Arsenal

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aa) Die Sorgfaltspflicht Fraglich ist, ob die Verantwortlichen sich ihrer Sorgfaltspflicht entsprechend ausreichend informiert hatten. Entscheidend ist zunächst der Umfang dieser Informationspflicht. Man könnte darauf abstellen, dass „alle verfügbaren Informationsquellen“197 ausgeschöpft werden müssen198. Damit wäre den Verantwortlichen eine nicht zu erfüllende Pflicht auferlegt und Sorgfaltspflichtverstöße wären unvermeidlich. Der BGH wollte jedoch mit einer solchen Formulierung kein widersinniges Ergebnis schaffen. Es wird darauf hingewiesen, dass der BGH in diesem Beschluss auf eine Entscheidung verweist199, welche wiederum auf die „ARAG/Garmenbeck“200 verweist. In der „ARAG/Garmenbeck“201 wird jedoch lediglich auf eine sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlage abgestellt202. Hinzu kommt, dass die Formulierung „alle verfügbaren Informationsquellen“203 nicht aus dem Kontext entnommen werden kann. Nur einen Satz vor dieser Formulierung stellt der BGH auf die „sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen“204 ab. Vor diesem Hintergrund relativiert sich die Formulierung, dass „alle verfügbaren Informationsquellen“205 einzuholen sind. Vielmehr sind alle verfügbaren Informationen, die im Rahmen einer sorgfältigen, einzelfallabhängigen Ermittlung tatsächlich herangezogen werden können, zu berücksichtigen206. Die „sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen“207 bestimmt also den Rahmen, innerhalb dessen „alle verfügbaren Informationsquellen“208 berücksichtigt werden müssen. Diese Auslegung deckt sich auch mit dem gesetzgeberischen Willen zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, der ebenfalls einzelfallspezifisch den Umfang der Informationspflicht bestimmt haben will209. So wird beispielsweise auf die Bedeutung der Entscheidung abgestellt210. Daraus folgt, dass sowohl der Umfang als auch die Gewichtung der zu er197

BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361. 199 Nämlich auf BGHZ 152, 280 ff. = NJW 2003, 358 ff.; vgl. hierzu auch: Balthasar/ Hamelmann, WM 2010, 589, 591. 200 BGHZ 135, 244 ff. = NJW 1997, 1926 ff. 201 BGHZ 135, 244 ff. = NJW 1997, 1926 ff. 202 BGHZ 135, 244, 253 f. = NJW 1997, 1926, 1928. 203 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 204 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 205 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 206 Entgegen Bermel, der hier von zwei verschiedenen Maßstäben ausgeht: Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 107. 207 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 208 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 209 Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 12. 210 Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 12. 198

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

mittelnden Informationen einzelfallspezifisch von der Bedeutung der jeweiligen Entscheidung abhängen211. Vor dem Hintergrund, dass es sich um sehr risikoreiche Geschäfte handelte, die mit einem großen Investitionsvolumen verbunden waren212, ist es angemessen, von umfangreichen Informationspflichten auszugehen213. Selbst wenn „die berühmten 300 bis 400 Seiten Bedingungen auf Englisch“214 möglicherweise komplex und kompliziert waren, so bestand in Anbetracht der Risiken die Pflicht, sich über die Struktur der Geschäfte ausreichende Kenntnisse zu verschaffen215. „Die enorme Hebelwirkung von Derivaten erfordert eine sorgsame Prüfung der damit verbundenen Risiken“216. Legt man diesen Maßstab zugrunde, so ist es fraglich, ob die Verantwortlichen sich vor ihren Entscheidungen ausreichend informiert hatten217. Dies ist umso mehr fraglich, wenn man das Volumen der eingegangen Risiken im Verhältnis zum Volumen des Eigenkapitals der jeweiligen Bank betrachtet218. Vor diesem Hintergrund ist eine Pflichtverletzung der Verantwortlichen wahrscheinlich. Abschließend kann dies jedoch hier nicht beurteilt werden, da besondere – hier nicht bekannte – Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Für ein pflichtwidriges Verhalten spricht jedoch auch, dass zumindest die Problematik der Fristentransformation schon seit Jahrzehnten bekannt war (1). Ebenso war aufgrund der hohen Zinserträge von erhöhten Risiken auszugehen (2). Es gab auch schon frühzeitig Warnungen bzgl. der Risiken am US-Hypothekenmarkt (3), welche eine sorgsame Prüfung von möglichst umfangreichen Information unerlässlich erscheinen lässt. Hierzu im Einzelnen: (1) Der Fall Rudolf Münemann Der Fall des Rudolf Münemann führte bereits Mitte des 20. Jahrhunderts dazu, dass die Gefahren einer Fristentransformation offenkundig wurden219. Er gründete 211

Vgl. auch Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 12. 212 Zu den einzelnen Volumina näher unter 3. Teil, A. II. 2. h) bb) im Rahmen der Ausführungen zur Existenzgefährdung. 213 Vgl. auch Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 58; vgl. auch Lutter, ZIP 2009, 197, 198 ff. 214 Lutter, ZIP 2009, 197, 198. 215 Spindler, NZG 2010, 281, 284. 216 Spindler, NZG 2010, 281, 284. 217 Diese Zweifel hatte auch das LG Hamburg bei den Verantwortlichen der HSH Nordbank: LG Hamburg, 09. 07. 2014 – 608 KLs 12/11, Rn. 1894 ff. 218 Zu den einzelnen Volumina näher unter 3. Teil, A. II. 2. h) bb) im Rahmen der Ausführungen zur Existenzgefährdung. 219 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1173.

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eine Finanzmaklerfirma in München und konnte bereits 1936 größere Kredittransaktionen abschließen220. Im Bereich der Kredit- und Schuldscheingeschäfte entwickelte er ein lukratives Modell zur Fristentransformation221. Insbesondere in der Nachkriegszeit ab Mitte bis Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts gewann Münemann viele namenhafte Kreditnehmer222. Diese ließen sich aufgrund der Kapitalknappheit und der attraktiven Zinsen auf das Modell von Münemann ein223. Das Ende dieses Millionengeschäftes war jedoch erreicht, als die Deutsche Bundesbank 1969 sich dazu entschloss, kein „billige[s] Geld“224 mehr zur Verfügung zu stellen225. Kurz darauf war Münemann zahlungsunfähig und „Der Präsident der Landeszentralbank in Hessen, Leopold Bröker, […] zog ein erstes Resümee, in dem [er] […] den Finanzier, der ,nicht mit der Sorgfalt der ordentlichen Bankiers‘ vorgegangen sei [tadelte]“226. Dieser Fall belegt, dass die Risiken solcher Geschäfte schon seit Jahrzehnten bekannt sind227. Insbesondere gilt das für Fachkreise228. Verdeutlicht wird dies dadurch, dass schon im Jahr 2007 die ersten Ökonomen den Fall Münemann im Rahmen einer Stellungnahme zu den Fehlentscheidungen der Verantwortlichen der IKB in einem Artikel mit dem Titel „,Aus kurz mach lang‘ – Münemann ist wieder da“229 rezipierten230.

220 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. zur Fristentransformation auch 2. Teil, A. I. 1. c). 221 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015). 222 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015). 223 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015). 224 Wenn Banken sich für niedrige Zinsen Geld besorgen können, um dieses möglichst schnell wieder investieren zu können (in Form von der Vergabe von Krediten, die ebenfalls zu guten Konditionen vergeben werden), wird das Begriffspaar „billiges Geld“ verwendet. 225 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015). 226 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015). 227 Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f. 228 Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f. 229 Singer/Volk, ZfgK 2007, 948. 230 Singer/Volk, ZfgK 2007, 948.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

(2) Zinsen und Risiken Zu beachten ist außerdem, dass alle beteiligten Banker gewisse Kenntnisse über den jeweiligen Markt und die dort vorgenommenen Investitionen hatten231. Vor diesem Hintergrund muss den Bankern bewusst gewesen sein, dass mit einer hohen Verzinsung auch ein höheres Risiko einhergeht232. Aus dieser Kenntnis heraus folgt die Pflicht, diese Risiken zu analysieren und auf Grundlage der dann gewonnen Erkenntnisse die jeweilige Entscheidung zu treffen. (3) Die mediale Bekanntheit der Risiken Als Warren Buffet schon 2003 Derivate als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“233 bezeichnete, machte er auf die bestehenden Gefahren aufmerksam234. Es mehrten sich Berichte und Warnungen vor allem ab 2006 vor den Risiken am USHypothekenmarkt235. Strate weist darauf hin, dass es bereits am 23. 6. 2005 einen Bericht in der Frankfurt Allgemeinen Zeitung (FAZ) über die Gefahren einer möglichen Immobilienblase in den USA gab236. Dort heißt es u. a., dass eine „gefährliche spekulative Blase“237 entstanden sein könnte. Schon in diesem Artikel wird erkannt, dass in den USA teilweise Kredite an Kunden vergeben wurden, die nicht über die finanziellen Mittel verfügten, um den eigentlichen Kreditbetrag zu tilgen238. Neben diesem Artikel der FAZ hat der Sächsische Landesrechnungshof in 2009 festgestellt239 : 231

Bittmann, NStZ 2011, 361, 366. Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 233 Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handels blatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massenvernichtungswaffen-terminboer sen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015). 234 Hierzu näher: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015). 235 M.w.N. Florstedt, AG 2010, 315, 319; zu den rechtlichen Grenzen von spekulativen Finanzierungsinstrumenten schon im Jahr 2005: Säcker, in: FS Röhricht, S. 497 ff. 236 Angelehnt an Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 10 f., abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 237 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 238 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 239 Angelehnt an Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 11, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf: Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47. 232

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„Verschiedene Schreiben der Mortgage Insurance Companies (MICA) beginnend im September 2005, aber auch im Jahre 2006 wiesen wiederholt umfangreich auf Versäumnisse bei den Kreditvergaben und Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Werthaltigkeit der Kredite hin. In der Konsequenz wurde ein viel zu sorgloser Umgang der Banken bei der Kreditvergabe auf dem amerikanischen Immobilienmarkt beanstandet. Weiter wird ausgeführt, dass Banken zum Teil 75 % ihrer Produkte trotz hoher Gewinne verkaufen. Sie riechen das Risiko. Die Frage bleibt, welche Kreditgeber das Risiko noch nicht erkannt haben. Das werden diejenigen sein, die noch engagiert sind, wenn es zu spät ist. Diese Hinweise darauf, dass die Ratings für verbriefte Kredite nicht zutreffend sein können, entgingen offensichtlich den Verantwortlichen der SLB“240.

Dies sind Informationen, die auch den Verantwortlichen hätten bekannt sein müssen241. Allerdings bedeutet dies nicht auch zugleich, dass aufgrund dieser Informationen die Risiken zu überblicken gewesen wären. Als 2005 und 2006 die oben genannten Informationen an die Öffentlichkeit gelangten, waren einige Investitionen bereits getätigt. Jedoch hätten spätetens mit den Mitteilungen ab 2005 die Risiken und die Geschäfte genauer geprüft werden müssen. (4) Zwischenergebnis Die Risiken waren aufgrund historischer Erkenntnisse (vgl. den Fall Rudolf Münemann)242, aufgrund der hohen Zinsen243 und aufgrund der Berichte in den Medien244 für die Verantwortlichen erkennbar. Bedenkt man in diesem Kontext erneut das Volumen der Investitionen, so ist zumindest für die nach 2005 getätigten

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Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47. So auch bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 11, abrufbar unter: http://strate. net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 241 Zutreffend Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 8 ff. und S. 11 in Fußnote 20, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafan zeige-HSH.pdf. 242 Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/ Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de. proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f. 243 Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/ Endert, WM 2010, 875, 879. 244 Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handels blatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massenvernichtungswaffen-terminboer sen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Investitionen eine sorgsame und detaillierte Prüfung der Risiken für ein pflichtgemäßes Verhalten unabdingbar gewesen245. bb) Vertrauen auf Informationen Dritter Aufgrund der Komplexität der Entscheidungen könnten die Verantwortlichen möglicherweise in Einzelfällen auf Informationen Dritter vertraut haben. Wenn auf die Auskunft Dritter vertraut wird, so darf die Auswahl der Person des Dritten nicht willkürlich erfolgen, sondern es muss eine zuverlässige Person ausgewählt werden246. „[Z]uverlässig […] ist eine zuständige, sachkundige, unvoreingenommene Person, die mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgt und die Gewähr für eine objektive, sorgfältige, pflichtgemäße und verantwortungsbewußte Auskunftserteilung bietet“247.

Sollten Informationen Dritter eingeholt worden sein, so mussten diese Personen vertiefte Kenntnisse vom Wertpapierhandel und dem US-Hypothekenmarkt gehabt haben sowie keine Eigeninteressen verfolgt haben. Aber selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt gewesen sind, so ist noch zu konkretisieren, ob den Verantwortlichen dennoch eine eigene Prüfpflicht der ihnen präsentierten Informationen oblag. Grundsätzlich kann man von einer Pflicht zum selbstverantwortlichen Handeln (vor allem im Hinblick auf die Bedeutung dieser Geschäfte) von den Verantwortlichen ausgehen248. Diese umfasst vor allem, dass die Verantwortlichen den Informationen von Dritten nicht blind vertrauen249, sondern die geplanten Aktivitäten verstehen250 (wozu vor allem Struktur und Risiken der Wertpapiere zählen)251. Ob letztlich eine reine Plausibilitätskontrolle als ausreichend erachtet werden kann oder die Inhalte der Informationen detailliert nachvollzogen werden müssen, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig252. Allerdings kann vor dem Hintergrund, dass die

245 Vgl. auch stellv. für viele: Strate, HRRS 2009, 441, der ausführt, dass kein systemisches Versagen vorlag, sondern die Verantwortung einzelner Personen im Fokus stehe. 246 Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 29. Auflage 2014, § 17, Rn. 18; vgl. auch Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, § 17, Rn. 74 ff. 247 BGHSt 40, 257, 264 = NJW 1995, 204, 205. 248 Vgl. Lutter, ZIP 2009, 197, 199. 249 Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 250 M.w.N. Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 110. 251 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 110. 252 Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400 ff.

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Risiken historisch und medial bekannt waren253, auch für das Vertrauen auf Informationen Dritter kein anderer Maßstab gelten als bei der eigenständigen Informationsbeschaffung und -bewertung. Eine sorgsame Prüfung der Informationen war somit angezeigt, auch wenn an der Fachkunde des Dritten keine Zweifel bestanden haben sollten254. cc) Die Rolle der Ratingagenturen Zwar gilt für das Vertrauen auf die Ratings von den Ratingagenturen im Grundsatz das Gleiche wie für das Vertrauen auf Informationen Dritter255, aber die Ratingagenturen spielten vor allem für die Krise eine besondere Rolle256. Aufgrund dieser Besonderheit soll hier der Frage nachgegangen werden, ob möglicherweise schon das bloße Vertrauen auf die Wertungen der Ratingagenturen die objektive Pflichtwidrigkeit entfallen lassen konnte. Für die Ermittlung des notwendigen Eigenkapitals mittels einer sog. KSA-Position (Kreditrisiko-Standardansatz) wurden die Bewertungen von bestimmten Ratingagenturen zugelassen gem. § 52 f. a.F. der Solvabilitätsverordnung (SolvV)257. § 52 Abs. 1 S. 1 SolvV a.F. lautet: „Eine Ratingagentur wird für Risikogewichtungszwecke von der Bundesanstalt nur dann anerkannt, wenn die Methodik zur Bonitätsbeurteilung Objektivität, Unabhängigkeit, laufende Überprüfung und Transparenz gewährleistet sowie die mit der Methodik erstellten Bonitätsbeurteilungen Zuverlässigkeit und Transparenz gewährleisten [Hervorhebungen durch den Verfasser]“258.

253 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 254 Vgl. zur Fachkunde: Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400 ff. 255 Schließlich sind auch Ratingagenturen Dritte in diesem Sinne. 256 Vgl. 2. Teil, A. I. 1. d) und Möllers, JZ 2009, 861 ff. 257 BGBl. 2006, Teil I, Nr. 61, 2926 ff. 258 BGBl. 2006, Teil I, Nr. 61, 2926, 2951 f.; aufgehoben durch BGBl. 2013, Teil I, Nr. 73, 4168, § 39.

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Wenn aber nun Ratingagenturen und ihre Bewertungen anerkannt werden, dann könnte es einen Widerspruch darstellen, dass die Vorstandsmitglieder und Aufsichtsbzw. Verwaltungsratsmitglieder sich nicht auf diese Bewertungen hätten verlassen dürfen. Unter anderem bestätige § 52 f. SolvV a.F., dass die Arbeit der Ratingagenturen von gewisser Qualität sei259. Damit könne auch das Handeln auf Grundlage der Informationen von Ratingagenturen nicht als eine strafrechtsrelevante Pflichtverletzung bewertet werden260. Schünemann bewertet dieses Argument nicht nähere, da die deutschen Banken Investitionen über ausländische Zweckgesellschaften tätigten und damit ohnehin das in Deutschland anzuwendende Verfahren (bzgl. der Eigenmittelausstattung) umgingen261. Daraus folge, dass man die Pflichtwidrigkeit nicht mit dem Argument verneinen könne, dass bei Beschreitung des vorgesehenen Verfahrens eine Art Gutglaubensschutz existiert hätte262. Schünemann verkennt mit dieser Argumentation allerdings die Tragweite der gesetzgeberischen Entscheidung263 das Vertrauen auf die Ratingagenturen unter bestimmten Voraussetzungen zu rechtfertigen. Dieses „Qualitätssiegel“264 ist von grundsätzlicher Bedeutung und beschränkt sich damit nicht lediglich auf das Verfahren, innerhalb dessen diese Anerkennung stattgefunden hat. Bermel versucht hingegen unter Berufung auf ein Rundschreiben der BaFin (MaRisk) herzuleiten, dass „[j]edes Institut […] die von ihm betriebenen Geschäftsaktivitäten verstehen [muss]“265 und daher nicht hätte auf die Ratings vertraut werden dürfen266. Auch diese Argumentation geht jedoch fehl. Es handelt sich bei diesem Rundschreiben um eine Fassung aus dem Jahr 2010. Diese ist vielmehr schon als Reaktion auf die durch den Ausbruch der Krise offengelegten Missstände zu werten. Neben diesen Argumenten gegen das vermeintliche „Qualitätssiegel“267 kann jedoch ein weiteres Argument angeführt werden. Hierzu ist auf die Grundsätze 259 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 592; Schön/Cortez, IRZ 2009, 11, 17. 260 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; vgl. auch Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 592. 261 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91. 262 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91. 263 Zwar ist die SolvV als Verordnung keine direkte Entscheidung des Gesetzgebers, aber dieser Verordnung und der Ermächtigung zu dieser Verordnung liegen gesetzgeberische Wertungen zugrunde. 264 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; und diesen Ausführungen folgend: Balthasar/ Hamelmann, WM 2010, 589, 592. 265 BaFin, Rundschreiben 11/2010 vom 15. 12. 2010, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, AT 8, Rn. 1. 266 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 110. 267 Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; und diesen Ausführungen folgend: Balthasar/ Hamelmann, WM 2010, 589, 592.

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zurückzugreifen, die zum Vertrauen auf Informationen Dritter entworfen worden sind268. Die persönliche und fachliche Eignung des Dritten ist für das Vertrauendürfen entscheidend269. Insbesondere wenn Interessenskonflikte naheliegen, sind die übermittelten Informationen streng zu prüfen270. Es darf „mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgt“271 werden. Die Ratingagenturen verfolgten jedoch mit dem Wertpapiergeschäft ein Eigeninteresse. Die Ratingagenturen halfen selbst beim Konstruieren der Wertpapiere272 und durch positive Ratings profitierten sie auch finanziell273. Ein Eigeninteresse der Ratingagenturen ist damit offenkundig. Dies musste auch den Vorstandsmitgliedern und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern bekannt gewesen sein, wenn sie im Ansatz ihrer Informationspflicht bzgl. der Struktur der Wertpapiere (auch im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle) nachgekommen sein wollen274. Daneben ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in Frage stehenden Wertpapieren um neue Produkte handelte und damit die Ratingagenturen keine langfristige Erfahrung mit diesen Produkten hatten275. Wenn aber die persönliche Zuverlässigkeit eines Dritten durch langjährige Zusammenarbeit seltener in Frage zu stellen ist276, so lässt sich dieser Gedanke auch auf die Qualität der Ratings für bestimmte Produkte von Ratingagenturen übertragen. Je weniger Erfahrungen mit einem bestimmten Szenario (oder bestimmten Finanzprodukten) vorliegen, desto mehr ist eine sorgsame Prüfung der Informationen bzgl. dieses neuartigen Szenarios bzw. Produktes angezeigt277. Somit durfte den Ratings der Ratingagenturen aufgrund des großen Eigeninteresses und der Neuartigkeit der Finanzprodukte nicht ohne Weiteres vertraut werden278. Eine Ablehnung eines pflichtwidrigen Verhaltens der Vorstandsmitglieder und Aufsichts- bzw. Ver-

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Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g) bb). Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 29. Auflage 2014, § 17, Rn. 18; Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, § 17, Rn. 75. 270 Vgl. auch BGH, Urteil vom 01. 03. 1993, Az.: II ZR 61/92 = NJW 1994, 2149, 2150. 271 BGHSt 40, 257, 264 = NJW 1995, 204, 205. 272 2. Teil, A. I. 1. d); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862. 273 Möllers, JZ 2009, 861, 862. 274 Vgl. zu den Fällen, in denen eine Plausibilitätskontrolle ausreichend sein kann: Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400 ff. 275 Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 276 M.w.N. Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1400. 277 Vgl. auch Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 278 So im Ergebnis auch Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91 ff.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 110 ff.; andere Ansicht vor allem bei Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 592. 269

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waltungsratsmitglieder kann mithin nicht auf das Vertrauen auf die Ratings der Ratingagenturen gestützt werden. dd) Zwischenergebnis Nach den hier getroffenen Feststellungen ist es wahrscheinlich, dass die Vorstandsmitglieder und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder ihrer Pflicht, sich ausreichend zu informieren, nicht nachgekommen sind. Ob dieses pflichtwidrige Verhalten jedoch tatsächlich vorlag, kann nur im Rahmen einer (alle Umstände berücksichtigenden) Einzelfallbetrachtung festgestellt werden. Sollten die Vorstandsmitglieder und Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder auf Informationen Dritter vertraut haben, so schließt dies nicht das Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens aus. Insbesondere das Vertrauen auf die Ratings von Ratingagenturen kann nicht entlastend wirken, da schon aufgrund des Eigeninteresses der Ratingagenturen und der Neuartigkeit der Finanzprodukte279, diesen Bewertungen kein Vertrauen entgegengebracht werden durfte280. h) Existenzgefährdung als Pflichtverletzung Es gibt kein grundsätzliches Verbot von Risikogeschäften281, da diese ein wesentlicher Bestandteil unternehmerischen Handelns sind und zu einer positiven Entwicklung der Gesamtwirtschaft beitragen können282. Eine Existenzgefährdung eines Unternehmens kann auch zugleich eine Pflichtverletzung i.S.v. § 266 StGB darstellen283. Letztlich ist auf die Gesamtumstände des Einzelfalls abzustellen, um beurteilen zu können, ob das jeweilige Verhalten als existenzgefährdend und strafrechtlich relevant gewertet werden kann284. Um von einer konkreten Existenzgefährdung ausgehen zu können, muss eine Bilanz auf Grundlage von Zerschlagungswerten285 erstellt werden. In dieser müssen auch beispielsweise Abwick-

279

2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) cc); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 280 3. Teil, A. II. 2. g) cc) und dd); vgl. auch Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91 ff.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 110 ff. 281 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. a) und 2 Teil, A. II. 1. e). 282 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. a). 283 Vgl. Lutter, GmbHR 2000, 301, 305; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Mertens, in: Hachenburg, GmbHG, 8. Auflage 1997, § 43, Rn. 27. 284 Vgl. BGH, Urteil vom 10. 07. 1996, Az.: 3 StR 50/96 = NJW 1997, 66, 69; so auch Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590 und 594. 285 Vgl. BGHZ 76, 326, 335 = NJW 1980, 1524, 1526.

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lungskosten und mögliche Sozialansprüche enthalten sein286. Entbehrlich ist das Aufstellen einer solchen Bilanz lediglich, wenn sich die Gefährdung von Liquidität oder der Existenz aus dem tatsächlichen Geschehensablauf ergibt287. Dies ist vor allem der Fall, wenn große Mengen an Gewinn entnommen werden und die Gesellschaft dadurch – in zeitlich nahem Zusammenhang – in Konkurs gerät288. Außerdem kommt dies in Betracht, wenn einem Unternehmen die Produktionsgrundlage289 oder die notwendige Liquidität entzogen wird290. Diese Beispiele und der Hinweis auf eine einzelfallbezogene Bewertung bieten allerdings noch keinen eindeutigen Bewertungsmaßstab für die hier zu bewertenden Sachverhalte der Krise. aa) Maßstab Fraglich ist, ob bereits eine abstrakte Existenzgefährdung pflichtwidrig sein kann291 oder ob diese konkret sein muss292. Geht man davon aus, dass eine Sorgfaltspflicht bestünde, von allen Geschäften Abstand zu nehmen, die ein „übergroßes Risiko“293 beinhalten294, dann wären von vornherein alle Geschäfte unzulässig, die das Eigenkapital eines Unternehmens überschreiten. Dies folgt daraus, dass ein Unternehmen in einem solchen Fall bei einer Realisierung der Risiken die Verluste nicht tragen könnte. Mit anderen Worten: „Kein Manager […] handelt sorgfältig, wenn er Risiken für sein Unternehmen eingeht, die, wenn sie sich verwirklichen zum Untergang dieses Unternehmens führen können.“295

Diese Ansicht muss jedoch mangels Differenziertheit abgelehnt werden, da dies nicht mit der unternehmerischen Freiheit zu vereinbaren ist296. Es wird darauf hingewiesen, dass bei dieser Sichtweise großvolumige Verträge insbesondere bei Start286 BGHZ 76, 326, 335 = NJW 1980, 1524, 1526; BGH, Beschluss vom 10. 01. 2006 – 4 StR 561/05, BeckRS 2006, 03425, Rn. 6; BGHSt 35, 333, 338 = NJW 1989, 112, 113; Raum, in: Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Kapitel B. I. 1. d. aa., Rn. 100. 287 Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 96a; BGH, Beschluss vom 10. 01. 2006 – 4 StR 561/05, BeckRS 2006, 03425, Rn. 6; BGHSt 35, 333, 338 = NJW 1989, 112, 113. 288 BGHSt 35, 333, 338 = NJW 1989, 112, 113. 289 BGH, Urteil vom 29. 01. 1964, Az.: 2 StR 485/63. 290 BGH, Urteil vom 18. 10. 1956, Az.: 2 StR 434/56. 291 Vgl. Lutter, GmbHR 2000, 301, 305; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; vgl. auch Mertens, in: Hachenburg, GmbHG, 8. Auflage 1997, § 43, Rn. 27. 292 Redeke, ZIP 2010, 159 ff.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 783; Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 85 ff., insbesondere S. 92 f. 293 Lutter, ZIP 2009, 197, 199. 294 Lutter, ZIP 2009, 197, 199. 295 Lutter, ZIP 2009, 197, 199. 296 Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. a).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

up-Unternehmen oder auch die Übernahme größerer Unternehmen immer pflichtwidrig wären297. Außerdem kann nicht „jedes Geschäft vollständig mit Eigenmitteln [bestritten werden]“298. Damit kann nicht schon eine abstrakte Existenzgefährdung pflichtwidrig sein. Teilweise wird vertreten, dass auch das Eingehen konkreter Existenzgefährdungen nicht per se pflichtwidrig sein soll299. Vielmehr sei immer auf das Vorliegen „vernünftige[r] wirtschaftliche[r] Gründe“ abzustellen300. Im Rahmen dieser Gründe soll vor allem die Eintrittswahrscheinlichkeit des Verlustrisikos eine wichtige Rolle spielen301. Dieser Ansicht nach wäre eine pflichtwidrige konkrete Existenzgefährdung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit mit 100 % bewertet werden könnte. Vorliegend waren die vorhandenen Forderungen im Zusammenhang mit dem Wertpapierhandel am US-Hypothekenmarkt langfristig nicht realisierbar, da die Konstruktion der Wertpapiere302 wie bei einem „Schneeballsystem“303 zum Zusammenbruch des Marktes führen musste304. Außerdem führten die großen Volumina der erworbenen Wertpapiere dazu, dass diese nicht jederzeit hätten veräußert werden können305. Diese Überlegungen zugrunde legend, wäre in jedem Falle eine pflichtwidrige konkrete Existenzgefährdung festzustellen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass es schon Warnungen bzgl. der eingegangenen Risiken gab, die hätten erkannt werden müssen306. In einem solchen 297

M.w.N. Redeke, ZIP 2010, 159, 160. Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878. 299 Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 300 Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 301 Drygala, in: FS Hopt, 541, 550 ff.; Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 302 2. Teil, A. I. 1. c). 303 Dieser Vergleich findet sich bei Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 304 So auch Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 305 Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 306 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur 298

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Fall ist je nach Qualität und Anzahl der Warnungen im Einzelfall schon eine pflichtwidrige konkrete Existenzgefährdung anzunehmen, weil keine „vernünftigen wirtschaftlichen Gründe“307 für das Eingehen von Risiken sprechen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich diese Risiken – nach allen bekannten Zusammenhängen – zeitnah realisieren könnten. bb) Einzelfallbetrachtung Die jeweiligen pflichtwidrigen konkreten Existenzgefährdungen sind in den hier betrachteten Einzelfällen nachzuweisen. Man kann vor allem im Hinblick auf die Ursachen der Krise eine Existenzgefährdung nicht an eine einzelne Handlung anknüpfen308. Vorliegend sind mehrere einzeln aufeinander aufbauende Handlungen zu beachten. Die Konstruktion der ABS, die Einrichtung der Zweckgesellschaften, die Fristentransformationen und vor allem die Liquiditätsgarantien für die eingerichteten Zweckgesellschaften309 bilden einen Handlungskomplex. Dies führt jedoch insgesamt zu keinem anderen Ergebnis, denn auch „Maßnahmenbündel“310 dürfen nicht die Existenz einer Gesellschaft gefährden311. Entscheidend für die Frage, ob existenzgefährdende Geschäfte getätigt wurden, ist, wie groß das Gesamtvolumen der Investitionen der einzelnen Institute im Sektor der Verbriefungsgeschäfte war. Wenn dieses Volumen im Hinblick auf das Eigenkapital des jeweiligen Kreditinstituts unverhältnismäßig ist, dann ist eine Existenzgefährdung gegeben. Die IKB hatte insgesamt etwa „46 % des Gesamtvolumens ihres Geschäftsfeldes“312 im Verbriefungssektor angelegt und es wurden Kreditlinien von ungefähr 10 Mrd. gegenüber einer Conduit zugesagt, während dem lediglich ein Eigenkapital von 1,4 Mrd. Euro gegenüberstand313. Knapp die Hälfte des Geschäftsvolumens war somit unmittelbar von den Folgen der Krise betroffen und die zugesagten Kreditlinien überstiegen das Eigenkapital um ein Vielfaches. Hinzu kommt, dass diese Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt vor dem dargelegten Geschäftszweck

auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 307 Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 308 So auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172. 309 Vgl. hierzu 2. Teil, A. I. 1. c). 310 Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 unter Verweis auf Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 79. 311 Schröder, NJW 2010, 1169, 1172; Waßmer, Untreue bei Risikogeschäften, S. 79. 312 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 313 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 17, 19, 192; Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 130.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

der IKB (der Förderung mittelständischer Unternehmen)314 nur in einem geringen Umfang zulässig gewesen wären315. Damit lag eine Existenzgefährdung der IKB vor. Die SachsenLB war über ihre irische Tochtergesellschaft (SachsenLB Europe) ebenfalls am Verbriefungsgeschäft beteiligt316. Es wurde durch Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt ein Portfolio mit einem Volumen von 17,3 Mrd. Euro generiert317 und „ein weiteres Finanzloch in dreistelliger Millionenhöhe“318 wurde entdeckt. Die SachsenLB verfügte jedoch nur über ein Eigenkapital mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro319. Diese Zahlen veranschaulichen, dass die hier vorgenommenen Risikogeschäfte ein solches Volumen erreicht hatten, dass die SachsenLB nicht einmal annährend genügend Finanzkraft hätte aufbringen können, um diese zu decken. Hinzu kommt ebenfalls die schon dargelegte Begrenzung von Investitionen, die außerhalb des öffentlichen Zwecks liegen, den die SachsenLB zu erfüllen hatte320. Auch im Fall der SachsenLB lag somit eine Existenzgefährdung vor. Durch das Geschäft mit risikoreichen Wertpapieren321 und die Übernahme der SachsenLB322 geriet auch die LBBW in Folge der Krise unter Druck. Im Jahre 2009 waren eine Kapitalspritze von 5 Mrd. Euro und Bürgschaften der Eigner i.H.v. 12,7 Mrd. Euro notwendig, um die LBBW zu stützen323. Aus der Presseinformation der LBBW vom 14. März 2008 geht hervor, dass man in der Übernahme der SachsenLB Chancen gesehen habe und mögliche Risiken durch die Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt wurden nicht angemessen dargestellt324. Weiterhin weist 314

3. Teil, A. II. 2. e) dd). OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09; vgl. auch die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 316 Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 131. 317 CDU Fraktion des Sächsischen Landtages, SachsenLB – Landesbank Baden-Württemberg – Kapitalmarktkrise, Materialband SachsenLB, S. 17 (abrufbar unter: http://www.ap pixportale.de/CDU/Fraktion/dokumente/Materialband_SLB.pdf). 318 Zeit Online, vom 26. 08. 2007 „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 319 Zeit Online vom 26. 08. 2007, „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 320 Vgl. hierzu 3. Teil, A. II. 2. e) aa). 321 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 01. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 322 2. Teil, A. I. 2. c). 323 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 1. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 324 Pfister, LBBW Presseinformation vom 14. 03. 2008 21/2008, „LBBW erreicht trotz Finanzkrise einen deutlich dreistelligen Millionengewinn“, aufrufbar unter: http://www.lbbw. de/media/presse/pdf_presse/2008_presseinformationen/20080314_LBBW_Presseinformation_ LBBW_erreicht_trotz_Finanzkrise_einen_deutlich_dreistelligen_Millionengewinn.pdf. 315

A. Das strafrechtliche Arsenal

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diese Pressemitteilung noch ein Eigenkapital von 10,45 Mrd. Euro für das Geschäftsjahr 2007 aus325. Stellt man die beiden bekannten Risikofaktoren (Wertpapierhandel und Übernahme der SachsenLB) zu diesem Zeitpunkt dem Volumen an Eigenkapital gegenüber, so war die Existenz der LBBW mit der Vornahme dieser Geschäfte gefährdet. Schon in 2009 wurden insgesamt 17,7 Mrd. Euro benötigt, um die LBBW zu stützen. Wie schon zuvor bei der SachsenLB überschritt dieses Investitionsvolumen die zulässigen Grenzen, die durch den öffentlichen Zweck vorgegeben sind326. Auch bei der BayernLB bestand eine auffällige Diskrepanz zwischen dem Eigenkapital von 10,8 Mrd. Euro in 2006 und dem Volumen eines ABS-Portfolios von ca. 34 Mrd. Euro327. Damit überstieg das Volumen des ABS-Portfolios das Volumen des Eigenkapitals um mehr als das Dreifache. Dies stellte vor dem Hintergrund der (zu dieser Zeit schon erkennbaren)328 Risiken eine Existenzgefährdung dar. Auch im Hinblick auf den öffentlichen Zweck der BayernLB329 ist ein solch großes Volumen an Wertpapierinvestitionen nicht zu rechtfertigen. Für die WestLB lässt sich eine ähnliche Diskrepanz zwischen Eigenkapital und risikoreichen Wertpapieren feststellen. Anfang 2008 betrug das Risiko knapp 23 Mrd. Euro330 und das Eigenkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2007 bezifferte sich auf 4,5 Mrd. Euro331. Damit überstiegen die Risiken das Eigenkapital um mehr 325

Pfister, LBBW Presseinformation vom 14. 03. 2008 21/2008, „LBBW erreicht trotz Finanzkrise einen deutlich dreistelligen Millionengewinn“, aufrufbar unter: http://www.lbbw. de/media/presse/pdf_presse/2008_presseinformationen/20080314_LBBW_Presseinformation_ LBBW_erreicht_trotz_Finanzkrise_einen_deutlich_dreistelligen_Millionengewinn.pdf. 326 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. e) ee). 327 Vgl. hierzu m.w.N. Strate, Strafanzeige gegen die in den Jahren 2004 – 2008 tätig gewesenen Mitglieder des Vorstandes sowie des Verwaltungsrates der Bayerischen Landesbank, 21. 01. 2010, S. 14, abrufbar unter: http://www.strate.net/de/dokumentation/BayernLB-Strafan zeige.pdf. 328 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/docu ment/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buf fett-sieht-derivate-als-finanzielle-massenvernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/22333 74.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 329 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. e) bb). 330 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 23; BaFin, Jahresbericht 2008, S. 123. 331 Vgl. hierzu die Angaben von Statista unter: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1 62642/umfrage/entwicklung-des-eigenkapitals-der-westlb-seit-dem-jahr-2006/ (18. 08. 2015).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

als das Fünffache und dieses Ausmaß war auch nicht mit dem öffentlichen Zweck der WestLB zu vereinbaren332. Mithin lag auch im Fall der WestLB eine Existenzgefährdung vor. Auch bei der HSH Nordbank gab es schon im Jahre 2006 eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Eigenkapital und den risikoreichen Wertpapierinvestitionen. Das Eigenkapital betrug 7,17 Mrd. Euro und dem standen ca. 30 Mrd. Euro an risikoreichen Investitionen gegenüber333. Mit dem öffentlichen Zweck war dieses Volumen an Investitionen nicht mehr vereinbar334. Insgesamt lässt sich festhalten, dass alle hier näher betrachteten Kreditinstitute durch ihre Geschäftstätigkeit am US-Hypothekenmarkt existenzgefährdet waren. cc) Zwischenergebnis Schon die dargestellten Investitionsvolumina im Vergleich zum Eigenkapital stellen eine Existenzgefährdung aller hier betrachteter Kreditinstitute dar335. Eine lediglich abstrakte Existenzgefährdung ist nicht als pflichtwidriges Verhalten zu werten336, vielmehr ist auf eine konkrete Existenzgefährdung abzustellen337. Die Umstände, dass schon die Konstruktion der Wertpapiere zu einem Zusammenbruch des Marktes führen musste338 und nicht jederzeit die Möglichkeit einer Veräußerung bestand339, begründen eine pflichtwidrige konkrete Existenzgefährdung. Vor dem Hintergrund der medial und historisch bekannten Risiken konnten keine „vernünftigen wirtschaftlichen Gründe“340 für das Eingehen dieser Risiken sprechen.

332

Vgl. 3. Teil, A. II. 2. e) cc). Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 8, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 334 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. e) ff). 335 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 336 Redeke, ZIP 2010, 159 ff.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 783; Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 85 ff., insbesondere S. 92 f. 337 3. Teil, A. II. 2. h) aa); Redeke, ZIP 2010, 159 ff.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Schröder, ZStW 123 (2011), 771, 783; Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 85 ff., insbesondere S. 92 f. 338 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 339 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 340 Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 333

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i) Risikomanagement Die Vorstandsmitglieder von Kreditinstituten haben dafür Sorge zu tragen, dass ein umfangreiches Risikomanagement eingerichtet wird341. Schon 1997 wurden in § 25a KWG a.F. organisatorische Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsführung positiviert342. Diese Positivierung beinhaltete keine neuen gesetzlichen Pflichten, aber sie betonte die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsführung343. Durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz aus 2002344 und das Finanzkonglomeraterichtlinien-Umsetzungsgesetz aus 2004345 wurde der Regelungsinhalt erweitert und es kam zu Anpassungen an aktuelle Entwicklungen346. Im Jahre 2006 kam es zu einer Anpassung an die Anforderungen von Basel II347 und es folgten daraufhin noch weitere jährliche Änderungen348. Für die hier zu beurteilenden Fälle ist entscheidend, dass damit schon vor dem Ausbruch der Krise gesetzliche Anforderungen an ein Risikomanagement existierten. Schon in der Fassung von 2002 hieß es in § 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG a.F., dass ein Institut „über geeignete Regelungen zur Steuerung, Überwachung und Kontrolle der Risiken und der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen“349 verfügen muss. Ebenfalls seit 2002 gibt es den sog. Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)350. Der DCGK stellt kein Gesetz oder eine Verordnung dar, sondern vielmehr eine Empfehlung351. Gem. § 161 Abs. 1 AktG müssen Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten Gesellschaften jährlich eine Erklärung abgeben, inwieweit den Empfehlungen des DCGK entsprochen wird. Schon in der ersten veröffentlichten Fassung aus 2002 wird in Ziffer 3.4. das Zusammenwirken von Vor-

341 Speziell zum Risikomanagement bei Investitionen in Immobilien: Maier, Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen 2007; vgl. auch Lücke, Bankaufsichtsrechtliche Anerkennung interner Kreditportfoliomodelle, S. 18 ff. 342 BGBl. 1997, Teil I, Nr. 71, 2518 ff. 343 Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, § 25a, Rn. 3. 344 BGBl. 2002, Teil I, Nr. 39, 2010 ff. 345 BGBl. 2004, Teil I, Nr. 72, 3610 ff. 346 Vgl. auch Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, § 25a, Rn. 7 bis 9. 347 Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, § 25a, Rn. 10. 348 Hierzu im Einzelnen Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, § 25a, Rn. 11 ff. 349 BGBl. 2002, Teil I, Nr. 39, 2054. 350 Bundesministerium der Justiz, Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ vom 30. 08. 2002, eBAnz AT1 2002 B1. 351 Vgl. den Wortlaut von § 161 Abs. 1 AktG; vgl. weiterhin Ringleb, in: Ringleb/Kremer/ Lutter/Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, § 161, Rn. 1249.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

stand und Aufsichtsrat im Hinblick auf das Risikomanagement beschrieben352. Auch über den DCGK war damit schon vor Beginn der Krise auf die Notwendigkeit der Einrichtung eines Risikomanagementsystems hingewiesen worden. Neben diesen gesetzlichen Pflichten und dem DCGK lässt sich die Pflicht zur Einrichtung eines angemessenen Risikomanagements auch auf die Vermögensbetreuungspflicht der Verantwortlichen stützen353. Die allgemeinen Pflichten zur Förderung des jeweiligen Gesellschaftszwecks und das Vermeiden von Schäden für das jeweilige Kreditinstitut lassen sich nur verwirklichen, wenn ein Risikomanagementsystem eingerichtet wird354. Hierbei kommt es vor allem auf die „Identifikation, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Risiken“355 an356. Um diese allgemeine Pflicht konkretisieren zu können, kann wiederum auf die Wertungen aus § 25a KWG (a.F.) und dem DCGK zurückgegriffen werden. Im Folgenden soll vor allem näher auf die Risikoerkennung aa), Risikobewertung bb), Risikosteuerung cc) und die Risikokontrolle dd) eingegangen werden, um die Pflichten im Rahmen des Risikomanagements zu konkretisieren357. aa) Risikoerkennung Es gibt eine Vielzahl von Risiken, die unterschieden werden müssen358, wie beispielsweise das Zinsänderungsrisiko, das Renditerisiko oder auch das Währungsrisiko359. Abhängig von dem jeweiligen Risiko lassen sich mehrere Faktoren identifizieren, die den jeweiligen Wert der Investition beeinflussen können360. Hierbei ist es wichtig, dass möglichst alle relevanten Faktoren erkannt werden361. Um eine frühzeitige Erkennung von Risiken zu gewährleisten, ist außerdem eine systematische Analyse und Dokumentation aller potentieller Einflussfaktoren not-

352 Bundesministerium der Justiz, Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ vom 30. 08. 2002, eBAnz AT1 2002 B1. 353 Koch, ZGR 2006, 184, 190. 354 M.w.N. Koch, ZGR 2006, 184, 190. 355 Koch, ZGR 2006, 184, 190. 356 Koch, ZGR 2006, 184, 190 m.w.N.; Hauschka, AG 2004, 461, 467 ff.; Trips, NVwZ 2003, 804, 805 ff.; vgl. auch Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 72 ff. 357 Vgl. hierzu auch Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 72 ff.; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 23 ff. 358 Vgl. Buschmann, WPg 1992, 720, 726 ff.; Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 72; Scharpf, DB 1997, 737, 740. 359 Buschmann, WPg 1992, 720, 726 ff.; Scharpf, DB 1997, 737, 740. 360 Vgl. für das derivative Geschäft: Walther, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 287, S. 293 ff.; Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 72. 361 Vgl. auch Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 213; Kless, DStR 1998, 93, 95.

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wendig362. Auch wenn einzelne Faktoren bereits dokumentiert und analysiert worden sind, sind sie dennoch regelmäßig neu zu untersuchen363, da Änderungen eingetreten sein könnten. Nicht von der Risikoerkennungspflicht umfasst sind jedoch unvorhersehbare Risiken364, da diese auch durch ein angelegtes und organisiertes System der Risikoerkennung nicht identifiziert werden können365. Zwar wird teilweise behauptet, die Risiken im Wertpapierhandel am US-Hypothekenmarkt seien nicht vorhersehbar gewesen366, aber schon die hier angeführten historischen und medialen Nachweise367 belegen das Gegenteil368. Durch solche Hinweise im Hinblick auf die Gefahren des Wertpapierhandels am US-Immobilienmarkt bestand die Pflicht, sich ausreichend zu informieren369. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte eine Risikoerkennung stattfinden müssen, wenn ein funktionierendes Risikomanagement bestand. Wurden diese Risiken nicht erkannt, so ist ein Verstoß gegen die Risikoidentifikationspflicht gegeben. Dies ist jedoch Tatfrage und kann nur anhand der (hier nicht bekannten) Einzelfallumstände beantwortet werden. bb) Risikobewertung Im Rahmen der Risikobewertung soll das potentielle Verlustrisiko einer Investition ermittelt werden370. Dies setzt voraus, dass die einzelnen Risiken messbar

362 363 364 365

zu. 366

Vgl. Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 72. Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 212. Hauschka, AG 2004, 461, 467. Dies liegt schon in der Natur solcher Risiken. Vor allem bei Naturkatastrophen trifft dies

Vgl. hierzu die Ausführungen von Sinn, der eine jeweils individuelle Verantwortung ablehnt und stattdessen auf systemische Fehler verweist: Sinn, Kasino-Kapitalismus, S. 95 ff. 367 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 368 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g) aa). 369 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g). 370 Vgl. Scharpf/Luz, Risikomanagement, Bilanzierung und Aufsicht von Finanzderivaten, S. 78; vgl. auch Buschmann, WPg 1992, 720, 724.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

sind371. Je nachdem, um welches Risiko es sich handelt, existieren verschiedene Berechnungs- und Bewertungsmethoden, um die Wahrscheinlichkeit und das Volumen des potentiellen Verlustes zu erfassen372. Erst aufgrund dieser Daten kann ein Vergleich mit dem potentiellen Gewinn und dessen Wahrscheinlichkeit aus der jeweiligen Investition erfolgen. Ob und inwieweit in den hier zu untersuchenden Fällen eine Risikobewertung stattfand und stattfinden konnte, ist ebenfalls Tatfrage. Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass es für Markt- und Kreditrisiken sowie für Liquiditätsrisiken keine einheitlichen Messinstrumente gab373. Außerdem existierten auch keine Methoden, die die Interdependenzen der einzelnen Risiken erfassen konnten374. Genau diese wären jedoch notwendig gewesen, um zuverlässig den potentiellen Verlust einzelner Investitionen bestimmen zu können. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass diese Investitionen von vornherein zu unterlassen gewesen wären. Bei neuen innovativen Finanzprodukten existieren häufig noch keine umfassenden Messinstrumente hinsichtlich der Risiken. Diese können auch mangels Erfahrungswerten375 und möglicher noch nicht genau betrachteter Zusammenhänge von einzelnen Risikofaktoren nicht existieren. Vielmehr muss es den Kreditinstituten trotzdem möglich sein, zu investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und auch um von möglichen Gewinnen der neunen Finanzinstrumente profitieren zu können. cc) Risikosteuerung Zu dem Bereich der Risikosteuerung zählen die Risikovermeidung, Risikokompensation, Risikoübernahme und Risikoreduzierung376. Im Rahmen der Risikovermeidung sollen Risiken gar nicht entstehen können, aber dies führt wiederum auch dazu, dass wenige Gewinnchancen entstehen377. Ein solches Modell eignet sich nicht, um auf einem Markt wettbewerbsfähig bleiben zu können. Risikokompensation erfolgt durch das Generieren von Gewinnen, um drohende Verluste wieder auszugleichen378. Da dies jedoch auch nicht in allen Situationen realisierbar ist, 371

Buschmann, WPg 1992, 720, 724; Scharpf, DB 1997, 737, 741. M.w.N. Buschmann, WPg 1992, 720, 725; vgl. auch Albrecht, in: Schierenbeck/Rolfes/ Schüller, Handbuch Bannkcontrolling, S. 803 ff. 373 Rudolph, zfbf 2008, 713, 728. 374 Rudolph, zfbf 2008, 713, 728. 375 So auch beim Wertpapierhandel im Vorfeld der Krise, vgl. Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 376 Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32; vgl. auch Kless, DStR 1998, 93, 96; Scharpf, DB 1997, 737, 740 ff. 377 Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32. 378 Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32. 372

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dürfte diese Form der Risikosteuerung auf Spezialfälle begrenzt bleiben. Auch eine Risikoübernahme dürfte eher die Ausnahme bilden. Diese erfolgt lediglich aus strategischen Gründen379 und muss daher mit der jeweiligen Unternehmensstrategie übereinstimmen380. Am häufigsten und damit am bedeutendsten ist die Risikoreduzierung381. Dabei können Risiken limitiert, gestreut, abgewälzt oder geteilt werden382. Welche dieser Handlungsoptionen in Frage kommt, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Diese Handlungsoptionen lassen sich auch kumulieren, um im Einzelfall eine bestmögliche Risikoreduzierung zu erzielen. Welche Form der Risikosteuerung und vor allem der Risikoreduzierung im Einzelnen eingesetzt werden konnte und eingesetzt worden ist, ist ebenfalls Tatfrage und lässt sich nicht pauschal beantworten. Im Rahmen der Risikoreduzierung wäre beispielsweise an eine Veräußerung der toxischen Papiere zu denken – sobald und soweit die Risiken erkannt worden sind383. Allerdings dürfte die tatsächliche Risikoerkennung bei allen Marktteilnehmern in einem ähnlichen Zeitraum eingesetzt haben, sodass niemand mehr diese toxischen Wertpapiere erwerben wollte384 und damit eine Veräußerung nahezu unmöglich war385. dd) Risikokontrolle Die Risikokontrolle stellt eine unabhängige organisatorische Einheit dar386. Sie beinhaltet die Kontrolle, ob die erkannten Risiken regelmäßig überprüft und gemessen werden387, ob eine Messung nach einheitlichen Methoden erfolgt388 und ob die verschiedenen Formen der Risikosteuerung beachtet werden389. Wichtiger Be379

Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220. Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32. 381 Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32. 382 Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 220; Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 32. 383 Vgl. auch Bittmann, NStZ 2011, 361, 363. 384 2. Teil, A. I. 1. e); vgl. auch: Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 385 2. Teil, A. I. 1. e); vgl. auch: Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 386 M.w.N. Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 80. 387 Vgl. Walther, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 287, S. 297; Scharpf/Luz, Risikomanagement, Bilanzierung und Aufsicht von Finanzderivaten, S. 79; Scharpf/Epperlein, BFuP 1995, 209, 217. 388 Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 35. 389 Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 35. 380

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

standteil der Risikokontrolle ist die Berichterstattung390 und die damit einhergehende Dokumentationspflicht391. Alle relevanten Geschäfte, Soll-Ist-Vergleiche und realisierte Gewinne und Verluste sind zu erfassen und verständlich darzustellen392. Nur so lässt sich ständig die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bzw. des Kreditinstituts überwachen. Auch im Rahmen der Risikokontrolle ist es Tatfrage, inwieweit diesen Anforderungen im Einzelnen entsprochen worden ist. Jedenfalls ist kein Rückschluss auf einen möglichen Verstoß zulässig, nur weil die jeweiligen Kreditinstitute in Schieflage geraten sind. ee) Basel II, § 25a KWG a.F. und BaFin Rundschreiben 18/2005 (MaRisk) Im Juni 2004 wurde die Baseler Eigenkapitalrichtlinie (Basel II)393 veröffentlicht. Basel II enthielt drei Regelungsbereiche (drei Säulen)394. Säule 1 betraf im Wesentlichen die Ausstattung von Kreditinstituten mit ausreichend Eigenkapital und die Berechnung dieses Eigenkapitals395. Säule 2 betraf die Mindestanforderungen an das jeweilige Risikomanagement von Kreditinstituten396. Säule 3 betraf die Offenlegung von Informationen aller Marktteilnehmer über „Eigenkapital, Risikopositionen, Risikomessverfahren und Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung“397. Die Säulen 1 und 3 wurden im Wesentlichen durch die SolvV a.F. in das deutsche Recht umgesetzt und die Säule 2 wurde durch die Rundschreiben der BaFin über die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) umgesetzt398. Im Rundschreiben 18/2005 MaRisk der BaFin399 wurde auf Grundlage von § 25a Abs. 1 KWG a.F. ein „flexible[r] und praxisnahe[r] Rahmen für die Ausgestaltung 390

M.w.N. Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 80; Scharpf/Luz, Risikomanagement, Bilanzierung und Aufsicht von Finanzderivaten, S. 72. 391 Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 35; Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 80; Kless, DStR 1998, 93, 94. 392 Rudolph, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 34 f.; Scharpf/Epperlein, in: Rudolph, Derivative Finanzinstrumente, S. 131, S. 168. 393 2004 veröffentlicht und umgesetzt durch die Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG. 394 Meusel, in: Becker/Gruber/Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 49, S. 50; Volkenner/Walter, DStR 2004, 1399, 1400; Hortmann/Seide, in: Becker/Gruber/Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 299, S. 302. 395 Volkenner/Walter, DStR 2004, 1399, 1400. 396 Gann/Rudolph, in: Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, 1. Auflage 2011, S. 607. 397 Volkenner/Walter, DStR 2004, 1399, 1400. 398 Gann/Rudolph, in: Hopt/Wohlmannstetter, Handbuch Corporate Governance von Banken, 1. Auflage 2011, S. 607. 399 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement; vgl. für nähere Ausführungen auch Lüders/Weber, in: Becker/Gruber/

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des Risikomanagements in den Kreditinstituten“400 bereitgestellt. Aus dem Rundschreiben geht hervor, dass das interne Kontrollsystem „Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung sowie Kommunikation der Risiken“401 umfassen sollte. Hierzu gehörte es, dass Risiken frühzeitig erkannt werden sollten, sie in angemessener Weise erfasst und dargestellt werden sollten und auch Wechselwirkungen zwischen einzelnen Risikofaktoren zu beachten waren402. Eine verständliche und angemessene Dokumentation und Berichterstattung war unerlässlich403. Neben diesen allgemeinen Anforderungen sind auch die Anforderungen für spezifische Geschäftsbereiche dargestellt worden. So gab es beispielsweise konkretisierende Ausführungen im Rahmen der „Anforderungen an die Prozesse im Kreditgeschäft“404, zu „Verfahren zur Früherkennung von Risiken“405 und zum „Risikoklassifizierungsverfahren“406. Damit waren die zu erfüllenden Anforderungen bzgl. eines angemessenen Risikomanagements nach § 25a Abs. 1 KWG a.F. i.V.m. Rundschreiben 18/2005 MaRisk der BaFin zu Zeiten vor und während der Krise inhaltsgleich mit den obigen allgemeinen Ausführungen zur Risikoerkennung, Risikobewertung, Risikosteuerung und Risikokontrolle407. Somit ergibt sich auch aus diesen Bestimmungen kein weiteres potentiell pflichtwidriges Verhalten der Vorstandsmitglieder.

Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 61, S. 63 ff.; Kleine/Nolte, in: Becker/Gruber/Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 75, S. 86 ff.; Gruber/Hümmer, in: Becker/Gruber/Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 137 ff.; Kretschmer/Kuhn, in: Becker/Gruber/Wohlert, Handbuch MaRisk, S. 157, S. 160 ff. 400 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 1, S. 1. 401 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 1, S. 4 und AT 4.3.2. 402 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 4.3.2, S. 3 und S. 4. 403 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 4.3.2, S. 7 und S. 8. 404 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, BTO 1.2. 405 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, BTO 1.3. 406 BaFin, Rundschreiben 18/2005 vom 20. 12. 2005 – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, BTO 1.4. 407 Dies folgt daraus, dass grundsätzlich mit § 25a KWG a.F. keine neuen Pflichten geschaffen worden sind, vgl. Braun/Wolfgarten, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, § 25a, Rn. 3.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

j) Klumpenrisiken Eine weitere Pflichtverletzung könnte in der Bildung sog. Klumpenrisiken zu sehen sein. Hierbei handelt es sich um eine „Häufung ähnlicher Ausfallrisiken“408. Fraglich ist, ob § 93 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 AktG eine allgemeine Pflicht zur Risikodiversifizierung beinhaltet und ob die Verantwortlichen gegen diese Pflicht verstoßen haben. Möglicherweise lässt sich eine solche Pflicht auf die Portfoliotheorie und gesetzgeberische Wertungen stützen. Die Frage der Risikodiversifizierung und der Klumpenrisiken an sich ist dem Bereich des Risikomanagements zuzuordnen. Aufgrund der besonderen Bedeutung dieser Risiken – vor dem Hintergrund der Krise – sind diese hier gesondert dargestellt. aa) Portfoliotheorie Die Portfoliotheorie geht auf Markowitz zurück409. Sie wurde in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt410 und ist von großer Bedeutung für Investitionsentscheidungen. Markowitz geht davon aus, dass jeder Investor Rendite erwartet und dagegen Varianzen, die sich negativ auf das Investment und die Rendite auswirken können, nicht beabsichtigt werden411. Hieraus ergeben sich zwei zusammenhängende Variablen: Rendite und Risiken. Demnach sind Investitionen so zu tätigen, dass die Risiken möglichst gering gehalten werden, was unter gewissen Umständen über eine hohe Diversifikation geschehen kann. So können Chancen und Risiken verteilt werden. Darstellen lässt sich dieser Zusammenhang mit Hilfe der (m, s)Regel412, welche im Folgenden genauer erläutert wird. Bei der folgenden Erklärung und dem folgendem Beispiel wird lediglich die Situation für zwei Anlagemöglichkeiten dargestellt413. Bei m handelt es sich um den Erwartungswert der Rendite und bei s um die Streuung der Rendite414. Wichtige Einflussfaktoren sind außerdem äußere Umstände (U), wie beispielsweise unternehmerische Entscheidungen und vor

408

Florstedt, AG 2010, 315, 320; vgl. auch Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 656. Markowitz, The Journal of Finance 1952, 77 ff.; Markowitz, Portfolio Selection 1959. 410 Vgl. m.w.N. zur Weiterentwicklung dieser Theorie als Grundlage für die Kapitalmarkttheorie: Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 458; Spremann, Portfoliomanagement, S. 173 ff. 411 Markowitz, The Journal of Finance 1952, 77. 412 Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 455; Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 627. 413 Sog. „Zwei-Wertpapier-Fall“, vgl. Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 455. 414 Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 455; Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 627. 409

A. Das strafrechtliche Arsenal

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allem der sog. Korrelationskoeffizient (k)415. Für den Korrelationskoeffizienten gelten dabei folgende Werte416 : Tabelle 1 Zusammenhang zwischen äußeren Umständen (U) und der Entwicklung des Korrelationskoeffizienten (k) Bei Änderungen durch U entwickeln sich die Ergebnisse beider Anlagemöglichkeiten:

Korrelationskoeffizient k

vollständig gleichförmig

k = +1

mehr oder weniger gleichförmig

0 < k < +1

völlig unabhängig

k=0

mehr oder weniger gegenläufig

–1 < k < 0

vollständig gegenläufig

k = –1

Anhand dieser Definitionen der Variablen und des Korrelationskoeffizienten lässt sich folgendes Beispiel nachvollziehen, welches von Wöhe/Döring417 übernommen wird: Ein Anleger hat bereits in Wiederaufbereitungsanlagen für Kernbrennstäbe (X) investiert und hat nun die Wahl, in Kernkraftwerke (Y) oder in Kohlekraftwerke (Z) zu investieren. Im Szenario U(1) wird im Laufe der Zeit die unternehmerische/politische Entscheidung getroffen, auf Kernkraft zu verzichten und sich mehr auf Kohleenergie zu fokussieren. Im Szenario U(2) entscheidet man sich gegen Kohleenergie, aber für Kernenergie. In diesem Beispiel sind X und Y vollständig positiv korreliert (k = +1) und X und Z sind vollständig negativ korreliert (k = –1). Tritt Szenario U(1) ein, so bringen die Investitionen in X und Y Verlust. Wenn jedoch in X und Z investiert worden ist, so bringt lediglich X Verlust, aber Z Gewinn. Falls U(2) eintritt, würde die Investition in X und Y Gewinn bringen. Eine Investition in X und Z würde zur Folge haben, dass X Gewinn bringt, aber Z Verlust. Dieses Beispiel veranschaulicht die Chancen, aber auch Risiken von Investitionen ohne große Diversifikation. Festhalten lässt sich: „Je stärker der Korrelationskoeffizient zweier Portfolio-Anteile von +1 abweicht, desto besser lässt sich das Portfolio-Risiko durch Diversifikation vermindern“418. Dieses Ergebnis lässt sich folgendermaßen grafisch darstellen419 : 415 Zum Korrelationskoeffizienten: Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 455; Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 627. 416 Die Tabelle ist inhaltlich übernommen aus Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 628. 417 Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S 629. 418 Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S 629. 419 Die Abbildung ist entnommen aus Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 630.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Abbildung 1: Rendite und Risiko eines Portfolios bei unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten

Während die x-Achse das Risiko abbildet, befindet sich auf der y-Achse der Erwartungswert der Rendite. Die Punkte A und B stellen Investitionsmöglichkeiten (beispielsweise Aktien) dar. A weist mehr Risiko auf als B, aber aufgrund des erhöhten Risikos fällt auch die Rendite für A höher aus. Die Linien zwischen A und B stellen mögliche Rendite-Risiko-Relationen dar, welche zugleich mit Hilfe von k die Wirkung der Diversifikation veranschaulichen. D stellt in dieser Grafik den Extremfall einer vollständigen Eliminierung des Risikos dar420. Anhand dieses Beispiels und der grafischen Veranschaulichung lässt sich für bestimmte Fälle nachweisen, dass eine Diversifikation eine sinnvolle Investitionsstrategie ist, um Risiken möglichst gering zu halten. Allerdings reicht es nicht aus, viele verschiedene Investitionen innerhalb einer Branche oder in das gleiche Produkt bei unterschiedlichen Unternehmen zu tätigen. Hierzu schreibt Markowitz: „A portfolio with sixty different railway securities, for example, would not be as well diversified as the same size portfolio with some railroad, some public utility, mining, various sort of manufacturing, etc.“421.

Dies lässt sich damit begründen, dass Risiken sich oft branchenspezifisch realisieren. Wenn in unterschiedliche Unternehmen investiert wird, ist die Wahrscheinlichkeit der Realisierung aller eingegangenen Risiken am höchsten, wenn diese

420 Für weitere Erläuterungen: Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 630 ff. 421 Markowitz, The Journal of Finance 1952, 77, 89.

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Unternehmen einer Branche angehören422. Vor diesem Hintergrund sind schon große Volumina an Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt fragwürdig, da dies auf eine geringe Diversifikation schließen lässt. Da es sich bei der – hier im Grundgedanken – dargestellten Portfoliotheorie von Markowitz und deren Weiterentwicklung423 um das Standard-Modell424 handelt, kann dies als bekannt für alle Marktteilnehmer und damit auch für die potentiell Verantwortlichen vorausgesetzt werden. Schon die Portfoliotheorie selbst und ihre Bekanntheit könnte dazu führen, dass in der Bildung von Klumpenrisiken eine Sorgfaltspflichtverletzung zu sehen ist. bb) Gesetzgeberische Wertungen Auch der Gesetzgeber hatte schon vor dem Ausbruch der Krise mit §§ 13 bis 13b KWG a.F. eine Reduzierung der Konzentration von Risiken angestrebt425. Sinn und Zweck dieser Vorschriften war, dass es vermieden werden sollte, durch Großkredite Risiken auf einzelne Kreditnehmer zu konzentrieren und dadurch die Solvenz der Kreditinstitute zu gefährden426. Mittlerweile sind zwar § 13a KWG a.F. und § 13b KWG a.F. mit Wirkung zum 01. 01. 2014 weggefallen427, aber inhaltlich finden sich diese Vorschriften in einer neuen EU-Verordnung in den Artikeln 387 ff. wieder428. Hinzu kommt, dass auch in § 1 S. 2 InvG der Grundsatz der Risikomischung verankert ist. Diese Vorschrift geht auf die Portfoliotheorie zurück429, aber „die Portfoliotheorie [soll dadurch] nicht unmittelbar in konkrete rechtliche Verwaltungspflichten […] transformiert werden“430. Es soll sich bei der Portfoliotheorie lediglich um eine „Optimierungsmethode“431 handeln432. Allerdings komme dem Risikomischungsgebot des § 1 S. 2 InvG neben anderen Anlagevorschriften, die auf

422 Markowitz, The Journal of Finance 1952, 77, 89; vgl. zu Kategorien von Kreditkonzentrationen (Adressenkonzentration, Sektorkonzentration, Konzentrationen in geschäftlich verbundenen Unternehmen) m.w.N. Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 657. 423 Vgl. Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 458 unter Bezugnahme auf Sharpe, Management Science 1963, 277 ff. 424 Vgl. nur Mertens, Portfolio-Optimierung nach Markowitz; Petermann, Portfolioseparation, S. 130 ff. 425 Groß, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, Vorbemerkung zu den Großkreditvorschriften in §§ 13 bis 13b, Rn. 1. 426 Groß, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz 4. Auflage 2012, Vorbemerkung zu den Großkreditvorschriften in §§ 13 bis 13b, Rn. 1. 427 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 53, 3395 ff. 428 EU-Verordnung Nr. 575/2013 vom 26. 06. 2013. 429 Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 430 Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25 unter Verweis auf Schäfer, Anlegerschutz und die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, 58 ff. 431 Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 432 Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25.

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eine Diversifizierung zielen, die „Funktion einer Generalklausel mit der Funktion eines Auffangtatbestandes“433 zu. Teilweise wird aufgrund dieser gesetzgeberischen Wertungen eine Pflicht zur sorgfältigen Vermögensanlage begründet434. Fraglich ist jedoch, ob diese Aspekte ausreichen, um die Schaffung von Klumpenrisiken zu Zeiten der Krise als ein pflichtwidriges Verhalten zu qualifizieren. cc) Stellungnahme In einem Verstoß gegen die Grundsätze der Portfoliotheorie kann keine Sorgfaltspflichtverletzung liegen435. Nicht jede wissenschaftliche Theorie kann dazu führen, dass Marktteilnehmer an diese gebunden sind. Dabei darf es keine Rolle spielen, wie bekannt oder unbekannt diese Theorie ist. Schon aus dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass nur der Gesetzgeber Haftungsmaßstäbe setzen darf. Außerdem ist die unternehmerische Freiheit zu betonen436, die nicht durch einen breiten Pflichtenkatalog eingeschränkt werden sollte. Dieser breite Pflichtenkatalog würde aber entstehen, wenn alle wirtschaftswissenschaftlichen Theorien im Grundsatz von Wirtschaftsakteuren zu befolgen wären. Hinzu kommt, dass die Portfoliotheorie in § 1 S. 2 InvG teilweise positiviert wurde437 und sie auch innerhalb des InvG lediglich als eine „Optimierungsmethode“438 eingestuft wird, der kein verpflichtender Charakter zukommt439. Die Portfoliotheorie könnte Grundlage für ein (einzelfallspezifisches) Verbot von der Schaffung von Klumpenrisiken sein, wenn der Stand betriebswirtschaftlicher und juristischer Forschung diese weiterentwickelt440 und dabei klare Grenzen definiert441. Zu Zeiten vor und während dem Beginn Krise war sie dies jedoch nicht. Auch §§ 13 bis 13b KWG a.F. vermögen kein Verbot der Schaffung von Klumpenrisiken zu begründen. Diese Vorschriften betreffen ausschließlich die Vergabe von Großkrediten und damit beispielsweise keine Investitionen in Wertpapiere. Außerdem betreffen diese Vorschriften lediglich das Volumen von Einzelkrediten 433

Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676; Fleischer, NJW 2010, 1504; im Anschluss daran auch Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 98. 435 So auch Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 659; Köndgen, in: Berger/Steck/ Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 436 Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. a). 437 Vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 438 Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 439 Vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 440 Als nicht ausreichend wird der betriebswirtschaftliche Forschungsstand auch befunden von Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 659. 441 Vgl. zu dem schweizerischen Modell eingehend m.w.N. Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 682 ff. 434

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und nicht die Schaffung von Klumpenrisiken (also die Anhäufung von Risiken durch mehrere Investitionen)442. Aus diesen Vorschriften eine (schon zu Zeiten vor und während dem Beginn der Krise) bestehende Sorgfaltspflicht begründen zu wollen, geht fehl443. Man kann möglicherweise den Ankauf von Wertpapieren auf dem USHypothekenmarkt als einen Ankauf von Kreditrisiken qualifizieren und daraus zumindest eine Vergleichbarkeit mit der Vergabe von Großkrediten herleiten444. Dies kann aber nicht ausreichen, um die in §§ 13 bis 13b KWG a.F. enthaltenen Wertungen zur Grundlage einer Sorgfaltspflicht zu machen445. Vielmehr zeigen die §§ 13 bis 13b KWG a.F., dass dem Gesetzgeber grundsätzlich die Gefahren der Konzentration von Risiken bekannt waren, aber dass er es außer in diesen spezialgesetzlichen Vorschriften für andere Transaktionen und Investitionen gerade nicht für erforderlich hielt, ähnliche Vorschriften zu verfassen. Auch kann § 1 S. 2 InvG nicht als eine Ausprägung einer allgemeinen Sorgfaltspflicht interpretiert werden446. Um eine solch allgemeine Sorgfaltspflicht überhaupt begründen zu können, kann es nicht ausreichen, diese an einer spezialgesetzlichen Norm nachzuweisen und die Allgemeingültigkeit des Telos dieser Norm zu postulieren. Da durch § 1 S. 2 InvG der Gedanke der Portfoliotheorie zum Ausdruck kommt447, muss für diese Norm im Hinblick auf ihre Verallgemeinerungsfähigkeit und im Hinblick auf eine Konstruktion einer Sorgfaltspflicht das Gleiche gelten wie auch für die Portfoliotheorie selbst. Damit vermag auch § 1 S. 2 InvG keine Sorgfaltspflicht zu begründen. Teilweise wird vor dem Hintergrund der Portfoliotheorie und der gesetzgeberischen Wertung das Schaffen von Klumpenrisiken aber als „rechtfertigungsbedürftig“448 angesehen. Demnach muss ein Vorstandsmitglied zur Haftungsvermeidung begründen, warum es Klumpenrisiken eingegangen ist. Diese Rechtfertigungsbedürftigkeit wird auf eine „besondere Pflicht zur Vermögensanlage“449 zurückgeführt. Diese lässt sich aus der Verhaltensanforderung des „ordentlichen und gewissenhaften

442 Vgl. hierzu die Legaldefinition in § 13 Abs. 1 S. 1 KWG a.F. und Häberle, in: Erbs/ Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, § 13, Rn. 1. 443 So aber der Versuch von Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 98 ff. 444 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 98. 445 Entgegen Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 98 f. 446 Entgegen Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676. 447 Vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 1, Rn. 25. 448 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 677. 449 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676 f.; Fleischer, NJW 2010, 1504; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 93, Rn. 92.

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Geschäftsleiters“ gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG ableiten450. Da weder die Portfoliotheorie noch die gesetzgeberischen Wertungen per se gegen das Schaffen von Klumpenrisiken sprechen, kann diese „besondere Pflicht zur Vermögensanlage“451 nur in besonderen Einzelfällen verletzt werden. Eine Verletzung kann nicht schon immer dann vorliegen, wenn Klumpenrisiken eingegangen werden. Es kann nicht eine grundsätzliche Rechtfertigungsbedürftigkeit für die Schaffung von Klumpenrisiken vertreten werden452. Wenn nämlich eine Rechtfertigung gefordert wird, um eine Haftung zu vermeiden, muss es zuvor zu einer Pflichtverletzung gekommen sein, da es andernfalls keiner Rechtfertigung bedarf. Von entscheidender Bedeutung für den jeweiligen Einzelfall wird vor allem der jeweilige Geschäftszweck sein453. So ist es beispielsweise für Spezialbanken unerlässlich, Klumpenrisiken einzugehen, da dies ihrem Geschäftszweck entsprechen kann454. Vor allem Sparkassen sind durch die Förderung der jeweiligen Region zur Schaffung von Klumpenrisiken geradezu gezwungen455. Gleiches gilt auch für Landesbanken vor dem Hintergrund ihrer öffentlichen Aufgaben456. Die „besondere Pflicht zur Vermögensanlage“457 kann also dann verletzt sein, wenn vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftszwecks sich das – grundsätzlich erlaubte – Schaffen von Klumpenrisiken ausnahmsweise als geschäftszweckwidrig darstellt. Letztlich bleibt damit festzuhalten, dass das Schaffen von Klumpenrisiken nicht grundsätzlich als Sorgfaltspflichtverletzung und damit auch nicht als pflichtwidriges Verhalten gewertet werden kann. Allerdings kann im Einzelfall pflichtwidriges Verhalten vorliegen, wenn es sich bei der Schaffung von Klumpenrisiken um geschäftszweckwidrige Investitionen handelt. dd) Einzelfallbetrachtung Für die hier betrachteten Landesbanken könnte ein pflichtwidriges Verhaltens in der Verletzung des öffentlichen Zwecks liegen, denn, wie bereits dargelegt, setzt der 450

Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass § 93 Abs. 1 S. 1 AktG einen allgemeinen Sorgfaltsmaßstab darstellt und sich hieraus mehrere, nicht abschließende Verhaltensanforderungen ableiten lassen, vgl. auch Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 674. 451 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676 f.; Fleischer, NJW 2010, 1504; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 93, Rn. 92. 452 Entgegen Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 677. 453 Vgl. hierzu auch Meyer, CCZ 2011, 41, 46. 454 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2006, S. 35 und S. 38 f.; Meyer, CCZ 2011, 41, 46. 455 Vgl. zum Regionalprinzip der Sparkassen und der Konzentration von Risiken auch: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2006, S. 38. 456 3. Teil, A. II. 2. d) und e). 457 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676 f.; Fleischer, NJW 2010, 1504 f.; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 93, Rn. 92.

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öffentliche Zweck dem unternehmerischen Handeln Grenzen458. Das OLG Düsseldorf hat im Fall der IKB vertreten, dass gerade aufgrund des Geschäftszwecks der IKB (der Förderung mittelständischer Unternehmen)459 nur in einem geringen Umfang Investitionen am US-Hypothekenmarkt zulässig gewesen sind460. Die hier eingegangenen Klumpenrisiken entsprachen jedoch keinesfalls dem Geschäftszweck461, womit ein Verstoß gegen die Pflicht zur sorgsamen Vermögensanlage vorliegt462. Auch die Investitionen der anderen hier zu untersuchenden Kreditinstitute am US-Hypothekenmarkt stehen in keinem Zusammenhang mit dem jeweils zu erfüllendem öffentlichen Zweck463. Eine starke Konzentration von Risiken, die offenkundig außerhalb des öffentlichen Zwecks liegen464, stellt ein pflichtwidriges Verhalten dar. Damit liegt – vor dem Hintergrund des öffentlichen Zwecks – ein pflichtwidriges Verhalten der Verantwortlichen der SachsenLB, BayernLB, WestLB, IKB, LBBW und der HSH Nordbank vor. k) Bonizahlungen In der Bewilligung von Bonizahlungen an Vorstandsmitglieder könnte ein pflichtwidriges Verhalten liegen. Den Mitgliedern des jeweiligen Aufsichts- oder Verwaltungsrates könnte vorzuwerfen sein, dass sie solche Zahlungen bewilligt haben und dabei der Aspekt der Nachhaltigkeit solcher Bonizahlungen keine Rolle spielte. aa) Die Rolle von Bonizahlungen für die Wirtschaftsund Finanzkrise Viele Stimmen der Politik und auch der Wissenschaft sehen Bonizahlungen an Banker als einen Faktor, der zur Krise führte und diese verschärfte465. Diese Zahlungen waren vor allem kurzfristige Anreize466 und zielten nicht auf eine Nachhal-

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3. Teil, A. II. 2. d). 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 460 OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09; vgl. auch die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 461 3. Teil, A. II. 2. d) und e); so auch Lutter, BB 2009, 786, 790. 462 Vgl. hierzu auch Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649, 676 f.; Fleischer, NJW 2010, 1504 f.; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 93, Rn. 92. 463 3. Teil, A. II. 2. e); Lutter, BB 2009, 786, 790. 464 3. Teil, A. II. 2. e); Lutter, BB 2009, 786, 790. 465 Vgl. Gaul/Janz, KSzW 2010, 121 ff.; Schuster, in: FS Bauer, 973 ff.; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349 ff.; Bundestagsdrucksache 16/12278, S. 5. 466 Gaul/Janz, KSzW 2010, 121; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349; Bundestagsdrucksache 16/ 12278, S. 5. 459

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tigkeit der jeweiligen Investition467. Diese individuelle und kurzfristige Erzielung von Boni ohne Nachhaltigkeitsstrategie und -wert für das jeweilige Kreditinstitut begünstigte riskante Investitionen468. Möglicherweise könnte daher in der Bewilligung der Bonizahlungen ein pflichtwidriges Verhalten zu sehen sein. Der gesetzliche Maßstab für die Vergütung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften ist § 87 AktG. Für die weiteren Kreditinstitute (insbesondere die Landesbanken, die nicht die Rechtsform einer AG innehaben) kann aufgrund der allgemein geltenden Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nichts anderes gelten469. Wie bereits dargelegt bilden §§ 93, 116 AktG einen einheitlichen Haftungsmaßstab und gelten damit auch für die Verantwortlichen der Landesbanken, die nicht die Rechtsform einer AG innehaben470. § 87 AktG konkretisiert diesen allgemeinen Sorgfaltsmaßstab471 und soll hier nicht losgelöst von diesem betrachtet werden472. Gem. § 87 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. hat der Aufsichtsrat „dafür zu sorgen, daß die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen“. Diese Formulierung zielte vor allem auf eine Regulierung der Höhe der Gehälter473. Schutzzweck dieser Norm ist es, die jeweilige Gesellschaft, die Aktionäre und die Arbeitnehmer vor negativen Folgen von übermäßigen Bezügen durch Vorstandsmitglieder zu schützen474. Aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift kann somit nicht die Notwendigkeit eines zukunftsbezogenen Nutzens von Anerkennungsprämien im Sinne einer Nachhaltigkeit hergeleitet werden475. „Der unbestimmte Rechtsbegriff der Nachhaltigkeit war dem Aktienrecht vor Einführung durch das VorstAG [damit] 467 Gaul/Janz, KSzW 2010, 121; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349; Bundestagsdrucksache 16/ 12278, S. 5. 468 Gaul/Janz, KSzW 2010, 121; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349; Bundestagsdrucksache 16/ 12278, S. 5. 469 3. Teil, A. II. 2. b). 470 3. Teil, A. II. 2. b). 471 Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 87, Rn. 1; Fleischer, DStR 2005, 1279 f.; Brauer, NZG 2004, 502, 503; Lutter, ZIP 2003, 737, 741; Bauer/ Arnold, DB 2006, 546; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 156 f.; vgl. auch die Ausführungen zu den ergänzenden Formulierungen von § 116 AktG in der Begründung des Gesetzentwurfes zum VorstAG der damaligen Regierungsfraktionen: Bundestagsdrucksache 16/ 12278, S. 6. 472 Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Rixe m.w.N. zum Verhältnis von § 87 AktG zur business judgment rule und den unterschiedlichen Ansichten zu diesem Verhältnis: Rixe, Die aktien- und strafrechtliche Beurteilung nachträglicher Anerkennungsprämien, S. 55 f. 473 Vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz 3. Auflage 2015, Bd. 1, § 87, Rn. 2; Lutter, ZIP 2003, 737, 740; Wollburg, ZIP 2004, 646, 650. 474 M.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 87, Rn. 1; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 87, Rn. 6; Weber, in: Hölters, Aktiengesetz, § 87, Rn. 1; Liebers/Hoefs, ZIP 2004, 97, 99. 475 Vgl. auch Fleischer, DB 2006, 542, 543.

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fremd“476. Grundsätzlich waren mithin die Bewilligungen von Zahlungen der Boni (auch als kurzfristige Anreize) zulässig477. Als Reaktion auf die Krise kam es zur Verabschiedung des VorstAG am 5. 8. 2009478. Durch dieses Gesetz wurde unter anderem § 87 AktG a.F. dahingehend neu gefasst, dass Vergütungen nun auf Nachhaltigkeit angelegt sein müssen479. Auch im DCGK wurden diese Änderung aufgenommen480. Schon in der Präambel wird die nachhaltige Wertschöpfung des Unternehmens betont481 und unter 4.1.1 wird dem Vorstand die Unternehmensleitung mit nachhaltiger Wertschöpfung aufgetragen482. Mit Rundschreiben vom 14. August 2009 konkretisierte die BaFin zudem die Anforderungen an die einzurichtenden Vergütungssysteme483. Demnach müssen die Vergütungssysteme so eingerichtet sein, dass schädliche Anreize vermieden werden484. Parallel wurden außerdem Modelle wie beispielsweise sog. „ClawbackKlauseln“485 diskutiert486. Diese Klauseln ermöglichen es, bei einer später eintretenden negativen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens gezahlte Boni wieder zurückzufordern487. All diese Maßnahmen sind eine Reaktion auf die Bonizahlungen vor und während der Krise, die lediglich kurzfristige Handlungsanreize schafften. bb) Die Bedeutung der Mannesmannentscheidung im Kontext von Bonizahlungen Zum Maßstab der Bonizahlungen vor und zu Beginn der Krise ist die Rechtslage von 2005 bis 2007 entscheidend. In diese Zeit fiel die Mannesmannentscheidung488. Der 3. Strafsenat des BGH hatte hier zu entscheiden, ob die Bewilligung von 476 Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 87, Rn. 75; so auch Mertens, AG 2011, 57, 58. 477 Kurzfristige Leistungsanreize waren vor 2009 zulässig und bleiben auch nach der Umformulierung und Ergänzung des § 87 Abs. 1 AktG a.F. durch das VorstAG zulässig: Vgl. Gaul/Janz, KSzW 2010, 121, 122; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1351. 478 BGBl. 2009, Teil I, Nr. 50, 2509. 479 BGBl. 2009, Teil I, Nr. 50, 2509; vgl. auch Bundestagsdrucksache 16/12278, S. 5. 480 Regierungskommission, Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18. Juni 2009. 481 Regierungskommission, Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18. Juni 2009, S. 2. 482 Regierungskommission, Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18. Juni 2009, S. 7. 483 BaFin, Rundschreiben 15/2009 vom 14. 08. 2009, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk. 484 BaFin, Rundschreiben 15/2009 vom 14. 08. 2009, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, AT 7.1, Tz. 4. 485 M.w.N. Schuster, in: FS Bauer, 973 ff. 486 Schuster, in: FS Bauer, 973 ff. 487 Schuster, in: FS Bauer, 973. 488 BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141.

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nachträglichen Anerkennungsprämien an Vorstandsmitglieder einer AG durch den Aufsichtsrat ein pflichtwidriges Verhalten darstellt489. Möglicherweise könnte sich unter Berücksichtigung der konkretisierenden Ausführungen des 3. Strafsenats des BGH zu § 87 AktG a.F. ein pflichtwidriges Verhalten identifizieren lassen. Der 3. Strafsenat des BGH teilte zur Konkretisierung der an § 87 AktG a.F. zu stellenden Anforderungen die Zahlung von Prämien in drei Stufen ein490 : Die erste Stufe bilden solche Prämien, die eine vertragliche Grundlage haben491. Diese sind grundsätzlich zulässig492. Die zweite Stufe betrifft solche Prämienzahlungen, für die keine vertragliche Grundlage besteht, die aber dennoch zulässig sein können493. Zulässig sind sie dann, „wenn die freiwillige Sonderzahlung entweder dem begünstigten Vorstandsmitglied selbst oder zumindest anderen aktiven oder potenziellen Führungskräften signalisiert, dass sich außergewöhnliche Leistungen lohnen, von ihr also eine für das Unternehmen vorteilhafte Anreizwirkung ausgeht“494.

Damit muss also ein Vorteil für das Unternehmen im Sinne eines Leistungsanreizes für Vorstandsmitglieder gegeben sein, der aus der Zahlung der Prämie folgt. Auf der dritten Stufe befinden sich die sog. „kompensationslosen Anerkennungsprämien“495. Hierbei handelt es sich um Zahlungen, die der „Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen“496. Diese sind nach dem 3. Strafsenat des BGH stets unzulässig497. Fleischer sieht diese Einordnung des 3. Strafsenats des BGH bereits in der aktienrechtlichen Dogmatik verortet498. Es existiere ein „Verbot der Verschwendung von Gesellschaftsvermögen“499 als eine Form einer Sorgfaltspflichtverletzung500. Nicht begründen ließe sich allerdings, dass Prämienzahlungen ohne vertragliche Grundlage durchweg unzulässig seien501. § 87 Abs. 1 AktG a.F. enthalte diese Wertung nicht502. Letztlich muss jedoch dieser Streit und der Streit um die nach489 BGHSt 50, 331 = NZG 2006, 141; vgl. hierzu auch Rixe, Die aktien- und strafrechtliche Beurteilung nachträglicher Anerkennungsprämien 2010. 490 Als „drei Stufen“ wurden die Darstellungen des 3. Strafsenats des BGH in der Literatur bezeichnet: Vgl. Fleischer, DB 2006, 542, 543; Poguntke, ZIP 2011, 893, 894. 491 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 492 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 493 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 494 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 495 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 496 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 497 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 498 Fleischer, DB 2006, 542, 543. 499 Fleischer, DB 2006, 542, 543. 500 Fleischer, DB 2006, 542, 543. 501 Fleischer, DB 2006, 542, 543. 502 Fleischer, DB 2006, 542, 543.

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trägliche Zahlung von Anerkennungsprämien generell503 hier nicht entschieden werden. Die Bonizahlungen vor und zu Beginn der Krise lösten gerade Kritik aus, da sie als verstärkendes Element der Krise identifiziert worden sind504. D. h., dass für diejenigen, die die Auszahlung der Boni genehmigten und auch für die Empfänger der Bonizahlungen festgestanden haben muss, dass diese Zahlungen auf ein bestimmtes Verhalten folgen. Ohne dies wäre es gar nicht zum Anreiz für die Banker gekommen, solche Geschäfte vermehrt abzuschließen505. Damit betreffen die Fälle der Krise jedenfalls grundsätzlich nicht die Problematik um die nachträgliche Zahlung von Anerkennungsprämien ohne vertragliche Grundlage. Vielmehr liegt sogar der Schluss nahe, dass es vertragliche Vereinbarungen i.S.d. ersten Stufe des Modells des 3. Strafsenats des BGH gab506. Für den Fall, dass es diese nicht gab, wäre auf der zweiten Stufe der Frage nachzugehen, inwieweit die gezahlten Boni durch Vorteile für das jeweilige Kreditinstitut zu rechtfertigen waren507. Der 3. Strafsenat des BGH nennt selbst als anzuerkennenden Vorteil die Signalwirkung solcher Zahlungen für das jeweilige Vorstandsmitglied oder andere Vorstandsmitglieder508. Diese Investitionen sind insbesondere bei den Landesbanken vor dem Hintergrund des Wegfalls der Gewährträgerhaftung509 bewusst und gezielt eingegangen worden. Damit stellten die Bonizahlungen einen Anreiz dar, – der Geschäftspolitik entsprechend – weitere Geschäfte solcher Art abzuschließen. Auf diese Weise wurden im Sinne des Modells des 3. Strafsenats des BGH (kurzfristig) Vorteile für das jeweilige Kreditinstitut erzielt. Eine Nachhaltigkeit der Investitionen wurde erst als Reaktion auf die Krise in den Fokus gerückt510 und spielt bei der Bewertung dieser Bonizahlungen keine Rolle. 503 Vgl. speziell für das Mannesmannverfahren: Hüffer, BB Beilage 2003, Nr. 7, 1 ff.; Wollburg, ZIP 2004, 646 ff.; Fleischer, DStR 2005, 1279 f.; Brauer, NZG 2004, 502 ff.; Bauer/ Arnold, DB 2006, 546 ff.; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155 ff.; Adams, ZIP 2002, 1325 ff.; Liebers/Hoefs, ZIP 2004, 97 ff.; Fleischer, DB 2006, 542 ff.; Poguntke, ZIP 2011, 893 f.; Tiedemann, in: FS Weber, 319 ff.; Günther, in: FS Weber, 311 ff.; Jahn, JuS 2006, 379 ff.; Kort, NZG 2006, 131 ff.; Hamm, NJW 2005, 1993 ff.; Jakobs, NStZ 2005, 276 ff.; Schünemann, Organuntreue, Das Mannesmann-Verfahren als Exempel? 2004. 504 Vgl. Gaul/Janz, KSzW 2010, 121 ff.; Schuster, in: FS Bauer, 973 ff.; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349 ff.; Bundestagsdrucksache 16/12278, S. 5. 505 Vgl. zu der Anreizwirkung Gaul/Janz, KSzW 2010, 121 ff.; Schuster, in: FS Bauer, 973 ff.; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349 ff.; Bundestagsdrucksache 16/12278, S. 5. 506 Vgl. zu dieser Stufe BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 507 Vgl. BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 508 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 509 Vgl. EU Kommission, Pressemitteilung IP/02/343 vom 28. 02. 2001, „Deutschland will Vereinbarung mit der Kommission über staatliche Garantien für Landesbanken und Sparkassen umsetzen“, in englischer Fassung aufrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP02-343_en.htm?locale=en. 510 Vgl. Regierungskommission, Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18. Juni 2009; BaFin, Rundschreiben 15/2009 vom 14. 08. 2009, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk; BGBl. 2009, Teil I, Nr. 50, 2509; Bundestagsdrucksache 16/ 12278, S. 5.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

cc) Zwischenergebnis Die rechtliche Lage zu der Zeit vor und zu Beginn der Krise ließ kurzfristige Anreize in Form von Bonizahlungen zu511. § 87 Abs. 1 AktG a.F. richtete sich nicht gegen solche Bonizahlungen. Insbesondere an den umfangreichen gesetzlichen Maßnahmen aus dem Jahre 2009, welche auf die Nachhaltigkeit von Vorstandsvergütungen zielten512, lässt sich erkennen, dass kurzfristige Anreize in Form von Bonizahlungen zuvor nicht unzulässig gewesen sind. Auch mit den Regelungen ab 2009 sind diese im Übrigen nicht grundsätzlich unzulässig513. Hinzu kommt, dass auch nach den Beurteilungsmaßstäben, die der 3. Strafsenat des BGH in der Mannesmannentscheidung festschrieb514, die Bonizahlungen vor und zu Beginn der Krise zulässig waren515. Ein pflichtwidriges Verhalten von Aufsichts- und Verwaltungsratsmitgliedern bei der Bewilligung solcher Bonizahlungen muss daher ausscheiden. Ein solches könnte lediglich vorliegen, wenn die Höhe der gezahlten Boni die Grenzen der Angemessenheit überstiegen hätten, aber dies ist Tatfrage und kann hier nicht pauschal beantwortet werden. l) Ermessens- und Beurteilungsspielraum Im Rahmen der hier von den Verantwortlichen zu erfüllenden Pflichten besteht ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum516. Dieser bezieht sich auf die Beschaffung und die Bewertung ausreichender Informationen517, grundsätzlich auch auf jede Einzelinvestition, das Risikomanagement518 und auch auf die Bewilligung der Zahlung von Boni519. Der jeweilige Ermessensspielraum hängt von den Einzelfallumständen ab520. Daher kann hier lediglich eine Bewertung des Ermessensund Beurteilungsspielraumes anhand der allgemeinen Ausführungen zu den einzelnen (teilweise mit hoher Wahrscheinlichkeit pflichtwidrigen) Verhaltensweisen vorgenommen werden. 511

3. Teil, II. 2. k) aa). Regierungskommission, Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18. Juni 2009; BaFin, Rundschreiben 15/2009 vom 14. 08. 2009, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk; BGBl. 2009, Teil I, Nr. 50, 2509; Bundestagsdrucksache 16/12278, S. 5. 513 Gaul/Janz, KSzW 2010, 121, 122; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1351. 514 BGHSt 50, 331, 336 ff. = NZG 2006, 141, 143. 515 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. k) bb). 516 BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926, 1927. 517 3. Teil, A. II. 2. g) aa); vgl. auch Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 12. 518 M.w.N. Bürkle, BB 2005, 565, 568 ff. 519 Vgl. zur angemessenen Höhe der Bonizahlungen: Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 87, Rn. 23. 520 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g). 512

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aa) Die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung Von großer Bedeutung für die Grenzen des unternehmerischen Ermessens (sowohl von Vorstandsmitgliedern als auch von Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten) ist die „ARAG/Garmenbeck“521-Entscheidung. Diese war Grundlage für die Positivierung der business judgment rule in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG522. Der 2. Zivilsenat des BGH stellte hierin klar, „[…], daß dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muß, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. […] Gewinnt der Aufsichtsrat den Eindruck, daß dem Vorstand das nötige Gespür für eine erfolgreiche Führung des Unternehmens fehlt […], kann ihm das Veranlassung geben, auf dessen Ablösung hinzuwirken. […] Diese kann erst in Betracht kommen, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewußtsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muß, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muß.“523

Somit kommt den Vorstandsmitgliedern ein weiter Handlungsspielraum zu. Wird dieser überschritten, so handeln die Vorstandsmitglieder pflichtwidrig. Die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder können ebenfalls pflichtwidrig gehandelt haben, wenn sie das pflichtwidrige Verhalten der Vorstandsmitglieder nicht bemerkten und keine Gegenmaßnahmen ergriffen524. Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, dass auch bei der Bewertung potentiell pflichtwidrigen Verhaltens vor und während der Krise stets der weite Handlungsspielraum betont wird525. Dies ist wichtig, da auch Fehleinschätzungen und -entscheidungen möglich sein müssen526. bb) Betrachtung der einzelnen Pflichten Bei unternehmerischen Ermessen kann zwischen Entschließungs- und Auswahlermessen unterschieden werden527. D. h., grundsätzlich können die Vorstandsmitglieder im Rahmen ihres Ermessens frei entscheiden, ob und welche Investitionen sie tätigen, ob und welche Informationen sie einer Beurteilung der Investitionen zugrunde legen und ob und wie ein Risikomanagement eingerichtet wird. Dieses 521 522 523 524 525 526 527

BGHZ 135, 244 ff. = NJW 1997, 1926 ff. Empt, KSzW 2010, 107; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092. BGHZ 135, 244, 253 f. = NJW 1997, 1926, 1927 f. Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 2. m). BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926, 1927 f. BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926, 1927 f. So auch Bürkle, BB 2005, 565, 568 ff.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Ermessen kann durch Gesetz, Satzung, den Anstellungsvertrag, die Geschäftsordnung oder auch den Geschäftszweck eingeschränkt werden528. So wird das Entschließungsermessen im Hinblick auf die Zugrundelegung von ausreichenden Informationen durch § 93 Abs. 1 S. 2 AktG auf Null reduziert. Lediglich die Menge der auszuwählenden Informationen und die Bewertung dieser liegt einzelfallabhängig im Auswahlermessen der Vorstandsmitglieder529. Für die hier untersuchten Fälle ist jedoch selbst das Auswahlermessen auf Null reduziert gewesen530. Vor dem Hintergrund der Anzeichen der Krise531, der existenzgefährdenden Höhe der Investitionen532 und dem nachweislichen Eigeninteresse der Ratingagenturen533 mussten die Vorstandsmitglieder alle zur Verfügung stehenden Informationen besorgen und bewerten534. Das Entschließungsermessen war ebenfalls im Hinblick auf die Einrichtung eines Risikomanagementsystems durch § 25a KWG a.F. auf Null reduziert. Auch die Ausgestaltung dieses Systems richtete sich im Wesentlichen nach den Vorgaben von § 25a KWG a.F. und der MaRisk535. Aufgrund der existenzgefährdenden Risiken sind auch hier die Anforderungen an Risikoerkennung, -bewertung, -steuerung und -kontrolle hoch gewesen536. Inwieweit jedoch Grenzen überschritten worden sind, ist Tatfrage. Speziell für die Schaffung von Klumpenrisiken bildete schon der Geschäftszweck der Landesbanken537 die unternehmerische Ermessensgrenze. Die getätigten Geschäfte lagen außerhalb dieses öffentlichen Zwecks538. 528

Bürkle, BB 2005, 565, 568. 3. Teil, A. II. 2. g). 530 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 531 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 532 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 533 3. Teil, A. II. 2. g) cc). 534 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 535 3. Teil, A. II. 2. i) ee). 536 Vgl. zum Ausmaß der Existenzgefährdung 3. Teil, A. II. 2. h). 537 3. Teil, A. II. 2. d), e) und j). 538 3. Teil, A. II. 2. d) und e); 3. Teil, A. II. 2. j) dd); Lutter, BB 2009, 786, 790. 529

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Auch die angemessene Vergütung von Vorständen unterliegt in der Höhe dem Ermessen des Aufsichtsrates539. Inwieweit hier Grenzen überschritten worden sind, ist Tatfrage und kann nicht pauschal geklärt werden. m) Überwachungspflichten von Aufsichtsbzw. Verwaltungsratsmitgliedern Möglicherweise könnten die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder ihren Überwachungspflichten nicht nachgekommen sein. Fraglich ist, ob die existenzgefährdenden Investitionen540, das Schaffen von Klumpenrisiken541 und mögliche Defizite im Rahmen des Risikomanagements542 den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern hätten auffallen können. Sollte dies der Fall sein, so läge ein pflichtwidriges Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern im Hinblick auf ihre Überwachungspflicht vor543. Außerdem könnte ein mögliches Unterlassen von Gegenmaßnahmen als pflichtwidriges Verhalten gewertet werden544. aa) Die Pflichten der Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die im AktG normierten Pflichten des Aufsichtsrates. Diese Pflichten sind identisch mit denen des Verwaltungsrates, weshalb die Ausführungen für diesen gleichermaßen gelten545. Gem. § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen. Dies ist die zentrale Aufgabe des Aufsichtsrates546. Einerseits soll diese Überwachungspflicht Fehler verhindern oder aufdecken und andererseits ist mit dieser Pflicht auch eine Beratungsfunktion verbunden547. Die Überwachungsfunktion wird durch mehrere Normen konkretisiert. Beispielsweise findet gem. § 171 Abs. 1 AktG eine Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch den Aufsichtsrat statt. Vor allem § 90 AktG spielt im Rahmen der Überwachung des Vorstandes eine wesentliche Rolle, denn hierin ist vorgeschrieben, was der Vorstand 539

Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 87, Rn. 23. 3. Teil, A. II. 2. h). 541 3. Teil, A. II. 2. j). 542 3. Teil, A. II. 2. i). 543 Allgemein zur Überwachungspflicht: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 35; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 1 ff. und S. 67 ff. 544 Vgl. Brandi, ZIP 2000, 173, 175 f., der die Pflicht des Aufsichtsrates, Ermittlungen aufzunehmen, bei konkretem Anlass zu Misstrauen annimmt; vgl. zu möglichen Gegenmaßnahmen: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 47 und S. 52 f. 545 Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise unter 3. Teil, A. II. 2. b); vgl. Potthoff/ Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 15. 546 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 35; vgl. auch Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 1 ff. und S. 67 ff. 547 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 35. 540

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

dem Aufsichtsrat zur Prüfung vorzulegen hat. Diese vorzulegenden Informationen sind damit zugleich Gegenstand der Prüfung durch den Aufsichtsrat548. § 90 Abs. 1 S. 1 AktG hat folgenden Wortlaut: „Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat zu berichten über 1. die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung), […] 2. die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals; […] 3. Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können.“

§ 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG betrifft mit der Geschäftspolitik und der Unternehmensplanung auch die Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftszwecks. Durch die Berichterstattung über die Rentabilität des Eigenkapitals gem. § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG hätte möglicherweise die Diskrepanz zwischen dem vorhandenen Eigenkapital und den Investitionen auf dem US-Hypothekenmarkt auffallen können. Auch waren diese Geschäfte für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung gem. § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AktG, wie sich schon anhand der Volumina des jeweils investierten Kapitals erkennen lässt549. Trotz dieser quantitativ umfangreichen Überwachung muss jedoch aufgrund der Leitungsautonomie des Vorstandes die Überwachung „auf bedeutsame Schwerpunkte der Vorstandstätigkeit […] konzentrier[t] [werden]“550. Von Bedeutung ist vor allem, dass die Rechtmäßigkeit des Handelns der Geschäftsführung überwacht wird551. Insbesondere muss auch kontrolliert werden, ob die Regeln der Satzung eingehalten werden552. Außerdem muss überwacht werden, dass der Vorstand die Wirtschaftlichkeit im Sinne der Überlebensfähigkeit des Kreditinstituts sicherstellt553. Neben den Überwachungspflichten kann der Aufsichtsrat auch auf das Handeln des Vorstands Einfluss nehmen. Dies kann er beispielsweise durch „Stel-

548

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 35; Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 90, Rn. 1; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 90, Rn. 1. 549 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 550 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 37. 551 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 39; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 98. 552 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 39; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 98. 553 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 41; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 99.

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lungnahmen und Beanstandungen“554, „Erlaß einer Geschäftsordnung für den Vorstand“555 und „Abberufung von Vorstandsmitgliedern“556. bb) Pflichtenverstoß Fraglich ist zunächst, ob Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder ihrer Überwachungspflicht nachkommen konnten. Zwar müssen die Berichte des Vorstands insbesondere wahr, vollständig, übersichtlich, klar und nachprüfbar sein557, aber es ist zweifelhaft, ob diesen Anforderungen im Einzelfall gerecht geworden ist. Für die IKB, die LBBW und die HSH Nordbank sind Umstände bekannt, die dafür sprechen könnten, dass die Vorstände bewusst getäuscht haben und auch so ein Erkennen der Risiken für die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder kaum möglich gewesen sein könnte558. Im Fall der IKB kam es zur Verurteilung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Stefan Ortseifen wegen vorsätzlicher Marktmanipulation nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG 559. Diese Verurteilung beruht auf einer am 20. 07. 2007 herausgegebenen Pressemitteilung von der IKB560, aus der hervorging, dass die IKB nur marginal von der Hypothekenkrise in den USA betroffen wäre561. Auch bei der LBBW war die Selbstdarstellung stets positiv, wie man am Beispiel einer Presseinformation der LBBW vom 14. 03. 2008 sehen kann562. Letztlich waren

554

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 47 f. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 47 und S. 141 ff. 556 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, S. 47 und S. 52 f. 557 Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, S. 130 ff. 558 Vgl. zur vorsätzlichen Marktmanipulation nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG im Falle der IKB: LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 375 ff.; zur unrichtigen Darstellung im Fall der SachsenLB: Staatsanwaltschaft Leipzig, Pressemitteilungen 2013, „18. 03. 2013 – Anklage gegen ehemalige Vorstände nach Ermittlungen zum Zusammenbruch der vormaligen Sachsen LB“, aufrufbar unter: http://www.justiz. sachsen.de/stal/content/1237.php; zur unrichtigen Darstellung im Fall der LBBW: Staatsanwaltschaft Stuttgart, Pressemitteilungen 2012, „28. 11. 2012 – Anklage gegen LBBW-Vorstände wegen Bilanzfälschung erhoben“, aufrufbar unter: http://www.staatsanwaltschaft-stutt gart.de/pb/,Lde/1235836?QUERYSTRING=LBBW; zur unrichtigen Darstellung im Fall der HSH Nordbank: OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3 951522/pressemeldung-2013-05-02-olg-01/. 559 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 375 ff. 560 Für den Wortlaut der Pressemitteilung, siehe: LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 110 ff. 561 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 121 ff. 562 Pfister, LBBW Presseinformation vom 14. 03. 2008 21/2008, „LBBW erreicht trotz Finanzkrise einen deutlich dreistelligen Millionengewinn“, aufrufbar unter: http://www.lbbw. 555

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aber doch schon 2009 eine Kapitalspritze von 5 Mrd. Euro und weitere Bürgschaften der Eigner i.H.v. 12,7 Mrd. Euro notwendig, um die LBBW zu stützen563. Bei der HSH Nordbank kam es ebenfalls zu unrichtigen Darstellungen. In einem Quartalszwischenbericht des HSH Konzerns zum 31. 02. 2008 und in einer Pressemitteilung vom 20. 06. 2008 wurde ein Betrag von 81 Mio. Euro als Überschuss ausgewiesen, obwohl ein Fehlbetrag i.H.v. 31 Mio. Euro vorgelegen haben soll564. Die Straftatbestände der unrichtigen Darstellung dienen dem Schutz „sämtliche [r] Personen, die mit der Gesellschaft oder dem Konzern in irgendeiner wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Beziehung stehen oder in eine solche Beziehung treten wollen“565. Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder zählen zum potentiellen Täterkreis566. Jedoch belegen diese Beispiele, dass es im Einzelfall schwer gewesen sein könnte, mittels der üblichen Überwachung die Gefahren zu erkennen. Mit solchen Berichten könnten nicht nur (potentielle) Anleger und andere Marktteilnehmer getäuscht worden sein, sondern auch die jeweiligen Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder567. Hinzu kommt, dass es sich um Investitionen mittels neuer Finanzprodukte handelte568, für die keine Erfahrungswerte vorhanden waren569. Außerdem sind die Investitionen über Zweckgesellschaften erfolgt. Dies wiederum könnte ebenfalls dazu geführt haben, dass dadurch die fraglichen Investitionen gegenüber den Aufsichtsbzw. Verwaltungsratsmitgliedern verschleiert worden sind570. Diese Umstände dürften es zusätzlich erschwert haben, Risiken im Rahmen der Überwachungspflicht zu erkennen.

de/media/presse/pdf_presse/2008_presseinformationen/20080314_LBBW_Presseinformation_ LBBW_erreicht_trotz_Finanzkrise_einen_deutlich_dreistelligen_Millionengewinn.pdf. 563 Stuttgarter-Zeitung vom 31. 1. 2014, „Ex-LBBW-Vorstände vor Gericht“, unter: http:// www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prozess-beginnt-am-62-ex-lbbw-vorstaende-vor-gericht.a1 d50b64-e5eb-42a2-bd9b-afd0794c926b.html (01. 06. 2014). 564 OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3951522/ pressemeldung-2013-05-02-olg-01/. 565 Sorgenfrei, in: Joecks/Schmitz, MK-StGB, Bd. 7, § 331 HGB, Rn. 2. 566 Sorgenfrei, in: Joecks/Schmitz, MK-StGB, Bd. 7, § 331 HGB, Rn. 30 ff.; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, Bd. 2, § 400, Rn. 24 ff. 567 Vgl. zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Mitglieder von Aufsichtsgrämien nach einer unterlassenen Prüfungen der Unterlagen des Vorstands m.w.N.: Hefendehl, in: Spindler/ Stilz, Aktiengesetz, Bd. 2, § 400, Rn. 93. 568 Vgl. Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/ Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 569 Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 570 Lutter, ZIP 2009, 197, 200.

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Allerdings ist den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern zuzumuten, die Grundzüge der jeweiligen Investitionsstrategie nachzuvollziehen und zu bewerten. Dabei hätten zumindest die Klumpenrisiken auffallen müssen, da sich klumpenartige Investitionen erkennen lassen, auch ohne dass jedes Detail der Investitionen nachvollzogen werden muss. Schon die große Diskrepanz zwischen den Investitionen und dem Eigenkapital hätte auffallen müssen571. Hinzu kommt, dass auch die Warnungen vor Investitionen am US-Hypothekenmarkt572 nicht nur den Vorstandsmitgliedern, sondern auch den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern hätten bekannt sein müssen. Sollten die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder aufgrund der Verschleierung der Investitionen durch Zweckgesellschaften die Vorgänge zunächst nicht bemerkt haben, so hätten sie jedoch bemerken müssen, dass über Jahre hohe Erträge erzielt worden sind. Es hätte daraufhin fragwürdig sein müssen, wie und wo diese Erträge genau erzielt worden sind573. Als Aufsichtsorgan besteht ab Kenntniserlangung dieser Umstände die Pflicht zum Handeln574 und wenn dieses Handeln auch zunächst lediglich in einer näheren Prüfung der Investitionen erfolgt wäre. Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung von Überwachungspflichten und ein pflichtwidriges Unterlassen des Ergreifens von Gegenmaßnahmen naheliegend. Eine abschließende Beurteilung kann jedoch nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles erfolgen. n) Zwischenergebnis Für die hier untersuchten Kreditinstitute war der jeweilige Geschäftszweck entscheidend zur Bestimmung der Grenzen pflichtgemäßen Handelns575. Die IKB soll der Förderung des Mittelstands dienen576 und die Landesbanken (SachsenLB, 571

3. Teil, A. II. 2. h) bb). 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 573 Lutter, ZIP 2009, 197, 200. 574 Vgl. auch Brandi, ZIP 2000, 173, 175 f. 575 3. Teil, A. II. 2. d) und e). 576 Florstedt, AG 2010, 315, 317; vgl. auch die Auslegung der Satzung unter 3. Teil, A. II. 2. e) dd). 572

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

BayernLB, WestLB, LBBW und die HSH Nordbank) haben alle die Aufgabe, das jeweilige Bundesland bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu unterstützen577. Aus den Satzungen der Kreditinstitute geht hervor, dass das Tätigen von Investitionen am US-Hypothekenmarkt nicht grundsätzlich unzulässig gewesen ist578. aa) Das Verhalten der Vorstandsmitglieder Betrachtet man jedoch das Verhalten von Vorstandsmitgliedern differenzierter, so ergibt sich Folgendes: (1) Zu g): Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen Die Vorstandsmitglieder haben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf Grundlage ausreichender Informationen gehandelt579. Insbesondere die bekannten Hinweise auf den bevorstehenden Ausbruch einer Krise am US-Hypothekenmarkt580 und der Umstand, dass die Ratingagenturen bei der Konstruktion der fragwürdigen Wertpapiere mitwirkten und an der Vermarktung dieser Geld verdienten581, gaben Anlass, alle verfügbaren Informationen heranzuziehen und auszuwerten582. Schon bei einer Plausibilitätsprüfung der Umstände wäre zumindest die Rolle der Ratingagenturen aufgefallen. Dies hätte Anlass zu einer tiefgründigen Prüfung gegeben. Aus den gleichen Gründen durfte auch nicht auf die Ratings der Ratingagenturen vertraut werden583. 577

3. Teil, A. II. 2. d) und 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc), ee) und ff). 3. Teil, A. II. 2. e) aa) bis cc), ee) und ff). 579 3. Teil, A. II. 2. g). 580 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 581 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) cc); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 582 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 583 3. Teil, A. II. 2. g) cc) und dd). 578

A. Das strafrechtliche Arsenal

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(2) Zu h): Existenzgefährdung als Pflichtverletzung Die Investitionsvolumina überstiegen das jeweilige Eigenkapital teilweise um ein Mehrfaches, womit Existenzgefährdungen vorlagen584. Außerdem ist von konkreten Existenzgefährdungen auszugehen585. Aufgrund der Konstruktion der Wertpapiere musste es zu einem Zusammenbruch des Marktes kommen586 und die Wertpapiere waren nicht jederzeit zu veräußern587. Damit lag eine pflichtwidrige konkrete Existenzgefährdung jeweils vor. Vor dem Hintergrund der medial und historisch bekannten Risiken konnten keine „vernünftigen wirtschaftlichen Gründe“588 für das Eingehen dieser Risiken sprechen. (3) Zu i): Risikomanagement Ob pflichtwidriges Verhalten im Rahmen des Risikomanagements vorliegt, lässt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilen589. Vor allem die Bekanntheit der Risiken im Vorfeld der Krise590 lässt Zweifel aufkommen, ob eine ausreichende Risikoidentifikation stattfand591. Falls diese stattfand, wäre fraglich, ob die identifizierten Risiken adäquat bewertet worden sind592, Maßnahmen im Rahmen der Risikosteuerung ergriffen worden sind593 und eine ausreichende Risikokontrolle stattfand594. 584

3. Teil, A. II. 2. h) bb). 3. Teil, A. II. 2. h) aa) und cc). 586 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 587 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 588 Mülbert, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Ökonomie versus Recht im Finanzmarkt?, S. 93. 589 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. i). 590 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 591 3. Teil, A. II. 2. i) aa). 592 3. Teil, A. II. 2. i) bb). 593 3. Teil, A. II. 2. i) cc). 594 3. Teil, A. II. 2. i) dd). 585

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

(4) Zu j): Klumpenrisiken Da das Schaffen von Klumpenrisiken für den Ausbruch der Krise von großer Bedeutung war, ist dieses Verhalten gesondert vom Risikomanagement zu bewerten595. Weder die Portfoliotheorie noch die damaligen gesetzgeberischen Wertungen sprachen gegen die Schaffung von Klumpenrisiken596. Allerdings setzte der öffentliche Zweck der jeweiligen Kreditinstitute dieser Form der Investitionen Grenzen597. Eine Konzentration von Risiken, die außerhalb des öffentlichen Zwecks liegen598, stellt ein pflichtwidriges Verhalten dar. bb) Das Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern Für das pflichtwidrige Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern ergibt sich Folgendes: (1) Zu k): Bonizahlungen Sowohl aus § 87 Abs. 1 AktG a.F. als auch aus der Mannesmannentscheidung folgt, dass die Bewilligung der Zahlung von Boni an Vorstandsmitglieder zulässig war599. Ob die Höhe der bewilligten und ausgezahlten Boni angemessen war, ist Tatfrage und kann hier nicht abschließend beurteilt werden. (2) Zu m): Überwachungspflichten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern ist zuzumuten, die Grundzüge der jeweiligen Investitionsstrategie nachzuvollziehen und zu bewerten. Die Klumpenrisiken600 und die große Diskrepanz zwischen den Investitionen und dem Eigenkapital hätten erkannt werden müssen601. Außerdem sollten die Warnungen vor den Risiken auf dem US-Hypothekenmarkt602 den Aufsichts- bzw. Verwaltungsrats595

3. Teil, A. II. 2. j). 3. Teil, A. II. 2. j) cc). 597 3. Teil, A. II. 2. j) dd). 598 3. Teil, A. II. 2. d); Lutter, BB 2009, 786, 790. 599 3. Teil, A. II. 2. k) cc). 600 Zu den Klumpenrisiken: 3. Teil, A. II. 2. j). 601 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 602 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen 596

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mitgliedern bekannt gewesen sein. Trotz einer möglichen Verschleierung der Investitionen durch Zweckgesellschaften hätten sie bemerken müssen, dass über Jahre hohe Erträge erzielt worden sind und dass es fragwürdig war, wie und wo diese Erträge genau erzielt worden sind603. Nach Kenntnis dieser Umstände wären eine angemessene Prüfung und Bewertung der Investitionen im Rahmen der Überwachungspflichten und etwaige Gegenmaßnahmen zu erwarten gewesen604. Inwieweit tatsächlich eine Verletzung dieser Pflichten vorlag, ist Tatfrage und kann nur einzelfallspezifisch beantwortet werden. o) Die business judgment rule Die business judgment rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG soll den Vorstandsmitgliedern einen weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum garantieren605 und dadurch sicherstellen, dass auch risikoreiche Investitionen getätigt werden606. Der Gedanke des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist dem anglo-amerikanischen Recht zu entnehmen607 und die Grundlagen für diese Norm wurden bereits mit der „ARAG/ Garmenbeck“608-Entscheidung gelegt609. Soweit die Voraussetzungen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vorliegen würden, läge eine zivilrechtliche Pflichtverletzung nicht vor. Durch das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG entfällt nämlich materiell-rechtlich eine Pflichtverletzung. Allerdings ist es verfehlt, schon eine Pflichtverletzung anzunehmen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht eingehalten worden sind610. Eine Pflichtverletzung muss vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen festgestellt werden611. tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 603 Lutter, ZIP 2009, 197, 200. 604 3. Teil, A. II. 2. m). 605 Stellv. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8. 606 Stellv. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8. 607 Vgl. auch Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 11. 608 BGHZ 135, 244 ff. = NJW 1997, 1926 ff. 609 Vgl. auch Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 11; Empt, KSzW 2010, 107; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092. 610 Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 12; Wiesner, in: HoffmannBecking, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 4. Auflage 2015, § 25, Rn. 58. 611 Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 12; so wurden auch vorliegend die einzelnen Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Grundsätzen festgestellt, vgl. zusammenfassend: 3. Teil, A. II. 2. n).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Da „[etwas] was zivilrechtlich erlaubt ist, […] strafrechtlich nicht verboten sein [kann]“612, würde mit dem Vorliegen der Voraussetzungen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG möglicherweise auch zugleich ein pflichtwidriges Verhalten im strafrechtlichen Sinne entfallen können. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG hat folgende Tatbestandsvoraussetzungen, welche im Folgenden näher erläutert und geprüft werden: aa) Unternehmerische Entscheidung bb) Handeln zum Wohle der Gesellschaft cc) Keine Sonderinteressen dd) Handeln auf Grundlage angemessener Informationen ee) Handeln in gutem Glauben aa) Unternehmerische Entscheidung Der Gesetzgeber stellt darauf ab, dass unternehmerische Entscheidungen zukunftsbezogen sind, da sie auf Prognosen und Einschätzungen beruhen613. Daher wird z. T. vertreten, dass unternehmerische Entscheidungen sich dadurch auszeichnen würden, dass ihnen ein gewisses Risiko bzw. eine gewisse Unsicherheit innewohne614. Von Bedeutung ist die Abgrenzung der unternehmerischen Entscheidung zu einer rechtlich gebundenen Entscheidung615. Ausgenommen von der business judgment rule sind von vornherein Verhaltensweisen, die gegen die Satzung verstoßen haben616. Grundsätzlich beruhen Entscheidungen über Investitionen – wie auch beim Wertpapierhandel – auf Prognosen und Einschätzungen, sie haben ein Risiko inne und es handelt sich nicht um rechtlich gebundene Entscheidungen. Allerdings lagen im Falle der IKB und der Landesbanken (SachsenLB, BayernLB, WestLB, LBBW und die HSH Nordbank) Verstöße gegen die jeweilige Satzung vor617. Damit kann für die Vorstandsmitglieder und die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder dieser Kreditinstitute § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht zur Anwendung kommen.

612

Volk, in: FS Hamm, 803, 804; vgl. außerdem: Günther, Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluß, S. 362 ff.; Tiedemann, in: FS Weber, 319, 323 m.w.N. 613 Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 11. 614 Vgl. die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. und Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1091; Bittmann, NStZ 2011, 361, 364. 615 Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 42. 616 Fleischer, ZIP 2004, 685, 690; Lutter, ZIP 2007, 841, 843 f.; Khanian, KSzW 2010, 127, 128; Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 11. 617 Siehe zusammenfassend 3. Teil, A. II. 2. n).

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bb) Handeln zum Wohle der Gesellschaft Eine weitere Voraussetzung ist das Handeln zum Wohle der Gesellschaft. Neben einer objektiven Komponente („Wohl der Gesellschaft“) enthält diese Voraussetzung auch eine subjektive Komponente618. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, der darauf abstellt, ob ein Vorstandsmitglied vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Zumindest objektiv handelt ein Vorstandsmitglied nicht zum Wohle der Gesellschaft, wenn es übergroße Risiken für die Gesellschaft eingeht619. Zum Schutz des unternehmerischen Handlungsspielraumes ist jedoch insbesondere mit der subjektiven Komponente eine expost Betrachtung zu vermeiden620. Entscheidend ist vielmehr, dass aus ex-ante Perspektive die eingegangen Risiken schon zu erkennen waren. Vor dem Hintergrund der hier festgestellten Existenzgefährdungen der jeweiligen Kreditinstitute621 liegt objektiv kein Handeln zum Wohle der Gesellschaft vor622. Mit der hier vertretenen Auffassung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die eingegangen Risiken auch schon subjektiv aus der ex-ante Perspektive erkennbar waren623. Ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft muss damit ausscheiden. Auch diese Tatbestandsvoraussetzung ist damit nicht erfüllt.

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Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231. Vgl. BGHZ 135, 244, 253 f. = NJW 1997, 1926, 1928; Lutter, ZIP 2007, 841, 844. 620 Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2086 f.; vgl. zur unzulässigen Rückschau auch m.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8; Spindler, NZG 2010, 281, 283; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 786; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230 f.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 273. 621 3. Teil, A. II. 2. h) bb) und cc). 622 Vgl. BGHZ 135, 244, 253 f. = NJW 1997, 1926, 1928; Lutter, ZIP 2007, 841, 844. 623 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 619

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

cc) Keine Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse Es darf auch kein Handeln geleitet von Sonderinteressen oder sachfremden Einflüssen vorliegen624. Dieses Merkmal ist zwar nicht explizit in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG aufgeführt, aber es ergibt sich aus dem Merkmal des Handelns zum Wohle der Gesellschaft625. Für die vorliegend zu untersuchenden Fälle könnten insbesondere die Bonizahlungen eine entscheidende Rolle einnehmen626. Diese könnten ein Indiz für eigennütziges Handeln darstellen627. Allerdings sollen Bonizahlungen gerade die Interessen von Geschäftsleitern und Aktionären ausgleichen und letztlich den Gleichlauf dieser Interessen gewähren628. Bonizahlungen sind also gerade ein Mittel, um Sonderinteressen des Geschäftsleiters zu beschränken629. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass sich in Einzelfällen manche Geschäftsleiter ausschließlich von der Möglichkeit, Bonizahlungen zu erhalten, leiten lassen und Geschäfte abschließen, die (langfristig) nicht dem Unternehmenswohl dienen630. Inwieweit dies bei den hier zu untersuchenden Fällen zutrifft, ist Tatfrage und kann nicht pauschal beantwortet werden. dd) Handeln auf Grundlage angemessener Informationen Wie bereits dargelegt, ist es naheliegend, dass die Vorstandsmitglieder nicht auf Grundlage angemessener Informationen handelten631 und sie dies auch nicht vernünftigerweise annehmen durften632. 624

Bundestagsdrucksache 15/5092, 14. 03. 2005, Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), S. 11. 625 Bundestagsdrucksache 15/5092, S. 11; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 232; Lutter, in: FS Canaris, 245, 248 f.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S 112. 626 3. Teil, A. II. 2. k). 627 Vgl. Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 112; Khanian, KSzW 2010, 127, 129. 628 Mertens/Cahn, Kölner Kommentar AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 26. 629 Mertens/Cahn, Kölner Kommentar AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 26. 630 So auch Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 113. 631 3. Teil, A. II. 2. g). 632 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Ver-

A. Das strafrechtliche Arsenal

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ee) Handeln in gutem Glauben Weiterhin müssten die Vorstandsmitglieder gutgläubig gehandelt haben633. Dies bedeutet, dass die Vorstandsmitglieder selbst auf die Richtigkeit ihrer Entscheidung vertraut haben müssen634. Nur wenn sie auch auf die Richtigkeit ihrer Entscheidung vertraut haben, sind sie auch schutzwürdig635. Die Bewertung dieser Frage ist ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls abhängig. ff) Ergebnis zur business judgment rule Schon aufgrund der Satzungsverstöße in den Fällen der IKB und der Landesbanken (SachsenLB, BayernLB, WestLB, LBBW und die HSH Nordbank)636 lag keine unternehmerische Entscheidung vor637. Ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft scheidet aufgrund der subjektiv aus exante Perspektive erkennbaren Existenzgefährdungen aus638. Es hätte auch nicht vernünftigerweise angenommen werden dürfen, dass auf Grundlage angemessener Informationen gehandelt worden ist639. Ob aufgrund der Bonizahlungen vom Vorliegen von Sonderinteressen ausgegangen werden kann und ob ein Handeln im guten Glauben vorlag, ist Tatfrage des jeweiligen Einzelfalls und lässt sich nicht pauschal beantworten640. Insgesamt liegen damit mehrere Tatbestandsvoraussetzungen der business judgment rule nicht vor und es kann nicht zu einem Ausschluss des pflichtwidrigen Verhaltens kommen.

antwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 633 Bundestagsdrucksache 15/5092, S. 11; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 63. 634 Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 24; Fleischer, ZIP 2004, 685, 691; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231. 635 Fleischer, ZIP 2004, 685, 691; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 231. 636 Siehe zusammenfassend: 3. Teil, A. II. 2. n). 637 3. Teil, A. II. 2. o) aa). 638 3. Teil, A. II. 2. o) bb). 639 3. Teil, A. II. 2. o) dd). 640 3. Teil, A. II. 2. o) cc) und ee).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

p) Evidenz Nach dem BVerfG641 ist „die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken“642. Eine gravierende Pflichtverletzung könne nur vorliegen, wenn zuvor festgestellt wurde, dass die Pflichtverletzung evident sei643. Evident ist eine Pflichtverletzung dann, wenn man sie klar feststellen kann644. Das LG Kassel formulierte, dass eine Pflichtverletzung „ohne Weiteres erkennbar“ sein muss645. Eine evidente Pflichtverletzung folgt hier schon für die Vorstandsmitglieder aus dem klaren Handeln gegen den jeweiligen Geschäftszweck646. Gerade im Wirtschaftsleben ist das Eingehen von riskanten Geschäften oft ein notwendiger Bestandteil der Geschäftsführung und es ist daher ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum gegeben647. Schon die existenzgefährdenden Volumina der Geschäfte648, welche klumpenartig investiert waren649 und der Umstand, dass die Risiken zuvor erkennbar waren650, reduzieren jedoch diesen Ermessens- und Beurteilungsspielraum auf Null651. Ein in dieser Weise ausgestaltetes Handeln entgegen dem Geschäftszweck ist damit eine evidente Pflichtverletzung.

641

BVerfGE 126, 170, 210 = NJW 2010, 3209, 3215 ff., Rn. 111 ff. BVerfGE 126, 170, 210 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 111. 643 BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 112. 644 Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 64a. 645 LG Kassel, Urteil vom 01. 11. 2007, Az.: 5643 Js 46677/03; hier zitiert aus BVerfGE 126, 170, 218 = NJW 2010, 3209, 3217, Rn. 128. 646 Zum jeweiligen Zweck: 3. Teil, A. II. 2. e) und zu den Verstößen zusammengefasst: 3. Teil, A. II. 2. n). 647 Vgl. zum Ermessensspielraum im Zusammenhang mit dem Evidenzkriterium: Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. außerdem 3. Teil, A. II. 2. l). 648 3. Teil, A. II. 2. h). 649 3. Teil, A. II. 2. j). 650 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. g) und Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-fi nanzielle-massenvernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit. de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate. net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 651 3. Teil, A. II. 2. l). 642

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder verstießen in Anbetracht der nicht erkannten Fehlinvestitionen im Rahmen ihrer Kontrollpflichten ebenfalls klar gegen ihre Pflichten652. q) Gravierende Pflichtverletzung Zivilrechtlich liegen mehrere Verhaltensweisen vor, die ein pflichtwidriges Verhalten darstellen653. Diese Verhaltensweisen müssen einer gesonderten strafrechtlichen Überprüfung unterzogen werden654. Hierzu werden im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle pflichtwidrigen Verhaltensweisen bewertet, um festzustellen, ob diese gravierend waren. So lässt sich in Anlehnung an den 1. Strafsenat des BGH655 den Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf eine restriktive Auslegung des § 266 StGB gerecht werden656. Dem 1. Strafsenat des BGH zufolge kann sich aus der Gesamtschau folgender Aspekte ein pflichtwidriges Verhalten als gravierend erweisen: „fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive“657.

Diese Aspekte werden im Folgenden näher untersucht und im Anschluss erfolgt eine Abwägung zur Schwere der Pflichtverletzungen, um einzelfallspezifisch (soweit die Umstände bekannt sind) die Sachverhalte werten zu können658. aa) Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand Eine fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand ist bei der IKB und den Landesbanken (SachsenLB, BayernLB, WestLB, LBBW und die HSH Nordbank) schon aufgrund der Verstöße gegen die jeweilige Satzung gegeben659.

652 653 654

bb). 655

3. Teil, A. II. 2. m). 3. Teil, A. II. 2. n). Vgl. hierzu die Ausführungen zur strafrechtlichen Akzessorietät unter 1. Teil, B. II. 2. b)

BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 657 BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 658 Dieses Vorgehen ist für die Einzelfallgerechtigkeit unabdingbar. Daher ist auch das LG Hamburg ähnlich vorgegangen: LG Hamburg, 09. 07. 2014 – 608 KLs 12/11, Rn. 1903 ff. 659 Siehe zusammenfassend 3. Teil, A. II. 2. n). 656

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

bb) Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertragsund Vermögenslage Betrachtet man das jeweilige Investitionsvolumen auf dem US-Hypothekenmarkt und das jeweilige Eigenkapital der Kreditinstitute660, so liegt eine Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage vor. Hierzu noch einmal zusammenfassend: Die IKB hatte insgesamt etwa „46 % des Gesamtvolumens ihres Geschäftsfeldes“661 im Verbriefungssektor angelegt. Etwa die Hälfte des Geschäftsvolumens war somit unmittelbar von den Folgen der Krise betroffen. Außerdem existierten Kreditlinienzusagen für eine Conduit i.H.v. ungefähr 10 Mrd. Euro und diesen Zusagen stand lediglich ein Eigenkapital von 1,4 Mrd. Euro gegenüber662. Bei der SachsenLB beliefen sich die Investitionen am US-Hypothekenmarkt auf 17,3 Mrd. Euro663 und „ein weiteres Finanzloch in dreistelliger Millionenhöhe“664 wurde entdeckt. Die SachsenLB verfügte jedoch nur über ein Eigenkapital mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro665. Im Jahr 2009 wurden insgesamt 17,7 Mrd. Euro benötigt, um die LBBW – aufgrund ihrer Geschäfte am US-Hypothekenmarkt aus den Vorjahren – zu stützen. Aus der Presseinformation der LBBW vom 14. März 2008 geht hervor, dass ein Eigenkapital von 10,45 Mrd. Euro für das Geschäftsjahr 2007 vorhanden war666. Im Fall der BayernLB bestand im Jahre 2006 eine auffällige Diskrepanz zwischen dem Eigenkapital von 10,8 Mrd. Euro und dem Volumen eines ABS-Portfolios von ca. 34 Mrd. Euro667. 660

3. Teil, A. II. 2. h) bb). OLG Düsseldorf, 09. 12. 2009 – 6 W 45/09. 662 LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 17, 19, 192; Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 130. 663 CDU Fraktion des Sächsischen Landtages, SachsenLB – Landesbank Baden-Württemberg – Kapitalmarktkrise, Materialband SachsenLB, S. 17 (abrufbar unter: http://www.ap pixportale.de/CDU/Fraktion/dokumente/Materialband_SLB.pdf). 664 Zeit Online, „Verkauf aus höchster Not“, vom 26. 08. 2007, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 665 Zeit Online vom 26. 08. 2007, „Verkauf aus höchster Not“, unter: http://www.zeit.de/on line/2007/35/verkauf-sachsenlb-lbbw-perfekt (30. 05. 2014). 666 Pfister, LBBW Presseinformation vom 14. 03. 2008 21/2008, „LBBW erreicht trotz Finanzkrise einen deutlich dreistelligen Millionengewinn“, aufrufbar unter: http://www.lbbw. de/media/presse/pdf_presse/2008_presseinformationen/20080314_LBBW_Presseinformation_ LBBW_erreicht_trotz_Finanzkrise_einen_deutlich_dreistelligen_Millionengewinn.pdf. 667 Vgl. hierzu m.w.N. Strate, Strafanzeige gegen die in den Jahren 2004 – 2008 tätig gewesenen Mitglieder des Vorstandes sowie des Verwaltungsrates der Bayerischen Landesbank, 21. 01. 2010, S. 14, abrufbar unter: http://www.strate.net/de/dokumentation/BayernLB-Strafan zeige.pdf. 661

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Bei der WestLB betrug das Risiko zu Beginn des Jahres 2008 knapp 23 Mrd. Euro668 und das Eigenkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2007 bezifferte sich auf 4,5 Mrd. Euro669. Das Volumen des Eigenkapitals der HSH Nordbank betrug im Jahre 2006 7,17 Mrd. Euro und dem stand ein Volumen von ca. 30 Mrd. Euro an risikoreichen Investitionen gegenüber670. cc) Fehlende innerbetriebliche Transparenz Eine fehlende innerbetriebliche Transparenz liegt insbesondere vor, wenn Investitionen verschleiert671 und unternehmensintern nicht in einer Weise offengelegt werden, die eine Kontrolle ermöglichen672. Wie bereits im Rahmen der Erläuterungen zu den Überwachungspflichten des Aufsichts- und Verwaltungsrates dargelegt673, gab es unrichtige Darstellungen von Vorstandsmitgliedern über die Lage des jeweiligen Kreditinstituts674. Hierdurch könnte eine Kontrolle der Investitionen erschwert worden sein675. Somit ist das Vorliegen einer fehlenden innerbetrieblichen Transparenz (zumindest in Einzelfällen) naheliegend. dd) Vorliegen sachwidriger Motive Inwieweit Vorstandsmitglieder ausschließlich handelten, um Bonizahlungen zu erhalten, ist Tatfrage und kann hier nicht abschließend geklärt werden. Es sei an dieser Stelle auf die Ausführungen zum Vorliegen von Sonderinteressen als Tatbestandsvoraussetzung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG verwiesen676. ee) Abwägung zur Schwere der Pflichtverletzung Um den einzelfallspezifischen Anforderungen gerecht werden zu können, ist eine Abwägung der Gesamtumstände vorzunehmen677. Diese erfolgt zunächst bzgl. des

668

BaFin, Jahresbericht 2007, S. 23; BaFin, Jahresbericht 2008, S. 123. Vgl. hierzu die Angaben von Statista unter: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1 62642/umfrage/entwicklung-des-eigenkapitals-der-westlb-seit-dem-jahr-2006/ (18. 08. 2015). 670 Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, S. 8, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf. 671 BGHSt 47, 187, 199 = NJW 2002, 1585, 1588. 672 BGHSt 47, 187, 199 = NJW 2002, 1585, 1588. 673 3. Teil, A. II. 2. m). 674 3. Teil, A. II. 2. m). 675 3. Teil, A. II. 2. m). 676 3. Teil, A. II. 2. o) cc). 677 Vgl. auch LG Hamburg, 09. 07. 2014 – 608 KLs 12/11, Rn. 1903 ff. 669

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Verhaltens der Vorstandsmitglieder (1) und anschließend für das Verhalten der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder (2). (1) Das Verhalten der Vorstandsmitglieder Der 1. Strafsenat des BGH hat in seinem (oben zitierten) Urteil678 unter anderem ausgeführt, dass eine Pflichtverletzung jedenfalls dann gravierend sei, wenn alle der genannten Kriterien einschlägig seien679. Zumindest sachwidrige Motive lassen sich vorliegend nicht eindeutig nachweisen680. Die pflichtwidrigen Verhaltensweisen damit von vornherein als gravierend einzustufen, scheidet mithin aus. Möglicherweise lässt sich die fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand durch den jeweiligen Verstoß gegen die Satzungen im Falle der IKB und der Landesbanken681 auch nicht einseitig zu Lasten der Vorstandsmitglieder werten. Zwar steht außer Frage, dass solche Verstöße unzulässig sind, aber letztlich entsprach es den (wenn auch fragwürdigen und mit den Satzungen nicht zu vereinbarenden) Unternehmenszielen. Es sollte möglichst viel Gewinn in kurzer Zeit generiert werden, da die Gewährträgerhaftung wegfallen sollte682. Um die Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Kreditinstituts sicherzustellen, wurde versucht, zu guten Konditionen gewinnbringende Geschäfte abzuschließen683. Dieses Verhalten könnte als ein Handeln mit dem Ziel, dem Wohl der Gesellschaft zu dienen, bewertet werden. Andererseits durften die Vorstandsmitglieder gerade nicht annehmen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln684, da schon zuvor historisch und medial bekannt war, welche Risiken mit dem Handel von Wertpapieren am US-Hypothekenmarkt verbunden waren685. Außerdem deutet dieses Investitionsverhalten vor dem Hin678

BGHSt 47, 187 ff. = NJW 2002, 1585 ff. BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 680 3. Teil, A. II. 2. o) cc) und 3. Teil, A. II. 2. q) dd). 681 Vgl. zu den Satzungen der Kreditinstitute die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. e). 682 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. k) bb) und Goy, Die Kontrolle der Landesbanken, S. 63 f.; EU Kommission, Pressemitteilung IP/02/343 vom 28. 02. 2001, „Deutschland will Vereinbarung mit der Kommission über staatliche Garantien für Landesbanken und Sparkassen umsetzen“, in englischer Fassung aufrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-02 – 343_en.htm? locale=en. 683 Henkel, Die Abwracker, S. 98. 684 3. Teil, A. II. 2. o) bb). 685 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen 679

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tergrund des Wegfalls der Gewährträgerhaftung auf ein reines Gewinnstreben der Vorstandsmitglieder hin. Gerade dieses ist nicht Teil der öffentlichen Aufgabenerfüllung durch die Landesbanken686. Somit vermag auch der Einwand, dass für das jeweilige Kreditinstitut Gewinn generiert werden sollte, die fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand der Investitionen nicht aufzuwiegen. Negativ zu berücksichtigen ist zudem das Ausmaß der jeweiligen Existenzgefährdungen687. Die Investitionen überstiegen zumeist das jeweilige Eigenkapital um ein Vielfaches688. Dieses Verhalten ist umso verwerflicher, wenn man bedenkt, dass die Investitionen bewusst über Zweckgesellschaften im Ausland getätigt worden sind, um so die Vorgänge zu verschleiern689 und die bestehenden Regeln zum Eigenkapital zu umgehen690. Hierin liegt eine offensichtliche Umgehung geltender Bestimmungen zum Nachteil des jeweiligen Kreditinstituts691. Diesem Vorwurf kann auch nicht mit dem Argument der Wirtschaftlichkeit des Handelns begegnet werden. Zwar ging es um Wettbewerbsfähigkeit und das Generieren von Gewinn durch kurzfristige Investitionen692, aber dies wäre auch im Rahmen des geltenden Rechts möglich gewesen. Der Umfang der jeweiligen Investitionen wäre lediglich geringer ausgefallen und die Ausstattung mit Eigenkapital wäre verhältnismäßig zu den jeweils eingegangen Risiken höher gewesen (auch wenn diese durch die Ratingagenturen anders bewertet worden sind)693. Die fehlende innerbetriebliche Transparenz betrifft zugleich die Ausführungen zum Risikomanagement694. Hier lässt sich nicht eindeutig klären, ob ein Verstoß oder mehrere Verstöße gegen die Pflicht zur Risikoerkennung, -bewertung, -steuerung tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 686 3. Teil, A. II. 2. d) und e); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 120; Dörries, Zur Rechtsstellung von Landesbanken, S. 91 ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 107; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 93; Lutter, BB 2009, 786, 788; vgl. auch Enkler, ZG 1998, 328, 333; Stober, ZHR 145 (1981), 565, 584. 687 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 688 3. Teil, A. II. 2. h) bb). 689 Vgl. auch Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91. 690 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91. 691 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91. 692 Vgl. Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, „Das Erreichte nicht verspielen“, S. 94; vgl. auch Schröder, ZStW 123 (2011), 771, 775 ff. 693 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) bb) und cc). 694 3. Teil, A. II. 2. i).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

oder -kontrolle vorliegen695. Sicher ist jedoch, dass zumindest gegen eine dieser Pflichten ein Verstoß vorliegen muss. Wenn die Risiken erkannt worden sind, dann sind sie anschließend nicht korrekt bewertet, gesteuert oder kontrolliert worden696. Sollten sie nicht erkannt worden sein, liegt ein Fehler bereits im Rahmen der Risikoerkennung nahe697, denn schon die historisch und medial bekannten Risiken gaben Anhaltspunkte zu einer näheren Risikoprüfung698. Das Risikomanagement ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensleitung699. Schon die Positivierung in § 25a KWG a.F. und die Ausführungen im DCGK unterstreichen die Bedeutung des Risikomanagements700. Ein Verstoß gegen dieses wiegt vor allem vor dem Hintergrund der historisch und medial bekannten Risiken701 schwer. Zwar waren die Finanzprodukte neuartig und es lagen keine Erfahrungswerte vor702, aber auch dies 695

3. Teil, A. II. 2. i). 3. Teil, A. II. 2. i) bb) bis dd). 697 3. Teil, A. II. 2. i) aa). 698 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 699 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. i). 700 BGBl. 1997, Teil I, Nr. 71, 2518 ff.; Bundesministerium der Justiz, Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ vom 30. 08. 2002, eBAnz AT1 2002 B1. 701 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 702 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) cc); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, 696

A. Das strafrechtliche Arsenal

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kann nicht die festgestellten Sorgfaltspflichtverletzungen relativieren oder rechtfertigen. Vielmehr muss hieraus der Schluss folgen, dass gerade bei neuartigen Finanzprodukten ohne Erfahrungswerte eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Überwachung von Investitionsrisiken angezeigt ist. Ebenfalls von Bedeutung für etwaige Verstöße gegen das Risikomanagement sind die geschaffenen Klumpenrisiken703. Das Schaffen dieser Risiken ist nicht grundsätzlich pflichtwidrig704. Allerdings verstieß dies im Falle der Landesbanken in einem großen Ausmaß gegen den jeweiligen Geschäftszweck und war damit unzulässig705. Die existenzgefährdenden Investitionsvolumina in Form von Klumpenrisiken, die zudem nicht mit dem Geschäftszweck zu vereinbaren waren, deuten auf ein großes Defizit im Bereich des Risikomanagements hin. Auch ohne eine unzulässige Rückschau706 auf diese Umstände ergibt sich aus der ex-ante Perspektive, dass Vorstandsmitglieder die Gefahren hätten erkennen müssen707. Sie wären sowohl durch die Höhe der Investitionen als auch durch die Risikokonzentration und zusätzlich noch durch den Geschäftszweck bei Risikoerkennung zu einer entsprechenden Risikobewertung, -steuerung und -kontrolle verpflichtet gewesen708. Im Rahmen der Kreditbewilligung (welche – wie bereits dargelegt – zumindest im Ansatz vergleichbar mit den vorliegenden Fällen ist)709 hat der 1. Strafsenat des BGH als weitere Aspekte, die zu berücksichtigen sind, aufgeführt: Sind Informationspflichten vernachlässigt worden? Besaßen die Verantwortlichen die Befugnisse zum Handeln? Sind unvollständige oder unrichtige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder gegenüber denjenigen, die zur Aufsicht berechtigt waren, gemacht worden710 ? Vorliegend besaßen die Vorstandsmitglieder die Befugnis zum Handeln (vgl. auch § 76 Abs. 1 AktG)711. Allerdings vernachlässigten sie ihre Informationspflichten712. Für die Auswahl der jeweiligen Informationen muss vorliegend gelten, dass „alle verfügbaren Informationsquellen“713 innerhalb des Rahmens einer ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 703 3. Teil, A. II. 2. j). 704 3. Teil, A. II. 2. j) cc) und dd). 705 3. Teil, A. II. 2. j) cc) und dd). 706 Vgl. hierzu m.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8; Spindler, NZG 2010, 281, 283; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 786; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230 f.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 273. 707 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. g). 708 3. Teil, A. II. 2. i). 709 LG Hamburg, 09. 07. 2014 – 608 KLs 12/11, Rn. 1900. 710 BGHSt 46, 30, 34 = NJW 2000, 2364, 2365. 711 Auch wenn es sich um eine Norm aus dem Aktienrecht handelt, ist der hier definierte Aufgabenbereich von Vorstandsmitgliedern mit dem aus Kreditinstituten mit anderer Rechtsform vergleichbar: Siehe hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. b). 712 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 713 BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

„sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen“714 heranzuziehen waren715. Dies folgt aus der historischen und medialen Bekanntheit der Risiken716. Das Ermessen der Vorstandsmitglieder im Hinblick auf die Auswahl der Informationen war damit auf Null reduziert717. Auch die Bewertung der zugrundeliegenden Informationen war mit großer Sorgfalt vorzunehmen. „Die enorme Hebelwirkung von Derivaten erfordert eine sorgsame Prüfung der damit verbundenen Risiken“718. Ein Vertrauen auf die Ratings der Ratingagenturen kann die Vorstandsmitglieder nicht entlasten719. Schon ihr Mitwirken bei der Konstruktion der Finanzprodukte und das Nichtvorhandensein von Erfahrungswerten720 erforderten ein eigenständiges und sorgsames Prüfen der Investitionen durch die Vorstandsmitglieder721. Dieser Verstoß wiegt schwer. Investitionen im Finanzmarkt tragen immer ein Risiko in sich722 und die Verantwortlichen in Kreditinstituten sollen diese Risiken auch eingehen dürfen723. Dies ist Kern eines freien unternehmerischen Handelns und unabdingbar für den Erfolg von Kreditinstituten724. Die Grenzen dieses Handelns sind jedoch dort überschritten, wo spekulative Geschäfte getätigt werden, ohne zuvor eine angemessene Informationsgrundlage geschaffen und ausgewertet zu haben725. Dies darf 714

BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008, Az.: II ZR 202/07 = NJW 2008, 3361, 3362. 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 716 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 717 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. g) und 3. Teil, A. II. 2. l) bb). 718 Spindler, NZG 2010, 281, 284. 719 3. Teil, A. II. 2. g) cc) und dd). 720 2. Teil, A. I. 1. d); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MK-AktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 721 3. Teil, A. II. 2. g) cc) und dd). 722 Vgl. die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. und Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1091; Bittmann, NStZ 2011, 361, 364. 723 Vgl. auch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 125 f. 724 Vgl. die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. 725 So auch schon § 91 Abs. 1 S. 2 AktG, vgl. auch 3. Teil, A. II. 2. g). 715

A. Das strafrechtliche Arsenal

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nur aus ex-ante Perspektive beurteilt werden726 und es kommt auf die subjektive Wahrnehmung der jeweiligen Entscheidungsträger an727. Nur auf diese Weise lässt sich eine unzulässige Rückschau vermeiden728. Nach den dargestellten Umständen sprechen jedoch gerade diese Voraussetzungen für einen Verstoß gegen die Pflicht, sich angemessen zu informieren. Gerade aus ex-ante Perspektive waren die Risiken zu erkennen729 und gerade aus ex-ante Perspektive waren die Finanzprodukte so neuartig, dass ein genaueres Hinterfragen der Struktur und vor allem der Herkunft angezeigt war730. Auch der Vorwurf, unvollständige oder unrichtige Angaben gegenüber den Mitgliedern des Aufsichts- bzw. Verwaltungsrates gemacht zu haben, liegt nahe731. Die zahlreichen Fälle der unrichtigen Darstellung732 belegen, dass über die Ver726

Vgl. die Ausführungen und Nachweise unter 3. Teil, A. II. 2. g) und o). Vgl. die Ausführungen und Nachweise unter 3. Teil, A. II. 2. g) und o). 728 Vgl. m.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8; Spindler, NZG 2010, 281, 283; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 786; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230 f.; Becker/ Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 273. 729 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 730 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 731 3. Teil, A. II. 2. m) bb). 732 Zur vorsätzlichen Marktmanipulation nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG im Falle der IKB: LG Düsseldorf, 14 KLs 6/09, Urteil vom 14. 07. 2010, Rn. 375 ff.; zur unrichtigen Darstellung im Fall der SachsenLB: Staatsanwaltschaft Leipzig, Pressemitteilungen 2013, „18. 03. 2013 – Anklage gegen ehemalige Vorstände nach Ermittlungen zum Zusammenbruch der vormaligen Sachsen LB“, aufrufbar unter: http://www.justiz. sachsen.de/stal/content/1237.php; zur unrichtigen Darstellung im Fall der LBBW: Staatsanwaltschaft Stuttgart, Pressemitteilungen 2012, „28. 11. 2012 – Anklage gegen LBBW-Vorstände wegen Bilanzfälschung erhoben“, aufrufbar unter: http://www.staatsanwaltschaft-stutt gart.de/pb/,Lde/1235836?QUERYSTRING=LBBW; zur unrichtigen Darstellung im Fall der HSH Nordbank: OLG Hamburg, Pressemitteilungen 2013, „02. 05. 2013 – Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank – Entscheidung des Landgerichts über die 727

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

hältnisse der Kreditinstitute unrichtige Angaben gemacht worden sind733. Diese Strafvorschriften dienen unter anderem dem Schutz von Aktionären und Arbeitnehmern734 und der Aufsichtsrat zählt auch zum Täterkreis dieser Normen. Jedoch lassen es diese Vorwürfe zumindest wahrscheinlich erscheinen, dass Vorstandsmitglieder die Aufsichts- und Verwaltungsräte ebenso getäuscht haben735. Dies ist jedoch Tatfrage und kann nicht pauschal behauptet werden. Auch die hier zur Verfügung stehenden Informationen lassen einen solchen Schluss zwar für naheliegend erscheinen, aber eine fundierte Aussage ist nicht möglich. Sollten sich diese Vorwürfe jedoch in den Einzelfällen nachweisen lassen, so käme auch dieser Verstoß im Rahmen der hier vorgenommen Gesamtbetrachtung verstärkend als Argument für eine gravierende Pflichtverletzung hinzu. Insgesamt sprechen alle hier zugrunde gelegten und auswertbaren Informationen damit für eine gravierende Pflichtverletzung. Zu jedem einzelnen Bewertungspunkt ist jedoch einzelfallspezifisch Stellung zu nehmen, soweit Vorstandsmitgliedern solche Vorwürfe gemacht werden. Diese einzelfallspezifische Wertung kann die Gewichtung und auch das Ergebnis im Hinblick auf einzelne Pflichtverstöße beeinflussen und damit zu einem anderen Gesamtergebnis führen. (2) Das Verhalten von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern Möglicherweise ist auch das pflichtwidrige Verhalten der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder als gravierend zu bewerten. Die Bewilligung der Bonizahlungen an die Vorstandsmitglieder stellt kein pflichtwidriges Verhalten dar736 und ist damit nicht weiter Gegenstand der Untersuchung. Zu bewerten sind die Defizite der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder bezüglich der Verletzung ihrer Überwachungspflichten737. Hierbei ist zu beachten, dass die Vielzahl und die Schwere der Pflichtverletzungen durch die Vorstandsmitglieder738 die Defizite der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder bezüglich der Verletzung ihrer Überwachungspflichten ebenfalls als schwerwiegend erscheinen lassen. Wenn existenzgefährdende Risiken eingegangen werden739, Klumpenrisiken geschaffen werden740 und in neuartige Finanzprodukte Eröffnung des Hauptverfahrens“, aufrufbar unter: http://justiz.hamburg.de/oberlandesgericht/3 951522/pressemeldung-2013-05-02-olg-01/. 733 3. Teil, A. II. 2. m) bb). 734 Sorgenfrei, in: Joecks/Schmitz, MK-StGB, Bd. 7, § 331 HGB, Rn. 2; Hefendehl, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, Bd. 2, § 400, Rn. 2; Müller-Michaels, in: Hölters, Aktiengesetz, § 400, Rn. 1; Schaal, in: Erbs/Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, § 400, Rn. 2. 735 3. Teil, A. II. 2. m) bb). 736 3. Teil, A. II. 2. k) cc). 737 3. Teil, A. II. 2. m) bb). 738 3. Teil, A. II. 2. n) aa). 739 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. h). 740 Vgl. 3. Teil, A. II. 2. j).

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investiert wird741, obliegt es den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern, dieses Vorgehen durch eine eingehende Prüfung der Investitionen zu überwachen742. Außerdem sind gegebenenfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um einen Schaden für das jeweilige Kreditinstitut abzuwenden743. Selbst wenn die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder über die tatsächlichen Umstände getäuscht worden sein sollten744, so hätten sie aufgrund der historischen und medialen Bekanntheit der Risiken745 solcher Investitionen und vor allem aufgrund der Höhe der klumpenartigen Investitionen die Gefahren erkennen müssen746. Pflichtwidriges Verhalten von Vorstandsmitgliedern in diesem hier dargelegten Ausmaß zu übersehen oder nicht angemessen und rechtzeitig auf dieses zu reagieren, stellt selbst ein pflichtwidriges Verhalten großen Ausmaßes dar und ist damit auch als gravierend einzustufen. ff) Ergebnis zur gravierenden Pflichtverletzung Nach den hier ausgewerteten Informationen und den zugrunde gelegten Kriterien liegt eine gravierende Pflichtverletzung vor. Sowohl den Vorstandsmitgliedern als auch den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern ist demnach ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen, welches auch gravierend ist.

741 2. Teil, A. I. 1. d); 3. Teil, A. II. 2. g) cc); Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, „Die Finanzkrise meistern – Wirtschaftskräfte stärken“, S. 120; Möllers, JZ 2009, 861, 862; Lutter, ZIP 2009, 197, 199; Spindler, NZG 2010, 281, 284; Spindler, in: Goette/Habersack/Kalss, MKAktG, Bd. 2, § 93, Rn. 51. 742 3. Teil, A. II. 2. m). 743 3. Teil, A. II. 2. m). 744 3. Teil, A. II. 2. m) bb). 745 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massen vernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Jour nalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumen tation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 746 3. Teil, A. II. 2. m) bb).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

r) Ergebnis zum pflichtwidrigen Verhalten Den Vorstandsmitgliedern sind folgende pflichtwidrige Verhaltensweisen vorzuwerfen: g) Sie trafen keine Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen747, h) sie waren jeweils verantwortlich für das Hervorrufen und Nichtverhindern einer Existenzgefährdung748, i) es gab Defizite beim Errichten und Ausgestalten eines Risikomanagementsystems749 und j) das Schaffen von Klumpenrisiken verstieß gegen den öffentlichen Zweck des jeweiligen Kreditinstituts750. In der Gesamtbetrachtung ist das Verhalten der Vorstandsmitglieder als evident pflichtwidrig751 und gravierend zu bewerten752. Den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitgliedern ist folgendes pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen: m) Ein Verstoß gegen ihre Überwachungspflichten753. Dieser Verstoß ist ebenso als evident pflichtwidriges Verhalten754 und als gravierend einzustufen755. 3. Vermögensnachteil Die nachfolgenden Ausführungen zum Vermögensnachteil orientieren sich an den Vorgaben des BVerfG (Beschluss vom 23. 06. 2010)756. a) Gefährdungsschaden Entscheidende Bedeutung für die Feststellung eines Vermögensnachteils oder einer nachteilsgleichen Vermögensgefährdung bzw. eines Gefährdungsschadens (im Folgenden bezeichnet als: Gefährdungsschaden) kommt dem Zeitpunkt des jewei747 748 749 750 751 752 753 754 755 756

3. Teil, A. II. 2. g). 3. Teil, A. II. 2. h). 3. Teil, A. II. 2. i). 3. Teil, A. II. 2. j). 3. Teil, A. II. 2. p). 3. Teil, A. II. 2. q) ee) (1) und ff). 3. Teil, A. II. 2. m). 3. Teil, A. II. 2. p). 3. Teil, A. II. 2. q) ee) (2) und ff). BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff.

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ligen pflichtwidrigen Verhaltens zu757. Zu diesem Zeitpunkt muss der Vermögensnachteil vorliegen und dieser Zeitpunkt ist auch entscheidend für die Berechnung des Nachteils758. Für die Vorstandsmitglieder kommt es damit jeweils auf den Zeitpunkt der Einzelentscheidungen zur Investition (sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch des „Wie“) und allen damit verbundenen Entscheidungen an. Für die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem die jeweilige Überprüfung des Handelns der Vorstandsmitglieder vorgenommen worden ist und die Missstände hätten auffallen müssen759. Da die Bewilligungen der Bonizahlungen nach der hier zugrunde gelegten Ansicht nicht als pflichtwidriges Verhalten zu werten sind760, sind die sich hieraus ergebenden Vermögenspositionen auch nicht Bestandteil eines Vermögensnachteils761. Von Bedeutung für die hier zu untersuchenden Sachverhalte ist vor allem der sog. Gefährdungsschaden. Ein Gefährdungsschaden liegt dann vor, wenn eine Verlustgefahr für das Vermögen besteht und dieses aufgrund der Verlustgefahr schon eine Minderung ihres Wertes erfährt762. Damit wird der Vermögensnachteil anhand wirtschaftlicher Realitäten bestimmt, da für die Marktteilnehmer auch die Zukunftserwartung im Hinblick auf einen erzielbaren Preis entscheidend ist, um den Wert von Produkten zu bestimmen763. Ein auf diese Weise definierter Gefährdungsschaden liegt nicht lediglich in der Möglichkeit einer Minderung des Vermögens, sondern stellt schon eine solche Minderung dar764. Die Entscheidungen zur Beteiligung an Investitionen am US-Hypothekenmarkt (sei es direkt oder mittels Zweckgesellschaften, denen Liquiditätsgarantien gewährt worden sind)765 sind vergleichbar mit der Entscheidung einer Kreditgewährung766. Wird ein Kredit gewährt, wenn ein Rückzahlungsanspruch nahezu wertlos ist und keine ausreichenden Sicherheiten bestehen, kann schon ab Vertragsschluss von einem „Endschaden“ ausgegangen werden767.

757

Bittmann, NStZ 2011, 361, 367; Nack, StraFo 2008, 277, 278. Bittmann, NStZ 2011, 361, 367; Nack, StraFo 2008, 277, 278. 759 Vgl. auch 3. Teil, A. II. 2. m). 760 3. Teil, A. II. 2. k). 761 A.A. Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 96 f. 762 BVerfGE 126, 170, 223 f. = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 142. 763 BVerfGE 126, 170, 223 = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 140. 764 BVerfGE 126, 170, 223 f. = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 142. 765 Vgl. die Ausführungen unter 2. Teil, A. I. 1. c) und e). 766 Vgl. hierzu auch die Ausführungen des BVerfG zur Kreditvergabe: BVerfGE 126, 170, 226 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 146. 767 Grundlegend hierzu: Nack, StraFo 2008, 277, 278 ff. 758

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

b) Das Bilanzrecht zur Quantifizierung eines Vermögensnachteils Um eine Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen zu vermeiden und den Charakter der Untreue als Erfolgsdelikt zu wahren, ist es unabdingbar, den Gefährdungsschaden zu quantifizieren768. Das BVerfG verweist zu dieser Quantifizierung auf das Bilanzrecht: „Bewertung und Wertberichtigung von Forderungen gehören zum kaufmännischen Alltag […]. Gleichwohl können sie im Einzelfall – insbesondere in den Fällen der Kreditvergabe – komplexe wirtschaftliche Analysen erfordern. Der niedrigere ,beizulegende Wert‘ i.S. des § 253 IV HGB ist bei Forderungen regelmäßig nicht auf einen Markt- oder Börsenpreis zurückführbar, sondern ergibt sich aus der Einbringlichkeit der Forderung am Bilanzstichtag […]. Zu ermitteln ist also der Barwert der voraussichtlich erzielbaren künftigen Zins- und Tilgungszahlungen […] unter Berücksichtigung der Bonität des Kreditnehmers und der Rendite des Kredits […] sowie aller Umstände, die den Forderungseingang zweifelhaft erscheinen lassen […]. Auch verwertbare Sicherheiten und etwaige Rückgriffsmöglichkeiten sind bei der Bestimmung des Ausfallrisikos zu berücksichtigen […].“769

Diesen Ausführungen liegt die Untersuchung Hefendehls zugrunde770. Dieser hatte ein „vom Zivilrecht konstituierte[s] und vom Bilanzrecht konkretisierte[s] Herrschaftsprinzip als Grundlage des strafrechtlichen Vermögensbegriffs“771 hergeleitet. Demnach bestimmt sich das Vermögen durch das Zivilrecht (beispielsweise hängt die Wertigkeit eines Anspruchs davon ab, ob diesem eine Einrede nach § 320 BGB entgegensteht)772. Um den strafrechtlichen Vermögensbegriff weiter konkretisieren zu können, wird – nicht uneingeschränkt773 – auf das Bilanzrecht verwiesen774. Dies sei ein nützliches Instrument, um sich eine Übersicht zur wirtschaftlichen Situation von jemandem durch Bilanzen zu verschaffen775. Dem Wunsch nach mathematischer Sicherheit nachgehend ist es nachvollziehbar, wenn auf ein Instrument wie das Bilanzrecht verwiesen wird, um einen Vermögensnachteil festzustellen776. Allerdings muss hervorgehoben werden, dass Hefendehl schon klar herausgestellt hat, dass das Bilanzrecht konkretisierend wirken soll und nicht konstituierend777. Es 768

BVerfGE 126, 170, 229 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 151. BVerfGE 126, 170, 226 f. = NJW 2010, 3209, 3219 f., Rn. 146. 770 Vgl. die Ausführungen ab BVerfGE 126, 170, 214 ff. = NJW 2010, 3209, 3216 ff., Rn. 121 ff. und insbesondere BVerfGE 126, 170, 223 = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 141. 771 So schon der Untertitel seiner Dissertation: Vgl. Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen 1994. 772 Vgl. zu diesem Beispiel: Hefendehl, wistra 2012, 325, 328. 773 Dies wird schon zu Beginn der Untersuchung deutlich, wenn auf den „Modellcharakter des Bilanzrechts“ verwiesen wird: Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 169. 774 Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 169 ff. 775 Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 170. 776 Hefendehl, wistra 2012, 325, 329. 777 Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 185 ff., S. 191; Hefendehl, wistra 2012, 325, 328. 769

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gilt den Modellcharakter zu betonen778. Würde man alle bilanzrechtlichen Kriterien zur Bestimmung des Vermögensnachteils heranziehen, so ergäben sich nicht hinnehmbare Verstöße gegen strafrechtliche Prinzipien. So zwingt § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB häufig zu der Zugrundelegung von Werten, die im Einzelfall dazu führen können, dass zu Lasten eines Angeklagten ein Vermögensnachteil vorliegen würde779, obwohl bei Zugrundelegung des vollen Wertes ein solcher nicht vorhanden wäre780. Außerdem ist zu beachten, dass es viele unterschiedliche Bilanzen gibt, die alle unterschiedliche Zwecke verfolgen781. Je nachdem welche Bilanzen man für eine Bewertung zugrunde legt, ändern sich die Grundsätze der Bewertung782. Hinzu kommt, dass die einzelnen Bilanzen auch nicht die Methode der Bewertung benennen, sondern hierfür wieder auf betriebswirtschaftliche Methoden zurückzugreifen ist783. Dieser Zwischenbefund soll jedoch keine Absage an das Bilanzrecht zur Konkretisierung eines Vermögensnachteils darstellen. Man muss vielmehr auf die Schwächen das Bilanzrechts hinweisen, um die Stärke – nämlich das Bereitstellen von Grundsätzen für eine vorzunehmende Bewertung – nutzbar zu machen. Hefendehl selbst weist darauf hin, dass aufgrund des Leitungsauftrages an den Richter gem. § 78 StPO dieser die Art der Bilanzierung zu bestimmen hat784. D. h., dass für den jeweiligen Sachverhalt die spezifische Bilanz gewählt werden kann, deren Zweck den Umständen am besten entspricht. Damit wären entweder dem Richter selbst – soweit er selbst die Bewertung vornimmt – oder einem beauftragten Sachverständigen die Grundsätze der Bewertung vorgegeben. Die Methoden und das Ergebnis einer Bewertung wären damit jedoch noch nicht vorgegeben785. Letztlich kann auf diese Weise den Vorgaben des BVerfG nachgekommen werden. Im Einzelfall wird es jedoch für die „Bewertung und Wertberichtigung von Forderungen“786 häufig auf die Einschätzung von Sachverständigen ankommen787, um diese „zum kaufmännischen Alltag [gehörenden]“788 Methoden für die Quantifizierung von Vermögensnachteilen nutzen zu können.

778

Hefendehl, wistra 2012, 325, 328; so auch Becker, HRRS 2009, 334, 338 f. Hierzu näher unter 3. Teil, A. II. 3. c). 780 Vgl. auch Becker, HRRS 2009, 334, 338. 781 Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 176 ff.; Hefendehl, wistra 2012, 325, 328. 782 Hefendehl, wistra 2012, 325, 329. 783 Hefendehl, wistra 2012, 325, 329; vgl. aber grundsätzlich zu den Schwierigkeiten der Wertbestimmung: Ransiek, WM 2010, 869, 870 ff. 784 Hefendehl, wistra 2012, 325, 330. 785 So auch Hefendehl, wistra 2012, 325, 330. 786 BVerfGE 126, 170, 226 = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 146. 787 Vgl. die Ausführungen unter 2. Teil, A. II. 4. a). 788 BVerfGE 126, 170, 226 = NJW 2010, 3209, 3219, Rn. 146. 779

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

c) Die Bedeutung der Normativität für die Einzelfälle Für die Feststellung und Quantifizierung eines Vermögensnachteils können auch normative Gesichtspunkte von Bedeutung sein789. Das BVerfG weist ausdrücklich darauf hin, dass weiterhin normative Gesichtspunkte eine Rolle spielen können (dies aber nicht zwangsläufig müssen)790 : „Normative Gesichtspunkte können bei der Feststellung eines Nachteils durchaus eine Rolle spielen. Sie dürfen aber, soll der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt und Erfolgsdelikt bewahrt bleiben, wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen. So kann beispielsweise die Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken nicht per se als nachteilsbegründend angesehen werden; vielmehr bleibt es auch in solchen Fällen erforderlich, zu prüfen, ob das verbotene Geschäft – wirtschaftlich betrachtet – nachteilhaft war.“791

Dies ist auch entscheidend für die jeweiligen Einzelentscheidungen zu Investitionen (sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch des „Wie“ der jeweiligen Investition). Es darf nicht lediglich von dem Umstand, dass das „Wie“ der Investitionen gegen die jeweilige Satzungen verstieß792, auf einen Vermögensnachteil geschlossen werden. Dies würde die Grenzen zwischen pflichtwidrigem Verhalten und dem Vermögensnachteil unzulässig verschleifen793. Man könnte beispielsweise annehmen, dass kein wirtschaftlicher Nachteil durch die Investitionen am US-Hypothekenmarkt eingetreten ist, da zu diesem Zeitpunkt der Handel mit den Wertpapieren ohne Weiteres möglich gewesen sein könnte. Evtl. ließen sich Käufer für die Wertpapiere finden794. Dann würde der Verstoß gegen die jeweilige Satzung den wirtschaftlichen Wert der Wertpapiere nicht mindern. Allerdings ist auch von Bedeutung, dass objektiv die vorhandenen Forderungen langfristig nicht realisierbar waren, da die dargelegte Konstruktion der Wertpapiere795 wie bei einem „Schneeballsystem“796 zum Zusammenbruch des Marktes führen musste797. Schünemann weist außerdem darauf hin, dass schon aufgrund der großen 789 Vgl. grundlegend zur Normativierung des Schadensbegriffs: Saliger, in: FS Samson, 455 ff. und insbesondere 467 ff. 790 So auch Krüger, NStZ 2011, 369, 374. 791 BVerfGE 126, 170, 212 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 115. 792 Vgl. im Ergebnis, 3. Teil, A. II. 2. n) und r). 793 BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 113; Saliger, ZStW 112 (2000), 563, 610. 794 Vgl. hierzu die Ausführungen von Schünemann, der auf eine Veräußerung toxischer Wertpapiere durch die Deutsche Bank im Jahr 2007 hinweist: Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 795 2. Teil, A. I. 1. c). 796 Dieser Vergleich findet sich bei Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 797 So auch Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f.

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Volumina der erworbenen Wertpapiere eine jederzeitige Veräußerungsmöglichkeit der Papiere gerade nicht gegeben war798. Hinzu kommt, dass auch nach dem Bilanzrecht ein (im Einzelfall zu prüfender) Gefährdungsschaden naheliegend ist. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB bestimmt, dass alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen sind. Diese Vorschrift dient dem Gläubigerschutz799, indem alle (objektiv) vorhersehbaren Risiken, die schon entstanden aber noch nicht realisiert sind, berücksichtigt werden800. Schon mit jeder Einzelentscheidung, die zu einer Beteiligung am Wertpapierhandel am USHypothekenmarkt führte, waren für das jeweilige Kreditinstitut Risiken entstanden und diese waren auch (objektiv und subjektiv) – wie bereits dargelegt – vorhersehbar801. Diese bilanzrechtliche Wertung führt dazu, dass schon aufgrund der Vorhersehbarkeit des Zusammenbruchs des US-Hypothekenmarktes die getätigten Investitionen als Verlustposten in eine Bilanzierung aufzunehmen sind. Zwar hat das BVerfG den Vorsichtsgrundsatz gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB als unvereinbar mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Rahmen der Quantifizierung eines Vermögensnachteils erklärt802, aber dies spricht nicht dagegen, auf die formulierten Grundsätze der Bewertung dieser Norm zurückzugreifen. Dies ist jedoch nur möglich, soweit sich dadurch keine Nachteile für den Angeklagten ergeben und kein Verstoß gegen die wirtschaftliche Betrachtungsweise vorliegt. Das BVerfG führt aus: „Wenn demgegenüber die Berücksichtigung erwarteter Vermögenszuwächse in der Rechnungslegung bilanzrechtlich unzulässig ist, ist dies eine Konsequenz des das Handelsbilanzrecht beherrschenden Vorsichtsprinzips, welches im Interesse des Verkehrsschutzes eine Unter- einer möglichen Überbewertung vorzieht […] [Hervorhebungen durch den Verfasser]“803.

798 Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 799 Morck, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB 8. Auflage 2015, § 252, Rn. 5. 800 Merkt, in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch 36. Auflage 2014, § 252, Rn. 11. 801 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http://www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/docu ment/00000007290 (09. 08. 2015); vgl. auch Schröder, NJW 2010, 1169, 1172 f.; Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.handelsblatt.com/archiv/buf fett-sieht-derivate-als-finanzielle-massenvernichtungswaffen-terminboersen-wehren-sich/22333 74.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; vgl. auch zur auffälligen Höhe der Zinsen: Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 879. 802 BVerfGE 126, 170, 215 = NJW 2010, 3209, 3216, Rn. 123. 803 BVerfGE 126, 170, 215 = NJW 2010, 3209, 3216, Rn. 123.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sind Risiken im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch schon zu berücksichtigen, wenn sie sich zwar noch nicht realisiert haben, aber bereits entstanden sind und vorhersehbar waren. Das BVerfG beschränkt die Anwendbarkeit des Vorsichtsprinzips insoweit, als dass es zu einer einseitigen Belastung des Angeklagten führen kann. Wenn also in gleicher Weise potentielle Gewinne beachtet werden – wie die Verluste –, dann wäre dies eine strafrechtsspezifische Anwendung der in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB vorgegebene Grundsätze der Bewertung. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise wahrt die Rechte des Angeklagten und ist verfassungskonform804. Ein Sachverständiger hätte damit neben den zu berücksichtigenden eingegangenen Risiken auch Gewinnchancen in gleicher Weise zu berücksichtigen. Inwieweit diese jedoch tatsächlich vor dem Hintergrund dieses kollabierten „Schneeballsystems“805 vorlagen, ist im Einzelfall zu untersuchen. Allerdings deutet schon die langfristige Nichtrealisierbarkeit der Forderungen darauf hin, dass es keinen zu berücksichtigenden potentiellen Gewinn gab806. Lediglich kurzfristige Beteiligungen könnten einen möglicherweise entstandenen Gefährdungsschaden kompensieren, wenn man diesen einen Wiederverkaufswert zuordnen kann807. Für jeden Einzelfall ist eine komplexe wirtschaftliche Analyse vorzunehmen. „Die im Falle der hier vorzunehmenden Bewertung unvermeidlich verbleibenden Prognose- und Beurteilungsspielräume sind durch vorsichtige Schätzung auszufüllen“808. d) Ergebnis Für die hier untersuchten Sachverhalte ist ein Gefährdungsschaden naheliegend809. Dieser ist im Einzelfall mit Sachverständigenhilfe auf Grundlage bilanzrechtlicher Bewertungsmethoden zu quantifizieren810. Aufgrund der Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge könnten Schätzungen notwendig sein, die wie-

804 Auch Hefendehl weist auf diese strafrechtlich problematischen Aspekte hin, aber hält handelsbilanzrechtliche Erkenntnisse dennoch für anwendbar, wenn sie sich im konkreten Fall als anwendbar erweisen: Vgl. Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 178 ff., wenngleich er zutreffend die Anwendung des Vorsichtsgrundsatzes dahingehend ablehnt, dass Verlustrisiken stärker gewichtet werden als Gewinnchancen, S. 185. 805 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 806 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 f. 807 Vgl. Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94. 808 BVerfGE 126, 170, 229 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 151. 809 3. Teil, A. II. 3. a). 810 Vgl. BVerfGE 126, 170, 226 f. = NJW 2010, 3209, 3219 f., Rn. 146.

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derum „vorsichtig“ vorgenommen werden müssen811. Sollte eine rational nachvollziehbare Quantifizierung812 nicht möglich sein, so wäre freizusprechen813. Aufgrund der Einzefallbezogenheit und dem Umstand, dass nicht alle zur Bewertung notwendigen Informationen bekannt sind, kann an dieser Stelle keine Einschätzung hinsichtlich möglicher Ergebnisse für jeden der zugrunde gelegten Einzelfälle erfolgen. 4. Kausalität und objektive Zurechnung Sowohl die Kausalität zwischen der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem eingetretenem Vermögensnachteil als auch die objektive Zurechnung sind Tatfrage des jeweiligen Einzelfalles. Hier können lediglich allgemeine Ausführungen erfolgen. Nach der conditio-sine-qua-non-Formel ist ein Verhalten dann kausal für den jeweiligen Erfolg, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele814. Zur Einschränkung dieser (weit gefassten) Kausalitätsdefinition muss darüber hinaus der Erfolg dem Täter objektiv zurechenbar sein815. Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg dem Täter dann, wenn er eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, welche sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat816. Vorliegend wurde durch die jeweiligen Einzelentscheidungen im Rahmen der getätigten Investitionen von den Vorstandsmitglieder (bzgl. der Beschaffung und Auswertung ausreichender Informationen817, der Schaffung existenzgefährdender Risiken818, der Pflichten im Rahmen des Risikomanagements819 und dem Schaffen von Klumpenrisiken820) die Vermögensbetreuungspflicht verletzt821. Außerdem sind wahrscheinlich durch die Einzelentscheidungen Vermögensnachteile entstanden, die im Einzelfall beziffert werden müssen822. Bei den Einzelentscheidungen wurden jeweils rechtlich missbilligte Gefahren geschaffen823, welche sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert haben. 811 812 813 814 815 816 817 818 819 820 821 822 823

BVerfGE 126, 170, 229 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 151. BVerfGE 126, 170, 212 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 114. BVerfGE 126, 170, 229 f. = NJW 2010, 3209, 3220, Rn. 151. Stellv. für viele: Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 6, Rn. 156 ff. Stellv. für viele: Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 6, Rn. 159 und Rn. 176 ff. Stellv. für viele: Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 6, Rn. 179. 3. Teil, A. II. 2. g). 3. Teil, A. II. 2. h). 3. Teil, A. II. 2. i). 3. Teil, A. II. 2. j). Zusammenfassend: 3. Teil, A. II. 2. n). 3. Teil, A. II. 3. d). Zusammenfassend: 3. Teil, A. II. 2. n).

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Auch der Verstoß der Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder gegen ihre Überwachungspflichten824 ist eine Verletzung ihrer Vermögensbetreuungspflicht und kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass die einzeln zu berechnenden Vermögensnachteile entfielen. Außerdem wurde hierdurch eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen, die sich in den Vermögensnachteilen realisierte. 5. Vorsatz Das Vorliegen des Vorsatzes ist ebenfalls in jedem Einzelfall zu prüfen825. An dieser Stelle können daher nur allgemeine Ausführungen zu Umständen vorgenommen werden, die im jeweiligen Einzelfall zu berücksichtigen sind. § 266 StGB enthält keine besonderen Anforderung, die an den Vorsatz zu stellen sind. Vielmehr ist bereits ein bedingter Vorsatz (dolus eventualis)826 ausreichend, um den subjektiven Tatbestand zu verwirklichen. Ein solcher bedingter Vorsatz besteht, wenn der Täter sich mit dem Erfolg abfindet und diesen billigend in Kauf nimmt827. Dieser Vorsatz muss sich sowohl auf das pflichtwidrige Verhalten beziehen als auch auf einen kausal verursachten Vermögensnachteil828. Wie bereits festgestellt829, ist ein kognitives Element sehr wahrscheinlich in den meisten Fällen nachzuweisen. Dies folgt daraus, dass die Risiken historisch (Fall Rudolf Münemann)830, durch die erhöhten Zinsen831 und medial832 erkennbar waren. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Anreize, die von den bewilligten

824

3. Teil, A. II. 2. m). Vgl. Ignor/Sättle, FS Hamm, 211, 221 f. 826 Vgl. stellv. zum bedingten Vorsatz: Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 7, Rn. 214 ff. 827 Vgl. stellv. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, § 7, Rn. 214 ff. 828 Vgl. stellv. Fischer, StGB mit Nebengesetzen, § 266, Rn. 172 und 175. 829 Vgl. unter 3. Teil, A. II. 2. g) dd). 830 3. Teil, A. II. 2. g); Munzinger Biographisches Archiv, Eintrag „Münemann, Rudolf“ in Munzinger Online/Personen – Internationales Biographisches Archiv, aufrufbar unter: http:// www.munzinger.de.proxy.ub.uni-frankfurt.de/document/00000007290 (09. 08. 2015); 3. Teil, A. II. 2. g) aa) (1). 831 Bittmann, NStZ 2011, 361, 366; Ransiek, WM 2010, 869, 874; vgl. auch Becker/Walla/ Endert, WM 2010, 875, 879; 3. Teil, A. II. 2. g) aa) (2). 832 Vgl. Handelsblatt vom 17. 03. 2003, „Terminbörsen wehren sich“, unter: http://www.han delsblatt.com/archiv/buffett-sieht-derivate-als-finanzielle-massenvernichtungswaffen-terminbo ersen-wehren-sich/2233374.html (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 04. 2011, „Musste das sein?“, unter: http://www.zeit.de/2011/16/Journalismus-Finanzkrise (09. 08. 2015); Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 06. 2005, „Hinweise auf Immobilienblase in Amerika“, unter: Anlage bei Strate, Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG, 31. 03. 2009, abrufbar unter: http://strate.net/de/dokumentation/Strafanzeige-HSH.pdf; Sächsischer Landesrechnungshof, Sonderbericht nach § 99 SäHO über die Landesbank Sachsen Girozentrale, März 2009, Az.: 120308/64, S. 47; 3. Teil, A. II. 2. g) aa) (3). 825

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Bonizahlungen ausgingen833, ist auch das voluntative Element des „billigend Inkaufnehmens“ durch Vorstandsmitglieder naheliegend. Für die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder kann hinsichtlich des kognitiven Elementes nichts anderes gelten. Bzgl. des voluntativen Elementes lassen sich keine allgemeinen Umstände zugrunde legen. Dieses muss vollständig der Einzelfallklärung überlassen bleiben834. 6. Ergebnis Auf Grundlage der hier vorgenommenen Sachverhaltssubsumtion haben sich die Vorstandsmitglieder und auch die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder gem. § 266 StGB strafbar gemacht. Dieses Ergebnis kann lediglich als wahrscheinlich bezeichnet werden, da einzelfallspezifische Informationen und Umstände für die hier vorgenommene Untersuchung nicht zugrunde gelegt werden konnten. Die Vorstandsmitglieder trafen keine Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen (g))835, sie waren verantwortlich für das Hervorrufen und Nichtverhindern einer Existenzgefährdung (h))836, es gab Defizite im Rahmen des Risikomanagements (i))837 und das Schaffen von Klumpenrisiken verstieß gegen den öffentlichen Zweck der Kreditinstitute (j))838. Die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder verletzten pflichtwidrig ihre Überwachungspflichten (m))839. Das pflichtwidrige Verhalten der Vorstandsmitglieder und der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder ist als evident pflichtwidriges Verhalten zu werten840 und ebenso als eine gravierende Pflichtverletzung einzustufen841. Ein Vermögensnachteil i.S. eines Gefährdungsschadens ist für die untersuchten Sachverhalte naheliegend842. Ob dieses Tatbestandsmerkmal im Einzelfall vorliegt, richtet sich nach der Quantifizierbarkeit auf Grundlage bilanzrechtlicher Bewertungsmethoden mit Hilfe von Sachverständigen843.

833

Vgl. hierzu die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. k). Teilweise wird darauf hingewiesen, dass das voluntative Element bei den Sachverhalten, die die Krise betreffen, schwer festzustellen sein wird: Vgl. Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1094. 835 3. Teil, A. II. 2. g). 836 3. Teil, A. II. 2. h). 837 3. Teil, A. II. 2. i). 838 3. Teil, A. II. 2. j). 839 3. Teil, A. II. 2. m). 840 3. Teil, A. II. 2. p). 841 3. Teil, A. II. 2. q) ee) und ff). 842 3. Teil, A. II. 3. a). 843 Vgl. BVerfGE 126, 170, 226 f. = NJW 2010, 3209, 3219 f., Rn. 146. 834

218

3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Sowohl das Verhalten der Vorstandsmitglieder als auch das Verhalten der Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder war kausal für die Verletzung der jeweiligen Vermögensbetreuungspflicht und den Vermögensnachteil844. Ebenso kann der eingetretene Vermögensnachteil den Vorstandsmitgliedern und den Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder objektiv zugerechnet werden845. Insbesondere der Vorsatz ist Frage der tatrichterlichen Überprüfung846. Nach den hier zugrunde gelegten Informationen ist ein Vorsatz in Form des dolus eventualis bei den Vorstandsmitgliedern naheliegend847. Für die Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsmitglieder liegt zumindest das Vorhandensein des kognitiven Elements des Vorsatzes nahe848.

III. Bewertung der Ausführungen von Kasiske, Schünemann und Bermel anhand der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung Im Nachfolgenden sollen die Ausführungen von Kasiske849, Schünemann850 und Bermel851 vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zusammengefasst und bewertet werden (1.). Hierdurch sollen besondere Problembereiche im Rahmen der Untersuchung der Krisensachverhalte identifizieren werden (2.). 1. Die Bewertung der einzelnen Ausführungen Hinsichtlich der Vermögensbetreuungspflicht haben alle drei Autoren eine solche für Vorstandsmitglieder nachgewiesen852. Lediglich Schünemann weist darauf hin,

844

3. Teil, A. II. 4. 3. Teil, A. II. 4. 846 Vgl. Ignor/Sättle, FS Hamm, 211, 221 f. 847 3. Teil, A. II. 5. 848 3. Teil, A. II. 5. 849 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 13 ff. 850 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 71 ff. 851 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht 2014. 852 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 23; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 88 f.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 70 ff. 845

A. Das strafrechtliche Arsenal

219

dass diese auch für Mitglieder von Aufsichtsgremien bestehe853. Dieses Ergebnis wird durch die vorliegende Untersuchung bestätigt854. Bei der Untersuchung zum pflichtwidrigen Verhalten lassen sich neben Gemeinsamkeiten auch einige Unterschiede feststellen. Ob Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Informationen getroffen worden sind, wird zumeist erwähnt855, aber bildet keinen Prüfungsschwerpunkt, obwohl dies ein entscheidender Prüfungspunkt ist856. Betont wird vor allem die Existenzgefährdung der Kreditinstitute857. Das Risikomanagement und die Schaffung von Klumpenrisiken werden von allen Autoren kritisiert, wenngleich die einzelnen Formen des Risikomanagements nicht differenziert werden858. Im Rahmen der Ausführungen zu den Klumpenrisiken verweist Bermel auf ein BaFin Rundschreiben aus 2010859, um die Problematik von Risikokonzentrationen darzustellen860. Dies begründet jedoch den Vorwurf der unzulässigen Rückschau861, da die zu bewertenden Sachverhalte (und damit auch der von Bermel zugrunde gelegte Sachverhalt, der die IKB betrifft)862 853 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 88 f. 854 3. Teil, A. II. 1. 855 Vgl. Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 23; von „hohen Prüfungsanforderungen“ und dass die Ratings der Ratingagenturen „kein Vertrauen verdienten“ ist die Rede bei Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 90 f.; hierzu etwas ausführlicher bei Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 106 ff.; vgl. auch die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g). 856 Vgl. die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 2. g). 857 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 30 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 90; ohne nähere Subsumtion von existenzgefährdenden Risiken ausgehend: Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 113 ff. 858 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 33; Schünemann kritisiert, dass Klumpenrisiken nicht beachtet wurden, aber führt aus, dass „es auf fehlendes oder miserables Risikomanagement“ nicht mehr ankomme: Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91 ff., zur Risikoüberwachung und Risikosteuerung: Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 97 ff. 859 BaFin, Rundschreiben 11/2010 vom 15. 12. 2010, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk. 860 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 99. 861 Vgl. m.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8; Spindler, NZG 2010, 281, 283; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 786; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230 f.; Becker/ Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 273. 862 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 89 ff.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

nicht anhand von Erkenntnissen und Maßstäben aus 2010 zu beurteilen sind. Das von Bermel zitierte Rundschreiben ist vielmehr als Reaktion auf die Krise zu werten863. Die Kriterien der evidenten und gravierenden Pflichtverletzung finden bei Kasiske und Schünemann kaum bis keine Beachtung864. Dies ist jedoch damit zu erklären, dass der Beschluss des BVerfG vom 23. 06. 2010865 zu der Zeit, in dem Kasiske und Schünemann ihre Beiträge verfassten, noch nicht vorlag. Bermel hingegen ignoriert – trotz umfassender Darstellung des Beschlusses866 – die Vorgaben des BVerfG und hält eine gravierende Pflichtverletzung für kein notwendiges Tatbestandsmerkmal des § 266 StGB867. Bei den Ausführungen zum Vermögensnachteil wird einheitlich auf einen Gefährdungsschaden abgestellt868. Auch bei diesen Ausführungen ist zu beachten, dass der Beschluss des BVerfG vom 23. 06. 2010869 zu der Zeit, in der Kasiske und Schünemann ihre Beiträge verfassten, noch nicht vorlag. Bermel stellt die Umstände, die im Rahmen des Vermögensnachteils zu berücksichtigen sind, ähnlich wie in der vorliegenden Untersuchung dar, indem er sich an den Ausführungen des BVerfG orientiert870. Allerdings weist er stichpunktartig auf zu berücksichtigende Umstände (und dabei teilweise auf festgestellte Pflichtverletzung und die Bekanntheit der Gefahr der eingegangenen Risiken) hin871, sodass hier – entgegen den Vorgaben des BVerfG – Tatbestandsmerkmale verschliffen werden.

863

Vgl. hierzu 3. Teil, A. II. 2. g) cc). Ablehnend Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 92 f. 865 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 866 Welcher bei Bermels Untersuchung als „Urteil“ dargestellt wird: Vgl. nur Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 124 ff. 867 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 137. 868 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 31 ff.; vgl. Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 94 ff.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 167 ff. 869 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 870 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 155 ff. 871 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 171 f. 864

A. Das strafrechtliche Arsenal

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2. Zur Erfassung der Krisensachverhalte durch § 266 StGB und den Problembereichen im Rahmen der Untersuchung der Krisensachverhalte Alle Untersuchungen (inkl. der hier vorgenommenen) sind lediglich abstrakte Beurteilungen, da keine ausreichenden Informationen der jeweiligen Einzelfälle zur Verfügung stehen. Alle Untersuchungen haben den öffentlichen Zweck der Kreditinstitute berücksichtigt872 und sind auf die Entscheidungen auf ausreichender Informationsgrundlage873, Existenzgefährdungen874, das Risikomanagement und Klumpenrisiken875 eingegangen. Durch diese insgesamt umfassende Untersuchung wird bestätigt, dass die Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der Krise stehen, sich unter § 266 StGB subsumieren lassen. Damit ist § 266 StGB letztlich geeignet, die Sachverhalte der Krise zu erfassen. Allerdings lässt sich auch feststellen, dass zu Recht vor einer unzulässigen Rückschau bei der Beurteilung dieser Sachverhalte gewarnt wird876, wie die vorgenommene Rückschau Bermels zeigt877. Auch die Quantifizierung des Vermögensnachteils erweist sich als entscheidender Faktor, um eine Strafbarkeit nachweisen zu können. Neben den Schwierigkeiten bei der Anwendung bilanzrechtlicher Grundsätze878 muss eine zu starke Normativierung des Schadensbegriffs

872

Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 31; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 89 f.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 89 ff.; 3. Teil, A. II. 2. d) und e). 873 Vgl. Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 23; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 90 f.; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 106 ff.; 3. Teil, A. II. 2. g). 874 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 30 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 90; Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 113 ff.; 3. Teil, A. II. 2. h). 875 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 33; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 91 ff., Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 97 ff.; 3. Teil, A. II. 2. i) und j). 876 Vgl. hierzu m.w.N. Koch, in: Hüffer, Aktiengesetz 11. Auflage 2014, § 93, Rn. 8; Spindler, NZG 2010, 281, 283; Schröder, ZStW 123 (2011), 771; 786; Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 590; Brüning/Samson, ZIP 2009, 1089, 1092; Bosch/Lange, JZ 2009, 225, 230 f.; Becker/Walla/Endert, WM 2010, 875, 878; Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 273. 877 Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 99. 878 Vgl. die Ausführungen unter 3. Teil, A. II. 3. b) und zur konkretisierenden Bedeutung des Bilanzrechts vgl. Hefendehl, Vermögensgefährdung und Exspektanzen, S. 185 ff., S. 191; Hefendehl, wistra 2012, 325, 328.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

(wie bei Bermel)879 vermieden werden, um eine Verschleifung der Tatbestandsmerkmale zu vermeiden880. Im Einzelfall kann es aufgrund der Komplexität der Sachverhalte trotz Sachverständigenhilfe angezeigt sein, freizusprechen.

IV. Ist ein „Mehr“ von Strafrecht notwendig? Ist ein „Mehr“ von Strafrecht als Lehre aus der Krise notwendig? Alle Sachverhaltskonstellationen, die strafrechtlich für die Krise relevant sind, werden bereits von § 266 StGB erfasst. Damit können diese grundsätzlich auch einer strafrechtlichen Aufarbeitung unterzogen werden. Vor diesem Hintergrund scheint die Forderung nach mehr Strafrecht zunächst überflüssig zu sein. Dies gilt es im vorliegenden Abschnitt näher zu untersuchen. 1. Die Forderung nach mehr Strafrecht Es wird teilweise behauptet, dass die Untreue für eine Aufarbeitung der Krise zu kurz greife, da aufgrund des Schutzzwecks wesentliche Interessen, wie die von Gläubigern oder der Steuerzahler nicht ausreichend geschützt werden sollen881. Der Untreuetatbestand schütze schließlich nur die Vermögensinteressen der jeweiligen Bank und ihrer Anteilseigner882. Es müsse aber vielmehr das öffentliche Interesse in den Schutzbereich gerückt werden883. Die öffentlichen Diskussionen über eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Bankern sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Interessen der Steuerzahler betroffen wären884. Diese müssten nämlich durch die Kosten von staatlichen Rettungsmaßnahmen für den entstandenen Schaden aufkommen885. Wolle man diese Umstände strafrechtlich bewerten, so müsse man auf die „Funktionsfähigkeit des Finanzsystems im Ganzen“886 abstellen und gerade nicht 879

Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht, S. 171 f. 880 BVerfGE 126, 170, 211 = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 113. 881 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; vgl. außerdem zu den Grenzen des Wirtschaftsstrafrechts: Kubiciel, ZIS 2013, 53 ff. 882 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40. 883 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40. 884 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40. 885 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40. 886 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41.

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223

nur auf das Vermögen als Rechtsgut887. Um diesen Zusammenhang zu betonen wird vor allem die „systemische […] Relevanz“888 von manchen Banken hervorgehoben. Wer eine solch systemrelevante Bank in ihrer Existenz gefährde, der gefährde auch das „System als Ganzes“889. Weiterhin soll die Untreue sowohl objektiv als auch subjektiv nicht das spezifische Unrecht erfassen, das sich durch die oben beschriebenen Tathandlungen und den jeweiligen Taterfolg realisiere890. Als Beleg hierfür werden eine „aleatorische Teilnahme an einem intensiven Schneeballsystem“891 und hohe Investitionsvolumina genannt, was wiederum „im Falle des Zusammenbruchs des Marktes zur sofortigen Vernichtung der investierenden Bank“892 führe893. Es gehe mithin nicht um die Schädigung einer Bank, sondern um die Vernichtung derselben und dies sei eine „Potenzierung des Untreuetatbestandes“894. Wenn man dieser Argumentation folgen würde, so würde dies die Geeignetheit von § 266 StGB hinsichtlich des Abschreckungs- und Normintegrationseffektes infrage stellen. Wie soll ein Tatbestand, der von der Schutzrichtung die beschriebenen Sachverhalte der Krise nicht adäquat umfasst, generalpräventiv wirken können? Daneben wäre auch fraglich, ob tatsächlich eine Aufarbeitung der Krise mit § 266 StGB materiell-rechtlich erfolgen kann, wenn die Norm aufgrund des Schutzzweckes nicht die Kernprobleme erfassen könnte. Insbesondere der letztgenannte Aspekt führt dazu, dass Forderungen nach neuen Straftatbeständen oder Ergänzungen von vorhandenen Straftatbeständen formuliert werden895. Ein Vor887 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f. 888 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41. 889 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41; Diskussionsbeitrag von Kasiske: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 70; vgl. auch den Diskussionsbeitrag von Hefendehl: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 67. 890 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 891 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 892 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 893 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 894 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 895 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f.; Diskussionsbeitrag von Schünemann: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 65; Diskussionsbeitrag von He-

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

schlag geht dahin, einen neuen Sondertatbestand im KWG zu schaffen896. Er solle sich vom Schutzzweck an den Bankrottdelikten orientieren und eine Verortung im KWG wäre sinnvoll, soweit man sich auf die Existenzgefährdung von Banken beschränken wolle897. Ein weiterer Ansatz befürwortet eine Ergänzung des Bankrotttatbestandes gem. § 283 StGB898. Auch hier soll die Schutzrichtung von § 283 StGB als Vorlage dienen. Dies wird damit begründet, dass § 283 StGB „das Vermögen der Gläubiger und evtl. sogar die Gesamtwirtschaft“899 schütze900. Beide Vorschläge sind sich darin einig, dass die objektive Strafbarkeitsbedingung der Einleitung eines Insolvenzverfahrens entfallen müsse901, denn genau dies solle von dem neuen Straftatbestand erfasst werden902. Daher wird bei der Neuformulierung von § 283 StGB eine Ergänzung des § 283 Abs. 6 StGB um eine dritte Variante vorgeschlagen, nämlich um folgende: „dass es allein deshalb nicht zum Insolvenzverfahren kommt, weil dieses durch eine staatliche Intervention verhindert wird“903.

2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Argumentationsmuster Es wurde bereits zuvor darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgrund der strukturellen Schwäche und der weiten Einfendehl: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 67; Diskussionsbeitrag von Kasiske: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 70; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 896 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41. 897 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41. 898 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f. 899 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100, unter Bezugnahme in Fn. 103 auf u. a. Tiedemann, in: Jähnke/Laufhütte/Odersky, LK-StGB, Bd. 7, Vor 283, Rn. 45 ff. (an dieser Stelle ist lediglich eine andere Auflagen zitiert, als bei Schünemann) und Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, Vorbemerkungen zu den §§ 283 bis 283d, Rn. 19 ff. 900 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100. 901 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 101. 902 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 101. 903 Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 101.

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schätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht überschätzt werden sollte904. Dennoch handelt es sich um ein rechtsstaatlich anerkanntes Prinzip905, welches insbesondere argumentatives Gewicht innehat906. Es ist mit der Verfassung verzahnt907 und es bietet die Möglichkeit, rechtspolitisch Kritik an Regelungen zu üben908, welche aufgrund des verfassungsrechtlichen Hintergrundes eine besondere Bedeutung erfährt909. Nur mit einem solchen Verständnis des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird Politik nicht „verrechtlicht“ auf der einen Seite910, aber dennoch – dem Grundsatz der Gewaltenteilung entsprechend – kontrolliert. Mithilfe dieses Grundsatzes lassen sich kriminalpolitische Entscheidungen wie auch die Frage nach der Schaffung neuer Straftatbestände (eine originär kriminalpolitische Entscheidung) bzgl. ihrer Notwendigkeit überprüfen911. Diese bisher wenig beachtete Funktion des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes912 gilt es, stärker zu betonen. Hassemer und Neumann führen hierzu aus: „[…] [D]ie Stärkung sozialethischer Handlungswerte durch Strafrecht jenseits des Grundsatzes des Tatstrafrechts oder die Einübung in Normanerkennung jenseits des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wären […] wenig akzeptabel […]. Worin immer man die Ziele des Strafrechts sieht: die Zielbestimmung bedarf einer Einschränkung im rechtsstaatlichen Interesse.“913

Der Gesetzgeber sollte also schon im Entstehungsprozess von Gesetzentwürfen die Argumentationsmuster des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beachten. So kann schon frühzeitig auf mögliche verfassungsrechtliche Bedenken und auch auf Alternativen zu einem geplanten Gesetzesentwurf aufmerksam gemacht werden. 904

Siehe hierzu Teil 1, B. II. 2. b) dd) und Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 131 f. 905 Siehe hierzu Teil 1, B. II. 2. b) dd). 906 Vgl. Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 132; vgl. auch Achenbach, ZStW 119 (2007), 789, 810 ff., der diesen Grundsatz ebenso für eine kriminalpolitische Argumentation heranzieht. 907 Daher bezeichnet es Neumann auch als ein „auf der höchsten Ebene des Stufenbaus […] geltendes Recht“: Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 128. 908 Gerade durch die geschaffenen Argumentationsmöglichkeiten: Neumann, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 132; vgl. auch Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, § 18. 909 So heißt es weiter bei Neumann: „Ausgestattet mit gesetzgeberischer Kraft, ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip tendenziell ein starker Verbündeter eines liberalen Strafrechts“: Neumann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 128. 910 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 197; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 125. 911 Zwar nicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abstellend, aber die Politik vor Neuregulierungen ebenfalls dazu auffordernd, zunächst eine „Bedarfs- und Wirksamkeitsanalyse“ durchzuführen: Decken, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 77. 912 Zumindest kriminalpolitisch durch den Gesetzgeber wohl wenig beachtet. 913 Hassemer/Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, Vorbemerkungen zu § 1, Rn. 151.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Auf die (z. T. bereits erwähnten) grundlegenden Schwächen und Stärken des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat auch Lagodny hingewiesen914. Insbesondere dürfen verfassungsrechtliche Perspektiven nicht außer Acht gelassen werden. Lagodny warnt davor, dass man sich beliebig bei den Grundrechten bedient und hieraus Argumente formt, ohne die Grundrechtsdogmatik zu beachten915. Es muss die – bereits erwähnte – Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers betont werden916, um so letztlich die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes realistisch einschätzen zu können917. All dies führt zu der Erkenntnis, dass es – wie bereits betont – nur um Richtlinien für den Gesetzgeber gehen kann918 – oder auch um „rechtspolitische Argumentationstopoi“919. Da vorliegend die Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht untersucht werden sollen, kommt es vor allem auf die Frage der Erforderlichkeit an. Die Antwort auf die Frage nach alternativen Möglichkeiten, welche gleich oder besser geeignet sind920, ist zugleich eine Antwort auf die Frage, ob ein „Mehr“ von Strafrecht erforderlich ist. Der Teilaspekt der Erforderlichkeit kann auf mögliche Alternativen, die von Bedeutung für eine kriminalpolitische Argumentation sind, aufmerksam machen. Lagodny führt hierzu aus: „[Es] wird ersichtlich, daß das Erforderlichkeits-Gebot zugleich eine kriminalpolitische Richtlinienfunktion besitzt, weil es den Gesetzgeber dazu auffordert, sich über alternative Mittel Klarheit zu verschaffen“921.

Exemplarisch soll im Folgenden dargestellt werden, wie man in dieser Weise den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Argumentationsmuster nutzen kann. Um letztlich durch dieses Argumentationsmuster pro- und contra-Argumente für ein „Mehr“ von Strafrecht identifizieren zu können, soll hierzu wie folgt vorgegangen werden: a) Die Gefahren einer breiten Anwendung des Strafrechts müssen dargestellt werden, um mildere Mittel i.S. einer Erforderlichkeit identifizieren zu können.

914

Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte 1996. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 14 f. 916 So auch bei Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 173 ff. 917 Insbesondere für strafzwecktheoretische Überlegungen [hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 2. b)] sieht Lagodny die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers als unausweichlich an, da empirische Nachweise fehlen: Vgl. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 362. 918 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 511, S. 531. 919 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 511. 920 Siehe zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum Merkmal der Erforderlichkeit stellv.: Epping, Grundrechte, S. 19 ff.; Schmidt, Grundrechte, S. 71 ff. sowie die Ausführungen unter 1. Teil, B. II. 2. b) dd). 921 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 182. 915

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b) Mittels strafzwecktheoretischer Überlegungen soll die Gleich- oder Bessereignung von Alternativen überprüft werden. c) Den bereits dargelegten Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht922 folgte die Schaffung von Strafnormen im KWG und VAG. Diese sollen vor dem Hintergrund der zuvor gewonnen Erkenntnisse dargestellt und bewertet werden. Letztlich kann aufgrund der gewonnen Erkenntnisse grundlegend zu der Forderung nach einem „Mehr“ von Strafrecht Stellung genommen werden923. a) Die Gefahren einer Expansion des Strafrechts Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsargumentation sind alle potentiellen Gefahren eines expansiven Strafrechts zu bedenken. Vor dem Hintergrund dieser Gefahren lassen sich mögliche mildere Alternativen erkennen. Hierzu sind rechtsgutstheoretische Hintergründe und vor allem auch die Problematik um die Legitimation von Gefährdungsdelikten darzustellen. aa) Die Forderung nach mehr Strafrecht unter dem Blickwinkel einer rechtsgutstheoretischen Betrachtung – ein Problemaufriss Im Rahmen der Diskussionen zur Definition des Wirtschaftsstrafrechts finden sich Argumente für die zuvor dargelegten Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht924. So wird darauf abgestellt, dass es für das Schutzgut nicht primär auf Individualinteressen ankäme, sondern auf den Schutz der gesamten Volkswirtschaft925. Damit soll es vor allem auf den Schutz von überindividuellen Rechtsgütern (oder auch als Universalrechtsgüter bzw. kollektive Rechtsgüter bezeichnet) ankommen926. Nach der Ansicht einiger soll § 266 StGB mit seinem Individualrechtsgutsschutz gerade nicht ausreichen, um den Schutz für ein öffentliches In922 So die Forderungen von Kasiske zur Änderung des KWG: Vgl. nur Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 ff.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. und die Gesetzesänderung des KWG und VAG: BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 923 Hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 3. 924 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f.; Diskussionsbeitrag von Schünemann: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 65; Diskussionsbeitrag von Hefendehl: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 67; Diskussionsbeitrag von Kasiske: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 70. 925 Tiedemann, GA 1969, 71, 80. 926 Tiedemann, GA 1969, 71, 89.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

teresse zu gewähren927. Damit stellt sich die Frage, wann es tatsächlich angezeigt wäre, neben dem Schutz von Individualrechtsgütern auch kollektive Rechtsgüter zu schützen. Wenn das Rechtsgut dem Interesse einer Person dient, so handelt es sich um ein Individualrechtsgut und wenn es dem Interesse vieler Personen oder der Allgemeinheit dient, so handelt es sich um ein kollektives Rechtsgut928. Im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts lässt sich durch die Anerkennung und Verwendung von kollektiven Rechtsgütern eine Entmaterialisierung929 des Rechtsgutsbegriffes feststellen. Das bedeutet, dass oft nicht mehr der Individualvermögensschutz im Mittelpunkt steht, sondern der Schutz von ganzen Institutionen oder Systemen930. Diese Entwicklung wurde bereits anhand des Subventionsbetruges gem. § 264 StGB931, des Kapitalanlagebetruges gem. § 264a StGB932, im Rahmen der Verbote von Insidergeschäften gem. §§ 14, 38 WpHG933, beim Versicherungsbetrug gem. § 265 StGB934, beim Kreditbetrug gem. § 265b StGB935, beim Insolvenzstrafrecht gem. §§ 283 ff. StGB und einer Reihe anderer Normen nachgewiesen936. Jedoch werden kollektive Rechtsgüter von der Mehrheit aller Autoren im Grundsatz anerkannt937. Es soll außerdem dem Gesetzgeber freistehen, kollektive Rechtsgüter als Grundlage der 927 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 41. 928 Vgl. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 19; Anastasopoulou, Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter, S. 28; Hefendehl, JR 1996, 353; Walter, GA 2001, 131, 136. 929 Vgl. zur Entmaterialisierung: Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff 2000; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 18 ff.; m.w.N. Müssig, Schutz abstrakter Rechtsgüter, S. 1 ff.; Weigend, in: FS Triffterer, 695, 699 ff. 930 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 40. 931 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 20 ff.; Heinz, GA 1977, 225 ff.; Otto, Jura 1989, 24, 28 f. 932 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 23 ff.; zum Kapitalmarkt und dessen Funktionsfähigkeit als Rechtsgut: Richter, wistra 1987, 117 ff.; Otto, Jura 1989, 24, 31; vgl. Mutter, NStZ 1991, 421 ff. 933 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 24 f.; Dierlamm, NStZ 1996, 519 ff. 934 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 25 ff.; Mitsch, ZStW 111 (1999), 65, 116 ff.; Otto, Jura 1989, 24, 28. 935 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 31 ff.; in Form eines Meinungsstreites dargestellt: Rintelen, Überindividuelle Rechtsgüter, S. 120 ff.; Bottke, wistra 1991, 1, 7 f.; Heinz, GA 1977, 225 ff. 936 Diese beispielhafte und nicht abschließende Aufzählung der Tatbestände, ist an der Untersuchung von Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 20 ff. orientiert. Vgl. mit einer ähnlichen Untersuchung auch: Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 237 ff. 937 Vgl. Anastasopoulou, Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter, S. 325 f.; vgl. hierzu differenziert und mit mahnenden Worten: Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 344; und Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 83 f., Rn. 159; vgl. außerdem m.w.N. Müssig, Schutz abstrakter Rechtsgüter, S. 1.

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Gesetzgebung zu verwenden938. Bedenken bleiben dennoch bestehen. Diese dürfen nicht ignoriert werden. So heißt es in der Dissertation von Krüger aus dem Jahre 2000: „Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts vermag der sich selbstgestellten Aufgabe der Legitimation dieser Tatbestände nicht gerecht zu werden. Nicht zuletzt aus diesem Grunde und damit insgesamt ist jene Entwicklung bei den Tatbeständen des Wirtschaftsstrafrechts abzulehnen“939.

Dies stellt eine Warnung vor den Gefahren eines inflationären Gebrauchs von kollektiven Rechtsgütern dar. Problemtisch ist, dass durch das Hinwegdefinieren des Vermögens als Individualrechtsgut auch ein personales Opfer hinwegdefiniert wird940 und der Strafschutz im Vergleich zu individuellen Rechtsgütern weit ins Vorfeld verlagert wird941. Außerdem ging mit dieser Entwicklung einher, dass das Rechtsgut nun nicht mehr einen kritischen Maßstab für das Strafrecht darstellt, sondern im Gegenteil: Durch das Rechtsgut wird nun massiv Wirtschaftspolitik betrieben und ein strafrechtlicher Vorfeldschutz legitimiert942. Aber genauso finden sich schon zu Beginn der Diskussionen um ein Schutzgut für das Wirtschaftsstrafrecht einschränkende Hinweise. So wird auf eine „wirksame Bekämpfung von massiven Beeinträchtigungen der Wirtschaftsordnung“943 hingewiesen. Trotz der teils weit gefassten überindividuellen Schutzgüter soll durch die Beschränkung auf „massive“ Fälle das Wirtschaftsstrafrecht den Grundsätzen einer strafrechtlichen Subsidiarität und des Ultima-ratio-Prinzips entsprechen944. Diese Diskussion ist auch bei der Forderung nach mehr Strafrecht zur Aufarbeitung der Wirtschafts- und Finanzkrise von grundlegender Bedeutung. Man wird aufgrund der grundsätzlichen Anerkennung und Bedeutung von kollektiven Rechtsgütern wohl nicht zu einer Ablehnung dieser kommen können945. Man sollte aber dennoch die Frage nach der Notwendigkeit von Strafe vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem Schutz von kollektiven Rechtsgütern stellen. Schon in den 1980er Jahren ist kritisch formuliert worden: „Je weiter man sich von klar umrissenen Individualrechtsgütern entfernt, […] desto schwieriger wird es, sich über die Notwendigkeit von Strafnormen zu verständigen“946. Daher ist nun die Frage nach der Notwendigkeit von neuen

938 Dies muss schon aus der zuvor genannten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers folgen und aus der Achtung vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber. 939 Krüger, Die Entmaterialisierungstendenz beim Rechtsgutsbegriff, S. 142. 940 Volk, JZ 1982, 85, 89. 941 Volk, JZ 1982, 85, 87. 942 Zum strafrechtlichen Vorfeldschutz auch: Volk, JZ 1982, 85, 88. 943 Tiedemann, GA 1969, 71, 90. 944 Vgl. auch Volk, JZ 1982, 85, 86. 945 Vgl. hierzu die Nachweise und Ausführungen in den 3. Teil Fn. 937 und 938. 946 Volk, JZ 1982, 85, 88.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Strafnormen nach der Krise für manche schnell beantwortet947. Es muss allerdings vor dem Hintergrund eines verfassungsmäßigen Strafrechts948 die Notwendigkeit zunächst beurteilt werden. (1) Risikogesellschaft Für ein umfassendes Hintergrundverständnis der soeben aufgezeigten Entwicklung ist es notwendig, die Bedeutung der sog. Risikogesellschaft darzustellen949. Beck geht davon aus, dass durch unsere gesellschaftliche Entwicklung (u. a. bzgl. des technischen Fortschritts, aber ohne sich nur auf diesen zu beschränken950) „Modernisierungsrisiken und -folgen“951 entstünden, die sich wiederum „in irreversiblen Gefährdungen des Lebens von Pflanzen, Tier, und Mensch niederschlagen“ sollen952. Auf der anderen Seite weist Beck allerdings auch darauf hin, dass es diejenigen gibt, „die von den Risiken betroffen sind, und diejenigen, die von ihnen profitieren“953. Diese Beschreibung entspricht auch der Entstehung und dem Verlauf der Krise. Das Risiko moderner Formen des Wertpapierhandels führte zu einer Realisierung der mit dem Handel geschaffenen Gefahr für das Gesamtsystem954. Es gab diejenigen (und zwar die Mehrzahl aller), die von den Risiken betroffen waren und diejenigen, die davon profitierten955. Durch diese Entwicklung des Risikos lässt sich kriminalpolitisch Angst vor möglichen Bedrohungen schaffen, welche wiederum in einer „Solidarität aus Angst“956 mündet. Auf diese Weise lässt sich die Notwendigkeit von Strafe suggerieren, ohne die Folgen für eine liberale Staatskonzeption angemessen zu berücksichtigen957. Vor diesem Hintergrund sei auf ein schon vor über 20 Jahren von Prittwitz festgestelltes „Spannungsverhältnis zwischen ,Recht‘ und ,Risiko‘“958 947 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 ff.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f. 948 Vgl. 1. Teil, B. II. 2. b). 949 Der Begriff stammt von Beck: Beck, Risikogesellschaft 1986. Zur Bedeutung dieser von ihm aufgezeigten Entwicklung für das Strafrecht: Prittwitz, Strafrecht und Risiko 1993 und zum Hintergrund der „zunehmende[n] präventive[n] Orientierung des Strafgesetzgebers“ in diesem Zusammenhang: Anastasopoulou, Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter, S. 215 ff. 950 Vgl. insbesondere die Fn. auf S. 25 in Beck, Risikogesellschaft, zu Beginn des Kapitel I. 951 Beck, Risikogesellschaft, S. 17; vgl. auch Beck, Risikogesellschaft, S. 29 ff. 952 Beck, Risikogesellschaft, S. 17. 953 Beck, Risikogesellschaft, S. 61. 954 Vgl. zu den einzelnen Zusammenhängen im Überblick: 2. Teil, A. I. 955 Vgl. hierzu die Ausführungen von Strate, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 30. 956 Beck, Risikogesellschaft, S. 66. 957 Vgl. nur die von Beck aufgezeigte Ungewissheit bzgl. der Angst als Grundlage des Handelns: Beck, Risikogesellschaft, S. 66. 958 Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 160.

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hingewiesen. In dessen Kern aus legitimatorischer Ungewissheit lassen sich Forderungen nach mehr Strafrecht positionieren959. Dort einmal positioniert werden diese Forderungen allzu leicht – weil politisch erwünscht – kriminalpolitisch funktionalisiert960. Zuletzt zeigte sich dies mit der Einführung von Straftatbeständen im KWG und VAG961. An dieser Stelle ist auf die mahnenden Worte Hassemers hinzuweisen, der schon früh diese Entwicklung erkannte und versuchte, den Kern eines liberalen Strafrechts zu bewahren: „Symbolisches Strafrecht gibt es vielfältig: Strafrecht, das weniger auf den Schutz der jeweiligen Rechtsgüter angelegt ist als auf weitereichende politische Wirkungen wie etwa die prompte Befriedigung eines ,Handlungsbedarfs‘. Es ist ein Krisenphänomen der modernen folgenorientierten Kriminalpolitik. Diese baut das Strafrecht tendenziell zu einem flankierenden Instrument der Politik aus mit diffusen Universalrechtsgütern und abstrakten Gefährdungsdelikten. Dieses Strafrecht paßt zu den Vorstellungen von ,globaler Unsicherheit‘ in einer ,Risikogesellschaft‘ Symbolisches Strafrecht mit Täuschungsfunktionen verfehlt die Aufgabe rechtsstaatlicher Kriminalpolitik und untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung in die Strafrechtspflege“962.

(2) Zum funktionalen Strafrecht, Gefährdungsdelikten und Überlegungen zur Beschränkung strafrechtlicher Expansion Aufgrund der Risikogesellschaft wird für den Einsatz von kollektiven Rechtsgütern immer wieder angeführt, dass diese notwendig seien, denn das „klassische Strafrecht“963 sei überfordert964. Die Gesellschaft habe sich verändert965 und ändere

959

So sind sie gefährlich positioniert worden: Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 ff.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f. 960 Vgl. nur die neuen Straftatbestände im KWG und VAG aufgrund solcher Forderungen: BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 961 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090, 3104 ff. 962 Hassemer, Symbolisches Strafrecht und Rechtsgüterschutz (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 188. 963 Zur Klärung der Termini „klassisches Strafrecht“ und „modernes Strafrecht“ sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es um die Unterscheidung zwischen dem (klassischen) Schutz von Individualinteressen durch das Strafrecht im Vergleich zu dem (modernen) Schutz von überindividuellen Rechtsgütern durch das Strafrecht und die jeweiligen Folgen (Begrenzungsfunktion des Rechtsgutsbegriffes oder Ausweitung kriminalpolitischer Möglichkeiten durch überindividuelle Rechtsgüter) geht. Näher dazu: Anastasopoulou, Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter, S. 221 ff. 964 Vgl. hierzu stellv. Schünemann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 29; vgl. außerdem Stratenwerth, der einerseits die Bedeutung des Rechtsgutsgedankens betont, aber andererseits eine Debatte um die Zukunftsfähigkeit des Rechtsguts vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen fordert: Stratenwerth, in: FS Lenckner, 377 ff. (insbesondere S. 390 f.). 965 Vgl. schon die Ausführungen im Vorwort bei Beck: Beck, Risikogesellschaft, S. 12 ff.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

sich auch weiterhin966 und daher müsse das Strafrecht so ausgestaltet sein, dass es auf neue Entwicklung effektiv reagieren könne967. Bestreiten lassen sich diese Begründungsansätze nicht vollständig. Es ist in den letzten Jahrzehnten zu gesellschaftlichen Veränderungen gekommen968 und eine solche Veränderung ist ein stetiger Prozess, der sich immer weiter vollzieht969. Auch ist kaum zu bestreiten, dass das Strafrecht – als Teil von Staat und Gesellschaft (spolitik) – damit vor neue Herausforderung gestellt wird970. Es muss jedoch erneut betont werden, dass kollektive Rechtsgüter immer zur Strafbarkeitsvorverlagerung beitragen971 und damit letztlich zur Kriminalisierung führen. Die Einführung neuer (abstrakter) Gefährdungstatbestände972 nimmt vor dem Hintergrund des kollektiven Rechtsgüterschutzes ein großes Ausmaß an. Dies ist dazu geeignet, dieses „neue moderne Strafrecht“973 in ein Spannungsverhältnis mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu rücken974, welches sich nur schwer wird auflösen lassen. Es gab bereits Überlegungen zu einer Subsidiarität von kollektiven Rechtsgütern gegenüber Individualrechtsgütern975. Es solle hierbei vor allem um eine „Rückbesinnung auf Eigenart und Eigenwert des Strafrechts“976 gehen, um die zuvor beschriebenen verfassungsrechtlichen Bedenken (insbesondere bzgl. der Strafbarkeitsvorverlagerung) zu entschärfen. Eine fundierte Konzeption zu diesem Ansatz existiert jedoch nicht977. Diese Forderung einer Rückbesinnung verdeutlicht jedoch, dass das Ausmaß der Gefahr der beschriebenen Entwicklung erkannt worden ist und dass diesem Ausmaß etwas Einschränkendes entgegengesetzt werden muss. Nur so

966

Vgl. schon die Ausführungen im Vorwort bei Beck: Beck, Risikogesellschaft, S. 12 ff. Vgl. hierzu stellv. Schünemann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 29; auf diese Entwicklung und potentielle Problemkreise ebenfalls hinweisend: Stratenwerth, ZStW 105 (1993), 679 ff. 968 Vgl. schon die Ausführungen im Vorwort bei Beck: Beck, Risikogesellschaft, S. 12 ff. 969 Vgl. schon die Ausführungen im Vorwort bei Beck: Beck, Risikogesellschaft, S. 12 ff. 970 Insoweit ist Schünemann zuzustimmen, auch wenn nicht in seiner Wortwahl und ebenfalls nicht bzgl. der Folgen, die Schünemann an diese Entwicklung anzuknüpfen versucht: Vgl. hierzu Schünemann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 29. 971 Vgl. hierzu stellv. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 164 f.; Weigend, in: FS Triffterer, 695, 701. 972 Vgl. nur die Normen des KWG und VAG [hierzu näher unter 3. Teil, A. IV. 2. c)]. 973 Siehe 3. Teil Fn. 963. 974 So soll beispielsweise eine Spannung dieses modernen Strafrechts mit dem Bestimmtheitsgebot bestehen, da das Bestimmtheitsgebot der gewünschten Flexibilität eher feindselig gegenüberstehe, vgl. Hassemer, ZRP 1992, 378, 382. 975 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 711. 976 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 711. 977 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 711. 967

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werden letztlich nicht alle Forderungen nach mehr Strafrecht ohne nähere Prüfung umgesetzt, wie dies zuletzt geschehen ist978. Bis heute bestehen noch Defizite in der Begründung, der Formulierung und generell im Umgang mit Gefährdungsdelikten979. Sie werden zwar grundsätzlich anerkannt980, aber genauso energisch muss immer wieder auf die Problematik der Strafbarkeitsvorverlagerung verwiesen werden. Sie sind ein kriminalpolitisches Mittel, das durch das Hinwegdefinieren von Voraussetzungen wie einem Schaden umfangreich und tiefgreifend zum Einsatz kommen kann981. In diesem Sinne entsteht ein „funktionalisiertes Strafrecht“982, welches unmittelbar verhaltenssteuernd in allen Lebensbereichen Einzug nehmen kann983. Kriminalpolitisch ergibt sich ein flexibles Vorgehen: „[…] [W]enn die angedrohten Sanktionen nicht auszureichen scheinen, werden sie erhöht; wenn sich Beweisschwierigkeiten einstellen, eliminiert man die störenden Voraussetzungen aus dem Tatbestand […]“984.

Treffend in diesem Zusammenhang die Frage – von Weigend ähnlich formuliert985 und angelehnt an Prittwitz986: Warum warten, bis ein Rechtsgut verletzt wird, wenn man doch schon die gefährliche Handlung im Vorfeld unter Strafe stellen kann? An dieser Stelle wird ein im Funktionalismus aufgehender Universalrechtsgüterschutz erkennbar. Letztlich liegen aber auch dem Universalrechtsgüterschutz strafzwecktheoretische Überlegungen zugrunde. Der strafzwecktheoretische Prä-

978 Die Strafnormen des KWG und VAG reihen sich in diesem Sinne in die Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht ein: Vgl. Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f.; Diskussionsbeitrag von Schünemann: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 65; Hefendehl: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 67; Diskussionsbeitrag von Kasiske: Roger/Richter, Diskussionsbericht, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 70; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 979 Vgl. m.w.N. Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 80, Rn. 153. 980 Vgl. Anastasopoulou, Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter, S. 325 f.; vgl. hierzu differenziert und auch mit mahnenden Worten: Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 344; und Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 83 f., Rn. 159; vgl. außerdem m.w.N. Müssig, Schutz abstrakter Rechtsgüter, S. 1. 981 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 164 f.; Weigend, in: FS Triffterer, 695, 701. 982 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160 ff.; Weigend, in: FS Triffterer, 695, 708. 983 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 708. 984 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 708. 985 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 709. 986 Prittwitz, StV 1991, 435, 438 f.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

ventionsgedanke987 kann instrumentalisiert werden. Mit Strafzwecken als Zieldefinitionen988 der Kriminalpolitik, finden sich kaum Schranken für die Schaffung neuer Gefährdungstatbestände. „[D]er Zweck der präventiven Risikobegrenzung rechtfertigt jedes staatliche Eingriffsmittel“989 ; also auch den breiten Einsatz von Gefährdungsdelikten. Kindhäuser arbeitete in seiner Habilitationsschrift von 1989 die Legitimationsproblematik von Gefährdungsdelikten grundlegend heraus990. Er stellte fest, „daß sich die Normen der abstrakten Gefährdungsdelikte durch den Zweck, Rechtsgutsverletzungen zu vermeiden, nicht befriedigend erklären lassen“991. Letztlich müsse (dem Ultima-ratio-Gedanken entsprechend) dort auf abstrakte Gefährdungstatbestände verzichtet, wo andere Möglichkeiten bestünden992. Mansdörfer knüpft hieran an und definiert die Daseinsberechtigung von Gefährdungsdelikten damit, dass sie strafrechtlich „die durch die Gesellschaft festgelegte Verteilungsordnung von Risiken“993 durchsetzen können sollen994. Hierauf stützt er seine Ausführungen zur strafrechtlichen Subsidiarität, die vor allem dann einsetzen soll, wenn 1. „die staatliche Risikoverteilung durch andere Handlungssysteme zumindest gleichermaßen wirksam durchgesetzt […] werden kann“995, 2. der Einzelne eigene Risikovorsorge betreiben kann996 oder 3. die Kriminalstrafe als Wahl der Sanktion gleichwertig durch beispielsweise das Ordnungswidrigkeitenrecht verdrängt werden kann997.

987 Weigend, in: FS Triffterer, 695, 709; schon für die Risikogesellschaft auf die positive Generalprävention als zentralen Aspekt hinweisend: Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 234 f. 988 Dies sieht auch Calliess kritisch: Calliess, NJW 1989, 1338, 1339. Unter anderem befürchtet er eine „Umfunktionierung des Strafrechts vom Bürgerschutzrecht zu einem flexiblen Interventionsinstrument des Staates“: Calliess, NJW 1989, 1338. 989 Albrecht, NJ 1994, 193, 194. 990 Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, 4. Kapitel zur konkreten Gefährdung und 5. und 6. Kapitel zur abstrakten Gefährdung, wobei vorliegend die von ihm herausgearbeiteten grundlegenden Unterschiede zwischen konkreter und abstrakter Gefährdung erkannt werden, wenngleich zur Darstellung der Legitimationsproblematik von Gefährdungstatbeständen im Folgenden zumeist auf seine Ausführungen zu abstrakten Gefährdungsdelikten Bezug genommen wird. Sowohl bei konkreten als auch bei abstrakten Gefährdungsdelikten findet eine Vorverlagerung des Strafrechts statt, weshalb vorliegend die Kritik an dieser Vorverlagerung auch grundsätzlich und nicht lediglich bezogen auf eine bestimmte Art von Gefährdungsdelikten darzustellen ist. 991 Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 270. 992 Vgl. Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 344 f. und S. 355. 993 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 82, Rn. 156 unter Verweis auf Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 214 ff., 277 ff. 994 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 82, Rn. 156. 995 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 92, Rn. 181. 996 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 93, Rn. 182. 997 Mansdörfer, Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts, S. 93 f., Rn. 183.

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Diese Einteilung und Grundüberlegungen hierzu finden sich auch bei anderen Autoren wieder998. Das Strafrecht als Ultima-ratio wird dort nicht benötigt, wo die Situation anders geregelt werden kann. Bei der Frage der Erforderlichkeit können so strafrechtliche Alternativen oder auch Alternativen zum Strafrecht aufgezeigt werden999. bb) Das Verhältnis von Individualrechtsgütern und kollektiven Rechtsgütern zueinander Aufgrund der o.g. Ausführungen zum funktionalen Strafrecht stellt sich der Schutz von Individualrechtsgütern als ein geringerer Eingriff in die Freiheitssphäre des einzlenen (milderes Mittel) dar, als der Schutz kollektiver Rechtsgüter. Daher wird hier die Hypothese zugrunde gelegt, dass auf Gefährdungsdelikte zum Schutz kollektiver Rechtsgüter verzichtet werden kann, wenn der angestrebte Schutz auch durch individualrechtsgutsschützende Normen gewährleistet ist. Hierzu müsste zunächst nachgewiesen werden, dass eine bestehende Norm aufgrund ihrer dogmatischen Konstruktion dazu geeignet ist, die Sachverhalte zu erfassen, die von der geforderten oder geplanten neuen Norm erfasst werden sollen. Dieser Ansatz reiht sich in eine Reihe ähnlicher Ansätze ein, deren Grundüberlegungen in gleicher Weise den hier vorliegenden Ansatz legitimieren1000. So gehen Hohmann1001 und Hefendehl davon aus, dass es nicht der kollektiven Rechtsgüter bedarf, wenn „sich einem Straftatbestand […] unmittelbar individuelle Rechtsgüter zugrunde legen [lassen]“1002. Begründen lässt sich dies wiederum mit der besonderen Bedeutung der Person im Hinblick auf die Legitimation von Gesetzen. Auch Hefendehl hebt trotz der Abgrenzung zu einer reinen personalen Rechtsgutsbestimmung1003 das personale Interesse als Kern der dualistischen Rechtsgutskonzeption hervor1004. Damit ist es notwendig, zunächst in einer rechtstheoretischen Betrachtung die Bedeutung der Person für die Legitimation von Gesetzen herauszuarbeiten [cc)]. Nur so wird zu erkennen sein, ob ein zu schaffender Straftatbestand mit viel Nähe zur Person als mögliche (mildere) Alternative zu kollektiven Rechtsgütern mehr Legitimationskraft besitzt. Nur so lässt sich weiterhin nachvollziehen, warum in be998

Schünemann, in: Hirsch/Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 21 ff.; vgl. (insbesondere aber ablehnend gegenüber der Viktimodogmatik) Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 344 ff. 999 Zur Beachtung kriminalpolitischer Alternativen im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit: Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 182. 1000 Vgl. auch die zuvor erwähnte Subsidiarität von kollektiven Rechtsgütern gegenüber Individualrechtsgütern bei Weigend, in: FS Triffterer, 695, 711. 1001 Dies wird deutlich bei den Ausführungen zum geschützten Rechtsgut von § 129 StGB: Hohmann, wistra 1992, 85, 86. 1002 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 82. 1003 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 79. 1004 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 82.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

stimmten Situationen dem Individualrechtsgüterschutz ein Vorrang vor dem Schutz der kollektiven Rechtsgüter einzuräumen sein könnte. cc) Der rechtstheoretische Hintergrund einer Notwendigkeit der Begrenzung funktionalen Strafrechts: Der Vorrang der Person? Zur rechtstheoretischen Begründung des o.g. Ansatzes gehört vor allem das Verständnis um einen Funktionalismus im Strafrecht1005, der hier nochmals kurz rekurriert wird. Mit diesem Begriff wird die Einflussnahme von politischen Interessen auf das Strafrecht umschrieben1006. Bereits zuvor ist auf die Gefahr hingewiesen worden, dass mithilfe von präventiven Zielbestimmungen das Strafrecht politisch instrumentalisiert wird1007. Schon seit Jahrzehnten ist auch bekannt, dass „strafrechtliche Prinzipien von den Erfordernissen einer effektiven Kriminalpolitik her funktionalisiert“1008 werden. Einer solchen Entwicklung kann nur begegnet werden, wenn man feste, unumstößliche Pfeiler der Rechtssetzung erkennt, anerkennt und bewahrt1009. Kaufmann definiert diese Pfeiler der Rechtsetzung1010. Er geht davon aus, dass Recht die „Entsprechung von Sollen und Sein“1011 ist. Bei Sollen und Sein wird jedoch der Eindruck erweckt, als würde es sich um ein zusammenhängendes Begriffspaar handeln. Genau dies versperrt jedoch den Weg zu der Erkenntnis, dass es zunächst auf die Bildung dieses Zusammenhangs, gewissermaßen auf die Relation1012 oder Beziehung1013 der Begriffe/Inhalte zueinander ankommt. Nur so ist zu erkennen, dass „Recht im eigentlichen Sinn des Wortes […] weder allein in der Norm noch etwa nur im Fall, sondern in ihrer gegenseitigen Beziehung, in ihrer Relation [steckt]“1014. Konsequenterweise muss jedoch der Frage nachgegangen werden, was genau diese 1005

Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160 ff. 1006 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160. 1007 Vgl. die Fn. 987 bis 989 im 3. Teil, A. II. 2. b) aa) (2). 1008 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160. 1009 Vgl. mit einem ontologischen Ansatz, der sodann weiter ausgeführt wird: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 282 ff. 1010 Siehe insbesondere die Ausführungen zur „Person“: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 294 ff. 1011 Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Auflage 1982, S. 29 ff. und insbesondere die Darstellung auf S. 59. 1012 Zur „Relationsontologie“ näher: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 293 ff. 1013 Die Begriffe „Relation“ und „Beziehung“ werden hier gleichbedeutend verwendet, soweit es sich um Ausführungend betreffend Menschen handelt, die zu „Personen“ werden: Vgl. Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 294. 1014 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 288.

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Relation ist1015, um sie wahrnehmbar zu machen und sie damit als Kern für Recht zu identifizieren. Diese Relationenontologie1016 muss zugleich eine Prämisse anerkennen: Es muss Unverfügbares1017 geben, sodass nicht beliebig aus jedweder Relation Recht geschlussfolgert wird, obwohl es sich um Unrecht handelt1018. Dieses Unverfügbare lässt sich wieder aus der „Ur-Relation“, nämlich der Person1019, gewinnen. Hierzu ist jedoch wichtig, die Person als ungleich mit dem Menschen wahrzunehmen. „Den Menschen als Substanz gibt es auch in der Vereinzelung, Person dagegen gibt es nur ,zwischen‘ den Menschen, weshalb Recht auch nie für einen vereinzelten Menschen gilt, sondern immer nur für ein ,Verhältnis‘ in dem Menschen zueinander oder zu Dingen stehen, also für Personen“1020.

Dies ist insofern elementar, als dass erst mit der gegenseitigen Anerkennung von Persönlichkeit (der Relation) auch das Recht selbst entsteht. Recht ist also das Leben des einzelnen aus dem Verhältnis des Lebens zu dem Leben anderer und/oder dem Verhältnis zu den irdisch-biologischen Vorgaben, aus denen sich das Leben entwickelt und bestimmt. Recht ist aber auch die Freiheit des einzelnen oder das Eigentum des einzelnen jeweils im Verhältnis zu der Freiheit und dem Eigentum anderer. Diese Unterscheidung und Forderungen nach Anerkennung dieser Relationen finden sich auch in der Literatur vergangener Jahrhunderte1021. Hegel forderte: „sey eine Person und respectire die anderen als Personen“1022. In Abgrenzung zum römischen Recht betont Hegel, dass es sich bei der Persönlichkeit nicht um einen Zustand handele1023 und auch das Eigentum wird von Hegel über die Person bestimmt1024. Auch bei Popper spielt die Person eine wesentliche Rolle. Er schreibt zur Persönlichkeitsbildung, dass sie „[…] sich in Wechselwirkungen mit dem Ich anderer sowie mit den Erzeugnissen und Dingen ihrer Umwelt […]“1025 bilde1026. Für Popper und Eccles spielt vor allem die Frage der Beziehung zwischen Körper und Geist eine wesentliche Rolle in der hier zitierten Untersuchung. Die Entwicklung der Persönlichkeit ist ein zentrales Element in der Analyse der drei Welten (physische Welt, Welt psychischer 1015 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 291; folgender Verweis ist auch bei Kaufmann zur Logik der Relationen zu finden: Klug, Juristische Logik, S. 73 ff. 1016 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 293. 1017 Ein erster Hinweis hierzu schon bei Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 282; und auch bei Hassemer, in: FS Maihofer, 183 ff., insbesondere S. 196 f. 1018 Auf diese Gefahr weist auch Kaufmann hin: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 292 f. 1019 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 294. 1020 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 296. 1021 Die nachfolgenden Beispiele sind entnommen aus: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 297, wobei sich dort noch weitere einschlägige Beispiele finden. 1022 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 36. 1023 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 40. 1024 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 41 ff. 1025 Popper, in: Popper/Eccles, Das Ich und sein Gehirn, S. 76. 1026 Popper, in: Popper/Eccles, Das Ich und sein Gehirn, S. 76.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Zustände und die Welt der Inhalte des Denkens, also den Erzeugnissen des Geistes der Menschen)1027 und der jeweiligen Wechselwirkungen, die Popper analysiert1028. Damit lässt sich insgesamt festhalten: „[…] Recht geschieht in den personalen ,Verhältnissen‘ geschieht es hier nicht, gibt es vielleicht Gesetze, aber kein Recht“1029. Daraus ergibt sich, dass positives Recht nicht um seines selbst Willen existiert, sondern es ist von und für Menschen, die sich gegenseitig als Personen anerkennen und Recht als Ausdruck der Relation im Gewand des positiven Rechts zum Vorschein treten lassen1030. Vor allem aber ist es das Recht und nicht das Unrecht, das zum Vorschein tritt, denn ein Unverfügbares, personales Verhältnis ist nicht dispositiv und damit nicht in Unrecht wandelbar1031. Hiervon ausgehend lässt sich auch die zentrale Rolle des Menschen als Person in einem Diskurs zur Rechtsbegründung nach Habermas nachvollziehen1032. Personen treten in einen Diskurs und versuchen einen Konsens über das zu erreichen1033, was positives Recht werden soll. Nur die Anerkennung der Persönlichkeit des Gegenübers macht einen solchen Diskurs überhaupt erst möglich1034. So wird der Diskurs selbst immer geprägt sein von den unumstößlichen Pfeilern des Personalen. Mit dieser Sichtweise ist auch zugleich die liberale Staatskonzeption1035 gewahrt. Dies lässt sich auch anhand des GG nachvoll1027

Vgl. insbesondere Popper, in: Popper/Eccles, Das Ich und sein Gehirn, S. 63 ff. Popper, in: Popper/Eccles, Das Ich und sein Gehirn, S. 61 ff. 1029 Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 297. 1030 Soweit man auf die unterschiedlichen Ansätze zur Unterscheidung von Menschen und Personen abstellt, wird man schon vor begriffliche Schwierigkeiten gestellt. Grundsätzliche Überlegungen (vor allem im Zusammenhang mit Rechtsgütern) finden sich bei Günther, in: Neumann/Prittwitz, „Personale Rechtsgutslehre“ und „Opferorientierung im Strafrecht“, S. 17 ff. 1031 So sieht es auch Kaufmann und belegt dies in Negativabgrenzung mit einem Beispiel, in dem Juden keine Rechtssubjekte sein sollen: Kaufmann, Über Gerechtigkeit, S. 292. 1032 Der Diskurs lebt denknotwendig von der Interaktion von Personen. So schreibt Habermas selbst über sein Diskursprinzip: „Rechtsnormen müssen aus Einsicht befolgt werden. Die Idee der Selbstgesetzgebung von Bürgern darf also nicht auf die moralische Selbstgesetzgebung einzelner Personen zurückgeführt werden. Autonomie muß allgemeiner und neutraler begriffen werden. Deshalb habe ich ein Diskursprinzip eingeführt, das gegenüber Moral und Recht zunächst indifferent ist. Das Diskursprinzip soll erst auf dem Weg der rechtsförmigen Institutionalisierung die Gestalt eines Demokratieprinzips annehmen, welches dann seinerseits dem Prozeß der Rechtsetzung legitimitätserzeugende Kraft verleiht.“: Habermas, Faktizität und Geltung, S. 154. Auch die wechselseitige Erwartungshaltung an den jeweiligen Diskussionsteilnehmer ist für Habermas wichtig und durch diese kommt zugleich zum Ausdruck, dass man den anderen Diskussionsteilnehmer als Person akzeptiert, denn nur so kann man berechtigt auch Erwartungen an diesen stellen: Vgl. hierzu beispielsweise Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Band II, S. 26 f. 1033 Beispielhaft zum Konsens: Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Band I, S. 37 f.; Habermas, Faktizität und Geltung, S. 223 ff. 1034 Vgl. hierzu die Ausführungen in 3. Teil Fn. 1032. 1035 Vgl. Hassemer/Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, Vorbemerkungen zu § 1, Rn. 133. 1028

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ziehen. Art. 1 GG schützt beispielsweise die Würde des Menschen und Art. 2 GG die persönliche Freiheit, denn mündige Personen sind ein zentraler Teil eines Diskurses zur Rechtsetzung. Dies gilt auch in einem modernen Strafrecht, denn auch dieses ist nicht losgelöst von der Person als Quelle der Rechtsetzung. Die Person ist damit auch Zentralpunkt eines Diskurses zur Begründung von Gefährdungstatbeständen, die gerade kennzeichnend für ein modernes Strafrecht sind1036. Die Beziehung „zwischen“ Personen und einer möglichen Gefahrenquelle lässt das Recht erkennen. Beispielsweise lässt sich bei Brandstiftungsdelikten aufgrund der Beziehung zwischen einer Person und der drohenden Gefahr für das Leben oder auch das Eigentum anderer Personen1037 die Pönalisierung der Schaffung einer solchen Gefahrenlage als Recht erkennen. Dies liegt vor allem daran, dass hier die Beziehung zwischen den Personen klar erkennbar und nicht verstärkt mittelbarer Natur ist1038. Umso mehr Zwischenschritte notwendig sind, um von einer (potentiell zu schaffenden) Gefahrenlage auf eine potentielle Schädigung im Bereich des Personalen zu gelangen (Leben, Leib, Freiheit, Eigentum), desto mehr geht die (Gesetzes)legitimationskraft verloren, die jeder Relation inne ist1039. In einem solchen Fall erweicht der Bezug zum Personalen und Skepsis gegenüber einer solchen Norm ist angezeigt. Damit ist an dieser Stelle die Bedeutung der Person für die Schaffung neuer Straftatbestände dargelegt. Aus dieser Grundüberlegung folgt, dass Straftatbestände, die sich näher an dem Personalen orientieren, stets mehr Legitimationskraft innehaben1040. Dies stellt nicht die Existenzberechtigung von Gefährdungsdelikten zum Schutz von kollektiven Rechtsgütern in Frage. Diese Erkenntnis führt jedoch zu der grundlegenden Entscheidung, dass der Schutz von Individualrechtsgütern dort vorrangig ist, wo er in gleicher Weise die kriminalpolitischen und damit letztlich die strafzwecktheoretischen Zielvorstellungen erfüllt (dies ist eine Frage der Gleichgeeignetheit). Schon daraus ergibt sich, dass die Individuen der zentrale Punkt sind, von dem aus der Zweck staatlichen Handelns bestimmt wird; und eben nicht umgekehrt der Staat von den Individuen losgelöst ist und Zwecke definiert und durchsetzt1041. Diese 1036

Diese sind vor allem aufgrund ihrer – kritikwürdigen – Weite sehr flexibel, was wiederum kennzeichnend für ein „modernes Strafrechts“ ist. 1037 So geht es gerade in dem Achtundzwanzigsten Abschnitt des StGB darum, unterschiedliche Individualrechtsgüter durch konkrete und abstrakte Gefährdungsdelikte zu schützen: Vgl. Radtke, in: Joecks/Miebach, MK-StGB, Bd. 5, Vorbemerkung zu den §§ 306 ff., Rn. 4. 1038 Zu Legitimitätsproblemen, wenn sich Normen nur mittelbar auf das Personale zurückführen lassen: Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 168. 1039 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 168. 1040 Damit wird gerade ausdrücklich nicht die Legitimation des Universalrechtsgüterschutzes in Abrede gestellt. Die legitimatorische Schwächung soll aber zum Ausdruck kommen (entgegen Jakobs, Rechtsgüterschutz?, S. 28 ff., S. 37). 1041 Vgl. auch Günther, in: Neumann/Prittwitz, „Personale Rechtsgutslehre“ und „Opferorientierung im Strafrecht“, S. 16.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

rechtstheoretischen Erkenntnisse dürfen nicht kriminalpolitisch ignoriert und durch die Schaffung von immer mehr (abstrakten) Gefährdungsdelikten (als notwendig) beseitigt werden. Hierzu treffend Hassemer und Neumann: „Nur eine personale Rechtsgutslehre kann sich auf eine liberale Staatskonzeption berufen. Sie versteht den Staat und beurteilt die Legitimität staatlichen Handelns von der Person her. Sie erkennt Rechtsgüter der Allgemeinheit nur insoweit an, als sie – vermittelt – auch Interessen von Personen sind.“1042

Noch einmal sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es nicht darum geht, eine rein „monistisch-personale Rechtsgutslehre“1043 zu proklamieren. Vielmehr sollte man die Erkenntnisse der vorstehenden Überlegungen ebenfalls als „ein[en] gewichtige[n] Argumentationstopos“1044 verstehen und innerhalb der Verhältnismäßigkeitsargumentation beachten. dd) Zwischenergebnis Die Gefahren einer breiten Anwendung des Strafrechts müssen dargestellt werden, um mildere Mittel i.S. einer Erforderlichkeit identifizieren zu können. In diesem Abschnitt sind die Gefahren einer Expansion des Strafrechts vor dem Hintergrund der Risikogesellschaft1045 und Gefährdungstatbeständen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter1046 dargestellt worden1047. Zugleich wurde die Person als entscheidender legitimatorischer Faktor für Straftatbestände identifiziert1048. Für die hier zu untersuchende Frage der Erforderlichkeit von Straftatbeständen folgt daraus, dass Straftatbestände, die näher am Personalen sind (wie beispielsweise Straftatbestände zum Individualrechtsgüterschutz im Vergleich zu Straftatbeständen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter) eine größere Legitimationskraft besitzen1049. Damit ist ein Maßstab für die Frage der milderen Alternativen innerhalb der Erforderlichkeit gefunden. Ob diese Alternativen gleichgeeignet sind, ist gesondert zu beurteilen. Dies hängt davon ab, ob die Straftatbestände die gleichen Sachverhalte erfassen und strafzwecktheoretisch als gleichgeeignet oder bessergeeignet bewertet werden können.

1042 Hassemer/Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch 4. Auflage 2013, Vorbemerkungen zu § 1, Rn. 133. 1043 Diese Begriffspaarung findet sich bei Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 427 in Fn. 73. 1044 Hassemer, AK StGB, vor § 1, Rn. 289. 1045 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (1). 1046 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (2) und bb). 1047 Vgl. zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. a) dd). 1048 3. Teil, A. IV. 2. a) cc). 1049 Vgl. zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. a) dd).

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b) Die Bedeutung der Strafzwecke Neben dem bereits Dargelegten kann auch auf strafzwecktheoretische Überlegungen zurückgegriffen werden, um im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsargumentation gezielt kriminalpolitisch zu argumentieren. Diese können dazu dienen, die Gleich- oder Bessergeeignetheit von Straftatbeständen im Vergleich zu anderen Straftatbeständen festzustellen. Ähnliche Überlegungen finden sich hierzu auch bei Hefendehl, der es als einen „vorbereitenden Schritt“1050 bezeichnet, den Sinn und Zweck von Strafe zu rekapitulieren, um überhaupt Stellung zur „Tauglichkeit von Alternativen zum Strafrecht“1051 nehmen zu können1052. Die hier vorliegende Untersuchung unterscheidet sich von dieser Überlegung nur insoweit, als dass es nicht um eine Alternative zum Strafrecht, sondern (auch) um Alternativen innerhalb des strafrechtlichen Schutzes von Rechtsgütern geht1053. Bei der Frage nach Alternativen für das Strafrecht ist es unumgänglich, strafzwecktheoretische Überlegungen zu berücksichtigen1054. Diese sind aber auch bzgl. der Frage nach Alternativen innerhalb des Strafrechts im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsargumentation unabdingbar. Hassemer stellte heraus, dass es bereits bei der Frage der Geeignetheit von Strafgesetzen immer auch auf den Sinn und Zweck von Strafe an sich ankomme1055. Hinter jeder Strafnorm lässt sich schließlich auf einer weiteren Ebene die Frage stellen, warum gestraft wird. Eine strafzwecktheoretische Betrachtung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung des Gesetzes vermag also Argumente grundsätzlicher Natur zur Erforderlichkeit einer Norm hervorzubringen1056. Es geht mithin darum, stets Gesetze im Hinblick auf den gewünschten strafzwecktheoretischen Effekt zu überprüfen und mögliche Alternativen gerade dadurch zu identifizieren und so den Ultima-ratioGedanken besser verwirklichen zu können. Dies findet auch eine Stütze in der Rechtsprechung des BVerfG [aa)].

1050

Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 217. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 217. 1052 Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 217. 1053 Siehe zu dieser Frage auch: Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 359 ff. 1054 Schließlich kommt es gerade hier auf die Frage an, ob die Zwecke, die man dem Strafrecht zuweist, auch mittels Alternativen zum Strafrecht erfüllt werden könnten. 1055 Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 192; Hassemer, in: Hirsch/ Seelmann/Wohlers, Mediating Principles, S. 122. 1056 Es kommt hierbei darauf an, die Bedeutung dieser Überlegungen herauszustellen und nicht darauf, diese einem strikten Prüfungsschema zu unterwerfen und zu differenzieren, ob es sich um einen Prüfungspunkt der Erforderlichkeit oder der Angemessenheit handelt. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Überlegungen nämlich zum Teil als besonders relevant innerhalb der Prüfung der Angemessenheit angesehen werden: Vgl. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 288. 1051

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

aa) Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Zunächst sei darauf hingewiesen, dass auch das BVerfG grundsätzlich den Gehalt des Ultima-ratio-Gedankens vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht so stark betont: „Diesem im einzelnen nicht weiter ausgeführten Gedankengang liegt die vom vorlegenden Gericht als ,allgemein anerkannt‘ bezeichnete Prämisse zugrunde, daß das Strafrecht ,ganz besonders dem aus der Verfassung entwickelten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu entsprechen‘ habe und daher erst zur Anwendung kommen dürfe, ,wenn Maßnahmen und Maßregeln des übrigen Rechts, insbesondere des Verwaltungsrechts, versagten‘. Diese Prämisse steht zur Rechtsprechung des BVerfG in offenkundigem Widerspruch“1057.

Im selben Beschluss führt das BVerfG jedoch weiter konkretisierend aus: „Das BVerfG ist in ständiger Rechtsprechung […] davon ausgegangen, daß es einen Grenzbereich zwischen kriminellem Unrecht und Ordnungsunrecht gebe, daß in diesem Bereich zwischen den genannten Erscheinungsformen des Unrechts nur graduelle Unterschiede bestünden und daß es demgemäß Sache des Gesetzgebers sei, hier die genaue Grenzlinie – gegebenenfalls unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten historischen Situation […] – im einzelnen festzulegen. […] das BVerfG […] habe lediglich darüber zu wachen, daß die Entscheidung des Gesetzgebers im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Wertordnung stehe und auch den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen und Grundentscheidungen des Grundgesetzes entspreche. Die Prüfung, ob eine strafrechtliche Bewehrung verfassungsgemäß ist, hat sich also nach dieser Rechtsprechung nicht an einem engen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszurichten; vielmehr ist dem Gesetzgeber insoweit ein nicht unerheblicher Spielraum eigenverantwortlicher Bewertung einzuräumen“ [Hervorhebungen durch den Verfasser]1058.

Damit wird vom BVerfG in einem ersten Schritt die weite Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers betont und anerkannt, bevor dieser Einschätzungsprärogative die Grenzen ungeschriebener Verfassungsgrundsätzen (unter anderem also auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) aufgezeigt werden. Das BVerfG lehnt lediglich einen „engen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“1059 als Maßstab für den gesetzgeberischen Spielraum ab1060. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es einen „Grenzbereich zwischen kriminellem Unrecht und Ordnungsunrecht“1061 gibt, in dem „graduelle Unterschiede“1062 zwischen den „Erscheinungsformen des Unrechts“1063 bestehen. In dieser argumentativen Reihenfolge mit der sachgerechten Betonung des Gedankenganges wird deutlich, dass das BVerfG grundsätzlich – und offen für den Einzelfall – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Dies entspricht der hier 1057 1058 1059 1060 1061 1062 1063

BVerfGE 80, 182, 185 = NVwZ 1989, 951. BVerfGE 80, 182, 185 f. = NVwZ 1989, 951 f. BVerfGE 80, 182, 186 = NVwZ 1989, 951, 952. BVerfGE 80, 182, 186 = NVwZ 1989, 951, 952. BVerfGE 80, 182, 186 = NVwZ 1989, 951. BVerfGE 80, 182, 186 = NVwZ 1989, 951. BVerfGE 80, 182, 186 = NVwZ 1989, 951.

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vorgeschlagenen Verhältnismäßigkeitsargumentation. Es geht nicht um einen Grenzbereich, der das kriminelle Unrecht tangiert, sondern um Fälle, bei denen man sich bereits jenseits des Grenzbereiches im strafbaren Unrecht befindet. Es soll lediglich die Form des strafrechtlichen Schutzes (Individualrechtsgüter- oder Universalrechtsgüterschutz) ermittelt werden. Daneben soll mit diesem Ansatz gerade nicht eine grundsätzliche Subsidiarität von kollektiven Rechtsgütern gegenüber Individualrechtsgütern postuliert werden. Es soll gerade einzelfallbezogen ein möglicher Vorrang des Individualrechtsgüterschutzes festgestellt werden können, was ebenfalls mit den Vorgaben des BVerfG übereinstimmt. Auch ist es nicht verfehlt, auf strafzwecktheoretische Überlegungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung abzustellen. In der sog. Cannabis-Entscheidung hat das BVerfG dies mehrfach selbst getan. Unter anderem heißt es dort: „Die Gefährdung der geschützten Gemeinschaftsgüter kann je nach den Eigenschaften und Wirkungen der Droge, der im Einzelfall betroffenen Menge, der Art des jeweils in Betracht kommenden Verstoßes sowie unter Berücksichtigung sonstiger gefahrrelevanter Umstände ein so geringes Maß erreichen, daß die generalpräventiven Gesichtspunkte, die die generelle Androhung von Kriminalstrafe rechtfertigen, an Gewicht verlieren. Die Strafe könnte dann im Blick auf die Freiheitsrechte des Betroffenen und unter Berücksichtigung der individuellen Schuld des Täters und darauf abhebender spezialpräventiver kriminalpolitischer Ziele eine übermäßige und deshalb verfassungswidrige Sanktion darstellen“1064.

Grundsätzlich kann also die Rechtfertigung einer Kriminalstrafe durch generalpräventive Gesichtspunkte auch im Einzelfall wieder verloren gehen. Sie kann sich sogar als eine „übermäßige und deshalb verfassungswidrige Sanktion darstellen“1065. Damit fehlt einem Gesetz die durch generalpräventive Aspekte zu vermittelnde Rechtfertigung in bestimmten Fällen. Dies ist der Fall, wenn es gleich- oder bessergeeignete Mittel zur Verwirklichung gesetzgeberischer Ziele unter Beachtung generalpräventiven Gesichtspunkte gibt und der vom Gesetzgeber beschrittene Weg im Einzelfall zu einer unangemessenen Belastung des Einzelnen führen kann. Nicht anders stellt sich die Situation in manchen Einzelfallkonstellationen bei Gefährdungstatbeständen dar. Wenn bereits Sachverhalte komplett von Normen erfasst werden, die dem Individualrechtsgüterschutz dienen und bestimmt sind, dann würde durch zusätzliche Gefährdungstatbestände das Strafrecht soweit in das Vorfeld verlegt werden, dass möglicherweise strafzwecktheoretische Rechtfertigungselemente gar nicht mehr zum Tragen kommen können. bb) Zur Bedeutung der Strafzwecke und der Bestimmtheit von Normen Das bedeutet vor allem, dass wenn sich nachweisen lässt, dass bereits ein strafrechtlicher Schutz besteht, der auch strafzwecktheoretisch grundsätzlich geeignet ist, das zu pönalisierende Verhalten zu erfassen, dann keine Notwendigkeit für neue 1064 1065

BVerfGE 90, 145, 185 = NJW 1994, 1577, 1581 f. BVerfGE 90, 145, 185 = NJW 1994, 1577, 1582.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Straftatbestände besteht. Diese wären sogar kontra ihrer strafzwecktheoretischen Grundlage, denn „der gewünschte Präventiveffekt verliert sich im Gestrüpp aufgeblähter und unverständlicher Gesetzessprache“1066. Ein solcher Normendschungel trägt dazu bei, strafrechtlich relevantes Verhalten entgegen der Anforderungen von Art. 103 Abs. 2 GG1067 aus einem für potentielle Täter erkennbaren Zusammenhang zu rücken1068. Zu dieser Problematik auch Kindhäuser: „Hierbei gilt zunächst, daß die Strafbewehrung einer Norm, die dem Niveau des Anerkennungswertes der zum Kernbereich elementarer Freiheitsnormen zählenden Verhaltensregeln nicht gerecht wird, das Strafrecht entwertet und damit den Präventionseffekt schmälert. […] Daraus folgt, daß durch jedes abstrakte Gefährdungsdelikt das Strafrecht an Gewicht verliert, es sei denn, daß bereichsweise – etwa beim Umweltrecht – eine andere Form des Schutzes erwiesenermaßen nicht greift. Ansonsten ist die permanente „Vorverlagerung“ des Strafrechtsschutzes eine permanente Schwächung der – für die Integrationsleistung der Strafe notwendigen – evaluativen Gewichtigkeit des Verbrechens als Sanktionsvoraussetzung“1069.

Die strafzwecktheoretische Gleicheignung oder gar Bessereignung einer Norm hängt wiederum von der Bestimmtheit der jeweiligen Normen ab. Dies führt zurück zu den im 1. Teil der Untersuchung dargestellten Arbeitshypothesen bzgl. des Abschreckungs- und Normintegrationspotentials in Bezug auf die Bestimmtheit von Straftatbeständen1070. Aufgrund der Tätergruppe der White Collar1071 und den Besonderheiten, die mit dieser in Verbindung stehen1072, wurde eine Arbeitshypothese zugrunde gelegt. Diese beinhaltet, dass bestimmte Normen mehr Abschreckungsund Normintegrationspotential aufweisen als unbestimmte1073. Auch für die Ausführungen hier im 3. Teil der Untersuchung wird diese Arbeitshypothese weiterhin zugrunde gelegt, da vorliegend die Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht und die darauffolgenden Gesetzesänderungen als Reaktion auf die Krise bewertet werden sollen. Diese Forderungen und Gesetzesänderung zielen nämlich gerade auf die spezielle Tätergruppe der White Collar1074 und letztlich gelten damit die zuvor getroffenen Ausführungen zur Bestimmtheit in gleicher Weise1075. Daraus folgt wiederum, dass nur durch mehr Bestimmtheit sich auch das jeweilige strafzweck-

1066

Albrecht, NJ 1994, 193, 194. Siehe hierzu 1. Teil, B. II. 2. b) ee) und 1. Teil, B. III. 7. 1068 Vgl. 1. Teil, B. III. 7.; als „Kehrseite des gesetzgeberischen Motivs“ ist diese Problematik auch bei Müller-Dietz, in: Philipps/Scholler, Jenseits des Funktionalismus Arthur Kaufmann zum 65. Geburtstag, S. 101 f. identifiziert worden. 1069 Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 344. 1070 1. Teil, B. III. 7. 1071 Grundlegend: Sutherland, White Collar Crime 1949. 1072 Vgl. insbesondere 1. Teil, B. III. 7. 1073 1. Teil, B. III. 7. 1074 Sutherland, White Collar Crime 1949. 1075 Vgl. 1. Teil, B. III. 7. 1067

A. Das strafrechtliche Arsenal

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theoretische Ziel verwirklichen lässt1076. In der Regel wird eine solche Norm eher dem Schutz von Individualrechtsgütern dienen als dem Schutz von kollektiven Rechtsgütern. Dies folgt daraus, dass für den Schutz von Individualrechtsgütern häufig auf Gefährdungstatbestände verzichtet werden kann, welche sich stets schon aufgrund ihrer Natur als unbestimmter erweisen1077. cc) Zwischenergebnis Strafzwecktheoretische Überlegungen sind nicht nur bei der Frage nach Alternativen zum Strafrecht zu beachten1078, sondern auch wenn innerhalb strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten ein milderes Mittel gewählt werden soll1079. Eine Kriminalstrafe kann im Einzelfall eine „übermäßige und deshalb verfassungswidrige Sanktion darstellen“1080, wenn „generalpräventive […] Gesichtspunkte, die die generelle Androhung von Kriminalstrafe rechtfertigen, an Gewicht verlieren“1081. Daraus folgt, dass die Straftatbestände mehr Legitimationskraft innehaben, die besser dazu geeignet sind, die strafzwecktheoretische Rechtfertigung der Kriminalstrafe umzusetzen. Nach der hier zugrunde gelegten Arbeitshypothese hängt dies vor allem vom Maß der Bestimmtheit von Normen ab1082. Da nun Normen, die dem Individualrechtsgüterschutz dienen, zumeist bestimmter sind als solche Normen, die dem Schutz kollektiver Rechtsgüter dienen1083, folgt daraus – das hier noch einmal herauszustellende Zwischenergebnis –: Wenn bereits Sachverhalte komplett von Normen erfasst werden, die dem Individualrechtsgüterschutz dienen und bestimmt sind, dann würde durch zusätzliche Gefährdungstatbestände das Strafrecht soweit in das Vorfeld verlegt werden, dass möglicherweise strafzwecktheoretische Rechtfertigungselemente gar nicht mehr zum Tragen kommen können.

1076

Siehe hierzu die Ausgangshypothese unter 1. Teil, B. III. 7. Ohne einen Schaden vorauszusetzen und mit vielen Möglichkeiten, durch Handeln und Unterlassen eine Gefahr herbeizuführen, ist dies schon in der Natur dieser Delikte angelegt. Ebenfalls im Rahmen des „Erfolgserfordernisses“ auf diese Problematik hinweisend: Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 359. 1078 Vgl. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, S. 217. 1079 3. Teil, A. IV. 2. a) bb). 1080 BVerfGE 90, 145, 185 = NJW 1994, 1577, 1582. 1081 BVerfGE 90, 145, 185 = NJW 1994, 1577, 1582. 1082 Vgl. 1. Teil, B. III. 7. 1083 Vgl. die Ausführungen in 3. Teil Fn. 1077. 1077

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

c) Das Beispiel: Die Strafnormen des KWG und VAG Der Gesetzgeber reagierte mit Gesetzesänderungen im KWG und VAG auch strafrechtlich auf die Krise1084. Zwischen diesen Gesetzesänderungen und den oben dargelegten Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht besteht ein Zusammenhang1085. Schon aus diesem Grunde erfolgt eine Darstellung der strafrechtlichen Regelungen des KWG und VAG, um letztlich zu deren Notwendigkeit Stellung nehmen zu können. aa) Überblick zu den Strafnormen des KWG und VAG Im KWG wurde die Strafnorm des § 54a KWG eingefügt. Die Norm lautet wie folgt: „(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 25c Absatz 4a oder § 25c Absatz 4b Satz 2 nicht dafür Sorge trägt, dass ein Institut oder eine dort genannte Gruppe über eine dort genannte Strategie, einen dort genannten Prozess, ein dort genanntes Verfahren, eine dort genannte Funktion oder ein dort genanntes Konzept verfügt, und hierdurch eine Bestandsgefährdung des Instituts, des übergeordneten Unternehmens oder eines gruppenangehörigen Instituts herbeiführt. (2)

Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3)

Die Tat ist nur strafbar, wenn die Bundesanstalt dem Täter durch Anordnung nach § 25c Absatz 4c die Beseitigung des Verstoßes gegen § 25c Absatz 4a oder § 25c Absatz 4b Satz 2 aufgegeben hat, der Täter dieser vollziehbaren Anordnung zuwiderhandelt und hierdurch die Bestandsgefährdung herbeigeführt hat.“

Ähnlich ausgestaltet ist § 142 VAG1086. Beide Normen sind aus demselben Gesetzentwurf hervorgegangen1087, beiden Normen liegt der gleiche Grundgedanke im Hinblick auf die Schutzrichtung zugrunde1088 und beide Normen sind nahezu identisch ausgestaltet1089. Daher wird vorliegend stellvertretend auf die Vorschriften des KWG abgestellt, denn die Ausführungen zum KWG sind auf das VAG entsprechend übertragbar. 1084 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen. 1085 Auf diesen weist auch Beukelmann hin: Beukelmann, NJW-Spezial 2013, 120. 1086 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090, 3106. 1087 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 24 und S. 26. 1088 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 44 f. 1089 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090, 3104 und 3106.

A. Das strafrechtliche Arsenal

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Anhand des Wortlautes der Norm lässt sich schon in Absatz 1 durch die Verweise auf § 25c Absatz 4a oder 4b Satz 2 KWG ein Blankettcharakter feststellen1090. Dass solche Blankettstrafgesetzte auch verfassungsrechtlichen Bedenken insbesondere im Hinblick auf ihre Bestimmtheit ausgesetzt sind, wurde bereits dargelegt1091. Sollte ein Verstoß gegen § 25c Absatz 4a oder 4b Satz 2 KWG vorliegen, so muss dieser Verstoß wiederum kausal zu einer Bestandsgefährdung i.S.v. § 48b Abs. 1 Satz 1 KWG führen. In Fällen des § 48b Abs. 1 Satz 2 KWG wird eine solche Bestandsgefährdung vermutet. Absatz 2 des § 54a KWG schafft zusätzlich die Möglichkeit einer Strafbarkeit für das fahrlässige Herbeiführen der Bestandsgefährdung. Absatz 3 des § 54a KWG stellt eine Besonderheit dar. Hier wurde im späteren Gesetzgebungsprozess ein Strafausschließungsgrund geschaffen, um verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenzuwirken1092, aber zugleich wurden neue geschaffen1093. bb) Zur verfassungsrechtlichen Kritik im Einzelnen Gerade im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot erweist sich der Verweis auf § 25c Abs. 4a und 4b Satz 2 KWG als problematisch1094. Begriffe wie „Strategien, Prozesse, Verfahren, Funktionen und Konzepte“ sind hier nur beispielhaft zu nennen, um die Problematik zu verdeutlichen1095. Es werden zwar z. T. nähere Ausführungen zu den einzelnen Begriffen in den jeweiligen Absätzen vorgenommen, aber auch diese bleiben eher nebulös, was die konkrete Ausgestaltung der Strategien o.Ä. betrifft. Für die MaRisk1096 ist eine solche Formulierung sinnvoll

1090

Vgl. auch Ahlbrecht, Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 03 2014, 3, 4. Vgl. 2. Teil, A. II. 1. a); grundlegend zu Blankettstrafgesetzen: Enderle, Blankettstrafgesetze 2000; Roxin, Strafrecht AT, § 5, Rn. 40. 1092 Bericht des Finanzausschusses, Bundestagsdrucksache 17/13539, S. 6. 1093 Vgl. Schork/Reichling, CCZ 2013, 269, 271, die es als unklar bezeichnen, „worin das strafwürdige Unrecht […] liegen soll“; Ahlbrecht, BKR 2014, 98, 102; Kasiske, ZIS 2013, 257, 261; andere Ansicht: Kann/Rosak, BB 2013, 1475, 1482; grundsätzlich auch schon zuvor skeptisch gegenüber dem Vorschlag von Kasiske: Jahn, wistra 2013, 41, 42 f.; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 23 f. 1094 Vgl. auch Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 24 f. 1095 Vgl. hierzu auch: Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 580. 1096 Die zur Zeit der Gesetzesänderung relevanten Dokumente zur MaRisk inkl. der Fassung der MaRisk vom 15. 12. 2010 sind abrufbar unter: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/ Standardartikel/Aufgaben/Bankenaufsicht/risikomanagement_marisk_2010.html; und zum Rundschreiben der BaFin aus 2012: BaFin, Rundschreiben 10/2012, Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, 14. 12. 2012, aufrufbar unter: http://www.bafin.de/Shared Docs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/rs_1210_marisk_ba.html. 1091

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

gewesen, denn es handelte sich um Prinzipien, die unbestimmter sind als Regeln1097. Mit Hilfe dieser Prinzipien konnte auf verschiedene – sich wandelnde Einzelsituationen – reagiert werden1098. Für das Strafrecht ist dies jedoch nicht hinnehmbar1099. Es bedarf eindeutiger Regeln1100 und eben keiner Prinzipien, um dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG entsprechen zu können1101. Es handelt sich hierbei nicht um ein „lediglich auf Gesetzesebene heben“1102 der MaRisk Anforderungen. Eine solche Formulierung verschleiert, dass hier strafrechtsdogmatisches Neuland betreten worden ist1103. Der Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins stellt in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf in diesem Kontext fest: „[…] jegliche Umgrenzungsfunktion und Vorhersehbarkeit fehlt“1104

und dies hat sich auch mit der Endfassung, die letztlich verkündet wurde1105, nicht geändert. Daneben ist noch ein weiteres Tatbestandsmerkmal unbestimmt. Die Bestandsgefährdung, die in § 48b Abs. 1 Satz 1 KWG definiert ist, ist ebenfalls unbestimmt. Ab wann gilt ein Kreditinstitut als „zusammengebrochen“ und inwieweit muss dies „insolvenzbedingt“ sein? Es existiert auch keine gefestigte Verwaltungspraxis oder Judikatur zu diesem Begriff1106. Hinzu kommt, dass es von Seiten des Gesetzgebers bzgl. dieses Tatbestandsmerkmals unterlassen worden ist, die Anwendung des § 48b Abs. 1 Satz 2 KWG für die Strafnorm auszuschließen. § 48b Abs. 1 Satz 2 KWG enthält nämlich eine Vermutungsregelung für den Fall der Bestandsgefährdung und diese ist in jedem Fall mit dem Strafrecht unvereinbar1107. Staatliche Ermittlungsbehörden müssen den Beweis einer Strafbarkeit führen1108. Nicht der potentiell Betroffene oder schon Beschuldigte muss einen Gegenbeweis 1097 Kasiske, ZIS 2013, 257, 258 mit einem weiteren Nachweis in Fn. 10 auf Penski, JZ 1989, 105, 107 ff. 1098 Kasiske, ZIS 2013, 257, 258. 1099 Vgl. Kasiske, ZIS 2013, 257, 259 f. 1100 Vgl. BVerfGE 47, 109, 121 = NJW 1978, 933, 934; BVerfGE 64, 389, 393 = NJW 1984, 225. 1101 Vgl. BVerfGE 47, 109, 121 = NJW 1978, 933, 934; BVerfGE 64, 389, 393 = NJW 1984, 225. 1102 Mit ähnlicher Wortwahl hierzu: Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 578. Die sich ergebenden Problemfelder wurden unter Hinweis auf die Erforderlichkeit der Anordnung von Seiten der BaFin ignoriert: Bericht des Finanzausschusses, Bundestagsdrucksache 17/13539, S. 6. 1103 So auch Kasiske, ZIS 2013, 257, 258. 1104 Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 580. 1105 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 1106 Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 580. 1107 Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 580; Hamm/ Richter, WM 2013, 865, 868; Cichy/Cziupka/Wiersch, NZG 2013, 846, 850. 1108 Dies folgt schon aus Artikel 6 Abs. 2 EMRK und dem Rechtsstaatsprinzip. Siehe zur Herleitung und Bedeutung der Unschuldsvermutung: Eser, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Auflage 2006, Rn. 4 ff.

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darbieten1109. Dies wäre unter anderem ein Verstoß gegen den Grundsatz in dubio pro reo1110. Hinzu kommt, dass sich aus der Gesetzesbegründung auch nicht genau ergibt, welches Rechtsgut geschützt werden soll1111. Unter dem Punkt „Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelung“ zu Artikel 3 und 4 des Gesetzesentwurfes werden u. a. angeführt: „Stabilität des Finanzsystems“1112, „Vermeidung von Nachteilen für die Gesamtwirtschaft“1113 oder auch die „ordnungsgemäße Durchführung der Bank- und Versicherungsgeschäfte“1114. Z. T. wird behauptet, dass durch § 54a Abs. 3 KWG die Norm nun dem Bestimmtheitsgebot entspräche1115. Dies folge daraus, dass nun die BaFin zuerst eine Anordnung verfassen müsse, gegen welche konkret noch einmal verstoßen werden müsse. Nur so könne überhaupt eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift begründet werden1116. Die meisten Autoren lehnen diese Begründung jedoch ab1117. Man hat an dieser Stelle nämlich ein neues verfassungsrechtliches Problem geschaffen. Die BaFin bestimmt nun, welches Verhalten strafrechtlich sanktioniert wird und welches nicht1118. Die BaFin bestimmt selbst den Inhalt der Anordnung1119 und ob diese rechtswidrig war oder nicht, spielt letztlich für die Strafbarkeit keine Rolle1120. Aber die BaFin bestimmt nicht nur den Inhalt der Anordnung, sondern auch wann und 1109 Dies folgt schon aus Artikel 6 Abs. 2 EMRK und dem Rechtsstaatsprinzip. Siehe zur Herleitung und Bedeutung der Unschuldsvermutung: Eser, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Auflage 2006, Rn. 4 ff. 1110 Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, NZG 2013, 577, 580; Hamm/ Richter, WM 2013, 865, 868; Cichy/Cziupka/Wiersch, NZG 2013, 846, 850. 1111 Vgl. Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 28. 1112 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 28. 1113 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 28. 1114 Bundestagsdrucksache 17/12601, 04. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, S. 28. 1115 Kann/Rosak, BB 2013, 1475, 1482. 1116 Kann/Rosak, BB 2013, 1475, 1482. 1117 Ahlbrecht, BKR 2014, 98, 102; Kasiske, ZIS 2013, 257, 261; Schork/Reichling, CCZ 2013, 269, 270 f.; kritisch auch Cichy/Cziupka/Wiersch, NZG 2013, 846, 848 ff.; Ahlbrecht, Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 03 2014, 3, 4; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 25. 1118 Ahlbrecht, BKR 2014, 98, 102; Kasiske, ZIS 2013, 257, 261. 1119 Vgl. auch Kasiske, ZIS 2013, 257, 261. 1120 Schork/Reichling, CCZ 2013, 269, 270; Cichy/Cziupka/Wiersch, NZG 2013, 846, 848.

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

gegenüber wem sie ergeht1121. Daher wird auf einen Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt und den Grundsatz der Gewaltenteilung verwiesen1122. Ausschließlich der Gesetzgeber ist dazu berechtigt, festzulegen, welches Verhalten strafbar ist und welches nicht1123. cc) Das Verhältnis von § 54a KWG und § 266 StGB zueinander § 54a Absatz 1 KWG verweist auf § 25c Absatz 4a oder 4b Satz 2 KWG und diese verweisen wiederum auf die Vorgaben zum Risikomanagement nach § 25a KWG. Wie bereits dargelegt kann eine Verletzung der Pflichten nach § 25a KWG ein pflichtwidriges Verhalten i.S.v. § 266 StGB darstellen1124. Dieses pflichtwidrige Verhalten kann außerdem im Einzelfall evident und gravierend1125 sein1126. Damit kann ein Verstoß gegen § 54a KWG grundsätzlich auch nach § 266 StGB strafbar sein1127. Oft wird hieraus gefolgert, dass nun ein Problem bzgl. des Konkurrenzverhältnisses der beiden Normen zueinander bestünde1128. Z. T. wird darauf hingewiesen, dass § 54a KWG aufgrund der vorausgesetzten vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen die Anordnung der BaFin kaum Bedeutung haben werde1129. Dies löst jedoch nicht das dogmatische Problem an dieser Stelle auf. Auflösen lässt sich dieses Problem nur, wenn man die Erkenntnis ernst nimmt, dass § 266 StGB bereits das strafwürdige Verhalten erfasst, was auch § 54a KWG zu erfassen versucht. Dann muss dem Gesetzgeber aufgegeben werden, die Strafnormen des KWG zu entfernen und die Erkenntnis aufzunehmen, dass „de[r] gute […] Prinz […] Strafrecht“1130 nicht zur populistisch-funktionalen Gesetzgebung missbraucht werden darf1131. Es ist auch nicht zutreffend, wenn dem Gesetzgeber wohlwollend unterstellt wird, er habe die Strafbarkeit nach § 54a KWG integriert, weil ihm bewusst geworden sei, dass bisher die Strafbarkeit von Bankmitarbeitern nicht den Anforderungen des Be1121 1122 1123

Rn. 17. 1124

Vgl. auch Kasiske, ZIS 2013, 257, 261. Kasiske, ZIS 2013, 257, 261. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 09. 01. 2014, Az.: 1 BvR 299/13 = NJW 2014, 1431, 1432,

3. Teil, A. II. 2. i). Vgl. BVerfGE 126, 170, 210 f. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 111 f.; BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 1126 3. Teil, A. II. 2. p) und q). 1127 So auch Wastl, WM 2013, 1401, 1404. 1128 Hierzu ausführlich: Wastl, WM 2013, 1401, 1404 ff. 1129 Vgl. Ahlbrecht, Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 03 2014, 3, 4; Ahlbrecht, BKR 2014, 98, 105. 1130 Jahn, wistra 2013, 41 f.; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 20 f. 1131 Ähnlich kritisch: Hamm/Richter, WM 2013, 865; Beukelmann, NJW-Spezial 2013, 120. 1125

A. Das strafrechtliche Arsenal

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stimmtheitsgebots genügte1132. In diesem Zusammenhang wird auf eine „ausufernde Anwendung des Straftatbestandes der Untreue im bank- und kapitalmarktrechtlichen Bereich“1133 hingewiesen1134. Zumindest die Gesetzesbegründung enthält keine Hinweise darauf, dass sich der Gesetzgeber überhaupt mit der Untreue befasst hat1135. Außerdem ist nicht zu erkennen, wie durch die Schaffung von unbestimmten Strafnormen1136 ein Defizit in Form der angeblichen Unbestimmtheit von anderen Strafnormen1137 auszugleichen sein soll. Hinzu kommt, dass die Strafvorschriften des KWG federführend durch das Bundesministerium der Finanzen geprägt worden sind, das (an sich) gar nicht für Strafvorschriften zuständig ist1138. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Ausschuss bei der Schaffung von § 54a KWG auch die Bedeutung von § 266 StGB für die vorliegenden Sachverhaltskonstellationen beachtet hat. Dies lässt sich schon daran erkennen, dass keine Ausführungen zu einem Konkurrenzverhältnis existieren. Daraus folgt schon, dass der Gesetzgeber nicht mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt bei der Schaffung von Straftatbeständen gearbeitet hat1139. Insbesondere wird mit der Strafnorm des KWG darüber hinweggetäuscht, dass das Strafrecht mit § 266 StGB seine Rolle im Rahmen der Aufarbeitung der Krise mittlerweile durch die Rechtsprechung des BVerfG einnimmt1140. 3. Stellungnahme: Ist ein „Mehr“ von Strafrecht als Reaktion auf die Krise erforderlich? Die Zugrundelegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Argumentationsmuster1141 kann genutzt werden, um kriminalpolitische Entscheidungen zu hinterfragen1142. Im Rahmen einer solchen Verhältnismäßigkeitsargumentation „[besitzt] das Erforderlichkeits-Gebot […] eine kriminalpolitische Richtlinienfunktion […], weil es den Gesetzgeber dazu auffordert, sich über alternative Mittel Klarheit zu verschaffen“1143.

1132

Wastl, WM 2013, 1401, 1406. Wastl, WM 2013, 1401, 1406. 1134 Wastl, WM 2013, 1401, 1406. 1135 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 1136 Hier die Strafnormen des KWG und VAG. 1137 Hier im Hinblick auf § 266 StGB (aus damaliger Sicht vor der Entscheidung des BVerfG: BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff.). 1138 Vgl. nur beispielhaft den Bericht des Finanzausschusses, Bundestagsdrucksache 17/ 13539. So ist auch die Bewertung von Hamm und Richter: Hamm/Richter, WM 2013, 865. 1139 Diese Sorgfalt folgt vor allem aus dem Ultima-ratio-Prinzip. Vgl. hierzu auch 1. Teil, B. II. 2. b) aa). 1140 Vgl. hierzu 2. Teil, A. III. 1141 3. Teil, A. IV. 2. 1142 3. Teil, A. IV. 2. 1143 Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 182. 1133

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3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

Die Frage nach einem milderen Mittel (nicht nur zum Strafrecht, sondern auch unter strafrechtlichen Mitteln)1144 lässt sich nur beantworten, wenn die Gefahren einer Expansion des Strafrechts erkannt werden1145. Dies muss vor dem Hintergrund der Risikogesellschaft1146 und von Gefährdungstatbeständen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter1147 geschehen. Durch Gefährdungstatbestände zum Schutz kollektiver Rechtsgüter wird ein strafrechtlicher Schutz weit ins Vorfeld verlagert1148. Zwar ist dies grundsätzlich möglich1149, aber es bedarf einer Einschränkung eines solchen Strafrechtsschutzes1150, damit das Strafrecht nicht funktionalisiert wird1151. Wenn man die Person als entscheidenden legitimatorischen Faktor für Straftatbestände identifiziert1152, dann haben Straftatbestände, die sich näher an dem Personalen orientieren, stets mehr Legitimationskraft inne als solche, die lediglich mittelbar das Personale schützen1153. Neben diesem Maßstab für ein milderes Mittel ist durch strafzwecktheoretische Überlegungen die Gleich- oder Bessereignung möglicher Alternativen überprüfbar1154. Die Straftatbestände, welche besser dazu geeignet sind, die strafzwecktheoretische Rechtfertigung der Kriminalstrafe umzusetzen, besitzen mehr Legitimationskraft1155. Nach der hier zugrunde gelegten Arbeitshypothese hängt dies vor allem vom Maß der Bestimmtheit von Normen ab1156. Normen, die dem Individualrechtsgüterschutz dienen, sind zumeist bestimmter als solche Normen, die dem Schutz kollektiver Rechtsgüter dienen1157. Wenn also die Sachverhalte, die der Gesetzgeber strafrechtlich erfassen wollte, schon von Normen erfasst werden, die dem Individualrechtsgüterschutz dienen und bestimmter sind als neu geplanten Normen (häufig: Gefährdungsdelikte), dann wird unnötig das Strafrecht in das Vorfeld verlegt1158. Was folgt nun hieraus für die Forderung nach einem „Mehr“ von Strafrecht? 1144

Vgl. hierzu 3. Teil, A. IV. 2. b). 3. Teil, A. IV. 2. a) dd). 1146 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (1). 1147 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) und bb). 1148 Volk, JZ 1982, 85, 87. 1149 3. Teil, A. IV. 2. a). 1150 Vgl. zu den Gefahren, die ohne eine solche Einschränkung drohen: 3. Teil, A. IV. 2.a) aa). 1151 Vgl. Hassemer, Grundlinien einer personalen Rechtsgutslehre (1989), in: Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 160 ff.; Weigend, in: FS Triffterer, 695, 708; 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (2). 1152 3. Teil, A. IV. 2. a) cc). 1153 Damit wird gerade ausdrücklich nicht die Legitimation des Universalrechtsgüterschutzes in Abrede gestellt. Die legitimatorische Schwächung soll aber zum Ausdruck kommen (entgegen Jakobs, Rechtsgüterschutz?, S. 28 ff., S. 37). 1154 Zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. b) cc). 1155 Vgl. BVerfGE 90, 145, 185 = NJW 1994, 1577, 1581 f. und 3. Teil, A. IV. 2. b) aa). 1156 1. Teil, B. III. 7. 1157 Vgl. 3. Teil, A. IV. 2. a) cc) und dd). 1158 3. Teil, A. IV. 2. a) dd). 1145

B. Zur Illusion der Notwendigkeit eines „Mehr“ an Strafrecht

253

Es konnte beispielhaft an § 54a KWG dargelegt werden, dass als Reaktion auf die Krise Straftatbestände geschaffen worden sind, die nicht erforderlich sind1159. Neben vielen verfassungsrechtlichen Bedenken1160 ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die Unbestimmtheit des Tatbestandes hervorzuheben1161. Mit dieser Strafnorm wurde ein unbestimmter Straftatbestand geschaffen, der letztlich die gleichen Sachverhalte erfasst, wie auch § 266 StGB1162. Jedoch ist § 266 StGB durch die Vorgaben das BVerfG nun bestimmter1163 und enthält durch die Kriterien eines evidenten und gravierenden pflichtwidrigen Verhaltens1164 eine wesentliche Einschränkung des strafbaren Verhaltens, welche sich bei § 54a KWG nicht findet. Außerdem schützt § 266 StGB mit dem Vermögen ein Individualrechtsgut und ist damit näher am Personalen als § 54a KWG, womit § 266 StGB mehr Legitimationskraft innehat1165. Aus der bereits dargestellten Bestimmtheit von § 266 StGB im Vergleich zu § 54a KWG folgt außerdem, dass § 266 StGB strafzwecktheoretisch bessergeeignet ist1166. Hieraus folgt im Rahmen einer kriminalpolitischen Argumentation die Feststellung, dass § 54a KWG i.S. einer Verhältnismäßigkeitsargumentation nicht erforderlich ist. Aufgrund des Zusammenhanges zwischen den Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht und den Gesetzesänderungen im KWG und VAG1167 gilt für die Forderungen an sich vor dem Hintergrund der hier aufgeführten Argumente, dass diese zurückzuweisen sind.

B. Zur Illusion der Notwendigkeit eines „Mehr“ an Strafrecht Wie zuvor gezeigt ist es verfehlt, zunächst die Frage der Notwendigkeit von einem „Mehr“ von Strafrecht vorschnell zu beantworten1168. Widmet man sich dieser Frage nämlich eingehender1169, dann bedarf es nicht ersten Entwürfen für neue Straftat-

1159

3. Teil, A. IV. 2. c) cc). Zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. c) bb). 1161 Vgl. zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. c) bb). 1162 3. Teil, A. IV. 2. c) cc). 1163 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff.; 2. Teil, A. III. und B. 1164 Vgl. BVerfGE 126, 170, 210 f.= NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 111 f.; BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 1165 Vgl. 3. Teil, A. IV. 2. a) cc) und dd). 1166 Vgl. 3. Teil, A. IV. 2. b) cc). 1167 Auf diesen weist auch Beukelmann hin: Beukelmann, NJW-Spezial 2013, 120. 1168 Vgl. zur Notwendigkeit in diesem Sinne: Volk, JZ 1982, 85, 88. 1169 Wie beispielsweise mit grundlegenden Überlegungen innerhalb einer Verhältnismäßigkeitsargumentation: 3. Teil, A. IV. 2. 1160

254

3. Teil: Strafrechtliche Mittel als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise

bestände1170 oder gar neuen Gesetzen1171. Nicht nur, dass an dieser Stelle unnötig Ressourcen verschwendet worden sind, es ist zudem auch mit diesen Forderungen und den nun vorhanden Gesetzen insgesamt mehr rechtliche Unsicherheit geschaffen worden. Schon Montesquieu formulierte: „Überflüssige Gesetze schwächen notwendige Gesetze“1172. Die verfassungsrechtliche Perspektive ist gänzlich missachtet worden. Der Gedanke, dass „de[r] gute […] Prinz […] Strafrecht“1173 mit mehr Normen ausgestattet werden müsste, um mit seinem scharfen Schwert1174 im Kampf gegen Akteure der Wirtschaft (die strafrechtliche Grenzen überschreiten) bestehen zu können, geht fehl. Dies ist illusorisch. Die Stärke dieses Prinzen liegt vielmehr in seinen inneren Werten (insbesondere der Verfassungskonformität vor dem Hintergrund einer liberalen Staatskonzeption), denn nur durch diese kann ein Strafrecht stark und zugleich nicht unnötig einschränkend sein.

1170

Vgl. hierzu Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 f.; Schünemann, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 100 f.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 1171 Hier beispielsweise die Änderungen im KWG und VAG [3. Teil, A. IV. 2. c)]. 1172 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 29. Buch, 16. Kapitel, S. 415. 1173 Jahn, wistra 2013, 41 f.; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 20 f. 1174 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 58 f.; Prittwitz in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959, 966.

4. Teil

Resümee Spielte das Strafrecht eine Rolle bei der Nichtverhinderung des Ausbruchs der Krise (zumindest in Deutschland)? Strafzwecktheoretische Überlegungen waren anzustellen, um zunächst die Rolle des Strafrechts zu Zeiten vor und während der Krise zu konkretisieren1. So konnte mit den Diskussionen zu den Strafzwecken2 die für ein Wirtschaftsstrafrecht bedeutenden Strafzwecke herausgearbeitet werden, ohne zugleich alle anderen in Abrede zu stellen3. Mit der positiven und der negativen Generalprävention ließen sich zwei Strafzwecke als Maßstab für die Rolle eines Strafrechts vor, während und nach der Krise identifizieren4. Diese wurden der weiteren Untersuchung zugrunde gelegt. Konnte das Strafrecht vor und in Zeiten der Krise diesem Maßstab gerecht werden? Dies wurde wiederum materiell-rechtlich anhand von § 266 StGB untersucht. Durch eine Auseinandersetzung mit der Idee zu einer politischen Wirtschaftsstraftat nach Naucke5, einer Analyse von Fällen der Krise6 und einer Auswertung der Literatur zur Krise wurde § 266 StGB als die zentrale Norm zur Aufarbeitung der Krise identifiziert7. Damit wurde ein Untersuchungsgegenstand identifiziert, der zugleich auch eine Aufarbeitung des Strafrechts vor dem Hintergrund der Krise ermöglichte8. Die „Allzweckwaffe“9 des § 266 StGB bietet durch die Weite des Tatbestandes viele Problemfelder10, aber diese sind vielfach diskutiert, konkretisiert und zum Teil nun auch behoben worden11. § 266 StGB ist durch die Entscheidung des BVerfG im Jahr 2010 nun so bestimmt, dass von 1

Vgl. insbesondere 1. Teil, A. IV. 1. Teil, A. I. bis IV. 3 1. Teil, A. IV. 4 1. Teil, A. V. 5 Naucke, Der Begriff der politischen Wirtschaftsstraftat – Eine Annäherung 2012. 6 Vgl. 2. Teil, A. I. 2. und 3. Teil, A. II. 7 Vgl. 2. Teil, A. I. 3. 8 Vgl. hierzu bereits die Erörterungen in der Einleitung zur Bedeutung des hiesigen Arbeitstitels. 9 Seier, in: Kohlmann/Nestler/Seier/Walter/Walther/Weigend, Entwicklungen und Probleme des Strafrechts an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, S. 105 ff.; Deiters, in: Kempf/ Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 132; Hellmann, ZIS 2007, 433; Hamm, NJW 2005, 1993, 1994; Jahn, JuS 2011, 1133: „Allroundtalent“ (weitere Nachweise bei Jahn in Fn. 1). 10 2. Teil, A. II. 1. 11 2. Teil, A. II. 2. und 3. 2

256

4. Teil: Resümee

einer Erfüllung der strafrechtlichen Rolle – definiert durch strafzwecktheoretische Überlegungen – ausgegangen werden kann12. Insbesondere für die Tätergruppe der White Collar13 dürfte nämlich die Bestimmtheit von Normen einen entscheidenden Einfluss auf ihr Handeln und die Wahrnehmung des Strafrechts haben14. Außerdem ist von Bedeutung, dass sich diese Erfüllung der Rolle des Strafrechts nicht von einer Verständigung nach § 257c StPO irritieren lässt15. § 257c StPO kann als prozessökonomisch sinnvolle Norm16 Bestand haben, ohne bei potentiellen Tätern den Eindruck hervorzurufen, dass sie aufgrund dieser Norm eine Strafe nach § 266 StGB nicht zu fürchten haben17. Dies hängt einerseits mit den vormals verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber dieser Norm zusammen18. Andererseits ist die Erkenntnis bedeutsam, dass eine Verständigung auch Negativfolgen haben kann19. Einen Negativeinfluss im Hinblick auf die Rolle des Strafrechts in dem hier definierten Sinne vermag lediglich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren zu haben20. Dies liegt allerdings ausdrücklich nicht an einem Versagen der Staatsanwälte, sondern daran, dass Staatsanwaltschaften vor äußerst komplexe und komplizierte Fallkonstellationen gestellt werden21. Von Seiten der Politik werden zu wenig Ressourcen bereitgestellt, um dieser Situation angemessen begegnen zu können22. An dieser Stelle ist die Politik gefordert, diese schon seit langem bestehende Situation zu ändern. Letztlich kann aufgrund all dieser Ergebnisse die Frage nach der Mitursächlichkeit des Strafrechts für den Ausbruch der Krise affirmativ beantwortet werden23. Vor dem Ausbruch der Krise war die zentrale Norm (§ 266 StGB) insgesamt zu umstritten und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen wenig bestimmt24. So war § 266 StGB vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Bestimmtheit von Normen im Hinblick auf eine generalpräventive Wirkung nicht geeignet, zumindest den strafrechtlichen Teil der Ursächlichkeit der Krise zu verhin-

12

Zumindest nun nach dem Ausbruch der Krise: Vgl. 2. Teil, A. II. 3. und 2. Teil, A. III. Sutherland, White Collar Crime 1949. 14 Vgl. die zugrunde gelegte Arbeitshypothese: 1. Teil, B. III. 7. 15 Vgl. 2. Teil, A. II. 4. c) und 2. Teil, A. III. 16 § 257c StPO ist prozessökonomisch sinnvoll: Schon aus der Begründung des Gesetzentwurfes geht dies durch die klare Bezugnahme auf die „knappen Ressourcen“ der Justiz hervor, Bundestagsdrucksache 16/12310, S. 7; ebenso der Beschluss des Großen Senats vom 03. 03. 2005 (BGHSt 50, 40, 53 f. = NJW 2005, 1440, 1443), auf den der Gesetzentwurf aufgebaut ist. 17 Vgl. 2. Teil, A. II. 4. c). 18 2. Teil, A. II. 4. c) aa). 19 2. Teil, A. II. 4. c) bb). 20 Vgl. 2. Teil, A. II. 5. 21 2. Teil, A. II. 5. 22 2. Teil, A. II. 5. 23 2. Teil, B. 24 2. Teil, A. II. 3. und 2. Teil, A. III. 13

4. Teil: Resümee

257

dern. Dies änderte sich erst mit dem Beschluss des BVerfG25 und der daraus resultierenden Bestimmtheit von § 266 StGB. Allerdings muss auch betont werden, dass die Hauptursachen der Krise sich nicht auf das Strafrecht zurückführen lassen. Hier müssen andere Disziplinen, insbesondere die Wirtschaftswissenschaften, ihren Teil der Aufarbeitung leisten26. Es darf auch keinesfalls aus den hier vorgenommen Überlegungen ein nicht zutreffender Rückschluss getätigt werden – nämlich folgender: Wenn § 266 StGB schon zur damaligen Zeit vor der Krise die derzeitigen Konturen gehabt hätte, dann wäre es nicht zu der Krise gekommen oder sie wäre weniger drastisch ausgefallen. Dieser Rückschluss muss nicht nur vor dem Hintergrund fehlgehen, dass die Krise multifaktoriell verursacht worden ist27, sondern vor allem auch vor dem Hintergrund, dass das Strafrecht lediglich sekundär wirkt28. Die Aufmerksamkeit sollte vielmehr auf andere Rechtsgebiete gerichtet werden29, die möglicherweise zu defizitär ausgestaltet waren und so zur Entstehung der Krise beigetragen haben könnten. Ist nun ein „Mehr“ von Strafrecht als Lehre aus der Krise notwendig? Schon aus dem bereits Dargelegten ergeben sich diesbezüglich Zweifel. Mit Hilfe von § 266 StGB können die krisenursächlichen Sachverhalte aufgearbeitet werden. Die Subsumtion der Sachverhalte unter § 266 StGB hat gezeigt, dass im Rahmen des pflichtwidrigen Verhaltens die verschiedenen Verhaltensweisen einer strafrechtlichen Bewertung unterzogen werden können. Es konnten folgende Aspekte beachtet und untersucht werden: Der jeweilige Geschäftszweck des Kreditinstituts30, das Beschaffen und Bewerten ausreichender Informationen vor einer Entscheidung31, existenzgefährdende Investitionen32, das Verhalten im Rahmen des Risikomanagements33, das Schaffen von Klumpenrisiken34, die Bewilligung von Bonizahlungen35, Verstöße gegen Überwachungspflichten36 und auch der jeweilige Ermessens- und Beurteilungsspielraum der Verantwortlichen37. Diese Ausführungen zum pflichtwidrigen Verhalten zeigen einerseits, dass § 266 StGB tatsächlich weit 25

2. Teil, A. II. 2. e); 2. Teil, A. II. 3. und 2. Teil, A. III. Vgl. nur zu der Komplexität der Ursachen aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht: 2. Teil, A. I. 27 Vgl. 2. Teil, B. und. 2. Teil, A. I. 28 Vgl. hierzu die Ausführungen und Nachweise in der Einleitung. 29 So schon erste Hinweise in der Einleitung mit Nachweisen und stellv. aus der Sicht eines Staatsanwalts (Bittmann): Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 39. 30 3. Teil, A. II. 2. d) und e). 31 3. Teil, A. II. 2. g). 32 3. Teil, A. II. 2. h). 33 3. Teil, A. II. 2. i). 34 3. Teil, A. II. 2. j). 35 3. Teil, A. II. 2. k). 36 3. Teil, A. II. 2. m). 37 3. Teil, A. II. 2. l). 26

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4. Teil: Resümee

gefasst ist und dadurch viele Sachverhaltskonstellationen erfassen kann. Andererseits ist § 266 StGB aber durch die Kriterien der evidenten und gravierenden Pflichtverletzung38 und durch das Erfordernis der genauen Quantifizierung des Vermögensnachteils39 eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund müsste man wohl den negativ konnotierten Begriff der „Allzweckwaffe“40 nun positiv auffassen, denn zusammenfassend lässt sich festhalten: § 266 StGB ist durch die Rechtsprechung des BVerfG konturiert41, § 266 StGB erfasst die Sachverhalte der Krise42, wie die hier vorgenommene materiell-rechtliche Subsumtion gezeigt hat und § 266 StGB kann im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts die abschreckende und normintegrierende Funktion des Strafrechts verwirklichen43. Vor diesem Hintergrund sind die Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht zweifelhaft44. Dies wird außerdem dadurch gestützt, dass insgesamt die Bewertung von § 266 StGB, was die Aufarbeitung der Krise aus strafrechtlicher Sicht betrifft, häufig positiv ausfällt. Schünemann geht davon aus, „dass der Untreuetatbestand besser sei als dessen Ruf“45. Es sei ein „gelungener Tatbestand, dem in der heutigen Wirtschaft und [im] Wirtschaftsstrafrecht eine Schlüsselposition zukomme“46 und es sei sogar ein „naturnotwendige[r] Tatbestand“47. So aber auch weitere Teilnehmer der hier zitierten Diskussion48. Ahlbrecht führt beispielsweise an: „Hauptansatzpunkt sei der § 266 StGB“49. Die vorliegende Untersuchung stützt die hier wiedergegebenen Ansichten vollumfänglich50. Die Frage, ob ein „Mehr“ von Strafrecht notwendig ist, wurde auch auf der hier 38

Vgl. BVerfGE 126, 170, 210 f. = NJW 2010, 3209, 3215, Rn. 111 f.; BGHSt 47, 187, 197 = NJW 2002, 1585, 1587. 39 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 40 Wohl im Sinne einer Norm, die verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht und deren weiter Anwendungsbereich auch als Chance genutzt werden kann. Insbesondere kann möglicherweise auf die Schaffung von abstrakten Gefährdungsdelikten oftmals verzichtet werden, wenn man auf § 266 StGB zurückgreifen kann. 41 BVerfGE 126, 170 ff. = NJW 2010, 3209 ff. 42 Vgl. Bermel, Banken und Pflichten Moderne Bankmanager und traditionelles Strafrecht 2014; 3. Teil, A. I und II. 43 2. Teil, A. II. 3. und 2. Teil, A. III. 44 Vgl. 3. Teil, A. IV. 1. 45 Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 36. 46 Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 36. 47 Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 36. 48 Es handelt sich um die Diskussion zum Forum I in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland? 2013. 49 Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 39. 50 Vgl. nur als eine Stimme, die sich ebenfalls ablehnend gegenüber einem „Mehr“ von Strafrecht äußert (der Leiter der Staatsanwaltschaft Dessau-Rosslau) Bittmann: Hienzsch, in:

4. Teil: Resümee

259

zitierten Fachtagung51 häufig während der Diskussionen negiert52. Die hier vorgenommene Untersuchung vermag auch dies zu stützen. Vorliegend wurden exemplarisch die Forderungen von Kasiske53 und die Gesetzgebung zur Änderung des KWG und des VAG54 untersucht55. Dies erfolgte unter dem Rückgriff auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Argumentationsmuster56. Unter Anerkennung der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative57 konnte vor allem die Fragen der Erforderlichkeit zu grundlegenden Aspekten führen, die bei der Gesetzgebung von Strafgesetzen zu beachten sind58. Für die Frage nach milderen Mitteln (auch innerhalb des Strafrechts) ist es entscheidend, die Gefahren einer Expansion des Strafrechts zu berücksichtigen59. Beachtet man vor allem die Risikogesellschaft nach Beck60 und die strafrechtliche Analyse dieser61, so sind die Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht nach der Krise geradezu reflexartig, ohne zuvor die Notwendigkeit näher hinterfragt zu haben62. Dieser Ansatz ermöglichte es außerdem, die Diskussionen um das Verhältnis von Individualrechtsgütern und Universalrechtsgütern darzulegen63. Aufgrund der Schaffung von immer mehr abstrakten Gefährdungstatbeständen musste auf die Gefahren einer solchen Entwicklung hingewiesen werden64. Diese Entwicklung ist seit langem bekannt und schon vielfach kritisiert worden65. Wenn jedoch als Reaktion auf die Krise Forderungen nach einem „Mehr“ von Strafrecht aufkommen, muss diesen erneut die bereits wissenschaftlich fundierten Ergebnisse der letzten Jahrzehnte gegenübergestellt werden. Nur so kann die Bedenklichkeit dieser Forderungen wieder in den Fokus gerückt werden. Rechtstheoretisch muss die Person66 und die Bedeutung dieser herausgestellt werden. So lässt sich darstellen, dass Straftatbestände zum Individualrechtsgüterschutz im Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 39. 51 Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland? 2013. 52 Hienzsch, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 35 ff. 53 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 ff.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 54 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 55 3. Teil, A. IV. 1. und 2. 56 3. Teil, A. IV. 2. 57 3. Teil, A. IV. 2. 58 3. Teil, A. IV. 2. 59 3. Teil, A. IV. 2. a). 60 Beck, Risikogesellschaft 1986; 3. Teil, A. IV. 2. a) aa) (1). 61 Vgl. Prittwitz, Strafrecht und Risiko 1993. 62 Vgl. 3. Teil, A. IV. 1. und 2. a). 63 3. Teil, A. IV. 2. a). 64 3. Teil, A. IV. 2. a). 65 Vgl. die Ausführungen und Nachweise unter 3. Teil, A. IV. 2. a). 66 3. Teil, A. IV. 2. a) cc).

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4. Teil: Resümee

Vergleich zu Straftatbeständen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter eine größere Legitimationskraft inne haben67. Um – für manche Situationen – die Gleich- oder Bessereignung von individualrechtsgutsschützenden Strafnormen gegenüber anderen Strafnormen feststellen zu können, ist auf strafzwecktheoretische Aspekte abzustellen. Diese Gleich- oder Bessereignung von bestimmten Normen gegenüber anderen Normen ergibt sich aus einer effektiveren Verwirklichung strafzwecktheoretischer Ziele68. Die hier zugrunde gelegte Arbeitshypothese beinhaltet, dass für die Tätergruppe der White Collar mehr Normbestimmtheit mit einem Mehr an generalpräventiver Wirkung einhergeht69. Aufgrund dieser Arbeitshypothese kann die Aussage getroffen werden, dass sich unbestimmte Normen im Vergleich zu bestimmten Normen – im Hinblick auf die strafzwecktheoretische Eignung – als nicht erforderlich erweisen können70. Vor diesem Hintergrund sind sowohl die Vorschläge von Kasiske71 als auch die Gesetzesänderungen im KWG und VAG72 kriminalpolitisch nicht vertretbar73. Die Schaffung weiterer Gefährdungsdelikte, die unbestimmter sind als § 266 StGB, welcher dieselben Sachverhalte erfasst und dazu dem Individualrechtsgüterschutz dient, stellt sich im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsargumentation als nicht erforderlich dar74. Vielmehr „[verliert sich] der gewünschte Präventiveffekt […] im Gestrüpp aufgeblähter und unverständlicher Gesetzessprache“75. Ein solcher Normendschungel trägt dazu bei, strafrechtlich relevantes Verhalten entgegen der Anforderungen von Art. 103 Abs. 2 GG76 aus einem für potentielle Täter erkennbaren Zusammenhang zu rücken77. Soll nun aber – nach dem bereits Dargelegten – der Gesetzgeber keine weiteren Straftatbestände zur Aufarbeitung der Krise oder etwa zur Prävention einer künftigen Krise schaffen dürfen? Dem Gesetzgeber ist zunächst aufzutragen, nach Alternativen zum Strafrecht zu suchen78. Vor allem sind die hier aufgezeigten Bedenken in einer kriminalpolitische Diskussion zu berücksichtigen, bevor Straftatbestände geschaffen werden. Es muss jedoch einem demokratisch legitimierten Gesetzgeber auch 67

3. Teil, A. IV. 2. a) cc) und dd). Vgl. zusammenfassend 3. Teil, A. IV. 2. b) cc). 69 1. Teil, B. III. 7. 70 3. Teil, A. IV. 2. a) dd) und 3. Teil, A. IV. 2. b) cc). 71 Kasiske, in: Schünemann, Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität, S. 40 ff.; Kasiske, ZRP 2011, 137 ff. 72 BGBl. 2013, Teil I, Nr. 47, 3090 ff. 73 3. Teil, A. IV. 3. und 3. Teil, B. 74 3. Teil, A. IV. 3. 75 Albrecht, NJ 1994, 193, 194. 76 Siehe hierzu 1. Teil, B. II. 2. b) ee) und 1. Teil, B. III. 7. 77 Vgl. 1. Teil, B. III. 7.; als „Kehrseite des gesetzgeberischen Motivs“ ist diese Problematik auch bei Müller-Dietz, in: Philipps/Scholler, Jenseits des Funktionalismus Arthur Kaufmann zum 65. Geburtstag, S. 101 f. identifiziert worden. 78 Vgl. hierzu m.w.N. die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeitsargumentation: 3. Teil, A. IV. 2. 68

4. Teil: Resümee

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möglich sein, flankierend neue Straftatbestände zu schaffen79, soweit diese erforderlich sind80. Die Bedeutung der genannten Aspekte sollte jedoch im Rahmen der Schaffung neuer Straftatbestände hervorgehoben werden, sodass durch diese ein verfassungskonformes und auch freiheitsschützendes Strafrecht zum Ausdruck kommen kann. Hierzu sei abschließend noch einmal auf die Worte zur Illusion der Notwendigkeit von einem „Mehr“ von Strafrecht verwiesen81: Der Gedanke, dass „de[r] gute […] Prinz […] Strafrecht“82 mit mehr Normen ausgestattet werden müsste, um mit seinem scharfen Schwert83 im Kampf gegen Akteure der Wirtschaft (die strafrechtliche Grenzen überschreiten) bestehen zu können, geht fehl. Dies ist illusorisch. Die Stärke dieses Prinzen liegt vielmehr in seinen inneren Werten (insbesondere der Verfassungskonformität vor dem Hintergrund einer liberalen Staatskonzeption), denn nur durch diese kann ein Strafrecht stark und zugleich nicht unnötig einschränkend sein.

79 Vgl. hierzu die Ausführungen in der Einleitung und 3. Teil, A. IV. 2. Vgl. außerdem zutreffend Rönnau, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 14 f. 80 Vgl. 3. Teil, A. IV. 2. 81 3. Teil, B. 82 Jahn, wistra 2013, 41 f.; Jahn, in: Schiedek/Rönnau, Wirtschaftsstrafrecht: Plage oder Gewinn für den Standort Deutschland?, S. 20 f. 83 Prittwitz, in: Kempf/Lüderssen/Volk, Die Handlungsfreiheit des Unternehmers, S. 58 f.; Prittwitz in: Beckemper, ZStW 119 (2007), 959, 966.

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Stichwortverzeichnis Abschreckung siehe Generalprävention Akzessorietät 42 ff., 127 f. Allzweckwaffe 36, 81, 255 Anerkennungsprämien siehe Bonizahlungen Anstalt öffentlichen Rechts siehe Öffentlicher Zweck Argumentationsmuster siehe Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Asset Backed Securities siehe Wertpapiere Aufsichtsratsmitglieder 123 f. Ausfallrisiken siehe Klumpenrisiken Auswahlermessen 181 f. Basel II 161 ff., 166 f. Bestandsgefährdung 246 ff. Bestimmtheit – Allgemein 47 ff. – Strafzwecke 243 ff., 251 ff., 256 f. – Untreue 81, 83 ff., 101 f. Beurteilungsspielraum 93, 180 ff., 196, 257 Bilanzrecht 210 ff. Blankett 84 f. Bonizahlungen 175 ff., 190, 194, 199, 206, 209, 216 f., 257 Business judgment rule siehe Informationen Collateralised Debt Obligations siehe Wertpapiere Conduit siehe Zweckgesellschaften Corporate Governance Kodex 161 f., 177 Diskurs 238 Diversifikation 168 ff. Dokumentation siehe Risikomanagement Eigenkapital – von Landesbanken 157 ff. – von Zweckgesellschaften 68 Eigenkapitalrendite 64 Eigenkapitalrichtlinie 166 Entmaterialisierung 227 ff.

Entschließungsermessen 181 f. Erforderlichkeit siehe Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Ermessensspielraum siehe Beurteilungsspielraum Evidenz 196 f. Existenzgefährdung – abstrakt und konkret 155 f. – als Pflichtverletzung 154 ff. – von Landesbanken 157 ff. Expansion – des Strafrechts 227 ff. – und deren Beschränkung 231 ff. Finanzdienstleistungen 131, 139, 143 Fristentransformation – durch Zweckgesellschaften 65 – im Fall Münemann 146 f. Gefährdungsschaden siehe Vermögensnachteil Generalprävention – negative und positive 24 ff. – Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen 113 ff. – Verhältnis zur Normbestimmtheit 47 ff. – Verhältnis zur Verständigung 103 ff. Geschäftszweck siehe Öffentlicher Zweck Gewinnerzielung siehe Öffentlicher Zweck Gravierende Pflichtverletzung – Allgemein 92 ff. – Gesamtschau 197 ff. – Rechtsprechung 96 ff. – Umfang 94 f. Grundlage ausreichender Informationen siehe Informationen Individualrechtsgüter – Rechtsgutstheorie 236 ff. – Verhältnis zu kollektiven Rechtsgütern 235 f.

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Stichwortverzeichnis

– Verhältnis zu Strafzwecken 241 ff. Informationen – Business judgment rule 191 ff. – Grundlage ausreichender Informationen 144 ff. – Plausibilitätskontrolle 153 – Vertrauen auf Dritte 150 ff. Kausalität 215 f. Klumpenrisiken – Ausfallrisiken 168 – Gesetzgeberische Wertungen 171 f. – Portfoliotheorie 168 ff. Kollektive Rechtsgüter siehe Individualrechtsgüter Kompensation siehe Vermögensnachteil Kosten-Nutzen-Modell siehe Rationalität Landesbanken – Auswirkungen der Krise 69 ff. – Geschäftsmodell 133 ff. Legalitätsprinzip 107 f., 115 Leitzinsen siehe Zinsen Mannesmann 39, 62, 83, 93, 94 f., 97 Münemann siehe Fristentransformation Nachhaltigkeit siehe Bonizahlungen Nachteilsgleiche Vermögensgefährdung siehe Vermögensnachteil Normativität siehe Vermögensnachteil Normintegration siehe Generalprävention Objektive Zurechnung 215 f. Öffentlicher Zweck – Anstalt öffentlichen Rechts 130 f. – Erfüllung öffentlicher Aufgaben 131 ff. – Satzungen der Landesbanken 133 ff. Öffentlichkeitsprinzip 108 ff. Person siehe Individualrechtsgüter Pflichtwidrigkeitsmaßstab 127 ff. Plausibilitätskontrolle siehe Informationen Politische Wirtschaftsstraftat 33 ff. Portfoliotheorie siehe Klumpenrisiken Quantifizierung siehe Vermögensnachteil

Ratingagenturen – Rolle in der Krise 66 f. – Vertrauen auf Ratings 151 ff. Rational choice siehe Rationalität Rationalität – Kosten-Nutzen-Modell 56 f. – Rational choice 56 Rechtsgut siehe Individualrechtsgüter Rechtsgutstheorie siehe Individualrechtsgüter Relationenontologie 237 Resozialisierung siehe Spezialprävention Restriktion 89 ff. Risikogeschäft 88 ff., 154 ff. Risikogesellschaft 230 ff. Risikomanagement – Allgemein 161 ff. – Risikobewertung 163 f. – Risikoerkennung 162 f. – Risikokontrolle 165 f. – Risikosteuerung 164 f. Rückschau 203, 205, 219, 221 Satzung – BayernLB 136 f. – HSH Nordbank 143 f. – IKB 139 ff. – LBBW 141 ff. – SachsenLB 133 ff. – WestLB 137 ff. Schadensgleiche Vermögensgefährdung siehe Vermögensnachteil Sonderinteressen 192, 194, 195, 199 Spekulationsgeschäfte siehe Risikogeschäft Spezialprävention – Allgemein 24 ff. – Resozialisierung 25 ff. Subprime Kredite 67 ff., 122, 142 Subsidiarität 43, 229, 232, 234 f., 243 Sühnetheorie 23 Tranche 66 ff. Transparenz 93, 99, 108, 151 f., 197, 199 Überwachungspflichten 183 ff., 191, 199 Ultima-ratio-Prinzip 41 f., 229, 242 Universalrechtsgüter siehe Individualrechtsgüter

Stichwortverzeichnis Unschuldsvermutung 249

46, 109, 112, 115,

Vereinigungstheorie 28 Vergeltungstheorie 21, 24 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – Allgemein 43 ff. – Argumentationsmuster 224 ff., 251, 259 – Erforderlichkeit 44 ff., 235, 240, 251, 259 Vermögensbetreuungspflicht 81 ff., 89, 98, 120, 123 ff., 162, 218 Vermögensdelikt 81, 96, 212 Vermögensnachteil – Allgemein 85 ff. – Gefährdungsschaden 208 ff. – Kompensation 96 – Normativität 212 ff. – Quantifizierbarkeit 95 f.

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Verschleifung 87 f., 95 f., 221 f. Verständigung 73 f., 103 ff. Vertrauen 54 f., 57 ff., 103 ff., 150 ff. Vorsatz 87, 90 ff., 216 Vorstandsmitglieder 123 ff. Wahrheitsermittlung 105 ff. Wertpapiere – Asset backed securities 64 ff. – Collateralised Debt Obligations 65 – Wertpapierhandel im Einzelfall 126 ff. White Collar 59 ff., 101 f., 113, 244, 256, 260 Wirtschaftlichkeit 124, 132 f. 135 Zinsen 64, 148 Zweckgesellschaft – Conduit 65, 69 ff., 127, 157, 198 – Special Purpose Vehicle 64