Die Sirenen nach ihrer Bedeutung und künstlerischen Darstellung im Alterthum [Reprint 2018 ed.] 9783111481845, 9783111115023


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German Pages 118 [124] Year 1868

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Table of contents :
Ursprung und weitere Entwickelung des Begriffes der Sirenen
Einleitung
I. Ursprünglicher Begriff der Sirenen. Homerische Ausschmückung
II. Weitere Entwickelung und Veränderung des Begriffes der Sirenen bis zur alexandrinischen Zeit
III. Die Sirenen bei und seit den Alexandrinern
Die Sirenen in der alten Kunst
I. Darstellungen der Sirenen aus dem Kreise des Mythos
II. Die Sirenen auf Gräbern
III. Die Sirenen als begeisternde Wesen
IV. Den Sirenen entsprechende Gestalten ausserhalb alles Zusammenhangs und ohne charakterisirende Attribute
V. Historischer Rückblick
Register
Verzeichniss der Darstellungen der Sirenen in der alten Kunst
Inhalt
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Die Sirenen nach ihrer Bedeutung und künstlerischen Darstellung im Alterthum [Reprint 2018 ed.]
 9783111481845, 9783111115023

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Die Sirenen nach

ihrer

Bedeutung und k ü n s t l e r i s c h e n

Darstellung

im

Alterthum.

Von

Hermann Schräder, Dr. pliil.

B e r l i n , Druck

und V e r l a g v o n 1868.

Georg

Reimer.

Johannes Classen, Otto Jahn

zugeeignet.

Ursprung und weitere Entwickelung

Begriffes der Sirenen.

Einleitung. U n s e r Urtheil über die G r u n d b e d e u t u n g der Sirenen und den Zusammenhang zwischen dieser und ihrer späteren Entwickelung ist durch den nebelhaften Charakter, den sie in der ältesten derZeit nach zu fixirenden Darstellung, in der O d y s s e e ' ) , tragen, äusserst erschwert. Der Wind hat das Schiff des Odysseus in die Nähe der Insel der Sirenen getragen. Hier legt er sich, die Segel hangen schlaff an den Raen, die Welle wird glatt und ruhig, von einer Gottheit eingeschläfert. Auf der Insel sitzen auf blumiger Wiese die beiden Sirenen, rings um sie ein Haufe von bis auf die Knochen') verwesenden Männern, deren Haut rings herum einschrumpft. Wie die Unglücklichen umkommen — man weiss es nicht. Die Sirenen, die göttlich singenden, bezaubern alle Menschen, die zu ihnen kommen, mit helltönendem Gesänge; wer in Unkunde sich ihnen nähert und ihre Stimme hört, sieht Weib und Kind nie wieder. Selbst Odysseus, der vielerfahrene, widersteht nur durch den Rath der Kirke: nur die Banden, die ihn an den Mast fesseln, halten ihn a b t dem Gesang zu folgen und zu hören, was die Griechen und Troer erduldet und was sonst auf der weiten Erde geschieht, um froh der genossenen Lust und reicher an Wissen heimzukehren. Dieses dunkle und durch die eigenthümliche Mischung von Lust und Verderben fesselnde Abenteuer des Odysseus hat das spätere Alterthum theils erweitert theils zu erklären versucht. S o p h o k l e s liess seinen Odysseus erzählen: .') p 3 9 - 5 4 , 166 — 196. 2 ) B e r n a y s bei D r o n k e , das homerische Suffix

tpiv,

Rh. Mus. IX, S. 621.

1*



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„Ich k a m zu den Sirenen, „ d e s P h o r k o s Töchtern, die des H a d e s W e i s e n t ö n e n , " und g a b also schon eine Genealogie der geheimnissvollen Wesen, j e d o c h eine so unbestimmte (s. Abschn. II.), dass es k a u m damit im Widerspruch ist, w e n n sie bei E u r i p i d e s Töchter der E r d e g e n a n n t w e r d e n , w ä h r e n d in der alexandrinischen Zeit der Fluss Acheloos als ihr Vater, als ihre Mutter eine Muse erscheint. In dieser Zeit sind es nicht m e h r , wie noch bei Sophokles, zwei, sondern drei an Z a h l , P a r t h e n o p e , L e u k o s i a und L i g e a , k u n d i g der Weisen ihrer Mutter, d e r Muse, h a l b J u n g f r a u e n , halb Vögel; sie hausen auf hoher Klippe, von der sie sich, d a Odysseus unverfuhrt an ihnen vorbeifährt, nach dem Willen des Schicksals ins Meer stürzen; die Fluth t r ä g t i h r e Leichen a n die italische Küste, wo sie bestattet und verehrt werden. Schon bei A p o l l o n i o s d e m ß h o d i e r sehen wir in der Angabe, dass die Sirenen die an ihrer Insel L a n d e n d e n hinschwinden lassen, Trjxsdövt cpüivviyovoai, einen schwachen Versuch, die W i r k u n g derselben zu e r k l ä r e n . Dies tritt begreiflicherweise in ungleich s t ä r kerem Maasse im Kreise der a l e x a n d r i n i s c h e n G r a m m a t i k e r hervor, die ausserdem auch N a m e n , Gestalt und Wohnsitz derselben sowie die B e d e u t u n g ihres Wesens in den Kreis ihrer Untersuchungen zogen. Diese Untersuchungen mussten jedoch, ebenso wie die u n s r i g e n , auch einzelne völlig selbständige M y t h e n , die mit den h o m e r i s c h e n Sirenen in gar keiner Verbindung zu stehen schein e n , berücksichtigen, sowie auch die Vorstellungen, die sich von ihnen im L a u f e der Zeit gebildet hatten, auf ihren G r u n d z u r ü c k zuführen suchen. So d e n k t E u r i p i d e s sich die Sirenen, die Töchter der E r d e , geflügelt, mit „befiederten S c h w u n g s o h l e n " , die Flöte oder Syrinx in k l a g e n d e n Weisen spielend, und ganz diesem Bilde entsprechend bezeichnet der K o m i k e r A n a x i l a s ein von der Natur vernachlässigtes Mädchen als eiue „ g e r u p f t e S i r e n e " , mit „ B l i c k u n d S t i m m e e i n e s W e i b e s , a b e r d e n S c h e n k e l n e i n e s S p e r l i n g s " , eine D a r s t e l l u n g s a r t , die auch auf K u n s t w e r k e n häufig hervortritt, die d a n e b e n a u c h die Gestalt vollkommen schöner W e i b e r , sowie d e n Leib eines Vogels mit weiblichem Haupte, zuweilen auch weiblichem Überkörper, zeigen. Dieselbe Mannigfaltigkeit zeigt sich in den verschiedenen, d e r homerischen Schilderung nicht liegenden M y t h e n , die sich diese W e s e n anschliessen: das Abenteuer der A r g o n a u t e n freilich zum grössteu Theil nichts a l s eine U e b e r t r a g u n g

in an ist des



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Abenteuers des Odysseus auf einen andern Kreis, ganz selbständige, nur später zum Theil mit dem Kreis der Odyssee verknüpfte Mythen sind es dagegen, wenn sie als G e s p i e l i n n e n d e r P e r s e p h o n e erscheinen, die sie vor dem Raub durch Pluton begleiten, oder im S t r e i t m i t d e n M u s e n , die ihnen zur Strafe die Federn entreissen — ein Vorgang, der nach der Stadt Aptera auf Kreta verlegt wird. Rechnen wir noch hinzu, dass sie auch dem C u l t u s nicht fremd, sowohl als selbständige Wesen verehrt, als auch mit dem der Here verbunden wurden, ferner dass sie in verschiedener Anzahl und in verschiedener Auffassung — als Sängerinnen, mit Flöte, Leyer, Syrinx, sich das Haar ausraufend — als S y m b o l d e r T o d t e n k l a g e erscheinen, daneben als b e g e i s t e r n d e und den Musen an die Seite zu stellende Wesen, j a schlechthin als Bezeichnung der Sanges- und Redekunde, bei Plato sogar m i t d e r S p h ä r e n h a r m o n i e verknüpft, andrerseits als Symbole der V e r f ü h r u n g , des Sinnenreizes, t r ü g e r i s c h e r Weisheit, gleissn e r i s c h e r u n d b e t h ö r e n d e r R e d e , der S c h m e i c h e l e i , so lässt sich nicht verkennen, dass zu dein nebelhaften Bilde der Odyssee noch eine ausserordentliche.Mannigfaltigkeit der Vorstellungen oder eine seltene Dehnbarkeit und Verschwommenheit der Begriffe späterer Zeit hinzukömmt, Umstände, die sowohl eine sichere Ergründung des ursprünglichen Wesens und der Fortentwickelung desselben als auch die unzertrennlich damit verbundene, nicht allein beschreibende, sondern die verschiedenen Gattungen des Kunststils zergliedernde und gruppirende Betrachtung der plastischen Darstellungen ausserordentlich erschwert haben. Unter diesen Umständen ist es unerlässlich nothwendig, bei der Feststellung der Bedeutung der Sirenen einen streng historischen Gang einzuschlagen. Es muss vor allem andern untersucht werden, ob und inwiefern die anscheinend älteste Darstellung, die der Odyssee, für die ursprungliche zu halten ist, und inwiefern wir aus dieser die Bedeutung der Sirenen Uberhaupt festzustellen vermögen. Hiermit sind sodann die Vorstellungen späterer Zeit zusammenzustellen, und es ist zu zeigen, inwiefern sie in der ursprünglichen oder auch der homerischen Anschauung schon enthalten waren oder als Erweiterungen derselben anzusehen sind.



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I.

Ursprünglicher Begriff der Sirenen. Ausschmückung.

Homerische

Dass die h o m e r i s c h e S c h i l d e r u n g den meisten Untersuchungen über den Begriff der Sirenen als Ausgangspunkt gedient hat, ist bei der grossen Schönheit derselben begreiflich: ins Verderben lockende, aller Dinge kundige Sängerinnen auf blumiger Insel des Meeres — in der That ein schönes, die Phantasie in hohem Maasse in Anspruch nehmendes Bild, das ausserdem in seinen Einzelheiten Momente genug für einen Vergleich mit ähnlichen Schöpfungen andrer Zeiten und Völker darbietet 1 ). Kein Wunder daher, dass, wie schon das Alterthum den Klang der Wellen am Ufer oder in den Engen des Meeres in ihnen verkörpert sah l ), und ihren .Namen von der Gewalt ihrer Worte 3 ) oder ihrer Verlockung 4 ) herleitete, auch die neuere Forschung sich zum grossen Theil zunächst an das Bild, das die Odyssee vor uns aufrollt, gehalten und in ihnen bald verlockende und verfängliche Musen der See erblickt h a t ' ) , bald allwissende und durch magische Kraft des Gesanges wirkende Zauberinnen, Töchter des Sonnengottes (SeiQfjveg von aeig, vgl. S. 12) 6 ), oder ein einfaches Schiffermärchen 7 ) oder den zu einem ') Vergleichungen mit Schwanjungfrauen, Nixen, der Loreley u. a. w. bieten sich von selbst dar. In anderem Sinne verglich S c h w a r t z , Ztschr. f. Gymnasialwes. X V I I , S. 465 ff. die Sirenen mit dem Hraesvelgr der Edda, vgl. S. 14. 2 ) B u s t . zu (U, S. 1709, 38. S u i d . £ttofjvas: o äi ¿i.rj9fii Xöyog T O Ü T O ßouXnai, ttvcii TOTIOVS rivcts üai.ajiiovs, (f oig ftj.ißoluevov ro QÜ&QOV XiyvQciv riva (j tovtjv cmoSCäuiaiv, {¡; tnaxouorits oi 7iai>anXio%nti l/untojtvouoi TKJ eavTtöv xpvjrttg TW (itufjciTi xcu a'vTavÖQOi avv jccTg vavah' anölluvjcti. 3 ) E t . M. und G u d . : 2III(IRJV 7I«QCI TO TLGAT, TÖ MYCO. Ebenso H u m b o l d t , Kosm. III, S. 208, wozu F r a n z den Zusatz macht: „ V o n einer Wurzel, welche den fliessenden Ton des Naturphänomens darstellt". 4 ) F u l g e n t . Myth. II, 11, der sie als illecebrae amoris definirt, sagt: nam denique et Sirenes dictae sunt, avaitv enim üraece trahere dtcitur. 5 ) P r e l l e r , gr. Myth. I, S. 481. c ) H ä r t u n g , Rel. und Myth. d. Gr. II, S. 140. ') Ausser C r e u z e r bei Schorn zu Tischbein's Homer nach Ant., Heft 8, 2, S. 23 ff., der dasselbe später durch ägyptischen Einfluss allegorisch aufge-



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solchen verkörperten ethischen Begriff, dass das Meer und das Seeleben wohl anziehen könne, dass zuletzt aber dem Schiffer, wenn er sich nicht davon losmachen könne, der Untergang in den Wellen gewiss sei 8 ). Eine andre E r k l ä r u n g " ) sieht in ihnen prophetische Sängerinnen der schwülen, unfruchtbaren Meeresbrandung, die durch ihren mit oeiga in Verbindung zu bringenden Namen als „fesselnde Götterwesen" 10) bezeichnet w ä r e n , indess, der älteren Ableitung von dem semitischen shir 1 ') zu geschweigen, in diesem andrerseits durch Vermittlung des Sanskritstammes svar , i ! ) die Kraft des Gesanges gefunden wurde, Versuche, denen gegenüber bis jetzt völlig vereinzelt die K l a u s e n ' s c h e Erklärung (Abent. d. Od., S. 49) dasteht, nach welcher sie für Dämonen der Verwesung zu halten w ä r e n , die der Wirkung des Sirius vergleichbar in Sonnengluth und Windstille das Herz und den Leib mit ihrem Gesänge zerschmelzen und in Staub zerfallen lassen. Da es jedoch mindestens fraglich erscheinen muss, ob alle im Obigen kurz hervorgehobenen Seiten ihres Wesens, die klagenden Weisen der Töchter der Erde, der ihnen als solchen — nach andrer Ansicht als verlockenden Wesen — angewiesene Platz auf Grabmonumenten, ihre Verbindung mit Persephone, ihre Abstammung von Acheloos, ihre jedenfalls alte Verbindung mit Here und vor allem andern ihr selbständiger Cultus einzig und allein von den auf einer Insel des Meeres und n u r auf dieser (// 4 0 : o TS ocpeai; elga(pUi]zai) Gefahr und Tod drohenden Sängerinnen hergeleitet werden können, so ist es begreiflich, dass man ihre Bedeutung zu erweitern gesucht h a t , indem man mit den für wesentlich gehaltenen Zügen der homerischen Schilderung, ihrem Walten auf dem Meere und ihrem Gesänge, Dinge verband, die in dieser keineswegs hervortreten, jedoch die Vermittlung zwischen dieser und den übrigen Seiten ihres Wesens zu bilden scheinen, wie von G e r h a r d (gr. Myth. § 363, 3 c. § 553), der sie an „die fast gleichnamige

fasst werden lässt, N i t z s c h , Anra. z. Od. III, S. 368. S c h w e n c k , Myth, d. Gr., S. 332. S c h e n k l , Ztschr. f. österr. Gymn. 1865, S. 225. 8 ) W e I c k e r , gr. Götterlehre III, S. 164. 9 ) G e r h a r d , gr. Myth. § 5 5 3 . ,0 ) Ebenso D o d e r l e i n , Horn. Gloss. II, 531. C e r q u a n d , les Sirenes, rev. arch. 1864, II, S.289. — G e r h a r d , A. V. I, S. 99, 126, sucht die Verwandtschaft mit oapri zugleich mit o u y a l v n v , austrocknen, in Verbindung zu bringen. n ) B o c h a r t , hieroz. II, 6, 8. I2 ) B e n f e y , Wzll. I, 461. C h r i s t , gr. Lautlehre, S.257.



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Meer-, Höhlen- und Todesgöttin Aphrodite Zerinthia oder Zeiren" anschliesst , 3 ), und von H. D. M ü l l e r (Ares, S. 112) geschehen, der in ihnen eine dem Hades angehörige Verkörperung der Todtenklage erblickt. Andre haben in den Sirenen der Odyssee nur die Ausschmückung und poetische Verwerthung einer nicht griechischen, sondern orientalischen, entweder ägyptischen, oder ursprünglich assyrischen, dann Uberhaupt vorderasiatischen Gestalt gesehen. So erklärte S c h o r n a. a. 0 . Sirenen, Jyngen und Keledonen für verschiedenartige Ausbildungen persisch-ägyptischer Mythen; C r e u z e r liess das ursprünglich griechische Schiffermärchen später durch ägyptische Vorstellungen beeinflusst werden, und nachdem R a o u l R o c h e t t e das Wesen der Sirenen ebenfalls aus Aegypten herzuleiten versucht hatte, hat es kürzlich W i e s e l e r in seiner Schrift sopra alcune rappresentazione del ciclo della Venere Orientale (in den nuove memorie dell Inst.) unternommen, dieselben in nahe Verbindung mit gewissen Seiten der Aphrodite zu bringen und gleich diesen aus Assyrien herzuleiten. So wenig auch dieser nicht griechische Ursprung trotz einiger der äussern Gestalt nach verwandten Erscheinungen, die sich bei den gedachten Völkern finden, bis jetzt für mehr als eine noch keineswegs begründete Vermuthung gelten kann, so sehr ist die bei diesen Ansichten thätige Empfindung anzuerkennen, dass sich a l l e Seiten der griechischen Sirenen aus dem Bilde, das uns Homer von ihnen gibt, nur gezwungen erklären lassen, oder doch nur so, dass wir eine Reihe von Ideen mit ihnen verbinden, die bei Homer schlechterdings nicht hervortreten. Nicht minder liegt in der vorher erwähnten Erweiterung des homerischen Bildes mit Beibehaltung der besonders hervortretenden Züge desselben ein Gedanke, den zuerst klar und deutlich ausgesprochen zu haben W e l c k e r ' s Verdienst ist, dass wir nämlich, wenn auch die Odyssee unsere ..älteste Urkunde über die Sirenen abgibt, doch keineswegs berechtigt sind, die „Schiffermäre" selbst ohne Wendung und Zusatz des Dichters vorauszusetzen (S. 162), ohne dass W. freilich in seiner Definition der Sirenen die Tragweite dieses Gedankens praktisch verwerthet hätte. Consequenter gingen von demselben Gedanken S c h w a r t z und C e r q u a n d aus, von denen ersterer in den Sirenen S t u r m v ö g e l 13

) Früher schon K l a u s e n , Aen. 1,499; ähnlich a u c h W e l c k e r , S. 164: „das Anziehende und Bezaubernde bedeuten die Sirenen, wenn Aphrodite einmal Zn()iji'ij genannt wird".



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erblickte, die mit dem Blitz in Verbindung zu bringen wären, letzterer geheimnissvolle, entnervende und durch Entkräftung tödtende, d e r W i n d s t i l l e g l e i c h zu s e t z e n d e W e s e n 14), deren Bezeichnung er wie schon andere vor ihm durch eine Vergleichung mit aeiQtt zu erklären sucht. So richtig übrigens der zuerst von Welcker deutlich ausgesprochene, in der That jedoch schon früheren Ansichten zu Grunde liegende Satz ist, dass die Odyssee uns nur das relativ älteste 15) Bild der Sirenen darbietet, das möglicherweise schon sehr viele Ausschmückungen erfahren haben kann, so ist trotzdem für die Ergründung des ursprünglichen Begriffes von dieser homerischen Darstellung auszugehn; denn wenn auch die Empfindung, aus welcher u. a. der Cultus der Sirenen hervorgegangen ist, älter ist als ihre Einkleidung in die Form, der wir bei Homer begegnen, so kann sie doch unmöglich als Anhalt für die Erforschung des ursprünglichen Begriffes dienen, da sie eben mit diesem Begriffe zusammenfällt. Für diese Erforschung ist vielmehr jene poetische Schilderung zu Grunde zu legen, freilich überall mit dem Bewusstsein, dass manches in derselben nur Ausschmückung eines Aelteren, Einfacheren und vielleicht weniger deutlich Ausgeprägten sein kann. Den eigentlichen Kern der homerischen Schilderung zu finden, erleichtert uns aber der N a m e der Sirenen, der mit ihrer W i r k u n g übereinstimmt. Die Art und Weise dieser Wirkung wird von den Alten aus verschiedenen Ursachen erklärt, die zum grössten Theil keiner Widerlegung bedürfen 16 ). Unter diesen Versuchen zeichnet sich jedoch durch strenges Festhalten an der homerischen Schilderung mit Vermeidung aller in dieselbe erst hineingetragenen Anschauungen die des P a u s a n i a s aus (X, 6 , 3 ) : nv&eo&ai yaQ öi) ra o>]7tof.t£va

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Nicht dass die vom Gesänge der Sirenen Bezauberten s t e r b e n , hebt die Odyssee hervor, sondern dass sie v e r w e s e n , nicht ein Haufe von Gebeinen liegt um axovovveg

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) S. 289, 6: »les Sirènes sont le calme sous le vent des hautes falaises et des îles". 1S ) Ueber die hierfür besonders wichtige, bisher nicht genug gewürdigte Bedeutung des Cultus derselben s. w. u. ") Yergl. Abschn. III a. E.

— 10 — die geheimnissvollen Wesen herum, sondern ein Haufe v e r w e s e n d e r Männer, noXvg ó' è[up òazeóq>iv d-ìg ¿vdgioi' nv9o[iéi>iov, tisqI dè Qtvoi /.iivv&ovaiv, eine so e i g e n t ü m l i c h e und mit den unwiderstehlichen LockuDgen der Sirenen, die Homer hervorhebt, so sehr im Widerspruch stehende Erscheinung, dass man ohne Frage berechtigt ist, in ihr einen uralten Zug des Mythos zu erkennen (wie auch S c h w a r t z S. 466). Kein Sturm droht a n der Insel der Sirenen dem Schiffer Gef a h r ; in ihrer Nähe legt sich der Wind, der das Schiff des Odysseus hierher g e t r a g e n : a vx ix ensir' ave fing /.lèv ènavoazo i]óè yahprj etcXexo vt]i>£/.urj • xoi'firjae de xvftaza daifitov, vollkommen im Einklang mit dem Bilde langsamer Verwesung, die kein frischer Luftzug stört, so sehr im Einklang mit ihm, dass H e s i o d , dessen Worte wir ohne Bedenken für die der homerischen Schilderung zu entnehmende Grundbedeutung zu Hülfe nehmen können, selbst die Winde von den Sirenen bezaubert werden Hess "), eine Uebereinstimmung, die wenig zu Gunsten der Ansicht von Nitzsch spricht (S. 3 9 1 ) , nach wclcher mit v. 169: xolfiìjos òè (.taxa óaiitiov eine Thätigkeit der Kirke '") bezeichnet wäre. Die W i r k u n g der Sirenen ist also die Verwesung, so dass Klausen S. 46 sie nicht mit Unrecht D ä m o n e n d e r V e r w e s u n g genannt h a t , ohne damit freilich den letzten Grund ihres Wesens zu erschöpfen, der sich in einer weniger verschwimmenden, mehr ursprünglich - v o l k s t ü m l i c h e n Form ergründen lässt, die es zugleich erklärlich macht, wie Wesen ihrer Art eine Stelle im Cultus gefunden h a b e n , was für Dämonen der Verwesung, wie etwa Eurynomos, schwer zu begreifen sein würde. So irrig der Versuch K l a u s e n ' s war (Abent. d. Od. S. 45), den mit Recht athetirten Vers: ahfjct ö' laivero xrjQng, ènei xélszo (.isyäXrj ig — 'HeXiov z avy/j ' YiceQiovlöao avaxzog (ß 176) dazu zu benutzen, auf brennende Hitze in der Nähe der Sireneninsel zu schliessen, so bedeutungsvoll ist der von ihm gegebene

") S c h o l . ¡j 168 Q V. E u s t . 1710, 40. I8 ) Vielmehr steht v hier in demselben unbestimmten Sinne, wie in dem von Nitzsch selbst angeführten Verse k 586:

n/iff'l 77ogoi yuitt /lO.aivit (jartay.t, Y.aiaCijVitaxi