Die Schwedischen Volksmärchen: Herkunft und Geschichte [Reprint 2022 ed.]
 9783112618004, 9783112617991

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WALDEMAR LIUNGMAN

• DIE SCHWEDISCHEN VOLKSMÄRCHEN

DEUTSCHE A K A D E M I E DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN VERÖFFENTLICHUNGEN D E S I N S T I T U T S FÜR D E U T S C H E

VOLKSKUNDE

Band 20

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1961

WALDEMAR L I U N G M A N

DIE SCHWEDISCHEN VOLKSMÄRCHEN Herkunft und Geschichte

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1961

Aus dem Schwedischen übersetz von Elsheth Umlauf

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W8, Leipziger Str. 3—4 Copyright 1961 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Lizenz-Nr.: 202 • 100/109/61 Satz, Druck und Einband: Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Bestellnummer: 2034/20 Printed in Germany ES 14 G

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Einleitung

XIX XXI

Tiermärchen (AaTh i—299) 1-35 Einführung 1 Nr. 1 und 2. Fisch(Brot)-Diebstahl und Der Fischfang mit dem Schwanz . . 4 Nr. 3. Der Fuchs spielt den Überfallenen 5 Nr. 4. Der scheinkranke Fuchs wird getragen 5 Nr. 5. Fuß oder Wurzel 6 Nr. 7. Drei Baumarten nennen 6 Nr. 9 AB. Die Ernteteilung der Tiere 6 Nr. 15. Diebstahl vom gemeinsamen Vorrat 8 Nr. 32. Der Wolf als Retter 8 Nr. 34. Das Spiegelbild des Mondes wird für einen Käse gehalten 8 Nr. 38. Die Tatze (der Schwanz, die Ohren usw.) in der Klemme 9 Nr. 41. Schmal hinein, aber zu dick, um herauszukommen 9 Nr. 47 A. Mußte am Pferdeschwanz hängen 10 Nr. 49. Der Bär wird zum Honigessen eingeladen 10 Nr. 56 A. Der Fuchs beim Baumfällen 11 Nr. 56 B. Der Fuchs bekommt die Vogeljungen in seinen Bau 11 Nr. 57. Singen mit dem Käse im Mund 11 Nr. GS 59. Sauer, sagte der Fuchs 12 Nr. 60. Tiefes oder flaches Gefäß 12 Nr. 61. Mit geschlossenen Augen krähen 12 Nr. 65. Zu schnelle Wiederverehelichung 13 Nr. 70. Der Hase lacht über die Angst der Tiere 13 Nr. 72. Wenn es Sommer wäre 13 Nr. 75. Wie die Maus den Löwen befreite 14 Nr. 77. Der Hirsch spiegelt sich in der Quelle 14 Nr. 77*. Der Wolf als Jesuit 14 Nr. 101. Der treue Hund 14 Nr. 102. Der Hund als Schuhmacher des Wolfes 15 Nr. 103 —104. Wilde und zahme Tiere 15 Nr. 105. Die kletternde Katze 15 Nr. 110. Die Katze und die Schelle 16 Nr. 112. Die Maus vom Lande und die Maus aus der Stadt (bzw. Die Waldmaus und die Hausmaus) 16

VI Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

Inhaltsverzeichnis 115. Der hungrige Fuchs 116. Der Bär auf der Heufuhre 117*. Das Pferd schleppt den Bären 120. Den Sonnenaufgang als erster sehen 122 A. Die Mißgeschicke des Fuchses (Wolfes) 123. Der Wolf und die Geißlein 123*. Die Bruseböcke 125. Die Wolfsköpfe 130. Die fliehenden Haustiere GS 1 3 1 . Prahlerische Worte bei der Tränke GS 132. Der versteckte Fuchs und das Nicken 153. Der Bär will stärker werden 154. Undankbarkeit eines Menschen, dem geholfen wurde 15 5. Undankbares Tier wieder eingefangen 156. Der dankbare Löwe (Bär) 157. Der Mensch ist nicht gefährlich GS 169. Sitz still 1 200. Der Freibrief der Hunde 206. Zweimal gedroschenes Stroh 210. Gegenstände auf Wanderschaft 212. Die lügende Ziege 217. Die Katze und die Kerze 221. Der König der Vögel 227. Das Gebet der Gänse 230*. Der Hahn kommt zuerst zum Hof 236. Die Taube lernt ein Nest bauen 240. Warum die Taube zwei Eier legt 242. Hervorgelockt und aufgefressen 247. Die schönsten Jungen 248. Auch ein kleiner Vogel kann töten 275. Der Wettlauf der Tiere 285. Schlange und Kind trinken Milch

Zaubermärchen (AaTh 300—981) Einführung Nr. 300. Der Drachentöter Nr. 301 AB. Der Bärensohn oder Die geraubten Prinzessinnen Nr. 302. Der Riese ohne Herz . Nr. 303. Die Zwillingsbrüder Nr. 304. Der Jäger, der nicht danebenschießen konnte Nr. 306. Die zertanzten Schuhe Nr. 3 1 1 . Von einem Riesen (Ungeheuer) ermordet Nr. 312. Ritter Blaubart Nr. 313 AC. Die magische Flucht Nr. 314. Der Goldhaarige (Goldfingrige) Nr. 315. Die treulose Schwester Nr. 316. In der Gewalt der Meerfrau Nr. 325. Der Zauberer und sein Lehrling

- . .

17 17 17 17 18 18 19 ig 19 21 22 22 22 23 25 25 26 26 27 28 29 29 30 31 31 31 32 32 32 32 33 34

37 — 251 37 38 43 47 49 53 54 56 57 57 60 61 62 62

Inhaltsverzeichnis Nr. 326. Der Jüngling, der sich nicht fürchten konnte Nr. 327 ABC. Die Kinder bei der Hexe Nr. 328. Die Kleinodien des Riesen Nr. 329. Dem Zauberspiegel entgehen Nr. 330 AB. Der Schmied und der Teufel Nr. 331. Der Geist in der Flasche Nr. 332. Gevatter Tod Nr. 333. Rotkäppchen Nr. 333*. Die Weissagung, durch ein verzaubertes Tier zu sterben Nr. 361. Sich nicht waschen dürfen Nr. 363. Der Vampir Nr. 365. Das Lenorenmärchen Nr. 366. Der Tote will das Seine Nr. GS 367. Das Batamärchen Nr. 400. Das Märchen von der Schwanenjungfrau Nr. 402. Die Maus (der Frosch, die Katze etc.) als Braut Nr. 403 A. Die weiße und die schwarze Braut und deren Brüder Nr. 403 B. Die weiße und die schwarze Braut und die Männleiii (Vögel etc). . Nr. 405. Jorinde und Joringel Nr. 408. Die drei Zitronen Nr. 410. Dornröschen Nr. 425 ABC. Amor und Psyche Nr. 428. Der musizierende Schrein oder Der Auftrag bei der Schwester der Hexe Nr. 430. Prinz Esel mit der Leier Nr. 432. Der Liebhaber als Vogel Nr. 433 AB. König Lindwurm Nr. 440. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich Nr. 441. Der Igel Nr. 450. Brüderchen und Schwesterchen Nr. 451. Die 12 (6) Schwäne (Raben) Nr. 460 AB. Antwort von Gott holen Nr. 461. Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn zu werden . Nr. 471. Die Brücke zur anderen Welt Nr. 475. Der Höllenheizer Nr. 480. Die Schreine Nr. 500. Titteliture oder Das Mädchen, das Gold spinnen sollte Nr. 501. Die drei Spinnerinnen Nr. 502. Der wilde Mann Nr. 503. Bucklige verlieren und bekommen einen Buckel Nr. 506 A. Die von Sklavenhaltern losgekaufte Prinzessin Nr. 506 B. Die den Räubern (Unholden) entführte Prinzessin (auch Bootsmann Pelle genannt) Nr. 507 A. Die Geliebte des Unholds (Tobiasmärchen) Nr. 508. Pippin und der dankbare Tote Nr. 510 AB. Die Aschenputtelmärchen Nr. 511. Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein Nr. 513 AB. Die wunderbaren Helfer Nr. 515**. DerHirte

VII 64 65 69 70 71 72 73 75 75 76 77 77 78 78 80 85 86 89 90 90 91 91 97 98 99 100 102 103 103 105 107 107 114 115 115 117 118 1x9 120 121 121 122 124 125 126 135 138

Vili

Inhaltsverzeichnis

Nr. 516. Der versteinerte Diener Nr. 517. Der Vogel und die Demütigung des Vaters Nr. 518. Die um magische Gegenstände streitenden Erben Nr. 519. Das starke Weib Nr. 530. Der Glasberg Nr. 531. Der verleumdete Arbeitskamerad Nr. 533. Die untergeschobene Braut (auch Der sprechende Pferdekopf genannt) Nr. 545 AB. Der gestiefelte Kater Nr. 550. Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin Nr. 5 51. Das Wasser des Lebens Nr. 552 AB. Tiere als Schwäger und Schwiegersöhne Nr. 553. Bedrohter Vogel als Helfer Nr. GS 5 5 3 A. Der Knabe im Adlerhorst Nr. 554. Die dankbaren Tiere Nr. 555. Das Weib, das Gott werden wollte Nr. 560. Das Wunschkleinod Nr. 561. Aladins Wunderlampe Nr. 562. Das Feuerzeug Nr. 563. Tischlein deck dich Nr. 564. Die zwei wunderbaren (Zauber-)Krüge Nr. 565. Die Mühle, die nicht aufhören konnte zu mahlen Nr. 566. Fortunatus Nr. 567. Der Zaubervogel Nr. 569. Betrügerischer Austausch magischer Gegenstände Nr. 570. Des Königs Hasen hüten Nr. 571. „Kleb ani" Nr. 577. Der Auftrag des Königs Nr. 580. Aller Frauen Gunst Nr. 591. Der stehlende Topf Nr. 592. Die Geige zwingt zum Tanz Nr. 594*. Der Bursche, der die Insel von Riesen befreite Nr. 610. Die Prinzessin und die heilenden Früchte Nr. 611. Treue Liebe Nr. 612. Ein Tier erweckt den toten Gefährten zum Leben Nr. 613. Wahrheit und Lüge Nr. 621. Das Fell der großen Laus Nr. 650. Der starke Hans Nr. 653. Die kunstfertigen Brüder (Freunde) Nr. 654. Die (drei) flinken Meister Nr. 655. Die drei weisen Brüder Nr. 660. Die Doktoren mit den vertauschten Organen Nr. 667*. Der Junge, der sich verwandeln konnte Nr. 670. Der Mann, der die Sprache der Tiere verstand Nr. 671. Die drei Sprachen Nr. 672 B. Das Schlangenkrönlein Nr. 673. Der Schlangenesser Nr. 675. Der faule Bursche mit Zaubermacht

139 140 141 142 144 147 149 151 153 154 159 160 160 160 161 163 163 163 167 167 167 172 174 175 176 177 178 178 179 180 181 181 181 182 183 184 185 187 188 189 189 189 189 190 190 190 191

Inhaltsverzeichnis Nr. 676. „Sesam, öffne dichl" Nr. 700. Der Däumling im Kuhmagen Nr. 701*. Das Riesenspielzeug Nr. 705. In einem Vogelnest aufgewachsen Nr. 706. Das Mädchen ohne Hände Nr. 707. Drei Schwestern wollen den König haben Nr. 708. Die Mißgeburt Nr. 709. Schneewittchen Nr. 710. Die schwarze Madonna oder der Graumantel Nr. 7 1 1 . Die Zwillingsschwestern Nr. 712. Cresentia Nr. 715. Der (Halb-)Hahn Nr. 720. Meine Mutter hat mich getötet Nr. GS 724. Madame Trutta Nr. 725. Der Traum .• Nr. 726. Der älteste Vater im Haus Nr. 745. Das Glück geht seinen eigenen Weg Nr. GS 746. Der schwimmende Stein Nr. 750 A. Die (drei) Wünsche Nr. 750 B. Das wiedererweckte Schlachttier Nr. 751 A. Die gierige Bauersfrau, die verwandelt wurde Nr. 752 B. Der vergessene Wind Nr. 753. Der Heilige und der Schmied Nr. 754***. Der ewige Jude Nr. 755. Das Mädchen, das keine Kinder haben wollte Nr. 756 A. Der grünende Stab Nr. 756 B. Den Vertrag mit dem Teufel zurückholen Nr. 759. Gottes Ratschluß Nr. 7Öo(*). Der Mörder verwest nicht Nr. 763*. Die Siebenschläfer Nr. 768. Christopherus und das Jesuskind Nr. 785. Das Herz des Lammes oder Bruder Lustig Nr. 800. Der Schneider auf Gottes Fußschemel Nr. 801. Meister Pfriem Nr. 804. Das alte Weib (die Mutter des hl. Petrus) fällt in die Hölle zurück Nr. 810. Der Teufel und der magische Kreis Nr. 812. Die Rätsel des Teufels (der Meerfrau) Nr. 815. Der Teufel wird das Geld los Nr. GS 819. Der fremde Erntehelfer Nr. 821 A. Der Teufel holt den Kläger (Henker) Nr. 821 B. Gekochte Eier geben keine Kücken Nr. 822. Der faule Bursche und das fleißige Mädchen Nr. 822*. Der Gläubiger ist nicht anzutreffen Nr. 825. Der Teufel und Noah Nr. 826*. Der Teufel schreibt die Lachenden auf Nr. 827*. Der Hirt zweifelt an Gott Nr. 836. Nicht arm werden können oder Der Ring des Polykrates Nr. 841. Das Geld im Brot

IX

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191 192 193 193 194 196 198 198 202 205 205 206 207 208 208 208 209 210 210 211 211 212 212 212 213 213 214 214 214 215 216 216 217 218 218 218 219 219 220 220 220 221 221 221 222 223 223 223

X

Inhalt sverzeichni s

Nr. 850. Die Muttermale Nr. 851. Das Turandotmärchen in bäuerlicher Version Nr. 852. „Das ist eine Lügel" Nr. 853. Wettstreit in Schlagfertigkeit Nr. 870. Die Prinzessin in der Erdhöhle Nr. 870 A. Klein Asa, die Gänsehirtin Nr. 875. Das Disamärchen Nr. 882. Die Wette über die Treue der Gattin Nr. 883 B. Der bestrafte Verführer Nr. 885. Die formgerechte Trauung (oder Die Saga von Gunnlaug Ormstunga) Nr. 885*. Die wiedererweckte Braut Nr. 887. Griseldis Nr. 888. Die getreue Ehefrau Nr. 889. Die Wette um die Treue des Dieners Nr. 890. Das Shylockmärchen Nr. 900. König Hackspecht oder der Schweinehirt Nr. 901. Der Widerspenstigen Zähmung Nr. GS 902. Erzwungene Liebesbezeugung Nr. GS 903. Der mißachtete Rechen Nr. 910 ABC. Die guten Ratschläge Nr. 921. Antwort in Rätseln Nr. 922. Knifflige Fragen mit Stellvertreter Nr. 923. „Ich liebe dich wie das Salz" Nr. 923 A. „Ich liebe dich wie den Wind" Nr. 927. Ein zum Tode Verurteilter wird durch Rätsel frei Nr. 930. Der Uriasbrief Nr. 930*. Die Weissagung, Königin (Prinzessin) zu werden Nr. 933*. Nicht den Donner verhöhnen Nr. 940. Rache an einem hochmütigen Mädchen Nr. 950. Das Rampsinitmärchen Nr. 951 A. Der maßvolle Dieb Nr. 952. Die Räuber in der eigenen Höhle gefangen Nr. 953. Lösung des Hauptes Nr. 954. Ali Baba und die vierzig Räuber Nr. 955. Der Räuber als Bräutigam Nr. 957. Der Bär verjagt die Räuber Nr. 958. Das Alphorn und die Räuber Nr. 962**. Das Mädchen, das Brot mit Füßen trat Nr. 965**. Der Glockenzug der Räuber Nr. 967*. Die Spinnwebe schützt den Flüchtling Nr. 981*. Die Alten sollen erschlagen werden

224 224 225 226 227 228 228 231 232 232 233 233 235 235 235 236 237 238 238 238 239 239 242 242 242 243 243 243 243 244 246 246 247 247 248 248 248 249 249 249 250

Schwänke (AaTh 1000—2411) 252 — 351 Einführung 252 Nr. 1000. Der Bursche und der dumme Riese (Teufel) oder „Nicht zornig werden 1" 253 Nr. 1001. Die verzauberte Axt 254 Nr. 1002. Der Bursche zerstört, verkauft oder veruntreut das Eigentum des Riesen 254

Inhaltsverzeichnis Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

1003. Tiere und Geräte zerstückelt 1004. Die Schwänze der Tiere abgeschnitten 1005. Eine Brücke bauen 1006. Ein Auge auf etwas werfen 1007. Das Vieh des Riesen vernichtet oder verstümmelt 1008. Ein Licht anzünden oder ein Haus bemalen 1010. Ein Haus reparieren 1012/13. Kinder und Mutter des Riesen baden 1017. Den Wagen teeren 1029. Im Dienst bis der Kuckuck schreit 1030. Halbpart 1031. Der Riese und der Bursche dreschen 1035*. Den Stall rein halten 1036. Gemeinsame Schweinezucht 1037. Gemeinsame Schaf- und Schweinezucht 1046. Einen Berg (ein Haus) versetzen 1049. Bursche will große Geräte haben 1050. Die Axt ist stumpf 1051. Die Luftreise 1052. Der Riese geht voran 1059*. Auf umgedrehter Egge (Walze) fahren 1060. Wasser (Blut) aus einem Stein pressen 1060*. Eisenstange (Forke usw.) an Stelle der Hand 1061. In Steine beißen 1062. Um die Wette werfen 1063. Mit der Axt (Keule) des Riesen um die Wette werfen 1074. Kitta Grau läuft um die Wette 1084. Am lautesten schreien 1085. Ein Loch in einen Baum schlagen 1088. Wer kann am meisten essen? 1089*. Um die Wette dreschen 1090. Der Erntewettstreit 1091/92. Tiere, wie er sie vorher nicht gesehen hatte 1095. Um die Wette kratzen 1096. Mit dem Teufel um die Wette nähen 1 1 1 5 . Einen Gegenstand an seiner Stelle ins Bett legen 1 1 1 6 . Der Riese verbrennt den Burschen 1 1 1 7 . Der abgesägte Baum 1 1 1 9 . Vertauschte Kopfbedeckungen 1120. Die Riesentochter in den Brunnen geworfen 1 1 2 1 . Der Brotspaten 1130. Geldbeutel mit Loch 1 1 3 1 . Etwas Heißes in den Mund des Riesen schütten 1132. Läßt sich selbst forttragen 1133. Der Riese will stärker werden 1135 und 1137. Polyphem 1142. Das Pferd kommt in Schwung 1146. Die Mühlsteine

XI 254 254 254 255 255 255 255 255 256 256 256 257 257 258 258 258 258 258 259 259 259 259 259 260 260 260 260 261 261 261 261 261 262 262 262 263 263 263 263 264 264 264 264 264 264 265 266 266

XII Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

Inhaltsverzeichnis 1147. Der Riese hört es donnern 1148 A. Der Riese fürchtet sich vor dem Donner 1148 B. Das Holen des Hammers 1 1 5 1 . Die Riesenschuhe 1153. Der Riese trägt den Lohn 1157. Das Gewehr als Tabakspfeife 1159/60. Der Teufel (Tote) wird aus dem Spukschloß vertrieben . . . . 1 1 6 1 . Der Bärenführer oder Der Bär verjagt die Unholde 1162. Der Teufel und der eiserne Mann 1163. Mit Sand in der Esse schmieden 1164. Die Alte in der Grube 1165. Der Alte vom Hoberg GS 1169. Den Kopf mit dem Teufel tauschen 1170. Kitta Grau im Glasschrank 1 1 7 1 . Der Hase im Baumwipfel 1172. Steine auflesen 1173*. Noch einen Schnaps 1174. Seil aus Sand drehen 1175. Der Teufel soll gekräuseltes Haar glatt machen 1176. Den Atem eines Menschen einfangen 1177*. Der Teufel soll einen bestimmten Laut fangen 1178*. Ein Netz auftrennen und wieder knüpfen 1178**. Schleifstein drehen 1179. Fahrzeug leerpumpen 1180. Wasser in einem Sieb holen 1182. Glattgestrichener statt gehäufter Scheffel 1182*. Der Teufel hat keine Scheidemünzen 1183*. Den Namen des Wildbrets mit dem Schuß nennen 1183**. Einen Hof düngen 1184. Bezahlung beim letzten Laub oder dgl 1184*. Die Brenndauer des Lichtes als Lebenslänge 1185. Die erste Ernte 1186. „Der Teufel soll es holen" in Scherz oder Ernst 1199. Das Gebet ohne Ende 1200. Krähwinkelgeschichten 1201. Das Pferd tragen 1203. Die Sichel ist ein Tier (Krumbiß) 1203*. Den Hanf mähen 1210. Die Kuh auf dem Dach 1 2 1 1 . Die Kuh ahmt nach GS 1224. Entzweigerissen 1225. Ein Krähwinkler hat nicht immer einen Kopf 1227. Das Eichhörnchen im Baum GS 1229. Wie lange hält der Schwanz? 1241. Der herabgebogene Baum 1242. Wie lange kann man laden? 1243. Bequem muß die Arbeit sein 1245. Das Sonnenlicht im Sack

266 266 267 267 267 267 268 268 268 269 269 270 270 271 271 271 271 271 273 273 273 273 273 273 273 274 274 274 274 274 275 275 275 275 276 276 277 277 277 277 277 277 278 278 278 278 278 278

Inhaltsverzeichnis Nr. 1246. Was der eine tut, tut der andere Nr. 1248. Stangen kreuzweise tragen Nr. 1250. Ein neuer Griff Nr. 1260. Der selbstkochende Kessel Nr. 1260**. Der Fischfang im See Nr. 1 2 6 1 * . Z u spät Nr. 1 2 7 1 A * . Mit Wolle heizen Nr. 1276. Verkehrtes Rudern Nr. 1277. Das Boot ermüden Nr. 1278. Zeichen im Schiffsrand Nr. 1281. Menschenfressendes Tier Nr. 1 2 8 1 * . Bis zu den Stiefelschäften aufgefressen Nr. 1285. Ein Hemd probieren Nr. 1286. Beide Hosenbeine auf einmal Nr. 1287. Wie viele sind wir? Nr. 1288. Wem gehören die Beine? Nr. 1290. Im Flachsfeld schwimmen Nr. 1 3 1 0 . Ein Hummer (Krebs) wird für einen Zuschneider gehalten . . . . Nr. 1 3 1 5 * * . Ein weißes Pferd und eine Kirche Nr. 1 3 1 6 * * . Z u viel Gewürz Nr. 1 3 1 7 * . Der Mistkäfer wird zur Wespe Nr. 1 3 1 9 . Von einem Kürbis heißt es, er sei ein Pferdeei Nr. 1323*. Uhr oder Maus Nr. 1324*. Die Stimme hinter dem Kruzifix Nr. G S 1336. Das Echo Nr. G S 1337. Der Teig gärt Nr. G S 1339. E s muß gepfiffen sein Nr. G S 1340. Das ist nicht mein Haus Nr. G S 1342. Das brennende Rad Nr. G S 1343. Funken vor den Augen Nr. G S 1344. Ein Mittel, nicht von der eigenen Herde wegzulaufen Nr. 1350. Der Mann stellt sich tot, die Frau will heiraten Nr. 13 51. Wer spricht zuerst? Nr. 1353. Kitta (Sissa) Grau stiftet Unheil Nr. 1360 C. Der Mann (Hildebrand) im Korb (auf dem Ofen) Nr. 1361. Die Sintflut Nr. 1365. Streitsüchtige Weiber Nr. 1370*. Zerrissene Haut Nr. 1372. Die Ohrfeige als Heilmittel Nr. 1375*. Frauenlist geht über Mannesverstand Nr. 1377. Die ungetreue Frau Nr. 1380. Die Frau, die ihren Mann blind wünschte Nr. 1 3 8 1 . Die schwatzhafte Ehefrau Nr. 1382 —1385. Das dumme Weib Aluta Nr. 1386. Fleisch auf die Kohlpflanzen legen Nr. 1387. Das Bierfaß bekommt keinen Zapfen, und das Bier wird mit dem Mehlvorrat aufgetrocknet Nr. G S 1388. Das Butterfaß auf dem Rücken

XIII 279 279 279 280 280 280 280 280 280 281 281 281 281 282 282 282 282 282 283 283 283 283 284 284 284 284 284 284 285 285 285 285 286 286 288 289 289 290 290 290 291 291 292 292 294 294 294

XIV Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

Inhaltsverzeichnis 1405. Die Frau will nicht spinnen 1406. Wer hat den dümmsten Mann? 1407. Ein spionierender Geizhals wird gestraft 1408. Der Mann macht die Arbeit der Frau G S 1409. „Das Ganze" 1 4 1 5 . Die K u h für ein Schwein, das Schwein für eine K u h usw. verkaufen 1416. Ebenso neugierig wie E v a 1419 D. Zwei Liebhaber, einer mit Schwert und einer versteckt . . . . 1430. Luftschlösser bauen 1440. Stute statt Mädchen 1441*. Altes Weib an Stelle des jungen Mädchens 1450. Die „ k l u g e " Else 1452. Die Käseprobe 1453. Der Schlüssel im Spinnrocken 1453***. Teig unter den Fingernägeln 1455. Als Bettler bei dem Zukünftigen 1456. Die halbblinde Braut 1457. Die mit der Zunge anstoßende Braut 1458. Das Mädchen, das so wenig aß 1459*. Der genau rechnende Bräutigam 1459**. Den Schein aufrecht erhalten 1462*. Sieben Jahre alter Teig als Medizin G S 1463. Heimliche Anleitung in der Kunst des Webens G S 1464. Das unaufgeräumte Zimmer des Freiers als Probe G S 1465. Die richtige Frau für den Sohn 1 5 1 0 . Die trauernde Witwe von Ephesus (Vidua) 1 5 1 5 . Der Hund wird zum Weinen gebracht 1525 A — D . Meisterdiebsgeschichten 1525*. Der jüngste Bruder macht die Beute 1527*. Drei Wanderer suchen Nachtquartier 1528. Der Hut und das Kleinod 1532*. Mittel gegen Seekrankheit 1533*. Den Vogel teilen 1535. Der große und der kleine Klaus 1536 A . Die Alte in der Kiste wird getötet 1536 B. Drei (Bucklige) Leichen werden fortgeschafft 1537. Der mehrfach Getötete 1539. Der Hut (Stock) zahlt alles 1540. Paris — Paradies 1 5 4 1 . Für den „langen Frühlingstag (Winter)" 1 5 4 1 * . Der Bursche mit den vielen Namen 1 5 4 1 * * * * . Ein Goldstück, groß wie ein Ziegelstein 1542. Die Narrenhölzer G S 1543. Die Ohrfeige, die rundherum gehen sollte 1544. Der Spitzbube bezahlt das Quartier 1544* —1547*. Der Bursch, der nichts von Frauen weiß . 1548. Suppe aus einem Nagel kochen 15 51. Die Wette, daß die Schafe Schweine seien

294 294 294 295 295 295 296 296 296 297 297 297 297 298 298 298 298 298 299 299 299 299 299 300 300 300 301 301 302 302 302 303 303 304 305 306 306 307 308 309 309 310 310 310 310 311 311 311

Inhaltsverzeichnis Nr. 1560. So tun, als ob gegessen würde, so tun, als ob gearbeitet würde . . . Nr. 1560*. Butter sparen gibt Leder für Schuhe Nr. 1 5 6 1 . Frühstück, Mittag und Abendbrot in einem Nr. 1 5 6 1 * . Ungleiche Sehkraft Nr. G S 1 5 6 1 * * * . Dünne Erbsen Nr. G S 1 5 6 1 * * * * . Strömlinge als Mundvorrat Nr. 1562. Erst denken, dann reden Nr. 1563. „ M i t beiden?" Nr. 1572*. Faule Haut und Tobsucht Nr. 1590. Auf eigenem Boden Nr. 15 91. Drei Besitzer, einer stiehlt Nr. 1592*. Addiert aus alter Gewohnheit Nr. 1600. Narr als Mörder Nr. 1610. Alles teilen, auch die Schläge Nr. 1 6 1 1 . Vom Mast gefallen Nr. 1612. Wettschwimmen Nr. 1 6 1 3 . Das Spiel Karten als Kalender und Gebetbuch Nr. 1620. Des Kaisers neue Kleider Nr. G S 1627. Die Studenten und die Mondfinsternis Nr. G S 1628. So spricht man Latein Nr. G S 1629. Kohlenbrennerlatein Nr. G S 1630. Die Zeichensprache Nr. 1635*. Eulenspiegel-Geschichten Nr. 1640. Das tapfere Schneiderlein Nr. 1641. Doktor Allwissend Nr. 1642/43. Der vernunftlose Handel Nr. 1645. Der Traum vom Schatz Nr. 1 6 5 1 . Whittingtons Katze Nr. 1653 A B . Die ausgehobene Tür Nr. 1675. Der Ochse (das Pferd) als Bürgermeister Nr. 1678. Der Bursch, der nie ein Weib gesehen hatte Nr. 1682. Der Knecht will das Pferd lehren, nichts zu fressen Nr. 1685. Ein Bock an Stelle der Braut Nr. 1686*. Der Holzpreis Nr. G S 1686. Der Narr, der sich mit einem Mann verheiratet glaubt . . . . Nr. 1687*. Der Unglückliche fällt und vergißt alles Nr. 1688. Der Brautwerber Nr. 1689. Aus Berechnung erteilte Gabe Nr. 1696. Was hätte er sagen (tun) sollen? Nr. 1698 C. Beide glauben, der andere sei taub Nr. 1698 J . Guten Tag — Beilschaft Nr. 1698 K . Der Käufer und der taube Verkäufer Nr. 1698*. Der schmutzige Finger Nr. 1708*. Die Pfeife als Zielscheibe Nr. 1 7 1 o. Die Schuhe auf dem Telegrafencjraht Nr. 1725. Der Knecht und das Dreiecksdrama Nr. 1730. Blamierte Liebhaber Nr. G S 1734. Auge um Auge

XV 312 312 312 312 313 313 313 313 313 314 314 314 315 315 315 316 316 316 317 317 317 318 318 319 321 323 325 325 326 326 327 327 327 328 328 328 328 328 329 329 330 330 330 331 331 331 332 332

XVI

Inhaltsverzeichnis

Nr. 1735. Zehnfach zurück Nr. 1736. Ameisen (Wespen) anstatt Geld Nr. 1737. Der Pfarrer wird im Sack gestohlen Nr. 1738. Kein Pfarrer im Himmel Nr. 1739. Der Mann, der mit einem Kalb schwanger ist Nr. 1740. Lichter auf den Krebsen Nr. 1 7 4 1 . Das aufgegessene Festessen Nr. 1 7 4 1 * . Die Wurst ist zu groß Nr. 1750. Den Hund (das Huhn) sprechen lehren Nr. 1775. Ein Pfarrer, der nach der Jagd hungrig ist, wird an einem Seil irregeführt Nr. 1776. Fiel in den Braukessel Nr. 1785 A . Die Wurst in der Tasche des Pastors Nr. 1785*. Sand im Aal Nr. 1786. Der Pfarrer reitet in die Kirche hinein Nr. 1789*. Den geborgten Rock vom Gericht zugesprochen erhalten . . . . Nr. 1790. Bekennt den Diebstahl, tut als ob er geträumt habe Nr. 1791. Getragener Mann und Friedhofsdiebe Nr. 1792. Das gestohlene Schwein Nr. G S 1793. Geiziger Pfarrer als Bettler verkleidet Nr. 1825 A . Die Bischofsvisitation Nr. 1825 B. Die Welt wurde aus nichts erschaffen Nr. 1825 C. Die angesägte Kanzel Nr. 1827. Noch kurze Zeit, und ihr werdet mich nicht mehr sehen Nr. 1828. Der Hahn weckt den Kantor Nr. 1830. Der Pfarrer sagt, er könne das Wetter bestimmen Nr. 1833 A . Was sagt David? Nr. 1833 B. Du hast den Sohn vergessen Nr. 1833 D. Unverschämtheit Nr. 1833** Nr. 1834. Mißverstandene Teilnahme Nr. 1837. Der Heilige Geist als lebende Taube Nr. 1838. Das Schwein in der Kirche Nr. 1839 B. Ausdrücke vom Kartenspiel in der Predigt Nr. G S 1842. Nachforschung nach der gestohlenen Ziege (dem Schinken) . . Nr. 1845. Die Zauberformel kommt wieder Nr. 1875. Der Bursche fährt im Faß Nr. 1880. Schlußformeln Nr. 1882. Einen Spaten holen, um sich herauszugraben Nr. 1889. Münchhausen Nr. 1890. Ein gelungener fahrlässiger Schuß Nr. 1894. Die Enten auf dem Ladestock aufgereiht Nr. 1896. Aus der Haut gekrochen Nr. 1 9 1 1 * * . Der Stock als Rückgrat Nr. 1920 A C . Der Lügenwettbewerb Nr. 1930. Schlaraffenland Nr. 1 9 3 1 . Neuigkeiten von zu Hause Nr. 1950. Wer ist der Faulste?

332 333 333 333 333 334 334 335 335 335 335 336 336 336 336 336 337 337 337 338 338 338 338 338 339 339 339 339 339 340 340 340 340 341 341 341 341 341 342 342 342 342 343 343 343 343 343

Inhaltsverzeichnis

XVII

Nr. i960 A B C D E F G H J K Z . Das Größte auf Erden 344 Nr. GS 1962. Wer sieht und hört am besten? 344 Nr. 2005*. Den eigenen Rockschoß gestohlen 345 Nr. 2010*. Unwissenheit des Städters 345 Nr. 2014. Der Querkopf 345 Nr. 2015. Die Ziege (Der Stier), die nicht heimgehen wollte 345 Nr. 2016. Es war ein kleines Weiblein 346 Nr. 2021. Der Hahn und das Huhn 346 Nr. 2022. Das Huhn ist ertrunken 347 Nr. 2025. Der Pfannkuchen 347 Nr. 2027. Die (fr)eßlustige Frau (Katze) 348 Nr. 2030. Der Knabe, der nicht zur Schule gehen wollte 348 Nr. 2033. Die Nuß fällt dem Kücken auf den Kopf, und die ganze Welt stürzt zusammen 348 Nr. 203 5. Das Haus, das Hans (Jack) gebaut hat 348 Nr. GS 2036. Was ist eins? Was ist zwei? usw 349 Nr. GS 2037. Die Rübe, die aus der Erde sollte 349 Nr. GS 2038. Der Knecht, der mehr und mehr als Lohn bekommt 349 Nr. GS 2039. Der Schlüssel 350 Nr. GS 2041. Der erste bis neunte (usw.) Tag bis Weihnachten 350 Nr. GS 2042. Es liegt ein Berg 350 Nr. GS 2043. Von Hosen bis zu nichts 351 Nr. 2250. Das Märchen ist nicht länger 351 Nr. 2400. Ein Stück Erde von einer Ochsenhaut umschlossen 351 Nr. 2403. Wie der Jude aus dem Himmel gelockt wurde 351 Quellennachweis 354—380

I I Liungman

Abkürzungsverzeichnis für häufig zitierte Arbeiten

Andrejev (N. P.: Ukazatelj skazotjnych sjouschetov sistcme Aarne. Gos. roussk. geogr. obstj., otd. etnografii. Skasotjnaja Komissija, Leningrad 1929). Babrios = Babrii Fabulae Aesopeae, rec. Crusius, Lpz. 1897. Bata (och Anubis och den orientalisk-europeiska undetsagans ursprung med kartor av W. Liungman, Djursholm 1946, findet sich auch in Bäckahästen I, ioiff. ; II, 66ff., I 3 2ff.). Bäckahästen (Tidskrift för folkdikt och folkpsykologi, ârg. I, II, Djursholm 1945,1946, utg. av W. Liungman). B(äckströ)m (: Svenska Folkböcker 1845, I—HI). BP = Bolte-Polivka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, 1918fr. C = Luis da Câmara Cascudo: Contos tradicionais do Brasil (Rio de Janeiro 1946). Ch. Tr. = Chavannes: Tripitaka (Cinq cents contes et apologues du Tripitaka chinois, 1895). Chauvin (: Bibliographie des Ouvrages Arabes, 1892 fr.). Clouston (: Populär Tales and Fictions, 1887, I, II). Cosquin (: Contes Populaires de Lorraine, 1886). Da. Stud. = Danske Studier 1904 fr. De Vries (: Volksverhalen uit Oost-Indië, 1928, II). DgF = Grundtvig: Danmarks gamle folkviser, 185}ff. Dähnhardt (: Natursagen, 1897 ff., I—IV). FFC = Folklore Fellows' Communications, Helsingfors 1910fr. Fm o. Ft = Folkminnen och Folktankar, 1914—1944. Fornaldars(ögur Norörlanda, ed. Rafn). Fornmannas(ögur, ed. Rafn). Fornsögur Suörlanda (ed. Cederschiöld). G A = Gustav-Adolf-Akademiens ed. av Svenska sagor och sägner (umfaßt ca. 200 verschiedene Typennummern). Habicht (Ed. von 1001 Nacht). Hahn (: Griechische und albanische Märchen, 1864). Halm = C. Halmii Fabulae Aesopicae, Leipzig 1881. Henning (Ed. von 1001 Nacht). Hyltén Cavallius a) = Svenska Folksagor och Äventyr (1844) b) = Wärend och Wirdarne (1864). I F G H siehe VFA. Julien: Avadanas = Les Avadânas contes et apologues indiens, Paris 1859. J S F O = Journ. de la Société Finno-Ougrienne. Jacques de Vitry (: Exempla, ed. Crâne 1890). Krappe (: The Science of Folklore, 1930). Köhler (: Kleinere Schriften 1898fr., I—IV). v. d. Leyen (: Das Märchen in den Göttersagen der Edda, 1899). Ii*

XX

Abkür^ungsver-^eichnis

L U F = Folklivsarkivet Lund. M = Märchentypen von Eberhard in F F C 120, S. 13 fr. Die Nummern beziehen sich auf chines. Sagentypen. M S F O = Mémoires de la Société Finno-Ougrienne. Nordiskt Folkminne (Studier tillägnade C. W . v. Sydow, 1928, utg. av. Â. Campbell, W . Liungman och S. Svensson). ö s t og Vest (tillägn. Arthur Christensen, 1945, Art. v. Sydows). östrup (: Studier over Tusind o g en nat, 1891). Panzer (: Studien zur germanischen Sagengeschichte, I Beowulf, II Sigfrid, 1910). 0 0 = Kap. u. Seite; (I, o) = Buch und Erzählung. Pantschatantra (ed. Benfey, 1859). Parsons (E. C. Parsons: Folklore from the Cape Verde Islands = Memoirs of American Folklore Society X V : 1). Penzer (: The Ocean of Story by Somadeva, 1924fr.). Petrus Alfonsi (: Disciplina clericalis, ed. Hilka-Söderhjelm, Samml. mittellat. Texte 1, Heidelberg 1911). Pergamenus (: Dialogus Creaturarum Moralizatus, Stockholm 1483). Phaedrus (in Hervieux: Les Fabulistes Latins, 1884—1894). P M L A = Gerber : Great Russian Animal Tales in Publications of the M o d e m Language Association of America V I , 1891, Nr. 2. PSE = Pauli: Schimpf und Ernst (ed. Boite 1924, oft mit reichhalt. Hinw.). R. Th. C.: E . = Reidar Th. Christiansen: Eventyr og Sagn, 1946. Romulus (in Hervieux: Les Fabulistes Latins, 1884—1894). Reise der Söhne Giaffers (1583, ed. Fischer-Bolte in Bibl. des literarischen Vereins in Stuttgart, 1895). S = Schwänke, hrg. von Eberhard in FFC 120, S. 269 fr. Aus dem chines. Sagenbestand, die Nummern beziehen sich auf die Schwanktexte. Sahig. = J. Sahlgren: Svenska Folkböcker 1946 ff. I — V mit Hinw. auf R. Paulli: Danske Folkeböger, 1915 fr. SS = Liungman: Sveriges Sägner i ord och bild I — I V (1957 — 1961) mit durchgehender Numerierung für die Sagentypen Schwedens. SSF = Liungman: Sveriges samtliga Folksagor i ord och bild I, II (1949/50). Steinhöwel(s Äsop, ed. Oesterley 1873). Sudre (: Les sources du roman de Renart, 1892). Sukasaptati = Die Maräthi-Übersetzung der éukasaptati, Marâthï und Deutsch von R. Schmidt in A b h . für die Kunde des Morgenlandes, 1897, X , 4. Sv. L. = Svenska Landsmâlen, Uppsala 1878 fr. Th = Stith Thompson: Tales of the North American Indians, Cambridge, Massachusetts 1929. U L M A ' = Uppsala Landmâls- och Folkminnesarkiv. V F A = Västsvenska Folkminnesarkivet an der Universität Göteborg (mit IFGH-Nr., VFF-Nr. und Nr. aus der Liungman-Sammlung). V F F siehe V F A . V M = Volksmärchentexte, zusammengestellt von Eberhard in F F C 128, S. 15 fr. Aus dem chines. Sagenbestand, die Nummern beziehen sich auf die Märchentexte. W A = Walter Anderson: Novelline popolari sammarinese (di San Marino) in Acta et commentationes Universitatis Tartuensis, Dorpat 1927fr.[BX, 5 = 1 ; B X I X , 3 = II; B X X X I , 2 = III]. Wesselski: Versuch (einer Theorie des Märchens in Prager Deutsche Studien 45, Reichenberg 1931). Weil (Ed. von 1001 Nacht). Ysengrimus (ed. Voigt, Halle 1884). Z D M G = Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft.

Einleitung

Bevor wir die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte der einzelnen Märchen behandeln, wollen wir versuchen, die Entwicklung des orientalisch-europäischen Märchens, als Ganzes genommen, zu verfolgen — nicht durch psychologische Spekulationen, sondern ganz einfach durch das Ablesen seiner Spuren in der Literaturgeschichte. Wir beginnen mit der homerisch-mykenischen Periode, die sich von der ältesten Zeit bis etwa 700 v. Chr.1 erstreckt. Am frühesten stoßen wir auf das Gilgamesch-Epos und das Etanamärchen, beide aus der sumerisch-babylonischen Zeit, sowie etwas später, und vielleicht anfechtbar, auf das babylonische Haikarmärchen (siehe 981*, 1174). Das Gilgamesch-Epos ist ein typisches Reiseabenteuer. Der Held reist nicht nur in entlegene Länder, sondern sogar in die Unterwelt. Zu den Reiseabenteuern gehört auch d&sEtanamärchen, doch hierin geht die Fahrt nur durch die Oberwelt. In beiden Märchen hat die Fabel eine gesicherte Stellung, besonders im Etanamärchen, dessen Einleitungsmotiv die bekannte Rivalität zwischen Adler und Schlange ist. Das Haikarmärchen bewegt sich dagegen auf dem Gebiet der Scharfsinnsproben 2. Die Liebe, womit wir im folgenden die zarte Flamme meinen, die zwei Menschen in ihrem Tun und Lassen zueinander leitet, ist allen diesen Märchen unbekannt. Der Freund des Gilgamesch, Enkidu, der bei seinem ersten Auftreten als eine Art Tarzan oder Mowgli erscheint, wird wohl von einem Tempelmädchen verlockt, seine Lebensweise aufzugeben, aber die Liebe, von der da gesprochen wird, ist am ehesten eine zufällige, tierische Lust. Die Anerbieten, die die Göttin Iätar Gilgamesch nach der Ausführung seiner Taten macht, sind nur eine Episode und werden vom Helden höhnisch oder sogar roh zurückgewiesen. Zu Etanas abenteuerlichem Unternehmen gibt ihm nicht die Liebe zu seinem im Kindbett liegenden Weib den Impuls, sondern nur sein Wunsch, einen Sohn und nicht eine Tochter zu bekommen. Die Scharfsinnsproben können wir zunächst beiseite lassen. Hingegen wollen wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, daß wir im Gilgamesch-Epos auch mit Verwandlungsmotiven, zauberkundigen Riesen, wie dem gewaltigen Humbaba im 1

D i e hier vorgenommene Zeiteinteilung wurde v o m Verf. erstmalig auf dem 9. FolkloreForscherkongreß in Stockholm 1948 (siehe Danske Studier 1948, S. 121 ff.) vorgetragen.

2

V g l . dazu den Aufsatz des Verf. in Bäckahästen 1 1 : 1 3 2 ff.: Welches V o l k war der ursprüngliche Träger des orientalisch-europäischen Zaubermärchens ?

XXII

Einleitung

Zedernwald 1 , mit magischen Zauberkreisen und Fabeltieren Bekanntschaft machen, und daß wir von Reisen erfahren, die um ein Vielfaches schneller sind, als gewöhnliche Sterbliche sie auszuführen vermögen. Die Verwandlungen scheinen besonders mit dem Verhältnis zum anderen Geschlecht verbunden zu sein. Gleichzeitig mit dem Gilgamesch-Epos tritt uns in den sumerisch-babylonischen Schriften auch der Kampf mit dem Fabeltier, meist dem Drachen, entgegen. Das in Schweden am frühesten aufgezeichnete Zaubermärchen GS 367 (das Batamärchen) fällt, wie wir sehen, nicht aus dem Rahmen. Auch in ihm wird der Zedernwald genannt, und es kommen Verwandlungen und Zaubereien vor. Die älteste Aufzeichnung macht sich nichts daraus, einen Kastraten zum Helden der Geschichte zu nehmen. Die Leidenschaft wird jedoch im Herzen des rivalisierenden Königs durch eine gefundene Haarlocke entzündet. Dem Gilgamesch-Epos mit seinen Reiseabenteuern stehen die Argonautensage und die Odyssee nahe. Letztere dürfte sogar teilweise vom sumerisch-babylonischen Epos mit hethitischen Nachbildungen als Zwischenglied inspiriert worden sein. Die Liebe ist auch in diesen Sagen nicht die Triebfeder des Abenteuers. Odysseus ist bereits verheiratet, und Jason, der Held der Argonautensage, erhält die zauberkundige Medea nur als Belohnung nach verrichteter Heldentat. Wir leben in der Welt des reinen Zaubermärchens mit wunderbaren Helfern, mit Verwandlungsmotiven, Fabeltieren und Flugreisen über Land und Meer, gleich der Reise Etanas auf dem Rücken des Adlers. Noch ist das Reiseabenteuer der wichtigste Bestandteil der Darstellung. Hier und dort taucht das Weib auf, aber in Gestalt der Amazone. Verlassen wir die homerisch-mykenische Zeit und gehen wir zur archaischklassisch-griechischen Zeit über, die sich von etwa 700 v. Chr. bis etwa 300 v. Chr. erstreckt, so sehen wir, wie die Liebe immer mehr in die Dichtung eindringt, sowohl in die Volks- wie in die Kunstdichtung. Die Quelle eiptischer Motive ist immer der Orient. Aber es ist nicht das Märchen, sondern die ortsgebundene Sage, die das Vorbild der erotisch gefärbten Kunstdichtung wird. Die Liebe ist also in der Dichtung nicht eine Frucht der menschlichen Phantasie, sondern ein Reflex des wirklichen Lebens. Erotische Sagen wuchsen auch auf griechischem Boden, aber Kleinasien wurde ganz besonders ihre Heimat. Sie geben sich vielleicht am frühesten bei STESICHOROS (etwas nach 600 v. Chr.) zu erkennen. Er schildert u. a. die Verliebtheit des Daphnis in eine Nymphe, die ihn für seinen Treubruch mit Blendung und Tod straft. Die Liebe des lorbeerbekränzten Apollo zu Daphne ist späteren Datums und endet mit der Verwandlung Daphnes in den Baum, der ihren Namen trägt (Daphne = Lorbeer). Die Verwandlungen scheinen demnach immer noch, wenn auch auf eine andere Weise, in engem Zusammenhang mit dem Verhältnis zum anderen Geschlecht zu stehen. Daphnes Liebestragödie hat sogar in schwedischen Volksliedern Spuren zurückgelassen. Weit, weit früher wurden jedoch die alten, erotischen Sagenmotive auch in die griechischen Tragödien aufgenommen, die dadurch eine erotische Färbung erhielten, wie z. B. während des 5. Jahrhunderts 1

Mit „Zedernwald" sind der Libanon oder die Bergketten in Kleinasien nördlich von Syrien gemeint.

Einleitung

XXIII

v. Chr. bei SOPHOKLES und EURIPIDES. Auch in das Lustspiel drangen diese Motive ein. Der Historiker K T E S I A S , der um das Jahr 415 v. Chr. in eine 17jährige persische Gefangenschaft fiel, kann in diesem Zusammenhang als einer der vielen Vermittler zwischen Ost und West genannt werden. Er richtete seine Aufmerksamkeit auch auf Indien. Als Beispiel für die Verbreitung des erotischen Stoffes in der Zeit des ARISTOTELES (384—322 v. Chr.) mag das wohlbekannte Motiv aus dem Märchen Der Goldhaarige (314) genannt werden. Das junge Mädchen tritt in den Kreis der Männer ein und muß dem, den sie zum Gatten erwählt, ein Trinkgefäß (eine Orange, einen Apfel) überreichen. ARISTOTELES lokalisiert diese Erzählung in Marseille (Massilia). Es gibt keinen Zweifel darüber, daß uns hierin wirkliche Verliebtheit geschildert wird. Ursprünglicher und besser wird die gleiche Geschichte von einem Beamten am Hofe Alexanders des Großen, CHARES VON M Y T I L E N E , erzählt. In dieser Fassung sind Zariadres und die Königstochter Odatis die Hauptpersonen. Es heißt dort von ihnen, daß sie sich früher in ihren Träumen gesehen hatten. CHARES teilt mit, daß das Märchen unter den Persern wohlbekannt und in Tempeln, Palästen und Wohnhäusern bildlich dargestellt war. Es ist dann von dem persischen Geschichtsschreiber MIRCHOND (gest. 1489) und von FIRDAUSI (um 1000 n. Chr.) wiedergegeben worden, aber hier mit dem Bruder Zariadres', dem bekannten medischen Herrscher Guschtasp (Hystaspes), als Helden. Die Form ist noch immer die der Sage. FIRDAUSI verknüpft die ursprüngliche Sage mit einem Drachenkampfmotiv; die Zähne des Drachen dienen als Kennzeichen. Er tut dies jedoch auf eine Weise, die uns schon die Umrisse des Märchens Der Goldhaarige (314) erkennen läßt, das in vielen seiner Fassungen das Drachentöten enthält. MIRCHOND ersetzt das Trinkgefäß der Erzählung durch eine Frucht, was auch das Ursprünglichste gewesen sein dürfte. Das Motiv ist mit anderen Hauptpersonen auch von griechischen Schriftstellern wiedergegeben worden. Jetzt ist das Märchen über ganz Europa verbreitet und im Osten bis Hinterindien und China. Das Perserreich ist aber sicherlich sowohl sein Ursprungsland wie sein Zentrum gewesen. Es mag uns in diesem Zusammenhang erlaubt sein, darauf hinzuweisen, wie schnell sich eine Überlieferung auch in früheren Zeiten verbreiten konnte. So findet sich z. B. eine andere, von ARISTOTELES wiedergegebene Anekdote in den Erzählungen über die Wiedergeburten Buddhas, die im 3. —5. (7.) Jahrhundert ins Chinesische übersetzt wurden. Für den Weg Griechenland—Indien gibt es noch mehr Belege. Zur gleichen Zeit, da Erzählungen von ähnlichem erotischen Inhalt wie im erwähnten Märchen Der Goldhaarige im Umlauf waren, widmete sich auch die Philosophie der Psychologie der Liebe. ARISTOTELES hat in einer Schrift das Wesen der Liebe zu ergründen versucht, und es wäre hier unmöglich, alle seine Nachfolger aufzuzählen. Häufig wurden in diesen Schriften die Beispiele aus den Volkssagen genommen. Wir verlassen nun die archaisch-klassisch-griechische Zeit, müssen aber vorher einen allbekannten Namen nennen, der dem letzten Abschnitt dieser Periode angehört, nämlich DEMOSTHENES, den größten Redner der Antike. In der folgenden hellenistisch-römischen Zeit, die sich von etwa 300 vor bis etwa 300 nach Chr.

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Einleitung

erstreckt, schenkte man gerade der Kunst der Rede immer größere Aufmerksamkeit. Ein Zentrum dieser Kunst war Athen. Es scheint aber, als wäre der Schwerpunkt allmählich nach dem griechischen Kleinasien verlagert worden, wo wir während des letzten Jahrhunderts v. Chr. unter den Sophisten oder den Schönrednern die sogenannte asianische Schule finden. Es war eine Zeit der Erzählerkunst. Im Märchen von Amor und Psyche (425) sehen wir die Fabel in Verbindung mit der Erotik und dem Reiseabenteuer. Es ist die Liebe, die die junge Braut trotz der abschreckenden Tiergestalt des Geliebten antreibt, alle Abenteuerlichkeiten der Wanderung zu überwinden, um ihn zu finden. Die Belohnung ist seine Rückverwandlung. Das alte Band zwischen dem Verwandlungsmärchen und dem Verhältnis zum anderen Geschlecht ist also nicht ganz vergessen. Den gleichen Verlauf hat das Schwanenjungfraumärchen: Verlieben, Fabel, Reiseabenteuer und Wiederverwandlung. Gleichzeitig erwächst in diesem Zeitabschnitt aus dem Kreis der Sophisten die erste Romandichtung, auch diese mit Erotik und Reiseabenteuern als Hauptbestandteilen. Den ersten griechischen Liebesroman kann man in das 1. Jahrhundert v. Chr. datieren. Der übliche Verlauf dieser Romane ist, daß zwei einander treu Liebende einen Bund eingehen, getrennt werden, sich auf abenteuerliche Reisen begeben, seltsame Tiere oder Menschen sehen, in einen lange dauernden, betäubungsähnlichen Schlaf (Scheintod) fallen, minderjährige Kinder verlieren, in die Hände mehr oder weniger edler Seeräuber geraten, sich zufällig in einem Tempel treffen, usw., usw., um endlich wieder vereint zu werden. Der bekannteste dieser griechischen Romane dürfte der auch in dieser Arbeit mehrmals erwähnte Roman Apollonias von Thyrus sein. Er wurde wahrscheinlich schon im 3. Jahrhundert n. Chr. aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt. Wir finden in ihm eine Anzahl Märchenmotive. Besonders müssen wir das Märchen Der Goldhaarige (314) mit dem oben angeführten, von ARISTOTELES erwähnten, hier etwas rationalisierten Motiv von der ihren Gatten frei wählenden Heldin, d. h. das Goldapfelmotiv, unterstreichen. Unter den bekannteren Romanverfassern mögen hier auch CHARITON ( I . Jahrhundert n. Chr.), XENOPHON VON EPHESUS (2. Jahrhundert n. Chr.) und HELIODOR ( 3 . Jahrhundert n. Chr.) genannt werden. Die Rede- und Erzählkünstler aus dem Kreise der Sophisten verbreiteten sich rasch über das ganze römische Reich. Sie waren oft auf Reisen von Stadt zu Stadt. Aber der Mittelpunkt ihres Wirkens war Kleinasien, besonders Smyrna. Ihre Improvisationen waren beliebt. Der berühmte Redner QUINTILIANUS ( 3 5 — 1 0 0 n. Chr.) verhöhnte jedoch seine niederen „Kollegen", weil sie über „Zauberer, Pestkrankheiten, Orakelsprüche, Stiefmütter und noch viele andere Absonderlichkeiten, schlimmer als die Tragöden reden". Mitunter hat man das Gefühl, daß der Unterschied zwischen den „dramatischen" Rednern niederen Ranges und den Mimosspielern dieser Zeit nicht groß war. Auch die letzteren zogen im Land und Reich umher, wenn auch in noch weiter gezogenen Grenzen, auch diese hatten Kleinasien zum Mittelpunkt, und beide waren gern gesehene Gäste sowohl bei Hof wie überhaupt bei festlichen Gelegenheiten. Bei der Beurteilung der Verbreitung oder Entstehung eines Märchens dürfen diese Faktoren nicht übersehen werden.

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In diesem Zeitabschnitt sehen wir, wie sich auch das persisch-indische Märchen, das früher aus einfachen, wenn auch von sprühender Phantasie zeugenden Motiven zusammengesetzt war, ausdehnt und in vielem dem griechischen Roman nähert. Von beiden kann gesagt werden, daß sie eine sogenannte gewundene Komposition haben. Auf semitischem Boden lebten Parabeln und Scharfsinnsproben ihr eigenes Leben. Aus diesen persisch-indischen und semitischen Stoffen ist die bunte Märchenwelt der Araber hauptsächlich entstanden. Ein glänzendes Beispiel ist die Ausformung der Märchensammlung Tausenundeine Nacht aus Hesär Afsätieh, aber damit sind wir bereits in der byzantinischen Zeit. Erst mit der frühbyzantinischen Zeit, die sich von etwa 300 bis 1000 n. Chr. erstreckt, übernehmen Konstantinopel und Antiochia die führende Rolle, die früher Smyrna in den Roman- und Erzählerschulen der Sophisten innehatte. Aus den Scharfsinnsproben, den unmöglichen Aufgaben — einige haben wir bis in die frühbabylonische Zeit verfolgen können — und aus den Sagen über dumme Diven sproßte sicherlich schon frühzeitig eine ganze Flora von Schwänken und Märchen hervor, die denen vom Burschen und vom dummen Riesen entsprechen. Das Erzählen von Anekdoten und die das Lachen hervorrufende Erzählkunst hatten zur Glanzzeit des Mimosspieles einen guten Boden, und noch weit in die spätbyzantinische Zeit hinein, d. h. von etwa 1000 bis 1500 n. Chr., haben Kleinasien, die Mittelmeerländer, ja, sogar Ceylon, ihre besonderen Spaßvögel, genau wie auf der Mimosbühne. Im Märchen haben sie Namen wie Hodscha Nasreddin bei den Türken und Guru Paramärtan bei den Tamulen auf Ceylon. Wenden wir uns nun gegen Westen, so finden wir eine gewisse Ähnlichkeit im Stil und im Inhalt zwischen den griechischen Romanen und den novellenartigen Märchen und Romanen des Mittelalters, wie z. B. in dem mittelalterlichen Roman über Helena von Konstantinopel, der dem Crescentiamärchen (712), dem Märchen Die von Sklavenhaltern losgekaufte Prinzessin (506 A) und dem Märchen Das Mädchen ohne Hände (706) nahesteht. *

Die Märchen sind oft längs der großen Verkehrswege stoßweise in Wellen an ihre Aufzeichnungsorte gelangt. Diese Wellen waren von längerer oder kürzerer Dauer, was teils historische Ursachen hat, teils im Wesen des Märchens beruht. Das gleiche Märchen kann also beispielsweise zuerst die Nordleute der Eddazeit und dann, in einer anderen Form, die Veteranen des 30jährigen Krieges erreicht haben. Die meisten Überlieferungswellen nördlich der Alpen scheinen jedoch der Neuzeit anzugehören. Wir Europäer glauben gern, daß die Märchen seit uralten Zeiten bei uns gelebt haben, und wenn wir sie auf der anderen Seite des Weltmeeres finden, meinen wir, daß sie plötzlich durch die Erzählung von Auswanderern wieder auflebten und — möge es sein — Amerika, Südafrika oder Indonesien erreichten. In Wirklichkeit stehen wir jedoch vor einem in gewissem Grade allgemeinen und gleichzeitigen Geschehen. Ein und dieselbe Überlieferungswelle kann gleichzeitig — zumindest so gleichzeitig, wie man es von einer Wellenbewegung erwarten kann — Europa nörd-

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lieh der Alpen und Amerika erreicht haben. Um das Leben der Märchen zu verstehen, ist es daher nötig, sich mit den außereuropäischen Verbreitungsbildern, auch der letztvergangenen Jahrhunderte, zu befassen. Hierbei muß Amerika besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden 1 . Die nordamerikanischen Indianer scheinen mehr als 100 europäische oder orientalisch-europäische Märchentypen zu besitzen. Von Interesse sind ferner die Wanderwege in der Südhälfte Afrikas, die oft von Süden nach Norden führten (siehe beispielsweise 155, 533 und 676). Die europäischen oder orientalisch-europäischen Märchen Westafrikas hängen oft mit denen Westeuropas oder Westindiens zusammen, während die Märchenwelt Ostafrikas von alters her mehr orientalisch gefärbt ist. Durch die Darstellung der Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte der einzelnen Märchen hofft der Verfasser, zur Klärung der hierhergehörenden Probleme beigetragen zu haben und verweist besonders für die Tiermärchen teils auf 9 AB, 47 A und 1030, teils auf 130 und 210 sowie für die Märchen und Schwänke auf GS 367, 510, 922 und 1696. Hinzugefügt muß noch das Vorkommen des qualitativ und quantitativ gleichartigen Märchentypenbestandes in Dänemark, Norwegen und Schweden werden (vgl. Verf. in SSF II, S. 481 ff.) sowie das bemerkenswert oft vorkommende Verbreitungsbild: Frankreich, Belgien, Niederlande, Deutschland und die nordischen Länder. Mit diesen Worten wird der Leser gebeten, das Blatt zu wenden und seinen Streifzug auf den kulturell interessanten, aber ungebahnten Wegen der Motivgeschichte zu beginnen. 1

Eine der wichtigsten Arbeiten, die nach der schwedischen Auflage dieses Werkes erschienen sind, ist T . L . H A N S E N : The Types of the Folktales in Cuba, Puerto Rico, the Dominican Republic in Spanish South America (1957). A m Schluß des Nachtrags geben wir daher nach dem erwähnten Werk die Märchentypen mit Aarne-Thompson-Nummern an, die sowohl in Schweden als auch auf den Inseln des Karibischen Meeres oder im spanischen Südamerika zu finden sind.

TIERMÄRCHEN (AATH 1—299) Einführung (Kurze Ubersicht über die wichtigste ältere Literatur)

Die ältesten Tiermärchen, die wir kennen, sind die der Sumerer und Babylonier aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. Daß das Tiermärchen auch bei den Griechen wohlbekannt war, dafür bürgt uns der Name Ä S O P . Dieser weitberühmte Fabeldichter dürfte um 5 5 o v. Chr. gelebt haben und möglicherweise aus Phrygien in Kleinasien stammen. Seine Fabeln waren jedoch nicht niedergeschrieben und können, wie auch die vom Volke erzählten, als gemeinsames Eigentum von Hellas und großen Teilen des Orients betrachtet werden. Sie haben alle den gemeinsamen Namen „Äsops Fabeln". Eine griechische Fabelsammlung dürfte jedoch um das Jahr 300 v. Chr. aufgeschrieben worden sein, aber nur die gereimten Fabeln sind schrifdich erhalten geblieben. Wir begegnen ihnen auf dem griechischen Sprachgebiet bei BABRIOS (im 2. Jahrhundert n. Chr.) und in Rom zuerst bei dem Mazedonier PHAEDRUS und dann bei AVIANUS (im 1. bzw. 4. oder 5. Jahrhundert n. Chr.). Gleichzeitig begannen die Prosabearbeitungen, von denen die älteste unter dem Namen ROMULUS bereits im 5. Jahrhundert Gallien erreichte. Nicht viel später (im 7. oder 8. Jahrhundert) finden wir die ersten Spuren von Fabeln auf fränkischem Boden, und im 10. Jahrhundert begegnen wir einem lateinischen Tierepos mit Rahmenerzählung. Das eigentliche Gebiet für diese meist von Klerikern zusammengestellten Tierepen war das nordöstliche Frankreich mit dem Elsaß und dem jetzigen Luxemburg, Belgien und das südliche Holland. Dort entstand in Gent in der Mitte des 12. Jahrhunderts das große Tierepos Ysengrimus, dem (um 1170 oder 1180) das hauptsächlich auf französischen Quellen fußende elsässische und in Mittelhochdeutsch niedergeschriebene Epos Reinhart Fuchs (Isengrims ndt) folgte. In diesem Gebiet entstand gleichzeitig das französische Tierepos Roman de Renart1, von dem Teile schon 1175 niedergeschrieben wurden. Ihm folgten bald zwei flämische Versionen von 1250 und 1280 sowie eine holländische aus dem 15. Jahrhundert und der plattdeutsche Rejnke de Vos vom Jahre 1498. Dieser wurde dann noch weiter umgearbeitet und in viele Sprachen übersetzt, u. a. im Jahre 1621 ins Schwedische, ohne jedoch größere Wirkung auf die schwedische volkstümliche Überlieferung ausgeübt zu haben. Am berühmtesten ist GOETHES Bearbeitung in Hexametern (aus dem Jahre 1794). Die Hauptpersonen in diesem Epos sind der Fuchs, der Wolf, der Löwe 1

Das französische Wort renard ( = Fuchs) ist von dem germanischen Reginhart ( = der schnelle Ratgeber) abzuleiten. 1

Liungman

Tiermärchen

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und der Bär. Der König im Reich der Tiere ist der Löwe, um den sich die Geschehnisse mit Friedensbrief, Gerichtsverhandlungen, kirchlichen Zeremonien usw. abspielen. Die verschiedenen Motive wurden in einer Art Rahmenerzählung zusammengefügt, und man kann darin einheimischen, antiken, orientalischen und kirchlichen Einfluß ablesen 1 . In der mündlichen Überlieferung wurden die einzelnen Erzählungen selten zusammengehalten, sie werden in der Regel als verschiedene Märchen wiedergegeben. Die meisten Märchen haben auch keinen Platz in den großen Tierepen gefunden, und viele sind, selbst wenn sie einen solchen Platz innehatten, ihre eigenen Wege gegangen. Im Norden ist die hervorstechende Rolle des Wolfes oft vom Bären übernommen worden, so wie in Indien an die Stelle des listigen Fuchses der scheue Schakal trat. Der Fuchs fehlt in Indien und wird nur einmal im Rigveda mit einem aus dem Griechischen abgeleiteten Wort erwähnt. Unter den späteren Sammlern von Tiermärchen, auch sogenannten Äsopschen Fabeln, sind zu nennen PETRUS ALFONSI, ein spanischer Jude, dessen Werk Disciplina clericalis im Jahre m o erschien, MARIE DE FRANCE, eine französische Hofdame in England (aus dem 12. Jahrhundert) sowie JACQUES DE VITRY, ein Franzose, der zunächst Pfarrer in Belgien war, am fünften Kreuzzug teilnahm, Bischof von Akka in Palästina und dann Kardinal in Italien wurde und als ernannter Patriarch von Jerusalem im Jahre 1240 starb. Zu dieser Reihe kann auch STEINHÖWEL gezählt werden, ein gelehrter deutscher Arzt aus dem 15. Jahrhundert, der gute Verbindungen nach Italien hatte. In diesem Zusammenhang müssen vielleicht auch die Gesta Romanorum aus der Zeit gleich nach 1300 genannt werden, wenn auch die Fabeln darin nicht so zahlreich sind. Lateinisch kam ferner am Ende des 15. Jahrhunderts in mehreren Ländern unter dem Pseudonym PERGAMENUS, vermutlich von dem italienischen Arzt MAYNO DE MAYNERY verfaßt, der Dtalogus creaturarum morali^atus heraus. Er wurde in Schweden als dessen erstes (gleichzeitig mit einer lateinischen Grammatik) gedrucktes Buch im Jahre 1483 herausgegeben. Auch LUTHER widmete sich dem Studium der Fabeln, und Teile seiner Fabelsammlung gingen in die erste gedruckte schwedische Fabelsammlung von 1603 ein. Im Orient ist diese Art Literatur von bedeutend höherem Alter. Eine der ältesten Sammlungen ist das Pantschatantra ( = Fünfbuch), das wahrscheinlich um 200 oder 300 n. Chr. (sicher zwischen den Jahren 300 v. Chr. und 570 n. Chr.) entstand. Es enthält eine große Sammlung von Märchen verschiedener Art, jedoch hauptsächlich Fabeln mit didaktischen Sprüchen. Es dürfte in Kaschmir in Nordwestindien zusammengestellt worden sein. Der Zusammenhang mit der Fabeldichtung der Antike ist jedoch unverkennbar. Das Pantschatantra kommt in zwei Versionen vor, der „nordwestlichen" und der „südlichen" oder, richtiger gesagt, der später nach dem Süden Indiens gekommenen. Die nordwestliche Version hat zwei Texte, Textus simplicior (zwischen 850 und 1199 niedergeschrieben) und Textus ornatior (um 1199 niedergeschrieben). Der erstere wurde u. a. von BENFEY übersetzt, der ihn mit einer Fülle von Kommentaren und Parallelen versehen hat. Der letztere wurde von HERTEL 1

Siehe nächstfolgende Anmerkung.

Tiermärchen

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herausgegeben. Vom Textus ornatior stammen die bearbeiteten Übersetzungen ins Persische (Pehlewi, wahrscheinlich um 550), Syrische (um 570), Arabische (um 750), Hebräische (im 12. Jahrhundert) und die Übersetzung ins Lateinische (im 13. Jahrhundert von JOHANNIS DE CAPUA), die gewöhnlich unter dem Namen Kaiila und Dimna oder Bidpais Fabeln laufen, sowie überdies eine Reihe anderer orientalischer oder abendländischer Bearbeitungen, von denen die meisten dem Mittelalter angehören1. Die jüngere, südliche Version des Pantschatantra wurde zuerst von DUBOIS und nachher von HERTEL herausgegeben. All dies zeigt, von welcher Bedeutung die literarische Überlieferung für die Verbindung zwischen Osten und Westen war, und man versteht, wie wichtig sie für die Zeitangaben bei den Motiven ist. Man muß jedoch immer bedenken, daß es nur eine geringe Anzahl von Erzählungen ist, die wir auf diesem Weg zusammentragen konnten. Im übrigen wird auf die Einführung zu den Zaubermärchen verwiesen. 1

Karataka (Kaiila) und Damanaka (Dimna) sind die Namen der zwei Schakale, welche Minister des Löwen, d. h. des Königs, im ersten der fünf Bücher des Pantschatantra sind. — Bidpai (Vidjäpati?) bedeutet „der weise Meister".

1*

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Nr. i und 2. Fisch(Brot)-Diebstahl und Der Fischfang mit dem Schwang Der Fuchs stellt sich tot und wird auf eine Fuhre Fische geworfen. Er wirft Fisch um Fisch hinunter und leistet sich dann eine gute Mahlzeit. Der Wolf wird neidisch, und der Fuchs lehrt ihn, den Schwanz in eine Wuhne zu halten und zu warten, bis die Fische anbeißen. Er friert an, und der Wolf kann nicht loskommen, ohne sich den Schwanz abzureißen. Beide Tiermärchen, besonders Der Fischfang mit dem Schwang werden in den meisten Ländern Europas erzählt, sind jedoch kaum volkstümlich auf Island, das bis auf einige wenige Ausnahmen keine Tiermärchen zu kennen scheint. Sie haben Ausläufer bis zu den am Jenissei und am Kaspischen Meer lebenden Mongolen, in den Nahen Osten, nach Indien und Japan. In Afrika finden wir sie — auch hier besonders das vom abgerissenen Schwanz — bei einer großen Anzahl von Negerstämmen bis zu den Hottentotten am Kap der Guten Hoffnung. Und in Nord- und Südamerika werden sie von Weißen, Negern und Indianern erzählt, im Norden hauptsächlich auf der geographischen Breite der großen Seen und im Süden in Brasilien. Einer der ältesten Typen des Märchens vom Fischfang wurde mit typisch niederdeutschem Einschlag von den Onondaga-Indianern im Staate New York erzählt. In Europa ist eine Verdichtung der Belege um den Mittel- und Niederrhein zu verzeichnen. Der festgefrorene Schwanz verrät ein Ursprungsland mit nicht allzu südlichem Klima. Beide Märchen gehören zu den älteren nordwesteuropäischen Tierepen, doch erscheinen sie nicht immer gleichzeitig oder hintereinander. Das Märchen vom Fischdiebstahl ist nur in den flämischen, holländischen und niederdeutschen Versionen zu finden, das Märchen vom Fischfang hingegen nahezu in allen. In Westeuropa sind sie auch in B E R A C H J A S Hebräische Fabeln (aus dem 13. Jahrhundert) eingedrungen. Daß Tiere mit dem Schwanz gefischt haben, wird u. a. von A E L I A N U S (etwa 200 n. Chr.) bezeugt, und vielleicht liegt der Embryo des Märchens in einer solchen Angabe. Nach K A A R L E K R O H N , bestens unterstützt von A D O L F G R A F , ist jedoch die in der Schweiz, in Flandern, Holland, Norddeutschland, Schweden, Norwegen, Finnland, in den baltischen Ländern, Siebenbürgen und der Sowjetunion auftretende Version mit dem Bären an Stelle des Fuchses als fischenden und betrogenen Partner die ursprüngliche1. Sie erklärt nämlich, wie der Bär zu einem so kurzen Schwanz kam. Erst später wurde die Erzählung in Tierepen mit abenteuerlicher Handlung mit dem Wolf als Hauptperson eingereiht. Die Erfahrung zeigt auch, daß solche Peinlichkeiten, wie den Schwanz zu verlieren, in erster Linie über kurzgeschwänzte Tiere erzählt werden. Die Araber erklären beispielsweise, daß der kurze Schwanz der Ziege dadurch entstand, daß der Engel Gabriel das eigensinnige Tier am Schwanz zu halten versuchte, als es in die Arche Noah sollte. Daß die beiden Märchen jedoch in nordischen Ländern ihren Ursprung haben sollen, wie oft behauptet wurde, ist nicht wahrscheinlich, weil Tiermärchen im Norden ziemlich spät auftreten (siehe 9 AB). 1

Bei PHAEDRUS ( I . Jahrhundert n. Chr.) ist es zwar auch ein Bär, der fischt, aber er fischt Krebse mit den Tatzen (Ph. app. 20).

Tiermärchen

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Der Bär war im Mittelalter auch in großen Teilen Mittel- und Westeuropas beheimatet und kam schon früh in Fabeln vor, wie bei den Langobarden in Norditalien. Nimmt man alles zusammen, so scheint die Heimat, zumindest des Märchens vom Fischfang mit dem Schwang, das nordwestliche Kontinentaleuropa zu sein, wo der Bär in der mündlichen Überlieferung gut belegt ist. Dieses Märchen dürfte in die zweite Hälfte der frühbyzantinischen Zeit (300—iooo n. Chr.) verlegt werden können, während das Märchen vom Fischdiebstahl mit seinem Wagen und den durchweg jüngeren Belegstellen etwas späteren Datums zu sein scheint. In Frankreich, Deutschland, Schweden, Ost- und Südeuropa gibt es einen jüngeren Sondertyp des letztgenannten Märchens mit dem Diebstahl von Brot (Käse usw.) an Stelle der Fische. Es hat übrigens in einer Mischform auch die nordamerikanischen Menomini-Indianer am Michigansee erreicht. Als Gegenstück hierzu lassen Araber und Inder den Fuchs oder Hasen Melonen und Bananen stehlen. Nr.

Der Fuchs spielt den Überfallenen

Der Fuchs überschüttet sein Haupt mit Buttermilch und sagt, daß das Gehirn ausgeflossen sei. Daß sich Tiere, wie es heißt, bemalen sollen, kommt mehrfach vor, u. a. bei P H A E D R U S ( I . Jahrhundert n. Chr.) von einer Katze, im Pantschatantra und im Tutinameh vom Schakal und im Roman de Renart vom Fuchs. In der hier vorliegenden Form ist das Motiv hauptsächlich nord- und osteuropäisch. Das Märchen ist in Schweden, Norwegen, Finnland und den baltischen Ländern sowie hauptsächlich in Ostdeutschland, Siebenbürgen und bei den slawischen Völkern bekannt, aber auch in Flandern, Portugal und Italien. Es wird oft mit dem nachfolgenden Märchen zusammen erzählt und ist mit einem der Ursprungsmärchen verwandt, das erklärt, weshalb die Schwanzspitze des Fuchses weiß ist. Nr. 4. Der scheinkranke Fuchs wird getragen Der Fuchs stellt sich krank und bringt den Wolf dazu, ihn zu tragen. Er singt etwas davon, daß der Kranke den Gesunden trägt. Vom Wolf heißt es dann oft, daß er den Zusammenhang versteht, den Fuchs abzuwerfen sucht und ihn packt. Dieses Märchen ist, nach allem zu urteilen, europäisch. Es ist in ganz Europa, mit Ausnahme der Gegenden unmittelbar westlich des Rheins, aufgezeichnet und hat vereinzelt auch Afrika erreicht. In Schweden ist es äußerst selten, und es scheint hierher aus dem Osten gekommen zu sein. Wir besitzen bisher nur zwei Varianten, von denen eine bei den Finnen Värmlands auf Finnisch aufgezeichnet wurde. Das Motiv kehrt jedoch in dem in Schweden nicht vertretenen Märchen über die Liebelei des Fuchses (72) wieder, das überwiegend außerhalb Europas belegt ist. In ihm wird der kranke Fuchs zur Hochzeit getragen. Es scheint auf dem afrikanischen und amerikanischen Kontinent besonders beliebt zu sein. Unter den Vermittlern zwischen diesen Kontinenten sind die portugiesisch sprechenden Neger von den Kapverdischen Inseln vor der Westküste Afrikas, die nach Massachusetts deportiert

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Tiermärehen

wurden, festzustellen. In Afrika treffen wir die Fabel längs der ganzen Westküste bis zu den Hottentotten im Süden, während sie in Amerika hauptsächlich unter den Indianern der Südoststaaten der USA, unter den Negern Westindiens sowie schließlich in Südamerika bis hinunter nach Brasilien aufgezeichnet wurde. Mitunter wird sie mit einem nahen Verwandten von 3 (Der Fuchs spielt den Überfallenen) zusammen erzählt, genau wie in Europa 3 und 4 oft zusammengehören. Nr. /. Fuß oder Wurzel Der Fuchs macht den Bären glauben, daß er in seinen Fuß beiße, während er statt dessen in eine Baumwurzel beißt. Als der Bär die Zähne in den Fuß des Fuchses schlägt, verhöhnt ihn der Fuchs wegen seines Irrtums, als er aber in die Wurzel beißt, jammert der Fuchs. Dieses Märchen oder sein Gegenstück ist nicht nur in Afrika und da hauptsächlich in Südafrika vertreten, sondern auch von Spanien im Westen bis Indien und besonders Indonesien im Osten bekannt. Es ist ferner bei den süd- und westslawischen Völkern, im ehemaligen Westpreußen, in den baltischen Ländern, in Finnland, Dänemark, Schweden und Norwegen aufgezeichnet worden und wird in Uncle Remus (I, XII), dem klassischen Märchenbuch der Amerikaner, erwähnt. Nr. 7. Drei Baumarten nennen Für zwei im Wettstreit Stehende gilt es, schnell drei Baumarten zu nennen. Der Verlierer nennt jedoch drei Namen ein und desselben Baumes. Dieses Märchen, das wir u. a. bei M A R I E DE F R A N C E ( 1 2 . Jahrhundert) antreffen, ist, wenngleich es nicht immer von Tieren erzählt wird, unter die Fabeln eingereiht worden. In zahlreichen schwedischen Varianten treten Gottvater und der Teufel als handelnde Personen auf. Manchmal ist das Motiv am ehesten zur Serie Der Bursch und der dumme Riese (vgl. 1093) zu zählen. Das Märchen wird in Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland sowie in Afrika erzählt. Nr. 9 AB. Die Ernteteilung der Tiere Der Bär und der Fuchs betreiben gemeinschaftlich Ackerbau. Der Bär bekommt die Spreu, der Fuchs die Körner etc. ( = B), und als sie dreschen, gibt der Fuchs vor, das Dach halten zu müssen ( = A). Das B-Motiv dieses Märchens steht schon auf französischem Gebiet neben dem beinahe gleichlautenden Motiv von 1030, vom Burschen, der mit dem Riesen Halbpart macht, worauf wir verweisen. Von Frankreich aus hat ein Zweig der Fabel die keltischen Minoritäten erreicht, ein anderer den Norden und Rußland (vgl. den gleichen Verbreitungsweg bei 1131). Sie ist überdies in Nordafrika bekannt und ist oft, wie in Griechenland, in Armenien (vor dem Jahr 1271) und Syrien, als ein Glied in der Fabel vom Wetdauf der Tiere (275) enthalten. Ihre größte Verbreitung hat sie jedoch im Norden, und das Dreschmotiv mit dem müßiggehenden Fuchs unter

Tiermärchen

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dem Dachfirst ( = A) ist hauptsächlich eine nordische Hinzufügung. Das letztgenannte Motiv hat übrigens einen Verwandten, der Afrika und Amerika erreicht hat, in dem in Schweden nicht vertretenen 1530 {Der Mann, der tat, als ob er die Klippe hochhebe). Es scheint jedoch, als ob mehrere unserer Märchen in den Ländern, aus denen die Tierepen stammen, ursprünglich vom Teufel und irgendeinem Heiligen erzählt worden wären. Die Rollen beider wurden dann teils vom Riesen mit dem schlauen Burschen als Widerpart, teils von einem starken und einem listigen Tier als Gegenspieler übernommen. D a s ist auch in diesem M ä r c h e n der F a l l . Der Gegenspieler des Teufels ist in der Normandie und in der Haute Bretagne der hl. Michael, im Trentin der hl. Johannes (Jean), in der Normandie, in den Hautes Vosges und der Berry der hl. Martin. Von ihnen hat in Dänemark und Schweden der F u c h s — als Ersatz für den hl. Michael — den Namen Mickel bekommen, und nach ihnen wird in Dänemark der H a s e — als Vertreter des hl. Martin — Morien genannt, während er in Schweden — als Vertreter des hl. Johannes — den Namen Josse ( = Jons, d. h. Johannes) erhalten hat. In Schweden finden wir den Namen Mickel für den Fuchs erstmalig bei PEDER SVART im Jahre 1558. Er nennt den Dänen (als Volk) „Mikkel räfF". Der Name kommt dann in der ersten schwedischen Auflage von Rejncke Foss (1621) neben dem Namen Josse für den Hasen wieder vor. Der Hase hat jedoch dort wie in der entsprechenden deutschen Ausgabe (von 1498) gewöhnlich den Namen Lampe, wie auch der Fuchs häufig seinen deutschen Namen Reineke beibehält. Ein Vergleich mit den Namensregistern zeigt, daß die in Frage stehenden Heiligennamen (und deren Koseformen) in Schweden schon früh — Johannes im 12. Jahrhundert und Michael im 13. Jahrhundert — als Taufnamen angewendet wurden. Üblich wurden sie aber erst im 15. und 16. Jahrhundert, möglicherweise im Zusammenhang mit den Reformationsbestrebungen. Wir wissen zwar, daß die Märchen vom Teufel die nördlichen Länder Europas schon im 14. und 15. Jahrhundert erreicht haben (vgl. 826* und 1353), aber bei der Betrachtung des Obenstehenden und in Kenntnis der geringen Anzahl von Tiermärchen auf Island, jetzt wie in der Frühzeit 1 , kann man fragen, ob sie im Norden überhaupt vor dem Beginn des 16. Jahrhunderts größere Volkstümlichkeit erlangt haben. Daß die Fabeln vom Fuchs und vom Bären, wie KAARLE KROHN behauptet, aus dem Norden stammen, ist nach den obigen Ableitungen ausgeschlossen, zumal der Proponent dieser Ansicht selbst der Meinung ist, daß die Teufelsmärchen die ursprünglichste Form sind. Wir treffen auch auf andere von Heiligennamen abgeleitete Tiernamen. In Frankreich (Dep. Lot-et-Garonne) wird das gleiche Märchen teils vom hl. Petrus (Pierre), teils von einer Ziege erzählt, während in Schweden der Bock Pelle und das Pferd Pälle (Paul) genannt werden. Auch Nalle ist ursprünglich ein Pferdename, kann aber zumindest in dieser Fabel, wo der Bär die Rolle des Teufels spielt, nicht von einem Heiligennamen (Nathanael) abgeleitet werden. Die Rede von Euphemismen, Tabuund Noanamen scheint jedoch, wo es Mickel und Josse gilt, nicht am Platz. 1

Siehe 1, 2 und 15 sowie 1 3 5 3 mit Ratatoskr, das jedoch den Norden über Osteuropa erreichte. V g l . Verf. in F F C 156, 24, Fußnote 65 und 66.

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Nr. i j. Diebstahl vom gemeinsamen Vorrat Der Fuchs wird hungrig, und drei verschiedene Male behauptet er, zu einem Tauffest eingeladen zu sein, um Gevatter zu stehen, aber er geht statt dessen den Honig (die Butter) stehlen, die er und der Bär als Wintervorrat weggelegt haben. Als er von den verschiedenen Taufen zurückkommt, sagt er, daß das erste Kind den Namen „Anfang", das zweite „Mitte" und das dritte „Ende" bekommen habe. Oft folgt noch eine Hinzufügung, in der der Fuchs den Bären beschmiert. In Schweden wird dieses Märchen gewöhnlich so wie hier im Auszug vom Bären und vom Fuchs erzählt, bei GRIMM jedoch von der Katze und der Maus, wobei die Maus die Stelle des Bären einnimmt, und auf Island mit einer Bäuerin als Hauptperson. Die Fabel ist jedoch über ganz Europa verbreitet, besonders in dessen nördlichen , westlichen und mittleren Teilen, mit Verzweigungen nach Afrika, Asien und Amerika. Nach KAARLE KROHN soll sie nordischer Herkunft aus christlicher Zeit sein. Die Wanderrichtung in Europa scheint jedoch auf eine Verbreitung von Südwesten nach Nordosten zu deuten. Die Fabel dürfte einmal in die Fabeln vom Wolf (Bären) und vom Fuchs episch eingefügt gewesen sein, wie es jetzt noch in Frankreich der Fall ist und wie auch ein Fragment aus dem Roman de Renart zeigt. Oft folgt ihr 275 (Wettlauf der Tiere) oder 41 (Schmal hinein, aber dick, um herauszukommen). Die afrikanischen Varianten sind meistenteils in Nordafrika und in Madagaskar aufgezeichnet worden. Von Frankreich aus ist die Fabel auch nach Guayana in Südamerika gekommen. Sie ist ferner in eine ganze Menge Negermärchen auf beiden Seiten des Atlantik eingegangen, u. a. in Massachusetts, und wird unter den nordamerikanischen Indianern in den Südoststaaten der USA gern erzählt. Nr. 32. Der Wolf als Retter Der Fuchs ist in einen Brunnen gefallen. Der Wolf setzt sich in den einen Eimer und fährt so den Fuchs in dem anderen in die Höhe; er selbst aber fährt hinab. D i e s e s M o t i v ist u n s aus d e m Talmud, v o n PETRUS ALFONSI ( u m 1 1 1 0 ) , MARIE DE

FRANCE (12. Jahrhundert) und aus dem Roman de Renart bekannt. Es hat sowohl die Inselwelt Indiens wie des Britischen Reiches erreicht und wird in Spanien, Belgien, Dänemark, Schweden, Finnland und Ungarn erzählt. In seiner ursprünglichen Gestalt scheint es mit dem folgenden Märchen Nummer 34, Das Spiegelbild des Mondes wirdfür einen Käse gehalten, gekoppelt gewesen zu sein. Nr. 34. Das Spiegelbild des Mondes wird für einen Käse gehalten Der Fuchs glaubt, daß der sich im Wasser widerspiegelnde Mond ein Käse sei, sieht seinen Irrtum ein, lockt aber den Bären oder ein anderes Tier in den Brunnen hinunter zu sich und dem „Käse". Das arme, betrogene Tier versucht mitunter, den Brunnen auszutrinken, um an den „Käse" heranzukommen.

Tiermärchen Das Motiv von dem im Wasser sich spiegelnden Mond ist aus dem a u s d e m Pantschatantra

9 Tripitaka1,

u n d v o n PETRUS A L F O N S I ( u m I I I O ) — m i t g e w i s s e n A b -

weichungen von dem nordwesteuropäischen Tierepos — bekannt. In unserer Zeit finden wir es bei den keltischen Minoritäten, auf romanischem, germanischem und slawischem Sprachgebiet und beim türkischen Volk. Es ist oft mit dem vorhergehenden Märchen (32) gekoppelt, erinnert aber auch an die alte ÄsOPsche Fabel vom Hund, der sich mit einem Stück Fleisch (Käse) im Maul widergespiegelt sah (HALM 253). Die letztgenannte Fabel wurde jedoch im Gegensatz zu der hier behandelten — zumindest so weit es uns zur Kenntnis gekommen ist — niemals in der volkstümlichen Überlieferung Schwedens wiedergegeben, obwohl sie in mehreren Auflagen unseres alten, ehrwürdigen Folkskolans läsebok vom Jahre 1868 und in unserer ältesten schwedisch gedruckten Fabelsammlung von 1603 ihren Platz gefunden hat. Nr. 38. Die Tat^e (der Schwang, die Ohren usw.) in der Klemme Der Fuchs überredet den Bären, die Tatze in einen gespaltenen Baumstamm zu stecken und läßt sie dann im Spalt festklemmen. In einigen Varianten soll das Motiv ätiologisch den kurzen Schwanz des Bären erklären, wobei der Schwanz anstatt der Tatze (vgl. 2) in die Klemme gesteckt wird. Das Motiv ist in mehreren der ältesten nordwesteuropäischen Tierepen belegt und findet sich noch jetzt in Nordwesteuropa und im Norden. Es ist, wenn auch in anderen Formen, im Orient, in Afrika und bis nach Indonesien sowie in einer Anzahl verwandter Fabeln von ÄSOP aufzuspüren. U. a. kehrt es auch in 151 (Der Bär soll Geige spielen) wieder, welches jedoch in Schweden nicht belegt ist, und in 115 9 (Der Teufel wird aus dem Spukschloß vertrieben). Man vergleiche 157 {Der Mensch ist nicht gefährlich) sowie 1 1 3 5 und 1136, 1159/60. Nr. 41. Schmal hinein, aber

dick, um herauszukommen

Der Wolf wird überredet, durch eine Kellerluke zu schlüpfen um zu fressen, frißt aber zu viel und wird so dick, daß er nicht herauskommen kann. Dieses Märchen finden wir bereits bei HORAZ (I. Jahrhundert v. Chr.) sowie bei Rabbi JOSUA BEN CHANANJAH und in BABRIOS' Äsopschen Fabeln (im 1. bzw. 2. Jahr-

hundert n. Chr.). Es ist auch in der Historia Francorum von GREGOR VON TOURS (gest. 5 94), im Roman de Renart und mehreren anderen nordwesteuropäischen Tierepen sowie bei dem in Frankreich geborenen Kardinal JACQUES DE VITRY (gest. 1240) belegt. Sein Verbreitungsgebiet ist hauptsächlich Mittel- und Westeuropa mit Ausläufern über Portugal und die Kapverdischen Inseln nach Massachusetts, wo wir u. a. eine interessante Mischform mit 676 (Sesam öffne dich) finden, sowie schließ1

Ch. Tr. 358, das im Jahre 4 1 6 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde. Das Motiv ist dort mit 1 2 5 0 gekoppelt, in dem eine Schar Affen den Mond retten will, den sie im Brunnen sieht.

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Tiermärchen

lieh große Teile Latein-Amerikas. Wir finden es aber auch in Italien, in Südosteuropa sowie bei den Türken, Persern und Berbern. Im Norden begegnen wir ihm, wenn auch spärlich belegt, in Dänemark, Schweden und den baltischen Ländern. In Schweden hat es in der ältesten schwedischen Fabelausgabe von 1603 einen Platz gefunden, aber nach der Form zu urteilen, hat es wie die anderen dort aufgenommenen Fabeln keinen Einfluß auf die mündliche Überlieferung gehabt. Nr. 4j A. Mußte am Pferdeschwan'.z hängen Der Bär wird v o m F u c h s überredet, sich in den Schwanz eines schlafenden Pferdes zu verbeißen. Er glaubt, daß es dann tot hinfallen werde, aber das Pferd läuft heim zu seinem Herrn, mit dem Bären im Schlepptau. Hierüber lacht der Hase so, daß seine Lippe platzt. In den meisten schwedischen und übrigen nordischen Varianten ist es der Wolf oder Bär, der den F u c h s h i n e i n l e g t . Ursprünglich scheint, nach DÄHNHARDT, der Fuchs der betrogene Teil gewesen zu sein. Bei GRIMM muß der Löwe den Platz des Bären einnehmen, und der Fuchs bringt den Löwen dazu, sich an den Schwanz des Pferdes binden zu lassen. Als das Pferd, den König der Tiere schleppend, heimkommt, darf es, obgleich zum Tode verurteilt, am Leben bleiben. Das Märchen scheint auf eine alte Äsopsche Fabel zurückzugehen, und seine ursprüngliche Form dürfte aus STEINHÖWELS Version vom Ende des Mittelalters zu erkennen sein. Bei ihm ist es ein Wolf, der dazu überredet wird, sich an einen Esel festbinden zu lassen. Der Wolf hofft, den Esel später in den Wald ziehen und dort ein gutes Mahl halten zu können, aber als Zugtier ist der Esel der Stärkere und erringt den Sieg. Die Wanderrichtung scheint nach KAARLE KROHN, zumindest in Finnland, von Südwesten nach Nordosten zu gehen. Die Fabel ist, außer in Deutschland und im Norden, auch in Ungarn und Rußland aufgezeichnet worden und hat einige Ausläufer nach Afrika und Amerika. In den Roman de Renart ist sie erst spät und in gewissem Maße verzerrt hineingekommen. Der Hase, der so lacht, daß er die Hasenscharte bekommt, ist eine nordische Hinzufügung. E r findet sich auch in 70 (Der Hase lacht über die Furcht der Tiere). In anderen Varianten verhöhnt der Hase den Fuchs, der am Schwanz des Pferdes hängt, und der Fuchs nennt sich in der Schlußreplik M i c h a e l und den Hasen J o h a n n e s . Hier haben wir also, wie in 9 A B (Die Ernteteilung der Tiere), die alten, aus der volkstümlichen Überlieferung Frankreichs ererbten Heiligennamen „Josse" und „Mickel Fuchs" wiedergefunden (vgl. auch 1030). Nr. 49. Der Bär wird %um Honigessen eingeladen Der Fuchs verleitet den Bären, in ein Wespennest zu beißen. Dieses Märchen scheint nordskandinavisch zu sein, wenngleich es auch unter den Indianern in Amerika aufgezeichnet wurde 1 . 1

U. a. bei den Menomini-Indianern, westlich des Michigansees (Journ. of A m . Folkl. X X V I . 72, Nr. 2).

Tiermärehen

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Nr. / 6 A. Der Fuchs beim Baumfällen Der Fuchs streift umher, sucht Vogelbraten und sagt, daß er den Baum fällen werde, in dem die Elster wohnt, um Material für Schneeschuhe zu bekommen. Die Elster erschrickt so, daß sie eines ihrer Jungen als Lösegeld für den Baum hinunterwirft. Das wiederholt sich so oft, bis der Fuchs alle Jungen bekommen hat. Manchmal gibt die Krähe der Elster Ratschläge und sagt ihr, was sie dem Fuchs antworten soll. Da stellt sich der Fuchs tot und packt dann die Krähe. Diese Fabel erzählt man im europäischen Teil der Sowjetunion, in den baltischen Ländern, in Finnland und Värmland. Es ist nicht das einzige Mal, daß wir einen eigentlich osteuropäischen Typ in diesem westlichen Gebiet Schwedens finden. Nicht weniger interessant ist, daß der Typ gleichzeitig in Finnland häufig vorkommt (vgl. 115). Die Fabel ist auch im Orient wohlbekannt (u. a. durch die um das Jahr 750 aus dem Persischen ins Arabische übersetzte Märchensammlung Kaiila und Dirnnd) und hat von dort aus das romanische Sprachgebiet und Afrika sowie später Südamerika mit Brasilien erreicht. Anstatt sich tot zu stellen, bittet der Fuchs im Schlußmotiv den Vogel, den Kopf unter den Flügel zu stecken „wie wenn der Wind geht". Dieses Motiv tritt auch selbständig u. a. in Deutschland und in der Sowjetunion auf oder zusammen mit 61 {Mit geschlossenen Augen krähen). Nr. j6 B. Der Fuchs bekommt die Vogeljungen in seinen Bau Der Fuchs verlockt die Elster, aus ihrem Nest in seinen Bau zu ziehen, und frißt dann alle ihre Jungen. Die Elster rächt sich, indem sie ihn an den Hund verrät, der sich tot stellt und die ganze Fuchsfamilie erwischt. Dieses Märchen findet sich im Roman de Renart sowie in Dänemark, Schweden, Finnland, Ungarn, in den baltischen Ländern und in der Sowjetunion und dürfte sich aus dem vorhergehenden entwickelt haben. Sich tot stellen, um seinen Feind töten zu können, ist ein Zug, den wir oft in den Fabeln des Orients finden (vgl. 56 A , 105). G E R B E R verlegt die Entstehung dieses Märchens auf den Balkan und datiert es spätestens auf das 1 1 . Jahrhundert. Nr. jy. Singen mit dem Käse im Mund Der Fuchs schmeichelt dem Raben, so daß dieser singt, obwohl er Käse im Schnabel hat. Als der Käse herunterfällt, schnappt ihn der Fuchs. Diese Äsopsche Fabel findet sich bei PHAEDRUS ( I . Jahrhundert n. Chr.) und bei B A B R I O S (2. Jahrhundert n. Chr.). Sie hat auch den Orient erreicht und wurde von JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240) übernommen. Jetzt ist sie nicht nur aus Spanien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, aus der Sowjetunion, aus Deutschland und Ungarn notiert, sondern auch sporadisch unter den Indianern Nordamerikas und in China. In Schweden wurde sie im Jahr 1603 gedruckt. Sie wurde von F. W. O. H Y C K E R T in gebundene Form gebracht.

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Nr. GS jp. Sauer, sagte der Fuchs Ein Fuchs bittet eine Elster u m einige Vogelbeeren für seine Mutter, und als er sie nicht bekommt, sagt er, daß sie sauer seien. Diese v o n PHAEDRUS (I. Jahrhundert n. Chr.) und BABRIOS (2. Jahrhundert n. Chr.) her bekannte Fabel ist gewöhnlich mit dem auch in der frühbyzantinischen Zeit vorkommenden und jetzt noch im Neugriechischen bekannten Sprichwort verbunden: „ W e n n der Fuchs die Trauben nicht erreicht, sagt er, er wolle sie aufbewahren" oder, wie es auf romanischem und südgermanischem Sprachgebiet heißt: „ D i e Trauben sind sauer, sagte der Fuchs". V o n Weintrauben erzählt die Fabel auch bei LAFONTAINE, wenn auch ohne Elster und Fuchsmutter, und erst in Schweden mußten die begehrenswerteren Weintrauben den Vogelbeeren weichen. In der ersten Fabelausgabe Schwedens v o n 1603, die eine Übersetzung aus dem Deutschen ist, heißt es jedoch, daß die Beeren Weintrauben sind; der Herausgeber fügt hinzu, daß „andere diese Fabel als v o m Fuchs und den Vogelbeeren auslegen". Das Sprichwort hat eine größere Verbreitung als das Märchen. Nr. 60. Tiefes oder flaches Gefäß Als der Kranich den Fuchs zum Sahneessen einlädt, nimmt er eine tiefe Schale, der Fuchs aber rächt sich, indem er dem Kranich die Sahne auf einer Steinplatte serviert. Ungeachtet dessen, daß diese Fabel in Osteuropa reich belegt ist, ist sie sicherlich v o n Süden nach Schweden gekommen. Sie findet sich im 1. Jahrhundert n. Chr. teils auf einem römischen Grabstein, teils bei PHAEDRUS und PLUTARCH, und vollständig i m 1 3 . J a h r h . b e i JACQUES DE V I T R Y u n d B E R A C H J A . I n S c h w e d e n w u r d e d a s M ä r -

chen durch eine Vignette in einem Exemplar v o n Magnus Erikssons Landrecht v o n 1440 v o n einem vermutlich uppländischen Künstler illustriert. In unserer Zeit ist es in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern und der Sowjetunion sowie in Kleinasien und Nordamerika notiert. Nr. 61. Mit geschlossenen Augen krähen Der Fuchs überredet den Hahn, mit geschlossenen A u g e n zu krähen. Der Hahn tut es, und der Fuchs benutzt diese Gelegenheit, ihn zu packen, aber da bittet der Hahn den Fuchs, doch wenigstens zuerst das Mahl zu segnen. Der Fuchs geht darauf ein, und sogleich entfliegt der Hahn. Der erste Teil dieser Äsopschen Fabel findet sich bei ROMULUS und MARIE DE FRANCE (12. Jahrhundert) und in den nordwesteuropäischen Tierepen, u. a. im Roman de Renart, w o auch der Fuchs Renart schmeichlerisch den Hahn Chantecler bittet, dem Beispiel seines Vaters zu folgen und mit geschlossenen A u g e n zu singen. Der zweite Teil ist in STEINHÖWELS Fabeln zu finden, w o der W o l f sogar gebeten wird, eine Messe zu singen, ehe er seine Beute verschlingt 1 . Über das letztere Thema gibt 1

In 227, das in Schweden nicht vertreten ist, bittet das Opfer um Aufschub, um selbst zu beten.

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es viele Variationen. Mitunter wird der Wolf gebeten zu singen und zu tanzen. Die Fabel hat auch einen gewissen Zusammenhang mit dem in Schweden nicht vertretenen, aber im nordwesteuropäischen Tierepos so wichtigen Motiv vom Friedenskuß und Friedensbrief, das im alten Indien und in der Antike seine Vorläufer hat. Das Motiv vom Vogel, der die Augen schließt, d. h. der erste Teil der Fabel, ist in Italien, Frankreich, Schottland, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern sowie außerdem reliktmäßig in einer kleinen griechisch-kaukasischen Gruppe aufgezeichnet. Daneben finden wir in Deutschland und in den baltischen Ländern sowie im russischen Sprachgebiet, im Kaukasus und in Turkmenien eine andere Version, die der ursprünglichen Äsopschen Fabel näherstehen dürfte. Dort weist der Hahn den Fuchs an den Hund, den Türhüter, der den Fuchs packt (vgl. 56 B und 248). Diesen Typ gibt es auch in der ältesten schwedischen Fabelausgabe von 1603. Der Ursprung dieser Fabeln liegt vermutlich irgendwo am Schwarzen Meer oder an der Adria. Nr. 6/. Zu schnelle Wiederverehelichung Der Fuchs stellt sich tot, um die Treue der Frau Füchsin zu erproben. Dieses Märchen, zu dem es Gegenstücke im Roman de Renart, bei BEBEL (II, 71), LUTHER und LAFONTAINE gibt, gehört in erster Linie Norddeutschland an. In Schweden ist es nur durch ein Volksbuch, eine Übersetzung aus GRIMM aus dem Jahre 1824, ohne Neuauflage, vertreten. Man vergleiche 1350 (Der Mann stellt sich tot, die Frau will heiraten) und 1510 (Die trauernde Witwe von Bphesus). Nr. jo. Der Hase lacht über die Angst der Tiere Der Hase will sich ertränken, aber als er bemerkt, daß er einige Frösche im Teich erschreckt, wird er wieder guter Laune und lacht so, daß er die Hasenscharte bekommt. Diese Äsopsche Fabel wird von PHAEDRUS (I. Jahrhundert), BABRIOS (2. Jahrhundert) und ROMULUS erzählt. Sie lebt jetzt noch in Frankreich, den Niederlanden, Norddeutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, in den baltischen sowie den ost- und westslawischen Ländern. Sie wurde von HANS SACHS bearbeitet. In einer schwedischen, besonders ausführlichen Aufzeichnung, 1756 datiert, heißt es, daß die erschreckten Tiere Schafe waren. In der ältesten schwedischen Fabelsammlung (von 1603) sind es Frösche. Dort fehlt aber die ätiologische Erklärung der geplatzten Lippe des Hasen. Das ist ein beliebtes Motiv, das dem Grundstock der Äsopschen Fabeln angehört und in den verschiedensten Zusammenhängen vorkommt (u. a. in 47 A). Nr. j2.

Wenn es Sommer wäre ...

Der Hase sagt im Winter: „Wenn es warm wäre, würde ich ein Haus bauen". Aber im Sommer sagt er: „Ach was, der vergangene Winter war nicht so arg".

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Diese Fabel ist in Schweden und Finnland aufgezeichnet worden und wird in der Sowjetunion vom Birkhuhn erzählt. Nr. 7/. Wie die Maus den Löwen befreite Ein Löwe hat sich in einem Netz gefangen, wird aber von der Maus befreit, die aus Dankbarkeit für früher bewiesene Großmut das Netz zernagt. Siehe 77. Nr. 77. Der Hirsch spiegelt sich in 4er Quelle Der Hirsch ist stolz auf sein Geweih, schämt sich aber seiner Beine. Als er in Gefahr kommt, bleibt er während der Sprunges mit dem Geweih hängen, und die Hunde fassen ihn. Man kann sich kaum glücklichere Zusammenstellungen als diese und die vorhergehende Fabel denken, wenn es im Mittelalter für irgendeinen Prälaten galt, ein Predigtthema zu finden. Die Fabel vom Hirsch (77) ist von PHAEDRUS ( I . Jahrhundert) und BABRIOS (2. Jahrhundert) erwähnt, die Fabel von der Maus und dem Löwen (75) dagegen nur von dem letzteren, aber beide Fabeln sind in die Predigtbeispiele von JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240) aufgenommen worden. Gegenwärtig finden wir sie nur noch als Relikt. Es scheint, als ob Fabeln mit erzieherischer Absicht vom Volk nicht so gern wiedererzählt würden. Die beiden Fabeln sind auch keiner bekannten schwedischen volkstümlichen Aufzeichnung einverleibt worden, finden sich aber in mehreren Auflagen von Folkskolans läsebok und in der ältesten gedruckten schwedischen Sammlung der Fabeln ÄSOPS aus dem Jahr 1603. In Indien wird der Löwe (in 75) durch den Elefanten ersetzt. Nr. 77*. Der Wolf als fesuit Der Wolf beichtet und bekennt, daß er viele getötet habe, behauptet aber, er hätte noch viel mehr töten können, und will das zugute gehalten bekommen. Diese Geschichte ist nur in Schweden und in den baltischen Ländern aufgezeichnet worden. Nr. 101. Der treue Hund Der Hund soll getötet werden. Da schlägt der Wolf vor, daß er — der Wolf — so tun werde, als ob er das Kind des Herrn anfallen wolle, damit der Hund es befreien könne. Alles geht gut, und der Hund darf zur Belohnung weiterleben, der Wolf verlangt aber als Lohn, die Schafe des Bauern stehlen zu dürfen. Da hört die Freundschaft zwischen dem Hund und dem Wolf auf. Diese Äsopsche Fabel wird in STEINHÖWELS Ausgabe wiedergegeben und ist hauptsächlich in Flandern, Ostdeutschland, Finnland, in den baltischen Ländern, bei den ost-, west- und südslawischen Völkern sowie in Ungarn, Siebenbürgen und Sibirien verbreitet. Vereinzelt treffen wir sie auch unter den Indianern Nordamerikas

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sowie bei den nomadisierenden Apachen im Südwesten. In der mündlichen Überlieferung Schwedens ist sie nicht vertreten, wird aber in einer Übersetzung nach G R I M M in einem Schillingdruck von 1 8 2 4 , ohne Neuauflage, wiedergegeben. Weiterhin siehe 103 —104. Nr. 102. Der Hund als Schuhmacher des Wolfes Der Hund frißt das Material. Siehe 200 (Der Freibrief der Hunde). Nr. 103—104. Wilde und t(ahme Tiere Der Wolf und das Wildschwein begegnen dem Hund und seinem einzigen Helfer, einer dreibeinigen Katze mit hocherhobenem Schwanz. Sie halten diesen für einen Säbel und verstecken sich: das Wildschwein in einem Haufen Laub, der Wolf in einem Baum. Die Katze greift das Wildschwein an, dessen Ohren sie für Mäuse hält. Das Wildschwein flieht, und der Wolf fällt vom Baum und bricht sich das Rückgrat. Bei G R I M M und in dem oben unter 1 0 1 (Der treue Hund) erwähnten Schillingdruck sind diese beiden Märchen gekoppelt. Sie haben auch ungefähr die gleiche Verbreitung, wenn man davon absieht, daß das zuletzt behandelte Märchen auch im ägyptischen Sudan und bei den Onondaga-Indianern im Staate New York vorkommt. Diese Koppelung erhält in gewissen Varianten eine solche Breite, daß man sagen kann, daß das Märchen einen siegreichen Kampf der zahmen Tiere gegen die wilden darstellt, so wie 130 (Die fliehenden Haustiere) die Selbständigkeitserklärung der Haustiere gegenüber den wilden Tieren und dem Menschen bedeutet. Das Märchen ist in dieser Form in den ost- und südslawischen sowie in den baltischen Ländern und in Finnland erhalten. Die vielleicht einzige erhaltene volkstümliche, sehr originelle Variante Schwedens, die in SSF I wiedergegeben ist, hat gerade Die fliehenden Haustiere als Einleitungsmotiv. Ihr Aufbau ist teilweise von den Kettenoder Formelmärchen Schwedens übernommen worden. Nr. 10j. Die kletternde Kat^e Der Fuchs rühmt sich der vielen Möglichkeiten, die er hat, um sich bei Gefahr zu retten. Die Katze hat nur eine, und die ist, auf einen Baum zu klettern. Da kommt auf einmal der Hund, und der Fuchs bleibt auf dem Kampfplatz. Diese Fabel, die wir bei ROMULUS, M A R I E D E F R A N C E ( 1 2 . Jahrhundert), B E R A C H J A ( 1 3 . Jahrhundert in Westeuropa), STEINHOWEL und H A N S SACHS finden, ist in Schweden und dem übrigen Norden sowie bei den slawischen Völkern schwach vertreten, aber ziemlich reich belegt in West-, Mittel- und Südeuropa mit einigen Ausläufern nach Afrika sowie den südöstlichen USA, Westindien, Brasilien und Venezuela. Der Gegensatz zwischen den vielen Kniffen des Fuchses — manchmal heißt es, er habe einen ganzen Sack voll (vgl. 570) — und dem einzigen der Katze ist das wichtigste Moment des Märchens. Aber von diesem Gesichtspunkt aus kann gesagt werden, daß es ältere Ahnen hat als die oben angeführten. Die Fabel scheint

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nämlich ursprünglich von einem Fuchs und einem Igel erzählt worden zu sein, wobei der einzige Kniff des Igels ist, sich tot zustellen. Auf diese Fabel zielt der alte griechische Dichter ARCHILOCHOS (um 650 v. Chr.) ab, wenn er sagt: „Der Fuchs (alopex) kann viel, der Igel nur eines, aber das genügt". Hier berühren wir also die homerisch-mykenische Zeit (vor 700 v. Chr.). Auch in den älteren Zweigen von 275 (Der Wettlauf der Tiere), die das gleiche ehrwürdige Alter zu haben scheinen, spielt der Igel die Hauptrolle. Nr. 110. Die Kat%e und die Schelle Die Mäuse wollen der Katze eine Schelle umhängen. Sie erwischen eine Schelle, aber niemand getraut sich, sie ihr umzuhängen. Dieses Märchen gehört der Kaiila und Dimna (Kalilag und Damnag) genannten Übersetzung des Pantschatantra aus dem Pehlevi ins Syrische vom Jahre 570 an. Daß das Märchen im Orient beheimatet ist, verraten auch die damit übereinstimmenden Sprichwörter in den Ländern um das Rote Meer. Nach Europa wurde es ungefähr zur Zeit der großen Kreuzzüge gebracht, und es erscheint dann in mehreren Handschriften und frühen Drucken aus dem Mittelalter, sowohl in der lateinischen als auch in romanischen und germanischen Sprachen, wie bei ODO (gest. 1247), BONER (gest. 1349), PERGAMENUS, JOHANNES PAULI (1522) und HANS SACHS (gest. 1576). Das Märchen muß in erster Linie als literarisch bezeichnet werden, wird aber u. a. in Jugoslawien, in Deutschland, bei den Sorben, in Frankreich, in den baltischen Ländern, in Finnland und der Sowjetunion mit vereinzelten Ausläufern nach Amerika erzählt. In Schweden wurde es einmal (von E V A WIGSTRÖM im Jahre 1889) aufgezeichnet. Vgl. 1651 (Whittingtons Kat%e). Nr. 112. Die Maus vom Lande und die Maus aus der Stadt (bzw. Die Waldmaus und die Hausmaus) Die Maus vom Lande besucht die Stadtmaus und befindet alles gut und üppig, aber plötzlich kommt eine Katze und holt die Stadtmaus, und da findet die Maus vom Lande, daß es ihr auf dem Lande besser gehe, wenn sie auch arm sei. Dann folgt oft eine Sentenz, die in den Mund der Maus vom Lande gelegt wird: „Weniger in Frieden und Ruhe ist besser als ein ganzes, volles Haus, wo man stets in Angst und Unruhe lebt". Aus dieser Sentenz, die sich übrigens im Sprichwörterbuch mit Vorbildern aus der altägyptischen Weisheitslehre findet, geht hervor, daß wir ein Predigtbeispiel vor uns haben, und wenn wir in den Annalen suchen, finden wir die Fabel u. a. bei JACQUES DE V I T R Y (gest. 1240), der seinerseits vielleicht von HORAZ (gest. 8 v. Chr.) in seinen „Satiren" (Sermones) und von BABRIOS (2. Jahrhundert) inspiriert wurde. Das Märchen ist im ganzen Norden sowie im übrigen Europa von Frankreich bis Rumänien bekannt, und es ist eine der beliebtesten Fabeln LAFONTAINES (aus dem Jahr 1668). Wir finden es auch bei den Chinesen in der Gegenwart. In Schweden -wurde es 1603 gedruckt.

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Nr. 11 j. Der hungrige Fuchs Der Fuchs wartet vergeblich darauf, das Maul oder das scrotum des Pferdes herabfallen zu sehen. Hier haben wir vermutlich wieder ein Beispiel dafür, wie Märchen von den aus Finnland nach Värmland eingewanderten Finnen mitgebracht werden konnten. Das Märchen kommt in Finnland mit etwa 20 Varianten, in Schweden nur mit zwei, beide aus Värmland, vor. Diejenigen, die dort das Märchen erzählten, dürften kaum bedacht haben, daß sie damit eine kulturgeographisch wichtige Verbindung skizzierten. Im übrigen ist das Märchen ziemlich unbekannt, begegnet uns jedoch im Pantschatantra (200—300 n. Chr.), wo der Schakal 15 Jahre lang vergeblich einen Stier in der Hoffnung verfolgt, an dessen scrotum heranzukommen, sowie bei den Türken des 15. Jahrhunderts und schließlich in lateinischen Fragmenten aus dem 16. Jahrhundert in Basel und Krakau. Die Verbreitung ist bezeichnend und lehrreich. Das Märchen gehört, wie wir sehen, mit Sicherheit der hellenistisch-römischen Zeit an (300 v.—300 n. Chr.). Nr. 116. Der Bär auf der Heufuhre Ein Bär wird auf eine Fuhre Heu gelockt. Die Pferde gehen durch, und man hält ihn für einen Pfarrer. Diese eigentümliche Erzählung ist von einer ganz anderen Art als die vorhergehenden und dürfte den Krähwinkelgeschichten am nächsten stehen. Sie ist in Schweden, Norwegen, Finnland, in den baltischen Ländern und im nordöstlichen Deutschland zu finden und ist wahrscheinlich nordisch. Nr. 117*. Das Pferd schleppt den Bären Ein Bär hat seine Pranke in ein Pferd geschlagen und kann nicht loskommen, und als er es versucht, wird er mitten entzwei gerissen. Dieses Märchen gibt es in Schweden und Finnland. Nr. 120. Den Sonnenaufgang als erster sehen Der Fuchs und das Schwein stehen im Wettstreit, wer zuerst die Sonne aufgehen sehe. Der Fuchs setzt sich auf der Ostseite auf einen Berg, das Schwein mit der Schnauze nach Westen an einen tiefer gelegenen Ort. Die ersten Sonnenstrahlen fallen auf die Bergpartien im Westen, bevor sie für den Fuchs sichtbar sind. Diese meteorologisch interessante kleine Geschichte hätte ebensogut von zwei Menschen erzählt werden können, wie es auch in Dänemark geschieht, was aber nicht hindert, daß man sie in Sizilien vom Teufel und einem Bauern erzählt. Das Märchen, dem wir in Irland, Spanien, Deutschland und jetzt auch in Brasilien begegnen, hat seine größte Verbreitung im Osten, bei den Esten, Finnen, Russen und Mongolen. Die letzteren erzählen es von den Ahnen des Elches und der Maus. Auch zum Volk der Ainos, den nächsten nördlichen Nachbarn der Japaner, ist es 2 Liungman

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gelangt und wurde dort ganz in eine Mythe verwandelt. Sie stellt dort den Kampf zwischen den guten und bösen Göttern dar, in welchem der Fuchsgott den Sieg erringt, weil er zuerst die Sonne aufgehen sieht. Den Ursprung haben wir in einer aus dem Orient stammenden, zuerst in JUSTINUS' Epitoma wiedergegebenen Erzählung zu suchen, die auf der verlorengegangenen W e l t g e s c h i c h t e d e s T R O G U S POMPEJANUS v o n e t w a 9 n . C h r . f u ß t . D e r j e n i g e



heißt es dort nach der Schilderung eines Sklavenaufstands — , der zuerst die Sonne aufgehen sehe, solle König von Tyros (siehe 875) werden. A u f die gleiche Weise heißt es in den Gesta Romanorum (kurz nach dem Jahr 1300), daß von drei Königssöhnen derjenige zum König gewählt werden solle, der zuerst die Sonne aufgehen sehe. Diese Version ist es, die in Dänemark wieder auftaucht. Die Verwandlungen, die dieses Märchen durchgemacht hat, sind besonders lehrreich und konnten von den wenigen südschwedischen Erzählern wohl kaum geahnt werden. Das Märchen stammt offensichtlich spätestens aus der hellenistisch-römischen Zeit (300 v. — 300 n. Chr.). Nr. 122 A. Die Mißgeschicke des Fuchses (Wolfes) Der Fuchs versucht, von seinen Freunden unter den Tieren ein Frühstück zu bekommen mit dem Hintergedanken an deren Junge; aber er wird getäuscht und tüchtig ausgescholten. V o m Pferd bekommt er Tritte, v o m Bock einen Stoß, und die Gänsemutter begibt sich mit den Jungen in den Fluß usw. Zuletzt setzt er sich unter einen Baum und bedenkt sein Mißgeschick. Da fällt eine A x t herunter und erschlägt ihn. Diese Fabel findet sich, mehr oder weniger vollständig, bei BABRIOS (2. Jahrhundert) und ROMULUS und kommt im Ysengrimus, im Roman de Renart sowie bei STEINHÖWEL, PERGAMENUS u n d

HANS

SACHS v o r . I m D i a l o g u s

creaturarum

des

PERGAMENUS aus dem Jahre 1483, dem ersten in Schweden gedruckten Buch, ist die Fabel jedoch in gewissem Maße mißverstanden. Sie wird jetzt in Italien, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern sowie unter den Rumänen, Ost-, West- und Südslawen erzählt. Auch in Afrika und im Orient gibt es Gegenstücke dazu, wie in den sogenannten Jätakas oder Erzählungen über Buddhas Wiedergeburten; und ein dem Bock-Motiv nahestehendes Moment gibt es in einer Gruppe Legenden im chinesischen Tripitaka1, 416 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt. Nr. 12}. Der Wolf und die Geißlein Der Wolf kommt in Abwesenheit der Mutter Geiß und verleitet die Zicklein, die Türe zu öffnen. Aber als die Mutter heimkommt, schlitzt sie den Bauch des Wolfes auf, so daß alle ihre Jungen wieder herauskommen. Es ist recht eigentümlich, daß ein so allgemein und bereits seit ROMULUS bekanntes Märchen in der volkstümlichen Märchenliteratur und den Archiven Schwedens 1

Ch. Tr. 346.

Tiermärchen nicht reichlicher vertreten ist, als es der Fall ist. Das hängt vermutlich damit zusammen, daß das Märchen auf literarischem Weg ins Land gekommen ist. Es wurde schon 1603 auch in Schweden gedruckt. In dieser Version ließ der kleine Bock, genauso wie bei ROMULUS, den Wolf nie ein. Das Märchen ist über ganz Europa verbreitet und wurde frühzeitig von MARIE DE FRANCE (12. Jahrhundert) und in BERACHJAS hebräische Fabelsammlung aufgenommen, aber wir finden es auch bei STEINHÖWEL und LAFONTAINE (IV, 15, vom Jahre 1668). In manchen Versionen wechseln die handelnden Personen. Oft sind es Kinder, die verschlungen werden, und mitunter hat der Missetäter nicht die Gestalt des Wolfes, sondern etwa die des Knecht Ruprechts. Ein ähnliches Märchen, das jedoch dem in Schweden nicht vertretenen 124 nähersteht, ist die englische Erzählung von den drei Schweinchen. Einer anderen Sonderform begegnen wir in China, wo man das Märchen von einem Panther an Stelle des Wolfes erzählt, gemeinsam mit Bruchstücken aus Rotkäppchen (333) und Gegenstände auf Wanderschaft (210). Über die Verwandtschaft: mit Rotkäppchen siehe dort. Die gleiche Vermengung mit Rotkäppchen, der wir in China begegnen, treffen wir jedoch auch in Afrika an. Das Märchen hat sporadisch auch die Indianer Nordamerikas erreicht und wurde unter den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln in Massachusetts, dort oft mit einem tiradenartigen Märchen verschmolzen, aufgezeichnet. Nr. iz}*. Die Bruseböcke Drei Böcke sollen auf die Alm gehen, um fett zu werden. Sie müssen über eine Brücke, unter der ein Ungeheuer wohnt. Der kleinste geht tripp, tripp, tripp, der mittlere geht trapp, trapp, trapp, aber beide bitten das Ungeheuer zu warten, bis der große Brusebock komme, der viel größer sei. Er geht dunk, dunk, dunk und tötet das Ungeheuer mit den Hörnern. Dieses Märchen gibt es in Norwegen und im westlichen Schweden, und es dürfte norwegischen Ursprungs sein. Brüse ( = Zottelhaar) ist ein in Norwegen häufiger Name für Böcke. Nr. 124 Siehe Nr. 123. Nr. 12J. Die Wolfsköpfe Siehe das nächstfolgende. Nr. ißo. DiefliehendenHaustiere Ein Hund (oder eine Katze) hört, daß er (sie) selbst oder ein anderes Haustier geschlachtet werden soll. Die Tiere beschließen, ihrer Wege zu gehen, und kommen in einer langen Reihe: Hund, Katze, Ochse, Pferd, Hahn zu einer Hütte im Wald, die von einem oder mehreren Wölfen bewohnt wird. Als diese am Morgen heimkommen, werden sie auf verschiedene Weise empfangen: mit drohenden Worten oder Stößen und Schlägen, so daß sie der Meinung sind, daß Menschen mit gefährlichen Waffen ihr Haus in Besitz genommen haben, und Hals über Kopf fliehen. 2*

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Die ersten Ansätze zu dem Märchen, das u. a. von AARNE untersucht wurde, finden wir in einer ÄsoPschen Fabel, die erzählt, wie der Löwe in ein Haus einbricht, in dem sich ein Esel und ein Hahn befinden. Der Löwe erschrickt vor dem Krähen des Hahnes, aber als der Esel beginnt, ihn mit seinem Geschrei zu verfolgen, wendet sich der Löwe um und zerreißt den Esel in Stücke. Nach einer anderen, von PHAEDRUS (I. Jahrhundert) und auch bei ROMULUS wiedergegebenen Fabel gelang es dem Esel einmal, dem Löwen zu beweisen, daß er mit seinem Geschrei die anderen Tiere in Schrecken versetzen könne. Er hatte Erfolg, und der Löwe gab ihm ein zwar gutes, aber spöttisches Zeugnis. Diese und ähnliche Fabeln könnten dem Märchen seine Basis gegeben haben. Im Orient mit Indien und in Südosteuropa begegnen wir jedoch einer Parallele zu dem Märchen, die eine andere Form hat, aber offensichtlich auf dem gleichen Grund entstanden ist. Wir finden sie u. a. in der südlichen Pantschatanira-Ycrsion Indiens, im &ukasaptati (Nr. 42—44) und im Tutinameh. Eine verlassene Ziege, heißt es dort, sucht Schutz in einer Löwenhöhle, und es gelingt ihr, durch ihr rechthaberisches und großtuerisches Benehmen den Löwen in die Flucht zu schlagen. Sie behauptet, eine Menge Tiger und Elefanten gefressen zu haben und jetzt auf der Suche nach einem Löwen zu sein. Der Löwe flieht und holt den Fuchs zu Hilfe, macht sich aber wieder davon und überläßt die Löwenhöhle der Ziege. Die Parallelität geht ganz deutlich aus den nordwesteuropäischen Tierepen hervor. Möglicherweise ist das Märchen selbständig sowohl im Südosten wie im Nordwesten entstanden, aber es ist die Frage, ob nicht die Annahme vorzuziehen ist, daß der um das alte Byzanz vorhandene Embryo direkt nach Nordwesteuropa kam und dort umgeformt wurde. In Ysengrimus' Schlußkapitel, der Pilgerfahrt des Fuchses, finden wir das nordwesteuropäische Märchen voll ausgebildet: Es soll Hochzeit sein, und die Schlachtbank droht besonders den zahmen Tieren. Der Fuchs überredet sie deshalb, nach Rom zu pilgern. Der Esel, der Widder, der Hirsch, das Reh, der Hahn und die Gans beschließen mitzugehen. Unterwegs findet sich in einer Herberge der Wolf ein, als ob auch er auf einer Art Wallfahrt wäre, und will ihre Mahlzeit teilen. Aber das Reh läßt ihm auf Anraten des Fuchses mehrmals ein und denselben Wolfsschädel so servieren, daß er glaubt, es gäbe viele Wolfsschädel, und es wären demnach in diesem Haus mehrere Wölfe getötet worden. Erschrocken macht er sich von dannen, bekommt aber zuvor noch einen kräftigen Knuff von jedem Tier. Er kehrt jedoch in Gesellschaft mehrerer Wölfe wieder. Da gehen die Tiere auf den Heuboden, der Esel fällt hinunter und erschlägt zwei Wölfe, worauf der Fuchs und die zischende Gans den übrigen einen solchen Schrecken einjagen, daß sie sich schnell davonmachen. Die Geschichte vom Wolfsschädel, im Südosten durch ein Wolfsfell oder eine drohend vorgebrachte Freßlust auf Löwen und anderes Wild ersetzt, gibt es noch heutzutage in Portugal, Spanien, Afrika und besonders in Algerien, Bulgarien, Deutschland, der Tschechoslowakei, im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus, den baltischen Ländern und in Finnland. Sie hat, als ursprünglich selbständiges Märchen, in AARNES Katalog die Nummer 125 erhalten. Die Verbreitung ist recht bezeichnend.

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Im Roman de Renart hat das Märchen den ungefähr gleichen Verlauf wie im Ysengrimus: Die Tiere gehen in das Haus des Wolfes, als dieser fort ist, und stimmen einen hallenden Gesang an. Die Wölfe kommen zurück, der Esel öffnet die Türe, und der Widder tötet einen Wolf. Als andere Wölfe hinzugerufen werden, klettern der Esel und der Widder auf einen Baum, fallen aber herunter. Sie töten dabei sechs Wölfe, worauf sich die anderen davonmachen. Das Geschrei des Esels hat ihn in verschiedenen Märchen von alters her zum Musikanten 1 gemacht, aber im Roman de Renart wird, wie wir sahen, nicht nur vom hallenden Gesang des Esels, sondern auch der übrigen Tiere gesprochen, und nach und nach wurden alle in diesem Märchen auftretenden Tiere zu Musikanten oder — Bremer Stadtmusikanten, wie es bei G R I M M heißt. In anderen Fassungen ist dieser Zug jedoch vergessen worden, und dort gibt der Esel, seiner Natur folgend, den Eindringlingen einen ordentlichen Fußtritt, aber später hat er — besonders in den nördlichen Ländern — ganz dem Pferd oder Ochsen weichen müssen. In mehreren Varianten liegt die Katze beim Herd, um den Eindringling zu kratzen, der Hund auf dem Boden, um ihn in die Beine zu beißen, während ihn der Hahn vom Dachbalken aus mit seinem Krähen erschrecken soll. H A N S SACHS und nach ihm R O L L E N H A G E N , der im 16. Jahrhundert in Nordwestdeutschland lebte, ließen die Tiere überdies als eine Art Handwerker mit besonderen Werkzeugen auftreten. Im Norden ist die RoLLENHAGENsche Version nicht ohne Bedeutung geblieben, da die Tiere dort beinahe in allen Varianten verschiedene Handwerke vorstellen. Das Märchen scheint somit auf schwedischem Boden der Neuzeit anzugehören. Mitunter erhält es eine tiradenartige Form. Heutzutage wird es in allen Ländern Europas erzählt, aber besonders in seinem nordwestlichen Teil, der als die Heimat dieses europäischen Märchens angesehen werden muß, wenn es auch auf der Grundlage des antiken Fabelstoffes gedichtet wurde. 2 Der Widerpart ist jedoch dort wie anderswo und nicht zuletzt im Norden nicht immer ein Tier, sondern oft sind es Räuber oder Ungeheuer. In der westlichen Sowjetunion hat sich eine gewisse Sonderform entwickelt, indem sich die Tiere selbst eine Hütte bauen. Das Märchen hat im Westen Ausläufer nach Massachusetts und Westindien, im Süden zu den Buschmännern und im Osten bis Mesopotamien und Sumatra, wo es jedoch in gewissem Maß von 210 (Gegenstände auf Wanderschaft), auf das wir verweisen, beeinflußt wurde. Nr. GS ißi. Prahlerische Worte bei der Tränke Der Bock spiegelt seine Hörner im Wasser und sagt: „Ich brauche den Wolf nicht zu fürchten". Der Wolf steht hinter ihm und fragt: „Was sagst du da?" Der Bock antwortet: „Man redet so viel, wenn man trinkt". Diese Fabel gibt es in Norddeutschland, Holland und Smäland. 1 2

Siehe u. a. Ch. Tr. 376 (im J. 710 aus dem Sanskrit übersetzt) sowie Pantschatantra (V, 7). Vgl. 430 (Prinz Esel mit der Leier). A A R N E verlegt die Heimat des Märchens nach Asien mit 210 (Gegenstände auf Wanderschaft) als dessen Urform.

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Nr. GS iß2. Der versteckte Fuchs und das Nicken Ein Fuchs ist auf der Flucht vor einem Jäger und bittet einen Bauern, ihn zu verstecken. Der Bauer verspricht dies zu tun, und als der Jäger nach dem Fuchs fragt, nickt der Bauer zwar andeutend in Richtung des Fuchses, sagt aber, daß er ihn nicht gesehen habe. Der Jäger geht. Als der Bauer ein Lob haben will, sagt der Fuchs, er hätte das Nicken bleibenlassen können. Diese von psychologischer Einsicht zeugende Äsopsche Fabel finden wir u. a. b e i P H A E D R U S , B A B R I O S u n d ROMULUS, b e i M A R I E D E F R A N C E ( 1 2 .

Jahrhundert)

und in BERACHJAS hebräischer Fabelsammlung (13. Jahrhundert in Westeuropa). Wir finden sie in der Gegenwart in Deutschland sowie mehr oder minder verkleidet an mehreren Stellen in Europa, wie in Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark, und auf Kreta. Die Vermutung, daß sie ganz schwedisch sei, ist somit nicht stichhaltig. Sie scheint jedoch zu den Fabeln zu gehören, die erst in der Neuzeit durch Übersetzung der alten, klassischen Fabeln allmählich ins Volk eingedrungen sind. Nr. I J I Siehe 38 und 1159/1160. Nr. ijß. Der Bär will stärker werden Der Bär läßt sich kastrieren, um stärker zu werden, so wie das Pferd und der Ochs stark wurden. Das Motiv kommt auch in der Serie Der Bursch und der dumme Riese vor, wo natürlich der Riese die Stelle des Bären einnimmt. Mitunter wird von einer besonderen Wiederherstellungssalbe gesprochen. Beide' Märchen scheinen hauptsächlich in Finnland und in den baltischen Ländern vertreten zu sein, wenn auch 1 5 3 m Schweden und Norwegen und 113 3 in Blekinge und Dänemark zu finden sind. Der oft obszöne Schluß hängt mit RABELAIS' ebenso obszönem Schluß von 1030 bzw. 1095 zusammen, der auch im Katbäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) vorkommt. Nr. 1J4. Undankbarkeit eines Menseben, dem geholfen wurde Das Pferd (der Ochse) eines Bauern ist faul, und der Bauer nennt es „Bärenfutter", aber als der Bär es anfallen will, versteht es Reinecke, der zu bellen gelernt hat, Nalle so zu treiben, daß der Eigentümer des Pferdes den Bären schießen kann. Als Belohnung verlangt der Fuchs eine Gans, aber der Besitzer des Pferdes trägt ihm statt der Gans einen Hund in einem Sack hin. Der Fuchs wird in eine Höhle getrieben, wo er mit seinen Beinen, Ohren und dem Schwanz spricht, und als er den Schwanz, der sich nicht richtig benommen hat, strafen will und hinausstreckt, packt ihn der Hund, zieht den Fuchs heraus und tötet ihn (vgl. 122 A). Dieses Märchen ist teilweise bei PETRUS ALFONSI (um 1110) und im Roman de Renart enthalten. Es wird gegenwärtig in Europa in Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn, Rumänien, Kroatien, Griechenland, Polen, in der Sowjetunion, den baltischen Ländern, Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen sowie außerhalb

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Europas in Syrien und Indien, längs der Westküste Afrikas von den Sudanesen im Norden bis zu den Hottentotten im Süden, ferner in Mittelamerika mit Mexiko und in Brasilien erzählt. Das Märchen ist aus drei Motiven zusammengesetzt: dem Töten des Bären, dem versprochenen Lohn im Sack und der Zwiesprache mit dem Schwanz, was auch aus der verschiedenen Verbreitung der Motive hervorgeht. Die beiden ersten Motive gehören nicht nur der genannten westeuropäischen Literatur des Mittelalters an, sondern auch der anscheinend davon völlig unabhängigen mündlichen Überlieferung in West-, Nord- und Mitteleuropa. Erst in dem letztgenannten Gebiet kommt das dritte Moment hinzu, das in erster Linie der Sowjetunion mit den baltischen Ländern, Ostfinnland und Kroatien angehört. Östlich und südöstlich des letztgenannten Landes sind die Varianten in der Regel verdorben. Nr. IJJ.

Undankbares Tier wieder eingefangen

Eine Schlange ist festgeklemmt. Ein Mann geht vorbei und befreit sie. Zum Dank will die Schlange den Mann töten, denn, sagt sie, Undank ist der Welt Lohn. Aber der Mann bringt sie dazu, des Weges Kommende urteilen zu lassen. Sie begegnen verschiedenen Tieren (gewöhnlich Hund, Pferd und Fuchs), die alle außer dem Fuchs der Schlange recht geben. Der bittet die Schlange, zurückzukehren und zu zeigen, in welcher Klemme sie saß, und, wieder darin, muß sie auch darin bleiben. Diese Fabel, die u. a. v o n KAARLE KROHN und MCKENZIE untersucht wurde,

gehört in erster Linie zum orientalisch-europäischen Verbreitungsgebiet, ist aber auch außerhalb dieses Gebietes belegt. Eine u. a. von PHAEDRUS (I. Jahrhundert n. Chr.) wiedergegebene ÄsoPsche Fabel erzählt, wie ein Mann eine e r f r o r e n e Schlange fand, sie aufnahm und in seinen Kleidern erwärmte, aber dann von ihr gebissen wurde. Die meisten Forscher sehen mit BENFEY — und, nach allem zu urteilen, mit Recht — in dieser Fabel den Ursprung des Märchens. Von diesem Märchen unterscheiden wir, im großen gesehen, vier Variantengruppen: Den ältesten Beleg der e r s t e n Gruppe haben wir in der indischen, relativ späten Version des Pantschatantra, wo das undankbare Tier ein K r o k o d i l und der Richter ein F u c h s ist, obwohl der Fuchs der Tierwelt Indiens eigentlich nicht angehört. Eine ähnliche Version mit Krokodil und Fuchs wird von der Insel Mauritius vor Madagaskar über den ägyptischen Sudan und Nubien am oberen Nil bis Nigeria im Westen erzählt. Das Nilbecken dürfte auch im Verhältnis zu Indien das Vorrecht in dieser Gruppe haben, u. a. gerade im Hinblick auf die bekannten Füchse am Nil, die sogar, wie unsere, weiße Schwanzspitzen haben. Diese n o r d a f r i k a n i s c h e Version ist unter die Fabeln STEINHÖWELS (aus dem 15. Jahrhundert) gekommen. Der Mann wird oft als Kamel- oder Eseltreiber bezeichnet. D i e z w e i t e V a r i a n t e n g r u p p e besteht in der Hauptsache aus i n d i s c h p e r s i s c h e n Versionen, vielleicht von einer ähnlichen Fabel beeinflußt, die sich u. a. in der BENFEYschen Version vom Pantschatantra (V, 4) findet. Hierin wird ein toter Löwe lebendig gemacht, der dann seine Wiedererwecker tötet. In dieser Gruppe ist das undankbare Tier auch ein Löwe (Tiger), der in einem Käfig gefangen wurde,

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und der Richter ein S c h a k a l . Es ist möglich, daß diese Version direkt und besonders mit den französischen und italienischen Varianten zusammenhängt. Eine dieser italienischen Varianten, in der das undankbare Tier ein Löwe ist, stammt aus dem 14. Jahrhundert. D i e d r i t t e V a r i a n t e n g r u p p e ist die wichtigste. Wir haben sie in K l e i n a s i e n (u. a. notiert im persisch-türkischen Anvar-iSuhailiaus dem 15. bzw. 16. Jahrhundert) mit einem nach I n d i e n u n d einem n a c h G r i e c h e n l a n d u n d zu den s ü d - , w e s t - u n d o s t s l a w i s c h e n V ö l k e r n v e r l a u f e n d e n Z w e i g . Hier ist der Richter ein P f e r d ( O c h s e ) , H u n d o d e r F u c h s und im Osten meist ein B a u m o d e r ein B ü f f e l , das undankbare Tier dagegen eine S c h l a n g e , die einem Feuer zu nahe kam und von einem Mann mit Hilfe eines Stockes und Sackes (vgl. G S 367) gerettet wurde. Die Schlange kann manchmal durch einen Wolf ersetzt werden. In der geographischen Breite Ungarns geht von diesem Zweig noch ein westlicher aus, in welchem die Schlange nicht mehr durch ein Feuer gefährdet, sondern einfach unter einem Stein eingeschlossen wird. Diese Version ist über große Teile des ü b r i g e n E u r o p a s verbreitet, darunter auch den Norden (siehe den oben angeführten Bericht). Sie wurde in Schweden in der im Jahre 1603 erschienenen ersten Ausgabe von ÄSOPS Fabeln gedruckt. A n diese kleinasiatischen und ost- und westeuropäischen Zweige des Märchens wird in der Regel eine aus 154 (Undankbarkeit eines Menschen, dem geholfen wurde) entlehnte Hinzufügung geknüpft, in der dem Fuchs eine bestimmte Belohnung versprochen wird. Gewisse Züge der ersten, d. h. nordafrikanischen Variantengruppe scheinen von einer derartigen Hinzufügung zu stammen. E s ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß der Ursprung auch dieser Gruppe, zu der, wie wir sahen, die STEiNHÖWELSche Variante gehört, nördlich nicht nur von Nubien, sondern auch von Ägypten zu suchen ist. Das Natürlichste ist, den U r s p r u n g s o r t des g a n z e n M ä r c h e n s n a c h K l e i n a s i e n zu v e r l e g e n , und würde es nicht allzu riskant sein, das Alter eines Märchens und besonders einer Fabel auf Grund des Fehlens von Belegen zu beurteilen, so wäre man vielleicht am ehesten geneigt, dieses Märchen (nicht die Fabel) der frühbyzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) 1 zuzuschreiben. Schließlich haben wir noch eine v i e r t e , h a u p t s ä c h l i c h l i t e r a r i s c h e G r u p p e , die auf einen direkten Einfluß des Orients, über den Seeweg, auf die romanischen Länder und England deutet. Die Schlange wird darin oft, wie in der Äsopschen Fabel, als „ e r f r o r e n " bezeichnet, und die Einzelheiten nähern sich den älteren, orientalischen Aufzeichnungen und in gewissem Grad auch den Varianten der dritten und ersten Gruppe, abgesehen vom Krokodil. Von westeuropäischen Belegen innerhalb dieser vierten Gruppe erwähnen wir die bei PETRUS ALFONSI in den Dis1

K R O H N verlegt in Mann und Fuchs die Ursprungsform und den Ursprungsort nach Ägypten vor das 12. Jahrhundert unserer Zeitrechnung (Mann und Fuchs, S. 258). B E N F E Y meint, das Märchen sei ca. 1000 Jahre früher aus Griechenland nach Indien gekommen (Pantschatantra I, 114), während M C K E N Z I E (S. 26 f.) seinen Ursprung nach Indien verlegt, wo es nach ihm vor dem 10. Jahrhundert zusammengestellt wurde. In FFC 96:30 pflichtet K R O H N der Aufffassung M C K E N Z I E S über den Ursprungsort bei, kannte aber dabei die hier vorgebrachte relativ große Verbreitung des Märchens in Nordafrika nicht.

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ciplina clericalis (etwa m o ) , bei MARIE DE FRANCE (12. Jahrhundert) und in den Gesta Romanorum (etwas nach 1300). Sie scheinen keinen Einfluß auf die über den Balkan kommende mündliche Überlieferung ausgeübt zu haben. In den nordwesteuropäischen Tierepen hat das Märchen erst im Rejnke de Vos (III, 4) aus dem Jahre 1498 Aufnahme gefunden. Außerhalb des orientalisch-europäischen Verbreitungsgebietes hat das Märchen im Osten (mit Gruppe II und III) nicht nur Indonesien erreicht, wo es sogar reich vertreten ist, sondern auch China, sowie im Westen Nord-, Mittel- und Südamerika. In Afrika begegnen wir besonders längs der Westküste einigen von Westeuropa, möglicherweise von Holland, eingeführten Varianten, die der Gruppe III angehören. Ihre Wanderrichtung geht — soweit sie der Verfasser finden kann — von Süden über die Hottentotten und Portugiesisch-Angola nach Senegal im Norden. Als Abschluß dieser Variantenreihe macht das Märchen von Dakar aus einen Panthersprung nach Mittelamerika, wo wir in Costa Rica die für Senegal typischen besonderen Züge mit u. a. einem Ochsen als Befreier wieder vorfinden (vgl. die Wanderrichtung von 533 und 676 in Afrika). Nr. IJ6. Der dankbare Löwe (Bär) Von dieser durch Folksholans läsebok vom Jahre 1868 so bekannten Fabel gibt es nur einige Belege aus Westschweden und Norrland. Das Tier ist jedoch in diesen ein Bär, der durch ein Mädchen von einem Dorn befreit wird und dann mit einer Belohnung zu ihm kommt. Das Motiv ist so wenig kompliziert, daß es leicht aus sich heraus entstehen konnte. Es gehört jedoch auch den Esten und Finnen an. Die alte, klassische Erzählung, die mit einigen Vorgängern u. a. von PHAEDRUS (1. Jahrhundert n. Chr.) und ROMULUS teilweise wiedergegeben wurde, handelt von einem Sklaven Androklus, der in der Wüste einem Löwen begegnet war und ihm dadurch geholfen hatte, daß er ihm einen Dorn aus der Pranke zog. Mehrere Jahre später wurde er dazu verurteilt, im Zirkus mit wilden Tieren zu kämpfen, behielt aber dadurch sein Leben, daß ihn der Löwe erkannte. — Eigentümlich ist jedoch, daß die England angehörige Version der Gesta Romanorum die Begegnung mit dem Löwen mit einer in gewissem Grad ähnlichen Begegnung mit einem Bären verbindet. Möglicherweise erklärt dies, wie es dazu gekommen ist, daß im Norden der Bär die Stelle des Löwen eingenommen hat. Man findet die Fabel auch mit 154 (Undankbarkeit eines Menschen, dem geholfen wurde) und 155 (Undankbares Tier wieder eingefangen) verbunden. Sie wird besonders in Süd- und Westeuropa, aber auch in Afrika erzählt. Bemerkenswert ist ein ähnliches Motiv in China, in dem ein Tiger und eine Frau figurieren. Nr. 1 /7. Der Mensch ist nicht gefährlich Der Fuchs zeigt dem Wolf zuerst einen Greis, dann einen Knaben und schließlich einen Mann in Vollkraft mit einem Gewehr. Der Wolf läuft den beiden ersten ruhig entgegen, wird aber vom dritten erschossen.

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In einer Reihe von BABRIOS (2. Jahrhundert), AVIANUS ( 4 . - 5 . Jahrhundert), und H A N S SACHS wiedergegebenen Äsopschen Fabeln lernt der Löwe oder ein anderes wegen seiner Stärke bekanntes Tier den Menschen als Bogenschützen kennen. Aus dieser Fabel ist das Märchen, das eine so große Verbreitung bekam, entstanden. Es erstreckt sich über Spanien, Frankreich, die Länder um den Niederrhein, den Norden, Mitteleuropa und die slawischen Länder, und dann bis nach Rumänien, der Türkei, Arabien, Tibet, Nord- und Südafrika und schließlich, wenn auch spärlich, nach Nordamerika, Westindien und Brasilien. Den ältesten Beleg des Märchens in seiner gegenwärtigen Form haben wir in der lateinischen Fabelsammlung des NICOLAUS PERGAMENUS ( 1 4 . Jahrhundert), die in Schweden 1 4 8 3 gedruckt wurde, aber in mehreren anderen europäischen Ländern schon früher bekannt war 1 . Sowohl bei PERGAMENUS als auch in einer Anzahl anderer Varianten gibt es eine Hinzufügung, in der ein Tier in seiner Unkenntnis den Menschen aufsucht, um mit ihm in Wettstreit zu treten, aber vor der List des Menschen den kürzeren zieht. Das Ende ist oft das gleiche wie bei 38 {Die Tat^e in der Klemme). STEINHÖWEL

Nr. GS 169. Sitz

still!

Ein altes Weib fällt in eine Wolfsgrube. Dort befinden sich bereits ein Wolf, ein Fuchs und andere Tiere. Alle fürchten sich sehr, und die Alte schreit den Fuchs an: „Sitz still, wenn der Hausherr ( = Wolf) zu Haus ist!" Dieses Märchen ist nur in Schweden und Norwegen aufgezeichnet worden und scheint an der Westküste Schwedens häufig zu sein. Die gleiche Einleitung hat das in Schweden urfd Norwegen nicht vertretene, jedoch aus dem Tripitaka2, Kathäsaritsägara (X, 65) und mehreren mittelalterlichen Texten in Europa bekannte 160 (Undankbarer Mensch unter den Tieren). Nr. 200. Der Freibrief der Hunde Ein Hund hat einer Prinzessin das Leben gerettet und bekommt hierfür einen Freibrief, den er seiner Haushälterin, einer Katze, gibt, damit sie ihn während der Nacht aufbewahre. Die sieht ja bei Tag und bei Nacht gleich gut, aber dennoch holt sich eine Maus den Brief. Das ist der Grund für die Feindschaft der Hunde mit den Katzen und der Katzen mit den Mäusen. Dieses Märchen scheint aus Böhmen zur Zeit des 15. Jahrhunderts zu stammen, wo es eine sehr lange, ausführliche Erzählung gibt, in der auch die Wölfe als Feinde der Hunde eine gewisse Rolle spielen. Der Freibrief war ursprünglich ein Friedensvertrag zwischen ihnen und den Hunden. Aus der Behauptung, daß die Ursache für die Feindschaft von Seiten der Wölfe darin liege, daß die Hunde so viele verschiedene Farben haben, geht hervor, daß dem Verfasser dieser Erzählung eine alte, von 1

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ROMULUS und MARIE DE FRANCE erzählen die Fabel von einem Raben, BERACHJA erzählt sie bruchstückweise von einem Panther (B P I V , 341). Siehe Ch. Tr. 25 und 49, vgl. 47.

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BABKIOS (2. Jahrhundert) wiedergegebene Fabel nicht unbekannt war, in der dieses Motiv gerade im Zusammenhang mit einem Streit zwischen Wölfen und Hunden vorkommt. Diese Fabel scheint übrigens durch die Vermittlung von Byzanz Böhmen erreicht zu haben. Auf lateinisch gibt es sie nicht. Die böhmische Erzählung kann ganz einfach als Aufbau oder Fortsetzung dieser Fabel betrachtet werden. Das Motiv kommt dann in Deutschland oft in gereimter Form und zierlichem Druck mit Illustrationen vor. Eine deutsche Version aus dem 15. Jahrhundert, die es auch in Schweden gibt, läßt den Hund seinen Freibrief unter dem Schwanz halten, als er durch einen Fluß schwimmt. Der Freibrief geht verloren, aber seither beschnüffeln sich die Hunde immer, wie es in einer ätiologischen Hinzufügung heißt. Diese volkstümliche deutsche Erzählung steht den schwedischen Schillingdrucken aus der Zeit von 1814—1825 mit ihren drei Neuauflagen sehr nahe. Die Einleitung besteht aus dem sonst in Schweden nicht vertretenen Märchen Der Hund als Schuhmacher des Wolfes (102). Aus diesem Motiv entsteht dann die oben erwähnte Feindschaft zwischen den Hunden und Wölfen mit schriftlichem Friedensvertrag und Zertifikat. Die westeuropäischen Varianten sind, bezeichnend genug, trotz LAFONTAINE etwas verblaßt, wenn auch einzelne Ausläufer Westafrika und Brasilien erreichten. Hingegen ist das Märchen in Ungarn, auf ost- und westslawischem Sprachgebiet, in Finnland und Rumänien reichlich vertreten, wenn auch in der Regel ohne ätiologische Zusätze. Im nördlichen Europa haben wir überdies den üblichen Verbreitungsweg: Niederrhein, Dänemark, Schweden, Finnland und baltische Länder. Von Frankreich bis nach der Sowjetunion und Griechenland wird auch erzählt, daß die Hunde einmal Pfeffer oder ein anderes Gewürz oder Medizin benötigten und deshalb einen Hund ausschickten, dies zu beschaffen. Da er aber nie zurückkam, möchten die Hunde, wenn sie ihresgleichen begegnen, gerne wissen, ob der andere nicht doch möglicherweise gerade dieser Hund sein könne. Deshalb beschnüffeln sie sich immer — eine Erscheinung, die offensichtlich die Fabeldichter Jahrhunderte hindurch interessiert hat.

Nr. 206. Zweimal gedroschenes Stroh Der Bauer, der unter einer Mißernte leidet, hört die Tiere sagen, daß das Stroh schlecht gedroschen sei. Der Bauer drischt es noch einmal, aber dann haben die Tiere nur noch reines Stroh zu fressen. Dieses Märchen ist in Schweden in Svealand, Götaland und Norrland aufgezeichnet worden und außerhalb Schwedens in Finnland, Estland und in der Sowjetunion. Wir haben vermutlich hier ein nordisches Märchen vor uns. Da das Märchen das Geschehnis jedoch in die Zeit verlegt, als die Tiere noch reden konnten, ist es wahrscheinlich eine Entlehnung aus südlicheren Strichen. Der Ausdruck „zweimal gedroschenes Stroh" kommt erstmalig im 1 1 . Jahrhundert bei dem französischen Mönch AIMOINS in De Gestis Francorum (1. Kap. 10) vor, wird aber erst im 16. Jahrhundert bei RABELAIS, STRAPAROLA U. a. üblich.

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Nr. 210. Gegenstände auf Wanderschaft Eine Nadel, ein Ei oder andere Dinge kehren in einer Hütte ein und greifen dort einen Eindringling an. Bei der Behandlung von 130 {DiefliehendenHaustiere), dessen Ursprung in Nordwesteuropa zu suchen ist, und worauf wir im übrigen verweisen, wird bemerkt, daß HANS SACHS und nach ihm ROLLENHAGEN die Tiere als eine A r t Handwerker mit

besonderen Werkzeugen auftreten lassen. Da schon ÄSOPS Fabeln Dinge mit Tieren gemeinsam wandern lassen und dies überdies in gewissem Grad die Finesse einer Dichterzunft im späten Mittelalter war, wie in einem Gedicht aus Straßburg vom 15. Jahrhundert, in dem ein Stück Kohle und eine Maus eine gemeinsame Pilgerfahrt machen durften, lag es nahe, Handwerksgeräte gemeinsam mit Tieren wandern zu lassen. Hierdurch entstand die Sonderform des Märchens Nr. 130, die wir hier behandeln und die die Nr. 210 (Gegenstände auf Wanderschaft) erhalten hat. Hierzu dürften jedoch, wie A. AHLSTRÖM nachwies, gewisse Mißverständnisse beigetragen haben. Das Auge der Katze wurde von dem eintretenden Wolf für eine glimmende Kohle gehalten. Aus diesem Auge (französisch Oeil) wurde ganz mechanisch ein Ei (auf deutsch und holländisch Ei), und dieses Ei mußte dann, so merkwürdig es klingt, die Rolle der Katze im Märchen übernehmen. Die Diminutivform Eichen bewirkte jedoch, daß besonders auf slawischem Gebiet bald eine Eichel auftrat, aber auch ein Eichhorn und ein Igel. Diese Verschiebung fallt mit der Verbreitung nach Osten zusammen. In Frankreich treten daher nie das Ei und auch nie die wandernden Dinge auf, und dasselbe gilt für Irland und Großbritannien. Wir haben also mit AHLSTRÖM für diesen Märchentyp eine Wanderrichtung von Westen nach Osten feststellen können 1 . In Schweden, Dänemark und Norwegen gibt es ihn nicht anders als unter der direkten Einwirkung von GRIMMS Nr. 10 oder 41 (wie in einer Aufzeichnung bei E. T. KRISTENSEN oder in einem in SSF II wiedergegebenen Fragment einer ursprünglich norddeutschen Form). Sonst hat der Typ, von Holland an gerechnet, seinen Weg über ganz Europa genommen und besitzt Ausläufer nicht nur zu den Burjaten, sondern auch nach Vorder- und Hinterindien, Indonesien mit Celebes, China und Japan, wo das Ei immer noch eine der Hauptrollen spielt. Nach gewissen Zügen in den südeuropäischen Varianten zu urteilen, wurde das Märchen in irgendeinem südeuropäischen Hafen „ausgeschifft". In China wird es gemeinsam mit Bruchstücken aus den Märchen Der Wolfund die Geißlein (123) und Rotkäppchen (3 3 3) erzählt. Die oben angedeuteten Mißverständnisse der Worte Oeil, E i usw. zeigen uns, daß ein Märchen während seiner Wanderung nicht in breiter Front daherzieht. In diesem Fall wären die von Anfang an relativ wenigen Mißverständnisse bald nicht mehr zu merken und in Vergessenheit geraten. Die Märchen drangen auf den Kontinenten vielmehr meist längs der großen Verkehrswege vor; und wenn wir sie in weit entfernten Gegenden und fremden Erdteilen unerwartet wiedertreffen, sind sie wahrscheinlich durch Auswanderer oder Matrosen dorthin getragen. 1

der dem Märchen eine sorgfältige Untersuchung angedeihen ließ, bezeichnet 210 als ursprünglich asiatisch und läßt es in seiner Wanderung nach Europa der Ursprung zu 130 sein. Wie wir hier sehen, verhält es sich wahrscheinlich umgekehrt. AARNE,

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Nr. 212. Die lügende Ziege Ein Vater schickt seine Söhne, den einen nach dem andern, die Ziege zu hüten; aber sie sagt, daß sie nichts zu fressen bekommen habe. Der Vater schickt seine Söhne fort und hütet die Ziege selbst. Da merkt er, daß die Ziege gelogen hat. Dieses Märchen kommt in Schweden nur als Plagiat GRIMMS vor, wo es 563 (Tischlein deck dich) einleitet. Es darf mit 2015 {Die Ziege, die nicht heimgehen wollte) nicht vermengt werden. Nr. 2ij. Die Kat^e und die Ker^e Zwei Männer spielen Karten. Der eine hat eine Katze, der er beigebracht hat, eine Kerze zu halten, als ob sie ein Kerzenleuchter wäre. Da setzt der andere eine Maus aus und veranlaßt so die Katze, die Kerze loszulassen. Die Moral der Geschichte ist, daß der Naturtrieb stärker ist als Erziehung. Dieser Behauptung wurde von den Fabeldichtern besonders gehuldigt. PHAEDRUS (1. Jahrhundert n. Chr.) spricht von einer Katze, die nicht dazu zu gebrauchen war, den Tragstuhl für einen Hahn zu tragen, und LUKIANUS (gest. 125 n. Chr.) erzählt, vermutlich nach einer Äsopschen Fabel, von einem Affen, dem man das Tanzen beigebracht hatte, der sich aber verführen ließ, den Tanz abzubrechen, als man ihm Nüsse zuwarf. Die oben wiedergegebene Erzählung von der Katze und der Kerze finden wir, nach COSQUIN, der dem Märchen besondere Aufmerksamkeit widmete, schon in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung in Indien. Doch kann man sich hierfür nur auf eine in den Jahren 402—405 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzte Erzählung im Tripitaka berufen, in der ein Mann ein Licht auf dem Haupt trägt, um die „Finsternis der Dummheit" 1 zu zerstreuen. Das Märchen ist jedoch in Indien wohlbekannt und wird auch in Tibet, auf Ceylon und in Indochina erzählt — doch ohne höheres Alter aufweisen zu können — von Schachspielern oder -Spielerinnen, von denen oft die eine eine Hetäre ist, die gewinnt, s o l a n g e die Z a u b e r k e r z e der K a t z e brennt. Es ist die Maus, die das Glück zum Wenden bringt. Das Schachspiel geht auch in manchen von diesen Erzählungen ziemlich unvermittelt in Wetten über, die wir nicht nur in Tunis, sondern auch in Rumänien, Deutschland und Schweden vorfinden. Unter den Einrahmungen im Orient, die man mitunter auch im Abendland antrifft, sind Bruchstücke von 567., 875, 921, 1430 und 1730 zu bemerken. In Europa war der Dialog %wischen Solomon und Marko//2 schon vor dem Jahre iooo bekannt. Die meisten Handschriften gehören jedoch dem 15. Jahrhundert an und sind gewöhnlich in lateinischer Sprache in Deutschland verfaßt. Anspielungen auf die Erzählung von der Katze mit der Kerze begegnen uns darin aber schon im 13. Jahrhundert in Frankreich, wenn auch ohne namhaft gemachte Personen. Das Märchen gibt es heutzutage hauptsächlich in Süd- und Mitteleuropa, seltener in den 1 2

Ch. Tr. 491, vgl. 121. Urspr. Marcoiis (vielleicht der hebräische Name für Mercurius). Markolf (Margolf, Marquard) ist aber auch der Name der Fabel über den schlauen Reiher.



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westlichen und östlichen Teilen, und außerhalb Europa lebt es, wie soeben angedeutet, in Tunis, Algerien, im Südkaukasus, in Palästina, Indien, Hinterindien und Zentralasien. In Schweden wurde Salomo und Marcolfus als Schillingdruck mit etwa 15 Auflagen während des 17. und 18. Jahrhunderts bis 1846 gedruckt, aber diese Drucke scheinen der mündlichen Überlieferung nicht zugrunde zu liegen und besonders nicht der recht einzigartigen westgötischen Aufzeichnung in SSF. Sie scheint eher auf den deutschen Erzählungen aufzubauen, die wie diese mit einer Wette beginnen. Die handelnden Personen sind auch nicht wie im Schillingdruck Salomo und Marcolfus, sondern Salomo und Hiram. Seltsamerweise tritt Hiram als Partner Salomos in dem das Märchen einleitenden Dialog schon im 12. Jahrhundert auf. Die Variante kann der allgemeinen Auffassung nach kaum volkstümlich genannt werden, und das Märchen ist in dieser Form auch nicht in den Nachbarländern Schwedens aufgezeichnet worden. Die Moral der Geschichte ist vergessen, zeichnet aber die abendländischen Versionen aus, während sie in den morgenländischen fehlt. Die Erzählung scheint über Byzanz nach Europa gekommen zu sein, sowohl mündlich als auch literarisch, dort von den alten Fabeldichtern die Moral übernommen zu haben und nach und nach den Erzählungen von Salomo und Marcolfus einverleibt worden zu sein. Sie gehört unzweifelhaft der frühbyzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) an und dürfte, wie COSQUIN es vertritt, Indien zum Heimatland haben. Nr. 221. Der König der Vögel Der Vogel, der am höchsten fliegen kann, soll der König der Vögel werden. Da versteckt sich der kleine Zaunkönig auf dem Rücken des Adlers und kommt auf diese Weise höher als alle anderen. Schon ARISTOTELES (gest. 322 v. Chr.) nennt den Zaunschlüpfer (oder möglicherweise den Zaunkönig „Troglodytes") den Feind und König ( = basilevs) des Adlers, und PLUTARCH (gest. i2on. Chr.) spricht von Ä S O P S Fabel, in der ein „basiliskos", d. i. wörtlich ein „Regulus", von dem Rücken des Adlers aufflog. Im Mittelalter wird die Fabel u. a. im 13. Jahrhundert von dem westeuropäischen Fabelsammler BERACHJA erwähnt, und heute gibt es sie in ganz Europa, wenn sie auch in Schweden relativ selten ist. Fast überall führen diese Vögel einen Namen, in dem das Wort „König" enthalten ist. Am dichtesten und frühesten ist das Märchen in der Neuzeit anscheinend in Deutschland belegt. Mitunter findet man auch Varianten, die dem Zaunkönig die Fähigkeit zuschreiben, tiefer ins Universum eindringen zu können als alle anderen Vögel — nämlich, wenn er in ein Mauseloch kriecht. Der Vogel wird daher auf deutsch und polnisch auch „Mäusekönig" genannt. Im Schwedischen erhält der Regulus in der Fabel den Namen „Königsvogel", doch wird die Fabel mitunter auch vom Seidenschwanz erzählt. Man kann sagen, daß sie aus der archaischgriechisch-klassischen Zeit (700—300 v. Chr.) stammt. In Asien mit Indien als Zentrum gibt es eine Sonderform, in der die Eule zum König ausersehen ist, aber von einem anderen Bewerber verdrängt wird. Diese Form

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scheint ebenso alt zu sein wie die obige, und man findet sie mitunter mit dieser verschmolzen. Das Märchen wird nunmehr mit Vorliebe in Indonesien und Afrika wie auch unter den Negern und Indianern Amerikas erzählt. Nr. 22J. Das Gebet der Gänse Der Fuchs will die Gänse holen, diese aber bitten sich aus, vorher noch beten zu dürfen, und da schnattern sie so laut, daß Hilfe kommt. Diese uralte und weitverbreitete Fabel ist in Schweden nicht vertreten. (Vgl. jedoch SÄVES Gotl. Saml. I Nr. 64 und WIGSTRÖM: Folkdiktning II, 167 = A A R N E 61). Nr. 2ß0*. Der Hahn kommt querst %um Hof Der Hahn und der Birkhahn wetten, wer zuerst zum Hof kommt. Der erste soll auf dem Hof wohnen und Herr sein dürfen, der andere müsse sich im Wald aufhalten. Da macht der Hahn den Birkhahn plötzlich darauf aufmerksam, daß er einen weißen Fleck oder dgl. unter dem Schwanz habe. Der Birkhahn will nachschauen, ob es tatsächlich der Fall sei, und während er damit beschäftigt ist, kommt der Hahn als erster an. Dieses Märchen gibt es in Schweden und im schwedischsprachigen Finnland, unter den Schweden Estlands sowie in Verbindung mit 240 (Warum die Taube %tvei Eier legt) bei den Esten (siehe 240). Nr. 256. Die Taube lernt ein Nest bauen Ein wohlwollender Vogel, meist eine Elster, will der Taube beibringen, ein besseres Nest zu bauen. Die Taube meint, gleich verstanden zu haben, wie sie es anstellen müsse, baut aber dann in ihrer alten Weise fort. Diesem Motiv geht oft, wie bei H Y L T E N - C A V A L L I U S in Wärend och Wirdarne (II, XXIV), ein anderes, ähnliches voraus, in dem die Taube vergebens die Elster lehren will, zu gehen anstatt zu hüpfen. Auf das letztgenannte Motiv treffen wir erstmalig in Deutschland bei F R E I D A N K , der Kaiser Friedrich II. auf seinem Kreuzzug nach Palästina im Jahre 1228 begleitete. Es ist wahrscheinlich, daß er das Motiv aus dem Orient mitgebracht hat, da wir es auch im Bidpai finden, einer arabischen Bearbeitung des Pantschatantra, in der es jedoch das Rebhuhn ist, das den Raben das Gehen lehrt. Das hier zuerst erwähnte Motiv — der Nestbau — wird jedoch meistens von der Elster und der Taube erzählt und gehört England, Schottland, den Niederlanden, Luxemburg, dem ganzen Norden mit den baltischen Ländern, Norddeutschland und Ungarn an. In Dänemark, den Niederlanden, Luxemburg und Nordwestdeutschland sowie in gewissem Maß auch in Schweden ist es jedoch mit einer onomatopoetischen Hinzufügung versehen, anspielend auf das Wort „Kuh". Gemäß gewissen Vorstellungen des Volkes ist die Kuh das Eigentum der Taube.

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Nr. 240. Warum die Taube %wei Eier legt Die Taube wurde einmal überredet, ihre zehn (sieben) Eier mit den zweien des Huhnes zu vertauschen. Von dieser Zeit an legt sie nur zwei Eier, das Huhn aber so viele, wie es will. Seither flattert die Taube umher und ruft: „Da, du Dieb, du nahmst meine sieben und legtest zwei hin!" Außer in Schweden gibt es das Märchen bei den Finnen und Esten, bei den letzteren aber so geschickt mit 230* {Der Hahn kommt querst Hof) verbunden, daß man geneigt ist, ihnen das Prioritätsrecht auf beide Märchen zu geben. Dies hat um so mehr für sich, als das hier behandelte Märchen auf schwedischsprachigem Gebiet gewöhnlich ohne inneren Zusammenhang von der Wildtaube und der Elster (Krähe) anstatt von der Wildtaube und dem Huhn erzählt wird. Die beiden letztgenannten Vögel treten in Estland selbstverständlich auch in 230* auf. In der verbundenen Fabel heißt es, daß sie darüber streiten, wer die besten und meisten Eier legen könne, und dies durch einen Wettbewerb entscheiden wollen. Die Taube fliegt schneller, aber das Huhn ruft, daß sie die Hose verloren habe. Da kommt das Huhn zuerst an, und seither kann es Eier legen, so viele es will. Nr. 242. Hervorgelockt und aufgefressen Die Krähe (der Fuchs) lockt einen Frosch (Hecht) mit den größten Friedensbeteuerungen auf einen kleinen Hügel und frißt ihn dann auf. Dieses politisch lehrreiche Märchen scheint als Relikt teils in Westschweden, teils in Lappland, Finnland, Estland und im ehemaligen Ostpreußen, teils in Flandern verbreitet zu sein. Es erinnert an eine talmudische Fabel, die AKIBA (gest. 13 5 n. Chr.) zugeschrieben wird, worin der Fisch jedoch den Fuchs abweist. Nr. 247. Die schönsten Jungen Eine Eule oder ein anderes Tier bittet einen Jäger, manchmal auch einen Wolf, die schönsten Jungen des Waldes zu verschonen. Der Jäger verspricht dies, aber er findet, daß die Jungen der Eule nicht die schönsten, sondern die häßlichsten sind. Nach einer von BABRIOS (2. Jahrhundert), AVIANUS (4. — 5. Jahrhundert) und STEINHOWEL wiedergegebenen Äsopschen Fabel wurden alle Tiere einmal zu Zeus gerufen, damit sie entscheiden sollten, wessen Jungen die schönsten seien. Der Affe wurde ausgelacht, erklärte aber trotzdem seine Jungen für die schönsten. Dann kann man mehrere Variationen zum Thema verfolgen. Die Version LAFONTAINES (aus dem Jahre i668)steht vielleicht dem obigen Auszug am nächsten. Man findet das Motiv in Frankreich, Dänemark, Norwegen, Schweden, in der Sowjetunion, in Polen und Rumänien wie u. a. auf Malta. In einer Sonderform ist die Jungfrau Maria die suchende Mutter. Nr. 248. Auch ein kleiner Vogel kann töten Ein Fuhrmann überfährt einen Hund, der der Freund des Vogels war. Darauf setzt sich der Vogel auf den Kopf des einen Pferdes und ruft, daß dies den Fuhrmann

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das Leben kosten solle. Als der Fuhrmann den Vogel erschlagen will, schlägt er statt dessen das Pferd mit einer Hacke tot. Dies wiederholt sich auch mit dem zweiten Pferd, und so geht es überall, wohin sich der Vogel setzt, bis ihn der Fuhrmann endlich erwischt. Aber da ergreift seine Frau die Hacke und erschlägt irrtümlich ihren Mann. Diese Erzählung findet sich im Roman de Renart ( n , 761), merkwürdigerweise — wie in der einzigen schwedischen Variante aus Gotland — mit 5 6 B (Der Fuchs bekommt die Vogeljungen in seinen Bau) als Einleitung. Die gleiche Kombination treffen wir auch in Siebenbürgen an. Als der Fuchs die Jungen des Spatzen aufgefressen hat, will sich der Spatz rächen und schließt daher mit dem Hund ein Bündnis. Zuerst verschafft er ihm die Gelegenheit, dem Fuhrmann einen Schinken zu stehlen, damit er richtig stark werde, und erst dann treffen die oben angegebenen, tragischen Ereignisse ein. Das Märchen ist so gut wie in ganz Europa verbreitet, besonders in seinen östlichen Teilen, weniger dagegen im Norden und auf dem Balkan. Vereinzelte Ausläufer haben in der einen Richtung Indonesien, in der anderen die Neger auf Jamaika erreicht. Es hängt sicherlich mit der persisch-arabisch-indischen Fabel vom Elefanten und Sperling zusammen, in der der Sperling im Bund u. a. mit der Biene und dem Frosch schließlich den Elefanten ums Leben bringt. Nr. 27/. Der Wettlauf der Tiere Zwei Tiere, ein sehr langsames und ein sehr schnelles, sollen aus irgendeinem Grund um die Wette laufen. Das langsame Tier läuft unverzüglich auf das Ziel los, das schnelle ruht aus und macht Umwege, bis es schließlich zu spät kommt. Diese Äsopsche Fabel, die wir u. a. aus Folkskolans läsebok kennen, dürfte nach dem, was die besonders von DÄHNHARDT angestellten Untersuchungen zeigen, auf kleinasiatisch-griechischem Gebiet entstanden sein. Aus der H a u p t f o r m der Fabel, die hier angeführt wurde, haben sich — vermutlich auf dem gleichen Gebiet — zwei Sonderformen entwickelt. Gemäß der ersten S o n d e r f o r m hält sich das langsame Tier, oft ein Schalentier, am Pelz des schnellen Tieres f e s t , womit die bekannte Fabel vom Zaunkönig und vom Adler (221) verglichen werden kann. Diese Sonderform ist auf einer mykenischen Kalksteinplatte dargestellt, auf der man einen laufenden Hirsch, der einen Igel trägt, sehen kann. Die zweite S o n d e r f o r m wurde — soweit man erkennen kann — auf einer griechischen Vase aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. dargestellt, wo ein Igel und ein Hase im Wettstreit stehen, während in einem lateinischen Gedicht aus dem 13. Jahrhundert ein Igel und ein Löwe um die Wette laufen. In dieser Sonderform des Märchens hat das langsame Tier, also hier der Igel, einen oder mehrere D o p p e l g ä n g e r , die sich im voraus am Ziel oder an den Zwischenstationen aufstellen und „hier bin ich" sagen, wenn der Konkurrent kommt (vgl. 1074 Kitta Grau läuft um die Wette). Das langsame Tier ist in der H a u p t f o r m meistens eine Schildkröte und in der ersten S o n d e r f o r m ursprünglich ein K r e b s . In der zweiten S o n d e r f o r m ist es ein I g e l oder eine Schildkröte. Der Igel gehört nach Europa und Nordafrika, die Schildkröte zum übrigen Afrika, nach Asien mit Indonesien und schließlich Amerika, wo die Negersklaven zu einem großen 3

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Teil für die Verbreitung gesorgt haben dürften, besonders was die zweite Sonderform anlangt, die bei Negern und Indianern große Volkstümlichkeit errungen hat. Der K r e b s kommt neben anderen ähnlichen, mehr oder minder langsamen Tieren sowohl in Europa als auch in Asien mit Indonesien vor, wo das Märchen besonders volkstümlich wurde, und, wenn auch spärlicher, in Afrika und Amerika 1 . D i e H a u p t f o r m und die e r s t e S o n d e r f o r m gehören sicherlich der homerisch-mykenischen Zeit (vor 1000 v. Chr.), die z w e i t e S o n d e r f o r m mindestens der archaisch-klassischgriechischen Zeit (700 — 300 v. Chr.) an. Hinsichdich der Verbreitung des Märchens in der Gegenwart siehe 1074. Nr. 28j. Schlange und Kind trinken Milch Eine Schlange kommt immer und trinkt Milch aus der Schale eines Kindes. Das Kind sagt: „Trink nicht so schnell, du kleiner Schelm!" und versetzt der Schlange einen Klaps, die darauf, ohne es zu wissen, das Kind totbeißt. Der Vater lauert dann schmeichelnd auf die Schlange und führt endlich einen Schlag gegen sie, der nicht tödlich ist, aber bewirkt, daß die Schlange verschwindet, die vorgetäuschte Freundschaft des Menschen verschmähend. Einer Version dieser orientalisch-europäischen Sage kann bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. nachgespürt werden, wo sie ein griechischer Geschichtsschreiber, PHYLARCHOS, wiedergibt. PHYLARCHOS wird dann v o n PLINIUS (I. Jahrhundert n. Chr.)

zitiert. Nach diesem wurde der Sohn des Hauses nicht von der Schlange, sondern von einem Jungen der Schlange getötet. Da wurde das Junge von der Schlangenmutter getötet, die dann aber nie mehr wiederkam. Die Sage muß Indien sehr früh erreicht haben, da sie sich, wenn auch spät aufgenommen, im Pantschatantra findet. Nach dessen Version erhält ein Brahmane täglich ein Goldstück von der Schlange, als aber sein erwachsener Sohn den ganzen Schatz der Schlange auf einmal haben will und sie zu erschlagen versucht, wird er selbst getötet. Auch Kurden, Syrer und Südaraber kennen die Sage in ähnlichen Formen. In Europa ist sie bei ROMULUS und sogar im 12. Jahrhundert bei MARIE DE FRANCE, in den Gesta Romanorum, in STEINHÖWELS gesammelten Fabeln und bei HANS SACHS ZU finden. In mehreren dieser Versionen, besonders in den Gesta Romanorum und bei MARIE DE FRANCE, mißlingt der mehr oder minder absichtliche Beil- oder Hammerhieb gegen die Schlange, die als reich und segenbringend (vgl. 672) angesehen wird, und mit dem Verschwinden der Schlange stellen sich Armut und Unheil ein, die auch die Kinder des Schuldigen treffen. Es scheint, als ob diese Versionen in erster Linie der Literatur West- und Mitteleuropas angehört hätten. Die mündliche Überlieferung dürfte aus der gleichen Quelle wie der griechische Fabeldichter BABRIOS (2. Jahrhundert) geschöpft haben. Seine Darstellung, wie übrigens auch die Version des PERGAMENUS, stimmt ziemlich genau mit der oben im Auszug wiedergegebenen volkstümlichen Version überein, die auch tatsächlich von 1

In Schweden kommt der Krebs in S A M U E L C O L Ü M B U S ' Mal — Roo eller Roo — Mal (1676 — 1678), Ed. H E S S E L M A N 1935, S. 69, sowie in S W A H N S Svenskt Skämtlynne vor.

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den Südslawen herstammt. Die mündliche Überlieferung hat Varianten in der Türkei sowie im Südosten, in der Mitte und im Norden von Europa, besonders in Schweden, aber auch in Spanien. In den nördlichen Varianten gelingt es der Schlange nie, das Kind zu töten, sondern die Mutter greift ein und erschlägt sie, mit dem Ergebnis, daß das Kind dahinsiecht. Auch hierin weicht also die schwedische Überlieferung von der lateinischen Version des PERGAMENUS ab. B E N F E Y , der die Version PHYLARCHOS' nicht kannte, betrachtete, wenn auch mit Zweifeln, die Erzählung als ursprünglich indisch, aber sie wurde von späteren Forschern, u. a. von BOLTE und PoLivKA, sicher mit Recht als g r i e c h i s c h bezeichnet und gehört, wie wir aus dem Vorstehenden ersehen, mindestens der hellenistischrömischen Zeit (300 v. bis 300 n. Chr.) an. Es scheint, als ob die Verbreitung der Sage in gewissem Grade mit dem Brauch zusammenhängt, der sogenannten Hausschlange Milch zu geben. Dieser Brauch ist in Europa vom Balkan bis zum Norden belegt, ist aber auch in Indien und Ägypten bekannt. In das letztgenannte Land verlegte PHYLARCHOS 'seine Version. In Schweden ist dieser Brauch schon von O L A U S M A G N U S aufgezeichnet worden. Die schwedischen Drucke von 1839 und 1844 stammen von G R I M M und scheinen die meist fragmentarischen volkstümlichen Erzählungen nicht beeinflußt zu haben.

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ZAUBERMÄRCHEN (AATH 300—981*) Einführung (Kurze Übersicht über die wichtigste ältere Literatur)

Das orientalisch-europäische Zaubermärchen — einschließlich des sogenannten Dreizahlengesetzes — scheint, als Typ betrachtet, von den Sumerern und den kleinasiatischen Kulturvölkern, unter welchen besonders die Hethiter zu erwähnen sind, ausgegangen zu sein1. Man darf jedoch nicht vergessen, daß überall dort, wo dieser Typ bekannt war und gepflegt wurde, auch ein Zaubermärchen von der Struktur des Typs entstanden sein kann. Wir können hier jedoch von Keilschrift, Hieroglyphen und der antiken Literatur überhaupt absehen und uns statt dessen dem Osten zuwenden. Dort finden wir in den indischen sogenannten Jàtahas oder Erzählungen über Buddhas Wiedergeburten (von Jata = Wiedergeburt) aus den Jahren 400 v. bis 400 n. Chr. eine unserer allerältesten Quellen für die Erforschung unserer Märchen einschließlich der Schwänke, deren Quellen wir hier vorgreifend teilweise betrachten wollen. Zu diesen ältesten Quellen muß auch das Tripitaka ( = drei Körbe) gezählt werden, eine heilige buddhistische Schrift, die im 3.—5. (7.) Jahrhundert n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde. Die einzelnen Erzählungen, die mitunter Avadänas genannt werden, haben oft den gleichen Charakter wie die Jàtakas. Aus der Zeit um 1300 und 1400 stammt eine teils persische, teils türkische Märchensammlung, genannt Tutinameh, die teilweise gleichen Inhalts ist wie die indische Märchensammlung namens Sukasaptati, was „die 70 Märchen des Papageis" bedeutet, während Tutinameh mit „Papageibuch" übersetzt werden kann. Etwas jünger als das Sukasaptati ist das Kathäsaritsägara ( = Das Meer der Märchenströme). Diese große Märchensammlung wurde von dem indischen Dichter am Hofe zu Kaschmir, dem gelehrten SOMADEVA, in den Jahren zwischen 1063 und 1081 zusammengestellt. Sie beruht teilweise auf einer nunmehr verlorengegangenen Bearbeitung des Pantschatantra, ist jedoch wesentlich umfangreicher. Im Kathàsaritsàgara ist, neben anderen Werken, auch die Sammlung Vetälapancavimsatika ( = Die 25 Erzählungen des Toten) enthalten. Eine mongolische, relativ späte Märchensammlung, Siddhi-Kür ( = Die Erzählungen des Toten), hat teilweise den gleichen Inhalt. Schließlich muß hier das bereits in der Einleitung erwähnte, allgemein bekannte Sammelwerk Tausendundeine 1

Siehe Verf.: Sagan om Bata och Anubis och den orientalisk-europeiska undersagans Ursprung (Lund 1946), S. 1 —116 mit Resumé (wiedergegeben auch in Bäckahästen 1, H. 3—4, II, H. 2 — 3); über das Dreizahlengesetz siehe S. loiff. (bzw. II, H. 3, S. 135 ff.).



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Nacht mit indischen, persischen, arabischen, ägyptischen und vermutlich auch abendländischen Märchen hinzugefügt werden. Ein anderes wichtiges, aber vielleicht überschätztes Verbindungsglied zwischen dem Morgen- und dem Abendland ist die Märchensammlung, die gewöhnlich Die sieben weisen Meister genannt wird (oder Sindbads Buch), mit ihren vielen vorderasiatischen und europäischen Versionen. Sie hat Wurzeln sowohl im Pantschatantra, in dem auf diesem beruhenden Kaiila und Dimna und im liukasaptati. In den beiden erstgenannten mit ihren vielen Bearbeitungen finden wir etwa 15 verwandte Erzählungen oder Motive. Unter den dem Abendland zugehörigen Versionen von den Sieben weisen Meistern muß besonders Dolopatbos (von etwa 1185) genannt werden, die von dem französisch-lothringischen Mönch J O H A N N E S D E A L T A S I L V A zusammengestellt wurde. Auf den Sieben weisen Meistern beruhen auch die in der Einführung zu den Fabeln erwähnten Gesta Romanorum, die bald nach dem Jahr 1300 irgendwo am Nordhang der Alpen oder vielleicht noch etwas nördlicher zusammengestellt wurden, sowie die Scala celi, um das Jahr 1300 von dem südfranzösischen Mönch J O H A N N E S G O B I U S J U N I O R niedergeschrieben. Wie gering an Zahl die Motive sind, die das Abendland durch Die sieben weisen Meister, als Sammlung betrachtet, erreichen konnten, geht jedoch daraus hervor, daß, weiin wir alle zugänglichen Versionen und Fassungen davon zusammenlegen, nur 5 morgenländische (von etwa 40 Erzählungen) in den abendländischen Fassungen (und selbstverständlich keine der abendländischen in den morgenländischen Versionen) zusammenkommen. Der gesamte Märchenbestand in den verschiedenen morgen- wie abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister besteht aus 54 Erzählungen, von denen nur etwa 15 der mündlichen Überlieferung angehören. Von diesen 15 kann ungefähr die Hälfte aus den abendländischen oder den dem Morgen- und Abendland gemeinsamen Versionen stammen. Der Rest muß aus den morgenländischen Typen oder auch von irgendeinem Zweig von diesen, ohne bekannte Version als Zwischenglied, genommen worden sein. Hierbei dürften die spanischen und griechischen Versionen, die vom Gesichtspunkt des Inhaltes aus zu den morgenländischen gerechnet werden, eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben. Unter den ältesten und bemerkenswertesten Sammelarbeiten der Neuzeit müssen zum Abschluß S T R A P A R O L A S Le piacevoli notti aus Venedig um 1 5 5 0 und B A S I L E S Pentamerone aus Neapel um 1 6 3 5 genannt werden.

Nr. ßoo. Der Drachentöter Ein Jüngling erhält oder erwirbt durch Tausch von einem Mann ein siegreiches Schwert und in der Regel drei Hunde (mit Namen wie Greif-an, Halt-fest etc.). Er erfährt sodann, daß eine Prinzessin (manchmal auch drei) einem Gelübde zufolge an einen mehrköpfigen Wasserdrachen (ein Seeungeheuer, einen Wassergeist, Riesen o. dgl.), der in bestimmten Zeitabständen seinen Tribut verlangt, ausgeliefert werden soll. Der Jüngling beschließt, mit Hilfe seiner Hunde den Versuch zu unternehmen, das Untier zu erlegen. Während man auf sein Erscheinen wartet, liegt er gemächlich mit dem Kopf im Schoß der Prinzessin (und wird von ihr gelaust. Sie flicht dabei manchmal einen Ring oder eine Seidenschnur in sein Haar). Sobald das

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Untier zu hören ist, springt er auf und tötet es mit Hilfe seiner Hunde (obwohl die vielen Köpfe des Untieres oftmals wieder nachwachsen, nachdem sie abgeschlagen wurden). Der Held zieht sich danach zurück, nimmt jedoch die Zunge (die Zähne etc.) des Untieres als Beweis seiner Tat mit sich. Ein Rivale tritt auf und behauptet, der Befreier zu sein, wird aber seiner Falschheit gerade dann, wenn er im Begriffe ist, sich mit der Prinzessin zu verheiraten, dadurch überführt, daß der Jüngling zuerst mit seinen Hunden Botschaft sendet und sich dann selbst einfindet und die Zunge (die Zähne, den Ring etc.) vorweist. Dadurch gewinnt der Jüngling endgültig die Hand der Prinzessin. (Wenn es sich um drei Prinzessinnen handelt, wird der Kampf dreimal wiederholt, und der Held heiratet die jüngste Prinzessin.) Dies kann, abgesehen von dem in Klammern Angeführten, als Ursprungsform des Märchens betrachtet werden. Das Märchen ist von einer großen Zahl von Forschern, in erster Linie H A R T L A N D und R A N K E , behandelt worden. Wir beginnen jedoch mit einem Exposé über die Entstehungsgeschichte der Drachenkämpfe. Im alten Ägypten war die Vorstellung von Drachen wenig verbreitet. Dort traten hingegen in Mythen und Märchen teils das im Nil häufige Krokodil, teils die sogenannte „ewige Schlange" mit Menschenkopf auf, während der eigentliche Drache ein Zwischending von Pythonschlange und Krokodil und wie die Pythonschlange in etwas nördlicheren und östlicheren Regionen beheimatet ist. In späteren Zeiten, d. h. mit Bestimmtheit seit Esaias' oder Herodots Zeit, stellte man sich den Drachen außer mit einem schlangenähnlichen Schwanz noch mit Flügeln vor. Der Drache der Babylonier und die Urmutter Tiämat wurden jedoch auch als geflügelte Löwen dargestellt. Eine der ältesten Erzählungen von Drachenkämpfen ist gerade die v o m Kampf des Gottes Marduk zur Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche gegen diese Tiämat, die man sich als das Oberhaupt der bösen Mächte vorstellte. Außer WafFen verwendete Marduk ein von ihm selbst verfertigtes Netz, genauso, wie man noch heute Netze verwendet, um Krokodile zu fangen. Sein Kampf symbolisiert die Wiedergeburt der Schöpfung. Die Riten der Babylonier wurden von König Hammurabi kurz nach dem Jahr 2000 v. Chr. festgelegt. Die versengende Sonne war im Orient der Feind der Menschen und der Götter, und die Gegenwart des wasserschluckenden Drachen, d. h. der „Meerestiefe" selbst, war gleichbedeutend mit einer verheerenden Trockenheit für die ganze Umgebung. Eine größere Tat als das Töten eines Drachen konnte daher einem Märchenhelden kaum nachgesagt werden. Im Ras Schamra, in dem die Vegetationsmythen zu einem Epos verflochten wurden, kämpften Baal und Baal-Alein zur Sommerszeit, „als die Oliven versengt wurden", gegen Mot, der den siebenköpfigen Drachen neben sich hatte, ein Gegenstück zum Leviathan der Bibel. In der Bibel ist dessen ärgster Gegner Jahve selbst. Auch der oberste Gott der Hethiter kämpfte gegen die große Schlange Illuyanka und stieß seine Lanze in das Schlangenmaul. Aber auch die Perser und Inder hatten entsprechende Mythen. Im Avesta, der heiligen Schrift Z A R A T H U S T R A S , tötet der persische Held Thràetaona den Drachen Azhi Dahäka oder den Drachen mit den drei Köpfen, den drei Mäulern, den sechs Augen und den tausend Sinnen. E r befreit dadurch zwei Frauen, auf deren Namen wir gleich zurückkommen werden. Eine ähnliche Darstellung findet sich auch in den

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heiligen Schriften der Inder über Tritas und Gott Indras Kämpfe mit Ahi oder Vrtra, dem Symbol der Trockenheit. Trita und Thräetaona sind verwandte Wörter, ebenso wie Ahi und Azhi, die beide „Schlange" bedeuten (lat. anguis). Das Wort Dahäka bedeutet „der Verderbenbringende" und kehrt in FIRDAUSIS Königsbuch (ungefähr iooo n. Chr.) in der Form Dhohhak wieder. Dies ist nämlich der Name des — sagen wir — Menschendrachen, den FIRDAUSI durch seinen Helden Feridun töten läßt. Im Namen Feridun erkennen wir den Namen Thräetaona wieder, und wie der letztere durch seinen Kampf zwei Frauen befreite, so befreite Feridun zwei Schwestern. Diese beiden Frauenpaare haben gleichklingende Namen. Wir haben demnach hier eine lange, zusammenhängende Traditionsreihe mit Drachenkämpfen und der Befreiung von Frauen. Andere persische Drachentöter sind Guschtasp (Hystaspes) und Rustam, die mit Gewißheit mindestens bis in die ersten Jahrhunderte n. Chr. zurückgehen. Noch heute wird der Drache in Persien mit einem mit Azhi Dahäka korrespondierenden Namen genannt, nämlich Aschdacha. Dieser Name findet sich auch bei den Serben und Albaniern. Die Richtung der Wanderving von Osten nach Westen ist demnach ganz deutlich. Von einem gemeinsamen Erbe kann aus leichterklärlichen Gründen keine Rede sein1. Wir begegnen dem Drachen aber schon früh im griechischen Sprachgebiet, u. a. in der Argonautensage. Doch schildern uns solche Mythen wie die von Kadmos, Herkules, Apoll und Perseus mehr oder weniger orientalisch gefärbte Drachenkämpfe. Kadmos kam auch von Phönizien, und sein Drache bewachte Thebens Brunnen. Der Mythos von Perseus erreichte Griechenland in Etappen zwischen dem 7. und 5. Jahrhundert v. Chr. Zuerst verbreitete sich das Motiv vom Abschlagen des Medusenhauptes mit dem Kampf Gilgameschs gegen Humbaba als Vorbild. Danach kam das Drachenkampfmotiv hinzu, das davon handelt, wie ein König den Bitten seines Volkes nachgibt und seine Tochter einem Meeresungeheuer ausliefert, das sowohl Menschen als auch Tiere verschlingt. Die Königstochter wird dann von Perseus gerettet, der das Untier erlegt und sie als Belohnung zur Gemahlin erhält. Die Entstehungsgeschichte des Mythos zeigt, daß er ursprünglich nichts mit dem Märchen gemein hatte, und als das Drachentöten in den Mythos eindringt, ist der Drache eher ein Hai (ketos), der ursprünglich durch Steinwürfe getötet wurde. Erst später, immer noch unter östlichem Einfluß, nähert sich die Perseusmythe dem üblichen Drachenkampfmotiv (vgl. 303, 518). Die Drachenkämpfe gehören jedoch nicht nur zu den Märchen und Sagen, sondern auch zu den Bräuchen und zum Volksglauben. Im Orient gibt es viele Beispiele dafür, daß man den Wassergöttern Jungfrauen opferte, die dann tätsächlich eine Beute der Krokodile wurden. Auch wenn ähnliche Ereignisse von Japan bis Irland aufgezeichnet worden sind, können wir zweifelsohne das Motiv als ursprünglich orientalisch bezeichnen. Eine Version des Themas, die aus dem äußersten Orient stammt, ist die Legende über den sowohl von Christen als auch von Mohammedanern 1

Obiges Exposé über die Geschichte der Drachenkämpfe stammt aus dem Aufsatz des Verf. in Bäckahästen I, 107 f., vgl. auch II, 1 3 8 !

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verehrten Heiligen Georg oder Mar Jiryis, den Nachfolger Michaels bzw. des Wasserheiligen Khizr und Rustams. Diese Legende erzählt, wie in einer Stadt täglich zuerst sieben (zwei) Schafe und dann auch eine Jungfrau einem feuerspeienden Drachen geopfert werden, der andernfalls alles, was in der Stadt wohnt, zu vernichten droht und den Bewohnern den Weg zu ihrem Brunnen versperrt. Schließlich fällt das Los auf des Königs eigene Tochter. Lange hofft dieser, dem Opfer entgehen zu können, aber er wird gezwungen, sich dem Willen des Volkes zu fügen. In vollem Schmuck wird die Königstochter auf den vereinbarten Platz zur Auslieferung gebracht. Dort begegnet sie St. Georg. Trotz ihrer Mahnungen, den Platz so schnell wie möglich zu verlassen, beschließt er, sie zu retten, und als der Drache kommt und St. Georg durch die Tränen der Prinzessin erwacht, erhebt er sich und rennt sein Schwert in das Drachenmaul. Dadurch und durch die Heiligkeit, die von seiner Person ausgeht, wird ihm der Drache so untertänig, daß er sich an einem Halsband in die Stadt führen läßt, wo das Volk und der König mit seinem ganzen Haus dem Heidentum entsagen und sich zur christlichen Lehre bekennen. Erst dann wird der Drache von St. Georg getötet. Als Belohnung erhält er die Hand der Prinzessin. Diese Legende, die wir im schwedischen örjanslied wiedererkennen, das bei der Schlacht bei Brunkeberg 1471 gesungen wurde, wird am ausführlichsten von JACOBUS DE VORAGINE in der Legenda aurea am Ende des 13. Jahrhunderts geschildert. Bildlich ist die Georgslegende 1 1 3 5 in Ferrara dargestellt worden. Auch wenn wir davon absehen, daß ein etwas älteres griechisches Vorbild existiert und daß ähnliche Legenden einige Jahrhunderte früher auch von Konstantin und Theodor erzählt wurden, müssen wir die Entstehung der Legende etwa in jene Zeit verlegen, in der ganze Städte in einem griechischen Sprachgebiet oder nahe dabei zum Christentum übergetreten sein könnten 1 . St. Georg hat einen griechischen Namen und soll ein Prinz aus Kleinasien gewesen sein. Er starb der Legende zufolge während der diokletianischen Verfolgung am Anfang des 4. Jahrhunderts, also kurz nach der Zeit, als — nach der antiken Literatur zu urteilen — der Drachenkampf besonders populär war. Das eingeschobene Bekehrungsmotiv zeigt jedoch, daß die Legende jünger ist als das Märchen und daß letzteres in Wirklichkeit das Vorbild der Legende ist. WESSELSKI ist jedoch der Meinung, daß der Mythos um Perseus sowohl für die Legende als auch für das Märchen das Vorbild ist. Dies verficht er aber nur aus prinzipiellen Gründen, indem er gleichzeitig gegenüber ANDREW LANG behauptet, daß der Mythos älter als das Märchen sei. Man vergleiche jedoch hierzu 120 (Den Sonnenaufgang als erster sehen). In dem hier behandelten Märchen finden wir einen Zug, der in der Legende fehlt, aber auf altgriechischem Sprachgebiet zu finden ist, nämlich den Brauch, dem Untier als Beweis für die ausgeführte Tat die Zunge oder dgl. abzuschneiden. Wir treffen dies u. a. bei APOLLONIOS VON RHODOS an (3. Jahrhundert v. Chr.), der erzählt, wie Alkathoos dem Löwen, den er getötet hatte, um die Tochter des Königs von Megara zu befreien, die Zunge abs chnitt. Dieser Zug ist auch den Persern nicht unbekannt, 1

Im 6. Jahrhundert wurde im allgemeinen damit begonnen, die Heiligenlegenden auszuarbeiten.

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denn F I R D A U S I läßt Guschtasp einem von ihm erlegten Drachen die Zähne ausreißen. Das Motiv ist bei ihm von dem Märchen vom Goldhaarigen (314) umrahmt. Dasselbe Motiv finden wir später in Europa in den Tristan-, Cuchullin- und Wolfdietrichsagen. In der Wolfdietrichsage, die im 13. Jahrhundert auf ostfränkischem Gebiet niedergeschrieben wurde, erkennen wir außerdem den falschen Rivalen wieder, was uns vermuten läßt, daß das Märchen der Hintergrund des Gedichtes war, wenn auch die Spuren darauf hindeuten, daß der Drache einen Schatz hütete. Die Vorstellung von Kämpfen mit Drachen und vor allem mit schatzhütenden Drachen scheint auch nördlich der Alpen schon im 6. Jahrhundert im Vordringen nach Westen gewesen zu sein, als sich der Stoff der Siegfriedsage heraus2ubilden begann. Er erreichte England zumindest im 8. Jahrhundert, wovon Sigmunds Kampf mit dem Drachen im Beowulflied zeugt. Man kann eine ungefähr gleichzeitige, ähnliche Verschiebung nach Westen auch südlich der Alpen entlang des Mittelmeeres vermuten, die u. a. in der vorerwähnten St. Georgs-Legende des Genuesers J A C O B U S D E V O R A G I N E resultiert. Mit solchen Strömungen erreichte das Märchen vom Drachentöter romanisches Sprachgebiet. Dort in Italien scheint auch das Motiv von den drei Hunden eingeflossen zu sein und dem Märchen seine endgültige Form verliehen zu haben. Den Impuls hierzu scheinen wir in dem Märchen Die treulose Schwester (315) suchen zu können, das im Gebiet des Schwarzen Meeres häufig vorkommt, und zwar oft in Verbindung mit Varianten des Batamärchens (GS 367). Manchmal läßt das Märchen den Helden sterben, damit die Hunde Gelegenheit haben, ihn nach bekanntemMuster (u. a. 612 Ein Tier erweckt den totenGefährten t(ttm Leben) wiederzuerwecken. Diesen Zug finden wir am frühesten bei S T R A P A R O L A (um 1550), wo er jedoch vornehmlich in dem Märchen Die treulose Schwester (315) wurzelt. Von Italien aus hat sich das Märchen teils über das weströmische und keltische Sprachgebiet verbreitet, teils mit größerer Dichte über Mitteleuropa zwischen Rhein und Westrußland nach Norden, teils schließlich nach Südosteuropa. Die Periodizität im Verlangennach Opfern nimmt jedoch gegen Norden ziemlich schnell ab. Ausläufer gibt es so gut wie in der ganzen Welt, in Indien, Indonesien, Japan, Nord- und Zentralafrika und Amerika. Bei den Indianern Amerikas finden wir sie vor allem zwischen dem Kaskadengebirge im Westen und dem Mississippibecken im Osten und bei den Negern u. a. in Massachusetts und in Westindien. Die Versionen sowohl der Indianer als auch der Neger zeigen französischen, spanischen und portugiesischen Einfluß. Der spanisch-portugiesische Einfluß macht sich deutlich in den Varianten aus Mittelamerika und Brasilien bemerkbar. Das Märchen hat auch oft Züge entsprechender Motive aus dem Märchen Die Zivillingsbrüder (303) entliehen, auf das wir zum Vergleich hinweisen. Aus Vorstehendem dürfte hervorgehen, daß man das Märchen in Italien der byzantinischen Periode (300—1500 n. Chr.) zurechnen kann, aber daß es schon vorher auf griechischem und orientalischem Gebiet eine Version des Märchens (ohne Hunde) gegeben hat. Für diese ältere Version, die vielleicht manchmal an der Grenze zwischen Märchen und Sage steht, ist es bezeichnend, daß der Drache einen Brunnen bewacht und wie in der Georgslegende periodisch Opfer verlangt. Dieser ältere Typus dürfte der hellenistisch-römischen Epoche (300 v. Chr. —300 n. Chr.) angehören. Diese Vari-

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anten sind später allmählich auf dem gewöhnlichen Wege über süd- und westslawisches Gebiet nach Norden bis zur Ostsee vorgedrungen, um sich danach sporadisch nach Osten und Westen zu verbreiten, im östlichen Europa jedoch nicht über das Schwarze Meer hinaus Was den nordischen Grundstock an Varianten betrifft, ist zu bemerken, daß dort so wie in Osteuropa drei Drachen und drei Prinzessinnen ein relativ häufiger Zug sind. Die Märchen werden oft von dem Märchen vom Bärensohn (301) beeinflußt, und oft fallen die Hunde weg. Manchmal läuft der Held während eines Besuchs bei einem Riesen Gefahr, seine Hunde einzubüßen, und der Riese verliert dann erst in letzter Minute die Macht über sie. R A N K E betrachtet diese Version als eine schwedische. Das Lausen kommt im Norden häufig vor, aber man findet es auch im Süden, wie z. B. in Griechenland. Es war früher gleichbedeutend mit dem Jawort eines jungen Mädchens. Die nachwachsenden Köpfe finden wir schon bei B A S I L E (gest. 1632), aber als selbständiges Motiv finden wir sie teils in Herakles' Kampf mit der Lernäischen Hydra, teils, wie in der hellenistischen Zeit in Ägypten, zur ewigen Schlange gehörend sowie später im Katbäsaritsägara (ca. 1000 n. Chr.) in einer dort vorkommenden Variante des Batamärchens (GS 367) aus Kaschmir, und im deutschen Heldengedicht von Sigenot (13. Jahrhundert). Das Drachentötermotiv als solches kehrt außerdem im Märchen von den Zwillingsbrüdern mehr oder weniger ausführlich wieder und auch in Varianten des Doppelmotivs der Märchen Der Bärensohn (301), Der Goldhaarige (314), Der wilde Mann (502), Der Jäger, der nicht daneben schießen konnte (304), Batamärchen (GS 367), Der Glasberg (530) und Der starke Hans (650). Nr. 301 AB. Der Bärensohn oder Die geraubten Prinzessinnen Dieses orientalisch-europäische Märchen, mit dem sich eine Anzahl von Forschern — unter ihnen besonders P A N Z E R — beschäftigt hat, beginnt mit der Vorgeschichte entweder des Helden oder der Heldin. Im ersten Fall wird der Held als ein Mann übernatürlicher Herkunft und übernatürlicher Kraft geschildert. Es heißt von ihm, daß er der Sohn eines Bären sei oder auch der Sohn eines Weibes, das eine wunderbare Frucht oder einen Fisch verzehrt hatte. Wie schwer die Eisenstangen auch sein mögen, die er sich schmieden läßt, er vermag sie immer hoch in die Luft zu schleudern, wie der starke Hans im gleichnamigen Märchen (650). Der Held findet den Weg in die Unterwelt mit Hilfe eines Zwerges, der zuerst die ihn begleitenden Brüder oder Gefährten und schließlich ihn selbst bei der Küchenarbeit stört. Er versetzt dem aufdringlichen Zwerg einen Schlag, so daß dessen Haupt in einen Brunnen rollt. Dieser Brunnen erweist sich dann als Abstieg in die Unterwelt. In anderen Varianten verwundet der Held einen, wie es heißt, diebischen Zwerg, auf den seine Brüder und er längere Zeit gelauert haben, und dann werden sie durch die Blutspuren zum 1

RANKE verlegt in seiner genauen Untersuchung ( F F C 1 1 4 ) den Ursprung des Märchens in das romanische Sprachgebiet und sieht es als „sehr alt" an, möglicherweise „der indoeuropäischen Urzeit" angehörend, in diesem Fall als einen „Oikotypus" der Perseusmythe.

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Abstieg geführt. Der erste Zug mit den Küchenverrichtungen ist der verbreitetste und sicher der ursprünglichste. Der Held wird sodann in die Unterwelt hinuntergelassen und findet dort drei Prinzessinnen. Jede wird von einem mehrköpfigen Drachen bewacht und muß ihn lausen. Wenn das Märchen mit der Heldin beginnt, wird beschrieben, wie sie und ihre beiden Schwestern plötzlich, geraubt von drei liebeskranken Drachen, verschwinden. Wie immer das Märchen auch anfangen mag, es sind jedenfalls diese ihre Opfer bewachenden Drachen, die der Held in der Unterwelt vorfindet und nach blutigem Kampf, oft mit Hilfe eines dort gefundenen Schwertes und eines stärkenden Trankes, erlegt. Aber als der Held und die Prinzessinnen hinaufgezogen werden sollen, wird er von seinen verräterischen Gefährten oder Brüdern im Stich gelassen, und wenn er statt des Steines, den er am Seil festband, sich selbst hätte hinaufziehen lassen, wäre er zu Tode gestürzt, als dieses abgeschnitten wurde. Die Gefährten verschwinden sodann mit den Prinzessinnen. In den Ländern am Schwarzen Meer und bei den Arabern wird der einsame Held sodann von einem Bock oder einem anderen Tier noch tiefer in die Unterwelt geführt und kämpft dort in der gleichen Art, wie unter 300 {Der Drachentöter) beschrieben, noch einmal gegen einen Drachen. Wir haben hier also sozusagen ein Dublettemotiv. Mit Hilfe eines Vogels oder auf eine andere übernatürliche Weise kommt er jedoch wieder aus der Unterwelt herauf. Die treulosen Freunde spielen dann die Rolle des falschen Rivalen oder des Betrügers, während der Held, sich als Handwerker ausgebend, seine Identität dadurch beweist, daß er die Kleider oder die Kronen vorweist, mit welchen die Prinzessinnen geraubt wurden. Er gewinnt die Hand der jüngsten Prinzessin. Es scheint, als ob die Version mit der übernatürlichen Geburt des Helden durch eine Frucht (einen Fisch) die ursprüngliche wäre. Das letztgenannte Motiv ist auch aus dem Märchen Die Zwillingsbrüder (303), aus dem Batamärchen (GS 367) und demunter 519 erwähnten Märchen Der Drachenkampf auf der Brücke'1 bekannt, wenn es dort auch oft mit dem Motiv der gleichzeitigen Geburt erweitert ist. Alle diese Märchen haben Drachenkampfmotive und gehören in die Gebiete westlich und südlich des Schwarzen Meeres. Die von Frankreich bis zum Ural belegte Vorstellung von der Abstammung des Helden von einem vierbeinigen Tier dürfte sowohl mit dem Märchen Der starke Hans (650) als auch mit ähnlichen Sagentypen in Verbindung gebracht werden können. Solche waren in Griechenland schon in der Antike bekannt, und in unserer Zeit finden wir sie von China und Indien über Europa bis zur Westküste des Großen Ozeans. Der Bär spielt darin eine wichtige Rolle (siehe u. a. Tausendundeine Nacht2). Das Verbot, daß die Heldin vor ihrem 15. Lebensjahr nicht das Haus verlassen dürfe, welches in mehreren Varianten als Erklärung für ihr Verschwinden gegeben wird, ist durch ein altes Pubertätstabu begründet, worauf wir bei 403 A (Die weiße und die schwarte Braut und deren Brüder) zurückkommen. Westlich und nördlich des Schwarzen Meeres gibt es mehrere Sondertypen des Märchens, u. a. einen, in dem der Held posthum seine Schwester befreit. Dieser Typ 1

Auch Schlange und Töchter ( P A N Z E R ) genannt oder Drei-Brüder- Märchen ( W A L T E R

ANDERSON,

K U R T R A N K E ) ; b e i A N D R E J E V h a t es d i e N r . * 3 0 0 B u n d b e i LOORITS (in F F C 6 6 ) N r . *

Siehe Verf. in Bäckahästen II, 162.

2

W E I L 4, 64 ( = CHAUVIN V ,

177).

300'.

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ist deswegen besonders interessant, weil er deutlich gewisse vom Ende des Mittelalters stammende niederdeutsche Varianten der Sigurdsage beeinflußt hat 1 . Nach allem zu schließen, dürfte es auch das Einleitungsmotiv des Märchens vom Bärensohn (siehe 650) sein, das den Zug der Sigurdsage, daß der Held Sigurd den Amboß des Schmiedes Regin spaltet, inspiriert hat. Das persische Heldengedicht hat denselben Zug erhalten, da F I R D A U S I (um 1000 n. Chr.) den Drachentöter Guschtasp (Hystaspes) bei einem „Schmied in Konstantinopel" Hammer und Amboß entzweischlagen läßt. Daß die Hqldin in diesem Typ den Drachen lausen muß, zeigt seinen erotischen Charakter. Der Drache gehört nicht zum menschenfressenden Drachentyp, den wir in dem Märchen Die Zwillingsbrüder (303) und Der Drachentöter (300) finden. Auch der Drachenkampf ist anderer Art. Der Drache im Bärensohn steht dem Drachentypus der Perser und Inder am nächsten (s. 300). Viele haben das Märchen aus den persischindischen Drachenkampfmythen ableiten wollen und berufen sich besonders darauf, daß der Held im Märchen vor dem Kampf mit dem Drachen oft einen kräftigen Trank erhält, wodurch er imstande ist, das ihm gegebene Schwert zu schwingen. Der Zaubertrank sollte dem „Haoma" oder „Sorna" der Perser oder Inder entsprechen, einem Trank, den der Held oder Heldengott vor dem Erlegen des Drachen zu sich nimmt. Diese Übereinstimmung des Motivs beweist jedoch nicht, daß das Märchen als solches gleichzeitig vorhanden war. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die gefundene Waffe auch im Beowulf vorkommt (v. 155 7). Näher steht dem Märchen eine von KONON (im 1 . Jahrhundert v. Chr.) wiedergegebene Episode, nach Ephesus in Kleinasien verlegt, laut welcher ein Hirt, genau wie der Held im Bärenmärchen, von einem Gefährten in eine Höhle mit einem Schatz hinuntergelassen und dann treulos verlassen wird, nachdem er dieselben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatte wie dieser. Auch er wird von einem Vogel herausgeführt, um dann Gelegenheit zu bekommen, seinen Freund zu bestrafen. Wenn man die Erzählung in ihrem ganzen Zusammenhang liest, kann man kaum am gemeinsamen Ursprung zweifeln. Es fehlen uns jedoch noch zwei Etappen zur vollständigen Übereinstimmung: einmal das Bezwingen eines Drachen, zum anderen dessen Verwandlung in ein frauenraubendes Tier, mit einer Prinzessin statt eines Schatzes in seiner Gewalt. Der Ritt auf dem Vogelrücken ist schon aus dem sumerisch-babylonischen Etana-Märchen (3. Jahrhundert v. Chr.) bekannt2. Zum Schluß soll noch bemerkt werden, daß das Märchen in einigen Varianten dem Helden mehrere Menschen dienen läßt, die mit besonderen Eigenschaften ausgestattet sind, wie wir sie in 513 (Die wunderbaren Helfer) kennenlernen. Sie nehmen dann die Stellen der treulosen Gefährten ein, und gleichzeitig werden gewisse Aufträge damit verbunden. Dieser Typus findet sich im ganzen Verbreitungsgebiet des Märchens. Betrachten wir dieses Verbreitungsgebiet näher, dann zeigt es sich als vorwiegend europäisch, wenn das Märchen auch in Amerika, Afrika und Asien bis zu den Philippinen beliebt ist. Es gibt kaum ein Land in Europa, wo dieses Märchen nicht vor1 2

Siehe Verf. in Bäckahästen II, 159fr. (insbesondere 167f.). Siehe Verf. in Bäckahästen II, 135 ff.

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kommt, und zumeist kommt es häufig vor. Besonders ist dies bei den romanischen Völkern der Fall. Die Portugiesen, Spanier und Franzosen haben das Märchen nach Amerika gebracht, wo es, abgesehen von einer kleinen mexikanischen Gruppe, hauptsächlich bei den Indianern entlang der Grenze zwischen Kanada und den USA verbreitet ist. Außerdem findet man es bei den Negern in Massachusetts, im französischen Missouri, am Mississippi, in Westindien und Brasilien. Am Balkan und in den slawischen Ländern, gerade dort, wo gewisse Sondertypen des Märchens vorkommen; wie wir vorhin gesehen haben, ist es auch sehr beliebt gewesen, und auffallend reichlich ist es um das Schwarze Meer vertreten und auf der asiatischen Seite nicht am schwächsten. Weiter nach Osten fällt das Märchen sozusagen auseinander. Eine Version im Siddhi Kür ist so unbestimmt, daß sie kaum noch als Variante zu bezeichnen ist, während eine Aufzeichnung aus dem heutigen China den Einfluß des Typus mit dem Dublettemotiv verrät, den wir vom Gebiet des Schwarzen Meeres kennen. Andere chinesische Aufzeichnungen zeigen dagegen Spuren von Aschenbrödel und ihrem Schuh. Sie dürften — abgesehen vom Einschlag des Aschenputtelmärchens (siehe 511) — auf die Zeit der Ming-Dynastie (1368 — 1644) zurückzuführen sein 1 . Die arabischen Aufzeichnungen u. a. in Tausendundeiner Nacht sind sehr gut. Die Version in dieser Märchensammlung ist jedoch erst im Jahre 1709 von G A L L A N D aufgezeichnet worden 2 . Es dürfte nach dem Vorstehenden und den vielen geteilten Meinungen bezüglich des Alters des Märchens am vorsichtigsten sein, es als Ganzes genommen hypothetisch in die byzantinische Zeit (j00—1500 n. Chr.) zu verlegen, auch wenn es Motive aus der hellenistisch-römischen Periode (300 v. Chr. —300 n. Chr.) und noch länger zurück enthält. Seine Heimat dürfte die Küste südlich und westlich des Schwarzen Meeres gewesen sein. Selbstverständlich gibt es viele Anleihen zwischen diesem Märchen und seinem Schwestermärchen von den Zwillingsbrüdern (303), um so mehr, als beide, im großen gesehen, dieselben Verbreitungswege haben (siehe 303). Was die schwedischen Varianten betrifft, so erscheinen sie im allgemeinen sehr vereinfacht, und dennoch gibt es in Schweden die überhaupt älteste europäische Aufzeichnung des Märchens als Ganzes gesehen, älter als die von G A L L A N D aus dem Jahre 1709 3 . Sie wurde 1701 von H I N D R I C K N O R I J N niedergeschrieben und ist in der Handschriftensammlung der Königlichen Bibliothek enthalten, wurde aber auch in Sv. Landsmälen (XI, 1, S. 68, 100) gedruckt. Sie gehört zur sogenannten Seemannsversion des Märchens. Man findet darin Anleihen aus 506 B {Bootsmann Pelle). So trifft der Held u. a. die Prinzessin auf einer Insel statt in der Unterwelt 4 . Dasselbe ist in etlichen norwegischen Versionen der Fall, besonders bei A S B J Ö R N S E N S Fugl 1

Märchen der Weltliteratur 8, 7; F F C 120, S. 181.

2

H E N N I N G 20, 1 3 6 .

3

4

Eine Angabe in Gamla Stockholm von C L A E S L U N D I N und A U G U S T S T R I N D B E R G ( S . 279, Anm. 2), daß das Märchen nach A B E L R É M U S A T : Mélanges Asiatiques (1825) „in Asien zu Dschingis Khans Zeiten erzählt wurde", hat der Verf. nicht verifizieren können. Der Zug von der jüngsten Prinzessin, die die Krone vergißt, findet sich in Persiska Aventyr von A R T H U R C H R I S T E N S E N (Kopenhagen 1924), S. 131fr.. Siehe auch L I L J E B L A D : Tobiasgeschichte, S. 77.

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Dam-, die Anzahl der Prinzen und Prinzessinnen wird in diesem Typus oft auf sieben oder zwölf erhöht. Die schwedischen Versionen scheinen jedoch im allgemeinen nicht auf dieser Aufzeichnung zu basieren, sondern auf späteren Schillingdrucken. Der Held ist darin ein ganz gewöhnlicher Soldat, und die Erzählung beginnt damit, daß die Heldin und ihre Schwestern verschwinden, obwohl sie von „Trabanten" bewacht werden. Hier haben wir wirklich einen Fall, in dem ein Schillingdruck einen tiefgreifenden Einfluß auf die mündliche Überlieferung gehabt hat. Die erste Auflage erschien bereits 1772 und handelt von einem „König von Arabien", einer „Prinzessin von Amerika" und einem verzauberten Land in „Sibirien", und dieser Auflage folgten gegen 90 andere, die letzte 1904. In allen tritt ein in der echten Überlieferung unbekannter dienstbarer Geist namens Lunkentus auf, ähnlich dem in 561 (Aladin). Dieser Lunkentus ist eine feststehende Figur in den aus dem Volksbuch geholten „volkstümlichen" Versionen. Das Volksbuch ist so populär gewesen, daß es sogar ins Dänische übertragen wurde, und das Märchen wurde dann im Jahre 1824 dramatisiert 1 . Den Namen Lunkentus finden wir auch in Dänemark, Norwegen und Deutschland wieder. Das schwedische Volksbuch dürfte nach einer ziemlich späten, vermutlich deutschen Version mit Soldaten und Militär als Hauptpersonen hergestellt worden sein 2 . Ein ähnliches, ziemlich verbreitetes Volksbuch gibt es übrigens auf westslawischem Gebiet. Das Eigentümlichste ist jedoch, daß wir plötzlich unter den Portugiesisch sprechenden von den Kapverdischen Inseln in Massachusetts einen Beleg für die Existenz der Lunkentusgestalt erhalten. Lunkentus hat nämlich dort eine Parallele in dem „Höllenriesen" des Märchens vom „Eselssohn", wie das Bärensohnmärchen dort oft genannt wird. Der Lunkentustyp ist interessant, weil man daraus ersieht, wie die mündliche Überlieferung eine gedruckte Quelle wiedergeben kann. Die in SSF I aufgenommene Variante ist von diesem Typus.

Nr. }02. Der Riese ohne Her^ ist einer der allerältesten Repräsentanten des Wundermärchens. Das Hauptmotiv in diesem Märchen, in welchem das Herz (die Seele, das Leben) eines übernatürlichen Wesens irgendwo versteckt ist, so daß es Gegner nicht vernichten können, findet sich bereits in einer Aufzeichnung von GS 367 (Batamärchen) aus dem ij.Jahrhundert v. Chr. 3 . Als selbständiges Märchen tritt Der Riese ohne Her% in zwei Haupttypen auf. In einem ist der Riese eine Art Zauberer, der fast die ganze Familie des Helden (Mutter, Brüder, Schwägerinnen etc.) zu Stein verwandelt. Er hält die Braut (Mutter) des Helden gefangen, die nach Weisung des Helden — u. a. durch Bekränzen der Gegenstände, in welchen das Herz des Riesen nach seiner Aussage verwahrt sein 1

2 3

In der Ausgabe der Gustav-Adolf-Akademie sind zwei Aufzeichnungen enthalten, die direkt aus dem Schillingdruck stammen (IX, 47, 48). Das schwedische Volksbuch wird in einem Umdruck eindeutig als Übersetzung bezeichnet. Weit später finden wir das Motiv im Tripitaka (Ch. Tr. 36 und 425) rationalisiert (ersteres aus dem Sanskrit vor 280 und letzteres 285 n. Chr. übersetzt).

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soll — in Erfahrung bringt, wo es wirklich verborgen ist, bis der Held dadurch und mit Hilfe von dankbaren Tieren die verschiedenen Tiergestalten töten kann, die der Zauberer durch eine Reihe von Verwandlungen hervorbringt und zum Vehikel des verborgenen Herzens macht. Die Verwandlungsserie, die manchmal eine tiradenhafte Form erhält, wird gewöhnlich mit einem Vogel abgeschlossen, in dessen Ei das Herz eingeschlossen wurde. Besonders oft begegnen wir der Serie: Ochse, Schwein, Greif. Der Riese stirbt, wenn der Vogel, das Ei etc. zerschlagen wird, worauf der Held die Seinen wieder verwandelt und befreit. Selbstverständlich gibt es innerhalb dieses Typus gewisse Sonderformen. Die Verbreitung ist orientalischeuropäisch, doch gibt es viele verhältnismäßig junge Versionen. Der Typus ist mit Aarne 303* (SSF I, 302,1) zu vergleichen. Der zweite Haupttyp, zu welchem die meisten schwedischen Versionen gehören und von dem SSF I, 302,2 eine Sonderform ist, läßt dem Helden sowohl durch die Prinzessin, die der Riese gefangen hält, Hilfe zuteil werden, als auch durch dankbare Tiere (Löwe, Hund, Falke, Ameise), von welchen der Held in der Regel als Anerkennung für eine gerechte Teilung der Beute die Fähigkeit erhält, nach Belieben ihre Gestalt oder ihre Eigenschaften anzunehmen. Die Ameise spielt in dieser Version die wichtigste Rolle, nicht zuletzt in Schweden, wo dieser Typ schon im Jahre 1702 von H i n d r i c k N o r i j n in einem Manuskript aufgezeichnet wurde, das

der Königlichen Bibliothek gehört (Sv. L. XI, 1, S. 67, 89). Auch in diesem Typ wird das Herz des Riesen in einem Ei verborgen, das manchmal in einen See fällt, aber schließlich von einem Fisch aufgefangen wird. Wird das Ei zerschlagen, stirbt der Riese. In gewissen Varianten von den Basken im Westen bis zum Gebiet Tula im Osten zerschlägt der Held das Ei an der Stirne des Riesen. Auch dieser Typus gehört vor allem zum orientalisch-europäischen Verbreitungsgebiet, zu welchem wir hier auch Nordafrika und Indien zählen. Außerhalb dieses Gebietes hat dieser Typus sowohl die afrikanischen Neger als auch die nord- und südamerikanischen Neger und Indianer nicht gleichzeitig, sondern in Wellen erreicht. Nicht einmal das Zerschlagen des Eies am Kopf des Riesen wurde vergessen. Der Typus hat auch Indonesien sowie schließlich Mauritius im Indischen Ozean, vermutlich durch die Franzosen, erreicht. Da der Glaube an die Möglichkeit, das Herz außerhalb des eigenen Körpers aufzubewahren, bis in die jüngste Vergangenheit um den Indischen Ozean zu finden war, und da diese Vorstellung, wie wir sahen, in einer mit dem hier behandelten Märchen übereinstimmenden Weise im Orient früh (im Batamärcheri) dokumentiert wurde, muß man voraussetzen, daß zumindest das Hauptmotiv dort seinen Ursprung hat, und zwar, näher bestimmt, in Kleinasien oder Nordsyrien, von wo das Batamärchen wahrscheinlich ausgegangen ist. Für Kleinasien sind auch die hilfreichen Tiere (Adler, Biene), wenn auch in anderem Zusammenhang helfend, früh bei den Hethitern belegt 1 . Die Erzählungen darüber sind ungefähr aus der gleichen Zeit wie die erste Aufzeichnung des Batamärchens (13. Jahrhundert v. Chr.). Auch die im Märchen auftretenden Tierarten sprechen für den kleinasiatischen Ursprung. 1

Siehe Verf. in Bäckahästen II, 138.

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Die Grundzüge des Märchens gehören selbstverständlich der homerisch-mykenischen Periode (vor 700 v. Chr.) an. Alt sind auch die serienmäßigen Tierverwandlungen (siehe 450). Von sehr großem Interesse sind in diesem Zusammenhang zwei Episoden in der Hymiskvida der älteren Edda (vielleicht aus dem 10. Jahrhundert). Darin kommen Thor und der Gott Tyr zum Riesen Hymir, genau wie der Jüngling im ersten Haupttypus. Der Riese ist nicht zu Hause, zwei Frauen — die Mutter und. die Großmutter des Begleiters — empfangen sie. Die Mutter warnt Thor und den Sohn vor dem Riesen und verbirgt sie unter einem Kessel. Es gelingt ihr auch, Hymir zu beruhigen, als er heimkehrt. Wenn uns diese Szene auch gut bekannt ist, so wird doch nur in der Hymiskvida und im ersten Haupttypus des Märchens das Weib als Mutter oder andere Verwandte des Besuchers bezeichnet. Man hat jedoch davon abgesehen, und hat das Motiv der Hymiskvida als aus 461 (Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn werden) genommen angesehen. Gleichermaßen hat man sich skeptisch dazu verhalten, daß die spätere Episode im gleichen Lied, wo Thor auf den Rat der Mutter seines Begleiters einen Glasbecher gegen die Stirn des Riesen als die einzige harte Stelle schleudert, aus dem hier behandelten Märchen geholt sein soll. Die Wahrscheinlichkeit wird jedoch größer, wenn wir sehen, daß auch die frühere Episode darin ihr Vorbild hat. Es ist aber zu beachten, daß das Ei, das gegen die Stirn des Riesen geworfen wird, nur im 2weiten Haupttypus des Märchens vorkommt, während die frühere Episode über den Empfang der Besucher zum ersten Haupttypus zu rechnen ist. Eine Vermischung beider Typen kommt nicht vor, obwohl die Verbreitungsgebiete beinahe zusammenfallen. Eine Ausnahme könnte sich möglicherweise in der Sowjetunion finden lassen, wo beide Typen über den unsterblichen Koschtschej erzählt werden. Ein ähnliches Dublieren ist auch bezüglich Hymir denkbar. Viele Gründe sprechen dafür, daß unsere Vorfahren nicht nur einen Großteil unserer Volksmärchen gekannt haben, sondern auch vom Vorhandensein von Varianten unterrichtet waren (vgl. 313 AC). Als selbständiges Motiv hat der Riese ohne Her% sehr große Verbreitung gefunden und ist oft in Märchen aus relativ späten Zeiten eingefügt worden 1 . In Schweden erschienen sowohl die Version von A F Z E L I U S als auch die von NICOLOVIUS als Schillingdrucke um 1850—1870. Nr. ßoß. Die Zwillingsbrüder Zwillinge sind durch übernatürliche Abstammung von Fisch oder Apfel gleichzeitig mit zwei Hunden, zwei Pferden etc. geboren worden. Der Jüngere begibt sich mit seinen Tieren auf die Wanderschaft, und als sich die Brüder trennen, geben 1

4

Siehe u. a. Tausendundeine Nacht, E d . HENNING 13, 59 ( = CHAUVIN V I I , 64) sowie E d . HABICHT 12, 201 ff. ( = CHAUVIN V , 175). Letzteres oder das Bena^irmärchen handelt jedoch wie FIRDAUSIS Erzählung von Rustam und Isfendiar (Ed. SCHACK, S. 423), und unsere Baidermythe von der einzigen tödlichen, verborgenen Waffe. Diese scheint aber wie das Ei, das gegen die Stirn des Riesen geworfen wird, gleichzeitig den Gegner zu repräsentieren, nach dessen Leben getrachtet wird. Liungman



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sie sich einen Gegenstand, der dem einen ankündigt, wann sich der andere ernstlich in Gefahr befindet. Der jüngere Bruder befreit durch das Erlegen eines Drachen eine Prinzessin, entlarvt einen Betrüger und ehelicht die Prinzessin, ganz so wie in 300 (Der Drachentöter), nur daß die hilfreichen Tiere einen etwas anderen Charakter haben. Er geht sodann auf die Jagd und wird von einer Hexe versteinert, aber dank der Hilfe seines Zwillingsbruders wird er wieder lebendig. Wenn das Lebensindi2 ausschlägt, sucht sein Zwillingsbruder zuerst die Prinzessin auf, die in ihm ihren Mann zu sehen glaubt und erstaunt über das Schwert ist, das er zwischen sich und sie legt. Sodann begibt er sich zu der Hexe, die er tötet, nachdem sie seinen Bruder zurückverwandelt hat. Daß die Prinzessin die Zwillinge nicht voneinander unterscheiden kann, gibt am Ende des Märchens Anlaß zu gewissen Verwicklungen. Ungefähr so lautet auszugsweise die Ursprungsform des Märchens. Wir haben früher aufgezeigt, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach vom Batamärchen (GS 367) stammt, dessen Heimat Kleinasien und das nördliche Syrien ist 1 . In der ersten Hälfte des Batamärchens finden wir in einer großen Anzahl Varianten folgende Züge, die es mit dem Märchen Die Zwillingsbrüder gemeinsam hat oder die eng damit verbunden sind: 1.) übernatürliche Schwangerschaft durch Fisch oder Apfel mit gleichzeitiger Geburt von Mensch und Tier (Siegesschwert); 2.) zwei (drei) Brüder (Ziehbrüder, Zwillinge, Drillinge, die man äußerlich nicht unterscheiden kann); 3.) einer der Brüder (der Held) verletzt irrtümlich einen der anderen Brüder oder Gefährten und verläßt das Elternhaus; 4.) das Lebensindiz (es zeigt sich Blut); 5.) Kampf mit dem Drachen (verbunden mit dem Abschneiden der Zunge und einem betrügerischen Rivalen); 6.) hilfreiche Tiere, die den Helden ins Leben zurückrufen; 7.) verbotenes Jagdgebiet, fliehender Hirsch, hellerleuchtetes Schloß; 8.) Hexe, die versteinert (vergiftet oder vor Schreck erstarren macht) und in deren Gewalt einer der Brüder (samt Gefolge) gerät, sowie 9.) dessen Wiedererwecken durch das Eingreifen des jüngeren Bruders nach dem Ausschlagen des Lebensbarometers. Alle diese durchaus nicht vereinzelten Züge sind aus den Varianten des Batamärchens geholt, die zwischen Bulgarien und Kaschmir beheimatet sind. Die meisten gehören jedoch zu den Landgebieten um Konstantinopel und sind mit den östlichen und westlichen Zweigen dieses Märchens organisch verbunden. Sie können demnach kein Reflex des Märchens Die Zwillingsbrüder sein, um so weniger, als die älteste Version des Batamärchens von ungefähr 1300 v. Chr. stammt und eine oben angedeutete Version aus Kaschmir zum Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) gehört, während die ältesten Repräsentanten des Zwillingsbrüdermärchens B A S I L E S italie1

Siehe Verf. : Sagan om Bata och Anubis och den orientalisk-europeiska undersagans ursprung (Lund 1946, siehe besonders S. 5 ff.). Desgleichen in Bäckahästen I, S. 103 — 1 4 7 (besonders S. 108 ff.) und II, S. 66 — 1 1 3 , 128 —146. Die Belege zu diesem Märchen können ergänzt werden durch L . REINISCH: Die Somali-Sprache, 1900, 1 , 2 5 9 ; D . H . MÜLLER: Die Mehri- und Soquoti-Sprache, 1902, 1,69 (von den Sokotra-Inseln vor der SomaliKüste); A . LECLÈRE: Contes et Légendes de Cambodge, 1 8 9 5 : 1 1 2 ; schließlich mit einigen im Quellenverzeichnis unter G S 367 aufgenommenen, dem Verfasser von Prof. HENSSEN (Marburg) liebenswürdigerweise mitgeteilten Varianten; siehe auch F F C 66 N r . 5 1 5 .

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nische Versionen (1634—1636 erschienen) sind. Tatsächlich finden wir auf dem Balkan und im Nahen Osten einige Übergangsformen, besonders unter den Varianten des Zwillingsbrüdermärchens, die das Drachenmutter-, Findelkind- und Stiefmuttermotiv enthalten. Sie haben gleich dem Batamärchen bis Dänemark reichende Ausläufer. Das Findelkind- und das Stiefmuttermotiv stehen einander hier sehr nahe. Als eine solche Übergangsform können wir auch BASILES italienische La cerva fatata (Die verzauberte Hindin, I, 9) ansehen, deren Wurzeln sich demnach in Richtung des Schwarzen Meeres erstrecken. Mit HARTLAND, der, wie später RANKE, dem Märchen eingehende Untersuchungen angedeihen ließ, hat man gewisse genetische Ähnlichkeiten zwischen diesem und der Perseusmjthe sehen wollen. Dem widerspricht jedoch die Entstehungsgeschichte des Mythos (siehe 300!). Die Frage ist aber, ob der Mythos nicht in einem späteren Zeitabschnitt eher vom Batamärchen abhängig anzusehen ist, in dessen ägyptischen Varianten der Drachenkampf jedoch nicht vorkommt. Beide gehören ja ursprünglich nach Vorderasien. Im Batamärchen kommt sogar vor, daß der Held einen Dolch erhält, mit dem er seine Gegner zu Stein verwandeln kann, gerade so, wie Perseus durch das Medusenhaupt zu Stein verwandeln konnte. Daß das aus der Perseusmjthe bekannte und auch sonst häufige Turmmotiv in gewissen Varianten des Zwillingsbrädermärchens als Einleitungsmotiv vorkommt, kann wohl als Zufall angesehen werden. Das ursprüngliche Einleitungsmotiv dieses Märchens ist auf jeden Fall der Fisch oder der Apfel und die damit zusammenhängende gleichzeitige Geburt von Menschen und Tieren (Waffen). Der Zug findet sich, wie vorhin bemerkt, im Batamärchen, aber wir begegnen ihm auch im Märchen vom Drachenkampf auf der Brüche (siehe 300) und u. a. als Einleitungsmotiv im Märchen Das starke Weib (519), und in allen drei Märchen weist das Motiv auf die Gebiete südlich und westlich des Schwarzen Meeres hin. Der Zug ist eindeutig orientalisch beeinflußt wie auch der Drachenkampf, das Versteinerungsmotiv und das Lebensindiz. Die beiden letztgenannten finden wir u. a. vereint in der ursprünglich persischen Erzählung aus Tausendundeiner Nacht: Die neidischen Schwestern (siehe 707, Drei Schwestern wollen den König haben). In einigen Varianten des Zwillingsbrüdermärchens trifft der Held die hilfreichen Tiere auf der Jagd oder unter ähnlichen Umständen. Hierin dürfte der Zug auf dem Märchen Die treulose Schwester (315) fußen, das sowohl seiner geographischen Lage als auch bestimmten Motiven nach dem Batamärchen nahesteht, wie es auch oft, besonders in den Gebirgsgegenden südlich des Kaukasus, mit dem Zwillingsbrüdermärchen verschmolzen auftritt. Ein anderes orientalisches Einleitungsmotiv ist aus dem Märchen Der Zaubervogel (567) geholt. Varianten, die mit diesem Motiv eingeleitet werden, scheinen jedoch unvollständig zu sein, abgesehen von der literarisch gefärbten Version der BRÜDER GRIMM und den von dieser ausgehenden Ablegern, wozu u. a. ein schwedischer Schillingdruck aus dem Jahre 1873 ohne nennenswerten Einfluß auf die mündliche Überlieferung (siehe auch 566 und 567) zu zählen ist. Von einigem Interesse ist, daß wir im Märchen von Bodvar Bjarke, welches u. a. durch SAXO (um 1200) bekannt wurde, und besonders durch Hrölfs Saga 4«

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Kraka (um 1400, aber mit älteren Vorbildern) einige Züge finden, die an Die Zmllingsbrüder erinnern. Wir finden hier außer dem oben erwähnten ursprünglichen Einleitungsmotiv von der übernatürlichen Empfängnis das Drillingsmotiv, das Lebensindiz, das Erlegen eines geflügelten Untieres (Drachen) und schließlich das zwischen die Verschwägerten gelegte Schwert, wenn auch das Schwert selbst fehlt und der Platz des Motives ein anderer als im Märchen ist. Das Motiv ist jedoch vom Orient wohlbekannt, und die fragmentarischen Reste scheinen auch von einer nahen Verbindung zwischen Konstantinopel und dem Norden in der Frühzeit zu zeugen. Es macht den Eindruck, als ob auch der altnordische Stoff bestätigen sollte, daß das Märchen in Südosteuropa oder Kleinasien wurzelt. Das Alter des Märchens ist schwer festzustellen. Vermutlich dürfte es Italien im Zusammenhang mit den Verschiebungen, die sich mit Konstantinopels Fall im Jahre 1453 ergaben, erreicht haben. Die gleiche Erscheinung hat wohl den westlichen Zweig des Batamärchens nach Westen und Norden getrieben (siehe GS 367). Wir müssen uns damit begnügen, das Märchen in die byzantinische Zeit (300 bis 1500 n. Chr.) zu verlegen1. Von Italien aus hat sich das Märchen sodann mit neuen Wellen über das östliche und südöstliche Europa verbreitet, teils über das westromanische und das keltische Sprachgebiet, teils schließlich nach Süddeutschland, dem östlichen Mitteleuropa, den baltischen Ländern und mit einer weiteren Welle nach Westrußland. Von Frankreich aus kann man eine ähnliche Verschiebung verfolgen, aber hier vor allem nach dem nordwestlichen Kontinentaleuropa, Norddeutschland, und von dort nach dem Norden. Bei der Verbreitung der außereuropäischen Varianten in Asien, Afrika und Amerika scheinen die romanischen Völker eine große Rolle gespielt zu haben. In Asien finden wir Varianten in Indien und Indonesien und in Afrika in den nördlichen und mittleren Teilen des Kontinents, besonders in den portugiesischen Kolonien an der Ost- und Westküste. Zu den Indianern und Negern Nordamerikas ist das Märchen teils von Franzosen und Spaniern gebracht worden, teils von portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln, und es hat in Nordamerika ungefähr dieselbe Verbreitung wie Der Drachentöter (300) gefunden, wenn auch mit etwas größerer Dichte. Der spanisch-portugiesische Einfluß macht sich auch in Varianten in Westindien sowie in Mittel- und Südamerika bis hinunter nach Chile geltend. In Brasilien begegnen wir dem Hexenmotiv als selbständigem Märchen, während beispielsweise die Objibway-Indianer im Norden sowohl die gleichzeitige Geburt als auch die Hexe und den Neid der Brüder wiedergeben. 1

RANKE verlegt in seinen sorgfältigen Untersuchungen ( F F C 1 1 4 ) den Ursprung des Märchens nach Frankreich. E r ist der Ansicht, „daß es nicht allzu alt ist", aber sicherlich älter als aus dem 14. Jahrhundert. E r verneint so wie wir — im Gegensatz zu HARTLAND, C. W . v . SYDOW, S. LILJEBLAD und anderen — die Abhängigkeit der Perseusmyihe von diesem Märchen, aber er bestreitet auch den genetischen Zusammenhang des Märchens mit dem Batamärchen. E r scheint es jedoch vor allem mit den ägyptischen Aufzeichnungen verglichen und nicht genügend Rücksicht auf alle Varianten des Batamärchens genommen zu haben. E r nimmt sogar mehrere von ihnen als Varianten des Zwillingsbrüdermärchens an (siehe vorhergehende Anmerkung mit Hinweis auf REINISCH, MÜLLER und LECLERE). Vgl. auch unten 425/428.

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Zeitweilig ist das Märchen während seiner Wanderungen so von dem Märchen Der Drachentöter (300) beeinflußt worden, daß die Tiere ganz durch die drei Hunde ersetzt wurden. Dies tritt schon in Italien zutage und ist besonders in Frankreich, Mitteleuropa und im Norden zu bemerken. In Dänemark und Norwegen wird der falsche Rivale der „rote Ritter" genannt, bekannt aus dem Artuskreis. Der Zug ist so allgemein, daß der Name in diesen Ländern von Anbeginn zum Märchen gehört haben muß. Der Artuskreis dürfte jedoch nicht eher als frühestens am Ende des Mittelalters Dänemark erreicht haben. Vom Gesichtspunkt der Zeitzuordnung ist auch der allgemeine und als ursprünglich angesehene Z u g interessant, daß die Stadt vor dem Drachenkampf mit schwarzen Stoffen behängt wurde. Nur zwei oder drei Varianten nennen eine andere Farbe als schwarz. Diese ist als Trauerfarbe nördlich der Alpen nicht so alt, wie man allgemein annimmt. In Zürich setzte sie sich erst nach der Reformation durch. Wohl war die Kleidung bei Gustav Vasas Leichenzug in Uppsala schwarz, aber bei Gustav Adolfs Beisetzung in Stockholm 1634 wurden die Schiffe noch mit roten Stoffen ausgeschlagen. Sicherlich gehört auch eine Anzahl der Überlieferungswellen des Märchens zur Neuzeit. Von den in Schweden vorkommenden Varianten haben einige, besonders HYLTENCAVALLIUS' und STEPHENS' Versionen, große Ähnlichkeit mit gewissen in Westund Nordwestdeutschland sowie in Böhmen aufgezeichneten Varianten. Wir finden auch in Schweden Namen, die dem deutschen „Waterpeter" entsprechen. Solche Namen finden wir übrigens auch in Dänemark, Finnland, den baltischen Ländern, in Ungarn und der Sowjetunion. Sie erinnern uns daran, daß die Zwillinge durch Wasser oder Fisch geboren wurden. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß in einer Aufzeichnung aus Värmland in der LIUNGMAN-Sammlung (SSF I) so spät wie 1925 die Namen Vattuman und Vattusin zu finden sind. J . GÖTLIND hat dazu folgende Anmerkung gemacht: „Eine Variante (die von dieser stark abweicht) habe ich in Eda in Värmland erzählen gehört, dort lauteten die Namen Vattupeter und Oternyckel". Der Typus ist heutzutage sehr selten. Die schwedischen Varianten, die später als Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgezeichnet wurden, machen einen fragmentarischen oder entstellten Eindruck. BONDESON spricht sowohl von Thor als auch von St. Georg, und die finnischen Varianten haben noch mehr Züge aus der Georgslegende entlehnt, u. a. das Lamm. Von der Volkstümlichkeit dieser Legende in Schweden zeugen mehrere kirchliche und volkstümliche bildliche Darstellungen. Unter den kirchlichen Darstellungen ist eine Malerei in der Kirche in Vendel, Uppland, aus den Jahren 1451 und 1452 mit einem krötenähnlichen Drachen und einer Jungfrau mit einem Schaf oder Lamm bemerkenswert, sowie eine Malerei in der Kirche in Veta, Östergötland, aus dem Jahre 1588.

Nr. } 04. Der Jäger, der nicht danebenschießen konnte Ein Jüngling ist einer Schußwaffe habhaft geworden, die immer trifft. E r verläßt seine Brüder und geht mit einigen Riesen, deren Gunst er durch seine Treffsicherheit gewonnen hat, in ein verzaubertes Schloß, tötet aber die Riesen, gerade als sie sich

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durch die Türe hineinbegeben wollen. Er findet eine schlafende Prinzessin im Schloß, die, nachdem sie erwacht ist, allmählich entdeckt, daß sie schwanger ist (vgl. 551) und daß sie ihren goldenen Apfel oder dgl. verloren hat. Sie verläßt das Schloß, das durch den Tod der Riesen entzaubert wurde, und begibt sich, nachdem sie einen Betrüger abgewiesen hat, auf die Suche nach dem Vater ihres Kindes. Schließlich errichtet sie ein Wirtshaus, in welchem sie alle umsonst speist. Dort findet und erkennt sie den Helden durch seine Erzählung oder durch den goldenen Apfel. Dieses orientalisch-europäische Märchen hat einige Züge aus 303 (Die Zwillingsbrüder) entlehnt, u. a. den Betrüger und die Art, wie er entlarvt wird. In gewissen Varianten muß der Jüngling mit seiner mächtigen Schußwaffe sogar einen Drachen erlegen. Wir haben keine Aufzeichnungen von älteren orientalischen Varianten als die Erzählung Der König und seine drei Söhne in Tausendundeiner Nacht1, und von den übrigen sind die meisten im Vorderen Orient zu Hause. A m reichsten belegt ist das Märchen jedoch im südöstlichen und östlichen Europa, aber es hat auch Italien, Frankreich, Flandern, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland erreicht. In Schweden findet sich nur eine geringfügige Anzahl Varianten neben einem aus GRIMM hervorgegangenen und selten nachgedruckten Volksbuch aus dem Jahre 1824. Das Volksbuch trägt den gleichen Titel wie manchmal das Wirtshausschild im Märchen: „Heute umsonst, morgen für Geld". Nach anderen Varianten lautet die Inschrift jedoch: „Hier ißt man umsonst, aber man muß seine Lebensgeschichte erzählen". Die Kunst, jemandem das Essen aus der Hand zu schießen, wie es der Held dieses Märchens tut, kennen wir aus Ans Saga Bogsveigis, aber weder der Rahmen noch die übrigen Details stimmen überein, ganz abgesehen davon, daß der Schütze ein Bogenschütze ist. Das von der Heldin während ihres Suchens errichtete Wirtshaus ist ein in den mittelalterlichen Ritterromanen mit orientalischem Hintergrund aus den auf das 11. Jahrhundert folgenden Jahrhunderten oft verwendeter Zug. Ein solches Wirtshaus errichtete u. a. die Tochter des Königs von Neapel, Magelone, die ihren als Sklaven entführten Anbeter, Peter von Provence, suchte. Älter dürfte das Märchen nicht sein. Es kann möglicherweise der byzantinischen Periode angehören. Die straffe Komposition im ersten Teil des Märchens deutet darauf hin, daß es in Tausendundeine Nacht von Westen her eingedrungen ist.

Nr. 306. Die zertanzten Schuhe Eine (oder mehrere Prinzessinnen) erwacht täglich am Morgen mit zertanzten Schuhen. Dem, der die wirkliche Ursache ausfindig macht, wird versprochen, der Schwiegersohn des Königs zu werden; mißlingt es ihm aber, soll es ihn den K o p f kosten. Ein Jüngling verfolgt die Prinzessin mit Hilfe verschiedener magischer Gegenstände (Tarnkappe etc.) zuerst durch eine Falltür und dann durch wunderbare, verzauberte Wälder aus Kupfer, Silber und Gold in die Unterwelt, w o sie die ganze Nacht mit einem (bösen) Zauberer oder dem Teufel selbst tanzen muß. Dem Helden gelingt es, sie zu entlarven, und er gewinnt ihre Hand. 1

Chauvin VI, Nr. 329.

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Dieses Märchen findet sich im ganzen Norden samt den baltischen Ländern sowie in Norddeutschland, Polen und in der Ukraine. Man hat ihm deutschen Ursprung nachgesagt, aber tatsächlich gibt es gute Varianten auch in Portugal, Spanien, Böhmen, Ungarn, Rumänien, bei den südslawischen Völkern, in Griechenland und der Türkei 1 . Von Portugal aus hat es sogar teils Massachusetts über die Kapverdischen Inseln erreicht, teils Brasilien, teils Baronga in Portugiesisch-Ostafrika. Möglicherweise ist es von Spanien aus sporadisch auch nach Zentralafrika gedrungen. Unter solchen Umständen dürfte es am Platz sein, etwas tiefer in die verwandte orientalische Motivwelt einzudringen. Man hat das bestimmte Gefühl, daß das Märchen dem Komplex aus dem Orient stammender Märchen angehört, in dem die Heldin wie Turandot ein Rätsel aufgibt, das der Held unter Einsatz seines Kopfes lösen soll. Die Haupthandlung scheint von dem folgenden armenischpersischen Märchen beeinflußt zu sein, von dem mehrere orientalische Varianten sogar bis Indien existieren: Ein Jüngling hat die Herausforderung der Prinzessin angenommen, entweder ein von ihr aufgegebenes Rätsel zu lösen und sich mit ihr zu verheiraten oder zu sterben. Das Rätsel lautet: „Was hat Zenobia Gül getan und Gül der Zenobia?" Durch Bestechung eines Sklaven gelangt der Jüngling zu Gül, und dieser erzählt ihm, daß seine Gattin, die wunderschöne Zenobia, jede Nacht sein Sturmroß genommen und sich zu einem Zauberer begeben habe, mit welchem sie die ganze Nacht tanzte und koste. Gül war ihr auf seinem Wolkenroß gefolgt, hatte ihr Unterfangen gesehen und vergeblich versucht, den Zauberer zu töten. Nun hält Gül Zenobia in einem Käfig gefangen und füttert sie zusammen mit seinem Hund, aber der Zauberer, der sie verführte, wohnt im Keller des Schlosses, von dem der Jüngling kommt. Die Prinzessin, die ihm das Rätsel aufgegeben hatte, sucht dort den Zauberer jede Nacht auf, wobei sie sich einer Falltür in ihrem Gemach bedient, und hat zwei Kinder mit ihm. Wegen dieser Neigung will sie sich nicht verehelichen, sondern gibt den Freiern unmögliche Rätsel auf. Dem Jüngling, der Gül für die richtige Lösung sein Leben verspricht, gelingt es, ihm zu entkommen, indem er sich rasch versteckt. Er entdeckt dem König sodann die ganzen Zusammenhänge und hat damit das Rätsel gelöst. Der König läßt die Tochter und die beiden Scheusale von Kindern töten. In dieser Erzählung finden wir den wundersamen Weg vom Schloß zum Aufenthaltsort des Zauberers und sogar die Falltüre im Schlafgemach der Heldin wieder. Die Rolle des Helden in den Zertanzten Schuhen ist eindeutig identisch mit der Güls. In einigen südosteuropäischen Varianten von den Zertanzten Schuhen geht die Fahrt genau wie im Gülsmärchen durch die Luft, und der Held schlägt dabei die Heldin. Die zertanzten Schuhe enden auch öfters so wie das Gülsmärchen damit, daß die Heldin und ihre Kinder zusammen mit dem Übernatürlichen zum Tode verurteilt werden. Das Turandotmotiv im Gülsmärchen sehen wir in Apolontus von Tjrus, einem hellenistisch-römischen „Roman", wiedergegeben, der bereits im 3. Jahrhundert 1

Siehe Verf. in Bäckahästen II, 173 — 182, wo das Märchen eingehender behandelt wird.

In Spanien ist es mit 851 {Das Turandotmärcben in bäuerlicher Version) verbunden.

Zaubermärchen aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt worden sein dürfte, und das Gülsmärchen hat Vettern sowohl in der türkischen Version der Sieben weisen Meister oder Vierzig Wesire (15. Jahrhundert) als auch in den Gesta Romanorum. Wir sehen demnach, daß eine Brücke zwischen Morgen- und Abendland bestanden hat, und es sieht beinahe so aus, als ob das Märchen Die yertan^ten Schuhe unter direktem byzantinischen Einfluß entstanden wäre, wenn auch nach Anbruch der Neuzeit neue Züge hinzugekommen sind. Hier wollen wir nur hinzufügen, daß das Märchen von den Streitenden Erben, denen man ihre magischen Gegenstände endockt (518), als ein Glied in der Motivkette in viele, besonders südosteuropäische Varianten des Märchens Die %ertan^ten Schuhe eingeht und daß es das Muttermärchen für 5 07 A {Die Geliebte des Unholds) und ist, auf das wir hinweisen. Sowohl in türkischen als auch in schwedischen Varianten des Märchens Die ¡(ertaubten Schuhe schlägt der Held dem Zauberer, mit dem die Heldin tanzt, den Kopf ab, genau wie in dem Märchen Die Geliebte des Unholds. Nr. JII.

Von einem Riesen (Ungeheuer) ermordet

Ein Mädchen wird in die Behausung eines übernatürlichen Wesens gelockt. Es wird ihr befohlen, Menschengebeine oder dgl. zu essen, oder es wird ihr verboten, ein bestimmtes Zimmer zu betreten. Dieses enthält zerstückelte Menschenleiber. Sie wird dadurch verraten, daß die Gebeine sprechen können, oder durch ein Tier oder dadurch, daß sie das Blut, das an einem Schlüssel oder einem anderen Gegenstand klebt, nicht abwaschen kann, und wird von dem Ungeheuer getötet. Ihre zweite Schwester erleidet dasselbe Schicksal; aber der dritten Schwester gelingt es, mit Hilfe von „Schlafdorn", eines hilfreichen Tieres (Katze) oder einer Salbe mit lebenerweckenden Kräften die Lage zu meistern, die Schwestern wiederzuerwecken und schließlich das Ungeheuer dahin zu bringen, daß es in einer Truhe oder in einem Sack mit Gold zuerst die Schwestern und dann sie selbst nach Hause trägt. Manchmal flieht sie statt dessen in einem Federkleid wie ein Vogel und hinterläßt eine ausgestopfte Puppe in ihrem Bett. Das Märchen ist beinahe in ganz Europa und im Vorderen Orient sowie in Indien und Palästina verbreitet. In Südeuropa hat es mehrere Züge, die eindeutig orientalisch sind. Die Gestalt und Art des Ungeheuers ist sehr schwer zu bestimmen: in den nordischen, keltischen und russischen Märchen handelt es sich oft um ein Tier, in Schweden manchmal um eine Goldkatze; in Italien, am Balkan und in den westslawischen Ländern, wo das Märchen häufig vertreten ist, dürfte man ihn am treffendsten mit dem Teufel identifizieren können. Dort tritt auch die verstorbene Mutter oder die Jungfrau Maria als Helferin des Opfers auf. Wenn das Ungeheuer selbst seine zum Leben erweckten Opfer in einem Sack wegtragen muß oder dadurch genarrt wird, daß eine Puppe in das Bett gelegt wird oder daß die Heldin ein Federkleid anlegt, werden unsere Gedanken auf jene scherzhaften Märchen hingelenkt, in denen der Teufel oder der dumme Riese die Hauptrolle spielt (1091, 1 1 1 5 , 1132, 1405). Den weggetragenen Sack finden wir u. a. auch in einem dänischen Volkslied vom Meergeist Rosmer. Das Alter des Märchens dürfte nicht weiter als zum Mittel-

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alter zurückreichen. Es kommt sporadisch auch in Afrika sowie bei den Indianern, Eskimos und Negern Nordamerikas und Westindiens vor. In Schweden haben wir es in einem der mündlichen Überlieferung ziemlich fremden Schillingdruck aus dem Jahre 1852 mit einigen wenigen Nachdrucken. Nr. 312. Ritter Blaubart Ein Mädchen wird von einem Ritter als seine Braut auf sein Schloß gebracht. Dort wird ihr verboten, ein bestimmtes Zimmer zu betreten. Sie tut es dennoch und entdeckt eine Menge zerstückelter Frauenleiber. Es waren die ermordeten Gattinnen des Ritters. Sie verrät sich dadurch, daß der Schlüssel zu diesem Zimmer blutig geworden ist und das Blut sich nicht abwaschen läßt. Als Ritter Blaubart sein Schwert zieht, um sie zu töten, ist ihre Schwester gerade zu Besuch. Die Schwester sieht vom Turm aus, daß ihre beiden Brüder angeritten kommen. Da bittet die bedrohte Gattin ihren Mann, wenigstens ein letztes Gebet verrichten zu dürfen. Die Brüder kommen rechtzeitig und retten ihre Schwester. Dieses Märchen ist nur eine von P E R R A U L T ausgeführte Romantisierung des vorhergehenden. Es ist auch, trotz seiner Nummer in der Nummernserie, kein Wundermärchen im eigentlichen Sinne. Möglicherweise hat ein in ganz Europa verbreitetes Volkslied über einen Gattenmörder, bei G E I J E R - A F Z E L I U S Rymer genannt, P E R R A U L T beeinflußt. Der Zuname „Blaubart" besagt nur, daß der Ritter einen schwarzen Bart hatte. Dieser Zuname findet sich jedoch schon im 16. Jahrhundert für Männer, die darauf ausgehen, Mädchen zu verführen. Man hat das Märchen auch mit historisch bekannten Frauenmördern in Verbindung bringen wollen, aber allem Anschein nach zu Unrecht. Solche hat es zu allen Zeiten gegeben, und der Typ hat sich in den letzten Jahrzehnten in Frankreich und Dänemark wieder in Erinnerung gebracht. Auf jeden Fall ist das Märchen im Jahre 1697 gedruckt worden. Das schwedische Volksbuch ist eine direkte Übersetzung von P E R R A U L T S Contes de ma tnere l'Oye1. Es erschien in Schweden erstmalig 1781 und scheint mit seinen ca. 40 Nachdrucken bis 1904 ziemlich großen Einfluß auf die mündliche Überlieferung gehabt zu haben. Sogar die Namen kehren oftmals wieder, aber das ist auch beispielsweise auf Jamaika der Fall, wo das Schlagwort von der Schwester Anna überdies mit einer Melodie bereichert wurde. Das Märchen wurde von T I E C K dramatisiert und ist die Textunterlage in Opern von G R E T R Y („Raoul"), O F F E N B A C H und R E Z N I C E K . Nr. ßiß AC. Die magische Flucht Ein Jüngling gerät in die Gewalt eines übernatürlichen Wesens. Es werden ihm drei unmöglich zu erfüllende Aufträge erteilt, wie in unnatürlich kurzer Zeit einen Wald zu schlagen, ein Feld zu besäen und das Getreide zur Reife zu bringen, u.s.w. sowie, seine Liebste unter mehreren ihr wie ein Ei dem anderen gleichenden Schwe1

Siehe SSF II, S. 484.

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stern herauszufinden. Er erfährt Hilfe durch die in der Zauberei bewanderte Tochter des übernatürlichen Wesens. Da sie weiß, daß ihr Vater auf den Tod des Jünglings sinnt, beschließt das Mädchen mit dem Jüngling zu fliehen. Mit Hilfe verzauberter Puppen, die aus ihren Blutstropfen oder ihrem Speichel hergestellt sind und sprechen können, macht sie den Geist glauben, daß die beiden Flüchtlinge noch immer anwesend seien. Sie fliehen auf einem mit übernatürlichen Kräften begabten Pferd, und als der Geist oder sein Bote sie verfolgt, werfen sie Gegenstände weg, die meistens in gleich zauberhafter Weise zu großen Hindernissen emporwachsen, oder die Verfolgten verwandeln sich in verschiedene Gegenstände oder Lebewesen. Oft endigt die Flucht damit, daß der Übernatürliche platzt. Dann kommen sie in die Welt der Menschen. Dort vergißt der Jüngling seine Braut, weil er entgegen dem Verbot seine Angehörigen küßt oder mit ihnen ißt. Als er sich aber mit einem anderen Mädchen verheiraten will oder als die aufdringlichen Hofleute sich einfinden, um dem zauberkundigen Mädchen ihre Aufwartung zu machen, weiß sie sich einen Rat und versteht es, sowohl Wagen als auch Menschen durch Zauber festzuhalten, und es gelingt ihr zuletzt mit Hilfe ihrer Tiere, die Erinnerung des Liebsten zu wecken. Dieses vielbemerkte und besonders von AARNE untersuchte Märchen ist eines unserer ältesten. Gewisse Forscher verlegen zumindest das eigentliche Fluchtmotiv in die Megalithzeit (spätestens um 2500 v. Chr.) mit einer damit gleichzeitigen Streuung vom Atlantischen bis zum Großen Ozean. Wenn dies auch eine Übertreibung ist, können doch sowohl die Aufträge als auch das Fluchtmotiv mit einem gewissen Sicherheitsgrad der homerisch-mykenischen Periode zugeteilt werden. Wie ein Echo aus der Zeit, da Iolcos in Thessalien ein mykenisches Handelszentrum mit Verbindungen bis nach Kolchis an der Ostküste des Schwarzen Meeres war, wird in der Argonautensage geschildert, wie der thessalische Held Jason in Kolchis schwierige Aufträge von ungefähr gleicher Art wie in unserem Märchen zu erfüllen hat, die er von König Aietes erhält, und wie ihm dessen zauberkundige Tochter Medea behilflich ist und er mit ihr flieht. Daß das Motiv beliebt war, zeigt das Gegenstück in der gleichen Sage über Phrixos' und Helles Flucht auf dem Goldenen Vlies (siehe auch 450). Wenn auch die Hindernisse in diesen Darstellungen nicht in genau derselben Weise wie in den modernen Märchen entstehen, scheint doch eine solche Fassung der Grund zu den antiken Versionen gewesen zu sein, besonders bezüglich der Phrixos- und Helle-Mythe. In Japan finden wir schon zu Beginn des 8. Jahrhunderts eine Erzählung, in der sich die Flüchtenden in einer Weise retten, die teils an Jasons und Medeas Flucht erinnert, teils an die Hindernisse in den modernen Märchen. Im indischen Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) begegnen wir sowohl den Aufgaben als auch der Flucht in uns wohlbekannten Formen, und dort kommt neben den hingezauberten Hindernissen auch die Verwandlung der Flüchtenden selbst hinzu, die eine später weniger verbreitete Version ist. Die Aufgaben im Kathäsaritsägara sind im großen und ganzen dieselben wie die oben auszugsweise wiedergegebenen. Das Märchen ist heutzutage in großen Teilen der asiatischen Welt bis nach China bekannt, wenn auch öfters in fragmentarischer Gestalt. Es hat auch Afrika, Australien und besonders Amerika erreicht und ist

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eines der populärsten Märchen dieses Weltteils, belegt von Kanada bis Westindien bei Weißen, Negern und Indianern. In Europa ist es in allen Ländern bekannt und kommt bei den slawischen Völkern vom Balkan bis in die Sowjetunion häufig vor, ebenso auch in Italien, wo es literarisch um 1494 (ed. 1507) bei B E L L O belegt ist. Wir finden dort erstmalig das Festhalten der Freier durch Zauber und die vergessene Braut, Züge, die dann von B A S I L E (gest. 1632) in sein Pentamerone (III, 9) aufgenommen wurden. Sie sind, wie die verzauberten Puppen und damit zusammenhängende Motive, vor allem europäisch. Da sie auch außerhalb unseres Weltteils vorkommen, gehören sie, nach allem zu urteilen, Überlieferungswellen an, die von dort ausgehen. Dasselbe gilt auch von mehreren der Märchenaufgaben. Im Norden finden wir das Fluchtmotiv des Märchens erstmalig, obwohl umstilisiert, bei S A X O (um 1200) in seinem 5. Buch. Als die Finnen vor den Schweden unter Arngrims Führung fliehen, werfen sie drei Steine hinter sich, die zu Gebirgen werden, und nach dem Kampf des zweiten Tages ein bißchen Schnee, der zu einem schäumenden Fluß wird. Etwas weiter im gleichen Buch verwandelt sich eine zauberkundige Frau, die von König Frode verfolgt wird, in ein Pferd, dann in eine Meereskuh, und ihre Söhne werden zu Kälbern, die an einem See grasen. Beide Fluchtmotive, die hingezauberten Hindernisse und die Verwandlungen, waren also im Norden zu dieser' Zeit bekannt, nur etwas mehr als ein Jahrhundert, nachdem sie in Indien zum erstenmal nebeneinander genannt wurden. Wir sehen, daß wechselnde Versionen den Nordländern nicht unbekannt waren (vgl. 302). Interessant ist eine Episode in einer Variante aus Västergötland bei B O N D E S O N . Wir finden dort nämlich wieder den aus der Antike und besonders aus der Pelopsmythe bekannten Zug, daß ein Glied vergessen worden ist, als ein zerstückelter Leib zusammengefügt wurde, um ihn zum Leben zu erwecken. Das Mädchen in dem BoNDESONschen Märchen sollte Stück für Stück zerhackt werden, um als Stufen auf einen steilen Berg zu führen, wo die Eier des Vogels Greif das erstrebte Ziel waren oder, wie es vielleicht richtiger in westeuropäischen Varianten heißt, auf einen glatten Baum. Als alle Stücke wieder zusammengesetzt waren, fehlte der kleine Finger, während es bei Pelops das Schulterblatt war. Das ganze Motiv kehrt in anderer Form in Griechenland und Indonesien wieder. Es ist vielleicht auch kein Zufall, daß der Märchenheld oft, sowohl im Norden als auch anderweitig, den Auftrag erhält, den Stall des Zauberers zu reinigen, wie Herkules den Augiasstall reinigen mußte (1035*), oder, daß er wie die Danaiden den Befehl erhält, mit durchbohrten Gefäßen Wasser zu schöpfen (siehe 1180 und 1248). Nordisch sind vor allem die Versionen, in denen der Übernatürliche seine Axt oder dgl. holen soll, um die Hindernisse zu beseitigen, und in denen gewisse Tiere zu der Entstehung der Hindernisse beitragen (vgl. SSF 1, 327 A). Die hinterlassenen Puppen, die wir u. a. in H Y L T E N - C A V A L L I U S 14 B und in den in SSF I wiedergegebenen Varianten finden, erinnern uns an die Herstellungsart sog. Zauberhasen oder Ziehpuppen, und das Binden der Hofleute an die Kunst unserer Weisen, „den Dieb zu stellen". Daß vom Helden gesagt wird, er vergäße die Braut, wenn er das Verbot überträte, mit den Seinen zu essen, hängt mit dem

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Glauben der Alten zusammen, daß man nach langer Abwesenheit mit seinen Angehörigen nicht vereint werden kann, ohne mit ihnen zuerst zu essen. Aus dem gleichen Grund bieten die Russen und Orientalen dem Fremdling Salz und Brot an. In der japanischen Variante aus dem 8. Jahrhundert kehrt das Motiv wieder, indem eine der Personen des Märchens aus dem Totenreich nicht zurückkehren kann, weil sie dort eine ihr angebotene Speise verzehrt hat. Gewisse, jedoch beinahe ausschließlich europäische Varianten werden mit einem verblichenen Schwanenjungfraumotiv eingeleitet. Hierin nimmt der Held einer Schwanenjungfrau, die er ihres Federkleides beraubt, das Versprechen ab, ihm zu helfen oder ihn zu heiraten, und dann gerät er in die Gewalt ihres bösartigen Vaters (siehe 400). Eine Eigenheit des Märchens sind die häufig vorkommenden Namen des Helden und der Heldin. Vielleicht stammen sie von den früh belegten literarischen Varianten aus Italien. In dem italienischen messère ( = Herr) und signora ( = Frau) erkennen wir zumindest Messeria und Singorra bei H Y L T É N - C A V A L L I U S . Ein Blick zurück zeigt uns, daß wir mit A A R N E sagen können, daß Asien das Heimatland des Fluchtmotivs ist, sofern wir es nicht bestimmter in den Vorderen Orient oder nach Kleinasien verlegen wollen. Dorthin dürften auch die meisten Aufgabenmotive des Märchens ursprünglich gehören, während die anderen im Auszug angegebenen Motive als europäisch zu bezeichnen sind (vgl. 511).

Nr. ßi4. Der Goldhaarige (Goldfingrige) Ein Knabe gerät in die Gewalt eines übernatürlichen Wesens. Ihm wird verboten, ein bestimmtes Zimmer zu betreten, und als er das Verbot übertritt, wird sein Haar zu Gold verwandelt. Er muß ein bestimmtes Pferd warten, das sich später als verzauberter Prinz erweist. D i e s e s P f e r d u n d d e r K n a b e f l i e h e n , und als der Übernatürliche sie verfolgt, rät das Pferd dem Knaben, bestimmte Gegenstände auszuwerfen, die gewöhnlich in gleich zauberhafter Weise zu großen Hindernissen emporwachsen, oder die Fliehenden verwandeln sich in einen Gegenstand, ein Tier usw.. Der Knabe kommt zu einem Schloß und nimmt Dienst bei einer Prinzessin, verbirgt aber sein Haar. Sie verliebt sich in ihn, und er vollbringt mit Hilfe des Pferdes Taten, durch die er schließlich die Hand der Prinzessin gewinnt, worauf das Pferd geköpft wird und sich in einen Prinzen verwandelt. Die vollbrachten Taten sind in der Regel aus anderen Märchen entlehnt und wiederholen sich meistens dreimal: Er schlägt allein ein ganzes Heer (siehe 530 und 531) oder einen Drachen (siehe 300), nimmt an einem Turnier nach arabischem Muster teil (siehe 531), besteigt den Glasberg (siehe 530) oder holt drei wunderbare Dinge (siehe 531). Mitunter stellt er seine hochmütigen künftigen Schwäger bloß, indem er sie Dienste für Goldäpfel erkaufen läßt, deren einziger Besitzer er dann ist (siehe 531). Manchmal wird das Märchen damit eingeleitet, daß der Held als Kind einen Troll oder wilden Mann befreit, den der Vater gefangen hielt. Der Troll wird dann der Helfer des Jünglings und gibt ihm auch das Pferd (siehe 502). In diesen Varianten kommt aus leicht erklärlichen Gründen die magische Flucht nur ausnahmsweise vor, weshalb sie oft unter 502 katalogisiert werden.

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Das Verbergen des Haares geschieht meistens so, daß der Held kahlköpfig zu sein scheint. Im Orient, woher dieser Zug mit Sicherheit stammt, ist Kahlköpfigkeit das Zeichen von niedriger Herkunft, Unfreiheit oder Schurkerei, während goldenes Haar, zumindest in der Welt des Märchens, hohe, ja sogar königliche Geburt verrät. Das Verbreitungsgebiet des Märchens, das gewisse Forscher so einschränken möchten, daß es nur Europa umfaßt, erstreckt sich ostwärts bis Hinterindien, China und Indonesien, wo das Märchen sogar reich belegt ist. Das Goldapfelmotiv, das bereits von ARISTOTELES her (gest. 322 v. Chr.) bekannt ist, ist früh-vorderasiatisch, und einer indischen Variante des Amor- und Psyche-Märchens (425), übersetzt ins Chinesische im Tripitaka im Jahre 280 n. Chr., wird ein Abschluß gegeben, der dem hier behandelten Märchen nicht fremd ist 1 . Das Märchen ist frühzeitig bei den Persern aufzuspüren, und unter den Arabern ist es besonders beliebt gewesen 2 . Es wird teilweise in Tausendundein Tag wiedergegeben (II, 1). In südlicher und westlicher Richtung hat es sporadisch den Weg nach Afrika und mit zahlreicheren Belegen nach Amerika gefunden. Dort finden wir es besonders unter den Indianern auf einem vergleichsweise schmalen Landstrich vom Kaskadengebirge über die großen Seen bis Neu-Schottland an der Atlantikküste sowie — wenn auch nicht in reiner Form — unter den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts. Nach Missouri ist es sicherlich mit den Franzosen gekommen. In Europa ist es, zumindest gewisse Teile, schon um 1100 literarisch belegt (im Roman de Robert le Diable). Im Norden finden wir es erst 1380 (im Flateyarbök) vor, obwohl die Personengalerie schon früher erwähnt wird (vgl. 502). Man hat auch angenommen, daß der Verfasser von Apollonius von Tyrus dieses Märchen zu einem gewissen Teil als Vorbild genommen hat. Es wäre demnach in Byzanz zumindest um 200 n. Chr. (siehe 511), d. h. während der hellenistisch-römischen Zeit lebendig gewesen, und seine Heimat dürfte von dieser Stadt nicht allzu entfernt sein. Die älteren Partien des Märchens dürften jedoch zumindest in die archaisch-klassisch-griechische Zeit (700—300 v. Chr.) verlegt werden können, doch so, daß die magische Flucht selbst mit Sicherheit der homerisch-mykenischen Zeit (vor 700 v. Chr.) angehört.

Nr. ßij. Die treulose Schwester Ein Bruder und eine Schwester (Mutter) wohnen in einem Schloß. Der ehemalige Schloßeigentümer freit um die Schwester und schmiedet mit ihr Pläne, den Bruder zu töten, doch dieser wird, dank seiner hilfreichen Tiere, gerettet. Dieses Märchen ist in Schweden nicht vertreten, abgesehen von einem Fragment in SÄVES Gotlänska samUngar (II, 2,12) sowie in HENRIKSSONS Plägseder och skrock blandDalslands allmoge (S. 77) in einer Variante des Märchens vom Drachentöter (300) mit einem Einschlag aus dem Volksbuch über Lunkentus (301). Daß es jedoch einmal in seiner Gesamtheit der schwedischen Tradition angehört hat, beweist sein Vorkommen sowohl im übrigen Skandinavien als auch im schwedischen Finnland 1 2

Ch. Tr. 81. Über das Goldapfelmotiv siehe Einleitung zu diesem Buch (S. X I f.).

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sowie in fast ganz Europa. Über Spuren in altnordischer Literatur siehe SSF II, S. 481. Nr. ßi6. In der Gewalt der Meerfrau Ein junger Mann gerät in die Gewalt der Meerfrau. Seine Liebste zieht aus, um ihn zu befreien, und indem sie dem Rat einer alten Frau folgt, glückt es ihr, sich mit ihm wieder zu vereinen. Das Märchen ist nur in der Ausgabe der Gustav-Adolf-Akademie vertreten und ist dort nicht nur stark literarisch beeinflußt, sondern sogar mit dem Märchen vom König Lindwurm (433 B) vermischt. Die Darstellung folgt nur teilweise dem allgemeinen Typus. Die Variante ist jedoch in die Märchen der Weltliteratur als ein typisch schwedisches Märchen (Nordische Volksmärchen I, 237, Jena 1915) eingegangen, dürfte aber in Schweden in der vorliegenden Form nicht erzählt worden sein. Das Märchen ist im übrigen allgemein-europäisch, wenn es auch in den slawischen Ländern fehlt. Nr. }2 j. Der Zauberer und sein Lehrling Ein Sohn wird zu einem Zauberer in die Lehre gegeben, und der Vater kann ihn nur mit fremder Hilfe wiedererkennen, als er kommt, um ihn abzuholen. Sie fliehen vom Zauberer. Da der Sohn, der ausgelernt hat, sich in verschiedene Tiere verwandeln kann, verdienen Vater und Sohn dadurch Geld, daß der Vater den Sohn in verschiedenen Tiergestalten verkauft und ihn dann wieder verschwinden läßt, bis ihn endlich der Zauberer auf einem Markt oder anderswo als Pferd mit Halfter kauft. Da kann er von der Verzauberung nicht freikommen, aber schließlich bringt er einen Vorbeigehenden dazu, ihm das Halfter abzunehmen. Dann folgt ein Kampf in einer Reihe verschiedener Tiergestalten zwischen dem Zauberer und seinem ehemaligen Lehrling. Ursprünglich, zumindest aber ist es im Orient so, durfte dieser Verwandlungskampf im Hause einer Prinzessin ausgekämpft werden, der sich der Lehrling in Gestalt eines Ringes schenken läßt, um während der Nächte ihr Liebhaber zu sein. Der Zauberer hingegen kommt als Arzt der Prinzessin ins Haus. Der Kampf endet mit dem Tode des Zauberers. In dieser Darstellung sind in mehreren Varianten Motive aus 314 (Der Goldhaarige) und 400 (Märchen von der Schwanenjungfrau) eingeschoben. Der bekannte Indologe B E N F E Y ist der Meinung, daß dieses Märchen indischen Ursprungs sei, da es im Siddhi-Kür wiedergegeben ist. Selbst wenn man aus diesem Anlaß voraussetzte, daß das Märchen der altindischen Literatur angehörte, so wiegt das federleicht vor der Tatsache, daß die wesentlichsten Züge des Märchens schon in der Zeit vor der Geburt Christi O V I D bekannt waren. Er schreibt in seinen Metamorphosen — nach A D L E R B E T H S Übersetzung in Hexametern — von einem Vater und einer Tochter folgendes: Als der Vater bemerkte, sie könnt' die Gestalten vertauschen, Hat er nicht selten verkauft sie. Sie wüßt' sich zu retten, Bald als Stute, als Vogel, als Hinde, jetzt wieder als Färse, Und ihrem gierigen Vater ein nicht ehrliches Leben bereitend.

(Kap. 8. V. 89fr.)

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Vielleicht haben wir eine noch ältere Spur des Märchens, nämlich in dem HESIOD (um 770 v. Chr.) zugeschriebenen äolischen Märchen vom Kampf des Herakles mit Periklymenos, dem Sohn Nelevs. Herakles konnte ihn nicht überwinden, weil er von Poseidon die Gabe erhalten hatte, seine Gestalt zu verändern: Bald streckt er seine Schwingen als Adler, bald verschwindet er wie eine Schlange, bald surrt er als Biene, bald kriecht er als Ameise umher. Aber wie er als Biene auf dem Kriegswagen sitzt, winkt Athene dem Herakles zu, der dadurch siegt 1 . Während der letzten Jahrhunderte vor Christi Geburt stand der Weg zwischen dem Römischen Reich und Indien offen. Das Märchen dürfte auch mit aller Wahrscheinlichkeit sowohl in Indien, im eigentlichen Persien, in den Ländern an den Quellen von Euphrat und Tigris als auch in Kleinasien bekannt gewesen sein. Dafür sprechen die armenischen, kaukasischen, türkischen und arabischen Varianten. Die Erzählung wird u. a. — obwohl in Fragmenten, eingefügt in ein anderes Märchen — in Tausendundeiner Nacht wiedergegeben, scheint aber ebenso dessen ursprünglich persischem Kern Hesär Afsäneh (700 oder 800 n. Chr.) 2 angehört zu haben. Wir finden es dann in der türkischen Version der Sieben weisen Meister oder Vierzig Wesire (15. Jahrhundert) und im arabischen Tausendunder' Tag (DE LA CROIX 1 7 1 0 — 1 7 1 2 ) . In Europa ist das Märchen besonders reich belegt auf dem Balkan, bei den Rumänen und in deiv slawischen Ländern, ist aber im Westen bis Irland und im Norden bis Island vorgedrungen. Außerhalb des alten Verbreitungsgebietes des orientalischeuropäischen Märchens ist es östlich bis nach Indonesien und zu den Philippinen gekommen. Nach Westen wurde es teils nach Massachusetts von den portugiesisch sprechenden Negern der Kapverdischen Inseln, teils nach Missouri von den Franzosen, teils schließlich nach Jamaika und Brasilien hinübergebracht. Natürlich ist die Entstehung des Märchens nach Persien, der Heimat der Magier, zu verlegen. Für das Alter der Sage gibt es eine Grenze, und zwar das Vorkommen des zahmen Pferdes, das fast ohne Ausnahme sowohl in den europäischen als auch in den asiatischen Versionen erwähnt wird, sowohl im Siddhi-Kür wie bei den Indern und bei OVID. Es wird im Märchen als etwas allgemein Bekanntes, aber Wertvolles vorausgesetzt. Während die Ägypter noch keine Pferde besaßen, waren während der letzten Jahrhunderte des 2. Jahrtausends v. Chr. Hethiter und Mitannier die eigentlichen Züchter dieses Tieres. Es kam etwa 2000 v. Chr. auf. Älter kann das Märchen also nicht sein. Eigentümlich ist, daß es mehrere Züge mit dem Batamärchen (GS 367) gemeinsam hat, unserem am frühesten aufgezeichneten orientalisch-europäischen Zaubermärchen, das gerade auf hethitischem Gebiet (d. h. westlich der Quellen des Euphrats) entstand und dort spätestens um I J O O v. Chr. bekannt war. Das Batamärchen enthält gleich dem Märchen Der Zauberer und sein Lehrling unter anderem eine Serie Tierverwandlungen, in der ein Pferd das erste Glied bildet (in der ägyptischen Variante ist es ein Ochse). Tierverwandlungsserien gibt es auch in zwei 1

2

lt. scol. zu APOLLONIUS RHODIUS (geb. 290 v. Chr.) 1, 156. Siehe u. a. die Erzählung des 2. Kalendermönches und die Erzählung vom Prinzen Beder ( W E I L I , 6 7 ; III, 1 ,}.HesärAfsäneh ist literatisch belegt im 1 0 . Jahrhundert, u. a. von M A S I J D I (gest. 956).

HESIODS

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anderen Märchen, die wir auf die homerisch-mykenische Zeit zurückführten, nämlich im Märchen vom Riesen ohne Her% (302) und im Märchen vom Brüdereben und Schwesterchen (45 o). Sollte Der Zauberer und sein Lehrling sich als ebenso alt erweisen wie diese Märchen, so dürfte sich der Entstehungsort gleichzeitig etwas westlich von Persien nach Kleinasien und dem homerisch-mykenischen Kulturkreis verschieben. Die im Märchen mitunter vorkommende magische Flucht vom Zauberer gehört Schweden, Norwegen, Deutschland, Griechenland und Syrien an. Eigentümlich ist, daß sich in Schweden der Schwerpunkt des Variantenbestandes im westlichen Teil des Landes wiederfindet. Das Märchen ist nach Schweden offensichtlich mit einer relativ späten Überlieferungswelle über Dänemark und Norwegen gekommen, wo der Zauberer, wie u. a. in Halland und Dalsland, den Namen Rö-skägg (Rotbart) trägt. Die schwedischen Schillingdrucke geben, wahrscheinlich auf deutschen Quellen fußend, das Märchen vom Prinzen Beder aus Tausendundeiner Nacht wieder, in das die Erzählung fragmentarisch eingefügt ist 1 . Nr. $26. Der Jüngling, der sich nicht fürchten konnte Ein Jüngling bekommt verschiedene Aufträge: drei Nächte in einem Schloß, einer Kirche, auf dem Friedhof, unter einem Galgen usw. zu wachen, oft in Verbindung mit dem Finden eines großen Schatzes oder dem Versprechen einer vorteilhaften Heirat. Die Motive sind in diesem Märchen sehr wechselnd, und Anleihen von anderen Märchen kommen oft vor. Das Märchen wird in Schweden oftmals mit den Märchen vermengt, die erzählen, wie der Teufel aus Spukschlössern vertrieben wird (1159/ 1160). Sein ältester Beleg dürfte, zumindest für die gegenwärtige Form, STRAPAROLAS italienische Version aus der Mitte des 16. Jahrhunderts sein. Dort wird dem Helden jedoch bange, nachdem man ihm den Kopf abschlug und verkehrt wieder aufsetzte. Daß der Held einmal wirklich ängstlich wurde, deutet auch der spaßhafte Abschluß an, den das Märchen oft bekommt, wenn es heißt, er erschrak, als ein Vogel unerwartet aufflog oder als man ein Glas Wasser auf ihn goß (u. a. in der in SSF II wiedergegebenen Variante). Das Märchen ist typisch europäisch und scheint, wenn auch ziemlich schütter, über nahezu ganz Europa verbreitet zu sein, vielleicht am dichtesten in den slawischen Ländern, doch fehlt es in Griechenland. Am wahrscheinlichsten ist es auf germanischem und romanischem Sprachgebiet in der Neuzeit oder im Mittelalter entstanden. Nichtsdestoweniger wird das Märchen, wie THOMPSON und PARSONS aufzeigten, auch in Nordamerika erzählt, u. a. von den spanisch sprechenden Weißen und Indianern in Neu-Mexiko, von französisch Sprechenden in Missouri, von den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln in Massachusetts und schließlich von den englisch Sprechenden in Nord-Carolina und Virginia. Es scheint außerdem Mittelamerika und Brasilien erreicht zu haben. 1

Siehe die vorhergehende Fußnote.

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Nr. }2jABC.

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Die Kinder bei der Hexe

A. D e r M a s t k u r t y p (Hansel und Gretel) Die Eltern versuchen, ihre Kinder, meistens ein Mädchen und einen Knaben, im Walde zu verlassen, aber die Kinder haben sich Zeichen am Wege gemacht und kehren wieder heim. Zuletzt landen sie doch bei einer Hexe, die sie mästet und Proben macht, um zu sehen, ob sie fett werden; aber als sie sie in den Ofen schieben will und ihnen zeigt, was sie tun sollen, wird sie selbst hineingeschoben. B. D e r D ä u m l i n g Die Eltern versuchen, den Däumling und seine vielen Brüder im Wald zurückzulassen, doch die Kinder haben sich den Weg gemerkt und kehren nach Hause zurück. Schließlich kommen sie zu einem Riesenpaar. Als der Riese sie in der Nacht erschlagen und auffressen will, tauschen der Däumling und seine Brüder die Kopfbedeckungen oder dergleichen mit den Kindern des Riesen. Daher erschlägt der Riese irrtümlich seine eigenen Kinder, als sie in ihren Betten liegen, während der Däumling mit seinen Brüdern entflieht. C. D e r K n a b e im S a c k Eine Hexe fängt einen Knaben im Sack — er hat manchmal Feigen oder andere Früchte auf einem Baum gepflückt —, aber es gelingt ihm, zu entkommen. Schließlich wird er doch gefangen, und die Hexe übergibt ihn ihrer Tochter zum Kochen, aber dem Knaben bietet sich eine Gelegenheit, sie in den Ofen zu stoßen; oder er erbietet sich, sie zu kämmen oder ihr auf eine andere Weise zu helfen, und hat dabei die Möglichkeit, sie zu erschlagen. Dieser Typ schließt mitunter damit, daß die Hexe ihre eigene Tochter anstatt des Knaben auffrißt. Diese verschiedenen Versionen wurden oft miteinander vermischt. Die Geschichte des Märchens ist sehr verwickelt und wäre einer Spezialuntersuchung wert. Die Literatur ist jedoch schwer zugänglich, und hier können nur einige Andeutungen gemacht werden. Wir beginnen mit dem gemeinsamen Einleitungsmotiv vom Mastkurtyp (A) und Däumling ( B ) . Es begegnet uns frühestens um 1560 (in M O N T A N U S ' Schwankbüchern) in Straßburg. Hier ist es jedoch die Einleitung zum Märchen von Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein (511). Etwas später finden wir es im Pentamerone von B A S I L E (gest. 1632) als Einleitung zu einem Märchen vom Typ Brüderchen und Schwesterchen (450). Dann finden wir es an den A- und B-Typus des hier behandelten Märchens geknüpft, und nun ist es das beherrschende Einleitungsmotiv. Wir finden es jedoch vor allem in Italien, Frankreich und Rumänien sowie im slawischen Sprachgebiet. Es ist sogar in Afrika vertreten. Das Einleitungsmotiv zum Knaben im Sack ist seltener. Die Einleitungen sind von außerordentlicher Bedeutung, da die Hauptmotive, wie das Einschieben der Hexe in den Ofen (1121) oder das Vertauschen von Kopfbedeckungen (1119), das Märchen nicht allein charakterisieren. Diese Motive kommen überdies oft in anderen, nahestehenden Märchen vor, wie im Märchen von den Kleinodien des Riesen (328). 5 Liungman

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Da das Einleitungsmotiv vom Zurücklassen der Kinder im Wald in Italien relativ lange und wohlbekannt war und da es tatsächlich so aussieht, als ob das ganze Märchen mit seinen drei verschiedenen Typen in erster Linie an das Mittelmeerbecken gebunden gewesen wäre, wollen wir unsere Untersuchung dort beginnen. In Italien ist der Held des Mastkurtyps entweder ein Knabe oder ein Mädchen und nur ausnahmsweise ein Geschwisterpaar. Weiter westlich kommt der letztgenannte Zug öfter vor; er hat von Portugal aus sogar Brasilien erreicht. Der Knabe zeigt in dieser westlichen Gruppe die Wirkung der Mastkur auf verschiedene Weise. Unter anderem steckt er einen Rattenschwanz statt des Fingers heraus, und als die Kinder aufgefordert werden, vor dem Einschieben in den Ofen auf dem Brotspaten zu tanzen, muß die Hexe ihnen zeigen, wie es zugehen soll. Manchmal geht der Tanz jedoch um ein offenes Feuer, und manchmal ist weder von einem Ofen oder einem Feuer, sondern nur von einem Kessel die Rede. Was die Kinder lockt, sind hier wie in Italien die guten Kuchen der Hexe. Im übrigen Europa, von Frankreich bis Polen, wohnt die Hexe bisweilen in einem ganzen Haus aus Kuchen oder dergleichen. Dieser Zug dürfte vom germanischen Sprachgebiet ausgegangen sein und findet sich im ganzen Norden wieder. Hauptsächlich nach Mitteleuropa gehört dagegen der Abschluß des Märchens mit der phantasievollen magischen Flucht (313) auf Enten oder anderen Tieren 1 . Das eigentliche Ofenmotiv findet sich, praktisch genommen, von der Nordsee bis zu den Samoa-Inseln. In den meisten Fällen ist der Menschenfresser eine Hexe, aber bei den Griechen, den süd- und westslawischen Völkern sowie bei den Letten oft ein Kynocephal, d. h. ein hundsköpfiges Wesen, das meist einäugig ist, wie auch die Hexen am westlichen Mittelmeerbecken blind oder halbblind sind. In Indien wird die Hexe mitunter durch einen Tiger ersetzt. Man hat einige Erzählungen über den altindischen König Vikramäditya (im Vetälapancavimsatika und Simhasanadvätrimsika)2 mit dem Ofenmotiv in unserem Märchen in Verbindung gebracht. Vikramäditya wird davor gewarnt, rund um einen siedenden ölkessel zu gehen. Deshalb ersucht er den, der ihn dazu aufgefordert hat, vor ihm herzugehen, und wirft ihn in den Kessel, statt selbst das Opfer zu werden. Diese Sage lebt noch, eigentümlich genug, in Indien auf den Lippen des Volkes, aber sie scheint mit unserem Märchen keine Verbindung eingegangen zu sein, obgleich sich Varianten davon ganz in der Nähe befinden. Dies ist um so eigentümlicher, als der Typ sehr volkstümlich war. Außerhalb des orientalisch-europäischen Verbreitungsgebietes hat er Indonesien, Japan, Afrika sowie Nord- und Südamerika mit den dort ansässigen Negern und Indianern erreicht. Beim Däumling ist das Vertauschen der Kopfbedeckungen (1119) das Hauptmotiv. Unter Hinweis auf die Märchen 531 (J/erleumdeter Arbeitskamerad) und 328 (Die Kleinodien des Riesen) muß hier bereits gesagt werden, daß das letztgenannte 1

2

Dieser Z u g ist in die GRiMMsche Variante auf künstliche Weise eingegliedert worden und hat durch diese sicherlich eine relativ große Verbreitung gewonnen (vgl. S S F I). Die 3 2 Erzählungen über den Thron (Vikramädityas) berühren Ereignisse um 400 n. Chr.

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Märchen sich aus dem vorherigen entwickelt hat und daß es auch ein Schwestermärchen des hier behandelten ist, das von diesem das Motiv der vertauschten Kopfbedeckungen erhielt. Man findet also dieses Motiv in den Märchen 531, 328 und 3 27, wenn auch mit vielen Variationen. Es sind nicht nur die Kopfbedeckungen, die vertauscht werden, sondern auch die Decken der Kinder, die Kleider usw. und zum Schluß sogar die Schlafplätze. Es ist interessant, zu sehen, wie die letzte Version des Motivs sich gleich einer schmalen Landzunge von der Balkanhalbinsel in die baltischen Länder vorschiebt, ganz wie der kürzlich besprochene Zug von den Hundsköpfigen. Der Weg ist auch eine Landstraße der Märchen. Da 531 (Verleumdeter Arbeitskamerad) Ahnen aus der homerisch-mykenischen Zeit hat, ist es nicht weiter eigentümlich, daß auch das Vertauschungsmotiv sich als viel altertümlicher erweist, als man glauben möchte. Nach einem am Beginn unserer Zeitrechnung lebenden römischen Schriftsteller namens HYGINUS1 beschreibt EURIPIDES in einer seiner Tragödien, Ino genannt, wie Themisto, König Athamas Gemahlin, die Absicht hatte, die zwei Söhne Athamas und seiner früheren Gattin Ino zu töten. Sie läßt schwarze Decken auf deren Betten legen, aber weiße auf die ihrer eigenen Kinder. Ino jedoch vertauscht die Decken, und Themisto tötet aus Versehen ihre eigenen Kinder. Von EURIPIDES sagt man, er sei am gleichen Tag geboren, an dem die Schlacht bei Salamis geschlagen wurde, also im Jahr 480 v. Chr.. Würde man es wagen, nach dem Personenregister zu urteilen, dann würde auch diese Sage der homerisch-mykenischen Zeit angehören. Athamas war ein minyischer König. Das Motiv der vertauschten Decken, Kleider oder Kopfbedeckungen (1119) hat sich dann teils ostwärts nach Rußland verbreitet und findet sich dort sogar in den gleichen Märchen, die das Vertauschen der Bettplätze enthalten, teils westwärts, u. a. nach Italien mit Tripolis, der Pyrenäischen Halbinsel, Frankreich, England, Irland, den Niederlanden, den skandinavischen Ländern und Finnland. In Deutschland tritt es hauptsächlich an den Grenzen auf, besonders an der französischen und an der italienischen. Im großen gesehen kann man sagen, daß der Däumling ungefähr dieselbe Verbreitung hat wie das Vertauschungsmotiv. Das Märchen ist jedoch in Dänemark nicht volkstümlich und in Norwegen ungewöhnlich. Außerhalb Europas hat es Indonesien mit den Philippinen erreicht und durch französische Vermittlung Kanada und gewisse Indianerstämme auf beiden Seiten der Grenze zwischen diesem Land und den USA. Von der Pyrenäischen Halbinsel aus wurde es sogar nach Brasilien gebracht. D e r K n a b e im S a c k (auch mit dem Ofenmotiv) ist in Tunis, im Sudan, in Italien, England, Flandern, Schleswig-Holstein, Norwegen, Dänemark, auf Island, in Schweden, Finnland, Litauen, im europäischen Teil der Sowjetunion, in Sibirien, Taschkent und Indien vertreten. Norwegische, finnische, litauische und sibirische Varianten haben überdies das Märchen von der Ausgehobenen Tür (1653 ABC) an sich gezogen. Inwieweit gewisse ähnliche Sackmotive im übrigen Afrika und in Amerika diesem Märchen zugehören, dürfte bis auf weiteres nicht entschieden werden können (siehe jedoch 328). 1

Fragment 402 bei

5*

HAUCK.

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Was die Untersuchung dieses Märchens erschwert, ist seine große Popularität bis in unsere Zeit und die damit verbundene literarische Verbreitung. Es sind besonders drei oder, besser gesagt, vier Dichter, die dabei eine wichtige Rolle spielten, nämlich die Brüder GRIMM, PERRAULT (gest. 1703) und MME. D'AULNOY (gest.

1705). GRIMMS Version des A-Typs Hänsel und Gretel zeichnet sich dadurch aus, daß das Mädchen die Hauptperson des Abenteuers ist. Diese Version ist unzweifelhaft die volkstümlichste. Sie liegt u. a. Humperdincks von allen Kindern so geliebter Oper (vor 1893) zugrunde.' PERRAULT vertritt mit seinem Le petit Poucet den B-Typ, d. h. den Däumling mit dem Vertauschungsmotiv (1119). Man hat ihm sogar die Ehre zugeschrieben, den Helden Däumling ins Märchen eingeführt zu haben. In dem Komplex von Märchen, der von 531, 328 und 327 gebildet wird, ist in Italien und in Griechenland sowie bis hinauf nach Ungarn der Held jedoch oft der dreizehnte von dreizehn Brüdern. In Tripolis ist dieser Dreizehnte der sogenannte Halbmensch, gekannt und gefürchtet von Indien bis Marokko. Er ist geteilt, gleichsam wie ein halber Apfel — von Kopf bis Fuß aus einer rechten oder einer linken Hälfte bestehend —, und oft wird er gerade deshalb geboren, weil die Mutter irrtümlich einen halben Apfel anstatt eines ganzen gegessen hatte. Gleichzeitig wird er als unerhört stark, ja, sogar unüberwindlich beschrieben. In dieser Gestalt finden wir ihn u. a. in rumänischen Varianten des Batamärchens (GS 367). In dem hier behandelten Märchen verläßt er sich jedoch mehr auf seine List als auf seine Stärke. In Tripolis wird das Märchen außerordentlich gut erzählt und erscheint selbständig gegenüber GRIMM, PERRAULT und D'AULNOY.

Das gleiche kann von der Mehrzahl der übrigen nordwestafrikanischen Varianten gesagt werden. Der Held führt in ihnen oft den Namen Hadiduan und tritt auch dort als Halbmensch auf. Es liegt daher auf der Hand, zu vermuten, daß PERRAULT die Idee zu seinem Däumling und dessen sieben Brüdern direkt oder indirekt aus dieser westlichen Gruppe von Varianten erhielt. Wie es sich damit auch verhalten mag, so ist es doch PERRAULTS Petit Poucet, dem der Däumlingstyp für seine Volkstümlichkeit in Europa zu danken hat. Er hat sogar die GRiMMSche Darstellung beeinflußt. MME. D'AULNOYS Version — Finette Cendron — steht vielleicht durch ihre Verbindung mehrerer Motive den afrikanischen Varianten am nächsten. Hier begegnen wir zuerst dem Einleitungsmotiv von den im Wald zurückgelassenen Kindern — drei Geschwistern — mit Aschesack und Erbsen. Daß sie behaupten, gute Kuchen machen zu können, ruft das Ofenmotiv hervor, wobei der Riese in den Ofen geworfen wird. Hierauf folgen das Kämmen und der Tod der Riesin. Dann geht das Märchen in ein Aschenputtelmärchen (510 A) über. MME. D'AULNOYS Version scheint besonders die westslawischen Varianten beeinflußt zu haben. Eigentümlicherweise finden wir den so wohlbekannten Zug, daß sich die Kinder auf den B r o t s p a t e n setzen sollen, weder bei GRIMM, PERRAULT noch D'AULNOY, aber er findet sich gleichwohl in Griechenland und Portugal im Süden und bei uns oben im Norden. Zur Volkstümlichkeit des Märchens haben natürlich Dorés wohlbekannte und beliebte Illustrationen zum Petit Poucet beigetragen. DORÉ scheint aber ein wenig zu stark von Gullivers Reisen beeinflußt zu sein.

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In Schweden erschien eine größere Amiahl Volksbücher, teils Übersetzungen der Version P E R R R A U L T S aus dem Jahr 1776 mit etwa 25 Neudrucken bis 1873 (B-Typ), teils Übersetzungen aus dem Deutschen von 1825 — 1851 mit knapp einem Dutzend Neudrucken (A-Typ). In dem späteren Volksbuch, das der GRiMMschen Version sehr nahesteht, begegnen wir erstmalig in Schweden (unabhängig von G R I M M ) dem Brotspaten im Ofenmotiv. Dieser Zug des Märchens ist sogar illustriert. Vielleicht ist er über Dänemark zu uns gekommen. Eine in gewisser Hinsicht ähnliche Situation wird in W I N T H E R S Danske folkeevetityr von 1823 (Seite 1) beschrieben. Wenn man versuchen will, das Alter des Märchens zu beurteilen, muß man dessen nahen Zusammenhang mit den Märchen 531 (Verleumdeter Arbeitskamerad) und 328 {Die Kleinodien des Riesen) samt dem Vertauschungsmotiv (1119) kennen, das, wie wir sahen, in Griechenland schon seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. und vermutlich noch weiter zurück bekannt ist. Was das Ofenmotiv betrifft, muß man bedenken, daß die Hundsköpfigen antike Vorbilder haben und daß sie im Volksglauben in Deutschland und im slawischen Gebiet zumindest noch im Mittelalter lebten. Die eigentliche Idee zum Ofenmotiv fand sich doch sogar in Indien bereits in der Zeit um Christi Geburt. Hingegen ist das Pfefferkuchenhaus mit Pfannkuchen- und Zuckerdächern oder Dächern aus Käse und Wurst selbstverständlich jungen Datums. Sogar rein volkstümliche Varianten tragen Spuren, die davon zeugen, daß sie der Neuzeit angehören. Gehen wir aber in das wahrscheinliche Ursprungsgebiet um das Mittelmeerbecken, so dürfen wir wagen, es, als Ganzes betrachtet, zumindest in die byzantinische Zeit zu verlegen, der weiten Spanne der Periode (300—1500 n. Chr.) wohl bewußt. Die Hauptmotive scheinen nicht nur alt, sondern sogar sehr alt zu sein, was jedoch nicht hindert, daß späte Überlieferungswellen vorkommen. Nr. 327* Siehe 327 C. Nr. 328. Die Kleinodien des Riesen Ein Knabe, der mit seinen Brüdern bei einem Riesen übernachtet und dabei wie im Märchen Die Kinder bei der Hexe (52.7 B) den Riesen überlistet, seine eigenen Kinder zu töten, indem er die Kopfbedeckungen mit ihnen tauscht (1119), erhält Dienst an einem Königshof. Dann stiehlt er dem Riesen nacheinander seine Kleinodien. Diese bestehen oft aus einer leuchtenden Decke, einer goldenen Harfe, einer goldenen Laterne, einem Schwert, einem merkwürdigen Pferd oder einem Bock usw. Nach jedem Diebstahlsstreich pflegen der Knabe und der Riese quer über den See Frage und Antwort zu tauschen. Mitunter wirft der Knabe während eines Besuchs bei dem Riesen dessen Hausfrau in einen Brunnen (1120) oder es folgt das Ofenmotiv ( 1 1 2 1 ) in der gleichen Weise wie bei 327 A C. Dieses Märchen wird also oft mit 327 ABC verknüpft, dessen Schwestermärchen es genannt werden kann, und es nähert sich oft den Märchen, die vom Knaben und dem dummen Riesen handeln (1000—1199). Es hätte im Typenkatalog richtiger dort eingereiht werden sollen oder möglicherweise unter die Meisterdiebsgeschichten (1525), wenn es nicht ein Ableger des wichtigen Zaubermärchens 531 (Verleumdeter Arbeits-



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kamerad) wäre. In einer Variante bei H Y L T E N - C A V A L L I U S (Nr. 3 C) tritt dies ganz deutlich hervor, zuerst durch das markante Auftreten des neidischen Bruders (d. h. des Arbeitskameraden), der den König dazu bringt, dem Knaben immer schwerere Aufträge aufzuerlegen, und dann durch die letzte Aufgabe, eine vom Riesen in Gefangenschaft gehaltene Prinzessin zu stehlen (genauso wie in 531), um nicht noch vom Pferde Lifven-grä zu sprechen (in den Anmerkungen von H Y L T E N - C A V A L L I U S ) , das selbstverständlich zu 5 31 gehört. In gewissen schwedischen und norwegischen Versionen führt der Held den Namen Bolle oder einen ähnlichen. Neidische Brüder treten übrigens auch in Norwegen auf. Die nordischen Varianten sind sowohl zahlreich wie gut gestaltet. In südlicheren Varianten lautet der letzte Auftrag oft, den Riesen selbst zu stehlen. Die Anzahl der Brüder wechselt wie in 531. In Italien und auf dem Balkan erhält der Held mitunter, gleich wie in 327 B {Die Kinder bei der Hexe), den Namen „der Dreizehnte", als Jüngster von dreizehn Brüdern. Wir begegnen dem Märchen auch bei B A S I L E (gest. 1632) im Pentamerone (III, 7). Dort ist es eine Mischform zwischen 531 und 328, was auch in gewissen schwedischen Varianten der Fall ist. Es scheint sogar, als ob unser hier behandeltes Märchen aus 531 herausgetreten wäre und entweder in Italien oder in Südosteuropa, wo es 5 31 am nächsten steht, als selbständiges Märchen hervorgetreten sei. Von dort hat es sich über fast ganz Europa verbreitet, mit Ausläufern nach den nächstgelegenen Teilen Asiens und besonders nach Westund Nordafrika sowie über Frankreich nach Kanada und zu den Indianern vor allem im nördlichsten Teil der USA. Bei den Thompsonindianern im Kaskadengebirge tritt der Einfluß von 531 noch klar hervor. Mit den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln hat es sogar Massachusetts erreicht. Die höhnischen Rufe über den See kommen in den italienischen, griechischen, irländischen, nordischen und estnischen Varianten, ja, sogar bei den Thompsonindianern und in Massachusetts in Formen vor, die innerhalb der Grenzzeichen der mündlichen Überlieferung jede andere Entstehungsweise als eine recht späte Wanderung von Volk zu Volk, von Mund zu Mund ausschließen. In bestimmten Varianten ist die Hauptperson weiblich. Hinsichtlich Alter und Herkunft des Märchens dürfte gelten, was oben von dem Schwestermärchen 327 (Die Kinder bei der Hexe) gesagt wurde, d. h. hypothetisch, daß das Märchen irgendwo um das Mittelmeerbecken, vielleicht in der byzantinischen Zeit, entstanden ist. Im übrigen verweisen wir auf 531 {Verleumdeter Arbeitskamerad). Als Beweise dafür, wie sprunghaft sich ein Märchen verbreiten kann, sei angeführt, wie R E I D A R T H . C H R I S T I A N S E N aufzeigte, daß eine i r l ä n d i s c h e Sonderform, in der die weibliche Hauptperson in einem Sack gefangen wird, zum Teil durch Bücher auf der einen Seite den Norden und auf der anderen die Indianer Amerikas westlich der großen Seen erreicht hat. Der Typus scheint aus 327 C {Der Knabe im Sack) und dem Schlußmotiv von 1535 {Der große und der kleine Klaus) entstanden zu sein. Nr. 329. Dem Zauberspiegel entgehen In einem der Märchen E V A WIGSTRÖMS 5 31 {Der Schütze Brjte in Sv. L. V . : 1,55) kommt ein Moment vor, nach welchem der Held die versteckte und auf verschiedene

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Weise verzauberte Prinzessin zu finden versuchen soll. Bald ist sie in einem Seidenknäuel, bald in einem Baum und schließlich in einer Bremse. Dieses Motiv steht dem Märchen Dem Zauberspiegel entgehen nahe. Aber in diesem ist es der Held selbst, der versuchen soll, sich in entsprechender Weise mit Hilfe seiner dankbaren Tiere zu verstecken, während die Heldin gleich Schneewittchens Stiefmutter einen Zauberspiegel hat, mit dessen Hilfe sie allen Bewegungen des Helden zu folgen vermag. Das Motiv findet sich u. a. in einem Volkslied der Färöer, in welchem Odin, Hönir und Loki dem Helden helfen sich zu verstecken. Das Märchen geht sicher auf das Mittelalter zurück, doch kann man nicht sagen, daß es in Schweden vertreten ist. Nr. 330 AB.

Der Schmied und der Teufel

Ein Schmied bekommt Besuch vom hl. Petrus oder v o m Heiland, oder er beschlägt das Pferd des einen oder des anderen. Der Schmied erhält einen Gegenstand, von dem niemand gegen den Willen des Schmiedes loskommen kann. Es ist meistens eine Bank oder ein Baum und daneben ein Ränzel. In das Ränzel kann er auch hineinbekommen, was er haben will. Er schließt sodann mit dem Teufel einen Kontrakt, wonach er hier auf Erden die Meisterschaft in seinem Handwerk erhalten, aber dann dem Teufel gehören soll. Als der Böse kommt, um ihn zu holen, kann der Höllenfürst von dem in Frage stehenden Gegenstand (Bank, Baum usw.) nicht loskommen. A u f diese Weise wird der Schmied seines Kontraktes ledig. Aber als seine Zeit gekommen ist, wollen ihn weder Petrus noch der Böse in ihre Domäne hineinlassen. Da wirft der Schmied resolut sein Ränzel in den Himmel hinein und wünscht sich selbst in das Ränzel. Die verwunschene Bank erinnert an den Stuhl des Hephaistos, aus dem Hera sich nicht erheben konnte. Weit später, im Jahre 1525, formte der Italiener CINTIO DEI FABRIZII den Z u g dahin um, daß es ein Apfelbaum ist, an dem der T o d festhängt, so wie hier der Teufel. In gewissen Versionen ist das Ränzelmotiv in der gleichen Weise ausgebildet wie das Motiv mit der Nuß im Märchen v o m Geist in der Flasche (3 31) und schließt damit, daß das Ränzel mit seinem Inhalt auf den Amboß gelegt und mit dem Hammer bearbeitet wird. Die Art, wie sich der Schmied ins Himmelreich hineinschwindelt, erinnert an ein deutsches Gedicht des Mittelalters, nach welchem ein Müller einmal Gottvater einen alten Sack gegeben hatte. Als er aus dem Himmel hinausgeworfen werden soll, setzt er sich auf den Sack und sagt, daß er auf eigenem Grund sitze, und darf daher dableiben. Unser Märchen macht auch nicht den Eindruck, besonders alt zu sein, um so weniger, als die Hauptperson, besonders im östlichen Europa, aber auch in Frankreich, ein alter Soldat ist — also v o m Gesichtspunkt des Märchens eine typische Erscheinung des 17. Jahrhunderts — , der in größter Gewissenhaftigkeit mit Tabakspfeife und Tabaksbeutel ausgestattet wird. Hieraus kann man möglicherweise schließen, daß das Märchen in Mitteleuropa entstand und sich von dort aus nach und nach nahezu über ganz Europa verbreitete, dessen südöstlichsten Teil vielleicht ausgenommen. Spuren des Märchens finden sich unter den von den Kapverdischen Inseln nach Massachusetts deportierten Negern (siehe 332).

Zaubermärchen

72 Nr. 3)1. Der Geist in der Flasche

Ein Jüngling findet eine Flasche. In dieser ist ein Geist eingeschlossen, der darum bittet befreit zu werden. Der Jüngling läßt den Geist heraus, der riesengroß wird und ihn zu töten droht. E r überzeugt ihn jedoch davon, daß er beweisen müsse, daß er es wirklich ist, der in der Flasche eingeschlossen war. Der Geist kriecht daher auf Vorschlag des Jünglings wieder hinein und wird von ihm vorsorglich eingesperrt. Dann schließen sie ein Übereinkommen, wonach der Geist frei und der Jüngling der beste A r z t der Welt wird. Dieses Märchen wurde in Europa zuerst über den Zauberer Virgilius, u. a. bekannt aus den Sieben weisen Meistern, und dann über den großen Wundertäter Theophrastus Paracelsus (gest. 1541) erzählt. Es scheint jedoch, als ob das Märchen auf europäischem Boden schon frühzeitig mit der Vorstellung verbunden wurde, daß man Krankheiten beliebig versetzen könne und daher auch einen Krankheitsgeist in ein Bohrloch, das man später verstopft. Der Held sollte dem Märchen nach ja auch ein berühmter Arzt werden. Sämund der Weise (gest. 113 3 auf Island) sperrte den Teufel in Gestalt einer Mücke in ein solches Bohrloch. Wir wissen auch, daß man im Mittelalter einen Mandragora oder einen anderen dienstbaren Geist in einem Schrein oder einer Flasche eingeschlossen hielt. Was uns jedoch auffällt, ist die große Ähnlichkeit mit dem Märchen 155 (Undankbares Tier wieder eingefangen), in dem gewöhnlich eine Schlange ihren Befreier töten will, jedoch v o m Fuchs wieder in ihr Gefängnis gelockt wird. Dieses baut, wie wir sahen, auf einer alten, schon im 1. Jahrhundert n. Chr. erwähnten Äsopschen Fabel auf und dürfte v o n Kleinasien ausgegangen sein. A l s weitere Bestätigung hat unser Märchen Parallelen im Orient, die vielleicht dem oben erwähnten Tiermärchen näherstehen als die europäischen Varianten. Eine solche Parallele ist eine Erzählung v o n Ardschi Bordschi Chan, in der der altindische K ö n i g Vikramäditya einen bösen Geist zurück in ein Opfergefäß lockt, das dann verschlossen und samt seinem Inhalt verbrannt wird. Das Motiv scheint Indien schon in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten erreicht zu haben, worauf es so frühzeitig an die Mongolen weitergegeben wurde, daß es bei ihnen noch unter die Abenteuer Vikramadityas aufgenommen werden konnte. A b e r die orientalischen Wurzeln des Motivs werden noch auf andere Weise bezeugt. In der altarabischen, byzantinischen und altrussischen Literatur hat es nämlich in den oft vorkommenden Legenden v o m eingeschlossenen Teufel viele Spuren hinterlassen, u. a. bei TABARI (gest. 923). In Tausendundeiner Nacht haben wir überdies die bekannte Erzählung v o m Geist in der Flasche 1 , die dem indisch-persischen Kern v o n Tausendundeiner Nacht, Hesär Afsäneh, angehört. Es dürfte mit dem 7. oder 8. Jahrhundert datiert werden können. Wir sehen dort, wie ein Fischer ein Kupfergefäß in seinem Netz heraufzieht, das Gefäß öffnet und von einem schwarzen Rauch überrascht wird. A u s diesem kommt ein schreckliches Ungeheuer, das den Fischer zu töten droht; aber er lockt es in das Gefäß zurück und öffnet dieses nicht wieder, bevor er, nach der üblichen Version, die teuersten Versicherungen der Untertänig1

WEIL I, 26.

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keit erhalten hat. Die Er2ählung aus Tausendundeiner Nacht scheint die europäische Version direkt beeinflußt zu haben, insbesondere mehrere der deutschen und slawischen Varianten. In Europa scheint die Version hauptsächlich auf literarischem Wege verbreitet worden zu sein. Bemerkenswert ist, daß in einer anderen, mehr sagenartigen Version, der Böse seinen Aufenthaltsort in einer Nuß hat. Dieser Version begegnen wir in Norwegen, Schweden und der Sowjetunion, u. a. in einer russischen Legende etwa aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Da der Teufel in dieser Version oft auf den Amboß gelegt wird, statt losgelassen zu werden, wird der Knabe selbstverständlich nie Arzt, wie es in der anderen der Fall ist. Nach dem schwedischen Volksbuch von 1824 mit etwa 8 Nachdrucken bis 1833, das auf einer Übersetzung der Version GRIMMS basiert, erhält der Held als Belohnung ein Pflaster, das nicht nur Wunden heilt, sondern sogar Eisen in Silber verwandelt. Dies erinnert an den noch um 1700 in Schweden sogar von hervorragenden Wissenschaftlern so sehr gesuchten „Stein der Weisen", der alle Krankheiten heilen und auch gewisse Metalle in Gold verwandeln sollte. Das Märchen dürfte in Europa dem Mittelalter zugehören, möglicherweise dessen Ende. Auch in Amerika ist es sporadisch aufgezeichnet, sowohl unter Negern als auch Indianern. Nr. 332. Gevatter Tod Ein armer Vater sucht einen gerechten Mann als Gevatter für seinen Sohn. Er erwählt den Tod, der als Patengeschenk die Fähigkeit gibt, den Ausgang einer Krankheit vorauszusehen. Zeigt sich der Tod zu Füßen des Kranken, wird er gesund, zeigt er sich zu Häupten des Kranken, stirbt er. Der Sohn oder manchmal der Vater wird ein berühmter Arzt, betrügt aber den Tod, indem er das Bett umdreht. Der Tod läßt ihn sodann die Lebenslichter sehen und wie sein eigenes Licht gerade im Verlöschen ist, oder er zeigt sich seinem Patenkind neben seinem eigenen Kopfkissen, gibt ihm jedoch eine Frist, auf daß es sein letztes Vaterunser bete. Dies tut das Patenkind jedoch nicht oder erst dann, wenn es sich selbst den Tod wünscht. Manchmal rächt sich der Tod jedoch und löscht das Lebenslicht gleich aus, oder er verleitet das Patenkind dazu, das Vaterunser zu Ende zu beten. Die älteste Aufzeichnung dieses Märchens, das u. a. von J . B O L T E , G . P O L I V K A und R E I D A R T H . C H R I S T I A N S E N behandelt worden ist, haben wir merkwürdigerweise von Island, wo es vor dem Jahre 1339 niedergeschrieben wurde. Es dürfte jedoch wie die meisten Märchen der gleichen isländischen Sammlung aus dem Süden aus einer lateinischen literarischen Quelle geholt worden sein. Wir finden in dieser ältesten Aufzeichnung das Motiv von der F r i s t wieder, das sowohl an das in Schweden nicht vorkommende Märchen Das Gebet der Gänse (227) als auch an das Märchen Das Gebet nimmt kein Ende (1199) erinnert, auf welche wir hinweisen. Wir vermissen darin jedoch die P a t e n s c h a f t und die L i s t , das B e t t u m z u d r e h e n . Den Tod, dem die Bezeichnung „Gevatter" beigegeben wurde, finden wir, wenn auch in anderem Zusammenhang, erstmalig in Deutschland in H U G O VON T R I M B E R G S

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Renner aus der Zeit um 1300. Wahrscheinlich ist es das fränkische „Tod", das Anstoß zur Patenschaft des Todes gegeben hat (d. h. zur Gevatterschaft des Todes). „ T o d " bedeutet nämlich in Franken sowohl „Gevatter" als auch „Tod", „Toda" bedeutet „Patin". Das Dorf Trimberg, das H U G O VON T R I M B E R G S wahrscheinlicher Geburtsort ist, liegt in Franken, genauer gesagt in Unterfranken. In der Bearbeitung des Märchens von H A N S SACHS finden wir neben der Frist zum ersten Male die Gevatterschaft, aber ebenso wenig wie in der isländischen Aufzeichnung die List, das Bett umzudrehen. H A N S S A C H S ' Idee wurde dann in die Fastnachtsspiele und in die Werke anderer Meistersinger aufgenommen 1 , aber das Umdrehen des Bettes finden wir erst 1691, nämlich in der deutschen Erzählung Der Bauer und der Tod (im Bibl. Bilderbanquei). Der Zug kehrt dann in einer tatarischen Variante wieder, die am Ende des 18. Jahrhunderts im Cabinet des Fees aufgezeichnet wurde. Zweifelsohne hat das Märchen auf literarischem Wege auch seine größte Verbreitung erfahren. Es findet sich nun beinahe in ganz Europa, wozu noch Ausläufer nach Palästina, Nordafrika und Brasilien kommen. Es ist unzählige Male dramatisiert worden, u. a. in Schweden von A U G . B L A N C H E ( 1 8 5 0 ) . Interessant ist, daß der Tod in mehreren Versionen in den romanischen und in den slawischen Ländern nicht als Pate, sondern als Patin auftritt. Manchmal wird das Märchen auch mit 330 (Der Schmied und der Teufel) oder 331 {Der Geist in der Flasche) vermischt, wobei der Tod die Stelle des Teufels oder des Geistes einnimmt. Solche Vermischungen sind in Deutschland schon seit 15 70 festgehalten. Ein solches Konglomerat zwischen 3 30 und dem hier behandelten Märchen ist auch in Massachusetts unter den Negern von den Kapverdischen Inseln aufgezeichnet worden. Frühgermanisch ist die Vorstellung der Lebenslichter. Wir begegnen ihr jedoch nicht vor 1 8 1 1 im Märchen (d. h. bei G R I M M ) , obwohl sie sich in volkstümlichen Schilderungen großer Beliebtheit erfreute. Diese Vorstellung fußt auf antikem Grund. Im Norden begegnen wir ihr u. a. im Flateyarbok (vor 1380). Darin heißt es, daß Nornagests Leben an die Brenndauer eines Lichtes gebunden war, das bei seiner Wiege brannte, genau so, wie die Lebenszeit Meleagros von der Brenndauer eines Spanes abhing, der bei seiner Geburt auf dem Herd lag. Auch das Hauptmotiv des Märchens scheint auf antikem Grund aufgebaut zu sein, nämlich auf dem griechischen Motiv über den Vogel Charadrios (Sanskrit Haridrava). Er wird sogar ausführlich in der vorerwähnten, ältesten Aufzeichnung von Island erwähnt. Charadrios war ein mit Heilkräften begabter Vogel, der durch seinen Blick Tod oder Leben anzeigte. Er entspricht demnach dem Tod, der seinen Platz am Krankenlager wählt. Der Vogel Charadrios wird in PLUTARCHS Tischgesprächen (um 100 n. Chr.) erwähnt. W E S S E L S K I vergleicht ihn mit den zwei Vögeln bei der Heilung der beiden jüdischen Aussätzigen (Drittes Buch Mose, 14, 4 und 49). Der Todesengel, der mit seinem Schwert zu Häupten oder zu Füßen des Sterbenden steht, ist auch eine altjüdische Vorstellung. Wir richten die Aufmerksamkeit auch auf P I N D A R (gest. 448 1

Die Frist findet sich auch bei MOSCHEROSCH (gest. 1669) wieder. (Siehe das Quellenverzeichnis zu 1 1 9 9 . )

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v. Chr.) und L U K I A N (gest. 180 n. Chr.), die beide ähnliche Motive, wie wir sie im Märchen finden, benutzt haben. Man gewinnt den Eindruck, daß das Märchen, möglicherweise mit diesen verschiedenen Vorbildern vor Augen, irgendwann im Mittelalter in Deutschland zusammengestellt wurde und daß dann in verschiedenen Etappen literarisch darauf aufgebaut wurde. Es ist eines der wenigen Volksmärchen, die sich ein unglückliches Ende leisten. Nr. j j j . Rotkäppchen Ein kleines Mädchen mit einer schönen, roten Kappe, die es von seiner Großmutter bekommen hat, geht diese besuchen. Es begegnet einem Wolf, der vorauseilt, die Großmutter verschlingt und in ihrem Bett Rotkäppchens Kommen erwartet. Als Rotkäppchen kommt, verschlingt es der Wolf. Dieses in Frankreich in mehreren Versionen verbreitete Märchen wurde von P E R R A U L T (gest. 1703) meisterhaft bearbeitet. Es wurde von den B R Ü D E R N G R I M M 1812 in zwei Varianten aufgenommen, die beide mit dem Tod des Wolfs enden, aber in der einen wird der Bauch des Wolfs aufgeschnitten, so daß Rotkäppchen und seine Großmutter genau wie in 123 (Der Wolf und die Geißlein), das sicherlich das Prioritätsrecht und die älteren Ahnen hat 1 , heil herauskommen. Dieser Zug kommt jedoch schon in der antiken Literatur vor, indem Kinder aus dem Bauch des menschenfressenden Lamia gerettet werden (HORAZ: Ars poet. 340). Das Märchen dürfte vorwiegend auf literarischem Wege, d. h. durch Kinderbücher, verbreitet worden sein. Man hat es im Volksmund, obwohl spärlich, vor allem in den Heimatländern PERRAULTS und der B R Ü D E R GRIMM — Frankreich und Deutschland — gefunden, aber auch in Belgien, Holland, Dänemark, Italien, Spanien, Portugal, Ungarn und Rumänien. Außerhalb Europas hat es von Portugal aus Brasilien erreicht, und es wird in Afrika und China mit Vorliebe zusammen mit Fragmenten aus Der Wolf und die Geißlein (123) und in China mit Gegenstände auf Wanderschaft (210) erzählt. Es scheint sogar im 17. Jahrhundert dort erzählt worden zu sein, was zeigt, daß es wesentlich älter als P E R R A U L T ist. Hingegen scheinen aus dem Mittelalter herbeigeholte europäische Parallelen zu hinken2. In Schweden konnten während der beiden letzten Jahrzehnte eine Menge Aufzeichnungen des Märchens gemacht werden. Als Schillingdruck ist es nur einmal aufgetaucht, nämlich im Jahre 1852 nach GRiMMscher Vorlage. Nr. jß}*. Die Weissagung, durch ein verzaubertes Tier

sterben

Drei Brüdern ist Unglück vorausgesagt worden. Als die Weissagung für die beiden älteren in Erfüllung geht, flieht der jüngste. Es wird ihm die Hilfe dreier wohl1

2

In J . HUMBLES schwedischer Ausgabe von PERRAULTS Märchen, Stockholm 1873 fr., läßt der Herausgeber Rotkäppchen so wie bei GRIMM und 123 enden. Sowohl BOLTE und POLIVKA als auch WESSELSKI ziehen Fecunda ratis von EGBERT VON LÜTTICH (aus dem Jahre 1023) heran. Die Handlung des Märchens findet jedoch dort keine Parallele. Wir begegnen nur einem in eine rote Tunika gekleideten fünfjährigen Mädchen, das mit einigen Wölfen spielt.

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wollender Alten 2uteil, und er kommt zu einem geschützten Ort auf der anderen Seite eines Wassers. Seine Liebe zu einer schönen Jungfrau macht es dem Untier möglich, ihn zu erreichen. Er wird getötet, wird aber durch eine Flasche Lebenswasser oder durch Heilblätter, die seine hilfreichen Hunde oder die Alten in Gestalt von Mäusen ihm beschaffen, wieder zum Leben erweckt. Dieses seltene Märchen ist in Finnland (Nyland) und in Schweden aufgezeichnet worden. (Vgl. 300 und 612.)

Nr. 361. Sich nicht waschen dürfen Ein Mann schließt mit dem Teufel einen Vertrag, daß er sich sieben Jahre lang nicht waschen oder kämmen dürfe, wogegen er reichlich Geld erhält. Lebt er noch, wenn die sieben Jahre um sind, soll er frei sein. Er bezahlt die Schulden eines armen Mannes, wird aber von dessen beiden ältesten Töchtern verhöhnt, während sich die jüngste mit ihm verlobt. Als die sieben Jahre um sind, kehrt er steinreich zu ihr zurück. Die Schwestern erhängen sich vor Neid, so daß der Teufel zwei Seelen statt einer erhält. Aus der Bibel und aus frühnordischen Märchen kennen wir das Gelöbnis, das Haar nicht zu schneiden, entweder als ein rein asketisches Zeichen oder als einen äußeren, sichtbaren Beweis eines gegebenen, noch nicht eingelösten Versprechens. Der Brauch wird sogar von TACITUS in seinem Bericht von den Chatten erwähnt. Auch in dem antiken Roman Apollonius von Tjrus (aus dem 3. Jahrhundert) kommt ein solches Gelöbnis vor. Man findet Reste dieses Brauches noch im heutigen europäischen, besonders keltischen und vor allem westslawischen Volksglauben. Der Empfänger des Gelöbnisses ist manchmal ein Unhold und manchmal der Teufel. A u f diesem Volksglauben ist das Märchen aufgebaut. Es kommt erstmalig in Deutschland 1670 (bei GRIMMELSHAUSEN) vor, wobei der Schluß möglicherweise von einer etwa fünfzehn Jahre älteren „Mordgeschichte" (bei HARSDÖRFFER) inspiriert wurde. Das Märchen ist außer im Norden in Mitteleuropa bis hinunter nach Italien sowie in Osteuropa bekannt, jedoch nicht bei den Südslawen. Der deutsche Name des Helden, Bärenhäuter, war schon im 16. Jahrhundert ein gebräuchlicher Name für einen Soldaten, der im Winterquartier lag oder, wie es in Deutschland manchmal heißt, „auf der Bärenhaut". Das Märchen dürfte als deutsches Märchen aus dem 17. Jahrhundert zu bezeichnen sein. Die Einleitung wird jedoch oft und besonders im Norden von einem Motiv aus AARNE 475 (Der Höllenhei^erj gebildet. Der Mann erhält das Versprechen eines sorglosen Lebens erst, nachdem er unter den Kesseln in der Hölle sieben Jahre lang geheizt hat. Er hat strengstes Verbot, die Deckel aufzuheben. Einmal verstößt er dagegen, sieht seinen früheren Vorgesetzten im Kessel und heizt weiter. Das Verbreitungsgebiet fällt mit dem von 361 nahe zusammen, erstreckt sich aber auch auf Frankreich, Spanien und die südslawischen Länder. Das Märchen liegt der Oper „Der Bärenhäuter" von Siegfried Wagner (1899) zugrunde.

Zaubermärchen

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Nr. ¡6}. Der Vampir Ein Mädchen geht seinem Bräutigam nach und sieht, -wie er in Kirchen oder auf Friedhöfen Leichen verzehrt. Als sie es ihm sagt, reißt er sie in Stücke. Manchmal nimmt das Märchen die Form von Schreckmärchen an. Der Glaube an Vampire beruht auf uralten Vorstellungen, verwandt, aber nicht identisch mit Vorstellungen von Strigen, Alpen und Werwölfen. Die ausgeprägte Vampirvorstellung setzt nämlich voraus, daß das blutsaugende oder leichenfressende Wesen ein dem Grab entstiegenes Gespenst ist. Diese Vorstellung findet sich bei den Türken, und die vorislamitischen „Ghulen" der Araber gehören ausnahmslos dieser Kategorie an. Im Märchen von Sidi Nouman, in Tausendundeiner Nacht, vermutlich arabischen Ursprungs, folgt der Held heimlich seiner zauberkundigen Frau, als sie sich nachts zum Begräbnisplatz begibt, um zusammen mit den „Ghulen" Leichen zu verzehren 1 . In Europa war die Vampirvorstellung am meisten bei den Südslawen, die dem Orient am nächsten liegen, und danach bei den West- und Ostslawen verbreitet. Sie scheint im 18. Jahrhundert am stärksten gewesen zu sein. Im 18. Jahrhundert widmete die gesamte gelehrte Welt Europas dem „Vampir" ihre Aufmerksamkeit, und auch in Prozeßakten kann man über „Vampire" lesen. Es war eigentlich nur Westeuropa, das sich skeptisch verhielt. Wenn auch das vorliegende Märchen nicht als echtes Vampirmärchen betrachtet werden kann, da der Bräutigam nicht als Gespenst gedacht ist, so scheint es doch ein Kind der Vampirvorstellung zu sein. Die derzeit bekannte, geringe Verbreitung des Märchens oder, richtiger, der Sage — sie ist in Skandinavien, den Ostseeländern und der Sowjetunion daheim — deutet auf ein relativ niedriges Alter. Vielleicht kann doch ein Zusammenhang mit dem vorgenannten arabischen Märchen gefunden werden. In Schweden sind während der letzten Dezennien io Aufzeichnungen gemacht worden (welche beinahe alle dem Västsvenska Folkminnesarkiv angehören). Der häufig vorkommende Name „Grünbart" dürfte auf den Teufel hinzielen. Nr. ß6j. Das

Lenorenmärchen

Ein kürzlich verstorbener Bräutigam kommt zu Pferd seine Braut holen. (Manchmal heißt es, sie habe ihn so tief betrauert, daß er keine Ruhe im Grabe fand, oder sie habe ihn mit künstlichen Mitteln aus dem Grabe heraufbeschworen.) Sie nimmt bei ihm auf dem Pferd Platz und lauscht den Worten: „Der Mond scheint hell, der Tote reitet schnell! Fürchtest du dich?" Sie antwortet: „Weshalb sollte ich mich, dich zur Seite, fürchten?" Aber als der 'Mann sie ins Grab hinunterlocken will, flüchtet sie. (Sie wirft Kleidungsstücke hinter sich, die der Verfolger aufhebt.) Schließlich rettet sie sich in ein Haus. (Dort liegt ein Toter auf der Bahre. Sie kriecht auf den Ofen. Der aufgebahrte Tote erhebt sich und will sie ihrem Bräutigam ausliefern, der draußen klopft, als der Hahn kräht. Da müssen die Toten verschwinden.) 1

WEIL III, 160.



Zaubermärchen

Die in Klammem angeführten Züge sind nur in Osteuropa beheimatet, wo das Märchen auf süd-, west- und ostslawischem Sprachgebiet reich belegt ist. In der Ukraine finden wir die vollständigsten Varianten. Wir können dann das Märchen hauptsächlich endang der Ostseeküste mit Varianten in den baltischen Ländern, im ehemaligen Ostpreußen und Pommern, bei den deutschen Sorben und in Mecklenburg, Westfalen und im Dithmarschen verfolgen. Dann finden sich einzelne Varianten in Dänemark, auf Island, in Schweden, Norwegen, Finnland, in den Niederlanden und England sowie schließlich auch in Ungarn und Rumänien. Den mit dem Märchen verbundenen Verszeilen begegnen wir zwischen dem ehemaligen Ostpreußen auf der einen Seite und den Niederlanden auf der anderen in der stereotypen Form: „Der Mond scheint hell, der Tote reitet schnell". Die entsprechenden russischen Worte weisen eine bedeutend größere Abwechslung auf. Die zurückgelassenen Kleidungsstücke erinnern an das slawisch gefärbte Märchen Die Mette der Toten. Im allgemeinen wird die Meinung vertreten, daß dieses Märchen russischen Ursprungs ist, und zwar mit der oben angegebenen östlichen (längeren) Version als Ursprungsform. Es kann auch angenommen werden, daß es ursprünglich nach Norddeutschland gehörte. Ein über Nord-, West- und Mitteleuropa (einschließlich Böhmen und das frühere Serbien) verbreitetes Volkslied über den Besuch des toten Bräutigams bei seiner Braut, von GRUNDTVIG Faestemanden i Graven genannt, steht in seiner Art unserem Märchen nahe, aber Lied und Märchen dürften unabhängig voneinander entstanden sein. Das Märchen ist in Des Knaben Wunderhorn (1806—1808) in gebundene Form gebracht worden, und die oben zitierten Verszeilen haben BÜRGER zu seinem bekannten Gedicht Lenore (1773) inspiriert, das dem ganzen Märchen seinen zwar nicht volkstümlichen, aber bekannten Namen gegeben hat. Nr. j66. Der Tote will das Seine Ein Mann stiehlt das Herz oder einen anderen Teil eines Gehängten, um es seiner Frau zu geben. Der Gehängte kommt und verlangt sein Eigentum zurück. In verschiedenen Varianten ist das Gestohlene ein Ring, ein silbernes Bein od. dgl.. In der Absicht, die Zuhörer zu erschrecken, spricht der Erzähler dann plötzlich mit lauter Stimme. Das Märchen hat sein gegebenes Zentrum in Deutschland, und nur wenige Varianten haben England, den Norden und die slawischen Länder erreicht, eine größere Anzahl hingegen die romanischen. Es hat sicherlich kein hohes Alter, ist aber im Osten zu den Malaien und zu gewissen Negerstämmen in Afrika gelangt. Nr. GS 567. Das Batamärchen Durch eine wunderbare Frucht schwanger geworden, hat ein Weib zwei Söhne geboren. Der Jüngste zieht mit einem Schwert aus, das i h m ü b e r m e n s c h l i c h e S t ä r k e v e r l e i h t , aber vorher übergibt er seinem Bruder einen Gegenstand (Lebensindiz), der zu erkennen gibt, wenn er in Gefahr gerät. E r begegnet einem Drachen,

Zaubermärchen

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der ein wunderschönes junges Mädchen bewacht, tötet den Drachen und heiratet das Mädchen. Andere erzählen, daß das schöne Mädchen über die Maßen stark ist und ihn in einen verzauberten Wald lockt, wo er gegen verschiedene Scheusale kämpfen muß und schließlich auch gegen sie, die, nachdem er sie besiegt hat, seine Gemahlin wird. Eines Tages verliert sie beim Baden eine Locke ihres duftenden Haares im Wasser, und diese wird von der Strömung zu einem weit entfernt wohnenden König getrieben. Der ist so bezaubert, daß er um ein schlaues Weib schickt, damit sie ihm sage, wo seine Angebetete wohnt. Als die Gesandten des Königs daraufhin die Schöne mit Gewalt zu ihm bringen wollen, erschlägt sie der Held mit seinem wunderbaren Schwert. Der König schickt sodann neue Boten und mit ihnen auch das listige Weib, das herausbringen soll, worin die Stärke des Helden liegt. Sie bringt die junge Gattin dazu, ihr ungewollt sein Geheimnis zu verraten. Das Weib stiehlt das Schwert, der Held wird zerstückelt und seine Gattin dem König zugeführt. Da wird der ältere Bruder durch das Lebensindiz gewarnt, er sucht seinen Bruder, setzt die Teile seines Körpers zusammen und übergießt sie mit Lebenswasser. Der Bruder wird wieder lebendig und verwandelt sich in ein Pferd. Der ältere Bruder führt das Pferd zum König, der es kauft. Das listige Weib veranlaßt, daß das Pferd geschlachtet wird, aber aus zwei Tropfen seines Blutes wachsen zwei Bäume. Sie werden gefällt, aber aus einem Span, der in den Teich fällt, wird eine Ente. Der König entkleidet sich und schwimmt hinaus, um die Ente zu fangen, aber da nimmt der Held wieder seine menschliche Gestalt an, ergreift das Schwert und besiegt ihn. Dann gibt er dem Weib die verdiente Strafe und führt seine Gemahlin heim. Die älteste Variante dieses Märchens, die höchstwahrscheinlich nicht mit der Ursprungsform identisch ist, ist die früheste vollständige Aufzeichnung eines Zaubermärchens. Sie wurde in Ägypten 1200 v. Chr. aufgezeichnet, während das Märchen selbst aus Kleinasien oder Nordsyrien stammt, spätestens aus der Zeit um 1300 v. Chr., demnach einer ziemlich genau bestimmten Zeit innerhalb der homerischmykenischen Periode angehört. Das Volk, das zu jener Zeit diese Gegend bewohnte, waren die damals kulturell besonders hochstehenden Hethiter 1 . V o n Kleinasien können wir einen Zweig des Märchens über Indien in die Mongolei und nach Hinterindien einerseits und nach Marokko, Ägypten, Sokotra, dem Balkan und Rumänien andererseits verfolgen. Diesen Zweig nennen wir den östlichen. Den westlichen Zweig treffen wir auch in Rumänien an, aber er hat auch e i n e Verzweigung über Budapest und Hessen in die Bretagne, e i n e über Pokucie ostwärts nach Perm und Ufa, e i n e nördlich nach Archangelsk sowie e i n e nordwestliche nach Dänemark, Smäland und Gotland. Eine Variante scheint sogar von Frankreich aus die französisch sprechende Bevölkerung von Missouri erreicht zu haben. Der östliche Zweig, dessen Ursprungsform wir oben im Auszug wiedergegeben haben, ist, wie wir sahen, ca. 3 200 Jahre alt. Der westliche hingegen — zumindest nördlich 1

Siehe die Spezialuntersuchung d. V e r f . : Sagan o m Bata och A n u b i s och den orientalisk europeiska undersagans ursprung, Djursholm 1946 (Bäckahästen I, S. 101 — 1 4 7 und II, S. 66 — 1 1 3 , 128 — 148) mit Landkarten. V g l . A n m . zu 303 mit weiteren Varianten.

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v o n Klausenburg in Siebenbürgen — kann nach der Zahl v o n s p ä t e n Z ü g e n (wie Schürze, Schieß waffen, Tabak etc.) mit deutlichem i n n e r e m Z u s a m m e n h a n g i n d e r Ü b e r l i e f e r u n g nicht für älter als aus dem 17. Jahrhundert gehalten werden. Wir können trotz des Altersunterschiedes zwischen den beiden Zweigen die Entwicklung des Märchens Schritt für Schritt verfolgen und gelangen dabei zu dem Ergebnis, daß die beiden schwedischen Varianten eigentlich nur noch einen Teil des Verwandlungsmotives (siehe 450) mit der altertümlichen ägyptischen Variante gemein haben. Das Zerstückelungsmotiv, das, nach allem zu urteilen, sowohl im östlichen als auch im westlichen Z w e i g zu finden war, dürfte mit dem Zerstückeln zu vergleichen sein, das Medea nach H O M E R im Zusammenhang mit ihren Verjüngungskuren vornahm. Es gehört demnach an und für sich der homerischmykenischen Zeit an. V o m Gesichtspunkt der Zeitgebung aus ist es ferner interessant zu sehen, daß das Märchen in mehreren Varianten — und darunter den ältesten, ägyptischen — Z ü g e aus dem Märchen Der Riese ohne Her% (302) entliehen hat. Das entliehene Motiv dürfte demnach auf mehr als 3200 Jahre geschätzt werden. Wir verweisen schließlich auf das Märchen Die Zwillingsbrüder (303), das, nach allem zu urteilen, direkt aus diesem abgeleitet wurde.

Nr. 400. Das Märchen von der Schtvanenjungfrau Ein Jüngling beraubt eine Schwanenjungfrau ihres Federkleides oder eines Kleidungsstückes und zwingt sie dadurch zur Ehe. D a das Federkleid (Kleidungsstück) nicht verbrannt wurde, erhält sie es wieder und flieht. Das ist das ursprüngliche Schwanenjungfraumotiv, und es ist nicht nur orientalisch-europäisch, sondern asiatisch-europäisch mit Ausläufern nach Australien, Afrika und Amerika. Manchmal finden wir das Motiv in Sagenform. Manchmal verbreitert es sich und begegnet uns als langes, vollwertiges Märchen, das sogar noch leben kann, wenn es den eigentlichen Kern, d. h. das Schwanenjungfraumotiv selbst, verloren hat. In der H a u p t v e r s i o n 1 des Märchens bildet dieses Motiv die Einleitung. Es wird jedoch mit der von anderen Märchen her wohlbekannten Einleitung von drei Brüdern, die nacheinander einen Acker bewachen, gekoppelt. Nur der Jüngste, heißt es dann, entdeckt den Schwan, beraubt ihn seines Federkleides, gibt es ihm aber gegen das Eheversprechen zurück und bekommt schließlich einen Ring als Erkennungszeichen, worauf der Schwan verschwindet. Das Bewachen des Ackers ist eine lokale Erweiterung, die jedoch ziemlich typisch für Schweden und die besten nordischen Varianten ist. Der Z u g hat sogar Ausläufer zur anderen Seite der Ostsee. Selbstverständlich gibt es auch noch andere, mehr lokale Einleitungsmotive, aber wir haben keinen Anlaß, hier bei diesen zu verweilen, sondern fahren mit der Hauptversion des Märchens fort, zu der die vorgenannten schwedischen 1

Entspricht teils SSF I , 400,2, teils G R I M M 193; siehe H . jungfrumotivet. Die Sage findet sich in SSF I, 400,1.

HOLMSTRÖM:

Studier över Svan-

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Versionen auch zumeist zählen. Das Verschwinden kann auch nach der Hochzeit geschehen, aber in jedem Fall fordert die Heldin den Helden auf, sie zu suchen, und nennt dabei oft den Namen ihres Aufenthaltsortes. Auf der Suche nach seiner verlorenen Braut trifft der Held zwei Männer, die um ein Erbe streiten, das aus einem Tarnmantel, Hundertmeilenstiefeln oder ähnlich kostbaren Dingen besteht. Unter dem Vorwand, das Erbe zu teilen, setzt er sich in den Besitz der Gegenstände und verschwindet. (Dieses orientalisch-europäische Motiv gehört zu 518 — Die um magische Gegenstände streitenden Erben —, begegnet uns aber im Zusammenhang mit dem Schwanenjungfraumotiv — abgesehen von Tausendundeiner Nacht — eigentlich nur in Europa und dort vor allem in Italien, auf dem Balkan, in den slawischen Ländern und im Norden. In Schweden finden wir es in einigen Varianten aus den süd- und mittelschwedischen Provinzen.) Kaum im Besitz dieser Gegenstände, muß der Jüngling „die drei wegweisenden Instanzen" aufsuchen. In einigen Varianten — hauptsächlich aus den eben aufgezählten Ländern — sind dies Sonne, Mond und Wind, und sie helfen ihm, den Aufenthaltsort der Heldin zu finden. Meistens sind es aber — obwohl geographisch in den gleichen Gebieten — drei alte Männer oder Frauen, die über verschiedene Tiere herrschen, und mit ihrer und eines Vogels Hilfe erreicht der Jüngling den Ort, an dem sich die Heldin befindet. Der letzte Zug ist der in Schweden eindeutig vorherrschende. Das Motiv vom Flug mit dem Vogel ist manchmal so ausgebildet wie im Märchen vom Bärensohn (301 AB). In Asien und besonders im Nahen Osten erhält der Jüngling ebenfalls oft Hilfe von verschiedenen Vögeln, aber das Motiv ist dort in der Regel nicht annähernd so gut ausgearbeitet wie in Europa. Der Schluß des Märchens ist durch seine vielfach wechselnden Formen interessant. Die oben besprochenen Varianten, die damit beginnen, daß der Jüngling einen Acker bewacht und die Schwanenjungfrau dort entdeckt (demnach auch die meisten schwedischen), endigen oft damit, daß der Jüngling seine Braut ungefähr so wie der Bärensohn (301) befreit, nachdem er den Drachen, Riesen oder Unhold besiegt hat, der sie der Vorstellung nach in seiner Gewalt hatte. Im Zusammenhang damit wird oft der Ring als Erkennungszeichen vorgewiesen. So endet auch eine große Anzahl der Varianten, die bei den slawischen Völkern bekannt sind. Die übrigen europäischen und einige indische, nord- und westasiatische Varianten schließen hingegen damit, daß der Held sich nur mittels seines Ringes od. dgl. zu erkennen gibt. In einem ziemlich großen orientalisch-europäischen und besonders orientalischslawischen Gebiet werden dem Helden wie im Märchen Die magische Flucht (313) durch den Riesen oder den Unhold schwere Aufgaben gestellt. Nach ihrer Lösung folgt in ungefähr der Hälfte der Fälle die eigentliche Flucht mit magischen Verwandlungen oder dem Wegwerfen verschiedener magischer Gegenstände. Der aufmerksame Leser hat sicherlich bemerkt, daß in obenstehender Darstellung Westeuropa gewissermaßen beiseite geschoben wurde. Dies hängt teilweise damit zusammen, daß das Märchen dort nur spärlich vorkommt, teils damit, daß wir außer der oben wiedergegebenen Hauptversion drei weitere Typen mit einer im großen gesehen auf Europa beschränkten Verbreitung haben. 6

Liuogman

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Im e r s t e n dieser sekundären Typen ist ein Jüngling meistens schon im Mutterleib dem Teufel versprochen w o r d e n 1 . E r geht jedoch bei einem Priester in die Lehre und wird auf dieselbe Weise erlöst wie der Jüngling in 810 (Der Teufel und der magische Kreis). E r soll eine oder mehrere Prinzessinnnen in einem Schloß erlösen, worin der Teufel haust. Manchmal haben die Prinzessinnen Schlangengestalt, manchmal sind sie schwarz oder versteinert. Die Wiederverwandlung geschieht dann nur Schritt für Schritt. Sie gelingt ihm jedoch, und er gewinnt seine Prinzessin, aber als er dann sein Elternhaus aufsuchen will, v e r s t ö ß t er g e g e n i h r e V o r s c h r i f t e n u n d v e r l i e r t d e n W u n s c h r i n g ( F l u g r i n g ) , womit er sich im N u nach Hause und wieder zurück versetzen oder seine Gemahlin herbeiwünschen konnte. E r muß nun auf andere Weise die Heldin zu erreichen suchen und gewinnt sie wie in der Hauptversion mit Hilfe der magischen Gegenstände der um das E r b e Streitenden und nach dem Besuch bei „den drei wegweisenden Instanzen" zurück. Danach gibt er sich gewöhnlich wiederum durch einen Ring zu erkennen. D e r T y p gehört hauptsächlich Mitteleuropa sowie Italien, Dänemark und N o r w e g e n an, ist aber auch in Schweden (Halland) vertreten. In dem z w e i t e n sekundären T y p 2 ist der Held oft Soldat, und auch er erlöst eine oder mehrere Prinzessinnen dadurch, daß er sich drei Nächte in einem Schloß aufhält, worin Teufel hausen. A u c h hier kommen schwarze oder in anderer Weise verzauberte Prinzessinnen vor, aber die Erlösung ist nicht vollzogen, bevor der Jüngling die Prinzessin auf einem bestimmten Platz erwartet, und als er sich mit ihr treffen soll, wird er m i t S c h l a f d o r n gestochen oder auf andere Weise in S c h l a f v e r s e t z t und muß sie dann genau wie in der Hauptversion suchen. Dieser T y p ist in Schweden nicht vertreten, aber sonst über fast ganz Europa v o n Irland bis in die Sowjetunion verbreitet, mit dem Schwerpunkt in Deutschland, Dänemark, N o r w e g e n und Italien. Im d r i t t e n sekundären T y p ist genauso wie im ersten ein Jüngling schon im Mutterleib dem Teufel versprochen worden. Durch den Diebstahl eines Federkleides oder eines Kleidungsstückes wird ihm d i e H i l f e e i n e r S c h w a n e n j u n g f r a u zugesagt. Darauf folgen zuerst schwere Aufgaben und dann die magische Flucht und die vergessene Braut. Dieser T y p ist in ganz Europa verbreitet, auch in seinen westlichen Teilen, doch nicht in Deutschland und im Norden (mit einigen wenigen Ausnahmen u. a. in Dänemark). D e r Typus unterscheidet sich v o n 3 1 3 (Die magische Flucht) nur durch das eingeschobene Schwanenjungfraumotiv. Das Grundthema ist demnach überall dasselbe. E s ist eigentlich nur die in der die Trennung entsteht, die unterscheidet. Einen weiteren T y p u s haben scheinbar in dem in Schweden nicht vertretenen 465 (Der wegen seiner schönen Verfolgte), das jedoch nur durch den Einfluß des Schwanenjungfraumärchens ein im übrigen fremdes M o t i v entstand. 1

2

Art, wir Frau auf

Dieser T y p entspricht teils S S F I, 400,3, teils GRIMM 9 2 ; s i e h e H . HOLMSTRÖM: Studier

över Svanjungfrumotivet. Dieser T y p entspricht GRIMMS 9 3 ; siehe H . HOLMSTRÖM : Studier över Svanjungfru-

motivet.

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Einige Forscher wollen das Urmotiv dieses Märchens in die Megalithzeit verlegen. Die meisten scheinen sich jedoch besonders nach H E L G E HOLMSTRÖMS ausgezeichneter Abhandlung über das Schwanenjungfraumotiv einig zu sein, daß das M o t i v dem Ursprung nach indisch ist. Es wird, heißt es, schon im fatapathaBrähmana genannt, und auch im Rigveda findet sich — nach der Meinung einiger eindeutig, nach der Meinung anderer weniger eindeutig — eine Anspielung darauf. Im £atapatha-Brähmana ehelicht Purüravas die Fee (d. h. „Apsara") Urvaji. Nach Ubertreten des Gebotes verschwindet sie, und schließlich findet er sie in Schwanengestalt wieder. Wir haben jedoch gesehen, daß das Motiv als M ä r c h e n , geographisch gesehen, nicht dieselbe Reichweite wie die Sage hat, und von den vier Märchentypen ist es nur die Haupterzählung, die außerhalb Europas vertreten ist. Sie erreicht jedoch niemals Ostasien, wo nur die Sage und, was China betrifft, eine aus dieser abgeleitete spezielle Märchenform vorhanden ist. Im Grunde genommen zeigt die Hauptversion ihre Vervollkommnung erst auf europäischem Gebiet, wo das Märchen im Osten und Südosten häufig vorkommt, aber nur ausnahmsweise westlich des Rheins. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß die S a g e oder ein E m b r y o der S a g e von — nehmen wir an — Indien nach Westen zu den K ü s t e n l ä n d e r n um den ö s t l i c h e n T e i l des M i t t e l m e e r e s u n d um das S c h w a r z e M e e r g e w a n d e r t i s t , um d o r t die Form zu erreichen, die wir in der Hauptversion wiedererkennen, Hierfür spricht u. a., daß auf der Balkanhalbinsel die eigentliche Vorstellung von Schwanenjungfrauen genau wie in Indien in den Volksglauben übergegangen ist (in Indien „Apsaras", auf dem Balkan „Neraiden"). Wir scheinen hier ein Gegenstück zu dem Glauben der alten Ägypter zu haben, daß die Störche Menschen seien, oder zum Volksglauben an Jungfrauen in Seehundsgestalt an den Küsten der Ost- und Nordsee, wovon u. a. S E L M A L A G E R L Ö F erzählt. Ein Studium der am besten erzählten orientalischen Version des Hauptmärchens, welche zweifelsohne die Erzählung von Hassan von Basra in Tausendundeiner Nachformt ihren drei Varianten in derselben Märchensammlung ist, zeigt zwar, daß der Teil des Märchens, der von den Schwanenjungfrauen handelt, ohhe Zweifel dem indisch-persischen Kern von Tausendundeiner Nacht, dem Hesär Afsäneh (8. oder 9. Jahrhundert) angehört, aber auch, daß die Konturen schon in diesem Teil des Märchens so verwischt wurden, daß die unverkennbar ursprünglich geradlinige Komposition sich erst nach einer Analyse zeigt. Hinzu kommen einige deutliche Dublierungen. Ferner kommt hinzu, daß die Motive von den um das Erbe Streitenden und den drei wegweisenden Instanzen ihre Plätze getauscht haben. Es hat demnach eine Umarbeitung stattgefunden, und zwar — u. a. im Hinblick auf den persischen Namen des Helden in einer der arabischen Varianten — möglicherweise schon auf persischem Boden. Jedenfalls müssen wir — mit Rücksicht auf die geradlinige Komposition des Märchens — in voller Ubereinstimmung mit dem oben Gesagten eine westlichere Herkunft voraussetzen. Das Märchen ist in Europa durch das Wielandslied am frühesten belegt, das eines unserer ältesten Eddalieder, aber gleichzeitig südgermanischen Ursprungs ist. Das 1

WEIL II, 145.

6*

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Motiv der Erzählung scheint nicht der Sage oder den Sekundärtypen entlehnt zu sein, sondern der Hauptversion. Dafür sprechen teils die sowohl im Märchen als auch in der Erzählung vorkommenden beiden Bräute, teils die drei Brüder. Die letzteren sind zweifelsohne von den drei vor allem nach dem Norden gehörenden, den Acker bewachenden Brüdern inspiriert, die dann mit Wieland und seinen beiden Brüdern kombiniert wurden. Drei Schwanenjungfrau-Ehen gibt es dagegen in keiner Variante des Märchens oder der Sage. Das ist eine Gestaltung, die ganz und gar dem Lied angehört. Der Ring, den Niduds Männer Wieland rauben, hat sein Gegenstück in der ebenfalls südgermanischen und in der Lieddichtung übrigens durchschimmernden Siegfriedsage, ist aber mit dem Erkennungsring der Hauptversion und nicht mit dem Wunschring (Flugring) des ersten Sekundärtyps in Zusammenhang zu bringen. Wir werden auch gleich sehen, daß dieser Sekundärtyp jünger als das Wielandslied ist. Es scheint, als ob dieses Lied und die Siegfriedsage ihre Wurzeln in der gleichen Richtung hätten, d. h., daß der Stoff einst der Donau und dem Rhein gefolgt ist — siehe 519 (Das starke Weib). Dies würde auch erklären, wie die Wielandsüberlieferung durch den Daedalusmjthos bereichert wurde. Außer im Wielandslied finden wir Spuren des Märchens früh in literarischen Bearbeitungen sowohl auf französischem Gebiet, u. a. bei M A R I E D E F R A N C E (um 115 o) in Lanval als auch auf keltischem, italienischem und deutschem Sprachgebiet. Auf deutschem Sprachgebiet ist A L B R E C H T VON S C H A R F E N B E R G S Seifrid de Ardemont (14. Jahrhundert) bemerkenswert. Hierin wird eine Jungfrau in Schlangengestalt durch den Aufenthalt eines Jünglings in einem verzauberten Schloß während dreier Nächte erlöst (vgl. GS 367 Das Batamärchen in SSF II). Es Hegt auf der Hand anzunehmen, daß der unmittelbare Impuls zu diesem Motiv aus dem Orient gekommen ist, auch wenn wir den gewöhnlichen Umweg über Frankreich voraussetzen. Dies um so mehr, als uns das Schlußmotiv eine in gewisser Hinsicht mit Hassan von Basra in Tausendundeiner Nacht gemeinsame Quelle vermuten läßt. In beiden erreicht der Held nämlich die von ihm Begehrte oder die Schwanenjungfrau dadurch, daß er sich in eine Pferde- resp. Kamelhaut einnähen läßt und von einem Vogel (Greif, resp. Rock) in ihr Land geführt wird. Bezüglich des Teufels und des magischen Kreises (810) im ersten Sekundärtyp können wir hier nur auf die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte von 810 hinweisen. Ein Rückblick ergibt, daß wir im Schwanenjungfraumärchen — u. a. nach der Verbreitung und den ältesten Belegen zu urteilen — ein hellenistisch-römisches Märchen (300 v. Chr. — 300 n. Chr.) vor uns haben dürften, und daß zumindest die beiden ersten der sekundären Typen in genetischem Zusammenhang mit Seifrids de Ardemont oder ähnlichen Bearbeitungen mit Priorität für diese stehen. Die in die Hauptversion des Märchens organisch eingefügten Motive wie die aus 313 (Die magische Flucht) und 518 (Die um magische Gegenstände streitenden Erben) sind demnach, wie es sich gehört, wesentlich älter als das Märchen selbst. Sie gehören der homerischmykenischen Periode (vor 700 v. Chr.) an. Das Verhältnis zum Bärensohnmärchen (301) erscheint hingegen ungewiß. Nach China scheint die Sage spätestens im 2. Jahrhundert v. Chr. gekommen zu sein.

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Ein mit dem Schwanenjungfraumotiv verwandtes Motiv finden wir in dem aus antiken Vorstellungen geholten Märchen von Melusine von JEAN D'ARRAS (aus dem Jahre 1387) wieder. Einer Heroisierung des Motivs begegnen wir u. a. im Märchen von dem von einem Schwan gezogenen Lohengritt, dessen Herkunft und Name nicht erfragt werden dürfen (siehe 451). Eine solche Heroisierung finden wir in einer französischen Volkssage wieder. In unserer Zeit hat das Märchen nicht nur Asien (bis Japan), Australien und Indonesien, Nord- und Mittelafrika sowie außerdem die Indianer in Amerika erreicht, sondern ist dort auch reichlich vertreten. Wir finden es in Nord- und Mittelamerika vom Kaskadengebirge und Mexiko im Westen bis zur Atlantikküste im Osten, bis zu den Westindischen Inseln und in Südamerika in Brasilien. V o n besonderem Interesse sind der zweite und der dritte Sekundärtyp bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts und der dritte u. a. bei den ChilcotinIndianern im Kaskadengebirge. Diese beiden Typen gehören, wie wir gesehen haben, nach Westeuropa. Im Norden ist die Sage bis zu den Eskimos gedrungen.

Nr. 402. Die Maus (der Frosch, die Kat^e etc.) als Braut Der jüngste von drei Brüdern findet die Braut, die nach Wunsch des Vaters den feinsten Stoff, das am besten gebackene Brot etc. herstellt, aber sie ist nur ein kleines, harmloses Tier. Während der Fahrt zum Hof, wo die Hochzeit stattfinden soll, verwandelt sie sich jedoch in die lieblichste Maid. Die Verwandlung vollzieht sich durch Köpfen, Ertränken oder durch das Verbrennen des Felles. Dies ist — geographisch gesehen — ein europäisches Märchen, wenn auch Ausläufer sporadisch in Afrika und östlich des Schwarzen Meeres bis nach Indien und zu den Philippinen einerseits und Brasilien andererseits zu finden sind. Der Gedankengang ist jedoch orientalisch und von der gleichen Art wie das Schwanenjungfraumotiv (400). Das Märchen findet sich auch seit je in Tausendundeiner Nacht im Märchen von Pari Banou, aber die Braut des Jüngsten ist dort kein Tier, sondern eine Feenkönigin 1 . Zweifelsohne hat jedoch, zumindestens in Europa, der Frosch das Prioritätsrecht, auch wenn seine Aufnahme in die GRiMMsche Version nicht ohne Einfluß gewesen ist. E r gehört zum Verbreitungsgebiet des Märchens von Portugal im Westen bis zu den Philippinen im Osten. Die Katze — D'AULNOYS La Chatte blanche — gehört hingegen hauptsächlich nach Westeuropa und die Maus nach Nordeuropa, insbesondere Skandinavien. In Schweden ist das Märchen eines der am häufigsten vorkommenden. U. a. wurde es — wahrscheinlich nach MME. D'AULNOY — dem vom GRiMMschen Kreis in Deutschland entsandten H. R. v . SCHRÖTER (im August 1819) in Östergötland erzählt. Der Übergang vom Frosch zur Maus kann durch eine anfänglich ganz unbedeutende Änderung hervorgerufen worden sein. Man kann, wie in der Tschechoslowakei, beschrieben haben, wie der Frosch in einem winzig kleinen Loch, nicht größer als ein Mauseloch, wohnt, um dann, wie es nicht weiter nördlich als in Polen auch geschehen ist, die Maus 1

WEIL 3, 231. Dasselbe gilt für das Balkanmärchen (in M. d. W.) Nr. 27.

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an die Stelle des Frosches treten zu lassen. In Polen haben wir auch unseren bisher südlichsten Beleg einer Mäusebraut. An einer anderen Stelle in der Tschechoslowakei wird der kleine Frosch vom Helden „Katty" genannt, und gleichzeitig ist die Tschechoslowakei merkwürdigerweise das östlichste Land, in dem die Katze an die Stelle des Frosches tritt. Das Märchen wird besonders auf slawischem und orientalischem Gebiet damit eingeleitet, daß drei Pfeile abgeschossen werden, die dem Helden und seinen Brüdern die Wege weisen. In Westeuropa folgt der Held hingegen der Feder, die der Wind treibt, und in Schweden wird der Pfeil oft durch ein wegweisendes Knäuel oder durch einen rollenden Apfel ersetzt1. Das Verbrennen des Tierfelles ist ein besonders für die Sowjetunion und Indien typischer Zug, bedingt aber im letztgenannten Land nach indischer Denkweise das Verschwinden des Tieres mit darauffolgender himmlischer Vereinigung2. Pari Banou in Tausendundeiner Nacht gehört zu den Märchen, die ungeachtet des fehlenden Originales gleich alt mit Hesär Afsäneh (vom 8. oder 9. Jahrhundert) angesehen werden, und seine ursprünglich geradlinige Komposition scheint durch. Möglicherweise haben wir hierin wie in dem vorhergehenden Märchen eine Schöpfung aus der hellenistisch-römischen Zeit (300 v.Chr. bis 300 n. Chr), möglicherweise auch aus der frühen byzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) vor uns, deren Ursprungsgebiet in oder westlich von Persien innerhalb der Grenzen des Römischen Reiches liegt. Den Ursprung des Märchens wie W E S S E L S K I in dem ältesten europäischen literarischen Beleg, einer ziemlich phantastischen Erzählung des Florentiners A. D O N I aus dem Jahre 1552, zu sehen, dürfte nicht richtig sein. D O N I war ein bekannter Nachahmer, und nicht einmal W E S S E L S K I will von der Möglichkeit absehen, daß er sich eines orientalischen Vorbildes bedient hat, erwähnt aber dabei nicht einmal Pari Banou. Nr. 403 A. Die weiße und die schwarte Braut und deren Brüder Eine Stiefmutter hat eine schöne und gute Stieftochter und eine böse und häßliche eigene Tochter. Die Stieftochter hat für eine gute Tat oder dgl. die wunderbaren Gaben erhalten, Rosen zu lächeln und Perlen zu weinen oder dgl. mehr. Sie hat einen geliebten B r u d e r , der bei einem fremden König in Diensten steht. Durch ein Bild, das er mit sich führt, erhält der König von dem wunderbaren Mädchen Kenntnis. Er schickt den Bruder nach Haus, um seine Schwester zu holen, und mit ihr kommen die Stiefmutter (das böse Weib) und ihre Tochter. Die Fahrt geht einmal zur See, einmal mit Wagen oder Sänfte vonstatten. Auf dem Mädchen liegt jedoch ein Fluch. Wird sie von einem Sonnenstrahl getroffen, gerät sie in die Gewalt der Seegeister oder wird in eine Schlange oder Ente verwandelt. Die Stiefmutter weiß das und setzt die Stieftochter den Sonnenstrahlen aus. Der Fluch geht in Er1

Der rollende Apfel kehrt in einer von SELMA LAGERLÖF im literarischen Erzählstil des 19. Jahrhunderts gebrachten Version wieder (Ord och Bild, 1 8 9 2 , S. 458 ff.; Neudruck in S E L M A L A G E R L Ö F , F r ä n s k i l d a t i d e r , 1 9 4 3 , S . 2 0 ff.).

2

Das in JULIENS Avadänas (III, 4 1 ) wiedergegebene Märchen kann nicht als Variante des hier behandelten betrachtet werden.

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füllung, und die eigene Tochter darf an Stelle der Schwester den Brautstuhl einnehmen, während der Bruder ins Gefängnis geworfen wird oder Gänse hüten muß. Die Schwester kommt jedoch in ihrer verwandelten Gestalt mit einer Kette gefesselt wieder. Sie spricht mit den Gänsen. Der König belauscht sie, entdeckt den Betrug und löst die Verzauberung, indem er die Kette durchschlägt. Dieses Märchen ist aus 450 (Brüderchen und Schwesterchen) entstanden, hat aber ein etwas westlicher gelegenes Verbreitungszentrum. Für 450 liegt dieses an der unteren Donau, während man das hier behandelte Märchen demnach von den Ländern um das nördliche Adriatische Meer nach Griechenland, Nord- und Mittelafrika, Sizilien, der Pyrenäischen Halbinsel, Frankreich — wo es von MME. D'AULNOY aufgenommen wurde —, den Niederlanden, Deutschland und dem ganzen Norden sowie in gewisser Hinsicht auch nach der Sowjetunion verfolgen kann. Das Märchen ist demnach, im großen gesehen, von Island bis Afrika einerseits sowie von Portugal und Frankreich bis in den europäischen Teil der Sowjetunion und Rumänien andererseits verbreitet, wozu noch Ausläufer nach Amerika und Indonesien kommen, soweit sie von 403 B unterschieden werden können. Die portugiesische Version in Massachusetts steht Portugal sehr nahe. In Schweden ist das Märchen spärlich belegt, findet sich aber auch in der mündlichen Überlieferung. Die wunderbaren (magischen) Gaben gehören zum gesamten Verbreitungsgebiet dieses Märchens, sind aber in der Form, die sie erhielten, ein ursprünglich orientalischer Zug. Sie bezeugen die überirdische Abstammung der Heldin. Die Tränen von Venus und Freyja waren von Gold, und Tränen von Bernstein kommen mehrfach in den griechischen Mythen vor. Es heißt auch in Märchen und Sagen und sogar in einigen Varianten dieses Märchens, daß Blumen in den Spuren gewisser Heldinnen und Helden sprossen 1 . Dem primitiven Volksglauben nach waren Wetter und Wachstum oft von den Herrschern des Landes abhängig. Die mit der Sonne verbundene Verwünschung scheint in einem Pubertätstabu begründet zu sein. Dieser Zug wird ziemlich allgemein in den südlichen Varianten wiedergegeben, verblaßt aber um so mehr, je weiter man nach Norden kommt, bis er schließlich verstummt und in die unverständliche Vorschrift übergeht, daß die Gardinen im Wagen herabgelassen sein sollen. In einer griechischen Variante heißt es, daß die Verwünschung nur bis zum 15. Jahr galt. Bei mehreren afrikanischen Völkern müssen die jungen Mädchen während der ersten Menstruation vor den Sonnenstrahlen geschützt werden und werden daher oft an besonderen Plätzen eingesperrt. In anderen Teilen der Welt gibt es noch strengere Bräuche. Das Mädchen kann Monate und Jahre lang eingesperrt werden. Mitunter findet die Verehelichung unmittelbar nach dem Schluß dieser Periode statt. Solche Bräuche haben sich am längsten in königlichen Geschlechtern erhalten. Auch dem König war es verboten, sich den 1

Im Tripitaka heißt es, daß eine Lotosblume in der Spur Padmavatis wuchs; lt. einer aus dem 3. Jahrhundert stammenden Ubersetzung aus dem Sanskrit. Das Motiv hat sich dann schnell in China verbreitet. Padmävati war von einer Hindin geboren worden, die gleichzeitig ihre Spielgefährtin war. Ch. T r . 23 (übersetzt vor 280 n. Chr.), A n m . 3 ; vgl. ibid. III, S. n ff. und 453 (zusammengestellt 516 n . C h r . ) . Im äukasaptati (Nr. 9) fallen Blumen aus dem Mund eines der Handelnden.

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Strahlen der Sonne auszusetzen, wie es auch dem Flamen Dialis in Rom verboten war, unbedeckt unter dem Himmel zu verweilen. Mitunter waren diese Verbote mit anderen Tabus verbunden, z. B. an mehreren Orten in Nordafrika mit dem Verbot, Wasser zu sehen, und in einem indischen Märchen im Mahäbhärata (etwa 400 v.— 400 n. Chr.) wird eine mit einem König verheiratete Fee in einen Frosch verwandelt, weil man trotz Verbotes einen Teich in ihrem Park anlegte. Auch der Heldin des hier behandelten Märchens ist es (u. a. in sizilianischen Varianten) verboten, Wasser zu sehen oder sich dem Meer zu nähern, und in mehreren, besonders nordeuropäischen Aufzeichnungen vollzieht sich die Usurpation, die in diesem Märchen in der Regel v o r der Hochzeit stattfindet, ganz einfach dadurch, daß die Heldin ins Wasser gestürzt wird. In Südeuropa scheint es ein üblicher Zug zu sein, wie u. a. im Pentamerone (IV, 7), daß der Bruder die Gänse des Königs hütet. Diese werden weiter nördlich durch einen im Märchen plötzlich auftretenden Hund ersetzt, ein Zug, den wir auch aus 450 (Bruderchen und Schwesterchen) kennen. Wir finden im letztgenannten Märchen auch die Verwandlung der Heldin in eine Wildente oder Ente wieder. Das Durchtrennen der Kette erinnert jedoch an ein deutsches Volkslied, in dem ein Seeungeheuer eine geraubte Jungfrau mit einer Kette um den Fuß an Land gehen läßt. Die Kette kommt auch im Pentamerone vor und erinnert an die verwandelten Schwäne im Dolopathos (siehe 451). Der gedeckte Wagen, der besonders nördlich der Alpen bis hinauf nach Finnland mit dem Schiff als Beförderungsmittel abwechselt, zeigt, daß das Märchen mit diesem Fahrzeug auf germanischem Gebiet der Überlieferung nicht eher als frühestens seit der Zeit der Merowinger (481—751) angehört, wenn auch der Wagen des Königs damals noch von Ochsen, die ein Hirte führte, gezogen wurde. Erst im 13. Jahrhundert wurden diese Verhältnisse besser; damals konnten zumindest die Damen des französischen Hofes in einem etwas schmuckeren und bequemeren Wagen befördert werden, der von Pferden gezogen wurde. Der gleiche Zeitpunkt scheint, was Dänemark betrifft, aus dem Volkslied von Waldemars und Sofias Hochzeit hervorzugehen (DgF 137). Spät ist auch der Zug, daß der König mittels des Bildes Kenntnis von der großen Schönheit der Heldin erhält. Die porträtartige Miniaturmalerei kam erst um 1400 in Flandern auf. Der Zug kommt in der Weihenstephaner Chronik, die um das Jahr 1430 entstand, in dem dort wiedergegebenen, zum Kreis Die weiße und die schwarte Braut gehörenden Bertamärchen (siehe 533) wieder vor. Den Ursprung des Märchens sollte man nicht allzu weit von dessen Verbreitungszentrum suchen, vermutlich in den Mittelmeerländern, wo die Glaubensvorstellungen verbreitet sind, auf welche es gegründet ist, und wo die Form des Märchens selbst die Annahme eines bedeutend höheren Alters zuläßt als nördlich der Alpen. Das Bildmotiv wird dort oft durch eine Beschreibung ersetzt, obwohl Verlieben durch Bild (Traum) ein im Orient häufiger Zug ist. Die Fahrt geschieht natürlich meistens zur See. Da große Teile des Märchens aus 450 (Brüderchen und Schwesterchen) geholt wurden, muß es jünger als das genannte Märchen sein, auf das wir hinweisen.

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Nr. 403 B. Die weiße und die schwarte Braut und die Männlein (Vögel etc.) Dieses Märchen beginnt wie das vorhergehende, aber der Bruder kommt hier nicht vor, und der K ö n i g b e g e g n e t s e l b s t seiner künftigen Braut: Erst n a c h der Hochzeit geschieht die Usurpation auf die gleiche Weise wie in 450 (Brüderchen und Schwesterchen), welchem Märchen dann gefolgt wird. Hieraus ist ersichtlich, daß 403 B dem Märchen 450 nähersteht als 403 A. In einer großen Anzahl besonders im östlichen Mitteleuropa vorkommender Varianten wird die Heldin in der Einleitung von ihrer Stiefmutter in den Wald geschickt, um mitten im Winter Beeren zu pflücken, und kommt gewöhnlich zu einer Gruppe von Zwergen, die ihr helfen. Dieses spätere Motiv, das im allgemeinen als charakteristisch für diesen T y p betrachtet werden kann, ist nicht weit vom Verbreitungszentrum von 450, d. h. den Ländern um die untere Donau, zu Hause. Wir finden es nämlich hauptsächlich im west- und südslawischen Raum und in den Alpengegenden. Dort tritt es sogar reicher ausgeschmückt als selbständiges Märchen, Die Männlein genannt (ohne AARNE-Nr.), auf und nähert sich dem Märchen Die Schreine (480). Dieses selbständige Märchen kann in Europa bis ins 14. Jahrhundert verfolgt werden, und es wurde in Indien in einem Manuskript aus dem Jahre 1600 von einem Jaina-Mönch niedergeschrieben. In dem hier behandelten Märchen repräsentieren die Männlein gewöhnlich Monate oder Jahreszeiten. V o n diesen oder anderen übernatürlichen Wesen (Vögeln) erhält die Heldin die sogenannten wunderbaren Gaben, Rosen zu lachen, Perlen zu weinen oder dgl., während Kröten aus dem Mund der Stiefschwester fallen. Das Motiv ist mit dem Märchen aus Deutschland nach Frankreich und in die skandinavischen Länder gedrungen, wohin auch das Motiv von den Männlein den Weg fand, wenngleich während der Wanderung oft der Schluß des Märchens verlorenging. Dieser Typus, der ein etwas nördlicheres Verbreitungszentrum hat als 403 A , kann als eine ziemlich späte Verschmelzung der Märchen Die Männlein und 450 (Brüderchen und Schwesterchen), auf die wir hinweisen, bezeichnet werden. Eigentümlich ist jedoch, daß auch 403 B eine in Indien von einem Jaina-Mönch in einem Manuskript aus dem 17. Jahrhundert niedergeschriebene Variante hat, die der Mehrzahl der europäischen Varianten ziemlich nahesteht. WESSELSKI nimmt dies zum Anlaß für seine Theorie vom literarischen Ursprung des Märchens und verlegt die Heimat von 403 B nach Indien, während uns die mündliche Überlieferung deutlich auf Mitteleuropa hinweist. Ein 1824 herausgegebenes schwedisches Volksbuch (mit drei Auflagen bis 1841) folgt GRIMM bedeutend mehr als beispielsweise die in S S F I wiedergegebene Variante. Die GRiMMsche Version ist aus mehreren Varianten zusammengesetzt. Wenige europäische Märchen sind außerhalb Europas so volkstümlich geworden wie dieses. Es hat nicht nur Indonesien und die Philippinen erreicht (siehe auch 511, IV), sondern sogar große Teile Afrikas, und in Amerika wurde es, wie THOMPSON gezeigt hat, von den Franzosen nach Kanada, von den Spaniern nach Mexiko und von Negern nach Jamaika gebracht. Es ist in Nordamerika hauptsächlich längs der Grenze zwischen Kanada und den USA aufgezeichnet, findet sich aber auch



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im Südosten zwischen Florida und dem Mississippi. Das Beerenpflücken zur Winterszeit findet sich dort auch in anderem Zusammenhang. Nr. 40j. Jorinde und Joringel Ein Mädchen wird in einem Schloßgarten in einen Vogel verwandelt, wird aber vom Bräutigam mittels einer roten Blume aus der Verwandlung erlöst. Dieses Märchen ist von den Brüdern GRIMM wiedergegeben worden, aus deren Sammlung es in ein schwedisches Volksbuch aus dem Jahre 1826 (mit nur wenigen Auflagen bis 1841) kam. Es scheint in der schwedischen mündlichen Überlieferung nicht vertreten zu sein. Nr. 408. Die drei Zitronen Ein Jüngling zieht aus, um sich eine Prinzessin zu suchen. Ein altes Weib gibt ihm drei Zitronen. Aus der letzten kommt ein bildschönes Mädchen hervor. E r bittet sie, auf einem Baum bei einer Quelle zu warten, bis er sie in die Stadt hineinführen kann. Eine Zigeunerin oder dgl. wirft sie in die Quelle, nimmt ihre Stelle ein und wird vom Jüngling abgeholt. Das Mädchen aus der Zitrone wird, als sie in die Quelle fällt, in einen Fisch (Vogel) verwandelt, der vom Jüngling gefangen wird. Aus den Schuppen (Federn) entsteht ein Baum, aus dessen Frucht das Mädchen wieder hervortritt, wie in dem in Schweden nicht vertretenen Märchen 407 (Das Mädchen, das in der Blume wohnte). Sie gewinnt den Jüngling zurück, und die Zigeunerin wird bestraft. Hier haben wir wohl nicht die gleiche, aber eine ähnliche Verwandlungsserie wie in G S 367 (Batamärchen). Die Szenerie ist die gleiche wie in 450 (Brüderchen und Schwesterchen), das gern als Muttermärchen der Drei Zitronen bezeichnet werden kann und auf das wir hinweisen. Wir haben den Baum, die Quelle und die Stadt, die Usurpation jedoch geschieht v o r der Hochzeit (wie in 403 A). Es ist also eine relativ unbedeutende Änderung, die diesem Märchen seinen etwas abweichenden Verlauf gegeben hat. Im großen gesehen hat es auch das gleiche Verbreitungszentrum wie 450, vielleicht etwas südlicher. Das Märchen ist jedoch spärlich belegt, besonders, wenn man von den slawischen Ländern und Italien absieht, hat aber vereinzelte Ausläufer außerhalb Europas nach Afrika, u. a. zu den Zulus, und nach Indonesien. Ausgehend von den Portugiesen auf den Kapverdischen Inseln hat es Massachusetts und von der Iberischen Halbinsel aus Brasilien und Mexiko erreicht. Es ist seit langem bekannt gewesen, daß es keinen nichtliterarischen Beleg in den drei skandinavischen Ländern hat, wenn man von einem in ASB JÖRNSENS Norske Folke-Eventjr gedruckten Märchen absieht, das er nach der Erzählung einer „Würstelfrau" deutschen Namens auf dem Markt in Oslo aufzeichnete. Diese Version, die wir in der Märchenausgabe der Gustav-Adolf-Akademie (VIII: 15 8) wiederfinden, ist bei näherer Betrachtung nichts anderes als ein literarischer Ableger von LABOULAYES bekannten internationalen — meist romanischen — Blauen Märchen.

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Nr. 410. Dornröschen Eine Prinzessin und ihr ganzes Schloß sind in einen hundertjährigen Schlaf versenkt worden. Ein Prinz dringt durch die Dornenhecke ein und weckt die Prinzessin mit einem Kuß. Dieses Märchen findet sich bei B A S I L E (gest. 1632) in seinem Pentamerone (V, 5), in PERRAULTS Les Contes de ma mère l'Oje (1696) sowie bei den B R Ü D E R N G R I M M . BASILE scheint seine Darstellung auf eine alte französisch-nordspanische Dichtung aus dem 14. Jahrhundert aufgebaut zu haben, von deren orientalischem Ursprung die Motive Zeugnis geben. Die Heldin wird wie in 304 und 551 während des Schlafes geschwängert. Der Zauberschlaf ist auch in Tausendundeiner Nacht ein beliebtes Motiv (vgl. 550). Spätere mündliche Versionen des Märchens folgen in Südeuropa, Brasilien und im Orient B A S I L E , nördlich der Alpen P E R R A U L T oder G R I M M . PERRAULT ist u. a. zu erkennen durch ein Ausweiten, das aus dem Märchenkreis „Die verstoßene Frau" (705—712) geholt ist. Volkstümliche Aufzeichnungen gibt es nicht viele. In Schweden finden wir das Märchen hauptsächlich in Kinderbüchern, wie später in Erzbischof REUTERDAHLS Julläsningför harn von 1838, in das eine Übersetzung der GRiMMschen Version einging, und in einem alten, aus dem Französischen übersetzten Volksbuch von 1788 nach PERRAULT. Man vergleiche 709 (Schneewittchen). Der Name Dornröschen gehört GRIMMS ursprünglichem Manuskript nicht an, wie auch die Feen ursprünglich nicht die spätere Rolle spielen. Nr. 4z j ABC.

Amor und Psyche

Ein Ungeheuer (Schlange, Drache, Esel, Bär, Wolf, Hund, Pferd, Rabe, Kröte, Igel, Krebs, Spinne, Lindwurm etc.), mitunter von menschlichen Eltern geboren, wird der Gatte meistens der jüngsten und schönsten von drei Schwestern, entweder durch ihr eigenes Versprechen oder das des Vaters (das sogenannte Jephtha-Motiv). Das Ungeheuer nimmt nachts menschliche Gestalt an. Die Neugierde wird für die Gattin zu groß. Sie befolgt den Rat ihrer Verwandten oder eines Unheilstifters und versucht, den Namen des Gatten zu erfahren oder ihn bei Licht oder dgl. zu sehen, oder sie erhält den Rat zu versuchen, seine Tierhaut zu verbrennen. Der Gatte verschwindet, und sie zieht aus, ihn zu suchen. Sie erhält Hilfe von klugen alten Frauen, von verschiedenen Winden oder Sternen — „den drei wegweisenden Instanzen" — und kommt endlich zu der Stelle, wo sich ihr Gatte aufhält. Dort muß sie eine Menge Aufgaben lösen. Sie löst sie mit Hilfe dankbarer Tiere, kauft sich drei Nächte bei ihrem Liebsten und gewinnt ihn auf diese Weise wieder. Das Märchen wurde nach einer Angabe von FULGENTIUS (um 500 n. Chr.) von einem Athener ARISTOPHONTES sowie möglicherweise von A R I S T I D E S in seinen erotischen Erzählungen aus Milet in Kleinasien im 1. oder 2. Jahrhundert v. Chr. und endlich von A P U L E J U S im 2. Jahrhundert n. Chr. wiedergegeben, der es vielleicht in gewisser Hinsicht allegorisiert hat. Es scheint, als ob A P U L E J U S die gegensätzlichen Verhältnisse zwischen der weiblich-seelischen Liebe, dargestellt von Psyche, und der mehr körperlich betonten männlichen Liebe, vertreten durch die geflügelte Schlange, die schließlich geläutert als Amor dasteht, darstellen wollte. A P U L E J U S

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Zaubermärchen

wurde in Madaura in Numidien (etwa um 130 n. Chr.) geboren, kam frühzeitig nach Karthago, dann nach Athen und Rom. Erst in Rom jedoch gab er Amor und Psyche in seinen Metamorphosen (4, 28 ff.) heraus. Man kann darin den Hauptzug des Märchens sehr gut verfolgen, selbst wenn man einen gewissen Einfluß eines Drachentötermärchens (300) darin sehen muß, daß Psyche auf einem Berg als Beute für die geflügelte Schlange ausgesetzt wird. Der Stoff scheint aus dem alexandrinischen Kulturkreis mit Unter-Ägypten, Syrien, Kleinasien und Athen als seinen Hauptorten zu stammen. Dort begegnen uns mehrfach Bilder des trauernden oder eines Psyche quälenden Eros. In einer griechischen Zauberformel denkt man sich sogar Eros in Tiergestalt als geflügelten Drachen, ganz wie bei APULEJUS. Im letzten Teil der Version von APULEJUS finden wir die hilfreichen Tiere wieder, die, wie wir früher gesehen haben, dem kleinasiatisch-hethitischen Kulturkreis angehören, und die Verwandtschaft mit dem Schwanenjungfraumärchen (400) ist unverkennbar. Der Unterschied liegt darin, daß der Gesuchte männlich und die Suchende weiblich ist, eine Umkehrung, die in unseren Volksmärchen nicht ungewöhnlich ist. Wir haben gesehen, daß das Schwanenjungfraumärchen mit aller Wahrscheinlichkeit ursprünglich der h e l l e n i s t i s c h - r ö m i s c h e n P e r i o d e (300 v. — 300 n. Chr.) angehört hat und können daher mit Hinsicht auf das literarische Auftreten des Amor- und PsycheMärchens letzteres dem g l e i c h e n U r s p r u n g zuordnen. Es hat wie das Schwanenjungfraumärchen auch Indien erreicht, aber anfänglich nur fragmentisch, wie aus einem bisher unbeachteten Bruchstück des Märchens hervorgeht, das im Tripitaka1 vor 280 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde. Sowohl im Tripitaka als auch bei APULEJUS schaut Psyche bei Licht auf ihren Liebsten. Beide haben unzweifelhaft aus der gleichen Quelle, d. h. vermutlich Kleinasien oder Syrien, geschöpft. Mehrere indische Erzählungen innerhalb des Amor- und Psychekreises (siehe unter 430 und 43 3 B) lassen die Tierhaut des männlichen Partners verbrennen, mag es die einer Schlange oder eines Esels sein. Die verbrannte Tierhaut ist hier mit dem Schwanenkleid des Schwanenjungfraumärchens zu vergleichen. Mitunter verschwindet der männliche Partner, wenn er der Tierhaut beraubt wird, genau so wie die Schwanenjungfrau in manchen Versionen des Schwanenjungfraumärchens. Die jetzt im Orient bekannten Varianten sind gering an Zahl und häufig fragmentarisch, scheinen aber auf altem Stoff aufbauen zu können. Es dürfte nicht unmöglich sein, daß das Motiv als Sage oder Glaubensvorstellung in Indien seine Heimat hat, wie es auch mit dem Schwanenjungfraumotiv der Fall ist. Die Konstellation im Märchen von Amor und Psyche wäre dann der des Schwanenjungfraumärchens völlig gleich. Wie dieses hat auch das Amorund Psyche-Märchen sein eigentliches Verbreitungsgebiet in Europa und ist fast gleich reichlich in allen Himmelsrichtungen vertreten. Tatsächlich haben wir zwei Haupttypen des Märchens, den langen und den kurzen. D e r l a n g e T y p , der das Wiederaufsuchen des Gatten zum Inhalt hat, ist der, den wir bei APULEJUS gefunden haben und in gewisser Hinsicht selbst im Tripitaka, und der sich in den meisten europäischen Ländern wiederfindet. Der Norden hat die 1

Ch. Tr. 81.

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meisten Belege, aber der Typ ist auch in Italien, Frankreich, Griechenland und bei den Türken gut belegt1. Auch dies spricht dafür, daß das Märchen in Kleinasien oder Syrien entstand. T E G E T H O F F verlegt in seiner ausgezeichneten Untersuchung den Ursprung des Märchens in das letztgenannte Land. Das Haupttabu in diesem Typ ist wie in A P U L E J U S ' Darstellung meistens das Verbot, unter gewissen Verhältnissen (bei Licht und dgl.) den Helden zu betrachten. Ein Teil Varianten und auch die Version von A P U L E J U S wurde jedoch mit Motiven aus 313 {Die magische Flucht) erweitert. Wir finden in einigen sowohl die drei gekauften Nächte als auch die vergessene Braut. Dabei findet man mitunter, daß die Heldin gezwungen wird, die B r a u t f a c k e l f ü r ihre R i v a l i n zu halten, bis sie niedergebrannt ist und ihre Hände versengt. Dieses Motiv ist auf eine uralte Hochzeitssitte zurückzuführen, auf die bereits P L A U T U S (254—184 v. Chr.) in seinem Schauspiel Casina (1, 8) anzuspielen scheint. Noch lebt in der Bretagne ein Volksbrauch, nach dem die Brautführer das Bett des Brautpaares nicht eher verlassen, als die von ihnen gehaltenen Kerzen ihre Finger verbrennen. Ein ähnlicher Brauch ist u. a. durch bulgarische Volkslieder vom südöstlichen Europa belegt. Gewisse Zeichen deuten darauf hin, daß dieser Zug sich auch im Vorbild von A P U L E J U S gefunden hat. Das Motiv liegt nun in Varianten aus dem Iran2, aus Italien, Frankreich, Dänemark, Norwegen und Schweden vor und gibt in Europa den Weg an, auf welchem der Typ wahrscheinlich den Norden erreichte. Das gleiche Motiv findet sich auch in 887 (Griseldis) und in SAXOS Otter und Sjritha. Möglicherweise haben wir in diesem gemeinsamen Motiv des Griseldis- und des Amor- und Psyche-Märchens die Erklärung für eine andere Anleihe zwischen diesen Märchen. Es ist das in beiden Märchen vorkommende Motiv des Wegnehmens der K i n d e r v o n der MutterHeldin, das zuerst Asm Griseldis-Märchen angehört zu haben scheint. Es findet sich praktisch nur im Norden (einschließlich der Färöer und Island) sowie bei den Iren und Schotten und ist in Wales schon im 14. Jahrhundert belegt (in Kilhwe und Olwen im Mahinogioti). Zu den Aufträgen weisen wir auf 428 (Der Auftrag bei der Schwester der Hexe) hin. Im kurzen T y p des Märchens verschwindet der männliche Partner nicht, nachdem seine Tierhaut verbrannt wurde oder seine Liebste ihm einen Liebesbeweis gegeben hat, sondern er wird statt dessen endgültig erlöst, und damit erreicht das Märchen sein Ende. Dieser Typ gehört im orientalisch-europäischen Verbreitungsgebiet in erster Linie Indien und Mitteleuropa an und hat sich von dort auf die angrenzenden Länder verbreitet. Am zahlreichsten belegt ist er in Deutschland und Italien. Das Tabu, das hier als retardierendes Moment eingeschaltet ist, besteht oft in dem Verbot, für gewisse Arbeiten oder Aufträge eine bestimmte, angegebene Zeit zu überschreiten. In der zuletzt erwähnten Form ist der Typ jung, bedeutend jünger als der lange Typ. Dem verwickelten Verlauf der verschiedenen Variantengruppen zu folgen, würde hier jedoch allzu weitschweifig werden. Wir verweisen auf 430 (Prin% Esel mit der 1

2

JAN-ÖJVIND SWAHN bemerkt in seiner unten angeführten Arbeit, daß dieser T y p Deutschland, die britischen Inseln sowie die Süd- und Westslawen nicht erreicht hat. Märchen der Weltliteratur 38, Nr. 1.

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Leier), 43 3 A B {König Lindwurm), 440 {Der Froschkönig oder Heinrich mit dem Eisenband) und 441 (Der Igel), die wir als Unterabteilungen dieses Märchens betrachten. Dazu kann möglicherweise auch 432 (Der Liebhaber als Vogel) gezählt werden. Die meisten haben gleich dem Amor- und Psyche-Märchen einen langen und einen kurzen Typ. Der lange Typ von König Lindwurm wird mitunter mit der Form des Amor- und PsycheMärchens für identisch gehalten, worin der Held eine Schlange oder ein Schwein, ein Krebs, ein Wurm etc. ist. Selbstverständlich konnte eine Anzahl späterer Aufzeichnungen des Amor- und Psyche-Märchens durch APULEJUS und seine vielen Bearbeiter beeinflußt werden. Besonders war dies in Italien der Fall. Nach dem Norden scheint dieses Märchen relativ früh gekommen zu sein. Der Gedanke, die Tierhaut zu verbrennen, schimmert schon im 13. Jahrhundert in der Wölsungensaga (Kap. 8) durch. Vielleicht ist auch Odins Flucht und Freyjas Suchen nach ihm in der Jüngeren Edda (um 1220) vom Amor- und Psyche-Komplex inspiriert worden. In diesem Fall wäre das Amor- und Psyche-Märchen im Norden oder, richtiger gesagt, im westlichen Norwegen schon in der Mitte oder gegen Ende des 10. Jahrhunderts bekannt gewesen, da die gleiche Episode auch im Hyndluljód erwähnt wird. In Schottland ist das Märchen im Jahre 1549 durch eine Version vertreten, die den norwegischen nahesteht. Das Jephtha-Motiv im langen Typus erhält im mitteleuropäisch-skandinavischen Raum eine nahezu biblische Gestaltung. Dem gleichen Gebiet gehört der Versuch an, eine Magd oder ältere Schwester an S t e l l e der l i e b e n T o c h t e r zu schicken, oft von der gleichen Art inquisitorischer Fragen gefolgt, der wir am frühesten in der Wölsungensaga (Kap. 12) begegnen. Das Besteigen des Glasberges gehört nicht selten zu den Aufgaben, die der Heldin in den nordischen, norddeutschen und keltischen Varianten gestellt werden, während wir in den romanischen Varianten oft drei Nüsse vorfinden, in denen die wunderbaren Kleinode (Kleider) verwahrt sind. Einige hauptsächlich nordische Varianten (wie HYLTÉN-CAVALLIUS' Nr. 19 A = 425 B) beginnen mit einer Entlehnung aus 621 (Das Fell der großen Laus) als Einleitung. In einer arideren, bedeutend größeren Gruppe ( = 4 2 5 C), gewöhnlich dem kurzen Typus zugehörig, wird das Märchen damit eingeleitet, daß der Vater den Wunsch der Tochter zu erfüllen versucht, eine Blume, ein Blatt oder dgl. von einem musizierenden Baum zu erhalten (wie in HYLTÉN-CAVALLIUS' Nr. 19 B oder in GRIMMS Singendem, springendem Löweneckerchen)1. Es handelt sich hierbei am wahrscheinlichsten um eine Endehnung aus dem Aschenputtelkomplex (510 A). Selbstverständlich hat ein so volkstümliches Märchen wie Amor und Psyche außerhalb des orientalisch-europäischen Verbreitungsgebietes mehr oder weniger späte, wenn auch vereinzelte Ausläufer nach Amerika, Afrika und Indonesien bekommen. In Nordamerika und Westindien wird es, nach THOMPSON, besonders unter den Indianern in Neu-Mexiko, unter den französisch Sprechenden in Missouri und unter den Negern auf Jamaika erzählt. In Südamerika zeigt CASCUDO zwei brasilianische 1

Löweneck ( = Läubchen); es hat jedoch nichts mit dem mittelhochdeutschen Lewêrch ( = Lerche) zu tun, das auch die Form Löweneckerchen erhalten hat. V g l . MME. DE VILLENEUVE, 1740 (im Cabinet des fées 26, 154).

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Varianten auf, wozu noch mindestens eine chilenische kommt. In Afrika begegnet man ihm, wenngleich oft entstellt, hauptsächlich im Osten. A u f die Philippinen ist es mit spanisch-katholischem Einschlag von den Spaniern gebracht worden. Das Amor-

und Psyche-Märchen ist mehrmals dramatisiert und auch in Versform

gebracht worden, wie in HOLGER DRACHMANS berühmtem östlich c1er Sonne und westlich des Mondes. D i e Version des APULEJUS wurde bereits 1666 ins Schwedische übersetzt. Nach Erscheinen der schwedischen Ausgabe des vorliegenden Werkes hat J A N - Ö J V I N D neues Material gesammelt und dieses in seiner Dissertation Cupid and Psyche, Lund 1955, bearbeitet 1 . E r gibt keinen Haupttyp an, sondern nur Untertypen, und zwar nicht weniger als 16 von A bis O, und einen unbestimmteren, dem er den Buchstaben X gibt. V o n diesen sind es eigentlich die Typen A , B und C, die hier interessieren können. Die übrigen sind mehr ördich. Aber die Typen A , B und C sind nicht identisch mit A A R N E T H O M P S O N S A - , B - und C-Typen. S W A H N S A - T y p steht A A R N E - T H O M P S O N S 428 am nächsten (Der musizierende Schrein oder Der Auftrag bei der Schwester der Hexe, siehe unten S. 9 7 f. mit dem mit 425 gemeinsamen Einleitungsmotiv, der beiden Märchen gemeinsamen Hochzeit mit einem verzauberten Tier und dem gemeinsamen gebrochenen Tabu. In Wirklichkeit macht S W A H N diesen seinen A - T y p doch zum Haupttyp des Amor- und Psyche-Märchens und will 428 aus dem Typenkatalog streichen und diese Nummer eventuell f ü r einen anderen Z w e c k verwenden. Dies erscheint jedoch unnötig und würde bei der internationalen Forschungsarbeit viele praktische Schwierigkeiten hervorrufen. E i n Z u sammenlegen von 425 und 428 scheint hingegen gut überlegt zu sein. Wir selbst haben in dieser Arbeit 428 als Fortsetzung von 425 bezeichnet. Z u S W A H N S A - T y p gehört auch das Motiv von der niedergebrannten Hochzeitskerze (Fackel). S W A H N hat es u. a. auch aus Indien, der Türkei und Griechenland. Dies scheint, wie wir oben hervorhoben, die Wege zu bezeichnen, die das Märchen in seiner ältesten F o r m nahm und die den unten angegebenen Wegen f ü r die dem T y p 428 angehörigen Teile ähnlich sind. Interessant ist S W A H N S Hinweis, daß sein A - T y p in Dänemark, Schonen und Blekinge oft jünger ist als der gleiche T y p im übrigen Skandinavien. Wir haben hier eine v o n Dänemark ausgehende Überlieferungswelle vor uns, die im Norden nicht weiter reicht als in die erwähnten früheren dänischen Provinzen. S W A H N S B - T y p ist eine Innovation seines A-Typs — dies ist der wichtigste Punkt seiner umfangreichen Abhandlung —, und mit der ganzen Grandezza der historisch-geographischen Methode zeigt er, daß diese Innovation ursprünglich Frankreich angehört und von dort beinahe ganz Europa und Kleinasien, aber besonders Irland, Dänemark und Norwegen erreicht hat. Das Aufsuchen des Helden durch die Heldin mit den nachfolgenden gekauften drei Nächten ist das Hauptmotiv des B - T y p s . Den ältesten Beleg des B - T y p s haben wir in Italien, bei B A S I L E , aus dem Jahr 1636, den Ursprung aber verlegt S W A H N nach Frankreich und dort mit Wahrscheinlichkeit in die Bretagne. Der C - T y p S W A H N S fußt nach seinen Angaben auf einer literarischen Bearbeitung von M M E . D E V I L L E N E U V E S La Belle et la Bête (aus dem Jahre 1740). In diesem T y p (siehe S S F I, 138) finden sich viele der Kurzformen des Märchens, jedoch nicht alle. E s finden sich auch viele mit gegenseitigem Uberlieferungszusammenhang im X - T y p . Sein C - T y p hat ungefähr dieselbe Verbreitung wie sein B - T y p . SWAHN

1

Der Verfasser ist D R . S W A H N Dank f ü r den Hinweis schuldig, daß eine gewisse indische Variante, obwohl B O L T E und P O L I V K A es angeben und obwohl sie sich in der Ausgabe des Kathäsaritsägaras S O M A D E V A S (im Teil II, 189) von Brockhaus befindet, nicht der genannten Märchensammlung angehört.

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Die SwAHNsche Abhandlung hätte jedoch gewonnen, wenn sie weniger affektbetont wäre. Wenn man eine solche Abhandlung liest, hat man immer Angst, daß das Gefühl das Urteil verwirrt. Mit einem Ton der Verachtung begegnet er seinen Vorgängern auf dem Gebiet und sieht in ihnen seine Gegner. Er geht sie mit Hieb und Stich an, anstatt Unterstützung in den Gleichheiten der Auffassung zu suchen. Er sieht beispielsweise nicht (S. 375), daß der Verfasser dieser Arbeit bei der Behandlung des Fackelmotives nicht von der Darstellung A P U L E J U S ' , sondern von dessen Vorbild (siehe oben S. 93) spricht. Sein unrichtiges Zitat macht den Schlag zu einem Schlag ins Wasser. Es wirkt daher, um S W A H N S eigene Worte zu gebrauchen, „puzzling, to say the least". Herausgerissene und verstümmelte Zitate zieren keine Abhandlung. Wenn ein Forscher eine Arbeit herausbringt, die sowohl aus wissenschaftlichen wie aus anderen Gründen nicht nur von seinen Kollegen, sondern auch von Kindern in der Schule mit Gewinn gelesen werden soll, so muß es dem Verfasser erlaubt sein, ein Märchen ausnahmsweise so zu retuschieren, daß es überhaupt verständlich wird, besonders, wenn er gleichzeitig in Fußnoten den Wortlaut des Originaltextes angibt. Wenn man ein solches Verfahren nicht billigt, ist es nicht zulässig, mit Mißbilligung die Retuschierung ironisch zu erwähnen und dem Leser keine Notiz davon zu geben, daß die Originaltexte gleichzeitig angegeben sind (S. 367, siehe SSF II, 4i7f.). Weiter macht sich S W A H N eines Gedankensprunges schuldig, wenn er erklärt: „Liungman at least clearly considers sub-type B as being the original form of tale" (S. 404), und dies, obwohl wir eine dem „langen Typus" angehörige Form, die sowohl die Version des A P U L E J U S als auch das Fackelmotiv einschließt, zur Hauptform des Märchens zählten. Außerdem haben wir, dem Vorkommen gerade des Fackelmotivs zufolge, für diese Hauptform als Verbreitungsweg nach dem Norden Westasien, Italien, Frankreich, Dänemark, Norwegen, Schweden angegeben, ein Weg, der dem, den S W A H N seinem A-Typ gibt, sehr ähnelt. Hätte S W A H N (S. 404) unseren unten bei der Behandlung von 428 gemachten Ausspruch richtig zitiert (letzter Absatz, S. 98), hätte der Gedankensprung vermieden werden können. In der gleichen Weise behandelt er in nahezu chronologischer Reihenfolge alle^ seine Vorgänger. Gleichzeitig verlangt er, da er, wie er selbst sagt, noch zu keinem Ergebnis gekommen ist, daß andere Forscher eine abwartende Haltung einnehmen sollen, bis er seine laufenden Untersuchungen abgeschlossen hat. Man kann sich fragen, wohin wir gekommen wären, wenn vor S W A H N niemand etwas getan hätte. Wäre es nicht an der Zeit, die Streitäxte zu begraben? Die ältere Generation war fast seit Beginn der Volksdichtungsforschung dabei, sogar von der Zeit an, da man über den Unterschied zwischen Sage und Märchen diskutierte. In Wirklichkeit brauchen wir alle einander. Jeder Forscher hat seinen Vorgängern dankbar zu sein, die auf unbearbeiteterer Erde als er selbst arbeiten mußten. Fehler müssen sie begangen haben, und das ist mit Geduld hinzunehmen. Das Ergebnis, zu dem wir nun trotz allem gekommen zu sein scheinen, ist, daß A A R N E 425/428 mit der Version des A P U L E J U S und dessen Quellen samt dem Fackelmotiv aller Wahrscheinlichkeit nach in Kleinasien oder (nach T E G E T H O F F ) in Syrien entstanden ist und daß das Märchen von dort relativ früh im Osten China (durch das Tripitaka), dann im Westen Frankreich und im Norden die skandinavischen Völker (siehe oben S. 94f.) erreicht hat und daß dies wahrscheinlich in der gleichen Weise geschah, wie die Tiermärchen gewandert sind, vermutlich zur gleichen Zeit und auf den gleichen Wegen. In Frankreich hat das Märchen, wie W A L T E R A N D E R S O N es ausdrücken würde, eine „Umwälzung" zu A A R N E 425 durchgemacht und ist von dort teils nach Osten bis an die Linie von der Westküste des Schwarzen Meeres bis zur Westküste des Weißen Meeres und teilweise darüber

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hinaus, teils zu den britischen Inseln, teils zur Pyrenäischen Halbinsel im Süden und den skandinavischen Ländern im Norden gewandert. Im Norden wurden 425 und 425/428 nebeneinander erzählt, und letzteres hat in Dänemark eine kleinere Veränderung erfahren, die auch Südschweden erreichte. Hinzu kommt, in engem Anschluß an M M E . V I L L E N E U V E S La Belle et la Bete aus dem Jahre 1740, eine Sonderform mit vielen Hybridisierungen und mit der ungefähr gleichen Verbreitung, die die Innovation von'42 5 hat. Außerdem gibt es wie bei jedem Märchen andere Gestaltungen mit mehr lokalem Charakter. Die Konstellation gleicht übrigens merkwürdig der von 303 (Die Zwillingsbrüder), besonders, wenn eine Innovation des Batamärchens in Frankreich nachgewiesen werden könnte. Nun freuen wir uns alle über die große Arbeit, die S W A H N über 425/428 und 425 geleistet hat. E r hat uns ein reiches und wohlgeordnetes Material auf einem für die künftige Forschung wichtigen Gebiet gegeben. Der zu Jahren Gekommene — möge er Forscher oder Beamter sein — hat eine gewisse Erfahrung, die seine Arbeit erleichtert, ihm ein klareres Urteil und eine schärfere Erkenntnis gibt. Ohne sich alle diese Vorrechte aneignen zu wollen, glaubt der Verfasser bei S W A H N die Voraussetzungen zu erkennen, die nötig sind, um eine sehr wünschenswerte Brücke zwischen den Vertretern der historischgeographischen Methode und der Oikotyptheorie zu schlagen. Aus einem unerklärlichen Anlaß behauptet er, daß der Verfasser dem extremen Flügel der „finnischen" Methode angehört. Das ist gewiß nicht der Fall, da der Verfasser bei vielen Gelegenheiten in seinen Arbeiten Abweichungen aufgezeigt hat, und dies ist vielleicht noch ein weiterer Grund für die jetzt ausgesprochene HoiFnung des Verfassers. S W A H N hat mehrfach das Wort „Wanderung" angewendet, und er hat auch das Vorhandensein einer solchen bei seinem Untertyp B von 425 aufgezeigt. Das zeigt, daß er die historisch-geographische Methode nicht völlig verwirft. Sein und des Verfassers gemeinsamer Lehrer verbot die Verwendung des Wortes „Wanderung". Die Vertreter der historisch-geographischen Methode haben niemals geleugnet, daß eine Überlieferung bei größeren oder kleineren Volksverschiebungen mit Auswanderern mitgeht. Dies ist im Gegenteil selbstverständlich. Wir haben uns nur dagegen gewendet, daß dies die einzige Art der Verbreitung einer Überlieferung und insbesondere des Märchens sei und daß das Zaubermärchen nicht über eine Sprachgrenze gehen könne. Daß dies aber tatsächlich geschieht, hat nun S W A H N bewiesen. Was noch übrig bleibt, ist die Frage des Alters bei der untersuchten Überlieferung, und diese Frage ist unvermeidlich und beiden Seiten gemeinsam. Es ist klar, daß jüngere Uberlieferungen leichter zu verfolgen sind als ältere. Sie können sogar in Einzelheiten verfolgt werden, was S W A H N auch gezeigt hat. Ist diese Friedenspfeife nicht die beste Art, das Andenken eines gemeinsamen Lehrers zu ehren?

Nr. 428. Der musizierende Schrein oder Der Auftrag bei der Schwester der Hexe Ein Mädchen wird mit einem verzauberten Tier (Wolf, Katze, Hund) verheiratet und muß als Strafe für die Übertretung eines bestimmten Verbotes Dienst bei einer Hexe nehmen. Bei dieser bekommt sie verschiedene Aufträge, wie schwarz zu weiß zu machen, zu putzen und doch nicht zu putzen, zur Schwester der Hexe zu gehen und einen musizierenden Schrein oder einen Schrein mit „Brautliedern" (mitunter auch mit der Brautaussteuer) zu holen, und wenn der Schrein geöffnet wird, beginnt er zu spielen oder die Brautlieder zu singen, ohne zum Schweigen gebracht werden zu können. Das verzauberte Tier hilft ihr jedoch und hat dabei oft Menschengestalt. 7

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Schließlich wird es jedoch von der Hexe gezwungen, ihre Tochter zu heiraten, aber das Tier flieht dann gemeinsam mit seiner früheren Braut, worauf die Verzauberung für immer gebrochen wird. Dieses Märchen ist zusammengesetzt aus Momenten, die teils dem Amor- und Psyche-Märchen (425 A, langer Typus) angehören — u. a. mit dem in der APULEJUSVersion erwähnten Schrein der Proserpina, der nicht geöffnet werden durfte—, teils 313 (Die magische Flucht) mit den vielen Aufgaben bei der Hexe. Verfolgen wir aber den Vergleich mit der Version von APULEJUS und den vielen Aufträgen auch in dieser, so kann man von diesem Märchen sagen, daß es einfach eine Fortsetzung des Amor- und Psyche-Märchens ist. Die Aufgaben erinnern jedoch auch an die altgriechischen und orientalischen Scharfsinnsproben. Wir finden das Märchen mehr oder weniger vollständig vor allem in Italien u. a. bei BASILE (gest. 1632) in dessen Pentamerone (V, 4) sowie in Griechenland, Portugal, Spanien, Frankreich, in der Sowjetunion, in Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und auf Island. Einen Sondertypus gibt es bei den Kalmücken im Siddhi-Kär. In HYLTEN-CAVALLIUS' Nr. 14 A begegnen wir einer Heroisierung des Märchens, eingeschachtelt in 313 {Die magische Flucht). Das Alter des Märchens dürfte ebenso hoch sein wie das des Amor- und Psyche-Märchens, das wir in den hellenistisch-römischen Zeitabschnitt (300 v. bis 300 n. Chr.) verlegt haben. Möglicherweise hat 480 {Die Schreine) eine Anzahl Motive aus diesem Märchen entlehnt, wie die Prüfungen der Heldin während der Wanderung vom Brunnen zur Wohnstatt der Hexe (vgl. 511). Nr. 4)0. Prin% Esel mit der heier Ein Prinz wird in Eselsgestalt geboren, lernt aber wunderbar schön die Laute oder Leier zu spielen. Er zieht in die Welt hinaus, gewinnt das Herz einer Prinzessin, und in der Hochzeitsnacht legt er die Eselshaut ab und steht als unvergleichlich schöner Prinz da. In der nächsten Nacht verbrennt der Vater der Prinzessin die Eselshaut, und die Verwandlung ist für immer behoben. Dieses Märchen ist eine von GRIMM besorgte Übersetzung eines lateinischen Gedichtes Asinarius, das in acht Handschriften in verschiedenen Städten von München bis Leningrad vorliegt, von denen die älteste spätestens aus dem 14. Jahrhundert stammt. Das Gedicht dürfte in Nordfrankreich oder Belgien verfaßt worden sein. In Schweden ist das Märchen (abgesehen von einem in der Übersichtstabelle angegebenen Fragment) nur durch eine Übersetzung aus GRIMM in einem Volksbuch aus dem Jahr 1823 vertreten1. Das lateinische Original hat aber sicherlich ein Vorbild aus dem Osten gehabt, das dem Amor- und Psyche-Kreis angehörte. Es gibt mehrere indische Erzählungen mit uralten Wurzeln über vornehme Jünglinge in Tiergestalt (Adler, Affe, Esel etc.), die ihre menschliche Gestalt auf völlig gleiche Weise wie der Prinz in dem hier behandelten Märchen wiedergewinnen. Von Indra, dem Stammvater Vikramadityas, wird beispielsweise erzählt, daß er tagsüber als Esel und nachts 1

Möglicherweise ist die Erzählung von einem Spielmann in einem trojanischen Holzpferd (Sv. L . I X , 5 1 3 ) von diesem Märchen inspiriert worden.

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als Mensch auftreten mußte, bis ein König die Eselshaut verbrannte. Auch bei den Persern gibt es eine ähnliche Darstellung in FIRDAUSIS Schahnameh (um iooo n. Chr.). Bildliche Darstellungen eines musizierenden Esels sind seit Jahrtausenden im Orient und im alten Griechenland bekannt, waren aber auch bei den Holzschnitzern des Mittelalters in Europa modern, wo auch gewisse Sprichwörter zeigen, daß dieser Gedanke die Sinne beschäftigte. Nr. 4}2. Der Liebhaber als Vogel Ein in einen Vogel verwandelter Prinz besucht seine Liebste, bei der er jedoch menschliche Gestalt annimmt. Ihre Stiefmutter hat böse Ahnungen und setzt Eisenspitzen in das Fenster, durch die der Prinz verwundet wird. Beide fliehen und erfahren durch die Reden der Vögel u. dgl., wie die Wunden geheilt werden können. In diesem Märchen handelt es sich weniger um die Frage der Wiederverwandlung als um die Gefahr, der sich der Liebhaber aussetzt für den Fall, daß sein Wunsch verwirklicht würde, gleich einem Vogel zu seiner Liebsten fliegen zu können. Um den Ursprung des Märchens zu finden, müssen wir auch bis zur Lyrik und Romantik der Ritterzeit zurückgehen. Die ältesten wirklichen Vorbilder finden wir bei MARIE DE FRANCE (um 1150 in Yonec) und hauptsächlich im westlichen Europa. MARIE DE FRANCE wurde jedoch, wie es oft der Fall ist, auch hier vom Osten inspiriert. In orientalischen Märchen, wenn auch in ziemlich späten, besonders in indischen und persischen, besuchen Könige ihre Liebsten oft in Vogelgestalt. Am bekanntesten ist vielleicht König Papagei in der türkischen Version der Sieben weisen Meister (Vierzig Wesire) aus dem 15. Jahrhundert. In Deutschland hat das Märchen nur wenige Belege, ist aber in Italien und Dänemark desto reicher vertreten. Wir begegnen ihm auch in Norwegen, Portugal, Spanien, in der Sowjetunion und Ungarn sowie auf dem Balkan, u. a. bei den Türken, mit einigen Ausläufern auf der einen Seite nach Afrika und Indien, auf der anderen nach Brasilien und Chile. Den Liebhaber in Vogelgestalt nennt man im Norden oft ungenau den „grünen Ritter". In der schwedischen Überlieferung ist das Märchen besonders spärlich vertreten. Eines der beiden schwedischen Volksbücher folgt der Darstellung MME. D'AULNOYS in L'Oiseau bleu und das andere Le Roi Magicien im Cabinet des fees. Das erstere hat zwischen den Jahren 1794 und 1875 nicht weniger als 40 Auflagen erreicht, während das letztere, 1828 gedruckte, nie mehr herausgegeben wurde. Das Märchen ist jetzt am besten bekannt durch A T T E R B O M S und T O P E L I U S ' Fdgel blä (Der blaue Vogel). Auch auf dem Gebiet des Volksliedes wurden gleiche Themen behandelt, in Schweden in dem Lied Den bedelgranna (ARWIDSSONS Nr. 112) aus dem Jahre 1573. Der Zusammenhang zwischen diesem Märchen und 425 (Amor und Psyche) wird oft als selbstverständlich angesehen, ist aber nur ganz lose. Dennoch gibt es eine Anzahl Varianten, die gleich dem langen Typ des Amor- und Psyche-Märchens das Motiv von der Wanderung der Heldin und dem Wiederaufsuchen des Helden sowie dessen endgültige Rückverwandlung hinzugefügt haben. 7*

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Nr. 4}) AB. König Lindwurm Die einfachste Form (der A-Typ) dieses Märchens kann so skizziert werden: Ein Mädchen wird von einer Schlange in deren Schloß gebracht. Ihre Liebe löst die Verzauberung der Schlange. Wir finden dieses Märchen, wenn auch nur vereinzelt, in Schweden, Norwegen, Dänemark und Estland und ein dementsprechendes Volkslied in Schweden, Dänemark und Jugoslawien (GEIJER-AFZELIUS Nr. 72, DgF Nr. 65). Der andere Typ (B-Typ) handelt von einem König oder Brahmanen und seiner kinderlosen Gemahlin, die [ v o n einem alten Weib eine F r u c h t (Zwiebel, Apfel, Rosen oder dgl.) zu essen bekommt. Sie b e f o l g t deren V o r s c h r i f t e n n i c h t r i c h t i g , ] gebiert [am g l e i c h e n T a g zuerst] einen Lindwurm [dann einen Prinzen]. Als der Lindwurm herangewachsen ist, fordert er eine Braut [und das v o r seinem B r u d e r ] , und dem Vater gelingt es, eine Jungfrau zu finden, die bereit ist, sich mit dem Lindwurm zu verheiraten; [aber in der H o c h z e i t s nacht tötet er seine G e m a h l i n und v e r s c h l i n g t sie ganz. D i e s w i e d e r h o l t sich m e h r f a c h ] , bis die auserkorene Braut in ihm so völlig aufgeht, daß der Zauber gebrochen wird und der Lindwurm sich in seiner menschlichen Gestalt als schöner Jüngling zeigt. Der Vater beeilt sich sodann, die Schlangenhaut zu verbrennen. Oder die Erlösung vollzieht sich dadurch, daß die junge Braut [den L i n d w u r m z w i n g t , eine Haut a b z u l e g e n , so o f t sie eines ihrer zahlreichen H e m d e n a u s z i e h t , und dann] ihn in Wasser [oder M i l c h ] badet [oder ihn p e i t s c h t ] , um dann an seiner Seite zu schlafen. Die obenstehende Version e i n s c h l i e ß l i c h der in Klammern gesetzten Züge gehört Dänemark und Schonen 1 an, während die Version ohne diese Züge Indien angehört. Dem Märchen kann man jedoch von Armenien und der Türkei nach Griechenland, Italien, Spanien, Portugal (mit Ausläufern nach Brasilien) sowie Süddeutschland und der Ukraine folgen. Selbst diese orientalisch-süd- und südosteuropäischen Versionen stehen den nordischen nahe, beginnen jedoch meistens einfach damit, daß sich die Königin ein Kind wünscht, wäre es auch eine Schlange (Schwein etc.), ohne auf irgendwelche Einzelheiten einzugehen, während die nordischen Varianten gewisse Züge aus 71 x (Die Zwillingsschwestern) entlehnen. Eine wichtige Gleichheit ist jedoch, daß das Märchen sowohl in nordischen als auch in orientalischsüd- und südosteuropäischen Varianten oft mit einem Verstoßungs- und Wiederaufsuchungsmotiv ausgebaut wird. In den südeuropäischen Varianten ist das Märchen meistens so wie die lange Version des Amor- und Psyche-Märchens (425) mit dem Verschwinden des Gatten auf Grund eines gebrochenen Tabus ausgebaut, in den orientalisch-südosteuropäischen mit einem mit dem Schwanenjungfraum'drchen (400) verwandten Motiv von einem verzauberten Scheintoten, und in den nordischen Varianten ist es mit einem Verstoßungsmotiv kombiniert worden, entweder aus dem Märchen vom Zurück1

Vgl. die Ausführungen unter 316, eine leider nicht lokalisierte Verschmelzung betreffend.

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holen des Vertrages mit dem Teufel (75 6 B) oder aus dem M ä r c h e n ^ w ö l f Schwäne oder Raben (451). Daß das letztgenannte Märchen eingeflochten wurde, dürfte zumindest teilweise auf den vielen Hemden sowohl in 451 und auf der hier behandelten Verwandlungsszene beruhen. Nach dem Wiederfinden endet das Märchen sowohl in den nordischen wie in den orientalisch-südeuropäischen Varianten mit der Wahl der Heldin zwischen ihrem ersten und dem zweiten, auf irgendeine Weise verzauberten, zugedachten oder wirklichen Gemahl. Der zweite Gemahl ist in den orientalisch-südosteuropäischen Varianten der verzauberte Scheintote, dem in den nordischen der durch den Teufelskontrakt Verschwundene oder der verzauberte Vogel 1 entspricht. In beiden Variantengruppen tut die Heldin bei der Wahl eine gleichartige, halb versifizierte Äußerung, aus der hervorgeht, daß ihre erste Liebe die stärkste ist. In den südeuropäischen Varianten finden sich die Partner wie im Amor- und Psyche-Märchen wieder, wenn das gebrochene Tabu, gewöhnlich das Verbot umfassend, von dem Helden zu sprechen oder seinen Namen zu nennen, gesühnt wurde. Der Name dieser südeuropäischen Varianten ist oft König Schlange (II re serpente), was dem nordischen König Lindwurm entspricht. Die weitgehende Gleichheit zwischen den nordischen und den orientalischsüdosteuropäischen Varianten zwingt uns nun am Bosporus und an Kleinasien vorbei nach Indien. Auch diese Varianten stehen, wie wir oben gesehen haben, den nordischen sehr nahe. Es ist zwar richtig, daß Indien als das Gebiet betrachtet werden muß, auf dem die Schlangenverwandlungen und der Schlangenkult am sichersten zu Hause sind, aber das Märchen ist in Indien viel ärmer als in Europa, und der Schlangenkult war, besonders in den ältesten Zeiten, etwas für die gesamte Antike Gemeinsames. Wir verweisen auf unsere Auslegung bei 285 (Schlange und Kind trinken Milch). Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß das Märchen weiter westlich, beispielsweise in Kleinasien oder Nordsyrien, entstanden ist, wo, wie wir gesehen haben, das Amor- und Psyche-Märchen (425) entstand, auf das unser Märchen aufbaut, und wo die Schlange bereits in der Hethiterzeit sehr beachtet wurde. Ein junger erfolgreicher Forscher hat die Heimat des Märchens nach V o r d e r a s i e n , möglicherweise dem Iran, verlegt und hat gefunden, daß die armenischen und türkischen Varianten die am besten zusammengesetzten waren 2 . Ein Hinweis auf die geradlinige Komposition des Märchens kann hinzugefügt werden. Der Ursprung einer bestimmten Sitte oder Vorstellung ist auch nicht immer dort zu suchen, wo sie sich am längsten hielt, besonders nicht am äußersten Rande des Gebietes. Nicht einmal die Tiermärchen, in denen die Schlange die Hauptrolle spielt, erwiesen sich immer als Indien zugehörig. Das Vorkommen des Märchens im Pantschatantra (I, 8 N) deutet jedoch auf ein ansehnliches Alter, selbst wenn es dort spät hineingekommen ist und das Manuskript erst aus dem Jahre 1199 stammt. Es gehört vielleicht wie das Amor- und Psyche-Märchen (425) der hellenistisch-römischen Periode an (300 v. — 300 n. Chr.) oder möglicherweise der frühbyzantinischen (300—1000 n. Chr.). Von Indien aus hat das Thema als Sage frühzeitig China erreicht, und es 1 2

„König Kranich" in E V A motiv in 706—712.)

WIGSTRÖMS

Skanskasagor S. 38. (Vgl. 451 und das Verstoßungs-

A N N A B I R G I T T A WALDEMARSSON-ROOTH

in Folkkultur 1942, S. 176 ff.

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hat sich dort daraus spätestens während der Zeit der Ming-Dynastie (1368 — 1644) ein für dieses Land spezieller Variantentypus entwickelt. Sicher ist, wie OLRIK hervorhob, daß der für den Norden typische Name König Lindwurm seine Ahnen nicht weiter zurück als bis zum Mittelalter zählen kann, und es ist nicht unmöglich, daß das Märchen erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts Dänemark erreicht hat. Wir scheinen hier, zumindest was den Norden betrifft, die gleichen Verhältnisse wie bei dem Batamärchen (GS 367) zu haben, dessen morgenländische Varianten viel älter sind als die westlichen, europäischen. Dasselbe wurde auch bei unseren Tiermärchen mehrfach nachgewiesen. Wenn die Heldin in einem Teil südeuropäischer Varianten nach dem gebrochenen Tabu den Helden sucht, wird sie mit Eisenbändern umgeben, die sie hindern, das erwartete Kind zu gebären, ehe sie ihn gefunden hat. Das sei hier erwähnt, da das Motiv in dem nächsten Märchen (440) mißverstanden wieder vorkommt. Die Verwandtschaft zwischen 430, 432, 433, 440 und 441 ist in diesem Zusammenhang zu beachten. Nr. 440. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich Eine Prinzessin verspricht sich einem Frosch. Der kommt, klopft an ihre Tür und will an ihrem Tisch sitzen und in ihrem Bett liegen. Sie hat ihr Versprechen vergessen, empfängt ihn widerwillig und wirft ihn an die Wand. Diese Handlung bewirkt die Wiederverwandlung in den König, der er ist. Auch hier haben wir einen Ableger des Amor- und Psjche-Märchens vor uns. Das Märchen scheint doch oft mißverstanden zu werden. Die Wiederverwandlung dadurch, daß die Prinzessin den Frosch an die Wand wirft, ist untergeschoben und findet sich auch nicht in SSF. Vielleicht hat man in diesem Zusammenhang an das übliche Köpfen gedacht, das auch in einer Anzahl Varianten vorkommt. Die Eisenbänder, nach denen das deutsche Märchen — GRIMM Nr. 1 — seinen Namen erhielt, dürften ursprünglich nicht Heinrich, dem Diener des Froschkönigs, gehört haben, sondern sind sicherlich wie in den südeuropäischen Varianten des vorhergehenden Märchens der H e l d i n als Strafe für ihr Vergessen oder gebrochenes Tabu angelegt worden. Damit sollte sie ihr Kind nicht eher gebären können, ehe sie sich nicht als Büßerin gedemütigt und ihren Gemahl aufgesucht hatte, so wie Psyche Amor suchen mußte. In den ost- und westslawischen sowie in den baltischen Ländern und in Ungarn ist der Held am häufigsten eine Schlange oder ein Krebs, und es kommt vor, daß bei der Wiederverwandlung die Schlangenhaut (der Krebspanzer) verbrannt wird sowie daß die Heldin wie im Amor- und Psyche-Märchen den Helden suchen muß. Dann steht das Märchen der ausgebauten, südeuropäischen Version von 433 B (König Lindwurm) sehr nahe und wird oft als eine Variante des Amor- und Psyche-Märchens angesehen (425). Außer den erwähnten osteuropäischen haben wir eine Anzahl Varianten in Deutschland, weitere in Schottland, Spanien, Flandern, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Finnland, während Frankreich und Irland nur einige Heroisierungen aufweisen. Das Märchen ist wahrscheinlich in einer lateinischen Handschrift aus dem 13. Jahrhundert in Süddeutschland erwähnt. Daß solche Märchen den alten Römern

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auch nicht unbekannt waren, beweist ein Zitat von PETRONIUS ( I . Jahrhundert n. Chr.): Qui fuit rana nunc rex est (Aus dem Frosch wurde ein König). Nr. 441. Der Igel Ein (von einer Frau geborener) Igel kauft eine Kelle und einen Hahn, und mit dieser Equipage fährt er zum nächstgelegenen Königshof, wo er die drei Töchter des Königs der Reihe nach wissen läßt, daß sie ihm entweder einen Kuß geben oder durch eine Stachelbeerhecke hindurchkriechen müßten. Die beiden Älteren ziehen es vor, durch die Hecke zu kriechen, aber die Jüngste gibt ihm den verlangten Kuß, wodurch er in den stattlichsten Prinzen verwandelt wird. Dieses in Schweden sehr ungewöhnliche Märchen gehört zum Amor- und PsycheKomplex und steht der Art des Tieres nach dem Märchen vom König Lindwurm (433 B) am nächsten, das bei STRAPAROLA (um 1550) durch 11 reporco (II, 1 ) vertreten ist. Es gibt Varianten dieses Märchens mit Wild- oder auch mit Stachelschweinen. Das Märchen vom Igel gibt es in Schweden, Deutschland, in den baltischen Ländern, in Italien, Ungarn, Griechenland sowie bei den west- wie südslawischen Völkern. In Norwegen ist es fragmentarisch. Auf dem Kontinent ist es reichhaltiger als in Schweden. Dort spielt der Igel Dudelsack und reitet auf einem wohlbeschlagenen Hahn. Er tritt als Hirt auf und weist der Reihe nach drei Könige, die sich im Walde verirrt haben, auf den rechten Weg. Von diesen bekommt er das Jephtha-Versprechen auf ihre jüngsten Töchter. Als der Igel kommt, um seine Belohnung zu fordern, empfangen ihn zwei Könige mit Hieben und Schlägen. Deren Töchter zerkratzt er böse oder tötet sie kurzerhand, aber mit der Tochter des dritten Königs verheiratet er sich. Die Igelhaut, die er nachts ablegt, wird auf sein Anraten verbrannt, worauf er für immer in den stattlichsten Prinzen verwandelt wird. Nr. 4J0. Brüderchen und Schwesterchen Es herrschen Trockenheit und Hungersnot. Eine Frau schneidet sich eine Brust ab, um ihrem Mann zu essen zu geben, und will auch ihre Kinder, einen Knaben und ein Mädchen, schlachten. Ihr Hund warnt die Kinder. Sie fliehen zusammen mit dem Hund, indem sie ein Messer, einen Kamm und eine Handvoll Salz mitnehmen. Als die Frau sie verfolgt, wird aus dem Messer eine gewaltige Ebene, aus dem Kamm ein Wald und aus dem Salz ein Meer. Da gibt sie die Verfolgung auf. Überwältigt von Durst trinkt der Knabe trotz der Warnung der Schwester das Wasser, das sich in einer Fährte, meist der eines Lammes, gesammelt hat, und wird dann in ein Lamm verwandelt. Bei einer Quelle angekommen, setzt sich das Mädchen auf einen Baum, während der Hund und das Lamm darunter umhergehen. Ein Prinz kommt zur Quelle, lockt das Mädchen herunter (oft mit Hilfe eines listigen Weibes), trägt sie in die Stadt und verheiratet sich mit ihr, aber die Stiefmutter (Amme, Zigeunerin) läßt sie in einen Brunnen werfen, wo sie in eine Ente verwandelt (oder von einem Fisch oder dgl. verschluckt) wird, während die eigene Tochter der Stiefmutter den Platz als Gemahlin des Prinzen einnimmt. Als die Stiefmutter das Lamm schlachten will, geht es zum Brunnen, und die Geschwister klagen einander ihr Leid, der Bruder,

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weil man „die Messer wetzt", die Schwester wegen ihres ungeborenen oder, wie meistens nördlich der Alpen, neugeborenen Kindes, das sie stillt. Der Hund darf oft bei diesen Zusammenkünften dabei sein. Einmal belauscht der Prinz das Gespräch, worauf die Wiederverwandlung geschieht, die richtige Gemahlin ihren Platz wiedererhält und die Ungerechten bestraft werden. Dieses Märchen, in dem die Usurpation nach der Hochzeit geschieht, ist in Schweden nur durch einige ziemlich zweifelhafte Fragmente vertreten, aber es liegt allen anderen Märchen zugrunde, die zu dem Kreis Die schwarte und die weiße Braut (AARNE 403 AB, 408, 533) gehören und auf die wir mit der Bemerkung hinweisen, daß Endehnungen zwischen vereinzelten Varianten der verschiedenen Märchen selbstverständlich vorkommen. Das Verbreitungszentrum des Märchens liegt in den Ländern an der unteren Donau. Dort und auf westslawischem Gebiet ist es am häufigsten zu finden. Weiter kommt es oft auf der Balkanhalbinsel in altertümlichen Formen vor, doch finden wir es auch in Spanien, Italien, Deutschland, Ungarn und in der Sowjetunion mit Ausläufern nach Dänemark, den baltischen Ländern und Finnland. Außerhalb Europas finden wir es im nördlichen Afrika mit dem Sudan sowie in Kleinasien, Arabien und Indien (siehe auch 5 1 1 , IV). Die Varianten aus Kleinasien sind besonders gut. Wir wollen nun den ersten Teil des Märchens mit der Mythe von Phrixos und Helle vergleichen. Diese Mythe findet sich als ein Glied der Argonautensage in einem Gebiet, das nicht weit entfernt vom Verbreitungszentrum des Märchens liegt. Als der thessalische König Athamas, heißt es in der Mythe, die Wolkengöttin Nephele verstieß, um sich mit Ino zu verehelichen, wurde das Land von einer Trockenheit heimgesucht. Da wollte Ino, einen falschen Orakelspruch vorschützend, Nepheles Sohn Phrixos opfern. Von einem Widder mit goldenem Fell gewarnt, flieht Nephele auf dem Widder zusammen mit ihrem Sohn Phrixos und ihrer Tochter Helle, und wie auf der magischen Flucht im Märchen werden sie durch die Luft nach Kolchis geführt. Das Motiv ist jedoch in der Mythe so umgewandelt worden, daß nur der Name Hellespont (Helles Meer), nicht das Meer selbst dadurch entsteht, da die Wolkengöttin dort ihre Tochter Helle verliert. Der Widder wird Zeus geopfert und das Fell — das berühmte Goldene Vlies der Argonauten — auf einer Eiche aufgehängt. Nach einer Version der Mythe heißt es, daß die Kinder vor dem rasenden Dionysos in einen Wald fliehen. PLUTARCH (gest. um 120 n. Chr.) bezeugt, daß noch zu seiner Zeit in Orchomenos in Böotien, zu dessen Königsgeschlecht Phrixos gehörte, Menschenopfer vorkamen, daß man aber dem Opfer — gleich Phrixos, dem Erstgeborenen — Gelegenheit zur Flucht zu geben pflegte. Die älteste schriftliche Quelle der Mythe geht bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. zurück, aber sie wird als allgemein bekannt schon von HOMER erwähnt. Sie dürfte gleich der gesamten Argonautensage in die homerisch-mykenische Periode verlegt werden können, und wenn das hier behandelte Märchen, wie es oft vorkommt, älter als die Mythe ist, so kann auch dieses oder zumindest der hier berührte Teil als zur genannten Periode gehörend betrachtet werden. Diese Gleichheit zwischen dem Märchen und der Mythe wurde von den Forschern, die besonders das Volksmärchen als Stoff zur Argonautensage behandelten, nicht beachtet.

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Der zweite Teil des Märchens ist ein typisches Verwandlungsmärchen. Die Verwandlungsmärchen gehören sicher zu unseren allerältesten. Sie kommen außer in diesem Märchen und in den hiervon abgeleiteten (403 A B und 408) auch im Riesen ohne Her£ (302) und zusammen mit dem Hauptmotiv des letzteren im Batamärchen (GS 367) und im Märchen vom Zauberer und seinem Lehrling (325) vor. Vielleicht können wir auch das Kuh- und Baummotiv im Aschenputtelkomplex (siehe 511) hierzu zählen. Wenn man es für möglich hielt, seine Seele an einen Ort außerhalb des Körpers zu verlegen, so konnte sie auch in ein Tier oder einen Baum verwandelt werden. Der für Ekstase und Selbsthypnose empfängliche primitive Mensch glaubt in diesem Zustand, wie bekannt, seine „irdische Hülle" zu „verlassen" und fühlt sich an andere Orte und in andere Gestalt versetzt. Wie das Batamärchen mit seiner unserem Märchen nahestehenden Verwandlungsserie seinen Ursprung in den Ländern südlich des Schwarzen Meeres hat, so dürfte auch gesagt werden, daß die Urform dieses Märchens einst diesen Ländern angehörte. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf 408 (Die drei Zitronen). Es dürfte auch auf Grund des dargelegten Verhältnisses zum Batamärchen und zur Argonautensage zumindest ebenso alt sein wie diese. Das Märchen wird somit im ganzen in die homerisch-mykenische Zeit (oder, mit anderen Worten, in die Zeit vor 700 v. Chr.) zu verlegen sein, doch mit Vorbehalt für den Zeitpunkt des Zusammenfügens der beiden Hauptmotive. Es ist in SSF nicht wiedergegeben, da die in die Übersichtstabelle aufgenommenen schwedischen Fragmente es nicht einmal annähernd zu seinem Recht kommen lassen 1 . Nr. 4Ji. Die 12 (6) Schwäne (Raben) Eine Schar Brüder (erfährt durch ein Zeichen von zu Hause, daß sie eine Halbschwester bekommen hat und damit zum Tode verurteilt ist) flieht und wird dann in Schwäne oder andere Vögel verwandelt. Ihre Schwester sucht und findet sie in einer Hütte im Wald. Sie muß ihnen nicht nur Hemden aus Blumen nähen, sondern dabei auch sieben Jahre lang stumm sein. Währenddessen wird sie von einem König gefunden und mit ihm verheiratet, jedoch beschuldigt man sie, ihre neugeborenen Kinder aufgegessen (Hunde oder dgl. nach 707 oder 712 geboren) zu haben, und sie wird daher zum Tode verurteilt. Gerade als die siebenjährige Frist zu Ende ist, wird sie von ihren rückverwandelten Brüdern gerettet, von denen der jüngste jedoch einen Fehler aufweist, da sein Hemd nicht völlig fertiggestellt werden konnte. Dieses Märchen erweckt beim ersten Ansehen den Eindruck, als ob es zu unseren ältesten orientalisch-europäischen Zaubermärchen gehört. Sein Verbreitungszentrum liegt jedoch in Mitteleuropa, und es erreicht in östlicher Richtung nicht einmal das russische Sprachgebiet und kaum den südlichen Balkan, ist aber sonst in Europa, auch in Frankreich, ziemlich gut vertreten. Vom Standpunkt der Märchen1

Dasselbe gilt für das Fragment des Märchens, das in Uppsalas Landsmäl- und Folkminnesarkiv eine Variante von 440 (Der Froschkönig) einleitet.

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forschung aus ist es interessant, daß eine nicht sehr gelungene bulgarische Variante in Armenien 1 ein Echo gefunden hat. In Wirklichkeit scheint das Märchen seinen Ursprung oder zumindest seinen ältesten Vertreter um 1185 in Lothringen zu haben, wo es der Mönch JOHANNES DE ALTA SILVA in seinen lateinisch zusammengeschriebenen Dolopathos, eine Bearbeitung der Sieben weisen Meister, aufgenommen hat. Seine Vorbilder scheinen teils eine gewöhnliche Schwanenjungfrausage oder möglicherweise das Schwanenjungfraumärchen (400), das schon um 1150 Frankreich erreichte, teils das nach ÖSTRUP ursprünglich persische Märchen Die neidischen Schwestern oder, wie wir es hier nennen, Drei Schwestern wollen den König haben (707), gewesen zu sein. Der Verfasser von Dolopathos läßt einen jungen Ritter eine aus der übernatürlichen Welt stammende Braut (Nymphe) dadurch gewinnen, daß er eine Kette durchschlägt, mit der sie ungefähr so gebunden war, wie wir es in 403 A (Die weiße und die schwarte Braut) sahen. Sie gebiert ihm sechs Knaben und ein Mädchen, alle mit Ketten um den Hals. Sie wird von ihrer Schwiegermutter verleumdet, und als die Schwiegermutter die Kinder mit jungen Hunden vertauscht, wird sie von ihrem Gatten verstoßen und bis zur Brust in die Erde eingegraben. Die Kinder, die jedesmal, wenn sie ihre Ketten ablegen, in Schwäne verwandelt werden, leben unerreichbar im Wald. Schließlich beraubt sie der Diener der Schwiegermutter ihrer Ketten, wodurch sie Schwäne bleiben. Die Kette des Mädchens bekommt er jedoch nicht. Sie deckt dem Vater dann auf, wie alles zugegangen war, worauf die Mutter befreit wird und die Brüder ihre Ketten und die menschliche Gestalt wieder bekommen, außer dem jüngsten, dessen Kette beschädigt wurde. Einer der Söhne war Gottfried von Bouillon, der seitdem immer von seinem jüngsten Bruder begleitet wurde. Diese Darstellung ist zum Vorbild geworden für eine unendliche Zahl meist westeuropäischer Bearbeitungen, die nach und nach teils in die mündliche Überlieferung 2 , teils in Volksbücher Eingang fanden. Unser schwedisches Volksbuch von 1824, mit nur wenigen Auflagen, ist jedoch ganz einfach eine Übersetzung einer der GRiMMschen Versionen (Nr. 49). Die gleiche Übersetzung finden wir auch in einigen unserer ältesten sogenannten Märchenbücher von 1830 und 1843. Sie scheint auch nicht ohne Einfluß auf die mündliche Überlieferung gewesen zu sein. Die Hemden spielen in der GRiMMschen Version ungefähr dieselbe Rolle wie die Ketten in der Darstellung im Dolopathos. Sowohl an dem siebenten Hemd bei GRIMM wie an der siebenten Kette im Dolopathos war ein Mangel. Die Ketten kommen auch in der schwedischen Überlieferung vor. Ein späteres Volksbuch von 1852 mit ebenfalls nur wenigen Auflagen ist aus ASBJÖRNSENS und MOES Norske Folkeeventjr geholt. Auch dieses hat gewisse Spuren in der Überlieferung hinterlassen. Im übrigen wird auf 400 (Das Schwanenjungfraumärchen) und 707 (Drei Schwestern wollen den König haben) verwiesen. Das Märchen muß von den Rittermärchen 1

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Nach Amerika ist nach THOMPSON nur eine französische Variante gekommen, die unter den Indianern British Columbiens aufgezeichnet wurde. Sowohl PANZER als auch RANKE heben die Gleichheit zwischen unserem Märchen und dem Schwanenmotiv in den Bjarkarimur hervor (PANZER: Studien II, 376; F F C 1 1 4 , 25).

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mit dem vom Schwan gezogenen Helden, nach dessen Namen und Herkunft nicht gefragt werden darf, unterschieden werden. Nr. 460 AB. Antwort von Gott holen Siehe 461. Nr. 461. Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn werden Einem armen kleinen Jungen wird eine vornehme Heirat geweissagt. Der künftige Schwiegervater kauft das Kind und läßt es aussetzen (in einem Wald oder legt es in einer Kiste in ein Gewässer). [Oder man l e g t das K i n d v o r eine R i n d e r h e r d e o d e r eine A n z a h l f a h r e n d e r W a g e n o d e r auf eine B e g r ä b n i s s t ä t t e o d e r w i r f t es in einen A b g r u n d , oder man v e r s u c h t , die M u t t e r zu ermorden.] Das Kind wird jedoch gerettet und wächst heran. Als der künftige Schwiegervater dies erfährt, gibt er dem Jüngling einen Uriasbrief, der unterwegs geändert wird und die vorausgesagte Hochzeit während der Abwesenheit des Schwiegervaters verursacht. Da schickt der Schwiegervater den Schwiegersohn fort, um ihn lebendig in einem glühenden Ofen oder im Feuer verbrennen zu lassen, aber die Untat kommt über ihn selbst oder über seinen Sohn. Oder der Schwiegersohn wird ausgeschickt, drei Haare aus dem Bart des Teufels zu holen, und wird von verschiedenen Auftraggebern, die er unterwegs trifft, veranlaßt, Antwort auf gewisse von ihnen gestellte Fragen zu suchen. Die Fragen sind: Warum gibt ein gewisser Baum keine Früchte, ein gewisser Brunnen kein Wasser, wie ist ein bestimmtes genanntes Wassertier von seinen Leiden zu heilen, wie kann ein krankes Mädchen wieder gesund werden oder der Fährmann, der den Helden in die Unterwelt führt, freikommen. Der Jüngling löst seine Aufgaben mit Hilfe einer der weiblichen Angehörigen des Teufels, die, als sie den Potentaten laust, die drei Haare nimmt und ihm die Antwort auf die Fragen entlockt. Er wird nach Überbringen der Antworten reich belohnt. Neiderfüllt zieht der Schwiegervater den gleichen Weg wie der Schwiegersohn, muß aber als Fährmann zurückbleiben. Hier haben wir eigentlich zwei selbständige Märchen, die zu einem dritten verschmolzen sind, d. h. zu dem hier behandelten (461). Das erste Märchen, das bei AARNE die Nr. 930 (Der Uriasbrief) erhalten hat und vielleicht einmal ein Stammmärchen war wie die Kjros- und Habismärchen, finden wir in der ersten Hälfte des obigen Auszugs. Daraus können wir auch entnehmen, wie das Märchen teils in Indien, teils auf den beiden Seiten des Ägäischen und des Schwarzen Meeres oder, mit anderen Worten, in Kleinasien, im Kaukasusgebiet und auf dem Balkan erzählt wurde. Die Züge, die in Klammern gesetzt sind, gehören nämlich nur Indien, die in Paranthese nur den Ländern auf beiden Seiten des Ägäischen Meeres an. Die übrigen Züge dieser Hälfte gehören im großen beiden Gebieten 1 an. Der bekannte 1

Das Habismärchen, das von einem iberischen Königshaus handelt, ist von JUSTINUS (2. Jahrhundert n. Chr., B X L I V , 4) nach POMPEJUS TROGUS (etwa um Christi Geburt) in der auf griechische Quellen (wie THEOPOMPOS) gegründeten Historiae Philippicae auf lateinisch niedergeschrieben. E s erzählt von Habis' mehrfachem Ausgesetztwerden sowohl zu Lande wie auch auf dem Meer. Der letztere Z u g fehlt in den indischen Varianten des hier behandelten Märchens, während andere Züge ihnen nahestehen.

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Indologe ALBRECHT WEBER verlegt den Ursprung des Märchens nach dem Orient, am wahrscheinlichsten nach Indien, wenn sich auch, wie er sagt, gewisse Züge dem christlichen Legendenstoff nähern. Gleicher Auffassung ist der finnische Volksmärchenforscher AARNE, und auch er gibt in seiner gewissenhaften Untersuchung des Märchens Indien den Vorzug, wenngleich mit noch größerem Zögern. Gegen Indien als Ursprungsland des Märchens spricht i., wie AARNE selbst aufzeigt, daß die indischen Versionen kein ursprüngliches Bild des Märchens geben, 2. daß die dortigen Varianten nur (direkt oder indirekt) der schriftlichen und nicht der mündlichen Überlieferung angehören, 3. daß die indische Überlieferung zwar eine Anzahl Züge hat, die rings um das Ägäische und das Schwarze Meer fehlen, daß aber diese Züge als literarisch zu bezeichnen sind, während die Varianten um das Ägäische und das Schwarze Meer gleichzeitig die für dieses Gebiet typischen Züge (wie das Aussetzen des Kindes in einer Kiste auf dem Wasser) sowie auch Züge umfassen, die sich im übrigen nur in Indien finden, 4. daß die b e s o n d e r e n Z ü g e der indischen Varianten teilweise in dem seinem Ursprung nach westlicheren und älteren Habismärchen wiederzufinden sind (wo das Hinlegen des Kindes zum Zertrampeln und das Aussetzen wiederholte Male geschieht). Es scheint also, als ob man Indien sein Prioritätsrecht füglich an Kleinasien 1 abtreten lassen sollte. Gleiche Aussetzungsmotive haben wir übrigens außer in den Erzählungen über Kyros und Habis in den Märchen von Moses, Sargon, Ödipus, Romulus und Remus u. a. m. Sie scheinen hauptsächlich dem westlichen Orient und der homerisch-mykenischen Periode anzugehören. JUSTINUS nimmt neben dem Habismärchen auch die Erzählung über Kyros (I, 4 = HERODOT I, 107fr.) mit dessen Aussetzung und dem zweimaligen Hinzuziehen von Traumdeutern auf, das sich auch in unserem Märchen oft findet. Das älteste, obgleich von den Forschern in diesem Zusammenhange meist übergangene Vorbild für unser Märchen haben wir jedoch bereits in der von HOMER erwähnten Bellerophon-Mythe, die zweifellos aus Kleinasien stammen dürfte und dort sogar den Hethitern2 bekannt gewesen war, wenn auch der eigentliche Bellerophonkult griechisch (wahrscheinlich vom Isthmus stammend) genannt werden kann. Die Bellerophon-Mythe hat eine typisch geradlinige Komposition. Wenn wir als Einleitungsmotiv ein Stammärchen vom Habistyp mit mehreren Aussetzungsmotiven nehmen, stehen wir bald mitten in unserer eigenen Erzählung. Bellerophon wird zum Vater der verschmähten Anteia, dem König Iobates von Lykien in Kleinasien, mit einem Uriasbrief geschickt. Dadurch veranlaßt, schickt dieser den — wie behauptet wurde — in die Tochter verliebten Bellerophon zu der feuerspeienden 1

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A . OLRIK scheint zu einem fast gleichen Ergebnis gekommen zu sein. E r schreibt in „Kilderne til Sakses Oldhistorie", II, 1 7 2 : „ E s kann nämlich — infolge der A r t und der Stellen der Änderungen — nicht daran gezweifelt werden, daß der Ausgangspunkt des Zaubermärchens der südöstliche Teil Europas ist." T I L L E nimmt eine abwartende Haltung ein. V g l . vom Verf. in Bäckahästen II, 1 4 0 f . ; CONTENAU: L a Civilisation des Hittites et des Mitanniens (1934), S. 262 f.

Zaubermärchen Chimaira 1 . In dieser feuerspeienden Chimaira haben wir jedoch den ursprünglichen Schmelzofen des Märchens, in den der Schwiegersohn lebend geworfen werden sollte. Sowohl Ding wie Wort begegnen uns noch heute. Chimaira ist ein in Lykien tätiger Vulkan mit dem Namen Janartasch, aus dem stets brennende Gase ausströmten. Daraus läßt sich die Kopplung des Märchens mit Teufels- und Höllenmotiven leicht erklären. Folgen wir der Wanderung des Märchens weiter, so tritt seine Herkunft aus Kleinasien noch klarer hervor. Wir haben nämlich einige zwei- bis dreihundert Jahre alte Handschriften in Ägypten und Abessinien, die, nach allem zu urteilen, ihre Wurzelfäden im griechischen Kleinasien haben. Der Schwiegervater heißt Markianos und der Schwiegersohn Thalassion. Man braucht nicht einmal Griechisch gelernt zu haben, um in dem Namen das bekannte griechische Wort T h a l a t t a zu erkennen, und Thalassion bedeutet, wie man ganz richtig sagt, „ich habe ihn im Meer gefunden". Namen dieser Art kommen sowohl in der ägyptischen als auch in zwei der drei abessinischen Handschriften vor. Die Darstellungen haben eine deutliche christliche Prägung, und sowohl der Erzengel Michael als auch der Erzengel Gabriel gehören zur Staffage. Gehen wir nach Europa, finden wir zunächst eine Anzahl historisch ausgeschmückter Varianten vom 12. bis zum 16. Jahrhundert, wovon eine d e u t s c h e des Sachsen GOTTFKIED VON VITERBO (geb. um 1 1 2 0 ) mit Kaiser Heinrich III. als Hauptperson sowohl in den Gesta Romanorum als auch in Ett fornsvenskt Legendarium (II, S. 7 7 1 , 1210) wiedergegeben wird, und eine a l t f r a n z ö s i s c h e verlegt ihre Erzählung mit Kaiser Konstantin als verfolgtem Kind nach Byzanz und in die Zeit vor der Einführung des Christentums. Diese hat zum Teil auch die slawische Tradition erreicht und weist Einzelheiten auf, die den Gedanken ungezwungen zum Orient 2 zurückführen. Noch mehr ist dies mit einer türkischen Variante aus dem 17. Jahrhundert der Fall, die sich direkt teils der indischen, teils den ägyptisch-abessinischen Versionen anschließt, ohne daß man sie jedoch als von diesen abhängig bezeichnen könnte. Ihre Vorlage scheint sogar älter zu sein als die ägyptisch-abessinischen Texte. Da man ferner nicht annehmen kann, daß diese Texte von der indischen Version stammen, sieht es aus, als ob in voller Übereinstimmung mit dem oben Gesagten auch der Ursprung der letzteren in der Richtung nach Kleinasien zu verschieben wäre. Dieses Land besitzt auch zwei für das Märchen so wichtige Züge wie die im Namen des Kindes enthaltene Anspielung auf gewisse Ereignisse und 1

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Auf die gleiche Weise hat in einem späteren Abschnitt der Ödipus-Legende der Held die alles verheerende Sphinx zu töten, aber auch das nunmehr fast allen Kindern des Erdballs bekannte Rätsel zu lösen. — In der Mythe wird der Chimaira symbolisch durch ein Tier dargestellt, halb Schlange, halb Löwe, auf dessen Rücken eine Ziege sitzt, aus deren Rachen ständig Feuerflammen schlagen. Das Tier lag in einer tiefen Bergkluft, und es leuchtete feuerrot, wenn die Ziege ihren Schlund öffnete. Chimaira bedeutet auf griechisch Ziege. Der Austausch des Briefes wird sowohl in Indien, in Kleinasien als auch in den mittelalterlichen literarischen Quellen von der Tochter vorgenommen. Daß das Motiv schon frühzeitig im Westen bekannt war, zeigt S A X O S Doppelmotiv im Hamletmärchen (Buch 3 und 4).

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die Absicht, es zu ertränken. Diese beiden gehören gleichzeitig dem Habismärchen an. Was Habis bedeutet, ist zwar nicht völlig klar, aber aus dem Zusammenhang geht hervor, daß der Name auf gewisse Umstände des Märchens abzielt 1 . In der mündlichen Überlieferung wird das Märchen — wenn auch spärlich — im ganzen Orient bis nach China sowie in Europa, wo es gegen Westen und Südwesten jedoch am schüttersten belegt ist, in einer Form wiedergegeben, die der in den Ländern um das Ägäische und das Schwarze Meer vorkommenden Version am nächsten steht. Der religiöse Einschlag ist besonders in den russischen Aufzeichnungen zu bemerken. Es dürfte auch nicht ausgeschlossen sein, daß deren Quelle ein griechisch-orthodoxes Kloster war. Auf Chalkidike hat man nämlich im Athoskloster ein Bild gefunden, das die Rettung des künftigen Schwiegersohnes aus dem Wasser durch die Engel Gabriel und Michael darstellt. Erzählungen dieses Typs enden oft mit dem Tod des Schwiegervaters durch einen Unglücksfall oder damit, daß der eigene Sohn in den Ofen fällt. Der Typus hat außerhalb des orientalisch-europäischen Verbreitungsgebietes über die Kapverdischen Inseln Massachusetts in den U S A erreicht, wird aber auch im östlichen Afrika (in der Suahelisprache über Harun al Raschid) wiedergegeben. Zu diesem Schluß gibt es jedoch, wie aus dem Auszug hervorgeht, eine Alternative, und damit kommen wir zur zweiten Hälfte des hier behandelten Märchens. Sie fußt auf einem orientalischen Märchen, das in A A R N E S Typenkatalog die Nummer 460 A B (Antwort von Gott holen) besitzt und worin der Held Gott oder das Schicksal — in China Buddha — aufsucht, um Antwort auf eine Frage zu erhalten, die ihn bekümmert, oder um eine Belohnung zu bekommen. Unterwegs begegnet er Bäumen, Tieren und Menschen, die ihn bitten, weitere Fragen vorzubringen. In den indischen und chinesischen Varianten führt seine Wanderung zu irdischem Glück, in den Ländern um das Ägäische und das Schwarze Meer und auch in Italien endet das Märchen dagegen oft mit dem Tod des Wanderers. Da das Märchen weiter nach Westen wieder den gleichen Schluß wie in Indien erhält, darf man davon ausgehen, daß diese Alternative auch in den dazwischenliegenden Gebieten vorhanden war, aber teilweise durch eine christlich-religiöse Version ersetzt wurde. In Böhmen zieht der Antwort suchende Held wohl noch zu dem allwissenden Gott, aber auch zur halb menschenfeindlichen Sonne und selbst zum Teufel. Dem letztgenannten Zug begegnen wir bereits auf der geographischen Breite von Drau und Save. Dieses Märchen ist es, das sich in Europa mit der ersten Hälfte des hier behandelten vereinigt hat, um sich dann mit diesem über unseren gesamten Erdteil zu verbreiten, im Südwesten bis zur Pyrenäischen Halbinsel, im Westen ungefähr bis zum Rhein und im Nordwesten bis zur Bretagne. Spuren des ursprünglich selbständigen Märchens Antwort von Gott holen finden sich jedoch fast auf dem gesamten Gebiet. In der Sowjetunion u. a. zieht der Held auch in dem zusammengesetzten Märchen oft zur Sonne anstatt zum Teufel. Ausläufer dieses kombinierten Märchens gibt es mehr oder minder vollständig nicht nur in China, sondern auch 1

J . BOLTE gibt in einem Aufsatz von TILLE eine handgeschriebene Anmerkung J . GRIMMS wieder, in der dieser Habis nennt und hinzufügt: „abea, Gebüsch" (— Wald, siehe Z . d. V . f. V k . X X I X , 28 Anrn. 1).

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im nördlichen und mittleren Afrika und, was das Schlußmotiv betrifft, besonders in Indonesien. Die Wanderung zu Frau Mutter Sonne ist über die Kapverdischen Inseln nach Massachusetts gekommen, wird aber auch unter den ThompsonIndianern bis hinauf in den kanadischen Teil des Kaskadengebirges erzählt. Bevor wir zur Altersbestimmung übergehen, wollen wir einige Einzelheiten untersuchen. Die Vorstellung, daß das Haar der Sitz der Kraft eines Menschen sei, ist uralt, und wir kennen sie schon aus dem Märchen von Simson. ÄSCHYLUS (geb. 525 v. Chr.) erzählt über König Ninos von Megara, daß dessen Leben mit einem goldenen Haar verquickt war, das auf seinem Haupte wuchs. Diese Vorstellung findet sich sowohl bei APOLLODOROS (2. Jahrhundert v. Chr.), als auch bei OVID (um Christi Geburt) und TZETZES (im 12. Jahrhundert n. Chr. in Konstantinopel). Während des Mittelalters war ein Haar aus dem Bart des Teufels vom magischen Standpunkt aus nahezu mit dem Stein der Weisen vergleichbar und deshalb, selbst wenn es einen scheußlichen Gestank verbreitete, wohl wert geholt zu werden. Durch dieses Hol-Motiv nähert sich das Märchen jedoch 550 (Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin). Die Haare werden sogar mitunter durch drei Federn und der Teufel durch einen Vogel oder Drachen ersetzt. Die in den Fragen erwähnten Tiere, die an der Wurzel des Baumes nagen, haben ein Echo in den sogenannten Jätakas oder Erzählungen über Buddhas Inkarnationen, ferner in den beiden Edden im Eichhörnchen Ratatoskr (wohl eigentlich = Rattenzahn) und in der Schlange Nidhöggr (siehe 1353). Der Schwiegervater heißt in der Sowjetunion meistens Marko oder Marko bogaty ( = reich), was mit Markianos in der ägyptischen Variante zusammenhängt. In Übereinstimmung hiermit findet man in den ostfinnischen Varianten Namen wie Markke, Bohattova oder dgl., ja, man findet sowohl dort als auch in Kleinasien sogar Namen mit der ungefähr gleichen Bedeutung, wie sie das abessinische Thalassion hat. Im Norden und in Deutschland heißt dagegen der Schwiegervater oft „Rike Per Krämare" oder „der reichste Kaufmann aus Amsterdam". Diesen Namen finden wir in finnischen Varianten als Pärkkräämäri oder Riikapeskreemeri wieder. Im Zusammenhang hiermit wird der Leser gebeten, die Wanderwege dieses Märchens mit denen zu vergleichen, die wir in 155 (Undankbares Tier wieder eingefangen) gefunden haben. Von den vielen indischen Varianten, die die erste Hälfte des hier behandelten Märchens umfassen und Aufzeichnungen haben, die bis 1400 zurückreichen, wurde schon vor 280 n. Chr. eine Übersetzung ins Chinesische gemacht, die ins Tripitakax aufgenommen wurde. Wir sahen, daß beiden Teilen des Märchens, jedem für sich, sowohl in Indien als auch in den Ländern um das Ägäische und das Schwarze Meer gern ein religiöser Stempel aufgedrückt wurde, und mitunter hat das kombinierte Märchen ein rein christliches Gepräge, wie in Ägypten und Abessinien. Auch der Fährmann hat einen religiösen Hintergrund. Das ist jedoch ein europäischer Zug. Den 1

Ch. Tr. 45. In einigen indischen Varianten wird des Kindes Fuß beim Aussetzen verletzt, genau wie in der Ödipusmythe. (ödipus = geschwollener Fuß.)

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Gedankengang finden wir aber sowohl im Pantschatantra (V, 3) wie im Tripitaka in der Mythe vom Mann, der gezwungen ist, ein Eisenrad zu schwingen, bis er abgelöst wird 1 . Ein Blick zurück zeigt nun, daß der erste Teil des Märchens seinen ältesten Beleg in der Bellerophon-Mythe mit deren hethitischen Wurzeln hat und daß diese Mythe mit allergrößter Wahrscheinlichkeit der homerisch-mykenischen Zeit oder der Zeit vor 700 v. Chr. angehört. Dieses Märchen, auf dem die Mythe aufbaut, dürfte dann während der archaisch-klassisch-griechischen Zeit (700—300 v. Chr.) mit irgendeinem Stammärchen vom Kyros- oder Habistyp verflochten worden sein, um später, während der hellenistisch-römischen Zeit (300 v. —300 n. Chr.), zu einer Art Legendenmärchen entwickelt zu werden. Die schließliche Verschmelzung dieses Legendenmärchens mit dem an sich zweifellos ebenso alten Märchen 460 A B (Antwortvon Gott holen), d. h. des ersten und zweiten Teils des Märchens, hat jedoch, wie deutlich zu bemerken ist, erst in einer f o r t g e s c h r i t t e n e n b y z a n t i n i s c h - c h r i s t l i c h e n Z e i t stattgefunden. Hier muß auch hervorgehoben werden, daß die in den Märchen so oft vorkommende Redewendung „Hier riecht's nach Christenblut" ursprünglich diesem Märchen angehört zu haben scheint. Beide Hälften des Märchens haben jedoch den Norden in einer vom nordischen Gesichtspunkt aus relativ frühen Zeit erreicht. Wir finden Spuren davon bei SAXO (um 1200) in seinem 3. und 4. Buch in den Märchen von Amleth (Hamlet) mit deren doppeltem Uriasmotiv sowie im 8. Buch im Märchen von Torkils Fahrt zu Ütgardaloki, die Torkil unternimmt, um Antwort auf gewisse Fragen der richtigen Gottesverehrung zu bekommen, und um ein Haar aus dem Bart des Riesen zu holen. Die Fahrt zu Geirröds Hof im selben 8. Buch ist nur eine Dublette. Das Ofenmotiv haben wir in Häkonar pattr Härekssonar in einer Variante von 910 A B C (Die guten Ratschläge). In diesem Zusammenhang kann es von Interesse sein, daß der Z u g v o m Holen des Barthaars sich in Frankreich erst in Huon de Bordeaux (um 1220) erkennen läßt. Man hat geglaubt, in der älteren Edda noch ältere Spuren zu finden. In der Hjmiskvida (vielleicht v o m 10. Jahrhundert) kommen Thor und Tyr zum Riesen Hymir, genauso wie der Jüngling im Märchen. Der Riese ist nicht zu Hause, seine Frau versteckt sie und beruhigt den Riesen, als er heimkommt. Das Szenenbild ist uns nicht unbekannt, dürfte jedoch zu 302 (Der Riese ohne Her%) gehören, worauf wir verweisen. HlcHjmiskvida dürfte auch geschrieben worden sein, ehe die andere Hälfte des Märchens ausgebildet war und den Norden erreichte. In Schweden kam GRIMMS Version als Schillingdruck mit etwa einem halben Dutzend Auflagen zwischen 1824 und 1843 heraus, die von NICOLOVIUS mit ebenso vielen zwischen 1850 und 1858 und schließlich die Version von AFZELIUS 1857 ohne weitere Auflagen. Daneben kommt jedoch eine Anzahl fremder gedruckter Versionen vor. Nr. 470. Der tote Freund und der Bräutigam Ein junger italienischer Herzogssohn soll seine Hochzeit feiern. Der reinherzige junge Mann bittet Gott, daß ein Engel anwesend sein und seine Keuschheit beschützen 1

Ch. Tr. 39 (übersetzt vor 280 n. Chr.).

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möge. Als die Hochzeitsgäste versammelt sind, verläßt er die Burg und erneuert sein Gebet in der Kapelle der heiligen Jungfrau. Als er von dort fortreitet, begegnet er einem Engel in glänzend weißem Gewand. Der Bräutigam führt ihn zum Hochzeitshaus. Alle bewundern den neuen Gast, sehen aber nicht, daß es ein Engel ist. Als die Hochzeit zu Ende ist, will der Bräutigam seinen neuen Gast nicht gehen lassen, und nach langer Überredung verspricht dieser, ihn von einem Maulesel bei der Kapelle abholen zu lassen, wenn sein Herr es zugestünde. A m folgenden Morgen reitet der Bräutigam mit seinen Dienern hin, der Maulesel steht dort, er setzt sich auf und befiehlt seinen Dienern, ihn abends wieder abzuholen. Als die Diener am Abend kommen, warten sie jedoch vergebens auf ihn. Man sucht ihn sodann im ganzen Reich, aber niemand kann ihn finden, und seine Gemahlin nimmt den Witwenschleier. Der Maulesel aber hat seinen Reiter mit Windeseile durch die Luft zu herrlich grünenden Feldern, durch Gärten und über Berge zu einer aus edlen Steinen und Gold gebauten Stadt getragen. Alle Menschen sind in Weiß gekleidet, tragen Palmzweige in den Händen, Kronen auf den Häuptern und lobpreisen den Herrn. Sein Gast kommt zu ihm und sagt einige freundliche Worte, macht ihn aber darauf aufmerksam, daß es Zeit sei, an den Heimweg zu denken. Wieder setzt sich der junge Herzog auf den Maulesel, aber bei der Kapelle angelangt, warten keine Diener, und als er zur Burg kommt, sieht diese wie ein Kloster aus, und der Torhüter will ihn nicht einlassen. Der Jüngling gibt sich als Herr der Burg zu erkennen und erzählt, wie er seine Hochzeit gefeiert habe. Der Torhüter hatte wohl von so etwas erzählen hören und schickt nach dem Abt. Der sieht des Jünglings weiße, mit Edelsteinen besetzte Kleider, und es kommt ihm vor, als stünde eine himmlische Gestalt vor ihm. Sie vergleichen seine Angaben mit den Schriften des Klosters und Inschriften auf Grabsteinen. V o r joo Jahren hatte die Hochzeit stattgefunden, der Bräutigam war verschwunden und die Burg war der Kirche als Kloster geschenkt worden. Der A b t läßt ein großes Gastmahl richten, damit alle den vom Paradies gekommenen Engel betrachten können. Der aber will nichts essen, und als er schließlich einen Bissen Brot in den Mund nimmt, wird er in einen alten verrunzelten Mann verwandelt, und seine Kleider werden armselig und zerlumpt. Da dankt er dafür, daß es ihm beschert war, das Paradies zu sehen, wo 300 Jahre wie ein halber Tag waren, empfängt das Sakrament und hat ein seliges Ende. Amen. So lautet auszugsweise die älteste und möglicherweise auch die ursprünglichste Darstellung unseres Märchens in einer lateinischen Handschrift 1 Italiens aus dem 13. Jahrhundert. E s ist typisch für die mittelalterliche Visionsdichtung. Das Märchen wurde sowohl schrifdich als auch mündlich verbreitet. E s findet sich — teilweise in gebundener Form — auch in Deutschland, den Niederlanden, Schottland, im gesamten Norden wie auch bei den ost-, west- und südslawischen Völkern. In den Niederlanden hat man eine Handschrift aus dem 15. Jahrhundert gefunden, die unseren schwedischen Versionen am nächsten steht. In dieser ist nämlich der Hoch1

Die Handschrift des Grafen R A C Z ^ N S K I (Z. f. d. Phil. XIII, 338 ff.). Eine isländische Handschrift aus dem 13. oder 14. Jahrhundert scheint ein Fragment des Märchens zu enthalten (Sv. L. V. 6, S. 89).

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zeitsgast kein Engel, sondern ein verstorbener Freund und Vetter, ein Ritter, der seinem Versprechen gemäß an der Hochzeit teilnahm. A n seinem Grab stand ein weißes Pferd, das den Bräutigam in das Paradies führte, so wie in der italienischen Version der Maulesel. Eine noch größere Verbreitung haben die Varianten, denen als Hauptmotiv Beschreibungen über eigentümliche Gesichte von der anderen Welt eingefügt wurden, von denen es heißt, daß sie Strafen oder Belohnungen für in dieser Welt begangene Taten seien. Wir finden eine solche in einem schwedischen Schillingdruck aus dem Jahre 1833. Die Vorstellung v o m schnellen Verlauf der Zeit in der übernatürlichen Welt ist in Indien und China wohlbekannt, in China bereits im 5. oder 6. Jahrhundert belegt. Man vergleiche das nächstfolgende Märchen, ferner 1180 (Wasser im Sieb holen) und 1248 (Stangen kreuzweise tragen).

Nr. 4ji. Die Brücke %ur anderen Welt Drei Brüder ziehen nacheinander aus, um ihre Schwester zu befreien. Mitunter bekommen sie von einem Riesen den Auftrag, sieben Ochsen (Lämmer) zu hüten und Proben von dem vorzuzeigen, was die Tiere fraßen. Den beiden Älteren mißlingt es, und sie werden zu Stein verwandelt, aber der Jüngste läßt sich auf seinem Weg selbst von den Verlockungen glitzernder Bäume, von Vögeln oder alten Weibern nicht aufhalten. Er kommt über eine Brücke und sieht die merkwürdigsten Dinge: magere Tiere auf fetter Weide, fette Tiere auf magerer Weide und Tiere, die einander bekämpfen; aber die Ochsen gehen hurtig weiter und kommen schließlich zu einer Kirche. Dort werden sie in Priester verwandelt und verlangen das heilige Abendmahl. Auch der Bursche nimmt daran teil, und als sie heimkommen, kann er vorzeigen, was die Ochsen gegessen haben. A u f diese Weise wird die Schwester befreit, die Brüder werden wieder zurückverwandelt und kehren nach Hause zurück mit der Ermahnung, Gottes Geboten zu folgen, nicht zu wuchern wie die mageren Tiere mit der fetten Weide, nicht gierig und uneinig zu werden, wie die Tiere, die einander bekämpften, sondern wohltätig zu sein wie die fetten Tiere, die sich mit wenigem begnügten. Dieses der mittelalterlichen Visionsdichtung angehörende Märchen hat auf dem romanischen Gebiet zweifellos seine größte Verbreitung. Es wird dort einfach als ein Blick in das Himmelreich erzählt, den ein Diener auf Befehl seines Herrn und Königs tut, um zu fragen, ob dessen tägliches Senden von Brot an die im Fegefeuer Schmachtenden eine dem Herrn wohlgefällige Tat sei. Im Himmel hat er teilweise dieselben Gesichte, wie oben im Auszug beschrieben, und sie erhalten ungefähr gleiche Erklärungen. Außerhalb des romanischen Gebietes ist das Märchen ziemlich selten. Wir finden es jedoch mehr oder minder vereinzelt in England, Flandern, Deutschland, Ungarn, Jugoslawien, im europäischen Teil der Sowjetunion, bei den sibirischen Tataren sowie im gesamten Norden mit den baltischen Ländern, wozu vereinzelte Spuren in Indonesien mit den Philippinen, in Nordafrika und Mexiko kommen. Sowohl innerhalb wie außerhalb des romanischen Gebietes ist es oft wie in der in SSF wiedergegebenen Variante auf irgendeine Weise mit dem Weihnachtsabend verbunden.

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Schon um das Jahr 600 begegnen wir in den Dialogen des Papstes GREGORIUS DER GROSSE der Vorstellung von einer Totenfahrt ins Jenseits. Der W e g ging durch den offenen Rachen eines Untiers. Diese Vorstellung spiegelt sich in der isländischen, norwegischen und finnischen Dichtung wieder, u. a. in dem isländischen Märchen aus dem 14. Jahrhundert von Eriks Fahrt nach Odäinsakr oder dem Paradies. Diese Dichtung scheint mit einer älteren Schicht des Märchens zusammenzugehören. Gleichzeitig ist noch festzustellen, daß Reisen ins Totenreich, die an und für sich ein allgemein-menschliches Motiv sind, nicht nur der babylonischsumerischen Dichtkunst, wie dem Gilgameschepos, sondern auch der indischen angehört haben, die nicht ohne Einfluß auf die Visionsdichtung des Mittelalters gewesen sein dürfte. Besonders die Erklärungen der Visionen sind ein typisch indischer Zug. Man darf jedoch auch nicht die entsprechenden Motive der Antike vergessen, die u. a. in 1180 (Wasser im Sieb holen) durchschimmern. Man vergleiche auch 470 (Der tote Freund und der Bräutigam) und 1248 (Stangen kreuzweise tragen). Nr. 4Jj. Der Höllenhei^er In Schweden begegnen wir nur einzelnen Motiven dieses Märchens, meistens zusammengefügt mit 361 (Sich nicht waschen dürfen), auf das wir hinweisen. Nr. 480. Die Schreine Eine Stiefmutter stößt ihre Stieftochter in einen Brunnen, manchmal unter der Anschuldigung, daß sie ihre Spindel oder dgl. verloren habe. Die Stieftochter begegnet dort Tieren und Dingen (Kuh, Apfelbaum, Ofen usw.), die sie nach deren Wünschen bedient, und zuletzt kommt sie zu einem alten Weib, dem sie ein ganzes Jahr treulich dient, wobei ihr die dankbaren Tiere zu Hilfe kommen. A m Ende der Dienstzeit wird sie mit einem Zauberschrein belohnt, der große Kostbarkeiten enthält. Da stößt die Stiefmutter auch die eigene Tochter in den Brunnen, aber deren wenig diensteifriger Sinn läßt sie nur einen Schrein erwerben, der Unglück bringt. Im Aschenputtel-Komplex finden wir, wie zuerst die Heldin und dann die Stiefschwester, die den Auftrag haben zu spinnen, wobei die helfende K u h die Hauptrolle spielt, ihre Spindeln in einen Brunnen fallen lassen, diesen folgen und Abenteuer von gleicher Art erleben, wie sie in diesem Märchen geschildert sind. Wir können diesen Z u g auf orientalisch-europäischem Überlieferungsgebiet auf beiden Seiten von Konstantinopel sowohl nach Persien wie nach Portugal (siehe 511, IV) verfolgen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß diese Episode die Grundlage zu dem hier behandelten Märchen mit dem gleichen Thema ist und daß es, wie wir unten sehen werden, durch Entlehnungen aus anderen Märchen vervollständigt wurde. Das Märchen von den Schreinen ist deutlich europäisch, aber seine außereuropäischen Varianten sind ziemlich zahlreich, wenngleich oft kaum erkennbar. Es erreichte Indonesien mit den Philippinen, das nördliche und mittlere Afrika, besonders die Westküste, wie auch Amerika. In Amerika findet sich das Märchen 8«

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nach THOMPSON in fran2ösischer Sprache in Kanada, weiter am unteren Mississippi, in Westindien und in Französisch-Guayana. Auf spanisch wird es in Peru erzählt und auf portugiesisch in Brasilien. Nach PARSONS gibt es dieses Märchen bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts, verschmolzen mit dem Aschenputtelmärchen. Dieser Verschmelzung begegnen wir außer auf der Iberischen Halbinsel auch an der Westküste Afrikas und in Westindien. In den genau gleichen Gebieten auf beiden Seiten des Atlantiks werden die Schreine durch ein Ei oder eine Kalebasse ersetzt. Die Aufzeichnungen des Märchens können in Europa wie in Amerika nach hunderten gezählt werden. Es scheint, als ob das Märchen ursprünglich vom romanischen Sprachgebiet ausgegangen wäre, und wir können es von dort in Europa mit einem Zweig von Frankreich nach Deutschland, einem weiteren zu den britischen Inseln und Irland, einem nach dem Norden und einem nach den baltischen und den slawischen Ländern sowie nach Ungarn und Rumänien verfolgen. Die ost- und südslawischen Formen stehen dem Märchen oft ziemlich fern, aber wir finden dennoch Spuren davon auch im Kaukasusgebiet und im Iran. Die Gabenspenderin, die mitunter durch ein männliches Wesen ersetzt wird, heißt bei G R I M M Frau Holle, sonst in Deutschland Nixe, Hexe u. dgl. In Frankreich, Norwegen und Polen wird sie manchmal Jungfrau Maria genannt. Die Schreine, nach denen das Märchen den Namen bekam, scheinen der Vorstellung von der Jungfrau Maria als Gabenbringerin zu folgen, haben aber eine wesentlich größere Verbreitung. Sie haben u. a. Frankreich, Irland, die Niederlande, Deutschland, den ganzen Norden mit den baltischen Ländern, Rumänien und sämtliche slawischen Völker erreicht. Wir begegnen ihnen, eingeschaltet in ein anderes Märchen, bereits in den Gesta Romanorum. Sie entsprechen der Gabe, Perlen bzw. Kröten usw. zu lachen in 403 B (Die weiße und die schwarte Braut und die Männlein). Diese Gabe kommt auch abwechselnd mit den Schreinen in Frankreich, den Niederlanden, Schottland, Schweden und Polen vor. Oft sieht man gleichzeitig eine andere Entlehnung aus demselben Märchen, wie den Befehl, im Winter Erdbeeren zu pflücken. Gewisse Typen zeigen ebenso wie der obige Auszug eine Anleihe von 428 (Der musizierende Schrein oder Der Auftrag bei der Schwester der Hexe). Zu diesen Entlehnungen gehören u. a. die Prüfungen, denen die Heldin während der Wanderung vom Brunnen zur Wohnung der Hexe unterworfen wird. Oftmals wird die Wanderung in der Unterwelt fortgesetzt, bis die beiden Mädchen zu einer goldenen Pforte und einer Pforte aus Pech kommen. Diese Pforten kommen besonders in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Dänemark vor, und sie spielen teilweise die gleiche Rolle wie die Schreine. Sie zwingen zur Wahl, und dahinter steht die Belohnung oder die Strafe. In den Niederlanden, bei den westund südslawischen Völkern, ausnahmsweise auch in Schweden (wie in S S F I , 480, 1), ist es eine Kugel, ein Knäuel oder ein Kuchen, der den beiden Mädchen den Weg zeigt. Das ist eine Reminiszenz an die verlorene Spindel, die oft den gleichen Dienst tut. Als Einleitungsmotiv finden wir besonders in Italien auch die Aufgabe, Wasser in einem Sieb zu holen (1180). Das Märchen beabsichtigt deutlich, die christlichen Tugenden, die Demut und Anspruchslosigkeit, die Güte und Hilfsbereitschaft zu verherrlichen. Um so ver-

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wunderlicher ist es, wenn die Heldin, d. h. die in allem gerechte Stieftochter, besonders in Varianten aus dem nordwestlichen Verbreitungsgebiet des Märchens (Nordwestdeutschland, Dänemark und England) flieht, nachdem sie einen Geldbeutel von der sogar als Jungfrau Maria bezeichneten Gabenspenderin gestohlen hat. Das Märchen wurde hier selbstverständlich mißverstanden. Die älteste literarische Spur dieses Märchens haben wir in Italien bei BASILE (gest. 1632) in zwei ziemlich verblaßten Varianten (III, 10; IV, 7), von denen die eine (IV, 7) eigentlich nur eine Einleitung zu 403 A (Die weiße und die schwarte Braut und deren Brüder) ist. Die andere dagegen (III, 10) hat eine goldene Pforte und eine Stalltür zur Wahl. PERRAULT nahm das Märchen in seine Contes de ma mere l'Oye von 1697 auf, von wo es dann u. a. in ein schwedisches Volksbuch von 1798 (mit nur einer weiteren Auflage von 1802) kam. Dies war jedoch nicht der Weg, auf dem das Märchen zu einem der bis weit ins 20. Jahrhundert volkstümlichsten Erzählungen Schwedens wurde. Die literarische und die mündliche Überlieferung sind jede ihren eigenen Weg gegangen, und beide haben ihre besondere Prägung. Weder PERRAULT noch GRIMM erwähnen irgendwelche Schreine. Die Schreine gehören hingegen zur Hauptversion der mündlichen Überlieferung. Diese Version zeichnet sich im übrigen durch viele Wechselfälle mit Auslassungen und Hinzufügungen aus. Nicht einmal ein späterer Schillingdruck des Jahres 1859 aus HYLT£N-CAVALLIUS' Svenska Sagor och Äfventyr hat einen entscheidenden Einfluß auf die Hauptversion gehabt, trotz seiner roten, gelben, blauen und schwarzen Schreine. Von den vorkommenden Sonderformen wird eine durch die zu waschenden Köpfe charakterisiert, die es auch in Finnland und England gibt, eine andere durch das hungernde Mädchen mit dem singenden Knochen und eine dritte durch die Forderung „mit dem Hinterteil zu wackeln" 1 . In Irland, England, Norwegen, Dänemark und Spanien, besonders aber in Osteuropa, gibt es einen weiteren Sondertyp, meistens mit einer Katze, der die Heldin gegen ein auf Besuch kommendes Ungeheuer 2 zu Hilfe eilt. Das Märchen dürfte, nach all dem zu urteilen, dem Mittelalter oder der Neuzeit zugeschrieben werden können. Nr. joo. Titteliture oder Das Mädchen, das Gold spinnen sollte Eine Mutter behauptet, daß ihre Tochter etwas ganz Merkwürdiges spinnen könne, sogar Gold aus gewöhnlichem Stroh. Der König verspricht, sich mit dem Mädchen zu verheiraten, wenn dies wahr wäre, im anderen Falle werde es das Leben verlieren. Sodann macht er die Probe. Da kommt ein Männlein und verspricht dem Mädchen zu helfen, wenn es seinerseits verspräche, die Seine zu werden. Von diesem Versprechen könne es nur entbunden werden, wenn es innerhalb einer 1

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HENRIKSON: Plägseder och skrock bland Dalslands allmoge, 1889, S. 1 9 ; LIUNGMAN ACC. N r . 495; F . LINDER im Hembyden 1933, 86. Im schwed. Original heißt es „dansa vippa", bezieht sich also auf einen Tanz; diese Bezeichnung kommt aber vom Ausdruck „mit dem Hinterteil wackeln". Anm. d. Übersetzers. REIDAR TH. CHRISTIANSEN: Eventyr og Sagn (Abenteuer und Sagen), 1946, S. 32.

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gewissen Frist den Namen des Männleins errate. Das Mädchen besteht die Probe zur größten Zufriedenheit des Königs, doch da kommt das Männlein und will hören, ob es seinen Namen erraten habe. Jemand erzählt dem Mädchen, daß er ein Männlein um ein Feuer tanzen sehen und seinen Namen singen hören habe. Da wird das Mädchen froh, und als das Männlein wiederkommt, gibt es sich den Anschein, als ob es zweimal falsch geraten hätte, aber beim dritten Mal sagt es den richtigen Namen. Darüber wird das Männlein so zornig, daß es sich selbst mitten entzwei reißt. Ungefähr so dürfte das Märchen, das auch Das Mädchen, das Gold spinnen sollte genannt wird, in seinem Ursprungsgebiet am mittleren Rhein erzählt worden sein. Seine Entstehungszeit dürfte auf den Beginn der Neuzeit (ungefähr 1550) 1 verlegt werden können. Eine Variante des Namens des Männleins bei GRIMM, nämlich Rumpelstilzchen,findenwir bei FISCHART im Jahre 1 5 8 2 . Das Verbreitungsgebiet des Märchens umfaßt das germanische und romanische Sprachgebiet samt Irland, Polen, der Tschechoslowakei, Jugoslawien, den baltischen Ländern, Finnland und Ungarn. Vom westlichen Europa hat es Ausläufer nach Westindien. Daß zumindest die Südtiroler sich der Gleichheit mit DE LA CROIX', CARLO GOZZIS und SCHILLERS Turandot (d. h. Turans Tochter, aus den Jahren 1710, resp. 1762 und 1802) bewußt waren, geht daraus hervor, daß der Helfer bei ihnen den Namen Taradando bekam. In Schweden wird das Männlein oft Titteliture genannt. Der älteste schwedische Schillingdruck, aus HYLTILN-CAVALLIUS genommen, ist vom Jahre 1847, mit einigen Auflagen in den 1850er Jahren und einer finnischen Übersetzung von 1860. Das Märchen wurde jedoch schon 1838 in der GRiMMschen Version vom späteren Erzbischof REUTERDAHL in dessen Julläsning för barn gedruckt. Eine Anzahl schwedischer und finnischer Varianten scheint von derartigen Drucken beeinflußt worden zu sein. Nr. JOI. Die drei Spinnerinnen Eine Mutter behauptet von ihrer Tochter, daß sie etwas ganz Merkwürdiges spinnen könne. Ein Prinz verspricht, sich mit ihr zu verheiraten, wenn das wahr sei und stellt sie auf die Probe. Da kommen drei alte Spinnerinnen, die eine mit zu großer Lippe, die andere mit zu großem Daumen und die dritte mit einem zu großen Steiß vom vielen Spinnen. Sie versprechen zu helfen, wenn sie zur Hochzeit eingeladen würden. Alles geht nach Wunsch, und als der Prinz die entstellten Weiber sieht, verbietet er dem Mädchen das Spinnen. Dieses Märchen ist offensichtlich ein Schwestermärchen des vorhergehenden und scheint, mit diesem als Vorbild und wahrscheinlich als eine Art Schwank, im nörd1

Siehe die Spezialuntersuchung des Verf. in Rig. 1941, 8 9 f r . u n d F m . o . F t . 1943, 9 4 f r . u n t e r Vergleich mit CLODDS, POLIVKAS und v. SYDOWS im Quellenverzeichnis angegebenen Untersuchungen. Die verwandte Finnsage (vom Baumeistersagentyp) dürfte nach dem, was der Verfasser nachweist, ungefähr die gleiche Entstehungszeit, aber einen etwas nördlicheren Ursprung (um Viborg in Dänemark) haben. Siehe Fm. o. Ft. 1942, 86ff., 1 3 8 f f . ; S S Nr. 701 und S. 28off.

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liehen Deutschland entstanden zu sein. Sein Verbreitungsgebiet umfaßt Norddeutschland — mit den besten Varianten gegen Westen —, Flandern, England, Irland, die romanischen Länder, von wo aus es auch Brasilien erreicht hat, ferner den Norden; und schließlich im Osten einen relativ breiten Landstreifen zwischen den baltischen Ländern und Griechenland (bis Dnepropetrowsk im Süden der Sowjetunion). Die älteste, wenngleich ziemlich entstellte Aufzeichnung findet sich bei BASILE (gest. 1632) in seinem Pentamerone (IV, 4) und hat viele Nachfolger. Das Märchen ist demnach irgendeinmal vor dem genannten Jahr entstanden, wahrscheinlich in der Mitte des 16. Jahrhunderts 1 . In Schweden begegnen wir ihm als Schillingdruck vom Jahre 1847, aus HYLTEN-CAVALLIUS genommen, mit einigen wenigen Auflagen bis zu den 1850er Jahren. Doch scheint keine jetzt lebende Variante davon abgeleitet werden zu können. Hingegen können fast alle finnischen Aufzeichnungen als von Büchern beeinflußt bezeichnet werden. Daß die mündliche Überlieferung in Finnland überhaupt größere Empfindlichkeit für die Einwirkung von Druckwerken zeigt als in Schweden, dürfte nur damit zu erklären sein, daß das Interesse am Volksmärchen noch ganz lebendig war, als die Kenntnis des Lesens Allgemeinbesitz des Volkes wurde. Nr. J02. Der wilde Mann Ein junger Königssohn befreit einen wilden Mann, den sein Vater gefangen hielt. Er muß daher vor seinem Vater fliehen, doch wird er von dem wilden Mann aufgezogen. Die Ereignisse, die sich weiter abspinnen, folgen verschiedenen Motivreihen, wie der des Drachentöters (300), des Goldhaarigen (314), des Glasberges (5 30). Auf diese Märchen wird verwiesen. Wir sehen, daß das Märchen vom wilden Mann eigentlich nur ein Einleitungsmotiv ist. Doch gibt das wiederholte Eingreifen des wunderbaren Helfers dem Märchen oft einen gewissen Charakter, der sich im Märchen länger erhält als das Hauptmotiv. Wird von dem wilden Mann abgesehen, so könnte das Märchen auch „Der dreimal auftretende Ritter" genannt werden. Seine Haupthandlung würde dann entweder mit dem Schluß von 314 (Der Goldhaarige) oder mit den Varianten von 530 (Der Glasberg) zusammenfallen, in denen das eigentliche Glasbergmotiv durch ein unbestimmtes Kampfmotiv ersetzt wird und worin der Held mit drei schönen Pferden, schönen Rüstungen, stattlichen Heeren und dgl. beschenkt wird, wie z . B . bei SEGERSTEDT (S. 81 f.), COSQUIN (Nr. 43) und in der isländischen Vigkaenssaga. Hierin erhält der Held diese Gaben jedoch in Schlössern, die drei von ihm getöteten Riesen gehörten. Wir kommen auf das Vorbild am Schluß der Untersuchung von 530 zurück und wenden uns wieder dem Wilden Mann zu. Die Vorstellung, ein übernatürliches Wesen einzufangen, um von ihm gewisse Vorteile zu erlangen, ist uralt. Salomo hielt Asmodäus gefangen und Midas den Silenos. Als Silenos freigelassen wurde, erhielt Midas die Gabe, daß alles, was er 1

Siehe die Spezialuntersuchung des Verf. in Rig. 1941, S. 103 fr. unter Vergleich mit v . SYDOWS im Quellenverzeichnis angegebener Dissertation.

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berührte, zu Gold wurde. Der kleinasiatische Sagenkönig Midas wird schon von HERODOT (484—425 v. Chr.) erwähnt. Nach SAXO (um 1200) wurde Hading als landflüchtiger junger Prinz vom Riesen Vagnhoft aufgezogen, der ihm in seinen späteren Kämpfen auf wunderbare Weise half. Im Flatejarbök (vor 1380) wird von Halvdan gesagt, daß er den Riesen Dovre zum Gefangenen gemacht habe, der aber von Halvdans fünfjährigem Sohn Harald freigelassen wurde. Der Riese nahm den Knaben mit und zog ihn auf. Die Fortsetzung des Märchens gehört 314 (Der Goldhaarige) an. Das Motiv wird jedoch, wenn auch in etwas anderer Form, in SNORRIS Königsbuch (Halvdanar Saga Svarta, Kap. 8) aus dem 13. Jahrhundert wiedergegeben. Aus dem Gesagten sehen wir, daß derartige Vorstellungen mit Sicherheit in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. bekannt waren, in Kleinasien vielleicht schon in der homerisch-mykenischen Zeit, und daß das Motiv im Norden schon im frühen Mittelalter beliebt war. In unserer Zeit ist es in ganz Europa bekannt, und im Orient und in Afrika ist es zu mehreren arabisch-sprechenden Völkern sowie auch nach Sansibar und Siam vorgedrungen. In Amerika wird es in Brasilien und unter den Indianern im Mississippibecken erzählt. Nr. joß. Bucklige verlieren und bekommen einen Buckel Unterirdische Wesen (oder Gespenster) singen und tanzen. Sie bitten darum, einen buckligen Besucher rasieren und ihm das Haar schneiden zu dürfen. Als Dank nehmen sie ihm seinen Buckel weg und geben ihm einen Haufen Gold. Ein gieriger (und buckliger) Kamerad von ihm folgt in allem seinem Beispiel, wird aber nur mit dem Buckel seines Freundes und einem Haufen schwarzer Kohle belohnt. Dieses Märchen gibt es so gut wie in ganz Europa, aber mit einem deutlichen Übergewicht in dessen westlichen Teilen, trotz des einen oder anderen östlichen Ausläufers bis Japan. Es ist im 17. Jahrhundert sowohl in Irland als auch in Italien aufgezeichnet, aber schon um 1400 bei den Arabern in Kairo. Von Portugal aus hat es Brasilien erreicht. Eigentlich aber stehen wir hier, wie die historisch-geographische Ausbreitung uns vermuten lassen kann, vor einem Motiv mit antiken Wurzeln. Wir finden nämlich das Märchen, wenn auch in anderer Gestalt, in einer Inschrift vom Tempel des Asklepios in Epidauros. Der Thessaler Pandaros hatte ein Brandmal auf der Stirne. Er schlief im Heiligtum des Asklepios ein, und als er gemäß der Weisung, die ihm der Gott in einem Traum gab, die Binde abnahm, die er trug, war das Mal fort. Es war auf der Binde, und diese nagelte er im Tempel an. Er sandte dann seinen Sklaven mit einer Summe Geldes als Dankopfer hin. Auch der Sklave hatte ein Brandmal auf der Stirn, und auch ihm zeigte sich der Gott im Traum. Aber der Sklave leugnete, daß Pandaros ihn mit Geld zum Tempel gesandt hatte, versprach jedoch dem Gott ein Standbild, wenn er sein Mal verlöre. Als er die Binde abnahm, die ihm der Gott gegeben hatte, trug er sein eigenes Mal und das seines Herrn auf der Stirn.

Zaubermärchen Nr. jo6A.

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Die von Sklavenhaltern losgekaufte Prinzessin

Ein Kaufmann bezahlt die Schulden und das Begräbnis eines armen Verstorbenen. A u f einer Reise kauft er eine Sklavin (und ihre zwei Schwestern) frei und h e i r a t e t sie. E s stellt sich heraus — gewöhnlich durch eine Stickerei, die sie angefertigt hat —, daß sie die Tochter eines Königs ist. Als der Kaufmann sie heimführen will, wird er vom Kommandanten des Schiffes über Bord geworfen, jedoch gerettet und von einem unbekannten Mann, mit dem er alles zur Hälfte zu teilen verspricht, zu des Königs Schloß geführt. Der Kaufmann weist sich aus (durch einen Ring oder dgl.) und gewinnt die Prinzessin wieder, während der Kommandant des Schiffes bestraft wird. Nach Jahresfrist kommt der Unbekannte und begehrt seinen Lohn, d. h. die Hälfte der Prinzessin und des Kindes, die er mitten entzwei zu hauen droht. Schließlich erklärt er aber, daß er den Kaufmann nur auf die Probe stellen wollte und daß er der Tote sei, den dieser begrub. Sowohl in Ägypten wie in Athen durfte ein Toter nicht begraben werden, ehe seine Schulden bezahlt waren. Auch nach dem römischen Zwölf-Tafel-Gesetz hatte der Bürge das Recht auf Leib und Leben des Schuldners. Überhaupt wurde in Griechenland und im Orient das Begraben eines unbekannten Toten als besonders gute Tat betrachtet, die vom Begrabenen direkt und indirekt belohnt werden konnte. Diese Vorstellung von der Dankbarkeit Verstorbener, die aus Mitleid begraben wurden, gibt es auch in China. Das Motiv findet sich in einer Anzahl Märchen, u. a. in 506 A—508, welche von S. LILJEBLAD vom Oikotyp-Gesichtspunkt aus eingehend untersucht wurden. 506 A ist so gut wie über ganz Europa, von Schottland bis zum Balkan, verbreitet und scheint im w e s t l i c h e n E u r o p a e n t s t a n d e n zu sein. Es ist am häufigsten in Frankreich, Deutschland, Dänemark und Böhmen belegt und hat Motive aus der halb orientalischen m i t t e l a l t e r l i c h e n .Romandichtung entlehnt. Wir erwähnen u. a. 508 (Pippin und der dankbare Tote) und die orientalische Novelle Ali Nür ed-Din und Marjamr. Nunmehr hat es auch Indonesien und das nördliche Afrika erreicht. E s ist von den Portugiesen der Kapverdischen Inseln (nach 1 7 2 3 ) 2 nach Massachusetts gebracht worden und wird auch unter den Negern Westindiens und vereinzelt unter den Indianern Nordamerikas angetroffen. Der ältesten, vollständigen Variante — in der jedoch die Hilfe für den Toten durch eine Gabe an eine Nikolauskirche ersetzt wurde — begegnen wir in der Scala celi des südfranzösischen Dominikaners JOHANNES GOBIUS JUNIOR aus der Zeit um 1300. In Schweden haben wir nur wenige Varianten. Nr. j 0 6B. Die den Räubern (Unholden) entführte Prinzessin (auch Bootsmann Pelle genannt) Eine Prinzessin ist plötzlich verschwunden, und demjenigen, der sie findet, werden sie und das halbe Königreich versprochen. Ein Seemann von einem königlichen Schiff wird auf eigenes Verlangen auf einen Lukendeckel gesetzt und landet 1

2

HENNING X V , 5, beachte hierzu CHAUVIN V , 52, N r . 2 7 1 .

Vgl. bei ihnen den Namen des Helden, Jon de Sealais, mit MME. GOMEZ' Erzählung von Jean de Calais aus dem genannten Jahr (PARSONS S. 344 und B P III, 498).

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Zaubermärchen

auf einer Insel. Dort bezahlt er die Schulden eines armen Toten und kommt für dessen Begräbnis auf. E r gelangt zu einer Räuberhöhle, findet die Prinzessin, befreit sie und geht mit ihr an Bord eines Schiffes. Der Kapitän wirft ihn ins Meer und gibt sich selbst als den Retter aus. Der dankbare Tote, den der Seemann begrub, hilft ihm, den Bestimmungsort des Schiffes so frühzeitig zu erreichen, daß er beweisen kann, wer er ist, und seine Braut wiedergewinnt, während der Kapitän seine verdiente Strafe erhält. Dieses Märchen ist aus dem vorhergehenden im 17. Jahrhundert in Dänemark entstanden, indem man den Freikauf durch eine mehr handgreifliche Befreiung durch einen Seemann ersetzte. Das Teilungsmotiv ist jedoch ausgelassen. Das Märchen hat auf diese Weise die gleiche Motivkette bekommen wie 301 A (Der Bärensohn). Wir haben auch gesehen, wie der älteste europäische Repräsentant des Bärensohnmärchens, der in Schweden im Jahre 1701 aufgezeichnet wurde, gerade Motive aus dem Märchen vom Bootsmann Pelle1 in sich aufgenommen hat. Hierdurchist die sog. Seemannsversion des Bärensohnmärchens entstanden. Diese Verschmelzung dürfte auch in Dänemark stattgefunden haben. BÄCKSTRÖM hat, was Schweden betrifft, die Gleichheit zwischen den Motivketten in beiden Märchen beobachtet. Spätere Forscher, die das Thema behandelt haben, hoben jedoch die Parallelität mit dem Märchen vom König und v o m Soldaten 952 (Die Räuber in der eigenen Höhle gefangen) hervor, das jedoch nur zufällig Ähnlichkeit mit einer bestimmten Variante hat. Das Märchen vom Bootsmann Pelle findet sich in den nordischen Ländern sowie in Holland, Belgien, Schottland und in der Sowjetunion. Es hat u. a. Ausläufer nach Westindien. Die älteste schwedische Version begegnet uns in einem Volksbuch, das 1824 herauskam und bis 1886 etwa 30 Auflagen erlebte. Es ist jedoch schon einmal vorher, im Jahre 1819, in den Schwedischen Volksmärchen von I. IMNELIUS und L . HAMMARSKÖLD, dem ersten schwedischen Buch mit diesem Titel, gedruckt worden. Im Vorwort dazu heißt es ausdrücklich, daß die Darstellung auf einer mündlichen Aufzeichnung aus der Gegend von Götborg basiert, mit „Beibehaltung des Tones und der Diktion, die in diesen älteren Klein-Romanen üblich sind". Es beginnt mit den Worten: „ E i n König in Armenien, der Elmansib hieß, verlor seine heißgeliebte Gemahlin im Kindbett." Die Worte sprechen für sich selbst. Das Märchen hat nicht nur sein Entstehungsgebiet, sondern auch sein Verbreitungszentrum in Dänemark, und der Held heißt dort wie im ganzen Norden „Bootsmann". Dieses Wort gehört in Schweden eigentlich in die Zeit Karls X I . , man dürfte es aber schon seit Beginn des 17. Jahrhunderts verwendet haben. Es findet sich jedoch frühzeitig in den schwedischen Volksliedern. Der Name Bootsmann Pelle wurde in Schweden vom Volke auch 506 A gegeben. Nr.

JOJA.

Die Geliebte des Unholds (Tobiasmärchen)

Ein Jüngling sieht, wie man die Leiche eines Toten mißhandelt, und erfährt als Ursache hierfür, daß der Tote seine Schulden nicht bezahlt hatte. Deshalb bezahlt er 1

Man beobachte, daß der dankbare Tote im A-Typ mitunter als rettender Vogel auftritt, wie der Vogel im Bärensohnmärchen.

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die Schulden und läßt ihn begraben. Als er seine Reise fortsetzt, erhält er die Gesellschaft eines unbekannten Mannes, der ihm seine Dienste gegen die Hälfte all dessen anbietet, was sie erwürben. Unterwegs verschafft sich der Helfer — entweder während nächtlicher Einquartierung bei Riesen oder bei einer Begegnung mit Übernatürlichen oder mit Menschen, die um ein Erbe streiten (siehe 518), oder durch Fund — verschiedene wunderbare Gegenstände (Tarnkappe, Flügel, Schwert etc.), für die er später Verwendung findet. Schließlich kommen sie zu einem Schloß, wo die Prinzessin alle ihre Freier töten ließ, weil sie ihre Bedingungen nicht erfüllen, ihre Rätsel nicht raten oder ihre Gedanken nicht lesen konnten. Der Jüngling erhält als ersten Auftrag, den Gegenstand zu erraten, an welchen die Prinzessin denkt, und ihn ihr zu bringen oder, bis zum Morgen einen Gegenstand aufzubewahren, den ihm die Prinzessin am Abend gibt. Am Abend begibt sie sich jedoch auf eine Zauberfahrt durch die Luft, dabei den in Frage stehenden Gegenstand mit sich nehmend, zumeist eine Schere, einen Ring, ein Silbergefäß, Eßbesteck usw. Das Ziel ihrer Fahrt ist ein Unhold, der ihr Geliebter ist, und ihm gibt sie den Gegenstand zur Aufbewahrung. Aber der Unbekannte (oder in gewissen Varianten der Jüngling selbst) folgt ihr mit Hilfe der Zaubergegenstände und holt das Verborgene wieder. Während der Fahrt hin und zurück wird die Heldin von dem Unbekannten oder dem Jüngling gepeitscht und fühlt sich daher verfolgt. Da es dem Jüngling glückt, den ersten und einen ähnlichen zweiten Auftrag zu lösen, rät der Unhold der Prinzessin, ihm als dritte Aufgabe die Frage zu stellen, wessen Lippen sie zuletzt geküßt habe. Nun folgt die gleiche Luftfahrt wie zuvor, aber gerade als sich die Heldin von ihrem Geliebten trennt, fällt dessen Haupt durch den Unbekannten oder den Jüngling selbst, der am folgenden Morgen das Haupt des Unholds als Antwort auf das gegebene Rätsel vorzeigt. Damit sind die Aufgaben gelöst, und der Jüngling erhält die Hand der Prinzessin, aber der Unbekannte rät dem Jüngling, die Prinzessin in der Hochzeitsnacht durch Peitschen oder durch ein Bad, sogar in Milch, von der bösenMacht zu erlösen, von der sie besessen ist. Das glückt ihm, doch nach einem Jahr kommt der Unbekannte und will mit dem Jüngling alles zur Hälfte teilen, also auch seine Frau und sein Kind. Der Jüngling steht zu seinem Wort, aber da sagt der Unbekannte, daß er ihn nur erproben wollte und daß er der Tote sei, den der Jüngling begrub. Dieses Märchen hat ein Verbreitungsgebiet, das sich über Böhmen, Norddeutschland, Irland, England, die skandinavischen Länder und, wenn auch unter starker literarischer Einwirkung, nach Finnland und teilweise in die Sowjetunion erstreckt. Es dürfte teils aus 306 {Die %ertankten Schuhe) entstanden sein, das ihm in vieler Hinsicht nahesteht und auf das wir hinweisen, und teils aus der uns durch die Bibel bekannten Erzählung von Tobias (siehe 551), der in der Brautnacht durch seinen Helfer davor bewahrt wurde, von einer großen Schlange getötet zu werden. Dieser Helfer ist einer der dankbaren Toten, den der Vater des Tobias heimlich begrub und den die Bibel zum Engel Raphael machte. Auch ihm wird die Hälfte dessen angeboten, was sie auf ihrer gemeinsamen Reise erwerben. Die volkstümlichen Varianten von 507 BC (Tobiasmärchen) stehen der Geliebten des Unholds noch näher als die Version der Bibel und erstrecken sich vom Orient bis nach Böhmen. Irgendwo in der T s c h e c h o s l o w a k e i oder doch auf der g e o g r a p h i s c h e n B r e i t e

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dieses L a n d e s dürften auch Die %ertan%ten Schuhe endgültig in das Märchen Die Geliebte des Unholds umgeformt worden sein. Gewisse Varianten haben dabei einige weitere, beinahe mechanische Anleihen aus 519 {Das starke Weib) eingegliedert, u. a. den Bräutigamstausch und die wunderbaren Helfer mit dem Frostmann. Wir können dann, im großen gesehen, einen e r s t e n Z w e i g (mit Nachtquartier bei Riesen) im südlichen und westlichen Schweden, in Norwegen, Dänemark, England und Irland, einen z w e i t e n Z w e i g (worin die wunderbaren Gaben bei Begegnung mit Übernatürlichen oder durch Funde erhalten werden) in Nordwestdeutschland und Dänemark sowie einen d r i t t e n Z w e i g (mit den wunderbaren Helfern) im nordwestlichen Deutschland und Irland unterscheiden. Böhmische, schwedische, dänische und norwegische Varianten werden oft von Motiven aus 851 (Turandotmärchen in bäuerlicher Version) begleitet. Die Wanderungsrichtung wird durch mehrere — sagen wir — unverdaute Motive aus den Zertanzten Schuhen und dem Tobiasmärchen klargelegt, die mit nach Irland kamen, wo diese Märchen und Motive sonst nicht vertreten sind. Das Märchen dürfte nicht weiter als in das M i t t e l alter zurückverlegt werden können. 1595 dürfte es in England bekannt gewesen sein. In der Form von H. C. ANDERSENS Reisehameraden ist es sehr volkstümlich geworden 1 . Nr. jo8. Pippin und der dankbare Tote Pippin läßt auf eigene Kosten einen armen Toten begraben. In der Gestalt eines unbekannten Wandersmannes hilft ihm dieser in einem Turnier siegen, dessen Preis die Tochter des Königs von Frankreich und mit ihr das ganze Reich ist. Pippin verspricht als Gegenleistung die Hälfte dessen, was er beim Turnier gewinnt. Aber als er es gewonnen hat und es zur Teilung kommt, begnügt sich der Unbekannte nicht mit der Hälfte des Reiches, sondern fordert auch die Hälfte der Königstochter. Da bietet ihm Pippin das ganze Reich, um seine Gemahlin behalten zu dürfen. Der Unbekannte gibt sich als der Tote zu erkennen, den er begrub, und sagt, daß ein Engel ihm behilflich war. Dieses Märchen wird in Schweden nicht erzählt, aber wir finden seine älteste Aufzeichnung in einer Handschrift aus der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der Königlichen Bibliothek in Stockholm, was die Veranlassung ist, es hier zu erwähnen. Das Märchen gibt es, oft mit historischen Personen in den Hauptrollen, in einer ganzen Menge fast gleich alter Handschriften in Frankreich, Deutschland, England und Italien. Im letztgenannten Land wird es auch von STRAPAROLA (um 1550) erzählt. Entsprechende Motive gibt es in der russischen volkstümlichen Überlieferung. Sieht man von dem dankbaren Toten ab, so ist das Märchen auf dem Kontinent mit den Varianten 530 {Der Glasberg) zu vergleichen, in denen der Ritt auf den Glasberg durch ein Turnier ersetzt wird. Ein mit den obengenannten Handschriften ungefähr gleich altes Motiv von einem dankbaren Toten wird bei 5 51 {Das Wasser des Lebens) erwähnt; siehe auch 506 A B und 507 A . 1

Siehe Untersuchung d. Verf. in Bäckahästen II., S. 1 7 3 fr. In Spanien sind Die zertanzten Schuhe mit 851 {Turandotmärchen in bäuerlicher Version) verbunden. V g l . LILJEBLAD gemäß Quellen Verzeichnis.

Zaubermäreben

Nr. JIOAB.

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Die Aschenputtelmärchen

Z u den Aschenputtelmärchen zählen wir auch 511 (Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein). Diese Märchen stehen einander so nahe und sind in den meisten Fällen so geformt worden, daß sie Motive untereinander austauschen konnten, wie Glasstücke in einem Kaleidoskop ihren Platz wechseln. D a s e i g e n t l i c h e A s c h e n p u t t e l m ä r c h e n 510 A lautet in großen Zügen: Die Tochter eines vornehmen Mannes hat eine böse Stiefmutter bekommen, und während sich die S t i e f s c h w e s t e r n unterhalten, muß sie im Herdwinkel sitzen. Ihre tote Mutter kommt ihr zu Hilfe. Durch sie oder durch einen auf ihrem Grab oder auf eine andere wunderbare Weise wachsenden Baum oder durch hilfreiche Tiere (Vögel) etc. erhält die Stieftochter ein silbernes, ein goldenes, ein diamentengeschmücktes Kleid und mitunter auch Bediente, Equipage etc. Manchmal heißt es, daß der Vater auf ihren Wunsch von einer Reise einen zauberhaften Baum mitbrachte, genau wie der Vater der Heldin im Amor- und Psyche-Märchen (425 C), und vom Geiste dieses Baumes ( = der Mutter) erhält sie die Kleider etc. Als bei einem königlichen Besuch am Hof die Stiefschwestern und alle Leute die Kirche (einen Ball) besuchen und die Stiefmutter ihrer daheimbleibenden Stieftochter schwere Aufgaben stellt, wie die Körner aus einem Haufen verschiedener Getreidearten zu sortieren, kommen die helfenden Tiere (Vögel, Ameisen etc.) und machen die Arbeit fertig, während sie selbst sich in eines ihrer schönen Gewänder kleidet und in vollem Staat zur Kirche (zum Ball) fährt. Ein fremder Prinz verliebt sich sofort in sie, aber sie verschwindet, ehe der Gottesdienst (Ball) zu Ende ist, mitunter durch Hilfe einer Zauberformel. Das wiederholt sich drei Male, aber beim letzten Mal verliert sie ihren Schuh. Nun wird verkündet, daß diejenige, der dieser Schuh paßt, die Gemahlin des Prinzen werden solle. Der Stiefmutter glückt es, den Prinzen hinter's Licht zu führen, indem sie erst einer Tochter die Ferse, dann der anderen die Zehen abschneidet, aber die helfenden Tiere (Vögel, Hund etc.) machen den Betrug offenbar. Zuletzt wird die schöne Stieftochter herbeigeführt, und ihr paßt der Schuh. Hierauf wird die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert. Der zweite Typ, den wir zweckmäßigerweise Fräulein Zottelpel£ oder Der Holzkittel nennen (510 B), lautet in Kürze: Ein König hat seine Gemahlin verloren und wünscht sich nichts mehr, als seine T o c h t e r h e i r a t e n zu d ü r f e n . Seltener geht es um eine von der Tochter nicht gewünschte zweite Ehe des Vaters. Um Zeit zu gewinnen, erbittet sie sich schöne Gewänder, ein silbernes, ein goldenes und ein diamantengeschmücktes Gewand. Als sie fertig sind, flieht sie, nachdem sie über die Kleider einen Pelz aus allen möglichen Häuten (Esel, Bär, Krähe oder Ratte) oder auch ein G e w a n d v o n H o l z , Birkenrinde oder Schilf gezogen hat. Mitunter heißt es von ihr wie von der Heldin des Amor- und Psyche-Märchens (425 ABC), daß sie ihre Kleider in drei Nüsse legt. Erschöpft kommt sie zu einem fremden Schloß, wo sie in der Küche angestellt wird, manchmal mit der Erlaubnis, dem König sein Waschwasser, Handtuch etc. zu überbringen oder auch seine Suppe zu kochen. Als im Schlosse ein Ball stattfindet (oder beim Besuch der Kirche), kleidet sie sich in eines ihrer drei Gewänder, betritt unerkannt den Ballsaal (die Kirche) und gewinnt die Liebe

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des Königs, verschwindet aber ebenso flink wie sie gekommen ist. Die Suppe, die sie dann dem König kocht, schmeckt ihm jedoch so vortrefflich, daß er diejenige, die die Suppe gekocht hat, zu sich rufen läßt, ohne sie jedoch in ihrer dürftigen Kleidung zu erkennen. Dies wiederholt sich dreimal, aber beim letzten Mal wirft sie ihren Ring in die Suppe und vermag sich überdies nicht mehr richtig zu schwärzen. Da reißt ihr der König ihre Kleider herunter (Holzkittel, Zottelpelz), und darunter trägt sie ihr schönstes Gewand. Dann wird die Hochzeit mit großem Gepränge gefeiert. Auch in dieser Version kommt das Schuhmotiv vor. Weiter vgl. j i i . Nr. JII. Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein Dieses vom Aschenputtelkomplex (siehe 510) untrennbare Märchen hat folgende Hauptzüge: Eine Mutter hat drei Töchter, Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein, und eine Stieftochter, die sie nicht ausstehen kann. Diese muß die Tiere hüten (Kühe, Ziegen, Schafe) und bekommt fast kein Essen. Eine kluge Alte gibt ihr zu verstehen, daß sie nur eines ihrer Tiere mit einem Stock zu berühren oder am Horn einer der Kühe zu drehen brauche, um soviel zu essen zu haben, wie sie nur wolle. Manchmal heißt es auch, daß die Stieftochter den Auftrag bekommen habe, große Mengen Flachs zu verspinnen, aber auch dabei hilft ihr eine Kuh. In beiden Fällen werden Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein ausgeschickt, um ihr nachzuspionieren, aber durch ihre Zauberversformel schlafen sie ein, bis sie sie einmal falsch aufsagt. Da schlachten sie das hilfreiche Tier; die kluge Alte aber rät dem Mädchen, die Eingeweide zu vergraben, und daraus erwächst ein prächtiger Baum, der silberne Blätter und goldene Früchte trägt. Diese können nur von dem Mädchen gepflückt werden. Mitunter fliehen auch das Mädchen und die Kuh, als sie sich entdeckt sehen. Das Mädchen reitet dann auf der Kuh, die im Norden oft „der braune Ochse" heißt, durch einen Messing-, Silber- und Goldwald, bricht aber trotz Verbotes in jedem Wald ein Blatt. Da kommen wilde Tiere und töten die Kuh, aus deren vergrabenen Hörnern etc. der wunderbare Baum hervorwächst. Dieser ist es, der ihr die kostbaren Kleider gibt. Mitunter läßt das Märchen sie sich in die Haut der Kuh hüllen, und dann ist der Übergang zu 510 B (Fräulein Zottelpel%) klar. Aber sonst heißt es in der Hauptversion, freilich seltener, daß ein Prinz eine Frucht dieses Baumes begehrt. Die Stiefschwestern versuchen, eine zu pflücken, aber nur der Heldin gelingt . es. Der Prinz ist so entzückt, daß er sie auf sein Schloß führt und heiratet. Der Baum begleitet die Heldin ganz von sich aus. Jetzt wollen wir versuchen, die Entwicklungsgeschichte des Märchens zu verfolgen. I. Wir beginnen damit, einige möglicherweise embryonale, möglicherweise primitivisierte Fragmente wiederzugeben, die teils östlich vom Zentrum des byzantinischen Reiches (auch in Afrika) — diese Züge sind in Klammern gesetzt — teils westlich des genannten Zentrums aufgezeichnet wurden. Nur die letzteren geben dem Märchen einen vom dichterischen Standpunkt aus zufriedenstellenden Schluß. Es lautet: Eine Stiefmutter hat eine oder mehrere Töchter [und einen eigenen Sohn] sowie eine Stieftochter [oder mehrere Stieftöchter oder einen oder mehrere

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Stiefsöhne]. Eine Kuh (Ziege) kommt, als wäre sie die rechte Mutter, mit Essen zur Stieftochter, um sie vor dem Verhungern zu bewahren, oder sie hilft ihr, das zu spinnen, was man ihr aufgetragen hat. Die Hilfe kommt von den Ohren der Kuh (der Ziege). Das gleiche wiederholt sich bei der Tochter. Auch ihr wird geholfen [oder aber sie und ihre Schwestern spionieren der S t i e f s c h w e s t e r nach und dürfen dann deren Essen teilen]. Mitunter sieht man Schwestern mit einem, zwei, drei oder mehr Augen an diesem Ausspionieren teilnehmen. Um ein [gewisses] begehrtes Essen zu bekommen, befiehlt die Stiefmutter, die Kuh (Ziege) zu schlachten. Nach der Anweisung der Kuh (der Ziege) begräbt [oder verbrennt] die Stieftochter [oder die S t i e f k i n d e r ] die Überreste des Tieres, oder sie findet darin Gold- und Silberkörner, die sie pflanzt. Daraus erwächst ein Baum [der, als A b s c h l u ß m o t i v , den armen S t i e f k i n d e r n Essen gibt]. Er trägt Früchte, die nur die Stieftochter zu pflücken vermag und durch die sie einen erstrebenswerten Mann zum Gemahl bekommt, nachdem die Stieftöchter vergeblich versucht haben, den Auftrag auszuführen. Die Stiefschwester rächt sich dann, so daß das Märchen in 450 {Brüderchen und Schwesterchen) oder, wenn man es so will, in 403 {Die schwarte und die weiße Braut) übergeht. Die in Klammem gesetzten Züge gibt es näher bestimmt im nördlichen Afrika, auf Madagaskar, in Indien, Indonesien und teilweise in China. Die Belege sind ziemlich spärlich. Die übrigen Züge gehören Griechenland, Jugoslawien, Polen, der Sowjetunion mit den baltischen Ländern an, mit Ausläufern nach Deutschland, Frankreich und Korsika. Den ältesten literarischen Beleg in Europa finden wir bei M O N T A N U S aus dem Jahre 1559. II. Nahe verwandt mit diesen Fragmenten ist eine Variantengruppe, die eigendich 314 {Der Goldhaarige) angehört. Deren Inhalt ist folgender: Ein junger Mann hat eine Stiefmutter und mehrere Stiefschwestern mit einem, zwei, drei oder mehr Augen. Er muß das Vieh der Stiefmutter hüten, bekommt aber nichts zu essen. Eine Kuh (ein Pferd) — die verstorbene Mutter des Jünglings — versorgt ihn reichlich mit Essen, das aus dem rechten Ohr der Kuh aufgetischt wird. Die Schwestern spionieren ihm nach, schlafen aber ein, und als die Stiefmutter ihn vergiften und die Kuh schlachten will, flieht der Jüngling, auf dem Rücken der Kuh reitend, durch einen Kupfer-, Silber- und Goldwald. Da er, entgegen dem Verbot, Zweige abbricht, werden sie von wilden Tieren überfallen, die die Kuh jedoch niederkämpft. Endlich stirbt die Kuh, aber der Jüngling erhält Nahrung und große Viehherden aus ihren Hörnern und heiratet schließlich. Diesen Typ finden wir auf dem bekannten Überlieferungsweg von den Balkanländern westlich des Schwarzen Meeres zu den baltischen Ländern, von wo aus Verzweigungen nach der Sowjetunion, Dänemark, Norwegen, Island und Irland gehen. Außerhalb Europas auf westorientalischem Gebiet, wo dieser Typ auch vereinzelt angetroffen wird, nähert er sich wieder der üblichen Form von 314. III. Wirfindenjedoch auch eine förmliche Verschmelzung zwischen dieser Variantengruppe (II) und der europäischen Form des oben angegebenen Embryos des Aschenputtelmärchens (I), deren Ergebnis die Hauptversion von 511 {Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein) wird. Sie hat ungefähr die gleiche Verbreitung in Europa und

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im Orient wie die vorhergehende, wenn auch mit einigen Verzweigungen nach Deutschland, Frankreich und Schweden. Die Hauptperson ist weiblich, und die Erzählung schließt auf die gleiche Weise wie die europäische, embryonale Form oder damit, daß die Heldin die einzige ist, die die Früchte des Baumes pflücken kann und diese Aufgabe als Bedingung für eine später einzugehende glückliche Ehe gestellt bekommt. IV. Zu diesen Formen des Aschenputtelkomplexes kommt auch eine Zusammenstellung der „embryonalen" Formen und der Heiratsbedingung, der Besitzer eines verlorenen, aber wiedergefundenen Gegenstandes, meist eines Schuhes zu sein. Mit diesem Motiv ist ein Fest verbunden. Die Teilnahme der Stieftochter soll durch bestimmte Aufträge der Stiefmutter, wie spinnen oder verschiedene Kornarten sortieren, verhindert werden. Freundliche Tiere helfen ihr, und durch diese erhält sie auch ein Kleid, das sie unwiderstehlich macht. Sie verläßt das Fest und verliert den Schuh, aber der Held findet ihn und vergewissert sich, daß er ihr gehört. Westlich von Konstantinopel wird der Gegenstand in der Regel im Festsaal oder in dessen Nähe gefunden, östlich davon findet man ihn irgendwo anders. Diese Zusammenstellung gibt es von Irland bis nach China. In China sehen wir einen Teil der Varianten in 450/403 {Brüderchen und Schwesterchen und Die schwarte und die weiße Braut) mit deren Verwandlungsmotiven übergehen. Diese Verschmelzung kommt jedoch sowohl im Vorderen Orient wie in Europa vor, besonders bei den Slawen 1 . Auf beiden Seiten von Konstantinopel, von Persien bis Portugal, begegnen wir einem anderen eingeschobenen Motiv, das an 480 (Die Schreine) erinnert. Es wird gleich nach dem Auftrag, eine bestimmte Menge Flachs zu spinnen, eingefügt. Das Motiv hat eine natürliche Anknüpfung im Stiefmuttermotiv, in der spinnenden Kuh und der verlorenen Spindel, die den Weg zeigt. Diese Zusammenstellung mit 480 ist von Spanien und Portugal sowohl nach Afrika wie Amerika gelangt, u. a. zu den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts. V . und VI. In Europa, vermutlich in Italien, wo wir die besten Belege finden, sind die Motive vom verlorenen Schuh, vom Fest und von den Kleidern weiter ausgearbeitet worden. Sie beherrschen das ganze Märchen auf Kosten des Einleitungsmotivs der embryonalen Formen, die zusammenschrumpfen mußten. Wenn es dann heißt, daß die Heldin, mit ihren Schwestern im eigenen Heim wohnend, eine Kirche (oder eine Festlichkeit) besucht, stehen wir vor 510 A ; und wenn es heißt, daß sie die Festlichkeiten (die Kirche) besucht, nachdem sie Dienst beim Helden genommen hat, so stehen wir vor 510 B. Wir verweisen auf die Auszüge. Der letzte Teil des letztgenannten Märchens wird oft, wie dort angedeutet wurde, von dem Augenblick an, wo die Heldin beim Helden Stellung angenommen hat, als Fortsetzung zu 511 erzählt, und zwar im Anschluß an die Flucht der Heldin und das Verschwinden des helfenden Tieres. Dies ist besonders in Skandinavien und nicht zuletzt in Schweden der Fall, wo dieser Typ schon vor 1612, vermutlich um das Jahr 1600, in einem handschriftlichen Exemplar der Olaus Petri Krönika in der Bibliothek der Universität Uppsala, 1

Vergleiche auch die Version in einer der ältesten schwedischen Aufzeichnungen in ARWIDSSONS Läse- och Lärobok för Ungdom 1830, wiedergegeben bei HYLTEN-CAVALLIUS, S. 135, 420.

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einem gewissen O L A U S L A U R E N T I U S CALMARIENSIS (SV. L . X I , I , 63) zugehörig, aufgezeichnet wurde. Die Handschrift ist die früheste schwedische Märchenaufzeichnung. Sie ist leider fragmentarisch, wird aber von der in SSF I, 511 angeführten Variante ergänzt, die eine gute Parallele hierzu zu sein scheint. Wir wollen nun einen Blick auf die v e r s c h i e d e n e n M o t i v e des K o m p l e x e s werfen: Von großem Interesse ist ein griechisches Fragment, das einer Variante von 450 (Brüderchen und Schwesterchen, Nr. 1 und HAHNS neugriechischer Sammlung) angehängt wurde. Das Fragment gibt die Episode vom geschlachteten Tier und von dem aus dessen Knochen emporwachsenden goldenen Baum, dessen Früchte nur die Heldin pflücken kann, genau wieder. Die helfende Kuh ist eindeutig identisch mit der Mutter der Heldin, wie es auch ursprünglich gewesen zu sein scheint. Der aus dem geschlachteten Tier emporwachsende Baum erinnert an ähnliche V e r w a n d l u n g e n in dem mehr als dreitausendjährigen Batamärchen (GS 367), dessen Ursprung, wie wir sahen, in Kleinasien oder im nördlichen Syrien zu suchen ist. Dort finden wir auch die Haarlocke, die im Batamärchen die ungefähr gleiche Rolle spielt, wie der S chuh im Aschenputtelkomplex. Das Batamärchen wird noch jetzt rings um das Schwarze Meer erzählt, und vielleicht erklärt dies, daß der Schuh u. a. in gewissen südslawischen Varianten des Aschenputtelmärchens ins Wasser fällt, wie die Haarlocke im Batamärchen. Näher als das Batamärchen steht jedoch die Sage von der Hetäre Rhodopis aus Naukratis in Ägypten und dem ihr gehörigen Schuh. Diese Sage wurde zuerst von STRABO (17,1) also um die Zeit von Christi Geburt erzählt. Inwieweit sie in einem genetischen Zusammenhang mit dem Schuh des Aschenputtels steht, ist schwer zu entscheiden. Nach einer griechischen, schon von H E R O D O T (im Buch II) erwähnten Überlieferung soll eine der Pyramiden die Grabstätte Rhodopis' bezeichnen. Von ihr heißt es, sie sei eine Mitsklavin Ä S O P S gewesen. Somit hätte sie um 5 5 O v. Chr. gelebt. Aber die gleiche Sage wie die von STRABO wiedergegebene wird auch vom römischen Schriftsteller A E L I A N U S (um 200 n. Chr.) erzählt. Er ist es, der in diesem Zusammenhang erstmalig den Namen des Königs Psammetich erwähnt. H Y G I N U S , ein Zeitgenosse STRABOS, gibt jedoch die ungefähr gleiche Sage, aber mit Hermes und Aphrodite als Hauptpersonen, nach vermutlich alexandrinischen Quellen wieder. Das Motiv scheint daher in der Antike ziemlich gut bekannt gewesen zu sein und dürfte ursprünglich ganz einfach irgendeinem schönen, jungen Mädchen mit einem Antlitz, so schön wie eine Rose (Rhodopis), zugelegt worden sein. Die Sage lautet in Kürze: Ein Adler hatte Rhodopis' Schuh entführt und ihn auf die Knie des Königs Psammetich fallen lassen. Der sandte den Schuh in ganz Ägypten umher, hoffend, dessen Besitzerin zu seiner Gemahlin machen zu können. Das Motiv ist später sogar bis nach Hinterindien gekommen. Daß ein V a t e r v e r s u c h t , seine T o c h t e r z u r G e m a h l i n zu g e w i n n e n , ist ein anderes, dem Aschenputtelkomplex zugehöriges Motiv. Es tritt schon bei H E R O D O T auf (im Buch II), kurz bevor er die Erzählung über Rhodopis 1 wiedergibt. Altertümlich ist auch der Zug, nach welchem die Heldin ihre G a b e n aus den 1

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Siehe Fußnote 2 S. 134. Liungman

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H ö r n e r n der K u h ( Z i e g e ) erhält. Wir haben hier ein klares Gegenstück zu der alten, griechischen Mythe von der Ziege Amaltheia, aus deren Hörnern man alles, was man wünschte, bekommen konnte. Das Motiv entwickelt sich jedoch oft wie eine Entlehnung aus dem zumindest zur frühbyzantinischen Zeit gehörenden Märchen vom Tischlein deck dich (563), in dem das Tier einen gedeckten Tisch gleichsam aus der Erde hervorwachsen läßt (siehe 565). Bevor wir die Antike verlassen, wollen wir noch an die Mythe von Argos Panoptes, dem Allessehenden, erinnern, welcher der in eine Kuh verwandelten Io nachspionierte, und an die Mythe von Phrixos und Helle (siehe 450). Doch scheinen beide, ungeachtet der Untersuchungen KRAPPES, vom Gesichtspunkt des Inhalts aus allzu weit entfernt zu sein, um mit der Flucht des Jünglings oder des Mädchens auf dem Ochsen oder der Kuh verglichen werden zu können. Die anonyme Anstellung im Schlosse der Prinzessin ist aus dem 3. Jahrhundert in Byzanz aus dem Roman Apollonias von Tjrus bekannt und gehört auch der Hauptversion von 314 (Der Goldhaarige) an, dessen älteste Teile wir in die homerischmykenische oder archaisch-klassisch-griechische Zeit verlegt haben. Wenden wir uns nun der g e r m a n i s c h e n A n t i k e z u , so b e g e g n e n w i r a u c h d o r t dem S c h u h in Verbindung mit der Ehe. Daß er zu den Brautgeschenken gehörte, erfahren wir u. a. aus 1353 (Kitta Grau stiftet Unheil). In dem aus demjahr 1160 stammenden und von einem bayrischen Kleriker gedichteten Lied von König Rother — gleichgültig ob das Vorbild der Langobardenkönig Rothari von Rom (gest. 650) oder König Roger II. von Neapel-Sizilien (gest. 1154) war — wird behauptet, daß er seiner Auserkorenen, der Tochter des Kaisers Konstantin in Konstantinopel, einen Goldschuh und einen Silberschuh gesandt und ihr später zuerst den einen, dann den anderen selbst angezogen habe. Das gleiche wird, wenn auch auf andere Weise, in der Dietrichsage wiedergegeben. Den im Märchen so häufigen und sogar in China vorkommenden Auftrag, v e r s c h i e d e n e G e t r e i d e a r t e n zu s o r t i e r e n , erkennen wir aus APULEJUS' Version von Amor und Psyche (425 ABC) aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. wieder (vgl. 554, Die dankbaren Tiere). Darin begegnen wir auch den zwei älteren, neidischen Schwestern der Heldin. Das Motiv von den K u p f e r - , S i l b e r - u n d G o l d w ä l d e r n findet sich teils auf den bekannten Traditionswegen von Konstantinopel nordwärts nach den baltischen Ländern, teils in Skandinavien, Frankreich und Irland, in letzterem Land jedoch nur nach einem kanadischen Ausläufer zu schließen. Wir haben bereits in der Untersuchung von 306 {Die ^ertan^ten Schuhe) gezeigt, daß dieses Motiv in das letztgenannte Märchen frühestens im Mittelalter hineingekommen ist. Der Auftrag, g r o ß e M e n g e n F l a c h s zu s p i n n e n , scheint zu Beginn der Neuzeit volkstümlich geworden zu sein. Wir verweisen auf 500 (Titteliture) und 501 {Die drei Spinnerinnen). In Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein gehört das Spinnmotiv hauptsächlich zur Überlieferungsstrecke Konstantinopel — baltische Länder. Sekundär ist sicherlich der Zug, in einem geteerten Boden die Ursache zum Verlieren des Schuhs zu sehen. Auch diesem Zug begegnen wir auf der soeben erwähnten Traditionsstrecke Konstantinopel—baltische Länder mit Ausläufern besonders nach

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Skandinavien. Er gehört den Gruppen IV und V I an (letztere = 510 B oder Fräulein Zottelpety. Das Teerbrennen ist zwar uralt, stand jedoch in Europa und nicht zuletzt in Schweden im 17. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem damals aufblühenden Schiffsbau in voller Blüte. Viele Überlieferungen, die wir auf dem genannten Weg finden, sind, eigentümlich genug, aus ziemlich später Zeit. Dieser Weg dürfte frühestens während des Mittelalters und oft erst in der Neuzeit von u. a. 314 {Der Goldhaarige), 327 A B (Die Kinder bei der Hexe) mit den Hundsköpfigen und den vertauschten Schlafplätzen (1119), von G S 367 (Batamärchen, westlicher Zweig) und 545 {Der gestiefelte Kater) durchwandert worden sein. Hierzu kommen die oben angeführten Motive von den Kupfer-, Silber- und Goldwäldern und der Auftrag, große Mengen Flachs zu spinnen. Das Teermotiv trägt somit eher dazu bei, das Alter der vorhandenen Überlieferungen zu senken als zu erhöhen. Der Name A s c h e n p u t t e l ist sicher mittelalterlich. Er wird von G E I L E R VON erwähnt, und wir haben ihn im Norden indirekt u. a. in der Gautrekssaga etwa um 1265 (siehe 1415 und BP I, 183 Anm. 1). Der Name scheint vom Balkan zu stammen, wo das neugriechische Staktoputa {oraxTonovra, wörtlich Aschenvulva) genetisch dem Aschenputtel des Deutschen wie dem Askepot des Dänischen und Schwedischen entspricht, während das Italienische BASILES Gatta Cenerentola und das Französische PERRAULTS Cendrillon besitzt. Da der Name am frühesten männlichen Individuen gegeben worden zu sein scheint, ist es schwer, daraus irgendwelche Schlüsse über das Alter des Märchens zu ziehen, aber sicher ist, daß stakte (staktos) während der byzantinischen Zeit eher „ ö l " als „Asche" bedeutete. Das Wort staktoputa kann also in seiner jetzigen Bedeutung nicht allzu alt sein. KAYSERSBERG

Es mag uns nun gestattet sein, das E n t s t e h u n g s a l t e r des Komplexes zu untersuchen : Wie weit die oben in der ersten Abteilung (I) wiedergegebenen Fragmente „embryonal" sind oder, wie wir auch vorgebracht haben, „primitivisiert", ist schwer zu entscheiden. Für das erstere spricht der trotz der weiten Abstände im großen gesehen übereinstimmende Wortlaut. Es scheint, als ob das alte byzantinische Reich mit seiner Hauptstadt als „Wasserscheide" gedient habe. Den ältesten literarischen Beleg haben wir jedoch erst bei M O N T A N U S , ungeachtet dessen, daß wir die Motive bis in die homerisch-mykenische Zeit reichen sahen. Es scheint auch, als ob die „ e m b r y o n a l e n " F r a g m e n t e , wenn sie nun wirklich solche sind, während der h e l l e n i s t i s c h - r ö m i s c h e n Zeit (300 v.—300 n. Chr.) entstanden sein könnten. Dies ist bei 707 {Drei Schwestern wollen den König haben) der Fall, worin das Motiv mit den unerreichbaren Früchten sowohl östlich wie westlich des Zentrums des byzantinischen Reiches vorkommt. Altertümlich ist sicher die Z u s a m m e n s t e l l u n g ( I V ) der o b e n g e n a n n t e n „ e m b r y o n a l e n " F r a g m e n t e und die Hinzufügung, die vom v e r l o r e n e n S c h u h (oder einem entsprechenden Gegenstand) handelt. Diese hat nicht nur die größte Verbreitung, sondern ist auch schon frühzeitig in China aufgezeichnet worden. Dort, im südlichen China, finden wir nicht nur die in eine Kuh verwandelte verstorbene Mutter und deren erneuten Tod, sondern auch die Stiefschwestern, 9*

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die Einladung zum Fest, das mit Hilfe der Mutter erhaltene Gewand und den verlorenen Schuh wieder. Das Märchen wird dort noch jetzt erzählt und findet sich, wenn auch mit einem Fisch an Stelle der K u h , schon im letzten Teil der klassischen Zeit der chinesischen Dichtkunst, d. h. in der T'ang-Periode v o n 618—906. Der Fisch gehört oft den orientalischen „embryonalen" Formen an. Was Europa betrifft, finden wir das Schuhmotiv auf Island in der mittelalterlichen Vilmundarsaga, also früher als in einem anderen europäischen Land. Die Zusammenstellung der möglicherweise „embryonalen" Fragmente mit dem verlorenen Schuh dürfte also so frühzeitig aufgekommen sein, daß sie China bereits während der Jahrhunderte v o r dem Ende der frühbyzantinischen Zeit erreichen konnte, vermutlich sogar so früh, daß die vielen erwähnten und sicherlich populären Motive aus der hellenistisch-römischen Zeit noch frisch im Gedächtnis waren. Wir können daher d i e Z u s a m m e n s t e l l u n g s p ä t e s t e n s e t w a i n d i e l e t z t e H ä l f t e der h e l l e n i s t i s c h - r ö m i s c h e n Z e i t o d e r m ö g l i c h e r w e i s e in die e r s t e n J a h r h u n d e r t e der f r ü h b y z a n t i n i s c h e n Zeit verlegen. Das eigentliche Aschenputtelmärchen (V, d. h. 510 A ) dürfte, wie wir gesehen haben, in Italien entstanden sein, wenn es auch seine Wurzeln östlicher hat. Der Zeitpunkt hierfür ist sicherlich das Mittelalter. Es wurde u. a. von BASILE (gest. 1632) in seinem Pentamerone (I, 6) bearbeitet. V o n Italien aus erreichte es die übrigen romanischen Länder, besonders Frankreich, w o sich u. a. PERRAULT (1697) seiner bemächtigte. Seine Version hat, wenn auch hauptsächlich auf literarischem Wege, ganz Europa erfaßt, und überall, w o v o n dem kleinen Glasschuh erzählt wird, kann man des französischen Einflusses g e w i ß sein. „ L a pantoufle de verre" war nämlich ursprünglich ein Leder- oder, näher bestimmt, Grauwerkschuh, d. h. ein „pantoufle de v a i r " 1 . Das Aschenputtelmärchen kam auch früh nach England und Schottland (doch nicht mit Sicherheit, wie behauptet wurde, v o r 1549). Nach Deutschland scheint es, zumindest mit einem Teil der Versionen, ziemlich direkt v o n Italien aus gekommen zu sein und wurde u. a. v o n den Brüdern GRIMM bearbeitet D i e slawischen Varianten sind unsicher und wechselnd. Für sie sind die drei Nüsse mit den Gewändern darin und der Schluß mit dem obenerwähnten Brauttausch aus 450 oder 403 kennzeichnend. Außerhalb Europas gibt es natürlich mehrere späte Ausläufer nach Indonesien mit den Philippinen, nach Nordafrika und der Inselwelt des Indischen Ozeans sowie nach Amerika. Nach THOMPSON haben die Franzosen das Märchen nach Kanada, Missouri und Westindien gebracht, während die Spanier zu seiner Verbreitung in Brasilien, Chile und unter den Indianern Neu-Mexikos beigetragen haben dürften, worauf sich das Märchen weiter unter einer Anzahl nordamerikanischer Indianerstämme verbreitet hat. In Schweden ist das eigentliche Aschenputtelmärchen besonders reich vertreten. Unsere Volksbücher folgen teils PERRAULTS, teils GRIMMS mehr italienisch betonter Version. Die Version PERRAULTS kam 1787 heraus mit etwa einem Dutzend Auflagen 1

Darauf wurde schon von BALZAC hingewiesen, und es steht psychologisch in voller Übereinstimmung mit der Art, in der die volkstümliche Überlieferung mechanisch verändert wird, selbst wenn man nicht, wie D E L A R U E betont (Bull. Folkl. d'Ile de France 1951, 196), einen Beleg für die Schreibweise „de vair" gefunden hat.

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bis 1 8 5 3 und GRIMMS 1844 mit nur wenigen Auflagen. PERRAULTS Version ist in der mündlichen Überlieferung nicht allzu ungewöhnlich. In einer der oben besprochenen Versionen mit dem Brauttausch gemäß 450/403 wird in Schweden die Heldin durch ein Bad erlöst, ungefähr wie die Heldin in 507 A (Die Geliebte des Unholds). Das Aschenputtelmärchen wurde sowohl in Frankreich als auch in Schweden dramatisiert und gibt die Libretti zu Isouards Oper Cendrillon (aus dem Jahre 1810) und zu Rossinis Cenerentola (aus dem Jahre 1817). Es wurde (in Anlehnung an PERRAULT) von Disney verfilmt. Fräulein Zottelpeloder Hol^kittel (VI, d. h. 510 B) dürfte gleichfalls im Mittelalter entstanden sein. In einem Teil südeuropäischer Varianten trägt die Heldin noch Kleider mit den für das späte Mittelalter typischen Schellen. Damit kann der Umstand in Verbindung gebracht werden, daß das Märchen auf gewisse Züge (Kleid, Harfe und Namen) der Erzählung von Kraka in der Ragnarssaga Lödbrökar aus der Zeit vor 1250, mit 875 (Disamärchen) als Hauptmotiv, eingewirkt zu haben scheint. Während die früheren, hier zeitlich festgelegten Versionen Zaubermärchen des alten Typs sind, die sich teilweise sogar in einer anderen Welt abspielen, ist Fräulein Zottelpel.£ ein Novellenmärchen, das keinerlei übernatürlichen Eingreifens bedarf. Dahinter sieht man auch in mehreren Varianten die Spuren eines rationalisierten mittelalterlichen Romans vom Typ Helena von Konstantinopel oder Das Mädchen ohne Hände (über den Ursprung siehe 706) mit dem gleichen Einleitungsmotiv wie Fräulein Zottelpel In einer französischen Version des Romans, Mannequin genannt oder Roman de la Manekine von P H I L I P P E DE BEAUMANOIR, ungefähr um 1270, wird die Heldin Joie verurteilt, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, als sie das Angebot ihres Vaters ausschlägt1. Ein „Manekine" wird an ihrer Stelle verbrannt, und sie selbst flieht. Nach der Flucht wird ihr daher der Name „Manekine" gegeben. Bei S T R A P A ROLA (um 1550) flieht Aschenputtel in einem Kleiderschrank eingeschlossen, aus dem sie dann heimlich hervorkommt, und in mehreren südeuropäischen Aufzeichnungen von Fräulein Zottelpel\ (Holzkittel) flieht die Heldin in einem hohlen, konischen Holzfutteral oder bewegt sich in einer hölzernen Puppe mit beweglichen Armen und Beinen oder auch in einem Mantel aus Holz, wenn sie nicht in ihren Zottelpelz gekleidet ist. Der Zusammenhang dürfte der sein, daß sich die Heldin nach dem Antrag ihres Vaters in eine Art Rüstung — ein nach ihrer eigenen Gestalt geschnitztes Holzfutteral mit beweglichen Armen und Beinen — kleidet, um nach außen hin ihre Unschuld und Unberührtheit zu zeigen. Wenn sie dann zum Feuertod verurteilt wird, kann sie entweder im Holzmannequin fliehen oder wie in La manekine dieses an ihrer Stelle verbrennen lassen und in einem Pelz entfliehen. Der unverstandene Holzkittel — das Holzmannequin — erhält hiermit seine Erklärung ebenso wie das wechselnde Auftreten der Heldin im H o l z k i t t e l und im Zottelpelz. In jedem Fall hat der Holzkittel der Heldin in Italien, Griechenland und Skandinavien den Namen gegeben (Maria di legno oder intaulata, Xylomaria, Karin Traestakk und Karin Träkjortel). In Italien war dieser Typ sehr beliebt, und er ist dort reich belegt. In Frankreich, wohin er wahrscheinlich von Italien aus 1

Siehe auch unter 706.

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gekommen ist, ist er mindestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt und wurde von P E R R A U L T I 694 mit dem Namen Peau d'asne in gebundene Form gebracht. Daß der Holzkittel der Heldin in Skandinavien aus Birkenrinde, Hobelspänen oder dgl. verfertigt sein soll, ist eine, märchenhistorisch gesehen, nicht zufriedenstellende Erklärung. Das Märchen ist jetzt hauptsächlich in Europa verbreitet, mit vereinzelten Ausläufern nach Vorderasien, Afrika und Amerika. Manchmal findet man in dieser Version als Einleitungsmotiv fälschlich 923 (Ich liebe dich wie das Sal%), worauf verwiesen wird. Hier dürfte es nicht am Platze sein, vom Alter des eigentlich 314 zugehörigen Fragments (II) mit männlicher Hauptperson zu sprechen, hingegen wollen wir einige Worte über die Hauptversion von Einäuglein, Zweiäuglein undDreiäuglein (III, d. h. 511) sagen. Mit der Tatsache vor Augen, daß die Kupfer-, Silber- und Goldwälder in 306 {Die zertanzten Schuhe) als dem Mittelalter zugehörig angesehen werden dürfen, haben wir keine Ursache, das Alter des Motivs zu erhöhen1. Fest steht, daß besonders die skandinavischen Varianten von Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein mit 510 B (Fräulein Zottelpeldas rein mittelalterlichen Charakter trägt, gekoppelt wurden. Als Erklärung für diese Verbindung kann die anonyme Stellung sowohl in dem nahestehenden 314 (Der Goldhaarige) wie in Fräulein Zottelßel% angenommen werden. Auch kann betont werden, daß der Weg, die Verbreitung und die Vorliebe für den Spinnauftrag samt und sonders auf das Mittelalter und sogar auf das späte Mittelalter am Übergang zur Neuzeit deuten. Das Märchen wurde in Schweden, wie erwähnt, um 1600 aufgezeichnet. Außerhalb Europas haben wir einige wenige Aufzeichnungen in Indien, Indonesien, Nord- und Südafrika mit Madagaskar sowie in Amerika, wo das Märchen bei einigen nordamerikanischen Indianerstämmen und in Brasilien und Chile notiert wurde.

Schließlich muß darauf hingewiesen werden, daß es im griechischen Sprachgebiet, auf dem Balkan wie auf Cypern, eine Gruppe Varianten des Aschenputtelkomplexes gibt, die in ihrem altertümlichen Einleitungsmotiv erzählen, wie die Mutter der Heldin starb. Als die Mutter, heißt es, dreimal ihre Spindel verloren hatte, beschlossen ihre beiden ältesten Töchter, sie in eine Kuh zu verwandeln, zu schlachten, zu kochen und aufzuessen2. Die Jüngste weinte und wollte nichts essen, sondern sammelte die Knochen und begrub sie. Auf dem Grab fand sie dann das Kleid und andere Kostbarkeiten. Diese eigentümliche Einleitung paßt und wird auch für jeden der beiden Typen 510 A und 511 verwendet, und ohne Bedenken läßt man später die beiden Kannibalinnen von Schwestern am Ostersonntag und -montag die Kirche besuchen. 1 2

In Ch. Tr. 9 und 381 (von 285 n. Chr. und später) kommt der Held zuerst in eine Silber-, dann in eine Gold- und schließlich in eine „Vaidürya"-Stadt. Ein von HERODOT (im Buch II kurz vor der Rhodopissage) genannter König schloß seine verstorbene Tochter, mit der er sich früher verheiraten wollte, in einen Sarkophag in Kuhform ein. Sie wurde später verehrt, als ob sie eine Kuh wäre. Eine solche Vorstellung kann möglicherweise das Auftreten der Mutter als Kuh erklären. Der Zug wäre dann eine Reminiszenz der Isis-Verehrung der Ägypter.

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Das größte Verdienst um das Erforschen des Aschenputtelkomplexes gebührt ANNA BIRGITTA ROOTH, deren Dissertation The Cinderella Cjcle (Lund 1951) den Verfasser gerade vor Drucklegung der vorliegenden Arbeit erreichte. Die obige Darstellung unterscheidet sich jedoch, was die Entstehung des Märchens betrifft, nur wenig von der Darstellung ANNA BIRGITTA ROOTHS. Doch betont sie den, wie sie sagt, un2weifelhaft orientalischen Ursprung, während unserer Meinung nach der Ursprung nach oder um Byzanz oder, mit anderen Worten, in das Zentrum des byzantinischen Reiches verlegt werden müßte. Dort, wo die Überlieferung die Neigung hat, sich in zwei verschiedenartige Reihen oder Zweige (vgl. I, II und IV) aufteilen zu lassen, wie es hier der Fall ist, dort und gerade dort ist der Ursprungsort meistens zu suchen. Wir haben auch, wie aus dem Obigen hervorgeht, nicht gewagt, das Alter des Komplexes so weit wie bis 4000 Jahre vor unsere Zeit (Dissertation S. 147) zurückzuverlegen, selbst wenn das eine oder andere Motiv dieses Alter haben könnte.

Nr. jißAB.

Die wunderbaren Helfer

Ein junger Held, vielfach von übernatürlicher Geburt, zieht in die Welt hinaus und begegnet Leuten mit wunderbaren Eigenschaften: Baumausreißern, Bläsern, Läufern, Vogelschnellen, Frostmännern, Scharfäugigen, Hellhörigen, Fressern, Trinkern, Steinbrechern, Meisterschützen, Alleswissern usw. Diese begleiten ihn entweder zu Fuß oder auf einem mit der Hilfe einer klugen Alten oder von ihnen selbst gebauten Schiff, das zu Lande und zu Wasser gleich gut fährt. Oft gilt es, im Wettlauf mit einer Prinzessin deren Hand zu gewinnen oder um den Kopf zu kommen. Der Läufer läuft an Stelle des Helden, aber ohne das Eingreifen der anderen Helfer wäre der Sieg nicht beim Helden verblieben, und als er dann doch errungen wird, stellt ihm der Vater der Prinzessin eine Menge Aufgaben, wie Hitze auszuhalten, einen ganzen gebratenen Ochsen aufzuessen, einen in einen See geworfenen Ring zu holen, ein Mädchen zu bewachen, damit es nicht geraubt werde, eine seltsame Frucht zu holen oder dgl. mehr. Diese Aufgaben können nur durch den Beistand der wunderbaren Helfer gelöst werden. Die wunderbaren Helfer waren eines der wichtigsten Mittel der Märchenerzähler, um die wechselnden Schicksale des Helden und gleichzeitig die Lösung seiner Aufgaben zu gestalten. Wir finden daher die Motive dieses Märchens oft in anderen Märchen in verschiedenen Zusammenhängen. Wie u. a. C. W. VON SYDOW und S . L I L J E B L A D , l e t z t e r e r u n t e r H i n w e i s a u f M A R T I N P . N . NILSSON u n d W . R . H A L L I -

DAY, gezeigt haben, liegen die ersten Spuren des Märchens weit zurück. Sie gehören zur Argonautensage. Der beim Zentauren Cheiron aufgezogene Königssohn Jason baut dort mit Hilfe — nicht eines alten Weibes, sondern von Pallas Athene selbst und Argos, dem großen Schiffsbauer 1 , das ZauberschifF, das den Namen Argo trägt und schneller ist als alle anderen Schiffe (argos = schnell), und bemannt 1

A r g o s Panoptes, d. h. der Allessehende, wird nicht immer von A r g o s dem Schiffsbauer unterschieden.

Zaubermärchen dessen fünfzig Ruderplätze mit Männern, die mehr oder minder wunderbare Eigenschaften besitzen, wie dem scharfäugigen Lynkeus, dem Faustkämpfer Polydeukes, den vogelschnellen Bläsern Kaiais und Zetes, dem die Gestalt wechselnden Periklymenos, dem auf dem Wasser gehenden Eufemos, dem allwissenden Mopsos usw. Als Jason dann mit der Prinzessin, d. h. der zauberkundigen Medea, in sein Land zurückkehrt, tötet sie den König unter dem Vorwand, ihn einer Verjüngungskur Zu unterziehen, worauf Jason sein Nachfolger wird. Am Hofe König Artus' gab es nach dem Welschen M A B I N O G I O N aus dem 14. Jahrhundert Läufer, Scharfäugige, Hellhörige, Fresser und Säufer. Wie bekannt, heißt es auch vom Gotte Heimdal, daß er hellhörig war — so wie der Helfer in diesem Märchen das Gras wachsen hörte. Der Gott Frejr besaß nach den beiden Edden das Schiff Skidbladner, das in S N O R R I S Edda (Kap. 41—43 und 61) immer günstigen Wind hatte, wohin man auch fahren wollte, und das bei Bedarf in einen Beutel gesteckt werden konnte, gleichwie das Schiff des Burschen in die Tasche hineinpaßte, wie es in M O E S vielleicht etwas apokryphischem Märchen von Lillekort und in einer in SSF I wiedergegebenen Variante heißt. Im Volksmärchen begegnet man den wunderbaren Helfern als geborgtem Motiv hauptsächlich im Märchen vom Bärensohn (301), im Batamärchen (GS 367) sowie in den Märchen Die Geliebte des Unholds (507 A) und Das starke Weib (519). Im Batamärchen können wir fast von einem besonderen Überlieferungszweig sprechen. In der von Kleinasien nach Indien gehenden Überlieferungsreihe sind nämlich fast sämtliche Varianten mit den wunderbaren Helfern verbunden. Im Punjab nähert sich das Märchen dann den Kunstfertigen Brüdern (653), um in der Mongolei den, man kann sagen, eigentümlichen Schluß mit dem Tod der Heldin zu übernehmen. Die wunderbaren Helfer haben als Motiv keine so weite Verbreitung gefunden wie als selbständiges Märchen. Das Märchen finden wir im gesamten orientalischeuropäischen Gebiet des Zaubermärchens mit Ausläufern nach Indonesien mit den Philippinen und nach China sowie in einigen Teilen von Afrika und Amerika, wo es nicht nur die Französisch-Sprachigen in Kanada und Missouri erreichte, sondern auch die Indianer an der kanadischen Ostküste und im Innern der USA. Es wird auch in Massachusetts von den dortigen portugiesisch sprechenden Negern und in Westindien ausführlich erzählt. In Griechenland haben wir eine bemerkenswerte Variante ( H A H N Nr. 63). Der Held segelt mit einem goldenen Schiff nach dem Reich, in dem „die Schönste der Welt" sich aufhält, um sie für den König des Landes zu holen, und dort begegnet er seinen wunderbaren Helfern, unter ihnen dem Trinker. Mit deren Beistand löst er die ihm gestellten Aufträge und gewinnt die „Schönste der Welt", und mit ihr an Bord kehrt er in seine Heimat zurück. Sie tötet jedoch heimlich den König des Landes und verheiratet sich mit dem Helden, den sie als den von ihr v e r j ü n g t e n König ausgibt, und läßt ihn diesem nachfolgen. In einem ähnlichen serbischen Märchen mit Verjüngungsmotiv (WUK Nr. 12 mit Einschlag von 531) ist überdies von dem goldenen Fell eines Widders die Rede. Es gibt daher wenig Zweifel darüber, daß wir hierin eine auf der Balkanhalbinsel vererbte Überlieferung mit denselben Wurzeln vor uns haben, aus denen die Argonautensage kommt. Von be-

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sonderem Interesse ist der Trinker in der griechischen und einer anderen ihr nahestehenden, serbischen (KRAUSS II, Nr. 129) Variante. Unter den Aufgaben begegnen wir der im Orient nicht ungewöhnlichen und aus der Bibel bekannten Probe, sich in einem brennenden Ofen aufzuhalten. In den beiden Varianten ist es der Trinker, der mit dem in seinem Magen vorhandenen Vorrat an Wasser den Ofen kühl hält, in der Bibel ist es ein Engel, der das Verschmachten der Eingeschlossenen verhindert. Weiter nördlich wird ein Helfer mit entsprechender Funktion eingesetzt. Das ist der Frostmann. Wir können ihm von Serbien in das westslawische Gebiet und von dort teils nach dem Osten in die baltischen Länder und die Sowjetunion, teils nach dem Westen über die Höhe des Harzes nach Norddeutschland und in die Niederlande, teils schließlich nach Norden bis Skandinavien folgen. Dies ist ein wichtiger Zweig des Märchens, und mit ihm geht mitunter auch das wunderbare Schiff. Inzwischen scheint das Märchen wie so viele andere das nördliche Europa auch auf anderem Wege erreicht zu haben. Etwa um das Jahr 1400 erzählt der Italiener SERCAMBI von einem jungen Mann, der mit dem Beistand wunderbarer Helfer eine Prinzessin im Wettlauf besiegt. Der Läufer hat einen so großen Vorsprung, daß er sich hinlegt, um zu schlafen. Dies hört der Hellhörige, worauf der Schütze ihn mit einem wohlgezielten Schuß aufweckt. Der Bläser läßt die Prinzessin Gegenwind haben. Damit gewinnt der Jüngling die Hand der Prinzessin. Ein Schiff wird nicht erwähnt. Dieser Typ hat sich dann, teilweise auf literarischem Weg, über ganz Europa verbreitet. Wir finden ihn u. a. bei BASILE (gest. 1632) im Pentamerone (III, 8), bei MME. D'AULNOY (gest. 1705) und bei GRIMM (aus Hessen). Das Motiv vom eingeschlafenen Läufer geht auf ein alexandrinisches Vorbild in einigen apokryphischen Apostellegendarien zurück, während der Wettlauf selbst uns an den Mythos von der schönen Atalante erinnert, die zusammen mit den oben erwähnten Argonautenfahrern jagte. Dieses alexandrinische Vorbild nebst dem burlesken Humor, den wir s o w o h l bei SERCAMBI w i e bei BASILE, D'AULNOY und GRIMM finden, verrät

die Herkunft dieses halb literarischen Überlieferungszweiges aus dem Orient. Bei den Arabern finden wir nämlich schon im 14. Jahrhundert eine Travestie des Märchens, die besonders bei BASILE in seinen Übertreibungen und in den Namen der Helfer wiederkehrt. Es ist jedoch BASILE allein, der den Helden zu einem Däumling macht. Es ist deutlich, daß eine ursprünglichere Überlieferung ohne Schiff den Arabern einmal bekannt war und daß diese ihrer Travestie zugrunde lag. Die Varianten im Vorderen Orient, die ziemlich zahlreich sind, lassen alle das Schiff vermissen. An dessen Stelle finden wir oft ein fliegendes Vehikel. In Schweden und im übrigen Skandinavien gibt es Varianten, in denen die beiden obengenannten europäischen Traditionszweige, d. h. der mit dem schlafenden Läufer und der mit dem Frostmann, Platz gefunden haben. Diese Vermischung dürfte in Deutschland stattgefunden haben und ist auch in der Sowjetunion vertreten. Unter den schwedischen Volksbüchern gibt es zwei Übersetzungen von GRiMMschen Märchen (Nr. 71 und 134), beide aus dem Jahre 1824, und aus dem Jahre 1788 eine Übersetzung einer deutschen historisierten Darstellung. Sie haben keine oder nur wenige Neuauflagen.

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Daß dieses Märchen sowohl hinsichtlich der Helfer und des Schiffes als auch hinsichtlich der Motive seine Wurzeln in der homerisch-mykenischen Zeit (vor etwa 700 v. Chr.) und deren Kulturkreis hat, ist nicht zu bezweifeln. Nr. JI/**.

Der Hirte

Ein in einer treibenden Holzkiste gefundener Ziehsohn geht mit seinem Vieh auf die Weide und denkt an seine strenge und geizige Herrin, die ihn jeden Morgen mit ihrer großen Glocke weckt. Wie er so dahingeht, findet er zwei winzige Glasschuhe, die er jedoch am Abend einer kleinen Jungfrau wiedergeben muß. Am nächsten Tag findet er eine Uhr aus Glas und am folgenden Tag eine gläserne Schelle, aber auch die muß er zwei Waldwichtelmännem zurückgeben. Der eine nimmt die Uhr, der andere die Schelle. Als er die Schelle übergeben hat, begegnet er plötzlich einem Riesen, der ein gläsernes Schwert in der Hand hält und sagt, den Finderlohn werde er ein andermal bekommen. Den bekommt er auch, denn der Riese hilft ihm bei drei Prüfungen, die er durchstehen muß, um drei verschiedene Wünsche erfüllt zu bekommen. Er muß in einem engen Paß über einen grimmigen Löwen springen, dann einen Fluß mit brausendem Wasser überschreiten, worin Schlangen und Drachen sind, und zuletzt über eine flammende Feuerlohe springen. Nach diesen Prüfungen gelangen sie, er und der Riese, zu einem verzauberten Schloß. Da sagt der Riese, er solle das Glasschwert nehmen und ihn erschlagen. Als er widerwillig zuschlägt, ist die Verzauberung gebrochen, und der Riese wird zum König des Schlosses, der er früher gewesen war. Dann bekommt der Bursche, der eigentlich ein geraubter Prinz ist, seine drei Wünsche erfüllt. Er darf im Schloß wohnen, erhält eine Prinzessin — die Tochter des Königs — zur Gemahlin und ein Königreich nach dem Tode des Königs. Die Glasschuhe gehörten der Prinzessin, die gläserne Uhr einem Höfling, der die Herkunft des Burschen offenbart, und die gläserne Schelle trug der Mönch, der die Trauung verrichtet. Von diesem Märchen, das in SSF I I im Auszug nach P. A. SÄVES Gotländska samlingar (II, 2; MSR 623, 189) wiedergegeben wird, sind nur drei schwedische Varianten bekannt, eine aus Uppland und zwei von Gotland. Die uppländische findet sich sowohl bei H Y L T Ä N - C A V A L L I U S als auch in der Ausgabe der GustavAdolf-Akademie von diesen Märchen 1 . Sämtliche Aufzeichnungen scheinen jedoch in dem Maße, in dem sie dem Hauptschema des Märchens folgen, auf ein und dieselbe Quelle, nämlich eine Märchenerzählerin im Sävesschen Heim im Kirchspiel Roma auf Gotland, zurückzugehen. Das Märchen wird einstimmig als „spät", „literarisch" oder „von sehr zweifelhafter Echtheit" angesehen. Eine laut Angabe in Flandern befindliche Variante hat der Verfasser auf Grund der internationalen Schwierigkeiten auf dem Büchermarkt zu sehen nicht Gelegenheit gehabt. Eine baltische Variante gehört nicht hierher, sondern zu G S 367 (Das Batamärchen). Das Märchen scheint, nach alledem zu urteilen, der schwedischen mündlichen Überlieferung nicht anzugehören. 1

Die in L U F A befindliche Variante muß als teilweise direkt von der uppländischen Version HYLTEN-CAVALLIUS' abgeschrieben bezeichnet werden.

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Nr. JI6. Der versteinerte Diener Ein Prinz verliebt sich durch ein Bild in eine Prinzessin. Da das Freien mit gewissen Gefahren verbunden ist, lockt sie der treue Diener des Prinzen auf ein Schiff, auf dem sich auch der Prinz eingeschifft hat, und segelt ab. Sie befindet sich bald in der Gesellschaft des Prinzen wohl. Unterwegs bekommt der treue Diener, der die Vogelsprache gelernt hat, zu hören, daß bei der Heimkehr das Leben seines Herrn und seiner künftigen Herrscherin durch verschiedene Todesfallen, wie das Besteigen eines Pferdes, das Durchschreiten eines Tores, das Essen eines bestimmten Gerichtes usw., bedroht wäre und daß der, der die Gefahren abwehre und dabei die Ursache seiner Handlungsweise erzähle, versteinert werden solle. Alles Vorausgesagte tritt ein, doch die Gefahren werden durch den getreuen Diener abgewendet. Da der Prinz jedoch die Handlungsweise des Dieners nicht versteht, zwingt er ihm eine Erklärung ab, worauf dieser unmittelbar danach zu Stein wird. Der Prinz und die Prinzessin opfern das Leben ihres Kindes und geben mit dessen Blut dem treuen Diener seine richtige Gestalt wieder. Das Kind erhält durch ein Wunder wieder das Leben. Das Verbreitungsgebiet dieses Märchens erstreckt sich von Indien bis Portugal und von dort teils über die Kapverdischen Inseln nach Massachusetts in den U S A , teils nach Brasilien. Es ist wohl in sämtlichen europäischen Ländern vertreten, außer möglicherweise in Irland, England, Holland und Norwegen. Die außereuropäischen Varianten in der alten Welt sind hauptsächlich im Kaukasus und bei den Tataren, Kalmücken, Äthiopiern, Kabylen und Indern zu finden. Die meisten Varianten haben wir jedoch im östlichen und südöstlichen Europa. Die älteren indischen Varianten, darunter die im Kathäsaritsagara (um 1000 n. Chr.), sind unvollständig. Zu bemerken ist, daß die Mehrzahl sämtlicher Varianten bei sehr frühzeitiger Einwirkung von 5 07 B C (Tobiasmärchen) eine Schlange im Hochzeitsgemach die dritte und letzte Gefahr sein läßt. Daß dieser Z u g nicht, wie man behaupten wollte, ursprünglich ist, geht daraus hervor, daß dabei eine Erklärung seitens des Dieners eigentlich unnötig ist. Dieser Zug findet sich auch nicht im Kathäsaritsagara, wo vier andere Gefahren aufgezählt werden. Vermutlich ist er teils durch das Opfer des Kindes, das typisch für das Tobiasmärchen ist (vgl. 506,507A, 508,5 51), teils durch die Gabe, die Vogellaute zu verstehen, was unfehlbar den Gedanken auf die Schlange führt, hineingekommen. Sowohl GRIMM wie BOLTE und POLIVKA haben die Ähnlichkeit der Erzählung

mit dem seit dem Jahre 1000 bekannten „Roman" Die beiden Freunde oder, wie er auch heißt, Amicus und Amelius (Amici) hervorgehoben, der nach und nach in die Stuttgarter Handschrift der Sieben weisen Meister einfloß. Dort finden wir als Einleitung die Gabe, den Vogellaut zu verstehen, sowie weiter eine alles opfernde treue Freundschaft und als Schluß das Opfer der Kinder des empfangenden Teiles, um mit deren Blut den Freund wieder gesund zu machen. Die Kinder bleiben jedoch durch ein Wunder am Leben. Daß diese Erzählung und das Märchen völlig unabhängig voneinander sein sollten, ist kaum denkbar (siehe 517).

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Die Flucht auf dem Schiff erinnert uns an ein entsprechendes Motiv aus König Rother (um 1160) und an dessen Fahrt mit der Tochter des Kaisers von Konstantinopel (vgl. 511). So wie das Märchen jetzt vorliegt, kann man drei Hauptgruppen unterscheiden: 1) die allgemein europäische oder die oben im Auszug wiedergegebene, zu der u. a. die Version von B A S I L E (IV, 9) gehört, 2) die mitteleuropäische, die sich von Frankreich bis in die Sowjetunion und von Dänemark bis Griechenland erstreckt und in der die Weissagenden auch Anleitung geben, wie die Braut zu gewinnen ist, und schließlich j) die ziemlich heterogene süd- und osteuropäisch-orientalische, in der die altindischen Züge oft durchschimmern. Es scheint somit natürlich, den Ursprungsort dorthin zu verlegen, wo alle drei Gruppen vertreten sind, in den nördlichen Balkan und vermutlich nach Konstantinopel, der Hauptstadt des byzantinischen Reiches 1 . Im Zusammenhang hiermit dürfte über das Alter des Märchens gesagt werden können, daß die erste Gruppe der spätbyzantinischen Zeit (1000 bis 1500 n. Chr.) und die dritte einem älteren Zeitabschnitt (300—1000 n. Chr.) angehört. Von der Volkstümlichkeit des Märchens zeugt die Bearbeitung H. C. ANDERSENS.

Nr. JIJ. Der Vogel und die Demütigung des Vaters Ein junger Mann, der die Vogelsprache versteht, hört einige Vögel sagen, daß ihm einmal seine Eltern das Wasser zum Händewaschen reichen würden. Auf Verlangen des Vaters erzählt er diese Weissagung. Der Vater ist empört und stürzt seinen Sohn ins Meer. Der junge Mann rettet sich und wird dann Schwiegersohn eines Königs. Er hatte ihm nämlich gesagt, warum einige Raben seit Jahren in lästiger Weise den König verfolgten. Sie wollten, sagte er, daß der König in einem Streit unter ihnen sein Urteil fällen solle, was der König auch tat. Nach langer, langer Zeit bekommt der Jüngling seine Eltern zu sehen, die ihn nicht erkennen, und die Weissagung geht in Erfüllung. So ungefähr wird das Märchen in einer Anzahl später abendländischer Versionen der Sieben weisen Meister (Vaticinium) erzählt. Es bildet dort auch mehrfach die Einleitung und den Schluß des oben unter 516 (Der versteinerte Diener) besprochenen Romanes Amicus und Amelius (Amici), der seit dem 1 1 . Jahrhundert bekannt ist. Gewisse Züge erinnern jedoch an das Sukasaptati Nr. 9, in dem ein Minister eine ihm kundgewordene Wahrheit verschweigt und den Abschied bekommt. In Schweden gibt es das Märchen teils bei BONDESON, teils fragmentarisch eingeschoben in Varianten von 516 und 326 (Der Jüngling, der sich nicht fürchten konnte). Die BoNDESONSche Variante, die in SSF II wiedergegeben wird, ist ziemlich verworren und hat sogar die für den Gang der Erzählung so wichtige Weissagung verloren. Die Seltenheit dieses Märchens in Schweden ist um so bemerkenswerter, als Die sieben weisen Meister in zwei schwedisch verfaßten Handschriften vom 15. Jahrhundert, eine in der Königlichen Bibliothek in Stockholm und eine in der 1

RÖSCH verlegt in seiner sorgfältigen Untersuchung den Ursprung des Märchens nach Ungarn ( F F C 77, S. 197), KAARLE KROHN hingegen nach Indien ( F F C 96, S. 82 ff.).

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Universitätsbibliothek in Kopenhagen, wie in Schillingdrucken (in der Stadtbibliothek von Göteborg) schon aus dem Jahre 1642 vorkamen. Von Neuauflagen sind jedoch nur etwa 10 ab 1778 bekannt. Die Handschriften stehen den französischen Versionen der Sieben weisen Meister am nächsten, während die schwedischen Volksbücher den deutschen Handschriften, besonders der Stuttgarter Handschrift, folgen. In Europa ist das hier behandelte Märchen oft ausgeweitet und hat eine andere AARNE-Nr. (671) bekommen. Der Jüngling versteht darin auch die Sprache der Hunde und Frösche und wird schließlich König oder Papst. In dieser Form treffen wir das Märchen in der Bretagne, in Flandern, bis nach der Sowjetunion, der Türkei und Italien, jedoch nicht in Schweden und Norwegen. Weiter begegnen wir einer anderen Form des Märchens mit der ungefähr gleichen, aber etwas östlicheren Verbreitung in der Erzählung vom Jüngling, der seinen Traum nicht erzählen wollte (725). Auch diese ist in Schweden nicht vertreten. Der Traum hat genau die gleiche Weissagung zum Inhalt, wie die oben in unserem Märchen berichtete. Schon BÄCKSTRÖM und nach ihm eine große Zahl Forscher haben die Ähnlichkeit mit Josefs Traum hervorgehoben. In der Bibel sollten nach der Deutung des Traumes der Vater, die Mutter und die Brüder kommen, sich verbeugen und vor Josef auf die Erde niederfallen. Diese Parallele BÄCKSTRÖMS hat um so mehr für sich, als der Traum nach dem Koran nicht den Brüdern, sondern nur dem Vater erzählt wird. Möglicherweise stehen wir doch vor einem späten Einfluß. Auf jeden Fall sind die Weissagungen der Vögel in den Märchen die früheste Form und Die sieben weisen Meister der Ursprung des hier behandelten Märchens, wenn auch die Wurzel wahrscheinlich orientalisch ist. Das Verstehen der Vogelsprache ist eine Vorstellung, die noch so weit im Osten wie in China lebendig ist. Die von BONDESON eingefügte Geschichte von den Rivalen findet sich u. a. in den Gesta Romanorum ( K a p . 1 9 3 ) u n d bei PHILIPPE DE BEAUMANOIR (um 1 2 7 0 ) .

Nr. JI8. Die um magische Gegenstände streitenden Erben Ein Jüngling trifft Brüder, die sich um ein Erbe streiten. Sie streiten meistens um magische Gegenstände. Einmal gilt es einer Tarnkappe, Siebenmeilenstiefeln oder einem fliegenden Teppich, ein andermal einem unerschöpflichen Geldbeutel, einem Gefäß oder Tuch, das die wunderbarsten Gerichte auftischt, einem Zauberstab oder einem Siegesschwert oder dgl. Der Jüngling erbietet sich, den Streit zu schlichten, und ordnet einen Wettlauf zwischen den Streitenden an. Der Gewinner soll der Eigentümer der Gegenstände werden, aber als die Wettkämpfer zurückkehren, ist der Jüngling mit Hilfe der Tarnkappe oder der Siebenmeilenstiefel bereits verschwunden und hat sogar die anderen Kleinode mitgenommen. Die oben angeführte Erzählung ist eher als ein Motiv, das in verschiedene Märchen eingefügt wird, um dem Helden die Möglichkeit zu geben, sein Ziel zu erreichen, denn als ein selbständiges Märchen zu betrachten. Man findet es im Rahmen der Märchen Der Riese ohne Her% (302), Die %ertan%ten Schuhe (306), im Schwanenjungfraumärchen (400), im Märchen von Fortunatus (566) und noch in vielen anderen. Es ist

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im gesamten orientalisch-europäischen Überlieferungsgebiet einschließlich Nordafrika bekannt, ist aber auch nach China und den Philippinen wie auch nach Amerika, u. a. nach Massachusetts, Utah und Mexiko gekommen. Die älteste Bekanntschaft damit stammt jedoch aus Griechenland und Kleinasien. Es findet sich nämlich in den Perseusmythos eingeflochten. Dieser Mythos war in Griechenland bereits im ersten Abschnitt der archaisch-klassisch-griechischen Zeit (700—300 v. Chr.) bekannt, aber da er, wie sein Inhalt und seine Bilder zeigen, von den noch älteren Assyrern (vgl. 300) herstammt, dürfte sein Ursprung der homerisch-mykenischen Zeit (vor 700 v. Chr.) zugeschrieben werden können. Wir finden darin die Flügelschuhe, ein magisches Ränzel und die allerdings relativ spät erwähnte Hadesmütze, d. h. die Tarnkappe. Hier behandelte Motive werden jedoch auch im Tripitaka der Chinesen erwähnt. Eine von diesen Versionen ist im Jahre 492 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt und in das Buch der hundert Erzählungen aufgenommen worden, eine andere ist im selben Werk im Jahre 516 n. Chr.1 zusammengestellt worden. In Indien ist das Motiv im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) aufgezeichnet. Es findet sich auch in der mongolischen Märchensammlung Siddhi-Kür und in Tausendundeiner Nacht u. a. in der Erzählung von Hassan aus Basra (siehe 400), die dem persischen Kern von Tausendundeiner Nacht, Hesär-Afsäneh aus dem 8. oder 9. Jahrhundert, angehört. Das Motiv hat seine größte Verbreitung in Vorderasien, Mittel- und besonders Osteuropa und im Norden. In S N O R R I S Edda (um 1220) zeugen einige, in diesem Zusammenhang bisher unbeachtete Züge des Skdldskaparmäl (Kap. 61) davon, daß das Motiv schon damals im Norden nicht unbekannt war. Zwei Zwerge, Brock und Sindre, hatten auf Lokis Initiative hin gerade den Göttern eine Menge Kleinodien gegeben, als sich Loki auf seinen Schuhen, die ihn durch Luft und Wasser trugen (d. h. auf den Siebenmeilenstiefeln des Märchens), davonmachte. Um der epischen Fortsetzung willen läßt ihn die Erzählung jedoch von Thor einholen und ergreifen (siehe hierüber unter 890). Nr. J19. Das starke Weib Ein Prinz hat einen oder mehrere Brüder oder Kameraden entweder dadurch bekommen, daß ein Fisch einen kleinen Knaben verschluckte und ihn dann dem Vater des Prinzen übergeben hat, oder dadurch, daß jener einen Spielgefährten für seinen Sohn kaufte, oder dadurch, daß nicht nur die Mutter, sondern auch eine Dienerin oder ein Pferd (eine Kuh) durch das Verzehren einer gewissen Frucht oder eines Fisches schwanger wurden. Der gefundene, gekaufte oder vom Pferd (von der Kuh) geborene Knabe ist der überaus starke Held des Märchens. Er wächst mit Brüdern oder Spielgefährten unter wilden, an die Märchen Der starke Hans (650) oder Der Bärensohn (301) erinnernden Spielen auf. Sie haben Eisenstangen, die sie hoch in die Luft werfen und nach stundenlangem Warten wieder auffangen. Mitunter wird die Schar durch wunderbare Helfer vergrößert, unter denen sich auch 1

Ch. Tr. 277 und 470.

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ein Frostmann (siehe 513) befindet. Während der Fahrt zum starken Weib besiegt der Held auf einer Brücke drei Drachen und gewinnt dadurch ausgezeichnete Pferde, die den Drachen gehörten 1 . Mitunter erwirbt er auch Gerten aus verschiedenen Metallarten und — manchmal von Erbstreitenden (518) — eine Tarnkappe. Als er mit den Brüdern oder Spielgefährten kommt, um für den Prinzen um das starke Weib zu freien, das starke Heere anführt und mit Waffen ausgerüstet ist, die zwölf Männer zum Tragen erfordern, bricht der Held den Eisenzaun nieder und tötet den Wächter. Auf den Zaun hatte man die Häupter der Freier gesteckt, die die Aufgaben der Heldin nicht erfüllen konnten. Die Aufgaben lauten: die Waffen des starken Weibes ebenso gut zu führen wie sie selbst, ihr ungezähmtes Pferd zu reiten, das herbeizuführen vierzig Mann erfordert, und schließlich, ein Rätsel zu raten oder — in drei Fällen — zu erraten, wessen Haar es ist, das sie vorzeigt. Der Held führt diese Aufträge aus, mitunter mit Beihilfe der Gefährten, so daß alle glauben, es sei der Prinz selbst, der sie ausführt. Der Pfeilschuß mit dem überwältigend schweren Bogen der Heldin reißt sogar einen Teil ihres Schlosses fort. Bei der Erfüllung des letzten Auftrages, zu raten, wem das Haar gehört, sucht der Held den Unhold auf, unter dessen Einfluß die Prinzessin steht, schlägt ihm das Haupt ab und zeigt es mit dem Haar, das mit dem gefragten identisch ist. Als der Bräutigam während der Brautnacht von der Heldin erstickt zu werden droht, nimmt der Held heimlich (mit Hilfe der Tarnkappe) dessen Platz ein. Hierdurch und durch das Peitschen mit den Gerten, die er sich auf dem Wege zum Schloß der Prinzessin verschafft hat, wird die Heldin aus ihrer Verzauberung erlöst und verliert ihre übernatürlichen Kräfte. Sie merkt jedoch, daß sie überlistet worden ist, schlägt dem Helden die Füße ab und macht den Prinzen zum Schweinehirten. Der Held läßt sich dann von einem Blinden tragen und zwingt ein übernatürliches Wesen, ihm Lebenswasser zu geben, und wird dadurch wieder geheilt. Dann setzt er den Prinzen wieder in seinen rechtmäßigen Platz ein und wird sein erster Mann in der Regierung des Reiches. Dieses Märchen finden wir im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Zentrum Kiew sowie mit einzelnen Varianten in den baltischen Ländern, in Böhmen, der Slowakei und Ungarn. Das Märchen, das auch die Brunhildesage genannt wird, ist ein Schwestermärchen der Siegfriedsage und hat wie diese seine Wurzeln südwestlich, östlich und südöstlich des Schwarzen Meeres im hellenistisch-römischen Kulturkreis. Die eigentliche Vorstellung von starken Frauen dürfte es bereits bei den Hethitern gegeben haben und dann bei den Griechen, und sie wird sowohl im Mahäbharata (um 400 v. Chr.—400 n. Chr.) als auch in der arabischen und tunesisch-bengalischen Version der Sieben weisen Meister erwähnt. Das aus den schwedischen Sigurdzeichnungen so wohlbekannte, aber unverstandene Pferd Grani, das Sigurd bekam, nachdem er den Drachen Fafner erlegt hatte, ist ein stummer Überrest der früher weiter verbreiteten osteuropäischen Drachen, die, wie in diesem Märchen, im Kampf auf vortrefflichen Pferden ritten. Abgesehen von Grani ist 1

Aus dem Märchen Der Drachenkampf auf der Brücke (siehe 301), auch Schlange und Töchter ( P A N Z E R ) oder Drei Brüder-Märchen ( W A L T E R A N D E R S O N , K U R T R A N K E ) genannt.

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Fäfnir unter dem Einfluß aus dem Westen zu einem Schätze hütenden Drachen vom Vouivre-Typ geworden. Nach Rußland ist das Märchen Das starke Weib nach Löwis OF M E N A R , der ihm seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, frühestens im 13. Jahrhundert gekommen. Es scheint Kiew sowohl auf dem Seewie auf dem Landweg westlich des Schwarzen Meeres aus dem Nahen Orient erreicht zu haben. Der Stoff der Siegfriedsage folgte jedoch der Donau bis zu den Burgundern in Worms bereits im 6. Jahrhundert, um dann längs des Rheines den Norden zu erreichen. Im übrigen verweisen wir auf unsere Spezialuntersuchung des Märchens in Bäckahästen mit Karten und Résumé 1 sowie auf 507 A (Die Geliebte des Unholds), mit welchem das Märchen mehrere Züge gemeinsam hat. Das Märchen gehört der mündlichen Überlieferung in Schweden nicht an, steht ihr aber so nahe, daß eine Erwähnung hier als berechtigt angesehen werden darf.

Nr. jjo. Der Glasberg Die Erzählung davon, daß es dem Helden gelingt, den gläsernen Berg hinaufzureiten und durch diese Mannhaftigkeitsprobe die Prinzessin zu gewinnen, ist in erster Linie ein Motiv, in zweiter Linie ein Märchen. Als Motiv findet sie sich oft mit 502 (Der wilde Mann), 314 (Der Goldhaarige), 400 (Schwanenjungfraumärchen) und vielen anderen verwoben. Zuerst wollen wir das Motiv studieren, später das Märchen, aber die Bemerkung vorausschicken, daß das Gewinnen eines in einem wahrscheinlich hohen Turm eingeschlossenen Mädchens von einem ägyptischen Papyrus her schon aus den Jahren 1600—1000 v. Chr. bekannt ist. Der einzige wirkliche „Glasberg", der als bestehend gedacht werden kann, ist ein mit Lava, die mitunter aus richtigem Glas besteht, verkrusteter vulkanischer Berg. Die menschliche Phantasie dürfte sich jedoch bei dem Glasberg des Märchens nicht mit irgendwelchen Lavaströmen, sondern mit künstlichem, durchscheinendem Glas beschäftigt haben. Wir wollen nun versuchen, uns einen Begriff davon zu machen, wie alt eine solche Vorstellung sein und wie sie möglicherweise entstanden sein kann. Glas gibt es schon seit langem. Man kennt nicht einmal den Zeitpunkt seines ersten Aufkommens. Die Kunst, Glas herzustellen, folgt nicht einer klar aufsteigenden Kurve, sondern eher einer Berg- und Talbahn. Schon um 1800 v. Chr. war das Glas in Phönizien nicht nur bekannt, sondern man kannte auch die Kunst, Glas zu b l a s e n , d. h. Glasgefäße zu verfertigen, und Glas zu s c h l e i f e n . In Ägypten machte man einige Jahrhunderte später Statuen aus gegossenem Glas. Zu diesem 1

Siehe „Die Siegfriedsage und die Oikotypentheorie" in Bäckahästen II, S. 159fr., besonders S. 160—173. Als schwedische Variante haben wir die dort abgedruckte Sage aus Blekinge, die vermutlich deutschen oder flämischen Ursprungs ist und ganz der Sigurdsage angehört, nicht gerechnet. Auch das Zigeunermärchen mit seinen russischen Motiven, das in Stockholm von C . H . T I L L H A G E N aufgezeichnet und in seinem Taikon erzählt (1946) aus der Zigeunersprache übersetzt wurde, kann als solche nicht bezeichnet werden. Wir verweisen hingegen hier auf ein isländisches Fragment (in der Sage vom Gange Rolf) des Schlußmotives in dem russischen Märchen vom starken Weib (vgl. Pantschatantra V , 12). — S. L I L J E B L A D hat das Märchen in Tobiasgeschichte, S. 167ÌF., auf eine höchst interessante Weise vom Standpunkt der Oikotypentheorie analysiert.

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Zeitpunkt war also der Gedanke an einen gläsernen Berg an und für sich nicht völlig unsinnig. In Europa, nördlich der Alpen, war man jedoch in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. nicht weiter als bis zu Glasperlen gekommen, und erst zur Zeit um Christi Geburt hat die Glasindustrie in Rom festen Fuß gefaßt. Man verwendete dort Glas für Fenster, ebenso in Pompeji. Nach dem Fall des Weströmischen Reiches wechselte die Glasindustrie nach Byzanz hinüber, und von dort verbreitete sich die Glasmacherei neuerdings über den Orient. Nördlich der Alpen waren Glasfenster zu Luthers Zeit jedoch noch nicht allgemein gebräuchlich. Selbstverständlich ist die Ähnlichkeit zwischen Glas und Eis in die Augen fallend, und zwar überall dort, wo man Gelegenheit hat, ihre Durchsichtigkeit und harte, glatte Oberfläche zu vergleichen. Gletscher waren in den Alpenländern ebenso bekannt wie in Afghanistan und in Nordindien mit dem Hindukusch und dem Himalaya. Die Inder stellen sich vor, daß ihre Peris (d. h. eine Art Feen, die unseren Elfen gleichen) in einem „Glasschloß" (schell-batte-kote) auf dem Gipfel des Nanga Parbat im nordwestlichen Kaschmir, dem ersten Heim der Inder auf der indischen Halbinsel, wohnen. Der Nanga Parbat oder „der kahle Berg" erhebt sich 2000 Meter über das umgebende Gebirgsmassiv und ist von Gletschern umringt, also ein wahrhaftiger „Glasberg", wenn man Glas und Eis gleichzustellen wagt. In voller Übereinstimmung damit beschreibt das orientalische Märchen, wie sich auf einem solchen Berggipfel ein Häuschen, ein Wäldchen und ein kleiner See befinden, und oftmals ist das Häuschen aus Glas. Ein gläsernes Haus wird übrigens schon in den indischen Jâtakas oder Erzählungen von Buddhas Wiedergeburten erwähnt. Viel älter sind jedoch die Ruinen der Glaswälle, die bis in den 3. und 4. Stock hinauf reichen, die im alten Mardukstempel Babylons gefunden wurden. Aber trotz all dieser Romantik und des Reichtums an Bergen und Tempeln scheint die Vorstellung vom Glasberg in Europa volkstümlicher gewesen zu sein als im Orient. Wir treffen besonders im nicht-slawischen Europa sowohl Häuser als auch Burgen und Schlösser aus Glas. In diesem Zusammenhang mag darauf hingewiesen werden, daß die abendländische Dichtung oft ganz realistisch von mit Glas verkleideten Mauern („mit Glasse überzogen", „verglacé", „vitrified") spricht, die an den Mardukstempel erinnern, und daß es solche Mauern jetzt noch in Schottland gibt. Es hat den Anschein, als ob man die Wälle in reiner Befestigungsabsicht mit Glas verkleidet hätte. Den Gipfel des Berges erreicht man im Märchen entweder durch Hinaufgehen oder -reiten. Im morgenländischen Märchen ist das erstere gebräuchlicher, und der Berg verwandelt sich oft in einen Zauberberg. Man hört dann fürchterliche Stimmen, die die Wanderung gefährlich machen. Leicht kann man versteinert werden (siehe 707, Drei Schwestern wollen den König haben; vgl. auch SSF II, 551). Es geschieht auch, daß „starke Weiber" in einem Glashaus irgendwo auf dem Gipfel wohnen und nach Opfern ausspähen. Diese Vorstellungen gehören sicherlich bereits der hellenistisch-römischen Zeit an. Im europäischen Märchen hingegen erfährt diese Wanderung zu Fuß in gewissem Maße eine Veränderung. Der Held greift oft zu Zaubermitteln, um festen Stand zu bekommen. Er erhält als Hilfe einen kleinen Knochen 10 Liungman

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oder eine Leiter aus Knochen, oft der zauberkundigen Heldin entwendet — ein Motiv, dem wir in Westeuropa, in Varianten von 313 (Die magische Flucht) auch dann begegnen, wenn es um das Erklettern eines glatten Baumes geht. Es wird aber auch erzählt, daß die Hände des Kletterers mit Eisen beschlagen wurden wie die Hufe eines Pferdes, und damit gehen wir zum Ritt auf den Glasberg über 1 . Zu einem solchen Ritt ist ein Zauberpferd oder jedenfalls ein scharf beschlagenes, mit Eisstollen versehenes Pferd erforderlich. Ohne Stollen kann man nicht einmal einen gewöhnlichen vereisten Hang hinaufreiten. Die Römer und Griechen beschuhten ihre Pferde noch relativ spät, indem sie ihnen Schuhe aus Bast oder Leder umbanden. Erst später kamen Eisenschuhe in Gebrauch. Wirklichen Hufbeschlag dürfte es jedoch vor 300 n. Chr. kaum gegeben haben, und Eisstollen sind vom Norden frühestens aus dem 8. bis 9. Jahrhundert bekannt. Sie bestanden aus einer am Hufrand befestigten Eisenplatte mit einem eisernen Nagel in der Mitte. Besonders im südöstlichen Europa sehen wir, wie in Überlieferungen, die mit der Siegfriedsage verwandt sind, ein Sprung oder Ritt über ein Grab oder ein Feuer an die Stelle des Rittes auf einen gläsernen Berg tritt. Wir sind vielleicht auch berechtigt, vorauszusetzen, daß die Vorstellung vom Glasberg den Rhein ungefähr gleichzeitig mit diesem Stoff, d. h. um 500 n. Chr., erreichte; aber ein w i r k l i c h e r R i t t einen eisgepanzerten Berg hinauf, z. B. als Mannhaftigkeitsprobe, dürfte vor der Erfindung der Eisstollen, d. h. vor dem 8. bis 9. Jahrhundert, kaum möglich gewesen sein. Der Zug ist auch hauptsächlich abendländisch. Manchmal kann man sich fragen, ob nicht trotz alledem die Vorstellung vom Gralsberg, Möns silvaticus, hinter der Vorstellung des Glasberges2 spukt. Nun gibt es ein Märchen, das u. a. nach INGER BOBERG als das wirkliche Märchen vom Glasberg anzusehen ist. Sie hat ihm auch besondere Untersuchungen zuteil werden lassen. Es beginnt damit, daß drei Brüder die Weide des Vaters (das Grab oder dgl.) bewachen. Nur dem Dritten gelingt es, und als Belohnung erhält er nacheinander drei immer schönere Pferde und Rüstungen. Als die Prinzessin dem versprochen wird, der einen Glasberg hinaufreiten kann, findet sich der Jüngling dreimal in drei verschiedenen Rüstungen ein, und zuletzt reitet er auf seinem dritten Pferd zum Gipfel des Berges hinauf. Er wird von der Prinzessin mit drei goldenen Äpfeln belohnt und erhält ihre Hand. Wir sagten jedoch vorhin, daß die Voraussetzungen für einen wirklichen Ritt auf einen Glasberg oder, besser gesagt, eine vereiste Bergwand hinauf erst im 8. bis 9. Jahrhundert gegeben waren, und von der Wirklichkeit der hierher gehörigen Vorstellungen des Märchens zeugt die Tatsache, daß der Ritt in verschiedenen Varianten mit einem Turnier wechselt. Kennzeichnend für das Märchen sind weiter die drei verschiedenen Rüstungen des Helden bei seinem dreimaligen Auftreten. 1

2

Neben den Vorstellungen dieses Märchens von einem Glasberg gibt es auch andere. Der Glasberg wird dann gleichbedeutend mit dem Himmelsgewölbe, dem Paradies oder dem Totenreich. Das Erklettern des Glasberges wird dabei, besonders im nordöstlichen Mitteleuropa, zu einer Strafe. Man gibt daher den Toten eine Tierklaue zur Hilfe. Über den Gralsberg siehe LARS-IVAR RINGBOM : Graltempel und Paradies (Kung. Vitt.-, Hist.-och Ant. Akad. handl. Nr. 73), Stockholm 1 9 5 1 . V g l . 5 5 1 .

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Dieses Motiv ist besonders im 12. Jahrhundert in der französischen Heldendichtung belegt und beliebt und ist sicherlich auch durch eine Tatsache begründet. Das Goldapfelmotiv, das, wie wir sahen, dem Märchen angehört, wurde bereits im Zusammenhang mit dem nahestehenden Märchen Der Goldhaarige (314, vgl. auch die Einleitung) behandelt, und das dreimalige Bewachen des Weideplatzes des Vaters fällt in gewisser Hinsicht mit dem Einleitungsmotiv zu dem nordischen Zweig des Schwanenjungfraumärcbens (400, vgl. auch 550) zusammen. Die Bestandteile dieses Märchens scheinen also, im nordwestlichen Deutschland und vielleicht auch in Dänemark zumindestens zu Beginn des 13. Jahrhunderts vorhanden gewesen zu sein, und wir finden die eigentliche Vorstellung vom Glasberg sowohl in der Wolfdietriebsage wie im jüngeren Titurel (beide aus dem 13. Jahrhundert). I n w i e weit das Märchen zu dieser Zeit oder einige J a h r h u n d e r t e f r ü h e r oder später entstanden ist, ist eine o f f e n e Frage. Die Siegfriedsage erlebte in diesen Gebieten im 15. und 16. Jahrhundert eine Renaissance, und etwas später sehen wir, daß der Glasberg unter Umständen, die auf Entlehnung aus dem hier behandelten Märchen hindeuten, u. a. von V E D E L (gest. 1616) in seine Aufzeichnung des Volksliedes Sivard og Brjnild (DgF Nr. 3) eingeführt wurde. Er läßt Sivard, d. h. Sigurd, Brynild gerade durch einen Ritt auf den Glasberg gewinnen. Doch wird der Glasberg im Lied bereits im Jahre 15 60 erwähnt. Von Nordwestdeutschland und Dänemark aus hat sich das Märchen vom Glasberg teils nach dem übrigen Skandinavien, teils nach Nordostdeutschland, Polen, den baltischen Ländern, Böhmen, Finnland und Rußland, wo der Glasberg oft durch ein hohes Haus ersetzt wurde, verbreitet. Von dort haben wir Ausläufer sowohl nach Syrien wie nach Indien, deren Stoff, wie I N G E R B O B E R G auch hervorhebt, deutliche Spuren russischen Einflusses zeigt. Im übrigen finden wir vereinzelte Varianten in Südwestdeutschland, Ungarn, Italien und Frankreich. K R O H N meint jedoch, daß das Märchen vom Glasberg in historisch später Zeit von Indien nach Westeuropa gekommen sei. Vielleicht wäre es hier richtiger, das Wort „Märchen" gegen „Vorstellung" auszutauschen. Wenn wir vom Glasbergmotiv absehen und an dessen Stelle ein beliebiges Kampfmotiv mit einem wunderbaren Pferd als Helfer einsetzen, finden wir das Märchen in der mittelalterlichen französischen und keltischen Dichtung mit vielleicht einem alten, arabischen Märchen aus Spanien als Vorbild, in dem Prinz Ahmed in einer Grotte Pferd, Rüstung und Lanze findet. Damit gewinnt er das Turnier und die Hand der Prinzessin, das Zauberpferd aber kehrt, unbezwingbar, mit seinem Reiter bei Sonnenuntergang zur Grotte zurück (siehe 502). Nr.

Der verleumdete Arbeitskamerad

Ein Jüngling erhält von seinem Paten ein sprechendes Pferd. [Dieses rät ihm vergeblich davon ab, einen gewissen Gegenstand auf dem Weg, den sie ziehen, aufzuheben.] Im Dienste eines Königs wird der Jüngling [wegen seines Fundes] von einem Arbeitskameraden beim König verleumdet und bekommt einen [oder mehrere] lebensgefährlichen Auftrag auszuführen. Er soll [u. a.] dem König eine von diesem begehrte, wunderschöne Prinzessin zuführen. Dem Rat des Pferdes folgend, be10*

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schafft der Jüngling Fleisch und Brot, um die Riesen und Vögel zu bestechen, die die Prinzessin bewachen, und es gelingt ihm sogar, deren Hilfe zu gewinnen, um sie heimzuführen. Die Prinzessin, die zauberkundig ist, zieht jedoch den Jüngling dem König vor. Sie läßt dem Jüngling den Kopf abschlagen und setzt ihn dann wieder auf seinen Platz oder kocht ihn in einem siedenden Bad und läßt ihn wieder unverletzt auftreten. Dann veranlaßt sie den König, eine ebensolche Behandlung zu verlangen, indem sie ihm vorspiegelt, daß er dadurch schön wie ein Jüngling werde. Als er zustimmt, kann sein Leben nicht gerettet werden, und die Prinzessin heiratet den Jüngling. Das sprechende Pferd verwandelt sich nach erfüllter Aufgabe in einen Prinzen. Die Verjüngungsprozedur kennen wir aus dem Märchen Die wunderbaren Helfer (513 AB), und wir erwähnten dort ein modernes, südslawisches Märchen, das gleichzeitig vom Goldenen Vließ (WUK Nr. 12) handelte. Sowohl 513 AB, das hier behandelte Märchen, als auch das Märchen Die magische Flucht (313) gehören, worauf u. a. S. L I L J E B L A D aufmerksam macht, auch zu den Märchen, die der Argonautensage ihren Stoff gegeben haben. Wir können also davon ausgehen, daß das hier behandelte Märchen seine Ahnen bis zur homerisch-mykenischen Zeit (vor 700 v. Chr.) zurückführen kann. Es kann somit von Interesse sein, sein Verbreitungsgebiet näher zu studieren. Das Märchen ist nicht nur auf dem Balkan bis tief in den Peleponnes reich belegt, sondern auch in Rumänien, Ungarn sowie bei den west- und ostslawischen Völkern. Es hat auch die baltischen Länder, Deutschland, den gesamten Norden, die Färöer, Schottland und Irland erreicht, scheint aber in den Niederlanden nicht aufgezeichnet zu sein. Hingegen ist es in Frankreich, Spanien und Italien gut belegt. Außerhalb Europas finden wir es östlich des Schwarzen Meeres im Kaukasus, u. a. bei den Armeniern, bei den Türken Stambuls und den Arabern Ägyptens relativ oft vertreten. In Indien gibt es eine Erzählung in Sanskrit (im Simhasanadvätrimsikä)1 über Vikramäditya, der sich dem im Märchen besprochenen Verschönerungsbad unterzieht und schließlich die Prinzessin gewinnt. Das Motiv spiegelt sich möglicherweise auch im Tripitaka2 wieder. Varianten sind auch von Ceylon, Kambodscha, den Philippinen sowie aus Ägypten, Zentral-, West- und Südafrika bekannt. In Amerika ist das Märchen schließlich, wie THOMPSON zeigt, von den Franzosen teils nach Missouri, teils zu den Indianern in Wisconsin und von den Spaniern zu den Indianern Neu Mexikos gebracht worden. Wir sehen, daß sein eigentliches Verbreitungsgebiet mit dem für das orientalisch-europäische Märchen gewöhnlichen beinahe zusammenfällt, wenngleich das Gebiet der außereuropäischen Varianten wesentlich erweitert wurde. Es ist wichtig festzustellen, daß das Märchen noch während der Sanskritzeit in Indien bekannt war. Nach allem zu urteilen, hat es seinen Ursprung im Mittelpunkt des Verbreitungsgebietes, das mit dem homerischmykenischen K u l t u r g e b i e t zusammenfallen dürfte. Gewisse Varianten lassen den Helden entgegen dem Rat des Pferdes eine Feder mitnehmen, die einem goldenen Vogel gehört, den zu holen er später beauftragt 1 2

Siehe die Fußnote zu 327 A B C , S. 66. Ch. Tr. 470, vom Jahre 516.

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wird. Man ist daher vielleicht berechtigt, diesen Auftrag mit der Aufgabe, das Goldene Vließ zu holen, gleichzustellen. Und das sprechende Pferd mag, wie LILJEBLAD hervorhebt, mit dem Pferdemenschen Cheiron, dem Pflegevater Jasons, verglichen werden. Der Zug von der goldenen Feder wird auf viele Arten variiert. Manchmal wird die Feder der Prinzessin in Schwanenjungfraugestalt zugeschrieben, manchmal hat sie eine Parallele in einem goldenen Zopf, was an das Haarlockenmotiv in dem altertümlichen Batamärchen (GS 367) oder ein ähnliches Motiv in den Sagen von Tristan und Isolde und Gange Rolf erinnert. In einigen deutschen Versionen, u. a. bei GRIMM, wurde die Feder völlig mißverstanden und ist eine zum Schreiben hergerichtete Feder geworden. Da noch weitere Aufträge vorkommen, erhält der Held oft Hilfe von dankbaren Tieren (einem Fisch, Ameisen, Bienen, Raben usw.). Die Aufträge werden entweder vom Vater der Prinzessin oder von ihr selbst erteilt. Oft fehlt das Pferd, und ein anderer Helfer (manchmal auch ein Esel) tritt an dessen Stelle. Als Einleitungsmotiv finden wir in einer ungarischen und in einer jüdischen, vor dem Jahre 1200 niedergeschriebenen Variante das Märchen Das Fell der großen Laus (siehe 621). Das Märchen ist mitunter mit dem Märchen Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn werden (461) und mit den heroisierten Versionen des Märchens Die untergeschobene Braut oder Der sprechende Pferdeköpf (533) sowie schließlich mit dem Märchen Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin (550) gekoppelt. Am interessantesten ist jedoch zu sehen, wie Motive, die dem Märchen Die Kleinodien des Riesen (328) angehören, dessen Muttermärchen das hier behandelte Märchen ist, hier und dort in den verschiedenen Varianten auftauchen, nicht zuletzt im östlichen Mitteleuropa. Als Einleitungsmotiv finden wir folglich u. a. das in den Kleinodien des Riesen oft vorkommende Motiv vom Vertauschen der Kopfbedeckungen (1119). Das Motiv ist uralt (siehe 327 B, Die Kinder hei der Hexe mit dem Däumling). Oft verlaufen die beiden Märchen so ähnlich, daß es schwer ist, sie zu unterscheiden. Man findet u. a. eine schwedische Variante dieses Märchens mit einem „Lifvengrà" genannten Pferd (HYLTÉN-CAVALLIUS Nr. 3 C, Anm.) als zu den Kleinodien des Riesen gehörig katalogisiert. Die Ursache hierfür, d. h. für das A u f g e h e n der b e i den M ä r c h e n i n e i n a n d e r , s c h e i n t eine z i e m l i c h späte N e u d i c h t u n g zu sein. Ein Schillingdruck dänischen Ursprungs mit dem Namen Skytten Brjde aus dem Jahre 1831 mit einigen wenigen Auflagen bis 1857 verläuft in gewisser Hinsicht parallel zu der in SSF I wiedergegebenen Variante, aber auf einer ganz anderen Ebene. Nr.

Die untergeschobene Braut (auch Der sprechende Pferdekopf genannt)

Eine Königstochter wird von einer Dienerin zu ihrem Vater geführt, um verheiratet zu werden. Sie führt ein sprechendes Pferd und ein paar Tropfen Blut auf einem Tuch bei sich, das auf die Rede des Pferdes antwortet. Die Königstochter wird unterwegs sehr durstig. Als sie trinkt, nimmt die Dienerin ihr das Tuch weg, das davonschwimmt, und dann zwingt sie sie, mit ihr die Kleider zu tauschen. Am Königshof angekommen, gibt sich die Dienerin für die Tochter aus, während diese

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zusammen mit einem Hirtenjungen die Gänse hüten muß. Die Dienerin läßt das Pferd schlachten, um nicht verraten zu werden, jedoch wird der Kopf am Schloßtor angebracht. Die neue Gänsehirtin hat große Macht über Tiere sowie über Wetter und Wind, und ihr Haar ist von Gold. Will der Junge ihr ein Haar nehmen, fliegt gleich sein Hut mit dem Wind davon. Als sie heimgehen, spricht der Pferdekopf mit der Gänsemagd. Der Hirtenjunge erzählt das dem König, der ihnen am folgenden Tag nachgeht und hört, daß der Knabe die Wahrheit gesagt hat. Der König bekommt seine Tochter wieder, und die Dienerin wird bestraft. Dieses Märchen gehört zum Kreis Die weiße und die schwarte Braut mit 450 (Brüderchen und Schwesterchen) als Grundtyp. Wir haben hier eine Vertauschung der Braut v o r der Ehe, eine Heldin mit Zauberkräften, wenn auch in einer etwas ungewöhnlicheren Form, und wir haben sprechende Tiere, aber keine Verwandlung. Um das Verhältnis des Märchens zu diesem Kreis verstehen zu können, muß uns erlaubt werden, an eine Zwischenform, eine bisher nicht erwähnte und in Schweden nicht repräsentierte kleine Gruppe von Märchen zu erinnern, die hauptsächlich bei den slawischen, den süd- und westromanischen Völkern sowie in Ungarn, Rumänien, Kleinasien und Griechenland daheim ist. Wir können das Märchen Die Geblendete nennen. Es hat im AARNEschen Typenkatalog keine Nummer bekommen. Die Heldin, die Zauberkräfte besitzt, ist dem Helden nur durch ein Bild bekannt. Die Stiefmutter, d. h. das böse Weib, und ihre Tochter begleiten sie auf ihrer Reise zum Bräutigam. Als Wegzehrung bekommt die Heldin gesalzenes Brot, wodurch sie gezwungen wird, um Wasser zu bitten. Um es zu bekommen, muß sie sich ihrer Kleider entledigen und wird dann am Wege geblendet zurückgelassen. Hierauf nimmt die Stiefschwester den Platz des Mädchens ein. Der Rosen wegen, die sie lacht, gelingt es der Heldin jedoch, ihr Augenlicht wieder zu erlangen, worauf der Held seine Auserkorene findet, manchmal dadurch, daß sie bei ihm Dienst annimmt. Die Schuldigen werden wie herkömmlich bestraft. Für den Bruder ist, wie im Märchen Der sprechende Pferdekopf, kein Platz. An Stelle der Blendung tritt in einigen Varianten die Verstümmelung der Hände des Mädchens, und damit gehen diese Varianten in 706 (Das Mädchen ohne Hände) über. Zu der Gruppe Die Geblendete gehört auch das Berta-Märchen, d. h. das Märchen von der Gemahlin Pippins des Kurzen, das nicht lange nach ihrem Tod (bearbeitet von ADNET LE ROI im Jahre 1280) aufgekommen sein dürfte. Wir kehren nun zum Sprechenden Pferdekopf zurück, dessen Ursprungsform wir oben in den Hauptzügen wiedergegeben haben. Sein Ursprung dürfte am Mittelund Oberlauf der Donau (vgl. 451) zu suchen sein, somit westlich der Verbreitungszentren der Märchen Die Geblendete und Brüderchen und Schwesterchen. Vom Ursprungsgebiet gehen nördlich und westlich einige deutsche, lothringische, flämische, dänische und westdeutsche Varianten, nach dem Süden einige afrikanische und eine albanische Variante sowie nach Nordost eine gotländische, eine litauische, eine finnische und einige russische Varianten aus. Der sprechende Pferdekopf selbst ist nur in den mitteleuropäischen Varianten zu finden. Als Name für das Märchen ist er also in gewissem Maße irreführend. Von den schwedischen Varianten ist die von AFZELIUS in Svenska folkets Sago-häfder von 1839 unzweifelhaft die beste. Die in SSF II wieder-

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gegebene 1928 aufgezeichnete Variante ist in vieler Hinsicht verblaßt. Von den afrikanischen Varianten ist eine bei den Kabylen, je eine bei den Kongo- und Tonganegern und sind zwei bei den Zulus zu finden, deren Wanderrichtung in Südafrika von Zulu- und Tongaland gegen Nordwesten quer über den Kongo geht. Das Märchen ist in Afrika sicherlich nur ein bis zwei Jahrhunderte alt, ist aber mit den einheimischen Glaubens Vorstellungen1 sehr gut verwachsen. Nr. f4J AB. Der gestiefelte Kater Ein armer Knabe oder ein Mädchen erbt nur eine Katze von seinen Eltern. Die Katze nimmt sich des armen Erben an, der zu einem Schloß geführt, als Nachkomme einer vornehmen Familie ausgegeben wird, ja, sogar eine Erbse durch sieben Federbetten spürt und schließlich die Hand einer Prinzessin oder eines Prinzen gewinnt. Die Katze aber begnügt sich nicht damit, sondern gibt ein Schloß als Besitz ihres Herrn oder ihrer Herrin aus, und es gelingt ihr auch, es zu erhalten, indem der wirkliche Eigentümer stirbt. Manchmal gehört das Schloß einem Ungeheuer, das durch langatmige Beschreibungen so lange aufgehalten wird, bis die Sonne aufgeht und es zerplatzt. Die ältesten Aufzeichnungen finden wir in Italien bei STRAPAROLA (um 1550) und BASILE (gest. 1632). Dort haben wir auch eine relativ große Anzahl guter Aufzeichnungen aus späterer Zeit. Von Italien scheint das Märchen nach Frankreich gedrungen zu sein, wo PERRAULT (gest. 1703), der, nach allem zu urteilen, STRAPAROLAS Aufzeichnung kannte, sein Le Chat botté mit dem berühmten Marquis de Carabas schrieb. Die Stiefel, mit denen der Kater ausgestattet wurde, scheinen PERRAULTS eigene Erfindung zu sein, vermutlich eine Art Siebenmeilenstiefel, die der diensteifrigen Katze ihre vielfältigen Besorgungen erleichterten. Neu ist bei PERRAULT auch die List der Katze, den Unhold, d. h. den wirklichen Eigentümer des Schlosses, dahin zu bringen, sich zwar zuerst in einen Löwen, aber hierauf in eine Maus zu verwandeln, die zur Beute der Katze wird. Das Märchen ist jetzt über fast ganz Europa verbreitet, und die Spuren von PERRAULTS Version sind vielerorten erkennbar. Aber auch BASILES Darstellung hat Nachfolger gefunden, nicht am wenigsten in den Ausläufern nach dem Vorderen Orient und Indonesien mit den Philippinen auf der einen Seite und Nordafrika auf der anderen. In Südafrika und Amerika ist das Märchen mehr fragmentarisch. Die Version BASILES ist u. a. an dem originellen Zug erkennbar, daß sich die Katze am Ende der Erzählung tot stellt, um auf diese Weise die Undankbarkeit des Herrn zu enthüllen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser Zug ursprünglich ist. Das hilfreiche Tier ist in den ältesten Varianten meistens eine Katze, später auch ein Hund, ein Hahn, Affe oder Fuchs, letzterer in Indien wie üblich durch einen Schakal ersetzt. In einem Teil der nordischen Varianten, die im AARNE-THOMPSON-Katalog die 1

Siehe im übrigen die Spezialuntersuchung dieses Märchens vom Verf. in „ T v ä folkminnesundersökningar" in Folkloristiska Studier och Samlingar, herausgegeben von der Redaktion für Folkminnen och Folktankar, Göteborg 1925, S. 41 ff. V g l . die Wanderrichtung dieses Märchens in Südafrika mit der Verbreitung von 155, 480 und 676.

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Nummer 505 erhalten haben, hat ein dankbarer Toter die Stelle der Katze eingenommen. Dieser Typ ist in Dänemark, Finnland und Estland vertreten. Einen trefflichen Humor beweist der in Schweden vorkommende Zug, daß die angebliche Prinzessin mitten in all ihrer gespielten Herrlichkeit einen ihr nicht ungewohnten Anblick hat. Ihr bettelarmer Vater und die Mutter laufen vorbei, er voraus, sie hinterdrein, streitend, mit hoch erhobener Brotschaufel. Das Mädchen lacht — aber es verrät sich nicht. Ein anderer, besonderer Zug, der sich jedoch auch in Ungarn findet, ist die Art, in der die Katze den Besitzer des Zauberschlosses aufhält. Sie berichtet umständlich, wie man Brot macht, bis die Sonne aufgeht und der Unhold zerspringt. Wir begegnen diesem Zug in einer größeren Anzahl von Märchen, aber in der Regel wird erzählt, wie man Leinen macht. Wir finden ihn in den Märchen Die Schreine (480), Die Kinder bei der Hexe (327 A ) 1 , Aschenputtel (510 AB) und Lenore (365) sowie in vielen Sagen. Das Eigentümliche ist jedoch, daß dieses Vorkommen hauptsächlich dem Gebiet oder, wenn man so will, dem bekannten Überlieferungsweg zwischen Griechenland und den baltischen Ländern angehört, wenn es auch Ausläufer davon u. a. in Italien, in der Sowjetunion, in Oldenburg, Schweden und Norwegen gibt. Die Idee findet man sogar im Allvissmäl, einer der jüngeren Dichtungen der älteren Edda. Einen dritten besonderen Zug haben wir in der Erzählung von der Prinzessin aufder Erbse, die in Schweden und Norwegen oft mit dem hier behandelten Märchen verbunden wird, aber, so verwunderlich es klingt, in Dänemark nicht vorhanden ist. H. C. A N D E R S E N hat seinen Stoff bestimmt aus dem Volksmärchen geholt, aber dabei ist er über die Grenzen seines Landes gegangen. In der mündlichen Überlieferung Schwedens wird die Bettprobe manchmal wie bei A N D E R S E N gemacht, um die Identität einer wirklichen Prinzessin zu erproben, manchmal bei einem Bauernmädchen oder einer Müllerin, die ihre vornehme Herkunft fälschlich beweisen, indem sie v o r g e b e n , trotz der vielen Federbetten schrecklich schlecht gelegen zu haben, gerade so wie „auf einem Haufen Steine", wie es in einer Variante heißt. Im Gegensatz zu H. C. A N D E R S E N S einmaliger Darstellung pflegt das Volksmärchen in üblicher Weise auch die Proben zu steigern. Die meisten Gegenstücke zur Prinzessin auf der Erbse dürften in älterer Zeit dem Morgenlande angehören. Wir finden das Motiv u. a. in der indischen Märchensammlung Vetälapancavimsatika. Darin wird von einem Mann erzählt, der trotz sieben Matratzen von einem Haar blaue Flecke bekam, und in einer anderen Erzählung derselben Sammlung wird von drei Königsgemahlinnen gesprochen, deren Vornehmheit man an den Graden ihrer Empfindlichkeit ablesen konnte. Die eine bekam eine Wunde, wenn eine Lotosblume auf sie fiel, die zweite wurde von den Strahlen des Mondes verbrannt und die dritte bekam ein Mal auf der Hand allein davon, daß sie den Klang eines Mörsers hörte. Eine arabische Erzählung, spätestens aus dem x 1. Jahrhundert, läßt die Tochter eines Araberfürsten blaue Flecke auf dem Körper bekommen, weil ein Myrthenblatt zuunterst in ihrem Bett von Straußendaunen liegt. Die Erzählung selbst dürfte aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. stammen, und die 1

LLUNGMAN-Sammlung Acc. Nr. 375.

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Episode soll sich, wie es heißt, in Hatra (im nördlichen Mesopotamien) zugetragen haben. Ähnliche Beweise einer hochgradigen Empfindlichkeit finden wir dann im 16. Jahrhundert in einer italienischen, jedoch auf persisch-arabischen Erzählungen fußenden und dann ins Deutsche übersetzten Novelle Die Reise der Söhne Giaffers. Der Idee begegnen wir zuerst verbunden mit Anekdoten über Sybariten, und zwar in Rom bei ÄLIANUS und ATHENÄOS (um 200 n. Chr.). Sie tritt dann im 17. Jahrhundert in Frankreich und Italien u. a. bei BASILE (I, 10) wieder auf. In der Überlieferung der Gegenwart begegnen wir ihr in verschiedenen Formen sowohl in großen Teilen Europas, besonders im Süden und Osten, wie auch im Orient, wo sie u. a. mit besonderer Vorliebe von den kleinen Siamesinnen erzählt wird. Sie ist sogar in Indonesien bekannt und wurde auch in Afrika mit Vergnügen aufgenommen. Wenn wir nun auf unser Märchen vom gestiefelten Kater zurückblicken, dann müssen wir erkennen, daß es weder den Tiermärchen noch den Märchen von den hilfreichen Tieren angehört. Die Katze tritt ganz einfach als Mensch auf. Vielleicht gibt es Tendenzen dazu auch in anderen Märchen, wie im Märchen Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin (550), wo der hilfreiche Wolf oder Fuchs mitunter mit bei Tisch sitzen darf. Er ist einfach ein verzauberter Prinz. In der ältesten Aufzeichnung unseres Märchens sagt STRAPAROLA auch ganz richtig, daß die Katze verzaubert ist (gatta fatata). Die Vorbilder haben wir im Orient zu suchen. In dem Märchen des zweiten Kalendermönchs in Tausendundeiner Nacht wird von einem Edelmann erzählt, der in einen Affen verwandelt wird. Trotzdem wird er ein mächtiger Großwesir, so wie die Katze am Hofe des Marquis von Carabas Marschall wird. In einem anderen Märchen aus Tausendundeiner Nacht, dem Märchen Der faule Kasläne1, finden wir eine ähnliche Idee. Ein Affe gibt sich als eine Art dienstbarer Geist aus und versieht seinen Schützling mit allem, was dieser wünscht. Wann diese Ideen Europa erreichten, ist schwer zu sagen, aber wir können sicher voraussetzen, daß das Märchen vom gestiefelten Kater in Italien zumindest im späten Mittelalter bekannt war. Sowohl Der gestiefelte Kater wie das damit verbundene Märchen von der Prinzessin auf der Erbse bauen also auf orientalischen Ideen auf. Schon 1797 wurde Der gestiefelte Kater von TIECK dramatisiert, und diese Dramatisierung hat auch ein schwedisches Gewand bekommen. Im 19. Jahrhundert haben FOIGNET und GRISAR Opern geschaffen, deren Libretti dieses Märchen zugrunde liegt. Unter den schwedischen Volksbüchern gibt es eine Übersetzung aus PERRAULT mit fast 40 Auflagen zwischen den Jahren 1786 und 1874, einen Druck von HYLTJINCAVALLIUS mit einigen wenigen Auflagen in den Jahren um 1850 sowie einige Ausgaben deutschen Ursprungs. Die mündliche Überlieferung hat jedoch unabhängig davon weitergelebt. Nr. / jo. Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin Drei Königssöhne bewachen der Reihe nach einen Apfelbaum, dessen goldene Früchte von einem Unbefugten genommen wurden. Der jüngste Sohn findet die Feder des goldenen Vogels, der die Früchte stahl. Der Vater sendet seine Söhne aus, 1

WEIL 2, 346.

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den wunderbaren Vogel zu suchen. Die beiden ältesten Söhne begegnen einem Fuchs (Wolf etc.), ddn sie unterwegs treffen, nicht mit der gebührenden Achtung, aber der jüngste bekommt den Fuchs zum Helfer. In einem (Zauber-) Schloß findet er den Vogel, nimmt aber gegen den Rat des Fuchses auch dessen goldenen Käfig (oder dgl.) mit. Die Wächter erwachen und, will er sein Leben retten, so muß er dem Besitzer des Schlosses ein goldenes Pferd verschaffen. Da führt ihn der Fuchs zu einem anderen Schloß. Wohl steht dort das Pferd, aber gegen den Rat des Fuchses legt ihm der Prinz einen goldenen Sattel (oder dgl.) auf. Die Wächter des Schlosses erwachen und, will er sein Leben retten, so muß er dem Besitzer eine wunderschöne Prinzessin verschaffen. Da führt ihn der Fuchs zu einem dritten Schloß. Dort findet er die Prinzessin in einem Gemache schlafend und nimmt sie mit sich zu dem Schloß, wo das goldene Pferd steht. Der Schloßherr ist vor Freude außer sich und gibt dem Prinzen das Pferd zum Tausch für die Prinzessin, aber bei der Abreise hebt der Prinz sie auf den Sattelknopf und reitet mit ihr schnurstracks zum Schloß mit dem goldenen Vogel. Der Besitzer dieses Schlosses ist wiederum begeistert und gibt dem Prinzen den Vogel im Tausch gegen das Pferd. Aber bei der Abreise nimmt der Prinz den Vogel, das Pferd und die Prinzessin mit. Der Fuchs warnt den Prinzen nun vor seinen Brüdern, und obgleich der Prinz deren Leben gerettet hat, werfen sie ihn in einen Brunnen und behaupten vor dem Vater, die drei Kleinode heimgebracht zu haben. Der Fuchs rettet jedoch den Prinzen aus dem Brunnen, und erst als der Prinz kommt, wird die Prinzessin wieder froh, beginnt der Vogel zu singen und fängt das Pferd wieder zu fressen an. Der Fuchs läßt sich vom Prinzen den Kopf abschlagen und zeigt sich dann in seiner richtigen Gestalt als Bruder der Prinzessin und künftiger Schwager des Helden, aber oft wird er auch durch einen dankbaren Toten ersetzt oder einem ' dankbaren Toten zugesellt. (Siehe weiter 551.) Nr. J J I . Das Wasser des Lebens Ein König ist krank und schickt seine drei Söhne aus, das Wasser des Lebens zu holen. Die beiden älteren begegnen jedoch einem Fuchs (alten Weib, Zwerg usw.), der sie unterwegs anspricht, nicht mit der gebührenden Achtung, der Jüngste aber bekommt den Fuchs zum Helfer. In einem oft von Löwen und Leoparden gut bewachten Schloß findet er nach der Anweisung des Fuchses das Wasser des Lebens. In einem der Gemächer sieht er jedoch eine wunderschöne schlafende Prinzessin. Er wird so von dem Anblick hingerissen, daß er sich mit ihr vermählt, während sie noch schläft. Dann ritzt er seinen Namen in ihr Lager und begibt sich nach Hause. Der Fuchs warnt ihn nun vor seinen Brüdern. Sie vertauschen das Wasser des Lebens mit gewöhnlichem Seewasser. Als der Vater davon nur noch kränker wird, reichen sie ihm endlich das Wasser aus der Quelle des Lebens und geben vor, es selbst geholt zu haben. Der Vater wird wieder gesund, verweist aber den jüngsten Sohn des Landes. Der Zusammenhang wird erst entdeckt, als die Prinzessin, ausgerüstet mit einem gewaltigen Heer und großen Schätzen, den Vater ihres Kindes wiederzubekommen verlangt. Der richtige Vater verrät sich, weil er ohne Rücksicht über ausgebreitete Teppiche oder goldbelegte Gassen reitet.

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Die Märchen 550 und 551 haben beide eine gleichlautende Motivreihe und gemeinsame Motive, teils wegen ihres sicherlich gemeinsamen Ursprungs, teils wegen unausbleiblicher Entlehnungen. Zuerst wollen wir die Aufmerksamkeit auf die Motive richten. Das Einleitungsmotiv von 550 hat man mit dem Schwanenjungfraumotiv in Verbindung bringen wollen. Hier ist jedoch weder die Rede von einer Schwanenjungfrau, noch handelt es sich um Riesenvögel wie den Vogel Garuda des indischen Gottes Wischnu oder den Vogel Roch aus Tausendundeiner Nacht, auf deren Rücken die Helden geführt werden. Der goldene Vogel von 5 50 ist eher mit dem Zaubervogel (567) verwandt, der demjenigen, der sein Herz oder seine Leber ißt, entweder eine Königskrone oder täglich eine goldene Münze unter das Kopfkissen gibt. In einer sehr großen Anzahl Varianten des hier behandelten Märchens trägt der Vogel jedoch den Namen Phönix. Dieser Vogel wird schon von H E S I O D (um 770 v. Chr.) erwähnt und soll nach H E R O D O T (gest. 425 v. Chr.) seine Heimat in Arabien haben und alle 500 Jahre wiedergeboren werden, dabei den Staub seines Vaters in Heliopolis, d. h. der Stadt der Sonne, in Ägypten hinterlassend. Seine Federn sind von Gold und Purpur. Man braucht nicht in Zweifel zu ziehen, daß der Vogel Phönix das Sinnbild der a u f g e h e n d e n Sonne war, für die Ägypter in Arabien lokalisiert, für die Griechen in Phönizien1. Man kann also sagen, das Land des Vogels Phönix lag „östlich der Sonne". Der Vogel Phönix wurde jedoch schon in der Antike auch das Symbol der Unsterblichkeit, und nach den Alchimisten hatte er die gleichen Eigenschaften wie der Stein der Weisen. Er verwandelte alles zu Gold und gab ewige Gesundheit. In jüngeren orientalischen und südosteuropäischen Märchen scheint die Nachtigall oft den Platz des etwas verblaßten Vogels Phönix eingenommen zu haben. Ähnliche Lebenssymbole sind im Alten Testament der Baum des Lebens im Garten Eden und in der "griechischen Mythologie die goldenen Äpfel der Hesperiden, die Herkules im Land des Sonnenunterganges oder, in der Sprache des Volksmärchens, „westlich des Mondes" holen sollte. Die goldenen Äpfel, die nach dem Einleitungsmotiv von" 5 5 o von den drei Söhnen des Königs der Reihe nach Nacht für Nacht gegen die Angriffe des Vogels Phönix behütet werden sollten, können sicherlich als direkte oder indirekte Reminiszenzen dieser namenskundigen, lebenspendenden, vom Drachen Ladon bewachten Äpfel betrachtet werden. Nahe verwandt mit diesen Äpfeln ist das lebenspendende Kraut, das Gilgamesch (3. Jahrtausend v. Chr.) suchte und fand, das ihm aber von einer Schlange geraubt wurde. Gilgamesch suchte auch das Lebenswasser. Dieses Wasser kommt unter verschiedenen Umständen vor, u. a. im Sorna oder Haoma der Inder oder Perser, das der drachentötende Gott vor dem Kampf genoß. In der Alexandersage, deren früheste Aufzeichnung etwa aus dem Jahre 200 n. Chr. stammt und teilweise den Stoff des Gilgameschepos widerspiegelt, wird von Alexander gesagt, daß er die Quelle des Lebens sucht, doch findet nicht er sie, sondern sein Diener Khizr. Khizr lebt heute noch als eine Hauptfigur in der Sagenwelt der Mohamedaner. 1

d. h. deren Namen für die nördliche „Levante" oder das „Land des Sonnenaufgangs".

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In mehreren Varianten von 551 wird das Lebenswasser nicht nur von Löwen oder Leoparden, sondern sogar von Drachen bewacht, die der Held töten muß, und in voller Übereinstimmung hiermit wird das Erwerben des Lebenswassers oft unmittelbar damit belohnt, daß er die Prinzessin gewinnt. In einer indischen Variante ist der Baum des Lebens mit der Prinzessin identisch. Der Gedanke vom Lebensbaum als GesundheitsSpender ist im Paryival (um 1200) bearbeitet, in dem die Lanze des Longinus, mit der Christus verwundet wurde, das gesuchte Heilmittel ist. Eine Bedingung ist jedoch, daß der Überbringer die Keuschheit eines Heiligen besitze. Diese Bedingung schimmert auch in einer Variante von 551 aus dem 14. Jahrhundert durch, die von dem südfranzösischen Dominikaner J O H A N N E S G O B I U S J U N I O R in Scala celi erzählt wird. Die Quelle des Lebens wird nicht nur von einer Schlange bewacht, die der Held — der jüngste von drei Brüdern — töten muß, sondern er muß auch den Blick von den schönen und verführerischen Jungfrauen abwenden, die die Quelle umgeben, wie er sich dieser auch unbewaffnet nähern muß, obzwar ihm Ritter und „Barone" die ausgezeichnetsten Waffen und Pferde anbieten. Der Gedankengang ist der gleiche wie in der Par^ivalsage. Auch der Vogel Phönix ist unter christlichem Einfluß ein Symbol der Keuschheit geworden. Es ist dem antiken Märchen vom Vogel Phönix und dessen Wiedergeburt auch nicht unähnlich, wenn es heißt, daß jeden Karfreitag eine Taube vom Himmel herabkommt, um die mit ewiger Jugend verbundene Kraft zu erneuern, die im Gral auf dem Möns silvaticus verwahrt wird. Zu dieser mittelalterlichen Allegorisierung gehören auch die Versionen von 5 50 und 551, in denen der Held zusammen mit dem Vogel oder mit dem Wasser B r o t und W e i n , die nie zu Ende gehen, und ein unüberwindbares S c h w e r t erhält. Diese Version tritt jedoch nicht vor dem 17. Jahrhundert zutage. Sie ist in Dänemark, auf Island, in Schweden und im tschechischen Sprachgebiet aufgezeichnet worden und scheint in G R I M M S Wasser des Lebens durch. Wir kommen darauf noch später zurück. Wenn der Held der beiden Märchen 5 5 o und 551 nach wohlverrichteter Arbeit wieder mit seinen Brüdern zusammentrifft, wird er wie Josef von ihnen in einen Brunnen geworfen. Das ist ein typisch orientalisches Motiv, bereits im 1. Buch Mose aus der Zeit um 900 v. Chr. belegt. Die Teppiche, durch deren unbekümmertes Betreten der Held, besonders in 551, seine Identität beweist, sind gleichfalls orientalischen Ursprungs. Sie kommen u. a. in einigen tschechischen Handschriften aus dem 15. Jahrhundert vor, die den seinem Typus nach griechisch-byzantinischen Roman Apollonias von Tjrus (aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.) wiedergeben. Der oft zusammen mit dem Fuchs auftretende d a n k b a r e T o t e deutet auch auf östlichen Einfluß hin (siehe 506 A). Das Alter und die Heimat der Motive geben uns also einen deutlichen Fingerzeig in der Richtung nach Osten. Hinzu kommt, daß wir noch heute gute und zahlreiche Aufzeichnungen dieser Motive in jenen Teilen des Orients und Afrikas haben, die zum Ausstrahlungsgebiet der alten Kulturvölker gehörten. In Tausendundeiner Nacht sind die beiden Märchen Die drei Prinzen und der Zaubervogel sowie Der Sultan von Jemen und seine drei Söhne die besten Vertreter und stehen 550

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am nächsten 1 . Dazu kommt die deutlich geradlinige und dabei westlich beeinflußte Komposition der hierhergehörigen Märchen, die es unmöglich macht, ihre E n t stehung allzuweit nach Osten zu verlegen. In diesem Zusammenhang wollen wir auch an die Parallelität mit dem Tobiasmärchen mit seiner gleichfalls geradlinigen Komposition erinnern. E s ist, wenn auch mit deutlichen Semitismen, etwa um 1 5 0 v . Chr. in Kleinasien griechisch niedergeschrieben worden. A u c h Tobias zieht mit einem in Wirklichkeit d a n k b a r e n T o t e n aus, um Heilmittel — die Galle (Leber, Herz) eines Fisches — für seinen blinden Vater zu holen. E s scheint, als ob die hier behandelten Märchen mit ihrer oben bezeugten Kenntnis griechischer Lebensanschauung hypothetisch in die hellenistisch-römische Zeit (300 v . — 3 0 0 n. Chr.) verlegt werden könnten und gleichzeitig ihre Entstehung innerhalb dieses Kulturkreises hätten, wenn auch hauptsächlich auf orientalischem Gebiet. Wann die Märchen Europa erreichten, ist ungewiß. A m wahrscheinlichsten ist, daß sie zumindest nach Westeuropa im Zusammenhang mit den Kreuzzügen eingeführt wurden. F ü r diesen Zeitpunkt spricht u. a. die frühe mittelalterliche Literatur, w o sich die Z ü g e der Märchen in einer christlich vertieften Lebensbetrachtung spiegeln. D e r älteste westeuropäische, wenn auch etwas verstümmelte Beleg, der Roman van Walewein, scheint aus dem 12. oder 1 3 . Jahrhundert aus Frankreich oder den Niederlanden zu stammen und dem Artuskreis anzugehören. D o r t handelt es sich nicht darum, ein Heilmittel zu holen, sondern zuerst ein Schachbrett und dann, um dieses zu bekommen, ein Schwert, und um das zu erhalten, noch eine Prinzessin. Bereits in dieser Version des Artuskreises ist jedoch ein eigentümlicher Z u g angedeutet, der in gewissem Maße erklärt, weshalb der F u c h s in einer größeren Anzahl europäischer Varianten v o n 550 als d a n k b a r e r T o t e r (vgl. 506 A bis 508) angesehen wird. In dieser frühen Version tritt nämlich teils ein in einen Fuchs verwandelter Prinz mit dem Namen R o g e s , teils der auch sonst aus dem Artuskreis bekannte Rote Ritter oder L e R o u g e C h e v a l i e r in der Gestalt eines für sein christliches Begräbnis d a n k b a r e n T o t e n auf. Die Übereinstimmung mit dem Tobiasmärchen und dessen d a n k b a r e m T o t e n ist deshalb aller Beachtung wert. Sogar in der schwedischen, in S S F II wiedergegebenen Version v o n 550 versteckt sich in der Einleitung ein dankbarer Toter, der später durch den Fuchs ersetzt und schließlich mit diesem identifiziert wurde. E s gibt kaum ein europäisches Land, in dem 550 und 5 51 nicht vertreten sind. Das erstgenannte Märchen treffen wir überdies nicht nur südlich des Kaukasus und in Indien, sondern auch in Indonesien mit den Philippinen sowie im nördlichen und östlichen Afrika und Madagaskar. In Amerika finden wir es in Missouri. 5 5 1 gibt es in N o r d - und Südamerika, es ist aber in Asien und Afrika weniger reich vertreten. Die abgerundetsten Formen Europas liegen — was beide Märchen betrifft — im Westen. U m das Schwarze Meer und in Griechenland gibt es eine Sonderform v o n 5 5 1 , nach der es heißt, daß eine Kirche oder Moschee nicht fertig werden könne, wenn 1

HABICHT XI, 1 1 4 und 120. Vgl. auch das ursprünglich persische Märchen 707 (Drei Schwestern wollen den König haben), in dem die drei Geschwister das Wasser des Lebens zu holen versuchen. — In Amerika (Massachusetts) gibt es ein Fragment des Märchens, das als Rahmen für andere, dem Märchen fremde Motive verwendet wird (PARSONS Nr. 41).

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nicht der goldene Vogel gewonnen werde. Dies hängt mit dem ägyptischen, griechischen und römischen Brauch zusammen, auf der Vorderseite des Tempels einen Adler aufzuhängen. Bemerkenswert ist, daß die Märchen ziemlich zahlreiche und altertümliche Belege in Skandinavien, besonders in Dänemark haben. Der Name des Helden Bryde erinnert uns an die Übereinstimmung der Schlußmotive dieses Märchens und des Märchens vom Jäger, der nicht danebenschießen konnte (304). Von besonders großem Interesse ist jedoch, daß sich die Motive beider Märchen in RUDBECKS Atlantica (II, 249) finden. Seine Darstellung gehört den oben erwähnten Versionen mit dem B r o t , dem Wein und dem unüberwindlichen S c h w e r t an und spielt in einem lappländischen Milieu. Sein Gewährsmann war sicher aus Norrland. Der kranke König wird durch Freyja oder Frejum ersetzt, die das Augenlicht verloren hat und es nur wiedergewinnen kann, wenn sie dem Gesang des Vogels Fanins lauschen darf, den RUDBECK selbst dem Vogel Phönix gleichstellt. Die Königssöhne werden durch Freyjas eigene Söhne ersetzt, die für diese Fahrt Schneeschuhe anlegen. Die Darstellung scheint — soweit wir es verstehen — den Hauptzügen eines dänischen Volksbuches, gleichfalls von der Brot-, Wein- und Schwertversion, zu folgen, das beinahe eine Zusammenziehung von 550 und 551 ist. Der älteste n o c h v o r h a n d e n e Druck dieses Volksbuches ist jedoch noch etwas jünger als Atlantica, nämlich von 1696, während der zweite Teil von Atlantica 1689 herauskam. Nach eigener Aussage ist das dänische Volksbuch eine Übersetzung aus dem Holländischen. Diese scheint auch einem dementsprechenden schwedischen Volksbuch zugrunde zu liegen, dessen ältester bekannter Druck erst von 1745 ist, mit einigen Dutzend Auflagen bis 1840. Sowohl das dänische als auch das schwedische Volksbuch sind gereimt, und die Personen gehören teilweise dem Artuskreis an g e n a u w i e in den f r ü h e r erw ä h n t e n f r a n z ö s i s c h e n u n d h o l l ä n d i s c h e n D a r s t e l l u n g e n aus dem 1 2 . u n d 1 3. J a h r h u n d e r t . Eine ähnliche isländische Prosaaufzeichnung in der Königlichen Bibliothek in Stockholm trägt die Jahreszahl 1691. Sie ist also nur zwei Jahre jünger als Atlantica, gibt aber Zeugnis von einer älteren Vorlage. In diesem Zusammenhang ist auch das nahestehende isländische Aevintyri af Ajax zu verzeichnen, das auch aus dem 17. Jahrhundert stammt. Es gibt jedoch in der Handschriftensammlung der Königlichen Bibliothek in Stockholm eine schwedische, den Volksbüchern nahestehende, aber etwas weitläufigere Prosaaufzeichnung des Märchens aus dem Jahre 1701 von HINDRICK NORIJN (SV. L. X I , 69, 107). Der außergewöhnlich geschickte Fabulist WESSELSKI hat diese Aufzeichnung von RUDBECKS Version ableiten und gleichzeitig RUDBECK die Ehre zuteil werden lassen wollen (wenn auch auf der Basis von Scala celis oben genannter Version von 551), das Märchen Die drei den Vogel suchenden Brüder verfaßt zu haben, das in Atlantica durchscheint und das sich dann sogar bis zu Tausendundeiner Nacht verbreitet haben soll. Als Beweis für seine Behauptung hebt er den Mangel an älteren Belegen 1 hervor. Wir haben jedoch aufgezeigt, 1. daß die Hauptmotive des Märchens orientalisch gefärbt sind, und zwar auch Motive, die weder in Atlantica 1

Act. Phil. Scandinavica XIII, 166.

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noch in der Aufzeichnung von 1701 vorkommen und die in Schweden auch nicht außerhalb des Märchens bekannt sein konnten (wie 2. B. das Teppichmotiv, das jetzt der schwedischen Überlieferung angehört), 2. d a ß sich die Hauptzüge des Märchens schon im Tobiasmärchen und in dessen volkstümlichen Varianten finden, die nicht zur schwedischen Überlieferung gehören, 3. d a ß die Brot-, Wein- und Schwertversion und damit auch die von RUDBECK in Atlantica einen rein mittelalterlichen Charakter verrät, wozu 4. kommt, d a ß die WESSELSKKche Differenzierung zwischen e i n e m Helden wie im Roman van Wakwein und einem Helden, der der jüngste von drei Brüdern ist, nicht typenbildend sein kann. Die Märchen der NORijNschen Handschrift — sowohl dieses wie die übrigen — geben uns überdies durch Züge, Namen, Sprache und Stilisierung — abgesehen von den vielen französischen Wendungen — einen Fingerzeig, daß ihr Ursprung nicht in einer schwedischen Vorlage, sondern in einem von Süden kommenden, w a h r s c h e i n l i c h a u s H o l l a n d o d e r D ä n e m a r k stammenden Volksbuch zu suchen ist und, was dieses Märchen betrifft, besonders in der fehlenden Vorlage des obenerwähnten dänischen Volksbuchs. Das s u k z e s s i v e E r o b e r n der Kleinode u n d später ihr Verlust und ihre Wiedergewinnung in den volkstümlichen europäischen Varianten von 550 einerseits und in dem nordwesteuropäischen Roman van Walewein a u s d e m 1 2 . u n d 1 3 . J a h r h u n d e r t andererseits sind neben dem Fuchs und dem dankbaren Toten jedoch so einzig dastehende Züge, daß ein g e m e i n s a m e r Ursprung nicht in Zweifel gezogen werden kann. Hiermit scheint und auch die von WESSELSKI behauptete Möglichkeit einer Vaterschaft RUDBECKS bei dem Märchen von den Drei den Vogel suchenden Brüdern wegzufallen. Wir haben jedoch auf der Suche nach dem Ursprung des Märchens ein Memento erhalten, indem wir gleichzeitig zu der Z e i t und dem O r t vorgedrungen sind, w o die ä l t e s t e n n o r d w e s t e u r o p ä i s c h e n T i e r e p e n , deren orientalische Wurzeln unverkennbar sind, hingehören. Beim Studium von 550 darf schließlich nicht unterlassen werden, dessen Motivkette mit der von 301 {Der Bärensohn) zu vergleichen. Die jüngeren, von GRIMMS deutscher Version von 550 stammenden schwedischen Volksbücher sind in zwei Ausgaben, 1824 und 1826, mit etwa einem Dutzend Auflagen bis 1853 erschienen. Das Märchen vom Wasser des Lebens, d. h. 551, scheint in Schweden hauptsächlich der mündlichen Uberlieferung anzugehören. Nr. / j2 A.B. Tiere als Schwäger und Schwiegersöhne Drei Töchter werden, eine nach der anderen, mit Tieren verheiratet. Diese sind verzauberte Menschen und empfangen ihren Schwager freundlich. Er erhält von ihnen gewisse Mittel, mit denen er sie zu sich rufen kann, und gewinnt schließlich mit ihrer Hilfe eine Prinzessin. Dies ist der A-Typ. Im B-Typ ist es nicht der Bruder der Töchter, der seine Schwäger, die Tiere, besucht, sondern der Schwiegervater, der seine Schwiegersöhne aufsucht. Diese verschaffen sich auf wunderbare Weise verschiedene Gerichte, und wenn der Schwiegervater es ihnen dann gleichtun will, schließt das Ganze fast mit einer Tragödie.

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Das Märchen von den Tierschwägern (A-Typ) ist ein orientalisch-europäisches Märchen, das im Riesen ohne Her^ (302) seinen Grund hat. Es ist jedoch in Schweden nicht vertreten, wenn man von einem aus MusÄus' Volksmärchen übersetzten Schillingdruck, Reinald Underbarnet, aus dem Jahre 1838 absieht. Das Märchen Tiere als Schwiegersöhne (der B-Typ) ist dagegen sowohl in Schweden wie in Norwegen reich vertreten. Es ist in Dänemark bekannt und vielleicht, aber in diesem Fall in stark veränderter Form, in der Sowjetunion. Das Märchen kann in gewissem Grad als Schwank bezeichnet werden und ist, eigentümlich genug, auch in Nordamerika beliebt 1 . Nr. j j ) . Bedrohter Vogel als Helfer Ein Bursche schießt auf einen schwarzen Raben (Kranich, Adler usw.). Der V o g e l bittet ihn, sein Leben zu schonen, und bietet dafür seine Hilfe an. Er trägt ihn zu seinen Schwestern. Die geben ihm einmal Rüstungen, einmal verschiedene Tiere, die ihn begleiten, oder dgl. Schließlich wird sein Haar in Gold verwandelt. Hernach tötet er ein Seeungeheuer, das drei Prinzesinnen geraubt hat. Nach dieser Tat wird der Jüngling an seinem Haar (Ring etc.) erkannt, entlarvt einen Betrüger und heiratet die jüngste Prinzessin. Dieses Märchen nähert sich den Varianten von 314 (Der Goldhaarige) und 502 (Der wilde Mann), die 300 {Der Drachentöier) einschließen. Es hat ein relativ begrenztes Verbreitungsgebiet, nämlich den Norden und, mit starken Abweichungen, Schottland und die Sowjetunion. Es dürfte trotz seiner Seltenheit ein ausgezeichnetes Objekt für einen nordischen Märchenforscher sein. Nr. GS j j ß A . Der Knabe im Adlerhorst Ein Knabe wird von einem Adler entführt und wächst mit den Jungen im Adlerhorst auf. Die Adler helfen ihm sodann, eine Prinzessin zu befreien, die von einem Riesen geraubt und in einem Schloß eingesperrt wurde, das von breiten Wallgräben und einem ständig brennenden Feuer umgeben ist. Die Adler überfliegen Gräben und Feuer. O. HACKMAN hat dieses Märchen mit dem vorhergehenden unter einer Nummer zusammengefaßt. Der Knabe im Adlerhorst scheint jedoch von einem anderen T y p zu sein und wird daher für sich allein behandelt. Das Märchen ist bisher nur in Schweden und Finnland aufgezeichnet worden und ist noch seltener als das vorhergehende. Nr. JJ4. Die dankbaren Tiere Ein Jüngling hat Tieren (Ameisen, Bienen, Vögeln, Fischen usw.) Gutes erwiesen, und diese helfen ihm in der Not oder beim Lösen von Aufgaben, die ihm später 1

V g l . das M o t i v J 2425: The bungling host, das auch bei den Indianern Amerikas bekannt ist.

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gestellt werden. Die Aufgaben lauten: verschiedene Getreidearten sortieren, einen Ring aus dem Meer holen, eine Prinzessin von ihren vier, ihr wie ein Ei dem andern gleichenden Schwestern zu unterscheiden, sich entweder durch die Luft oder über das Wasser an einen entfernten Ort begeben usw. Die hilfreichen Tiere sind ein sehr wichtiger Bestandteil des orientalisch-europäischen Zaubermärchens und haben sehr alte Ahnen. Den Vogel, der den Helden durch die Luft trägt, treffen wir im sumerisch-babylonisehen Etana-Märchen (3. Jahrtausend v. Chr.), und der freigekaufte Delphin, auf dessen Rücken der Held später reitet, nimmt bei den Griechen einen hervorragenden Platz ein. Delphinmärchen kann man in Griechenland und Kleinasien von HERODOT (geb. um 484 v. Chr.) an bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. verfolgen. Der Kampf zwischen der Schlange und dem Adler, mit dem das Etana-Märchen beginnt, wird bei den Indern im Mahäbhärata (400 v.—400 n. Chr.) wiedergegeben, spiegelt sich aber bei den Griechen bereits in der Iliade. In APULEJUS' Version des Amor- und Psyche-Märchens (425 A) aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. treten Adler und Ameise als helfende Tiere auf. Der Adler kommt mit Lebenswasser, und die Ameisen helfen der Heldin, Getreide zu sortieren, ein Motiv, das übrigens auch PLAUTUS (gest. 184 v. Chr.) berührt. Die Aufgabe, aus vielen völlig gleichen Schwestern die Braut herauszusuchen, finden wir bereits in der Kathäsaritsägara-Verslon von 313 (Die magische Flucht). Das Motiv erinnert an einen entsprechenden südeuropäischen Hochzeitsbrauch und hat seine hauptsächlichste Verbreitung im slawischen Sprachgebiet. Als Ganzes, wenn auch in gewissem Maße kaleidoskopisch, kann das Märchen von den dankbaren Tieren als europäisch angesehen werden, während die einzelnen Motive sowohl im Orient als auch in Europa häufig vertreten sind, wobei sie eine für das Weiterschreiten der Handlung geeignete Funktion ausüben. Bei den Indonesiern sind sie besonders beliebt. Sie sind auch in Japan nicht vergessen, aber gleichfalls nach Afrika — von Madagaskar bis zur Goldküste — gedrungen und, wie THOMPSON aufzeigte,- von den Franzosen nach Missouri gebracht worden.

Nr. JJJ. Das Weib, das Gott werden wollte Ein Fischer fängt einen Goldfisch und erhält das Recht, sich drei Dinge zu wünschen, wenn er den Fisch wieder freiläßt. Manchmal werden die Wünsche vom heiligen Petrus bewilligt, zu dem der Mann auf einer in den Himmel wachsenden Kohl- oder Bohnenpflanze kommt. Seine Frau wünscht zuerst eine bessere Wohnung, dann mehr und mehr, und zuletzt will sie Gottvater selbst werden, worauf sie wieder auf ihren alten Platz verwiesen wird. Dieses Märchen gibt es in ganz Europa, mit abnehmender Häufigkeit gegen Osten und Süden. Im Südosten ist es jedoch nicht weiter als bis zu den Kroaten und Rumänen gedrungen, hat aber Ausläufer bis nach Kambodscha, Indonesien und Japan (u. a. durch die Holländer) sowie nach Westindien (durch die Spanier). Seine Heimat dürfte das nordwestliche Europa sein. Nach MARGARETE ROMMEL, die das Märchen untersuchte, ist die Urform in Flandern zu Hause, mit dem freigelassenen Goldfisch als Einleitungsmotiv und Namen wie Timpelteen, Sooze-Grille und Hillebill für X1

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den Fischer und seine Frau. Die allgemein bekannten Wunschverse haben ursprünglich Dialogform gehabt, indem der Fischer den Fisch ruft (Vissje, Vissje, Buttje, Buttje oder dgl.) und dieser antwortet: Visschertje, Visschertje oder Mandje, Mandje (Männchen, Manneken, mijnhere). Timpeltee(n), Timpe(l)tee(n) usw. ist, wie wir gesehen haben, der Name des Mannes, und die Schlußworte lauten: „will nich so, as ik woll will". In Frankreich und Italien tritt in der Regel der heilige Petrus als Gabenspender auf, und die in den Himmel wachsende Pflanze dürfte aus einem Lügenmärchen (siehe 852 und i960) oder von dem im nördlichen Frankreich häufigen 563 (Tischkin deck dich) genommen sein. Gegen Osten und besonders im slawischen Sprachgebiet begegnen wir einem Baum oder einem goldenen Vogel als Gabenspender. Außerhalb des germanischen Sprachgebietes nimmt das Versmaterial sehr schnell ab, und die Namen sind, außer in Finnland, völlig verschwunden. Damit ist die Verbreitung, im großen gesehen, klargelegt. Es gibt jedoch einen Sondertyp, bestehend aus einer Gruppe östlicher Varianten in der Sowjetunion, in Rumänien, den baltischen Ländern, Finnland und im nördlichsten Schweden. In diesem Typ ist ein Baum der Gabenspender, und in der Regel bildet ein Verwandlungsmotiv gleich dem in 751 A (Die gierige Bauersfrau, die verwandelt wurde) den Schluß. Das Verwandlungsmotiv kommt bereits in Frankreich im Märchen vor. Das Märchen scheint nach den napoleonischen Kriegen besonders in Mode gewesen zu sein. Der Fischer und der losgelassene Fisch erinnern an die Erzählung vom Geist und vom Fischer in Tausendundeiner Nacht1 und können aus der Literatur hineingekommen sein. Der Gedankengang des Märchens: „Wer alles will, verliert alles" ist jedoch allgemein menschlich. Wir finden ihn u. a. in einem unserem Märchen sehr nahestehenden altfranzösischen Gedicht über den Zauberer Merlin, der einem armen Teufel von Holzhacker Geld und Ehren gibt, ihn aber wegen seiner immer mehr gesteigerten Ansprüche in seine frühere Armut zurückverweist. Eine ähnliche Erzählung, in der der Ungenügsame König und König der Könige werden will, wurde von einem englischen Mönch schon um 1250 niedergeschrieben. Im Orient der Vorzeit erhalten die Erzählungen von unvernünftigen Wünschen eine andere Gestalt. Wir finden sie im Mahäbhärata, in den sogenannten Jätakas oder Erzählungen von Buddhas Inkarnationen und in einer Legendengruppe im Tripitaka, das vor dem Jahre 280 n. Chr.2 aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde. In diesem Zusammenhang mag auch der Tantalusmythos in Erinnerung gebracht werden. In unserer Zeit finden wir das Märchen sowohl in Westindien als auch in Indonesien. WESSELSKI schreibt in voller Übereinstimmung mit seinem allgemeinen Standpunkt von einer indonesischen Variante, daß sie am ehesten aus den oben angeführten altindischen Quellen herzuleiten sei. Die vielen Beispiele von Wanderungen von Europa nach Indonesien, die in den letzten Jahrzehnten zum Vorschein 1

2

WEIL I, 26.

Ch. Tr. 40, vgl. weiter unter 750.

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kamen, zeigen jedoch, daß man in der Frage der Herkunft keine Zweifel zu haben braucht. Die schwedischen Varianten scheinen stark literarisch beeinflußt zu sein, u. a. durch einen nach GRIMM gedruckten Schillingdruck v o n 1824 mit 15—20 A u f l a g e n bis 1871. Das Märchen wurde überdies von J. M. STIERNSTOLPE 1825 in gebundene Form gebracht. Es liegt FR. KLOSES Oper Ilsebill (von 1903) und SCHOECKS Vom Fischer und syner Fru (von 1930) zugrunde. Nr. ;6o. Das Wunschkleinod Ein Jüngling rettet einen Hund, einen Katze und eine Schlange und bekommt einen Wunschstein (Ring) vom Vater der Schlange. Er wünscht sich ein Schloß und heiratet eine Prinzessin. Jemand stiehlt den Ring und verschwindet mit Schloß und Prinzessin. Die Katze und der Hund holen — oft mit Hilfe einer Maus — den Ring aus dem Mund des Schuldigen. Der Jüngling wünscht sich dann Schloß und Prinzessin wieder zurück. — Siehe weiter 561 und 562. Nr. J 6 I . Aladins Wunderlampe Ein Jüngling findet durch Anleitung eines Zauberers eine Wunschlampe, die einen gewissen mächtigen, dienstbaren Geist herbeiruft, sowie einen Wunschring, der einen anderen Geist zur Verfügung stellt. Er behält beide Gegenstände, wünscht sich große Reichtümer und für die Nacht eine Prinzessin in sein Zimmer. Er gewinnt die Prinzessin und wünscht sich ein Schloß. Der Zauberer erlistet sich die Lampe und verschwindet mit Schloß und Prinzessin. Mit Hilfe des Wunschringes bekommt der Jüngling die Lampe wieder, tötet den Zauberer und wünscht sich Schloß und Prinzessin zurück. Der Bruder des Zauberers, der ihn zu rächen versucht, wird auch ums Leben gebracht. — Siehe weiter Nr. 562.

Nr. ¿62. Das Feuerzeug Ein Jüngling findet durch Anleitung einer alten Frau oder mit anderer Hilfe ein Feuerzeug, eine Wunschdose, ein Wachslicht, ein Buch der schwarzen Kunst, eine Flöte usw., welche einen dienstbaren Geist (eisernen Mann) zur Verfügung stellen. Er wünscht sich nächtens eine Prinzessin in sein Zimmer. Sie werden ertappt, weil Türen mit Kreide bezeichnet werden oder ein Sack Erbsen zerreißt, und der Jüngling wird zum Tode verurteilt. D a er das Feuerzeug zu Hause gelassen hat, überredet er auf dem Richtplatz einen Unbeteiligten, es zu holen, und bittet sodann um die Gnade, seine Pfeife anzünden zu dürfen. Das darf er, und im gleichen Augenblick kommt der dienstbare Geist wie früher zu Hilfe und gibt ihm alles, was er haben will. V o n den oben angeführten, u. a. v o n AARNE untersuchten, einander nahestehenden und oft vermengten drei Märchen (560, 561, 562) ist das erste, das Märchen v o m Wunschkleinod (560), das ursprünglichste. Der verkürzte Bericht folgt der Urform 11*

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ziemlich genau. Man hat die Heimat dieses Märchens, hauptsächlich mit Hinweis auf eine mongolische Variante (im Siddhi-Kür), die sich jedoch als Sonderform späteren Datums erwies, nach Indien verlegen wollen. Gegenstücke dazu gibt es u. a. in der türkischen Version der Sieben weisen Meister oder Vierzig Wesire aus dem 15. Jahrhundert wie auch in dem gegenwärtigen türkischen Überlieferungsmaterial. Mitunter tritt auch ein listiges Weib auf, das wir als Typ aus dem in Kleinasien beheimateten Batamärchen (GS 367) kennen, und entlockt dem Helden die Kleinode. Wir begegnen ihm sowohl in den indischen wie in türkischen Varianten. Nimmt man hinzu, daß die besten Varianten in einem Kreis um Kleinasien liegen, dessen Radius etwa den halben Abstand von Indien beträgt, so dürfte es richtiger sein, den Ursprung des Märchens in den Mittelpunkt des Kreises, d. h. nach Kleinasien zu verlegen, als nach einem Ort weit außerhalb seiner Peripherie — mag auch das Märchen später eine größere Verbreitung bekommen haben. Die Forscher sind sich darin einig, daß das Märchen ü b e r den B o s p o r u s Europa erreicht hat, wo die besten Varianten unter den slawischen zu finden sind. Auf germanischem und romanischem Sprachgebiet haben wir kaum eine gute Variante. In Italien haben wir jedoch in der Aufzeichnung B A S I L E S (gest. 1632) im Pentamerone (IV, 1 ) die älteste europäische Variante, wenn wir von einer Episode im mittelalterlichen Sörlapättr absehen, nach der Loki in eine Fliege verwandelt wird und Freyja bestiehlt. Jetzt ist das Märchen in Indonesien reich belegt und in China und Japan wie auch in Afrika bis zu den Hottentotten im Süden aufgezeichnet worden. In Amerika ist es nach THOMPSON und P A R S O N S nach Missouri und zu gewissen kanadischen Indianerstämmen von den Franzosen, nach Massachusetts von den Portugiesen (über die Kapverdischen Inseln) und nach Argentinien von den Spaniern gebracht worden. Wir wollen nun einige Worte über das Märchen vom Feuerzeug (562) sagen, einstweilen das Märchen von Aladins Wunderlampe (561) übergehend. In Europa scheint man an verschiedenen Stellen schon im 13. Jahrhundert die Vorstellung gehabt zu haben, daß es möglich sei, mit der Hilfe des Teufels seine Liebste des Nachts durch die Luft zu sich zu holen. Das soll, zumindest nach A L B E R T U S M A G N U S (gest. 1280), einer bestimmten Grafentochter widerfahren sein. Ein gleichzeitiger schwäbischer Minnesänger, M A R N E R , berichtet hingegen, daß A L B E R T U S M A G N U S selbst nächtens eine Tochter des Königs von Frankreich auf diese Weise in sein Bett holen ließ. Der König habe dann, dem G e d a n k e n g a n g i m M ä r c h e n v o m F e u e r z e u g f o l g e n d , ganz Paris weiß malen lassen, die Hände der Tochter aber rot, um die Tür, durch die sie verschwand, zu kennzeichnen. A L B E R T U S M A G N U S wurde so entlarvt und zum Tode verurteilt, entkam aber, ganz so wie der Held des Märchens, zwar nicht durch ein zauberkräftiges Feuerzeug, mit dem er seine Pfeife anzündete, aber durch einen Zauberknäuel, den er in den Mund stopfte. Das Gesagte zeigt uns, daß das Märchen, wenn wir vom Feuerzeug selbst absehen, in Schwaben während des 13. Jahrhunderts wohl kaum unbekannt sein konnte. Es ist auch auf Island in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (in Klerkarimur) aufgezeichnet worden, ist aber jetzt im Volk unbekannt. In C A U S S I N S Nachtrag zu Tausendundeiner Nacht gibt es eine Erzählung (Le Médecin et lejeune aubergiste), in der ein Arzt einen Jüngling die Formel lehrt, die er verwenden

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muß, wenn er wünscht, daß Geister seine Liebste zu ihm bringen sollen 1 . Der Jüngling wird jedoch durch einen zerissenen Sack mit Hirse, der am Bett der Liebsten befestigt worden war, verraten. Diese Erzählung soll nach NÖLDEKE aus Bagdad stammen, und zwar frühestens aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Da das Märchen in Europa früher bekannt war — auch hier wird es einem Arzt zugeschrieben — würde hieraus folgen, daß wir seinen Ursprung vermutlich (weit) westlicher als Bagdad suchen müssen. In die gleiche Richtung zeigen die übrigen Varianten des Märchens. In der europäischen Türkei ist es nämlich in seiner ältesten Form (ohne Feuerzeug) gut vertreten, und seinen Varianten kann man dann nach Bulgarien, Albanien, Jugoslawien, Ungarn und der südwestlichen Sowjetunion folgen. A u f dieser Strecke begegnen wir zum ersten Male dem F e u e r z e u g als Wunschkleinod, und zwar neben der W u n s c h d o s e , dem B u c h der S c h w a r z e n K u n s t o d e r d e m W a c h s l i c h t . Im übrigen Europa findet man innerhalb dieses Märchentyps zwei aneinander grenzende Überlieferungsgebiete, ein französisches mit der W u n s c h d o s e o d e r n u r d e m W a c h s l i c h t und ein nordisch-nordwesteuropäisches (Nordwestdeutschland, Holland, Dänemark und Schweden umfassendes) mit abwechselnd W u n s c h d o s e , B u c h o d e r F e u e r z e u g . Die Wunschdose ist möglicherweise von dem während des Mittelalters gebräuchlichen Schrein herzuleiten, in dem Mandragoren, d. h. dienstbare Geister, verwahrt wurden. In beiden Überlieferungsgebieten ist eine gewisse Vermpngung mit den Tieren als Schwäger (552 A), die die Spender der Wunschkleinode sind, zu bemerken (vgl. SSF I, 560). Eine ganze Gruppe von Märchen, die dem Märchen vom Feuerzeug nahestehen, aber offensichtlich späteren Ursprungs und über ganz Europa verbreitet sind, zeigen eine noch augenfälligere Verschmelzung. Es treten darin wie im Märchen vom Wunschkleinod (560) kleine dankbare Tiere (Mäuse usw.) auf, die den geraubten Talisman wieder herbeischaffen, und der Weg zum versetzten Schloß wird von den gleichen Instanzen wie im Schwanenjungfraumärchen (400) gezeigt. Den im Märchen vorkommenden Trick, alle Türen usw. gleich zu färben, um der Entdeckung zu entgehen, kennen wir vom Rampsinitmärchen (950) und aus AliBaba und die vierzig Räuber (954). Der Stahl- oder Eisenmann als dienstbarer Geist ist jedoch vermutlich vom Feuerzeug selbst, von Stahl und Stein, abgeleitet. Das Märchen v o m Feuerzeug ist jetzt außerhalb Europas nicht nur bei den Türken und deren nächsten Nachbarn, sondern sogar in Indien bekannt. Das Märchen von Aladins Wunderlampe (561) ist, nach allem zu urteilen, eine Bearbeitung oder Verschmelzung der beiden ihm ähnlichen (d. h. 560 und 562). Hinter der Lampe vermutet man das Feuerzeug. Dieses ist sowohl älter als auch im Zusammenhang logisch richtiger. Als Aladins Mutter die Lampe reinigt, reibt sie sie. Dabei zeigt sich der Geist der Lampe. Bis in die heutige Zeit wurde Feuer durch Reiben erzeugt, in Europa nicht zuletzt bei den Südslawen und sicher auch in Kleinasien 2 . Es war auch nicht unsinnig, sich einen Geist als Ursache eines durch Reiben hervorgerufenen Feuers zu denken. Dem durch Reiben entstandenen Feuer 1

HABICHT 1 3 , 1 0 9 ; CHAUVIN V I I ,

2

LIUNGMAN:

i o o , N r . 376.

Euphrat-Rhein I, 476 f.

Zaubermäreben wurden vielfach magische Eigenschaften zugeschrieben. Dagegen kann man sich ursprünglich kaum einen Geist durch das Reinigen einer Lampe hervorgerufen gedacht haben. Das Feuerzeug scheint daher in diesem Zusammenhang ursprünglicher als die Lampe zu sein. G A L L A N D dürfte, wie verschiedene Forscher gezeigt haben, seine ziemlich alleinstehende Aladin-Version entweder in Konstantinopel oder in Smyrna aufgezeichnet und dann in die Tausendundeine AWÄ/-Ausgabe (von 1704—1717) eingefügt haben. O S T R U P verlegt jedoch die Entstehung des Märchens nach Ägypten. Dabei ist es schwächer komponiert als seine Vorbilder. Der von 560 entlehnte Wunschring wurde zu einer Dublette der Wunschlampe, und dieser ist es, der die Rolle der dankbaren Tiere übernehmen muß, um dem Helden zu helfen, das verlorene Kleinod oder die Lampe wieder zu erhalten. Der Bruder des Zauberers ist auch nur eine Dublette des Zauberers selbst. Ethisch gesehen steht das Märchen von Aladin unter dem Märchen vom Wunschkleinod. In diesem ist der Held ursprünglich ein beherzter und gegen Tiere freundlich gesinnter Jüngling. Aladin hingegen, der Besitzer aller Herrlichkeiten dieser Welt wird, hat früher durch sein leichtfertiges und flegelhaftes Leben sogar seinen Vater frühzeitig ins Grab gebracht. Man kann zwar den „volkstümlichen" Varianten teils westlich nach Italien, Frankreich und Spanien, teils nördlich von den Südslawen bis Olonez in der nordwestlichen Sowjetunion folgen, doch scheinen sie Schweden nur auf dem literarischen Weg erreicht zu haben. In der einzigen dort aufgefundenen Variante ist nur die Lampe übriggeblieben. Es beweist die Launenhaftigkeit der Verbreitung, daß das Märchen außerhalb Europas sowohl Indonesien mit den Philippinen wie auch Nordafrika sowie gewisse Indianer- und Negerstämme Nordamerikas erreicht hat. Unter den Negern in Massachusetts heißt der Held „Erladin". Hinsichtlich des Alters dieser drei Märchen (560, 561 und 562) kann man nur folgende Randbemerkungen machen. Das Märchen vom Wunschkleinod dürfte vermutlich der frühbyzantinischen Zeit (joo—1000 n. Chr.) angehören. Es ist, wie festgestellt, spät aufgezeichnet worden. Das Märchen vom Feuerzeug war, wie wir sahen, in Europa schon im 13. Jahrhundert in Schwaben bekannt. Es ist sicherlich mit den vielen orientalischen und byzantinischen literarischen Stoffen mitgekommen, die, wie wir gesehen haben, in dieser Zeit gerade in den Gebieten nördlich des großen Rheinbogens bearbeitet wurden. Dagegen kann die Frage aufgeworfen werden, ob das Märchen seither nicht mit neu hinzugekommenen, ähnlichen Stoffen verschmolzen wurde. Dies ist um so wahrscheinlicher, als in der ältesten Überlieferung das Feuerzeug selbst keinen Platz hat. Sicher ist, daß wir dieses Märchen sowohl im östlichen wie im westlichen Europa oft in einer modernen Gestalt finden, mit Tabakspfeife und Tabaksdose an Stelle des Feuerzeugs und der Wunderdose und mit einem Soldaten als Helden des Märchens, was alles auf das 17. Jahrhundert hindeutet. Zweifellos hat H. C. A N D E R S E N S Märchen Fyrtöjet zu dieser Volkstümlichkeit beigetragen, aber die Erscheinung tritt auch bei Märchen auf, die sonst ganz unabhängig von der Erzählerkunst H. C. A N D E R S E N S ZU sein scheinen. Jünger als die beiden Märchen Das Wunschkleinod und Das Feuerzeug muß schließlich das Märchen von Aladins Wunderlampe sein, da es von ihnen abhängt.

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Es ist offenbar, daß die ungewöhnlich große Anzahl literarischer Bearbeitungen — wir nennen hier ÖHLENSCHLÄGERS Aladin — und die vielen Dramatisierungen, deren Vorbild dieses Märchen war, ihm neue Impulse gab. Nr. j6j. Tischlein deck dich Ein Mann bekommt v o m Wind, der seinen Acker zerstörte (oder vom heiligen Petrus, zu dem er auf einem hohen Rankengewächs gelangte, oder vom Teufel oder einem übernatürlichen Wesen, dem er manchmal ein Stück Räucherfleisch aus der Küche seines reichen Bruders zum Tausch gab), ein Tuch, das die wundervollsten Gerichte auftischt, einen Esel (Bock, Hahn, Huhn, Börse, Mühle usw.), der Gold, Mehl usw. liefert, und einen Knüppel, der Hiebe austeilt, ohne daß man ihn hält. Des Tuches und Esels wird er nacheinander durch einen Gastwirt beraubt, der ihm ein anderes Tuch und einen anderen Esel gibt. Da bekommt er den Knüppel, mit dessen Hilfe er seine Schätze wieder zurückerhält. Das Märchen gibt es in Schweden in mehreren Schillingdrucken, besonders in Übersetzungen der beiden Versionen der Brüder GRIMM, die 1824 erschienen und bis 1909 gegen 40 Auflagen hatten. Sie sind nicht ohne Einfluß auf die mündliche Tradition gewesen. Siehe weiteres unter 564 und 565. Nr. J64. Die %rvei wunderbaren (Zauber-)Krüge Ein Mann erhält von einer Schlange (Vogel, Mönch, Gott, Wind usw.) einen K r u g (Kessel, Sack, Flasche, Ränzel, Schachtel), der stets mit den köstlichsten Gerichten gefüllt ist. Sein reicher Nachbar (König) eignet sich den K r u g an, aber der Mann erhält einen neuen, aus dem dienstbare Geister (Soldaten, Männer) hervorkommen, die ihr Opfer verprügeln, bis sie den Befehl erhalten, aufzuhören. Damit geht er zum Nachbarn und zwingt ihn, den K r u g zurückzugeben. Das Märchen fehlt in der mündlichen Überlieferung Schwedens, ist aber durch den Schillingdruck irischen Ursprungs Die wunderbare Flasche vertreten, der 1828 mit etwa 10 Auflagen bis 1876 erschien. Siehe weiteres 565. Nr. J6J. Die Mühle, die nicht aufhören konnte

mahlen

V o m Teufel (von einer Patin, einem Zauberer oder Unhold oder sogar von einem Hahn) bekommt ein armer Mann (oft gegen den Bissen Fleisch, den er von seinem reichen Bruder erhalten hat) eine Mühle, die alles mahlt, sei es Geld, Mehl, Mehlsuppe oder Salz. Der reiche Bruder will sie kaufen. Er bekommt sie, muß sie aber zurückgeben, da er nicht weiß, wie sie zum Anhalten gebracht werden kann. Das ganze Haus ist daran, in Mehlsuppe zu ertrinken. Die Mühle wird dann an einen Schiffer verkauft, durch dessen Verschulden sie auf dem Meeresboden stetig Salz mahlt. Deshalb ist das Meerwasser salzig. So lauten die Typen 563, 564 und 565 in den landläufigen Formen. Sie wurden u. a. von AARNE untersucht. Es ist richtig, daß das alte Indien eine Menge Wunsch-

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kleinode aufweisen kann. Wir finden solche, die ihrem Besitzer Essen, Geld und Soldaten geben, und im Pantschatantra (III, 1 3 , von etwa 200—300 n. Chr.) machen wir mit einem Gold liefernden Vogel Bekanntschaft und im Mahäbhärata (400 v. bis 400 n. Chr.) mit der K u h Kamadenuh Surabhi, die alle Wünsche erfüllen kann. Andererseits finden wir, wie HERODOT (gest. 425 v. Chr.) erzählt, daß in Äthiopien — w o sich die Sonne nachts aufhielt — allmorgendlich ein Tisch mit frischgekochtem Fleisch gedeckt dastand. Dieser Tisch wurde „Tisch der Sonne" genannt und scheint dem Perserkönig KAMBYSES (gest. 522 v. Chr.) ebenso bekannt gewesen zu sein wie den Griechen. Sogar HOMER scheint darauf anzuspielen (Od. I, 22). Selbst der römische Geograph POMPONIUS MELA (gest. 43 n. Chr.) erinnert sich in einer seiner Reisebeschreibungen an diesen Tisch der Sonne in Äthiopien. Ein sich selbst dekkender Tisch wird übrigens auch in einem griechischen Lustspiel von KRATES (etwa 460 v. Chr.) erwähnt, und einen nie versiegenden K r u g finden wir in O V I D S Philemon und Baucis (um Chr. Geb.). Diese Wunschkleinode sind augenscheinlich v o n der gleichen Art wie die des Märchens Die um magische Gegenstände streitenden Erben (518). Wir finden dort eine Tarnkappe, Siebenmeilenstiefel und ein Zauberränzel — und die gleichen Kleinode treffen wir im Perseusmythos. Derartige Gegenstände haben demnach während langer Zeit die Phantasie der Menschen beschäftigt, sowohl am Mittelmeer wie in Persien und Indien. Aus dieser Vorstellungswelt sind die genannten Märchen hervorgesprossen. A m ältesten und mit einem innerhalb des soeben angegebenen Gebietes bemerkbaren Z u g nach Osten dürfte das Märchen Die %wei wunderbaren Krüge (564) sein. E s ist in Indien gut belegt und erreichte v o n dort schon in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. China in einem nun abhanden gekommenen Manuskript. Wir finden es jedoch fragmentarisch in einem anderen Manuskript, in dem chinesischen Tripitaka, das 516 n. Chr. 1 zusammengestellt wurde. V o n Indien können wir dann, ohne ein Wort über die Wanderungsrichtung zu verlieren, der Spur des Märchens nach Syrien, Griechenland und möglicherweise Italien folgen. V o n dort, d. h. v o m südöstlichen Europa aus, geht dann ein westlicher Zweig zu den Alpenländern, nach Süddeutschland, den Niederlanden, Irland, Dänemark und Norwegen, ein östlicher, reicherer Zweig zu den slawischen Ländern, nach Rügen, Estland und Finnland. Ausläufer gibt es überdies bei den Mongolen (im Siddbi-Kür) wie in Afrika. Hingegen hat das Märchen Schweden nicht erreicht (siehe oben unter 564). Das jüngere Märchen Tischlein deck dich (563) ist westlicher orientiert, obwohl es auch in gewissen Motiven schon frühzeitig in Indien und China 2 wie in Tausendundeiner Nacht3 vertreten war. Es dürfte im östlichen Mittelmeergebiet aus einer Variante des vorhergehenden Märchens entstanden sein. Man kann auch hier zwei Hauptzweige unterscheiden: der eine im westlichen Europa erstreckt sich über Italien, Frankreich und die Niederlande und hat seinen ältesten Beleg bei BASILE (gest. 1632) 1 2 3

Ch. Tr. 468 (Ein Krug bringt alles hervor, was der Besitzer wünscht, und ein anderer Stöcke und Steine). Ch. Tr. 477 (vor 516 n.Chr.). Ähnliche Motive leben noch heute in der chinesischen Überlieferung. Hinsichtlich Tausendundeiner Nacht siehe die Erzählung über Djaudar (WEIL II, 381,IV, 253).

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und ein östlicher über Jugoslawien zu den west- und ostslawischen Völkern, nach Deutschland und dem Norden. Das Märchen ist jetzt in allen Ländern Europas vertreten. Der Esel ist selbstverständlich nach Norden hin gegen ein anderes Tier (Hahn, Bock usw.) ausgetauscht worden. Der östliche und der westliche Hauptzweig haben in vielen Fällen hinsichtlich Einleitung und Haupthandlung übereinstimmende Motive. Wir finden beispielsweise in beiden den Wind als Gabenspender und das Motiv eines sich zum Himmel streckenden Schlinggewächses. Doch hat der ö s t l i c h e Hauptzweig überdies ein ganz besonderes Motiv, nämlich den a r m e n M a n n , der von seinem r e i c h e n B r u d e r ein einziges Mal ein Stück Fleisch bekam. Im Tausch hierfür erhält er vom Teufel einen Hahn, ein Huhn oder eine Mühle, die Gold liefert. Wir lenken die Aufmerksamkeit besonders auf die Gold liefernde Mühle. Eine solche Mühle kommt, wenn auch in anderem Zusammenhang, schon bei den Arabern und Türken vor. Sie hat mitunter ihren Weg auch in das Märchen Die %tvei wunderbaren Krüge (564) gefunden und ist häufig in Betrügerischer Austausch magischer Gegenstände (569). Außerhalb Europas ist Tischlein deck dich (563) nunmehr außer im Nahen Osten, in Indien und China auch in Indonesien mit den Philippinen, dort sogar reich belegt, sowie in großen Teilen Afrikas vertreten, besonders in dessen westlichen Teilen, u. a. an der Goldküste und unter den Kaffern im Süden. In Amerika wird es auf Grönland, in Kanada, in den USA, auf den Westindischen Inseln und in Südamerika, dort hauptsächlich in Brasilien, erzählt. In Massachusetts hat es die von Afrika geerbte Form der Fabel. Bevor wir nun weitergehen, müssen wir uns einen Begriff davon machen, wie alt das Märchen Tischlein deck dich in Europa nördlich der Alpen sein kann. Der Teufel, der in dem Märchen erwähnt wird, und das Christentum dürften Norddeutschland ungefähr gleichzeitig, d. h. im 9. Jahrhundert, erreicht haben, während die Gebiete um den Rhein bedeutend früher christianisiert wurden. Der Teufel des Märchens könnte etwas älter sein als das Christentum, aber man merkt doch, daß seine Rolle in den älteren nordischen Märchen gern von einem Riesen wie Utgardaloki (siehe 461) gespielt wird. Seine äußere Gestalt dürfte der Teufel zum großen Teil von den zahllosen Diven des Orients erhalten haben, die das gleiche Aussehen haben. Wir sprechen jedoch vom Teufel meist in der Einzahl, ungeachtet dessen, daß man in einem Fluch beliebig viele Teufel herbeirufen kann, große wie kleine, genauso wie wir vom Fuchs, vom Wolf, vom Julbock und ähnlichen Potentaten in einer Art Singularis majestatis sprechen. Im frühen Mittelalter dachte man sich den Teufel genau wie in dem hier behandelten Märchen in einem großen Wald wie auf einem großen Hof wohnend. Was das Tuch des Märchens betrifft, so dürfte es als Haushaltsgegenstand den Römern nichts Unbekanntes gewesen sein, und nördlich der Alpen war es in der Ritterzeit fleißig in Gebrauch. Es wechselt jedoch im Märchen mit dem Tisch ab. In der Wolfdietrichsage (aus dem 13. Jahrhundert) gibt es sowohl einen sich selbst deckenden Tisch wie eine Schachtel, aus der im Bedarfsfall 50 — 100 bewaffnete Kämpfer zu Hilfe gerufen werden können (siehe 569). In der älteren Edda in Lokasenna (zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts) stellt sich in Ägirs Halle das Bier von selbst auf den Tisch. Es ist nicht das erste Mal, daß wir in den nordischen Sagas ein

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Volksmärchen durchschimmern sehen. Es scheint, als ob die Ahnen sich der Volksmärchenmotive in der gleichen Weise bedient hätten wie die altgriechischen Dichter, und wie heute kaum jemand bezweifelt, daß HOMER einen nicht geringen Teil des europäisch-orientalischen Märchenschatzes kannte, ebensowenig brauchen wir daran zu zweifeln, daß dieser zu einem gewissen Teil auch unseren Vorvätern bekannt war. Nichts hindert, daß ein Teil der Märchen und darunter Tischlein deck dich (563) den Norden so frühzeitig wie z. B. im 9. Jahrhundert erreicht hat, wenn auch nicht in den jetzt stereotypen Formen und selbstverständlicherweise mit anderen Zügen an Stelle des Esels und des Gasthauswirtes. Untersuchen wir den östlichen (slawischen) Zweig von 563 (Tischlein deck dich), so finden wir, daß gerade jene Varianten, die das Motiv v o m armen und reichen Bruder und vom Besuch des Armen beim Teufel enthalten — durch Einwirken des gleichverlaufenden östlichen (slawischen) Zweiges der IWunderbaren Krüge (564) — , den Knüppel oftmals durch eine Anzahl Bewaffneter ersetzen, die aus irgendeiner Umhüllung (Ränzel, Kessel, Krug, Schachtel usw.) hervortreten, so z. B. gerade in der Wolfdietrichsage. Diese Hülle (Ränzel, Kessel usw.) wird dann nicht nur wie in 564 gleich dem Gegenstand gestaltet, der das gewünschte Essen oder Geld hervorbringt, sondern sogar mit diesem zu einem einzigen z u s a m m e n g e l e g t . Wir stehen dann oft entweder vor einer Mühle oder einem Kessel. Eine völlig gleiche Zusammenlegung finden wir in einer buddhistischen Legende, die zu dem auf ost- und mitteleuropäischem Gebiet so häufigen Märchen 569 (Betrügerischer Austausch magischer Gegenstände) gehört, auf das wir hinweisen. Diese Zusammenlegung führt uns jedoch teils zu 565 Die Mühle, die nicht aufhören konnte mahlen, teils zamGrottasöngr oder Mühlengesanng d e r j ü n g e r e n Edda, der dem 10. Jahrhundert zugeschrieben wird. König Fridleivs Sohn Frode in Dänemark, heißt es darin, kaufte in Schweden zwei Sklavinnen, Fenja und Menja, Nachkommen von Tjasse, die die Mühle Grotti d r e h t e n . Die Mühle konnte alles mahlen, w a s m a n s i c h w ü n s c h t e , G o l d , G l ü c k und F r i e d e n . Da aber Frode ihnen keine Ruhe gönnte, mahlten die beiden Sklavinnen ein ganzes Heer B e w a f f n e t e r , das seine Burg verbrannte und ihm sein Reich wegnahm. Da hatten Fenja und Menja genug gemahlen, und die Mühle sprang entzwei. W o der Grottasöngr gedichtet wurde, ist schwer zu sagen. OLRIK verlegt ihn nach Norwegen, hauptsächlich im Hinblick darauf, daß er die Meinung vertritt, daß die beiden Sklavinnen Bergflüsse symbolisieren, die die Mühle treiben. Nach dem, was der Grottasöngr selbst sagt, stammten die beiden Sklavinnen aus Schweden. Wir sahen vorhin, daß die Bestandteile des Liedes zu einem großen Teil aus den östlichen (slawischen) Zweigen von 563 und 564 geholt wurden. Möglich ist, daß ein Schwede während seiner Heerfahrten im Osten, die sich vielleicht bis hinunter nach Byzanz erstreckten, dort seinen Stoff kennengelernt hat. Parallelen sind bei den Finnen Hiisis russisch-karelische Mühle und die Sampo-Mühle, die Mehl, Geld und Salz mahlte. Das Märchen von der Mühle, die nicht aufhören konnte mahlen (565) hat, wie wir sahen, die gleiche Quelle wie der Grottasöngr, aber eine andere Gestaltung. Auch dieses ist aus den östlichen (slawischen) Zweigen von 563 und 564 entstanden und

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hat v o m ersteren das Motiv vom armen und reichen Bruder und vom Besuch des Armen beim Teufel übernommen und von beiden (oder von 5 69) die Wunschgegenstände, die gleichzeitig zu e i n e m Gegenstand verschmelzen mußten, in der Regel zu einer Mühle, oder in einer kleineren Variantengruppe zu einem Kessel, die geben und bestrafen können. Die Mühle gibt dadurch, daß sie zum Wohle ihres rechtmäßigen Eigentümers alles mahlt, Geld, Mehl, Heringe, Mehlsuppe oder Salz. B e s t r a f e n kann sie dadurch, daß der Uneingeweihte sie nicht anzuhalten vermag (vgl. 569), aber niemals dadurch, daß sie wie die Mühle im Grottasöngr Bewaffnete hervorbringt. Dem Märchen wurde schließlich ein ä t i o l o g i s c h e r Z u s a t z , d e r e r k l ä r e n w i l l , w a r u m das M e e r w a s s e r s a l z i g i s t , beigefügt. Ein „Schiffer" heißt es, hat sich unrechtmäßig die Mühle angeeignet, und auch nachdem das Schiff untergegangen ist, weil die salzmahlende Mühle nicht angehalten werden konnte, fährt sie fort, auf dem Meeresgrund Salz zu mahlen. Die Bekanntschaft mit diesem Märchen (565) und dessen ätiologischem Zusatz ist es, die SNORRI in s e i n e r E i n l e i t u n g zum Grottasöngr Frodes Besieger zu einem „Seekönig" machen läßt, der sich der Mühle und der beiden Sklavinnen bemächtigt und ihnen Salz zu mahlen befiehlt, bis das Schiff sinkt. Später fügt er in voller Übereinstimmung mit dem Märchen hinzu: „Das Meer tost, wenn die Mühle tost, und da wird das Meer salzig." Aber die Mühle Grotti war an sich keine Mühle, die nicht angehalten werden konnte. Sie mahlte nur so lange, wie sie rastlos von Fenja und Menja gedreht wurde. Der Grottasöngr und die Einleitung SNORRIS hierzu sind somit zwei verschiedene Schöpfungen, die eine inspiriert von 563 und 564, die letztere von 565. Das Märchen von der Mühle, die nicht aufhören konnte ^u mahlen (565) scheint mit morgenländischem Einschlag in Mitteleuropa entstanden zu sein und hat Varianten in Estland, Deutschland, der Normandie, Dänemark, Norwegen, auf Island, in Schweden und Finnland. Ganz vereinzelt sind auch auf ost- und westslawischem Gebiet, in Griechenland und in China Varianten zu finden. Im letztgenannten Land wird sogar das Meerwasser salzig. Diesen Zusatz dürfte das Märchen jedoch in Dänemark durch einfache Verdopplung des Hauptmotivs erhalten haben. In Westdeutschland ist ein Sondertyp entstanden, in dem die Mühle, wie oben angedeutet, durch einen Kessel ersetzt wird, der seinen Besitzerinnen in bedrohlichem Übermaß Brei kocht. Gewisse nordische Varianten sind mit 7x5 (Der Halbhahn) verschmolzen. Über das Alter der Märchen kann hier zusammenfassend gesagt werden, daß Die wunderbaren Krüge (564) zumindest auf die hellenistisch-römische Zeit (300 v. bis 300 n. Chr.) zurückgehen, Tischlein deck dich (563) auf die frühbyzantinische Zeit (300—1000 n. Chr.), während Die Mühle, die nicht aufhören konnte mahlen (565) dem späteren Teil der gleichen Epoche — jedenfalls vor 1220 — angehört. Diese Zeitbestimmungen betreffen die Märchen in Formen, die sich den jetzt üblichen, oft literarisch uniformen Versionen nähern, wenn sie auch nicht damit zusammenfallen 1 . 1

verlegt den Ursprung aller drei Märchen nach Europa, außer vielleicht den von 563, den er alternativ nach Asien verlegt. KROHNS Standpunkt hinsichtlich des Ursprungsortes scheint dem hier vertretenen näherzustehen. AARNE

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Nr. j66. Fortunatus Drei Brüder, oft Soldaten, erhalten: der eine eine Börse, die nie leer wird, der andere ein Horn, das ein ganzes Heer zusammenruft, und der dritte einen fliegenden Mantel, der seinen Träger an jeden Ort bringt, an den er sich wünscht. Der erste Bruder ist ein gern gesehener Gast an einem bestimmten Hof, doch die Königstochter versteht es, sich zuerst der Börse, dann des Hornes, das er sich von seinem Bruder ausgeliehen hat, zu bemächtigen. Da stellt ihm der dritte Bruder auch den Mantel zur Verfügung, und mit diesem entführt er sie zu einer entlegenen Insel. Sie versteht es jedoch, ihn auch jetzt zu betrügen, nimmt den Mantel und kehrt damit allein nach Hause zurück. Der auf der Insel zurückgelassene Mann findet dort zufällig einen Baum, dessen Früchte (Äpfel, Feigen) demjenigen, der davon ißt, ein Horn auf der Stirn wachsen lassen, und einen anderen, durch dessen Früchte es wieder verschwindet. Der junge Mann kommt schließlich wieder an den Hof zurück, wo er Gast gewesen war, verkleidet sich und verkauft Früchte des ersten Baumes an die Prinzessin. Sodann tritt er als Arzt auf, und es gelingt ihm, seine Kleinode wiederzubekommen, indem er zeigt, was die Früchte des anderen Baumes vermögen. So ungefähr lautet die Urform der europäischen Versionen dieses Märchens, dem u. a. A A R N E seine Aufmerksamkeit schenkte. Man merkt jedoch sofort, daß es nicht ganz volkstümlich ist. Es wird beispielsweise überhaupt nicht vom jüngsten Bruder gesprochen, auch nicht vom ältesten, sondern von dem „ersten". Das Märchen folgt auch getreu einem etwa 1440 verfaßten R o m a n mit dem Namen Fortunatus. In diesem Roman heißt der Held mit dem Geldbeutel Andalos und sein Bruder mit dem fliegenden Hut Ampedos oder so ähnlich. Die Prinzessin ist die Prinzessin Agrippina von England, und der Vater der Brüder heißt Fortunatus. Von ihm hatten sie die Kleinode geerbt. Er hatte nach einer anstrengenden Bärenjagd von einer gebefreudigen Göttin geträumt und war mit dem Beutel in der Hand erwacht, und der Hut war ihm von einem Pascha in Alexandria gezeigt worden. Er hatte dann den Hut aufgesetzt, sich nach Hause zu seiner Frau gewünscht und den Hut, als er dort gut angekommen war, ohne weiteres behalten. Es sind die Erlebnisse der Brüder und insbesondere des Andalos, die mit dem Märchen übereinstimmen, während das Auftreten des Vaters mehr der Handlungsweise in 518 (Die um magische Gegenstände streitenden Erben) entspricht. Der Roman ist mit langen Reisebeschreibungen geschmückt, besonders mit Namen aus dem Orient. Die Vorbilder zu diesen Reisebeschreibungen, die es übrigens ermöglichten, den Zeitpunkt für das Entstehen dieses Romans festzulegen, sind teils M A R C O POLOS (gest. 1323), teils und hauptsächlich M O N T E V I L L A S (von 1355) Reiseschilderungen. Die Handlung selbst könnte der Verfasser aus den Gesta Romanorum geholt haben, vieles deutet aber darauf hin, daß er sich eines morgenländischen Stoffes bedient hat. Unter den jetzigen volkstümlichen Varianten ist auch nur eine, von Island, die der leicht erkennbaren, maßvolleren Schilderung der Gesta Romanorum folgt, und unter den älteren ist die ebenfalls isländische Blävussaga zu bemerken. Wenden wir uns gegen Osten, so finden wir Fragmente des Märchens teils in einer Bearbeitung von A P U L E J U S (geb. um 130 n. Chr.), teils im Tripitaka und im

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äukasaptati in Indien. Das zeigt, daß die Entstehung des Märchens zumindest nicht westeuropäisch ist, wie man behaupten wollte. Bei A P U L E J U S und im Tripitaka handelt es sich nur um die Verwandlung in einen Esel und die Rückverwandlung durch ein Kraut 1 . Im Qukasaptati (Nr. 7) steht der Zusammenhang der Handlung unserem Märchen näher, und dort ist, wie im allgemeinen in den morgenländischen Varianten, die Königstochter durch eine Hetäre ersetzt. Bei einigen von ihnen bildet eine Variante des Märchens vom Zaubervogel (567) die Einleitung. In diesem Märchen findet der Bruder, der das Herz des Vogels ißt, jeden Tag ein Goldstück unter seinem Kopfkissen, und demjenigen, der den Kopf ißt, wird versprochen, König zu werden. Letzterer wird in gewissen Varianten auch Drachentöter und Held wie im Märchen von den Zwillingsbrüdern (303), während der Bruder, der die Goldmünze erhält, in den Rahmen des hier behandelten Märchens hineingestellt und von einer Hetäre um seinen Anteil gebracht wird, ihn aber genau auf die gleiche Weise wiedererhält, wie oben beschrieben. Einen solchen, etwas verzerrten Typ gibt es auch im Siddhi-Kür. An Stelle des hervorsprießenden Hornes usw. finden wir dort wie übrigens in mehreren morgenländischen Varianten dieses Typs die Verwandlung in ein Tier (Esel oder Affe). Die orientalischen Varianten werden oft mit dem Märchen Die um magische Gegenstände streitenden Erben (518) eingeleitet, also dem gleichen Motiv, das in Alexandria hinter dem Erwerb des fliegenden Hutes durch den Vater, Fortunatas, liegt. Das Märchen tritt oft im Verein mit 569 {Betrügerischer Austausch magischer Gegenstände) auf. Außerhalb Europas ist das Märchen jetzt im Osten im ganzen Vorderen Orient bis Indien und Indonesien und fragmentarisch bis nach China verbreitet und im Süden im östlichen, westlichen und südlichen Afrika. In Amerika wurde es, wie T H O M P S O N und P A R S O N S gezeigt haben, von den Franzosen zu den Indianern in den nordöstlichen USA und von den portugiesisch sprechenden Negern der Kapverdischen Inseln nach Massachusetts gebracht. Nach allem zu urteilen, hat das Märchen am Ende des Mittelalters vom Orient her West- und Südeuropa erreicht und dort den Anstoß zur Entstehung des Fortunatusromanes wie des Fortunatusmärchens gegeben (ersterer möglicherweise in Spanien, letzteres möglicherweise in Italien) 2 . Das Märchen von Fortunatus hat sich dann über ganz Europa verbreitet und sogar oft das Märchen vom Zaubervogel als Einleitungsmotiv mitgerissen. Eine ganze Gruppe von Varianten hat sich zu einem Sondertyp entwickelt, den wir von G R I M M S Krautesel kennen. Dort ist das Märchen sehr vereinfacht, und die Heldin ist die Tochter einer Hexe, die Motivkette ist jedoch dieselbe. Hier wurden Metamorphosen von A P U L E J U S , aus dem Tripitaka oder — vielleicht richtiger — aus dem Qukasaptati als älteste Belege für das Märchen genannt. Aber eines der Hauptmotive liegt weit länger in der Zeit zurück und dem Abendlande viel näher. In der Odyssee werden die Männer des Odysseus aus Schweinen wieder zu Menschen verwandelt, hauptsächlich durch den Zauberstab der als kleinasiatisch 1 2

Ch. Tr. 494 (nach einem im Jahre 383 aus Indien nach China gebrachten, im Jahre 398 n. Chr. übersetzten Manuskript). A A R N E verlegt den Ursprung des Märchens nach Westeuropa.

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angesehenen Göttin Circe. Hinter dem Zauberstab steht als Doppelmotiv das von Hermes dem Odysseus überreichte Zauberkraut „moly". Fügen wir hinzu, daß die Kleinode in der Odyssee von der gleichen Art sind wie die, die wir in 518 (Die um magische Gegenstände streitenden Erben) kennenlernten, und daß der nie versiegende Geldbeutel dem in 563, 564 und 565 gleicht, dann können wir zumindest im Nahen Osten das Märchen versuchsweise in die hellenistisch-römische Zeit (300 v.—300 n. Chr.) verlegen. In Europa dürfte seine eigentliche Verbreitungszeit im 16. und 17. Jahrhundert liegen. Selbstverständlich hat nicht nur der Fortmatusroman — er wurde erstmalig in Augsburg 1509 gedruckt und in einer Unzahl von Volksbüchern verbreitet — sondern haben auch seine vielen literarischen Bearbeitungen und Dramatisierungen, u. a. von HANS SACHS und DECKER, einen gewissen Einfluß auf die Bildung einer ganzen Anzahl Varianten ausgeübt. Das älteste bekannte schwedische Volksbuch, dessen eine Auflage illustriert ist, wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts gedruckt und hatte zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert ein halbes Dutzend Auflagen. 1824 folgte eine verkürzte Ausgabe mit etwa 10 Auflagen. In der ersteren ruft die entstellende Frucht ein Horn hervor, in der letzteren Eselsohren, die oft zu einer langen, wurstähnlichen Nase popularisiert wurden, gleich dem Motiv in PERRAULTS Drei Wünschen. Die mündliche Überlieferung Schwedens, übrigens auch die deutsche, zeigt große Abwechslungen, oft im Verein mit Verschmelzungen ganz fremder Motive. Nr. y6j. Der Zaubervogel Ein Mann wird Besitzer eines Vogels, der goldene Eier legt. Der Mann verkauft die Eier und wird reich. Als er sich auf eine lange Reise begibt, nähert sich der Eierkäufer der Frau und schlägt ihr eines Tages vor, den Vogel zu schlachten und zu braten. Wer den Kopf äße, werde König, und wer das Herz äße, fände jeden Tag eine gewisse Summe Geldes unter seinem Kopfkissen. Zufällig essen die beiden Söhne der Frau den Kopf bzw. das Herz des Vogels. Da überredet der Liebhaber die Frau, die Kinder zu schlachten. Diese fliehen. Der Sohn, der den Kopf gegessen hat, wird König, oftmals nachdem er einen Drachen erschlagen hat (wie in 303). Der andere, der das Herz gegessen hat, gerät auf abenteuerliche Weise in Kämpfe oder schlechte Gesellschaft (wie in 566), aber mit Hilfe des Bruder-Königs kommt alles wieder zurecht, wobei er (oder der Vater) Wesir wird. Der Mutter, die tief bereut, wird verziehen. So ungefähr wurde das Märchen sicherlich einmal im Orient erzählt, möglicherweise in Persien, das man als seine Heimat betrachtet und wo es auch im 14. Jahrhundert in das Tutinameh1 einging. Von dort ist es, wie AARNE zuerst zeigte, teils nach Tibet, Vorderasien, Vorder- und Hinterindien, teils nach Arabien, Syrien, Nordafrika, Griechenland und Italien gekommen, mit Ausläufern nach Spanien, Frankreich und 1

KROHN verschiebt die Heimat des Märchens etwas weiter nach Osten, nämlich nach Indien, während AARNE und POLIVKA Persien vorziehen.

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Deutschland, und andererseits zu sämtlichen slawischen Ländern und nach ganz Osteuropa mit Finnland und Lappland. Jetzt ist es auch in Indonesien, weiter südlich in Afrika sowie nach französischer Art unter den Indianern in Kanada südlich der Hudsonbucht bekannt. Den ältesten Beleg haben wir im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.), wenn auch in einer ziemlich verwirrten Variante. Die deutschen Varianten scheinen literarisch mit einer frühen Tutinameh-Version zusammenzuhängen und haben hauptsächlich eine literarische oder spätere mündliche Verbreitung. In den Nachbarländern Schwedens gibt es eine Anzahl den deutschen Aufzeichnungen nahestehender Varianten. Die in Schweden gemachten Aufzeichnungen, vielleicht vom Fragment in S Ä V E S Gotländska samUngar (II, 15) abgesehen, beruhen entweder direkt auf G R I M M S Ztvillingsbrüdern (303) mit dem hier behandelten Märchen als Einleitungsmotiv, oder es sind künstliche Hybridisationen mit dem Fortunatusmärchen (5 66) der Volksbücher. Sie können daher nicht als zur mündlichen Überlieferung gehörig angesehen werden. Einen ähnlichen Einfluß G R I M M S zeigt das schwedische Volksbuch von 1824, das bis 1837 etwa ein halbes Dutzend Auflagen hatte. Nr.

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Ein Mann erhält (in der Regel) ein Tuch, das die wunderbarsten Gerichte auftischt. Er bietet davon Leuten an, denen er begegnet. Einer von diesen hat eine Tarnkappe, ein anderer ein Horn, bei dessen Klang Festungen zusammenstürzen, der dritte einen schießenden Hut, der vierte ein Zauberschwert, der fünfte Sieben meilenstiefel, der sechste eine Mühle, die Dukaten mahlt, der siebente eine Schachtel, Trommel oder ein Ränzel, das Soldaten hervorzaubert, usw. usw. Der Mann tauscht einen dieser Gegenstände nach dem anderen gegen sein Tuch ein, das er mit Hilfe der neuerworbenen Kleinode sogleich wieder an sich nimmt. Oft gewinnt er eine Prinzessin, die ihn seiner Schätze zu berauben versucht. Aber immer behält er einen Gegenstand zurück, und mit dessen Hilfe bekommt er schließlich das ganze Königreich. Dieses Märchen gehört in die gleiche Gruppe wie die Märchen Die um magische Gegenstände streitenden Erben (518), Tischlein deck dich (563) und Fortunatus (566). Die Art, in der der Held die Kleinode erwirbt, erinnert hauptsächlich an 518, das Intermezzo mit der Prinzessin an 566 und die Art der magischen Gegenstände an 563. Suchen wir den Ursprungsort des Märchens, so führt der Weg ebenso wie bei diesen Märchen in die Länder zwischen dem östlichen Teil des Mittelmeeres und Indien, und was das Alter des Märchens betrifft, dürfen wir es versuchsweise in die hellenistisch-römische Zeit (300 v. —300 n. Chr.) verlegen. Den ältesten Beleg haben wir in einer buddhistischen Sammlung von Jdtaka-Legenden über Buddhas Wiedergeburten. Der Held tötet dort ein verzaubertes Wildschwein, ungefähr auf die gleiche Weise wie Das tapfere Schneiderlein (1640), und gewinnt dadurch einen Edelstein. Mit diesem als Tauschobjekt eignet er sich eine Axt an, die alles zerschlägt und verbrennt, eine Trommel, die ein ganzes Kriegsheer zusammentrommelt, eine Schale,

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die sich nicht nur mit Milch oder anderen Getränken füllt, sondern sie auch überfließen läßt, bis ein ganzes Land überschwemmt wird (vgl. 565). Mit diesen Kleinoden gewinnt er ein Königreich. Im Siädhi-Kür haben wir ein mongolisches, in seinen Hauptzügen sicherlich aus Indien stammendes Märchen, in dem es einem Helden von einem Baum aus (in der gleichen Weise wie dem Weib in 1653 A) gelingt, zu einem eigentlich Geistern gehörenden Becher zu kommen, der sich von selbst mit den köstlichsten Getränken und Speisen füllt. Er tauscht ihn zuerst gegen einen Knüppel ein, dann gegen einen Hammer, der ganz allein Häuser baut, und schließlich gegen einen Sack, der Regen hervorruft und Brände löscht. Als sein Gegner das Haus abbrennen will, löscht der Regen das Feuer. Nach Europa ist das Märchen über den Balkan gekommen und hat sich von dort zu den west- und ostslawischen Völkern, nach Deutschland, Irland, Flandern, den baltischen Ländern und Finnland ausgebreitet. In Deutschland haben wir auch eine ganze Menge sehr junger Varianten, in denen der Zauberhut sogar mit Kanonen schießt. Das Märchen war jedoch schon 1554 bekannt, da HANS SACHS es bearbeitete. Er ist dabei offensichtlich von 563 (Tischlein deck dich) beeinflußt worden, weil er einen Esel auftreten und Landsknechte hervorbringen läßt. Zum Schluß des Märchens macht er jedoch aus der Eselshaut eine Trommel, der alle Landsknechte gehorchen müssen. In Dänemark und Norwegen ist das Märchen nur vereinzelt zu finden. In Schweden ist es eigentlich nur durch ein Volksbuch mit dem Titel Lyckansfiygandefana aus dem Jahre 1745 mit einigen Dutzend Auflagen bis 1840 vertreten, das von einem entsprechenden dänischen Schillingdruck, vielleicht von 1710, hergeleitet ist, der seinerseits auf einen ähnlichen italienischen Druck Historia di tre giovani e di tre fate aus dem 16. Jahrhundert zurückzugehen scheint. In dem von der Gustav-Adolf-Akademie mit großer Sorgfalt herausgegebenen, von M I C K E L I LANGHULT nach der Erzählung zweier Gesellen des Kirchenbauhandwerks niedergeschriebenen, zwanzig Seiten langen Märchen VON BUSSENKIS gibt es auch Zauberdinge, die möglicherweise auf diesen Märchenkomplex zurückgehen. Die Erzählung beweist jedoch, daß selbst der beste Märchenerzähler leicht zu einem Schwadroneur werden kann. Außerhalb des orientalisch-europäischen Verbreitungsgebietes des Märchens ist es gewöhnlich mit 566 (Fortunatus) vermengt, auf das wir hinweisen. Es ist in Amerika und Indonesien zu finden. Nr. j/o. Des Königs Hasen hüten Drei Brüder gehen an einen Königshof, um die Hasen (Rebhühner usw.) des Königs zu hüten und dadurch die Prinzessin zu gewinnen. Den beiden Ältesten gelingt es nicht, aber der Jüngste hat eine Pfeife (Vogel) erhalten, der alle Hasen gehorchen, so daß nicht eines der Tiere fehlt. Die Prinzessin, die Königin und der König versuchen, jeder für sich, die Pfeife (eines der Tiere) an sich zu bringen, und müssen daher bald den drolligen, bald unziemlichen Vorschlägen des Burschen nachkommen. Die Pfeife hat jedoch die Eigenschaft, immer wieder zu ihrem Eigentümer zurück-

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zukehren (oder die Tiere werden mit der Pfeife zurückgeholt). Schließlich erzählt der Bursche vor dem Hof, was er erlebt hat, um — wie es heißt — „einen ganzen Sack mit Lügen (Wahrheit) zu füllen" (vgl. 105), aber der König unterbricht ihn und gibt ihm die Prinzessin. Dieses Märchen oder sein Hauptmotiv finden wir auf germanischem, romanischem, slawischem, baltischem und finnisch-ugrischem Sprachgebiet. Sein Ursprung ist wahrscheinlich germanisch. Es hat u. a. Nordamerika erreicht, mit den von den Kapverdischen Inseln deportierten portugiesisch sprechenden Negern Massachusetts und mit den englisch sprechenden Kolonisten Virginias. Möglicherweise zielt O D D SNORRASON ( 1 2 . Jahrhundert) auf ein ähnliches Märchen ab, wenn er berichtet, daß Hirtenjungen auf Island untereinander Stiefmuttermärchen erzählen, worin es dem König immer am übelsten ergeht. Das Stiefmuttermotiv fehlt jedoch in unseren Versionen. Nr. jyi.

„Kleb an!"

Drei Brüder gehen zum Königshof, um die schwermütige Prinzessin zum Lachen zu bringen und sie damit zur Gemahlin zu bekommen. Auf dem Wege begegnen alle nacheinander einem wunderlichen Männlein; die beiden Ältesten sind zu ihm unfreundlich, während der jüngte Bruder sein Essen mit ihm teilt. Darauf erhält er von ihm eine goldene Gans (Bock oder Adler). Ein jeder, der sich dieser nähert, bleibt an ihr kleben, und dann zieht sie mit ihm und vielen anderen in einer langen Reihe dahin. Zuerst kommt der Bursch mit der Gans und dann nicht nur die Mädchen des Gastwirts, sondern auch der Pfarrer, der Glöckner und viele andere, die des Weges kamen. Die Prinzessin erblickt das Schauspiel und lacht laut auf, und damit hat der Bursche sein Ziel erreicht. Jemanden zum Lachen zu bringen ist ein oft vorkommendes Motiv, es scheint aber in diesem Märchen ziemlich ursprünglich zu sein. Wir finden es u. a. in der jüngeren Edda (von etwa 1220 in Skäldskaparmäl, Kap. 56). Die Götter mußten sich mit Skadi aussöhnen, deren Vater, Tjasse, sie getötet hatten. Zu den Bedingungen, die aufgestellt wurden, gehörte, daß sie einen von ihnen zum Gatten wählen dürfe oder daß irgendeiner von ihnen sie zum Lachen bringen solle. Loki band daraufhin das eine Ende einer Schnur an — wie VON DER L E Y E N es ausdrückt — sein Glied und das andere an den Bart einer Ziege, was an 1685 {Ein Bock an Stelle der Braut) erinnert. Das gab einen Schrei und die tollsten Bewegungen, und zuletzt fiel Loki direkt in die Arme der Skadi, und da lachte sie. Wir haben hier sicher eine Travestie der besprochenen Märchen (d. h. 571 und 1685) vor uns, die dem Verfasser des Skäldskaparmäl nicht unbekannt gewesen sein dürften. Loki war gebunden wie der Knabe an den Bock oder der Pfarrer und der Glöckner an die Gans, und das Ergebnis ist dasselbe wie in unserem Märchen: Die Auserkorene wird zum Lachen gebracht. Seltsam genug war einige Zeilen vorher im Skäldskaparmäl Loki in Adlergestalt an Tjasse in einer Weise hängen geblieben und begleitete ihn in einer Weise, die noch mehr derjenigen gleicht, in der der Pfarrer und der Glöckner der Gans folgen. Wie wir sahen, ersetzen auch Bock oder Adler in mehreren Varianten die Gans. 12 Liungman

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In WOLFRAMS Paryival heißt es, daß die Jungfrau Cunnewáre nicht lachen könne, ehe sie den Mann zu sehen bekäme, auf den sie den höchsten Wert setzte. Sie erblickte ihn, als sie den noch tölpelhaften Parzival den Roten Ritter zu Boden werfen sah, und lachte. Wir sehen, daß der Gedankengang damals nicht unbekannt war. Das Märchen ist in unserer Zeit über das germanische, romanische und slawische Sprachgebiet verbreitet. Außerdem können wir einige fast unkenntliche Ausläufer in Griechenland und den Gebieten hauptsächlich östlich des Schwarzen Meeres sowie in Afrika notieren. Die Indianer Amerikas hat das Märchen über FranzösischKanada, oft in Verbindung mit 592 {Die Geige zwingt Tan%), erreicht. Es ist jedoch sicherlich ursprünglich germanisch, denn in diesem Sprachgebiet gibt es die besten Varianten. Wie wir sahen, war es den Nordgermanen schon 1220 bekannt. Die an einem verzauberten Gegenstand haftende lange Reihe von Pfarrern, Bürgern und Dienstleuten ist jedoch am besten und frühesten im 15. Jahrhundert in England im Gedicht The tale of tbe basjn dargestellt. Das Motiv von der Prinzessin, die nicht lachen konnte, gibt es auch in anderen Märchen, u. a. in 621 {Das Fell der großen Laus), in 675 (Der faule Bursche mit Zaubermacht) und 1642 Der vernunftlose Handel. In der letztgenannten Verbindung hat es das nordwestliche Afrika erreicht. In China ist es, in eine andere Motivreihe eingeschachtelt, gemeinsam mit dem Motiv vom Federkleid. Nr. ;//. Der Auftrag des Königs Ein König will eine Eiche gefällt und eine Quelle auf seinem Königshof haben. Mit der Hilfe von Feen gelingt es Aschenputtel, den Auftrag zu erfüllen, während dies seinen Brüdern mißlingt. Dieses in erster Linie norwegische Märchen scheint sich in die Märchenausgabe der Gustav-Adolf-Akademie (8. Band) — in das Märchen vom Däumling (S. 68) aus A S B J Ö R N S E N S und M O E S Norske Folkeeventjr Nr. 50 (1843) — eingeschlichen zu haben. Von Norwegen her scheinen auch einige Fragmente des Märchens in L I N D HOLMS Däumling (Nr. 21) gekommen zu sein. Es ist schon vorher mit Zügen aus u. a. 650 {Der starke Hans) und 513 A {Die wunderbaren Helfer) stark vermischt worden. Das Märchen finden wir, unabhängig von den oben erwähnten norwegischen Aufzeichnungen, in G U S T A V ERICSSONS Sammlung. Es muß daher als zur schwedischen Überlieferung gehörig betrachtet werden. Nr. jSo. Aller Frauen Gunst Von drei Jünglingen streben zwei nach Reichtum und Ansehen, der dritte aber erhält die Gabe, alle Frauenherzen zu gewinnen. Dadurch bekommt er auch drei Zauberdinge: ein Tuch, auf das sich alle gewünschten Speisen von selbst auftragen, ein Gefäß, das stets voll des gewünschten Getränkes ist, und eine Schere, die die herrlichsten Gewänder aus dem Nichts verfertigt oder dgl. Schließlich trifft er auf eine Prinzessin, die Männerfeindin ist. Sie läßt ihn auf eine öde Insel oder bei Hungerkost ins Gefängnis schaffen. Dank der Zaubergegenstände wird die Insel oder das

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Gefängnis zu einem geradezu begehrenswerten Aufenthaltsort. Die Prinzessin will dann die Wunderdinge erwerben, aber schließlich kann sie der Anziehungskraft des Jünglings nicht widerstehen und wird seine Gemahlin, oft nach drei sogenannten „gekauften Nächten". Hier ist die uralte Vorstellung, daß die Anziehungskraft eines Menschen durch Zaubermittel bis zur Unwiderstehlichkeit gesteigert werden kann, mit den Wunderdingen (563, 564) verbunden worden. In einer alten, dem Finnzyklos angehörigen irischen Sage (aus dem 9. Jahrhundert), die eine Parallele zu Thors Fahrt zu Utgardaloki in der jüngeren Edda ist, erhält der Held Diarmuid ein Korn, das Schönheit verleiht und ihn für alle Frauen unwiderstehlich macht. Die Spenderin ist die Repräsentantin der Jugend, die in Schweden als Relikt in der Gestalt der Röskva — bei Thors Fahrt zuerst zu Egil und dann zu Ütgardaloki — ihre Gegenspielerin hat. Röskva dürfte, wie es der Verfasser auffaßt, das „gerade erwachsene, junge Weib" bedeuten, das in direktem Gegensatz zu der im gleichen Mythos auftretenden Elli (das Alter) steht. Röskva dürfte auch in der ursprünglichen Sage Thor nicht von Egil, sondern von Ütgardaloki als Buße oder Geschenk erhalten haben und zugleich mit diesem und dem ganzen Schloß verschwunden sein, als Thor seinen Hammer hob, um ihn zu erschlagen. Auch in der keltischen Sage konnte weder Diarmuid noch einer seiner Gefährten die Repräsentantin der Jugend zurückhalten (vgl. 302 und 875). Die Vorstellung von Zaubertränken kennen wir u. a. aus der Sage von Tristan und Isolde. Der Gedankengang des Märchens nähert sich übrigens dem des Fortunatusmärchens (566). Eine italienische Version des letztgenannten steht dem hier behandelten Märchen sogar sehr nahe, doch könnte sie eine relativ späte Neubildung sein. Wir finden Aller Frauen Gunst in Flandern, Dänemark, Norwegen, Finnland, in den baltischen Ländern, auf den Färöern und auf Island sowie mit der in SSF I wiedergegebenen Variante in Schweden. Das Märchen ist, wie es scheint, hauptsächlich nordisch. Gewisse Motive haben auch in Varianten von 551 (Das Wasser des Lebens) Platz gefunden. Nr. J91. Der stehlende Topf Ein Knabe, der sein Elternheim verloren hat, hilft einem Zwerg und erhält dafür einen stehlenden Topf, den er manchmal gegen eine Kuh eintauscht. Der Topf stiehlt aus seinem früheren Heim alles, was der Knabe braucht, und zum Schluß auch den Besitzer selbst, der nicht loskommt, ehe er entweder in der Hölle landet oder der Knabe das Versprechen erhält, seine Tochter zur Frau zu bekommen und den Hof zu erben. Der stehlende Topf ist eine Kombination der Wunderbaren Krüge, bei denen alles aus dem Nichts hervorquillt (564, 565, 569), mit dem Stab, an dem alles festhängt (571). Er steht auch dem Ränzel Bruder Lustigs (785) und dem Ränzel im Schmied und Teufel (330 AB) nahe. Diese Zauberkrüge sind in Dänemark in die Vorstellung des Volkes eingegangen, und das Motiv zeigt dort eine Menge Abwandlungen. Das Märchen scheint auch in erster Linie nordgermanisch zu sein, mit dem Schwer12*

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punkt im Süden. Nach allem zu urteilen, hat es zwei einander nahestehende Typen, z. B. in Själland, gegeben, von denen auf der einen Seite die schleswig-holsteinischen, dänischen und norwegischen Varianten mit der Höllenfahrt des Pfarrers (bzw. des Hofbesitzers) als Abschluß stammen, und auf der anderen Seite die schwedischen und finn-schwedischen Varianten, die mit der versprochenen Hochzeit zwischen dem Burschen und der Tochter des Hofbesitzers enden. Der letztgenannte Zug wird jedoch auch in Schweden oft vergessen. Überdies gibt es eine kleine belgischholländische Variantengruppe, die ziemlich entstellt erscheint. Ein schwedischer, etwas abweichender Schillingdruck des Jahres 1839 (Boras) hat nur eine Variante des jetzt bekannten Märchenbestandes beeinflußt. Das Märchen dürfte aus alten, wohlbekannten Bestandteilen vielleicht im 18. Jahrhundert zusammengestellt worden sein. Man kann sagen, daß gewisse südschwedische Varianten auf einen wirklichen Haß der Minderbemittelten gegen die Bessersituierten hindeuten, die gleich den bezwungenen Riesen im Märchen völlig rechtlos gelassen werden. Das ist eine Erscheinung, der wir besonders in den Schwänken sehr oft begegnen. Nr. J92. Die Geige zwingt

Tanz

Ein Jüngling teilt sein Essen mit einem alten Mann. Als Dank dafür erhält er eine Pfeife, die alle zum Tanzen zwingt, einen Bogen, der immer das Ziel trifft, und die Erfüllung des Wunsches, daß seine Stiefmutter sich schlecht benimmt, so oft sie den Mund aufmacht. Die Stiefmutter wird böse und bittet den Mönch Tobias, dem Jüngling eine Strafpredigt zu halten, aber der bittet den Mönch, einen Vogel zu holen, den er im Busch geschossen hat. Als Tobias dies tut, bläst der Jüngling auf seiner Pfeife, und der Mönch muß im Busch tanzen. Mönch und Stiefmutter klagen dann beim Sendboten des Bischofs, doch nur mit dem Ergebnis, daß auch der nach der Pfeife des Jünglings tanzen muß. So wurde die Geschichte im 15. Jahrhundert in England erzählt, und von dieser und von einer deutschen Umdichtung in Versen vom Ende des 16. Jahrhunderts — ohne Stiefmuttermotiv, aber mit Geige und Todesurteil — stammen sämtliche Varianten des Märchens, sowohl die gedruckten wie die mündlich weitergegebenen, trotz Variationen und Abschweifungen. Wir finden sie über ganz Europa verbreitet, und sie haben, wenn auch nur mit vereinzelten Belegen, sogar Nordafrika und Indonesien erreicht. Für Nordamerika weist THOMPSON das Motiv im englischsprachigen Virginia und im französischsprachigen Missouri nach. In Westindien besitzen es die Jamaikaneger, und wir treffen es, mit dem Motiv „Nicht-lachen-können" (571) vermischt, an der Ostküste Kanadas, und mit dem Schwanenjungfraumotiv (400) in Brasilien an. Der Mönch wurde in Europa oft zum Pfarrer oder Juden, und manchmal tanzen auch Tisch und Stühle mit ihm. Hier ist ein Stück Volksglauben in das Märchen gekommen, der schon bei S A X O und in der alten Bosa-Saga belegt ist. In Schweden hat bekanntlich der Nock elf verschiedene Melodien, und spielt man die elfte, dann tanzen Tische und Kannen, Greise und Kinder, ja, sogar die Wickelkinder in der Wiege — eine Vorstellung, die trotz allem dem Märchen nähersteht

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als die Stille vor Orpheus Kithara und der Tanz nach Pans Flöte. Wie Schafe, Ziegen und Delphine nach Pans Flöte tanzen, wird im 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. von LONGOS beschrieben, und in der Tat hat, wie T O B I A S N O R L I N D gezeigt hat, das zum Tanz zwingende Instrument Gegenstücke auch im Orient und im alten Indien, wo die Musik im Märchen nicht nur die wildesten Elefanten zähmt, sondern auch Feuer und Wasser hervorzurufen vermag. Daß das oben angeführte spätmittelalterliche (englische) Märchen sehr beliebt war, zeigen seine vielen dramatischen Bearbeitungen, u. a. in älteren Schulkomödien. Sehr populär ist es auch in den Nachbarländern Schwedens gewesen. In diesem Zusammenhang muß schließlich der Tod des Zauberers Merlin in Erinnerung gebracht werden. Die Sage dürfte dem jüngeren, dem Artuskreis zugehörigen Merlin gelten. Er fiel seiner eigenen Zauberei zum Opfer und starb im Walde von Brecilian, von Viviana, Lehrling und Geliebte zugleich, an einen Hagedornbusch festgezaubert. Noch hört man von dort her seine Stimme klingen. Die Art der Dichtung scheint dem 12. Jahrhundert angehört zu haben. Das Motiv wurde u. a. von T E N N Y S O N bearbeitet. Nr. J94*. Der Bursche, der die Insel von Riesen befreite Ein Bursche bekommt verschiedene magische Gegenstände und vor allem eine Schußwaffe, die nie danebenschießt. Mit dieser befreit er eine Insel von Riesen. Von dieser eigentümlichen Geschichte sind bis jetzt nur zwei Varianten bekannt, eine aus Schweden und eine aus Norwegen. In der ersten erhält der Bursche die Waffe nach einer Nacht in einem Spukkeller, in der zweiten tauscht er sich die Waffe pin und bekommt überdies einen Zaum, der alle Pferde zähmt, und eine Nadel, die alles auseinanderfallen läßt. Inwieweit diese beiden Varianten den gleichen Ursprung haben, muß die Forschung noch erweisen. Nr. 610. Die Prinzessin und die heilenden Früchte Ein König verspricht seine Tochter demjenigen, der ihr die von einer Fee vorgeschriebenen heilenden Früchte geben kann. Das glückt dem Aschenputtel, aber er muß sich darein finden, noch weitere schwierige Aufträge auszuführen. Dieses Märchen scheint ziemlich spät aus lauter bekannten Motiven zusammengestellt worden zu sein. Oft geht es in 570 (Des Königs Hasen hüten) über oder in 5 54 (Die dankbaren Tiere). Seine Unregelmäßigkeit macht es nahezu unmöglich, seine Verbreitung festzustellen. Das Märchen scheint aber doch allgemein europäisch zu sein. Nr. 611. Treue Liebe Ein Knabe und ein Mädchen werden von ihren Eltern füreinander zur Ehe bestimmt, aber als der Vater des Knaben stirbt, bereut es der Vater des Mädchens und schickt den Knaben mit einem Schiffer fort, der ihn umkommen lassen soll. Das Schiff fährt auf Grund, aber der Bursche rettet sich auf eine unbewohnte Insel

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und erhält dort ein magisches Heilmittel. Mit diesem rettet er das Leben einer Prinzessin, wird zum Fürsten gemacht und gewinnt schließlich seine Jugendliebste. Dieses Märchen ist in Dänemark, Norwegen, Finnland, Schweden (Godand) und in den baltischen Ländern aufgezeichnet worden und hat die meisten Varianten in Norwegen und Finnland. Nr. 612. Ein Tier erweckt den toten Gefährten %um Leben Ein Mann verliert seine Frau. Er hat versprochen, sich mit ihr begraben zu lassen. Im Grabe sieht er, wie eine Schlange stirbt und eine andere Schlange ein Kraut (ein Laub) holt und ihre Gefährtin damit wieder zum Leben erweckt. Der Mann erweckt seine Frau auf die gleiche Art, sie wird ihm aber untreu und läßt ihn töten. Ein treuer Diener erweckt ihn jedoch mit dem Kraut wieder zum Leben, und die Schuldige erhält ihre Strafe. Das Schlangenmotiv, das sicherlich sehr alt ist — man vergleiche das Gilgameschepos —, gibt es bei A P O L L O D O R U S (2. Jahrhundert v. Chr.) und H Y G I N U S (um Chr. Geburt) in der Erzählung von Polyidos, der in Glaukos Grab eingeschlossen wurde. Das gleiche Motiv finden wir später bei M A R I E D E F R A N C E ( 1 2 . Jahrhundert, in Eliduc, vgl. unter 709) und in der Völsungasaga, 8. Kap. (um das Jahr 1260), aber in beiden Fällen handelt es sich um Wiesel an Stelle der Schlangen. Daß ein Mann zugleich mit seiner verstorbenen Frau begraben werden sollte, wissen wir u. a. aus Sindbads vierter Reise in Tausendundeiner Nacht. Das Motiv von der vom Mann wiedererweckten oder zumindest geretteten, aber dann ungetreuen Frau ist in einer ganzen Menge Erzählungen indischen Ursprungs enthalten, wie in den sogenannten Jätakas oder Erzählungen über Buddhas Wiedergeburten (vielleicht aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.), weiter im Mahäbhärata (400 v. — 400 n. Chr.), im Pantschatantra (200—300 n. Chr.), im chinesischen, aus dem Sanskrit übersetzten Tripitaka1 und im Kathäsaritsägara ( 1 1 . Jahrhundert n. Chr.). Der Mann muß mitunter für das Leben der Frau eine gewisse Anzahl Jahre des eigenen Lebens opfern. Die Geschichte von der ungetreuen Frau kommt dann mit oder ohne Grabkammermotiv vielfach von Tibet sogar bis nach Indonesien, weiter bei den Persern, unter den Arabern, in den Vierzig Wesiren bei den Türken (15. Jahrhundert) sowie im Mittelalter in Europa vor und hat sich sodann in Verbindung mit dem Schlangenmotiv von Italien und Deutschland aus einerseits nach Spanien und Frankreich im Westen und andererseits zu den Slawen und Rumänen im Osten verbreitet, mit dem einen oder anderen Ausläufer nach dem Norden. Ähnliche Motive gibt es auch bei den Kabylen, und über die Kapverdischen Inseln haben sie Massachusetts erreicht. Die Wurzeln des Märchens scheinen jedoch, wie wir sahen, in erster Linie dem Orient anzugehören und können dort spätestens in die Anfangszeit der hellenistisch-römischen Epoche (300 v.—300 n. Chr.) gelegt werden. In 300 (Der Drachentöter) und 333* (Die Weissagung, durch ein verzaubertes Tier sterben) ist das Wiedererweckungsmotiv umgeformt. Dort handelt es sich nicht um 1

Ch. Tr. 12, 31, übersetzt vor 280 n. Chr., und III, 21 ff. aus dem Jahre 472 n. Chr.

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Schlangen, sondern um Mäuse, und nicht um Kräuter oder Blätter, sondern um eine Flasche mit Lebenselixier. Dieser Zug ist die einzige Spur des Märchens, die es in Schweden gibt. Nr. ¿iß. Wahrheit und Läge Zwei Brüder (Gefährten) geraten in Streit über den inneren Wert von Wahrheit und Lüge (oder zweier Religionen) und wenden sich an Menschen und Tiere, denen sie begegnen, damit diese den Streit schlichten. Manchmal beginnt der Zwist damit, daß der eine einfach die Essen- und Wasservorräte des anderen wegnimmt oder ihn überfällt. Der unschuldig Leidende oder Überfallene ist derjenige, der auf Seiten des Rechts und der Wahrheit steht. Er wird in jedem Fall schlecht behandelt, und meistens werden ihm die Augen ausgestochen. Dann wird er auf dem Wege zurückgelassen. Aber einmal hört er (in einer bestimmten Nacht des Jahres), wie Geister (Teufel, Tiere) beratschlagen, und erfährt, daß er nicht nur sich selbst, sondern auch eine blinde (kranke) Prinzessin heilen kann. Er tut, wie sie gesagt haben, und wird Minister. Eines Tages trifft er seinen früheren Gefährten und verzeiht und hilft ihm. Da dieser ihn aber trotzdem verleumdet, endet sein Schicksal mit dem Tode. Manchmal heißt es, daß der Gefährte es ebenso machen wollte wie sein Wohltäter und eine ähnliche Beratung belauschen wollte, dabei aber zerrissen wurde. Dieses M ä r c h e n w u r d e u. a. v o n REIDAR TH. CHRISTIANSEN u n d WESSELSKI

behandelt, mit teilweise entgegengesetzter Auffassung. Die älteste bekannte Aufzeichnung haben wir im chinesischen Tripitaka in einer Gruppe Legenden, die im Jahre 710 1 aus dem Sanskrit übersetzt wurde. Das Märchen gehört auch der südlichen Version des Pantschatantra an. Diese beiden Quellen lassen die Belauschungsepisode vermissen. Wir finden sie in einem anderen Zusammenhang im Kathasaritsägara (von ca. 1000 n. Chr.) und in einem Nachtrag (aus dem Jahre 1199) zu BENFEYS Pantschatantra. Aus der Zeit um das 13. und 14. Jahrhundert kann eine größere Anzahl tibetanischer, indischer, persischer und hebräischer Aufzeichnungen herangezogen werden. Aus diesen ist die Erzählung in Tausendundeine Nacht2 eingegangen und hat Südeuropa früh erreicht. Dort finden wir u. a. in einer spanischen Sammlung von Predigtbeispielen zum ersten Mal das Blenden, Belauschen und auch das Nachahmen. Die religiöse Färbung ist typisch für die südosteuropäischen Varianten. Das Diskussionsthema ist Religion und Moral, und das Motiv des Blendens ist oft mit einem Hungermotiv gekoppelt. Aus Südeuropa ist das Märchen teils bis nach Rußland, teils bis Süddeutschland vorgedrungen, während ungefähr gleichzeitig eine etwas weltlichere Version Europa von Südosten her erreichte. Der Zwist dreht sich dort meistens um den Speiseoder Wasservorrat, und der Richter ist oftmals ein Tier wie in 155 (Undankbares Tier wieder eingefangen). Wir finden diese Version zuerst im jüngeren, südlichen Pantschatantra und dann östlich des Schwarzen Meeres sowie in Serbien, Rumänien, 1 2

Ch. Tr. 38t. U. a. fragmentarisch in HENNING VII, 160 aus einer Handschrift aus dem 14. Jahrhundert.

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der Tschechoslowakei und Ungarn. A u f ihrer Wanderung hat sie vereinzelte Varianten der religiös gefärbten Version mitgezogen. Schließlich erreichte sie Norddeutschland, Nordfrankreich, Belgien, die Niederlande und mit einer verdorbenen Variante Irland. In Skandinavien finden wir überwiegend den weltlichen Typus vor. Erst in Ostfinnland gewinnt die religiöse Variante durch russischen Einfluß wieder die Oberhand. Der Verlauf ist ziemlich typisch. Oft haben wir gesehen, daß die literarische Überlieferung frühzeitig in Süd- und Südwesteuropa eindrang, während die mündliche Überlieferung dem großen Kulturweg von Osten folgte. Es dürfte behauptet werden können, daß das Märchen ein vorislamitisch-indisches Märchen ist und der frühbyzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) angehört. Das Märchen ist auch in der Neuzeit noch in und außerhalb Europas — u. a. in China, Korea, auf Ceylon, in Indien und im Vorderen Orient — aufgezeichnet worden. Es hat Nord- und Zentralafrika erreicht und von dort nach STITH THOMPSON möglicherweise die Jamaika-Neger. In Nordamerika wurde es bei der französisch sprechenden Bevölkerung in Kanada und Missouri sowie bei den Indianern in Neu-Schottland und Mexiko aufgezeichnet. Nr. 621. Das Fell der großen Laus Eine Prinzessin hat eine Laus gemästet und erhält ein riesiges Fell, so groß wie ein Kalbsfell. Sie läßt verlautbaren, daß derjenige, der errät, von welchem Tier das Fell ist, ihre Hand bekommen solle. Nach einem in Frankreich oder England vor 1200 niedergeschriebenen Opus über Rabbi Jochanan kaufte dieser für 1000 Goldstücke einen Skorpion. Er verwahrte das Tier in einer schönen Kiste, fütterte es, so daß es groß und kräftig wurde, während er selbst bald bettelarm war. Als Entschädigung durften sich er und seine Frau durch den alraunenähnlichen Skorpion etwas wünschen, der eine, die Sprache der Tiere zu verstehen, der andere, reich zu werden. Die Erzählung geht dann in 5 31 (Der verleumdete Arbeitskamerad) über. Sie ist jedoch keineswegs alleinstehend. Z u Anfang des 17. Jahrhunderts erzählte man u. a., daß der dänische König eine Laus gehabt hätte, so groß wie eine Ente, die angekettet war und täglich ein Schaf verzehrte. In Poitou heißt es: Will man eine große Laus haben, tue man sie in einen Topf mit Fett. Dann wird sie so groß, daß man einen Handschuh daraus machen kann. In der unserem Märchen nahestehenden Form finden wir das Motiv am frühesten 1545. Es ging da nicht um eine Laus wie bei Jochanan, sondern man fütterte eine Eidechse, bis sie halb so groß wie ein Krokodil wurde. Dann zeigte man ihre Zunge vor. Wer den Ursprung angeben konnte, sollte die Prinzessin bekommen. Ein Buckliger riet richtig und gewann sie, aber sie entledigte sich seiner genau so wie die Intrigantin im Märchen Drei (Bucklige) Leichen werden fortgeschafft (1536 B), w o dieses Motiv eigentlich nur die Einleitung bildet. Wenn wir es neuerlich antreffen,dann wiederum als Einleitungsmotiv, aber zu dem Märchen Die wunderbaren Helfer (513 A). In dieser Form finden wir es u. a. bei BASILE (gest. 1632) im Pentamerone (I, 5). Ein König, wird erzählt, zieht eine große Laus auf und verspricht die Hand seiner Tochter demjenigen, der erraten kann, von welchem Tier das Fell stammt. Die

Zaubermärchen Prinzessin entgeht aber auch hier dem wilden Mann, dem Teufel, Menschenfresser, Div oder Ghul, der mit Hilfe der wunderbaren Helfer richtig geraten hat. Von diesem Typus haben wir eine ziemlich große Gruppe zum Teil außereuropäischer Varianten mit dem Zentrum auf dem Balkan und in Italien, und dazu könnten dann auch die italienischen und slawischen Märchen vom Ritter Blaubart (312) gezählt werden, bei denen dieses Motiv die Einleitung bildet. Als selbständiges Märchen finden wir das Motiv auf romanischem und vor allem auf slawischem Sprachgebiet sowie sporadisch in Deutschland, in den baltischen Ländern und Skandinavien, wozu Ausläufer nach Indonesien mit den Philippinen, Nordafrika, Brasilien und Chile kommen. Eigentümlicherweise ist es nahezu im ganzen Norden zufällig auch die Einleitung zu einigen Varianten des Amor- und Psyche-Märchens geworden. Das Motiv wirkt nicht alt, u. a. im Hinblick auf die ziemlich jungen Märchen, mit welchen es sich oft vereinigt hat. Man dürfte das Alter des Märchens mit dem Ende des Mittelalters festsetzen können, und sein Ursprung ist sicherlich in relativ südlichen Gegenden zu suchen. Zeitweise hat sich der zweite Teil von 850 (Die Muttermale) in das Märchen eingeschlichen, und die Prinzessin wird dann dem zuteil, dem sie sich in der Nacht zuwendet. Nr. 6jo. Der starke Hans Dieses Märchen zeigt ein sogar für ein Märchen ungewöhnlich loses Aneinanderreihen verschiedener Ereignisse im Leben des jungen Helden, es weckt aber großes Interesse durch seine nahe Verwandtschaft mit 301 A (Der Bärensohn). Beide Märchen kann man anfangs als gleichartig bezeichnen, aber Der starke Hans zeigt eine reichere Auswahl an Motiven und nähert sich oder geht ganz in eine Gruppe von Märchen über, die wir Der Junge und der dumme Riese (1000 ff.) nennen. Der starke Hans wird oft auf dieselbe übernatürliche Weise von einem Tier oder Menschen geboren wie der Held in 301 (Der Bärensohn), weswegen wir auf dieses Märchen hinweisen. Manchmal — besonders im Norden — ist die Einleitung sagenartig: Ein Holzfäller ist, ohne es zu wissen, der Vater des Kindes, während die Mutter eine Waldfrau ist; doch trägt das Kind die Axt des Vaters, wenn es ihm nach einigen Jahren zum Aufziehen übergeben wird. Oft heißt es, daß seine Stärke darauf beruht, daß er ungewöhnlich lange gestillt wurde, und manchmal ist er von einem Tier oder sogar von seinem Pflegevater gestillt worden. Eine Variantengruppe läßt seine Entstehung durch Axt und Schmiedehammer vollziehen und verleiht ihm auf die gleiche Weise Leben wie Pygmalion seiner begehrten Elfenbeinjungfrau (vgl. 653, Die kunstfertigen Freunde). Eine andere Gruppe läßt ihn trotz seiner Stärke die Gestalt eines Däumlings annehmen, aber für die meisten Varianten ist es charakteristisch, daß der Held rasch wächst und eine unglaubliche Stärke gewinnt, die durch gewaltige Kraftproben erwiesen wird. Manchmal wird er jedoch als Muttersöhnchen geschildert, als ein Aschenputtel, der nichts Nützliches unternehmen will, bis sich der Zuhörer plötzlich über seine unerhörte Kraft wundert. Die Zeit, die er in einem kühlen Hain verschlafen hat, wird

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auf einmal vielfach wettgemacht. Man begegnet ihm dann bald im Wald als Holzfäller, bald bei der Heumahd, bald mit Dreschflegel oder Pflug, und oftmals bereitet er seinem Herrn Ärger, vor allem dann, wenn er sich unterfängt^ unter dessen zahmen Tieren wilde Tiere zu zähmen (vgl. 1542). Aber die Kraft verlangt auch Nahrung. Der starke Hans ißt nicht nur so viel, daß er deshalb sein Elternhaus verlassen und sich einen Dienst suchen muß, sondern so über die Maßen viel, daß sich sogar Könige und Riesen außerstande sehen, ihn zu ernähren. Als Waffe läßt er sich viele Pfund schwere Eisenstangen schmieden, die er hoch hinauf in die Luft wirft, um sie nach Stunden wieder aufzufangen, und als Spazierstöcke verwendet er Bäume, die er samt der Wurzel ausreißt. Oft heißt es von ihm wie von den persischen Helden, daß er zu einem Schmied in die Lehre gesteckt wurde, aber eine solche Kraft hatte, daß er den Amboß zerschlug oder mit seinen Schlägen in den Boden trieb. Er verteidigte seine jüngeren Arbeitskameraden, wenn er auch früher für seine Spielgefährten lebensgefährlich gewesen war, scheute sich hingegen nicht, seinen Meister zu verprügeln. Damit kommen wir wieder auf das Gebiet der Schwänke. Als Lohn verlangte er manchmal nur, seinem Meister am Ende der Dienstzeit eine Ohrfeige verabreichen zu dürfen, oder er schließt mit dem Herrn einen Vertrag, daß keiner von beiden böse werden dürfe. Es ist daher nicht verwunderlich, daß wir im Märchen auch Anschläge auf das Leben des Helden finden. Manchmal wird er, besonders in Westeuropa, in einen Brunnen hinuntergelockt und erhält dort einen Mühlstein wie einen Ring um den Hals gelegt. Dieser Zug erinnert an AARNE-THOMPSONS 1146 (Mühlsteine), wenn er auch nicht damit identisch ist. Besonders in Osteuropa wird der Held manchmal auch in eine Mühle voller Teufel zum Mahlen geschickt, soweit er nicht direkt in die Hölle gesandt wird. Zuweilen, wenn er als Soldat auftritt, erhält er einen tückischen Uriasbrief, doch er kann auch unverwundbar sein. Der Schluß des Ganzen ist oft, daß der Held gewinnt und seinem Herrn eine Ohrfeige geben darf, die aber so kräftig ist, daß der Bauer direkt in den Himmel fährt, um nie wieder herunterzukommen. Dieses Märchen ist vom Kaukasus bis Frankreich und Portugal sowie von Island bis Griechenland verbreitet. Das Zentrum liegt ungefähr in Böhmen, das jedoch deshalb ganz und gar nicht das Ursprungsland zu sein braucht. In Amerika ist es nach THOMPSON von den Franzosen sowohl zu den Weißen als auch zu den Indianern in Kanada gebracht worden, sogar von der Ost- zur Westküste, und mit den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln ist es nach Massachusetts gelangt. In Indonesien wird es als eines der volkstümlichsten Märchen der Inselwelt wiedergegeben. Von besonderem Interesse sind jedoch die griechischen und die älteren nordischen Varianten. Die griechischen zeigen, daß sie Bekanntschaft mit dem östlichen und auch mit dem westlichen Zweig des Batamärchens (GS 367) sowie mit 519 (Das starke Weib) und JOI A (Der Bärensohn) gemacht haben, ohne daß man behaupten könnte, daß sie einem davon direkt entsprechen1. Die älteren nordischen Varianten 1

HAHN N r . 64, V a r . 1 — 3 , und N r . 75.

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zeigen Fragmente des Märchens, die der Literatur des Mittelalters, insbesondere der isländischen, angehören. Wir finden die Abenteuer des Helden bei der Heuernte, beim Hüten sowie andere Jugendstreiche in der Grettis- und der Ormr Storolfssonssaga, und in der Flóamannasaga wird er von seinem Vater gesäugt. Die Sagas münden dann in Abenteuer, die in ihrer allgemeinen Anlage an die griechischen Varianten erinnern, besonders hinsichtlich der Kämpfe mit übernatürlich starken weiblichen Zauberwesen, wie Grendels Mutter im Beowulfsepos. Was gewisse, mit dem Märchen analoge Züge in der Siegfriedsage und in FIRDAUSIS persischem Königsbuch (um 1000 n. Chr.) betrifft, wie das Ausreißen der Bäume mit der Wurzel, das Hinaufwerfen der Eisenstangen in den Himmel und das Zerschlagen des Hammers und des Ambosses, verweisen wir auf unseren Aufsatz in Bäckahästen (II, H. 4). Das Märchen wurde in Schweden auch im Jahre 1701 in einer Handschrift von HINDRICK NORIJN, die sich in der Königlichen Bibliothek in Stockholm befindet, aufgezeichnet (Sv. L. X I , 71, 117). Der Held hat darin den in Dänemark häufigen und auch in Südschweden vorkommenden Namen Knös, der teils Teufel, Zauberwesen, Flegel, teils Erderhöhung oder Erdknollen bedeutet. Nr. 6jß. Die kunstfertigen Brüder (Freunde) Vier Brüder werden von ihrem Vater in die Lehre gegeben. Sie kommen nach Hause und zeigen, was sie können. Einer sieht so gut, daß er die Eier in einem Vogelnest hoch oben in einem Baum zählen kann, der zweite kann sie stehlen, so daß es nicht einmal die Vogelmutter, die darauf brütet, bemerkt, der dritte kann die Eier mit einem Schuß zerschießen, obwohl sie nicht beisammen liegen, und der vierte näht sie wieder so zu, daß niemand etwas bemerkt. Diese vier sollen dann eine Prinzessin befreien. Der Rechenkünstler berechnet, wo sie sich befindet, der Dieb stiehlt sie, der Schütze erlegt den Drachen und der Schneider errettet sie vor dem Schiffbruch, indem er das Schiff, das unterzugehen droht, zusammennäht. Dann streiten sie darum, wer die Prinzessin haben soll, und oft wird die Frage dem vorgelegt, der sich das Märchen anhört. Die Forschung scheint darin einig zu sein, daß dieses Märchen dem Ursprung nach indisch ist. Wer dem östlichen Zweig des Batamärchens (GS 367) von Kleinasien gefolgt ist, hat sicherlich beobachtet, wie Die wunderbaren Helfer (513 AB) mit ihrer in erster Linie physischen Kraft nach und nach an die Stelle der Brüder des Helden treten, um dann in Indien von den Kunstfertigen Brüdern ersetzt zu werden. Selbstverständlich variieren die Motive und die Anzahl der Brüder ins Unendliche. In Indien im VStálapañcaviméatika und im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) wiedergegeben, beginnt das Märchen damit, daß eine Prinzessin nur den zum Gemahl haben will, der mit einer ganz besonderen Eigenschaft ausgestattet ist. Da meldet sich ein Freier, der einen Wagen hat, der durch die Luft fährt, ein anderer, der alles weiß und errechnet, und ein dritter, der ein unübertrefflicher Bogenschütze ist. Der eine hat die Zustimmung des Vaters, der andere die der Mutter und der dritte die des Bruders erhalten. Plötzlich wird die Prinzessin von einem Drachen geraubt. Der Allwissende sagt, wo sie sich befindet, der Bogenschütze tötet den

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Drachen, und der Wagenbauer holt sie mit seinem Wagen von einem sonst nicht erreichbaren Berg ab. Sie streiten dann darum, wer sie bekommen soll, und der Zuhörer erhält die Frage zur Entscheidung vorgelegt. Eine in gewisser Beziehung ähnliche Erzählung hat von Indien her die Mongolen erreicht und wird in der Siddhi-Kür-Version mit einem Einschlag aus dem Lockenmotiv des Batamärchens (GS 367) wiedergegeben. Diese Version ist dann vermutlich ins Deutsche übersetzt worden und nach und nach in ein schwedisches Volksbuch Vännerna von 1824 mit einigen wenigen Auflagen gekommen, worin der Rechenmeister, der Tischler, der Maler, der Arzt, der Schmied und „Nichts" die Hauptpersonen sind. Wer das Glück hatte, als Kind F. W. SCHOLANDERS außerordentlich gut illustrierte A.charius' Sagor zu lesen, erkennt das Rollenverzeichnis zum Teil wieder. Die indische Version ist im Orient ins Persische und Türkische übersetzt worden. Eine Variante ist in das Märchen Pari Banou in Tausendundeiner Nacht eingewoben 1 . Nach Italien kam das Märchen im 14. Jahrhundert von Osten auf literarischem Wege und nach Deutschland ungefähr in der oben auszugsweise wiedergegebenen Form im 18. Jahrhundert. Es hat nun die meisten Länder Europas erreicht, aber die Verbreitung ist verhältnismäßig schütter und sicherlich zum Großteil literarisch. Die Kunst, einen Gegenstand (Ei, Schiff) zusammenzunähen, scheint kein dem Märchen ursprünglich angehörendes Motiv zu sein. Es ist wahrscheinlich aus dem uralten Haikar-Märchen entnommen, wo wir entsprechende Züge finden2. In Asien wird das Märchen jetzt bis nach Indonesien und Japan und in Afrika beinahe auf dem ganzen Kontinent erzählt, und von dort ist es von Negern nach Nordamerika und Westindien gebracht worden, wo es, wenn auch in oft schwer erkennbaren Formen, weitverbreitet und beliebt ist. Im Orient gibt es eine eigentümliche Sonderform, in welcher Kunstbeflissene das Bild eines jungen Mädchens anfertigen und ihm wie Pygmalion Leben geben (vgl. 650). Auch hier schließt das Märchen mit einem Streit zwischen den Urhebern. Einige Varianten dieser Abart haben auch die Balkanvölker sowie die west- und ostslawischen Völker erreicht. Nr. 6J4. Die (drei)flinkenMeister Dieses Märchen könnte eigentlich ins Gebiet der Lügenmärchen verwiesen werden. Es handelt von einem Fechtmeister, der seinen Degen so schnell schwingt, daß kein Regentropfen auf ihn fällt, von einem Barbier, der einen laufenden Hasen rasiert, und einem Schmied, der ein galoppierendes Pferd beschlägt. Das Märchen, das wenig verbreitet ist — hauptsächlich in Frankreich, Mitteleuropa und im Norden — findet sich im Scala celi um das Jahr 1300 bei dem französischen Dominikanermönch JOHANNES G O B I U S JUNIOR und dann in einer französischen Anekdotensammlung aus dem 16. Jahrhundert wieder. Die Idee ist in verschiedene Formen gebracht worden. In einem deutschen Volksbuch beschlägt ein Schmied ein ganzes Kavallerieregiment in voller Karriere. Nach Schweden scheint 1

HABICHT I X , 25.

2

Über das Haikarmärchen siehe BP II, 367, Nr. 2 und hier 981* und 1174.

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das Märchen, nach einer värmländischen Variante zu urteilen, v o n Norwegen aus gekommen zu sein, das es seinerseits vermutlich v o n GRIMM geholt hat. Die in SSF wiedergegebene Variante aus Hälsingland ist origineller. Nr. 6;j. Die drei weisen Brüder gibt es in Schweden nicht. Das Märchen ist in SAXOS Amleth-Sage enthalten. Siehe SSF II, S. 480. Nr. 660. Die Doktoren mit den vertauschten Organen Drei Doktoren zeigen ihre Geschicklichkeit dadurch, daß sich der eine sein A u g e , der andere sein Herz und der dritte seine Hand wegschneidet, um sie am nächsten T a g unversehrt wieder einzusetzen. In der Nacht findet eine Vertauschung statt, so daß der erste ein Katzenauge bekommt und deshalb bei Nacht sehen kann, der zweite ein Schweinsherz, weshalb er in der Erde wühlt, der dritte aber eine Diebshand, so daß er zu stehlen beginnt. Das Verbreitungsgebiet dieses Märchens ist, im großen gesehen, Irland, Flandern, der gesamte Norden, Deutschland, die westliche Sowjetunion und Ungarn. Seinen ältesten Beleg haben wir in den Gesta Romanorum, w o es jedoch nur um das Einsetzen eines Ziegenauges statt des richtigen geht. A u c h HANS SACHS hat das Motiv bearbeitet (1547 und 1557). Nr. 66j*. Der Junge, der sich verwandeln konnte Ein Jäger hat sein Kind, wenn es ein bestimmtes Alter erreicht, dem Teufel versprochen. Der Junge erhält jedoch die Gabe, sich in verschiedene Tiere verwandeln zu können. Er tötet dadurch einen Drachen und gewinnt eine Prinzessin. K u r z bevor die Hochzeit stattfindet, soll er dem Teufel ausgeliefert werden, rettet sich aber, indem er sich in eine Ameise verwandelt, und kommt gerade zurück, als sich die Prinzessin mit einem anderen verheiraten soll. V o n diesem Märchen kann behauptet werden, daß es belgisch-dänisch-schwedisch ist. In Schweden wurden zwei Varianten, beide in der LIUNGMAN-Sammlung, notiert. Das Märchen ist aber auch bei den Schweden Finnlands bekannt. Man vergleiche 302 (Der Riese ohne Her\). Nr. 6yo. Der Mann, der die Sprache der Tiere verstand Ein Mann hat, meistens durch eine Schlange, die Sprache der Tiere verstehen gelernt, darf aber sein Geheimnis bei Verlust seines Lebens nicht preisgeben. Seine Frau ist ständig neugierig. Gerade, als er bereit ist, sein Geheimnis zu offenbaren, hört er, wie sich der Hahn wundert, daß der Mann seiner Frau nicht Herr wird, w o doch er aller seiner Hühner Herr wird. Dieses Märchen ist u. a. v o n AARNE untersucht worden. Die Gabe, die Sprache der Tiere zu verstehen, ist eine typisch orientalische Vorstellung und hat Anlaß zu mehreren Sagen gegeben, deren älteste des APOLLODOROS Erzählung über Melampus

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(2. Jahrhundert v. Chr.) zu sein scheint, die interessanteste jedoch PHILOSTRATOS' Lebensbeschreibung (um 200 n. Chr.) des aus der Zeit um Chr. Geburt bekannten Apollonius von Tyana in Kleinasien. Die Sage ist in früher Zeit mit dem oben angeführten anekdotenmäßigen Ausspruch des Hahns verschmolzen worden. Diese Zusammenstellung finden wir bei den Indern schon in den Jätahas oder Erzählungen von Buddhas Inkarnationen, im Rámájana, in der Jainaliteratur, im (tamulischen) Vétálapañcaviméatika und schließlich im Sukasaptati (Nr. 5). Sie findet sich auch im Tripitaka der Chinesen und ist dort aus dem Sanskrit vor 280 n. Chr. übersetzt worden 1 . Im westlichen Orient ist das Märchen weitverbreitet, u. a. in Tausendundeiner Nacht in der Fabel vom Esel, Ochsen und Knecht und in seiner Schlußepisode 2 , die einmal dem persischen Kern der Sammlung, d. h. Hesär Afsäneh, aus dem 8. oder 9. Jahrhundert angehört haben dürften. Das Märchen scheint sowohl auf literarischem Wege als auch durch mündliche Überlieferung Europa erreicht zu haben und findet sich schon bei PETRUS ALFONSI (um 1110) und in den Gesta Romanorum (um 1300) sowie möglicherweise in der Flóamannasaga (Kap. 31). Auffallend ist, daß innerhalb Europas der Schwerpunkt des Verbreitungsgebietes zweifellos im Südosten und Osten liegt, wenn das Märchen auch in Frankreich erzählt wird. Es dürfte, was das Alter betrifft, zumindest der hellenistischrömischen Zeit (300 v. Chr. — 300 n. Chr.) angehören. Über den orientalischen, am ehesten indischen Ursprung ist sich die Forschung einig. AARNE und v. D. LEYEN betonen besonders Indien. Es ist nunmehr von Java bis Jamaika verbreitet. Zur letztgenannten Insel scheint es von Afrika aus gekommen zu sein, wie es von den Kapverdischen Inseln Massachusetts erreicht hat. Es ist auch eines der volkstümlichsten Märchen Afrikas. Nr. 671. Die drei Sprachen Siehe 517. Nr. 672 B. Das Schlangenkrönlein Ein Kind breitet ein blaues Tuch aus, und gleich kommt eine Schlange und legt ihr Krönlein darauf. Als die Schlange merkt, daß sie die Krone verloren hat, schlägt sie den K o p f so lange gegen die Wand, bis sie stirbt. Hätte das Kind gewartet, hätte die Schlange weitere Schätze hingebracht. Dieses Märchen ist in Schweden direkt von GRIMM in die Folksagor för gamla och unga aus dem Jahre 1832 und dann in ein Volksbuch aus dem Jahre 1844 übernommen worden. Es wird in der mündlichen Überlieferung Schwedens nicht wiedergegeben. Nr. 6j$. Der Schlangenesser Ein Mädchen kocht eine (weiße) Schlange, ein anderer kostet die Suppe und erhält dadurch die Weisheit, die nur dem zukommt, der zuerst etwas von der Schlange genossen hat. 1

Ch. Tr. 112 sowie außerdem mehrere Fragmente (ebenso 32 und 470).

2

W E I L I, 9.

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Diese Sage ist interessant, weil sie der Siegfriedsage und der Sage SAXOS (in seinem 5. Buch) von Ericus und Rollerus nahesteht. Meistens schenkt die Schlange die Gabe, die Sprache der Tiere zu verstehen (vgl. 670), oder zu heilen. Diese oder ähnliche Vorstellungen sind in der griechischen Mythologie an Melampus geknüpft, bei den Arabern an Khizr und in der hellenistisch-römischen Literatur an Apollonius von Tyana. Vom Orient aus kann man sie einerseits nach China und andererseits über Europa teils zu den Kelten, teils nach dem Norden verfolgen. Die Sage ist besonders in Südschweden verbreitet. Sie wird vom Lehrer Gustav Adolfs II., BUREUS, im Sumlen vom Anfang des 17. Jahrhunderts wiedergegeben (Sv. L. I). Nr. 67y. Der faule Bursche mit Zaubermacht Ein Junge erhält von einem Fisch die Gabe, alles zu bekommen, was er sich und anderen wünscht. Er versucht seine Gabe und bringt eine Wanne dazu, von selbst zu gehen. Eine Prinzessin, die die Wanne und ihn erblickt, lacht, aber da wünscht er ihr ein Kind. Er und die Prinzessin werden auf das Meer geschickt, aber er wünscht sich ein Schloß dicht neben dem des Königs. Dieses Märchen ist wohl eher ein Schwank als ein Zaubermärchen. Es gehört auch zu den Schwänken, die im südlichen Italien, woher diese Geschichte am wahrscheinlichsten geholt zu sein scheint, dem dummen Iuvadi zugeschrieben werden. Sowohl STRAPAROLA (III, 1) als auch BASILE (I, 3) haben das Märchen wiedergegeben. Es findet sich auch auf portugiesischem, französischem, keltischem, griechischem, deutschem, nordgermanischem, finnischem, baltischem, slawischem, rumänischem, türkischem und arabischem Sprachgebiet wieder. In Griechenland ist der berühmte Halbmensch der Held. Die Lebenskraft des Märchens geht auch aus der außereuropäischen Verbreitung hervor. Es ist nach Sibirien gedrungen und hat auf dem Seeweg Hinterindien und sogar Neu Guinea erreicht. Die Portugiesen haben es nach Mittelamerika und Brasilien gebracht und die portugiesisch sprechenden Neger der Kapverdischen Inseln nach Massachusetts, während es die Franzosen teils zu den Indianern im Norden der USA und in Kanada, teils zu der französisch sprechenden Bevölkerung in Missouri mitgebracht haben. Trotzdem das Märchen in Massachusetts aus Afrika die Form des Tiermärchens geerbt hat, verrät die Version selbst durch gewisse typische Züge ihre ursprüngliche Abstammung von BASILES Pentamerone, wenn auch eine Einwirkung sowohl von STRAPAROLA als auch von einer in Portugal bekannten Form des Märchens wahrzunehmen ist. Nr. 6j6. „Sesam, ö f f n e dich!" Ein armer Mann wird gewahr, wie Räuber einen Berg dazu bringen, sich zu öffnen. Sie rufen: „Sesam, öffne dich!" Als die Räuber fortgegangen sind, macht er es ebenso und findet alle ihre Schätze. Abends muß er sich von seinem reichen Bruder ein Maß leihen, um das Geld zu messen, aber eine Münze bleibt unglückseligerweise im Maß stecken und verrät ihn seinem Bruder, der nicht nachgibt, bevor er das Geheimnis erfährt. Der Bruder geht daraufhin allein zum Berg, öffnet ihn, kann dann aber nicht mehr heraus, weil er den Zauberspruch vergessen hat.

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Dieses allen wohlbekannte Märchen ist über ganz Europa und große Teile von Afrika, besonders entlang der Westküste, verbreitet. Es ist von den Negern oft in ein Tiermärchen abgeändert worden und handelt dann beispielsweise von einem Hasen, einer Hyäne oder einem Löwen. Dieses Tiermärchen scheint sich von der Guineabucht teils nach Süden zu den Hottentotten, teils nach Nordosten zum Viktoriasee und schließlich nach Norden in Richtung Sudan und Kap Verde verbreitet zu haben. (Vgl. die entsprechende Richtung der Wanderung bei 155 und 533.) Von Europa und von der Westküste Afrikas aus hat das Märchen dann in mehreren Wellen, manchmal die Form der Fabel beibehaltend, Weiße und Farbige in Westindien sowie insbesondere in den USA und in Brasilien erreicht. In Asien ist das Märchen bis nach Indien, Indonesien mit den Philippinen und China vorgedrungen. Das Zauberwort Sesam, das auf unzählige Arten verdreht wird — man findet sowohl Susanna als auch Zentrum — verrät die ziemlich späte Abstammung dieses Märchens von Ali Baba und die vierzig Räuber (954) in G A L L A N D S Tausendundeiner Nacht (aus dem Jahre 1712) 1 , das bis zu einer 1910 bekanntgewordenen Handschrift die einzige in Europa vorhandene orientalische Variante dieses Märchens war. Sogar in Massachusetts, unter den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln, erkennt man im Namen der Sklavin, Mesiana, G A L L A N D S Morgiane (Mardschäne). Das Märchen dürfte in Europa in erster Linie durch die im 19. Jahrhundert so populären Volksdrucke verbreitet worden sein. In Schweden ist es als Schillingdruck unter dem Titel Vedhuggaren Ali och Massurs röfwareband im Jahre 1824 erschienen. Es gab auch den Stoff zu C R U S E L L S Oper Lilla slavinnan (aus dem gleichen Jahr). Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit einem alten ägyptischen Papyrus (siehe 9 5 4) und mit dem uralten Rampsinitmärchen (9 5 o) dürfte das Märchen Ali Baba und die vierzig Räuber als Ganzes gesehen als eine ziemlich junge Schöpfung angesehen werden, die vermutlich aus Syrien stammt. Das Motiv vom geliehenen Geldmaß finden wir jedoch in Europa schon im 10. und 11. Jahrhundert in einer alten Version des Märchens 1535 (Der große und der kleine Klaus), worauf wir hinweisen. In der mündlichen Überlieferung ist das Märchen von Ali Baba in Schweden selten. Vgl. 954. Nr. joo. Der Däumling im Kuhmagen Ein kinderloses Paar wünscht sich einen Jungen, wie klein er auch sein möge. Als er zur Welt kommt, ist er nicht größer als ein Daumen. Seine Kleinheit ermöglicht es ihm, sich an ganz unerwarteten Stellen, wie im Ohr eines Pferdes oder im Magen einer Kuh zu verstecken. Er kann die Leute narren, er kann sich verkaufen lassen oder den Dieben stehlen helfen, alles infolge seiner Kleinheit. Und wenn er von einem Tier verschluckt wird, schwindelt er sich immer wieder heraus. Die Wurzeln seiner Idee hat das Märchen in der griechischen Antike, wie u. a. aus H O M E R S 4. Hymne (20 ff.) sowie aus P H I L E T A S Dichtkunst zu Alexanders des 1

WEILIII,

193.

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J

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Großen Zeit hervorgeht. Im Europa der Neuzeit finden wir Spuren des Märchens im 16. Jahrhundert in Deutschland und besonders in England in Tom Thumbe, his life and death. Für unsere Zeit kann man sagen, daß es in sämtlichen Ländern repräsentiert ist. Es hat Ausläufer nach Indien, West- und Südafrika wie auch nach Amerika, wo es Jamaika, die Bahamainseln und die Neger und Indianer des südlichen Nordamerikas erreicht hat. Es findet sich auch unter den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts. In Schweden hat es in einer Ubersetzung aus dem Englischen in einem Schillingdruck (Lillepytt) aus dem Jahre 1823 Aufnahme gefunden, der bis 1878 über 20 Auflagen hatte, jedoch in der volkstümlichen Überlieferung nur geringfügige Spuren hinterließ. Die Märchenerzähler haben aus anderen Quellen geschöpft. Nr. /oi*. Das Riesenspiel^eug Ein Riesenmädchen hat einen Mann mit Pflug und Pferd aufgehoben. Sie zeigt diese ihrem Vater, der sie bittet, sie sofort an ihren Platz zurückzustellen, weil sie zu dem Volke gehören, das nach den Riesen kommen werde. Zum Verbreitungsgebiet dieses Märchens gehören, im großen betrachtet, Holland, Deutschland, Dänemark, die Ostalpen, Rumänien, Polen, die Ukraine, die Gegend zwischen Gorki (Nishni-Nowgorod) und Simbirsk sowie Schweden und Finnland. Es scheint in Norddeutschland im 16. Jahrhundert entstanden zu sein. Der älteste bekannte Beleg stammt aus dem Jahre 1595. Wir richten die Aufmerksamkeit auf das Vorkommen der Schürze als einen ursprünglichen Zug des Märchens (siehe G S 367). Nach Schweden dürfte diese Saige, wie an anderer Stelle gezeigt, mit den aus dem 30jährigen Krieg heimkehrenden Soldaten gekommen sein. Ihr Eingangstor dürfte an der Ostküste (Kalmar) gelegen sein 1 .

Nr. 70 /. In einem Vogelnest aufgewachsen Ein Mann bekommt für seine Frau einen Fisch, ißt ihn aber selbst, wird schwanger und gebiert ein Mädchen, das aus seinem Knie herausgeschnitten wird. Ein Vogel holt das Kind und zieht es in seinem Nest auf. Ein König kommt geritten, nimmt das Mädchen mit und heiratet es später. Als sie ins Kindbett kommt, klagt die Schwiegermutter sie an, eine Katze geboren zu haben, oder sie stiehlt ihr ein Kind nach dem andern oder dgl. Die junge Mutter wird aus dem Haus getrieben, kehrt aber zurück und gibt ihrem Mann ein Rätsel auf, das die Intrige entschleiert. Dieses im Grunde genommen seltene Märchen ist in Spanien, Dänemark, auf Island, in Norwegen und Schweden aufgezeichnet worden und ist sicherlich nach Vorbildern aus dem Märchenkreis 706—712 (Das Mädchen ohne Hände, Drei Schwestern wollen den König haben, Die Mißgeburt u. a. m.) zusammengestellt worden, wobei wir 1

Siehe dazu vom Verf. in Folkminnen und Folktankar 1931, S. 83—90; desgl. i n Z . d. V . f. Rhein, u. Westf. Vk. 1931, S. 57 — 65 (mit Nachwort von G. HENSSEN); SS Nr. 706.

13 Liungmaa

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insbesonders auf 707 hinweisen1. Der Mann, der schwanger wird und aus seinem Knie ein Kind gebiert — ein Zug, der in Afrika sehr häufig ist —, hat möglicherweise Gegenstücke in der nordischen und griechischen Mythologie. Das Märchen hat in Schweden in letzter Zeit eine gewisse Heimatberechtigung unter den Rätseln erhalten. Nr. jo6. Das Mädchen ohne Hände

Einem Mädchen werden — meistens weil sie sich weigert, sich mit ihrem verwitweten Vater zu verheiraten — zur Strafe die Hände abgeschlagen, und sie flieht. Trotz dieser Amputation wird sie von einem König geehelicht, der sie auf ihren Irrfahrten findet. Als sie ihm ein Kind gebiert, wird sie von seinen Angehörigen, manchmal im Zusammenhang mit einer Brieffälschung, verleumdet und wird mit dem Kind neuerlich vertrieben. Durch ein Wunder Gottes erhält sie ihre Hände wieder und kommt zu ihrem Gemahl zurück. Das Charakteristische für den europäischen Zweig dieses Märchens sind nicht die abgeschlagenen Hände, denn eine Menge altertümlicher Varianten enthält dieses Motiv nicht, sondern es ist eher das zweimalige Vertreiben der Heldin, zuerst aus ihrem Vaterhaus und dann aus dem Haus ihres Gatten. Das letzte deutet jedoch auf eine sicherlich wenig ursprüngliche Dublierung hin, wozu noch kommt, daß das Abschlagen der Hände im europäischen Märchen keine gut begründete Ursache hat. Die Dublierung könnte jedoch auf dem Einfluß anderer Märchen beruhen, die zu diesem Kreis gehören (705—712), und die abgeschlagenen Hände auf Selbstverstümmelung. Man hat jedoch allgemein, mit WALTHER SUCHIER an der Spitze, die Meinung vertreten, daß das Märchen seinen Ursprung in den im großen und ganzen damit übereinstimmenden Erzählungen von König Offa oder, wie es oft heißt, Offa I. und Offa II. von Mercia in England und ihren Gemahlinnen hat. Man kann annehmen, daß Offa I. möglicherweise im 4. Jahrhundert gelebt hat, während Offa II. von 757 bis 796 regierte. Als hauptsächlicher Verfasser wird (zuletzt laut GRÜNER und

DÄUMLING)

MATHÄUS PARISIENSIS (gest. u m

1259) angegeben.

SUCHIER

datiert jedoch die Handschrift um ein halbes Jahrhundert weiter zurück. Der Verfasser läßt indessen die Heldin im großen gesehen das gleiche Geschick erleiden wie die Heldin in dem hier behandelten Märchen. Das Thema ist dann in zahlreichen Versionen von zumeist englischen und französischen Verfassern, u. a. CHAUCER, behandelt worden. Die Geschehnisse, die oft ins Unendliche ausgesponnen sind, werden einmal nach England, einmal nach Frankreich oder Rom verlegt, und der Papst darf in der Erzählung eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Die Heldin dieser letzteren Erzählungen heißt manchmal Constance und ist dann die Tochter des Kaisers Tiberius Konstantinus von Konstantinopel und vermählt mit König Alle von Northumberland. So verhält es sich in einer anglo-normannischen Handschrift aus dem 14. Jahrhundert in der Königlichen Bibliothek in Stockholm. 1

Vgl. auch 410, 433 B und 451.

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Manchmal wird sie auch Helena von Konstantinopel genannt und manchmal La Manekine (wie z. B . von B E A U M A N O I R um 1270) oder Emare. Ein Vergleich mit der Entstehungsgeschichte des Aschenputtelmärchens zeigt uns, wie gewisse Varianten des Mädchens ohne Hände nach und nach in die Version des Aschenputtelmärchens übergehen, die wir Fräulein Zottelpel.£ genannt haben, wobei es nur die Motive von der Liebe des Vaters, die Flucht (mit vorangegangener Entkleidung oder sogar Selbstverstümmelung) sowie die schließliche Heirat beibehält. (Siehe 5 1 1 ! ) Die Erzählung über Offa dürfte indessen auf eine Weise entstanden sein, die in Frankreich und England im 12. Jahrhundert häufig war, nämlich durch einen Impuls von Osten. In Tausendundeiner Nacht findet sich auch richtig eine kleine, in diesem Zusammenhang von der Forschung sehr oft übersehene oder wegerklärte Legende 1 , die von einer schönen Frau und ihrer Frömmigkeit handelt: Der König hat verboten, Almosen auszuteilen, und als Strafe für das Ubertreten des Verbotes das Abschlagen der Hände des Schuldigen angeordnet. Eines Tages wird die Heldin des Märchens von einem Bettler angesprochen, der sie anfleht, seinen Hunger zu stillen, und sie gibt ihm zwei Brote. Der König läßt ihr daraufhin beide Hände abschlagen. Nach einiger Zeit will sich der König verehelichen und bittet seine Mutter um Rat. Die Mutter antwortet, daß nicht weit entfernt eine wunderschöne Frau wohne, doch habe sie beide Hände verloren. Sie wird zum König geführt, der von ihr entzückt ist und sie heiratet. Aber die Nebenfrauen des Königs werden eifersüchtig und schildern sie als ein leichtfertiges Weib. Da schreibt der König seiner Mutter und befiehlt ihr, seine Gemahlin aus seinem Harem zu vertreiben. Unglücklich wandert die junge Mutter mit ihrem Kind im Arm in die Wüste hinaus, und als sie an einem Bach ihren Durst stillen will, fällt ihr das Kind ins Wasser. Zwei Männer kommen ihr zu Hilfe und bitten Gott, das Kind zu retten. Gott erhört ihr Gebet, und sie erhält ihr Kind wieder. Danach fragen sie sie, ob sie ihre Hände wieder haben wolle, und nachdem sie sich neuerlich in Gebete versenkt, wachsen ihr die Hände wieder. Darauf fragen die beiden Männer, ob sie wisse, wer sie seien. Als sie verneint, erklären sie, sei seien die beiden Brote, die sie dem Bettler gab und deretwegen sie ihre Hände verlor. Diese Erzählung gibt es in mehreren orientalischen Varianten, u. a. in Ägypten, und sie stimmt vollkommen mit der auch im Koran ausgedrückten Auffassung der Islamiten überein, daß die Taten des Menschen, gute wie schlechte, am jüngsten Tag körperliche Gestalt annehmen und sich ihm zeigen. Die oben aufgewiesene, im abendländischen Märchen vorkommende Dublierung gibt es in dieser Legende nicht, und das Abschlagen der Hände hat eine befriedigende Erklärung erhalten, die eng mit der übrigen Darstellung verbunden ist. Es scheint irgendeine solche Version mit verschlungener Komposition zu sein, die der oben erwähnten Erzählung über König OfFas Gemahlin und der ganzen französisch-englischen Dichtung über dieses Thema zugrunde liegt. Es muß hier auch hervorgehoben werden, daß das Motiv der vor dem Heiratsantrag ihres Vaters fliehenden Tochter schon so früh wie bei H E R O D O T (485 —424 v. Chr.) bekannt war. 1

W E I L 4 , 4 4 ; CHAUVIN V , N r . 6 7 .

13*

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Zum orientalischen Zweig des Märchens gehört die Legende über die Mutter des Apostels Bartholomäus, in welcher wir u. a. den vom Ertrinkungstod geretteten Jungen, d. h. Bartholomäus selbst, dessen Name dadurch entstanden sein soll, wiederfinden 1 . Das europäische Märchen Das Mädchen ohne Hände ist jetzt über fast ganz Europa verbreitet, mit Ausläufern zum westlichsten Orient, nach Afrika und Amerika. In Afrika wird es vor allem in den östlichen Teilen erzählt, und in Nordamerika ist es nach THOMPSON bei Indianerstämmen in Kanada und in den nördlichen Teilen der USA bekannt sowie durch die Einwirkung von Franzosen in Missouri, während es nach PARSONS durch Kolonisten von den Kapverdischen Inseln Massachusetts erreicht hat. In Südamerika ist es u. a. in Brasilien und Chile zu finden. GRIMMS Version des Märchens hat sicherlich große Bedeutung für seine Verbreitung in der Alten wie in der Neuen Welt gehabt. In Schweden ist diese Version als Schillingdruck 1827 gedruckt worden, gefolgt von etwa einem Dutzend Auflagen. Dieser Druck scheint einen entscheidenden Einfluß auf unsere mündliche Überlieferung gehabt zu haben, während Helena von Konstantinopel, das nach BÄCKSTRÖM als Schillingdruck vielleicht schon 1667 oder noch früher erschien (mit etwa 60 Auflagen bis 1882, wovon ungefähr die Hälfte zwischen 1830 und 1860 verlegt wurde), kaum Spuren hinterlassen zu haben scheint. Im übrigen verweisen wir auf 707. Nr. yoj. Drei Schwestern wollen den König haben Drei Mädchen scherzen, daß sie heiraten wollen, das älteste den Bäcker des Königs, das Zweitälteste den Koch des Königs und das jüngste den König selbst. Der König wird zufällig Ohrenzeuge, findet Gefallen an ihnen und läßt ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Die beiden älteren Schwestern werden aber neidisch auf ihre jüngste Schwester, und so oft sie ein Kind bekommt, legen sie an dessen Stelle einen Hund. Die Kinder — zwei Knaben und ein Mädchen — werden in einen Fluß geworfen aber gerettet, wachsen heran und erwerben drei Kleinode: den Vogel, der immer die Wahrheit spricht, den singenden Baum und das Wasser des Lebens. Während der Abenteuer, die sie dabei erleben, rettet die Schwester, als Mann verkleidet, ihre beiden Brüder, die versteinert wurden, als sie einen verzauberten Berg erkletterten (hinaufritten), und löst dann selbst endgültig die Aufgabe. Durch die Kleinode entdeckt und findet der König seine Kinder sowie seine Gattin wieder, die bis zur Brust eingegraben oder ins Gefängnis geworfen, manchmal auch verhöhnt wurde. Das Märchen ist aus GALLANDS Tausendundeiner Nacht gut bekannt unter dem Namen Die neidischen Schwestern2. Leider ist das Original nicht erhalten. Man erkennt darin Motive aus 451 (Die %wölf Schwäne), 5 50 (Der Vogel, das Pferd und die Prinzessin) und 551 1

G . STEPHENS: Ett fornsvenskt Legendarium I, 2 1 7 (nach Vadstena-Manuskripten aus den Jahren 1503 —1505). DÄUMLING, der das Märchen vom literarhistorischen Gesichtspunkt aus behandelt hat, scheint mit seiner Theorie vom abendländischen Ursprung des Märchens das Problem der abgeschlagenen Hände nicht gelöst zu haben.

2

WEIL

III,

274.

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(Das Wasser des Lebens), ferner aus 303 (Die Zwillingsbrüder) oder GS 367 (Das Batamärchen) sowie aus 530 (Der Glasberg) wieder. Von diesen Märchen haben wir 550, 551 und 530, soweit es die morgenländischen Motive betrifft, als hellenistischrömisch und GS 367 als homerisch-mykenisch be2eichnet. Das hier behandelte Märchen gehört wie diese zu den im Orient vertretenen Märchen, die die geradlinige Komposition in sich tragen, und dürfte wie diese als westorientalisch bezeichnet werden können. Es wird behauptet, daß es, bevor es in Tausendundeine Nacht aufgenommen wurde, persisch gewesen ist, was u. a. der persische Name des Vogels Bülbülhesar ( = tausend Nachtigallen) bestätigt. Es ist jedoch in seiner europäischen Form lange vor GALLANDS Zeit in Italien bei STRAPAROLA (um 1550) zu finden, der die älteste Aufzeichnung hat 1 . Seine Version scheint auch M M E . D ' A U L N O Y inspiriert zu haben. Das Märchen dürfte aber schon im Zusammenhang mit den Kreuzzügen oder vielleicht schon früher Europa erreicht haben. Das Geschick, das die verleumdete Gattin zu erdulden hat, unterscheidet sich in der Art nicht allzuviel von den Erlebnissen, die imApollonius von Tyrus geschildert werden, das schon im 3. Jahrhundert n. Chr. in Byzanz bekannt war. Der Typ ist demnach alt und steht nicht nur diesem Märchen, sondern auch den entsprechenden Teilen von 705, 706, (709, 710) und 712 nahe, auf welche wir hinweisen2. Die Motive, einen Hund oder dgl. den Platz eines neugeborenen Kindes einnehmen zu lassen oder Blut um den Mund der Mutter zu schmieren und sie zu beschuldige^, ihr eigenes Kind verzehrt zu haben, oder eine Waffe auf das Bett der Verleumdeten zu legen, sind sämtlich aus dem Orient geholt und sind in wechselnder Form sowohl in diesem als auch in den vorhin genannten Märchen zu finden. Den ältesten Beleg für ein solches Motiv haben wir in Indien, wo das neugeborene Kind der Königin Padmävatis von den Nebenfrauen des Königs in einen Fluß geworfen wird, welche dann angeben, die Königin habe ihr Kind verzehrt (siehe das Weitere unten). In diesem Zusammenhang muß auch hervorgehoben werden, daß eine verleumdete und vertriebene Stieftochter auch bei HERODOT vorkommt (Phromine im 4. Buch). Das Märchen dürfte den Motiven nach als zumindest der hellenistisch-römischen Zeit (300 v. Chr.—300 n. Chr) angehörend bezeichnet werden. Es ist jetzt über ganz Europa verbreitet, vor allem um das Schwarze Meer, mit Ausläufern weit über Indien hinaus, in Indonesien und in Zentralasien mit Sibirien wie auch in West- und Südafrika bis hinunter zu den Hottentotten sowie in Nordund Südamerika. Im letztgenannten Erdteil erkennt man, wie THOMPSON, PARSONS und ESPINOSA gezeigt haben, einen französischen Zweig, der vor allem nach Französisch-Kanada mit dessen Indianern und zu den Indianern in den nördlichen USA reicht, sowie zwei portugiesische Zweige, teils nach Brasilien, teils nach Massachusetts gedrungen, letzterer von den Kapverdischen Inseln kommend, und schließlich einen spanischen Zweig, der zu den Indianern in Mexiko und den Weißen in Chile gelangt ist. Das Märchen wird auch in Westindien erzählt. 1

2

ANDREA CALMOS' von STRAPAROLA unabhängige Version erschien im Jahre 15 66 (Lettere 4, Nr. 42). In Portugal ist das Märchen in TTRANCOSOS Historia de Proveito et Exemplo im Jahre 1575 aufgezeichnet worden. V g l . auch 410, 43 3 B.

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In Asien, besonders in Indien und China, existiert auch eine Sonderform oder, richtiger, eine Märchenparallele, zu welcher wir auch das Märchen über Padmävati rechnen können, mit einer Mutter, deren unnatürlich viele Kinder von eifersüchtigen Konkubinen in einen Fluß geworfen und an ihrer Stelle Steine in die Wiegen gelegt werden. Als die geretteten Kinder herangewachsen sind, greifen sie das Reich des Vaters an, werden aber über ihre Geburt dadurch unterrichtet, daß ihre Mutter auf übernatürliche Weise Muttermilch in ihre Münder spritzt1. Ein anderes im Orient häufiges Motiv ist, daß die ausgesetzten Kinder goldenes Haar haben wie der Held in 314 (Der Goldhaarige) oder einen Mond oder Stern auf der Stirne tragen. Die Mutter wird manchmal der gleichen Probe unterzogen wie die Heldin in 511 (Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein) beim Apfelbaum. In der mündlichen Überlieferung Schwedens finden wir nur selten den ersten Teil des Märchens von den Schwestern, die sich Ehemänner vom Hof des Königs wünschten, sondern meistens nur den späteren Teil mit der Verleumdung der jungen Königin, dem Raub des Kindes und ihrer Vertreibung. In den schwedischen Volksbüchern finden wir das Märchen vollständig in zwei verschiedenen Versionen, die beide aus Tausendundeiner Nacht stammen. Der älteste Druck scheint aus demjahre 1800 zu sein und hat bis 1892 etwa 50 Auflagen erlebt, wovon ungefähr die Hälfte zusammen mit 955 (Der Räuber als Bräutigam) gedruckt wurde. Er ist sogar ins Dänische übertragen worden. Der andere Druck trägt die Jahreszahl 1828. In einer zur LiUNGMAN-Sammlung gehörenden Version, der die erste Hälfte des Märchens fehlt, sind der singende Baum, der sprechende Vogel und die musizierende Quelle Feengaben bei der Geburt des Kindes und brauchen demnach nicht erworben zu werden. Nr. jo8. Die Mißgeburt Durch eine Art Zauberei, oft von Seiten der Stiefmutter, gebiert eine junge Frau einen Sohn in Gestalt eines Scheusals. Sie wird vertrieben, doch der Sohn besitzt übernatürliche Kräfte und hilft seiner Mutter in allem und jedem. Auf einem Schloß, das sie besuchen, begleitet der Sohn den Prinzen bei einem bestimmten Auftrag. Beide werden ins Gefängnis geworfen. Da verspricht der Sohn dem Prinzen zu helfen, wenn dieser verspricht, sich mit seiner Mutter zu verehelichen. Das tut der Prinz, und als er sie erblickt, wird er von ihrer Schönheit bezaubert. Bei der Hochzeit wird der Sohn in einen stattlichen Jüngling verwandelt. Die Verbreitung dieses relativ ungewöhnlichen Märchens erstreckt sich von Italien bis Skandinavien und von Spanien, der Bretagne und Schottland bis nach Polen, Ungarn, Jugoslawien und der Türkei. Nr. 709. Schneewittchen Ein Mädchen ist so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und ein Zauberspiegel erzählt ihrer Stiefmutter, daß niemand schöner als ihre Stieftochter Schneewittchen 1

Ch. Tr. 23 (vor 280 n. Chr.). In Padmävatis Fußspuren wachsen, wie der Name angibt, Lotusblumen, deren Pistillen der Uberlieferung nach die Entstehung von tausend Knaben veranlaßten. (Siehe Fußnote bei 403 A.)

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sei. Die Stiefmutter wird von Neid ergriffen und befiehlt, das Mädchen zu töten. Aber derjenige, der den Auftrag dazu erhält, zeigt statt ihres Herzens das Herz eines Tieres vor und läßt Schneewittchen laufen. Es kommt zu einem Haus, das sieben Zwergen (Räubern, Rittern) gehört. Es wird freundlich aufgenommen, aber die Stiefmutter, die durch den Spiegel erfährt, daß Schneewittchen lebt, geht entweder selbst oder schickt jemand anderen, um es mittels eines Kammes, einer Schnur, eines Apfels oder dgl. zu vergiften. Zweimal können ihm die Zwerge helfen, aber beim dritten Mal bleibt ihnen nichts anderes übrig, als es in einen gläsernen Sarg zu legen. Ein Prinz erblickt es, und durch einen Zufall wird es von dem ihr hinterlistig eingegebenen Gift befreit, wird wieder lebendig und heiratet den Prinzen. Die Stiefmutter wird bestraft. Bevor wir dem Ursprung dieses Märchens nachgehen, müssen wir feststellen, daß es nichts mit der Siegfriedsage zu tun hat. Sigrdrifa und Brünhild waren „starke Frauen" und als solche in Panzer gekleidet. Sie haben mit Schneewittchen nicht mehr gemeinsam, als ein Schlafdorn vielleicht mit einem vergifteten Kamm gemeinsam hat. Daß der Held den Panzer der Amazone öffnet, braucht nicht mehr zu bedeuten, als was man, soweit man zurückdenken kann, mit bewußtlosen oder in Ohnmacht gefallenen Personen getan hat: Man hat ihre Kleider gelockert. Da jedoch die Schlafkrankheit1 sicherlich auch in alten Zeiten vorkam, ist es nicht erstaunlich, wenn sich eine oder die andere Sage um diese Krankheit gesponnen hat. Man hat die Krankheitsursache in einem Stich, z. B. von einer verzauberten Spindel, wie im Märchen vom Dornröschen (410), gesucht und erzählt, daß die Schlafende in einen gläsernen Sarg gelegt wurde. Daß in Italien eine solche Sage existierte, zeigt BASILE in seinem Pentamerone (II, 8), wo das Märchen von Schiavottella, d. h. dem Sklavenmädchen, eine Art Schneewittchenmärchen ist, aber mit einem ganz anderen Inhalt als das gewöhnliche. Es scheint aus drei Sagen zusammengesetzt zu sein. In der ersten veranlaßt ein Baron drei Mädchen, über eine Rose zu springen. Seine Schwester Cilla will verbergen, daß sie die Rose beschädigt hat und ißt ein abgefallenes Rosenblatt auf. Sie wird davon schwanger, und die in den Märchen häufige dritte und letzte Fee spricht den Fluch über sie, daß ihre Kinder im Alter von sieben Jahren durch einen Kamm sterben sollen. Die nächste Sage, die mit der vorigen schlecht zusammengefügt ist, schildert, wie das Mädchen Lisa, Cillas Tochter, anscheinend leblos in sieben gläserne Särge eingeschlossen und in ein besonderes Zimmer gestellt wird. Als die Mutter stirbt, gibt sie den Schlüssel und ihre ganze Habe dem Bruder unter der Bedingung, daß er das Zimmer nicht öffnet. Die Gattin des Bruders tut dies trotz des Verbotes, findet das Mädchen und zieht es bei den Haaren hoch, so daß ein Kamm herausfällt. Das Mädchen erwacht und ruft: „Mutter!" Es wird jedoch mit Schlägen und Beschimpfungen überhäuft. Dies wiederholt sich mehrere Tage lang, bis der Mann nach Hause kommt. Das Mädchen muß in der Küche als Küchenmädchen arbeiten (Schiavottella). 1

In Schweden ist heutzutage ein Fall bekannt geworden, wo eine Person 34 Jahre geschlafen hat.

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Die dritte Sage erkennen wir aus Einleitungen zu bestimmten, besonders italienischen Amor- und Psyche-Varianten (425 C) wieder. Der Mann verreist und will bei der Heimkehr einem jeden eine Gabe nach Wunsch überbringen. Das Mädchen Lisa wünscht sich eine Puppe, ein Messer und einen Schleifstein und sagt, ihr Onkel müsse an einem Fluß haltmachen, wenn er ihren Wunsch vergäße. Dies trifft ein, und er muß umkehren, aber sie erhält, was sie sich gewünscht hat. In Übereinstimmung mit der mittelalterlichen Auffassung, daß man trotz Schweigeversprechens das Recht hat, Gegenständen Geheimnisse anzuvertrauen (Öfen, Ziegelsteinen etc.) erzählt sie der Puppe ihre Lebensgeschichte und verspricht, sich mit ihrem Messer, das sie am Schleifstein wetzt, zu töten, wenn sie keine Antwort erhielte. D e r Onkel hört dies, und seine Frau wird bestraft, während die schöne Lisa glücklich verheiratet wird. D i e Erzählung hat außerdem noch eine portugiesische Variante. Es ist klar, daß ein Märchen, das v o n der Eifersucht einer Stiefmutter oder Schwiegermutter auf ihre Stief- oder Schwiegertochter handelt, leicht eine Sage dieser A r t von einer durch eine Vergiftung hervorgerufenen Schlafkrankheit absorbieren konnte. Das Wiedererwecken aus langanhaltendem Schlaf oder v o m Scheintod ist im übrigen ein in der Antike wie im Orient gleich beliebtes M o t i v gewesen. Im eigentlichen Schneewittchenmärchen, das nach allem zu urteilen seinen eigentlichen Ursprung in Italien hat, ist das Schlafkrankheitsmotiv mit dem M o t i v der verleumdeten und vertriebenen Gattin (705, 706, 707 u. a.) vereinigt worden. Einige Varianten sind sogar ausgebaut worden, und die Verfolgung wird nach dem Wiedererwecken fortgesetzt mit Motiven aus der Schwanken und der weißen Braut (403 A B ) oder aus dem Amor- und Psyche-Märchen (425 A). In Italien finden wir, ungerechnet die GRiMMSchen Ableger, die verhältnismäßig zahlreichsten und besten Varianten. V o n dort können wir — abgesehen v o n den nahe verwandten Varianten auf der Pvrenäischen Halbinsel — drei Zweige verfolgen. Der e r s t e ist schwach belegt und geht über Frankreich (Bretagne) zu der keltischen Minorität in Schottland. Die einzige keltische Variante, die wir haben, in welcher übrigens eine Forelle in einem Brunnen den Spiegel ersetzt, schließt damit, daß der Held, nachdem er die als tot betrachtete Heldin lange betrauert hat, sich wieder verehelicht, und daß er sich dann später bei ihrem Erwachen in einen Fall v o n Bigamie verwickelt sieht, womit sich jedoch eigentümlicherweise alle drei Beteiligten zufriedengeben. ALFR. NUTT, der dem Schneewittchenmärchen sein Interesse gewidmet hat, ist der Ansicht, daß dessen Ursprung im Bereich dieser keltischen Variante zu suchen ist. BÖKLEN hingegen, der dieses Märchen ebenfalls behandelt, spricht sich darüber nicht aus. Einen ähnlichen Schluß gibt es jedoch auch in MARIE DE FRANCES Lai d'Eliduc (12. Jahrhundert), das kaum als Schneewittchenvariante bezeichnet werden kann. Wichtiger ist jedoch die Feststellung, daß die Person, v o n der die Heldin erweckt wird, die eigentliche Braut des Helden ist, und zwar nicht nur in der keltischen Variante und im Lai d'Eliduc, sondern auch in einer türkischen,

1

Das Motiv ist in den Mittelmeerländern und am Schwarzen Meer relativ häufig und gehört auch der mohammedanischen Welt an. Siehe SS Nr. 812, Anm. 4 mit Hinweisen.

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also östlich Italiens aufgezeichneten Variante des Schneewittchenmärchens. Eine zufällige Übereinstimmung ist hier ebenso möglich wie ein Zusammenhang der Überlieferung, aber gerade das zeigt, daß man diesen Zug über den Ursprung des Märchens nicht entscheiden lassen sollte. In der bretonischen Variante wird die Heldin durch die jüngste Schwester des Helden wieder zum Leben erweckt. Zu diesem nordwesteuropäischen Zweig kann auch SHAKESPEARES Cymbeline aus dem Jahre 1610 gezählt werden (siehe 882). Dieses Drama ist eindeutig von dem Märchen inspiriert. Der z w e i t e Zweig hat von Italien aus West- und NordWestdeutschland erreicht und hat teils die GRiMMsche Variante inspiriert, teils der Überlieferung in Belgien, Holland und bei den skandinavischen Völkern Stoff gegeben. Von Deutschland aus hat das Märchen auch Rußland erreicht. Der d r i t t e , sehr reichhaltige Zweig geht über Griechenland und das östliche Mitteleuropa und hat auch die russische Überlieferung beeinflußt. Er hat außerdem Ableger in Kleinasien und im Orient. Von Südeuropa aus hat das Märchen dann auch Nord- und Zentralafrika, Asien und Brasilien erreicht, man kann sagen, oft in verwilderten Formen, unter welchen man doch besondere Ähnlichkeiten in so weit voneinander entfernten Orten wie Tripolis und Indien findet. Die nordwestafrikanischen Varianten sind oft von teils portugiesischem, teils griechischem Stoff beeinflußt. Viele sind mit einem alten arabischen Märchen aus dem Buch der tausend Fragen vermischt, das zumindest aus dem Jahr 1143 stammt. Der Name Schneewittchen (Sneewittchen) ist plattdeutschen Ursprungs und wird auf hochdeutschem Sprachgebiet auch in der plattdeutschen Form angetroffen. Der Spiegel als Berater scheint ursprünglicher zu sein als die Sonne und dürfte aus dem Orient stammen. Er erinnert an die Einleitung zu der möglicherweise ursprünglichen Rahmenerzählung zu Tausendundeiner Nacht, in der der König von Indien an einem bestimmten Feiertag des Jahres seinen Spiegel befragte, ob ihn jemand an Schönheit überträfe, und jedesmal eine befriedigende Antwort erhielt, bis eines Tages eine bejahende kam. Die Sonne als Berater tritt jedoch schon in Italien und dann besonders innerhalb des östlichen Zweiges des Märchens auf. Die Frage nach dem Alter des Schneewittchenmärchens ist schwer zu beantworten. Der älteste zuverlässige Beleg dürfte SHAKESPEARES Cymbeline aus dem Jahre 1610 sein. Die nächstältesten Spuren sind vermutlich ebenfalls aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Der isländische Gelehrte JON GUDMUNDSSON (gest. 165 8) hat das Märchen in seinem Armanns rimur wiedergegeben, und der deutsche Dichter JOHANN R I S T gibt an (1666), daß er dieses oder zumindest „ein Märchen über die schöne Frau im Berg bei den sieben Zwergen" von englischen Komödianten um 1630 erzählen hörte. Es dürfte doch als ebenso alt angesehen werden wie das nah verwandte Dornröschenmärchen (410). Wir können es demnach einige Jahrhunderte in das Mittelalter hinein verlegen. Die Popularität des Märchens datiert hingegen erst aus der letzten Zeit und ist ganz den BRÜDERN GRIMM zuzuschreiben. Der volkstümliche deutsche Variantengrundstock ist sehr spärlich, und aus der Zeit vor GRIMM kennen wir nur eine geringe Anzahl deutscher Varianten. Die GRiMMsche Version ist u. a. von PUSCHKIN behandelt, von A. L. GRIMM dramatisiert und zu

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unserer Zeit in unnachahmlicher Weise von WALT DISNEY verfilmt worden. Ein schwedisches Volksbuch erschien 1824 mit einer Neuauflage, wozu ein paar Kinderbücher 1839 und 1843 kommen. Daß der Ausdruck „weiß wie Schnee und rot wie Blut" schon in Percevals und Peredurs Mund gelegt wurde, widerspricht dem Obengesagten in keiner Weise. Auch die jahrelange Wache eines Liebenden bei der Leiche einer schönen, jungen Gattin, wie sie von Dichtern geschildert wird, hat nichts mit dem Märchen von Schneewittchen zu tun, wenn wir auch, wie MOE und NYROP erwähnen, das Motiv in so alten germanischen Märchen wie z. B. in der norwegischen Sage von Harald Schönhaar (um 1190) und in der deutschen von Karl dem Großen finden. Hingegen kann dieses Motiv MARIE DE FRANCES Lai d' Eliduc inspiriert haben. Wir treffen es am besten ausgebildet im Orient, woher sie so viele ihrer Stoffe geholt hat, in der Erzählung vom König Sabur und seinem Sohn Abu'n Nahzar. Der Prinz sitzt bei seiner toten Gattin, bis er von mitleidigen und guten Geistern und durch die Lehre eines treuen Wesirs belehrt wird, sie mittels eines Laubes wiederzuerwecken, so wie MARIE DE FRANCE eine Eidechse Eliducs Gattin, die von der Schönheit der Heldin bezaubert ist, lehren läßt, wie sie die Tote mit einer Blume zum Leben erwecken kann. Vgl. 612 (Ein Tier erweckt den toten Gefährten %um Leben) und 763* {Die Siebenschläfer). Nr. JIO. Die schwarte Madonna oder der Graumantel Ein Mädchen wird einem übernatürlichen Wesen versprochen, oft im Austausch gegen Gaben. Dieses Wesen — es kann die Jungfrau Maria oder „die Schwarze Jungfrau" sein — wird ihre Patin. Das Mädchen besichtigt bei ihrer Patin ein verbotenes Zimmer, will aber ihre Übertretung nicht eingestehen, obwohl sie durch ihren Ungehorsam ein unauslöschliches Zeichen am Finger erhalten hat. Sie befindet sich dann plötzlich wieder auf Erden, manchmal stumm auf einem Baum sitzend. Dort wird sie von einem König gefunden, der sich mit ihr verheiratet, aber die Patin raubt ihr Kind und schmiert ihr Blut um den Mund. Das Mädchen will nämlich noch immer nicht sagen, was sie in dem Zimmer gesehen oder getan hat, und wird schließlich wegen Kindesmordes zum Verbrennungstode verurteilt. Auf dem Scheiterhaufen erscheint ihr dann die Überirdische. Nun beichtet sie ihren Fehler und erhält den Gatten und das Kind wieder. Dieses Märchen hat den Stoff von 332 (Gevatter Tod) übernommen, wobei die Jungfrau Maria sowohl als Patin als auch als Gabenspenderin die Stelle des Todes einnehmen durfte. Gleichzeitig ist das Märchen aber vom Jephtamotiv in 425 (Amor und Psyche) beeinflußt worden. Es baut dann auf dem Motiv über das verbotene Zimmer auf in einer Form, die der klassischen Erzählung des dritten Kalendermönchs in Tausendundeiner Nacht nahesteht oder beispielsweise der des fünften Wesirs in der arabischen Version der Sieben weisen Meister, aber gleichzeitig ist ein Einschlag von 314 {Der Goldhaarige) zu bemerken. Damit ist der erste Teil des Märchens erledigt. Der zweite Teil ist aus dem ebenfalls ursprünglich orientalischen Motiv von der verleumdeten und verjagten Frau in 707 {Drei Schwestern wollen den König haben) oder

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712 (Crescentia) und, was den Schluß betrifft, dem nahe verwandten 451 {Die syvölf Schwäne) mit dem Stummheitsmotiv, dem Scheiterhaufen und der im letzten Augenblick geschehenen Rettung zusammengesetzt (vgl. auch 887 Griseldis). Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte dieser Märchen zeigt, daß sie — abgesehen vom Amor- und Psjche-Märchen — sich in Europa nicht weiter zurück als bis ins Mittelalter erstrecken, und möglicherweise sind sie, besonders wenn wir an die in diesem Fall spät hereingekommenen orientalischen Vorbilder denken, erst in der Neuzeit entstanden. Die von einigen Forschern erwähnten Varianten bei STRAPAROLA (I, 4) und BASILE (I, 8) stehen dem Märchen eigentlich ziemlich fern. Man kann zwei Typen des Märchens unterscheiden. Im ersten ist die Jungfrau Maria das übernatürliche Wesen, im zweiten ist es ein böses, verzaubertes, schwarzes weibliches Wesen, manchmal in Melusinengestalt, manchmal, wie in Schweden, „das Schwarze Fräulein" genannt. Beide Typen sind ihrer Struktur nach unlogisch. Von der Jungfrau Maria kann man sich nicht gut vorstellen, daß sie ein Kind raubt und dabei, wie es oft heißt, der Mutter Blut um den Mund streicht; und ein böses weibliches Wesen wird sich kaum, wie es im Märchen heißt, ohne eigenen Vorteil eines Kindes annehmen. Sucht man aber die Erklärung in einer Art Erlösung des bösen Weibes, so reimt sich dies kaum damit, daß das Kind, dessen sie sich angenommen hat, stumm wird und in seiner Verlogenheit verharrt. Die Jungfrau-Maria-Version ist nur spärlich belegt, aber ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich im großen von den Färöern und Lothringen über Skandinavien, Deutschland, Polen und die baltischen Länder nach der Sowjetunion, mit einer einzigen verstümmelten Variante auf Sizilien. Die Version mit einem bösen verzauberten Wesen erstreckt sich hingegen von Island und Skandinavien über Flandern, Frankreich, Spanien, Deutschland, Österreich nach Italien sowie über die westslawischen Länder und Ungarn nach Rumänien. Beide Versionen haben ziemlich verzerrte, schwer zu unterscheidende Ausläufer nach dem Orient und nach Afrika sowie nach Jamaika in Westindien. Manchmal, besonders in Osteuropa und Afrika, erfolgt die Lösung dadurch, daß die Heldin ihr Geheimnis einem Gegenstand anvertraut und so ihren Gemahl zurückgewinnt1. Die Behauptung, daß Schweden es nicht zuließ, daß die Jungfrau Maria ihren Charakter beibehalte, sondern sie in eine böse Hexe verwandelte, ist daher nicht richtig. Die Jungfrau-Maria-Version kann im Gegenteil, wie wir sahen, gerade als den Ländern mit vorwiegend protestantischem Glauben zugehörig angesehen werden und die Version mit dem bösen verzauberten Wesen den südlicheren, katholischen. Die Ursache zu den verschiedenen Charakteren dieser Varianten liegt auch auf einer ganz anderen Ebene. In Wirklichkeit sind beide Versionen gleichermaßen mißverstanden. Das schwarze, böse weibliche Wesen stammt von den schwarzen M a r i e n b i l d e r n der katholischen Kirche her, mit Ahnen in den schwarzen DemeterStandbildern der Antike. Bei diesen schwarzen Marienbildern unterscheidet man eine östliche, hauptsächlich slawische, und eine westliche Gruppe. Zur letzteren gehören 1

Siehe Fußnote 1, S. 200. Der Kummervogel in Türkische u. a. mit 43 3 B vermischt.

Märchen

(M. d. W.) Nr. 7 ist

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das Gebiet um den Mittelrhein, Oberbayern, Süd- und Südwesteuropa. Nach allem zu urteilen ist das Märchen auch unter« den Katholiken im Gebiet des Mittelrheins oder in Oberbayern entstanden, wo sowohl das Märchen als auch schwarze Marienbilder reich vertreten sind. In Hessen, nicht allzuweit von Franken, wo 332 (1Gevatter Tod) entstanden ist, gibt es eine alles klarlegende Variante, die im Jahre 1807 den B R Ü D E R N G R I M M von Gretchen Wild erzählt wurde und die der Urform ziemlich nahestehen dürfte. Die Variante beginnt mit einem Jephta-Motiv, das mit einem Ziehmutter- oder Patinnenmotiv zusammengelegt wurde, und sie läßt dann die „Schwarze Jungfrau" durch und durch gut sein ,wenn auch von der Strenge der Gerechtigkeit durchdrungen. Sie schlägt sogar ihre Ziehtochter auf den Mund. Der Zug ist nicht rein zufällig, da er auch in einer schwedischen Variante auftritt. Aber nicht sie ist es, die der Ziehtochter die Kinder raubt, nicht sie ist es, die ihr Blut um den Mund schmiert, sondern die Intrigantin ist wie in den Vorbildern des Märchens aus dem Kreis Die verleumdete und verstoßene Gattin (hier am ehesten 707 und 712 sowie 451) eine Verwandte von ihr, in diesem Falle ihre Schwiegermutter. Als die Ziehtochter zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt wird, tritt die „Schwarze Jungfrau" als Retterin auf, gibt ihr das Sprechvermögen wieder und später die Kinder, die die Schwiegermutter in den See geworfen hatte. Der Betrug wird ans Licht gebracht und die Schwiegermutter bestraft. Die Logik des Märchens erscheint somit anfangs einwandfrei, doch haben die Erzähler den Zusammenhang bald mißverstanden und die Schwiegermutter und die Patin (d. h. die Schwarze Madonna) zu einer Person gemacht, und diese Gestalt wurde einmal als überwiegend gut, ein andermal als überwiegend böse dargestellt. Jedoch gibt es auch eine dritte Version mit einem männlichen übernatürlichen Wesen. Diese stammt ganz und gar aus einem schwedischen Schillingdruck, Graumantel, aus dem Jahre 1818 mit etwa 20 Auflagen bis 1884, am dichtesten belegt um 1840 und 1850. Wir stehen hier vor einer anonym herausgegebenen Neudichtung des Märchens auf der Basis der beiden vorhergehenden Versionen, mit Zusätzen teils aus einer nordischen, vermutlich schwedischen Variante des Amor- und PsycheMärchens (425 C), teils aus einem in Stockholm (1786) gedruckten französischen Kinderbuch der M M E . V I L L E N E U V E {La Belle et la Bête im „Magasin des enfants"). Der Verfasser dieser Schrift ist jedoch niemand geringerer als C. J . L. A L M Q U I S T . Die Gründe, die für diese Behauptung sprechen, sind — abgesehen von seinem eigenen Literaturverzeichnis — teils sprachlicher Art, teils, und nicht zuletzt, in der Tatsache begründet, daß diese Jugendarbeit sich in seiner späteren Dichtung widerspiegelt. In A L M Q U I S T S Drama Ramido Marinesco erkennen wir gleichartige Züge und Namen. Im Märchen heißt der Held, d. h. der Graumantel, Rosimandro, und im Drama ist Ramido der Name des Sohnes des Alter ego des Graumantels, des mystischen „Mantelumhüllten" und anonym auftretenden Anselmo. Und wie im Märchen Jucunda den Graumantel lieben und hassen mußte, so muß im Drama Bianca ihren Anselmo lieben und hassen. A L M Q U I S T S Interesse an Farbenspielen und pittoresken, mechanischen Spielereien macht sich auch in diesen beiden Schöpfungen bemerkbar. Das Märchen wurde dann der mündlichen Überlieferung Schwedens ganz

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einverleibt und hat, wie sich's gehört, verschiedene Formen angenommen. Im Vergleich zu den Versionen mit übernatürlichen weiblichen Wesen ist es in Schweden nunmehr vorherrschend geworden und hat Dänemark und Finnland erreicht. ALMQUIST teilt also mit PERRAULT die Ehre, ein wirkliches Volksmärchen gedichtet zu haben 1 . In der Ausgabe der Gustav-Adolf-Akademie finden wir zwei Versionen mit weiblichen übernatürlichen Wesen (IV, 10, 48), die trotz der Unvollständigkeit der einen fast wörtlich übereinstimmen. Sie sind dennoch verschiedener Herkunft. Man hat daher das Recht, eine gemeinsame Quelle in einem jetzt unbekannten Druckwerk zu vermuten. Nr. JII. Die Zwillingsschwestern Eine kinderlose Königin bekommt von einer weisen Alten zwei Blumen, eine schöne und eine häßliche. Sie soll die schöne aufessen, ißt aber beide auf. Darauf wird sie schwanger und bekommt eine schöne und eine häßliche Tochter. Die häßliche pflegt auf einem Bock zu reiten und eine rote Haube zu tragen. Ein fremder König will die schöne Tochter heiraten, darf es aber nur unter der Bedingung, daß der Sohn die häßliche zur Frau nimmt, die sich jedoch bei der Hochzeit in eine der schönsten Prinzessinnen verwandelt. Dieses Märchen gibt es in Spanien, Italien, Dänemark, auf Island, in Litauen und Norwegen, und aus Norwegen dürfte auch die in SSF I wiedergegebene, in Värmland aufgezeichnete schwedische Variante stammen. Nr. 712. Crescentia Eine junge Ehefrau wird von ihrem Schwager der Untreue beschuldigt. Man beraubt sie ihrer Kinder und streicht Blut um ihren Mund, weshalb sie verstoßen, eingegraben oder anderen Mißhandlungen ausgesetzt wird. Sie erhält die wunderbare Gabe, Krankheiten zu heilen, und genießt hohes Ansehen. Ihr Gatte und mehrere Personen, die ihr Unrecht getan haben, sind gezwungen, sie aufzusuchen, um Heilung zu finden, worauf sie den Platz an der Seite ihres Gatten wiedergewinnt. In diesem Märchen, das sich in vielem dem griechischen Roman Apollonias von Tyrus nähert — es hat u. a. den gleichen Schluß — können wir mit A . WALLENSKÖLD einen orientalischen und einen abendländischen Zweig unterscheiden. Der orientalische Z w e i g umfaßt ein Dutzend Varianten, u. a. in dem türkischen Tutinameh2, in Tausendundeiner Nacht und im Maase-Buch (aus Deutschland im 16. Jahrhundert) sowie schließlich in Darstellungen aus dem südlichen Griechenland und Südsibirien. In Tausendundeiner Nacht heißt die Heldin Repsima. Der a b e n d l ä n d i s c h e Z w e i g , für welchen es oft typisch ist, daß der Schwager auf einige Zeit gefesselt wird, hat 1

2

Verf. bereitet zur Unterstreichung des Obenstehenden einen besonderen Aufsatz über „ C . J . L . Almquist als Verfasser des Graumantels" vor. Tutinameh, E d . V.ROSEN I, 89fr. ( = 7. Abend: Merhüma, die als die ursprünglichste Variante betrachtet wird, und in der Jonas und Moses erwähnt werden).

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Varianten in den Gesta Romanorum, im Roman Florence de Rome (aus dem 13. Jahrhundert) mit dessen romanischen Ablegern, in den Mirakeln der heiligen Jungfrau Maria, worin die Jungfrau Maria verherrlicht wird, sowie schließlich in den Crescentia- und Hildegardislegenden. In den beiden ersten Darstellungen dieses Zweiges sind es v i e r Missetäter, die bei der Heldin Heilung suchen, in den drei letzteren h ö c h s t e n s zwei. In der Crescentia-Legende, etwa um 1150 (in der Kaiserchronik) treffen wir also zwei Missetäter, aber nur einen in der Legende von Hildegardis, d. h. der Gemahlin Karls des Großen, deren Legende in Deutschland im 15. Jahrhundert ausgearbeitet wurde. Crescentia wurde als Kaiserin von Rom und Tochter des Octavian angesehen. Ihre Legende ist in einer Unzahl von Volksbüchern wiedergegeben worden. Unter den Ablegern des westlichen Zweiges darf auch die GenovevaLegende erwähnt werden, die von T I E C K und H E B B E L dramatisiert wurde und das Opernlibretto für die Opern von R. SCHUMANN (1846) und A. B E R G ( 1 9 4 7 ) u. a. abgegeben hat. Der orientalische Zweig scheint der ursprünglichere zu sein und dürfte hypothetisch der frühbyzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) zugeschrieben werden können. Das Ursprungsgebiet des Märchens dürfte dort liegen, wo die beiden Wurzelstöcke zusammenstoßen, d. h. mit aller Wahrscheinlichkeit innerhalb des byzantinischen Kulturkreises. In Schweden ist der orientalische Zweig durch ein 1802 gedrucktes Volksbuch Die schöne Repsima aus Tausendundein Tag vertreten, während der abendländische Zweig durch das Märchen von Hildegardis und Talandus, als Volksbuch schon 1641 gedruckt, bekannt ist. In der mündlichen Überlieferung dürfte das Märchen fehlen. Im übrigen wird auf 707 verwiesen, das älter als dieses Märchen zu sein scheint und gemeinsame Motive mit ihm hat. Nr. 71 j. Der (Halb-) Hahn Ein Hahn, der nur halb (oder federlos), aber dennoch sein Geld wert ist, zieht aus, um das geliehene Geld seines armen Hausvaters oder seine wunderbare Mühle herbeizuschaffen. Er nimmt alle mit, denen er begegnet (Räuber, Fuchs, Löwe, Feuer, Wasser usw.), und alle haben in seinem Bauch Platz. Er wird in den Hühnerhof des Schuldners (Stall, Brunnen, Ofen u. dgl.) eingesperrt und läßt der Reihe nach denjenigen seiner Helfer heraus, der das größte Unheil anstellen kann. Er selbst kräht nur: „Gib mir die Mühle zurück, gib mir die Mühle zurück", und schließlich muß man ihm diese geben. Dieses Märchen ist in Europa in einem offenen Kreis rund um Deutschland, wo es offensichtlich keinen Anklang hat, verbreitet. Es ist also u. a. in Portugal, Spanien, Frankreich, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion belegt, fehlt jedoch in Dänemark, Norwegen, England und der Tschechoslowakei. Es hat Ausläufer nach Indien und Afrika sowie nach Süd- und Nordamerika. Dorthin ist es, wie BOGGS gezeigt hat, vermutlich durch spanische, portugiesische und französische Einwanderer gekommen, und es wird besonders in Brasilien, Chile und Argentinien erzählt sowie unter den Indianern Neu-Mexikos und der französisch sprechenden Bevölkerung Missouris.

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In Schweden hat es zahlreiche Belege, doch wird der Halbhahn dort wie auch anderswo durch einen gewöhnlichen Hahn ersetzt, was auch rein logisch gesehen, das Natürlichste ist für einen Hahn mit einem so großen Bauch, wie ihn das Märchen verlangt. Der Hahn darf sowohl bei D J U R K L O U wie in einer LIUNGMAN-Variante sogar auf eigene Rechnung um eine Königstochter freien. Die Idee ist an sich verdreht. Die Mühle, die den nördlichen Varianten angehört, ist von 565 {Die Mühle, die nicht aufhören konnte mahlen) und der Halbhahn vom Halbmenschen gekommen, der eine Art übernatürliches und unüberwindliches Wesen ist — ein Mensch, der nur aus einer rechten oder einer linken Hälfte besteht. Der Halbmensch ist im ganzen Orient, in Griechenland, Rumänien und Nordafrika vertreten, kommt aber sogar in einer sagenähnlichen Erzählung aus Dalsland vor ( H E N R I K S O N , S. 64). Das Märchen scheint übrigens eine Art Parodie auf 513 A B (Die wunderbaren Helfer) zu sein und erhält manchmal die Gestalt der Fabel. Vermutlich ist es von den Ländern um das Mittelmeerbecken ausgegangen, wo die Vorstellung vom Halbmenschen und vom Trinker in den Wunderbaren Helfern (513 AB) einen entscheidenden Einfluß auf seine Gestaltung gehabt zu haben scheint. Es wird erstmalig 1759 in Frankreich erwähnt 1 . Nr. J20. Meine Mutter hat mich getötet Eine Stiefmutter tötet und kocht ihr Kind und gibt es dem Vater des Kindes. Die Stiefschwester sammelt die Knochen und vergräbt sie unter einem Wacholderstrauch. Aus ihnen entsteht ein Vogel, der in seinem Gesang das Geschehnis erzählt. Schließlich läßt er der Schwester und dem Vater Geschenke zuteil werden, aber der Mutter einen Mühlstein auf den Kopf fallen. Hierauf verwandelt sich der Vogel wieder in einen kleinen Jungen, der von Vater und Schwester in die Arme geschlossen wird. Wir finden das Märchen in ganz Europa, mit einigen wenigen Ausläufern nach Nord- und Südafrika, u. a. nach Ägypten, sowie nach Australien und zu den Negern am Unterlauf des Mississippi, wo es jedoch mit dem nahestehenden, in Schweden nicht vertretenen Märchen Der singende Knochen (780) hybridisiert worden ist. Die Reime, die der Vogel singt, zeigen insbesondere in ganz Westeuropa große Übereinstimmung. Der Wacholder wurde gewählt, weil man ihm eine gewisse Zauberkraft zuschrieb. Daß die gesammelten Knochen eines Toten die Auferstehung ermöglichen, war ein vom nördlichsten Europa bis in den Orient allgemein verbreiteter Volksglaube. (Siehe 750 B und die Einführungen zu den Schwänken.) Der älteste Beleg des Märchens dürften die Anspielungen sein, die G O E T H E U. a. im Faust (im Jahre 1774) macht. Der Gedanke selbst begegnet uns jedoch schon in der Odyssee, wo es heißt, daß Itylos von seiner Mutter irrtümlich getötet wurde, die, in eine Nachtigall verwandelt, den Tod ihres Sohnes beklagt. SOPHOKLES (400 v. Chr.) hat eine an1

BOGGS verlegt in seiner sorgfältigen Untersuchung i n F F C I N den Ursprung des Märchens nach Spanien, zieht aber nur Varianten aus West- und Südwesteuropa und Amerika heran.

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dere Version. Er sagt, daß Itylos unter dem Namen Itys von seiner Mutter aus Rache für die Untreue des Gatten getötet und dann gebraten und diesem 2u essen gegeben wurde. Die Mutter wurde deshalb in eine Schwalbe verwandelt. Es ist zu bemerken, daß in beiden Fällen die Mutter und nicht der Sohn in einen Vogel verwandelt wird. In Schweden begegnen wir dem Märchen in einem Schillingdruck nach GRIMM mit etwa einem halben Dutzend Auflagen zwischen 1824 und 1851, der die mündliche Überlieferung völlig beherrscht. Nr. GS 724. Madame Trutta Ein Taugenichts von einem Burschen stiehlt einen Schrein. Als er ihn öffnet, kommt eine Hexe, Madame Trutta, daraus hervor, setzt sich auf seine Schulter und zwingt ihn, zuerst zu ihrer fürchterlichen Schwester und dann in die Stadt zu gehen und einen ordentlichen Posten zu suchen. Dort verläßt Madame Trutta den Burschen, und er erhält wirklich eine Stelle in einem großen Kaufhaus, aber die Hexe wohnt noch immer im Schrein, der unerbittlich unter seinem Bett stehenbleibt. Der Kaufmann ist mit dem Burschen sehr zufrieden, und der Bursche verliebt sich in dessen Tochter. Einmal aber verläßt der Kaufmann das Geschäft und verreist. Gleich will der Bursch die Kassentruhe öffnen, aber da sitzt auch schon Madame Trutta wieder auf seiner Schulter. Der Bursch erschrickt sehr und verspricht Besserung. Als der Kaufmann heimkommt, arbeitet der Bursch mit doppeltem Eifer, und zuletzt bekommt er die Tochter. Am Hochzeitstag verschwindet der Schrein und mit ihm Madame Trutta. Dieses Märchen war unter dem Titel Valentin och Madam Trutta 1824 in Schweden in einem Schillingdruck mit 7 Auflagen bis 1850 erschienen. Der Druck ist offensichtlich eine Übersetzung aus dem Deutschen. Die in S S F I wiedergegebene Erzählung hat jedoch eine andere Quelle. Nr. j2/. Der Traum Siehe 517 (Der Vogel und die Demütigung des Vaters). Nr. 726. Der älteste Vater im Haus Ein Reisender bittet um Nachtherberge. Er trifft einen sehr alten Mann, aber der verweist ihn an seinen Vater und dieser wieder an den seinen, bis in die siebente Generation hinauf. Obige Erzählung ist eigentlich eine Sage und pflegt auch mit einem weiteren Sagenmotiv zu schließen. Die Erzählung hat im Gegensatz zu vielfachen Andeutungen nichts mit den im Schwanenjungfraumärchen (400) und im Amor- und Psyche-Märchen (425 A) vorkommenden drei wegweisenden Instanzen zu tun. Hingegen scheint schon im 16. und 17. Jahrhundert in Frankreich, Deutschland und England eine Erzählung von drei Alten, Vater, Großvater und Urgroßvater, im Schwange ge-

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wesen zu sein, in der nach der Erzählung eines Reisenden der Jüngste von seinem Vater Schläge bezog. So berichten es auch die Brüder G R I M M in einer ihrer Sagen. Nach anderen Erzählungen waren die Greise beispiellos rüstig, und es sind ihnen sogar besondere kurze Reime gewidmet worden. Einmal hatte sich in England ein Besucher darüber gewundert, von einem alten Mann namens Henry Jenkins, der 1670 gestorben sein soll, zuerst an seinen Vater und dann an seinen Großvater, der draußen im Garten saß, gewiesen zu werden. Die letzte Erzählung ist sicher aus der vorhergehenden weiterentwickelt worden und ist deutlich erkennbar die Grundlage des Märchens. Eine Erneuerung ist die Version, die STINTAN aus Hälsingland erzählt. Ein Tourist oder ein Vornehmer sieht einen alten Mann Holz hacken. Er bewundert seine Kraft und versucht, in ein Gespräch zu kommen, doch geht es nur langsam. So fragt er, wie alt der Mann sei. Der Alte antwortet: „93 Jahre". Da sagt der Tourist: „Da ist es wohl schrecklich lange her, daß Ihr Vater lebte", und erhält zur Antwort: „Mein Vater! Er ist im Hof und lehrt seinen Vater radfahren!" Das Märchen ist hauptsächlich in Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen belegt.

Nr. J4 j. Das Glück geht seinen eigenen Weg Ein Schiffbrüchiger hat seinen ganzen Besitz verloren und hört das Glück sagen, daß es zu einer bestimmten Person (dem Schmied von Hamburg) gehen wolle. Der Schiffbrüchige wird gerettet und kommt nach längerer Zeit, von allem entblößt, zu der genannten Person und sieht dort einen alten Holzstock stehen, in dem er sein Schatzversteck erkennt. Der neue Eigentümer hat ihn auf der Auktion eines Wracks gekauft. Der Schiffbrüchige zeigt ihm den Schatz, weigert sich aber, etwas von diesem seinem verlorenen Eigentum anzunehmen. Der neue Besitzer läßt heimlich Geld in seine Wegzehrung backen. Unterwegs findet der ehemalige Schiffbrüchige, daß der Proviant zu schwer ist, und gibt ihn einem Vorübergehenden, der seinerseits ein ähnliches Brot vom Besitzer des Holzstocks bekommen hat und nun mit dem geschenkten seine Schuld an ihn zurückzahlt. Damit ist der ganze Schatz wieder in den Händen des Besitzers des Holzstocks. Dieses Märchen gehört in erster Linie zur literarischen Überlieferung und ist schon in der älteren arabisch-persischen Literatur (u. a. in Kaiila und Dimna) zu finden. Von dort ist es frühzeitig nach Europa übergesiedelt, wo es besonders in der mündlichen Überlieferung der baltischen Länder seinen Platz gefunden hat; es ist aber auch in Dänemark und Schweden vertreten. Nach der mexikanischen Überlieferung zu urteilen, ist es sicherlich auch in Spanien zu finden gewesen. Es ist jedoch festzustellen, daß sich der gleiche Gedanke in verschiedenen Formen vorfindet. Manchmal geht es im Märchen um einen Glückspfennig, der seinen Besitzer nicht verlassen will, selbst wenn er irrtümlich von einer Kuh verschluckt wird. Vorher wird die Kuh zufällig vom Besitzer des Glückspfennigs gekauft, und er wird wiedergefunden, als die Kuh geschlachtet wird (vgl. 841). 14 Liungman

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Nr. GS 746. Der schwimmende Stein Eine Stiefmutter beschließt, ihre Stieftochter in einen großen Stein ein2umauern und diesen in einem See zu versenken. Die Stiefschwester achtet darauf, daß der Stein gut eingerichtet wird und daß er schwimmen kann, und geht gemeinsam mit der Stiefschwester hinein. Der Stein wird von der Strömung weggeführt und kommt nach und nach zu einem Schloß. Die Mädchen gehen auf eine Wiese, um Essen zu beschaffen, und werden dort von einem Prinzen und seinem Begleiter getroffen, die sie dann-später heiraten. Dieses Märchen ist nur in drei Varianten bekannt, nämlich der, die der LIUNGMANSammlung angehört und 1925 in Smäland aufgezeichnet wurde, und den zwei in H Y L T E N - C A V A L L I U S ' und STEPHENS Märchensammlung in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhundert aufgezeichneten Varianten, die gleichfalls aus Smäland sind. Die drei Varianten sind vollkommen unabhängig voneinander und zeigen, daß das Märchen sein eigenes, friedliches Leben geführt hat. Da der eine der Aufzeichnenden, Probst C A R L FREDRIK C A V A L L I U S , den Stein in den königlichen Speisesaal tragen läßt und die Heldinnen dann herauskommen, um ihren Hunger zu stillen, und dabei ertappt werden, scheint die Version in gewissem Grad von einem Ableger von STRAPAROLAS eigenartigem, hybridisierten Typ des Aschenputtelmärchens (510 B) beeinflußt zu sein. Hierin wird die Heldin, eingeschlossen in einen Schrank, in das Zimmer des Prinzen gebracht, kommt dann heimlich aus dem Schrank, um das Zimmer aufzuräumen, und wird dabei ertappt (I, 4). Nr. JJOA.

Die (drei) Wünsche

Ein überirdisches Wesen gibt seinem Wirt als Dank für die Nachtherberge die Erfüllung dreier Wünsche oder das Versprechen, eine begonnene Beschäftigung bis zum Ende des Tages fortsetzen zu dürfen. Einem anderen, der das überirdische Wesen abgewiesen hat, gibt es das gleiche, aber als Strafe. Dem Wirt geht es gut, denn seine wohlüberlegten Wünsche werden erfüllt, oder die langwährende und einträgliche Beschäftigung (wie Leinen messen) bringt ihm einen gewissen Reichtum ein. Der andere verschleudert seine Wünsche auf nutzlose Dinge, die manchmal ihn oder seine Frau so entstellen, daß sie den letzten Wunsch darauf verwenden müssen, den alten Zustand wieder herzustellen, oder das Versprechen der fortgesetzten Beschäftigung verursacht nur Überschwemmung, Feuer oder dergl. Dieses ungewöhnlich volkstümliche Märchen hat alte Ahnen. Schon E U R I P I D E S (gest. 406 v. Chr.) bediente sich des Motives von den drei Wünschen, und ihm folgte u. a. CICERO (gest. 43 v. Chr.). O V I D (um Chr. Geb.) spricht von dem törichten Wunsch des Midas (vgl. 502), daß alles, was er berühre, in Gold verwandelt werden solle, so daß er schließlich den Gott bitten mußte, seine Gabe zurückzunehmen. In der gleichen Weise finden sich Nachtherberge und Belohnung in O V I D S unsterblichem Philemon und Baucis. Das Motiv taucht auch in der Fabelliteratur auf, und im Pantschatantra (um 200—300 n. Chr.) darf sich ein indischer Weber als Belohnung von einem Geist etwas wünschen, und auf Anraten seiner Frau wünscht er sich einen Kopf neben seinem eigenen und weitere zwei Arme, um mehr arbeiten zu können.

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Er kam aber gar nicht mehr dazu, um Zurücknahme der Gabe zu bitten, sondern wurde von seinen empörten Nachbarn erschlagen. Ungefähr die gleiche Geschichte gibt es u. a. in hebräischen, griechischen und tunesisch-bengalischen Versionen der Sieben weisen Meister mit einem ein wenig obszönen Anstrich und Rücknahme der ersten beiden Wünsche durch den dritten. Dieses im Orient bis ins Unendliche ab- und umgeschriebene M o t i v 1 wurde auch in Europa drastisch ausgenutzt. Wir begegnen ihm u. a. bei M A R I E DE FRANCE (12. Jahrhundert), bei H A N S SACHS (gest. 1576) und PERRAULT (gest. 1705), der mit dem bekannten Motiv von der an die Nase gewünschten Wurst hervortritt. Das Märchen gibt es mit wechselnden Motiven sowohl bei allen europäischen Völkern wie bei den Afrikanern, Arabern, Indern, Indonesiern, Koreanern und Chinesen. Bei den Letztgenannten wird es seit alters her über Buddha erzählt. Bei H A N S SACHS handelt es sich bei der Beschäftigung um Buttern, in der chinesischen Version um Abmessen von Leinen. Die chinesische Version wurde, übersetzt, erst 1801 in Europa gedruckt, verbreitete sich dann sehr schnell über unseren Erdteil und kam auch nach Schweden. In Frankreich und Skandinavien sind die Wünsche mitunter mit den vier Beinen eines Kalbes verbunden (SSFI). Die Wurzeln des Märchens dürften sich mindestens in die archaisch-klassisch-griechische Zeit (700 bis 300 v. Chr.) erstrecken. Eigentümlich ist, daß es in Nord- und Südamerika verhältnismäßig wenig populär ist.

Nr. 7J0B. Das wiedererweckte Schlachttier Das Märchen gibt es in Schweden nicht. Es findet sich jedoch in der älteren wie in der jüngeren Edda in der Erzählung von Thors Böcken und dem Besuch bei Egil vor. Das älteste bekannte Vorbild ist Medeas Widder, der zerstückelt, gekocht und wiedererweckt wurde. Die Vorstellung dürfte bei den Jägervölkern allgemein gewesen sein. (Siehe Nr. 720 und S. 252.)

Nr. yjiA.

Die gierige Bauersfrau, die verwandelt wurde

Christus und Petrus kehren bei einer Bäuerin ein, die Christus während des Backens ein bestimmtes Brot verspricht. Aber als das Brot größer wird als alle anderen, tauscht sie es aus. Da wird sie in einen Specht verwandelt. Diese Legende ist in Belgien, im ganzen Norden mit den baltischen Ländern, im nordöstlichen Deutschland sowie bei den Ungarn und den ost-, west- und südslawischen Völkern belegt. Bei den Slawen ist sie mit einer Erklärungssage verbunden, die berichtet, wie nicht der Specht, sondern die Biene entstanden ist. Das Bauernweib wird nämlich zur Strafe für seinen Geiz während des Backens in eine Biene verwandelt und muß in alle Ewigkeit Waben herstellen. Der letztgenannte Z u g erscheint logisch und ursprünglich. Aus der Biene ist, vom Süden her gesehen, zuerst ein Kuckuck, dann in Belgien eine Eule oder ein Buntspecht (oder Schwarz1

Siehe u. a. auch Ch. Tr. 72, 470.

14*

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Specht) geworden. Das Motiv tritt, wenn auch etwas umgewandelt, sogar in China auf. Nr. 7 j2 B. Der vergessene Wind Gott erlaubt einem Bauern, das Wetter zu bestimmen, aber der Bauer vergißt den Wind. Das Märchen ist in nur wenigen Varianten in Schweden, Dänemark, in den baltischen Ländern und Deutschland bekannt. Nr. yjj. Der Heilige und der Schmied Ein Heiliger schlägt die vier Beine des Pferdes ab, um sie besser beschlagen zu können, setzt sie dann wieder ein und läßt alte Weiber eine Verjüngungskur in einem Feuerofen durchmachen. Ein Schmied versucht dasselbe zu tun, es mißglückt ihm aber. Die Verjüngungskur kennen wir schon aus der Antike, u. a. aus dem Mythos von Medea (vgl. 513 A B , Die wunderbaren Helfer). Derjenige, dem zuerst das Beschlag-Wunder zugeschrieben wurde, scheint jedoch der hl. Eligius (gest. 659) in Nordfrankreich gewesen zu sein, der als ehemaliger Goldschmied der Schutzpatron der Schmiede war (vgl. 530, Der Glasberg). Schon aus dem 15. Jahrhundert gibt es Bilder, die auf das Märchen anspielen, sowohl mit dem Beschlag-Wunder wie auch mit der Verjüngungskur und dem hl. Eligius als Hauptperson. Sein Name kehrt, wenn auch verstümmelt, seit der genannten Zeit in mehreren Varianten wieder. A n seiner Stelle werden jedoch auch der hl. Petrus, der hl. Martin, Christus und viele andere genannt. Das Märchen ist, wenngleich spärlich, in ganz Europa verbreitet. Der Verbreitung nach zu urteilen, scheint es seinen Ursprung in dessen nordwestlichem Teil zu haben. Nr. 7J4***. Der ewige Jude Als Christus seinen Leidensweg nach Golgatha ging, wollte er vor dem Haus des Schuhmachers Ahasver stehenbleiben, um auszuruhen, wurde aber von diesem vertrieben. Deshalb findet Ahasver niemals Ruhe und wandert ewig umher, ohne sterben zu können. Die älteste bekannte Aufzeichnung ist aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und s t a m m t v o n ROGER VON W E N D O W E R u n d M A T T H Ä U S PARISIENSIS. S i e g i b t

eine

armenische Bischofserzählung von 1228 wieder, die im 13. Jahrhundert nicht nur Westeuropa, sondern auch Italien erreichte. Das Urteil über den Ewigen Juden soll von Christus selbst gefällt worden sein, und seine Ruhelosigkeit soll bis zur Wiederkehr Christi (vgl. Matth. 16,28) dauern. Er verjünge sich, heißt es, jedes hundertste Jahr. Der Name Ahasver dürfte jedoch vor dem Jahre 1602, als ein anonymer deutscher Druck der Legende ihre nunmehr allgemeine Form gab, nicht vorgekommen sein. In Italien wird der Jude heute noch oft mit dem alten Namen Johannes Buttadio (schlage Gott) bezeichnet, denn es heißt von ihm, er habe Christus

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geschlagen. D e r armenische Bischof nannte ihn auch den Türhüter des Pilatus und gab ihm den Namen Kartaphilos oder „der Vielgeliebte". SCHUCK, der das Thema behandelt hat, läßt mit Berufung u. a. auf Joh. 21, 20—24 diesen Kartaphilos mit dem Apostel Johannes, dem Jünger, den Jesus liebte und der nach dem, was unter den Brüdern geredet wurde, „nicht sterben sollte", verschmelzen. Im 4. Jahrhundert hatte man auch die Vorstellung, daß Johannes nicht gestorben sei, sondern schlafend in seinem Grabe liege, in das er gleich den Siebenschläfern (763*) lebend gegangen sei, um die Wiederkehr Christi zu erwarten. Die hebräische und moslemitische Uberlieferung kennt übrigens mehrere ewig lebende Wanderer, wie Elias und Khizr. Es ist offensichtlich diese Überlieferung, die im Abendland in den E w i g e n Juden umgesetzt wurde, mit Parallelen u. a. im Wilden Jäger und im Fliegenden Holländer. Zur Sage gehört oft, daß sich der E w i g e Jude an mehreren Stellen, wie in Forli in Italien 1267, in Hamburg 1547, in Madrid 1575, in Wien 1599 usw. und schließlich in Värnamo 1759, gezeigt habe. Er war mit einem langen Rock aus geflochtenem Roßhaar, Hosen und Weste aus Kamelhaut und einer K o p f b e d e c k u n g aus Tigerfell bekleidet, war groß, trug eine Schuhkiste auf dem Rücken und hatte einen langen Bart. Das Thema v o m ewig wandernden Juden wurde in der Literatur vielfach behandelt, u. a. v o n G O E T H E und CARMEN S Y L V A . Der älteste schwedische Schillingdruck stammt v o m Jahre 1643 und hatte bis 1833 etwa 50 Auflagen.

Nr. 7//. Das Mädchen, das keine Kinder haben wollte Die junge Gattin, meist eines Pfarrers, vermeidet es, Kinder in die Welt zu setzen. Sie wirft daher keinen Schatten und wird von ihrem Gatten verstoßen, bis „Rosen aus den Steinen sprießen". Durch einen Traum oder ein Wunder bekommt sie die Kinder zu sehen, die sie hätte gebären sollen, und zwar in dem Alter, das sie inzwischen erreicht hätten, wenn sie zur Welt gekommen wären. Verzweifelt sucht sie als Bettlerin ihr früheres Heim auf. Dort stirbt sie, aber da sind dem steinernen Tisch, auf dem sie liegt, Rosen entsprossen. Dieses Märchen ist auf germanischem, lettischem, romanischem und tschechischem Sprachgebiet verbreitet, mit Ausläufern zu den Ukrainern Galiziens und zu den südslawischen Völkern. Es wurde besonders durch die Bearbeitung L E N A U S in Anna unter Benutzung eines nordischen Stoffes bekannt. Eine Anzahl Varianten (wie die in SSF I) haben einen guten Ausgang. Nr. 7J6A.

Der grünende Stab

Ein heiliger Mann sieht, wie ein Verbrecher zum Galgen geführt wird, und zeigt kein Mitleid. Er muß dann das Leben eines wandernden Bettlers führen, bis sein Stab grünt. Indem er seine eigene Versündigung erzählt, bekehrt er einige Räuber. A m folgenden Morgen findet man ihn tot mit dem grünenden Stab unter seinem Haupt. Diese Legende wird in Spanien, Frankreich, Belgien, Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern, in Ungarn, Rumänien sowie bei

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den ost- und südslawischen Völkern erzählt. In Schweden ist sie mißverstanden und stark verstümmelt. Nr. 7J6B.

Den Vertrag mit dem Teufel zurückholen

Ein Bursche, der dem Teufel versprochen worden ist, will seinen Vertrag zurückholen. Ein Eremit zeigt ihm den Weg zuerst zu seinem sündigen Bruder und sodann mit dessen Hilfe zur Hölle. Dort erhält der Bursche den Kontrakt zurück, sieht aber den Platz, der für den Bruder des heiligen Mannes vorbereitet ist. Dieser bekehrt sich und kommt in den Himmel. Vom Heiligen heißt es teils nur, daß er sich wundert, teils, daß er das Urteil ungerecht findet und dann selbst Buße tun muß. Diese Legende, die es fast in ganz Europa gibt — vereinzelt im Norden, häufiger im Osten — dürfte nach A N D R E J E W , der sie untersucht hat, im Mittelalter in Nordfrankreich entstanden sein. Schon bei J A C Q U E S D E V I T R Y (gest. 1240) begegnen wir einer ähnlichen Erzählung. In der mündlichen Überlieferung Schwedens gibt es nur das Wiedererhalten des Kontraktes als ein Moment in einer der Varianten E V A W I G S T R Ö M S (siehe SSF II) von 433 B (König Lindwurm). In einem schwedischen Volksbuch, Riddar Rödhandske, von 1827, wird die Legende nach W A L T E R SCOTTS Roman Redgauntlet wiedergegeben, unterscheidet sich jedoch in so wesentlichen Teilen vom Märchen, daß die Identität in Frage gestellt werden kann. Eigentlich ist nur das Abholen des Kontraktes beiden gemeinsam. Auf ost- und südosteuropäischem Gebiet wird der Held des Märchens Madej ( = Matthäus) genannt. Nr. 7J9- Gottes Ratschluß Ein heiliger Mann erfährt durch einen Engel vieles, was im ersten Augenblick als ungerecht angesehen werden muß, sich aber für den, der den Zusammenhang kennt, als vollkommen richtig herausstellt. Diese Legende, die wir bereits bei J A C Q U E S D E V I T R Y (gest. 1240) finden, ist jetzt über große Teile Europas und des Nahen Ostens verbreitet, wo sie über Elias, Moses, Josua und El Khudr (Khizr) erzählt wird. In Schweden scheint sie sich nur in einem aus dem Französischen übersetzten Volksbuch von 1800, mit wenigen Auflagen, zu finden. Nr. j6o (*). Der Mörder verwest nicht Ein Mann, der seine Frau getötet hat, verwest nicht in seinem Grabe, sondern spukt jede Nacht. Ein Vorübergehender geht auf sein ausdrückliches Verlangen zu dem gemeinsamen Grab von Mann und Frau und bittet die Frau um Vergebung. Als sie dem Toten verzeiht, wird er zu Staub. So lautet ein Auszug aus der ältesten bekannten schwedischen Aufzeichnung, und das Geschehnis wurde nach der Kirche von Spekered, Bohuslän, verlegt. Die Aufzeichnung stammt aus J O H A N Ö D M A N S Corographia Bohusiensis aus dem Jahre 1746. Ursprünglich scheint es die Jungfrau Maria gewesen zu sein, die die Bitte

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um Vergebung entgegennahm, entweder für eigene Rechnung oder als Vertreter desjenigen, gegen den das Verbrechen gerichtet war. Welches Verbrechen es gewesen ist, wird in den meisten Varianten nicht erzählt; in einigen ist es wie oben Gattenmord, in anderen Lästerung oder gebrochenes Eheversprechen. O f t wird der T o t e von dem, der für ihn um Vergebung bittet, auf dem Rücken getragen. Die Sage ist in Norddeutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen, auf Island, in Finnland und Estland aufgezeichnet worden. Sie scheint auf der alten mittelalterlichen, auch im Volkslied ( D g F Nr. 93) bezeugten Auffassung zu fußen, daß ein Lebender für einen Toten Erlösung erwirken kann. In einer isländischen Variante wird ein Bischof genannt, der um das Jahr 15 00 lebte. Man hat den Ursprung des Märchens nach Bohuslän verlegen wollen. Das seither neu hinzugekommene Material aus Nordostdeutschland muß jedoch weiterhin untersucht werden, ehe der Ursprung des Märchens endgültig bestimmt wird. Ähnliche, doch nicht identische Sagen gibt es auch im übrigen Europa, besonders bei den Neugriechen. (In deutscher Form in G A 4, S. 202.) Nr. 763*. Die Siebenschläfer Man erzählt, daß sich sieben Heilige mit wechselnden Namen, wie z. B. Maximianus, Malchus, Markus, Martinianus, Dionysius, Johannes, Serapion und K o n stantinus, während der Verfolgungen unter Decius (im Jahre 251) in einer Grotte im Gebiet v o n Ephesus oder einer anderen Stadt des Orients versteckten und dort, wie es oft heißt, zusammen mit einem Hund eingemauert wurden. Sie fielen aber nur in Schlaf und erwachten (im Jahre 446) während der Regierung Theodosius II., wichtige Dokumente darbietend. Diese Legende scheint um das Jahr 500 in Syrien, Griechenland und R o m erzählt worden zu sein und findet sich um 5 70 auch bei GREGORIUS VON TOURS. Sie taucht dann oft in der römisch-orientalischen christlichen Literatur auf, um hierauf schon im 8. Jahrhundert durch eine Version des langobardischen Geschichtsschreibers PAULUS DIACONUS (geb. um 720) in Deutschland lokalisiert zu werden. A u c h MOHAMMED nahm die Legende auf. Sie findet sich im Koran, und hieraus entwickelte sich sozusagen ein ganzer Roman mit unzähligen Variationen, in denen auch der Hund nicht vergessen wurde. Das Märchen dürfte in Kleinasien entstanden sein. Dort schlummerte Endymion in einer karischen Grotte, o b w o h l auch die Griechen Anspruch auf die Stelle seines ewigen Schlafes erhoben. V o n Epimenides wird nach dem, was griechische Quellen mehrere Jahrhunderte v o r Christi mitteilen, gesagt, daß er 57 Jahre schlief, und von ihm wurde auch behauptet, daß er ungewöhnlich alt wurde. Ähnliche Legenden werden auch aus Palästina 1 erzählt. Möglicherweise hat der Fund einer gut erhaltenen Leiche in einer Grotte zur Entstehung der Siebenschläferlegende beigetragen. Für die Entstehung kann man 1

Siehe beispielsw. Talmud, Jer. Taanith III, 9, 66. Vgl. auch 410 (Dornröschen), 709 (Schneewittchen) und 754*** (Der ewige Jude).

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die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts ansetzen und den Ursprung auf kleinasiatisches (byzantinisches) Gebiet verlegen, selbst wenn die Legende ihre ursprünglichste Form in lateinischer Sprache hat. Sie wurde in ihrer christlichen Gestalt sowohl innerhalb der griechisch-katholischen und der römisch-katholischen Kirche erzählt wie auch in der armenischen und koptischen. Z u ihrer Volkstümlichkeit hat in nicht geringem Maße der Z u g beigetragen, daß sie oft an den 27. Juli geknüpft ist. Dieser Tag folgt den Hundstagen, was in gewissem Grad die mit ihm verbundenen Wettervorhersagen erklärt. Das Vorhandensein des mystischen Hundes in der Legende wird teils als auf diesem Datum beruhend, teils mit einem Mißverständnis in der Textauslegung erklärt. Der älteste der schwedischen Schillingdrucke, die die Legende aufnahmen, stammt aus dem Jahre 1626 und hat nicht weniger als 50 Auflagen zwischen den Jahren 1735 und 1895 erreicht. Er steht einer deutschen Handschrift von 1458 in Tübingen ziemlich nahe. Die Legende wurde übrigens auch verweltlicht und wird beispielsweise in Deutschland von Hirten, in Schweden von Knechten (wie in SSF II) erzählt. Eine solche Verweltlichung, wenn auch von einem anderen Typ, ist die Erzählung von Ällebergs Reitern mit ihren vielen, besonders deutschen Varianten. Nr. j68. Christopherus und das Jesuskind Als der hl. Christophorus einmal ein Kind über einen Fluß trug, wurde das Kind mit jedem Schritt schwerer und zog ihn ins Wasser hinab. Es zeigte sich, daß es das Jesuskind war. Diese Legende ist nur eine Namenserklärungssage, aber es wird auch behauptet, sie ziele auf Christophorus' wunderbare Taufe ab. Christophorus bedeutet „der Christusträger", und er ist auf vielen Bildern mit dem Jesuskind auf den Armen zu sehen. Die Legende dürfte in sämtlichen christlichen Ländern verbreitet sein. Sie wird schon von JACOBUS DE VORAGINE (etwa 1230—1298) in der Legenda aurea wiedergegeben. In Italien heißt es, daß ein grauer Fisch — der Zeusfisch oder der „Schmied" — seine beiden markanten schwarzen Flecken vom hl. Christophorus bekommen habe. Der Heilige soll aus Lykien in Kleinasien gestammt und Riesenkräfte besessen haben. Das Volksbuch von 1824 ist die Übersetzung einer deutschen Version der Darstellung des JACOBUS DE VORAGINE. Die Legende dürfte nunmehr kaum der mündlichen Überlieferung in Schweden angehören.

Nr. 78/. Das Her?i des Lammes oder Bruder Lustig Der hl. Petrus und sein Schützling (Bruder Lustig) schlachten ein Lamm. Der Schützling ißt in aller Heimlichkeit das Herz des Lammes auf, will dies aber nicht zugeben. Das Lamm hatte kein Herz, sagt er. Dann erhalten der hl. Petrus und er eine große Summe Geldes dafür, daß sie eine Prinzessin wieder zum Leben erweckt haben. Der hl. Petrus teilt das Geld in drei Teile, einen für seinen Schützling, einen für sich und einen für den, der das Herz gegessen hat. Der Schützling nimmt sogleich auch diesen Teil an sich. Das Märchen ist oft mit einem mißglückten Versuch des

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Helden ausgebaut, einen Toten wiederzuerwecken (vgl. 753, Der Heilige und der Schmied), und mitunter folgt auch das Ränzelmotiv von 330 A B (Der Schmied und der Teufel). Die Legende vom gestohlenen Leckerbissen gibt es bei BABRIOS (2. Jahrh. n. Chr.), bei AVIANUS (4. oder 5. Jahrh.) und im Pantschatantra (IV, 2) im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. sowie in einem jüdischen Midrasch. Dem Märchen näherzustehen scheint jedoch eine mohammedanische Erzählung oder vielleicht ein ursprünglich apokryphisches Evangelium, das einen der Jünger Jesu das Verzehren eines von drei ihm anvertrauten Broten verleugnen läßt, bis Jesus drei Haufen Gold aufschichtet und einen davon dem Schuldigen zuspricht. Selbst der darauf folgende Ausbau zeigt Ähnlichkeiten mit unserem Märchen. Die Legende vom gestohlenen Leckerbissen gibt es überdies in einer griechischen Version aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Man darf wohl behaupten, daß sie zumindest der frühbyzantinischen Zeit (300 bis 1000 n. Chr.) angehört, während Gegenstücke zum mißglückten Wiedererweckungsversuch sich bereits auf altgriechischem Grund finden. A u f das Märchen spielt auch ein lateinisches Gedicht über den verstorbenen Erzbischof von Mainz vom J a h r e 926 a n , u n d s p ä t e r e r z ä h l t e n es u . a. H A N S SACHS ( i m J a h r e 1 5 5 0 ) u n d M O N T A N U S

(im Jahre 1557). Gegenwärtig ist es im Orient bis Java, in Amerika (vermutlich literarisch), in Brasilien und in Europa in fast allen Ländern bekannt. Der schwedische Schillingdruck von 1824 mit etwa 45 Auflagen bis 1909 geht auf GRIMM zurück und dürfte nicht ohne Einfluß auf die mündliche Tradition gewesen sein. Schwedischer wirkt das Märchen im Schillingdruck Var herre och västgöten mit einigen wenigen Auflagen zwischen 1827 und 1836. Nr. 800. Der Schneider auf Gottes Fußschemel Ein Schneider sitzt auf Gottes Fußschemel und kann von dort aus alles sehen, was auf Erden geschieht. Er wirft den Schemel nach einer alten Frau, die unten auf der Erde eine Kleinigkeit stiehlt. Da sagt der hl. Petrus, daß es im Himmel keine Schemel mehr gäbe, wenn Gottvater es auch so machen würde. Diese auch LUTHER bekannte Erzählung gibt es in BEBELS lateinischer Fabula aus dem Jahre 1408, aber LUTHER scheint möglicherweise auf eine ältere Darstellung abzuzielen, in der der hl. Petrus selbst die handelnde Person ist. Die Erzählung ist jetzt in Deutschland, Flandern und Estland bekannt und, wenn auch vereinzelter, in Frankreich, Ungarn, der Ukraine und Sibirien. In Schweden wird sie oft als Anekdote erzählt, ohne daß man sagen könnte, daß sie der Volksüberlieferung im eigentlichen Sinne angehört. Ein ähnliches Thema mit Abraham als Hauptperson ist aus dem 13. oder 14. Jahrhundert von den Slawen im Süden und Osten bekannt. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, daß Odin einen Hochsitz oder einen Turm, Lidskjalv, hatte, von wo er wie der Schneider im Märchen alles sah, was auf der Erde geschah. Die gleiche Gabe erhielten bei verschiedenen Gelegenheiten nach der älteren wie der jüngeren Edda Frigga und Freyja, wenn sie im Lidskjalv Odins Platz einnahmen. Nach dem, was der Langobarde PAULUS DIACONUS

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(in Norditalien um 720 geb.) erzählt, sah Odin auf ähnliche Weise durch ein Fenster auf die Erde hinunter. Nr. 801. Meister Pfriem Es herrscht der gleiche Gedankengang wie im vorhergehenden Märchen mit Motiven aus 1180, 1242 und 1248, auf die wir verweisen. Die Zusammenstellung gehört jedoch der schwedischen mündlichen Überlieferung nicht an. Nr. 804. Das alte Weib (die Mutter des hl. Petrus) fällt in die Hölle ^urück Die Mutter des hl. Petrus ist in der Hölle, und er erhält die Erlaubnis, sie herauszuziehen. Als aber ein anderes altes Weib sich an ihr festhält, versetzt die Mutter des hl. Petrus diesem einen Fußtritt, so daß sie selbst zurückfällt oder v o m hl. Petrus losgelassen wird. Diese Anekdote ist in ganz Europa verbreitet, und von Spanien und Portugal aus hat sie auch Brasilien erreicht. Den ältesten Beleg haben wir in Deutschland aus dem 16. Jahrhundert. Hierin wird jedoch das alte Weib durch einen Holzhauer ersetzt. In Schweden ist die Anekdote selten, doch wird sie von SELMA LAGERLÖF in den Christuslegenden gebracht. Im Osten ist sie reich belegt und wird selbst im mongolischen Volke erzählt. Sie hat mittelalterliche Wurzeln und wird auf unzählige Arten und von verschiedenen Personen wiedergegeben. Eigentümlicherweise ist der Volkshumor im allgemeinen gegen die weiblichen Verwandten des hl. Petrus nicht gnädig gewesen. Seine Frau Petrona wird oft wie eine typische Portiersfrau geschildert.

Nr. 810. Der Teufel und der magische Kreis Ein Mann, der dem Teufel versprochen ist (vgl. 400, 425 u. a. m.), wird von einem Pfarrer ermahnt, eine Nacht in der Kirche vor dem Altar in einem Kreis zu verbringen, den der Pfarrer um ihn gezogen hat und den er nicht verlassen darf. Der Teufel macht viele listige Versuche, ihn aus dem Kreis herauszulocken oder selbst in den Kreis hineinzukommen, was ihm aber nicht gelingt. Diese Erzählung ist eher als Motiv denn als selbständiges Märchen zu betrachten. Sie ist über ganz Europa verbreitet, besonders in den östlichen Teilen, ist aber in Schweden nicht weniger gut vertreten. Das Motiv scheint seinen Ursprung im Orient zu haben. Wir begegnen ihm in Tausendundeiner Nacht in der Geschichte des Prinzen Zejn Alasnam und der Geisterkönig1-. A u f der Insel des Geisterkönigs nahm Zeyn Alasnams Beschützer Mobarek vier lange Streifen von gelbem Stoff heraus, die er sich und seinem Schützling um Rücken und Mitte band. Außerdem gab er jedem ein Tuch mit Edelsteinen, Moschus und Ambra. Mobarek hieß dann Zeyn Alasnam, 1

Vgl. BÄCKSTRÖM Kalendermönchs,

I I I , 24, W E I L I,

26 und 67.

WEIL III,

26, siehe auch die Erzählung des zweiten

Zaubermärchen

219

sich auf das Tuch zu stellen und es unter keiner Bedingung zu verlassen, andernfalls er rettungslos verloren wäre. Dann beschwor er den Geisterkönig herbei, der ebenso gefährlich wie freigebig sein konnte, genau wie unser Teufel. Der schützende magische Kreis ist jedoch noch älter. Wir kennen ihn schon aus der sumerischen Zeit. Er kommt auf der 12. Tafel des Gilgameschepos (3. Jahrtausend v. Chr.) vor. Nr. 812. Die Rätsel des Teufels (der Meerfrau) Ein Mann hat sich dem Teufel versprochen und kann nur freikommen, wenn er eine Anzahl Rätsel löst, die ihm der Teufel aufgibt, wie z. B., wer des Teufels Pferd sei, was sein Goldbecher oder sein niederländischer Stoff sei usw. Durch das Belauschen eines Gesprächs, das der Teufel oder seine dienstbaren Geister führen, erfährt der Mann die Antwort. In einer anderen Version wird die richtige Antwort von einer dritten Person (Knecht, Soldat usw.) gegeben, von der der Teufel glaubt, sie wäre sein bedingt versprochenes Opfer in eigener Person. In der Legenda aurea von JACOBUS DE V O R A GINE (um 1230—1298) ist es der hl. Andreas, der an Stelle eines Bischofs die Fragen des Teufels beantwortet (Kap. 2). Wir finden dieses Märchen im Norden, in Deutschland, den Alpenländern, Ungarn und Spanien, von wo es nach Brasilien gekommen sein dürfte, wie auch in geringerem Umfang in den süd- und westslawischen Ländern. Am besten durchgebildet scheint es in Dänemark und Nordwestdeutschland zu sein. Oft haben sich in die verschiedenen Varianten nicht dazugehörige Fragen eingeschlichen. Wegen dieser verweisen wir besonders auf 875 (Disamärchen), 921 (Antwort in Rätseln) und 922 (Knifflige Fragen mit Stellvertreter). Dem Märchen werden auch eine Anzahl Ziffernfragen wie „Was ist eins? Was ist zwei? Was ist drei?" usw. hinzugefügt. Die Antworten sind beispielsweise: Gott, Altes und Neues Testament, die Dreifaltigkeit und dgl. Diese Art Fragen gehören u. a. den jüdischen Ostertexten an, die wir im 16. Jahrhundert in ein lateinisches Gedicht umgewandelt finden. Das Gedicht wurde dann die Grundlage für das selbständige volkstümliche sog. Zwölfzahlenlied, das sein eigentliches Verbreitungsgebiet im nordwestlichen Europa und im Norden hat, aber auch in den Mittelmeerländern anzutreffen ist. Vermutlich stammen die Ziffernrätsel des Märchens davon ab. In England hat das Lied kürzlich das Thema für einen Kriminalroman von STAGGE abgegeben. Im übrigen verweisen wir auf GS 2036 (Was ist eins, was ist nyvei?). Nr. 81/. Der Teufel wird das Geld los Ein Schuhmacher soll sich eine Nacht in der Kirche aufhalten. Der Pfarrer weist ihn an, einen Kreis um sich zu ziehen oder sich innerhalb des Altarkreises hinzusetzen. Der Schuhmacher sitzt ungerührt dort und sieht dem Gespenstertreiben zu, und als der Teufel die Haut eines toten Reichen nimmt und Geld hinlegt, um den Schuhmacher herbeizulocken, da nimmt dieser Haut wie Geld dem Teufel weg und holt beides in den Kreis herein. Manchmal nagelt er sogar den Teufel am Kirchenboden an, und manchmal muß der Teufel die Haut mit Geld einlösen.

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Diese Erzählung steht 810 (Der Teufel und der magische Kreis) sehr nahe. Sie wird u. a. in Ungarn, Estland, Finnland und Schweden erzählt. In Finnland sind die Varianten ziemlich reich ausgebildet. Nach deutschem (pfälzischem) Aberglauben nimmt der Teufel die Haut v o n Toten, die während ihres Lebens anderen die Haut abzogen 1 , und die ungarischen Zigeuner sagen, daß, wer die Haut eines Menschen nicht hat, ihn auch nicht in seiner Macht hat (vgl. 1353). Nr. GS 819. Der fremde Erntehelfer Ein armer Bauer oder eine Witwe sind gezwungen, an einem bestimmten T a g mit der Mahd fertig zu sein. Ein fremder Mann bietet seine Hilfe an. Er findet sich zwar erst in letzter Stunde ein, hält jedoch sein Versprechen. Dieses Märchen ist bis jetzt nur in Schweden und auf Island niedergeschrieben worden (vgl. 650 und 1090). Nr. 821A.

Der Teufel holt den Kläger (Henker)

Ein Mann, den der Teufel vergeblich in seine Gewalt zu bekommen versucht, indem er ihm seine Hilfe als A d v o k a t anbietet, ist fälschlich angeklagt. Der Kläger schwört beim Teufel selbst, daß der Mann schuldig sei. Der Teufel findet sich im Gerichtssaal ein und holt den Kläger. Diese Anekdote wird in den Niederlanden, in Norwegen, auf Island, in Schweden, (Norddeutschland — d. Hrg.), Finnland und Estland erzählt. Nr. 821B.

Gekochte Eier geben keine Kücken

Ein Mann ist aus einem Wirtshaus fortgegangen, ohne die Rechnung zu bezahlen. Viele Jahre später kommt der Wirt mit einer ungeheuren Rechnung und fordert Ersatz für alle die Hühner und Kücken, die aus den paar Eiern, die dem Gast aufgetischt wurden, hätten ausgebrütet werden können. Der Teufel, der der A d v o k a t des Angeklagten ist, kommt zu spät und gibt als Begründung an, er habe Erbsen kochen müssen, u m säen zu können. Der Richter antwortet, daß aus der gekochten Saat keine Erbsen kommen würden. „ U n d " , sagte der Advokat, „auch keine K ü c k e n aus gekochten Eiern". Diese Anekdote wird im Iran, in der Türkei, im südlichen Sibirien, in den slawischen und baltischen Ländern, in Deutschland — u. a. v o n HANS SACHS im Jahr 1563 — , in den Niederlanden, in Dänemark, Schweden und Finnland und schließlich in Frankreich und Portugal erzählt. V o n dort scheint sie über die Kapverdischen Inseln zu den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts gekommen zu sein, aber sie wird auch unter den Negern Westindiens erzählt. In Asien ist der Ausdruck „gekochte Erbsen säen" gleichbedeutend mit hoffnungsloser Dummheit. Im Buch der hundert Erzählungen im Tripitaka, 492 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt, 1

Gemeint ist „das Fell über die Ohren ziehen", d. h. betrügen (Anm. d. Hrg.).

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sät der Dumme gekochte Sesamkörner, weil die gekochten besser schmeckten als die ungekochten 1 . Eine ähnliche Erzählung gibt es im Kathäsaritsägara (L I X , 7). Eine andere, altertümliche Variante, die aber den abendländischen Versionen nähersteht, gibt es in einer jüdischen Legende, in der die Weisheit Salomos dem Urteil Davids gegenübergestellt wird. Diese dürfte auf etwa die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. zurückgehen. Das Märchen kann somit als zumindest der frühbyzantinischen Zeit (300—1000 n. Chr.) angehörig bezeichnet werden. Das Motiv kommt überdies in gewissen Varianten von 875 (Disamärchen) vor. Nr. 822. Der faule Bursche und dasfleißigeMädchen Christus und der hl. Petrus treffen auf einen faulen Burschen und ein fleißiges Mädchen. Christus sagt, daß sie ein Paar werden sollen, denn ein Mensch müsse den anderen durchs Leben ziehen. Diese Legende stammt aus einem apokryphischen Evangelium (Toldoth Jeschu) frühestens aus dem 13. Jahrhundert und wird jetzt noch im Nahen Osten erzählt. Sie wurde von H A N S S A C H S bearbeitet (im Jahre 1547). In der oben angeführten Form wurde sie später ebenfalls in Deutschland, in den baltischen Ländern, in Finnland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Rußland und Jugoslawien wiedergegeben. Eigentümlich ist jedoch, daß von Griechenland und Malta bis in die Bretagne und nach der Sowjetunion eine ähnliche Legende erzählt wird, aber in dieser wird der Faule, auf den Christus und der hl. Petrus stoßen, zur Strafe mit Läusen überhäuft, und damit schließt die Legende, ohne daß wie in den früheren Varianten eine Heirat vorausgesetzt wird. In einer halländischen Variante ( V F F Nr. 194) begegnen wir einer Kontamination, in der der Bursche sowohl mit Läusen überhäuft als auch mit dem Mädchen verheiratet wird. Nr. 822*. Der Gläubiger ist nicht anzutreffen Ein übernatürliches Wesen hat aus irgendeinem Grund einem armen Teufel Geld geliehen. Als der Arme nach langer Zeit kommt, um zu bezahlen, ist der Potentat verzogen oder verstorben, und der Mann darf sein Geld behalten. Diese Erzählung, die in Schweden und in den baltischen Ländern aufgezeichnet wurde (und in Norddeutschland sehr häufig anzutreffen ist — d. Hrg.), ist eigentlich ein Sagenmotiv und dürfte wahrscheinlich in Westfalen entstanden sein (siehe SS III, Nr. 708). Nr. 82/. Der Teufel und Noah Der Teufel hat von der bevorstehenden Sintflut erfahren und überredet Noahs Frau, ihrem Manne ein berauschendes Getränk aus bestimmten Samen zu bereiten, um ihn zu verleiten, sich und sein Vorhaben zu verraten. Der Teufel nötigt ihr auch das Versprechen ab, nicht an Bord der Arche zu gehen, ohne ihn selbst mitzunehmen, und es gelingt ihm schließlich, sich dort hineinzulisten. 1

Ch. Tr. 260.

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Dieses Märchen stammt aus der L e g e n d e n w e l t der Babylonier, Perser und Araber. Wir finden es u. a. bei Tabari (838—923). Bei den Persern ersetzt A h r i m a n den T e u f e l und Tahmurath N o a h . V o n Mesopotamien u n d Kleinasien

scheint das Märchen

teils gewisse west- und nordsibirische V ö l k e r , teils Rußland und Österreich (letzteres im

13. Jahrhundert

bei

ENIKEL)

sowie

Rumänien,

Ungarn,

Polen,

Finnland

und die baltischen Länder, teils Deutschland, Frankreich und die Britischen Inseln erreicht zu haben, auf denen wir es während der ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts in Bild und Schrift, u. a. in Queen

Marys

Psalter,

treffen. E s scheint dort

mit den Mysterienspielen zusammenzuhängen. I n Schweden finden wir das M o t i v , das ANDREAS LINDBLOM in mehreren Wandmalereien des 14. und 15. Jahrhunderts g e zeigt hat, in Kirchen s o w o h l in Smâland als auch in Östergötland u n d Uppland. D i e Bilder aus Smâland scheinen in gewisser A b h ä n g i g k e i t v o n den englischen

Bild-

darstellungen zu stehen. D i e übrigen schwedischen Kirchenmalereien sind vielleicht von

Osten her beeinflußt. D a ß das Märchen in Schweden einst erzählt w u r d e ,

beweist ein Ausspruch MANDELGRENS in Monuments Légende

suédoise repandue che-.J les paysans

Gubben

Noak

och hans Fru

Scandinaves,

w o er das Märchen

nennt. BELLMANS bekannte Epistel N r . 3 5 :

scheint auch darauf hinzudeuten. N o a h ist in der Bibel

nämlich nur ein Statist 1 .

Nr.

826*.

Der

Teufel schreibt die Lachenden

auf

I n T o l e d o sieht ein Unterdiakon während der Messe den T e u f e l in Gestalt eines Affenweibchens in einem Fenster sitzen, damit beschäftigt, alle unpassenden Reden, die in der K i r c h e geführt werden, auf einem Pergament zu verzeichnen. U m Platz zu b e k o m m e n , m u ß er das Pergament ausdehnen und zieht mit Zähnen und K l a u e n daran, verliert aber das G l e i c h g e w i c h t und fällt hinunter. D e r Unterdiakon lacht, wie es scheint, leichtfertig u n d ohne Ursache auf und wird der allgemeinen Verachtung ausgesetzt. D i e Jungfrau Maria aber hilft ihm, indem sie ihm das Pergament gibt. So ungefähr wurde die L e g e n d e in einer Übersetzung des Marienmärchens auf Island i m 13. oder 14. Jahrhundert erzählt, und tatsächlich gibt es sie auch in Frankreich bei JACQUES DE VITRY (gest. 1240). Später finden wir sie auch bei RABELAIS. Sie wurde einer A n z a h l verschiedener Heiliger zugeschrieben. In E n g l a n d w u r d e sie schon 1303 aufgezeichnet und ist außer in den genannten Ländern aus Spanien, der Schweiz, Deutschland, Dänemark, Schweden, N o r w e g e n , den baltischen Ländern und Rüßland bekannt. In Schweden ist sie (ohne Lachepisode) i m Jahre 1385 in dem sogenannten färteckensbok

1

aufgezeichnet worden. Jetzt wird sie i m ganzen

Land

U n t e r d e n reinen L e g e n d e n , die S p u r e n in der s c h w e d i s c h e n K i r c h e n m a l e r e i hinterließen, ist die L e g e n d e v o n Sibylla mit d e m G ä n s e f u ß u n d ein K r e u z Jesu festzustellen. Sie findet sich unter B Ä C K S T R Ö M S g e n a n n t e n S c h i l l i n g d r u c k e n ( I I I , S. 128, 1 ) s o w i e in d e n M a n u s k r i p t e n der LIUNGMAN-Sammlung ( L I U N G M A N acc. N r . 88). D e r älteste Schill i n g d r u c k ist v o n 1626 mit v i e l e n A u f l a g e n bis ins 19. J a h r h u n d e r t . D a s T h e m a ist v o n A N D R E A S L I N D B L O M in seiner A r b e i t B j ö r s ä t e r s m ä l n i n g a r n a (1953) b e h a n d e l t worden.

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erzählt, teils wie oben als legendarische Sage, teils als Schwank, in dem der Teufel die Namen derjenigen aufschreibt, die in der Kirche lachen, ohne daß der Pfarrer eine besondere Rolle spielt. Vgl. Buch der Offenbarungen 20, 12. Nr. 827*. Der Hirt zweifelt an Gott Der Hirt geht trockenen Fußes weg, aber nicht nach Hause, da er sich auf die eine oder andere Weise vergangen hat. Das Märchen gibt es in Schweden und der Sowjetunion mit den baltischen Ländern, oft mit dem vorhergehenden Märchen kombiniert. Nr. 8ß 6. Nicht arm werden können oder Der Ring des Polykrates König Polykrates ist mächtig und reich und führt einen glänzenden Hof auf Samos. Alles gelingt ihm. Mit den mächtigsten Herrschern seiner Zeit, Kambyses von Persien und Amasis von Ägypten, knüpft er freundschaftliche Beziehungen an. Amasis ermahnt ihn zuletzt, das zu opfern, was er am meisten schätzt, um den Neid der Götter zu besänftigen. Da bemannt er ein Schiff, fährt aufs Meer und wirft seinen Smaragdring hinein. Am fünften oder sechsten Tag kommt ein Fischer und verehrt Polykrates einen großen und schönen Fisch, und als dessen Bauch aufgeschnitten wird, findet man den Ring darin. Nun kündigt Amasis dem Polykrates die Freundschaft, und das ist der Beginn eines lange dauernden, schicksalsschweren Krieges. So ungefähr erzählt HERODOT (gest. 425 v. Chr.) diese Sage. Polykrates lebte im 6. Jahrhundert v. Chr. und wurde in Magnesia gekreuzigt. Ursprünglich gehört das Motiv also zur archaisch-klassisch-griechischen Zeit (700—300 v. Chr.). Es findet sich später in Indien in K Ä L I D A S A S berühmtem Drama Sakuntalä (5. Jahrh. n. Chr.), betrifft aber dort nur den Ring als Erkennungszeichen. SCHILLER hingegen hat das eigentliche Polykratesmotiv aufgenommen. Gegenwärtig erzählt man die Sage teils von einem Mann, der in der Kirche erklärt, nie arm werden zu können, aber bei der Heimkunft sein Schloß in Flammen stehend findet, teils von einer reichen Frau, die mit einer ähnlichen Erklärung ihren Ring ins Wasser wirft, ihn auf die gleiche Art wie Polykrates wiedererhält und dann ihr Leben in tiefster Armut beschließt. Die Sage, die u. a. in dem arabischen Ritterroman von Seif d%u Jeanen1 ihren Platz gefunden hat, scheint in Dänemark, Norwegen und Schweden, wo sie sogar in gebundener Form zu finden ist, verbreitet zu sein, überdies aber auch in Finnland, in den baltischen Ländern, in Deutschland, England, im baskischen Sprachgebiet und in Portugal mit Ausläufern nach Afrika und den Philippinen. Nr. 841. Das Geld im Brot Ein König gibt einem Bettler, der erklärt, dem König am meisten zu vertrauen, ein Brot mit Geld darin, ohne daß dieser davon etwas weiß. Einem anderen, der erklärt, Gott am meisten zu vertrauen, gibt er ein gewöhnliches Brot. Die beiden Bettler vertauschen dann unwissentlich ihre Brote. 1

CHAUVIN V I , 1 8 3 N r . 347. (Siehe B P I V , 390, 2.)

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Diese ethische Anekdote wird jetzt hauptsächlich in Dänemark, auf Island, in Schweden, Finnland und den baltischen Ländern erzählt. Sie gehört vor allem der literarischen Überlieferung an, sowohl der orientalischen wie der mittelalterlichen, und kam im 16. Jahrhundert nach Deutschland. Wir finden sie in der Gegenwart in fragmentarischer Gestalt auch in China. Man vergleiche 745 (Das Glück geht seinen eigenen We£). Nr. 8jo. Die Muttermale Ein Bauernbursch hat (oft im Tausch gegen seine tanzenden Schweinchen) von den an intimen Stellen befindlichen Muttermalen eines Mädchens erfahren. Da diese Kenntnis die Bedingung ist, um sie zu gewinnen, ist er völlig in seinem Recht, bekommt aber einen Mitbewerber. Derjenige von beiden, dem sich das Mädchen während der Nacht zuwendet, soll sie bekommen: Der Bursche wendet unschöne Mittel an, um dem Mädchen Abscheu vor seinem Rivalen einzuflößen, und gewinnt. Dieses Märchen wird im ganzen Norden, in Deutschland, Italien, Ungarn, Rumänien sowie in den slawischen Ländern erzählt, von denen es als Aufguß des folgenden, von Turandot inspirierten Märchens (851) ausgegangen zu sein scheint. Einen gewissen Einfluß dürfte auch BASILES LO scarafone, lo sorece e lo grillo (III, 5) gehabt haben, das aber mehr als eine Variante zu dem wohl in Dänemark und Norwegen, aber nicht in Schweden vertretenen 559 (Mistkäfer) betrachtet werden kann. Das Märchen hat, wie THOMPSON hervorhebt, sicherlich durch mündliche Uberlieferung Virginia in Nordamerika erreicht. Nr. 8JI. Das Turandotmärchen in bäuerlicher Version Eine Prinzessin soll sich mit demjenigen verheiraten, der ihr ein unlösbares Rätsel aufgeben kann. Kann sie es jedoch lösen, verliert er sein Leben. Da gibt ihr ein Wanderbursche oder fahrender Ritter ein Rätsel auf, das sie nicht lösen kann. Sie versucht ihm die Antwort mit Hilfe ihrer Dienerin zu entlocken, und zuletzt schleicht sie sich selbst in nächtlicher Stunde zu ihm. Er gibt ihr die Auflösung, aber als sie sie verwendet, zeigt er ein Stück ihres Nachthemdes vor, und dadurch erhält er die Prinzessin. Schon im Roman Apollonius von Tyrus aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. wird eine Prinzessin dem Mann versprochen, der bestimmte Rätsel lösen kann. Das gleiche Motiv gibt es in Persien beiNlZÄMl im 12. Jahrhundert und in Turandot ( = Turans Tochter) in Tausendundein Tag, 1675 aus dem Persischen übersetzt; aber dort obliegt es wie in dem hier behandelten Märchen dem weiblichen Teil, die Aufgabe zu lösen. Diese Aufgabe beschränkt sich jedoch darauf, den Namen des Helden zu erraten. In einem anderen persischen Märchen (aus einer Wiener Handschrift) geht jedoch das Erraten des Namens in das Lösen eines Rätsels über, und die Dienerinnen und die Heldin spielen am Ende der Erzählung die gleiche Rolle wie in unserem Märchen. Ähnliche Tendenzen findet man übrigens auch im Märchen von Turandot. Wir haben literarische und auch volkstümliche Märchen, in denen es die Prinzessin ist, die

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die Rätsel lösen soll, und nicht der Freier. Sie ist es, die Rätselbücher und Gelehrsamkeit besitzt. Wenn der Rahmen der Erzählung auch oft der oben skizzierte ist, so wechseln die Rätsel doch wie die Bilder eines Kaleidoskops. Solche Abwechslungen sind auf dem Gebiet der Schwänke eine gewöhnliche Erscheinung. Die Rätsel sind oft sehr seltsam, einige scheinen ihre Wurzel in den im Orient häufigen Scharfsinnsproben zu haben. In den südosteuropäischen Varianten erkennen wir Rätsel, die sonst besonders arabischen Rätselsammlungen angehören. Man fragt dort gerne wie mitunter auch in unserem Märchen nach Wasser, das nicht vom Himmel oder von der Erde kommt (Schweiß), oder man nennt sein Reitpferd Vater oder Mutter, wenn man sich auf deren Kosten das Geld beschafft hat, es zu kaufen. Das größte Interesse wandte sich jedoch der weitverbreiteten Frage zu: „Was ist das: E i n s tötet e i n s , eins tötet d r e i und d r e i töten z w ö l f ? " In der nordöstlichen Hälfte Europas ist sie so gut wie alleinstehend. Die Frage wurde auch in einer gewissen Weise dramatisiert, so daß es den Anschein hat, als habe der Rätselsteller das Abenteuer, das dem Rätsel zugrunde liegt, selbst erlebt. Sein Pferd, heißt es, wurde von einer gewissen Person vergiftet, worauf drei Raben v o m Pferd fraßen und auch vergiftet wurden. Der Rätselsteller behauptet dann, zwölf Räubern in die Hände gefallen zu sein, die die Raben zubereiteten, davon aßen und starben. Dieses Abenteuer ist es, das die Prinzessin herausfinden soll. Indem man die Ausbildung der Rätsel verfolgt, kann man zu dem Schluß kommen, daß mehrere außereuropäische Varianten von verhältnismäßig späten westeuropäischen Aufzeichnungen abstammen. Das ursprüngliche Märchen dürfte jedoch dem Orient angehören, vielleicht dessen westlichem Teil, und nach seinem ältesten Beleg zu urteilen, dürfte es aus der hellenistisch-römischen Zeit (300 v.—300 n. Chr.) stammen. In Böhmen, Dänemark, Schweden und Norwegen sind oft gewisse Motive des Märchens mit Bruchstücken von 507 A {Die Geliebte des Unholds) gekoppelt. Das Märchen findet sich in ganz Europa und hat auch Indonesien mit den Philippinen, Zentralafrika mit der Goldküste sowie schließlich Nord- und Südamerika erreicht, wohin es nach THOMPSON von spanisch, portugiesisch, französisch und afrikanisch sprechenden Einwanderern gebracht wurde. Tatsächlich finden wir die Frage: „Was ist das: E i n s tötet e i n s , e i n s tötet d r e i " usw. nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Afrika, Indonesien, Nord- und Südamerika. Nr. 3j2. „Das ist eine Läge!" Ein König verspricht seine Tochter demjenigen, der so gut lügen kann, daß der König ihn einen Lügner heißt. Ein Schwabe kommt und erzählt, daß er einen Hasen geschossen habe, und als er ihn abzog, habe er hundert Faß Honig aus dem einen Ohr und ebensoviel Golddukaten aus dem anderen bekommen, und im Schwanz fand er einen königlichen Brief, in welchem stand, daß der König sein Knecht sei. Empört ruft der König: „Das ist eine L ü g e ! " Da muß er den Schwaben zu seinem Schwiegersohn machen. So lautet die älteste Aufzeichnung des Märchens in einem auf deutschem Sprachgebiet verfaßten lateinischen Gedicht (Modusflorum)aus dem 10. Jahrhundert. Das 15

Liungman

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Märchen ist tatsächlich nur eine Rahmenerzählung für sogenannte Lügenmärchen, und oft ist es die Prinzessin, die dazu gebracht werden soll zu sagen: „Das ist eine Lüge!" Im übrigen gibt es ähnliche Märchen mit anderer Belohnung als der Hand einer Prinzessin, aber in der Regel gewinnt der Lügner dadurch, daß er seinen Auftraggeber beleidigt. Der Typ ist mehr oder minder über ganz Europa verbreitet, sporadisch sogar in Arabien, Indonesien, Nord- und Zentralafrika sowie, wie THOMPSON zeigt, unter der englisch sprechenden Bevölkerung Virginias und der französisch sprechenden in Missouri, ist aber bestimmt auf europäisch-germanischem Gebiet zu Hause. Nr. Sjj.

Wettstreit in Schlagfertigheit

Eine Prinzessin wird demjenigen versprochen, der sie sprachlos machen kann. Ein Bauernbursch macht sich auf den Weg, findet unterwegs einige Dinge — u. a. zwei Stücke einer bestimmten Art — und holt sie während des Gesprächs bei passender Gelegenheit hervor. Der Beginn des Märchens bezeugt oft einen gewissen gallischen Esprit. Der Bursche beginnt demnach das Gespräch, indem er der Prinzessin wegen ihrer roten Lippen Komplimente macht. Sie sagt, daß sich Feuer darin befinde. Da bittet der Bursche blitzschnell, eines seiner Dinge (Eier, Elster usw.) darauf kochen zu dürfen. Auf germanischem Sprachgebiet wird das Märchen manchmal ziemlich derb. Die Schlußpointe ist in den nordischen Ländern in der Regel, daß die Prinzessin sagt, „inte ha sett pä maken" (ich habe kein Gegenstück dazu gesehen), worauf der Bursche das zweite Stück des Paares hervorholt und sagt: „Men här är den!" (Hier ist esl), und damit die Prinzessin gewinnt. Oft sind zwei ältere Brüder des Helden Mitspieler, und in einer Anzahl Varianten wird noch weiter von magischen Gegenständen und vom Einsperren erzählt sowie endlich das literarisch bekannte Nein-Motiv hinzugefügt. Das Märchen ist aus früherer Zeit nur mit einer mittelalterlichen deutschen Variante und einer französischen aus dem 16. Jahrhundert belegt. Im nördlichen Europa ist der Schluß mit dem Einsperr- und Nein-Motiv seltener und dürfte ursprünglich nicht zum Märchen gehört haben. Das Einsperrmotiv findet sich u. a. in dem in Schweden nicht vertretenen Märchen 301* (Magische Gegenstände) und in 580 (Aller Frauen Gunst). Das Nein-Motiv tritt, wie N Y R O P gezeigt hat, von Anfang an als selbständiges Märchen auf, wahrscheinlich im Mittelalter und vermutlich auf romanischem, möglicherweise italienischem Sprachgebiet entstanden. In unserer Zeit ist das Märchen in Spanien, Frankreich, England, Flandern und den Niederlanden, Deutschland, dem Norden, den baltischen Ländern, Ungarn und den slawischen Ländern verbreitet. In Europa scheint es von Westen nach Osten gewandert zu sein. Es hat auch Afrika erreicht, und in Nordamerika ist es, wie THOMPSON und P A R S O N S nachweisen, bei den Indianern und den Negern sehr populär. Es wurde von französisch und spanisch sprechenden Einwanderern und von den portugiesisch sprechenden Negern von den Kapverdischen Inseln dorthin gebracht. Nach Westindien ist es mit Negern aus Kontinentalafrika gekommen. Es ist besonders das NeinMotiv mit stark obszönem Anstrich, das sich als populär gezeigt hat. Daß man solche Schlagfertigkeitswettbewerbe mit anderen Preisen als der Hand einer Prinzessin wie in 8 5 2 (Das ist eine Läge) hatte, zeigt der Wortstreit zwischen Erik

Zaubermäreben und Götvara in SAXOS 5. Buch. Er war jedoch so derb, daß S A X O sich weigerte, ihn niederzuschreiben. Zum Märchen über Qvistmuntus, Kobäljantus und Aborrnäs(i)us siehe GS 1629. Nr. 870. Die Prinzessin in der Erdhöhle Eine schöne Prinzessin, „Soltaering" genannt, wird von ihrem Vater „Fjends Konge" in einer in einen Hügel gegrabenen Kammer eingeschlossen, um sie vor einem Freier zu schützen, den der König abgewiesen hatte und der deshalb einen Krieg begann. Sie hat ihre beiden älteren Schwestern, einen Hund und Verpflegung für sieben Jahre bei sich. Der König stirbt, das Land wird eingenommen, und niemand weiß, wo sich die Prinzessinnen befinden. Nach sieben Jahren geht das Essen zu Ende. Zuerst schlachten sie den Hund, dann opfern die Schwestern ihr Leben für die jüngste Schwester. Allein unternimmt sie den Versuch, sich auszugraben, und es gelingt ihr schließlich, indem sie ein Mauseloch vergrößert. Draußen erfährt sie, daß der junge König, ihr früherer Bräutigam, heiraten werde, und sie erhält eine Stellung in der Küche des Schlosses. Die Braut aber erwartet von einem anderen ein Kind und bittet das neue Küchenmädchen, das ihr nicht unähnlich ist, sie zu vertreten. Während des Rittes zur Kirche auf ihrem eigenen, alten Pferd, sagt sie einen Vers nach dem anderen mit Anspielungen auf das Gewesene vor sich hin. Da gibt ihr der König beim Altar einen Handschuh, den sie niemand anderem geben darf als ihm. Als sie heimkommen, will die ungetreue Braut wissen, was das Küchenmädchen gesagt hat, um die Fragen des Königs beantworten zu können. Sie erfährt es, aber als der Handschuh übergeben werden soll, muß es das Küchenmädchen unter dem Mantel der Braut machen. So erfährt der König, wer den Handschuh hatte, und sagt, er wolle diejenige haben, mit der er getraut wurde. So wurde das Märchen in den Hauptzügen erzählt, als es um das Jahr 1300 im nördlichen Jüdand, auf einer dort noch lebendigen Sage aufbauend, die in S A X O S 7. Buch wiedergegeben ist, entstand. Schon auf Seeland schmuggelten sich fremde Züge u. a. aus 425 C (Amor und Psyche) ein. Von dort aus verbreitete sich das Märchen mit einigen wenigen Varianten teils nach Nordwestdeutschland, teils nach Norwegen, Island, Schweden und Finnland. Die Wege nach und in Schweden scheinen die üblichen gewesen zu sein, d. h. von Dänemark nach Schonen und Hailand und von Hailand einerseits nach Smaland, andererseits zum Paß zwischen dem Wäner- und Wettersee, zum Mälartal, nach Södermanland und Uppland und nach Finnland. Ausläufer gibt es u. a. von Västergötland über beide Seiten des Wänersees nach Värmland sowie von Södermanland nach Östergötland und Gotland. Der Name Soltaering ist in Jütland zu Guldtaerning, in Smaland zu Ros-och-Stjärna, in Norwegen zu Salento geworden, während das jütländische Usmatone und das uppländische Lossamente eine andere Namensgruppe bilden. Im übrigen wird auf die Spezialuntersuchung des Verfassers verwiesen 1 . 1

Eine Überlieferungsstudie über das Märchen Die Prinzessin in der Erdhöhle (mit 20 Karten), Diss., Göteborg 1925.

15*

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Nr. S/o A. Klein Asa, die Gänsehirtin Äsa, die Gänsehirtin, sitzt am Wege des Prinzen, als er auszieht, um zu freien, und sagt, daß sie sich mit ihm verheiraten werde. Der Prinz kommt mit drei Prinzessinnen heim, aber von Äsa Gänsehirtin vor einem Stein gewarnt, der ihre Vergangenheit offenbaren werde, lassen die Prinzessinnen die Gänsehirtin der Reihe nach an ihrer Stelle über den Stein gehen, der dabei ein zufriedenstellendes Urteil abgibt. Als sie selbst gezwungen werden, über den Stein zurückzugehen, wird ihr früherer Lebenswandel offenbar. Der Prinz begreift den Zusammenhang und heiratet Äsa. So lautet im wesentlichen die Urform des Märchens. Es dürfte in der Zeit des Volksliedes in Norwegen entstanden sein und ist im übrigen nur in Dänemark und Schweden, in letztgenanntem Land nur durch ein in 403B (Die weiße und die schwarte Braut und die Männlein) eingerahmtes Fragment vertreten, teils bei H Y L T E N - C A V A L L I U S , teils in einem Schillingdruck von 1850 mit einigen wenigen Auflagen bis 1857 wiedergegeben. Es ist nach Smäland von Dänemark aus gekommen. Der verräterische Stein dürfte jedoch orientalischen Ursprungs sein. Das Märchen hat trotz der Numerierung mit dem vorhergehenden nichts zu tun; es wurde im Druck früher AARNE 871 genannt. Im übrigen wird auf die Spezialuntersuchung des Verfassers verwiesen 1 . Nr. 87 j. Das Disamärchen In relativ ursprünglichem Gewand dürfte das Märchen folgendes Aussehen gehabt haben: Ein Bauer findet einen Mörser aus Gold. Die Tochter rät dem Vater, ihn nicht dem König zu geben. Als er dies dennoch tut, fordert der König auch den nicht auffindbaren Mörserstößel, weshalb der Bauer die Klugheit seiner Tochter preist. Oder es entsteht Streit zwischen einem reichen und einem armen Bauer, und derjenige, der gewisse Rätsel lösen kann, soll laut Urteilsspruch den Streit gewinnen. Es gilt, zu sagen, was am schnellsten, am fettesten, am süßesten oder dgl. ist. Das Mädchen nennt seinem armen Vater die richtigen Antworten, nämlich: der Gedanke, die Erde und der Schlaf, während der reiche Bauer das Pferd, das Schwein und der Honig sagt. Die Klugheit des Mädchens kommt in beiden Fällen dem König zu Ohren, und er befiehlt sie zu sich, weder bekleidet noch unbekleidet, weder zu Pferd noch zu Fuß, weder auf noch neben dem Weg. Sie kommt in ein Netz gehüllt, auf einem Bock in den Radspuren reitend. Der König heiratet das Mädchen, aber sie muß versprechen, sich nicht in die Regierungsgeschäfte einzumischen. Als jedoch der König einem gewissen Bauern ein Fohlen als von seinem Hengst geboren zuspricht, rät das Mädchen dem wirklichen Besitzer, auf trockenem Lande so zu tun, als ob er fische, und zur Erklärung zu sagen, daß es ebenso leicht sei, dort einen Fisch zu fangen, wie von einem Hengst ein Fohlen zu bekommen. Da sieht der König seinen Irrtum ein, jagt aber schließlich das Mädchen davon, doch mit dem Zugeständnis, daß sie mitnehmen dürfe, was ihr am liebsten sei. Nachdem sie den König völlig berauscht gemacht hat, nimmt sie ihn mit sich nach Hause. Sie versöhnen sich wieder. 1

Tva folkminneundersökningar (mit Karte), Göteborg 1925.

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An gewissen Stellen sieht man das Märchen mit Motiven erweitert, die aus 812 (Die Rätsel des Teufels), 821B (Gekochte Eier geben keine Küchen), 921 (Antwort in Rätseln), 922 (Knifflige Fragen mit Stellvertreter), 981* (Die Alten sollen erschlagen werden) oder 1533* (Den Vogel teilen) geholt sind. Sie haben zumindest teilweise einen gemeinsamen Ursprung. Das hier wiedergegebene Märchen, das Disamärchen, das u. a. von WESSELSKI und DE VRIES untersucht wurde und das in Europa in einer Unzahl Varianten verbreitet ist — in Frankreich jedoch ziemlich spärlich —, dürfte, abgesehen vom Mörsermotiv, aus orientalischen Motiven zusammengestellt sein, von denen uns die meisten aus jüdischen und indischen Schriften bekannt sind. Doch hat sich auch PLUTARCH (gest. um 120 n. Chr.) damit beschäftigt zu erklären, mit welchen Eigenschaften usw. zahlreiche Superlative (wie das „älteste", „stärkste", „leichteste") gleichzustellen sind. Den ältesten Beleg für Motive, welche an die des Märchens erinnern, haben wir jedoch in Indien, teils im Mahäbhärata (um 400 v.— 400 n. Chr.), teils in den sogenannten Jätakas oder Erzählungen von Buddhas Wiedergeburten. In beiden finden wir ähnliche Aufgaben, z. B. nicht auf noch neben dem Weg zu gehen, und in den Legenden über Buddhas Wiedergeburten gibt es auch Gedankengänge, die an den fohlenden Hengst erinnern. Dort wird nämlich u. a. im gleichen Atemzug von einem Kalb gesprochen, das von einem Stier geboren wurde. Zum Märchen gehörende Motive finden wir auch in den Erzählungen über die Kindheit Salomos und in Salomon und Markolf (vgl. 217, 921) wie auch in den Gesprächen des Kaisers Hadrian mit dem klugen Knaben Epitus, wo der Knabe u. a. die Frage beantwortet, was am schnellsten sei. RATHERIUS VON VERONA erzählt weiter im 10. Jahrhundert und JOHANNES DE

ALTA SILVA um das Jahr 1185 im Dolopathos von einem Ratsherrn, der unter den gleichen Bedingungen wie die Heldin unseres Märchens zu seinem König gerufen wurde. Auch in den Gesta Romanorum (Kap. 124) wird von einem Ritter erzählt, dem auferlegt wird, weder gehend noch reitend zu kommen. Diese Vorschrift ist in vielen Fällen mit einem früheren Befehl verbunden, auf Grund einer Hungersnot die Alten zu töten (981*). Dieses Motiv kehrt, wie wir unten sehen werden, auch in gewissen schwedischen Varianten unseres Märchens wieder. Das Netzmotiv scheint hauptsächlich Europa und dessen östlichen Randstaaten sowie Nordafrika mit Ägypten anzugehören. Man hat im Zusammenhang hiermit darauf hingewiesen, daß im Mittelalter u. a. in Holland die Bettler in Netze gekleidet gewesen sein sollen. Sie wurden „Netboeve" genannt. OSCAR ALMGREN hat jedoch hervorgehoben, daß Göttinnen und Mumien sowohl in Ägypten wie auf Kreta in Netze gekleidet dargestellt worden sind. Er erwähnt besonders Isis und Diktynna (vom griechischen diktys = Netz). Die Netzkleidung scheint eine Art Kultkleidung gewesen zu sein. Das Schlußmotiv des Märchens, in dem die Heldin um Erlaubnis bittet, mitnehmen zu dürfen, was sie am liebsten habe, findet sich in einem jüdischen Kommentar zum Hohen Lied (Midrasch Rabbath aus der Zeit zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert) und möglicherweise in noch älteren althebräischen Texten (vgl. 887, Griseldis).

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Es scheint, als ob das Märchen in Europa ursprünglich eine Kurzform gehabt hätte, der dann die verwickeiteren Einleitungs- und Schlußmotive hinzugefügt wurden. Die Einführung dieser Kurzform im Norden dürfen wir sicherlich dem Einfluß der Dominikaner zuschreiben, die in Schweden bereits im 13. Jahrhundert auftraten. Eine solche Form haben wir in der Ragnarssaga Lodbrokar aus dem 13. oder 14. Jahrhundert. Darin heißt es, daß Kraka von Spangereid in Südnorwegen so schön war, daß Ragnars Gefolgsleute ihr Brot im Ofen verbrennen ließen, um sie anzusehen. Ragnar befahl ihr daher, zu ihm zu kommen, weder bekleidet noch unbekleidet, weder satt noch hungrig, weder allein noch in jemandes Gesellschaft. Sie kam in ein Netz gehüllt, nachdem sie eine Zwiebel gegessen hatte, und war von einem Hund begleitet. Ragnar nahm sie zur Gemahlin. Damit schließt die Geschichte, was vielleicht vom Standpunkt der Erzählung aus das Vornehmste ist. Das nordische Material und besonders das schwedische sind begreiflicherweise von dieser Erzählung beeinflußt worden. Sie wird teilweise bereits von O L A U S M A G N U S im Märchen von Disa (Buch IV, 6) wie bei M E S S E N I U S im Jahre 1611 und bei R U D B E C K in Atlantica wiedergegeben. A F Z E L I U S gibt uns jedoch in seinen Sagohäfder (I, 1 6 ) das auf schwedischem Boden vollständigste Bild: Nach einem langdauernden Frieden hatte sich die Bevölkerung vermehrt. Hungersnot drohte, und das Thing beschloß, daß alle Alten, Kranken, Bresthaften und Schwachen erschlagen werden sollten (981*). Als einer der Ratsherren nach Hause auf seinen Hof (Wännegarn) kam und seiner Tochter Disa diesen Beschluß mitteilte, sagte sie, sie hätte besseren Rat geben können. Der König war darüber erbost und rief Disa zu sich. Sie solle kommen, „nicht zu Fuß, nicht zu Pferd und nicht fahrend oder segelnd, nicht bekleidet, aber auch nicht unbekleidet, nicht innerhalb eines Jahres oder Monats, nicht bei Tag und nicht bei Nacht, nicht bei zunehmendem Mond und auch nicht bei abnehmendem". Sie kam mit „zwei jungen Männern vor einen Schlitten gespannt und ließ an der einen Seite einen Bock leiten, hatte ein Bein im Schlitten und das andere über dem Bock und war selbst in ein Netz gekleidet", und das geschah „am dritten Tag vor dem Weihnachtstag, einem der Tage des Sonnenstandes, der nicht zum Jahr mitgerechnet wird — gerade zu Vollmond in der Dämmerung". Sie kam mit dem Rat, Ansiedler und Rodende auszusenden, anstatt die Alten zu töten. Der König fand solches Wohlgefallen an ihrer Rede, daß er sie zur Königin machte, und sie lebte lange, geehrt und geliebt vom König und vom Volke, und viele schwere Fragen wurden ihr vorgelegt. Hinsichtlich der Tötung der Alten verweisen wir auf 981* {Die Alten sollen erschlagen werden). Neben diesen nordischen Versionen haben wir in den skandinavischen Ländern — wenn auch mit südlicheren Vorbildern — eine Anzahl Varianten, die, späteren Überlieferungswellen angehörig, mehr mit dem jetzigen europäischen Variantenbestand zusammenhängen. Diese Varianten kennen, wie D E V R I E S gezeigt hat, sowohl die Erzählung vom Mörser wie von den Rätseln des reichen und des armen Bauern wie auch das Schlußmotiv mit der Anweisung und Wiederkehr der Heldin. Viele, besonders die ausführlicheren, gehen jedoch auf G R I M M S Version zurück, die auch einen schwedischen Schillingdruck von 1850 (mit einigen wenigen Auflagen bis 1857) inspiriert hat. Das Motiv vom Mörser hat in Europa die für mehrere

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Märchen ziemlich typische westliche deutsch-italienische Verbreitung, während das Motiv von den Rätseln des reichen und des armen Bauern Deutschland und den slawischen Völkern anzugehören scheint. Das Märchen dürfte in dieser seiner volkstümlichen Form in Europa nach dem Jahre 1000 immer noch unter orientalischem, besonders jüdischem Einfluß zusammengestellt worden sein. Das gilt auch für die kürzere Form. Jetzt gibt es das Märchen im ganzen europäisch-orientalischen Verbreitungsgebiet des Zaubermärchens, d. h. in Europa, Vorderasien mit Indien und Nordafrika. Es hat aber auch Zentralafrika und Indonesien mit den Philippinen erreicht. Fragen als Scharfsinnsproben von einer diesem Märchen nahestehenden Art haben Schweden bereits vor 1220 durch die Kelten erreicht, und zu diesen kam der Stoff schon so frühzeitig, daß er sogar in den Finn-Zyklus (9. Jahrhundert) eingehen konnte. Wir finden ihn besonders in einer Erzählung über Diarmuid und seine Fahrtgesellen, die sich in der jüngeren Edda in den Erzählungen von Thors Fahrt zu Ütgardaloki widerspiegelt (um 1220), mit Lokis Wettessen mit dem Feuer, Thälfis Wettlauf mit dem Gedanken und Thors eigenem Versuch, das Meer auszutrinken und das Alter zu besiegen (vgl. 302: Der Riese ohne Her^ und 580: Aller Frauen Gunst)1. Das Motiv zeugt von dem Bestreben der Skalden, die Scharfsinnsproben, die sich ja oft auf abstrakter Ebene bewegten, zu dramatisch-symbolischen Handlungen umzuformen. Nr. 882. Die Wette über die Treue der Gattin Ein Kaufmann geht mit einem anderen Kaufmann eine sehr hohe Wette ein, daß dieser seine Frau nicht verführen könne. Der Verführer in spe begreift bald, daß es ihm nicht gelingen wird, bringt aber ein listiges altes Weib dazu, unter einem Vorwand eine Kiste in das Schlafgemach der Angebeteten tragen zu lassen. In dieser Kiste ist er selbst verborgen. Er nimmt in aller Heimlichkeit den Schmuck von ihrem Nachttisch und zeigt ihn dann ihrem Mann. Der verzweifelt und zieht in die Welt hinaus, während sie in fremden Landen in Manneskleidung eine hohe Ehrenstellung erringt. Sie trifft sowohl ihren Mann wie den Betrüger, und alles wird wieder gut. Dies ist ein Märchen, das eigentlich der mündlichen Überlieferung nicht angehört. Es stammt aus einem Roman, der bereits im 13. Jahrhundert in einer deutschen und einer französischen Version vorlag. Es wurde in BOCCACCIOS Dekamerone (II, 9) aufgenommen, wo auch das Kistenmotiv vorkommt, und dann in eine größere Anzahl Sprachen übersetzt. In England liegt es SHAKESPEARES Cjmbeline (vgl. 709) zugrunde. In Schweden wurde es 1689 in einem Volksbuch gedruckt, das bis 1836 mehrere Auflagen hatte. Es unterscheidet sich jedoch von der einzigen mündlichen Überlieferung Schwedens, nämlich der von BONDESON in Historiegubbar pä Dal aufgezeichneten, so sehr, daß man eine andere Quelle voraussetzen muß. In Norwegen wird das Märchen öfter und auf volkstümlichere Weise erzählt. In der mündlichen 1

Die Vorstellung, das Meer auszutrinken, gehört zu den jüdischen Scharfsinnsproben und kommt verblaßt u. a. im Ch. Tr. 9 (von 280 n. Chr.) sowie bei PLUTARCH (Moralin, p. 1 5 1 b ) vor.

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Überlieferung kommt es in Frankreich, Deutschland, Dänemark, Finnland, in den baltischen Ländern und der Sowjetunion, in Ungarn, Rumänien, Portugal und Spanien vor, und es hat vereinzelte Ausläufer teils nach Sumatra und den Philippinen, teils zu den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts. Nr. 88ß B. Der bestrafte Verführer Drei Töchter werden eingesperrt gehalten, aber einem Prinzen gelingt es durch List, zu ihnen zu kommen und zwei von ihnen zu verführen. Die dritte überlistet ihn, beraubt ihn gewisser notwendiger Dinge, schickt ihm die Kinder, die ihre Schwestern gebaren, und spielt ihm eine Menge anderer Streiche. Trotzdem freit der Prinz um sie, aber sie weist ihn ab. Dieses Märchen ist in Rumänien, Ungarn, Dänemark, Norwegen, auf Island, in Schweden, Finnland, der Sowjetunion, Kroatien, der Türkei, Nordafrika und endlich in Spanien sowie in spanischer Sprache in Mittelamerika festgehalten. Ohne Zweifel erkennt man darin jene Art, die in den schwedischen Volksbüchern ganz besonders beliebt war, und den Ursprung haben wir in Frankreich oder Italien zu suchen, wo wir das Märchen in späteren Auflagen von PERRAULTS Contes de ma mere l'Oye und in BASILES Pentamerone (III, 4) finden. In der letztgenannten Darstellung heißt die Heldin Sapia Liccarda. In einer Anzahl schwedischer Varianten hat sie den Namen Sophia erhalten. Das Märchen ist bei P . A. S Ä V E S und in G. O. H Y L T E N C A V A L L I U S ' und G. S T E P H E N S ' Sammlungen in der Universitätsbibliothek von Uppsala bzw. der Königlichen Bibliothek aufgezeichnet und in Abschriften während bestimmter Forschungsarbeiten der LIUNGMAN-Sammlung einverleibt worden. Die Aufzeichnung, auf die sich die in SSF I wiedergegebene Variante gründet, ist in der Edition der Sammlung von H Y L T E N - C A V A L L I U S und STEPHENS der Gustav-AdolfAkademie nicht enthalten. Nr. 88j. Die formgerechte Trauung (oder Die Saga von Gunnlaug Ormstunga) Gunnlaug Ormstunga bittet Helgas Vater, Torsten Egilsson, ihm zu zeigen, wie man seine Braut nach dem Gesetz bekomme, und so zu tun, als ob er ihm Helga zur Braut gäbe. Torsten geht darauf ein, nachdem er erklärt hat, daß alles ungültig sei. Gunnlaug bringt Zeugen und verbindet sich mit Helga. So wird dieses Märchen in den Hauptzügen in seiner ältesten, bekanntesten Version, nämlich der Saga von Gunnlaug Ormstunga aus dem 11. Jahrhundert erzählt. Es war nicht leicht, diese Erzählung in den übrigen Verlauf der Handlung einzufügen, aber ohne Zweifel ist es das Märchen von der formgerechten Trauung, das den Verfasser dazu angeregt hat. Dieses Märchen ist aus weit späterer Zeit teils aus Deutschland, wo in einer Variante die Scheintrauung auf Wunsch Friedrichs II. geschehen sein soll, teils aus Dänemark, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern bekannt. Schweden hat acht Varianten, davon drei in der LiUNGMAN-Sammlung. Die Erzählerin der in SSF I wiedergegebenen Variante vom Jahre 1923 war Frau Signe Olsson, Lersjöfors, Värmland. Als sie 1925 wieder von einem Befrager besucht

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wurde, war sie selbst nicht mehr imstande, das Märchen zu erzählen. Es konnte nur von ihren Verwandten wiedergegeben werden. Dabei wurde das Hauptgewicht auf die lange Abwesenheit des männlichen Teiles, auf seine vielen, von den Eltern unterschlagenen Briefe und das Auftreten des Briefträgers gelegt. Seine Reise hatte nicht ins Ormrike ( = Schlangenreich), sondern nach Amerika geführt, und der Rivale war nicht einmal Pfarrer. Das Märchen geht zuletzt in eine Gespenstersage mit tragischem Ende über. Als das Mädchen während des Trauungsaktes ihren Herzensfreund wiederkommen sieht, heißt es, es falle tot um, und seither sieht man in dem Haus, in dem die Trauung stattfand, stets diese Erscheinung. Die dritte Variante (aus Holland) ist besser erhalten, obgleich der Held zu einem Schiffskapitän gemacht wurde. Sie ist von einem früheren Bootsmann erzählt worden. Dasselbe kommt in einer der im Nordischen Museum aufgezeichneten Varianten vor. Nr. 88j*. Die wiedererweckte Braut Ein von den Eltern des Mädchens ungern gesehener Bräutigam ist genötigt, eine Reise zu unternehmen. Während seiner Abwesenheit wird das Mädchen an einen anderen Mann verheiratet. A m Hochzeitsabend fällt sie wie tot um, doch ihr Bräutigam kehrt zurück und erweckt sie wieder zum Leben. Er lädt dann alle Hochzeitsgäste ein und darf seine wiedererweckte Erwählte behalten, oder er flieht mit ihr, während eine Wachspuppe begraben wird. Dieses Märchen ist bisher nur in der Sowjetunion mit Estland und in Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 88/. Griseldis Ein König heiratet ein armes Mädchen, das verspricht, ihm in allem gehorsam zu sein. Als Probe nimmt ihr der König ein Kind nach dem anderen weg und tut, als ob er es töte, und schließlich gibt er sich den Anschein, als ob er eine neue Gemahlin nehmen wolle. Da sie alles hinnimmt, ohne zu klagen, bekommt sie die Kinder wieder und nimmt den der neuen Gemahlin zugedachten Platz ein. Die Kinder sind zu dieser Zeit bereits erwachsen, und es ist ihre eigene Tochter, die die Rolle der in Aussicht genommenen Braut spielt. Man hat diesem Märchen einen historischen Hintergrund geben wollen, indem man es nach Frankreich ins Jahr 1003 verlegte, ohne jedoch Beweise hierfür beibringen zu können. Das Märchen kann auch nicht mit Sicherheit bei M A R I E DE F R A N C E in ihrem Lai del Freisne, das dem Volkslied Schön-Anna nähersteht, belegt werden. In beiden ist die geduldige Heldin eine Schwester der in Aussicht genommenen Braut, die ihr den Platz an der Seite des Mannes einräumt. Dagegen ist die Ähnlichkeit mit dem dänischen Volkslied Den taalmodige Kvinde (DgF Nr. 257) bemerkenswert. Besonders nahe kommen sich die beiden Darstellungen im Schluß mit der Tochter als der vermeintlichen Braut und der Erhöhung der Heldin. G R U N D T V I G verlegt dieses Lied spätestens ins 13. Jahrhundert. Den Ursprung des Märchens haben wir jedoch in den Mittelmeerländern zu suchen. Sowohl BOCCACCIO wie sein Freund PETRARCA

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haben es gehört und benutzt (1353 bzw. 1374). Es wird auch vom spanischen Infanten J U A N M A N U E L (gest. 1347) in seinem El conde Lucanor wiedergegeben. Aber schon im 12. Jahrhundert finden wir in einer nahestehenden hebräischen Erzählung (Midrasch Bamidbar, Kap. 23, Fol. 227 a) eine Redewendung, die schlagend an die Worte erinnert, die BOCCACCIO bei einer entsprechenden Gelegenheit in der Erzählung verwendet. Das Märchen wurde bereits 1395 in Frankreich dramatisiert und war dann in einer Unzahl von Volksbüchern und Volksdramen über ganz Europa zu finden. Es wurde außer auf dem romanischen Gebiet in England, Deutschland, Holland, in den skandinavischen Ländern, Finnland, in den baltischen Ländern, in Böhmen und Rußland erzählt. Sehr bemerkenswert ist die Hinzufügung, die wir in einer isländischen Variante des Märchens finden. Griseldis muß bei der angeblichen Hochzeit das Licht für die Neuvermählten halten und läßt es so weit herabbrennen, bis es ihre Hand verbrennt. Diese Erzählung steht S A X O S Darstellung von Ottar und Syritha näher als die entsprechenden Motive in der Mehrzahl der Varianten des Amor- und Psyche-Märchens (vergleiche Nr. 425 ABC). Irgendwelche Schlüsse hinsichtlich des Alters des Märchens wagen wir jedoch nicht zu ziehen. Diesem Zug liegt nämlich ein noch in unserer Zeit in der Bretagne lebendiger Volksbrauch zugrunde, demzufolge die Brautführer nicht eher das Bett des Brautpaares verlassen, als die von ihnen gehaltenen Lichter ihre Finger verbrennen. Möglicherweise hat gerade auf Grund dieses gemeinsamen Zuges das Amor- und Psyche-Märchen das Motiv des Wegnehmens der Kinder von der Mutter-Heldin vom Griseldis-Märchen entlehnt. Dieses Motiv finden wir nämlich in dem sonst so verbreiteten Amor- und Psyche-Märchen nur im keltischen und skandinavischen (einschließlich färöerischen und isländischen) Sprachgebiet (siehe 425 AC). Das Höchstalter des Märchens dürfte, nach dem allgemeinen Typus zu urteilen, kaum den Zeitpunkt für das behauptete historische Ereignis überschreiten, das als Hintergrund des Märchens gedacht wurde, nämlich das 1 1 . Jahrhundert. Es geht sicherlich nicht auf vorchristliche Zeit zurück. Es scheint eher von der Lebensauffassung der Franziskaner oder vielleicht der Mohammedaner inspiriert zu sein, und bei den letztgenannten hat die Vielweiberei dem Verlauf des Geschehens sicherlich eine andere Richtung gegeben. In Schweden wurde das Griseldis-Motiv in Bildern mit deutschem Text bereits um das Jahr 1500 auf einer Altardecke der Kirche von Hammarby in Södermanland dargestellt, die sich nunmehr im Kirchenmuseum von Strängnäs befindet. Das Vorbild hierfür war hauptsächlich ein etwas früherer deutscher Druck mit Holzschnitten in Folio, von dem ein Exemplar in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt wird. Das Märchen wurde erstmalig 1622 in Schweden gedruckt (jetzt unvollständig) und dann unter dem Titel Grisilla im Jahre 1636 mit etwa 40 Auflagen bis 1876. Dieses Volksbuch ist aus einem entsprechenden dänischen aus dem Jahre 1592 (1597) mit deutschem Vorbild (Straßburg 1554) entnommen, das ebenso wie der obenerwähnte deutsche Druck auf S T E I N H Ö W E L S Übersetzung (um 1 4 7 1 ) zurückgeht. Das Märchen scheint seine Verbreitung in Schweden in erster Linie durch die Schillingdrucke gefunden zu haben. Trotz Entstellungen erkennt man in SSF I

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die Namen des Volksbuchs wieder: Grisilla, Volter und Janiculus — bei BOCCACCIO Griselda, Gualtieri und Giannucole — in deutschen Versionen Griseldis, Walther und Janicula. Eine dramatische Bearbeitung von F R . H A H N , aus dem Deutschen von N. ARFWIDSSON übersetzt, wurde 1839 in Stockholm aufgeführt. Nr. 888. Die getreue Ehefrau Der gefangengenommene Mann hat ein Hemd, das weiß bleibt, solange seine Frau ihm treu ist. In Kenntnis dessen versucht man sie zu verführen, aber sie folgt dem Verführer verkleidet und gewinnt den Gatten durch ihr Harfenspiel wieder, ohne daß ihr Mann sie erkennt. In der schwedischen Überlieferung kommt diese Erzählung, die von den deutschen Meistersingern des 15. Jahrhunderts herzustammen scheint, nur in einem Schillingdruck Alexander av Metn^ aus dem Jahre 1852 sowie in Volksliedern aus den Liederbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts vor. Nr. 88p. Die Wette um die Treue des Dieners Ein König wettet mit seinem Statthalter wegen der Treue und Wahrheitsliebe seines Hirten. Die Wette geht um des Königs Land oder den Kopf des Statthalters, und der Hirt des Königs soll vom Statthalter dazu gebracht werden, den Ochsen mit den goldenen Hörnern herzugeben. Die Gattin des Statthalters greift ein, berauscht und verführt den Hirten und erhält als Gegengabe die Hörner und den Ochsen. Als der Hirte heimgeht, steckt er den Stab in den Boden, setzt den Hut darauf und tut, als ob dieser sein Herr und König wäre. Immer wieder versucht er, Geschichten zu seiner Verteidigung zu erfinden, mißbilligt sich aber selbst. Vor dem König angekommen, erzählt er ihm die volle Wahrheit, und von dieser Stunde an schenkt man ihm noch mehr Vertrauen. Das ist in den Hauptzügen die älteste bekannte Version des Märchens, wie sie in einer lateinischen Handschrift in Cambridge aus dem 13. Jahrhundert zu lesen ist, und wir finden die ungefähr gleichen Züge in den Gesta Romanorum (etwas nach 1300) wie bei STRAPAROLA (um 1550). Das Märchen gehört jedoch zu den Erzählungen, die nur ungern in die mündliche Überlieferung aufgenommen werden (vgl. 882). Es ist sicherlich auf literarischem Weg über Dänemark nach Schweden gekommen, wo es nur einige wenige Varianten gibt. In ihnen gibt es auch Spuren der Verführungsszene, und man findet auch Motive, die aus 461 (Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn t(tt werden) stammen. Das Märchen, das auch in Volksspielen wiedergegeben wurde, ist im ganzen Mittel-, West- und Südeuropa bekannt, teilweise auch im russischen Sprachgebiet. Von Spanien und Portugal aus ist es nach Brasilien gekommen. Das Motiv vom Stab als Vertreter einer angesprochenen Person gibt es in einem alten buddhistischen Text. Nr. 8p 0. Das Shylockmärchen Wir haben keine Ursache, das ganze Märchen zu untersuchen, sondern wollen uns nur mit dem Motiv vom Schuldner befassen, der ein Stück Fleisch seines eigenen

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Körpers verschrieb. Bei der Bezahlung mußte der Gläubiger sich dareinfinden, nicht mehr und nicht weniger als die angegebene Menge herauszuschneiden oder beim Herausschneiden nicht einen Tropfen Blut zu vergießen oder dgl. Das Motiv findet sich im gleichen Rahmen in Deutschland im Jahre 1493. D e n ältesten europäischen Beleg haben wir jedoch im Dolopathos (JOHANNES DE ALTA SILVAS Version der Sieben weisen Meister) ungefähr von 1185 in einer Form, die wir aus den Gesta Romanorum (etwas nach 1300) und aus SER GIOVANNIS Pecorone (um 1378) kennen. Letzterer ist SHAKESPEARES Vorbild für den Kaufmann von Venedig. Der nächstälteste Beleg in Europa ist ungefähr 35 Jahre jünger als der im Dolopathos und findet sich in der bisher in diesem Zusammenhang nicht genannten jüngeren Edda (um 1220). Im Skaldskaparmal (Kap. 61) gibt Loki nämlich zu, daß er dem Z w e r g sein Haupt schulde, das dieser abzuschlagen bereit stand, nicht jedoch seinen Hals. Wir haben hier den gleichen Gedankengang. Es scheint also, als ob der Gedanke schon früh in Europa große Verbreitung gehabt habe. Wir finden endlich gewisse hierher gehörige Z ü g e in den späteren südlichen Versionen des Pantschatantra und im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.), überdies eine gute Variante im Tripitaka im Buch der hundert Erzählungen, 492 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt 1 . Man dürfte kaum fehlgreifen, wenn man eine Entstehung des Motivs bei einem Nachbarn des jüdischen Volkes voraussetzt. Das römische Zwölf-Tafel-Gesetz gab dem Gläubiger das Recht, über das Leben des Schuldners zu verfügen, was möglicherweise den Anstoß für das Motiv gegeben haben könnte. In der mündlichen Überlieferung unserer Zeit scheint das Märchen ein kümmerliches Leben zu führen. Wir finden es bei den Indern und Persern sowie bei den keltischen Minoritäten, den Norwegern, Isländern und Südslawen, man kann aber nicht sagen, daß das Motiv der mündlichen Tradition Schwedens einverleibt worden ist. Nr. 900. König Hackspecht oder der Schweinehirt Die älteste bekannte Version dieses Märchens, die vielleicht zu Unrecht, KONRAD VON WÜRZBURG (um 1260) zugeschrieben wird, lautet: Eine Prinzessin tadelt laut das nicht völlig untadelige Benehmen ihres Bräutigams bei Tisch. Er zieht v o n dannen, kehrt aber als Narr verkleidet zurück. Es gelingt ihm, durch seine Derbheit ihre Sinnlichkeit zu erwecken und sie zu verführen. Dann kommt er ohne Verkleidung wieder, wird aber noch einmal höhnisch abgewiesen. Durch gewisse Anspielungen zwingt er sie jedoch zu schweigen und gewinnt sie wieder. In einem lateinischen, aus Frankreich stammenden Gedicht aus der Zeit u m 1300, das wir aus einer isländischen Übersetzung v o n JÖN HALDÖRSSON kennen, klingt der Schluß ursprünglicher: Der abgewiesene Prinz Clarus kommt hier verkleidet, aber doch in Gestalt eines Prinzen zurück und kauft sich um seine prächtigen Zelte drei Nächte bei der Prinzessin. E r gewinnt sie, und die Hochzeit findet statt, aber 1

Ch. Tr. 256; vgl. Ch. Tr. III, S. 2 (übersetzt 472 n. Chr.)

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nun folgt eine Zeit der Erprobung, während welcher sie vom verkleideten Clarus verlassen, ja, sogar gezwungen wird, sich ihr Brot zu erbetteln. Gleichzeitig wird sie von einer zufällig vorbeigehenden Person beleidigt, und in dieser erkennt sie den wirklichen Prinzen. Schließlich gibt er sich auch zu erkennen. Ungefähr so lautet das Märchen auch in einer späteren italienischen Version und bei B A S I L E (gest. 1652) im Pentamerone (IV, 10, vgl. II, 1). Auf diesen späteren Versionen beruht — nicht zuletzt in den germanischen Ländern — die mündliche Uberlieferung. Dort erhält der Freier, oft schon am Beginn der Erzählung, wegen seines tölpelhaften Aussehens von der Prinzessin den Spottnamen Hackspecht oder Drosselbart. Das Märchen wird in unserer Zeit in ganz Europa und bei den Arabern erzählt sowie nach C A S C U D O auch in Brasilien. Auf Island lebt die Clarusversion noch immer. Das Märchen dürfte vor 1 2 6 0 entstanden sein, nach S T I T H T H O M P S O N wahrscheinlich auf italienischem und nach K A A R L E K R O H N auf romanischem Sprachgebiet mit möglicherweise orientalischen Wurzeln. E R N S T P H I L I P P S O N verlegt hingegen in seiner Untersuchung in FFC 50 den Ursprung nach Deutschland, offensichtlich mit dem Gedanken an K O N R A D V O N W Ü R Z B U R G . Das besonders in Dänemark oft aufgezeichnete Volkslied von Per Svinedreng (aus dem 15. Jahrhundert) dürfte teils auf dem Lied von Ridder Stigs bryllup (aus dem 12. Jahrhundert), teils auf diesem Märchen aufgebaut sein 1 . Auch bei H. C. A N D E R S E N erkennen wir das Märchen im Schweinehirten, der seinerseits die Grundlage für das Libretto einer Operette gab. Das Märchen ist auch von D R A C H M A N N bearbeitet worden. In den schwedischen Volksbüchern {Konung Hackspik von 1824 und Konung Trastnäbb von 1853, beide ohne Neuauflagen) wie auch bei R E U T E R D A H L und S T E F F E N erkennen wir die GRiMMsche Version. Nr. 901. Der Widerspenstigen Zähmung In einer arabischen Stadt wohnen ein armer, aber sehr strebsamer junger Mann und ein fast lebensgefährlicher Zankteufel von Mädchen, aber da sie reich ist und er eine reiche Erbin haben will, freit er um sie. Der Vater des Mädchens warnt ihn, ist aber froh, sie verheiraten zu können. Bei der ersten gemeinsamen Mahlzeit der jungen Eheleute am Abend des Hochzeitstages verlangt der Mann zuerst vom Hund, dann von der Katze und schließlich von seinem einzigen, kostbaren Pferd, daß sie ihm Wasser bringen sollen. Da sie nicht sogleich gehorchen, schlägt er sie mit seinem Schwert in Stücke. Daraufhin geht die Frau sofort um Wasser, und am folgenden Morgen steht sie, still wie ein Mäuschen, auf, um auf den Befehl ihres Mannes das Frühstück zu bereiten — zur größten Verwunderung ihres Vaters und ihrer Mutter. So wird die Geschichte vom Infanten von Kastilien, J U A N M A N U E L (gest. 1 3 4 7 ) , erzählt. Sie findet sich dann bei S T R A P A R O L A (um 1550) wieder und teilweise bei S H A K E S P E A R E in seiner Komödie mit dem oben angeführten Namen. Heutzutage 1

In SWAHNS unter 425 ABC erwähnter Arbeit wird hervorgehoben, daß SAXOS Erzählung von Syritha möglicherweise hierhin gehört. Nur das Fackelmotiv gehört zu A A R N E 425 (siehe SWAHN, S. 384fr.).

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wird sie in fast ganz Europa erzählt, wenngleich in Formen, die mehr der in SSF I wiedergegebenen schwedischen Variante gleichen als der obigen spanischen Version JUAN MANUELS. Außerhalb Europas gibt es in Persien und Indien möglicherweise ursprüngliche, orientalische Fragmente des Märchens, während die Indianer NeuMexikos die europäische Form wiedergeben. Nr. GS 902. Errungene IJebesbe^eugung Ein Mädchen wird gezwungen, einem alten Mann einen Kuß zu geben, um einen Sack Mehl zu retten. Sie heiratet einen Ritter, der sie dann wegen dieses Kusses verhöhnt. Eine alte Frau richtet es so ein, daß der Ritter sich im Walde verirrt, und zwingt ihn, ihr einen Kuß zu geben, um seinen Hunger zu stillen. Von diesem Märchen sind zwei Varianten bekannt, eine halländische und eine aus Schonen. Die letztere ist gröblich mißverstanden. GS Nr. 903. Der mißachtete Rechen Ein Mädchen war draußen in der Welt gewesen und tut, als ob es seine heimatliche Sprache vergessen habe. Es steht da und denkt darüber nach, wie ein bestimmtes Gerät heißen könne, tritt aber gleichzeitig darauf, so daß es emporfliegt und ihr ins Gesicht schlägt. Da entfällt das Wort ihrem Mund. Dieses Geschichtchen gibt es in Schweden, auf deutschem und slawischem Sprachgebiet. Nr. 910 ABC. Die guten Ratschläge So du ein Zugtier hast, das du lieb hast, gib es nicht in andere Hände. — So du einen guten Freund hast, besuche ihn nicht zu oft. — Nimm kein Weib von weither. — Das sind die Ratschläge eines Vaters an seinen Sohn (910 A), und das Märchen geht darauf aus zu zeigen, wie recht er hat. Von der gleichen Art sind die Ratschläge des Herrn für seinen Diener (910 B), niemals den Weg abzuschneiden, nirgends einzukehren, wo der Mann alt und die Frau jung ist, und eine bestimmte Zeit vor der Tat verstreichen zu lassen, wenn einem der Zorn eingeschossen ist. In einem anderen Märchen begegnen wir einem mehr allgemeinen Rat (910 C), nämlich: die Folgen genau zu überdenken, ehe man eine Handlung ausführt. Gewöhnlich ist es ein Barbier, der bestochen wurde, den Hals des Königs abzuschneiden, und der den Satz auf dem Grunde der Seifenschüssel oder dgl. erblickt. Es ist etwas vom Tonfall des Hdvamdls in mehreren von diesen Ratschlägen, aber nichts desto weniger müssen wir das Vorbild des Märchens im Orient suchen. Es gibt dort eine ganze Gruppe derartiger Märchen. Man kann sie vom Himalaya bis Afrika, aus der ältesten Zeit bis in unsere Tage finden, und sie haben schon im frühen Mittelalter so gut wie alle Länder Europas erreicht, das erste von ihnen sogar Jamaika. Sie haben auch im Ruodlieb aus dem 11. Jahrhundert, in den isländischen Märchen von Heidrek und Häkon Häreksson und in den Gesta Romanorum

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(kurz nach 1300) ihren Platz gefunden. In Schweden wurden 910 A B und C in Schillingdrucke von 1847 bzw. 1852 und 1841 aufgenommen, doch sind sie, wenn auch in anderen Formen, ebenfalls in der mündlichen Überlieferung zu finden. Nr. 921. Antwort in Rätseln Ein Knabe wird von einem vornehmen Herrn befragt, ob er allein daheim sei, was sein Vater und seine übrigen Angehörigen täten, und der Knabe formt alle seine Antworten zu Rätseln. Das Vorbild haben wir in dem altjüdischen Gedicht über Solomon und Markolf, das in Byzanz bearbeitet wurde und von dort schon frühzeitig nach Rußland und Westeuropa gelangte. In Westeuropa trat es, nach allem zu urteilen, schon vor dem Jahre 1000 auf. Es begegnet uns meistens in lateinischer Form (siehe 217) und hat Anlaß zu einer Unzahl von gereimten und ungereimten Volksbüchern und Volksdramen gegeben. In einer Version des hier behandelten Märchens treffen wir auf beinahe die gleichen Fragen und Antworten wie in einem lateinischen Dialog zwischen Salomon und Markolf. Das Märchen, das u. a. von JAN DE VRIES untersucht wurde, ist nun über ganz Europa verbreitet und findet sich auch im Kaukasusgebiet, in Indien, Indonesien, unter den arabischen Völkern und in Afrika. In dem arabischen Märchen Imruu-l-Quais und das kluge Mädchen gibt es Momente, die 812 (Die Rätsel des Teufels), 875 (D isamäreben) und dem hier besprochenen Märchen angehören, und in einem anderen arabischen Märchen aus dem 10. Jahrhundert gibt ein Mädchen ähnliche Antworten wie hier der Knabe. Im übrigen verweisen wir auf 875 (Disamärchen).

Nr. 922. Knifflige Fragen mit Stellvertreter Eine hochstehende Persönlichkeit hat aus Gier einen seiner Untergebenen zu sich bestellt, der ihm mit Einsatz seines Lebens Antwort stehen soll. Aber dieser schickt einen Diener, der in seinen Kleidern, unter seinem Namen und an seiner Stelle auftritt. Der Hochgestellte stellt dem Diener eine Anzahl Fragen, z. B., wie hoch der Himmel oder wie tief das Meer oder wieviel Wasser im Meer sei usw. und schließt in der Regel mit der Frage, was er denke. Die Antwort ist dann, er denke, daß der Diener derjenige sei, den er zu sich bestellt habe. Der antwortende Diener erhält zur Belohnung ein hohes Amt. So ungefähr dürfte das Märchen, das in genialer Weise von WALTER ANDERSON untersucht wurde, in Deutschland oder Italien im 16. Jahrhundert erzählt worden sein. Die älteste Variante haben wir jedoch bei dem arabischen Historiker IBN'ABDILHAKAM (gest. 871), der es wahrscheinlich unter den Kopten in Ägypten aufzeichnete. In der europäischen Literatur ist die Erzählung mit verschiedenen Versionen bereits vom 13. Jahrhundert an im Schwange, und sie wird in literarischer Form fast in allen europäischen Ländern angetroffen. In der Hervararsaga (vor dem Jahre 13 34) tritt die Rahmenerzählung des Märchens durch Gestum Blindis Doppelgänger und Stellvertreter deutlich hervor. Ein Fastnachtsspiel aus dem 15. Jahr-

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hundert hat in Deutschland dem Märchen den Titel Kaiser und Abt gegeben. In Portugal wurde es 1575 (von T R A N C O S O ) aufgezeichnet. Die mündliche Überlieferung hat eine noch größere Verbreitung. Wir finden das Märchen in ganz Europa, wenn auch mit dem Hauptgewicht in dessen nordwestlichem Teil (abgesehen von England), bis zum Kaukasus und außerhalb Europas bei den Türken, Arabern, Kopten, Singhalesen und Indonesiern und schließlich in Amerika. Ein Teil der orientalischen Versionen aus der Gegenwart steht den ältesten, koptischen sehr nahe. In Amerika ist das Märchen teils bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts, teils in den von der englischen Tradition beeinflußten Teilen Nordamerikas häufig, und dort pflegt man es, wie in England, zu singen. Es ist schließlich auch in Brasilien zu finden. In Europa sind die Wege vom Orient her die gebräuchlichen, d. h. sowohl über das maurische Spanien wie auf dem direkten Seeweg nach Südfrankreich und Italien und hierauf über Deutschland teils nach dem Norden, teils nach Rußland. Es kann aber auch ein Weg vom Orient direkt nach Griechenland und den südslawischen Ländern und von dort teils nach Rußland und — selten — nach Westeuropa hinzugefügt werden. Der Weg von Deutschland nach Schweden hat bei den meisten Typen direkt über die Ostsee geführt, bei einem kleineren Teil auf dem Umweg über Dänemark. Die Anzahl der Fragen in den verschiedenen Varianten ist in der Regel drei, es gibt aber insgesamt gegen zwanzig oft wiederkehrende Fragen. Aus verschiedenen Gründen kann man drei Fragen als die ursprünglichen ansehen. Die beiden ersten der ursprünglichen Fragen finden wir bei I B N - ' A B D I L H A K A M . Der König sagt dort zum Töpfer: „Was tut Gott?" und erhält die Antwort: „ E r erniedrigt die Hohen und erhöht die Niedrigen". Dann folgt die Frage: „Wie viele Sterne stehen am Himmelsgewölbe?" mit der Antwort: „Ebenso viele wie Sandkörner in diesem Sack". Diese beiden Fragen beruhen auf alttestamentarischem Grund. Die dritte der ursprünglichen Fragen im Märchen ist ebenfalls von ansehnlichem Alter, wenn auch später auftauchend. Sie lautet: „Wo ist der Mittelpunkt der Erde?" Die Antwort: „Hier, wo wir uns befinden, und wenn du mir nicht glaubst, so miß selbst nach!" Wir finden beides, Frage wie Antwort, in der babylonischen Version des Talmuds (Bekhoroth 8 b) in einem Rätselwettbewerb zwischen Rabbi Josua ben Chananja und dem Weisen aus Athen, spätestens aus dem 6. Jahrhundert. Rabbi Josua lebte etwa 100 n. Chr. Es scheint somit, als ob das Märchen mit seinen Scharfsinnsproben jüdischen Ursprungs wäre. Es dürfte im 7. J a h r h u n d e r t im w e s t l i c h e n O r i e n t , w a h r s c h e i n l i c h in Ä g y p t e n , entstanden sein. Diese ursprüngliche Version endet damit, daß der Antwortgebende sich auf den Thron des Königs setzt, ihm das Haupt abschlägt und die Königswürde behält. Nach Europa — zuerst nach Südfrankreich und Süddeutschland — kam das Märchen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ungefähr um die gleiche Zeit kam es nach Griechenland und hat sich dann von diesen Ländern aus auf den skizzierten Wegen verbreitet. Von speziell christlichem Ursprung ist eine Frage, der wir zum ersten Male im 13. Jahrhundert begegnen: „Wieviel bin ich wert?" mit der Antwort: „29 Silberlinge, da Christus für 30 verkauft wurde". Sie hat jedoch auch Josef gegolten, den

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seine Brüder verkauften. Diese Frage ist seitdem sehr häufig. Dies gilt auch für die oben wiedergegebenen, in den Dialog aufgenommenen Fragen über den Himmel und das Meer. Die Schlußfrage des Dialogs scheint zuerst 15 26 in Italien aufgetaucht zu sein, während die Frage nach der Höhe des Himmels in Deutschland ihren Ursprung zu haben scheint. Außerordentlich interessant ist die kurze und späte Zeit, in der sich neue Versionen dieses kaleidoskopischen und auf die gleiche Weise wie bestimmte Gruppen von Schwänken aufgebauten Zaubermärchens ausbreiten konnten. Nicht weniger als dreimal scheint es durch neue Überlieferungswellen aufgelebt zu sein 1 . Erstmalig geschah dies zu Beginn des 14. Jahrhunderts mit einer ersten Spur um 1350, da nicht nur die Personenreihe, sondern auch die von IBN-'ABDILHAKAM bekannte Frage: „Was tut G o t t ? " umgewandelt wurde. Sie lautet statt dessen: „Wie weit ist es vom Glück zum Unglück ?" mit der Antwort: „Eine Nacht, gestern war ich Hirt, heute bin ich Abt". Das Märchen schließt dann damit, daß er das Amt, das er verteidigt hat, behalten darf, statt wie in den früheren Versionen sich auf den Thron des Königs zu setzen, ihn zu töten und sich die Würde anzueignen. Die zweite Umwandlung vollzog sich um 1500 oder vielleicht etwas früher, mit einer ersten Erwähnung 1526, wobei das Märchen die Gestalt erhielt, die wir im Dialog wiederfinden. Diese Umwandlung betrifft über 60% der aufgezeichneten Varianten. Beim dritten Mal ist die Umwandlung nicht so kräftig, umfaßt aber nahezu die Hälfte sämtlicher Varianten, über fast alle Länder Europas verteilt. Sie scheint nach WALTER ANDERSON knapp vor 1700 begonnen zu haben, mit einer ersten Spur spätestens 1750. Wir wollen die letzte Version die „Sanssouci-Version" nennen. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß sich der Herrscher des Landes über eine Inschrift am Haus des Abtes erzürnt, die angibt, daß dieser „ohne Sorge" sei. Der Herrscher ist in vielen Varianten Friedrich II., dessen Sanssouci 1745—47 erbaut wurde. Diese späte, aber geographisch gesehen durchgreifende Umwandlung ist sehr beachtenswert. I n S c h w e d e n g e h ö r t ein g r o ß e r T e i l des V a r i a n t e n b e s t a n d e s d i e s e m T y p an. Die Fragen wechseln. Die Umwandlungen gehören demnach, im großen gesehen, dem 14., 16. und 18. Jahrhundert an und haben ihren Ausgangspunkt alle in germanischen oder vielleicht romanischen Kulturgebieten. Sie sind um so bedeutungsvoller, als von den 427 mündlichen Varianten des Märchens behauptet werden kann, daß nicht einmal 5 % durch den Stoff von Büchern beeinflußt worden sind. Eigentümlicherweise finden wir in Dänemark, im schwedischen Finnland und in Jugoslawien eine anscheinend auf literarischem Weg entstandene Frage, die aus PLUTARCHS Gastmahl der sieben Weisen herzustammen scheint, in der es darum geht zu wissen, wie das Meer ausgeleert werden kann. Die Frage gibt es auch in orientalischen Versionen der Sieben weisen Meister. Man vergleiche auch 875 (Disamärchen) über Thors Versuch, das Meer auszutrinken. Das Märchen ist in Europa mitunter durch eine englische, später von BÜRGER bearbeitete Ballade mit dem Titel Kaiser und Abt beeinflußt worden. Diese Ballade 1

WALTER ANDERSON nennt in seiner ausgezeichneten Spezialuntersuchung, der wir hier hauptsächlich gefolgt sind, diese Umwandlungen „Umwälzungen".

1 6 Liungman

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mit der Frage: „Wieviel bin ich wert?" ist auch ins Schwedische übersetzt worden und in ein schwedisches Volksbuch von 1820 mit 8 Auflagen bis 1854 und in einen Manuskriptdruck von 1903 gekommen, hat aber nur eine von sämtlichen aufgezeichneten mündlichen Varianten beeinflußt 1 . Nr. 923. „Ich liebe dich wie das Sa/%" Dies sind im Märchen die Worte der jüngsten Tochter an ihren Vater, der darüber so erzürnt, daß er sie verstößt. Bald sieht er jedoch seinen Irrtum ein und begreift, daß ihre Liebe größer ist als die ihrer beiden Schwestern. Das Thema ist durch SHAKESPEARES König Lear allgemein bekannt und kann bis GEOFFREY VON MONMOUTH (um 1135) zurückverfolgt werden. Seine Stellung als Einleitungsmotiv zum Aschenputtelmärchen (510B) ist zweifellos sekundär, aber das Motiv scheint in gewissen Gebieten, besonders in Westeuropa, verwurzelt zu sein. Im übrigen ist das hier behandelte Märchen in West- und Mitteleuropa mit Finnland, Schweden, Italien sowie sporadisch bei den westslawischen Völkern, den Ungarn und Rumänen wie auch in Indien, in Nord- und Südafrika bekannt. Nr. 92} A. „Ich liebe dich wie den Wind" Eine Frau sagt, daß sie ihren Mann so liebe wie den kalten Wind in der warmen Sonne. Erzürnt zieht er von dannen, bereut es aber, als er an einem warmen T a g einen wohltuenden kühlen Hauch auf seinen heißen Wangen fühlt. Dieses Märchen ist eine Analogiebildung zum vorhergehenden. Es ist im 16. Jahrhundert in Deutschland, ferner in Rußland und Norwegen aufgezeichnet worden. Im letztgenannten Land gibt es eine größere Anzahl Varianten, und von dort scheint das Märchen mit seiner ziemlich alleinstehenden, in SSF wiedergegebenen schwedischen Variante nach Jämtland gekommen zu sein.

Nr. 927. Ein %um Tode Verurteilter wird durch Rätsel frei Einem zum Tode Verurteilten wird Gnade versprochen, wenn er dem Richter ein Rätsel aufgibt, das dieser nicht lösen kann. Dies ist die Rahmenerzählung. Das Rätsel, das der zum Tode Verurteilte stellt, wechselt. Oft begegnen wir jedoch der Frage, was das ist, das sieben Zungen in einem K o p f hat. Die Antwort lautet: „ein Vogelnest mit 7 Jungen, in einen Pferdekopf gebaut". Das Märchen steht den anderen Rätselmärchen (812, 875, 921, 922) nahe, scheint aber, der Verbreitung nach zu urteilen, eine mehr nordisch orientierte Nachbildung zu sein. Es ist aus dem ganzen Norden mit den baltischen Ländern sowie aus Deutschland, Flandern, Spanien und England bekannt. Im letztgenannten Land ist es reich belegt und hat von dort, wie THOMPSON zeigt, mehrere Ausläufer nach Nordamerika, von Neu-Schottland im Norden bis zum Mississippi im 1

Fm. o. Ft. 1915 aus Schonen, vgl. Göteborgs Morgonpost 5/7, 21, S. 7.

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Süden. Der Gedankengang ist ähnlich dem, der in der Mitte des 10. Jahrhunderts den zum T o d e

verurteilten

EGIL

SKALLAGRIMSSON v e r a n l a ß t e ,

das

Gedicht

auf

Erich Blutaxt niederzuschreiben, um sein Leben zu retten. Man vergleiche 953 (Lösung des Hauptes). Nr. pßo. Der Uriasbrief Siehe 461 (Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn %u werden). Nr. pßo*. Die Weissagung, Königin (Prinzessin)

werden

Ein König oder Prinz versucht, das einfache und arme Mädchen loszuwerden, von dem ihm geweissagt wurde, daß er es heiraten werde. Bald verwundet er es, bald nagelt er es an einen oder manchmal an zwei Bäume, doch gelingt es ihm nicht, es umzubringen. Schließlich und endlich heiratet er es unwissentlich. A n den Narben erkennt er reuevoll, daß die Weissagung in Erfüllung gegangen ist. Dieses Märchen, das ursprünglich im Verhältnis zu 461 (Die Weissagung, eines reichen Mannes Schwiegersohn \u werden) ganz selbständig zu sein scheint, gibt es in Spanien, Portugal (und möglicherweise in Brasilien), England, Dänemark, auf Island, in Schweden, Finnland, im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus, in Jugoslawien, Griechenland, Annam und im modernen China. Man bemerke das ungewöhnlich große Verbreitungsgebiet. Das Märchen ist jedoch trotz der Größe des Verbreitungsgebietes äußerst selten. Es gibt nur etwa 20 Aufzeichnungen davon. Nr. 9ßß*. Nicht den Donner verhöhnen Ein Mann verwünscht den Donner, als er sieht, wie die Ernte vernichtet wird. Diese auf altem Volksglauben beruhende Sage wird nur in Finnland und in Schweden erzählt, im letztgenannten Land in Södermanland und Norrland. Nr. 940. Rache an einem hochmütigen Mädchen Ein Mädchen hält auf einem Friedhof drei Freier zum Narren. Sie tun sich zusammen und rächen sich, indem sie den Büttel oder einen anderen verhaßten Mann dazu bringen, als vornehmer Herr aufzutreten und sich mit dem Mädchen zu verheiraten. Dieses Märchen ist in Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Finnland, Estland und Rumänien aufgezeichnet worden. Wir finden es schon 1824 unter den schwedischen Volksbüchern, aber in ganz anderer Form als der hier wiedergegebenen. Die Hauptpersonen sind dort Großkaufmann Gollbergs Tochter Marianne, die die Werbung des Revisors „Hämfn]dströms" (bedeutet soviel wie Rachestrom, Anm. d. Übersetzers) ausschlägt, und ein Kaminfeger, der französisch lernt. BÄCKSTRÖM hält das Märchen für ein schwedisches Original. Uns scheint es 16*

244

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eher aus Frankreich importiert zu sein, möglicherweise mit MOLIÈRE als Vorbild. Die Idee kehrt übrigens im Libretto zu M I L L O C K E R S Bettelstudent (von 1 8 8 2 ) wieder. Nr. p/o. Das Rampsinitmärchen Zwei griechische Baumeister, Vater und Sohn, Agamedes und Trophonios, bestehlen den mythischen König Augeias in Elis in seiner von ihnen erbauten Schatzkammer, in der sie einen Stein lose liegenließen. Der König läßt dann auf Anraten von Dädalos eine Falle aufstellen, in der sich der Vater Agamedes fängt. Der Sohn Trophonios schlägt seinem Vater das Haupt ab und flieht zusammen mit seinem Bruder. So ungefähr lautet dieses Märchen griechischer Verfasser, von denen der älteste der aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bekannte EUGAMMON VON CYRENE in Nordafrika ist. Vollständiger wird es von HERODOT (484—425) wiedergegeben. Seine Darstellung (2,121) ist in den Hauptzügen folgende: Die Schatzkammer des ägyptischen Königs Rampsinit wurde vom Baumeister so gebaut, daß ein Stein lose blieb. Auf seinem Sterbebett offenbarte er dies seinen beiden Söhnen. Der König fand seine Schatzkammer bald geplündert; ein Geldgefäß nach dem anderen verschwand, obwohl die Siegel unverletzt waren. Da legte er Fallstricke aus, um die Diebe zu fangen. In einem solchen blieb einer der Brüder hängen, der sofort dem anderen befahl seinen Kopf abzuschlagen und mitzunehmen, damit er nicht erkannt werden könne. Der König ließ hierauf den kopflosen Körper aufhängen, um zu sehen, ob ihn jemand beweine. Die Mutter des Toten befahl trotz allem dem Dieb, den Leichnam des toten Bruders abzunehmen und zu begraben. Der Sohn lud volle Weinsäcke auf einige Esel und tat, als ob der Wein ausfließe. Die Wächter kamen hinzu und soffen sich sinnlos voll, worauf der Sohn den Toten abnahm und den Wächtern eine Gesichtshälfte rasierte. Erzürnt ließ der König alle, die es wollten, seiner Tochter beischlafen. Sie hatte jedoch den Auftrag, ihre Freier dahin zu bringen, ihre gottloseste Handlung zu erzählen. Denjenigen, der von den Schatzkammerdiebstählen berichtete, sollte sie ergreifen und festhalten. Als der Dieb kam, hatte er jedoch den Arm seines toten Bruders bei sich, und das war alles, was die Prinzessin vom Dieb behielt. Da Heß der König bekanntmachen, daß der Dieb seine Tochter zur Gemahlin bekommen solle, wenn er sich melde. Der Dieb kam und wurde als der Verschlagenste aller Ägypter geehrt. Diese Erzählung dürfte im Orient schon früh bekannt gewesen sein, u. a. in Indien, wo wir Fragmente sowohl in der südlichen Version des Pantschatantra als auch im Kathasaritsägara (aus dem 1 1 . Jahrhundert) finden. Im Tripitaka der Chinesen ist sie aus dem Sanskrit in den Jahren 285 und 710 n. Chr. übersetzt worden 1 . Eine der Übersetzungen zeigt deutlich den griechisch-ägyptischen Ursprung. Mit den orientalischen und griechischen Darstellungen als Vorbild wurde die Erzählung dann in die abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister aufgenommen, deren 1

Ch. Tr. 379 und der posthume I V . Teil S. 185 f (vgl. III, 146, Nr. 1). In beiden E r zählungen wird der Dieb mit Buddha identifiziert. V g l . auch Cheng King aus dem Jahr 266 im Bulletin de l'ecole franj. d'extr. or. I V , 4 7 1 .

Zaubermärchen bestgeformte das Dolopathos

245

(um 1 1 8 5 ) v o n JOHANNES DE ALTA SILVA ist. D i e

Erzählung wird in diesen Versionen meistens Ga%a oder Der Ritter und sein Sohn genannt (siehe im übrigen 517). In diesen sind die Fallstricke oft in ein Faß voll Pech umgewandelt, das mitten unter dem Loch in der Schatzkammer aufgestellt wird, und die weiblichen Angehörigen des umgekommenen Diebes sind nahe daran, durch ihren Jammer ihre Verwandtschaft mit ihm zu verraten. Der Bruder beeilt sich, entweder jemanden zu verwunden oder ein Kind in einen Brunnen zu werfen, um das Klagegeschrei zu erklären. Die Weinsäcke werden durch einen Verkleidungstrick ersetzt. Da die Wächter des Enthaupteten in zwei Scharen geteilt sind, eine schwarze und eine weiße, kleidet sich der Bruder auf der einen Seite weiß und auf der anderen schwarz, und es gelingt ihm, sich auf diese Weise durchzuschwindeln. Diese Züge finden sich latent bei HERODOT im Auftreten der Mutter und im Rasieren der einen Gesichtshälfte der Wächter. Ein solches teilweises Rasieren bedeutet an und für sich eine Verhöhnung. Der König der Ammoniter Hanun schändete die Gesandten des Königs David dadurch, daß er ihnen den halben Bart abrasieren und die halben Kleider bis zum Gürtel abschneiden ließ (2. Buch Sam.). Ein allgemeines Ausbieten der Königstochter finden wir in den abendländischen Versionen auch nicht, aber der Dieb nähert sich ihr, und sie zeichnet seine Stirne. E r entdeckt die Heimtücke und macht gleiche Zeichen bei allen anwesenden Gästen. Diesen Zug kennen wir von Ali Baba und die vierzig Räuber aus Tausendundeiner Nacht (954). Anstatt zur Hochzeit mit der Königstochter kommt es oft zu einem sogenannten Gottesurteil, bei dem ein Kind dem Schuldigen ein Messer oder einen Apfel reicht, aber auch dafür hat der Dieb eine Ausrede. Aus den westlichen Versionen der Sieben weisen Meister und teilweise direkt von HERODOT aus hat die Erzählung ihren Weg in die mittelalterliche europäische Literatur und in die Volksbücher gefunden. In Deutschland wurde der ursprüngliche Schatzmeister zum Beutelmacher, in Dänemark zum Schulmeister und in Schweden zum Schuhmacher. Jetzt wird das Märchen zum Teil auf der Grundlage der Volksbücher in fast ganz Europa erzählt, hier und dort mit Hinzufügung eines besonderen Tricks. In Schweden ist es jedoch sehr selten. In den Orient ist wohl eine Anzahl späterer Varianten aus Europa gekommen. Wie wir oben sahen, hat das Märchen dort aber schon frühzeitig Verbreitung gefunden. Bemerkenswert ist eine relativ selbständige, jetzt noch erzählte ägyptische Variante, die das hohe Alter des Märchens in diesem Gebiet verrät. Die modernen Varianten des Orients haben oft Motive aus 1525 (Meisterdiebgeschichten) herangezogen. Das Märchen wird jetzt außerhalb Europas im Osten bis Indonesien mit den Philippinen und im Westen bis zu den portugiesisch sprechenden, von den Kapverdischen Inseln stammenden Negern Massachusetts erzählt. Es gehört offensichtlich der archaisch-klassisch-griechischen Zeit (700—300 v. Chr.) an, und seine älteste Variante stammt, wie wir sahen, aus Cyrene in Libyen. HERODOT gibt ägyptische Priester als seine Gewährsleute an. Wenn man noch hinzufügt, daß auch gewisse Einzelheiten, wie der lose Stein, darauf hindeuten, daß das Märchen in Ägypten entstand, so kann man mit aller Wahrscheinlichkeit das Land am Nil als sein Ursprungsgebiet annehmen.

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Nr. 9// A. Der maßvolle Dieb In der Schatzkammer des Königs wird gestohlen. Dem verkleideten K ö n i g gelingt es, den Dieb ausfindig zu machen und das Versprechen zu erhalten, eines Nachts mitgehen zu dürfen. Als der König zuviel nehmen will, ohrfeigt ihn der Dieb und sagt: „Nimm mit Maßen, der König hat viele Diebe". Dieses Märchen scheint in erster Linie dem nordwestlichen, nördlichen und mittleren Europa anzugehören, hat jedoch Ausläufer nach der Sowjetunion, Ungarn und der nordwestlichen Mongolei. In Schweden wird es in einem südschwedischen Volksbuch aus dem Jahre 1843 von Karl XI. und im nördlichen und nordwestlichen Deutschland und in Ungarn von Friedrich II. oder jemand anderem erzählt, je nachdem die Erinnerung an die betreffende Person fortgelebt hat oder erloschen ist. In Frankreich, Belgien und auf Island ist hingegen Karl der Große die Hauptperson. Wir finden nämlich das Märchen teils in der aus Nordfrankreich stammenden Karlschronik (aus dem 12. Jahrhundert), teils in der isländischen Karla-Magnus-Saga (aus dem 13. Jahrhundert). Der maßvolle Dieb hieß in den älteren Erzählungen Basin oder Elbegast, er wurde dann ein Ritter, hierauf bei HANS SACHS (1541) ein Schwarzkünstler und schließlich Soldat. Die Erzählung über Karl den Großen wird damit abgeschlossen, daß der König durch den maßvollen Dieb vor einem Vergiftungsversuch seines ersten Ratgebers gewarnt wird. Der Name Elbegast kommt auch in Beschwörungen gegen Diebe vor. Er war aller Diebe Meister.

Nr. 9 j2. Die Räuber in der eigenen Höhle gefangen Ein Mann trifft auf seiner Wanderung einen Fremdling und beide erhalten in einer Räuberhöhle Nachtquartier. Der Mann behält die Fassung, überlistet die Räuber während der Mahlzeit, so daß sie sich nicht rühren können oder auf andere Weise machtlos werden, um sie dann mit Hilfe des Gefährten niederzumachen. Der Mann wird reichlich belohnt. Schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts wird aus Augsburg (von DERRER) von einem einzelnen Mann erzählt, der einen Räuber überlistet, indem er so tut, als ob er sich die Hand abhauen ließe. Der Räuber schlägt daneben und verliert seine Waffe. Diese Geschichte wird dann im 17. Jahrhundert über einen Schlächter erzählt. Ein Schlächter, Schinder oder Scharfrichter ist in großen Teilen Deutschlands die Hauptperson des behandelten sagenähnlichen Räubermärchens, und sein Gefährte bei den Räubern ist ein Handwerker. W o das Märchen Deutschland verläßt, handelt es jedoch in der Regel — aber nicht immer — von einem Soldaten, während der Gefährte durch einen oft namentlich genannten König ersetzt wird. Ursprünglich scheint der Held — durch eine Zauberformel oder dergl. — die Räuber „gebannt" zu haben, so daß sie machtlos wurden, aber in Deutschland, Holland, Dänemark und Schweden gießt er ihnen statt dessen heißen Wein, ö l oder Wasser in die Augen. In Schweden ist es jedoch kennzeichnend, daß die Räuber zwischen dem Tisch, an dem sie sitzen, und der (Berg-) Wand festgeklemmt werden, ein Zug, der auch in Norwegen aufgezeichnet wurde. Das Märchen wird im übrigen

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in Frankreich und Italien sowie bei den west-, süd- und ostslawischen Völkern erzählt. Es dürfte in Deutschland während des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Mitunter wird das Märchen romantisch, indem der Soldat in der Person eines von den Räubern gefangenen Mädchens (Prinzessin). seine Braut gewinnt, oder er wird zum Schloß des Königs gerufen, erkennt im König seinen Gefährten aus der Räuberhöhle und wird dessen Schwiegersohn, oder er wird auf eine andere Weise belohnt. Nr. pjß. Lösung des Hauptes Ein alter Abenteurer und Held muß sein gefährlichstes Abenteuer erzählen, um das Haupt seines Sohnes oder seiner Söhne auszulösen. Sie sind angeklagt, ein Pferd des Königs gestohlen zu haben. Das erste Abenteuer, das er erzählt, ist die Sage von Polyphem (siehe 1135/1137), in der er sich selbst zum Helden macht. Im zweiten schildert er, wie es ihm gelingt, ein Kind davor zu retten, von einer Riesin gekocht und aufgegessen zu werden, und wie er sich deshalb unter Leichen an einen Galgen hängen und von dem Riesenweib aus sich Fleischstücke herausschneiden lassen mußte. Das dritte Abenteuer ist die Fortsetzung des zweiten und schildert, wie er selbst nahe daran war, von den Riesenweibern verschlungen zu werden. Das gerettete Kind erweist sich dann als das der Königin. Dies ist der Hauptinhalt des Märchens im Dolopathos, erzählt von JOHANNES DE ALTA SILVA um das Jahr 1185. Wir finden es heutzutage bei den keltischen Minoritäten sowie in Deutschland, Italien und Rumänien und zum Teil im Norden. In den volkstümlichen Erzählungen wurde die Polyphemepisode durch ein anderes Abenteuer mit gespenstischen Katzen ersetzt, die mitunter den Baum, in dem der Held Schutz gesucht hat, ausgraben. In Schweden blieb von dem Märchen oft nichts anderes als die Katzenepisode übrig, die dann oft mit der Pan-Sage vermengt wurde. Die Erzählung davon, daß der Held sich zwischen die Leichen an den Galgen hängt, erinnert an den verfolgten Fuchs, der sich im Roman de Renart zwischen Fuchsfelle hängt. (Vgl. SS Nr. 809.) Von gewissem Interesse ist, daß die frühnordischen Sagas schon im 10. Jahrhundert die im Heereszug zu den britischen Inseln fahrenden Häuptlinge, unter ihnen EGIL SKALLAGRIMSSON (gest. um 983), Lieder (sogenannte „Höfudlausn", d. h. Haupteslösungen) dichten ließ, um ihr Leben zu retten. Man vergleiche 927 (Ein %um Tode Verurteilter wird durch Rätsel frei). Da in der schwedischen Überlieferung auch nicht die Rahmenerzählung erscheint, ist in SSF II nur die Katzenepisode aufgenommen worden. Die keltische Version dieser Episode ist, in gebundene Form gebracht, in ANNIE LIUNGMANS Centunculus zu finden. Nr. 9

Ali Baba und die vierzig Räuber

Eine Karawane mit großen ölkrügen zieht in eine Stadt. In einer Anzahl von Krügen sind Räuber versteckt. Durch List gelingt es einem jungen Mädchen, einen nach dem anderen zu töten.

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Zaubermärchen

Diese aus Tausendundeiner Nacht so bekannte Episode hat ihr Vorbild in einer auf einem ägyptischen Papyrus aus der Zeit der 20. Dynastie1 wiedergegebenen Erzählung, die also der homerisch-mykenischen Zeit, d. h. der ältesten Zeit bis 700 v. Chr. angehört. Nach diesem Papyrus ließ ein Feldherr seine Leute in eine feindliche Stadt heimlich in großen Säcken hineinbringen, von denen behauptet wurde, sie seien ein Geschenk an die Stadt. Wir haben somit ganz einfach eine Parallele zum trojanischen Pferd 2 . In Schweden gibt es das Märchen in einem Volksdruck von 1824, doch wird es nur ausnahmsweise in der mündlichen Überlieferung. angetroffen. Im übrigen verweisen wir auf 676 („Sesam, öffne dich!"). Nr. fijj. Der Räuber als Bräutigam Ein Räuber, der als Bräutigam eines jungen Mädchens auftritt, hat sie in seine Höhle gelockt. Sie versteckt sich und muß sehen, wie ein anderes Mädchen ermordet wird. Sie erwischt den Ring der Ermordeten und kennzeichnet den Weg zwischen der Räuberhöhle und ihrem Elternhaus. Als der Räuber dann zu Besuch kommt, verrät sie ihn unter dem Vorwand, einen Traum zu erzählen, der sich durch den Ring dann als Wahrheit erweist. Dieses Märchen wird in Frankreich, England, den Niederlanden, Flandern, in West- und Norddeutschland, im ganzen Norden und den baltischen Ländern, bei den west-, ost- und südslawischen Völkern, den Ungarn und Rumänen erzählt, mit vereinzelten Ausläufern nach Armenien und Indien. Dazu kommen von T H O M P S O N aufgezeichnete Varianten in den Staaten New York und Virginia. Die älteste Spur haben wir in S H A K E S P E A R E S Viel Lärm um Nichts, wo die Replik Benedikts: „Wie das alte Märchen: es ist nicht so und war nicht so, und wolle Gott nur nicht, daß es so werde", auf dieses Märchen anzuspielen scheint. Im Norden tritt der Räuber oft mit grünem Bart auf (siehe 363). Das Märchen wird hie und da mit 311 (Von einem Riesen ermordet), 312 (Ritter Blaubart) und 900 (KönigHackspecht) vermengt. In Schweden gibt es einen ganz auf G R I M M beruhenden Schillingdruck mit etwa 35 Auflagen zwischen den Jahren 1824 und 1892, dessen Einfluß auf die mündliche Überlieferung jedoch relativ gering war. Nr. p 77. Der Bär verjagt die Räuber Siehe 1161 (Der Bärenführer). Nr. 9 j 8. Das Alphorn und die Räuber Räuber nehmen einen Hirtenknaben (ein Hirtenmädchen) mit seinen Tieren gefangen. Er bittet, ein Lied auf dem Alphorn blasen zu dürfen. Die Dörfler verstehen sein Blasen und kommen zu Hilfe. 1 2

oder von etwa 1600—1000 v. Chr. — W E I L III, 193. Eine andere Parallele mit einem künstlichen Elefanten gibt es im Kathäsaritsägara (siehe Verf. in Bäckahästen II, 144).

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Diese Sage wird in Estland, Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark erzählt. Die älteste schwedische Aufzeichnung befindet sich in BUREUS' Sumlen aus dem Jahre 1651. Die Sage muß von j enem Sagentyp unterschieden werden, in welchem ein Hirtenmädchen lange bei Räubern in Gefangenschaft gehalten wird und worin es ihr schließlich glückt, heimzukommen und den Weg zu kennzeichnen. Auch sie bläst oft das Alphorn, aber öfter verrät sie das Geheimnis, indem sie mit einer Wand oder einem anderen Gegenstand spricht oder indem sie singt. Dieser Sagentyp entspricht E . T . KRISTENSENS Den stjâlne pige (Danske SagnlY, 1556 ff.), während der hier behandelte Typ in seinem Fangede rovere (Danske Sagn IV, 1504—1507) 1 zu finden ist. Den stjâlne pige hat als Sage, wie es richtig ist, keine AARNE-Nummer. Nr. $ 62**. Das Mädchen, das Brot mit Füßen trat Ein Mädchen will seine Schuhe nicht beschmutzen. Es legt Brot auf die Erde, um darauf zu treten, und versinkt dann. Dieses Motiv ist sicherlich auf literarischem Weg aus Deutschland oder Dänemark nach Schweden gekommen. In Südschweden wurde das Märchen nach deutschem Muster in gebundene Form gebracht. Die in SSF wiedergegebene Variante stimmt im Inhalt mit einer 20 Strophen langen in Smâland gemachten Aufzeichnung überein, die der LIUNGMAN-Sammlung angehört. Das Märchen ist von H. C. A N D E R S E N bearbeitet worden. Es wurde in Schweden um die Jahrhundertwende durch die bekannte Strix-Geschichte wiederbelebt, als Eau Athénienne und Eau de Portugal den Kognak als Haarmittel zu verdrängen begannen. Der Perückenmacher fragt den Kunden: „Soll es Haarwasser oder Kognak für das Haar sein?" worauf der Kunde antwortet: „Haben Sie gehört, wie es dem Mädchen erging, das das Brot mit Füßen trat?" Man vergleiche dieses Märchen mit GRIMMS Deutschen Sagen Nr. 233, 235. Nr. 965**. Der Glockewçug der Räuber Die Räuber verstehen es, eine Schnur über den Weg zu spannen und daran eine Glocke zu befestigen, so daß sie hören, wenn jemand des Weges kommt. Diese Sage erzählt man in Schweden, den baltischen Ländern und in Deutschland. Nr. fié/*. Die Spinnwebe schützt den Flüchtling Ein Mann kriecht in eine Grotte, und eine Spinne spinnt ihr Netz über den Eingang. Seine Verfolger glauben daher, daß er nicht dort ist, und kehren um. Diese Sage wird erstmals über Saul und David u. a. von dem arabischen Historiker TABARI (gest. 923) erzählt. Sie wurde auch Mohammed und Jesus zugelegt, besonders im Zusammenhang mit der Flucht nach Ägypten. Sehr häufig war sie auf Malta, in Bulgarien und besonders in Ostdeutschland, von wo sie nach Schweden gekommen zu sein scheint. 1

Gemäß freundlicher Mitteilung von Suomalaisen Kirjallisuuden seura sind die finnischen Varianten in übereinstimmender Weise katalogisiert. Vgl. Sv. L. V, 3, S. 4off. Über das Verraten des Geheimnisses siehe die Note bei 709.

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Nr. pSi*. Die Alten sollen erschlagen werden Ein König befiehlt, daß alle Alten erschlagen werden sollen. Aber ein Sohn versteckt seinen Vater unter der Erde. Als dann das Reich vom Untergang bedroht wird, wird es durch die Ratschläge des Vaters, die der Sohn vorbringt, gerettet. Der Vater wird begnadigt. Ein Fragment dieses Motivs treffen wir bereits in einem Papyrus aus Elephantine von etwa 420 v. Chr. Ahikar ist dort Assarhaddons getreuer und weiser Minister, aber sein Sohn verleumdet ihn. Der König verurteilt ihn zum Tode, doch er kann gerettet und verborgen werden. In einem späteren arabischen Manuskript findet die Erzählung eine Fortsetzung. Dort wird erzählt, wie der König, als Assyrien von Ägypten bedroht ist, seinen für tot gehaltenen Minister wiederfindet und von diesem Ratschläge erhält, die das Land retten. Hiervon sind wesentlich die Ratschläge, wie man ein Schloß in der Luft bauen, ein Seil aus Spreu flechten (siehe 1174) und einen Mühlstein zusammennähen kann (vgl. 653). Bei 1174 (Seil aus Sand drehen) wird erwähnt, daß das Haikarmärchen nach B R U N O M E I S S N E R möglicherweise bis in die babylonische Zeit oder auf etwa 2000 v. Chr. zurückverlegt werden kann. Assarhaddon, König von Assyrien und Eroberer Ägyptens, starb jedoch 668 v. Chr. Diese Jahreszahl bedeutet in diesem Zusammenhang nur wenig. Wichtiger ist, daß das Motiv offensichtlich schon vor dem Jahr 420 v. Chr. in Griechenland bekannt war. H E R O D O T (484—425 v. Chr.) erzählt nämlich im 36. Kapitel des 3. Buches, daß der Perserkönig Kambyses (gest. 522 V. Chr.) seinen vertrauten Ratgeber Kroisos zum Tode verurteilte, daß ihn die Diener aber versteckten, bis Kambyses einige Zeit später von Sehnsucht nach ihm erfaßt wurde. Im 102. Kap. des gleichen Buches gibt er zur größeren Sicherheit eine Erzählung wieder, die unsere Überlieferung ebenfalls nicht unbeeinflußt ließ. Hierin wird geschildert, wie die Inder vor lebensgefährlichen Unternehmungen die Jungen der Kamelweibchen zu Hause lassen, damit die Kamele dann aus eigenem Antrieb ihre Reiter auf schnellste Art zurückbringen. Einen völlig analogen Rat gibt nämlich oft der zum Tode verurteilte Greis in unserem hier behandelten Märchen. In der Alexandersage, die auf Grund alter ägyptischer Sagen um etwa 200 n. Chr. zusammengestellt wurde, wird in Übereinstimmung hiermit von Eselinnen gesprochen, deren Fohlen auf den Rat des angeblichen Verfassers K A L L I S T H E N E S hin zurückgelassen werden, damit die Reiter mit Hilfe der Reittiere den Weg aus der Todesgefahr finden können, die ihnen sonst droht. Das Motiv von den verjagten Greisen beruht auf historischen Tatsachen, wie uns H E R O D O T aus Indien wissen läßt. Zuerst begegnen wir ihm fragmentarisch im Tripitaka in einer im Jahre 472 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzten Sütrasammlung. Das knapp wiedergegebene Motiv wird dort in ein mystisches Land verlegt, das scherzhaft „Werft die Alten raus" (K'i-lao) 1 genannt wird. Dann treffen wir es im Sukasaptati (Nr. 48 ff). Auch dort ist es etwas verblaßt, darf aber deshalb nicht, wie es bisher geschah, in diesem Zusammenhang verschwiegen werden. Ein König wollte so viel Geld als Steuern von seinen Untertanen nehmen, daß es kein Geld mehr auf Erden geben sollte. Er zog daher seinem Volk auf alle 1

Ch. Tr. 400.

Zaubermärchen

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Weise das Fell über die Ohren und ließ seinen widerspenstigen Minister in einen Brunnen stecken, wo er nur Wasser bekam. Alle glaubten, der Minister sei tot, aber von einem Feind vor eine schwer lösliche Aufgabe gestellt, zog der König seinen Minister wieder herauf, fand ihn am Leben und konnte mit seiner Hilfe die fragliche Aufgabe lösen. Eigentümlicherweise lebt das Märchen oder, richtiger gesagt, die Sage von den zum Tode verurteilten Greisen noch jetzt in Indien, China und Japan. Wenden wir uns jetzt nach dem Westen. Schon FESTUS, der im 2. Jahrhundert n. Chr. lebte, sprach davon, daß man einst in Rom die sechzig Jahre alten Männer in den Tiber warf, um sie nicht ernähren zu müssen, bis ein von seinem Sohn verstecktgehaltener Vater dem Land durch seinen scharfsinnigen Rat aus einer schwierigen Lage half. In der Variante von 120 (Den Sonnenaufgang als erster sehen), die wir in dieser Arbeit nach JUSTINUS (XVIII, 3)zitiert haben, finden wir ein ähnliches Motiv aus der Stadt Tyros. Der Rat, wie man es machen müsse, um zuerst den Sonnenaufgang zu sehen, wurde nämlich gerade von einem solchen versteckten, zum Tode verurteilten Vater gegeben. FESTUS und JUSTINUS dürften Zeitgenossen gewesen sein, und ihre Erzählungen haben Vorbilder aus dem 1. Jahrhundert v . C h r . D i e Q u e l l e des FESTUS ist w a h r s c h e i n l i c h VERRIUS FLACCUS, u n d JUSTINUS

scheint sein Wissen von TROGUS geschöpft zu haben. Die unter 875 ('Disamärchen) erwähnte Überlieferungsreihe dürfte von der römischen Überlieferung des FESTUS stammen, eine Reihe, die durch RATHERIUS VON VERONA (10. Jahrhundert), Dolopathos (um 1185), die Gesta Romanorum und das schwedische Disamärchen gekennzeichnet ist. Nach PAUDLER, der besonders „Die Volkserzählungen von der Abschaffung der Altentötung" (FFC 121) behandelt hat, soll die Sage von den zum Tode verurteilten Greisen im alten Griechenland entstanden sein. Ein Blick zurück zeigt jedoch, daß wir nur einen älteren Beleg haben, der die Sage ins Abendland verlegt, nämlich den oben erwähnten von FESTUS. Alle anderen zeigen nach Osten. Dazu kommt, daß PAUDLER die ältesten Quellen, seien es HERODOT oder die Angaben von ELEPHANTINE sowie außerdem BRUNO MEISSNERS Bemerkungen, nicht behandelt hat. Die Möglichkeit einer Herkunft der Sage aus dem vorderen Orient dürfte daher nicht völlig übersehen werden, und das Alter der Sage wird mit Sicherheit zumindest in die archaisch-klassisch-griechische Zeit (700—300 v. Chr.) und möglicherweise weit in die homerisch-mykenische Zeit (vor 700 v. Chr.) verlegt werden können. Wir wollen jedoch gern zugeben, daß die erwähnten älteren Belege nicht ausdrücklich die Tötung wegen hohen Alters geschehen lassen, was für PAUDLER das Wesentliche war, sondern eher auf Grund von Verleumdung.

SCHWANKE ( A A T H IOOO—241 I )

Einführung (Kurze Übersicht über die wichtigste ältere Literatur) Auch auf dem Gebiet der Schwänke finden wir, wenngleich nicht so ausgeprägt, eine gewisse Zusammengehörigkeit 2wischen antikem, antik-orientalischem und europäischem, der Gegenwart angehörigem Märchenstoff. Man kann Motive mit Wurzeln, die bis in die homerisch-mykenische Zeit reichen, nachweisen. Auffallend ist hierbei das Märchen von Poljphem (1137), das noch heute in Europa erzählt wird. Daß die Griechen in Abdera im alten Thrakien gleich uns ihr „Krähwinkel" gehabt haben, dürfte allgemein bekannt sein, und der wohlberedte THEOPHRASTOS VON A T H E N erwähnt schon im 4. Jahrhundert v. Chr. Beispiele weitgehender Dummheit oder Zerstreutheit, um die es sich hier gewöhnlich handelt. Auch im Buch der hundert Erzählungen, des chinesischen Tripitaka, 492 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt, finden wir eine sehr große Anzahl Märchen über Dumme, die teilweise in unserem eignen Repertoir (wie 1201, 1278 und 1310) vorkommen. Das gleiche gilt von bestimmten Teilen der indischen Sammlung Kathasaritsägara aus dem 11. Jahrhundert, in der wir u. a. 1095 und 1278 wiedererkennen. Im übrigen verweisen wir auf die Einleitung zu den Zaubermärchen. Die Schwänke scheinen in den Ländern um das östliche Mittelmeer besonders beliebt gewesen zu sein, wovon hauptsächlich die vielen Erzählungen, die sich an Hodscha Nasreddin knüpfen, Zeugnis ablegen. Diese außerordentlich volkstümliche Possenfigur, manchmal über alle Maßen schlau, manchmal über alle Maßen dumm, vor der ein Bellman oder ein Kalle Scharp völlig verblassen, ist vermutlich in Akschehir in Kleinasien in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Sie hat jedoch sicherlich sowohl Vorgänger als auch Nachfolger gehabt. Es ist interessant zu sehen, wie z. B. die Geschichte vom geschlachteten und wieder auferstandenen Bock, den wir von Thors Abenteuern in der nordischen Mythologie (750 B) kennen, mit dem Namen Nasreddins verknüpft und gleichzeitig damit in einen Schwank verwandelt wurde. Es ist symptomatisch, daß wir in Kleinasien noch immer einen Mittelpunkt für die orientalisch-europäische Überlieferung finden, obwohl es gleichzeitig mit Nasreddins vermutlicher Lebenszeit in die Hände der Türken fiel. Der bedeutende Märchenforscher W E S S E L S K I nennt Hodscha Nasreddin einen türkischen Äsop und „Abderit" in einer Person. Es ist auch W E S S E L S K I S Verdienst, daß uns die Sammlungen des florentinischen Geistlichen ARLOTTO zugänglich wurden. ARLOTTO starb 1484. In Deutschland haben wir die vielen, wenn auch bearbeiteten Aufzeichnungen von H A N S SACHS aus der Mitte des 16. Jahrhunderts sowie JOHANNES PAULIS Schimpf und Ernst aus dem Jahre 1522.

Schwanke Nr. iooo. Der Bursche und der dumme Riese (Teufel) oder „Nicht %ornig werden/" Dies ist die Rahmenerzählung der Serie IOOI — 1 1 2 1 (ausgenommen 1017,1060*, 1074, 1090, 1091 — 1092, 1096) sowie 1 1 5 1 und 1153. Die Erzählung läßt einen Burschen — mitunter den jüngsten von drei Brüdern — und einen Riesen (Teufel oder bösen Menschen) ein Übereinkommen treffen, nach welchem sich der, der zuerst zornig wird, vom anderen die Nase oder die Ohren abschneiden oder Riemen aus seinem Rücken schneiden lassen muß. Das ist am häufigsten. Oft heißt es jedoch nur, daß der Bursche beim Riesen Dienst nimmt, mit ihm zusammen arbeitet oder in Wettbewerb tritt. In den Rahmen wird dann etwas von den angegebenen Nummern eingefügt, die in der Regel nicht als Märchen für sich, sondern als Motive zu betrachten sind, obwohl sie in A A R N E S Typenkatalog ihren Platz gefunden haben. Gewisse Stoffe sind jedoch aus der Serie der Krähwinkelgeschichten geholt (1200 usw.). Auch der Rahmen des Märchens vom Starken Hans (650) wird von einem ähnlichen Arbeitsübereinkommen gebildet. Die übliche Übereinkunft ist dort jedoch, daß der Bursche am Ende der Dienstzeit seinem Herrn eine Ohrfeige geben darf. Einen anderen Rahmen finden wir — so seltsam es klingt — in dem sehr alten Märchen vom Tapferen Schneiderlein (1640), in das mehrere hierher gehörende Motive eingefügt wurden. Die Rahmenerzählung von dem, der zuerst zornig wird, hat eine ausgedehnte Verbreitung in einem breiten Landstreifen, im Westen begrenzt von Spanien und Irland und im Osten von Kleinasien und der Sowjetunion, hat aber vereinzelte Ausläufer bis nach Indien, Zentralasien, Indonesien, Nord- und Südamerika. Ungefähr die gleiche Verbreitung haben auch die Varianten des Tapferen Schneiderleins (1640), die hierhergehörende Motive aufgenommen haben. Die Vorbilder zur Serie vom Burschen und vom dummen Riesen finden wir an verschiedenen Stellen. Die Impulse hierzu können wir in der humoristischen Art finden, die beispielsweise in den Mythen von der großen Schlange Illuyanka zum Ausdruck kommt, die mit allen ihren Jungen bei einem Festmahl vom Gott Inara 1 regelrecht trunken gemacht wird, und zwar so volltrunken, daß sie sich nicht mehr in ihre Höhle begeben kann und von den Göttern gebunden und getötet wird. Die Methode kommt übrigens noch in einem rumänischen Märchen und bei den Juden bei ASMODÄUS vor. Andere Vorbilder haben wir bei HOMER, Z. B. im Polyphem-Motiv, und schließlich in den Erzählungen vom Starken Hans (650). Der dumme Riese oder Teufel ist ein Gegenstück zu den im Orient schon in der Avesta-Zeit bekannten Diven. Wir finden sie besonders in persischen, kaukasischen und kleinasiatischen Märchen. Man betrachtete sie als dumm und stark, und sie glichen dem Teufel oder den Teufeln der europäischen Völker im Aussehen nicht nur völlig, sondern dürften sogar teilweise deren Vorbilder gewesen sein. In Südosteuropa behält der Div manchmal sogar seinen Namen. Auf orientalischem Einfluß beruht es auch, wenn der Bursche — besonders im süd-

1

= Indra der Inder (also ein Gegenstück zu Thor). V g l . Verf. in Bäckahästen II, 138.

Schwanke

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liehen und östlichen Mitteleuropa — nicht bei einem Riesen oder Teufel, sondern bei einem Geistlichen in Dienst geht. Im Norden ist der Widerpart des Burschen in der Regel ein Riese.

Nr.

IOOI.

Die verzauberte Axt

Dieses Motiv ist offensichtlich selten und wurde nur in Schweden und Finnland festgehalten. Nr. 1002. Der Bursche verstört, verkauft oder veruntreut das Eigentum des Riesen Dieses Motiv gibt es in Spanien, Flandern, den Niederlanden, Norddeutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland.

Nr. iooß.

Tiere und Geräte zerstückelt

Der Bursche soll durch den Hund 2um Essen gerufen werden, jagt ihn aber heim und schlägt T i e r e u n d G e r ä t e in Stücke, um sie auf den zugewiesenen Plätzen unterzubringen. Dieses Typenmotiv ist von Irland und Spanien bis hinunter nach Afghanistan verbreitet. Es gehört in erster Linie dem Starken Hans (650) an und ist besonders bei den keltischen Minoritäten, bei den Litauern und Griechen beliebt, ist aber auch nach Massachusetts und Brasilien gekommen.

Nr. 1004. Die Schwänze der Tiere abgeschnitten Der Bursche schneidet die Schwänze der Tiere, die er pflegen soll, ab und steckt sie in einen Sumpf. Der Riese glaubt, daß die Tiere ertrunken seien, der Bursche aber hat sie zu sich nach Hause gebracht. Dieses Motiv, das schon im 16. Jahrhundert bei HANS SACHS belegt ist, ist so gut wie über ganz Europa und im Osten bis nach Sibirien und Indonesien verbreitet. Es hat auch Nord- und Südamerika erreicht, wo es u. a. bei den Micmac-Indianern an der Ostküste Kanadas, in Süd-Carolina, auf Jamaika, in Porto Rico und in Brasilien (vgl. 1696) zu finden ist. In Afrika begegnen wir ihm als Fabel, besonders gegen die Ostküste zu und am Viktoriasee. Es kehrt mitunter in 1525 (Meisterdiebsgeschichten) wieder.

Nr. 100/. Eine Brüche bauen Der Bursche bekommt den Auftrag, auf irgendeine Weise e i n e B r ü c k e z u b a u e n oder einen Tümpel aufzufüllen. Er tut dies, indem er das Vieh des Riesen schlachtet und es zur Füllung verwendet. Dieses Motiv scheint vorzugsweise nordisch zu sein, ist aber auch auf spanischem, niederländischem, norddeutschem und westslawischem Gebiet und bei den keltischen Minoritäten belegt.

Schwänke

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Nr. 1006. Ein Auge auf etwas werfen Der Bursche erhält den Auftrag, „ e i n A u g e a u f e t w a s z u w e r f e n " und tut dies buchstäblich, nachdem er das Vieh geschlachtet hat, deren Pflege ihm übertragen worden ist. Dieses Motiv gehört eigentlich zu den Krähwinkelgeschichten (siehe auch 1685: Ein Bock an Stelle der Braut). Wir finden es jedoch auf keltischem, englischem, deutschem, französischem, italienischem, süd-, west- und ostslawischem Sprachgebiet wie auch im Norden mit den baltischen Ländern. In Deutschland ist es schon im 16. Jahrhundert belegt. Nr.

IOOJ.

Das Vieh des Riesen vernichtet oder verstümmelt

Manchmal findet der Bursche andere Wege, um das V i e h des R i e s e n zu v e r nichten oder zu v e r s t ü m m e l n . Einmal legte er die Hündin Humla anstatt Hopfen 1 in das Dünnbier. Zu diesem wie zum vorigen Motiv verweisen wir auf 1685. Solche Erzählungen sind von Griechenland im Süden bis Skandinavien im Norden, von Frankreich, Spanien und den Niederlanden im Westen bis nach der Sowjetunion im Osten bekannt. Das Motiv gibt es bei P E R R A U L T . Außerhalb Europas hat es durch die portugiesisch sprechenden Neger von den Kapverdischen Inseln u. a. Massachusetts erreicht. Nr. 1008. Ein Eicht anzünden oder ein Haus bemalen Der Bursche bekommt den Auftrag, ein L i c h t anzuzünden oder ein Haus r o t zu malen. Er zündet das ganze Haus an.— Das Motiv findet sich vorzugsweise in Dänemark, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern sowie in den Niederlanden, in Norddeutschland und der Sowjetunion. Nr. 100p. Siehe 1653 ABC (Die ausgehobene Tür). Nr. 1010. Ein Haus reparieren Der Bursche soll das H a u s r e p a r i e r e n ( p u t z e n ) , zerstört es aber auf alle erdenkliche Weise. Dieses Motiv ist in Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern, im ehemaligen Westpreußen, in Flandern und Spanien festgehalten worden. Nr. 1012Iiß. Kinder und Mutter des Riesen baden Der Bursche soll die K i n d e r oder die Mutter des R i e s e n b a d e n o d e r sie warm halten. Er wäscht die Eingeweide oder dgl. der Kinder oder der Alten oder setzt sie auf einen brennenden Strohhaufen. — Das erste dieser Motive ist in Europa 1

Schwedisch: humle (Anm. d. Übers.).

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Schwätike

auf dem ungefähr gleichen Gebiet wie die Rahmenerzählung Nicht Hürnig werden verbreitet, wenn auch spärlicher belegt. Das letztere dürfte hauptsächlich Skandinavien angehören, scheint aber heutzutage in Schweden in Vergessenheit geraten zu sein. Es kommt nur in B O N D E S O N S Halländska sagor vor, kehrt jedoch in Amerika (siehe 1696) und in Afrika (über Uhlakaniana, siehe 1635*) wieder. Nr. 1017. Den Wagen teeren Der Bursche soll den Wagen teeren und teert ihn außen und innen. — Hier stehen wir vor einem Eulenspiegelmotiv (vgl. 1635*), das in Schweden Bellman zugeschrieben wird. Daß es gleichzeitig in den baltischen Ländern zu finden ist, zeigt nur, daß sein Ursprung vermutlich in Deutschland liegt, wo es auch aufgezeichnet worden ist. Nr. 102p. Im Dienst bis der Kuckuck schreit Der Bursche soll im Dienst bleiben, bis der K u c k u c k schreit, d. h. bis zum Frühjahr, aber die Riesenfrau verkleidet sich schon am folgenden Morgen als Kuckuck und schreit. Da erschießt sie der Bursche. — Dieses Motiv scheint in Europa die ungefähr gleiche Verbreitung zu haben wie die Rahmenerzählung Nicht %prnig werden. Im Orient finden wir ein Gegenstück im &ukasaptati (Nr. 45), aber die Handelnden sind dort eine Hetäre, ein Brahmane und eine Kupplerin, die die Rolle der Riesenfrau spielt. Im Westen hat das Motiv durch die portugiesisch sprechenden Neger von den Kapverdischen Inseln Massachusetts erreicht. Nr. ioßo. Halbpart Der Bursche und der Riese wollen Halbpart machen. Im ersten Jahr soll der Bursche das bekommen, was über der Erdoberfläche wächst, und der Riese das, was darunter ist, und da bauen sie Getreide. Im folgenden Jahr wollen sie umgekehrt teilen, und da bauen sie Rüben. — Dem Gedanken dieses Märchens, dem K A A R L E K R O H N und J . H A C K M A N N ihre Aufmerksamkeit schenkten, begegnen wir in einer alten Fabel Ä S O P S , die übrigens 1603 in Schweden gedruckt wurde. Die Fabel lautet: Ein Wandersmann bittet Merkur um Hilfe und verspricht ihm, wenn er erhört wird, die Hälfte von allem, was ihm begegnet. Er findet einen Sack voll Datteln und Mandeln. Am Ziel angelangt, gibt er Merkur die Kerne der Datteln und die Schalen der Mandeln. In der auszugsweise angeführten Form finden wir das Motiv zuerst bei dem spanischen Infanten J U A N M A N U E L (gest. 1347). Daß er, seiner Gewohnheit treu, aus orientalischen Quellen geschöpft hat, können wir vermuten, aber nicht beweisen. Seine Version ist moralisierend, und die Heiligennamen in den volkstümlichen französischen Darstellungen lassen uns annehmen, daß das Motiv den im Mittelalter so populären Sammlungen, sogenannten Predigtbeispielen, einverleibt wurde. Bäuerlich-volkstümlich ist jedoch die französische Version von R A B E L A I S (etwa 1490—1553). Hierin wird der orientalische Einschlag eindeutig durch einen

Schwanke

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obszönen Abschluß erkennbar, der im Kathäsaritsägara (etwa 1000 n. Chr.) vorkommt. RABELAIS sagt selbst, daß dieser Abschluß aus persischen Gepflogenheiten stammt. Er ist an das in seine'Version eingeschobene Märchen vom Burschen, der mit dem Teufel um die Wette kratzen sollte (1095), angefügt. Das Alter der Varianten mit dem Halbpartmotiv, die man im Orient gefunden hat, kann nicht mit Bestimmtheit festgelegt werden. Die europäische Überlieferung scheint unter allen Umständen von den oben erwähnten romanischen Versionen mit Teufel und Heiligen als Hauptpersonen ausgegangen zu sein. Man kann die Fäden von Nordfrankreich aus teils über die Niederlande nach Dänemark, Norwegen, Schweden und das schwedisch sprechende Finnland, teils über Deutschland auf der einen Seite nach den baltischen Ländern, der Sowjetunion und Finnland, auf der anderen Seite zu den west- und südslawischen Völkern, Ungarn und Rumänen verfolgen. Ausläufer können in Italien, Spanien, Portugal, Algerien, Armenien, Indien und Indonesien und vereinzelt bei den Indianern Nordamerikas u. a. in NordCarolina festgestellt werden. Die Zusammenstellung mit 1095 (Um die Wette kratzen) und der oft damit eng verbundene obszöne Abschluß RABELAIS' ist ganz oder teilweise in Deutschland und Holland sowie bis hinauf nach Dänemark anzutreffen. Die Heiligennamen finden wir noch u. a. in Schweden und Finnland sowie bei den südslawischen Völkern. In den baltischen Ländern, in Finnland und in großen Teilen der Sowjetunion ist das Märchen von der Ernteteilung der Tiere (9 B) beeinflußt worden, dessen Muttermärchen es ist. Dadurch wurde der Bär an Stelle des Teufels zum Gegenspieler des Burschen. Auf deutschem, dänischem und besonders westslawischem Sprachgebiet tritt oft „das böse Weib" als Widersacher des Teufels auf. Das Verbreitungsbild des Märchens ist für die Beurteilung der Frage wichtig, auf welche Weise solche Namen wie Mickel (für den Fuchs) und Josse (für den Hasen) entstehen konnten. (Siehe 9 AB.)

Nr. ioßi Der Bursch und der Riese sollen dreschen. Der Bursche findet, daß die Dreschflegel zu klein sind, und er will keinen anderen als den Dachbalken haben, aber da drischt der Riese nicht länger mit. — Dieses Motiv findet sich relativ häufig in 650 (Der starke Hans), es steht aber auch 9 B (Die Ernteteilung der Tiere) nahe. In Europa scheint es hauptsächlich Dänemark, Norwegen und Finnland anzugehören, ist aber auch auf keltischem und westslawischem Sprachgebiet belegt. Es hat außerdem vereinzelt Indonesien und die Indianer Nordamerikas erreicht. Nr.

ioßj*

Der Bursche soll den Stall rein halten und sieht sich veranlaßt, einen Pfropfen in den Ochsen zu schlagen. Als der Riese nachsehen will, was los ist, fliegt ihm der Pfropfen an den Kopf. —Dieses Motiv, das in gewissem Grad der Sage von Herkules im Augiasstall gleicht, ist aus Frankreich und den Ländern um die Ostsee bekannt. Das Säubern des Stalles gehört auch zu den Aufgaben in 313 (Die magische Flucht). 17 Liungman

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Schwanke

Nr. io}6 Der Buisch und der Riese betreiben gemeinsam Schweinezucht. Bei der Teilung des Ertrages sagt der Bursch, daß er die Schweine gezeichnet habe, so daß seine Schweine Ringelschwänzchen1 hätten, nicht aber die des Riesen. — Das Motiv ist hauptsächlich als nordisch und nordwesteuropäisch anzusehen, ist aber auch in Frankreich und Ungarn festgestellt. Es ist oft mit 1030 {Halbpart) gekoppelt. Nr. 10 ß? Der Bursch und der Riese betreiben gemeinsam Schaf- und Schweinezucht. Von den Schafen bekommt der Riese die Lämmer zum Auffüttern, der Bursch aber die Wolle und die Milch, von den Schweinen bekommt der Bursch die Ferkel, während der Riese das Versprechen erhält, die Borsten schneiden und die Milch nehmen zu dürfen. — Auf diese Weise, wenngleich umgekehrt, kommt das Motiv gemeinsam mit 1030 (Halbpart) beim spanischen Infanten J U A N M A N U E L (gest.1347) vor. Es ist heutzutage hauptsächlich rings um die Ostsee vertreten, mitunter zusammen mit 1036 (Gemeinsame Schweinezucht). Es ist relativ selten. Sowohl 1036 wie 1037 scheinen ihre Wurzel in 1030 zu haben. Nr. 1046 Der Bursch und der Riese spannen ein Seil, um einen B e r g (ein Haus) zu versetzen. Der Riese zieht und kommt unter den Berg (das Haus). — Das Motiv gehört in erster Linie Finnland und Nordschweden an, wird jedoch auch in Ungarn wiedergegeben. Nr. 1049 Als der Bursch den Auftrag erhält, Bäume zu fällen, Wasser zu holen usw., will er so große Geräte haben, daß er den ganzen Wald auf einmal fällen oder den ganzen See auf einmal holen kann. — Dies ist ein weit verbreitetes Motiv. Wir finden es von Spanien, Frankreich und dem Norden bis nach Persien, doch mit deutlichem Schwergewicht in der südöstlichen Hälfte Europas. Etwas verblichene Ausläufer haben Brasilien erreicht. Nr. 10 jo Der Bursch macht seine A x t absichtlich stumpf und tauscht sie gegen die des Riesen aus; da macht der Riese lieber die ganze Arbeit selbst. — Dieses Motiv ist in Nordwestdeutschland, dem Norden mit den baltischen Ländern, aber auch in der Sowjetunion, in Ungarn und Rumänien aufgezeichnet worden. 1

Nur die kräftigen Schweine haben Ringelschwänzchen, bei schwächlichen ringelt sich der Schwanz nicht.

Schränke Nr.

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10//

Der Bursch macht eine unfreiwillige L u f t r e i s e , in der Regel auf dem Wipfel eines herabgebogenen Baumes, der sich plötzlich aufrichtet. Er kommt zurück und schützt vor, daß er etwas holen wollte. — Der Zug ist ziemlich ungewöhnlich, doch findet er sich vereinzelt von Belgien bis zum Kaukasus, besonders auf germanischem Sprachgebiet. Er erinnert daran, wie Theseus den Gewalttäter Sinis tötete. In Schweden begegnen wir dem Motiv am Anfang des 17. Jahrhunderts in einer Andeutung in B U R E U S ' Sumlen (Sv. L. B I). Nr.

10)2

Der Bursch ist darauf bedacht, daß der Riese v o r a n g e h t und das dünne E n d e eines Baumes t r ä g t , während er das dicke Ende tragen soll. Statt dessen setzt er sich bequem zurecht, so daß der Riese ihn und den Baum tragen muß. — Diesen Zug finden wir in Belgien, Luxemburg, Nordwestdeutschland sowie im Norden mit den baltischen Ländern und dem nördlichen europäischen Teil der Sowjetunion. Mitunter wird der Baum durch einen Bottich ersetzt. Nr.

iojy*

Der Bursche läßt den Riesen auf einer u m g e d r e h t e n E g g e oder auf einer Walze fahren. — Dieses Motiv gibt es in Dänemark, Schweden und Finnland. Nr. 1060 Der Bursche tut, als ob ein Käse (Ei) ein Stein sei, aus dem er Wasser ( B l u t ) pressen kann. Der Riese bekommt es mit der Angst zu tun oder nimmt ihn in seinen Dienst. — Dieses Motiv ist ziemlich gleichmäßig über fast ganz Europa von Irland bis zum Kaukasus und im Orient bis Persien verbreitet. Gegenwärtig hat es Indonesien, Nord- und Westafrika sowie sporadisch Nordamerika (Massachusetts) erreicht. Schon bei PLAUTUS (254—184 v. Chr.) treffen wir in dem Drama Persa auf die Wendung „Wasser aus einem Bimsstein zu pressen versuchen". In HEINRICH VON FREIBERGS Tristan (um 1300) holt der als Narr verkleidete Held einen Käse hervor und drückt ihn so fest zusammen, daß die Molke herausrinnt. Nr. 1060*. Eisenstange (Forke usw.) an Stelle der Hand Ein Seemann trifft einen Riesen, und als dieser ihm die Hand reicht, streckt ihm der Seemann eine (glühende) Eisenstange, Forke oder dgl. entgegen, und der Riese glaubt, es sei seine Hand. — Die ganz aus dem Rahmen fallende Erzählung gehört in den Kreis der Sagen, hat aber im übrigen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Polyphem-Motiv (1137). Oft sieht man sie eingefügt in den in 313 AC (Die magische Flucht) oder 428 {Der Auftrag bei der Schwester der Hexe) vorkommenden Zug, daß ein 17*

2ÖO

Schränke

Band um einen Baum oder Busch gebunden wird, der dann aus der Erde herausgerissen wird. Die Sage scheint mit einer alten Nikolauslegende aus dem 9. Jahrhundert zusammenzuhängen, die von JACOBUS DE V O R A G I N E (gest. 1298) wiedergegeben und in Dänemark, Schweden, Deutschland, in den baltischen Ländern, in Polen und Rußland aufgezeichnet wurde. In Schweden begegnen wir ihr in einem Schillingdruck von 1841. Die in SSF II angeführte Erzählung steht diesem Druck sehr nahe. Nr. 1061 Der Bursch gibt dem Riesen Steine zu b e i ß e n , während er selbst Nüsse oder Erbsen knackt. Das Motiv scheint in erster Linie Spanien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, den baltischen Ländern, der Sowjetunion, Polen und Ungarn anzugehören. In Deutschland wird es oft von einem Bären anstatt von einem Riesen erzählt. In seinem Gedankengang ist das Motiv natürlich mit 1060 (Wasser aus Stein pressen) verwandt. Es hat auch Afrika und Amerika erreicht, ist dort jedoch weniger reichlich vertreten. Vgl. 1162. Nr. 1062 Der Bursch und der Riese w e r f e n um die Wette. Der Riese nimmt einen Stein, der Bursch aber einen Vogel, der nicht „herunterfällt". Das Motiv findet sich in fast ganz Europa und im Orient bis Persien, hat aber auch Indonesien, Afrika und Nordamerika (Massachusetts) erreicht. In Schweden ist es bei H Y L T ^ N - C A V A L L I U S verzeichnet und kommt sonst nur in einigen von G R I M M stark beeinflußten Varianten von 1640 (Das tapfere Schneiderlein) vor. Es steht dem folgenden Motiv (1063) sehr nahe. Nr. 1063 Der Bursch und der Riese w e r f e n mit der A x t ( K e u l e ) des R i e s e n um die Wette. Der Bursch droht, sie auf eine vorüberziehende Wolke oder dgl. zu werfen. Der Riese wird unruhig und bittet ihn, das zu unterlassen. — Das Motiv scheint hauptsächlich Frankreich, Norddeutschland, Skandinavien, Finnland, den baltischen Ländern, der Sowjetunion und Ungarn anzugehören, hat aber vereinzelt auch die Indianer Nordamerikas erreicht. In einem schwedischen Märchen versteht es der Bursch, die Axt in einem Sack hinter seinem Rücken zu verbergen. Selbstverständlich steht das Motiv dem vorhergehenden und 1049 sehr nahe. Nr. 1074. Kitta Grau läuft um die Wette Der Teufel läuft mit Kitta Grau um die Wette. Sie und ihre Schwester gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Die Schwester wird an der Ziellinie aufgestellt, und niemand kann sie überholen. Dieses in Schweden häufige Märchen ist eine Parallele zu 275 (Der Wettlauf der Tiere), auf das wir verweisen. Es scheint in der vorliegenden Form außer in Schweden

Scbwänke

in Flandern, Dänemark, Finnland und den baltischen Ländern am bekanntesten zu sein, ist aber, wie wir bei 275 sahen, als Typ betrachtet dem ganzen Erdball angehörig. Es wird — reichlich belegt — nicht nur im fernsten Osten, sondern in ganz Afrika, bei den Indianern und Negern in Nord- und Südamerika, d. h. von Kanada im Norden bis nach Brasilien und Argentinien im Süden erzählt, wobei portugiesischer Einfluß in Massachusetts und Lateinamerika zu bemerken ist. Nr.

1084

Der Bursch und der Riese wetteifern, wer am l a u t e s t e n schreien kann. Der Bursch schlägt den Riesen in die Augen. — In der einzigen schwedischen Aufzeichnung, die dem Motiv nahesteht und vom Verfasser eingesehen wurde, hält der Riese die Hände vor die Ohren und wagt sie nicht fortzunehmen, bevor der Bursch den Mund zumacht (Fm. o. Ft. IX, 22). Das Motiv stimmt also mit dem des Typenkatalogs nicht überein. Das Katalogmotiv ist in Spanien, Norwegen, Finnland, den baltischen Ländern, dem ehemaligen Westpreußen, in der Sowjetunion und Rumänien notiert. Nr.

108j

Der Bursch und der Riese wollen sehen, wer mit dem Kopf ein L o c h in einen B a u m s c h l a g e n kann. Der Bursch hat vorher mit der Axt ein Loch gemacht, aber so, daß es nicht bemerkt wurde. — Das Motiv scheint hauptsächlich Spanien, Skandinavien, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion anzugehören, hat aber vereinzelt sogar die Indianer Nordamerikas erreicht. Eine Anzahl Varianten sind obszön. Nr.

1088

Der Bursch und der Riese wollen sehen, w e r a m m e i s t e n e s s e n k a n n . Der Bursch gibt das Essen in einen Sack unter die Weste, und als sie gründlich gegessen haben, schneidet er ein Loch in den Sack. Der Riese will es ihm gleich tun und schneidet seinen Bauch auf. — Hier haben wir ein Motiv, das bei jung und alt, von den Kelten im Westen bis zu den Indern im Osten, Freude erweckte, aber es scheint im Osten doch wesentlich spärlicher zu sein als im Westen und selbst in Europa. Ähnliche Motive gibt es auch bei den Indianern Nordamerikas. Nr.

10 89*

Der Bursch und der Riese d r e s c h e n um die Wette. Der Bursch siegt, denn er schlägt so, daß das Korn liegenbleibt, der Riese aber drischt so stark, daß es hochspringt. — Dieses Motiv ist in Nordwestdeutschland und Schweden aufgezeichnet worden. Nr.

1090. Der

Erntewettstreit

Ein Mann soll sich mit dem Teufel im Führen der Sense messen. Der Mann erhält von einem alten Weib (Kitta Grau) eine Zaubersense mit der Anweisung, dem Teufel

26z

Schwänke

keine Gelegenheit zum Schärfen seiner Sense zu geben und seine eigene Sense nicht anzusehen. Der Teufel bleibt unwiederbringlich zurück, um so mehr, als er mitunter rund ums Feld mähen muß, während der Mann das Mittelstück mäht. Die Sense war nur ein altes „Widderhorn" (oder dgl.). — Dieses Märchen kommt in Norddeutschland, Dänemark, Schweden und Estland vor. (Vgl. SS IV Nr. 801.) Nr. 1091 ¡92. Tiere, wie er sie vorher nicht gesehen hatte Ein Mann (oder Weib) wird vom Teufel (Tod) nur freigelassen, wenn er ein Zugtier (1091) oder einen Vogel (1092) herbeischaffen kann, das bzw. den der Teufel nie gesehen hat. Der Mann rollt seine Frau in Teer und Federn oder dgl. Motive mit einer solchen Verkleidung scheinen sich besonders in den nördlichen und mittleren Teilen Europas und im daran angrenzenden östlichen Teil gehäuft zu haben, sind aber auch in Spanien, der Bretagne und in Belgien belegt. Sie scheinen mit einer alten Fastnachtsverkleidung zusammenzuhängen, aber diese Aufmachung war auch eine Strafe für Untreue. Sie wird besonders im 16. und 17. Jahrhundert erwähnt, u. a. von H A N S SACHS. (Vgl. 1029, 1382/85.) Nr. iopß. (Siehe Nr. j.) Dieser Typ hat in Schweden in der Regel den gleichen Inhalt wie 7 (Drei Baumarten nennen), wird aber nicht als Fabel erzählt, sondern als Glied der hier behandelten Serie. Das Motiv ist in Schweden, Finnland und in der Sowjetunion aufgezeichnet. Außerhalb Schwedens handelt es sich jedoch meistens darum, eine Frage zu beantworten. Nr. 109; Der Bursch und der Teufel sollen um die W e t t e kratzen. Dieses Motiv findet sich nur ausnahmsweise in Schweden, hat aber außerhalb dieses Landes die gleiche, wenn auch etwas geringere Verbreitung wie das Märchen vom Halbpart (1030). Wir finden es also — an verschiedenen Stellen zusammen mit dem aus diesem Märchen, aus dem Kathäsaritsägara und von R A B E L A I S bekannten obszönen Abschluß — in Frankreich, Belgien, Deutschland, Dänemark, Schweden, Polen, den baltischen Ländern, der Sowjetunion, Finnland sowie bei den südslawischen Völkern, in Italien und Griechenland. Nr. 1096. Mit dem Teufel um die Wette nähen Ein Schneider oder Schuhmacher hat sich dem Teufel verschworen und kann nur loskommen, wenn er sich in der Kunst des Nähens flinker erweist als dieser. Dem Teufel fällt es schwer, einzufädeln, weshalb er einen so langen Faden nimmt, daß er wegen jedes Stiches hinauslaufen muß. Das Motiv ist in Norddeutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Ungarn und Norditalien aufgezeichnet worden. In Rumänien näht man mit Gottvater um die Wette.

Schränke Nr.

263

inj

Der Riese will den Burschen loswerden, der aber hat einen G e g e n s t a n d ( B u t t e r f a ß o d e r d g l . ) an s e i n e r S t a t t ins B e t t g e l e g t . Der Riese glaubt, daß sein Schlag getroffen habe, und ist erstaunt, den Burschen wiederzusehen und ihn sagen zu hören, daß ein Floh, eine Fliege oder ein Baumblatt ihn während der Nacht ärgerte. — Dieser Trick ist schon im 8. Buch SAXOS aufgezeichnet, und zwar in der Sage von Torkil, der nach der Rückkehr von Ütgardaloki einen Stock in sein Bett legt, um die vom König ausgesandten Meuchelmörder irrezuführen. Vielleicht haben wir ihn auch im Gjlfaglnning in der jüngeren Edda (um 1220) vor uns, auch dort in einer Erzählung über Ütgardaloki, aber in einem ganz anderen Zusammenhang. Der Riese spielt hierin die Rolle des Burschen im Märchen und vergleicht Thors Schlag mit dem Fall eines Blattes oder einer Eichel, während anstelle des Butterfasses das Urgebirge den Schlag empfangen muß, der dort tiefe Talsenken verursacht. Einen noch älteren Beleg für diesen Trick haben wir in einer von T A B A R I (gest. 923 in Bagdad) wiedergegebenen Auslegung des 1. Buches Samuelis, 19. Kap., worin im Gegensatz zum Bibeltext ein Sack mit Wein in Davids Bett gelegt und von Saul durchbohrt wird. Der Gedankengang schimmert jedoch im Buch SAMUEL durch, da Saul enttäuscht ist, in Davids Bett eine Puppe mit Ziegenhaar und Kleidern zu erblicken, während es David selbst gelang zu fliehen. SAMUEL lebte etwa 1100 v. Chr., und obgleich einige Jahrhunderte später geschrieben, gehören die sogenannten Bücher Samuelis zu den ältesten Schriften des Alten Testaments. Genetische Zusammenhänge zwischen der Erzählung im Buch Samuel und unserem Märchen sind jedoch keineswegs bewiesen. Das Motiv des Märchens ist nun in England und Spanien sowie bis Persien und Afrika, wo es sogar reichlich belegt ist, verbreitet. Es scheint jedoch in Nordeuropa besonders beliebt zu sein. (Vgl. 311.) Nr.

1116

Der Riese macht einen Versuch, den Burschen zu verbrennen, aber der hat sich anderswo niedergelegt, setzt sich dann in die Asche und möchte gern wissen, warum es so warm war. — Das Motiv ist von Belgien über Skandinavien und Finnland bis Estland aufgezeichnet worden, ist aber auch in der Sowjetunion und der Türkei bekannt. Nr.

inj

Der Riese zeigt dem Burschen, wie er auf einen B a u m klettern soll, den er insgeheim a b g e s ä g t ( a b g e h a c k t ) hat, um den Burschen zu töten. Der Bursch aber zieht an dem Seil, das der Riese mitgebracht hat, so daß der ganze Baum umfällt und den Riesen und sein Weib erschlägt. — Dieses Motiv ist in Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. Nr. 1119 D e r B u r s c h t a u s c h t die K o p f b e d e c k u n g mit d e n K i n d e r n des R i e s e n , so daß der Riese an Stelle des Burschen seine eigenen Kinder totschlägt. — Siehe

264

Schwanke

3 27 B (Die Kinder bei der Hexe: Der kleine Däumling), in das dieses uralte Motiv einging, um später von dort oftmals entlehnt zu werden. Es scheint außerhalb Europas besonders in Afrika und bei den Negern und Indianern Amerikas beliebt zu sein. Nr. 1120 Der Bursch soll helfen, Wasser zu holen, und benutzt die Gelegenheit, das Riesenweib (die Tochter) in den Brunnen zu werfen. — Der Zug ist in Spanien, Schleswig-Holstein, Schweden, in den baltischen Ländern, der Sowjetunion und Ungarn festgehalten worden. Nr.

1121

Der Bursch veranlaßt die Riesenfrau, sich auf den Brotspaten zu setzen, und schiebt sie in den Ofen. Siehe 327 A (Die Kinder bei der Hexe: Hansel und Gretel), aus dem das Motiv entlehnt ist. Nr. ii)o.

Geldbeutel mit hoch

Der Teufel hat einem Mann versprochen, dessen Geldbeutel oder Hut mit Geld zu füllen, wenn er mit ihm zusammenkommt. Der Mann hat jedoch ein Loch hineingeschnitten, so daß der Teufel blank ist. Dieses Märchen scheint auf einer alten Legende über den hl. Benedikt zu beruhen, begegnet uns jedoch zuerst bei HANS SACHS (im Jahre 1549). Es gehört in erster Linie nach Mitteleuropa, hat aber auch die west- und ostslawischen Völker, die baltischen Völker, den Norden und die Bretagne erreicht. Nr. iißi.

Etwas Heißes in den Mund der Waldfrau (des Riesen) schütten

Ein Waldschrat macht sich einem Köhler oder dgl. sichtbar. Der schüttet etwas Heißes in den Mund der Waldfrau. Die Sage ist zweifelsohne mit dem Märchen oder, richtiger gesagt, mit der Sage über Polyphem verwandt, und an beide wurde die bekannte Neuerung: „Selbst brannte mich" geknüpft (1135 und 1137). Von Frankreich ist ein Zweig der Sage nach England und ein anderer nach dem Norden gewandert. In Dänemark scheint die Sage in der Regel das „Selbst brannte mich"-Motiv verloren zu haben. Interessant ist jedoch, daß dieses in Norwegen und Schweden wiederkehrt, u. a. bei dem Lehrer Gustav Adolfs II., B U R E U S , in seinem Sumlen vom Beginn des 1 7 . Jahrhunderts (Sv. L. B. I). Nr.

Läßt sich selbst forttragen

Siehe 311 (Von einem Riesen ermordet). Nr. iißß. Der Riese will stärker werden Siehe 153 (Der Bär will stärker werden).

Schwanke Nr. 113 j und 1137.

265

Polyphem

Ein Seefahrer, der sich Niemand nennt, kommt zu einem einäugigen Riesen, Polyphem, der in einer Höhle wohnt. Der Riese frißt einige seiner Gefährten auf. Da spitzt Niemand im Feuer einen Holzpfahl an und sticht damit dem Riesen das Auge aus. Der Riese ruft den anderen Riesen zu: „Niemand tötet mich!", bekommt aber selbstverständlich keine Hilfe. E r versperrt dann den Eingang seiner Höhle, doch Niemand und seine Gefährten klammem sich an der Unterseite der Schafe des Riesen fest, die sie drei und drei zusammengebunden haben, und entkommen auf diese Weise, obgleich der Riese seinen großen Bock bittet, ihr Versteck zu verraten. So lautet der Hauptzug der Episode in der Odyssee. Den Ursprung des ö s t l i c h e n , aus der homerisch-mykenischen Zeit stammenden Z w e i g e s dieser Sage dürfen wir vielleicht mit O. HACKMANN, der das Motiv in seiner Dissertation untersucht hat, nach Kleinasien verlegen. Im Orient haben wir mehrere nahestehende fragmentarische Varianten, u. a. aus Tausendundeiner Nacht in Sindbads dritter Reise und in Saif al mulük1. Beide werden als ursprünglich dem indisch-persischen Kreis zugehörig betrachtet. EURIPIDES (gest. 406 v. Chr.) nahm in sein Satyrspiel Der Zyklop nur die Blendung auf. Auch OVID und VIRGIL behandelten das Thema. Der Darstellung HOMERS stehen auch mehrere kaukasische und aramäische Erzählungen nahe. E s scheint aber, als ob es neben der homerischen Version im Orient auch Erzählungen gegeben hätte, in denen teils der Held sich in e i n e n S c h a f s p e l z h ü l l t e anstatt, wie bei HOMER, sich u n t e n an den Schafen des Riesen f e s t z u k l a m m e r n , teils der Riese einen Ring erhält, der das Versteck verrät, anstatt daß er den Bock zu sagen bittet, wo der Held versteckt ist. In diesen beiden Formen wird die Sage jedoch auch in ihrem w e s t l i c h e n Z w e i g , d. h. auf dem Balkan und in Osteuropa einerseits, in Spanien, Südfrankreich und Nordwestafrika andererseits erzählt. Der Ring wird in Osteuropa aber oft durch eine Waffe (Axt) ersetzt. Die „Niemand"-Episode ist in beiden Zweigen, dem östlichen wie dem westlichen, vergessen, wenn sie sich überhaupt bei jemand anderem als HOMER gefunden hat. Der westliche Zweig, der eine Version der Sieben weisen Meister begleitet haben dürfte, unterlag um das Jahr 1185 einer Bearbeitung des französisch-lothringischen Mönches JOHANNES DE ALTA SILVA in dessen berühmtem

Werk Dolopathos. Hier kehren die Schafpelze und der sprechende Ring wieder. Für letzteren ist DE ALTA SILVAS Darstellung der älteste niedergeschriebene Beleg. Aber anstatt den zugespitzten Pfahl oder Spieß ( = 1 1 3 7) in das Auge des Riesen zu stoßen, gießt der Held u n t e r d e m V o r w a n d , das A u g e n l i c h t v e r b e s s e r n zu w o l l e n , ( = 1 1 3 5 ) siedendes Wasser hinein. Die Ähnlichkeit mit HOMER war dem gelehrten Mönch kein Geheimnis. E r selbst erwähnte den Namen „Polyphemus". Schon im 13., 14. und 15. Jahrhundert finden wir sowohl auf Island in der Saga Egils undAsmundrs2 als auch in Deutschland Schilderungen, die der Bearbeitung im Dolopathos entsprechen, und für die meisten Varianten sowohl im Norden wie in Nordwest-, Mittel- und Nordosteuropa ist dieses Werk die ursprüngliche Quelle gewesen. 1

2

HENNING 1 : 3 1 und X I I I : 529; WEIL 1 : 3 6 6 . Siehe Bäckahästen I I : 140, 1 4 5 .

Fornaldarsögur Nordrlanda III, Kap. 10, S. 384.

z66

Schwanke

Eigentümlicherweise scheint die „Niemand"-Episode in gewisser Hinsicht in Mitteleuropa wieder aufgelebt zu sein, indem man dem Gegner des Riesen den Namen „Selbst" gegeben hat, wonach er seine Freunde mit den Worten „Selbst brannte mich" oder dgl. vergeblich zu Hilfe ruft. Das Zentrum dieser Neuerung scheint in Lothringen, d. h. der Heimat J O H A N N E S D E A L T A S I L V A S zu liegen, aber dieser Zug hat nicht einmal Italien erreicht, und der Radius ist relativ gering. Doch wurde eine ganze Variantengruppe, in der Hauptsache 1 1 3 1 (Etwas Heißes in den Mund der Waldfrau schütten), aber auch 38,151 und 1 1 3 6 1 , von Frankreich bis ins östlichste Mitteleuropa und bis Finnland teils mit D E A L T A S I L V A S Poljphemsage verschmolzen, teils mit der „Selbst"-Episode ergänzt. Die gegenwärtigen Varianten (in baltischen Ländern, in Finnland und Schweden), die das „Niemand"-Motiv besitzen, sind literarisch beeinflußt. Bemerkenswert ist ferner, daß die Hauptpersonen in der Poljphemsage manchmal weiblich sind (wie in SSF I ) und daß die Ringepisode in der Form, wie sie uns J O H A N N E S D E A L T A S I L V A gegeben hat, keine größere Verbreitung fand. Sie hat jedoch den nördlichsten Teil der europäischen Sowjetunion erreicht. Nr. 1142. Das Pferd kommt in Schwung Ein Riese oder Bauer hat ein träges Pferd. Jemand rät ihm, etwas Schmerzendes oder Brennendes in das Hinterteil des Pferdes zu stecken. Da galoppiert es dahin, und seither hat niemand mehr das Pferd gesehen. Diese seltene Sage ist aus dem Südosten geholt. Sie kommt außer in Schweden bei den Türken, Griechen, Südslawen, Ungarn und Esten vor. Auf französischem Gebiet gibt es in der Haute Bretagne wenn nicht eine Variante, so doch eine ähnliche Erzählung, zu der ein nahestehendes Motiv aus Flandern vielleicht das Zwischenglied bildet. Nr. 1146. Die Mühlsteine Siehe 650 (Der starke Hans). Nr. 1147. Der Riese hört es donnern Er fragt, was das für ein Lärm sei, und bekommt zur Antwort, es sei nur ein Wagen. Dieses Motiv, das dem folgenden nahesteht, gibt es, wenn man hinsichtlich des genetischen Zusammenhanges sicher gehen will, nur in Schweden und Finnland. Nr. 1148 A. Der Riese fürchtet sich vor dem Donner Er bittet, man möchte ihm sagen, wenn es donnert. Er wird irregeführt und vom Blitz getroffen. Dieses halb mythische Motiv gibt es in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland. 1

151 und 1136 sind in Schweden nicht vertreten.

Scbwänke

267

Nr. 1148 B. Das Holen des Hammers Ein Riese hat, während der Himmelsbeherrscher schlief, dessen Donnergerät (Pfeife, Hammer) gestohlen. Die Erde ist nahe daran zu verdorren. Der Herrscher des Himmels tritt dann als Knecht eines Fischers auf und wird gemeinsam mit ihm in die Behausung des Riesen eingeladen, in der Regel zum Dank für geleistete Dienste. Sie werden mit Speise und Trank bewirtet, manchmal gelegentlich eines Totenschmauses oder einer Hochzeit. Als der Riese ihnen prahlerisch seine Schätze zeigen will, bitten sie ihn, auch seine Donnerpfeife sehen zu dürfen. Der Herr des Himmels bekommt sie in seine Hand und bläst so laut darauf, daß die Wohnstätte des Riesen einstürzt. Diese Erzählving bildet das Gerippe für das Lied vom Wiederholen des Hammers in der älteren Edda, das, in der Form eines Volksliedes (Tord av Havsgaard, DgF Nr. 1) wiedererstanden, in Schweden, Norwegen und Dänemark lange gelebt hat. Als Sage ist das Motiv noch in der Gegenwart in Lappland, Finnland, Estland und im ehemaligen Ostpreußen bekannt. Aber nicht genug damit. Man kann seine Spur bis nach Siebenbürgen und in die Bukowina verfolgen. In dem zuletzt genannten Land nahm Elias dem Teufel Donner und Blitz weg. Ähnliche Diebstähle von Naturgewalten waren der antiken Literatur nicht bekannt. Auch eine arabische Variante (aus den Jahren 1215—1363) mit Mohammeds Schwiegersohn als Hauptperson ist bekannt. Die Sage kann der noch lebenden Überlieferung nicht mehr zugesprochen werden. (Vgl. SS I Nr. 101 u. S. 30.) Nr.

I I J I

Der Bursch macht sich ein Paar S c h u h e , die einem R i e s e n p a s s e n , und stellt sie so auf, daß der Riese glaubt,der Bursche sei so groß wie er selbst. — Dieses Motiv findet sich in Schweden und Finnland. Nr.

njß

Im Glauben, daß der Bursch stärker sei, bekommt dieser vom Riesen soviel zum L o h n , wie nicht der Bursch, sondern der Riese tragen kann. — Dieses Motiv scheint Dänemark, Schweden und Norwegen anzugehören.

Nr. 11 jy. Das Gewehr als Tabakspfeife Der Bauer gibt dem Teufel ein Gewehr, das dieser als Tabakspfeife verwendet. Es gibt einen gewaltigen Knall. Der Teufel bekommt Angst, und der Bauer geht frei. Dieses sicherlich relativ junge Motiv gibt es in Schweden, Dänemark, in den Niederlanden, in Deutschland und den baltischen Ländern sowie in Abessinien und Hinterindien. In Ängermanland hat man eine Fabel daraus gemacht, und das Pulver wird direkt in den Tabak des Wolfes gelegt (Sv. L. III, 2:81).

268 Nr. iij$j6o.

Schwanke

Der Teufel (Tote) wird aus dem Spukschloß vertrieben

Ein Jüngling soll eine Nacht in einem Schloß verbringen, in dem es spukt. Er will zum Abendbrot einen Vogel rupfen. Der Teufel (Tote) kann nicht helfen, ohne daß zuvor seine Klauen in einem Schraubstock beschnitten werden. Fest eingeklemmt muß er auf die Bedingungen des Jünglings, u. a., das Schloß nicht mehr zu beunruhigen, eingehen. Der Teufel wird dann aus seiner letzten Stellung verscheucht, als er zwei Frauenbeine direkt aus der Luft auf sich zukommen sieht und glaubt, sie seien der Schraubstock. Letzteres ist sicherlich eine euphemistische Deutung des in 1030 (Halbpart) vorkommenden obszönen Schlußmotivs. Oft werden Züge von 38 (Die Tat%e [der Schwang] in der Klemme) oder aus dem in Schweden nicht vertretenen 151 (Der Bär soll Geige spielen) entlehnt, wobei auch Züge aus 1162 (Der Teufel und der eiserne Mann) zu erkennen sind. Das Märchen kommt in Frankreich, Irland, Deutschland, Flandern, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, in den baltischen Ländern, der Sowjetunion und Ungarn vor. Es ist nicht selten mit Motiven aus 326 (Der füngling, der sieb nicht fürchten konnte) vermengt. Die Hauptperson der Erzählung heißt in Schweden oft Lasse Ryd und muß, nach der mündlichen Überlieferung zu schließen, sehr populär gewesen sein. Als Volksbuch kommt die Erzählung von ihm nur einmal (im Jahre 1884) vor, mit deutlichem Einfluß auf den Stoff der Überlieferung, was auch aus der in SSF I wiedergegebenen Variante hervorgeht. Nr. 1161. Der Bärenführer Ein Bärenführer hat Nachtquartier auf einem Hof bekommen, auf dem sich alljährlich zu Weihnachten Unholde aufhalten. Die Hausbewohner ziehen deshalb aus. In der Nacht kommen die Unholde und werfen dem Bären Fische zu. Als sie aber allzu zudringlich werden, hetzt der Bärenführer den Bären auf sie, so daß sie schnell verschwinden. Im folgenden Jahr fragen die Unholde vorsichtig, ob die „große Katze" noch da sei. Als die Frage bejaht wird, wagen sie nicht mehr, den Hof aufzusuchen. Diese Sage, die u. a. von R. T H . C H R I S T I A N S E N behandelt wurde, ist in Dänemark, Deutschland, der Tschechoslowakei, Polen, Norwegen, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und mit vereinzelten Ausläufern bis nach Perm in der Sowjetunion belegt und dürfte in Dänemark irgendeinmal nach dem Jahre 1060 und vor 1317 entstanden sein. Der Bär scheint ursprünglich ein Eisbär gewesen zu sein. Die Sage steht 957 (Der Bär verjagt die Räuber) so nahe, daß man die beiden kaum trennen kann, wenngleich 1161 von Unholden und 957 von Räubern erzählt wird. Eine nahestehende norwegische Sage läßt die Unholde allweihnachtlich einen bestimmten Hof aufsuchen, bis ihr Anführer einmal von einem der Leute des Hofes erschossen wird. Nr. 1162. Der Teufel und der eiserne Mann Der Teufel wird veranlaßt, seine Hand in den fallengleich aufgesperrten Rachen des eisernen Mannes zu stecken.

Schwanke

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Das Motiv befindet sich in Schweden Seite an Seite mit der Erzählung vom Burschen, der dem Teufel Steine zu beißen gab, während er selbst Nüsse knackte (1061), und dem es damit gelang, eine vom Bösen hart bedrängte Prinzessin zu befreien und zu gewinnen. Es scheint in erster Linie Schweden, Finnland, Estland und der Sowjetunion anzugehören. Mitunter nähert sich das Märchen 1159/1160 (Der Teufel wird aus dem Spukschloß vertrieben).

Nr. 116j. Mit Sand in der Esse schmieden Der Teufel tadelt einen Schmied, der es nicht versteht, mit Sand in der Esse zu schmieden, oder aber er lehrt ihn irrtümlich den Schlich, dessen sich die Schmiede seither immer bedienen. Dieses Märchen ist in Schleswig-Holstein, Dänemark und in Schweden, hier jedoch ziemlich selten, sowie in Finnland, Estland und in der Sowjetunion anzutreffen. Nr. 1164. Die Alte in der Grube Ein böses Weib fällt oder wird von ihrem Mann in eine Grube geworfen, in der der Teufel haust. Der Teufel kann es mit ihr nicht aushalten, sondern macht sich davon und ergreift Besitz von einem schönen Mädchen. Sie kommt mit heiler Haut davon, weil der Teufel erschrocken die Flucht ergreift, als der Mann kommt und droht, die Alte zu holen. Dieses drastische Märchen gibt es in Italien, auf ost- und westslawischem Gebiet, ferner in Rumänien, Ungarn und Deutschland sowie in den baltischen Ländern und in Finnland, woher Spuren von Entlehnungen in Norwegen festzustellen sind. In Schweden ist es als Übersetzung aus dem Deutschen 1842 gedruckt worden und als Schillingdruck 1846 mit dem Titel Prins Joka och hin Onde mit etwa zehn Auflagen bis 1886. Der SchiUingdruck ist mit Namen und allen Einzelheiten ziemlich genau in G U S T . E R I C S S O N S Sörmländska samling im Landsmäl-Archiv in Uppsala 1 wiedergegeben worden. Vielleicht muß man mit dem gleichen Schillingdruck oder der gleichen Überlieferung rechnen, wenn das Märchen einige Jahrzehnte später wieder in Södermanland auftritt 2 . Es ist eigentlich nur der Name Joka, der ausgelassen wurde. Ein Beweis für eine finnische Überlieferung in Södermanland, wie behauptet wurde, ist das Märchen also nicht. Dagegen hat der schwedische Schillingdruck die finnische Überlieferung beeinflußt. Das Märchen hat jedoch auch die in SSF II wiedergegebene schonische Variante von 331:2 (Der Geist in der Flasche) beeinflußt, worin sein Schluß wiedergegeben wird. Da es überdies sagenartig in Värmland vorkommt, ist es nicht ausgeschlossen, daß es der — wenn auch später — schwedischen mündlichen Überlieferung angehört hat. 1

2

12, S. 527. U L M A 881:2 j, S. 305.

Schwanke

Das Märchen hat vermutlich im Orient seinen Ursprung, wo es im &ukasaptati (Nr. 46, 47) wiedergegeben wird. Die Pointe der ersten Erzählung wurde allerdings in Übereinstimmung mit dem gleichen Motiv in 613 (Wahrheit und Lüge) abgeschliffen. Auch in Tausendundeiner Nacht1 findet sich das Märchen, und es wird noch jetzt im Iran erzählt. Es dürfte am wahrscheinlichsten der frühbyzantinischen Zeit (300—1000) angehören. Im 16. Jahrhundert kam es nach Italien und wurde dort literarisch u. a. von STRAPAROLA und MACCHIAVELLI (Belfagor) bearbeitet. Es wurde 1602 in England und 1846 von v. BRAUN dramatisiert. Nr. II6J. Der Alte vom Hoberg Ein Bauer will sein Kind taufen lassen. Er will den Berggeist im Hoberg, den sogenannten Hobergsaiten, nicht gern einladen, wagt aber auch nicht, es zu unterlassen. Der Knecht bringt daher die Einladung sehr artig vor, spricht aber gleichzeitig davon, daß erstens die Jungfrau Maria und dann der Trommelschläger (d. h. Thor) unter den Gästen erwartet werden. Da sagt der Alte vom Hoberg, daß er nicht kommen könne, gibt aber reiche Patengaben. Diese vielleicht mittelalterliche Sage ist in Dänemark, Schweden und Norwegen beheimatet, mit vereinzelten Varianten in Holstein-Lauenburg, Mecklenburg und Österreich. Hoberg oder „Hohe Burg" wird die 37 m hohe Südspitze Gotlands mit ihrer kopfähnlichen Raukbildung (silurischer Kalkstein) genannt. Die Sage scheint ursprünglich von einem „Bjergmand i en höj" (Bergmann in einer Höhe) gehandelt zu haben. „Höjberg" ist ein gebräuchlicher Hofname in Dänemark. Die Sage ist in Schweden schon am Anfang des 18. Jahrhunderts anzutreffen, mit Sicherheit 1763 in einem Schillingdruck, der bis 1904 etwa 60 Auflagen hatte. Dieses Volksbuch wurde dramatisiert und im Königlichen Theater in Stockholm 1836 aufgeführt. Es wurde ins Dänische und Finnische übersetzt. Mehrere der vielen „volkstümlichen" Aufzeichnungen, die gemacht wurden, sind deutlich von diesem Druck beeinflußt. Die Sage ist ein Gegenstück zu der bekannten Sage von den Zwergen, die zur Taufe einluden, und wird in Dänemark auch als Fortsetzung der letztgenannten Sage erzählt. GS 116p. Den Kopf mit dem Teufel tauschen Der heilige Petrus schlägt unvermutet sowohl dem Teufel wie einem alten Weib oder mitunter einem Bewohner Smälands den Kopf ab. Als er es wieder gutmachen will, vertauscht er die Köpfe mit dem allbekannten Ergebnis. Dieses Märchen wird in Europa u. a. in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Deutschland, Flandern, Dänemark (im Jahr 1667), Schweden und den baltischen Ländern erzählt. Außerhalb Europas finden wir eine Variante in Ostindien, von welcher GOETHE den Stoff für seinen Paria (im Jahre 1783) nahm. Die Sage wurde auch von SELMA LAGERLÖF bearbeitet. Bildlich dargestellt finden wir sie schon 1650 in Frankreich. 1

HABICHT 1 : 1 7 2 .

Schwanke Nr.

IIJO.

Kitta Grau im

271

Glasschrank

Ein Mann soll dem Teufel gehören, es sei denn, daß ihm beim Verkauf seiner Waren etwas unverkauft zurückbleibt. Als alles zu Ende geht, setzt er Kitta Grau in einen Glasschrank und bietet sie feil, aber nicht einmal der Teufel will sie kaufen. Dieses Märchen findet sich bei HANS SACHS (16. Jahrhundert), doch ging es damals um d r e i alte Weiber. Es scheint unter den Deutschen, Flamen, Dänen, Schweden, Isländern und Finnen erzählt worden zu sein. In Schweden ist es wahrscheinlich schon in der Zeit Karls X I . bekannt gewesen. Nr.

11/1

Dies ist das erste Märchen einer Reihe, deren Rahmenerzählung uns wissen läßt, daß sich ein M a n n dem T e u f e l v e r s c h w o r e n hatte oder sagt, daß er von einer Menge von Teufeln oder Unholden umringt war, aber dadurch loskam, daß er ihm oder ihnen einen oder mehrere unlösbare Aufträge gab. Die Erzählung dürfte vermutlich in die Zeit der Bücher von der schwarzen Kunst gehören, d. h. hauptsächlich ins 16. Jahrhundert. Die Legendenliteratur beweist jedoch, daß Kontrakte mit dem Teufel in Südeuropa weit eher zu finden waren. Zum Beispiel ist Papst Silvester II. (999—1003), früher Gerbert (Gilbert) d'Auvergne genannt, aus den schwedischen Sagen als Widersacher Kettil Runskes bekannt, der beschuldigt wurde, einen solchen Kontrakt geschlossen zu haben. Im Orient scheint diese Vorstellung noch älter zu sein. Zur Reihe gehören in erster Linie 1 1 7 1 — 1 1 8 0 samt 1182* und 1183**. Wir sind jedoch schon an früherer Stelle analogen Bildungen begegnet. Das erste Motiv der Reihe ( 1 1 7 1 ) läßt einen Mann den Teufel bitten, einen H a s e n ( F r o s c h ) auf einen B a u m w i p f e l zu treiben. Dieses Motiv ist aus Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland bekannt. Nr.

nj2.

Der Teufel bekommt den Auftrag, Steine a u f z u l e s e n (für Wege usw.), was er gewöhnlich in unglaublich kurzer Zeit besorgt. — Das Motiv ist in Dänemark, Schweden und Finnland relativ häufig. Es ist hauptsächlich ein Ergänzungsmotiv. Nr.

1173*

Der Teufel hat einem Mann versprochen, drei Wünsche zu erfüllen. Zuerst wünscht der Mann sich allen Tabak der Welt, und den soll er haben, dann allen Branntwein der Welt, den er auch haben soll; aber dann wünscht er sich noch einen Schnaps dazu, und da ist der Teufel mit seiner Kunst am Ende. Dieses Märchen, das sehr jung zu schein scheint, ist bisher nur in Schweden und im schwedischen Finnland gefunden worden. Nr.

117 4

Der Teufel soll aus Sand ein Seil drehen. Ein altes lateinisches Sprichwort „ex arena funem nectere" ( = aus Sand Taue drehen) und ein griechisches Gegenstück hierzu beweisen das hohe Alter des Motivs.

272

Schwanke

Wir begegnen dem Ausdruck auch in der Edda, wo im Härbardsljöä von Frauen gesprochen wird, die Fallstricke aus Sand drehen, und in dem alten, dänischen Volkslied Hustru og Mands Moder (DgF 84) versucht man Seile aus Sand 2u drehen, um zum Mond hinaufzuklettern. Das Motiv ist im Europa der Gegenwart in Frankreich, England, Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und Estland sowie bei den slawischen Völkern bekannt. Manchmal wird der Sand durch Spreu ersetzt, wie u. a. in BONDESONS Svenska Folksagor und in SSF I I , i960 G . Das ist auch im Orient der Fall. So wird Spreu in einer Erzählung über Josua Ben Chananja (aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.) erwähnt. Das Motiv des Seildrehens ist im Orient jedoch hauptsächlich durch das Märchen vom weisen Haikar oder Ahikar bekannt, das wir — mit oder ohne seinen Namen — nicht nur auf syrischem, äthiopischem und arabischem Sprachgebiet 1 wiederfinden, sondern auch in Tibet und Indien mit Ceylon. Wir können also sagen, daß die Verbreitung des Motivs — selbst wenn es nach GRANBERG jetzt auch in Japan gemeinsam mit dem Motiv von der Tötung der Greise (875, 981*) aufgezeichnet wurde — im großen und ganzen mit der bereits bekannten des orientalisch-europäischen Märchens identisch ist. Um so interessanter ist es, daß ein so hervorragender Forscher wie BRUNO MEISSNER meint, daß die Haikar- oder Ahikar-Sage ursprünglich von den Babyloniern aus der Zeit um 2000 v. Chr. herstammt, nach dem Namen (Ahikar) der Sage zu urteilen, mit kanaanisch-syrischem Einschlag 2 . Auf jeden Fall finden wir Ahikar auf einem Papyrus aus Elephantine schon 420 v. Chr. Haikars Name kommt dann weit in der byzantinischen Zeit im östlichen, besonders im südöstlichen Europa wieder vor. Das Motiv gehört somit der archaisch-klassisch-griechischen oder möglicherweise sogar der homerisch-mykenischen Zeit an. Auf Ceylon geht die Haikarsage in ein Jätaka ein, d. h. in eine der Erzählungen über Buddhas Wiedergeburten. Das Motiv lautet ungefähr wie folgt, wobei zu beachten ist, daß der Name des Weisen Mahosadha ( = der wiedergeborene Buddha) anstatt Haikar ist: Der König will schaukeln. Das Schaukelseil, das aus Sand gedreht war, ist gerissen. Die Einwohner einer bestimmten Stadt müssen ein neues herbeischaffen oder 1000 Gulden bezahlen. Mahosadha beruhigt die Bevölkerung und läßt dem König mitteilen, daß die Leute das Maß des Seils nicht kennen und nicht wissen, wie dick es sein soll, und bittet daher, eine Elle oder, wenn das zu schwierig sei, so doch mindestens vier Daumenbreiten des alten Seils zu bekommen. Dann würde man ein neues drehen. Das im obenerwähnten griechischen Sprichwort angeführte Wort für Seil bedeutet sowohl Seil als auch Maß. Die dem König gegebene Antwort hat daher zumindest in der griechischen Sprache sicherlich einmal nahe bei der Hand gelegen. Ursprünglich dürfte man jedoch nur eine Probe verlangt haben. Viel später ist das Motiv in eine Menge Aufträge übergegangen, die zumeist 'dem Teufel auferlegt werden. In dieser Form sehen wir es zuerst in England im 1 2

Siehe u. a. H A B I C H T XIII ¡71. Auch E. L I T T M A N N unterstreicht in „Tausendundeiner Nacht in der arabischen Literatur", Tübingen 1923, die babylonische Herkunft des Märchens.

Schwanke

273

Jahr 1744. Im übrigen verweisen wir auf 981* (Die Alten sollen erschlagen werden), wo wir anderen aus der Haikarsage entnommenen Motiven begegnen. Nr. IIJJ. Der Teufel soll gekräuseltes Haar glatt machen (oder umgekehrt) Dieses Motiv ist in Dänemark, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern wie auch auf slawischem Gebiet wohlbekannt und erstreckt sich im Osten bis ans Schwar2e Meer, im Süden bis gegen die Alpen und im Westen bis an den Rhein. Es war in Deutschland schon im 16. Jahrhundert zu finden. Manchmal wird das Motiv durch das Verlangen zugespitzt, aus dem Haar eine Nähnadel zu machen. Mitunter (wie in SSF I) wird der Auftrag dem Verschworenen des Teufels gegeben. Nr. 1176 Der Teufel soll den A t e m eines M e n s c h e n e i n f a n g e n und manchmal auch einen Knoten hineinschlingen. — Dieses Motiv ist in Flandern, Norddeutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern und der Sowjetunion verbreitet. Der Volkshumor findet es jedoch nicht drastisch genug und läßt den Teufel oft eine entwischte Blähung einfangen (was wohl das Ursprünglichste war). Nr. 1177*. Der Teufel soll einen bestimmten haut fangen Dieses Motiv steht dem Vorangegangenen nahe und ist mit ihm in gewissen Varianten fast identisch. Außerhalb Schwedens ist das Motiv u. a. in Dänemark und Flandern bekannt. Nr. 117S* Eine Menge kleine Unholde, die rufen, „was sollen wir tun, was sollen wir tun?", bekommen den Auftrag, ein N e t z a u f z u t r e n n e n und den Faden aufzurollen oder es neu zu knüpfen. — Das Motiv ist in Schweden und in den baltischen Ländern bekannt. Nr. 117S** Der Teufel bekommt den Auftrag, einen S c h l e i f s t e i n zu d r e h e n , bis er müde wird. — Das Motiv ist in Schweden und Finnland bekannt. Nr. 117p Der Teufel soll ein leckgesprungenes F a h r z e u g l e e r p u m p e n , versagt aber. — Das Motiv scheint Norwegen und dem Ostseegebiet anzugehören. Nr. 11S0 Der Teufel soll Wasser in einem Sieb holen. — Dieses aus den Märchen von den Danaiden und Die magische Flucht (313) wohlbekannte und sogar als Sprichwort 18 Liuogman

2

Schwanke

74

verwendete Motiv gibt es in christlichen und indischen Legenden, u. a. bei den Kelten und im Tripitaka1. Wir begegnen ihm auch als ägyptischem Ritus. Nach D I O D O R U S SICULUS (1:97, 1. Jahrhundert v. Chr.) holten 360 Priester täglich Nilwasser in einem großen Topf, der Löcher hatte. Das Motiv ist in der Überlieferung der Gegenwart in Spanien, der Schweiz, in Frankreich, England, Dänemark, auf Island und in Schweden, wo es bereits ziemlich ungewöhnlich ist, sowie in Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion bekannt. Es wird überdies in Nordafrika und möglicherweise bruchstückhaft unter den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts erzählt. Wegen des Alters vergleiche man 1248 (Stangen kreuzweise tragen). Nr. 1182. Glattgestrichener statt gehäufter Scheffel Ein Riese borgt einem Bauern aus Mitleid einen gehäuften Scheffel Geldes, als aber die Frist um ist, braucht der Bauer nur einen gestrichenen Scheffel zurückzuzahlen. Er nimmt das Aufmaß weg und gibt den gestrichenen Scheffel zurück. Dieses Motiv ist zwar bis nach Italien gedrungen, gehört aber in erster Linie dem nördlichen, insbesondere dem nordwestlichen Deutschland an. Es scheint über Dänemark nach Schweden und Finnland gekommen zu sein. Nr. 1182* Ein Mann darf mit Hilfe des Teufels kaufen, was er will. Er kauft ein Gut, will aber nur mit Scheidemünzen zahlen. Der Teufel muß Münze um Münze holen. Als der Mann dann noch ein Gut kaufen will, h a t d e r T e u f e l k e i n e S c h e i d e m ü n z e n m e h r und muß ihn freilassen. — Das Motiv scheint nur in Schweden und im schwedischen Finnland vorzukommen. Manchmal sind (wie in SSF I) die Münzen, die der Teufel bringt, so neu geprägt, daß sie entgegen dem Kontrakt Blasen auf die Finger brennen. Nr. 118j*\ Den Namen des Wildbrets mit dem Schuß nennen Siehe 1091/92 (Tiere, wie er sie vorher nicht gesehen hatte). Nr.

fi8ß**

Der Teufel b e k o m m t d e n A u f t r a g , e i n e n H o f z u d ü n g e n und dann das Überflüssige wegzuschaffen. — Dieses etwas ungewöhnliche Motiv kommt außer in Schweden u. a. auch in den baltischen Ländern vor. Nr. 1184. Bezahlung heim letzten Laub oder dgl. Diesen oder entsprechende Zahlungstermine gibt es außer in Schweden in der Bretagne, in Deutschland, u. a. bei H A N S SACHS (im Jahre 1557), in den Alpen1

Ch. Tr. 498 (von 265-316 n. Chr.).

Schwanke

275

ländern und legendenartig in der Sowjetunion. In Schweden kamen 1827—1836 einige Schillingdrucke mit GRIMM und HANS SACHS als Muster heraus, sind aber der schwedischen Überlieferung fremd. Nr. 1184*. Die Brenndauer des Lichtes als Lebenslänge Siehe 332 (Gevatter Tod). Nr. 118/. Die erste Ernte Ein Mann muß den Teufel bezahlen, wenn er seine erste Ernte hält. Er pflanzt daher Ahornbäume (Eichen). (Vgl. Nr. 1184.) Das Motiv ist in Deutschland, Dänemark und Schweden belegt. Nr. 1186. „Der Teufel soll es holen" in Scher£ oder Ernst Ein reicher und pfiffiger Advokat begegnet dem Teufel, der ihm Gesellschaft leistet. Ein Mann, den sie treffen, hat ein so widerspenstiges Schwein, daß er wünscht, der Teufel solle es holen. Als der Advokat nun fragt, warum es der Teufel denn nicht nehme, antwortet dieser, daß das Wort nicht aus vollem Herzen gesagt war, und läßt das Schwein bleiben. Dasselbe tut er bei einem Kind, das von der Mutter gescholten wird. Aber als die Leute dann wünschen, daß der Teufel den Advokaten holen solle, da nimmt er ihn, „denn das", sagt er, „war ein Wunsch aus tiefstem Herzen". Ungefähr so wurde das Märchen um 1230 in Deutschland und Österreich erzählt. Wir begegnen ihm auch frühzeitig in Frankreich und in England bei CHAUCER (gest. 1400) in den Erzählungen des Mönches und noch heutzutage in Irland, Dänemark, Norwegen und Schweden. Das Märchen hat eine Parallele in der Fabel, wo der Wolf an die Stelle des Teufels tritt. Man vergleiche 821 A (Der Teufel holt den Kläger).

Nr. 1199. Das Gebet ohne Ende Ein Mann bittet, daß der Teufel warten möge, ihn zu holen, bis er sein letztes Vaterunser gebetet habe. Der Teufel erlaubt es, aber das Gebet wird nie zu Ende gebetet. Das Motiv dürfte mit dem in Schweden nicht vertretenen 227 (Das Gebet der Gänse) und einer mitunter in 332 (Gevatter Tod) vorkommenden Episode verglichen werden können. Manchmal bittet der Mann jedoch nur, sich fertig ankleiden zu dürfen, und geht dann sein ganzes Leben lang z. B. mit herabgebogenem Stiefelschaft umher. Hier darf auch auf eine Erzählung in Tausendundeiner Nacht verwiesen werden, in der Harmosan sein Leben behalten darf, bis er seinen Becher 1 geleert hat. 1

CHAUVIN 6, 7 2 .

18*

276

Schwänke

Nr. 1200.

Krähwinkelgeschicbten

Hier folgt eine Serie Krähwinkelgeschichten, die die Nummern 1200—1315**, 1317*—1323*, G S 1336—GS 1343 und 1386—GS 1388 umfassen. Schon die alten Griechen hatten ihr Abdera, wie die Deutschen ihr Laienburg oder Schiida haben. In Laienburg wohnten die Laien ( = Narren), und von ihnen handelt auch das „dortselbst" 1597 nach älteren Vorbildern gedruckte Laienbuch, das jedoch schon 1598 unter dem Titel Die Schildbürger (nach der Stadt Schiida, die etwa 100 km südlich von Berlin liegt) herauskam. Schiida bekam dann eine Unzahl Konkurrenten, u. a. „Krähwinkel" aus dem Jahr 1803 (nach K O T Z E B U E S Deutsche Kleinstädter). In der gleichen Art haben die Dänen ihre Molbogeschichten (nach Mols Gerichtsbezirk im Nasentropfen des dänischen Alten). In Schonen sind die sog. Marbogeschichten das Gegenstück dazu. Die Einwohner von Schonen machen sich nicht nur über die Göinger, sondern auch über die Hausierer oder die sogenannten Marbor, die Bewohner von Marks Gerichtsbezirk in Västergötland, lustig. Die Stockholmer waren in alten Zeiten boshaft genug, den Bewohnern von Södertälje solche Beschränktheiten zuzulegen, und gaben ihnen den Namen Täljenarren. Hier haben wir den Namen Krähwinkelgeschicbten und Krähwinkler als Allgemeinbegriffe vorgezogen. Als Rahmenerzählung einer großen Anzahl dieser Geschichten werden 1382/85 (Das dumme Weib Aluta) oder 1408 (Der Mann macht die Arbeit der Frau), auf die wir hinweisen, verwendet. Oft besteht der ganze Rahmen nur aus einer Andeutung, daß sich das Erzählte beispielsweise in Krähwinkel zugetragen habe, und dann kann man so viele Motive hinzufügen wie man will. Teilweise zieht man es aber vor, die Motive zu besonderen Märchen auszubilden. Das erste Motiv der Reihe handelt von einem alten Weib, das Salz sät (1200). — Das Motiv findet sich im Laienbuch zusammen mit der Vorstellung, daß man Schweine dadurch bekommt, daß man sie schlachtet, einsalzt und dann in die Erde legt. Diese Art der „Landwirtschaft" treffen wir bis nach Malta, während man in Belgien und in der Gascogne der Abwechslung halber Nähnadeln sät. Das Säen von Salz ist außer in Deutschland und Belgien in Polen, im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus, in Rumänien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und, wenn auch vereinzelt, in Afrika zu verzeichnen. Am frühesten finden wir es jedoch bei H O M E R . Als Odysseus gleich Hamlet den Wahnsinnigen spielt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sät er auf dem Acker Salz.

Nr.

1201

Man beschließt, das P f e r d , das den P f l u g z i e h t , zu t r a g e n , d a m i t es n i c h t s z e r t r i t t , was bei den Täljenarren dem Beschluß entspricht, den Mann, der die Vögel verjagen soll, zu tragen, damit die Salzpflanzen wachsen können ohne zertreten zu werden. Dieses Motiv scheint einzig den Täljenarren und möglicherweise den Bewohnern von Stembert in Belgien zuzugehören, während das getragene Pferd nach Dänemark, Finnland, den baltischen Ländern und Nordostdeutschland gehört. Ein analoges Motiv gibt es jedoch im Tripitaka der Chinesen im Buch der

Schwanke

277

hundert Erzählungen, im Jahre 492 n. Chr.1 aus dem Sanskrit übersetzt. Hierin läßt sich ein Mann in seinem Bett von vier Männern umhertragen, um nichts niederzutreten, wo er sät. Nr. 120} Ein Fremdling hat eine Sichel zurückgelassen. Die Krähwinkler glauben, daß sie ein Tier sei, das Gras frißt und beißt. Sie nennen sie Krummbiß und versprechen demjenigen eine Belohnung, der sie wegbringen kann. Das Märchen ist besonders in Westschweden, wo wir auch die Benennung Krummteufel finden, häufig vertreten. Der Name „Krummbiß", der kein dummer Name für die Sichel ist, zeigt uns jedoch seine deutsche Abstammung. Bei H A N S S A C H S , der die Geschichte sicherlich kannte, heißt die Sichel Kornbeiß. Das Märchen wird hauptsächlich in Nordwestdeutschland, Schweden, Finnland und Estland sowie im Süden der Sowjetunion und in Mazedonien erzählt. Nr. 120}* Ein Krähwinkler macht sich daran, den Hanf zu mähen, als ob er Heu wäre, anstatt ihn auszureißen. — Das Motiv gibt es nur in Schweden und Finnland. Nr. 1210 Der Alte läßt die Kuh auf dem Dach weiden, während er Schornstein hinabführt, so daß er selbst darin hochgezogen herabfällt. — Wir finden dieses Motiv im deutschen Laienbuch, Schotten, Iren, Tirolern, Belgiern, Holländern und den Völkern der Ostsee, ja, sogar auf der anderen Seite des Atlantik. Nr.

das Seil durch den wird, als die Kuh bei den Gascognern, östlich und westlich

1211

Ein altes Weib in Krähwinkel schlägt eine Kuh tot, denn sie glaubt, diese wolle sie mit dem Wiederkäuen verspotten. — Dieses drastische Motiv scheint in erster Linie Finnland, den baltischen Ländern und Deutschland anzugehören, doch trifft man es auch in Schweden und in Indien. GS 1224 Ein Krähwinkler soll einen Bären festhalten, aber der geht durch. Als der Mann versucht, sich an einem Baum festzuhalten, wird er entzweigerissen. Dieses Märchen ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 122 j Ein Mann verliert seinen Kopf, meistens in einer Bärenhöhle. Die Krähwinkler erinnern sich daran, daß sich sein Bart bewegte, wenn er aß, so daß er früher 1

Ch. Tr. 318.

278

Schwanke

wohl einen Kopf hatte, sagen sie. — Das Motiv gibt es unter den arabisch sprechenden Völkern Nordafrikas — wie es scheint — schon so früh, daß es von dort H A N S SACHS und das Lalenbucb oder, mit anderen Worten, Deutschland im 16. Jahrhundert erreichen konnte. Von dort kam es nach den Niederlanden, nach Skandinavien, Finnland, Rußland mit dem Kaukasus und Rumänien. Nr. 122J Ein altes Weib (alter Mann) klettert einem Eichhörnchen nach, während eine zweite einen Kessel holen will, um es darin zu braten. Die erste fällt sich zu Tode, die andere zerbricht den Kessel. Das Motiv gibt es in Schweden, Norwegen, Finnland und Estland. GS 1229 Ein Wolf, in dessen Höhle ein Jäger gekrochen ist, schlüpft hinterdrein, und der Gefährte des Jägers erwischt ihn beim Schwanz. Die Frage ist, wie lange der Schwanz hält. — Diese Geschichte ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 1241 Die Krähwinkler beugen einen Baum am Strand nieder, damit er trinken kann. Indem sie den Kopf eines Gefährten in eine Astgabel stecken, bekommen sie den Baum herunter, reißen dem Gefährten aber schließlich den Kopf ab. — Das Motiv scheint in den Niederlanden, in Dänemark, Schweden und Finnland daheim zu sein, vielleicht mit Ausläufern nach dem europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus. Manchmal ist das Wässern ausgelassen worden. Nr. 1242 „ Z i e h s t du den, so ziehst du auch den", sagte ein Krähwinkler und legte jedes Mal einen neuen Baumstamm auf, bis das Pferd zusammenbrach. — Dieses zum Sprichwort gewordene Motiv gibt es in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland. Man vergleiche 1248. Nr. 1243 Während der Arbeit bemerken die Krähwinkler, daß man Baumstämme einen Hang hinabrollen lassen kann. Sie tragen alle Stämme hinauf und lassen sie dann, wie es sich gehört, hinunterrollen. — Das Motiv ist in Schweden, Dänemark, Finnland und Estland bekannt. Nr. 124J Anstatt Fenster einzubauen, versucht ein Krähwinkler, das Sonnenlicht in einem Sack ins Haus zu tragen. — Dieses Motiv ist oft in den Rahmen von 1384 (Drei

Schwanke gleich Dumme suchen in der Serie Das dumme Weib Aluta) gefügt. Es kommt in England, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Norwegen, auf Island, in Schweden, Finnland, den baltischen Ländern, der Sowjetunion und Ungarn vor. Nr.

1246

Als in einer Arbeitsgruppe von Krähwinklern einer eine A x t w e g w i r f t , tun das alle anderen auch. — Das Motiv ist von den Flamen, Dänen, Schweden und Finnen aufgezeichnet worden. Nr.

1248

Man hört auch, daß ein Krähwinkler Stämme führen soll und sie kreuz und quer legt, oder er trägt S t a n g e n k r e u z w e i s e . — Die kreuzweise gelegten Stangen finden wir schon in einer griechischen Legende über den hl. Arsenius etwa aus dem Jahre 800. E r erblickte in einem Gesicht einen Mann, der eine zu schwere Last auflud (242), einen anderen, der mit einem zerbrochenen Gefäß Wasser schöpfte (1180), und zuletzt einen dritten und vierten, die nicht durch eine Pforte hindurchkommen konnten, weil sie einige Balken der Quere nach trugen. Das sind die typischen Strafen in der mittelalterlichen Visionsdichtung. Man vergleiche 470 (Der tote Freund und der Bräutigam) und 471 (Die Brücke %ur anderen Welt). Wir erkennen darin den Gedankengang von den Sisyphusarbeiten der alten Griechen wieder. Es hieß, daß die Töchter des Danaos im Totenreich für ihre Bluttaten büßen, indem sie Wasser in ein großes Gefäß mit durchlöchertem Boden schöpfen müssen (1180). Die Namen in diesem Danaidenmärchen deuten auf westorientalischen Einfluß hin. Das Motiv kommt auch in indischen Legenden vor, aber schon ÄSCHYLOS (um 500 v. Chr.) verwendete es in seinem Spiel von den Danaiden. Das Motiv von den Stangen oder Baumstämmen wurde von HANS SACHS erzählt, und es lebt noch jetzt in Deutschland, Rumänien, Dänemark, Schweden und Finnland, ja wir begegnen ihm in der Gegenwart sogar in China. Sowohl dieses als auch das Motiv vom zerbrochenen Gefäß oder vom Sieb wird oft dem Teufel zugelegt. Vgl. 1180. Nr.

i2jo

Ein Mann hängt an einem über eine Brunneneinfassung gelegten Balken. Die anderen hängen sich an, der erste an ihn, die anderen der Reihe nach. Da spuckt der oberste in die Hände, um b e s s e r z u p a c k e n zu können. — Dieses Motiv ist nicht nur nach Spanien, Frankreich, Schottland, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Rußland und Rumänien gedrungen, sondern auch nach Indien, von wo nahverwandte Motive mit leider verlorengegangener Pointe das Tripitaka der Chinesen bereits 416 n. Chr. 1 erreichten. Im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) heißt es, daß der oberste Beifall klatschen wollte, 1

Ch. Tr. 358 (vgl. ebendort III, S. 9).

Schränke

28o

nicht, daß er in die Hände spuckte, um besser zupacken zu können. Das Motiv hat nun sporadisch Afrika und die Indianer Amerikas erreicht. Es wird in Schweden in einem Schillingdruck von 1854 wiedergegeben. Den gleichen Gedankengang gibt es auch in dem in Schweden nicht vertretenen 121 (Das Spiegelbild des Mondes wirdfür einen Käse gehalten). Nr. 1260 Einige Krähwinkler sehen einen vom Feuer gehobenen Kessel stehen und von allein weiterbrodeln. Sie kaufen den „ v o n s e l b s t k o c h e n d e n K e s s e l " , aber als sie entdecken, daß sie betrogen wurden, werfen sie ihn in eine Wuhne. Als sie dann ein brodelndes Geräusch hören, springen sie in dem Glauben, daß der Brei koche, selbst hinein. — Dieses Motiv gehört Italien, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland, dem ehemaligen Westpreußen, den ost-, west- und südslawischen Völkern sowie sporadisch China, Indonesien, Nordund Ostafrika sowie Nord- und Südamerika an. Es wird in einem schwedischen Schillingdruck aus dem Jahr 1854 und in einem italienischen Volksbuch um 1500 wiedergegeben. Über OLAUS MAGNUS und den selbstkochenden Kessel siehe 1539. Nr.

1260**

E i n - N a r r s p r i n g t in den S e e , um F i s c h e zu f a n g e n Siehe Nr. 5 5 2 (und SSF I, 5 5 2 B). Nr.

1261*

Die Alte, die die H e f e in den B a c k o f e n w i r f t , ist in Schweden sprichwörtlich. In Finnland wird das Motiv aber als Märchen erzählt. Nr.

1271A*

Die Alte, die das Haus mit W o l l e w ä r m e n wollte, verbrennt die Wolle im Ofen. — Dieser in Schweden ungewöhnliche Zug hat ein Gegenstück in den baltischen Ländern. Nr.

1276

Ein altes Weib rudert in einem angebundenen Boot, oder zwei Weiber (Hausierer) rudern, indem sie einander ihre Gesichter zukehren. — Dieses Motiv ist in Schweden, Norwegen, Finnland, Rumänien und Indonesien aufgezeichnet worden. Nr.

1277

Ein altes Weib versucht vor einem Wettrudern, das Boot des Gegners zu ermüden, indem sie es im geheimen rudert. — Dieses Motiv gibt es in Finnland, und in Lapp-

Schwanke

281

land entspricht ihm die Alte, die den halben Kirchweg am Abend des Sonnabends ruderte, dann aber heimfuhr, um sich zu Bett zu legen. Nr. 1278 Eine Kirchenglocke oder ein anderer Gegenstand fällt über die Reling, aber die Krähwinkler wissen Rat und schneiden ein Zeichen in die S c h i f f s k a n t e . — Dieses Motiv findet sich in Schweden, Finnland, den baltischen Ländern, Dänemark, den Niederlanden, Irland, England, Deutschland, Indonesien und Amerika und überdies in Indien im Kathäsaritsägara (aus dem 11. Jahrh.) und schließlich im Tripitaka im Buch der hundert Erzählungen, das im Jahr 492 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde 1 . In den beiden letztgenannten altertümlichen Versionen macht der Mann kein Zeichen in die Schiffskante, sondern zieht im Wasser einen Strich oder beobachtet die Wirbel. Nr.

1281

Ein Schiffer verkauft den Krähwinklern eine Katze, die ihre Mäuse fangen soll. Da sie glauben, daß das Tier ein Menschenfresser sei, brennen sie die ganze Stadt nieder, um es zu fangen. — Das Motiv ist mit 1651 (Whittingtons Kat^e) verwandt. Es kommt bereits im Laienbuch vor und ist in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, auf Island, in Schweden, Finnland und den baltischen Ländern aufgezeichnet worden. In Süd- und Mitteleuropa, u. a. bei H A N S SACHS, ist das menschenfressende Tier meistens ein Kalb. Es gibt aber auch ein verwandtes älteres Motiv, das u. a. bei JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240) belegt ist, nach welchem man ein Haus niederbrennt, um die Mäuse oder Fliegen loszuwerden. Die außereuropäische Verbreitung des Motivs fällt in gewissem Grade mit der entsprechenden Verbreitung von 1651 (Whittingtons Kettle) zusammen und kann auch damit verglichen werden. Nr. 1281* Ein Mann nimmt die Stiefel eines Gehängten, aber die Beine gehen mit. Im Nachtquartier bei Krähwinklern will er die Stiefel anprobieren, erschrickt und schleicht sich ohne sie weg. E i n neugeborenes K a l b wird dann b e s c h u l d i g t , den Mann bis zu den S t i e f e l s c h ä f t e n a u f g e f r e s s e n zu haben. Dieses Motiv gibt es nicht nur in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland, wo es mitunter mit 1739 (Der Mann, der mit einem Kalb schwanger ist) kombiniert wird, sondern auch in ganz West-, Süd- und Mitteleuropa einschließlich Böhmen. In Deutschland ist es bereits 1506 (bei B E B E L ) belegt, und in die französische Übersetzung STRAPAROLAS wurde es von L A R I V E Y eingefügt. Nr. 128/ Ein Weib probiert ihrem Alten ein Hemd an und schlägt ihn auf den Kopf oder will diesen ganz abschneiden, anstatt ein L o c h ins Hemd zu machen. — Das 1

Ch. Tr. 255.

Schränke

282

Motiv ist in England und dem ganzen Norden bekannt, besonders im Zusammenhang mit der Rahmenerzählung 1384 (Drei gleich Dumme suchen in der Reihe Das dumme WeibAluta). Nr.

1286

Ein Weib läßt ihren Mann mit beiden Beinen zugleich springen, damit er b e i d e H o s e n b e i n e auf e i n m a l a n z i e h e n kann. — Das Motiv folgt oft der Rahmenerzählung 1384 (Drei gleich Dumme suchen in der Reihe Das dumme Weib Aluta), und es ist in Frankreich, England, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, der Sowjetunion, Siebenbürgen, Dänemark, Schweden, Finnland und Estland bekannt. Nr.

1287

Die Krähwinkler können sich n i c h t a n d e r s z ä h l e n , als dadurch, daß sie mit ihren Nasen Löcher in eine Lehmscholle oder dgl. drücken. — Hier stehen wir vor einem wohlbekannten und weitverbreiteten Motiv. Wir finden es in Indien u. a. bei den Tamulen (über Guru Paramartan), in Deutschland (bereits 1603), England und Frankreich sowie weiter bei den Ungarn, Rumänen und den west-, ost- und südslawischen Völkern, schließlich in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern. Das Motiv scheint nach THOMPSON von Europa aus auch nach Amerika gekommen zu sein. Nr.

1288

Die Krähwinkler nehmen ein Fußbad, können aber nicht feststellen, w e m die v e r s c h i e d e n e n B e i n e g e h ö r e n . Die Besitzverhältnisse werden schließlich dadurch geklärt, daß ein Fremdling jeden nach der Reihe auf die Beine schlägt. — Wir finden dieses Motiv in Indien bei den Tamulen, in Deutschland (im Lalenbuch) sowie in den Niederlanden, in Frankreich, England, Polen, im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus, in Italien, Griechenland, Dänemark und Schweden. Nr. 1290 Die Krähwinkler erblicken ein F l a c h s f e l d und m a c h e n sich d a r a n , in ihm zu s c h w i m m e n . In ungefähr dieser Form wird das Motiv schon von PAULUS DIACONUS (geb. um 720) über die fliehenden Heruler erzählt, aber mit der Hinzufügung, daß sie erbärmlich niedergemetzelt wurden. Wir finden es später in Deutschland, Belgien, Frankreich, bei den süd-, west- und ostslawischen Völkern, in den baltischen Ländern, in Dänemark, Schweden und Finnland. Nr. 1jio. Ein Hummer (Krebs) wirdfür einen Zuschneider gehalten Als man aber den Irrtum entdeckt, wird der Hummer bestraft, indem man ihn ins Wasser wirft. — Dieses Motiv gibt es in England, Flandern, Dänemark, Schweden,

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Finnland, in den baltischen Ländern und der Sowjetunion, in Deutschland schon im 16. Jahrhundert bei H A N S S A C H S . Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Erzählung die europäische Form einer alten, von den Indern gehegten und gepflegten und jetzt in Asien, Afrika und Amerika und teilweise auch in Europa verbreiteten Fabel darstellt, die u. a. im Tripitaka im Buch der hundert Erzählungen, das 492 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde 1 , vertreten ist. Dort will ein dummer Bursche eine Schildkröte strafen und versucht sie zu töten, indem er sie ins Wasser wirft. Das Motiv scheint, wie E S P I N O S A gezeigt hat, zu den Indianern und Negern Amerikas teils von Afrika, wohin es aus Indien kam, teils von Spanien durch dessen Auswanderer und teils vom übrigen Europa aus gekommen zu sein. Man kann sagen, daß es jetzt nicht nur in Amerika und Afrika, sondern auch in Indonesien sehr häufig zu finden ist. Es ist oft mit dem in Schweden nicht vertretenen Märchen The Tarbaby and the Rabbit (175) verbunden. Nr. ißij**.

Ein weißes Pferd und eine Kirche

Einige Kökarbewohner ( = Älandsbewohner) sollen zum Festland fahren, um eine ordentliche Kirche, eine große, weiße Kirche zu sehen. Sie sehen einen weißen Gaul und glauben, er sei die Kirche, weil er weiß ist, doch unterlaufen ihnen auch noch andere Irrtümer. — Dieses Märchen ist im schwedischen Finnland aufgezeichnet worden, besonders auf den Schären von Äbo, wo es in einer geringen Anzahl offensichtlich recht guter Varianten erzählt wird. In Schweden gibt es einige teilweise ziemlich entstellte Aufzeichnungen. Nr. ißi6**.

Zu viel Gewür%

Jemand will Pfeffer oder Senf kaufen und kauft viel zu viel. Diese Anekdote wird von Dummköpfen erzählt oder von jemand, der die Landessprache nicht beherrscht. Wir treffen sie in Schweden und in den baltischen Ländern an. Nr.

1317*

Ein Mann wird von Wespen überfallen und rächt sich dann an (oder flieht vor) einem Mistkäfer. — Dieses Märchen gibt es in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland. Nr. 1319. Von einem Kürbis heißt es, er sei ein Pferdeei Als er in ein Dickicht geworfen wird, springt ein Hase auf, und die Krähwinkler glauben, er sei das Fohlen. — Dieses Motiv ist in ganz Europa (außer auf der Pyrenäischen Halbinsel) wie auch in der asiatischen Türkei, in Armenien, Indien und 1

Ch. Tr. 334.

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China bekannt. In Amerika erzählt man es in Virginia. In Deutschland kennt man es seit dem 16. Jahrhundert, wenn es damals auch darum ging, ein Kalb aus einem Käse auszubrüten. Nr. iß2ß* Eine Frau hört in einem Rock eine Uhr ticken und glaubt, es sei eine Maus. — Dieses Motiv ist in Rumänien und Flandern und seit dem 17. Jahrhundert in Schweden bei SAMUEL COLUMBUS1 aufgezeichnet. Die Taschenuhr wurde um 1 5 1 1 in Nürnberg erfunden, erhielt aber den Minutenzeiger erst ungefähr zur Zeit der ersten obengenannten schwedischen Aufzeichnung. Das Märchen stammt also gewiß aus der Neuzeit. Nr. iß24*. Die Stimme hinter dem Kruzifix Ein Betrunkener oder eine der Untreue verdächtige Frau glaubt, daß das Kruzifix und nicht der Mesner, der sich dahinter versteckt, gesprochen hat. Deshalb verraten sie sich. — Dieses Märchen, das in Schweden und Finnland zu finden ist, sollte mit IJ8O (Die Frau, die ihren Mann blind wünschte) als Hintergrund gesehen werden. GS ißß6 Indem es nur den letzten Teil eines Satzes oder einer Frage wiederholt, gibt das E c h o eine gewünschte oder meistens eine unerwünschte Antwort. — Das Motiv ist bisher in Portugal und Schweden belegt, erinnert aber an die alte Geschichte von Napoleon III. und Kaiser Franz Josef, die die Namen ihrer Gemahlinnen Eugenie und Elisabeth riefen und für die erstere das Wort „génie", für letztere das Wort „bête" als Antwort erhielten. GS ißß7 Ein Krähwinkler ist bei Fremden eingekehrt, wird aber in der Nacht durch den übergehenden Teig im Trog so erschreckt, daß er davonläuft. — Das Motiv ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden. GS ißß9 Ein Krähwinkler legt v e r s u c h s w e i s e eine Schnur um seinen Hals und hängt sich auf, nachdem er einen Kameraden gebeten hat, ihm herabzuhelfen, sobald er pfeife. — Das Motiv ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden. GS iß40 Ein Krähwinkler kommt heim und e r k e n n t sein H a u s n i c h t m e h r , weil ein Maler es anders gestrichen hat. Der arme Hauseigentümer muß von Haus und Frau 1

M&l-Roo eller Roo-Màl (1676 — 1678), Ed. HESSELMAN 1935, S. 70.

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fortziehen. — Dieses Märchen ist in Deutschland mindestens seit dem 16. Jahrhundert bekannt und wurde in mehreren Volksstücken verarbeitet. Wir finden es auch in einem frühen schwedischen Volksdruck (siehe 1406). Es wird noch heute in Deutschland, Schweden, Dänemark, Finnland, Italien und Frankreich sowie von den Rumänen, Ost- und Südslawen, Türken und Armeniern erzählt. GS iß 42 Zwei Krähwinkler erschrecken vor einem brennenden Rad oder dgl. und singen: „Eine f e s t e B u r g ist unser Gott", bis einer beschließt, davonzulaufen „wie fest sie auch sein mag". — Dieses Motiv ist nur in Schweden belegt. GS 1343 Ein Krähwinkler will an dem F u n k e n einer O h r f e i g e Feuer anzünden. — Dieses Motiv ist als Krähwinkelmotiv bisher nur in Schweden belegt, gehört aber BÜRGERS Münchhausen (siehe 1889) an. Im syrischen Kalilag undDamnag von 5 70 n. Chr. wollen Affen mit Hilfe eines Glühwürmchens ein Feuer anzünden. GS iß 44. Ein Mittel, nicht von der eigenen Herde wegzulaufen Ein Mann oder eine Frau wird von einem Walddämon zu immer häufigeren Zusammenkünften verlockt. Die Angehörigen versuchen ein Heilmittel zu finden, das für Tiere gut ist, die vom eigenen Stall weglaufen wollen. Als sie es haben, geben sie es dem verlockten Verwandten, der dann der (dem) früher so Heißgeliebten den Rücken kehrt. Diese Geschichte, die bald als Sage, bald als Märchen erzählt wird, ist bis jetzt nur in Schweden aufgezeichnet worden, Nr. ißjo. Der Mann stellt sich tot, die Frau will heiraten Der Knecht bringt den Mann in einem Sack heim und sagt, daß dieser sich erschlagen habe, was jedoch nicht der Fall ist. Die Frau ist sehr erfreut und will den Knecht heiraten, der jedoch mit dem Mann gemeinsame Sache macht. Die Fortsetzung dieses betrüblichen Märchens ist oft ortsgebunden und mit Geschmacklosigkeiten wechselnd-, die kaum im Druck wiedergegeben werden können. In die schwedische Aufzeichnung aus Södermanland (in SSF II) ist beispielsweise die Geschichte eines Ehebruchs mit einem Pfarrer mit nachfolgendem Mord eingeflochten. Das Märchen wird in Schweden, Norwegen, Dänemark und in der Sowjetunion, wenn auch nur vereinzelt, erzählt. Es ist gedanklich mit 65 {Zu schnelle Wiederverehelichung) und 1510 (Die trauernde Witwe von Ephesus) verwandt, und wird mit dem letzteren oft vermengt. Vielleicht stellt eine chinesische Version von 1510, die auch von VOLTAIRE in seinem Zadig gebracht wurde, eine Übergangsform dar, da der Mann in dieser Version wie hier nur den Toten s p i e l t , während die Frau sogar das Gehirn oder die Nase des „Toten" opfern will, um dem Neuankömmling zu Gefallen zu sein.

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Nr. i}//.

Wer spricht säuerst?

Mann und Frau wetten. Er sagt, daß sie, und sie sagt, daß er das erste Wort sprechen werde. Der Schuhmacher kommt mit einem Paar Schuhe und reicht der Frau die Hand. Der Mann wird eifersüchtig und verliert die Wette. Verbreiteter scheint das Übereinkommen zu sein, daß eine bestimmte Arbeit von dem, der zuerst das Schweigen bricht, gemacht werden soll, wobei der weibliche Teil das Spiel durch eine List gewinnt. Dieses Märchen findet sich in der jüngeren südlichen Version des Pantschatantra. Von Indien aus hat es im Jahr 492 durch eine Übersetzung aus dem Sanskrit im Buch der hundert Erzählungen im Tripitaka1 China erreicht. Wir begegnen ihm auch im ganzen vorderen Orient, und sowohl dort wie auch in Indien, China und Japan wird es noch heute erzählt. Im Orient handelt es sich oft darum, wer eine Türe schließen soll. Durch die Türken scheint das Märchen nach Südosteuropa, dann im 15. und 16. Jahrhundert nach Italien und Mitteleuropa und hierauf nach Frankreich, England (im Jahr 1776), Belgien, Holland, dem Norden und Rußland gekommen zu sein. G O E T H E hat das Motiv in Gutman und Gutweil aufgenommen. Nr. ißfß. Kitta (Sissa) Grau stiftet Unheil Nachdem es ihm selbst nicht gelungen ist, bittet der Teufel Kitta Grau, bei einem Ehepaar Mißhelligkeiten zu erwecken. Sie vermag den Mann wirklich zu dem Glauben zu bringen, daß seine Frau ihn töten wolle, und in diesem Glauben tötet er sie. Da reicht der Teufel Kitta Grau, vorsichtshalber auf einer Stange, die versprochene Belohnung, meistens ein Paar Schuhe. Dieses Märchen scheint auf einer alten Fabel aufgebaut zu sein, die schon frühzeitig in Indien zu finden ist, in der Regel mit dem Schakal, der Unfrieden zwischen dem Löwen und dem Stier stiftet. Sie ist sowohl in der Rahmenerzählung im Pantschatantra (200—300 n. Chr.) als auch im Tripitaka in einer Erzählung zu finden, die im Jahr 703 n. Chr.2 aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt wurde, hat aber auch Persien, Syrien und die arabischen Völker ereicht. In manchen älteren Erzählungen, wie z. B. in einer der Jätakas oder den Legenden über Buddhas Wiedergeburten, und später noch mehrfach sind die Handelnden Menschen. Den späteren europäischen Formen stehen gewisse arabische Varianten relativ nahe, worin die Hauptpersonen ein Ehepaar sind und der Friedensstörer ein Sklave ist. In Spanien tritt das Märchen in hebräischer Sprache schon im 12. Jahrhundert auf. Es wurde dann in El Conde Lucanor (etwa aus dem Jahre 1300) des spanischen Infanten J U A N M A N U E L aufgenommen. Der Unheilstifter ist nun wie im obigen Auszug ein Weib, das auf Anstiften des Teufels einen Mann dazu bringt, seine zärtlich geliebte Gattin zu erschlagen. Im späten Mittelalter war das Märchen sehr volkstümlich und wurde einer Reihe von Predigtbeispielen einverleibt. Besonders beliebt war es in den romanischen Ländern. Im 16. Jahrhundert aber finden wir es bei L U T H E R und H A N S SACHS. 1 2

Ch. Tr. 303. Ch. Tr. 394.

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In Schweden tritt es, wie A. A H L S T R Ö M und O . G J E R D M A N in ihren Untersuchungen aufzeigten, teils in uppländischen und västmanländischen Kirchenmalereien, teils in Schulkomödien vom Anfang des 17. Jahrhunderts auf. Den überreichten Schuhen (Pantoffeln), die frühestens im 15. Jahrhundert vorkommen, dürfte ein Geldgeschenk in einem Beutel vorangegangen sein. Hier ist zu bemerken, daß das italienische Wort s c a r p a einmal sowohl Beutel wie Schuh bedeutet hat, und beide wurden, obwohl der Teufel im Märchen nicht als Bräutigam auftritt, vielleicht im V o l k s g l a u b e n als eine Art Verlobungsgeschenk betrachtet. Sie werden in bestimmten schwedischen und deutschen Varianten des Märchens durch einen Pelz ersetzt, der früher wohl nicht wie die Schuhe ein Verlobungsgeschenk, sondern eher eine Morgengabe war. Nunheißt es zwar im Märchen nicht, daß die Schuhe aus Menschenhaut waren, aber Menschenhaut ist die Spezialität des Teufels. Er zieht vielen seiner Toten die Haut ab (siehe 815), und aus Menschenhaut gemachte Schuhe hielt man für stärker als alle anderen und daher für um so begehrenswerter. Mit ihnen konnte man sogar wie die Hexen durch die Luft und über Land und Wasser fahren, und Geld bekam man, so viel man wollte, zumindest von Hosen, die aus Menschenhaut gemacht waren. Da die Schuhe auf einer Stange überreicht wurden, finden wir auch kein liebevolles Verhältnis mit dem Austausch von Verlobungsgeschenken, sondern statt dessen ein respektvolles Abstandhalten, was deutlich aus einer deutschen Version des Märchens in der Erzählungsreihe Salomen und Markolf (siehe auch SSF II, 433 B) hervorgeht 1 . Eine solche Stange mußte dem Brauch und dem Märchen nach möglichst geschält sein, denn dann, so glaubte man, konnte das Böse, das dem empfangenden Teil — in diesem Fall einem alten Weib „schlechter als der Teufel selbst" — anhaftete, dem Überreicher nicht nahekommen. Ein Sprichwort aus dem 14. Jahrhundert sagt in Übereinstimmung mit dem Märchen, daß der Teufel, wenn er nicht selbst kommt, einen Boten schickt oder, wie es im Titel des schwedischen, aus dem Deutschen übersetzten Volksbuches von 1847 heißt: „Hwarest Djefwulen icke sjelf kan komma dit skickar han en gammal Kärring" (Wohin der Teufel nicht selbst kommen kann, dort schickt er ein altes Weib hin). Das Märchen wird noch jetzt in großen Teilen Europas erzählt, in erster Linie im Norden, in der Sowjetunion, in Deutschland und Italien, ferner bei den Berbern und im Orient. In Schweden, das das Märchen anscheinend aus Deutschland erhalten hat, finden wir verschiedene Namen für das Unfrieden stiftende Weib, wie Schuh-Ella (sko-Ella, ursprünglich skogsrä = Waldfrau), Kitta, Titta oder Sissla, Sissa Grau, wobei Kitta und Titta „altes Weib" bedeuten und Sissla und Sissa „Cäcilia". Weiter hat Schweden Namen wie Gyert, Göert oder Giört, die auf den Frauennamen Görit oder Gyrita zurückzugehen scheinen. Man vergleiche die Namen in 1074 (Kitta Grau läuft um die Wette) und 1170 (Kitta Grau im Glasschranfz). Ein Blick zurück zeigt, daß das Märchen wahrscheinlich schon in der hellenistischrömischen Zeit (300 v. —300 n. Chr.) dem Orient und Indien angehört hat, von w o es spätestens im 12. Jahrhundert Westeuropa erreichte, um dann vor allem Italien, 1

Ein Erdgeist kann das, was ihm ein Mensch mit der Hand gibt, nicht entgegennehmen, sondern es muß ihm auf einer Stange, einem Brett oder dgl. gereicht werden. (Siehe Svenska Fornmf. Ärsskrift IV, 144.)

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Deutschland und den Norden zu erobern. Es ist in großem Ausmaß als literarisch zu bezeichnen. Von gewissem Interesse ist, daß die Fabel vom Unfrieden stiftenden Tier unabhängig von dem Märchen, und bevor dieses nach Westeuropa gedrungen ist, den Norden erreichte, wie wir aus der älteren und aus der jüngeren Edda ersehen. Das Eichhörnchen Ratatosk läuft in der Esche Yggdrasil zwischen dem Adler im Gipfel des Baumes und der Schlange Nidhöggr mit Neidingsworten hin und her (siehe 461), genau wie die falsche Katze in einer lateinischen Fabel vonPHAEDRUS (1. Jahrh. n. Chr.) zwischen dem Wildschwein, das mit seinen Jungen an der Wurzel des Baumes wohnt, und dem in dessen Wipfel brütenden Adler Unfrieden stiftet. Gegenstücke dazu finden sich in finnischen und rumänischen Volksweisen. So früh sind Tierfabeln im Norden höchst selten. Nr. ißdo C. Der Mann (Hildebrand) im Korb (auf dem Ofen) Eine Bäuerin ist in den Pfarrer verliebt. Sie stellt sich krank und schickt ihren Mann fort, Heilwasser von einer bestimmten, wunderwirkenden Quelle zu holen. Unterwegs begegnet er einem Mann, der mit Hühnern handelt. Dieser Mann begreift die Zusammenhänge und veranlaßt den Bauern, wieder heimzugehen. Als er ihn als Kapaun in seinem Korb versteckt hineinträgt, überrascht er die Bäuerin, die ein Stelldichein mit dem Pfarrer hat. Die drei Partner, die Frau, der Pfarrer und der Geflügelhändler, singen die Messe abwechselnd mit improvisierten, klarstellenden Reimen, wonach der Mann auf die Aufforderung des Geflügelhändlers hin aus dem Korb steigt und den Pfarrer verprügelt. So ungefähr lautet, wie WALTER ANDERSON in seiner hervorragenden Untersuchung gezeigt hat, in Kürze die Urform des Märchens, wie es in Nordwestfrankreich um den Beginn des 15. Jahrhunderts, aber später kaum mehr auftritt. Wir begegnen dem Motiv bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts in den Niederlanden und um 1550 auf Gemälden von Brueghel d. Ä. oder seiner Schule, die ein Volksstück darstellen. Den Namen Hildebrand, der in Norddeutschland häufig und in verzerrter Form auch in Dänemark und (nach 1569) in Norwegen zu finden ist, dürfte der Held in den Niederlanden erhalten haben. E r findet sich auch im halenbuch aus dem Jahr 1597. Die Verbreitungswege des Märchens sind offensichtlich sehr interessant und sicherlich in vielen Fällen normgebend. Nach dem, was WALTER ANDERSON mit einer Karte zeigte, führte der Weg von Frankreich auf der einen Seite nach den anderen romanischen Ländern und England (vor 1655), darauf von Italien nach Albanien, Griechenland und Kleinasien und auf der anderen Seite in die germanischen Länder und dabei auch in die Niederlande. Die niederländische Überlieferung hat sich dann teils über Deutschland und Dänemark (mit dem Namen Bethlehem) nach Norwegen und Schweden, teils gleichfalls über Deutschland einerseits nach dem damaligen Königsberg, wo sie schwächer wird, und andererseits über Süddeutschland, Prag, Krakau, das damalige Lemberg, Kiew und Südosteuropa verbreitet. Überdies hat ein Zweig in hauptsächlich n i e d e r d e u t s c h e r L i e d f o r m auf dem Seeweg aus der Gegend von Lübeck und Kiel Großrußland mit Nowgorod,

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die Heimat der Bylinen, erreicht. Diese Überführung dürfte kaum später als im 16. Jahrhundert stattgefunden haben. Sie erklärt das interessante Vorkommen des Märchens in russischen Bylinen. Von Großrußland aus ging dann eine Anzahl Zweige nach Sibirien und der Ukraine 1 . Man kann annehmen, daß das Märchen von England, Frankreich und Portugal aus Westafrika sowie Nordamerika erreicht hat. Im letztgenannten Land wird es von den französisch Sprechenden im Osten Kanadas, von den englisch Sprechenden in Nord-Carolina und von den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts erzählt. Es kommt auch unter den Negern am unteren Mississippi und in Westindien durch französischen bzw. englischen Einfluß vor. In Massachusetts ist es etwas von 1535 {Der große und der kleine Klaus) beeinflußt, mit dem es teilweise die Verbreitungswege gemeinsam hat. Nr. 1)61.

Die Sintflut

Ein Pfarrer, der mit dem Mesner auf Besuch geht, glaubt, daß die Sintflut kommt. Er legt sich deshalb in einen Backtrog und läßt sich unter dem Dach festbinden. Ein Schmied gibt der Tochter des Hauses ein Zeichen. Der Mesner verstellt sich, nimmt die Geschenke für die Tochter an und läßt sich zum Dank auf den Hintern küssen. Der Schmied kommt jedoch zurück und bittet, ihm noch einen Kuß zu gewähren, hat aber ein glühendes Eisen bei sich, das er dem Mesner zu schmecken gibt. Der schreit verzweifelt: „Wasser, Wasser!" Der Pfarrer glaubt, daß die Sintflut gekommen sei, und schneidet den Backtrog ab, der mit einem gewaltigen Krach herunterfällt 2 . Dieses mehr als erlaubt schwache Märchen ist in Holland, Dänemark, Schweden, u. a. in NORDIJNS Sammlung No. 1 1 7 2 (in der Universitätsbibliothek von Uppsala) vom Beginn des 18. Jahrhunderts sowie in den baltischen Ländern und in der Sowjetunion bekannt, ist aber am frühesten in einem flämischen Fabliau aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts belegt, sodann bei GEOFFROY CHAUCER (gest. 1400), Englands größtem Dichter vor SHAKESPEARE. E r gibt es in gebundener Form in der Erzählung des Müllers wieder, nach allem zu urteilen, nach französischem Vorbild. Nr. 136j.

Streitsüchtige Weiber

A. D a s F l u ß w e i b war so dickköpfig, daß es, nachdem es ertrunken war, stromaufwärts trieb. B. D a s M o t v a l l s w e i b sagte, es sei geschnitten, und ihr Alter sagte, es sei geschoren, und als er sie unter Wasser tauchte, streckte sie die Hand empor und schnitt mit den Fingern. C. L ä u s e k n a c k e r heißt du, sagte die Alte, und als der Mann sie schweigen hieß und ihren Kopf unter Wasser tauchte, reckte sie die Finger hoch und tat, als o b sie eine L a u s k n a c k e . 1

2

Man vergleiche W . ANDERSON in F F C 42, S. 408—410, die Verbreitungswege von 922 betreffend. Diese Erzählung darf nicht mit einer Anekdote vermengt werden, die der Verfasser an einigen Stellen, u. a. bei SEGERSTEDT S. 184, gefunden hat: Ein Hausierer, der Senf aß, rief nach Wasser. „Hätte er das Maul aufgemacht, wäre die ganze Stadt abgebrannt."

1 9 Liungman

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Wir haben hier drei Variationen eines Themas vor uns. Ein nahestehendes Motiv finden wir bereits im Tripitaka im Buch der hundert Erzählungen, aus dem Sanskrit im Jahr 492 n. Chr. 1 übersetzt. Alle drei Versionen finden wir in JACQUES DE VITRYS (gest. 1240) Sammlung v o n Predigtbeispielen. Das Flußweib und das Motvallsweib (A und B) werden auch bei MARIE DE FRANCE (12. Jahrh.) wiedergegeben und dürften auf ältere Fabelsammlungen (u. a. die anglo-sächsische Bearbeitung des ROMULUS) zurückgehen. Im 16. Jahrhundert tritt das Thema in den damals populären deutschen Schwanksammlungen auf und erreichte Belgien, die Niederlande, den ganzen Norden mit den baltischen Ländern sowie Rußland. Es dürfte auch schon frühzeitig nach Spanien und Italien gelangt sein und wird noch bei den Türken und Indern erzählt. In Amerika scheint der B-Typus hauptsächlich nach Nordamerika, der C-Typus nach Südamerika zu gehören. Hinter dem Wort Motvallsweib steckt nach BONDESON Motvärldsweib, d. h. das Weib, „das sich gegen die Welt stellt". D o c h gibt es auch das geflügelte W o r t : „ D i e sind wie Motvall und Motvallsweib" 2 . Vermutlich verbirgt sich hinter dem zweiten Zusammensetzungsglied in „ M o t v ä r l d " und „ M o t v a l l " das Wort välla (dän. väld = Fluß, Strom; välde = herausfließen, ergießen). Das Wort ist einfach mit „Gegen-den-Strom-Weib" zu übersetzen.

Nr. iß/o*.

Zerrissene Haut

Ein Weib wird wegen seiner Faulheit und Böswilligkeit bestraft, indem man eine Katze mit ausgestreckten Krallen über ihren Rücken zieht. Das Märchen ist in Schweden, Finnland, Estland, in der Sowjetunion und Nordostdeutschland aufgezeichnet worden. Nr. 1)72. Die Ohrfeige als Heilmittel Der Mann erhält v o m Apotheker eine Ohrfeige und gibt seiner Frau das gleiche Medikament. Dieses Märchen ist in Flandern, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern sowie in abweichender Form in der Sowjetunion und Rumänien belegt. Nr. 137 J*. Frauenlist geht über Mannesverstand Ein niederträchtig behandelter Ehemann zieht auf Anraten seines Schwiegervaters mit einem K o r b Eier in die Welt hinaus, um einen Mann zu finden, der seine Frau im Zaume halten kann. Nach einem Jahr kehrt er jedoch unverrichteter Dinge nach Hause zurück. Diese Erzählung erinnert an das Schlußmotiv v o n 670 (Der Mann, der die Sprache der Tiere kannte), in welchem der Mann v o m Hahn verhöhnt wird, daß er seine einzige Frau nicht im Zaum halten könne. A b e r sie steht doch einer Anekdote aus dem Jahr 1 2

Ch. Tr. 303. Sv. Akad. Ordb. ö. Sv. Spräket 17, M, 15 01.

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1651 in dem nach indischen Quellen verfaßten persischen Werk Bahar-Danusch näher, die in fran2ösischer Verkleidung Le philosophe amoureux genannt wird. Sie ist vom Orient her zu PETRUS ALFONSI (um 1110) gekommen, findet sich aber auch in den meisten morgenländischen Versionen der Sieben weisen Meister sowie um 1330 in der persischen Version vom Tutinameh. In der griechischen Version der Sieben weisen Meister, Sjntipas, lautet die Erzählung im Auszug: Ein junger Mann unternimmt eine Reise, um alle Proben von Frauenlist, die er aufspüren kann, aufzuzeichnen. Vierzig Tage und Nächte hat er vollauf mit seinen Aufzeichnungen zu tun, wird aber schließlich durch einige Finten seiner Wirtin von der Unmöglichkeit überzeugt, alle Einfälle der Frauen zu ergründen. Er verbrennt seine Aufzeichnungen, reist heim und heiratet. Beide Versionen, die mündliche und die literarische, sind lediglich Varianten des gleichen Themas. Der Korb mit Eiern entspricht den Aufzeichnungen. In Schweden wird er für die Männer, die Herr im eigenen Haus sind, durch Pferde, aber für die, die es nicht sind, durch Kücken ersetzt. Die literarische Verbreitung ist zweifellos größer. Das Märchen scheint in erster Linie Westeuropa anzugehören, wird aber vereinzelt auch in den baltischen Ländern und in Schweden erzählt, wo es durch eine Aufzeichnung aus östergotland im Archiv des Nordischen Museums vertreten ist. Nr. 1377. Die ungetreue Frau Eine von einem nächtlichen Stelldichein zurückgekommene Ehefrau wird vom Mann ausgesperrt, kann ihn aber erweichen, indem sie so tut, als ob sie sich im Hofbrunnen ertränken wolle. Als der Mann herausstürzt, schleicht sie sich hinein, verschließt die Tür und läßt ihn von der Wache ergreifen. Diese Erzählung ist sicher orientalischen Ursprungs. Sie ist in das &ukasaptati (Nr. 16,66) aufgenommen worden. Wir finden sie auch bei PETRUS ALFONSI (im Jahr IIIO) 1 . Auch im Dolopathos (um 1185) und anderen abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister (PUTEUS) sowie in einem Nachsatz zu der griechischen Version des genannten Werkes hat sie ihren Platz gefunden. Sie wurde u. a. von BOCCACIO, H A N S SACHS (im J a h r 1 5 5 3 ) UND M O L I E R E (im J a h r 1 6 6 8 ) b e a r b e i t e t . I n

Schweden erscheint sie im Volksbuch Die Sieben weisen Meister unter dem Titel Die ungetreue Frau oder Das Weib, das mit List und Betrug seinen Mann in den Todführte (siehe im übrigen 517), scheint aber hier der mündlichen Überlieferung nicht angehört zu haben. Sicherlich war dies jedoch der Fall im Orient, nicht zuletzt bei den Arabern. Nr. iß So. Die Frau, die ihren Mann blind wünschte Ein Brahmane bemerkt, daß seine Frau ihrem Geliebten Leckerbissen gibt. Er fragt sie, wozu sie all das fertige Essen brauche. Da sagt sie, sie gehe mit dem Essen zur Göttin Devi. Der Mann folgt ihr heimlich und hört — hinter dem Götterbild versteckt —, wie sie die Göttin bittet, ihn blind zu machen. Er antwortet ihr mit ver1

Übersetzt in einem isländischen Manuskript aus dem 13. oder 14. Jahrhundert (Sv. L. V, 6, S. 78).

19*

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Schränke

stellter Stimme, daß sie in diesem Falle ihrem Mann ausgesuchte Leckerbissen zu essen geben müsse. Sie folgt dem Rat, und der Mann sagt, er sehe schlechter, und schließlich stellt er sich, als ob er blind wäre. Da kommt der Liebhaber ohne Umstände auf Besuch, aber eines Tages zieht ihn der Mann zu sich her und prügelt ihn zu Tode. So wurde das Märchen in den Hauptzügen in Indien erzählt, wo es, wenn auch spät, ins Pantscbatantra aufgenommen wurde. Man kann es jedoch später in einer Anzahl Varianten bis an das Schwarze Meer verfolgen. Im 15. Jahrhundert taucht es in Indien auf. An Stelle eines Götterbildes haben wir dort eine hohle Eiche, und die Rache richtet sich jetzt gegen die Frau, die mit einer Armbrust erschossen wird. Im 16. Jahrhundert finden wir es in Deutschland, u. a. bei H A N S S A C H S , dem die deutsche oder romanische Übersetzung eines orientalischen Ablegers aus dem Pantscbatantra vom Ende des 15. Jahrhunderts als Vorbild gedient hat. Es ist gegenwärtig von den Niederlanden und Spanien im Westen bis nach Rumänien, dem europäischen Teil der Sowjetunion und dem Kaukasus im Osten sowie bis nach Schweden, den baltischen Ländern und Finnland im Norden und Afrika im Süden verbreitet. Von Indien aus hat es auch Kambodscha erreicht. In Schweden, wo das Märchen selten ist, gibt es einen Sondertypus (siehe SSF II: 13 80, 2), nach welchem die Frau ihren Mann zu Tode räuchern will, aber als er singt: „Brot wird sein Tod", bäckt sie statt dessen Brot für ihn. Vergleiche 1324* und die in Schweden nicht vertretenen 1380*, 1388*, 1575* und 1575**, mit denen das Märchen mehrere gemeinsame Züge hat. Nr. ißSi. Die schwatzhafte Ehefrau Ein Mann ist auf eine mehr oder minder geheimnisvolle Weise in den Besitz eines Schatzes gekommen. In einem unbedachten Augenblick verrät er dies seiner schwatzhaften Frau. Um ihrem Geschwätz die Spitze zu nehmen, macht er ihr allerlei Narreteien vor: daß er Fische in Vogelfallen und Vögel in Fischnetzen gefangen habe, daß Krieg sei, daß es Würste, Feigen oder Rosinen oder auch Nägel und Mörserstößel regne, und oft wälzt er ein Faß über sie, damit sie den Anschlag von Kugeln und anderen harten Gegenständen an den Boden des Fasses hören könne. Unterdessen vergräbt er den Schatz, und als der Pfarrer oder die Behörden die Angelegenheit untersuchen, ist allen (Beteiligten) klar, daß die Frau nur so dahergeschwätzt hat. Dieses Märchen muß mit 1600 {Narr als Mörder), auf das wir hinweisen, zusammengestellt werden, und es hat sicherlich den gleichen Ursprung. Es wird in Nordafrika, Italien, Frankreich, Schottland, Deutschland, den Niederlanden, im ganzen Norden mit den baltischen Ländern sowie im europäischen Teil der Sowjetunion mit dem Kaukasus erzählt. Nr. 1382—138;.

Das dumme Weib

Aluta

Ein altes Weib soll eine Kuh oder dgl. (1382, 1385) verkaufen. Sie tut die verrücktesten Dinge. Einmal verkauft sie die Kuh um den Wert eines Huhns und ver-

Schwanke langt für das Huhn, was die Kuh wert ist, dann gibt sie dem Käufer Kredit gegen einen kleinen Teil des Verkauften, das sie als Pfand behält, oder sie stellt eine Schuldverschreibung aus. Manchmal wird sie trunken gemacht, in Teer und Federn gerollt (siehe 1091/1092) oder wie im Disamärchen in ein Netz gekleidet (siehe 875). Sie erkennt sich selbst nicht mehr (1383). Als der Mann erfährt, was geschehen ist, stellt er sich in einer Anzahl Varianten hin, um Kieselsteine zu kochen oder auf offener Gasse zu fischen. Letztgenannter Zug kommt in bestimmten Varianten des Disamärchens (875), aber auch in den Meisterdiebsgeschichten (1525 C) vor. Damit gelingt es ihm, die Widersacher der Frau dahinzubringen, sich zu verraten. Manchmal aber begibt er sich hinaus in die Welt, um drei gleich dumme Weiber zu suchen (1384), und verspricht, seiner Frau zu verzeihen, wenn ihm dies gelingt. Mit dieser Reise umrahmt das Märchen weitere Motive, in der Regel folgende: das Weib, das Sonnenlicht ins Haus trägt (1245) oder ein Hemd ohne eine Öffnung für den Kopf näht (1285) oder den Mann mit beiden Beinen zugleich in seine Hose springen läßt (1286). Oft schließt es mit der bekannten Erzählung von der Frau, die Essen, Kleidung, Pferd und Wagen ihrem ersten Mann ins Paradies nachschickt, alles wegen eines Hörfehlers (1540). Nachdem der Mann Zeuge all dessen wurde, verzeiht er seiner eigenen dummen Frau und sieht sie bei seiner Heimkunft sogar mit Gleichmut Salz säen (1200). Die an sich selbst zweifelnde Frau ist ein Gegenstück zu G S 1340 {Das ist nicht mein Haus). Die hier zuerst erwähnten Varianten des Märchens (mit 1382, 1383, 1385) sind sämtlich in ihren Hauptzügen in einer lateinisch verfaßten niederländischen Schulkomödie aus dem Jahr 1535, Aluta genannt, zu finden. Die gleichen Hauptzüge begegnen uns in Schotdand, wo das Märchen Balladenform erhalten hat, sowie in Belgien, Deutschland, dem gesamten Norden mit den baltischen Ländern, in Ostund Südeuropa (auf der Pyrenäischen Halbinsel jedoch nur bruchstückweise). Daß ein wertvolles und ein minder wertvolles Tier gleichzeitig oder mit vertauschten Preisen verkauft werden, treffen wir jedoch schon bei dem arabischen Schriftsteller MAIDANI (gest. 1124), und in dieser arabischen Form hat die Anekdote im Osten Persien und im Westen teils England mit HOLCOT (gest. 1349), teils Deutschland mit GEILER VON KAYSERSBERG (gest. 1 5 1 0 ) und JOHANNES PAULI (gest. nach

1530)

erreicht. Ungefähr gleichzeitig treffen wir auch auf romanische Varianten. In diesen wird wie u. a. bei PAULI oft versucht, den kleinen Geldbetrag für eine Seelenmesse zu geben und den gleichzeitig erhaltenen größeren für sich zu behalten. Die Version des Märchens, die damit schließt, daß der Mann drei gleich dumme Weiber sucht (1384), ist u. a. in Griechenland, Italien, Portugal, Frankreich, Schottland, England, den Niederlanden, Belgien, Deutschland, im Norden mit den baltischen Ländern sowie in Rumänien und den slawischen Ländern, von wo das Märchen nach Südsibirien kam, zu finden. Es dürfte auch Afrika erreicht haben, sowie — nach THOMPSON — Virginia mit irgendeiner englischen Version als Vorbild. Was die einzelnen Motive und besonders 1540 (.Paris-Paradies) betrifft, verweisen wir auf die Geschichte dieser Motive oder Märchen.

Schwänke Nr. 1386 Die Frau legt Fleisch auf die K o h l p f l a n z e n anstatt in die Kohlsuppe. — Dieses Motiv ist in Deutschland, Flandern, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern aufgezeichnet worden, hat aber auch Indonesien erreicht. Nr. 1)Sy. Das Bierfaß bekommt keinen Zapfen, und das Bier wird mit dem Mehlvorrat aufgetrocknet Dieses Motiv gibt es schon im 16. und 17. Jahrhundert in Deutschland und Italien, in Portugal, auf Malta, in Irland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen, ost-, west- und südslawischen Ländern und schließlich auch in Ungarn. Der vergessene Zapfen kommt auch in der einstrophigen Volkslyrik vor. GS iß88 Der Mann trägt das Butterfaß auf dem Rücken, während er sich um Wasser über einen Brunnen beugt. — Dieses Motiv ist in Deutschland, Schweden und Finnland bekannt. Es ist in der Regel in 1408 (Der Mann macht die Arbeit der Frau) eingefügt. Nr. 140 j. Die Frau will nicht spinnen Der Mann will eine Spindel machen, aber seine Frau hat sich vor ihm im Wald versteckt und ruft: „Wer eine Spindel machen will, muß sterben!" Dann redet sie ihrem Mann ein, daß das Garn zu Werg wurde, als sie es kochte. Dieses Märchen wird in einem breiten Landstreifen von Holstein, Schweden und Finnland im Nordwesten bis nach Griechenland im Südosten erzählt. Nr. 1406. Wer hat den dümmsten Mann? Eine Frau redet ihrem Mann ein, er sei tot, eine andere dem ihren, daß er ungewöhnlich geschickt im Weben und Nähen sei (siehe 1620), und eine dritte, daß er ein Hund sei. Diese bringt ihren Mann so weit, daß er bellt. Diesem Schwank begegnen wir schon bei JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240). Jetzt wird er, jedoch nur ausnahmsweise, in der Sowjetunion, in Ungarn und den drei skandinavischen Ländern mit Island erzählt. In Schweden kennen wir ihn seit 1693 und 1740 von zwei alten Schillingdrucken. Dort finden wir auch die Erzählung von dem Mann, der sein eigenes Haus nicht erkannte (GS 1340). Nr. 1407. Ein spionierender Geizhals wird gestraft Der Mann spioniert seiner Frau nach, wenn sie essen will, und versteckt sich einmal im Rauchfang, einmal in einem Federbett. Er wird jedoch entdeckt, ohne es selbst zu merken, und bekommt jedesmal einen Denkzettel. Manchmal legt er sich auch hin

Schwanke

und tut, als ob er tot wäre, aber auch das nimmt ein Ende mit Schrecken. Dieses Märchen erzählt man in Dänemark, Schweden und Finnland. Nr. 140S. Der Mann macht die Arbeit der Frau Mann und Frau geraten über ihre Arbeit in Streit. Sie kommen überein zu tauschen, der Mann soll die Hausarbeit ausführen. Das gibt zu einer Menge Verdrießlichkeiten Veranlassung. Das Motiv wird oft als Rahmen zu einer Anzahl Krähwinkelgeschichten verwendet, besonders zu 1387 und G S 1388 {Das Butterfaß auf dem Rücken) und 1 2 1 0 (Die Kuh auf dem Dach). Sein Verbreitungsgebiet umfaßt in erster Linie Norddeutschland, wo es schon im 16. Jahrhundert bekannt war, sowie Flandern, den ganzen Norden mit den baltischen Ländern, die west- und ostslawischen Länder, Ungarn und Italien. Es hat auch Persien und Chile erreicht. In Schweden kam die Version von DJURKLOU als Schillingdruck im Jahre 1860 heraus. GS 140p. „Das Gan^e" Ein geiziger Mann oder eine Frau erkrankt und sieht, wie die Magd sich allzu große Essensportionen nimmt. Der Kranke will sagen, daß sie alles ihrem Dienstherrn wegnimmt, kann aber nur die Worte „das Ganze" hervorbringen, was als Testament aufgefaßt wird. Diese Geschichte ist nur in Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 141 /. Die Kuh für ein Schwein, das Schwein für eine Kuh usw. verkaufen Ein Krähwinkler tauscht seine Kuh gegen ein Tier von geringerem Wert ein und dieses für eines von noch geringerem Wert usw., bis er schließlich nichts mehr besitzt. Aber dann wettet er mit einem Fremden, daß seine Frau nicht böse sein werde, g e w i n n t die Wette und kommt auf den grünen Zweig. Andere Versionen schließen damit, daß alles, was er übrig behält, ein S c h l e i f s t e i n ist, der ins Wasser fällt. Dieser Schwank wird in ganz Europa erzählt, mit Ausläufern nach Indien, Indonesien und vereinzelt zu den Indianern Amerikas. Solche Tauschmärchen, mögen sie Gewinn oder Verlust bringen, scheinen sehr beliebt gewesen zu sein, nicht zuletzt im Orient 1 . Sie werden auch in der isländischen Gautrekssaga (etwa 1265) erwähnt. In Schweden wird das Märchen 1664 vom Reichsantiquar VERELIUS im Anschluß an Refs saga (Kap. I X — X I der Gautrekssaga) erwähnt. Er meint, daß „diese Refs saga die Ursache zu allen den Märchen ist, die berichten, wie Aschenputtel die Königstochter zur Frau bekam". Mag es damit sein, wie es will: Die Refs saga gehört zum Schleifstein-Typ und die schwedische Überlieferung in der Regel zum Wett-Typ (siehe jedoch NORDLANDER). Ein Schillingdruck von 1853 mit einigen Auflagen bis 1857 ist unserer Uberlieferung ebenso fremd. Das Märchen ist von H. C. ANDERSEN bearbeitet (Hvad fatter gär er altid det rigtige = was Vater tut, ist immer richtig). 1

V g l . u . a . Tripitaka, Das Buch der hundert Erzählungen (Ch. Tr. 258) aus dem Jahr 492 n. Chr. (Wertvolles Holz wird verbrannt, weil sich Kohle leichter verkaufen läßt.)

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Nr. 1416. Ebenso neugierig wie Eva Eine arme Frau zürnt über die Neugier Evas im Paradies. Da läßt der König sie gemeinsam mit ihrem Mann in seinem Schlosse wohnen und befiehlt, man solle alle möglichen Gerichte auftischen, aber sie dürfe den Deckel einer gewissen Schüssel, die mitten auf dem Tisch steht, nicht abheben. Schließlich tut sie es doch, und eine Ratte springt heraus. Beide müssen das Schloß verlassen. D i e s e F a b e l w u r d e d u r c h ROMULUS, MARIE DE FRANCE ( 1 2 . J a h r h . ) u n d JACQUES

DE VITRY (gest. 1240) schon frühzeitig bekannt. In Deutschland erzählte man sie im 16. Jahrhundert und schon im folgenden Jahrhundert in Schweden 1 . Heutzutage wird sie in Schweden und Norwegen, Dänemark, Flandern, Frankreich, Deutschland, Italien, den slawischen und baltischen Ländern erzählt. Überdies ist sie bei den Arabern in Tausendundein Tag wiedergegeben worden. Nr. 1419 D. Zwei Liebhaber, einer mit Schwert und einer versteckt Als der Mann kommt, geht der eine Liebhaber mit gezogenem Schwert hinaus und der andere wird als vom ersten gesuchter Flüchtling versteckt. Dieser Schwank ist im Hitopadesa (II, 9) 2 und im Èukasaptati (Nr. 26, vgl. 12) belegt, findet sich in den morgenländischen Versionen der Sieben weisen Meister und ist in BÄCKSTRÖMS Exposé über dieses Werk wiedergegeben worden, gehört aber nicht zum Märchenschatz des schwedischen Volkes. Hingegen hat er bei PETRUS ALFONSI in S p a n i e n i m J a h r e 1 1 1 0 , bei BOCCACCIO (gest. 1 3 7 5 ) u n d bei HANS SACHS

(gest. 15 76) 3 einen Platz gefunden. Nr. 14)0. Luftschlösser bauen

Ein Jüngling denkt solange darüber nach, was er tun wird, wenn es ihm gelingt, einen Fuchs, den er sieht, zu fangen, bis der Fuchs davonläuft. Oder es sind Mann und Frau, die große Pläne schmieden, wie sie Honig verkaufen und eine Gans erwerben werden, darüber aber in Streit geraten. Oder ein Mädchen träumt über einem Milchkrug oder einem Gefäß, das Eier enthält. Im Orient — von Indien bis zum Schwarzen Meer — besteht eine feste Brücke literarischer Belege, über die das Märchen auch sicherlich Europa erreicht hat. E s war, nach allem zu urteilen, um 5 70 n. Chr. in Syrien (in Kalilag und Damnag) zu finden, dürfte aber noch früher in Indien bekannt gewesen sein, wo es als Typ in gewissen, wenn auch (nach HERTEL) nicht den ältesten Versionen vom Pantschatantra wohl vertreten ist. Es lebt heute im Orient und nicht zuletzt in Indonesien und China, wo der Gegenstand der Träumerei jedoch ein Ei und nicht ein Fuchs ist, und der Gedankengang erscheint sowohl bei LUKIANOS (gest. um 180 n. Chr.) als auch in 1 2

3

SAMUEL COLUMBUS: Màl-Roo eller Roo-Mäl (1676 — 1678), Ed. HESSELMAN 1935, S. 64. Eine alte, auf dem Pantschatantra (um 200 — 300 n. Chr.) beruhende indische Märchensammlung. Das Wort bedeutet „freundliche Belehrung". Übersetzt in ein isländisches Manuskript aus dem 13. oder 14. Jahrhundert (Sv. L . V , 6, S. 76).

Schwanke

Tausendundeiner Nacht in der Erzählung des fünften Bruders des Barbiers. Der Held versinkt in Träumereien, aus denen er erst erwacht, als alle Glasgefäße plötzlich zerbrechen. Gleichartige Motive finden wir auch auf türkischem Boden in den Vierzig Wesiren, bei JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240), beim spanischen Prinzen J U A N M A N U E L (gest. 1347), bei TRANCOSO (im Jahr 1575) und in Deutschland im 15. und 16. Jahrhundert, u. a. bei H A N S SACHS. Wir alle kennen auch Perettes Milchkrug aus den Fabeln von LAFONTAINE ( V I I , 8), dem der Schuhmacher und der Milchkrug bei R A B E L A I S (gest. 1554) vorangingen. Auch PERGAMENUS hat das Motiv nicht vergessen. Dje Erzählung von dem in seine Pläne versunkenen Manne dürfte in ganz Europa mit Ausläufern u. a. nach Brasilien und Ostafrika erzählt worden sein, während die Geschichte mit dem Ehepaar in Flandern und den Niederlanden im Nordwesten bis nach der Sowjetunion, Rumänien und der Türkei im Südosten belegt ist. Das träumende Mädchen gehört dagegen in erster Linie der südwestlichen Hälfte Europas mit JACQUES DE V I T R Y , J U A N M A N U E L und PERGAMENUS an. Das Motiv wurde auch von H. C . A N D E R S E N bearbeitet. Nr. 1440. Stute statt Mädchen Ein Standesherr hat von seinem armen Nachbarn das Versprechen erhalten, dessen schöne Tochter zur Braut zu bekommen. Er schickt um das, „was ihm versprochen wurde", findet aber ein Pferd in seinem Schlafgemach. Dieser in einigen Versionen bedenkliche Schwank scheint nur Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland und der Sowjetunion anzugehören. In Estland tritt der Teufel an die Stelle des Herrn von Stand. Nr.

1441*.

Altes Weib an Stelle des jungen Mädchens

Als der Herr nachts auf Besuch kommt, ist das Mädchen fort und hat ihr Bett einem alten Weib überlassen. Dieses an das vorhergehende Märchen erinnernde Motiv ist kein Brauttausch im eigentlichen Sinne, erinnert aber an gewisse slawische Hochzeitsbräuche. Das Motiv ist in den baltischen Ländern, in Finnland, Schweden und Dänemark aufgezeichnet worden. Nr. 14JO. Die „kluge" Else Während der Werbung soll das Mädchen Bier aus dem Keller holen, versinkt aber dort in Träumereien darüber, wie das Kind heißen soll. Dieser Schwank wird so gut wie in allen europäischen Ländern erzählt. Den ältesten Beleg haben wir in einer deutschen Version in gebundener Form aus dem Jahre 1585. Nr. 14/2. Die Käseprobe Ein Freier wählt unter drei Mädchen. Das erste schneidet zu wenig von der Käserinde fort, das zweite zuviel, das dritte aber macht es richtig.

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Schwanke

Dieses Märchen wird in den Ländern erzählt, in denen der meiste Käse erzeugt wird, d. h. in der Schweiz, in Deutschland und Flandern, wenn auch im letztgenannten Land der Käse durch eine Blätterteigtorte ersetzt wurde. Das Motiv hat in vereinzelten Fällen auch Schweden erreicht. Nr. 14J3. Der Schlüssel im Spinnrocken Der Jüngling versteckt im Spinnrocken des Mädchens einen Schlüssel, der sich bei seinem nächsten Besuch noch an derselben Stelle befindet. Daran sieht er, daß das Mädchen faul ist. Dieses moralisierende Märchen gibt es in Holstein, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, EstlaAd und in der Sowjetunion. Es dürfte als nordisch angesehen werden können. Nr. 14;j***.

Teig unter den Fingernägeln

Der Freier entdeckt Teig von einem lange zurückliegenden Backtag unter den Nägeln des Mädchens. Das Motiv ist in Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und in der Sowjetunion bekannt. Nr. 14J Siehe 1459* (Der genau rechnende Bräutigam). Nr. 14//. Als Bettler bei dem Zukünftigen Der künftige Schwiegervater oder das Mädchen selbst besucht verkleidet das Haus des Zukünftigen und stellt Armut, Unsauberkeit oder Hartherzigkeit fest. Das Märchen ist nur in Schweden, Finnland und Estland aufgezeichnet worden. Die in SSF I angeführte Variante unterscheidet sich etwas von den finnischen. Nr. 14j6. Die halbblinde Braut Beim Besuch des Freiers legt sie eine Nadel so, daß sie tun kann, als hätte sie sie zufällig gesehen, aber sie verrät sich, indem sie den Butterteller für die Katze ansieht. Oft wird das Thema wenig geschmackvoll ausgebaut. Dieses Märchen ist in Deutschland, bei den süd- und ostslawischen Völkern, beim rumänischen Volk sowie in den Niederlanden, in Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Estland bekannt. Nr. 14J7. Die mit der Zunge anstoßende Braut Einem Mädchen wird von seiner Mutter geraten, es solle schweigen, während der Freier auf Besuch ist. Da reißt ihm der Faden, oder es sieht eine Spinne und ruft etwas aus, so daß der Freier bemerkt, daß es mit der Zunge anstößt.

Schwänke Diesen Schwank finden wir in Norddeutschland, im ganzen Norden mit den baltischen Ländern, in Ungarn und Rumänien, bei sämtlichen slawischen Völkern sowie auf Sardinien mit Ausläufern nach Brasilien und Peru. In Deutschland wurde es schon im 16. Jahrhundert von H A N S SACHS wiedergegeben. Nr. 14JS. Das Mädchen, das so wenig aß Ein Mädchen (manchmal auch eine verheiratete Frau) behauptet ihrem Bräutigam (Mann) gegenüber, daß sie wenig äße. Er beobachtet sie insgeheim und sieht, daß sie das Essen in sich hineinstopft, wenn sie glaubt, daß niemand es sieht. Dieses Märchen gibt es sowohl in Spanien, Portugal und Brasilien als auch in Schweden und Norwegen. Nr. 1419*. Der genau rechnende Bräutigam Der Bräutigam nimmt bei einer Gelegenheit Anstoß an seiner Braut, besinnt sich aber. Diese Geschichte ist mit einigen Abweichungen bei den Lappen sowie in Estland, Finnland und Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 14;?**.

Den Schein aufrecht erhalten

Die Hausbewohner versuchen einen Freier glauben zu machen, daß der Hof reicher sei, als er ist, indem sie von der Kuh in der Mehrzahl sprechen und noch andere Tricks anwenden. Bisher ist das Märchen nur in Schweden und Norwegen aufgezeichnet worden. Nr. 1462*. Sieben Jahre alter Teig als Medizin Der Freier stellt sich krank und sagt, er müsse sterben, wenn er nicht sieben Jahre alten Teig bekäme. Die eine der in Aussicht genommenen Zukünftigen hat solchen Teig unter den Nägeln, die zweite im Backtrog, die dritte aber weiß nicht, woher sie solchen Teig beschaffen könne. Diese nimmt der Jüngling. Diesem Märchen stehen andere, besonders 1453*** (Teig unter den Fingernägeln), so nahe, daß man sagen kann, daß es diese umfaßt. Das Märchen wird nur in Schweden und Norwegen erzählt. GS 146Heimliche

Anleitung in der Kunst des Webens

Ein Jüngling ist auf Brautschau. Die Tochter des Hauses hat nicht weben gelernt, versteht es aber, sich gewandt nach seinen halb in Rätseln gegebenen Anweisungen zu richten. Dieses Märchen ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden.

Schränke

JOO

GS 1464. Das unaufgeräumte Zimmer des Freiers als Probe Ein Jüngling wählt zwischen drei Mädchen. Die beiden ersten entschuldigen ihn, daß er noch nicht aufgeräumt hat, die dritte räumt ihm das Zimmer gleich auf. Dieses Märchen ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden, aber ein ähnliches wird an der Goldküste in Westafrika von einem Mädchen mit drei Freiern erzählt. GS 146/. Die richtige Frau für den Sohn Eine Mutter sucht eine gute Frau für ihren Sohn und entscheidet sich für eine, die sich mit nichts anderem beschäftigt, wenn sie große Wäsche hat. Dieses Märchen ist bisher nur in Dänemark und Schweden aufgezeichnet worden. Nr.

IJIO.

Die trauernde Witwe von Ephesus (Vidua)

Ein Ritter fällt plötzlich tot um. Die untrösdiche Witwe wacht in dem von ihr erbauten Mausoleum. Ein Aufseher erzählt ihr, daß man die Leiche eines am Galgen hängenden Diebes gestohlen habe. Die Frau zögert nicht, die Leiche ihres Mannes herzugeben, um sie an den Galgen zu hängen, und verstümmelt sie mit eigener Hand, so daß sie der des Diebes ähnlich wird. Hierauf will sie den Aufseher heiraten, aber er nimmt davon Abstand. Dieses Märchen wird als mündliche Tradition in Schweden nur in der Ausgabe der Gustav-Adolf-Akademie (3, 1) unter den Märchen aus Smäland wiedergegeben, die von J A C O B in Öjahagen aufgezeichnet wurden. Dieser J A C O B wurde 1 7 7 5 geboren. Seine Darstellung baut jedoch deutlich auf dem alten Volksbuch Die sieben weisen Meister (siehe 517 Anm.), das die Erzählung von der trauernden Witwe enthält. Hierfür zeugen nicht nur der Gang der Handlung, sondern auch wortgetreu übereinstimmende Stellen. Man kann also nicht sagen, daß das Märchen auf den Lippen des schwedischen Volkes gelebt hat. Die Geschichte ist jedoch bemerkenswert und wird in unserer Zeit sogar in China erzählt. Die älteste Aufzeichnung, die aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammen soll, ist aus Indien und handelt von der Frau eines Jüngers des chinesischen Religionsstifters Lao-tse. Die Erzählung ist zweifellos indischen Ursprungs. Parallelen hierzu finden wir teils in einer Erzählung des Talmuds aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., teils in einer Novelle des bithynischen Konsuls, des Römers P E T R O N I U S A R B I T E R (gest. 66 n. Chr.), in die die Erzählung MatronaEphesi eingeflochten ist. Diese ist sowohl in die Fabelliteratur als auch, wie vorhin angedeutet, in die europäischen Versionen der Sieben weisen Meister (Vidua) und schließlich in eine größere Anzahl Predigtbeispiele eingesickert, u. a. in J A C Q U E S D E V I T R Y S (gest. 1240) reiches Sammelwerk. Auf diese Weise hat die Geschichte West- und Mitteleuropa und nach und nach auch Nord- und Osteuropa erreicht. Sie wird jedoch, selbst was Island betrifft, von E. O. S V E I N S S O N als literarisch bezeichnet. Vgl. 1350 (Der Mann stellt sich tot, die Frau will heiraten).

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Nr. 1 ///. Der Hund wird \um Weinen gebracht Eine Betrügerin bringt vor einer tugendhaften Mitschwester ihren Hund zum Weinen, indem sie ihm heimlich Pfeffer verabreicht. Sie sagt, er sei deshalb in einen Hund verwandelt worden, weil er als Weib seinen Liebhaber abgewiesen habe. Die Tugendhafte empfängt hierauf den Liebhaber, den das betrügerische Weib sandte, weil sie es nicht wagt, ihn abzuweisen. Diese Geschichte ist aus morgenländischen Versionen der Sieben weisen Meister geholt und hat auch die abendländischen Versionen (De canicula lacrimante) erreicht. Wir finden sie außerdem im Kathäsaritsägara, in Tausendundeiner Nacht, bei P E T R U S A L F O N S I (im Jahre 1110), von wo sie frühzeitig nach Island gelangte, bei J A C Q U E S D E V I T R Y (gest. 1240) und in den Gesta Romanorum. Ihre Verbreitung scheint hauptsächlich auf literarischem Wege erfolgt zu sein. Die älteste Form haben wir im &ukasaptati (Nr. 2). Die Erzählung ist in Schweden in BÄCKSTRÖMS Exposé über Die sieben weisen Meister enthalten, scheint aber der mündlichen Überlieferung nicht einverleibt worden zu sein. Nr. 1 j2j A—D. Meisterdiebsgeschichten Ein Jüngling erlernt das Diebshandwerk und übertrifft oft den Meister. Mitunter wettet er, daß er gewisse Aufträge ausführen könne, mitunter werden sie ihm aus irgendeinem Anlaß auferlegt. Mit verschiedenen Schlichen stielt er das Pferd, den Hund, das Bettlaken, den Ring usw. seines Herrn oder dessen Frau. Manchmal verkleidet er sich, manchmal tut er, als ob jemand erschossen oder erhängt worden wäre, oder er legt Gegenstände aus, die die Aufmerksamkeit von seinen Vorhaben ablenken. Mitunter ahmt er die Stimmen der Tiere nach, manchmal läßt er Schellen klingeln und mitunter tut er, als ob er auf der Straße fische. Gern stielt er das wieder, was andere gestohlen haben. Diese Geschichten können ins Unendliche variieren und nehmen in gewissen Fällen die Gestalt der Sage an, indem sie sich an einen bestimmten, örtlich bekannten Schelm knüpfen. Manchmal entlehnen sie einen Teil aus 1535 {Der große und der kleine Klaus), 1539 (Der Hut stahlt alles) oder 1740 {Lichter auf den Krebsen), und sowohl in Asien wie in Europa findet man oft einen nicht geringen Einfluß von 9 5 0 {Rampsinitmärchen). Schon früh wurde auch 1737 {Der Pfarrer wird im Sack gestohlen) mit dem Märchen verbunden. Es dürfte kaum ein Land in Europa geben, in dem das Märchen unbekannt ist, und es erstreckt sich in Asien über Bagdad bis in die Mongolei, nach China und Indonesien. Varianten gibt es überdies auf Hawaii und in Amerika, u. a. in Kanada, Massachusetts, Mexiko und Westindien. Der arabische Schriftsteller M A S Ü D I (gest. 956 in Kairo) scheint eine Erzählung wiedergegeben zu haben, die den europäischen Versionen nicht unähnlich ist. Sie beginnt mit der Wette und schließt mit einem Trick, der 1737 {Der Pfarrer wird im Sack gestohlen) ziemlich nahesteht. Die ältesten europäischen Belege finden wir in Italien bei M A N E T T I ( 1 5 . Jahrhundert) und S T R A P A R O L A (in der Mitte des 1 6 . Jahrhunderts), die beide der Spur M A S Ü D I S gefolgt zu sein scheinen. Das Sackmotiv ist nun klar ausgearbeitet. Das Genre ist dann in Deutschland durch eine Hinzufügung zu P A U L I S Schimpf und Ernst aus dem

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Jahr 1555 belegt sowie auf Island durch eine isländische Übersetzung aus dem Deutschen aus dem Jahr 1663. In Schweden begegnen wir ihm in einem Volksbuch, Tijdb-Fördrijff von 1641 (Nr. 33), und nach 1670 bei S A M U E L C O L O M B U S 1 . Die GRiMMSche Version, die dem italienischen Überlieferungsgrundstock nahesteht, hat im 19. Jahrhundert einen starken Einfluß auf die schwedische Uberlieferung gehabt. Das schwedische Volksbuch von 1846 ist jedoch eine Übersetzung von A S B J Ö R N S E N S und M O E S Norske Folkeeventjr von 1843. Auf Island ist eine Sonderform — 1525 E — schon im 13. oder 14. Jahrhundert belegt. Diese Form (manchmal Der gestohlene Schinken genannt) gibt es jetzt noch in Dänemark und Norwegen. Sie ist in weiten Gebieten Europas und Asiens bekannt und findet sich u. a. in den Vierzig Wesiren. Nr. 152j*. Derjüngste Bruder macht die Beute Die älteren Brüder wollen den jüngsten bei ihren Diebszügen nicht mitnehmen. Er kommt ihnen aber zuvor, und die Beute wird sein. Dieses Märchen, das selbstverständlich auf dem vorhergehenden aufbaut, ist in Norwegen, Schweden und Finnland sowie im nordöstlichen Deutschland aufgezeichnet worden. Nr. 1 j2j*. Drei Wanderer suchen Nachtquartier Zwei gehen durch die Türe, während der dritte den Schornstein verstopft. Es qualmt so, daß die Wirtsleute nachgeben oder früher Einlogierte das Haus verlassen. Diese Anekdote wird in Schweden und Finnland erzählt. Nr. 1J28. Der Hut und das Kleinod Ein Mann, der Räuber (oder dgl.) kommen hört, nimmt den Hut ab und legt ihn auf den Boden. Er behauptet, er habe einen kostbaren Vogel darunter, weshalb der Hut erst nach gewisser Zeit weggenommen werden dürfe. Auf diese Weise hat er Gelegenheit, selbst zu verschwinden. Auf dem Gebiet des reinen Schwanks hat das Motiv eine andere Ausformung erhalten. Auch hier heißt es, daß der Hut einen kostbaren Gegenstand verberge, aber ein Schelm tauscht ihn gegen einen minder angenehmen aus, oder er findet ein Opfer, das er bittet, den Hut zu bewachen, während er selbst auf dessen Pferd verschwindet. Dieses Motiv wird in Flandern, Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern, Deutschland, der Tschechoslowakei, Polen und der Sowjetunion erzählt, in Polen schon um 1650. Sporadisch ist es auch nach Indonesien, nach Nord- und Süd1

S A M U E L C O L U M B U S : Mäl-Roo eller Roo-Mäl (1676—1678), Ed. H E S S E L M A N 1935, S . 63f. mit u. a. dem gestohlenen Laken. Tijdh-Fördrijff, Schwedens älteste gedruckte Anekdotensammlung, ist mit P A U L I S Schimpf und Ernst und W I C K R A M S Rollmagenbüchlein als ursprünglichen Vorbildern aus dem Dänischen übersetzt. Wir finden darin u. a. den Diebstahl des Ochsen und des besten Pferdes.

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amerika, u. a. Brasilien, und zu den Negern in Massachusetts gekommen. Für die letztere Version soll jedoch angeblich eine gedruckte Quelle vorhanden sein. In Europa, vom Rhein bis zur westlichen Sowjetunion, wird das Motiv von 1540 {Paris — Paradies) eingerahmt. Nr. 1 Jß2*. Mittel gegen Seekrankheit Einem Reisenden wird geraten, als Mittel gegen die Seekrankheit einen Ziegelstein in den Mund zu nehmen. Solange er diesen behalte, werde er nie seekrank. Diese Anekdote hat der Verfasser in seiner Kindheit vom Sohn eines Schiffskapitäns erzählen hören, aber eine Aufzeichnung besteht anscheinend nicht. Sie dürfte auch der schwedischen Überlieferung in des Wortes eigentlicher Bedeutung nicht angehören. Sie wird in den baltischen Ländern erzählt und dürfte zumindest innerhalb des Ostseegebietes in den Kreisen der Seefahrer bekannt sein. Manchmal heißt es vom Reisenden, er sei ein Jude, und der Ziegelbrocken wird durch ein Stück Kohle ersetzt, das Babylons Stein genannt wird 1 . Nr. ijßß*. Den Vogel teilen Ein Gast soll einen Vogel (Gans, Kapaun usw.) teilen. Der Hausherr erhält als Oberhaupt der Familie den Kopf, die Frau als Kindergebärende die Innereien, die Füße werden den Söhnen als den Stützen des Hauses gegeben und die Flügel den Töchtern, da sie bald das Nest verlassen werden. Für sich behält der Gast einen Teil des Rumpfes, da er mit einem Schiff gekommen war und mit einem solchen abzureisen beabsichtigt und der Bau des Rumpfes mit seinen vielen Knochen einem Schiff gleicht. Dieses Märchen gehört zu den Scharfsinnsproben und ist sicher jüdischer Herkunft. Wir begegnen ihm auch in ungefähr gleicher Form wie oben im Midrasch Echa Rabbati vom Ende des 7. Jahrhunderts. Hierin wie oft auch anderswo wird es zusammen mit einem ähnlichen Motiv mit mehreren Vögeln (Eiern), die zu teilen sind, erzählt. Es lebt noch jetzt im Orient und in Nordafrika. In Europa ist es hauptsächlich in den Ländern längs des Mittelmeeres oder von Portugal bis zur Türkei bekannt sowie weiter in den slawischen Ländern, in Rumänien, Deutschland und im Norden. In der Türkei finden wir es in einem alten Steindruck über Nasreddin. In Deutschland treffen wir es u. a. bei H A N S SACHS, und oft kommt es, in andere Märchen mit Scharfsinnsproben eingerahmt, u. a. in 875 (Disamärchen) vor. In Norwegen finden wir es in der Magus-Saga (um 1 3 0 0 ) . In Schweden scheint die in der Edition der Gustav-Adolf-Akademie (Teil IX) wiedergegebene Variante ziemlich — wenn auch nicht völlig — alleinstehend zu sein. Ebenso wie in der MagusSaga bekommen in dieser Variante die Söhne des Hauses die Flügel und die Töchter 1

Eine andere Erzählung, die der Verfasser in seiner Jugend v o n Soldaten v o m I n g . 1 (Stockholm) gehört hat, handelt von drei Hafenarbeitern, die es nicht unterlassen konnten, sich zu kratzen, und deshalb Geschichten erfanden, die den Grund zu ihren Bewegungen lieferten. Diese wird auch in China erzählt. (FFC 120: S. 10; F F C I28:VM 157.)

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die Beine, weil die jungen Mädchen umhergehen und den Haushalt besorgen. Die Verbreitung des Märchens ist anscheinend hauptsächlich literarisch, und die oben erwähnte schwedische Variante steht einem Schillingdruck des Jahres 1863 sehr nahe. Das Märchen dürfte als zur zweiten Hälfte der hellenistisch-römischen Periode oder vielleicht zum Beginn der byzantinischen Zeit gehörig betrachtet werden können. Nr. i j j j . Der große und der kleine Klaus Ein Bauer hat das Unglück, nie mehr als eine Kuh behalten zu können. Er wird dafür Unibos ( = eine Kuh) genannt. Einmal soll er in die Stadt gehen, um die Haut der Kuh, die er verloren hat, zu verkaufen, und findet auf dem Wege einen Krug mit Geld. Genau wie Ali Baba (siehe 676) muß er ein Maß ausleihen, um das Geld zu messen. Er entlehnt es beim Dorfvogt. Als er von ihm des Diebstahls angeklagt wird, sagt er, er habe das Geld für die Kuhhaut bekommen. Daraufhin beschließen die Dorfväter, ihre Kühe zu schlachten, da sie aber nur ein Spottgeld für die Häute bekommen, wird ihnen klar, daß sie hineingelegt worden sind, und sie wollen sich rächen. Der Bauer beschmiert nun seine Frau mit Blut und sagt, sie sei tot, als er aber auf einer Weidenpfeife bläst (siehe 1539), beginnt sie sich zu regen und ist noch schöner als zuvor. Die Dorfväter kaufen dann die Pfeife und töten ihre Frauen, können sie aber nicht mehr zum Leben erwecken. Als der Bauer schließlich einem Pferd etwas Goldgeld in den Hintern steckt und es ihm trotz allem gelingt, dieses Pferd den Dorfvätern Zu verkaufen, die glauben, daß das Geld nie versiegen werde, setzen sie ihn in ein Faß, das ins Wasser gerollt werden soll. Er redet einem Hirten ein, daß der, der sich ins Faß setzt, Dorfvogt werden solle. Der Hirt nimmt seinen Platz ein, und der Bauer eignet sich die Tiere des Hirten an und behauptet, daß er sie auf dem Meeresgrund bekommen habe. Da springen alle Dorfväter ins Meer und kommen um. So wird das Märchen in einem gereimten lateinischen Gedicht aus dem 10. oder 11. Jahrhundert in Westeuropa erzählt. Das für das Märchen typische Schlußmotiv verrät jedoch orientalischen Ursprung. Wir finden es nämlich in einer sehr nahestehenden Form in einer Sammlung von Sütras im chinesischen Tripitaka, 472 n. Chr.1 aus dem Sanskrit übersetzt. Als ursprünglich orientalisch können auch die drei oben erwähnten, in 676 (Sesam öffne dich) und 1539 (Der Hut %ahlt alles) vorkommenden Motive bezeichnet werden, und ein mittels einer Blutblase vorgetäuschter Mord kommt schon bei A C H I L L E U S T A T I O S (6. Jahrhundert n. Chr.) in Alexandrien vor. In S E R C A M B I S Variante von 513 (Die wunderbaren Helfer) von etwa 1400 begegnen wir folgendem Einleitungsmotiv: Ein italienischer Bauer hat seinen einzigen Esel verloren. Er zieht in die Stadt, um die Haut zu verkaufen, und verwahrt darin einen Raben. In einer Nachtherberge wird er Zeuge, wie die Hausfrau ihren Mann überraschend heimkommen hört und wie sie ihren Liebhaber in einem Schrank und dann 1

C h . T r . 4 2 2 . V g l . Tausendundeine

Nacht,

WEIL I V : 3 1 3 (CHAUVIN V : 2 4 7 , N r . 1 4 7 ) .

Schwänke all das gute Essen an allen erdenklichen Stellen versteckt. Als der Mann kommt, tut der Bauer so, als ob die Haut mit dem Raben wahrsagen könne, und enthüllt mit ihrer Hilfe, wie er sagt, die Verstecke der verschiedenen Gerichte, an denen sie sich gütlich tun. Zuletzt gibt er das Versteck des Liebhabers preis. Hierauf verkauft er den „Wahrsager" um 500 Gulden und ein Paar Ochsen. — Tatsächlich ist diese Erzählung die übliche Einleitung, nicht zu den Wunderbaren Helfern, sondern zu dem oben wiedergegebenen Märchen vom Unibos. In Deutschland trägt im 16. Jahrhundert der Held des Märchens — auch hier ein Bauer — noch immer einen Namen, der sich von Unibos herleitet, aber die scheinbar tote Frau wird durch eine wirklich tote ersetzt, die auf einen Weg gelegt wird, und die Schuld am Todesfall wird einem fremden Fuhrmann zugeschoben, der sie überfahren haben soll und dem Bauern ein schönes Stück Geld bezahlen muß. Wir kennen diesen Zug, wenn er hier auch etwas abgewandelt ist, u. a. aus H . C . A N D E R S E N S bekannter Version von 1537 (Der mehrfach Getötete) mit orientalischem Einschlag. Hierauf folgt das gleiche Schlußmotiv wie in der Erzählung vom Unibos. Das Märchen wird jetzt in allen Ländern Europas erzählt und reicht weit nach Asien hinein, bis China, Japan und Indonesien. Besonders volkstümlich ist es in Indien, wo es jedoch — wie übrigens auch bei S T R A P A R O L A — oft mit 1539 (DerHut £ahlt alles) und 1542 (Die Narrenhöl^er) vermengt wird. Aber nicht genug damit, es ist auch über fast ganz Afrika verbreitet. Wir haben hier also ein Märchen vor uns, das wir in seiner Gesamtheit nicht weiter zurück als bis in die Wikingerzeit belegen können, das aber dennoch, Variante um Variante, über die ganze Alte Welt einschließlich Afrika verbreitetest. (Vergleiche 676.) In Amerika wird es von Grönland bis Peru erzählt. Es ist dort, nach T H O M P S O N , von den verschiedenen Versionen der französischen, englischen, skandinavischen, spanischen, portugiesischen und afrikanischen Erzähler beeinflußt worden. Auf den Bahama-Inseln spiegelt sich beispielsweise H. C. A N D E R S E N S Version deutlich wieder. In Brasilien dagegen ist der Wahrsager der bei den Märchenerzählern so beliebte einheimische Vogel „Urubü". In Schweden hat das Märchen oft den Namen Stor Klas och Lill Klas, in Analogie mit H. C. A N D E R S E N S Lille Claus och Store Claus. Als Beweis für seine Volkstümlichkeit wird an das beliebte Volksstück gleichen Namens erinnert. Wir können auch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß das Märchen im Laufe der Jahrhunderte in Europa mehr und mehr verrohte, während seine aus orientalischen Märchen geholten Motive in ihrer Heimat die betreffenden Märchen oft zu einem moralischen Abschluß führen. Die amerikanischen Varianten sind in dieser Hinsicht oft besser als die europäischen. Dasselbe kann von der ältesten schwedischen Version, wie wir sie in dem Volksbuch Tijdh-Fördrijjf aus dem Jahre 1641 (Nr. 4) finden, gesagt werden. Nr. ijß6A.

Die Alte in der Kiste wird getötet

Einem armen Bauern geht es plötzlich gut. Sein reicher Nachbar möchte gerne die Ursache wissen, und er trägt deshalb eine Kiste mit einem alten Weib, das den 20

Liungmatt

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Schwänke

Zusammenhang herausfinden soll, hinein. Der Knecht des armen Bauern tötet die Alte und steckt ihr eine Wurst in den Mund. Der reiche Bauer glaubt, daß sie erstickt sei, und läßt sie begraben. Der Knecht gräbt sie wieder aus und setzt sie an einer sichtbaren Stelle hin (Schlitten, Boot oder Tür). Sie muß wieder begraben werden, und das geht so lange fort, bis der reiche Bauer den Knecht bittet, ihm zu helfen, und das tut er auch gegen ein reichliches Trinkgeld. Die Alte geht seitdem nicht mehr um. Das Ende dürfte das Märchen aus dem ursprünglich orientalischen 1537 (Der mehrfach Getötete) entlehnt haben. Entsprechende Motive haben wir auch in 1535 (Der große und der kleine Klaus) angetroffen. Das Verbreitungsgebiet des Märchens sind hauptsächlich die Länder am Atlantik, an der Nord- und Ostsee (oder Spanien, Portugal, Frankreich, Flandern, Schotdand, Irland, sämtliche nordischen und baltischen Länder sowie die Sowjetunion und Deutschland). Es hat von Portugal aus u. a. Massachusetts in Amerika erreicht. Nach allem zu urteilen, wurde das Märchen in Europa auf romanischem Boden zusammengestellt. Es zeugt von nichts Gutem, daß die Pointen dieses betrüblichen Märchens in Schweden eher zugespitzt als abgeschwächt wurden. Vgl. 1696. Nr. ij)6B.

Drei (Bucklige) Leichen werden fortgeschafft

In einem Haus haben sich drei Liebhaber oder Freier eingefunden. Sie werden einer nach dem andern von einem Mann fortgeschafft und in einen Fluß geworfen. Der Mann glaubt, es sei immer der gleiche Mann, den er fortträgt und der als Gespenst wiederkehrt. Ursprünglich waren die Opfer drei Bucklige, die getötet und weggeschafft wurden. So lautet die Erzählung zumindest in der hebräischen Version der Sieben weisen Meister, und in dieser Form wird sie auch in einer französischen Fabliaux-Sammlung aus dem 13. Jahrhundert und in einer italienischen Novelle von 1545 sowie in einer größeren Anzahl von Volksbüchern erzählt. In den abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister (in der Erzählung Amantes) handelt es sich bei den Morden meistens um Ritter, in volkstümlichen Darstellungen (siehe SSF II) oft um Pfarrer. Im schwedischen Volksbuch Die sieben weisen Meister (siehe 517) trägt daher das Märchen den Namen Die Frau und die drei Ritter, aber in dem ein Jahr früher erschienenen Volksbuch Tijdh-Fördrijff aus dem Jahre 1641 (Nr. 22) sind die Hauptpersonen der etwas bruchstückhaften Erzählung eine Fürstin und ein Narr (siehe 1537). Dieses sicherlich ursprünglich orientalische Märchen wird bis in unsere Zeit im Orient bis nach China sowie in Südosteuropa, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, auf Island, in Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion erzählt und hat Ausläufer u. a. nach dem französischsprachigen Kanada. Nr. 1 jßy. Der mehrfach Getötete Ein buckliger Narr, der bei einem Schneider zu Besuch ist, erstickt durch eine im Halse steckengebliebene Gräte. Der Schneider legt den Toten auf die finstere

Schränke Treppe, die zur Wohnung eines jüdischen Arztes führt. Als der Arzt hinausgeht, um den vermeintlichen Kranken anzusehen, fällt dieser um und die Treppe hinunter. Der Arzt sieht, daß er tot ist, glaubt aber, er selbst sei der Täter, und beeilt sich, ihn zu einem mohammedanischen Kaufmann zu bringen. Der glaubt, in dem Toten einen Dieb zu sehen und schlägt ihn mit einem Stock. Im Schrecken darüber, daß er ihn mit seinem Schlag getötet habe, lehnt er ihn auf der Gasse an eine Hausmauer. Ein etwas berauschter christlicher Kaufmann stößt ihn zufällig um und wird von den Stadtwächtern als Mörder ergriffen. Gerade als er wegen seines Verbrechens gehängt werden sollte, bekennt sich der mohammedanische Kaufmann schuldig, nach ihm der Arzt und schließlich der Schneider. Alle werden unter der Bedingung begnadigt, daß sie eine noch merkwürdigere Geschichte erzählen, was sie auch tun, bis der Tote wieder zum Leben erwacht, als sich die Gräte löst. So wird dieses ursprünglich orientalische Märchen in Tausendundeiner Nacht erzählt. Man nimmt an, daß das Märchen — zumindest teilweise — dem ältesten, persischen Grundstock dieser Sammlung, Hesär Afsäneh (vom 8. oder 9. Jahrhundert) 1 angehört hat. In den europäischen Versionen wird der Tote, der wie in dem Schwestermärchen 1536 B häufig ein Geistlicher ist, auf ein Pferd, in einen Schlitten oder in ein Boot gesetzt, oder er wird an eine Tür gelehnt oder in einen Sack gesteckt, der von einem Dieb gestohlen wird wie mitunter in 1536 A . In Europa finden wir das Märchen schon im Mittelalter in Frankreich, Italien und Deutschland, von wo es teils auf mündlichem, teils auf literarischem Weg fast alle Länder Europas (möglicherweise außer Griechenland) erreichte sowie überdies Bengalen, Indonesien, Westafrika und die Indianer Nordamerikas, u. a. die Micmac-Indianer in Neu-Schottland an der Ostküste Kanadas. Es ist auch in einem schwedischen Volksbuch von 1831 zu finden, jedoch ganz so, wie es in Tausendundeiner Nacht erzählt wird. Nr. IJ39- Der Hut (Stock) %ahlt alles In 1525 A — D (Meisterdiebsgeschichten) machten wir auf das Vorkommen verschiedener Entlehnungen aus diesem Märchen, d. h. Der Hut stahlt alles, und aus 1535 (Der große und der kleine Klaus) aufmerksam. Wir finden nämlich in beiden eine Reihe von Kniffen, mit denen ein junger Spitzbube seine Mitmenschen hineinzulegen versteht, geradeso wie in den Meisterdiebsgeschichten. Unter den Motiven des hier behandelten Märchens bemerken wir zuerst den Hut, von dem es heißt, er zahle alles, während die vorher mit dem Wirt getroffene Vereinbarung streng geheimgehalten wird. Weiterhin bemerken wir Tiere, die hergerichtet und verkauft werden, als wenn sie ganz andere Tiere wären (vgl. 1551), eine Pfeife, von der es heißt, sie könne Tote erwecken (vgl. 1535), und einen Topf, der von selbst kocht und dem wir schon in anderem Zusammenhang in 1260 (Der selbstkochende Kessel) begegnet sind. Oder der junge Spitzbube versteht es auch, „sich selbst lebendig zu begraben" und seine Widersacher zu verprügeln, wenn sie kommen, um die Leiche zu schänden. 1

WEIL I: 155. Abstammung nach ÖSTRUP, der es als dem indisch-persischen Kreise zugehörig betrachtet, während CHAUVIN es auf den ägyptischen zurückführt.

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jo8

Scbwänke

Zu diesen Motiven können auch die Tiere gerechnet werden, von denen es heißt, sie könnten gewisse mündlich erteilte Aufträge ausführen, oder die so präpariert sind, daß Goldgeld aus ihren Hintern fällt (vgl. 563, 1535). Diese Motive finden sich hauptsächlich bei den süd-, west- und ostslawischen Völkern, wie auch in Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Ungarn, Rumänien und Italien, u. a. bei STRAPAROLA, sind aber wohl kaum in irgendeinem europäischen Land unbekannt. Die weiteste Verbreitung hat die wieder zum Leben erweckende Pfeife. Die Verbreitungsgebiete dieses und einiger anderer hierhergehöriger Motive erstrecken sich sogar in Asien bis Hinterindien und Indonesien, über große Teile von Afrika und in Amerika bis Chile. Das Tier, das verkauft wird, als wäre es ein anderes, gibt es schon im Pantschatantra (siehe 15 51) sowie in China und Massachusetts, und der sich selbst begrabende Spitzbube wird in Tausendundeiner Nacht1 wiedergegeben. Von besonders großem Interesse ist das Motiv vom selbstkochenden Topf (siehe 1260). Es wird nicht nur in China und in Nord- und Südamerika erwähnt, sondern auch in Schweden schon so früh wie in OLAUS M A G N U S ' Historia om de nordiska folken (um 1520, 13. Buch, Kap. 35). Es heißt dort, der Topf könne besonders „Jüten und Zimbern" hineinlegen. Vgl. 1542 (Die

Narrenhöl^er). Nr.

IJ40.

Paris — Paradies

Ein Geistlicher geht von Paris nach Mecheln und trifft in einem Dorf eine Frau, die ihn fragt, woher er komme. „Aus Paris", sagt er, die Frau aber versteht „aus dem Paradies" und fragt, wie es ihrem toten Mann ergehe. Der Kleriker sagt, daß es ihm im großen und ganzen gut gehe, nur mit Kleidern und Geld für Wein sei es schlecht bestellt. Da gibt die Frau dem Kleriker sowohl das eine wie das andere zum Mitnehmen. Ihr zweiter Mann kommt inzwischen heim, erfährt, was geschehen ist, nimmt das Pferd und setzt dem Kleriker nach. Als er ihn einholt, steht der Kleriker und arbeitet an einem halbfertigen Zaun und sagt, daß der Dieb in den Wald gegangen sei. Als der Mann dorthin geht, nimmt der Kleriker die Kleider und verschwindet mit dem Pferd. Ungefähr so lautet das u. a. von AARNE sorgfältig untersuchte Märchen in seiner ältesten Aufzeichnung in lateinischen Hexametern vom Ende des 15. Jahrhunderts in den Niederlanden. Dieser Aufzeichnung folgen andere in Deutschland und Böhmen aus den folgenden Jahrhunderten. JOH. PAULI spitzt die Geschichte noch zu und läßt den Mann das Pferd dem Kleriker geben, damit er schneller hinkäme. Sie wird jetzt in ganz Europa erzählt und erreicht im Osten Indien und Indonesien. In der Regel geht es bei dem Hörfehler oder Mißverständnis, das ein hauptsächlich europäischer Zug ist, um Paris und Paradies. Wir finden es in dieser Form in Frankreich, Deutschland und dem Norden. Es kommen aber auch andere Hörfehler vor, besonders im Norden, wie beispielsweise Ringerike und Himmelrike ( = Himmelreich). Im alten Volksbuch Tijdh-Fördrijff von 1641 (Nr. 23) finden wir jedoch Paris — 1

HENNING X X I I I , 2 1 9 fr.

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Paradies. In Dänemark ist das Märchen von H. C. A N D E R S E N in gebundene Form gebracht worden. Schon im 13. Jahrhundert scheint es — nach gewissen Warnungen von kirchlicher Seite zu urteilen — ziemlich häufig vorgekommen zu sein, daß Leute in betrügerischer Absicht angaben, vom Himmel zu kommen. Man kann hieraus vielleicht schließen, daß das Märchen ein oder mehrere Jahrhunderte älter als seine erste Aufzeichnupg ist. Hierfür spricht auch, daß es sich unter den türkischen Aufzeichnungen über Hodscha Nasreddin befindet. Sein westeuropäischer Ursprung müßte nicht in Zweifel gezogen werden, wenn sich nicht tatsächlich gezeigt hätte, daß innerhalb des Märchens beständig ein und derselbe Typ mit einer Anzahl nicht großer, aber doch deutlicher Merkmale von der Bretagne bis zum Stillen Ozean mit Indien als Mittelpunkt aufgetreten ist. U. a. klettert der Betrüger auf einen Baum, um seinem Verfolger zu entgehen, und das Mißverständnis wird durch einfachere Züge ersetzt, wie z. B. dadurch, daß man das Weinen einer Frau hört. K A A R L E K R O H N will deshalb den Ursprung des Märchens nach Indien verlegen, wo es gute, aber späte Aufzeichnungen hat, und betrachtet die oben berichtete europäische Form als Neudichtung. Möglich ist jedoch, daß das Märchen in der östlichen Form, wie wir es beispielsweise gerade bei Hodscha Nasreddin antreffen, seinen Ursprung um das Ägäische Meer hat. Vgl. 471 (Die Brücke %ur anderen Welt) und 1528 (Der Hut und das Kleinod). Nr. IJ41. Für den „langen Frühlingstag" („Winter") Einem Mädchen in Krähwinkel ist gesagt worden, die Wurst solle für den langen Winter aufgehoben werden. Ein junger Spitzbube sagt, er wäre der „lange Winter", und bekommt die Wurst. Der Idee begegnen wir schon um das Jahr 1400 in einer italienischen Novelle von S E R C A M B I . Dort heißt der Halunke Mars. In den volkstümlichen Erzählungen finden wir auch die Namen Langer Frühling, Ostern, Die große Not u. dgl. Das Motiv ist in England, Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland, Belgien, Holland, im ganzen Norden mit den baltischen Ländern sowie bei den Rumänen, Griechen, Albanern und den ost- und westslawischen Völkern bekannt mit Ausläufern bis nach Ceylon. Es kam auch nach Südafrika, Nord- und Südamerika mit Westindien, hauptsächlich zu den Negern und Indianern in Massachusetts, SüdCarolina und Neu-Schottland. Nr. 1J41*. Der Bursche mit den vielen Namen Ein junger Knecht nennt sich bei verschiedenen Personen mit verschiedenen Namen von bestimmter Bedeutung. Das ist der Anlaß zu einer ganzen Anzahl Verwicklungen. Dieses betrübliche Märchen ist bisher in Italien, Frankreich, Deutschland, Flandern, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. Ein Fragment gibt es in einer Handschrift aus der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Uni-

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versitätsbibüothek von Uppsala (Nr. 1172). Der Gedanke ist außerhalb Europas sogar bis nach China gedrungen. Nr. 1

Ein Goldstück, groß wie ein Ziegelstein

Ein Knecht wettet mit seinem Herrn, der bei dem geizigen Probst zum Mittagessen eingeladen ist, daß auch er dabei sein werde. Kurz vor der festgesetzten Zeit geht er zum Probst und fragt, was ein Goldstück, so groß wia ein Ziegelstein, wert sein könne. Der Probst wittert ein gutes Geschäft und lädt ihn ein, zum Mittagessen zu bleiben. Als das Essen vorüber ist, bittet der Probst, das Goldstück ansehen zu dürfen. „Nein, ich habe nur gefragt, falls ich einmal ein solches bekommen sollte". Das Märchen ist in den Niederlanden, in Belgien, Dänemark, Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. Nr.

IJ42.

Die Narrenhöl^er

Dieses Märchen ist vom gleichen traurigen Typus wie 1539 (Der Hut stahlt alles). Der junge Spitzbube in Krähwinkel hat Narrenhölzer, von denen er den Leuten einredet, daß sie alles hervorzaubern können, und um sie zu holen, nimmt er sich das Pferd des Königs. Er verkauft Raubtiere, um zahme zu bewachen, wird Gesellschaftsdame bei einer Prinzessin, arbeitet mit blutgefüllten Blasen, wird zum Tode verurteilt, tauscht aber mit anderen den Platz wie der Held im Großen und kleinen Klaus (153 5), bis er schließlich wie der Dieb im Rampsinitmärchen (950) der Schwiegersohn des Königs oder dgl. wird. Es ist nicht verwunderlich, wenn wir in diesem Zusammenhang Motive nicht nur aus den beiden erwähnten Märchen finden, sondern u. a. auch aus 1539 (Der Hut %ahlt alles) und 1525 A — F (Meisterdiebsgeschichten). Das Märchen wird in Dänemark, Island, Norwegen, Schweden, den baltischen Ländern und der Sowjetunion erzählt, schimmert aber auch auf keltischem und romanischem Sprachgebiet, z. B. bei STRAPAROLA (I, 3), durch. Mehrere Momente sind im Orient, wie auch unter den Indianern Nordamerikas vertreten. GS 1 J4j. Die Ohrfeige, die rundherum gehen sollte Ein Bauer ist zu einem vornehmen Herrn eingeladen und sitzt bei Tisch neben ihm. Die Gesellschaft will sich über den Bauer lustig machen und läßt eine Ohrfeige „von Mann zu Mann" gehen. Als der Bauer an der Reihe ist, seinem Gastgeber die Ohrfeige zr geben, wendet er sich an seinen Nachbarn, gibt ihm den Schlag zurück und sagt: „Mein Vater wußte immer, daß er wenden mußte, wenn der Pflug die Wendemarke erreichte". Diese Anekdote wird in Schweden erzählt, wo manchmal Bellman den Platz des Bauern einnehmen muß, sowie in Finnland und in der Sowjetunion mit Litauen. Nr. 1J44. Der Spitzbube befahlt das Quartier Ein junger Spitzbube kehrt bei einer alten Frau in Krähwinkel ein und überredet den Knecht, den Stallwidder zu schlachten. Es gibt ein großes Festessen.

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Der Halunke bezahlt das Quartier mit dem Fell und gibt die Hörner der Magd, damit sie schweige. Der Mann der alten Frau kommt am Morgen heim, und der Spitzbube sagt zu ihm, er solle tun, als ob er alles wisse. Er tut es, und alle gestehen, außer dem Spitzbuben, der seines Weges gezogen war. Diesen Schwank gibt es in Spanien, Flandern, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland und der Sowjetunion. In Schweden gibt es außerdem einen der mündlichen Überlieferung fremden Schillingdruck mit dem gleichen Thema aus dem Jahre 1836, ohne Neuauflagen. Nr. ij44*—if4j*.

Der Bursch, der nichts von Frauen weiß

Durch seine Unwissenheit und die Bosheit seiner Kameraden gerät er in allerhand Abenteuerlichkeiten und wird sogar verstümmelt. Diese Gruppe von Obszönitäten wird in den baltischen Ländern, in Schweden und Finnland erzählt. Nr. 1J48. Suppe aus einem Nagel kochen Ein junger Spitzbube kommt zu einer guten Frau in Krähwinkel und sagt, er könne Suppe aus einem Nagel kochen. Der Nagel wird gekocht und der Spitzbube sagt, daß es eine herrliche Suppe sei, und daß sie immer prächtiger würde, als er Mehl, Grütze, Milch, Butter, Karotten, Kartoffeln, Käse und Fleisch bekommt, um sie damit zu verbessern. Dann läßt er sich von der Frau den Nagel abkaufen. Dieser Schwank wird in Schweden und in den baltischen Ländern erzählt sowie in mehreren anderen Ländern, wo entsprechende Sprichwörter bekannt sind, wie in Italien schon um das Jahr 1400 bei SERCAMBI, in Deutschland, auf der Pyrenäischen Halbinsel, in Frankreich, England, Dänemark und schließlich in den ostund südslawischen Ländern. Man findet ihn oft in gebundener Form, und die gekochten Gegenstände wechseln, manchmal ist es ein Kieselstein, manchmal eine Axt oder ein Spieß, und bei H. C. A N D E R S E N ist es ein Wurstspan.

Nr. 1 /ji. Die Wette, daß die Schafe Schweine seien Ein Schelm redet einem Brahmanen ein, daß eine Ziege alles andere sei, nur keine Ziege. So lautet die indische Form des Motivs, die wir im Pantschatantra (um 200—300 n. Chr.) und im Kathäsaritsägara (11. Jahrhundert n. Chr.) antreffen. Wir finden es dann bei JACQUES D E V I T R Y (gest. 1240), J U A N M A N U E L (gest. 1 3 4 7 ) , BOCCACCIO, in den Gesta Romanorum, bei PERGAMENUS, im Eulenspiegel, im 16. Jahrhundert bei A N D R E W B O R D E in England und bei L A F O N T A I N E . Jetzt wird es besonders auf romanischem und germanischem Sprachgebiet, u. a. in Dänemark, Norwegen und Schweden, oft von 1539 (Der Hut %ahlt alles) eingerahmt, wiedergegeben. Von Spanien und Portugal aus hat es überdies Brasilien erreicht.

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Nr.

IJ6O.

So tun, als ob gegessen würde, so tun, als ob gearbeitet würde

Der Herr will, daß er und der Knecht so tun sollen, als ob sie äßen, wenn der Nachbar vorbeigeht, aber dann meint der Knecht, daß sie auch tun könnten, als ob sie arbeiteten. Dieser Schwank ist in Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern bekannt. Man darf jedoch weder hier noch bei anderer Gelegenheit in der Frage der Verbreitung eines Märchens allzusehr auf negative Berichte bauen. Den Gedanken dieses Märchens finden wir nämlich auch in Tausendundeiner Nacht1, in der Erzählung vom sechsten Bruder des Barbiers. Den Zusammenhang, falls es einen solchen gibt, wird die Zukunft erweisen. Der Bruder des Barbiers tritt bei einem Reichen ein und bittet um ein Almosen. Der läßt einen Tisch herrlich decken, die Gerichte sind aber nur Luft und ebenso der Wein. Der Wirt tut, als ob er esse und trinke. Der Bettler folgt seinem Beispiel, schließlich aber benimmt er sich, als ob er trunken wäre, und gibt dem Wirt eine schallende Ohrfeige. Der Wirt lacht nur, und nun beginnt ein wirkliches Festmahl. Der Bettler muß als Verwalter bei dem Reichen bleiben. Man vergleiche die historisch-geographische Verbreitung des Märchens mit der von 1562 (Erst denken, dann reden) und 1591 (Drei Besitzer, einer stiehlt). Nr.

Butter sparen gibt Leder für Schuhe

IJ6O*.

Als der Bauer, um Butter zu sparen, die Hausleute auffordert, mit dem Löffel und nicht mit dem Messer zu essen, nimmt der Lehrjunge des Schusters die Butter mit dem Löffel. Als Belohnung erhält er vom Schuhmacher, der das Leder vom Bauern nimmt, Leder für ein Paar Schuhe. Diese Anekdote erzählt man in Finnland und Schweden. Nr.

IJ6I.

Frühstück, Mittag und Abendbrot in einem

Der Knecht muß alle Mahlzeiten des Tages auf einmal essen, damit er nicht so viel ißt, aber er weiß sich zu helfen und legt sich nach dem „Abendbrot" zu Bett. Dieses Märchen verwendet man in Schweden manchmal als Einleitung zu 1725 (Der Knecht und das Dreiecksdrama), in dem die Frau nach der Mahlzeit mit dem Nachbarn ungestört allein zu bleiben hofft. Das Märchen wird auch in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Finnland, Estland, Nordostdeutschland, in der Sowjetunion und in Rumänien erzählt. Nr.

IJ6I*.

Ungleiche Sehkraft

Der Bursche ist traurig, denn er kann die Butter auf dem Brot nicht sehen, was aber nicht hindert, daß er am folgenden Tag durch die dünne Käsescheibe die Kirche erblickt. 1

W e i l I : 213.

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Dieses Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. GS IJ6I***. Dünne Erbsen Der Knecht steckt beide Hände in den Suppentopf, um eine Erbse, die er gesehen hat, zu erwischen. Diese Anekdote ist nur in Finnland und Schweden aufgezeichnet worden. GS IJ6I****.

Strömlinge als Mundvorrat

Als der Bauer den Knecht fragt, warum er die Strömlinge nicht aufgegessen habe, antwortet er, er habe sie um die Butterdose geschickt. Diese Anekdote ist bisher nur in Finnland und Schweden aufgezeichnet worden. Nr. IJ62. Erst denken, dann reden Der Knecht nimmt den Rat wörtlich und läßt den Pelz des Bauern zur Hälfte verbrennen, ehe er etwas sagt. Diesen Schwank erzählt man auch in Flandern und Finnland. Wir haben jedoch — wie bei 15 60 (So tun, als ob gegessen würde, so tun, als ob gearbeitet würde) — den gleichen Gedankengang im Orient und u. a. in der griechischen Version der Sieben weisen Meister, die schildert, wie während einer Musikstunde der Turban des Lehrers zu brennen beginnt, der Schüler aber nichts zu sagen wagt, bis es zu spät ist. Zwischen dieser höchstwahrscheinlich orientalischen Erzählung und der nordischen gibt es jedoch ein Verbindungsglied in P A U L I S Schimpf und Ernst aus dem 16. Jahrhundert (vgl. 1560 und 1591). Nr. ij6ß. „Mit beiden ?" Ein Knecht wird geschickt, zwei (oder manchmal drei) Gegenstände einer bestimmten Art bei den Frauensleuten des Bauern abzuholen und mit ihnen zu kommen. Er sagt anstatt dessen, er solle mit ihnen schlafen. Sie rufen dem Bauern zu: Mit beiden? (allen dreien?) und bekommen eine bejahende Antwort. Diese Anekdote wird in Tausendundeiner Nacht1, in der Schwankliteratur des 16. Jahrhunderts sowie im größten Teil Europas erzählt, von wo aus sie die Indianer Nordamerikas, die portugiesisch sprechenden Neger Massachusetts sowie in Südamerika Bolivien erreichte. Das Motiv steht dem in Schweden nicht vertretenen 1731 (Der Jüngling mit den schönen Schuhen) nahe. Nr. 1

2*. Faule Haut und Tobsucht

Ein Knecht nimmt bei einem Bauern Dienst. Der Knecht will „auf der faulen Haut liegen", der Bauer ist „tobsüchtig". Diese Eigenheiten sollen die Partner 1

BURTON X I : 4 5 7 .

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respektieren. Das „auf der faulen Haut liegen" besteht darin, daß der Knecht am Morgen lange schlafen will, und die Tobsucht darin, daß der Bauer den Knecht durchprügelt. Als die faule Haut fort ist, hört auch die Tobsucht auf. Diesen Schwank erzählt man in Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und etwas verändert in der Sowjetunion. Nr. i/po. Auf eigenem Boden Mit Erde aus seinem Besitz auf dem Boden der Stiefel schwört ein Mann einen Eid, daß er auf eigener Erde stehe, obwohl er in Wirklichkeit auf der des Nachbarn steht. Die Sage von dieser Spitzfindigkeit hat sich in Schweden in 763* (Die Siebenschläfer) in einer in SSF II wiedergegebenen Variante eingeschlichen. Sie wird, wenn auch in sehr unterschiedlichen Versionen, auf Malta, in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland (seit dem 16. Jahrhundert), Dänemark, Island und der Sowjetunion erzählt und hat vereinzelt auch die Indianer Amerikas erreicht. Den Gedanken findet man auch in den Eulenspiegelgeschichten, wir treffen ihn jedoch auch bei altjüdischen und arabischen Schriftstellern an, und bei HERODOT (IV: 199) legen die Perser bei der Belagerung von Barka einen Eid ab, der so beständig sein sollte, wie die Erde, auf der sie standen. Diese hatten sie jedoch schon vorher unterhöhlt. Nr. ijpi. Drei Besitzer, einer stiehlt Ein Vermögen wird von drei Besitzern bei einem Bankier hinterlegt. Es soll nur auf das Verlangen aller drei herausgegeben werden. Einer von ihnen stiehlt das Geld. Es wird dem Bankier abgefordert, der aber sagt, er dürfe es nicht ohna Zustimmung aller ausliefern. Er wird davon befreit, weil der Dieb für immer verschwunden ist. Die Sage von dieser Spitzfindigkeit ist in den meisten morgenländischen Versionen der Sieben weisen Meister zu finden, ferner in persischen und arabischen Märchensammlungen wie Tausendundeine Nacht1 sowie schließlich bei den Türken, Juden, Griechen und Italienern. Der älteste Beleg ist eine Anekdote, die von dem römischen Geschichtsschreiber VALERIUS MAXIMUS (um 32 n. Chr.) 2 über Demosthenes erzählt wird. In England und Deutschland ist das Märchen im 16. Jahrhundert und in Amsterdam im 18. Jahrhundert belegt. In Schweden scheint die in SSF wiedergegebene Variante ziemlich alleinstehend zu sein, steht aber der griechischen Version der Sieben weisen Meister nahe (vgl. 1560 und 1562). Nr.

IJ?2*.

Addiert aus alter Gewohnheit

Ein Kaufmann fragt nach dem Alter seiner Frau und der Kinder und addiert aus alter Gewohnheit. Diese Anekdote erzählt man in Flandern und Schweden. 1

2

BURTON V I : 2 1 0 f . Lib. V I I , Kap. 2, ext.

5.

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Nr. 1600. Narr als Mörder Ein Narr macht sich eines Totschlags schuldig. Seine Angehörigen vertauschen den Leichnam mit einem Bock und lassen durch den Schornstein des Hauses, in dem der Narr wohnt, Feigen und Rosinen hinunterfallen. Der gesteht dann vor Gericht, er habe jemanden erschlagen, als es Feigen und Rosinen regnete. Da man überdies noch den Bock an des Toten Stelle findet, wird der Narr freigesprochen. Dieser Schwank ist orientalischen Ursprungs. Er wird in Indien in Tausendundeiner Nacht'1 wiedergegeben und wird von den Arabern vom Roten Meer bis Nordwestafrika erzählt. Fragmentarisch ist er sogar bei den Mic-mac-Indianern an der Ostküste Kanadas zu finden. Das Regenmotiv kennen wir von 1381 (Die schwatzhafte Ehefrau). Eingeflochten in die morgen- und abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister findet es sich in der Erzählung Der sprechende Vogel (Avis). Das Märchen ist u. a. in den Gesta Romanorum (gleich nach dem Jahr 1300) bearbeitet worden. In der mündlichen Überlieferung wird es in Deutschland, bei den keltischen Minoritäten sowie in Frankreich, Italien und Griechenland wiedergegeben. Nach und nach kam es auch nach Skandinavien, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion. Nr. 1610. Alks teilen, auch die Schläge Ein Jude verspricht dem Wächter die Hälfte dessen, was ihm der Kalif für ein Gros Gurken geben werde, wenn er ihn hineinließe. Der Kalif hat die Gurken satt und gibt dem Juden für jede Gurke einen Schlag. Als der Jude die Hälfte der ihm zugeteilten Schläge erhalten hat, erzählt er von dem Übereinkommen, und der Wächter bekommt den Rest. So wird der Schwank im Orient erzählt. Wir finden ihn dort mindestens seit dem 10. Jahrhundert, von M A S Ü D I und später in Tausendundeiner Nacht2 gebracht. Er wird auch bei den Berbern Nordafrikas, in Italien im 14. Jahrhundert sowie in Spanien, Frankreich und England erzählt. Nach Deutschland kam er spätestens im 15. Jahrhundert und ist u. a. in PAULIS Schimpf und Ernst (aus dem Jahr 1522) wiedergegeben. Er wurde auch in den Niederlanden, in Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern, in Ungarn und Griechenland sowie in allen ost-, west- und südslawischen Ländern erzählt und hat Ausläufer nach Indien. Die Züge des Märchens kommen oft als Motive in 1642 (Der vernunftlose Handel) und 1675 (Der Ochse als Bürgermeister) vor. Nr. 1611. Vom Mast gefallen Ein Jüngling klettert in die Takelung, fällt herab, rettet sich aber. „Mach es nach!" sagt er zu dem Seemann, der glaubt, er habe es mit Absicht gemacht. Dieser Schwank wird in Dänemark, Schweden und Finnland erzählt. Er begleitete die Seeleute auf ihren Fahrten nach Afrika und Amerika und gelangte nach THOMPSONS 1 2

HABICHT X I : 99. WEIL I V : 72.

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näherer Bestimmung zu den portugiesisch Sprechenden in Massachusetts und den Indianern in New Brunswick. Nr. 1612. Wettschwimmen Ein Jüngling soll um die Wette schwimmen und nimmt Wegzehrung mit ins Wasser. Der Gegner gibt auf. Dieser Schwank ist von dem Typ, den wir häufig in der Reihe Der Burscb und der dumme Riese finden. Er wird in Dänemark, Schweden und Finnland erzählt, hat aber auch Afrika und Amerika erreicht, genauer gesagt — nach THOMPSON — die portugiesisch Sprechenden in Massachusetts und die Indianer in New Brunswick. Nr. i6iß. Das Spiel Karten als Kalender und Gebetbuch Auf den Vorwurf, daß er in der Kirche ein Kartenspiel bei sich habe, erklärt der Jüngling die Bilder der Karten so schlau als Symbole, daß man ihn als entschuldigt ansieht. (Vgl. 1839B.) Diese Anekdote wird in Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, England, Deutschland, Belgien, den Niederlanden, in Dänemark, auf Island, in Schweden und Finnland erzählt oder, vielleicht richtiger gesagt, war dort zu lesen. Der älteste bekannte Druck stammt von 1778 aus Brüssel. In Schweden wurde sie in einem Volksbuch herausgegeben, das laut Angabe 1814 aus dem Englischen übersetzt worden ist. Nr. 1620. Des Kaisers neue Kleider Ein Schelm tut, als ob er dem Kaiser Kleider mache, und sagt, daß nur der sie sehen könne, der von legitimer Geburt sei. Weder der Kaiser noch der Hof wagen es zu gestehen, daß sie sie nicht sehen können, bis ein Kind die Wahrheit offenbart. Dieses lehrreiche Märchen, das u. a. auf hervorragende Weise von ARCHER TAYLOR behandelt wurde, wird in dieser seiner klassischen Form zuerst vom spanischen Infanten JUAN MANUEL (gest. 1347) erzählt, dürfte aber orientalischen Ursprungs sein. Es kommt in der türkischen Version der Sieben weisen Meister oder Vierzig Wesire, wie sie dort genannt wird (aus dem 15. Jahrhundert), vor. Älter ist jedoch die Erzählung von dem Narren, der zweimal so feingesponnenes Garn kaufte, daß weder er noch jemand anderes es sehen konnte, in den sogenannten Avadänas oder Buddhas Wiedergeburten, im 3 . - 5 . Jahrhundert (7. Jahrhundert) n. Chr. ins Chinesische übersetzt. Durch H . C. ANDERSENS Erzählung mit JUAN MANUEL als Vorbild dürfte das

Märchen jetzt fast über die ganze Welt verbreitet sein. In Deutschland gab es bereits vor 1236 beim STRICKER eine andere Form des Märchens, die in Polen, Italien und Spanien schon frühzeitig Verbreitung fand. Vom STRICKER wanderte es direkt in das Eulenspiegelrepertoir (siehe 1635*) und dann zu HANS SACHS. Ein Maler, heißt es, beschrieb die wunderbarsten Sachen, die er auf eine Wand gemalt haben wollte und die nur Personen ehelicher Geburt sehen

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konnten, und niemand wagte dagegen Einspruch zu erheben. In Italien begegnen wir dem Motiv u. a. in einem lateinischen Manuskript aus dem 15. Jahrhundert und in Spanien in einem Zwischenspiel von CERVANTES. Diese Zweiteilung des Märchens dürfte nach A R C H E R T A Y L O R auf europäischem Boden geschehen sein. Die Wurzelfäden sind jedoch orientalischen Ursprungs, gleich der Erzählung von den fingierten Kleidungsstücken. In der Gegenwart lebt die Version von dem angeblichen Gemälde in Italien und Indien, wo sie der polnischen Darstellung am ähnlichsten ist. Die Version mit den fingierten Kleidungsstücken gehört hauptsächlich der literarischen Überlieferung an, und die Version von H . C. A N D E R S E N scheint in Brasilien und Ceylon durch. In Schweden ist das Märchen selten, wir treffen es erstmalig im Volksbuch über Eulenspiegel von 1661. In 1406 (Wer hat den dümmsten Mann?) eingerahmt, erhält das Motiv mitunter eine Form, die der orientalischen Erzählung in den Avadänas nicht allzu fern steht. GS 1627. Die Studenten und die Mondfinsternis Die Studenten wissen, daß eine Mondfinsternis eintreten wird, und tun vor dem Bauern so, als ob sie es wären, die den Mond schwarz teeren und wieder weiß waschen. Diese Anekdote ist in Dänemark und Schweden notiert. GS 1628. So spricht man Latein Ein fauler Junge will nicht zur Schule gehen und erklärt, ausgelernt zu haben. Mit den lateinischen Vokabeln, die er zu können behauptet, gibt ihm der Vater Antwort auf die Rede und schickt ihn in die Schule zurück. Dieses Geschichtchen ist bisher nur in Deutschland (im 16. Jahrhundert), Dänemark, Schweden, Finnland und bei den slawischen Völkern festgestellt worden, analoge Formen finden sich aber auch in Spanien. GS 1629. Kohlenbrennerlatein Ein Köhler, Bauer oder anderer ungelehrter Mann findet gewisse Gegenstände und über diese oder aus anderen belanglosen Gründen setzt er etwas zusammen, von dem er glaubt, es klinge wie Latein. Sein Bluff gelingt, und er erreicht sein Ziel, ob es nun darum geht, Pfarrer zu werden oder die Hand einer Prinzessin zu gewinnen. Diesem Motiv begegnen wir im Norden, in Deutschland, Flandern, der Bretagne, Italien, Rumänien und schließlich auch auf slawischem Sprachgebiet. Der Gedankengang ist schon im 16. Jahrhundert in MONTANUS' Schwankbüchern belegt. In Schweden ist das Motiv am meisten durch DJURKLOUS Märchen von Quistmuntus, Kobäljantus und Aborrnäsius bekannt. In dem dänischen Märchen Der Köhler, der Pfarrer werden wollte finden wir das Wort Kvist-Mundtov 1 . Ein schwedischer Schillingdruck von 1

E . T . KRISTENSEN in Jyske Folkeminder 7 : 170, Nr. 2 1 .

3

I8

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1833 von „einem sehr reichen Bauern, der mit der Zeit Pfarrer wurde" ist vom gleichen Typ wie das dänische Märchen. In Schweden kam D J U R K L O U S Version als Schillingdruck 1860 heraus (vgl. G S 1628 und 1825 C). GS 16)0. Die Zeichensprache Ein Gelehrter und ein Narr verhandeln in der Zeichensprache. Sie zeigen abwechselnd mit einem Finger, mit zweien und dreien und mit der ganzen Hand. Der Gelehrte deutet dies als Gespräch über die Dreifaltigkeit Gottes, der Narr aber glaubt, der Gelehrte wolle ihm die Augen ausstechen. Dieses Motiv finden wir in Italien bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts und dann vielerorten in Mittel- und Westeuropa, u. a. bei R A B E L A I S und in PAULIS Schimpf und Ernst. Eine mittelalterliche isländische Variante, die der ältesten italienischen nahesteht, handelt von einem römischen Narren, der als Häuptling ausstaffiert wurde, und dem Weisesten unter den Griechen in Miklagärd. Sie verhandeln miteinander mit ungefähr den gleichen Zeichen und Deutungen wie oben, aber im übrigen spielt die Erzählung auf ein historisches Ereignis an, nämlich auf das Ersuchen der Römer im Jahre 452, von den Griechen die Gesetzestexte Solons zu erhalten. Daß eine ähnliche Erzählung in die türkische Version der Sieben weisen Meister, d. h. der Vierzig Wesire, aus dem 15. Jahrhundert und eine andere in den Talmud-Traktat Chagiga (Fol. 5, col. 6) aufgenommen wurde, deutet möglicherweise auf orientalischen Ursprung hin. Hier kann noch hinzugefügt werden, daß Versionen des gleichen Themas auch in China vorkommen. Das Motiv ist im ganzen Norden bekannt. In Schweden treffen wir es zuerst bei S A M U E L C O L U M B U S 1 und dann — in England spielend — in P . A . W A L L M A R K S A.llmänna journalen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Jetzt scheint es seltener zu sein. Nr. 16)/*. Eulenspiegel-Geschichten In Kneitlingen in Braunschweig wurde einer der größten Possenreißer der Welt namens Til(l) geboren. Er starb, wie es heißt, um 1350. In Mölln (b. Lübeck) gibt es sogar einen Grabstein mit einer ganzen Figur, die eine Eule und einen Spiegel trägt, mit dem Namen „tyle vlenspegel" und der Jahreszahl 1350. Zahllos sind die alten und neuen Geschichten, die zu Recht oder Unrecht von ihm erzählt werden. Einige sind sogar nach China, andere nach Chile und Pennsylvania (u. a. durch flämische Kolonisten) gekommen und wieder andere zu den Zulus in Südafrika. Der Held heißt bei den letzteren Uhlakaniana. In diesem Wort können wir vielleicht Eulenspiegel wiedererkennen. Dieser Name wurde jedoch erst im 16. Jahrhundert in Deutschland allgemein gebräuchlich. In Frankreich nennt man noch heute einen Possenreißer e s p i è g l e , und auch in Schweden haben wir für den Helden der Geschichten den Namen Ulspegel oder Ulspel (das Ug(e)lspejl des Dänischen). Die 1

M&l-Roo eller Roo-Màl (1676—1678), Ed.

HESSELMAN

1935, S. 91.

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erste hochdeutsche Ausgabe der Eulenspiegelanekdoten wurde 1515 in Straßburg gedruckt. Eine niederdeutsche von 1483 ging ihr voraus. Bemerkenswert ist jedoch, daß der Zyklus, wenn auch natürlich unter anderem Namen, auf der iberischen Halbinsel ungefähr gleichzeitig oder gegen Ende des 15. und am Anfang des 16. Jahrhunderts bekannt zu sein scheint, was, wie CASCUDO nach TEOFILO BRAGA aufzeigte, aus dem Vatikanischen Liederbuch (Nr. 1132) herausgelesen werden kann. Den deutschen Ausgaben folgt eine schwedische Ausgabe von Thil Ulspegel von 1661 mit über 100 Anekdoten. STIERNHIELM, der sie aus der früheren dänischen Ausgabe (von 1571) kannte, geißelt sie in seinem Hercules (von 1658). Mit einigen der Geschichtchen des Zyklus haben wir bei früheren Typennummern schon Bekanntschaft gemacht. Zu ihnen gehören gewisse Motive u. a. aus 921 (Antwort in Rätseln), 922 (Knifflige Fragen mit Stellvertreter), 1385 (Das dumme Weib Aluta), 1542 {Die Narrenhöl^er), 1544 (Der Spitzbube befahlt das Quartier), 15 51 (Die Wette, daß die Schafe Schweine seien), 1590 ( A u f eigenem Boden) und 1620 (Des Kaisers neue Kleider), und auch die Geschichte vom Hund „Humbla" (1685) kann hinzugefügt werden. Diese Motive sowie die in S S F I und II wiedergegebenen sind auch die bekanntesten. Eine jüngere Auflage des Volksbuchs scheint am Ende des 18. Jahrhunderts mit mehr als 70 Anekdoten herausgekommen zu sein. Trotz seines Alters und seiner etwa 40 oft reich illustrierten Auflagen — die letzte 1899 — haben die beiden Volksbücher nur wenig Einfluß auf die mündliche Überlieferung Schwedens gehabt, das für diese Art Humor ziemlich'geringes Verständnis zu haben schien. Ein Versuch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, einen schwedischen Eulenspiegel, genannt „ J o n Lufwer, geboren 1703 in Lufwa in Smäland", mit den Zügen seines deutschen Vorbildes, aber in schwedischem Milieu zu schaffen, scheint mißglückt zu sein. Die in SSF aufgenommenen Motive sind nur als Beispiel zu betrachten, da auf die literarische Überlieferung keine allzu große Rücksicht genommen werden konnte. Die in SSF I I : 4 wiedergegebene Version gibt es, wenn auch in einer ganz anderen Form, unter den Briefen der ELISABETH CHARLOTTA VON ORLEANS (1652 — 1722). D o r t ist

es eine Schnecke, die zur Hochzeit geladen ist, aber erst zur Kindtaufe kommt und, weil sie über einen Zaun gefallen ist, sagt: „Es ist nicht gut, sich allzusehr zu beeilen." Nr. 1640. Das tapfere Schneiderlein Einem Schneider gelingt es, mit einem Schlag sieben Fliegen (Mücken) zu erschlagen. Er tut damit so groß, daß er den Auftrag bekommt, Riesen und reißende Tiere zu töten. Er löst diese Aufgabe auf seine Weise und erhält die Tochter des Königs zur Gemahlin, die ihn jedoch entlarvt. Nichts destoweniger gelingt es ihm, seine Gegner zu erschrecken und ein ganzes Kriegsheer in Angst zu versetzen, als sein Pferd durchgeht und er dabei einen ganzen Baum ausreißt. In diesem Märchen findet man besonders auf kontinentaleuropäischem Gebiet oft Stoffe aus der Motivreihe Der Bursche und der dumme Riese und aus 650 {Der starke Hans). Letzterer ist die personifizierte Tapferkeit, während das Schneiderlein die Feigheit und Prahlerei selbst ist. So wird er auch in einer unserer ältesten Aufzeichnungen, nämlich im chinesischen Tripitaka im Buch der hundert Erzählungen, das

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492 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt wurde, charakterisiert1. Ein Mann, der von seiner treulosen Frau 500 giftige Pillen auf eine Reise mitbekommen hatte, prahlt, daß er 500 Räuber auf einmal getötet habe. Irrtümlicherweise hatten sie die Pillen verzehrt. Da schickt ihn der König aus, einen Löwen zu bekämpfen. Voll Angst klettert er auf einen Baum, verliert aber durch ein Versehen sein Messer, das gerade in den Rachen des Löwen fällt und ihn tötet. Diese Erzählung steht zwei altindischen nahe, von denen die eine — mit einem Wildschwein an Stelle des Löwen 2 — aus den sogenannten Jätakas, d. h. aus den Erzählungen von den Wiedergeburten Buddhas stammt. In diesen ist der Held wohl kein Schneider, sondern ein Weber. Dies ist auch in einem Märchen der mongolischen Sammlung Siddht-Kür ( = Die Erzählungen des Toten, Nr. 19) der Fall, das eindeutig direkt von diesen Erzählungen abstammt. Hierin zwingt man den tapferen Weber, in den Kampf zu ziehen. Er jagt den Feind in die Flucht, als sein Pferd durchgeht und er unerwarteterweise einen Baum ausreißt. Das Bäumeausreißen ist ein typischer Zug der alten persischen Märchenhelden, den Vorbildern des Starken Hans (650). Neben diesen Erzählungen gibt es — ebenfalls auf indischem oder orientalischem Grund — teils Fabeln, in denen wie in unserem 125 {Die Wolfsköpfe) ein Bock infolge seiner unverdrossenen Prahlerei von demselben unverdienten Glück verfolgt wird, teils auch moderne Varianten des oben besprochenen prahlerischen Webers. Letztere haben den Weg sogar nach Ostasien gefunden. Gehen wir nun nach Westen, so treffen wir auf eine Gruppe persischer, kaukasischer und kleinasiatischer Varianten des gleichen Märchens. Kennzeichnend sind die Prahlerei, die durch glückliche Zufälle getöteten Untiere und ein durch das durchgehende Pferd und den ausgerissenen Baum in die Flucht gejagtes Feindesheer. Aber hier finden wir zum ersten Mal den Helden als Fliegentöter vor, zum Teil auch die oben erwähnten, oft sehr alten Züge aus der Motivreihe Der Bursche und der dumme Riese. Der prahlerische Held macht z. B. seinen Gegner glauben, daß er Wasser aus einem Stein pressen könne (siehe 1060) und daß er gegen tödliche Schläge unempfindlich sei, während er in Wirklichkeit nur den Schlafplatz gewechselt hat (siehe 1115). Der ersterwähnte Zug ist, wie wir gesehen haben, schon bei PLAUTUS (um 200 v. Chr.) belegt. Er hat also, auch im Verhältnis zu den indischen Märchen, ein ansehnliches Alter. Die Verschmelzung tritt dann immer häufiger auf. Besonders oft begegnen wir dem Motiv vom Wettessen (1088). Von diesem Verschmelzungstyp gibt es zwei Gruppen, eine ö s t l i c h e in Griechenland, Bulgarien, Ungarn, Rumänien, den westslawischen und den baltischen Ländern sowie eine w e s t l i c h e in Italien, Frankreich, Irland, Schottland, Westdeutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland3. Besonders bemerkenswert ist, daß wir in Italien in diesem Zusammenhang das bekannte Starke-Hans-Motiv vom Zerschlagen des Ambosses finden. 1 2

3

Ch. Tr. 301. Man vergleiche hiermit die zwölf Arbeiten des Herkules und die Erzählung vom Wildschwein in den morgen- und abendländischen Versionen der Sieben weisen Meister (Aper). Bei GRIMM sind zu finden 1 0 5 1 , 1052, 1060, 1062 und 1 1 1 5 .

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Eigentümlich ist jedoch, daß wir sowohl in gewissen persischen wie in europäischen Varianten Spuren der Fabel vom Bock finden, die wir oben im Zusammenhang mit den indischen Varianten erwähnten. Dieser Umstand im Verein mit der geradlinigen Komposition und dem typisch persischen Zug vom Ausreißen des Baumes scheint uns am ehesten auf ein westlicheres Ursprungsgebiet als Indien zu deuten. Tatsächlich haben wir, wie POLIVKA1 gezeigt hat, drei Typen des Märchens, den indischen, den kaukasischen und den europäischen. Uns scheint es, als könnten sowohl die indischen Varianten wie auch die in Südeuropa und im östlichen Mitteleuropa ziemlich direkt von der persisch-kaukasisch-kleinasiatischen Gruppe hergeleitet werden. — Die einander mißtrauenden Riesen gehören der europäischen Gruppe an und haben in der Argonautensage ihr ältestes Vorbild. Das Märchen Das tapfere Schneiderlein hat alle europäischen Länder erreicht, mit Ausläufern auf der einen Seite nach Indonesien, auf der anderen nach Nord- und Südamerika. Dort treffen wir es u. a. in Kanada, bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts sowie in Brasilien, Peru und Chile an. Interessant ist in diesem Zusammenhang, zu sehen, daß es in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert und auf Island am Ende des 17. Jahrhunderts bekannt war. Als Ganzes scheint es frühestens im späten Mittelalter das nördlich der Alpen gelegene Europa erreicht zu haben. Die Entstehung des Märchens dürfte dagegen in die hellenistisch-römische Zeit (300 v.—300 n. Chr) zu verlegen sein. Die holländischen, dänischen und schwedischen Volksbücher folgten am nahsten der deutschen Version von MONTANUS aus dem Jahre 1557. Aus dem schwedischen Volksbuch von 1824 und der Version in GRIMMS Kinder- und Hausmärchen2 haben zumindest die Aufzeichnung GEORGE STEPHENS nach einem unbekannten Erzähler (Ausgabe der Gustav-Adolf-Akademie IV ¡84) und EVA WIGSTRÖMS schonische Variante ihren Stoff geholt. Dasselbe kann von mehreren anderen Varianten gesagt werden, auch von der in SSF wiedergegebenen. Diese erzählt das Märchen aber so, wie es in den breiteren Kreisen des Volkes aufgefaßt zu werden scheint. In anderen Varianten ist nur ein kleiner Rest der ursprünglichen Züge des Märchens beibehalten worden. Nr. 1641. Doktor Allwissend Ein armer Bauer, der Grashüpfer (Krebs, Krabba usw.) heißt, entschließt sich, eine Arztpraxis zu eröffnen, und nennt sich Doktor Allwissend. Er wird aufgefordert, in ein vornehmes Haus zu kommen, um einen Diebstahl aufzuklären. Als die Diener der Reihe nach die Gerichte anbieten, sagt er: „Das war der erste" und dann: „Das war der zweite" und schließlich: „Das war der dritte". Die Diener glauben sich erkannt und gestehen ihm ihre Schuld. Er versteht es, sich von beiden Seiten eine große Belohnung zu verschaffen, indem er die Schuldigen nicht nennt, das Diebsgut aber 1 2

Närodopisn^ sbornik ieskoslovanskj? 1 0 , S. 3. Eine Übersetzung davon finden wir überdies in Erzbischof REUTERDAHLS Julläsning för barn von 1838. Dem Volksbuch fehlen die Motive aus der Reihe Der Bursche und der dumme Riese.

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Liungman

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seinem Eigentümer wieder zustellt. Dieser will ihn jedoch noch weiter auf die Probe stellen und läßt ihn raten, was er in der Hand hält oder unter dem Deckel einer Kasserolle hat. Voll Angst murmelt Doktor Allwissend „Armer Grashüpfer" (usw.), aber sieh da, es war ein Grashüpfer (usw.), der in der Hand oder der Kasserolle lag. Dieses Märchen wird in der ganzen Welt, besonders in Europa und Asien erzählt. Wir können einen europäisch-westlichen Typ, nämlich den oben angegebenen, und einen asiatisch-östlichen unterscheiden, der wie viele andere Märchen seinen ältesten Beleg in Indien in einer alten Schrift aus dem i. oder 2. Jahrhundert n. Chr. (von G U N A D H Y A ) hat. Er wird im Kathäsaritsägara (von etwa 1000 n. Chr.) in großen Zügen folgendermaßen wiedergegeben: Ein armer Brahmane ist von Neid auf seinen reichen Nachbarn erfüllt, der gerade die Hochzeit seiner Tochter feiert. Er befiehlt seiner Frau, das Gerücht auszustreuen, daß er ein großer Wahrsager sei, und gleichzeitig stiehlt er das Pferd der Braut. Da er es mit Leichtigkeit wieder zur Stelle schafft, nachdem er einige Striche und Kreise gezogen hat, wird er zum König gerufen, um einen großen Diebstahl aufzuklären. Er verflucht in der Einsamkeit seine Zunge, die ihn in dieses Abenteuer verwickelt hat, aber zufällig hört dies eine Dienerin namens „Zunge" (Jihva) und kriecht zu Kreuze. Er schafft den Schatz herbei, den sie im Garten vergraben hat, läßt sie aber frei ausgehen. Da man seine Hellsichtigkeit noch weiter mit einer verdeckten Schüssel prüfen will, nennt er sich selbst eine Kröte, und auch jetzt hat er Glück. Es ist eine Kröte in der Schüssel, und er wird reichlich belohnt (Kap. 30). Im östlichen Typ verrät sich so wie hier der Dieb meistens, weil sein Name zufällig genannt wird, im wesdichen Typ aber — und u. a. auch in Kairo und in der Türkei — ist es die angegebene Ordnungszahl der Gerichte oder dgl., die die Diebe auf sich beziehen und wovor sie gewöhnlich zu Kreuze kriechen. Noch bevor das Märchen Asien verlassen hat, wird der gestohlene Gegenstand, ein Ring oder dgl., oft einem Vogel gegeben, den der Wahrsager dann schlachten läßt. Dieser Zug wird in Europa noch häufiger. Das Pferd, das wir im Kathäsaritsägara trafen, geht auch mit nach Europa, besonders in dessen östliche und zentrale Teile. Dort wird es auch manchmal wirklich gestohlen, aber durch einen Zufall dadurch entdeckt, daß Doktor Allwissend ein Rezept ausschreibt. Das darauf verschriebene Abführmittel hält den Patienten gerade dort fest, wo das gestohlene Pferd steht. Ursprünglich war jedoch Doktor Allwissend ein Wahrsager und kein Arzt. Letzteres scheint ein deutscher Zug zu sein, und es kommt vor, daß er einige Wunderkuren macht. Im romanischen Europa heißt der Wahrsager oft Doktor Grillo ( = Grashüpfer), was mit einem gleichen Motiv bei S E R C A M B I (um 1400) zusammenhängt. Der Zusammenhang der südosteuropäischen und der russischen Überlieferung ist bei diesem Märchen leicht aufzufinden, u. a. durch die noch feststellbare Vorliebe, an Stelle der Ordnungszahlen die Namen der Diebe zu nennen. Zur weiteren Bestätigung ziehen wir noch einen Sondertyp heran, der diesen slawischen Varianten nicht allzu fern liegt, jedoch auf eine ganz besondere Weise die Überlieferung in Armenien, Kleinasien und den angrenzenden Ländern im Osten und Südosten mit Varianten westlich des Schwarzen Meeres zusammenschweißt. In der ersten Gruppe,

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südlich und östlich dieses Meeres, hält sich der Wahrsager oft im Bad auf, und seine seherische Begabung wird u. a. dadurch offenbar, daß er den König im letzten Augenblick aus dem einstürzenden Badehaus rettet. Westlich des Schwarzen Meeres sehen wir in tschechischen Varianten und später in Varianten aus Pommern, wie der Wahrsager als Prediger von der Kanzel „Feuer" ruft und wie dann die Kirche einstürzt oder vom Blitz getroffen wird. Da kann kein Zweifel herrschen, daß der Ursprung in Kleinasien mit seinen uralten warmen Quellen und römischen Bädern zu suchen ist, deren weiße Marmorböden oft ebenso abgetreten sind wie die der Sophienkirche. Der Zug kehrt jedoch — besonders im östlichen Mitteleuropa und im Norden — wieder, aber in der Form des Motivs von der zersägten Kanzel (1825 C), womit das Märchen oft schließt. Der Pfarrer scheint eine direkte Übersetzung des türkischen „Hodscha" zu sein, der der angenommene Titel des kleinasiatischen Helden ist (vgl. GS 1629). Aus dem Obenstehenden dürfte hervorgehen, daß das Märchen am wahrscheinlichsten dem Ende der hellenistisch-römischen Zeit (300 v.—300 n. Chr.) zugerechnet werden kann. In das romanische und germanische Sprachgebiet dürfte es kaum vor dem 16. Jahrhundert gekommen sein, und es erreichte Island spätestens um 1743. Bemerkenswert ist, daß es in Griechenland trotz der unmittelbaren Nähe dieses Landes zur Türkei nicht zu finden ist, eine Konstellation, die nicht allzu ungewöhnlich ist und die davon zeugt, daß das Märchen zu einer Zeit verpflanzt wurde, als die Grenzen zwischen diesen beiden Ländern sicher gesperrt waren. Das schwedische Volksbuch von 1824 trägt den Titel Doktor Allwissend oder der Hahn im ABC-Buch und ist eine Nachbildung der deutschen Version GRIMMS. E S hatte nur wenige Auflagen. Eine spätere Ausgabe von 1851 mit mehr als einem Dutzend Auflagen bis 1875 steht der dänischen Version näher. Hierzu kommen einige in Buchform herausgegebene frühe Drucke, die ganz GRIMM folgen. Zur Zeit gibt es das Märchen außerhalb Europas in Asien bis nach China und Indonesien, wo es sogar sehr bekannt ist, sowie besonders im nördlichen und westlichen Afrika, von wo es zum großen Teil durch die Neger nach Jamaika, Neu-Mexiko, Virginia, Georgia und Massachusetts gekommen ist, wo sich der Name Grill' noch heute findet. Es wird auch am Unterlauf des Mississippi von den französisch Sprechenden sowie in Brasilien erzählt. (Vgl. 1825 C.) Nr. 1642143. Der vernunftlose Handel Ein Bursche aus Krähwinkel soll Butter (Fries) verkaufen und verkauft sie an einen Meilenstein (Wegweiser, Bild oder dgl.) und schmiert sie in ein Loch. Tags darauf findet er unter oder neben seinem „Käufer" einen Schatz. Dann verkauft er Fleisch an einen schwarzen Hund, der einen weißen Ring um den Hals hat, in dem Glauben, er sei der Pfarrer. Zuletzt bringt er durch seine Dummheiten eine Prinzessin zum ersten Male in ihrem Leben zum Lachen (571), benimmt sich aber so dumm, daß ihm statt ihrer Hand Prügel angetragen werden, aber er verkauft die „Belohnung" an den Wächter oder einen Juden (1610). Manchmal bekommt der Jude den Auftrag, ihn zum König zu bringen, kann ihn aber nicht bewegen mit21*

Schwanke zukommen, ohne ihm seinen Rock zu leihen, den zu behalten ihm dann gelingt (1789*). So ungefähr (abgesehen von 1789*) lautet das Märchen in Schweden. Eigentlich ist es eine Krähwinkelgeschichte mit wechselnden Motiven im gleichen Stil wie 1600 (Der Narr als Mörder). Es ist in fast ganz Europa und besonders im Vorderen Orient und in Nordafrika verbreitet, hat aber auch die Philippinen, China und vereinzelt Nordamerika, u. a. die Mic-mac-Indianer an der Ostküste Kanadas und die portugiesisch sprechenden Neger in Massachusetts, erreicht. Als zündenden Funken für das Märchen kann man vielleicht die bei BABRIOS (2. Jahrhundert n. Chr.) wiedergegebene Fabel von dem Mann betrachten, der ein Götterbild in Stücke schlägt, weil ihm nicht geholfen wurde, und Gold in den Trümmern findet. In Tausendundeiner Nacht1 verkauft ein Opiumraucher eine Kuh an einen Vogel und findet einen Schatz an der Stelle, wo er gesessen hatte. Seine Frau tut, als ob es nachts Fleisch oder gebratene Fische auf ihn geregnet habe, damit niemand glaubt, was er sagt, um dann den Schatz in Frieden zu genießen, genau so wie die Frau in 1600 (Der Narr als Mörder) Rosinen und Feigen „regnen" ließ. Der Vogel ist ebenso wie der eßbare Regen ein beliebtes Hilfsmotiv in Nordafrika und in fast ganz Europa. Der Kuhverkauf hingegen gehört in erster Linie der östlichen Hälfte unseres Erdteils an. In Italien verkauft ein Jüngling Leinen an eine Eidechse und findet einen Schatz im Eidechsennest. In Frankreich ist der Gläubiger meistens ein Heiligenbild (1643), während in nahezu dem gesamten europäischen Verbreitungsgebiet der Frosch der in Anspruch genommene Gläubiger ist. Der Verkauf von Butter ist gleichfalls sehr verbreitet und auch in Afrika und Amerika bekannt. Oft wird die Butter in ein Loch im Weg gestopft. Besonders in der östlichen Hälfte Europas ist das Motiv vom Fleischverkauf an den Hund und vom entliehenen Rock (1789*) sehr häufig. Letztgenanntes Motiv, das in Italien schon im 15. Jahrhundert belegt ist, ist u. a. auch in Flandern, Frankreich, Deutschland, Polen, Estland, im europäischen Teil der Sowjetunion und im Kaukasus, in der Türkei, auf Malta und in Tripolis bekannt. Wenn es selbständig auftritt, sagt der Einfältige, der Gläubiger behaupte, daß alles ihm gehöre, und er fügt hinzu: „sogar der Rock hier", und dann wird seinem Gegner nichts mehr geglaubt. Zu den Motiven von der Prinzessin, die nicht lachen konnte (571), und der geteilten „Belohnung" (1610) wird auf die betreffenden Märchen verwiesen. Das erstgenannte Motiv gibt es in diesem Zusammenhang auch in Nordafrika. Der Ursprung des Märchens ist aller Wahrscheinlichkeit nach im Vorderen Orient zu suchen. Es hat im Orient eine Parallele in der Erzählung Die Schelme in den Sieben weisen Meistern. Demnach ist es nicht besonders verwunderlich, wenn wir eine ganze Anzahl von Zügen, vielleicht alte Überreste des Märchens, in der Gegenwart in China erkennen können. Das schwedische Volksbuch von 1826 mit einigen wenigen Auflagen ist teilweise eine Übersetzung der GßiMMschen Version. Eigentümlicherweise scheint das Märchen in den Nachbarländern Schwedens nur wenig Gefallen zu finden. 1

HABICHT I I , 99.

Schwänke

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Nr. 164/. Der Traum vom Schaff Ein Mann träumt, daß er einen Schatz bei einer Brücke oder dgl. in einer weit entfernten Stadt findet. Er sucht ihn dort vergeblich, trifft aber während des Suchens einen Bettler oder eine andere Person, die ihm von einem ähnlichen Traum erzählt und das eigene Haus des Mannes als Fundort des Schatzes beschreibt. Er kehrt zurück und findet den Schatz. Dieses Märchen ist in Schweden nur durch einen Schillingdruck aus dem Jahre 1789 vertreten. Es kommt schon in einem französischen Epos über Karl den Großen aus dem 12. Jahrhundert, namens Mainet vor und wurde in Italien, Deutschland, den Niederlanden, England, Dänemark und auf Island erzählt. Einen Embryo des Märchens finden wir im Orient am Ende des 7. Jahrhunderts bei den Juden in der Erzählung vom Rabbi Josua bar Chalafta (etwa 150 n. Chr.). Ein junger Mann will, einem Traum folgend, sein väterliches Erbe in Kappadokien holen, aber Chalafta erklärt ihm durch ein Wortspiel, daß es unter dem 20. Balken seines eigenen Hauses liege (kappa = 20, dokos = Balken). Dann finden wir das Märchen beim Araber TANÜHI (gest. 995) sowie u. a. in Tausendundeiner Nacht1 und in den Vierzig Wesiren der Türken. Der doppelte Traum ist ein typisch orientalischer Zug, und schon der Name Balduch ( = Bagdad) in Mainet offenbart die orientalische Abstammung des Märchens. Nr. 16ji.

Whittingtons Kat^e

Zwei venezianische Kaufleute, von denen der eine reich und der andere arm ist, sind gute Freunde. Der Reiche fährt mit seinem Schiff fort, und der Arme kann nur seine zwei Katzen mitgeben. Der Reiche verkauft sie in einem Land, wo die Mäuse eine Landplage und Katzen unbekannt sind, und erwirbt mit ihnen seinem Freund ein Vermögen. Diese lateinisch verfaßte Erzählung, die, wie man sagt, von der Gründung Venedigs handelt, ist mit 1175 datiert. Die Hauskatze kam wohl von Ägypten vielleicht schon im 4. Jahrhundert nach Italien, sie ist in schwedischen Gräbern etwa aus der Zeit um 600 gefunden worden, wurde aber noch um 1000 in England als große Kostbarkeit betrachtet. Die Erzählung ist also keineswegs unsinnig, nahm sich aber mit der Zeit immer lächerlicher aus, je häufiger die Katze wurde. Sie wurde oft wiederholt und auch mit der Anekdote von dem Schiffer in Verbindung gebracht, der den Krähwinklern eine Katze verkaufte (1281). Im 17. Jahrhundert wird sie in England vom Lord-Mayor von London, Richard Whittington (gest. 1423), erzählt, der als Küchenjunge ein Vermögen an seiner Katze verdient haben soll. In der Kirche (St. Michael Royal) in London, in der Whittington begraben wurde, gibt es zumindest seit 1670 eine mumifizierte Katze in einem Glasschrein. Das Märchen ist jetzt in fast ganz Europa mit Ausläufern bis nach Indonesien bekannt. Zu den Arabern kam es schon im 13. Jahrhundert, vermutlich von Ägypten aus. Es wird auch in Afrika wiedergegeben. Der Held der Erzählung wird oft als ein wirklich 1

WEIL 4, 46.

}2Ö

Schränke

ehrlicher Mann dargestellt, der jeden unverdient erhaltenen Pfennig ins Meer wirft. In Schweden ist das Märchen selten; es kam aber schon im 18. Jahrhundert, aus dem Englischen ins Deutsche und dann ins Schwedische übersetzt, in einem Schillingdruck (in der Königlichen Bibliothek) vor, der einmal neu aufgelegt wurde. Nr. i6jß AB. Die ausgehobene Tür Aus Einfalt hat jemand eine Tür ausgehoben (wie in 1009) und sie aus Angst mit auf einen Baum hinaufgenommen. Die Türe fällt hinunter und jagt Tiere, Räuber oder überirdische Wesen in die Flucht, die oft eine wertvolle Beute hinterlassen. Die Hauptperson ist manchmal ein Krähwinkler, manchmal sind es Mann und Frau (A) oder einige Brüder (B). Die Tür wird mitunter durch einen anderen schweren Gegenstand oder eine Leiche ersetzt, und in gewissen Varianten verliert einer der Gegner unter dem Baum die Zunge. Dieses Märchen wird mehr oder minder vollständig in ganz Europa erzählt sowie vereinzelt in Afrika und Amerika, u. a. bei den Micmac-Indianern an der Ostküste Kanadas und unter den Negern Jamaikas (vgl. 1696). Wir treffen es sogar in Kambodscha, in Indonesien mit den Philippinen, in der inneren Mongolei sowie in verschiedenen Versionen im Tripitaka der Chinesen an. Die beste Darstellung findet es dort im Buch der hundert Erzählungen, 492 n. Chr. aus dem Sanskrit übersetzt1. Es kehrt im Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) wieder, wo es in seiner einfachsten Form (wie in 1009) erzählt wird. Jetzt ist es sehr beliebt, und es wird in neuerer Zeit oft mit vielen Einzelheiten sowohl nördlich wie südlich des Himalayas erzählt. In Sibirien, Litauen, Finnland und Norwegen vereinigte es sich mit dem Märchen Die Kinder bei der Hexe (327 ABC). Man ist berechtigt, einen orientalischen Ursprung während der hellenistisch-römischen Zeit (300 v.—300 n. Chr.) zu vermuten. Nr.

I 6 J J .

Der Ochse (Das Pferd) als Bürgermeister

Ein Mann will angeblich den Ochsen eines Bauern studieren lassen. Er schlachtet ihn und sagt, er sei Bürgermeister geworden. Als der Bauer dann in die Stadt kommt, trifft er einen gewissen Peter Ox, den er als Erben einsetzt. Dieses Märchen wird mit einer Menge Variationen im ganzen Norden und auf dem Kontinent erzählt, im großen gesehen von Belgien und Holland bis zum europäischen Teil der Sowjetunion, in den west- und südslawischen Ländern, in Griechenland und der Türkei sowie in Nordafrika von Tunis bis Ägypten und im Orient bis Indien. Es wird auch in einer Version von Tausendundeiner Nacht2 erzählt. Der älteste europäische Beleg (eine gereimte Satire) stammt aus Straßburg aus dem Jahre 1515. Wenn man nach der Verbreitung urteilen darf, dürfte das Märchen orientalischen Ursprungs sein. Vgl. 1750 {Den Hund sprechen lehren). 1 2

Ch. Tr. 281, siehe auch dort 422 (aus dem Jahre 472 n. Chr.). MARDRUS 12, 219.

Schwanke

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Nr. 1678. Der Bursch, der nie ein Weib gesehen hatte Ein Bursche, der in der Einsamkeit aufgezogen wurde, bekommt zum erstenmal ein Frauenzimmer zu sehen und will prompt, daß der Vater es ihm kaufe, obwohl der Vater sagt, es sei der Satan selbst. Dieses Märchen hat seinen frühesten Beleg in einem persischen, später im christlichen Geist bearbeiteten Roman, dem sogenannten Barlaammärchen, in dem die Legenden vom Leben Buddhas einem indischen, zum Christentum bekehrten Prinzen namens Josaphat (ursprünglich Bodhisattva — arabisch Büdasäf — Yüdasä — gr. Joasaph) zugeschrieben werden. Von Persien aus ist es östlich nach Indien, westlich nach Europa gedrungen, und zwar über Jerusalem, wo es vor dem Jahr 634 ins Griechische übersetzt wurde. In Europa wurde es in mehrere Sprachen übersetzt, u. a. ins Norwegische in der Mitte des 13. Jahrhunderts und (stark verkürzt) ins Schwedische um 1440 in einer Handschrift aus Vadstena, die in Nädendal verwahrt wird. Es wurde auch durch die Predigtbeispiele des im Jahre 1240 verschiedenen JACQUES DE V I T R Y weiterverbreitet. Das Märchen ist jetzt sehr selten, ist aber in der Gegenwart außer in Schweden, wo es 1758 auch in gebundener Form vorhanden war, u. a. in Norwegen und Flandern notiert. Nr. 1682. Der Knecht will das Pferd lehren, nichts fressen Das Ergebnis der Anstrengungen des Knechtes ist nur der Tod des Pferdes. Diese Anekdote, die auf einer alten, von BABRIOS (2. Jahrhundert n. Chr.) wiedergegehenen Fabel etwa gleichen Inhalts beruht, wird laut Mitteilung nur mehr in Estland und Schweden erzählt. In Estland wird der Knecht als Zigeuner bezeichnet. Nr. x68j. Ein Bock an Stelle der Braut Ein junger Narr macht eine Reihe Dummheiten. Er kocht Suppe von einem Hund oder dgl., er wirft Augen auf die Braut, ebenso buchstäblich wie der Bursche beim dummen Riesen (1006, 1007), usw. Trotz alledem bekommt er eine Braut, aber in der Hochzeitsnacht schleicht sie davon, nachdem sie den Bräutigam durch einen Strick mit einer Ziege verbunden hat, und damit gibt er sich zufrieden. Dieses Motiv ist im ganzen Norden, in Deutschland und Osteuropa zu finden. Es ist im 15. und 16. Jahrhundert in Deutschland reichlich belegt, u. a. bei HANS SACHS. Das Märchen muß jedoch im Norden schon vor 1220 bekannt gewesen sein. Das unter 571 {Kleb an!) besprochene, aus der jüngeren Edda (Kap. 56) geholte Intermezzo zwischen Skadi und Loki ist nämlich, soweit man sehen kann, eine Entlehnung aus dem obigen Märchen, und es gibt uns dessen wirklichen Inhalt wieder, wenn auch Loki als Tölpel der Erzählung Revanche nimmt. Manche Varianten wetteifern übrigens mit der Edda an Derbheit. Das Märchen ist, nach allem zu urteilen, germanisch oder slawisch. Interessant ist auch, daß in einer rumänischen und isländischen Aschenputtel-Variante die Heldin auf die im Märchen angegebene Weise von ihrem aufgezwungenen, verhaßten Bräutigam flieht. Das Novellenmärchen

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hat das Motiv vom Schwank entlehnt. Als Schwank gibt es das Motiv in Indonesien und Afrika und nach THOMPSON bei der englisch sprechenden Bevölkerung Virginias. Nr. 1686*. Der Hol^preis Der unwissende Bursche begehrt als Preis für das Holz ein „Beilager". Das Mädchen verspricht es ihm, gibt ihm aber statt dessen eine Tasse Kaffee, die auch etwas ganz Neues für ihn ist. Der Bursch erklärt dann, daß er „Beilager" sehr liebe. Diese Anekdote wird in Schweden, Finnland und Estland erzählt. GS 1686. Der Narr, der sich mit einem Mann verheiratet glaubt Ins Bett der Braut legt sich der Knecht, während sich die Braut unter das Bett legt. Als der Bräutigam kommt, glaubt er, daß die Braut verwandelt wurde. Dieses Märchen ist bisher nur in Schweden festgehalten worden. Nr. 1687*. Der Unglückliche fällt und vergißt alles Ein Bursche oder eine alte Frau hat eine wichtige Sache auszurichten, fällt jedoch nieder und vergißt vor Schreck den Auftrag oder was er bzw. sie sagen sollte. Dieses Märchen ist in Flandern, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und in der Sowjetunion aufgezeichnet worden. Nr. 1688. Der Brautwerber Der Freund als Fürbitter bemüht sich, alles zu verbessern, was über den Freier gesagt wird, und deshalb gibt er auch noch bei minder Vorteilhaftem etwas dazu. Dieses Geschichtchen ist in Schweden, Finnland und Estland sowie in Rumänien bekannt. Nr. 168p. Aus Berechnung erteilte Gabe Ein (armer) Mann erhält von seinem König für die ihm verehrte erste Gurke oder die ungewöhnlich große Rübe oder dgl. eine große Belohnung. Ein (reicher) Nachbar (oder Bruder) übergibt dann dem König, ein wenig zudringlich und in der Hoffnung, ebenfalls reich belohnt zu werden, eine Menge Gurken oder auch etwas wirklich Wertvolles. Zum Dank erhält er die Gurken an den Kopf geworfen oder auch für das wertvolle Geschenk die große Rübe als Gegengabe. Dieser Erzählung begegnen wir erstmalig in einer alten jüdischen Schrift aus dem 7. Jahrhundert, Midrasch Wajikra Rabba, sie wird aber noch heutzutage mit dem Kalifen Harun al Raschid als Hauptperson in Palästina erzählt. Bei den Arabern finden wir sie zusammen mit der Scharfsinnsprobe in 1533* (Den Vogel teilen), und in Europa wurde sie mit dem Ende von 1535 {Der große und der kleine Klaus) verbunden, worin der zum Tode verurteilte kleine Klaus einen Vorübergehenden dazu verleitet,

Schwanke

seinen Platz im Sack einzunehmen. So ist es zumindest in einer lateinischen Wiener Handschrift vom Beginn des 14. Jahrhunderts der Fall. Das gleiche Geschehnis wird von E R A S M U S VON ROTTERDAM (gest. 1536) mit Ludwig XI. als Hauptperson erzählt. E R A S M U S hatte viele Nachahmer, und es sind der Könige viele, die in der Erzählung den Platz des Königs Ludwig einnehmen dürfen. Im Europa von heute finden wir das Märchen in Spanien, Italien, Frankreich, England, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Schweden, Polen, der Sowjetunion und Ungarn. Es scheint sich hauptsächlich literarisch verbreitet zu haben. Nr. 1696. Was hätte er sagen (tun) sollend Einem Narren wird gesagt, was er in einem besonderen Fall sagen oder tun soll, er verwendet aber das Eingelernte bei der erstbesten, unpassenden Gelegenheit, und als man ihm beibringt, was er da hätte sagen oder tun sollen, wendet er es bei der nächsten, ebenso unmöglichen Gelegenheit an. Dieses Märchen, dem H A A V I O eine ausgezeichnete Untersuchung widmet, gibt es mit einer Unmenge Variationen in ganz Europa, doch kann man ihm auch auf türkisches und kaukasisches Gebiet folgen sowie weiter zu den Arabern (in Tausendundeiner Nacht), nach Indonesien, China und Japan im Osten. Dort wird es heute noch erzählt. Sein ältester Beleg ist im Tripitaka der Chinesen1 in einer 472 n. Chr. aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzten Erzählung zu finden. Hinter dieser scheint nach H A A V I O vielleicht ein Kettenmärchen von der Art, wie wir es beispielsweise in 2015 finden, zu stecken. In Deutschland wurde das Märchen mindestens im 16. Jahrhundert bekannt, wenn auch in lateinischem Gewand, und wir können seitdem eine literarische und eine mündliche Überlieferung unterscheiden. Der Ursprung des Märchens scheint indisch oder vorderasiatisch zu sein, und es dürfte sicherlich der hellenistisch-römischen Zeit (300 v.—300 n. Chr.) angehören. H A A V I O hebt Indien als die wahrscheinliche Heimat des Märchens hervor, betont aber auch mit Nachdruck, daß die Tripitaka-Nariante selbstverständlich nicht als die ursprüngliche Quelle des Märchens betrachtet werden darf, sondern ältere, mündliche Varianten zu vermuten sind. Er weist auch durch verschiedene Überlieferungswellen, „Wanderungen", entstandene kaleidoskopische Veränderungen und Schichtenbildungen oder, mit anderen Worten, sogenannte Umwälzungen nach, ähnlich denen, die W A L T E R A N D E R S O N in 922 (Knifflige Fragen mit Stellvertreter) aufgezeigt hat, worauf wir verweisen. Jetzt hat der Typ nicht nur Indonesien, China und Japan erreicht, sondern er wird auch in großen Teilen Afrikas erzählt sowie in Amerika von der französisch sprechenden Bevölkerung Missouris und von den Indianern von Kanada im Norden bis Mexiko im Süden (oft mit Einschlägen aus 1004, 1013, 1536 A, 1541, 1653, 1775). Nr. 1698 C. Beide glauben, der andere sei taub Ein Spaßvogel hat zwei Personen glauben gemacht, daß der andere schwerhörig sei, so daß man ihn anschreien müsse. 1

Ch. Tr. 408.

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Diese Anekdote tritt zum ersten Mal in Italien bei RAYNOLDO DA MANTUA im Jahre 1506 auf. Später treffen wir sie in Frankreich und dann in Deutschland u. a. bei HANS SACHS. Sie scheint hauptsächlich literarisch zu sein und wurde im Volk nur in Italien und Bosnien sowie nach den Aufzeichnungen des Nordischen Museums in Schweden (über Bellmann) erzählt und notiert. Nr. 1698 J. Guten Tag — Beilschaft Ein schwerhöriger Zimmermann sieht einen Fremden daherkommen und denkt: Jetzt fragt er mich, was ich mache, dann will er das Boot leihen, das geht nicht, und dann will er das Pferd leihen, damit er um den See herumreiten kann. So entspinnt sich folgendes Gespräch: „Guten Tag!" — „Beilschaft!" — „Kann ich Ihre Frau sprechen?" — „Ist kaputt." — „Dann Ihr Töchterchen?" — „Ist in einem solchen Zustand, daß ich es nicht herleihen kann." — „Hol dich der Teufel!" — „Der Weg geht dort zwischen den Hügeln." — Dieses wohlbekannte Märchen, das besonders von AARNE untersucht wurde und dessen anzunehmende Urform ungefähr obigen Wortlaut gehabt haben dürfte, ist im ganzen Norden und in Norddeutschland bekannt und sicher skandinavischen Ursprungs. Es dürfte kaum früher als im 18. Jahrhundert entstanden sein, wird aber auf verschiedene Art, oft mit mehreren Hinzufügungen, erzählt. Analoge Erzählungen gibt es besonders in Westeuropa. Nr. 1698 K. Der Käufer und der taube Verkäufer Der Käufer zum Fischhändler: „Guten Tag!" — „Fisch!" — „Ich sagte: Guten Tag!" — „Fünf Kronen!" — „Sie sollten Prügel bekommen!" — „Das hat man mir schon früher angeboten, ich hab es aber nicht angenommen!" So ungefähr dürfte nach AARNE das Zwiegespräch in diesem Märchen ursprünglich irgendwo in Dänemark oder Schweden gelautet haben. Jetzt ist es auch in Island, Norwegen, Finnland, den baltischen Ländern und in Norddeutschland bekannt, aber ähnliche Erzählungen gibt es auch im übrigen Deutschland, in Frankreich und der Schweiz. Sie waren vielleicht die Vorbilder der obenstehenden. Die verkauften Gegenstände wechseln hier wie im Norden. Nr. 1698*. Der schmutzige Finger Ein Brahmane hat auf unerfreuliche Art seinen Finger beschmutzt. Er will den Schmutz wegbrennen, aber aus Schmerz steckt er den Finger in den Mund. So wird diese Geschichte in den sogenannten Avadänas oder Erzählungen von Buddhas Wiedergeburten aus dem 3 . - 5 . (7.) Jahrhundert n. Chr. in einer Übersetzung aus dem Sanskrit ins Chinesische erzählt. Es ist seltsam, daß eine so einfache Geschichte so tiefe Wurzeln hat. In Schweden erzählt man sie auf eine üblere Weise von Bellman und einem Hoffräulein. In Deutschland, den baltischen Ländern, Norwegen und Finnland treffen wir auf Formen, die mitten zwischen der chinesischindischen und der schwedischen Version stehen.

Schränke

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Nr. 1708*. Die Pfeife als Zielscheibe Ein Hochgestellter schießt einem Untergebenen (Juden) die Pfeife aus dem Mund. Dieses sicherlich junge Motiv ist nur in den baltischen Ländern und in Schweden aufgezeichnet worden. Nr. 1710. Die Schuhe auf dem Telegrafendraht Ein Bursche bittet seinen Vater, ihm ein Paar neue Schuhe zu schicken. Da der Bursche sie dringend braucht, wirft der Vater sie auf einen Telegrafendraht am Wege. Als ein Landstreicher sie nimmt und seine alten Schuhe hinhängt, hält der Vater dies für den Beweis, daß sie angekommen und die des Burschen zurückgekommen sind. Dieses moderne Märchen ist in Irland, Spanien, Italien, Deutschland, Dänemark, Schweden, den baltischen Ländern und der Sowjetunion aufgezeichnet worden. Nr. 172/. Der Knecht und das Dreiecksdrama Eine Frau in Krähwinkel hält es mit dem Nachbarn. Der Knecht entdeckt dies und richtet es so ein, daß der Mann gerade heimkommt, ehe der Nachbar eintreten und sich gütlich tun will. Nun sind sie es, die das gute Essen bekommen. Als die Frau am nächsten Tag mit Essen zum Nachbarn in den Wald gehen will, führt der Knecht sie nicht zu ihm, sondern zu ihrem Mann, tut aber, als hätte er beim Nachbarn etwas auszurichten und bittet den Mann, mit der Axt nachzukommen. Zum Nachbarn sagt er, der Mann wolle ihn mit der Axt erschlagen. Als sich der Mann bückt, um etwas aufzuheben, sagt er zur Frau, daß er Steine nach ihr werfen wolle. Da läuft sie davon. Dem Mann redet er ein, daß sie sich ertränken wolle, während sie glaubt, das Haus brenne. Sie bricht zusammen und gesteht ihre Schwäche ein. Dieses etwas komplizierte Märchen, das manchmal mit dem Kisten- und Ertränkungsmotiv aus dem Großen und dem kleinen Klaus (1535) beginnt, wurde von H A N S SACHS (16. Jahrh.) verwendet und wird, wenn auch mitunter etwas verkürzt, in Spanien, Italien, Deutschland, Ungarn, Belgien, den Niederlanden, Irland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion erzählt. Ein ähnliches, wenn auch bedeutend obszöneres Thema finden wir in einer Handschrift (Nr. 1172) aus der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Universitätsbibliothek in Uppsala. Im Einleitungsmotiv, das sich noch in G U S T . E R I C S S O N S und L E V I JOHANNSSONS Handschriftensammlungen findet1, bearbeitet der Knecht den Pfarrer mit dem Dreschflegel, als sich dieser in der Scheune verspätet, wo er sich immer mit der Frau des Bauern im Stroh versteckt. H A N S S A C H S dürfte jedoch das Motiv irgendwoher aus dem Südosten erhalten haben. Es gehört nämlich zu der nicht geringen Gruppe der Märchen aus dem 16. Jahrhundert, die sich auch im Orient, und zwar in Tausendundeiner Nacht, finden2. Dort hat das Märchen jedoch ein tragisches Ende. 1 2

Resp. i2, S. 393 und VIII A, 2802/1918. HENNING 24, S. 1 4 4 .

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Nr. 1730. Blamierte Liebhaber Als der Mann mit Gästen heimkommt, versteckt die Frau in aller Hast drei Verehrer, meistens völlig nackt, in einer Kiste, um sie später mehr oder weniger öffentlich der Schande preiszugeben. Dieses Thema ist in einem indischen Relief aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. dargestellt sowie in den sog. Jätakas oder Erzählungen von Buddhas Wiedergeburten. Es dürfte somit zweifellos spätestens der hellenistisch-römischen Zeit (300 v. bis 300 n. Chr.) angehören. Dann können wir das Märchen über das Kathäsaritsägara (um 1000 n. Chr.) Schritt für Schritt nach Persien, zu Tausendundeiner Nacht1 und verschiedenen Versionen der Sieben weisen Meister verfolgen, um es nach dem Ende des Mittelalters in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Rußland, Rumänien, im Kaukasus, in Flandern, Holland, Dänemark, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern zu finden sowie schließlich in Afrika und Indonesien mit romanischem Einschlag. Die zurückgewiesenen Liebhaber werden oft besudelt, bemalt oder gefedert (vgl. 1383), oder sie stehen nackt im Zimmer des Bildhauers und spielen Statuen. In Schweden gibt es einige recht obszöne Varianten. In einer ziemlich verblaßten Variante in GUST. ERICSSONS Sammlung ist das Kistenmotiv erhalten.

Nr. 1732* Siehe 1541*. GS 1734. Auge um Auge Ein Mesner hört den Pfarrer über Auge um Auge usw. predigen, und als die Kuh des Pfarrers die des Mesners mit den Hörnern tötet, meint er, daß der Pfarrer ihm eine K u h zurückgeben solle, aber das will der Pfarrer nicht. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn die K u h des Mesners die des Pfarrers getötet hätte. Dieses Geschichtchen ist bisher nur in Schweden festgestellt worden. Nr. 173j. Zehnfach zurück Ein Bauer nimmt die Worte der Bibel buchstäblich und gibt dem Pfarrer seine einzige Kuh, um das Zehnfache zurückzuerhalten. Abends geht die Kuh wie immer heim zum Bauern und führt alle zehn Kühe des Pfarrers mit sich. Dies ist jedoch dem Pfarrer nicht recht, und schließlich kommt man überein, daß derjenige, der am folgenden Morgen zuerst „Guten Morgen" sage, die Kühe behalten dürfe. Der Bauer wacht die ganze Nacht. Erst sieht er den Pfarrer etwas tun, was er nicht hätte machen sollen, und dann ist er auch der erste, der „Guten Morgen" sagt. Der Pfarrer widersetzt sich noch einmal, da gibt ihm aber der Bauer zu verstehen, was er gesehen hat. 1

HABICHT I I : 192.

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Dies ist ein alter französisch-italienischer Schwank, den wir schon im 16. Jahrhundert in Deutschland und im 17. Jahrhundert in Schweden 1 finden. In neuerer Zeit wird er in Spanien, Ungarn, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, auf Island, in Norwegen, Schweden, Finnland und im ehemaligen Ostpreußen erzählt. E r ist in einem schwedischen Volksbuch von 1851 mit über einem Dutzend Auflagen bis 1875 zu finden, das aber ohne nennenswerten Einfluß auf die mündliche Überlieferung geblieben ist. (Vgl. den livländischen 1841* B.) Nr. 1736. Ameisen (Wespen) anstatt Geld Der Knecht eines geizigen Pfarrers schläft, anstatt Grünfutter zu schneiden, nimmt dann einen ganzen Ameisenhaufen (Wespennest) in einem Sack mit nach Hause und sagt, es sei Geld darin. Der Pfarrer antwortet, er habe ein Recht auf den Beutel. Den könne er haben, aber das Geld werde sich dann in Ameisen (Wespen) verwandeln, und das Gras werde wieder wachsen. Dieser Schwank ist in Flandern, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland und in der Sowjetunion aufgezeichnet worden. Nr. 17}j. Der Pfarrer wird im Sack gestohlen Der Dieb behauptet, der Engel Gabriel zu sein, der gekommen sei, um ihn zu holen. Hier haben wir eine Entlehnung von M A N E T T I S oder eher aus S T R A P A R O L A S Version von 1525 (Meisterdiebsgeschichten) — wir verweisen auf dieses Märchen — vor uns. Sogar bei den öffentlichen Turnieren im Mittelalter dürfte es vorgekommen sein, daß man den Gegner in einem Sack verschwinden ließ. Das war auch eine beliebte Posse in den Volksstücken. Das Motiv gibt es in fast ganz Europa und es hat Ausläufer nach den Philippinen und Afrika. (Vgl. 1740.) Nr. ijßS. Kein Pfarrer im Himmel Ein Schmied läßt einen Pfarrer zu sich rufen, der aber erst nach einigen Einwänden kommt. Der Schmied behauptet, er habe geträumt, daß er nicht in den Himmel kommen könne, ohne einen Pfarrer gesehen zu haben, denn dort gäbe es keinen. Dieses Märchen wird in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und Rumänien erzählt. Nr. 1739. Der Mann, der mit einem Kalb schwanger ist Wegen einer Urinprobe oder aus einem anderen Grund bildet sich ein Mann ein, daß er ein Kalb gebären werde. 1

SAMUEL COLOMBUS:

Mal-Roo eller Roo-Mäl (1676—1678), Ed.

HESSELMAN

1935, S.42.

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Diese verdrehte Geschichte war schon im 16. Jahrhundert in Deutschland, u. a. bei H A N S SACHS, bekannt und in Schweden am Anfang des 17. Jahrhunderts, nach dem Gedicht Till en min cousine von JOHANN R U N I U S (gest. 1713) zu schließen. Außer in diesen beiden Ländern wird sie vor allem in den slawischen Ländern sowie — mit Ausläufern nach Tunis — in Frankreich, Belgien, Deutschland, Dänemark, auf Island, in Norwegen, Finnland und den baltischen Ländern erzählt. Sie wird oft mit 1281* (Das menschenfressende Kalb) kombiniert, auf das wir verweisen. Nr. 1740. Lichter auf den Krebsen Ein Mann setzt Lichter auf lebende Krebse, die auf dem Friedhof ausgesetzt werden. Der Pfarrer und der Mesner glauben, daß es die Seelen von Toten sind, und lassen sich gern in einem Sack in den Himmel führen wie in 1737 (Der Pfarrer wird im Sack gestohlen). Im 16. Jahrhundert schildern deutsche protestantische Pfarrer, daß die Katholiken besonders am Allerheiligentag auf dem Friedhof Wachskerzen auf Krebse und andere Kriechtiere setzten und behaupteten, daß dies Seelen von Menschen seien, die im Fegefeuer liegen, und daß die Geistlichen die Allgemeinheit aufforderten, Seelenmessen für sie zu zahlen. In Süditalien kann man noch heute große Käfer mit Kerzen auf dem Rücken in der Kirche sehen. Ein Kommentator aus dem 12. Jahrhundert erzählt auch, daß die Kinder im alten Griechenland sich auf ungefähr gleiche Weise unterhielten. Nach Schweden scheint das Motiv gleichzeitig mit irgendeinem deutschen Meisterdiebsmärchen gekommen zu sein. Es wird zuerst von M I C K E L 1 L Ä N G H U L T in seiner Version von 1 5 2 5 (Meisterdiebsgeschichten) erzählt. In Schweden findet es sich nur bei ihm und bei SEGERSTEDT. Das Motiv hat auch Dänemark und die baltischen Länder erreicht. Nr. 1741. Das aufgegessene Festessen Das Küchenmädchen kann es nicht unterlassen, vom Festessen und insbesondere von zwei Stück herrlichem Geflügel zu kosten, bis es sie ganz aufgegessen hat. Als der Gast kommt, rät es ihm, sich so schnell wie möglich fortzumachen, denn der Gastgeber wolle ihm die Augensterne herausschneiden, und zum Gastgeber, der gerade kommt, sagt es, daß der Gast mit den Vögeln davongelaufen sei. Der Gastgeber läuft hinterher und ruft, daß er wenigstens einen haben wolle, wird aber mißverstanden. Dieses Märchen hat in Südindien mit Ceylon (in der südlichen PantschatantraVersion) Spuren hinterlassen, weiter in einer Version von Tausendundeiner Nacht1 sowie schließlich in Tunis. Aus dem Mittelalter kennen wir es in Europa aus einem deutschen und einem französischen Fabliau und aus dem 16. Jahrhundert u. a. von H A N S SACHS und aus PAULIS Schimpf und Ernst. Es wird nun in Frankreich, Portugal, Spanien, Italien, Deutschland, Flandern, den Niederlanden (aus dem Jahre 1554), 1

BURTON X I : 397.

Schwänke

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Dänemark, auf Island und in Schweden erzählt sowie sporadisch auf rumänischem, west- und ostslawischem Sprachgebiet. Außerhalb Europas scheint es Nord- und Westafrika sowie Westindien erreicht zu haben. Das schwedische Volksbuch von 1824 ist eine Übersetzung aus G R I M M , hat jedoch die mündliche Überlieferung nicht beeinflußt. Das Märchen ist vermutlich orientalischen Ursprungs. Nr. 17 41*. Die Wurst ist

groß

Der Anteil des Pfarrers zur Zeit des Wurststopfens war von einer bestimmten Seite übersehen worden, und es wurde ihm ein allzu kleines Exemplar der Gattung Wurst überreicht. Als er sich beklagt, überreicht man ihm eine Wurst aus einem ganzen Pferdewanst. Da sagt der Pfarrer: „Der goldene Mittelweg ist am besten, ob es sich um Ochs oder Pferd handelt". Dieses Geschichtchen ist aus Schweden, Finnland, Estland und von Island bekannt. Nr. 17jo. Den Hund (das Huhn) sprechen lehren Ein Bauer will seinen Hund (sein Huhn) das Sprechen erlernen lassen und gibt dem Knecht eine große Belohnung, damit er die Sache in der Stadt ordne. Der Knecht, der in Wirklichkeit den Hund erschlagen hat, sagt, daß er ein halbes Jahr Lehrzeit benötige. Als die Lehrzeit um ist, fährt er mit einer noch größeren Belohnung in der Tasche, um den Hund abzuholen, aber als er zurückkommt, sagt er, er habe den Hund erschlagen müssen, weil er so schreckliche Dinge über seinen Herrn gesagt habe. Dieser Schwank ist in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland sowie im 16. Jahrhundert schon in Deutschland aufgezeichnet worden. Er baut auf dem gleichen Thema auf wie 1675 (Der Ochse als Bürgermeister). Nr. 777/. Ein Pfarrer, der nach der Jagd hungrig ist, wird an einer» Seil irregeführt Einem geizigen Pfarrer werden während einer Jagd vom Mesner Abfälle anstatt Brot in seinen Beutel gesteckt. Im Nachtquartier steht der Pfarrer auf, um sich etwas zum Essen zu verschaffen. Um zurückzufinden, hat er ein Seil an sein Bett gebunden, aber der Mesner versetzt es woanders fiin, so daß der Pfarrer sich verläuft, wozu immer noch andere Streiche hinzugefügt werden. Dieser Schwank ist über fast ganz Europa verbreitet, insbesondere in Spanien, Ungarn, Deutschland, Dänemark, auf Island, in Norwegen und Schweden — dort, wenn auch fragmentarisch, schon in Tijdh Födrijff aus dem Jahr 1641 enthalten — sowie in Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion. Man vergleiche die Erzählungen des Vogtes bei CHAUCER (um 1400). Das Motiv kommt auch in Asien und Amerika vor (siehe 1696). Nr. 1776. Fiel in den Braukessel Ein Pfarrer hat ein Verhältnis mit einem Mädchen. Der Mesner, der ihnen nachspionieren will, fällt in den Braukessel. Der Pfarrer flieht mit dem Mädchen, gibt

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aber später das Bier dem Mesner, denn er glaubt, es sei der Teufel gewesen, den er im Kessel plätschern hörte. Dieses Märchen gibt es in Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland sowie fragmentarisch in Ungarn, es ist aber ziemlich selten. Vgl. GS 1793. Nr. 178jA.

Die Wurst in der Tasche des Pastors

Der Pastor hat von einem Gemeindemitglied eine Wurst bekommen und verwahrt sie in der rückwärtigen Tasche, während er auf der Kanzel steht. Ein Hund ist in der Kirche. Als der Mesner mit den Aufgeboten kommt, glaubt der Pfarrer, es sei der Hund und gibt dem Glöckner einen Fußtritt. Dieses Geschichtchen gibt es in Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland und in der LIUNGMAN-Sammlung auch gereimt. Nr. 178 jB Siehe 1833**. Nr. 178/*. Sand im Aal Ein Mann beichtet bei einem Pfarrer, bekommt die Absolution aber nur, nachdem er einige Pfund Aal versprochen hat. Als der Pfarrer die Aale bekommt, ist in den Aalhäuten nur Sand. Dieses Geschichtchen ist in Schweden und Finnland notiert worden. Nr. 1786. Der Pfarrer reitet in die Kirche hinein Um den Palmsonntagsritt zu veranschaulichen, reitet der Pfarrer auf einem Ochsen in die Kirche hinein. Der Mesner sticht den Ochsen mit einer Nadel. Diesen Schwank gibt es in Schweden und Finnland. In einem südlicheren Land wäre das Tier ohne Zweifel ein Esel gewesen. Nr. 1789*. Den geborgten Rock vom Gericht zugesprochen erhalten Siehe 1642/43. Nr. 1790. Bekennt den Diebstahl, tut als ob er geträumt habe Der Pfarrer und der Mesner haben eine Kuh gestohlen, und der reuige Mesner geht zur Polizei, so daß beide vor Gericht geladen werden. Auf die Bitten des Pfarrers und gegen Entschädigung verspricht der Mesner jedoch, sie beide freizubekommen. Er erzählt die ganze Geschichte vor dem Richter, schließt aber mit den Worten: „Und dann wachte ich auf". Beide werden freigesprochen. Das Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland aufgezeichnet worden. Die Pointe ist aus ARISTOPHANES geholt und findet sich auch im äukasaptati (Nr. 21).

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Nr. 1791. Getragener Mann und Friedhofsdiebe Eines Nachts sitzen einige Diebe auf dem Friedhof und beschäftigen sich (mit Nüssen oder dgl.), während sie auf einen Kumpan warten, der einen Ziegenbock stehlen soll. Ein Knecht hört etwas, wagt sich aber nicht allein hin. Ein hinkender Schneider sagt, er ginge schon mit, wenn er nicht hinken würde, der Knecht aber nimmt ihn auf den Rücken. Als sie auf den Kirchhof kommen, rufen die Diebe: „Ist er fett?" Da wirft der Knecht den Schneider hin und läuft davon, der Schneider hinterdrein. Von diesem Tage an konnte der Schneider gehen. Diesem Schwank begegnen wir im 14. Jahrhundert in der Scala celi des südfranzösischen Mönchs JOHANNES GOBIUS JUNIOR. Im 16. Jahrhundert finden wir ihn in Deutschland u. a. in PAULIS Schimpf und Ernst, und zu unserer Zeit wird er in fast ganz Europa erzählt, besonders auf rumänischem, ost-, süd- und westslawischem Sprachgebiet, in Ungarn, Frankreich, Flandern, den Niederlanden, Deutschland, dem ganzen Norden mit den baltischen Ländern sowie überdies, wie BOGGS zeigte, in großen Teilen Amerikas von Kanada im Norden bis zu den Negern Westindiens und Südamerikas. Man kann orientalischen Einschlag vermuten. Nr. 1792. Das gestohlene Schwein Einem geizigen Pfarrer wird von seinem Mesner geraten, so zu tun, als ob das für einen Festschmaus geschlachtete Schwein gestohlen worden wäre. Es wird dann vom Mesner selbst gestohlen. Dieses Histörchen ist von HUGO VON TRIMBERG (V. 14199), der im Gebiet von Bamberg um das Jahr 1300 wirkte, sowie von BOCCACCIO (8,6) bekannt. Es taucht dann in Italien, Frankreich und Deutschland auf, u. a. im Jahre 1545 in einem Nachtrag zu PAULIS Schimpf und Ernst. Jetzt wird es in den Niederlanden, Dänemark und Schweden erzählt. Inwieweit es aus dem Orient stammt, ist eine offene Frage. Jedenfalls hat BOCCACCIO direkt oder indirekt einen Teil seiner Erzählung aus einem DIOSKORIDES zugeschriebenen Werk geholt. DIOSKORIDES war ein berühmter griechischer Arzt, der um 50 n. Chr. in Kleinasien lebte. GS ijy3. Geiziger Pfarrer als Bettler verkleidet Ein Pfarrer ist so geizig, daß er sich abends als Bettler verkleidet, damit wenigstens einer der beiden Bettelplätze am Pfarrhof besetzt sei. Eines Abends kommt der Mesner hin, auch als Bettler verkleidet. In der Nacht tut er, als ob er hinausgehe, um dem Pfarrer einen Streich zu spielen. Der Pfarrer geht, um nachzusehen, was los ist, und der Bettler sagt ihm schließlich, daß er Jauche in das Weihnachtsbier gegossen habe. Am nächsten Tag will der Pfarrer das Getränk nicht wegschütten, sondern schenkt es dem Mesner, worüber sich dieser freut, denn er weiß ja, daß das Bier unverfälscht ist. Dieser Schwank ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden, wo er sich auch in einem Schillingdruck von 1851 findet, der bis 1875 mehr als ein Dutzend Auflagen hatte. Vgl. 1776. 22

Liungman

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Schränke

Nr. 182; A. Die Bischofsvisitation Man hat einen Pfarrer beim Bischof verklagt, der allzu vertraulich mit der Frau des Pfarrers wurde. Der Pfarrer macht in der Predigt Anspielungen darauf und wird freigesprochen. Dieses Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland notiert. In Schweden ist sein Vorhandensein schon im 17. Jahrhundert durch ein Manuskript in der PALMSKÖLDschen Sammlung in der Universitätsbibliothek von Uppsala bezeugt. Es findet sich auch in einem Schillingdruck von 1833. Nr. 182j B. Die Welt wurde aus nichts erschaffen Ein Pfarrer, der kein Konzept hat, geht von dem Wort aus: Die Erde wurde aus nichts erschaffen. Dieses Geschichtchen ist in Frankreich, Flandern, Dänemark, Norwegen, Deutschland und Ungarn festgehalten worden, gewöhnlich im Zusammenhang mit 1641 (Doktor Allwissend), sowie in Schweden und Finnland. Die in SSF I wiedergegebene Variante ist als eine Sonderform anzusehen. Nr. 182} C. Die angesägte Kandel Man hat die Kanzel angesägt, und gerade, als der Pfarrer sagt, daß ein Wunder geschehen werde, bricht sie ein. Dieses Märchen ist schon bei 1641 (Doktor Allwissend) berührt worden, mit dem es oft verbunden wurde. Es wird in Italien, Frankreich, Deutschland, Flandern, Holland, Dänemark, auf Island, in Norwegen, Schweden, Finnland, Estland und im östlichen Mitteleuropa erzählt. Vergl. GS 1629. Nr. 182j. Noch kur^e Zeit, und ihr werdet mich nicht mehr sehen Der kleingewachsene Pfarrer verschwindet hinter der Brüstung der Kanzel, manchmal, um einen Schluck zu nehmen, manchmal, weil das Tönnchen zerbricht, auf dem er steht. Diese Geschichte gibt es in Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern. In Finnland hat sie die Nummer 1833** erhalten. Nr. 1828. Der Hahn weckt den Kantor Ein Hahn kräht an der Kirchentür. Der Kantor erwacht und beginnt zu singen. Das Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland festgehalten worden. Nr. 182p* Siehe 1833**.

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Nr. i8ßO. Der Pfarrer sagt, er könne das Wetter bestimmen Als die Gemeindemitglieder finden, daß der Pfarrer sein bei der Probepredigt gegebenes Versprechen, das Wetter richtig bestimmen zu können, nicht erfüllt habe, sagt er, daß sie es dann wie zuvor haben sollten. Dieses Märchen ist in Rumänien, Ungarn, Flandern, Deutschland, Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. Nr.

i8ßi

Siehe 1833**. Nr. iSßjA.

Was sagt David ?

Ein Knabe gibt dem Pfarrer in der Kirche auf diese rhetorische Frage Antwort. Diese Art von Schwänken hat große Verbreitung und ist u. a. in Italien, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland, in den baltischen Ländern und im nordöstlichen Deutschland notiert. Nr. 18}ß B. Du hast den Sohn vergessen Ein Bauer kommt mit einem Wagen voll Bretter, den sein Sohn führen muß, zum Pfarrer. Es ist die Rede von der Taufe, und der Bauer nennt nur die Namen von Gottvater und dem Heiligen Geist. Der Pfarrer sagt: „ D u hast den Sohn vergessen." „Er fährt die Fuhre Bretter", antwortet der Bauer. Dieses Geschichtchen wurde in Schweden und Finnland aufgezeichnet. Nr. 18}} D. Unverschämtheit Die Namen der Personen der Dreifaltigkeit werden drei Kühen gegeben, weshalb gesagt werden kann, daß der Heilige Geist kürzlich ein Kalb bekommen hat. Diese Anekdote ist in Schweden und Flandern aufgezeichnet worden. Nr. 1833** Unter dieser Nummer wurden in A a r n e s Typenkatalog alle Anekdoten über Predigten ohne jede Differenzierung aufgenommen. Mit ihnen könnten auch am zweckentsprechendsten die Anekdoten über Messen (Typ 1829* und 1831) sowie andere Anekdoten über Handlungen im Gottesdienst (Typ 1785 BC, 1840 und 1841) zusammengestellt werden. In Schweden gibt es auch vereinzelte Anekdoten dieser Art. Sie sind hier nicht behandelt und in der Regel auch nicht in die Übersichtstabelle aufgenommen worden, da sie oft nicht genau mit der Beschreibung des Typenkatalogs übereinstimmen und, streng genommen, zum Teil nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehören. (Siehe beispielsweise Sv. L. III, 2:64, 238, V , 2:11, 12, 13, VII, 8:7, 12; Gust. Ad. Akad. I V : 86, G ö t l i n d : Sag. 50; vgl. hier SSF 1:1730.) 22*

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Nr. 1834. Mißverstandene Teilnahme Eine Frau weint in der Kirche. Vom Pfarrer befragt, antwortet sie, daß sie so lebhaft an ihre alte, nunmehr tote Ziege denken müsse. Dieses Geschichtchen hat alte Ahnen. Manchmal erweckt nicht das Aussehen, sondern die Stimme, die der eines Esels gleicht, die Aufmerksamkeit. Es ist sowohl lateinisch wie persisch erzählt worden und ist von Indien bis Nordafrika sowie in großen Teilen des südlichen, westlichen, mittleren und nördlichen Europa verbreitet; in Frankreich wird es schon von JACQUES DE V I T R Y (gest. 1240) wiedergegeben. Ein Ableger ist sicherlich die Erzählung STINTANS von dem Dalekarlier, der beharrlich an den Vorlesungen eines Agrariers aus Schonen teilnahm und immer in der ersten Bank saß. Schließlich fragte ihn der Agrarier, woran er besonders interessiert sei. Der Dalekarlier antwortete: „Nein, es sind ja nicht die Vorlesungen, sondern es ist eigentlich die Stimme, die mir so ungeheuer komisch vorkommt". Nr. 18Der

Heilige Geist als lebende Taube

Ein Pfarrer läßt eine Taube den Heiligen Geist darstellen, aber einmal hat die Katze sie gefangen. Dieser Schwank hängt mit dem früheren katholischen Brauch zusammen, zu Pfingsten eine Taube über der versammelten Gemeinde schweben zu lassen. Er ist in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland und den baltischen Ländern aufgezeichnet worden. Nr. i8ß8. Das Schwein in der Kirche Ein Schwein hat sich in die Kirche verirrt, und als der Pfarrer kommt, rennt es ihm zwischen die Beine und trägt ihn auf diese Weise aus der Kirche. Die Geschichte wurde bisher in Spanien, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, im nordöstlichen Deutschland und Rumänien aufgezeichnet. Nr. 1839 B. Ausdrücke vom Kartenspiel in der Predigt Ein Pfarrer wettet mit einem Studenten, daß er in seiner Predigt die Namen bestimmter Spielkarten nennen wird. Das Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden und den baltischen Ländern aufgezeichnet worden. Die Verwandtschaft mit 1613 (Das Spiel Karten als Kalender und Gebetbuch) ist auffallend. Nr. 1840 Siehe 1833**. Nr. 1841 Siehe 1833**.

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GS 1S42. Nachforschung nach der gestohlenen Ziege (dem Schinken) Der Pfarrer schilt den, der die Ziege verlor, und spricht den frei, „der die Ziege stahl". Dieses Geschichtchen ist in Dänemark, Schweden und Finnland bekannt. Nr. 184J. Die Zauberformel kommt wieder Ein Student soll ein Kalb heilen und schreibt auf einen Zettel: „Wenn's nicht lebt, muß es sterben". Die Zeit vergeht, der Student wird Pfarrer und ist einmal sehr krank. Da nichts helfen will, hängt man ihm ein Papier mit einer kräftig wirkenden Zauberformel um. Er wird gesund und sieht zu seinem Erstaunen, daß es der Zettel ist, den er dem Kalb umgehängt hatte. Die Erzählung ist in Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und — entstellt — in den baltischen Ländern notiert worden. Nr. I S J J . Der Bursche fährt im Faß Räuber schließen einen Burschen in ein Faß ein, aber er bekommt den Schwanz eines Fuchses (Wolfes) zu fassen und fährt davon. Dieses Märchen ist in Italien, Deutschland, Flandern, Holland, Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern, Ungarn, Rumänien sowie bei den süd- und ostslawischen Völkern bekannt und hat auch Amerika erreicht. Den ältesten Beleg haben wir bei dem Florentiner SACHETTI (gest. 1400) in seiner 17. Novelle. Manchmal begegnen wir (wie in SSF II) einer Anzahl entliehener Züge, die dem in der schwedischen volkstümlichen Überlieferung sonst nicht vertretenen Schlauraffen Land ( 1 5 4 1 ) v o n HANS SACHS n a h e l i e g e n .

Nr. 1880. Schlußformeln Der Erzähler pflegt sein Märchen mit einer gewissen Wendung zu beschließen (vergl. 2250). A. „Man stopfte mich als Ladung in eine Kanone und schoß mich hierher". — Dieser Abschluß ist häufig und besonders von den Niederlanden bis ins ostslawische Sprachgebiet aufgezeichnet worden. B. „Dann bauten sie ein Nest und flickten Schuhe und kochten Wursthaut in Harz" ist eine noch jetzt übliche Schlußwendung in Schweden. C. „Und dann war ich nicht mehr dabei". D. „Und wenn er nicht mehr lebt, so ist er gestorben" oder dgl. begegnet uns sogar in Abessinien in der Mehrisprache. In Frankreich ist die Formel elegant gebildet mit dem Reim mort — encore. Nr. 1882. Einen Spaten holen, um sich heraus^ugraben Dieses Motiv ist mitunter in die Lügenmärchen eingeflochten. Wir finden es in Flandern, Holland, Dänemark, Schweden, Ungarn und in der Sowjetunion aufgezeichnet sowie ziemlich häufig in Amerika.

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Nr. 1889. Münchhausen Das seit dem 9. Jahrhundert bekannte deutsche Geschlecht Münchhausen brachte den Freiherrn K. F. H. Münchhausen hervor, der am russisch-türkischen Krieg von 1740—41 teilnahm. Ihm werden die Münchhausiaden, die ein anonymer Verfasser im Jahre 1781 in einer deutschen Schwanksammlung (Vademekum) wiedergab, zugeschrieben. Diese Sammlung wurde 1786 umgearbeitet und ins Englische übersetzt, aber gleich darauf kam eine deutsche Bearbeitung eines anderen anonymen Verfassers heraus, der niemand anderes als G. A. B Ü R G E R war, der berühmte Dichter der Lenore (365). Er ist der Schöpfer des volkstümlichen deutschen Volksbuches über Münchhausen. Wir erkennen darin u.a. Züge aus 513, 1174, GS 1343 und i960 G. Vorläufer zu Münchhausen sind u. a. Modus Florum (um das Jahr 1000), Wachtel Märe (um 1400), worin die „Wachtel" den Mantel der „Zeitungsente" trägt (siehe SSF II, S. 484), weiter Till Eulenspiegel (siehe 1635*) sowie der Finkenritter oder Policarpus aus den Schillingdrucken (Straßburg 1560), in Deutschland, Dänemark und Schweden bekannt. In Schweden wird Ritter Finck neben Uhlspegel bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts in STIERNHIELMS Hercules (Nr. 137, 141) genannt. Die Erzählungen über Münchhausen, die Schweden erreichten, sind sicherlich in erster Linie auf literarischem Wege gekommen. Dort gibt es eine Übersetzung von C A R L H E I M - G Y L L E N S K I Ö L D aus dem Jahre 1797. Sie gehören eigentlich der deutschen Überlieferung an. Hier wurden nur diejenigen aufgenommen, die als zur mündlichen Überlieferung Schwedens gehörig betrachtet werden können. Zu diesem Genre gehören 1882 — 1911**. Sie alle sind in Europa wie Amerika fast gleich populär. Nr. lipo. Ein gelungener fahrlässiger Schuß Ein Schuß geht aus Fahrlässigkeit los und trifft einen Vogel, der seinerseits die Ursache zu weiterer Beute wird. Dieses Geschichtchen ist aus Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und der Sowjetunion bekannt und in Amerika besonders populär. Nr. 1894. Die Enten auf dem Ladestock aufgereiht Dadurch, daß der Ladestock in der Büchse verblieb, wird eine ganze Reihe fliegender Vögel auf einmal aufgespießt. Die Erzählung gehört zu BÜRGERS Münchhausen (Kap. 2) und hat dort sogar eine Variante mit einer Schnur an Stelle des Ladestockes. Siehe 1889. Nr. 18p 6. Aus der Haut gekrochen Ein Mann nagelt einen Wolf an einen Baum und prügelt ihn. Der Wolf kriecht aus der Haut und läuft davon.

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Dieses Lügenmärchen ist in Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und der Sowjetunion notiert worden. Es steht einer Erzählung in B Ü R G E R S Münchhausen (Kap. 2) sehr nahe. Nr. 1911**.

Der Stock als Rückgrat

Ein Mann ersetzt das gebrochene Rückgrat seines Tragtieres durch einen Stock. Das Motiv ist in Schweden und Finnland aufgezeichnet worden. Nr. 1920 AC. Der Lügenmttbemrb Man wettet, wer am besten lügen kann. Der erste erzählt, wie ein See verbrannte und dadurch alle Fische gebraten wurden. Der zweite erzählt von einer großen Rübe (A) oder einem großen Ochsen (C). Dieses Märchen gibt es von Frankreich und dem Norden im Nordwesten bis zu den südslawischen Völkern im Südosten, mit Ausläufern bis nach Indien und Indonesien und nach Massachusetts in Amerika. Nr. 1930. Schlaraffenland Siehe 1875. Nr. ipßi.

Neuigkeiten von ^u Hause

Eine Frau will Neuigkeiten von zu Hause hören und erfährt die verdrehtesten Dinge, wie z. B. daß der Hahn Mesner wurde, wundert sich aber über nichts. Dieser Typ ist in Flandern, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und der Sowjetunion aufgezeichnet. Nr. 19 jo. Wer ist der Faulste ? Der faulste von drei Königssöhnen soll der Nachfolger des Vaters werden. Der erste erklärt, er könne das Bein selbst dann nicht wegziehen, wenn es verbrenne, der zweite, er könne den Kopf von der Dachtraufe nicht wegziehen, selbst wenn ihm das Wasser so in die Augen schlüge, daß er erblinde, und der dritte, er würde nicht einmal den Strick durchschneiden, wenn er gehängt würde. In den Gesta Romanorum (etwas nach 1300) ist es der mittlere von diesen Söhnen, der den Preis erhält, an Stelle des dritten, wie es meistens der Fall ist. Aber schon im Mittelalter finden wir sowohl auf romanischem wie auf germanischem Sprachgebiet andere Versionen, u. a. bei dem französischen Dominikaner J O H A N N E S G O B I U S J U N I O R in Scala celi (um 1300), das mit den Gesta Romanorum nur die Feuerprobe gemeinsam hat. Auch J O H A N N E S P A U L I und H A N S S A C H S haben das Motiv behandelt. Das Märchen läßt sich jedoch besonders im Orient weit früher aufspüren. Das Motiv von der Dachtraufe gibt es im Buch der hundert Erzählungen 1 des Tripitaka, aus 1

Ch. Tr. 307.

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dem Sanskrit 492 ins Chinesische übersetzt, und in Tausendundeiner Nacht wird die Feuerprobe auf so altertümliche Weise beschrieben, daß man an die alte Erzählung von Alexander dem Großen und Diogenes erinnert wird, dessen einziger Wunsch es war, daß der Herrscher zur Seite treten möge, damit er die Sonne nicht verdecke. Der faule Abu Muhamed ist hier zu bequem, aus der Sonne in den Schatten zu gehen, wie sehr sie ihn auch brennt 1 . Auch die Probe des Aufhängens kann alt sein. Im alten Thrakien gab es nach ATHENÄUS (2. Jahrh. n. Chr.) ein Gesellschaftsspiel, in dem eine durch Auslosen bestimmte Person einen Stein besteigen und eine Schnur um den Hals legen mußte. Der Stein wurde dann weggezogen, und der, den das Los getroffen hatte, mußte sich durch Abschneiden des Seiles mit einem Messer, das er die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte, selbst helfen. In unserer Zeit wird das Märchen hauptsächlich in Europa oder, genauer gesagt, in Spanien, Italien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, auf Island und in Schweden — wenn auch in verblaßter Form — sowie schließlich in Finnland, Estland, bei den Türken, Rumänen, Ost-, Süd- und Westslawen erzählt. Seine Wurzeln weisen auf die zweite Hälfte der hellenistisch-römischen Zeit (300 v. Chr. bis 300 n. Chr.) und auf das entsprechende Kulturgebiet hin. Nr. 19 60 ABCDEFGHJKZ.

Das Größte auf Erden

Es gibt eine ganze Reihe von Erzählungen über Ochsen und Böcke mit unendlichem Abstand zwischen den Hörnern (A), über große Fische (B), Fischzüge (C), große Krautköpfe (D), große Gebäude (E), große Kessel (F), himmelhohe Bäume oder andere Gewächse (Tiere), die in den Himmel wachsen (G) wie in 5 5 5 {Das Weib, das Gott werden wollte), über große Schiffe (H), große Vögel, die den Himmel verdunkeln (J), große Käse (Brote, Butterklumpen) (K) usw. (Z). Diese Erzählungen finden wir in erster Linie in Europa und besonders auf slawischem Sprachgebiet. Im Norden sind sie relativ selten, doch ist die Erzählung von der großen Rübe, um die man nicht an einem Tag herumreiten konnte, in Schweden schon 1790 durch eine aus Lund stammende Übersetzung der Geschichte von Urban Fettsack aus dem Deutschen belegt. Die älteste dieser Geschichten dürfte jedoch die in einem lateinischen Gedicht aus St. Gallen aus dem 6. Jahrhundert enthaltene Erzählung von einem Bock sein, der so groß war, daß ein Vogel eine schrecklich lange Zeit brauchte, um von einem Horn zum anderen zu fliegen. Mitunter bestätigt ein Lügner den anderen, ein Trick, der aus den Sechs großen Lügnern von H A N S SACHS aus dem Jahr 1546 (siehe S S F I , 1920 und i960 JZ) stammt. Ähnliche Geschichten sind in Vorder- und Hinterindien sowie in Amerika mit seinem Paul Bunjan-Zjklus im Umlauf. Man trifft dort sogar den Bestätigungstrick an. GS 19 62. Wer sieht und hört am besten ? Einer sieht und hört eine Mücke auf dem Kirchturm gähnen, ein anderer wird durch einen Floh gestört, der im Bettstroh seine Notdurft verrichtet. Der dritte gibt sich geschlagen, kann aber einen eisernen Spieß abbeißen. 1

WEIL I I : 348.

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Dieses Märchen ist in Deutschland und Schweden aufgezeichnet worden (vergl. 5i3 AB). Nr. 200 ;*. Den eigenen Rockschoß gestohlen Ein Schneider nimmt die Gelegenheit wahr, während der Arbeit ein großes Stück Stoff ab2uschneiden, erkennt dann aber, daß es der eigene Rockschoß war, den er abgeschnitten hatte. Diese Anekdote wurde bisher nur in Schweden und Finnland notiert. Nr. 2010*. Unwissenheit des Städters Ein Mädchen aus der Stadt zeigt seine Unwissenheit in ländlichen Dingen durch dumme Fragen, z. B. ob die Rüben auf Bäumen oder auf dem Boden wachsen, wie man Milch braut oder von wo man das Brot bekommt. Zu dieser allgemein verbreiteten Gruppe Fragen gehört beispielsweise auch die Frage, wie man Makkaroni erntet. In der volkstümlichen Überlieferung Schwedens scheinen derartige Fragen seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr aufgezeichnet worden zu sein; sie gehören daher nicht zur lebenden Überlieferung unserer Zeit 1 . Nr. 2014. Der Querkopf Er wird bedauert, weil der Hof niedergebrannt ist. — Nein, er konnte Rüben auf dem Grund säen. — Das war recht. — Recht? Nein, die Schweine fraßen die Rüben. — Das war traurig. — Nein, die Schweine wurden fett davon usw. — Dieses Geschichtchen ist bisher in Spanien, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Estland, [Deutschland — d. Hrg.], der Sowjetunion und Rumänien aufgezeichnet worden. Nr. 201 /. Die Ziege (Der Stier), die nicht heimgehen wollte Der Bursch kann die Ziege nicht dazu bringen, nach Hause zu gehen. Da geht er zum Bären, aber der will die Ziege nicht beißen; da geht er zum Jäger, doch der will den Bären nicht schießen; da geht er zu einer Föhre, doch die will nicht auf den Jäger fallen; da geht er zum Feuer, doch das will die Föhre nicht brennen, und so wird es fortgesetzt mit dem Wasser, dem Stier, dem Strick, der Maus, bis die Katze „ J a " sagt. Dann heißt es: Die Katze auf die Maus, die Maus auf den Strick usw., und schließlich geht die Ziege nach Hause. 1

Siehe S A M U E L C O L U M B U S = Mal Roo eller Roo-Mal ( 1 6 7 6 — 1 6 7 8 ) , E d . H E S S E L M A N 1 9 3 5 , S. 48f. Einem verschwundenen Zeitalter gehört in Schweden ferner COLUMBUS' Erzählung von dem unschuldigen Mädchen an, das nur den „süßen" T o d einließ, aber als T o d gab sich ein Jüngling aus, der als ihr Liebhaber auftrat (S. 69). Die Erzählung gibt es auch auf Island ( F F C 83: 1 5 4 1 I*). Eine andere vielleicht ausgestorbene Erzählung ist die G e schichte v o m Gasthauswirt, der Blindekuh spielen mußte, ebenfalls von COLUMBUS (S. 60).

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Schwanke

DieTiraden (2014—2050) haben alte Ahnen. Wir finden sie in rituellen Formeln, der oben zitierten nicht unähnlich, beispielsweise im talmudischen Pesach Hagada, das die Riten der beiden ersten Ostertage beschreibt und dessen Schluß lautet: „Und da kam der Herr und schachtete den Todesengel, der den Schlächter geschachtet hatte, der den Ochsen geschächtet hatte, der das Wasser getrunken hatte, der das Feuer gelöscht hatte, das den Stock gebrannt hatte, der den Hund geschlagen hatte, der die Katze gebissen hatte, die das Kitzlein gefressen hatte, das der Vater für zwei Schillinge gekauft hatte". Hier hatte offensichtlich die Katze die kleine Ziege aufgefressen. Im südlichen Pantschatantra heißt es weiter: „Die Fliege auf den König, die Eidechse auf die Fliege, das Ichneumon auf die Eidechse, der Hund auf das Ichneumon, der Stock des Königs auf den Hund des Jägers, da wurde der Jäger gegen den König unhöflich, der den Jäger geißeln ließ, und seine Kameraden plünderten die zerstörte Stadt". Ähnliches kommt, wenn auch in anderer Form, in der griechischen, spanischen, arabischen, syrischen und tunesisch-bengalischen Version der Sieben weisen Meister1 vor. Die Tirade von der Ziege ist von Schottland und Frankreich bis nach der Sowjetunion, Ungarn und Rumänien bekannt. Sie dürfte Deutschland bereits am Ende des 16. Jahrhunderts erreicht haben. An Stelle der Ziege kommen oft andere Tiere vor, wie ein Schwein, eine Kuh, eine Katze usw. Besonders ist dies gegen Osten und Süden der Fall. In Spanien und Mexiko gibt es eine Sonderform, in der eine Ameise das Spiel eröffnet. Das Motiv ist offensichtlich beliebt gewesen und wurde daher auf viele verschiedene Arten variiert, besonders außerhalb Europas. Der orientalische Ursprung dürfte jedoch außer Zweifel sein. Man muß den motorisch-ekstatischen Affektwert der Tirade beachten. Auf dem Gebiet der Religion ist das besonders von den babylonischen und altindischen Priestern ausgenutzt worden. Wir verweisen im übrigen auf 1696, 2021, und GS 2036, wo die Diskussion über den Ursprung der Tiraden wieder aufgenommen wird. (Vergl. T A Y L O R S 2015 und 2030 A — H , K.) Nr. 2016. Es war ein kleines Weiblein, das hatte eine kleinwinzige Kuh. . . . Diese Tirade gibt es in England, Dänemark, Schweden und Finnland. Nr. 2021. Der Hahn und das Huhn Dem Huhn bleibt eine Nuß im Hals stecken. Der Hahn läuft um Wasser, das Wasser aber schickt ihn um rote Seide zu einer Braut usw., inzwischen ist das Huhn gestorben. Dann wird eine große Leichenprozession angeordnet, in die die Tiere der Reihe nach aufgenommen werden. Als zum Schluß ein Floh auf den Wagen 1

Siehe Honungskakan bei BÄCKSRTÖM 1 : 79: Ein Jäger findet in einem Loch eine Honigwabe, die er mitnimmt; einige Tropfen Honig fallen auf den Boden, Fliegen setzen sich darauf, eine Katze jagt sie, der Hund des Jägers beißt die Katze, deren Besitzer schlägt den Hund tot, der Jäger will sich rächen, und so wird die Honigwabe die Ursache zu einem lang andauernden Streit zwischen den Dörfern der beiden Streitenden.

Schwanke

347

hinaufgenommen wird, fällt dieser um, und alle fallen in das Wasser und ertrinken, außer dem Hahn, der vor Trauer stirbt, oder das Huhn erhält einen Stoß, so daß die Nuß aus dem Hals herauskommt und alles glücklich endet. Diese als mittelalterlich angesehene und u. a. von HAAVIO und WESSELSKI geschickt behandelte Tirade ist in Europa bei den keltischen Minoritäten, bei den Engländern, Italienern, Spaniern, Franzosen, Niederländern, Deutschen, den nordischen Völkern und den Livländern, weiter bei den slawischen Völkern, den Ungarn, Rumänen, Griechen sowie schließlich bei den Kaukasiern bekannt. Außerhalb Europas kommt sie bei den Türken, Kabylen, Arabern und Indern vor. HAAVIO weist darauf hin, daß gewisse in der Tirade vorkommende Haartrachten auf Europa, vielleicht Deutschland, im 14. Jahrhundert deuten könnten, betont aber auch, daß das Alter der außereuropäischen Varianten nicht bekannt ist. Sie sind in der älteren Literatur nicht festgehalten worden. WESSELSKI geht davon aus, daß sie von Europa aus nach Indien gelangt sind. Einige Varianten des Märchens enthalten nur den ersten Teil der Tirade (siehe SSFI), andere nur die Leichenprozession (siehe SSF II), wo in Schweden oft der Floh fehlt, wodurch sich das Märchen 2027 (Die freßlustige Kat^e) nähert. Vom ersten Teil kann man möglicherweise vermuten, daß er auf einen alten, rituell ausgebildeten Text zurückgeht, der das Holen von heiligem Wasser betrifft. Nr. 2022. Das Huhn ist ertrunken, oder die Laus hat sich verbrannt, der Floh weint, die Tür knarrt, der Besen fegt, der Wagen rollt, der Dünger brennt, der Baum schüttelt sich, und da beginnt das Wasser zu fließen, so daß alles fortgeschwemmt wird. Diese Tirade wird in ganz Europa, in Grusinien, Armenien, Persien, Indien sowie sporadisch in Amerika, u. a. bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts erzählt. Nr. 20 2 j. Der Pfannkuchen Eine Frau bäckt einen Pfannkuchen und stellt ihn auf die Fensterbank zum Auskühlen, aber plötzlich springt er vom Fenster herab und rollt auf die Bank und von dort auf den Fußboden und hinaus durch die Tür und über die Treppen in den Hof und von dort die Gassen entlang. Dort begegnet er verschiedenen Tieren, die ihn auffressen wollen, aber er rollt davon, bis er den Fuchs trifft, der seine lange Beschreibung von der weiten Reise nicht richtig hört und ihn, als er sich dem Fuchs nähert, um besser verstanden zu werden, verschlingt. Diese Tirade wird in England, Schottland, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, den baltischen Ländern und der Sowjetunion erzählt. Die russische Form ist gut und entspricht der oben angeführten. Einige Varianten lassen den Pfannkuchen in der Erde verschwinden und sagen, daß die Schweine immer in der Erde wühlen, um ihn zu finden. In Dänemark, Schweden und Norwegen begegnen wir einer Verschmelzung dieser beiden Formen (siehe SSS F II, 2025:1),

348

Schwänke

in der das Schwein die Rolle des Fuchses übernimmt (während SSF II, 2025:2 als Sonderform betrachtet werden muß). In Amerika, wohin die Märchen auch gedrungen sind, scheint man den Fuchs beibehalten zu haben, aber gleichzeitig wurden sie dort von Rotkäppchen beeinflußt. Nr. 202j. Die (fr)eßlustige Frau (Kai^e) Eine Frau (Katze), die sieben Schüsseln Brei und sieben Schüsseln Milch leergegessen hat, verschlingt eine Menge Tiere, die ihr begegnen. Zuletzt platzt sie, und alle Tiere kommen heraus. Diese Tirade ist in Dänemark, Norwegen, Schweden und Indien aufgezeichnet worden. Sie scheint in Schweden besonders beliebt gewesen zu sein und ist in SSF mit einer Variante von einer eßlustigen Frau und einer von einer Katze vertreten. Nr. 2030. Der Knabe, der nicht ¡ytr Schule gehen wollte Der Knabe will nicht zur Schule gehen. Da bittet die Mutter die Rute zu kommen. „Nein", sagt die Rute. Da bittet die Mutter das Feuer zu kommen. „Nein", sagt das Feuer, und so geht es weiter, bis die Katze kommt, genau wie in 2015 (Die Ziege, die nicht heimgehen wollte), und dann heißt es wie dort: Die Katze auf die Maus, die Maus aufs Seil, das Seil auf den Schlächter, der Schlächter auf den Ochsen, der Ochse auf das Wasser, das Wasser aufs Feuer, das Feuer auf die Rute, die Rute auf den Knaben und der Knabe zur Schule. Diese Tirade stammt offensichdich aus früherer Zeit als die Schulstreiks. Manchmal handelt sie auch von einem Mädchen, das ein Zimmer nicht fegen will. Sie ist in Italien, Spanien, Frankreich, England, Flandern, Holland, Deutschland, Rumänien, Jugoslawien, Dänemark, Norwegen und Schweden sowie in Afrika und Asien bis nach Ceylon und Indonesien aufgezeichnet worden. In Amerika finden wir sie u. a. bei den Indianern in Neu Mexiko und bei den portugiesisch sprechenden Negern in Massachusetts. Sie dürfte ein Ableger von 2015 sein, von der sie schwer zu unterscheiden ist, da sie außerhalb Schwedens oft von Tieren handeln soll. (Vgl. TAYLORS 2030 J und siehe SS IV Nr. 821, S. 366.) Nr. 20}}. Die Nuß fällt dem Kücken auf den Kopf, und die gan^e Welt stürmt zusammen Das Kücken sucht Hilfe beim Huhn, das Huhn beim Hahn, der Hahn bei der Ente usw. Das Märchen ist in Schweden nur in einem Druck von 1841 Q/iolen, S. 25) wiedergegeben und steht der dänischen Überlieferung sehr nahe. Es ist im übrigen u. a. in England, Deutschland, Afrika und Indonesien bekannt. Die Namensreime des Märchens erinnern mitunter an die von 2025 {Der Pfannkuchen). Nr. 20ßj. Das Haus, das Hans (Jack) gebaut hat Hier ist das Haus, das Hans gebaut hat, hier ist das Mehl, das im Haus ist, das Hans gebaut hat usw., bis man zum Hahn und vielen anderen Tieren kommt, zum Pfarrer und zu dem Mädchen, das geküßt wurde.

Schränke

349

Diese Tirade ist in Portugal, Frankreich, England, Norwegen, Schweden, Deutschland und Österreich bekannt. GS 20)6. Was ist eins? Was ist sgvei? usw. Schon bei 812 {Die Rätsel des Teufels) haben wir gezeigt, daß die Ziffernrätsel von . den hebräischen, später ins Lateinische übersetzten sogenannten Zwölfzahlenliedern stammen sowie bei 2015 (Die Ziege, die nicht heimgehen wollte), daß die Tiraden ihren Ursprung bei den Semiten und Indern haben dürften. An der erstgenannten Stelle haben wir auch das gegenwärtige Verbreitungsgebiet des Liedes angegeben. In den katholischen Ländern Westeuropas lauten die Antworten auf die hier behandelten Fragen der Tirade der Reihe nach: Ein Gott, zwei Gesetzestafeln, drei Patriarchen, vier Evangelisten, fünf kluge Jungfrauen, sechs Krüge in Kanaan, sieben Sakramente, acht Seligkeiten, neun Engelchöre, zehn Gebote, elf-tausend Jungfrauen, zwölf Apostel. In den protestantischen Ländern sind einige entsprechende Änderungen zu bemerken. Im 16. Jahrhundert lauteten die Antworten bei den Juden in Böhmen: dreizehn Eigenschaften Gottes (2. Buch Mose, 34:6 ff.), zwölf Stämme Israels, elf Sterne (1. Buch Mose 57:9), zehn Gebote, neun Monate Schwangerschaft, acht Tage bis zur Beschneidung, sieben Wochentage, sechs Mischna-Bücher, fünf Bücher Mose, vier Stammütter (Sara, Rebecka, Rahel und Lea), drei Patriarchen, zwei Gesetzestafeln, ein Gott. Diese Tirade hieß Ehod und wurde zu langsamer Musik gesungen. Die Umkehrungen wie von 1 bis 13 und von 13 bis 1 kommen auch in Beschwörungen vor. — Man findet in dieser Tirade auch Züge, die teils auf mohammedanischen, teils, wie ESPINOSA zeigte, auf zoroastrischen Einfluß hindeuten. Die Wanderungsrichtung von Osten nach Westen scheint damit in gewissem Grade gesichert, besonders, da wir eine nicht unbedeutende Variantengruppe des Ehod sowohl im Kaukasus als auch unter den Kirgisen, Persern und Indern haben. Hierzu kommen ähnliche tiradenartige Aufzählungen nicht nur im Rigveda (I, 164), sondern auch in mehreren anderen Sanskrittexten, die jedoch auf babylonische Muster zurückzugehen scheinen, soweit sie auf kalendarische Angaben abzielen. In Schweden hat sich eine alte Melodie zu der Tirade erhalten, die noch jetzt in theologischen Kreisen Uppsalas gesungen wird. (Vergl. T A Y L O R S 2010.) GS 20Die

Rübe, die aus der Erde sollte

Ein Mann und eine Frau haben eine riesige Rübe, die sie nicht aus der Erde herausbekommen können, und rufen Enborg, Tväborg (Enpelle, Tväpelle) usw. zur Hilfe. Die Tirade ist bisher nur in Schweden aufgezeichnet worden. [Eine russische Fassung ist abgedruckt in: Russische Volksmärchen, hrg. von A . Tolstoj, Berlin 1949, S. 9. — Zusatz d. Hrg.] GS 2038. Der Knecht, der mehr und mehr als Lohn bekommt J e weiter er ins Land hinein kommt, desto mehr bekommt er. Diese Tirade weist zwei Typen auf, einen mit Namensnennung (wie Hurtig,

35°

Schwanke

Lustig, Vin i Ramstastin usw., wie in SSFI, GS 2038,1) und einen mit verschiedenen Tierstimmen (wie in SSF I, GS 2058, 2). Die Namensgebung erinnert an ähnliche englische, niederländische, deutsche, norwegische und dänische Tiraden, während der Typ mit den Tierstimmen mehr den entsprechenden französischen gleicht. Bei den slawischen Völkern finden sich beide Typen. Ähnliche, wenn auch vereinzelte, allegorische Namensgebungen finden wir u. a. in Solomon und Marcolfus und im Tannhäuser. Interessant ist jedoch, daß wir diese Art der Namensgebung, manchmal sogar eine tiradenähnliche, in den beiden Edden (im Grimnismdl und Gjlfaginning, Kap. 54) sowie in der Gautrekssaga (um das Jahr 1265) finden. Im Grimnismdl In der älteren Edda heißt es von gewissen Flüssen: Vina heißt einer, der andere Vegsvinn, der dritte Pjödnuma, Nyt und Nöt, Nonn und Rönn, SliJ> und Rija, Sylgr und Ylgr, ViJ) und Von, Vönd und Strönd, Gjöll und Leiptr, die laufen nahe den Menschen und stürzen sodann nach Hei. (Vergl.

TAYLORS

2010

I

und I A . )

GS 2039. Der Schlüssel Hier ist von einem Schmied die Rede, der die Axt schmiedet, die den Stock abhackt, der die Katze schlägt, die die Maus fängt, die den Riemen abnagt, der im Schlüssel zu dem Schrein des Fräuleins sitzt. Diese Tirade ist u. a. in England und Schweden aufgezeichnet worden. GS 2041. Der erste bis neunte (usw.) Tag bis Weihnachten Jeder Tag bringt eine Gabe. Diese Tirade ist bisher nur in Dänemark und Schweden aufgezeichnet worden. Sie kann auch gesungen werden. (Vergl. T A Y L O R S 2010 A . ) GS 2042. Es liegt ein Berg ... Diese Tirade ist bisher nur in Deutschland, Dänemark und Schweden aufgezeichnet worden. Im letztgenannten Land stammt zumindest eine Variante aus der Zeit um 1750. Man kann sie auch gesungen zu hören bekommen.

Schwanke

GS 2043. Von Hosen bis

351

nichts

Ein Bursch übergibt einem Schneider ein Stück Loden, um daraus Hosen machen zu lassen, aber zuerst reicht das Tuch nur für ein Wams, dann zu einer Weste, einem Fäustling, dem Daumen eines Fäustlings und schließlich zu gar nichts. Diese Tirade wird in Deutschland (schon um 1685) — auch unter der sorbischen Minorität —, in England sowie in Dänemark und Schweden erzählt. Nr. 22]0. Das Märchen ist nicht länger Ein Bursch findet einen Gegenstand oder dergl., und dann sagt der Erzähler, wenn der Gegenstand länger gewesen wäre, wäre auch das Märchen länger. Diesen Märchentyp gibt es in Deutschland, Ungarn, den Niederlanden, England, Schottland, Norwegen, Schweden, den baltischen Ländern sowie bei den Portugiesen und den südslawischen Völkern. Nr. 2400. Ein Stück Erde von einer Ochsenhaut umschlossen Der Käufer schneidet eine Ochsenhaut (oder dergl.) in dünne Streifen und gewinnt damit ein viel größeres Gebiet, als der Verkäufer ihm geben wollte. Diese Sage wird über eine ganze Anzahl Personen erzählt, von Dido in der Aneis bis zu Ragnar Lodbroks Sohn Ivar und Wilhelm dem Eroberer. Noch interessanter ist, daß die Sage auch an eine Anzahl Orte gebunden wird, die „Ochsenhaut" oder dergleichen bedeuten sollen, wie Byrsa in der Dido-Sage, Hyde Park in London, Bulverhithe in der Sage von Wilhelm dem Eroberer, Moskau nach einer syrjänischen Sage sowie schließlich Calcutta (Khal = Haut). Die Kuhhaut war früher vielerorts ein Flächenmaß. Das ungefähre Verbreitungsgebiet der Sage geht aus dem oben Gesagten hervor, wenn sie auch Ausläufer zu den Indianern Amerikas hat. Sie wird in veränderter Gestalt in einem schwedischen Volksbuch deutschen Ursprungs aus dem Jahre 1796 über Berta von Montagnana wiedergegeben, scheint aber der mündlichen Uberlieferung Schwedens nicht anzugehören. Nr. 2403. Wie der Jude aus dem Himmel gelockt wurde Ein Jude ist im Himmel, stürzt aber kopfüber hinaus, als jemand ruft, daß in der Hölle oder dgl. eine Auktion stattfände. Diese Anekdote gibt es in Schweden, Finnland, den baltischen Ländern und Deutschland. Nr. 2411 Siehe 1430 (Luftschlösser bauen).

Quellennachweis

1. Siehe 2. 2. B P I: 517 Anm.

Nr. 73), I V : 333 (über B E R A C H J A ) , J S F O V I : z6S., 34, 3 8 , 4 2 f r . und i n F F C 9 6 : 1 7 ; K O L M A Ö E V S K I J : Zivotnyj epos, S. 89; G R A F in FFC 38: 58ff., 65fr., 9 9 f f . ; ö s t og Vest, S. i 5 i f . ; H . B Ü T T N E R : Stud, zum Rom. de Renart 2, 55 (1898); K Ö H L E R I, 70, 197; R O M U L U S Monac. X X X V ; P H A E D R U S App. 20 (Bär fischt Krebse mit den Tatzen); A E L I A N U S : De natura animalium V I : 24; P M L A 4 7 f r . ; WA II: 24, III: 65, 1 1 5 ; C 2 5 1 ; Th 256, 257; Int. Folktale Institute, Köpenhamn (für Japan); C O S Q U I N Nr. 54. SSF I, 1 : 1 (mit Brotdiebstahl). 3. D Ä H N H A R D T I V : 243; J S F O V I : 5 5 f r . ; F F C 96: 20; Tutinameh (Ed. v. R O S E N I I : 146); H A L M 87; Pantschatantra I : 225 (mit Hinweis auf P H A E D R U S I V : 1 ) einschl. I : 10 und I I I : 14 (Dahiputtscha = Milchschwanz); WA I I I : 65, 66; P M L A 50; ( P A R S O N S Nr. 24). 4. BP I I : 1 1 7 (zu G R I M M Nr. 74); J S F O V I : 59fr.; FFC 96: 20; D Ä H N H A R D T I V : 244; WA I I : 25, I I I : 65, 66; P M L A 5 1 ; Journ. of Amer. Folkl. I X : 195; P A R S O N S Nr. 24, (25); C 245. 5. BP I I : 1 1 7 Nr. 2; J S F O V I : 62ff.; FFC 96: i8ff.; D Ä H N H A R D T I V : 245; D E V R I E S I I Nr. 71—75; P M L A 52. 7. D Ä H N H A R D T I : 193; J S F O V I : 65fr.; W A R N K E : Die Quellen zu Marie de France, S. 206. 9 AB. J . H A C K M A N in Folkl. o. etnogr. Stud. I I I (1922), S. 140; D Ä H N H A R D T I V : 249fr.; J S F O V I : 97fr.; Rev. d. Trad. Pop. V I : 169; S E B I L L O T : Trad, et Superst. I : 328 und G R I M M I I I : 260 (für den hl. Michael); S C H N E L L E R : Wälschtirol, S . 7 (für den hl. Johannes); N Y L A N D I I : 136; R. d. Trad. Pop. I X : 346; B O N D E S O N in Sv. F., S. 174; Wärend och Wirdarne I I : 101 (für St. Petrus); vgl. H E L L Q U I S T : Etym. lex. und Sv. Ak. ordbok (mickel, jösse, nalle = Reineke, Lampe, Petz); Sv. L . X, H . 6 — 7 ; P M L A 55; Journ. of Amer. Folkl. X X X : 175. 15. BP I: 9 (zu G R I M M Nr. 2); D Ä H N H A R D T I V : 241; J S F O V I : 74fr.; F F C 96: 23; P M L A 55; K Ö H L E R I : 105; vgl. Roman de Renart X X I V : 219; C O S Q U I N Nr. 54; P A R S O N S Nr. 124 (literarisch); Th 254. 32. C H A U V I N I I I : 78 Nr. 57; Reise der Söhne Giaffers, S. 2 1 3 ; Pantschatantra I : 182; Z . d. V . f. Vk. V I : 159; P E T R U S A L F O N S I X X I V . 34. BP I I : 1 1 6 Anm. 1 , I V : 320; R O M U L U S App. 43; D Ä H N H A R D T I V : 221, 23of.; K Ö H L E R I : 107; W E S S E L S K I : Nasreddin Nr. 124; Journ. of Amer. Folkl. X X V I I , 204, 2 ; J S F O V I : 4 1 ; P E T R U S A L F O N S I X X I V ; Pantschatantra I : 182, 227, 349; vgl. C H A U V I N I I I : 78. 38. D Ä H N H A R D T I V : 231fr.; C H A U V I N I I : 86 Nr. 20 (Kaiila und Dimna); Kalilag und Damnag (Ed. B I C K E L L 1876) S. 3; F F C 38; 99fr.; D E V R I E S Nr. 9. 342;DÄHNHARDTI:

41.

BP II:

IV: 232;FFC 23

Liungman

1,

II: io8ff., n 6 f . (zu

GRIMM

267fr.,IV21gff.,225,250,304;

1 0 9 (zu GRIMM N r .

38: 7 1 f r . , 128 f . ;

73), I V :

KROHN:

3 1 8 , 3 3 6 ; BABRIOS

JACQUES DE VITRY

Nr. 174;

86; HALM

CHAUVIN I I I :

31;

DÄHNHARDT

45 Nr. 49 (Rustam),

Quellennachweis

354 IV:

13a;

HORATIUS

(Epist.

1,

7, 28);

Hist. Francorum

G R E G O R VON T O U R S :

IV,

Kap. 9;

S U D R E , S . 2 4 0 , 2 4 7 ; W A I I : 2 5 ; I I I : 65 ; P A R S O N S N r . 7 (3 u n d 6 ) ; C 2 5 0 ; C O S Q U I N N r . 5 4 . 47 A .

BP

III:

75

(zu G R I M M

Nr.

132);

STEINHÖWEL

87

(Extrav.

7) S. 203 ;

DÄHN-

22f., 492, I V : 9 8 F . , 235, 237 Anm., 304 (über die Hasenscharte); J S F O V I : 70; K R O H N in F F C 96: 25 f.; Journ. of Amer. Folkl. X X V I : 292; S U D R E , S . 200. 49. (Th 257.) 56 A B . B P I : 517; S U D R E , S . 3oiff.; C H A U V I N I I : 1 1 2 , I I I : 76; D Ä H N H A R D T I V : 279; P M L A 61 ff. (besonders 63); C 254; Pantschatantra I : 609 mit Hinweis u. a. auf JOH. VON CAPUA (Kap. 17) und die arab. Übersetzung von Kaiila und Dimna; Germania X X X I : 105. HARDT

III:

57. JACQUES D E V I T R Y N r . 9 1 ; ROMULUS I , 1 4 ; PHAEDRUS 1 , 1 3 ; BABRIOS 7 7 ; H A L M 2 0 4 ;

III: 76 Nr. 49; Märchen der Weltliteratur 8 : 13 (China); Rev. d. Trad. Pop. V I : 244; STITH THOMPSON: European tales among the N. Amer. Indians. (Col. 1919) I I : 4 5 1 ; Filikromen (1850) II, Nr. XIII. CHAUVIN

GS

59. PHAEDRUS I V , 3 ; BABRIOS 1 9 ; ROMULUS I V , 1 ; H A L M 3 3 ; C R U S I U S :

Rheinisches

Museum 42 (1887), S. 408. 60. BP I V : 337 (über B E R A C H J A ) ; J A C Q U E S D E V I T R Y 202 Nr. 165; P H A E D R U S I, 26; R O M U L U S II, 14; H A L M 34; S T E I N H Ö W E L 33, S. 125; C H A U V I N III: 69 ; Faksimile-Ausgabe von Magnus Ericssons Landrecht, S. 20; P L U T A R C H O S ' Symposiaca i c : 5; C H R . B O R M A N in Jahresh. d. österr. Archaeol. Inst. (1902) 5, 78 ; S T I T H T H O M P S O N : European tales among the N. Amer. Indians, II: 450; P M L A 68; W A II: 10. . 6 1 . B P I I : 2 0 7 ; F F C 3 8 : 26FF., 4 1 f r . , i 2 8 f . ; W A I I : 20, I I I : 6 7 ; HALM 1 3 4 ; ROMULUS

Monac. Nr. X X V I I I (sen); S T E I N H Ö W E L , 83 (Extrav. 3), S . 196, ( 1 0 , S . 212); M A R I E D E F R A N C E Nr. 60 ( W A R N K E : Die Quellen d. Esope, 1900, S . 46); vgl. P M L A 67. 65. BP I : 362 (zu G R I M M Nr. 38); S U D R E , S . 253, 280; L U T H E R S Tischreden vom April 1532 (Weimarer Ausg. II Nr. 1464); W E S S E L S K I : Versuch, S . 97. 70. PHAEDRUS A p p . 2 ; BABRIOS 2 5 ; ROMULUS I I , 9 ; H A L M 2 3 7 ; S v . L . X I ,

1 : 74,

121;

Hdschr; Nr. 1 1 7 2 in der Univ. Bibl. Uppsala (vom Jahre 1756); über die Hasenscharte siehe 47 A .

NORDINS 75.

BP

IV:

334;

BABRIOS

107;

HALM

256;

ROMULUS

I,

17;

JACQUES

DE

VITRY

Nr. 145. 77. B P

IV:

339F.;

PHAEDRUS

I,

12;

BABRIOS 4 3 ; ROMULUS I I I ,

7; HALM

128;

JAC-

QUES D E V I T R Y N r . 2 7 4 . 101.

BP

I : 424fr. (zu G R I M M N r . 48); PHAEDRUS I, 2 3 ; ROMULUS I I , 3 ;

92 (Extrav. 12), S. 218; P M L A 65; vgl. F F C 38: 92. 103/104. BP I: 425 (zu G R I M M Nr. 48); Ysengrimus I V : 735ff.; 209fr.; P M L A 82. 105. B P II: 1 1 9

(zu GRIMM N r . 75), I V :

341

STEINHÖWEL

DÄHNHARDT

(BERACHJA); ROMULUS A p p . 2 0 ;

IV:

MARIE

(Ed. R O Q U E F O R T 1820) I I : 98; S T E I N H Ö W E L 85 (Extrav. 5), S . 199; H A N S S A C H S : Fabeln (Ed. G O E T Z E ) I I I : 406; D Ä H N H A R D T I V : 2 5 8 F . ; K R O H N in „ A m Urquell" 1892, S . I 7 7 F F . ; F F C 96: 37; C H A U V I N I I I : 54 Nr. 10; P M L A 82; C 249. 110. C H A U V I N I I : 109 (Kaiila und Dimna); Kalilag und Damnag (Ed. B I C K E L L ) , S. 1 2 2 ; O D O Nr. 26 (erster europäischer Bearbeiter); B O N E R (Ed. P F E I F F E R Nr. 70); R O B E R T :

DE FRANCE

F a b l e s inédites 1 : 99 ; PALAESTRA 5 2 : X X X V f . ; PERGAMENUS 80 ; HANS SACHS : F a b . u. S c h w . 4, N r . 2 5 9 ; P S E II, S. 3 9 3 ; LAFONTAINE I I : 2 ; DÄHNHARDT I V :

1 4 5 , 3 0 1 ; Z . f. dt. Phil.

X I : 331, 335; Rev. d. Trad. Pop. VIII: 292, I X : 646 Nr. 92; Z. d. V. f. Vk. 1 7 : 427, 2 1 : 169, 25: 300; W E S S E L S K I : Arlotto II, S. 64, 226, und HodschaNasreddin Nr. 2 1 3 ; N Ö L DEKE in Abh. d. K . Ges. d. Wiss. in Göttingen X X V (1879). 1 1 2 . B P I V : 334 (aus B E R A C H J A S Sammlg.); B A B R I O S 108; R O M U L U S I : 1 2 ; H A L M 297; J A C Q U E S D E V I T R Y Nr. 157; H O R A T I U S : Sat. I I : 6, 7 9 f r . ; M 5; V M 3.

Quellennachweis

355

1 1 5 . Pantschatantra (II, 6), I : 323; Tutinameh (Ed. R O S E N I I : 1 1 7 ) ; Poggii Facetiae (Krakau 1522), S. 162; G I L B E R T U S C O G N A T U S in Sylva Narrationum (Basel 1567), S. 40. 120. D Ä H N H A R D T I I I : i 5 o f . ; P A U L I : Schimpf und E m s t (v. Jahre 1522) E d . O E S T E R L E Y , S. 179 mit mehreren lat. Belegen; P S E II, S. 324; Gesta Romanorum, E d . SWAN 84; J u S T I N U S : Epitomahist. Philippicorum Pomp. Trogi (Leipzig 1 9 3 5 ) L i b . X V I I I , Kap. 3 ; D O U C E : Illustr. of Shakespeare I I : 4 1 0 ; vgl. R Ü H L : Die Verbreitung des Justinus im Mittelalter (Leipzig 1 8 7 1 ) ; C 300. 122 A.

BPII:

207 (zu G R I M M N r . 86), I : 5 1 8 A n m .

LUS II, 2 8 4 ^ ; SXEINHÖWEL, 1167, VI:

1;

BP

S.

212;

I:

37

(zu

March, d. Mittelalters, GRIMM

N r . 5),

IV:

nursery rhymes of England, 1843, Nr. 5 5 ; 1894,

1895);

in

BOLTE

Z.

1 ; BABRIOS 1 2 2 ; H A L M 3 3 4 ; ROMU-

d. V . f. V k .

87; Ysengrimus V :

IX:

SUDRE, S. 3 3 2 f . ; PERGAMENUS K a p . 5 3 ; H A N S SACHS: F a b e l n ( E d . GOETZE)

II: 333F.; WESSELSKI: 123.

90,

ROMULUS

II,

10

(Ed.

250 Nr. 58; P M L A 79, 80.

S.

335

OLRIK:

OESTERLEY);

(BERACHJA);

J. O. HALLIWEEL:

The

Den lille Röhatte (Naturen og Menesket MARIE

DE FRANCE

(Ed.

ROQUEFORT)

I I : 9 0 ; STEINHÖWEL 29, S. 1 2 1 ; DÄHNHARDT I V : 2 7 7 ; M e m . o f the A m e r . F o l k l . S o c .

X V I I : 278, X V : 21 124.

=

PARSONS

Nr. 9fr.; M

11;

V M 8; P M L A 8 1 ;

COSQUIN

Nr. 66.

( W A I I : 1 1 , 26, I I I : 7 2 , 7 7 ; COSQUIN N r . 76.)

125. B P I : 237fr. besonders 254 (zu G R I M M Nr. 27); F F C 38: m , 1 1 5 ; P M L A 72ff., 75 f., s. auch 130. 130. B P I : 237 (zu G R I M M Nr. 27); P H A E D R U S I : 1 1 ; R O M U L U S I V , 1 0 ; Ysengrimus L X X X , I V : 735, 8 2 1 ; H A L M 223, 323, vgl. 225; D U B O I S : Pantcha-tantra (1826) S . 99; Pantschatantra I : ^o^S., I I : 550; Tuti-Nameh (Ed. V . R O S E N ) I I : 122, 125, 1 2 7 ; A A R N E in F F C 1 1 ; F F C 38: io8ff., 96: 3 1 ; S U D R E , S . 209; H A N S S A C H S : Fabeln (Ed. G O E T Z E ) V : 2 1 1 Nr. 275; Z . f. vgl. Lit.gesch. V I I : 454; R O L L E N H A G E N (Ed. G O E D E C K E 1876) I I : 1 5 4 ; K Ö H L E R I : 58, 187, 424; D Ä H N H A R D T I V : 209ff.; A H L S T R Ö M in Fm. o. Ft. X X I : 7Öff.; P M L A 72—79; P A R S O N S Nr. 6 1 ; C O S Q U I N Nr. 45. G S 132. B P I V : 340; M A R I E D E F R A N C E : Lais (Ed. W A R N K E ) , S . 30; PHAEDRUS A p p . 28; BABRIOS 50; HALM 35, 3 5 b ; KÖHLER I:

iff.;

JAHN:

ROMULUS

IV,

3, vgl.

Volkssagen Nr. 560; P M L A 56;

HALM

KROHN:

35 u n d BABRIOS

50;

Mann und Fuchs (s. u.

154), S . 61. 153. Über R A B E L A I S und das Kathasaritsagara B . V I Kap. 28 (Ed. T A W N E Y I : 255), vgl. J . H A C K M A N in Folkloristiska och etnografiska studier I I I : 161 ff. 154. B P I : 5 i 8 A n m . 1 ; P E T R U S A L F O N S I , E X . 2 3 ; S v . L . V , 6, S. 56 (aus dem Island d. 13. oder 14. Jh.'s); Rom. d. Renart (Ed. M A R T I N 1882) I X : 7 9 f r . ; K R O H N : Mann und Fuchs, S . 1 1 (in einer Übersetzung aus dem Finnischen ins Deutsche von O. HACKMAN in „Commentationes variae in memoriam actorum C C L annorum ed. universitas Helsingforsiensis 1 8 9 1 " ) ; F F C 96: 27; Pantschatantra I : 1 1 8 ; Journ. of Amer. Folkl. X X V : 247, 2; P M L A 56, 57. 155.

BP

II:

420;

PHAEDRUS

IV,

igf.;

BABRIOS

147;

ROMULUS

I,

10;

HALM 97

und

97b; Chauvin I I : 120, 1 2 1 Nr. 109, I X : .18; P E T R U S A L F O N S I E X . 5; Sv. L . V , 6 S. 57 (aus dem Island d. 13. oder 14. Jh.'s); D U B O I S : Pantcha-tantra (1826), S. 49; Pantschatantra I : 1 1 3 ff.; H E R T E L in Z D M G L X I : 49 (über das südliche Pantschatantra, Textus amplior, I. Buch, 35. Kap.); W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 204 Nr. 1 ; Z . d. V . f. V k . V I : 166, X X I : 362 (Typ I I in Korea); Gesta Rom. Kap. 1 7 4 ; Anvar-i Suhaili (III, 3), E d . E A S T W I C K (Hertford 1854), S. 264, E d . H E R M E L I N (Lund 1939) I : 53 (findet sich nicht in den älteren Redaktionen von Kaiila und Dimna); P S E II, S . 420; S T E I N H Ö W E L 84 (Extrav. 4) S. 197; K Ö H L E R I : 50, 96, 412, 4 8 1 ; K E N N E T H M C K E N Z I E : A n Italian Fable, in Modern Philology I : 497ff.; K R O H N : Mann und Fuchs (s. oben 154) S. 38; F F C 96: 29; Journ. of Amer. Folkl. X X V I I : 227, 19 ( E S P I N O S A ) ; C 176 (auch für Afrika); D U F F M A C D O N A L D S ' Africana I I : 346; W . J E K Y L L : Jamaican story and song (London 1907) S. X V I (Spinne, Maus und Panther an der Goldküste); H A R R I S : Uncle Remus II: 46; P M L A 7 1 ; vgl. M 1 5 ; D E VRIES I, S. 357 (auch d. Krokodil). 23*

3j6 156.

Quellennachweis BP

III: i A n m .

WESSELSKI :

2; PHAEDRUS III,

2 ; ROMULUS III, 1 ; STEINHÖWEL 4 1 , S. 1 3 8 ;

Märchen d. Mittelalters Nr. 5 7 (über Gesta Romanorum 104) ; M 17 a und g und

V M 11, 12. 157.

BP

II:

96

(zu

GRIMM

N r . 72),

I I I : 23g

(zu

GRIMM

Nr.

157),

vgl.

IV:

341,

343; B A B R I O S I ; H A L M 403; A V I A N U S 17; S T E I N H Ö W E L Nr. 127, S. i77(Extrav. 16, S . 234); H A N S S A C H S : Fabeln (Ed. G O E T Z E ) III: 379 Nr. 200; W. G R I M M : K l . Sehr. 4, 375; C 241. 200.

BP

III:

542,

544 (zu GRIMM N r . 222, 223); BABRIOS 8 5 ; H A L M

267; Z . d.

V.

f. V k . 21: 167; DÄHNHARDT I V : 103fr., 290®; C 349. 210. B P I : 75, 375 (zu G R I M M Nr. 10, 41), 136 (von der Kohle und der Maus); Nr. 306; A A R N E in F F C 1 1 ; A H L S T R Ö M in Fm. o. Ft. X X I : 76ff.; D E V R I E S Nr. 99; V M 8, 9. HALM

2 1 2 . W A I I : 4 1 ; COSQUIN N r . 4 7 . 217. PHAEDRUS A p p .

16; LUKIANUS: Pisc. 36; HALM 360; KÖHLER II: 639;

Salomon

et Marcolfus, Ed. W . B E N A R Y , in Hilkas Sammlung mittellat. Texte 8 (1914) A . V I I ff.; D E V R I E S in F F C 73: 311, 321 f.; Sahig. V : 6, 33; C O S Q U I N : Le Conte du chat et de la chandelle etc. in Romania 40 (1911) S. 47iff., 481fr.; W E S S E L S K I : Arlotto II: 238 Nr. 131. Vgl. S C H Ü C K : Ur gamla papper (1892) S. m (Das Marcolfusmärchen in Schweden). 221.

BP

III:

278

(zu

GRIMM

Nr. 171),

IV:

336

(BERACHJA);

ARISTOTELES:

Hist,

animalium I X Kap. 1 1 ; vgl. Kalilag und Damnag (Ed. B I C K E L L 1876) S. 63; Praecepta ger. reipubl. Kap. I2;NECKAM: D e naturis rerum I Kap. 78 (Ed. WRIGHT 1863), 13. Jh.; D Ä H N H A R D T I V : iöoff.; Berlin. Philolog. Wochenschr. 1888, S. 507; D E V R I E S Nr. 102. 2 2 7 . B P I I : 2 0 6 ( z u G R I M M N r . 86).

230*. Siehe 240. 236. D Ä H N H A R D T I I I : I 9 I F F . ; F R E I D A N K (Ed. W . G R I M M ) S. 90; Bidpai (Ed. W O L F F 1839) II: 95; Anvar-i Suhaili (Ed. EASTWICK) S. 546. 240. D Ä H N H A R D T I I I : I 2 7 F . , 1 4 9 .

242. B P I V : 319 (über A K I B A ) , 334 (aus B E R A C H J A S Fabelsammlung); C H A U V I N I I I : 37. 247. B P I V :

337 (aus B E R A C H J A S Fabelsammlung); B A B R I O S 35, 56; A V I A N U S 14;

H A L M 3 6 6 ; ROMULUS A p p . 3 6 ; STEINHÖWEL 109, S. 2 5 3 ; DÄHNHARDT I I : 2 4 2 f r .

248. B P I : 5 1 5 ; S U D R E , S. 301 ff.; Mem. of the Amer. Folkl. Soc. X V I I : 245; K Ö H L E R I: 244. 275. B P I :

424, III: 3 3 9 — 3 5 5

(zu GRIMM N r .

1 8 7 ) ; BABRIOS 1 7 7 ; HALM 4 2 0 ; D Ä H N -

46—97; Journ. of Amer. Folkl. X X X : 189, 209; P A R S O N S Nr. 100; T h 258; D E V R I E S Nr. 1 1 7 ; W A I I : 42; C H A U V I N I I I : 32 Nr. 20; O . H A C K M A N : Folkl. Stud. I I I : i5if. SSF I: 275 (erste Sonderform, für die zweite Sonderform s. Hinweis auf SSF I: 1074). 285. BP II: 459 (zu G R I M M N r . 105), I V : 335 ( B E R A C H J A ) ; M Ü L L E R : Phragm. hist, graec. I: 340 fr. 27 (über P H Y L A R C H O S ) ; P L I N I U S : Nat. hist. X , 208; Pantschatantra (III,

HARDT I V :

5) I : 3 5 9 f f . ; C H A U V I N I I : 9 4 N r . 4 3 ; B A B R I O S 1 6 7 ; H A L M 9 6 ; R O M U L U S I I , 1 1 ; M A R I E D E

Fables (Ed. W A R N K E ) N r . 72; S T E I N H Ö W E L 88 (Extrav. 8), S ^ z o j ; H A N S S A C H S : Fabeln (Ed. G O E T Z E ) II: 158 Nr. 246; O L A U S M A G N U S : Hist, sept., X X I . Buch, Kap. 48; M A R X : Griechische Märchen von dankbaren Tieren (1889), S. 104; P E R G A M E N U S Kap. 108 (Ed. G R A E S S E 1880, S. 260); W E S S E L S K I : Versuch, S. 94f.; Gesta Romanorum (Kap. 141). FRANCE:

SSF I: 285. In der in Westgotland vorkommenden Wendung „ I ß auch Suppe ( d . h . Brotbrocken in Milch), du Langschnabel!" ist in der Mehrzahl d. Varianten Brot zu Suppe geworden. 300. BP I : 534, 547, I I : 22; P A N Z E R : Studien I ; Archiv für Studien der neueren Sprachen 1893, S. 37 (Der Drachenkampf im syrischen Alexandermärchen: die Haut des Tieres wird mit Pech gefüllt etc.); H A R T L A N D : The Legend of Perseus 1894; R A N K E in F F C 114; W . L I U N G M A N in Bäckahästen I : 107ff.; J A C O B U S D E V O R A G I N E : Legenda aurea

Quellennachweis

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(Ed. BENG 1917—1921); G . STEPHENS: Ett fornsvenskt legendarium I : 490; Journ. of Amer. Folkl. X X V I I :

220, 1 3

(ESPINOSA, v g l . 653 u . a . ) ; PARSONS N r . 87, 1 2 2 ;

DE

V R I E S N r . 1 4 1 ; C 56 ; W E S S E L S K I : V e r s u c h , S. 5 6 , 1 4 3 ; H I P P O L Y T D E L E H A Y E : L e s l é g e n d e s

hagiographiques 3, S. i 7 9 f . ; W A II: 29; P A U L Y - W I S S O W A und R O S C H E R über P E R S E U S ; L I L J E B L A D . i n Saga och Sed 1935, S. 31ÎÏ.; C O S Q U I N Nr. 37 (vgl. 15). Vgl. SSF I : 300, 333*, 325, 1 und 650. 301. BP II: 300 (zu G R I M M Nr. 91); C H A U V I N I V : 1 Nr. 1 8 1 ; P A N Z E R : Studien I (besonders S. 3Ö4FF.); C L A E S L U N D I N U. A U G U S T S T R I N D B E R G : Gamla Stockholm, S. 279; R. TH. CHRISTIANSEN in Nordiskt Folkminne, S. 41 ; Sv. L. X I , 1 : 6 8 ; Journ. of Amer. Folkl. X X V I I : 213, 2, 219, 12 ( E S P I N O S A ) ; P A R S O N S Nr. 12 (13); O L R I K : Danmarks Heltedigtning I, besonders 215fr.; F F C 83: X X X I V f f . , X L I , L V I ; C 92 (107); Th 205; M 38 (stammt vom Bären ab); M 1 2 2 ; V M 8 1 ; WA III: 57; C O S Q U I N Nr. 1 , 52. — Zur Einleitung des Starke-Hans-Typs s. auch 650. 302. B P

III: 431

(zu GRIMM N r . 197), I I :

2 2 ; v . SYDOW in F m . o . F t . I :

113,

XIV:

128; Da. Stud. 1914, 1 1 3 ; v . D . L E Y E N I , 4 6 E ; ö s t og Vest, S. 162; K Ö H L E R I : 158; Sv. L. X I , 1 : 66; FRAZER: Golden Bough III: 3 5 1 ; LILJEBLAD in Nordiskt Folkminne, S. 215 ; DE

VRIES

Teilung);

Nr. 142; PARSONS

STRAPAROLA

(III, 4) u n d

WESSELSKI:

Versuch,

S. 1 6 5 f .

Nr. 74 (vgl. 72, 73); Journ. of Amer. Folkl. X X V I I : 212

(von

der

(ESPINOSA),

X X X V : 76 N r . 4 ; C 1 2 9 ; COSQUIN N r . 1 5 , 50 ( v g l . 1 5 ) . 3 0 3 . B P I : 528 (zu GRIMM N r . 60, 8 5 ) ; HARTLAND: T h e L e g e n d o f P e r s e u s ,

1894,

bes. III: 152; L I L J E B L A D in Saga och Sed 1935, S. 31fr.; N. L U N D H - E R I K S S O N : Sveriges prinsessor (1929) S. 163; v . S Y D O W in Nordisk kultur I X , S. 218; R A N K E in F F C 1 1 4 ; F F C 83: X X X I V ; Rolf Krakes saga (übers, v. R A F N ) 1821 (Kap. 24 — 37); S A X O : Gesta Dan., Lib. I I ; W E S S E L S K I : Versuch 1 0 7 ^ ; H E N R I K C O R N E L L und S I G U R D W A L L I N : Uppsvenska kyrkor (1933), S. 34; Bild im Archiv d. Zornska-Instituts d. Univers. Stockholm; L Ü N I G : Le Théâtre ceremonial I I ; P A U L Y - W I S S O W A und R O S C H E R über Perseus; B A S I L E S P e n t a m e r o n e I, 7, 9 ; T h 2 0 1 ; PARSONS N r . 88; C 1 5 2 ; D E V R I E S N r . 1 4 3 ; K R A P P E , S. 3 4 ; D g F 1 0 3 ; COSQUIN N r . 5. 304. B P

II:

255

Nr. 1,

503

(zu G R I M M

Nr. m ) ;

CHAUVIN

VI:

171,

N r . 329

(sowie

V : 9 0 f f . Nr. 28ff.); die schöne Magelone (übers, v. W E R B E C K , Ed. B O L T E ) 1894; R. T H . C . : E., S. IOFF.; O L R I K : Sakses Oldhist. II: 258; Rev. d. Trad. Pop. 13, 357; L I L J E B L A D in Nordiskt Folkminne, S. 222; P . E . M Ü L L E R : Sagabibliothek (1818) I I : 542; C O S Q U I N Nr. 40. Das Gewehr in SSF II : 304 dürfte ursprünglich zum Erbgut gehört haben. 306. BP I : 198, I I I : 78 (zu G R I M M Nr. 133); P O L Î V K A : Roztancovane Strevice, Prag 1904; ders. in Z . d. V . f. Vk. 16, 207; L I L J E B L A D : Tobiasgeschichte I I , 1927; F F C 96: 89; L I U N G M A N in Bäckahästen I I (196), S. 173 (s. unter 506 — 508); Pantschatantra I : 445; Arch. f. slav. Philol. 2 1 : 301 (1935); K Ö H L E R I : 412, 437; F F C 83: 8 — 10; P A R S O N S Nr. 95, 96; C 1 1 7 ; J E K Y L L : Jamaican song and story (London 1907), S. X I I (Baronga). 3 1 1 . BP I : 398 (zu G R I M M Nr. 46, 66), I : 410 Anm. 2 (Blut kann nicht weggewaschen w e r d e n ) ; CHAUVIN I V : KÖHLER I:

312;

29, N r . 2 0 1

I N G E R B O B E R G (S.

W A I I I : 8 0 ; COSQUIN N r .

(vgl. A A R N E 1 1 3 2 ) ; D g F I I : 72 N r . 4 1 , I V :

auchu. 425),

S.

206; vgl.

BASILES

Pentamerone

(III,

816; 1);

(16).

312. BP I : 404; D g F I V : 1 Nr. 183; G E I J E R - A F Z E L I U S : S V . Folkv. 2 Nr. 66; W E S S E L S K I : Versuch, S. 34; M E L U S I N E 9, 265; T E G E T H O F F (S. auch u. 425), S. 38; Rev. d. Trad. Pop. X X V I I : 401 ; C H I L D : English and Sc. Pop. Ball. I : 22; S C H E F F L E R : Französische Volksdichtung (1885), I I : 158, 168; J E K Y L L : Jamaican song and story (London 1907) N r . X , S . 3 5 ; COSQUIN N r .

(16).

3 1 3 A C . B P I : 4 4 2 ( z u G R I M M N r . 5 1 ) , I I : 5 1 6 (zu G R I M M N r . 56, 1 1 3 , 1 8 6 , 1 9 3 ) ; A A R N E

in F F C 92 ; FFC 96 : 62; O L R I K : Sakses Oldhistorie II: 25 7; H E L G E H O L M S T R Ö M : Stud, over Svanjungfrumotivet, S. 1 7 2 ; L I L J E B L A D in Saga och Sed 1935, S. 32FR. ; ö s t og Vest, S. i42f., 159, 164; R . T H . C.: E., S. 2off., 6off., vgl. auch R E I D . T H . C H R I S T I A N S E N in Festskrift til

Quellennachweis

358

Konrad Nielsen, S. 69fr.; W E S S E L S K I : Versuch, S. 31 ff.; K Ö H L E R I : 1 7 1 ; Fm. o. Ft. X X X I : 4 i f f . ; B E L L O : Mambriano, Cant. 2 1 ; Kathäsaritsagara (Ed. T A W N E Y I : 362); Sv. L. X I , 1 : 78; B A S I L E S Pentamerone ( I I : 7, I I I : 9); I N G E R B O B E R G (S. auch u. 425), S. 1 9 1 ; über das V e r b o t der S p e i s e s. u . 4 2 8 ; v g l . T h 2 2 2 ; M 4 6 ; COSQUIN N r . 9, 3 2 .

SSF I, 313 A C ist eine typische literarische Variante, etwas lang für eine. Sammlung dieser Art, aber sehr beliebt bei Kindern. 314. B P III:

94fr. (zu

GRIMM

Nr. 136);

CHAUVIN

VI:

217

N r . 50;

SAXO:

Gesta

Danorum, Lib. I ; F F C 83: X V I I , X L V I , L X I I ; A A R N E in FFC 92; B Ä C K S T R Ö M I : 140fr.; Stud. z. vgl. Lit.gesch. (1904), S. 308, 334fr.; L I B R E C H T : Zur Volksk. (1879), S. 106; P A N Z E R : Hilde-Gudrun (1901), S. 264; K L E B S : Apollonius aus Tyrus, 1899, S. 457; D u MERIL:

E t u d e s etc., S. 2 8 o f . ;

KÖHLER:

J a h r b . f . r ö m . u. e n g . L i t . 8,

S. 2 5 3 ;

UHLAND:

Schriften V I I : 655; W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 241, Nr. 52 (über Robert le Diable); S T R A P A R O L A V , 1 ( S C H M I D T , S. 92); Th 208; D E V R I E S Nr. 145; I N G E R B O B E R G in Festskrift til H.P.Hansen, S. 2 1 1 ; zum Goldapfelmotiv s. die Einleitung d. Arbeit; COSQUIN N r . 1 2 ; v g l . 502 u n d B P I I I : 1 1 3 A n m . 4.

315. BP I : 551, III: 2; v . 316.

D. L E V E N ,

S. 28ff.; SSF I I : 48of.

B P I I I : 3 2 2 (zu G R I M M N r . 1 8 1 ) ; STRAPAROLA I I I , 4 (SCHMIDT, S . 4).

G R I M M Nr. 68), bes. S . 67 mit Anm. 1 ; C H A U V I N V : 1 4 7 f r . , 1 9 7 f r . , 92, S. 1 0 1 , 1 1 9 ; Germania 1 4 : 2 8 0 ; PoLivKA: Bulg. Sbornik 15, 393fr.; C O S Q U I N in Rev. d. Trad. Pop. 2 7 ; K Ö H L E R I : 2 1 0 , 556; S T R A P A R O L A V I I I , 4; C 358; D E V R I E S Nr. 325; P A R S O N S 1 1 4 ; W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 2 4 5 f . SSF I, 325 : 1 hat einen Einschlag aus 300, wie auch die Version von N I C O L O V I U S direkt der letztgenannten entnommen zu sein scheint; SSF II, 325 : 2 trägt den Namen Rö-skägg.

325. BP

VIII:

148;

326. B P

II:

6 0 (zu

FFC

I:

Amer. Folkl.

22,

III:

XXVII:

537

(zu

218, 10

GRIMM

Nr. 4 und

220);

(ESPINOSA); PARSONS

47, 81;

STRAPAROLA (C

35);

IV,

COSQUIN

5;

Journ.

of

Nr. 67, (75).

327 A B C . B P I : 1 1 5 (zu G R I M M Nr. 15), I : 370 Anm. 1 (der Weg wird bezeichnet), 499; G R I M M : Myth. 3 , S. 1035; C O S Q U I N in Rev. d. Trad. Pop. 25: 1 , 65, 126; K Ö H L E R I : J9Ö, 307, 383, 467, 54Öf.; Z. d. V. f. Vk. V I : 1 7 1 ; A N D R . L A N G : Petit Poucet (1888); Sv. L . X I , 1 : 79; D E VRIES Nr. 148, 149; WESSELSKI: Versuch, 123, 144; T h 2 1 8 ; W A II: 43, 44, I I I : 8 3 ; PARSONS N r . 26; C 2 1 1 ,

215.

328. B P II: 5 1 1 , III: 3 3 f r . (s.a. 327 A B C ) ; R. T H . C H R I S T I A N S E N in Maal og Minne 1926: i88ff. und in Festskrift til Konrad Nielsen (Studia septentrionalia II, 1945), S. 69 (bes. 7iff.); P A R S O N S Nr. 26 (Konglomerat); Th 2i8ff. Die in SSF I wiedergegebene Variante ist von einem der besten Gewährsleute d. Verf. mitgeteilt worden (geb. 1856); die Bekanntschaft und die fortgesetzte Korrespondenz mit ihm gehören zu den interessantesten Erlebnissen des Verf. während der Zeit der Aufzeichnung. Die Aufzeichnung ist nicht nur eine von 10- oder 2omal gemachten, sondern, wie aus dem Wort „ganz allgemein" des Verzeichnisses in SSF II hervorgeht, eine von den 6omal aufgenommenen. Dennoch ist sie eine der wenigen ungedruckten schwed. Varianten, welche, wenn auch mißverstanden, Motiv 1 1 2 0 enthalten. Sie behauptet wöhl ihren Platz, zumal sie H Y L T . - C A V . und S T E P H . 3 A nahesteht. 329. B P I : 463, I I I : 365 (zu S. 140; vgl. D g F Nr. 525; C 98.

GRIMM

Nr. 191);

HAMMERSHAIMB:

Sjuröar kvseöi (1851),

330 A B . B P I I : 1 4 9 f r . ; 1 6 3 f r . (zu G R I M M Nr. 81, 82); K E L L E R : Erzähl, aus ad. Hss. (1855), S . 97 (vom Müller, vgl. B P I : 3 4 4 ) ; C I N T I O D E I F A B R I Z I I : Libro dell'origine dei volgari proverbii Nr. 1 ; P A R S O N S Nr. 59. 331. BP II: 414 (zu G R I M M Nr. 99), I V : 3 2 1 ; C H A U V I N V I : 23 Nr. 195; Pantschatantra I: 1 1 6 ; Ö S T R U P , S . 66; J Ü L G : Mongolische Märchen (1868), S . 68; C L O U S T O N I : 381. S S F I , 3 3 1 : 1 gehört z u den sagenartigen N u ß Varianten; S S F I I : 3 3 1 : 2 scheint beeinflußt

von 1164.

Quellennachweis

359

3 3 2 . B P I : 3 7 7 (zu GRIMM N r . 44), I V : 3 2 2 ; JÓN HALDÓRSSON (gest. 1 3 3 9 ) in I s l e n d z k

Aeventyti von H U G O G E R I N G (1884) I I : 143FF.; Sv. L . V , 6 : 58; R. T H . C H R I S T I A N S E N in Da. Stud. (1915), S. 71 fF.; R. T H . C . : E., S. 13FR. (Saga och Sed 1935); B O L T E in Z . d. V. f. Vk. I V : 35 ; P O L Ì V K A : Närodopisny Sbornik öesk. (1894), S. 10, 1 8 8 ; K Ö H L E R I : 291; G U S T . M E Y E R : Essay u. Stud. (1885), I : 242; B I R L I N G E R : Nimm mich mit (1871), S . 2 7 1 ; S T E I N S C H N E I D E R : Die Hebräischen Übersetzungen, S. 883ff.; K R A P P E , S. 22 (Pindaros, Lukianos' Vera historia 1, 29); W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 2 1 1 , Nr. 1 7 ; E . P E T E R S : Der griech. Physiologus u. seine or. Übers. 1898, S. 69; Hdwb. d. d. Abergl. III: 803; Nornagests pättr in Fornaldars. I : 3 1 3 ; F F C 83: L I ; Journ. of Amer. F o l k l . X X V I I : 2 1 8 , 1 1 (ESPINOSA); PARSONS N r . 5 9 ; H a r m o s a n in CHAUVIN V I : 7 2 ; C 3 0 7 ; H A N S SACHS:

Fabeln und Schwanke, Ed.

GOETZE I

Nr. 99, IV Nr. 448.

333. BP I : 40, 234 (zu G R I M M Nr. 5, 26); O L R I K : Den lille Rödhatte in Naturen og Mennesket 1894, S. 24 (u. 1895, S. 189); M I T R A I, col. i o i f f . ; W E S S E L S K I : Versuch, 19; C 139; M 1 1 ; V M 8; W A II: 30, 31, 45, III: 84, 85, 86; Fecunda ratis (Ed. E . VOGT 1829, S. 232). Während des Druckes ist erschienen: M A R I A N N E R U M P F : Rotkäppchen. Eine vergleichende Märchenuntersuchung (Göttingen 1951, Diss.); P. D E L A R U E in Bulletin Folklorique d'Ile-de France 1951 (Nov.), S. 2 5 1 f r . 361. BP II: 427 (zu G R I M M Nr. I O I ) ; Grimmelshausen (Ed. T I T T M A N ) 2: 245; Germania, Kap. 3 1 ; G A I S M A I E R in Progr. Ried 1904; G R I M M : Myth. 3 I I : 970, III: 30; H. E L L E K I L D E in Festskrift til E. T. Kristensen (1917), S. 192 — 237 (für Dänemark). TACITUS:

363. BP I I : 435 (vom grünen Kleid); V . f. V k . X I V : 3 2 2 ; CHAUVIN V I : 198 N r .

HOCK:

Die Vampyrsagen etc. (1900); Z. d.

371.

365.

W O L L N E R in Arch. f. slav. Philol. II: 2 3 9 f r . ; L I L J E B L A D : Tobiasgeschichte I I : i8of.; in Hess. Bl. f. Vk. X V I I (1918), S. 15 ff.; D g F 90; A R W I D S S O N : Sv. Fornsànger Nr. 91 ; C H I L D : Engl, and Sc. Pop. Ballads V : 60, 6 1 ; Z. d. V. f. Vk. X V I I : 204. BÖHM

366. BP III: 480fr.;

COSQUIN

Nr. 41.

G S 367. A H L S T R Ö M in Sv. L . X I , 1 : 35ff.;v. SYDOwin Vetenskapssoc. iLund.Ärsbok 1930, S. 5 3ff.; Hdwb. d. d. Märchens 1 : 3 2 f r . ; K Ö H L E R 1 : 571, II : 345 ; P I E P E R in Z . d. d. Morgenländ. Ges. 1928; B U R C H A R D T in Äg. Z . 50: 1 8 ; ( B P III: 333); L I U N G M A N in Bäckahästen I, II und in Sagan om Bata och Anubis och den orientalisk-europeiska sagans ursprung, Djursholm 1946; F F C 1 1 4 : 38, 282; C O S Q U I N Nr. 55 (fragm.). Weitere Belege, freundlicherweise mitgeteilt von Prof. G. H E N S S E N (Marburg) : G. H E N S S E N : Deutsche Volksmärchen (1938), S. 32; J A H N : Volksmärchen aus Pommern 1891, Nr. 33; Rheinische Blätter 1940, H. 7, S. 234; F R . O B E R T : Rumänische Märchen (Hermannstadt 1925); P. S C H U L L E R U S in Arch. f. Siebenb. Landesk., J g . 1906; D O W O J N A S Y L W E S T R O W I C Z II (1894), S. 187, 2 1 1 ; K A R L O W I C Z : Podania in Zbior wiad. antropol. X I : 247, X I I : 24 (1887); B A S A N O V I Ö I U S : Liet. Pasakos, I : 147, 168, II: 231, 233, 259 (resp. 1898/1906); Ders.: Liet. Pasakos (Chicago 1904/05), III: 21. Hierzu kommen 8 Aufz. im Volksk. Arch, der Univ. Marburg und 27 ziemlich unbekannte Var. in Kaunas (Litauen) sowie endlich C A R R I È R E : Tales from the French Folklore of Missouri (Chicago 1937), S. 177. Siehe auch S. 50 Anm. 1. 400. B P

II:

318,

335,

III:

4 0 6 (zu

GRIMM N r . 92, 93,

193);

KÖHLER I: 444;

Catha-

patha-Bràhmana II: 5,4,5 ; Pantschatantra 1 : 262 fr.; H E L G E H O L M S T R Ö M : Stud. öv. svanjungfrumotivet ( 1 9 1 9 ) ; Rev. d. Trad. Pop. I V : 3 1 2 f r . ; M O O R in Grogger-Gedenkbuch (1927); C H A U V I N V I I : 29, Nr. 2 1 2 ; E L L E K I L D E in Da. Stud. 1919, S. 166ff.; Öst og Vest, S. 143; Z . d. V. f. Vk. V I : 61.; Sv. L. X I , 1 S. 51 ; F F C 83 : X V , LI, L X X I und S. 35 ; M A R I E D E F R A N C E : Lais (Ed. W A R N K E ) , S. 86; Ardemont (Ed. P A N Z E R ) , S. 1 2 3 ; Ö S T R U P , S. 82; Journ. of Amer. Folkl. X X V I I : 2 1 1 , 3; Th 222; PARSONS Nr. 52, 99; C (35) 56; M 34, 35; V M 21, 22; S E L M A L A G E R L Ö F : Nils Holgersson (ein Märchen vom Uppland). SSF I, 400: 1 (eine Sage, gleichermaßen wichtig für den Märchenbestand in Schweden u. d. Entwicklungsgeschichte d. Märchens), 2 (die Hauptversion, mit der Tarnkappe von

360

Quellennachmeis

einer wegweisenden Instanz an Stelle von den um das Erbe Streitenden; die übrigen zur Hauptversion gehörenden Varianten sind fragmentarisch oder der Aufzeichner ist nicht zuverlässig), 3 (1 :a sekundärer Typ mit schwarzen Prinzessinnen). 402.

30, 466 (zu G R I M M Nr. 63, 106); K Ö H L E R I : 407 (vom Knäuel etc.); Versuch S . I 3 3 F . ; Pantschatantra I: 261; C H A U V I N V I : 133 Nr. 286; C 68 (Wurm); . A . - F . D O N I : Mondi (1552/51) in Mondo misto (Ed. Venetia 1583, S . I 2 5 F . ) ; W A III: 58, 88, 118. BPH:

WESSELSKI:

S S F I , 402 : i ist im gleichen Traditionskreis aufgezeichnet wie und entspricht ihnen. Ähnliche Übereinstimmung unter den ist zu beobachten in bezug auf die ungedruckten Sammlungen Das Märchen besitzt über 50 aufgezeichnete Varianten und ist in bezeichnet. SSF I, 402: 2 (Sonderform).

Hylt.-Cav. und Steph. 17 A gleichen Voraussetzungen von Hylt.-Cav. und Steph. SSF II als „sehr verbreitet"

403 A B . BP I: 99, III: 85 (zu G R I M M Nr. 13, 135) sowie I: 87 Anm. 1 (Kette); A R F E R T : Das Motiv v. d. unterschobenen Braut, 1897; C H A U V I N V : 132; G E I J E R - A F Z E L I U S Nr. 16; Mahabharata I: 677, 13145£F. (III: 192); Pantschatantra I: 257, 380; KÖHLER I: 126f., 4 6 3 ; Z . d . V . f. V k . V I : 7 2 ; v . D. L E Y E N , S. 8, 6 9 ; T h

2 3 1 ; PARSONS N r . 7 8 ;

Chronik

Weihenstephan von O . F R E I T A G in Hermasa (1905), S. 180; F F C 83: 37; W E S S E L S K I : Versuch, S. 75fr., 151 ;Katharantnakara (Übers. H E R T E L 1920) II: 129^; G. P O L Í V K A in Album Soc. Scient. Sevßenk. Ukrain. Leopoliensis 1925, 18; Kathakoscha (Übers. T A W N E Y 1895) 85f.; S. EK in Göteborgs högskolas àrsskrift 1931, S. 179 (in Kap. Svenska jungfruvisor fràn 1200-talet) sowie in Den svenska folkvisan, S. 58. SSF I, 403 B : 1 (Der eigentliche Schluß, wie er häufig in diesem Typ auftritt, ging verloren), 2 (mit Einfluß von 870 A , Vögel an Stelle von kleinen Menschen). 405. B P I I : 69 ( z u G R I M M N r . 69). 408. B P I I : 125 A n m . 2 ; KÖHLER I : 6 1 , 346, 369 u n d i n G O N Z E N B A C H 1 3 ; Z . d . V . f. V k .

V I : 63; C E L A N D E R in Fm. u. Ft. X X X I : 43; C 148; P A R S O N S Nr. 121; L I U N G M A N : Tvä folkminnesundersökningar 1925, S. 64. 410. BP I: 434 (zu G R I M M Nr. 50); Perce-forest (Ed. S P I L L E R ) S . 20; Romania 13: 266; G R I M M : Myth. 3 I: 383, 390; Z. d. V . f. V k . X V : 150; C H A U V I N V I : 7 Nr. 183, VII: 7 1 N r . 348 B ; R e v . d . T r a d . P o p . I I I : 5 6 1 , I V : 532, X : 1 3 9 ; KÖHLER I : 5 6 2 ; W E S S E L S K I :

Versuch, 106, 109, i78f.; C 44. Vgl. Fabula II: n o f f . S S F I , 4 1 0 (GRiMMscher T y p ) .

425 A B C . B P H : 229fr., I I I : 3 7 E (zu GRIMM N r . 88, 127), I : 98 A n m . 1 u n d I I : 329

(zum Jephta-Motiv) ; E . T E G E T H O F F : Studien zum Märchentypus von Amor und Psyche (in Rheinische Beitr. u. Hülfsb. z. germ. Philologie u. V k . IV), Bonn u. Leipz. 1922; G . H U E T : Le roman d'Apulée, in Le Moyen A g e X X I I : 22, X X I X : 44; B. S T U M F A L L : Das Märchen von Amor und Psyche, 1907; M . D E M E Y E R in Folkliv 1938,8.197; I N G E R B O B E R G : The Tale ofCupid and Psyche in Classica et Mediasvalia (Köpenhamn 1938), S. 12; R E I T Z E N S T E I N : Das Märchen von Amor u. Psyche (1912); L I E B R E C H T : Zur Volkskunde, S. 239; v. D . L E Y E N , S. 9; B A S I L E S Pentamerone (II, 9, vgl. V , 4); Journ. of Amer. Folkl. X X V I I : 212, 3 (ESPINOSA), X X X V : 66 N r . 2; D E V R I E S N r . 1 5 4 ; ROSCHERS L e x . d . g r . M y t h . 3:

3237; Kathâsaritsâgara (Ed. B R O C K H A U S ) II: 89fr.; W E S S E L S K I : Versuch, 193; II: 552fF.; Pantschatantra I: 254; C 56, 143; W A III: 89; C O S Q U I N Nr. 63.

KÖHLER

428. KÖHLER in G o n z e n b a c h N r . 1 5 ; K Ö H L E R I : 1 7 1 , 314 ( V e r b o t der Speise); WALTER

in Schw. Archiv f. V k . 45: 221; W A II: 23; W E S S E L S K I : Versuch, S. 34 (vgl. 527); Pentamerone (V, 4); I N G E R B O B E R G (wie unter 425); C O S Q U I N Nr. 65.

ANDERSON B P II:

430. BP II: 234, 240, 260, III: 152 (zu G R I M M Nr. 144); Pantschatantra I: 2Öoff.; Indische Studien (1878) 15, 252; D g F II Nr. 52, 65 ; G E I J E R - A F Z E L I U S Nr. 72; L I U N G M A N : Trad. wand. Euphrat-Rhein II: 708, 7 i o f . ; W E S S E L S K I : Versuch 193ff.; Cabinet des Fées V : 18ff.; B Ä C K S T R Ö M III: 20, 24; Schahnameh (Ed. G Ö R R E ) II, 441 f. A. WEBER:

Quellennachweis 432. B P I I : z6iß.; F F C 85: L X V ; M A R I E D E F R A N C E : Lais (Ed. W A R N K E ) , S. 1 2 3 ; C 88. S S F I : 432 (Der grüne Ritter geht ursprünglich kaum am Gängelband der Stiefmutter). 433 A B . O L R I K in Da. Stud. I : 1 ; D g F I I N r . 6 5 ; G E I J E R - A F Z E L I U S : Sv. F o l k v . 2 N r . 7 2 ; A N N A B I R G I T T A W A L D E M A R S O N - R O O T H in Folkkultur 1942, S . 176 f r . ; S T R A P A R O L A II, 1 ( S C H M I D T , S. 249), vgl. B A S I L E S Pentamerone (II, 5); W E S S E L S K I : Versuch 1 9 3 ; Pantschatantra(I, 8 N ) , I : 2 5 4 , 2 6 6 A n m . i ; M 42, 4 3 ; V M 2 7 ; C 64; C O S Q U I N I I : 228 (Nr. 63). S S F I, 433 A (welches über eine Sprachgrenze wanderte, vgl. auch S S F I, 5 1 0 B : 2 ) , S S F I, 433 B (die Sentenz ist leider verlorengegangen, vgl. 706 in S S F I). 440. B P I : 1 (zu G R I M M Nr. 1 ) ; K Ö H L E R I : 229, 3 1 6 f r . ; Pantschatantra I : 257, 268; The Wife of B a t h ' S T a l e ( 1 9 0 1 ) ; W E S S E L S K I : Versuch, 1 1 5 ff., 1 2 0 ; S C H Ö N B A C H : Wiener S B 142, 7, 1 0 1 . MAYNADIER:

4 4 1 . B P I I : 234, 482 (zu G R I M M Nr. 108), I : 9 (Kuß oder Beilager), I I I : 86 A n m . 4 (Enthauptung), I I : 235 Anm. 1 , 270 (Verbrennen); Z . d. V . f. V k . V I : 320, X I I : 86, X I X : 75-

450. B P I :

79, I I I :

137,

152

(zu GRIMM N r . 1 1 ,

141,

143a); ARFERT: Das

Motiv

v. d. unterschobenen Braut, 1897; C O S Q U I N Nr. 2 1 . 451.

BP

I:

70,

227,

427

(zu

GRIMM

N r . 9,

49, 25);

BÄCKSTRÖM

I:

95,

124; A . I.

Läse- o c h L ä r o b o k f ö r U n g d o m , 1830; Folksagor f ö r Gamla och Unga 1842, 1843 > v g l - 4°3 A B (über die Kette); K Ö H L E R I : 5 7 1 ; G . P A R I S in Romania 2: 490, 1 9 : 324; B A S I L E S Pentamerone (IV, 8); W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 254 Nr. 64.

ARWIDSSON:

460 A . M 1 2 5 ; V M 83; (Th 231). Siehe im übrigen 461. 461.

BP

I:

276

(zu

GRIMM

N r . 29);

AARNE

in

FFC

23:

1 —194;

FFC

96:

57;

J . S C H I C K (in Corpus Hamleticum): Das Glückskind mit dem Todesbrief (Berlin 1 9 1 2 ) 309^, 320fr. (über die türkische Version a. d. 17. J h . ) ; O L R I K : Kilderne tili Sakses Oldhistorie I : 172, I I : 1 3 3 , 168 (1894); Romania 6: 1 6 1 ; K Ö H L E R I : 4 1 7 , I I : 357, 679; Gesta Romanorum (20); Da. Stud. 1 9 1 0 , S. 65; v . D . L E Y E N , S. I8FF., 4off., 45ff.; T I L L E in Z . d. V . f. V k . X X I X : 22 (u. a. über Gilgamesch); Iiiaden V I : 1 5 5 f f . ; W E S S E L S K I : Versuch, S. 54f.; S I E C K E : D e Niso et Scylla (Berlin 1884); Fornmannas. X I , vgl. 910 A B ; C L O U S T O N I I : 4 1 4 ; D E V R I E S N r . 166, 1 6 7 ; ( M 58 und V M 34 Mosesmotiv); L I U N G M A N in Bäckahästen I I : 1 4 0 f . ; Arch. f. wiss. Kunde von Rußland, E d . A . ERMAN (1863) X X I I : 593 (für China); P A R S O N S Nr. 66, 98; (Th 2 3 1 ) ; v . V E L T E N : Märchen u. Erzähl, d. Suaheli (1907), S. 198. S S F I, 4 6 1 : 1 steht Asbjörnsens norwegischer Version näher (Nr. 5) und zeigt, wie leicht ein Märchen in den nordländischen Wäldern schon um 1870 die Sprachgrenze passieren konnte. 470. K Ö H L E R I : 52, I I : 224fr. (Handschr. des Grafen Raczynski = Z . f. d. Phil. X I I I : 338fr., X I V : 96) und in Gonzenbach N r . 88; Sv. L . V , 6: 89; P S E I I , S. 3 8 1 ; F F C 83: L I ; M 1 0 3 ; V M 65; D E C O C K : Studien en Essays 1 0 8 f f . ; D . E . M A C K A Y : The Double Invitation in the Legend of Don Juan, Stanford University 1943; R . TH. CHRISTIANSEN in Maal og Minne 1925 : 7 5 ; B O L T E in Z . f. vgl. Lit. gesch. X I I I : 389; s. auch d. folgenden; vgl. W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 241 N r . 51 und S. 255 N r . 65. 4 7 1 . K Ö H L E R I : 5 2 , 1 3 2 und in Gonzenbach Nr. 88; Z . d. V . f. V k . I V : 1 7 3 , X V I : 460; H . O E R T E L in Studien z. vergl. Literaturgeschichte V I I I : 1 2 3 ; C O S Q U I N in Romania 5: 333, 7: 5 7 1 , 9: 3 8 1 ; v . D . L E Y E N in Herrigs Archiv 1 1 3 : 258; vgl. O L R I K in Naturen og Mennesket 1894, S. 30; Journ. of Amer. Folkl. X X V : 215 Nr. 3 ; C H A U V I N V I I I : 160 N r . 1 6 8 ; s. auch d. vorherg. 4 7 5 . B P I I : 4 2 3 (zu GRIMM N r . 1 0 0 ) .

480. B P I : 207 (zu G R I M M Nr. 24); S I N G E R : Schweizer Märchen (1903) I : 3 5 ; Gesta Romanorum (Ed. O E S T E R L E Y ) K a p . 109, 2 5 1 ; A R F E R T in Westermanns I I I . Monatsh. 83, 2 5 1 ;

R . TH. C . :

E.,

S. 3 2 f r . ; R . TH. CHRISTIANSEN in N o r d i s k t F o l k m i n n e ,

S. 3 9 ;

Quellennachweis Pentamerone (1636) III: 10, I V : 7; P A R S O N S Nr. 56; W A I : 6; C O S Q U I N Nr. 48, II: 120. Vgl. Fabula I: 85fr. SSF 1 : 480 (Hauptversion), 2 (Köpfe, die gewaschen werden), 3 (Das Mädchen und die Knochenflöten). 500. B P I : 490 (zu G R I M M Nr. 55); P O L Ì V K A in Z. d. V . f. Vk. X : 254—272, 325, 382 — 396, 438f.; E . C L O D D : Tom Tit Tot (1898); v. S Y D O W : Tvâ spinnsagor (Diss. 1909); FFC 96: 102; L I U N G M A N in Rig 1941: 89FR. mit Karte und Zusammenfassung in Fm. o. Ft. 1943, S. 94fr.; W.JEKYLL: Jamaican song and story (London 1907) Nr. II, S. 1 1 ; K Ö H L E R : Aufsätze 1894, S. 83; C O S Q U I N Nr. 27. 501. BP I : 109 (zu G R I M M Nr. 14); v. S Y D O W : Tvâ Spinnsagor (Diss. 1909); F F C 96: 102; L I U N G M A N in Rig 1941 : io3ff. (bes. 105); C 204. S. auch d. vorherg. 502. B P I I I : 94 (zu G R I M M Nr. 136); Heimskringla: Halfdanar saga svarta Kap. 8; Ark. f. nord, filologi 16, 1 ; Fornmannas. X : 170; S A X O : Gesta Danorum, Lib. I ; O L R I K : Sakses Oldhist. I: 40; FFC 83: X V I I , L V I I f . (zum Vigksns Märchen vgl. teils 314, teils B P III: 1 1 3 Anm. 4); I N G E R B O B E R G in Festskrift til H . P. Hansen, S. 208; H E R O D O BASILES

TOS 8 , K a p . 1 3 8 ; S T R A P A R O L A V , 1 ( S C H M I D T , S . 9 2 ) ; C O S Q U I N N r . 4 3 . 503. B P I : 24 A n m . 1 , I I I : 3 2 4 (zu GRIMM N r . 1 8 2 ) ; GRIMMELSHAUSEN, B . 6, K a p .

15;

(1679 — 1717): Poetic. Works (1833), S. 25 ; P I P E R N O : De nuce maga Beneventana (1647), S. 4 1 ; C. 3 1 ; vgl. die Sonderformen von 480. — Zur Geschichte von Asklepios in Epidauros und Pandaros und sein Sklave s. O. W E I N R E I C H : Antike Heilungswunder (1909) S. 9 0 f r . ; J . F R A Z E R : Folkl. of the Old Testament (1916)11:45 ; W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 207. 5 0 6 AB—508. BP III: 8 3 , 49OFF. (zu G R I M M Nr. 2 1 7 ) , vgl. 5 3 4 f r . ; C I C E R O : De divinatione I: 2 7 ; E R M A N : Ägypten ( 1 8 8 7 ) 2 , 4 1 5 ; Ilias 2 3 , 7 1 ; Odyssee 1 1 , 7 1 ; A E L I A N U S : Var. hist. 5 , 1 4 ; H O R A T I U S : Od. 1 , 8 2 ; J O H A N N E S G O B I I J U N I O R : Scala celi, Lubec 1 4 7 6 , Bd. 1 1 6 b —118 a, s. v. Elemosina; B O L T E in Z . d. V. f. Vk. 2 5 : 3 7 2 f r . , bes. 3 7 9 ; S I M R O C K : Der gute Gerhard ( 1 8 5 6 ) ; K Ö H L E R I : 5FR., 1 8 , 3 2 , 2 2 0 , 4 2 4 , 4 4 1 ; H I P P E in Arch. f. neuere Sprache 8 1 , 1 4 1 £F.; D U T Z in Progr. Troppau 1 8 9 4 ; G E R O U L D : The grateful dead ( 1 9 0 8 ) ; Z . f. rom. Philologie 3 7 : 5 7 f r . , 1 2 9 f r . , 3 8 : 2 2 9 f f . ; L I L J E B L A D : Tobiasgeschichte ( 1 9 2 7 ) ; ö s t og Vest, S. 1 5 7 ; L I U N G M A N in Bäckahästen: Siegfriedssagan och ekotypteorien, I I : T59ff., 1 7 2 f r . (bes. 1 7 5 f r . ) mit Resumé; W A L T E R A N D E R S O N in Hess. Bl. f. Vk. X X V I I : 2 4 1 f r . (Diese und die vorerwähnte Arbeit wenden sich scharf gegen die Oikotypentheorie) ; PARNELL

FFC

96:

89,

v g l . STRAPAROLA

XI:

2

(für

508);

PARSONS N r . 1 1 7 ;

DE

VRIES

Nr.

173;

vgl. R. T H . C H R I S T I A N S E N in Festskrift til Konrad Nielsen, S. 6 9 f r . ; W E S S E L S K I : Märchen d. Mittelalters, S. 2 0 0 f f . ; vgl. Pantschatantra V, 1 1 (Râkschasan und die Prinzessin). SSF I: 506 A (steht, obwohl A-Typ, dem B-Typ bestimmter Volksbücher nahe), B (mit v-.inerdem Bärensohnmärchen nahestehenden Motivkette, aber ohne den dankbaren Toten). 510 A B — 5 1 1 . B P I : 19, 165, 301, Anm. 5, II: 45, III: 60 (zu G R I M M Nr. 21, 65, 130), vgl. I: 221 Anm. 1 ; B A S I L E S Pentamerone I, 6 (aus dem Jahre 1536); S C H Ü C K in Samlaren 1887, S. 176; A H L S T R Ö M in Sv. L. X I , 1 : 63; Cox' Cinderella; ö s t og Vest, S. 156f.; M 32; R . D. J A M E S O N : Three Lectures on Chinese Folklore, S.45fr.; E . O . SvEiNSSONin FFC 83: X L I I , L I X (über das Vilmundmärchen), ebenso S. 62—64; F . R . S C H R Ö D E R : Unters, ZU Halfdanar saga Eysteinssonar (Diss. 1917), S. 27fr.; K R A P P E in Folklore 34 (1923), S. 1 4 1 ; WA II: 12, III: 90, 9 1 ; N O Ë L D U F A I L : Propos rustiques et facétieux, Kap. 5 (a. d. Jahre 1547); D E V R I E S Nr. 174; über Beaumanoir und Emare siehe 706; R O H D E : Der griech. Roman, S. 420; fil. lie. A N N A B I R G I T T A R O O T H : The Cinderella Cycle (Diss. Lund 1951), mit welcher Verf. seinerzeit das Glück hatte, über das Thema zu diskutieren; Th 225 ; C 50, 73; P A R S O N S Nr. 56; C O S Q U I N Nr. 24 (510 A), 28 (510 B), 23 (511). SSF I: 510 B (vgl. diese Einleitung mit der Einleitung in SSF I, 433 A). 5 1 3 A B . B P II: 7 9 f r . , III: 8 4 (zu G R I M M Nr. 7 1 , 1 3 4 ) , 272, 5 5 6 f r . ; S V E N L I L J E B L A D in Saga och Sed 1 9 3 5 , S. 3 1 f r . ; v. S Y D O W in Nordisk Kultur IX, S. 2 0 6 ; B E N F E Y : Kl. Schrift. III: 94, 1 4 2 ; Cabinet des fées ( 1 7 8 5 ) 4: 5, ( 1 7 8 8 ) 39: 4 2 1 f r . ; S E R C A M B I : Novelle

Quellennachweis (Ed.

3 4°O. 4 0 2 . 4 ° 3 . 408, 4 1 0 , 4 2 5 , 4 3 2 , 4 5 0 , 4 5 1 , 460, 4 6 1 , 4 7 0 , 4 7 1 , 500, 5 0 1 , 503, 506, 5 1 0 , 5 1 3 , 5 1 6 , 5 1 7 , 5 1 8 , 5 3 1 , 5 3 3 , 5 4 5 , 5 5 0 , 5 5 1 , 5 5 4 , 5 5 5 , 560, 5 6 3 , 564, 566, 567, 569. 5 7 ° . 5 7 7 . 592. 6 1 3 . 6 2 1 , 650, 6 5 3 , 6 5 4 , 6 5 5 , 670, 6 7 5 , 676, 700, 706, 7 0 7 , 709, 7 1 5 , 7 5 0 , 753, 756

B,

759, 785, 821

B,

850, 8 5 1 , 8 5 2 , 8 5 3 , 8 7 5 , 8 8 2 , 887, 889, 900, 9 1 0

B,

9 2 1 , 922,

9 2 3 , 9 2 7 , 930, 950, 1000, 1 0 0 3 , 1004, 1 0 0 7 , 1009, 1 0 1 3 , 1 0 2 9 , 1 0 3 0 , 1 0 4 9 , 1060, 1 0 6 1 , 1 0 6 2 , 1063, 1074, 1085, 1088, 1093, 1095, 1 1 1 5 , 1 1 1 7 , 1 1 1 9 , 1 1 2 0 , 1 1 2 1 , 1 1 7 5 , 1 1 8 0 , 1 1 9 9 , 1 2 1 0 , 1241,

1242, 1250, 1286, 1288, 1310, 1 3 1 9 , 1350, 1 3 5 1 ,

1360 C, 1365 A C ,

1384,

1419D,

1430, 1450, 1453****, 1525, 1528, 1535, 1536 A, 1537, 1539, 1540, 1542, 1560, 1563, 1613, 1 6 4 0 , 1 6 4 1 , 1 6 4 2 , 1 6 5 1 , 1 6 5 3 , 1 6 7 8 , 1 6 8 5 , 1 6 8 8 , 1 6 9 6 , 1 6 9 8 , 1 7 3 0 , 1 7 3 9 , 1741, 1 8 8 9 , 1 9 2 0 ,

382

Nachträge

i960 Z , 2015, 2030, 2033. Ca. 200 von den ca. 600 schwedischen Märchentypen werden also im oben angegebenen Gebiet in Amerika erzählt. Wir können daher verstehen, wie stark die Überlieferungswellen der Neuen Zeit waren. Die schwedische Auflage dieses Buches (1952) enthält eine tabellarische Übersicht (S. 463 — 536) über sämtliche Märchentypen Schwedens mit Angaben, in welchen Archiven, Büchern usw. ihre handgeschriebenen und gedruckten Varianten zu finden sind.