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German Pages 174 [196] Year 1915
Osteuropäische Forschungen Im Auftrag der Deutschen Gesellschaft zum Studium Rußlands herausgegeben von
Otto Hoetzsch, Otto Auhagen, Erich Berneker
Heft 3 Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie bis 1825 Von
Dr. phil. Hans Pilder
Berlin und Leipzig G. J . Göschen'sche Verlagshandlung G. m. b. H. 1914
Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie bis 1825 Von
Dr. phil. Hans Pilder
B e r l i n und L e i p z i g G. J. Göschen'sche Verlagshandlung G. m. b. H. 1914
Alle Rechte, namentlich das Übersetzungsrecht, von der Verlagshandlung vorbehalten.
Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig,
Vorwort. Das vorliegende kleine Buch ist vor etwa fünf Jahren entstanden und ging auf Anregungen zurück, die der Verfasser in seinen Studienjahren in Berlin auf dem Orientalischen Seminar, dem Roosevelt-Seminar und vor allem auf dem von Professor Schiemann geleiteten Osteuropäischen Seminar empfangen hat. Es ist dem Verfasser eine besondere Freude, seine Arbeit in einer Reihe von Publikationen erscheinen zu sehen, die die neugegründete Deutsche Gesellschaft zum Studium Rußlands herausgibt. Denn wenn ihn auch besondere Umstände in den Orient geführt haben, so gehört sein Interesse doch immer noch in erster Linie dem Studium Rußlands und seiner politischen und wirtschaftlichen Geschichte. A l e x a n d r i e n , Ostern 1914.
Inhaltsverzeichnis. Seite
1.Kapitel. Vorgeschichte. Gründung der „Amerikanischen Kompanie". Eroberung Kadiaks. Entwickelung bis 1790 1 2. Kapitel. Entwickelung der Kolonien bis 1797 10 3. Kapitel. Begründung der „Russisch-Amerikanischen Kompanie" . 17 4. Kapitel. Bau und Zerstörung Sitchas 36 5. Kapitel. Die Wiedereroberung Sitchas 47 6. Kapitel. Die erste russische Expedition um die Welt 50 7. Kapitel. Angriffe gegen die Kompanie 65 8. Kapitel. Die Kolonien von 1806 bis 1812. Gründung der Kolonie Roä 69 9. Kapitel. Die Entwickelung von 1812 bis 1818. Das Unternehmen auf den Sandwichinseln. Baranovs Ende 78 10. Kapitel. Regierungsverfügungen 1799 bis 1819. Erneuerung der Privilegien und Vorschriften 1821 85 11. Kapitel. Der Ukaz vom 4. September 1821 92 12. Kapitel. Die Konvention mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 5. (17.) April 1824 97 13. Kapitel. Die Konvention mit England vom 16. (28.) Februar 1825 111 Anlagen Nr. 1 und 2. Pelzausbeute der „Amerikanischen, Nordöstlichen, Nördlichen und Kurilischen Kompanie" „ 3. Die Denkschrift Peter Dobells „ 4. Denkschrift über die Kolonie Roä (1824) ,, 5. Denkschrift: Der Zustand der Kompanie ums Jahr 1819 . . . „ 6. Zahl der unter direkter russischer Regierung stehenden Eingeborenen zu Anfang des Jahres 1818 ,, 7. Zahl der Russen und Kreolen in den Kolonien zu Anfang des Jahres 1818 „ 8. Privileg der Kompanie vom Jahre 1821 ,, 9. Aus den Vorschriften für die Kompanie vom 13. September 1821 ,, 10. Ukaz vom 4. September 1821 „ 11. Die Konvention mit Amerika vom 5. (17.) April 1824 . . . . ,, 12. Denkschrift: Über die Rechte Rußlands auf den Besitz des nordwestlichen Ufers Amerikas vom 50. Grad nördlicher Breite bis zum Eiskap oder zu dem vermuteten Polarmeer „ 13. Pelzausfuhr der HudSonbai- und der 1822 mit ihr vereinigten Kanadischen Kompanie ,, 14. Die Konvention mit England vom 16. (28.) Februar 1825 über die Begrenzung der beiderseitigen Besitzungen Rußlands und Englands in Nordamerika
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Erstes Kapitel.
Vorgeschichte. Gründung der „Amerikanischen Kompanie". Eroberung Kadiaks. Entwickelung bis 1790. Es war eine rein wissenschaftliche Frage, die zum ersten Male das Interesse der europäischen und besonders der russischen Öffentlichkeit für den nördlichsten Teil des Stillen Ozeans in Anspruch nahm. Das Ziel der ersten russischen Fahrten in diesen Gewässern war, festzustellen, ob Asien mit Amerika durch festes Land verbunden sei. Nach mehreren vergeblichen Versuchen anderer Seefahrer1) entschied 1728 der Jütländer Bering diese Frage endgültig in verneinendem Sinne2). Auf seiner zweiten Entdeckungsreise, die er auf Befehl der Kaiserin Anna 3 ) unternahm, berührte er 1741 die Nordwestküste Amerikas unter dem 58. Breitengrad, während sein Reisegefährte Cirikov, gesondert von ihm, das Ufer zwar unter dem 50. Grad zuerst erblickte, doch erst unter dem 57. Grad landen konnte4). Auf der Rückfahrt wurde die Kette der Aleutischen Inseln, die sich von der amerikanischen Landzunge Alaska bis zu der asiatischen Halbinsel Kamcatka erstreckt, und ein Teil der südlich von Kamiatka liegenden Kurilischen Inseln entdeckt. Diese Reise hat neben dem, was sie der Wissenschaft leistete, auch auf wirtschaftlichem Gebiete Epoche gemacht. Sie eröffnete dem russischen Unternehmungsgeist ein neues Feld der Tätigkeit 5 ). Cirikov brachte nämlich 900 Felle der Seeotter6) aus Amerika mit, Polnoe Sobranie Zakonov Nr. 3266. Ukaz vom 2. Januar 1719. Bd. V, S. 607. «) Ebd. Bd. VII, S. 413, Ukaz vom 5. Februar 1725. 3) Ebd. Bd. VIII, S. 1002 ff. Ukaz vom 28. Dezember 1732. 4) Nach der Denkschrift: Die Rechte Rußlands auf den Besitz des nordwestlichen Ufers Amerikas (russisch). Gedruckt im Mordvinov-Archiv Bd. VI, S. 685—690. 5) Das Folgende nach: von K r u s e n s t e r n , Reise um die Welt in den Jahren 1803—1806. 3 Bd., St. Petersburg 1810—1812. Bd. I, S. ioff., und: Chronologische Geschichte der 'Entdeckung der Aleutischen Inseln (von Berch). St. Petersburg 1823. S. 137ff. (russisch), und: Zweimalige Reise der Seeoffiziere Chvostov und Davydov nach Amerika. St. Petersburg 1810, 1812 (russisch). Bd. II, S. 182. •) Enchydris lutra, oder mustela lutra, oder lutra marina. P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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Erstes Kapitel.
die wegen ihrer herrlichen Weichheit und Schönheit in Ochotsk mit ungewöhnlich hohen Preisen bezahlt wurden. Dies regte einige unternehmende Männer dort an, Schiffe eigens für die Seeotterjagd auszurüsten. Die ersten brauchten nicht weit zu fahren. Schon auf den ersten Kurilischen und den westlichsten Aleutischen Inseln trafen sie eine Menge dieser wertvollen Tiere und kehrten mit reicher Beute heim. Doch dieser glückliche Zustand währte nicht lange. Die Seeottern, besonders kluge Tiere, suchten den Nachstellungen zu entfliehen und zogen sich über die Aleutische Inselkette immerweiter nach Osten zurück. Die Jäger drängten ihnen aber von Insel zu Insel nach, und vierzig Jahre nach der ersten Jagdexpedition waren zwar alle Aleutischen Inseln von Europäern besucht und dem russischen Reiche einverleibt, Seeottern aber gab es kaum noch auf ihnen. Diese hatten sich jetzt an die buchtenund inselreiche Nordwestküste des amerikanischen Festlandes geflüchtet. Damit hatten sich die Bedingungen der Jagd gründlich geändert. Zu der Fahrt von Ochotsk nach Amerika bedurfte man besserer Schiffe und kundigerer Schiffer, als man bisher gehabt hatte. Die Reise dauerte viel länger, man mußte sich daher besser verproviantieren. Für alles dies brauchte man ein größeres Anlagekapital. Bisher hatte man die friedfertig-blöden Aleuten zur Jagd gepreßt und ihnen dann ihre Beute abgenommen, oft ohne jeden Entgelt. In Amerika traf man auf sehr kriegerische Eingeborene, die den Jägern manchen schweren Verlust beibrachten. Man mußte zufrieden sein, wenn sie erlaubten, mit ihnen Tauschhandel zu treiben. Dabei hatte man noch unter der Konkurrenz anderer Nationen zu leiden1). Unter diesen Umständen verringerte sich die Zahl der russischen Jagdunternehmer rasch. Die einen zogen sich zurück, weil sie, unter den früheren Verhältnissen reich geworden, jetzt das Erworbene nicht mehr aufs Spiel setzen wollten, die anderen, weil sie bei einem verunglückten Unternehmen alles verloren hatten. Es kam allmählich dahin, daß sich die ganze russische Seeotterjagd in Amerika an die Namen nur zweier Männer knüpfte: LebedevLastoökin und Gregor Ivanoviö Selechov. Beide arbeiteten mit annähernd gleichen Kapitalkräften und gleichen Aussichten für die Zukunft. Doch das Schicksal wollte es, daß das Werk LebedevLastoäkins ohne Folge blieb, während von Selechov ein HandelsSeit den Reisen der Spanier Morelli und Bodega 1775 hatte sich die Kunde vom Pelzreichtum jener Gegenden weiter verbreitet und zahlreiche Expeditionen veranlaßt.
Vorgeschichte. Gründung.
Entwickelung bis 1790.
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unternehmen ausging, das in der Großzügigkeit seiner Grundgedanken wie in seiner kommerziellen und politischen Bedeutung mit den größten seiner Zeit verglichen werden kann. Gregor Ivanovic Selechov, Kaufmann erster Gilde1) aus der Stadt Rylsk im Gouvernement Kursk, war 1748 geboren8). Wir begegnen seinem Namen im russischen Pelzhandel zum ersten Male im Jahre 1777®). Damals baute er auf gemeinsame Kosten mit seinem späteren Nebenbuhler Lebedev-Lastoökin den Hulk „Nicolaj" und sandte ihn unter dem Kommando des Steuermanns Pjatuskov zur südlichsten kurilischen Insel, wo es zu jener Zeit noch Seeottern gab. Dort überwinterte der Hulk und kehrte 1778 mit der reichen Ladung von 970 Seeottern und 340 Füchsen verschiedener Art nach Ochotsk zurück. Dieser gute Erfolg veranlaßte die Unternehmer, ihr Schiff in demselben Jahre 1778 wieder zu derselben Insel zu senden, wo es diesmal zwei Winter hindurch blieb. Denn die Jagd war weniger erfolgreich, und außerdem suchte der Kommandant, der Edelmann Antipin, mit den benachbarten Japanern Beziehungen anzuknüpfen. Er besuchte sie sogar in Booten in ihrem Hafen Atkis auf der Insel Matmai (Jesso). Man dachte schon an die Heimkehr nach Ochotsk, als die Expedition ein merkwürdiger Unfall traf. Am 8. Januar 1780 suchte ein starkes Erdbeben die ganze Ostküste Asiens heim. Das Meer erhob sich dabei so hoch, daß der „Nicolaj", der im Hafen vor Anker lag, angeblich bis in die Mitte der Insel getragen wurde und dort liegen blieb. Da Antipin keine Mittel hatte, ihn wieder ins Meer zu ziehen, entschloß er sich, in Baidaren4) nach Kamdatka zu fahren, wo er im Juni 1780 wohlbehalten anlangte. Die Ausbeute des zweijährigen Aufenthaltes auf den Inseln bestand nur in 60 Seeottern und 100 Füchsen verschiedener Art. Seit diesem Erdbeben verschwanden die Seeottern auch von den Kurilischen Inseln fast vollständig. Es blieb also nichts anderes übrig, als ihnen an die Nordwestküste Amerikas zu folgen, wo sie allein noch, wie erwähnt, in größerer Menge anzutreffen waren. !) Kaufleute erster Gilde hatten alle Rechte des persönlichen Adels, durften aber kein Land mit Leibeigenen besitzen. a ) Russische Seefahrer auf dem Eismeere. Vom Grafen Chvostov. St. Petersburg 1825. S. 45 (russisch). *) Berch, Entdeckung der Aleutischen Inseln, S. 140 ff. und Tabelle I. 4 ) Baidaren sind Boote der Eingeborenen jener Gegenden. Über ein leichtes Holzgestell wurden Felle gespannt, die auch oben rings um die Ruderer geschlossen waren, so daß Wellen nicht hineinschlagen konnten. Diese Boote faßten meist 1 — 3 , bisweilen aber auch 40 Personen. 1*
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Erstes Kapitel.
Darum gründete Selechov im Jahre 1781 mit den Brüdern Golikov, dem Kapitän Michajl Sergeeviö Golikov und dem Kaufmann Gregor Ivanoviö Golikov, die „Amerikanische, Nordöstliche, Nördliche und Kurilische Kompanie" 1 ), deren Zweck hauptsächlich die Ausbeutung des Pelzreichtums der amerikanischen Küste war. Dazu sollten dort befestigte Ansiedelungen angelegt und das Land der russischen Herrschaft einverleibt werden2). Selechov zeichnete 1 5 000 Rubel, Michajl Golikov 20 000 und Gregor Golikov 30 000. Selechov machte sich nun in Ochotsk an den Bau von drei Schiffen. Am 16. August 1783 war alles fertig, und er konnte in See stechen. Das erste Schiff, die „Drei Heiligen", kommandierte der Steuermann Izmajlov, auf dem zweiten, dem „Heiligen Simeon", befand sich Selechov selbst mit seiner mutigen Frau, die ihm während dieser Reise durch alle Mühsale folgte; das dritte, den „Heiligen Michael", führte der Steuermann Olessov. Auf allen drei Schiffen befanden sich im ganzen 193 Russen. Man überwinterte auf der Beringinsel, landete dann auf der Insel Unalaska, von wo man zwei Dolmetscher nebst zehn Aleuten an Bord nahm 3 ), und im August 1784 näherten sich der „Drei Heiligen" und der „Heilige Simeon" dem Ziel der Reise, der pelzreichen Insel Kadiak. Der „Hl. Michael" war wegen der Ungeschicklichkeit seines Führers und des bösen Willens der Jäger zurückgeblieben4). Am 3. August 1784 landeten die Russen auf Kadiak. Die Eingeborenen, die schon mehrmals Europäer von ihrer Insel vertrieben Das Vertragsinstrument ist, soweit wir sehen, nicht überliefert. ) Der Gedanke der Eroberung Amerikas durch Rußland tritt hier nicht zum ersten Male auf. Schon am 3 1 . Januar 1766 schrieb der ochotskische Hafenkommandant Plenisner an seine vorgesetzte Behörde, wenn man wolle, könne man den amerikanischen Kontinent bis nach Kalifornien und zu den äußersten Grenzen unter die russische Herrschaft bringen, „und an dem Erfolge soll man nicht zweifeln". (Poln. Sobr. Zak. Nr. 1 3 320, Bd. X V I I I , S. 922ff, Ukaz vom. 3. Juli 1779.) 3 ) Selechov behauptet, daß sie ihm freiwillig gefolgt seien. Aber nach der Erzählung Billings, der einige Jahre später diese Gegenden besuchte, ist dies sehr zweifelhaft. E r berichtet: „ W e had on board three natives of this (Tanaga) and the neighbouring island of Kanaga, taken from hence in the year 1785 (?) by Gregory Schelikoff, of whose behaviour upon these islands we received very unfavourable accounts." An account of a Expedition to the Northern Parts of Russia by Joseph B i l l i n g s 1 7 8 5 — 1 7 9 4 . Narrated by Martin Sauer. London 1802. 4 ) Das Folgende nach: Grigori Schelechof, Russischen Kaufmanns, Erste und Zweyte Reise von Ochotzk in Sibirien durch den östlichen Ocean nach den Küsten von Amerika in den Jahren 1783 bis 1789. Aus dem Russischen von J . Z. Logan. St. Petersburg 1793. Der Titel beruht auf einem Mißverständnis, Selechov hat nur eine Reise nach Amerika gemacht. 2
Vorgeschichte.
Gründung.
Entwickelung bis 1790.
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hatten, wollten auch die neuen Ankömmlinge nicht dulden und sammelten sich, angeblich in einer Zahl von 4000 Mann 1 ), in einer ihrer Festungen auf einem unzugänglichen Felsen. Selechov begab sich furchtlos zu ihnen, versicherte sie seiner friedlichen Absichten und bot ihnen Geschenke an. Doch sie wollten auf Verhandlungen nicht eingehen, trieben ihn mit Pfeilschüssen zurück und machten in einer der nächsten Nächte einen Überfall auf das Lager der Russen. Da diese aber auf ihrer Hut waren, wurden sie mit blutigen Köpfen heimgeschickt. Damit war jedoch Selechovs Sieg noch nicht entschieden. Ein Überläufer berichtete nämlich, daß die Kadiaker Hilfstruppen von den umliegenden Küsten und Inseln erwarteten, um ihren Angriff zu erneuern. Da die Lage der Russen einer so großen Übermacht gegenüber gefährlich geworden wäre, entschlossen sie sich, noch vor Ankunft neuer Scharen die Felsenfestung zu stürmen. Eine Salve aus fünf Geschützen jagte die Wilden in schleunige Flucht, und über 400 Gefangene sollen in die Hände der Sieger gefallen sein. Nun begann man, sich für den Winter und auf die Dauer einzurichten. An einer günstigen Stelle der Südküste, die St.-PaulsHafen genannt wurde, baute man feste Häuser und eine kleine Festung, wozu das Bauholz von der Nordküste in Booten herbeigeholt wurde. Mit den gefangenen Kadiakern verfuhr man so, wie man es bei den Aleuten gewohnt war: man gab ihnen russische Anführer, Baidaren, Jagdgeräte, die nötigen Lebensmittel und sandte sie auf die Pelztierjagd. Für ihre Treue bürgten 20 Kinder, die die Russen als Geiseln behielten. Anfangs hatte man unter den beständigen Feindseligkeiten der übrigen Wilden zu leiden. Doch als Selechov durch eine große Felssprengung eine Probe der Kräfte gab, über die er verfügte, und gleichzeitig durch Geschenke ihre Habgier befriedigte, versöhnten sie sich allmählich mit ihm. J e näher sie mit ihm und den wunderbaren Dingen, die ihn umgaben, bekannt wurden, desto mehr wuchs ihr Vertrauen. Sie nannten ihn bald „ihren Vater", brachten ihm mehr Kinder, als er verlangte und ernähren konnte, ja 40 ließen sich sogar von ihm zum christlichen Glauben bekehren. Durch Er*) Lisiansky erzählt in „ A Voyage round the world in the years 1803 to 1806", er hätte in Kadiak mit einem alten Tojon gesprochen, der sich auf Selechov noch recht gut besann: „Upon my inquiring, what number of persons had assembled on the rock, the tojon informed me, that it scarcely amounted to four hundred, including women and children. Mr. Schelechoff, however, to enhance the emportance of this conquest, has estimated it at four thousand." (S. 180.) Tojon ist der Titel der Häuptlinge der Eingeborenen.
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Erstes Kapitel.
Zählungen von der Huld der Kaiserin Katharina, den Segnungen eines geordneten Staates, „von der Ruhe, Größe, Macht und Schönheit alles dessen, was im Innern von Rußland ist", der Kraft dieses Landes, das sie gegen ihre Feinde schützen, aber sie auch vernichten könne, brachte er es dahin, daß angeblich 50 000 Insulaner beiderlei Geschlechts sich der russischen Oberhoheit unterwarfen1). Vierzig von ihnen fuhren später, als er heimkehrte, mit ihm nach Ochotsk, einige sogar bis Jakutsk. Die Kunst des Lesens und Schreibens, von der sie bisher keine Vorstellung gehabt hatten, machte tiefen Eindruck auf sie. Bald widmeten sich 25 Kadiakenkinder unter Selechovs Leitung diesem Studium, wobei sie gute Anlagen verrieten. Die Schwierigkeiten waren aber für die Russen noch nicht erschöpft. Im Jahre 1785 brach unter ihnen der Skorbut aus, der viele dahinraffte und alle so schwächte, daß sie die auf den nächsten Aleutischen Inseln arbeitenden Jagdexpeditionen um Hilfe bitten mußten. Dann kam von der zurückgebliebenen Galiote „St. Michael" die Nachricht, daß sie auch in diesem Jahre noch nicht nach Kadiak kommen könne, sondern auf Unalaska überwintere; von einer Abteilung von 30 Mann, die sie Selechov zu Hilfe sandte, starben unterwegs elf an Hunger und Kälte. Dazu kamen gelegentliche Verrätereien der Kadiaker, die die ihrem Schutz anvertrauten Jäger ermordeten. Selechovs Tatkraft blieb ungebrochen. Sein Doppelziel, die Erwerbung von Pelzen und die Unterwerfung des Landes, beharrlich verfolgend, sandte er nach allen Richtungen Expeditionen aus, die neben der Jagd geographische Feststellungen machten und mit den Eingeborenen in friedliche Beziehungen traten. Außer der befestigten Ansiedelung im St.-Pauls-Hafen auf Kadiak gründete er noch zwei andere, eine auf der nahen Insel Afognak und eine auf dem Festlande, am Kenajckij-Meerbusen. Als Selechov im Frühjahr 1786 seine neue Kolonie verließ, galten seine letzten Anordnungen der Ausdehnung der russischen HerrDiese Zahl ist sicher grob übertrieben. Nach einer genaueren Zählung gab es 1795 auf Kadiak überhaupt nur 6206 Eingeborene (siehe S. 15). Auch im ganzen scheint der Selechovsche Bericht wenig zuverlässig. Die Unterwerfung der Wilden z. B. schildert Billings, der 1790 auf Kadiak war, recht abweichend so: „The malesare less satisfied; and, at the first arrival of the Russians, seemed inclined to oppose their residing on the island; but Shelikoff, surprising their women collecting of berries, carried them prisoners to his habitation, and kapt them as hostages for the peacable behaviour of the men, only returning wives for daughters, and the younger children of the Chiefs." (An account of a Expedition, S. 1 7 1 . )
Vorgeschichte. Gründung. Entwickelung bis 1790.
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Schaft in Amerika. Eine Jagdexpedition sollte zu Lande die Grenzpfähle Rußlands bis zum K a p St. Elias tragen, während die zurückbleibenden Galioten an der amerikanischen Küste südlich zum 40. Breitengrad und nördlich bis zum ewigen Eise vordringen sollten. Auf dem „Drei Heiligen", auf dem er sich nach Ochotsk einschiffte, nahm er als vorläufiges Ergebnis seines zweijährigen Aufenthaltes I I I I Seeottern, 7 5 8 Biberschwänze und etwa 1000 Füchse verschiedener A r t mit, im ganzen eine Ladung im Werte von 56 000 Rubel 1 ). Nach Rußland zurückgekehrt, erstattete Selechov der kaiserlichen Regierung einen ausführlichen Bericht über seine Landentdeckungen und die Unterwerfung der Amerikaner. Daran knüpfte er drei Bitten: 1 . wünschte er 2 0 0 0 0 0 Rubel Darlehen aus dem Staatsschatz, 2. das Handels- und Schiffahrtsmonopol in diesen Gegenden und 3. ein Kommando von 100 Mann Soldaten, darunter einige Artilleristen. Alle drei Wünsche wurden ihm durch Ukaz vom 1 2 . September 1788 2 ) abgeschlagen, die zweite mit der Begründung, „diese a u s s s c h l i e ß l i c h e Erlaubnis würde durchaus nicht mit den von Ihrer Majestät angenommenen Grundsätzen über die Beseitigung jeder A r t von Monopol zusammenstimmen". Doch zur Belohnung für ihren Eifer im Dienste des Vaterlandes wurden Selechov und Golikov goldene Medaillen und silberne Ehrendegen verliehen. Der bekannte Weltreisende Cook hatte 1 7 7 7 und 1 7 7 8 die Nordwestküste Amerikas besucht. Auf seinem Schiffe brachten die Matrosen zufällig einige Seeotterfelle mit nach Macao 3 ) und waren nicht wenig erstaunt, als die Chinesen ihnen für diese bisher kaum beachtete Ware unglaublich hohe Preise zahlten. Dies veranlaßte eine Reihe von Seefahrten in diese Gegenden. Als Selechov 1 7 8 6 von einem englischen Schiffe hörte, das unter dem 50. Breitengrade eine Ladung Felle erworben hatte, beschwerte er sich bei dem sibirischen Generalgouverneur von Jakobi darüber, daß die Angehörigen fremder Nationen in Gebieten Handel trieben, die doch ohne Zweifel Rußland allein gehörten 4 ). Jakobi teilte die Ansicht Selechovs und berichtete an die Kaiserin Katharina, daß es unbedingt notwendig sei, Kriegsschiffe an die Nordwestküste *) Über die von der „Amerikanischen Kompanie" gewonnenen Pelze siehe im Anhang die Tabelle tinter Nr. I. *) Poln. Sobr. Zak. Nr. 16 709, Bd. 22, S. 1105 ff. 3 ) Des Capitain Jacob Cooks dritte Entdeckungsreise. Übersetzt von Georg Forster. Berlin 1787 und 1788, S. 497 ff. 4 ) Berch, Entdeckung der Aleutischen Inseln S. 158.
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Erstes Kapitel.
Amerikas zu senden, um den Pelzhandel der Ausländer zu verhindern. Infolgedessen befahl die Kaiserin dem Kapitän Mulovskij, mit fünf Kriegsschiffen von Kronstadt aus dorthin zu gehen. Allein die europäischen Verwicklungen vereitelten den Plan, und Muloskij fiel im Kriege gegen Schweden 1 ). Selechov hatte bei seiner Abreise aus Kadiak im Mai 1786 den Kaufmann Samojlov aus Enisejsk als. Leiter der Kolonie zurückgelassen. Doch scheint er mit dessen Leistungen wenig zufrieden gewesen zu sein. Jedenfalls sandte er von Irkutsk aus im Sommer 1787 den Griechen Eustrat Ivanoviö Delarov, der ihm schon seit vielen Jahren diente, als Nachfolger Samojlovs nach Amerika. Dort entfaltete dieser bald eine äußerst segensreiche Tätigkeit. E r sandte, dem Befehle Selechovs und des Generalgouverneurs von Sibirien2) gemäß, im Jahre 1788 die Galiote „Die drei Heiligen" unter dem Kommando der Steuerleute Izmajlov und Boöarov aus, um die Küsten Amerikas förmlich dem russischen Reiche einzuverleiben. Sie drangen nach Südwesten bis zum Meerbusen Ltua unter dem 59. Breitengrad vor, legten an mehreren Stellen des Ufers kupferne Wappenplatten in die Erde und errichteten darüber Kreuze mit der Inschrift „Kaiserlich-Russisches Gebiet". Hin und wieder wurden auch besonders angesehenen Oberhäuptlingen Kupferplatten gegeben, die sie auf das Wams aufgenäht auf der Brust tragen sollten. Im allgemeinen verhielten sich die Wilden friedlich, nahmen die Ankündigung, daß sie von jetzt an unter russischer Herrschaft ständen, ohne Widerstand und ohne Verständnis hin und brachten bereitwillig Pelze zum Tauschhandel, außer dort, wo die Schiffe anderer europäischer Staaten bereits alles aufgekauft hatten. Im nächsten Jahre sandte Delarov die Galiote unter dem Kommando Boöarovs nach Ochotsk. Die Ladung bestand aus 5500 Seeottern, 4181 Biberschwänzen, 4727 verschiedenen Füchsen und 1385 x ) Hier sei erwähnt, daß in diesem Kriege ein schwedisches Schiff nach den Aleuten gesandt wurde, um den russischen Pelzhandel zu zerstören, voil dessen Reichtum das damalige Europa unbestimmte, aber weit übertriebene Vorstellungen hatte. Die Schweden erschienen 1790 vor Unalaska. Als sie aber die klägliche Lebensweise der Russen in den dortigen Ansiedelungen sahen, beschenkten sie sie sogar noch mit einem Vorrat von Brot, Branntwein und anderen Lebensmitteln und fuhren unerkannt davon. (Geographischastronomische Reise des Kapitän Billings, Berlin 1804, S. 248/249 und W . C. Friebe, Über Rußlands Handel, landwirtschaftliche Kultur, Industrie und Produkte, Hildesheim und Petersburg 1798, Bd. III, S. 106.) 2 ) Siehe den Geheimbefehl des Generalgouverneurs Jakobi vom 21. Juni 1787 bei Tichmenev, Historische Übersicht der Entstehung der RussischAmerikanischen Kompanie, Bd. II, Anlagen S. 21 ff. (in russischer Sprache).
Vorgeschichte.
Gründung.
Entwickelung bis 1790.
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Fischottern und hatte den bis dahin im russischen Pelzhandel unerhörten Wert von 300 000 Rubeln. Delarov wandte seine ganze Tatkraft der Jagd zu und gab ihr die Organisation, an der dann die Kompanie viele Jahrzehnte hindurch festgehalten hat. Er brachte wohl 500—600 Baidaren zusammen, deren jede mit zwei oder drei Aleuten bemannt war. Diese teilte er in sechs verschieden große Geschwader, die unter der Leitung russischer Anführer oder Peredovsiki standen und zur Küste Alaskas, dem Kenajckij-Meerbusen oder den benachbarten Inseln ausgesandt wurden. Hier spielte sich dann die Seeotterjagd folgendermaßen ab: Erblickte ein Aleut eines der Tiere von weitem, so schwärmte die ganze Bootsflottille zur Verfolgung aus. Beim Anblick der Menschen tauchte die scheue Otter sofort unter, und die Geschicklichkeit der Jäger bestand nun darin, mit einiger Genauigkeit die Stelle zu berechnen, wo sie wieder auftauchen würde. Dorthin ruderten alle, und wenn sie dann nach einiger Zeit erschien, um Atem zu schöpfen, wurde sie mit einem Hagel von Pfeilen und Lanzen überschüttet. Dieses Spiel wiederholte sich so oft, bis das Tier an den Wunden oder vor Ermattung verendet auf der Meeresfläche trieb. Für ihre Dienste erhielten die Aleuten von der Kompanie Kleidung und Nahrung, und nur wenn sie ganz besonders schönes Pelzwerk erbeutet hatten, eine kleine Belohnung, wie z. B. einen Korallenstrang, Tabak, Leinwand, wohl gar ein Hemd oder dergleichen. Um den Unterhalt für so viele Menschen zu beschaffen, wurden täglich kleinere Abteilungen auf den Fischfang ausgesandt. Die zurückgebliebenen Weiber mußten .die Fische ausnehmen und trocknen, eßbare Wurzeln, Beeren und Pflanzen sammeln und zubereiten und außerdem aus den wertlosen Pelzen für die Männer Kleider nähen. Trotz alledem sollen die Eingeborenen damals mit der Herrschaft der Russen zufrieden gewesen sein. Delarov behandelte die 200—300 Mädchen, die er als Geiseln in der Ansiedelung hielt, gut und erlaubte immer einem Teil von ihnen, ihre Angehörigen zu besuchen. Gegen Russen sowohl wie gegen Eingeborene verfuhr er mit gleicher strenger Gerechtigkeit. Er war besonders bemüht, nach seinen schwachen Kräften Kultur unter den Aleuten zu verbreiten. Die von Selechov begründete kleine • Schule führte er fort, und wo er konnte, suchte er das Christentum auszubreiten. Doch duldete er nicht, daß jemand durch Druck zur Annahme der Taufe gezwungen wurde. Auch materiell ging es den Eingeborenen jetzt besser als früher. Vor der Ankunft der Russen hatten sie niemals Vorräte angelegt und mußten sich im Winter von Muscheln und
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Zweites Kapitel.
angeschwemmten Tierleichen ernähren. Jetzt erhielten sie von der Kompanie, wenn auch bescheidenen, so doch regelmäßigen Unterhalt. Die kleine Ansiedlung blühte auf. Sie bestand jetzt aus fünf nach russischer Art gebauten hölzernen Wohnhäusern, in denen die Wohnungen Delarovs und der Geiseln, die Amtsstuben für kleine Rechtsstreitigkeiten und Rechnungssachen, das Kontor Delarovs u.a. lagen. Außer diesen Gebäuden gab es noch Vorratshäuser, einen Seilergang, eine Schmiede, eine Zimmermannsbude und eine Faßbinderei. Die Russen und besonders die, die von eingeborenen Frauen zusammenlebten, hatten sich bei ihren Häusern Kohl- und Kartoffelgärten angelegt, die gut gediehen, und hielten sich Kühe und Ziegen 1 ).
Zweites
Kapitel.
Entwickelung der Kolonien bis 1797, Das Jahr 1790 bedeutet eine Epoche in der Geschichte der russischen Kolonien in Amerika. In diesem Jahre gelang es nämlich Selechov, der aus unbekannten Gründen einen Nachfolger für Delarov suchte, den Kaufmann Alexander Andreeviö Baranov 2 ) als Leiter seiner Unternehmungen zu gewinnen. E r gewährte ihm dafür einen bestimmten Anteil am Reinertrag der Geschäfte 3 ). A m 19. August 1790 kehrte die Galiote „Drei Heiligen" unter der Leitung Boiarovs mit einer Ladung Proviant aus Ochotsk nach Kadiak zurück, und auf ihr schiffte sich auch Baranov ein. Schon auf der Fahrt erhielt er einen Vorgeschmack der Mühseligkeiten, die seiner harrten. Denn in der Nähe der Insel Una*) Diese Schilderung der damaligen Verhältnisse in den Kolonien ist nach: Joseph Billings, Geographisch-astronomische Reise nach den nördlichen Gegenden Rußlands, herausgegeben von Martin Sauer. Berlin 1802. S. 202 bis 2 1 1 , 2 ) Baranov hatte bis 1780 als Kaufmann in Petersburg und Moskau gelebt, war dann nach Sibirien übergesiedelt, wo er sich mit Geschäften aller A r t befaßte, und hatte 1786 Seiechovs Anerbieten, Leiter seiner Ansiedelungen zu werden, abgelehnt. Als er aber in seinen eigenen Unternehmungen Mißerfolge hatte, gab er dem unablässigen Drängen Selechovs nach. Weib und Kinder ließ er in seiner Heimatstadt Kargopol in gesicherter materieller Lage zurück. 3 ) Von jetzt an bis zum Jahre 1 8 1 8 dient als Grundlage unserer Darstellung: Lebensbeschreibung des Alexander Andreeviö Baranov. St. Petersburg 1835. Von Cyril Chljabnikov, in russischer Sprache.
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Zweites Kapitel.
angeschwemmten Tierleichen ernähren. Jetzt erhielten sie von der Kompanie, wenn auch bescheidenen, so doch regelmäßigen Unterhalt. Die kleine Ansiedlung blühte auf. Sie bestand jetzt aus fünf nach russischer Art gebauten hölzernen Wohnhäusern, in denen die Wohnungen Delarovs und der Geiseln, die Amtsstuben für kleine Rechtsstreitigkeiten und Rechnungssachen, das Kontor Delarovs u.a. lagen. Außer diesen Gebäuden gab es noch Vorratshäuser, einen Seilergang, eine Schmiede, eine Zimmermannsbude und eine Faßbinderei. Die Russen und besonders die, die von eingeborenen Frauen zusammenlebten, hatten sich bei ihren Häusern Kohl- und Kartoffelgärten angelegt, die gut gediehen, und hielten sich Kühe und Ziegen 1 ).
Zweites
Kapitel.
Entwickelung der Kolonien bis 1797, Das Jahr 1790 bedeutet eine Epoche in der Geschichte der russischen Kolonien in Amerika. In diesem Jahre gelang es nämlich Selechov, der aus unbekannten Gründen einen Nachfolger für Delarov suchte, den Kaufmann Alexander Andreeviö Baranov 2 ) als Leiter seiner Unternehmungen zu gewinnen. E r gewährte ihm dafür einen bestimmten Anteil am Reinertrag der Geschäfte 3 ). A m 19. August 1790 kehrte die Galiote „Drei Heiligen" unter der Leitung Boiarovs mit einer Ladung Proviant aus Ochotsk nach Kadiak zurück, und auf ihr schiffte sich auch Baranov ein. Schon auf der Fahrt erhielt er einen Vorgeschmack der Mühseligkeiten, die seiner harrten. Denn in der Nähe der Insel Una*) Diese Schilderung der damaligen Verhältnisse in den Kolonien ist nach: Joseph Billings, Geographisch-astronomische Reise nach den nördlichen Gegenden Rußlands, herausgegeben von Martin Sauer. Berlin 1802. S. 202 bis 2 1 1 , 2 ) Baranov hatte bis 1780 als Kaufmann in Petersburg und Moskau gelebt, war dann nach Sibirien übergesiedelt, wo er sich mit Geschäften aller A r t befaßte, und hatte 1786 Seiechovs Anerbieten, Leiter seiner Ansiedelungen zu werden, abgelehnt. Als er aber in seinen eigenen Unternehmungen Mißerfolge hatte, gab er dem unablässigen Drängen Selechovs nach. Weib und Kinder ließ er in seiner Heimatstadt Kargopol in gesicherter materieller Lage zurück. 3 ) Von jetzt an bis zum Jahre 1 8 1 8 dient als Grundlage unserer Darstellung: Lebensbeschreibung des Alexander Andreeviö Baranov. St. Petersburg 1835. Von Cyril Chljabnikov, in russischer Sprache.
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laska, die man aus Wassermangel angelaufen hatte, geriet das Schiff in einen furchtbaren Sturm, der es mit der ganzen Ladung vernichtete. Die Mannschaft und die Passagiere retteten nur mit Not das Leben. Die Schiffbrüchigen mußten in der größten Dürftigkeit auf Unalaska überwintern. Die unfreiwillige Muse benutzte Baranov, um die leitenden Gedanken seiner späteren Lebensarbeit aufzuzeichnen. Es waren ihrer drei. Vor allen Dingen wollte er den Eingeborenen das Christentum bringen. Darum bat er Selechoy, ihm gelehrte und bescheidene Priester zu senden, „aber keine abergläubigen und scheinheiligen"1). Ferner wollte er die Wilden nicht mit Strenge, sondern mit Freundlichkeit behandeln und durch Geschenke an sich fesseln, wozu er um allerlei bunten, wertlosen Tand bat, wie ihn Naturkinder lieben. Schließlich beabsichtigte er, alles daranzusetzen, um die russische Herrschaft in Amerika auszudehnen. Deshalb wollte er auf dem Festlande ein Schiff bauen lassen, um auf ihm südlich an der amerikanischen Küste entlang zu fahren und alles Land für Rußland zu annektieren so weit, bis er auf europäische Ansiedelungen stoße. Neben diesen idealen Zielen sank der eigentliche Gegenstand der Kompanie, der Pelzhandel, zu einem Mittel herab: er sollte nur die Geldsummen liefern, die zur Verwirklichung der Pläne nötig waren. Wir werden sehen, wieweit Baranov die Erfüllung seines Programmes gelungen ist. — Im Frühjahr 1791 wurden von den Gescheiterten drei große Fellbaidaren gebaut. Auf zweien von ihnen fuhr der Steuermann Boiarov mit 26 Mann aus, um die Nordküste der Halbinsel Alaska zu untersuchen, auf der dritten fuhr Baranov selbst mit den übrigen 16 Mann nach Kadiak. Erst nach zweimonatiger Fahrt, während der er vom Fieber gequält wurde, langte er dort am 27. Juni an. Boöarov folgte ihm dorthin erst im September, nachdem er seine Aufgabe glücklich gelöst hatte. Bald nachdem Baranov von Delarov2) die Leitung der Kolonien übernommen hatte, sah er sich genötigt, die Leute des Kapitän x)
Lebensbeschreibung Baranovs S. 9. Delarov kehrte 1792 auf dem „Heiligen Michael", der gleichzeitig eine reiche Ladung Pelzwerk-trug, nach Ochotsk zurück. Später wurde er Direktor der neugegründeten „Russisch-Amerikanischen Kompanie", in welcher Stellung er durch Uneigennützigkeit auffiel. E r unterschlug nicht nur nichts, sondern er half sogar 1804 und 1806 der Kompanie durch sein eigenes Vermögen aus Zahlungsschwierigkeiten. E r starb 1806. (Berch, Entdeckung der Aleutischen Inseln, S. 148.) 2)
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Billings um Hilfe anzugehen1), die den Winter von 1791 zu 1792 auf Unalaska zubrachten. Denn infolge des Unterganges der „Drei Heiligen" war in Kadiak große Not ausgebrochen. Von Unalaska sandte man auch, soviel man irgend entbehren konnte, was allerdings nicht sehr viel war. Eine der ersten Maßregeln Baranovs war, die Ansiedelung von der holzarmen Südseite der Insel Kadiak fort und an die Nordseite zu verlegen, wo es Überfluß an gutem Bauholz gab. Hier, im St.Pauls-Hafen, waren- auch die Schiffahrtsverhältnisse besser und die Verbindung mit dem Festlande bequemer. Es gab damals in den Kolonien ungefähr 150 Russen, meist ehemalige Bauern und Kleinbürger, die an Disziplin und Ordnung wenig gewöhnt waren und dem neuen Leiter viel zu schaffen machten. Doch waren unter ihnen auch recht brauchbare Elemente, und auf diese stützte sich Baranov am meisten, als er zunächst mit aller Energie die Pelzjagd am Kenajckij-Meerbusen und an der Küste Alaskas betrieb. Seinem Programm der Erweiterung des russischen Gebietes entsprechend, dehnte er seine Fahrten bald bis zu dem weiter im Osten an der Festlandküste gelegenen CugackijMeerbusen aus. Doch er sollte bald inne werden, mit welchen Gefahren ein weiteres Vordringen in diese wilden Gegenden verknüpft war. Denn als er einst am Strande lagerte, die Rückkehr eines ausgesandten Bootes erwartend, wurde er mitten in der Nacht von Wilden überfallen. Es waren Koljuschen von dem noch weiter südöstlich gelegenen Meerbusen Jakutat, die, auf einem Feldzuge gegen die Tschupatschen begriffen, unerwartet auf die Russen gestoßen waren. Nach langem hartnäckigen Kampfe wurden sie zwar endlich zurückgeschlagen, Baranov hatte aber den Verlust von zwei Russen und zehn Aleuten zu beklagen. Er eilte sofort zu der Alexandrovskij-Festung am Kenajckij-Meerbusen, die schon Delarov angelegt hatte, und setzte sie gegen einen neuen Angriff der Koljuschen in Verteidigungszustand. Als er darauf nach Kadiak zurückkehrte, fand er dort das Paketboot „Adler", das aus Ochotsk mit neuen Lebensmitteln angekommen war. Auf ihm befand sich der Engländer Schilz, den Selechov als Schiffsbaumeister für die Kolonien *) „The object of their mission was, to request a supply of medicines (with directions how to use them) for the veneral disease, which had arrived in their different settlements at an alarming height." Billings, An account of a Expedition to the Northern Parts of Russia in the years 1 7 8 5 — 1 7 9 4 . London 1805, S. 262. Auch: Gawrila Sarytschews achtjährige Reise im nordöstlichen Sibirien, auf dem Eismeere und dem nordöstlichen Ocean. Aus dem Russischen übersetzt von J . H. Busse, 3 Teile 1805, 1806 (1815), Bd. III, S. 172.
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gewonnen hatte. Die erste Probe seiner Kunst hatte er mit dem Bau des „Adlers" in Ochotsk abgelegt. Im Frühjahr des nächsten Jahres 1793 setzte Baranov das Unter'nehmen von neuem fort, das im Jahre vorher durch den Koljuschenüberfall unterbrochen worden war. Er fuhr wieder in die Cugackij-Bai, unterwarf die umwohnenden Wilden und zwang sie, ihm Geiseln zu stellen. Dann wählte er einen geeigneten Bauplatz aus, auf dem er die Festung Voskresensk gründete. Für Schilz wurde in der Nähe eine Art Werft errichtet, auf der er den Bau eines Schiffes begann. Nachdem Baranov eine Anzahl Russen und Aleuten zurückgelassen hatte, kehrte er nach Kadiak zurück, wo er nach einer unsäglich mühseligen Fahrt erst am 5. November ankam. Mit dem Ergebnis der beiden ersten Jahre seiner Verwaltung konnte Baranov wohl zufrieden sein: ein neuer Meerbusen war für Rußland in Besitz genommen, eine neue Ansiedlung gegründet und ein hoffnungsvoller Anfang zu eigenem Schiffsbau gemacht. Daneben war auch die Jagdausbeute recht reich: nicht weniger als 2150 Seeotterfelle, abgesehen von allen anderen Tieren. Allerdings war während dieser Zeit die Zahl der Seeottern im Kenajckijund auch schon im Cugackij-Meerbusen, wo sie hauptsächlich gejagt wurden, merklich zurückgegangen. Um daher die noch vorhandenen Tiere möglichst zu schonen, sandte Baranov im nächsten Jahre 1794 zum ersten Male eine Jagdexpedition zu dem weiter südöstlich gelegenen Meerbusen von Jakutat. Er selbst folgte ihr dorthin, nachdem er seine Kräfte durch Eingeborene vom Cugackij-Meerbusen verstärkt hatte. Die Jagd war über alles Erwarten erfolgreich. Als er auf der Rückfahrt den Hafen von Voskresensk besuchte, konnte er zu seiner Genugtuung auch den ersten in Amerika von Russen erbauten Dreimaster vom Stapel lassen. Er taufte ihn „Phönix", wohl in Erinnerung an den 1790 gescheiterten „Drei Heiligen", dessen Trümmer man verbrannt hatte, um leichter [an die noch verwendbaren Eisenteile zu gelangen, die jetzt Schilz beim Bau des „Phönix" benutzt hatte. Im Herbste dieses Jahres kamen zwei Transportschiffe aus Ochotsk in den Kolonien an. Auf dem einen von ihnen, einem Namensbruder des alten „Drei Heiligen", befand sich der Archimandrit Joseph mit einem Gefolge von zehn Personen1). Selechov *) E s ist vielleicht interessant, schon hier einen Überblick über das Schicksal dieser Geistlichen zu geben: 1. Der Archimandrit Joseph ertrank auf dem „Phönix" 1799. — 2. Der Priestermönch Juvenal wurde von den Wilden erschlagen 1795. — 3. Der Priestermönch Macarius kehrte eigenmächtig nach
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hatte nämlich, Baranovs Wunsche entsprechend, die Kaiserin Katharina um Geistliche für die amerikanische Mission gebeten. Da er sich verpflichtete, die Kosten des Unterhalts sowie die einer Kirche zu tragen, war seine Bitte durch einen gnädigen Ukaz vom 20. Juni 1793 erfüllt worden1). Auf dem „Drei Heiligen" und dem andern Schiff, der „Katharina", kamen 130 neue Pelzjäger nach Amerika. Außerdem befanden sich auf ihnen auch 20 Handwerker- und 10 Bauernfamilien, die sich Selechov von der Kaiserin aus den nach Sibirien gesandten Verbrechern ausgebeten hatte, um sie beim Schiffsbau zu verwenden und Ackerbau in den Kolonien einzuführen. Später zeigte sich freilich, daß der Gedanke Selechovs, Verbrecher in den Kolonien anzusiedeln, unglücklich war. Denn ihre Sittenlosigkeit trug bei dem Mangel an strenger Aufsicht nicht wenig zu den traurigen moralischen Verhältnissen bei, die dort lange Zeit allgemein herrschten. Froh über die nun endlich reichlich erhaltenen Lebensmittel, sandte Baranov die „Katharina" mit einem Teil derselben nach Jakutat. Hier befand sich nämlich seit einiger Zeit eine russische Jagdexpedition, und er hielt es für seine Pflicht, die wahrscheinlich notleidenden Kameraden zu unterstützen. Bei der Rückkehr brachte das Schiff eine Ladung Hornvieh mit nach Kadiak, und seit dieser Zeit nahm hier die Viehzucht größeren Umfang an und zeitigte bald erfreuliche Resultate. Schilz baute im nächsten Jahre noch zwei kleine Segelschiffe von 1 0 — 1 2 m Länge, die „Delphin" und „Olga" getauft wurden. Damit verfügte Baranov über eine so stattliche Anzahl von Schiffen, daß er >n neue, größere Unternehmungen denken konnte. Die 1794 nach Jakutat gesandte Jagdabteilung hatte, wie erwähnt, dort eine reiche Beute gemacht. Deshalb, und um einen Stützpunkt beim weiteren Vordringen nach Südosten zu gewinnen, beschloß Baranov, in diesem schon 1788 von Izmajlov und Bocarov untersuchten Meerbusen eine feste Ansiedlung anzulegen. E r befahl also im Frühjahr 1795 dem eigens als Ansiedlungsleiter in Rußland in Dienst genommenen Polomosni, mit 30 Jägern und 20 Familien von Verbannten auf dem „Drei Heiligen" dorthin vorauszufahren, und gab ihm eine größere Abteilung von Aleuten in Ochotsk zurück. — 4. Der Priestermönch Athanasius wurde 1825 nach Irkutsk geschickt. — 5. Der Klosterdiakon Stephan ertrank mit dem Archimandriten. — 6. Der Klosterdiakon Nectar wurde 1807 nach Irkutsk gesandt. — 7. Der Mönch Hermann lebte 1835 noch in den Kolonien. — 8. Der Mönch Joseph starb in Kadiak 1823. i) Poln. Sobr. Zak. Nr. 17 135. Bd. X X I I I , S. 440.
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Baidaren mit. Er selbst folgte auf der „Olga". In Jakutat eingetroffen, fand er von dem „Drei Heiligen" keine Spur, die Wilden aber so feindselig, daß er sich ihrer nur mit Mühe mit den Waffen in der Hand erwehren konnte. Bis zum 15. August wartete er vergebens auf Polomosni mit seinen Leuten. Dann verließ er Jakutat und machte eine Entdeckungsfahrt an der Küste entlang nach Süden bis zu der Ledanoibucht unter 58 0 nördlicher Breite. Auf der Rückreise erfuhr er, daß die für Jakutat bestimmten Ansiedler, die von Anfang an mit ihrem Schicksal nicht zufrieden gewesen waren, nur bis zum Cugackij-Meerbusen gefahren und dann umgekehrt seien. Mochte er über diesen offenbaren Ungehorsam auch noch so aufgebracht sein, ihn ernstlich zu bestrafen, fehlte es ihm an Macht. War jetzt auch der Hauptzweck dieser Sommerkampagne, die Anlegung einer neuen Ansiedlung, nicht erreicht, so waren doch diese Monate nicht fruchtlos geblieben. Baranov hatte auf seinen Fahrten die Koljuschen näher kennen gelernt und sich überzeugt, daß ihre Unterwerfung noch manche Mühe kosten werde. Trotzdem war er zu dem unerschütterlichen Entschluß gekommen, noch weiter südlich mehrere Punkte zu besetzen. Denn er wollte um jeden Preis den Engländern zuvorkommen, die jährlich mit mehreren Schiffen in diesen Gegenden einen vorteilhaften Handel trieben und daher leicht auf den Gedanken kommen konnten, sich dort dauernd festzusetzen. Doch mußte er vorläufig die Ausführung eines weiter ausholenden Unternehmens aufschieben. Während seiner Abwesenheit war in Kadiak von den Geistlichen eine Kirche gebaut worden. Baranov freute sich aufrichtig über diesen sichtbaren Fortschritt des Christentums und stiftete am Weihungstage für die Mission 1500 Rubel für seine eigene Person und 500 Rubel für seine Untergebenen. Immer ruhelos, benutzte er den Winter, wo eine Seefahrt unmöglich war, zu einer Rundreise durch Kadiak. Dabei hielt er eine Volkszählung, die 3221 Männer und 2985 Frauen, zusammen 6206 Kadiaker, ergab. Im Frühjahr 1796 versuchte er das im Vorjahre gescheiterte Unternehmen von neuem. Wieder wurden Polomosni und seine Leute auf dem „Drei Heiligen" und eine große Zahl Baidaren nach Jakutat gesandt und ihnen das Paketboot „Adler" unter Schilz zum Schutze mitgegeben. Nachdem Baranov, wie in früheren Jahren, die Verwaltung der Kolonie während seiner Abwesenheit in die bewährten Hände seines Gehilfen Kuskov 1 ) gelegt hatte, folgte er *) Ivan Alexandrovic Kuskov kam mit Baranov nach Amerika, der ihn bald zu seinem Gehilfen ernannte und stets fähig und treu fand.
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selbst auf der „Olga". Und diesmal gelang das Werk. Der verhältnismäßig stattlichen Macht der Russen, zu denen sich noch die im vorigen Jahr hier Zurückgelassenen gesellten, wagten die Wilden keinen offenen Widerstand entgegenzusetzen. Baranov machte sich mit Tatkraft an den Bau der Festung, und schon nach zwei Monaten war alles fertig. Zur Sicherheit nahm er noch von den Koljuschen 18 Mann als Geiseln, ließ 50 Russen als Garnison zurück und kehrte nach Kadiak heim mit dem stolzen Gefühl, einen neuen Schritt zur Verwirklichung seines Lebensprogrammes getan zu haben. Auf der Rückfahrt nahm der „Drei Heilige" Schaden und mußte in einen Nothafen einlaufen. Als bei Wiederbeginn der Schiffahrt im Frühjahr 1797 ihm eine Abteilung zu Hilfe kommen wollte, fand sie das Schiff bereits zerschellt. So blieb ihnen nichts übrig, als die Trümmer zu verbrennen, um wenigstens die Eisenteile mitnehmen zu können. Dann kehrte ein Teil der Russen nach Kadiak zurück, während ein anderer sich zum See Iljamna auf der Halbinsel Alaska begab. Hier unterwarfen sie die Eingeborenen, die ihnen zunächst Widerstand entgegensetzten, mit Waffengewalt und bauten eine neue Ansiedlung. Damit war wieder ein wichtiger Schritt vorwärts getan. Denn man konnte von hier aus mit den wilden Stämmen des inneren Festlandes und des nördlichen Küstengebietes in Handelsbeziehungen treten. Baranov selbst besuchte in diesem Jahre am Cugackij-Meerbusen die Festung Konstantin auf der Insel Nutschek, in der sich noch eine Abteilung der Leute Lebedev-Lastockins hielt. Da sie aber seit mehreren Jahren ohne Nachschub geblieben waren, auch wegen des Verhaltens des Anführers Streitigkeiten unter ihnen herrschten, so trat ein großer Teil von ihnen in die Dienste Baranovs, und die übrigen kehrten nach Ochotsk zurück. Auch die Tschugatschen jener Gegend schlössen mit Baranov einen Dienstvertrag und verstärkten seine Jagdexpedition sofort um 100 Boote. Er war recht froh, auf friedliche Weise diesen gefährlichen Stamm unterworfen zu haben, der 1783 die ersten ihn besuchenden Russen getötet hatte und mit dem die Abteilung Lebedev-Lastoökins erst nach vielen blutigen Kämpfen in ein auskömmliches Verhältnis gekommen war.
Drittes Kapitel.
Begründung der „Russ.-Amerik. Kompanie".
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Drittes Kapitel. Begründung der „Russisch-Amerikanischen Kompanie". Im Oktober 1797 kam der „Phönix" aus Ochotsk zurück, wohin ihn Baranov 1795 mit einer Pelzladung im Werte von 320 000 Rubel unter dem Kommando Schilz' gesandt hatte. Jetzt war sein Führer ein Steuermann der kaiserlichen Flotte, dem der Monarch erlaubt hatte, mit zwei Kameraden in den Dienst der Kompanie zu treten. Der „Phönix" brachte eine sehr ernste Nachricht: Grigor IvanoviC Selechov, der „Kolumbus Rußlands" 1 ), war im Alter von nur 47 Jahren am 20. Juli 1795 in Irkutsk plötzlich gestorben. Seine Witwe, Natalie Selechov, die schon zu seinen Lebzeiten tätigen Anteil an seinen Geschäften genommen hatte, führte zunächst gemeinsam mit dem Kompagnon Ivan LarionoviC Golikov die „Amerikanische, Nordöstliche, Nördliche und Kurilische Kompanie" weiter. Blieb so das Unternehmen auch vor einer schweren Krisis bewahrt, so zogen doch bald neue Schwierigkeiten herauf. Schon vor 1795 hatte sich in Irkutsk die „Kompanie der Irkutskischen Kaufleute" gebildet, um den Pelzhandel auf den Aleuten von Kamöatka bis Alaska zu betreiben2). Vielleicht veranlaßt durch den reichen Gewinn der „Amerikanischen Kompanie", hatte sie gerade jetzt den Entschluß gefaßt, auch ihrerseits ihre Unternehmungen auf das Festland Amerikas auszudehnen. Da dies natürlich eine schwere Schädigung für unsere Kompanie bedeutet hätte, wandte, sich diese mit einem Protest an den Kaiser Paul. Sie hatte denn auch die Genugtuung, daß der Monarch die Berechtigung ihrer Klagen anerkannte und die für immer geltende Entscheidung fällte, daß Handelsgesellschaften, die etwa der „Amerikanischen" Konkurrenz machen könnten, nur dann erlaubt werden sollten, wenn diese ihr Einverständnis ausdrücklich erklärte3). Damit war einer der Wünsche, die Selechov der Kaiserin Katharina II, vergebens vorgestellt hatte, erfüllt: der Kompanie war, wenn auch noch nicht in aller Form, so doch in der Sache eine Monopolstellung eingeräumt worden. So nennt ihn Gabriel Derzavin in seiner Grabinschrift auf dem Friedhof des Snamenschen Nonnenklosters in Irkutsk. Siehe: Graf Chvostov, Russische Seefahrer auf dem Eismeer. St. Petersburg 1825, S. 47 (in russischer Sprache). 2) Lebensbeschreibung Baranovs, S. 40. 3) Ukaz vom 5. August 1797. Poln. Sobr. Zak. Nr. 18 076. P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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Drittes Kapitel.
W i r wissen nicht genau 1 ), ob unter dem Eindruck dieses kaiserlichen Befehles 2 ) oder infolge früherer Verhandlungen, jedenfalls vereinigten sich am 1 8 . und 1 9 . J u l i 1 7 9 7 die Teilhaber der K o m panie Selechovs und Golikovs mit denen der „Irkutsker K a u f leute" zu der ersten russischen Aktiengesellschaft. Schon a m 8. September desselben Jahres erschien ein kaiserlicher Ukaz, in dem der Monarch erklärte, daß er diese Vereinigung „ f ü r nützlich halte und sie bestätige" 3 ). Doch fanden die Statuten der neuen vereinigten Kompanie nicht ganz seinen Beifall. E r wünschte, daß sie mehr „ n a c h der nachahmungswürdigen Ordnung der ausländischen europäischen K o m p a n i e n " gestaltet würden. Nachdem die dadurch nötig gewordenen Umarbeitungen vorgenommen waren, wurde die A k t e in einer großen Teühaberversammlung in Irkutsk am 3. August 1 7 9 8 noch einmal feierlich angenommen. In dieser F o r m fand sie die Billigung des Kaisers Paul, doch ergänzte er sie durch eine Reihe zum Teil sehr wichtiger „ V o r schriften". D a s Bedeutsamste aber war, daß er am 27. Dezember 1 7 9 9 der Kompanie ein Privileg verlieh, das neben vielen anderen wichtigen Rechten auch das Monopol in aller F o r m enthielt 4 ). W i r *) Das Material für diesen wichtigen Teil der Kompaniegeschichte ist äußerst spärlich und widerspruchsvoll. Wir sind durchaus nicht sicher, in obiger Darstellung die wirklichen Vorgänge ganz richtig erfaßt zu haben. a ) E r ist erst unter dem Datum des 5. August 1797 erschienen, die Beteiligten konnten aber wohl vor seiner offiziellen Ausfertigung von ihm Kunde haben. a ) Ukaz vom 8. September 1797. Poln. Sobr. Zak. Nr. 18 1 3 1 . 4 ) Krusenstern erzählt in der Einleitung zu seiner „Reise um die Welt", S. 1 2 : Da die Roheiten und Ungerechtigkeiten der russischen Pelzjäger gegen die Aleuten in der ganzen zivilisierten Welt bekannt geworden waren und große Empörung erregten, habe sich der Kaiser Paul entschlossen, den ganzen Pelzhandel zu verbieten und damit auch die „Amerikanische Kompanie" zu beseitigen. Da sei es Herr von Rezanov gewesen, Selechovs Schwiegersohn, der es durch eigene Bemühungen und gute Beziehungen erwirkte, daß der Kaiser nicht nur seinen Entschluß fallen ließ, sondern die Kompanie sogar bestätigte und mit wertvollen Privilegien beschenkte. Da Kaiser Paul durchgehend in allen Ukazen von dem Beginn seiner Regierung bis zu seinem Tode der Kompanie wohlgeneigt erscheint, können wir diese Erzählung zeitlich nicht recht unterbringen. Anderseits verleiht ihr die Persönlichkeit des Erzählers, der noch dazu eine mehrmonatige Reise mit Rezanov auf demselben Schiff gemacht hat, ein großes Gewicht. Bei dem wankelmütigen Charakter Pauls wäre eine solche Episode in sehr kurzer Zeit immerhin möglich. Veranlaßt hätte sie durch die Ergebnisse der 1794 beendeten Reise des Kapitäns Billings sein können, die für die Russen in den Kolonien, auch für Selechov, sehr belastend waren. Sie erschienen in Buchform zwar erst 1802, waren aber der russischen Regierung, die diese Untersuchungen veranlaßt hatte, sicher früher bekannt. (Daß auch Golovnin diesen Vorgang erzählt [in seinen „Werken", Bd. V, S. 149 und 150, russisch], beweist nichts, da er nicht aus neuen Quellen schöpft, sondern offenbar Krusenstern ausschreibt.)^
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lassen zunächst die „Akte" im Auszuge und „Privileg" und „Vorschriften" im Wortlaute folgen, da, soweit wir sehen, diese wichtigen Dokumente noch nie in deutscher Sprache veröffentlicht worden sind.
Akte der Kompanie. Im Namen des Allmächtigen Gottes. Am 3. August 1798. Die Teilhaber der Amerikanischen und Irkutsker Handelskompanie, deren Zweck der Nutzen ist, der für den Staat, die Allgemeinheit und den einzelnen aus dem Handel fließt, haben an den möglichen Schaden gedacht, wenn in den entfernten und noch unvollkommen bekannten Meeren und Inseln und auf dem Rußland gehörenden Teil Amerikas die Handelsgesellschaften getrennt sind. Außerdem wünschten sie die Seefahrten auszudehnen und zu vervollständigen, die seit 1781 von Selechov und Golikov nach dem nordöstlichen und nördlichen Amerika unternommen worden sind, sowie nach den Nördlichen, Aleutischen und Kurilischen Inseln und den anderen Orten und Ländern im nördlichen Stillen Ozean, die dem Kaiserlich-russischen Zepter gehören. Darum vereinigten sie sich am 18. und 19. Juli 1797 vorläufig und bestätigten diese Vereinigung durch schriftliche Verträge. Diese wurden dann mit dem Allerhöchsten Willen Seiner Kaiserlichen Majestät in Einklang gebracht, der unsere Vereinigung Allergnädigst gebilligt hatte, jedoch unter der Bedingung, daß wir uns nach der nachahmungswürdigen Ordnung der ausländischen europäischen Kompanien organisierten. Daher hatte er Allergnädigst befohlen, daß wir nach deren Muster unter uns einen solchen Kommerz und eine solche Ordnung einrichteten, daß der volle wahre Nutzen der russischen Kaufmannschaft zugute kommen könne. Indem unsere Kompanie diese vorläufige Vereinigung feststellt, bittet sie den allmächtigen Schöpfer und den Urheber alles Guten, Gott, ihr Kraft und Verstand zu geben, um dieser allerhöchsten Absicht Seiner Kaiserlichen Majestät zu entsprechen, und im Vertrauen auf seine heilige Hilfe bestimmt diese Akte für uns im unten folgenden: § 1. Die Absicht und der Gegenstand unserer Kompanie besteht in folgendem: 1. Für die geistliche, griechisch-katholische Mission in Amerika zu sorgen, die sich mit der Predigt des heiligen Evangeliums und jnit der Bekehrung der unzivilisierten Völker Amerikas und der 2*
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Drittes Kapitel.
Inseln zur Erkenntnis des wahren Gottes beschäftigt. Da die Kompanie die Blüte der Mission wünscht, beabsichtigt sie, dorthin alle für den Unterhalt der heiligen Kirchen nötigen Bedürfnisse zu liefern. Sintemalen uns zu dieser Fürsorge verpflichtet die Liebe zu Gott, die Pflicht des wahren Christentums, die Humanität, das alleruntertänigste Streben nach Vermehrung der Interessen Seiner Kaiserlichen Majestät, und endlich der Nutzen unserer Kompanie selbst. 2. Jeden Handel und jedes Gewerbe zu übernehmen, das zum Kaufmannsberuf gehört und von den Gesetzen erlaubt ist, im ganzen russischen Reiche und außerhalb desselben. Auf Rechnung der Kompanie Schiffe mit Waren und Arbeitern auszusenden nach Amerika, den Nördlichen, Kurilischen und Aleutischen Inseln und zu allen übrigen Orten, wo unsere Kompanie Handel treibt und treiben wird. Entdeckungen neuer Länder und Inseln im Nördlichen, Stillen und Südlichen Ozean zu machen und die neu aufgefundenen Völker in die rechtgläubige christliche Kirche und unter die Herrschaft Seiner Kaiserlichen Majestät zu führen. Die Jagd der See- und Landtiere in allen Gegenden zu treiben, die von der Kompagnie in Amerika und auf den Inseln schon besetzt sind oder noch besetzt werden. Für den für die Kompanie nötigen Schiffsbau und für Kolonisation zu sorgen, wie: die Ansiedler in den von Russen schon besetzten Gegenden zu vermehren und die noch unbewohnten Plätze zu besiedeln, auch in Amerika und auf den Inseln Ackerbau und Viehzucht einzuführen. Stets freundschaftlich mit den Amerikanern und Insulanern zu verkehren und zur Unterstützung dessen mit ihnen Handel zu treiben, angefangen vom Meerbusen Ltua bis zum Beringmeer. Schiffahrt und Handel in Japan, Kanton und anderen Orten zu beginnen, wenn Seine Kaiserliche Majestät dies wünscht. Und alle diese Dinge unter dem Schutze der Allerhöchsten Selbstherrlichen Gewalt möglichst besonnen und eifrig zu erfüllen nach den Vorschriften der Ehre, des Rechtes, der Humanität und des Gewissens und entsprechend dem Nutzen des Staates, der Allgemeinheit und der Kompanie. §
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i. Diese Kompanie besteht aus der Vereinigung zweier Kompanien, und zwar: der „Amerikanischen Nordöstlichen, Nördlichen und Kurilischen Selechov und Golikov" und der „Irkutsker Handelskompanie Mylnikov & Co.",
Begründung der „Russisch-Amerikanischen Kompanie".
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Dann folgen die Namen von 20 augenblicklichen Teilhabern der Kompanie, an ihrer Spitze Selechovs Witwe mit Kindern. Beide Gesellschaften sollen „für ewige Zeiten" vereint bleiben unter dem Namen „Vereinigte Amerikanische Kompanie". § 3Über das Kapital. 1. „Das Gesamtkapital der Kompanie besteht aus Grund- und Kreditkapital." Das Grundkapital bestand im August 1798 aus 724 000 Rubeln, die in 724 Aktien zu je 1000 Rubeln zerlegt waren. Das Kreditkapital hatten Golikov und die Witwe Selechovs bei der Vereinigung hergegeben, wofür ihnen von der ehemaligen Irkutskischen Handelskompanie Wechsel gegeben worden waren. 2. Dieses Gesamtkapital, das mit den Gewinnen von 1797 und 1798 eine unteilbare Masse bilden soll, besteht in Bargeld, Wechseln, verschiedenen Gründungen und Geschäften in Amerika und auf den Nördlichen, Aleutischen und Kurilischen Inseln, in Anteilen an änderen Unternehmungen, Schiffen, Takelage, Vorräten, Materialien, Warenkrediten und endlich in Geschäften in Kamäatka, Gijig, Ochotsk, Jakutsk, Irkutsk, Kjachta, Moskau und anderen Orten. 3. Solange die Kompanie besteht, kann unter keinen Umständen etwas von dem Grundkapital zurückgenommen werden. 4. Wenn jemand mit Waren oder mit Kapitalien neu in die Kompanie eintreten will, dann soll zunächst seine eingebrachte Habe auf das genaueste geschätzt werden. Dann soll unter Hinzurechnung aller Gewinne usw. der Wert einer Stammaktie zur Zeit des Neueintritts festgestellt werden und dem neuen Teilhaber soviel Aktien gegeben werden, als augenblicklich dem Werte des eingebrachten Vermögens entsprechen. Diese heißen „neue" (eigentlich „dazugefügte, npncoeflHHHeMHH") Aktien und unterliegen genau denselben Bedingungen, wie die Stammaktien. 5. Die von der Irkutsker Handelskompanie ausgegebenen Kapitalscheine sollen eingezogen werden und als solche der „Vereinigten Amerikanischen Kompanie" neu in Umlauf gesetzt werden. Mit ihnen kann der Besitzer wie mit völlig freiem Eigentum schalten, sie verkaufen, verpfänden, verschenken usw. Sie werden von der Kompanie wörtlich in ein besonderes Buch eingetragen, lauten auf den Namen des Inhabers und werden je nach Wunsch für das gesamte eingezahlte Kapital oder einen Teil desselben ausgestellt.
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§4Das im § 3 erwähnte Kreditkapital muß aus dem gesamten Kompaniekapital bezahlt werden. Darum soll kein Gewinn an die Aktionäre verteilt werden, bevor nicht dieses Kapital zurückgezahlt ist. Es soll vielmehr vorläufig nach jedem Jahre der Gewinn zwar rechnerisch auf die einzelnen Aktien verteilt, aber nicht in bar ausgezahlt werden. Doch soll man den Teilhabern dann mitteilen, welcher Gewinnanteil auf ihre Aktie entfällt. § 5Das Verbot, Gewinn zu verteilen, erlischt mit Bezahlung des Kreditkapitals. Dann ist mit Stimmenmehrheit zu beschließen, ob auch in Zukunft alles Gewonnene dem Grundkapital zugeschlagen werden soll oder nur ein Teil (der dann nicht wieder zurückgenommen werden kann), während das übrige an die Teilhaber ausgezahlt wird. § 7Für die Leitung aller Kompanieangelegenheiten ist in Irkutsk ein Hauptkontor errichtet worden, das dort immer bleiben soll. Außerdem gibt es diesem untergeordnete Kontore in Ochotsk, Kadiak, Unalaska und auf den Kurilen. Die Errichtung neuer kann nur unter Zustimmung der Teilhaberversammlung erfolgen. Die Kontorleiter werden von den Direktoren gewählt und erhalten ein entsprechendes Gehalt. Die Kontore teilen sich gegenseitig Nachrichten mit, Befehle kann aber nur das Hauptkontor an die anderen erlassen. §8. Es sollen zwei, wenn nötig auch vier Direktoren aus den Teilhabern gewählt werden. Ihre Wahl erfolgt nach Stimmenmehrheit, wobei jede Aktie eine Stimme hat. Den Direktoren werden die Geschäfte der Kompanie völlig überlassen, die übrigen Teilhaber dürfen sich in keiner Weise dareinmischen. Die Direktoren verfügen auch über das Vermögen der Kompanie und können auch ihre Untergebenen nach Bedarf dazu bevollmächtigen. Da sie wegen ihres Amtes nicht eigene Geschäfte machen können, erhalten sie 2000 Rubel jährliches Gehalt. § 9Die Direktoren können zwar die einzelnen Arbeiten unter sich nach den Fähigkeiten verteilen, die Gesamtleitung sollen sie aber gemeinsam führen. Ihre Aufgaben sind:
Begründung der „Russisch-Amerikanischen Kompanie".
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1. Das Barvermögen und alles Eigentum der Kompanie zu bewahren, wofür sie ev. verantwortlich sind. 2. Rechtzeitig für alle Kontore und sonstigen Punkte das Nötige einzukaufen und dorthin zu senden. 3. Arbeiter anzuwerben und wohlversehen über Ochotsk in die Kolonien zu senden. 4. Das ganze Schreibwesen zu leiten, Revisionen und Rechnungsprüfungen vorzunehmen und überhaupt mit allen Kräften die im § 1 bezeichneten Ziele der Gesellschaft zu erreichen trachten. 5. Über alles sollen sie in täglicher Versammlung im Hauptkontor verhandeln. 6. Vor Gericht und bei den Behörden kraft ihrer Vollmacht die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen. 7. Nach freiem Ermessen alle Beamte anzustellen. 8. Sie leiten alle Kontore und Angestellte, geben überall Befehle, revidieren und treiben Strafgelder ein für von Angestellten verschuldete Verluste usw. 9. Sie sind verpflichtet, jährlich der Kompanie Bericht zu erstatten. Im Sommer findet eine Revision der Verwaltung durch die Teilhaber statt, und die Direktoren erhalten über das Ergebnis Testate. 10. Für jeden Schaden, der aus der Vernachlässigung ihrer Pflicht hervorgeht, sind sie haftbar. 11. Sie bleiben so lange im Amte, wie sie wollen. Nur wenn ihnen eine Pflichtvergessenheit nachgewiesen werden kann, kann die Generalversammlung der Teilhaber sie absetzen. § 10. Folgende Bücher sollen im Hauptkontor geführt werden: 1. Das Kapitalbuch, über das Grundkapital der Kompanie. 2. Ein Buch, in das Kopien der ausgegebenen Kapitalscheine eingetragen werden. 3. Ein Protokollbuch für alle wichtigen Akten, Anordnungen und Berichte, „damit die Zeit sie nicht aus dem Gedächtnis vertilge". 4. Das Kassenbuch für Einnahmen und Ausgaben. 5. Das Wechselbuch für gegebene und empfangene Wechsel. 6. Das Buch der Generalberichte, in denen jährlich eine Vermögensübersicht zusammengestellt und die Bilanz gezogen wird. 7. Die Faktura über Lagerwaren. 8. Das Buch über eingehende Waren. 9. Das Buch über ausgehende Waren. /'
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io. Ein alphabetisches Arbeiterverzeichnis mit Angabe aller Personalien. Außerdem werden noch Journale, Regesten usw. geführt.. Alle Bücher können jederzeit .von jedem Teilhaber eingesehen werden. § Ii1. Das Hauptkontor soll seine Nachrichten bis zur Erledigung geheimhalten, dann darf sie jeder Kompagnon sehen. Die Depeschen aus Amerika sollen alle Teilhaber gleich bei der Ankunft erfahren. 2. Die Briefe sollen in Anwesenheit aller, mindestens aber zweier Direktoren entsiegelt werden, die dann sofort die nötigen Anordnungen treffen. § 12.
1. Das Hauptkontor soll einen Buchhalter, einen Kontoristen oder Expeditor und einen Kassierer anstellen, dazu die nötigen Gehilfen und Diener, die alle Gehalt bekommen. 2. Über die entsprechenden Angestellten der übrigen Kontore verfügen die Direktoren. 3. Über die nötigen Siegel siehe, unter den „Vorschriften" § 1 3 und § 1 5 . § 13. Alle Teilhaber verpflichten sich, in den Gebieten, in denen die Kompanie arbeitet, auf alle privaten Unternehmungen zu verzichten. Doch steht ihnen sonst überall jede Betätigung frei. § 14In der Versammlung der Direktoren gibt die Stimmenmehrheit den Ausschlag, wobei jeder eine Stimme hat. Bei Stimmengleichheit wird die Sache der Beschlußfassung der Teilhaber unterbreitet. § 15Eine Teilhaberversammlung findet bei allen wichtigen Angelegenheiten statt; die Abstimmung erfolgt nach Aktienzahl, wobei auch die Direktoren soviel Stimmen haben, wie sie Aktien besitzen. Das so Beschlossene muß unter allen Umständen ausgeführt werden, außer wenn es der Akte widerspricht. Teilhaber, die ordnungsmäßig geladen waren, aber nicht erschienen sind, haben kein Einspruchsrecht. § 16. . Wenn einem Teilhaber Kompaniekapital für ein Geschäft anvertraut wird, dann soll er es unter keinen Umständen für sich
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behalten oder verwenden. Wenn er es dennoch tut, so soll er der Kompanie das Doppelte dieser Summe bezahlen, und zwar ohne gerichtliches Urteil, sondern einfach kraft dieser Akte. § 17Die auswärtigen Teilhaber sollen sich nicht in die Geschäfte der an ihrem Orte tätigen Angestellten der Kompanie einmischen, außer wenn sie dazu ausdrücklich vom Hauptkontor aufgefordert sind; dann aber sind sie auch dazu verpflichtet. Wenn sie eine Nachlässigkeit oder einen Mißbrauch sehen, der der Kompanie schaden kann, dann sollen sie sofort eingreifen und die Interessen der Kompanie wahrnehmen, gleichzeitig aber auch die Direktoren benachrichtigen, die dann das weitere zu veranlassen haben. Sind sie aber nicht (ausdrücklich) zur Mitarbeit aufgefordert, so dürfen sie selbst in diesem Falle nicht sich einmischen, sondern müssen sich auf einen Bericht ans Hauptkontor beschränken. § 18. Jeder Teilhaber kann sich in Irkutsk einen bevollmächtigten Vertrauensmann halten, der aber Generalvollmacht haben muß. §.¿9Jeder Teilhaber kann mit seinen Aktien durchaus wie mit seinem freien Eigentum verfahren. Der Neuerwerber tritt in alle Rechte und Pflichten des früheren Besitzers ein. Von jedem Besitzwechsel soll aber in drei Monaten der Kompanie Mitteilung gemacht werden. § 20; Das Hauptkontor und die Direktoren erhalten Vollmacht, bis zur Höhe des Grundkapitals zuzüglich der Gewinne Geld und Waren auf Kredit aufzunehmen und dafür Wechsel auf die Kompanie auszustellen. Sie können auch Waren auf Wechsel verkaufen und den Unterkontoren gestatten, bis zu einer gewissen Grenze dasselbe zu tun. In jedem Fall soll man aber dabei mit der größten Vorsicht verfahren. • • §21. Bei Auktionen minderwichtiger Waren durch die Kompanie können sich die Teilhaber unter denselben Bedingungen wie andere Privatpersonen am Kg.ufe beteiligen. § 22. Zusätze zu dieser Akte, die ihr nicht widersprechen, können von der Gesamtversammlung der Teilhaber beschlossen werden.
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Die Akte ist unterschrieben von Natalie Selechov, vertreten durch Ivan Selechov, Ivan Golikov, Stephan Dudorovskij, Nikolaj Golikov, Ivan Selechov, Nikolaj Mylnikov, Ivan Dudorovskij, Dmitrij Mylnikov, Andrej Litvincov, Jakob Mylnikov, Lorenz Subov, Peter Miöurin, Alexej Ostanin, Semen Stazov, Peter Zvanov, Ephim Suchich, Peter Mylnikov, Prokop Davydov, Sidor Selechov. 4. Mai 1799. Privileg der Kompanie v o m 27. Dezember 1799.
Verleihungsur künde der Privilegien an die Russisch-Amerikanische Kompanie. Vom 27. Dezember 1799. Durch göttliche helfende Gnade, Wir Paul der Erste, Kaiser und Selbstherrscher Aller Reußen usw. usw. An die Russische Amerikanische Kompanie unter Unserem Höchsten Schutze. Der Nutzen und die Vorteile, die für Unser Reich aus den Industrien und dem Handel fließen, die von Unseren treuen Untertanen auf dem Nordöstlichen Meere und in der dortigen Gegend Amerikas betrieben werden, haben Unsere Monarchische Aufmerke samkeit und Achtung auf sich gelenkt. Indem Wir daher die dieser Industrien und Handels wegen gegründete Kompanie in Unseren unmittelbaren Schutz nehmen, befehlen Wir ihr, sich zu nennen: „Unter Unserem Allerhöchsten Schutze Russische Amerikanische Kompanie." Und wir bestimmen, daß zur Stärkung der Unternehmungen dieser Kompanie die von Seiten der Kriegskommandanten mögliche Unterstützung mit unseren Land- und Seestreitkräften auf ihr Verlangen auf ihre Kosten geleistet werden. Zur Leitung aber und zur höchsten Erleichterung und Ermunterung dieser Kompanie soll man für sie Vorschriften verfassen und wir haben Allergnädigst geruht, durch diese Unsere Kaiserliche Verleihungsurkunde ihr von heute an auf 20 Jahre folgende Privilegien zu verleihen: P r i v i l e g i u m der K o m p a n i e . Der Russisch-Amerikanischen Kompanie unter dem Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät werden Allergnädigst von heute auf 20 Jahre folgende Privilegien gegeben:
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1. Da in alten Zeiten von russischen Seefahrern die Küsten des nordöstlichen Teiles Amerikas vom 55. Breitengrade an, und die Inselketten von Kamöatka aus nördlich bis Amerika und südlich bis Japan entdeckt worden sind, und da Rußland das Recht ihres Besitzes hat, erlauben Wir Allergnädigst der Kompanie, sich alle Unternehmungen und Gründungen zunutze zu machen, die sich jetzt an der nordöstlichen Küste Amerikas vom obenerwähnten 55. Grad bis zur Beringstraße und hinter ihr befinden, und ebenso auf den Atlantischen, Kurilischen und anderen im nordöstlichen Ozean liegenden Inseln. 2. Sie soll neue Entdeckungen machen nicht nur nördlich vom 5 5 . Breitengrad, sondern auch südlich von ihm, und die von ihr entdeckten Länder nach vorher festgesetzten Bestimmungen in Russischen Besitz nehmen, wenn sie nicht von anderen Völkern besetzt worden waren oder in ihre Abhängigkeit getreten sind. 3. Sie soll sich alles das zunutze machen, was bis jetzt in diesen Gegenden auf der Oberfläche oder im Schöße der Erde von ihr aufgefunden worden ist oder in Zukunft aufgefunden werden wird, ohne jeden Anspruch von Seiten anderer. 4. Allergnädigst erlauben Wir der Kompanie, in Zukunft nach Bedarf und ihrem besten Ermessen, wie sie es nötig findet, Ansiedlungen und Befestigungen zum sicheren Wohnort anzulegen, indem sie in dieses Land Schiffe mit Waren und Arbeitern sendet, ohne die geringste Behinderung. 5. Sie soll zu allen umwohnenden Völkern Seefahrten unternehmen und mit allen ringsum liegenden Mächten Handel treiben, wenn diese ihre Zustimmung dazu freundlich erklärt haben und dies Allerhöchst bestätigt ist, um ihre Unternehmungen zu größerer Kraft und Blüte zu bringen. 6. Sie soll für die Seefahrt, die Gewerbe und Gründungen freie und unverdächtige Leute mieten, die die gesetzlichen Pässe für einen solchen Urlaub haben. In Anbetracht der Entfernung der Orte aber, wohin sie sich begeben, von der Gouvernementsbehörde soll man den Staatsbauern und den freien Männern anderen Berufes Pässe auf sieben Jahre geben; die Gutsbauern und Hofleute soll die Kompanie nur mit Erlaubnis ihrer Gutsherren mieten und für alle von ihr Gemieteten die Staatsabgaben an die bezüglichen Stellen bezahlen. 7. E s ist zwar durch Unseren Allerhöchsten Ukaz verboten, irgendwo Staatswälder ohne Erlaubnis des Admiralitätskollegs zu fällen; doch in Ansehung der Entfernung des Sitzes dieses Kollegs vom Ochotsker Gebiet, wo diese Kompanie Holz zur Ausbesserung
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und Reparatur und bisweilen auch zum Bau neuer Schiffe braucht, soll sie das nötige Holz unverwehrt nehmen. 8. Zum Schießen der Tiere, für Seesignale und alle unvermuteten Fälle auf dem Festland Amerikas und auf den Inseln soll man ihr gegen Barzahlung nach dem wahren Preise jährlich aus dem Irkutsker Staatsartilleriezeughaus 40—50 Pud Pulver verabfolgen und aus den Neröinskischen Fabriken 200 Pud Blei. 9. Wenn aber einer von den Teilhabern der Kompanie Schuldner des Fiskus oder von Privatleuten wird, und mit anderem Vermögen als dem, das er in der Kompanie hat, nicht bezahlen kann, dann soll zwar sein eingezahltes Kapital der Zwangsbeitreibung unterliegen, aber es soll nach ihren Statuten unangetastet in ihr bleiben, und die Gläubiger, die es erhalten, können seine Herausgabe nicht verlangen, und sie sollen gewissermaßen an die Stelle des ersten Besitzers tretend nur den Gewinn bei der Verteilung genießen, und erst nach Ablauf des Kompanieprivilegs sollen sie es zu ihrer vollen Verfügung haben. 10. Da Wir Allergnädigst auf eine 20 jährige Frist in der ganzen oben beschriebenen Ausdehnung der Länder und Inseln der Kompanie das ausschließliche Recht zu allen Erwerbungen, Gewerben, Handel, Gründungen und Entdeckungen neuer Länder verliehen haben,, wird der Genuß dieser Vorteile und Vorrechte nicht nur denen verboten, welche auf eigene Faust eine Seefahrt dorthin unternehmen wollten, sondern auch allen früheren Gewerbetreibenden, die sich mit diesem Handel beschäftigen und in jenen Gegenden ihre Schiffe und Unternehmungen haben, und von denen andere sich auch an den Anteilen der vereinigten Kompanie beteiligten, die aber nicht in sie eintreten wollten. Den letzteren wird aber erlaubt, wenn sie in diese Kompanie nicht eintreten wollen, wie es in ihren Statuten festgesetzt ist, diese Unternehmungen fortzusetzen und die damit verknüpften Vorteile zu genießen, doch nicht länger als bis zur Rückkehr ihrer Schiffe. Danach aber soll niemand diese Privilegien haben außer allein die Kompanie, unter Gefahr des Verlustes der ganzen Anlage zu ihren Gunsten. 1 1 . Die Hauptverwaltung der Russisch-Amerikanischen Kompanie unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät sollen alle Behörden als Leiterin der Angelegenheiten der Kompanie anerkennen, und die gerichtlichen Forderungen aus Fällen, die sie angehen, soll man nicht gegen einen der Teilhaber der Kompanie persönlich geltend machen, sondern gegen diese Verwaltung. 27. Dezember 1799.
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Am Schlüsse dieser Unserer Kaiserlichen Verleihungsurkunde an die Russische Amerikanische Kompanie unter Unserem Höchsten Schutze befehlen wir allen Unseren Kriegs- und Zivilbeamten und Behörden, nicht nur den Genuß aller von Uns verliehenen Privilegien nicht zu hindern, sondern im Notfalle vor jedem möglichen Verlust und Schaden zu warnen und ihrer Hauptverwaltung jede Hilfe, jeden Schirm und Schutz zu gewähren. Zur höchsten Bekräftigung aber haben Wir diese Unsere Verleihungsurkunde eigenhändig unterschrieben und befohlen, sie mit dem Staatssiegel zu versehen. Vorschriften für die Kompanie vom Jahre 1799.
§ 1. Die Kompanie, die gegründet wird für die Industrien auf dem Festlande Nordostamerikas, auf den Aleutischen und Kurilischen Inseln und dem ganzen Gebiete des Nordöstlichen Ozeans, die nach dem Recht der Entdeckung Rußland gehören, soll sich nennen: „Unter dem Allerhöchsten Schutz Seiner Kaiserlichen Majestät Russisch-Amerikanische Kompanie". § 2Diese Kompanie wird nicht neugegründet, sondern setzt sich aus zwei schon bestehenden besonderen Kompanien zusammen, nämlich Golikov mit Frau Selechov und Mylnikov & Co. Ihr Grundkapital besteht aus 724 000 Rubeln und ist auf 724 Aktien verteilt. Doch da die Beteiligung an ihr nicht nur den anderen Kaufleuten, die sich außer den obengenannten Teilhabern mit diesen Industrien beschäftigen, sondern auch allen russischen Untertanen, die in diese Kompanie einzutreten wünschen, freistehen soll, so sollen auch zu den jetzt existierenden 724 Aktien noch 1000 Aktien hinzugefügt werden. § 3-
Jeder russische Untertan und Ausländer, der auf ewig in die russische Untertänigkeit aufgenommen ist, welchen Ranges und Standes er auch wäre (bei letzterem ist es selbstverständlich, daß er einen Wohnsitz zu unbeweglichem Besitze haben muß), kann nach den unten verzeichneten Vorschriften in diese Kompanie eintreten. Doch wenn ein Ausländer durch Betrug oder Fälschung, indem er den Namen eines russischen Untertanen annimmt, die Beteiligung an dieser Gesellschaft genießen sollte, und er durch eine Untersuchung der Behörden dabei erwischt werden sollte, der
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verliert das ganze eingezahlte Kapital zugunsten der Kompanie. Der russische Untertan aber, der seinen Namen zu diesem Betrug hergegeben hat, muß zur Strafe die Hälfte der eingezahlten Summe, auch zugunsten der Kompanie, bezahlen; im Unvermögensfalle verfällt er der gesetzlichen Strafe. § 4-
Doch da seit der Vereinigung der im § 2 bezeichneten beiden Kompanien Golikov mit Frau Selechov und Mylnikov & Co. einige Schiffe mit reicher Ladung zurückgekehrt sind und von anderen gute Nachrichten über das Anwachsen des Kapitals und über Erfolge verschiedener Gründungen eingelaufen sind, so kann man den Wert der Aktien nicht nach jenem Maßstabe bestimmen, der bei der Gründung der Kompanie angelegt wurde; deshalb soll man bei der Emission der ergänzenden iooo Aktien folgende Verordnung beobachten: Gerechnet vom Tage der Bestätigung dieser Vorschriften, gleichzeitig mit den allergnädigst dieser Kompanie verliehenen Privilegien, soll die vereinigte Kompanie im Verlaufe von sechs Monaten ein Namensverzeichnis nicht nur für die Teilhaber machen, die die Akte vom 3. August 1798 unterschrieben haben, sondern auch für alle übrigen, die sich zwar nicht unterschrieben haben, die aber doch unter irgendeiner Form an ihrem Grundkapital teilgehabt haben. Wenn diese mit einer Vermehrung des Kompaniekapitals einverstanden sind, soll sie eine wahre Bilanz für ihr ganzes mit ihnen gemeinsames Eigentum aufstellen, wie in Schiffen, Waren, Gründungen usw., die ganze Summe auf die Zahl der jetzt existierenden Aktien, d. h. auf 724 Teile verteilen, daraus den Wert jeder Aktie berechnen und dies nicht später als die oben erwähnte Frist in den in beiden Residenzen erscheinenden Zeitungen publizieren; danach aber ungesäumt anfangen, sowohl die Zeichnungen als auch die Kapitalien, zu denen jede Aktie geschätzt sein wird, vom Tage dieser Publikation an sechs Monate lang anzunehmen. Doch wenn1 jemand im Laufe dieser Zeit seine Zeichnung nicht gibt und das Kapital wirklich in barem Gelde oder Waren, wenn die Kompanie damit einverstanden ist, nicht einzahlt, so verliert er das Recht, die Vorteile der Kompanie zu genießen, bis zum nächsten Male. § 5-
Die Neuheit dieser Gründung und die Unkenntnis vieler russischer Untertanen von den durch Eintritt in diese Gesellschaft erworbenen Vorteilen hindern vielleicht den Absatz der ergänzenden 1000
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Aktien bei der ersten Emission, und deshalb soll die Kompanie das im vorhergehenden Paragraphen beschriebene Verfahren nach zwei Jahren wiederholen, gerechnet von der ersten Publikation in den Zeitungen; doch dann wird sie den Wert der Aktien aus ihrer wirklichen Bilanz zu jener Zeit berechnen und dies solange fortsetzen, bis alle iooo Aktien emittiert sein werden; weiter aber darf sie die Ergänzungsaktien bis zum Ablauf ihrer Privilegien nicht vermehren. § 6. Die Einzahlung des Kapitals auf die Aktien nach dem Preise, der aus der Bilanz der Kompanie gezogen ist, muß in barem Gelde in Irkutsk erfolgen. Doch bleibt es dabei unbenommen, auch in anderen russischen Städten zu zahlen, und an Stelle von Bargeld in Schiffen, Waren, Gründungen allerart und anderer Habe, doch nur nach vorheriger Abmachung zwischen den Direktoren der Kompanie und denen, die Aktien wünschen, wobei jedoch darauf zu achten ist, daß die das Bargeld ersetzende Habe von allen anderweitigen Ansprüchen und Staatsforderungen frei ist. § 7Außer den in diese vereinigte Kompanie eintretenden gibt es auch andere Unternehmer, die sich mit demselben Handel beschäftigen und in denselben Gegenden ihre Schiffe und Industrien haben. Wenn daher einer von ihnen, der russischer Untertan ist, in die Kompanie auch vor den genannten Fristen einzutreten wünscht, und die Kompanie mit dem Preise der Aktien einverstanden ist und der, der eintreten will, mit den Preisen der Anteile, Waren, Schiffe und anderer Habe, so kann die Kompanie ihre gegenseitigen Bedingungen auch vor den bestimmten Fristen feststellen und zu ihrem Nutzen aus den iooo Ergänzungsaktien die dem empfangenen Vermögen entsprechende Zahl abteilen. Mit Ausländern aber, die Anteile besitzen, kann die Kompanie nicht anders abschließen, als gegen bares Geld oder gegen Waren, damit man ihnen später die Beteiligung abschneiden kann. Doch wenn die Kompanie sich weder mit diesen noch mit jenen einigen kann, dann wird weder den russischen Untertanen noch den Ausländern verwehrt, ihre Industrien fortzusetzen und die mit ihnen verknüpften Vorteile unter den früheren Bedingungen zu genießen, doch nicht länger, als bis zur Rückkehr ihrer Schiffe.' § 8.
Die Aktien von der ersten Vereinigung der Kompanie und die ergänzenden müssen auf gewöhnlichem 30 Kopeken-Stempelpapier
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geschrieben sein, entsprechend dem hier beigefügten Muster, und von allen Direktoren unterschrieben werden; danach wird auf jede vom Buchhalter die Nummer gesetzt, unter der sie in das Buch eingetragen ist, und nachher durch seine Unterschrift bestätigt, und dazu ein Tintenstempel gesetzt, der für den Gebrauch der Kompanie bestimmt ist. § 9-
Das ganze Kapital, auf das von der Kompanie Aktien ausgegeben werden, soll unangetastet in ihr bleiben; die Aktionäre werden aber genau wie die Gründer der Kompanie alle Rechte auf die jetzt bestehenden Gründungen und Erwerbungen genießen ohne jede Ausnahme, und wie an allen Vorteilen aus dem Handel und den Unternehmungen der Kompanie, worin sie auch bestanden oder bestehen werden, in gleicher Weise sollen sie auch an den Verlusten, wenn solche erfolgen sollten, gleichen Anteil haben. § 10. Jedem der Teilhaber bleibt die Freiheit, diese Aktien nach seinem eigenen freien Willen zu verwenden, indem er sie durch Kauf oder auf andere Weise in andere Hände gibt, jedoch mit der Einschränkung, daß der, der sie fortgibt, eine Unterschrift seines Namens und seines Berufes auf ihr macht, damit die Kompanie bei der allgemeinen Rechnung den ersten Empfänger ersehen kann. Außerdem sind Verkäufer und Käufer der Aktien verpflichtet, im Verlauf von drei Monaten der Verwaltung der Kompanie davon Mitteilung zu machen, damit sie rechtzeitig ihre Teilhaber kennen kann. §
Da sie als kaufmännisches Unternehmen über die in die Kompanie einkommenden Gewinne jährlich Rechenschaft gibt, braucht sie dies bei allgemeiner Zustimmung der Teilhaber nicht jährlich zu tun, sondern nach zwei Jahren, gerechnet von der Publizierung in den Zeitungen, indem sie dabei beachtet: 1. daß von jedem Gewinn auf jede Aktie zur Verstärkung des Kompaniekapitals der zehnte Teil zurückbehalten wird, der auch unter genau denselben Bedingungen, wie das Kapital selbst, bleiben muß; 2. der Gewinn soll berechnet und verteilt werden nach Ausschluß aller Verpflichtungen der .Kompanie, die zu jener Zeit nach den Bedingungen bezahlt werden müssen, und nach Erledigung aller Ausgaben, damit alles, was unter den Gewinn gestellt werden wird, keinen Ansprüchen und keinem Zweifel unterliegt. Und wie
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nach § 2 dieser Vorschriften zu den jetzt bestehenden 724 noch 1000 Aktien hinzugefügt werden, so soll die Bestimmung der am 3. August 1798 errichteten Akte betreffs der Nichtforderung und Nichterhebung des auf das allgemeine Kapital erworbenen Gewinnes bis zur Bezahlung des Kreditkapitals sich nicht auf die Besitzer dieser 1000 Aktien beziehen. § 12. Das in Irkutsk für die Leitung aller Angelegenheiten der Kompanie errichtete Hauptkontor soll sich nennen: Unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät Hauptverwaltung der Russisch-Amerikanischen Kompanie. Es ist auch verpflichtet, über alles, was die Angelegenheiten dieser Kompanie betrifft, wie über ihre Anordnungen, so auch über die aus ihnen hervorgehenden Erfolge direkt Seiner Kaiserlichen Majestät zu berichten. § 13Diese Verwaltung soll das Siegel mit dem Kaiserlichen Wappen haben und im Umkreis die Aufschrift: Unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät Siegel der Russisch-Amerikanischen Kompanie. § 14Mit Zustimmung der ganzen Kompanie ist es dieser Verwaltung erlaubt, in den dem Bedürfnis entsprechenden Orten Kontore einzurichten und diese unter ihrer Verwaltung und Leitung zu behalten. § 15Diese Kontore müssen von der Hauptverwaltung mit kleineren Siegeln mit demselben Wappen wie die Verwaltung selbst versehen sein mit den jedem zukommenden Aufschriften. § 16. Zur Verwaltung der Angelegenheiten der Kompanie soll man Teilhaber zu Direktoren wählen, doch nicht mehr als vier. § 17Die Wahl zu Direktoren kann nur durch Abstimmung geschehen, und die Gewählten sollen unbedingt Teilhaber der Kompanie sein und nicht weniger als 25 Aktien besitzen. § 18. Das Recht der Direktorenwahl, wie überhaupt Stimmrecht bei gelegentlichen allgemeinen Versammlungen, kann niemand genießen, P i 1 d er, Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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der nicht zehn Aktien hat; die Stimmen in den Versammlungen sollen nicht nach Aktien, sondern nach der Zahl der in der Versammlung anwesenden Teilhaber zählen, § 19-
Die für die Hauptverwaltung der Kompanie gewählten Direktoren sind verpflichtet, einen entsprechenden Eid zu leisten, heilig und unverletzlich das auf sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen und sorgfältigst sowohl das von der Höchsten Gewalt Vorgeschriebene als auch das von der Kompanie freiwillig Festgesetzte zu erfüllen. § 20. Die Direktoren treffen ihre wirtschaftlichen Anordnungen nur in den Fällen, die von der Kompanie schon bestimmt sind; zur Entscheidung irgendwelcher neuer Unternehmungen schreiten sie nicht selbst, sondern berufen die in Irkutsk anwesenden stimmberechtigten Teilhaber, legen es ihrer Beurteilung vor und erfüllen das einstimmig Beschlossene; im Falle der Meinungsverschiedenheit wird die vorliegende Sache nach Stimmenmehrheit entschieden. § 21.
Im übrigen wird diese Kompanie nach der von ihr in Irkutsk am 3. August 1798 errichteten Akte geführt, die mit Genauigkeit die Kapitel ausfüllt, die von diesen Vorschriften nicht geändert werden, ebenso wie die Bedingungen, die zwischen den Teilhabern unter sich aufgestellt sind. Wenn sie es aber in Zukunft nötig findet, zu ihrer Akte irgendwelche Hinzufügungen zu machen, dann soll sie sie, ohne sie zur Ausführung zu bringen, der Höchsten Kritik Seiner Kaiserlichen Majestät vorlegen. M u s t e r f ü r die A k t i e n der K o m p a n i e . Unter dem Höchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät die Russisch-Amerikanische Kompanie bezeugt hierdurch, daß in das Kapital der Kompanie von dem und dem, oder von der und der so und soviel Rubel eingezahlt sind und verpflichtet sich gegenüber dem Überbringer dieses dazu, daß dieses Kapital ihm ewig als Eigentum gehört, über das er nach Gefallen verfügen kann, ohne es jedoch aus der Kompanie herauszunehmen, und daß der darauf erworbene Gewinn, wieviel in jedem Jahre ihm nach Berechnung der Kompanie auf Grund der Akte, Vorschriften und Privilegien, die für die Verwaltung dieser Kompanie errichtet sind, zukommt, ausgezahlt werden wird. Gegeben in der Gouvernementsstadt Irkutsk.
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Will man das Wesentliche der „Akte" erfassen, so ist zu sagen, daß sie in bewußter Nachahmung anderer europäischer Kompanien einen ausgeprägt nationalen Charakter trägt. Ferner, daß sie über den Rahmen einer gewöhnlichen Handelsgesellschaft hinaus eine a u s g e s p r o c h e n e Kolonisationsgesellschaft schafft mit deren charakteristischen Aufgaben: Ausbreitung des Christentums, Entdeckung und Unterwerfung neuer Länder, Besiedelung und Anbau der erworbenen Gebiete usw. Dazu kam als drittes Wesentliches, daß der Handel mit China, Japan und anderen benachbarten Ländern in Aussicht genommen wurde. Die „Vorschriften" verstärken den nationalen Charakter der Kompanie, indem sie alle Ausländer von dem Besitz der 1000 neuen Aktien ausdrücklich ausschließen. Im übrigen bestätigen sie die Bestimmungen der Akte, besonders wo diese die Rechte Dritter berühren. Eine Änderung bringt nur der § 18, der wegen der 1000 neuen Aktien das Stimmrecht in den Teilhaberversammlungen anders als § 8 der „Akte" festsetzt, um den Großaktionären die Leitung der Kompanie zu sichern. Die „Privilegien", die allen Kabinetten mitgeteilt wurden, ohne Widerspruch zu finden1), verleihen der Kompanie eine Reihe von Rechten und Vorzügen, die ihr die Erreichung ihrer Aufgaben wesentlich erleichtern sollten. So stellen sie den Schutz des Kaisers und die Hilfe seiner Land- und Seestreitkräfte in Aussicht, um die Selechov vor einem Jahrzehnt vergeblich gebeten hatte. Dazu gewähren sie eine Reihe minder wichtiger Rechte, wie das des Holzschlages, des Bezugs von Pulver und Blei aus Staatsarsenalen u. a. m. Vor allem aber bringen sie auch in formeller Hinsicht die Erfüllung des anderen gescheiterten Wunsches Selechovs: das Monopol in dem unermeßlichen Gebiete von KamCatka aus südlich bis Japan und östlich bis zu den Küsten Amerikas und diese hinab bis zum 55. Breitengrad, welche Grenze sie durch eigene Unternehmungen noch weiter nach Süden ausdehnen konnte. Gleichzeitig wurde auch stillschweigend die Verwaltung aller dieser Länder in ihre Hände gelegt. So wurde ein Gebilde geschaffen, das für die russische Welt absolut neu war. Noch nie hatte es dort eine Aktiengesellschaft gegeben, und noch nie hatte sich die autokratische Regierung so weit ihrer Hoheitsrechte zugunsten von Privatpersonen entäußert. *) Siehe Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 688 in der Denkschrift: „Über die Rechte Rußlands auf den Besitz der nordwestlichen Küste Amerikas." (Deutsche Übersetzung s. im Anhange.) 3*
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Bau und Zerstörung Sitchas. Wir kehren zu der Geschichte der Kolonien in Amerika zurück. Mit der Nachricht von einem Teil der Veränderungen, die wir eben kennen gelernt haben, empfing Baranov die Bitte der neuen Kompanieleiter, auf seinem Posten zu bleiben, wozu er auch zunächst bereit war. Gleichzeitig teilte man ihm mit, daß zum Verwalter des benachbarten Kontors auf Unalaska der Aktionär Larionov ernannt sei. Mit Beginn der Schiffahrt im Jahre 1798 fuhr zunächst der „Phönix" unter dem Kommando von Schilz mit einer reichen Ladung Pelzwerk wieder nach Ochotsk 1 ). An Bord befand sich mit einigen Begleitern der Archimandrit Joseph, der nach Irkutsk gerufen worden war, um zum Bischof geweiht zu werden, dazu zwei von den Steuerleuten der kaiserlichen Marine, die, wie erwähnt, in der Kompanie Dienst genommen hatten. Die Leiter der Gesellschaft in Irkutsk hatten auch Baranov aufgetragen, mit diesem Schiffe Leute aus Amerika zu senden, um sie auf der südlichen kurilischen Inseln anzusiedeln. Doch hatte er dies abgelehnt, mit der Begründung, daß er seine Leute zu wichtigeren Unternehmungen brauche. Zur selben Zeit sandte er ein Schiff mit Hornvieh in die junge Ansiedelung Jakutat, ein anderes zu Forschungszwecken nach der weit im Südosten an der Küste liegenden Insel Sitcha, bei der im vorigen Jahre die Jagdexpedition viele Seeottern angetroffen hatte. Er selbst fuhr zum Kenajckij-Meerbusen, wo kurz zuvor Unruhen stattgefunden hatten, und verlegte die dort befindliche Festung an eine andere Stelle, da ihm die frühere Lage nicht sicher genug schien. Dann begab er sich zum Cugackij - Meerbusen, verlegte auch hier die Konstantinische Ansiedelung und setzte seinen Gehilfen Kuskov als Leiter ein. Die große Jagdabteilung drang wieder wie im Vorjahre längs der Küste bis nach Sitcha vor und brachte 1000 Seeotterfelle heim. Als letzte reihte sich an die Unternehmungen dieses Jahres eine größere Forschungsexpedition, die an die Mündung des mächtigen, aus dem Innern des Festlandes strömenden Kupferflusses und diesen eine Strecke weit hinauf ging. Diese ganze Sommerkampagne war eine Zeit der Vorbereitung und Sammlung der Kräfte zu dem großen Unternehmen, das Ba*) Siehe von jetzt an die genaue Angabe des von der Kompanie ausgeführten Pelzwerke auf Tabelle II im Anhange.
Bau und Zerstörung Sitchas.
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ranov für das nächste Jahr beschlossen hatte: die Anlegung einer Niederlassung auf der Insel Sitcha. Die Gründe, die ihn dazu bestimmten, jetzt diesen wichtigen Schritt zu unternehmen, hat er eingehend in einer Denkschrift an die Hauptverwaltung in Irkutsk dargelegt. Er habe, so schreibt er, aus den Zeitungen ersehen, daß Spanien an England die Nutka-Bai an der Westküste Amerikas unter dem 50. Breitengrad abgetreten habe. Dies mache ihn besorgt, denn wenn die Engländer sich dort festsetzten, so würden sie gewiß bald ihren Handel und ihr Gebiet zum Schaden Rußlands weiter nach Norden ausdehnen. Von den Amerikanern habe er gehört, daß auch sie eine Kompanie gegründet hätten, um an derselben Küste eine dauernde Ansiedlung zu gründen. Schon jetzt sei auch ohne diese festen Stützpunkte der Handel beider Nationen sehr schädlich für die russische Kompanie, wie folgende Aufstellung beweise: Seit zehn Jahren kämen jährlich 6—10 von ihren Schiffen in diese Meere. Nehme man nur sechs an und deren durchschnittlichen Pelzerwerb auf je 2000 Seeotterfelle, so käme man auf 12 000 Felle jährlich oder in den zehn letzten Jahren auf mindestens 100 000! Setze man den Preis, der für jedes Stück in Kanton gezahlt werde, auf 45 Rubel, so gäbe dies 4 500 000 Rubel. Davon gingen etwa 1 500 000 Rubel an Geschäftsunkosten ab, so daß 3 000 000 Rubel barer Reingewinn blieben. Diese Summe hätte von Rechts wegen den Russen zufallen müssen, da ihnen ja die amerikanische Küste gehöre. Statt dieses Gewinnes hätten sie aber nur Schaden gehabt, denn die in Kanton eingeführten Pelzwaren hätten auf die Preise des Kjachtaer Handels gedrückt und drohten, ihn völlig zu ruinieren. Darum sei es hohe Zeit, sich Sitchas und damit des umliegenden Küstengebietes mit seinem Pelzreichtum zu versichern. Er sei fest entschlossen, um jeden Preis, wenn auch zuerst mit schwachen Kräften, sich dort festzusetzen. „Es wäre ungewöhnlich bedauerlich," so schließt er, „wenn uns durch Europäer oder durch irgend eine andere Kompanie diese Gebiete abgeschnitten würden. Dann würden wir aller jetzigen Vorteile beraubt werden und gar nichts übrigbehalten." Und damit hatte er recht. Denn die Seeottern begannen bereits in dem ganzen Gebiet, das die Kompanie augenblicklich besetzt hielt, seltener zu werden, und wenn es nicht gelang, neue Jagdgründe zu erschließen, so war auf ein weiteres Gedeihen nicht zu rechnen. Baranov hatte, wie wir sahen, Sitcha schon mehrmals untersuchen lassen und dort eine zahlreiche, durch europäische Kaufleute gut bewaffnete Bevölkerung gefunden. Darum befahl er zur Vorsicht 550 Baidaren, bei der Pelzjagd nach Sitcha zu kommen,
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um im Notfalle zu helfen. Die „Katharina" wurde mit den nötigen Materialien vorausgesandt, und am 23. Mai 1799 machte sich Baranov selbst auf die Reise. In Sitcha traf er den „Adler", zu dem sich bald die „Katharina" gesellte, und einen Teil der Baidaren. Medvjadnikov, der in Aussicht genommene Kommandant der neuen Ansiedlung, hatte nämlich die übrigen Aleuten zur Jagd zurückgeschickt, als er sah, daß die Wilden friedlich gesinnt waren. Baranov versammelte nach seiner Ankunft alle Tojone, setzte ihnen den Zweck seines Kommens auseinander und brachte es durch freundliche Worte und Geschenke dahin, daß sie ihm feierlich die Erlaubnis gaben, sich auf ihrem Gebiete anzusiedeln. Nach langer, sorgfältiger Prüfung wählte er einen Bauplatz aus, und am 15. Juli 1799 ging man an das Fällen des nötigen Bauholzes. Dann wurde zunächst ein großer Schuppen gebaut, in den die Waren und Lebensmittel von den Schiffen gebracht wurden, sowie eine kleine Hütte, in die Baranov im Oktober übersiedelte und wo er den ganzen Winter hindurch vom Rauch und von der Feuchtigkeit litt, die bei dem bis zum Februar ununterbrochenen Regen durch das schlechte Dach hindurchsickerte. Hierauf errichtete man eine zweistöckige Kaserne mit zwei Schilderhäusern an den Ecken, die acht Klafter lang und vier Klafter breit war, mit einem Keller zur Aufbewahrung der Vorräte. Alles dies wurde mit sehr geringen Arbeitskräften ausgeführt. Denn es standen nur 30 Russen zur Verfügung, von denen immer 20 bauten, während 10 Wache hielten. Während des Baues traf die Kompanie ein schweres Unglück, von einer der Aleutenabteilungen, die in den benachbarten Meerbusen der Seeotterjagd oblagen, erkrankten plötzlich über 100 Mann nach dem Genuß von Seemuscheln, und starben nach wenigen Stunden unter schrecklichen Schmerzen. Gleich darauf ereignete sich ein zweiter Unfall. Der Kommandant des „Adler", Talin, befand sich schon lange in Opposition gegen Baranov. Anfänglich hatte er sich überhaupt geweigert, dem Befehl, von Kadiak nach Sitcha zu fahren, nachzukommen. Als er dann doch dorthin gekommen war, leistete er bei dem Bau der Ansiedelung mit der Besatzung seines Schiffes keinerlei Hilfe. Da seine Anwesenheit unter diesen Umständen überflüssig war, ließ ihn Baranov alle erbeuteten Felle an Bord nehmen und sandte ihn direkt nach Kadiak. Talin aber hatte schon vorher mit dem Leiter von Jakutat, Polomosni, der auch ein Gegner Baranovs war, ein Komplott geschmiedet. Er fuhr entgegen dem Befehl dorthin, nahm den Mitverschworenen und eine Ladung Pelze an Bord und
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wäre wohl auf und davon gegangen, wenn ihn nicht auf der Weiterfahrt ein furchtbarer Nordweststurm überrascht hätte, der das Schiff in den Cugackij-Meerbusen trieb und dort bei der Insel Sukli völlig zerschellte. Dabei ertranken fünf Mann, unter ihnen Polomosni. Von der Ladung konnte zwar ein großer Teil gerettet werden, doch gingen immerhin 400 Seeotterfelle verloren, was nach* dem damaligen Werte einen Schaden von 22 000 Rubeln bedeutete, ganz abgesehen von dem Verlust des Schiffes mit Takelage und Ankern. Die Lage der neuen Festung war in vieler Beziehung ausgezeichnet. Sie lag inmitten eines buchten- und meerengenreichen Archipels, in dem sich die scheuen Seeottern mit Vorliebe aufhielten. Ferner lag sie sehr günstig für einen Tauschhandel mit den Eingeborenen und bot einen geeigneten Stützpunkt für ein weiteres Vorrücken nach Süden. Doch hatte sie einen großen Nachteil: sie war rings umgeben von einem zahlreichen, kriegsgeübten und wohlbewaffneten Indianerstamm. Die Existenz der Russen hing hier von ihrem Verhältnis zu den Eingeborenen ab, und Baranov tat daher alles, um die anfänglichen guten Beziehungen weiter zu pflegen. So befreundete er sich während des Winters besonders mit dem mächtigen und klugen Haupttojon Sitchas, Skautlelt. Er gab ihm als Auszeichnung ein kupfernes russisches Wappen und ein offenes Dokument vom 25. März 1800, durch das bezeugt wurde, Skautlelt habe freiwillig den Platz für die Festung gegen Bezahlung abgetreten und dabei seine Ergebenheit für Rußland erklärt. Dafür versprachen die Russen, ihn mit allen Bedürfnissen zu versehen und vor den Angriffen der benachbarten feindlichen Völker zu schützen. Trotz dieses scheinbaren Einverständnisses ereigneten sich doch gelegentliche Zwischenfälle mit den Koljuschen. Denn die aus entfernteren Orten kommenden regten die Bewohner Sitchas gegen die Russen auf, indem sie sich über ihre Nachgiebigkeit lustig machten und sich der eigenen Freiheit rühmten. Als Baranov zu Ostern alle Tojone zu sich einlud, erschienen nur die von Sitcha, die Auswärtigen aber beraubten und schlugen den Boten und jagten ihn fort. Baranov glaubte, das nicht ruhig hinnehmen zu dürfen, und fuhr daher mit 22 Mann auf einem bewaffneten Boote zu dem Dorfe der Schuldigen. Furchtlos stiegen sie ans Ufer und rückten mitten durch dichte Scharen mit Flinten bewaffneter Indianer hindurch, die eine drohende Haltung annahmen. Als sie bei der Hütte der Übeltäter angekommen waren, schien ein Kampf auf Leben und Tod unvermeidlich zu sein. Allein als die Russen zwei Salven in die Luft
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abgegeben hatten, war plötzlich von den Wilden nichts mehr zu sehen: sie hatten sich eiligst davongemacht. Schließlich gab man sich damit zufrieden, daß die Schuldigen um Verzeihung baten, tauschte mit ihnen Freundschaftsgeschenke und kehrte heim. Baranov wollte und durfte nicht schwach erscheinen, hätte aber im Ernstfalle mit seinen wenigen Leuten nicht erfolgreich auftreten können. Darum war es klug von ihm, über manche kleinere Anzeichen von feindseliger Gesinnung scheinbar hinwegzusehen. Als er sich zur Abreise rüstete, schärfte er Medvjadnikov, der als Leiter der Ansiedelung zurückblieb, noch einmal als Leitsätze für'das Verhalten gegen die Wilden ein: alles zu vermeiden, was ihnen Grund zur Erbitterung bieten könnte, ihnen also vor allem nichts ohne Bezahlung wegzunehmen, wie man das wohl früher gelegentlich bei den Aleuten getan hatte; dann die Haupttojone geistlich zu bewirten und reichlich zu beschenken; dabei sich aber auf jede Weise vor ihrer Hinterlist zu hüten. Am 22. April 1800 verließ Baranov Sitcha und kam am 5. Mai nach einem kurzen Aufenthalt im Cugackij-Meerbusen in Kadiak an. Hier hatte sich seine lange Abwesenheit auf das schlimmste fühlbar gemacht. Da Kuskov am Cugackij-Meerbusen beschäftigt war, hatte man die Regierung Bakadarov anvertrauen müssen, und dieser war nicht fähig gewesen, Talin und andere Gegner Baranovs im Zaume zu halten. Diesen war es so gelungen, die Kadiaker zu offenem Ungehorsam aufzuwiegeln. Zum Glück war Kuskov schon im März nach Kadiak zurückgekehrt und war es ihm gelungen, wenigstens äußerlich die Ordnung aufrechtzuerhalten und die jährlichen Jagdexpeditionen auszusenden. Doch die Lage der Handvoll Russen, die sich so verwegen zu Herren einer hundertfachen Uberzahl von Wilden aufgeworfen hatte, wurde immer kritischer. Es gärte an allen Enden. Am Kenajckij-Meerbusen töteten die Wilden drei Russen von der Ansiedelung am Iljamnasee und bereiteten eine große Verschwörung vor, um alle Russen und die ihnen ergebenen Aleuten zu ermorden. Zum Glück wurde dies rechtzeitig entdeckt und die Rädelsführer ergriffen. Baranov war eben in Begriff, sich dorthin zu begeben, als er durch die Nachricht von einem neuen, furchtbaren Unglück festgehalten wurde. Nach einem wilden Frühlingssturm, der Ende Mai vier Tage lang ununterbrochen getobt hatte, fand man an verschiedenen Stellen der Küste Schiffstrümmer und Waren, die nur von dem „Phönix" herrühren konnten, der von Ochotsk zurückerwartet wurde. Bange Wochen des Harrens und Suchens vergingen, bis schließlich die Gewißheit feststand: von der ganzen Besatzung des
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Schiffes, auf der sich außer Schilz und dem neugeweihten Bischof Joseph mit seinen Begleitern eine Menge neuer Pelzjäger und Matrosen befanden, hatte sich auch nicht eine Seele retten können. Auch die ganze Ladung an Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen war verloren. Man hat nie erfahren, wo und unter welchen Umständen die Katastrophe sich abgespielt hat. Einige gaben die Schuld der Ungeschicklichkeit des Kommandanten Schilz; Baranov aber nahm ihn in Schutz und glaubte an einen unglücklichen Zufall 1 ). Die Folgen dieses Unglücks waren für ihn sehr empfindlich. Denn durch den Verlust aller mit dem „Phönix" erwarteten Waren und Vorräte kam er in große Not, besonders weil er kein Schiff nach Ochotsk senden konnte, da er nur die Brigg „Katharina" und die kleine „Olga"' zur Verfügung hatte, die er in Amerika brauchte. Ferner wußte er, daß nach Absendung des reich bemannten und beladenen „Phönix" die Kompanie im laufenden Jahre kein Schiff mehr in die Kolonien schicken konnte, also die Not später noch größer werden mußte. Daher entschloß er sich, den Leiter der Ansiedelung Unalaska um Hilfe zu bitten. Larionov hatte als Aktionär der Kompanie schon früher sein Interesse an den amerikanischen Kolonien ausgesprochen. Baranov hatte ihm darauf einen ausführlichen Bericht über seine ganze Tätigkeit gesandt und ihm dabei erklärt, er wünsche sehnlichst von seinem Amte befreit zu werden und nach Ochotsk zurückzukehren]. Denn die nun zehnjährige ununterbrochene Arbeit habe seine Gesundheit geschwächt und am meisten hätten ihn die Unannehmlichkeiten aufgerieben, die unzufriedene und widerspenstige Untergebene ihm bereitet hätten. E r habe trotz der schwierigsten Verhältnisse und schwacher Unterstützung seitens der Kompanie mehr geleistet, als er versprochen habe, und wünsche nun auszuruhen. Wohl hatte Baranov ein Recht, sich auf seine Leistungen für die Gesellschaft zu berufen; im Sommer 1800 allein z. B. wurden in den Kolonien 3500 Seeotterfelle erbeutet. Doch die Befreiung sollte ihm noch lange nicht zuteil werden. Gleich im nächsten Winter bereiteten ihm seine geheimen und offenen Gegner unter den Russen neue Schwierigkeiten. Sie beeinflußten die dafür nur zu empfänglichen Kadiaker, so daß diese sich schließlich weigerten, noch einmal an der großen Jagdexpedition teilzunehmen, die jährlich in Baidaren von Kadiak nach Sitcha fuhr und wegen des weiten Weges und der wilden Koljuschen Vgl. „Reise Chvostovs und Davydovs nach Amerika 1802—1804", S. 206.
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auch tatsächlich nicht ungefährlich war. Schließlich erklärten sie, überhaupt keine Dienste mehr für die Kompanie tun zu wollen. Die Lage war sehr ernst. Ließ man diesen ersten Ungehorsam durch, so fand er bei der Stimmung der Wilden in den Kolonien überall Nachahmung, und mit der Herrschaft der Russen war es zu Ende. Griff man aber andrerseits zu streng durch und kam es zu einer Probe von Macht zu Macht, so war der Ausgang bei dem Zahlenverhältnis der Gegner mehr als zweifelhaft. So hing im Augenblick alles von Baranovs Takt ab. Und er zeigte sich der Lage gewachsen: er sandte Abteilungen in alle Dörfer und forderte von den Tojonen Geiseln. Diese wagten, jeder einzeln und der Hilfe des andern ungewiß, keinen Widerstand. So ging die größte Gefahr ohne Blutvergießen vorüber, und erst später gestanden die Verschwörer reumütig ihre Schuld. Indessen stieg der Mangel in den Kolonien immer höher. Schon längst hatte sich Baranov mit seinen Leuten daran gewöhnen müssen, von der Speise der Aleuten zu leben: Seehundspeck, getrockneten oder halb verfaulten Fischen und Wurzeln. Es fehlte auch an Kleidung, Geräten und den kleinen Gegenständen, mit denen man bisher die Aleuten für ihre Dienste bezahlt hatte. Da kam bei Beginn der Schiffahrt im Jahre 1801 zum ersten Male ein Handelsschiff aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Kadiak 1 ). Der Kapitän James Scott bot Baranov an, einen Teil seiner Waren mit Fellen zu kaufen. Natürlich griff dieser mit Freuden zu, um So mehr als der Amerikaner gar nicht die im chinesischen Handel so wertvollen Seeotterfelle haben wollte, sondern Füchse vorzog. Mit diesem Jahre beginnt eine neue Epoche in der Verpflegung der Kolonien: neben den Bezug über Ochotsk, der sich als nicht ausreichend und unzuverlässig erwiesen hatte, tritt der Einkauf bei ausländischen Schiffen. Um den Wunsch Baranovs nach einem Nachfolger zu erfüllen, sandte ihm Larionov im nächsten Jahre den Titulärrat Banner. Dieser hatte von der Kompanie den Auftrag bekommen, ins Beringsmeer zu fahren, dort eine Ansiedlung zu gründen und Handelsbeziehungen mit den Wilden anzuknüpfen. Als er aber nach Unalaska kam, gab ihm Larionov eine andere Instruktion, da man im Beringsmeere keine Ansiedlungen nötig habe, behielt Schiff und Mannschaft bei sich und sandte Banner zu Baranov. Dieser l ) Der englische Pelzhandel zwischen der Nordwestküste Amerikas und China war nämlich sehr zurückgegangen. Denn die Englisch-Ostindische Kompanie besaß das Monopol des Handels mit Kanton und erlaubte ihn Privaten nur unter drückenden Bedingungen.
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machte ihn zum Leiter des Kontors in Kadiak, doch scheint er die auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt zu haben. Denn davon, daß er Baranovs Nachfolger werden sollte, ist später nie wieder die Rede gewesen 1 ). Banner brachte Baranov die Nachricht von dem Rest der Veränderungen, die wir im vorhergehenden Kapitel kennen gelernt haben, und daß der Kaiser Paul ihm für seine Verdienste um das Vaterland die goldene Medaille am Vladimirsbande verliehen habe. Baranov war über die kaiserliche Gnade tief gerührt, zeichnete als Beweis seines Dankes für die Schule in Kadiak iooo Rubel und feierte ein für dortige Verhältnisse großartiges Freudenfest: „ f ü r diesen T a g wurde einer von den älteren Hammeln geschlachtet!" Mit neuem Eifer machte er sich nun an die Arbeit. Die große Jagdabteilung unter Kuskovs Leitung, die im vorhergehenden Sommer rings um die Insel Sitcha gejagt hatte und die sehr reiche Beute von 5000 Seeotterfellen heimgesandt hatte, wurde auch in diesem Sommer dorthin geschickt und ihr zum Schutze die „ K a t h a r i n a " mitgegeben. Baranov beabsichtigte, selbst nach Sitcha zu gehen. D a er aber wegen der Kriege in Europa einen feindseligen Angriff einer anderen Nation fürchtete, ließ er zunächst die reichen Pelzvorräte, die sich im Laufe der letzten Jahre in Kadiak angesammelt hatten, in das Innere der Insel bringen. Auch eine Batterie legte er an, doch mehr, um mit ihr zu drohen, als um zu kämpfen. Denn er hatte nur wenige größere Geschütze und — nicht eine einzige Kanonenkugel! Während Baranov so beschäftigt war, erschien eines Tages das amerikanische Handelsschiff „ U n i c o r n " vor Kadiak. Der Kapitän kam an L a n d und brachte Baranov eine schlimme Nachricht: Sitcha sei von den Wilden überfallen, fast alle Russen getötet und alle Vorräte und Anlagen geraubt und verbrannt. Das Unglück hatte sich folgendermaßen abgespielt 2 ): Medvjadnikovs Wachsamkeit war durch die scheinbare Freundlichkeit der Tojone eingeschläfert worden. Oft sandte er größere Abteilungen gleichzeitig zum Seeotterfang und zur Sammlung des Wintervorrats aus und ließ die Ansiedlung fast unbewacht. Eine solche Gelegenheit benutzten die Wilden, stahlen sich heimlich, teils einzeln durch die dichten Wälder, teils in Baidaren, durch die zahlreichen Meerengen und Buchten heran und erschienen plötzlich in einer Zahl von 600 Mann mit Flinten wohlbewaffnet vor der Festung. Ihre Führer beim Angriff waren drei amerikanische Seeleute, die von ihrem Schiff desertiert x
) Er starb 1816 in Kadiak. ) Nach Lisiansky: A Voyage round the World, S. 219/220.
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waren, dann in der Russisch-Amerikanischen Kompanie Dienst genommen hatten und nun zu den Wilden übergegangen waren. Da sie wußten, in welchen Häusern das Pulver aufbewahrt wurde, zündeten sie diese durch brennende Reisigbündel an und sprengten sie in die Luft. Die wenigen Russen in der Festung schlugen sich tapfer, doch war der Überzahl gegenüber jeder Widerstand vergeblich: um 9 Uhr hatte der Kampf begonnen und schon nach wenigen Stunden war der ganze Ort dem Erdboden gleichgemacht. Dann zerstreuten sich die Wilden, um die einzelnen Russen und Aleuten aufzusuchen und auch sie umzubringen. Der Kapitän des „Unicorn", der sich zur Zeit des Überfalles in der Nähe befand, hatte durch einen glücklichen Zufall den am meisten schuldigen Tojon Skautlelt, den früheren Freund Baranovs, in seine Gewalt bekommen. Durch die Drohung, ihn an der höchsten Rahe aufzuhängen, zwang er ihn dazu, die in der Festung erbeuteten 2000 Seeotterfelle mit ihm zu teilen und die noch lebenden Gefangenen auszuliefern. Mit diesen war er nach Kadiak gekommen und verlangte nun von Baranov für diesen Umweg und die Verpflegung der Leute während der Fahrt 50 000 Rubel. Um dieser Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, pflanzte er 20 Geschütze auf dem Verdeck seines Schiffes auf und machte klar zum Gefecht. Baranov ließ sich aber dadurch nicht aus der Ruhe bringen, lehnte die unverschämte Forderung ab und rüstete seinerseits nach Kräften. Doch kam es nicht zum Äußersten, sondern man verständigte sich über eine Loskaufsumme von 10 000 Rubeln, die in Fellen bezahlt wurde. Kuskov, der, wie gesagt, mit der großen Jagdabteilung an den Küsten der Insel Sitcha jagte, wurde auch von den Koljuschen mehrmals überfallen. Als er erfuhr, daß sie einen Angriff gegen die Festung selbst planten, eilte er sofort hin. Doch er kam zu spät. So blieb ihm nichts übrig, als sich mit seiner Abteilung nach Jakutat in Sicherheit zu bringen, wobei es noch als ein Glück erscheinen mußte, daß wenigstens dies gelang. Der Verlust Sitchas war ein schwerer Schlag für Baranov. Denn neben dem augenblicklichen und in Rubeln schätzbaren Schaden war ihm auch der Plan, über Sitcha hinaus nach Süden vorzudringen, vorläufig vereitelt. Dazu kam, daß die Eingeborenen in allen anderen Gebieten, besonders aber in Kadiak, durch den Erfolg ihrer Landsleute in ihrem Selbstgefühl gestärkt wurden und von neuem eine drohende Haltung gegen ihre Bedrücker annahmen. Trotz dieser Schwierigkeiten zeigte sich Baranov sofort fest entschlossen, alles daranzusetzen, das Verlorene zurückzuerobern, um
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die Ehre Rußlands vor dem Auslande zu retten, das Vertrauen der Regierung und der Kompanie zu behaupten und den finanziellen Schaden durch neue Gewinne auszugleichen. Zum Trost im Unglück wurde Baranov dadurch erfreut, daß zum ersten Male seit fünf Jahren wieder Schiffe aus Ochotsk in den Kolonien anlangten, die Briggs „Alexander" und „Elisabeth". Auf beiden kamen 120 neue Pelzjäger, auch Waren und Lebensmittel, die aber doch nicht ausreichten, um alle Not zu bannen. Mit den Schiffen kamen auch neue Anordnungen für die Verwaltung der Kolonien. Zunächst wurde diese ganz neu organisiert. Ihre Spitze bildete von jetzt an der „Hauptleiter der Kolonien", wozu Baranov ernannt wurde. Die bisher bestehenden selbständigen Verwaltungen wurden aufgehoben und an ihrer Stelle Kontore errichtet, die dem Hauptleiter untergeordnet wurden. Gleichzeitig wurden auch für alle gleichartige Verwaltungsreglements eingeführt1). Die Jäger und Arbeiter der Kompanie standen in einem ganz eigenartigen Lohnverhältnis, das sich ohne Kenntnis seiner historischen Entwicklung nicht verstehen läßt. Wenn zur Zeit der zahlreichen Kompanien im 18. Jahrhundert ein Pelzschiff mit etwa 40 Mann Besatzimg von der Jagd zurückkehrte, so wurde die ganze Beute in 45—48 gleiche Teile geteilt. Drei bis vier von ihnen erhielt der Kapitän des Schiffes, etwa ebensoviel der Anführer der Jäger und eins gewöhnlich eine wohltätige Anstalt, eine Kirche, Schule, ein Kranken-Waisenhaus oder dergleichen. Die 40 nun verbleibenden Anteile wurden dann, jeder einzeln, genau halbiert und die eine Hälfte von ihnen allen erhielt der Unternehmer, der den Jägern für ihre Reise das Schiff, den Proviant, die Waffen usw. geliefert hatte. Die 40 nun noch übrigbleibenden Hälften verteilten die 40 Jäger unter sich durch das Los 2 ). Bisher hatte die Russisch-Amerikanische Kompanie den Lohn ihrer Jäger auf eine ähnliche Art berechnet. Jetzt erhielt Baranov den Befehl, alle erbeuteten Felle den Jägern nach einem gleichmäßigen beständigen Preis in barem Gelde zu bezahlen. Diese sträubten sich aber mit aller Entschiedenheit gegen diese für sie unvorteilhafte Neuerung, und sie konnte nur allmählich dadurch eingeführt werden, daß man die neuen Arbeiter auf ihrer Grundlage mietete. Im Sommer des Jahres 1803 trat Baranov die Leitung aller Vgl. den Brief Baranovs an den Leiter der Abteilungen auf den östlichen Aleutischen Inseln, Kulikalov vom 29. April 1805 bei: Tichmenev, Historische Übersicht über die Entstehung der Russisch-Amerikanischen Kompanie, Bd. II, Anlagen S. 182 (russisch). 2 ) Nach Berch, Entdeckung der Aleutischen Inseln, S. 19/20.
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Kolonien an und sandte Banner auf der „Olga" nach Unalaska, um von dort alle Waren und Vorräte, Leute und das Schiff „Peter und Paul" zu holen. Auch befahl er, die Seebärenjagd auf den Inseln Paul und Georg vorläufig auszusetzen, da man 800 000 dieser Felle aufgestapelt hatte, die aus Mangel an guten Magazinen verdarben. In diesem Jahre konnte Baranov auch einmal wieder eine wertvollere Ladung Pelze nach Ochotsk schicken. Bisher hatte es ihm an einem zuverlässigen Seefahrer gefehlt, dem er sie hätte anvertrauen können. Darum hatte sich die Hauptverwaltung an die kaiserliche Regierung gewandt mit der Bitte, ihr tüchtige Seeoffiziere aus der Kriegsmarine zu überlassen. Der Kaiser hatte daraufhin bestimmt, daß Flottoffiziere in den Dienst der Kompanie treten dürften, ohne aus der Reichsmarine auszuscheiden und unter Weiterbezug ihrer halben Gage. Die sehr jungen Leutnants Chvostov und Davydov waren die ersten, die von dieser Erlaubnis Gebrauch mächten und waren 1802 nach Amerika gekommen. Im Juli 1803 segelten sie mit der Brigg „Elisabeth" nach Ochotsk zurück. Die Ladung bestand ganz aus Pelzwerk, allein an Seeottern waren 17 000 Stück an Bord, und das Ganze wurde auf 1 200 000 Rubel gewertet. Glücklich langten diese Schätze in Ochotsk nach einer sehr raschen Reise an. Schon damals trug sich Baranov mit dem Gedanken, sofort gegen Sitcha vorzugehen. Allein den energischen Gegenvorstellungen seines besonnenen Gehilfen Kuskov gelang es, ihn davon abzubringen, und so begnügte er sich damit, die nötigen Vorbereitungen mit Nachdruck zu betreiben. In demselben Sommer 1803 kam das amerikanische Schiff „Boston" unter dem Kommando Okeins nach Kadiak, der schon auf der „Entreprise" 1801 als Steuermann dort gewesen war. Er tauschte mit Baranov Waren für 10 000 Rubel gegen Felle. Außerdem schlug er ihm vor, ihm Aleuten und Baidaren mitzugeben, mit denen er an der Küste Kaliforniens die Seeotterjagd betreiben wollte. Dann werde er zurückkehren und die Beute sollte zu gleichen Teilen zwischen ihm und den Russen verteilt werden. Da Baranov im eigenen Gebiet nicht auf eine ergiebige Otternjagd rechnen konnte, solange er nicht wieder eine feste Ansiedelung in Sitcha hatte, so willigte er ein. Er nahm von Okein einen Teil seiner Ladimg als Unterpfand und gab ihm 20 Baidaren unter der Aufsicht eines treuen und klugen Russen. Das Unternehmen entsprach den Erwartungen vollauf. Okein kehrte nach einiger Zeit mit 1100 erbeuteten Seer otterfellen zurück, die zwischen beiden geteilt wurden. Der Auf-
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seher berichtete Baranov von dem Überfluß aller Lebensmittel in Kalifornien und daß Okein von den dortigen spanischen Missionaren und Soldaten etwa 700 Seeottern auf eigene Rechnung einkaufte, wobei er für jedes Fell Waren im Werte von drei bis vier Piaster gab 1 ).
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Die Wiedereroberung Sitchas. Im Frühjahr 1804 scheiterte bei einer der Aleutischen Inseln das Kompanieschiff „Demetrius", das Vorräte aus Ochotsk in die Kolonien bringen sollte. Die Mannschaft und die Ladung wurden gerettet. Der Kapitän fuhr auf Baidaren weiter nach Kadiak und brachte Baranov die Nachricht, daß er auf Verwendung der Kompanie für seine Verdienste vom Kaiser in den Rang eines Kollegienrates erhoben worden sei. Während Tränen der Dankbarkeit dem Manne über die Wangen rannen, rief er aus: „Ich werde belohnt, doch Sitcha ist verloren! Nein! Ich kann nicht leben! Ich gehe — entweder zu sterben, oder es zur Zahl der Länder meines erhabensten Wohltäters hinzuzufügen " Sofort machte er sich ans Werk. Er sandte die „Katharina" und den „Alexander" dorthin voraus und folgte selbst mit 300 Baidaren. Nach einem Besuch in Jakutat, wo er die beiden Segler fertig fand, deren Bau er im vorhergehenden Jahre Kuskov aufgetragen hatte und die er „Jermak" und „Rotislav" taufte, fuhr er an der Küste jagend entlang. Er wagte es sogar, in die gefährlichen schmalen Meeresarme, die die Inseln rings um Sitcha bespülen, einzudringen und erbeutete dort 1500 Seeottern. Sobald die Koljuschen der Russen ansichtig wurden, flohen sie jedesmal entsetzt. Man ließ aber meist ihre Dörfer unversehrt und zerstörte nur zwei, deren Bewohner einen Überfall gewagt hatten. Nachdem man die ganze Insel Sitcha umfahren hatte, kam man am 8. September 1804 in dem Hafen an, an dem die alte Ansiedelung gelegen hatte. Hier traf man die „Katharina", den „Alexander" und die soeben aus St. Petersburg nach einer Reise um die halbe Welt x ) Siehe den Bericht Rezanovs an den Handelsminister vom 17. Juni 1806 bei Tichmenev, Entstehung der Russisch-Amerikanischen Kompanie Bd. II, Anlagen S. 1 7 2 ff.
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seher berichtete Baranov von dem Überfluß aller Lebensmittel in Kalifornien und daß Okein von den dortigen spanischen Missionaren und Soldaten etwa 700 Seeottern auf eigene Rechnung einkaufte, wobei er für jedes Fell Waren im Werte von drei bis vier Piaster gab 1 ).
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Die Wiedereroberung Sitchas. Im Frühjahr 1804 scheiterte bei einer der Aleutischen Inseln das Kompanieschiff „Demetrius", das Vorräte aus Ochotsk in die Kolonien bringen sollte. Die Mannschaft und die Ladung wurden gerettet. Der Kapitän fuhr auf Baidaren weiter nach Kadiak und brachte Baranov die Nachricht, daß er auf Verwendung der Kompanie für seine Verdienste vom Kaiser in den Rang eines Kollegienrates erhoben worden sei. Während Tränen der Dankbarkeit dem Manne über die Wangen rannen, rief er aus: „Ich werde belohnt, doch Sitcha ist verloren! Nein! Ich kann nicht leben! Ich gehe — entweder zu sterben, oder es zur Zahl der Länder meines erhabensten Wohltäters hinzuzufügen " Sofort machte er sich ans Werk. Er sandte die „Katharina" und den „Alexander" dorthin voraus und folgte selbst mit 300 Baidaren. Nach einem Besuch in Jakutat, wo er die beiden Segler fertig fand, deren Bau er im vorhergehenden Jahre Kuskov aufgetragen hatte und die er „Jermak" und „Rotislav" taufte, fuhr er an der Küste jagend entlang. Er wagte es sogar, in die gefährlichen schmalen Meeresarme, die die Inseln rings um Sitcha bespülen, einzudringen und erbeutete dort 1500 Seeottern. Sobald die Koljuschen der Russen ansichtig wurden, flohen sie jedesmal entsetzt. Man ließ aber meist ihre Dörfer unversehrt und zerstörte nur zwei, deren Bewohner einen Überfall gewagt hatten. Nachdem man die ganze Insel Sitcha umfahren hatte, kam man am 8. September 1804 in dem Hafen an, an dem die alte Ansiedelung gelegen hatte. Hier traf man die „Katharina", den „Alexander" und die soeben aus St. Petersburg nach einer Reise um die halbe Welt x ) Siehe den Bericht Rezanovs an den Handelsminister vom 17. Juni 1806 bei Tichmenev, Entstehung der Russisch-Amerikanischen Kompanie Bd. II, Anlagen S. 1 7 2 ff.
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angekommene „ N e v a " 1 ) . Nachdem auf diese Weise eine recht stattliche Streitmacht zusammengekommen war, begann man am 1 7 . September gegen die Koljuschen vorzugehen. Man besetzte einen hohen Hügel, der am Eingange des Hafens der alten Ansiedlung lag, und stellte dort mehrere Feldstücke und zwei Sechspfünder auf. A m Abend desselben Tages kam ein Bote von den Koljuschen und bot friedliche Unterhandlungen an. Auf russischer Seite war man sogleich bereit, darauf einzugehen, verlangte aber, mit den Tojonen direkt zu verhandeln. Nach einem weiteren Hin und Her erschienen demnach am nächsten Tage 40 mit Gewehren wohl bewaffnete A n führer. Die Wechselgespräche dauerten nicht lange: die Russen verlangten, den Platz, den sie augenblicklich besetzt hielten, dauernd zu behalten. Darauf aber wollten die Wilden unter keinen U m ständen eingehen, und so trennte man sich unverrichteter Sache. Die Entscheidung mußte also durch die Waffen herbeigeführt werden. A m nächsten Morgen begannen die Russen das am Ufer liegende, mit dicken Palisaden befestigte Dorf der Wilden anzugreifen. Die Schiffe legten sich in eine Linie vor den Ort und eröffneten eine heftige Kanonade, die aber anscheinend keinen großen Schaden anrichtete. Inzwischen sandte Lisianskij zwei Boote mit einem Vierpfünder aus, um die feindlichen Boote am Ufer zu zerstören und ein Gebäude zu verbrennen, das man für eine Vorratsscheune hielt. Dann sollten sie die Festung selbst angreifen. Als Baranov dies sah, landete auch er mit 1 5 0 Mann und einigen Feldgeschützen. Bisher hatten sich die Wilden bis auf vereinzelte Flintenschüsse ganz still gehalten. Dadurch getäuscht, befahl Baranov, zum offenen Sturm vorzugehen. Doch dies wäre beinahe verhängnisvoll geworden. Denn als die Russen nahe an die Wälle herangekommen waren, eröffneten die Wilden plötzlich mit überraschender Ordnung und Präzision ein mörderisches Feuer. Die Aleuten, die die russischen Kanonen zogen, wandten sich sofort entsetzt zur Flucht, und auch die Russen mußten sich zurückziehen, wobei es ihnen zum Glück gelang, die Geschütze zu retten. Die Wilden machten zwar einen heftigen Angriff auf sie, doch scheiterte er an der Kaltblütigkeit und Tapferkeit der Russen. Aber ihre Verluste waren stark, allein von dem Landungskorps der „ N e v a " wurden vier Chargierte und zehn von den sechzehn Matrosen verwundet und zwei getötet; hätte x ) Das Folgende nach dem Bericht des Kapitäns dieses Schiffes, Lisianskij, in: AVoyage round the World, S. 155—163. Siehe auch: Lebensbeschreibung Baranovs, S. 84—88 (russisch), und Langsdorff, Bemerkungen auf einer Reise um die Welt. Bd. II, S. 72—75. „
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die „Neva" nicht mit ihrem Geschützfeuer den Rückzug gedeckt, so wäre wohl niemand entronnen. Baranov selbst hatte eine Wunde am Arme davongetragen und mußte Lisianskij mit der weiteren Leitung der Aktion beauftragen. Dieser begann am anderen Morgen von neuem eine heftige Kanonade auf die Festung, und schließlich trat die gewünschte Wirkung ein: die Wilden baten um Frieden und erklärten sich bereit, alle 1802 gefangenen Aleuten auszuliefern und Geiseln zu stellen. Als diese schon geliefert waren, verlangten die Russen die Übergabe der Festung. Auch darein willigten die Wilden, glaubten aber den Russen nicht soweit trauen zu dürfen, daß sie vor ihren Augen den Abzug bewerkstelligten. Darum zogen sie sich mitten in der Nacht in die hinter der Festung liegenden dichten Wälder zurück. Als die Russen am anderen Morgen den verlassenen Ort besetzten, fanden sie dort eine Menge Lebensmittel, 20 große, neue Boote und einen versteckten Vorrat wollener Kleider, die die Wilden von amerikanischen Schiffen gekauft hatten 1 ). Sie hatten auch zwei kleine Geschütze, die sie aber aus Mangel an Pulver und Kugeln nicht verwenden konnten. Nach der Zahl der Häuser mochten etwa 800 Menschen in dem Orte gelebt haben. Da die Wilden nichts mehr von sich hören ließen, ging man an den Bau einer Festung auf dem zuerst besetzten steilen Felsen. Er wurde mit einer Palisade umgeben und mit einer ganzen Reihe von Geschützen bewehrt2). So entstand ein „russisches Gibraltar", das wohl Schutz gegen die Wilden bot, aber gegen einen Angriff von Europäern, und wäre es auch nur eine Fregatte gewesen, kaum hätte standhalten können. Auf der höchsten Spitze des Felsens errichtete man ein zweistöckiges Haus für Baranov, der von dort aus einen schönen Blick auf die liebliche, inselreiche Bucht und die majestätischen Berge dahinter genoß. Außerdem entstanden im Laufe der Zeit innerhalb der Palisaden noch Vorratshäuser, Kasernen, Werkstätten und andere Kompaniegebäude, während die Kirche und die Häuser der anderen Einwohner außerhalb der Festung lagen. Außerdem legte man später eine Werft mit allen nötigen Nebenbetrieben an. !) Fünf Kinderleichen, die dabei gefunden wurden, boten den oben zitierten Autoren Anlaß zur Entrüstung über die unmenschliche Roheit der Koljuschen, die alle ihre Kinder ermordet hätten, um nicht durch ihr Geschrei beim Abzug verraten zu werden. Siehe Lebensbeschreibung Baranovs, S. 87. 2) Das Folgende zum Teil nach J. W. Golovnin, Werke, Bd. III, Teil i, S. 1 1 5 — 1 1 7 (in russischer Sprache).
P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handeis-Kompanie.
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Sechstes Kapitel.
Sechstes K a p i t e l .
Die erste russische Expedition um die Welt. Je weiter sich die Unternehmungen der Russisch-Amerikanischen Kompanie ausdehnten, je größer die Zahl ihrer Angestellten in den Kolonien wurde, desto schwieriger gestaltete sich die Aufgabe, sie mit Nahrungsmitteln und allen sonstigen Bedürfnissen des Lebens und des Geschäftsbetriebes zu versehen. i)ie Hoffnungen, die anfangs Selechov auf die Selbsterhaltung seiner Gründungen gesetzt hatte, hatten sich als eitel erwiesen. Den Ackerbau machte die Feuchtigkeit des Klimas immöglich. Garten- und Gemüsebau gedieh zwar besser, besonders in Kadiak. Aber auch unter den günstigsten natürlichen Verhältnissen wäre eine ausreichende Landwirtschaft unmöglich gewesen, weil es an Arbeitskräften fehlte. Alle zur Verfügung stehenden wurden von Baranov, wie wir sahen, im Pelzgewerbe bis aufs äußerste angespannt. So blieb nichts anderes übrig, als die Kolonien von Rußland aus zu verproviantieren. Dabei waren aber ungeheure Schwierigkeiten zu überwinden. Der nächste Markt, auf dem die Kompanie Waren in genügender Menge kaufen konnte, war Irkutsk. Von hier aus mußte alles zunächst über die Berge und dann auf dem Flußsystem der Lena in kleinen Kähnen nach Jakutsk transportiert werden. Hier wurde wieder alles auf Pferde geladen und über das Gebirge nach Ochotsk getragen. Der völlig ungebahnte Weg führte durch reißende Ströme, über steile Felsengebirge, durch unendliche Urwälder und wurde durch entflohene Verbrecher unsicher gemacht. Die Kompanie brauchte auf dieser Strecke jährlich 4000 Pferde. Besondere Schwierigkeiten machten die massiven Waren, am meisten die für den Schiffsbau. Ankertaue wurden in Stücke von sieben bis acht Faden zerhauen, eiserne Anker für den Transport in viele Stücke zerlegt, um in Ochotsk wieder mit großer Mühe zusammengefügt zu werden. Es ist nicht zu verwundern, daß nach alledem die Waren dort einen ungeheuren Preis hatten. Kostete das Pud Roggenmehl in Ostrußland einen halben Rubel, so kaufte man es dort für acht Rubel 1 ). Dies nach: Reise der russisch-kaiserlichen Flottoffiziere Chvostov und Davydov von St. Petersburg durch Sibirien nach Amerika und zurück 1802 bis 1804. Beschrieben von Davydov, übersetzt von C. J. Schultz, Berlin 1816, S. 51 bis 74 uijd A. J. von Krusenstern, Reise um die Welt 1803—1805 auf den Schiffen „Nadezda" und „Neva". 3 Bde. St. Petersburg 1810—1812. Bd. I, Vorrede S. X I I I (deutsch) und Golovnin, Werke, Bd. V, S. 113 (russisch).
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Ochotsk selbst bot die denkbar schlechtesten Bedingungen. Die Stadt lag auf einer niedrigen, schmalen Landzunge eng zusammengedrängt, beständig von den Fluten des Meeres und des Flusses Ochota mit dem Untergange bedroht und von Seuchen heimgesucht. Vor der Mündung des Flusses lag eine Barre, die den Schiffen nur bei hoher Flut das Einlaufen gestattete. Das Fahrwasser veränderte sich beständig, Sandbänke entstanden und vergingen. Dazu wurde die Küste nicht vor Ende Juni frei von Treibeis. Man suchte zwar lange nach einem geeigneteren Hafen, doch wurde ein solcher trotz vieler kostspieliger Expeditionen nicht gefunden1). Von Ochotsk aus wurden die Waren zu Schiff an ihren Bestimmungsort geschafft. Obwohl der Schiffsbau für die Erhaltung der Kolonien sehr wichtig sein mußte, lag er doch völlig im argen. Der Bau der Schiffe, ihre Ausrüstung, ihre Besatzung und ihre Führer, alles war gleich schlecht und unzulänglich. Erst spät gelang es, wie erwähnt, einen sachkundigen Schiffsbaumeister in der Person des Engländers Schilz zu gewinnen, der aber der Kompanie schon nach wenigen Jahren durch den Schiffbruch des „Phönix" entrissen wurde. Die Leitung der Schiffe wurde meist einem der älteren Pelzjäger übertragen, die die Fahrt von Amerika nach Ochotsk schon mehrmals gemacht hatten. Ihre ganze Kunst bestand darin, daß sie den Kompaß zu lesen verstanden und ungefähr wußten, welchen Kurs sie von einem auffallenden Punkte des Weges zum nächsten einzuhalten hatten. Denn die Aleutischen Inseln liegen so nahe beieinander, daß man fast nie das Land aus dem Auge verliert. Die Mannschaft der Schiffe bestand nicht etwa aus gelernten Matrosen, sondern es waren die in Rußland angeworbenen Pelzjäger, die nach Amerika geschafft werden sollten und zum größten Teil noch nie ein Meer gesehen hatten. Neben ihrer völligen Unkenntnis im Seewesen waren sie höchst disziplinlos, und wenn sie einmal längere Zeit kein Land sahen, schlugen sie den Schiffsführer, sperrten ihn ein und wählten einen neuen2). Man kann sich unter diesen Umständen nicht wundern, daß die Verbindung zwischen Amerika und Ochotsk nichts weniger als zuverlässig und regelmäßig war. So erreichte, wie wir sahen, in der Zeit von 1797—1802 auch nicht ein einziges Schiff Kadiak. Das erste, das dann endlich ankam, war von einem epidemischen Fieber 1
) Nach der Denkschrift, die Leutnant Chvostov 1804 für die Kompanie über das Seewesen in den Kolonien verfaßt hat, gedruckt im Mordvinovarchiv, Bd. III, S. 571 ff. 2 ) Nach der oben zitierten Denkschrift und Reise Chvostovs und Davydovs S. 139—145. 4*
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heimgesucht worden, hatte 15 Mann der Besatzung verloren, mußte auf einer Aléutischen Insel überwintern, wo man alle geladenen Lebensmittel aufzehrte, und erreichte so seinen Bestimmungsort fast leer und mit wenigen kranken und gebrechlichen Leuten1). Brachte auch die Erlaubnis, daß kaiserliche Flottoffiziere in den Dienst der Kompanie treten konnten, eine gewisse Besserung, so waren und blieben doch solche gute Fahrten, wie die der Leutnants Chvostov und Davydov 1803 2 ) seltene Ausnahmen, die die Uberzeugung nicht erschüttern konnten, daß die Kolonien dauernd nicht auf diesem Wege allein zu verproviantieren seien. Das Nächstliegende schien, Schiffe von Petersburg aus direkt nach Amerika zu senden. Eine Reise um die Welt war zwar noch nie von einem russischen Schiffe ausgeführt worden, aber immerhin war der Gedanke den Russen nicht fremd, wie die geplante Expedition Mulovskijs 1788 beweist3). Auch hatten andere Nationen ihnen solche Fahrten schon vorgemacht. Abgesehen von den großen Entdeckungsreisen von Cook, La Pérouse, Vancouver und anderen war 1792 auch schon ein französisches Schiff von 600 Tonnen von Europa aus mit Erlaubnis der russischen Regierung nach Kamöatka gefahren, nur um diese Gegenden mit geistigen Getränken zu versehen4). Am Anfang des neuen Jahrhunderts, gerade als der Schiffbruch des „Phönix" die Mangelhaftigkeit des bisherigen Systems gezeigt hatte, trat ein junger Flottoffizier, Adam Johann von Krusenstern8), ein Estländer, in Rußland mit dem Plan hervor, das ganze Seewesen der Kompanie von Grund auf zu reformieren. Er schlug vor, zwei Schiffe mit einer vollen Ladung Schiffsbaumaterialien und einigen Schiffskonstrukteuren, Handwerkern, Navigationslehrern sowie den nötigen Büchern, Instrumenten und Karten von Kronstadt aus nach Amerika zu senden. So sollte man dort Schiffe bauen und auf diesen Pelzwaren nach Kanton liefern, ohne dabei den Handel über Kjachta abzubrechen. Für das gelöste Geld solle man Chinawaren, besonders Tee, kaufen, dann vielleicht noch in Manila, !) E b d . S. 177. ) Siehe oben S. 46. 3 ) Siehe oben S. 8. 4 ) Billings geographisch-astronomische Reise 1 7 8 5 — 1 7 9 4 , deutsche Ausgabe. Berlin 1802, S. 330. 6 ) E r hatte in den Jahren 1793 bis 1799 im englischen Flottendienst gestanden, nachdem er vorher in russischem Marinedienst gewesen war. 1797 war er durch Vermittlung des Grafen Voroncov als erster russischer Seeoffizier nach Ostindien gesegelt und war von da auf einem Kauffahrteischiff nach China gegangen (Einleitung zu seiner „Reise um die Welt", Bd. I, S. 14). 2
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Batavia oder Indien Gewürze laden und dies nach Europa bringen. So werde die Russisch-Amerikanische Kompanie bald den kleineren ostindischen Kompanien Konkurrenz machen können. Gleichzeitig wurde von anderer Seite ein ähnlicher Plan angeregt. Ein in Hamburg wohnender Engländer, namens M'meister, kam nach St. Petersburg und schlug den Direktoren der Kompanie vor, ihn mit einer Ladung Waren in die Kolonien zu senden. Da er auch Baumeister war, wollte er dort die nötigen Schiffe erbauen und dann auf der Insel Urup eine Ansiedlung anlegen, um den Walfischfang für die Kompanie zu organisieren, ein Gedanke, der damals viel erwogen wurde1). Während der Engländer nach monatelangen Verhandlungen unverrichteter Sache heimkehren mußte, hatte Krusensterns Vorschlag besseren Erfolg. Er wurde von dem Handelsminister Grafen Rumjancev und dem Grafen Mordvinov dem Kaiser vorgelegt und fand im ganzen dessen Billigung. Doch erfuhr er noch eine wichtige Erweiterung. Mit der Expedition sollte eine Gesandtschaft nach Japan gehen, um mit diesem Lande Handelsbeziehungen zu eröffnen. Denn es war klar, daß es vorteilhaft sein mußte, die massigen Nahrungsmittel, wie Getreide, Reis, Salz usw. möglichst in der Nähe der Kolonien zu kaufen. Dazu schien nun Japan besonders geeignet, weil die Japaner große Liebhaber der russischen Felle waren. Sie kauften sie bisher von den Chinesen, die sie aus Kjachta zu ihnen brachten und sie sich natürlich viel teurer bezahlen lassen mußten, als dies die Russen konnten, die direkt aus Amerika lieferten. Der Gedanke eines solchen Handels war nicht neu. Schon die Kaiserin Katharina hatte 1792 eine Gesandtschaft unter dem Deutschen Laxmann von Ochotsk aus dorthin gesandt, die von dem japanischen Kaiser wider Erwarten gut aufgenommen wurde und für Rußland die Erlaubnis erwirkte, jährlich mit einem Schiffe zum Handel nach Nagasaki zu kommen. Von dieser Erlaubnis hatte man aber bisher nicht Gebrauch gemacht2). Selechov hatte bereits 1778 mit den Japanern der Insel Jesso Beziehungen angeknüpft3). Um sie zu befestigen, sandte er 1795 eine Kolonie von 30 Arbeitern mit Frauen und Kindern auf die südlichste kurilische Insel Urup, die sich auch der Landwirtschaft widmen sollte. Doch bald brachen unter den Leuten Zwistigkeiten aus, schon 1798 kehrten 14 Männer nach Kamcatka zurück, *) Ebd. S. 16, 1 7 und Anmerkung zu S. 19. ) Krusenstern, Reise um die Welt, S. 3. 3 ) Siehe oben S. 3. 2
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1805 retteten sich die letzten 7 dorthin, die anderen waren auf der Insel umgekommen1). Daneben hatten russische und andere volkswirtschaftliche Schriftsteller mehrfach auf die Nützlichkeit und Möglichkeit eines russischjapanischen Handels hingewiesen8). Jetzt sollte dies verwirklicht werden. Zum außerordentlichen Gesandten am japanischen Hofe wurde Selechovs Schwiegersohn, Herr von Rezanov, ernannt, dem zur Erhöhung seiner Würde der Kammerherrntitel und der St.-Annen-Orden verliehen wurden. Man gab ihm glänzende Geschenke für den Kaiser von Japan und seine Minister mit, und eine Suite junger Edelleute folgte ihm. Um eines freundlichen Empfanges sicher zu sein, sollte er auch Japaner, die durch einen Sturm zu den Russen verschlagen worden waren und seit 1797 in Irkutsk lebten, in ihre Heimat zurückführen3). Zum Ankauf von Schiffen wurde Kapitän Lisianskij, der zum Führer des einen ausersehen war, nach London gesandt. Hier erwarb er, unterstützt durch den Rat den Grafen Mordvinov*), das Schiff „Nadezda" (die Hoffnung) von 430 Tonnen, das Krusenstern selbst kommandieren sollte, und die „ N e v a " von 370 Tonnen, die er führte. Die „Nadeida" und ihre Ausrüstung bezahlte Kaiser Alexander, da die japanische Gesandtschaft auf ihr fahren sollte, wobei er aber erlaubte, so viel Kompaniewaren als möglich auf ihr zu verladen. Die „ N e v a " bezahlten die Russisch-Amerikanische Kompanie und der Graf Rumjancev, der bekannte Gönner der Wissenschaft, der von dieser Expedition auch geographische Entdeckungen erhoffte. Am 26. Juli 1803 verließen beide Schiffe Kronstadt, trugen zum ersten Male die russische Kriegsflagge über den Äquator, umfuhren das Kap Horn und trennten sich inmitten des Stillen Ozeans. Die „ N e v a " ging nach Kadiak, während sich die „Nadezda" nach Kamöatka wandte. Denn man mußte von der früheren Absicht, direkt nach Japan zu gehen, abstehen, da die an Bord befindlichen Kompaniewaren, die nicht versichert waren, schlecht zu werden drohten®). Im Juli 1804 lief man in den Peter-Pauls-Hafen auf Berch, Entdeckung der Aleutischen Inseln, S. 142 (in russischer Sprache). ) Siehe z. B. W. C. Friebe, Über Rußlands Handel, Bd. III, Hildesheim und St. Petersburg 1798, S. 123 (deutsch). 3 ) Krusenstern, Reise um die Welt, S. 5. 4 ) Mordvinovarchiv, Bd. III, S. 316. Brief der Russisch-Amerikanischen Kompanie an Mordvinov vom 13. Juni 1802. 6 ) Zu diesem und dem Folgenden vergleiche: Reise um die Welt in den Jahren 1803, 1804, 1805 und 1806 auf den Schiffen „Nadezda" und „Neva" unter A. J . von Krusenstern, 3 Bde., St. Petersburg 1810 bis 1812. (Zweite 2
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KamCatka ein und löschte die Ladung, soweit sie der Kompanie gehörte. Hier waren die Preise in der letzten Zeit zu einer ganz unerschwinglichen Höhe gestiegen. So kostete zum Beispiel ein Pfund Zucker 2 Rubel 50 Kopeken, ein Pfund Tabak oder Seife ebensoviel usw. Rezanov setzte sofort diese Preise auf die Hälfte oder gar auf ein Viertel herab, leistete aber damit weniger den Einwohnern der Stadt als den betrügerischen Angestellten der Kompanie einen Dienst. Denn diese kauften mit Hilfe anderer Kaufleute große Mengen der Waren zu diesen billigen Preisen auf, traten aus dem Dienste der Kompanie, und als nach kurzer Zeit der Vorrat erschöpft war, verkauften sie ihre Waren mit großem Gewinn, zum Teil sogar an die Kompanie selbst 1 ). Schon Anfang September war die „ N a d e z d a " wieder seeklar und segelte, gut verproviantiert, nach Nagasaki, wo sie im Oktober ankam. Doch war der E m p f a n g dort ganz anders, als man gewünscht und erwartet hatte. Die Japaner waren äußerst mißtrauisch, verboten den Russen streng, ihr Schiff zu verlassen, überwachten sie auf das sorgfältigste und erklärten endlich nach monatelangem Warten: der japanische Kaiser wolle weder die Gesandtschaft noch die Geschenke seines russischen Bruders annehmen, einen Handel mit den Russen wünsche man durchaus nicht, und die „ N a d e z d a " möge schleunigst abfahren 2 ). Nachdem man einen Winter in Nagasaki zugebracht hatte, ohne von dem Lande irgend etwas zu sehen, und nicht den geringsten Erfolg erzielt hatte, brach man im Frühjahr 1 8 0 5 aus Nagasaki auf. Nach einem Besuch in der Bai Aniwa am Südende der Insel Sachalin, wo die japanische Regierung große Anlagen zur Gewinnung getrockneter Fische unterhielt, langte man wieder im Peter-Pauls-Hafen an. Hier verließ Rezanov die „Nadezd a " und begab sich mit dem Naturforscher Langsdorff auf dem Kompanieschiff „ M a r i a " in die amerikanischen Kolonien. A n Bord
Ausgabe in 2 Bde., Berlin 1811.) Ferner: A Voyage round the World in the Years 1803, 4, 5 und 6 performed by Order of his imperial Majesty Alexander the First, Emperor of Russia in the ship Neva by Urey Lisianskij. London 1814 (in der Berliner königlichen Bibliothek' das schöne Handexemplar König Friedrich Wilhelms III). Und: Bemerkungen auf einer Reise um die Welt in den Jahren 1803—1807 von G. H. von Langsdorf! Zwei Bände, Frankfurt am Main 1812 (deutsch). Dazu die Berichte Rezanovs, gedruckt bei Tichmenev, Historische Übersicht der Gründung der Russisch-Amerikanischen Kompanie, Bd. II, Anlagen S: 187—283 (russisch). ') Golovnin, Werke, Bd. V, S. 169 (russisch). 2 ) Leider erlaubt das Gefüge dieser Arbeit nicht, auf Einzelheiten einzugehen, doch hoffen wir noch Gelegenheit zu haben, die ersten russisch-j apanischen Beziehungen im Zusammenhang ausführlich darzulegen.
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befanden sich auch die Leutnants Chvostov und Davydov, die wieder in den Dienst der Kompanie getreten waren. Die „Nadezda" aber segelte, nachdem sie sich mit Lebensmitteln versehen hatte (die so schlecht waren, daß man einen Teil von ihnen im Werte von 15000 Rubeln ins Meer werfen mußte 1 )), nach China und traf im November in Macao ein. Anfang Dezember kam auch die „ N e v a " dorthin. Sie hatte im vorhergehenden Jahre Baranov in Kadiak nicht getroffen, war ihm auf seine Bitte nach Sitcha gefolgt und hatte dort, wie erzählt, an der Bekämpfung der Wilden teilgenommen2). Nach der Überwinterung in Kadiak hatte sie dort und in Sitcha eine sehr große Ladung vorzüglicher Felle genommen, die man in Kanton für hohen Preis abzusetzen hoffte. Auch die „Nadezda" hatte aus den kamCatkischen Kompaniemagazinen 400 Seeottern und einige Seehunde mitgenommen. Doch ein unglücklicher Zufall machte die Hoffnungen zum großen Teil zunichte. Die Chinesen hatten in Macao im Jahre 1804 8200 Seeotter feile durchgehend für 24 Piaster gekauft. Im Jahre 1805 aber hatten bereits amerikanische Schiffe 14 000 Seeottern gebracht, damit war der Bedarf des Marktes gedeckt, und die Russen erhielten für ihre Felle nur je 17 Piaster, statt 30, wie sie gehofft hatten 3 ). Natürlich gab Krusenstern die kostbarsten Felle, für die man in Moskau 200 bis 300 Rubel bezahlte, nicht weg und nahm die schon ausgeladenen wieder an Bord. Auch 130 000 Seebärenfelle, die die „Neva" gebracht hatte, mußte man für je drei Viertel Piaster statt für einen fortgeben, da zwei amerikanische Schiffe soeben 90 000 abgesetzt hatten. Im ganzen würden für die Ladung beider Schiffe 190 000 Piaster gelöst, von denen 100 000 bar mitgenommen wurden, während man für 90 000 Chinawaren, besonders Tee, lud. Als die Schiffe nach erledigten Geschäften abfahren wollten, verweigerte ihnen plötzlich der Vizekönig die Erlaubnis dazu mit der Begründung, er müsse erst Befehle aus Peking erwarten. Tage banger Ungewißheit gingen hin, ehe Krusenstern durch Vermittlung des Präsidenten der dortigen englischen Faktorei nach energischen Reklamationen seine Pässe erlangen konnte. Später erfuhr man, daß 24 Stunden nach der Abfahrt der Russen der strenge Befehl aus Peking gekommen sei, sie auf jeden Fall festzuhalten. Im August 1806 trafen beide Schiffe wohlbehalten in Kronstadt ein. *) Krusenstern, Reise um die W e l t S. 212ff. ») Vgl. S. 48 f. 3) Berch, Geschichte der Entdeckung der Aleutischen Inseln. S. 163. Auf die sehr interessante Organisation des chinesischen Handels in Macao zur damaligen Zeit können wir leider nicht eingehen.
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Mittlerweile war Rezanov mit seiner Begleitung nach einem kurzen Besuch in Unalaska, wo er allgemeine Zufriedenheit, besonders unter den Eingeborenen, fand 1 ), nach Kadiak gekommen. Auch hier war er mit dem Ausfall der Inspektion im wesentlichen zufrieden, nur hielt er eine stärkere Fürsorge für Bildung und Kultur für notwendig. So veranlaßte er 60—70 junge Aleuten und Kreolen von 12—17 Jahren, in die Schule einzutreten und versprach ihnen, die Kompanie werde sie später als Buchhalter, Aufseher, Verwalter, Steuermänner oder gar als Schiffskommandanten in Dienst nehmen. Sie wurden von den Geistlichen und einigen Seeoffizieren im Lesen, Schreiben, Rechnen, in Geographie, Mathematik und in der französischen Sprache unterrichtet. Er hatte auch eine Bibliothek von einigen tausend Bänden mitgebracht und ließ für die Schulzwecke eine naturwissenschaftliche Sammlung anlegen, in der er auch eine für Japan bestimmt gewesene Elektrisiermaschine aufstellte. Banner erhielt den Befehl, bei Anlage neuer Gebäude auf eine europäische Regelmäßigkeit der Straßen zu achten, und Frau Banner, deren gute Küche er schätzen gelernt hatte, nahm auf seinen Wunsch und auf Kosten der Kompanie mehrere junge Mädchen in ihr Haus, um sie in der russischen Koch-, Garten- und Haushaltungskunst zu unterrichten2). Von Kadiak aus begab sich Rezanov auf der „Maria" nach Sitcha. Hier fand er recht schwierige Verhältnisse. Die neue Ansiedlung war erst im Bau begriffen, das wenige Vollendete noch höchst mangelhaft. Die Arbeiter waren krank und ausgehungert. Dabei mußte man jeden Augenblick auf einen neuen, entscheidenden Angriff der Koljuschen gefaßt sein. Das Schlimmste aber war, daß es an Nahrungsmitteln fehlte. Und doch galt es, 200 Menschen den langen Winter über aus Vorräten zu ernähren. Daher wurde sofort der „Alexander" nach Kadiak zu Banner gesandt. Doch was er von dort bringen konnte, waren nur getrocknete Fische, Seehundspeck und Tran, bestenfalls getrocknete oder eingekochte Beeren. Von solcher Aleutenspeise hatten zwar Baranov und seine Altgedienten zu leben gelernt, die Neuangekommenen aber waren damit nicht zufrieden. Da war es ein Glück, daß gerade damals ein amerikanisches Pelzschiff, die „Juno", Reparaturen wegen Sitcha aufsuchen mußte. Rezanov, der für die Zeit seiner Anwesenheit in den Kolonien die 1 ) Siehe seinen Bericht von Unalaska an den Kaiser vom 18. Juli 1805, Tichmenev, Bd. II, Anlagen S. 194. 2 ) Nach Langsdorff, Bemerkungen auf einer Reise um die Welt, Bd. II, S. 69 und 70.
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oberste Leitung übernommen hatte, bot dem Kapitän D'Wolff an, das Schiff mit der ganzen Ladung außer den Pelzen zu kaufen. Der Handel wurde perfekt, D'Wolff erhielt einen Wechsel über 65 000 Piaster auf die Hauptverwaltung in St. Petersburg, und das kleine Schiffchen „Jermak", auf dem er seine Mannschaft mit den bereits erhandelten Fellen nach den Sandwichinseln und Kanton sandte. Er selbst blieb den Winter über in Sitcha, um im Frühjahr auf einem Kompanieschiff nach Ochotsk und von da zur Realisation seines Wechsels nach Rußland zu gehen. Der Handel war ohne Zweifel für die Kompanie sehr günstig. Denn sie erhielt erstens ein großes, neues, sehr gut fahrendes Schiff europäischer Konstruktion, außerdem eine Menge von Waren, die eigens für den Tauschhandel mit den Wilden berechnet waren, wie „englisches Laken, Leinwand, Küchengerätschaften, Äxte, Messer, einige Gewehre usw.", vor allem aber das, was man im Augenblick am nötigsten brauchte, einen Vorrat guter Lebensmittel, wie gepökeltes Schweine- und Rindfleisch, Zucker, Reis, Zwieback, feines Weizenmehl, Rum und Tabak. Obwohl die „Juno" sofort nach dem Ankauf nach Kadiak gesandt wurde, um noch eine Ladung getrockneter Fische für den Unterhalt der Aleuten herbeizuholen und die „Maria" und „Neva" eine Menge Nahrungsmittel, besonders Roggenmehl und Branntwein gebracht hatten, reichte doch dies alles nicht aus. Während des Winters griff der Skorbut furchtbar um sich, und noch ehe der Frühling kam, zeigte es sich, daß die Magazine keine Lebensmittel mehr enthielten, woran zum großen Teil die Mißwirtschaft schuld war, die unter dem geschäftsunkundigen Rezanov eingerissen war. Um eine Hungersnot abzuwenden, entschloß er sich, auf der „Juno" eine Expedition nach Kalifornien zu unternehmen1), um von dort neuen Proviant herbeizuholen. Gleichzeitig hoffte er, zum Ersatz für die gescheiterten japanischen Pläne mit diesem Lande dauernde Handelsbeziehungen anknüpfen zu können. Obwohl von den 33 Pelzjägern, die man als Matrosen mitgenommen hatte, beinahe die Hälfte krank war und selbst der Pflege bedurfte, so ging doch die Reise dank der Geschicklichkeit der Führer Chvostov und Davydov glücklich vonstatten. Während mehrerer Tage versuchte man, die Einfahrt in den Columbiafluß zu gewinnen, den Rezanov erforschen wollte, in dem Gedanken, die Kolonie von Sitcha vielleicht hierhin zu verlegen. Widriges Wetter ver*) Für das Folgende siehe Langsdorfs Bd. II, S. 118—159. Damit im ganzen übereinstimmend der Bericht Rezanovs an den Handelsminister vom 17. Juni 1806, gedruckt bei Tichmenev, Bd. II, Anlagen S. 253—283 (russisch).
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eitelte aber immer wieder die Landung, und so entschloß man sich schließlich, direkt nach S. Francisco zu gehen, wo man am 28. März ankam. Noch aus dem Anfang der spanischen Herrschaft in Amerika bestand damals das Verbot für fremde Schiffe, spanische Häfen zu besuchen. Wenn See- oder Hungersnot ein solches Schiff dennoch dazu zwang, so wurde es mißtrauisch bewacht, der Besatzung das Landen verboten und der Einkauf von Lebensmitteln durch hohe Zölle erschwert. Sicherlich wären die Russen ebenso behandelt worden, hätte nicht die spanische Regierung in alle Kolonien den Befehl gesandt, die Expedition der „Nadezda" und „Neva" freundlich aufzunehmen, falls sie dorthin käme, und wenn man nicht diesen Befehl auch auf die „Juno" angewandt hätte. Deshalb erklärte man sich mit Vergnügen bereit, dem Schiff allen gewünschten Proviant zu liefern und lud Rezanov mit seiner Begleitung höflich ein, die Ansiedlung zu besuchen1). So konnten sie es denn auch bald wagen, den wahren Zweck ihres Kommens zu enthüllen: nicht nur für die augenblicklichen Bedürfnisse der Schiffsbesatzung einige Lebensmittel, sondern für die der russischen Kolonien eine ganze Schiffsladung voll zu erhandeln. Gerne wären die spanischen Missionare, die auf ihren umliegenden Ansiedlungen große Vorräte von allerart landwirtschaftlichen Produkten hatten, auf diesen Handel eingegangen, besonders da ihnen die zum Entgelt angebotenen Waren, wie Leinen, eiserne Ackerbau- und Haushaltungsgeräte, sehr willkommen waren. Allein ohne die Erlaubnis des Gouverneurs der Provinz durften sie dies nicht tun, und dieser konnte sich nur sehr schwer zu einer so wichtigen Entscheidung entschließen, die einen Bruch des jahrhundertealten Prinzips bedeutete. Endlich einigte man sich dahin, daß die Missionare die gewünschten Vorräte liefern durften, die dafür von den Russen bezahlten Waren mußte aber der Kommandant von Francisco so lange in Verwahrung nehmen, bis der Vizekönig von Mexiko seine nachträgliche Erlaubnis zu dem Handel gegeben hätte. Rezanov suchte seinen weiteren Plan einer dauernden Handelsverbindung der russischen und spanischen Kolonien auf einem anderen, merkwürdigen Wege zu verwirklichen. Die Tochter des Kommandanten von S. Francisco, Dona Conception, hatte Macht über sein Herz gewonnen und er beschloß, sie zu heiraten, um so die „ D a s ganze Etablissement von S. Francisco hatte das Ansehen eines deutschen Meierhofes, dessen niedere, einstöckige Häuser einen länglich viereckigen Hofraum umschließen", so stellte sich ihnen die heutige Millionenstadt dar.
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spanisch-russischen Beziehungen enger zu knüpfen. Die Verschiedenheit der Religion konnte einen aufgeklärten Mann jener Zeit nicht schrecken. Auf die Schwierigkeiten der politischen Läge Europas und das altbekannte Mißtrauen der spanischen Regierung aufmerksam gemacht, erklärte er, er werde als kaiserlich russischer außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister von Petersburg nach Madrid gehen, „alle Mißhelligkeiten der beiden Höfe ausgleichen" und von dort nach Mexiko und S. Francisco kommen, um seine Braut abzuholen und den Handel zu organisieren. Ganz abgesehen von der phantastischen Anlage dieses Entwurfes ist es sehr zweifelhaft, ob das Ziel, alle russischen Kolonien bis nach Kamcatka und Ochotsk von Kalifornien aus regelmäßig mit Lebensmitteln zu versehen, überhaupt zu erreichen war, selbst wenn die spanische Regierung keine Schwierigkeiten machte. Denn die weit zerstreut liegenden russischen Ansiedelungen konnten ja damals aus Mangel an Schiffen und Matrosen kaum die Verbindung untereinander aufrechterhalten. Wie sollte man da die Schiffahrt nach Kalifornien bestreiten! Ferner mußte man dort entweder mit barem Gelde oder mit Manufakturwaren, Zucker, Schokolade, Branntwein, Wein, Tabak, Eisen und Eisengerätschaften bezahlen. An diesen Dingen herrschte aber in den russischen Kolonien ein noch größerer Mangel als in den spanischen. Endlich war auf der „Juno" eine Ladung von 2750 Doppelzentner Korn und eine Menge Mehl, Bohnen und Erbsen, dazu einige Tonnen Salzfleisch und ein kleiner Vorrat Salz, Seife usw. zusammengebracht, wofür Waren im Werte von 24000 Piaster bezahlt wurden, und am 10. Mai verließ man S. Francisco. In Sitcha wurde man von einer Fülle schlimmer Nachrichten empfangen. Aus Mangel an Nahrung und Reinlichkeit waren noch 10 Menschen gestorben. Das Schiff „Elisabeth", das um Proviant nach Kadiak geschickt worden war, war im Winter beim Auslaufen aus dem Hafen gescheitert und mit der ganzen Ladung verloren; nur die Besatzung war gerettet. Sechs Baidaren mit Pelzwaren waren während eines Sturmes gesunken. Das Schlimmste aber war, daß von der großen Baidarenflottille, die alljährlich von Kadiak nach Sitcha gesandt wurde, über 200 Aleuten auf dem Meere umgekommen waren, und daß die Festung Jakutat mit Garnison und Einwohnern von den Koljuschen völlig vernichtet worden war. Die 200 Aleuten kamen auf folgende Weise um. Auf der Rückreise von Sitcha nach Kadiak im Herbst erfuhr der Leiter der Abteilung, daß die Ansiedelung Jakutat, der sie sich gerade näherten, zerstört sei und daß die Koljuschen auch ihnen auflauerten, um sie
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zu töten. Ohne recht an die Wahrheit der Nachricht zu glauben, brauchte er doch die Vorsicht, nur bei Nacht und stürmischem Wetter zu fahren, bei Tage aber mit allen Leuten an einem verborgenen Orte zu bleiben. Von dem letzten Halteplatz bis Jakutat waren es etwa 60 Werst. Nach zehnstündigem, anstrengendem Rudern kamen sie mitten in der Nacht dort an und sahen zu ihrem Entsetzen, daß die Ansiedlung wirklich völlig niedergebrannt sei. In der blinden Furcht vor einem plötzlichen Überfall der Koljuschen verließen sie den Ort sofort wieder und fuhren in die Nacht hinaus. Ohne das Ufer zu berühren, wo, wie sie glaubten, die wilden Koljuschen sie erwarteten, ruderten sie so lange, bis viele von ihnen völlig entkräftet waren. Da versammelte der Führer alle Baidaren um sich und fragte, ob man landen oder im Vertrauen auf Gottes Hilfe weiter rudern wolle. Ein großer Teil entschied sich dafür, zu versuchen, eine noch 200 Meilen entfernte Insel zu erreichen. Die ganz Erschöpften aber, etwa 30 Baidaren, wollten lieber Gefangenschaft und Sklaverei, ja sogar qualvollen Tod bei den Koljuschen erleiden, als weiter rudern. So trennte man sich. Und das Schicksal wollte es, daß die, die dem Untergang entgegenzugehen glaubten, gerettet wurden: sie landeten und ohne von den Koljuschen belästigt zu werden, ruhten sie aus und setzten mit frischen Kräften ihre Reise fort. Indessen hatte sich ein heftiger Sturm erhoben, der ihren erschöpften Genossen verhängnisvoll wurde. Sie wurden ins offene Meer hinausgetrieben und kamen dort vor Hunger, Kälte und Erschöpfung bis auf den letzten Mann um. Später wurden ihre erstarrten und entstellten Leichen, noch aufrecht im Boote sitzend, ans Ufer getrieben. Wie sich das Unglück in Jakutat abgespielt hat, wissen wir nicht recht. Dort lebten damals zwölf russische Pelzjäger unter der Leitung eines sonst sehr vorsichtigen Mannes, Larionov, und außerdem einige Koljuschen beiderlei Geschlechts, die treu zu sein schienen. Vielleicht haben diese Verrat geübt, vielleicht hat aber auch aus irgend einem Grunde Larionovs Wachsamkeit nachgelassen jedenfalls gelang den Koljuschen der Uberfall vollständig, alle Russen wurden umgebracht und nur Frau Larionov mit ihren Kindern und einige Aleuten wurden lebend in die Gefangenschaft abgeführt. Durch ihren Erfolg ermutigt, wollten die Koljuschen nun auch die russischen Ansiedelungen am Kenajckij- und Cugackij-Meerbusen vernichten. Sie brachen in acht großen Baidaren auf und ließen, um keinen Verdacht zu erwecken, sechs an der Mündung des Kupferflusses zurück. Mit den beiden anderen fuhr ihr Tojon,
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ein Patenkind Baranovs, zur Konstantinschen Festung und erklärte dem nichts ahnenden Kommandeur, er wolle wie gewöhnlich mit den Tschugatschen Handel treiben. Allein einem gefangenen Tsehugatschen, der bei den Booten am Kupferfluß zurückgelassen worden war, gelang es, zu entfliehen, und er hinterbrachte seinen Landsleuten die wahren Absichten der Koljuschen. In ihrer Wut brachten sie die Besatzung der beiden Boote bis auf den letzten Mann um. Als die zurückgebliebenen Koljuschen dies erfuhren, gingen sie voller Schrecken trotz stürmischen Wetters sofort in See. Doch ihre Baidaren zerschellten und viele ertranken, während die, die dem Meere entgingen, am Ufer von den Wilden erschlagen wurden. Die Rückkehr der „Juno" brachte neues Leben nach Sitcha. Baranov war glücklich über das so lange entbehrte Korn und bedauerte nur, es aus Mangel an Mühlen nicht mahlen lassen zu können, sondern es nach Indianerart rösten oder in Suppen gekocht als Graupen geben zu müssen. Ein Schiffchen, das auf Befehl Rezanovs bei seiner Ankunft begonnen worden war, wurde jetzt vom Stapel gelassen und erhielt den Namen „Avoß" („Vielleicht"). Kapitän D'Wolff, der noch immer nicht nach Ochotsk hatte abreisen können und über den Zeitverlust aufgebracht war, erhielt das Schiffchen „Rossii Slav" von 22 Tonnen und machte sich auf die Reise, begleitet von dem Naturforscher Langsdorff, der froh war, Amerika verlassen zu können. Mit dem Amerikaner Winnship wurde ähnlich wie früher mit Okein ein Vertrag geschlossen, nach dem er 52 Baidaren und über 100 Aleuten erhielt, wofür er die Hälfte der Beute den Russen geben mußte. Rezanovs Hauptaufgabe in Amerika war, die Lage der Kolonien zu untersuchen und, wenn nötig, zu verbessern. Er hat äußerst eingehende Berichte an die Direktoren der Kompanie nach Petersburg gesandt, deren Abdruck einen starken Band füllen würde. Das Ergebnis war, daß er eine gründliche Reform aller Verhältnisse für durchaus nötig hielt. Aus der Fülle seiner Anregungen sei hervorgehoben, daß er einen größeren Schutz der Person und ihres Eigentums durch Verwaltung und Gesetz wünschte; gab es doch bis jetzt in Amerika keinerlei Gericht. Von den Eingeborenen sollte man nicht mehr verlangen, als sie an Arbeit zu leisten imstande seien und die Menschlichkeit ihnen gegenüber nicht außer acht lassen. Um eine regelmäßige Verbindung einzurichten, müßten mehr Schiffe gebaut und geübte Matrosen angeworben werden. Er bedauerte, daß' die augenblicklich in den Kolonien anwesenden 400 Russen nicht ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß zur Pelztierjagd verwandt
Die erste russische Expedition um die Welt.
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werden konnten, sondern Häuser und Festungen bauen, die Schiffe bedienen und wie Soldaten Völker unterwerfen und die Küsten beschützen müßten. Vor allem aber müsse man mehr für die Kultur tun, Schulen für Knaben und Mädchen, Krankenhäuser und derartige Anstalten errichten und Knaben nach Petersburg zur Ausbildung senden. Wäre Rezanov einige Jahre früher in die Kolonien gekommen, so wären seine Anforderungen wohl bescheidener gewesen. Was zur Erhöhung der Gesittung geschehen mußte, wußte Baranov sehr genau, und schon in seinem Programmschreiben von 1790 aus Unalaska hatte er den festen Willen bekundet, in dieser Richtung seine Kräfte einzusetzen. Allein bis jetzt hatte er näherliegende und gröbere Aufgaben zu lösen gehabt, er hatte mit Hunger, Kälte, Schwierigkeiten jeder Art, mit äußeren und inneren Feinden um die Existenz der Kolonien zu kämpfen gehabt. Rezanov schickte sich jetzt zur Heimkehr nach Europa an. Doch hatte er noch den Wunsch, sich an den Japanern für die beleidigende Abweisung seiner Gesandtschaft mit Waffengewalt zu rächen1). Auch hoffte er noch, dadurch die so erwünschte Handelsverbindung zu erreichen. Denn während seines Aufenthaltes in Japan hatte er heimlich erfahren, daß Volk ünd Regierung eigentlich einen Handel mit Rußland wünschten und die Ablehnung nur dem energischen Widerstand der geistlichen Gewalt zuzuschreiben sei. Schon auf der Ausreise nach Amerika hatte er daher von Unalaska aus in einem Briefe 2 ) vom 18. Juli 1805 an den Kaiser nach Darlegung der Gründe die Absicht ausgesprochen, die Küsten der Japaner zu brandschatzen, ihre Ansiedlungen auf der Insel Jesso zu zerstören und sie von der Insel Sachalin zu verdrängen. Jetzt schritt er zur Ausführung. Die „Juno" und der neue Tender „Avoß" wurden ausgerüstet und mit 60 der jüngsten und kräftigsten Arbeiter bemannt. Die Führer sollten Chvostov und Davydov sein. In dem Schreiben vom 29. August 1805, in dem er sie dazu auffordert, tritt die Überspanntheit des Mannes und seines Planes am deutlichsten zutage. Es schließt zum Beispiel mit den Worten: „Lassen Sie uns der Welt zeigen, daß in unserem glücklichen Jahrhundert eine Handvoll kühner Russen jenen ungeheuren Taten die Wage hält, zu denen Millionen *) Nach: Reise der^ russisch-kaiserlichen Flottoffiziere Chvostov und Davydov von St. Petersburg durch Sibirien nach Amerika und zurück 1802 bis 1804. Beschrieben von Davydov, übersetzt von C. J . Schultz, Berlin 1816. In der vom Admiral Siäkov, dem Onkel Chvostovs, geschriebenen Einleitung S. 1 8 — 3 5 . 2 ) Tichmenev, Bd. II, Beilagen S. 1 9 2 — 1 9 5 .
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Sechstes Kapitel.
anderer Völker sich erst in einer Reihe von Jahrhunderten emporschwingen."1) Am 25. Juni 1806 ging Rezanov mit beiden Schiffen in See. Er beabsichtigte zunächst, an der Expedition selbst teilzunehmen. Auf der Fahrt aber änderte er seinen Plan und instruierte Chvostov, die Expedition im größten Geheimnis genau so auszuführen, wie sie ursprünglich geplant sei, ihn selbst aber direkt nach Ochotsk zu bringen, da er der späten Jahreszeit wegen nach Rußland eilen müsse. Davydov solle bei Sachalin mit dem „Avoß" die „Juno" erwarten. Als Chvostov in Ochotsk Rezanov ans Land gesetzt hatte und zum Wiederauslaufen bereitlag, erhielt er völlig unerwartet von ihm eine Ergänzung zu seiner ersten Instruktion, in der er aufgefordert wurde, nach Amerika sofort zurückzukehren. Doch wenn der Wind es ohne Zeitverlust erlaubte, sollte er nach Sachalin gehen, um dort den Zustand der japanischen Niederlassungen zu untersuchen. Es schien seinem Urteil überlassen zu bleiben, ob er das eine oder das andere tun wollte. Als Chvostov sofort in Rezanovs Wohnung eilte, um ihn um Aufklärung über diesen ebenso überraschenden wie unbestimmten Befehl zu bitten, war dieser bereits abgereist. Er hatte offenbar die ganze Tollheit seines Unternehmens empfunden und wollte sich der Verantwortung entziehen. Das Schicksal half ihm dabei: auf der Reise machte ein Sturz mit dem Pferde seinem Leben ein Ende. Chvostov, auf sich selbst gestellt, glaubte, nach so kostspieligen Vorbereitungen und nachdem der Kaiser bereits benachrichtigt war, die Sache nicht fallen lassen zu können. Er segelte nach Japan und landete allein, da er den „Avoß" nicht traf, nahm den Japanern einige Magazine fort, belud sein Schiff mit der Beute und fuhr zum Peter-Pauls-Hafen auf Kamöatka. Dort fand er auch den Tender, der wegen Krankheit der Mannschaft in einem Hafen hatte Zuflucht suchen müssen. Nach der Uberwinterung fuhren beide Schiffe gemeinsam zur Südspitze Sachalins, vernichteten hier die japanischen Ansiedelungen und beluden ihre Schiffe mit einer reichen Beute lackierter Gerätschaften, Bücher, Landkarten, einem großen Vorrat Reis und Salz, Tabak, Kleidungsstücken, Werkzeugen, auch einigen Kanonen, vielen Flinten und Pistolen2). Damit fuhren sie nach Ochotsk, um der Hauptverwaltung und der Regierung über ihr Unternehmen Bericht zu erstatten und Kompaniewaren für Amerika einzunehmen. Doch hier ereilte sie ein unerwartetes Geschick : der Vertreter der Kompanie, Kapitän Bucharin, ließ sie Reise Chvostovs und Davydovs, Einleitung S. 21. ) Langsdorfs Bd. II, S. 2 5 7 ,
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Siebentes Kapitel.
Angriffe gegen die Kompanie.
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ihrer Expedition wegen verhaften und behielt sie in wochenlanger Gefangenschaft1). Endlich entflohen sie und kamen nach mancherlei Abenteuern glücklich nach Petersburg, wo sie bald außer Verfolgung gesetzt wurden2). Ihr unsinniges Unternehmen aber fand überall einstimmige Verurteilung. Die russische Regierung war empört, da die Expedition nicht nur zwecklos, sondern auch unehrenhaft war und die Beziehungen Rußlands zu Japan von vornherein gründlich verdorben hatte 3 ). Dazu kam, daß der Zug auch den Kolonien sehr schadete. Denn durch die zweijährige Abwesenheit zweier Schiffe und 60 rüstiger Arbeiter wurden die so nötigen Verbindungen zwischen den Inseln und manche nützliche Unternehmungen unterbrochen. Außerdem erhielten diese Leute während ihrer Abwesenheit ihren Anteil an der Ausbeute und die Offiziere ihren Sold von der Kompanie. Darüber murrten besonders die in Amerika zurückgebliebenen, die sich für jene plagen mußten4).
Siebentes Kapitel.
Angriffe gegen die Kompanie. Mit den Expeditionen der letzten Jahre waren eine Reihe hochgebildeter Männer in das Gebiet der Russisch-Amerikanischen Kompanie gekommen, die nicht unterließen, ihre Erlebnisse und Beobachtungen niederzuschreiben und der Öffentlichkeit zu übergeben. Die Werke Krusensterns, Lisianskijs, des Naturforschers Langsdorff, der Leutnants Chvostov und Davydov erregten bei ihrem Erscheinen lebhafte Anteilnahme und besonders das erste hat seinen Ehrenplatz in der Reiseliteratur bis auf den heutigen Tag behauptet. Es ist daher für die Beurteilung der Kompagnie in der öffentlichen Meinung jener Zeit nicht gleichgültig gewesen, daß alle diese Männer gegen ihre Verwaltung Angriffe richten, und zwar hauptsächlich wegen der Behandlung ihrer Pelzjäger (Promysleniki) und der Eingeborenen. 1)
Davydovs Brief vom 18. X . 1807. Tichmenev, Bd. II, S. 284—292. Später nahmen sie ruhmreich an dem Kriege gegen Schweden Anteil. Doch schon 1809 kamen sie durch einen Unfall gemeinsam ums Leben. Bei der Rückkehr von einem Beisammensein mit ihren amerikanischen Freunden Kapitän D' Wolff und Professor Langsdorff ertranken sie in der Neva. 3) A. J. von Krusenstern, Wörtersammlungen aus den Sprachen einiger Völker des östlichen Asiens und der Nordwestküste von Amerika. Vorrede S. 3, geschrieben am 21. Juli 1813. 4) Lebensbeschreibung Baranovs, S. 106. 2)
P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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Siebentes Kapitel.
Angriffe gegen die Kompanie.
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ihrer Expedition wegen verhaften und behielt sie in wochenlanger Gefangenschaft1). Endlich entflohen sie und kamen nach mancherlei Abenteuern glücklich nach Petersburg, wo sie bald außer Verfolgung gesetzt wurden2). Ihr unsinniges Unternehmen aber fand überall einstimmige Verurteilung. Die russische Regierung war empört, da die Expedition nicht nur zwecklos, sondern auch unehrenhaft war und die Beziehungen Rußlands zu Japan von vornherein gründlich verdorben hatte 3 ). Dazu kam, daß der Zug auch den Kolonien sehr schadete. Denn durch die zweijährige Abwesenheit zweier Schiffe und 60 rüstiger Arbeiter wurden die so nötigen Verbindungen zwischen den Inseln und manche nützliche Unternehmungen unterbrochen. Außerdem erhielten diese Leute während ihrer Abwesenheit ihren Anteil an der Ausbeute und die Offiziere ihren Sold von der Kompanie. Darüber murrten besonders die in Amerika zurückgebliebenen, die sich für jene plagen mußten4).
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Angriffe gegen die Kompanie. Mit den Expeditionen der letzten Jahre waren eine Reihe hochgebildeter Männer in das Gebiet der Russisch-Amerikanischen Kompanie gekommen, die nicht unterließen, ihre Erlebnisse und Beobachtungen niederzuschreiben und der Öffentlichkeit zu übergeben. Die Werke Krusensterns, Lisianskijs, des Naturforschers Langsdorff, der Leutnants Chvostov und Davydov erregten bei ihrem Erscheinen lebhafte Anteilnahme und besonders das erste hat seinen Ehrenplatz in der Reiseliteratur bis auf den heutigen Tag behauptet. Es ist daher für die Beurteilung der Kompagnie in der öffentlichen Meinung jener Zeit nicht gleichgültig gewesen, daß alle diese Männer gegen ihre Verwaltung Angriffe richten, und zwar hauptsächlich wegen der Behandlung ihrer Pelzjäger (Promysleniki) und der Eingeborenen. 1)
Davydovs Brief vom 18. X . 1807. Tichmenev, Bd. II, S. 284—292. Später nahmen sie ruhmreich an dem Kriege gegen Schweden Anteil. Doch schon 1809 kamen sie durch einen Unfall gemeinsam ums Leben. Bei der Rückkehr von einem Beisammensein mit ihren amerikanischen Freunden Kapitän D' Wolff und Professor Langsdorff ertranken sie in der Neva. 3) A. J. von Krusenstern, Wörtersammlungen aus den Sprachen einiger Völker des östlichen Asiens und der Nordwestküste von Amerika. Vorrede S. 3, geschrieben am 21. Juli 1813. 4) Lebensbeschreibung Baranovs, S. 106. 2)
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Krusenstern hat zwar nicht die eigentlichen Kolonien in Amerika besucht, doch hatte er im Peter-Pauls-Hafen auf Kamöatka Gelegenheit, das auf der Ausreise nach Amerika begriffene Kompanieschiff „Maria" zu besichtigen. Er erzählt davon folgendes1): Das voll beladene Schiff von 180 Tonnen sei für den Transport von 70 Pelzjägern viel zu klein gewesen. So konnten nur die 20 von ihnen, die an Skorbut oder venerischen Krankheiten litten, unter Deck ein enges Plätzchen finden, während die Gesunden unter diesem rauhen Klima Tag und Nacht auf dem offenen Verdeck zubringen mußten. Dabei herrschte entsetzliche Zerlumptheit und Schmutz. Nur wenige besaßen Hemden, die meisten waren lediglich in schmierige, stinkende Pelze gehüllt. Für die Kranken hatte man einige Säcke verschimmelten schwarzen Zwiebacks und zwei Fässer Salzfleisch, das einen „abscheulichen, pestilenzialischen Geruch" verbreitete, an Bord. Die Gesunden waren auf die gewöhnliche Speise angewiesen, nämlich Tran, Seelöwenfleisch und gedörrten Fisch. Wir wissen, daß ihre Ernährung in den Kolonien selbst nicht besser war. Langsdorff erzählt2), wenn sie einmal Zwieback, Zucker, Reis oder Salzfleisch genießen wollten, so mußten sie noch für besondere Freundlichkeit dankbar sein, wenn man ihnen dies um hohen Preis aus den Magazinen verkaufte. Dabei zahlten sie meist nicht bar, sondern die Summen wurden vermerkt und bei Feststellung ihres Anteiles am Gewinn abgezogen. Wer so bereits ein größeres Schuldkonto hatte, dem gab man auch keinen Kredit mehr. Da es ihnen an Zeit fehlte, konnten sie sich selbst nicht frische Fische fangen. So kauften sie sie von den Aleuten, die weniger Dienst hatten, oder den Koljuschen, die zum Handel nach Sitcha kamen und bezahlten sie mit ihren Kleidungsstücken, oft mit dem letzten Hemd. Obwohl es infolge dieser Verhältnisse, des rauhen Klimas und der Kämpfe mit den Wilden viele Kranke und Verwundete in den Kolonien gab, war die Fürsorge für sie äußerst gering. Vor allem gab es nicht einen einzigen Arzt! Die ganzen medizinischen Kenntnisse bestanden in dem, was einige Pelzjäger den Ärzten besuchender Schiffe abgelernt hatten. Auch ein besonderes Krankenhaus fehlte. Kranke und Gesunde lagen vielmehr ungetrennt in den Kasernen, die nur von der Ausdünstung ihrer vielen Bewohner erwärmt wurden und niemals gereinigt oder gar gelüftet wurden. Auch die Art der Lohnberechnung fand scharfen Tadel3). Die *) Krusenstern, Reise um die Welt, Bd. II, S. 116. a) Reise um die Welt, Bd. II, S. 81 ff. ) Langsdorff, Bemerkungen auf einer Reise um die Welt, Bd. II, S. 65. Ähnlich Krusenstern, Reise um die Welt, Bd. II, S. 119 und Golovnin, Werke, Bd. V, S. 76. 3
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Angriffe gegen die Kompanie.
Pelzjäger kannten niemals ihr wahres Verhältnis zur Kompanie. Wurden dann nach Jahren die Schlußrechnungen gemacht, so ergab sich meist für sie ein größeres Schuldkonto, das sie dann in oft jahrelangem Zwangsdienst abarbeiten mußten. Nur ganz wenige konnten nach Ablauf ihres siebenjährigen Kontraktes mit einigen hundert Rubeln in die Heimat zurückkehren. Es ist verständlich, daß solche Schilderungen auf die Menschen eines Zeitalters, dessen meistgebrauchtes Wort „Humanität" war, einen tiefen Eindruck machten und der Kompanie viele Feinde schufen. Doch wird man die Schuld an diesen traurigen Verhältnissen schwerlich mit Recht der Gewissenlosigkeit der leitenden Persönlichkeiten zuschreiben können. Sie liegt vielmehr in den Umständen. Wir haben bereits die ungeheuren Schwierigkeiten geschildert, die sich einer regelmäßigen ausreichenden Verproviantierung der Kolonien entgegenstellten. Außerdem war die Kompanie noch verhältnismäßig sehr jung, alles war noch im Entstehen, und man mußte erst Erfahrungen sammeln und Traditionen schaffen. Ferner waren die Pelzjäger keineswegs die „freien, unverdächtigen Männer", von denen im sechsten Absatz der Privilegien die Rede ist, sondern Abenteurer, Trunkenbolde, verschuldete und verdorbene Kaufleute und Handwerker und mitunter auch einige geknutete und gebrandmarkte Verbrecher1). Vielleicht hat sich Baranov um die sittliche Bildung manches von ihnen noch Verdienste erworben. Denn er hielt sie in eiserner Disziplin, entwöhnte sie von manchem Laster, wie vor allem dem Kartenspiel, und hielt darauf, daß sie mit den Frauen, die sie einmal erwählt hatten, dauernd in einer Art Ehe zusammenlebten. Allerdings mußte er, um sie nicht zur Verzweiflung zu treiben, ihnen hin und wieder erlauben, sich bis zur Besinnungslosigkeit in Branntwein zu betrinken2). Was aber gegen die Art der Löhnung gesagt wurde, kann deshalb nicht die Kompanie treffen, weil die Promysleniki sich ja selbst der von der Verwaltung gewünschten Reform widersetzt hatten. Noch viel schärfer waren die Angriffe, die gegen die Kompanie wegen ihres Verhältnisses zu den Eingeborenen gerichtet wurden. Schon so lange, als überhaupt russische Pelzschiffe die Aleutischen Inseln besuchten, verfügten die Russen über die wehrlosen, gutartigen Aleuten wie über Sklaven. Sobald sie zu einer Insel kamen, sandten sie alle waffenfähigen Männer zur Jagd aus und nahmen sich die jüngsten und hübschesten ihrer Weiber. Kamen die Männer zurück, so mußten sie die ganze J
) Langsdorff, Bd. II, S. 1 3 — 1 4 . ) Golovnin, Werke, Bd. V , S. 77.
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Siebentes Kapitel.
Beute, meist ohne jede Bezahlung, an die Russen abliefern 1 ). Auch Selechov wich, wie er uns selbst erzählt 2 ), bei der Besetzung Kadiaks nicht erheblich von diesen Gewohnheiten ab, so wenig wie die folgenden Verwalter. Sie alle nahmen die waffenfähigen Männer der unterworfenen Völker, der Kadiaker, Kenaitzer und Tschugatschen in ihren Dienst und sandten sie auf die Seeotterjagd. Anders war diese gar nicht möglich, denn die russischen Promysleniki wären für sie weder geschickt genug gewesen, noch hätten sie in genügender Anzahl in den Kolonien erhalten werden können. Wenn man konnte, bezahlte man die Eingeborenen mit einer Kleinigkeit, später sogar nach einer festen Taxe. Doch wir haben gesehen, wie lange manchmal die Kolonien ohne jede Zufuhr waren und in solchen Zeiten mußten die Wilden umsonst arbeiten. Da sie so keine Gelegenheit hatten, Wintervorräte anzulegen, mußte die Kompanie für sie sorgen. Oft aber war sie dazu nicht in der Lage und dann brach in den Dörfern entsetzliche Hungersnot aus 3 ). Dadurch und infolge der Gefahren, die auf der J a g d von den wilden Koljuschen und dem Meere drohten, ging die Zahl der Eingeborenen in den Kolonien schnell zurück. Wenn es nun wenigstens der Kompagnie gelungen wäre, den Aleuten die Segnungen der Zivilisation und des Christentums zu bringen, so hätte dies mit mancher Härte ihres Kolonisationssystems versöhnen können. Doch auch dies wurde nicht erreicht. Die zehn Geistlichen, die 1794 in die Kolonien kamen, fanden entweder bald den Tod oder in der materiellen Not des Koloniallebens schwand ihre wohl an sich nicht große sittliche Kraft sehr schnell vollständig. Die Eingeborenen lernten bald die Apostel des neuen Glaubens verachten, ja sogar hassen. Wenn sie sich trotzdem taufen ließen, so geschah es aus Habgier. Denn die Kompanie schenkte jedem bei dieser heiligen Handlung — ein neues Hemd und einige Blätter Tabak. Danach kümmerten sie sich wenig mehr um die Vorschriften des Christentums, lebten wie früher in Vielweiberei und Vielmännerei, in Aberglaube und widernatürlicher Unzucht und merkten sich nicht einmal ihren neuen Taufnamen 4 ). Billings, Expedition to the Northern Parts of Russia 1785—1794, S. 55. 56. 161. 2 ) Siehe oben S. 5. 3 ) Von alle dem geben Langsdorff, Lisianskij und Davydov oft ergreifende Schilderungen. Ich verweise auf Langsdorff, Bd. II, S. 61—64, 191, 203—204; Lisianskij, A Voyage round the World, S. 163—179; Chvostov und Davydov, Zweimalige Reise nach Amerika (russische Ausgabe), Bd. II, S.113 bis 130 und Kotzebue, Reise um die Welt 1815—1818, Bd. I, S. 162 (russisch). 4 ) Zum Teil nach Golovnin, Werke, Bd. V, S. 184—186.
Achtes Kapitel.
Die Kolonien von 1806 bis 1812.
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Alles dies rechneten die Besucher der Kompanie zu schwerem Vorwurf an. Dieses an Sklaverei gemahnende Verhältnis ist auch an sich nicht zu rechtfertigen. Doch möge darauf hingewiesen sein, daß das Los der Eingeborenen nicht immer so drückend blieb, wie es in diesen kritischen Jugendjahren der Kompanie erschien. Der gute Wille, zu helfen, hat immer bestanden, und später auch zu Erleichterungen geführt, wenn auch auf die Arbeitskräfte der Eingeborenen nie verzichtet werden konnte.
Achtes Kapitel.
Die Kolonien von 1806 bis 1812. Kolonie Ros.
Gründung der
Doch kehren wir zur Geschichte der Kolonien in Amerika zurück1). Die bereits erwähnte gemeinsame Jagd mit dem amerikanischen Kapitän Winnship2) verlief nicht ohne Zwischenfälle. Es entstanden auf der Fahrt zwischen dem Kapitän und dem russischen Führer der Aleuten Meinungsverschiedenheiten, die schließlich dazu führten, daß dieser kurz entschlossen von den an der Küste Handel treibenden Amerikanern einen kleinen Schoner kaufte und mit seinen Aleuten zunächst nach den Sandwichinseln und von dort nach Sitcha fuhr. Dorthin kam auch Winnship im September 1807, um die Waren, die er als Pfand hatte zurücklassen müssen, abzuholen. E r brachte als Ergebnis der ganzen Jagd 4820 Seeottern aller Größen mit, die nach dem geschlossenen Vertrage gleichmäßig geteilt wurden. Der König der Sandwichinseln, der berühmte Tomea-mea, der durch die Amerikaner von den Taten Baranovs gehört hatte, sandte ihm durch die Aleuten ein wertvolles Geschenk mit der Versicherung seiner Hochachtung und seines Wohlwollens. Baranov ließ dies nicht unerwidert und seitdem schickten sie sich durch amerikanische Schiffer Gaben hin und her. Im August 1806 kam der alte Bekannte Baranovs, Okein, auf seinem Schiff „Eclipse" wieder nach Sitcha. E r erzählte ihm, auf den Sandwichinseln habe er einen amerikanischen Kapitän getroffen, der Lisianskij in Kanton gesprochen habe. Die „ N e v a " sei aus x ) Von jetzt an dient wieder die „Lebensbeschreibung Baranovs" als wichtigste Quelle. a ) Siehe oben S. 62.
Achtes Kapitel.
Die Kolonien von 1806 bis 1812.
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Alles dies rechneten die Besucher der Kompanie zu schwerem Vorwurf an. Dieses an Sklaverei gemahnende Verhältnis ist auch an sich nicht zu rechtfertigen. Doch möge darauf hingewiesen sein, daß das Los der Eingeborenen nicht immer so drückend blieb, wie es in diesen kritischen Jugendjahren der Kompanie erschien. Der gute Wille, zu helfen, hat immer bestanden, und später auch zu Erleichterungen geführt, wenn auch auf die Arbeitskräfte der Eingeborenen nie verzichtet werden konnte.
Achtes Kapitel.
Die Kolonien von 1806 bis 1812. Kolonie Ros.
Gründung der
Doch kehren wir zur Geschichte der Kolonien in Amerika zurück1). Die bereits erwähnte gemeinsame Jagd mit dem amerikanischen Kapitän Winnship2) verlief nicht ohne Zwischenfälle. Es entstanden auf der Fahrt zwischen dem Kapitän und dem russischen Führer der Aleuten Meinungsverschiedenheiten, die schließlich dazu führten, daß dieser kurz entschlossen von den an der Küste Handel treibenden Amerikanern einen kleinen Schoner kaufte und mit seinen Aleuten zunächst nach den Sandwichinseln und von dort nach Sitcha fuhr. Dorthin kam auch Winnship im September 1807, um die Waren, die er als Pfand hatte zurücklassen müssen, abzuholen. E r brachte als Ergebnis der ganzen Jagd 4820 Seeottern aller Größen mit, die nach dem geschlossenen Vertrage gleichmäßig geteilt wurden. Der König der Sandwichinseln, der berühmte Tomea-mea, der durch die Amerikaner von den Taten Baranovs gehört hatte, sandte ihm durch die Aleuten ein wertvolles Geschenk mit der Versicherung seiner Hochachtung und seines Wohlwollens. Baranov ließ dies nicht unerwidert und seitdem schickten sie sich durch amerikanische Schiffer Gaben hin und her. Im August 1806 kam der alte Bekannte Baranovs, Okein, auf seinem Schiff „Eclipse" wieder nach Sitcha. E r erzählte ihm, auf den Sandwichinseln habe er einen amerikanischen Kapitän getroffen, der Lisianskij in Kanton gesprochen habe. Die „ N e v a " sei aus x ) Von jetzt an dient wieder die „Lebensbeschreibung Baranovs" als wichtigste Quelle. a ) Siehe oben S. 62.
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Achtes Kapitel.
Sitcha nach Nagasaki gegangen, dort sei ihr der Handel erlaubt worden und sie habe einen großen Teil ihrer Ladung sehr vorteilhaft verkauft. Auch zwei amerikanische Schiffe hätten in Nagasaki gewinnreichen Handel getrieben. Okeins Gewährsmann habe sieben Japaner hilflos auf dem Meere treibend gefunden und nach den Sandwichinseln gebracht. Auf Grund aller dieser Nachrichten schlug er Baranov vor, ihn mit den sieben Japanern nach Nagasaki zu senden, um dort den Handel zu versuchen. Wegen der Wichtigkeit einer solchen Verbindung wollte Baranov trotz des Mißerfolges Rezanovs noch einen Versuch unternehmen und ging auf den Vorschlag Okeins ein. Doch trug er ihm auf, falls der japanische Plan scheiterte, nach Kanton oder Batavia weiterzugehen, dort die Pelzwaren zu verkaufen, Landesprodukte dafür einzunehmen und diese nach Kamcatka zu bringen, von wo er dann mit einer Ladung Eisen nach Sitcha zurückkehren sollte. Für den Transport der Waren erhielt er einen angemessenen Preis und die Hälfte des Gewinnes, falls er die Felle teurer verkaufte, als die Kompanie sie taxiert hatte. Okein nahm 1800 Seeottern, 105 000 Seebären, 2500 Flußbiber und andere Waren, zusammen für 310 000 Rubel, an Bord, ging zu den Sandwichinseln, von wo er die sieben Japaner mitnahm und segelte direkt nach Kanton. Hier warnte zwar der schwedische Konsul Lyngstetten die Russen vor den Betrügereien ihres Kapitäns. Allein weder sein Mißtrauen noch die Gegenwart des unerfahrenen russischen Kommissionärs Bakadorov konnte Okein hindern, bei dem Verkauf der Felle unredliche Gewinne zu machen. So erhielt Bakadorov aus der ganzen Ladung nur einen Erlös von 155 000 Rubeln, also genau die Hälfte des taxierten Wertes. Für diese Summe wurden Hirse, Tee, Nanking und sonstige Chinawaren an Bord genommen. Im Mai 1807 verließ Okein Kanton und lief im Juli unter russischer Flagge in den Hafen von Nagasaki ein. Der holländische Geschäftsträger, der sofort an Bord kam, riet ihm aber dringend, alle Beziehungen zu Rußland zu verheimlichen, da die Japaner wegen der räuberischen Uberfälle Chvostovs und Davydovs sehr erbittert seien. Diesem Rate folgend gab er sich den Hafenbehörden als Amerikaner zu erkennen und erklärte, er sei aus Mangel an Nahrung und Wasser gekommen. Darauf versahen sie ihn zum Dank für die Rettung der sieben Japaner umsonst reichlich mit dem Gewünschten, zwangen ihn aber schon nach zwei Tagen, unverrichteter Sache den Hafen zu verlassen. In Kamcatka landete Okein eine Menge Chinawaren, die dort etwa den Wert von 207 000 Rubeln hatten. Auf der Uberfahrt nach
Die Kolonien von 1806 bis I812.
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Amerika erlitt er Schiffbruch und ertrank selbst, während ein kleiner Teil seiner Leute gerettet wurde. Im Herbst 1806 kehrte Baranov nach einem dreijährigen Aufenthalt in Sitcha von dort nach Kadiak zurück. Kuskov, der als Kommandant in Sitcha blieb, arbeitete am Bau neuer Häuser weiter und Linken, der erst im Herbst 1806 als Schiffsbaumeister nach Amerika gekommen war, ließ schon im Frühjahr eine schöne Brigg vom Stapel, die man „Sitcha" nannte. Doch bald kam Kuskov in eine gefährliche Lage. Denn als die Koljuschen erfuhren, daß der gefürchtete Baranov fort sei, sammelten sie sich unter dem Vorwande des Heringsfangs in einer Zahl von 2000 Menschen in der Nähe der Festung. Einige treue Koljuschen verrieten den Russen die wahren Absichten ihrer Landsleute. Kuskov konnte nicht daran denken, der Ubermacht im offenen Angriff die Spitze zu bieten. So bereitete er sich zu einem verzweifelten Widerstande vor. Doch ließ er auch andere Mittel, die zur Rettung führen konnten, nicht unversucht. E r schickte einen Boten zu dem geachtetestenTojonundludihnzusichein. Dieser kam, durch die Auszeichnung geschmeichelt. Kuskov nahm ihn auf das höflichste auf, ehrte und beschenkte ihn und ersuchte ihn endlich, mit seinen Leuten von der Festung abzuziehen, um die törichten Gerüchte, die über seine Absichten umliefen, zu entkräften. Der Tojon ließ sich überreden und mit ihm zogen alle anderen Koljuschen ab. In Kadiak erforderte besonders das Kontor die Arbeit Baranovs. In ihm machte ein Buchhalter die verwickelten Berechnungen der Ergebnisse der einzelnen Jagden und der Gewinnanteile der Teilnehmer. Banner, der das Kontor leitete, hatte sich diesem Posten nicht gewachsen erwiesen und Baranov fand viel zu ordnen und zu verbessern. Im Frühjahr 1807 kam aus Indien das englische Schiff „Mirthe", das Baranov mit der ganzen Ladung kaufte. Dabei waren für 21 000 Rubel Pelzwaren, die schon an der Küste Amerikas eingetauscht waren, Rum, Zucker und anderes für 38 000, Artilleriekugeln für 4000, so daß das Ganze 63 000 Rubel wert war. Der Kapitän erhielt einen Wechsel auf die Hauptleitung in St. Petersburg und sollte von der „Sitcha" nach Ochotsk gebracht werden. Des eintretenden Winters wegen landete man aber im Peter-PaulsHafen auf Kamiatka. Von dort wurde das Schiff von dem Kommissionär der Kompanie mit den von Okein gebrachten Chinawaren nach Nizne - KamCatka geschickt. Auf dieser Fahrt ging es mit der ganzen Ladüng verloren, nur die Mannschaft wurde gerettet.
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Achtes Kapitel.
Die gekaufte „Mirthe" wurde in „Kadiak" umgetauft und mit Lebensmitteln nach Sitcha geschickt. Von dort ging sie nach dem zerstörten Jakutat, wo es gelang, die Frau des ermordeten Leiters Larionov mit drei kleinen Kindern und noch zwei andere Frauen mit Kindern aus der Gefangenschaft der Koljuschen zu befreien. Die geraubten Waffen und Habseligkeiten konnte man aber nicht wiedererlangen, da sie in alle Winde zerstreut waren. Im Herbst 1807 kam die „ N e v a " auf einer zweiten Reise um die Welt aus St. Petersburg nach Sitcha. Ihr Kommandant war diesmal Leutnant Hagemeister. Neben einer Menge Vorräte brachte sie für Baranov den St.-Annen-Orden zweiter Klasse und für Kuskov den Kommerzienratstitel mit. Nachdem die Ladung gelöscht war, überwinterte sie in den Kolonien. Da Baranov die Anwesenheiteines so seetüchtigen Schiffes nicht unbenutzt lassen wollte, sandte er es im nächsten Jahre zu den Sandwichinseln, von dort Salz und andere Lebensmittel für Kamöatka und die Kolonien zu holen. Nach einjähriger Abwesenheit kehrte es im September 1809 nach Sitcha zurück. Da man dort Nachricht von dem zwischen Rußland und England ausgebrochenen Krieg hatte, wagte man nicht, die „ N e v a " auf die Heimreise zu senden. Sie ging daher im Sommer 1810 zum Peter-Pauls-Hafen in Kamiatka, wo das Schiff blieb, während die Mannschaft über Ochotsk auf dem Landwege heimkehrte. Die Erfahrung hatte Baranov gelehrt, daß die Aussendung von Aleuten mit ausländischen Schiffen zur Jagd auf gemeinsame Rechnung für die Kompanie sehr günstig sei. Deshalb nahm er im Jahre 1808 das Anerbieten des Kapitäns George Eayrs, eine solche Expedition zu unternehmen, gerne an. Doch machte er ihm in dem abgeschlossenen Vertrage zur Pflicht, die Aleuten nie ohne den Schutz bewaffneter Boote an die Küste gehen zu lassen. Sollte trotzdem einer von ihnen von den wilden Indianern ergriffen oder getötet werden, so hatte Eayrs für jeden 250 Piaster an seine hinterlassene Familie zu zahlen. Die Ausbeute sollte wieder zu gleichen Teilen geteilt werden, doch mußte er für jede ausgewachsene Seeotter 3 x / 2 , für die Halbausgewachsene i x / 2 und für die kleine 1 Piaster als Lohn an die Aleuten zahlen. Als Anführer der Abteilung ging der Russe Svecov mit, der schon Okein 1803 auf der ersten Reise begleitet hatte. Sie tauschten bei den Koljuschen der Charlotteninseln Seeottern, wobei sie für jedes Fell ein Fäßchen Pulver gaben. An der Mündung des Columbiaflusses trafen sie eine Anzahl Soldaten der Vereinigten Staaten, die im Begriff waren, dort eine Kolonie anzulegen. Von ihnen erwarb
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man 580 Flußbiber. Dann fuhr man an der Küste entlang nach Süden, immer jagend, wenn es das Wetter erlaubte. Nachdem Baranov die Angelegenheiten in Kadiak geordnet, hatte, ging er wieder nach Sitcha. Hier hatte inzwischen Linken einen Dreimaster von 300 Tonnen gebaut, der „Otkrytie" (Entdeckung) genannt wurde, und einen Schoner, genannt „Cirikov", in Erinnerung an den Gefährten Berings, der als erster Russe an dieser Küste den Boden Amerikas betreten hatte. Für jedes dieser Schiffe erhielt er 1000 Piaster. Da Baranov nun genügend Segelfahrzeuge zur Verfügung hatte, sandte er zwei zum Handel und zur Seeotternjagd nach Kalifornien: den „Nicolaj" unter dem Kommando Bulygins mit dem Superkargo Tarakanov zum Handel mit den Wilden und die „Kadiak" unter Petrov mit Kuskov und einer Abteilung Alguten zur Jagd. Der „Nicolaj" scheiterte in der Nähe von Havre de Gray, und die Besatzung geriet in die Gefangenschaft der Wilden, aus der sie erst 1810 auf einem amerikanischen Schiff nach Sitcha zurückkehrte1). Kuskov kam auf der „Kadiak" im Oktober 1809 mit 1900 Seeottern zurück und entwarf begeisterte Schilderungen von dem Reichtum Kaliforniens an fruchtbarem Boden, Viehweiden und Seeottern. Da Baranov nach den Berichten Rezanovs überzeugt war, daß diese Gebiete noch von keinem europäischen Staate besetzt seien, so schlug er in seinem nächsten Bericht an die Hauptverwaltung in St. Petersburg vor, dort mehr zum Ackerbau als für den Pelzerwerb eine Kolonie anzulegen, um so die Kolonien regelmäßig und ausreichend mit Nahrungsmitteln versehen zu können2). — Einige Arbeiter in Sitcha hatten von dem Streich Benevskijs gehört, der 1771 in Kamöatka mit einigen Kameraden den Kapitän Nilov tötete, die Kronkasse raubte, ein Schiff bestieg und mit diesem nach Kanton segelte. Dies hatte ihre Phantasie entzündet. Außerdem waren sie durch die fortwährende schlechte Ernährung, *) Tarakanov erzählt diesen Schiffbruch im IV. Bande der von V . M. Golovnin herausgegebenen „Denkwürdigen Schiffbrüche" (Werke, Bd. IV, S. 406 bis 428, russisch). 2 ) Dieser Plan taucht hier nicht zum ersten Male auf. Schon Langsdorff hatte, als er in Rezanovs Gefolge die Reise nach Kalifornien mitmachte, im Gegensatz zu dessen weitausholenden Entwürfen den Gedanken gefaßt, daß die erstrebte Verproviantierung des Kompaniegebietes nur durch Anlage einer dauernden russischen Ansiedelung in Kalifornien zu erreichen sei. (Bd. II, S. 160 und 161.) Wir wissen nicht, ob dieser Gedanke Langsdorffs den Direktoren der Kompanie bei ihrem Entschluß über den Vorschlag Baranovs bereits bekannt war. Die von uns benutzte Ausgabe ist allerdings erst 1 8 1 2 in Berlin erschienen. E s ist aber trotzdem möglich, da Langsdorff zu jener Zeit in Petersburg lebte, wie aus Anmerkung 2 auf S. 65 hervorgeht.
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Achtes Kapitel.
die große Arbeitslast und wohl auch durch unnötig strenge Behandlung durch ihre Vorgesetzten erbittert. So beschlossen der Jäger Naplavkov und der Landmann Popov, in Sitcha ein gleiches zu tun. Wenn Naplavkov die Wache hatte, wollte er mit zwei anderen in das stets und für jeden zugängliche Haus Baranovs eindringen und diesen mit seinen Hausgenossen, zu denen auch seine Kinder gehörten, umbringen. Dann wollte man die übrigen Russen entweder für sich gewinnen oder unschädlich machen, die wertvollsten Felle auf die gerade segelfertige „Entdeckung" laden, jeder sich ein Mädchen und für alle noch 1 5 Frauen an Bord nehmen und zu einer unbewohnten Insel fahren, um sich dort anzusiedeln. Bei Mangel an Lebensmitteln hoffte man auf den Sandwichinseln mit den aus Sitcha mitgenommenen Fellen Handel treiben zu können. Für diesen Plan wurden etwa zehn Mann gewonnen. Unter diesen befanden sich aber drei Verräter, die jeder einzeln Baranov den Anschlag hinterbrachten. Als die Verschworenen einmal versammelt waren, um sich schriftlich zu ewigem Gehorsam gegen Popov zu verpflichten, erschien plötzlich Baranov mit Bewaffneten mitten unter ihnen und nahm die Erschrockenen fest. Nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, wurden Naplavkov und Popov zur Aburteilung nach Ochotsk gesandt. Trotz ihrer wahnsinnigen Anlage und nichtigen Veranlassung schmerzte die Verschwörung doch Baranov sehr, besonders da sie von Russen ausging. E r fing an, müde zu werden, er sehnte sich nach Ruhe und bat fast jährlich die Hauptverwaltung um einen Nachfolger. Der Unternehmungsgeist und die schnelle Entschlossenheit, die ihn in der Blüte der Jahre ausgezeichnet hatten, auch die körperlichen Kräfte begannen, ihn zu verlassen. Während er früher Schicksalsschläge trug, nur an die Beseitigung ihrer Folgen denkend, machten sie ihn jetzt schwermütig und mutlos. Und doch zwangen ihn die Bitten der Kompanieverwaltung immer wieder, sein schweres Amt weiterzutragen. Zu seinen vielen regelmäßigen Sorgen kam in dieser Zeit eine neue, besondere. Amerikanische Kapitäne erzählten ihm nämlich, ein englischer Korsar habe die Absicht gehabt, Sitcha zu überfallen. Da er aber nicht genügend Leute hatte, nahm er auf den Sandwichinseln noch einige Dutzend der dortigen Eingeborenen auf. Doch als er auf der Fahrt nach Norden in kälteres Klima kam, wurden alle Insulaner krank und ihm blieb nichts anderes übrig, als umzukehren1). !) Golovnin, Werke, Bd. V, S: 82.
Die Kolonien von 1806 bis 1 8 1 2 .
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War damit die Gefahr für Sitcha für den Augenblick beseitigt, so konnte sie im nächsten Sommer 1810 von neuem auftauchen. Und wirklich kündigte ein Brief des russischen Generalkonsuls in New York, Daskov, an, daß wieder ein Korsar gegen Sitcha unterwegs sei. Da war es für Baranov eine große Beruhigung, daß in diesem Sommer die russische Kriegsschaluppe „Diana" unter dem Kommando V. M. Golovnins in die Kolonien kam. Der Zweck ihrer Reise war, die Kompaniegebiete mit Korn zu versehen, daneben aber auch geographische Feststellungen zu machen und vor allem die Mißstände zu untersuchen, deren Kunde nach Europa gedrungen war. Das Ergebnis war eine vollständige Bestätigung dessen, was wir im vorigen Kapitel kennengelernt haben1). In demselben Sommer kam das amerikanische Schiff „Enterprise" unter dem Kapitän Ebbets nach Sitcha. Der Besitzer des Schiffes, der Kaufmann Astor in New York, erzählte Baranov in einem Briefe, daß er schon seit vielen Jahren mit der englischen „Kanadischen Kompanie" Pelzgeschäfte mache und sich jetzt entschlossen habe, an der Mündung des Columbiaflusses eine eigene Ansiedelung anzulegen. Der Kapitän Ebbets hätte Vollmacht, sich gegebenenfalls kontraktlich zu verpflichten, jährlich die russischen Kolonien auf zwei oder drei Schiffen mit allem Nötigen zu versehen. Baranov kaufte von Ebbets für 27 000 Piaster Waren, die er mit Fellen bezahlte. Doch einen Vertrag wollte er nicht abschließen, da er meinte, der Krieg zwischen England und Rußland werde nicht mehr lange dauern und dann werde die Hauptverwaltung wieder aus St. Petersburg Waren schicken; auch hoffte er, bald von der Bürde seines Amtes befreit zu werden. Doch sandte er Astor ein Verzeichnis von Waren mit Angabe der Preise, zu denen er ein oder zwei Schiffsladungen von ihnen kaufen würde. E r schloß aber mit Ebbets am 20. Juni 1810 einen andersgearteten Vertrag. Danach sollte Ebbets von der Kompanie für 65 000 Piaster Pelzwaren übernehmen, sie nach Kanton bringen, dort verkaufen und für den Erlös Chinawaren einehmen. Von den umgesetzten Waren erhielt er 5 % Provision und für die Fracht 18 000 Piaster. E r segelte mit 3000 Seeottern, 3000 Biberschwänzen, 100 Pud Fischbein, 66 000 Seebären usw. ab und setzte sie in Kanton zu recht vorteilhaften Preisen ab, die Seeotter zu 21^2 Piastern, Biberschwänze für 2 Piaster 1 5 Sens, Fischottern für 4, Seebären 1, Flußbiber 61/2 Piaster. Dafür kaufte er 100 Kästen Zucker, 1000 Siehe dazu Golovnin, Werke, Bd. V, S. 56—96.
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Achtes Kapitel.
Pikulen Hirse, 8000 Stück Nanking, 520 Kästen Tee, 1200 Stück verschiedener Seide und vieles andere, im ganzen für 64 000 Piaster, und brachte alles wohlbehalten nach Sitcha. Baranov war mit dem Ergebnis sehr zufrieden, das der Kompanie Gewinn und den Kolonisten für gewisse Waren endlich mäßigere Preise brachte. Denn bisher waren die Preise sehr hoch und betrugen z. B. für 8 Rubel 1 Pud 1 ) Weizenmehl 1 Pud Zwieback aus Weizenmehl 8 „ 1 Pud Zuckerraffinade 40 „ 1 Pfund sehr mittelmäßigen schwarzen und grünen Tee 3 „ 1 Gallone Rum 6 „ 1 Gallone Essig 2 „ 1 Yard (3 Fuß) dunkelblauen Fries 6 „ 1 Yard mittelmäßiges blaues Tuch 6 „ 1 Pfund feines bestes Pulver 2 ) . i1^ „ Jetzt aber wurden die Preise folgendermaßen festgesetzt: 16 Rubel 1 Pud Zuckerraffinade 1 Stück gelben Nanking 3 „ 1 Pfund grüner Tee bester Sorte . . . . 2 „ 25 Kopeken 1 Pfund grüner Tee gewöhnlicher Sorte . 1 „ 70 „ 2 „ 1 Pfund schwarzer Blütentee 1 Pfund gewöhnlicher Souchongtee . . . 1 „ 30 „ Außer in Kanton und von Ebbets kaufte Baranov noch von anderen Schiffern Waren, so daß sein Vorrat schließlich die Bedürfnisse der Kolonien überstieg. Darum beschloß er, einen Teil von ihnen auf der von der japanischen Expedition zurückgekehrten „Juno" nach Kamöatka zu senden. Doch das Schiff ging nahe am Ziele mit der gesamten Ladung zugrunde, und von einer Besatzung von 22 Mann retteten sich nur drei. Im Oktober desselben Jahres 1811 kam die Brigg „Maria" mit Waren und Leuten aus Ochotsk nach Sitcha. Auf ihr war der Kollegienassessor Koch, ein geborener Hamburger, von der Kompanie ausgesandt worden, um zunächst Baranovs Gehilfe, nach einem Jahr aber, wenn er sich in die Geschäfte eingearbeitet hätte, sein Nachfolger zu werden. Allein Koch war schon im Februar 1811 auf der Reise im Peter-Pauls-Hafen gestorben. Für Baranov war dies doppelt schmerzlich, da er in ihm nicht nur den ersehnten Nachfolger, sondern auch einen alten Freund verlor. Mit der „Maria" erhielt Bakranov die Erlaubnis, in Neu-Albion eine Kolonie zu gründen. Die Hauptverwaltung in St. Petersburg 2)
1 Pud = 16,38 kg. Golovnin, Werke, Bd. V, S. 122, Anlage 3.
Die Kolonien von 1806 bis 1812.
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hatte zunächst nach Empfang seiner Vorschläge durch den Staatskanzler Grafen Rumjancev den Kaiser gebeten, zu erlauben, daß die russische Regierung die Gründung einer Kolonie in Kalifornien selbst in die Hand nehme. Doch Rumjancev teilte ihr in einem Schreiben vom 1. Dezember 1809 mit, daß Kaiser Alexander von einer Staatsaktion in diesem Falle nichts wissen wolle, sondern die Sache der Kompanie überlasse; „auf jeden Fall stelle er aber seinen monarchischen Beistand in Aussicht" 1 ). Baranov schritt sofort ans Werk. Er wählte einen von Kuskov vorgeschlagenen Platz, der Überfluß an gutem Bauholz, Viehweiden, anbaufähigem Boden und frischem Wasser hatte und außerdem mitten in reichen Seeottergründen lag. Dorthin sandte er schon im November i 8 i r auf dem „Cirikov" 25 Handwerker unter Kuskovs Leitung, und außerdem 40 Baidaren mit Aleuten für die Jagd und zur Hilfe beim Bau. Diese landeten unter 38° 33' nördlicher Breite und 123 0 15' westlicher Länge von Greenwich und errichteten mit Zustimmung und sogar mit Hilfe der dortigen Indianer am Abhang eines Berges 120 Fuß über dem Meere eine Festung. Zuerst führte man einen starken Palisadenzaun auf und baute hinter ihm ein Haus für den Leiter, Kasernen, Magazine und andere Gebäude. Später wurde auch ein Brunnen angelegt, um die Kolonie im Falle eines feindlichen Angriffes vor Wassermangel zu schützen. Außerhalb der Palisaden befand sich das Bad, die Viehhürden und die Häuser der Aleuten und Indianer. Da das Meer vor der Kolonie einen sehr schlechten Ankergrund bot, legte man etwa 5 Stunden weiter südlich an günstigerer Stelle einen kleinen Hafenort an, der von den Spaniern Port Bodega und von den Russen Port Rumjancev genannt wurde2). Die Spanier erstaunten nicht wenig, als sie die Russen plötzlich als so nahe Nachbarn sahen. Doch kamen sie ihnen anfänglich freundlich entgegen und lieferten ihnen sogar das Vieh und Getreide, das sie zum Beginn ihres landwirtschaftlichen Betriebes nötig hatten. Später aber, als nach dem Sturze Napoleons die spanische Regierung das Regiment in den Kolonien wieder energischer in die Hand nahm, erklärten sie, daß die ganze Westküste Amerikas bis zum Eismeere ihnen gehöre, und verlangten von den Russen die sofortige Räumung von R06, widrigenfalls sie Gewalt anwenden würden. Da Kuskov wphl wußte, daß sie nicht die Macht hatten, *) Aus der Denkschrift: „Die Ansiedelung ROÄ" 1824, gedruckt im Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 666ff. und Golovnin, Werke, Bd. III, Teil 1, S. 151 ff. Die Denkschrift geben wir in den Anlagen Nr. 4. 2) Golovnin, Werke, Bd. III, Teil 1, S. 128 und 149.
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Neuntes Kapitel.
diese Drohung auszuführen, erklärte er kalt, er werde nur auf Befehl seiner Vorgesetzten Ros verlassen und auf Gewalt mit Gewalt antworten. Im übrigen bestritt er den spanischen Anspruch auf das besetzte Gebiet, dessen Herren allein die Indianer gewesen seien, die es ihm freiwillig abgetreten hätten. Die Spanier mußten sich in ihrer Ohnmacht wohl oder übel mit dem Dasein der Russen abfinden. Um sie aber am Vordringen zum Golf von S. Francisco zu verhindern, legten sie an seiner Nordseite schleunigst zwei Ansiedelungen an und erneuerten das Verbot des Seeotterfanges an allen von ihnen besetzten Küsten 1 ). In Ros lebten etwa 25 Russen und 100 Aleuten. Die Jagd war zuerst sehr ergiebig, ging dann aber schnell zurück. Da das Klima vortrefflich war, so gediehen alle Gartengewächse sehr gut. Die Kartoffel z.B. trug hundertfache, in Port Rumjancev sogar zweihundertfache Frucht. Die Landwirtschaft aber kam nicht recht in Schwung, teils aus Mangel an Arbeitskräften und Werkzeugen, teils wegen der Unerfahrenheit der Arbeiter. So brachte Weizen auf dem kleinen versuchsweise angebauten Felde nur das Vierfache und Gerste das Fünffache der Aussaat. Besser gedieh die Viehzucht. Man hielt 1818 10 Pferde, 80 Stück Rindvieh, 200 Schafe und über 50 Schweine, die alle in bestem Zustand waren 2 ). Die Kolonie Ros hat die auf sie gesetzte Hoffnung, die Konikammer aller russischen Ansiedelungen am Stillen Ozean zu werden, nicht erfüllt. Sie hat nie wesentlich mehr getragen, als die in ihr angesiedelten Russen zu ihrem eigenen Lebensunterhalt bedurften.
Neuntes Kapitel. Die Entwickelung v o n 1812 bis 1818. D a s Unternehmen auf den Sandwichinseln.
Baranovs Ende.
Die Seeotterjagd in den Meerengen und Buchten rings um Sitcha wurde immer weniger ergiebig. Denn die Koljuschen bereiteten den Jägern auf alle Weise Schwierigkeiten und außerdem verminderten sich die Tiere selbst, verscheucht durch die Nachstellungen der Russen und Koljuschen. Unter diesen Umständen nahm die Jagd auf gemeinsame Rechnung mit Ausländern außerhalb der Kolonien 1) Otto von Kotzebue, Neue Reise um die Welt 1823—1825, Bd. II, S. 66 bis 67. R. Greenhow, The History of Oregon and California, S. 326/327. 2) Golovnin, Werke, Bd. III, Teil I, S. 151—156.
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Neuntes Kapitel.
diese Drohung auszuführen, erklärte er kalt, er werde nur auf Befehl seiner Vorgesetzten Ros verlassen und auf Gewalt mit Gewalt antworten. Im übrigen bestritt er den spanischen Anspruch auf das besetzte Gebiet, dessen Herren allein die Indianer gewesen seien, die es ihm freiwillig abgetreten hätten. Die Spanier mußten sich in ihrer Ohnmacht wohl oder übel mit dem Dasein der Russen abfinden. Um sie aber am Vordringen zum Golf von S. Francisco zu verhindern, legten sie an seiner Nordseite schleunigst zwei Ansiedelungen an und erneuerten das Verbot des Seeotterfanges an allen von ihnen besetzten Küsten 1 ). In Ros lebten etwa 25 Russen und 100 Aleuten. Die Jagd war zuerst sehr ergiebig, ging dann aber schnell zurück. Da das Klima vortrefflich war, so gediehen alle Gartengewächse sehr gut. Die Kartoffel z.B. trug hundertfache, in Port Rumjancev sogar zweihundertfache Frucht. Die Landwirtschaft aber kam nicht recht in Schwung, teils aus Mangel an Arbeitskräften und Werkzeugen, teils wegen der Unerfahrenheit der Arbeiter. So brachte Weizen auf dem kleinen versuchsweise angebauten Felde nur das Vierfache und Gerste das Fünffache der Aussaat. Besser gedieh die Viehzucht. Man hielt 1818 10 Pferde, 80 Stück Rindvieh, 200 Schafe und über 50 Schweine, die alle in bestem Zustand waren 2 ). Die Kolonie Ros hat die auf sie gesetzte Hoffnung, die Konikammer aller russischen Ansiedelungen am Stillen Ozean zu werden, nicht erfüllt. Sie hat nie wesentlich mehr getragen, als die in ihr angesiedelten Russen zu ihrem eigenen Lebensunterhalt bedurften.
Neuntes Kapitel. Die Entwickelung v o n 1812 bis 1818. D a s Unternehmen auf den Sandwichinseln.
Baranovs Ende.
Die Seeotterjagd in den Meerengen und Buchten rings um Sitcha wurde immer weniger ergiebig. Denn die Koljuschen bereiteten den Jägern auf alle Weise Schwierigkeiten und außerdem verminderten sich die Tiere selbst, verscheucht durch die Nachstellungen der Russen und Koljuschen. Unter diesen Umständen nahm die Jagd auf gemeinsame Rechnung mit Ausländern außerhalb der Kolonien 1) Otto von Kotzebue, Neue Reise um die Welt 1823—1825, Bd. II, S. 66 bis 67. R. Greenhow, The History of Oregon and California, S. 326/327. 2) Golovnin, Werke, Bd. III, Teil I, S. 151—156.
Die EntWickelung von 1812 bis 1818.
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immer größeren Umfang an. Uns ist für das Jahr 1812 darüber folgende Aufstellung erhalten: Jahr des Vertrages
Namen der Kapitäne
Namen der Schilfe
Zahl der mitgenommenen Baidaren
Zahl der auf die Kompanie entfallenden Seeottern -
1809 l8lO
Jon Winnship Natan Winnship William Dewis Tomas Mik William Blanchard Wintimore
Ocean Albatroß Isabella Ametist Katherina Charon
50 68 48 52 5°
2 728 560 2488 721 758 896 8 151
1811
?
Im Jahre 1812 fuhr aus Ochotsk in die Kolonien das Schiff „Neva" mit einer Ladung Waren und Lebensmitteln. An Bord befand sich auch der Kollegienrat T. S. Bornovolokov, der bestimmt war, Baranov abzulösen. Kurz vor dem Ziele aber, bei der Einfahrt in die Sitcha-Bai, scheiterte das Schiff im Januar 1813 und ging mit der ganzen Ladung völlig verloren. Von der Besatzung wurden nur 25 gerettet, 5 Frauen und 33 Männer ertranken, unter ihnen Bornovolokov1). Baranov hatte von Tag zu Tag den Nachfolger wie einen Befreier ersehnt. Nun wäre er beinahe erlöst gewesen, und wieder waren seine Wünsche vereitelt! Und doch konnte er keinem Menschen einen Vorwurf machen: die Kompanieverwaltung hatte ja schon zwei Nachfolger nacheinander geschickt. Doch das Schicksal wollte es offenbar anders, und er beugte sich ihm und trug seine Last weiter. Von den Geretteten von der „Neva" erfuhr er, daß die 1812 mit 8000 Seeottern nach Ochotsk geschickte Brigg „Alexander" bei der fünften kurilischen Insel gescheitert sei, die Mannschaft aber einen Teil der Ladung auf diese Insel gerettet habe. Er sandte daher die „Otkrytie" dorthin, um die Felle aufzunehmen. In der Nähe der Insel angekommen, setzte das Schiff zwei Baidaren mit 22 Mann aus, die zum Lande ruderten. Plötzlich erhob sich ein dichter Nebel, der vier Tage anhielt. Da die „Otkrytie" auf Kanonenschußsignale keine Antwort erhielt, hielt sie die Ausgesetzten für verloren und segelte ab. Diese waren nicht wenig entsetzt, als sie bei klarem Wetter keine Spur mehr von ihrem Schiffe sahen. Da sie bald großen Mangel an Nahrungsmitteln litten, luden Die Beschreibung dieses Schiffbruches bei Golovnin, Werke, Bd. IV, S. 444—453.
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Neuntes Kapitel.
sie möglichst viele Felle in ihre Baidaren und machten sich auf die Fahrt nach Kamöatka, wohin sie auch glücklich kamen. Inzwischen war der Krieg zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und England ausgebrochen. Die zahlreichen amerikanischen Handelsschiffe im nördlichen Teil des Stillen Ozeans konnten nicht auf Schutz durch ihre Kriegsflotte rechnen. Deshalb flüchteten sie vor den englischen Kreuzern in die russischen Kolonien und boten Baranov ihre Waren und Schiffe zu sehr vorteilhaften Preisen an. Da er noch dazu mit den im russischen Handel geringwertigen Seebärenfellen bezahlen konnte, so kaufte er Waren im Werte von etwa 3 1 000 Piaster und für 20 000 Seebären zwei schöne Schiffe, die er „Bering" und „Ilmena" umtaufte. Die „Ilmena" sandte er unter dem Amerikaner Wosdwit aus, die Ansiedelung Ros mit Waren zu versehen und an der Küste Kaliforniens Seeottern zu jagen, wozu er ihm Alguten mitgab. Außerdem schickte er den amerikanischen Doktor Eliot mit, um mit den spanischen Missionaren Handel zu treiben. Anfangs ging alles sehr gut, nach dem Besuch von Roß erwarb Eliot in S. Francisco für seine Waren viel Getreide und sogar 10 000 Piaster baren Geldes, während die Aleuten reichliche Jagdbeute machten. Doch die kalifornische Regierung war nicht gewillt, sich diese kecke Verletzung ihrer Gesetze auf die Dauer gefallen zu lassen. Als die Russen in der Nähe des Vorgebirges Concepcion einmal ans Ufer gegangen waren, um zu handeln und zu jagen, ließ sie sie daher von einer Schar berittener Soldaten überfallen, wobei Eliot, einige russische Jäger und etwa 30 Aleuten gefangen genommen wurden1). Einige Aleuten entkamen aber und brachten die Nachricht von dem Geschehenen auf das Schiff. Da der Kapitän im Augenblick nicht an Befreiungsversuche denken konnte, kehrte er nach Ros zurück, nahm dort zu seiner sonstigen Ladung noch etwas Weizen ein und ging nach Sitcha in See. Unterwegs aber erhielt die „Ilmena" ein starkes Leck, so daß man genötigt war, auf den Sandwichinseln eine Zuflucht zu suchen. Trotz aller Mißerfolge versuchte Baranov immer wieder, mit einem Hafen des Stillen Ozeans in ständige Handelsbeziehungen zu treten. Den Anstoß zu einer neuen Expedition gab ein langer, ausführlicher Bericht, den der Amerikaner Peter Dobell an den Kaiser Alexander, die Direktoren der Kompanie und den Grafen *) Doktor Eliot wurde 1816 von O. v. Kotzebue befreit und nach den Sandwich-Inseln mitgenommen, wo der vielgewandte Mann Staatssekretär Tomea-meas wurde. Drei der gefangenen Russen brachte Kotzebue aus Kalifornien mit nach Petersburg. (Reise Kotzebues, Bd. II, S. 13, russisch.)
Die Entwickelung von 1 8 1 2 bis 1818.
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Mordvinov über die Vorteile eines dauernden Handels zwischen Sitcha, Manila auf den Philippinen und St. Petersburg gerichtet hatte 1 ). Um die praktische Durchführbarkeit des Planes zu erproben, sandte Baranov 1 8 1 4 den Amerikaner Dewis auf dem Schiff „Isabella" nach Manila. Das Ergebnis war ein völliger Mißerfolg. Denn dort gab es nicht ein einziges bedeutenderes Handelshaus^ mit dem sich der Verkauf einer Ladung Pelzwerk und der Ankauf von Lebensmitteln hätte verwirklichen lassen, und so mußte man unverrichteter Sache heimkehren. Nach Beendigung des englisch-russischen Krieges wurde aus Petersburg der „Suvorov" unter dem Kommando des Leutnants M. P. Lazarev in die Kolonien gesandt, wo er 1814 eintraf. Nach Löschung der Ladung an Lebensmitteln und sonstigen Waren nahm es Seebären und andere wertvollere Pelze an Bord und machte sich 1 8 1 5 auf die Heimreise. In S. Francisco und Callao in Peru lud es im Tausch gegen die Seebären amerikanische Waren und erreichte mit ihnen glücklich Rußland. Neben den mit Lazarev gesandten Fellen hatte Baranov noch einen großen Vorrat, der für den Handel mit den Chinesen in Kjachta geeignet war. Diesen sandte er 1 8 1 5 mit der Brigg „Maria" nach Ochotsk. Das Schiff kam glücklich bis dorthin, scheiterte aber im Hafen und ging völlig verloren, die Ladung im Werte von 800 000 Rubel wurde indes fast vollständig gerettet. Schon im Jahre 1 8 1 4 hatte Baranov den Amerikaner Bennett auf dem neugekauften Schiff „Bering" mit einer Ladung im Werte von einer halben Million Rubel nach Ochotsk gesandt. Von dort war er zu den Sandwichinseln gegangen und hatte da eine Ladung Kokosnüsse, Salz und Tarawurzeln2) eingenommen. Doch gleich darauf erlitt er an der Insel Attuwaja Schiffbruch. Der König dieser Insel, Tomari, ein Vasall König Tomea-meas, rettete einen der Ladung, doch weigerte er sich, sie herauszugeben, da sie ihm als Strandgut gehöre. Bennett blieb nichts anderes übrig, als mit leeren Händen auf einem amerikanischen Schiffe nach Sitcha zurückzukehren. Hier riet er Baranov, mit Waffengewalt von Tomari Genugtuung zu fordern. Doch dieser war zu einem Feldzug gegen seinen alten Freund Tomea-mea oder gegen einen von dessen Vasallen nicht zu bewegen. E r hatte einen anderen Plan. Mit dem „Suvorov" war ein Deutscher, Doktor Scheffer, nach x ) Gedruckt im Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 57g—631. Wir geben die an sich äußerst interessante Denkschrift im Anhang im Auszug wieder, Nr. 3. 2 ) Die Tarawurzel wird gemahlen und vertritt dann die Stelle von Weizenmehl. Pilder, Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie. 6
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Neuntes Kapitel.
Sitcha gekommen, der geläufig Französisch und Englisch sprach. Dieser sollte sich unter der Maske eines Naturforschers und sogar, um jeden Verdacht zu vermeiden, auf einem fremden Schiff zu den Sandwichinseln begeben und dort von Tomea-mea den Befehl erwirken, daß Tomari der Kompanie den Schaden ersetze. Gelang ihm dies, dann sollte er sich um die Anknüpfung beständiger Handelsbeziehungen bemühen und, wenn möglich, sogar dort eine Faktorei gründen, die die Kolonien mit Rum, Tabak, Tarawurzeln, Schweinen, Salz, Kokosnüssen usw. billig versehen konnte. Leider hatte Scheffer mehr feurigen Eifer als Klugheit, Beharrlichkeit und Sachkenntnis1). Er begab sich im Herbst 1815 auf der „Isabella" nach den Sandwich-Inseln, nachdem er vorher verabredet hatte, daß ihm die „Otkrytie" und „Kadiak" im Frühjahr 1816 mit Waren für den Handel folgen sollten. Anfangs ging alles gut. Tomea-mea nahm ihn freundlich auf, und als er den wahren Zweck seines Kommens erfahren hatte, versprach er ihm, Tomari die Herausgabe der Kompaniewaren anzubefehlen. Um Baranovs willen erlaubte er ihm sogar, sich an mehreren Stellen seines Landes Fischteiche und Ackerland zur Anlage von Pflanzungen auszusuchen. Im April 1816 kam, wie abgemacht, die „Otkrytie" mit einigen Russen und 30 Aleuten, und im selben Monat die Brigg „Ilmena", aus Kalifornien, deren Mißgeschick wir oben erzählt haben2). Sie wurde entladen und es zeigte sich, daß 500 Pud Salz und 500 Pud Weizen durch eingedrungenes Seewasser verdorben waren. Scheffer überließ nun die Pflanzungen der Aufsicht eines Russen mit Aleuten und fuhr auf der „Otkrytie" mit einem schriftlichen Befehle König Tomea-meas zu Tomari. Dieser nahm ihn sehr freundlich auf und erklärte sich bereit, alles zu erfüllen, was er von ihm verlangte: nicht nur die gerettete Ladung des „Bering" herauszugeben, sondern auch Sandelholz an die Russen zu verkaufen und fruchtbaren Boden zur Anlage von Faktoreien herzugeben. Dieser unerwartet leichte Erfolg stieg Scheffer zu Kopf. Die Grenzen seiner Instruktionen völlig vergessend, war er nur noch darauf bedacht, die Gunst der Stunde ganz auszunutzen. So verpflichtete er den König Tomari, Sandelholz nur noch ausschließ!) Siehe für das Folgende außer der Lebensbeschreibung Baranovs J. J. Harves History of the Hawaiian or Sandwich-Islands, Boston 1843, S. 201 ff. und Golovnins Werke, Bd. III, Teil I, S. 181—182. 2) Siehe S. 80.
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Die Entwickelung von 1812 bis 1818.
lieh an die Russen zu verkaufen. Damit schädigte er aufs empfindlichste die Amerikaner und andere Nationen, die bisher mit diesem Artikel einen gewinnreichen Handel getrieben hatten. Doch auch damit begnügte sich Scheffer nicht. Er schlug jetzt sogar Tomari vor, sich unter den Schutz des mächtigen Rußland zu stellen. Dieser war auch, ohne die Tragweite seines Schrittes zu begreifen, sofort damit einverstanden, und Scheffer legte nun auf seiner Insel in der Nähe der russischen Faktorei eine Batterie an und hißte die russische Flagge. Danach kehrte er zum Könige Tomea-mea zurück und begann in Honolulu mit Hilfe der Sandwichinsulaner eine neue Faktorei anzulegen. Doch er hatte sich durch seine Rücksichtslosigkeit die auf derselben Insel lebenden Amerikaner zu erbitterten Feinden gemacht. Sie redeten Tomea-mea ein, Tomari sei von ihm abgefallen und ganz zu den Russen übergegangen und diese planten nun einen Einfall in sein Reich. Tomea-mea glaubte dies und beschwerte sich darüber bei dem Leutnant Kotzebue, der damals die Sandwichinseln besuchte1). Bald kam es auch zu einem offenen Zusammenstoß zwischen Scheffer und dem Engländer Jung, dem Liebling und Vertrauten Tomea-meas. Infolgedessen wurde jenem befohlen, Honolulu zu verlassen. Er lebte noch einige Zeit auf der Insel Tomaris. Dann nahm ihn dieser fest, zerstörte alle seine Gründungen, und lieferte ihn auf ein amerikanisches Schiff ab, das ihn nach Kanton mitnahm. Noch vor seinem unrühmlichen Ende war die „Kadiak" angekommen, doch infolge eines großen Leckes sank sie im Hafen. Die Besatzung ging auf die „Ilmena" über, die im Juni 1817 nach Sitcha zurückkehrte, um Baranov die Nachricht von dem traurigen Ausgang des so glücklich begonnenen Unternehmens zu bringen. Statt der erwarteten Handelsbeziehungen und Rückgabe des verlorenen Gutes hatte die Kompanie noch mindestens 200 000 Rubel eingebüßt. Baranov, der weder an die Okkupation der Sandwichinseln noch an einen ausschließlichen Handel auch nur gedacht hatte, büßte seinen einzigen Fehler, der in der Wahl des unrechten Mannes bestand, teuer: mit dem Spott und den Vorwürfen seiner Landsleute und der Ausländer und dem empfindlichen Kapitalverlust. In den russischen Kolonien ging indessen alles seinen gewohnten Gang. Die Lebensmittel erhielt man meist von den Amerikanern oder aus San Francisco. Die Seeotterjagd fand meistens in Gemeinschaft mit amerikanischen Kapitänen statt, einmal auch ') Reise Kotzebues, Bd. II, S. 28 (russisch). 6*
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Neuntes Kapitel.
mit einem Franzosen, der aber fast alle Aleuten, 21 Männer und 3 Frauen, in die Gewalt der Indianer geraten ließ1). 1 8 1 7 wurde der Deutsche Benzemann auf dem „Cirikov" nach Monterey gesandt, wo es ihm gelang, die Freilassung von 2 Russen und 20 Aleuten, die 1 8 1 5 gefangen worden waren, zu erwirken. Auch erlaubte ihm der Gouverneur, Lebensmittelvorräte zu kaufen, mit denen er nach Sitcha zurückkehrte. Am 13. Juli 1 8 1 7 kam aus St. Petersburg das Schiff „Suvorov" und im November der „Kutuzov" unter dem Kapitänleutnant Hagemeister nach Sitcha. Sie brachten eine Ladung Waren und Materialien zum Schiffbau aus Europa und Lebensmittel allerart aus den amerikanischen Häfen, im ganzen für eine halbe Million Rubel. Wiewohl sich Baranov über die Sendung freute, schmerzte es ihn doch, daß ihm die Hauptverwaltung keinen Nachfolger gesandt habe. Die Trauer und die Klagen des Greises rührten endlich Hagemeister, und er eröffnete ihm, daß er von der Kompanie ermächtigt sei, wenn er wolle, das Amt des Hauptleiters zu übernehmen. E r habe lange gezögert, diese Last, deren drückende Schwere er kenne, sich aufzuladen. Da sich aber der ebenso fähige wie unermüdliche Leutnant Janovskij (der sich mit der Tochter Baranovs verlobt hatte) bereit erklärt hatte, zwei Jahre lang in den Kolonien zu bleiben, sei auch er bereit, das Amt auf sich zu nehmen. Dies geschah am 1 1 . Februar 1818; Am 14. ging der „Suvorov" mit einer reichen Pelzladung und dem Bericht über diesen Wechsel nach Europa. Baranov hatte bisher eigentlich zwei Ämter geführt: neben dem des Hauptleiters der Kolonien auch das des Verwalters des Kontors in Sitcha. In diese Stelle trat jetzt der Superkargo des „Kutuzov", K. Chljabnikov, der spätere Biograph Baranovs, ein. Die Übergabeverhandlungen und die Aufstellung der Berechnungen zogen sich bis zum November 1818 hin. Währenddem gelang es Hagemeister, die schon so lange schwebende Reform der Löhnung durchzuführen. E r veranlaßte die letzten Promysleniki, auf ihren Anteil an der Beute zu verzichten und in Geldlohn zu treten. Gleichzeitig übernahm die Kompanie die Verpflichtung, sie mit Lebensunterhalt zu versehen. Diese neue Sorge veranlaßte Hagemeister, persönlich nach Kalifornien zu gehen und dort 15 000 Pud Getreide zu kaufen. Danach fuhr er nach Rußland und überließ die Leitung der Kolonien Janovskij, der sich diesem Amte vollauf gewachsen zeigte. Golovnin, Werke, Bd. V, S. 195.
Zehntes Kapitel.
Regierungsverfügungen 1799 bis 1819.
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Der 72 jährige Baranov schwankte, wo er seine letzten Tage zubringen sollte, ob in Kadiak, wo er die Einsamkeit und das feuchte Klima scheute, oder in den freundlichen Tälern der Sandwichinseln, die ihm sein Freund Tomea-mea geschenkt hatte und die auch nach Scheffers Abenteuer als sein Eigentum betrachtet wurden. Schließlich gab der damals gerade in den Kolonien anwesende Golovnin den Ausschlag, der ihm vorstellte, wie sehr er der Kompanie nützen könnte, wenn er nach Rußland ginge und den Direktoren mit seinem Rate zur Seite stände. So entschloß er sich denn, nach Europa zu gehen. Nicht ohne Tränen nahm er von dem Ort Abschied, an dem er 28 Jahre Mühe und Sorgen, Kummer und Mangel ertragen hatte, und von seinen früheren Untergebenen, die mit ihm Freud und Leid geteilt hatten. Seine alten Gefährten, Greise wie er, schluchzten wie die Kinder, als sie ihm Lebewohl sagten. Auch die Koljuschen, die vor ihm gezittert hatten, schieden mit Achtung von ihm. Selbst der berühmte Tojon Kotlejan, der ihm durch die Zerstörung Sitchas den größten Schmerz seines Lebens zugefügt hatte, kam zu ihm, um sich mit ihm zu versöhnen. Am 27. November 1818 verließ Baranov auf dem „Kutuzov" Sitcha. Doch das Geschick hatte ihm nicht beschieden, den Bereich des Stillen Ozeans, an dem er sein Leben zugebracht hatte, zu verlassen. In dem mörderischen Klima Batavias, wo man längere Zeit blieb, nahm er den Todeskeim in sich auf und nach wenigen Tagen weiterer Fahrt endete am 16. April 1819 das tätige, erfolgund ruhmreiche Leben dieses bedeutenden Mannes. Am folgenden Tage senkte man bei den Prinz-Inseln seine sterblichen Überreste in die Wogen des Großen Ozeans.
Zehntes Kapitel.
Regierungsverfügungen 1799 bis 1819. Erneuerung der Privilegien und Vorschriften 1821. Wir nähern uns dem Endtermin der im Jahre 1799 der Kompanie auf 20 Jahre verliehenen Privilegien, und es ist an der Zeit, einen Blick auf die sie,betreffenden Regierungsakte zu werfen. Als das Wesentliche kann man bezeichnen, daß die kaiserliche Regierung während dieser ganzen Frist der Kompanie mit dem größten Wohlwollen gegenübergestanden hat und sie auf jede Weise zu fördern suchte.
Zehntes Kapitel.
Regierungsverfügungen 1799 bis 1819.
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Der 72 jährige Baranov schwankte, wo er seine letzten Tage zubringen sollte, ob in Kadiak, wo er die Einsamkeit und das feuchte Klima scheute, oder in den freundlichen Tälern der Sandwichinseln, die ihm sein Freund Tomea-mea geschenkt hatte und die auch nach Scheffers Abenteuer als sein Eigentum betrachtet wurden. Schließlich gab der damals gerade in den Kolonien anwesende Golovnin den Ausschlag, der ihm vorstellte, wie sehr er der Kompanie nützen könnte, wenn er nach Rußland ginge und den Direktoren mit seinem Rate zur Seite stände. So entschloß er sich denn, nach Europa zu gehen. Nicht ohne Tränen nahm er von dem Ort Abschied, an dem er 28 Jahre Mühe und Sorgen, Kummer und Mangel ertragen hatte, und von seinen früheren Untergebenen, die mit ihm Freud und Leid geteilt hatten. Seine alten Gefährten, Greise wie er, schluchzten wie die Kinder, als sie ihm Lebewohl sagten. Auch die Koljuschen, die vor ihm gezittert hatten, schieden mit Achtung von ihm. Selbst der berühmte Tojon Kotlejan, der ihm durch die Zerstörung Sitchas den größten Schmerz seines Lebens zugefügt hatte, kam zu ihm, um sich mit ihm zu versöhnen. Am 27. November 1818 verließ Baranov auf dem „Kutuzov" Sitcha. Doch das Geschick hatte ihm nicht beschieden, den Bereich des Stillen Ozeans, an dem er sein Leben zugebracht hatte, zu verlassen. In dem mörderischen Klima Batavias, wo man längere Zeit blieb, nahm er den Todeskeim in sich auf und nach wenigen Tagen weiterer Fahrt endete am 16. April 1819 das tätige, erfolgund ruhmreiche Leben dieses bedeutenden Mannes. Am folgenden Tage senkte man bei den Prinz-Inseln seine sterblichen Überreste in die Wogen des Großen Ozeans.
Zehntes Kapitel.
Regierungsverfügungen 1799 bis 1819. Erneuerung der Privilegien und Vorschriften 1821. Wir nähern uns dem Endtermin der im Jahre 1799 der Kompanie auf 20 Jahre verliehenen Privilegien, und es ist an der Zeit, einen Blick auf die sie,betreffenden Regierungsakte zu werfen. Als das Wesentliche kann man bezeichnen, daß die kaiserliche Regierung während dieser ganzen Frist der Kompanie mit dem größten Wohlwollen gegenübergestanden hat und sie auf jede Weise zu fördern suchte.
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Zehntes Kapitel.
Schon wenige Monate nach der Bestätigung der Akte stellte es sich heraus, daß Irkutsk als Hauptsitz der Verwaltung ungeeignet sei. Zwar hatte Rezanov in St. Petersburg als „bevollmächtigter Korrespondent" die Vertretung der Interessen der Kompanie, wohl hauptsächlich dem Kaiser und der öffentlichen Meinung gegenüber, übernommen1), doch scheint sich dies nicht bewährt zu haben. Jedenfalls wurde 1800 die Hauptleitung nach St. Petersburg verlegt, während man in Irkutsk nur ein Kontor beließ2). Nach dem vierten Paragraphen der „Vorschriften" hatte die Kompanie am 1. Dezember 1799 durch Inventur den Wert ihrer Aktien berechnet und dabei festgestellt, daß vom August 1798 ihr Kapital sich von 714 000 Rubel auf 2 634 365 Rubel vermehrt habe, also jede ihrer 714 Aktien jetzt 3638 Rubel 61 1 / i Kopeken wert sei. Zu diesem Preise bot sie nun, entsprechend den Bestimmungen der Vorschriften, 1000 Aktien dem russischen Publikum zum Kauf an. Doch der Erfolg war sehr gering. Nur 14 von den 1000 wurden im Verlaufe der festgesetzten sechsmonatigen Frist verkauft. Um den Absatz zu erleichtern, wurde der Kompanie erlaubt, statt der noch übrigen 986 Aktien von so hohem Preise 7350 zu je 500 Rubeln auszugeben8) und so auch kleineren Kapitalisten den Kauf zu ermöglichen. Trotzdem waren bis zum Jahre 1821 noch nicht alle verkauft 4 ). Der Kaiser selbst erwarb 1802 20 Aktien der Kompanie, um durch sein Beispiel die Aufmerksamkeit und das Vertrauen des Publikums auf dieses Unternehmen zu lenken, das, wie er in dem Reskript vom 25. März desselben Jahres sagte, „in sich so eng die Privatvorteile mit den Vorteilen des Reiches vereinigt". Seinem Schritte folgten die Kaiserin, der Thronfolger und der höchste Adel6). An der Spitze standen die Grafen Nicolaj Petroviö Rumjancev, der Handelsminister und spätere Staatskanzler, und Nicolaj Semenovid Mordvinov6), der frühere Marineminister, Beide Herren nahmen an den Unternehmungen der Kompanie tätigen Anteil und konnten ihr durch ihre soziale Stellung manchen wichtigen Dienst erweisen. Daß sie dies nicht aus Gewinnsucht taten, dafür spricht Golovnin, Werke, Bd. V, S. 159. Der Bestätigungsukaz ist in der ,,Poln. Sobr. Zak." nicht abgedruckt. 8) Ukaz vom 19. Oktober 1800. Poln. Sobr. Zak. Nr. 19 611. 3) Ukaz vom 17. August 1801. Poln. Sobr. Zak. Nr. 19 982. 4) „Vorschriften" der Kompanie vom 13. September 1821, § 2. 5) Aus der Denkschrift: „Der Zustand der Kompanie" 1819. 6) Daher erklärt sich die große Zahl der auf die Kompanie bezüglichen Papiere im Familienarchiv der Grafen Mordvinov, von denen die wichtigsten im „Mordvinovarchiv" publiziert sind (russisch).
Regieningsverfügungen 1799 bis 1819.
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ihr großer eigener Reichtum und ihr makelloser Name, nannte man doch Mordvinov den „russischen Aristides". Was sie1) und nach den französischen Kriegen auch viele andere Adlige für die Kompanie gewann, war vielmehr ihre im damaligen autokratischen Rußland einzig dastehende demokratisch-parlamentarische Verfassung. In ihren Generalversammlungen saß der einfache Bürger neben dem höchsten Staatswürdenträger, und die Stimmen wurden nicht, wie sonst überall, nach Rang und Stand gewogen, sondern allein nach dem Aktienbesitz gezählt. Außerdem brachte es der weite Umfang der Kompanieinteressen mit sich, daß in diesen Versammlungen die gesamte Staatslage und die ganze äußere und innere Politik der Regierung in den Kreis der Besprechung gezogen werden konnte2). So wird es erklärlich, daß auch einige der freiheitlich gesinnten Männer, die später eine führende Rolle in der Dekabristenbewegung spielten, der Kompanie nahestanden. So war der berühmte Ryleev Chef ihrer Kanzlei und über die bedeutende Tätigkeit, die Savalisin in ihrem Dienste entfaltete, werden wir noch eingehend zu reden haben. Um die Kompanie von einer lästigen Konkurrenz zu befreien, verbot Kaiser Alexander durch Ukaz vom 26. August 1802 die Einfuhr grauer Biber in Petersburg. Trotz der Ausgabe neuer Aktien geriet die Kompanie doch schon im Jahre 1804 in Kapitalschwierigkeiten3), wohl infolge der großen Ausgaben, die die Expedition Krusensterns erfordert hatte. Darum mußte es für sie von höchster Wichtigkeit sein, daß ihr auf ihre Bitte durch Ukaz vom 8. März 1804 erlaubt wurde, bei den staatlichen Diskont-Kontoren unter Verpfändung von Waren Darlehen aufzunehmen, oder auch Wechsel zu eskontieren4), wie es den russischen Privatkaufleuten schon lange freistand. Drei Ukaze beschäftigten sich mit der wichtigen Frage der Arbeiteranwerbung ; sie laufen alle darauf hinaus, sie so weit wie möglich von allen Erschwerungen zu befreien5). Es wurde der Kompanie zwar verboten, auf den Staatsschiffen, *) Rumjancev nahm ein besonderes geographisch-wissenschaftliches Interesse an den Expeditionen der Kompanie, zu denen er daher gelegentlich bedeutende Summen beisteuerte. a ) Savalisin, Memoiren, Bd. I, S. 227 (russisch). Über die demokratischen Neigungen des russischen Adels vor dem Dezember 1824 siehe auch Schiemann, Alexander I., S. 485. 3 ) Siehe darüber auch oben S. 1 1 , Anmerkung 2. 4 ) Ukaz vom 8.. März 1804, Poln. Sobr. Zak. Nr. 21 201. Bd. X X V I I I , Anhang, S. 5. Auch dies vermittelte Rumjancev. 5 ) Ukaze vom 16. Februar 1801, 6. April 1805 und 13. April 1808.
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Zehntes Kapitel.
die von Ochotsk aus die Militärposten auf Kamäatka mit Proviant versorgten, ihre Waren mitzusenden, da dies zu Mißbräuchen geführt hatte 1 ). Doch gestattete man ihr, auf den aus Kamöatka leer zurückgehenden Schiffen ihre Pelzsendungen aus den Kolonien zu verladen2). Schließlich sei noch erwähnt, daß auch die Aktien der Kompanie zur Hälfte ihres nominellen Wertes bei der Kaution angenommen wurden, die die Pächter des Branntweinregals zu hinterlegen hatten, allerdings nur bis zu einem Drittel des ganzen Betrages3). Die wichtigste Veränderung war aber wohl die, daß auf Wunsch der Kompanie am 13. Februar 1 8 1 4 neben der Hauptverwaltung ein besonderer Rat aus drei Aktionären gebildet wurde, der bei der Behandlung solcher Angelegenheiten, die keinen Aufschub duldeten oder die geheim bleiben sollten, die große Aktionärversammlung vertreten sollte. Die ersten Mitglieder dieser Art Aufsichtsrat waren die Senatoren Weidemeier und MolCanov und der Wirkliche Staatsrat Druzinin4). Am 26. April 1819 machte dieser Rat den Minister des Inneren darauf aufmerksam, daß am 8. Juli dieses Jahres die Frist der Privilegien ablaufe. Gleichzeitig überreichte er einen Bericht über die Tätigkeit der Gesellschaft während dieses Zeitraumes und über ihren augenblicklichen Zustand. E r bat, zu den alten Privilegien eine Reihe von Punkten hinzuzufügen, die sich im Laufe der Zeit als wünschenswert herausgestellt hatten, und andere zu beseitigen, die überflüssig geworden waren. Da dies sorgfältige und zeitraubende Prüfungen und Verhandlungen nötig machte, beschloß das Ministerkomitee, daß die alten Privilegien und Vorschriften zunächst über den 8. Juli hinaus in Kraft bleiben sollten6). Wir besitzen zwar die Papiere nicht, die dem Minister des Innern eingereicht wurden, wohl aber eine andere sehr wichtige Denkschrift aus demselben Jahre 1819, die wahrscheinlich für die Aktionäre bestimmt war 6 ), und die auf das glücklichste durch den Bericht Ukaz vom 11. August 1803. Nr. 20 889. ) Ukaz vom 14. April 1805. Nr. 21 7 1 1 . 8 ) Ukaz vom 22. September 1814. Nr. 25 692. Bd. X X X I I , S. 1008. 4 ) Ukaz vom 13. Februar 1814. Poln. Sobr. Zak., Bd. X X I I I , S. 748, Nr. 25 535. Siehe auch in den Vorschriften für die Kompanie vom 13. September 1821 §§ 12—23 im Anhang. ®) Ukaz vom 13. Juli 1819. Poln. Sobr. Zak. Nr. 27 906, Bd. X X X V I . S. 319. e ) Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 632—641. Siehe die Übersetzung in den Anlagen Nr. 5. 2
Regierungsverfügungen 1799 bis 1819.
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Golovnins unterstützt wird, der 1818 eine zweite Untersuchungsreise in die Kolonien unternommen hatte 1 ). Danach besaß die Kompanie damals 17 beständige Ansiedelungen mit Festungen, Redouten und Schiffswerften, und zwar sechs auf Kadiak, zwei auf der nahen Insel Afognak, je eine auf den Inseln Ukamok, Ewraschew und Ljäsni, zwei am Cugackij-Meerbusen: die Voskresenskij- und die Konstantinovskij-Ansiedelung; eine am KenajckijMeerbusen: die von Nikolajewsk; eine auf der Halbinsel Alaska: die von Alexandrovsk; ferner Novo-Archangelsk auf der Insel Sitcha und Ros. Zum Schutze dieser Ansiedelungen hielt sie eine Garnison von 500 Mann2), und ihrer Regierung unterstand eine eingeborene Bevölkerung von etwa 8500 Seelen. Sie unterhielt eine Knabenschule und ein Mädchenheim auf eigene Kosten und hatte außerdem noch zur Verbesserung dieser Anstalten ein Kapital von 37 000 Rubel gestiftet. Junge Eingeborene und Kreolen hatte sie in St. Petersburg studieren lassen, die ihr jetzt dienten und Gehälter von 500—1200 Rubel bezogen. Die Alten, Krüppel und Kranken wurden unentgeltlich ernährt und genossen außerdem die Zinsen eines Kapitals von 20 000 Rubel. Im ganzen gewann die Kompanie von 1797 bis 1818 Pelzwaren im Werte von 16 Millionen Rubel, die zum weitaus größten Teil nach Rußland geführt wurden. Nur für 1 200 000 Rubel wurden in den Kolonien an die Ausländer gegen Waren vertauscht3). Die übrigen Pelze blieben teils in Rußland, teils wurden sie in Kjachta an die Chinesen verkauft, und die Kompanie bezahlte für sie 2500000 Rubel Staatsabgaben. Nach Abzug aller Unkosten verblieb von 1797 bis 1818 ein Reingewinn von über 6 Millionen Rubel, von denen 3 Millionen mit Zustimmung der Aktionäre dem Grundkapital hinzugeschlagen wurden, während 3 Millionen als Dividenden verteilt wurden, was einer durchschnittlichen Jahresdividende von 4Vi% entspricht. Sie besaß ein Kapital von 4 429 426 Rubel, ungerechnet die Festungen, Ansiedelungen, Werften und sonstigen Anlagen, für die sie im Laufe der Zeit 3 Millionen aufgewandt hatte und die man damals noch auf eine Million schätzte. Sie hatte vier Kontore in den Kolonien, nämlich in Atcha, Unalaska, Kadiak und Sitcha, ferner solche in Moskau, Irkutsk, Kjachta, Jakutsk und Ochotsk und Agenturen in Kazan, Tjumen, Tomsk und Kamöatka. Während der ganzen Zeit hatte sie 30 Schiffe gekauft 1) Golovnin, Werke, Bd. III, Teil I und Anlagen, und Bd. V. ) Siehe in den Anlagen Nr. 6. und Nr. 7. 3 ) Lebensbeschreibung Baranovs, S. 188. 2
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Zehntes Kapitel.
und gebaut, von denen sie jetzt aber nur noch 13 besaß, darunter nur drei seetüchtige. Erst am 13. September 1821 wurden die neuen „Privilegien" und „Vorschriften" von Kaiser Alexander vollzogen. Die Kompanie hatte allen Grund, mit ihnen im höchsten Maße zufrieden zu sein. Denn alle wesentlichen Punkte der ersten Privilegien und die ihr seitdem durch besondere Ukaze eingeräumten Vorrechte wurden bestätigt. Damit aber nicht genug, wurden ihr alle Wünsche erfüllt, die sie in ihren Denkschriften an den Minister des Innern 1819 ausgesprochen hatte. Die wichtigsten dieser Neuverleihungen sind folgende1): Die Angestellten der Kompanie sollten von jetzt an unter genau denselben Bedingungen und in derselben Art auf der Stufenleiter des „Cin" emporsteigen wie die Staatsbeamten. Nach Ablauf der siebenjährigen Frist der Pässe, die den Kompaniearbeitern nach den ersten Privilegien gegeben wurden, brauchte die Kompanie von nun an diese Leute nicht mehr nach Ochotsk zurückzusenden, wenn sie schriftlich ihre Bereitwilligkeit, in den Kolonien zu bleiben, erklärten, oder wenn sie bei der Kompanie noch Schulden abzuarbeiten hatten. Allen Behörden wurde verboten, die Kontore der Kompanie zu irgendwelchen Zahlungen zu zwingen, zu denen sie von der Hauptverwaltung nicht ermächtigt wären. Die Generalversammlung der Aktionäre erhielt das Recht, solche Abrechnungen zwischen der Hauptverwaltung und den Aktionären, über die zwischen diesen eine Einigung nicht zustande kam, durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden. Die Waren der Kompanie, die von Kronstadt oder Ochotsk nach Amerika oder von dort in diese Häfen gesandt wurden, sollten in Zukunft zollfrei bleiben, da ja auch die Kolonien russisches Gebiet seien. Alle Häuser der Kompanie sollten von Einquartierungen frei bleiben, wofür sie jährlich 3000 Rubel zum Bau steinerner Kasernen in Irkutsk bezahlte, wie auch schon früher von ihr für diesen Zweck 70 000 Rubel aufgewandt worden waren. Die „Vorschriften für die Russisch-Amerikanische Kompanie" geben besonders in ihrem allgemeinen Teile Wiederholungen der alten Bestimmungen vom Jahre 1799. Doch enthalten sie auch eine lange Reihe sehr wichtiger Neuerungen2). Sie gehen fast alle darauf aus, die Rechte der Eingeborenen und Russen in den Kolonien gegen Übergriffe der Kompanie zu schützen, und sind wohl die Frucht der scharfen Angriffe, von denen wir oben gesprochen haben und die noch eben durch die Untersuchungen Golovnins voll 1 2
) Den Wortlaut der Privilegien geben wir im Anhange Nr. 8. ) W i r übersetzen die wichtigeren von ihnen im-Anhang Nr. 9.
Erneuerung der Privilegien und Vorschriften 1 8 2 1 .
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bestätigt worden waren. Im Interesse der russischen Angestellten wird der Kompanie aufgetragen, für Geistliche, Ärzte, Medikamente und gesunde Wohnungen in den Kolonien zu sorgen und die in den Mietskontrakten übernommenen Verpflichtungen genau zu erfüllen. Die Kreolen, die russische Untertanen, aber vorläufig steuerfrei sein sollten, werden dem besonderen Schutze der Kompaniebeamten empfohlen. Dafür sollen aber auch sie ihrerseits, wenn sie auf Kosten der Kompanie in Rußland studiert haben, ihr zehn Jahre lang in den Kolonien dienen, natürlich gegen ein entsprechendes Gehalt. Die Insulaner sollten auch als Untertanen des russischen Reiches angesehen werden, aber einen besonderen Stand bilden1). Sie sind auch steuerfrei, und die Kompanie ist verpflichtet, ihnen eine genügende Menge Landes zuzuweisen und darf ihren Besitz bei strenger Strafe nicht antasten. Sie behält allerdings das Recht, die Hälfte aller Männer zwischen dem 18. und 50. Lebensjahre für die Jagd in ihrem Dienste zu verwenden, doch nur während dreier Jahre und gegen entsprechende Bezahlung. Die dienstfreien Insulaner dürfen zwar auf eigene Rechnung jagen, ihre Beute aber nur an die Kompanie verkaufen. Der Gesellschaft wird verboten, ihra Herrschaft weiter ins Innere auszudehnen und die dortigen Indianervölker tributpflichtig zu machen. Sie hat sorgfältig alles zu vermeiden, was die guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten beeinträchtigen könnte, wobei besonders auf China hingewiesen wird, mit dem auf dem Seewege Handel zu treiben schon in den „Privilegien" verboten wurde. Da die Regierung die Verwaltung jenes fernen, ausgedehnten Gebietes nicht selbst übernimmt, sondern der Kompanie anvertraut, so soll wenigstens der Hauptleiter der Kolonien immer ein kaiserlicher Marineoffizier sein und vom Monarchen selbst aus den von der Gesellschaft vorgeschlagenen Kandidaten bestimmt werden. Durch ihn will die Regierung auf die genaue Erfüllung der „Vorschriften" einen bestimmenden Einfluß gewinnen, da er als Offizier seinen vorgesetzten Behörden verantwortlich bleibt. Bekanntlich wurde das russische Volk damals in vier Hauptstände eingeteilt: Adel, Geistlichkeit, Städter und Landvolk. Die Insulaner wurden also keinem von diesen Ständen zugeteilt.
Elites Kapitel.
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Elftes Kapitel.
Der Ukaz vom 4. September 1821. Uns bleibt noch übrig, von einigen Bestimmungen der Privilegien zu sprechen, die sich später als die folgenreichsten erwiesen haben Ihnen sei eine kurze historische Darstellung vorausgeschickt. Wir haben gesehen, daß das der Kompanie 1799 verliehene Handelsmonopol niemals gegen fremde Schiffe geltend gemacht worden ist. Dazu fehlte auch jede Möglichkeit, da bisher nie ein russisches Kriegsschiff dauernd in den Kolonien stationiert war. Und doch schädigten die fremden Kaufleute die Kompanie auf mannigfache Weise. Vor allem gefährdeten sie die Existenz der russischen Ansiedelungen dadurch, daß sie die Wilden mit Flinten, Pulver und sogar Kanonen versahen; der Untergang von Sitcha ist zum nicht geringen Teil dadurch verschuldet1). Da sie nicht wie die Kompanie dauernde und kostspielige Anlagen zu unterhalten hatten, konnten sie den Wilden für die Pelzwaren höhere Preise zahlen und ihr so den Handel erschweren2). Außerdem machten sie ihr auch auf dem chinesischen Markte Konkurrenz, wenn auch nicht allein mit Fellen, die aus dem Kompaniegebiet stammten8). Gegen solche vielfache Schädigung hatte die Kompanie, gestützt auf ihr Monopolprivileg, schon oft protestiert, und es war ihr gelungen, die russische Regierung zu diplomatischen Schritten zu veranlassen. Am 17. Mai 1808 schon hatte Graf Rumjancev, damals Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, der amerikanischen Regierung eine Konvention vorgeschlagen, nach der die Amerikaner nur noch in Kadiak und mit den Agenten der Kompanie Handel treiben sollten4). Die Vereinigten Staaten zeigten aber wenig Lust, eine solche die Handelsinteressen ihrer Bürger schädigende Abmachung einzugehen und so blieb die russische Anregung ohne Folgen. Anfang 1810 machten die Russen einen neuen Versuch, ihr Ziel *) Siehe z. B. Lebensbeschreibung Baranovs, S. 51/52. ) Lisianskij, A Voyage round te World, S. 142 und 236, erzählt, die Kompanie könnte jährlich 8000 Seeottern von den Wilden kaufen, „wenn nicht die Schiffe der Vereinigten Staaten mit ihrem Handel dazwischen kämen", wodurch ihre Ausbeute auf 3000 Felle zusammenschmilzt. Auch Golovnin, Werke, Bd. V, S. 83. 3 ) Siehe oben S. 56. 4 ) Dies und das folgende nach: John C. Hildt, Early Diplomatie Nego-' tiations of the United States with Russia, Baltimore 1906, S. 38 und S. 157 bis 192. 2
Der Ukaz vom 4. September 1821.
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zu erreichen. Ihr Vertreter in Amerika, Daskov, erhob neue Beschwerden über den amerikanischen Waffenhandel mit den Wilden, erklärte sich wiederum bereit, die Angelegenheit durch einen beiderseitigen Staatsvertrag zu regeln, regte aber gleichzeitig an, die Amerikaner sollten einseitig von sich aus durch ein Landesgesetz diesen Handel verbieten. Denn er schädige und gefährde nicht nur die Russen, sondern auch die Amerikaner selbst. In der Tat waren schon mehrfach amerikanische Schiffe von den Wilden überfallen worden1). Doch die Washingtoner Regierung lehnte auch diesen Vorschlag ab. Denn wenn die Indianer russische Untertanen seien, so sei es Sache der russischen Regierung, den Handel mit ihnen gesetzlich zu regeln, und die Amerikaner hätten sich nur nach diesen Gesetzen zu richten2). Seien die Wilden aber frei, so fehle jeder Rechtsgrund, auf dem man einen Handelsvertrag basieren könnte, außer wenn Kriegszustand zwischen ihnen und den Russen herrsche. Doch auch dann müsse es ganz allein der russischen Regierung überlassen bleiben, den Handel mit Konterbande zu verhindern8). Bei Gelegenheit der weiteren Verhandlungen über diesen Gegenstand fragte der amerikanische Gesandte in St. Petersburg, Adams, den Kanzler Rumjancev,. wie weit sich denn das russische Gebiet erstrecke, in dem ein solches Handelsverbot ev. angewandt werden sollte. Der Kanzler erwiderte, daß auf den russischen Karten die gesamte Küste bis hinab zu der Mündung des Columbiaflusses, d. h. bis zum 46. Grad 15 Minuten, als russisch bezeichnet seien4). Adams verriet deutlich, daß er einen solchen Anspruch kaum für ernst gemeint halten könne und daß er jedenfalls für Amerika indiskutabel sei. Mit Rücksicht auf die allgemeine politische Lage hielt es Rumjancev nicht für ratsam, derartige Meinungsverschiedenheiten mit dem befreundeten Amerika in diesem Augenblick auszutragen, und ließ die Sache fallen6). Seitdem tauchte die Grenzfrage der russischen Kolonien immer wieder in den amerikanischen diplomatischen Akten auf. Als 1816 in den russisch-amerikanischen Beziehungen eine Spannung eingetreten war und ein neuer amerikanischer Gesandter für St. Petersburg ernannt wurde, schrieb man in seine Instruktion, daß der einzige Interessengegensatz zwischen beiden Staaten in ihren beider*) R. Greenhow, History of Oregon and California, S. 268, Anm. Lisianskij, A Voyage round the World, S. 148. 2 ) Golovnin, Werke, Bd. V, S. 73 (russisch). 8 ) J . C. Hildt, Early Diplomatie Negotiations, S. 48—49. 4 ) Bekanntlich hatte Rezanov die Absicht, dort eine Ansiedlung anzulegen. Siehe oben S. 58 f. 5 ) J . C. Hildt, a. a. O. S. 47—52.
Elftes Kapitel.
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seitigen Ansprüchen auf die Küste des Stillen Ozeans liege, und daß die Vereinigten Staaten mit dem 49. Breitengrad als Grenze zufrieden sein würden1). In diesem Augenblick hätte also die russische Diplomatie eine recht günstige Regelung der Frage erreichen können. Doch sie verpaßte die Gelegenheit, und schon am 21. April 1 8 1 7 erhielt der Gesandte aus Washington die Nachricht, daß man Grund zu der Annahme habe, Rußland werde sich auch mit dem 55. Breitengrad als Grenze begnügen. E r solle sich also hüten, unnötige Zugeständnisse zu machen2). Schon nach wenigen Monaten wurde dieser Gesandte abberufen, und an seine Stelle trat George W.Campbell. J.Q.Adams, der jetzt Staatssekretär für die Auswärtigen Angelegenheiten geworden war, legte dem Vordringen der Russen an der Nordwestküste keine große Bedeutung bei. Denn er erkannte ganz richtig, daß sie nur dann ein ernster Machtfaktor auf dem amerikanischen Kontinent werden konnten, wenn sie über eine starke Seemacht verfügten. Nach einer solchen schienen sie aber gar nicht zu streben, hatten sie doch erst vor kurzem eine ganze Flotte an Spanien verkauft. Darum schrieb Adams in die Instruktion Campbells, man müsse zwar die Bewegung der Russen in ihren Kolonien beobachten, aber diese könnten nie der Grund eines ernsten Konflikts zwischen beiden Staaten werden3). In der Tat schien man auch in Rußland selbst kein besonderes Gewicht auf die Besitzungen in Amerika zu legen. Denn als sich Campbell in einer Unterredung mit dem Kanzler Nesselrode nach Zahl, Ausdehnung und den Erfolgen der russischen Kolonien erkundigte, schien dieser sehr wenig orientiert zu sein: er glaube, Rußland habe einige Ansiedlungen so in der Nähe des Columbiaflusses, vielleicht lägen sie aber auch weiter südlich im Golf von Kalifornien4). Diese Indifferenz war aber nur Schein, denn gerade damals waren die höchsten Regierungsstellen mit den Vorverhandlungen für die Erneuerung der Kompanieprivilegien beschäftigt6). Man wollte gerade jetzt eine Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten vermeiden, denn man hatte sich entschlossen, die Grenzx
) Ibidem S. 97. ) Ibidem S. 113. 3 ) Ibidem S. 122—123. 4 ) ,,He replied by remarking that the believed that the United States had colonies somewhere in that quarter, and that Russia too had some settlements there near the river Columbia, he thougt, or perhaps it was farther south in the Gulf of California, respecting whisch they were then in negotiation with Spain, who had set up some claim to the same territory." Ibid. S. 135. 5 ) Siehe S. 171. 2
Der Ukaz vom 4. September 1821.
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frage sowohl wie die Handelsfrage auf eigene Faust ohne die Befragung anderer Mächte zu regeln. Den Anstoß hierzu gaben wieder die Berichte Golovnins, die wir oben erwähnt haben1). Nachdem er sich wahrscheinlich vorher mit der Regierung ins Einvernehmen gesetzt hatte, ließ er im April 1820 in der Zeitschrift „Sohn des Vaterlandes" (Syn Otecestva) einen Artikel über die Grenz- und Handelsfrage der Kolonien erscheinen. In diesem führte er unter Berufung auf das Recht der ersten Entdeckung und ersten Besetzung aus, daß Rußland die Küste bis zum 51. Breitengrade beanspruchen könne. Dann legte er eingehend die bereits2) skizzierten Nachteile des fremden Handels für die Kompanie dar und rief die Direktoren auf, dies nicht länger zu dulden. Der glänzende und sachkundige Aufsatz dieser unbestrittenen Autorität in Kolonialfragen verfehlte seine Wirkung nicht. Die Kompanie machte der Regierung entsprechende Vorstellungen, und diese erklärte sich bereit, ihnen Rechnung zu tragen3). So bestimmte denn der zweite Paragraph des Kompanieprivilegs vom 13. September 1821, daß die Grenze in Amerika nicht mehr der 55., sondern der 51. Breitengrad bilden solle. Und der sechste Paragraph erklärte, daß zur Verwirklichung des Handelsmonopols der Kompanie und zur Abwendung aller sonstigen Schäden der Handel aller Schiffe, die nicht der Kompanie gehörten, überhaupt verboten sei, und daß darüber nähere Vorschriften erlassen worden seien. Diese waren am 4. September desselben Jahres erschienen und heißen: „Vorschriften über die Grenzen der Schiffahrt und Ordnung des Seeverkehrs längs der Küsten Ostsibiriens, Nordamerikas und der Aleutischen und Kurilischen Inseln". Berühmt sind sie unter der kurzen Bezeichnung „Septemberukaz" geworden4). Sie richten sich ausschließlich gegen ausländische Schiffe, indem sie erklären, daß Handel, Fischfang, Jagd und alle sonstigen Unternehmungen an der Küste Nordamerikas nördlich vom 51. Breitengrad, auf den Aleutischen und Kurilischen Inseln, und an der Sibirischen Küste hinab bis 45°5o', ganz allein den russischen Untertanen vorbehalten werden (§1). Allen ausländischen Schiffen wird auf das strengste verboten, nicht nur an den genannten Küsten und Inseln zu landen, sondern sich ihnen überhaupt auf 100 italienische Meilen zu nähern, bei Strafe sofortiger Konfiskation von Schiff und Ladung (§ 2). x
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Siehe S. 175. Siehe S. 92. Golovnin, Werke, Bd. III, Teil I, S. 119—123. Siehe den Ukaz im Anhange Nr. 10.
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Elftes Kapitel.
Ausgenommen davon sind nur die Fahrzeuge, die durch Seenot oder Nahrungsmangel zum Landen gezwungen werden oder die wissenschaftlichen Zwecken dienen (§3). Auch jeder Handelsverkehr mit den Eingeborenen dieses ganzen Gebietes wird den Ausländern unter Androhung derselben Strafe untersagt (§ 14). Dieser Ukaz war ein zweischneidiges Schwert. E r traf zwar den ausländischen Handel, gegen den er gerichtet war, empfindlich. Doch auch die Russisch-Amerikanische Kompanie, für die er erlassen war, hatte unter seinen Folgen zu leiden. Wir haben gesehen, eine wie bedeutende Rolle die fremden Schiffe im Leben der Kolonien spielten. Sie besorgten in Zeiten der Not den Verkehr mit allen Küsten des Stillen Ozeans, unternahmen mit den Aleuten der Kompanie Seeotterjagden auf gemeinsame Rechnung, und vor allem, sie versahen die Russen mit den nötigen Waren und Lebensmitteln. E s zeigte, sich bald, daß sie besonders in dieser Aufgabe noch nicht entbehrlich waren. Schon kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des Ukazes liefen Berichte ein von dem Kapitänleutnant Muravev, der 1821 als Hagemeisters Nachfolger Hauptleiter der Kolonien geworden war, in denen er darüber klagte, daß er an allen Dingen großen Mangel leide. Der Finanzminister Graf Kankrin wandte sich darauf an den Grafen Mordvinov mit der Bitte, seinen Einfluß bei der Kompanie für eine rechtzeitige und reichliche Versorgung der Kolonien geltend zu machen1). E s scheint, daß die Kompanie aus diesem Anlaß in eine umfassende Beratung der ganzen Verproviantierungsfrage eingetreten ist, deren Ergebnis allerdings überraschend genug war. Alle Instanzen der Verwaltung, der Rat, die Direktoren, die Mitglieder des besonderen Ausschusses, der Hauptleiter der Kolonien, die Marinebeamten, sie alle waren einmütig der Überzeugung, „daß die Kompanie ohne den Handel mit fremden Nationen nicht existieren kann". E s sei ganz unmöglich, die Kolonien von St. Petersburg aus zu Lande über Ochotsk oder zu Schiffe um die Welt regelmäßig und ausreichend zu verproviantieren. Man brauche daher den Handel mit den fremden Schiffen, der dadurch noch besonders vorteilhaft sei, daß man an sie die Seebärenfelle verkaufen könne, die in Rußland fast wertlos seien. Augenblicklich sei die Kompanie in einer äußerst gefährlichen Lage. Die ungeheuren Kosten der Verproviantierung drohten das Kapital zu verschlingen, die Arbeiter seien trotzdem in Gefahr, zu verhungern, und die von der Kompanie unterhaltenen Eingeborenen drohten zu rebellieren. Um aber die Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 641. Brief vom 17. November 1823.
Zwölftes Kapitel.
Konvention mit den Ver. Staaten von Nordamerika.
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Schäden zu vermeiden, die ein unbeschränkter fremder Handel mit sich bringen würde, wollte man zu dem Auskunftsmittel greifen, das man schon 1808 der amerikanischen Regierung vorgeschlagen hatte: dieser fremde Handel sollte nur in Sitcha und nur mit den Bevollmächtigten der Kompanie stattfinden. Mordvinov übermittelte diesen Wunsch der Kompanie dem Vizekanzler Nesselrode1). Dieser erstattete dem Kaiser Bericht, und da Alexander sich den angeführten Argumenten nicht verschließen konnte, gab er die erbetene Erlaubnis2). Doch hat sie keine praktische Bedeutung mehr erlangt, da schon acht Tage später eine ganz, andere Regelung der Frage festgesetzt wurde als Ergebnis der Verhandlungen, die während dieser Zeit mit Amerika gepflogen worden waren.
Zwölftes Kapitel. Die Konvention mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika v o m 5./17. April 1824. In den Vereinigten Staaten hatte sich das öffentliche Interesse in den letzten Jahren immer mehr nach Westen, auf die Küstengebiete des Stillen Ozeans gelenkt. 1819 wurde mit Spanien der sog. „Floridavertrag" geschlossen, der alle territorialen und sonstigen Ansprüche Spaniens in den Ländern nördlich vom 42. Breitengrade an die Vereinigten Staaten übertrug3). ZurZeit dieses Vertrages berichtete der diplomatische Agent in Monterey in Kalifornien nach Washington, daß die Russen, die bisher nur unbedeutende Ansiedlungen nördlich vom 55. Breitengrad gehabt hätten, im Jahre 1816 zwei neue, viel bedeutendere in südlicheren Breiten angelegt hätten, die eine auf den Sandwichinseln und die andere nur wenige Meilen nördlich von San Francisco, der nördlichsten spanischen Ansiedlung4). Rußland scheine die Absicht zu haben, *) Schreiben vom 8. Januar und 20. Februar 1824. Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 641—643 und 646—647. *) Schreiben Nesselrodes an Mordvinov vom 29. März 1824. Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 648—649. 3) R. Greenhow, History of Oregon and California. S. 613. „His Catholic majesty ceding to the United States all his rights, claims and pretensions to any territories north of the said line." S. auch Binger Hermann, The Louisiana purchase and our title west of the Rocky Mountains. 4) Roä wurde bekanntlich schon 1812 angelegt. P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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Zwölftes Kapitel.
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Schäden zu vermeiden, die ein unbeschränkter fremder Handel mit sich bringen würde, wollte man zu dem Auskunftsmittel greifen, das man schon 1808 der amerikanischen Regierung vorgeschlagen hatte: dieser fremde Handel sollte nur in Sitcha und nur mit den Bevollmächtigten der Kompanie stattfinden. Mordvinov übermittelte diesen Wunsch der Kompanie dem Vizekanzler Nesselrode1). Dieser erstattete dem Kaiser Bericht, und da Alexander sich den angeführten Argumenten nicht verschließen konnte, gab er die erbetene Erlaubnis2). Doch hat sie keine praktische Bedeutung mehr erlangt, da schon acht Tage später eine ganz, andere Regelung der Frage festgesetzt wurde als Ergebnis der Verhandlungen, die während dieser Zeit mit Amerika gepflogen worden waren.
Zwölftes Kapitel. Die Konvention mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika v o m 5./17. April 1824. In den Vereinigten Staaten hatte sich das öffentliche Interesse in den letzten Jahren immer mehr nach Westen, auf die Küstengebiete des Stillen Ozeans gelenkt. 1819 wurde mit Spanien der sog. „Floridavertrag" geschlossen, der alle territorialen und sonstigen Ansprüche Spaniens in den Ländern nördlich vom 42. Breitengrade an die Vereinigten Staaten übertrug3). ZurZeit dieses Vertrages berichtete der diplomatische Agent in Monterey in Kalifornien nach Washington, daß die Russen, die bisher nur unbedeutende Ansiedlungen nördlich vom 55. Breitengrad gehabt hätten, im Jahre 1816 zwei neue, viel bedeutendere in südlicheren Breiten angelegt hätten, die eine auf den Sandwichinseln und die andere nur wenige Meilen nördlich von San Francisco, der nördlichsten spanischen Ansiedlung4). Rußland scheine die Absicht zu haben, *) Schreiben vom 8. Januar und 20. Februar 1824. Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 641—643 und 646—647. *) Schreiben Nesselrodes an Mordvinov vom 29. März 1824. Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 648—649. 3) R. Greenhow, History of Oregon and California. S. 613. „His Catholic majesty ceding to the United States all his rights, claims and pretensions to any territories north of the said line." S. auch Binger Hermann, The Louisiana purchase and our title west of the Rocky Mountains. 4) Roä wurde bekanntlich schon 1812 angelegt. P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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San Francisco und sogar ganz Kalifornien zu besetzen1). Durch solche Berichte wurde man natürlich in den Vereinigten Staaten nicht wenig beunruhigt, und der Kongreß verlieh der allgemeinen Stimmung Ausdruck, indem er im Dezember 1820 eine Kommission zur Untersuchung über die Verhältnisse der Gebiete am Stillen Ozean niedersetzte. Schon im Januar des folgenden Jahres erstattete sie einen langen Bericht über Geschichte, Geographie und Produktionsfähigkeit dieser Landstriche, in dem auch mit hoher Anerkennung von dem kaufmännischen Unternehmungsgeist der Russen gesprochen wurde2). Das wichtigste Ergebnis aber war, daß die Vereinigten Staaten das Recht hätten, die ganze Küste vom 42. bis zum 60. Breitengrad für sich in Anspruch zu nehmen8). Wenn solche Anschauungen im amerikanischen Parlament herrschten, versteht man es, daß der russische Ukaz vom 4. September 1821 dort auf entschiedenen Widerstand stoßen mußte. Am 1 1 . Februar 1822 überreichte der russische Geschäftsträger in Amerika, Poletika, dem Staatssekretär ein gedrucktes Exemplar des Septemberukaz und erklärte dabei, daß er auf alle Schiffe Anwendung finden werde, die einen amerikanischen Hafen nach dem I . J u l i dieses Jahres verließen. Adams beantwortete diese Mitteilung 14 Tage später mit der recht glaubwürdigen Erklärung, daß der Präsident durch die russischen Ansprüche aufs höchste überrascht sei. Man hätte erwartet, daß Rußland nicht einseitig die Grenze festsetzen würde, sondern darüber vorher in Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten treten würde.. Noch erstaunlicher sei aber die Ausschließung der amerikanischen Schiffe von der Küste auf eine Entfernung von 100 italienischen Meilen und der Anspruch Rußlands, daß seine Landeshoheit sich so weit auf die See hinaus erstrecke. Zum Schluß fragte Adams den Gesandten, ob er ermächtigt sei, Erklärungen über die Grundlage abzugeben, auf die diese Ansprüche basiert würden4).. J . C. Hildt, Early Diplomatie Negotiations, S. 125—126: „ I t appeared likely, that Russia" would early take possession of the harbor of San Francisco and ultimately of California." *) „Ein Volk, das imstande ist, solche Reisen zu unternehmen, oft über kaum gangbare Berge und Eismeere, während solcher Stürme und Schneeunwetter, daß der Blick nicht einige Schritte weit dringen kann, ein solches Volk kennt gewiß die ganze Wichtigkeit und den ganzen Wert des Handels, für den es auf so weite Reisen geht." Im übrigen lohnt es nicht, auf den erstaunlich oberflächlich gearbeiteten Bericht einzugehen. Siehe Golovnin, Werke, Bd. III, Teil I, Anlage S. X I V — X X V (russisch). 3 ) R. Greenhow, History of Oregon and California, S. 331—332. 4 ) Dieses und das Folgende meist nach J . C. Hildt, Early Diplomatie Negotiations, S. 160 ff. _
Die Konvention mit den. Vereinigten Staaten von Nordamerika.
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Poletika erwiderte, die Russen hätten eine ganze Reihe von Rechtstiteln auf dieses Gebiet. Erstens hätten sie es als erste entdeckt, zweitens es als erste besetzt, und drittens besäßen sie es schon unbestritten seit über einem halben Jahrhundert. Sie seien mit der Inanspruchnahme des 51. Breitengrades als Grenze noch sehr bescheiden, denn die ersten russischen Entdecker hätten ihre Fahrt 1741 sogar bis zum 49. Grad ausgedehnt. Auch daß man die fremden Schiffe nur 100 italienische Meilen von der Küste fernhalte, sei mäßig. Denn Rußland besitze alle Ufer des Stillen Ozeans auf der amerikanischen Seite bis zum 51. Breitengrad und auf der asiatischen bis zum 45., so daß es alle zwischen diesen Ländern liegenden Gewässer als russisches Meer erklären und allen fremden Schiffen schließen könntQ. Der. Ukaz solle keine unfreundlichen Absichten gegen die Vereinigten Staaten ausdrücken, sondern er richte sich nur gegen die Personen, die das Handelsmonopol der Russisch-i Amerikanischen Kompanie durchbrächen und die Wilden mit Waffen versähen. Rußland habe früher eine Erledigung der Sache durch beiderseitige Verhandlungen versucht; da dies aber zu keinem Resultat geführt habe, habe es allein vorgehen müssen. Adams lehnte in seiner Antwort alle von Poletika angeführten Argumente ab. Das Recht der Amerikaner, in jenen Gegenden Schiffahrt und Handel zu treiben, habe bestanden, solange die Vereinigten Staaten als unabhängiges Gemeinwesen existierten, und sei ein Teil dieser Unabhängigkeit1). Den Gedanken, daß Rußland einen Teil des Stillen Ozeans zum mare clausum erklären könne, wies es mit dem Hinweis darauf zurück, daß die Entfernung zwischen den beiden Küsten unter dem 51. Breitengrad nicht weniger als 90 Längengrade betrage. Poletika nahm diese Schrift Adams ad referendum. Er glaubte, einen neuen Beweis für die Bescheidenheit seiner Regierung bei Beanspruchung des 51. Breitengrades in der Reisebeschreibung der Spanier Martinez und Haro gefunden zu haben, die 1788 unter dem 48. und 49. Breitengrad acht russische Ansiedlungen mit 20 Familien und 462 Menschen gesehen haben wollten. Dies müßten, so meinte Poletika, die Nachkommen der Begleiter Cirikovs gewesen sein, die 1741 dort ausgesetzt wurden und die man längst verloren glaubte. Doch mit diesem Argument hatte er wenig Glück, denn die Spanier hatten sich in der geographischen Feststellung geirrt: in Wirklichkeit hatten sie die Niederlassungen auf Kadiak und am Kenajckij-Meerbusen unter dem 58. und 59. Breitengrad besucht2). „ A n d the right to navigate them was a part of that independence." *) R. Greenhow, History of Oregon and California, S. 168 und 334. 7*
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Zwölftes Kapitel.
Wenige Wochen später, im April 1822, wurde Poletika von seinem Washingtoner Posten abberufen. Kurz vor seiner Abreise schrieb ihm Adams, er möge dem Kaiser Alexander versichern, daß der Präsident der Vereinigten Staaten ernstlich die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen beiden Staaten wünsche, aber unmöglich den russischen Ansprüchen nachgeben könne. Damit hörten die Verhandlungen in Amerika zunächst auf. Poletika brachte nach St. Petersburg neue Instruktionen für den dortigen amerikanischen Gesandten Middleton von der Washingtoner Regierung mit. Darin wurde der Standpunkt der Vereinigten Staaten dargelegt und dem Gesandten aufgetragen, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß den in die Kolonien entsandten russischen Kriegsschiffen nicht die strikt^ Durchführung des Septemberukazes befohlen werde. Denn wenn ein amerikanisches Schiff belästigt werden sollte, so würde dies eine große Erregung in Amerika wachrufen 1 ). Middleton führte diesen Auftrag seiner Regierung aus, indem er am 24. Juli 1 8 2 2 dem Staatssekretär Capodistrias eine Verbalnote vorlas, die er Nesselrode überreichen wollte, und in der er ausführte, daß eigentlich infolge der Meinungsverschiedenheiten schon ein geheimer Kriegszustand zwischen beiden Staaten bestehe, und daß es zum Ausbruch des Brandes nur noch der Kriegserklärung oder eines Gewaltakts bedürfe 2 ). Darum müsse die russische Regierung zur Vermeidung des Äußersten von der Ausführung ihres Ukazes durch ihre Kriegsschiffe Abstand nehmen. Capodistrias erklärte darauf Middleton, es sei nicht nötig, diese Note Nesselrode zu übergeben. Denn der Kaiser habe bereits den Wunsch geäußert, die Sache nicht zu weit zu treiben 3 ), und die Regierung habe bereits dem Kommandeur des nach Amerika bestimmten Kriegsschiffes „Kreuzer", dem Kapitänleutnant Lazarev, den Befehl gegeben, nur den Handel mit Konterbande zu verhindern und seine Fahrten nicht über das Gebiet auszudehnen, in dem die Russisch-Amerikanische Kompanie Ansiedlungen habe oder die 1 ) „ F o r should they (American ships) be molested, the excitement in the United States would be very great." Hildt, S. 165. 2 ) „ A state of war between the two nations existed already owing to the principles that had been avowed on both sides, nothing was lacking to make this complete except a declaration of war or acts of violence, which latter could not fail to be soon forthcoming unless precautionary measures were taken at once." Ibidem. 3 ) „ T h e Emperor has already had the good sense to see that this affair should not be pushed too far." Hildt, S. 166.
Die Konvention mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
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J a g d und den Fischfang wirklich ausübe 1 ). In einer späteren Unterredung schlug Capodistrias vor, die amerikanische Regierung solle ihren Bürgern bis zum Abschluß eines endgültigen Vertrages den Handel in den russischen Kolonien verbieten, dann sei jede Möglichkeit eines Konflikts ausgeschlossen. Doch Middleton lehnte auch dies ab mit der Begründung, sein Kabinett habe keine Grundlagen für ein solches Verbot, da die ausschließlichen Rechte Rußlands keineswegs festständen. Damit wurden die Verhandlungen in St. Petersburg wieder abgebrochen, nachdem die Amerikaner ihr Ziel, die tatsächliche Außerkraftsetzung des Septemberukazes, erreicht hatten. Die Bedeutung des amerikanischen Widerspruches wurde von der russischen Regierung keineswegs unterschätzt. Dies zeigte sich darin, daß sie einen fähigen Diplomaten, den Baron de Tuyll von Seraskerken, der während der südamerikanischen Wirren in Rio Rußlands Interessen vertreten hatte, zum Nachfolger Poletikas bei der Washingtoner Regierung ernannte. Außerdem trat das Ministerkomitee im J a h r e 1 8 2 2 noch einmal in eine gründliche Prüfung der russischen Rechte ein, deren Resultat allerdings wieder war, daß Rußland alles L a n d bis zum 5 1 . Breitengrad beanspruchen könne 2 ). Dies wurde in einem kaiserlichen Manifest allen Mächten mitgeteilt. E r s t im April 1 8 2 3 langte Tuyll in Washington an. E r wandte sich sofort an die amerikanische Regierung mit der Versicherung, daß der russische Kaiser eine freundschaftliche Erledigung der entstandenen Schwierigkeiten wünsche. D a man die Londoner Regierung gebeten habe, ihren Petersburger Gesandten mit Vollmacht zum Abschluß eines Vertrages zu versehen, so ersuche er auch das Washingtoner Kabinet, Middleton die entsprechenden Instruktionen zu geben. Adams erklärte sich mit diesem Vorschlage, die Verhandlungen wieder nach St. Petersburg zu verlegen, einverstanden. Gleichzeitig trat er auch an den Gesandten Englands in Washington, Stratfortd Canning, mit dem Vorschlage heran, die englischen und amerikanischen Gesandten sollten bei den bevorstehenden Petersburger Verhandlungen gemeinsam vorgehen. Als Grundlage dafür schlug er folgendes vor: in den nächsten zehn Jahren sollten die ') Ibidem und F. Martens, Sammlung der von Rußland mit den auswärtigen Mächten geschlossenen Traktate und Konventionen, Bd. XI, S. 313 (russisch und französisch). a ) Einziger Beleg hierfür: Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 646, Schreiben Mordvinovs an Nesselrode vom 20. Februar 1824.
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Russen nicht südlich vom 5 5 . Breitengrad, die Amerikaner nicht nördlich vom 5 1 . und die Engländer nicht südlich vom 5 1 . und nördlich vom 5 5 . Breitengrad Ansiedlungen anlegen, d. h. das L a n d nördlich vom 55. Grad sollte den Russen, das zwischen dem 5 5 . und 5 1 . den Engländern und das südlich vom 5 1 . den Amerikanern zufallen 1 ). Außerdem hielt Adams natürlich den Protest gegen das Handels- und Schiffahrtsverbot aufrecht 2 ). Eine amerikanische Kabinettssitzung vom 28. Juni 1 8 2 3 bestimmte ganz in diesem Sinne, daß Middleton der russischen Regierung eine Konvention vorschlagen solle nach dem Muster des Paragraphen, den die Vereinigten Staaten mit England im J a h r e 1 8 1 8 festgesetzt hatten. Dieser bestimmte, daß in den nächsten zehn Jahren alle von den beiden Kontrahenten beanspruchten Teile der Nordwestküste Amerikas für jedwede Betätigung der Untertanen beider Regierungen völlig frei sein sollten 3 ). Middleton wurde von Adams diesem Entschlüsse entsprechend instruiert 4 ), hinsichtlich der Grenzfrage wurde ihm aufgetragen, nur den 5 5 . Breitengrad als Grenze des russischen Gebietes anzuerkennen. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, daß Rußland mit England über denselben Gegenstand verhandele, und daß es sich daher vielleicht empfehle, die Interessen der drei Mächte durch eine einzige Konvention zu regeln, wozu er Vollmacht erhielt. Sofort nach E m p f a n g dieser Instruktionen im Oktober 1 8 2 3 begann Middleton Unterredungen mit Poletika, der in Abwesenheit Nesselrodes die Verhandlungen über die Kolonien führte. Doch bald merkte Middleton, daß so große Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen bestanden, daß an eine Einigung nicht zu denken • x) „That no settlement should, during the next ten years, be made, in those territories, by Russians south of the latitude of 55 degrees, by citizens of the United States north of the latitude of 51 degrees, or by British subjects south of the 51 st or north of the 55 st parallels." R.Greenhow, History of Oregon and California, S. 335. a ) Hildt, S. 168, und A. G. Stapleton, The political life of George Canning, B d.'III, S. 117 ft. s ) Artikel 3: ,,It is agreed that any country that may be claimed by either party on the north-west coast of America, westward of the Stony Mountains, shall, together with its harbors, bays and creeks, and the navigation of all rivers within the same, be free open for the term of ten years from the date of the signature of the present convention to the vessels, citizens and the subjects of the two powers." Vertrag vom 20. Oktober 1818, R. Greenhow, a. a. O., Proofs and illustrations S. 467. 4 ) ,,That by a joint convention between the United States and Great Britain and Russia the whole of the northwest coast should be free an dopen for navigation and trade with the natives for. a term of ten years." Hildt, Early Diplomatic Negotiations, S. 170.
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war. Da er außerdem sah, daß Poletika zu endgültigen Abschlüssen nicht bevollmächtigt warj suchte er diesen fruchtlosen Pourparlers ein Ende zu machen. Ein Grund fand sich bald. Die englische Regierung hatte nämlich angenommen, das von Adams vorgeschlagene gemeinsame Vorgehen solle sich nur auf die Schiffahrtsfrage beziehen, während die Grenzfrage zu regeln England und Rußland allein verbleiben würde. Hatte doch Amerika selbst erklärt, daß seine Interessen über den 51. Breitengrad nicht hinausgingen. In diesem Sinne war auch der englische Gesandte in St. Petersburg instruiert worden. Als dieser nun in seinen Unterredungen mit Middleton bemerkte, daß die Amerikaner auch in der Grenzfrage energisch mitsprechen und noch dazu die Frage des Handels mit den Eingeborenen in die Verhandlungen ziehen wollten, erklärte er, er müsse erst neue Instruktionen abwarten, und Middleton war mit dieser Unterbrechung sehr zufrieden. Inzwischen tat die amerikanische Regierung einen Schritt, der die politische Lage veränderte. Schon als sich der Baron Tuyll im Juli 1823 nach den Instruktionen erkundigte, die Middleton gegeben werden sollten, antwortete ihm Adams, daß die Vereinigten Staaten Rußland das Recht auf eine territoriale Niederlassung in Amerika bestreiten würden und als Grundsatz aufstellten, daß die amerikanischen Kontinente nicht länger Gegenstand der Kolonisation Europas sein dürften 1 ). Tuyll nahm diese anmaßende Erklärung mit Ruhe hin und bemerkte nur, daß dies bedeutende, wenn auch nicht gerade unübersteigliche Hindernisse in die Verhandlungen bringen würde. Die Nervosität der amerikanischen Regierung wuchs, als es gegen Ende des Jahres 1823 schien, als wollten die Mächte der Heiligen Allianz zugunsten der spanischen Herrschaft gegen die abgefallenen amerikanischen Kolonien einschreiten. Um der Welt keinen Zweifel darüber zu lassen, welche Politik die Vereinigten Staaten in einem solchen Falle befolgen würden, entschloß sich der Präsident Monroe, sie in möglichst feierlicher Form von vornherein festzulegen. So wurden in seiner Botschaft an den Kongreß vom 2. Dezember 1823 die Grundsätze aufgestellt, die später unter dem Namen .MonroeDoktrin" berühmt geworden sind. Der Teil daran, der uns hier angeht, ist die Wiederholung des schon von Adams ausgesprochenen i1) „That the United States would contest the right of Russia to any territorial establishment on the American continent, and that they would distinctly assume the principle that the American continents were no longer subjects for any new European colonial establishments." Unterredung vom 17. Juli 1823. Hildt a. a. O. S. 169.
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Satzes, daß die amerikanischen Kontinente nicht mehr Gegenstand der europäischen Kolonisation sein sollten1). Doch wurde ausdrücklich erklärt, daß man die augenblicklich existierenden Kolonien anerkenne2). Diese unerhört kühne Erklärung wirkte sofort auf die Verhandlungen über die russischen Kolonien in Amerika. England, das bisher wegen der amerikanischen Grenzansprüche gezaudert hatte, seinen Gesandten in Petersburg zu einem Zusammenarbeiten mit Middleton zu autorisieren, erklärte, jetzt könne davon keine Rede mehr sein. Darauf bemerkte Middleton, wenn etwa England und Rußland sich allein über die Landfrage einigen sollten, würde Amerika auf das entschiedenste dagegen protestieren8). Sonderbarerweise schien Rußland, gegen das doch die Botschaft Monroes in erster Linie gerichtet war, nicht im geringsten entrüstet zu sein. Als am 9. Februar 1824 die direkten Verhandlungen zwischen Middleton und Nesselrode eröffnet wurden, tat dieser nicht mit einem Worte der amerikanischen Anmaßung Erwähnung. Er ging sofort in medias res und schlug vor, als Grundlage für die erstrebte Einigung weder abstrakte Rechtsansprüche noch den gegenwärtigen Status, sondern das reale beiderseitige Interesse zu nehmen4), und als dies von Middleton im Prinzip angenommen worden war, fragte er ihn, ob er einen Konventionsentwurf vorbereitet habe. Darauf überreichte ihm der Gesandte zwei Schriftstücke. In dem ersten wies er nach, daß kraft des Rechtes der ersten Entdeckung, das Spanien ohne Zweifel besessen und durch den Floridavertrag *) „In the discussions (with Russia), to which this interest has given rise, and in the arrangements by which they may terminate, the occasion has been judged proper for asserting, as a principle in which the rights and interests of the United States are involved, that the American continents, by the free and independent condition which they have assumed and maintain, are henceforth not to be considered as subjects for future colonization by any Etiropean powers." The Debates and Proceedings in the Congress of the United States. Eighteenth Congress, Washington 1856, S. 12—24. a ) „With the existing colonies or dependencies of any European power we have not interfered, and shall not interfere." Die wichtigsten sonstigen Bestimmungen sind: „Our policy in regard to Europe . . . is, not to interfere in the internal concerns of any of its powers" und: „ I t is impossible that the allied powers (die Heilige Allianz) should extend their political system to any portion of either continent without endangering our peace and happiness." Hildt, S. 175—176. 3 ) „If any attempt was made to negotiate upon the territorial question without the participation of the United States, he would protest in the strongest terms." Ibidem S. 177. 4 ) „The basis, which might be found most conformable to our mutual interests."
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an die Vereinigten Staaten abgetreten habe 1 ), diese die ganze Küste bis zum 59. Breitengrad beanspruchen könnten. E s sei daher unmöglich, daß England und Rußland allein die Grenzfrage regelten. Betreffend der Handelsfrage schlage er vor, wie es auch 1818 mit England vereinbart sei, daß die Untertanen beider Reiche in den nächsten zehn Jahren an allen Küsten Nordwestamerikas vollkommen freie Schiffahrt, Fischfang und Verkehr mit den Wilden hätten. Die Vereinigten Staaten seien bereit, das Gebiet als russisch anzuerkennen, das Kaiser Paul der Kompanie 1799 zugewiesen hätte, d. h. bis zum 55. Breitengrad. Das zweite Schriftstück enthielt einige Einschränkungen der Handelsfreiheit: um den verbotenen Handel zu verhindern, sollten die Amerikaner nicht ohne besondere Erlaubnis an den Stellen landen dürfen, wo sich russische Ansiedelungen befanden. Natürlich wurde den Russen ein gleiches Verbot bezüglich der amerikanischen Ansiedelungen auferlegt. Außerdem sollten die Amerikaner nicht nördlich vom 55. Breitengrad und die Russen nicht südlich von ihm neue Niederlassungen gründen. Nesselrode nahm beide Schriftstücke entgegen, um sie dem Kaiser zu unterbreiten. Bei der nächsten Unterredung, an der auch Poletika teilnahm, schlug Nesselrode zwei Veränderungen des Projektes Middletons vor. Zunächst wünschte er die Verschiebung der vorgeschlagenen Grenze um ein wenig nach Süden, vom 55. Breitengrad zu 54 0 40', wodurch die ganze Prince of Wales-Insel mit dem wichtigen Hafen Bucarelli unter die russische Herrschaft kam. Dann machte er zu dem Landungsverbot amerikanischer Schiffe an den Stellen, wo sich russische Ansiedelungen befänden, den unscheinbaren, aber äußerst wichtigen Zusatz: „oder an den Stellen, die Rußland gehören"2), d. h. er wollte das ganze russische Kolonialgebiet den Amerikanern verschließen. Nur der Hafen von Sitcha sollte ihnen geöffnet bleiben. Darauf erwiderte Middleton, seine Instruktionen schrieben ihm vor, keine Konvention abzuschließen, die nicht die Schiffahrts- und Handelsfreiheit seiner Landsleute enthielte. Da fuhr Poletika auf: Rußland werde dies nie zugeben! Doch Nesselrode schwieg. In der nächsten Konferenz erklärte Middleton, er nähme den russischen Grenzvorschlag an, obgleich er damit seine Instruktion überschreite. Im übrigen aber hielt er an seinen ursprünglichen Forderungen fest. Als am 8. März die Unterhändler wieder zusammenkamen, erklärte Nesselrode, um den Amerikanern entgegen1
) Siehe S. 97. ) „To any part of the coasts already occupied by Russian establishments, or belonging to Russia." Hildt, S. 180/181. 2
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zukommen, wolle er den Fischfang an der ganzen Küste freigeben. Doch Middleton erwiderte, dies sei gar kein Zugeständnis, denn nach natürlichem Rechte stände allen unabhängigen Staaten die Fischerei an allen unbesetzten Küsten frei. Dann ging er zum Angriff auf die ganze russische Position über, indem er die Schwäche ihrer juristischen Grundlage nachzuweisen begann. Seine Taktik erwies sich als richtig, denn um einer Diskussion über diesen Gegenstand auszuweichen, schien Nesselrode die Handelsfreiheit zugestehen zu wollen, wenn nur der Handel mit Feuerwaffen und Munition verboten würde. Middleton erhob. dagegen sofort die Bedenken, daß dies nicht ohne ein russisches Durchsuchungsrecht amerikanischer Schiffe durchzuführen sei und wahrscheinlich nur den anderen Nationen zugute kommen werde, deren Handel mit Waffen dann um so mehr blühen werde. Doch wolle er.es in Erwägung ziehen. Erst nach zwei Wochen fand wieder eine Unterredung statt. Die Russen hielten die in der vorigen Sitzung gemachten Konzessionen und daran geknüpften Bedingungen aufrecht, so daß jetzt ihr Vertragsentwurf folgendes enthielt: Den Untertanen beider Staaten wird Schiffahrt, Fischfang und Handel in den nächsten zehn Jahren an der ganzen Nordwestküste erlaubt. Den bestehenden Ansiedelungen dürfen sie sich nur mit besonderer Erlaubnis nähern. Die Vereinigten Staaten verpflichten sich, in dieser Zeit nicht nördlich von 54 0 40', und Rußland, nicht südlich von dieser Linie neue Niederlassungen anzulegen. Doch conditio sine qua non alles dessen war, daß der Handel mit Waffen, Pulver und Munition, vielleicht auch der mit geistigen Getränken, verboten wurde. Middleton fand sich schließlich bereit, diese Forderung zu bewilligen, doch nur unter der Bedingung, daß sie nie als Grund dienen dürfe, um amerikanische Schiffe anzuhalten, zu durchsuchen oder sonst zu belästigen. E s war klar, daß dies die Wirksamkeit des Verbotes fast ganz aufheben mußte, und die russischen Unterhändler nahmen es erst an, als der Gesandte mit Rücksicht auf den Wunsch des Kaisers auch die geistigen Getränke unter die verbotenen Gegenstände aufnahm. Doch nun tauchte ein neuer Streitpunkt auf. Von russischer Seite suchte man mit allem Nachdruck die ganz bestimmte Abmachung in die Konvention zu bringen, daß unbedingt nach Ablauf der zehnjährigen Frist die Handelsfreiheit aufhören solle1). Die Debatte hierüber zog sich durch mehrere Sitzungen hin und „That the privilege to trade upon the northwest coast should absolutely cease after ten years." Hildt S. 185. .
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führte schließlich zu der Unterzeichnung eines Sonderprotokolles, daß nach zehn Jahren diese Freiheit nur dann fortdauern solle, wenn beide Staaten damit einverstanden seien1). Nachdem so über alle Punkte eine Einigung erzielt war, wurde am 5. (17.) April. 1824 von Middleton einerseits, Nesselrode und Poletika andrerseits eine Konvention unterzeichnet, deren wichtigste Stipulationen waren 2 ): Im Prinzip wird Schiffahrt, Fischerei und Handel im ganzeri Gebiet des Stillen Ozeans für völlig frei erklärt. (§1.) Doch sollen sich die beiderseitigen Untertanen den Ansiedelungen der anderen Macht nur mit Erlaubnis des dortigen Kommandanten nähern. (§ 2.) Ferner sollen in den nächsten zehn Jahren die Russen nicht südlich und die Amerikaner nicht nördlich von 5 4 0 40' Niederlassungen anlegen. (§ 3.) Von dem für die nächsten zehn Jahre erlaubten Handel sollen aber Waffen, Munition und geistige Getränke ausgeschlossen sein. Doch bleibt es ausschließlich Sache jeder Macht, ihre Bürger zur Beachtung dieses Verbotes anzuhalten. Diese Konvention ist ohne Zweifel ein Sieg der amerikanischen Diplomatie. Dies wird recht klar, wenn man bedenkt, daß Rußlands Standpunkt bei Beginn der Verhandlungen war: absolutes Handels-, Schiffahrts- und Fischfangverbot und Ausdehnung des russischen Gebietes bis zum 51. Breitengrad; der Amerikas dagegen: völlige Öffnung des Landes für die nächsten zehn Jahre und der 55. Grad als Grenze. Vergleicht man mit diesen beiderseitigen Ausgangspunkten das Resultat, so muß man sagen, daß es vielmehr den ursprünglichen amerikanischen als den russischen Forderungen entspricht. Die Gründe für die Nachgiebigkeit der russischen Regierung sind weniger in der Sache selbst als in der damaligen politischen Lage zu suchen. Seitdem 1822 George Canning die Leitung der auswärtigen Politik in London übernommen hatte, trat der Gegensatz zwischen dem liberalen England und Rußland als Vormacht der Heiligen Allianz immer schärfer zutage. Die russische Diplomatie fürchtete nun, sich durch zu schroffes Auftreten in der Kolonialfrage Amerika zu entfremden und zu näherem Anschluß an England zu treiben. Die Russisch-Amerikanische Kompanie hatte mehrfach vfersucht, auf die für sie so wichtigen Verhandlungen einen Einfluß auszuüben. !) „That the reciprocal right to trade granted by this stipulation can not be entended beyond the Said term, but by mutuäl consent." 8 ) Siehe den Text in den Anlagen Nr. 11. Dort nach Ivanovskij, Sammlung der geltenden Staatsverträge, S. 548ff. (russisch). Hildt, Early Diplomatie Negotiations, S. 186ff., gibt den englischen Text.
io8
Zwölftes Kapitel.
Graf Mordvinov hatte in seinem Schreiben vom 8. Januar 1824 Nesselrode versichert, daß der Vorteil der Kompanie die Behauptung des 52. Breitengrades erfordere, der die Charlotteninsel zu russischem Besitz mache, wenn dies aber ganz unmöglich sei, dann müsse man unbedingt bei 5 3 0 40' stehenbleiben1). Acht Tage später sandte er ihm eine geographisch-historische Denkschrift, die das Recht Rußlands auf den Besitz der Küste bis zum 50. Breitengrad beweisen sollte2). Man trug sich in der Kompanie gerade damals mit neuen großen Plänen, deren Vater der jugendliche Marineleutnant Savalisin gewesen zu sein scheint, der unter Lazarev auf dem „Kreuzer" die Kolonien besucht hatte 3 ). E r hatte nicht weniger vor, als die Kolonialverwaltung von Grund aus umzugestalten und nebenbei noch das Amurgebiet, die Insel Sachalin, die Sandwichinseln und Kalifornien zu besetzen, wo er sich bereits auf seiner Weltreise mit den unzufriedenen Elementen ins Einvernehmen gesetzt hatte, um sie zur Unabhängigkeitserklärung und Annahme des russischen Protektorates zu bewegen4). Die Kompanie wollte ihn als Hauptleiter in die Kolonien senden, doch Kaiser Alexander verweigerte seine Genehmigung in der Befürchtung, er werde Rußland in einen Zusammenstoß mit England oder den Vereinigten Staaten treiben. Nun kam diese Konvention, die die Grundlagen der Kompanie zu erschüttern schien. Nesselrode übersandte sie in der Abschrift am 1 1 . April an Mordvinov mit der Bemerkung, daß er sie für beide Teile „völlig befriedigend" finde. Im einzelnen weist er darauf hin, daß die Kolonie Roß, obgleich sie im Süden der im § 3 gezogenen Grenzlinie liege, doch im russischen Besitz bleiben werde. Das Waffenhandelsverbot, für dessen Durchführung die Russen doch keinerlei Garantien hatten, lobt er über Gebühr als „der erste dauernde Grund für die ruhige Existenz der Kolonien". Den Artikel 4 habe er annehmen müssen, um den Amerikanern eine Kompensation für ihre angeblich so großen Konzessionen zu bieten und weil es besser sei, sie das, was sie nach Gewohnheitsrecht schon seit Jahrzehnten besäßen, nun nach Vertragsrecht noch zehn Jahre lang genießen zu lassen, um es ihnen dann endgültig verbieten zu können. Die Konvention habe auch bereits die Billigung des Kaisers gefunden5). x
) ) 3 ) 4 ) 6 )
2
Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 641/642. Mordvinovarchiv, S. 641 und 642 und 685—690, Anhang Nr. 12. Siehe die Memoiren Savalisins, Bd. I, S. 149—155 (russisch). Golovacev, 86 Dekabristenporträts, S. 100 (russisch). Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 652—654.
Die Konvention mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
109
Schon am nächsten Tage antwortete Mordvinov, daß die ihm mitgeteilte Konvention den Amerikanern ja noch mehr Rechte gäbe, als sie vor dem Septemberukaz ausgeübt hätten. Denn damals hätten sie ihren Handel mit den Wilden nie über den 55. Breitengrad ausgedehnt, auch nie eigene Jagd getrieben, sondern die Felle nur gekauft. Außerdem sei die Fassung ungenau, denn das im russischen Text gebrauchte Wort „rybnaja lovlja" (Fischfang) decke sich nicht mit dem Ausdruck „pêche" des französischen Wortlautes, der den Fang aller Seetiere und Seeprodukte bedeuten könne. Nesselrode erwiderte etwas gereizt, er erkläre mit Zustimmung des Kaisers, daß „pêche" hier in seiner allerweitesten Bedeutung zu verstehen sei. Im übrigen sei die Konvention, wenn auch noch nicht formell ratifiziert, so doch Allerhöchst gebilligt1). Doch das machte auf den alten Grafen nicht den geringsten Eindruck. E r veranlaßte die Direktoren der Kompanie, sich von Savalisin2) eine Denkschrift gegen die Konvention schreiben zu lassen, die dem Kaiser am 5. Mai vorgelegt wurde. In ihr wurde ausgeführt, daß die Kompanie mit dem Jagdmonopol stehe und falle. Denn solange sie im Besitz des ausschließlichen Jagdrechts war, habe sie es zur Schonung des Wildstandes nur mäßig ausgeübt. Die gewinnsüchtigen Ausländer würden aber keinerlei Rücksichten nehmen, und in kurzer Zeit werde das Wild völlig ausgerottet und damit die Kompanie vernichtet sein. Aber selbst wenn die Fremden die Jagd wider Erwarten mäßig treiben sollten, werde der Schaden groß sein. Denn wenn sie selbst Felle gewinnen könnten, würden sie nicht mehr in die russischen Ansiedelungen kommen, zum Eintausch dort gegen Lebensmittel. Dann sei aber, wie die Erfahrung gelehrt habe, die Erhaltung der Kolonien unmöglich. Der Kaiser soll sich über diese Kritik des von ihm gebilligten Werkes seiner Diplomaten geärgert haben und Heß Ryleev als dem Vorsteher der Kompaniekanzlei8) einen Verweis 'erteilen. Andrerseits machte die Logik der Ausführungen auf ihn Eindruck. Darum ordnete er eine Besprechung zwischen einem Vertreter des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten und einem solchen der Kompanie in Gegenwart des Rates und der Protektoren der KomMordvinovarchiv, Bd. VI, S. 655—657. ') Wir nehmen an, daß die im Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 658—661 abgedruckte Denkschrift die Savalisins ist. Allerdings ist im Protokoll der Konferenz vom 21. Juli 1824 von zwei Denkschriften der Kompanie die Rede. Savalisin sagt (I, 152) ausdrücklich, daß sich die Kompanie an ihn wandte und er das Memoir geschrieben habe. 3 ) Siehe Brockhaus-Ephron, Encykl. Slovar Bd. L U I , S. 444, den Artikel (russisch).
110
Zwölftes Kapitel.
panie an. Von Seiten der Regierung führte der Mitunterzeichner der Konvention, Poletika, von seiten der Kompanie Savalisin die Verhandlungen. Dieser rühmt sich, er habe Poletika völlig zu sei-nen Ansichten bekehrt, so daß er schließlich zugab, daß er mit Abschluß der Konvention einen Fehler begangen hätte 1 ). Wichtiger als diese Verhandlungen war, daß auf Befehl des Kaisers ein Ausschuß aus Nesselrode, dem Finanzminister Kankrin, dem Direktor der Kanzlei im Finanzministerium Druzinin, Poletikaund Speranskij gebildet wurde, um die Frage der Konvention noch einmal zu untersuchen. Sie verhandelten am 21. Juli 1824 unter dem Vorsitz des Grafen Nesselrode und kamen zu dem Ergebnis, „daß die Abmachung vom 5. April bestätigt werden soll". Ihre Gründe waren fast dieselben, die Nesselrode schon in seinem Schreiben an Mordvinov vom 1 1 . April dargelegt hatte. Sie machten aber noch besonders darauf aufmerksam, daß die Konvention den Streik tigkeiten ein Ende bereite, die sich an den Septemberukaz geknüpft hatten und „schon sehr ernst geworden waren". Um aber eine zu weitgehende Auslegung der Konvention zu vermeiden, wurde dem Gesandten in Washington, Baron de Tuyll, aufgetragen, vor Aus* tausch der Ratifikationen darauf hinzuweisen, daß die eingeräumten Freiheiten nur für das amerikanische Küstengebiet zwischen 54 0 4 0 ' und 59 0 40' gelten sollten, keineswegs aber für die Aleuten, Kurilen oder gar die Küsten Sibiriens. -Außerdem sollte er die Washingtoner Regierung zu veranlassen suchen, ihren Untertanen Handel und Tierfang im Cross-Sound bei Sitcha unter dem 57. Breitengrad zu verbieten. Dies letzte sollte er aber nur dann vorbringen, wenn er überzeugt sei, daß es gut aufgenommen werde2). Tuyll machte, wie ihm aufgetragen war, dem Staatssekretär Adams inoffiziell durch eine Verbalnote von den russischen Vorbehalten Mitteilung. Doch Adams stellte ihm vor, daß die Amerikaner ja noch nie daran gedacht hätten, ihre Unternehmungen bis. in die genannten Gegenden auszudehnen und dabei gewiß auch keinen Gewinn erzielen würden. Die russischen Einwendungen könnten nur Anlaß zu unbequemen Weiterungen geben. Daraufhin verzichtete Baron de Tuyll darauf, seine Deklaration offiziell zu. überreichen, und schritt am 1 1 . Januar 1825 (n. S.) zum Austausch, der Ratifikationen8). ') Savalisin, Memoiren, Bd. I, S. 1 5 1 — 1 5 2 . ) Protokoll der Konferenz im Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 674—679. 8 ) Schreiben Kankrins an die Kompanie vom 13. November 1825. Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 682—684; Hildt, Early Diplomatie Negotiations„ S. 190—191. !
Dreizehntes Kapitel.
Die Konvention mit England.
III
Dreizehntes Kapitel.
Die Konvention mit England vom 16. (28.) Februar 1825. E s bleibt noch übrig, einen Blick auf die Verhandlungen zu werfen, die über denselben Gegenstand mit England geführt wurden. Als der Ukaz der russischen Regierung vom 4. September 1 8 2 1 dem englischen Kabinett mitgeteilt worden war, übergab es ihn seinen Kronjuristen zur Begutachtung. Diese erklärten, daß der Ukaz einigen allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts widerspreche. In demselben Sinne äußerte sich auch die „ T i m e s " in einem Leitartikel vom 10. November 1 8 2 1 , der sich besonders gegen die Ausdehnung des Schiffahrtsverbotes über 100 italienische Meilen von der Küste wandte 1 ). A m 22. Januar 1 8 2 2 teilte denn auch Lord Londonderry dem russischen Botschafter Fürsten Lieven offiziell mit, daß die englische Regierung gegen einige Bestimmungen des Ukazes und namentlich gegen das Schiffahrtsverbot protestiere. Doch fügte er sofort hinzu, daß man englischerseits unter den augenblicklichen Umständen dieser Meinungsverschiedenheit keine besondere Bedeutung beimesse 2 ). Die den englischen Wünschen entgegenkommende neue Instruktion 3 ) für das russische Wachtschiff nahm der Frage völlig ihre akute Schärfe, und sie blieb in der Schwebe, bis George Canning im September 1 8 2 2 die Leitung des englischen auswärtigen Amtes in seine Hände nahm 4 ). Die Verhandlungen wurden jetzt etwas lebhafter betrieben und es fand jener Versuch eines gemeinsamen Vorgehens mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika statt, von dem wir oben gesprochen haben 5 ) und der nach der Erklärung der Monroe-Doktrin von englischer Seite abgebrochen wurde. Der letzte Grund dafür scheint die Besorgnis gewesen zu sein, Rußland und Amerika möchten sich auf Englands Kosten verständigen, wofür der argwöhnische Canning bereits Anzeichen sah. Bei den Verhandlungen, die England nun allein begann, verfolgte es zwei Ziele: die formelle Zurücknahme des Handels- und !) Golovnins Werke, Bd. III, Teü I, Anhang, S. X X I I I . ) Nach F. Martens, Recueil des Traités etc., Bd. XI, S. 3 1 1 . ) Siehe S. 100 f. 4 ) A. G. Stapleton, The political Life of George Canning, 1831, Bd. III, S. n 8 f . 6 ) Siehe S. 102. 2 3
112
Dreizehntes Kapitel.
Schiffahrtsverbotes und die Festsetzung einer Grenzlinie zwischen den Gebieten beider Staaten. Russischerseits schlug man bezüglich der Grenzfrage vor, so wie man es schon Amerika gegenüber getan hatte, von der Rechtsfrage vorläufig ganz abzusehen und nur die tatsächlichen Interessen zu erwägen. Diese wurden für England durch die Hudsonbai-Kompanie1) verkörpert, die von der Hudsonbai ausgehend die Kette ihrer Handelsniederlassungen immer weiter nach Westen vorgeschoben hatte und gerade im Begriff stand, an die Küste des Stillen Ozeans vorzustoßen. Rußland hatte 1822 vorgeschlagen, daß die Grenzlinie von der russisch-amerikanischen Grenze im Süden an dem Kamme der Rocky Mountains bis zum 139. Längengrad und dann diesem Grad bis zum Eismeere folgen solle. England hatte sich im Prinzip damit einverstanden erklärt, doch hatte es statt des 139. den 141. Längengrad als Grenze gewünscht, damit die Mündung des Mackenziestromes ganz englisch bleibe, und Rußland war zu dieser Konzession bereit gewesen. Canning aber steigerte später die englischen Anforderungen, indem er überall da, wo der Gebirgskamm sich weiter als zehn englische Meilen vom Ufer entfernt, die Grenze des russischen Gebietes zehn Meilen von den Krümmungen der Küste entfernt geführt wissen wollte2). Die Russisch-Amerikanische Kompanie bat ihre Regierung auf das dringendste, nicht nachzugeben. Eines ihrer Mitglieder verfaßte eine Denkschrift gegen die englischen Ansprüche, doch Nesselrode verweigerte die Druckerlaubnis, da sie nur zu unnützen und sogar unangenehmen Debatten führen würde. Graf Mordvinov richtete am 20. Februar 1824 ein Schreiben an Nesselrode, in dem er darauf hinwies, daß die Uferkolonien zu ihrem Gedeihen eines Hinterlandes mit Fluren und Wäldern bedürften. Wenn auch Rußland nicht so gute Rechtsansprüche hätte, so wäre es doch mit seiner Ehre unverträglich, daß bei der Teilung England die ganze Breite des Kontinentes, Rußland aber nur ein Streifchen erhalte, „mit dem man einen wohlhabenden Adligen ausstattet". Ein so schmaler Küstenstreifen sei nicht zu behaupten, man werde also alle Kolonien südlich des 60. Breitengrades aufgeben und — fügt er in guter Kenntnis Kaiser Alexanders hinzu :— die zum griechisch-orthodoxen Glauben bekehrten Eingeborenen als englische Untertanen anerkennen müssen. Wenn von der jetzigen englischen *) Um die Bedeutung dieser Gesellschaft zu kennzeichnen, geben wir ihre Ausfuhrzahlen im Anhang Nr. 13. ! ) Bis hierher im wesentlichen nach Martens, Recueil des traités etc., Bd. X I , S. 3 1 1 — 3 1 4 .
Die Konvention mit England vom 16. (28.) Februar 1825.
"3
Regierung keine günstigen Bedingungen zu erlangen seien, dann solle man doch die Verhandlungen vorläufig aussetzen1). Einige Tage später sandte er ihm zur Unterstützung der russischen Ansprüche einen Auszug aus der Reisebeschreibung Vancouvers, aus dem er ersehen sollte, daß hier selbst ein Engländer anerkannt habe, wie sehr in jenen Gegenden die russische Sprache herrsche und wie großes Vertrauen die Eingeborenen den Russen entgegenbrächten. Gleichzeitig erinnerte er an das, was die Kompanie für die Hebung der Kultur in ihrem Gebiet getan habe und noch tun wolle2). Nesselrode antwortete am 11. April 1824. Er habe Mordvinovs Brief dem Kaiser vorgelegt, der anerkannt habe, daß Rußlands Leistungen in jenen Gegenden ihm das Recht auf entsprechende Vorteile gäben. Doch, meinte Nesselrode, wo das Recht „ohne unverhältnismäßige Opfer nicht in seiner ganzen Ausdehnung geschützt werden kann", müsse man darauf bedacht sein, „seine Ziele ohne schädliche Anstrengung der Kräfte zu erreichen". Aus diesen und ähnlichen staatsmännischen Erwägungen kommt er zu der Überzeugung, daß Rußland keine Möglichkeit habe, sein Gebiet bis zum Kamm der Felsengebirge auszudehnen. Doch die Kompanie könnte auch gar kein Interesse daran haben, denn das Land sei im Innern völlig unfruchtbar und zudem sei ihr Hauptgegenstand doch der Fang von See-, nicht Landtieren. Außerdem erhalte sie auch so „einen recht breiten Streifen Landes" und dazu die Vorteile der Nachbarschaft eines zivilisierten Volkes statt der stets unruhigen Wilden. Er sehe also gar keinen Grund, die Kolonien südlich vom 60. Breitengrad aufzugeben. Zum Schlüsse bemerkt er, der Kaiser habe der Bemerkung besondere Aufmerksamkeit geschenkt, daß Eingeborene russisch-orthodoxen Glaubens an die Engländer abgetreten werden müßten. Ein solcher Verlust würde ihn sehr geschmerzt haben. Doch habe er, Nesselrode, festgestellt, daß es an der Küste nicht südlich vom 55. Breitengrad und im Innern überhaupt keine Anhänger der orthodoxen Kirche gebe3). Die russische Regierung war also entschlossen, in der Grenzfrage nachzugeben, und damit schied diese aus den Verhandlungen aus, die sich nun auf die Handels- und Schiffahrtsfragen beschränkten. Am 29. Mai 1824 erklärte George Canning dem Fürsten Lieven in einer Note, er bestehe darauf, daß Rußland auf das Seefahrtsverbot und auf die ausschließliche Jurisdiktion in jenen Meeren verzichte. ;
1)
Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 644—647. Ibidem, S. 647—648. 3) Mordvinovarchiv, Bd. VI, S. 649—654.
2)
P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
8
ii4
Dreizehntes Kapitel.
Die russische Regierung lehnte den zweiten Teil dieser Forderung ab, zeigte sich aber bereit, das Verbot der Seefahrt 100 Meilen vom Ufer fallen zu lassen und den Engländern sogar zu erlauben, in die Flüsse einzufahren, die aus dem Innern Amerikas kommend auf russischem Gebiet mündeten. Doch Englands Ansprüche gingen immer weiter. Im August 1824 forderte es: 1. in dem strittigen Gebiete zwischen 54 0 40' und 59 0 das Recht der Jagd, des Fischfanges und des Handels mit den Eingeborenen für ewige Zeiten; 2. in den übrigen Besitzungen Rußlands bis hinauf zum Beringsmeer dasselbe Recht für die nächsten zehn Jahre; und 3. die Öffnung des Hafens von Sitcha für ewige Zeiten. Die russische Regierung erklärte diese Forderungen rund heraus für unannehmbar, da sie mit der Abtretung der Souveränität gleichbedeutend seien. So mußte der englische Gesandte Sir Charles Bagot im September 1824 St. Petersburg verlassen, ohne zum Ziel gekommen zu sein. Und doch verlangte das Interesse Englands dringend die baldige Aufhebung des Handelsverbotes. Darum wurde Stratford Canning mit der besonderen Mission nach Rußland geschickt, diese so lange hingeschleppte Angelegenheit zum Abschluß zu bringen, Dabei sollte er aber um jeden Preis die Zurücknahme der russischen maritimen Ansprüche durchsetzen1). Wenn dies nicht gelinge, werde England laut vor der ganzen Welt dagegen Protest einlegen und seine Interessen selbst wirksam schützen. Doch kam es nicht zu diesem Äußersten, sondern man fand einen Ausgleich ähnlich dem,' der in der russisch-amerikanischen Konvention niedergelegt war. So wurde denn am 16. (28.) Februar 1825 in St. Petersburg von Stratford Canning einerseits und Nesselrode und Poletika andrerseits ein Vertrag unterzeichnet, dessen wesentlichste Bestimmungen waren: Prinzipiell wird die Schiffahrt, der Tierfang und der Handel mit den Eingeborenen an allen Küsten des Stillen Ozeans freigegeben. (§ 1.) Doch dürfen sich die beiderseitigen Untertanen den Ansiedelungen der anderen Partei nur mit Erlaubnis des dortigen Kommandanten nähern. (§2.) Die Grenze soll von 5 4 " 4 0 ' längs des sog. „Portland-Canal" bis zum 56. Breitengrad laufen. Von dort folgt sie dem Kamm der Rocky Mountains bis zum 141. Längengrad und diesem bis zum Eismeere. (§ 3.) Doch überall, wo der Bergl ) „Her injustifiable arrogation of exclusive jurisdiction over an Ocean of unmeasured extent." Stapleton, Political Life of George Canning, Bd. I l l , S. 1 1 9 — 1 2 0 .
Die Konvention mit England vom 16. (28.) Februar 1825.
115
rücken sich weiter als zehn Seemeilen vom Ufer entfernt, bildet eine im Abstände dieser zehn Seemeilen parallel zu den Krümmungen der Küste gezogene Linie die Grenze. (§ 4.) Keiner der vertragschließenden Teile darf im Gebiete des anderen Ansiedelungen anlegen. (§ 5.) Die Engländer erhalten das Recht freier Durchfahrt durch das russische Gebiet auf allen Flüssen, die aus dem englischen Hinterland in den Stillen Ozean strömen. (§ 6.) In den nächsten zehn Jahren dürfen die Engländer alle Meerbusen, Häfen und Buchten des russischen Gebietes für den Tierfang und den Handel mit den Eingeborenen besuchen. (§ 7.) Auch der Hafen von Novo-Archangelsk (Sitcha) bleibt ihnen während derselben Frist offen, und wenn sein Besuch anderen Mächten über diese Zeit hinaus erlaubt wird, dann genießt England die Rechte der meistbegünstigten Nation. (§ 8.) Geistige Getränke, Waffen, Pulver und sonstige Kriegsgeräte dürfen an die Eingeborenen nicht verkauft werden, (ig.) 1 ) Als Nesselrode die russische Ratifikation dieser Konvention nach London sandte, trug er dem Fürsten Lieven auf, die englische Regierung noch einmal um Bewilligung des Felsengebirgskammes als Grenze zu bitten. Er sollte den englischen Ministern sagen, der russische Kaiser würde in ihrem Nachgeben einen Beweis der besonderen Freundschaft Englands gegen ihn erblicken. Natürlich war dieser verspätete Versuch, Verlorenes zurückzugewinnen, vergeblich. Zum Schluß sei es erlaubt, die beiden Petersburger Konventionen in den Zusammenhang der Weltgeschichte zu rücken. Mit der anbrechenden Neuzeit gehen von Europa zwei ungeheure Kolonisationsbewegungen in diametral entgegengesetzter Richtung aus. Nach Westen dringen zunächst die Romanen vor, sie entdecken Amerika und unterwerfen es zum Teil. Als die Kraft ihres Vorstoßes erlahmt, übernehmen Engländer und Deutsche ihre Mission und dringen vom Atlantischen Ozean aus in das amerikanische Festland ein. Inzwischen haben die Slawen mit gewiß nicht geringerer kolonisatorischer Kraft ihren Zug von Europa aus nach Osten angetreten, haben den Ural überschritten, die riesigen Gebiete Sibiriens durcheilt und den Stillen Ozean erreicht. Wir haben im Verlaufe unserer Untersuchung gesehen, wie sie diesen übersprangen und den amerikanischen Kontinent von der anderen Seite her betraten. Jetzt Siehe den Text der Konvention im Anhang Nr. 14 nach Martens, Recueil des Traites, Bd. X I , S. 316. 8*
Il6
Dreizehntes Kapitel.
Die Konvention mit England.
schloß sich der weltumspannende Ring, germanische und slawische Kolonisation stießen aufeinander. Durch die beiden Petersburger Konventionen wurden die Grenzen der beiderseitigen Bereiche gezogen. Doch der den Russen dabei gelassene Streifen war zu schmal und vor allem zu entlegen vom Sitze ihrer Macht, als daß sie dauernd auf ihm hätten Fuß fassen können: vier Jahrzehnte später traten sie ihn (für die Summe von 7 200 000 Dollar) an die Vereinigten Staaten von Nordamerika ab.
Tabelle Nr. i. Pelzausbeute der „Amerikanischen, NordJahreszahl
Name des Schifies
1786 1789 1792 1793 1795 1795 1797
Drei Heilige Drei Heilige Michael Simeon Phönix Alexander Adler
Name des Führers Gerasim Izmajlov Bocarov Delarov Gerasim Izmajlov Schilz Gerasim Izmajlov Talin Zusammen:
Seeottera
Biberschwänze
1 Iii 5 5°o 4 5°2
758 4 181 4 260
—
—
3 467 1 095 467 16 142
3 350 1 050 342 13 941
Tabelle Jahr 1798 1798 1798 1800 1802 1803 1803 1803 1806 I806 1807 1807 1808 I808 1809 1810 1810 1811 1812 1812 1814 1814 1814 18IS I816 1816 1817 I818 1818 1818 1819 1819 1820 1821 1821 1821 1822 1822
Name des Schilfes
Name des Kapitäns
Seeottern
Simeon Danilo Siroki 402 Alexander Koslov I 318 Phönix Schulz,Koll.-Assessor 5 805 Mochoplev — Michael Alexander Petrov i 479 Demetrius Fedotov 1 400 Peter und Paul Pysenkov i 358 Zacharias u. Elisabeth Chvostov 17 519 Lisjanskij, Krusenstern 5 269 Neva und Nadezda — Konstantin Potapov Maria Sukin 2893 — Rostislav Bubnov Karpinskij Juno 1 626 Sukin Maria i 173 Pysenkov Peter und Paul 1 466 Hagemeister, Bubnov Neva und Rostislav 5 791 407 Staatsschaluppe Diana Golovnin Finland Sukin 90 Vasilev Finland 1 001 Alexander Petrov 5 095 Finland Dubinin 904 Poduskin Otkrytie 3 154 Benit 2 060 Bering Petrov Maria 5 654 Suvorov Lazarev 2 120 — Konstantin Samsonov Mik Brutus 1 017 Panafidin Suvorov 943 Klockov 1 242 Cirikov — Rurik Kotze bue Hagemeister 2 684 Kutuzov Delivron 422 Rumjancev 602 Domasnev Konstantin Panafidin 658 Borodino Janovskij — Rumjancev Finland Klimowskij 1 874 Kutuzov Doktorov 533 Konstantin u. Finland Prokofev, Klimovskij 293 10 392 In den Kolonien wurden verkauft Summe: [86644
Biberschwänze 335 I 279 4 730 — —
I 237 902 17 113 3086 —
4250 —
I 020 I 719 I OIO 3 967 —
I05 988 4 75° 842 I 958 I 703 2 864 I 248 i 399 —
1 373 —
344 643 766 483 —
Seebären 45 OOO 102 949 —
128 OOO 52 OOO 85 759 194085 —
181 123 15 021 61 814 —
28 895 —
55 705 39 678 —
. 451 17 781 242 4238 —
18 OOO 5 262 30465 7 OOO 31 900 20 639 35 162 —
50043 15 062 6 000 61 33i —
1 849 34 704 560 52836 287 8 453 8 411 377 642 71 130 1767340
Fischbein Pud 300 — • — — .
— — — — — — — — — —
•— — — — — —
59 — —
160 — —
563 —
90 — —
292 — —
419 —
128 2 Oil
östlichen, Nördlichen und Kurilischen Kompanie". Seebären (Phoca ursina)
schwarze
266
Füchse mit dunklem Hals u. B a u c h
422
206 200 I 704
—
6 4 000 —
1
7 5 000
844 1 765
1
I
—
—
I
515
615
1
659
2 4625
W e r t der Ladung (Rubel)
FluBottern
5
56 O O O 3OOOOO 3 7 6 OOO 128 OOO
385
—
—
852
—
—
—
290
200
—
—
115
I
—
—
600
704
I
— —
3
5 222
—
—
600
—
—
138
—
—
—
139 266
Zobel
433
683 I 500
I
—
Flußbiber
Blaufüchse
rote
—
138
550
21
912
8
—
428
321
Z76
200
3
360
I 4 7 9 600
Nr. 2. Fischottern
dunkelbraun
201
—
I
720
1
223 224 208 3 1
Füchse m. grauem Hals und Bauch
935 745
986 582 2 304 1 049
33o 342 —
—
43o
586
Walroß-
402 I
935
Zahn
rot
201 1
850 272
4529
3i
60
343
I
4
471
3
—
—
737 6
994
325
Tili
306 508
525
693
288
301
431
9
—
—
—
521
707 122 127
936
2 556
217
79 0
3ii
704
—
—
—
84 —
26
43i
934
—
—
219 1 901
135
8 630 442
147
38
57i
2 1
773
-
27 809
3
34
913
—
82
—
5272
163 1 061 —
66
— —
144 499
3648
31
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Anlagen. Nr. 3. Die Denkschrift Peter Dobells.
P r o j e k t D o b e l l s v o r 1816. Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 597—631 Dobell hat schon früher seinen Plan, kurzgefaßt, dem russischen Kaiser vorgelegt und gezeigt, „welche Bequemlichkeiten und Vorteile aus der Eröffnung des Handels über das Meer, um das Kap der Guten Hoffnung, zwischen Rußland, Japan, den Philippinen und KamCatka hervorgehen können". Jetzt legt er Mordvinov die Einzelheiten dieses Planes dar. 1. „Ich schlage vor, eine H a n d e l s v e r b i n d u n g mit dem C h i n e s i s c h e n Meere u m d a s K a p der G u t e n H o f f n u n g einzurichten, entweder direkt einen von den chinesischen Häfen, oder indirekt, über Manila, auf der Insel Luzon, einer von den Philippinischen Inseln. Wenn direkt, dann nenne ich den für die russischen Interessen vorteilhaftesten Hafen; doch wenn indirekt, dann stelle ich die vorzüglichen Vorteile dar, die offenbar in einer Verbindung über die Philippinischen Inseln bevorstehen. 2. In jedem Fall muß man eine V e r b i n d u n g z w i s c h e n Man i l a und K a m ö a t k a eröffnen, um dieses letztere in blühenden Zustand zu bringen und der Russisch-Amerikanischen Kompanie die Mittel zu geben, ihren Pelzhandel vorteilhafter zu führen und ihre Kolonien an dem nordwestlichen Ufer Amerikas bequemer und billiger zu versehen, als durch irgend ein anderes, bis jetzt angewandtes Mittel. 3. Man muß Seiner Kaiserlichen Majestät vorstellen, die spanische Regierung und die Philippinische Kompanie zu der Erlaubnis für russische Schiffe, die aus Rußland oder seinen Kolonien kommen, geneigt zu machen, unbehindert im Hafen M a n i l a auf der I n s e l L u z o n zu l a n d e n und Handel zu treiben, als begünstigte Nation, oder so, wie die englischen Schiffe aus Madras und die portugiesischen aus Macao jetzt zugelassen werden. 4. Ich schlage vor, die Staatsvorteile mit den Interessen der Russisch-Amerikanischen Kompanie in der Ausführung dieses ganzen Handels um das Kap der Guten Hoffnung oder mit den Kolonien zu vereinigen auf den bekannten Vorschriften, Verordnungen und Beschränkungen der Art, die der Kompanie festere Grundlage und Achtung geben würden. So daß sie einerseits mit Vorteil dieses System benutzen könnte und andrerseits, treu das Vertrauen Seiner Kaiserlichen Majestät zu ihr bewahrend, sehr wichtige Einkünfte dem Reiche bieten könnte.
Die Denkschrift Peter Dobells.
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Der stolze Ukaz gegen die beiden Schiffe Krusensterns beweist nicht, daß die Chinesen den Russen v e r b i e t e n wollen, ihre H ä f e n a n z u l a u f e n . Denn Krusenstern hatte sich durch seine enge Verbindung mit den Engländern verdächtig gemacht. Auch war der Ukaz gegen die Schiffe eines barbarischen Volkes, nicht aber desjenigen, mit dem die Chinesen in Kjachta Handel treiben. Auch war das unangemeldete Erscheinen dieser Schiffe von den Chinesen als Beleidigung empfunden worden. Wenn der russische Kaiser um die Erlaubnis zum Anlaufen russischer Schiffe bittet, wird sie gewiß gewährt werden. Nur muß bei den Verhandlungen dem Bedürfnis nach Zeremonie der Chinesen Rechnung getragen werden. Man soll aber nicht um den Zugang nach Kanton bitten, sondern nach A m o i in Phokin. Denn in Kanton ist die Konkurrenz aller Völker der Welt zu bestehen und die unglaubliche Schlechtigkeit des Beamtentums. In Amoi aber dürfen nur die Spanier von Luzon landen, auch liegt es den russischen Kolonien näher, die Russen können dort ihren Bedarf an Lebensmitteln und Fabrikaten leicht decken und die Einfahrt ist bequem. Früher trieben dort die Engländer und Portugiesen Handel und von hier wurde der erste Tee ausgeführt. Der T e e h a n d e l bringt dem englischen Staate jährlich 3 000 000 Pfund Sterling Einkünfte, die ihm von der englisch-ostindischen Kompanie bezahlt werden. Die 18 Millionen Engländer verbrauchen jährlich 27 Millionen Pfund Tee. Gewiß werden die 50 Millionen Russen mindestens 40 Millionen Pfund Tee verbrauchen, was natürlich dem Staate große Einnahmen abwerfen wird. Dazu kommt noch der Handel mit Kaffee, Zucker, Pfeffer, Indigo, Baumwolle. Rußland als der mächtigste nördliche Staat kann ein so großes Unternehmen wohl ausführen. Es würde sich sehr empfehlen, auch auf L u z o n , der Hauptinsel der Philippinen, Handel zu treiben. Die beiden Häfen Manila und Kavite bieten gute Landungsplätze. In Manila wohnen 60 000 bis 70 000 Menschen, darunter 22 000 chinesische Kaufleute, Handwerker und Arbeiter. Die eingeborene Bevölkerung, Malaien, sind tapfer, fleißig, klug, gute und treue Diener, fröhliche und gute Musikanten. Ihre Sprache ist weich und schön. Luzon produziert sarazenische Hirse, Zucker, Kaffee, Baumwolle, Pfeffer, Indigo, Gewürz, Tabak, Salz, Rum, Häute, Weizen, türkischen Weizen, Korn verschiedener Art, fast alle bekannten Früchte und Kräuter. Dazu Schweine, Geflügel, Schafe, Hornvieh und Pferde. Das Land ist sehr fruchtbar. 30—40 Dschonken
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Anlagen.
bringen jährlich aus Fokin Tee, Seide, Nanking, grobes Porzellan, Tongeschirr, dickes Gewebe, lackierte Sachen usw. und nehmen dafür die Produkte des Landes. Es hängt vom Willen des Gouverneurs ab, ob er die Ausfuhr von Hirse gestatten will, doch bei den meist guten Ernten gestattet er einen großen Export. Die Chinesen sind schlechte Schiffer und daher auf portugiesische Steuermänner angewiesen. t Die Hafenzölle sind gering. Die Russen würden dort Käufer für alle denkbaren Waren, auch für Felle und alle Produkte ihrer Kolonien finden. Dafür könnten sie dort billig alle Produkte Chinas und Luzons kaufen. Die Hafenabgaben in Kanton sind dabei ganz ungeheuer hoch im Gegensatz zu Manila. (Dobell hat darüber genaue Nachrichten gesammelt.) Auf Luzon gibt es auch eine Fabrik, die grobe Stoffe erzeugt, wie sie für den Handel der Russisch-Amerikanischen Kompanie am Nordwestufer Amerikas brauchbar sind. Außerdem kann sie ihre Kolonien von hier billig mit Zucker, Hirse, Rum, Sirup, Brot usw. versehen. Wollen die Russen nach Amoi gehen, so werden sie von den Chinesen durch festes, aber freundliches Auftreten günstige Bedingungen erhalten. In Manila aber erkennt man den großen Nutzen, den ein russischer Handel bringen wird, und wird die russischen Schiffe gerne aufnehmen. Besser ist aber, die Russen verabreden mit den Spaniern bestimmte Bedingungen für diesen Handel. Die Russen können Sirup, Hirse, Rum und Zucker in Manila um 80—100% billiger kaufen als Engländer und Amerikaner in ihrer Heimat. Um diese Waren an das Nordwestufer Amerikas zu bringen, ist von Manila eine verhältnismäßig kurze Reise nötig, während die anderen Nationen die Reisen um das Kap der Guten Hoffnung machen müssen. So könnten die Russen leicht jede Konkurrenz in diesen Gegenden aus dem Felde schlagen und könnten dann auch ein Monopol im dortigen Pelzhandel gewinnen. Das würde aber auch alle anderen Kolonien Rußlands im Osten heben. Sibirien und Kamöatka galt früher als „Finis mundi", ein kaltes, ödes, ungastliches Land. In Wirklichkeit ist es aber mit 10—ri5° im Winter gemäßigter als Petersburg. Es ist ein reiches und fruchtbares Land, mit fischreichen Quellen und Flüssen, mit großen Weiden, das auch dem Ohiotal in Nordamerika nichts nachgibt. Außerdem ist besonders Kamiatka reich an nützlichen Hölzern. KamSatka würde sich besonders zur Viehzucht eignen, während man Korn besser aus Sibirien, Kalifornien und Manila einführen würde. Die Milchprodukte und Pökelfleisch könnte man in Manila absetzen, wo man derartiges wegen der Hitze nicht pro-
Die Denkschrift Peter Dobells.
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duzieren kann. Für gesalzenen Lachs, Hering und Stockfisch findet man in China und Manila immer Absatz zu guten Preisen. Allein die Fische, die in Kamöatka von Bären gefressen werden oder aufs Ufer springen, würden genügen, wenn man sie in Manila verkaufte, um Kamöatka nach Bedarf mit allen Produkten Luzons zu versehen. Auch W a l f i s c h e gibt es bei Kamöatka in großen Mengen. Trotzdem die englischen Unternehmer bei Ausrüstung von Walfischfängern ungeheure Unkosten haben, pflegt ihr Gewinn doch 200—300 % zu sein. Wievielmehr müssen die Russen auf Kamöatka verdienen, die alle diese Unkosten nicht haben. Man kann auch noch Eisen, Soda oder Glaubersalz, Glas, Bretter und Holz jeder Art in Balken und Brettern, nach Manila ausführen, besonders aber Butter und Käse. Wenn man das Verhältnis Kamfiatkas zu den umliegenden Ländern bedenkt, dann scheint Gott selbst einen Handelsaustausch zwischen diesen Ländern beabsichtigt zu haben. So erfülle man also mit diesem Handel nur den göttlichen Willen. Nur der Mangel an Bevölkerung steht vielleicht dem Erfolge entgegen, doch wird er nach Eröffnung des Handels bald behoben sein. Die A v a ö i n s k i j - B u c h t setzt den Besucher in Erstaunen durch ihre Größe, Schönheit und Sicherheit. Dieser Hafen wird einmal über die Meere des Ostens herrschen. Doch die E n g l ä n d e r nähern sich mit schnellen Schritten dem Osten Asiens, eine n e u e , n o r d w e s t l i c h e K o m p a n i e ist unlängst in England gegründet und viele Spekulanten haben während des Krieges mit Amerika sich diesen Ufern zugewandt. „Die Engländer sind jetzt so gierig, diesen Handel in ihre Hände zu nehmen, wie wenn sie Kanada wirklich verloren hätten und wenn die Russisch-Amerikanische Kompanie nicht mit großer Kühnheit und Unternehmungslust handeln wird, wenn ihre Kolonien nicht wirksam von Staatskriegsschiffen beschützt werden, dann werden sie die Kompanie schnell sprengen und berauben." Schon werden die aufgestachelten Eingeborenen ungehorsam und gefährlich, und wenn die Kompanie nicht entschlossen handelt, wird sie alle Achtung verlieren. Um dies zu vermeiden, muß sie die Eingeborenen billiger und besser versorgen als bisher, was sie von Manila aus tun kann, und dort alle Einmischungen fernhalten. Die Spanier werden ihr gern dabei behilflich sein, denn auch sie leiden unter dem Vordringen der Engländer und Amerikaner am nordwestlichen Ufer Amerikas. Dobell hofft, durch seine guten Beziehungen in Manila die Erlaubnis des russischen Handels dort zu erwirken. Doch es wäre gewiß
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besser, gesetzliche Erlaubnis der spanischen Regierung dazu zu erwirken. Wie soll der „Nutzen Seiner Kaiserlichen Majestät" mit dem der Russisch-Amerikanischen Kompanie vereinigt werden? Manila sei der Mittelpunkt des Handels aus Japan, Kamöatka und Amerika einerseits und Petersburg andrerseits; Petropavlovsk der des russischen Osthandels. Aus Sibirien und Japan schickt man die Waren nach Manila, dort deckt man die Bedürfnisse für jene nördlichen Länder und die Kolonien. Besonders der Zwischenhandel zwischen Japan, Manila und China kann, wenn er erst eingerichtet ist, sehr ertragreich sein. Die J a p a n e r werden mit diesem Handel einverstanden sein, „denn die Russen können ihnen die Produkte der Malaiischen Inseln, Luzons und Chinas billiger verkaufen über Manila, als sie sie von den Holländern oder an anderem Orte empfangen konnten". „Das ganze Pelzwerk, das von der Russisch-Amerikanischen Kompanie auf dem nordwestlichen Ufer Amerikas und auf den Aleutischen Inseln gesammelt ist, muß man jährlich nach Petropavlovsk bringen, und die Schiffe, die es bringen, müssen mit der Fracht zurückgeschickt werden, die man für den Unterhalt der Kolonie und den Handel mit den Eingeborenen braucht. Dieses Pelzwerk muß man sortieren: für die Japaner einen Teil, einen anderen für die Russen und für Kjachta, und die letzte Sorte nach Manila schicken für den Verkauf an die Chinesen." Dobell rät, die W a l f i s c h h ä u t e nicht durch Räuchern zu trocknen, sondern sie zu salzen und nach Kamcatka zu senden, wo das Klima erlaubt, sie an der Sonne zu trocknen. Die Chinesen zahlen für die geräucherten Walfische 5 0 % weniger als für die an der Luft getrockneten. Auch soll die Kompanie darauf achten, daß nicht alle Wale ohne Auswahl getötet werden, sondern daß man die am Leben läßt, die zur Fortpflanzung der Rasse nötig sind, die ein geschickter Jäger leicht erkennen könne. „Pelzhandel zu treiben, mit allen mit ihm verknüpften Vorteilen, ist an sich eine sehr reiche Quelle und ich behaupte kühn, daß die Russisch-Amerikanische Kompanie es in ihrer Macht hat, Beziehungen mit Manila und Kalifornien in der Weise zu eröffnen, daß sie einen entschiedenen Vorrang vor jedem anderen Volke erhält, folglich auch ein Monopol dieses reichen und umfangreichen Handels." „Sie muß nicht allzu große, wohlbewaffnete und ausgerüstete Schiffe haben und sie zum Handel in alle die Gegenden des nordwestlichen Ufers Amerikas schicken, wohin jetzt die Engländer und
Die Denkschrift Peter Dobells.
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Amerikaner gehen. Diese Schiffe müssen in S i t c h a ausgerüstet werden, und wenn die einen von ihnen zurückkehren, dann müssen die anderen sogleich ausfahren, und die Einwohner unausgesetzt mit frischen Waren versehen, was kein Volk imstande ist zu tun. An diesem Ufer gibt es einige Gegenden, die ich nennen kann, wo die Russisch-Amerikanische Kompanie auch Ansiedelungen machen muß, gleicherweise schlage ich Häfen in Kalifornien vor, die man besonders vor den übrigen besuchen muß." Die amerikanischen Wilden kaufen jetzt besonders gern die Produkte, wie man sie in Manila haben kann, also ist ein solcher Handel sicher nützlich. Auf Kamcatka gibt es Eisen und am Tigilskij-Ufer eine Erde, in der der berühmte Chemiker in Petersburg, Scherer, 23 Teile Salpeter-Soda, 5 Teile Karbonat-Soda und 4 Teile Karbonat-Kreide konstatierte. Auch Kartoffeln kann man hier bauen und nach Manila und China schicken, wo sie nicht recht gedeihen und daher gern gekauft werden. Bei einer Roggenmißernte in Sibirien, die die Alkoholproduktion schädigt, kann man die zur Rumbereitung nötigen Produkte aus Manila holen, in KamCatka verarbeiten und so Sibirien mit Alkohol versehen. Auch kann man billige Getränke aus Manila einführen und mit hohen Zöllen belegen. Die Hauptsache aber ist, die Ureinwohner und Einwanderer KamCatkas aus Fischern und Jägern zu Ackerbauern und Viehzüchtern zu machen. „Nach meinem Aufenthalt in Ochotsk und von da durch ganz Sibirien, fand ich, daß dieses Land zur Vollkommenheit kommt, die Bevölkerung rein und sauber, die Posthöfe gut und die Pferde auf ihnen immer in Bereitschaft und sie werden den Reisenden mit solcher Schnelligkeit gegeben, daß es schwerlich dafür Beispiele irgendwo in Rußland gibt. Kurz gesagt, von dem Tschukotskischen Lande durch ganz Sibirien trifft der Reisende mehr oder weniger Zivilisation und Vollkommenheit; die russische Sprache gebrauchen die Eingeborenen überall, doch am meisten ist an ihnen ihr völliger Gehorsam und ihre Achtung gegen die Gesetze des Reiches bemerkenswert und die herzliche Ergebenheit gegen ihren großen und wohltätigen Herrn, den russischen Kaiser." „In Sibirien ist alles interessant, eindrucksvoll, großartig. Es gibt kein Land unter dem Himmel, das mit ihm verglichen werden könnte sowohl in den verschiedenen nützlichen Produkten wie in dem prachtvollen, großartigen Bilde, das es den Augen des aufmerksamen Reisenden bietet. Die mittleren und südlichen Teile sind bevölkerter und bieten ein sehr bemerkenswertes Bild der Arbeit und des Fleißes. Gutgebaute Städte, öffentliche Gebäude,
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Fabriken, Gefängnisse usw. — all dies ist in völlig guter Ordnung, in Reinheit und hat alle Bequemlichkeiten. Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, daß diese erstaunliche Ordnung dem Generalgouverneur und den unter seiner Leitung in Sibirien dienenden Beamten die größte Ehre macht. Ich erwähnte all diese Umstände, mit der Absicht, zu zeigen, daß die Dinge in Sibirien nicht nur unvergleichlich besser gehen, als viele denken, sondern daß dieses Land schnell zu seiner Vollkommenheit gebracht wurde." Noch besser wird es werden, wenn man seine Pläne verwirklicht, denn nichts bereichert Volk und Regierung so wie der Handel. Die Wasserverbindungen zwischen Ochotsk und Irkutsk sind: von Iudomskij Krest auf dem Flußsystem der Lena in die Nähe des Baikalsees. Auch der Amur bietet eine gute Verbindung, doch müßte man die chinesische Regierung um die Erlaubnis bitten, an seiner Mündung eine Stadt anzulegen und an seinem Lauf Ansiedelungen zu schaffen. Die Mündung soll aber nicht tief genug für große Schiffe sein, gefährliche Sandbänke haben und bis zum Juli vom Eis gesperrt werden. Man muß also noch Untersuchungen anstellen, ehe man Schritte unternimmt. Beim Handel mit asiatischen Völkern muß man auch deren Vorurteilen Rechnung tragen. Zu diesen gehört, daß sie lieber mit Kompanien als mit Privatleuten Handel treiben. Denn sie haben zu ihnen mehr Vertrauen. Als Beweis dafür können die Erfolge der B r i t i s c h - O s t i n d i s c h e n K o m p a n i e gelten. Dazu kommt, daß die Konkurrenz der S p a n i s c h - P h i l i p p i n i s c h e n K o m p a n i e in Manila russischen Privatleuten den Handel fast unmöglich macht. Aus all diesen Gründen empfiehlt sich, daß dieser Handel von der Russisch-Amerikanischen Kompanie in Verbindung mit der Regierung betrieben wird. Dazu ist zunächst eine V e r m e h r u n g des A k t i e n k a p i t a l s der Gesellschaft nötig. Auch der M o n a r c h soll eine Summe zeichnen, aber statt Geld einzuzahlen jährlich eine bestimmte Anzahl Schiffe aus seiner Flotte mit Bemannung geben, die die Frachten der Kompanie um das Kap nach Luzon befördern. Dies wird eine gute Schulung für die Offiziere und Mannschaften der Flotte sein. Im Juni müssen diese Schiffe aus Petersburg fortfahren, dann sind sie im Oktober in Manila. Ende Januar oder Anfang Februar fahren sie wieder von hier weg und sind bei günstigem Winde im Juni oder Juli in Petersburg. Den Handel müssen vier Personen leiten, von denen eine in Kam&itka oder Sitcha sein muß. Diese sollen, ohne sich aber in die Geschäfte wirkend einzumischen, viermal jährlich an die K o n -
Denkschrift über die Kolonie Ros (1824).
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t r o l l e x p e d i t i o n berichten. Diese besteht aus vom Kaiser ernannten Ministern und Regierungsbeamten, die jährlich vier Sitzungen haben. Eines ihrer Mitglieder steht in ständiger Verbindung mit der Kompanie und erhält über alle Dinge Nachricht. Damit wird der Regierung eine weitgehende Kontrolle eingeräumt. Die Kompanie soll in Kamöatka, Sibirien und Rußland nicht en d é t a i l v e r k a u f e n , sondern nur an die Kaufleute, vielleicht auf öffentlichen Auktionen und nicht in Mengen unter 1000 Rubel Wert. (Ähnlich wie die Britisch-Ostindische Kompanie.) Auf den Aleuten und in Amerika soll diese Vorschrift natürlich nicht gelten. Will die Kompanie den W a l f a n g und F i s c h f a n g in Kamëatka selbst betreiben, so wird sie geeignete Leute von den Marbelhead- und Kap-Road (?)-Inseln bekommen, auch irländische Kolonisten für die Bearbeitung. Ansiedler könnte man auch aus Manila, China und von den Sandwichinseln bekommen. Gute Beziehungen zu J a p a n sind sehr wichtig. „Trotz des ihnen von den Europäern zugeschriebenen treubrüchigen Charakters halte ich sie für die besten Menschen, als man sie sich vorstellt; doch daß sie in allen Beziehungen die Chinesen übertreffen, daran kann kein Zweifel sein." Wenn man auf Staatsschiffen zu ihnen kommt, werden sie Vertrauen haben, und nach Indien, China und den Malaiischen Inseln wird man einen großen Handel mit ihren Waren treiben können. In diesem Projekt wird man keine Übertreibung entdecken können. Rußland kann ebensogut um das Kap der guten Hoffnung Handel treiben, wie die Holländer, Dänen und Schweden, sogar mit noch viel mehr Vorteilen. Wenn es in Manila handelt, wird es die chinesischen Waren billiger seinen Untertanen und den nördlichen Völkern verkaufen können als England. Wenn aber mit China direkt, dann ist es die einzige Macht, die der Chinese so fürchtet, daß er ihren Handel nicht durch hohe Steuern zu schädigen wagt. Nun folgt noch eine warme Empfehlung des Projekts.
Nr. 4. Denkschrift über die Kolonie Ros (1824). Mordvinovarchiv Bd. V I , S. 666—674.
Die Alëuten und der russische Teil Amerikas sind für Ackerbau völlig ungeeignet. Viehzucht gedeiht nur in Kadiak. Daher mußte man in den ersten Jahren der Kompanie aus Irkutsk über Jakutsk und Ochotsk mit ungewöhnlichen Ausgaben Brot und sonstigen
Denkschrift über die Kolonie Ros (1824).
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t r o l l e x p e d i t i o n berichten. Diese besteht aus vom Kaiser ernannten Ministern und Regierungsbeamten, die jährlich vier Sitzungen haben. Eines ihrer Mitglieder steht in ständiger Verbindung mit der Kompanie und erhält über alle Dinge Nachricht. Damit wird der Regierung eine weitgehende Kontrolle eingeräumt. Die Kompanie soll in Kamöatka, Sibirien und Rußland nicht en d é t a i l v e r k a u f e n , sondern nur an die Kaufleute, vielleicht auf öffentlichen Auktionen und nicht in Mengen unter 1000 Rubel Wert. (Ähnlich wie die Britisch-Ostindische Kompanie.) Auf den Aleuten und in Amerika soll diese Vorschrift natürlich nicht gelten. Will die Kompanie den W a l f a n g und F i s c h f a n g in Kamëatka selbst betreiben, so wird sie geeignete Leute von den Marbelhead- und Kap-Road (?)-Inseln bekommen, auch irländische Kolonisten für die Bearbeitung. Ansiedler könnte man auch aus Manila, China und von den Sandwichinseln bekommen. Gute Beziehungen zu J a p a n sind sehr wichtig. „Trotz des ihnen von den Europäern zugeschriebenen treubrüchigen Charakters halte ich sie für die besten Menschen, als man sie sich vorstellt; doch daß sie in allen Beziehungen die Chinesen übertreffen, daran kann kein Zweifel sein." Wenn man auf Staatsschiffen zu ihnen kommt, werden sie Vertrauen haben, und nach Indien, China und den Malaiischen Inseln wird man einen großen Handel mit ihren Waren treiben können. In diesem Projekt wird man keine Übertreibung entdecken können. Rußland kann ebensogut um das Kap der guten Hoffnung Handel treiben, wie die Holländer, Dänen und Schweden, sogar mit noch viel mehr Vorteilen. Wenn es in Manila handelt, wird es die chinesischen Waren billiger seinen Untertanen und den nördlichen Völkern verkaufen können als England. Wenn aber mit China direkt, dann ist es die einzige Macht, die der Chinese so fürchtet, daß er ihren Handel nicht durch hohe Steuern zu schädigen wagt. Nun folgt noch eine warme Empfehlung des Projekts.
Nr. 4. Denkschrift über die Kolonie Ros (1824). Mordvinovarchiv Bd. V I , S. 666—674.
Die Alëuten und der russische Teil Amerikas sind für Ackerbau völlig ungeeignet. Viehzucht gedeiht nur in Kadiak. Daher mußte man in den ersten Jahren der Kompanie aus Irkutsk über Jakutsk und Ochotsk mit ungewöhnlichen Ausgaben Brot und sonstigen
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Anlagen.
Proviant herbeischaffen. Früher wurde dieser Mangel dadurch behoben, daß man dafür von den ausländischen Schiffen Seebärenfelle eintauschte. Doch auch dies war nicht befriedigend bei der kaum begonnenen Bekanntschaft des damaligen Hauptleiters der Kolonien, B a r a n o v , mit den Ausländern. So hatten denn die Angestellten der Kompanie in dem rauhen Klima, in dem gute Ernährung besonders nötig gewesen wäre, oft kein Brot und begnügten sich allein mit getrocknetem Robbenfleisch und Fisch. In dieser Lage war die Verpflegung der Kompanie, als der verstorbene R e z a n o v , der mit der ersten Expedition von Russen um die Welt geschickt war, als Bevollmächtigter der Kompanie in ihnen war. Betroffen von solchem Zustand der Angestellten der Kompanie, beschäftigte er sich eifrig mit den Mitteln zur Beseitigung des so verderblichen Mangels an der nötigen Verpflegung. Der Gedanke des verstorbenen Baranov war, zu diesem Zwecke eine Ansiedelung am Ufer von Neu-Albion zu machen, das noch von keiner europäischen Macht formell besetzt war. Um sich noch mehr von der Möglichkeit dessen zu überzeugen, und im eigenen Nutzen, reiste Herr Rezanov selbst nach Kalifornien, sah dann Neu-Albion, und entzückt vom Klima dieses Landes im allgemeinen schrieb er in den überzeugendsten Ausdrücken über die Notwendigkeit, den oben bezeichneten Gedanken Baranovs zu erfüllen. Die Hauptverwaltung der Kompanie erbat dazu durch den Staatskanzler Graf Rumjancev die allerhöchste Genehmigimg. Durch seinen Brief vom i. Dezember 1809 teilte Se. Erlaucht der Verwaltung mit, daß „Seine Kaiserliche Majestät versagt, im vorliegenden Fall von Staats wegen auf Albion eine Ansiedelung zu machen, es aber dem Willen der Kompanie überläßt, sie von sich aus zu errichten, indem er in jedem Fall Seinen monarchischen Beistand in Aussicht stellt". Nach diesem allergnädigst verliehenen Rechte traf die Hauptverwaltung der Kompanie sofort ihre Anordnungen zur Gründung einer Ansiedelung auf Neu-Albion. Infolgedessen wurde der verstorbene Kommerzienrat Kuskov vom Hauptleiter der Kolonien am 15. März 1812 aus Novo-Archangelsk abgeschickt und gründete am Ufer Neu-Albions auf 380 40' nördlicher Breite, ein wenig gegen Norden vom Hafen Rumjancev oder der Bucht Klein-Bodega, an der Stelle, die von den Eingeborenen Mad-ji-ni genannt wurde, eine Festung, die Slavensk oder Ros genannt wurde. Bei diesem Ereignis wurden die wohlgesitteten Eingeborenen dieses Landes völlig frei gefunden, auch nicht den geringsten Schutz von Seiten ihrer Nachbarn, der Spanier, anerkennend. Im Gegen-
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Denkschrift über die Kolonie Roä (1824).
teil, da sie durch Überfälle der in spanischer Abhängigkeit stehenden Wilden bedrängt wurden, hegten sie auch gegen diese selbst feindselige Gefühle. Bei diesen Verhältnissen widersetzten sich die dortigen Indigenen nicht nur einem solchen Asyl der Russen auf dem Ufer Neu-Albions nicht, sondern sie äußerten noch den Wunsch, sie in viel größerer Zahl zu sehen, um dadurch um so überzeugter zu sein von dem Schirm und Schutz gegen ihre feindlichen Nachbarn. Einer von den wichtigsten Ältesten oder Tojonen, namens Tschutschu-oan, dem der für die Festung besetzte Platz gehörte, trat ihn gern den Russen ab für einige entsprechende Geschenke. Später, während der Anwesenheit der Schaluppe „KamCatka" im Hafen Rumjancev, bestätigten die Eingeborenen ihrem Kommandanten, dem bekannten Flottenkapitän G o l o v n i n , ihre Unabhängigkeit von den Spaniern, ihren Haß gegen sie und den Wunsch, daß die Russen sich ansiedelten und in ihrer Nachbarschaft lebten. Einer von ihren Ältesten, Walenila, bat Golovnin, ihm eine russische Flagge zu geben, damit er sie gebrauchen könne als Zeichen seiner Freundschaft und Ergebenheit gegen die Russen. Man muß gestehen, daß die Spanier ganz anders auf unsere Ansiedelung blickten. Die kalifornische Regierung gab in ihrem Verkehr mit dem Kommandanten der Kolonie, dem verstorbenen Kuskov, einige Male ihm ihre Unzufriedenheit zu verstehen und bestand sogar darauf, daß er die Ansiedelung vernichtete und sich entfernte. Zur Zeit der Verwaltung des bekannten I t u r b i d e 1 ) in Mexiko kam in den Hafen San Francisco ein besonderer Beamter und erneuerte eine ähnliche Forderung, ohne übrigens, wie später erkannt wurde, dazu eine Vollmacht zu haben. Die Regierung in Monterey2) erlaubte sich jedoch sogar unfreundliche Handlungen, indem sie unsere Leute gefangennahm. Schließlich überreichte im Jahre 1819 der spanische Gesandte an unserem Hofe unserem Minister eine offizielle. Note über diesen Gegenstand, auf die eben damals, auf Verlangen des Herrn Finanzministers, von der Hauptverwaltung eine Erklärung abgegeben wurde, und seit dieser Zeit ist bei den veränderten politischen Umständen diese Sache unentschieden geblieben. Indessen sieht die kalifornische Lokalregierung schon in Iturbide, Don Augustin, 1784—1824, bekannter mexikanischer General, der das Land im Namen der spanischen Regierung verwaltete. Später, 1820, stand er an der Spitze der Partei der „Unabhängigen", nahm Mexiko und ließ sich 1822 zum Kaiser ausrufen unter dem Namen August I. 1823 wurde er gestürzt und floh nach Italien. 1824 kehrte er in „sein Reich" zurück, doch kaum war er gelandet, als er ergriffen und füsiliert wurde. 2) Hauptstadt Neu-Leons. , P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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den jetzigen Ereignissen einen fühlbaren Nutzen von der Nachbarschaft der Russen, denn bei den kürzlichen Aufständen der Eingeborenen gegen die spanischen Missionen wurde den Ausländern von der Kompanie die Bewaffnung geliefert, die ihnen fehlte, und dadurch ihnen ein wesentlicher Dienst erwiesen. Bezüglich des von der kalifornischen Regierung und dann vom spanischen Ministerium geäußerten Anspruches gegen unsere Ansiedelung in Neu-Albion muß man bemerken, daß sie das Recht Spaniens auf Beherrschung des ganzen Küstengebietes Neu-Albions bis zur Meerenge Juan de Fucä ausdehnten. Wie sehr eine solche Aneignung unbegründet ist, das wird offenbar bewiesen, erstens durch die Aussage und selbst die Unabhängigkeit der eingeborenen Stämme, die bezeugen, daß weiter als bis zum Hafen San Francisco die Macht der Spanier sich niemals ausdehnte, und zweitens dadurch, daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich erlaubte, die Mündung des Flusses Columbia zu besetzen, worin wir ihr nur nachahmten, und dann als südliche Grenze Louisianas den 42. Parallelkreis bestimmte, d.h. ganze 5 0 südlicher als die Meerenge Juan de Fucä. Wie dem auch war, bei derartigen Umständen, die auf die Gründung der Kolonie Ros folgten, konnte die Kompanie ihren Besitz nicht für dauernd halten und deshalb ergriff sie in 12 Jahren nicht die gebührenden Maßregeln zu ihrer Verstärkung. Dies ist der Grund, daß diese Kolonie bis jetzt (1824) nicht allen jenen wichtigen Nutzen bringt, der der ursprüngliche Zweck ihrer Gründung war. Bei alledem jedoch bot und bietet sie sehr wichtige Vorteile, da sie als notwendiges und zuverlässiges Mittel zur Verproviantierung der anderen Kolonien dient. Außerdem gab der Uberfluß an Eichen- und Fichtenbauholz die Möglichkeit, in den notwendigsten Fällen dort einige Seeschiffe zu bauen, deren Bau, gleichwie auch ihr Gebrauch selbst für die Kompanie sehr nützlich war. Die Kolonie Ros bestand 1824 in einer nicht großen hölzernen Festung mit 17 Kanonen kleinen Kalibers. In ihr ist das Haus für den Kommandanten, das Kontor, die Kasernen, ein zweistöckiges Magazin und einige andere Gebäude. Die in der Festung lebenden Leute verschiedenen Berufes im Dienste der Kompanie rechnet man auf 50 Mann außer den Aleuten, die vorübergehend des Seebiberfanges wegen dorthin geschickt werden. Doch da sich von 30 Gewerbsleuten, die sich in dieser Zahl befanden, kaum 12 Mann eigentlich mit Landwirtschaft beschäftigen, und mehr nach ihrem guten Willen, als nach ihrer bestimmten Verpflichtung, so wird auch an Korn nur ungefähr 200 Pud Weizen und bis 40 Pud Gerste
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gesät. Obgleich die Aussaat ohne jede Düngung des Landes und sogar ohne ordentliche Aufpflügung erfolgt, so pflegt die Ernte auch dann zehnfach zu sein. Das Beispiel der benachbarten spanischen Missionen, wo die Ernte das vierzigfache der Aussaat bringt, beweist, daß man bei ordentlicher Landwirtschaft auch in Ros dasselbe hoffen kann. Das Klima ist so, daß Gartengemüse zweimal im Jahre reifen; alle Gartengewächse und Früchte können auf dem Boden gezogen werden. Was Viehzucht betrifft, so zählt man in Ros 46 Pferde, 213 Ochsen und Kühe, 81 Schweine und 842 Schafe. Der Überfluß an wildem Hornvieh und Eichenwald bietet die leichte Möglichkeit, Gerbereien einzuführen. Allein die Schafzucht, die so bequem zu vervollkommnen ist, würde der Kompanie unzählige Gewinne bieten. Überhaupt,, nach den ersten Versuchen kann man sich leicht überzeugen, daß die Kompanie, wenn sie in Ros die Landökonomie zum gebührenden Grade verstärkt, völlig sicher sein könnte bezüglich der Kornversorgung aller ihrer amerikanischen Kolonien. Man braucht nur in Erwägung zu ziehen, daß zu ihrem jährlichen Unterhalt 10 000 Pud Korn reichlich genügen würde. Doch wenn man noch die Maßregeln zur Erzielung einer reichlicheren Ernte verdoppelt, dann kann man kühn behaupten, daß die Kolonie R06 Kamcatka und Ochotsk mit Korn versehen könnte. Dann würde die Kompanie auch imstande sein, die Regierung völlig zu beruhigen, die sich um die Befreiung der Jakuten von den ruinierenden Lieferungen von Staatsgetreide dorthin sorgt. Die jetzige Versorgung der Kolonien mit Lebensmitteln überhaupt, ausschließlich der aus Ros gelieferten, erhält man von den Ausländern auf zweifache Weise: entweder von den Schiffen, die nach Novo-Archangelsk kommen, oder aus Kalifornien, wohin ausdrücklich dafür besondere Schiffe der Kompanie geschickt werden. Ohne weitere Erwägung ist an sich klar, daß diese Mittel nicht immer zuverlässig sein können. Sie hängen vom Kommen ausländischer Schiffe und von der Dauer freundschaftlicher Beziehungen zur kalifornischen Regierung ab. Es ist nicht überflüssig hinzuzufügen, daß die Kenntnis der Zwangslage, in der sich die Kolonien bezüglich der Lebensbedürfnisse befinden, den Ausländern die Möglichkeit gibt, diese beim Verkaufe zu verteuern, und die Leitung der Kolonien zwingt, sie zu befriedigen, und viel mehr als das zu bezahlen, wofür-man es angemessen verkaufen würde. Nach diesen Mitteln bleibt noch das Mittel der Lieferung um die Welt. Doch dies hängt ab erstens vom Frieden mit allen Seemächten und zweitens von verschiedenen Zufälligkeiten, die von ausgedehn9*
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ten Meerfahrten oft unzertrennlich sind, und folglich ist es, nicht zuverlässig. Dabei ist schon durch überzeugende Erfahrung erkannt, daß allein durch die ungewöhnlichen Ausgaben eine solche Brotlieferung in die Kolonien völlig unbequem ist. Daraus folgt unmittelbar, daß, wenn die Kompanie zur Vernichtung der Kolonie Ros genötigt sein wird, und wenn dann durch die politischen Umstände einerseits die gegenwärtigen Beziehungen zu Kalifornien und zu den Nationen, deren Flaggen unsere Kolonien besuchen, sich ändern, andrerseits die Freiheit der Seefahrt um die Welt vernichtet wird, dann unsere Kolonien unvermeidlich bei dem einzigen Mittel der Verproviantierung über Ochotsk bleiben oder, was fast ganz gleich ist, überhaupt ohne Verproviantierung. Und so ist offenbar, daß das Wohlgedeihen der Kolonien und selbst der Kompanie durchaus verlangt, nicht nur die Kolonie Ros nicht zu vernichten, sondern im Gegenteil Maßregeln zu ihrer Verstärkung zu ergreifen bis zu dem Grade, in welchem ihre Landwirtschaft völlig die Verproviantierung aller anderen Kolonien sichern könnte. Doch dazu ist nötig, daß die Kolonie Gewißheit hätte von dem dauernden Besitz dieser Kolonie. Noch sehr unlängst hielt es die Regierung für nötig, daß das Recht der Herrschaft über die Aleutischen Inseln und das nordwestliche Ufer Amerikas, die die Kompanie 20 Jahre besaß, bestätigt würde durch besondere Konventionen mit Großbritannien und den nordamerikanischen Vereinigten Staaten. Um so größer erscheint die Notwendigkeit der Bestätigung des Kompanierechtes auf den Besitz der Kolonie Ros seitens der mexikanischen Regierung. Die freundschaftlichen Beziehungen unseres Hofes mit dem Madrider Kabinett boten vor einigen Jahren bequeme Gelegenheit, dieses Recht auf fester Grundlage festzustellen, doch die letzten Ereignisse in Südamerika änderten sein politisches Wesen und die neue Regierung von Mexiko scheint nicht sehr einverstanden, daß Rußland einen Platz besitzt so nahe an Kalifornien. Deshalb verlangt die Notwendigkeit, seitens Rußlands einen Kommissar zu senden, der durch eine besondere Konvention mit der dortigen Regierung auf immer das Recht feststellen würde, die Festung Ros zu besitzen. Diese Entsendung nach Mexiko würde die wohltätigsten Folgen für das Gedeihen der Kolonien haben, -denn die des Besitzes von Ros versicherte Kompanie könnte seine wirtschaftlichen Einrichtungen vermehren. Außerdem kann man dem Kommissar den Auftrag geben, der Russisch-Amerikanischen Kompanie das Recht zu
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erwirken, Biber an den Ufern Kaliforniens zu fangen, mit Abtretung eines Teiles an die Lokalbehörde. Außer den bedeutenden Summen, die die Kompanie aus diesem Geschäft empfängt, würden sich die Tiere, die sich in ihren Besitzungen befinden, dadurch vermehren, wenn sie in Ruhe gelassen werden. Auf diese Weise würde die Regierung, wenn sie das Recht auf Besitz der Kolonie Ros feststellt, dadurch der Kompanie die Möglichkeit geben, das erwünschte Ziel zu erreichen, d. h. völliger Sicherheit in der Verproviantierung nicht nur ihrer Kolonien, sondern auch Kamcatkas und Ochotsks, wohin das Korn um die Hälfte billiger als jetzt geliefert werden würde.
Nr. 5. Denkschrift; Der Zustand der Kompanie ums Jahr 1819. Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 632 ff. Der Nutzen und die Vorteile, die für das Vaterland aus den Gewerben und Industrien flössen, die seit 1 7 4 3 auf dem nordöstlichen Meere und dem nordwestlichen Teile Amerikas, anfangs von verschiedenen einzelnen Kaufmannskompanien, und dann allein von der Russisch-Amerikanischen Kompanie betrieben wurden, lenkten die Aufmerksamkeit der allreußischen Selbstherrscher auf sich. Katharina die Zweite belohnte einige einzelne Kompagnons für neue Entdeckungen mit Medaillen und anderen Vorrechten und befahl allgemein, allen Gewerbekompanieri keine Hindernisse in ihren Geschäften zu bereiten, sondern ihnen noch die Mittel zu zeigen. Den Bürgern Selechov und Golikov, den Gründern der erwähnten Russisch-Amerikanischen Kompanie, gab sie, außer der Verleihung von Degen und Medaillen, eine Urkunde, die erlaubte, die begonnenen Entdeckungen und Ansiedelungen fortzusetzen. Unter der Herrschaft Pauls des Ersten nahmen die genannte Kompanie und eine andere, die soeben in Irkutsk neugegründet war, die Vereinigung zu einer Masse vor und teilten das Kapital auf 7 2 3 Aktien, zu 1000 Rubel jährlich. Paul billigte die Vereinigung und befahl ihr, für ihre fernere Leitung nach dem Muster derartiger ausländischer Gesellschaften eine A k t e auszufertigen, die er seiner monarchischen Anerkennung würdigte. Nachdem er diese Kompanie unter seinen höchsten Schutz genommen hatte, verlieh er ihr 1 7 9 9 auf 20 Jahre ein Privileg, durch das er ihr, außer vielen Vorrechten, das Recht verlieh, allein Handel und Gewerbe auf den K u rilischen und Aleutischen Inseln und auf dem amerikanischen Fest-
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erwirken, Biber an den Ufern Kaliforniens zu fangen, mit Abtretung eines Teiles an die Lokalbehörde. Außer den bedeutenden Summen, die die Kompanie aus diesem Geschäft empfängt, würden sich die Tiere, die sich in ihren Besitzungen befinden, dadurch vermehren, wenn sie in Ruhe gelassen werden. Auf diese Weise würde die Regierung, wenn sie das Recht auf Besitz der Kolonie Ros feststellt, dadurch der Kompanie die Möglichkeit geben, das erwünschte Ziel zu erreichen, d. h. völliger Sicherheit in der Verproviantierung nicht nur ihrer Kolonien, sondern auch Kamcatkas und Ochotsks, wohin das Korn um die Hälfte billiger als jetzt geliefert werden würde.
Nr. 5. Denkschrift; Der Zustand der Kompanie ums Jahr 1819. Mordvinovarchiv Bd. VI, S. 632 ff. Der Nutzen und die Vorteile, die für das Vaterland aus den Gewerben und Industrien flössen, die seit 1 7 4 3 auf dem nordöstlichen Meere und dem nordwestlichen Teile Amerikas, anfangs von verschiedenen einzelnen Kaufmannskompanien, und dann allein von der Russisch-Amerikanischen Kompanie betrieben wurden, lenkten die Aufmerksamkeit der allreußischen Selbstherrscher auf sich. Katharina die Zweite belohnte einige einzelne Kompagnons für neue Entdeckungen mit Medaillen und anderen Vorrechten und befahl allgemein, allen Gewerbekompanieri keine Hindernisse in ihren Geschäften zu bereiten, sondern ihnen noch die Mittel zu zeigen. Den Bürgern Selechov und Golikov, den Gründern der erwähnten Russisch-Amerikanischen Kompanie, gab sie, außer der Verleihung von Degen und Medaillen, eine Urkunde, die erlaubte, die begonnenen Entdeckungen und Ansiedelungen fortzusetzen. Unter der Herrschaft Pauls des Ersten nahmen die genannte Kompanie und eine andere, die soeben in Irkutsk neugegründet war, die Vereinigung zu einer Masse vor und teilten das Kapital auf 7 2 3 Aktien, zu 1000 Rubel jährlich. Paul billigte die Vereinigung und befahl ihr, für ihre fernere Leitung nach dem Muster derartiger ausländischer Gesellschaften eine A k t e auszufertigen, die er seiner monarchischen Anerkennung würdigte. Nachdem er diese Kompanie unter seinen höchsten Schutz genommen hatte, verlieh er ihr 1 7 9 9 auf 20 Jahre ein Privileg, durch das er ihr, außer vielen Vorrechten, das Recht verlieh, allein Handel und Gewerbe auf den K u rilischen und Aleutischen Inseln und auf dem amerikanischen Fest-
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lande zu treiben und neue Entdeckungen und Erwerbungen von Ländern und Völkern zu machen, wenn diese nicht bis dahin von irgendwelchen europäischen Nationen erworben sind. Gleichzeitig damit verlieh er ihr auch Vorschriften zur Ergänzung ihrer Akte, indem er erlaubte, außer den erwähnten zusammengelegten Aktien noch diesen zum Verkauf iooo hinzuzufügen zur Vermehrung des Kapitals und alle russischen Untertanen sich beteiligen zu lassen. Außerdem verlieh er noch allergnädigst der Kompanie eine besondere höchste Urkunde. Den damals schon verstorbenen Bürger Selechov, der sich um ihre Gründung bemüht hatte, geruhte er in der Person seiner Nachkommen mit der Adelswürde zu belohnen. Der wohlbehalten jetzt regierende Monarch beglückte sie ebenfalls mit vielen Gnaden. Er geruhte, die Kompanie mit seinem höchsten Eintritt in ihre Aktionäre zu schmücken, um (wie in dem Reskript auf den Namen der Direktoren der Kompanie vom 25. März 1802 gesagt ist) mit diesem Beispiel das allgemeine Vertrauen zu dieser Gründung zu stärken und die Privatleute mit diesem neuen Zweige des vaterländischen Gewerbes näher bekannt zu machen, das in sich so eng die Privatvorteile mit den Vorteilen des Reiches vereinigt. Das ist der wahre väterliche Schutz des angebeteten Selbstherrschers. Nach diesem Beispiel beglückten die Kompanie auch die Kaiserin, der Kronprinz und der bedeutendste Adel und eine Menge berühmter Kaufleute und Leute verschiedenen Standes vermehrten ihr Aktionärkapital. Bei solchem Schutze erwarb die Kompanie, im Geiste der Milde und Mäßigkeit wirkend, dem Vaterlande Inseln und Länder, von denen man früher nicht einmal Nachricht hatte. Auf diesen hat sie 15 beständige Ansiedelungen, die Festungen, Redouten, Ansiedelungen und Schiffswerften in sich schließen, auf denen die Seefahrzeuge gebaut werden. Diese Ansiedelungen werden vor unerwarteten Uberfällen von einer Garnison aus russischen Gewerbetreibenden geschützt, von denen man an allen Orten bis 500 Mann findet, und durch Artillerie mit der genügenden Zahl von Geschützen. Die Kompanie verbreitete unter den dortigen Einwohnern die Kenntnis von der Macht Rußlands und außerdem machte sie ihm ungefähr 10000 Seelen beiderlei Geschlechts Untertan, die in völliger Freiheit und nach dem Willen Katharinas der Zweiten ohne die geringste Verpflichtung gegen irgend jemand, ebenso auch gegen die Kompanie leben. Sie treiben mit ihr Handel mit ihren Pelzgewerben und einige von ihnen dienen auch bei ihr gegen kontraktlichen Lohn. Sie flößte ihnen einen Begriff
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von der Heiligkeit der christlichen Religion und der wahren Sittlichkeit ein und rottete dadurch ihre vielen harten und widerlichen Sitten aus. Durch die geistliche Mönchsmission auf der Insel Kadiak, wo man eine Kirche hat, und den weltlichen Priester auf der Insel Baranov (Sitcha), wo ebenfalls eine zweite Kirche sich erhebt, sind zum christlichen Glauben bekehrt von den Bewohnern verschiedener Inseln ungefähr 10 000 Seelen beiderlei Geschlechts. Sie führte zur Aufklärung der Kreolenkinder männlichen Geschlechts Schulen ein, in denen außer Lesen und Schreiben Gotteslehre, Mathematik und Navigation gelehrt wird, und für Mädchen, meistens Waisen, errichtete sie ein wohltätiges Haus, in dem sie Handarbeit und Hauswirtschaft lernen. Diese beiden nützlichen Anstalten haben, außer dem Unterhalt auf Kompaniekosten, ein von ihr gestiftetes besonderes Kapital von 37 000 Rubel, das sich durch Prozente vermehrt, für ihre allmähliche Ausdehnung und Verbesserung. Um die Lernenden bequemer mit den Gegenständen, die Geist und Herz erheben und zieren, bekannt zu machen, hält man bei diesen Anstalten auch ein Museum, das eine auserlesene Bibliothek enthält, Estampen, Büsten, Landkarten und verschiedene physikalische und astronomische Instrumente. Einige von den ehemaligen Schülern wurden nach St. Petersburg für die höheren Wissenschaften geschickt. Einige von ihnen, die den Wechsel des Klimas aushielten, studierten Seefahrt und Schiffsbau und dienen jetzt in der Kompanie und bekommen ein Gehalt von 500—1200 Rubeln. Andere studieren noch im hiesigen Gymnasium auf Kosten der Kompanie und bereiten sich vor, in die Medizinisch-Chirurgische Akademie einzutreten. Die Kompanie vergaß auch nicht die Unterstützung derer, die in ihren Kolonien bleiben und aus Krankheit, verschiedenen Unglücken oder Alter ihren Unterhalt nicht erwerben können. Für sie ist ein besonderes Kapital gestiftet, das jetzt fast auf 20 000 Rubel gewachsen ist, doch indessen werden sie von der Kompanie unentgeltlich gepflegt. Sie unterhält auch in einigen Kolonien Krankenhäuser, indem sie aus Petersburg und über Ochotsk Medikamente sendet. Leider hat sie keine besonderen Ärzte, von denen nicht ein einziger der aufgeforderten sich entschloß, in solche Entfernung zu gehen, und deshalb wird' die Heilkünst von vorübergehend dort weilenden' (ßpeMeHHHMH) Ärzten ausgeübt, die mit Expeditionen um die Welt reisen, die inzwischen einigen von den russischen Gewerbsleuten die unwichtigen Krankheiten heilen lehren, soweit dies ärztliche Schüler tun können.
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Die Kompanie erwarb geographische und statistische Beschreibungen der Länder, die ihrer Verwaltung unterliegen. Sie erwarb von 1 7 9 7 — 1 8 1 8 von verschiedenen Pelzwaren für mehr als 1 6 Millionen Rubel, und fast alle diese führte sie nach Rußland aus für den inneren Gebrauch und zur Ergänzung unseres Handels mit den Chinesen in Kjachta und sie zahlte von diesem Gewinne bis zu 2^2 Millionen Rubel. Sonst würde der ganze Gewinn in die Hände der Ausländer gehen, die diese Waren zu uns bringen, oder ohne sie müßte man den Chinesen die bedeutenden Summen mit anderen Artikeln aufwiegen, die für den inneren Bedarf noch notwendiger wären. Folglich unterstützte sie die Handelsbilanz mit den Chinesen, außerdem daß sie die Einfuhr ausländischer, in Kjachta nötiger Waren zu uns verminderte. Die Kompanie führte auf einigen Inseln Getreidebau ein, welcher jedoch infolge der großen Zahl hoher und holzreicher Berge und daher sehr nassen Klimas, folglich immer kalten Erdbodens, sehr erfolglos ist, außer einer Ansiedelung unter dem 3 8 ° nördlicher Breite und 2 2 2 0 westlicher Länge vom Londoner Meridian, wo die Siedelung „ R o s " angelegt ist und bei der ersten Gelegenheit alle mögliche Landwirtschaft, die große Vorteile für die übrigen kornlosen Kolonien verspricht. Sie vermehrte das häusliche Vieh und Geflügel und unsere Kolonien leiden an ihnen keinen Mangel und ebenso wachsen viele Gartengemüse für die Tafel und um so mehr Kartoffeln in allen Gegenden im Überfluß. Die Kompanie bietet auch den Seeoffizieren ein gutes Mittel, sich in der höheren Praxis der Seefahrt zu bilden, indem sie sie auf ihren Schiffen auf die Reise um die Welt schickt und nach der Rückkehr sie der Flotte erfahrener wiedergibt. Ohne ihre Hilfe müßten sie sich bei den Engländern bilden, wie man dies früher tat. Die Kompanie erwarb von 1 7 9 7 — 1 8 1 8 mit Ausschluß aller Ausgaben, Schäden und Verluste, mehr als 6 Millionen Rubel reinen Gewinn, von denen mehr als drei, auf Wunsch der Aktionäre, zu dem Grundkapital hinzugeschlagen wurden, und ebensoviel ihnen von 1 8 0 2 — 1 8 1 8 ausgezahlt wurde oder je 480 Rubel 8 1 Kopeken auf jede Fünfhundertaktie und nach alledem hat sie 4 429 426 Rubel 35 Kopeken reinen Kapitals, das in 7 7 1 3 Aktien eingeschlossen ist, die auf 574 Rubel 28 Kopeken angewachsen sind von dem zur Verstärkung desselben jedesmal bei der Verteilung der Gewinne belassenen zehnten Teile und das ewig, solange die Kompanie bestehen kann, mehr als 600 Personen und Orten gehört, die sich im Russischen Reich befinden. Bei alledem hat die Kompanie weder in der Staatskasse, noch
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privatim eine Schuld auf sich und ist nicht zu Anleihen gezwungen» obgleich sie sich nicht nur in Rußland, sondern auch in fremden Gegenden freien Kredit erwarb. In Verlauf von 20 Jahren wurde nicht ein Wechsel von ihr protestiert. Zu der Zahl dieses Kapitals werden auch die kolonialen Gründungen nicht gerechnet wie: Festungen, Redouten, Ansiedelungen, Werften und alle ökonomischen Institute, die ihr seit der Zeit ihrer ersten Einrichtung mehr als 3 Millionen kosteten, doch jetzt auf mehr, als eine Million Rubel geschätzt werden und das Eigentum der Aktionäre sind. Die Kompanie leitet die Kolonialländer und die ihrer Verwaltung unterliegenden Menschen durch vier Kontore, in denen sie als Leiter Leute hat, die anerkannt sind im Benehmen und der Kunst, die Dinge zu leiten, und außer diesen den Hauptverwalter in der Person des Flottenkapitänleutnants H a g e m e i s t e r , unter dessen Leitung die Seeabteilung ein Flottenleutnant leitet mit der Charge eines Hafenkapitäns. In Rußland und in Sibirien hat sie ebenfalls Kontore und zwar in Moskau, Irkutsk, Kjachta, Jakutsk und Ochotsk und Agenturen in Kazän, Tjumen, Tomsk und KamCatka. Alle diese sind mit Instruktionen von der Hauptverwaltung der Kompanie versehen, die alle ihre Tätigkeiten leitet. Die Kompanie hatte mehr als 30 Seefahrzeuge, die in den Kolonien und Ochotsk gebaut waren und in England und bei den Nordamerikanern gekauft waren. Wegen Verlustes einiger und Baufälligkeit anderer hat sie jetzt nur 13, und noch ein Schiff bestimmte sie in England zu kaufen, um es mit der jetzigen Navigation um die Welt zu schicken, zusammen mit einem anderen Schiff „Rurik". Und so entsprach sie, ohne von den Vorteilen zu sprechen, die ihre Teilhaber empfangen, in vollem Maße der Meinung, die von ihr die hohen Monarchen, ihre Beschützer, hatten und haben, und ihren Schutz rechtfertigt sie durch ihre Wirksamkeit, die eng mit dem Nutzen des Vaterlandes verknüpft ist. Auf diese Weise wächst die Kompanie, die unter dem unmittelbaren Schutze der Monarchen steht und in der Teilhaber zu sein den russischen Untertanen aller Stände erlaubt ist, ununterbrochen in ihren Kräften und wird ohne Zweifel im Laufe der Zeit allmählich emporsteigen, um so mehr, als der Kreis "ihrer Tätigkeiten unablässig sich ausbreitet und als sie zur Erfüllung ihrer Unternehmungen jetzt zuverlässigere Mittel wählt. Noch kein Russe unternahm Handelsoperationen weiter als die Gebiete der Vereinigten Staaten. Die Kompanie tilgte diesen Schandfleck, ein Zeichen von
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Unentschlossenheit, und würde schon längst beständige Verbindungen mit Kanton, Chile, den Philippinischen Inseln, Japan und anderen entfernten, aber von Natur und Kunst reichen Ländern eingeführt haben, wenn man nicht großen Schwierigkeiten gerade in der Regierung dieser Länder begegnen würde. Das Mißtrauen dieser gegen jede Neuerung oder besondere Absichten setzen allen Anstrengungen der Kompanie ein Hindernis entgegen, das zu überwinden nur allein die Zeit, die Geduld oder die glücklichsten Umstände imstande sind. Und so ist die Unterstützung unserer hohen Regierung in jedem Falle für die Kompanie nötig und diese Unterstützung führt sie mit sicheren Schritten zur Erhöhung und die Erhöhung der Kompanie, nach dem Maß ihrer Kräfte, kann bedeutend mitwirken an der Wohlfahrt des Vaterlandes. In dieser Voraussetzung besteht die Notwendigkeit, bei der höchsten Regierung die Bewahrung der Russisch-Amerikanischen Kompanie zu erbitten in ihrem ganzen Umfang und in dem guten Zustande, in dem sie sich jetzt befindet. Wenn diese Voraussetzung angenommen werden wird, dann ist es sehr nützlich, auch für die Zukunft nicht nur die Rechte und Vorrechte zu verlängern, die ihr beim erstenmal nur auf 20 Jahre gegeben waren und deren Frist am 8. Juli des laufenden Jahres abläuft, sondern auch noch neu solche zu verleihen, wie sie sich nacl} der 20jährigen Erfahrung für sie unbedingt nötig erwiesen haben. Sie wurden in dem besonders von der Kompanieverwaltung dem Herrn Minister des Innern eingereichten Projekt dargestellt, zugleich mit der Aufzeichnung einer umständlichen Ubersicht aller oben erwähnten Tätigkeiten und Erfolge der Kompanie und zugleich damit wurde ein Projekt auch für die Vorschriften eingereicht, an Stelle der früher verliehenen, die, nach der Erfahrung der 20jährigen Zeit, in vielem verändert wurden und in vielem Hinzufügungen erfordern. In dem Projekt für die Privilegien wurden, außer jenen elf Punkten, die in den 1799 verliehenen dargelegt und bestätigt waren, jetzt acht neue Punkte zur Ergänzung vorgeschlagen: 12. Den K o l o n i a l h ä f e n e i n R e g l e m e n t nach Art dessen zu verleihen, wie es von dem Admiralitätskolleg für die baltischen Häfen ausgegeben ist, im Fall des Anlaufens ausländischer Schiffe, und was die Kapitäne dieser Schiffe verpflichtet seien zu erfüllen bezüglich ihrer Pässe, der Bewahrung des Pulvers am Lande an einem besonderen Platze, des Feuers u. a. Über dies ist schon früher dem Minister des Äußern ein Projekt eingereicht worden zur Erbittung der höchsten Bestätigung. 13. Die russischen Gewerbsleute, nach Ablauf der Frist für ihre
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7 jährigen Pässe, nicht nach Ochotsk zu senden, wie das die dortige Regierung fordert, um neue Pässe zu empfangen, sondern diese auf Verlangen der Kompanie ohne Schickung zu geben, aus dem Grunde, daß sie, die sich an verschiedenen Orten und in großer Entfernung befinden, nicht schnell gesammelt, doch anderswo bis zur Ankunft neuer Leute von ihren Plätzen nicht entfernt sein können. 1 4 . U m Leute mit Talenten und guter Führung zu ermuntern, in den Dienst der Kompanie und besonders in die entfernteren Gegenden einzutreten, alle bei ihr dienenden Kontorleiter, wie Buchhalter, Kassierer, ihre Gehilfen und Schiffssuperkargos, zu ihrer E r munterung zu jedem Guten, solange sie sich befinden werden, als im Staatsdienst zu betrachten, mit Tragung aller bürgerlichen Verpflichtungen und über die, die wichtige Dienste erwiesen haben, zu erlauben zur gebührenden Belohnung zu berichten; die aber Offiziersrang haben und die gesetzliche Zeit ausgedient haben, auf Grund der allgemeinen Vorschriften zu belohnen. 1 5 . Die von der Kompanie ausgegebenen Aktien als Staatskautionen zu ihrem halben Werte anzunehmen auf Grund der allerhöchst bestätigten Bestimmung des Ministerkomitees vom 19. September 1 8 1 4 . In dem Falle aber, wenn die Verpfänder einer Gewalteintreibung unterworfen würden, und wenn ihre Aktien von der Auktion nicht mit Nutzen für sie verkauft werden können, dann müßte die Kompanie in der verpfändeten Summe diese ankaufen. 1 6 . Die von der Kompanie errichteten Kontore und Agenturen nicht zu nötigen zu irgendeiner Zahlung in irgendeinem Falle, wenn man von ihnen nicht vorher Erklärungen erzielt hat und wenn diese Kontore und Agenturen in irgendwelchen Fällen nicht bevollmächtigt sind, dann alles von dieser Hauptkompanieverwaltung zu fordern. 1 7 . Wenn bei der Kompanie mit den Aktionären über gegenseitige Handelssachen Abrechnungen vorkommen, die so schwierig sind, daß sie schnell und in richtiger Weise nicht zu Ende geführt werden können, dann diese Abrechnungen zwischen der Hauptkompanieverwaltung und den Aktionären zu untersuchen und zu entscheiden vermittels einer allgemeinen Versammlung der stimmberechtigten Aktionäre und nach der Entscheidung dieser sollen beide Seiten nirgends bitten oder sich beklagen. 1 8 . Die aus Kronstadt in unsere Kolonien um die Welt gesandten russischen und ausländischen Waren, wenn von letzteren die Zölle schon genommen sind, zu gestatten zu laden, gleichwie auch die ebendorthin aus den Kolonien kommenden Pelzwaren auszuladen
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ohne die geringste Verzögerung, nachdem man der Zollbehörde nur Nachricht und Besichtigung gegeben hat, und ohne Einforderung von Zöllen, auf Grund des Seezollreglements, sintemalen die einen und die anderen von einem russischen Hafen in einen anderen ebensolchen geschickt werden. 19. Zur freien und sicheren Wirksamkeit alle Häuser der Kompanie, in denen sich Faktoreien befinden, von der Einquartierung zu befreien, und danach opfert die Kompanie auf jedes Jahr neuer Privilegien je 3000 Rubel zum Bau von steinernen Soldatenkasernen in Irkutsk, wie auch bis jetzt schon von der Kompanie Steinkasernen in Irkutsk gebaut sind zur Unterbringung eines Bataillons, die 70 000 Rubel kosten. Doch zum Schluß ist beigefügt ein Auszug aus der Allerhöchst der Kompanie verliehenen Urkunde und dem namentlichen Ukaz, in dessen Begleitung die früheren Privilegien in den Senat geschickt wurden, daß alle Militär- und Zivilbeamten und Behörden nicht die Kompanie hindern, diese Privilegien zu genießen, sondern sie noch warnen vor Verlusten und Schäden und Schutz erwiesen und im Falle der Not waren Hilfsmittel geschaffen durch Land- und Seestreitkräfte auf ihre Kosten.
Nr. 6. Zahl der unter direkter russischer Regierung stehenden Eingeborenen zu Anfang des Jahres 1818. Nach: Werke J. V. Golovnins, Band III, Teil 1, Anlage 5. Zahl der Eingeborenen jeden Alters
auf der Insel Kadiak Kadiakische Eingeborene i. d. Festung Novo-Archangelsk auf der Halbinsel Alaska an den Ufern des Kenajckij -Meerbusens an den Ufern des Cugackij-Meerbusens Ungaletzker am Kupferflusse in der Alexandrovskij sehen Festung auf den Fuchsinseln Eingeborene der Fuchsinseln auf d. Inseln Paul u. Georg Eingeborene der Fuchsinseln in Novo-Archangelsk . . Kadiaker in der Festung R06 . . . . . , , . , . . . Im ganzen
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ohne die geringste Verzögerung, nachdem man der Zollbehörde nur Nachricht und Besichtigung gegeben hat, und ohne Einforderung von Zöllen, auf Grund des Seezollreglements, sintemalen die einen und die anderen von einem russischen Hafen in einen anderen ebensolchen geschickt werden. 19. Zur freien und sicheren Wirksamkeit alle Häuser der Kompanie, in denen sich Faktoreien befinden, von der Einquartierung zu befreien, und danach opfert die Kompanie auf jedes Jahr neuer Privilegien je 3000 Rubel zum Bau von steinernen Soldatenkasernen in Irkutsk, wie auch bis jetzt schon von der Kompanie Steinkasernen in Irkutsk gebaut sind zur Unterbringung eines Bataillons, die 70 000 Rubel kosten. Doch zum Schluß ist beigefügt ein Auszug aus der Allerhöchst der Kompanie verliehenen Urkunde und dem namentlichen Ukaz, in dessen Begleitung die früheren Privilegien in den Senat geschickt wurden, daß alle Militär- und Zivilbeamten und Behörden nicht die Kompanie hindern, diese Privilegien zu genießen, sondern sie noch warnen vor Verlusten und Schäden und Schutz erwiesen und im Falle der Not waren Hilfsmittel geschaffen durch Land- und Seestreitkräfte auf ihre Kosten.
Nr. 6. Zahl der unter direkter russischer Regierung stehenden Eingeborenen zu Anfang des Jahres 1818. Nach: Werke J. V. Golovnins, Band III, Teil 1, Anlage 5. Zahl der Eingeborenen jeden Alters
auf der Insel Kadiak Kadiakische Eingeborene i. d. Festung Novo-Archangelsk auf der Halbinsel Alaska an den Ufern des Kenajckij -Meerbusens an den Ufern des Cugackij-Meerbusens Ungaletzker am Kupferflusse in der Alexandrovskij sehen Festung auf den Fuchsinseln Eingeborene der Fuchsinseln auf d. Inseln Paul u. Georg Eingeborene der Fuchsinseln in Novo-Archangelsk . . Kadiaker in der Festung R06 . . . . . , , . , . . . Im ganzen
fflännl.
weibL
zus.
I484
1769
3253
142 402
35 467 748 188 66
723 172 51 294
273
463 188
559 191
42
26
177
869
1471 360
117 567 86 1022 379 68 78
8447
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Privileg der Russisch-Amerikanischen Kompanie. Nr. 7.
Zahl der Russen und Kreolen in den Kolonien zu Anfang des Jahres 1818. Nach: Werke J. V. Golovnins, Band III, Teil i, Anlage 5. Russen jeden Alters männl. weibl.
In Novo-Archangelsk In Kadiak und den umliegenden Inseln . . . . Auf der Insel Ukamok In der Ansiedelung Katmajsk In der Ansiedelung Suöomsk In der Ansiedelung Voskresensk In der Ansiedelung Nikolaevsk In der Ansiedelung Konstantinovsk In der Ansiedelung Alexandrovsk In Roä Im ganzen
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Kreolen jeden Alters männl. weibl.
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Nr. 8. Privileg der Kompanie vom Jahre 1821. Im Ukaz vom 13. September 1821 sagt Kaiser Alexander I.: „Die unter Unserem Schutze stehende Russisch-Amerikanische Kompanie, die die ihr 1799 Allergnädigst verliehenen Privilegien genießt, rechtfertigte in vollem Maße Unsere Erwartung, indem sie die erfolgreiche Seefahrt ausdehnte, den nützlichen Handel des Reiches ausbreitete und bedeutende Vorteile den unmittelbar an ihr Beteiligten brachte. In Erwägung dessen wünschen Wir ihre Existenz zu verlängern und dauernd zu machen, und erneuern die ihr verliehenen Privilegien, mit den nötigen Ergänzungen und Veränderungen, von jetzt an auf 20 Jahre und bestätigen die für sie neu verfaßten Vorschriften . . Privileg der Russisch-Amerikanischen Kompanie. § 1. Die für die Gewerbe auf dem Festlande Nordwest-Amerikas, auf den Aleutischen und Kurilischen Inseln errichtete Kompanie soll wie früher unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät stehen.
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Privileg der Russisch-Amerikanischen Kompanie. Nr. 7.
Zahl der Russen und Kreolen in den Kolonien zu Anfang des Jahres 1818. Nach: Werke J. V. Golovnins, Band III, Teil i, Anlage 5. Russen jeden Alters männl. weibl.
In Novo-Archangelsk In Kadiak und den umliegenden Inseln . . . . Auf der Insel Ukamok In der Ansiedelung Katmajsk In der Ansiedelung Suöomsk In der Ansiedelung Voskresensk In der Ansiedelung Nikolaevsk In der Ansiedelung Konstantinovsk In der Ansiedelung Alexandrovsk In Roä Im ganzen
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Nr. 8. Privileg der Kompanie vom Jahre 1821. Im Ukaz vom 13. September 1821 sagt Kaiser Alexander I.: „Die unter Unserem Schutze stehende Russisch-Amerikanische Kompanie, die die ihr 1799 Allergnädigst verliehenen Privilegien genießt, rechtfertigte in vollem Maße Unsere Erwartung, indem sie die erfolgreiche Seefahrt ausdehnte, den nützlichen Handel des Reiches ausbreitete und bedeutende Vorteile den unmittelbar an ihr Beteiligten brachte. In Erwägung dessen wünschen Wir ihre Existenz zu verlängern und dauernd zu machen, und erneuern die ihr verliehenen Privilegien, mit den nötigen Ergänzungen und Veränderungen, von jetzt an auf 20 Jahre und bestätigen die für sie neu verfaßten Vorschriften . . Privileg der Russisch-Amerikanischen Kompanie. § 1. Die für die Gewerbe auf dem Festlande Nordwest-Amerikas, auf den Aleutischen und Kurilischen Inseln errichtete Kompanie soll wie früher unter dem Allerhöchsten Schutze Seiner Kaiserlichen Majestät stehen.
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§ 2Auf den seit alten Zeiten Rußland gehörigen Küsten NordwestAmerikas, vom Nordkap der Insel Vancouver unter 5 1 0 nördlicher Breite bis zur Beringstraße und weiter, ebenso auf allen Inseln, sowohl den zu dieser Küste gehörenden wie auch auf den übrigen, die zwischen diesen und der Ostküste Sibiriens liegen, und ebenso auch auf allen Kurilischen Inseln, wo die Kompanie Gewerbe hatte bis zum Südkap der Insel Urup unter 4 5 0 50', soll sie von aller J a g d und allem Fischfang Nutzen ziehen, unter Ausschluß aller übrigen russischen und fremden Untertanen. § 3Sie soll alles genießen, was bis jetzt in diesen Gegenden von ihr auf der Oberfläche wie im Innern der Erde entdeckt worden ist und in Zukunft entdeckt werden wird, ohne irgendwelchen Anspruch von Seiten anderer. § 4Sie soll neue Entdeckungen außerhalb der oben bezeichneten Grenzen machen und wenn diese neuentdeckten Orte von keinen anderen europäischen Nationen oder von Untertanen der Vereinigten Staaten von Amerika besetzt worden waren oder in ihre A b hängigkeit getreten sind, darf die Kompanie sie für Rußland in Besitz nehmen; doch soll sie auf ihnen beständige Ansiedelungen nur mit Allerhöchster Erlaubnis anlegen. § 5E s wird der Kompanie für die Zukunft erlaubt, nach Bedarf und ihrem besten Ermessen, wo sie es innerhalb der im § 2 bezeichneten Grenzen für nötig hält, neue Ansiedelungen und Festungen zu errichten zum sicheren Wohnen und die früher errichteten auszudehnen und zu verbessern, indem sie in dieses Land Schiffe mit Waren und Arbeitern ohne die geringste Behinderung sendet. §6. Um besser dafür zu sorgen, daß die Kompanie allein die ihr verliehenen ausschließlichen Rechte genießt, und um von ihrem Genüsse in Zukunft Schaden von seiten russischer Untertanen oder Ausländer fernzuhalten, sind jetzt Vorschriften erlassen, wie man mit denen verfahren soll, die freiwillig oder 'durch unglückliche Zufälle gezwungen das Verbot verletzt haben, sich den im § 2 dieser Privilegien bezeichneten Orten zu nähern.
Privileg der Russisch-Amerikanischen
Kompanie.
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Deshalb sollen diese Vorschriften streng beobachtet werden, sowohl von seiten der Kompanie wie von den Behörden, die sie angehen. § 7Sie soll Schiffahrt zu allen herumwohnenden Völkern treiben und mit ihnen handeln, wenn ihre Regierungen damit einverstanden sind, außer mit dem chinesischen Reiche, an dessen Küsten die Schiffe der Kompanie durchaus nicht landen sollen. Ebenso soll man darauf achten, daß ihre Schiffe auch mit anderen Völkern weder Handels- noch sonstige Beziehungen haben, die von ihren Regierungen nicht erlaubt sind. § 8. Alle Behörden sollen die Hauptverwaltung der Russisch-Amerikanischen Kompanie als Leiterin der Kompanieangelegenheiten anerkennen und alle vorkommenden Gerichtsforderungen über Dinge, die sie betreffen, soll man nicht gegen einen der Teilhaber persönlich geltend machen, sondern allein gegen die Verwaltung. § 9Da der Verwaltung der Kompanie so weite Landgebiete mit einer bedeutenden Einwohnerzahl anvertraut sind und um ihr noch mehr die Möglichkeit zu geben, der Regierungsaufgabe zu genügen, und um die Angestellten der Kompanie in den inneren und überseeischen Faktoreien und Kommissionsgeschäften, wie Leiter, Buchhalter, Kassierer, Gehilfen derselben, Superkargos, Schiffskommandanten und andere zu ermuntern, werden ihnen folgende Vorrechte verliehen: 1. Die Hauptverwaltung soll bei der Ernennung zu diesen Posten, wenn es sich um einen Beamten des Kriegs- oder Zivildepartements handelt, die Vorrechte genießen, die durch Ukaz vom 21. März 1810 für die Ernennungen zu den Ämtern des sibirischen Gouvernements festgesetzt sind. 2. Die Beamten, die kraft des Ukazes vom 9. April 1802 für eine bestimmte Zeit im Dienste der Kompanie verwandt werden, soll man in Hinsicht auf alle Belohnungen, wie im wirklichen Dienste ansehen, außer den Rangstufen, in die sie nach Alter und Würde von ihrem wirklichen Kommando ernannt werden sollen; ebenso verbleibt ihnen das halbe Gehalt und die Burschen auf Grund desselben Ukazes. 3. Verabschiedete Beamte behalten bei der Ernennung in die Ämter ihre Rangstufen nach der allgemeinen Verordnung und
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werden als im wirklichen Dienste betrachtet. Dieses Recht wird auch auf die ausgedehnt, die nach der Allerhöchsten Bestätigung der Privilegien im Jahre 1799 von der Kompanie für verschiedene Ämter verwendet wurden. Die Personen aus den Ständen, die das Recht haben, in den Dienst einzutreten, die überhaupt noch nicht gedient haben und keine Würden haben, empfangen zwei Jahre nach ihrer Ernennung in den Dienst der Kompanie die Würde des Kollegienregistrators auf Vorstellung der Hauptverwaltung und rücken in die folgenden Rangstufen nach dem Dienstalter auf Grund der allgemeinen Vorschriften auf; bei der Entlassung aber behalten sie ihre Würde nur dann, wenn sie sich in ihr. fünf Jahre befanden und ihre Fähigkeit und Würdigkeit von der Verwaltung bescheinigt wird. 4. Die Angestellten der Kompanie, die zu Ständen gehören, die nicht das Recht haben, in den Staatsdienst einzutreten, werden bis zu ihrem Ausschluß aus diesen Ständen nicht denen gleich gehalten, von denen im 3. Punkte die Rede war. Doch wenn sie sich in den Ämtern der Kontorleiter befinden, sollen sie während ihrer ganzen Amtsführung die Vorrechte der 9. Rangklasse, d. h. des Titularrats, genießen; der Hauptverwaltung wird das Recht gegeben, bei den Buchhaltern, Kassierern, deren Gehilfen, Superkargen und anderen nach Fähigkeit und Würdigkeit zu bestimmen, zu welcher Rangklasse von der 14. bis 9. sie gerechnet werden sollen; doch alle diese Angestellten behalten bei ihrer Entlassung aus Amt und Dienst nur dann die Vorrechte der Klassen, zu denen sie gerechnet wurden, wenn sie aus diesen Ständen austreten und alle von den allgemeinen Gesetzesvorschriften dafür vorgeschriebenen Verpflichtungen erfüllen, wenn sie der Kompanie nicht weniger als 12 Jahre gedient haben und bei ihrer Entlassung ihre Würdigkeit und Fähigkeit bestätigt wird. § 10. Auf Grund der Ukaze des Dirigierenden Senates vom 16. Feruar 1801, vom 6. April 1805 und vom 20. März 1808 soll man in den Dienst der Kompanie in allen Gouvernements des Russischen Reiches für die Seefahrt, Jagd und Ansiedelungen freie und unverdächtige Leute jeden Standes nehmen, die die gewöhnlichen Pässe haben, und die Gouvernementsregierungen sollen anordnen, daß allen solchen gemieteten Leuten Pässe je nach Wunsch der Kompanie von einem bis sieben Jahren gegeben werden, und für alle soll sie gebührenden Ortes die Abgaben und Steuern bezahlen.
Privileg der Russisch-Amerikanischen Kompanie.
§
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II.
Wenn die Angestellten der Kompanie nach Ablauf der mit ihnen verabredeten Frist nach Amerika in den Dienst der Kompanie zurückzukehren wünschen oder wenn sie ihr nach der Abrechnung noch schuldig sind, dann ist die Kompanie zu ihrer Rücksendung nach Rußland nicht genötigt, und es sollen ihr auf ihre Bitte neue Pässe gegeben werden. Dabei soll aber darauf geachtet werden, daß bei dieser Forderung eine schriftliche Bescheinigung der eigenen Zustimmung dieser Angestellten vorgelegt wird, daß sie aus einem der oben erwähnten Gründe in jenen Gegenden bleiben wollen, die eigenhändig von ihnen unterzeichnet ist, oder wenn sie nicht schreiben können von irgend jemand anders auf ihre Bitten und bestätigt von zwei Zeugen. § 12.
Alle Angestellten der Kompanie sind verpflichtet, genau die Forderungen und Befehle ihrer Vorgesetzten zu erfüllen und für alle Nachlässigkeiten und Verluste der Kompanie zu haften. Die Behörden verpflichten jeden von diesen, Rechenschaft zu geben und auf Forderung der Hauptverwaltung der Kompanie unterwerfen sie diese sofort der gesetzlichen Beitreibung entsprechend der. Entscheidung nur dieser Hauptverwaltung. Doch bei Erfüllung dieser Bestimmung wird es keinem von ihnen benommen, seine Klage vor den Dirigierenden Senat zu bringen, doch nicht später als sechs Monate nach der Veröffentlichung der erwähnten Entscheidung. § 13. Allen Behörden und Stadtverwaltungen wird verboten, die Kontore und Kommissionsgeschäfte der Kompanie aus irgendeinem Anlaß zu irgendeiner Bezahlung zu zwingen, ohne vorher von ihnen die gebührenden Erklärungen erzielt zu haben, oder wenn diese Kontore und Kommissionsgeschäfte zu solchen Bezahlungen von der Hauptverwaltung der Kompanie nicht bevollmächtigt sind, an die in diesen Fällen alle solche Forderungen gerichtet werden sollen. § 14-
Wenn ein Teilhaber der Kompanie Schuldner des Staates oder von Privatpersonen werden sollte und aus seiner andern Habe, außer der, die er in der Kompanie hat, nicht bezahlen kann, dann soll das Kapital des Schuldners in der Kompanie auf Grund der ihr verliehenen Privilegien bleiben, aber nach Maßgabe der Schuld ganz oder zum Teil Eigentum des Staates oder des Gläubigers werden P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handels-Kompanie.
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mit allen Gewinnen, die zu dieser Zeit noch nicht ausgezahlt waren, und dann schreibt die Kompanie dementsprechend dieses Kapital auf Mitteilung der Regierung oder auf Anweisung des Gerichtshofes, der den geschuldeten Anteil enteignet, zugunsten des Staates oder der Gläubiger um. § 15. Die von der Kompanie ausgegebenen Aktien sollen entsprechend der Anordnung des Ministerkomitees vom 19. September 1814 als Staatspfand zu ihrem halben Werte angenommen werden. Wenn die, von denen die Aktien genommen waren, einer Zwangsbeitreibung unterworfen wurden, und der, dem sie gehören, sie nicht auskaufen könnte, indem er die Summe bezahlt, für die seine Aktien als Pfand dienen, dann sollen sie öffentlich verkauft werden. Sollte sich nach dem Verkauf der Aktien nach Bezahlung der Summe, für die sie als Pfand dienten, ein Überschuß ergeben, soll er ihrem Besitzer ausgezahlt werden; wenn aber im Gegenteil bei letzterem Verkauf weniger als der geschuldete Preis gezahlt wird, dann kann die Staatskasse die Aktien für sich behalten, wenn sie dabei ihren Vorteil findet, oder die Kompanie bezahlt der Staatskasse sofort die S.umme, für die die Aktien verpfändet waren, und erhält sie als ihr Eigentum. § 16. Wenn sich zwischen der Kompanie und ihren Aktionären nach ihren gegenseitigen Handelsgeschäften so schwierige Abrechnungen ergeben, daß diese nicht schnell und richtig zu Ende geführt werden können, dann sollen alle diese Abrechnungen zwischen der Hauptverwaltung der Kompanie und ihren Aktionären untersucht und entschieden werden durch Vermittlung einer Generalversammlung der stimmberechtigten Aktionäre in Gegenwart des betreffenden Aktionärs. Diese Entscheidung wird sofort zur Ausführung gebracht, doch wenn der Aktionär sich benachteiligt fühlt, dann kann .er beim Dirigierenden Senat Berufung einlegen, aber nicht später als sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung der Aktionäre. § 17Allergnädigst wird der Russisch-Amerikanischen Kompanie erlaubt, die von ihr aus Kronstadt um die Welt und aus Ochotsk in unsere Kolonien gesandten Schiffe mit russischen Produkten und ausländischen, von denen vorher die Zölle bezahlt sind, ohne weiteres zu beladen, ebenso wie auch die aus diesen Kolonien zurück-
Privileg der Russisch-Amerikanischen
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Kompanie.
kehrenden mit Ladungen dortiger Erzeugnisse, Pelzwaren und anderer Produkte zu entladen, nachdem sie nur in Kronstadt durch die Hauptverwaltung und in Ochotsk durch den Kommissionär den dortigen Regierungen Mitteilung macht von den einen oder anderen Ladungen. Und da die einen und die anderen aus einem russischen Hafen in einen andern ebensolchen gesandt werden, soll man von ihnen keinen Zoll nehmen, wenn nicht durch allgemeine Gesetzesvorschrift auf die Pelzwaren ein besonderer innerer Zoll gelegt ist. § 18. Obwohl durch Allerhöchsten Ukaz es überall verboten ist, Staatswälder zu fällen ohne Erlaubnis der Waldverwaltung, so soll doch in Ansehung der Entfernung des Ochotskischen Gebiets, wo diese Kompanie es zur Reparatur und Ausbesserung und bisweilen auch zum Bau neuer Schiffe bedarf, sie in diesem Gebiete das nötige Holz unbehindert an den für sie bequemen Orten nehmen, indem sie jedoch sofort die dortige Holzverwaltung benachrichtigt von dem zum Fällen gewählten Ort und der Menge und Art des gehauenen Holzes. § 19Zum Schießen der Tiere, für Seesignale und alle unerwarteten Fälle auf dem Festland Amerikas und auf den Inseln sollen ihr für den Fall, daß ihre Seeverbindungen mit den Kolonien von hier aus abgeschnitten wären, gegen Barzahlung nach dem wahren Werte jährlich aus dem Irkutskischen Staatsartilleriezeughaus 40—80 Pud Pulver und aus den Neröinskischen Fabriken 200 Pud Blei gegeben werden. § 20. Zur freien und sicheren Tätigkeit der Kompanie in ihren Geschäften werden alle ihre Häuser, in denen sich ihre Faktoreien befinden, von Einquartierung befreit. Am Schlüsse dieser der Russisch-Amerikanischen Kompanie verliehenen Privilegien wird allen Zivil- und Militärbehörden und -Verwaltungen zur Pflicht gemacht, sie nicht nur nicht zu hindern, diese ihr verliehenen Privilegien zu genießen, sondern auch im Notfalle sie vor allen Verlusten und Schäden, die sie treffen könnten, zu warnen und ihrer Hauptverwaltung und den ihr untergeordneten Kontoren und Kommissionsgeschäften jede Hilfe, Unterstützung und Schutz zu gewähren. 10*
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Nr. 9. A u s den Vorschriften für die Kompanie vom 13. September 1821.
Aus den „Vorschriften für die Russisch-Amerikanische Kompanie" vom 13. September 1821 seien hier die Paragraphen wiedergegeben, die sich mit dem Rate der Kompanie beschäftigen. § 12. Der Rat, ebenso wie die Hauptverwaltung, handelt im Auftrage der Generalversammlung, die aus den wirklichen stimmberechtigten Aktionären besteht. § 13Der Rat besteht aus drei Gliedern, die von der Generalversammlung der Aktionäre aus ihrer Zahl gewählt werden. § 14. Die Generalversammlung wählt die Mitglieder aus den Kandidaten durch Stimmabgabe. § 15Eines der Mitglieder des Rates kann jährlich nach seinem Wunsche oder durch einen unvorhergesehenen Zufall ausscheiden, und an seine Stelle wählt man ein anderes. § 16. Doch kann das ausscheidende Mitglied für die Zukunft wiedergewählt werden, weshalb man seinen Namen auf die Liste der zu wählenden Mitglieder setzen soll. § 17Alle wichtigen Angelegenheiten oder die als politisch Geheimhaltung verlangen, die mit der Ausdehnung des Handels, der Seefahrt und verschiedener Unternehmungen der Kompanie unzertrennlich sind und deren Lösung den Direktoren Schwierigkeiten machen kann oder über ihre Macht geht, werden der besonderen Aufmerksamkeit und Fürsorge des Rates zusammen mit der Hauptverwaltung anvertraut. § 18. Infolgedessen werden die wichtigen politischen und Handelsangelegenheiten oder die von ihnen, die Geheimhaltung erfordern,
Aus den Vorschriften für die Kompanie vom 13. Sept. 1821.
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auf Vorschlag der Direktoren in gemeinsamer Sitzung des Rates und der Hauptverwaltung behandelt und entschieden. § 19Den Mitgliedern des Rates wird ans Herz gelegt, das Geheimnis heilig und unverbrüchlich zu bewahren. § 20. In den Sitzungen des Rates haben die Direktoren der Hauptverwaltung gleiches Stimmrecht mit seinen Mitgliedern. § 21. Jeder Beschluß in der vereinigten Sitzung des Rates und der Hauptverwaltung soll einstimmig gefaßt werden. § 22. Der R a t hat die gleiche Wirksamkeit und K r a f t , wenn auch nicht alle drei Mitglieder in der gemeinsamen Sitzung mit der Hauptververwaltung sind; doch auch einer kann zusammen mit der Hauptverwaltung die Sachen entscheiden, wenn die übrigen abwesend sind. § 23. I m Falle der Uneinigkeit bestimmt die Hauptversammlung der Aktionäre durch Stimmabgabe eine Vertrauensperson aus ihren Mitgliedern, die der Seite oder der Person, der sie beitritt, das Übergewicht gibt. Diese Vertrauensperson ist verpflichtet die im § 1 9 festgesetzte Vorschrift zu beachten — , die Mitglieder des Rates und die Direktoren nehmen an dieser Wahl keinen Anteil. Ü b e r die V e r p f l i c h t u n g e n der
Kompanie
II. gegen die russischen Untertanen, die die Länder bewohnen, die der Verwaltung der Kompanie anvertraut sind. § 37Außer den der Kompanie durch diese Verordnungen auferlegten Verpflichtungen, hat sie darauf zu sehen, daß sich in den Kolonien immer eine genügende Zahl Geistlicher und Kirchendiener befindet, daß Gotteshäuser oder zum Gottesdienst geeignete Räume überall errichtet werden, wo es eine genügende Zahl von Einwohnern gibt, und daß sie in gehöriger Ordnung erhalten werden; daß die Priester alles zum anständigen Leben Nötige erhalten und daß ihnen von Seiten der Ortsbehörden jede Hilfe bei der Erfüllung ihrer Pflichten
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geleistet wird; damit alle Diener der Kompanie das von ihnen durch das göttliche Gesetz Geforderte erfüllen können und bei ihren Pflichten die Hilfe und Stärkung erfahren, die sie von den Dienern der Kirche erwarten können. §38. Die Kompanie ist verpflichtet, streng darauf zu sehen, daß die Leiter der Kontore genau alle Vorschriften erfüllen, nach denen die Leute verschiedenen Berufes in den Dienst der Kompanie genommen werden. Wenn die Hauptverwaltung es mit der Zeit nötig finden wird, irgendwelche Veränderungen der jetzt hierüber bestehenden Verordnungen vorzunehmen, dann soll sie dies vorher dem Finanzminister vorlegen, der nach der Wichtigkeit der Veränderungen entweder selbst über sie entscheidet oder sie dem Monarchen zur Entscheidung vorlegt. § 39Die Kompanie ist ebenfalls verpflichtet, alle möglichen Maßregeln zu ergreifen, um für ihre Angestellten die nötigen Wohnstätten an Orten zu errichten, die im Sommer und im Winter gesund und geeignet sind; sie wird auch für die Vermeidung jedes Mangels an der dem dortigen Klima angepaßten Speise und Kleidung sorgen, und schließlich wird die Kompanie im Falle der Krankheit ihrer Angestellten auf die Lieferung der nötigen Hilfe an Arznei und geschickten Ärzten besondere Sorgfalt verwenden, um diese möglichst in ihren Kolonien zu haben. § 40. Wenn sich unter den russischen Untertanen im Dienste der Kompanie in den Kolonien oder anderen entfernten Orten Leute finden, die mit Russinnen vermählt sind, dann soll die Kompanie nach E m p fang jährlicher Berichte gebührenden Ortes über die Zahl der von ihnen geborenen Kinder, die zu dem Stande ihrer Väter gehören sollen, Bericht erstatten und ebenso über die, die vor der Abreise aus den Kolonien sterben; die am Leben bleibenden ehelichen Kinder sollen unbehindert zusammen mit ihren Eltern nach Rußland zurückkehren. § 4iDie Kreolen, die nach der letzten Nachricht 180 Seelen männlichen und 120 Seelen weiblichen Geschlechtes betrugen, und alle, die in Zukunft geboren werden, sollen in Listen der Hauptkolonie eingeschrieben werden und von nun an einen besonderen Stand nach den folgenden Vorschriften bilden:
Aus den Vorschriften für die Kompanie vom 1 3 . Sept. 1 8 2 1 .
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a) Die Kreolen sind russische Untertanen; in dieser Eigenschaft haben sie überall ein Recht auf den gesetzlichen Schutz der Regierung wie alle anderen Untertanen, die zum Bürgerstande gehören, wenn sie nicht durch Verdienst oder einen besonderen Grund die Rechte erworben haben, die anderen Ständen verliehen sind. b) Solange die Kreolen in den Kolonien sind, werden sie mit keiner Staatsabgabe oder Steuer belegt werden bis zu einer neuen Verordnung über diesen Gegenstand. c) Zum Schutze ihrer Rechte schärft die Kompanie dem Hauptverwalter der Kolonien als einem Beamten des Staatsdienstes ein, daß er mit den ihm untergeordneten Kontoren und ihren Leitern eine wachsame Aufsicht und Fürsorge sowohl für sie selbst als auch für ihr Besitztum habe. d) Die Kreolen, die in den Dienst der Kompanie getreten sind und sich durch ihren Eifer und ihre Fähigkeiten auszeichnen, können nach Entscheidung der Regierung die Vorrechte genießen, die den übrigen russischen Untertanen aus dem Bürgerstande verliehen sind, die in den Dienst der Kompanie traten. e) Die Kreolen, die auf Kosten der Kompanie in Rußland in den hohen Wissenschaften oder den freien Künsten unterrichtet worden sind und bei der Entlassung aus den hohen Schulen die Würde der Studenten oder Ärzte mit allen Rechten der Universitäten und Akademien erhielten, sollen sich später nicht weigern, mindestens 1 0 Jahre in den Kolonien für die Behandlung der in ihren lebenden Menschen zu bleiben, wobei sie ein anständiges Gehalt und Unterhalt von der Kompanie empfangen. — Nach Ablauf dieser Zeit haben sie das Recht, wenn sie wollen, in den Kolonien zu bleiben und sich an anderen Orten ihrem Beruf entsprechend zu beschäftigen. Die
Insulaner.
§ 43Diese Völker werden von der Regierung allen anderen Untertanen gleich gehalten. Sie bilden einen besonderen Stand, solange sie in den Kolonien leben und nicht durch besondere Verdienste oder andere Gründe in einen anderen Stand übergehen. § 44In dieser Eigenschaft des russischen Untertanen unterliegen sie dem Gehorsam gegen die allgemeinen Staatsgesetze und genießen ihren Schutz.
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Anlagen.
§ 45In Erwägung ihres noch ungeordneten Zustandes fordert die Regierung weder eine Abgabe noch Tribut noch irgendwelche Steuern von ihnen. Der Kompanie wird ebenfalls verboten, solche von ihnen zu nehmen, außer der im § 5 1 bezeichneten Verpflichtung. § 46. Die Kompanie soll sich ständig über den augenblicklichen Zustand der Häuser der Inselbewohner orientiert halten und über die Bevölkerung beiderlei Geschlechts Rechnung führen, über A n wachsen und Abnahme, über die getauften und die neu getauft werdenden, und der Regierung darüber berichten. § 47Die Insulaner werden von* ihren eingeborenen Tojonen regiert unter der Aufsicht von Ältesten, die von der Kompanie aus ihren besten russischen Angestellten bestimmt werden. § 48. Diese Ältesten zusammen mit den Tojonen sind verpflichtet, F ü r sorge und Aufsicht über die ihnen anvertrauten Insulaner zu haben; ihre Streitigkeiten und Unzufriedenheiten untereinander zu schlichten und ihnen im Notfall zu helfen. §49Die Kompanie ist verpflichtet, den Insulanern die für ihre verschiedenen Bedürfnisse nötige Menge Landes zu überlassen dort, wo sie angesiedelt sind oder sich in Zukunft angesiedelt haben werden, indem sie sich bemüht, sie mit den Vorteilen des sozialen Lebens bekannt zu machen und ihnen die Mittel zu bieten, sie zu genießen. § 50. Alles von dem Eingeborenen durch Arbeit, Erbschaft, Kauf oder Tausch Erworbene bildet sein unantastbares Eigentum, und jeder, der es ihm zu nehmen oder ihn persönlich zu beleidigen versucht, soll mit der ganzen Strenge der Gesetze verfolgt werden. § 5i. Die Insulaner und andere sind verpflichtet, der Kompanie für den F a n g von Seetieren zu dienen. — Deshalb wird bestimmt, daß von allen ihren Männern, die nicht älter als 5 0 und nicht jünger als 1 8 Jahre sind, die Hälfte für den Dienst der Kompanie verwendet werden kann.
Aus den Vorschriften für die Kompanie vom 13. Sept. 1 8 2 1 .
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§ 52. Infolgedessen stellen jährlich zu der von der Kompanie bestimmten Zeit die Tojone auf ihre Forderung die bezeichnete Zahl (doch nicht mehr als das im § 51 festgestellte Verhältnis), wobei sie darauf sehen, daß sie möglichst aus den Familien genommen werden, in denen mehr als ein Mann ist, damit die Weiber und Kinder nicht ohne Hilfe und Ernährung bleiben. § 53Die zum Dienst der Kompanie gestellten Insulaner soll die Kompanie mit anständiger Kleidung, Nahrung und Baidaren versehen und ihnen außerdem eine Bezahlung für die gefangenen Tiere geben, die nicht geringer ist als der fünfte Teil von dem, was früher die Russen erhielten. — Die Gestellten sollen nicht länger als drei Jahre im Dienste der Kompanie sein, wonach sie durch andere ersetzt werden. § 54Wenn aber die Insulaner selbst nach Ablauf der drei Jahre den Dienst bei der Kompanie fortsetzen wollen, dann bleibt ihnen dies unbenommen. § 55Wenn die Kompanie es nötig findet, zu irgend e'iner Beschäftigung Weiber und ebenso erwachsene Kinder von weniger als 18 Jahren zu verwenden, dann ist dies nur unter beiderseitiger Zustimmung und gegen verabredete Bezahlung erlaubt. § 56. Den Insulanern, die nicht im Dienste der Kompanie sind, wird erlaubt, für ihren eigenen Unterhalt und den ihrer Familien sich mit Fischfang an den von ihnen bewohnten Küsten zu beschäftigen; doch zu den benachbarten sollen sie sich nicht ohne besondere Erlaubnis der Kompanie begeben; sie können ebenso den Fang von Land- und Seetieren auf den Inseln und an den Orten, wo sie leben, betreiben, und alles dabei von ihnen Erworbene ist ihr unverletzliches Eigentum; aber wenn sie etwas von dem erworbenen Pelzwerk zu verkaufen wünschen, dann ist ihnen dies nicht anders erlaubt als nur allein ausschließlich an die Kompanie, und zwar nach einer Taxe, die ihre Verwaltung der Regierung vorzulegen hat. III. Bezüglich der Völker, die an den Küsten Amerikas wohnen, wo die Kompanie ihre Kolonien hat.
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Anlagen. § 57-
Die Kompanie, die zum Hauptgegenstand den Fang von See- und Landtieren hat, braucht deshalb ihre Herrschaft nicht in das Innere der Länder auszudehnen, an deren Küsten sie diesen Fang ausübt und soll sich nicht um die Unterwerfung der Völker bemühen^ die diese Küsten bewohnen. Doch wenn die Kompanie es vorteilhaft finden sollte, Faktoreien auch an einigen Orten des amerikanischen Festlandes zur Sicherung ihrer Handelsgeschäfte zu errichten, dann soll sie dies mit Zustimmung der eingeborenen Bewohner dieser Orte tun und alle möglichen Mittel anwenden, um ihre gute Stimmung zu erhalten, indem sie alles vermeidet, was in ihnen den Verdacht erwecken könnte, man beabsichtige, ihre Unabhängikgeit zu verletzen. § 58. Es wird der Kompanie verboten, von diesen Völkern Gaben, Tribut, Abgaben oder irgend ein anderes Geschenk zu fordernebenso soll in Friedenszeit die Kompanie keinen von diesen Stämmen gewaltsam nehmen, während nach der bis jetzt bestehenden Sitte von Seiten dieser Völker Geiseln gegeben werden. Diese letzteren sollen anständig gehalten werden, und die Kommandanten sollen besondere Sorge dafür tragen, daß sie nicht beleidigt werden. § 59-
Doch wenn einige Eingeborene der amerikanischen Küste wünschen sollten, in die russischen Kolonien überzusiedeln, dann kann die Kompanie ihnen dies erlauben, wenn unsere Kolonien dadurch nicht gefährdet werden. Die neu Übergesiedelten werden unter die Insulaner aufgenommen und genießen die diesem Stande verliehenen Vorrechte. IV. Bezüglich der benachbarten ausländischen Mächte und Untertanen. §.60. Das Vertrauen, das die Regierung der Kompanie entgegenbringt, indem sie ihrer Verwaltung so weite Grenzgebiete überläßt, legt ihr die Verpflichtung auf, alles zu vermeiden, was überhaupt das gute Einvernehmen mit den benachbarten Mächten stören könnte. In dieser Beziehung hat die Kompanie streng alle Verordnungen der ausländischen Mächte über die Beziehungen ihrer Untertanen zu Ausländern zu beachten; gleichermaßen auch alle, die in Traktaten mit dem russischen Hofe eingeschlossen sind, und insonderheit, die sich auf das chinesische Reich beziehen.
Aus den Vorschriften für die Kompanie vom 13. Sept. 1821.
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§ 61. In allen Fällen, in denen die Kompanie genötigt sein wird, mit einer ausländischen Regierung in Beziehung zu treten über einen Gegenstand, der die Gewalt der Kolonialverwaltung überschreitet, wird sie vorher darüber dem Finanzminister Bericht erstatten und durch seine Vermittelung die Entscheidung der höchsten Macht (des Monarchen) erwarten. § 62. Zur Richtschnur für die Kompanie in den Kolonien bei der Frage, wie sie mit den ausländischen Schiffen verfahren soll, die dorthin entweder aus irgend einem zwingenden Zufall oder gegen die ihr Allerhöchst verliehenen Privilegien kamen, ist eine besondere Verordnung verfaßt: „Vorschriften über die Grenzen der Seefahrt und die Ordnung der Seeverhältnisse längs der Küsten des östlichen Sibiriens, des nordwestlichen Amerikas und der Aleutischen und Kurilischen Inseln". Ü b e r die A u f s i c h t ü b e r die T ä t i g k e i t der A n g e s t e l l t e n der K o m p a n i e in Sibirien und ihren Kolonien. § 67. D a die Regierung es jetzt noch nicht für nötig hält, von sich aus in den Kolonien Beamte zu haben, um darüber zu wachen: 1 . ob die allgemeinen Staatsgesetze in allen Fällen, die russische Untertanen betreffen, beobachtet werden und 2. ob nicht die von den Privilegien und Vorschriften gezogenen Grenzen überschritten werden, so hält sie es für genügend, die Aufsicht darüber dem Hauptleiter der Kolonien anzuvertrauen, der deshalb unbedingt ein Marineoffizier sein soll mit voller Verantwortlichkeit vor der höchsten Regierung und der Kompanie. U m dies zu erreichen, kann der Hauptverwalter nur mit Bestätigung Seiner Kaiserlichen Majestät aus den von der Hauptverwaltung präsentierten Kandidaten in die Kolonien gesandt werden. Die Zeit seiner Anwesenheit dort wird auf nur fünf Jahre festgesetzt, wenn er nicht wünscht, länger in den Kolonien zu bleiben. § 68. Die Gegenstände, über die genaue Nachrichten zu haben Regierung und Hauptverwaltung der Kompanie wünschen müssen, sind: 1 . Wird keiner der Kompanieangestellten gewaltsam in ihren A n siedelungen zurückgehalten ? 2. Empfangen sie alles ihnen Zukommende nach den Bedingungen, auf die sie angenommen sind?
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3. Erhalten sie von der Kompanie die Hilfe, die sie von ihr zu fordern ein Recht haben, und verfährt man nicht schlecht mit ihnen? 4. Geht man mit den Eingeborenen, Kreolen oder den unabhängigen benachbarten Völkern so um, wie es vorgeschrieben ist ? 5. Hat man keine geheimen und unerlaubten Beziehungen mit ausländischen Schiffen oder Mächten? Deshalb wird von Seiten der Regierung die strenge Aufsicht über diese Dinge dem Hauptleiter zur Pflicht gemacht; endlich 6. dieser letztere soll nicht Teilhaber an irgend einem Handel sein, sondern sich mit dem von der Kompanie festgesetzten gebührenden Gehalt begnügen. § 69. Wenn den Kommandeuren der Kriegsschiffe von irgend jemand Klagen über Bedrückungen hinterbracht werden, so soll er sich bemühen, darüber Nachforschungen anzustellen und sich mit dem Hauptleiter in Beziehung zu setzen. — Dieser letztere ist verpflichtet nach Einziehung von Erkundigungen seine Antwort zu geben, die durch den Schiffskommandeur der hohen Regierung zugestellt wird, und wenn diese die Erklärungen nicht für genügend hält, bestimmt sie bei der Heimkehr des Hauptverwalters nach Rußland, wo die Sache umständlicher zu untersuchen ist, oder diese Untersuchung kann bei der Neuaussendung eines Schiffes in die Kolonien einem Vertrauensmanne der Regierung und Kompanie übergeben werden. § 70. Das Kriegsschiff soll nicht nur die Ansiedelungen der Kompanie besuchen, sondern vielmehr noch die Meerengen, wo die ausländischen Kauffahrteischiffe gewöhnlich für ihren verbotenen Handel mit den Eingeborenen halten. Dann soll es dorthin zum Überwintern gehen, wohin der Oberkommandant befehlen wird; doch wenn der Hauptleiter der Kolonien die Anwesenheit eines Kriegsschiffes auch für den Winter in einer der Kolonien nötig finden sollte, dann wird sein Kommandant mit einer dementsprechenden Anweisung versehen werden. Den Kommandeuren der Kriegsschiffe wird vorgeschrieben werden, alle ausländischen Schiffe festzunehmen, die ihnen in den russischen Grenzen in die Hände fallen werden. Ebenso wird ihnen das schon in der Flotte bestehende Verbot irgendwelchen Handels eingeschärft werden, und es ist die Pflicht des Hauptleiters der Kolonien und der einzelnen Kompaniekontore, darauf zu sehen, ob die von der Regierung vorgeschriebenen Maß-
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regeln beobachtet werden. Im entgegengesetzten Falle wird sich der Hauptleiter mit einer Beschwerde an den Schiffskommandanten wenden, und wenn er keine Genugtuung erhält, ist er verpflichtet, durch die. Hauptverwaltung der Kompanie der hohen Regierung zu berichten. Finanzminister Graf D. Gurjev. Nr. 10. Ukaz vom 4. September 1821. Da Wir aus den Uns vorgelegten Nachrichten ersehen haben, daß der Handel Unserer Untertanen auf den Aleutischen Inseln und an dem Rußland gehörenden Ufer des nordwestlichen Amerikas verschiedenen Bedrängungen und Unbequemlichkeiten aus dem geheimen Schmuggelhandel unterliegt, und da wir finden, daß der Hauptgrund dieser Unbequemlichkeiten der Mangel an Vorschriften ist, die der Schiffahrt längs diesen Ufern Grenzen setzen und die Ordnung des Seeverkehrs sowohl in diesen Gegenden, als auch allgemein an der Ostküste Sibiriens und den Kurilischen Inseln feststellen, so hielten wir es für nötig, diesen Verkehr durch die besondere, hier beigefügte Verordnung zu regeln. Feststellung der Grundsätze für die Grenzen der Schiffahrt und die Ordnung des Seeverkehrs längs der Küsten Ostsibiriens, Nordwestamerikas und der Aleutischen, Kurilischen Inseln usw. §1. Die Ausübung des Handels, des Wal-und sonstigen Fischfangs und jedes Gewerbes auf den Inseln, in den Häfen und Meerbusen und überhaupt an der ganzen nordwestlichen Küste Amerikas vom Beringmeer bis zum 51. Grad nördlicher Breite, ebenso auf den Aleutischen Inseln und an der Ostküste Sibiriens; ebenso auf den Kurilischen Inseln, das heißt von demselben Beringmeer bis zum Südkap der Insel Urupa1), und zwar bis 45 0 50' nördlicher Breite wird zur Nutznießung allein den russischen Untertanen überlassen. § 2. Daher wird hierdurch jedem ausländischen Schiffe verboten, nicht nur an den Rußland untertänigen Ufern und Inseln, die im vorhergehenden Artikel genannt sind, zu landen, sondern auch sich ihnen im Abstand von weniger als hundert italienischen Meilen zu nähern. Das dieses Verbot verletztende (Schiff) verfällt mit der ganzen Ladung der Konfiskation. § 3- Von dieser Vorschrift werden ausgenommen die Schiffe, die entweder vom Sturm verschlagen sind oder durch völligen Mangel an x
) Von Süden aus gerechnet die zweite der Kurilischen Inseln.
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regeln beobachtet werden. Im entgegengesetzten Falle wird sich der Hauptleiter mit einer Beschwerde an den Schiffskommandanten wenden, und wenn er keine Genugtuung erhält, ist er verpflichtet, durch die. Hauptverwaltung der Kompanie der hohen Regierung zu berichten. Finanzminister Graf D. Gurjev. Nr. 10. Ukaz vom 4. September 1821. Da Wir aus den Uns vorgelegten Nachrichten ersehen haben, daß der Handel Unserer Untertanen auf den Aleutischen Inseln und an dem Rußland gehörenden Ufer des nordwestlichen Amerikas verschiedenen Bedrängungen und Unbequemlichkeiten aus dem geheimen Schmuggelhandel unterliegt, und da wir finden, daß der Hauptgrund dieser Unbequemlichkeiten der Mangel an Vorschriften ist, die der Schiffahrt längs diesen Ufern Grenzen setzen und die Ordnung des Seeverkehrs sowohl in diesen Gegenden, als auch allgemein an der Ostküste Sibiriens und den Kurilischen Inseln feststellen, so hielten wir es für nötig, diesen Verkehr durch die besondere, hier beigefügte Verordnung zu regeln. Feststellung der Grundsätze für die Grenzen der Schiffahrt und die Ordnung des Seeverkehrs längs der Küsten Ostsibiriens, Nordwestamerikas und der Aleutischen, Kurilischen Inseln usw. §1. Die Ausübung des Handels, des Wal-und sonstigen Fischfangs und jedes Gewerbes auf den Inseln, in den Häfen und Meerbusen und überhaupt an der ganzen nordwestlichen Küste Amerikas vom Beringmeer bis zum 51. Grad nördlicher Breite, ebenso auf den Aleutischen Inseln und an der Ostküste Sibiriens; ebenso auf den Kurilischen Inseln, das heißt von demselben Beringmeer bis zum Südkap der Insel Urupa1), und zwar bis 45 0 50' nördlicher Breite wird zur Nutznießung allein den russischen Untertanen überlassen. § 2. Daher wird hierdurch jedem ausländischen Schiffe verboten, nicht nur an den Rußland untertänigen Ufern und Inseln, die im vorhergehenden Artikel genannt sind, zu landen, sondern auch sich ihnen im Abstand von weniger als hundert italienischen Meilen zu nähern. Das dieses Verbot verletztende (Schiff) verfällt mit der ganzen Ladung der Konfiskation. § 3- Von dieser Vorschrift werden ausgenommen die Schiffe, die entweder vom Sturm verschlagen sind oder durch völligen Mangel an x
) Von Süden aus gerechnet die zweite der Kurilischen Inseln.
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Lebensmitteln genötigt sind, am Ufer zu landen, wenn sie dafür keinen anderen Ort aufsuchen konnten, als die Rußland gehörigen Küsten; in solchen Fällen sind sie verpflichtet, Beweise für die Wirk* lichkeit der Gründe für eine solche Ausnahme zu erbringen. Die von befreundeten Mächten allein zur Ausbreitung der Kenntnisse geschickten Schiffe werden ebenso aus der vorhergehenden Verordnung ausgenommen; in diesem Falle sollen sie sich jedoch vorher durch Pässe vom russischen Marine-Ministerium sichern. § 4. Die ausländischen Kauffahrteischiffe, die aus den im vorhergehenden Artikel angegebenen Gründen an den obenbezeichneten Ufern landen, sind verpflichtet, sich zu bemühen, einen Ort zu wählen, wo sich eine Russische Ansiedelung befindet, und zu verfahren, wie unten verordnet. § 5. Ein Lotse wird ihm entgegengeschickt und weist den Ankerplatz an. Gehorcht der Kapitän ohne Grund nicht, so zahlt er 100 Piaster Strafe. § 6. Alle Ruderboote des Schiffes müssen an einer bestimmten Stelle landen, wo ein Aufseher steht. Wer dort nicht landet, zahlt 50 Piaster, wer dabei heimlich an anderer Stelle Waren landet, 500 und die Waren werden konfisziert. § 7. Braucht ein Schiff Vorräte, so bestimmt der Ortskommandant, wo sie eingenommen werden dürfen. Dorthin dürfen dann beliebig Boote geschickt werden (Strafe für Übertretung 100 Rubel). § 8. Muß das Schiff ausgeladen werden, vielleicht wegen einer Reparatur, so muß der Kapitän vom Kommandanten die Erlaubnis einholen und ein ausführliches Verzeichnis über Art und Menge der ausgeladenen Waren geben. Fehlt etwas, so zahlt er iooo|Piaster Strafe. § 9. Müssen zur Bezahlung der gekauften Vorräte Waren des Schiffes verkauft werden, so kann dies der Kommandant in der nötigen Höhe erlauben, doch nur an die Kompanie und durch Vermittelung des Kommandanten, und nur in Höhe der nötigen Summe, bei Strafe der Konfiskation der Ladung und 1000 Rubel. § 10. Die Schiffe, die entladen haben, sollen sofort wieder beladen werden, sobald sie dazu imstande sind, und nach der schriftlichen Bescheinigung, daß nichts zurückgeblieben ist, absegeln. Ebenso auch die Schiffe, die nicht entladen haben, sobald sie imstande sind. § 1 1 . Außer dem Fall des § 7 ist es absolut verboten, in den angelaufenen Häfen irgend etwas an Bord zu nehmen bei Strafe der Konfiskation von Schiff und Ladung. § 12. Ebenso ist den Ausländern verboten, Angestellte der Kompanie oder in den Kolonien lebende Ausländer ohne Erlaubnis mitzunehmen. bei Strafe der Konfiskation.
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§ 13. Sie dürfen auch nichts von den Angestellten der Kompanie am Ufer oder auf ihrenSchiffen kaufen beiStrafe des fünffachen Kaufpreises. § 14. Gleichermaßen wird diesen ausländischen Schiffen jeder Kauf oder Tausch mit den Eingeborenen der Inseln und des nordwestlichen Amerikas in der obenbezeichneten Ausdehnung untersagt. Das bei diesem Handel ertappte Schiff verfällt der Konfiskation. § 15. Die Gegenstände, Vorräte und Waren, die am Ufer, in den Häfen oder Landungsplätzen gefunden werden, die den russischen Untertanen gehören, die den verbotenen Handel treiben, oder den ausländischen Schiffen, sollen konfisziert werden. § 16. Fremde Handelsschiffe im Hafen dürfen nicht an solche auf dem Meer oder sofort nach ihrer Landung Schaluppen schicken. Auch Schiffe mit der gelben Flagge wegen ansteckender Krankheit dürfen nicht besucht werden; außer von besonders bestimmten Leuten auf Schaluppen mit der Flagge der Kompanie. Strafe 500 Piaster. § 17. Ballast darf nur an den bestimmten Stellen abgeladen werden bei 500 Piaster Strafe. § 18. Im Hafen liegende fremde Kauffahrteischiffe dürfen keine scharf geladenen Kanonen haben bei 50 Piaster Strafe. § 19. Schießen dürfen sie im Hafen nur nach vorheriger Ankündigung, außer wenn sie einen Lotsen haben wollen, bei 100 Piaster Strafe für den Schuß. § 20. Dem einlaufenden Schiff wird ein gedrucktes Exemplar dieses Ukazes sofort zugestellt, worüber der Kapitän quittiert. Außerdem muß er folgendes Muster ausfüllen. Weigert er sich, so kann das Schiff nicht einlaufen. Name und Art des Schiffes Welche Nation Name des Besitzers des Schiffes Ñame des Kapitäns Zahl der Leute der Besatzung Zahl der Kanonen Ladung Ort aus dem das Schiff geliefert ist Bestimmungsort des Schiffes
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§ 21. Der Kapitän muß bei der Ankunft über den Gesundheitszustand berichten, besonders über ansteckende Krankheiten. In diesem Falle wird das Schiff an einen besonderen Ort in Quarantäne gebracht. Wird die Anzeige unterlassen, so wird das Schiff konfisziert. § 22. Auf Verlangen muß ein genaues und vollständiges Verzeichnis der Equipage und aller Passagiere gegeben werden bei 100 Piaster Strafe für jede ausgelassene Person. § 23. Die Kapitäne haben für Ruhe und Ordnung ihrer Leute an Land zu sorgen, auch daß sie nicht Handel treiben; dafür haften sie. Ein verbotener Handel der Matrosen wird bestraft, als hätte ihn der Kapitän getrieben, denn sonst wäre es den Kapitänen leicht, verbotenen Handel ohne Strafe zu treiben und sich zu rechtfertigen, indem sie die Schuld auf die Matrosen abwälzen. Ebenso soll es mit den Waren sein, die die Matrosen vom Schiff bringen, wenn sie sie nicht in Taschen oder unter den Kleidern verbergen konnten vor den Vorgesetzten. § 24. Ausländische Kriegsschiffe müssen ebenfalls die für Kauffahrteischiffe oben gegebenen Verordnungen beobachten bezüglich des Schutzes der Rechte und Vorteile der Kompanie; im entgegengesetzten Falle wird Klage bei ihrer Regierung erhoben werden. § 25. Wenn ein Schiff der russischen kaiserlichen Flotte oder der Russisch-Amerikanischen Kompanie ein ausländisches Schiff an den obenerwähnten Ufern in den Häfen oder Reeden der erwähnten Strecke trifft und der Kommandeur, gestützt auf diese Verordnung, findet, daß das ausländische Schiff der Konfiskation verfällt, dann hat er folgendermaßen zu verfahren. § 26. Er soll es fragen und durchsuchen, und, wenn seine Vermutung zutrifft, besetzen. Widersetzt es sich, soll er es erst mit Überredung und Drohung, dann mit schonender Gewalt versuchen. Setzt es Gewalt gegen Gewalt, dann soll er es als offenbaren Feind behandeln und zur Übergabe zwingen. § 27. Nach der Einnahme soll er in das Journal des genommenen Schiffes genau den Vorgang eintragen und den fremden Kapitän unterschreiben lassen. Weigert sich dieser trotz wiederholter Aufforderung, dann soll er selbst unterschreiben. Danach werden Journal, Liste der Equipage, Pässe, Fakturen, Rechnungen usw. in ein Paket getan, von dem russischen Offizier und den höchsten fremden Offizieren versiegelt, vom Kommandanten des russischen Schiffes in Verwahrung genommen und uneröffnet in Petropavlovsk der in § 33 genannten Kommission übergeben. Zugleich wird alles übrige, außer den täglichen Bedürfnissen der Mannschaft, versiegelt.
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§ 28. Nachdem alles geordnet ist, meldet der russische Offizier seinem Kommandanten und erwartet dessen Befehle. § 29. Soll ein Schiff in einem Hafen bei einer russischen Ansiedelung festgehalten werden, dann soll der Kommandant entweder ein russisches Schiff auffordern, dies zu tun, und es muß gehorchen; oder, wenn keins da ist, kann er auch selbst mit seinen Leuten das Schiff besetzen, nach §§ 26—28 verfahren, den fremden Kapitän an Land setzen und sofort dem Hauptkontor der Russisch-Amerikanischen Kompanie oder dem Kommandeur des nächsten russischen Schiffes Meldung machen. § 30. Wird dann ein Schiff geschickt, so hat er diesem das konfiszierte zu übergeben und ausführlich über das Vorgefallene zu berichten. § 31. Der Kommandant des russischen Schiffes prüft auf der Stelle alles nach und fordert nötigenfalls Ergänzungen. § 32. Alle von russischen Kriegsschiffen aufgebrachten Schiffe werden nach Petropavlovsk gebracht, wo eine besondere Kommission über sie das Urteil fällt. § 33. Die Kommission besteht unter dem Vorsitz des Gouverneur von Kamöatka aus den drei ältesten Beamten nach ihm und aus dem Kommissar der Russisch-Amerikanischen Kompanie. § 34. Sofort nach der Ankunft in Petropavlovsk erstattet der russische Kommandeur dem Gouverneur von Kamöatka genau über seine Prise Bericht. § 35. Der Gouverneur schickt dann zwei Beamte mit einem Kommando auf die Prise. § 36. Diese entsiegeln dann in Gegenwart des russischen Offiziers und der drei höchsten fremden Offiziere das Schiff und nehmen ein genaues Verzeichnis von allem Vorhandenen auf. § 37. Dies Verzeichnis wird von allen Anwesenden unterschrieben. Der Gouverneur von Kamöatka sorgt dafür, daß nichts von dem genommenen Schiff wegkommt. § 38. Die Mannschaft wird dann ans Ufer gebracht und bleibt da bis zur Beendigung der Untersuchung. § 39. In spätestens zwei Tagen erstattet der russische Kapitän dem Gouverneur genauen Bericht über die Aufbringung und übergibt das Schiff und das Paket mit den Dokumenten. § 40. Muß das russische Schiff wieder fort, dann kann der Gouverneur die Untersuchung in den Artikeln, die die Anwesenheit des Schiffes verlangen, beschleunigen. § 41. Die Kommission beginnt sofort ihre Sitzungen und eröffnet schnellstens die Untersuchung der Frage: ,Ist das Schiff mit Recht angehalten ?' P i l d e r , Die Russisch-Amerikanische Handeis-Kompanie.
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§ 42. Zur Bestimmung dessen sind Beweise nötig, 1 . daß dies Schiff in den im 2. Paragraphen dieser Verordnung bezeichneten Grenzen getroffen worden ist und daß sein Aufenthalt in diesen Gewässern nicht die im Artikel 3 angegebenen Gründe hatte und 2. daß das Schiff wirklich der Konfiskation unterliegt kraft der Artikel 2, 1 1 , 1 2 , 1 4 und 2 1 dieser Verordnung und des § der Instruktion an die Kommandeure der Kriegsschiffe. § 43. Die Kommission entnimmt aus den vorgelegten Dokumenten die Beweise für die Schuld, und wenn sie Zweifel hat, so fragt sie den Kommandeur des russischen Kriegsschiffes und macht sich so ein Bild von den Gründen der Konfiskation. § 44. Findet die Kommission die Aufbringung unbegründet, so setzt sie einen anständigen Schadenersatz fest und teilt beiden Parteien ihren Entschluß in Kopie mit. § 45. Beide Parteien haben Einwendungen in zwei Tagen geltend zu machen. § 46. Geschieht dies nicht, so wird das Schiff freigegeben und erhält den Schadenersatz. § 47. Erfolgt Protest, so wird er sofort geprüft und ev. der Beschluß geändert. Ist er unbegründet, so wird er beiden Teilen mitgeteilt, sie können vor der Kommission Protest niederlegen, der Beschluß wird aber ausgeführt. § 48. Findet die Kommission die Aufbringung begründet, dann erklärt sie dies den drei höchsten fremden Offizieren persönlich und gibt ihnen eine Kopie der Anklage. § 49. In drei Tagen nimmt die Kommission einen Protest der Fremden an. Erfolgt er nicht, so teilt sie den dreien persönlich mit, daß sie ihr Schweigen als Einverständnis auffasse. § 50. Dann teilt die Kommission ihr Urteil der ganzen Besatzung mit und dann schreitet der Gouverneur zur Vollstreckung des Urteils, wie unten gesagt. § 5 1 . Erheben die Fremden Protest, so wird er geprüft und das Urteil wie in § 47 publiziert. § 52. Wird das Schiff freigegeben und ihm Schadenersatz zugesprochen und ist es von der Kompanie aufgebracht, so muß das Kontor sofort bezahlen, wenn es weniger als 5000 Rubel sind, übersteigt es dies, so bezahlt die Kompanie erst nach Prüfung durch die Hauptverwaltung. Ist es von einem Kriegsschiff aufgebracht, so werden weniger als 5000 Rubel aus den Kronsgeldern sofort bezahlt und Bericht erstattet, um sie bei den betreffenden wieder einzuziehen. Bei mehr als 5000 Rubel gibt der Gouverneur einen Schein zum E m p fang des Geldes nach Bestätigung der höchsten Regierung.
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§ 53. Der Schadenersatz soll vom Kommandeur des Kriegsschiffes und von allen Offizieren, die für die unberechtigte Aufbringung stimmten, eingezogen werden. § 54. Wird das Schiff konfiziert, so schafft der Gouverneur die Besatzung über Ochotsk, Irkutsk ans Baltische Meer. Mit Schiff und Ladung verfährt er wie mit einer Kriegsprise. § 55. Dazu wird sofort zur Abschätzung eine Kommission aus einem vom Gouverneur Ernannten, einem vom Kriegsschiff und einem von der Russisch-Amerikanischen Kompanie gebildet. § 56. Die Kommission stellt ein genaues Verzeichnis und Taxe auf nach folgenden Grundsätzen: 1. Proviant, Takelage, Eisen, Pulver, Waffen, nach dem Preis, den dort der Staat bezahlt; 2. Waren, die in den Kolonien verkauft werden können, nach ihrem Preis dort; 3. Waren, die in den Kolonien nicht gebraucht werden, werden in Irkutsk von der Gouvernementsverwaltung versteigert. § 57. Die Taxe kann vom Gouverneur verworfen werden, dann ernennt er neue Beamte. § 58. Bleibt die Kommission dabei, dann entscheidet die höchste Regierung. § 59. Nach der Abschätzung nimmt der Gouverneur die für den Staat nötigen Dinge, die übrigen überläßt er der Besatzung des Kriegsschiffs oder der Kompanie. Das Schiff wird geschätzt und dem Marineministerium mitgeteilt, ob es für den Staat nötig sei. § 60. Die ganze taxierte Summe wird so verteilt: erst wird die Summe abgezogen, die der Transport der Mannschaft ans Baltische Meer kostet. Das übrige wird so verteilt: hat die Kompanie das Schiff ganz allein auf- und nach Petropavlovsk gebracht, erhält sie 4/5, der Staat 1/6. Hat ein Kriegsschiff es gebracht, die Kompanie es aber angehalten, so bekommt das Schiff ®/s> die Kompanie a/6. Hat es ein Kriegsschiff allein aufgebracht, so erhält es 4 / 5 ; mit einem Kompanieschiff zusammen, so wird nach Kanonen geteilt. § 61. Auf dem Kriegsschiff wird wie bei Prisen geteilt. Doch können die Offiziere, die bei der Aufbringung eines ausländischen Schiffes beteiligt waren, das bei der Absicht erwischt wurde, die Allerhöchst der Russisch-Amerikanischen Kompanie verliehenen Privilegien zu verletzen, darauf hoffen, Zeichen des monarchischen Wohlwollens zu empfangen, besonders wenn ihr Anteil klein ist. § 62. Geht das aufgebrachte Schiff unter dem Kommando des russischen Offiziers unter, so soll, wenn das Begleitschiff nach Petropavlovsk kommt, die Kommission entscheiden, ob es zu Recht aufgebracht war. Dann übernimmt der Staat den Transport der geretteten Besatzung an die Ostsee. War es zu Unrecht aufgebracht, 11*
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so wird der Wert des Schiffes geschätzt, von der höchsten Regierung bestätigt und vom Staat bezahlt. Der Offizier kommt vors Gericht, kraft des Seereglements. § 63. Uber alle Angelegenheiten mit Ausländern berichtet der Gouverneur vom KamCatka ausführlich mit Kopien der Belege an den Generalgouverneur von Sibirien.
Nr. 1 1 . Die Konvention mit Amerika vom 5./17. April 1824. Konvention über den Handel, die Schiffahrt und den Fischfang, geschlossen zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Seine Majestät der Kaiser aller Reußen und der Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, die mittels dieser Konvention die sie vereinigenden Bande der Freundschaft festigen und auf unveränderliche Weise die völlige Eintracht untereinander sichern wollten, ernannten zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten: (folgen die Namen.) Nach Austausch ihrer Vollmachten, die in guter und gebührender Ordnung befunden wurden, beschlossen und unterschrieben sie folgende Bedingungen. Artikel 1. Man ist übereingekommen, daß in keinem Teile des Großen Ozeans, der gewöhnlich Stiller Ozean oder Südmeer genannt wird, die Bürger oder beiderseitigen Untertanen der hohen vertragschließenden Mächte weder beunruhigt noch behindert werden sollen wie in der Schiffahrt, so auch im Fischereigewerbe; ihnen wird erlaubt sein, an den noch nicht besetzten Küstenpunkten zu landen, um den Handel mit den Eingeborenen zu treiben, jedoch unter Berücksichtigung der Beschränkungen und Bedingungen, die durch die unten folgenden Artikel bestimmt sind. Artikel 2. Zur Vermeidung dessen, daß die den Bürgern und Untertanen der hohen vertragschließenden Mächte zugestandenen Rechte auf Schiffahrt und Tierfang in dem Großen Ozean zum Vorwand für einen unerlaubten Handel dienen, ist man übereingekommen, daß die Bürger der nordamerikanischen Staaten an keinem Orte landen werden, wo sich eine russische Ansiedlung befindet, ohne besondere Erlaubnis des Gouverneurs oder des Kommandanten und daß gleicherweise die russischen Untertanen nicht ohne Erlaubnis in
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so wird der Wert des Schiffes geschätzt, von der höchsten Regierung bestätigt und vom Staat bezahlt. Der Offizier kommt vors Gericht, kraft des Seereglements. § 63. Uber alle Angelegenheiten mit Ausländern berichtet der Gouverneur vom KamCatka ausführlich mit Kopien der Belege an den Generalgouverneur von Sibirien.
Nr. 1 1 . Die Konvention mit Amerika vom 5./17. April 1824. Konvention über den Handel, die Schiffahrt und den Fischfang, geschlossen zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Seine Majestät der Kaiser aller Reußen und der Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, die mittels dieser Konvention die sie vereinigenden Bande der Freundschaft festigen und auf unveränderliche Weise die völlige Eintracht untereinander sichern wollten, ernannten zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten: (folgen die Namen.) Nach Austausch ihrer Vollmachten, die in guter und gebührender Ordnung befunden wurden, beschlossen und unterschrieben sie folgende Bedingungen. Artikel 1. Man ist übereingekommen, daß in keinem Teile des Großen Ozeans, der gewöhnlich Stiller Ozean oder Südmeer genannt wird, die Bürger oder beiderseitigen Untertanen der hohen vertragschließenden Mächte weder beunruhigt noch behindert werden sollen wie in der Schiffahrt, so auch im Fischereigewerbe; ihnen wird erlaubt sein, an den noch nicht besetzten Küstenpunkten zu landen, um den Handel mit den Eingeborenen zu treiben, jedoch unter Berücksichtigung der Beschränkungen und Bedingungen, die durch die unten folgenden Artikel bestimmt sind. Artikel 2. Zur Vermeidung dessen, daß die den Bürgern und Untertanen der hohen vertragschließenden Mächte zugestandenen Rechte auf Schiffahrt und Tierfang in dem Großen Ozean zum Vorwand für einen unerlaubten Handel dienen, ist man übereingekommen, daß die Bürger der nordamerikanischen Staaten an keinem Orte landen werden, wo sich eine russische Ansiedlung befindet, ohne besondere Erlaubnis des Gouverneurs oder des Kommandanten und daß gleicherweise die russischen Untertanen nicht ohne Erlaubnis in
Die Konvention mit Amerika vom 5./17.
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einer Ansiedelung der Vereinigten Staaten am nordwestlichen Ufer landen werden. Artikel 3. Außerdem ist man übereingekommen, daß von nun an die Regierung der Vereinigten Staaten weder ihren Bürgern noch den ihr sonst Unterstehenden erlauben wird, irgendeine Ansiedlung an dem nordwestlichen Ufer Amerikas oder auf den vor ihm liegenden Inseln zu gründen im Norden von 5 4 ° 40' nördlicher Breite, gleicherweise wird von Seiten der russischen Regierung nicht erlaubt werden, daß weder von ihren Untertanen noch den ihr sonst Unterstehenden eine Ansiedlung im Süden von derselben Parallellinie angelegt wird. Artikel 4. E s versteht sich jedoch, daß es im Laufe von zehn Jahren, vom Tage der Unterzeichnung dieser Konvention an, den Schiffen beider Mächte oder ihrer beiderseitigen Bürger und Untertanen erlaubt sein wird, ohne jede Hinderung die Binnenmeere, Meerbusen, Häfen und Buchten an der im vorhergehenden Artikel bezeichneten Küste zu befahren zum Fischfang und Handel mit den dortigen Eingeborenen. Artikel 5. Die im vorhergehenden Artikel ausgesprochene Erlaubnis zur Ausübung des Handels wird jedoch nicht ausgedehnt auf geistige Getränke, Feuerwaffen und scharfe Waffen, auf Pulver und Kriegsvorräte allerart und beide Mächte verpflichten sich gegenseitig, sie nicht zu verkaufen und ihren Bürgern und Untertanen oder den ihren Regierungen Unterstehenden nicht die Erlaubnis zu geben, die obenbezeichneten Gegenstände an die Eingeborenen zu verkaufen. Gleicherweise ist man übereingekommen, daß diese Beschränkung niemals und in keinem Falle als Vorwand oder Grund dienen soll zur Durchsuchung oder zum Anhalten von Schiffen, zur Konfiskation von Waren oder schließlich zu irgend einer bedrückenden Maßregel gegen die Reeder oder die Mannschaften, die den bezeichneten Handel treiben werden, denn die vertragschließenden Mächte behielten sich gegenseitig vor, ein Maß der Strafen und Bußen festzusetzen für den Fall der Übertretung dieser Artikel durch ihre beiderseitigen Bürger und Untertanen. - Artikel 6 betrifft die Ratifikation, die innerhalb zehn Monate erfolgen soll. Graf Karl Nesselrode. Peter Poletika. Henry Middleton.
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Nr. 12. Denkschrift: Über die Rechte Rußlands auf den Besitz des nordwestlichen Ufers Amerikas vom 50° nördlicher Breite bis zum Eiskap oder zu dem vermuteten Polarmeer. Mordvinov-Archiv V I , 685—690.
Wenn das zivilisierte Europa den Russen für geographische Entdeckungen in den verschiedenen Teilen der Welt wenig schuldet, so muß es ihm unbestreitbar sehr verpflichtet sein für die genaue Bestimmung der Kurilischen Inseln, der Aleutischen Inseln, der Halbinsel Alaska und des nordwestlichen Ufers Amerikas. Mit einem Wort, alle von den Fluten des Großen Ozeans bespülten Küsten Asiens und Amerikas, vom 500 nördlicher Breite bis zum ewigen Eise (TBepflOCTOHmHX-b JibflOBi.) wurden von russischen Seefahrern mit unermüdlicher Arbeit entdeckt und beschrieben. England und Spanien, denen die ganze gelehrte Welt für die Bestimmung der wirklichen Grenzen der von uns bewohnten Erdkugel verpflichtet ist, können sich nicht der geringsten Entdeckungen in den obenerwähnten Ländern rühmen. Wenn auch ihre berühmten Seefahrer, Franziskus D r a k e und Martin D a w i l a r e (OpamjHCKT. S p e i e t h MapTHHi. flaBHJiHpi)), im Jahre 1759 unternahmen, die Küsten des nordwestlichen Amerikas zu erforschen, so kamen sie doch nicht weiter als bis zum 42 0 nördlicher Breite. M a l d o n a d o (1588), der Grieche J u a n de F u c ä (1592) und der Vizeadmiral de F ö n t e (1640) leisteten gewiß einige Dienste der genaueren Bestimmung der nordwestlichen Küste Amerikas; aber leider müssen wir sagen, daß die Erzählung des ersten so märchenhaft ist, daß sie nicht weiter Glauben verdient; der zweite entdeckte, gewiß, den Meerbusen, der in das Innere des nordwestlichen Ufers Amerikas hineinführt; jedoch nicht unter der Breite (490) und nicht so ausgedehnt, wie er ihn bezeichnete. D e F ö n t e weist sehr richtig nach, daß das nordwestliche Ufer Amerikas viel wärmer als das östliche ist und aus Inseln besteht, die von ihm Archipelagus St. Lazarus genannt sind; doch in welchen Breiten sich diese Meerengen befinden, mittels deren er in das Innere des nördlichen Amerikas hineinfuhr und mit dem amerikanischen Schiffer zusammentraf, das ist nicht nur unmöglich zu bestimmen, sondern man muß entschieden sagen, daß dies ein Märchen ist, ähnlich der Erzählung von der goldenen und silbernen Insel. Nachdem wir bewiesen haben, daß die spanischen und englischen Seefahrer die nordwestliche Küste Amerikas über den 49. Breiten-
Über d. Rechte Rußlands a d. Besitz des nordwestlich. Ufers Amerikas.
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grad nicht erforschten, wenden wir uns zu unseren (cooTenecTBeHHHKSMT») Landsleuten. Kapitän B e r i n g 1 ) bestimmte 1728 das Ostufer Asiens bis zum 68° nördlicher Breite und entdeckte die Insel St. Diomed; 1729 fuhr Bering wieder über den östlichen Ozean zum 49. Breitengrad und machte die erste Fahrt von Niznekamöatsk nach Ochotsk. 1730 beschrieb der Geodät Michajl G v o s d e v die Küste Amerikas. Leider haben wir sein genaues Tagebuch nicht, doch die von der russischen Akademie der Wissenschaften 1754 herausgegebene Karte zeigt uns, daß er die Küste Amerikas zwischen dem 68. und 65. Breitengrad erforschte. 1741 wurde der Kapitän-Kommandeur B e r i n g wiederum zur Bestimmung der wirklichen Lage der Küsten Amerikas ausgesandt (oTnpaBHJicfl). Unter seinem Kommando standen zwei Paketboote, „ P e t e r " und „ P a u l " , von denen er das eine selbst kommandierte, doch das andere sein früherer Reisebegleiter, Kapitän C i r i k o v . Nachdem er den Avaöinskij - Meerbusen, der an der Ostküste KamCatkas unter dem 53. Breitengrad liegt, verlassen hatte, richtete er seine Reise auf die Aufsuchung des Degomovlandes, das nach der vom Astronomen Delil de la Crader gezeichneten Karte sich unter dem 47. Breitengrad befinden sollte. Nachdem er einige Tage im vergeblichen Suchen nach diesem Lande verbracht hatte, lenkte Bering seine Fahrt mit beiden Schiffen zur Küste Amerikas. Ein heftiger Sturm trennte schnell beide Schiffe und Bering, in der Annahme, daß Kapitän Cirikov nach Süden entführt sei, ging deshalb bis zum 45. Breitengrad hinab, und als er ihn dort nicht fand, fuhr er zur Küste Amerikas. Kapitän Cirikov suchte nach der Trennung von seinem Kommandanten diesen ebenfalls einige Tage und dann segelte er vom 48. Breitengrad direkt nach Osten. Wenn Wind und Wogen ihm geholfen hätten, würde er an der Küste Amerikas unter dem 50. Breitengrad gelandet sein, denn er befand sich in seiner Nähe. Doch da die frischen und widrigen Winde seine Fahrt hinderten, so erblickte er das Ufer Amerikas unter dem 55. Breitengrad und landete 20 Russen am Kap Trubizyn, unter dem 57. wo sich jetzt die Hauptansiedelung der Russisch-Amerikanischen Kompanie, Port Novo-Archangelsk, befindet. Bering landete am Ufer Amerikas am 58. Breitengrad. Ivan (Wituss) Ivanovic, 1680—1741, entdeckte die Meerenge zwischen Asien und Amerika.
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Anlagen.
Rußland wollte die Küste bis zum 50. Grad haben, weil 1. eigentlich doch Bering und Cirikov unter diesem Grad ihre Arbeiten begonnen hätten. 2. Wenn auch die Spanier Morelli und B o d e g a 1775 und Cook 1778 die Ufer Amerikas bis zum 60. Breitengrad beschrieben, so erforschten unsere Gewerbsleute diese Gegenden viel früher und traten in Handelsbeziehungen mit den Amerikanern ein, dicht bis zur Meerenge Juan de Fucä. Wenn auch V a n c o u v e r einen wichtigen Dienst der gelehrten Welt erwies durch Beschreibung der Ufer des nordwestlichen Amerikas, so entdeckten und beschrieben doch die Steuerleute I s m a j l o v und B o ö a r o v und der Kollegienassessor Schilz vor ihm viele Meerengen dieses weiten Archipelagus. 3. In den Allerhöchst bestätigten P r i v i l e g i e n für die RussischAmerikanische Kompanie ist gesagt: Im ersten Punkt soll die Kompanie aus allen Gewerben und Gründungen Nutzen ziehen, die sich an dem nordwestlichen Ufer Amerikas vom 55 0 bis zum Beringmeer und hinter diesem befinden; im zweiten Punkt soll sie neue Entdeckungen nach Süden vom 55. Breitengrad machen und die entdeckten Länder besetzen, wenn sie von anderen Völkern nicht besetzt sind. Auf Grund dieses Punktes besetzte die Kompanie das ganze Ufer Amerikas bis zum 50. Breitengrad und trat nicht nur in Handels-, sondern sogar in viel nähere Beziehungen mit den dortigen Eingeborenen. Viele von unseren russischen Gewerbetreibenden sind mit Töchtern dieser Amerikaner verheiratet, und sie selbst, die sich bei uns als Geiseln befanden, verheirateten sich mit Aleuten. Die Einwohner dieses Teils Amerikas hegten eine besondere Achtung für den verstorbenen Leiter Baranov, kamen zu ihm häufig zu Gaste. Der Kommerzienrat Kuskov, der ehemalige Vizeleiter Amerikas, war verheiratet mit einer eingeborenen Amerikanerin aus den Gegenden um den 52. Breitengrad. Er selbst erzählte mehrmals, daß er aus politischen Gesichtspunkten so verfahren sei, denn er fuhr im Laufe von zehn Jahren jährlich aus Novo-Archangelsk nach Kalifornien. Während seiner Reise kamen alle fast bis nach Nutka wohnenden Völker zu ihm mit (Zeichen der) Ehrerbietung, brachten allerlei Proviant, und seiner Gattin, ihrer Landsmännin, brachten sie jedesmal bedeutende Geschenke dar. Die erwähnten, 1799 Allerhöchst bestätigten Privilegien wurden allen Kabinetten mitgeteilt; gegen sie wurde keine Note gerichtet (noflaHo); folglich meinte man, daß unsere Regierung begründet vorging, als sie ihren Untertanen das Recht gab, die Küste Amerikas auch südlich vom 55. Breitengrad zu besetzen, wenn sich an ihr
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nicht irgendwelche Europäer angesiedelt hätten, wie das im zweiten Punkt der erwähnten Privilegien gesagt ist. Wenn in jener Zeit oder am Anfang des jetzigen Jahrhunderts man dagegen Protest erhoben hätte (O6T>HBHJIH cnopt), dann hätte die Russisch-Amerikanische Kompanie nicht ihre Tätigkeiten bis zum 50. Grad nördlicher Breite ausgedehnt, hätte sich von sehr vielen Ausgaben befreit, die sie zur Erlangung freundschaftlicher Stimmungen der dortigen Völker verwandt hat und würde einen anderen bedeutenden Umsatz mit den Kapitalien gemacht haben, die für dieses Unternehmen ausgegeben wurden. Für die Engländer und Bürger der Vereinigten Amerikanischen Staaten ist es gewiß sehr vorteilhaft, Handel an den uns gehörenden Küsten Amerikas zu treiben: sie bauen dort keine Festungen, unterhalten keine Schiffe und Garnisonen, sie füttern und beschenken nicht die Ältesten und die Geiseln, sondern kaufen einfach die ganze Pelzware und bezahlen dafür ein Viertel teuerer als wir. Diese unmäßige Bezahlung und die Ausstattung aller wilden Amerikaner mit Feuerwaffen verursacht unseren Kolonien großen Schaden. Weshalb unterhält man in Novo-Archangelsk 400 Mann Garnison, die ungefähr eine halbe Million Rubel kostet? Deshalb, damit die in der Nähe dieses Hafens wohnenden wilden Stämme mehr Pulver und Waffen haben als wir und mit ihnen jährlich versehen werden. Will man wissen, wie man mit den Russen verfahren würde, die, in fremde Kolonien gekommen, anfangen würden, heimlich verschiedene Waren zu kaufen, die Eingeborenen mit Pulver und Waffen zu versehen und sie dann gegen die Ortsobrigkeit aufzuhetzen? So lautet ein Auszug aus der Instruktion, die dem Kapitän M u l o v s k i j 1787 anläßlich seiner Aussendung mit fünf Schiffen zum westlichen Ufer Amerikas gegeben wurde: „Von diesem Orte können Sie der amerikanischen Küste folgen bis zu dem von den russischen Kapitänen Cirikov und Bering entdeckten Teil und dieses Ufer, vom Hafen Nutka bis zum Anfangspunkt der Entdeckung Cirikovs, in den Besitz des russischen Reiches nehmen, wenn dies nicht vorher von einer andern Macht genommen ist, und von dort längs des ganzen von den erwähnten russischen Kapitänen entdeckten Teils des Ufers bis Alaska, und diese Ausdehnung, wie die Küsten, so auch die möglicherweise sich dort findenden Inseln, als-eine wirkliche, von russischen Seefahrern gemachte Entdeckung formell in Besitz nehmen; die gefundenen Wappen und Zeichen anderer Mächte, die nach keinem Recht in diesen Ländern besitzen können, demolieren, schleifen und vernichten."
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Jahr
Gesellschaft
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Marder
Fischottern
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