Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst 3715100036, 9783715100036

Mit einem Beitrag von Rudolf Fichter und Chrysta Hochhaus. Das vorliegende Buch über die Fibeln von Augst und Kaiseraug

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German Pages 310 [314] Year 1979

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Table of contents :
Einleitung 9
Die Augster und Kaiseraugster Fibeln 11
Zur Gruppierung 11
Konstruktion 12
Spiralfibeln 12
Scharnierfibeln 15
Fibeln mit Drehverschluss 16
Formen 18
Grösse 21
Ornamentik 21
Material und Oberflächenbelag 23
Ziertechniken 24
1. Punktierung und Stempelverzierung 24
2. Gravierung 25
3. Kerbung und Fazettierung 25
4. Pressblechauflagen 25
5. Durchbrochene Blechauflagen 26
6. Beinauflagen 26
7. Buntmetall- und Nielloeinlagen 26
8. Email- und Glaseinlagen 29
9. Aufgelegte Medaillons aus Glas oder Metall 34
10. Bewegliche Perlen aus Glas, Metall oder organischem Material 34
11. Zierknöpfe und Zier stifte 35
Fabrikation und Werkstätten 36
Exkurs: R. FICHTER und CH. HOCHHAUS,
Ergebnisse zur Herstellungsweise von vier römischen Fibeln des l.Jhs 39
Funktion, Tragweise und Fibelmode 41
Zur Datierung 43
Zusammenfassung 44
Typologie und Katalog 53
Gruppe 1 Eingliedrige Spiralfibeln mit vier Windungen und unterer Sehne 55
Gruppe 2 Eingliedrige Spiralfibeln mit oberer Sehne und Sehnenhaken 64
Gruppe 3 Zweigliedrige Spiralfibeln 78
Gruppe 4 Hülsenspiralfibeln 91
Gruppe 5 Hülsenscharnierfibeln 111
Gruppe 6 Röhrenscharnierfibeln 162
Gruppe 7 Backenscharnierfibeln 178
Gruppe 8 Fibeln mit Drehverschluss 205
Register 211
Literaturabkürzungen 215
Tafeln 221
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Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst
 3715100036, 9783715100036

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• Ì R S C H U N G E N IN AUGST 3

• M I L I E RIHA

Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst

FORSCHUNGEN

EMILIE

IN AUGST

RIHA

Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst

3

FORSCHUNGEN IN AUGST BAND 3

EMILIE

RIHA

Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst Mit einem Beitrag von Rudolf Fichter und Chrysta Hochhaus

Augst 1979

Herausgeber: A m t für M u s e e n u n d Archäologie des K a n t o n s Basel-Landschaft Redaktion: M a x Martin D r u c k : H o c h u l i A G , Muttenz

Z u r umstehenden Farbtafel vgl. K a t a l o g (S. 53 ff.). Abgebildet sind folgende F i b e l n : (oben, Massstab 1607 1670

3:4) 1699 1672

1671

1621 1608 306

(unten, Massstab 4 : 5 ) 1735

1747

1416

1745

1732

1660

1662

Inhalt Seite Einleitung

9

D i e Augster und Kaiseraugster Fibeln Z u r Gruppierung Konstruktion Spiralfibeln Scharnierfibeln Fibeln mit Drehverschluss Formen Grösse Ornamentik M a t e r i a l und Oberflächenbelag Ziertechniken 1. Punktierung u n d Stempelverzierung 2. Gravierung 3. K e r b u n g und Fazettierung 4. Pressblechauflagen 5. Durchbrochene Blechauflagen 6. Beinauflagen 7. Buntmetall- und Nielloeinlagen 8. E m a i l - und Glaseinlagen 9. Aufgelegte Medaillons aus G l a s oder M e t a l l 10. Bewegliche Perlen aus G l a s , M e t a l l oder organischem M a t e r i a l 11. Zierknöpfe und Zier stifte Fabrikation und Werkstätten

11 11 12 12 15 16 18 21 21 23 24 24 25 25 25 26 26 26 29 34 34 35 36

Exkurs: R. F I C H T E R und C H . H O C H H A U S , Ergebnisse zur Herstellungsweise v o n vier römischen Fibeln des l . J h s

39

F u n k t i o n , Tragweise und Fibelmode

41

Z u r Datierung

43

Zusammenfassung

44

Typologie u n d K a t a l o g

53

G r u p p e 1 Eingliedrige Spiralfibeln mit vier Windungen und unterer Sehne

55

G r u p p e 2 Eingliedrige Spiralfibeln mit oberer Sehne und Sehnenhaken

64

G r u p p e 3 Zweigliedrige Spiralfibeln

78

G r u p p e 4 Hülsenspiralfibeln

91

G r u p p e 5 Hülsenscharnierfibeln

111

G r u p p e 6 Röhrenscharnierfibeln

162

G r u p p e 7 Backenscharnierfibeln

178

G r u p p e 8 Fibeln mit Drehverschluss

205

Register

211

Literaturabkürzungen

215

Tafeln

221

Vorwort D a s vorliegende B u c h über die Fibeln v o n A u g s t u n d Kaiseraugst wurde v o n F r a u D r . E . R i h a , wissenschaftliche Assistentin des Römermuseums, verfasst. Es bildet nach dem 1977 erschienenen W e r k v o n F r a u A . K a u f m a n n - H e i n i m a n n über die figürlichen Bronzen aus A u g s t die zweite vollständige Bearbeitung und P u b l i k a tion einer wichtigen Fundkategorie der Sammlungen des Museums. Dass der grösste Teil der hier behandelten Fibeln n o c h nie veröffentlicht worden ist, macht deutlich, wieviel i n dieser R i c h t u n g n o c h z u tun ist, soll das A u s g r a ben u n d Bergen der Funde nicht reines Sammeln v o n Schätzen bleiben wie in früheren Jahrhunderten. Weitere Veröffentlichungen dieser A r t sind nötig, ist d o c h das hauptsächlich aus der zivilen Handelsstadt A u g u s t a R a u r i c o r u m stammende Fundmaterial geeignet, i n vielem eine erste gute Vergleichsmöglichkeit mit dem - z u mindest i n den Publikationen - zurzeit n o c h dominierenden FundstofT römischer Militärstationen z u bieten. W i e dies hier für die Fibeln getan wurde, w i r d es sich auch künftig lohnen, die jeweils zugehörigen F u n d k o m plexe, d . h . die mit einem Objekt in der gleichen E r d schicht gefundenen Gegenstände, in erster L i n i e Reste v o n Tongeschirr, zeitlich z u bestimmen - selbstverständlich ohne Kenntnis der z u datierenden Objekte. Diese Schichtdatierungen, wie sie die Augster A u s g r a bungen seit bald zwei Jahrzehnten i n grosser Z a h l ermöglichen, können zwar streng genommen nur das E i n setzen und älteste «Ablagern» eines bestimmten F u n d typs anzeigen. Bei manchen Fibelformen hat sich jed o c h ergeben, dass sie aufgrund der beachtlichen Z a h l jüngerer Datierungen länger i n G e b r a u c h gewesen sein können als bisher angenommen; dass ein guter Prozentsatz trotz Schichtgrabung keine datierenden Mitfunde aufweist u n d ein weiterer Teil wegen der zweifellos intensiven Bautätigkeit i n römischer Zeit i n jüngere Schichten geraten oder mit jüngerem FundstofT sich vermischen k a n n , erstaunt nicht u n d ist nicht nur ein negatives Resultat. D i e hier angeführten Schichtdatierungen sollten an sich durch katalogmässige Beschreibungen

und Zeichnungen überprüfbar sein, d o c h hätte dies den R a h m e n dieser A r b e i t gesprengt. A u c h den technischen Untersuchungen der Fibeln nach M a t e r i a l und Herstellung, die i n grösserem A u s m a s s erfolgen müssten, waren gewisse Grenzen gesetzt. Unser D a n k gilt vorab F r a u E . R i h a , die sich mit G e schick u n d A u s d a u e r - neben den kontinuierlichen Inventarisationsarbeiten u n d weiteren A u f g a b e n - des vielfältigen Fundstoffs annahm u n d ihn mit gewinnbringender Konsequenz gegliedert u n d für die provinzialrömische F o r s c h u n g verfügbar gemacht hat. D a s Römermuseum dankt dem Historischen M u seum u n d dem A n t i k e n m u s e u m i n Basel, dem Musée cantonal d'archéologie et d'histoire Lausanne, dem K a n t o n s m u s e u m Baselland Liestal, dem Fricktalischen Heimatmuseum Rheinfelden u n d dem Schweizerischen Landesmuseum Zürich sowie H e r r n P h . A l d e r , Ziefen, dass ihre aus A u g s t u n d Kaiseraugst stammenden F i beln in diese Publikation aufgenommen werden konnten. W i r danken folgenden Institutionen und F i r m e n , die mit Druckbeiträgen die Herausgabe des Buches kräftig unterstützt haben: K u r a t o r i u m für die Förderung des kulturellen Lebens, A a r a u Stiftung P r o A u g u s t a R a u r i c a , Basel Basellandschaftliche K a n t o n a l b a n k , Liestal Buss A G , Pratteln J . + R . Gunzenhauser A G , Sissach D a n k b a r sind wir auch, dass der K a n t o n B a s e l - L a n d schaft, seit 1975 Träger der Augster archäologischen F o r s c h u n g , die Möglichkeit gibt u n d dafür sorgt, dass die v o n Zerstörung bedrohten Überreste aus römischer Zeit ausgegraben u n d ihre Funde wissenschaftlich untersucht und veröffentlicht werden können. Diese Arbeiten schaffen die Grundlage für eine vertiefte und differenziertere Kenntnis des römischen Lebens in unserem L a n d e

*

M a x Martin

Vorwort des Verfassers D i e Idee, die z u m Entstehen der vorliegenden A r b e i t über die römischen Fibeln des Römermuseums A u g s t führte, w i r d Professor R . Laur-Belart t verdankt. E r war es, der m i r vorschlug, aus den etwa 300 F i b e l n , die für E . Ettlingers Bearbeitung der römischen Fibeln der Schweiz aus den geschlossen aufbewahrten F u n d k o m plexen herausgesucht waren, eine A u s w a h l z u treffen u n d für ein kleines Museumsheft z u katalogisieren. D i e se «Auswahl» komplettierte sich beim Einarbeiten i n den FundstofT u n d d u r c h grundsätzliche Erwägungen immer mehr, so dass schliesslich ein K a t a l o g aller zurzeit bekannten F i b e l n aus A u g s t u n d Kaiseraugst bis z u m Jahre 1974 entstanden ist.

V o r a b gebührt mein besonderer D a n k H e r r n D r . M . M a r t i n für fortwährende Beratung u n d Hinweise i m Laufe der A r b e i t , für die sprachliche Bereinigung des Textes u n d R e d a k t i o n des Buches. F r a u Prof. E . Ettlinger gilt mein D a n k für eine Einführung i n die Problematik der römischen F i b e l n , sowohl persönlich als auch durch ihre Publikation der Schweizer Fibeln. F r a u D r . S. M a r t i n - K i l c h e r hat für diese A r b e i t die mit Fibeln i n geschlossenen F u n d k o m p l e x e n zusammengefundene K e ramik datiert u n d damit es mir ermöglicht, die stratigraphischen Aussagen des Augster Fibelbestandes herauszustellen, wofür i c h ihr herzlich danke. M . Weder, Basel, bestimmte eine grössere Z a h l der mit Fibeln vergesellschafteten Münzen.

Weiter danke i c h H e r r n W . Hürbin, Restaurator, für die Reinigung u n d Konservierung der Fundstücke. F r a u D r . T . T o m a s e v i c - B u c k gilt mein D a n k für die E r l a u b nis, Fibeln aus ihren n o c h unveröffentlichten Grabungen publizieren z u dürfen. Technische Untersuchungen sind i n verdankenswerter Weise v o n den Herren P D D r . W . B . Stern, M i n e r a l o gisch-Petrographisches Institut der Universität Basel,

und D r . B . Mühlethaler, Landesmuseum Zürich, sowie v o n H e r r n Prof. R . Fichter u n d F r a u C h . H o c h h a u s , E M P A Dübendorf, durchgeführt worden. D i e Z e i c h nungen stammen v o n den Herren O . G a r r a u x u n d H . R e i c h m u t h , die Fotos der Tafeln 71 u n d 72 v o n H e r r n R . Humbert. F r l . E . R i t z m a n n gehört mein D a n k für das Mitlesen der K o r r e k t u r e n . E.R.

Einleitung

D i e Grundlage für die vorliegende Untersuchung bilden die bis u n d mit 1974 aufgefundenen u n d erhalten gebliebenen F i b e l n aus den A r e a l e n der römischen K o l o niestadt A u g u s t a R a u r i c o r u m u n d des spätrömischen C a s t r u m Rauracense, i m Gebiet der heutigen Gemeinden A u g s t B L u n d Kaiseraugst A G . Erfasst wurden insgesamt 1837 F i b e l n , die z u m Grossteil heute i m Römermuseum A u g s t , z u einem kleineren Teil i n anderen Sammlungen aufbewahrt sind (vgl. Register S.214). D i e ältesten, uns erhaltenen Funde v o n Fibeln - bezeichnenderweise fast nur vollständige u n d schöne Stükke - entstammen privaten Sammlungen des 17.-19. Jahrhunderts der nahen Stadt Basel, die heute grösstenteils i m Historischen M u s e u m Basel aufbewahrt sind. Viele dieser F i b e l n , darunter auch die seiner eigenen Sammlung, hat D a n i e l Bruckner i n seinem dem römischen A u g s t gewidmeten «23. Stück» seines grossen «Versuchs einer Beschreibung historischer u n d natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel», der i n den Jahren 1748-1763 i n Basel erschien, zeichnerisch festgehalten. Unsere Tafel 70 unten zeigt als Beispiel die Zeichenvorlage für eine Tafel des Brucknerschen W e r kes sowie (oben) diejenigen bei Bruckner abgebildeten Augster F i b e l n , die heute verschollen sind. Grössere Serien v o n Fibeln finden sich auch unter den i m 19. Jahrhundert zusammengetragenen Sammlungen J . R . F o r c a r t - W e i s (inventarisiert i m Jahre 1921) u n d J . J . Schmid-Ritter (inventarisiert i m Jahre 1924), die heute i m Römermuseum A u g s t aufbewahrt werden, ebenso wie Teile der Sammlung E . F r e y . V o n all diesen älteren Sammlungen, die mit A u s nahme der eben genannten vor dem Jahre 1908 dem H i storischen M u s e u m Basel übergeben u n d dort inventarisiert worden sind, sind stets nur jene Stücke i n die vorliegende A r b e i t aufgenommen, für die ausdrücklich A u g s t (bzw. Kaiseraugst) als Fundort genannt w i r d . Systematische, anfänglich j e d o c h oft während mehrerer Jahre unterbrochene Ausgrabungen beginnen i n A u g s t u n d Kaiseraugst i n den Jahren u m 1900. D i e meisten F i b e l n ergaben die grossen, d u r c h umfangreiche moderne Bautätigkeit notwendig gewordenen G r a b u n gen der vergangenen Sechziger Jahre, die hauptsächlich i m fundreichen Z e n t r u m der C o l o n i a A u g u s t a R a u r i c o r u m u n d i m ausgedehnten A r e a l der heutigen N a t i o n a l strassen N 2 / A 3 durchgeführt werden mussten (Regionen 1 u n d 4 - 6 ; s.u.). D e r hier vorgelegte Bestand v o n 1837 F i b e l n verteilt sich nach den Aufiindungsjahren (ab 1908 entsprechen die I n v . N r n . mit ihrer ersten Zahlengruppe fast d u r c h wegs dem Fundjahr) prozentual etwa folgendermassen:

17./18 Jahrh. bis 1907 1908-1950 1951-1960 1961-1970 1971-1974 Fibeln ohne N u m m e r n

13% 8% 8% 56% 13% 2%

V o n den Augster u n d Kaiseraugster F i b e l n ist bisher erst ein kleiner Teil veröffentlicht worden. E . Ettlinger waren bis 1962 (wegen der damaligen ungenügenden O r d n u n g des Fundmaterials) nur 400 Exemplare bekannt b z w . greifbar, die sie i n ihrem 1973 erschienenen W e r k «Die römischen Fibeln i n der Schweiz» typologisch u n d statistisch bearbeitete und teilweise auch abbildete (weitere 347 F i b e l n aus den Fundjahren 1963-1968 werden ebd. 176 als N a c h t r a g i n einer Liste aufgeführt). Einige Scheibenfibeln publizierte S. T h o m a s 1964. Einzelne Fibeln sind ferner erwähnt u n d z u m Teil abgebildet i n A u s g r a bungsberichten ( z . B . Laur-Belart 1947, Steiger 1962, Steiger 1977, Tomasevic 1974; eine bibliographische Zusammenstellung bis 1970 bei M a r t i n 1975, 359) u n d in einem A u f s a t z über frühkaiserzeitliche F i b e l n (Ettlinger 1944). Massgebend für unsere i m nächsten K a p i t e l erläuterte G r u p p i e r u n g der Augster u n d Kaiseraugster F i b e l n war die Verschlusskonstruktion, nach der der gesamte Bestand in 8 G r u p p e n mit insgesamt 103 T y p e n aufgeteilt werden muss. Für die weitere Untergliederung der Fibeln jeder G r u p p e i n einzelne T y p e n b z w . Varianten war die F o r m u n d schliesslich auch die D e k o r a t i o n ausschlaggebend. Im K a p i t e l Typologie u n d K a t a l o g (S.53ff.) werden die Fibeln typenweise beschrieben, jeweils zusammen mit dem K a t a l o g der betreffenden Stücke. D i e Z e i c h n u n gen der Tafeln 1-69 geben eine vollständige, auch mengenmässig i n vielem zutreffende Übersicht über alle i n Augst vertretenen F o r m e n . Bei den nicht abgebildeteten Stücken handelt es sich u m Fibeln u n d -bruchstücke, die in allen Fällen mit einem andern abgebildeten E x e m p l a r übereinstimmen (vgl. die entsprechenden Hinweise i m Katalog). D i e z u jeder F i b e l angeführte Fundstelle innerhalb v o n A u g s t u n d Kaiseraugst ist n a c h dem v o n M . M a r t i n 1975 vorgeschlagenen topographischen Schema bezeichnet, welches das A r e a l v o n A u g u s t a R a u r i c o r u m und C a s t r u m Rauracense i n 24 Regionen gliedert; die als Fundorte angeführten Insulae 1-51 bilden zusammen die (nicht eigens genannte) Region 1 (vgl. S. 54 u n d Register S.21 Iff. sowie Taf. 80). E s ist hier a m P l a t z , auf die Zusammensetzung des Augster u n d Kaiseraugster Fibelbestandes hinsichtlich Fundumstände b z w . -kategorien hinzuweisen. Bei den hier vorgelegten 1837 Fibeln handelt es sich z u 9 8 , 7 % u m Siedlungsfunde, d . h . verloren gegangene oder weggeworfene Stücke. In dieser Z a h l sind auch einige verschollene F i b e l n (Taf. 70) sowie Stücke, deren exakte Fundumstände nicht mehr bekannt sind, u n d einige wenige Altstücke aus Gräbern des 4 . - 7 . Jahrh. (S. 213) eingeschlossen. Sichere Grabbeigaben waren nur 0,9 % der Fibeln. A u s Tempelbezirken, aber nicht durchwegs aus den Tempeln selbst stammen 0,4 % der Fibeln (vgl. Register S. 213). V o n den Siedlungsfunden konnten dank den ab etwa 1960 greifbaren F u n d k o m p l e x e n aus den (an sich schon früher üblichen) Schichtengrabungen fast die Hälfte (48 %) v o n S. M a r t i n - K i l c h e r anhand der mitgefundenen

K e r a m i k , vereinzelt auch Münzen datiert werden (vgl. S. 54 u n d Katalog). D i e i m folgenden behandelten Augster u n d Kaiseraugster Fibeln verbessern die Kenntnisse zur Datierung, Häufigkeit u n d Formgebung der einzelnen T y p e n , vor allem dank ihrer grossen Z a h l u n d aufgrund der vielen Schichtdatierungen. Massenhaftes V o r k o m m e n b z w . Fehlen bestimmter Fibeltypen gibt Hinweise i n der F r a ge, w o lokale u n d w o auswärtige P r o d u k t i o n vorliegen dürfte. Bei den i n grosser Menge vorkommenden T y p e n besteht die Möglichkeit der besseren, d . h . differenzierteren Untersuchung (und Gliederung i n Varianten) nach Grösse, Verzierung, Herstellungsweise usw. A u g s t u n d Kaiseraugst bieten zusammen das Beispiel eines v o n der Gründung in frühaugusteischer Zeit bis über die spätrömische Epoche hinaus ununterbrochen bewohnten Siedlungsplatzes. W o h l konnten u n d können die Gebiete der beiden Siedlungen nicht nach P l a n , i n an-

einanderstossenden Flächen usw. untersucht werden (S. 222), d o c h geben die bisher gefundenen Fibeln zweifellos einen gültigen Überblick über die hier erfolgte Entwicklung der Fibelmode i m Verlaufe v o n über vier Jahrhunderten. D i e eigentlichen Trachtgewohnheiten der z i vilen Stadtbevölkerung des 1.-3. Jahrhunderts bleiben allerdings weiterhin n o c h z u einem guten Teil unbekannt, d a die Tragweise der Fibeln wegen des Fehlens v o n bildlichen Darstellungen u n d v o n Körpergräbern, i n denen mitgegebene Fibeln die Trachtlage angeben können, nicht z u eruieren ist. A u c h fehlen zurzeit noch grössere Serien v o n Brandgräbern mit Fibelbeigabe, die über Fibelkombination u n d -zahl einzelner Trachten A u f schlüsse liefern könnten. D i e Hinweise auf vergleichbare V o r k o m m e n sind jeweils nach den Fundorten i m geographischen Sinne v o n Nordwesten n a c h Südwesten (Britannien, G a l l i e n , Schweiz, dann R h e i n l a n d , Limesgebiet, N o r i c u m , P a n nonien usw.) geordnet.

Die Augster und Kaiseraugster Fibeln

Zur Gruppierung Die Augster und Kaiseraugster Fibeln sind i n dieser A r beit nach den Prinzipien ihrer Verschlusskonstruktion in acht G r u p p e n unterteilt. Dies scheint m i r i m H i n b l i c k auf die Beschaffenheit des vorliegenden Materials und überhaupt die geeignetste A r t , einzelne G r u p p e n z u bilden und deren gemeinsame Eigenschaften hervorzuheben. Innerhalb jeder G r u p p e werden die Fibeln nach ihrer F o r m i n T y p e n unterteilt. Eine rein chronologische Aufgliederung mit einer Übersicht der aufeinanderfolgenden T y p e n hätte bei einem so reichhaltigen Bestand ( 103 Typen) eher verwirrt, z u m a l sich viele T y p e n zeitlich überlagern. Eine G r u p p i e r u n g nach F o r m e n u n d ihrer typologischen Reihenfolge wäre für den Augster Bestand, an dem nur sehr wenige T y p e n in ihrer typologischen Gesamtentwicklung verfolgt werden können, ebenfalls nicht v o n Vorteil. D a r u m erweist sich eine Gruppierung nach der K o n s t r u k t i o n , wie sie auch bisher am häufigsten, aber leider nie konsequent zur Gliederung von Fibelsammlungen benützt wurde, aufs ganze gesehen und wohl nicht nur für das vorliegende Material als die einzig richtige Lösung. Dass dadurch einige T y p e n wie z. B . die kräftig profilierten Fibeln u n d gewisse Scheibenfibeln auseinandergerissen werden, hat nicht nur Nachteile, macht doch eine solche Trennung bei Fibeln mit länger dauernder Entwicklung die Veränderungen besser sichtbar. Eine strenge Scheidung gerade der Scheibenfibeln nach Spiral- und Scharnierkonstruktion lässt meiner M e i n u n g nach die Gründe, w a r u m bei gleichen T y p e n zwei verschiedene Konstruktionsarten v o r k o m m e n , besser erkennen. Die innerhalb der G r u p p e n verwendete dezimale Klassifikation bindet einerseits bestimmte G r u p p e n z u sammen, z . B . als G r u p p e 5.1-17 alle zurzeit in A u g s t belegten T y p e n der Hülsenscharnierfibeln, u n d ermöglicht anderseits bei jeder der G r u p p e n eine beliebige E r weiterung der T y p e n ( z . B . 5.18, 5.19 usw.). Gleicherweise lässt sich jeder T y p i n eine beliebige Z a h l v o n Varianten untergliedern, z . B . 5.2.1-4. Diese nur scheinbar auf die Verschlussvorrichtung beschränkte Einteilung nach Konstruktionsprinzipien führt zwangsläufig auch z u Ergebnissen in geographischer und chronologischer H i n s i c h t :

Abgesehen v o n Gruppe 1 (mit der zeitlosen und einfachen, eingliedrigen Konstruktion) und Gruppe 8 (eine spezielle Fibelkategorie) sind b z w . bleiben die G r u p p e n entweder regional und/oder chronologisch mehr oder weniger eng eingegrenzt. Gruppe 2: D e r die Spiralsehne festhaltende H a k e n ist eine Erfindung der augusteischen Zeit, die über das 1. Jahrhundert nicht hinausgeht. Gruppe 3: D i e zweiteilige Spiralkonstruktion ist i m provinzialrömischen Gebiet erst seit dem Ende des 1. Jahrhunderts nachweisbar; sie bleibt dann bis i n spätrömische Zeit in G e b r a u c h . Ihr Schwerpunkt liegt z u allen Zeiten i m freien Germanien und den angrenzenden G e bieten der römischen Provinzen. Gruppe 4: Ähnlich wie bei G r u p p e 2 formt sich i n augusteischer Zeit, vielleicht aus den zweilappigen K a p pen, die als Schutz der Spiralrolle schon in der Mittel latène-Zeit bekannt waren, eine walzenförmige Spiralhülse, die i n ihrer geschlossenen F o r m nur i m 1. Jahrhundert nachzuweisen ist. Diese G r u p p e ist charakteristisch für die gallischen Gebiete (Gallien bis z u m R h e i n ; sonst selten). Gruppe 5: A u s Italien (?) stammt die beliebteste Verschlussform der provinzialrömischen F i b e l n , das Hülsenscharnier, das für die Bügelfibeln von der frühen K a i serzeit bis z u m Beginn des 2. Jahrhunderts charakteristisch ist. Ausserhalb des römischen Reiches u n d nach der genannten Zeit k o m m t diese K o n s t r u k t i o n nur ausnahmsweise vor. Gruppe 6: E t w a gegen Ende des 2. Jahrhunderts entsteht - vielleicht i m Zusammenhang mit einer Änderung in der Fibelherstellung - das Röhrenscharnier (vgl. S.00), das i n mittel- u n d spätrömischer Zeit die einzige nachweisbare Scharnierform bildet. W i e das Scharnier im allgemeinen beschränkt sich diese K o n s t r u k t i o n auf die römischen Provinzen. Gruppe 7: D i e Backenscharnierkonstruktion läuft bei den Scheibenfibeln mit dem Hülsenscharnier zeitlich etwa parallel; bei den Bügelfibeln löst sie dieses - nach entsprechender Formänderung - sogar ab. Sie ist für provinzialrömische Scheibenfibeln des 1. und 2. Jahrhunderts charakteristisch u n d ausserhalb der römischen Provinzen nicht beliebt.

Konstruktion der Fibeln

D i e z u r Römerzeit i n A u g s t u n d Kaiseraugst getragenen Fibeln lassen sich aufgrund ihrer technischen K o n struktion i n drei Kategorien m i t insgesamt acht G r u p pen einteilen (Abb.l):

32,6%

Spiralfibeln Gruppe 1 eingliedrige Fibeln mit vier W i n d u n g e n u n d unterer Sehne Gruppe 2 eingliedrige Fibeln mit oberer Sehne u n d Sehnenhaken Gruppe 3 zweigliedrige Fibeln mit Spiralhalter Gruppe 4 zweigliedrige Fibeln mit Spiralhülse

7,4 %

7,3 %

2,6%

Gruppe 5 Hülsenscharnierfibeln Gruppe 6 Röhrenscharnierfibeln Gruppe 7 Backenscharnierfibeln

Fibeln mit Drehverschluss

D i e Spiralrolle, die beidseits des Bügels aus je zwei oder mehr gegenläufigen Windungen besteht, ist i n folgender Weise aus D r a h t hergestellt: Zuerst w i r d der D r a h t a u f der einen Seite des Bügels i n Windungen gelegt, nachher ober- oder unterhalb des Bügels auf die andere Seite geführt, w o er die andere Hälfte der Spirale bildet u n d d a n n in die N a d e l ausläuft (vgl. Drescher 1955, 340ff.). D i e Sehne verleiht der Spiralrolle den notwendigen H a l t . D i e A r t u n d Weise, wie die Sehne geführt u n d - bei G r u p p e 2 - befestigt w i r d , ist bestimmend für die G r u p p e n 1 u n d 2 der (einteiligen) Spiralfibeln. Eine separat gearbeitete Spiralrolle (mit Nadel), unverdeckt oder i n einer Hülse eingeschlossen, charakterisiert die G r u p p e n 3 u n d 4 der (zweiteiligen) Spiralfibeln. Gruppe 1

15,3%

63,4%

Scharnierfibeln

Spiralfibeln

44,7 % 4,2 %

A l l e 10 T y p e n dieser G r u p p e besitzen 4 Windungen u n d untere Sehne. D i e kurze eingliedrige Spirale setzt die latènezeitliche Tradition fort, bevorzugt j e d o c h i m U n terschied z u dieser die untere Sehne. D e r Spiraldraht ist i m Querschnitt r u n d ; eine A u s n a h m e bildet T y p 1.4 mit kantigem D r a h t . Gruppe 2

14,5 %

4%

Gruppe 8 Ringfibeln und Omegafibeln

Spiralfibeln u n d Scharnierfibeln, die beiden wichtigsten Kategorien, unterscheiden sich, wie schon ihre Bezeichnung verrät, durch eine verschiedene K o n s t r u k t i o n der Verschlussvorrichtung, d . h . i n der A r t der Nadelfeder u n g : Bei der Spirale - eigentlich handelt es sich u m eine Wendel u n d nicht u m eine «Spirale», wie der Archäologe sagt - erzeugt die federnde Spiralrolle, die mit der N a d e l aus einem Stück besteht, die für den Verschluss notwendige Spannung der N a d e l . B e i m Scharnier bewegt sich die separat gearbeitete N a d e l frei auf der Scharnierachse. Ihre Federung verdankt sie einem dornartigen F o r t satz a m durchlochten Plättchen des i m Scharnier befestigten Nadelendes, durch den die N a d e l v o n der Fibel weggedrückt b z w . i n die Nadelrast gepresst w i r d . Während das Spiralsystem bereits den vorrömischen K u l t u r e n bekannt ist u n d v o n diesen übernommen wurde, ist das Scharnier eine römische (?) oder d o c h sicher eine i m Mittelmeerraum gemachte Erfindung. Diese A b stammung erklärt vielleicht die Tatsache, dass das Scharniersystem i n den germanischen Gebieten keine Verbreitung gefunden hat.

W i e bei G r u p p e 1 ist die K o n s t r u k t i o n eingliedrig, d.h. Spirale, N a d e l u n d Sehnenhaken bestehen mit der übrigen F i b e l aus einem Stück. D i e auf der Oberseite des Bügels durchgezogene Sehne w i r d durch einen Sehnenhaken festgehalten. D i e Spiralrolle besteht aus 8 W i n dungen; kleinere Exemplare i n A u g s t weisen nur 6 W i n dungen auf. D e r Spiraldraht ist immer rundlich. D i e Spiralrolle ruht i n der Regel auf einer sog. Stützplatte, einer länglich-viereckigen Platte auf, die sich a m K o p f e n d e des Bügels befindet (zu einer i n Germanien entwickelten Serie v o n Spiralfibeln ohne Stützplatte v g l . G r u p p e 3). D e r Sehnenhaken, dessen Erfindung den K e l t e n z u geschrieben w i r d , entwickelt sich in der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n . C h r . z u voller Blüte. E r ist vorwiegend drahtformig, ausnahmsweise flach ausgehämmert (vgl. T y p 2.2.2). V o n dieser A u s n a h m e f o r m könnte ein W e g Abb. 1 Konstruktionsschemata der Augster Fibeln: Gruppe 1 eingliedrige Spirale Gruppe 2 eingliedrige Spirale mit Sehnenhaken Gruppe 3 Typen 3.1-13 und 21 zweigliedrige Spirale (bei Bügelfibeln) Gruppe 3 Typen 3.14-21 zweigliedrige Spirale (bei Scheibenfibeln) Gruppe 4 Typen 4.1-9 Hülsenspirale Gruppe 4 Typen 4.5 und 8 ((Kästchenhülse» Gruppe 4 Typen 4.(10)-11 offene Hülse Gruppe 5 Hülsenscharnier Gruppe 6 Röhrenscharnier Gruppe 7 Backenscharnier Gruppe 8 Drehverschluss

zur sog. Sehnenkappe der norisch-pannonischen T y p e n 2.9-10 führen, die sich in ihrer ganzen Breite mit dem Stützplattenrand verbindet u n d einen Teil der Spiralrolle mit der Sehne einschliesst.

Gruppe 3 Eine zweigliedrige Spiralfibel besteht aus dem Bügel, an dessen K o p f ein i n der Fibelachse stehendes, quer d u r c h lochtes Plättchen, der sog. Spiralhalter b z w . Achsenträger, herausgeschmiedet ist, sowie aus einer Spiralrolle, die aus einem separaten D r a h t gewunden ist und i n die N a d e l ausläuft. Diese beiden Teile sind d u r c h einen z u meist aus Eisen bestehenden Stift miteinander verbunden. A u f der vorderen b z w . hinteren Seite des Spiralhalters findet sich i n der Regel ein Einschnitt oder ein hakenartiger Fortsatz - bei A l m g r e n N r . 109 ist es ausnahmsweise ein L o c h - , in dem die Sehne durchgezogen ist. A u c h bei den zweigliedrigen Spiralfibeln ruht die Spiralrolle z u m Teil auf einer Stützplatte auf. Oft w i r d diese aber auch weggelassen, so dass die Spiralrolle direkt auf dem Bügelkopf aufliegt. L a u t A l m g r e n 30 erscheint die Stützplatte zuerst bei den (noch eingliedrigen) germanischen F i b e l n mit sackförmigem K o p f , einer Spätform der kräftig profilierten Fibeln (unser T y p 3.1). D e r K o p f der F i b e l n , i n der F o r m eines Sackes oder konischen K n o t e n s , w i r d später hinten scharf abgeschnitten, u m so der oft langen Spiralrolle H a l t z u gewähren (vgl. etwa die Fibel 280). D i e zweigliedrige K o n s t r u k t i o n ermöglicht die Verwendung auch v o n sehr langen Spiralrollen. D i e Spiralsehne k a n n ober- oder unterhalb der R o l l e verlaufen: Obere Sehne zeigen die Bügelfibeln. D i e untere Sehne, die sog. A r m b r u s t k o n s t r u k t i o n , k o m m t bei den Scheibenfibeln vor, ausnahmsweise auch bei Bügelfibeln mit Kopfplatte (Typen 3.12-13), deren Spirale ähnlich wie bei den Scheibenfibeln unterhalb einer Scheibe befestigt ist; auf die Verwandtschaft der Kniefibeln ( T y p 3.12) mit den Scheibenfibeln hat bereits A l m g r e n 246 aufmerksam gemacht. Bei den Bügelfibeln ist es oft schwierig, allein v o n der Vorderansicht her z u entscheiden, ob ein- oder zweigliedrige K o n s t r u k t i o n vorliegt, d a die Sehne mit dem Sehnenhaken dem Betrachter keinen Aufschluss über die Konstruktionsweise gibt. D e r Rollenstift w i r d m a n c h m a l wie beim Hülsenscharnier und vielleicht durch den Einfluss der Aucissafibeln ( T y p 5.2) mittels Knöpfen festgehalten. D i e zweigliedrige K o n s t r u k t i o n ist einerseits vielen T y p e n v o n A n f a n g an eigen, andererseits löst sie bei langlebigen, d . h . über einen grösseren Z e i t r a u m hinweg produzierten T y p e n die ältere einteilige K o n s t r u k t i o n ab, wie etwa der Vergleich der T y p e n 2.9 b z w . 2.10 mit den T y p e n 3.1 b z w . 3.3 zeigt. Sie verdankt ihre Entstehung w o h l einer Vereinfachung der Herstellungsweise, vielleicht auch dem W u n s c h nach einer längeren Spiralrolle. Ausser den beiden genannten G r u n d f o r m e n der zweigliedrigen Spiralkonstruktion, bei denen die R o l l e n sehne ober- b z w . unterhalb der Spiralrolle i n einem E i n -

schnitt festgehalten w i r d , entwickelten sich i m freien Germanien u n d i n den benachbarten Grenzgebieten des römischen Reiches in spätrömischer Zeit weitere V a rianten dieser K o n s t r u k t i o n , v o n denen hier nur die i n Augst vertretenen angeführt werden: Bei der Spiralkonstruktion mit unterer Sehne (vgl. T y p 3.8) k a n n diese in einem weiten halbkreisförmigen Bogen verlaufen und durch ihr A u f r u h e n auf der Bügelunterseite die Federung der Spirale hervorrufen. D i e gleiche K o n s t r u k t i o n findet sich auch bei den Bügelknopffibeln, ist aber bei den A u g ster Exemplaren ( T y p 3.11) i n keinem Falle mehr erhalten. Bei einigen spätrömischen Fibeltypen fällt der Spiralhalter (Achsenträger) weg u n d w i r d d u r c h eine umgebogene Lasche des verlängerten Bügels ersetzt; die darunter gezogene Sehne erzeugt die notwendige Federung (vgl. N r . 287 u n d T y p 3.10). Eine Eigenheit der englischen Bügelfibeln ist die aus dem Spiraldraht ausgezogene Schlinge i n der Mitte der Spiralachse. Dieses u n d andere M e r k m a l e der Spiralkonstruktion werden i n E n g l a n d auch bei Scharnierfibeln imitiert (vgl. S. 15).

D i e zweiteilige Spiralkonstruktion mit Spiralhalter taucht schon i m letzten Viertel des 1. Jahrhunderts auf ( z . B . C a m b o d u n u m 76: kräftig profilierte Fibeln aus spätflavischer Zeit); eine weite Verwendung findet sie aber erst i m 2. u n d i n den nachfolgenden Jahrhunderten. Sie ist i m freien Germanien und - innerhalb des römischen Reiches - vor allem i n den daran angrenzenden Gegenden (Limes, N o r i c u m u n d Pannonien) verbreitet. In Britannien, w o die einheimische Tradition der Spiralkonstruktion stark verwurzelt blieb, k o m m e n Spiral- u n d Scharnierfibeln nebeneinander v o r , d o c h w i r d die Spiralfibel bevorzugt.

D i e Spiralkonstruktion bei den Scheibenfibeln (Typen 3.14-21): W i e schon erwähnt zeigen Scheibenfibeln mit Spiralverschluss die sog. A r m b r u s t k o n s t r u k t i o n mit untergeführter Sehne. Eine Trennung der Scheibenfibeln nach der K o n s t r u k t i o n liefert Anhaltspunkte für ihre chronologische und geographische Stellung: Bei den Scheibenfibeln taucht die Spirale anscheinend später auf als bei den Bügelfibeln, d . h . wahrscheinlich i n der 1. Hälfte des 2. Jahrhundets. Scheibenfibeln, die n o c h i m 1. Jahrhundert auf römischem G e biet erzeugt wurden, werden demnach durchwegs mit Scharniervorrichtung versehen gewesen sein. Im 2. Jahrhundert sind es wiederum die an das freie Germanien angrenzenden Gebiete, wo sich bei Scheibenfibeln - wie bei den Bügelfibeln - die Spirale gegenüber dem Scharnier behauptete, wogegen die westlichen, gallischen P r o v i n zen und das Rheingebiet das Backenscharnier bevorzugen. So beträgt i n A u g s t das Verhältnis zwischen Scheibenfibeln mit Backenscharnier (Gruppe 7) z u solchen mit Spiralkonstruktion (Typen 3.14-21) 19:1 ( 9 5 % : 5 % ) . D a r u m müssen letztere als Importstücke aus nördlicher b z w . östlicher gelegenen Reichsgebieten angesehen werden.

Bei einigen T y p e n des 2. Jahrhunderts wurde nebeneinander sowohl Spirale wie auch Scharnier verwendet (Beispiele bei Exner Taf. 12-14 u n d Böhme N r n . 980-1004). In der zweiten Hälfte des 2. und i m 3. Jahrhundert verläuft die E n t w i c k l u n g zugunsten der Spirale: T y p e n wie z. B . 3.18-19 k o m m e n ausschliesslich mit Spiralkonstruktion vor. D i e N a d e l der Spiralkonstruktion wurde aus D r a h t , zusammen mit der Rolle, hergestellt u n d verläuft immer gradlinig. I m Gegensatz zur separat erzeugten N a d e l der Scharnierfibeln w i r d sie nie gebogen (vgl. S. 16). A u s diesem G r u n d e ist die Spirale für Scheibenfibeln, besonders wenn diese ganz flach sind, wenig geeignet, d a z w i schen der Platte der Fibel u n d der N a d e l nur wenig R a u m z u m Fassen des Stoffes bleibt (Abb. 20). D a die Spiralnadel (aus technischen Gründen?) nicht gebogen werden k a n n , muss der Nadelhalter erhöht werden. So entsteht ein grösserer Z w i s c h e n r a u m zwischen Platte und N a d e l . D a die K o n s t r u k t i o n bei den Scheibenfibeln immer unsichtbar bleibt, spielt sie bei der Formgebung keine Rolle. Eine A u s n a h m e bilden die Tierfibeln, die eher als Bügelfibeln mit sichtbarer Spiralvorrichtung gestaltet sind (vgl. T y p 3.21.1). Bei einigen Fibeln ist eine U m a r b e i t u n g v o n Scharnier- zur Spiralkonstruktion festzustellen (Böhme 105, N r . 977). Imitationen der Spiral- und Scharnierkonstruktion bei britannischen Fibeln des 1. und 2. Jahrhunderts: A l s «insulare» Besonderheit könnte das Verhalten z u m Scharniersystem i n Britannien bezeichnet werden. D o r t k o m m e n einerseits wie i n Gallien das Hülsen- u n d Bakkenscharnier v o r , andererseits bleibt die Spiralkonstruktion so beliebt und derart stark verwurzelt, dass sie sogar bei Scharnierkonstruktionen imitiert w i r d : a) durch K e r b e n i n der Scharnierhülse werden die Windungen einer Spiralrolle vorgetäuscht (Fibeln 1391, 1393); b) die Spiraldrahtöse w i r d bei Scharnierfibeln als mitgegossene Öse imitiert (Fibel 1391).

Gruppe 4 D i e Hülsenspiralfibeln sind zweigliedrig: der eine Teil ist die eigentliche Fibel, an deren Bügelkopfende zwei gleichgrosse eckige L a p p e n zur Hülse ausgeschmiedet werden (vgl. S. 36), in der die Spiralrolle eingeklemmt ist. D i e Verbindung der beiden L a p p e n bleibt entweder als Spalte offen oder w i r d zusammengelötet. D i e walzenförmige, zylindrische Hülse umschliesst die Spiralrolle mitsamt der Sehne und klemmt diese derart fest ein, dass die N a d e l federt. D i e Spiral- oder Rollenhülse gilt als Erfindung augusteischer Zeit. Ihr Z w e c k besteht darin, der Spiralrolle einen festen H a l t z u geben, fehlen ihr d o c h sowohl Sehnenhaken wie auch Spiralachsenhalter der vorangehenden G r u p p e n . Zeitlich laufen die Hülsenspiralfibeln mit G r u p p e 2 etwa parallel. M a n könnte Sehnenhaken b z w . Rollenhülse als zwei L i n i e n einer E n t w i c k l u n g ansehen, die der Spiralrolle grössere Festigkeit z u geben

suchte. D i e Entstehung der Spiralhülse spiegelt sich vielleicht i n einer Serie v o n Fibeln augusteischer Zeit (unseres T y p s 4.5.3) aus Argentomagus (ebd. Taf. 10-11), die einerseits durch Sehnenhaken befestigte (ebd. Taf. 10, 88.89.91.93), andererseits durch eine halbe Hülse «geschützte» Spiralrollen (ebd. Taf. 10, 94; 11, 9 5 - 9 8 ) aufweisen. Für T y p 4.5.4 ist charakteristisch, dass die Spalte zwischen den beiden Hülsenkanten offen bleibt u n d breiter ist als üblich, so dass die R o l l e hinten z . T . unverdeckt ist (frühe Stufe der Hülsenentwicklung?). D i e Hülsenrollen waren seitlich zuweilen (oder immer?) durch ein rundes Plättchen verschlossen. Ausnahmsweise finden wir - i n A u g s t bei den T y p e n 4.5 u n d 4.8 - die sog. Kästchenhülse (nach Ettlinger 83). Sie besteht aus einem viereckigen Blech mit seitlichen L a p p e n , w i r d v o n vorne an die Spiralrolle gelegt u n d an allen vier Seiten umgeschlagen (Abb.l). D i e Spiralhülse war entweder glatt oder mit Rillen an den E n d e n b z w . Rillen oder Leisten entlang des Bügelansatzes schlicht verziert. Bei bestimmten T y p e n bildete sie j e d o c h die Basis für eine reiche Verzierung mit eingravierten linearen M u s t e r n aus strahlenförmigen L i n i e n und Punkten ( N r n . 532.534) oder unechtem «Filigran»muster ( T y p 4.3). D i e Hülsenspirale k a n n als ein ausschliesslich westliches, gallorömisches Produkt vorwiegend des 1. Jahrhunderts angesehen werden. In späterer Zeit wurde sie, in veränderter F o r m u n d i n anderen Gebieten (Limes, Donauprovinzen), bei bestimmten Fibeltypen wiederverwendet. So erscheint i m 2. Jahrhundert eine K o m b i nation der Hülse mit der Spiralachse: eine halbe Hülse ist seitlich in Plättchen ausgeschmiedet, die durchlocht sind und eine Spiralachse halten ( T y p 4.9).

Scharnierfibeln Scharnierfibeln sind stets zweiteilig konstruiert. D a s Scharnier mit seiner auf einem Scharnierstift frei beweglichen, i m Verschluss federnden N a d e l ist ein Fibelverschluss, der i n frühaugusteischer Zeit mit der A u c i s s a f i bel und ihren V o r f o r m e n auftaucht u n d i m Laufe des 1. Jahrhunderts i m provinzialrömischen Bereich fast alle anderen Verschlussformen i n den Hintergrund drängt. Sein Einfluss ist über die Grenzen des Imperiums hinaus spürbar. Weiter d a v o n entfernt hat die Spiralfederung ihren V o r r a n g behalten. W i r unterscheiden drei F o r m e n des Scharniers: Hülsenscharnier, Röhrenscharnier u n d Backenscharnier. N a c h dem mir bekannten Material werden die beiden frühkaiserzeitlichen Scharniersysteme, das Hülsen- u n d das Backenscharnier, i m V e r l a u f des 2. Jahrhunderts aufgegeben. D a s Backenscharnier w i r d am Ende des Jahrhunderts durch die A r m b r u s t s p i r a l k o n s t r u k t i o n sukzessive abgelöst. D a s Hülsenscharnier verschwindet in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts u n d erscheint nach einer längeren Zeit des Unterbruchs, für die m i r keine Belege bekannt sind, in den Jahrzehnten u m 200 wieder, nunmehr aber - in veränderter F o r m u n d technisch anders hergestellt - als Röhrenscharnier.

D a s Hülsenscharnier (Gruppe 5) D a s Hülsenscharnier besteht aus einer schmalen Hülse a m K o p f e n d e des Bügels, die aus einer viereckigen Blechplatte herausgeschmiedet und dann zusammengerollt ist. In einem i n der Mitte herausgeschnittenen Schlitz w i r d die mit einem D o r n versehene N a d e l eingesetzt u n d durch eine meist eiserne A c h s e , die durch die ganze Hülse läuft, festgehalten. A n ihren Enden steckten bei den Aucissafibeln und ihren frühen Nachfolgern jeweils Knöpfe, die die Scharnierachse festhielten; später wurde die Scharnierachse in die Hülse eingeklemmt u n d benötigte keine Knöpfe mehr (Abb. 31). D i e N a d e l trägt an ihrem durchlochten ovalen Plättchen stets einen dornartigen Fortsatz, der gegen den F i b e l k o p f anschlägt u n d durch diesen Widerstand die Federung hervorruft. D a s Hülsenscharnier k o m m t ausschliesslich bei Bügelfibeln vor u n d w i r d - i m Unterschied z u m Backenscharnier (s.u.) - immer als ein äusserlich bestimmendes G l i e d der F i b e l angesehen. D i e N a d e l ist primär geradlinig, biegt sich aber H a n d i n H a n d mit der Verflachung des Bügels nach aussen, u m zwischen Bügel u n d N a d e l weiterhin genügend Z w i s c h e n r a u m z u lassen. D a s Hülsenscharnier gilt als typisch römische K o n struktion. D i e Hülsenscharnierfibeln bilden i n A u g s t mit A b s t a n d die zahlenmässig grösste Gruppe.

D a s Röhrenscharnier (Gruppe 6) Im Unterschied z u m Hülsenscharnier, dessen Hülse aus einem viereckigen Blechplättchen eingerollt wurde, handelt es sich bei dieser G r u p p e u m massive durchlochte (gegossene) b z w . hohle (in der Regel w o h l gelötete) Scharnierarme i n F o r m einer zweiteüigen, d . h . durch den Nadelschlitz unterbrochenen Röhre. D a s Scharniersystem selbst funktioniert wie das der G r u p p e 5. D i e Scharnier arme sind jedoch gegenüber denen des Hülsenscharniers immer massiver u n d verlängern u n d verdikken sich i m L a u f e der Zeit: a m Ende stehen die massiven b z w . hohlen Querarme der Zwiebelknopffibeln. Bei diesen w i r d die A c h s e , anders als bei den (früheren) A u c i s safibeln und den (zeitgleichen) BügelknopfTibeln, nicht durch seitliche Knöpfe festgehalten, sondern ist i n den durchbohrten (!) «Knöpfen» aussen festgeklemmt u n d bestimmt d a d u r c h vielleicht das Aussehen der «Zwiebelknöpfe» (Abb.31). D i e Knöpfe der Zwiebelknopffibeln stehen i n ihrer K o n z e p t i o n den (nur dekorativ) eingeschnürten Querarmenden des T y p s 6.4 viel näher als richtigen Knöpfen. D i e N a d e l hat die gleiche F o r m wie bei G r u p p e 5. Zuweilen besitzt sie jedoch keinen dornartigen Fortsatz u n d k a n n demnach nicht federn, so dass Sicherungsmassnahmen gegen das Herausgleiten der N a d e l aus der Nadelrast notwendig waren. Diese K o n s t r u k t i o n ist für die spätrömische Periode charakteristisch.

D a s Backenscharnier (Gruppe 7) D a s Backenscharnier erscheint i m Verlaufe der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts i m R h e i n l a n d u n d in Gallien u n d ist vielleicht auf ältere Traditionen zurückzuführen. J . F i l i p , D i e K e l t e n i n Mitteleuropa (Prag 1956) 103, A b b . 32, 1

veröffentlicht beispielsweise eine Mittellatèneflbel «mit Distelfuss», an der eine A r t Backenscharnier Vorrichtung z u sehen ist; auf dem Scharnier sitzt eine sechsfache Spiralrolle, die keinem Z w e c k dient (ähnlich auch ebd. A b b . 32, 2). D a s Backenscharnier besteht aus zwei kleinen parallel stehenden durchlochten Plättchen («Backen»), z w i schen denen die N a d e l eingesetzt u n d auf einer meist eisernen A c h s e befestigt w i r d . D a s M e r k m a l dieser Scharnierform ist, dass sie stets auf der Unterseite der F i bel angebracht ist, i n der A u f s i c h t also unsichtbar bleibt und für das Aussehen der F i b e l bedeutungslos ist. D i e F i bel selbst k a n n mit viel grösserer Freiheit, fast ohne Rücksicht auf den Verschluss, gestaltet werden. D a s Backenscharnier w i r d ausschliesslich für p r o vinzialrömische Scheibenfibeln u n d ihre Verwandten (Fibeln mit Kopfplatte) verwendet, bei denen die K o n struktion der Federung hinter einer Platte (Scheibe oder Kopfplatte) versteckt w i r d . D i e zugehörige N a d e l ist wie bei den Aucissanachfolgern meist gebogen u n d besitzt die gleiche F o r m wie die der Hülsenscharnierfibeln.

Fibeln mit Drehverschluss

(Gruppe 8)

W i e Abb.l verdeutlicht, hielten die Ringfibeln auf eine ganz andere A r t u n d Weise als die anderen Verschlusskonstruktionen die Stoffteile z u s a m m e n : mit der frei beweglichen N a d e l wurden die Stofïlagen an der gewünschten Stelle durchstochen; der Fibelring ruhte d a bei, gleichsam als Griff, i n der H a n d , wurde dann derart über die eingesteckte N a d e l gelegt, dass deren Spitze zwischen die Öffnung des Bügels z u liegen k a m . Dieser wurde darauf - unter der Nadelspitze hinweg - u m (normalerweise wohl) 90° gedreht: der Stoff presste die N a del auf den Bügel und hielt die Fibel geschlossen.

Zu Nadelhalter

und Fussgestaltung

(Abb.2)

E i n unentbehrlicher Teil der Fibelkonstruktion der G r u p p e n 1-7 ist der Nadelhalter mit seiner Rast, in der die N a d e l beim Schliessen festhält. D e r Nadelhalter ist ein Element des Fibelfusses und bestimmt bei Bügelfibeln dessen Gestaltung. D i e wesentlichen F o r m e n der an den Augster und Kaiseraugster Fibeln v o r k o m m e n d e n Nadelhalter sind in Abb. 2 schematisch dargestellt. Sie sind mehrheitlich mit bestimmten F o r m e n der Verschlusskonstruktion gekoppelt, d . h . für bestimmte G r u p p e n charakteristisch; eine Minderheit k o m m t unabhängig v o n der K o n s t r u k tion bei mehreren G r u p p e n vor. N u r bei den eingliedrigen Fibeln der G r u p p e 1 tritt der drahtförmige Fuss auf ; die Nadelrast entsteht aus einem breitgehämmerten u n d eingebogenen Drahtabschnitt (Abb. 2 a-b). Bei den G r u p p e n 2 und 4 finden sich vorwiegend die mächtigen rahmenförmig oder ornamental durchbrochenen Nadelhalter (Abb. 2 c-h), zuweilen jedoch auch gefüllte Nadelhalter (Abb. 2 l). Für die G r u p p e n 5 und 7 sind die plattenförmigen, drei- bis viereckigen Nadelhalter charakteristisch, die

a

i

b

k

1

m

n

o

p

Abb. 2 Formen der Nadelhalter der Augster Fibeln: umgeschlagener Fuss (a-b), durchbrochener Nadelhalter (c-h), gefüllter Nadelhalter (i-p), Röhrenfuss (q-s). M. 2:3.

Abb. 3 Nadelhalter mit Nadelsicherung Fliege an der Fibel 1419. M. 2:1.

in Form einer

meistens gefüllt sind, ab u n d z u auch eine einfache D u r c h l o c h u n g aufweisen. W e l c h e m Z w e c k e diese

Löcher gedient haben, ist bisher nicht gedeutet worden, z u m a l auch nirgends die Spur eines zugehörigen Stiftes vorhanden ist. O b trotzdem in den Löchern ähnlich wie bei der Fibel 1419 (Abb. 3) ehemals ein Stift zur Sicherung der N a d e l steckte, steht offen. Bei G r u p p e 3 sind die Nadelhalter nicht v o n einheitlicher F o r m . Neben vereinzelten rahmenförmig durchbrochenen und gefüllten k o m m e n in der M e h r z a h l hohe Nadelhalter (Abb. 2 n-o), an zweiter Stelle hakenförmige (Abb. 2 p), vereinzelt auch röhrenförmige (Abb. 2 s) vor. D i e Fibeln der G r u p p e 6 sind mit wenigen A u s n a h men, die hohe Nadelhalter zeigen (Abb. 2 n\ mit scheiden- b z w . röhrenförmigen Füssen versehen. Bei den röhrenförmigen Füssen mit der nicht federnden N a d e l war eine Sicherung gegen das Herausgleiten der N a d e l notwendig (S. 169 und Abb. 30b-c). Für die Scheibenfibeln k o m m e n Nadelhalter wie Abb. 2 m und p in Frage, letztere nur bei solchen mit Spiralkonstruktion.

Formen D i e Augster Fibeln lassen sich nach ihrer G e s a m t f o r m die einzelnen Formelemente werden bei den Typenbeschreibungen (S. 53 ff.) behandelt - folgendermassen aufgliedern: Fibeln geometrischer

96,7%

Form:

Bügelfibeln Scheibenfibeln Ringfibeln Fibeln gegenständlicher

80,2% 12,5% 4,0% 3,3%

Form:

sog. Figurenfibeln (Menschen, Tiere) Bügelfibeln Scheibenfibeln

0,1% 2,0%

übrige (Geräte, Gefässe u. a.) Bügelfibeln Scheibenfibeln

Abb. 4 Vergleichsfunde vasso (c). M. 2:3. Vgl.

0,1% 1,1%

zu den frührömischen Katalog.

Bügelfibeln

a) Fibeln geometrischer

Form

Bei den geometrischen Fibeln weisen die drei vorhandenen F o r m e n , v o n A u s n a h m e n abgesehen, auch eine verschiedene K o n s t r u k t i o n auf: D i e Bügelfibel besteht aus einem länglichen, mehr oder weniger (bei T y p 5.17 ausnahmsweise geometrisch) gebogenen Bügel, aus einem K o p f , der die K o n s t r u k t i o n (Spirale, Scharnier) enthält und aus einem Fuss, der entweder glatt abgeschnitten oder v o n einem K n o p f abgeschlossen ist. A m Fuss sitzt der Nadelhalter (vgl. Abb. 2). Z w i s c h e n Bügel und K o p f k a n n ein Zwischenglied, die K o p f p l a t t e , eingeschoben sein. Diese Bezeichnung trägt auch ein quer z u m Bügel gestelltes Plättchen, auf dessen Unterseite die Verschlusskonstruktion befestigt ist. D i e N a d e l ist entweder mit der Spiralrolle verbunden oder dreht sich u m die Scharnierachse.

184,213 und 527: aus Basel (a), Pyrmont (b) und

Orna-

D i e Scheibenfibel besteht aus einer «Scheibe», auf deren Unterseite die Verschlussvorrichtung angebracht ist. D i e Scheibe k a n n ganz beliebig gestaltet werden. D i e Verschlussvorrichtung bleibt dem Betrachter unsichtbar und ist für die F o r m der Scheibe unwichtig; anstelle eines Backenscharniers k a n n darum jederzeit eine Spiralkonstruktion gewählt werden. Die Ringfibel besteht aus einem offenen R i n g und einem D o r n . b) Fibeln gegenständlicher Form Bei den Fibeln gegenständlicher F o r m handelt es sich um Scheiben- und Bügelfibeln, die durch ihren U m r i s s und Details menschliche Figuren, Tiere, Geräte, Gefässe u. a. darstellen. T r o t z ihrer kleinen Z a h l seien einige allgemeine Überlegungen vorangestellt: Bekanntlich war in der antiken Welt u n d auch in der keltischen K u l t u r das Darstellen v o n Gottheiten, Tieren und Gegenständen eine weitverbreitete, lang anhaltende Erscheinung, die - meist v o n religiösen Vorstellungen bestimmt - sich nahezu auf alle Zweige der antiken K u n s t erstreckte. N u n sind z . B . Tierfibeln schon als eigenständige Fibelgattung betrachtet worden, die (typologisch) nicht auseinandergerissen werden sollte ( z . B . Jobst 113). D a Tierfibeln u n d gegenständliche Fibeln an sich in den römischen Provinzen fast z u allen Zeiten vork o m m e n , müssen sie nach anderen Kriterien und P r i n zipien bestimmt werden, u m zeitlich eingeordnet werden z u können. Letztlich stellen laut Ettlinger 127 u n d R i e c k h o f f 69 Fibeln gegenständlicher F o r m Scheiben dar, die i m Unterschied z u den geometrischen Fibeln einen asymmetrischen U m r i s s aufweisen, sonst jedoch in der A r t behandelt, konstruiert u n d verziert sind, die für eine bestimmte Epoche charakteristisch ist. D a r u m scheint mir bei der heutigen (so oder so künstlichen) U n terteilung der technische A s p e k t viel wichtiger z u sein als die thematische G r u p p i e r u n g : D i e technische G e staltung hat sich i m L a u f e der Jahrhunderte geändert, wogegen die Vorstellungen der Religion und des A b e r glaubens mehr oder weniger beständig blieben.

Abb.5 Vergleichsfunde zu den vollplastischen Tierfibeln Titelberg (b), aus Avenches (c) und Hüfingen (d). M.l:l.

D i e Figurenfibeln werden darum hier als dekorative «Scheiben» angesehen und wie alle anderen Fibeln in erster Linie nach dem Konstruktionsprinzip und erst d a nach nach ihrer F o r m und Verzierungsweise eingeteilt. So «zerfallen» sie z w a r in 7 T y p e n ( 3 . 2 0 - 2 1 ; 4.6; 7.22-25), d o c h wird ihre zeitliche Einordnung wesentlich erleichtert. Unterschiede in der Gestaltung werden sichtbar, so etwa i n der Plastizität: die Tiere der Tierfibeln des 1. u n d 2. Jahrhunderts bleiben flach oder halbplastisch und werden v o n der Seite oder in Aufsicht wiedergegeben; einzig der K o p f des Tieres k a n n vollplastisch dargestellt werden ( N r n . 1711-14. 1728. 1739. 1747). Später, vor allem i n spätrömischer Zeit, k o m m e n auch vollplastische Tierdarstellungen i n M o d e ( T y p 3.21). A u c h die K o n s t r u k t i o n unterliegt dem allgemeinen W a n d e l : i m 1. bis 2. Jahrhundert ist es das Backenscharnier, seit dem 2. Jahrhundert die Armbrustspiralkonstruktion, in spätrömischer Zeit ein Röhrenscharnier (vgl. V i n s k i 1967, Taf. 9, 1.4). D i e Spirale k a n n wie bei den Kniefibeln durch eine Kopfplatte verdeckt werden (Werner 1961, N r . 307). So sind K o n s t r u k t i o n , G e staltung (flach, reliefiert, plastisch) und Verzierung (Punzen, Einlagen) der Scheibe für die Datierung und oft auch die Lokalisierung der Fibeln entscheidend. D i e Motive selbst gehen lediglich auf gemeinsame gegenständliche Vorbilder (Tiere, Gerätschaften) zurück; als kunsthandwerkliche Erzeugnisse haben diese Fibeln wenig Gemeinsames. Z u den Figurenfibeln gehören in A u g s t : Typ Typ Typ Typ Typ

3.20 3.21 4.6 7.22 7.23

T y p 7.24 T y p 7.25

flache Figurenfibeln vollplastische Figurenfibeln (Abb. 5) vollplastische Figurenfibeln (Abb. 5) flache Scheiben mit Verzinnung schwach reliefierte Scheiben mit Nielloeinlagen flache Scheiben mit Pressblechauflage emaillierte Figurenfibeln

der Typen 4.6 (a-c) Vgl. Katalog.

und 3.21 (d): aus Alesia

(a),

vom

a

b

Abb.6 Vergleichsfunde zur Fibel 1708: aus Argentomagus aus Asciburgium (c). M.l.T. Vgl. Katalog.

Fibeln in Menschengestalt (Darstellungen v o n Gottheiten?) sind i m Verhältnis z u den anderen Figurenfibeln i m ganzen provinzialrömischen Gebiet sehr selten (Abb. 6). In A u g s t existieren insgesamt nur 4 Exemplare, eine stehende menschliche Gestalt ( N r . 1708) u n d drei Reiter ( N r n . 1728-1730). V g l . auch die F i b e l Abb. 6b, laut Dollfus eine männliche F i g u r , aufgrund ihres T o r ques eine Darstellung aus dem keltischen Bereich. D i e Augster Tierfibeln bringen die auf römischen F i b e l n üblichen Vertreter der Tierwelt: Pferd, H i r s c h , D a m hirsch, Hase, Panther, G e p a r d , D e l p h i n , F i s c h , Seepferdchen, P f a u , Taube. Die Tiere sind teils vollplastisch (Typen 3.20-21 ; 4.6), teils nur schwach reliefiert ( T y p 7.23) oder dann flächenhaft (Typen 7.22; 7.25) dargestellt. D i e Umrisse sind einfach; die Details der Tierkörper können d u r c h P u n zen ( T y p 7.22) oder eingelegte Niellostäbchen ( T y p 7.23) recht naturalistisch wiedergegeben werden. N u r bei den emaillierten Tierfibeln 7.25 sind weder Verzierung n o c h Farbgebung naturgetreu, sondern abstraktornamental wie bei den geometrischen Emailfibeln. A n gegenständlichen Motiven sind bisher unter den A u g ster Fibeln vertreten: Schuhsohle, A x t , Doppelaxt, R a d , A m p h o r e , Kasserolle u n d Efeu(?)blatt. Hier sei n o c h auf drei Fibeln i n F o r m stilisierter Schlangen hingewiesen, die wegen ihrer F o r m b z w . Ver-

c (a), aus Cracouville

f

Dép. Haute-Normandie

(b) und

zierung bei zwei noch nicht genannten T y p e n eingereiht sind: D i e als Ringfibel ( T y p 8.2.1) klassifizierte F i b e l 1827 und ein ähnliches Stück 1826 stellen eine zweiköpfige Schlange dar. Z w e i Schlangenköpfe sind auch bei der emaillierten Scheibenfibel 1614 ( T y p 7.13) z u einem R i n g verbunden. N i c h t als Figurenfibeln werden angesehen diejenigen Mischtypen, an denen Figuren als sekundärer, zusätzlicher Schmuck hinzutreten: a) Fibeln mit Löwenfigur als Bügelhals (Abb. 5) Bei den T y p e n 4.5.7 u n d 4.7 handelt es sich ähnlich wie bei T y p 4.6 u m eine vollplastische springende Löwenfigur, die mit den Hinterbeinen an der Hülse ruht u n d mit dem K o p f z u m Fibelfuss gerichtet ist. Diese Figuren sind entweder ziemlich naturgetreu dargestellt oder aber mehr oder weniger stark stilisiert, m a n c h m a l bis zur U n kenntlichkeit (durch Querleisten). In seltenen Fällen w i r d die Löwenfigur verdoppelt (2 Löwen a m Rücken verbunden), zuweilen w i r d sie mit Niello eingelegt (vgl. T y p 7.23). b) Tierkopffüsse D i e reliefierten Tierkopffüsse sind eine Besonderheit der Emailfibeln u n d k o m m e n sowohl bei Bügel- wie bei Scheibenemailfibeln vor (Gruppen 5 u n d 7). E i n Tierkopffuss stellt einen v o n der A u f s i c h t gesehenen, mehr oder weniger verflachten T i e r k o p f und -hals dar, der auf der Unterseite flach ist u n d mit dem Schnabel den Fussteil abschliesst. D i e A u g e n der Tiere sind gepunzt oder eingelegt. Beim Tierschnabel unterscheidet m a n entweder eine flache A b r u n d u n g oder eine als Fortsatz hinausragende Schnauze. A m H a l s u n d auch zwischen den A u gen ist oft d u r c h gravierte Strichelung das Fell angedeutet. D e r K o p f ist mehr oder weniger stilisiert: i m E x tremfall bedeuten zwei sich kreuzende Schräglinien auf einem abgerundeten A b s c h l u s s die ursprünglichen Trennlinien zwischen den A u g e n u n d d e m Schnabel b z w . H a l s . O b als Vorbilder H u n d e oder ähnliche Tiere gedient haben oder ob es sich u m Schlangenköpfe handelt (vgl. G r u p p e 8), k a n n nicht entschieden werden, jedenfalls deutet die Strichelung auf Fell h i n (so auch A . Riegl, Spätrömische Kunstindustrie [1927] 374). c) Vollplastische, drehbare Tierfigur

Abb. 7 Vergleichsfund zur Fibel 1728: aus Rottweil. M. 1:1. Vgl. Katalog.

Pantherfibel

N u r bei T y p 7.15 k o m m e n drehbare vollplastische Tierfiguren (Delphine) als Mittelzier v o r , die m a n c h m a l emailliert sind.

d) Figürlicher R a n d d e k o r Eine dekorative Randzier der Medaillons des T y p s 7.21 bilden schwach reliefierte F i g u r e n : menschlicher K o p f in Vorderansicht (1700), Delphine (1700-1702) u n d

Eicheln an langen S-förmig gebogenen Stielen (1705), eine merkwürdige Darstellung, hinter der, wie bei 1706, w o h l ursprünglich eine Tiergestalt (Schwan mit H a l s ? ) steht (vgl. 1720).

Grösse D i e grösste Augster Fibel misst 12,4 c m , die kleinste ca. 2 c m ( N r n . 161, 1647). D i e Grösse der einzelnen Fibeltypen hängt sicher auch v o n der jeweiligen Tracht ab. Bei nicht genähten Gewändern, Umhangmänteln usw. benötigte m a n genügend grosse Fibeln u m die zuweilen dicken Stoffe zusammenzufassen. Bei den kleinen B r o schen hingegen ist auch eine Verwendung als reiner (Tracht)schmuck anzunehmen (vgl. Abb.20 u n d S.41). Dass die K l e i d u n g und damit auch die Fibelmode Änderungen unterworfen ist, spiegelt sich a m Fibelbestand der während knapp 300 Jahren durchgehend besiedelten Zivilstadt A u g s t klar wieder. In der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts ist eine V o r liebe für verhältnismässig grossformatige T y p e n mit viel Stoff fassendem Bügel z u beobachten. Z u den grössten Fibeln in A u g s t gehören die Stücke des T y p s 2.2 aus dem ersten Viertel des 1. Jahrhunderts. D i e ungefähr gleichzeitigen Fibeln des T y p s 5.2 anderer Herkunft sind weniger gross, fassen j e d o c h mit ihrem hochgewölbten Bügel (Abb. 20) fast soviel Stoff wie die oben genannten. Für diese und ähnliche T y p e n darf m a n annehmen, dass

sie an der Schulter (?) Kleider u n d Mäntel v o n Männern (Soldaten u n d Angehörige der Zivilbevölkerung) und Frauen festhielten. V o n der Mitte des 1. Jahrhunderts an zeichnet sich i n Augst eine Tendenz zur Verkleinerung der Fibeln ab, die fortan nie mehr die Grösse der Gewandspangen der ersten Jahrhunderthälfte erreichen. E i n anderes B i l d zeigt dagegen der norisch-pannonische R a u m , w o n o c h i m 2. Jahrhundert grossformatige Fibeln getragen wurden (in Augst z . B . N r . 280), was mit der Tracht zusammenhängt ( G a r b s c h 1965). Parallel z u den funktionell getragenen grösseren Spangen gab es schon seit der Mitte des 1. und bis ins 3. Jahrhundert F i b e l n , die als Broschen bezeichnet werden können. Diese kleinen bis sehr kleinen Fibeln wurden von den F r a u e n vielleicht an der Brust getragen. Im Verlaufe der mittleren und späten Kaiserzeit setzen sich wieder vermehrt grossformatige Fibeln durch, die mit ihrem hochgebogenen Bügel ziemlich viel Stoff fassen konnten. Vielleicht zeichnet sich darin wiederum eine Änderung der Tracht ab.

Ornamentik In diesem A b s c h n i t t sollen durch Vergleiche ornamentaler M o t i v e gewisse Stilkreise mit gemeinsamen M o t i v e n einerseits, aber auch Richtungen mit abwechselnden Tendenzen andererseits erörtert werden. Im G r u n d e gen o m m e n k a n n die Ornamentik auf provinzialrömischen Fibeln des 1. Jahrhunderts n . C h r . als einfach u n d elementar bezeichnet werden. Erst i m 2. Jahrhundert findet m a n auch kompliziertere M u s t e r . D i e Ornamentik dient zur Belebung v o n Flächen durch L i c h t - oder F a r b w i r k u n g . Jenachdem werden z u diesem Z w e c k verschiedene Techniken u n d Materialien benützt: u m L i c h t w i r k u n g z u erzielen, werden Stempel, Gravierungen, P u n z u n g , Profilierung, Presstechnik, Relief u n d erhabene Elemente verwendet; der F ä r b Wirkung dienen A u f - u n d Einlagen aus andersfarbigem Material. Ornamentmuster H i e r soll die A u f m e r k s a m k e i t nur denjenigen ornamentalen Elementen gelten, die auf Augster Fibeln wiederholt v o r k o m m e n u n d für bestimmte T y p e n charakteristisch sind. Diese Dekorationselemente können folgendermassen klassifiziert werden: a) Einfache Einzelmotive, die durch einfaches bis mehrfaches A n b r i n g e n oder mit anderen Elementen

kombiniert Musterkompositionen bilden. Es k o m m e n v o r : Kreisfelder, Punkte, Kreissegmente, Rechtecke, Vierecke, Dreiecke, Spitzovale, S-Felder. Diese M o t i v e werden üblicherweise i n Reihen z u abstrakten M o t i v e n oder z u leicht abstrahierenden vegetabilen Ornamenten zusammengesetzt (s. u.). b) Lineare M u s t e r , die aus einfachen L i n i e n , Z i c k zack- oder Wellenlinien bestehen. Diese können auch z u Bandmotiven gruppiert werden. Hier ist besonders das Wellenornament (Abb. 8) hervorzuheben, das aus einem Wellenband zwischen zwei geraden Bändern besteht und als «roter Faden» an etlichen Augster Fibeltypen verfolgt werden k a n n . Sonstige Bandmotive sind der Perlstab, der nur bei frühen Fibeln auftritt ( T y p 5.2), u n d das Leitermuster, das vielleicht eine vereinfachte D a r stellung des Perlstabs ist. c) Kreismuster gestalten kreisförmige Flächen entweder durch konzentrische, segmentförmige oder strahlenförmige Unterteilungen. Dasselbe gilt auch für Flächen mit ovalem Grundriss. d) Abstrakt-vegetabile Ornamentik ist ein beliebtes M o t i v bei den provinzialrömischen Fibeln. Es k o m m e n stark stilisierte pflanzliche M o t i v e v o r , wobei schwer z u unterscheiden ist, welche Pflanzen als Vorlage dienten. Z w e i gegenständige Reihen v o n schräggestellten Längsrechtecken b z w . Strichen ergeben das sog. Tannen-

zweig (Fischgräten) -muster; dasselbe i m dreieckigem U m r i s s ergibt eine Palmette. Doppelreihen v o n Spitzovalen beidseits einer Mittellinie b z w . eines Kreises rufen die Vorstellung eines Blätterzweiges b z w . -kranzes hervor. d) Geometrische Muster treten, wenn auch i n sehr einfacher A r t , an den Augster Fibeln nur selten auf. E i n einfaches Netzmuster ist, in Einzelfällen, belegt (vgl. Abb. 10). D a s Schachbrettmuster (aus Vier- oder auch D r e i ecken) ist charakterisch für Farbwechsel (eingelegte Felder, v g l . Abb. 13). D a s Flechtbandmuster ist eine Spezialität britannischer Fibeln. Ornamentträger A l s Ornamentträger k o m m e n bei einer Fibel alle Teile i n F r a g e : Bügel, K o p f , Fuss, Nadelhalter, Hülse. Bügel: D i e üblichste F o r m eines Bügels ist, wie der N a m e schon verrät, draht- bis stabförmig u n d bietet so nur wenig Fläche für Ornamente. A u s diesem G r u n d e finden wir bei den draht- b z w . stabförmigen Bügeln der G r u p p e n 1, 2, 3, 6 u n d 8 höchstens einfache lineare u n d bandförmige M o t i v e wie Perlstab, Leitermuster, Wellenband, Bandmuster, Längsprofilierung. M i t der Verbreiterung des Bügels z u einem B a n d (Gruppen 4 u n d 5) bietet dieser eine bestimmte Fläche zur Verzierung durch lineare M u s t e r der oben genannten A r t e n . Im späteren 1. Jahrhundert tendiert die E n t w i c k l u n g z u zunehmend breiteren Bügeln, die durch Reihen v o n Einzelelementen, abstrakte u n d vegetabile Ornamente verziert werden können. Besonders die unter dem Einfluss der Scheibenfibeln (?) in verschiedene geometrische Flächen gegliederten Bügel ( T y p 5.17) bieten genügend u n d ebensoviel Fläche zur Gestaltung v o n Ornamenten wie die Scheibenfibeln (Gruppe 7). K o p f : D e r F i b e l k o p f b z w . die Kopfplatte werden zuweilen auch oder sogar allein verziert. D i e K r e i s a u gen (Gruppe 2, 3, 5) können z w a r k a u m der Ornamentik zugerechnet werden, d a sie, wie w o h l auch das D r e i -

eckmotiv bei T y p 2.1, eher apotropäische Zeichen waren. N u r ausnahmsweise verzieren andere M o t i v e die K o p f p l a t t e : Palmette, Punkte, einfache Ornamente (bei T y p 5.17). F u s s : Solange der Fuss schmal bleibt, w i r d er höchstens durch Profilierung verziert. A l s Unterlage für Ornamente dient nur der flächenhaft, z . B . trapezförmig (Gruppen 4 u n d 5) verbreiterte Fuss. Ausnahmsweise hat er bei G r u p p e 5 die F o r m eines Blattes, das durch ein vegetabiles M o t i v hervorgehoben w i r d . D i e Füsse des T y p s 5.17 sind v o n verschiedener geometrischer F o r m und tragen einfache Ornamente. E i n singuläres O r n a ment stellen zwei schräg gegeneinanderstehende nierenfbrmige Felder dar, die ein kreisförmiges F e l d umfassen; nach Ettlinger 120 handelt es sich u m die Stilisierung v o n zwei Delphinen mit einer K u g e l (vgl. 1703). Bei G r u p p e 6 ist der bandförmige Oberteil des Fusses oft der einzige Ornamentträger (Gruppen oder Reihen v o n L i n i e n , Grübchen b z w . Pelten). Nadelhalter: Ausnahmsweise trägt auch ein überdimensionierter Nadelhalter ornamentale Verzierung, in F o r m v o n gitterförmigen oder geometrischen D u r c h bruchmustern (Gruppen 2 u n d 4). Hülse: D i e Oberfläche der Hülse w i r d entweder durch lineare Elemente oder einfache Strahlenmuster verziert (Gruppe 4). Betrachtet m a n die Ornamentik der einzelnen Fibelgruppen, so muss den G r u p p e n 4, 5 u n d 7 besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. D i e Fibeln der T y p e n 4.5 u n d 4.6 bieten mit ihrer Scheibe («Distel») mehr Möglichkeiten für eine ornamentale Behandlung als schmale Bügel. D a die Scheibe vorwiegend rund ist, bestehen die M o t i v e aus Kreismustern (reliefierte b z w . durchbrochene Motive). E i n einfaches M o t i v , das bei diesem T y p regelmässig v o r k o m m t , ist das Z i c k z a c k muster. D i e «Durchbrechungen» der K r a n z a u f l a g e sind eigentlich dreieckige Ausschnitte, die erst durch A u f wölbung die F o r m eines halben Spitzovales erhalten,

Abb. 8 Wellenbandmuster auf Fibeln von Augst (a-i) und aus der Haute-Normandie (j-k, nach Dollfus).

der Einfachheit halber jedoch als « Wolfszahnmuster » bezeichnet werden. E i n fremdes Element bei diesem T y p ist die Doppelranke der F i b e l 535, die wahrscheinlich v o n G r u p p e 7 übernommen wurde. D i e G r u p p e n 5 u n d 7 sind d u r c h verwandte Ornamentik miteinander verbunden: neben gleichen linearen M u s t e r n , die d u r c h R i c h tungwechsel kontrastieren, finden sich übereinstimmende Bandornamente (Wellenband) und einfache vegetabile M o t i v e . Musterkompositionen aus Einzelmotiven k o m m e n erstmals bei den T y p e n 5.15-17 (mit Einlagen) vor. Beliebt sind i n Reihen angeordnete Vierecke, die auch mit Bandornamenten kombiniert werden. Für die Niellotechnik ist bezeichnend, dass immer nur einfache Einzelmotive (Felder) v o r k o m m e n , die nur ausnahmsweise z u einfachen Ornamenten gruppiert sind (Fibeln 574 u n d 1314). Durchbruchornamentik Bei der Durchbruchornamentik k o m m e n die ausgesparten M o t i v e als komplementäre (negative) Muster zur

Geltung. Durchbrucharbeit k o m m t an frührömischen Fibeln des 1. Jahrhunderts v o r : Nadelhalter der G r u p p e 2; bei T y p 5.7; durchbrochene Segmente bei den T y p e n 7.3-4; durchbrochene U m r a h m u n g bei der Fibel 1671. Seit der mittleren Kaiserzeit bilden die D u r c h b r u c h arbeiten, auch bei F i b e l n , eine beliebte Dekorationsart (Typen 3.18-19). D a b e i muss vor allem das sog. T r o m petenmuster hervorgehoben werden. D i e Durchbruchornamentik ist i n zwei grundsätzlich verschiedenen Techniken ausgeführt: Im Gegensatz z u den frührömischen Durchbruchmustern, bei denen es sich u m ausgestanzte Fläche i n Blech handelt, sind die jüngeren Durchbrucharbeiten gegossen. Fremdelement Ausserhalb des kontinentalen Formenkreises steht das Flechtbandmuster der F i b e l 1393, das bisher nur an F i beln britannischen Ursprungs auftritt u n d dort i n einheimischer Tradition steht. A l s unechtes Flechtmuster k a n n m a n eine auf der F i b e l 1428 angebrachte Reihe quergestellter Vierblätter bezeichnen.

Material und Oberflächenbelag V o n den 1837 Augster u n d Kaiseraugster Fibeln bestehen nur 9 Exemplare (4 aus Silber u n d 5 aus Eisen) aus einem anderen M a t e r i a l als Bronze.

Bronze Unter der Bezeichnung «Bronze» w i r d i m allgemeinen Buntmetall verstanden, dessen verschiedene Legierungen i n A u g s t nicht untersucht worden sind. D i e Oberflächen vieler Bronzefibeln sind mit einem Überzug aus anderem M e t a l l versehen: a) Verzinnung U m Bronzefibeln den A n s c h e i n v o n Silber z u geben, wurde bei bestimmten T y p e n die Oberseite der F i b e l mit einem Weissmetallüberzug versehen. Bei Fibeln aus C a m b o d u n u m wurde das Überzugsmaterial d u r c h U n tersuchungen als Z i n n identifiziert (ebd. 77). Bei den provinzialrömischen Fibeln v o n A u g s t u n d Kaiseraugst existieren bestimmte T y p e n , für die V e r z i n nung charakteristisch ist: 3.13; 3.20; 5.5-18; 6.4; 7.1-7, 21-22. D i e Behandlung der Oberfläche mit Z i n n war in frührömischer Zeit i n den Provinzen weit verbreitet. D i e meisten Scharnierfibeln (mit Hülsen- u n d Backenscharnier), mit A u s n a h m e der A u c i s s a - und z. T . der E m a i l f i beln, besassen ehemals einen Weissmetallüberzug. Dies ist in A u g s t wenigstens d u r c h kleine Überreste jeweils nachzuweisen. A u c h in der mittleren u n d späten R ö merzeit k o m m e n einige bestimmte T y p e n vor, die immer verzinnt waren, so i n A u g s t die T y p e n 3.13 u n d 3.20 sowie 6.4.

b) Versilberung Gegenüber der sehr geläufigen Verzinnung war eine Versilberung der Oberfläche offenbar äusserst selten. In Augst besitzen wir nur ein Beispiel, die Fibel 1427 ( T y p 6.3), deren Versilberung das bei anderen Fibeln dieses T y p s geläufige M a t e r i a l (s. u.) imitiert. c) Vergoldung V o n den jüngeren Varianten der Zwiebelknopffibeln ( T y p 6.5.6) abgesehen, deren Oberfläche häufiger vergoldet wurde als die der älteren Varianten, finden w i r u n ter den Augster Fibeln nur n o c h zwei Exemplare mit vergoldeter Oberfläche: die F i b e l n 309 ( T y p 3.17) u n d 536 ( T y p 4.5), wobei letztere, ein A l t f u n d , ihre tadellos erhaltene Vergoldung vielleicht erst nach der A u f f i n d u n g erhalten hat. Silber A u s Silber bestehen i n A u g s t vier Fibeln. Z w e i d a v o n stellen in den westlichen Provinzen ein fremdes Element dar: 733 ( T y p 5.3), die vielleicht aus Italien importiert wurde (Ettlinger 96), und 1419 (Sonderform der G r u p p e 6), die ebenfalls in den westlichen Provinzen sehr selten ist u n d vielleicht aus Südosteuropa (?) stammt. D i e übrigen zwei F i b e l n 1426-1427 ( T y p 6.3) gehören z u einem T y p , der üblicherweise aus Silber hergestellt wurde. Eisen V o n den 5 Augster Fibeln aus Eisen gehören zwei dem T y p 2.2 (Fibeln 180-181) u n d eine dem T y p 5.2 (Fibel 662) an. Beide T y p e n gehören z u den frühesten in Äugst. Z w e i weitere Exemplare, Ringfibeln des T y p s 8.2 ( F i beln 1834-1835), sind i n die spätrömische Zeit z u datieren.

Ziertechniken

Bei der mannigfaltigen Verzierungsweise der Augster und Kaiseraugster Fibeln können wir folgende Techniken unterscheiden: Verzierung

des

Fibelkörpers

1. Punktierung u n d Stempelverzierung 2. G r a v i e r u n g 3. K e r b u n g u n d Fazettierung Einlagen

und Auflagen

auf dem

Fibelkörper

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Pressblechauflagen Durchbrochene Blechauflagen Beinauflagen Buntmetall- u n d Nielloeinlagen E m a i l - u n d Glaseinlagen Aufgelegte Medaillons aus G l a s oder M e t a l l Bewegliche Perlen aus G l a s , M e t a l l oder organischem M a t e r i a l 11. Zierstifte u n d Knöpfe

D i e Augster F i b e l n wurden, ob sie n u n gegossen oder r o h geschmiedet waren (dazu S.36ff.), sekundär d u r c h Feinschmiedearbeit auf der Oberfläche behandelt. O f t w a r mit dieser sekundären Bearbeitung sehr eng der W u n s c h oder die A b s i c h t verbunden, den Fibelkörper selbst z u verzieren (Techniken 1-3). H i e r h i n gehört auch das unechte Filigranornament des T y p s 4.3, das keine Auflage ist, sondern mitgegossen u n d nachher gefeilt wurde. I m Unterschied z u diesen Verzierungsarten bereicherten die Einlagen u n d A u f l a g e n aus M e t a l l , Bein und G l a s (Techniken 4-11) den einfarbigen Fibelkörper u n ter anderem auch u m ein oder mehrere zusätzliche farbige Elemente.

1. Punktierung und Stempelverzierung

b) Stempelverzierung

a) Punktierung Punzieren bedeutet das Herstellen v o n Vertiefungen i m Fibelkörper, das bei den hier angesprochenen sog. Punktmustern mit kleinen Meissein mit abgerundeter

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