Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung [Reprint 2021 ed.] 9783112443965, 9783112443958


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Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung [Reprint 2021 ed.]
 9783112443965, 9783112443958

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KLEINE TEXTE FÜR VORLESUNGEN UND ÜBUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON HANS LIETZMANN ----------------------------------------------

104 ----------------------------------------------

DIE

RHEINISCH-WESTFÄLISCHE KIRCHENORDNUNG HERAUSGEGEBEN

VON

D. ALFRED UCKELEY PROFESSOR DER PRAKT. THEOLOGIE

BONN A. MARCUS UND E. WBBER’S VBRLAG

1912

EINLEITUNG

Die Rheinisch-Westfälische K.O., gegeben am 5. märz 1835 (ur­ sprünglicher text — im nachfolgenden mit „U. T.“ bezeichnet — abge­ druckt bei K. A. von Kamptz, Annalen der Preussischen innern Staats­ verwaltung bd. XIX 1835 s. 104—131), hat eine reiche, interessante entwicklung durchgemacht. Ihre hauptrevisionen erhielt sie durch die 47 zusätze des reskripts des min. der geistl. angel, vom 25. august 1853 (Ministerialblatt f. d. ges. innere Verwaltung in den K. Pr. Staaten bd. XIV 1853 s. 229—234), durch das kirchengesetz vom 27. april 1891 (KLirchl. Gesetz- und Verordnungsblatt bd. XV 1891 s. 18—26), durch das kirchengesetz vom 1. juli 1893 (K. Ges.- u. V.-Bl. bd. XVII 1893 s. 103—105), durch das kirchengesetz vom 29. September 1897 (ebendort bd. XXI 1897 s. 43—44) und endlich durch die neuausgabe auf gründ des kirchengesetzes vom 5. januar 1908 (ebendort bd. XXXII 1908 s. i—35 s. 41—84). Wichtige ergänzungen gaben ihr ferner das kirchen­ gesetz vom 8. juni 1891 (ebendort bd. XV 1891 s. 33—34) und das kirchengesetz vom 16. juni 1895 (ebendort bd. XIX 1895 s. 53—54). Eine chronologische Zusammenstellung der anderen zahlreichen, sie ererweitemden und revidierenden allerhöchsten kabinettsordem, ministerialreskripte usw. bietet die ausgabe der K.O. von Theodor Müller, neu be­ arbeitet von P. Schuster (Berlin 1892) s. 1—3. Auch die anmerklingen bei Emil Friedberg, Die geltenden Verfassungsgesetze der evang. deutschen Landeskirchen (Freiburg i. B. 1885) s. 19—50, sowie bei Friedrich Bluhme, Codex des rheinischen evang. KRechts (Elberfeld 1870) geben auskunft. Den Inhalt der K.O. erschliesst G. Lüttgert, Evangelisches Kirchenrecht in Rheinland und Westfalen (Gütersloh 1905, Nachtrag 1910), und des­ selben verfs.: Die Evangelischen Kirchengesetze der preuss. Landeskirche, bes. in Rheinland und Westfalen (Neuwied 1911), sowie die bearbeitung von A. Richter: Kirchenordnung für die evang. Gemeinden der Prov. Westfalen u. der Rheinprovinz (Münster 1908). Für die aufnähme der einzelnen textzusätze und -Verbesserungen war in dem vorliegenden hefte allein der gesichtspunkt massgebend, dem leser die entwicklung des gesetzes unmittelbar in die äugen fallen zu lassen. Wo es sich bei den formulierungen der paragraphen lediglich um formale, stilistische differenzen, also nur um Verbesserungen in der wort- und satzform handelte, die den Inhalt in keiner hinsicht berührten, sind solche in den anmerkungen zumeist nicht notiert worden. Es würde dies das heft durch vermehrten umfang und verminderte Übersichtlichkeit unerwünscht belastet haben. Die inhaltliche Weiterbildung der K.O. von 1835 bis zur gegenwart ist durch die einzelnen textstücke genau auf­ gewiesen.

Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz vom 5. März 1835, festgesetzt auf Grund des Kirchen­ gesetzes vom 5. Januar 1908.

Allerhöchste Kabinettsorder über Erlaß und Einführung der Kirchenordnung.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc., tun kund und fügen hiermit zu wissen, daß, da sich das Bedürfnis herausgestellt hat, die evangelischen Gemeinden der Provinz

Allerhöchste Kabinetts-Order, wegen Bestätigung des Entwurfs der revi­

dierten K.O., vom 13. Juni 1853: Indem Ich anliegend die neue Fassung der rheinisch-

westphälischen Kirchen-Ordnung vom 5. März 1835 zurücksende, will Ich Sie ermächtigen, die von den Provinzial-Synoden in Westphalen und der Rheinprovinz gemachten BerbesserungSBorschläge vorbehaltlich deS Bestandes des Landesherrlichen Kirchenregiments und der übrigen

Landesherrlichen Rechte zu bestätigen.

Die Mich bewegenden Gründe, worum Ich Mich in

Meinem Gewissen verhindert finde, erstens der Arbeit die förmliche Königliche Sanction zu geben, und zweitens Mein Verhältniß zur Kirche und den Consistorien schon jetzt zu ändern,

find folgende:

1) Jedermann,

Freund und Gegner der evangelischen Kirche, steht und fühlt eS,

daß fich dieselbe in einer Crise befindet.

Ihr gerechtes, zum Theil schon gewährtes Streben

nach Emancipation vom Staate und nach festerer Gestaltung hat aus Gründen, die Mir nie

zweifelhaft waren, etwas krankhaft Erregtes.

Ich halte nun den Versuch, „ihr durch Ver-

fafiungen zu helfen", für einen falschen und verderblichen.

Verfassungen können nur dann

unschädlich sein, wenn dieselben der Ausdruck bereits vorhandener, begründeter und aus­ gebildeter Zustände find. — Die rheinischen und westphälischen Kirchenbehörden versprechen sich jedoch von der Einführung der neuen Kirchen-Ordnung sehr Ersprießliches.

Darum will Ich

Meinerseits dem erhofften segensreichen Erfolge dieses neuen Versuchs nicht störend in den Weg treten.

Auch lasse Ich dem ernst christlichen Geiste der Arbeit Gerechtigkeit widerfahren.

Die feierliche Sanction eines als falsch erkannten Weges würde Mich aber deS erkannten

Mßgriffs theilhaftig machen, und daS vermag Ich um so weniger, als dieser Versuch seit 17 Jahren bereits der zweite in Rheinland und Westphalen ist, die göttliche Schöpfung der

Kirche durch Menschen Werk und Constitutionen zu stützen.

So gewiß nun daS evangelische

Bekenntniß der Träger unseres Heils ist, weil in ihm daS Wort des Herrn und die aposto­ lische Lehre in ihrer ursprünglichen Lauterkeit wieder hergestellt worden: so gewiß erkenne Ich

i*

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

4

Westfalen und der Rheinprovinz durch eine gemeinschaftliche Kirchen-

Ordnung unter einander zu verbinden, Wir mit Berücksichtigung der verschiedenen dort bisher geltenden Kirchen-Ordnungen und der ein­ geholten Gutachten und Anträge der dortigen Synoden die nach­ folgende Kirchen-Ordnung für alle Gemeinden beider evangelischen Konfessionen in den dortigen Provinzen haben abfassen lassen. Wir erteilen derselben mit Aufhebung aller entgegengesetzten früheren Be­ stimmungen hierdurch Gesetzes-Kraft und befehlen, daß dieselbe durch die Amtsblätter der Regierungen in den beiden Provinzen bekannt gemacht werde. — Des zu Urkund haben Wir diese Kirchen-Ordnung höchsteigenhändig vollzogen und mit Unserm Königlichen Jnsiegel ver­ sehen lassen.

So geschehen und gegeben zu Berlin, den 5. März 1835. Friedrich Wilhelm.

von Altenstein. allein in den apostolischen Anordnungen für die äußere Gestalt der Kirche und in der lauteren

evangelischen Kirche (als äußerlicher

und historischer Erscheinung)

daS einige, aber gewisse

Mittel, die Kräfte zu entfalten, die Aufgaben zu erfüllen, die ihr auch für diese Welt von ihrem Herrn und Könige anvertraut sind; mit einem Worte: Ich erkenne in dem Gehorsam

gegen die Anordnungen der Urkirche „die Vollendung der Reformation". Bekenntniß feierlich und

welche bet

furchtlos

aus,

der Zerfahrenheit der kirchlichen Begriffe aus

losen Mißverstehen

Ich spreche dies

indem Ich die große Gefahr fest ins Auge fasse,

dieses Meines BekenntnisieS für Mich

dem absichtsvollen und absichts­

heroorgehen kann und hervor­

gehen wird.

2) WaS mein Verhältniß zur evangelischen Landeskirche und zu ihren Organen, den Consistorien, betrifft, so habe Ich bereits vor Jahren Meinen festen Entschluß öffentlich aus­

gesprochen: Meine ererbte Stellung und Autorität

in die „rechten Hände" niederlegen zu wollen.

in der evangelischen Landeskirche allein

Diese „rechten Hände" find aber „apostolisch

gestaltete" „Kirchen" geringen übersichtlichen Umfanges, in deren jeder daS Leben, die Ord­ nungen und die Aemter der allgemeinen Kirche des Herrn auf Erden wie in einer kleinen

Welt und für dieselbe thätig sind; es sind, kurz gesagt: Die selbständigen, zeugungskräftigen Schöpfungen, mit welchen als mit lebendigen Steinen die Apostel des Herrn den Bau seiner sichtbaren Kirche begannen und ihr im Feuer der Verfolgung

den Sieg

bereiteten.

Diese

„Kirchen" sind die „rechten Hände", in die allein Ich Meine Kirchen-Gewalt, die Mich schwer drückt, frohlockend niederlegen werde.

WaS endlich Ihre Bedenken über die §§ 1—3 (Vom

Bekenntnißstande etc. etc.) betrifft, so erkenne Ich an, daß dieselben ganz neu in die Kirchen-

Ordnung hineingebracht sind,

und die Synodal-Commissionen bei Abfassung derselben ihre

Vollmachten wohl überschritten haben mögen.

ES erscheint daher wohl angemessen, daß die

Frage über Einschaltung und Fassung dieser Paragraphen noch beiden Provinzial-Synoden vorgelegt werde. Die Mir durch Sie vorgeschlagenen Fassungs-Änderungen in denselben halte

Ich für beachtenSwerth, dagegen für durchaus wesentlich, daß dabei die Bekenntnisse heilig gehalten und die volle Kirchengemeinschaft zugleich klar ausgesprochen werde.

SanSsouct, den 13. Juni 1853.

Friedrich Wilhelm. An den Minister

Kirchenrath.

der

geistlichen

Angelegenheiten

und

den

Evangelischen Ober-

Die Rheinisch*Westfälische Kirchenordnung

5

Einleitung. Bon dem Bekenntnisstande der evangelischen Landeskirche in West­ falen und der Rheinprovinz. § I. Die evangelische Kirche Westfalens und der Rheinprovinz gründet sich auf die heilige Schrift Alten und Neuen Testaments, als die alleinige und vollkommene Richtschnur ihres Glaubens, ihrer Lehre und ihres Lebens und erkennt die fortdauernde Geltung ihrer Be­ kenntnisse an.

§ II. Diese in Geltung stehenden Bekenntnisse sind, außer den alten, allgemeinen der ganzen Christenheit, lutherischerseits: die Augsburgische Konfession, die Apologie der Augsburgischen Kon­ fession, die Schmalkaldischen Artikel und der kleine und große Ka­ techismus Luthers; reformierterseits: der Heidelberger Katechismus. Da, wo lutherischerseits die Konkordienformel, oder reformierterseits die Augsburgische Konfession kirchenordnungsmäßig besteht, bleiben auch diese in Geltung. Die unierten Gemeinden bekennen sich teils zu dem Gemeinsamen der beiderseitigen Bekenntnisse, teils folgen sie für sich dem lutherischen oder reformierten Bekenntnisse, sehen aber in den Unterscheidungslehren kein Hindernis der vollständigen Ge­ meinschaft am Gottesdienst, an den heiligen Sakramenten und den kirchlichen Gemeinderechten.

Diese Einleitung fehlt im U. T.; sie wurde durch die Kabinettsorder vom 25. November 1855 gegeben:

Nachdem das

Werk der Revision der rheinisch-west-

phälischen Kirchen-Ordnung vollendet worden, haben die beiden Provinzial-Synoden von West­ phalen und Rheinland in dem Wunsche sich geeinigt,

nun

auch den Bekenntnißstand der

evangelischen Landeskirche in Rheinland und Westphalen zu formuliren, und find zu einem übereinstimmenden Beschlusse über

diese Formulirung gelangt.

Dieser Beschluß ist.nach

Inhalt der Berichte des Evangelischen Ober-Kirchenraths in den beiliegenden drei Paragraphen

gefaßt.

Nachdem dieser Beschluß durch die kirchlichen LandeS-Behörden gründlich erörtert und

Mir vorgetragen worden ist, habe Ich in demselben mit Genugthuung den wahren und

richtigen Ausdruck deS geschichtlichen und gegenwärtigen Bekenntnißstandes der evangelischen

Landeskirche Westphalens und

des RheinlandeS erkannt,

und autorisire die Provinzial-

Synoden, nunmehr den gefaßten Beschluß und diese Meine Anerkennung desselben den KreiS-

Synoden mitzutheilen.

Ich hege dabei die zuversichtliche Hoffnung, daß die Handhabung der

kirchlichen Verwaltung nach Maßgabe dieser factischen Unterlage unter GotteS Segen dazu dienen wird, den Frieden der Kirche zu erhalten, das geistliche Leben in ihr zu fördern und das Band der Gemeinschaft bei aller Entschiedenheit deS Bekenntnisses fester zu ziehen. Eine

osficielle Publication des Beschlusses der beiden Provinzial-Synoden wird bei dem rein kirch­

lichen Charakter desselben nicht angemesien sein.

Hiernach hat der Evangelische Ober-Kirchen-

rath die beiden Provinzial-Synoden zu bescheiden. Charlottenburg, den 25. November 1855.

Friedrich Wilhelm. An den Evangelischen Ober-Kirchenrath.

6

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

8 IM. Unbeschadet dieses verschiedenen Bekenntnisstandes pflegen sämtliche evangelische Gemeinden, als Glieder einer evangelischen Kirche, Gemeinschaft in Verkündigung des göttlichen Wortes und in der Feier der Sakramente und stehen mit gleicher Berechtigung in einem Kreis- und Provinzial-Synodal-Berbande und unter derselben höheren kirchlichen Verwaltung.

Erster Abschnitt.

Von den Kirchengemeinden, Presbyterien und den größeren Gemeindevertretungen. § 1. Die örtliche Begrenzung jeder evangelischen Kirchen­ gemeinde wird durch Herkommen oder urkundlich bestimmt. 1 § 2. Für jeden evangelischen Glaubensgenossen wird die Einpfarrung durch Wohnsitz in der Kirchengemeinde begründet. 2 Mitglied der Gemeinde ist jedoch nur derjenige Eingepfarrte, der in die Gemeinde aufgenommmen ist. Diese Aufnahme erfolgt durch die Konfirmation und für den neu Zuziehenden dadurch, daß er vor dem Pfarrer oder auf dem Gemeindeamte durch ein Kirchen$ 1.

U. T.:

Jede evangelische Gemeinde bildet nach ihrer örtlichen Begrenzung,

welche durch Herkommen oder urkundlich bestimmt ist, eine Parochie. § 2.

U. T.:

Der Wohnsitz in der Parochie begründet die Einpfarrung und die

daraus entstehenden Rechte und Verpflichtungen für jeden evangelischen Glaubensgenossen. Mitglieder der Gemeinde sind jedoch nur diejenigen, welche durch die Konfirmation, oder auf

ein eingereichtes Kirchenzeugniß in dieselbe ausgenommen worden.

Wer eine Gemeinde verläßt,

ist gehalten, zuvor beim Pfarrer das erforderliche

Kirchenzeugniß zu begehren, und dem Pfarrer der Gemeinde seines neuen Wohnorts dasselbe

einzureichen.

DaS NamenSverzeichniß derer, welche bei ihrem Abzüge ein solches Zeugniß begehren, wird von der Kanzel verlesen.

Die Zeugniffe der neuen Mitglieder der Gemeinde werden

dem PreSbyterio vorgelegt.

DaS Ministerial-Reskript vom 17.

Juni 1848 fügt hinzu:

Exemtionen von dem

Pfarrverbande finden nicht statt.

Zusatz deS Ministerial-ReskriptS vom 25. August 1853: 1. Der in eine Gemeinde neu Einziehende hat sich durch Einreichung eines Kirchen-

zeugnifieS, oder, wo dieses nicht füglich beigebracht werden kann, durch eine glaubhafte Erklärung vor dem Pfarrer darüber auszuweisen, daß er zur evangelischen Kirche gehört. Diese

Zeugnisse nnd Erklärungen find vom Pfarrer dem Presbyterium mitzutheilen.

Erst nachdem

der neu Eingezogene durch Einreichung deS Kirchenzeugnisses oder abgegebene Erklärung sich dem Präses Presbytern bekannt gemacht hat, wird er zur Theilnahme an Wahlen und kirch­

lichen Aemtern berechttgt. 2. Keinem Eingevfarrten ist eS gestattet, ohne daß er den Parochialbezirk verläßt,

willkürlich eine andere Parochie zu wählen. 3. Jedes an einen Ort mit Parochien verschiedenen evangelischen BekenntnisieS zu­

ziehende Gemeindeglied ist verpflichtet, innerhalb eines Vierteljahres nach seinem Anzuge zu erklären, welcher Parochie eS angehören will, eS sei denn, daß seine Angehörigkeit zu einer

bestimmten Parochie schon vorher durch eine darin empfangene Handlung festgestellt ist.

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Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

8 IM. Unbeschadet dieses verschiedenen Bekenntnisstandes pflegen sämtliche evangelische Gemeinden, als Glieder einer evangelischen Kirche, Gemeinschaft in Verkündigung des göttlichen Wortes und in der Feier der Sakramente und stehen mit gleicher Berechtigung in einem Kreis- und Provinzial-Synodal-Berbande und unter derselben höheren kirchlichen Verwaltung.

Erster Abschnitt.

Von den Kirchengemeinden, Presbyterien und den größeren Gemeindevertretungen. § 1. Die örtliche Begrenzung jeder evangelischen Kirchen­ gemeinde wird durch Herkommen oder urkundlich bestimmt. 1 § 2. Für jeden evangelischen Glaubensgenossen wird die Einpfarrung durch Wohnsitz in der Kirchengemeinde begründet. 2 Mitglied der Gemeinde ist jedoch nur derjenige Eingepfarrte, der in die Gemeinde aufgenommmen ist. Diese Aufnahme erfolgt durch die Konfirmation und für den neu Zuziehenden dadurch, daß er vor dem Pfarrer oder auf dem Gemeindeamte durch ein Kirchen$ 1.

U. T.:

Jede evangelische Gemeinde bildet nach ihrer örtlichen Begrenzung,

welche durch Herkommen oder urkundlich bestimmt ist, eine Parochie. § 2.

U. T.:

Der Wohnsitz in der Parochie begründet die Einpfarrung und die

daraus entstehenden Rechte und Verpflichtungen für jeden evangelischen Glaubensgenossen. Mitglieder der Gemeinde sind jedoch nur diejenigen, welche durch die Konfirmation, oder auf

ein eingereichtes Kirchenzeugniß in dieselbe ausgenommen worden.

Wer eine Gemeinde verläßt,

ist gehalten, zuvor beim Pfarrer das erforderliche

Kirchenzeugniß zu begehren, und dem Pfarrer der Gemeinde seines neuen Wohnorts dasselbe

einzureichen.

DaS NamenSverzeichniß derer, welche bei ihrem Abzüge ein solches Zeugniß begehren, wird von der Kanzel verlesen.

Die Zeugniffe der neuen Mitglieder der Gemeinde werden

dem PreSbyterio vorgelegt.

DaS Ministerial-Reskript vom 17.

Juni 1848 fügt hinzu:

Exemtionen von dem

Pfarrverbande finden nicht statt.

Zusatz deS Ministerial-ReskriptS vom 25. August 1853: 1. Der in eine Gemeinde neu Einziehende hat sich durch Einreichung eines Kirchen-

zeugnifieS, oder, wo dieses nicht füglich beigebracht werden kann, durch eine glaubhafte Erklärung vor dem Pfarrer darüber auszuweisen, daß er zur evangelischen Kirche gehört. Diese

Zeugnisse nnd Erklärungen find vom Pfarrer dem Presbyterium mitzutheilen.

Erst nachdem

der neu Eingezogene durch Einreichung deS Kirchenzeugnisses oder abgegebene Erklärung sich dem Präses Presbytern bekannt gemacht hat, wird er zur Theilnahme an Wahlen und kirch­

lichen Aemtern berechttgt. 2. Keinem Eingevfarrten ist eS gestattet, ohne daß er den Parochialbezirk verläßt,

willkürlich eine andere Parochie zu wählen. 3. Jedes an einen Ort mit Parochien verschiedenen evangelischen BekenntnisieS zu­

ziehende Gemeindeglied ist verpflichtet, innerhalb eines Vierteljahres nach seinem Anzuge zu erklären, welcher Parochie eS angehören will, eS sei denn, daß seine Angehörigkeit zu einer

bestimmten Parochie schon vorher durch eine darin empfangene Handlung festgestellt ist.

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

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Zeugnis oder durch eine glaubhafte Erklärung seine Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche ausweist. Wo an einem Orte Kirchengemeinden verschiedenen evangelischen 3 Bekenntnisses bestehen, soll der neu Zuziehende innerhalb dreier Monate nach seinem Zuzuge erklären, welcher Kirchengemeinde er angehören will, es sei denn, daß seine Angehörigkeit zu einer be­ stimmten Kirchengemeinde schon vorher durch eine darin empfangene pfarramtliche Handlung festgestellt ist. Keinem Eingepfarrten ist es gestattet, ohne daß er den Wohnsitz 4 in der Kirchengemeinde aufgibt, eine andere Kirchengemeinde zu wählen. Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden keine Anwendung 5 auf Mitglieder der Militärgemeinden, für welche die hierüber be­ stehenden besonderen Vorschriften gelten.

8 3.

Die Pflichten jedes Eingepfarrten sind: 1 1. die Gnadenmittel der Kirche in der Gemeinde fleißig zu gebrauchen, 2. ein christliches Leben zu führen, 3. sich den in der Gemeinde bestehenden kirchlichen Ord­ nungen zu unterwerfen, 4. die für die kirchlichen Bedürfnisse erforderlichen Beiträge zu leisten. Dagegen hat er Anteil an allen kirchlichen Gnadenmitteln, An- stalten und Gerechtsamen der Gemeinde und Anspruch auf die Dienste der Kirchenbeamten. Kirchliche Wahlberechtigung steht nur Gemeindegliedern zu (§§ 8. 3 10. 21. 22). 8 4. Bei Kirchen, die keinen Patron haben, hat die Gemeinde das Recht, ihre Geistlichen zu wählen. § 8.

U. T.: Die Pflichten eines Gemeindegliedes find:

1. Die Gnadenmittel der Kirche in der Gemeinde fleißig zu gebrauchen, 2. ein erbauliches Leben zu führen,

3. sich der bestehenden Kirchenordnung zu unterwerfen, und 4. die für die kirchlichen Bedürfnisse erforderlichen Beiträge zu leisten. Dagegen hat jedes Mitglied der Gemeinde Antheil an allen kirchlichen Gnadenmitteln,

Anstalten und Gerechtsamen derselben, und Anspruch

auf die Dienste der Kirchenbeamten.

Jedes selbstständige und sonst quallfizirte Gemeindeglied kann zum Gliede des Presbyter«

gewählt werden, und hat ein mittel- oder unmittelbares Sttmmrecht bei der Wahl der

Pfarrer und anderer Kirchenbeamten.

Zusatz des Ministerial-ReskriptS von 1853: Die in diesem Paragraphen bezeichneten Pflichten liegen auch denjenigen Eingepfarrten ob, welche noch nicht die aktiven Rechte eines Gemeindegliedes nachgesucht und erworben haben.

Zu H 4 setzt die Allerh. Kab.-Order vom 25. September 1836 hinzu: Denjenigen

Gemeinden,

welche vor dem Eintritte der Fremdherrschaft nicht im unbestrittenen Besitze

des Wahlrechts sich befunden haben, ist daffelbe durch die Kirchenordnung vom 5. März 1835 nicht verliehen worden.

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

8 i

§ 5. Jede Kirchengemeinde wird durch ein Presbyterium ver­ treten, bestehend aus dem Pfarrer oder den Pfarrern und aus Presbytern (Ältesten, Kirchmeistern und Diakonen).

Pfarrverweser, welche die Stelle des ordentlichen Pfarrers in der Gemeinde vollständig vertreten, haben das Recht, den Sitzungen des Presbyteriums und der größeren Gemeindevertretung mit be­ schließender Stimme beizuwohnen. Welchen Hilfsgeistlichen außerdem beschließende Stimme beigelegt werden soll, bestimmt im Einzelfalle auf Antrag des Presbyteriums das Konsistorium. 3 Im übrigen haben die Hilfsgeistlichen in den Sitzungen des Presbyteriums und der größeren Gemeindevertretung beratende Stimme. Zu den Sitzungen sind sie einzuladen. Das Gleiche gilt von den Synodal- und Präsidialvikaren, sofern sie mit Zustimmung des Presbyteriums in der Gemeinde tätig sind. -

§ 6. Den Vorsitz im Presbyterium führt der Pfarrer oder Pfarrverweser. Wo mehrere Pfarrer sind, wechselt der Vorsitz unter ihnen nach dem Herkommen. Wo sich ein bestimmtes Herkommen nicht gebildet hat, wechselt der Vorsitz unter mehreren mit gleichen Rechten angestellten Pfarrern einer Gemeinde jährlich. 2 In Fällen dringender Verhinderung des Vorsitzenden kann bar wo kein anderer Pfarrer vorhanden ist, der Vorsitz im Presbyterium einem seiner Mitglieder übertragen werden. 3 Ist der Vorsitzende an dem Gegenstände der Beschlußfassung, persönlich beteiligt, so hat er, wenn ein anderer Pfarrer nicht vor­ handen oder auch dieser persönlich beteiligt ist, den Vorsitz einem Presbyter zu übertragen.

1

i

§ 7. Die Zahl der Presbyter richtet sich nach der Größe dev Gemeinde; doch müssen deren außer dem Pfarrer zum wenigsten vier§ 5. N. T.: Jede Ortsgemeinde wird in ihren Gemeinde-Angelegenheiten durch ein Presbyterium vertreten,

bestehend aus dem Pfarrer oder den Pfarrern,

aus Nettesten^

Kirchenmeistern und Diakonen.

§ 6.

U. T.: Den Vorsitz im Presbyterium führt der Prediger.

atternirt das Präsidium unter

ihnen nach dem

Herkommen.

Wo mehrere find,

Der Präses eröffnet und-

schließt die Verhandlungen mit Gebet. Das M.-R. 1853 gibt folgende Zusätze: 1. Wo sich ein bestimmtes Herkommen über daS Alterniren des Präsidiums im Presbyterium nicht gebildet hat, wechselt dasselbe unter

mehreren mit gleichen Rechten angestellten Pfarrern einer Gemeinde jährlich.

2. In dringenden Verhinderungsfällen deS Präses kann da, wo kein anderer Pfarrer vorhanden ist, der Vorsitz einem Aeltesten übertragen werden.

3. Ordinirte HülfSgeistliche haben das Recht, den Sitzungen des Presbyteriums mit berathender Stimme beizuwohnen.

§ 7.

U. T.: Die Zahl der Mitglieder des PreSbyteriumS richtet sich nach der Größe

der Gemeinde; doch sollen derer, außer dem Pfarrer, zum wenigsten vier sein, nämlich zwei Netteste, eitt Kirchmeister und ein Diakonus oder Armenpfleger.

DaS K.-Gef. vom 27. April 1891 fügt hinzu: Abänderungen der bestehenden Zahl bedürfe« der Zustimmung der Gemeindevertretung und der Genehmigung der KretSsynode^

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

9

sein, nämlich zwei Älteste, ein Kirchmeister und ein Diakon oder Armenpfleger. Abänderungen der bestehenden Zahl bedürfen der Zustimmung der größeren Gemeindevertretung und der Genehmigung der Kreis­ synode. § 8. Die Presbyter werden in Gemeinden, deren Seelenzahl nicht über 200 ist, von allen wahlberechtigten Gemeindegliedern, in größeren Gemeinden von der größeren Gemeindevertretung unter Vorsitz des Pfarrers gewählt. Nur die persönlich erschienenen Wähler sind stimmberechtigt. Gewählt sind diejenigen, auf welche die unbedingte Mehrheit (mehr als die Hälfte) der abgegebenen gültigen Wahlstimmen gefallen ist. Hat der erste Wahlgang eine unbedingte Mehrheit nicht ergeben, so ist, bis dies erreicht wird, die engere Wahl unter den dreien, er­ forderlichenfalls unter den zweien, welche die meisten Stimmen er­ halten haben, fortzusetzen. Bei Stimmengleichheit entscheidet in allen Fällen das Los. Die Abgehenden können wiedergewählt werden. Sie bleiben jedenfalls bis zur Einführung ihrer Nachfolger im Amte. Die Wahl der Presbyter erfolgt jedesmal auf die Dauer von vier Jahren. Alle zwei Jahre scheidet die Hälfte aus. Wo jedoch § 8. u.

T.: Die Mitglieder des Presbyterii werden, mit Ausnahme der Prediger,

auf vier Jahre, in Heinen Gemeinden, deren Seelenzahl nicht über 200 ist, von allen bei der Predigerwahl stimmfähigen Mitgliedern, und in größer» Gemeinden von dem Presbyterium

und der größer» Repräsentation der Gemeinde lsiehe § 18) unter Vorsitz des Pfarrers, auf

zwei Jahre gewählt.

Jedes Jahr geht bei Gemeinden über 200 Seelen die Hälfte der Mit­

glieder ab, doch können die Abgehenden, wenn sie sich werden.

dazu qualifiziren, wieder gewählt

ES kann aber der Wiedererwählte die Stelle ablehnen. DaS M.-R. 1853 gibt folgende Zusätze: 1. Die Wahl der Kirchen-Ältesten und Dia­

konen erfolgt in Zukunft der Regel nach jedesmal auf die Dauer von vier Jahren, und scheidet alsdann nur alle zwei Jahre die Hälfte derselben aus.

Verhältnissen zweckmäßig

Jedoch kann, wo eS nach den

erscheint, mit Zustimmung der Kreis-Synode die bisherige zwei­

jährige AmtSdauer beibehalten werden, in welchem Falle alle Jahre die Hälfte ausscheidet.

2. Scheidet ein Glied des Presbyteriums vor Ablauf seiner Dienstzeit aus, so wird

an besten Stelle durch daS Presbyterium ein Substitut gewählt, welcher so lange das Amt bekleidet, als der Ausgeschiedene dasselbe bekleidet haben würde.

DaS K.-Ges. vom 27. April 1891 gab folgende Fassung: Die Mitglieder deS Pres­

byteriums, mit Ausnahme der Prediger, werden in kleinen Gemeinden,

deren Seelenzahl

nicht über 200 ist, von allen bei der Predigerwahl stimmfähigen Gemeindegliedern auf vier

Jahre, in größeren Gemeinden von dem Presbyterium und der größeren Repräsentation der

Gemeinde (siehe § 18) unter Vorsitz des Pfarrers auf vier bzw. zwei Jahre gewählt.

die persönlich erschienenen Wähler sind stimmberechtigt.

Nur

Gewählt sind diejenigen, auf welche

die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Wahlstimmen gefallen ist.

Hat der erste

Wahlgang eine absolute Mehrheit nicht ergeben, so ist, bis dies erreicht wird, das Verfahren durch engere Wahl unter einer Dreizahl und erforderlichen Falls einer Zweizahl fortzusetzen.

Bei Stimmengleichheit entscheidet in allen Fällen daS Loos.

sie sich dazu qualifiziren, wieder gewählt werden. ihrer Nachfolger im Amte.

Die Abgehenden können, wenn

Sie bleiben jedenfalls biS zur Einführung

*

i

*

3 4

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

IO

eine bloß zweijährige Amtsdauer mit jährlichem Ausscheiden der Hälfte hergebracht ist, kann sie beibehalten werden. Bei neugebildeten Presbyterien werden die zuerst Ausscheidenden durch das Los be­ stimmt. 5 Scheidet ein Presbyter vor Ablauf seiner Amtszeit aus, so wird an seine Stelle durch das Presbyterium in der nächsten Sitzung ein Ersatzmann gewählt, welcher so lange das Amt bekleidet, als es der Ausgeschiedene bekleidet haben würde. Sind gleichzeitig mehrere Ersatzpresbyter zu wählen, so ist für jeden ein besonderes Wahl­ verfahren erforderlich nach den Vorschriften des Absatzes 2. 6 Der größeren Gemeindevertretung bleibt es überlassen, ob sie die einzelnen Presbyter schon bei ihrer Erwählung für die besonderen Ämter (Ältester, Kirchmeister, Diakon) bezeichnen oder das Presbyte­

rium ermächtigen will, die verschiedenen Geschäfte unter seine Mit­ glieder zu verteilen.

§ 9. Ohne erhebliche Gründe, zu welchen ein Alter über 60 Jahre, notorische Kränklichkeit, oder ein Beruf, welcher mit häufiger oder langer Abwesenheit von der Gemeinde notwendig verbunden ist, sowie zwei mit Vermögensverwaltung verbundene Vormundschaften zu zählen sind, dürfen die in das Presbyterium Gewählten sich dem Amte nicht entziehen. Bei einer unmittelbaren Wiederwahl in das Presbyterium kann aber der Wiedererwählte auch ohne das Vor­ handensein solcher Entschuldigungsgründe die Wahl ablehnen. Das Recht, die Wahl zum Presbyter abzulehnen, steht jedem Reprä­ sentanten für die Dauer seines Repräsentantenamtes zu. Wer ohne erhebliche Gründe das Amt eines Presbyters ablehnt oder niederlegt, verliert dadurch das Recht, in Zukunft als Presbyter und Repräsentant gewählt zu werden. Einem solchen kann auf sein *

§ 9,

U. T.: Ohne erhebliche Gründe, zu welchen ein Alter über 60 Jahre, notorische

Kränklichkeit, oder ein Geschäft,

welches mit öfterer oder langer Abwesenheit von der Ge­

meinde nothwendig verbunden ist, sowie zwei mit Vermögens-Administration verbundene Vor­

mundschaften zu zählen find, dürfen die in daS Presbyterium Gewählten sich dem Amte, wozu sie erwählt wurden, nicht entziehen.

Wer ohne erhebliche Gründe das Amt eines

Presbyters ablehnt, verliert dadurch daS Recht, in Zukunft als Glied des PreSbyterii und der größeren Gemeinde-Repräsentation gewählt zu werden.

Ueber die Gültigkeit der Ent-

schuldigungSgrÜnde hat, auf Antrag des PreSbyterii, die Kreissynode zu entscheiden. Dieser letzte Satz kam in Wegfall durch die Zusätze deS M.-R. von 1853: 1. Bei

einer unmittelbaren Wiederwahl in daS Presbyterium kann der Wiedergewählte auch ohne das Vorhandensein der in § S aufgesührten Entschuldigungsgründe bte Stelle adlehnen.

2. Ueber die Gültigkeit der Entschuldigungsgründe

entscheidet zunächst daS Pres­

byterium und auf dem Wege des Rekurses, welcher jedoch innerhalb 14 Tagen präklusivischer

Frist, vom Tage der Mittheilung der Entscheidung des PreSbyteriumS an gerechnet, eingelegt werden muß, das Moderamen der KreiS-Synode in letzter Instanz.

An die Stelle des in Wegfall gekommenen letzten Satzes des § 9 setzte das K.-Ges.

vom 27. April 1891:

Einem Solchen kann auf sein Gesuch von dem Presbyterium die

Wählbarkeit wieder beigelegt werden.

Die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung

II

Gesuch von dem Presbyterium die Wählbarkeit wieder beigelegt werden. Über die Erheblichkeit der Gründe entscheidet zunächst das Presbyterium, und auf Beschwerde, die innerhalb einer Frist von 14 Tagen, vom Tage der Mitteilung der Entscheidung des Presby­ teriums an gerechnet, eingelegt werden muß, der Vorstand der Kreis­ synode endgültig. § 10. Es dürfen nur solche in § 21 bezeichnete Gemeindeglieder i zu Presbytern gewählt werden, deren Wandel unsträflich ist, die ein gutes Gerücht in der Gemeinde haben, überhaupt ihre Liebe zur evangelischen Kirche, namentlich durch Erziehung ihrer Kinder im evangelischen Bekenntnisse betätigen, und durch Teilnahme am heiligen Abendmahle und fleißigen Besuch des öffentlichen Gottes­ dienstes ihre kirchliche Gesinnung beweisen. Ausnahmen in Bezug auf evangelische Kindererziehung können 2 unter ganz besonderen Verhältnissen durch das Konsistorium gestattet werden. Die Ältesten und Kirchmeister müssen das 30., die Diakonen das 3

24. Lebensjahr vollendet haben. Es dürfen nicht Vater und Sohn, nicht Großvater und Enkel, 4 auch nicht Brüder zu gleicher Zeit Presbyter sein. § 11. Die Namen der gewählten Presbyter sind an den zwei 1 nächsten auf die Wahl folgenden Sonntagen im öffentlichen Gottes­ tz 10. U. T.: ES dürfen nur solche selbstständige Mitglieder der Gemeinde zu Mit­ gliedern deS Presbyteriums gewählt werden, welche einen ehrbaren Lebenswandel führen, und an dem öffentlichen Gottesdienste und heiligen Abendmahle fleißig Theil nehmen.

Die Aeltesten und Kirchmeister müssen daS 30. Lebensjahr, die Diakonen die Groß­

jährigkeit erreicht haben. Auch dürfen nicht Vater und Sohn, nicht Großvater und Enkel, auch nicht Brüder, zu gleicher Zeit Glieder des PreSbyterii sein.

Zusätze deS M.-R. 1853: 1. ES dürfen nur solche in § 21 bezeichnete selbstständige

Gemeinde-Glieder zu Mitgliedern deS Presbyteriums gewählt werden, deren Wandel unsträf­

lich ist, die ein gutes Gerücht in der Gemeinde haben, überhaupt ihre Liebe zur evange­ lischen Kirche namentlich durch Erziehung ihrer Söhne im evangelischen Bekenntniffe be­ thätigen, und durch Theilnahme an dem öffentlichen Gottesdienst und heiligen Abendmahl ihre kirchliche Gesinnung beweisen.

Ausnahmen in Bezug auf evangelische Kinder-Erziehung

können, unter ganz besonderen Verhältnissen, durch daS Konsistorium gestattet werden.

2. Die Schlußbestimmung des § 10 bezieht sich auch für die Rheinprovtnz nur auf Verwandte der wechselnden Glieder des PreSbyteriumS, nicht deS Pfarrers.

Für die Provinz

Westphalen behält eS bei den deSfallsigen übereinstimmenden Beschlüssen der 3. Westphälischen Provinzial-Synode 57 und 58 sein Bewenden. Die Allerh. Kab.-Order vom 22. August 1847 fügt hinzu:

Unter dem für daS

Diakonenamt nach § 10 erforderlichen Alter soll auch in den Theilen der Rheinprovinz, wo daS Allgemeine Landrecht nicht gilt, daS vollendete 24ste Lebensjahr verstanden werden,

tz 11. U- T.: Die erwählten Mitglieder sollen öffentlich von der Kanzel der Ge­ meinde an zwei aufeinander folgenden Sonntagen angezeigt, und darauf vor der Gemeinde durch den Pfarrer, nach dem in der Agende befindlichen Formular, eingeführt werden.

Zusatz des M.-R. 1853: Gegen die Wahl eines Aeltesten oder Diakons können nur bis zur vollzogenen zweiten Verkündigung Einsprüche eingelegt werden.

Ueber diese Ein-

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bleuste der Gemeinde bekannt zu machen. Nur bis zur vollzogenen zweiten Verkündigung können Einsprüche gegen die Wahl eingelegt werden. Über die Einsprüche entscheidet zunächst auf erforderten

gutachtlichen Bericht des Presbyteriums der Vorstand der Kreis­ synode, und auf Beschwerde, die jedoch innerhalb einer Frist von 14 Tagen, von der Bekanntmachung des Beschlusses des Vorstandes an gerechnet, eingelegt werden muß, das Konsistorium. Die Beschwerde an das Konsistorium, welches endgültig ent­ scheidet, ist nur demjenigen gestattet, gegen den der Einspruch ge­ richtet worden ist, nicht auch demjenigen, der den Einspruch erhoben hat. Bis zur endgültigen Entscheidung über die erhobenen Ein­ sprüche verbleibt der Vorgänger des Beanstandeten in seinem Amte, und falls nicht zu ermitteln ist, an wessen Stelle der Beanstandete treten sollte, entscheidet das Los darüber, welcher von den aus­ scheidenden Presbytern bis zu jenem Zeitpunkte in seinem Amte zu verbleiben hat. 3 Einsprüche gegen die Persönlichkeit des Gewählten und die Gesetzlichkeit der Wahlhandlung werden hierbei überall gleichmäßig behandelt. 4 Die Einführung der neu eintretenden Presbyter geschieht vor der Gemeinde nach dem in der Agende befindlichen Formulare. i

§ 12. Das Presbyterium versammelt sich auf schriftliche Ein­ ladung des Vorsitzenden, welche in der Regel wenigstens am Tage vor der Sitzung und unter Angabe der Hauptgegenstände der Bersprüche entscheidet zunächst daS Moderamen der Kreis-Synode, auf erforderten gutachtlichen Bericht des Presbyteriums,

und auf Rekurs,

welcher jedoch innerhalb

14 Tagen prä­

klusivischer Frist, von der Bekanntmachung des BeschlusieS deS Moderamens an

gerechnet,

eingelegt werden muß, das Konsistorium.

Die Allerh. Kab.-Order vom 8. Dez. 1866 fügt hinzu:

sistorium, welches in letzter Instanz entscheidet,

Der ReeurS an daS Kon­

ist nur demjenigen, gegen welchen der Ein-

spruch gerichtet worden ist, nicht auch dem Opponenten gestattet.

BiS zur endgültigen Ent­

scheidung über die erhobenen Einsprüche verbleibt der AmtSvorgänger des Beanstandeten in

seinen Functtonen, und falls nicht zu ermitteln ist, an wessen Stelle der Beanstandete treten sollte, entscheidet daS LooS darüber, welcher von den ausscheidenden Presbytern bis zu jenem

Zeitpunkte in seinen Functtonen zu verbleiben hat.

Einsprüche gegen die Persönlichkeit deS

Gewählten und die Legalität der Wahlhandlung werden hierbei überall gleichmäßig behandelt.

§ 12. U. T.: Das Presbyterium versammelt sich, auf schriftliche Aufforderung deS Präses, welche den Mitgliedern wenigstens S Tage vor der Sitzung bekannt gemacht werden muß, in der Regel jeden Monat einmal, in der Sakristei, oder einem andern bestimmten, angemessenen Lokale, in einem der kirchlichen Gemeindegebäude.

Der Präses hat darauf zu

halten, daß Ordnung, Anstand und Würde in der Bersammlnng nicht verletzt und nur über

kirchliche Gegenstände gesprochen werde Der Präses kann auch, wo es erforderlich ist, außergewöhnlich daS Presbyterium zu­

sammenberufen.

sein.

Zur Fasiung eines BeschlusieS müssen zwei Drittel der Glieder versammelt

Bei Gleichheit der Stimmen gebührt dem Präses die SchiedSstimme. Zusätze deS M.-R. 1853:

1. Die Einladung des Präses muß den Mitgliedern deS

Presbyteriums spätestens am Tage vor Abhaltung der Versammlung zukommen.

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Handlung den Mitgliedern bekannt gemacht werden muß, in der Regel jeden Monat einmal, in der Sakristei, oder einem anderen angemessenen Raume. Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Ver­ handlungen mit Gebet. Er hat darauf zu halten, daß Ordnung, Anstand und Würde in der Versammlung nicht verletzt und nur über kirchliche Gegenstände gesprochen werde. Der Vorsitzende kann, wenn es erforderlich ist, auch außergewöhnlich das Presbyterium zusammenberufen. Zur Fassung eines Beschlusses muß mehr als die Hälfte der verfassungsmäßigen Mitgliederzahl anwesend sein. Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet bei Wahlen das Los, sonst die Stimme des Vorsitzenden. Mitglieder, die an dem Gegenstände der Beschlußfassung persönlich beteiligt sind, haben sich der Abstimmung zu enthalten und dürfen nur auf ausdrückliche Gestattung der Versammlung bei der Ver­ handlung anwesend sein. Daß diese Vorschrift beobachtet worden, ist im Protokoll zu vermerken. Jedes Mitglied des Presbyteriums ist verpflichtet, über alle die Seelsorge und Kirchenzucht betreffenden Angelegenheiten, sowie über die sonst als vertraulich zu behandelnden Gegenstände Verschwiegen­ heit zu beobachten.

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§ 13. Über die Verhandlungen wird ein Protokoll geführt und r in das Protokollbuch eingetragen. 2. Statt der schriftlichen Form kann auch die sonst herkömmliche Form der Einladung

benutzt werden. 3. Ist die Einladung schriftlich und unter Angabe der Berathungs. Gegenstände erfolgt,

jo ist schon die Hätfte der Mitglieder des Presbyteriums beschlußfähig.

4. Der Präses eröffnet und schließt die Verhandlungen mit Gebet. DaS K.-G.

vom 27. April 1891 hat

an Stelle der letzten beiden Sätze des §

folgende Bestimmungen gesetzt: Zur Fassung eines Beschlusses müssen zwei Drittel beziehungs­ weise die Hälfte der gesetzlichen Mitglied erzähl versammelt sein.

Sttmmenmehrheit gefaßt.

Die Beschlüsse werden durch

Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet bei Wahlen das L00S,

jonst die Stimme des Vorsitzenden. — Außerdem gibt das K.-G

folgende zwei Zusätze:

a. Mitglieder, welche an dem Gegenstände der Beschlußfassung persönlich betheiligt sind, haben stch der Abstimmung zu enthalten und dürfen nur auf ausdrückliche Gestattung der Ver­

sammlung bei der Verhandlung anwesend sein.

b. Jedes Mitglied des PreSbyteriumS ist

verpflichtet, über alle die Seelsorge und Kirchenzucht betteffenden Angelegenheiten, sowie über die sonst als vertraulich bezeichneten Gegenstände Verschwiegenheit zu beobachten.

§ 13. U. T.: Ueber die Verhandlungen wird ein Protokoll geführt, und daffelbe in daS Protokollbuch eingetragen. Die Protokolle werden von allen anwesenden Mitgliedern unterzeichnet, und das Protokollbuch wird dem Superintendenten bei der Kirchenvisitatton vorgelegt.

DaS K.-Ges. vom 8. Juni 1891 ergänzte diese Bestimmungen durch folgende beiden

Paragraphen: § 1) Die Beschlüsse des PreSbyteriumS werden Dritten gegenüber, soweit der § 2 nichts Anderes bestimmt,

durch Auszüge aus dem Protokollbuche bekundet,

welche der

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Das Protokoll, aus dem die Namen der Erschienenen ersichtlich sein müssen, wird von allen Anwesenden oder vom Vorsitzenden und zwei dazu bestimmten Mitgliedern unterzeichnet.

§ 14. Das Presbyterium hat den Beruf, in Unterstützung der pfarramtlichen Tätigkeit nach bestem Vermögen zum religiösen und sittlichen Aufbau der Gemeinde zu helfen, die christlichen Gemeinde­ tätigkeiten zu fördern und die Kirchengemeinde in inneren und äußeren Angelegenheiten zu vertreten. Insbesondere liegt dem Presbyterium ob: a) die Handhabung der Kirchenzucht in der Gemeinde innerhalb der gesetzlichen Grenzen; b) die Einleitung der Wahl des Pfarrers (§ 59); c) die Wahl der nichtgeistlichen Kirchenbeamten (§ 140), die verfassungsmäßige Teilnahme an der Besetzung der mit einem Kirchenamt dauernd verbundenen Schulstellen und der im § 8 bezeichnete Anteil an der Wahl der Presbyter; d) die Aufnahme der vor ihm und der Gemeinde geprüften Konfirmanden (§ 110); e) wo es üblich ist, die Erteilung der Kirchenzeugnisse (§ 2); f) die Beschickung der Kreissynode nach Maßgabe des § 35; i

Dorfitzende (Präses) beglaubigt.

sitzenden.

Ausfertigungen ergehen unter der Unterschrift des Vor­

§ 2) Zu jeder die Gemeinde verpflichtenden schriftlichen Willenserklärung

de-

Presbyteriums bedarf eS der Unterschrift des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters und

zweier anderer Mitglieder deS Presbyteriums, sowie der Beidrückung des Kirchensiegels.

Hierdurch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Fassung deS BeschlusieS festgestellt,

so daß eS eines Nachweises der einzelnen Erfordernisse desselben, insbesondere der erfolgten Zustimmung der größeren Vertretung (Repräsentation) der Gemeinde, wo deren Zustimmung nothwendig ist, nicht bedarf.

$ 14.

U. T.: Zu dem Geschäftskreis deS OrtS-Presbyterii gehört:

a. die Handhabung der Kirchendisziplin in der Gemeinde, innerhalb der gesetzlichen Grenzen;

b. die Einleitung zur Wahl deS Predigers nach den

Bestimmungen des Wahl-

reglementS;