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German Pages 135 Year 1982
U L R I C H JOERES
Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen im Verwaltungsstreitverfahren
Schriften zum öffentlichen Band 419
Recht
Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen im Verwaltungsstreitverfahren
Von
Dr. Ulrich Joeree
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 05156 4
Vorwort Die Arbeit ist von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn i m Wintersemester 1981/82 als Dissertation angenommen worden. Für den Hinweis auf das Thema und die umfassende Förderung der Arbeit danke ich Herrn Prof. Dr. Redeker. Herrn Prof. Dr. Pietzcker habe ich für seine hilfreiche Gesprächsbereitschaft und zahlreiche A n regungen zu danken. Bonn, i m Februar 1982 Ulrich Joeres
Inhaltsverzeichnis
1. Teil Einleitung
11
A. Aufgabenstellung
11
B. Verdeutlichung der Aufgabenstellung an Fällen
11
C. Bisherige Behandlung des Themas i n Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r . .
13
D. Gang der Untersuchung
14
2. T e i l Historische Entwicklung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen A. Zeit vor 1945
15 1
15
I. Einfache Beiladung
15
I I . Notwendige Beiladung
18
1. Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts . . . .
18
2. L i t e r a t u r
27
3. Novelle zum Landesverwaltungsgesetz von 1914
28
4. Zusammenfassung
32
B. Zeit nach 1945 I. Rechtslage vor I n k r a f t t r e t e n der Verwaltungsgerichtsordnung
33 ..
1. Verwaltungsgerichtsgesetze 2. Sozialgerichtsgesetz
33 33
—
35
8
Inhaltsverzeichnis I I . Meinungsstand zur Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen i m Verfahren nach der V w G O
37
1. Stellung als „Beteiligter" gem. § 63 Nr. 3 V w G O
37
2. „Abhängige Stellung" des notwendig Beigeladenen
37
3. § 66 Satz 2 V w G O
38
4. Materiell-rechtliche Beteiligung des notwendig Beigeladenen am streitigen Rechtsverhältnis
39
5. Parallele zur notwendigen Streitgenossenschaft oder zur streitgenössischen Nebenintervention
40
3. T e i l Kriterien zur Beurteilung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen und allgemeine Charakterisierung seiner Rechtsstellung A . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
41 41
I. Bedeutung der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis für die prozessuale Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand . .
44
I I . Beziehung des notwendig Beigeladenen zum streitigen Rechtsverhältnis
50
1. Definition der Voraussetzungen notwendiger Beiladung
50
2. Fallgruppen notwendiger Beüadung
53
a) Verwaltungsakte m i t Doppelwirkung
53
aa) Anfechtungsklagen
53
bb) Verpflichtungsklagen
56
b) Rechtsnachfolge
60
c) Mehrstufige Verwaltungsakte
62
I I I . Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen
65
B. B i n d u n g s w i r k u n g des Urteils I. Bedeutung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils f ü r die prozessuale Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand
67
68
1. Zivilprozeß
68
2. Verwaltungsprozeß
70
Inhaltsverzeichnis I I . A r t der Bindungswirkung des Urteils gegenüber dem notwendig Beigeladenen
73
1. Argumente für eine Rechtskraftbindung
73
2. Widerlegung des Einwandes, die praktische Bedeutung der notwendigen Beiladung erfordere eine spezifische Beiladungsoder Feststellungswirkung
74
a) Streitgegenstand der Anfechtungsklage aa) Meinungsstand (1) Streitgegenstand als Rechtsbehauptung des Klägers, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig u n d verletze i h n i n seinen Rechten (2) Streitgegenstand als Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (3) Streitgegenstand als materiell-rechtlicher Anspruch des Klägers auf Aufhebung des angefochtenen V e r waltungsaktes (4) Streitgegenstand als das prozessuale Begehren des Klägers bb) Eigene Auffassung b) Streitgegenstand der Verpflichtungsklage
77 77 77 80 80 84 84 88
aa) Meinungsstand
88
bb) Eigene Auffassung
89
c) Objektiver Umfang der materiellen Rechtskraft I I I . Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen
91 95
4. Teil Bedeutung dieser Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen für die einzelnen Prozeßhandlungen A. Erfordernis der M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen an Prozeßhandlungen der Parteien I. Klageänderung I I . Antragsänderungen nach §§ 264 ZPO, 173 V w G O I I I . Parteiwechsel I V . Klagerücknahme V. Einseitige Erledigungserklärung des Klägers V I . Einseitige Erledigungserklärung des Beklagten
96
97 97 98 98 100 101 103
10
Inhaltsverzeichnis V I I . Übereinstimmende Erledigungserklärungen
103
V I I I . Prozeßvergleich
105
I X . Anerkenntnis
107
X . Verzicht
110
X I . Rechtsmittel
112
X I I . Insbesondere: Sprungrevision
113
X I I I . Sonstige Sachanträge
116
X I V . Prozeßanträge
116
B. Befugnis des notwendig Beigeladenen, eigene Anträge zu stellen
117
I. Antrag, durch den ein neuer Streitgegenstand i n den Prozeß eingeführt w i r d 117 I I . Rechtsmittel
120
I I I . Prozeßanträge
122
5. Teil Zusammenfassung
123
Literaturverzeichnis
127
Hinweis: Die Abkürzungen sind, soweit nicht aus sich heraus verständlich, aus Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 2. Aufl., B e r l i n 1968 entnommen.
Erster Teil
Einleitung A. Aufgabenstellung Die vorliegende Arbeit untersucht die prozessuale Stellung, die der notwendig Beigeladene durch seine Beiladung i m Verwaltungsstreitverfahren erlangt. Sie bietet keine umfassende Darstellung des Rechts der notwendigen Beiladung. Insbesondere die Voraussetzungen der notwendigen Beiladung, die Urteilswirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen und die Rechtsfolgen der Unterlassung einer notwendigen Beiladung werden nicht selbständig behandelt. Hierauf w i r d nur eingegangen, soweit es zur Klärung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen erforderlich ist. Ziel der Arbeit ist es, über eine allgemeine Charakterisierung dieser Rechtsstellung hinaus i m einzelnen die Fragen zu klären, inwieweit die Wirksamkeit der Prozeßhandlungen des Klägers und des Beklagten eine M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen voraussetzt und ob der notwendig Beigeladene befugt ist, durch eigene Anträge über den Streitgegenstand zu verfügen. B. Verdeutlichung der Aufgabenstellung an Fällen Die hier angesprochenen Fragen haben die Rechtsprechung etwa i n folgenden Fällen beschäftigt: a) Beschluß des OVG Münster vom 18. 2.1954 1 Die Beklagte erfaßt i m Haus des Klägers eine Wohnung und teilt sie dem notwendig Beigeladenen zu. Hiergegen erhebt der Kläger A n fechtungsklage. Kläger und Beklagter schließen einen Prozeßvergleich, wonach die Beklagte die angefochtene Verfügung aufhebt und der Kläger die Klage zurücknimmt. Der notwendig Beigeladene erklärt, daß er dem Vergleich nicht zustimmt. Ist der Vergleich dennoch w i r k sam?2
1 2
OVGE 8, 233 = VerwRspr 6, 637. Vgl. hierzu Vierter Teil, Α. V I I I .
Erster Teil: Einleitung
12
b) Beschluß des BVerwG vom 7. 6.1968 3 Der Kläger ficht eine dem notwendig Beigeladenen erteilte Baugenehmigung an. Während des Rechtsstreits hebt die Beklagte die Baugenehmigung auf. Daraufhin erklären Kläger und Beklagte den Rechtsstreit i n der Hauptsache für erledigt. W i r d die Erledigung der Hauptsache dadurch i n Frage gestellt, daß der notwendig Beigeladene der übereinstimmenden Erledigungserklärung widerspricht? 4 c) Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 16. 3.1976 5 Eine Klage w i r d in erster Instanz abgewiesen. Steht dem Kläger unter Übergehung der Berufungsinstanz die Sprungrevision zu, wenn nur der Beklagte dem zustimmt, der notwendig Beigeladene aber seine Zustimmung verweigert? 8 d) Urteil des Württemberg-Badischen Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.1949 7 Der Kläger erhält durch die Verfügung der Beklagten die Berechtigung, einen L K W zu beziehen. Das daraufhin angeschaffte Fahrzeug stellt die Beklagte sicher, nachdem ihr bekannt geworden ist, daß der Kläger unrichtige Angaben über seine politische Vergangenheit gemacht hat. Durch eine weitere Verfügung w i r d der L K W dem L zur Verfügung gestellt. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage w i r d i n erster Instanz abgewiesen. Während der Anhängigkeit des Verfahrens in der Berufungsinstanz hebt die Beklagte die angefochtene Verfügung auf. L gibt daraufhin den L K W an den Kläger heraus. Dieser beantragt nunmehr die Feststellung, die Inanspruchnahme des Wagens zugunsten des L sei unzulässig gewesen. I n der Berufungsinstanz erfolgt die notwendige Beiladung des L. Dieser beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 7900.— D M an ihn zu verurteilen, w e i l er durch die m i t der Klage angefochtene Verfügung Eigentum an dem L K W erworben habe, das ihm nur gegen Entschädigung entzogen werden könne. Hier stellt sich die Frage, ob der notwendig Beigeladene befugt ist, m i t seinem Antrag einen neuen Streitgegenstand i n den Prozeß einzuführen 8 .
3 4 5 β 7 8
B V e r w G E 30, 27. Vgl. hierzu Vierter Teil, A. V I I . N J W 1976, 1682. Vgl. hierzu Vierter Teil, Α. X I I . VerwRspr 2, 320. Vgl. hierzu Vierter Teil, Β . I.
4
C. Bisherige Behandlung des Themas i n Rechtsprechung u n d Literatur
13
C. Bisherige Behandlung des Themas in Rechtsprechung und Literatur Das Erfordernis der M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen an Prozeßhandlungen des Klägers und des Beklagten und seine Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand sind sowohl i n den geschilderten Fällen als auch hinsichtlich aller anderen bisher diskutierten Prozeßhandlungen umstritten 9 . Dies beruht darauf, daß i n Rechtsprechung und Lehre über die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen und seine Teilhabe an der Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand i m Grundsatz Unklarheit herrscht. Gem. § 63 Nr. 3 VwGO ist der Beigeladene ebenso wie Kläger, Beklagter, Oberbundesanwalt bzw. der Vertreter des öffentlichen Interesses Beteiligter. Entgegen dieser formalen Gleichstellung ist der notwendig Beigeladene nach herrschender Meinung gegenüber Kläger und Beklagtem, die als „Hauptbeteiligte" bezeichnet werden, nur ein Beteiligter minderen Rechts 10 . Nach dieser Auffassung soll der notwendig Beigeladene nur eine abhängige Stellung i m Prozeß haben 11 . I h m fehle die Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand, die allein den Hauptbeteiligten zukomme 12 . Nach anderer Auffassung hat der notwendig Beigeladene i m Prozeß grundsätzlich dieselbe Stellung und dieselbe Dispositionsbefugnis wie K l ä ger und Beklagter 13 . Zwischen diesen beiden Meinungen werden differenzierende Auffassungen vertreten, die dem notwendig Beigeladenen i n beschränktem Umfang eine Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand einräumen, indem sie seine M i t w i r k u n g an einzelnen Prozeßhandlungen des Klägers und des Beklagten fordern und unter bestimmten Voraussetzungen die Einführung eines neuen Streitgegenstandes durch den notwendig Beigeladenen zulassen 14 . 9 Vgl. hierzu die Nachweise bei der Behandlung der einzelnen Prozeßhandlungen i m Vierten Teil. 10 R e d e k e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 8; Schunck/De Clerk, §§ 65, 66, Anm. 4 a; Stahl, S.99; Bichler, S. 184; Schmitt, N J W 1949, 611, 612; B G H N J W 81, 349 = DVB1 81, 28, 30. Die Terminologie ist hier unklar. Ule, §§ 65, 66, A n m . I I I 1 bezeichnet auch die Beigeladenen als Hauptbeteiligte. 11 B V e r w G E 30, 27, 28; Stahl, S. 107. 12 B V e r w G N J W 1960, 594; O V G Koblenz AS 3, 110; O V G Münster V e r w Rspr 6, 626, 628; Maetzel, N J W 1954, 746. 13 Bauer, DÖV 1949, 227; Pietzonka, N J W 1954, 102 u n d 746; Menger, DVB1 1950, 701; Martens, V e r w A r c h 60, 252; Becker-Gassen, S. 129; nach Stettner w i r d der notwendig Beigeladene nicht Partei u n d kann auch nicht über den Streitgegenstand verfügen (S. 29), seine Stellung ist aber der einer Partei vergleichbar (S. 96). BSG M D R 1975, 435: „grundsätzliche Gleichstellung m i t den Hauptbeteiligten"; O V G H a m b u r g M D R 1950, 762 = DVB1 1951, 54: „Stellung einer Partei"; O V G Münster OVGE 3, 80: Beigeladener gehört zu den Personen, die als Beteiligte Partei sind oder eine parteiähnliche Stellung ein-, nehmen; O V G B e r l i n AS 8, 130: notwendig Beigeladener hat die Stellung eines notwendigen Streitgenossen. 14 Vgl. hierzu die Nachweise zu den einzelnen Prozeßhandlungen.
14
Erster Teil : Einleitung
Eine monographische Untersuchung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen fehlt für das geltende Recht 15 . Die vorliegenden Monographien behandeln meist das Recht der notwendigen Beiladung insgesamt. Die Rechtsstellung der notwendig Beigeladenen w i r d hierbei nur beiläufig erörtert 1®. D. Gang der Untersuchung Angesichts der prinzipiellen Unklarheit über die Stellung des notwendig Beigeladenen setzt die Überprüfung einzelner Prozeßhandlungen des Klägers und des Beklagten auf ihre Mitwirkungsbedürftigkeit durch den notwendig Beigeladenen sowie die Erörterung der Befugnis des notwendig Beigeladenen, durch eigene Prozeßhandlungen über den Streitgegenstand zu verfügen (dazu i m Vierten Teil), eine grundsätzliche Bestimmung seiner Rechtsstellung i m Verwaltungsrechtsstreit voraus (dazu i m Dritten Teil). Zunächst soll jedoch untersucht werden, welche Rechtsstellung der notwendig Beigeladene nach früheren Prozeßordnungen innehatte und welche Anhaltspunkte für die Beurteilung der heutigen Rechtslage die historische Entwicklung seiner Rechtsstellung liefert (dazu i m Zweiten Teil). Dabei w i r d sich zeigen, daß die Regelung der notwendigen Beiladung i m geltenden Recht ohne diesen historischen Rückblick nicht zu verstehen ist. Das heutige Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist unter bewußter Anknüpfung an die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts geschaffen worden, das diese Rechtsfigur entwickelt hat. I m preußischen Verwaltungsstreitverfahren hatte der notwendig Beigeladene die Rechtsstellung einer Partei inne. Dies ist — wenn auch unter bestimmten Modifizierungen — noch für die Auslegung des heute geltenden Rechts von Bedeutung.
15 Cadmus behandelt n u r die einfache Beiladung. Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung lehnt er ab (S. 58). 16 Linkenheil, S. 197—202; Becker-Gassen, S. 128—133; E. Müller, S. 18—31; Müncks, S.47—56; Selle, S. 219—230; Bichler, S. 179—190; Lücke, S. 65—75; Stahl, S. 97—121; Stettner, S. 24—30.
Zweiter
Teil
Historische Entwicklung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen A. Zeit vor 1945 I . Einfache Beiladung
Das Rechtsinstitut der Beiladung ist gleichzeitig m i t der Einrichtung einer unabhängigen Verwaltungsgerichtsbarkeit entstanden 1 . I n der Zeit von 1863 bis 1924 wurden i n den deutschen Ländern unabhängige Gerichte gegründet, die für die Uberprüfung von Maßnahmen von Trägern öffentlicher Gewalt zuständig waren 2 . Die Landesgesetze zur Regelung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten sahen die Möglichkeit der Beiladung Dritter vor. Dieses Rechtsinstitut insgesamt, insbesondere aber die Rechtsstellung des Beigeladenen, war i n den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgestaltet. Als erster deutscher Staat errichtete 1863 Baden einen unabhängigen Verwaltungsgerichtshof 3 . A r t . 48 Abs. 2 der Verordnung vom 12. 7.18644, die das gerichtliche Verfahren zum Gegenstand hat, enthält die erste gesetzliche Regelung der Beiladung: „Die Beiladung solcher Betheiligter, deren Interesse durch die zu erlassende Entscheidung berührt w i r d , findet von A m t s wegen statt. I n diesem F a l l gilt die Entscheidung auch gegenüber dem Beigeladenen."
Eine gesetzliche Bestimmung der Rechtsstellung des Beigeladenen fehlt. Nach der Rechtsprechung des Badischen Verwaltungsgerichtshofes hatte er die Stellung eines Nebenintervenienten i. S. d. §§ 66 ff. ZPO 5 . 1 Vgl. allg. zur Entstehung der Verwaltungsgerichtsbarkeit: Fleiner, S. 227 ff.; v. Elbe, S. 11 ff.; Kersten, S. 1—13. 2 Vgl. bereits § 182 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reiches v o m 28. März 1849: „Die Verwaltungsrechtspflege hört auf, über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte." 3 Gesetz vom 5. Oktober 1863 über die Organisation der inneren V e r w a l tung (RegBl. S. 399). 4 RegBl. S. 333. 5 Rechtsprechung des Badischen Verwaltungsgerichtshofes, Band I I , Nr. 50, S. 40, Nr. 51, S. 40; Regers Entscheidungen, Band 20, S. 460; Fees, BadVerwZ 1931, 65.
Zweiter Teil: Historische Entwicklung der Rechtsstellung
16
I n einer Reihe anderer Länder erlangte der Beigeladene die Stell u n g e i n e r P a r t e i . So b e s t i m m t § 45 A b s . 2 des sächsischen Gesetzes ü b e r die V e r w a l t u n g s r e c h t s p f l e g e v o m 19. 7.1900 e : „Durch die Beiladung werden sie (die Dritten) Partei." D a m i t e r l a n g t e d e r B e i g e l a d e n e a l l e Rechte e i n e r P a r t e i , e r k o n n t e dieselben A n t r ä g e s t e l l e n w i e sie, e t w a i m g l e i c h e n M a ß e w i e sie selbst d i e K l a g e ä n d e r n 7 . D e m e n t s p r e c h e n d h a t d e r sächsische V e r w a l tungsgerichtshof d e n Beigeladenen i n Anfechtungsklagen zur H a u p t sache v e r u r t e i l t 8 . Dieselbe R e g e l u n g f i n d e t sich i n § 72 A b s . 1 Satz 2 des o l d e n b u r g i schen Gesetzes b e t r e f f e n d d i e V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t v o m 9 . 5 . 1906 9 . Ebenso b e s t i m m t das L ü b e c k e r Gesetz v o m 28. 6.1916 i n d e r Fassung v o m 28. 9 . 1 9 3 3 1 0 i n § 35:
„... Die Beigeladenen gelten i m Sinne dieses Gesetzes als Parteien. «
E i n e i n d e r Sache ü b e r e i n s t i m m e n d e R e g e l u n g i s t f ü r T h ü r i n g e n f e s t s t e l l b a r 1 1 . § 82 d e r L a n d e s v e r w a l t u n g s o r d n u n g 1 2 v o m 1 0 . 6 . 1 9 2 6 1 8 lautet: „Abs. 1 Ist die Entscheidung f ü r einen an dem Verfahren nicht beteiligten D r i t ten von rechtlicher Bedeutung, so k a n n dieser durch schriftliche E r k l ä r u n g dem Verfahren als Kläger oder Beklagter beitreten. Das Gericht beschließt über die Zulassung des Beitritts nach A n h ö r u n g der Beteiligten. Abs. 2 Unter den gleichen Voraussetzungen k a n n das Gericht oder sein V o r sitzender auf A n t r a g oder v o n A m t s wegen nach A n h ö r u n g der Beteiligten einen D r i t t e n zum B e i t r i t t als Kläger auffordern oder als Beklagten i n das Verfahren einbeziehen. Der B e i t r i t t als Kläger gilt als erfolgt, 6
GVB1. S. 486. Mohrmann, S. 78. 8 von der Mosel, S. 1542; Apelt, § 45, A n m . 8 m i t Nachweisen aus der Rechtsprechung. 9 GVB1. S. 693; vgl. Sellmann, E n t w i c k l u n g u n d Geschichte der V e r w a l tungsgerichtsbarkeit i n Oldenburg. 10 GVB1. S. 193. 11 Vgl. Weber, Die E n t w i c k l u n g u n d V e r w a l t u n g der Verwaltungsgerichtsbarkeit i n Thüringen; K n a u t h , Die Gesetzgebung über die Verwaltungsrechtspflege i n Thüringen. 12 Eingeführt worden w a r die Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Staatsvertrag v o m 15.12.1910 zwischen den thüringischen Ländern Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Altenburg u n d den beiden Schwarzburg. 13 GS S. 177. 7
. Zeit
1945
17
w e n n der Aufgeforderte nicht binnen zwei Wochen nach der Aufforderung den B e i t r i t t ablehnt. Die Einbeziehung als Beklagter g i l t als erfolgt, w e n n der Kläger nicht binnen zwei Wochen widerspricht. Abs. 5 Verfahrenshandlungen der Parteien gelten auch als solche des Beigetretenen oder Einbezogenen, falls dieser keine gegenteilige E r k l ä r u n g abgegeben hat."
Diese Regelung weicht von der Rechtslage i n den übrigen Ländern hinsichtlich des Verfahrens der Einbeziehung des Dritten i n den Rechtsstreit ab. Während die anderen Verfahrensordnungen die Zuziehung i n das Ermessen des Gerichts stellten, nahmen i n Thüringen auch die Beteiligten an der Entscheidung teil. Die Rechtsstellung des Beigeladenen entsprach aber derjenigen i n Sachsen, Oldenburg und Lübeck. Er w a r Kläger oder Beklagter, also Partei. Seine selbständige Stellung w i r d durch § 82 Abs. 5 bestätigt, wonach er den Verfahrenshandlungen der Parteien widersprechende Erklärungen abgeben kann. Auch i n Hamburg u n d Bremen entsprach die Stellung des Beigeladenen derjenigen einer Partei. I n Hamburg 1 4 bestimmte § 35 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 2.11.1921 15 : „Abs. 1 Das Gericht k a n n beschließen, daß andere Personen, deren Interessen durch die Entscheidung berührt werden, zu dem Rechtsstreite beizuladen sind (Nebenparteien). Abs. 2 Parteierklärungen, die nach dem Beschluß eingehen, werden auch den Nebenparteien zugestellt. M i t den Erklärungen der Nebenparteien w i r d w i e m i t denjenigen der Parteien verfahren. Abs. 5 Die Nebenparteien haben die Rechtsstellung einer Partei."
Als letztes deutsches Land führte Bremen 1924 die Verwaltungsgerichtsbarkeit ein 18 . § 38 seines Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 6.1.1924 i n der Fassung vom 21. 9.1933 17 ordnete an: „Abs. 1 Das Gericht k a n n beschließen, daß andere Personen, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, zu dem Rechtsstreit beizuladen sind (Nebenparteien). Abs. 4 Durch den Beschluß erhalten die Beigeladenen die Rechtsstellung einer Partei." 14 Vgl. hierzu Horwitz, Hanseatische Rechtszeitschrift 1920, 666; Quast, Die Entstehungsgeschichte der hamburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. 15 GVB1. S. 585. 18 Vgl. hierzu: Thiemann, Verwaltungsgerichtsbarkeit i n Bremen. 17 GBl. S. 351.
2 Joeres
18
Zweiter Teil: Historische E n t w i c k l u n g der Rechtsstellung
Die übrigen Landesgesetze enthalten keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Rechtsstellung des Beigeladenen 18 . A l l e landesgesetzlichen Regelungen stimmen darin überein, daß die Beiladung i n das Ermessen des Gerichts, bzw. i n Thüringen auch i n das Ermessen der Beteiligten gestellt ist. Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist hier unbekannt. Die Rechtsstellung der Beigeladenen auf der Grundlage dieser Gesetze ist deshalb für die Stellung des notwendig Beigeladenen nach heutigem Recht nur von geringer Bedeutung. Immerh i n w i r d an der uneinheitlichen Rechtslage deutlich, daß verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung der Rechtsstellung des Beigeladenen denkbar sind und daß insbesondere die Gleichstellung des Beigeladenen m i t den Parteien nicht schon begrifflich unmöglich ist 1 9 . I I . Notwendige Beiladung
1. Rechtsprechung
des preußischen
Oberverwaltungsgerichts
Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist vom preußischen Oberverwaltungsgericht entwickelt worden. I n Preußen hatte die Beiladung nach Bestimmungen i n § 149 Abs. 3 der Kreisordnung vom 13.12.1872 20 und § 40 des Gesetzes betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren vom 3. 7.1875 21 ihre endgültige Regelung i n § 70 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. 7.1883 22 (LVG) gefunden 23 . Obwohl die Beiladung hiernach i n das Ermessen des Gerichts gestellt war, hielt das Oberverwaltungsgericht die Beiladung i n den folgenden Fallgruppen für obligatorisch: — I m Verfahren über die Ungültigkeit von Wahlen mußte der Gewählte beigeladen werden 2 4 . Es handelte sich hier vorrangig u m die Anfechtung von Gemeinderatswahlen. Parteien waren ein Bürger als Kläger und die Gemeindevertretung als Beklagte. Anfechtbar waren auch andere Wahlen, ζ. B. solche zur Handelskammer 25 . 18 Das Bayrische Verwaltungsstreitverfahren kannte die Beiladung überhaupt nicht, vgl.: Dyroff, Bayrisches Verwaltungsgerichtsgesetz. 19 So aber Popitz, S. 9. 20 GS S. 661. 21 GS S. 375. 22 GS S. 195. 23 Vgl. hierzu: Stump, Preußische Verwaltungsgerichtsbarkeit 1875—1914, S. 26 ff.; Apel, Die E n t w i c k l u n g des Rechtsschutzes i n der preußischen V e r w a l t u n g ; Schulte, Die E i n f ü h r u n g der preußischen Verwaltungsgerichtsbarkeit i n Schleswig-Holstein, S. 129 ff. 24 PrOVGE 1, 8, 10; 26, 119, 122; 13, 215; P r V w B l 10, 307, 308; 10, 611, 612 u n d öfter. 25
P r O V G P r V w B l 37, 41.
Α . Zeit v o r 1945
19
— I m Prozeß gegen die Gemeindevertretung, i n dem ein Bürger auf Streichung eines Wahlberechtigten bzw. eines Kandidaten aus der Wählerliste klagte, mußte der betroffene Wahlberechtigte bzw. Kandidat beigeladen werden 28 . — I n Verwaltungsstreitverfahren über die Anerkennung einer Ortschaft als selbständige Landgemeinde, eines Gutes als selbständiger Gutsbezirk oder über die Feststellung der Grenzen von Stadtgemeinden, Landgemeinden oder Gutsbezirken mußten alle Grundstückseigentümer der betroffenen Gemeinden oder alle Gutsbesitzer beigeladen werden 27 . Einen allgemeinen Tatbestand m i t der Rechtsfolge der Notwendigkeit der Beiladung hat das preußische Oberverwaltungsgericht nicht formuliert. Es hat lediglich i n den bezeichneten Fallgruppen eine Beteiligung des Dritten am Rechtsstreit als notwendig und eine Unterlassung dieser Beteiligung als wesentlichen Verfahrensmangel angesehen, der zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Rückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führte 2 8 . Bei der Suche nach dem tragenden Grundgedanken dieser Rechtsprechung fällt auf, daß i n den drei Fallgruppen die gerichtliche Entscheidung den Dritten unmittelbar i n eigenen, seiner Verfügung unterliegenden und gerichtlich verfolgbaren Rechten betrifft, nämlich den Gewählten i n seinem durch die Wahl erlangten Status, etwa als Gemeinderatsmitglied; den Wahlberechtigten i n seinem aktiven bzw. passiven Wahlrecht; die Grundeigentümer bzw. die Gutsbesitzer i n ihren Rechten und Pflichten als Gemeindemitglieder. Die Schwere dieses Eingriffs i n die Rechte Dritter w i r d an dem U r t e i l vom 1. 8.1883 29 deutlich: Hier hatte eine Gemeindevertretung die Wahl eines Gemeindeverordneten für ungültig erklärt. Hiergegen erhob zunächst der Amtmann Klage, die rechtskräftig abgewiesen wurde. Danach erhob der Gewählte, der an dem vom Amtmann geführten Verwaltungsprozeß nicht beteiligt gewesen war, Klage und beantragte — ebenso wie zuvor der Amtmann —, seine Wahl für gültig zu erklären. Das OVG wies diese Klage m i t der Begründung ab, die rechtskräftige Entscheidung zwischen dem A m t mann und der Gemeindevertretung schließe die rechtliche Möglichkeit aus, i n einem von einer anderen Partei anhängig gemachten Verfahren i m entgegengesetzten Sinne zu entscheiden 30 . Denn wenn zwei sich widersprechende Entscheidungen über die Gültigkeit der Wahl nebeneinander beständen, sei die Frage, welche der beiden der anderen 28
PrOVGE 29, 114, 116; 51, 24, 27. PrOVGE 9, 91; 10, 89, 92; 12, 178, 183; P r V w B l 16, 112; 21, 146 u n d öfter. 28 PrOVGE 10, 89, 91/92; 29, 114, 116; P r V w B l 22, 324. 29 PrOVGE 26, 119. 30 PrOVGE 26, 119, 122. 27
2*
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Zweiter Teil: Historische E n t w i c k l u n g der Rechtsstellung
vorgehe, unlösbar. Das Recht, das dem Gewählten aus der Wahl erwachse, sei eine A r t Statusrecht, über das nur m i t Wirkung inter omnes entschieden werden könne. Gerade m i t diesem Eingriff des Urteils in die Rechte des Dritten rechtfertigt die OVG die Notwendigkeit seiner Beiladung 31 . Dieser Gesichtspunkt ist auch für die zweite Fallgruppe betreffend Streitigkeiten über die Richtigkeit einer Wählerliste maßgebend. Während i n dem Urteil vom 19. 2.1896 die Notwendigkeit der Beiladung des als wahlberechtigt i n die Wählerliste aufgenommenen Gemeindemitgliedes m i t „seinem sehr erheblichen Interesse" 32 an dem Rechtsstreit begründet wird, heißt es i n der Entscheidung vom 3.5.1907 präziser, die Beiladung sei notwendig, w e i l die eingetragene Person durch die Eintragung ein formelles Recht auf eine entsprechende Stimmberechtigung erworben habe, das i h r nur unter ihrer Zuziehung zu dem gesetzlich geordneten Verwaltungsstreitverfahren entzogen werden dürfe 33 . Dieselbe Feststellung läßt sich auch für die dritte Fallgruppe, also für Streitigkeiten über die Anerkennung einer Ortschaft als selbständiger Landgemeinde bzw. die Zugehörigkeit einzelner Grundstücke zu einer solchen Gemeinde treffen. Die Zugehörigkeit einer Gemeinde war konstitutiv für die Rechte und Pflichten des Grundstückseigentümers als Gemeindemitglied 34 . Deshalb w a r auch der Grundstückseigentümer berechtigt, durch verwaltungsgerichtliche Klage die kommunale Eigenschaft seines Grundstücks klären zu lassen 35 . Zusammenfassend ist festzuhalten, daß das OVG für die genannten drei Fallgruppen das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung geschaffen hat, u m einem Dritten, i n dessen einklagbare Rechte die gerichtliche Entscheidung eingriff, Einwirkungsmöglichkeiten auf diese Entscheidung zu eröffnen 36 . Wie besonders deutlich das bereits angeführte Urteil vom 1. 8.1883 zeigt, b e w i r k t i n diesen Fällen die Entscheidung des zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreits die Ausschaltung des Dritten als Kläger, also als Partei, i n einem späteren Verfahren. Dies machte seine Beteiligung an dem von anderen geführten Prozeß notwendig. 31
P r O V G P r V w B l 22, 324. PrOVGE 24, 114, 116. aa PrOVGE 51, 24. 32
34 Vgl. §§ 1 ff. des Gemeindeverfassungsgesetzes v o m 14. A p r i l 1856 (GS S. 359); PrOVGE 10, 89, 92. 35 PrOVGE 52, 51, 53. 38
Gem. § 70 Satz 2 L V G w a r die Entscheidung dann auch i h m gegenüber gültig.
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Die entscheidende Voraussetzung einer notwendigen Beiladung, der Eingriff i n die Rechte eines Dritten, war identisch m i t der Definition der Klagebefugnis i n § 127 Abs. 2 Nr. 1 L V G (ebenso bereits § 63 Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom 26. Juni 188037): „Die Klage kann nur darauf gestützt werden, daß der angefochtene Bescheid durch Nichtanwendung oder unrichtige A n wendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen den Kläger i n seinen Rechten verletze . . I n f o l g e dieser Übereinstimmung der Voraussetzungen der Rechtsstellungen als Kläger und als notwendig Beigeladener war die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts zu den drei Fallgruppen notwendiger Beiladung nicht einheitlich. Der Dritte wurde nicht stets als notwendig Beigeladener, sondern teilweise auch als Partei zugezogen. Darüber hinaus lassen sich i n der Rechtsprechung des OVG weitere Fallgruppen feststellen, i n denen die Entscheidung ebenfalls unmittelbar i n die Rechte Dritter eingriff, i n denen die Dritten aber nicht — wie dies auch nach heutigem Recht zutreffend wäre — als notwendig Beigeladene, sondern als notwendige Streitgenossen, d. h. als Partei zum Rechtsstreit hinzugezogen wurden. Die unterschiedliche Behandlung der Streitigkeiten über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einer Stadt-, bzw. Landgemeinde trat bereits i n der zweiten Entscheidung, die zu dieser Fallgruppe ergangen ist, dem Urteil vom 3.10.1883 38 zutage. Die Entscheidung betraf einen Rechtsstreit über die kommunale Zugehörigkeit mehrerer Grundstücke, der zwischen einem vom Kreisausschuß bestellten Kommissar zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses und dem Domänenfiskus anhängig war. Das OVG führt hier aus, die Eigentümer der betroffenen Grundstücke seien „wenigstens" 3 9 durch Beiladung am Verfahren zu beteiligen. Die Bedeutung dieser Formulierung erhellt aus der nachfolgenden Rechtsprechung. Das Urteil vom 2.10.1894 40 betraf die Klage des Gemeindevorstandes, der Gemeindevertretung und von 51 Grundbesitzern einer Ortschaft gegen den Vertreter des öffentlichen Interesses auf Anerkennung der Ortschaft als selbständige Gemeinde. Neben den Klägern existierten noch weitere Grundbesitzer, die i n den ersten beiden Instanzen nicht beigeladen worden waren. Das OVG führt nun aus, eine sachliche Entscheidung des Rechtsstreits könne nur erfolgen, „wenn sich entweder sämtliche Grundstücksbesitzer an der Klage beteiligt haben oder doch den nichtbeteiligten durch Beiladung zur Wahrneh37 38 39 40
GS S. 291. P r O V G E 10, 89. P r O V G E 10, 89, 92. P r O V G P r V w B l 16, 112.
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mung ihres Interesses an der kommunalen Zugehörigkeit ihrer Grundstücke Gelegenheit gegeben gewesen ist" 4 1 . Anschließend verweist das OVG ausdrücklich auf sein Urteil vom 3.10.1883. Nach dieser Entscheidung ist also die Stellung des Dritten als Partei oder als notwendig Beigeladener austauschbar. Er kann sich alternativ als Kläger oder als notwendig Beigeladener beteiligen. Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist hiernach ein Surrogat für eine fehlende Parteistellung. Dieses Verständnis der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts w i r d durch das Urteil vom 14.1.1908 42 bestätigt. Hier klagten ein Grundstückseigentümer und ein vom Bezirksausschuß bestellter Kommissar zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses gegen eine Landgemeinde auf Anerkennung, daß das Grundstück i n kommunaler Hinsicht nicht zur beklagten Landgemeinde, sondern zu einer benachbarten Stadtgemeinde gehöre. Das OVG begründete hier die Befugnis des Grundstückseigentümers zur Klageerhebung m i t der Überlegung, dieser hätte beigeladen werden müssen, wenn er nicht als Mitkläger aufgetreten wäre 4 3 . Darüber hinaus enthält das Urteil die Feststellung, auch die betroffene Stadtgemeinde sei befugt gewesen, gegen die Landgemeinde zu klagen. Da sie von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht habe, sei sie beizuladen gewesen 44 . Hier w i r d also hinsichtlich des Grundstückseigentümers die Klagebefugnis m i t der Notwendigkeit seiner Beiladung, hinsichtlich der Stadtgemeinde aber umgekehrt die Notwendigkeit ihrer Beiladung m i t ihrer Klagebefugnis begründet. Dieselbe Person kann nach dieser Rechtsprechung an demselben Rechtsstreit wahlweise als Partei oder als notwendig Beigeladene teilnehmen. Beide Rechtsinstitute stehen gleichberechtigt zur Lösung des Problems der Beteiligung eines i n seinen eigenen Rechten betroffenen Dritten am Rechtsstreit zur Verfügung. Ebenso stellt sich die Rechtslage für die Fälle der Wahlanfechtung dar. I n der ersten Entscheidung 45 , i n der von der Notwendigkeit der Beteiligung des Gewählten am Rechtsstreit die Rede ist 4 8 , fehlt noch jede begriffliche Unterscheidung zwischen der Stellung als Partei und als notwendig Beigeladener. Gegen einen Beschluß der Gemeindevertretung, m i t dem die Wahl eines Gemeindeverordneten für ungültig erklärt worden war, klagten hier der Gemeindevorstand und der Ge41
P r O V G P r V w B l 16, 112. PrOVGE 52, 51. 43 PrOVGE 52, 51, 53/54. 44 PrOVGE 52, 51, 53. 45 I n dem U r t e i l PrOVGE 1, 8 w a r die Beiladung bereits i n der ersten I n stanz erfolgt, so daß das O V G auf ihre Notwendigkeit nicht einzugehen hatte. 46 PrOVGE 13, 214. 42
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wählte. Der klagende Gemeindeverordnete w i r d i n dem Urteil sowohl als Beigeladener 47 als auch als Mitkläger 4 8 bezeichnet. Eine Differenzierung zwischen der Stellung als Partei und als notwendig Beigeladener erfolgt erst später i n dem Urteil vom 21.12.1900 49 . Hier führt das preußische Oberverwaltungsgericht aus, die Entscheidung über die Anfechtung der Wahl gelte unter allen Umständen auch gegenüber dem Gewählten, so daß dieser auch dann aus der Gemeindeversammlung ausscheiden müßte, wenn die Ungültigkeit seiner Wahl ohne seine Zuziehung rechtskräftig ausgesprochen würde. Da dem Gewählten i n dem anhängigen Verfahren keine Parteirolle zugewiesen sei, i h m aber Gelegenheit, sein Recht auf Sitz und Stimme i n der Gemeindeversammlung zu vertreten, gegeben werden müsse, sei er notwendig beizuladen. Damit weist das OVG dem Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung hier ebenso w i e bei den Streitigkeiten über die kommunale Zugehörigkeit von Grundstücken die Funktion eines Surrogats der Parteistellung zu. I n einer späteren Entscheidung, dem U r t e i l vom 14. 3.1903 bejaht das Oberverwaltungsgericht die Möglichkeit, dem Gewählten eine Parteirolle zuzuweisen. Hiernach kann die Ungültigkeit einer Wahl erst ausgesprochen werden, „nachdem die Gewählten zum Verfahren, sei es als Parteien, sei es wenigstens als Beigeladene, hinzugezogen worden" 5 0 seien. Nach dieser Entscheidung stehen also auch bei Streitigkeiten über die Gültigkeit von Wahlen die Zuziehung als Partei und die Zuziehung als Beigeladener wahlweise zur Verfügung, u m Dritte am Rechtsstreit zu beteiligen. Die Urteile vom 21.12.1900 und vom 14. 3.1903 widersprechen sich also i n der Beurteilung der Möglichkeit einer Parteistellung des Gewählten; sie stimmen aber darin überein, daß die Stellung eines notwendig Beigeladenen der Stellung einer Partei — sei es als Surrogat, sei es als Alternative — gleichwertig ist. Neben diese unterschiedliche Behandlung der Fallgruppen der notwendigen Beiladung t r i t t die bereits erwähnte abweichende Behandlung gleich gelagerter Fälle. Hier sind zunächst die Streitigkeiten über die Zulegung von Grundstücken an einen Eigenjagdbezirk oder die Zugehörigkeit von Grundstücken zur Feldmarksjagd zu nennen. I n Verfahren dieser A r t klagte ein Eigentümer eines Waldes gegen den Gemeindevorstand auf A n schließung von Grundstücken, die von seinem Wald eingeschlossen waren, an seinen Eigenjagdbezirk. Die Grundstücke schieden dann gem. 47 48 49 50
P r O V G E 13, 214, 216. P r O V G E 13, 214, 220. P r O V G P r V w B l 22, 324. PrOVGE 43, 308, 315.
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§ 7 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. 3.1850 51 aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk, der Feldmarksjagd, aus. Das Jagdrecht stand allein dem Kläger zu. Hier stellte sich die Frage, ob und i n welcher Form die Eigentümer der betroffenen Grundstücke am Verwaltungsprozeß zu beteiligen seien. I n seiner ersten hierzu ergangenen Entscheidung 52 stellt das Oberverwaltungsgericht das Erfordernis der Beteiligung der Grundstückseigentümer auf, ohne sich auf eine bestimmte Form der Beteiligung festzulegen. I n den Entscheidungen vom 20.1.1896 53 und vom 4.2.1897 54 stellt das OVG fest, die Klage sei nicht nur gegen den Gemeindevorstand, sondern auch gegen die betroffenen Grundstückseigentümer zu richten. Falls der Kläger diese nicht als Mitbeklagte i n den Rechtsstreit einbeziehe, sei die Klage abzuweisen. Diese Rechtsprechung wurde i n der Entscheidung vom 23.11.1898 55 m i t der Ergänzung bestätigt, eine Beiladung der Grundstückseigentümer könne ihre unterbliebene Einbeziehung i n das Verfahren als Beklagte nicht ersetzen. U m i n diesen Fällen eine Beteiligung der i n ihren Rechten betroffenen Dritten zu erreichen, bediente sich das OVG i n der Folgezeit des aus dem Zivilprozeß übernommenen Instituts der notwendigen Streitgenossenschaft, das dem L V G ebenso unbekannt w a r wie die notwendige Beiladung. Es wies i n dieser Zeit Klagen, die allein gegen den Gemeindevorstand, nicht auch gegen die Grundstückseigentümer gerichtet waren, nicht mehr ab. Vielmehr sah das OVG die Klage i m Wege der Auslegung als gegen die Grundstückseigentümer mitgerichtet an und zog diese als Beklagte zum Verfahren hinzu 5 6 . Dasselbe gilt für den Fall, daß allein die Grundstücksbesitzer, nicht aber der Gemeindevorstand verklagt wurden. Hier wurde der Gemeindevorstand als Beklagter hinzugezogen 57 . Eine weitere Modifizierung erfuhr die Rechtsprechung i n zwei weiteren zu diesem Fragenkreis ergangenen Entscheidungen. I n dem U r t e i l vom 23. 6. 192158 n i m m t das OVG an, die Grundstückseigentümer hätten i n der Vorinstanz „als Partei (Beklagte) oder als Beigeladene beteiligt werden müssen". I n der Entscheidung vom 15.12.1921 ist n u r noch von einer „Beiladung" der Grundeigentümer die Rede. Z u r Begründung w i r d auf frühere Urteile 5 9 Bezug genommen, obwohl i n diesen Fällen die Grundstückseigentümer als 51
GS S. 165. PrOVGE 18, 295, 297. 58 PrOVGE 29, 303, 304. 54 P r O V G P r V w B l 18, 381, 383. 55 P r O V G P r V w B l 20, 311. 58 P r O V G P r V w B l 36, 715, 716; 37, 216, 217; PrOVGE 71, 386, 388; vgl. auch 41, 306, 308. 57 P r O V G P r V w B l 30, 141. 58 PrOVGE 76, 411, 415. 59 P r O V G P r V w B l 30, 141 u n d PrOVGE 60, 411. 52
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Beklagte hinzugezogen worden waren, bzw. die Klage von vornherein auch gegen die beteiligten Grundbesitzer als Beklagte gerichtet worden war. Eine von den Fallgruppen notwendiger Beiladung abweichende Behandlung erfuhren weiterhin die Streitigkeiten zwischen Bauherrn, Nachbarn und Genehmigungsbehörden über die Rechtmäßigkeit einer Ansiedlungsgenehmigung oder einer Genehmigung zur Anlage einer Feuerstelle. Dies waren i m übrigen auch die einzigen Fälle, i n denen das preußische Oberverwaltungsgericht eine Nachbarklage als zulässig ansah. Ansonsten verneinte es den nachbarschützenden Charakter der verletzten Rechtsnormen. I n dem dem Urteil vom 14. 9.1878 eo zugrundeliegenden Verfahren klagte ein Bauinteressent gegen die Baubehörde auf Erteilung einer Baugenehmigung. I n erster Instanz wurden benachbarte Grundbesitzer, die Einspruch gegen das Bauvorhaben erhoben hatten, beigeladen. Demgegenüber führt das OVG aus®1, die Nachbarn hätten i m Fall der Genehmigungserteilung ebenso ein Klagerecht gegen den Bescheid wie der Antragsteller i m Fall der Ablehnung. Dieser sei daher i m Verwaltungsstreitverfahren Gegner der Nachbarn. Aus der Natur der Sache ergebe sich, daß bei einer Klage der Nachbarn der Antragsteller und die Behörde Beklagte sein müßten, denn beide gemeinschaftlich, der eine durch seinen Antrag, der andere durch seine Genehmigung hätten den Grund zur Klage gegeben. Klage hingegen der Antragsteller, seien die Einwendungen der Nachbarn und deren Anerkennung durch die Behörde Gegenstand der Klage, deren Urheber also die Beklagten. A n der Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft zwischen Antragsteller und Behörde bzw. Nachbarn und Behörde hat das OVG i n ständiger Rechtsprechung festgehalten 62 . Alle vorstehend dargestellten Fallgruppen — Wahlanfechtungen, Streitigkeiten über die kommunale Eigenschaft eines Grundstücks bzw. über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einem bestimmten Jagdbezirk sowie über die Rechtmäßigkeit von Baugenehmigungen und Genehmigungen zur Errichtung von Feuerstellen — weisen die Gemeinsamkeit auf, daß die gerichtliche Entscheidung dieser Streitigkeiten unmittelbar i n Rechte Dritter eingreift. Dies beruht darauf, daß über hoheitliche Maßnahmen zu entscheiden war, die eine Person begünstigten und zugleich eine andere belasteten. I n der heutigen Terminologie handelte es sich i n allen Fällen um Verwaltungsakte m i t Doppelwirkung, die auf der Grundlage der VwGO eine Fallgruppe der notwendigen Beiladung sind. Angesichts dieser Einwirkung der Entscheidung auf Rechte Dritter hielt das preußische Oberverwaltungs60 81 82
PrOVGE 4, 379. PrOVGE 4, 379, 381. PrOVGE 5, 400, 403; 6, 330, 331; 10, 322, 328; 28, 382.
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gericht die Beteiligung der Dritten für erforderlich. Es hat diese Beteiligung i n unterschiedlicher Weise verwirklicht und den Dritten teilweise als Partei, teilweise als notwendig Beizuladenden hinzugezogen. Die Beteiligung des Dritten ist nicht nur zwischen den einzelnen Fallgruppen uneinheitlich. Auch innerhalb einzelner Fallgruppen, j a sogar i n ein und demselben Fall wählt das OVG unterschiedliche Beteiligungsformen. Ein rechtfertigender Grund für diese unterschiedliche Behandlung gleicher Fälle ist nicht erkennbar. Die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts w i r d erst verständlich durch eine genauere Untersuchung der Rechtsstellung des Beigeladenen. I n der Zeit, i n der das OVG das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung entwickelte, d. h. i m letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, räumte das Gericht dem Beigeladenen die Stellung einer Partei ein. Nach der Rechtsprechung aus dieser Zeit erlangte der Beigeladene durch die Beiladung „die prozessualische Stellung einer Part e i " 6 3 bzw. er trat den Parteien „ m i t den Rechten solcher prozessualisch zur Seite" 64 . Unter dieser Voraussetzung ist es allerdings bedeutungslos, ob der Dritte Beigeladener oder Partei wird. Die notwendige Beiladung und die Zuziehung als Partei, d. h. die Beteiligung als notwendiger Streitgenosse sind dann i n der Sache identische und lediglich terminologisch unterschiedene Rechtsinstitute. Diese Rechtsprechung hat das OVG allerdings i m Jahre 1901 aufgegeben. Seitdem vertrat es die Auffassung, der Beigeladene sei nicht Partei und habe auch nicht dieselben prozessualen Rechte wie eine Partei 6 5 . Diese Ansicht vertrat das Gericht aber nur i n Fällen fakultativer oder einfacher Beiladung. Die zur notwendigen Beiladung ergangenen Entscheidungen lassen nicht erkennen, daß die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen gegenüber der früheren Rechtsprechung, wonach er eine Parteistellung innehatte, eingeschränkt sein sollte. Die — soweit ersichtlich — einzige Entscheidung, die ausdrücklich auf die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen eingeht, stellt fest, daß der notwendig Beigeladene i n der Revisionsinstanz keine neuen Anträge stellen darf, die über den von den Parteien bestimmten Streitgegenstand hinausgingen 66 . Diese Entscheidung spricht für eine Gleichstellung des notwendig Beigeladenen m i t den Parteien. Denn auch diesen war es i n der Revisionsinstanz verwehrt, einen neuen Streitgegenstand i n den Rechtsstreit einzuführen. Die hierfür zur Verfügung stehenden Rechtsinstitute — K l a geänderung für den Kläger, Widerklage für den Beklagten — waren i n der Revisionsinstanz ausgeschlossen67. 63
PrOVGE 5, 60, 64. PrOVGE 21, 212, 214/215, ebenso: Bornhak, S. 369. e5 PrOVGE 39, 109, 116; 78, 306, 312; 82, 331, 333. ·· PrOVGE 37, 148, 149. 64
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Für die Beibehaltung der Gleichstellung von Parteien und notwendig Beigeladenen spricht auch die Behandlung der Rechtsmittel. Sowohl der einfache als auch der notwendig Beigeladene konnten zulässigerweise Rechtsmittel einlegen. Begründet war das Rechtsmittel aber nur dann, wenn der Beigeladene geltend machen konnte, er sei in eigenen Rechten verletzt, die Schutz i m Verwaltungsstreitverfahren genössen68. Die Verletzung eigener Rechte konnte aber nur ein notwendig Beigeladener geltend machen. Infolgedessen ist ein Fall, i n dem ein einfach Beigeladener ein begründetes Rechtsmittel eingelegt hätte, nicht feststellbar 69 und darüber hinaus auch begrifflich nicht möglich 70 . Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen entsprach insoweit — i m Gegensatz zu der des einfachen Beigeladenen — der einer Partei. Angesichts der Übereinstimmung der Stellung der Parteien und des notwendig Beigeladenen konnten die notwendige Beiladung und die Zuziehung Dritter als Partei als gleichwertige Rechtsinstitute zur Beteiligung Dritter an einem Verfahren, das m i t einer Entscheidung — auch — über ihre Rechte enden mußte, verwandt werden. Zwischen den Rechtsstellungen, die durch diese Beteiligungsformen erlangt wurden, bestand inhaltlich kein Unterschied. 2. Literatur Die Unterscheidung des preußischen Oberverwaltungsgerichts zwischen der notwendigen Beiladung und der Zuziehung Dritter als Partei ist i m damaligen Schrifttum ganz überwiegend abgelehnt worden 7 1 . Kritisiert wurde vor allem das Fehlen von Abgrenzungskriterien zwischen beiden Beteiligungsformen 72 . Stattdessen wurde unterschieden zwischen der einfachen Beiladung gem. § 70 LVG, durch die der Beigeladene keine Parteistellung erlangen sollte 73 und der Zuziehung Dritter als Partei. Die notwendige Beiladung wurde dabei als eine nachträgliche Zuziehung als Partei angesehen74. Zur Begründung der 67 Friedrichs, Verwaltungsrechtspflege, § 374; v. Brauchitsch, § 63, A n m . 4; ebenso heute: § 142 V w G O f ü r die Klageänderung, B V e r w G E 44, 351, 360 grundsätzlich f ü r die Widerklage, weitere Hinweise vgl. Vierter Teil, Fußnote 88. 68 P r O V G E 39, 120, 121; 45, 130, 131; P r O V G P r V w B l 25, 251; 37, 201. 89 v. Stengel, Wörterbuch, S. 757; vgl. auch Bitter, S. 221. 70 Schultzenstein, V e r w A r c h 19,1, 18/19. 71 Vgl. zur L i t e r a t u r zum preußischen Recht: Lüning, S. 15—20. 72 v. Brauchitsch, § 70, A n m . 5: „Die Abgrenzung gegen die notwendige Streitgenossenschaft ist nicht klar." 73 Reuß, S. 20; Bartels, S. 14, Friedrichs, V e r w A r c h 6, 358, 407; Stier-Somlo/ Elster, S. 620 r. Sp.; u n k l a r : Glaser, S. 74. 74 Friedrichs, Verwaltungsrechtspflege, § 313, S. 629; Kunze, V e r w A r c h 1, 198, 203, Fußnote 2; Zorn, V e r w A r c h 2, 74, 112; Schultzenstein, V e r w A r c h 15, 475, 480/481; 26, 1, 27; Müller, Begriffe, S. 128; Minnig, S.39; Weise, S.463; Anschütz, V e r w A r c h 6, 593, 605; u n k l a r : Hüttenheim, S. 100, 117, 119.
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Zuziehung als Partei w i r d hier auf den Eingriff der Entscheidung i n die Rechte des Dritten verwiesen 75 . Infolgedessen könne ohne Beteiligung des Dritten als Partei das streitige Rechtsverhältnis nicht festgestellt werden 76 . Zustimmung erfährt die Rechtsprechung nur vereinzelt 77 . Innerhalb der herrschenden Lehre gingen die Meinungen darüber auseinander, ob die notwendige Beiladung i m Sinne der Rechtsprechung bereits eine — wenn auch unter anderer Bezeichnung erfolgende — Zuziehung als Partei sei 78 , oder ob statt der notwendigen Beiladung eine Zuziehung als Partei zu erfolgen habe 79 . Der letzteren Auffassung kann nicht zugestimmt werden, w e i l die notwendige Beiladung inhaltlich m i t der Beteiligung eines Dritten als Partei übereinstimmte 8 0 . Berechtigt an der K r i t i k des Schrifttums ist allerdings die Feststellung, die notwendige Beiladung bedeute i n Wahrheit die Zuziehung eines Dritten als Partei. Insoweit wäre eine terminologische Klarstellung seitens der Rechtsprechung sinnvoll gewesen. 3. Novelle zum Landesverwaltungsgesetz
von 1914
Die K r i t i k an der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts veranlaßte den preußischen Innenminister, i n einer Novelle zum Landesverwaltungsgesetz eine Neufassung der Bestimmungen über die Beiladung zu initiieren. Er legte dem preußischen Herrenhaus 1914 einen — allerdings nicht Gesetz gewordenen — Entwurf zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes vor, der unter anderem die Abschaffung des Begriffs der notwendigen Beiladung zum Gegenstand hatte. Hiernach sollte i n einschlägigen Fällen nur noch eine Beteiligung der durch die gerichtliche Entscheidung i n ihren Rechten betroffenen D r i t ten als Partei i n Betracht kommen. Die Bestimmungen des Entwurfs, die sich auf die Beiladung beziehen, lauten: „§ 63 c Abs. 2 Ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Klage gleichzeitig gegen eine Behörde u n d gegen andere (Behörden, Dritte) zu richten u n d ist aus dem Klagevortrag die Person dieses v o m Kläger gemeinten D r i t t e n erkennbar, so hat das Gericht oder dessen Vorsitzender diese als Beklagte zuzuziehen. Der A b l a u f der Klagefrist schließt die Zuziehung nicht aus. §70 Das Gericht oder der Vorsitzende k a n n von A m t s wegen oder auf A n t r a g D r i t t e zu dem Verfahren beiladen, welche an dessen Gegenstand ein I n 75
Kunze, Verwaltungsstreitverfahren, S. 59. Kunze, V e r w A r c h 1,198, 203, Fußnote 2. 77 Vgl. etwa Morgenbesser, P r V w B l 27, 662. 78 So Schultzenstein, V e r w A r c h 26, 1, 27; Friedrichs, Verwaltungsrechtspflege, § 313, S. 629; beide ohne nähere Begründung. 79 So Kunze, Verwaltungsstreitverfahren, S. 59, ohne nähere Begründung. 80 Vgl. oben 1. 76
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teresse haben. D e m Beigeladenen sind die Erklärungen der Parteien, die Beweisverhandlungen u n d die Entscheidungen mitzuteilen; er ist von allen Terminen zu benachrichtigen. E r ist nicht Partei, ist aber i n dem V e r fahren m i t seinen Ausführungen zu hören. E r k a n n als Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden. § 158 c Die Klage i m Verwaltungsstreitverfahren ist zu richten: 1. i m Streit über die Erteilung oder Versagung der Ansiedlungsgenehm i g u n g 8 1 gemäß A r t i k e l I § 18 Abs. 2, A r t i k e l I I I § 18 Abs. 3 des Gesetzes, betreffend die Gründung neuer Ansiedlungen i n den Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen u n d Westfalen, v o m 10. August 1904 (Gesetzsamml. S. 227) zugleich gegen die Behörde (den Vertreter des öffentlichen Interesses, die Ortspolizeibehörde, die Generalkommission) u n d gegen denjenigen, der E i n spruch erhoben hat, sofern aber dieser der Kläger ist, zugleich gegen die Behörde u n d den Antragsteller. Entsprechendes g i l t i n den Fällen der § 18 Abs. 2, § 20 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Verteilung der öffentlichen Lasten bei G r u n d stücksteilungen u n d die Gründung neuer Ansiedlungen i n der Provinz Hannover v o m 4. J u l i 1887 (Gesetzsamml. S. 324), der § 17 Abs. 2, § 19 Abs. 3 des Gesetzes, betreffend die Verteilung der öffentlichen Lasten bei Grundstücksteilungen u n d die Gründung neuer Ansiedlungen i n der Provinz Schleswig-Holstein v o m 13. J u n i 1888 (Gesetzsamml. S. 243) u n d der § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 3 des Gesetzes, betreffend die Gründung neuer Ansiedlungen i n der Provinz Hessen-Nassau v o m 11. J u n i 1890 (Gesetzsamml. S. 173), 2. i m Streit über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung zur Errichtung einer Feuerstelle i n der Nähe einer Waldung gemäß § 50 Abs. 2 des Feld- u n d Forstpolizeigesetzes v o m 1. A p r i l 1880 (Gesetzsamml. S. 230) zugleich gegen die Ortspolizeibehörde u n d den W a l d besitzer, soweit aber dieser der Kläger ist, zugleich gegen die Behörde u n d den Antragsteller, 3. i m Streit über die Gültigkeit von Wahlen zugleich gegen die Behörde (Körperschaft), die darüber beschlossen hat, u n d gegen die Gewählten, 4. i m Streit über die Richtigkeit von Wählerlisten zugleich gegen die Behörde (Körperschaft), die darüber beschlossen hat, u n d gegen diejenigen, deren Streichung aus der Wählerliste oder andere Einreihung i n die Liste verlangt w i r d 8 2 . "
81 D a m i t sind die unter 1. erwähnten Streitigkeiten über Baugenehmigungen gemeint. 82 Sammlung der Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten (Anlagen zu den Stenographischen Berichten), 22. Legislaturperiode, I I . Session 1914/15, 3. Band, Drucksache Nr. 182, S. 1719 ff. Der Beschluß ist hier i n der Fassung der Beschlüsse des Herrenhauses wiedergegeben. Die weitgehend identische Originalfassung des Regierungsentwurfs ist abgedruckt i n den A n lagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Preußischen Herrenhauses i n der Session 1913 u n d i n der Session 1914/15 A k t e n stück Nr. 6, S. 240 ff.
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Dieser Änderungsvorschlag wurde i n der amtlichen Begründung wie folgt gerechtfertigt: „ Z u § 63 c. Z u r Berichtigungspflicht fügt Abs. 2 die Ergänzungspflicht. F ü r den bestehenden Rechtszustand wäre seine Tragweite nicht groß, w e i l n u r vereinzelte ausdrückliche Gesetzesvorschriften der gedachten A r t bestehen (§§ 47 Abs. 2, 56 Nr. 4 Zuständigkeitsgesetz). Es ist aber beabsichtigt, die Neuerung auch f ü r andere Fälle nutzbar zu machen (vgl. § 158 c). Obwohl das Landesverwaltungsgesetz ein der notwendigen Streitgenossenschaft (vgl. § 62 der Zivilprozeßordnung) entsprechendes I n s t i t u t nicht kennt, hat das Oberverwaltungsgericht durch seine Rechtsprechung für gewisse Fälle eine notwendige Streitgenossenschaft i m Verwaltungsstreitverfahren geschaffen. Dabei unterscheidet es die Notwendigkeit der H e r anziehung eines D r i t t e n als Partei u n d als Beigeladenen. Als Beklagten w i l l es zugezogen wissen i m Streitverfahren auf Erlangung einer Ansiedlungsgenehmigung (§ 18 Abs. 2 Gesetz v o m 25. August 1876 / 10. August 1904 Gesetzsamml. S. 227) neben der Ansiedlungsbehörde den Einsprucherheber u n d i m Streitverfahren auf Erlangung einer Genehmigung zur Errichtung einer Feuerstelle i n der Nähe einer Waldung (§ 47 des Feldu n d Forstpolizeigesetzes) neben der Ortspolizeibehörde den Waldbesitzer (Oberverwaltungsgericht Bd. 10 S. 328). A l s Beigeladener soll zugezogen werden müssen jeder, ohne dessen Zuziehung wegen unmittelbaren E i n griffs i n sein Recht das Streitverfahren nicht durchgeführt werden kann. Hiernach verlangt das Oberverwaltungsgericht die Beiladung des Wählers, dessen Streichung aus der Wählerliste verlangt w i r d (§§ 10 Nr. 1, 11 oder 27 Nr. 1, 28 Zuständigkeitsgesetz), u n d die Beiladung des Gewählten zum Streitverfahren über die Gültigkeit der W a h l (§§ 10 Nr. 2, 11 oder 27 Nr. 2, 28 daselbst). Vgl. die Entscheidungen Bd. 29 S. 116, Bd. 31 S. 113. Es erscheint erforderlich, dieser m i t Rücksicht auf den Wortlaut des § 70 nicht unbedenklichen Rechtsprechung eine gesetzliche Grundlage zu geben. Dabei k a n n aber die Beteiligung „notwendiger Streitgenossen" als Beigeladener schon nach bisherigem Recht nicht als ausreichend erachtet werden. Bildet der Streitgegenstand einen T e i l seiner eigenen öffentlichen Rechte, w i e dies i n allen jenen Fällen zutrifft, so w i r d m a n dem Streitgenossen auch die volle Parteistellung zuweisen müssen, w i e es das Oberverwaltungsgericht bereits i n den Fällen des Ansiedlungs- u n d des Feld- u n d Forstpolizeigesetzes getan hat. E i n innerer G r u n d f ü r die Verschiedenheit der Behandlung, welche das Ober Verwaltungsgericht diesen Fällen u n d den erwähnten des Zuständigkeitsgesetzes zuteil werden läßt, ist nicht vorhanden. Dazu kommt, daß durch den vorliegenden E n t w u r f dem Beigeladenen das Recht zur Einlegung v o n Rechtsmitteln (Oberverwaltungsgericht Bd. V S. 463) genommen w i r d (§ 70 des Entwurfs). Es bedarf also einer Vorschrift, durch welche die Beteiligung der Streitgenossen am Verwaltungsstreitverfahren gesichert w i r d . Formell geschieht dies durch den vorliegenden Abs. 2. Seine materielle Unterlage erhält dieser Absatz für die erwähnten Fälle durch § 158 c 8 3 ." 83 Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Preußischen Herrenhauses i n der Session 1913 u n d i n der Session 1914/15, Aktenstück Nr. 6, S. 273 f.
. Zeit
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„ Z u § 70. Die Vorschriften des § 70 haben bisher zu Zweifeln geführt, die sich i n der schwankenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts widerspiegeln. Während anfangs, dem Wortlaut entsprechend, schlechthin angenommen worden ist, daß die Beiladung i n das freie Ermessen des Gerichts gestellt sei (vgl. ζ. B. Entsch. Bd. 4 S. 178), hat sie das Oberverwaltungsgericht später, einem praktischen Bedürfnis entsprechend, f ü r gewisse Fälle als Vorbedingung f ü r die Zulässigkeit einer Entscheidung bezeichnet (vgl. die Begründung zu § 63 c Abs. 2). Wenn jetzt f ü r diese letzten Fälle die Vorschrift des § 63 c Abs. 2 die Beiladung durch die Zuziehung als Beklagter ersetzt, so ist nunmehr der Anlaß zur widerspruchsvollen A u s legung des § 70 beseitigt. Es k a n n kein Zweifel mehr bestehen, daß hier ausschließlich eine Ermächtigung des Richters begründet w i r d . Das Fortbestehen eines Bedürfnisses hierzu ist auch nach I n k r a f t t r e t e n der Vorschrift des § 63 c Abs. 2 anzuerkennen. I n vielen Fällen, i n denen eine Behörde oder ein öffentlicher Verband Partei ist u n d es der Zuziehung anderer nicht bedarf, werden durch die Entscheidung, w e n n auch nicht unmittelbar öffentliche Rechte, so doch Interessen Dritter, erheblich ber ü h r t , ζ. B. das Interesse des Nutznießers eines Grundstücks beim Streit über die gegen einen Unterlieger gerichtete polizeiliche Anordnung zur Räumung eines Grabens. I n solchen Fällen k a n n die Beteiligung dieses Interessenten f ü r die Urteilsfindung von großem Wert sein. Auch w i r d sie oft einem Gebot der B i l l i g k e i t gegen den Interessenten entsprechen. Die Parteirolle ist f ü r den Beigeladenen aber nicht erforderlich u n d könnte sogar hinderlich werden, w e n n es auf sein Zeugnis ankommt. Die bisherige Vorschrift, daß die Entscheidung i h m gegenüber gültig sei, ist dem Beigeladenen i n diesem Sinne gegenüber gegenstandslos, w e i l sie seine Rechte u n d Pflichten nicht unmittelbar b e t r i f f t 8 4 . " Diese N o v e l l e b e s t ä t i g t d i e A u f f a s s u n g , daß i n d e n u n t e r 1. d a r g e s t e l l t e n F a l l g r u p p e n d i e i n i h r e n Rechten b e t r o f f e n e n D r i t t e n stets i n gleicher Weise, n ä m l i c h als P a r t e i a m Rechtsstreit z u b e t e i l i g e n sind. N a c h d e m h i e r v e r t r e t e n e n V e r s t ä n d n i s d e r Rechtsprechung des O b e r v e r w a l t u n g s g e r i c h t s 8 5 h a t t e das G e r i c h t d i e s e m E r f o r d e r n i s a l l e r d i n g s b e r e i t s R e c h n u n g getragen, d a die R e c h t s s t e l l u n g eines n o t w e n d i g B e i g e l a d e n e n l e d i g l i c h t e r m i n o l o g i s c h , n i c h t a b e r i n h a l t l i c h v o n d e r Rechtss t e l l u n g d e r als P a r t e i zugezogenen D r i t t e n verschieden w a r . A u c h d i e M i t g l i e d e r des H e r r e n h a u s e s v e r t r a t e n i n d e r B e r a t u n g d i e A u f fassung, d i e B e i g e l a d e n e n h ä t t e n „ b i s h e r d i e S t e l l u n g e i n e r P a r t e i " 8 6 gehabt. A u f G r u n d dessen w a r auch d i e B e s t i m m u n g i n § 70 des E n t w u r f s e r f o r d e r l i c h , w o n a c h d e r einfache B e i g e l a d e n e n i c h t P a r t e i sein 84
Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Preußischen Herrenhauses i n der Session 1913 u n d i n der Session 1914/15, Aktenstück Nr. 6, S. 274. 85 Vgl. oben 1. 86 Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Preußischen Herrenhauses i n der Session 1913 u n d i n der Session 1914/15, Aktenstück Nr. 34, S. 416.
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Zweiter T e i l : Historische E n t w i c k l u n g der Rechtsstellung
sollte. Die Novelle von 1914 wich deshalb, soweit sie die Rechtsstellung des zu beteiligenden Dritten regelte, inhaltlich nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab, sondern bedeutete nur deren Positivierung — wenn auch i n veränderter Terminologie. Dementsprechend heißt es i n der amtlichen Begründung auch, es sei erforderlich, der Rechtsprechung „eine gesetzliche Grundlage zu geben" 87 . Die i n der Begründung konstatierte „Verschiedenheit der Behandlung" 8 7 der unter 1. dargestellten Fälle betrifft nur die Bezeichnung, nicht aber den Inhalt der Rechtsstellung des zugezogenen Dritten. Die Novelle ist vom Herrenhaus beraten und unter geringfügigen Änderungen angenommen worden. Das Abgeordnetenhaus hat sie — vermutlich infolge des Kriegsausbruches — nicht beraten. Sie ist infolgedessen nicht Gesetz geworden. Nach der hier vertretenen A u f fassung hätte sie hinsichtlich der Rechtsstellung des Dritten ohnehin nur klarstellende, keine rechtsändernde Wirkung gehabt. Auch dieses Klarstellungsinteresse entfiel, w e i l nach verschiedenen Änderungen des materiellen Rechts Streitigkeiten aus den drei Fallgruppen, für die das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung geschaffen worden war, nicht mehr denkbar waren 8 8 . So entfiel durch die Einführung des Verhältniswahlsystems die Notwendigkeit der Beiladung des Gewählten 89 . I n den anderen Fällen entfiel die Möglichkeit, die hier geltend gemachten Rechte i m Verwaltungsstreitverfahren zu verfolgen 90 . 4. Zusammenfassung I n Preußen bestand zwischen Gesetzgeber, Rechtsprechung und -lehre Einigkeit darüber, daß Personen, i n deren einklagbare Rechte die gerichtliche Entscheidung eines zwischen anderen Personen anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens unmittelbar eingriff, an diesem Verfahren m i t der Rechtsstellung einer Partei zu beteiligen seien. Die Rechtsstellung einer Partei erlangten die Dritten auch dann, wenn sie vom preußischen Oberverwaltungsgericht als notwendig Beigeladene behandelt wurden. Als das Gericht das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung entwickelte, sah es die Rechtsstellung einer Partei und die eines Beigeladenen als identisch an. Auch i n seiner späteren Rechtsprechung wies es lediglich dem einfach oder fakultativ Beigeladenen, nicht aber dem notwendig Beigeladenen eine Stellung minderen Rechts zu. 87
S. 273. 88 Menger, DVB1. 1950, 700/701. 89 PrOVGE 76, 70, 72. 80 So Stampehl, S. 54.
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Die gerichtliche Entscheidung bewirkte i n den unter 1. aufgeführten Fallgruppen die Ausschaltung des Dritten als Kläger, d.h. als Partei i n einem späteren Verfahren 91 . Deshalb war es gerechtfertigt, dem Dritten i n dem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die Rechtsstellung einer Partei — sei es durch notwendige Beiladung, sei es durch Zuziehung als notwendiger Streitgenosse — einzuräumen. Diese Form der Beteiligung des i n seinen Rechten betroffenen Dritten folgte insbesondere auch aus dem zur damaligen Zeit herrschenden materiellen Parteibegriff 9 2 . Da die Entscheidung des Rechtsstreits unmittelbar i n Rechte des Dritten eingriff, standen seine Rechte — neben solchen des Klägers und des Beklagten — i m Streit. Der notwendig Beigeladene war damit — neben dem Kläger und dem Beklagten — Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses. Dies aber w a r die Definition der Partei nach der herrschenden Lehre vom materiellen Parteibegriff 9 3 . B. Zeit nach 1945 I. Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung 1. Verwaltungsgerichtsgesetze Nach dem zweiten Weltkrieg traten i n den einzelnen Besatzungszonen und Bundesländern unterschiedliche gesetzliche Regelungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Beiladung i n Kraft. Die Gesetze über die Verwaltungsgerichtsbarkeit i n den amerikanisch besetzten Ländern Bayern 94 , Hessen 95 , Bremen 9 6 und Baden-Württemberg 9 7 bestimmten i n § 60 Abs. 4 Satz 1 : 91
Vgl. oben 1. Äußerungen der Rechtsprechung zum Parteibegriff fehlen, so auch Popitz, S. 4; i n der L i t e r a t u r w i r d zu dieser Zeit aber einhellig der materielle Parteibegriff vertreten: Zorn, V e r w A r c h 2, 74, 107; v. Stengel, V e r w A r c h 3, 177, 219; Loening, Lehrbuch, S. 817/818; Loening, V e r w A r c h 7, 1, 12; Meyer, Lehrbuch, S. 61; weitere Nachweise: Friedrichs, V e r w A r c h 6, 358, 401; Popitz, S. 4, Fußnoten 10 u n d 11; der formelle Parteibegriff w i r d f ü r das V e r w a l tungsstreitverfahren erstmals 1904 von Schultzenstein, V e r w A r c h 12, 112, 175 vertreten; i h m folgte Stier-Somlo, V e r w A r c h 12, 354, 498, der aber auch f ü r diesen Zeitpunkt den materiellen Parteibegriff als herrschende Theorie bezeichnet (S. 497). 93 Vgl. hierzu: Henckel, Parteilehre u n d Streitgegenstand, S. 15—17. Nach der älteren Lehre v o m materiellen Parteibegriff waren Parteien die Subjekte des materiellen Rechtsverhältnisses. Danach w a r die Sachlegitimation Prozeß Voraussetzung. Nach der neueren Lehre w a r e n Parteien diejenigen, die i n der Klage als Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses bezeichnet wurden. 94 Gesetz Nr. 39 v o m 25. September 1946 (GVB1. S. 281) u n d Änderungsgesetz v o m 30. September 1949 (GVB1. S. 258, ber. S. 274). 95 Gesetz v o m 31. Oktober 1946 (GVB1. S. 194), i. d. F. des Gesetzes v o m 30. J u n i 1949 (GVB1. S. 137). 92
3 Joeres
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Zweiter T e i l : Historische E n t w i c k l u n g der Rechtsstellung
„Durch den Beschluß erhalten die Beigeladenen die Rechtsstellung von Beteiligten."
Übereinstimmende Regelungen finden sich i n § 48 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit i n Rheinland-Pfalz vom 14. A p r i l 195098 und § 38 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit i m Saarland vom 10. J u l i 1951". Demgegenüber enthielt die Verordnung Nr. 165 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit i n der britischen Zone vom 15. September 1948 (MRVO) 1 0 0 , die die Beiladung i n § 41 regelte, keine ausdrückliche Bestimmung über die Rechtsstellung des Beigeladenen. I n Berlin galten gem. § 28 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 8.1.1951 101 wieder die Bestimmungen des preußischen Landesverwaltungsgesetzes. Eine bundeseinheitlich geltende Regelung der Rechtsstellung des Beigeladenen findet sich erstmals i n § 34 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 23. September 1952 102 : „Durch den Beschluß erhält der Beigeladene die Rechtsstellung einer Partei."
Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist hier zwar noch nicht gesetzlich geregelt, w i r d aber i n Rechtsprechung und -lehre allgemein anerkannt 1 0 3 . Bei der Behandlung der Rechtsstellung w i r d allerdings durchweg nicht zwischen einfacher und notwendiger Beiladung unterschieden 104 . Z u r Rechtsstellung des Beigeladenen allgemein w i r d einhellig die Auffassung vertreten, der Beigeladene sei nicht Partei. Auf der Grundlage des inzwischen allgemein anerkannten formellen Parteibegriffs werden als Parteien nur diejenigen Personen angesehen, von denen oder denen gegenüber das Gericht zur Entscheidung angerufen w i r d 1 0 5 . Infolgedessen w i r d innerhalb der Gruppe der 06
Gesetz v o m 5. August 1947 (GBl. S. 171) u n d v o m 11. Oktober 1948 (GBl. S. 201). 97 württ.-bad. Gesetz Nr. 110 v o m 16. Oktober 1946, später: Gesetz vom 12. M a i 1958 (GBl. S. 131). 98 GVB1. S. 103. 99 A B l . S. 1075, i. d. F. der Gesetze v o m 16. März 1953 (ABl. S. 185), v o m 22. Februar 1956 (ABl. S. 309) u n d v o m 11. Dezember 1956 (ABl. S. 1657). 100 VB1. f ü r die britische Zone, S. 263. 101 VB1. S. 46. Vgl. zur Rechtslage i n B e r l i n : S c h u l z / L ü k e , Das V e r w a l tungsgerichtsverfahren i n Berlin. 102 B G B l . I S. 625. 103 Vgl. n u r Schunck/DeClerk, B V e r w G G , § 34, A n m . 4; Bachof, D Ö V 1949, 364, 365 m. w. H. 104 A l l e i n Menger, DVB1 1950, 696, 701 t r i f f t diese Unterscheidung u n d v e r t r i t t auch f ü r die neue gesetzliche Regelung die Auffassung der herrschenden Lehre zum preußischen Landesverwaltungsgesetz, wonach der notwendig Beigeladene i n Wahrheit notwendiger Streitgenosse, also Partei sei. los v a n Husen, A n m . zu § 52; Eyermann / Fröhler, V V G A n m . I 2 zu § 52; v o n Werder / Labs / Ortmann, §§ 39, 40, A n m . 11.
Β . Zeit nach 1945
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Beteiligten zwischen den Parteien — Kläger und Beklagtem — sowie den am Verfahren beteiligten Dritten, zu denen die Beigeladenen gehören, unterschieden 106 . Die Rechtsstellung des Beigeladenen w a r streitig. Teilweise wurde i h m unter Hinweis auf die formale Gleichstellung aller Beteiligten dieselbe Rechtsstellung wie einer Partei eingeräumt 107 . Nach anderer Auffassung war seine Rechtsstellung gegenüber der der Parteien eingeschränkt 108 . I h m fehle die Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand 109 . Er sei an den Rahmen des von den Parteien bestimmten Streitgegenstandes gebunden, den er m i t seinen eigenen Anträgen nicht überschreiten dürfe 1 1 0 . Diese Auffassung wurde teilweise auch für den Geltungsbereich des § 34 BVerwGG vertreten, obwohl der Beigeladene hiernach ausdrücklich einer Partei gleichgestellt war 1 1 1 . Die hier wiedergegebenen Meinungen über die Rechtsstellung des Beigeladenen differenzieren nicht zwischen dem einfachen und dem notwendig Beigeladenen. Sie bieten keine Darstellung der spezifischen Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen und sind deshalb für die vorliegende Arbeit nur von beschränktem Interesse, w e i l nach geltendem Recht einfacher und notwendig Beigeladener unzweifelhaft verschiedene Rechtsstellungen innehaben (vgl. § 66 VwGO). 2. Sozialgerichtsgesetz § 75 des Sozialgerichtsgesetzes vom 3. September 1953112 enthält die erste gesetzliche Regelung der notwendigen Beiladung. Die hier getroffene Regelung ist später i n §§ 65, 66 V w G O 1 1 3 und § 60 der Finanzgerichtsordnung vom 6. Oktober 1965114 übernommen worden 1 1 5 . Gem. 108
v a n Husen, A n m . zu § 52. O V G H a m b u r g M D R 1950, 762 = DVB1 1951, 54; O V G Münster OVGE 3, 80; Bauer, D Ö V 1949, 227; v a n Husen, A n m . zu § 60; v a n de Sandt, § 41, Anm. 3; Hufnagl, § 60, A n m . C. 108 Bettermann, DVB1 1951, 39, 40; Eyermann / Fröhler, W G , § 60, A n m . V i a ; Schunck / DeClerk, W G , § 48, A n m . 6; Klinger, V G G § 41, A n m . F 2 a. 109 ß V e r w G N J W 1960, 594. 107
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HessVGH D V 1949, 628 = HessStAnz 1949, 288. Schunck / DeClerk, B V e r w G G , § 34, A n m . 6; ohne diese Einschränkung jedoch Ule, BVerwGG, § 34, A n m . I I I 1; vgl. auch Koehler, B V e r w G G , A n m . zu § 34. 112 B G B l . I S. 1239, 1326 i. d. F. der Bekanntmachung v o m 23. September 1975 (BGBl. I S. 2523). 113 Gesetz v o m 21.1.1960 (BGBl. I S. 17). 114 BGBl. I S. 1477. 115 Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen nach der FGO ist streitig. Nach herrschender Meinung ( B F H BStBl. I I 1970, 327; Maeder / M i t t e l steiner, § 60, Anm. 2) hat er n u r eine Rechtsstellung minderen Rechts u n d ist 111
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§ 68 des Entwurfs einer Verwaltungsprozeßordnung 116 sollen diese Bestimmungen auch i m zukünftigen Recht beibehalten werden. Bei der Beurteilung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen ergeben sich i m Geltungsbereich des § 75 des Sozialgerichtsgesetzes — ebenso wie i m preußischen Recht — Unklarheiten bei der Abgrenzung zur notwendigen Streitgenossenschaft. Nach Auffassung des Gesetzgebers erlangte der notwendig Beigeladene die Rechtsstellung eines notwendigen Streitgenossen, d. h. einer Partei. I n der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Sozialgerichtsgesetz heißt es: „ U n t e r bestimmten Voraussetzungen muß das Gericht den D r i t t e n beiladen u n d macht i h n damit z u m notwendigen Streitgenossen (vgl. § 62 ZPO) 1 1 7 ."
Auch i n der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und i m Schriftt u m werden notwendige Beiladung und notwendige Streitgenossenschaft gleichgesetzt 118 . Dies soll aber offenbar keine Gleichstellung des notwendig Beigeladenen m i t den Parteien bedeuten. Dem notwendig Beigeladenen w i r d eine gegenüber den Hauptbeteiligten eingeschränkte Rechtsstellung zugewiesen 119 , er soll insbesondere keinen eigenen Klageanspruch erheben können 1 2 0 . Die Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand w i r d dem notwendig Beigeladenen abgesprochen 121 . Die Regelung der Beiladung i m SGG weist eine Besonderheit auf, die i n den Verfahren nach der VwGO und der FGO fehlt. Gem. § 75 Abs. 2 2. A l t . SGG ist i n dem Fall, daß sich i m Prozeß die mangelnde Passivlegitimation des Beklagten herausstellt, ein anderer, nämlich der leistungspflichtige Versicherungsträger notwendig beizuladen. Dies ist kein echter F a l l notwendiger Beiladung, w e i l der beizuladende Dritte hier nicht derart an dem zwischen den Parteien streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, daß die Entscheidung auch i h m gegenüber nur einheitlich ergehen kann. I n Wahrheit eröffnet § 75 Abs. 2 2. A l t . SGG dem Gericht die Möglichkeit, eine weitere Partei zum Rechtsstreit hinnicht an der prozessualen Dispositionsbefugnis beteiligt. Nach anderer A u f fassung (Ziemer / Birkholz, § 60, Rdnr. 67—69, u n k l a r Gräber, § 60, Rdnr. 24) hat er die Stellung eines Hauptbeteiligten u n d k a n n ebenso w i e Kläger u n d Beklagter über den Streitgegenstand verfügen. 116 Vgl. E n t w u r f einer Verwaltungsprozeßordnung, herausgegeben v o m Bundesminister der Justiz. 117 Bundestag Drucksache 1/4357, S. 26. 118 BSG N J W 1961, 750, 751; Peters / Sautter / Wolff , § 75, A n m . 7 b; Strack, ZfS 54, 219, 220. 119 Meyer-Ladewig, § 75, Rdnr. 17. 120 BSG U r t e i l v o m 11.7.1974 — 4 R J 339/73, zitiert nach Peters / Sautter / Wolff, § 75, A n m . 7 b. 121 Schraft / Gierling, § 75, A n m . 3; Hof mann / Schroeter, § 75, A n m . 3; M e l l witz, § 75, A n m . 22; Schieren / Beuster, § 75, A n m . 5.
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zuzuziehen. Sie kann dann gem. § 75 Abs. 5 SGG auch i n der Hauptsache verurteilt werden. I m übrigen hat sie gem. § 75 Abs. 4 SGG dieselbe Rechtsstellung wie ein echter notwendig Beigeladener. I n diesen Fällen hat das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung — ebenso wie i m preußischen Recht 122 die Funktion eines Surrogates einer Parteistellung des Dritten, gegen den der Kläger seine Klage irrtümlich nicht gerichtet hatte. I I . Meinungsstand zur Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen im Verfahren nach der V w G O
A u f der Grundlage der VwGO werden unterschiedliche Kriterien zur Beurteilung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen herangezogen. 1. Stellung als „Beteiligter"
gem. § 63 Nr. 3 VwGO
Vom Wortlaut des § 63 VwGO ausgehend läßt sich die Auffassung vertreten, alle Beteiligten stünden gleichberechtigt nebeneinander, folglich habe der Beigeladene dieselbe Rechtsstellung wie Kläger und Beklagter 129 . Diese Argumentation ist bedenklich, w e i l damit auch die Stellung des einfachen Beigeladenen und des Oberbundesanwalts bzw. des Vertreters des öffentlichen Interesses eine sachlich nicht gerechtfertigte Aufwertung erfährt. Deshalb spricht mehr für die Annahme, § 63 VwGO bezwecke lediglich eine terminologische Vereinfachung, die es entbehrlich mache, i n Regelungen, die für alle Beteiligten gelten, diese einzeln aufzuführen 124 . 2. „Abhängige Stellung"
des notwendig
Beigeladenen
Teilweise w i r d versucht, durch Einführung des dem Gesetz fremden Begriffs der „Hauptbeteiligten", m i t dem Kläger und Beklagter zusammengefaßt werden, die Stellung des notwendig Beigeladenen einzuschränken 125 . Der notwendig Beigeladene werde nur nachträglich zu dem Prozeß der Hauptbeteiligten zugezogen. Er befinde sich deshalb i n einer abhängigen Stellung zu dem i h m vorgegebenen Prozeß und dem von den Hauptbeteiligten bestimmten Streitgegenstand 128 . Die notwendige Beiladung sei ebenso wie die einfache Beiladung eine akzessorische Rechtsschutzform 127 . 122
Vgl. oben Α. I I . 1. 123 O V G Lüneburg VerwRspr 12, 250; vgl. auch Stahl, S. 97 m. w . H.
124 125 126 127
Klinger, § 63, A n m . B ; Stahl, S. 98, Fußnote 8. Schunck/DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; Bichler, S. 184; Stahl, S. 99. B V e r w G E 30, 27, 28; Stahl, S. 107. Stahl, S. 107.
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Der Begriff „Hauptbeteiligte" w i r d nicht einheitlich verwandt. Ule 1 2 8 bezeichnet auch die Beigeladenen als Hauptbeteiligte. Angesichts seines unklaren Bedeutungsinhalts ist dieser Begriff nicht geeignet, den Kreis der über den Streitgegenstand verfügungsbefugten Prozeßbeteiligten eindeutig abzugrenzen. Auch die Abhängigkeit des notwendig Beigeladenen von der Bestimmung des Streitgegenstandes durch den Kläger rechtfertigt nicht seinen Ausschluß von der Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand. Der notwendig Beigeladene befindet sich insoweit i n keiner anderen Situation als der Beklagte. Auch dieser ist dem Kläger nicht völlig gleichgestellt 129 . Er muß die vom Kläger erhobene Klage und die darin liegende Bestimmung des Streitgegenstandes hinnehmen und sich dagegen verteidigen. Trotzdem ist er neben dem Kläger unzweifelhaft befugt, über diesen nicht von i h m bestimmten Streitgegenstand zu verfügen, etwa durch Anerkenntnis, beiderseitige Erledigungserklärung, Prozeßvergleich und andere Prozeßhandlungen. 3. § 66 Satz 2 VwGO Martens vertritt die Auffassung, der notwendig Beigeladene habe die Stellung einer Partei 1 3 0 . Nach § 66 Satz 2 VwGO habe er die Möglichkeit, abweichende Sachanträge zu stellen. Da auch die Klage ein Sachantrag sei, eröffne i h m § 66 Satz 2 VwGO die Befugnis, einen Klageantrag gegen eine der Parteien zu stellen und damit zum Kläger zu werden. Ob er Beklagter werde, hänge von den Anträgen der Parteien ab. Beantrage etwa der Kläger die Verurteilung des notwendig Beigeladenen, werde dieser damit zum Beklagten. Nach dieser Auffassung hat der notwendig Beigeladene nicht nur dieselbe prozessuale Verfügungsbefugnis wie die Parteien, sondern er ist selbst Partei. Er erlangt diese Stellung allerdings nur, wenn durch einen von i h m gestellten oder gegen ihn gerichteten Klageantrag ein neuer Streitgegenstand i n das gerichtliche Verfahren eingeführt wird. Damit ist nicht die Frage beantwortet, welche prozessualen Befugnisse er hinsichtlich des ursprünglichen Streitgegenstandes, zu dem er beigeladen wurde, hat. I n dem Rechtsstreit über diesen Streitgegenstand kann er nach dem allgemein anerkannten formellen Parteibegriff nicht Partei sein. Denn insoweit ist das Gericht weder von i h m noch i h m gegenüber zur Entscheidung angerufen worden. Welche Rechtsstellung er hinsichtlich dieses Streitgegenstandes hat, untersucht Martens nicht. 128
Ule, §§ 65, 66, A n m . I I I 1. Vgl. hierzu Rosenberg / Schwab, § 40 V 2. 130 V e r w A r c h 60, 197, 252 f. 129
. Z e i t nach 1945
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4. Materiell-rechtliche Beteiligung des notwendig Beigeladenen am streitigen Rechtsverhältnis Verschiedentlich w i r d versucht, die prozessuale Verfügungsbefugnis des Beigeladenen an der Frage auszurichten, ob eigene Rechte des Beigeladenen i m Streit stehen. So w i r d i n einigen Entscheidungen, die zur einfachen Beiladung ergangen sind, dem Beigeladenen die Herrschaft über den Streitgegenstand abgesprochen, weil er i m Prozeß nicht eigene Rechte geltend mache, sondern nur eigene Interessen wahrnehme, indem er fremde Rechte, nämlich die einer Partei, geltend machen, verteidigen oder abwehren helfe 131 . Dieser Gesichtspunkt ist auch für die Beurteilung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen nutzbar gemacht worden 1 3 2 . Aus seiner materiell-rechtlichen Beziehung zumi Streitgegenstand ist gefolgert worden, er könne i n gewissem Umfang die Prozeßdispositionen der Hauptbeteiligten beeinflussen 133 . So halten Stahl 1 3 4 und Seile 135 die M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen an solchen Prozeßhandlungen für erforderlich, die zugleich eine endgültige materiell-rechtliche Bindung seiner Rechte bewirken, nämlich am Prozeßvergleich, dem Klageanerkenntnis und dem Klageverzicht. Stahl 1 3 6 nennt darüber hinaus auch die beiderseitige Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits i n der Hauptsache, obwohl hiervon keine endgültige Bindung der Rechte des notwendig Beigeladenen ausgeht. Dieser hat vielmehr die Möglichkeit, die Verfügung der Behörde, die i n der Regel das erledigende Ereignis darstellt, anzufechten 137 . Die materiell-rechtliche Beziehung einer Person zum streitigen Rechtsverhältnis w i r d hier nicht generell als K r i t e r i u m für ihre prozessuale Dispositionsbefugnis angesehen. Sie soll nur die M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen an solchen Handlungen erfordern, die sow o h l prozessuale als auch materiell-rechtliche Wirkungen äußern. Die M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen ist i n diesen Fällen nicht wegen der prozessualen Verfügung über den Streitgegenstand, sondern wegen der damit zusammenfallenden Verfügung über das materielle Rechtsverhältnis erforderlich. Ungeklärt bleibt hierbei die Frage, nach welchen Gesichtspunkten die prozessuale Verfügungsbefugnis zu beurteilen ist, wenn nicht durch doppeltrelevante Handlungen über den Streitgegenstand verfügt wird, sondern durch rein prozessuale Dispo131 O V G Koblenz A S 3, 110,112; O V G Münster VerwRspr 6, 626, 628; OVGE 8, 121, 122; 9, 70, 72; ebenso Vischer, S. 70. 132 Vgl. Lammenett, S. 145, 146. 133 Redeker / von Oertzen, § 66, Rdnr. 9. 134 S. 107. 135 S. 224. 136 S. 108. 137 B V e r w G E 30, 27, 29.
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Zweiter T e i l : Historische E n t w i c k l u n g der Rechtsstellung
sitionen, die materiell-rechtlich keine Auswirkung haben. Diese A u f fassung bietet also keine Kriterien zur Beurteilung von Prozeßhandlungen, wie ζ. B. der Klagerücknahme, der Rechtsmittel, insbesondere der Sprungrevision, der Stellung eigener Sachanträge oder der Prozeßanträge. 5. Parallele zur notwendigen und zur streitgenössischen
Streitgenossenschaft Nebenintervention
I n der Literatur ist wiederholt der Versuch gemacht worden, die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen i n Anlehnung an Rechtsinstitute des Zivilprozesses zu definieren. Da sowohl i n Fällen notwendiger Beiladung als auch i n Fällen notwendiger Streitgenossenschaft das Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung gegenüber allen Beteiligten besteht (§ 62 ZPO, § 65 I I VwGO), w i r d von Eyermann / Fröhler 1 3 8 angenommen, auch die Rechtsstellungen dieser Beteiligten stimmten überein. Stahl 1 3 9 bestimmt die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen weitgehend i n Ausrichtung an der Figur des streitgenössischen Nebenintervenienten i. S. d. § 69 ZPO. Diese Auffassungen werden von der herrschenden Meinung zu Recht abgelehnt 140 . Notwendiger Streitgenosse und streitgenössischer Nebenintervenient sind einer bestimmten Partei zugeordnet. Der notwendige Streitgenosse ist Partei und steht damit notwendig auf der Klägeroder auf der Beklagtenseite. Der streitgenössische Nebenintervenient muß je nach seiner Interessenlage gem. §§ 69, 66 Abs. 1 ZPO dem Kläger oder dem Beklagten zum Zweck seiner Unterstützung beitreten. Die Stellung des notwendig Beigeladenen ist demgegenüber ungebundener. Er kann von der Interessenlage her nicht eindeutig einer Partei zugeordnet werden. So kann etwa i m baurechtlichen Nachbarprozeß der Nachbar das Vorhaben des Bauherren völlig ablehnen, während die Baubehörde es zwar nicht uneingeschränkt, aber unter Auflagen und Bedingungen für zulässig erachtet. Demzufolge besteht die Möglichkeit, daß der notwendig Beigeladene i m Prozeß zunächst eine Partei unterstützt, sich aber später von i h r zurückzieht u n d nunmehr die andere Partei unterstützt 1 4 1 . I m Verwaltungsprozeß können deshalb — anders als i m Zivilprozeß — mehr als zwei unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Die Rechtsstellung dieser Interessenträger kann deshalb nicht i n Anlehnung an zivilprozessuale Rechtsinstitute beurteilt werden. 138
§ 66, Rdnr. 21; vgl. auch Kopp, § 66, Rdnr. 2. S. 97—122. 140 B V e r w G E 1, 27, 29; O V G Kassel N J W 1965, 603; Stern, S. 237/238; F. M ü l ler, Z M R 52, 34; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 2; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; Pietzonka, N J W 1954, 746. 141 B V e r w G E 1, 27, 29. 130
Dritter
Teil
Kriterien zur Beurteilung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen und allgemeine Charakterisierung seiner Rechtsstellung A. Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis I m preußischen Recht, i n dem das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung entwickelt worden ist, w a r die materiell-rechtliche Beteiligung des notwendig Beigeladenen am streitigen Rechtsverhältnis der entscheidende Gesichtspunkt für die Bestimmung seiner Rechtsstellung. Der unmittelbare Eingriff der gerichtlichen Entscheidung i n subjektive Rechte eines Dritten machte dessen Beiladung zum Rechtsstreit notwendig. Da dieser Dritte — neben dem Kläger und dem Beklagten — Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses war, war i h m nach dem damals herrschenden materiellen Parteibegriff die Rechtsstellung einer Partei einzuräumen 1 . Diese Betrachtungsweise kann für das geltende Recht nicht unverändert übernommen werden. Der Verwaltungsgerichtsordnung liegt der heute allgemein anerkannte formelle Parteibegriff zugrunde. Zwar kennt die VwGO nicht den Begriff der Partei, sondern nur den des Beteiligten. Trotzdem w i r d durch die Klageerhebung ein zweiseitiges Prozeßrechtsverhältnis begründet, auf dessen Aktivseite der Kläger und auf dessen Passivseite der Beklagte steht. Die Bestimmung dieser Parteien erfolgt i m Verwaltungsprozeß ebenso wie i m Zivilprozeß nach rein formalen Gesichtspunkten 2 . Danach sind Parteien diejenigen Personen, von denen und gegen die eine gerichtliche Entscheidung i m eigenen Namen begehrt w i r d 5 . Demgegenüber ist der notwendig Beigeladene gem. § 65 Abs. 2 VwGO ein von Kläger und Beklagtem verschiedener Dritter. Er ist also nicht Partei 4 . Diese Feststellung enthält nur dann eine Entscheidung über die Befugnis des notwendig Beigeladenen zur Verfügung über den Streitgegenstand, wenn die entscheidende Voraussetzung für die prozessuale 1 2 8 4
Vgl. oben Zweiter Teil, Α. I I . 4. B V e r w G E 3, 150, 154. Rosenberg / Schwab, § 40 I 1. Bettermann, ZZP 90, 121, 123.
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Dispositionsbefugnis i n der Parteieigenschaft des Verfügenden zu sehen ist. Dies traf auf der Grundlage des materiellen Parteibegriffs zu. Dieser knüpfte die Parteistellung an die materielle Berechtigung oder Verpflichtung. Er gewährleistete damit, daß ein Rechtsstreit von den richtigen Parteien, d.h. von denjenigen Personen geführt wurde, die als Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses zur Führung eines Prozesses über dieses Rechtsverhältnis befugt waren. Demgegenüber ist nach dem formellen Parteibegriff die materielle Berechtigung oder Verpflichtung für die Parteirolle unerheblich. Parteistellung und materielle Verfügungsbefugnis können deshalb auseinanderfallen. Damit stellt sich die Frage, ob nunmehr die prozessuale Dispositionsbefugnis der Parteistellung oder der materiellen Berechtigung bzw. Verpflichtung folgt. Diese Frage ist für die grundlegende Verfügung über den Streitgegenstand, nämlich die Klageerhebung, i n § 42 Abs. 2 VwGO ausdrücklich entschieden 5 . Die Klageerhebung ist die Prozeßhandlung, die den Streitgegenstand bestimmt und zur Entscheidung eines Gerichts stellt. Die Befugnis zur Klageerhebung hat nicht jeder, der als Kläger auftritt und damit Partei wird, sondern nur derjenige, der „geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung i n seinen Rechten verletzt zu sein", der also eine materielle Berechtigung für sich i n Anspruch nimmt®. N u r derjenige, der sich als Subjekt eines Rechtsverhältnisses ausgibt, hat demnach die Befugnis, dieses Rechtsverhältnis zum Streitgegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Prozesses zu machen. Allerdings ist die Klageerhebung auch dann wirksam, wenn dem Kläger die Klagebefugnis fehlt 7 . Sie bewirkt i n diesem Fall aber nicht den beabsichtigten Erfolg der prozessualen Disposition. Das betreffende Rechtsverhältnis w i r d nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und der gerichtlichen Entscheidung. Eine Entscheidung über das Rechtsverhältnis w i r d m i t der Klageabweisung durch Prozeßurteil gerade für unzulässig erklärt. § 42 Abs. 2 VwGO gilt n u r für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen. Die hier geregelte Klagebefugnis ist ein Unterfall des allge5 Überwiegend w i r d unter der Dispositionsmaxime nicht n u r die V e r f ü gungsfreiheit über einen bereits anhängigen Streitgegenstand, sondern auch die Befugnis, einen Prozeß i n Gang zu bringen, verstanden. Vgl. Blomeyer, § 13 I ; Nikisch, S. 190; Henckel, Prozeßrecht u n d materielles Recht, S. 119; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 24; Zeiss, S. 63; a. A . Rosenberg / Schwab, § 79 I 2. β Die Fälle der Prozeßstandschaft, d . h . der Geltendmachung eines f r e m den Rechts i n eigenem Namen sind bei Anfechtungs- u n d Verpflichtungsklagen ausgeschlossen, „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist". (§ 42 Abs. 2 VwGO). Vgl. Redeker / v o n Oertzen, § 42, Rdnr. 20 m. w . H. 7 Vgl. Thomas / Putzo, § 51, A n m . I V 1; Rosenberg / Schwab, § 46 I V 1: Die Prozeßführungsbefugnis ist keine Prozeßhandlungsvoraussetzung.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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meinen Begriffs der Prozeßführungsbefugnis. Dieser Begriff ist zusammen m i t dem formellen Parteibegriff entstanden. Da dieser — anders als der materielle Parteibegriff — bei der Bestimmung der Parteien von der materiellen Berechtigung oder Verpflichtung abstrahiert, wurde m i t seiner Anerkennung das bisherige Korrektiv dafür beseitigt, daß ein Unbeteiligter eigenmächtig i n fremden Angelegenheiten Prozesse führt 8 . Die Verhinderung derart unzulässiger Prozeßführung erforderte deshalb für alle Klagearten die Einführung einer zusätzlichen Sachentscheidungsvoraussetzung, nämlich der Prozeßführungsbefugnis. Der Begriff der Prozeßführungsbefugnis ist i m materiellen Parteibegriff enthalten gewesen9. A u f der Grundlage des formellen Parteibegriffs ist die Prozeßführungsbefugnis gesondert zu prüfen. Sie betrifft nicht die Frage, wer Partei ist, sondern ob eine Partei die richtige Partei ist 1 0 . Die Prozeßführungsbefugnis steht ebenso wie früher der materielle Parteibegriff i m Zusammenhang m i t dem materiellen Recht. Prozeßführungsbefugt ist, wer ein behauptetes Recht als eigenes in Anspruch n i m m t bzw. gegen wen eine Rechtspflicht als eigene geltend gemacht wird 1 1 . Wegen dieses Zusammenhangs m i t der materiell-rechtlichen Frage der Begründetheit der Klage w i r d die Prozeßführungsbefugnis als qualifizierte Sachentscheidungsvoraussetzung bezeichnet 12 . Auch die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten beurteilt sich nach seiner materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis 13 . Der Begriff der Prozeßführungsbefugnis bezeichnet nicht das Recht, den gesamten Rechtsstreit zu führen und die hierzu erforderlichen Verfügungen über den Streitgegenstand durch entsprechende Prozeßhandlungen vorzunehmen. Der Anwendungsbereich dieses Begriffes ist auf die Klageerhebung beschränkt. Die Prozeßführungsbefugnis ist lediglich eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die über die Zulässigkeit der Klage und der darin liegenden Verfügung über den Streitgegenstand entscheidet. Die Feststellung, daß die Befugnis zu dieser prozessualen Disposition von der Behauptung einer materiellen Berechtigung abhängt, besagt daher noch nichts über die Zulässigkeitsvoraussetzungen der übrigen Verfügungen über den Streitgegenstand. Deshalb ist i m Folgenden zunächst zu untersuchen, ob das für den Fall der Klageerhebung gefundene Ergebnis auf die übrigen Verfügungen über den Streitgegenstand übertragbar ist, d.h. ob auch hier die Befugnis zu prozessualen Verfügungen nicht von der Parteistel8
Lüke, Z Z P 76, 1, 10. Heintzmann, S. 7; vgl. auch Zeiss, § 19 I V . 10 Thomas / Putzo, Vorbem. § 50, A n m . I I 2 b. 11 Vgl. Lüke, Z Z P 76, 1, 19. 12 Berg, S. 23, unter 3. 13 Vgl. hierzu Martens, Die Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 56. 9
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
lung, sondern von der materiellen Berechtigung des Verfügenden abhängt (dazu unten I.). Falls dies zutrifft, steht fest, daß auf der Grundlage des formellen Parteibegriffs Parteistellung und prozessuale Verfügungsbefugnis nicht deckungsgleich sind. I n diesem Fall kann der Mangel der Parteieigenschaft dem notwendig Beigeladenen nicht die Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand vorenthalten. Vielmehr ist dann zu prüfen, ob und inwieweit der notwendig Beigeladene am streitigen Rechtsverhältnis materiell-rechtlich beteiligt ist (dazu unten II.). Besteht eine solche materiell-rechtliche Beteiligung des notwendig Beigeladenen und entspricht sie der der prozeßführungsbefugten Parteien, könnte der notwendig Beigeladene ebenso wie die Parteien an der prozessualen Dispositionsbefugnis beteiligt sein (dazu unten III.). I . Bedeutung der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis für die prozessuale Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand
I m Verwaltungsprozeß gilt — ebenso wie i m Zivilprozeß — die Dispositionsmaxime (Verfügungsgrundsatz). Sie bezeichnet die Herrschaft der Prozeßbeteiligten über den Streitgegenstand und damit über das Verfahren als Ganzes 14 . Die Beteiligten entscheiden, ob ein Verfahren aufgenommen und ob es vor Rechtskraft eines Urteils beendet werden soll. M i t ihren Anträgen bestimmen sie den Streitgegenstand und den Ablauf des Verfahrens. Den Gegensatz zur Dispositionsmaxime bildet das Offizialprinzip, das das Verfahren über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und den Strafprozeß beherrscht. Die Dispositionsmaxime ist demnach eine Entscheidung der Frage, i n welchen Händen die prozessuale Verfügungsbefugnis liegt. Sie t r i f f t diese Entscheidung zugunsten der Verfahrensbeteiligten und schließt das Gericht von dieser Verfügungsbefugnis aus. Der Verfügungsgrundsatz besagt aber nicht, daß die Teilhabe der einzelnen Verfahrensbeteiligten an der prozessualen Verfügungsbefugnis identisch ist. Dies ist unzweifelhaft nicht der Fall. So bestimmt allein der Kläger m i t der Klageerhebung den Streitgegenstand. Die übrigen Verfahrensbeteiligten wirken hieran nicht mit, sie sind an diese prozessuale Verfügung des Klägers gebunden. Die Frage, w i e die Dispositionsbefugnis unter den Verfahrensbeteiligten aufgeteilt ist, läßt sich n u r für jeden einzelnen Dispositionsakt gesondert beantworten (dazu i m Vierten Teil). I m vorliegenden Zusammenhang kann nur grundsätzlich untersucht werden, warum i m Verwaltungsprozeß die Dispositionsmaxime gilt und ob nach der ratio ihrer Geltung auch der notwendig Beigeladene an der prozessualen Dispositionsbefugnis teilhat. Ule, Lehrbuch, § 28 I ; Tschira / Schmitt Glaeser, S. 313; Bruns, § 16 I I 2.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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Die Verfügungsfreiheit der Parteien i m Geltungsbereich der Dispositionsmaxime beruht auf dem Umstand, daß der Verwaltungs- und der Zivilprozeß — anders als das Strafverfahren, i n dem der staatliche Strafanspruch verwirklicht werden soll — vornehmlich der Durchsetzung subjektiver Rechte dienen 15 . Nach materiellem Recht steht es den Beteiligten frei, ihre Rechte durchzusetzen oder auf deren Verwirklichung zu verzichten. Weiterhin haben sie die Befugnis, über ihre Rechte zu verfügen, etwa durch Anerkenntnis, Verzicht, Vergleich und ähnliche Rechtsgeschäfte. Diese materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis w i r d m i t der Dispositionsmaxime auch für den Bereich des Prozeßrechts anerkannt 16 . Auch hier ist es der Initiative der Beteiligten überlassen, ihre Rechte zu verfolgen, nämlich durch Klageerhebung oder von dieser Rechtsverfolgung wieder abzusehen, nämlich durch Klagerücknahme. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, die Rechtsfolgen materiell-rechtlicher Verfügungen durch prozessuale Dispositionen herbeizuführen, ζ. B. durch das prozessuale Anerkenntnis, den prozessualen Verzicht oder den Prozeßvergleich. Die Dispositionsmaxime erweist sich damit als prozessuale Verlängerung der materiellrechtlichen Verfügungsfreiheit. Diese materielle Verfügungsbefugnis ist die innere Rechtfertigung der prozessualen Dispositionsbefugnis der Prozeßbeteiligten. Die Verfügungsbefugnis der Verfahrensbeteiligten über das materielle Recht ist nicht nur der Grund, sondern auch die Grenze der prozessualen Dispositionsfreiheit der Beteiligten 17 . Diese können durch Prozeßhandlungen keine Rechtsfolgen herbeiführen, die ihrer materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis entzogen sind. Diese Einschränkung der Dispositionsbefugnis hat etwa i m sechsten Buch der Z i v i l prozeßordnung Ausdruck gefunden. Da i m Zivilprozeß die Dispositionsmaxime ebenso gilt wie i m Verwaltungsprozeß, ist es gerechtfertigt, diese Fälle i m Rahmen der vorliegenden Arbeit heranzuziehen. Die §§ 606 ff. ZPO betreffen Familien-, Kindschafts-, Unterhalts- und Entmündigungssachen. Diese Verfahrensgegenstände berühren nicht nur Partei-, sondern auch öffentliche Interessen. Dementsprechend weist die Dispositionsbefugnis der Parteien hier zahlreiche Einschränkungen auf. Ein weiterer Beleg für die Abhängigkeit der prozessualen Dispositionsbefugnis von der materiellen Verfügungsbefugnis ist der Prozeßvergleich. Er hat Doppelnatur, d . h . er ist einerseits materiell-rechtlich öffentlich-rechtlicher Vertrag, andererseits Prozeßhandlung, die 15
Vgl. Thomas / Putzo, Einl. I 1. Tschira / Schmitt Glaeser, S. 313; Grunsky, § 3 I I 1. 17 Bitter, B a y V B l 1958, 41, 44; vgl. auch Lang, V e r w A r c h 52, 60, 81/82; B a y V B l 1958, 170; f ü r den Zivilprozeß: Rosenberg/Schwab, § 79 I 1. 16
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
das Ende der Rechtshängigkeit bewirkt und einen Vollstreckungstitel schafft 18 . Diese Doppelnatur hat zur Folge, daß der Prozeßvergleich seine prozessualen Wirkungen nur entfalten kann, wenn er auch materiell-rechtlich fehlerfrei zustande gekommen ist. Dies bedeutet, daß Parteien, denen die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis fehlt, nicht i n der Lage sind, die prozessualen Wirkungen, nämlich das Ende der Rechtshängigkeit und die Schaffung eines Vollstreckungstitels herbeizuführen. Diese Abhängigkeit der prozessualen Dispositionsbefugnis von der materiellen Verfügungsbefugnis kommt auch i m Gesetz zum Ausdruck. Gem. § 106 VwGO ist ein Prozeßvergleich nur zulässig, wenn die Parteien über den Gegenstand der Klage verfügen können. Inwieweit diese beim Prozeßvergleich, also einem Tatbestand m i t Doppelnatur gegebene Abhängigkeit auch für reine Prozeßhandlungen besteht, ist streitig. So sind ein prozessuales Anerkenntnis 1 9 und ein prozessualer Verzicht i m Verwaltungsprozeß nach herrschender Meinung nur zulässig, wenn die Beteiligten über den Streitgegenstand verfügen können 20 . Demgegenüber vertreten R e d e k e r / v o n Oertzen 21 die Auffassung, diese f ü r den Vergleich nach § 106 VwGO geltende Einschränkung könne für das Anerkenntnis ebensowenig gelten wie für den Erlaß eines Verwaltungsaktes zur Klaglosstellung. Diese Streitfrage w i r d auch i m Zivilprozeßrecht diskutiert. Da die Dispositionsmaxime dieser Verfahrensordnung ebenso zugrundeliegt wie der VwGO, bietet es sich an, zu untersuchen, ob die für den Geltungsbereich der ZPO gefundenen Ergebnisse für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nutzbar gemacht werden können. I m zivilprozessualen Schrifttum w i r d die Frage der Abhängigkeit der prozessualen von der materiellen Verfügungsbefugnis nicht nur für Klageanerkenntnis und Klageverzicht, sondern allgemein für sämtliche Prozeßhandlungen erörtert 2 2 . Auch hier ist die Frage streitig. Blomeyer 2 3 18 Ganz herrschende Meinung: B V e r w G E 14, 103, 104; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 106, Rdnr. 1; Schunck / DeClerk, § 106, A n m . 2 d ; E y e r m a n n / F r ö h l e r , § 106, A n m . 1 f ; Hans, DVB1 1951, 721, 722. 19 I m folgenden w i r d die herrschende Lehre zugrunde gelegt, wonach das Anerkenntnis reine Prozeßhandlung, k e i n Tatbestand m i t Doppelnatur ist. Vgl. Thomas / Putzo, § 307, A n m . 1; Rosenberg / Schwab, § 134 I V 7; Jauernig, § 47 V I ; Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 307, A n m . I 2; a. A . RGZ 105, 355; Thomas, Z Z P 89, 80. 20 O V G H a m b u r g N J W 1977, 214; O V G Münster OVGE 11, 93, 95; Eyerm a n n / Fröhler, § 86, Rdnr. 3; Kopp, § 86, Rdnr. 16; Schunck / DeClerk, § 86, A n m . 1 b cc; Ule, Lehrbuch, § 28 I I ; die Entscheidung B V e r w G N J W 1957, 885, wonach Anerkenntnis u n d Verzicht i m Verwaltungsprozeß unzulässig sind, k a n n als überholt angesehen werden, vgl. §§ 156, 158 V w G O , die die Zulässigkeit eines Anerkenntnisses voraussetzen. 21 § 86, Rdnr. 5.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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geht davon aus, daß infolge des prozessualen Verhaltens der Parteien das Urteil von der wahren Rechtslage abweichen könne. Deutlich w i r d dies am Beispiel des Anerkenntnisses. I n diesem Fall entfällt die Prüfung der Schlüssigkeit und Begründetheit der Klage. Auch einer i n Wahrheit unbegründeten Klage muß hier grundsätzlich stattgegeben werden. Dieses Ergebnis darf nach Blomeyer nur hingenommen werden, wenn die Parteien i n der Lage sind, die umstrittene Rechtslage ebenso durch Rechtsgeschäft zu ändern. Deshalb sei die Abhängigkeit des Prozeßrechts vom materiellen Recht zwingend geboten. Die Rechtsprechung beurteilt diese Frage unterschiedlich. Der Bundesgerichtshof hat i n Fällen, i n denen Vormund und Eltern zu rechtsgeschäftlichen Verfügungen über Gegenstände des Kindesvermögens der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bedürfen (§§ 1643, 1821, 1822 BGB), entschieden, daß Prozeßdispositionen, die einen entsprechenden verfügungsähnlichen Erfolg herbeiführen, weder unzulässig noch von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig sind 24 . So hat es der B G H zugelassen, daß ein unter Vormundschaft stehender Kläger einen Klageverzicht wirksam erklärte, obwohl eine entsprechende Verfügung gem. § 1821 Abs. 1 Nr. 2 BGB der vormundschaftgerichtlichen Genehmigung bedurft hätte, die nicht vorlag. Die Gültigkeit des Klageverzichts als einer Prozeßhandlung werde dadurch nicht berührt 2 5 . Andererseits hält das Oberlandesgericht Düsseldorf das A n erkenntnis einer Nicht-Konkursforderung durch den Konkursverwalter mangels Verfügungsbefugnis (§ 6 Abs. 2 KO) für unwirksam 2 6 . Eine differenzierende Auffassung vertritt Henckel 27 . Er geht davon aus, daß es den Parteien nach materiellem Recht i n der Regel freistehe, ein nichtiges Rechtsgeschäft trotz seiner Nichtigkeit tatsächlich durchzuführen. Dies gelte zunächst dann, wenn ein Formmangel vorliege, der durch die Vollziehung geheilt werde 28 . Aber auch darüber hinaus seien die Parteien nicht daran gehindert, ein nichtiges Schuldverhältnis zu „erfüllen". Eine Rückabwicklung könne unter Umständen sogar gem. §§ 814, 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen sein. Auch der tatsächliche Erfolg nichtiger Verfügungen brauche grundsätzlich nicht beseitigt zu werden 29 . Diese Möglichkeit der Verfügenden, über die tat22 Vgl. Blomeyer, § 13 I I 3, S. 65; Henckel, Prozeßrecht u n d materielles Recht, S. 136; Fußnote 269: „einheitliche Behandlung aller Dispositionsakte". 28 § 13 I I 2, S. 65. 24 B G H J Z 1956, 62 = L M Nr. 1 zu § 306 ZPO = ZZP 69, 34. 25 B G H L M Nr. 1 zu § 306 ZPO. 26 N J W 1974, 1517. 27 Prozeßrecht u n d materielles Recht, S. 134 ff.; zustimmend Bötticher, ZZP 85, 1, 25. 28 Henckel, S. 136. 29 S. 136.
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
sächlichen Folgen ihrer (nichtigen) Verfügung zu disponieren, müsse auch i m Prozeß anerkannt werden. Wolle etwa ein Kläger einen Rückforderungsanspruch, der i h m aufgrund eines nichtigen Vertrages zustehe, nicht mehr geltend machen, bestehe kein sachlicher Grund, i h n an einem Klageverzicht zu hindern 3 0 . Ebenso müsse das Prozeßrecht den Willen der Parteien anerkennen, den tatsächlichen Erfolg nichtiger Verfügungen aufrechtzuerhalten. Wenn derjenige, der eine Sache aufgrund einer nichtigen Verfügung erlangt habe, auf Feststellung seines Eigentums klage, und der Beklagte anerkenne, so stehe zwischen den Parteien trotz der Nichtigkeit der Verfügung fest, daß der Kläger Eigentümer sei 30 . Die Befugnis, über die tatsächlichen Folgen ihrer nichtigen Verfügung zu disponieren, spricht Henckel den Verfügenden allerdings für den Fall ab, daß die Unwirksamkeit der Verfügung auf dem Recht eines Dritten beruht. Hier fehle den Beteiligten die Befugnis, durch die Aufrechterhaltung der tatsächlichen Folgen ihrer unwirksamen Verfügung i n die Rechte des Dritten einzugreifen 31 . I n diesem Zusammenhang verneint Henckel eine Einschränkung der Dispositionsbefugnis nur deshalb, weil das Recht des Dritten von der Rechtskraft der Entscheidung, die zwischen dem Verfügenden und dem Empfänger ergehe, unberührt bleibe 31 . Diese Fallgestaltung, nämlich die Einschränkung der Verfügungsbefugnis der Parteien durch Rechte Dritter, ist für die vorliegende Arbeit von Bedeutung. I n diesen Fällen besteht für den Geltungsbereich der Zivilprozeßordnung Einigkeit darüber, daß die prozessuale von der materiellen Verfügungsbefugnis abhängig ist 3 2 . Parteidispositionen sind deshalb nur zulässig, wenn sie keine Auswirkungen auf Rechte Dritter haben 33 . Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, daß prozessuale Dispositionen, die Rechte Dritter berühren, nur i m Rahmen der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis zulässig sind. Die prozessuale Dispositionsbefugnis eines Verfügenden beruht also insoweit nicht auf seiner Parteistellung, sondern auf seiner materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis. 30
S. 137. S. 138. 32 Hiervon weicht auch die Rechtsprechung nicht ab. Der K o n k u r s v e r w a l ter als Partei k a n n nach Ansicht des O L G Düsseldorf (vgl. oben Fußnote 26) nicht einen Anspruch gegen den Gemeinschuldner, also einen Dritten, anerkennen. I n den v o m Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle zu den §§ 1643, 1821, 1822 B G B sind die M ü n d e l dagegen nicht Dritte, sondern Partei. 33 Da i n diesem P u n k t Übereinstimmung herrscht, ist eine Auseinandersetzung m i t der zivilprozessualen Streitfrage insgesamt nicht erforderlich. Es spricht allerdings vieles dafür, daß die Beteiligten auch i m öffentlichen Recht über die tatsächlichen Folgen materiell rechtswidriger Verfügungen disponieren können. So k a n n etwa ein Bürger auf die Anfechtung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes verzichten u n d andererseits die V e r w a l tungsbehörde die Aufhebung dieses Verwaltungsaktes unterlassen. 31
Α. Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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Bei dem Versuch, dieses Ergebnis auf das Verwaltungsprozeßrecht zu übertragen, ist zu beachten, daß die durch die Parteidispositionen bestimmte Entscheidung des Gerichts Rechtskraft auch gegenüber D r i t ten w i r k e n kann. Ist ein Dritter notwendig beigeladen worden, bindet das Urteil gem. § 121 VwGO auch ihn. Da somit die prozessualen Dispositionen, vermittelt durch die gerichtliche Entscheidung, Wirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen entfalten, hängt ihre Zulässigkeit von der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis der Beteiligten ab. Bei der Beurteilung dieser materiellen Verfügungsbefugnis macht sich eine weitere Besonderheit des öffentlichen gegenüber dem Z i v i l recht bemerkbar. Falls eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist, ist die Verwaltungsbehörde befugt, über ein streitiges Rechtsverhältnis einseitig und hoheitlich zu verfügen. Das Instrument dieser hoheitlichen Regelung ist der Verwaltungsakt. Diese durch Verwaltungsakt auszuübende Verfügungsbefugnis muß i m vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben. M i t i h r kann eine prozessuale Dispositionsbefugnis nicht gerechtfertigt werden. Denn die prozessualen Dispositionen der beklagten Verwaltungsbehörde nehmen Einfluß auf das verwaltungsgerichtliche Urteil und können dieses unter Umständen, zum Beispiel i m Fall eines Anerkenntnisses, entscheidend bestimmen. Das Recht der Behörde, über Rechtsverhältnisse hoheitlich und einseitig zu verfügen, rechtfertigt allein den Erlaß vor Verwaltungsakten, nicht aber die Beeinflussung einer gerichtlichen Entscheidung durch entsprechende Prozeßhandlungen. Vielmehr dient das verwaltungsgerichtliche Urteil gerade der Überprüfung der Ausübung der hoheitlichen Verfügungsbefugnis der Behörde und kann deshalb nicht seinerseits von dieser hoheitlichen Verfügungsbefugnis abhängig sein. Außerdem ist der Rechtsschutz gegenüber Verwaltungsakten und gegenüber gerichtlichen Entscheidungen unterschiedlich ausgestaltet. Deshalb kann die Befugnis einer beklagten Behörde, ein der tatsächlichen Rechtslage widersprechendes Anerkenntnis abzugeben, nicht m i t der Überlegung gerechtfertigt werden, sie könne dasselbe Ergebnis durch Erlaß eines klaglosstellenden Verwaltungsaktes herbeiführen. Da der einseitigen, hoheitlichen Verfügungsbefugnis der Behörde somit keine Bedeutung zukommt, sind an der prozessualen Dispositionsbefugnis alle Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses beteiligt. Soweit allein Rechte der Parteien i m Streit stehen, liegt die prozessuale Dispositionsbefugnis allein i n ihren Händen. Soweit auch Rechte eines Dritten das streitige Rechtsverhältnis bilden, hat auch dieser an der prozessualen Dispositionsbefugnis teil. Das entscheidende K r i t e r i u m zur Beurteilung der prozessualen Verfügungsbefugnis des notwendig Beigeladenen ist also dessen materiell-rechtliche Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis. Diese ist nunmehr zu untersuchen. 4 Joeres
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D r i t t e r Teil: K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung I I . Beziehung des notwendig Beigeladenen zum streitigen Rechtsverhältnis
Nach § 65 Abs. 2 VwGO ist eine bestimmte Beziehung des notwendig Beigeladenen zum streitigen Rechtsverhältnis die Voraussetzung der Notwendigkeit seiner Beiladung. Die Beiladung ist nach dieser Bestimmung notwendig, wenn ein Dritter derart am streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, daß die gerichtliche Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Ob eine derartige Beteiligung vorliegt, beurteilt sich nach materiellem Recht 34 . Damit erweist sich die Frage nach der materiell-rechtlichen Beteiligung des notwendig Beigeladenen am streitigen Rechtsverhältnis als Frage nach den sachlichen Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung. Eine Systematisierung der Voraussetzungen der notwendigen Beiladung findet sich i n Rechtsprechung und Lehre nur i n Ansätzen. Auch i m folgenden werden die Voraussetzungen notwendiger Beiladung nur insoweit untersucht, als sie Aufschluß darüber geben, i n welchem Umfang das streitige Rechtsverhältnis auch Rechte des beizuladenden D r i t ten umfaßt, die seiner materiellen Verfügung unterliegen. 1. Definition
der Voraussetzungen
notwendiger
Beiladung
Nach ganz überwiegender Meinung ist eine Beiladung notwendig, wenn die Entscheidung des Gerichts nicht getroffen werden kann, ohne damit gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beizuladenden zu gestalten, zu bestätigen, zu verändern oder zum Erlöschen zu bringen 3 5 . Diese Bestimmung der Voraussetzungen der notwendigen Beiladung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 VwGO. Ein Rechtsverhältnis i. S. d. Bestimmung ist eine rechtlich geregelte Beziehung zwischen Personen, aus der sich für die Beteiligten Rechte und Pflichten ergeben 36 . Die Beteiligung eines Dritten an dem streitigen Rechtsverhältnis bedeutet deshalb, daß auch er Träger von Rechten und Pflichten ist, die sich aus dem Rechtsverhältnis ergeben. Da die Beteiligung des Dritten derart ist, daß die Entscheidung i h m und den Parteien gegen34
B V e r w G E 17, 293; 31, 111; D Ö V 1964, 715. Bundestag Drucksache I I I 55, S.37; BVerGE 2, 189; 51, 268, 275; 55, 8 = B a y V B l 1978, 151, 152; N J W 1977, 1603; D Ö V 1975, 99; O V G Saarlouis N J W 1975, 950; V G H Baden-Württemberg A S 81, 120 = N J W 1970, 2228; Hess V G H VerwRspr 8, 889; O V G Münster OVGE 4, 10; V G Freiburg DVB1 1976, 551 = N J W 1976, 1765; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 65, R d n r 8 ; Redeker, DVB1 1954, 419, 420, Kopp, § 65, Rdnr. 14; Bachof, JZ 1957, 374; Oppermann, N J W 1954, 745; Ule, B V e r w G G , § 34, A n m . I I 1; Lehrbuch, § 22 I I ; Klinger, § 65 V w G O , A n m . D 1; Menger, DVB1 1950, 700; Buhren, JUS 1976, 512; Stahl, S. 82; Bichler, S. 59/60; Rossmann, S. 117, 122; BSGE 3, 142, 156; 11, 262, 265 m.w.H.; DVB1 1960, 399. 36 Wolff / Bachof, § 32 V a 1, S. 213. 35
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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über nur einheitlich ergehen kann, müssen die Rechte und Pflichten des Dritten solchen der Parteien derart korrespondieren, daß die gerichtliche Entscheidung über die Rechte und Pflichten der Parteien zwingend auch eine Entscheidung über die Rechte und Pflichten des Dritten darstellt. Die herrschende Definition entspricht auch Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der notwendigen Beiladung 37 . Diese soll dem Dritten die Möglichkeit eröffnen, seine Rechte zu verteidigen und auf die Entscheidung über sie Einfluß zu nehmen. Außerdem sollen weitere Prozesse über das streitige Rechtsverhältnis ausgeschlossen und der Streit nach Möglichkeit i n einem einzigen gerichtlichen Verfahren ausgetragen werden 38 . Der Dritte ist nämlich, wenn er nicht durch seine Beiladung gem. § 121 VwGO an die gerichtliche Entscheidung gebunden wird, aufgrund des Eingriffs i n seine Rechte gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt und kann somit einen neuen Prozeß anstrengen. I n Rechtsprechung und Lehre finden sich Formulierungen der Voraussetzungen notwendiger Beiladung, die von der herrschenden Meinung abweichen. Auch hier w i r d aber nicht i n Zweifel gezogen, daß eine Beiladung nur dann notwendig ist, wenn die gerichtliche Entscheidung des zwischen anderen anhängigen Verfahrens unmittelbar i n Rechte Dritter eingreift. So ist nach einer auf Bachof zurückgehenden Begriffsbestimmung eine Beiladung dann notwendig, wenn der i m Streit stehende Verwaltungsakt nicht nur unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Behörde, sondern auch zwischen dem Kläger und einem Dritten schafft 39 . Als Beispiele führt Bachof privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte aus dem Bereich der Zwangsbewirtschaftung, insbesondere des Wohnraumes, i n der Nachkriegszeit an, etwa die Festsetzung eines Kauf- oder Mietpreises zwischen zwei Beteiligten durch die Preisbehörde oder den Erlaß eines sogenannten Zwangsmietvertrages 40 . Es handelt sich i n diesen Fällen ausnahmslos u m Verwaltungsakte m i t Drittwirkung. Verschiedentlich ist i m Anschluß an die Definition Bachofs sogar die Auffassung vertreten worden, Verwaltungsakte m i t D r i t t w i r k u n g seien die einzigen Fälle notwendiger Beiladung 41 . Die Ausrichtung dieser Definition an den Verwaltungsakten m i t D r i t t w i r k u n g macht deutlich, daß auch nach dieser Auffassung die Notwendigkeit der Beiladung immer einen Eingriff der gerichtlichen Entscheidung i n die Rechte des Dritten voraussetzt. Denn Verwaltungsakte m i t D r i t t w i r k u n g verbinden die Begünstigung einer Person un37 38 39 40 41
4*
Vgl. hierzu Bundestag Drucksache I I I 55, S. 32. Bettermann, DVB1 1951, 72, 74. D Ö V 1949, 364, 365; M D R 1950, 375, 376. D Ö V 1949, 364, 365. Bichler, S. 73; Linkenheil, S. 194/195; Becker-Gassen, S. 122/123.
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
trennbar m i t der Belastung einer anderen. Die gerichtliche Entscheidung über die Berechtigung oder Verpflichtung der einen Person bedeutet deshalb i n diesen Fällen zwingend auch eine Entscheidung über Rechte und Pflichten der anderen von dem Verwaltungsakt betroffenen Person. Nach Bettermann 4 2 ist eine Beiladung notwendig, wenn die gerichtliche Entscheidung gegen den beizuladenden Dritten auch ohne seine Beteiligung am Rechtsstreit w i r k t . Ausgehend von dieser Definition unterscheidet Bettermann zwei Fallgruppen notwendiger Beiladung. Z u m einen führt er die Fälle einer Rechtskrafterstreckung auf Dritte an, andererseits nennt er Gestaltungsurteile, soweit diese nicht nur inter partes, sondern gegen alle wirken. Dieser zweiten Fallgruppe ordnet er — ebenso wie Bachof — insbesondere die privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakte zu. Der Auffassung Bettermanns ist entgegengehalten worden, die Erstreckung der Rechtskraft des Urteils auf Dritte sei nicht die Voraussetzung, sondern gem. § 121 VwGO die Rechtsfolge der notwendigen Beiladung 48 . Diese Frage kann hier dahinstehen. Jedenfalls verlangt auch Bettermann als Voraussetzung der notwendigen Beiladung einen Eingriff der gerichtlichen Entscheidung i n die Rechte Dritter 4 4 . Dies gilt zunächst i n den Fällen der Rechtskrafterstreckung, für die er als Beispiele lediglich die Fälle der §§ 325—327 ZPO anführt 4 5 . Hier ist bzw. w i r d der Dritte — d. h. der Rechtsnachfolger, der Nacherbe, der Erbe — Inhaber des i m Streit befindlichen Rechts. Die Entscheidung ergeht unmittelbar über dieses Recht, bezüglich dessen die Partei — d. h. der Rechtsvorgänger, der Vorerbe, der Testamentsvollstrecker — lediglich eine gesetzliche Prozeßführungsbefugnis hat. Bei der zweiten Fallgruppe handelt es sich — ebenso wie bei den von Bachof erwähnten Fällen — u m Verwaltungsakte m i t Drittwirkung, die nicht nur für die Partei, sondern auch für den beizuladenden Dritten unmittelbar Rechte und Pflichten begründen. Als weiteres K r i t e r i u m zur Bestimmung der Fälle notwendiger Beiladung w i r d schließlich der Begriff des Streitgegenstandes genannt. Das Bundesverwaltungsgericht 46 hat eine Beiladung als notwendig bezeichnet, wenn die zu fällende Entscheidung unmittelbar auch das Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten betrifft und es sich hierbei u m denselben Streitgegenstand handelt, über den auch i m anhängigen Verfahren gestritten werde. Eyermann / Fröhler 4 7 be42 DVB1 1951, 72, 74; ebenso Oppermann, N J W 1954, 744; vgl. auch Dernedde, DVB1 1949, 443. 43 Linkenheil, S. 191; Becker-Gassen, S. 110. 44 Bettermann, M D R 1967, 947, 948. 45 Bettermann, DVB1 1951, 72, 74. 46 B V e r w G E 17, 293, 296. 47 § 65, Rdnr. 27.
Α. Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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jähen das Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung, wenn eine Identität des Streitgegenstandes i m Verhältnis zwischen Kläger und Beklagtem und i m Verhältnis beider Prozeßparteien zum Dritten vorliegt. Die Identität des Streitgegenstandes müsse aus der Einheit des streitigen Rechtsverhältnisses hergeleitet werden. Eyermann / Fröhler berufen sich i n diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts, das eine Beiladung für notwendig gehalten habe, wenn die zwischen den Parteien ergehende Entscheidung über das zwischen ihnen streitige Rechtsverhältnis hinaus rechtliche Wirkungen auf einen Dritten habe. Diese Begriffsbestimmung ersetzt den Begriff des Rechtsverhältnisses durch den des Streitgegenstandes. Die geforderte Identität des Streitgegenstandes ist i n der Sache nichts anderes als die bereits i m Wortlaut des § 65 Abs. 2 VwGO vorausgesetzte Beteiligung der Parteien und des beizuladenden Dritten an ein und demselben, nämlich dem streitigen Rechtsverhältnis. Ob eine derartige Beteiligung besteht, w i r d nach der Wirkung der Entscheidung auf die Rechte Dritter beurteilt. Diese Auffassung unterscheidet sich nicht von den zuvor dargestellten. Damit kann festgestellt werden, daß die Notwendigkeit einer Beiladung unstreitig einen unmittelbaren Eingriff der gerichtlichen Entscheidung i n die Rechte des beizuladenden Dritten voraussetzt. Das streitige materielle Rechtsverhältnis w i r d auch durch Rechte des Dritten konstituiert. 2. Fallgruppen
notwendiger
Beiladung
Diese allgemeine Feststellung läßt sich durch eine Betrachtung der Fallgruppen notwendiger Beiladung konkretisieren: a) Verwaltungsakte m i t Doppelwirkung Hier sind zunächst die Verwaltungsakte m i t Doppelwirkung zu nennen. aa) Anfechtungsklagen Unstreitig ist bei Anfechtungsklagen des Belasteten die Beiladung des durch die Verfügung Begünstigten notwendig. Dies folgt aus der unter 1. genannten Definition, denn ein stattgebendes Urteil greift unmittelbar i n die Rechte ein, die der Dritte durch die i h n begünstigende Verfügung erlangt hat. Notwendig beizuladen ist also ζ. B. der Bauwerber zur Anfechtungsklage des Nachbarn gegen die Baugenehmigung 4 8 . Ebenso liegt es i n Fällen der Anfechtung eines straßenrecht48 Vgl. statt aller B V e r w G Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 2; Kopp, § 65, Rdnr. 17.
54
D r i t t e r Teil: K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
liehen Planfeststellungsbeschlusses. Zur Anfechtungsklage gegen die Planfeststellungsbehörde muß der Träger der Straßenbaulast beigeladen werden, w e i l sich das Klagebegehren darauf richtet, i h m den i h m i n der A r t einer Genehmigung erteilten Planfeststellungsbeschluß (§ 18 a Abs. 4 BFStrG) unmittelbar durch die Gestaltungswirkung des Urteils wieder zu entziehen 49 . I n einem von der Mutter eingeleiteten Verfahren, das auf die Anfechtung der Ehelichkeitserklärung des K i n des gerichtet ist, muß das K i n d beigeladen werden, w e i l sein familienrechtlicher Status berührt wird 5 0 . Zur Anfechtungsklage eines Schwerbeschädigten Arbeitnehmers gegen einen Bescheid, m i t dem die Zustimmung zu seiner Kündigung erteilt wird, ist der durch den Bescheid begünstigte Arbeitgeber notwendig beizuladen 51 . Notwendig ist auch die Beiladung des durch eine beamtenrechtliche Ernennung Begünstigten, wenn sein Konkurrent diese Entscheidung anficht 52 . Darüber hinaus ist allgemein bei Konkurrentenklagen die Beiladung des Begünstigten notwendig. Insbesondere Anfechtungsklagen gegen privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte m i t Doppelwirkung, ζ. B. gegen eine behördliche Mietfestsetzung 58 , führen zur notwendigen Beiladung des Dritten. Eine notwendige Beiladung ist dagegen nicht gerechtfertigt durch eine bloße Tatbestandswirkung der angefochtenen Verfügung gegenüber Dritten 5 4 . Notwendig ist i n diesen Fällen allerdings nur die Beiladung des durch die Verfügung Begünstigten. Dritte, die ebenso wie der A n fechtungskläger durch die Verfügung i n ihren Rechten betroffen sein können, sind nicht notwendig beizuladen 55 . Dies gilt ζ. B. für baurechtliche Nachbarklagen. Erhebt ein Nachbar Anfechtungsklage, müssen andere gleichfalls i n ihren Rechten verletzte Nachbarn nicht notwendig beigeladen werden 56 . Ebenso liegt es, wenn ein Nachbar eine gewerberechtliche Genehmigung anficht. Andere potentielle Nachbarkläger sind hier nicht notwendig beizuladen. Das Bundesverwaltungsgericht begründet seine dahingehende Auffassung damit, daß der potentielle Kläger nicht am streitigen Rechtsverhältnis, nämlich dem Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Genehmigung beteiligt sei, die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO folglich nicht vorlägen 57 . Klagt 49
B V e r w G E 52, 237, 240; B a y V G H B a y V B l 1962, 190. B V e r w G N J W 1964, 1432, 1433. 51 V G H Kassel M D R 1960, 266. 62 B V e r w G DVB1 1966, 341. 53 V G H Kassel VerwRspr 2, 373, 374. 54 B V e r w G E 39, 135, 137; a. A . V G H M a n n h e i m B B 1962, 1115. 56 a. A . Kopp, § 65, Rdnr. 17. 56 B V e r w G D Ö V 1974, 767 = VerwRspr 26, 724 = N J W 1975, 70; B a y V G H B a y V B l 1974, 310; Redeker / von Oertzen, § 65, Rdnr. 9. 57 B V e r w G D Ö V 1975, 92, 93. 50
Α. Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
55
ein Ausländer gegen eine Ausweisungsverfügung, ist seine unter Umständen aus A r t . 6 GG klagebefugte Ehefrau nicht notwendig beizuladen 58 . Daß es sich hier nicht u m Fälle notwendiger Beiladung handelt, folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 VwGO und der allgemein anerkannten Definition der notwendigen Beiladung. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung gegenüber den Parteien und dem Dritten besteht nicht. Es ist denkbar, daß allein der Dritte, nicht aber der Kläger i n seinen Rechten verletzt ist. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Baugenehmigung gegenüber einem Dritten gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt, ein solcher Verstoß aber gegenüber dem Kläger nicht vorliegt, wenn also ζ. B. der Bauwich gegenüber dem Dritten unterschritten, gegenüber dem Kläger aber eingehalten werden soll. Die Baugenehmigung kann dann vom Kläger nicht m i t Erfolg angegriffen werden. Seine Klage ist abzuweisen. Gleichzeitig verletzt aber die Genehmigung Rechte des Dritten und ist auf seine Klage h i n aufzuheben. Die Entscheidung kann also gegenüber dem Kläger anders ausfallen als gegenüber dem Dritten, sie muß nicht einheitlich ergehen. Dasselbe gilt für die Anfechtungsklage des Ausgewiesenen. Ihre Abweisung enthält keine Entscheidung über das Grundrecht des Ehegatten aus A r t . 6 GG. Die vom Kläger begehrte Entscheidung des Gerichts kann nicht unmittelbar i n Rechte Dritter eingreifen. Ein derartiger Eingriff kann i n diesen Fällen nur i n der angefochtenen Entscheidung der Verwaltungsbehörde liegen. Der K l ä ger kann gem. § 42 Abs. 2 VwGO nur geltend machen, i n eigenen Rechten verletzt zu sein. N u r über seine Rechte kann folglich eine gerichtliche Entscheidung ergehen. Diese Entscheidung betrifft aber nicht die Rechte eines durch die angefochtene Verfügung ebenfalls belasteten Dritten, denn diese Rechte stehen gar nicht i m Streit. Sie können allein durch eine Anfechtungsklage des Dritten zum Gegenstand eines Rechtsstreits gemacht werden. Als Verwaltungsakte m i t D r i t t w i r k u n g sind auch Verfügungen anzusehen, durch die eine Rechtsgemeinschaft zwischen mehreren Personen hoheitlich geschaffen, geändert oder aufgehoben w i r d 5 9 . Erhebt ein Mitglied der Rechtsgemeinschaft Anfechtungsklage gegen eine derartige Verfügung, sind die übrigen Mitglieder notwendig beizuladen, w e i l das gerichtliche Urteil auch über ihren Status als Mitglieder der Rechtsgemeinschaft und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten entscheidet. 58
B V e r w G N J W 1977, 1603; B a y V B l 1978, 151, 152 unter Aufgabe der Rechtsprechung aus B V e r w G Buchholz 402.24 § 10 A u s l G Nr. 30 = VerwRspr 25, 338; O V G Saarlouis N J W 1975, 950; J. Müller, N J W 1976, 460; S c h u n c k / D e Clerk, §§ 65, 66, A n m . 2 g b b ; a. A . Ehlers, N J W 1975, 2125, 2127/2128. 59 Vgl. hierzu Eyermann / Fröhler, § 65, Rdnr. 32; Stahl, S. 62.
56
D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
bb) Verpflichtungsklagen Unterschiedlich w i r d die Rechtslage bei Verpflichtungsklagen beurteilt. Hier ist zu unterscheiden zwischen Klagen, die auf den Erlaß eines an den Kläger selbst adressierten, i h n begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet sind, und solchen Klagen, m i t denen der Erlaß eines belastenden Verwaltungsaktes an einen Dritten begehrt wird. Soweit der Kläger den Erlaß eines begünstigenden, an i h n adressierten Verwaltungsaktes begehrt, w i r d überwiegend eine notwendige Beiladung des belasteten Dritten angenommen 80 . I n Abweichung von seiner früheren Rechtsprechung verneint das Bundesverwaltungsgericht neuerdings die Notwendigkeit einer Beiladung i n Fällen dieser A r t . Z u m Verfahren einer Klage des Bauherrn auf Verpflichtung der Baubehörde zur Erteilung einer Baugenehmigung sollen Nachbarn, die durch die Genehmigung i n ihren Rechten verletzt sein können, nicht notwendig beigeladen werden 61 . Ebenso verneint das Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Beiladung einer i n ihrer Planungshoheit verletzten Gemeinde zu einem Verfahren, i n dem auf die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung geklagt w i r d 6 2 . Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim soll kein F a l l notwendiger Beiladung der betroffenen Nachbarn vorliegen, wenn der Betreiber einer nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage auf Genehmigung klagt 6 3 . I n diesen Fällen bejaht die Rechtsprechung allerdings eine einfache Beiladung. Zur Begründung w i r d ausgeführt, die gerichtliche Entscheidung könne den Dritten nicht i n seinen Rechten berühren 64 . Da das Verpflichtungsurteil die Genehmigung nicht selbst ausspreche, könne es auch nicht unmittelbar die Rechtsstellung des Dritten gestalten. Ein Eingriff i n die Rechte des Dritten erfolge erst durch die Genehmigungserteilung selbst 65 . Die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 VwGO lägen nicht vor, w e i l der Dritte nicht am streitigen Rechtsverhältnis, nämlich dem Anspruch des K l ä gers gegen die Behörde auf Erteilung der Genehmigung, beteiligt sei 66 . Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht i n einer früheren Entscheidung die Unmittelbarkeit des Eingriffs der gerichtlichen Entscheidung i n die Rechte des Dritten bejaht. Hiernach ist die Beiladung 60
B V e r w G E 2, 189; 18, 124, 126; Eyermann / Fröhler, § 65, Rdnr. 33; Ule, § 65 V w G O , A n m . I I 1 m . w . H . ; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 2 h ; Red e k e r / v o n Oertzen, § 65, Rdnr. 9; Kopp, § 65, Rdnr. 17; a . A . Stahl, S. 89. β1 B V e r w G D Ö V 1975, 99; zustimmend: Heyl, D Ö V 1975, 99. 82 B V e r w G N J W 1978, 64, 65. 83 N J W 1977, 1308; dagegen R e d e k e r / v o n Oertzen, § 65, Rdnr. 9. 84 B V e r w G a.a.O. 85 V G H M a n n h e i m N J W 1977, 1308, 1309. 88 B V e r w G a.a.O.; V G H Mannheim a.a.O.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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des Eigentümers einer Wohnung notwendig, wenn ein Wohnungssuchender auf Zuteilung der Wohnung klagt. Hier hat das BVerwG angenommen, die i m U r t e i l ausgesprochene Verpflichtung der beklagten Wohnungsbehörde, die Wohnung dem Kläger zuzuteilen, greife unmittelbar i n die Rechte des Eigentümers ein 87 . Diese i n sich widersprüchliche Rechtsprechung 88 zeigt, daß der Begriff der Unmittelbarkeit kein geeignetes K r i t e r i u m zur Abgrenzung der Fälle notwendiger Beiladung ist. Die notwendige Beiladung setzt einen Eingriff i n die Rechte eines Dritten voraus. Sie dient also insbesondere dem Zweck, dem Dritten Einflußmöglichkeiten auf diese Entscheidung über seine Rechte zu geben. Dies kann aber sinnvoll nur geschehen, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Der Erlaß eines Verpflichtungsurteils bedeutet aber bereits eine endgültige Entscheidung über die Rechte des Dritten. Die Behörde ist dann zwingend verpflichtet, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen. Die Entscheidung über den Eingriff i n die Rechte des Dritten w i r d i n dem Verpflichtungsurteil getroffen. Der Erlaß des Verwaltungsaktes ist dann lediglich eine Ausführung dieser Entscheidung. Da für die Behörde keine Möglichkeit besteht, von dem U r t e i l abzuweichen, kann der Dritte nur dann auf die Entscheidung über seine Rechte Einfluß nehmen, wenn er bereits vor Erlaß des Urteils beteiligt wird. Daraus folgt die Notwendigkeit seiner Beteiligung i m Verwaltungsstreitverfahren, d. h. die Notwendigkeit seiner Beiladung. Daß bereits das Verpflichtungsurteil die Entscheidung über und dam i t den Eingriff i n die Rechte des Dritten darstellt, w i r d besonders deutlich, wenn der Dritte — nachdem seine Beiladung unterblieben ist — Anfechtungsklage gegen den aufgrund des Verpflichtungsurteils erlassenen Verwaltungsakt erhebt. Hat diese Klage Erfolg, w i r d der angefochtene Verwaltungsakt aufgehoben. Dieses stattgebende U r t e i l steht i n einem Widerspruch zu dem zunächst ergangenen Verpflichtungsurteil 6 9 . Der Widerspruch zwischen diesen beiden Urteilen beruht darauf, daß sie unterschiedliche Entscheidungen über die Zulässigkeit des Eingriffs i n die Rechte des Dritten enthalten. Auch zur Vermeidung derartiger Urteilskollisionen ist die Beiladung des Dritten i m ersten Rechtsstreit notwendig.
67
B V e r w G E 2, 189, 190. Die Entscheidung B V e r w G E 2, 189 ist bisher nicht ausdrücklich aufgegeben worden. 89 Soweit die herrschende Meinung hier eine notwendige Beiladung bejaht, w ü r d e sie den Widerspruch zwischen den beiden Urteilen durch die These v o m Nichturteil bzw. nichtigen U r t e i l bei unterlassener notwendiger Beiladung lösen (vgl. hierzu Vierter Teil, Fußnote 2). 88
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Die Beiladung des Nachbarn ist auch i m Hinblick auf § 28 Abs. 1 V w V f G 7 0 notwendig. Hiernach ist der Nachbar i m Verwaltungsverfahren zu hören, w e i l die Baugenehmigung i n seine Rechte eingreifen kann. Es ist möglich und i n der Praxis nicht selten, daß die Ablehnung des Bauantrags durch die Einwendungen des Nachbarn entscheidend bestimmt w i r d 7 1 . I n einer solchen Konstellation ist es sinnwidrig, den i m Verwaltungsverfahren beteiligten und maßgeblich tätigen Nachbarn vom Verwaltungsstreitverfahren auszuschließen. Zur Sicherung seiner Beteiligung ist nur seine notwendige Beiladung, nicht aber seine einfache Beiladung ausreichend, m i t der seine Beteiligung i n das Ermessen des Gerichts gestellt wäre. Die neuerdings von der Rechtsprechung i n diesen Fällen befürwortete einfache Beiladung ist nicht geeignet, dem i n seinen Rechten betroffenen Dritten eine angemessene Stellung i n dem zwischen anderen Parteien anhängigen Rechtsstreit einzuräumen. Die Beiladung bindet den Dritten gem. § 121 VwGO an das rechtskräftige Verpflichtungsurteil und n i m m t i h m damit die Möglichkeit einer späteren A n fechtungsklage 72 . Diese Ausschaltung des Klägers i n einem späteren Verwaltungsstreitverfahren hindert i h n daran, seine Rechte i n der Rechtsstellung einer Partei und m i t den damit verbundenen prozessualen Dispositionsbefugnissen wahrzunehmen. Wenn nun seine Rechtsverteidigung durch seine Beiladung i n das zwischen anderen Parteien anhängige Verfahren vorverlagert wird, muß i h m hier eine Rechtsstellung eingeräumt werden, die möglichst weitgehend der einer Partei entspricht. Es braucht hier noch nicht endgültig entschieden zu werden, ob die prozessuale Stellung eines notwendig Beigeladenen derjenigen einer Partei entspricht. Jedenfalls ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 66 VwGO, daß eine notwendige Beiladung dem Dritten eine weitergehende Rechtsstellung eröffnet als eine einfache Beiladung. Folglich w i r d dem Erfordernis einer möglichst weitgehenden Annäherung seiner Rechtsstellung an die einer Partei nur durch seine notwendige Beiladung genügt. Diese Auffassung kann zu einer erheblichen Ausweitung des Kreises der notwendig beizuladenden Dritten führen. Dies gilt insbesondere für Verwaltungsprozesse, i n denen u m die Genehmigung eines Atomkraftwerkes oder ähnlicher Großanlagen gestritten wird. Die hier notwendige Beiladung sämtlicher „Nachbarn" (Bürger und Gemeinden), die i n ihren Rechten betroffen sein können, w i r f t erhebliche Probleme 70 Vgl. hierzu R e d e k e r / v o n Oertzen, § 65, Rdnr. 9; Weyreuther, M D R 1956, 518, 520. 71 Vgl. Dernedde, DVB1 1952, 30, 31. 72 Dies ist i m Ergebnis unstreitig. Zur Frage der Begründung dieses E r gebnisses vgl. unten D r i t t e r Teil, Β . I I .
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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— sowohl bei der Auffindung dieser Personen als auch bei ihrer Einbeziehung i n das verwaltungsgerichtliche Verfahren — auf. Dies ist aber kein Argument gegen die Notwendigkeit ihrer Beiladung. Die Anzahl der Personen, die die Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts erfüllen, kann auf die Bestimmung dieser Voraussetzungen keinen Einfluß haben. Auch der Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung geht davon aus, daß es zu solchen Massenbeteiligungen kommen kann. Er versucht dieses Problem zu lösen, indem er dem Gericht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eröffnet, die notwendige Beiladung von einem Antrag des Dritten abhängig zu machen und für Beteiligte m i t gleicher Interessenlage einen gemeinsamen Bevollmächtigten zu bestellen 73 . Die Verpflichtungsklage kann nicht nur auf den Erlaß eines an den Kläger adressierten, i h n begünstigenden Verwaltungsaktes, sondern auch auf Erlaß eines an einen Dritten gerichteten und diesen belastenden Verwaltungsaktes gerichtet sein. I n diesen Fällen w i r d allgemein eine notwendige Beiladung des Dritten bejaht. Es handelt sich hier um Klagen, m i t denen ein Bürger von der Behörde ein hoheitliches Einschreiten gegen einen Dritten verlangt, insbesondere also u m Folgenbeseitigungsklagen 74 . I n Fällen dieser A r t hat auch das Bundesverwaltungsgericht — i m Gegensatz zu seiner soeben kritisierten Rechtsprechung — die Beiladung des Dritten für notwendig gehalten. So 73
Die einschlägigen Bestimmungen des Entwurfs lauten: „§ 68 Abs. 4 K o m m t nach Abs. 2 (betrifft die notwendige Beiladung; Ergänzung des Verfassers) die Beiladung von mehr als fünfzig Personen i n Betracht, k a n n das Gericht durch Beschluß anordnen, daß n u r solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. § 70 Abs. 1 Sind an einem Rechtsstreit mehr als fünfzig Personen i m gleichen Interesse beteiligt, ohne durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten zu sein, k a n n das Gericht durch Beschluß anordnen, daß innerhalb einer angemessenen Frist ein gemeinsamer Bevollmächtigter bestellt werden muß, w e n n sonst die ordnungsgemäße Durchführung des Rechtsstreits beeinträchtigt wäre. B e stellen die Beteiligten einen gemeinsamen Bevollmächtigten nicht innerhalb der ihnen gesetzten Frist, k a n n das Gericht einen gemeinsamen Vertreter durch Beschluß bestellen. Die Beteiligten können Verfahrenshandlungen n u r durch den gemeinsamen Bevollmächtigten oder Vertreter vornehmen. Abs. 2 Die Vertretungsmacht erlischt, sobald der Vertreter oder der Vertretene dies dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle e r k l ä r t ; der Vertreter k a n n die E r k l ä r u n g n u r hinsichtlich aller Vertretenen abgeben. Abs. 3 74
M
B V e r w G N J W 1967, 123; Redeker / von Oertzen, § 65, Rdnr. 9; Eyermann / Fröhler, § 65, Rdnr. 34; teilweise werden sie als besondere Fallgruppe behandelt: vgl. Stahl, S. 62.
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D r i t t e r Teil: K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, bei Verpflichtungsklagen, m i t denen die Verurteilung der Planfeststellungsbehörde zur Erteilung einer Schutzauflage gem. § 17 Abs. 4 BFStrG zu Lasten des Trägers der Straßenbaulast durchgesetzt werden solle, w i r k e sich eine dem Klagebegehren entsprechende Entscheidung unmittelbar belastend auf die Rechtsposition des Trägers der Straßenbaulast aus. Daher dürfe über den auch i h n unmittelbar betreffenden Streitgegenstand nicht ohne seine Beteiligung am Rechtsstreit entschieden werden. Es liege deshalb i n typischer Weise der Fall einer notwendigen Beiladung vor 7 5 . I n der Konsequenz der Entscheidungen zu den Verpflichtungsklagen auf Erlaß einer Baugenehmigung hätte es gelegen, den unmittelbaren Eingriff i n die Rechte des Straßenbaulastträgers erst i n dem Erlaß der Schutzauflage gem. § 17 Abs. 4 BFStrG, nicht aber bereits i n dem Verpflichtungsurteil selbst zu sehen. A u f dieses Argument hat aber das Bundesverwaltungsgericht i n diesem Zusammenhang — wie oben dargelegt, zu Recht — nicht zurückgegriffen. Seiner Annahme einer notwendigen Beiladung i n diesen Fällen ist zuzustimmen. b) Rechtsnachfolge Rechtsprechung und Lehre halten für den Fall, daß während eines anhängigen Rechtsstreits eine Rechtsnachfolge bezüglich der streitbefangenen Sache oder des geltend gemachten Anspruchs eintritt, die Beiladung des Rechtsnachfolgers für notwendig 7 6 . Die zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster betraf eine Anfechtungsklage gegen eine Ordnungsverfügung. Nach Rechtshängigkeit veräußerte der Kläger die Sache, die seine Zustandshaftung begründete. Die Annahme einer notwendigen Beiladung i n diesen Fällen setzt also zunächst voraus, daß eine Rechtsnachfolge überhaupt eintritt, d. h. daß die Polizeipflichtigkeit, zumindest die durch Ordnungsverfügung konkretisierte Zustandshaftung, durch Veräußerung der Sache auf den Rechtsnachfolger übergehen kann. Dieser Prämisse kann i m Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht weiter nachgegangen werden 77 . Geht man von ihrer Richtigkeit aus, sind die §§ 173 VwGO, 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzuwenden, wonach der Veräußerer Partei bleibt und eine gesetzliche Prozeßstandschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits erlangt. Dennoch begegnet die Annahme einer notwendigen Beiladung des Rechtsnachfolgers Bedenken. Zutreffend ist allerdings, daß die gericht75 B V e r w G E 51, 6, 9; 52, 237, 239; BayV G H B a y V B l stimmend Kopp, § 65, Rdnr. 17. 7e O V G Münster DVB1 1973, 226, 227; R e d e k e r / v o n Schunck / DeClerk, § 90, A n m . 1 h ; Ule, V w G O , § 90, Fröhler, § 65, Rdnr. 36; Kopp, § 65, Rdnr. 20. 77 Vgl. hierzu Drews / Wacke / Vogel / Martens, S. 177
1977, 151; insoweit zuOertzen, § 65, Rdnr. 9; Anm. I I I ; Eyermann/ ff.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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liehe Entscheidung nicht ergehen kann, ohne — i m Sinne der unter 1. genannten Definition der notwendigen Beiladung — unmittelbar i n die Rechte des Rechtsnachfolgers einzugreifen. Eine notwendige Beiladung widerspricht hier jedoch dem Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts. Die notwendige Beiladung soll zunächst eine wirksame Verteidigung der Rechte des Dritten, über die i n dem Rechtsstreit entschieden wird, ermöglichen. Die Wahrnehmung der Rechte des Dritten hat das Gesetz aber i n den Fällen der Rechtsnachfolge bereits i n anderer Weise, nämlich durch die gesetzliche Prozeßstandschaft gem. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO sichergestellt. Diese Bestimmung besagt, daß i n den hier geregelten Fällen ausnahmsweise nicht der Rechtsinhaber selbst, sondern der Rechtsvorgänger die Befugnis hat, die fraglichen Rechte i m Rechtsstreit zu verfolgen. Eine notwendige Beiladung hätte daher zur Folge, daß diese Rechte i n doppelter Weise, nämlich einmal durch den Kläger, zum anderen durch den notwendig Beigeladenen vertreten sind. Dies bedeutet eine Benachteiligung des Beklagten, die m i t § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht vereinbar ist. Danach ist es ohne Zustimmung des Gegners nicht zulässig, daß der Rechtsnachfolger als Hauptintervenient oder -partei i n den Rechtsstreit eintritt. Gem. § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist nur eine einfache, nicht aber eine streitgenössische Nebenintervention zulässig. Diese beiden Beteiligungsformen unterscheiden sich insbesondere dadurch voneinander, daß sich der einfache Nebenintervenient gem. § 67 ZPO m i t seinen Prozeßhandlungen i m Rahmen der Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei halten muß, während der streitgenössische Nebenintervenient i. S. d. § 69 ZPO von dieser Einschränkung frei ist und auch der von i h m unterstützten Partei widersprechende Prozeßhandlungen vornehmen kann 7 8 . Dieser Differenzierung entspricht i m Verwaltungsprozeßrecht der Unterschied der Rechtsstellungen des einfachen und des notwendig Beigeladenen. Während der einfach Beigeladene sich gem. § 66 Satz 1 VwGO m i t seinen Prozeßhandlungen innerhalb der Anträge eines Beteiligten halten muß, kann der notwendig Beigeladene auch abweichende Sachanträge stellen. § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO zeigt, daß zum Schutz des Gegners der Rechtsnachfolger i m Prozeß lediglich zur Unterstützung der Prozeßhandlungen seiner Hauptpartei tätig werden, nicht aber eine darüber hinausgehende, eigenständige Initiative entwickeln darf. Die Übertragung dieser Wertung i n das Verwaltungsprozeßrecht bedeutet, daß der Rechtsnachfolger lediglich einfacher, nicht aber notwendig Beigeladener werden kann 7 9 .
78
Vgl. hierzu Thomas / Putzo, § 69, A n m . 3 b. a. A . Stahl, S. 87, der § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO i m Verwaltungsprozeßrecht nicht analog anwenden w i l l . 79
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Die Beiladung ist auch nicht etwa notwendig, u m den Rechtsnachfolger an die Rechtskraft des Urteils zu binden und so weitere Prozesse über den Streitgegenstand auszuschließen. Denn gem. § 121 VwGO ist der Rechtsnachfolger auch dann an die Rechtskraft der Entscheidung gebunden, wenn er nicht am gerichtlichen Verfahren beteiligt worden ist. Z u einer Rechtsnachfolge kann es auch auf Seiten der Behörde kommen. Z u denken ist hier nicht nur an die aus dem Zivilrecht geläufigen Formen der Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge. Darüber hinaus kommen etwa Eingemeindungen, sonstige körperschaftliche Änderungen durch Verwaltungsreform, Funktionsnachfolge, Wechsel der behördlichen Zuständigkeit oder der Ubergang der Straßenbaulast auf einen neuen Träger als Folge einer Aufstufung der Straße i n Betracht 80 . Auch i n diesen Fällen ist die einfache Beiladung die richtige Beteiligungsform. Eine notwendige Beiladung würde dem Rechtsnachfolger gem. § 66 Satz 2 VwGO die Möglichkeit abweichender Sachanträge eröffnen. Er könnte dann gegenüber der Klage einen vom Rechtsvorgänger völlig unabhängigen, selbständigen Standpunkt beziehen. Dies würde die Rechtsverfolgung des Klägers erschweren, der sich nunmehr m i t zwei unter Umständen widersprüchlichen Verteidigungen gegen sein Klagebegehren auseinandersetzen müßte. Eine derartige Erschwerung der Rechtsverfolgung ist aber durch die verwaltungsinternen Vorgänge i m Zusammenhang m i t der Rechtsnachfolge nicht gerechtfertigt. A n dererseits hat der Rechtsnachfolger ein berechtigtes Interesse an seiner Beteiligung am Rechtsstreit, insbesondere i m Hinblick auf drohende Schadensersatz- und Folgenbeseitigungsansprüche. Die zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderliche Rechtsstellung i m Verwaltungsstreitverfahren ist i h m deshalb durch seine einfache Beiladung einzuräumen. c) Mehrstufige Verwaltungsakte Fälle notwendiger Beiladung stellen die Klagen auf Erlaß sogenannter mehrstufiger Verwaltungsakte dar, d. h. von Verwaltungsakten, die die zuständige Behörde aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen nur m i t Zustimmung einer anderen Behörde vornehmen darf, wenn dieser Mitwirkungsakt ein bloßes Verwaltungsinternum, kein selbständiger Verwaltungsakt ist 8 1 . I n derartigen Fällen ersetzt die Verurteilung des Beklagten die Zustimmung der zur M i t w i r k u n g berufenen Behörde und greift damit i n deren Kompetenz ein 82 . 80
Vgl. hierzu R e d e k e r / v o n Oertzen, § 91, R d n r . 5 ; Kopp, § 91, Rdnr. 13. B V e r w G DVB1 1966, 792 = VerwRspr 18, 383; D Ö V 1972, 167 = DVB1 1971, 588; E 42, 8 = DVB1 1973, 451; D Ö V 1974, 814; Kopp, § 65, Rdnr. 18; Redeker / von Oertzen, § 65, Rdnr. 9. 82 B V e r w G E 18, 333, 335; 42, 8, 11; DVB1 1971, 588. 81
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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Als Beispiel hierfür sind die Entscheidungen der Baugenehmigungsbehörden über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 31 Abs. 2, 33—35 BBauG zu nennen, die gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 BBauG des Einvernehmens m i t der Gemeinde, gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 BBauG teilweise auch der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde bedürfen 83 . Dasselbe gilt für die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung, die gem. § 19 Abs. 4 Satz 1 und 2 BBauG Einvernehmen m i t der Gemeinde bzw. die Zustimmung m i t der höheren Verwaltungsbehörde voraussetzt 84 . Die Notwendigkeit der Beiladung der Gemeinde folgt unmittelbar aus der allgemeinen Definition der notwendigen Beiladung. Die Gemeinde n i m m t nämlich i m Zusammenhang m i t der Erteilung oder Verweigerung ihres Einvernehmens eigene Rechte wahr. Aufgrund ihrer durch die Genehmigungserteilung möglicherweise verletzten Planungshoheit ist sie gem. § 42 Abs. 2 VwGO befugt, Anfechtungsklage gegen eine ohne i h r Einvernehmen erteilte Baugenehmigung zu erheben. Da ein stattgebendes Verpflichtungsurteil das Einvernehmen der Gemeinde ersetzt, greift es i n ihre subjektiven Rechte ein. Anders w i r d die Rechtslage der höheren Verwaltungsbehörde beurteilt. Sie verfolgt bei der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung keine eigenen subjektiven Rechte, die zugleich ihre Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO begründen würden 8 5 . Der Grund für das Fehlen ihrer Anfechtungsbefugnis liegt darin, daß es bei ihrer Zustimmung um das Zusammenwirken von Behörden geht, die die zwischen ihnen entstehenden Meinungsverschiedenheiten nicht i n einem selbständigen Verwaltungsprozeß, sondern verwaltungsintern austragen sollen 88 . Dies ändert aber nichts an der i n § 65 Abs. 2 VwGO vorausgesetzten Beteiligung der höheren Verwaltungsbehörde am streitigen Rechtsverhältnis. Denn nur m i t ihrer Zustimmung kann eine Verfügung über dieses Rechtsverhältnis, d. h. eine Entscheidung über den Antrag des Bürgers ergehen. Damit ist die höhere Verwaltungsbehörde an der materiellen Verfügungsbefugnis über das streitige Rechtsverhältnis, die durch Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung der beantragten Genehmigung ausgeübt werden kann, beteiligt. Die Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis und damit an der Verfügungsbefugnis beruht allerdings nicht auf der Innehabung eines subjektiven Rechts, 83 B V e r w G VerwRspr 18, 383 = DVB1 1966, 792; B a y V B l 1970, 141; 1969, 141 f ü r die notwendige Beiladung der Gemeinde; B V e r w G DVB1 1971, 588 = DÖV 1972, 167; E 42, 8; D Ö V 1974, 814; DÖV 1975, 720 f ü r die notwendige B e i ladung der höheren Verwaltungsbehörde. 84 B V e r w G DVB1 1971, 588. 85 B V e r w G E 42, 8, 11. 89 B V e r w G DVB1 1971, 587, 588/9; vgl. grundsätzlich zum In-sich-Prozeß : Redeker / von Oertzen, § 64, Rdnr. 8.
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
das Teil des streitigen Rechtsverhältnisses ist, sondern auf der A n ordnung des Zustimmungserfordernisses i m Bundesbaugesetz. Die Notwendigkeit der Beiladung folgt hier also aus dem Eingriff der gerichtlichen Entscheidung nicht i n ein subjektives Recht des Dritten, w o h l aber i n eine materielle Rechtsposition, nämlich die Zustimmungsbefugnis der höheren Verwaltungsbehörde 87 . Die Entscheidung über die notwendige Beiladung von Gemeinde und höherer Verwaltungsbehörde ist daran auszurichten, ob durch die gerichtliche Entscheidung der Mitwirkungsakt ersetzt und damit i n die Teilhabe der Gemeinde bzw. der höheren Verwaltungsbehörde an der materiellen Verfügungsbefugnis über das Rechtsverhältnis eingegriffen wird. Demzufolge ist eine Beiladung nicht notwendig, wenn ein Nachbar gegen eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BBauG klagt, die i m Einvernehmen m i t der Gemeinde und m i t Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erteilt worden ist 8 8 . Denn an der begehrten Aufhebung der Befreiung kommt der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde keinerlei Mitwirkungsbefugnis zu. Ebenso kann die Versagung der Befreiung ohne Herbeiführung des Einvernehmens und Erteilung der Zustimmung ausgesprochen werden. Ein Fall einer notwendigen Beiladung einer Gemeinde liegt ebenfalls nicht vor, wenn ein Nachbar gegen eine Baugenehmigung klagt, für die die Gemeinde das nach § 36 Abs. 2 BBauG erforderliche Einvernehmen nicht erteilt hat 8 9 . Hier liegt der Eingriff i n die Mitwirkungsbefugnis der Gemeinde i n der Erteilung der Baugenehmigung, nicht i n der gerichtlichen Entscheidung über die Anfechtungsklage. Zur Wahrung ihrer Rechte ist die Gemeinde gem. § 42 Abs. 2 VwGO befugt, selbst Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung zu erheben. Die Rechtslage ist hier den Fällen vergleichbar, i n denen die Anfechtungsklage eines Nachbarn nicht die Beiladung der übrigen — möglicherweise betroffenen — Nachbarn erfordert 90 . Ebenso wenig besteht eine Notwendigkeit zur Beiladung bei einer Anfechtungsklage gegen eine bauordnungsrechtliche Beseitigungsverfügung 91 . Weder der Erlaß noch die Aufhebung einer solchen Verfügung setzen die M i t w i r k u n g der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde voraus. 87 B V e r w G E 42, 8, 11 begründet i n diesen Fällen die Notwendigkeit der Beiladung m i t der Bemerkung, da ein zugunsten des Klägers ergehendes U r t e i l der höheren Verwaltungsbehörde die rechtliche Möglichkeit entziehe, durch Verweigerung ihrer Zustimmung die Erteilung der Genehmigung zu verhindern, werde sie der Sache nach nicht weniger verurteilt, als es f ü r den eigentlichen Beklagten zutreffe. 88 B V e r w G N J W 1971, 1147 = VerwRspr 23, 183 = DVB1 1971, 754. 89 B V e r w G DVB1 1970, 60, 61. 90 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . 2. a) aa). 91 O V G Münster JZ 1977, 340.
Α . Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis
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Die Beiladung der höheren Verwaltungsbehörde ist ebenfalls nicht notwendig, wenn — aufgrund des jeweiligen Landesrechts, vgl. §§ 61 Nr. 3, 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO — Beklagter nicht die Behörde, sondern das Land ist, i n dessen Verwaltungsorganisation die höhere Verwaltungsbehörde eingegliedert ist 9 2 . I n diesem F a l l ist die höhere Verwaltungsbehörde nicht als Dritte i. S. d. § 65 Abs. 2 VwGO anzusehen, w e i l das Land als Körperschaft m i t allen seinen Behörden, also auch m i t der höheren Verwaltungsbehörde am Rechtsstreit beteiligt ist. Damit erstreckt sich auch die Rechtskraft der Entscheidung unmittelbar auf die höhere Verwaltungsbehörde. Über die beschriebenen baurechtlichen Fälle hinaus ist eine Beiladung immer dann als notwendig anzusehen, wenn neben einer Genehmigungsbehörde eine andere Behörde zur verwaltungsinternen M i t w i r k u n g an einem Verwaltungsakt berufen und ihre Mitwirkungshandlung nicht selbst ein Verwaltungsakt ist 9 3 . Dies gilt etwa für die Zustimmung der obersten Landesstraßenbehörde zur Baugenehmigung gem. § 9 Abs. 2 BFStrG 9 4 , für die Zustimmung des Bundesministers des Innern zur Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit gem. § 3 der Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit 95 , für die Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde zur Erlaubnis der Kommunalaufsichtsbehörde zur Umwandlung einer Nebenzweigstelle einer öffentlichen Sparkasse i n eine Hauptzweigstelle gem. § 49 Abs. 1 Satz 2 K W G 9 6 sowie für die Zustimmung der Bundesbehörde zu Genehmigungen i m Interzonenhandel 97 . I I I . Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen
I m preußischen Recht hatte der notwendig Beigeladene als Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses auf der Grundlage des materiellen Parteibegriffs die Rechtsstellung einer Partei inne. Auch nach heutigem Recht ist der notwendig Beigeladene Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses. A u f der Grundlage des formellen Parteibegriffs ist er aber nicht Partei. Die prozessuale Dispositionsbefugnis eines Prozeßbeteiligten beurteilt sich nicht nach seiner Parteistellung, sondern nach seiner materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis.
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B V e r w G E 51, 310, 312; Redeker / von Oertzen, § 65, Rdnr. 9. Vgl. hierzu Schuegraf, N J W 1966, 177, 182. B V e r w G N J W 1963, 2088. HessVGH A S 26, 181, 182. B V e r w G N J W 1959, 590. B V e r w G E 18, 333, 335.
5 Joeres
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Der notwendig Beigeladene w i r d nach der allgemeinen Auslegung des § 65 Abs. 2 VwGO am Verwaltungsstreitverfahren beteiligt, w e i l seine Rechte — neben solchen der Parteien — den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Ist aber seine materiell-rechtliche Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis der Grund seiner Beteiligung am Rechtsstreit, muß sie auch das K r i t e r i u m zur Beurteilung von Umfang und Grenzen seiner Beteiligung, d. h. seiner Rechtsstellung i m Prozeß sein. Dieses K r i t e r i u m ergibt, daß der notwendig Beigeladene dieselbe Rechtsstellung i m Prozeß und dieselbe prozessuale Dispositionsbefugnis hat wie die Parteien. Denn seine Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis gem. § 65 Abs. 2 VwGO ist identisch m i t der Rechtsposition des Klägers, die § 42 Abs. 2 VwGO umschreibt 98 . Eine entsprechende Rechtsstellung hat die Behörde auf der Beklagtenseite, die aufgrund ihrer verwaltungsrechtlichen Zuständigkeit ebenfalls befugt ist, Verfügungen und Regelungen über das streitige Rechtsverhältnis zu erlassen. Die prozessuale Gleichstellung des notwendig Beigeladenen m i t den Parteien macht die prozessuale Dispositionsbefugnis von Zufälligkeiten unabhängig, die über die Verteilung der Rollen als Partei und als notwendig Beigeladener entscheiden können. Entscheidet sich die Behörde ζ. B. für den Erlaß eines Verwaltungsaktes m i t Drittwirkung, kann der hierdurch Belastete durch Erhebung der Anfechtungsklage die Stellung einer Partei erlangen, während der Begünstigte notwendig Beigeladener wird. Lehnt die Behörde hingegen den Erlaß des Verwaltungsaktes ab, w i r d umgekehrt der Bürger, der durch den Verwaltungsakt begünstigt würde, m i t Erhebung der Verpflichtungsklage Partei, während nunmehr der Bürger, dem eine Belastung droht, notwendig Beizuladender ist. Da beide Bürger materiell-rechtlich gleichermaßen betroffen sind, fehlt jeder rechtfertigende Grund für die A n nahme, sie könnten — je nach der Entscheidung der Behörde — unterschiedliche Rechtsstellungen i m Rechtsstreit über ihre Rechte einnehmen. Die notwendige Beiladung und die infolgedessen gem. § 121 VwGO eintretende Bindung an das U r t e i l nehmen dem Dritten die i h m aufgrund seiner Rechtsbetroffenheit gem. § 42 Abs. 2 VwGO grundsätzlich zukommende Befugnis, seine Rechte durch Klageerhebung und damit als Partei zu verfolgen. Diese Verlagerung seiner Rechtsverfolgung i n ein zwischen anderen Parteien anhängiges Verwaltungsstreitverfahren darf aber nicht zu einer Verschlechterung seiner Rechtsstellung führen. Er muß deshalb als notwendig Beigeladener dieselbe Rechtsstellung haben, die er i n einem von i h m eingeleiteten Rechtsstreit als Partei gehabt hätte. 98
So ausdrücklich Martens, Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 59.
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, der notwendig Beigeladene könne anders als die Parteien i n der Hauptsache nicht verurteilt werden. Neben den Rechten der Parteien bilden auch Rechte des Dritten den Gegenstand des Rechtsstreits. I n der Sache w i r d er deshalb von der Entscheidung zur Hauptsache ebenso betroffen wie die Parteien. Dies w i r d auch i n der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt. Hier ist für den Fall der notwendigen Beiladung der gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 BBauG am Genehmigungsverfahren zu beteiligenden höheren Verwaltungsbehörde ausgesprochen worden, durch das die Zustimmung zur Baugenehmigung ersetzende oder entbehrlich machende Verpflichtungsurteil werde die höhere Verwaltungsbehörde der Sache nach nicht weniger verurteilt als dies für den eigentlichen Beklagten zutreffe".
B. Bindungswirkung des Urteils Neben der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis ist als weiteres K r i t e r i u m zur Beurteilung der prozessualen Verfügungsbefugnis des notwendig Beigeladenen die Bindungswirkung des rechtskräftigen U r teils i h m gegenüber i n Betracht zu ziehen. Die Bindung der Parteien an die Rechtskraft eines Urteils w i r d allgemein m i t ihrer Möglichkeit gerechtfertigt, auf den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung Einfluß zu nehmen 100 . Dieser Zusammenhang rechtfertigt eine nähere Untersuchung der Frage, ob die Bindimg des notwendig Beigeladenen an ein rechtskräftiges Urteil gem. § 121 VwGO einen Rückschluß auf seine Einwirkungsmöglichkeiten auf dieses Urteil und damit auf seine prozessuale Dispositionsbefugnis erlaubt. Dieses K r i t e r i u m bestätigt das unter 4. gefundene Ergebnis, nämlich die grundsätzliche Ubereinstimmung der prozessualen Verfügungsbefugnis m i t derjenigen der Parteien, wenn von einer übereinstimmenden Bindung der Parteien und des notwendig Beigeladenen auf eine übereinstimmende prozessuale Dispositionsbefugnis geschlossen werden kann (dazu unten I.). Die Brauchbarkeit dieses Kriteriums setzt weiterhin voraus, daß die Bindungswirkung rechtskräftiger Urteile gegenüber den Parteien und gegenüber dem notwendig Beigeladenen identisch ist (dazu unten II.).
99 100
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B V e r w G E 42, 8, 11. Vgl. n u r Grunsky, § 47 V I 1; Rosenberg / Schwab, § 158 I .
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung I . Bedeutung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils für die prozessuale Befugnis zur Verfügung über den Streitgegenstand
1. Zivilprozeß I m Zivilprozeßrecht sind Fragen der Rechtskrafterstreckung Zurechnungsprobleme 101 . Das Institut der materiellen Rechtskraft dient dem Rechtsfrieden und der Rechtsgewißheit. Es sichert die Endgültigkeit der Entscheidung über ein streitiges Rechtsverhältnis und verhindert eine erneute Anrufung staatlicher Gerichte zur Entscheidung desselben Streits. Zur Erreichung dieses Ziels w i r d die Gefahr i n Kauf genommen, auch Fehlurteilen endgültig streitentscheidende Wirkung zu verleihen. Die materielle Gerechtigkeit ist insoweit nachrangig. Ob ein rechtskräftiges Urteil der wahren Rechtslage entspricht, hängt entscheidend von dem prozessualen Verhalten der Parteien ab. Die gerichtliche Entscheidung ist nicht als bloße Bestätigung einer außerprozessual bestehenden materiellen Rechtslage, sondern als Ergebnis eines zwischen den Parteien ausgetragenen Streits zu verstehen 102 . I n Rechtskraft erwächst also nicht unbedingt eine der objektiven Wahrheit entsprechende, sondern eine durch das Parteiverhalten bestimmte Entscheidung. Dementsprechend w i r k t das Urteil grundsätzlich nicht gegenüber allen, sondern nur inter partes Rechtskraft 103 . Die Einflußmöglichkeiten der Parteien rechtfertigen es, den Parteien das Urteil als Ergebnis ihrer Einflußnahme zuzurechnen. Die Einflußnahme der Parteien beruht auf der Geltung der Verhandlungs- und der Dispositionsmaxime. Weil die Parteien über den Streitgegenstand verfügen können (Dispositionsmaxime), haben sie die Möglichkeit, durch entsprechende Prozeßhandlungen, ζ. B. Anerkenntnis oder Verzicht, ein U r t e i l herbeizuführen, das ihrem Willen entspricht, aber i m Widerspruch zur wahren Rechtslage stehen kann. Darüber hinaus eröffnet ihnen der Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz die Gelegenheit, bei der Sammlung und dem Vortrag der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen einseitig zu ihren Gunsten auf das U r t e i l Einfluß zu nehmen. Das Aufstellen und Unterlassen von Tatsachenbehauptungen und Beweisanträgen schafft die tatsächliche Grundlage der gerichtlichen Entscheidung. Durch eine entsprechende Zurichtung ihres Tatsachenvortrages können die Parteien deshalb die Entscheidung weitgehend manipulieren. Auch durch ihre Säumnis können die Parteien das U r t e i l beeinflussen (§§ 330, 331 ZPO). Die Säumnis des Klägers führt zur Abweisung der Klage — unabhängig von 101
Schmidt, N J W 1981, 159, 160; Zeuner, Rechtliches Gehör, S. 18. Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 325, A n m . 11. 103 Vgl. eingehend zu diesem Zusammenhang: Motive zum B G B I 377 = Mugdan I 588. 102
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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der Frage ihrer Begründetheit. Bei Säumnis des Beklagten gelten die Tatsachenbehauptungen des Klägers als zugestanden — unabhängig von ihrer Richtigkeit. Verhandlungsgrundsatz und Dispositionsmaxime, die den Parteien diese Einflußmöglichkeiten eröffnen, können deshalb als sachliche Rechtfertigung der Rechtskraftbindung der Parteien angesehen werden 1 0 4 . Die Abhängigkeit der Rechtskraftwirkung von der Möglichkeit, auf das Urteil Einfluß zu nehmen, t r i t t auch bei der Beteiligung Dritter an einem zivilgerichtlichen Verfahren zutage. I n den Fällen der Hauptintervention (§ 64 ZPO) und des Prätendentenstreits (§ 75 ZPO) w i r d der Dritte Partei und ist demgemäß an die Rechtskraft der Entscheidung gebunden. Der Nebenintervenient hat gem. § 67 ZPO eine beschränktere Einwirkungsmöglichkeit auf den Rechtsstreit als die Parteien. Demzufolge w i r k t das U r t e i l ihm gegenüber nicht Rechtskraft. Er ist nur durch die Interventionswirkung gem. § 68 ZPO gebunden. Dasselbe gilt gem. § 74 ZPO für den Streitgehilfen, der dem Rechtsstreit aufgrund einer Streitverkündung beitritt. W i r k t aber aus materiell-rechtlichen Gründen die Entscheidung Rechtskraft auch gegenüber dem Nebenintervenienten, so gilt er gem. § 69 ZPO als Streitgenosse, d. h. als Partei. I n diesem F a l l sind seine Einflußmöglichkeiten nicht durch § 67 ZPO beschränkt 105 . Für verfahrensbeteiligte Dritte ist das bzgl. der Rechtskrafterstreckung entscheidende Zurechnungskriterium also ebenso wie für die Parteien i n der Einflußmöglichkeit auf den Rechtsstreit zu sehen. Demgegenüber muß die Zurechnung der gerichtlichen Entscheidung i n Fällen der Rechtskrafterstreckung auf Dritte, die nicht am Rechtsstreit beteiligt sind, i n anderer Weise erfolgen. Eine derartige Rechtskrafterstreckung auf einen Dritten kommt allenfalls i n Betracht, wenn der Dritte sich das prozessuale Verhalten einer Partei aufgrund einer materiell-rechtlichen Beziehung, die es der Partei ermöglicht, eine analoge Bindungswirkung auch durch Rechtsgeschäft herbeizuführen, zurechnen lassen muß 1 0 8 . Dies gilt etwa für den Rechtsnachfolger, der gem. § 325 Abs. 1 ZPO an die Rechtskraft gebunden ist. Er leitet seine Rechtsstellung vom Rechtsvorgänger, der Prozeßpartei, ab und muß sich folglich ihre Prozeßführung zurechnen lassen. I n Fällen der Prozeßführungsbefugnis Rechtsfremder erstreckt sich die Rechtskraft auch auf den Rechtsträger 107 . Hier ist die Zurech104 Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 325, A n m . I 1; Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils i n den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 81. 105 Vgl. Thomas / Putzo, § 69, A n m . 3 b. ιοβ Y g i Selle, S. 69, wonach eine Rechtskrafterstreckung an den Umfang der Verfügungsbefugnis der Parteien gebunden ist; außerdem Huber, JUS 1972, 622 m i t weiteren Hinweisen auf das einschlägige Schrifttum, dem h i e r nicht weiter nachgegangen werden k a n n ; a. A . Schwab, ZZP 77, 124 ff, 107
Vgl. statt aller Thomas / Putzo, § 325, Anm. 1 d.
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
nung gerechtfertigt, w e i l der Rechtsträger die Partei zur Prozeßführung ermächtigt hat. Fehlt diese Zustimmung, entfällt auch die Rechtskrafterstreckung. Ein weiteres Beispiel ist die Erstreckung der Rechtskraft des gegenüber einer OHG ergangenen Urteils auf den i n seiner Haftung gem. § 129 Abs. 1 H G B von der OHG abhängigen Gesellschafter. Die Rechtskrafterstreckung w i r d hier m i t der Einflußmöglichkeit des Gesellschafters auf die Geschäftsführung (§ 114 Abs. 1 HGB) und damit auch auf die Prozeßführung gerechtfertigt 108 . Da einem ausgeschiedenen Gesellschafter diese Einwirkungsmöglichkeit fehlt, w i r d er nicht an die Rechtskraft des Urteils gegenüber der OHG gebunden 109 . 2. Verwaltungsprozeß Die Bindung des notwendig Beigeladenen an das rechtkräftige Urteil kann nur dann für seine Rechtsstellung von Bedeutung sein, wenn auch i m Verwaltungsprozeßrecht die Rechtskraftwirkung gegenüber einer Person ihre Rechtfertigung i n der Einwirkungsmöglichkeit dieser Person auf das Urteil bzw. i n der Zurechenbarkeit der Prozeßführung einer anderen Person findet. Dies wiederum hängt davon ab, ob auch das verwaltungsgerichtliche Urteil entscheidend durch das Parteiverhalten und nicht durch die objektive Sach- und Rechtslage bestimmt ist. Der Verwaltungsprozeß ist ebenso w i e der Zivilprozeß von der Dispositionsmaxime beherrscht. Die Parteien können also auch hier durch ihre Prozeßhandlungen ein Urteil herbeiführen, das nicht der tatsächlichen Rechtslage entspricht. Anders als i m Zivilprozeß gilt i m Verwaltungsprozeß nicht der Verhandlungs-, sondern der Untersuchungsgrundsatz 110 . Gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. A u f der Grundlage dieses Untersuchungsgrundsatzes gelten jedoch Grundsätze einer prozessualen Mitwirkungslast der Beteiligten, die der Sachaufklärung durch das Gericht Grenzen setzen 111 . Für eine gerichtliche Sachaufklärung ist kein Raum, wenn es die Parteien trotz entsprechender Aufforderung unterlassen, den Sachverhalt, aus dem sie die ihnen günstige Rechtsfolge herleiten wollen, vollständig darzulegen. Erst dadurch würde dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, die sachdienlichen Beweise zu erheben 112 . Die Verpflichtung des Gerichts 108
Β GHZ 44, 233; W P M 1980, 102. B G H N J W 1981, 176. 110 Auch das Versäumnisurteil ist dem Verwaltungsprozeß fremd. 111 Redeker, N J W 1980, 1593, 1598. 112 B V e r w G Buchholz 310, § 86 Abs. 1 V w G O Nr. 63 S. 85, 86; E 16, 241, 245; Buchholz a.a.O. Nr. 81, S.21, 22; Nr. 88, S.33; D Ö V 1976, 749; O V G Münster OVGE 16, 293; vgl. w e i t e r h i n zum Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht: B V e r w G D Ö V 1980, 650; DVB1 1980, 231. 109
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
71
zur Erforschung des Sachverhalts findet ihre Grenze dort, wo die M i t wirkungspflicht der Beteiligten einsetzt 113 . Das Gericht ist deshalb nicht gehalten, von sich aus Ermittlungen anzustellen, wenn kein entsprechender Hinweis oder Anstoß der Beteiligten vorliegt 1 1 4 . Die gerichtliche Sachverhaltsaufklärung ist also von der M i t w i r k u n g der Beteiligten abhängig 115 . Der i m Verwaltungsprozeß geltende Untersuchungsgrundsatz schließt die Beteiligten nicht von der Sammlung des Tatsachenstoffes aus. Die richterliche Amtsermittlung hängt vom Sachvortrag der Beteiligten ab. N u r die hierin enthaltenen tatsächlichen Anhaltspunkte kann das Gericht zum Anlaß eigener ergänzender Untersuchungsmaßnahmen nehmen. Ohne den Vortrag der Beteiligten fehlt dem Gericht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit eigener Sachverhaltsermittlung. Auch i m Verwaltungsprozeß liegt deshalb der maßgebliche Einfluß auf die Sammlung des Tatsachenstoffes bei den Beteiligten 1 1 6 . Auch hier haben die Beteiligten grundsätzlich — wenn auch nicht i n demselben Umfang wie i m Zivilprozeß — die Möglichkeit, die gerichtliche Entscheidung durch eine entsprechende Zurichtung ihres Sachvortrages zu manipulieren. Auch für den Verwaltungsprozeß läßt sich deshalb die Feststellung treffen, daß der Inhalt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich durch das Verhalten der Beteiligten bestimmt w i r d und unter U m ständen i m Widerspruch zur objektiven Sach- und Rechtslage stehen kann. Auch das verwaltungsgerichtliche Urteil muß nicht der objektiven Wahrheit entsprechen, so daß es bereits aus diesem Grunde Geltung gegenüber allen beanspruchen könnte. Die Parteien können durch das Verwaltungsstreitverfahren eine Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis i n Form eines Urteils herbeiführen, die einer außerprozessualen Verfügimg entspricht. Das gerichtliche U r t e i l bedeutet ebenso wie eine materiell-rechtliche Verfügung eine Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses 117 . A n die Rechtskraft des Urteils können deshalb auch i m Verwaltungsprozeß nur Personen gebunden werden, denen die i n dem Urteil liegende Regelung zugerechnet werden kann. Diese Zurechnung kann entweder auf der Einflußmöglichkeit, die die an die Rechtskraft gebundene Person auf die gerichtliche Entscheidung hat, oder — dies sind die Fälle der Rechtskrafterstreckung auf nicht verfahrensbeteiligte Dritte — auf 113
B V e r w G N J W 1964, 787. B V e r w G N J W 1973, 772, 773; E 26, 30; 19, 87, 94. 115 R e d e k e r / v o n Oertzen, § 86, Rdnr. 11; Kopp, 86, Rdnr. 5, 11 ff.; Eyermann / Fröhler, § 86, Rdnr. 3. 118 Redeker, Staatsbürger u n d Staatsgewalt, S. 480 u n d DVB11981, 83, 84/85; kritisch demgegenüber Löwer, DVB1 1981, 528, 529, Fußnote 5. 117 Vgl. hierzu Martens, Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 47; Henckel, Parteilehre u n d Streitgegenstand, S. 107; Bruns, Z Z P 78, 286. 114
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
einer materiell-rechtlichen Beziehung der gebundenen Person zu einer Prozeßpartei, die es der Partei ermöglicht, eine analoge Bindung auch durch Rechtsgeschäft herbeizuführen, beruhen 118 . Die zweite Zurechnungsmöglichkeit scheidet hier hinsichtlich des notwendig Beigeladenen aus. Zwischen diesem und den Parteien besteht keine materiell-rechtliche Beziehung, die eine Verfügung oder eine Prozeßführung m i t W i r k u n g für und gegen den notwendig Beigeladenen rechtfertigt. Uberhaupt ist diese Fallgruppe für das öffentliche Recht weitgehend bedeutungslos, w e i l hier — abgesehen von dem i n § 121 VwGO ausdrücklich geregelten Fall der Rechtsnachfolge und den über den § 173 VwGO entsprechend anwendbaren Fällen der §§ 325—327 ZPO — eine Rechtskrafterstreckung unbekannt ist 1 1 9 . Der entscheidende Grund für die Bindung des notwendig Beigeladenen an das rechtskräftige U r t e i l kommt bereits i m Wortlaut des § 121 VwGO zum Ausdruck. Der notwendig Beigeladene w i r d gebunden, w e i l er Beteiligter ist. Ist aber die Beteiligung des notwendig Beigeladenen am Rechtsstreit die Rechtfertigung seiner Bindung, muß der Umfang seiner Beteiligung und damit seine prozessuale Rechtsstellung i n Abhängigkeit von A r t und Umfang seiner Bindung an das Urteil bestimmt werden. Die gerichtliche Entscheidung des Rechtsstreits kann dem notwendig Beigeladenen aus demselben Grund zugerechnet werden wie den Parteien, nämlich aufgrund seiner Beteiligung am Rechtsstreit und der damit verbundenen Einflußmöglichkeit auf das Urteil. Die Einflußmöglichkeit des notwendig Beigeladenen auf das Urteil, d.h. auch seine prozessuale Dispositionsbefugnis, muß daher derjenigen der Parteien entsprechen, wenn auch seine Bindung an das Urteil derjenigen der Parteien entspricht. Gegenüber den Parteien w i r k t das Urteil Rechtskraft (§ 121 VwGO). Zu untersuchen ist nunmehr, welche Wirkung das Urteil gegenüber dem notwendig Beigeladenen entfaltet. 118 I m Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung sind nach Martens, V e r w A r c h 60, 197, 201 neben den Parteien gerade diejenigen Personen an die Rechtskraft gebunden, die nicht prozeßführungsbefugt sind. I h r e B i n d u n g folgert Martens daraus, daß sie mangels Klagebefugnis nicht i n der Lage sind, eine von dem rechtskräftigen U r t e i l abweichende Entscheidung über den angefochtenen Verwaltungsakt herbeizuführen. Diese Auffassung ist m i t der Begrenzung des subjektiven Umfangs der Rechtskraftwirkung auf die Verfahrensbeteiligten u n d ihre Rechtsnachfolger i n § 121 V w G O unvereinbar. I m übrigen dient das I n s t i t u t der Rechtskraft zur Sicherung der Endgültigkeit gerichtlicher Entscheidungen. Z u r Erreichung dieses Zweckes bedarf es der Rechtskraft aber n u r gegenüber prozeßführungsbefugten Personen. Soweit ein U r t e i l gegenüber einer Person bereits deshalb endgültig ist, w e i l diese es mangels Klagebefugnis nicht durch eine erneute Klage i n Frage stellen kann, ist ein Rückgriff auf das I n s t i t u t der Rechtskraft überflüssig. 119 Stahl, S. 86; Eyermann / Fröhler, § 121, Rdnr. 63 ff.; Bachof, D Ö V 1949. 364.
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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I I . A r t der Bindungswirkung des Urteils gegenüber dem notwendig Beigeladenen
1. Argumente
für eine Rechtskraftbindung
Nach ganz herrschender Meinung soll auch gegenüber dem notwendig Beigeladenen Rechtskraftwirkung eintreten 1 2 0 . Vereinzelt w i r d eine Rechtskraftwirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen abgelehnt und stattdessen eine Interventionswirkung i. S. d. § 68 ZPO 1 2 1 bzw. eine besondere Beiladungswirkung, die eine Bindung an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Urteils zum Inhalt haben soll 122 , angenommen. Die Entscheidung dieser Streitfrage hängt von der Auslegung des § 121 VwGO ab. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht für die A u f fassung, daß die Urteilswirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen m i t derjenigen gegenüber den Parteien identisch ist. § 121 VwGO regelt die Bindungswirkung für alle Beteiligten einheitlich. Für eine Rechtskraftwirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen spricht auch der unmittelbare systematische Zusammenhang der gesetzlichen Regelung der Urteilsbindung des notwendig Beigeladenen m i t der Regelung des objektiven und subjektiven Umfangs der Rechtskraft i n § 121 VwGO. Auch die Gesetzgebungsmaterialien gehen von einer einheitlichen Bindungswirkung gegenüber allen Beteiligten aus und lassen keine Differenzierung zwischen dem notwendig Beigeladenen und den Parteien erkennen 123 . Diese Gesichtspunkte allein können freilich die Rechtskraftbindung des notwendig Beigeladenen noch nicht rechtfertigen. Sie könnten ebenso zur Begründung der Auffassung herangezogen werden, das Urteil wirke auch gegenüber dem einfach Beigeladenen und dem Oberbundesanwalt bzw. dem Vertreter des öffentlichen Interesses, die gem. § 63 VwGO ebenfalls Beteiligte sind, Rechtskraft. Eine solche Rechts120 Ule, § 66 V w G O , A n m . I I I 2; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, V w G O , A n m . 4 b ; Klinger, § 121, A n m . D 2 ; Bettermann, DVB1 1951, 74; Fromm, B B 1966, 188, 189; Schoen, D Ö V 1951, 522; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 121, Rdnr. 6; Kopp, § 121, Rdnr. 25, § 66, Rdnr. 13; Becker-Gassen, S. 119; Lücke, S. 12; Rossmann, S. 126, 129; Stahl, S. 128; Eyermann / Fröhler, § 66, Rdnr. 14, 24, die allerdings den Begriff der Rechtskraft ausweiten; die Rechtskraftwirk u n g umfasse w i e die Interventionswirkung des § 68 ZPO auch die der E n t scheidung zugrunde liegenden Feststellungen u n d rechtlichen Beurteilungen, einschließlich präjudizieller Rechtsverhältnisse, w e i l die Rechtskraftwirkung ausgehöhlt werde, w e n n es dem Beigeladenen möglich wäre, i n einem späteren Prozeß die Urteilsgrundlage zu bestreiten; offengelassen i n B V e r w G N J W 1959, 258, 259; Β G H Z 16, 124, 136. 121 Linkenheil, S. 167,168; Bichler, S. 201. 122 Selle, S. 205; Stettner, S. 79; offengelassen i n O V G H a m b u r g DVB1 1955, 302, 304. 123 Bundestag Drucksache I I I 55, S. 44 zu § 120.
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
kraftwirkung ist aber gegenüber dem einfachen Beigeladenen nicht gegeben. Da er i n seiner Rechtsstellung Schranken unterliegt (vgl. § 66 Satz 1 VwGO: Bindung an die Anträge eines Beteiligten), w i r d er nicht i n vollem Umfang von der Rechtskraft erfaßt 124 . Er w i r d lediglich insoweit gebunden, als er i n einem anderen Verfahren die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung, soweit er hierauf Einfluß nehmen konnte, nicht mehr bestreiten kann 1 2 5 . 2. Widerlegung des Einwandes, die praktische Bedeutung der notwendigen Beiladung erfordere eine spezifische Beiladungs- oder Feststellungswirkung Als entscheidende Kriterien zur Beurteilung der A r t der Bindungsw i r k u n g des Urteils gegenüber dem notwendig Beigeladenen sind Sinn und Zweck dieser Bindung anzusehen. Auch die vereinzelte Ablehnung der Rechtskraftwirkung w i r d teleologisch begründet. Die Bindung des notwendig Beigeladenen an das Urteil soll weitere Prozesse und möglicherweise widersprüchliche Entscheidungen verhindern. Dieses Ziel könne — so argumentieren die Gegner der Rechtskraftbindung 126 — nicht erreicht werden, wenn das Urteil gegenüber dem notwendig Beigeladenen ebenso wie gegenüber den Parteien Rechtskraft wirke. Z u m Beleg w i r d folgender Fall angeführt: Ein Kläger erhebt eine Verpflichtungsklage auf Erlaß eines i h n begünstigenden Verwaltungsaktes m i t Drittwirkung, etwa einer Baugenehmigung. Der Dritte ist nach der hier vertretenen Auffassung 127 notwendig beizuladen. Der Klage w i r d rechtskräftig stattgegeben. Die Beklagte erläßt den Verwaltungsakt. Hiergegen erhebt der notwendig Beigeladene Anfechtungsklage. Die Rechtskraft des Ersturteils soll einem positiven Anfechtungsurteil nicht entgegenstehen, w e i l der Streitgegenstand der Verpflichtungsklage, über den rechtskräftig entschieden worden sei, und der Streitgegenstand der Anfechtungsklage nicht identisch seien. Streitgegenstand der Verpflichtungsklage sei die Rechtsbehauptung des Klägers, er werde durch die rechtswidrige Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes i n seinen Rechten verletzt. Streitgegenstand der Anfechtungsklage sei die Rechtsbehauptung des K l ä gers, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig und er werde durch i h n i n seinen Rechten verletzt 1 2 8 . Da das über die Anfechtungs124
Eyermann / Fröhler, § 66, Rdnr. 1; Stahl, S. 131; Becker-Gassen, S. 50 ff. R e d e k e r / v o n Oertzen, § 121, Rdnr. 6; Kopp, § 66, Rdnr. 13; § 121, Rdnr. 25. 128 Linkenheil, S. 167,168; Bichler, S. 201; Selle, S. 204. 127 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . 2. a) bb). Hier w i r d ohne nähere Überprüfung der Streitgegenstandsbegriff der herrschenden Meinung übernommen, vgl. Stahl, S. 130. 125
Β. ΒindungsWirkung des Urteils
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klage entscheidende Gericht nur an den Tenor des Ersturteils gebunden sei, könne es feststellen, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig sei. Das Erstgericht habe über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nur als Vorfrage entschieden 129 . U m i n derartigen Fällen widersprüchliche gerichtliche Entscheidungen auszuschließen, werden zwei Lösungsmöglichkeiten angeboten. Nach einer Auffassung soll das Urteil gegenüber dem notwendig Beigeladenen eine Interventionswirkung i. S. d. § 68 ZPO entfalten, die ihn i n dem Zweitprozeß m i t der Behauptung ausschließt, das erste gerichtliche Verfahren sei unrichtig entschieden worden. Z u r Begründung w i r d § 173 VwGO herangezogen 130 . Andere vertreten die Auffassung, gegenüber dem notwendig Beigeladenen trete eine spezifische Beiladungswirkung ein. Sie sei inhaltlich eine Feststellungswirkung. Danach seien rechtliche Ansichten und tatsächliche Feststellungen des Erstgerichts für das Zweitgericht i m Verfahren zwischen einer Partei und dem i m ersten Verfahren Beigeladenen bindend 1 3 1 . Beide Auffassungen sind bedenklich. § 173 VwGO vermag die Anwendung des § 68 ZPO i m Verwaltungsstreitverfahren nicht zu rechtfertigen. § 173 VwGO ist nur anwendbar, soweit die VwGO keine Bestimmungen über das Verfahren enthält. Die Bindung des notwendig Beigeladenen an das verwaltungsgerichtliche Urteil ist aber unzweifelhaft i n § 121 VwGO geregelt. Fraglich kann nur der Inhalt der i n § 121 VwGO getroffenen Regelung sein. §§ 173 VwGO, 68 ZPO sind daneben jedenfalls nicht anwendbar. Weiterhin ist die Anwendung des § 68 ZPO durch grundsätzliche Unterschiede der beiden Verfahrensarten ausgeschlossen. Das Verwaltungsprozeßrecht kennt keine Nebenintervention. Das verwaltungsprozessuale Rechtsinstitut zur Beteiligung Dritter am Rechtsstreit ist die Beiladung. M i t dieser gesetzgeberischen Regelung ist es unvereinbar, § 68 ZPO und damit die Rechtsfolge eines der VwGO unbekannten Instituts der Drittbeteiligung anzuwenden. Gem. § 68 ZPO besteht die Interventionswirkung nur zwischen dem Nebenintervenienten und der von i h m unterstützten Partei. Die Interventionswirkung setzt also voraus, daß der Dritte einer der beiden Parteien zugeordnet ist. Gerade dies t r i f f t aber auf den notwendig Beigeladenen nicht zu. Einer Interventionswirkung stehen deshalb dieselben Bedenken entgegen, die gegen eine Parallelisierung der Rechtsstellungen des notwendig Beigeladenen und des streitgenössischen Nebenintervenienten sprechen 132 . Da der notwendig Beigeladene von 129 Bichler, S. 201; ebenso Stahl, S. 129/130, der aber i m geschilderten F a l l n u r eine einfache Beiladung a n n i m m t u n d deshalb gegenüber dem notwendig Beigeladenen eine Rechtskraftwirkung bejaht (S. 128). 130 Bichler, S. 201; Linkenheil, S. 167, 168. 131 Selle, S. 205; Stettner, S. 79; vgl. auch Stahl, S. 131. 132 Vgl. oben Zweiter Teil, Β . I I . 5.
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D r i t t e r Teil : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
seiner Interessenlage her keiner der beiden Parteien zugeordnet werden kann, läßt sich nicht entscheiden, i m Verhältnis zu welcher Partei die Interventionswirkung eintreten soll. Selbst wenn eine solche Entscheidung möglich wäre, bliebe unbefriedigend, daß die Interventionsw i r k u n g nur i m Verhältnis zu einer Partei einträte. Die Annahme einer Interventionswirkung i. S. d. § 68 ZPO ist deshalb abzulehnen. Die These von einer besonderen Beiladungswirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen beruht auf der Annahme, die Bindung des notwendig Beigeladenen an die rechtskräftige Entscheidung über den Streitgegenstand reiche nicht i n allen Fällen aus, u m erneute gerichtliche Verfahren und widersprüchliche gerichtliche Entscheidungen auszuschließen. Deshalb w i r d über eine Bindung an den Streitgegenstand hinaus eine Bindung an die Entscheidung von Vorfragen, nämlich an alle rechtlichen und auch tatsächlichen Feststellungen bejaht. Diese Auffassung ist m i t dem Gesetz unvereinbar. § 121 VwGO bestimmt ausdrücklich, daß Urteile die Beteiligten, also auch die notwendig Beigeladenen nur soweit binden, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Eine weitergehende Bindung, etwa an die gerichtlichen Entscheidungen von Vorfragen oder an alle rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen eines Urteils, ist damit ausgeschlossen. Deshalb ist auch die Annahme einer besonderen Beiladungswirkung des beschriebenen Inhalts abzulehnen. Damit bedarf freilich das von der Mindermeinung i n dem angeführten Fallbeispiel aufgeworfene Problem einer anderen Lösung. Die herrschende Meinung, wonach auch der notwendig Beigeladene an die Rechtskraft des Urteils gebunden ist, vermag nur dann zu überzeugen, wenn die Rechtskraft des Ersturteils einer Anfechtungsklage des i m Erstprozeß notwendig Beigeladenen entgegensteht. Hier liegt i m übrigen auch die einzige Möglichkeit, den von der Mindermeinung entworfenen Fall sachgerecht zu lösen. Denn nach § 121 VwGO ist der notwendig Beigeladene nur an die Entscheidung über den Streitgegenstand, nicht aber an andere gerichtliche Entscheidungen, etwa solche über Vorfragen, gebunden. Ob die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils eine Anfechtungsklage des i m Erstprozeß notwendig Beigeladenen ausschließt, hängt von den objektiven Grenzen der Rechtskraftwirkung und damit auch vom Begriff des Streitgegenstandes ab. Die Mindermeinung untersucht den Begriff des Streitgegenstandes der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht näher. Vielmehr werden lediglich die Definitionen der herrschenden Meinung übernommen 133 . Auch w i r d nicht erörtert, i n welchen Formen sich die Rechtskraft eines Urteils i n Folgeprozessen 133
Vgl. Stahl, S. 130; Bichler, S. 201.
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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auswirkt. Diese Fragen sind aber für den Einwand der Mindermeinung gegen die Rechtskraftwirkung gegenüber dem notwendig Beigeladenen von entscheidender Bedeutung. Deshalb werden i m folgenden des näheren die Streitgegenstände verwaltungsgerichtlicher Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen sowie die Wirkungen der materiellen Rechtskraft untersucht. a) Streitgegenstand der Anfechtungsklage Der Begriff des Streitgegenstandes w i r f t i m Verwaltungsprozeß andere Probleme auf als i m Zivilprozeßrecht 134 . Die Zivilprozeßlehre hat es vor allem damit zu tun, mehrere materielle subjektive Rechte zu einem Streitgegenstand zusammenzufassen (ein prozessualer Anspruch bei mehreren materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen) sowie das streitige Rechtsverhältnis durch eine Beschreibung des zugrundeliegenden Lebensvorganges hinreichend zu individualisieren (Aufnahme des Sachverhalts i n den Streitgegenstandsbegriff). Schließlich muß über die Behauptung materieller Rechte hinaus die A r t der Rechtsschutzform klargestellt werden, d . h . insbesondere die Leistungs- von der Feststellungsklage abgegrenzt werden. Diese Schwierigkeiten bestehen bei der verwaltungsprozessualen Anfechtungsklage nicht. Hier steht nur ein materielles Recht, nämlich der Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsaktes i m Streit. M i t der Bezeichnung dieses Verwaltungsaktes ist zugleich der der Klage zugrundeliegende Lebensvorgang bestimmt, nämlich der Sachverhalt, auf den sich der Verwaltungsakt bezieht. Auch die Rechtsschutzform, nämlich die richterliche Gestaltung, ist durch § 42 Abs. 2 VwGO vorgegeben. aa) Meinungsstand Die i m Verwaltungsprozeßrecht bestehenden Probleme werden an den unterschiedlichen Auffassungen über den Begriff des Streitgegenstandes deutlich. (1) Streitgegenstand als Rechtsbehauptung des Klägers, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletze ihn i n seinen Rechten Die Rechtsprechung und die herrschende Lehre definieren den Streitgegenstand der Anfechtungsklage als die Rechtsbehauptung des K l ä gers, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletze i h n i n seinen Rechten 135 . Hiernach gehört die objektive Rechtswidrig134
Vgl. hierzu: Siegmund-Schultze, S. 121 ff. B V e r w G E 29, 210, 211; 39, 247, 249; 40, 101, 104; OVG Münster N J W 1976, 2036; Ule, Lehrbuch, § 35 I I 3; Eyermann / Fröhler, § 121, Rdnr. 10 c; Schunck / DeClerk, § 121, A n m . 3 c bb. 135
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D r i t t e r Teil: K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
keit des Verwaltungsaktes zum Streitgegenstand 13®. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet dies, daß m i t der Abweisung der Anfechtungsklage als unbegründet zugleich rechtskräftig feststeht, daß der Verwaltungsakt rechtmäßig ist und den K l ä ger nicht i n seinen Rechten verletzt 1 3 7 . Ein stattgebendes Urteil bedeutet die rechtskräftige Entscheidung, daß der Verwaltungsakt rechtsw i d r i g ist und der Kläger dadurch i n seinen Rechten verletzt wird. Das Bundesverwaltungsgericht w i l l hierbei die Rechtswidrigkeit, die es als Teil des Streitgegenstandes ansieht, nicht nur auf den konkreten, m i t der Klage angefochtenen Verwaltungsakt, bezogen wissen, sondern generell auf die darin enthaltene Regelung. Hiernach enthält das Urteil, das einen Verwaltungsakt aufhebt, für die Verwaltungsbehörde das Verbot, aus den vom Gericht mißbilligten Gründen einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen, der an die Stelle des alten aufgehobenen Verwaltungsaktes treten und denselben Sachverhalt, der Gegenstand des Rechtsstreits war, erneut regeln soll 1 3 8 . Die Rechtskraftwirkung bedeute, daß die Behörde den aufgehobenen Verwaltungsakt bei gleicher Sachlage nicht m i t derselben Begründung wiederholen dürfe 1 3 9 . Eine andere Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings i n der Entscheidung folgenden Falles vertreten 1 4 0 : Ein Nachbar erhebt Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung. Der Bauwerber w i r d notwendig beigeladen. Während des Rechtsstreits hebt die Beklagte die Baugenehmigung auf. Die Parteien erklären den Rechtsstreit übereinstimmend i n der Hauptsache für erledigt. Das Bundesverwaltungsgericht hielt den Widerspruch des notwendig Beigeladenen gegen die beiderseitige Erledigungserklärung für unbeachtlich und führte zur Begründung unter anderem aus, der notwendig Beigeladene könne Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der Baugenehmigung erheben 1 4 1 . I n dem anhängigen Verfahren gehe es lediglich darum, ob der Kläger durch die Baugenehmigung i n seinen Rechten verletzt worden sei, nicht hingegen u m die (objektive) Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Demgegenüber könne die Rücknahme der Baugenehmigung, die als Gegenstand einer Anfechtungsklage des notwendig Beigeladenen i n Betracht komme, auch dann durch die Rechtswidrigkeit der
138 O V G Koblenz A S 8, 216, 218; 10, 420, 421; Β GHZ 9, 329, 331; 10, 220, 225 ff.; Redeker / v o n Oertzen, § 121, Rdnr. 7 u n d 10; Koehler, § 121, A n m . I V 2; Pfeiffer, DVB1 1963, 653, 655; Lerche, B a y V B l 1956, 295, 299; Martens, D Ö V 1964, 365, 369. 137 B V e r w G E 29, 210, 212; 39, 247, 249. iss B V e r w G E 29, 210, 213/214. 139 B V e r w G E 16, 224, 226. 140 141
B V e r w G E 30, 29 ff. B V e r w G E 30, 27, 29.
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
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Baugenehmigung gerechtfertigt sein, wenn eine Verletzung von Rechten des Klägers nicht vorliege. A n dieser Entscheidung w i r d deutlich, daß entgegen der herrschenden Meinung die objektive Rechtswidrigkeit der behördlichen Entscheidung nicht uneingeschränkt Teil des Streitgegenstandes sein kann. Diese Auffassung wäre nur dann zutreffend, wenn die objektive Rechtswidrigkeit die einzige materiell-rechtliche Voraussetzung der A u f hebung des Verwaltungsaktes wäre 1 4 2 . Dies ist aber nicht der Fall 1 4 3 . Die Begründetheit der Anfechtungsklage setzt gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO weiterhin voraus, daß der Verwaltungsakt den Kläger i n seinen Rechten verletzt 1 4 4 . Eine Anfechtungsklage kann also trotz objektiver Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bereits deshalb abgewiesen werden, w e i l der Kläger nicht i n seinen Rechten verletzt ist. Fälle dieser A r t treten häufig i m Bereich des § 34 BBauG auf. Weder Abs. 1 noch Abs. 3 dieser Bestimmung haben nachbarschützende Funktion 1 4 5 , so daß nachbarrechtliche Anfechtungsklagen nicht selten trotz objektiver Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung abgewiesen werden. Ein abweisendes U r t e i l muß m i t h i n nicht die rechtskräftige Entscheidung enthalten, der Verwaltungsakt sei rechtmäßig. Das abweisende Urteil kann — gestützt auf die Feststellung, daß Rechte des Klägers nicht verletzt sind — ergehen, ohne daß die objektive Rechtswidrigkeit Gegenstand der gerichtlichen Prüfung und Entscheidung wird. Diese Ablehnung der herrschenden Meinung bedeutet freilich noch nicht die völlige Ausklammerung der objektiven Rechtswidrigkeit aus dem Streitgegenstandsbegriff. Der zweite Teil der herrschenden Definition, nämlich die Rechtsbehauptung des Klägers, der angefochtene Verwaltungsakt verletze i h n i n seinen Rechten, kann — wie gerade auch die Entscheidung BVerwGE 30, 29 ff. zeigt — durchaus als Streitgegenstand angesehen werden. Auch er betrifft aber die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Denn die Aussage, der Verwaltungsakt verletze den Kläger i n seinen Rechten, ist identisch m i t der Feststellung, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig, w e i l er gegen eine Rechtsnorm verstoße, die (auch) ein subjektives Recht des Klägers begründe 14®, Die Rechtsbehauptung des Klägers, der Verwaltungsakt verletze ihn i n seinen Rechten, umfaßt deshalb immer auch die Auffassung, der 142
So bereits Bettermann, DVB1 1953, 163, 166. a. A . Ule, Lehrbuch, § 35 I I 2, der allerdings auf die Voraussetzung des §113 Abs. 1 Satz 1 V w G O , der Kläger müsse durch den Verwaltungsakt i n seinen Rechten verletzt sein, nicht eingeht. 144 Zulässig ist die Klage gem. § 42 Abs. 2 V w G O bereits, w e n n der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt i n seinen Rechten verletzt zu sein. 145 Vgl. n u r V G K ö l n N J W 1981,1463 m. w . H. 146 Vgl. zu diesem Zusammenhang: Eyermann / Fröhler, § 42, Rdnr. 90 u n d 101. 143
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Verwaltungsakt sei rechtswidrig. Insofern ist die von der herrschenden Meinung befürwortete Einbeziehung der Rechtsbehauptung des K l ä gers, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig, i n den Streitgegenstandsbegriff, nicht nur unzutreffend, sondern auch überflüssig. (2) Streitgegenstand als Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes Eine vor Inkrafttreten der VwGO vertretene Auffassung sah als Streitgegenstand allein die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes an 1 4 7 . Zur Begründung dieser Auffassung wurde ausgeführt, i m öffentlichen Recht könne die öffentliche Gewalt durch Verwaltungsakt bestimmen, was rechtens sei. Diese Entscheidung sei vom Verwaltungsgericht auf ihre Rechtmäßigkeit h i n zu überprüfen. Hauptaufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei die Bewahrung der objektiven Rechtsordnung, die Aufrechterhaltung des Rechtsstaats, nicht aber der Rechtsschutz des jeweiligen individuellen Klägers 1 4 8 . Diese Auffassung begegnet denselben Bedenken wie die herrschende Meinung. Die objektive Rechtswidrigkeit insgesamt w i r d nicht Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung, ist also auch nicht Streitgegenstand. Auch die Auffassung, die Verwaltungsgerichtsbarkeit diene allein der Aufrechterhaltung des objektiven Rechts, ist unzutreffend. § 42 Abs. 2 VwGO läßt Klagen nur zu, wenn der Kläger Schutz seiner subjektiven Rechte sucht. (3) Streitgegenstand als materiellrechtlicher Anspruch des Klägers auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes I m Schrifttum w i r d die Auffassung vertreten, Streitgegenstand der Anfechtungsklage sei der materiell-rechtliche Anspruch des Klägers auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes. I m einzelnen werden unterschiedliche Formulierungen gewählt. Bettermann 1 4 9 bezeichnet als Streitgegenstand das subjektive Recht des Klägers gegen die Behörde auf Aufhebung des Verwaltungsaktes durch die Behörde. Die Frage der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bezeichnet er als Vorfrage. Kopp 1 5 0 sieht als Streitgegenstand den Anspruch auf A u f hebung des angefochtenen Verwaltungsaktes (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) 147 Niese, J Z 1952, 353, 354; O V G Lüneburg DVB1 1952, 693, 694; E y e r m a n n / Fröhler, VGG, S. 157 f.; Hufnagl, § 45, S. 197; Klinger, § 121, A n m . D 3 b i. V. m. § 79 A n m . A u n d B ; Wacke, AöR 79 (1953/54) 158, 176; Schoen, D Ö V 1950, 65 f., 110, 138 f.; Schunck / DeClerk, VGG, § 70, A n m . 3 b b b ; van de Sandt, VGG, § 75, A n m . 2. 148 Niese, JZ 1952, 353, 354. 149 DVB1 1953, 163, 165. 150 § 90, Rdnr. 8.
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
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bzw. auf Feststellung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), daß der Verwaltungsakt rechtswidrig war, oder auf anderweitige Festsetzung oder Feststellung gem. § 113 Abs. 2 VwGO an. Abgesehen vom Fall der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist auch für i h n die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nur Vorfrage. Auch L ü k e 1 5 1 rechnet die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht zum Streitgegenstand, den er allein i m geltend gemachten Aufhebungsanspruch sieht. W i r d ein neuer, m i t dem angefochtenen inhaltlich gleicher Verwaltungsakt erlassen, soll nach diesen Auffassungen nicht derselbe Streitgegenstand vorliegen. Nach Naumann ist Streitgegenstand der Anspruch des Klägers, durch das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt als rechtswidrig aufgehoben zu bekommen 1 5 2 . Hiernach gehört auch die Rechtswidrigkeit zum Streitgegenstand 158 . Auch Grunsky sieht den Streitgegenstand i m materiell-rechtlichen Aufhebungsanspruch des Klägers, bezieht aber die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes i n den Streitgegenstandsbegriff ein 1 5 4 . Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß sie entweder die Rechtswidrigkeit völlig aus dem Streitgegenstandsbegriff ausklammert oder nur die Rechtswidrigkeit des jeweils angefochtenen Verwaltungsaktes einbezieht. Ausgangspunkt dieser Streitgegenstandsdefinition ist der Anspruch auf Aufhebung eines konkreten Verwaltungsaktes. Von diesem Ansatz her läßt sich allenfalls die Rechtswidrigkeit des konkreten Verwaltungsaktes, nicht aber die Rechtswidrigkeit der i n dem Verwaltungsakt enthaltenen Regelung i m allgemeinen i n den Streitgegenstandsbegriff einbeziehen. Deshalb kann auch nach dieser Auffassung die Entscheidung über das zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht i n materielle Rechtskraft erwachsen 155 . Dies wiederum hat zur Folge, daß das Institut der Rechtskraft seine Funktionen nicht mehr erfüllen kann. Es könnte weder die Endgültigkeit einer gerichtlichen Entscheidung über ein streitiges Rechtsverhältnis sichern noch die erneute Anrufung des Gerichts zur Entscheidung desselben Streits m i t der möglichen Folge widersprüchlicher Entscheidungen verhindern. Die Ausscheidung der Rechtswidrigkeit der dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Regelung aus dem Streitgegenstandsbegriff bedeutet, daß ein rechtskräftiges Urteil, das den Verwaltungsakt aufhebt, die Behörde nicht daran hindert, bei unveränderter Sach- und Rechtslage einen inhaltlich gleichen Verwaltungsakt m i t derselben Begründimg zu erlassen. Das rechtskräftige Urteil 151 152 163 154 155
JUS 1967, 1. Naumann, DVB1 1952, 695. Naumann, DVB1 1954, 334. Grunsky, S. 43, 44. So auch Eyermann / Fröhler, § 121, Rdnr. 10 b.
6 Joeres
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
wäre keine endgültige Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses. Vielmehr könnte die Verwaltungsbehörde das Rechtsverhältnis erneut i n einer Weise regeln, die i n dem rechtskräftigen Urteil als rechtsw i d r i g angesehen worden ist15®. Damit würde dem Kläger der Rechtsschutz, den i h m das verwaltungsgerichtliche Urteil bieten soll, genommen. Er müßte eine erneute Anfechtungsklage erheben. Über diese könnte das Verwaltungsgericht, da eine Rechtskraftbindung nicht eintritt, abweichend von seinem Ersturteil entscheiden. Damit lägen zwei rechtskräftige Urteile vor, die die Rechtmäßigkeit der gleichen verwaltungsbehördlichen Regelung eines Rechtsverhältnisses durch Verwaltungsakt widersprüchlich beurteilen. Dies aber bedeutet eine weitgehende Aushöhlung des Instituts der Rechtskraft, das sich derart widersprechende Entscheidungen gerade verhindern soll. Die Ansicht, die Anfechtungsklage gegen den zweiten Verwaltungsakt betreffe einen anderen Streitgegenstand als die Anfechtungsklage gegen den ersten Verwaltungsakt, kann auch nicht m i t der Überlegung gerechtfertigt werden, bei identischem Streitgegenstand sei die Klage gegen den zweiten Bescheid wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit bzw. Rechtskraft gem. § 90 Abs. 2 VwGO bzw. § 121 VwGO unzulässig 157 . Diese Konsequenz t r i t t nicht ein, weil nach der i m Verwaltungsprozeßrecht herrschenden Rechtskrafttheorie bei Aufnahme eines zweiten Rechtsstreits über denselben Streitgegenstand das Gericht erneut i n der Sache entscheiden kann und nur daran gehindert ist, ein abweichendes Sachurteil zu erlassen 158 . Ein weiterer Einwand gegen die Auffassung Kopps ergibt sich aus seiner Behandlung der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Hier rechnet er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zum Streitgegenstand. Dies bedeutet, daß der Bürger n u r dann eine rechtskräftige Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Ver156 Die Auffassung Kopps ist hier i n sich widersprüchlich. Nach § 90, Rdnr. 8 liegt nicht derselbe Streitgegenstand vor, w e n n anstelle des angefochtenen Verwaltungsaktes ein neuer inhaltlich gleicher Verwaltungsakt erlassen w i r d . Nach § 121, Rdnr. 18 erfaßt die materielle Rechtskraft n u r die Entscheidung über den Streitgegenstand. Dennoch soll nach § 121, Rdnr. 20 m i t einem stattgebenden U r t e i l über eine Anfechtungsklage auch das Nichtbestehen der entsprechenden Befugnis der Behörde, unter den gleichen Umständen einen Verwaltungsakt m i t dem i n Frage stehenden I n h a l t zu erlassen, festgestellt sein. 157 So aber Kopp, § 90, Rdnr. 8. iss B V e r w G E 14, 359, 362; VerwRspr 18, 631; O V G H a m b u r g DVB1 1955, 302, 303/304; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 121, Rdnr. 5; Haueisen, N J W 1960, 313, 315; Ule, Lehrbuch, § 59 I 1; Schunck / DeClerk, § 121, A n m . 1 a; a. A . die i m Zivilprozeß vorherrschende sog. ne-bis-in-idem-Lehre, wonach die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig abzuweisen ist; so f ü r den Verwaltungsprozeß: B V e r w G E 11, 242, 244; 25, 7, 9; Eyermann / Fröhler, § 121, Rdnr. 7; Kopp, § 121, Rdnr. 9; Klinger, § 121, A n m . D 1.
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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waltungsaktes erlangen kann, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt, insbesondere also, wenn die Behörde i h n aufhebt, nicht aber, wenn das Gericht ihn gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufhebt. Ein rechtfertigender Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Auch i n den Fällen, i n denen die Behörde den Bescheid nicht von sich aus zurücknimmt, kann der Bürger ein berechtigtes Interesse — nicht nur an der gerichtlichen Aufhebung, sondern auch — an der rechtskräftigen Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen des Erlasses des rechtswidrigen Verwaltungsaktes Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden. Hier ist nach herrschender Ansicht 1 5 9 das Zivilgericht nicht befugt, über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes selbständig zu entscheiden. Es ist vielmehr an die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils gebunden, und zwar unabhängig davon, ob dieses den Verwaltungsakt gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben oder gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO seine Rechtswidrigkeit festgestellt hat. Diese Bindung t r i t t nach Kopp nicht ein. Nach seiner Auffassung ist das Z i vilgericht nicht gehindert, den Verwaltungsakt, den das Verwaltungsgericht als rechtswidrig aufgehoben hat, als rechtmäßig zu qualifizieren. Auch dies bedeutet eine Aushöhlung des Instituts der Rechtskraft. Eine abzulehnende Konsequenz hat auch das Zusammenwirken der von Kopp vertretenen ne-bis-in-idem-Lehre 1 6 0 und seiner Ansicht, beim Fortsetzungsfeststellungsantrag sei die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes Streitgegenstand. Hiernach erlangt die Verwaltungsbehörde rechtlich die Möglichkeit, durch die Rücknahme des angefochtenen Verwaltungsaktes während des Rechtsstreits eine Entscheidung über seine Rechtswidrigkeit gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO herbeizuführen, die — anders als i m Falle einer Entscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO — i n Rechtskraft erwächst. Erläßt die Behörde nunmehr einen neuen Verwaltungsakt des gleichen Inhalts, kann dieser nicht mehr angefochten werden, w e i l eine erneute Anfechtungsklage angesichts der entgegenstehenden Rechtskraft des Ersturteils unzulässig ist. Widersprüchlich ist es auch, wenn Kopp an anderer Stelle 1 6 1 ausführt, das Urteil gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO sei i n der Sache kein Feststellungsurteil, sondern ein Unterfall des Anfechtungsurteils. Danach ist die Umstellung der Klage auf einen Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO keine Klageänderung, sondern nur eine Beschränkung des Antrags 1®2. Damit ist aber die Auffassung unvereinbar, nur der 159
Β G H Z 9, 329, 331; 10, 220, 225 ff. § 121, Rdnr. 9. 161 § 113, Rdnr. 47. 162 So auch B V e r w G E 4, 177, 178; 8, 59, 60; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 113, Rdnr. 13. 160
6*
D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
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Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zum Streitgegenstand. Denn dies bedeutet, daß m i t der Umstellung der Klage auf den Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein neuer Streitgegenstand i n den Rechtsstreit eingeführt wird. (4) Streitgegenstand als das prozessuale Begehren des Klägers Eine früher vertretene Meinung definierte den Streitgegenstand als das i m Klageantrag bezeichnete Begehren des Klägers 1 6 3 bzw. als das Begehren auf Ausspruch der Rechtsfolge, die i m Klageantrag näher bezeichnet werde 1 6 4 . Hierbei handelt es sich um einen rein prozessualen Streitgegenstandsbegriff, der keine materiell-rechtlichen Elemente mehr umfaßt. Er ist auf der Grundlage der VwGO nicht mehr vertreten worden. Gegen i h n sind dieselben Einwände zu erheben, wie gegen die unter (3) behandelte Auffassung. Die vollständige Ausklammerung der Rechtswidrigkeit der behördlichen Entscheidung führt zu einer Aushöhlung des Instituts der Rechtskraft. bb) Eigene Auffassung Die Definition des Streitgegenstandes orientiert sich herkömmlicherweise an dem Begehren, das der Kläger aus dem streitigen Rechtsverhältnis herleitet. Er w i l l eine bestimmte Verfügung über dieses Rechtsverhältnis erreichen. Da der Beklagte dem widerspricht und dem K l ä ger die Möglichkeit fehlt, sein Begehren durch eine einseitige Regelung des Rechtsverhältnisses rechtswirksam durchzusetzen, muß er es zur Entscheidung eines Gerichts stellen, d. h. zum Streitgegenstand machen. Dieser w i r d deshalb i n Ausrichtung an dem Klageantrag bzw. dem materiell-rechtlichen Anspruch oder der Rechtsbehauptung des Klägers bestimmt. Diese Betrachtungsweise w i r d nur privat- oder öffentlichrechtlichen Gleichordnungsverhältnissen gerecht. Ihre Anwendung auf den verwaltungsprozessualen Anfechtungsprozeß läßt eine Besonderheit des öffentlichen Rechts außer Betracht. Hier ist ein Beteiligter des streitigen Rechtsverhältnisses, nämlich die Verwaltungsbehörde, zur einseitigen Regelung des Rechtsverhältnisses durch Verwaltungsakt befugt. Sie kann ihre aus dem Rechtsverhältnis abgeleitete Rechtsbehauptung wirksam durchsetzen, ohne ein Gericht anrufen zu müssen. Z u r Verhinderung einer rechtswidrigen Ausübung dieser einseitigen Regelungsbefugnis steht dem Bürger die Anfechtungsklage zur Verfügung. Diese dient nicht der Durchsetzung eines eigenen Rechtsbegehrens des Klägers, sondern der Abwehr einer bereits verwirklichten Rechtsbehauptung des Beklagten. Deshalb muß bei der Bestimmung lea 184
v o n
Werder / Labs / Ortmann, S. 184, 164; van Husen, § 45, A n m . 1.
Stiefel, N J W 1954, 1788 f.
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
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des Streitgegenstandes der verwaltungsprozessualen Anfechtungsklage die maßgebliche Bedeutung, die bei zivilprozessualen Leistungsklagen das Rechtsbegehren des Klägers hat, der Rechtsbehauptung der Beklagten zukommen. Dies ist auch i n der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt worden. So hatte das Gericht über eine Anfechtungsklage zu entscheiden, die gegen das Gebot der Beklagten gerichtet war, ein Weg der Klägerin müsse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden 165 . Als Streitgegenstand bezeichnete das Bundesverwaltungsgericht hier die Rechtsbehauptung der Beklagten, die Klägerin sei zur Offenhaltung des Weges verpflichtet 1 6 6 . Hiervon weicht der sonst i n der Rechtsprechung und von der herrschenden Lehre verwandte Streitgegenstandsbegriff nur i n der Formulierung, nicht i n der Sache ab. Auch die herrschende Meinung definiert den Streitgegenstand i n A b hängigkeit von der Rechtsbehauptung des Beklagten. Denn die Rechtsbehauptung des Klägers, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletze ihn i n seinen Rechten, ist lediglich die Negation der Rechtsbehauptung der Beklagten. U m eine terminologische Komplizierung zu vermeiden, w i r d i m folgenden die Formulierung der herrschenden Meinung, Streitgegenstand sei eine Rechtsbehauptung des Klägers über die Entscheidung der Beklagten, beibehalten. Dies ändert aber nichts daran, daß der Streitgegenstandsbegriff inhaltlich entscheidend von der Rechtsbehauptung der Beklagten, nämlich der von i h r i n dem Verwaltungsakt getroffenen Entscheidung bestimmt wird. Als Entscheidung ist dabei nicht der jeweils angefochtene Verwaltungsakt, sondern die i n dem Verwaltungsakt enthaltene Regelung eines konkreten Lebenssachverhalts anzusehen 167 . Wer beispielsweise einen Abgabenbescheid anficht, w i l l sich nicht nur gegen diesen einen Verwaltungsakt verteidigen. Er widerspricht darüber hinaus grundsätzlich der Rechtsbehauptung der Beklagten, er sei verpflichtet, die Abgabe zu leisten. Diese Negation korrespondiert der Rechtsbehauptung der Behörde, die m i t dem Erlaß eines Bescheides nicht nur die Rechtmäßigkeit dieses einen Verwaltungsaktes, sondern generell die Rechtmäßigkeit der m i t dem Verwaltungsakt getroffenen Regelung geltend macht. Die Erstreckung der Rechtskraft auf die Entscheidung i n diesem umfassenden Sinne ist erforderlich, u m dem Kläger ausreichenden Rechtsschutz zu bieten. Würde nur die Rechtswidrigkeit des jeweils angefochtenen Verwaltungsaktes zum Streitgegenstand gehören, müßte der Kläger auch nach Rechtskraft eines stattgebenden Urteils jederzeit m i t dem Erlaß eines Verwaltungsaktes des gleichen les B V e r w G E 14, 359 ff. «β B V e r w G E 14, 359, 361; zustimmend: Siegmund-Schultze, S. 129 ff. 167
Vgl. zu dieser Unterscheidung: Henke, D Ö V 1980, 621, 628 ff.
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Inhalts rechnen. Eine erneute Anfechtungsklage könnte mangels Rechtskraftwirkung i m Gegensatz zum Ersturteil abgewiesen werden. Dieses Ergebnis ist m i t der herrschenden Meinung abzulehnen. Die Rechtskraftwirkung kann i n diesen Fällen aber nicht m i t dem herrschenden Streitgegenstandsbegriff, der nur auf die Rechtswidrigkeit des konkreten Verwaltungsaktes abstellt, begründet werden. Dies w i r d an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts deutlich, das seine Auffassung, die Rechtskraft eines stattgebenden Urteils verbiete den Erlaß eines Verwaltungsaktes des gleichen Inhalts, m i t der Behauptung begründet, insoweit sei die Verwaltungsbehörde an die Rechtsauffassung des Gerichtes ohne weiteres gebunden 188 . Diese Begründung ist unzutreffend, w e i l die Rechtskraftwirkung keine Bindung an die Rechtsauffassung des Gerichts umfaßt. Eine haltbare Begründung ist nur durch die Ausdehnung des Streitgegenstandsbegriffes auf die i n dem Verwaltungsakt enthaltene Regelung des konkreten Lebenssachverhalts möglich. Zur genaueren Bestimmung der so verstandenen behördlichen Entscheidung sind die Entscheidungsgründe zur Auslegung des Tenors heranzuziehen 189 . Die Entscheidung ist insbesondere durch ihren Gegenstand, nämlich den geregelten Lebenssachverhalt, definiert. Ändert sich die zugrundeliegende Sachlage, hindert die Rechtskraft des aufhebenden Urteils nicht mehr den Erlaß eines Verwaltungsaktes m i t gleichem Inhalt. Dasselbe gilt bei einer Änderung der Rechtslage 170 . Weiterhin w i r d die Entscheidung durch ihre Begründung bestimmt. Dies gilt insbesondere für Ermessensentscheidungen. W i r d eine behördliche Regelung wegen fehlerhafter Begründung, etwas wegen fehlerhafter Rechtfertigung einer bestimmten Ermessensausübung, aufgehoben, hindert dies nicht, die gleiche Regelung erneut — allerdings m i t rechtmäßiger Begründung bzw. Ermessensausübung — zu treffen 1 7 1 . Die i n dem Verwaltungsakt enthaltene Regelung eines konkreten Lebenssachverhalts ist nicht i n vollem Umfang Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsverfahrens. Das Gericht kann nur die Rechtmäßigkeit, nicht die Zweckmäßigkeit dieser Regelung überprüfen. Aber auch die Bestimmung des Streitgegenstandes als die Rechtmäßigkeit dieser Regelung ist noch zu weit gefaßt. Der Kläger ist nicht befugt, die objektive Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen. Er ist n u r dann befugt, ein Rechtsverhältnis bzw. eine behördliche Regelung eines Rechtsverhält168
B V e r w G E 16, 224, 226. A l l g . Meinung; vgl. n u r R e d e k e r / v o n Oertzen, § 121, Rdnr. 8 m . w . H. 170 Vgl. zur Rechtskraftwirkung bei Änderung der Sach- oder Rechtslage: Kopp, § 121, Rdnr. 28 m. w . H. 171 Peters, DVB1 1981, 271. 189
Β.
indungsWirkung des Urteils
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nisses zum Streitgegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Prozesses zu machen, wenn er behauptet, durch diese Regelung i n seinen eigenen Rechten verletzt zu sein 172 . Dementsprechend ist die Klage nur dann begründet, wenn die Regelung den Kläger tatsächlich i n seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Rechtsbehauptung, die Regelung verletze ein Recht des Klägers, ist aber identisch m i t der Behauptung, die Regelung verletze eine Rechtsnorm, die (auch) ein subjektives Recht des Klägers begründe 173 . Daraus folgt, daß Streitgegenstand nicht die objektive Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahme insgesamt ist, sondern nur ihre Vereinbarkeit m i t allen Rechtsnormen, die (auch) ein subjektives Recht des Klägers begründen. Zusammenfassend kann der Streitgegenstand der Anfechtungsklage als die Vereinbarkeit der i n dem Verwaltungsakt enthaltenen Regelung eines konkreten Lebenssachverhaltes m i t allen Rechtsnormen, die (auch) subjektive Rechte des Klägers begründen, bestimmt werden. I n der herkömmlichen Terminologie, die auf die Sichtweise des Klägers abstellt, ist Streitgegenstand die Rechtsbehauptung des Klägers, die i n dem Verwaltungsakt enthaltene Regelung verletze i h n i n seinen Rechten 174 . Ein stattgebendes U r t e i l bedeutet also die rechtskräftige Entscheidung, daß die i n dem angefochtenen Verwaltungsakt getroffene Entscheidung eine Rechtsnorm, die (auch) subjektive Rechte des Klägers begründet, verletzt, d.h. rechtswidrig ist. M i t der Klageabweisung ist rechtskräftig entschieden, daß die i n dem Verwaltungsakt enthaltene Regelung den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Soweit sich die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit nach Rechtsnormen beurteilt, die nicht (auch) dem Schutz des Klägers dienen, w i r d über sie nicht rechtskräftig entschieden. Die Bedeutung des so definierten Streitgegenstandsbegriffs bei der Anfechtungsklage für die Rechtskraftbindung und damit auch für die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen kann — entsprechend der oben 2. vor a) formulierten Ausgangsfrage — erst an einer Gegenüberstellung m i t dem Begriff des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage deutlich gemacht werden. Deshalb ist zunächst auch dieser Begriff zu untersuchen, bevor beide Streitgegenstandsbegriffe zur Be172
Vgl. dazu bereits oben D r i t t e r Teil, A . vor I. Vgl. dazu oben D r i t t e r Teil, Β . I I . 2. a) aa) (1) u n d Fußnote 146. 174 Ähnlich, allerdings ohne Begründung u n d unter A n k n ü p f u n g an den konkreten Verwaltungsakt: Bachof, J Z 1953, 411 u n d J Z 1954, 416, 421. H i e r nach ist Streitgegenstand die Rechtsbehauptung, der Verwaltungsakt v e r letze den Kläger i n seinen „Rechten" ( = o b j e k t i v rechtlich geschützten I n teressen). Die Beschränkung auf die Verletzung v o n Rechten des Klägers unter Ausschluß der objektiven Rechtswidrigkeit findet sich auch bei Schmidt, DÖV 1962, 486, 487. Ä h n l i c h auch O V G Koblenz A S 16, 420, 421, das als Streitgegenstand die Rechtsbehauptung des Klägers ansieht, durch den V e r waltungsakt werde rechtswidrig i n seine Rechtsstellung eingegriffen. 173
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
Stimmung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen nutzbar gemacht werden können. b) Streitgegenstand der Verpflichtungsklage aa) Meinungsstand Der Begriff des Streitgegenstandes w i r d überwiegend nur für die Anfechtungsklage, weniger für die Verpflichtungsklage behandelt. Die hier vertretenen Auffassungen lassen sich i n entsprechender Weise wie die zur Anfechtungsklage gliedern. Zunächst w i r d die Meinung vertreten, Streitgegenstand sei die Rechtsbehauptung des Klägers, daß i h n die Nichtvornahme des begehrten Verwaltungsaktes wegen Rechtswidrigkeit i n seinen Rechten verletze 175 . Z u m Streitgegenstand gehört hiernach auch die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswidrigkeit der Nichtvornahme des Verwaltungsaktes 176 . Zweitens ist die Ansicht Nieses zu nennen, der nicht nur bei der Anfechtungsklage, sondern auch bei der Verpflichtungsklage als Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Verwaltungsbehörde ansieht 177 . Streitgegenstand der Verpflichtungsklage ist hiernach allein die Rechtmäßigkeit der Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes. Die überwiegende Meinung sieht den Streitgegenstand der Verpflichtungsklage i n dem Rechtsanspruch des Klägers auf Erlaß des Verwaltungsaktes 178 . Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts gehört neben diesem Anspruch auch die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Verwaltungsaktes zum Streitgegenstand 179 . Teilweise w i r d hierbei nicht klar unterschieden zwischen dem materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Erlaß des Verwaltungsaktes und einem Anspruch des Klägers gegen das Gericht auf Erlaß eines bestimmten Urteils. So bezeichnet das Bundesverwaltungsgericht i n einer Entscheidung 180 als Streitgegenstand den prozessualen Anspruch des Klägers, der sich aus dem Begehren ergebe, die Beklagte zum Erlaß eines Verwaltungsaktes zu verurteilen. Kopp 1 8 1 stellt ab auf den Anspruch des Klägers auf Verpflichtung der Behörde zur Vornahme des begehrten Verwaltungs175
Ule, Lehrbuch, § 35 I I 4; Schunck / DeClerk, § 121, A n m . 3 c bb. So ausdrücklich Schunck / DeClerk, § 121, A n m . 3 c bb. 177 J Z 1952, 353, 358. 178 B V e r w G E 35, 234, 236; M D R 1966, 868; Buchholz § 121 Nr. 26; R e d e k e r / von Oertzen, § 121, Rdnr. 11; Eyermann / Fröhler, § 121, Rdnr. 10 c. ne B V e r w G D Ö V 1960, 838; ebenso Ule, § 121 V w G O , A n m . I I Nr. 2 c. wo B V e r w G E 29, 1, 2. 176
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§ 90, Rdnr. 9; vgl. auch § 121, Rdnr. 20; ähnlich Obermeyer, S. 256.
Β . ΒindungsWirkung des Urteils
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aktes (§ 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO) bzw. zur Vornahme eines Verwaltungsaktes nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§113 Abs. 4 Satz 2 VwGO) bzw. auf Feststellung durch das Gericht, daß die Nichtvornahme rechtswidrig war. Diese Streitgegenstandsbestimmungen nähern sich bereits der A u f fassung an, die vom materiellen Anspruch völlig abstrahiert und als Streitgegenstand einen prozessualen Anspruch auf Erlaß der i m Klageantrag bezeichneten Entscheidung versteht 182 . bb) Eigene Auffassung Die Verpflichtungsklage ist ebenso wie die Anfechtungsklage auf eine einseitige hoheitliche Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses durch eine Verwaltungsbehörde ausgerichtet. Bei ihr geht es allerdings nicht u m die Vereinbarkeit dieser Regelung m i t dem Teil der Rechtsordnung, der (auch) subjektive Rechte des Anfechtungsklägers begründet, sondern darum, ob der Behörde der Erlaß der fraglichen Regelung durch eine Norm, die (auch) subjektive Rechte des Verpflichtungsklägers begründet, rechtlich geboten ist. Es ist deshalb unstreitig, daß die Rechtmäßigkeit der begehrten Entscheidung, insbesondere ihre Vereinbarkeit m i t subjektiven Rechten einzelner, nicht zum Streitgegenstand der Verpflichtungsklage gehört. Sie ist lediglich eine Voraussetzung des Anspruchs auf Erlaß der Regelung. Statt der Rechtswidrigkeit der behördlichen Regelung sehen Ule und Schunck / DeClerk die Verletzung der Rechte des Klägers durch die Nichtvornahme dieses Verwaltungsaktes als Streitgegenstand an. Sie weichen damit nur i n der Formulierung, nicht i n der Sache von der überwiegenden Meinung ab, die auf den Anspruch des Klägers auf Erlaß des Verwaltungsaktes abstellt. Denn die Qualifizierung eines Unterlassens als rechtswidrig ist gleichbedeutend m i t der Bejahung einer Rechtspflicht zum Handeln. Beruht diese Rechtspflicht und damit die Rechtswidrigkeit des Unterlassens aber auf einer Rechtsnorm, die auch Rechte des Klägers begründet, ist die Feststellung, die Nichtvornahme des Verwaltungsaktes sei rechtswidrig, gleichbedeutend m i t der Bejahung eines Anspruchs des Klägers auf Erlaß des Verwaltungsaktes. I m folgenden w i r d die Formulierung der herrschenden Meinung zugrunde gelegt, die auf den Anspruch abstellt, weil dies den Charakter der Verpflichtungsklage als Leistungsklage besser zum Ausdruck bringt. Ule und Schunck / DeClerk stimmen m i t der herrschenden Meinung auch darin überein, daß die Rechtswidrigkeit der Nichtvornahme bzw. die Rechtspflicht zur Vornahme des Verwaltungsaktes nicht umfassend, 182
Vgl. dazu oben Fußnoten 163 u n d 164.
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D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
sondern nur insoweit geltend gemacht werden kann, als sie auf einem Verstoß gegen „klägerschützende" Normen beruht. Hiervon weicht nur Niese ab, der auf diese Einschränkung verzichtet und die Rechtswidrigkeit insgesamt zum Streitgegenstand rechnet. Diese Auffassung ist abzulehnen, denn aus §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO folgt, daß der Kläger nur die Unvereinbarkeit der Nichtvornahme der begehrten Regelung m i t seinen eigenen Rechten zum Streitgegenstand machen kann. Fehlt es an einer Verletzung seiner Rechte, ist die Verpflichtungsklage auch dann abzuweisen, wenn objektiv-rechtlich eine Verpflichtung der Behörde zum Erlaß des Verwaltungsaktes besteht. Bei der Anfechtungsklage umfaßt der Streitgegenstand nicht nur den konkreten angefochtenen Verwaltungsakt, sondern allgemein die i h m zugrundeliegende Regelung 189 . Dies gewährleistet, daß die Rechtskraft eines stattgebenden Urteils die Behörde daran hindert, bei unveränderter Sach- und Rechtslage einen Verwaltungsakt des gleichen Inhalts zu erlassen. Das gleiche Problem stellt sich i n entsprechender Weise bei der Verpflichtungsklage. Hier ist es denkbar, daß die Behörde den Verwaltungsakt, den sie i n Befolgung eines Verpflichtungsurteils erlassen hat, widerruft. Dieser Widerruf ist gem. § 49 Abs. 1 V w V f G unzulässig, wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müßte 1 8 4 . Hat nun ein Gericht über die Anfechtungsklage gegen den Widerruf zu entscheiden, stellt sich die Frage, ob es an die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils gebunden ist. Diese Bindung kommt — wie jede Rechtskraftwirkung — n u r bei unveränderter Sach- und Rechtslage i n Betracht. F ü r diesen Fall ist sie aber auch geboten, w e i l andernfalls die Behörde die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils durch den Widerruf des zunächst erlassenen Verwaltungsaktes unterlaufen könnte. Infolge dieses Widerrufs müßte nämlich, wenn keine Rechtskraftbindung einträte, i n dem Anfechtungsprozeß über den Anspruch des Klägers auf Erlaß des Verwaltungsaktes erneut entschieden werden. Hierbei wäre eine Abweichung von dem Verpflichtungsurteil möglich. Diese Konsequenz läßt sich n u r vermeiden, indem der Streitgegenstandsbegriff so gefaßt wird, daß er nicht nur den A n spruch des Klägers auf Erlaß des konkreten Verwaltungsaktes, sondern allgemein den Anspruch auf Erlaß der i n dem Verwaltungsakt enthaltenen Regelung umfaßt. N u r auf der Grundlage dieses Streitgegenstandsbegriffes ist das rechtskräftige Verpflichtungsurteil zugleich eine Entscheidung der i m Anfechtungsprozeß zu prüfenden Frage, ob ein 183
Vgl. oben D r i t t e r Teil, Β . I I . 2. a) bb). Diese negative Widerrufsvoraussetzung gilt auch f ü r die Fälle des § 49 Abs. 2 V w V f G u n d damit f ü r alle rechtmäßigen Verwaltungsakte. § 49 V w V f G regelt n u r die verfahrensrechtliche Zulässigkeit eines Widerrufs, erlaubt aber keinen Widerruf i m Widerspruch zum materiellen Recht. Siehe dazu Kopp, V w V f G , § 49, Rdnr. 3; § 48, Rdnr. 3. 184
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
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Verwaltungsakt des gleichen Inhalts erneut erlassen werden muß. Es schließt dann infolge seiner Präjudizialität eine abweichende Entscheidung dieser Frage aus. Als Streitgegenstand der Verpflichtungsklage ist demnach der Rechtsanspruch des Klägers gegen die Verwaltungsbehörde auf Erlaß einer bestimmten Regelung durch Verwaltungsakt anzusehen. Diese Definition besagt inhaltlich nichts anderes als die Formulierungen, Streitgegenstand sei die Rechtsbehauptung des Klägers, die Nichtvornahme der fraglichen Regelung verletze ihn i n seinen Rechten, bzw. der Erlaß der Regelung sei der Behörde durch eine Rechtsnorm, die (auch) subjektive Rechte des Klägers begründet, geboten. c) Objektiver Umfang der materiellen Rechtskraft Anhand dieser Streitgegenstandsbegriffe der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage kann nunmehr untersucht werden, ob das von der Mindermeinung, die eine Rechtskraftbindung des notwendig Beigeladenen ablehnt, i n dem angeführten Fallbeispiel 1 8 5 aufgeworfene Problem m i t der Annahme einer Rechtskraftwirkung des Urteils gegenüber dem notwendig Beigeladenen gelöst werden kann. Die zu erörternde Frage ist also, ob die Rechtskraft des stattgebenden Verpflichtungsurteils der Anfechtungsklage des zum Vorprozeß notwendig Beigeladene gegen den aufgrund des Verpflichtungsurteils erlassenen Verwaltungsakt entgegensteht. Das stattgebende Verpflichtungsurteil bedeutet die rechtskräftige Entscheidung, daß der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erlaß der begehrten Regelung hat, oder — anders formuliert — daß der Erlaß dieser Regelung der Behörde durch eine Rechtsnorm, die (auch) subjektive Rechte des Klägers begründet, geboten ist. M i t der Anfechtungsklage erstrebt der i m Erstprozeß notwendig Beigeladene die Entscheidung, dieselbe Regelung, die bereits Gegenstand des Erstprozesses war, verletze i h n i n seinen Rechten und sei deshalb rechtswidrig. Diese beiden Entscheidungen sind miteinander unvereinbar. Eine Regelung, deren Erlaß rechtlich geboten ist, kann nicht zugleich rechtswidrig, d. h. rechtlich unzulässig sein. Die Entscheidung über die Anfechtungsklage bedeutet deshalb eine Beeinträchtigung der endgültigen Maßgeblichkeit des Entscheidungsinhalts des Verpflichtungsurteils. Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung besteht aber gerade i n der Maßgeblichkeit dieser Entscheidung. Deshalb hindert die materielle Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils eine stattgebende Entscheidung über die spätere Anfechtungsklage des notwendig Beigeladenen. 185
Vgl. oben D r i t t e r Teil, Β. I I . 2. vor a).
D r i t t e r Teil: K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
92
Dieses Ergebnis w i r d klar, wenn man sich die Bedeutung der Rechtskraftwirkung i m einzelnen vor Augen führt. Die Rechtskraftwirkung äußert sich i n drei Fällen 1 8 6 . Dies entspricht den drei Möglichkeiten, die zu einer Beeinträchtigung der Maßgeblichkeit einer gerichtlichen Entscheidung führen können. Zunächst steht die Rechtskraft einer neuen Entscheidung entgegen, wenn nach Abweisung i m Vorprozeß derselbe Klageantrag erneut gestellt w i r d (Identität des Streitgegenstandes). Zweitens hindert die Rechtskraft einer Entscheidung die Feststellung des genauen und m i t ihm unvereinbaren Gegenteils (kontradiktorisches Gegenteil). Schließlich entfaltet das rechtskräftige Urteil Bindungswirkung, wenn der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der i m neuen Prozeß geltend gemachten Rechtsfolge gehört (Präjudizialität). Demgegenüber haben präjudizielle Rechte und Rechtsverhältnisse nach herrschender Meinung an der Rechtskraft nicht teil 1 8 7 . Die Rechtskraft des stattgebenden Verpflichtungsurteils steht nun deshalb der m i t der Anfechtungsklage des notwendig Beigeladenen erstrebten Entscheidung entgegen, weil diese das kontradiktorische Gegenteil des Ersturteils ist. Der Begriff „kontradiktorisches Gegent e i l " 1 8 8 ist hierbei nicht i m logischen Sinne, d. h. als Negation zu verstehen 189 . Vielmehr liegt das kontradiktorische Gegenteil i m juristischen Sinn immer dann vor, wenn die von dem Beteiligten des Erstprozesses und jetzigen Kläger begehrte Entscheidung die Wirkung des rechtskräftigen Urteils, d. h. seine endgültige Maßgeblichkeit beeinträchtigen würde 1 9 0 . Dies wiederum ist der Fall, wenn die Entscheidungen i n einem alternativen Verhältnis zueinander stehen und sich m i t der Bejahung der einen Alternative zwingend die Verneinung der zweiten und umgekehrt ergibt 1 9 1 . Als typisches Beispiel des kontradiktorischen Gegenteils gilt der Fall, daß A erfolgreich gegen Β auf Feststellung seines 186 Vgl. statt aller: B V e r w G E 17, 293; 25, 7, 10; 16, 36, 38; Ule, Lehrbuch, § 59 I I 2; Schunck/DeClerk, § 121, A n m . 3 c dd u n d ff.; Rosenberg/Schwab, § 155; Jauernig, § 63 I I ; Blomeyer, § 89 V 1—3. 187 So B V e r w G R i A 1972, 78; Schunck / DeClerk, § 121, A n m . 3 c dd; Ule, Lehrbuch, § 59 I I 2; eine Mindermeinung bejaht i m Zivilprozeß eine B i n d u n g an präjudizielle Rechtsverhältnisse, w e n n die erste Entscheidung i h r e m Z i e l nach i n einem Sinnzusammenhang m i t der jetzt i m zweiten Prozeß festzustellenden Rechtsfolge steht. So soll ζ. B. ein Urteil, das eine Klage auf L e i stung wegen Nichtigkeit des als Anspruchsgrundlage i n Betracht kommenden gegenseitigen Vertrages abweist, zur Abweisung der späteren Klage auf die Gegenleistung zwingen, w e i l auch die Vertragsnichtigkeit bindend festgestellt sei (Zeuner, Objektive Grenzen der Rechtskraft, S. 75 ff.; Blomeyer, § 89 V 4 a; Rosenberg / Schwab, § 155 I I I 2 m. w . H.). F ü r den Verwaltungsprozeß ist diese Auffassung noch nicht vertreten worden. iss v g L z u r Verwendbarkeit dieses Begriffs i m Verwaltungsprozeßrecht: B V e r w G E 16, 36, 38. 189 190 191
Blomeyer, § 89 V 3; Zeuner, S. 48 f. Rosenberg / Schwab, § 155 I I . Blomeyer, § 89 V 3.
Β.
i n d u n g s i r k u n g des Urteils
93
Eigentums klagt und nach Rechtskraft Β gegen A auf Feststellung seines Eigentums klagt 1 9 2 . Ebenso liegt es, wenn ein Prätendent auf einen hinterlegten Betrag m i t seiner Klage auf die Einwilligung des anderen i n die Auszahlung Erfolg hat. Die Rechtskraft des stattgebenden Urteils steht der umgekehrten Klage des anderen entgegen 199 . I n beiden Fällen bedeutet die Bejahung der einen Alternative zwingend die Verneinung der anderen. Die Streitgegenstände des Erst- und des Zweitprozesses stimmen allerdings nicht überein. Der Antrag, das Eigentum des A festzustellen bzw. den Β zur Leistung zu verurteilen, bedeutet einen anderen Streitgegenstand als der Antrag, das Eigentum des Β festzustellen, bzw. den A zur Leistung zu verurteilen 1 9 4 . Dasselbe gilt für die Anfechtungsklage des notwendig Beigeladenen. Auch hier liegt keine Identität des Streitgegenstandes 195 , w o h l aber das kontradiktorische Gegenteil vor. Die Alternativen, die sich bei den aufeinanderfolgenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gegenüberstehen, lauten: a) „Der Kläger hat einen Anspruch auf Erlaß der begehrten Regelung." oder anders formuliert: „Der Erlaß der Regelung ist der Behörde durch eine Rechtsnorm, die (auch) subjektive Rechte des Klägers begründet, geboten." b) „Der Erlaß der Regelung verletzt den Kläger i n seinen Rechten." oder: „Der Erlaß der Regelung ist rechtlich unzulässig." Die Bejahung der ersten Alternative bedeutet hier zwingend die Verneinung der zweiten. Denn eine Regelung, deren Erlaß rechtlich geboten ist, kann nicht rechtlich unzulässig sein. Deshalb steht die Rechtskraft der ersten Entscheidung i n einem stattgebenden Verpflichtungsurteil der mit der späteren Anfechtungsklage des notwendig Beigeladenen begehrten zweiten Entscheidung entgegen. Für die Bestimmung der subjektiven Grenzen der Rechtskraft kommt es entscheidend darauf an, welchen Personen die Entscheidung zugerechnet werden kann. Für verfahrensbeteiligte Personen — so auch für den notwendig Beigeladenen — ist das Zurechnungskriterium i n ihrer Einflußmöglichkeit auf den Rechtsstreit zu sehen 196 . Dieser Gesichtspunkt ist auch für die objektiven Grenzen der Rechtskraft maßgebend. Eine gerichtliche Entscheidung kann den Beteiligten i m Wege 192
Jauernig, § 63 I I . Β GHZ 35, 165, 171. 194 Es ist deshalb unrichtig, w e n n die Fälle des kontradiktorischen Gegenteils teilweise zu den Fällen der Identität des Streitgegenstandes gerechnet werden, so aber Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 322, A n m . I X 1 a. 195 Insoweit ist der Mindermeinung zuzustimmen. 196 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Β . I. 2. 193
94
D r i t t e r T e i l : K r i t e r i e n zur Beurteilung der Rechtsstellung
der Rechtskraftwirkung nur insoweit zugerechnet werden, als ihnen während des Rechtsstreits bewußt sein mußte, daß hierüber gestritten w i r d und daß sie hierauf Einfluß nehmen können 1 9 7 . Hier liegt auch der Grund dafür, daß die Entscheidung über präjudizielle Rechtsverhältnisse nicht i n Rechtskraft erwächst. Die Beteiligten können nicht immer i m einzelnen voraussehen, auf welche rechtlichen Gesichtspunkte das Gericht seine Entscheidung stützen wird. Die Begründung der Entscheidung kann für sie überraschend ausfallen, ohne daß sie während des Rechtsstreits ausreichend Gelegenheit hatten, auf die hier entschiedenen rechtlichen Vorfragen Einfluß zu nehmen. Deshalb werden diese Vorfragen von der Rechtskraftwirkung ausgenommen, u m so die Beteiligten vor einer Bindung an für sie unerwartete rechtliche Entscheidungen über präjudizielle Rechtsverhältnisse zu schützen, über die sie i m Prozeß gar nicht gestritten und die sie infolgedessen auch nicht beeinflußt haben. Zurechenbar ist den Beteiligten hingegen die Entscheidung über den Streitgegenstand. Daß hierüber gestritten wird, ist für sie erkennbar. Diese Entscheidung können sie maßgeblich beeinflussen. Der Umstand, daß sie diese rechtskräftige Entscheidung durch ihr prozessuales Verhalten entscheidend bestimmt haben, hindert sie aber auch daran, eine weitere, m i t der ersten inhaltlich unvereinbare Entscheidung zu begehren. Denn die Zurechnung einer Entscheidung bedeutet zugleich den Ausschluß aller Rechtsbehauptungen, die m i t dieser Entscheidung zwingend verneint sind. Demgemäß ist der notwendig Beigeladene aufgrund seiner Bindung an die rechtskräftige Entscheidung, daß der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erlaß einer bestimmten Regelung hat, daß also der Erlaß dieser Regelung der Beklagten durch die Rechtsordnung geboten war, m i t der Rechtsbehauptung ausgeschlossen, der Erlaß dieser Regelung verletze i h n i n seinen Rechten, sei also nach der Rechtsordnung unzulässig. Der notwendig Beigeladene konnte nämlich i n dem Erstprozeß erkennen, daß ein stattgebendes Urteil über diesen Streitgegenstand m i t seiner späteren Rechtsbehauptung i n einem Anfechtungsprozeß unvereinbar ist und diese folglich ausschließt. Da die Entscheidung über diese Rechtsbehauptung des notwendig Beigeladenen bereits i m Verpflichtungsprozeß fällt, mußi der notwendig Beigeladene hier dieselbe Rechtsstellung haben, die er andernfalls als Anfechtungskläger gehabt hätte. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Annahme einer Rechtskraftbindung des notwendig Beigeladenen — und zwar allein diese 198 — 197 Vgl. zu diesem K r i t e r i u m zur Bestimmung der objektiven Grenzen der Rechtskraft: Blomeyer, § 89 V 1; Jauernig, § 63 I I I 2; Henckel, Prozeßrecht u n d materielles Recht, S. 199 ff.; Grunsky, S. 521, Fußnote 150 a. E. 198 Vgl. dazu oben D r i t t e r Teil, Β . I I . 2. vor a).
Β. ΒindungsWirkung des Urteils
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geeignet ist, den Ausgangsfall 199 sachgerecht zu lösen. N u r eine Rechtskraftwirkung des Urteils gegenüber dem notwendig Beigeladenen vermag der Bindung des notwendig Beigeladenen gem. § 121 VwGO eine sinnvolle praktische Bedeutung zu verleihen. Deshalb ist der herrschenden Meinung zu folgen, wonach das Urteil gegenüber dem notwendig Beigeladenen Rechtskraft w i r k t . I I I . Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen
Die gerichtliche Entscheidung w i r d dem notwendig Beigeladenen i n derselben Weise zugerechnet wie den Parteien. Ebenso wie sie unterliegt er der Rechtskraftwirkung. Diese Zurechnung ist sachlich nur damit zu rechtfertigen, daß der notwendig Beigeladene dieselben Einwirkungsmöglichkeiten auf das Urteil wie die Parteien hat. Diese Einwirkungsmöglichkeit beruht neben dem Verhandlungsgrundsatz entscheidend auf der Dispositionsmaxime. Der notwendig Beigeladene ist deshalb grundsätzlich i n demselben Umfang an der prozessualen Dispositionsbefugnis beteiligt wie die Parteien. Er hat dieselbe Rechtsstellung i m Prozeß wie sie. Damit ist das unter A gefundene Ergebnis bestätigt.
199
Siehe oben D r i t t e r Teil, Β. I I . 2. vor a).
Vierter
Teil
Bedeutung dieser Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen für die einzelnen Prozeßhandlungen Die grundsätzliche Bestimmung der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen i m Verwaltungsstreitverfahren ermöglicht es, nunmehr zu beurteilen, wie seine prozessuale Dispositionsbefugnis durch einzelne Prozeßhandlungen ausgeübt werden kann. Seine Teilhabe an der prozessualen Verfügungsbefugnis kann i n zwei unterschiedlichen Formen zum Ausdruck kommen. Z u m einen ist an die Möglichkeit zu denken, daß die Parteien nur unter M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen über den Streitgegenstand verfügen können (dazu unten Α.). Andererseits stellt sich die Frage, ob der notwendig Beigeladene selbständig durch eigene Prozeßhandlungen — m i t oder ohne Beteiligung der Parteien — über den Streitgegenstand verfügen kann (dazu unten B.). Bei dieser Untersuchung ist von dem i m Dritten Teil gefundenen Ergebnis auszugehen, wonach der notwendig Beigeladene grundsätzlich i n demselben Umfang an der prozessualen Dispositionsbefugnis beteil i g t ist wie die Parteien. Dies bedeutet freilich nicht, daß die prozessuale Stellung der Parteien und des notwendig Beigeladenen hinsichtlich jeder einzelnen Prozeßhandlung identisch ist 1 . So bestimmt etwa allein der Kläger ohne M i t w i r k u n g des Beklagten oder des notwendig Beigeladenen durch die Klageerhebung den Streitgegenstand. Auch andere Prozeßhandlungen, wie etwa Klageänderung oder Klagerücknahme, liegen allein i n seiner Initiative. Weder Beklagter noch notwendig Beigeladener können den Antrag des Klägers durch Klageänderung oder -rücknahme der Entscheidung des Gerichts entziehen. I n Betracht kommt lediglich ihre M i t w i r k u n g an diesen Dispositionsakten des Klägers. Die Beurteilung der M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen w i r d sich i n diesem Bereich vorrangig an den Mitwirkungsbefugnissen des Beklagten auszurichten haben. A n dieser Überlegung w i r d deutlich, daß die Feststellung, der notwendig Beigeladene sei grundsätzlich i n demselben Umfang an der prozessualen Dispositionsbefugnis beteiligt wie die Parteien, noch keinen genauen Aufschluß über seine prozessuale 1
Vgl. dazu oben D r i t t e r Teil, Α. I.
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
97
Rechtsstellung gibt. Dieser kann nur durch eine Untersuchung der einzelnen Prozeßhandlungen gewonnen werden 2 A. Erfordernis der Mitwirkung des notwendig Beigeladenen an Prozeßhandlungen der Parteien I . Klageänderung
Gem. § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung, sofern das Gericht sie nicht als sachdienlich zuläßt, n u r m i t Einwilligung der übrigen Beteiligten, d. h. auch des notwendig Beigeladenen, zulässig. Diese Regelung entspricht der i m Dritten Teil dargestellten Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen. Sie dient ebenso wie § 263 ZPO, der die Einwilligung des Beklagten fordert, dem Schutz der übrigen Beteiligten. I m Zivilprozeß hat die Einschränkung der Klageänderung doppelte Bedeutung 3 . Einerseits soll sie das Recht des Beklagten auf ein Urteil über den ursprünglichen Streitgegenstand, d. h. aus seiner Sicht auf eine Sachabweisung m i t entsprechender Rechtskraftwirkung sichern. Andererseits schützt sie den Beklagten i n seinem Verteidigungs- und Deliberationsinteresse. Der Beklagte soll die Entscheidungsfreiheit darüber behalten, ob und wie er sich auf den Prozeß einläßt. Seine Verteidigung kann durch eine Klageänderung ihre Grundlage verlieren und eine für i h n nicht vorhersehbare Bedeutung erlangen, w e i l die bisher erreichten Prozeßergebnisse für die Entscheidung über den neuen Streitgegenstand von Bedeutung bleiben. Außerdem erfordert eine Klageänderung eine Änderung der Verteidigung und bedeutet damit eine Erschwerung der Prozeßführung des Beklagten. A l l e diese Gesichtspunkte machen auch den Schutz des notwendig Beigeladenen und damit auch seine Einwilligung i n die Klageänderung erforderlich. Ein verwaltungsgerichtliches Urteil erwächst i h m gegen2
Die vorliegende A r b e i t untersucht n u r die prozessuale Rechtsstellung, die ein D r i t t e r durch seine notwendige Beiladung erlangt. Deshalb w i r d die Streitfrage, welche Rechtsfolgen das Unterlassen einer notwendigen B e i ladung hat, nicht erörtert. Nach herrschender Meinung erwächst das U r t e i l i n diesem F a l l auch gegenüber den übrigen Beteiligten nicht i n materielle Rechtskraft (BVerwGE 16, 23, 25; 18, 124, 126; 38, 296; J Z 1964, 105, 106; V G H Mannheim D Ö V 1975, 646; Kopp, § 66 Rdnr. 29; Eyermann / Fröhler, § 66, Rdnr. 15, 48; Bachof, M D R 1950, 375; a . A . : B V e r w G DVB1 1974, 235; Bettermann, M D R 1957, 951; Stahl, S. 146). Gestaltungsurteile sind nach herrschender Meinung v ö l l i g u n w i r k s a m ( R e d e k e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 39; Eyermann / Fröhler, § 66, Rdnr. 39; B V e r w G E 16, 23, 25; 18, 124, 126). Die abweichende Meinung befürwortet entweder eine umfassende Wirksamkeit des Urteils oder zumindest eine solche zwischen den Parteien. Teilweise w i r d auch zwischen stattgebenden u n d abweisenden Urteilen unterschieden (vgl. zum Meinungsstand: Wilde, N J W 1972, 1262 ff. u n d 1653). 3 Vgl. zum Folgenden: Walther, S. 49 ff.; Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 264, A n m . I 1. 7 Joeres
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
über ebenso i n materielle Rechtskraft wie gegenüber dem Beklagten 4 . Wie die Parteien streitet er über eigene Rechte5. Deshalb hat er ebenso wie der Beklagte ein Recht auf eine rechtskräftige Sachentscheidung über den ursprünglichen Klageantrag, die i h n vor erneuten Klagen und damit vor der Gefahr schützt, seine Rechte i n weiteren Prozessen erneut verteidigen zu müssen. Auch seine bisherige Prozeßführung verliert durch die Klageänderung ihre Grundlage. Der notwendig Beigeladene hat sich i n seinem prozessualen Verhalten durch den i m Klageantrag bezeichneten Streitgegenstand bestimmen lassen. Sein bisheriges prozessuales Verhalten kann i h m deshalb grundsätzlich nicht ohne seine Einwilligung i n einem Rechtsstreit über einen anderen Streitgegenstand zugerechnet werden. I I . Antragsänderungen nach §§ 264 ZPO, 173 V w G O
I n den Fällen des § 264 ZPO, der gem. § 173 VwGO auch i m Verwaltungsprozeß anzuwenden ist®, liegt keine Klageänderung vor. Da hier die unter I. genannten schutzwürdigen Belange des notwendig Beigeladenen nicht berührt werden, ist seine Einwilligung nicht erforderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob i n den Fällen, i n denen m i t einer Klageänderung zugleich eine Rücknahme des ursprünglichen Klageantrages einhergeht — so kann es insbesondere i n den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 ZPO liegen —, neben den Klageänderungsbestimmungen auch die Regelungen der Klagerücknahme, hier also § 92 Abs. 1 VwGO 7 , Anwendung finden 8 . Auch § 92 Abs. 1 VwGO sieht eine M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen nicht vor. I I I . Parteiwechsel
Der gewillkürte Parteiwechsel ist eine prozessuale Disposition und kann deshalb auf seine Mitwirkungsbedürftigkeit durch den notwendig Beigeladenen untersucht werden. Demgegenüber ist der Parteiwechsel kraft Gesetzes vom Verhalten des notwendig Beigeladenen unabhängig. Ein gewillkürter Wechsel des notwendig Beigeladenen ist aus4
Vgl. oben D r i t t e r Teil, Β . I I . Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . β So ausdrücklich Bundestag Drucksache I I I 55, S. 41 zu § 92; Redeker / von Oertzen, § 91, Rdnr. 2; Eyermann / Fröhler, § 91, Rdnr. 2, 6, 7. 7 Vgl. dazu unten I V . 8 Diese Frage ist streitig. Vgl. zum Meinungsstand Grunsky, S. 130 ff.; W a l ther, S. 85 ff., 110 ff., hier finden sich auch Nachweise zur uneinheitlichen Rechtsprechung, die überwiegend eine K u m u l i e r u n g von Klageänderungsu n d Klagerücknahmebestimmungen befürwortet. 5
Α. M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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geschlossen, w e i l die Beiladung allein i n der Entscheidung des Gerichts steht 9 . Der gewillkürte Parteiwechsel, d. h. der durch Prozeßhandlungen der Beteiligten herbeigeführte E i n t r i t t eines anderen oder weiteren Klägers oder eines anderen oder weiteren Beklagten i n den Rechtsstreit, ist ein Fall der Klageänderung 10 . Er bedarf folglich gem. § 91 Abs. 1 VwGO der Einwilligung des notwendig Beigeladenen. Dies entspricht der Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen. Der Grund dafür, daß der i m Prozeß verbleibende Prozeßgegner der ausscheidenden Partei seine Einwilligung erklären muß, liegt darin, daß sein bisheriges prozessuales Verhalten durch die Person des Gegners beeinflußt worden ist. Dieses Verhalten kann i h m deshalb nicht gegen seinen Willen i n einem Rechtsstreit m i t einer anderen Person zugerechnet werden. Dadurch würden i h m Folgen seines Verhaltens aufgenötigt, die er nicht vorhersehen konnte 11 . Außerdem vereitelt der Parteiwechsel seinen Anspruch auf eine rechtskräftige Entscheidung gegenüber der bisherigen Partei. Dieselben Überlegungen erfordern die Einwilligung des notwendig Beigeladenen. Seine prozessuale Rechtsstellung und seine prozessuale Dispositionsbefugnis ist derjenigen des i m Prozeß verbleibenden K l ä gers oder Beklagten gleichwertig. Auch i h m gegenüber w i r k t das Urteil Rechtskraft. Deshalb kann auch i h m das bisherige prozessuale Verhalten nicht ohne seine Zustimmung i n einem Rechtsstreit m i t einer anderen Person zugerechnet werden. Ebenso kann i h m die rechtskräftige Entscheidung gegenüber der bisherigen Partei nur m i t seiner Einwilligung vorenthalten werden. Dasselbe gilt für den Parteiwechsel gem. §§ 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 173 VwGO. Hier liegt ein Fall eines gewillkürten, nicht eines gesetzlichen Parteiwechsels vor. Gegner i m Sinne des § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist also auch der notwendig Beigeladene.
9
R e d e k e r / v o n Oertzen, § 91, Rdnr. 5; Schunck / DeClerk, § 91, A n m . 1 d. B V e r w G DVB1 1956, 620, 621; E 3, 150, 153; 7, 325, 327; 19, 128, 129; O V G Lüneburg VerwRspr 10, 375; O V G Koblenz A S 2, 186, 193; 5, 382, 383; Redek e r / v o n Oertzen, § 91, Rdnr. 1; Kopp, § 91, Rdnr. 7; Schunck / DeClerk, § 91, A n m . 1 d; Ule, V w G O , § 91, A n m . I I I 1; Klinger, § 91, A n m . Β 2; Koehler, § 91, A n m . I I I 5. Martens, Praxis des Verwaltungsprozesses, S. 38, läßt den Parteiwechsel zu, w e n n der i m Prozeß verbleibende Prozeßgegner e i n w i l l i g t oder die E i n w i l l i g u n g rechtsmißbräuchlich verweigert. I m Zivilprozeß ist die Behandlung des g e w i l l k ü r t e n Parteiwechsel streitig, vgl. dazu Franz, N J W 1972, 1743 f. m. w . H. 11 Vgl. Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 268, A n m . I I 2 f. 10
*
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen I V . Klagerücknahme
Nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Klagerücknahme gem. § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Einwilligung des Beklagten und ggf. auch die des Vertreters des öffentlichen Interesses voraus. Aus dieser Bestimmung geht hervor — insbesondere i m Vergleich m i t § 91 Abs. 1 VwGO —, daß die Einwilligung des notwendig Beigeladenen nicht erforderlich ist 12 . Dieses Ergebnis ist de lege lata hinzunehmen. Die Regelung des § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist verfehlt. Sie zeigt, daß der Gesetzgeber die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen verkannt hat. Die sachliche Rechtfertigung des i n § 92 Abs. 1 VwGO für die Klagerücknahme normierten Mitwirkungserfordernisses deckt sich m i t einem Teil der Gründe für das Mitwirkungserfordernis bei der Klageänderung. § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO soll dem Beklagten ein Recht auf ein Urteil über den ursprünglich erhobenen Anspruch sichern 13 . Das gleiche Schutzinteresse hat der notwendig Beigeladene. Sein Interesse an einer rechtskräftigen Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis und damit auch über seine subjektiven Rechte, w i r d aber vom Gesetzgeber nur bei der Klageänderung, nicht bei der Klagerücknahme anerkannt. Diese Differenzierung entbehrt angesichts des übereinstimmenden Schutzinteresses von Beklagtem und notwendig Beigeladenem der sachlichen Rechtfertigung. Bedenken gegen die gesetzliche Regelung bestehen auch unter folgendem Gesichtspunkt: Anders als i m Zivilprozeß, aus dem das Einwilligungserfordernis i n die VwGO übernommen worden ist, besteht nach Klagerücknahme weiterhin ein Verwaltungsakt, der das streitige Rechtsverhältnis regelt. Dieser ist i n aller Regel auch bestandskräftig, w e i l die Klagefrist bei Klagerücknahme abgelaufen sein wird. Dieser Einwand betrifft allerdings nur die Rücknahme von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen. I m übrigen ist die Aufhebung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes unter weiteren Voraussetzungen (vgl. §§ 48 ff. VwVfG) zulässig als die Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils. Dieses schützt den Beklagten und den notwendig Beigeladenen deshalb umfassender als ein Verwaltungsakt vor der Notwendigkeit, seine subjektiven Rechte i n einem weiteren Rechtsstreit erneut verteidigen zu müssen. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, de lege ferenda 12 Ganz herrschende Meinung, vgl. B V e r w G E 1, 27, 28; 30, 27, 28; Ule, L e h r buch, § 22 I I I ; Kopp, § 66, Rdnr. 10; OVG Münster M D R 1954, 317, 318; Redek e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 9; Eyermann / Fröhler, § 92, Rdnr. 10; Dienes, DVB1 1980, 672, 673; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; zur FGO: B F H N J W 1970, 2263; anderer Ansicht: Grunsky, § 8 I I 3, der die E i n w i l l i g u n g des notwendig Beigeladenen fordert. 13 Vgl. allg. f ü r die Klagerücknahme: Jauernig, § 42 I I I ; Walther, S. 39 ff.
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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neben der Einwilligung des Beklagten auch die des notwendig Beigeladenen zu fordern. V. Einseitige Erledigungserklärung des Klägers
Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist nach ganz überwiegender Meinung eine Klageänderung, die gem. § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO (i. V. m. § 173 VwGO) ohne weiteres zulässig ist 1 4 . Anstelle des ursprünglichen Klageantrages stelle der Kläger nunmehr einen Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits. Nach anderer A n sicht liegt eine privilegierte Klagerücknahme vor, weil der Kläger den Klageantrag fallen lasse und nur noch den Kostenantrag verfolge 15 . Die Privilegierung soll hier darin bestehen, daß die Rücknahme ohne Zustimmung des Beklagten und ohne die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO bzw. des § 155 Abs. 2 VwGO wirksam w i r d 1 6 . Schließlich w i r d die einseitige Erledigungserklärung des Klägers auch als eigenständige Institution angesehen17. Alle Auffassungen stimmen darin überein, daß eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers die M i t w i r k u n g des Beklagten nicht voraussetzt. Dasselbe gilt für den notwendig Beigeladenen 18 . Auch seine M i t w i r k u n g ist für die Zulässigkeit einer einseitigen Erledigungserklärung nicht erforderlich 19 . Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen erfordert eine solche M i t w i r k u n g nicht. Zunächst vereitelt die einseitige Erledigungserklärung nicht das Recht des notwendig Beigeladenen auf eine rechtskräftige Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand. Er läuft deshalb nicht Gefahr, seine Rechte i n einem zweiten Prozeß erneut verteidigen zu müssen. Denn anders als bei der Klagerücknahme ist nach der gerichtlichen Feststellung, daß der Rechtsstreit durch ein erledigendes Ereignis gegenstandslos geworden ist, eine neue Klage m i t demselben Anspruch nicht mehr zulässig 20 . I h r steht die Rechtskraft eines stattgebenden Feststellungsurteils entgegen. Da14 Thomas / Putzo, § 91 a, A n m . 7; vgl. auch die Nachweise bei Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 91 a, Rdnr. 39, Fußnote 100. 15 Blomeyer, § 64 I ; Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 91 a, Rdnr. 39. 18 Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 91 a, Rdnr. 39. 17 Rosenberg / Schwab, § 133 I I 2. 18 BayV G H AS 4, 197. 10 Uber die Begründetheit der einseitigen Erledigungserklärung ist d a m i t noch nicht entschieden. Sie hängt i m Verwaltungsprozeß davon ab, ob die zunächst zulässige Klage durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Vgl. Redeker / von Oertzen, § 107, Rdnr. 21 m. w . H. 20 B V e r w G E 20, 146, 152; ebenso i m Zivilprozeß, vgl. Koenigk, N J W 1975, 529 m. w . H.
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
m i t w i r d nämlich ausgesprochen, daß die Klage infolge eines erledigenden Ereignisses unzulässig oder unbegründet geworden ist. Anders liegt es, wenn der Feststellungsantrag abgewiesen wird. Darin liegt keine Entscheidung über die ursprüngliche Begründetheit der Klage, d. h. die Begründetheit vor Eintritt des erledigenden Ereignisses. Denn anders als i m Zivilprozeß 2 1 ist i m Verwaltungsstreitverfahren auf eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers h i n nicht zu prüfen, ob die Klage zunächst begründet w a r 2 2 . Ein abweisendes Feststellungsurteil schützt den notwendig Beigeladenen also nicht vor einem erneuten Rechtsstreit. Dem Beklagten w i r d für diesen Fall durch eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geholfen. Hat er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, der Klageanspruch habe von Anfang an nicht bestanden, kann er eine entsprechende gerichtliche Entscheidung trotz der Erledigungserklärung des Klägers verlangen 23 . Dasselbe muß für den notwendig Beigeladenen gelten, denn er ist dem Beklagten hinsichtlich der prozessualen Rechtsstellung und des Rechts auf rechtskräftige Entscheidung gleichgestellt. Auch er kann also — sein berechtigtes Interesse vorausgesetzt — trotz der Erledigungserklärung des Klägers, die gerichtliche Feststellung verlangen, der Klageanspruch habe von Anfang an nicht bestanden. Damit ist das Recht des notwendig Beigeladenen auf ein Urteil, das i h n vor einem zweiten Prozeß über dasselbe Rechtsverhältnis schützt, gewährleistet, ohne daß seine M i t w i r k u n g an der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers erforderlich wäre. Die Zustimmung des notwendig Beigeladenen ist auch nicht etwa deshalb geboten, w e i l durch die Erledigungserklärung seine Verteidigung unzumutbar erschwert bzw. seine bisherige Prozeßführung unzulässigerweise der Entscheidung über einen anderen Streitgegenstand zugrunde gelegt würde 2 4 . Soweit dies geschieht, beruht es auf dem E i n t r i t t eines erledigenden Ereignisses nach Rechtshängigkeit, d . h . auf einer später eingetretenen Veränderung i. S. d. § 264 Nr. 3 ZPO. I n der Entscheidung des Gesetzgebers, dieser Fall sei keine Klageänderung, kommt die Wertung zum Ausdruck, die durch die Veränderung bedingten Auswirkungen für die Verteidigung des Beklagten seien diesem auch ohne seine Einwilligung zumutbar. Dasselbe gilt für den notwendig Beigeladenen.
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Vgl. hierzu Thomas / Putzo, § 91 a, Rdnr. 7. Vgl. oben Fußnote 19. B V e r w G E 20, 146,152. Vgl. zu diesen K r i t e r i e n oben I.
Α. M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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V I . Einseitige Erledigungserklärung des Beklagten
T r i t t ein erledigendes Ereignis ein und erklärt daraufhin allein der Beklagte den Rechtsstreit i n der Hauptsache für erledigt, w i r d die Klage mangels Rechtsschutzinteresses, das durch das erledigende Ereignis entfallen ist, als unzulässig abgewiesen. Das Rechtsschutzinteresse ist aber als Sachentscheidungsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Daran w i r d deutlich, daß die sogenannte „einseitige Erledigungserklärung des Beklagten" für die gerichtliche Entscheidung keine Bedeutung hat. Der Fall einer prozessualen Disposition eines Beteiligten liegt hier gar nicht vor. Eine M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen ist hier nicht erforderlich. I m übrigen steht der vom Kläger gestellte Antrag allein zur Entscheidung des Gerichts, nicht aber zur Disposition des Beklagten und des notwendig Beigeladenen. Folglich ist auch eine einseitige Erledigungserklärung des notwendig Beigeladenen nicht möglich. V I I . Übereinstimmende Erledigungserklärungen
Nach herrschender Meinung bedürfen die übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Klägers und des Beklagten nicht der Zustimmung des notwendig Beigeladenen 25 . Begründet w i r d diese Auffassung m i t der abhängigen Stellung des notwendig Beigeladenen i m Prozeß 28 sowie m i t der Überlegung, der notwendig Beigeladene könne den Bescheid der Beklagten, der i n der Regel das erledigende Ereignis darstelle, selbständig anfechten 27 . Die herrschende Meinung ist abzulehnen. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen bedeuten einen Verzicht auf eine Sachentscheidung i n der Hauptsache. Sie beenden insoweit die Rechtshängigkeit. Sie sind Ausfluß der prozessualen Dispositionsbefugnis 28 und entziehen den Streitgegenstand der gerichtlichen Entscheidung. Das Gericht kann nur noch prüfen, ob die Erledigungserklärungen i n prozessual wirksamer und verbindlicher Weise abgegeben worden sind. Da der notwendig Beigeladene ebenso wie die Parteien an der prozessualen Dispositionsbefugnis teilhat, ist seine M i t w i r k u n g an den übereinstim25
B V e r w G E 30, 27, 28; O V G Münster OVGE 8, 228, 230; 8, 121, 122; N J W 1954, 775; Bad.-Württ. V G H VerwRspr 4, 888; V G Schleswig N J W 1966, 2425; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 107, Rdnr. 17, § 66, Rdnr. 10; Kopp, § 66, Rdnr. 10; Schunck / DeClerk, § 107, A n m . 3 b ; Eyermann, N J W 1954, 747, 748; Seile, S. 224; Ule, § 22 I I I ; a. Α.: Eyermann / Fröhler, § 66, Rdnr. 19; Grunsky, § 12 I I 3; Stahl, S. 108. 26 BVerGE 30, 27, 28. Daß dieses Argument unzutreffend ist, w u r d e bereite i m Zweiten Teil, Β . I I . 2. dargelegt. 27 Vgl. dazu oben D r i t t e r Teil, Β . I I . 2. a) aa) (1). 28 B V e r w G D Ö V 1966, 429; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 107, Rdnr. 16.
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
menden Erledigungserklärungen erforderlich. Der Verzicht auf die Sachentscheidung, die auch gegenüber dem notwendig Beigeladenen Rechtskraft w i r k t und auch i h m den daraus resultierenden Schutz vor weiteren Prozessen bietet, erfordert seine Zustimmung. Die Notwendigkeit der Beiladung eines Dritten und die daraus resultierende Rechtsstellung des Dritten i m Prozeß beruhen darauf, daß über subjektive Rechte des Dritten gestritten wird. Deshalb kann dem notwendig Beigeladenen nicht ohne Zustimmung der durch die Rechtskraft gewährte Schutz vor der Notwendigkeit, seine Rechte i n einem zweiten Prozeß erneut verteidigen zu müssen, genommen werden. I n seiner Entscheidung BVerwGE 30, 27 ff. 2 9 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Abweisung der Anfechtungsklage des Nachbarn schütze den notwendig beigeladenen Bauherrn nicht vor einer Aufhebung der Baugenehmigung durch die Behörde wegen objektiver Rechtswidrigkeit, die der Nachbar mangels Verletzung eigener subjektiver Rechte nicht geltend machen konnte. Dies t r i f f t zu, ändert aber nichts an der Schutzwirkung, die auch i n diesem Fall eine rechtskräftige Sachabweisung für den notwendig Beigeladenen hat. Sie bewahrt den notwendig Beigeladenen nämlich immerhin vor einer Aufhebung der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen Rechtsnormen, die (auch) subjektive Rechte des Nachbarn begründen. Dieser Schutz entfällt durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen. Die Annahme der Mitwirkungsbedürftigkeit der übereinstimmenden Erledigungserklärungen durch den notwendig Beigeladenen 30 w i r f t die Frage auf, wie sich der notwendig Beigeladene zur Wehr setzen kann, wenn das Gericht — der bisherigen Rechtsprechung folgend — die übereinstimmenden Erledigungserklärungen auch ohne seine Zustimmung als wirksam behandelt. I n diesem Zusammenhang ist die Frage streitig, ob das Gericht bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen einen Einstellungsbeschluß i n entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO zu erlassen hat 3 1 . W i r d ein solcher Einstellungsbeschluß erlassen, hat er unstreitig nur deklaratorische Bedeutung 32 . Dies be29
Der Tatbestand ist i m D r i t t e n Teil, Β . I I . 2. a) aa) (1) geschildert. Auch nach dieser Auffassung hat der notwendig Beigeladene freilich nicht die Möglichkeit, die Parteien daran zu hindern, außerprozessual ein erledigendes Ereignis herbeizuführen, also z.B. den begehrten bzw. angefochtenen Verwaltungsakt zu erlassen bzw. aufzuheben. Folglich ergeht auf die Erledigungserklärung des Klägers h i n das Feststellungsurteil, der Rechtsstreit sei i n der Hauptsache erledigt. D a m i t erlangt der notwendig Beigeladene aber i m m e r h i n den Schutz der Rechtskraftwirkung dieses Urteils, vgl. oben V. 81 Bejahend: B V e r w G N J W 1960, 594; D Ö V 1965, 718; B a y V G H B a y V B l 1980, 86; Kopp, § 161, Rdnr. 7; verneinend: Eyermann / Fröhler, § 161, Rdnr. 13, R e d e k e r / v o n Oertzen, § 107, Rdnr. 7 differenzieren zwischen der ersten u n d den Rechtsmittelinstanzen. 82 Kopp, § 161, Rdnr. 11, vgl. auch § 92, Rdnr. 17. 30
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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deutet, daß die Beendigung der Rechtshängigkeit i n jedem Fall auf den übereinstimmenden Erledigungserklärungen, nicht auf einem gerichtlichen Beschluß beruht. Für den Rechtsschutz des notwendig Beigeladenen bedeutet dies, daß er einen etwaigen Einstellungsbeschluß nicht anzufechten braucht. Da mangels seiner M i t w i r k u n g die übereinstimmenden Erledigungserklärungen unwirksam, der Rechtsstreit folglich noch rechtshängig ist, kann er ohne weiteres die Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung des Verfahrens bis zum Erlaß einer rechtskräftigen Entscheidung beantragen. Schwierigkeiten ergeben sich insoweit auch nicht aus einer etwa ergangenen Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO. Diese ist zwar gem. A r t . 2 § 8 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte i n der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. 3.1978 33 unanfechtbar 84 . Ihre Anfechtung ist aber auch nicht erforderlich, w e i l sie bei Unwirksamkeit der zugrundeliegenden übereinstimmenden Erledigungserklärungen ohne weiteres hinfällig ist. Die Kostenentscheidung kann keinen selbständigen Bestand haben, weil sie i n Zustandekommen und Wirksamkeit von der Hauptsachenentscheidung abhängt und keinen besonderen Antrag erfordert 35 . V I I I . Prozeßvergleich
Nach Auffassung der Rechtsprechung und eines Teiles der Literatur können Kläger und Beklagter den Rechtsstreit durch Abschluß eines Prozeßvergleichs ohne M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen beenden 38 . Seine Beteiligung am Vergleich ist hiernach zwar zulässig, aber nicht erforderlich. Ohne seine Zustimmung soll der notwendig Beigeladene an den Vergleich nicht gebunden sein 37 . Zur Begründung w i r d darauf verwiesen, der notwendig Beigeladene könne die Hauptbeteiligten nicht an der Beendigung des Rechtsstreits hindern. Das OVG Münster hält einen Vergleich ohne M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen für wirksam, soweit die Parteien allein materiell-recht33
BGBl. I S. 446. F ü r die einseitige Erledigungserklärung ist streitig, ob über die Kosten nach § 161 Abs. 2 oder nach §§ 154 ff. V w G O zu entscheiden ist. Vgl. zum Meinungsstand: Kopp, § 161, Rdnr. 20. 35 Vgl. zu diesem Zusammenhang zwischen Hauptsache u n d Kostenentscheidung O V G Münster OVGE 9, 63, 64. Hiernach beziehen sich die i n der B e r u fungsinstanz abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen n u r auf die Hauptsache. Dennoch erklärt das Berufungsgericht hier auch die Kostenentscheidung der ersten Instanz f ü r unwirksam. 36 B V e r w G M D R 1960, 873; O V G Münster N J W 1954, 775, OVGE 8, 121, 123; 228, 230; 9, 177, 178; Bad.-Württ. V G H VerwRspr 4, 888; Kopp, § 66, Rdnr. 10; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; Klinger, § 66, A n m . A 3; O V G Lüneburg Z M R 1955, 222. 37 O V G Münster OVGE 8, 228, 231. 34
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
lieh über den Streitgegenstand verfügen können 38 . Diese Verfügungsbefugnis begründet es damit, daß die beklagte Behörde das streitige Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt regeln, bzw. eine bereits getroffene Regelung durch Aufhebung des Verwaltungsaktes wieder rückgängig machen könne 39 . I m Schrifttum w i r d die Ansicht vertreten, der Prozeßvergleich sei ohne M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen unwirksam 4 0 . Dies w i r d m i t der Doppelnatur des Prozeßvergleichs sowie damit begründet, daß auch ein Urteil bei unterbliebener notwendiger Beiladung unwirksam sei 41 . Der letzteren Ansicht ist zu folgen. Der Prozeßvergleich hat Doppelnatur. Er kann also seine prozessualen Wirkungen, d. h. das Ende der Rechtshängigkeit und die Schaffung eines Vollstreckungstitels, nur herbeiführen, wenn er auch materiell-rechtlich wirksam ist 4 2 . Die materiell-rechtliche Wirksamkeit setzt die Verfügungsbefugnis der vergleichschließenden Beteiligten voraus. Dies ist i n § 106 VwGO ausdrücklich normiert. Diese materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis kann aber nicht — wie es das OVG Münster t u t — m i t der Befugnis der Verwaltungsbehörde begründet werden, über das streitige Rechtsverhältnis einseitig und hoheitlich durch Verwaltungsakt zu verfügen. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren dient der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausübung dieser hoheitlichen Verfügungsbefugnis und kann deshalb nicht seinerseits durch diese hoheitliche Verfügungsbefugnis beeinflußt werden 4 3 . Dies wäre aber der Fall, würde man die prozessuale Befugnis des Klägers und des Beklagten zum Prozeßvergleich m i t der Befugnis des Beklagten zum Erlaß oder zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes begründen. Dieses Argument geht auch deshalb fehl, w e i l es auf die alleinige materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis des Beklagten hinausläuft. Eine prozessuale Dispositionsbefugnis des Klägers, etwa die zum Abschluß eines Prozeßvergleichs, kann daraus nicht gefolgert werden. Da es auf die hoheitlichen Befugnisse des Beklagten nicht ankommt, beurteilt sich die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis grundsätzlich allein nach der Rechtsinhaberschaft. Da der notwendig Beigeladene an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, daß die gerichtliche Entscheidung und dementsprechend auch ein Prozeßvergleich über den Streitgegenstand unmittelbar in seine subjektiven 38
OVGE 9, 177, 179; 8, 233, 235. O V G Münster OVGE 8, 233, 235. 40 R e d e k e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 10; E y e r m a n n / F r ö h l e r , § 66, Rdnr. 19; Selle, S. 224; E. Müller, S. 30; Becker-Gassen, S. 130; Bichler, S. 179. 41 Redeker / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 10. 42 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I. 43 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I. 39
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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Rechte eingreift 44 , ist ein Vergleich ohne seine Zustimmung gem. § 58 Abs. 1 V w V f G unwirksam. Daran w i r d deutlich, daß Kläger und Beklagter allein nicht zu materiell-rechtlichen Verfügungen über den Streitgegenstand befugt sind und folglich gem. § 106 VwGO auch keinen Prozeßvergleich abschließen können. Dieser bedarf der M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen. A l l e i n diese Auffassung w i r d dem Sinn und Zweck der notwendigen Beiladung gerecht. Diese hat gem. § 65 Abs. 2 VwGO zu erfolgen, wenn auch dem Dritten gegenüber die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis nur einheitlich ergehen kann. Durch die notwendige Beiladung erhält der Dritte nicht n u r die Möglichkeit, seine Rechte zu verteidigen. Er w i r d auch gem. § 121 VwGO an die Rechtskraft der Entscheidung gebunden, so daß erneute Prozesse und möglicherweise widersprüchliche Entscheidungen über dasselbe Rechtsverhältnis ausgeschlossen sind. Von dieser Zielsetzung her hat das Gebot einer einheitlichen Entscheidung nicht nur für eine gerichtliche, sondern ebenso für die von den Parteien i n Form eines Prozeßvergleichs getroffene Entscheidung zu gelten. Es würde dem Sinn der notwendigen Beiladung zuwiderlaufen, wenn Kläger und Beklagter durch Abschluß eines Prozeßvergleichs, an dem der notwendig Beigeladene nicht beteiligt und an den er folglich nicht gebunden ist, das Ziel einer einheitlichen Entscheidung auch i h m gegenüber unterlaufen könnten. Die notwendige Beiladung ist gesetzlich angeordnet und w i r d gerichtlich verfügt. Sie ist damit der Parteidisposition entzogen. Unabhängig vom Parteiw i l l e n soll die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis auch gegenüber dem Dritten i. S. d. § 65 Abs. 2 VwGO ergehen. Die Einflußnahme des Parteiwillens auf diese Frage würde aber wiedereröffnet, wenn Kläger und Beklagter allein einen Prozeßvergleich schließen und damit eine Entscheidung des Rechtsstreits herbeiführen könnten, die gegenüber dem notwendig Beigeladenen keine Wirkung entfaltet. U m dieses dem Sinn der notwendigen Beiladung widersprechende Ergebnis zu verhindern, ist die M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen als Wirksamkeitsvoraussetzung eines zwischen Kläger und Beklagten geschlossenen Prozeßvergleichs anzusehen. Damit ist auch sichergestellt, daß die Parteien nicht gegen den Willen des notwendig Beigeladenen dessen Recht auf eine rechtskräftige Sachentscheidung vereiteln können. I X . Anerkenntnis
Die Frage, ob i m Falle eines Anerkenntnisses des Beklagten und eines entsprechenden Antrages des Klägers ein Anerkenntnisurteil auch ohne Zustimmung des notwendig Beigeladenen erlassen werden kann, 44
Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I.
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
ist streitig 4 5 . Der Bundesgerichtshof hat i n einem obiter dictum die Ansicht vertreten, der notwendig Beigeladene könne ein Anerkenntnisurteil nicht verhindern. Nähere Ausführungen über die Rechtsfolge eines Anerkenntnisses und die Bindung des notwendig Beigeladenen an ein etwaiges Anerkenntnisurteil fehlen hier 4 6 . R e d e k e r / v o n Oertzen 47 wollen die Rechtskraftwirkung des Anerkenntnisurteils nicht auf den Beigeladenen erstrecken, soweit er ohne Einflußmöglichkeiten auf die Entscheidung ist. Dem notwendig Beigeladenen werden solche Einflußmöglichkeiten allerdings eingeräumt. Er soll i m Falle eines Anerkenntnisses des Beklagten das sich hieraus ergebende Urteil durch abweichende Anträge verhindern können 48 . Nach Bichler kann ein A n erkenntnisurteil nur m i t Zustimmung des notwendig Beigeladenen ergehen 49 . Linkenheil hält das Anerkenntnisurteil auch ohne Zustimmung des notwendig Beigeladenen für zulässig und sieht den Rechtsschutz des notwendig Beigeladenen durch das Rechtsmittel der Berufung gewährleistet 50 . Aufgrund der prozessualen Stellung und Dispositionsbefugnis des notwendig Beigeladenen kann ein Anerkenntnisurteil nur ergehen, wenn der notwendig Beigeladene nicht einen abweichenden Sachantrag, also insbesondere einen Antrag auf Klageabweisung stellt, wozu er gem. § 66 Satz 2 VwGO befugt ist 5 1 . N u r wenn der notwendig Beigeladene einen solchen Antrag unterläßt, kann auf einen entsprechenden Antrag des Klägers h i n ein Anerkenntnisurteil ergehen. Der A n trag auf Erlaß eines Anerkenntnisurteils zielt auf eine besondere Form der Entscheidung über den Sachantrag des Klägers ab. Diese Form der Entscheidung ist aber nur dann zulässig, wenn über den Sachantrag Einigkeit besteht. Dies ist nicht der Fall, wenn zwar nicht der Beklagte, w o h l aber der notwendig Beigeladene einen abweichenden Sachantrag stellt. Ein Anerkenntnisurteil scheidet dann aus. Die prozessuale Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen beruht einerseits darauf, daß seine subjektiven Rechte i m Streit stehen. Zur Wahrung dieser Rechte hat er dieselben prozessualen Befugnisse wie 45 Vgl. zur Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils i m Verwaltungsprozeß: D r i t t e r Teil, Fußnote 20. 48 B G H DVB1 1981, 28, 30; ebenso f ü r das SGG: Peters / Sautter / Wolff , § 75, A n m . 7; dagegen aber Meyer-Ladewig, § 75, A n m . 17. 47 § 86, Rdnr. 5. 48 Redeker / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 9; ebenso Stahl, S. 107/108. 49 S. 181; ebenso Selle, S. 224. 50 S. 137. 51 Dies ist unstreitig, w e i l der notwendig Beigeladene nicht über den von den Parteien vorgegebenen Streitgegenstand hinausgeht. Vgl. zu diesem F a l l unten Β. I.
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die Parteien zur Verteidigung ihrer Rechte. Ein Anerkenntnisurteil, das gegen den Willen des notwendig Beigeladenen zustande kommt, würde dem notwendig Beigeladenen diese Möglichkeit zur Rechtsverteidigung nehmen. Die Parteien könnten den Prozeß durch eine gerichtliche Entscheidung, die unmittelbar i n die Rechte des notwendig Beigeladenen eingreift, beenden, ohne daß der notwendig Beigeladene hierauf Einfluß nehmen könnte. Andererseits ist für die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen i m Prozeß seine Bindung an die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, auch eines Anerkenntnisurteils konstitutiv. Diese Rechtskraftwirkung ist nur gerechtfertigt, wenn der notwendig Beigeladene dieselben Einwirkungsmöglichkeiten auf die rechtskräftige Entscheidung hat wie die Parteien. Ein Anerkenntnisurteil trotz des abweichenden Sachantrages des notwendig Beigeladenen würde aber zu einer Rechtskraftbindung ohne entsprechende prozessuale Befugnis führen. Deshalb kann ein Anerkenntnisurteil nur ergehen, wenn kein abweichender Sachantrag des notwendig Beigeladenen vorliegt. Die Auffassung des Bundesgerichtshofes führt zu unhaltbaren Ergebnissen. Könnte der notwendig Beigeladene ein Anerkenntnis des Beklagten nicht verhindern, würde aufgrund dieses Anerkenntnisses ein Anerkenntnisurteil ergehen, das unmittelbar in seine Rechte eingriffe. So könnte etwa auf die baurechtliche Anfechtungsklage des Nachbarn und ein Anerkenntnis der Baubehörde h i n die dem notwendig beigeladenen Bauwerber erteilte Baugenehmigung aufgehoben werden. Rechtsschutz gegen diesen unmittelbaren Eingriff der öffentlichen Gewalt i n seine Rechte stünde dem notwendig Beigeladenen nicht zur Verfügung. Da der Eingriff durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgt, scheiden zunächst Rechtsbehelfe gegen behördliche Maßnahmen, wie etwa Widerspruch oder Anfechtungsklage, aus. Auch das Rechtsmittel der Berufung kann dem notwendig Beigeladenen keinen w i r k samen Rechtsschutz gewährleisten 52 . Denn ein wirksames prozessuales Anerkenntnis bewirkt eine Beschränkung des Umfangs der richterlichen Prüfung. Schlüssigkeit und Begründetheit der Klage sind nicht mehr zu prüfen. Liegt ein wirksames Anerkenntnis vor, ist auf Antrag des Klägers das Anerkenntnisurteil ohne weiteres zu erlassen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Prüfung bleibt in der Berufungsinstanz bestehen. M i t der Berufung gegen ein Anerkenntnisurteil kann der notwendig Beigeladene also nicht m i t Erfolg geltend machen, die Klage sei unbegründet und müsse deshalb abgewiesen werden 5 3 . Die Berufung gegen ein Anerkenntnisurteil kann erfolgreich nur damit be52
So aber Linkenheil, S. 137. Vgl. K G O L G Z 1978, 114, 115; vgl. zum beschränkten Prüfungsumfang i n der Berufungsinstanz auch Zöller / Vollkommer, § 307, A n m . V. 53
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gründet werden, i n erster Instanz sei eine Entscheidung durch A n erkenntnisurteil unzulässig gewesen. Wenn aber das Anerkenntnis des Beklagten trotz abweichenden Sachantrages des notwendig Beigeladenen wirksam sein soll, kann dessen Berufung gegen das Anerkenntnisurteil keinen Erfolg haben. Der Erfolg einer solchen Berufung wäre auch unverständlich. Denn es gibt keinen sachlichen Grund, dem notwendig Beigeladenen nach seiner Berufung i n zweiter Instanz weitergehende prozessuale Möglichkeiten zu eröffnen als i n erster Instanz. Die Auffassung des Bundesgerichtshofes, der notwendig Beigeladene könne ein Anerkenntnisurteil nicht verhindern, hat deshalb die Konsequenz, daß dem notwendig Beigeladenen gegen den i n dem Anerkenntnisurteil liegende Eingriff i n seine Rechte kein Rechtsschutz zur Verfügung steht. Dies ist unbefriedigend. Denn hätte die Behörde nicht erst i m Prozeß anerkannt, sondern von vornherein den Erlaß des angefochtenen Verwaltungsaktes, etwa der vom Nachbarn angegriffenen Baugenehmigung, abgelehnt, hätte der notwendig Beigeladene, also ζ. B. der Bauwerber, Rechtsbehelfe i n Form von Widerspruch und Verpflichtungsklage ergreifen können. I h m diesen Rechtsschutz i m Falle eines Anerkenntnisses abzuschneiden, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Stellt der notwendig Beigeladene einen abweichenden Sachantrag, liegt eine negative Voraussetzung für ein Anerkenntnisurteil nicht vor. Der Erlaß eines Anerkenntnisurteils ist i n diesem Fall unzulässig. Das Gericht hat über den Antrag des Klägers aufgrund uneingeschränkter Prüfung der Begründetheit der Klage zu entscheiden. Erläßt es ohne diese Prüfung zu Unrecht ein Anerkenntnisurteil, kann der notwendig Beigeladene Berufung einlegen. Dieses Rechtsmittel hat dann auch Erfolg, weil i n erster Instanz der Erlaß eines Anerkenntnisurteils unzulässig war. X . Verzicht
Der Verzicht setzt ebenso wie das Anerkenntnis das Fehlen eines abweichenden Sachantrages des notwendig Beigeladenen voraus 54 . Andernfalls könnten die Parteien eine gerichtliche Sachentscheidung über das streitige Rechtsverhältnis und damit über die Rechte des notwendig Beigeladenen herbeiführen, ohne daß der notwendig Beigeladene hierauf Einfluß nehmen könnte. Dies wäre m i t seiner prozessualen Rechtsstellung, die gerade auf seiner materiell-rechtlichen Betroffen54
Selle, S. 224; Stahl, S. 107/108; Becker-Gassen, S. 129 verlangen die Z u stimmung des notwendig Beigeladenen zum Verzicht des Klägers; nach Redeker / von Oertzen, § 66, Rdnr. 9 k a n n der notwendig Beigeladene i m Falle eines Verzichts das sich daraus ergebende U r t e i l durch abweichende Anträge, verhindern. Linkenheil, S. 137 läßt den Verzicht ohne Zustimmung des notwendig Beigeladenen w i r k s a m werden, gibt diesem aber das Rechtsmittel der Berufung. Diese Ansicht ist aus den zum Anerkenntnis genannten G r ü n den abzulehnen.
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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heit beruht 5 5 , unvereinbar. Auch die Bindung des notwendig Beigeladenen an die Rechtskraft des Verzichturteils gem. § 121 VwGO macht es erforderlich, ihn am Zustandekommen dieses Urteils i n derselben Weise zu beteiligen wie die Parteien 56 . Diese Beteiligung w i r d durch das Fehlen eines abweichenden Sachantrages als negative Zulässigkeitsvoraussetzung eines Verzichtsurteils verwirklicht. Hiergegen ist eingewandt worden, anders als das Anerkenntnisurteil sei das Verzichtsurteil vom Verhalten des notwendig Beigeladenen unabhängig, weil hier keine dem notwendig Beigeladenen gegenüber nachteilige Mitentscheidung über seine Rechtsposition erfolge. Die Interessen des Klägers ständen nämlich immer i n einem Widerspruch zu denen des notwendig Beigeladenen 57 . Hierbei ist schon zweifelhaft, ob der behauptete Interessengegensatz ausreicht, um den Verzicht unabhängig vom Verhalten des notwendig Beigeladenen wirksam sein zu lassen. Dies würde bedeuten, daß sich der notwendig Beigeladene prozessuale Dispositionen Dritter zu seinen Gunsten gefallen lassen muß. Der Einwand geht jedenfalls deshalb fehl, weil der behauptete Interessengegensatz zwar häufig — etwa i n den Fällen der Verwaltungsakte m i t D r i t t w i r k u n g —, aber nicht immer vorliegt. Der Interessenlage des notwendig Beigeladenen kann die Interessenlage einer der beiden Parteien nicht durchweg gleich- oder entgegengesetzt werden 58 . Dies w i r d ζ. B. an dem Verwaltungsrechtsstreit über die K ü n d i gung des NDR-Staatsvertrages deutlich 59 . Hier hatte das Land Hamburg gegen die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen geklagt m i t dem Antrag, festzustellen, die Kündigung Schleswig-Holsteins habe den Staatsvertrag nicht aufgelöst, sondern lediglich den Austritt Schleswig-Holsteins aus dem Vertragsverhältnis bewirkt. Der notwendig beigeladene Norddeutsche Rundfunk hatte beantragt, festzustellen, die Kündigung Schleswig-Holsteins sei unwirksam. A n diesen Anträgen w i r d deutlich, daß sich Kläger und notwendig Beigeladener i n einer i m wesentlichen ähnlichen Interessenlage befanden und damit i m Gegensatz zu den Beklagten standen. Ein Verzichturteil hätte die rechtskräftige Entscheidung bedeutet, die Kündigung Schleswig-Holsteins habe den Staatsvertrag aufgelöst. Dies wäre eine dem notwendig Beigeladenen gegenüber nachteilige Entscheidung über eine seiner Rechtspositionen, nämlich seine Existenz gewesen. Eine solche Entscheidung ist aber gegen den Willen des notwendig Beigeladenen, d. h. i m Falle eines abweichenden Sachantrages, nicht zulässig. 55 5e 57 58 59
Vgl. oben D r i t t e r Teil, A. Vgl. oben D r i t t e r Teil, B. Bichler, S. 183. So bereits oben Zweiter Teil, Β . I I . 5. B V e r w G E 60, 162 ff. = N J W 1980, 2820 ff.
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen X I . Rechtsmittel
Gem. §§ 124 Abs. 1, 132 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 VwGO sind die Beteiligten befugt, Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einzulegen. Die M i t w i r k u n g der übrigen Beteiligten, etwa des notwendig Beigeladenen, ist hierbei nicht erforderlich. Die Zurücknahme der Berufung bzw. der Revision eines anderen Beteiligten bedarf nicht der Einwilligung des notwendig Beigeladenen 60 . Dies folgt aus §§ 126 Abs. 1 Satz 2 und 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die ausdrücklich nur auf die Einwilligung des Rechtsmittelbeklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses bzw. des Oberbundesanwalts abstellen und den notwendig Beigeladenen insoweit ausklammern. Dieses Ergebnis ist angesichts des klaren Wortlauts der §§ 126 Abs. 1 Satz 2, 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO — ebenso wie die Regelung bei der Klagerücknahme — hinzunehmen. Auch diese Regelung w i r d aber der prozessualen Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen nicht gerecht. Zwar beeinträchtigt die Zurücknahme eines Rechtsmittels anders als die Klagerücknahme nicht das Recht des notwendig Beigeladenen auf ein Urteil. Die Zurücknahme eines Rechtsmittels entzieht das streitige Rechtsverhältnis nicht einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung 61 . W i r d das Rechtsmittel nicht durchgeführt, bewendet es bei der zunächst angefochtenen Entscheidung. Die gesetzliche Regelung ist aber deshalb abzulehnen, w e i l sie die prozessuale Dispositionsbefugnis des notwendig Beigeladenen gegenüber derjenigen der Parteien ungerechtfertigt einschränkt. Das Einwilligungserfordernis i n die Zurücknahme eines Rechtsmittels soll dem Rechtsmittelbeklagten das Recht der Anschließung sichern 62 . Dieses steht gem. §§ 127 Satz 1, 141 VwGO allen Beteiligten, also auch dem notwendig Beigeladenen zu. Eine unselbständige Anschlußberufung oder -revision w i r d gem. § 127 Satz 2, 141 VwGO unwirksam, wenn das Rechtsmittel zurückgenommen wird. Vor dieser Konsequenz soll derjenige, der das Anschlußrechtsmittel eingelegt hat, durch das Erfordernis seiner Einwilligung i n die Zurücknahme des Rechtsmittels geschützt werden. Wenn nun aber der notwendig Beigeladene dieselbe prozessuale Dispositionsbefugnis hat wie die Parteien und dies insbesondere auch für den Dispositionsakt des Anschlußrechtsmittels gilt, 80
Redeker / von Oertzen, § 126, Rdnr. 2, § 140, Rdnr. 1; Kopp, § 126, Rdnr. 3, § 140, Rdnr. 2; Eyermann / Fröhler, § 126, Rdnr. 2; Schunck / DeClerk, § 126, A n m . 1 f.; § 140, A n m . 1 d. 61 So aber B V e r w G E 26, 143, 144/145 unter unrichtiger Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien zur Klagerücknahme. 62 A l l g . Meinung i m Zivilprozeßrecht vgl. Stein / Jonas / Schumann / Leipold, § 515, A n m . I 1; Rosenberg / Schwab, § 138 I I I 3 b ; Thomas / Putzo, § 515, A n m . 4.
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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ist es i n der Sache verfehlt, für die Zurücknahme von Berufung und Revision nach Stellung der Anträge i n der mündlichen Verhandlung nur die Einwilligung der übrigen Beteiligten, nicht aber die des notwendig Beigeladenen zu verlangen. Die Zurücknahme einer Beschwerde setzt die Einwilligung des notwendig Beigeladenen ebensowenig voraus wie die der übrigen Beteiligten 6 8 . Ebenso bedarf der gegenüber dem Gericht zu erklärende Verzicht auf ein Rechtsmittel nicht der Einwilligung der übrigen Beteiligten, also auch nicht der des notwendig Beigeladenen 64 . X I I . Insbesondere: Sprungrevision
Die Sprungrevision nach § 134 Abs. 1 VwGO bedarf nach ganz herrschender Auffassung nicht der Zustimmung des notwendig Beigeladenen 65 . Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Gem. Senat), der dieser Auffassung zum Durchbruch verholfen hat, stützt sich zur Begründung auf allgemeine Ausführungen über die Rechtsstellung des Beigeladenen — ohne zwischen einfacher und notwendiger Beiladung zu differenzieren —, auf Erfordernisse der Rechtsmittelklarheit und Praktikabilität sowie auf die rechtliche Möglichkeit, i n gewissem Umfang auch noch nach einer Sprungrevision neuen Tatsachenvortrag des Beigeladenen zu berücksichtigen 66 . Der Beigeladene habe eine wesentlich schwächere Stellung i m Prozeß als die Hauptbeteiligten. Diese allein hätten die Verfügungsmacht i m Prozeß inne. Würde das Mitwirkungserfordernis auf den Beigeladenen erstreckt, der durch das Urteil erster Instanz begünstigt worden sei, müsse eine genaue Abgrenzung und Bestimmung dieser Begünstigung oft zu Unklarheiten führen. I n Rechtsstreitigkeiten m i t einer großen Anzahl von Beigeladenen sei die Zustimmung aller Beigeladenen kaum zu erwarten. Die Sprungrevision würde hier jede praktische Bedeutung verlieren. Allerdings könne es der Rechtsschutz des Beigeladenen erfordern, neuen Tatsachenvortrag zu berücksichtigen. Dies sei der Fall, wenn das 63
R e d e k e r / v o n Oertzen, § 146, Rdnr. 12; Kopp, § 147, Rdnr. 4; E y e r m a n n / Fröhler, § 150, Rdnr. 2; Schunck / DeClerk, § 147, A n m . 6 a. 84 Vgl. hierzu R e d e k e r / v o n Oertzen, § 127, Rdnr. 8 m. w. H.; Kopp, § 127, Rdnr. 6; vgl. f ü r den Zivilprozeß: § 514 ZPO. 85 Gem. Senat BVerGE 50, 369 ff. = N J W 1976, 1682 ff.; B V e r w G E 16, 273; Kopp, § 134, Rdnr. 4; Eyermann / Fröhler, § 134, Rdnr. 4 Schunck / DeClerk, § 134, A n m . 2 a; zustimmend auch R e d e k e r / v o n Oertzen, § 134, Rdnr. 2, allerdings m i t Zweifeln, vgl. § 66, Rdnr. 10; abweichend n u r BSGE 23, 168, wonach die E i n w i l l i g u n g des Beigeladenen erforderlich ist, w e n n das U r t e i l des Sozialgerichts zu seinen Gunsten ergangen ist. 88 N J W 1976, 1682 ff. 8 Joeres
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
Revisionsgericht die entscheidungserhebliche Rechtsfrage anders als das Gericht erster Instanz entscheide und auf der Grundlage der bisher i n den Prozeß eingeführten Tatsachen zu einer abweichenden Entscheidung gelange. I n diesem Fall könne dem Beigeladenen durch eine A u f hebung und Zurückverweisung gem. § 144 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 VwGO geholfen werden. Drohe dem Beigeladenen i m Sprungrevisionsverfahren eine abschließende Entscheidung zu seinem Nachteil auf Grund von verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, könne er auf die sogenannte Revisionsgegenrüge zurückgreifen. Diese Rügemöglichkeit steht einem Revisionsbeklagten offen, wenn das Urteil der Vorinstanz zwar zu seinen Gunsten ausgefallen ist, aber ihm ungünstige tatsächliche Feststellungen enthält, die allerdings auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht entscheidungserheblich waren. Erlangen diese tatsächlichen Feststellungen aufgrund einer anderen rechtlichen Beurteilung des Revisionsgerichts für die Entscheidung Bedeutung, kann der Revisionsbeklagte rügen, diese tatsächlichen Feststellungen seien i n der Vorinstanz verfahrensfehlerhaft getroffen worden. Ist diese Rüge begründet, w i r d die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Feststellung zurückverwiesen. Die Entscheidung des Gem. Senats ist abzulehnen, soweit sie die Einwilligung des notwendig Beigeladenen für nicht erforderlich erklärt 6 7 . Die Sprungrevision ist ein prozessualer Dispositionsakt, der erhebliche Bedeutung für die Tatsachengrundlage der gerichtlichen Sachentscheidung gewinnen kann. Sie schließt grundsätzlich jeden weiteren Sachvortrag nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils aus, der i m Falle einer Berufung gem. § 128 Satz 2 VwGO noch möglich ist. Der Sprungrevisionskläger und sein Gegner i. S. d. § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO können nach Erlaß des Urteils erster Instanz darüber entscheiden, ob sie über das streitige Rechtsverhältnis auf der bisherigen Tatsachengrundlage durch das Revisionsgericht oder auf der Grundlage weiterer, i n der Berufungsinstanz neu vorzutragender Tatsachen und damit auf der Grundlage eines anderen Sachverhalts entscheiden lassen wollen. Diese Zurichtung des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts ist für den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung von maßgeblicher Bedeutung. Sie ermöglicht den Beteiligten, ein Urteil herbeizuführen, das von der wahren Sachlage und damit auch von der materiellen Gerechtigkeit abweicht. Infolgedessen kann das Urteil i m Wege der Rechtskraftwirkung n u r denjenigen Personen zugerechnet werden, die i n gleichberechtigter Weise auf den dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt Einfluß nehmen konnten 68 . Da der notwendig ®7 A u f das Erfordernis der E i n w i l l i g u n g des einfachen Beigeladenen k a n n hier nicht eingegangen werden. 68 Vgl. oben Zweiter Teil, Β . I.
Α . M i t w i r k u n g an Prozeßhandlungen der Parteien
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Beigeladene ebenso wie die Parteien an die Rechtskraft des Urteils gebunden ist 8 9 , muß er ebenso wie sie an der Entscheidung darüber beteiligt sein, ob der zur Entscheidung gestellte Sachverhalt i n der Berufungsinstanz über § 128 Satz 2 VwGO geändert werden soll, oder ob er unverändert i n die Revisionsinstanz übernommen werden soll. Diesen gleichberechtigten Einfluß auf die Tatsachengrundlage des Urteils hat der notwendig Beigeladene nur, wenn auch er als Rechtsmittelgegner i. S. d. § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit seine Einwilligung i n die Sprungrevision als erforderlich angesehen wird. Die vom Gem. Senat genannten Möglichkeiten, nach einer Sprungrevision noch neue Tatsachen i n den Prozeß einzuführen, reichen nicht aus. Hierdurch w i r d der notwendig Beigeladene gegenüber den Parteien benachteiligt. Diese können sich direkt für die Berufung entscheiden und gem. § 128 Satz 2 VwGO uneingeschränkt neue Tatsachen und Beweismittel i n den Prozeß einführen. Dies gilt nicht n u r für Tatsachen, die nach Erlaß des Urteils erster Instanz entstanden oder den Parteien bekannt geworden sind, sondern auch für solche, die sie bereits i n erster Instanz hätten vortragen können. Eine Präklusion entsprechend § 528 Abs. 2 und 3 ZPO findet nicht statt 7 0 . Demgegenüber kann der notwendig Beigeladene nicht auf den Umweg über die Revisionsinstanz und die dort erfolgende Zurückverweisung i n die Vorinstanz verwiesen werden. Dieser Umweg engt nämlich die Möglichkeit neuen Tatsachenvortrages gegenüber § 128 Satz 2 VwGO erheblich ein. Gem. § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO setzt die Zurückverweisung — auch die auf eine Revisionsgegenrüge h i n erfolgende — voraus, daß die Revision begründet ist. N u r unter dieser Voraussetzung sind die vom Gem. Senat aufgezeigten Wege zu neuem Sachvortrag für den notwendig Beigeladenen rechtlich gangbar. Hingegen ist die Revision gem. § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen, d. h. eine Sachentscheidung aufgrund des unverändert aus der Vorinstanz übernommenen Sachverhalts zu treffen, wenn die Revision unbegründet ist. I n diesem Fall versagen die Notlösungen, die der Gem. Senat dem notwendig Beigeladenen anbietet, u m neue Tatsachen vortragen zu können. Wenn das Revisionsgericht die rechtliche Beurteilung des i n erster Instanz vorgetragenen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht bestätigt, soll der notwendig Beigeladene an die Rechtskraft dieser Entscheidung selbst dann gebunden sein, wenn er i n die Berufung gehen und neue Tatsachen vortragen wollte. Dies ist angesichts der entscheidenden Bedeutung des zur Entscheidung gestellten Sachverhalts für den Inhalt der ge60
Vgl. oben Zweiter Teil, Β . I I . R e d e k e r / v o n Oertzen, § 128 Rdnr. 3; Ule, Lehrbuch, § 62 I V ; E y e r m a n n / Fröhler, § 128, Rdnr. 3; Schunck / DeClerk, § 128, A n m . 2 a; Redeker, DVB1 1981, 83, 86 bejaht allerdings unter Hinweis auf § 91 des Entwurfs einer VPO die vorsichtige entsprechende A n w e n d u n g des § 296 ZPO über § 173 V w G O . 70
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
richtlichen Entscheidung abzulehnen. Die gleichberechtigte Einflußnahme des notwendig Beigeladenen auf den Tatsachenstoff kann nur durch das Erfordernis seiner Einwilligung i n die Sprungrevision gesichert werden. Dem stehen auch die weiteren Überlegungen des Gem. Senats nicht entgegen. Wegen der unbegründeten Behauptung, der notwendig Beigeladene habe eine schwächere Stellung als die Hauptbeteiligten inne und sei nicht an der prozessualen Verfügungsbefugnis beteiligt, kann auf den Dritten Teil dieser Arbeit verwiesen werden. Unklarheiten aus der Beurteilung der Frage, ob der notwendig Beigeladene durch das angefochtene Urteil begünstigt worden ist, können deshalb nicht zu einer Beeinträchtigung des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit führen, w e i l eine derartige Begünstigung nicht Voraussetzung des Einwilligungserfordernisses ist. Der notwendig Beigeladene steht gleichberechtigt neben Kläger und Beklagtem. Er kann von seiner Interessenlage her keiner Partei zugeordnet werden 7 1 . Da er gleichwertiger Dritter i m Prozeß ist, entspricht sein Verhältnis zum Revisionskläger dem zwischen Revisionsbeklagtem und Revisionskläger. Deshalb ist er ohne weitere Voraussetzung Rechtsmittelgegner i. S. d. § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gegen das Zustimmungserfordernis kann auch nicht die große Anzahl notwendig Beigeladener i n vereinzelten Verfahren eingewandt werden. Denn der Inhalt der prozessualen Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen w i r d nicht von der Anzahl der Personen bestimmt, die sie innehaben 72 . X I I I . Sonstige Sachanträge
Widerklageanträge gem. § 89 Abs. 1 VwGO und Zwischenfeststellungsklagen des Klägers oder des Beklagten gem. §§ 173 VwGO, 256 Abs. 2 ZPO bedürfen der Zustimmung des notwendig Beigeladenen ebensowenig wie der M i t w i r k u n g sonstiger Beteiligter. Ihre Zulässigkeit ist insoweit nicht anders zu beurteilen als die der Klageerhebung. Auch Anträge auf Ergänzung des Urteils gem. §§ 173 VwGO, 321 ZPO sind nicht mitwirkungsbedürftig. Sie zielen nur auf eine Entscheidung des ursprünglichen, ebenfalls nicht mitwirkungsbedürftigen Klageantrags oder auf die von Amts wegen zu treffende Entscheidung über die Kosten. X I V . Prozeßanträge
Die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen w i r d durch zwei Kriterien bestimmt. Z u m einen ist er Subjekt des streitigen Rechts71 72
Vgl. oben Zweiter Teil, Β . I I . 5. Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . 2. a) bb).
Β . Befugnis des notwendig Beigeladenen, eigene Anträge zu stellen
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Verhältnisses73 m i t der Folge, daß die gerichtliche Sachentscheidung sich als Regelung 74 auch seiner subjektiven Rechte darstellt. Andererseits w i r d er durch die Rechtskraft dieser Sachentscheidung gebunden 75 . Daraus folgt, daß er dieselben Einflußmöglichkeiten auf den Inhalt der Sachentscheidung haben muß wie die Parteien. Einfluß auf den Inhalt der Sachentscheidung w i r d durch Sachanträge genommen7®. Prozeßanträge betreffen dagegen das Verfahren, i n dem die Sachentscheidung zustandekommt. Hier ist eine Beteiligung des notwendig Beigeladenen deshalb nicht geboten. Prozeßanträge, wie etwa Anträge auf Abkürzung oder Verlängerung von Fristen, auf Vertagung oder Verweisung (§§ 41 Abs. 3 Satz 1, 83 Abs. 1 VwGO) bzw. auf Tatbestandsberichtigung (§§ 173 VwGO, 320 Abs. 1 ZPO) sowie alle Anträge i n Bezug auf das Beweisverfahren, bedürfen nicht der M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen. Allerdings werden durch Beweisanträge Angriffs- und Verteidigungsmittel 7 7 geltend gemacht, die Bedeutung für den Inhalt der Sachentscheidung gewinnen können. Hinsichtlich der Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die Parteien und der notwendig Beigeladene (vgl. § 66 Satz 1 VwGO) aber selbständig. Ihre Prozeßführung ist insoweit nicht durch Mitwirkungserfordernisse anderer Beteiligter eingeschränkt. B. Befugnis des notwendig Beigeladenen, eigene Anträge zu stellen I . Antrag, durch den ein neuer Streitgegenstand in den Prozeß eingeführt wird
Gem. § 66 Satz 2 V w G O kann der notwendig Beigeladene abweichende Sachanträge stellen. Nach herrschender Meinung sollen solche Anträge aber nur zulässig sein, wenn sie sich i m Rahmen des durch die Klage bestimmten Streitgegenstandes halten 7 8 . Nach dieser A u f 78
Vgl. oben D r i t t e r Teil, A . I I I . Vgl. oben D r i t t e r Teil, Fußnote 117. 75 Vgl. oben D r i t t e r Teil, B. I I I . 78 Sachanträge sind definiert als solche, die den I n h a l t der Entscheidung betreffen; vgl. Thomas / Putzo, § 297, A n m . 1 a. 77 Vgl. zu diesem Begriff: Thomas / Putzo, § 146 A n m . 2 a. 78 B V e r w G v. 3. 7. 56 V C 166/55, zitiert nach Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; O V G Münster OVGE 8, 121, 122; L V G Rheinland-Pfalz DVB1 1952, 542; Bettermann, DVB1 1951, 39; Bachof, D Ö V 1949, 364; Klinger, § 66, A n m . B l ; Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, A n m . 4 a; Dapprich, S. 63; Rupp, J Z 1964, 106; Stahl, S. 107; Linkenheil, S. 135; E. Müller, S. 23; Lüke, S. 12; nach Redeker / von Oertzen, § 88, Rdnr. 5 a ist das Klagebegehren die äußerste Grenze f ü r abweichende Anträge des notwendig Beigeladenen, die dann freilich m i t der F i x i e r u n g des Streitgegenstandes an diesen gebunden seien. Der V G H Bad.-Württ. hat i n dem i m Ersten T e i l unter B. geschilderten F a l l Bedenken an der Zulässigkeit eines über den alten Streitgegenstand hinaus74
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
fassung hat der notwendig Beigeladene beispielsweise die Möglichkeit, die volle Aufrechterhaltung des i h m erteilten Dispenses zu beantragen, wenn die Beklagte der die volle Beseitigung des Dispenses anstrebenden Klage zum Teil entsprechen oder sie teilweise anerkennen w i l l 7 9 . W i l l der notwendig Beigeladene über den m i t der Klage vorgegebenen Streitgegenstand hinausgehen, muß er nach dieser Ansicht eine selbständige Klage erheben, die m i t dem anderen Verfahren u. U. nach § 93 Satz 1 VwGO zu gemeinsamer Verhandlung verbunden werden kann 8 0 . Neuerdings w i r d die Auffassung vertreten, der notwendig Beigeladene könne m i t seinen abweichenden Sachanträgen über den alten Streitgegenstand hinausgehen. Martens 8 1 folgert dies bereits aus dem Wortlaut des § 66 Satz 2 VwGO. Denn auch die Klage sei ein Sachantrag. M i t einem abweichenden Sachantrag verfolge der notwendig Beigeladene deshalb ein anderes Klagebegehren als der Kläger. Ein solches abweichendes Klagebegehren läßt Martens unter den Voraussetzungen einer objektiven Klagenhäufung gem. § 44 VwGO zu. Außerdem verlangt er grundsätzlich das Vorliegen der allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen für den Antrag des notwendig Beigeladenen. Wenn allerdings die Abweichung des notwendig Beigeladenen vom Antrag des Klägers i m Rahmen des § 264 ZPO liege und über die streitige Rechtsfrage bereits ein Vorverfahren auf den Widerspruch des Klägers h i n — wenn auch ohne Zuziehung des später vom Gericht Beigeladenen — stattgefunden habe, könne der abweichende Sachantrag des notwendig Beigeladenen nicht mangels Vorverfahrens i h m gegenüber als unzulässig abgewiesen werden 82 . Kopp läßt abweichende Sachanträge, die über den alten Streitgegenstand hinausgehen, uneingeschränkt zu, wenn die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind 88 . Kläger und Beklagter sind befugt, i n ein anhängiges Verfahren einen neuen Streitgegenstand einzuführen, nämlich durch Klageänderung gem. § 91 VwGO bzw. durch Widerklage gem. § 89 VwGO. Da der notwendig Beigeladene grundsätzlich dieselbe prozessuale Stellung hat wie der Kläger und der Beklagte, kann auch er Sachanträge stellen, die über den durch die Klage bestimmten Streitgegenstand hinausgehen. Dies ist allerdings nur bei Vorliegen derjenigen Voraussetzungehenden Antrags des notwendig Beigeladenen geäußert, die Frage aber letztlich offengelassen u n d den A n t r a g mangels Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges abgewiesen (VerwRspr 2, 230, 233). 79 Redeker / von Oertzen, § 66, Rdnr. 11. 80 Redeker / von Oertzen, § 66 Rdnr. 3. 81 V e r w A r c h 60 (1969), 197, 252. 82 V e r w A r c h 60 (1969), 197, 253, Fußnote 286. 83 Kopp, § 66, Rdnr. 6, 7; ebenso Selle, S. 225.
Β. Befugnis des notwendig Beigeladenen, eigene Anträge zu stellen
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gen zulässig, an die auch die Parteien gebunden sind. Deshalb müssen ebenso wie für den Klageänderungs- oder den Widerklageantrag die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Darüber hinaus ergeben sich aus §§ 89, 91 VwGO weitere Voraussetzungen. § 91 VwGO verlangt entweder die Einwilligung der anderen Beteiligten oder die Zulassung als sachdienlich. Sachdienlich ist eine Klageänderung, wenn sie die endgültige Beilegung des Streits fördert und der Streitstoff i m wesentlichen derselbe bleibt 8 4 , wenn also ein Zusammenhang m i t dem ursprünglichen Streitgegenstand besteht. § 89 VwGO setzt einen Zusammenhang m i t dem Klageanspruch oder den gegen i h n vorgebrachten Verteidigungsmitteln voraus. Der hiernach erforderliche Zusammenhang m i t dem ursprünglichen Streitgegenstand ist auch Voraussetzung eines abweichenden Sachantrages des notwendig Beigeladenen. Bei der genaueren Fassung dieser Voraussetzung ist nicht auf § 9 1 VwGO, sondern auf § 89 VwGO abzustellen, w e i l hier ebenso wie bei der Widerklage die Änderung des Streitgegenstandes von einer Person ausgeht, die — anders als der Kläger — auf die ursprüngliche Bestimmung des Streitgegenstandes durch die Klageerhebung keinen Einfluß hatte. Die Auffassung Martens, der auf § 44 VwGO und § 264 ZPO abstellt, ist abzulehnen, w e i l der abweichende Sachantrag des notwendig Beigeladenen keine Erweiterung oder Änderung des vom Kläger gestellten Antrags bedeutet, sondern die Geltendmachung eines neuen Anspruchs durch eine vom Kläger verschiedene Person. Die Zulässigkeit des über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgehenden abweichenden Sachantrags ist also i n entsprechender A n wendung des § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beurteilen. Danach ist ein rechtlicher Zusammenhang erforderlich, d. h. Anspruch und Gegenanspruch müssen demselben Rechtsverhältnis entspringen 85 . Fehlt dieser Zusammenhang, kann der notwendig Beigeladene nicht die Privilegierung des besonderen Gerichtsstandes gem. § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO i n Anspruch nehmen. Da der rechtliche Zusammenhang i m Verwaltungsprozeß nach allgemeiner Meinung 8 6 Zulässigkeits-, nicht nur Zuständigkeitsvoraussetzung ist, ist i n diesem Fall ein abweichender Sachantrag des notwendig Beigeladenen, der über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgeht, auch dann unzulässig, wenn sich die örtliche Zuständigkeit aus einer anderen Norm ergibt. I n der Revisionsinstanz sind Klageänderungen gem. § 142 VwGO unzulässig. Dasselbe gilt für Widerklagen, wenn sie m i t Einführung 84 B V e r w G DVB1 1980, 590; Buchholz 310, § 91 V w G O Nr. 6, S.5; Kopp, § 91, Rdnr. 19; Eyermann / Fröhler, § 91, Rdnr. 13. 85 Kopp, § 89, R d n r . 5 ; E y e r m a n n / F r ö h l e r , § 89, R d n r . 5 ; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 89, Rdnr. 5; Schunck / DeClerk, § 89, A n m . 2 d. E i n unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang w i r d dem rechtlichen gleichgestellt. 86 Vgl. n u r Redeker / von Oertzen, § 89, Rdnr. 5.
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
neuen Streitstoffes verbunden sind 87 . Dementsprechend kann auch der notwendig Beigeladene i n der Revisionsinstanz keine abweichenden Sachanträge mehr stellen, wenn damit die Einführung neuen Tatsachenstoffes verbunden ist. Dies entspricht i m wesentlichen dem preußischen Recht 88 . Auch § 89 Abs. 2 VwGO ist für abweichende Sachanträge des notwendig Beigeladenen entsprechend heranzuziehen. Der Gesetzgeber hat die Widerklage i n Anfechtungs- und Verpflichtungssachen ausgeschlossen, w e i l er sie als dem hier vorliegenden Subordinationsverhältnis „nicht wesensgemäß" 89 ansah. Dementsprechend sind bei Anfechtungsund Verpflichtungsklagen abweichende Sachanträge des notwendig Beigeladenen, die über den bisherigen Streitgegenstand hinausgehen, dann ausgeschlossen, wenn auch zwischen i h m und dem Gegner seines Sachantrages ein Subordinationsverhältnis besteht. Dies w i r d vornehmlich i n den Fällen der mehrstufigen Verwaltungsakte 9 0 zutreffen, wenn die Behörde, deren Zustimmung erforderlich ist, notwendig beigeladen ist. I I . Rechtsmittel
Der notwendig Beigeladene ist Subjekt von Rechten, über die eine gerichtliche Entscheidung ergeht. Er ist ebenso wie Kläger und Beklagter an die Rechtskraft dieser Entscheidung gebunden. Demgemäß ist er auch wie Kläger und Beklagter befugt, diese Entscheidung m i t Rechtsmitteln anzugreifen. Da der einfach Beigeladene i m Rechtsstreit keine eigenen subjektiven Rechte verteidigt (vgl. § 65 Abs. 1 VwGO) und auch nicht i n derselben Weise wie Kläger und Beklagter an die Rechtskraft gebunden ist 9 1 , müßte er nach den genannten Kriterien von der Rechtsmittelbefugnis ausgeschlossen sein. Nach §§ 124 Abs. 1, 132 Abs. 1, 146 Abs. 1 VwGO sind jedoch alle Beteiligten, also auch der einfache Beigeladene befugt, Berufung, Revision und Beschwerde einzulegen. Dieser Widerspruch löst sich aber auf, wenn man berücksichtigt, daß nach allgemeiner Auffassung ein Rechtsmittel eines Beigeladenen nur dann begründet ist, wenn der Beigeladene i n eigenen Rechten verletzt ist 9 2 . Die Begründetheit eines Rechtsmittels ist i n ent87 B V e r w G E 44, 351, 360; Kopp, § 89, Rdnr. 2; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 89, Rdnr. 4; Eyermann / Fröhler, § 89, Rdnr. 11: schlechthin unzulässig. 88 Vgl. oben Zweiter Teil, Α . I I . 1. 89 Bundestag Drucksache I I I 55, S. 41 zu § 90. 90 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α . I I . 2. c). 91 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Β . I I . 1. 92 B V e r w G E 16, 187; 47, 19, 21; 54, 328, 332; N J W 1972, 786; 1975, 551; vgl. auch B V e r w G N J W 1981, 67; O V G H a m b u r g DVB1 1951, 54; Kopp, § 124, Rdnr. 47; R e d e k e r / v o n Oertzen, § 66, Rdnr. 5; E y e r m a n n / F r ö h l e r , § 66, Rdnr. 11, Schunck / DeClerk, §§ 65, 66, Rdnr. 4 a. I n B V e r w G DVB1 1971, 588 = B a y V B l 1972, 216 blieb unklar, ob die Verletzung eigener Rechte Voraus-
Β . Befugnis des notwendig Beigeladenen, eigene Anträge zu stellen
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sprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beurteilen 93 . Begründetheit der Anfechtungsklage und des Rechtsmittels entsprechen sich insoweit 94 . Infolgedessen ist ein begründetes Rechtsmittel eines einfachen Beigeladenen i n der vorliegenden Rechtsprechung nicht feststellbar und auch begrifflich ausgeschlossen. Denn wenn das Rechtsmittel begründet ist, d. h. wenn der Beigeladene durch die gerichtliche Entscheidung i n eigenen Rechten verletzt ist, liegt eine notwendige Beiladung vor 9 5 . Die Rechtslage stimmt insoweit m i t dem preußischen Recht überein 98 . Sie bestätigt die Abhängigkeit der prozessualen Dispositionsbefugnis von der materiellen Verfügungsbefugnis und der Rechtskraftbindung. Die Rechtsverletzung als Voraussetzung der Begründetheit des Rechtsmittels des notwendig Beigeladenen soll verhindern, daß der notwendig Beigeladene als Berufungskläger etwas erreichen kann, was i h m als Kläger erster Instanz versagt bleiben müßte 97 . Obsiegt etwa ein Bauwerber m i t seiner Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung i n erster Instanz, soll die Berufung des beigeladenen Nachbarn nur dann Erfolg haben, wenn auch eine Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine sogleich von der Behörde erteilte Baugenehmigung begründet gewesen wäre. Der prozessuale Erfolg oder Mißerfolg des Nachbarn soll nach den Worten des Bundesverwaltungsgerichts nicht „von seiner mehr oder weniger zufälligen verfahrensrechtlichen Position als Kläger oder notwendig Beigeladener abhängig" 9 8 sein. Dieser Auffassung ist zuzustimmen 99 . Sie w i r d i n der vorliegenden Arbeit nicht nur für die Begründetheit des Rechtsmittels, sondern für die Rechtsstellung des notwendig Beigeladenen insgesamt vertreten. setzung der „Beschwer" oder der „Begründetheit" sei. Dies wurde aber i n B V e r w G E 47, 19, 21 zugunsten der „Begründetheit" klargestellt. Α. A. Bettermann, DVB1 1951, 40, wonach das Rechtsmittel des Beigeladenen begründet sein soll, w e n n Rechte des Klägers verletzt sind. 93 B V e r w G E 47, 19, 23. 94 Eine Ausnahme g i l t hier n u r bzgl. der höheren Verwaltungsbehörde, deren Zustimmung gem. §§ 19 Abs. 4 Satz 2, 36 Abs. 1 Satz 2 B B a u G erforderlich ist. Sie ist nicht befugt, Anfechtungsklage zu erheben, k a n n aber dennoch ein begründetes Rechtsmittel einlegen ( B V e r w G B a y V B l 1972, 216). Dies ist gerechtfertigt, w e i l behördeninterner Streit nicht i n einem selbständigen Verwaltungsprozeß ausgetragen werden soll (vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . 2. c)), das Rechtsmittel der höheren Verwaltungsbehörde gegen ein Verpflichtungsu r t e i l aber gerade der Verteidigung des ablehnenden Bescheides der Genehmigungsbehörde dient. 95 Vgl. oben D r i t t e r Teil, Α. I I . 1. 98 Vgl. oben Zweiter Teil, Α. I I . 1. 97 B V e r w G E 47, 19, 22. 98 B V e r w G E 47, 19, 23. 99 Vgl. bereits oben D r i t t e r Teil, A. I I I .
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Vierter Teil: Bedeutung der Rechtsstellung für die Prozeßhandlungen
Denn der prozessuale Erfolg einer Person ist nur dann von ihrer zufälligen Position als Kläger oder notwendig Beigeladener unabhängig, wenn sich die Rechtsstellungen dieser Beteiligten insgesamt, nicht nur bzgl. der Begründetheit eines Rechtsmittels entsprechen. I I I . Prozeßanträge
Aufgrund seiner Rechtsstellung kann der notwendig Beigeladene i n derselben Weise wie die Parteien auf den Inhalt der Sachentscheidung Einfluß nehmen. Prozeßanträge betreffen grundsätzlich nicht den Inhalt der Sachentscheidung 100 . Deshalb kann der notwendig Beigeladene grundsätzlich keine abweichenden Prozeßanträge stellen 101 . Eine Ausnahme gilt für den Fall, daß m i t dem Prozeßantrag Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht werden, insbesondere also für Beweisanträge. Diese sind für den Inhalt der Sachentscheidung von Bedeutung. Z u ihnen ist der notwendig Beigeladene gem. § 66 Satz 1 VwGO befugt.
100 101
Vgl. oben Vierter Teil, Α. X I V . Redeker / von Oertzen, § 66, Rdnr. 11.
ter
Teil
Zusammenfassung
Der notwendig Beigeladene hat i m Verwaltungsstreitverfahren dieselbe Rechtsstellung und dieselbe prozessuale Dispositionsbefugnis wie die Parteien. Er ist zwar nach dem heute allgemein anerkannten und auch i m Verwaltungsprozeß geltenden formellen Parteibegriff nicht Partei, w e i l weder von i h m noch gegen i h n Rechtsschutz begehrt wird. Die prozessuale Dispositionsbefugnis richtet sich jedoch nicht nach der Parteistellung, sondern nach der materiell-rechtlichen Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis und der Bindung an das rechtskräftige Urteil. Hierin besteht Übereinstimmung zwischen dem notwendig Beigeladenen und den Parteien. Die Maßgeblichkeit dieser Kriterien und die hieraus resultierende Gleichstellung des notwendig Beigeladenen ergeben folgende Überlegungen. Ein gerichtliches Urteil beinhaltet eine Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses, die die Subjekte dieses Rechtsverhältnisses ebenso durch materiell-rechtliche Verfügungen außerhalb eines Prozesses herbeiführen können. Den Inhalt der gerichtlichen Regelung können die Verfahrensbeteiligten durch ihre Prozeßhandlungen, ζ. B. durch Anerkenntnis oder Verzicht, maßgeblich beeinflussen. Die i m Verwaltungsprozeß geltende Dispositionsmaxime stellt sich von daher als die prozessuale Verlängerung der außerhalb eines Prozesses grundsätzlich gegebenen Verfügungsfreiheit der Beteiligten über das streitige Rechtsverhältnis dar. Die Dispositionsmaxime dient der V e r w i r k lichung dieser Verfügungsfreiheit i m Prozeß. Die prozessuale Dispositionsbefugnis kann deshalb nicht weiter reichen als die materiell-rechtliche Verfügungsfreiheit. Sie ist ebenso wie diese insbesondere durch Rechte Dritter eingeschränkt. Der notwendig Beigeladene ist nun aber ebenso wie die Parteien materiell-rechtlich am streitigen Rechtsverhältnis beteiligt. Nach einhelliger Auslegung des § 65 Abs. 2 VwGO ist er derart am streitigen Rechtsverhältnis beteiligt, daß die gerichtliche Entscheidung gleichzeitig und unmittelbar i n seine Rechte eingreifen muß. Da seine Rechte — ebenso wie solche der Parteien — den Gegenstand des Rechtsstreits bilden und seine materiell-rechtliche Beteiligung somit m i t derjenigen der Parteien (§ 42 Abs. 2 VwGO)
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Fünfter Teil: Zusammenfassung
übereinstimmt, hat er auch dieselbe prozessuale Dispositionsbefugnis wie die Parteien. Dies w i r d durch das K r i t e r i u m der Bindungswirkung des Urteils bestätigt. Eine gerichtliche Entscheidung ist nicht eine bloße Bestätigung einer außerprozessual bestehenden materiellen Rechtslage, sondern das Ergebnis eines zwischen den Beteiligten ausgetragenen Streits. I h r Inhalt ist entscheidend vom Verhalten der Beteiligten abhängig. Diese können durch Prozeßhandlungen und ebenso durch entsprechende Zurichtung ihres Sachvortrages ein Urteil herbeiführen, das zwar ihrem Willen, nicht aber der materiellen Gerechtigkeit entspricht. Da die gerichtliche Entscheidung maßgeblich durch das Verhalten der Beteiligten, nicht aber durch die objektive Wahrheit bestimmt wird, kann sie nicht jedermann, sondern nur solchen Personen gegenüber Geltung beanspruchen, die i n gleichberechtigter Weise Einfluß auf ihr Zustandekommen nehmen konnten. Dies bedeutet, daß Prozeßbeteiligte, die i n gleicher Weise der Rechtskraftwirkung unterliegen, i n gleicher Weise Einfluß auf das Urteil und folglich dieselbe prozessuale Dispositionsbefugnis haben müssen. Der notwendig Beigeladene ist nach ganz herrschender Meinung ebenso wie die Parteien an die Rechtskraft gebunden. Dies folgt unmittelbar aus § 121 VwGO, der die Bindungsw i r k u n g gegenüber allen Beteiligten einheitlich regelt. Die Einwände, die aus praktischen Erwägungen gegen die herrschende Meinung erhoben werden, sind — wie i m Dritten Teil, Β. II. 2. dargelegt — unbegründet. Das K r i t e r i u m der Bindungswirkung bestätigt damit die Auffassung, daß der notwendig Beigeladene i m Prozeß dieselbe Rechtsstellung innehat wie die Parteien. Weitere Bestätigung erfährt dieses Ergebnis durch einen historischen Rückblick. Das Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung ist i n der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts entwickelt worden. Der moderne Gesetzgeber hat hieran bewußt angeknüpft. Nach dieser Rechtsprechung w a r eine Beiladung — ebenso wie i m heutigen Recht — notwendig, wenn die gerichtliche Entscheidung unmittelbar i n Rechte Dritter eingriff. Der Eingriff i n subjektive Rechte war aber zugleich auch Voraussetzung der Klagebefugnis, d.h. der Rechtsstellung als Kläger, also als Partei. Infolgedessen hat das preußische OVG i n gleichgelagerten Fällen Dritte, die durch die gerichtliche Entscheidung i n ihren Rechten betroffen waren, teils als Partei, teils als notwendig Beigeladene am Rechtsstreit beteiligt. Verständlich ist diese Rechtsprechung nur, wenn man berücksichtigt, daß ein notwendig Beigeladener nach dieser Rechtsprechung dieselbe Rechtsstellung innehatte wie eine Partei. Auch die ganz überwiegende Meinung i m Schriftt u m sah den notwendig Beigeladenen als Partei an. Dies folgte unmittelbar aus dem damals — gegen Ende des 19. Jahrhunderts — herr-
Fünfter Teil: Zusammenfassung
sehenden materiellen Parteibegriff, wonach Parteien die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses waren. Die prozessuale Gleichstellung des notwendig Beigeladenen m i t den Parteien hat Konsequenzen für die Prozeßhandlungen der Parteien, aber auch für die Befugnis des notwendig Beigeladenen, durch eigene Prozeßhandlungen über den Streitgegenstand zu verfügen. Die Klageänderung bedarf nach der ausdrücklichen Regelung des § 91 Abs. 1 VwGO der Einwilligung des notwendig Beigeladenen, soweit sie nicht als sachdienlich zugelassen wird. Dasselbe gilt für den gewillkürten Parteiwechsel, der eine Klageänderung darstellt. Die Klagerücknahme erfordert nach § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht die Einwilligung des notwendig Beigeladenen. Freilich ist diese gesetzliche Regelung verfehlt, denn sie n i m m t dem notwendig Beigeladenen das Recht auf eine rechtskräftige Entscheidung, aus seiner Sicht i. d. R. auf eine Sachabweisung und damit den Schutz vor der Notwendigkeit, seine Rechte i n einem weiteren Rechtsstreit erneut verteidigen zu müssen. Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist nicht zustimmungsbedürftig. Das Interesse des notwendig Beigeladenen auf eine rechtskräftige Entscheidung kann hier durch entsprechende Anwendung des §113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geschützt werden. Unter den hier genannten Voraussetzungen kann der notwendig Beigeladene trotz der Erledigungserklärung eine Entscheidung über die Berechtigung des ursprünglichen Klageanspruchs verlangen. Die einseitige Erledigungserklärung des Beklagten ist kein Dispositionsakt und deshalb nicht m i t wirkungsbedürftig. Ubereinstimmende Erledigungserklärungen sind hingegen ohne M i t w i r k u n g des notwendig Beigeladenen nicht zulässig, w e i l i h m nicht gegen seinen Willen der Schutz eines rechtskräftigen Urteils entzogen werden kann. Die Mitwirkungsbedürftigkeit des Prozeßvergleichs folgt bereits aus seiner Doppelnatur. Er ist prozessual nur wirksam, wenn die Beteiligten auch materiell-rechtlich über den Streitgegenstand verfügen können (§ 106 VwGO). Dies ist aber gem. § 58 Abs. 1 V w V f G nur m i t Zustimmung des notwendig Beigeladenen der Fall. Anerkenntnis- und Verzichturteile kann der notwendig Beigeladene durch abweichende Sachanträge verhindern, w e i l er andernfalls an die Rechtskraft eines Urteils gebunden würde, auf das er keinen Einfluß nehmen konnte. Die Sprungrevision bedarf seiner Einwilligung. Sie kann nämlich von wesentlicher Bedeutung für den Sachverhalt, der dem Gericht zur Entscheidung unterbreitet wird, und dam i t auch für den Inhalt der Entscheidung werden. Eine Bindung des notwendig Beigeladenen an diese Entscheidung setzt deshalb seine M i t w i r k u n g an der Entscheidung über die Zurichtung des Sachverhalts, die i n der Sprungrevision liegen kann, voraus. I m übrigen sind Rechtsmittel zustimmungsfrei.
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Fünfter Teil: Zusammenfassung
Ebenso wie die Parteien durch Klageänderung und Widerklage kann auch der notwendig Beigeladene Anträge stellen, die einen neuen Streitgegenstand i n den Rechtsstreit einführen. Dabei ist er an dieselben Voraussetzungen und Grenzen gebunden, die für die Widerklage gelten. Prozeßanträge kann der notwendig Beigeladene grundsätzlich nicht stellen, weil seine Rechtsstellung i h m nur auf die Sachentscheidung Einfluß eröffnet. Dieser w i r d aber grundsätzlich durch Sachanträge ausgeübt. Eine Ausnahme gilt für die Geltendmachung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, etwa i n Form eines Beweisantrages. Hierdurch kann der Inhalt der Sachentscheidung beeinflußt werden. Hierzu ist der notwendig Beigeladene nach § 66 Satz 1 VwGO befugt.
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