Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB: Rücktritts-, Bereicherungs- und Schadensersatzrecht 3161473876, 9783161473876

Dagmar Kaiser vergleicht die verschiedenen Rückabwicklungsmechanismen. Inwieweit verpflichten und berechtigen diese die

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Einleitung
§ 2 Gesetzliche Rückabwicklungsmechanismen
A. Grundsatz
B. Rücktritt und Wandelung
I. Rückabwicklung
II. Voraussetzung
1. Wandelung
2. Rücktrittsrechte
a) Gesetzliche Rücktrittsrechte
b) Vertragliche Rücktrittsrechte
III. Historische Wurzeln
C. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Rückabwicklung
1. Grundsätze
2. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
II. Voraussetzung: Vom Schuldner übernommene Garantie oder zu vertretende Schädigung
III. Historische Wurzeln
D. Vertrauensschadensersatz
I. Culpa in contrahendo
1. Rückabwicklung
2. Voraussetzung
II. Schadensersatzanspruch aus Delikt, § 823 Abs. 2 BGB mit § 263 StGB, § 826 BGB
III. Historische Wurzeln
E. Bereicherungsrecht
I. Rückabwicklung
II. Voraussetzung
1. Leistung ohne Rechtsgrund
2. Wegen Leistungsstörungen
a) Allgemeines Leistungsstörungsrecht
aa) Rechtsfolgenverweisung in §§ 323 Abs. 3, 327 S. 2 BGB
bb) Anfängliche Unmöglichkeit, § 306 BGB
b) Gewährleistungsrecht
aa) Rückgewähr der gestörten Leistung
(1) Falschlieferung beim Stückkauf
(2) Falsch- und Schlechtlieferung beim Gattungskauf
bb) Zuvielleistung
cc) Rückgewähr der Gegenleistung bei Minderung
3. Wegfall der Geschäftsgrundlage
4. Irrtums- und Täuschungsanfechtung gem. §§ 119 Abs. 2, 123 BGB
III. Historische Wurzeln
F. Verhältnis der Rückabwicklungsmechanismen zueinander
I. Wahlrecht zwischen Rückabwicklungsmechanismen
1. Rücktritt/Wandelung oder Schadensersatz
a) Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung, §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB und positive Forderungsverletzung
b) Wandelung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung, §§ 634 Abs. 4, 462 BGB und §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
c) Wandelung oder Vertrauensschadensersatz, § 462 BGB oder culpa in contrahendo
2. Rücktritt/Wandelung oder Bereicherungsrecht
a) § 325 Abs. 1 S. 1 BGB und §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 BGB
b) Wandelung oder Minderung, §§ 634 Abs. 4, 462, BGB
3. Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Bereicherungsrecht
a) Unmöglichkeit, § 325 Abs. 1 S. 1 BGB und §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 BGB
b) Minderung, §§ 634 Abs. 4, 462 BGB und §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
4. Vertrauensschadensersatz und Bereicherungsrecht, culpa in contrahendo oder § 123 BGB
II. Kumulation von Rückabwicklungsmechanismen: Vertrauensschadensersatz und Bereicherungsrecht
III. Typengemischte Rückabwicklung
1. Kombination von Rücktritts- und Bereicherungsrecht
a) Verschuldensunabhängige Rücktrittsrechte, § 327 BGB
b) Ähnliche Regelungen
c) Analoge Anwendung des § 327 S. 2 BGB
2. Kombination von Rücktritts- und Schadensersatzrecht
G. Zusammenfassender Vergleich
§ 3 Befreiung von den vertraglichen Primärleistungspflichten
A. Rücktritt und Wandelung
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Gem. §§ 325 Abs. 1 S. 1 und 2, 326 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB
1. Erlöschen der Leistungspflicht des Schuldners
a) Mit Nachfristablauf (§ 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB)
b) Mit vom Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit (§ 275 BGB)?
c) Ausnahme im Wege der Naturalrestitution?
2. Erlöschen der Gegenleistungspflicht
a) Mit Erlöschen der Leistungspflicht des Schuldners?
b) Mit dem Schadensersatzverlangen?
aa) Differenz- oder Surrogationsmethode?
bb) Ausnahme für § 326 BGB?
II. §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
1. Erlöschen der Primärleistungspflicht des Schuldners
a) Kaufrecht
aa) Spezieskauf: Übergabe der Kaufsache
bb) Gattungskauf: Einigung über Schadensersatz
b) Werkvertrag
c) Ausnahme im Wege der Naturalrestitution?
2. Befreiung des Gläubigers von der Gegenleistungspflicht
III. Positive Forderungsverletzung
1. Erlöschen der Primärleistungspflicht des Schuldners
2. Befreiung des Gläubigers von der Gegenleistungspflicht
C. Vertrauensschadensersatz
D. Bereicherungsrecht
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen
A. Rücktritt und Wandelung
I. Rückgewährschuldverhältnis
II. Inhalt der Rückgewährpflichten
1. Rückgewähr in Natur gem. § 346 S. 1 BGB
2. Wertersatz gem. § 346 S. 2 BGB
a) Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung
b) Berechnung des Wertersatzes
aa) Vertragliche Gegenleistung
bb) Minderwertige Leistungen
cc) Nichtinanspruchnahme der Sache oder Dienste
c) Analoge Anwendung auf Werkleistungen?
aa) Nicht rückgabefähige Werkleistungen
bb) Erweiterung durch die herrschende Meinung
cc) Entwertung der Wandelung
dd) Unmöglichkeit der Abtrennung des Werkes?
ee) Wertersatz für die im Werk enthaltene Arbeitsleistung?
III. Verknüpfung der Rückgewährpflichten Zug-um-Zug
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Kein Rückgewährschuldverhältnis
II. §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB
1. Rückgewähr der Schuldnerleistung?
a) Teilunmöglichkeit und Teilverzug, §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2 BGB mit § 280 Abs. 2 BGB
aa) Voraussetzungen
bb) Rechtsfolgen, insbesondere Rückgewährpflicht des Gläubigers
(1) Nach Schadensersatzrecht?
(2) Nach Bereicherungsrecht?
(3) Nach Rücktrittsrecht
b) Quasi-Vollunmöglichkeit und Quasi-Vollverzug, §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB
c) Aliud-Lieferung
d) Rechtsmängelhaftung
2. Rückgewähr der Gläubigerleistung?
a) Ausschluß des Differenzschadensersatzes
b) Ausnahmen
aa) Erbrachte Geldleistung als Mindestschaden
bb) Vindikationsanspruch neben Schadensersatz
cc) Aufhebung der Auflassungsvormerkung nach § 812 BGB
c) Erweiterung der Ausnahmen zur Regel
aa) Begründung
bb) Rückabwicklungsmechanismus
(1) Schadensersatzrecht?
(2) Bereicherungsrecht?
(3) Rücktrittsrecht
III. §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
1. Rückgewähr der mangelhaften Sache?
a) Begründung
aa) Wortlautargument des RG
bb) Erst-Recht-Argument des BGH
cc) Schadensrechtliche Argumente
(1) Naturalrestitution
(2) Vorteilsausgleichung
(3) Schadensminderung
(4) Gesamtabrechnung
dd) Kombination von Wandelung und Schadensersatz
ee) Schlechtleistung als Teilleistungsstörung gem. § 280 Abs. 2. BGB
b) Rückabwicklungsmechanismus – Rücktrittsrecht über § 280 Abs. 2 BGB oder über § 467 S. 1 BGB?
aa) Interessewegfall gem. § 280 Abs. 2 S. 1 BGB?
bb) Erheblicher Mangel gem. §§ 459 Abs. 1 S. 2, 468 S. 2, 634 Abs. 4 BGB?
2. Rückgewähr der Gläubigerleistung?
IV. Verknüpfung der Rückgewährpflichten
1. Einseitiger Schadensersatzanspruch
2. Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen
C. Vertrauensschadensersatz
I. Schadensrechtlicher Schutz der Dispositionsfreiheit?
II. Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen
1. Inhalt des Schadensersatzanspruchs: Aufhebung des Vertrages
2. Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen
III. Verknüpfung der Rückgewährpflichten
D. Bereicherungsrecht
I. Inhalt der Rückgewährpflichten
1. Rückgewähr in Natur gem. § 812 Abs. 1 BGB
2. Erlangtes Geld
3. Wertersatzpflicht gem. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 Var. 1 BGB
a) Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung
aa) Gegenstand der Herausgabepflicht
bb) Berechnung des Wertersatzes
b) Werkleistungen
II. Verknüpfung der Rückgewährpflichten: Saldotheorie
1. Vermögenssaldo unter Einschluß der Gegenleistung
2. Saldierung ungleichartiger Leistungen
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 5 Unmöglichkeit der Rückgewähr
A. Rücktritt und Wandelung
I. Grundsatz
II. Anfängliche Rückgewährunmöglichkeit gem. §§ 347 S. 1, 989, 350 ff. BGB
1. Vorrang der §§ 350 ff. BGB
a) Anwendungsbereich
aa) Persönlich
bb) Zeitlich
cc) Sachlich
b) Praktische Bedeutung
2. Objektiver Tatbestand
a) Untergang und Verschlechterung
b) Unvermögen, insbesondere Veräußerung
c) Nicht: Herausgabeverweigerung
3. Subjektiver Tatbestand: Verschulden
a) Meinungsstand
b) Eigene Auffassung
aa) Kein „venire contra factum proprium“
bb) Nicht: Jede freie Handlung
cc) Gefahrtragungsregel des § 350 BGB
dd) Technisches Verschulden im Sinne des § 276 BGB
ee) Rücksichtnahmepflichten
(1) Begründung
(2) Berechtigung zum vertragsgemäßen Gebrauch
(3) Schwächerer Pflichtenmaßstab vor Kenntnis
c) Verarbeitung i.S. des § 352 BGB
4. Rechtsfolge
a) Ausschluß der Rückabwicklung gem. §§ 351, 352 BGB
b) Schadensersatz gem. §§ 347 S. 1, 989 BGB
aa) Inhalt
bb) Beschränkung auf Wertersatz?
III. Surrogatherausgabe gem. § 281 BGB
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Schadensersatzgläubiger
1. Schadensrechtliche Lösungen
a) Kein Ausschluß des Schadensersatzanspruchs
b) Minderung des Schadensersatzanspruchs
aa) Vorteilsausgleichung
bb) Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB
2. Rücktrittsrechtliche Lösung
a) Anwendung der §§ 347 S. 1, 989, 350 ff. BGB
b) Ausnahme nach § 440 Abs. 2 BGB?
II. Schadensersatzschuldner
C. Vertrauensschadensersatz
D. Bereicherungsrecht
I. Entreicherung, § 818 Abs. 3 BGB
1. Unmöglichkeit der Herausgabe
2. Rechtsprechung: Saldotheorie
a) Grundgedanke
b) Ausnahmsweiser Ausschluß
aa) Arglistanfechtung
bb) Sachmangelbedingte Entreicherung
3. Lösungen der Literatur
a) Saldo- oder Zweikondiktionentheorie?
aa) Faktisches Synallagma
bb) Bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht
b) Analoge Anwendung der §§ 350, 351 BGB
4. Eigene Auffassung
a) Über- und Unterdimensionierung der Saldotheorie
b) Keine Bindung an das vertragliche Austauschverhältnis
c) Keine analoge Anwendung der §§ 350, 351 BGB
d) Zweikondiktionentheorie
e) Korrektur des Entreicherungsrisikos durch flankierenden Vertrauensschadensersatz
II. Wiederherstellungs- oder Beseitigungspflicht
III. Surrogatherausgabe und Wertersatz
1. Surrogatherausgabe gem. § 818 Abs. 1 BGB
2. Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB
a) Objektiver Verkehrswert
b) Zeitpunkt der Wertbemessung
IV. Verschärfte Haftung gem. §§ 819 Abs. 1, 820 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 4, 279 BGB
1. Schadensersatz nach §§ 292, 989 BGB
2. Surrogatherausgabe nach § 281 BGB
3. Garantiehaftung für Geld?
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 6 Nutzungen und Verwendungen
A. Rücktritt und Wandelung
I. Herausgabe gezogener Nutzungen, §§ 347 S. 2, 987 Abs. 1 BGB
1. Sach- und Rechtsfrüchte
2. Gebrauchsvorteile
a) Wertersatz
b) Güter des täglichen Gebrauchs
c) Andere Gegenstände
3. Verbrauchsvorteile
4. Veräußerungserlös
5. Zinsen
6. Nichtgegenständliche Leistungen, § 346 S. 2 BGB
II. Schadensersatz für nicht gezogene Nutzungen, §§ 347 S. 2, 987 Abs. 2, 347 S. 3 BGB
III. Verwendungsersatz, §§ 347 S. 2, 994 Abs. 2 BGB
1. Verweisung auf das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
2. Ersatz notwendiger Verwendungen
a) Notwendigkeit der Verwendungen
aa) Substanzerhaltende Verwendungen
bb) Nutzungsermöglichende Verwendungen
cc) Lasten
dd) Veräußerungskosten
b) Geschäftsführung ohne Auftrag
3. Ersatz nützlicher Verwendungen
4. Fruchtgewinnungskosten, § 102 BGB
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Pflichten des Schadensersatzgläubigers
1. Anrechnung oder Herausgabe gezogener Nutzungen
2. Anrechnung oder Ersatz nicht gezogener Nutzungen
3. Verwendungsersatz
II. Pflichten des Schadensersatzschuldners
1. Herausgabe gezogener Nutzungen
2. Ersatz für nicht gezogene Nutzungen
3. Verwendungsersatz
C. Vertrauensschadensersatz
I. Nutzungsherausgabe
II. Verwendungsersatz
D. Bereicherungsrecht
I. Herausgabe gezogener Nutzungen, § 818 Abs. 1 BGB
1. Sach- und Rechtsfrüchte
2. Gebrauchsvorteile
a) Güter des täglichen Gebrauchs
b) Andere Gegenstände
3. Verbrauchsvorteile
4. Veräußerungserlös
5. Zinsen
II. Ersatz für nicht gezogene Nutzungen
III. Verwendungsersatz
1. Ersatzgrundlage: § 818 Abs. 3 BGB
2. Umfang
a) Zurechnungskriterien
b) Verwendungen
IV. Verschärfte Haftung
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 7 Vertrags- und Rückgewährkosten
A. Rücktritt und Wandelung
I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung
1. Kein Ersatz gem. §§ 347 S. 2, 994 Abs. 2 BGB
2. Sondervorschrift für die Wandelung: §§ 634 Abs. 4, 467 S. 2 BGB
II. Kosten der Rückgewähr
1. Kostenerstattungsanspruch?
2. Erfüllungsort
3. Rücknahmepflicht?
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung
II. Kosten der Rückgewähr
C. Vertrauensschadensersatz
I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung
II. Kosten der Rückgewähr
D. Bereicherungsrecht
I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung
II. Kosten der Rückgewähr
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 8 Geltendmachung und Verjährung der Rückgewähransprüche
A. Rücktritt und Wandelung
I. Rücktritt, § 349 BGB
1. Gestaltungserklärung
2. Verlust des Wahlrechts
3. Zeitliche Begrenzung
a) Befristung des Rücktrittsrechts
b) Verjährung der Rückgewähransprüche
4. Teilrücktritt
a) Vereinbarte Rücktrittsrechte
b) Gesetzliche Rücktrittsrechte
II. Wandelung, §§ 634, 462, 465 BGB
1. Anspruchsinhalt
a) Meinungsstreit
b) Eigene Auffassung
2. Verlust des Wahlrechts
3. Verjährung
4. Verbot der Teilwandelung
a) Grundsatz
b) Wandelungsvollzug bei Teilklagen
III. Vergleich von Rücktritt und Wandelung
B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
I. Anspruchsinhalt
II. Verlust des Wahlrechts
1. Schadensersatzanspruch aus §§ 325 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB
2. Schadensersatzanspruch aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
a) § 465 BGB analog?
b) § 466 BGB analog?
III. Verjährung
1. Schadensersatzanspruch aus §§ 325 Abs. 1 326 Abs. 1 BGB
2. Schadensersatzanspruch aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB
C. Vertrauensschadensersatz
D. Bereicherungsrecht
I. Geltendmachung
1. Gestaltungserklärung
2. Anspruch
II. Verlust des Wahlrechts
III. Ausschlußfristen und Verjährung
E. Zusammenfassender Vergleich
§ 9 Gesamtvergleich
A. Funktion der verschiedenen Rückabwicklungsmechanismen
I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
II. Rücktritt und Wandelung
III. Bereicherungsrecht
IV. Schlußfolgerung
B. Keine Verdrängung der Rücktrittsvorschriften
I. Zweistufiger Schadensersatzanspruch
II. Keine analoge Anwendung des § 327 S. 2 BGB auf den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten
C. Reformvorschläge
I. Rückgewährschuldverhältnis
II. Rücktritt unabhängig vom Vertretenmüssen des Schuldners
III. Schadensersatz wegen Nichterfüllung neben Rücktritt
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB: Rücktritts-, Bereicherungs- und Schadensersatzrecht
 3161473876, 9783161473876

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 43

ARTI BUS

Dagmar Kaiser

Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB Rücktritts-, Bereicherungsund Schadensersatzrecht

Mohr Siebeck

Dagmar Kaiser, geb. 1962, aufgewachsen bei Hamburg. Jurastudium in Freiburg und München seit Wintersemester 1982/83; Erstes Staatsexamen im Februar 1988 in München. Daneben Studium der Politischen Wissenschaften. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wirtschafts, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht der Universität Freiburg (Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch) seit April 1988. Referendariat am Landgericht Freiburg, Zweites Staatsexamen im Januar 1992. März 1993 Promotion zum Dr. iur., November 1998 Habilitation, beides an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der rechtswissenschaftlichen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg i.Br. gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die Deutsche Bibliothek Kaiser,

-

CIP-Einheitsaufnahme

Dagmar:

Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach B G B : Rücktritts-, Bereicherungs- und Schadensersatzrecht / Dagmar Kaiser. Tübingen : Mohr Siebeck, 2000 Jus Publicum; 43) ISBN 3-16-147387-6

978-3-16-157913-4 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

© 2000 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Pfäffingen aus der Garamond-Antiqua belichtet, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-9610

Vorwort Diese Arbeit ist von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. im Sommersemester 1998 als schriftliche Habilitationsleistung angenommen worden. Rechtsprechung, Aufsatz- und Kommentarliteratur sind bis einschließlich Oktober 1999 eingearbeitet. Ohne das Vorbild meines Lehrers, Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Löwisch, wäre ich bei diesem dogmatischen Thema Gefahr gelaufen, mich im Einzelnen zu verlieren und die praktischen Konsequenzen aus den Augen zu verlieren. Ihm verdanke ich viel. Mein Dank gilt auch dem Zweitgutachter Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Schlechtriem, der sich von Anfang an für das Thema interessiert hat. Besonders danken möchte ich Dr. Volker Rieble, der mich angespornt und durch wertvolle Kritik unterstützt hat. Frau Rechtsassessorin Natalie Struve hat die lästige Arbeit übernommen, diese Schrift vor Drucklegung auf Fehler durchzusehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Drucklegung der Arbeit durch eine Druckbeihilfe unterstützt. Ich widme diese Arbeit meinen Töchtern Carlotta und Johanna, die bei der Entstehung allgegenwärtig waren. Mannheim, im November 1999

Dagmar Kaiser

Inhaltsübersicht Vorwort

V

§ 1 Einleitung

l

§ 2 Gesetzliche Rückabwicklungsmechanismen

7

A. Grundsatz

7

B. Rücktritt und Wandelung

7

C. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

17

D. Vertrauensschadensersatz

23

E. Bereicherungsrecht

28

F. Verhältnis der Rückabwicklungsmechanismen zueinander

57

G. Zusammenfassender Vergleich

66

§ 3 Befreiung von den vertraglichen Primärleistungspflichten ..

69

A. Rücktritt und Wandelung

69

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

71

C. Vertrauensschadensersatz

107

D. Bereicherungsrecht

107

E. Zusammenfassender Vergleich

108

§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen

111

A. Rücktritt und Wandelung

111

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

129

C. Vertrauensschadensersatz

209

D. Bereicherungsrecht

224

E. Zusammenfassender Vergleich

240

§ 5 Unmöglichkeit der Rückgewähr

243

A. Rücktritt und Wandelung

243

VIII

Inhaltsübersicht

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

286

C. Vertrauensschadensersatz

298

D. Bereicherungsrecht

301

E. Zusammenfassender Vergleich

348

§ 6 Nutzungen und Verwendungen

353

A. Rücktritt und Wandelung

353

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

382

C. Vertrauensschadensersatz

391

D. Bereicherungsrecht

393

E. Zusammenfassender Vergleich

413

§ 7 Vertrags- und Rückgewährkosten

416

A. Rücktritt und Wandelung

416

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

434

C. Vertrauensschadensersatz

440

D. Bereicherungsrecht

442

E. Zusammenfassender Vergleich

455

§ 8 Geltendmachung und Verjährung der Rückgewähransprüche

457

A. Rücktritt und Wandelung

457

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

487

C. Vertrauensschadensersatz

497

D. Bereicherungsrecht

500

E. Zusammenfassender Vergleich

505

§ 9 Gesamtvergleich

508

A. Funktion der verschiedenen Rückabwicklungsmechanismen

508

B. Keine Verdrängung der Rücktrittsvorschriften

512

C. Reformvorschläge

517

Zusammenfassung

522

Literaturverzeichnis

527

Stichwortverzeichnis

551

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

§ 1 Einleitung

l

§ 2 Gesetzliche Rückabwicklungsmechanismen

7

A. Grundsatz

7

B. Rücktritt und Wandelung

7

I. Rückabwicklung II. Voraussetzung 1. Wandelung 2. Rücktrittsrechte a) Gesetzliche Rücktrittsrechte b) Vertragliche Rücktrittsrechte

III. Historische Wurzeln C. Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Rückabwicklung 1. Grundsätze 2. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

II. Voraussetzung: Vom Schuldner übernommene Garantie oder zu vertretende Schädigung

7 9 9 9 9 11

13 17 17 17 18

20

III. Historische Wurzeln

22

D. Vertrauensschadensersatz

23

I. Culpa in contrahendo 1. Rückabwicklung 2. Voraussetzung

II. Schadensersatzanspruch aus Delikt, § 823 Abs. 2 BGB mit § 263 StGB, § 826 BGB III. Historische Wurzeln E. Bereicherungsrecht I. Rückabwicklung

23 23 24

27 27 28 28

Inhaltsverzeichnis II. V o r a u s s e t z u n g 1. Leistung ohne Rechtsgrund 2. Wegen Leistungsstörungen a) Allgemeines Leistungsstörungsrecht aa) Rechtsfolgenverweisung in §§ 323 Abs. 3, 327 S. 2 B G B bb) Anfängliche Unmöglichkeit, § 306 B G B b) Gewährleistungsrecht aa) Rückgewähr der gestörten Leistung (1) Falschlieferung beim Stückkauf (2) Falsch- und Schlechtlieferung beim Gattungskauf . . . . bb) Zuvielleistung cc) Rückgewähr der Gegenleistung bei Minderung 3. Wegfall der Geschäftsgrundlage 4. Irrtums- und Täuschungsanfechtung gem. § § 1 1 9 Abs. 2, 123 B G B III. H i s t o r i s c h e W u r z e l n Verhältnis der Rückabwicklungsmechanismen zueinander I. W a h l r e c h t z w i s c h e n R ü c k a b w i c k l u n g s m e c h a n i s m e n 1. Rücktritt/Wandelung oder Schadensersatz a) Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung, §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB u n d positive Forderungsverletzung b) Wandelung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung, §§ 634 Abs. 4, 462 B G B u n d §§ 463, 480 Abs. 2, 635 B G B . . . . c) Wandelung oder Vertrauensschadensersatz, § 462 BGB oder culpa in contrahendo 2. Rücktritt/Wandelung oder Bereicherungsrecht a) § 325 Abs. 1 S. 1 BGB u n d §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 B G B b) Wandelung oder Minderung, §§ 634 Abs. 4, 462, B G B 3. Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Bereicherungsrecht. . . a) Unmöglichkeit, § 325 Abs. 1 S. 1 B G B u n d §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 B G B b) Minderung, §§ 634 Abs. 4, 462 B G B u n d §§ 463, 480 Abs. 2, 635 B G B 4. Vertrauensschadensersatz u n d Bereicherungsrecht, culpa in contrahendo oder § 123 B G B II. K u m u l a t i o n v o n R ü c k a b w i c k l u n g s m e c h a n i s m e n : Vertrauensschadensersatz und Bereicherungsrecht III. Typengemischte R ü c k a b w i c k l u n g 1. Kombination von Rücktritts- u n d Bereicherungsrecht

31 31 32 32 32 35 35 35 35 36 39 41 46 51 56 57 57 57

57 58 59 59 59 60 60 60 61 61

61 62 62

Inhaltsverzeichnis a) Verschuldensunabhängige Rücktrittsrechte, § 327 B G B b) Ahnliche Regelungen c) Analoge A n w e n d u n g des § 327 S. 2 B G B 2. Kombination von Rücktritts- u n d Schadensersatzrecht G . Z u s a m m e n f a s s e n d e r Vergleich

§ 3 Befreiung von den vertraglichen Primärleistungspflichten ..

XI 62 64 65 66 66

69

A. Rücktritt und Wandelung

69

B. S c h a d e n s e r s a t z w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g

71

I. G e m . §§ 3 2 5 A b s . 1 S. 1 u n d 2, 3 2 6 A b s . 1 S. 2 u n d 3 B G B . . 1. Erlöschen der Leistungspflicht des Schuldners a) Mit Nachfristablauf (§ 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB) b) Mit v o m Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit (§ 275 BGB)? c) Ausnahme im Wege der Naturalrestitution? 2. Erlöschen der Gegenleistungspflicht a) Mit Erlöschen der Leistungspflicht des Schuldners? b) Mit dem Schadensersatzverlangen? aa) D i f f e r e n z - o d e r Surrogationsmethode? bb) Ausnahme f ü r § 3 2 6 BGB? I I . §§ 4 6 3 , 4 8 0 A b s . 2, 6 3 5 B G B 1. Erlöschen der Primärleistungspflicht des Schuldners a) Kaufrecht aa) Spezieskauf: Ubergabe der Kaufsache bb) Gattungskauf: Einigung über Schadensersatz b) Werkvertrag c) Ausnahme im Wege der Naturalrestitution? 2. Befreiung des Gläubigers von der Gegenleistungspflicht III. Positive F o r d e r u n g s v e r l e t z u n g

71 71 71 73 79 82 82 87 87 94 97 97 97 97 98 101 102 105 106

1. Erlöschen der Primärleistungspflicht des Schuldners

106

2. Befreiung des Gläubigers von der Gegenleistungspflicht

106

C. Vertrauensschadensersatz

107

D. Bereicherungsrecht

107

E. Z u s a m m e n f a s s e n d e r Vergleich

108

§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen A. Rücktritt und Wandelung I. R ü c k g e w ä h r s c h u l d v e r h ä l t n i s II. Inhalt der R ü c k g e w ä h r p f l i c h t e n

111 111 111 112

XII

Inhaltsverzeichnis 1. Rückgewähr in N a t u r gem. § 346 S. 1 BGB 2. Wertersatz gem. § 346 S. 2 B G B a) Gebrauchsüberlassung u n d Dienstleistung b) Berechnung des Wertersatzes aa) Vertragliche Gegenleistung bb) Minderwertige Leistungen cc) Nichtinanspruchnahme der Sache oder Dienste c) Analoge A n w e n d u n g auf Werkleistungen? aa) N i c h t rückgabefähige Werkleistungen bb) Erweiterung durch die herrschende Meinung cc) E n t w e r t u n g der Wandelung dd) Unmöglichkeit der A b t r e n n u n g des Werkes? ee) Wertersatz f ü r die im Werk enthaltene Arbeitsleistung?. .

III. Verknüpfung der Rückgewährpflichten Zug-um-Zug B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Kein Rückgewährschuldverhältnis II. §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB 1. Rückgewähr der Schuldnerleistung? a) Teilunmöglichkeit und Teilverzug, §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2 B G B mit § 280 Abs. 2 B G B aa) Voraussetzungen bb) Rechtsfolgen, insbesondere Rückgewährpflicht des Gläubigers (1) N a c h Schadensersatzrecht? (2) N a c h Bereicherungsrecht? (3) N a c h Rücktrittsrecht b) Quasi-Vollunmöglichkeit u n d Quasi-Vollverzug, §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB c) Aliud-Lieferung d) Rechtsmängelhaftung 2. Rückgewähr der Gläubigerleistung? a) Ausschluß des Differenzschadensersatzes b) Ausnahmen aa) Erbrachte Geldleistung als Mindestschaden bb) Vindikationsanspruch neben Schadensersatz cc) A u f h e b u n g der Auflassungsvormerkung nach § 812 B G B c) Erweiterung der Ausnahmen z u r Regel aa) Begründung bb) Rückabwicklungsmechanismus (1) Schadensersatzrecht? (2) Bereicherungsrecht? (3) Rücktrittsrecht

III. §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB

112 114 114 115 115 116 117 120 120 120 122 123 126

128 129 129 130 130 130 130 132 133 140 142 143 151 152 154 154 156 156 158 160 163 163 169 169 172 174

179

Inhaltsverzeichnis 1. Rückgewähr der mangelhaften Sache? a) Begründung aa) Wortlautargument des R G bb) Erst-Recht-Argument des B G H cc) Schadensrechtliche Argumente (1) Naturalrestitution (2) Vorteilsausgleichung (3) Schadensminderung (4) Gesamtabrechnung dd) Kombination von Wandelung und Schadensersatz ee) Schlechtleistung als Teilleistungsstörung gem. § 280 Abs. 2. BGB b) Rückabwicklungsmechanismus - Rücktrittsrecht über § 280 Abs. 2 BGB oder über § 467 S. 1 BGB ? aa) Interessewegfall gem. § 280 Abs. 2 S. 1 BGB? bb) Erheblicher Mangel gem. §§ 459 Abs. 1 S. 2, 468 S. 2, 634 Abs. 4 BGB? 2. Rückgewähr der Gläubigerleistung? IV. V e r k n ü p f u n g d e r R ü c k g e w ä h r p f l i c h t e n 1. Einseitiger Schadensersatzanspruch 2. Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen C. Vertrauensschadensersatz I. S c h a d e n s r e c h t l i c h e r S c h u t z d e r D i s p o s i t i o n s f r e i h e i t ? II. R ü c k g e w ä h r d e r b e i d e r s e i t i g e n L e i s t u n g e n 1. Inhalt des Schadensersatzanspruchs: Aufhebung des Vertrages . . 2. Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen III. V e r k n ü p f u n g der Rückgewährpflichten D. Bereicherungsrecht I. I n h a l t d e r R ü c k g e w ä h r p f l i c h t e n 1. Rückgewähr in Natur gem. § 812 Abs. 1 BGB 2. Erlangtes Geld 3. Wertersatzpflicht gem. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 Var. 1 BGB . . . a) Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung aa) Gegenstand der Herausgabepflicht bb) Berechnung des Wertersatzes b) Werkleistungen

XIII 179 180 180 181 183 183 184 185 186 187 189 196 197 199 202 207 207 208 209 210 217 217 219 223 224 224 224 228 229 229 229 232 232

II. V e r k n ü p f u n g d e r R ü c k g e w ä h r p f l i c h t e n : S a l d o t h e o r i e

233

1. Vermögenssaldo unter Einschluß der Gegenleistung 2. Saldierung ungleichartiger Leistungen

233 236

E. Z u s a m m e n f a s s e n d e r Vergleich

240

XIV

Inhaltsverzeichnis

§ 5 Unmöglichkeit der Rückgewähr A. R ü c k t r i t t und Wandelung I. G r u n d s a t z

243 243 243

II. Anfängliche R ü c k g e w ä h r u n m ö g l i c h k e i t gem. § § 3 4 7 S. 1 , 9 8 9 , 3 5 0 ff. B G B

245

1. Vorrang der §§ 350 ff. B G B a) Anwendungsbereich aa) Persönlich bb) Zeitlich cc) Sachlich b) Praktische Bedeutung 2. Objektiver Tatbestand a) Untergang und Verschlechterung b) Unvermögen, insbesondere Veräußerung c) Nicht: Herausgabeverweigerung 3. Subjektiver Tatbestand: Verschulden a) Meinungsstand b) Eigene Auffassung aa) Kein „venire contra factum proprium" bb) Nicht: Jede freie Handlung cc) Gefahrtragungsregel des § 350 B G B dd) Technisches Verschulden im Sinne des § 276 B G B ee) Rücksichtnahmepflichten (1) Begründung (2) Berechtigung zum vertragsgemäßen Gebrauch (3) Schwächerer Pflichtenmaßstab vor Kenntnis c) Verarbeitung i.S. des § 352 B G B 4. Rechtsfolge a) Ausschluß der Rückabwicklung gem. §§ 351, 352 B G B b) Schadensersatz gem. §§ 347 S. 1, 989 B G B aa) Inhalt bb) Beschränkung auf Wertersatz?

245 245 245 245 247 248 250 250 252 254 255 255 260 260 263 263 267 269 269 272 276 278 280 280 280 280 282

I I I . Surrogatherausgabe gem. § 281 B G B B . Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Schadensersatzgläubiger 1. Schadensrechtliche Lösungen a) Kein Ausschluß des Schadensersatzanspruchs b) Minderung des Schadensersatzanspruchs aa) Vorteilsausgleichung bb) Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 S. 1 B G B

285 286 286 286 286 287 287 288

Inhaltsverzeichnis 2. Rücktrittsrechtliche L ö s u n g

XV 293

a) Anwendung der §§ 347 S. 1, 989, 350 ff. B G B

293

b) Ausnahme nach § 440 Abs. 2 B G B ?

295

II. Schadensersatzschuldner

297

C. Vertrauensschadensersatz

298

D. Bereicherungsrecht

301

I. Entreicherung, § 818 Abs. 3 B G B

301

1. Unmöglichkeit der Herausgabe

301

2. Rechtsprechung: Saldotheorie a) Grundgedanke b) Ausnahmsweiser Ausschluß

302 302 305

aa) Arglistanfechtung

305

bb) Sachmangelbedingte Entreicherung

307

3. Lösungen der Literatur a) Saldo- oder Zweikondiktionentheorie? aa) Faktisches Synallagma bb) Bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht b) Analoge Anwendung der §§ 350, 351 B G B 4. Eigene Auffassung

308 308 308 310 313 318

a) U b e r - u n d Unterdimensionierung der Saldotheorie

318

b) Keine Bindung an das vertragliche Austauschverhältnis

321

c) Keine analoge Anwendung der §§ 350, 351 B G B

324

d) Zweikondiktionentheorie

329

e) Korrektur des Entreicherungsrisikos durch flankierenden Vertrauensschadensersatz

II. Wiederherstellungs- oder Beseitigungspflicht III. Surrogatherausgabe und Wertersatz

334

335 337

1. Surrogatherausgabe gem. § 818 Abs. 1 B G B

337

2. Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 B G B

339

a) Objektiver Verkehrswert

339

b) Zeitpunkt der Wertbemessung

342

IV. Verschärfte Haftung gem. §§ 819 Abs. 1, 820 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 4, 279 B G B 1. Schadensersatz nach §§ 292, 989 B G B

344 344

2. Surrogatherausgabe nach § 281 B G B

346

3. Garantiehaftung für Geld?

347

E. Zusammenfassender Vergleich

348

XVI

Inhaltsverzeichnis

§ 6 Nutzungen und Verwendungen A. Rücktritt u n d Wandelung I. H e r a u s g a b e g e z o g e n e r N u t z u n g e n , §§ 347 S. 2, 987 A b s . 1 B G B

353 353

353

1. Sach- und Rechtsfrüchte 2. Gebrauchsvorteile a) Wertersatz b) Güter des täglichen Gebrauchs c) Andere Gegenstände 3. Verbrauchsvorteile 4. Veräußerungserlös 5. Zinsen 6. Nichtgegenständliche Leistungen, § 346 S. 2 BGB

354 355 356 356 362 364 365 365 366

II. S c h a d e n s e r s a t z f ü r n i c h t g e z o g e n e N u t z u n g e n , §§ 347 S. 2, 987 A b s . 2, 347 S. 3 B G B

367

III. V e r w e n d u n g s e r s a t z , §§ 347 S. 2, 994 A b s . 2 B G B

370

1. Verweisung auf das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 2. Ersatz notwendiger Verwendungen a) Notwendigkeit der Verwendungen aa) Substanzerhaltende Verwendungen bb) Nutzungsermöglichende Verwendungen cc) Lasten dd) Veräußerungskosten b) Geschäftsführung ohne Auftrag 3. Ersatz nützlicher Verwendungen 4. Fruchtgewinnungskosten, § 102 BGB

370 371 371 371 372 377 378 378 379 382

B. S c h a d e n s e r s a t z w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g I. P f l i c h t e n des S c h a d e n s e r s a t z g l ä u b i g e r s 1. Anrechnung oder Herausgabe gezogener Nutzungen 2. Anrechnung oder Ersatz nicht gezogener Nutzungen 3. Verwendungsersatz

382 383 383 386 387

II. P f l i c h t e n des S c h a d e n s e r s a t z s c h u l d n e r s

387

1. Herausgabe gezogener Nutzungen 2. Ersatz für nicht gezogene Nutzungen 3. Verwendungsersatz

387 389 389

C. Vertrauensschadensersatz I. N u t z u n g s h e r a u s g a b e II. V e r w e n d u n g s e r s a t z

391 391 392

Inhaltsverzeichnis

XVII

D. Bereicherungsrecht I. Herausgabe gezogener Nutzungen, § 818 Abs. 1 BGB

393 393

1. Sach- u n d Rechtsfrüchte 2. Gebrauchsvorteile a) G ü t e r des täglichen Gebrauchs b) Andere Gegenstände 3. Verbrauchsvorteile 4. Veräußerungserlös 5. Zinsen

394 395 395 399 400 400 401

II. Ersatz für nicht gezogene Nutzungen

402

III. Verwendungsersatz 1. Ersatzgrundlage: § 818 Abs. 3 B G B 2. U m f a n g a) Zurechnungskriterien b) Verwendungen

406 406 410 410 411

IV. Verschärfte Haftung

412

E. Zusammenfassender Vergleich

413

§ 7 Vertrags- und Rückgewährkosten A. Rücktritt und Wandelung I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung 1. Kein Ersatz gem. §§ 347 S. 2, 994 Abs. 2 B G B 2. Sondervorschrift f ü r die Wandelung: §§ 634 Abs. 4, 467 S. 2 B G B

II. Kosten der Rückgewähr 1. Kostenerstattungsanspruch? 2. Erfüllungsort 3. Rücknahmepflicht?

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung II. Kosten der Rückgewähr C. Vertrauensschadensersatz I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung II. Kosten der Rückgewähr

416 416 416 416 417

419 419 421 426

434 434 437 440 440 440

XVIII

Inhaltsverzeichnis

D. Bereicherungsrecht I. Kosten für Vertragsschluß und -durchführung II. Kosten der Rückgewähr E. Zusammenfassender Vergleich

§ 8 Geltendmachung und Verjährung der Rückgewähransprüche A. Rücktritt und Wandelung I. Rücktritt, § 349 B G B

442 442 448 455

457 457 457

1. Gestaltungserklärung

457

2. Verlust des Wahlrechts

458

3. Zeitliche Begrenzung a) Befristung des Rücktrittsrechts b) Verjährung der Rückgewähransprüche 4. Teilrücktritt

463 463 464 465

a) Vereinbarte Rücktrittsrechte

465

b) Gesetzliche Rücktrittsrechte

466

II. Wandelung, §§ 634, 462, 465 B G B 1. Anspruchsinhalt

471 471

a) Meinungsstreit

471

b) Eigene Auffassung

474

2. Verlust des Wahlrechts

477

3. Verjährung

479

4. Verbot der Teilwandelung

480

a) Grundsatz

480

b) Wandelungsvollzug bei Teilklagen

482

III. Vergleich von Rücktritt und Wandelung B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung I. Anspruchsinhalt II. Verlust des Wahlrechts

486 487 487 488

1. Schadensersatzanspruch aus §§ 325 Abs. 1, 326 Abs. 1 B G B

488

2. Schadensersatzanspruch aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 B G B

492

a) § 465 B G B analog?

492

b) § 466 B G B analog?

495

III. Verjährung

496

1. Schadensersatzanspruch aus §§ 325 Abs. 1 326 Abs. 1 B G B 2. Schadensersatzanspruch aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 B G B

496 497

Inhaltsverzeichnis

XIX

C. Vertrauensschadensersatz

497

D. Bereicherungsrecht

500

I. Geltendmachung 1. Gestaltungserklärung 2. Anspruch II. Verlust des Wahlrechts III. Ausschlußfristen und Verjährung E. Zusammenfassender Vergleich

§ 9 Gesamtvergleich A. Funktion der verschiedenen Rückabwicklungsmechanismen I. Schadensersatz wegen Nichterfüllung II. Rücktritt und Wandelung

500 500 501 502 504 505

508 508 508 509

III. Bereicherungsrecht

511

IV. Schlußfolgerung

512

B. Keine Verdrängung der Rücktrittsvorschriften I. Zweistufiger Schadensersatzanspruch II. Keine analoge Anwendung des § 327 S. 2 BGB auf den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten C. Reformvorschläge I. Rückgewährschuldverhältnis

512 512 514 517 517

II. Rücktritt unabhängig vom Vertretenmüssen des Schuldners . 519 III. Schadensersatz wegen Nichterfüllung neben Rücktritt

520

Zusammenfassung

522

Literaturverzeichnis

527

Stichwortverzeichnis

551

§ 1 Einleitung „Irgendwelche Vorteile sind mit dem Rücktritt oder der Wandelung, sofern gleichzeitig die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches vorliegen, so gut wie nie verbunden; zurückzutreten ist ein juristischer Kunstfehler."1 Liest man das Gesetz unbefangen, muß diese Aussage verwundern. §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2, 463, 480 Abs. 2, 635 B G B berechtigen, wenn der Schuldner die vertraglich versprochene Leistung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erbringt, den Gläubiger zur Wahl zwischen Rücktritt oder Wandelung einerseits und Schadensersatz wegen Nichterfüllung andererseits. Ein Wahlrecht des Gläubigers ist nur sinnvoll, wenn das Gesetz mit Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung unterschiedliche Rechtsfolgen bereithält. Ist eines der zur Wahl gestellten Rechte - wie nach herrschender Meinung der Rücktritt - keine taugliche Alternative, bleibt das Wahlrecht ein bloßes Lippenbekenntnis. Das Gesetz will dem Gläubiger als Reaktion auf Leistungsstörungen aber eine taugliche Alternative geben. Das drücken §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 B G B mit der Konjunktion „oder" und §§463, 480 Abs.2, 635 B G B mit der Präposition „statt" deutlich aus. Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt beabsichtigen unterschiedliche Rechtsfolgen: Der Schadensersatzanspruch hält am Vertrag fest und ist gleichsam „nach vorn gerichtet"; mit ihm soll der Gläubiger in Geld so gestellt werden, wie er stünde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte. Hingegen zielt der Rücktritt auf die Beendigung der vertraglichen Leistungspflichten und ist, wenn aufgrund des Vertrages Leistungen bereits erbracht worden sind, „rückwärts gerichtet" auf die Wiederherstellung des Zustandes, wie er vor dem Leistungsaustausch bestand. Schadensersatz wegen Nichterfüllung heißt Abwicklung des vertraglichen Leistungsprogramms in Geld, Rücktritt heißt Lösung vom vertraglichen Leistungsprogramm und Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen. 1 Huber, Leistungsstörungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S. 647, 751 f. - Hervorhebung von mir. Daß der Rücktritt neben dem Schadensersatz nach der Differenzmethode praktisch „überflüssig" ist, sagen auch Kisch JherJb 44 (1900), 68,117; von Mayr in 27. D J T (1904) II, 167, 188; Oertmann5 (1928) §325 Anm. l b byy; Larenz SR I 1 4 (1987) §22 II b S.342. Vgl. auch B G H vom 20.10.1994 - I X ZR 116/93 - LM § 675 B G B Nr. 210 = N J W 1995,449,450 f. = WM 1995, 398, 399 ff. (Eigentumswohnung); ebenfalls B G H vom 28.11.1997 - V Z R 178/96 - LM § 5 0 ZPO Nr. 49 mit Anm. Langenfeld = N J W 1998, 1079, 1081 = WM 1998, 245, 247 (VorGmbH): „Der Rücktritt ist im Regelfall der ungünstigere Rechtsbehelf." - Hervorhebung von mir.

2

§1

Einleitung

Beide Wege weisen in unterschiedliche Richtungen - warum soll der eine Weg eine Sackgasse sein? Zu der Aussage, zurückzutreten sei ein Kunstfehler, kann die herrschende Meinung nur gelangen, weil sie Rücktritt und Schadensersatz einander angleicht und dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2, 463, 480 Abs. 2 BGB und positiver Forderungsverletzung in weitem Umfang rücktrittsähnliche Wirkungen beilegt: Verlangt der Gläubiger vor Austausch der Leistungen Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach der Differenzmethode, befreit das beide Vertragspartner von ihren vertraglichen Leistungspflichten. Mit Hilfe des Schadensersatzes soll der Gläubiger zudem erreichen können, daß die Vertragspartner bereits erbrachte Leistungen zurückgewähren müssen: Machen Käufer oder Besteller wegen Mängeln der Kaufsache oder des Werkes Schadensersatzansprüche aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB geltend, sind sie nicht darauf beschränkt, die mangelhafte Kaufsache oder Werkleistung zu behalten und als Schadensersatz die Wertdifferenz zwischen mangelhafter und fehlerfreier Sache zu verlangen. Vielmehr können sie dem Verkäufer oder Unternehmer die mangelhafte Leistung im Wege des großen Schadensersatzes zurückgeben 2 . Zwar soll es dem Gläubiger wegen der Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz grundsätzlich verboten sein, seine Gegenleistung im Wege des Differenzschadensersatzes zurückzuverlangen. Von diesem Verbot macht die herrschende Meinung aber zwei wichtige Ausnahmen: Besteht die Gegenleistung - wie häufig - in Geld, kann der Gläubiger die gezahlte Summe als Mindestschaden geltend machen und die Gegenleistung damit praktisch zurückerhalten 3 . Hat der dem Schuldner eine Sachleistung übergeben, aber - etwa bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt - noch nicht übereignet, kann er das Geleistete nach § 985 BGB unter Anrechnung auf den Schadensersatz herausverlangen 4 . Nicht nur die Befreiung von den beiderseitigen Leistungspflichten und die Rückgewähr erbrachter Leistungen, sondern auch der Verwendungsersatz gem. §§347 S.2, 987 BGB Abs.2 BGB und der Ersatz gezogener Nutzungen gem. §§ 347 S. 2, 987 BGB Abs. 1 BGB findet eine - teilweise - Entsprechung im Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Aufwendungen, die der Schadensersatzgläubiger im Hinblick auf die Leistung gemacht hat, erhält er mit Hilfe der sogenannten Rentabilitätsvermutung ersetzt 5 . Hat der Gläubiger Nutzungen aus der Leistung des Schuldners gezogen, mindern diese seinen Ersatzanspruch 6 . Weil der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung so Funktionen des Rücktritts übernimmt und neben der Abwicklung (teilweise) auch die Rückabwicklung des Vertrages ermöglicht, kann er den Rücktritt weitgehend zurück2 3 4 5 6

§4B.III.1. §4B.II.2.b)aa). §4B.II.2.b)bb). § 6 B.I.3. und § 7 B.I. §6 B.II.l.

§ 1 Einleitung

3

drängen: Erhält der Gläubiger mit dem Anspruch auf Schadensersatz einerseits mehr (und nicht etwas anderes) als aufgrund des Rücktritts vom Vertrag und bindet andererseits der einmal erklärte Rücktritt den Gläubiger wegen seiner Gestaltungswirkung, dann erscheint es in der Tat als „Kunstfehler", wenn ein Rechtsanwalt seinem Mandanten bei Leistungsstörungen zum Rücktritt rät und nicht zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung 7 . Die herrschende Meinung drängt das Rücktrittsrecht nicht nur durch den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zurück, sondern ersetzt es zum Teil auch durch das Bereicherungsrecht. Der gesetzlich zum Rücktritt oder zur Wandelung Berechtigte soll nicht gem. § § 3 4 7 S. 1, 989 B G B , sondern analog § 327 S. 2 B G B nach Bereicherungsrecht haften, wenn der zurückzugewährende Leistungsgegenstand vor Kenntnis vom Rücktritts- oder Wandelungsgrund untergegangen ist. Gewollte Konsequenz ist, daß der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte gem. § 818 Abs. 2 B G B nur Wert-, nicht Schadensersatz schuldet und wegen § 818 Abs. 3 B G B für die Unmöglichkeit oder die Verschlechterung des Leistungsgegenstandes auch dann nicht einstehen muß, wenn er diese verschuldet hat 8 . Auch diese Auffassung erstaunt angesichts der gesetzlichen Regelung: Bei nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung gibt § 325 Abs. 1 B G B dem Gläubiger nicht nur in Satz 1 die Wahl zwischen Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt, sondern in Satz 3 zusätzlich die Wahl, die Gegenleistung nach Bereicherungsrecht zurückzuverlangen, §§ 323 Abs. 3 , 8 1 2 ff. B G B 9 . Ist die gekaufte Sache oder das hergestellte Werk mangelhaft, geben die §§ 4 6 2 , 4 6 3 B G B und §§ 6 3 4 , 6 3 5 B G B dem Käufer oder Besteller neben dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung und der Wandelung zusätzlich das Recht, den Kauf- oder Werkpreis zu mindern und das zuviel gezahlte Geld nach Bereicherungsrecht zurückzufordern 1 0 . Zwischen der Rückabwicklung nach Rücktritts- und der nach Bereicherungsrecht trennen auch deutlich die §§ 327 S. 1 und 2, 557a Abs. 1, 628 Abs. 1 S. 3 B G B . Das Gesetz sieht das Bereicherungsrecht dabei als den nachrangigen Rückabwicklungsbehelf an: Gem. §§323 Abs. 3, 462, 634, 812 ff. B G B kann der Gläubiger nicht die Rückgewähr der beiderseits ausgetauschten Leistungen verlangen, sondern nur die Rückgabe seiner Gegenleistung; § 3 2 7 S. 2 B G B stellt die Rückabwicklung nach Rücktrittsvorschriften in den Vordergrund und ersetzt diese nur dann ausnahmsweise durch die Rückgewähr nach Bereicherungsrecht, wenn der Schuldner die Leistungsstörung nicht zu vertreten hat 1 1 . 7 Vgl. B G H vom 20.10.1994 - I X ZR 116/93 - LM § 675 B G B Nr. 210 = N J W 1995, 449, 450 f. = WM 1995, 398, 399 ff. (Eigentumswohnung) und Nachweise oben in Fn. 1.

§ 5 D. Bei Verzug im gegenseitigen Vertrag besteht gem. § 326 Abs. 1 S. 2 B G B nur das Wahlrecht zwischen Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt. 10 Ein Minderungsrecht mit bereicherungsrechtlicher Rückforderung der überzahlten Gegenleistung hat der Gläubiger auch gem. § 323 Abs. 1 Hs. 2, Abs. 3 B G B . 11 Ähnlich §§ 557a Abs. 1,628 Abs. 1 S.3 B G B . 8 9

4

§ 1

Einleitung

Die Neigung in Rechtsprechung und Literatur, dem Rücktritt die Rolle des Stiefkindes unter den Rechten zuzuweisen, die dem Gläubiger wegen Leistungsstörungen zur Verfügung stehen, widerspricht dem Gesetz. Systematische und praktische Bedenken bestehen insbesondere gegen die Tendenz, dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung die Rolle des allumfassenden „Super-Anspruchs" mit Rückabwicklungsfunktion zuzuweisen. Bedenken richten sich ebenso gegen den Anspruch auf Vertrauensschadensersatz aus culpa in contrahendo und §§ 823 Abs. 2 BGB i. V.m. § 263 StGB, § 826 BGB, soweit die Rechtsprechung mit dessen Hilfe die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung beiseite schiebt: Hat der Verkäufer den Käufer durch arglistige Täuschung über einen Mangel der verkauften Sache zum Vertragsschluß bewegt, kann der Käufer die beiderseitige Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen nicht nur über das Bereicherungsrecht (nach Anfechtung seiner Willenserklärung gem. § 123 BGB) oder über Rücktrittsvorschriften (nach Wandelung des Kaufvertrages) erreichen, sondern nach ständiger Rechtsprechung auch im Wege der Naturalrestitution mit Hilfe seines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens 12 . Gegen den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung und den Anspruch auf den Vertrauensschaden als Rückabwicklungsinstrumente spricht, daß die auf deliktische Schadensersatzansprüche zugeschnittenen §§249 ff. BGB anders als die §§ 346 ff. BGB und - in beschränkterem Umfang - auch die §§812 ff. BGB keine Maßstäbe dafür vorgeben, wie die Rückgewähr bereits ausgetauschter Leistungen zu vollziehen ist. Das Fehlen näherer Regelungen gibt der Praxis zwar die Möglichkeit, flexibel auf Leistungsstörungen zu reagieren - man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, das diese Freiheit im Ubermaß genutzt und die Rückgewähr ausgetauschter Leistungen unreflektiert auf die Begründung gestützt wird, die der Richter gerade bei der Hand hat. Wie sonst ist es zu erklären, daß die Rückgewähr der Kaufsache im Rahmen des Schadensersatzanspruchs einmal auf die Vorteilsausgleichung, ein anderes Mal auf das Recht des Käufers zur Schadensabwälzung und dann wiederum auf die Schadensminderungsobliegenheit des Käufers aus §254 Abs. 2 S. 1 BGB gestützt wird 13 ? Daß handhabbare Regeln für die Rückabwicklung fehlen, erweist sich als spezifischer Nachteil der schadensrechtlichen Rückabwicklung gegenüber dem Rücktritts- und Bereicherungsrecht: Die Abwesenheit ausdifferenzierter Rückabwicklungsprinzipien erschwert die Rechtsanwendung mehr, als daß sie diese erleichtert. Zudem birgt sie die Gefahr, daß für die Entscheidungsfindung wesentliche Gesichtspunkte entweder nicht bedacht oder zumindest nicht offengelegt und so Wertungen des Gesetzes unterlaufen werden. Die Arbeit soll zeigen, daß sich Rechtsprechung und Literatur auf dem falschen Weg befinden: N u r Rücktritts- und Bereicherungsrecht dienen der Rückabwicklung von Verträgen, hingegen nicht das Schadensrecht. Zur Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Leistungsstörungen hält das BGB dabei 12 13

§4C. § 4 B.II.l.a)bb)[l] und § 4 B.III.l.a)cc).

§ 1 Einleitung

5

primär die §§ 3 4 6 ff. B G B bereit, hingegen nicht die § § 8 1 2 ff. B G B : Anders als das R ü c k t r i t t s r e c h t dient das Bereicherungsrecht nicht speziell der R ü c k a b wicklung von Verträgen, sondern soll allgemein rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig machen; für die bereicherungsrechtliche R ü c k a b wicklung von Verträgen sind Hauptgrund nicht Leistungsstörungen bei der Vertragsdurchführung, sondern die N i c h t i g k e i t des Vertrages aufgrund von Störungen beim Vertragsschluß 1 4 . Z u d e m enthält das Bereicherungsrecht für die R ü c k a b w i c k l u n g gegenseitiger Verträge keine besonderen Regelungen; solche Sonderregeln sind von der R e c h t s p r e c h u n g mit Hilfe der Saldotheorie entwickelt w o r d e n und bis heute höchst umstritten 1 5 . N i c h t das Schadensersatzrecht (und auch nicht das Bereicherungsrecht) zeigen den Weg für die R ü c k a b w i c k l u n g gegenseitiger Verträge wegen Leistungsstörungen, sondern die Rücktrittsvorschriften. U m diese T h e s e von den Rücktrittsvorschriften als dem maßgeblichen R ü c k a b w i c k l u n g s b e h e l f zu prüfen, müssen die einzelnen R ü c k a b w i c k l u n g s m e chanismen einander gegenübergestellt werden. D a b e i folgt aus der Fragestellung, daß sich die Überlegungen auf die Art und Weise der R ü c k a b w i c k l u n g , also auf die Rechtsfolgenseite konzentrieren. D i e Voraussetzungen für R ü c k tritt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Vertrauensschadensersatz sowie die Bereicherungshaftung werden nur erörtert, soweit diese für das Verständnis der Rechtsfolgen von Belang sind. Z u beantworten ist zunächst die Frage, o b und inwieweit die Geltendmachung des jeweiligen R ü c k a b w i c k lungsbehelfs die Vertragspartner von ihren vertraglichen Leistungspflichten befreit, w e n n n o c h keine Leistungen ausgetauscht sind (§ 3). H a t eine oder haben beide Parteien schon geleistet, m u ß geklärt werden, o b die erbrachte Leistungen zurückzugewähren ist (§ 4), und was geschieht, wenn die R ü c k g e w ä h r der empfangenen Leistung unmöglich ist (§ 5). Ergänzend ist zu untersuchen, o b die Parteien die aus der Leistung gezogenen N u t z u n g e n herausgeben und Verwendungen auf den Leistungsgegenstand erstatten müssen (§ 6), und o b sie einander sonstige Nachteile ersetzen müssen, die durch den Leistungsaustausch - etwa in F o r m aufgewandter Vertragskosten - entstanden sind oder durch die R ü c k a b wicklung - insbesondere durch deren K o s t e n - entstehen (§ 7). Schließlich ist darauf einzugehen, ab welchem Zeitpunkt die Parteien an den einmal gewählten R ü c k a b w i c k l u n g s b e h e l f gebunden sind und in welcher Frist die R ü c k g e w ä h r ansprüche verjähren (§ 8). Ausgespart bleiben aus der Betrachtung die R ü c k a b w i c k l u n g von Verträgen nach § 3 H W i G , auf die § 7 A b s . 4 V e r b r K r G verweist 1 6 , das gilt ebenso für die R ü c k a b w i c k l u n g nach A r t . 81 ff. C I S G : G r u n d dafür ist zunächst, daß schon der auf das B G B beschränkte Binnenvergleich von R ü c k t r i t t , Schadensersatz

§ 2 E. §5 D.I. 16 Zur analogen Anwendung des § 3 HWiG beim Rücktritt wegen irreführender Werbung gem. § 13 a UWG Staudinger/Kaiser™ (1995) vor §§ 346 ff. Rn. 13. 14 15

6

5 1 Einleitung

wegen Nichterfüllung und R ü c k a b w i c k l u n g von Verträgen nach B e r e i c h e rungsrecht außerordentlich k o m p l e x und umfangreich ist. W i e die im Laufe der A r b e i t näher erörterten Beispiele aus R e c h t s p r e c h u n g und Literatur zeigen, macht es schon das B G B dem R e c h t s a n w e n d e r nicht einfach, die richtigen L ö sungen (und Vorschriften) zu finden; mit der H i n z u n a h m e weiterer R ü c k a b wicklungsmechanismen liefe man Gefahr, statt mehr Klarheit vollends Verwirrung zu stiften. Zweiter G r u n d für die B e s c h r ä n k u n g auf den Binnenvergleich ist, daß man bei E i n b e z i e h u n g von § 3 H W i G und A r t . 81 ff. C I S G möglicherweise vorschnell die von diesen G e s e t z e n angebotenen Lösungen übernähme: H a t der Berechtigte den U n t e r g a n g der zurückzugebenden Leistung vor A u s übung seines Gestaltungsrechts ( R ü c k t r i t t oder Widerruf) verursacht, läge es w o m ö g l i c h nahe, die L ö s u n g des § 3 A b s . 1 S. 2 H W i G ( R ü c k g e w ä h r gegen Wertersatz, wenn der Berechtigte die Herausgabeunmöglichkeit wegen Verstoßes gegen die eigenübliche Sorgfalt zu vertreten hat) zu bevorzugen vor der des § 351 B G B (Ausschluß des Rücktritts bei Verschulden des Rücktrittsberechtigten) 1 7 . E b e n s o k ö n n t e n die A r t . 45 Abs. 2 und Art. 61 A b s . 2 mit Art. 75 f. C I S G , die die K o m b i n a t i o n von Schadensersatz wegen Nichterfüllung und R ü c k a b wicklung des Vertrages gestatten, das Vorverständnis prägen und eine solche L ö s u n g ohne weiteres als für das B G B wünschenswert erscheinen lassen. D a m i t verbaute man sich die C h a n c e , das B G B für sich sprechen zu lassen und zu eigenständigen Lösungen zu gelangen. D i e s e A r b e i t macht auch nicht den Versuch, auf rechtsvergleichendem Wege zu Ergebnissen zu k o m m e n . D a s hätte den U m f a n g der A r b e i t gesprengt und notwendig dazu führen müssen, daß die dogmatische Aufarbeitung des B G B zu k u r z k o m m t . M ö g e n die für das deutsche R e c h t in dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse als Grundlage für nachfolgende rechtsvergleichende U n t e r s u c h u n gen dienen.

17 Dem ähnelt die Wertersatzpflicht nach Art 84 Abs. 2 lit. b mit Art. 82 CISG; dazu Staudinger/Kaiser" (1995) vor §§ 346 ff. Rn. 144 mit Rn. 142. Zur Rückabwicklung nach § 3 HWiG allgemein ebd. Rn. 127 ff.

§ 2 Gesetzliche Rückabwicklungsmechanismen A. Grundsatz Das Rücktritts-, das Bereicherungs- und das Schadensersatzrecht bezwekken, eine zu Unrecht bestehende Güterzuordnung rückgängig zu machen; sie dienen der ausgleichenden, nicht der austeilenden Gerechtigkeit 1 . Dabei ist den Rückabwicklungsvorschriften der §§346 ff. BGB, der §§249 ff. BGB und der §§812 ff. BGB gemeinsam, daß sie Art und Umfang, nicht aber die Gründe für die Rückabwicklung regeln; diese setzen sie vielmehr voraus.

B. Rücktritt und Wandelung I.

Rückabwicklung

Rücktritt und Wandelung sind spezielle Vertragslösungsrechte, deren Ziel es ist, den status quo ante, d.h. den Zustand wiederherzustellen, der ohne den Vertrag bestanden hat: Sind noch keine Leistungen ausgetauscht worden, bewirken Rücktrittserklärung und Wandelungsvollzug, daß die beiderseitigen Vertragspflichten erlöschen. Hat einer oder haben beide Vertragspartner ihre vertraglich geschuldete Leistung bereits erbracht, müssen sie diese Leistungen einander zurückgewähren: Der Vertrag wird durch Rücktritt und Wandelung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, das die §§ 346 ff. BGB näher ausgestalten; diese Rückgewähr der Vertragsleistungen ist die charakteristische Folge von Rücktritt und Wandelung. Der zum Rücktritt berechtigte Vertragspartner kann gem. § 349 BGB durch einseitige Erklärung vom Vertrag zurücktreten. Dagegen löst bei der Wandelung nicht schon das Wandelungsbegehren des Käufers die Rechtsfolgen der 1

So zum Bereicherungsrecht von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333,335 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209,2\\;Stathopoulos in Festschrift für Sontis (1977) S. 203,233; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 6 7 1 1 c S. 129; abw. ordnet Esser II 4 (1971) § 100 I S. 330 nur das Schadensersatzrecht der ausgleichenden, das Bereicherungsrecht aber der verteilenden Gerechtigkeit zu; im Anschluß an ihn auch B G H vom 30.11.1976 - X ZR 81/72 - B G H Z 68, 90, 94 (Kunststoffhohlprofil); ebenso Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 113 für das Bereicherungsrecht. Allg. zur iustitia commutativa im Gegensatz zur iustitia distributiva Henkel, Rechtsphilosophie 2 (1977) § 32 VI - VIII S. 403 ff.; Zippelius Rechtsphilosophie 3 (1994) § 16 II S. 109 ff., 29 II und III S. 201 ff. und § 34, S. 225 ff.

8

$ 2 Gesetzliche

Riickabwicklungsmechanismen

§§ 346 ff. B G B aus, sondern erst der Vollzug der Wandelung im Sinne des § 465 B G B , also die Einigung von Verkäufer und Käufer über die Wandelung oder die Rechtskraft des der Kaufpreisklage stattgebenden Urteils. Rücktritt und Wandelung gestalten den Vertrag insgesamt in ein Rückgewährschuldverhältnis um, ein Teilrücktritt von einzelnen Vertragsbedingungen oder Vertragsteilen und eine Teilwandelung sind nach herrschender Meinung grundsätzlich nicht zulässig. Rücktritt und Wandelung sind ausgeschlossen, wenn die vom Rücktrittsoder Wandelungsberechtigten zurückzugewährende Sache vor Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug untergegangen oder wesentlich verschlechtert worden ist und der Berechtigte den Untergang oder die Verschlechterung verschuldet hat, § 3 5 1 B G B . Dagegen bleibt er gem. § 3 5 0 B G B zur Rückabwicklung des Vertrages berechtigt, wenn die Sache zufällig untergegangen oder verschlechtert worden ist. Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte die zurückzugewährende Sache verarbeitet oder in eine andere Sache umgestaltet, schließt das den Rücktritt auch dann aus, wenn ihn hinsichtlich der Verarbeitung kein Verschulden trifft, § 352 B G B . Davon macht § 467 S. 1 Hs. 2 B G B für die Wandelung eine Ausnahme, wenn sich der Mangel erst bei der Umgestaltung der Sache gezeigt hat. K o m m t der Berechtigte mit der Rückgewähr der empfangenen Leistung in Verzug, kann ihm der Rücktritts- oder Wandelungsgegner eine angemessene Frist zur Rückgewähr bestimmen, nach deren fruchtlosen Ablauf Rücktritt und Wandelung unwirksam werden, § 354 B G B . Die Rechtsfolgen von Rücktritt und Wandelung richten sich nach den §§ 346 - 348 B G B , auf die § 327 S. 1 B G B für die gesetzlichen Rücktrittsrechte und § 4 6 7 S. 1 Hs. 1 B G B für die Wandelung verweist: Gem. § § 3 4 6 S. 1 B G B , 348 B G B sind die Vertragspartner verpflichtet, einander die erbrachten Leistungen in natura Zug um Zug zurückzugewähren. Kann ein Rückgewährschuldner die Leistung nicht oder nur verschlechtert zurückgeben und hat er diese U n m ö g lichkeit der Rückgewähr verschuldet, macht er sich - soweit nicht die §§ 351 ff. B G B eingreifen - gem. §§ 347 S. 2, 989 B G B schadensersatzpflichtig. Für Leistungen, die ihrer Beschaffenheit nach nicht rückgabefähig sind, wird die R ü c k gewährpflicht gem. § 346 S. 2 durch eine Pflicht zum Wertersatz ersetzt. U m das Ziel der Rückgewähr, die Wiederherstellung des status quo ante, zu erreichen, regeln § 347 S. 2 und 3 B G B in Verbindung mit den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Zug um Zug zu erfüllende Nebenpflichten der Parteien zur Nutzungsherausgabe, Verzinsung einer Geldsumme und zum Verwendungsersatz; die wohl überwiegende Meinung will diese Haftung für den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten analog § 327 S. 2 B G B durch die Bereicherungsrechtshaftung ersetzen, solange er keine Kenntnis vom Rücktrittsoder Wandelungsgrund hat. Für die Wandelung enthält § 4 6 7 S . 2 B G B eine Sondervorschrift, nach der der Verkäufer dem Käufer zusätzlich die Vertragskosten zu ersetzen hat.

B. Rücktritt

II.

und

Wandelung

9

Voraussetzung

Das Recht zum Rücktritt vom Vertrag kann aus dem Gesetz folgen oder vertraglich vereinbart sein.

1. Wandelung Hauptanwendungsbereich der §§ 346 - 356 BGB ist - über §§ 467 S. 1 Hs. 2, 634 Abs. 4 BGB - die Rückabwicklung von Verträgen nach Wandelung, insbesondere von Kaufverträgen. Dagegen spielt die Wandelung bei Werkverträgen kaum eine Rolle 2 . Der Gläubiger, Käufer oder Besteller, ist zur Wandelung eines Kauf- oder Werkvertrages berechtigt, w e n n die Kaufsache oder das Werk einen Mangel aufweist, der den Gebrauch oder den Wert der Sache erheblich mindert, §§ 462,459 Abs. 1 BGB; der Besteller m u ß dem Unternehmer zudem durch eine von ihm gesetzte Nachfrist mit Ablehnungsandrohung Gelegenheit gegeben haben, den Mangel des Werkes zu beseitigen, § 634 Abs. 1 - 3 BGB 3 .

2.

Rücktrittsrechte

a) Gesetzliche

Rücktrittsrechte

Entgegen der Konzeption der Rücktrittsvorschriften, die in §346 S. 1 BGB das vertraglich vorbehaltene Rücktrittsrecht an die Spitze stellen, spielen gesetzliche Rücktrittsrechte wegen Leistungsstörungen des Schuldners aus §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB und positiver Forderungsverletzung die weitaus größere Rolle 4 : D e r Gläubiger ist berechtigt, die Rückabwicklung des Vertrages einzuleiten, wenn der Schuldner seine vertraglichen Leistungspflichten nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfüllt. Auf die verschuldensabhängigen Rücktrittsrechte aus §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB finden die §§ 346 ff. BGB gem. § 327 S. 1 BGB, auf das Rücktrittsrecht aus positiver Forderungsverletzung finden die §§ 346 ff. BGB analog § 327 S. 1 BGB Anwendung. Gesetzliche Rücktrittsrechte bestehen ebenso wie der Anspruch auf Wandelung nur im gegenseitigen Vertrag: Gem. §325 Abs. 1S.1 BGB kann der Gläubiger zurücktreten, w e n n dem Schuldner eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistung schuldhaft unmöglich geworden ist, gem. §326 Abs. 1 S. 2 BGB, 2

Erman/Sez7er 9 (1993) § 634 Rn. 16; begrüßt von Staudinger /Peters" (1994) § 634 Rn. 35. Wegen der geringeren Bedeutung der Wandelung für Werkverträge wird in der Regel ausdrücklich nur von Verkäufer und Käufer gesprochen, soweit nicht Unternehmer und Besteller wegen einer vom Kaufgewährleistungsrecht abweichenden gesetzlichen Regelung in §§ 633 ff. BGB gesondert genannt werden müssen. 4 Auf diese Rücktrittsrechte soll sich die Darstellung beschränken. Zu weiteren gesetzlichen Rücktrittsrechten, für die die §§346 ff. BGB gelten, Staudinger/Äzzser 13 (1995) vor §§ 346 ff. Rn. 79, 82 ff. und 87 ff. 3

10

5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

wenn der Schuldner eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistung trotz Mahnung schuldhaft verzögert und auch innerhalb der ihm vom Gläubiger unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist nicht leistet. Bei teilweiser Unmöglichkeit der Leistung und beim Teilverzug kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag zurücktreten, wenn durch die Teilleistungsstörung sein Interesse an der gesamten Leistung weggefallen ist, §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB. Wegen positiver Forderungsverletzung kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner eine Vertragspflicht schuldhaft verletzt hat und der Vertragszweck durch die Pflichtverletzung in einem Maße gefährdet wird, daß dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann 5 . Zwar berechtigt auch die positive Forderungsverletzung des Schuldners den Gläubiger nur im gegenseitigen Vertrag zum Rücktritt; anders als bei §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B setzt der Rücktritt nach herrschender Meinung aber nicht voraus, daß der Schuldner gerade eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht verletzt hat; ein Verstoß gegen die allgemeine Vertragstreuepflicht genügt6. Um dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, die Vertragsverletzung zu beenden, muß der Gläubiger diesem analog §326 Abs. 1 S. 1 B G B eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung setzen 7 , es sei denn, die Forderungsverletzung kann ohnehin nicht abgestellt werden oder ist so schwerwiegend, daß sie die sofortige Lösung vom Vertrag rechtfertigt 8 . Gesetzliche Rücktrittsrechte, die dem Gläubiger unabhängig von einer vom Schuldner zu vertretenden Leistungsstörung eingeräumt sind, wie das Recht des Käufers zum Rücktritt vom Fixhandelsgeschäft aus § 376 Abs. 1 S. 1 H G B

5 RG vom 8.11.1935 - III 347/34 - RGZ 149,187,189 ff. (Tabak); vom 27.5.1933 - 1 16/33 RGZ 140, 378, 384 f. („Freund der Hausfrau"); BGH vom 13.11.1953 - I ZR 140/52 - BGHZ 11, 80, 84 = NJW 1954, 229 (Chartervertrag); vom 10.12.1975 - VIII ZR 147/74 - LM §326 B G B (De) Nr. 4 = WM 1976, 75, 76 (Stahlroheisen); vom 19.10.1977 - VIII ZR 42/76 - NJW 1978,260 (Spoiler); vom 25.3.1987 - V I I I ZR 43/86 - LM § 139 B G B Nr. 65 = NJW 1987,2004, 2006 = WM 1987, 818, 820 (Programmsperre); vom 13.3.1996 - VIII ZR 99/94 - NJW-RR 1996, 949, 950 (Geschäftsanteile); grundlegend auch RG vom 6.3.1903 - II 388/02 - RGZ 54, 98, 99 ff. (Kies für U-Bahn-Tunnel); Staudinger/Otto13 (1995) § 326 Rn. 198, 208 ff. mit weiteren Nachweisen. 6 Deutlich B G H vom 19.10.1977 aaO. (Spoiler) - Austausch fabrikneuer gegen gebrauchte Spoiler an einem verkauften fabrikneuen Porsche vor Auslieferung an den Käufer; vom 13.3.1996 aaO. (Geschäftsanteile) - beeinträchtigende Geschäftstätigkeit des Verkäufers zu Lasten des Unternehmens, an dem er Anteile veräußert hat. 7 B G H vom 10.12.1975 aaO. (Stahlroheisen); vom 19.10.1977 - VIII ZR 42/76 - NJW 1978,260,261 (Spoiler); vom 28.3.1979-VIII ZR 1 5 / 7 8 - D B 1979,1648 (Plastikschalen); vom 5.11.1980-VIII ZR 2 3 2 / 7 9 - L M § 326 BGB 0 ) Nr. 5 = NJW 1981,679,680 = WM 1981,95,96 (Kies); Staudinger/Oi£o13 (1995) § 326 Rn. 201; Erman/Battes 9 (1993) § 326 Rn. 48. Zum Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung unter Abstandnahme vom Sukzessivlieferungsvertrag siehe auch B G H vom 10.11.1976 - VIII ZR 112/75 - WM 1977, 220,221 (Adventsstollen). 8 BGH vom 13.11.1953 - I ZR 140/52 - BGHZ 11, 80, 86 = NJW 1954, 229, 230 (Chartervertrag); vom 19.10.1977 aaO. (Spoiler); vom 28.3.1979 aaO. (Plastikschalen); Staudinger/ Otto13 (1995) § 326 Rn.202ff. Siehe auch BGH vom 5.11.1980 aaO. (Kies); vom 12.1.1993 - X ZR 63/91 - NJW-RR 1993, 882, 883 (Bluthochdrucktherapie-Computer).

B. Rücktritt

und

Wandelung

11

und des Bestellers einer Werkleistung aus § 6 3 6 Abs. 1 S. 1 B G B , lösen gem. § 327 S. 2 B G B nur f ü r den Gläubiger als Rücktrittsberechtigten Rückabwicklungspflichten nach den §§ 346 ff. B G B aus, während der Schuldner als Rücktrittsgegner Rückgewähr der empfangenen Leistungen gem. § 3 2 7 S. 1 B G B nach Bereicherungsrecht schuldet 9 .

b) Vertragliche

Rücktrittsrechte

Vertragliche Rücktrittsrechte ersetzen häufig gesetzliche Rücktrittsrechte oder das Wandelungsrecht, d.h. w e r d e n dem Gläubiger f ü r etwaige Leistungsstörungen des Schuldners eingeräumt. Beispiele sind der vertraglich vorbehaltene Rücktritt f ü r den Fall, daß der K ä u f e r den Kaufpreis nicht rechtzeitig zahlt 1 0 oder die Kaufsache nicht abnimmt 1 1 oder daß der verkauften oder herzustellenden Sache bestimmte Eigenschaften fehlen 1 2 . Dabei steht es den Parteien frei, dem Gläubiger den Rücktritt v o m Vertrag unabhängig v o m Vertretenmüssen des Schuldners zu erlauben. Andererseits kann sich der Schuldner ein Rücktrittsrecht f ü r den Fall v o r b e halten, daß sich die eigene Lage verändert und er dadurch an der rechtzeitigen oder vertragsgemäßen Leistung gehindert wird. Beispiele sind force-majeureKlauseln 1 3 und Arbeitskampfklauseln 1 4 . A u c h aus den Abreden „Selbstbelieferung vorbehalten" 1 5 , „Lieferungsmöglichkeit vorbehalten" 1 6 und „freibleibend" 1 7 kann ausnahmsweise ein Rücktrittsrecht folgen 1 8 . 9 Zu verschuldensunabhängigen Rücktrittsrechten mit teilweiser Rückabwicklung über Bereicherungsrecht Stuudinger/Kaiser13 (1995) vor §§346 ff. Rn. 94 ff. Näher unten §2 F.III, l.a). Zum Streit über die Begünstigung des Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten durch analoge Anwendung der §§ 327 S. 2, 812 ff. BGB § 2 F.III, l.c) und § 9 B.II. 10 RG vom 5.7.1923 - VI 1137/22 - RGZ 107, 106, 107 (Kugelfallmühle); BGH vom 19.5.1967 - V ZR 24/66 - LM § 346 BGB Nr. 6 = BB 1967, 777 (Eigentumswohnung) - mit zusätzlicher Voraussetzung einer Mahnung; vom 11.10.1968 - V ZR 121/67 - BB 1969, 383 (Grundstück) - mit zusätzlicher Voraussetzung einer Nachfristsetzung; vom 20.10.1978 - V ZR 27/77 - WM 1979, 422 (Hausgrundstück); vom 26.1.1983 - VIII ZR 342/81 - NJW 1983, 1320 (Möbel); vom 8.11.1984 - VII 42/84 - NJW 1985, 438 (Neubau) - bei Schuldnerverzug; vom 8.12.1989 - V ZR 174/88 - NJW 1990, 2068 (Hausgrundstück). 11 BGH vom 19.5.1967 aaO. (Eigentumswohnung) - mit zusätzlicher Voraussetzung einer Mahnung und vom 26.1.1983 aaO. (Möbel). 12 BGH vom 29.6.1981 - VII ZR 299/80 - LM § 358 BGB Nr. 1 = NJW 1981, 2403, 2404 (Rauchgasklappenregulatoren). Weitere Beispiele bei Staudinger/Äazser13 (1995) § 346 Rn. 2. 13 RG vom 29.2.1916-II 417/15-RGZ 88, 143, 146 (Trockenschnitzel) und vom 9.11.1917 - II 220/17 - RGZ 91, 108,109 (Kakao). Vgl. auch das Kündigungsrecht des Reiseveranstalters bei Beeinträchtigung oder Gefährdung der Reise aufgrund nicht voraussehbarer höherer Gewalt in §651j Abs. 1 BGB. 14 BGH vom 6.12.1984 - VII 227/83 - NJW 1985, 855, 857 (Leichtmetallfenster). 15 BGH vom 26.1.1983 - VIII ZR 342/81 - NJW 1983, 1320 (Möbel). 16 BGH vom 24.6.1958 - VII ZR 52/57 - LM § 157 BGB (Gf) Nr. 4 = NJW 1958, 1628 f. (Quecksilber). 17 RG vom 19.1.1921 - I 213/20 - JW 1921, 625 Nr. 4 (Kinderwagen); vom 17.11.1922 - II 802/21 - RGZ 105,368,370 (Falzbleche); OLG München vom 12.10.1983 - 7 U 1805/83 - WM 1985, 362, 363 (Videokassetten).

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Rückabwicklungsmechanismen

D i e Vertragspartner k ö n n e n auch vereinbaren, daß der R ü c k t r i t t nicht von bestimmten Voraussetzungen abhängig sein, sondern im freien Belieben eines Vertragspartners stehen soll 1 9 . M o t i v eines solchen Rücktrittsrechts wird häufig mangelnde Entschlußreife oder -freude sein: E i n Vertragspartner ist n o c h nicht sicher, o b er sich vertraglich binden will, und behält sich deswegen die jederzeitige L ö s u n g v o m Vertrag vor. D a s k o m m t in B e t r a c h t , w e n n der Gläubiger bei Vertragsschluß n o c h in Verhandlungen mit anderen Lieferanten steht und sich durch ein voraussetzungsloses R ü c k t r i t t s r e c h t die M ö g l i c h k e i t offenhalten will, jederzeit ein für ihn günstigeres Geschäft abzuschließen. D e n k b a r ist ein R ü c k t r i t t s r e c h t im freien Belieben des Gläubigers auch dann, wenn dieser die R i s i k e n des Geschäfts wie das der Unverkäuflichkeit der erworbenen Waren auf den Schuldner abwälzen will. E t w a k ö n n e n die Parteien vereinbaren, daß der Gläubiger die M ö g l i c h k e i t haben soll, die gekauften Waren bis z u m E n d e der Saison 2 0 oder nach A b l a u f einer bestimmten P r o b e z e i t 2 1 zurückzugeben. § 3 6 1 B G B und § 4 5 5 B G B enthalten Auslegungsregeln für den vertraglich vorbehaltenen R ü c k t r i t t b e i m relativen Fixgeschäft und bei E i g e n t u m s v o r b e halt des Verkäufers: Ist nach der Parteivereinbarung der Leistungszeitpunkt oder die Leistungsfrist wesentlicher Vertragsinhalt, soll der Gläubiger gem. § 3 6 1 B G B , w e n n Leistungszeitpunkt oder -frist nicht eingehalten werden, im Zweifel ohne Schuldnerverzug und unabhängig von den Voraussetzungen des § 3 2 6 Abs. 1 S. 1 und 2 B G B z u m R ü c k t r i t t berechtigt sein 2 2 . H a t sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das E i g e n t u m bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, soll er im Zweifel unabhängig von den Voraussetzungen des § 3 2 6 A b s . 1 S. 1 und 2 B G B z u m R ü c k t r i t t v o m Vertrag berechtigt sein, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug gerät 2 3 .

Näher Staudinger/Kaiser13 (1995) § 346 Rn. 3. In AGB können zugunsten des Verwenders Rücktrittsrechte im freien Belieben nicht vereinbart werden, §§10 Nr. 3, 9 AGBG, Staudinger/Äiiiser13 (1995) §346 Rn.9 und jetzt BGH vom 4.3.1997 - X ZR 141/95 - LM § 1 AGBG Nr. 28 mit Anm. Pfeiffer = NJW 1997, 2043, 2044 f. = WM 1997, 1586, 1588 ff. (BVB-Überlassung). 2 0 BGH vom 16.10.1985 - VIII ZR 287/84 - NJW 1986, 919f. (Pelzkauf). 21 So bei einer „Geld-zurück"-Garantie. 22 Dagegen enthält § 376 Abs. 1 HGB für den Fixhandelskauf unter denselben Voraussetzungen ein gesetzliches Rücktrittsrecht. Die Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts möchte die Auslegungsregel des §361 BGB durch ein gesetzliches Rücktrittsrecht ersetzen, § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB-KE und Schuldrechtskommission Abschlußbericht (1992) S. 168. 23 BGH vom 16.5.1984 - V I I I ZR 18/83 - LM § 455 BGB Nr. 40 = NJW 1984,2937 = WM 1984, 1095,1096 (Imbißstubeninventar). 18

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B. Rücktritt und Wandelung

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III. Historische Wurzeln D a ß die §§ 346 ff. B G B kasuistisch anmuten, beruht auf ihrem Entstehungsgrund: Das römische R e c h t und in dessen F o l g e das gemeine R e c h t kannten kein allgemeines Rücktrittsrecht; den Quellen wurde vielmehr ein R ü c k t r i t t s verbot e n t n o m m e n 2 4 . E i n e L ö s u n g v o m Vertrag k o n n t e n die Vertragspartner nur durch Vertrag erreichen. Zu diesem Z w e c k wurden mit dem Hauptvertrag verbundene N e b e n verträge (pacta adjecta) entwickelt. D e r wichtigste Nebenvertrag war die lex commissoria, die den Verkäufer berechtigte, sich unabhängig v o m Verschulden des Käufers v o m Vertrag zu lösen, wenn dieser den Kaufpreis nicht rechtzeitig gezahlt hatte 2 5 . I m gemeinen R e c h t war die lex commissoria als aufschiebend bedingter Aufhebungsvertrag institutionalisiert, der durch Potestativbedingung, also durch einseitige Erklärung des Gläubigers wirksam wurde. I m 19. J a h r h u n d e r t wurde die Auffassung herrschend, daß der Bedingungseintritt ex tunc und dinglich wirkt, d.h. das Eigentum des Käufers an der Kaufsache ipso iure an den Verkäufer zurückfällt. D i e R ü c k w i r k u n g geriet i m m e r mehr in Streit, da mit ihrer Hilfe zwischenzeitliche Veränderungen, etwa Verschlechterungen der Kaufsache, nicht hinreichend erfaßt werden k o n n t e n 2 6 . Wichtiger als diese Vertragsaufhebungsrechte war im römischen und gemeinen R e c h t die Wandelung von Kaufverträgen wegen verborgener Mängel der Kaufsache, die actio redhibitoria27. Sie wurde mit dem Minderungsrecht, der actio quanti minoris, im 2. Jahrhundert v o r Christus von den curulischen Aedilen durch zwei E d i k t e (Polizeiverordnungen) als Sondergewährleistungsrecht für Verkäufe auf dem M a r k t über Sklaven, später auch über Zugvieh eingeführt, u m den Käufer vor betrügerischem Verhalten des Verkäufers zu schützen 2 8 . Allmählich, spätestens mit Justinians C o r p u s Iuris Civilis wurde das Wandelungsund Minderungsrecht auf alle Kaufsachen erstreckt 2 9 , darüber hinaus k o n n t e der Käufer mit der zivilrechtlichen actio empti für „dictum et p r o m i s s u m " und

24 Zur Entstehungsgeschichte des Rücktrittsrechts Scherner, Rücktrittsrecht (1965); Leser, Rücktritt (1975) S. 1 ff. 25 Leser aaO. S. 16 ff.; Kunkel/Honseil, Römisches Recht4 (1987) § 117 S. 320 f.; siehe auch Scherner aaO. S. 33. 26 Leser aaO. S. 18 ff. 27 Siehe Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 29 ff.; Honseil in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S. 53, 59 und Kunkel/Honseil, Römisches Recht4 (1987) §116 S.316; Leiser in Festschrift Schnorr von Carolsfeld (1973) S. 299, 303. 28 Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 19ff.; Beckmann, Kauf I (1884) §§51 - 53 S. 395 ff.; Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 22 ff.; Käser, Römisches Privatrecht I 2 (1971) § 131 II 4 S. 558 ff.; Honseil in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S. 53, 57 ff. 29 Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 105 f.; Honsell in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S. 53, 60 f. und Ders., Quod interest (1969) S. 81 f.; Leiser in Festschrift Schnorr von Carolsfeld (1973) S. 299, 303; siehe auch Siber, Römisches Recht (1928) S. 202 f.

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

für „dolus" Schadensersatz geltend machen 30 . Die aedilitischen Rechtsbehelfe und die actio empti verschwammen ohne klare Grenzen 3 1 . Ziel der actio redhibitoria war die restitutio in integrum, d.h. die Wiederherstellung des ohne den Vertrag bestehenden Zustandes 32 : Der Käufer konnte Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Kaufsache verlangen. Mit der Sache mußte er bestimmte Sachfrüchte herausgeben 33 , konnte aber Ersatz der auf die Kaufsache gemachten Aufwendungen 3 4 , möglicherweise auch Zinsen auf den Kaufpreis verlangen 35 . Der Käufer war vorleistungspflichtig; d.h. hatte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nur, wenn er die Kaufsache dem Verkäufer zurückgab 36 . Im gemeinen Recht wurde die Auffassung herrschend, daß der Käufer nicht nur die gezogenen Sachfrüchte herausgeben, sondern auch Ersatz für die Sachfrüchte leisten mußte, die er bei gehöriger Sorgfalt hätte ziehen können. Gleichzeitig war der Verkäufer verpflichtet, den Kaufpreis mit Zinsen zurückzahlen sowie die Vertragskosten und die notwendigen sowie nützlichen Verwendungen des Käufers auf die Sache zu erstatten 37 . Für den Fall, daß der Käufer die Sache nicht oder nicht in dem ursprünglichen Zustand zurückgeben konnte, bildeten sich aufgrund typischer Konfliktsitua30 Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 59 f£.; von Lübtow in Studi in onore di Paoli (1956) S. 489 ff.; Honseil, Q u o d interest (1969) S. 82 ff., 87 ff. und Kunkel/Honseil, Römisches Recht 4 (1987) § 116 S. 3X8 f.; Medicus, Id quod interest (1962) S. 125 f. und Ders. in Festschrift Kern (1968) S.313, 317; Käser, Römisches Privatrecht I 2 (1971) §131 II 2 S.557f. mit Fn.39; siehe auch S o e r g e l / H u b e r u (1991) vor §459 Rn. 6 - d e r Inhalt des Schadensersatzanspruchs ist zweifelhaft; abw. auch für eine aedilitische Klage auf das Interesse Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 34 f. 31 Käser aaO. I 2 (1971) § 131 II 2 und 4 S. 557ff. und II 2 (1975) § 264 V 2 S. 393 f. 32 Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 32; Siber, Römisches Recht II (1928) S. 201; Honseil in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S.53, 60 und Kunkel/Honseil, Römisches Recht 4 (1987) § 116 S. 317; Medicus, Id quod interest (1962) S. 121. 33 Honseil, Q u o d interest (1969) S. 71; Ders., in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S. 53, 60 und Kunkel/Honseil aaO. („Früchte"); Medicus, Id quod interest (1962) S. 122 „ganzen Erwerb"); Käser, Römisches Privatrecht I 2 (1971) S. 559 Fn. 48 („bestimmte Akzessionen"); Muscheler AcP 187 (1987) 343, 346 („aus seiner Benutzung gezogenen Vorteile" zur Kompensation der Fütterungskosten). 34 Haymann, Verkäuferhaftung (1912) S. 34 („Auslagen"); Käser aaO. („gewisse Aufwendungen"); Medicus aaO. S. 121 („Aufwendungen für den Sklaven ... und für den Kaufabschluß"); Honseil in Gedächtnisschrift Kunkel aaO. mit Fn. 40 und Kunkel/Honsell aaO. („Aufwendungen); siehe auch Ders. Q u o d interest (1969) S. 70 f.; Muscheler aaO. („notwendige und nützliche Verwendungen", „Verbindlichkeiten"). 35 Das stellen nur Honseil, Q u o d interest (1969) S. 71, Ders. in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S. 53, 60 („gezogene Früchte") und Kunkel/Honsell aaO.; Medicus aaO. sowie Muscheler aaO. ausdrücklich fest. Gegen die im gemeinen Recht häufig vertretene Auffassung, der Käufer habe von vornherein Anspruch auf den doppelten Kaufpreis (duplum), Eck in Festschrift Beseler (1885), 159, 187ff. 36 Deutlich Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S. 15 ff.; Eck aaO. S. 165; Beckmann, Kauf III 2 (1908) § 342 S. 121; siehe auch Käser aaO. S. 559 Fn. 49; a.A. Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 26 f. 37 Windscheid/Kipp, Pandekten II 9 (1906) §394 S.689f.; Dernburg, Pandekten II 1 (1886) § 101 1 a und b S.267; Beckmann, Kauf III 2 (1908) §342 S. 127 f., 131 ff.

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tionen Einzelregelungen heraus: War die Kaufsache zufällig untergegangen, k o n n t e der Käufer nach dem G r u n d s a t z „mortuus redhibetur"

gleichwohl

wandeln; hatte er die Verschlechterung oder den Untergang verschuldet, mußte er Wertersatz leisten. D i e Veräußerung der Sache schloß die actio redhibitoria generell aus 3 8 . D i e genauen Regeln waren n o c h im gemeinen R e c h t äußerst streitig 3 9 . I m 19. Jahrhundert wurde dem Gläubiger zudem schrittweise ermöglicht, sich von der Leistungspflicht des Schuldners und seiner vertraglichen Gegenleistungspflicht zu lösen 4 0 . Das Allgemeine D e u t s c h e Handelsgesetzbuch von 1861 führte für den Handelskauf gegen starken Widerstand mit A r t . 354 - 3 5 6 ADHGB

schließlich ein gesetzliches R ü c k t r i t t s r e c h t ein, das wegen seiner W u r -

zeln im Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung verschuldensabhängig war 4 1 . I m Schuldnerverzug sollte jeder Vertragspartner - soweit er

seinerseits

noch nicht geleistet hatte - , nach fruchtlosem Ablauf einer N a c h f r i s t berechtigt sein, entweder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder v o m Vertrag zurückzutreten. D e r R ü c k t r i t t setzte anders als das faktische A b g e h e n v o m Vertrag im R a h m e n des Schadensersatzanspruchs keinen Interessewegfall voraus und erleichterte dem Gläubiger so die L ö s u n g v o m Vertrag; ausschließlich mit Hilfe des R ü c k t r i t t s sollte der Gläubiger Sachleistungen zurückfordern können. Das Rücktrittsrecht wurde dem Gläubiger deswegen nur alternativ zum Schadensersatzanspruch gewährt 4 2 . Regelungen über die R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages hat das A D H G B durch die B e s c h r ä n k u n g auf beiderseits n o c h nicht erfüllte Verträge bewußt vermieden 4 3 . In den Beratungen z u m BGB wurden die B e s c h r ä n k u n g e n des A D H G B aufgegeben 4 4 : D i e Erste K o m m i s s i o n erkannte erstmals ein allgemeines R ü c k t r i t t s recht an, indem sie neben das vertragliche R ü c k t r i t t s r e c h t und die Wandelung ein gesetzliches Rücktrittsrecht wegen zu vertretender U n m ö g l i c h k e i t stellte ( E I § 369, jetzt § 325 B G B ) und die Regelungen der lex commissoria und der actio redhibitoria zusammenfaßte: D e r R ü c k t r i t t sollte in A n k n ü p f u n g an die Bedingungskonstruktion der lex commissoria durch einseitige Erklärung ausgeübt werden ( E I § 426, jetzt § 3 4 9 B G B ) , für die Wandelung gab es Sonderre-

Ausführlich unten § 5 A.II.2.b) zu §§ 350 ff. BGB. Zum Streitstand Eck in Festschrift Beseler (1885) S. 159, 163 f. 40 Siehe Scherner, Rücktrittsrecht (1965) S. 140 ff.; auch S. 112 ff. zum im 18. Jahrhundert unter Einfluß des Naturrechts entwickelten Rücktrittsrecht wegen Schuldnerverzugs. Zur Lösungsmöglichkeit im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gleich § 2 C.III. 41 Dazu Leser, Rücktritt (1975) S. 10 ff. 42 Prot. ADHGB III S. 1400 - 1410, 4594 ff.; Beinert, Rücktritt (1979) S. 179 ff.; Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 58 Fn. 113. 43 Leser, Rücktritt (1975) S. 10 ff. 44 Zur Gesetzgebungsgeschichte Beinert aaO. S. 181 ff.; Jakobs aaO. S. 55 ff.; Muscheler AcP 187 (1987), 343, 347 ff.; siehe auch Scherner, Rücktrittsrecht (1965) S. 200 ff. zur Entwicklung der Gerichtspraxis parallel zur Entstehung des BGB. 38

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§ 2 Gesetzliche

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Rückabwicklungsmechanismen

geln ( E I § § 3 8 3 , 384, später § § 4 6 2 , 4 6 5 B G B ) 4 5 . D i e R ü c k a b w i c k l u n g s v o r schriften der actio redhibitoria wurden in das R ü c k t r i t t s r e c h t ü b e r n o m m e n ( E I §§ 4 2 9 , 4 3 0 ; jetzt §§ 350 ff. B G B ) 4 6 . In der Zweiten K o m m i s s i o n wurden die bis dahin auf die Sachrückgabe beschränkten Rückabwicklungspflichten ( E I § 427, jetzt § § 3 4 6 , 3 4 7 B G B ) erweitert auf den Wertersatz für geleistete D i e n s t e und für die Überlassung des G e b r a u c h s oder der B e n u t z u n g einer Sache ( E I I § 2 9 8 Abs. 1 S. 3); die R e d a k t i o n s k o m m i s s i o n fügte die M ö g l i c h k e i t hinzu, den Wertersatz anhand des Vertragspreises zu bestimmen ( E I I I § 3 4 0 , beides jetzt § 3 4 6 S. 2 B G B ) . D a r ü b e r hinaus hat die Zweite K o m m i s s i o n den Verweis auf das E i gentümer-Besitzer-Verhältnis erweitert: W ä h r e n d ursprünglich nur auf die Vorschriften über den Verwendungsersatz verwiesen wurde ( E I § 4 2 7 A b s . 3, jetzt § 347 S. 2 B G B ) , erstreckte sie den Verweis auch auf die Schadensersatzpflicht wegen Untergangs der zurückzugebenden Sache und auf die N u t z u n g s vergütung: D e r Rückgewährpflichtige sollte wie ein Besitzer ab Rechtshängigkeit haften, da er v o n Anfang an mit der R ü c k g e w ä h r rechnen müsse ( E II 298 A b s . 2 S. 1, j e t z t § 3 4 7 S. 1 und 2 B G B ) 4 7 . Das R e c h t des Gläubigers, sich wegen Nichterfüllung v o m Vertrag zu lösen und seine Leistung zurückfordern zu k ö n n e n , war so neu, daß die Gesetzesverfasser dieses Lösungsrecht beschränkten: Z u m einen schloß man die K o m b i n a tion von R ü c k f o r d e r u n g und Schadensersatz aus 4 8 . Z u m anderen sollte eine R ü c k t r i t t s m ö g l i c h k e i t nur bestehen, wenn der Schuldner die Leistungsstörung zu vertreten hatte 4 9 . Diese B e s c h r ä n k u n g meinte man dem G r u n d s a t z „pacta sunt servanda" schuldig zu sein, der in E I § 3 6 0 B G B 5 0 n o c h seinen Niederschlag gefunden hatte; sie lag zudem in der Tradition des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung, der für das R ü c k t r i t t s r e c h t Pate gestanden hatte 5 1 . D e r in der Zweiten K o m m i s s i o n gemachte Vorschlag, dem Gläubiger ein R ü c k t r i t t s r e c h t nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung auch dann zu geben, wenn der Schuldner die Nichterfüllung nicht zu vertreten hatte 5 2 , wurde unter anderem deswegen abgelehnt, weil man sich dadurch „allzuweit v o n dem in Deutschland geltenden R e c h t e e n t f e r n e " 5 3 .

Ausführlich unten § 8 A.II. Ausführlich Leser, Rücktritt (1975) S. 29 ff, 60 ff. 47 Leser aaO. S. 54 ff.; siehe auch Glaß, Rücktritt (1959) S. 39. 48 Mot. II S. 210f. Siehe noch unten § 4 B.II.2.a) und § 4 B.II.2.c)aa). 49 Vgl. Mot. II S. 210; Prot. I S. 643 ff. 50 Ohne Entsprechung im BGB. 51 Beinert, Rücktritt (1979) S. 176 ff., 181 ff.\Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 55 ff. und Ders. in Festschrift Mann (1977) S. 33, 51 ff. 52 Prot. I S. 645 f. 53 Prot. I S. 647; Beinert aaO. S. 183 ff.; Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 56 f. 45 46

C. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

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C. Schadensersatz wegen Nichterfüllung I.

Rückabwicklung

1. Grundsätze Aus §249 S. 1 BGB folgt der Grundsatz des Totalersatzes-. Der Schuldner muß dem Gläubiger alle Schäden ersetzen, die aus der Leistungsstörung resultieren. Mit der Formulierung „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersätze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre" knüpft 249 S. 1 BGB den Totalersatz im Anschluß an Friedrich Mommsen 5 4 an den Vergleich zwischen dem wirklich bestehenden schadensbelasteten Ist-Zustand und dem hypothetischen schadensfreien Soll-Zustand. Grundlage für den Schadensersatz ist damit die Differenzhypothese55. Für den Schadensersatzanspruch wird von der herrschenden Meinung eine rechnerische Differenz zum Nachteil des Geschädigten, kurz: ein Vermögensschaden vorausgesetzt 56 ; abweichend wird die Differenzhypothese von einer Minderheit nicht als reiner Vermögensvergleich, sondern als Vergleich zweier Zustände interpretiert 57 . Schadensersatz ist gem. §249 S. 1 BGB grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution zu gewähren: Der Schuldner soll den Zustand ohne das schädigende Ereignis gegenständlich wiederherstellen; ein bloßer Ausgleich des Vermögensnachteils in Geld genügt nicht. Der Schadensersatz soll in erster Linie die Inte-

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Mommsen, Interesse (1855) S. 3. B G H vom 29.4.1958 - VI ZR 82/57 - B G H Z 27, 181, 183 f. (Kraftwagen); vom 30.9.1963 - III ZR 137/62 - B G H Z 40, 345, 347 f. (Kraftwagen); vom 15.4.1966 - VI ZR 271/64 - B G H Z 45, 212, 217 ff. (Kraftwagen); vom 26.4.1979 - VII ZR 188/78 - B G H Z 74, 231, 233 f. = W M 1979, 721 (Darlehen); vom 30.11.1979-V ZR 214/77 - B G H Z 75, 366,371 f. (Wohnhaus); vom 15.12.1982-VIII ZR 3 1 5 / 8 0 - B G H Z 86,128,130f. (Wohnwagen); vom 14.3.1985-IX Z R 2 6 / 84 - W M 1985, 666, 670 (Grundstück); vom 6.6.1997 - V ZR 115/96 - N J W 1997, 2378 = W M 1997, 1671, 1672 = JZ 1998, 96, 97 mit Anm. Lange (Eigentumswohnung); Lange, Schadensersatz 2 (1990) § 1 I S. 29 f.; S t a u d i n g e r A W e ^ W 2 (1980) § 249 Rn. 4. 56 Siehe die Rechtsprechung in der vorgehenden Fn. Zusammenfassend zur Tendenz der Rechtsprechung, den Schaden - etwa mit Hilfe des normativen Schadensbegriffs oder der Vorteilsausgleichung - weiter oder enger als die rechnerische Vermögensdifferenz zu fassen, Hohloch, Schadensrecht, in Schuldrechtsreform I (1981) S.375, 389 ff., 401 ff.; zur Vorteilausgleichung auch unten § 4 B.IV.l. Dazu, daß die Naturalrestitution einen Vermögensschaden gerade nicht voraussetzt, unten § 4 C.I.; siehe auch Staudinger/Schiemann" (1998) §249 Rn.4f., der die Differenzhypothese allein auf die Geldkompensation bezieht. 57 leuner AcP 163 (1964), 380,382 f.; StaudingerAWedzW 2 (1980) § 249 Rn. 4 ff.;Hohloch, Schadensrecht, in Schuldrechtsreform I (1981) S.375, 396; Soergel/ATertenj 12 (1990) vor §249 Rn. 41, 43; gegen den Schaden als (abstrakte) Gesamtvermögensdifferenz auch Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 20 ff. Zur Entwicklung des Schadensbegriffs einschließlich abweichender Begriffsbestimmungen die zusammenfassenden Darstellungen bei Mertens, Vermögensschaden (1967) S. 17 ff., 50 ff.; Hohloch aaO. S. 375,395 ff.; Lange, Schadensersatz 2 (1990) § 1 II S. 30 ff. 55

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5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

grität der einzelnen Rechtsgüter schützen 58 und ist insofern eine Ausprägung des Rechtsfortsetzungsgedankens 59 . Hat der Schädiger eine Person verletzt oder eine Sache beschädigt, kann der Gläubiger statt der Naturalrestitution durch den Schädiger gem. § 249 S. 2 BGB einen entsprechenden Geldbetrag verlangen, um den Schaden selbst zu beseitigen oder durch Dritte beseitigen zu lassen. Dagegen tritt Geldersatz als Schadensausgleich nur dann an die Stelle der Naturalrestitution, wenn diese unmöglich ist oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügt, § 251 Abs. 1 BGB, oder die Wiederherstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, § 252 Abs. 2 BGB. Der in §249 S. 1 BGB ebenfalls normierte Grundsatz des Totalersatzes geht über die bloße Wiederherstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustands und damit über die reine Naturalrestitution aber hinaus: Anders als beim Rücktritt ist Ziel des Schadensersatzes nicht lediglich die Wiederherstellung des status quo ante. Vielmehr sollen mit dem Schadensersatz alle negativen Folgen des schädigenden Ereignisses ausgeglichen werden. Schadensersatz ist nicht Restitution, sondern Kompensation: Der geschädigte Gläubiger erhält ein Äquivalent für die wirtschaftlichen Nachteile, die er durch die Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung erlitten hat 60 . Das Schadensrecht zielt damit auf die Wiederherstellung des Verletzten in seiner vollen Planungs- und Handlungsautonomie 61 . 2. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

Anders als für das Rücktrittsrecht mit §§346 ff. BGB enthält das BGB für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung keine besonderen Regelungen. Auf ihn sind grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB anwendbar, die neben dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch den Vertrauensschadensersatz und den deliktischen Schadensersatz regeln. Mangels besonderer Regelungen haben Rechtsprechung und Literatur den Schadensersatz wegen Nichterfüllung mit Hilfe der Einzelnormen konturiert, die diesen Schadensersatz als Rechtsfolge vorsehen. Den Ausgang hat die Entwicklung am Schadensersatz wegen Schuldnerverzugs, an § 326 Abs. 1 S. 2 BGB genommen. Von dem für den Schuldnerverzug entwickelten Schadensersatzbegriff weicht der des § 325 Abs. 1 S. 1 BGB teilweise, der der §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB erheblich ab 62 . Allgemein gehen die Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung abweichend von § 249 S. 1 BGB nicht auf Naturalrestitution, sondern nur auf Geldersatz-. Naturalrestitution hieße, daß der Gläubiger im Wege des Schadensersatzes ordnungsgemäße Leistung, d.h. die Erfüllung des Vertrages verlangen könnte. 58 59 60 61 62

Lange, Schadensersatz 2 (1990) § 5 I 1 S. 211 f. Schiemann, Schadensrecht (1981) S. 205 ff.; siehe auch Lange aaO. S. 212. Siehe Soergel/Aferte«s 12 (1990) vor §249 Rn. 37 f. zu Restitution und Kompensation. Soergel/Mertens" (1990) vor § 249 Rn. 38. Unten § 3 B.I.2. und § 4 B.III.

C. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

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D i e Erfüllung des Vertrages schließen aber § 3 2 6 A b s . 1 S. 2 H s . 2 B G B für den Schadensersatz wegen Schuldnerverzugs im gegenseitigen Vertrag und §§ 635, 634 Abs. 1 S. 3 H s . 2 B G B für den werkgewährleistungsrechtlichen Ersatzanspruch ausdrücklich aus; § 3 2 6 Abs. 1 S. 2 B G B ist auf den Schadensersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung analog anzuwenden. M i t § 325 A b s . 1 S. 1 B G B ist der Naturalschadensersatz unvereinbar, weil dieser die w e gen der zu vertretenden U n m ö g l i c h k e i t weggefallene Leistungspflicht des Schuldners entgegen § 2 7 5 B G B wiederherstellen würde. Schließlich widerspricht der Naturalschadensersatz der G r u n d k o n z e p t i o n des Kaufgewährleistungsrechts: § § 4 6 2 , 463 B G B geben dem Käufer gerade keinen N a c h b e s s e rungs- oder Nachlieferungsanspruch, sondern beschränken dessen R e c h t e auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz; beim Gattungskauf gewährt § 4 8 0 Abs. 2 B G B dem Gläubiger den Schadensersatzanspruch wegen N i c h t e r füllung ausdrücklich nur „statt" des Nachlieferungsanspruchs in § 4 8 0 A b s . 1 BGB63. Welcher Zustand ohne das z u m Schadensersatz verpflichtende Ereignis bestünde - und damit die Grundlage der D i f f e r e n z h y p o t h e s e folgt aus der anspruchsbegründenden N o r m : aus der den Soll-Zustand beschreibenden Pflicht, die der Schuldner verletzt hat. B e i m Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § § 2 8 0 Abs. 1, 325 A b s . 1 S. 1, 3 2 6 A b s . 1 S . 2 , 463, 635 B G B

ist der hypothetische schadensfreie

Zustand derjenige

rechtzeitiger

und ord-

nungsgemäßer Erfüllung: D e r Gläubiger kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Schuldner seine vertraglichen Pflichten erfüllt hätte. W ä h r e n d der R ü c k t r i t t die Wiederherstellung des Zustandes anstrebt, wie er vor Austausch der Leistungen und damit ohne die - fehlgeschlagene - Vertragserfüllung bestünde, zielt der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung umgekehrt darauf, den Zustand herzustellen, der bei ordnungsgemäßer E r f ü l lung des Vertrages eingetreten wäre. D e r R ü c k t r i t t will Schuldner und G l ä u b i ger von den Belastungen des Vertrages befreien: Vertraglich begründete Primärleistungspflichten enden, der Leistungsaustausch soll möglichst vollständig rückgängig gemacht werden. Dagegen will der A n s p r u c h auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dem Gläubiger die Vorteile, insbesondere den G e w i n n aus dem Vertrag erhalten. G l e i c h w o h l legt die herrschende Meinung dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zunehmend Funktionen des Rücktritts bei: Sind n o c h keine Leistungen ausgetauscht w o r d e n und verlangt der Gläubiger Schadensersatz nach der D i f f e r e n z m e t h o d e , gehen die beiderseitigen Leistungspflichten als Verrechnungsposten in dem einheitlichen Schadensersatzanspruch auf; die Vertragspartner werden auf diesem Wege wie beim R ü c k t r i t t von ihren vertraglichen Pflichten befreit 6 4 . H a t einer oder haben beide Vertragspartner Ausführlich § 3 B.I.l.c) und § 3 B.II.l.c). Zum möglicherweise schon früheren Erlöschen der Leistungspflichten unten § 3 B. Wählt der Gläubiger Schadensersatz nach der Surrogationsmethode, bleibt seine Gegenlei63 64

20

§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

bereits geleistet, hält die herrschende Meinung für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B zwar an dem Grundsatz fest, daß der Gläubiger wegen der strikten Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz seine Gegenleistung nicht im Wege des Differenzschadensersatzes zurückverlangen können soll. Davon macht sie jedoch gewichtige Ausnahmen: Eine Geldleistung kann der Gläubiger als Mindestschaden geltend machen und damit praktisch zurückerhalten. Eine Sachleistung kann er unter Anrechnung auf den Ersatzanspruch gem. § 985 B G B zurückverlangen, wenn er die Sache dem Schuldner zwar übergeben, aber noch nicht übereignet hat - etwa bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt oder vor Eintragung eines Grundstückskäufers in das Grundbuch. Für die gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung geht die herrschende Meinung noch weiter und erlaubt dem Käufer oder Besteller mit dem großen Schadensersatzanspruch praktisch eine Kombination von Wandelung und Schadensersatz: Wie bei der Wandelung kann er im Wege des Schadensersatzes Rückzahlung des Kaufpreises oder Werklohns gegen Rückgabe der mangelhaften Kaufsache oder des mangelhaften Werks erreichen 65 . Aufwendungen, die der schadensersatzberechtigte Gläubiger im Hinblick auf die Leistung gemacht hat, kann er nach der sogenannten Rentabilitätsvermutung ersetzt erhalten. Hatte der Schuldner schon teilweise geleistet und hatte der Gläubiger Nutzungen aus der Teilleistung gezogen, mindern die Nutzungsvorteile dessen Schadensersatzanspruch.

II. Voraussetzung: Vom Schuldner übernommene Garantie oder zu vertretende Schädigung Die §§ 249 ff. B G B regeln nur Art und Umfang des zu ersetzenden Schadens als Schuldinhalt, setzen das Bestehen einer Schadensersatzpflicht also voraus. Den Schadensersatzansprüchen wegen Leistungsstörungen liegen zum Teil dieselben, zum Teil benachbarte Anspruchsgrundlagen zugrunde wie dem Recht zum Rücktritt vom Vertrag. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist eine Leistungsstörung, die der Schuldner gem. §§ 276,278 B G B zu vertreten hat oder deren Nichteintreten er (nach Vertrag oder Gesetz) garantiert hat: Gem. § 325 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung

stungspflicht dagegen bestehen, an die Stelle der Leistungspflicht des Schuldners tritt als „Surrogat" dessen Schadensersatzpflicht. 6 5 Deutlich B G H vom 16.10.1991 - V I I I Z R 140/90 - N J W 1992,170,171 = W M 1992, 32, 33 (Jaguar-Coupé): „Der Kläger hat seinen Anspruch zwar ausdrücklich auf Wandelung gestützt; dies steht aber einer Würdigung des erhobenen Begehrens unter dem Gesichtspunkt des sogenannten großen Schadensersatze nach § 463 B G B , mit dem - soweit hier von Interesse die gleichen Rechtsfolgen wie mit der Wandelung erreicht werden können, nicht entgegen ..."; ebenso O L G Brandenburg vom 20.11.1996 - 1 U 13/96 - NJW-RR 1997, 428 (Nissan Patrol).

C. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

21

verlangen, wenn dem Schuldner eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistung nach Vertragsschluß unmöglich geworden ist und er die Unmöglichkeit zu vertreten hat; bei anfänglichem Unvermögen bejaht die herrschende Meinung eine Schadensersatzpflicht aufgrund der mit Vertragsschluß übernommenen Garantie des Schuldners, leisten zu können 66 . § 326 Abs. IS. 2 BGB gibt dem Gläubiger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wenn der Schuldner eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistung trotz Mahnung verzögert, diese Leistungsverzögerung zu vertreten hat und auch innerhalb einer vom Gläubiger unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist nicht leistet. Anders als das Recht zum Rücktritt vom Vertrag besteht eine Schadensersatzpflicht aber nicht nur bei der Verletzung synallagmatischer Leistungspflichten: Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses hat der Gläubiger wegen jeder vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit, §280 Abs. 1 und 2 BGB. Bei Verzug des Schuldners mit einer nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Pflicht kann er gem. §286 Abs. 2 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn er die Schuldnerleistung wegen Interessefortfalls ablehnt. Wegen positiver Forderungsverletzung hat der Gläubiger Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden, wenn der Schuldner eine beliebige Leistungspflicht verletzt und diese Pflichtverletzung zu vertreten hat 67 . Fehlt der Kaufsache eine vom Verkäufer zugesicherte Eigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 B G B oder hat der Verkäufer einen Fehler der Kaufsache arglistig verschwiegen oder das Vorliegen einer bestimmten Sacheigenschaft arglistig vorgespiegelt, kann der Käufer nach oder analog68 § 463 BGB statt Wandelung oder Minderung, beim Gattungskauf gem. § 480 Abs. 2 BGB statt Wandelung, Minderung oder Nachlieferung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die Schadensersatzhaftung knüpft damit an den Vorsatz des Schuldners in der gesteigerten Form der Arglist oder an eine vom Verkäufer kraft Zusicherung übernommene Garantie an. Ist ein hergestelltes Werk mangelhaft, kann der Besteller gem. § 635 BGB statt Wandelung oder Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Unternehmer den Umstand zu vertreten hat, auf dem der Mangel beruht, und der Besteller ihm zuvor fruchtlos eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 S. 1 bis 3 B G B gesetzt hat.

6 6 A u c h bei nachträglicher U n m ö g l i c h k e i t der Leistung kann der Schuldner aus vertraglich ü b e r n o m m e n e r Garantie haften. 6 7 D a b e i ist allerdings zu beachten, daß aus positiver Forderungsverletzung vor allem E r satz für Mangelfolgeschäden geschuldet wird. Soweit die positive Forderungsverletzung das (Integritäts-)Interesse des Gläubigers an der Unversehrtheit seiner sonstigen Rechtsgüter schützt, bleibt sie im R a h m e n dieser U n t e r s u c h u n g außer Betracht: D i e Schadensersatzpflicht für Mangelfolgeschäden deckt insofern Schäden ab, die nicht spezifisch mit dem Leistungsaustausch im Synallagma verbunden sind. 6 8 Bei arglistiger Vorspiegelung nicht vorhandener Eigenschaften, statt aller B G H vom 2 5 . 3 . 1 9 9 2 - V I I I Z R 74/91 - N J W - R R 1 9 9 2 , 1 0 7 6 (Schneidringrohrverschraubungen) mit w e i teren Nachweisen.

22

5 2 Gesetzliche

Riickabwicklungsmechanismen

III. Historische Wurzeln S c h o n im römischen R e c h t k o n n t e der Gläubiger den U m f a n g des ihm zu ersetzenden Schadens mit Hilfe des Kaufpreises b e r e c h n e n 6 9 . D i e Schadensersatzhaftung wurde im gemeinen R e c h t dahin fortentwickelt, daß der Gläubiger die Schuldnerleistung bei zu vertretender Nichterfüllung mit der Begründung ablehnen konnte, er habe an deren A n n a h m e kein Interesse mehr 7 0 ; mit der Schuldnerleistung fiel konsequent auch die Pflicht des Gläubigers fort, die geschuldete Gegenleistung zu erbringen 7 1 . Dagegen k o n n t e der Gläubiger mit Hilfe des Schadensersatzes nicht erreichen, seine bereits erbrachte Gegenleistung zurückzuverlangen. H a t t e der Gläubiger G e l d geleistet, half man ihm dadurch, daß er den Geldbetrag als Mindestschaden liquidieren konnte, so daß sich das R ü c k f o r d e r u n g s v e r b o t auf Sachleistungen beschränkte 7 2 . O b w o h l das Allgemeine D e u t s c h e Handelsgesetzbuch von 1861 mit A r t . 354 - 3 5 6 A D H G B ein R ü c k t r i t t s r e c h t des Gläubigers bei Schuldnerverzug anerkannte, das auf den Handelskauf und auf beiderseits n o c h nicht erfüllte Verträge beschränkt w a r 7 3 , hielt das R O H G an dem bisherigen Verständnis des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung fest: D e r Käufer k o n n t e sich bei Verzug des Verkäufers auch im Wege des Schadensersatzes wegen N i c h t e r f ü l lung v o n den beiderseitigen Vertragspflichten lösen 7 4 und den gezahlten K a u f preis gem. A r t . 355 A D H G B als Mindestschaden zurückfordern, „und zwar letzteres deshalb, weil auch bei der zweiten Alternative ein faktisches Abgehen von dem Vertrage stattfinde, wobei sich die Vertragsverbindlichkeiten in einen Anspruch auf Schadensersatz, welcher nur dem Käufer zustehe, auflösen und die Rückforderung des von Letzterem schon geleisteten einen Theil der Entschädigung bilde." 75 69 Dafür, daß die Römer im Fall der Eviktion das Interesse anhand des Kaufpreises berechnet haben: Medicus, Id quod interest (1962) S. 59 ff., 80,94 ff.; siehe auch Rabel, Römisches Privatrecht in Enzyklopädie7 (1915) S. 484 f. und Ders., Verkäuferhaftung (1902) S. 142 ff.: Rückerstattung des Kaufpreises; abw. geht Honseil, Quod interest (1969) S. 32 ff., 49 f. grundsätzlich von einem am Ersatz des Sachwerts der Kaufsache orientierten Schadensersatzanspruch aus, sieht aber im Kaufpreis in der Regel das Mindestmaß des Schadens. 70 Insbesondere Windscheid/Kipp, Pandekten II 9 (1906) §280 S.146 N. 1 und §394, 5 S. 695 N. 24; Regelsberger AcP 50 (1867), 27, 34; Puchta, Pandekten11 (1872) § 268 S. 413 Fn. e: „Dieses Interesse kann möglicherweise in der Aufhebung des Contracts bestehen."; Jacobsohn, Rücktrittsrecht (1900) S. 35 f.; Scherner, Rücktrittsrecht (1965) S. 146 ff.; Beinert, Rücktritt (1979) S. 177 f.; Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 57 und Ders. in Festschrift Mann (1977) S. 33, 51. 71 Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 58. 72 Jakobs aaO.; abw. auch für Rückforderung von Sachleistungen Jacobsohn, Rücktrittsrecht (1900) S. 36 f.; Beinert, Rücktritt (1979) S. 178. Hingegen spricht Mommsen, Interesse (1855) S.26f. allgemein von der „Restitution der Gegenleistung" im Gegensatz zum Erfüllungsinteresse. 73 Oben §2 B.III. 74 ROHG vom 1.2.1876 - 1244/75 - ROHGE 20, 223, 224 ff. (Richter & Comp. c. Meyer & Jüdel); auch vom 13.5.1875 - 473/75 - PuchtelsZ 7, 354, 355 ff. (Lauterbach c. Wolff). 75 ROHG vom 18.6.1878 - 1 777/78 - ROHGE 24,106 f. (Meyer Levy jun. c. Joachimson)

D.

Vertrauensschadensersatz

23

A u c h nach E i n f ü h r u n g der allgemeinen gesetzlichen R ü c k t r i t t s r e c h t e in § § 3 2 5 , 3 2 6 B G B , die als Alternative z u m Schadensersatzanspruch w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g f o r m u l i e r t sind, hielten R G und B G H an dieser A u f f a s s u n g fest 7 6 .

D. Vertrauensschadensersatz I. Culpa in

contrahendo

1. Rückabwicklung Veranlaßt jemand einen anderen durch vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige A n g a b e n oder durch eine schuldhaft unterbliebene A u f klärung z u m A b s c h l u ß eines Vertrages, kann der Getäuschte nach herrschender Meinung - n o c h nach A b l a u f der Anfechtungsfrist des § 124 B G B - verlangen, daß der Vertrag rückgängig gemacht wird: „Die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache und den Ersatz der Finanzierungsaufwendungen kann der Käufer ... sowohl beim .großen Schadensersatz' im Rahmen des § 463 B G B ... als auch im Rahmen des Vertrauensschadens bei Verhandlungsverschulden beanspruchen. Danach kann der Käufer verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn es nicht zu dem Kauf gekommen wäre." 7 7 Grundlage des schadensrechtlichen R ü c k a b w i c k l u n g ist das Prinzip der Naturalrestitution im Sinne des § 2 4 9 S. 1 B G B : D e r Ersatz des Vertrauensschadens soll den Käufer so stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis, also die unterbliebene oder fehlerhafte Aufklärung stünde 7 8 . U m den ohne die T ä u schung bestehenden Zustand herzustellen, m u ß jeder Vertragspartner die v o m anderen empfangene Leistung sowie die ihm durch den B e s i t z und G e b r a u c h - Hervorhebung im Original; auf dieses Urteil beruft sich z.B. das RG vom 23.1.1904 - V 307/ 03 -SeuffA 59 Nr. 101 = Gruchot 48, 896 Nr. 87 = JW 1904, 140 Nr. 6 (Grundstück); ebenso ROHGE vom 13.5.1875 aaO. (Lauterbach c. Wolff). Das entsprach der Konzeption der Gesetzesverfasser: Anders als dem Verkäufer, für den die Rückforderung der vorgeleisteten Kaufsache ausgeschlossen sein sollte, wurde dem Käufer in der 2. Lesung zum ADHGB noch das Recht eingeräumt, Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, Prot. ADHGB III S. 1409 f.; daran sollte die in der 3. Lesung geänderte Fassung der Vorschrift nichts ändern, siehe Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 58 Fn. 111. 76 Unten § 4 B.II.2.b)aa). 77 BGH vom 17.5.1995 - V I I I ZR 70/94 - L M § 166 BGB Nr. 34 mit Anm. M. Wolf = NJW 1995, 2159, 2160 = WM 1995, 1145, 1146 (Omnibus). Für eine Rückabwicklung des Vertrages aus culpa in contrahendo erstmals deutlich BGH vom 31.1.1963 - VIII ZR 120/60 - LM § 276 BGB (H) Nr. 5 = NJW 1962,1196,1198 (Kreissäge); für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, §826 BGB RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - RGZ 54, 137, 140 (Rittergut). 78 Siehe nur BGH vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57, 137, 139 = NJW 1972, 36 mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1477 = JZ 1972, 338 mit abl. Anm. Lieb (BMW).

24

§ 2 Gesetzliche

RUckabwicklungsmechanismen

der Leistung zugeflossenen Vorteile ausgleichen und A u f w e n d u n g e n des anderen ersetzen 7 9 . Neben der schadensrechtlichen Rückabwicklung hat der Getäuschte nach der Rechtsprechung die Wahl, unter Festhalten am Vertrag und Behalten der Leistung die Schäden zu liquidieren, die aufgrund der Täuschung entstanden sind: Der Gläubiger soll Ersatz seines aufgrund der Täuschung entstandenen Mehraufwandes verlangen können, insbesondere des Betrages, um den er die Leistung wegen der Täuschung zu teuer erworben hat 8 0 . Das ähnelt dem Wahlrecht zwischen kleinem und großen Schadensersatz bei Sachmängeln 8 1 .

2.

Voraussetzung

Soweit mit dem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo eine Rückabwicklung des Vertrages erreicht w e r d e n soll, handelt es sich wie bei der Anfechtung wegen Willensmängeln nicht um die Reaktion auf Leistungsstörungen: D e r Getäuschte hat nicht deswegen einen A n s p r u c h auf Ersatz des Vertrauensschadens, weil der Schuldner den Vertrag nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt, sondern weil der Getäuschte einen Vertrag abgeschlossen hat, den er ohne die Täuschung nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte. Damit reagiert der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo auf eine Störung bei Vertragsschluß 8 2 . Gleichwohl hängen Nichterfüllung und Vertrauensschadensersatz aus culpa in contrahendo - ebenso wie die A n f e c h t u n g wegen arglistiger Täuschung 8 3 jedenfalls beim Spezieskauf eng zusammen: Behauptet der Verkäufer bei VerUnten § 4 C.II. Ausgangspunkt der BGH-Rechtsprechung waren wegen der spezifischen Schwierigkeiten der Rückabwicklung Unternehmenskaufverträge, grundlegend BGH vom 25.5.1977 VIII ZR 186/75 - BGHZ 69, 53, 58 = NJW 1977, 1536, 1538 (Gesellschaftsanteile); diese Rechtsprechung wurde aber bald auf Kaufgegenstände aller Art erweitert, siehe nur BGH vom I.4.1981 - V I I I ZR 51/80 - WM 1981, 689 = NJW 1981, 2050, 2051 (Flugzeug); vom 8.12.1988 - VII ZR 83/88 - LM §631 BGB Nr.65 = NJW 1989, 1793, 1794 = WM 1989, 416, 417f. (Feuertreppe); vom 28.3.1990 - VIII ZR 169/89-BGHZ 111, 75, 82 f. = LM §276 BGB (Fe) Nr. 18 = NJW 1990, 1659, 1661 = WM 1990, 1032, 1035 = JZ 1990, 1074 mit Anm. Tiedtke (Motoryacht) und ausführlichen Nachweisen der vorgehenden Rechtsprechung; vom 12.10.1993 - X ZR 65/92 - BGH vom 12.10.1993 - X ZR 65/92 - LM §287 ZPO Nr. 109 = NJW 1994, 663, 664 = WM 1994, 758, 760 (Ladeneinrichtung); neuestens wieder vom II.2.1999 - IX ZR 352/97 - LM § 768 BGB Nr. 18 mit Anm. Bülow = NJW 1999, 2032, 2034 = WM 1999, 678, 681 (Darlehen); ausdrücklich abl. RG vom 23.12.1912-VI 555/11 - W a r n R 1912, 371 Nr. 333 (Geschäftsanteil) zu §826 BGB mit Hinweisen auf abw. RG-Urteile. Zu Problemen und Umfang dieses Schadensersatzanspruchs Tiedtke JZ 1989, 569 ff. - zu BGH vom 8.12.1988 aaO. (Feuertreppe). 81 Zum Wahlrecht nur BGH vom 28.3.1990 - VIII ZR 169/89 - BGHZ 111, 75, 82 = LM §276 BGB (Fe) Nr. 18 = NJW 1990, 1659, 1661 = WM 1990, 1032, 1035 = JZ 1990, 1074 mit Anm. Tiedtke (Motoryacht) m. Nw.; vom 14.1.1993 - IX ZR 206/91 - LM §276 BGB (Ci) Nr. 49 = NJW 1993, 1323, 1324 f. = WM 1993,1194, 1196 f. (Hausgrundstück). 82 Siehe auch Huber, Leistungsstörungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S. 647, 742 f. 83 Unten § 2 E.II.4. 79

80

D.

Vertrauensschadensersatz

25

tragsschluß, die Kaufsache habe bestimmte, tatsächlich nicht vorhandene E i genschaften oder klärt er den Käufer bei Vertragsschluß nicht darüber auf, daß die Kaufsache mangelhaft ist, so kann der Käufer wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Täuschung aus culpa in contrahendo die R ü c k g e w ä h r der ausgetauschten Leistungen erreichen. H a t der Verkäufer die Eigenschaft zugesichert oder arglistig gehandelt, kann der Käufer gem. § 4 6 3 B G B auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen, bei Arglist zudem seine Willenserklärung gem. § 1 2 3 B G B anfechten und so zu einer bereicherungsrechtlichen R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages gelangen. D e r A b s c h l u ß eines nicht erwartungsgerechten Vertrages n i m m t damit eine Zwitterstellung ein: aus der Sicht des Vertragsschlusses als Verschulden bei Vertragsverhandlungen, aus der Sicht des Erfüllungsstadiums als Leistungsstörung 8 4 . D i e § § 4 5 9 ff. B G B verdrängen den Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo, soweit sich das Verschulden bei Vertragsverhandlungen auf E i genschaften der Kaufsache bezieht 8 5 . Das ist nur dann ausnahmsweise anders, wenn der Verkäufer den Käufer vorsätzlich ü b e r Eigenschaften der Kaufsache getäuscht hat 8 6 und wenn er selbständigen Beratungspflichten nicht oder nicht 84 Vgl. auch Medicus, Verschulden bei Vertragsverhandlungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S.479, 538 und Ders. in Festschrift Keller (1988) S.205, 215; Soergel/Wiedemann 12 (1990) vor §275 Rn. 154. 85 Für das Kaufrecht grundlegend BGH vom 16.3.1973 - V ZR 118/71 - BGHZ 60, 319, 320 ff. = LM § 459 BGB Nr. 33 = NJW 1973,1234 f. = WM 1973,641 f. (Seegrundstück); weitere Rechtsprechungsnachweise noch in Fn. 86 f.; ebenso Erman/Weitnauer s (1989) vor §459 Rn. 25; Soergel/Huber 12 (1991) vor §459 Rn.213ff., 221 ff.; Staudinger /Honseil" (1995) vor §§459 ff. Rn. 56 ff.; Palandt/Pafzo58 (1999) vor §459 Rn.7, alle mit Nachweisen auch auf die Gegenmeinung; trotz Kritik im Ergebnis weitgehend wie die herrschende Meinung Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 224 ff. A.A. für ein Nebeneinander HansOLG Hamburg vom 25.1.1973 - 6 U 106/72 - MDR 1973,496 f. (Kraftfahrzeug); Leonhard, Verschulden beim Vertragsschlusse (1910) S. 10 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 112 I 3 S. 453; Diederichsen BB 1965, 401, 402 f.; Nirk in 1. Festschrift Möhring (1965) S.385, 410 ff. und in 2. Festschrift Möhring (1975) S. 71, 92 f.; Schaumburg MDR 1975, 105, 107 ff.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung (1981) S. 370 ff. und Ders. NJW 1981, 1233, 1241; Pick JuS 1981, 413, 416; Kohlhepp, Sachmängelgewährleistung (1989) S. 161 f.; Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) vor §275 Rn. 117ff. und Ders., Leistungsstörungen4 (1997) §5 II 5 e S.56; Esser/Weyers II l 8 (1998) §6 II 3 b und c S. 70ff.; für den Fall, daß Gewährleistungsansprüche mangels Beschaffenheitsvereinbarung oder Eigenschaftszusicherung nicht bestehen, auch St. Lorenz, Unerwünschter Vertrag (1997) S. 398 ff.; unter Beschränkung des Anspruchs aus culpa in contrahendo auf das negative Interesse Flume AcP 193 (1993), 89, 113 f. mit 108 ff. Beim Unternehmenskauf legt die Rechtsprechung den Eigenschaftsbegriff so eng aus, daß die Haftung aus culpa in contrahendo die §§ 459 ff. BGB vielfach verdrängt, siehe nur MünchKomm/Emmerich 1 (1994) vor §275 Rn. 115; MünchKomm/H. P. Westermann3 (1995) §463 Rn. 36 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen. 86 Ständige Rechtsprechung: BGH vom 22.10.1976 - V ZR 247/75 - LM § 123 BGB Nr. 47 (Mietwohnhaus), insoweit nicht abgedruckt in JZ 1977, 95 f.; vom 10.7.1987 - V ZR 236/85 NJW-RR 1988, 10, 11 (Grundstück - Geruchsbelästigungen); vom 23.3.1990 - V ZR 16/89 LM § 459 BGB Nr. 100 = WM 1990, 1210, 1212 = NJW-RR 1990, 970, 971 (Eigentumswohnung); vom 22.2.1991 - V ZR 299/89 - WM 1991,1341,1344 (Doppelhaushälfte - schikanöses

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

hinreichend n a c h k o m m t 8 7 . Das beläßt dem Käufer gerade in dem praktisch häufigen Fall des arglistigen Verschweigens oder Vorspiegeins von Sachmängeln ein Wahlrecht: E r kann die R ü c k a b w i c k l u n g des Kaufvertrages sowohl als Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 4 6 3 S. 2 B G B (großer Schadensersatz) verlangen, aber auch als Vertrauensschadensersatz aus culpa in c o n t r a h e n d o 8 8 , rücktrittsrechtlich mit H i l f e der Wandelung gem. § § 4 6 2 , 4 6 7 S. 1 B G B und bereicherungsrechtlich nach A n f e c h t u n g gem. § 123 B G B . B e i m Werkvertrag ist es anders: D o r t fehlt die Arglisthaftung, weil das Werk bei Vertragsschluß n o c h nicht existiert, mithin über seine Eigenschaften in der Regel keine arglistig falschen A n g a b e n gemacht werden können. D e s h a l b nennt § 635 B G B anders als § 463 S. 2 B G B die Arglist nicht. A n ihre Stelle tritt der v o m U n t e r n e h m e r vorsätzlich verursachte Mangel 8 9 . D e r Vertrauensschadensersatz kann unter U m s t ä n d e n weiter gehen als der Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 4 6 3 B G B : Z u m einen ist der Ersatz des Vertrauensschadens - anders als bei §§ 122 Abs. 1, 179 Abs. 2, 3 0 7 Abs. 1 B G B - nicht durch das positive Interesse begrenzt 9 0 . Z u m anderen hat der K ä u -

Nachbarverhalten); vom 3.7.1992 - V ZR 97/91 - L M §276 BGB (Fa) Nr. 127 = NJW 1992, 2564, 2565 f. = WM 1992, 1997, 1998 f. (Stundenhotel); vom 14.10.1994 - V ZR 196/93 - LM § 133 BGB (A) Nr. 24 = NJW 1995, 45, 46 = WM 1995,263,264 (Eigentumswohnungen); vom 17.5.1995 - VIII ZR 70/94 - LM § 166 BGB Nr. 34 mit Anm. M. Wolf = NJW 1995, 2159, 2160 = WM 1995, 1145, 1146 (Omnibus). Gegen die Anwendbarkeit der culpa in contrahendo; Soergel/f/«£er 12 (1991) vor §459 Rn.220, 228; krit. auch Staudinger/HonselP (1995) vor §§ 459 ff. Rn. 56, 62; bei Mangelschäden auch Knöpfle NJW 1990, 2497, 2498 ff. 87 Siehe BGH vom 25.3.1958 - VIII ZR 48/57 - LM § 459 Abs. 1 BGB Nr. 5 = MDR 1958, 422 f. (Leim); vom 12.12.1980 - V ZR 168/78 - NJW 1981, 1035 f. = WM 1981, 308 (Grundstück); vom 6.6.1984 - VIII ZR 83/83 - NJW 1984, 2938 = WM 1984, 1092,1094 f. (EDV-Anlage); vom 22.2.1991 aaO. S. 1343 (Doppelhaushälfte - schikanöses Nachbarverhalten); Soergel/Huber 12 (1991) vor § 459 Rn. 214 f.; Staudinger/Ho«*-//13 (1995) vor §§ 459 ff. Rn. 59; weiter Soergel/Wiedemann n (1990) vor §275 Rn.251 f.; anders wohl Brox/Elsing JuS 1976, 1, 6. Außerdem sollen die §§ 459 ff. BGB die culpa in contrahendo vor Gefahrübergang nicht ausschließen: BGH vom 25.6.1982 - V ZR 143/81 - WM 1982, 960, 961 (Hotelsuite) mit Rechtsprechungsnachweisen; Kohlhepp, Sachmängelgewährleistung (1989) S. 6 f.; Soergel/Wiedemann12 (1990) vor § 275 Rn. 252; MünchKomm/EmmericP (1994) vor § 275 Rn. 106. 88 Bei Gattungskäufen kommt ein Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluß nur in Betracht, wenn der Verkäufer dem Käufer arglistig Falschangaben hinsichtlich der gesamten Gattung macht. 89 Wie beim Kaufrecht für die grundsätzliche Verdrängung der Ansprüche aus culpa in contrahendo durch das Werkgewährleistungsrecht BGH vom 3.7.1969 - VII ZR 132/67 - LM §638 BGB Nr. 11 = NJW 1969, 1710, 1711 (Rohrleitungen); vom 19.3.1976 - V ZR 146/74DB 1976, 958 (Einfamilienhaus); siehe auch vom 25.5.1972 - VII ZR 165/70 - BauR 1972, 379 (Kreisförderanlage); Erman /Seiler9 (1993) §635 Rn.31; Staudinger /Peters" (1994) §635 Rn. 63; siehe auch Palandt/Sprau5S (1999) vor §633 Rn. 21; abw. für ein Nebeneinander RG vom 20.3.1928 - VII 530/27 - Recht 1928 Nr. 1036 (industrielle Anlage); Leonhard, Verschulden beim Vertragsschlusse (1910) S. 18 f.; Korintenberg, Werkvertrag (1935) S. 191; Diederichsen BB 1965, 401, 403; Nirk in 1. Festschrift Möhring (1965) S. 385, 412; Littbarski JZ 1978, 3, 6 ff. 90 BGH vom 3.7.1992 - V ZR 97/91 - L M §276 BGB (Fa) Nr. 127 = NJW 1992, 2564, 2565 f. = WM 1992,1997, 1998 f. (Stundenhotel); siehe auch vom 28.10.1971 - VII ZR 15/70 -

D.

Vertrauensschadensersatz

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fer, weil er die Wiederherstellung des vor Vertragsschluß bestehenden Zustandes verlangen kann, aus culpa in contrahendo A n s p r u c h auf E r s a t z aller auf den Vertrag gemachten A u f w e n d u n g e n 9 1 . Hingegen werden als Nichterfüllungsschaden nur solche A u f w e n d u n g e n ersetzt, die sich bei Erfüllung des Vertrages als rentabel erwiesen hätten 9 2 .

II. Schadensersatzanspruch aus Delikt, § 823 Abs. 2 BGB mit § 263 StGB, § 826 BGB Bei arglistiger Täuschung durch den Schuldner hat der Gläubiger neben dem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo in der Regel auch deliktische A n s p r ü c h e wegen Eingehungsbetrugs gem. § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B und gem. § 826 B G B . D e r deliktische Schadensersatzanspruch ist wie der A n spruch aus culpa in contrahendo auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet 9 3 : D e r Gläubiger kann im Wege der Naturalrestitution gem. § 2 4 9 S. 1 B G B R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages und Ersatz der überschießenden Schäden verlangen. D a die deliktischen A n s p r ü c h e aus § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B , § 826 B G B keine Besonderheiten aufweisen, soll ihnen als außervertraglichen Schadensersatzansprüchen in den folgenden Betrachtungen kein besonderer R a u m gegeben werden: Sie sind bei den Ausführungen zur culpa in contrahendo mitzudenken.

III. Historische Wurzeln D i e R ü c k a b w i c k l u n g eines Vertrages als Inhalt des Vertrauensschadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo wegen schuldhaft falscher A n g a b e n über den Vertragsgegenstand oder über mit dem Vertrag verbundenen Risiken ist eine neuere E n t w i c k l u n g : W ä h r e n d der „ E n t d e c k e r " der culpa in contrahendo, R u d o l f von Jhering, vor allem den „Schadensersatz bei nichtigen oder nicht BGHZ 57, 191, 193 = NJW 1972, 95, 96 = WM 1971, 1543, 1544 (Filmserie); vom 25.5.1977 VIII ZR 186/75 - BGHZ 69, 53, 56 = NJW 1977, 1536, 1537 (Gesellschaftsanteile) jeweils mit Nachweisen allgemein dazu, daß der Vertrauensschaden den Nichterfüllungsschaden übersteigen kann. 91 Unten § 6 C.II, und § 7 C.I. 92 Zur sog. Rentabilitätsvermutung unten § 6 B.I.3. und § 7 B.I. 93 So ausdrücklich auch der BGH vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69- BGHZ 57, 137, 139 = NJW 1972, 36 mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1477 = JZ 1972, 438 mit Anm. Lieb (BMW); vom 25.11.1997 - VI ZR 402/96 - NJW 1998, 983, 984 (Schweißdraht). Wegen der Austauschbarkeit der Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB und § 463 S. 2 BGB abw. für den Ersatz des positiven Interesses Honseil MDR 1970, 717, 720 und Ders. JuS 1982, 810, 813 Fn. 36; auch Weitnauer NJW 1970, 637.

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5 2 Gesetzliche

Rückahwicklungsmechanismen

zur Perfection gelangten Verträgen" im Auge hatte, wie der Untertitel seines berühmten Aufsatzes in JherJb 4 (1861), 11 ff. deutlich macht, ist die moderne Rechtsentwicklung weit darüber hinausgegangen 94 . Die wichtigsten Impulse kamen dabei von der Rechtsprechung. In ihrem Gefolge wird eine Haftung aus culpa in contrahendo nicht nur für die Verletzung von Rechtsgütern des Verhandlungspartners, sondern auch für den grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen und - was hier interessiert - den durch Irreführung des Verhandlungspartners verursachten Vertragsschluß bejaht. Die Ausgestaltung der Ersatzhaftung aus culpa in contrahendo ist im einzelnen noch nicht abgeschlossen - auf sie wird noch einzugehen sein95.

E. Bereicherungsrecht

I.

Rückabwicklung

Anders als das Rücktrittsrecht und die Ansprüche auf Wandelung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung reagiert das Bereicherungsrecht nicht speziell auf Leistungsstörungen bei der Erfüllung von Verträgen, sondern verpflichtet jeden, der auf Kosten eines anderen ungerechtfertigt etwas erlangt hat, zur Herausgabe des Erlangten: Zum einen können mit Hilfe des Bereicherungsrechts neben Verträgen Vermögensverschiebungen jedweder Art rückabgewickelt werden - etwa Vorteile, die der Bereicherungsschuldner durch Verbindung und Vermischung gem. §§ 946 ff. BGB oder durch Eingriff in fremdes Vermögen im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB erlangt hat. Zum anderen können Verträge bereicherungsrechtlich nicht nur wegen Leistungsstörungen, sondern vor allem wegen von Anfang an bestehender Unwirksamkeit oder Nichtigkeit - etwa wegen Geschäftsunfähigkeit eines Vertragspartners, wegen Dissenses oder wegen Formnichtigkeit - rückabgewickelt werden. Anders als das Rückgewährschuldverhältnis der §§ 346 ff. BGB setzen die §§ 812 ff. BGB das ursprüngliche Vertragsverhältnis nicht lediglich unter umgekehrten Vorzeichen fort, sondern begründen ein neues gesetzliches Schuldverhältnis 96 . Als Reaktion auf Leistungsstörungen in gegenseitigen Verträgen kommt nur die Leistungskondiktion in Betracht. Sie dient wie das Rücktritts- und das Wan-

94 Zur Rechtsentwicklung durch und seit Rudolf von Jhering näher Medicus in Festschrift Käser (1986) S. 169 ff. mit weiteren Nachweisen. Die Fallgruppen, die Jhering im Auge hatte, sind im BGB überwiegend nicht im Sinne einer Verschuldenshaftung, sondern anderweitig gelöst, etwa durch die Bindung des Antragenden an sein Angebot in § 145 BGB oder die verschuldensunabhängige Haftung auf den Vertrauensschaden in §§ 119,120,122 BGB, dazu Medicus ebd. S.175 f. 95 Siehe § 4 C.I. zur näheren Umgrenzung der Haftungsvoraussetzungen durch das Erfordernis eines Vermögensschadens durch die neueste BGH-Rechtsprechung. 96 Deutlich Reuter/Martinek (1983) § 4 I 2, S. 78.

E.

Bereicherungsrecht

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delungsrecht der R ü c k a b w i c k l u n g fehlgeschlagener G ü t e r b e w e g u n g e n und damit von Verträgen. N a c h v o n C a e m m e r e r handelt es sich „bei der Leistungskondiktion um die Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungen oder um die Rückabwicklung von Leistungen nach Erledigung des Kausalverhältnisses. Dieser Rückahwicklungsanspruch gehört als Ergänzung und Störungskorrektur zum Recht der Güterbewegung. Die Leistungsrückforderung wegen Mangels oder Wegfalls der causa steht auf derselben Ebene wie sonstige schuldrechtliche Abwicklungsansprüche bei Darlehen, Leihe, Miete, Verwahrung, beim Rücktritt und bei der Wandelung." 97 Dagegen knüpft die Eingriffskondiktion daran an, daß j e m a n d aus einem fremden R e c h t Vorteile zieht, die ihm nach der G ü t e r z u o r d n u n g nicht gebühren, d.h. dient wie das D e l i k t s r e c h t dem Rechtsgüterschutz 9 8 . In Zweipersonenverhältnissen k o m m t es für die Leistungskondiktion nicht darauf an, auf wessen „ K o s t e n " der Bereicherungsschuldner etwas erlangt hat: Aus der Tatsache, daß jemand geleistet hat, folgt bereits, daß diese Leistung auf seine K o s t e n erbracht w o r d e n i s t " . A u c h der spezifische bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff, nach dem Leistung die nicht nur bewußte, sondern auch zweckgerichtete M e h r u n g fremden Vermögens ist, braucht nicht problematisiert zu werden: E r dient vor allem dazu, die Person zu ermitteln, an die geleistet w o r d e n ist, u m die Zurechnung der Leistung im Dreipersonenverhältnis zu

97 Von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 342 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 218 f. - Hervorhebung im Original; ebenso Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung (1934) S. 10 f., 49 ff.; Esser II 4 (1971) § 100 I 2 S. 332; Esser/Weyers7 (1991) §48 I S.428; Rengier AcP 177 (1977), 418,421; Reuter/Martinek (1983) § 4 I 2 S. 78; Weitnauer in Gedächtnisschrift König (1984) S. 25, 28; Soergel/Mühl n (1985) § 821 Rn. 2, 168, § 818 Rn. 1; Fikentscher9 (1997) Rn. 1064; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 671 2 b S. 130; Wese/NJW 1994, 2594f.; Jauernig/ Schlechtriem9 (1999) vor §812 Rn.3; MünchKomm/ZieP (1997) §818 Rn.50; Büdenhender demnächst in AcP 200 (2000) unter II 1 und 2; deutlich auch BVerwG vom 1.2.1980 - 4 C 40/77 - N J W 1980, 2538 (Rathausgrundstück). 98 Siehe nur BGH vom 24.11.1981 - X ZR 7/80 - BGHZ 82, 299, 306 = NJW 1982, 1154, 1155 (Kunststoffhohlprofil II); vom 9.3.1989 - I ZR 189/86 - BGHZ 107, 117, 120 ff. = LM PflanzenschutzG Nr. 3 = NJW 1990, 52, (Forschungskosten); Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung (1934) S. 27 ff., 49 und Ders. AcP 163 (1964), 346, 348 f.; von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S.333, 353 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S.209, 229 ff.; Wesel NJW 1994, 2594 f.; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 671 2 b S. 130; Staudinger/Lorenz (1999) § 812 Rn. 23; Medicus BR 1 8 (1999) Rn.703ff., 709 ff.; MünchKomm/Zie£3 (1997) § 812 Rn. 191 ff., 207 ff.; Jauernig /Schlechtriem9 (1999) §812 Rn. 49 ff.; Loewenheim, Bereicherungsrecht2 (1997) S. 88 f. jeweils mit Darstellung abw. Auffassungen. Abw. versucht die Einheitslehre die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion zu überwinden, insbesondere Wilhelm, Ungerechtfertigte Bereicherung (1973) S. 173 ff.; Stathopoulos in Festschrift für Sontis (1977) S. 203 ff.; Kupisch in Festschrift Lübtow (1980) S. 501 ff. und Ders. JZ 1985, 163 ff. 99 Esser II 4 (1971) 5 101 I 2 S. 340; Reuter/Martinek (1983) § 4 II 5 a S. 113; auch Staudinger/Lorenz (1999)§ 812 Rn. 30 f.; schon von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 192 f.; mit der Einschränkung auf Zweipersonenverhältnisse auch MünchKomm/ZieP (1997) §812 Rn. 10. Anders die - wenigen - Anhänger der Einheitstheorie, nach denen das Tatbestandsmerkmal „auf dessen Kosten" auch für die Leistungskondiktion anzuwenden ist, Nachweise soeben in Fn. 98.

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5 2 Gesetzliche

Rückahwicklungsmechanismen

ermöglichen 100 , und daneben, die Leistung zu einem bestimmten Schuldverhältnis in Bezug zu setzen und dadurch den Rechtsgrund für die Leistung festzustellen 101 . Beides ist für die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge zwischen zwei Personen als Reaktion auf Leistungsstörungen unproblematisch: Maßgeblich ist insoweit allein die Parteirolle im rückabzuwickelnden Vertrag 102 . Die Betonung des Bereicherungsrechts als Mittel zur Rückabwicklung von Verträgen weicht von der gemeinrechtlichen Doktrin ab, die die Herausgabe des ohne Rechtsgrund Erlangten als bloße Billigkeitshaftung zugunsten des Bereicherungsgläubigers ansah 103 ; diese Doktrin hat Rechtsprechung und Lehre zum BGB lange geprägt 104 . Auf dem Gegensatz von Billigkeitshaftung und Rückabwicklung beruht der Streit darüber, was Inhalt des Bereicherungsanspruchs ist. Die früher herrschende Meinung sah § 818 Abs. 3 BGB als bereicherungsrechtliche Zentralnorm an und faßte die Bereicherung als „gleitende Vermögensdifferenz" auf: Der Bereicherungsanspruch sollte nicht auf den erlangten Vermögensgegenstand, sondern auf die Abschöpfung der Vermögensmehrung beim Bereicherungsschuldner gerichtet sein. Dagegen legen der Wortlaut der §§812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB und die Funktion des Bereicherungsrechts, rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückabzuwickeln, nahe, daß sich der Bereicherungsanspruch auf den konkret erlangten Gegenstand richtet und dieser in natura herauszugeben ist 105 . Neben der Pflicht zur Herausgabe der erlangten Leistung normiert §818 Abs. 1 Var. 1 BGB eine Nebenpflicht des Bereicherungsschuldners auf Herausgabe von Nutzungen. Dagegen enthalten die §§812 ff. BGB keine Pflicht des Bereicherungsgläubigers, Aufwendungen des Bereicherungsschuldners auf die herauszugebende Sache zu ersetzen. Der Ersatz von Aufwendungen wird bereicherungsrechtlich dadurch erreicht, daß sich der Kondiktionsanspruch um den Wert der vom Bereicherungsschuldner gemachten Aufwendungen mindert. Ist dem Bereicherungsschuldner die Herausgabe des Erlangten unmöglich geworden, ist er gem. § 818 Abs. 1 Var. 2 BGB verpflichtet, das für die erlangte Leistung erhaltene Surrogat herauszugeben. Hat er für die Zerstörung, Beschä100 Esser II 4 (1971) §101 I 2 S. 339 f.; Reuter/Martinek (1983) § 4 II 5 a S. 111 f.; Soergel/ Mühl11 (1985) § 821 Rn. 3, 22; Jauernig/Schlechtriem* (1999) § 812 Rn. 4 und Ders. Z H R 149 (1985), 327, 336f.; Giesen Jura 1995, 169, 172; siehe auch von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 350 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 227 und Ders. JZ 1962, 358 f.; Reeb, Bereicherungsrecht (1975) S. 18; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 67 II 1 c S. 132; MünchK o m m / L i e b } (1997) § 812 Rn.23. 101 Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) §67 II 1 c S. 132 f., § 6 7 III 1 a S.137 m.w.Nw.; siehe auch Soergel/Mühl 1 1 (1985) § 812 Rn. 2; Esser II 4 (1971) § 101 I 2 S. 339. 102 Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 67 II 1 b S. 131 f.; Giesen Jura 1995, 169; siehe auch Staudinger/Lorenz (1999) § 812 Rn. 32. 103 Unten § 4 D.I.l. 104 Exemplarisch B G H vom 21.12.1961 - III ZR 130/60 - B G H Z 36, 232, 234 f. = N J W 1962, 580, 582 (Trockenvollei); vom 15.3.1978 - IV ZR 77/77 - W M 1978, 708, 711 (Vermittlungsauftrag). 105 Unten § 4 D.I.l.

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Bereicherungsrecht

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digung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes keinen Ersatz nach §818 Abs. 1 BGB erhalten, normiert § 818 Abs. 2 Var. 2 BGB eine Wertersatzpflicht. Anders als nach Rücktrittsrecht stehen die bereicherungsrechtlichen Rückgewährpflichten unter dem Vorbehalt des §818 Abs. 3 BGB: Der Bereicherungsschuldner ist zur Herausgabe des Erlangten einschließlich der Nutzungen oder zum Wertersatz nur verpflichtet, solange er noch bereichert ist und nicht gem. §§818 Abs. 4, 819, 820 BGB verschärft haftet. Ist dem Bereicherungsschuldner die Herausgabe des Erlangten unmöglich geworden, muß er gem. §818 Abs. 2 Var. 2 BGB deren Wert nur dann ersetzen, wenn er nicht wegen des Wegfalls des Erlangten im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Weil das Bereicherungsrecht nicht nur der Rückabwicklung von Verträgen aufgrund von Leistungsstörungen dient, sondern auf eine Vielzahl von mangels Rechtsgrundes ungerechtfertigten Bereicherungen reagiert, spricht § 812 Abs. 1 BGB anders als § 346 S. 1 BGB nicht von Rückgewähr, sondern allgemeiner von der Pflicht des Bereicherten zur „Herausgabe". Soweit im folgenden von bereicherungsrechtlicher Rückgewähr oder Rückabwicklung gesprochen wird, ist dies wegen der Beschränkung auf die Rückgängigmachung gegenseitiger Verträge mit Hilfe des Bereicherungsrechts gerechtfertigt 106 .

II. 1. Leistung ohne

Voraussetzung

Rechtsgrund

Mit Ausnahme der condictio ob rem in § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB regelt das Bereicherungsrecht nur die Art und Weise der Rückabwicklung von Verträgen, nicht aber deren Voraussetzungen. Hinsichtlich der Voraussetzungen zieht es lediglich Folgerungen aus anderweit geregelten Störungstatbeständen; ob ein Vertrag nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln ist, bestimmt das Vertragsrecht des allgemeinen Teils des BGB und des allgemeinen und besonderen Schuldrechts 107 . Dabei ist die Leistungskondiktion grundsätzlich keine Reak106 Siehe auch König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in Schuldrechtsreform II (1981) S. 1515, 1543, der für die Leistungskondiktion nicht von „Herausgabe", sondern von „Rückforderung" spricht; so auch § 1.1 Abs. 1 seines Gesetzgebungsvorschlages (S. 1522) mit „zurückfordern". 107 Von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S.333, 343 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 219 ff.; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in Schuldrechtsreform II (1981) S. 1515, 1526; Loewenheim, Bereicherungsrecht 2 (1997) S.56; M ü n c h K o m m / Z i e P (1997) § 812 Rn. 144; siehe auch Reuter/Martinek (1983) § 3 III 1 S. 52. Der praktisch kaum relevante Meinungsstreit, ob die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung voraussetzt, daß ein objektiver Rechtsgrund im Sinne eines zugrundeliegenden Schuldverhältnisses oder ein subjektiver Rechtsgrund im Sinne des mit der Leistung bezweckten Erfolges fehlt, wird damit zugunsten der - früher selbstverständlichen - objektiven Theorie entschieden; so aus der neueren Literatur insbesondere von Caemmerer ebd.; Kupisch, Bereicherungsrecht (1978) S. 61 ff. und Ders. JZ 1985, 101, 102 ff., 163 ff.; Gernhuber, Erfüllung 2

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

tion auf Leistungsstörungen: Sie soll die Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen nicht deswegen ermöglichen, weil der Schuldner einen Vertrag nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, sondern weil ein Vertrag als Rechtsgrund für den Leistungsaustausch gefehlt hat; Hauptanwendungsbereich der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bei der Leistungskondiktion ist die Rückforderung wegen der Leistung auf eine Nichtschuld, § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B (condictio indebiti) 108 . Daß das Bereicherungsrecht nicht für Leistungsstörungen geschaffen ist, hat der B G H für einen Fall deutlich gesagt, in dem eine Gemeinde Computersysteme für Schulen gekauft, den Einbau von Adaptern anstelle bestellter Streamercontroller als Teilfalschlieferung gerügt und anteilige Rückzahlung des Kaufpreises im Wege des Bereicherungsrechtes verlangt hat. Zu §812 Abs. 1 S. 1 B G B führt der B G H aus: „Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift setzt voraus, daß es für eine Vermögensverschiebung an einem Rechtsgrund fehlt. Das ist hier nicht der Fall. Rechtsgrund für die Kaufpreiszahlung ist der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag. Dessen Wirksamkeit wird von der - unterstellt - vertragswidrigen Beschaffenheit der Kaufsache nicht berührt. ...In Fällen der Falschlieferung fehlt es nicht am Rechtsgrund für die Kaufpreiszahlung, sondern an der Vertragserfüllung seitens des Verkäufers. Hat der Käufer ... den Kaufpreis ... bereits gezahlt, so kann er nicht (anteilige) Kaufpreisrückzahlung, sondern (nur) vollständige Erfüllung des Kaufvertrages seitens des Verkäufers fordern oder gem. § 326 B G B gegen diesen vorgehen." 1 0 9

Gleichwohl bestimmt sich die Rückabwicklung von Verträgen nach Leistungsstörungen in einigen Fällen nach Bereicherungsrecht: 2. Wegen a) Allgemeines

Leistungsstörungen Leistungsstörungsrecht

aa) Rechtsfolgenverweisung

in §§323 Abs. 3, 327 S. 2 BGB

Das Leistungsstörungsrecht des B G B kennt eine Rückabwicklung erbrachter Leistungen nicht nur nach Rücktrittsvorschriften. Für die beiderseits nicht zu vertretende Unmöglichkeit der Leistung und den Rücktritt vom Vertrag we(1994) §5 III 1 c S. 113; Esser/Weyers7 (1991) § 49 I 1 c S. 453; Larenz/Canaris SR II 2 " (1994) § 67 III 1 a S. 136 f.; MünchKomm/ZieP (1997) § 812 Rn. 138; ]nuerm%/Schlechtriem> (1999) § 812 Rn. 12; Palandt/Thomas™ (1999) § 812 Rn. 68, jeweils mit Nachweisen auf die Gegenmeinung; für diese exemplarisch Reuter/Martinek (1983) § 4 II 4 b S. 107 ff. 108 Staudinger/Lorenz (1999) § 812 Rn. 78 und 81. 109 BGH vom 12.3.1997 - V I I I ZR 15/96 - L M § 459 BGB Nr. 135 mit Anm. Marly = NJW 1997, 1914, 1916 = WM 1997, 1435, 1437 (Streamercontroller) - Hervorhebungen von mir. Dazu, daß die Nichtbewirkung der Leistung keinen Kondiktionsanspruch auf Herausgabe der bereits erbrachten Gegenleistung auslöst, schon RG vom 24.9.1926 - III 447/25 - DJZ 1927, Sp. 383, 384 (Kiefernholzschnittmaterial); vom 29.10.1935 - II 25/35 - J W 1936, 815 Nr. 31 (Dienstvertrag); von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 344 f. = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 220 f.; Soergel/AföW11 (1985) § 812 Rn.211.

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Bereicherungsrecht

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gen einer vom Schuldner nicht zu vertretenden Leistungsverzögerung verweisen $ 323 Abs. 3 BGB und § 327 S. 2 BGB für die Rechtsfolgen auf das Bereicherungsrecht 1 1 0 . Zweck der Verweisung auf die Bereicherungsvorschriften ist es, denjenigen Schuldner gegenüber der Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften zu privilegieren, der die Unmöglichkeit der Leistung oder die Leistungsverzögerung nicht zu vertreten hat 1 1 1 : E r ist zwar verpflichtet, dem Gläubiger dessen Gegenleistung zurückzugewähren, muß wegen § 818 Abs. 3 B G B aber nur das herausgeben, was noch in seinem Vermögen vorhanden ist. Deutlich wird die auf den Schuldner beschränkte Privilegierung im Fall des § 3 2 7 S. 2 B G B : Erbringt der Schuldner die vertraglich geschuldete Leistung nicht rechtzeitig, ohne daß er die Verzögerung zu vertreten hat, räumen § 636 Abs. 1 S. 1 B G B und § 376 H G B dem Gläubiger ein verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht ein. Der R ü c k tritt löst für den Gläubiger gem. § 3 2 7 S. 1 B G B die Pflicht aus, vom Schuldner bereits erhaltene Teilleistungen nach Rücktrittsvorschriften zurückzugewähren, während der Schuldner gem. § 327 S. 2 B G B lediglich bereicherungsrechtlich verpflichtet ist, dem Gläubiger dessen Gegenleistung herauszugeben 1 1 2 . Davon abweichend scheint § 323 Abs. 3 B G B bei beiderseits nicht zu vertretender Unmöglichkeit sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger eine Rückgewähr nach Bereicherungsrecht vorzuschreiben. D e r Schein trügt: § 3 2 3 Abs. 3 B G B verweist nur für die Rückgewährpflichten des Schuldners, hingegen nicht für den Gläubiger auf das Bereicherungsrecht 1 1 3 . Denkbar wäre 110 pjjr e;ne Hechtsfolgenverweisung die herrschende Meinung: R G vom 24.11.1932 - V I I I 331/32 - R G Z 139, 17, 22 (Mietwohnung) im Rahmen grundlegender Ausführungen zu § 717 Abs. 3 Z P O ; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 4 6 III 1 S.204 (zu § 3 2 3 Abs. 3 B G B ) ; R G R K / Ballhaus12 (1976) § 327 Rn. 3; S o e r g e l / W i e d e m a n n 1 2 (1990) § 323 Rn. 48 und § 327 Rn. 32; Erman/Battes> (1993) § 3 2 3 Rn. 12 und § 3 2 7 Rn.3; Staudinger/Lorenz (1999) § 8 1 2 R n . 9 3 ; M ü n c h K o m m / E m m e r i c h 3 (1994) § 3 2 7 Rn.23; Staudinger/Otto 13 (1995) § 3 2 7 R n . 4 0 ; Jauern i g / V o l l k o m m e r 9 (1999) § 323 Rn. 7 und § 327 Rn. 1; in gleichem Sinne unter der Bezeichnung „Teilverweisung" für alle BGB-Verweisungen auf §§ 812 ff. B G B Hadding in Festschrift Mühl (1981) S. 225, 254 ff. Im Fall des § 323 Abs. 3 B G B kann man ebensogut von einer Rechtsgrundverweisung sprechen, weil mit der Unmöglichkeit der Leistung oder der Abstandnahme des Gläubigers vom Vertrag gem. § 325 Abs. 1 S. 3 B G B die beiderseitigen Leistungspflichten erlöschen (unten § 3 B.I.l.b), § 3 B.I.2 und § 8 D . I . l ) und der Rechtsgrund für die Leistung wegfällt: von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 647; Planck/Sz'^er4 (1914) § 3 2 3 Anm. 6a; siehe auch R G vom 29.10.1935 - II 25/35 - J W 1936, 815 Nr. 31 (Dienstvertrag); trotz der Bezeichnung als Rechtsfolgenverweisung in diese Richtung auch Reuter/Martinek (1983) § 2 3 IV 1 S. 734; MünchKorara/Emmerich 3 (1994) § 323 Rn. 50; Staudinger/Otto 13 (1995) § 323 Rn. 60. 111 R G vom 24.11.1932 - VIII 331/32 - R G Z 139, 17, 22 (Mietwohnung); siehe auch unten §5D.I.4.c). 112 § 327 S. 2 B G B ist auf das vertragliche Rücktrittsrecht aus § 361 B G B entsprechend anzuwenden, § 2 F.III.l.a). § 651 i Abs. 1 B G B paßt insoweit nicht zu den sonstigen verschuldensunabhängigen Rücktrittsrechten, als es lediglich eine Sonderform der Kündigung des Reisevertrages (§§651e, 651j B G B ) ist, die vor Austausch der Leistungen Rücktritt genannt wird; siehe noch § 2 F.III.l.a) mit Fn. 229. 113 Dem Schein erliegt aber S o e r g e l / W i e d e m a n n 1 2 (1990) § 323 Rn. 49. Auch Planck/Stier*

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

allenfalls, daß der Gläubiger Teilleistungen zurückgeben muß, die er bei Unmöglichwerden der restlichen Leistung bereits erhalten hatte. Zur Rückgewähr empfangener Teilleistungen ist er aber nicht verpflichtet: Anders als bei der vom Schuldner zu vertretenden Teilunmöglichkeit kann sich der Gläubiger bei einer zufälligen Teilunmöglichkeit nicht auf den Standpunkt stellen, der Schuldner habe den Vertrag wegen des teilweisen Ausbleibens der Leistung nicht erfüllt, und gegen Rückgabe der Teilleistung des Schuldners seine gesamte Gegenleistung herausverlangen. §323 BGB enthält keine dem Ablehnungsrecht des §§ 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechende Befugnis des Gläubigers, sondern beschränkt diesen darauf, die Teilleistung des Schuldners zu behalten, seine Gegenleistung gem. §§323 Abs. 1 Hs. 2, 472, 473 BGB zu mindern und den seinerseits überzahlten Betrag nach Bereicherungsgrundsätzen zurückzufordern. Das heißt: Während der Schuldner bei von ihm nicht zu vertretenden Leistungsstörungen die Gegenleistung des Gläubigers nach Bereicherungsrecht zurückgewähren muß (§§323 Abs. 3, 327 S. 2 BGB), ist der Gläubiger entweder gar nicht zur Rückgabe verpflichtet (§323 Abs. 1 Hs. 2 BGB) oder schuldet Rückgewähr nach Rücktrittsrecht (§327 S. 1 BGB). Daß nur der Schuldner nach Bereicherungsrecht haftet, gilt auch dann, wenn der Gläubiger bei einer vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit gem. § 325 Abs. 1 S. 3 BGB die Rückabwicklung des Vertrages nach §§ 323 Abs. 3, 818 ff. BGB wählt: §325 Abs. 1 S.3 BGB verweist vollumfänglich auf §323 BGB, der Verweis steht konsequent hinter den Bestimmungen über Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung in S. 1 und über die Teilunmöglichkeit in S. 2. Mit § 325 Abs. 1 S. 3 BGB wird dem Gläubiger nicht die Möglichkeit eingeräumt, die Rechte aus § 323 BGB mit den Rechtsbehelfen aus § 325 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB zu kombinieren und etwa Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter bereicherungsrechtlicher Rückgewähr der bereits ausgetauschten Leistungen zu verlangen. §325 Abs. 1 S. 3 BGB will den Gläubiger, insbesondere um ihm den Nachweis des Vertretenmüssens zu ersparen, nur so stellen, wie er im Fall der beiderseits nicht zu vertretenden Unmöglichkeit gem. § 323 BGB stünde, ihm aber nicht andere oder mehr Rechte zubilligen, als ihm § 325 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB oder §323 BGB geben. Von dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung, nur den Schuldner zu privilegieren, weicht die herrschende Meinung ab, wenn sie die teilweise Nichterbringbarkeit der Leistung als vollständige Unmöglichkeit einordnet. Dann hat der Gläubiger, der einen Teil der Leistung vor Unmöglichkeit des restlichen Teils erhalten hat, Anspruch auf Rückgewähr seiner vollständigen Gegenleistung und schuldet konsequent gem. § 323 Abs. 3 BGB Rückgewähr der Teilleistung des Schuldners nach Bereicherungsrecht 114 . Noch stärker (1914) § 323 Anm. 6 b hält den Gläubiger zur Herausgabe von Nebenleistungen des Schuldners wie Zubehör - unmittelbar - nach Bereicherungsrecht für verpflichtet. 114 Zur Quasi-Vollunmöglichkeit ausführlich unten § 4 B.II.l.b).

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Bereicherungsrecht

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weicht die herrschende M e i n u n g von der einseitigen Privilegierung des Schuldners ab, wenn sie auf die Rückgewährpflichten des Gläubigers nach R ü c k t r i t t und Wandelung analog § 3 2 7 S. 2 B G B Bereicherungsrecht anwendet 1 1 5 .

bb) Anfängliche

Unmöglichkeit,

§306

BGB

H a t sich der Schuldner zu einer Leistung verpflichtet, die von A n f a n g an o b jektiv unmöglich ist, ist der darauf gerichtete Vertrag - einschließlich der G e genleistungsverpflichtung des Gläubigers - gem. § 3 0 6 B G B nichtig. H a t der Gläubiger in U n k e n n t n i s der Vertragsnichtigkeit seine Gegenleistung erbracht, kann er diese gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B herausverlangen.

b)

Gewährleistungsrecht

aa) Rückgewähr (1) Falschlieferung

der gestörten beim

Leistung

Stückkauf

Liefert der Verkäufer beim Stückkauf eine andere als die geschuldete Sache oder stellt der U n t e r n e h m e r ein anderes als das vereinbarte W e r k her, hat er mit seiner Leistung den Vertrag nicht gem. § 3 6 2 A b s . 1 B G B erfüllt. D e r Käufer behält seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch, ist aber auch auf diesen beschränkt: Anders als mit der Wandelung ( § § 4 6 2 , 465, 4 6 7 S. 1, 3 4 6 ff. B G B ) bei Schlechtleistung hat er wegen Falschlieferung keinen Anspruch darauf, sich unter R ü c k g a b e der Leistung sofort v o m Vertrag zu lösen. Ein Lösungsrecht unter R ü c k g e w ä h r der Falschlieferung steht dem Käufer gem. § § 3 2 6 Abs. 1 S . 2 , 3 2 7 S. 1, 3 4 6 S. 1 B G B nur unter der doppelten Voraussetzung zu, daß der Verkäufer die Leistung der geschuldeten Sache in zu vertretender Weise verzögert und auch innerhalb der ihm unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist nicht leistet 1 1 6 . Dagegen ist der Verkäufer oder Unternehmer, weil er mit dem aliud auf eine N i c h t s c h u l d geleistet hat, sofort zur K o n d i k t i o n des Geleisteten gem. § 8 1 2 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B berechtigt 1 1 7 . D e r K o n d i k t i o n s a n s p r u c h steht dem Verkäufer beim beiderseitigen H a n d e l s k a u f 1 1 8 unabhängig davon zu, o b der Käufer Ausführlich § 2 F.III.l.c) und § 9 B.II. BGH vom 20.12.1978 - VIII ZR 236/77 - NJW 1979, 811 (Lastkraftwagen nach Ägypten); für die analoge Anwendung der Sachmängelvorschriften auf die Falschlieferung beim Spezieskauf - mit dem Nachlieferungsanspruch aus § 480 Abs. 1 BGB - wohl nur Krämer NJW 1979, 2023 f.; für den beiderseitigen Handelskauf über §§ 378, 377 HGB auch Hein ZHR 87(1924), 54, 86 ff. 117 Oertmann ZHR 80 (1917), 48, 56 f.; Koppensteiner BB 1971, 547, 553; Esser SR II 4 (1971) §101 II 2 S.341; Marburger JuS 1983, 1, 10; RGRK/Heimann-Trosien 1 2 (1974) §812 Rn. 77f.; GroßKomm-HGB/Brüggemann'' (1983) §378 Rn.72 mit Rn.46f.; Soergel/Huber 12 (1991) vor §459 Rn. 132; Erman/Grunewald? (1993) vor §459 Rn.49; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 68 I 1 S. 146; K. Schmidt Handelsrecht5 (1999) § 29 III 5 c S. 823; Giesen Jura 1995, 169,178; Medicus SR II 9 (1999) Rn. 79. 115

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

die Falschlieferung gem. § § 3 7 8 , 377 H G B gerügt hat oder nicht: D i e G e n e h migungsfiktion der § § 3 7 8 , 3 7 7 H G B greift nur zu Lasten des Käufers, der die Ware behalten und bezahlen muß, wenn er nicht oder nicht rechtzeitig gerügt hat. Dagegen schafft die unterbliebene R ü g e ohne Z u s t i m m u n g des Verkäufers keinen Rechtsgrund, aufgrund dessen der Käufer das Gelieferte gegen dem W i l len des Verkäufers behalten dürfte: Weder durch eine ausdrückliche - einseitige - G e n e h m i g u n g n o c h durch die F i k t i o n der §§ 378, 3 7 7 H G B kann der Käufer einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Ware schaffen 1 1 9 . D e r K o n d i k tionsanspruch geht einseitig auf Herausgabe des aliud, während der Käufer w e der Herausgabe des Kaufpreises n o c h dessen Verrechnung mit dem B e r e i c h e rungsanspruch des Verkäufers verlangen k a n n 1 2 0 . D e n n die bereicherungsrechtliche R ü c k g e w ä h r des aliud dient nicht der R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages, sondern der D u r c h f ü h r u n g des vertraglichen Leistungsprogramms: der Verkäufer erhält das aliud zurück, damit er nicht zweimal leisten muß.

(2) Falsch- und Schlechtlieferung

beim

Gattungskauf

B e i m Gattungskauf erfüllt der Verkäufer seine Leistungspflicht wegen § 2 4 3 A b s . 1 B G B weder mit der Lieferung einer mangelhaften Gattungssache n o c h mit der Lieferung einer Sache aus einer anderen G a t t u n g im Sinne des § 3 6 2 A b s . 1 B G B . D a s legt als Rechtsfolgen einen A n s p r u c h des Käufers auf erneute Leistung in der Frist des § 1 9 5 B G B und einen gegenläufigen K o n d i k tionsanspruch des Verkäufers aus § 812 A b s . 1 S. 1 Var. 1 B G B auf Herausgabe der Falsch- oder Schlechtleistung nahe 1 2 1 . D a v o n macht § 4 8 0 Abs. 1 B G B für die Schlechtleistung aber eine Ausnahme: D e r Käufer hat die Wahl zwischen Nachlieferung, Wandelung, Minderung und unter den Voraussetzungen des § 4 8 0 Abs. 2 B G B zusätzlich einen A n s p r u c h auf Schadensersatz wegen N i c h t erfüllung. Etwaige R ü c k g e w ä h r a n s p r ü c h e des Verkäufers hängen davon ab, welches der Sachmängelrechte der Käufer wählt 1 2 2 : Verlangt er Wandelung oder 118 Die Vorschriften über den beiderseitigen Handelskauf finden über §651 Abs. 1 S. 2 BGB und § 381 Abs. 2 HGB auf alle Werklieferungsverträge und über § 515 BGB auf Tauschverträge Anwendung, Werner BB 1984, 221; Schlegelberger/Hefermekl HGB 5 (1982) §381 Rn. 5, Einl. vor § 373 Rn. 4; HeymannIEmmerich HGB (1990) § 381 Rn. 6, § 377 Rn. 6. 119 R. Schmidt NJW 1962, 710, 713; GroßKomm-HGBIBrüggemann'' (1983) § 378 Rn. 46; siehe auch Koppensteiner BB 1971, 547, 553, der bei Rügeversäumnis für eine verschärfte Haftung des Käufers nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB eintritt; KnöpfJe NJW 1979, 693. Mit dem auf den Schutz des Verkäufers gerichteten Zweck der Genehmigungsfiktion argumentieren bei unterlassener Käuferrüge für einen Kondiktionsanspruch des Verkäufers Marburger JuS 1983, 1,10 f.; K Schmidt Handelsrecht5 (1999) § 29 III 5 c S. 823; Canaris Handelsrecht22 (1995) § 29 VIII 2 b S. 428; siehe auch Fabricius JuS 1964, 46, 51; MünchKommAfi. P. Westermann3 (1995) §459 Rn.24; für die Zuvielleistung auch Oertmann JW 1916, 1462, 1463. 120 BGH vom 12.3.1997 - V I I I ZR 15/96 - LM § 459 BGB Nr. 135 mit Anm. Marly = NJW 1997, 1914, 1916 = WM 1997, 1435, 1436 (Streamercontroller). 121 So in der Tat auch für die Schlechtleistung Medicus BR 1 8 (1999) Rn.689; Staudinger/ Lorenz (1999) § 812 Rn. 89; MünchKomm/Ii^ 3 (1997) § 812 Rn. 141, siehe aber Rn. 144. 122 Vgl. auch Staudinger/Schiemann" (1994) § 243 Rn. 24.

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Bereicherungsrecht

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Nachlieferung, hat der Verkäufer Anspruch auf Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften, §§ 480 Abs. 1 S. 2, 467 S. 1, 346 BGB; will der Käufer die Kaufsache gegen Minderung des Kaufpreises behalten, hat der Verkäufer gar keine Rückgewähransprüche 123 ; für den großen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung ist streitig, ob die Kaufsache nach Schadensersatz- oder nach Rücktrittsrecht zurückzugewähren ist 124 . Für die Falschlieferung bleibt es hingegen beim vertraglichen Erfüllungsanspruch des Käufers aus § 433 Abs. 1 BGB und dem auf Herausgabe des aliud gerichteten Kondiktionsanspruch des Verkäufers aus §812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB 125 . Die unterschiedlichen Rechtsfolgen von Schlecht- und Falschlieferung werden von Rechtsprechung und herrschender Meinung, insbesondere wegen der beim Gattungskauf schwierigen Abgrenzung zwischen Qualitätsabweichung und Identitätsabweichung, für verfehlt gehalten. In Anlehnung an §§378, 377 H G B erstrecken sie deshalb seit dem Kawamatta-/Sendai-SeidenUrteil des RG vom 18.12.1914 beim beiderseitigen Handelskauf die Regelungen der Sachmängelgewährleistung auf die genehmigungsfähige Falschlieferung und dehnen so die Gleichbehandlung von Falschlieferung und Schlechtlieferung bei unterlassener Rüge auch auf die Rechtsfolgen bei erhobener Rüge aus: Der Gattungskäufer, der eine Sache aus einer anderen als der vertraglich vereinbarten Gattung erhalten hat, kann Nachlieferung - ebenso Minderung, Wandelung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung - nur in der kurzen Frist des §477 Abs. 1 BGB verlangen, ist aber nach §§462, 467 S. 1, 346 S. 1 BGB sofort zur Rückgängigmachung des Kaufvertrages berechtigt, ohne daß der Verkäufer ein Recht zur erneuten Andienung hätte 126 . In der Rechtslehre wird das Sach123

Z u r M i n d e r u n g auf N u l l gleich § 2 E.II.2.b)cc). U n t e n § 4 B.III.1. 125 F ü r den Kondiktionsanspruch bei aliud-Lieferung Oertmann J W 1916, 1462, 1463; R. Schmidt N J W 1962, 710, 713; Knöpfle N J W 1979, 693; Marburger JuS 1983, 1, 10 f.; G r o ß Komm-HGB/Brüggemann4 (1983) §378 R n . 4 6 f . , 71; Reuter/Martinek (1983) § 5 I 2 S. 130; M ü n c h K o m m / Z i e ^ 3 (1997) § 812 Rn. 141; Palandt/Thomas™ (1999) § 812 Rn. 73; siehe auch Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 6 II 1 S. 31; zur Mehr- und Falschlieferung Koppensteiner BB 1971, 552 f. 126 R G vom 18.12.1914 - II 433/14 - R G Z 86, 90, 92 f. (Kawamatta-/Sendai-Seide); siehe auch v o m 28.3.1919 - II 386/18 - L Z 1919, Sp. 1010 N r . 3 (tierisches Eiweiß/Leim); vom 2 . 7 . 1 9 2 0 - I I I 1 2 1 / 2 0 - L Z 1920, Sp. 859 Nr. 4 (Kohlsamen/wilde Saat); v o m 14.1.1925-1 147/ 2 4 - L Z 1925, Sp. 545 Nr. 6 (Ware); B G H vom 9.10.1991 - V I I I Z R 88/90 - B G H Z 115, 286, 293 ff. = L M § 377 H G B Nr. 36 = N J W 1992, 566, 568 f. = W M 1992, 147, 150 = JZ 1992, 588, 589 f. mit A n m . Hühner = JR 1992, 328, 331 f. mit A n m . Schubert (Granulat); vom 25.3.1992 VIII Z R 74/91 - N J W - R R 1992, 1076 f. (Schneidringrohrverschraubungen); Hein Z H R 87 (1924), 54, 66 ff.; SoergeU Ballerstedt10 (1967) vor §459 Rn.35; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 1 1 3 III S. 459; Hüffer JA 1981, 143, 145; G r o ß K o m m - H G B / B r ü g g e m a n n 4 (1983) §378 Rn. 59, 61 ff.; Giesen Jura 1993, 354, 361; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 5 IV 3 a - d S. 56 ff., 59; Erman/Weitnauet* (1989) vor § 459 Rn. 11; Baumbach/Hopt H G B 2 9 (199 5) § 378 Rn. 5; Paulusch W M 1995, Sonderbeilage Nr. 1 S.41 f.; Brox, Handelsrecht 1 4 (1999) Rn.396. Ausdrücklich abl. Adler L Z 1915, Sp. 1504,1505 ff. (für ein Rücktrittsrecht des Käufers unabhängig von den Voraussetzungen des § 326 BGB); Oertmann Z H R 80 (1917), 48, 55 ff.; D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / H o e n i g e r H G B 3 (1932) §378 A n m . 6; Grossmann-Doerth, Die Rechtsfolgen Vertrags124

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5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

mängelrecht bei genehmigungsfähigen Falschlieferungen häufig auf den G a t tungskauf zwischen Privatleuten ausgedehnt 1 2 7 und teilweise - unter Berufung auf den subjektiven Fehlerbegriff k o n s e q u e n t - weitergehend vorgeschlagen, auch die nicht genehmigungsfähige Falschlieferung den Gewährleistungsvorschriften zu unterstellen 1 2 8 . Dagegen hat die R e c h t s p r e c h u n g die Ausdehnung der Gewährleistungsvorschriften auf Falschlieferungen beim bürgerlich-rechtlichen Kauf bisher abgelehnt 1 2 9 , zuletzt im G r a n u l a t - U r t e i l : D e r B G H hält an der grundsätzlichen Unterscheidung der Rechtsfolgen bei mangelhafter Lieferung (dann §§ 4 5 9 ff. B G B ) und Falschlieferung (dann §§ 3 2 0 ff. B G B ) fest und stützt die A n w e n d b a r k e i t der Gewährleistungsvorschriften auf die Falschlieferung im Handelskauf auf § 3 7 8 H G B ; dabei nimmt er ausdrücklich „die unterschiedliche Behandlung von Kaufverhältnissen unter Privatleuten und K a u f leuten ... als F o l g e seiner Rechtsauffassung in K a u f " 1 3 0 . F ü r die R ü c k g e w ä h r der Kaufsache bei Falschlieferung hat die herrschende Meinung die K o n s e q u e n z , daß sowohl die R o l l e n als auch der R ü c k a b w i c k lungsmechanismus vertauscht werden: N i c h t der Verkäufer kann Herausgabe der Leistung, sondern nur der Käufer R ü c k g e w ä h r der Leistung verlangen; die einseitige bereicherungsrechtliche R ü c k g e w ä h r der Falschlieferung nach § 8 1 2 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B wird durch die rücktrittsrechtliche R ü c k a b w i c k l u n g bei-

widriger Andienung (1934) S. 114 ff.; R. Schmidt NJW 1962, 710, 712 ff.; Fahricius JuS 1964, 46 ff.; Knöpfle NJW 1989, 871 ff., siehe auch Ders. JZ 1979,11, 12 ff.; Schultz NJW 1980, 2172, 2174; Marburger ]uS 1983,1, 9; RGRK/Mezger n (1978) § 459 Rn. 7; jedenfalls für höherwertige alia auch Koppensteiner BB 1971, 547, 553. 127 Heck SR (1929) § 88,9 und 10 S. 278; von Caemmerer in Festschrift Martin Wolff (1952) S. 3, 13 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S. 187,197 ff.; Larenz SR II 113 (1986) § 41 III S. 80; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 538 ff.; Medicus SR II 9 (1999) Rn. 79 und Ders. BR 18 (1999) Rn.336, 338; Schlegelberger/Hefermehl HGB 5 (1982) §378 Rn. 14; K. Schmidt Handelsrecht5 (1999) §29 III 6 b bb S. 831 ff., 833; Canaris Handelsrecht22 (1995) §29 VIII 3 S. 429 £.; siehe auch Leonhard SR II (1931) S. 82; Fikentscher9 (1997) Rn. 711. 128 Soergel/Huber 12 (1991) vor §459 Rn. 124 ff.; Singer ZIP 1992, 1058, 1059 ff.; Erman/ Grunewald9 (1993) vor § 459 Rn. 52; ob der Ausnahmefall des § 378 Hs. 2 HGB noch anzuerkennen ist, bezweifelt auch Schlegelberger//ie/en»eW HGB 5 (1982) § 378 Rn. 14. So schon der Reformvorschlag der Akademie für deutsches Recht, Heinrich Stoll, Leistungsstörungen (1936) S. 50 f. mit § 26 Abs. 3, und jetzt der Vorschlag der Schuldrechtskommission, Abschlußbericht (1992) S. 198 ff. und §435 Abs. 2 BGB-KE: „Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert, es sei denn, daß sie als Erfüllung offensichtlich nicht in Betracht kommt."; vgl. auch von Caemmerer in Festschrift Martin Wolff (1952) S. 3,13 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S. 187, 197 ff. 129 BGH vom 20.11.1967 - VIII ZR 126/65 - LM §477 BGB Nr. 10 = NJW 1968, 640 f. = JZ 1968, 68 f. (Sommerweizen/Winterweizen); vom 4.12.1968 - VIII ZR 208/66 - LM § 325 BGB Nr. 12 = NJW 1969, 787, 788 = WM 1969, 95, 96 (Einfuhrschrott); vom 18.9.1985 - VIII ZR 244/84 - LM § 325 BGB (A) Nr. 23 = NJW 1986, 659, 660 f. = WM 1985,1361,1362 f. (Magermilchpulver I); vom 23.11.1988 - V I I I ZR 247/87 - NJW 1989,218, 219 = WM 1989, 380, 381 (Wein). 130 BGH vom 9.10.1991 - V I I I ZR 88/90- BGHZ 115,286,293 ff. = LM § 377 HGB Nr. 36 = NJW 1992, 566, 568 = WM 1992, 147, 149 f. = JZ 1992, 588, 589f. mit Anm. Hübner = JR 1992, 328, 331 f. mit Anm. Schubert (Granulat).

E.

Bereicherungsrecht

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der aufgrund des Vertrages erbrachten Leistungen nach § § 4 6 2 , 4 6 7 S. 1, 346 ff. B G B ersetzt 1 3 1 . bb)

Zuvielleistung

D i e R ü c k g e w ä h r einer Zuvielleistung oder ein Besserleistung des Verkäufers ist ebensowenig wie die R ü c k a b w i c k l u n g einer Aliud-Leistung geregelt: H a t der Verkäufer oder U n t e r n e h m e r mehr geleistet als er nach dem Vertrag schuldete, hat er hinsichtlich des die vertragliche Leistungspflicht übersteigenden Teils wie bei der Aliud-Lieferung auf eine N i c h t s c h u l d geleistet. E r kann den nicht geschuldeten Leistungsteil nach den Grundsätzen der condictio indebiti gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B zurückverlangen 1 3 2 . Das ist unproblematisch, wenn das zuviel Geleistete ohne weiteres von der vertraglich geschuldeten Leistung getrennt werden kann, etwa wenn der Verkäufer anstelle der bestellten 100 kg Apfel 2 0 0 kg geliefert hat: D e r Käufer m u ß die zuviel gelieferten 100 kg Apfel gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B gegenständlich herausgeben. K a n n das zuviel Gelieferte dagegen nicht, nicht ohne Zerstörung der Ware oder nur mit unzumutbaren A u f w a n d v o m vertraglich geschuldeten Leistungsteil getrennt w e r d e n 1 3 3 , hat der Verkäufer gem. § 818 Abs. 2 B G B einen Anspruch auf Wertersatz für den nicht geschuldeten Leistungsteil 1 3 4 . Weil der Schuldner es über den Wertersatzanspruch aber in der H a n d hätte, dem Gläubiger eine vertraglich 131 Auf den Wechsel vom Bereicherungsanspruch des Verkäufers zum Rückgewähranspruch des Käufers aus §§ 346, 347 über Wandelung weisen nur hin: Hein ZHR 87 (1924), 54, 78; Knöpfle NJW 1979,693 f.; Soergel/Huber'2 (1991) vor §459 Rn. 107 f.; GroßKomm-HGB/ Brüggemann4 (1983) § 378 Rn. 71. 132 Erman/Weitnauer* (1989) vor §459 Rn. 8; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) §68 I 1 S. 146; Giesen Jura 1995, 169, 178; für den Handelskauf Oertmann JW 1916, 1462, 1463 und Ders. ZHR 80 (1917), 48, 56 f.; Mailänder ZHR 126 (1964), 89, 100 ff.; Koppensteiner BB 1971, 547, 552, der bei Rügeversäumnis für eine verschärfte Haftung des Käufers analog §§ 818 Abs. 4, 819 BGB eintritt; Hüffer }K 1981, 143, 146; Marburger JuS 1983, 1, 12 mit 11; Werner BB 1984, 221, 225 f.; GroßKomm-HGB/Brüggemann 4 (1983) § 378 Rn. 26 und 56; Canaris Handelsrecht22 (1995) § 29 VIII 2 b S. 428; auch K. Schmidt Handelsrecht5 (1999) § 29 III 5 e S. 825; Hüffer JA 19811, 143, 146; unter der Voraussetzung, daß der Käufer rechtzeitig rügt Graue, Mangelfreie Lieferung (1964) S. 171. Praktisch relevant vor allem in Überzahlungsfällen, plastisch etwa BGH vom 25.9.1986 - V I I Z R 349/85 - LM § 812 BGB Nr. 185 = NJW 1987, 185 ff. (Provision): Auszahlung des 10-fachen Betrags der angewiesenen Summe aufgrund fehlerhafter Ausführung des Uberweisungsauftrags durch die Bank; vom 30.1.1992 - VII ZR 237/90 LM §812 BGB Nr. 224 = NJW-RR 1992, 727 (Bauvertrag); vom 17.6.1992 - XII ZR 119/91 LM § 812 BGB Nr. 231 = BGHZ 118, 383 ff. = NJW 1992, 2415 f. (Ehegattenunterhalt). 133 Vgl. den Fall des RG vom 9.1.1889 -1276/88 - RGZ 23,126 ff. (Papier) zur Zurückweisung der gesamten Ware. Aus der Tatsache, daß der geschuldete und der überschießende Leistungsteil nicht voneinander getrennt werden können, folgt nicht zwingend die Mangelhaftigkeit der erbrachten Gesamtleistung. Etwa hat der Juwelier, der einen Ring mit höherem Goldgehalt als vereinbart angefertigt und veräußert hat, mehr geleistet, als vertraglich geschuldet war, nicht aber mangelhaft geleistet. 134 Siehe auch GroßKomm-HGB/Brüggemann 4 (1983) § 378 Rn. 56; Hüffer JA 1981, 143, 146. Dagegen geht dann von einem Sachmangel aus Mailänder ZHR 126 (1964), 89, 92.

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

nicht vereinbarte Ware gegen eine höhere, vertraglich ebenfalls nicht vereinbarte Gegenleistung aufzudrängen 1 3 5 , m u ß der Gläubiger, wenn er die gelieferte Ware ausdrücklich als nicht vertragsgemäß beanstandet, die Wahl haben, anstelle des Wertersatzes die gelieferte Ware insgesamt herauszugeben und so seinen vertraglichen Leistungsanspruch zu behalten. Das bedeutet für den beiderseitigen Handelskauf, daß der Käufer die Leistung nur dann insgesamt z u r ü c k z u weisen kann, wenn die Mehrleistung v o m geschuldeten Leistungsteil nicht oder nur schwer trennbar ist und er die Ware gem. §§ 378, 3 7 7 H G B gerügt hat 1 3 6 . H a t der Verkäufer eine Leistung erbracht, die die geschuldete qualitativ übertrifft, hält die w o h l überwiegende M e i n u n g die K o n d i k t i o n der besseren als der vereinbarten Ware dagegen grundsätzlich für ausgeschlossen 1 3 7 und läßt diese nur zu, wenn der Schuldner zwei Gläubigern Waren unterschiedlicher Qualität schuldet und aufgrund einer Verwechslung die höherwertige Ware dem falschen Gläubiger liefert 1 3 8 . Das überzeugt nicht: D e r Käufer oder Besteller hat aufgrund des Vertrages kein R e c h t , eine Leistung zu behalten, die ihm der Verkäufer oder U n t e r n e h m e r gar nicht schuldete. E i n e Besserleistung ist hinsichtlich des über die vertragliche Leistungspflicht hinausgehenden Teils nichts anderes als eine A l i u d - L i e f e r u n g 1 3 9 . W a r u m sollte eine qualitative M e h r leistung anders behandelt werden als eine quantitative Mehrleistung? Qualitative und quantitative Mehrleistungen sind häufig kaum voneinander abzugrenzen: D e r R i n g mit einem höheren Goldgehalt als vertraglich vereinbart wiegt mehr, ist aber auch wertvoller als der vertraglich geschuldete. D i e Perlenkette mit 32 statt der vereinbarten 30 Perlen ist länger, aber auch wertvoller als die 135 Dagegen ausdrücklich auch Leonhard SR I (1929) S.91; Heck SR (1929) § 9, 9 S.31; Planck/Siber4 (1914) § 243 Anm. 3; MünchKomm/Emmerich* (1994) § 243 Rn. 30. 136 Düringer/Hachenburg/Zioerager HGB 3 (1932) §378 Anm. 18; Schlegelberger/fcfe/ermehl HGB 5 (1982) § 378 Rn. 19; GroßKomm-HGB/Brüggemann 4 (1983) § 378 Rn. 73; Marburger JuS 1983, 1, 9 f.; K. Schmidt Handelsrecht5 (1999) § 29 III 6 c S. 834; siehe auch Werner BB 1984, 221, 227. Dagegen gibt Hüffer]h 1981, 143, 146 dem Verkäufer bei Rüge einen Anspruch auf Wertersatz aus § 818 Abs. 2 BGB und bei unterlassener Rüge einen fingierten Erfüllungsanspruch auf den Uberpreis. 137 Mit dem Argument, der Schuldner habe den Vertrag auch mit der besseren Ware erfüllt: Enneccerus/Lehmann'5 (1958) §611 1 S. 30 £.; Larenz SR I 14 (1987) § 11 IS. 152; Planck/Siber 4 (1914) § 243 Anm. 3; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989) § 10 III 4 c S.234; ohne Begründung auch Staudinger/Loreraz (1999) §812 Rn. 89; Staudinger/Schiemann n (1994) §243 Rn.26; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) §243 Rn. 30; ausnahmsweise für eine Rückforderung H.A. Fischer]\ier]h 51 (1907), 159,189 f.; Leonhard SR I (1929) S. 92. 138 Bei Verwechslung zweier Gläubiger: Planck/Sz'^er4 (1914) aaO.; Staudinger/Lorewz (1999) aaO.; ebenso mit Hilfe des Anfechtungsrechts Enneccerus/Lehmann15 (1958) aaO. S. 31 und Staudinger/Schiemann13 (1994) aaO. Bei Gattungsschulden, wenn der Gläubiger ein anerkennenswertes Interesse an der Leistung von Durchschnittsware hat, insbesondere weil diese billiger ist, Enneccerus/Lehmann15 (1958) aaO.; Staudinger/Medicus12 (1980) §243 Rn. 28; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) § 243 Rn. 30; vgl. auch Leonhard SR I (1929) S. 92. 139 Für die Kondiktion auch GroßKomm-HGB/Brüggemann 4 (1983) §378 Rn.22 (zur Leistung eines höherwertigen aliuds). Vgl. auch Planck/S^er 4 (1914) §243 Anm. 3, der die Rückforderung der besseren Ware nicht für ausgeschlossen hält, wenn die Leistung im Verhältnis zur geschuldeten als eine „völlig andere" anzusehen ist.

E.

Bereicherungsrecht

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vertraglich geschuldete Kette 140 . Auch das Sachmängelrecht enthält keine abschließende Regelung über qualitative Abweichungen, die die unterschiedliche Behandlung von Zuviel- und Besserleistung rechtfertigte: N u r für die Schlechtleistung, also die negative Artabweichung regelt §480 BGB die Rechte von Gläubiger und Schuldner abschließend; Aussagen über die positive Artabweichung trifft das Sachmängelrecht dagegen nicht. cc) Rückgewähr

der Gegenleistung

bei

Minderung

Der Käufer oder Besteller ist zur Minderung des Kaufpreises oder Werklohns grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen wie zur Wandelung des Kauf- oder Werkvertrages berechtigt: Er hat einen Anspruch auf Minderung, wenn die Kaufsache oder das Werk mangelhaft im Sinne der §§459, 633 Abs. 1 BGB ist. Für die Minderung des Kaufpreises stellt § 459 Abs. 1 S. 2 BGB - wie für die Wandelung des Kaufvertrages - die zusätzliche Voraussetzung auf, daß der Mangel den Gebrauch oder den Wert der Kaufsache erheblich mindern muß; für die Minderung des Werklohnes verlangen §§634 Abs. 1 bis 3 BGB wie für die Wandelung des Werkvertrages - , daß der Besteller dem Unternehmer fruchtlos eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung zur Beseitigung des Mangel gesetzt hat. Hatte der Käufer oder Besteller den Kaufpreis oder Werklohn bereits entrichtet, muß der Verkäufer oder Unternehmer den wegen der Minderung überzahlten Teil dieser Gegenleistung zurückzahlen. Die Rechtsnatur der RückZahlungsverpflichtung des Verkäufers oder Unternehmers erörtern weder Rechtsprechung noch Kommentarliteratur näher. Wenn überhaupt, wird meist nur unspezifisch von einem Rückzahlungs- oder Herausgabeanspruch gesprochen 141 und teilweise ohne nähere Begründung ein RückZahlungsanspruch aus §§ 346 ff. BGB bejaht 142 . Das verwundert: Die Vertreter der Herstellungstheorie, nach der Anspruchsgrundlage für die Minderung unmittelbar die §§ 634 Abs. 4, 462 BGB sind, müßten §§ 634 Abs. 4, 462 140

Siehe auch B G H vom 30.4.1975 - V I I I Z R 164/73 - LM § 377 H G B Nr. 15 = N J W 1975, 2011 = W M 1975, 562, 563 (Wellstegträger), der die Lieferung von 32 cm anstelle von 40 cm hohen Wellstegträgern für ein Flachdach als Schlecht- und nicht als Falschlieferung einordnet. Die Aussage des R G vom 18.12.1914 - II 433/14 - R G Z 86, 90, 92 (Kawamatta-/Sendai-Seide) zur Abgrenzung zwischen Falsch- und Schlechtleistung läßt sich ebenso für die Abgrenzung zwischen Zuviel- und Besserleistung lesen: „Eine feste Grenze ist zwischen beiden oft nicht zu ziehen; es erscheint häufig willkürlich, das eine oder das andere anzunehmen. Dabei hat die Unterscheidung der beiden Fälle keine innere Berechtigung; sie stehen sich innerlich gleich." 141 B G H vom 29.10.1964 - VII ZR 52/63 - B G H Z 42, 232, 234 = N J W 1965, 152, 153 (Dachdeckerarbeiten); vom 19.11.1991 - VI ZR 171/91 - N J W 1992, 1039, 1042 (Hochzeitsessen-Salmonellenvergiftung); O L G Saarbrücken vom 3.12.1985 - 2 U 141 und 185/83 sowie 61/ 84 - NJW-RR 1987, 470 (Fertighaus); Oertmann5 (1929) § 462 Anm. 3; Planck/Knoke 4 (1928) § 462 Anm. 3 b; Heck SR (1929) § 87, 8 S. 271; Kress SR II (1934) § 26 S. 22; Palandt/P«izo 5 8 (1999) §462 Rn. 13; Staudinger/Horcse// 13 (1995) §465 Rn. 16 f. 142 Erman/Weitnauei* (1989) §472 Rn.6; Köhler JuS 1979, 422, 426, der in sich widersprüchlich die Rückzahlung des Kaufpreises bei einer Minderung auf Null nur gegen Rückgewähr der Kaufsache zulassen, auf diese aber nicht die §§ 350 ff BGB anwenden will.

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5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

BGB konsequent auch als Anspruchsgrundlage für den RückZahlungsanspruch des Käufers oder Bestellers ansehen 143 . Dagegen liegt nach der Vertragstheorie, die für den RückZahlungsanspruch zunächst eine Einigung zwischen Verkäufer und Käufer bzw. Unternehmer und Besteller über die Minderung im Sinne des §465 BGB voraussetzt, ein aus der Einigung folgender vertraglicher Rückzahlungsanspruch nahe 144 . Haben die Parteien keine ausdrückliche Regelung getroffen, kann die Rechtsnatur des RückZahlungsanspruchs nur dem Gesetz entnommen werden. Dabei hilft die Bezeichnung des Rückzahlungsanspruchs als gesetzlicher Anspruch aus §§462, 472 BGB nicht weiter: Selbst wenn man der Herstellungstheorie folgt 145 , könnte § 462 BGB - über seinen von einem Anspruch auf „Herabsetzung des Kaufpreises" sprechenden Wortlaut hinaus - nur entnommen werden, daß der Käufer oder Besteller wegen der Minderung einen Rückzahlungsanspruch hat, dessen Umfang §472 BGB näher bestimmt. Über die Rechtsgrundlage der Rückgewähr sagen die §§462, 472 BGB hingegen nichts aus. Weil §§ 634 Abs. 4, 467 S. 1 BGB nur für die Wandelung, nicht aber für die Teilrückzahlung des Kaufpreises oder Werklohns nach Minderung auf die §§ 346 ff. BGB verweisen, ist eine Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften ausgeschlossen. Selbst wenn man aus dem Schweigen des Gesetzes eine planwidrige Regelungslücke folgerte, könnte diese nicht durch analoge Anwendung der für die Wandelung geltenden Rücktrittsvorschriften, sondern müßte mit Hilfe der vom BGB vorgesehenen Grundregeln für fehlgeschlagene Schuldverhältnisse geschlossen werden: dem Bereicherungsrecht. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des überzahlten Teils des Kaufpreises oder Werklohns paßt auch tatbestandlich ohne weiteres: Der Anspruch des Verkäufers oder Unternehmers auf den Kaufpreis oder Werklohn bestand in Höhe der berechtigten Minderung des Käufers oder Bestellers von vornherein nicht (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt 1 BGB) bzw. ist nachträglich weggefallen (§ 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB) 146 . 143 So aber nur Soergel/Huber^ 2 (1991) § 462 Rn. 58, 62 mit Rn. 23, § 472 Rn. 15. Siehe auch M ü n c h K o m m / / i . P. Westermann3 (1995) §472 Rn. 4. Für die Rückzahlung des Reisepreises bei der gesetzlichen Minderung wegen Reisemängeln wird ohne Begründung unmittelbar § 651 d Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage gesehen: S>x.3.ud.m%erlSchwerdtnern (1991) § 651d Rn. 3; MünchKomm/Tonner* (1997) § 651d Rn. 14; St. Lorenz JuS 1993, 727,730 f. („entspricht wohl praktischen Bedürfnissen"). 144 So in der Tat St. Lorenz JuS 1993, 727, 730 auf Grundlage der modifizierten Vertragstheorie; dagegen bezeichnet Larenz, der ebenfalls der modifizierten Vertragstheorie folgt, den RückZahlungsanspruch als Recht, das sich „aus der vollzogenen Minderung, als deren gesetzliche Folge, ergibt", Larenz SR II l 1 3 (1986) § 41 II b S. 57. 145 Zum Theorienstreit ausführlich § 8 A.II.l. 146 O b der Rechtsgrund von vornherein fehlte oder nachträglich weggefallen ist, richtet sich nach den meist bei der Wandelung diskutierten Theorien über den Inhalt des Anspruchs auf Minderung: Hat der Käufer oder Besteller von vornherein einen Anspruch auf Minderung (Herstellungstheorie), fehlt dessen Zahlung insoweit von Anfang an der Rechtsgrund; muß er

E.

Bereicherungsrecht

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Als Anspruchsgrundlage für die R ü c k z a h l u n g sieht auch Peters § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 B G B an, will aber § 818 A b s . 3 B G B ausschließen und hält deshalb die Frage nach der R e c h t s n a t u r des RückZahlungsanspruchs für „recht belangl o s " 1 4 7 . A u c h das R G hat sich im G u m m i p l a n t a g e n - F a l l scheinbar gegen die bereicherungsrechtliche R ü c k g e w ä h r des Kaufpreises oder W e r k l o h n s gewandt: „Diese Rückzahlung bedeutet dann aber lediglich die Durchführung der Minderung und beruht nicht auf einem selbständigen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Der Anspruch auf sie ist ein Teil des Minderungsanspruchs, steht und fällt mit diesem." 148 D i e Ausführungen des R G richten sich ausweislich der unmittelbar anschließenden Sätze aber nur dagegen, daß der RückZahlungsanspruch ein selbständiger, insbesondere selbständig verjährender Bereicherungsanspruch ist, nicht aber grundsätzlich gegen die R ü c k z a h l u n g nach Bereicherungsrecht 1 4 9 . D a ß der Minderungsanspruch vor Vollzug der Minderung gem. § 4 6 5 B G B in der kurzen Frist des § 4 7 7 B G B verjährt, ist selbstverständlich. G l e i c h w o h l wird in einem späteren R G - U r t e i l die G u m m i p l a n t a g e n - E n t s c h e i d u n g lapidar für den Satz herangezogen: „Daß der BerR. diesen Anspruch noch als Vertragsanspruch aus dem Kauf, nicht etwa als Bereicherungsanspruch behandelt, steht in Einklang mit der Rspr. des R G . " 1 5 0 D a s ist nicht haltbar. N u r ein bereicherungsrechtlicher R ü c k z a h l u n g s a n spruch fügt sich in das System. E t w a wird von niemandem bestritten, daß der Mieter einen Anspruch auf R ü c k g e w ä h r des wegen Mietmangels gesetzlich geminderten Mietzinses nach Bereicherungsrecht hat 1 5 1 . F ü r einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch spricht insbesondere § 3 2 3 B G B : § 3 2 3 Abs. 1 H s . 2 B G B verweist für die Teilunmöglichkeit auf § § 4 7 2 , 473 B G B und damit auf die G r u n d s ä t z e der Minderung, § 323 A b s . 3 B G B gibt dem Gläubiger

mit dem Anspruch auf Minderung zunächst die Herabsetzung des Kaufpreises oder Werklohns bewirken, um dann mit dem Anspruch aus der Minderung Rückzahlung verlangen zu können (modifizierte Vertragstheorie), fällt der Rechtsgrund für die Zahlung nachträglich weg. 147 Staudinger/Peicrj 13 (1994) §634 Rn.59, der zusätzlich die analoge Anwendung des § 346 B G B oder den Minderungsvertrag als Rechtsgrundlage anbietet. § 818 Abs. 3 B G B ist für andere der eigentliche Grund, einen bereicherungsrechtlichen RückZahlungsanspruch abzulehnen, deutlich St. Lorenz JuS 1993, 727, 729. 148 R G vom 7.12.1920 - II 239/20 - R G Z 101, 64, 72 (Gummiplantage). 149 R G vom 7.12.1920 aaO. (Gummiplantage): „Ist der Anspruch auf Minderung daher verjährt, so ist auch der Anspruch auf Rückzahlung des den geminderten Kaufpreis übersteigenden Betrags ausgeschlossen, da er die Minderung zur Voraussetzung hat. Hiernach hat das Berufungsgericht mit Recht die Einrede der Verjährung aus § 477 B G B ... für begründet erachtet."; a.A. aber St. Lorenz JuS 1993, 727, 729 und 730. 150 R G vom 12.10.1926 - III 491/25 - J R 1927 Nr. 10 - Hervorhebung im Original. 151 Siehe nur St. Lorenz JuS 1993, 727, 731, der die Unmöglichkeit einer anderen Auffassung bedauert; Palandt/P«izo 58 (1999) §537 Rn.21; Staudinger/fmmeWof;13 (1995) §537 Rn. 72; MünchKomm/Voelskow 3 (1995) § 537 Rn. I I a mit weiteren Nachweisen.

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5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

einen bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch auf den wegen der teilweisen Unmöglichkeit der Leistung zuviel gezahlten Teil der Gegenleistung. Bei Minderung entsteht nur ein einseitiger Anspruch des Käufers oder Bestellers auf Rückgewähr des überzahlten Kaufpreises oder Werklohns 152 . Dagegen ist der herrschenden Meinung nicht darin zu folgen, daß der Käufer oder Besteller bei einer Minderung auf Null wegen vollständiger Wertlosigkeit der Kauf- oder Werksache zur Rückgabe der mangelhaften Kaufsache an den Verkäufer oder Unternehmer verpflichtet sein soll 153 : Bei der Minderung entstehen anders als bei der Wandelung gerade keine beiderseitigen Rückgewähransprüche wegen „Rückgängigmachung des Kaufes" 154 . Der auf der Minderung beruhende Bereicherungsanspruch des Käufers auf teilweise Rückgewähr seiner Gegenleistung richtet sich grundsätzlich auf Geld. Das gilt auch im - seltenen - Fall des Tauschvertrages 155 . Hat der Gläubiger ausschließlich oder neben Geld nicht vertretbare Sachen im Sinne des § 91 BGB an den Schuldner geleistet, ist gem. §§515, 473 BGB der Verkehrswert der Gläubigerleistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 156 in Geld zu veranschlagen und die so ermittelte Summe gem. § 472 BGB zu mindern. Gem. § 473 S. 2 BGB ist der zu kürzende Betrag nicht vom Gesamtbetrag, sondern nur von der in 152 Kündigt der Besteller den Werkvertrag gem. § 649 S. 1 BGB, kann er eine bereits geleistete Anzahlung ebenfalls gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB vom Unternehmer herausverlangen, soweit sie die Vergütung übersteigt, die der Unternehmer gem. § 649 S. 2 BGB zu fordern berechtigt ist. Das gleiche gilt, wenn der Unternehmer nach Fristsetzung unter Ablehnungsandrohung gem. §§ 642, 642 BGB den Werkvertrag kündigt, weil der Besteller nicht wie erforderlich an der Herstellung des Werkes mitgewirkt hat. 153 Allerdings ohne daß die Rechtsnatur der Rückgewährpflicht diskutiert wird: Oertmann5 (1929) §472 Anm. 1; Walter, Kaufrecht (1987) § 5 II 6b S. 197 f., Köhler JuS 1979, 422, 426; Staudinger/Hansell" (1995) § 472 Rn. 11; Palandt/P»tzo 5 8 (1999) § 472 Rn. 9; unter Hinweis auf §242 BGB MünchKomm/Zi. P. Westermann3 (1995) §472 Rn.2; RGRK/G/awzmannn (1978) § 634 Rn.23; siehe auch R G vom 28.1.1903 - II 326/02 - HoldMSchr 1903, 164 (verschimmelte Maisölkuchen); O L G Saarbrücken vom 3.12.1985 - 2 U 141 u. 185/83 sowie 61/84 - NJW-RR 1987, 470 (Fertighaus). 154 Gegen einen Rückgewähranspruch des Käufers oder Bestellers auch St. Lorenz JuS 1993, 727, 730; Staudinger/Honsell" (1995) § 472 Rn. 14. 155 Der aber vorkommt: RG vom 3.12.1909 - II 112/09 - R G Z 72, 299ff. (Grundstückstausch-Gasthaus) und vom 12.3.1910 - V 241/09 - R G Z 73, 152 ff. (Grundstückstausch). Zur Wandelung von Tauschverträgen R G vom 19.1.1909 - II 505/08 - R G Z 70, 198, 199 (Grundstückstausch); vom 22.10.1910 - V 17/10 - J W 1911, 36 Nr. 16 (Grundstückstausch); vom 14.5.1919 - V 37/9 - R G Z 96, 20 ff. (Grundstückstausch); O L G H a m m vom 1.2.1994 - 19 U 105/83 - NJW-RR 1994, 882 f. (Pkw-Tausch); zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung RG vom 30.1.1904 - V 451/03 - R G Z 56, 383, 386f. (Grundstückstausch-Landstelle); vom 15.10.1904 - V 104/04 - R G Z 59, 92, 93 f. (Grundstückstausch); vom 3.7.1907 - V 577/06 - JW 1907, 1060 Nr. 2503 (Grundstückstausch); vom 12.2.1919 - V 259/18 - JW 1919, 377 Nr. 4 mit Anm. Oertmann (Grundstückstausch); vom 18.6.1919 - V 5/19 - WarnR 1919, 307 Nr. 196 (Grundstückstausch-Schloßweingut). 156 Vertragsschluß: Oertmann5 (1929) §473 Anm. 2; Staudinger/Ziorcse// 13 (1995) §473 Rn. 4; Soergel/Huber 1 1 (1991) §473 Rn. 1; R G R K / M e z g e r 1 1 (1978) §473 Rn. 1. Verkehrswert: R G vom 12.3.1910 - V 241/09 - R G Z 73, 152, 153 (Grundstückstausch); Staudinger /Honsel^ (1995) §472 Rn. 14; Soergel/Huber 1 1 (1991) § 515 Rn. 15.

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Bereicherungsrecht

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Geld zu zahlenden Leistung des Gläubigers abzuziehen. Übersteigt die Minderungssumme den in Geld zu zahlenden Kaufpreisteil oder schuldete der Gläubiger von vornherein kein Geld, muß der Schuldner ihm die Differenz zwischen mangelhafter Leistung und Gegenleistung in Geld zu vergüten: Hatte er die Gegenleistung bereits erhalten, begründet § 473 S. 2 BGB für den Schuldner einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Sachleistungen; er muß nach § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB lediglich den in Geld entrichteten Kaufpreisteil und gegebenenfalls die nach §473 BGB errechnete Vergütung zahlen, wenn die Minderung den Wert der Sachleistungen des Gläubigers übersteigt 157 . Am Beispiel: Hat der Käufer eines Kraftfahrzeugs neben einer Zahlung von 5.000 D M seinen Altwagen im Wert von ebenfalls 5.000 D M in Zahlung gegeben und mindert er den Kaufpreis, weil der Wagen einen Motorschaden hat, so ist die Minderung anhand der Gesamtgegenleistung von 10.000 D M zu bemessen. Das in Zahlung gegebene Fahrzeug bekommt der Käufer in keinem Fall wieder: Beträgt der mangelbedingte Restwert des Neuwagens 7.000 DM, erhält der Käufer 3.000 DM zurück. Ist der Neuwagen nur 4.000 DM wert, so erhält der Käufer die Barzahlung vollständig zurück, und der Verkäufer muß den Differenzbetrag von 1.000 D M zusätzlich ausgleichen. Dagegen regeln die §§515, 473 BGB nicht den Fall, daß der Gläubiger die Gegenleistung teilweise oder vollständig in vertretbaren Sachen entrichtet, etwa neben Geld auch mit Kartoffeln bezahlt. Insoweit ist streitig, wie zu mindern ist. Nach einer Auffassung ist der Minderungsbetrag auch hier nur in entsprechender Anwendung des §473 BGB zu berechnen, d.h. muß der Wert der Sachleistung des Käufers errechnet, dem in Geld zu zahlenden Kaufpreisteil hinzugeschlagen und muß der Gesamtkaufpreis gemindert werden. Da § 473 S. 2 BGB nicht gilt, soll aber nicht zwingend der in Geld zu zahlende Kaufpreisteil zurückzuzahlen sein, sondern der Käufer die Wahl haben, ob er entweder die Geldleistung oder die Sachleistung mindert 158 . Nach einer anderen Auffassung ist nicht §473 BGB, sondern §472 BGB anzuwenden, so daß sowohl die Geld- als auch die Sachleistung verhältnismäßig herabgesetzt werden müssen: Einen Kaufpreis in Höhe von 1000 D M und 50 Zentner Kartoffeln ermäßigt die 157 R G vom 1.11.1922 - V 27/22 - Recht 1924 Nr. 1111 (Vermietung): Als Gegenleistung war außer Geld vereinbart, daß der Käufer dem Verkäufer eine bestimmte Wohnung im gekauften Haus vermietet, die Vermietung scheiterte an der vom Wohnungseinigungsamt versagten Zustimmung. Wegen der teilweise unmöglichen Leistung minderte das RG die Gegenleistung des Verkäufers, die Grundstücksübergabe und -Übereignung, gem. §§ 323 Abs. 1 Hs. 2, 472, 473 BGB, indem es den in Geld zu entrichtenden Kaufpreisteil entsprechend erhöhte. 158 S o e r g e l / H u h e r n (1991) §473 Rn.2; Erman/Weitnauer* (1989) §473 Rn.3; Erman/ Grunewald* (1993) § 473 Rn. 3; RGRK/Afezger 1 2 (1978) § 473 Rn. 1 und § 515 Rn. 3; MünchK o m m / H . P. Westermann3 (1995) §473 Rn 3, der weitergehend dem Käufer die Wahl lassen will, sowohl den Sach- als auch den Geldteil der Gegenleistung verhältnismäßig zu kürzen. O h n e Aussage insoweit R G vom 3.12.1909 - II 112/09 - R G Z 72, 299, 301 (Grundstückstausch-Gasthaus), das nur sagt: „Der Austausch findet also in der Form einer Ermäßigung der Leistungen des Käufers nur solange statt, als Geld oder vertretbare Sachen Leistungsgegenstand sind."

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5 2 Gesetzliche

Rückahwicklungsmechanismen

Minderung u m die Hälfte auf 500 D M und 25 Zentner K a r t o f f e l n 1 5 9 . N u r für den Fall, daß die Gegenleistung in einer einzigen nicht teilbaren Sache besteht oder mehrere vertretbare Sachen nicht genau in dem nach § 4 7 2 B G B errechneten Verhältnis geteilt werden k ö n n e n , soll nach § 473 B G B verfahren w e r d e n 1 6 0 . F ü r den Inhalt des Bereicherungsanspruchs bedeuten beide Auffassungen, daß der Käufer im Wege der bereicherungsrechtlichen R ü c k g e w ä h r nach M i n d e rung ausnahmsweise Sachen

Anspruch

auf Herausgabe

eines

Teils der

eingetauschten

hat.

3. Wegfall der

Geschäftsgrundlage

Geschäftsgrundlage sind nach ständiger R e c h t s p r e c h u n g die U m s t ä n d e , die zwar nicht Vertragsinhalt geworden sind, auf denen aber der Geschäftswille zumindest einer Partei für den Geschäftsgegner erkennbar und von diesem nicht beanstandet aufbaut 1 6 1 . M i t diesem auf O e r t m a n n zurückgehenden subjektiven Begriff der Geschäftsgrundlage 1 6 2 k ö n n e n nicht nur Störungen bei A b s c h l u ß des Vertrages, sondern auch Störungen bei der Vertragsdurchführung aufgrund solcher U m s t ä n d e erfaßt werden, die die Parteien bei Vertragsschluß nicht bedacht h a b e n 1 6 3 . Wegen Leistungsstörungen kann die Geschäftsgrundlage insbesondere in zwei Fallgruppen wegfallen: z u m einen bei Äquivalenzstörungen, d.h. entweder einer übermäßigen Leistungserschwerung oder einer Verteuerung der Gegenleistung aufgrund einer erheblichen Änderung der politischen 159 Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 176; Planck/Knoke* (1928) §473 Anm. 1; Oertmann? (1929) §473 Anm. 1 b et; Enneccerus! Lehmann^ (1958) § 110 III 1 S.447 Fn.23; Staudinger/ Honsehni (1995) §473 Rn.2f., der inkonsequent in Rn. 6 auf den Tauschvertrag stets §473 BGB anwenden will. 160 Staudinger/Ziowse//13 (1995) § 473 Rn. 3. 161 BGH vom 1.6.1979 - V ZR 80/77 - BGHZ 74, 370, 372 f. = LM § 242 BGB (Bb) Nr. 95 = NJW 1979, 1818, 1819 (Bauerwartungsland); vom 29.4.1982 - III ZR 154/80 - BGHZ 84, 1, 8 f. = NJW 1982, 2184, 2185 = WM 1982, 795, 797 (Grundstück für Straßenbau); vom 15.12.1983 - III ZR 226/82 - BGHZ 89, 226, 231 = NJW 1984, 2947,2948 (Elektrizitätsversorgung); vom 22.1.1993 - V ZR 165/91 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 142 = NJW 1993, 1641, 1642 = WM 1993, 801, 803 (Grundstück); vom 5.1.1995 - IX ZR 85/94 - BGHZ 128, 230,236 = LM §765 BGB Nr. 98 mit Anm. Fastrieb = NJW 1995, 592, 593 (Ehegattenbürgschaft); vom 3.5.1995 - XII ZR 29/94 - BGHZ 129,297,309, = LM § 242 BGB (Bb) Nr. 156 mit Anm. Hohloeh = NJW 1995, 2028, 2030f. (heterologe Insemination); vom 24.11.1995 - V ZR 164/94 BGHZ 131,209,214 = LM § 68 DDR-ZGB Nr. 7 = NJW 1996,990, 991 f.= WM 1996,352,354 (LPG-Grundstück). 162 Oertmann, Geschäftsgrundlage (1921) S. 37. 163 Siehe nur BGH vom 24.11.1995 - V ZR 164/94 - BGHZ 131,209,215 = LM § 68 DDRZGB Nr. 7 = NJW 1996, 990, 992 = WM 1996, 352, 354 (LPG-Grundstück); ebenso Palandt/ Heinrichs58 (1999) §242 Rn. 113. Die zweite Fallgruppe wird anknüpfend an Larenz, Geschäftsgrundlage3 (1963) S. 52 ff., 78 ff., 91 ff. und Dens. SR I 14 (1987) §21 II S. 320 ff. als Störung der objektiven Geschäftsgrundlage bezeichnet. Im übrigen findet man in der Literatur die unterschiedlichsten Kritik- und Ansatzpunkte, zusammenfassend Soergel/Teichmann n (1990) §242 Rn. 215 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) §27 I 3 S. 313 ff. Auf die einzelnen Auffassungen kann hier nicht eingegangen werden.

E.

Bereicherungsrecht

oder wirtschaftlichen Verhältnisse, etwa durch Kriege, Rohstoffkrisen,

47 Lei-

stungsembargos, Geldentwertung oder Gesetzesänderungen164; z u m anderen bei Z w e c k v e r e i t e l u n g , d . h . in F ä l l e n , in d e n e n d e r S c h u l d n e r die v e r t r a g l i c h g e schuldete Leistung zwar erbringen, der Gläubiger mit ihr aber den dahinter stehenden Z w e c k nicht m e h r erreichen k a n n 1 6 5 . D e n G r u n d s ä t z e n ü b e r den W e g fall d e r G e s c h ä f t s g r u n d l a g e g e h e n die § § 2 7 5 ff., 3 2 3 ff. B G B 1 6 6 , die S a c h m ä n g e l h a f t u n g 1 6 7 u n d die H a f t u n g aus p o s i t i v e r F o r d e r u n g s v e r l e t z u n g v o r 1 6 8 . A n g e s i c h t s des G r u n d s a t z e s p a c t a s u n t s e r v a n d a ist eine S t ö r u n g d e r G e s c h ä f t s g r u n d l a g e n u r d a n n r e c h t l i c h b e d e u t s a m , w e n n die Ä q u i v a l e n z v o n L e i s t u n g u n d G e g e n l e i s t u n g e r h e b l i c h b e e i n t r ä c h t i g t w i r d u n d d e n P a r t e i e n ein u n v e r ä n d e r t e s F e s t h a l t e n a m V e r t r a g n i c h t z u g e m u t e t w e r d e n k a n n 1 6 9 . F ä l l t die 164 Zur Überteuerung der eigenen Leistung R G vom 21.9.1920 - III 143/20 - R G Z 100, 129, 130 ff. (Dampf); vom 29.11.1921 - II 247/21 - R G Z 103, 177, 178 ff. (Eisendraht); zur Ölkrise abl. wegen der Vorhersehbarkeit für den Schuldner B G H vom 8.2.1978 - V I I I Z R 221/76 - LM § 242 B G B (Bb) Nr. 91 = WM 1978, 322 f. (Heizöl). Zur Entwertung der Gegenleistung durch Inflation erstmals unter der Bezeichnung Geschäftsgrundlage R G vom 3.2.1922 - II 640, 21 - R G Z 103, 328, 331 ff. (Vigognespinnerei); vom 6.8.1923 - II 215/23 - R G Z 106, 422, 424 f. (Opel); zur erheblichen Wertsteigerung des verkauften landwirtschaftlichen Grundstücks durch das Ende der DDR-Planwirtschaft B G H vom 24.11.1995 - V ZR 164/94 - B G H Z 131, 209, 215 f. = LM § 6 8 D D R - Z G B Nr. 7 = N J W 1996, 990, 992 = WM 1996, 352, 354 (LPGGrundstück); zu Gesetzesänderungen B G H vom 13.10.1959 - VIII ZR 120/58 - LM §242 B G B (Bb) Nr. 33 (Apothekenkonzession). Siehe auch Willoweit ]uS 1988, 833 ff. Das R G hatte diese Fälle zunächst als wirtschaftliche Unmöglichkeit im Sinne des § 275 Abs. 1 B G B eingeordnet: zu Schwierigkeiten wegen der Rohstoffbeschaffung aus dem Ausland R G vom 8.2.1918 - II 413/17 - R G Z 93, 341, 343 (Automobilgewebe aus ägyptischer Baumwolle); vom 15.10.1918 - III 104/18 - R G Z 94, 45, 47ff. (Kupferdraht); zur Überteuerung der eigenen Leistung R G vom 8.7.1920 - III 89/20 - R G Z 99, 258, 259f. (Dampf und Elektrizität). 165 B G H vom 17.1.1975 - V ZR 105/73 - LM § 812 B G B Nr. 109 = N J W 1975, 776 (Minigolfanlage): Nichtgenehmigung einer Minigolfanlage auf dem gekauften Grundstück; vom 1.6.1979 - V ZR 80/77 - B G H Z 74, 370, 373 = LM § 242 B G B (Bb) Nr. 95 = N J W 1979, 1818, 1819 f. (Bauerwartungsland); vom 29.4.1982 - III ZR 154/80 - B G H Z 84, 1, 9 f. = N J W 1982, 2184, 2185 f. = WM 1982, 795, 797 (Grundstück für Straßenbau) - im konkreten Fall abgelehnt; vom 5.1.1995 - I X ZR 85/94 - B G H Z 128,230, 237 ff. = LM § 765 B G B Nr. 98 mit Anm. Fastrich = N J W 1995, 592, 593 f. (Ehegattenbürgschaft): Vereitelung des Sicherungszwecks einer Bürgschaft des vermögenslosen Ehegatten durch Scheidung. Dazu Larenz, Geschäftsgrundlage3 (1963) S. 91 ff., 104 ff. und Ders. SR I 1 4 (1987) §21 II S. 326 ff.; Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage (1971) S. 81 f., 116 ff.; Willoweit ]uS 1988, 833 ff.; Staudinger/Löwisch13 (1995) §275 Rn. 12ff.; Überblick bei Emmerich, Leistungsstörungen 4 (1997) § 2 8 II S. 332 ff. 1 6 6 B G H vom 6.7.1961 - II ZR 219/58 - B G H Z 35, 272, 285 (GmbH-Geschäftsanteile); vom 17.2.1995 - V ZR 267/93 - NJW-RR 1995, 853, 854 (Teilfläche). Hat der Schuldner die Störung verursacht, finden die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ohnehin keine Anwendung: B G H vom 3.10.1952 - 1 Z R 8/52 - LM § 284 B G B Nr. 2 (Rübengeld); vom 3.5.1995 - X I I Z R 29/94 - B G H Z 129, 297, 309 = LM § 242 B G B (Bb) Nr. 156 mit Anm. Hohloch = N J W 1995, 2028, 2031 (heterologe Insemination). 1 6 7 R G vom 11.3.1932 - II 307/31 - R G Z 135, 339, 346 (Jakob J. Ruisdael - Jakob S.Ruysdael); B G H vom 16.3.1973 - V Z R 118/71 - B G H Z 60, 319, 321 = LM §459 B G B Nr. 33 = N J W 1973, 1234 = WM 1973, 641, 642 (Seegrundstück); vom 15.10.1976 - V ZR 245/ 74 - LM §242 B G B (Bb) Nr. 83 = J Z 1977, 177 (Grünland); vom 6.6.1986 - V ZR 67/85 -

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmecbanismen

Geschäftsgrundlage in diesem Sinne nachträglich weg, kommt eine Auflösung des Vertrages nur dann in Betracht, wenn der Vertragszweck durch eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse nicht erreicht werden kann 170 oder der Vertragspartner die Mitwirkung bei der Vertragsanpassung verweigert 171 . Bei Wegfall der Geschäftsgrundlage wird der Vertrag nicht automatisch, sondern erst dann aufgelöst, wenn sich ein Vertragspartner auf den Wegfall beruft. Diese Erklärung beendet die vertraglichen Leistungspflichten bei Austauschverträgen in der Regel ex tunc 172 , bereits ausgetauschte Leistungen sind nach Bereicherungsrecht herauszugeben 173 . Wird die Gegenleistung in Anpassung an die GeB G H Z 98, 100, 103 ff. = N J W 1986, 2824 (Jagdhaus); vom 24.11.1988 - VII ZR 222/87 - LM § 633 BGB Nr. 72 = W M 1989,414,415 (Wohnhaus-Kellerräume); vom 7.2.1992 - V ZR 246/90 - B G H Z 117, 159, 162 f. = LM §459 BGB Nr. 112 = N J W 1992, 1384, 1385 = W M 1992, 918, 919 (Bauland - militärischer Schutzbereich); vom 11.12.1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267 f. (Steinbruch); Köhler JA 1982, 157, 160; MünchKomm/Äot^ 3 (1994) §242 Rn.576; M ü n c h K o m m / / / . P. Westermann} (1995) §463 Rn.87; Soergel/Huber 1 2 (1991) vor §459 Rn. 203; a.A. für die Zeit bis zum Gefahrübergang R G R K / M e z g e r 1 2 (1978) § 459 Rn. 29. 168 Zu Zweckvereitelungsfällen Emmerich, Leistungsstörungen 4 (1997) §28 II 4 b und c S. 343 ff. Nach der Rechtsprechung sollen die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage als vertragliche Ansprüche aber die Kondiktion aus § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB verdrängen, B G H vom 4.5.1972 - VII ZR 187, 70 - W M 1972, 888, 889 f. (Grundstückslasten); vom 17.1.1975 - V ZR 105/73 - LM § 812 BGB Nr. 109 = N J W 1975, 776 (Minigolfanlage); vom 29.4.1982-III ZR 154/80 - B G H Z 84, 1, lOf. = N J W 1982, 2184, 2186 = W M 1982, 795, 797 (Grundstück für Straßenbau) m.w.Nw.; a.A. MünchKomm/7?oí¿ 3 (1994) § 242 Rn. 577 f. 169 B G H vom 8.2.1978 - VIII ZR 221/76 - LM §242 BGB (Bb) Nr. 91 = W M 1978, 322 (Heizöl); vom 29.4.1982 - III ZR 154/80 - B G H Z 84, 1, 9 f. = N J W 1982, 2184, 2186 = W M 1982, 795, 797 (Grundstück für Straßenbau); vom 18.11.1993 - IX ZR 34/93 - W M 1994, 604, 605 (Bürgschaft); vom 5.1.1995 - IX ZR 85/94 - B G H Z 128, 230, 238 = LM § 765 BGB Nr. 98 mit Anm. Fastrieb = N J W 1995, 592, 594 (Ehegattenbürgschaft) m.w.Nw.; vom 24.11.1995 - V ZR 1 6 4 / 9 4 - B G H Z 131, 209, 216ff. = LM § 68 D D R - Z G B Nr. 7 = N J W 1996, 990, 992 = W M 1996, 352, 354 f. (LPG-Grundstück). 170 Zum Vorrang der Vertragsanpassung vor Aufhebung des Vertrages etwa B G H vom 22.1.1993 - V ZR 165/91 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 142 = N J W 1993, 1641, 1642 = W M 1993, 801, 803 (Grundstück); vom 23.9.1994 - V ZR 113/83 - NJW-RR 1995, 77, 78 (Grundstück); MünchKomm/.Ro£¿ 3 (1994) 3 242 Rn. 544 f. Dem entspricht die Lösung der Schuldrechtskommission mit § 306 Abs. 3 BGB-KE, Abschlußbericht (1992) S. 146. 171 RG vom 3.2.1922 - II 640, 21 - R G Z 103, 328, 333 f. (Vigognespinnerei); vom 26.6.1925 - I I 3 1 2 / 2 4 - R G Z 107, 156, 157f. (Automobile); vom 21.11.1968 - VII ZR 8 9 / 6 6 - L M §242 BGB (Bb) Nr. 57 = N J W 1969,233,234 (Bauvertrag); siehe auch R G vom 2.10.1923 - II 165/23 - R G Z 111, 19, 21 (Industrie-Saatkartoffeln). 172 B G H vom 5.12.1984 - VIII ZR 277/83 - LM § 537 BGB Nr. 34 = NJW 1985, 796, 797 = W M 1985, 226, 227 (Radlader) und vom 25.10.1989 - V I I I ZR 105/88 - B G H Z 109,139,144 = LM § 535 BGB Nr. 123 = N J W 1990,314,315 (EDV-Leasing) für den Wegfall der Geschäftsgrundlage eines Leasingvertrages durch Wandelung des Kaufvertrages. 173 B G H vom 5.12.1984 aaO. (Radlader); vom 25.10.1989 aaO. (EDV-Leasing); Emmerich, Leistungsstörungen 3 (1991) §29 III 2 S.356; Palandt¡Heinrichs™ (1999) §242 Rn. 132; analog §327 S.2 BGB: Larenz, Geschäftsgrundlage 3 (1963) S. 177; Köhler, Zweckstörungen (1971) S. 164; Chiotellis, Geschäftsgrundlage (1981) S. 116. Abw. nehmen eine Rückabwicklung nach Vertragsrecht an: Enneccerus/Nipperdey 2 15 (1960) § 177 III 4 Fn.23 S. 1082; Soergel/Teich12 mann (1990) § 242 Rn. 265.

E.

Bereicherungsrecht

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schäftsgrundlagenstörung gemindert, ist der überschießende Teil ebenfalls nach Bereicherungsrecht zurückzuzahlen 1 7 4 . Dagegen erfolgt die A b w i c k l u n g , wenn der Vertrag für die Z u k u n f t aufgehoben wird und die Vertragspartner einander die ausgetauschten Leistungen teilweise zurückgeben müssen, wie bei der K ü n digung v o n Dauerschuldverhältnissen nach Vertragsrecht 1 7 5 . A n der Geschäftsgrundlagenlehre wird grundlegend kritisiert, daß die Fälle ebensogut mit Hilfe der Vertragsauslegung und den gesetzlich vorgesehenen Mitteln, insbesondere den Regeln über die U n m ö g l i c h k e i t der Leistung und der Sachmängelhaftung gelöst werden k ö n n e n 1 7 6 . Unabhängig von dieser grundsätzlichen Kritik wird jedenfalls für die Zweckvereitelungsfälle von vielen eine A b k e h r von der Geschäftsgrundlagenlehre und eine L ö s u n g mit H i l f e des U n möglichkeitsrechts b e f ü r w o r t e t 1 7 7 . F ü r die hier zu behandelnde R ü c k a b w i c k lung gegenseitiger Austauschverträge wegen N i c h t - und Schlechtleistung braucht dieser Kritik schon deswegen nicht näher nachgegangen zu werden, weil der Anwendungsbereich der Geschäftsgrundlagenlehre insoweit verschwindend gering ist 1 7 8 : Aquivalenzstörungen k ö n n e n auch bei Wegfall der Geschäftsgrundlage nur ganz ausnahmsweise zur Auflösung des Vertrages und R ü c k a b w i c k l u n g der ausgetauschten Leistungen führen, da der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung in aller Regel durch eine Ausgleichszahlung oder durch die Minderung der Gegenleistung und damit durch eine Vertragsanpassung R e c h n u n g getragen werden kann 1 7 9 . D a ß der Vertrag aufgelöst wird, k o m m t vor allem in den Zweckvereitelungsfällen in B e t r a c h t 1 8 0 . D e r A n w e n dungsbereich dieser Fallgruppe ist aber von vornherein deswegen klein, weil j e der Vertragspartner in der Regel das R i s i k o für seine Leistung selbst trägt: der Sachschuldner das Beschaffungsrisiko, der Gläubiger das Verwendungsrisiko sowie das Geldentwertungsrisiko für die Gegenleistung 1 8 1 .

174 Oben § 2 E.II.2.a)aa) und § 2 E.II.2.b)cc) zur Minderung nach §§ 323 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, 462, 634 Abs. 4 BGB i.V.m. §§ 472, 473 BGB. 175 Vgl. BGH vom 23.9.1994 - V ZR 113/83 - N J W - R R 1995, 77, 78 (Grundstück). 176 Brox, Irrtumsanfechtung (1960) S. 178 ff., 185 und Der*. JZ 1966, 761, 766 f.; Flume AT II 4 (1992) §26, 3 sowie 5 - 7 S. 497 ff., 507 ff.; Littbarski JZ 1981, 8 ff.; Wieling Jura 1985, 505, 508 ff. und Ders. JuS 1986, 272, 273 f.; Esser/Schmidt I 27 (1993) § 24 I 2 und 3 S. 36 ff., der die Geschäftsgrundlagenlehre mit Einschränkungen nur bei Veränderungen der Sozialexistenz infolge von Kriegen usw. befürwortet, § 24 II S. 41 ff. 177 Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung (1969) S. 145 ff., Zusammenfassung S. 306f. (gegen ihn Köhler, Zweckstörungen [1971] S. 84 ff.); Huber JuS 1972, 57, 60 ff. (im Mietvertragsrecht auch für eine Anwendung der §§ 537 ff. BGB); Medicus BR 18 (1999) Rn. 160; Erman¡Buttes'' (1993) vor § 275 Rn. 13; siehe auch Fikentscher9 (1997) Rn. 176. Für die Anwendung des Sachmängelrechts bei substratbezogenen Zweckvereitelungen Esser/Schmidt I 2 7 (1993) §23 III 2 S. 31 f. 178 Daß die Mehrzahl der Fälle ohne den Wegfall der Geschäftsgrundlage gelöst werden kann, nimmt auch Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) § 29 I S. 352 f. an. 179 Siehe auch Larenz, Geschäftsgrundlage3 (1963) S. 175 f.; MünchKomm/ÄotÄ3 (1994) §242 Rn. 547,592. 180 Siehe auch Larenz aaO. S. 186 und Ders. SR I 14 (1987) § 21 II S. 329. 181 Vgl. nur BGH vom 13.7.1977 - VIII ZR 72/76 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 87 (Architek-

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§ 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

Hinzu kommt: Nachdem beide Vertragspartner die vertraglich geschuldeten Leistungen vollständig erbracht haben, kann die Geschäftsgrundlage ohnehin nur ganz ausnahmsweise wegfallen; eine beiderseitige Rückabwicklung erbrachter Leistungen wird durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage deshalb fast nie ausgelöst 182 . Für die Rückgewähr von Leistungen als Rechtsfolge einer weggefallenen Geschäftsgrundlage bleibt vor allem die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer Vorleistung oder der durch Anpassung des Vertrages geminderten Gegenleistung 183 . Da insoweit in aller Regel Geld zurückzuzahlen ist, unterscheidet sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht von der Rückzahlung der Gegenleistung nach Minderung gem. §§ 323 Abs. 1 Hs. 2, 462, 634

turbüro); vom 8.2.1978 - VIII ZR 221/76 - LM §242 BGB (Bb) Nr. 91 = W M 1978, 322 f. (Heizöl); vom 5.5.1978 - V ZR 193/76 - B G H Z 71, 293, 295 (Grundstück für Straßenbau); vom 1.6.1979 - V ZR 80/77 - B G H Z 74,370, 373 ff. = LM § 242 BGB (Bb) Nr. 95 = N J W 1979, 1818,1819f. (Bauerwartungsland); vom 12.6.1987-V Z R 9 1 / 8 6 - B G H Z 101,143,151 f. = LM § 1 ErbbauVO Nr. 15 = N J W 1987, 2674, 2676 = W M 1987, 1175, 1177 (Erbbaurecht); vom 14.5.1991 - X ZR 2/90 - NJW-RR 1991,1269 (Spülmaschinensteuerung); vom 17.6.1992 - XII ZR 253/90 - LM §242 BGB (Bb) Nr. 139 = N J W 1992, 2690 f. = W M 1992, 1674, 1675 (Trainerkauf); vom 26.9.1997 - V ZR 186/96 - NJW-RR 1998, 589 f. (Kreisstraße); deutlich Huber JuS 1972, 57, 59 ff.; Übersicht bei Soergel/Teichmann u (1990) § 242 Rn. 230 ff. 182 Grundsätzlich abl. R G vom 23.3.1923 - VII 147/22 - R G Z 106, 396, 401 (Abfindungsvergleich gegenüber nichtehelichem Kind); vom 13.10.1933 - II 94/33 - R G Z 142, 23, 35 (Wechsel - mexikanische Goldpesos); B G H vom 14.2.1962 - V ZR 80/60 - W M 1962, 625 f.; vom 9.7.1968 - V ZR 118/67 - W M 1968,1248 f.; vom 21.4.1983 - 1 ZR 201/80 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 105 = N J W 1983,2143,2144 (Vertragsstrafe); vom 24.11.1995 - V ZR 164/94 - B G H Z 131, 209, 216 ff. = LM §68 D D R - Z G B Nr. 7 = N J W 1996, 990, 992 f. = WM 1996, 352, 355 (LPG-Grundstück) mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen; siehe auch R G vom 6.1.1923 - V 1 8 3 / 2 2 - R G Z 106, 11, 13 f. (Grundstück) bei Übergabe des verkauften Grundstücks und vorbehaltloser Annahme eines Großteils des Kaufpreises in Kenntnis der Geldentwertung; vom 12.7.1923 - VI 5/23 - R G Z 107, 240,243 f. (Lastkraftwagen) für die Zahlung des Kaufpreises und Fertigstellung des Wagens vor der Preiserhöhung; B G H vom 29.4.1982 - III ZR 154/80 - B G H Z 84, 1, 10 = W M 1982, 795, 797(Grundstück für Straßenbau); Larenz, Geschäftsgrundlage 3 (1968) S. 134 f., 177 f., 185; 167, 182 f.; Esser SR I 4 ( 1 9 7 0 ) j 3 6 II 3 S. 235 f.; Emmerich, Leistungsstörungen 4 (1997) §27 V S.325; Erman/Werner* (1993) §242 Rn. 179; MünchKommAKoiÄ 3 (1994) § 242 Rn. 534. Für möglich gehalten von B G H vom 14.7.1953 - V ZR 72/52 - LM §242 BGB (Bb) Nr. 18 = N J W 1953, 1585 f. (Hofübergabe) mit der Besonderheit, daß der Güteraustausch Wirkungen für die Gegenwart hatte, weil er das wirtschaftliche Fortkommen der Vertragspartner sichern sollte; vom 12.4.1960 - VIII ZR 13/59 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 36 (Geräte - Typenumstellung); vom 23.2.1968 - V ZR 166/64 - LM § 133 BGB (A) Nr. 11 (Grundstücksschenkung); vom 1.6.1979 - V ZR 80/77 - B G H Z 74, 370, 372 ff. = LM § 242 BGB (Bb) Nr. 95 = N J W 1979, 1818, 1819 f. - wegen der ungeklärten Risikoverteilung zurückverwiesen an die Vorinstanz; Chiotellis, Geschäftsgrundlage (1981) S.58, 115 f., nach dem in diesen Fällen die Feststellung der Unzumutbarkeit aber besonders erschwert ist; R G R K / A l f P 2 (1976) §242 Rn.72; Soergel/Teichmann n (1990) §242 Rn.264; Medicus AT 7 (1997) Rn. 872. 183 Siehe B G H vom 7.2.1968 - VIII ZR 177/65 - LM § 242 BGB (Bb) Nr. 54 (Gaststätte): Rückzahlung des für das Gaststätteninventar angezahlten Geldes; vom 17.6.1992 - XII ZR 253/90 - LM §242 BGB (Bb) Nr. 139 = N J W 1992, 2960 f. = W M 1992, 1674, 1675 (Trainerkauf): u.U. nachträgliche Herabsetzung der Einkaufssumme und Rückforderung durch den Sponsor wegen Nichterfüllung des Trainervertrages.

E.

Bereicherungsrecht

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Abs. 4 BGB i.V.m. §§472, 473 BGB 184 . Wegen des geringen Anwendungsbereichs und der zweifelhaften Voraussetzungen soll der Wegfall der Geschäftsgrundlage für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Leistungen im folgenden nur am Rande mitbehandelt werden.

4. Irrtums- und Täuschungsanfechtung

gem. §§119 Abs. 2, 123 BGB

Störungen bei der Vertragsanbahnung sind keine Leistungsstörungen im eigentlichen Sinn. Während das Leistungsstörungsrecht Störungen begegnet, die bei der Erfüllung eines ordnungsgemäß abgeschlossenen Vertrages auftreten, reagiert die Irrtumsanfechtung wie der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo auf Störungen bei Vertragsschluß. Mit Hilfe der auf die Störung bei Vertragsschluß reagierenden Rechtsbehelfe werden auch nicht wie mit dem Leistungsstörungsrecht bestehende Verträge abgewickelt, sondern es wird die vertragliche Bindung überhaupt gelöst und so die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ermöglicht. Wenn die Irrtumsanfechtung gleichwohl behandelt wird, folgt dies - wie beim Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo - aus der Nähe zum Sachgewährleistungsrecht beim Spezieskauf 185 : Weicht die geleistete Sache für den Käufer nachteilig vom Kaufvertrag ab, weil ihr vereinbarte Eigenschaften fehlen, die für Wert oder Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache im Sinne des §459 Abs. 1 BGB erheblich sind oder deren Vorhandensein der Verkäufers im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB zugesichert hat, begründet die Abweichung der Istvon der Sollbeschaffenheit bei Vertragsschluß zugleich einen Irrtum des Käufers über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach §119 Abs. 2 BGB 186 . Täuscht der Verkäufer den Käufer bei Vertragsschluß arglistig darüber, daß die Kaufsache mangelfrei sei, oder spiegelt er ihm arglistig vor, die Kaufsache habe bestimmte Eigenschaften, hat der Käufer wegen dieser Täuschung nicht nur gem. oder analog §463 S. 2 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, sondern ist auch zur Anfechtung seiner auf den Vertrag gerich184

Gerade § 2 E.II.2.b)cc). Oben § 2 D.I.2 zum Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Kein Problem dieser Arbeit ist die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Verträgen aufgrund des Widerrufs einer auf den Vertragsschluß gerichteten Erklärung gem. §§ 81,109,130 Abs. 1 S. 2,178,1830,1908 i Abs. 1 S. 1 BGB (im Eherecht fälschlich als Widerruf des Vertrages bezeichnet, §§ 1366 Abs. 2,1427 Abs. 2,1453 Abs. 2 BGB), mit der einem schwebend unwirksamen Vertrag endgültig die Wirksamkeit versagt wird bzw. dieser - bei § 130 Abs. 1 S. 2 BGB gar nicht wirksam wird: Anders als Anfechtung und Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo gerät das Widerrufsrecht nicht in Konkurrenz zu Leistungsstörungsregeln. 186 Siehe auch Soergel///«£er 1 2 (1991) vor §459 Rn. 188. Dagegen ordnen den Eigenschaftsirrtum als Sonderform des Erklärungs- und Inhaltsirrtums ein und halten deshalb Sachmangel gem. §459 BGB und Eigenschaftsirrtum gem. §119 Abs. 2 BGB für einander ausschließende Tatbestände Schmidt-Rimpler in Festschrift Lehmann (1956) S. 213,220 ff., 226 ff.; Herherger, Sachmängelhaftung (1974) S. 184 ff., 190 ff.; siehe auch Max Wolff JherJb 56 (1910), 1,37 ff. 185

52

5 2 Gesetzliche

Rückabwicklungsmechanismen

teten Willenserklärung gem. § 123 BGB berechtigt 187 . Sachmängelhaftung und Irrtums- sowie Täuschungsanfechtung beruhen in diesen Fällen auf demselben Lebenssachverhalt 188 . Fraglich ist, inwieweit Irrtums- und Täuschungsanfechtung neben dem Sachgewährleistungsrecht Anwendung finden oder von diesem verdrängt werden. Für die arglistige Täuschung ist ganz herrschende Meinung, daß das Sachmängelrecht das Anfechtungsrecht des Käufers aus § 123 BGB und damit auch Bereicherungsansprüche wegen arglistiger Täuschung nicht ausschließt 189 : Ficht der Käufer seine Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung an, vernichtet er den Vertrag von Anfang an, § 142 Abs. 1 BGB, und hat gegen den gem. §§819 Abs. 1, 142 Abs. 2 BGB verschärft haftenden Verkäufer einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB 190 . Da mit der rückwirkenden Vernichtung des Kaufvertrages die Grundlage für die Sachmängelansprüche entfallen ist, verliert der Käufer mit der Anfechtung seinen Anspruch auf das Erfüllungsinteresse aus § 463 S. 2 BGB 191 . Neben der An187

Bei Gattungskäufen - entsprechend beim Werkvertrag - kommt eine Anfechtung gem. § 123 BGB nur in Betracht, wenn entweder die gesamte Gattung mangelhaft ist, oder wenn der Verkäufer bei Vertragsschluß in der betrügerischen Absicht handelt, den Käufer mit mangelhafter Ware zu beliefern, zu letzterem RG vom 12.12.1921 - VI 455/21 - R G Z 104, 1, 2 f. (Flacheisen); siehe auch vom 19.3.1909 - II 504/08 - R G Z 70, 423, 429 f. (Sauggasmotor), das die Anfechtung gem. § 123 BGB beim Gattungskauf wegen des vorrangigen Gewährleistungsrechts ausschließt, wenn der Verkäufer erst bei Gefahrübergang arglistig über Eigenschaften der Sache täuscht; dazu Soergel/Huber 1 1 (1991) vor § 459 Rn. 205. 188 Etwa hatte der Käufer im Fall B G H vom 1.4.1992 - VIII ZR 86/91 - N J W 1992, 1965 (Motoryacht) den Kaufvertrag sowohl wegen arglistiger Täuschung angefochten als auch die Wandelung erklärt. 189 RG vom 24.6.1919-III 5 7 3 / 1 8 - R G Z 96,156,157 f. (Kino); vom 26.10.1912 - V 170/12 - J W 1913, 88 Nr. 3 (Gasthaus); B G H vom 2.2.1990 - V ZR 266/88 - B G H Z 110, 220, 222 f. = N J W 1990, 1106 = W M 1990, 894 f. (Hausgrundstück); als selbstverständlich angenommen von B G H vom 8.1.1970-VII ZR 130/68 - B G H Z 53, 144, 145 ff. = N J W 1970, 656f. = W M 1970, 666 f. = JZ 1970, 416 f. mit Anm. Diesselhorst (Mercedes); vom 14.10.1971 - V I I ZR 313/ 69 - B G H Z 57, 137, 146 ff. = N J W 1972, 36, 38 ff. mit Anm. Herr 250 f. = W M 1971, 1476, 1478 ff. = JZ 1972, 438, 440 ff. mit Anm. Lieb = JR 1972, 110 ff. mit Kam. Kühne (BMW); aus der Lit. nur Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 112 II S.445; Esser II 4 (1971) §64 VI 3 b S.57f.; Brox/EIsing JuS 1976, 1, 5; Walter, Kaufrecht (1987) § § 5 II 6 c; Hönn JuS 1989, 293, 295; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn.601ff.; Larenz SR II l 1 3 (1986) §41 II e S. 75; Soergel/ Huber12 (1991) vor § 459 Rn. 204; Erman/Grunewald? (1993) vor § 459 Rn. 27. Krit. Köhler JA 1982,157 f.; Staudinger/Honsell" (1995) vor §§459 ff. Rn. 43 und Ders. JuS 1982, 810, 813; siehe auch Esser/Weyers II l 8 (1998) § 6 II 5 S. 67; ausdrücklich a.A. nur Siber SR II (1931) S. 238 f. 190 Herrschende Meinung: von Mayr, Bereicherungsanspruch (1993) S. 450 f.; Planck/Z, 3 (1994) §325 Rn. 30; Staudinger/Otio 1 3 (1995) §325 Rn.28; Palandt/Heinrichs™ (1999) §325 Rn. 7; wohl auch RGRK/Ballhaus 1 1 (1976) § 325 Rn. 13. 54 So von den in Fn. 54 für die herrschende Meinung zu §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 1 BGB Zitierten abw. im Rahmen der §§281, 323 Abs. 2 BGB: Staffel AcP 92 (1902), 467, 468 f.; MünchKomm/Emmerich 1 , (1994) § 323 Rn. 36; Soergel/Wiedemann u (1990) § 323 Rn. 46; siehe auch Leonhard SR I (1929) S.481, 489. Meincke AcP 171 (1971), 19, 30 ff., 35 geht grundsätzlich vom Erlöschen der gegenseitigen Leistungspflichten aus, macht eine Ausnahme aber dann, wenn der Gläubiger das stellvertretende commodum oder Schadensersatz im Wege der Surrogationsmethode wählt. 51

84

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

sehen, ohne daß der Gläubiger eines der Rechte aus §§325, 326 BGB wählen muß. Diese Auffassung ist abzulehnen55. Für den Schuldnerverzug findet sie keine Grundlage im Wortlaut des § 326 BGB. D e n n § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB schließt mit Fristablauf ausdrücklich nur den „Anspruch auf Erfüllung" aus, sagt aber gerade nicht, daß auch die Leistungspflicht des Gläubigers erlischt 56 . § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB hilft zudem in den Fällen nicht weiter, in denen eine Nachfristsetzung ausnahmsweise entbehrlich ist oder der Gläubiger den Schuldner nach Nachfristsetzung hinsichtlich eines Teils der Leistung gem. §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2, 349 BGB von der im übrigen fortbestehenden Leistungspflicht durch Gestaltungserklärung befreien muß. D a n n kann außer der Leistungspflicht des Schuldners auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers frühestens in dem Zeitpunkt erlöschen, in dem der Gläubiger die Leistung des Schuldners ablehnt 5 7 . Anders als § 326 BGB trifft § 325 BGB keine Aussagen über das Schicksal der vertraglichen Leistungspflichten. Für die Gegenleistungspflicht enthält §323 Abs. 1 Hs. 1 BGB aber die ausdrückliche Regel, daß der Schuldner mit der U n möglichkeit der Leistung den Anspruch auf die Gegenleistung „verliert". Daraus scheint zwingend zu folgen, daß mit dem Freiwerden des Schuldners von seiner Leistungspflicht gem. §275 Abs. 1 BGB auch sein Anspruch auf die Gegenleistung erlischt. Daß § 323 Abs. 1 BGB diese Rechtsfolge ausdrücklich nur f ü r die beiderseits nicht zu vertretende Unmöglichkeit anordnet, hindert die ausdehnende Auslegung auf die vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit nicht: M u ß man die Voraussetzung „nicht zu vertreten hat" aus § 275 Abs. 1 BGB herauslesen, so daß der Schuldner von seiner Primärleistungspflicht auch bei einer von ihm zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung befreit wird, kann in § 323 Abs. 1 BGB hineinzulesen sein, daß auch die vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit den Gläubiger gem. § 323 Abs. 1 BGB von seiner Gegenleistungspflicht befreit. Aus dem Gesamtzusammenhang der §§323 bis 325 BGB folgt aber, daß §323 Abs. 1 Hs. 1 BGB keine generelle Regel formulieren will. D e n n nach §323 Abs. 2 BGB „bleibt" der Gläubiger zur Gegenleistung verpflichtet, wenn er vom Schuldner Herausgabe des stellvertretenden c o m m o d u m s nach § 281 BGB verlangt 58 . H a t der Gläubiger die Unmöglichkeit der Schuldnerleistung zu ver-

55

Abi. auch Gernhuber BR 3 (1991) § 15 IV 1 a und b S. 143 f. So schon Kisch JherJb 44 (1902), 68, 95 f.; siehe auch Kress SR I (1929) § 19 S. 436. 57 Oben § 3 B.I.2.a). 58 § 323 Abs. 1 BGB ist für die beiderseits nicht zu vertretende Leistungsunmöglichkeit unter dem Vorbehalt zu lesen, daß der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung nur dann „verliert", wenn er nicht nach § 281 BGB das Surrogat schuldet, § 323 Abs. 2 BGB. Dagegen für den Untergang der beiderseitigen Pflichten und ein Wiederaufleben der Gegenleistungspflicht des Gläubigers mit Wahl des stellvertretenden commodums gem. §§281, 323 Abs. 2 BGB Meincke AcP 171 (1971), 19, 32 ff., 35; Staudinger/Otio 1 3 (1995) § 323 Rn. 56; vgl. auch Gernhuber in Festschrift Raiser (1974) S. 57, 83 f. 56

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

85

treten, „behält" der Schuldner nach § 324 Abs. 1 S. 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung; ,,[d]as gleiche gilt" nach § 324 Abs. 2 BGB, wenn die Leistung während des Annahmeverzugs des Gläubigers unmöglich wird, ohne daß der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Enthält § 323 Abs. 1 Hs. 1 BGB keine generelle Regel über das Schicksal der Gegenleistungspflicht, ist seine Ausdehnung auf den in §325 BGB geregelten Fall der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit nicht zwingend. Gegen das von § 323 Abs. 1 Hs. 1 BGB angeordnete automatische Erlöschen der Gegenleistungspflicht des Gläubigers spricht zum einen, daß § 325 Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich anordnet, der Gläubiger könne die Rechte aus § 323 BGB „geltend machen" 59 . Damit verlangt § 325 Abs. 1 S. 3 BGB gerade anders als § 323 Abs. 1 BGB die nach außen kundgetane Entscheidung des Gläubigers, am Vertrag nicht festhalten zu wollen 60 . Zum anderen beschränkt § 323 Abs. 1 BGB das automatische Erlöschen der Gegenleistungspflicht mit Bedacht auf die weder vom Schuldner noch vom Gläubiger zu vertretende Unmöglichkeit: Während bei der vom Gläubiger zu vertretenden Unmöglichkeit gem. § 324 Abs. 1 BGB dessen Gegenleistungspflicht fortbesteht, soll bei der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit seine Leistungspflicht in Form des Schadensersatzes fortbestehen und der Gläubiger die Wahl haben, ob er an seiner Gegenleistungspflicht festhält oder Differenzschadensersatz verlangt 61 . Da der Wortlaut der §§325, 326 BGB gegen die herrschende Meinung spricht, könnte sie nur aufrechterhalten werden, wenn sie zwingend aus der Rechtsnatur des gegenseitigen Vertrages folgte. Auch das ist nicht der Fall: Fällt der Erfüllungsanspruch des Gläubigers weg, folgt aus der Struktur des gegenseitigen Vertrages zwar, daß der Gläubiger die Möglichkeit haben muß, von der eigenen, mit der Leistungspflicht des Schuldners synallagmatisch verknüpften Gegenleistungspflicht loszukommen. Dagegen folgt aus ihr nicht, wie diese Lösung rechtstechnisch ausgestaltet sein muß. Gegenseitiger Vertrag heißt insbesondere nicht, daß die beiderseitigen Leistungspflichten so miteinander verknüpft sind, daß mit dem Wegfall der einen Leistungspflicht automatisch auch die andere wegfällt. Ebenso ist es mit dem Synallagma vereinbar, daß sich der Gläubiger von seiner fortbestehenden Leistungspflicht durch eine Gestaltungserklärung befreien muß. Inwieweit die Gegenleistungspflicht auch vom Fortbestand der Leistungspflicht des Schuldners abhängen soll, regelt das BGB in §§320 ff. gerade nicht im Sinne einer bedin59 Dagegen kann nicht eingewandt werden, „geltend machen" heiße nichts weiter, als daß sich der Gläubiger auf die kraft Gesetzes eintretende Befreiung berufen darf, so aber Schöller Gruchot 45 (1901), 511,524. 60 Vgl. auch Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 149 und Ders. JherJb 44 (1902), 68, 87 f.; Kleineidam, Unmöglichkeit (1900) S. 151 f. Die Abstandnahme vom Vertrag nach §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 1 Hs. 1 BGB begünstigt den Gläubiger gegenüber dem Differenzschadensersatz und dem Rücktritt, weil er für die Abstandnahme nicht beweisen muß, daß der Schuldner die U n möglichkeit der Leistung zu vertreten hat, siehe auch Kipp in 27. DJT (1904) I S. 249, 284. 61 Gleich § 3 B.I.2.b)aa).

86

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

gungsgleichen Abhängigkeit 62 . Dem entspricht es, daß für die Schadensersatzansprüche aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB nicht behauptet wird, mit der Leistungspflicht des Verkäufers oder Unternehmers erlösche wegen des synallagmatischen Zusammenhangs der beiderseitigen Leistungspflichten auch die Gegenleistungspflicht des Käufers oder Bestellers 63 . Die herrschende Meinung läßt sich weder mit dem Wortlaut der §§ 325, 326 BGB noch mit der Rechtsnatur des gegenseitigen Vertrages begründen. Systemwidrig zieht sie Folgerungen aus dem synallagmatischen Zusammenhang der beiderseitigen Leistungspflichten nicht erst für die dem Gläubiger zur Wahl stehenden Rechtsbehelfe, sondern verlegt diese Entscheidung zeitlich vor. Deshalb ist sie in sich selbst widersprüchlich, soweit sie den Gläubiger trotz Erlöschens der beiderseitigen Leistungspflichten nicht auf den Differenzschadensersatz beschränkt, sondern ihm einen Anspruch auf den Surrogationsschadensersatz gewährt 64 . Auch bei den §§323 Abs. 2 Hs. 1, 324 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB kann die herrschende Meinung den Satz, daß mit der Leistungspflicht des Schuldners automatisch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers wegfällt, nicht durchhalten. Daß sie Ausnahmen für den Surrogationsschadensersatz und die §§323 Abs. 2 Hs. 1, 324 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB zulassen muß, macht die herrschende Meinung überdies unpraktikabel. Zudem hilft sie im Schuldnerverzug nicht, wenn eine Nachfristsetzung ausnahmsweise entbehrlich ist 65 . Entgegen der herrschenden Meinung endet die Gegenleistungspflicht des Gläubigers nicht mit der nachträglichen vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung oder dem fruchtlosen Ablauf der dem Schuldner unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist, sondern ist lediglich in ihrer Durchsetzbarkeit gehemmt, bis der Gläubiger eines der Rechte aus §§325 Abs. 1 S. 1 und 3, 326 Abs. 1 S. 2 BGB bindend wählt 66 . Das ist durch einen Erst62 Van den Daele, GegenseitigerVertrag (1968) S. 102, der aus praktischen Gründen gleichwohl ein automatisches Erlöschen der Gegenleistungspflicht mit der Leistungspflicht des Schuldners befürwortet, S. 102 ff. Siehe auch die Verfechter der strengen Surrogationsmethode, von diesen insbesondere Kisch JherJb 44 (1902), 68, 74 ff. und von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167, 184. Für einen Bedingungszusammenhang zwischen Leistungspflicht des Schuldners und Gegenleistungspflicht des Gläubigers dagegen Blomeyer, Bedingungslehre (1938) S. 114 ff. 63 Dazu unten § 3 B.II.2. 64 Gleich § 3 B.I.2.b)aa). 65 Bei Teilunmöglichkeit und Teilverzug muß der Gläubiger die Leistungspflicht des Schuldners gem. §§ 326 Abs. 1 S. 3,325 Abs. 1 S. 2,280 Abs. 2 S. 2,349 BGB und damit insoweit auch seine Gegenleistungspflicht in jedem Fall durch Gestaltungserklärung beenden, soweit die Leistung des Schuldners noch möglich bzw. dessen Leistungspflicht noch nicht durch Nachfristablauf erloschen ist. 66 Niederländerin Festschrift Wahl (1973) S. 243,251 f., der die ruhende Verpflichtung „als Gegenstück zum verhaltenen Anspruch" bezeichnet (S. 252 Fn. 41); siehe auch Leser, Rücktritt (1975) S. 131 f. mit Fn.90 a und S. 260 ff. Zu §325 BGB Kisch JherJb 44 (1902), 68, 89f., siehe auch Oers., Unmöglichkeit (1900) S. 112; Hadding AcV 168(1968), 150,163 mit Fn. 43;Larenz SR I 14 (1987) § 22 II a S. 336 f., anders aber § 23 II b S. 356 zu § 326 BGB. So auch für die Rechts-

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

87

Recht-Schluß aus §§320, 321 BGB gedeckt: Wenn schon das vorläufige Ausbleiben der Leistung dem Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung die Durchsetzbarkeit nimmt, muß dies erst recht gelten, wenn die Leistungspflicht des Schuldners wegen einer Leistungsstörung endet. Die Konstruktion eines in seiner Durchsetzbarkeit gehemmten Gegenleistungsanspruchs ist nicht gekünstelt, wie ein neueres Urteil des B G H zeigt. Ein Gläubiger hatte keine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gesetzt, weswegen ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag oder ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nur aus § 326 Abs. 2 BGB in Betracht kam. Der B G H hat in diesem Fall die Durchsetzbarkeit des Schuldneranspruchs auf die Gegenleistung schon aufgrund der Möglichkeit des Rücktritts oder Schadensersatzes verneint: „Wenn der Gläubiger z u m R ü c k t r i t t berechtigt ist, k a n n er vielmehr wegen des ihm gem. §326 BGB zur Wahl stehenden Rechts schon v o r der R ü c k t r i t t s e r k l ä r u n g die Erfüllung der eigenen Leistungspflicht verweigern. ... Bei Verzug des Schuldners k a n n der Gläubiger auch wegen eines Schadensersatzanspruchs nach § 326 B G B z u der Gegenleis t u n g nicht m e h r verpflichtet sein." 6 7

b) Mit dem

Schadensersatzverlangen?

aa) Differenz-

oder

Surrogationsmethodef

Endet die Gegenleistungspflicht des Gläubigers nicht automatisch mit der Leistungspflicht des Schuldners, liegt die Annahme nahe, daß sich der Gläubiger nur durch Rücktritt oder Abstandnahme vom Vertrag von seiner Verbindlichkeit befreien kann. Hat aber auch das Schadensersatzverlangen Befreiungswirkung? Seit der grundlegenden Entscheidung des RG vom 13.3.190268 steht die heute ganz herrschende Meinung für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung im gegenseitigen Vertrag auf dem Standpunkt der Differenztbeorie69. Danach wird der Vertrag mit dem Schadensersatzverlangen im Wege einer Gelage bei der Surrogatherausgabe nach §§281, 323 Abs. 2 BGB Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 219; Staffel AcP 92 (1902), 467, 468 f.; Planck/Sj^er 4 (1914) §323 Anm. 5 und 7 b I; Oertmann> (1928) § 323 Anm. 6; Larenz SR I 14 (1987) § 21 I b S. 310f.; S o e r g e l / W W e m W 2 (1990) § 323 Rn. 46; MünchKomm/Emmerich* (1994) § 323 Rn. 36; siehe auch Leonhard SR I (1929) S. 481 und 489. 67 B G H vom 17.12.1996 - X ZR 74/95 - LM § 284 BGB Nr. 44a = NJW-RR 1997, 622, 623 (Knochenbohrer) - Hervorhebungen von mir. 68 R G vom 13.3.1902 - II 407/01 - R G Z 50, 255, 262 ff. (Petroleum) zu §326 Abs. 1 S.2 BGB. Zur Herkunft des Differenzschadensersatz aus dem gemeinen Recht oben § 2 C.III. 69 Siehe noch RG vom 19.2.1930 - 1 248/29 - R G Z 127, 245,248 (Papierholz) zu § 325 Abs. 1 S. 1 BGB. Deutlich auch B G H vom 9.5.1956 - V ZR 95/55 - B G H Z 20, 338, 342 f. = LM § 326 BGB (Ea) Nr. 2 = N J W 1956, 1233 f. (Grundstück); vom 11.2.1983 - V ZR 191/81 - W M 1983, 418 (Grundstück); vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 158 f. = N J W 1983, 1605 = W M 1983, 559 (Hausgrundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - B G H Z 126, 131, 136 = LM § 271 BGB Nr. 7 = N J W 1994, 2480f. = W M 1994, 1396, 1397 (Grundstück) - alle zu §326 Abs. 1 S.2 BGB.

88

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

samtabrechnung abgewickelt: An die Stelle der beiderseitigen vertraglichen Leistungspflichten tritt ein einseitiger Geldersatzanspruch des Gläubigers, der auf die Wertdifferenz zwischen dem Interesse des Gläubigers an der Vertragserfüllung (Wert der Schuldnerleistung zuzüglich etwaiger Folgevorteile) und seiner ersparten Gegenleistung gerichtet ist. Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, die von ihm geschuldete Gegenleistung zu erbringen: Gegenleistung und Wert der Schuldnerleistung werden bei der Ermittlung des Uberschusses als unselbständige Rechnungsposten miteinander verrechnet; der Schadensersatzanspruch des Gläubigers ist von vornherein um den Wert seiner Gegenleistung vermindert 70 . Dagegen war nach Inkrafttreten des B G B in der Literatur zunächst die Surrogations- oder Austauschtheorie herrschend 71 . Nach dieser meint Schadensersatz wegen Nichterfüllung in §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 B G B ebensowenig wie in den allgemeinen Vorschriften §§280 Abs. 1 und 2, 283, 286 Abs. 2 B G B Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages, sondern Schadensersatz für die ausgebliebene Leistung: Der Anspruch auf Schadensersatz tritt als „Surrogat" an die Stelle der Primärleistungspflicht; der Gläubiger bleibt verpflichtet, im „Austausch" gegen den Schadensersatz seine Gegenleistung zu erbringen 72 . Einen Austausch von Gegenleistung und Schadensersatz kann der Gläubiger nur vermeiden, wenn seine Gegenleistung in Geld besteht und er gem. §§387 ff. B G B den Schadensersatzanspruch gegen den Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung aufrechnet 73 . Der Gläubiger kann ein Interesse daran haben, seine Gegenleistung auch dann zu erbringen, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. Ein 7 0 Ergibt die Gesamtabrechnung ein für den Gläubiger negatives Ergebnis wird dadurch ein Anspruch des Schuldners auf den Uberschuß nicht begründet: RG vom 27.5.1904 - VII 3/ 04 - RGZ 58, 173, 176 f. (Gelatinetrocknungsanlage) zu § 635 BGB; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 86; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 6. Abw. verbindet Blomeyer, Bedingungslehre (1938) S. 117 mit der Verrechnung der beiderseitigen Leistungspflichten kein Erlöschen der Gegenleistungspflicht. Gegen die mit der Differenztheorie verbundene Vorstellung, die Wahl des Schadensersatzes löse das Vertragsverhältnis in einen inhaltlich durch eine Rechenoperation festgelegten Ersatzanspruch auf, auch Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 147 ff. Sie hält den Gläubiger deswegen nicht mehr für verpflichtet, die Gegenleistung zu erbringen, weil er mit dem Schadensersatz nicht die vertraglich geschuldete Leistung, sondern nur einen „Notbehelf" erhalte, ebd. S. 145. 71 Zur älteren Literatur vgl. die Zusammenstellung bei RG vom 13.3.1902 - II 407/01 RGZ 50, 255, 263 f. Fn. 1,1. Absatz und Kisch JherJb 44 (1902), 68, 69 Fn. 2 (der Differenzmethode gefolgt ist später aber Dernburg BR II l 3 [1905] § 98 V 1 S. 239 f.). Zur Literatur bis 1928 die Zusammenstellung bei Oertmann5 (1928) § 325 Anm. 1 b ß. Siehe insbesondere Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 132 ff. und Ders. JherJb 44 (1902), 68 ff.; Kleineidam, Unmöglichkeit (1900) S. 144 ff.; Titze, Unmöglichkeit (1900) S. 183, 188; Staub HGB 6 / 7 (1900) Exkurs zu § 374 Anm. 20ff. 24; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167, 177ff.; Adler ZHR 86 (1923), 1, 32 ff.; Oertmann1 (1928) § 325 Anm. lb 8. 72 So kann auch RG vom 22.6.1917 - II 30/17 - RGZ 91, 30, 31 f. (Kartoffelmehl) verstanden werden, bei dem allerdings eindeutige Aussagen zur Differenz- und zur Surrogationsmethode fehlen. 73 Oder er vom Vertrag zurücktritt.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

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solches Interesse liegt für den Schadensersatzgläubiger nahe, der vertraglich eine Sachleistung versprochen hat, die er absetzen möchte, also insbesondere für den Verkäufer im Zahlungsverzug des Käufers, aber auch für den Tauschpartner. Für diese Fälle kombiniert die bisher herrschende Meinung die Vorzüge der Schadensberechnung nach der Differenzmethode und der Surrogationsmethode: Sie gibt dem Gläubiger die Wahl, anstelle des Schadensersatzes nach der Differenzmethode seine Gegenleistung zu erbringen und vollen Schadensersatz für die ausbleibende Schuldnerleistung zu verlangen (sog. abgeschwächte oder eingeschränkte Differenztheorie)74. Während die Surrogationstheorie Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Ubereinstimmung mit §§280, 286 Abs. 2 BGB auch im gegenseitigen Vertrag als Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verbindlichkeit interpretiert, weicht die Differenztheorie von den allgemeinen Leistungsstörungsvorschriften ab und erweitert den Begriff zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages. Daß das Gesetz auf dem Standpunkt der Surrogationstheorie steht, legt nicht nur die identische Begriffsverwendung in §§ 280,286 Abs. 2 BGB und §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB nahe 75 . Für die Surrogationstheorie sprechen vor allem die Regelungen über Teilleistungsstörungen in §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB, die dem Gläubiger, der an der Teilerfüllung kein Interesse hat, einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung „der ganzen 74

Erstmals RG vom 14.5.1919 - V 37/9 - R G Z 96, 20, 24 f. (Grundstückstausch) zu § 283 BGB für den Sonderfall der Unmöglichkeit der Rückgewähr nach Wandelung. Ohne daß dies entscheidungserheblich war, ausdrücklich in diese Richtung nur zweimal der BGH, nämlich vom 9.5.1956 - V ZR 95/55 - B G H Z 20, 338, 342 ff.= LM § 326 BGB (Ea) Nr. 2 = N J W 1956, 1233 f. (Grundstück) und vom 23.4.1991 - X ZR 77/89 - N J W 1991, 2707, 2709 = W M 1991, 1737, 1739 (Kamerakopf) - beide zu §326 Abs. 1 S.2 BGB. Lit.: Eckstein ArchBürgR 37 (1911), 403ff., 406; Planck/&fer 4 (1914) §325 Anm. la; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 84 ff., 92 f.; Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967) S. 71, 93 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §53 IV S. 229 ff. und §48 I 2 S.208; Esser I 4 (1970) § 5112 S. 363 f.; Larenz SR I 14 (1987) § 22 II b S. 340 f.; Medicus BR 18 (1999) Rn. 287,290; Gernhuberm? (1991) § 15 IV 1 b S. 144; Fikentscher9 (1997) Rn. 346; Esser/Schmidt 12 7 (1993) § 28 III 3 a S. 121 f.; Staudinger/Oiio 1 3 (1995) § 325 Rn. 41 ff.; MünchKomm/Emmerich* (1994) § 325 Rn. 72; RGRK/Ballhaus 1 1 (1976) § 325 Rn. 15; Yd^l/Heinrichs™ (1999) § 325 Rn. 11 f.; Erman/Battes* (1993) § 325 Rn. 7; Jauernig/Vollkommer 9 (1999) § 325 Rn. 6. Ähnlich Strohal, Beratungen des 27. DJT (1904), 112, 120 ff. sowie die Beschlüsse des 27. DJT, abgedruckt in Beratungen des 27. DJT (1904), S. 629 f. Siehe auch Leonhard SR I (1929) S. 483 ff, 487 f. Für ein Wahlrecht des Gläubigers zwischen Differenzschadensersatz aus § 325 Abs. 1 S. 1 BGB und Surrogationsschadensersatz aus den daneben anwendbaren §§ 280 Abs. 1, 283 BGB (bei § 326 Abs. 1 S. 2 wegen des Untergangs der beiderseitigen Erfüllungsansprüche mit Nachfristablauf nur nach der Differenzmethode) Schöller Gruchot 44 (1900), 630, 640 f. und Ders. Gruchot 45 (1901), 511, 526 ff. (der meist als Vertreter der strengen Differenztheorie genannt wird); Kipp in 27. DJT (1904) I S. 249 ff., 274 ff., 277 ff.; siehe auch Heck SR (1929) § 43, 9 S. 133; Kress SR I (1929) § 19 S. 420 f. Ausdrücklich gegen ein Wahlrecht des Gläubigers Kisch JherJb 44 (1902), 68,120 ff.; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167, 191 f. (de lege lata) und 199 f. (de lege ferenda). 75 Kisch JherJb 44 (1902), 68, 97; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167, 178; Leonhard SR I (1929) S. 483 f.; Enneccerus/Lehmann^ (1958) § 53 IV 1 S. 230; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 7.

90

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

Verbindlichkeit nach M a ß g a b e des § 2 8 0 A b s . 2 " gewähren. D a ß das zwingend den Schadensersatz nach der Surrogationsmethode meint, zeigt z u m einen das W o r t „Verbindlichkeit", vor allem aber die A b w i c k l u n g nach § 2 8 0 Abs. 2 B G B , der als Vorschrift für einseitige Schuldverhältnisse eine Regelung über die G e genleistungspflicht des Gläubigers gar nicht treffen kann 7 6 . Hiergegen läßt sich nicht mit SIBER einwenden, aus dem Wortlaut des § 3 2 5 Abs. 1 S. 2 B G B folge nichts, da er nicht nur von dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung „der . . . Verbindlichkeit" spreche, sondern zugleich v o m fehlenden I n teresse an der „Erfüllung des Vertrages" 7 7 . Gerade daß das G e s e t z in § 3 2 5 A b s . 1 S. 2 B G B für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs an die besondere Verbindung von Leistung und Gegenleistung im Vertrag anknüpft, für die Rechtsfolge aber nur auf die Nichterfüllung der Verbindlichkeit abstellt, läßt im Gegenteil vermuten, daß der Verweis auf den engen Schadensersatzbegriff des § 2 8 0 B G B beabsichtigt ist. Das gilt u m so mehr, als das G e s e t z dem Gläubiger in derselben Vorschrift den „Rücktritt v o m ganzen Vertrage" einräumt78. A u c h das Schadensersatzrecht zeigt, daß nur die Surrogationsmethode dem G e s e t z entspricht. N a c h der D i f f e r e n z h y p o t h e s e des § 2 4 9 S. 1 B G B 7 9 ist der Schuldner dazu verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der z u m E r s a t z verpflichtende U m s t a n d nicht eingetreten wäre. Das heißt für die Ersatzansprüche aus § § 3 2 5 A b s . 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B : den Z u stand, der bestünde, wenn der Schuldner die vertraglich geschuldete Leistung (rechtzeitig) erbracht hätte. H ä t t e der Schuldner geleistet, hätte der Gläubiger weiterhin seine Gegenleistung erbringen müssen; die b l o ß e Wertdifferenz hätte er bei ordnungsgemäßer Erfüllung nie erhalten. Das spielt zwar dann keine R o l l e , wenn der Gläubiger als Gegenleistung lediglich G e l d schuldet, da er seinen Schadensersatzanspruch gegen den A n s p r u c h des Schuldners auf die G e genleistung aufrechnen kann. Anders ist es aber immer dann, wenn der Sachlei76 Von Mayr aaO. S. 178 f.; Adler Z H R 86 (1923), 1, 83; Oertmann5 (1928) § 325 Anm. l b 6; LeonhardsRI (1929) aaO.; Enneccerus/ Lehmann^ (1958) aaO .\van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 85. Als Vertreter der Differenztheorie räumt auch Kipp in 27. D J T (1904) I S. 249, 285 ff. und Beratungen des 27. D J T (1904) IV 136 ein, daß §325 Abs. 1 S.2 B G B gegen den Differenzschadensersatz spricht und dieser nur mit einer ergänzenden Auslegung aus der Gesamttendenz des Gesetzes begründet werden kann, S.287: „Ich weiß sehr wohl, daß man diese Behandlung des § 325 Abs. 1 S. 2 und der entsprechenden Vorschrift des § 326 sehr willkürlich nennen kann. Wer sich zu ihr nicht entschließen mag, wird den Differenzanspruch aufgeben müssen"; siehe auch Strohal Beratungen des 27. D J T (1904) IV 112, 126. Dagegen versteht Schöller Gruchot 44 (1900), 603,617 die Formulierung „der ganzen Verbindlichkeit" von vornherein falsch als fehlendes Interesse an der „Erfüllung des Vertrags". 7 7 Bei Planck/Ä^er 4 (1914) § 325 Anm. 1 a. 78 Darauf hat schon von Mayr in 27. D J T (1904) II S. 179 hingewiesen. Beiläufig für die Surrogationsmethode auch Prot. I S. 634 a.E. beim Verzug des Verkäufers mit einer Teilleistung (der Käufer könne „Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern, mit dieser Forderung gegen die Forderung des Verkäufers auf den Kaufpreis aufrechnen" - Hervorhebung von mir). 7 9 Oben § 2 C.I.l.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

91

stungsschuldner, etwa der Verkäufer eines Grundstücks oder der Gläubiger eines Tauschvertrages, Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. Anders als die Surrogationsmethode hat die Differenzmethode keine Grundlage im Gesetz20. Keinesfalls läßt sich für den Vorrang des Differenzschadensersatzes vor dem Surrogationsschadensersatz ins Feld führen, daß die Verfasser des H G B Bestimmungen über die von ihnen für wünschenswert erachtete Differenzklage weggelassen haben, weil sie davon ausgingen, daß die §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB auf den Differenzschadensersatz zielten 81 . Hiergegen hat sich schon von Tuhr mit der berechtigten Frage gewandt: „Was soll n u n ... entscheiden? D e r v e r m u t l i c h e W i l l e der Verfasser des B G B oder die mit aller D e u t l i c h k e i t ausgesprochene Ansicht der Verfasser des H G B über den Sinn des BGB?"82

Die reine Surrogationsmethode läßt sich aber nicht durchhalten. Sie widerspricht den berechtigten Interessen des Gläubigers: Der Gläubiger müßte, um seinen Schadensersatzanspruch durchsetzen zu können, seine Gegenleistung weiter vorhalten und trüge die dadurch entstehenden Kosten, wenn er mit dem Schadensersatzanspruch, insbesondere wegen Insolvenz des Schuldners ausfiele. Demgegenüber verfolgt die Differenzmethode das berechtigte Interesse, dem Gläubiger die Liquidation des Vertrages zu erleichtern und ihn nicht zur Gegenleistung zu zwingen, nachdem der Leistungsaustausch aufgrund eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes unterbleibt. Sie folgt zwar nicht zwingend aus dem Synallagma 83 , trägt dem synallagmatischen Zusammenhang der beiderseitigen Leistungspflichten im Regelfall aber besser Rechnung als der Schadensersatz nach der Surrogationsmethode: Jede Partei hat sich zur Leistung verpflichtet, um die vertraglich vereinbarte Leistung des anderen Teils zu erhalten; Zweck des gegenseitigen Vertrages ist der Güteraustausch und nicht der Wertaustausch 84 . Ist der Schuldner gem. §§275, 326 Abs. 1 S.2 BGB nicht mehr verpflichtet, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, ist ein Güteraustausch nicht mehr möglich. Der Gläubiger darf im Wege des Scha80 Das wird teilweise auch von ihren Verfechtern eingeräumt: van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 85; Esser I 4 (1970) §51 I 2 S.363; Esser/Schmidt I 2 7 (1993) §28 III 3 a S. 121; siehe auch Kress SR I (1929) § 19 S. 420 mit Fn. 15; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 7; SoergeVWiedemann'2 (1990) § 325 Rn. 36. Strohal, Beratungen des 27. DJT (1904), 112, 128, 133 steht auf dem Standpunkt, daß das BGB gar nicht bestimmt, welchen Inhalt der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung hat. 81 Denkschrift zum H G B (1897) S. 219 f.; damit argumentieren insbesondere Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 628 ff. und Kipp in 27. DJT (1904) I, 249, 267 ff. sowie Ders., Beratungen des 27. DJT (1904) IV 136 f. 82 Von Tuhr DJZ 1904, 760. Krit. auch von Mayr in 27. DJT (1904) II, 167, 175 ff.; Adler Z H R 86 (1923), 1, 40 f.; Leonhard SR I (1929) S. 484; siehe auch Oertmannb (1928) § 325 Anm. lb 6. 83 Siehe auch gerade § 3 B.1.2.a). 84 Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 520; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 89; siehe auch Siher SR II (1931) S. 196; Planck/Si'^er 4 (1914) §325 Anm. 1 a; a.A. Kleineidam, Unmöglichkeit (1900) S. 145.

92

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspßichten

densersatzes nicht gezwungen werden, seine Gegenleistung gegen Geld statt gegen die vertraglich ausbedungene Leistung zu erbringen 85 . Die Differenzmethode ist für den Gläubiger insbesondere im Anwendungsbereich des § 326 B G B vorteilhaft, nämlich beim Zahlungsverzug des Schuldners. Wollte man den Gläubiger hier am strengen Surrogationsschadensersatz festhalten, erhielte er für seine Sachleistung im Wege des Schadensersatzes das gleiche wie bei verspäteter Erfüllung der Leistung: Geld. Schadensersatz wegen Nichterfüllung hieße dann lediglich, daß der Gläubiger über die Leistung hinaus Geldersatz für die infolge der Leistungsverzögerung entstandenen Schäden liquidieren könnte - das Ergebnis erreichte er aber ohnehin über §286 B G B 8 6 . Der Schadensersatz nach der Differenzmethode erspart es dem Gläubiger zum einen, seine Gegenleistung gegen die - unsichere - Leistung des Schuldners erbringen zu müssen. Zum anderen eröffnet er ihm den Weg zu einem auf die Wertdifferenz und weitere Schäden beschränkten Ersatzanspruch, der, weil auf eine geringere Geldleistung zielend, leichter durchsetzbar ist. Der Schadensersatz nach der Differenzmetbode kombiniert den Rücktritt vom Vertrag und den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Der Gläubiger wird von seiner Gegenleistungspflicht befreit und kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen 87 . Dem steht der Wortlaut der §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B mit „oder" nur scheinbar entgegen. Denn spezifisch für den Rücktritt vom Vertrag ist entgegen der Auffassung des Reichsgerichts (zur Wandelung) nicht, daß dieser die Vertragspartner von den vertraglichen Leistungspflichten befreit 88 , sondern daß er sie zur Rückgewähr Nan den Daele aaO.; siehe auch Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 145 ff. Daß der Differenzschadensersatz mit dem BGB jedenfalls vereinbar ist, zeigt auch die elegante Formulierung von Keuk ebd. S. 160 Fn. 147: „Tatsächlich bezieht sich das Erfüllungsinteresse immer auf den Wert der geschuldeten Leistung, wobei eben nur zu berücksichtigen ist, daß der Gläubiger zur Erlangung dieses Weges seinerseits einen Vermögenswert aufwenden muß - sei es, daß dies durch Leistung in natura, sei es daß es durch Anrechnung des Wertes geschieht." 8 6 Darauf hat schon Kipp in 27. DJT (1904) I, 249, 274 mit Recht hingewiesen; siehe auch Kiscb JherJb 44 (1902), 68, 94 f.; Strohal, Beratungen des 27. DJT (1904), 112, 126 f.; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 4. 87 So deutlich Adler ArchBürgR 17 (1900), 132, 140 f.; Kisch JherJb 44 (1902), 68, 106 f.; Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 523 Fn. 14; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167, 187 f.; Heinrich Stoll AcP 131 (1929), 141, 159; Kabel, Warenkauf I (1936) §57 S.432f.; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 86 und 89 ff.; Leser, Rücktritt (1975) S. 131; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 6,17f. Siehe auch LeonhardsRI (1929) S. 484; Weitnauer m Festschrift Heidelberg (1967) S.71, 94; R O H G vom 18.6.1878 - I 777/78 - R O H G E 24, 106 (Meyer Levy jun. c. Joachimson) zum ADHGB: „faktisches Abgehen vom Vertrage"; ebenso vom 13.5.1875 - 473/75 - PuchtelsZ 7, 354, 355 ff. (Lauterbach c. Wolff) und vom 1.2.1876 1244/75 - R O H G E 20, 223, 224 ff. (Richter & Comp. c. Meyer & Jüdel). 88 Zur Begründung der Unanwendbarkeit des § 326 BGB auf die beiderseitigen Rückgewährpflichten nach vollzogener Wandelung RG vom 28.5.1918 - II 70/18 - RGZ 93, 47, 49 (Casseler Rippenspeer): „Das Wesentliche und die Natur des Rechtsverhältnisses Bestimmende ist bei der Wandelung nicht, wie beim gegenseitigen Vertrag, ein Austausch von Leistung und Gegenleistung, sondern die Beseitigung des auf einen solchen Austausch gerichteten Ver85

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

93

der aufgrund des Vertrages erbrachten Leistungen verpflichtet. Dieses R ü c k g e währschuldverhältnis regeln die §§ 3 4 6 ff. B G B ausführlich, während die B e freiungswirkung des Rücktritts nur mittelbar aus § 3 4 6 S. 1 B G B folgt 8 9 . D a ß auch der Schadensersatz nach der D i f f e r e n z m e t h o d e den Gläubiger von seiner Gegenleistungspflicht befreit, nimmt dem R ü c k t r i t t damit nicht dessen wesentliche F u n k t i o n 9 0 . D i e herrschende M e i n u n g braucht auf die Befreiungswirkung des Differenzschadensersatzes ohnehin nicht zurückzugreifen, da nach ihr die beiderseitigen vertraglichen Leistungspflichten schon mit der v o m Schuldner zu vertretenden U n m ö g l i c h k e i t der Leistung oder dem fruchtlosen Ablauf der dem Schuldner unter Ablehnungsandrohung gesetzten N a c h f r i s t erlöschen 9 1 . N a c h ihr ist die D i f f e r e n z m e t h o d e nur die konsequente F o r t s e t z u n g des automatischen E r l ö s c h e n s der gegenseitigen Leistungspflichten. D e r hier vertretene Standpunkt, daß mit der v o m Schuldner zu vertretenden U n m ö g l i c h k e i t der Leistung oder dem fruchtlosen A b l a u f der unter A b l e h nungsandrohung

gesetzten N a c h f r i s t

nur die Leistungsverpflichtung

des

Schuldners, nicht aber diejenige des Gläubigers erlischt, fügt den Anspruch auf den Surrogationsschadensersatz nahtlos ein: D e r Gläubiger bleibt grundsätzlich verpflichtet, die vertraglich geschuldete Gegenleistung zu erbringen; der Schuldner kann die Gegenleistung aber nicht erzwingen. Solange der Gläubiger seine Leistung n o c h nicht erbracht hat, kann er die K o n s e q u e n z daraus ziehen, daß der ursprüngliche Leistungsaustausch aufgrund eines v o m Schuldner zu vertretenden Umstandes unterblieben ist, und Schadensersatz nach der D i f f e r e n z m e t h o d e wählen 9 2 . D e r Vorrang der Surrogationsmethode ist anders als die eingeschränkte D i f f e r e n z m e t h o d e auch besser mit der herrschenden Auffassung in Ü b e r e i n s t i m m u n g zu bringen, daß der Differenzschadensersatz ausgeschlossen ist, wenn der Gläubiger seine Gegenleistung bereits erbracht hat 9 3 . D i e Gegenleistungspflicht Gläubiger bindend

endet

damit erst in dem Zeitpunkt, in dem der

einen der Rechtsbehelfe

aus §§ 325,326

BGB

wählt,

also den

trags. Daran ändert nichts der Umstand, daß nach §§ 467, 346 die beiderseitigen Leistungen zurückzugewähren sind und daß diese Rückgewähr nach § 348 Zug um Zug unter entsprechender Anwendung der für den gegenseitigen Vertrag geltenden Vorschriften der §§ 320, 322 stattzufinden hat. Denn hier handelt es sich nur um eine nebensächliche Folge der Rückgängigmachung des Kaufvertrags, die ja nach dem zufälligen Stande der beiderseitigen Leistungen auch ganz ausbleiben oder nur für einen der beiden Teile wirksam werden kann." - Hervorhebungen von mir. 89 Oben § 3 A. 90 Das zeigt auch die Entwicklung des Rücktrittsrechts aus dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, oben § 2 C.III. 91 Inkonsequent deshalb Soergel!Wiedemann u (1990), der in § 325 Rn. 24 und § 326 Rn. 69 das automatische Erlöschen der beiderseitigen Vertragspflichten behauptet, für den Differenzschadensersatz in § 325 Rn. 31 aber als wesentlich hervorhebt „weniger die Folge der Vertragsliquidierung, also das besondere Abrechnungsverfahren, sondern die durch das Gläubigerbegehren bewirkte Vertragsumgestaltung, die den Gläubiger von seiner eigenen (Haupt)Leistungspflicht befreit." - Hervorhebungen von mir. 92 So auch Enneccerus/Lehmann™ (1958) § 53 IV 2 S. 231. 93 Unten § 4 B.II.2.a).

94

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

Rücktritt erklärt, vom Vertrag Abstand nimmt oder Differenzschadensersatz verlangt 94 . Wählt der Gläubiger Schadensersatz nach der Surrogationsmethode, bleibt seine Pflicht, die Gegenleistung zu erbringen, bestehen; er kann sie nur durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB beenden.

bb) Ausnahme für §326 BGB ? Von diesem Wahlrecht im Sinne der eingeschränkten Differenzmethode ist der B G H im Anschluß an Wiedemann 95 für § 326 Abs. 1 S. 2 BGB in ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung 96 abgewichen: Da die Gegenleistungspflicht mit fruchtlosem Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist erlösche, könne der Gläubiger das Austauschverhältnis nicht dadurch wiederherstellen, daß er dem Schuldner die Gegenleistung anbiete. Aus diesem Grund versagt der B G H einem Grundstücksverkäufer, der Schadensersatz wegen Zahlungsverzuges des Käufers verlangte, die Möglichkeit, Schadensersatz gegen Auflassung des Grundstücks zu verlangen 97 . Dabei beschränkt der B G H den Ausschluß des Wahlrechts ausdrücklich auf den Schadensersatzanspruch wegen Schuldnerverzugs aus § 326 Abs. 1 S. 2 BGB: Es soll die „eingeschränkte Differenztheorie ... nur im Falle des §325 BGB in Betracht" kommen 9 8 . Mit diesen Sätzen läßt es der B G H bewenden 99 . Kann der

94

Verlangt der Gläubiger Differenzschadensersatz, wird die Gegenleistungspflicht nach herrschender Meinung zum bloßen Rechnungsposten und endet deswegen als selbständige Leistungspflicht - eine überflüssige Begründung, wenn man die Gegenleistungspflicht automatisch schon mit der Leistungsstörung erlöschen läßt. Nach der hier vertretenen, unten $ 8 B.II.l näher begründeten Auffassung beendet die Wahl des Differenzschadensersatz die Gegenleistungspflicht deswegen, weil die Erklärung des Gläubigers, er verzichte auf den Austausch der Leistungen bzw. wünsche die Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen, die Rechtslage analog §§ 280 Abs. 2 S. 2, 349 BGB umgestaltet. 95 Soergel/Wiedemann n (1990) §326 Rn. 69, 72 f. So vorher schon Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 639 f., Larenz SR I 14 (1987) § 23 II b S. 356f. Für gegenstandslos hält SoergelIHuher12 (1991)§433 Rn.279 Fn. 16 den Schadensersatz nach der Surrogationsmethode, weil der Verkäufer damit im Ergebnis nur dasselbe wie nach dem Vertrag verlangen könne. 96 B G H vom 9.5.1956 - V ZR 95/55 - B G H Z 20, 338, 342 ff. = LM § 326 BGB (Ea) Nr. 2 = N J W 1956, 1233 f. Dagegen wird das ebenfalls entgegenstehende Urteil des B G H vom 23.4.1991 - X ZR 77/89 - N J W 1991, 2707, 2709 = W M 1991, 1737, 1739 (Kamerakopf) nicht erwähnt. 97 B G H vom 6.10.1994 - V ZR 92/94 - LM §326 BGB (Ea) Nr. 15 = N J W 1994, 3351 = W M 1994, 2287, 2288 (Grundstück); bestätigt mit Urteil vom 25.6.1999 - V ZR 190/98 N J W 1999,3115, 3116 f. = W M 1999,1726,1727 f. (Hausgrundstück). Zust. Jauernig/Vollkommer9 (1999) § 325 Rn. 6, § 326 Rn. 16; Palandt/Z/einncfc 5 8 (1999) § 325 Rn. 12, § 326 Rn. 26; abl. Staudinger/Otio 1 3 (1995) § 326 Rn. 153. 98 B G H vom 6.10.1994 aaO. (Grundstück). 99 Zudem versäumt er darauf hinzuweisen, daß er mit dem Ausschluß des Surrogationsschadensersatzes wieder an die früher vom R G in ständiger Rechtsprechung vertretene strenge Differenzmethode anschließt: RG vom 19.2.1930 - I 248/29 - R G Z 127, 245, 248 (Papierholz); vom 13.3.1902 - II 407/01 - R G Z 50, 255, 262 ff. (Petroleum); vom 23.2.1904 - II 298/03 - R G Z 57, 105, 106 f. (Selbsthilfeverkauf); vom 13.10.1905 - II 57/05 - R G Z 61, 348,

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

95

Gläubiger nicht den Surrogationsschadensersatz wählen, bedeutet dies, daß dessen Gegenleistungspflicht schon mit dem auf den Differenzschaden gerichteten Ersatzverlangen erlischt. An der Auffassung des B G H überzeugt schon die Prämisse nicht, daß mit dem fruchtlosen Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers erlösche 100 . Hier wird aus einer Konstruktion, die im Wortlaut des Gesetzes keinen Rückhalt findet, eine Schlußfolgerung gezogen, die vom Gesetz abweicht und sich auch nicht zwingend aus der synallagmatischen Verknüpfung der beiderseitigen Leistungspflichten ergibt. Selbst wenn man sich der herrschenden Meinung anschließen wollte, zwingt ihr Grundsatz, daß die Gegenleistungspflicht automatisch mit dem fruchtlosen Ablauf der Nachfrist gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB erlischt, nur scheinbar zum Ausschluß des Surrogationsschadensersatzes. Zwar darf es der Gläubiger nicht in der Hand haben, seine Gegenleistungspflicht als solche Wiederaufleben zu lassen, will sich die herrschende Meinung nicht in Widersprüche verwickeln. Bleibt man bei diesem Satz stehen, wären wegen des automatischen Erlöschens der Gegenleistungspflicht nach §323 Abs. 1 BGB aber auch der Surrogationsschadensersatz gem. §325 Abs. 1 S. 1 BGB und die Herausgabe des stellvertretenden commodums gem. §§ 323 Abs. 2, 281 BGB bei Unmöglichkeit der Schuldnerleistung ausgeschlossen 101 . Letzteres ist mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Der herrschenden Meinung bleibt deshalb, wenn sie ihrem Grundprinzip treu bleiben will, nichts anderes übrig, als den Surrogationsschadensersatz als besondere Berechnungsart zu verstehen: Der Gläubiger kann seine Gegenleistungspflicht (nur) als Inhalt des Schadensersatzanspruchs Wiederaufleben lassen und nicht als eigenständigen Anspruch 102 .

351 ff. (Hölzer) - alle zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB; vom 26.4.1907 - II 464/06 - R G Z 66, 61, 67 ff. (Hotel) - zu § 283 Abs. 1 S. 2 BGB nach Wandelung. 100 Ausführlich oben § 3 B.I.2.b)bb). 101 Zum automatischen Erlöschen nach § 323 Abs. 1 BGB oben § 3 B.I.l.b); dieser Auffassung hat sich der B G H allerdings nie ausdrücklich angeschlossen. Deswegen behauptet Soergel/Wiedemann 1 2 (1990) § 325 Rn. 34 zur Begründung der eingeschränkten Differenzmethode bei Unmöglichkeit der Leistung unter Hinweis auf § 323 Abs. 2 BGB, die Gegenleistungspflicht des Gläubigers erlösche nicht, widerspricht damit aber seiner in § 325 Rn. 24 dargelegten Grundauffassung. 102 So Kipp in 27. DJT (1904) S.249, 277; Planck/S^er 4 (1914) §325 Anm. 1 a; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 92; Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967) S. 71, 94; Gernhuher in Festschrift Raiser (1974) S. 57, 83 und Ders. BR 3 (1991) § 15 IV 1 b S. 144; siehe auch Leser in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 391; abl. H.A. Fischer in Festschrift Zitelmann (1913) S. 1, 49f. Die Stellungnahmen des B G H schwanken: B G H vom 9.5.1956 - V ZR 95/55 - B G H Z 20, 338, 343 = LM § 326 BGB (Ea) Nr. 2 = N J W 1956, 1233, 1234 (Grundstück) im Leitsatz einerseits: „Recht, vom säumigen Vertragsteil im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs die Annahme seiner Leistung zu verlangen", in den Urteilsgründen andererseits: „berechtigt,... seine Vertragsverpflichtung zu erbringen und Ersatz für die ausgebliebene, ihm geschuldete Leistung zu fordern"; B G H vom 23.4.1991 - X ZR 77/89 - N J W 1991, 2707, 2709 = W M 1991,

96

5 3 Befreiung

von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

Grund des Ausschlusses des Surrogationsschadensersatzes sind letztlich weniger dogmatische Überlegungen als vielmehr der Vorwurf, der Gläubiger verhalte sich mit der Wahl des Surrogationsschadensersatzes nach fruchtlosem Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist widersprüchlich im Sinne eines venire contra factum proprium. Das geht von der falschen Auffassung aus, mit der Ablehnungsandrohung erkläre der Gläubiger nicht oder jedenfalls nicht ausschließlich, daß er an der Leistung des Schuldners kein Interesse habe, sondern sinngemäß auch, daß er seine Gegenleistung nicht mehr erbringen wolle 1 0 3 . Sinn der Nachfrist unter Ablehnungsandrohung ist es aber vor allem, D r u c k auf den Schuldner auszuüben, damit dieser die vertraglich geschuldete Leistung doch noch erbringt. Dagegen erklärt der Gläubiger nicht schon mit der Ablehnungsandrohung, sondern erst mit der Wahl eines der ihm in § 326 B G B gewährten Rechte, wie er auf die Nichterfüllung des Vertrages reagieren will. Gerade im Schuldnerverzug benachteiligte der Ausschluß des Schadensersatzes nach der Surrogationsmethode den Verkäufer als Geldgläubiger und Sachleistungsschuldner über Gebühr: Während der Geldleistungsschuldner als Schadensersatz in jedem Fall nur eine in Geld ausgedrückte Differenz erhält, sei es durch Verrechnung auf Grundlage der Differenzmethode, sei es durch Aufrechnung von Schadensersatz und Gegenleistung auf Grundlage der Surrogationsmethode, kann der Sachleistungsschuldner ein Interesse daran haben, seine Gegenleistung im Rahmen des Schadensersatzanspruchs noch zu erbringen. Will die herrschende Meinung den Gläubiger wegen des darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens hindern, im Rahmen des Schadensersatzes seine Gegenleistung zu erbringen, bleibt sie eine Erklärung dafür schuldig, warum der Gläubiger, der seine Gegenleistung bereits erbracht hat, diese im Wege des Schadensersatzes nicht zurückverlangen darf: Entweder widerspricht es den Grundsätzen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung, daß der Gläubiger die vertraglich geschuldete Gegenleistung erbringt - dann darf er sie dem Schuldner auch nicht belassen müssen - , oder ein solcher Widerspruch besteht nicht. Stützt man sich hingegen auf rein dogmatische Gründe, indem man § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 B G B dahin auslegt, daß mit der Leistungspflicht des Schuldners auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers erlischt 1 0 4 , das Wort „oder" aber die Rückforderung der bereits erbrachten Gegenleistung verbietet, ist das bloße Begriffsjurisprudenz - zudem eine, die es mit den Begriffen einmal sehr

1737, 1739 (Kamerakopf): „berechtigt, den Ersatz ihres Schadens nach der sogenannten Austauschmethode zu fordern, d.h. dem Schuldner die Gegenleistung anzubieten und wegen der gemäß § 326 Abs.l Satz 2 B G B weggefallenen Verbindlichkeit Schadensersatz in Geld zu verlangen" - Hervorhebungen von mir. Auch der Anspruch auf das Surrogat aus § 281 B G B wäre auf Grundlage der herrschenden Meinung dann lediglich eine besondere Art, das Gläubigerinteresse zu berechnen. 103 104

Vgl. in diese Richtung aber Schöller Oben § 3 B.I.2.a).

Gruchot 44 (1900), 603, 622 f.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

97

genau n i m m t ( „ o d e r " ) , z u m anderen aber nicht genau genug ( § 3 2 6 Abs. 1 S . 2 Hs. 2 B G B ) .

II. §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB 1. Erlöschen der Primärleistungspflicht des Schuldners Leistet der Schuldner eine mangelhafte Sache, kann das Schadensersatzverlangen des Käufers oder Bestellers grundsätzlich nur diesen selbst von seiner vertraglichen Verpflichtung befreien, den Kaufpreis oder den W e r k l o h n zu entrichten: Verkäufer und U n t e r n e h m e r sind ohnehin nicht (mehr) verpflichtet, eine mangelfreie Sache zu liefern oder herzustellen. E i n e A u s n a h m e besteht nur für den Gattungskauf.

a) Kaufrecht aa) Spezieskauf: Ubergäbe der Kaufsach e U n p r o b l e m a t i s c h ist das E r l ö s c h e n der vertraglichen Leistungspflicht des Verkäufers beim Spezieskauf. Sie ist unabhängig von dem Streit darüber zu bejahen, o b das Sachmängelgewährleistungsrecht eine H a f t u n g für teilweise Nichterfüllung oder für Schlechterfüllung ist 1 0 5 : Selbst wenn die Leistung einer mangelhaften Sache nicht „in obligatione" ist, so ist sie jedenfalls „in solut i o n e " 1 0 6 . D e r Verkäufer hat mit der U b e r g a b e und U b e r e i g n u n g der mangelhaften Sache seine kaufvertraglichen Pflichten im Sinne des § 3 6 2 Abs. 1 B G B erfüllt 1 0 7 . Anders gesprochen: M i t der U b e r g a b e und U b e r e i g n u n g der Kaufsache gem. § 4 3 3 Abs. 1 B G B wird der Verkäufer auch dann v o n seiner vertraglichen Primärleistungspflicht frei, w e n n man annimmt, daß er eine mangelfreie Sache schuldet. Z w a r hat er weniger getan, als er nach dem Vertrag zu tun verpflichtet ist 1 0 8 . A n die Nichterfüllung seiner Pflicht zur mangelfreien Leistung knüpft das G e s e t z aber nur Sekundäransprüche auf Gewährleistung und beschränkt den Käufer darauf, den Kaufvertrag zu wandeln, den Kaufpreis zu mindern oder gegebenenfalls Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Dagegen hat weder der Käufer einen durchsetzbaren A n s p r u c h auf N a c h besserung der Kaufsache, n o c h ist der Verkäufer nach Ü b e r g a b e der Sache berechtigt, die Gewährleistungsansprüche durch N a c h b e s s e r u n g abzuwenden;

Dazu unten § 4 B.III.l.a)ee). So Max Wo///JherJb 56 (1910), 1, 4. 107 Vgl. etwa BGH vom 1.10.1992 - V ZR 36/91 - LM § 90 BGB Nr. 1 mit Anm. Marly = NJW 1992, 3224, 3225 = WM 1993,168,169 (Hotelgrundstück). Nur auf die Übergabe stellt ab Gillig, Nichterfüllung (1984) S. 120. 108 Das hat auch der Verkäufer, dem seine Leistung unmöglich geworden ist oder der auch während der vom Käufer unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist nicht leistet. 105 106

98

§ 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspßichten

Vorschriften, die den §§633 Abs. 2, 634 Abs. 1 S. 1 BGB oder §§535 S. 1, 536 BGB entsprechen, fehlen im Kaufmängelrecht gerade 109 . Anders ist es nur, wenn der Verkäufer dem Käufer vertraglich ein Nachbesserungs- oder Nachlieferungsrecht eingeräumt hat 110 . Dann bestehen der Anspruch des Käufers auf Erfüllung durch Nachbesserung oder Nachlieferung und - je nach vertraglicher Vereinbarung - das Erfüllungsrecht des Verkäufers fort, bis der Verkäufer nachgebessert oder nachgeliefert hat oder sich die Vertragspartner gem. §465 BGB über die Wandelung, Minderung oder den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung geeinigt haben oder der Käufer die Rückzahlung des Kaufpreises rechtskräftig erstritten hat 111 . bb) Gattungskauf:

Einigung über

Schadensersatz

Anders als beim Spezieskauf befreit die Lieferung einer mangelhaften Sache den Verkäufer beim Gattungskauf nach herrschender Meinung nicht gem. § 362 Abs. 1 BGB: Der Verkäufer schuldet eine Gattungssache, die die vertraglich vereinbarte Qualität aufweist, wegen §243 Abs. 2 BGB zumindest eine Gattungssache mittlerer Art und Güte. Mit der Lieferung einer mangelhaften Sache genügt er seiner Leistungspflicht nicht. Fortbestehen der vertraglichen Leistungspflicht hieße konsequenterweise, daß der Verkäufer sowohl verpflichtet als auch berechtigt ist, eine andere einwandfreie Gattungssache zu liefern. Das ist aber nicht der Standpunkt des Kaufgewährleistungsrechts. §480 BGB bestimmt vielmehr, daß der Verkäufer erstens nur verpflichtet, nicht aber berechtigt ist, nach einem fehlgeschlagenen Erfüllungsversuch mangelfreie Stücke aus der Gattung zu liefern 112 , und be109 N u r diejenigen, die einen Nachbesserungsanspruch des Käufers - nach Gefahrübergang - bejahen, müssen das Freiwerden des Verkäufers konsequent nach hinten verlagern, deutlich Peters JZ 1978, 92, 96. Für einen Nachbesserungsanspruch aber nur Korintenberg JB1 Köln 1947, 69, 80; Westhelle, Nichterfüllung (1978) S. 101 ff.; Peters JZ 1978, 92, 94 ff.; siehe auch Brox, Einrede (1948), S. 84 f. (anders Brox/Elsing JuS 1976, 1, 2). Zum Nachbesserungsanspruch auf Grundlage des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gleich § 3 B.II.l.c). 110 Zum vertraglich vereinbarten Nachbesserungsanspruch Köhler JZ 1984, 393, 396 ff.; Soergel/Huber' 12 (1991) §462 Rn. 66 ff., § 465 Rn. 33 f. Zu einem ausnahmsweisen Nachbesserungsanspruch aus §242 BGB Köhler ebd. S. 393; M ü n c h K o m m / / i . P. Westermann1 (1995) §462 Rn. 39. 111 Vgl. Götz, Sachmängelbeseitigung (1960) S. 68 f.; abw. Gillig, Nichterfüllung (1984) S. 89 f., 123, der auf den Kauf mit Nachbesserungsverpflichtung die §§ 633 ff. BGB für die Befreiung des Schuldners anwenden will. Zur bindenden Wahl der Gewährleistungsansprüche unten § 8 A.II.2 (Wandelung), § 8 D.II. (Minderung) und § 8 B.II.2. (Schadensersatz). 1,2 Mot. II S. 242; B G H vom 5.10.1966 - VIII ZR 98/64 - LM §480 BGB Nr. 2 = N J W 1967, 33 (Eisautomat); Schöller Gruchot 46 (1902); 1, 22 f.; Esser II 4 (1971) §64 III 4 d S.51; MünchKommAEmmeWc/i 3 (1994) §243 Rn.29; Palandt/Paizo 5 8 (1999) §480 Rn.5; Soergel/ Huberu (1991) § 480 Rn. 1 f. Ohne dies in concreto zu bejahen, hat das R G - lediglich - erwogen, daß es gegen § 242 BGB verstoßen könne, wenn der Käufer die vom Verkäufer angebotene Ersatzlieferung ablehne: RG vom 6.6.1905 - II 593/04 - R G Z 61, 92, 94 f. (Schrott); vom

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

99

schränkt den Käufer zweitens nicht auf die Nachlieferung, sondern gibt ihm zusätzlich wahlweise die A n s p r ü c h e auf Wandelung, Minderung und gegebenenfalls Schadensersatz wegen Nichterfüllung. D i e vertragliche Leistungspflicht des Verkäufers besteht damit nur einseitig fort: E r ist nach Wahl des Käufers verpflichtet, nicht aber berechtigt zu leisten. D e r fortbestehende A n s p r u c h des Käufers auf eine vertragsgemäße G a t tungssache wird gem. § 4 8 0 A b s . 1 B G B dem Gewährleistungsrecht unterstellt. O b der vertragliche Erfüllungsanspruch mit dem fiktiven Gefahrübergang gem. § § 4 4 6 , 4 4 7 B G B 1 1 3 , erst mit Ablieferung 1 1 4 oder n o c h später mit der Billigung der Sache als im großen und ganzen vertragsgemäß 1 1 5 in den Nachlieferungsanspruch im Sinne des § 4 8 0 A b s . 1 B G B übergeht, ist umstritten. D e r U b e r g a n g zum Nachlieferungsanspruch modifiziert aber lediglich die Voraussetzungen, unter denen der Käufer Erfüllung verlangen kann. F ü r die hier interessierende Frage, in welchem Zeitpunkt die Leistungspflicht des Verkäufers endet, k o m m t es auf diese Streitfrage deswegen nicht an: Solange der Käufer Nachlieferung verlangen kann, ist der Verkäufer aus dem Kaufvertrag verpflichtet, eine dem Vertrag entsprechende Gattungssache zu liefern 1 1 6 . D a die Verjährungsfrist nach ausdrücklicher A n o r d n u n g der §§ 4 8 0 A b s . 1 S. 2, 477 A b s . 1 B G B mit der „Ablieferung" der Kaufsache zu laufen beginnt, ist es auch insoweit unerheb-

6.11.1917 - II 201/17 - RGZ 91,110,112 f. (Geschirrleder) - obiter dictum; so auch OLG Köln vom 25.1.1961 - 9 W 111/60 - J R 1961, 459 (Fernsehgerät). Dagegen für ein Nachlieferungsrecht des Verkäufers Großmann-Doerth, Die Rechtsfolgen vertragswidriger Andienung (1934) S. 167 ff.; Ballerstedt in Festschrift Nipperdey (1955) S. 261, 280 ff.; Beinert, Rücktritt (1979) S. 247 ff.; van Venrooy WM 1981, 890, 897 f. 113 Soergel/Huber u (1991) § 480 Rn. 11; siehe auch J. Hager AcP 190 (1990), 324,331 f. mit Fn. 50. 114 Rieble JZ 1997,485,486 ff.; siehe auch Bletz Jura 1987,139,140 f.; unklar Kirchhof ti]1^ 1970, 2052, 2053 („Übergabe"). 115 Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 525; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 5 IV 2 b S. 55 f. 116 Mot. II S.242; RG vom 19.12.1902 - II 246/02 - RGZ 53, 200, 204 (Saathafer); BGH vom 10.1.1958 - VIII ZR 412/56 - LM § 480 BGB Nr. 2 = NJW 1958, 418 = JZ 1958, 211; vom 26.10.1960 - V I I I ZR 150/59 - LM § 480 BGB Nr. 3 = NJW 1961,117 (Röhren); vom 22.5.1985 - V I I I ZR 140/84 - N J W 1985,2526 = WM 1985,975, 978 = JZ 1985, 755 (Wanderschuhe); Max Wolff JherJb 56 (1910) 1, 70 ff.; Süss, Sachmängelgewährleistung (1931) S.58, 91 ff.; Korintenberg, Mängelbeseitigungsanspruch (1927) S. 16 f., 25 f. und Ders., Werkvertrag (1935) S. 89, 153; Planck/Oegg4 (1928) § 480 Anm. 3; Oertmann5 (1929) § 480 Anm. 2a, 3b und Ders., Der junge Rechtsgelehrte 1935,353,355; Heck SR (1929) § 87,12 S. 275; Rabel, Warenkauf II (1958) § 102,2 S. 253; Enneccerus/Lehmannls (1958) § 113 I 1 S. 457 f. und § 113 II S. 459; Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S.95, 99; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn.204; Walter, Kaufrecht (1987) § 5 IV 1 S. 255 f.; Larenz SR II l 1 3 (1986) §41 III S.78; Soergel/Huber n (1991) §480 Rn. 21; RGRK/Mezger 12 (1978) §480 Rn. 1 und 3; Medicus BR 1 8 (1999) Rn.260; Jauernig/Vollkommen (1999) § 480 Rn. 6. A.A. für den Nachlieferungsanspruch als Gewährleistungsrecht Schollmeyer JherJb 49 (1905), 93, 99 ff., 102; H. A. Fischer JherJb 51 (1907), 159, 214; Hoeniger LZ 1911, Sp. 578; A. Roth LZ 1918, Sp. 238 ff.; Mischke, Nachlieferungsanspruch (1963), 7 ff., 26 ff.; Kirchhof NJW 1970, 2052, 2053; Bletz Jura 1987, 139 ff., 142.

100

5 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

lieh, in welchem Zeitpunkt der vertragliche Erfüllungsanspruch in den N a c h lieferungsanspruch nach § 4 8 0 A b s . 1 B G B ü b e r g e h t 1 1 7 . V o n seiner vertraglichen Leistungsverpflichtung frei wird der Verkäufer nach herrschender M e i n u n g mit dem Minderungs-, Wandelungs- oder Schadensersatzbegehren des Käufers: M i t dieser Erklärung konkretisiere der Käufer die Gattungsschuld 1 1 8 r ü c k w i r k e n d auf den Zeitpunkt der Ü b e r g a b e der mangelhaften Sache 1 1 9 . B e v o r Wandelung, M i n d e r u n g oder der A n s p r u c h auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung vollzogen sind, soll der Käufer n o c h zum Nachlieferungsanspruch übergehen und die Konkretisierung einseitig wieder rückgängig machen k ö n n e n 1 2 0 . D a s erscheint gekünstelt. D i e herrschende M e i n u n g krankt daran, daß sie die rechtstechnische Frage in den Vordergrund stellt, in welchem Zeitpunkt die vertragliche Leistungspflicht des Verkäufers konkretisiert wird, wenn er eine mangelhafte Sache liefert. D i e s e Frage ist wegen der D i s k r e p a n z zwischen § 2 4 3 Abs. 2 B G B und § 4 8 0 Abs. 1 B G B kaum zu beantworten. E i n e Konkretisierung kann im Wandelungsbegehren des Käufers jedenfalls kaum erblickt werden: M i t dem B e g e h r e n , die Kaufsache zurückgeben zu wollen, erklärt der Käufer nicht, daß er sie als vertragsgemäß erachtet, sondern gerade das Gegenteil 1 2 1 . N a c h A n t w o r t verlangen alleine zwei Fragen. Erstens: A b welchem Zeitp u n k t verdrängt das Gewährleistungsrecht mit § 4 8 0 ff. B G B die allgemeinen Nichterfüllungsregeln der § § 3 2 0 f f . B G B ? Zweitens: Wann endet die Leistungspflicht des Verkäufers, konkreter: der nach § 4 8 0 A b s . 1 B G B modifizierte Erfüllungsanspruch des Käufers? U b e r die A n w o r t auf die erste Frage wird gestritten 1 2 2 . D i e hier interessierende zweite Frage ist - wenn man sich den B l i c k nicht durch das P r o b l e m der Konkretisierung verstellen läßt - unzweifelhaft dahin zu beantworten, daß der Käufer Nachlieferung verlangen kann, bis er bindend Wandelung, M i n d e r u n g oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewählt hat, d.h. bis sich der Verkäufer mit der Rechtswahl des Käufers einverstanden erklärt hat oder der Klage des Käufers auf R ü c k z a h l u n g des KaufpreiVgl. auch Soergel/Huber' 2 (1991) §480 Rn.21; RiebleJL 1997, 485, 488. BGH vom 5.10.1966 - VIII ZR 98/64 - LM § 480 BGB Nr. 2 = NJW 1967, 33 (Eisautomat); Enneccerus/Lehmann™ (1958) § 113 I 2 S.458f.; Larenz SR II l 1 3 (1986) §41 III S. 78; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 5 IV 6 S. 63; Medicus BR 1 8 (1999) Rn. 260; auf die Verhältnisse des Einzelfalls stellt ab Korintenberg, Mängelbeseitigungsanspruch (1927) S. 16 mit Fn. 21 a. 119 Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 35 ff., 101,106 f.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 516f.; siehe auch Larenz aaO. Fn. 151. Abi. Köhler JuS 1979, 496, 499; Esser II 4 (1971) § 64 III 4 c S. 50 f. (für Konkretisierung gem. § 243 Abs. 2 BGB trotz Mangelhaftigkeit). 120 Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 527 f.; vgl. zum Ausschluß des ius variandi mit Vollzug eines der Rechte aus § 480 Abs. 1 BGB auch RG vom 11.2.1919 - II 364/18 - RGZ 94, 327, 331 (Kessel); a.A. Herberger aaO. S. 101. 121 Deutlich Ballerstedt in Festschrift Nipperdey (1955) S.261, 277 f.; wohl deshalb beschränken auch Soergel/Huber 12 (1991) §480 Rn. 12 und Palandt/Putzo™ (1999) §480 Rn.2 die Konkretisierung auf den Vollzug der Minderung. Ausdrücklich für eine Konkretisierung bei endgültiger Entscheidung des Käufers für die Wandelung oder den großen Schadensersatzanspruch aber Medicus SR II 9 (1999) Rn. 78. 122 Gerade Fn. 113 ff. 117

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B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

101

ses rechtskräftig stattgegeben w o r d e n ist 1 2 3 . E b e n s o wie mit der bindenden Wahl eines der R e c h t e des § 4 8 0 B G B endet der Erfüllungsanspruch des K ä u fers, wenn er die Rügefrist des § 3 7 7 H G B versäumt hat, sein Nachlieferungsanspruch gem. § 4 7 7 A b s . 1 B G B verjährt ist oder die Nachlieferung gem. § § 4 8 0 Abs. 1 S. 2 , 4 6 7 S. 1, 351 B G B wegen schuldhafter Zerstörung oder wesentlicher Verschlechterung der mangelhaften Sache ausgeschlossen ist 1 2 4 .

b) Werkvertrag D a s Werkvertragsrecht weicht sowohl von der Regelung des Spezies- als auch von der des Gattungskaufs ab. Anders als beim Spezieskauf erlischt die Leistungspflicht des U n t e r n e h m e r s nicht schon in dem Zeitpunkt, in dem der Besteller das mangelhafte Werk gem. § 6 4 0 Abs. 1 B G B abnimmt, d.h. entgegennimmt und als im wesentlichen vertragsgemäß billigt 1 2 5 : D e r Besteller hat, wenn er sich dieses R e c h t bei A b n a h m e vorbehält ( § 6 4 0 A b s . 2 B G B ) , gem. § 6 3 3 A b s . 2 B G B einen Anspruch auf Nachbesserung, d.h. auf mangelfreie Werkherstellung, und, wenn die N a c h b e s s e r u n g des mangelhaften Werkes nicht genügend ist, einen A n s p r u c h auf Neuherstellung 1 2 6 . D e r U n t e r n e h m e r ist gem. § 6 3 4 Abs. 1 S. 1 B G B berechtigt nachzubessern, bevor der Besteller wandeln, mindern oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. S o w o h l der Neuherstellungs- als auch der Nachbesserungsanspruch sind der, w e n n auch modifizierte, Erfüllungsanspruch aus dem Vertrag 1 2 7 . Anders als beim Gattungskauf gehen Neuherstellungs- und N a c h b e s s e rungsanspruch auch nicht erst in dem Zeitpunkt unter, in dem der Besteller bindend Wandelung, Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung wählt. Vielmehr trifft das Werkvertragsrecht mit § 6 3 4 Abs. 1 S. 3 B G B eine 123 Vgl. Medicus SR II 9 (1999) Rn. 78; Soergel///«èer 12 (1991) §480 Rn. 12; Jauernig/Vollkommer9 (1999) §480 Rn.9; Palandt/Putzo™ (1999) §480 Rn.2. Erman/Weitnauer s (1989) § 480 Rn. 9 will die Konkretisierung durch bindende Wahl eines Gewährleistungsrechts auf den Zeitpunkt der §§ 446, 447 BGB zurückwirken lassen. Zu dem Zeitpunkt, in dem der Käufer an seine Rechtswahl gebunden ist, ausführlich unten § 8 A.H.2., § 8 B.II.2. und § 8 D.II. 124 So auch Soergel/Huber u (1991) §480 Rn. 12; siehe auch Palandt/Putzo5» (1999) §480 Rn.2. 125 Korintenberg, Werkvertrag (1935) S. 128 ff. 126 BGH vom 10.10.1985 - VII ZR 303/84 - BGHZ 96,111, 117 ff. = NJW 1986,711, 712 f. = JZ 1986, 291,292 ff. mit zust. Anm. Köhler (Aluminiumrahmen); zust. auch Jagenburg NJW 1986, 3179, 3182; Kohler BauR 1988, 278,283 ff.; MünchKomm/Soerge/3 (1997) § 633 Rn. 109, mißverständlich aber Rn. 110; siehe schon Ganten BauR 1971,161,163 ff. Grundlegend Korintenberg, Mängelbeseitigungsanspruch (1927) S. 24 ff. und Ders., Werkvertrag (1935) S. 73 ff., 114 ff., für den Neuherstellungsanspruch aber nur bis zur Abnahme des Werkes; in diesem Sinne einschränkend etwa auch Schmalzl NJW 1965, 129, 132 f.; Jakobs in Festschrift Beitzke (1979) S.67, 76f.; Larenz SR II l 1 3 (1986) §53 II a S.350 sowie allg. die ältere Literatur, siehe nur Oertmann5 (1929) §633 Anm. 2 i und Ders., Der junge Rechtsgelehrte 1935, 353, 358 ff., jeweils mit Nachweisen. 127 Korintenberg, Werkvertrag (1935) S. 51 ff., 116 ff., 134.

102

§3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

ähnliche Regelung wie §326 Abs. 1 S.2 Hs. 2 BGB für den Schuldnerverzug: Die Leistungspflicht des Schuldners erlischt, wenn der Besteller dem Unternehmer gem. §§ 635, 634 Abs. 1 S. 1 BGB eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat und diese Nachfrist verstrichen ist, ohne daß der Unternehmer das Werk mangelfrei hergestellt hat 128 ; ab diesem Zeitpunkt ist der Besteller auf Wandelung, Minderung und den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung beschränkt. Ist eine Fristsetzung gem. § 634 Abs. 2 BGB oder aus anderen Gründen entbehrlich, erlischt der Erfüllungsanspruch, wenn der Besteller die Erfüllung durch Gestaltungserklärung ablehnt. Eine solche Ablehnungserklärung wird häufig mit dem Verlangen auf Minderung, Wandelung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verbunden sein129; ebenso liegt sie in der Mitteilung, der Besteller beseitige den Mangel wegen Verzugs des Unternehmers selbst, §633 Abs. 3 BGB. c) Ausnahme

im Wege der

Naturalrestitution?

Für den kauf- und werkvertraglichen Anspruch auf den kleinen Schadensersatz wird in der Literatur teilweise vertreten, daß dieser auf Naturalrestitution, d.h. auf Reparatur gehen könne 130 . Das hat früher auch der B G H behauptet, allerdings beschränkt auf Schadensersatzansprüche des Bestellers gegen den Architekten 131 . Diese Ansicht ist falsch: Wie die Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung aus §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB 132 geben die §§463,

128 Larenz SR II l 1 3 (1986) § 53 II a S. 351; siehe auch Korintenberg aaO. S. 158 f. mit der Ergänzung, daß der vollumfängliche (Neu-)Herstellungsanspruch schon mit der Fristsetzung endet, da sich das Erfüllungsverlangen mit der Frist zur Mängelbeseitigung auf das hergestellte Werk beschränkt. Vgl. auch B G H vom 27.2.1996 - X ZR 3/94 - N J W 1996,1749,1750 (Falzapparat). 129 Vgl. Korintenberg aaO. S. 159 („Der Besteller gibt durch die Berufung auf die Gewährleistungsrechte kund, daß er die Erfüllung des Werkvertrages nicht mehr begehre."). Siehe noch oben § 3 B.I.l.a) zur Ablehnungserklärung im Schuldnerverzug bei entbehrlicher Nachfristsetzung. 130 Für einen solchen Nachbesserungsanspruch beim Kauf Soergel/Ballerstedt 10 (1967) §463 Rn. 12; Peters JZ 1978, 92, 97; siehe auch Dörr LZ 1918, Sp. 888, 889f., 894; wegen schuldhafter Herbeiführung eines Mangels nach Vertragsschluß auch Schollmeyer JherJb 49 (1905), 93, 114f.; Krückmann LZ 1915, Sp. 1559, 1566f.; Oertmann5 (1929) §462 Anm. 5 a I. Für das Werkvertragsrecht ausgehend von seiner - nicht vertretbaren - Sondermeinung, der Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB erfordere keine vorherige Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gem. §634 Abs. 1 S.2 BGB, Peters JZ 1977, 458, 462f. und abgeschwächt Staudinger/Peters 13 (1994) §635 Rn. 27 f. Krit. gegenüber der Beschränkung auf Geldersatz auch Lange, Schadensersatz 2 (1990) § 5 III 1 S.219; Staudinger/Schiemann" (1998) §249 Rn. 180; schwankend Staudinger/Medzo« 1 2 (1980) § 249 Rn. 201. 131 B G H vom 23.11.1961 - VII ZR 251/60 - N J W 1962, 390 (Drainage); siehe auch vom 25.5.1964 - VII ZR 239/62 - B G H Z 42,16,18 (Wohnungseigentum - Schallisolierung); ebenso Ganten N J W 1978,2593 in abl. Anm. zu B G H vom 15.6.1979 - V I I ZR 15/78 - LM § 635 BGB Nr. 48 = N J W 1978, 1853 = W M 1978, 1070 (Haus); RGRK./Glanzmann12 (1978) § 635 Rn. 16 132 Gerade § 3 B.I.l.c).

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

103

480 Abs. 2, 635 BGB dem Gläubiger abweichend von §249 S. 1 BGB keinen Anspruch auf Naturalrestitution, sondern nur auf Geldersatz. Für den Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB folgt der Ausschluß des Erfüllungsanspruchs aus der Rechtsnatur des Kaufgewährleistungsrechts: Der Käufer einer mangelhaften Speziessache hat mangels einer den §§480 Abs. 2, 536, 633 Abs. 2 BGB entsprechenden Vorschrift keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung durch Nachbesserung oder Lieferung einer mangelfreien Kaufsache, sondern ist auf die Minderung, Wandelung oder den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung beschränkt. Ließe man die Naturalrestitution zu, erhielte der Gläubiger mit Hilfe des Schadensersatzanspruchs mehr als das, was der Schuldner vertraglich zu leisten verpflichtet ist 133 . Anders als der Käufer einer Speziessache kann der Käufer einer mangelhaften Gattungssache nach §480 Abs. 1 BGB zwar Nachlieferung verlangen. Aber §480 Abs. 2 BGB gibt ihm Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur „statt", nicht neben dem Nachlieferungsanspruch. Könnte der Käufer auch im Wege des Schadensersatzanspruchs gem. §249 S. 1 BGB Nachlieferung einer mangelfreien Gattungssache verlangen, führte dies zu einer vom Gesetz nicht gewollten Ausdehnung der Erfüllungsphase in das Gewährleistungsrecht 134 . Für den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 635 BGB folgt der Ausschluß der Naturalrestitution aus § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB: Naturalrestitution im Sinne des §249 S. 1 BGB hieße, daß der Besteller vom Unternehmer Nachbesserung oder sogar Neuanfertigung verlangen könnte. Wie im Fall des §326 Abs. 2 S.2 BGB 135 ist der Anspruch des Bestellers auf Neuherstellung oder Nachbesserung aber gem. § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB mit Ablauf der dem Unternehmer unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist ausgeschlossen 136 . Entgegen Köhler geht der Schadensersatzanspruch auch 133

B G H vom 23.6.1989 - V ZR 40/88 - B G H Z 108, 156, 159 = LM §463 BGB Nr. 53 = N J W 1989, 2534, 2535 = W M 1989, 1390, 1391 (Eigentumswohnung - mangelhafte Heizungsanlage) zu § 463 S. 2 BGB; Köhler JuS 1979, 496 und Oers. JZ 1984, 393, 396; Reinicke/ Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 460; Pieper JuS 1962, 459, 461 f.; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 5 III 3 a S. 48; Staudinger/Honseil" (1995) § 463 Rn. 65; siehe auch Planck/tfno&e 4 (1928) § 463 Anm. 4; Soergel/Huber 1 2 (1991) § 463 Rn. 49. 134 Vgl. auch Pieper ]uS 1962, 459, 462. 135 Gerade § 3 B.I.l.a) und § 3 B.I.l.c). 136 O h n e Bezugnahme auf § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB auch die Rechtsprechung: RG vom 9.7.1923 - VI 1324/22 - R G Z 107, 340, 342 (Bücherschrank); B G H vom 26.10.1972 - VII ZR 181/71 - B G H Z 59,365,367 = N J W 1973,138,139 (Dachstuhl); vom 24.5.1973 - V I I ZR 92/71 - B G H Z 61,28,30 = N J W 1973,1457 (Wohnhaus); vom 8.11.1973 - V I I ZR 86/73 - B G H Z 61, 369, 371 = NJW 1974, 143, 144 (Wohnungskauf - Klotür); vom 6.11.1986 - VII ZR 97/85 B G H Z 99, 81, 84 = LM § 635 BGB Nr. 82 = N J W 1987, 645, 646 = JZ 1987, 247 mit abl. Anm. Köhler (Fliesenlegerarbeiten). Wie hier Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 531; Kress SR I (1929) § 16 S. 350 mit Fn. 33; Bulla BB 1975, 445, 447; Larenz SR II l 1 3 (1986) § 53 II a S. 351 mit Fn.31; Todt, Sachmängel (1970) S. 92 (aber ausnahmsweise für einen Anspruch auf Neuherstellung des Bauwerks gegen den Architekten aus positiver Forderungsverletzung, S.93); R G R K ! G l a n z m a n n n (1978) §635 Rn. 16; siehe auch Pieper JuS 1962, 459, 460; Schmalzl N J W 1965,129, 130; Esser SR II 4 (1971)

104

§J Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

dann nicht auf Naturalrestitution, wenn eine Nachfrist unter Ablehnungsandrohung, etwa nach § 634 Abs. 2 BGB, entbehrlich ist 137 : Verlangt der Besteller in diesem Fall Nachbesserung, ist das der ursprüngliche Erfüllungsanspruch aus dem Werkvertrag; Schadensersatz wegen Nichterfüllung kann er erst verlangen, wenn er die Leistung des Unternehmers abgelehnt hat 138 . Könnte der Besteller Herstellung des nach dem Vertrag geschuldeten Zustandes zunächst über §633 Abs. 2 BGB versuchen und dann erneut über §§635, 249 S. 1 BGB, führte das nicht nur zu einer absurden Verdoppelung seiner Rechte, sondern ebenso zu einer Verdoppelung der Nachfristsetzung: Der Besteller, der dem Unternehmer bereits eine Nachfrist gem. § 634 Abs. 1 BGB gesetzt hat, um überhaupt Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu erhalten, könnte - und müßte - gem. §250 BGB erneut eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung zur Mängelbeseitigung zu setzen, um statt der Wiederherstellung in Natur Schadensersatz in Geld zu erhalten 139 . Die Naturalrestitution läßt sich auch nicht auf die Schadensersatzansprüche des Bestellers gegen Architekten beschränken, wie das der B G H früher behauptet hat. Zwar steht § 634 Abs. 1 S. 3 BGB dem nicht entgegen, wenn man die Naturalrestitution mit dem B G H - was durchaus zweifelhaft ist - auf die Herstellung eines mangelfreien Bauwerks (Verlegung einer neuen Drainage) und damit gerade nicht auf die vertraglich geschuldete Leistung (Planung und Bauaufsicht), sondern auf einen anderen Leistungsinhalt zielen läßt 140 . Der Gläubiger erhielte über den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aber mehr, als er aufgrund des mit dem Architekten geschlossenen Vertrages verlangen könnte. Das widerspricht wie bei den Ansprüchen aus §§325 Abs. 1 S. 1, 463 BGB 141 dem Zweck des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung. Der B G H hat seine Rechtsprechung mit Recht ausdrücklich aufgegeben 142 .

§80 II 3 b S. 176; Erman/Seiler 9 (1993) §635 Rn. 13. Grundsätzlich auch Palandt/Spra«« 58 (1999) §635 Rn. 7, der aber unter Bezugnahme auf O L G H a m m N J W 1978, 1060 den Anspruch des Bestellers auf Beseitigung des mangelhaften Werks als Naturalrestitution bezeichnet; siehe auch MünchKomm/Soerge/ 3 (1997) § 635 Rn. 36, dazu unten § 7 B.II. 137 Köhler JZ 1987,248, 249 in Anm. zu B G H vom 6.11.1986 - V I I ZR 97/85 - JZ 1987, 247 (Fliesenlegerarbeiten). 138 Gerade § 3 B.II.l.b). 139 In beiden Fällen ist die Nachfristsetzung entbehrlich, wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist: § 634 Abs. 2 Var. 1 BGB einerseits, § 251 Abs. 1 Var. 1 BGB andererseits. 140 So auch der B G H : vom 23.11.1961 - V I I ZR 251/60 - N J W 1962, 390 (Drainage); ebenso R G R K / G l a n z m a n n n (1978) § 635 Rn. 16; f ü r einen auf Naturalrestitution gehenden Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Architekten auch B G H vom 12.7.1971 - VII ZR 2 3 9 / 6 9 - V e r s R 1971, 1040, 1041 (Flachdach). 141 Oben § 3 B.I.l.c). 142 B G H vom 15.6.1979 - V I I ZR 15/78 - LM § 635 BGB Nr. 48 = N J W 1978, 1853 mit abl. Anm. Ganten N J W 1978, 2593 = W M 1978,1070 (Haus); vom 22.1.1987 - VII ZR 88/85 - LM § 635 BGB Nr. 83 = N J W 1987,2743,2746 = W M 1987, 758, 762 (Eigentumswohnanlage); vom 29.9.1988 - VIII ZR 182/87 - NJW-RR 1989, 86, 87 (Eislaufhalle). Dagegen läßt Pieper JuS 1962, 459, 460 f. den gegen den Architekten gerichteten Anspruch auf Verlegung der Drainage zwar nicht aus § 635 BGB, aber aus positiver Forderungsverletzung zu.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

105

Für den Anspruch auf großen Schadensersatz kommt eine Naturalrestitution ohnehin nicht in Betracht. Das Interesse des Käufers oder Bestellers geht gerade nicht dahin, in Natur so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Verkäufer oder Unternehmer den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte: Er will keine Nachbesserung, Nachlieferung oder Neuherstellung, sondern im Gegenteil das mangelhafte Werk gegen Rückzahlung seiner Gegenleistung loswerden. Das ist keine Naturalrestitution, sondern die Herstellung des bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung bestehenden Zustandes in Geld 143 .

2. Befreiung des Gläubigers von der

Gegenleistungspflicht

Anders als bei §§ 325, 326 BGB wird für die Schadensersatzansprüche aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB nicht behauptet, daß mit der Leistungspflicht des Verkäufers oder Unternehmers wegen des synallagmatischen Zusammenhangs auch die Gegenleistungspflicht des Käufers oder Bestellers erlösche. Das verwundert: Für die Gegenleistungspflicht kann es keinen Unterschied machen, ob das Synallagma durch Nichtleistung, durch verspätete Leistung oder durch mangelhafte Leistung des Schuldners gestört wird. Vor allem für das Werkvertragsrecht, für das § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB wie § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB für den Schuldnerverzug bestimmt, daß die Leistungspflicht des Schuldners mit dem fruchtlosen Ablauf der ihm unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist wegfällt, läge eine Parallele nahe. Der Gedanke des funktionellen Synallagmas hat insoweit aber weder Eingang in die Rechtsprechung noch in die Rechtslehre gefunden. Der tiefere Grund ist meines Erachtens, daß die Idee vom notwendigerweise zeitgleichen Erlöschen von Leistungspflicht und Gegenleistungspflicht das Synallagma überbetont und deshalb für die Schadensersatzansprüche aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB ebenso falsch ist wie für die Schadensersatzansprüche aus §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB 144 . Fraglich ist allein, ob die Gegenleistungspflicht des Gläubigers schon mit dessen Schadensersatzverlangen oder erst später erlischt, insbesondere mit der rechtskräftigen Verurteilung des Verkäufers oder Unternehmers zum Schadensersatz. Auch für die gewährleistungsrechtlichen Ersatzansprüche vertritt die herrschende Meinung die Schadensberechnung nach der Differenzmethode. Das heißt für die Gegenleistungspflicht des Gläubigers, daß diese mit dessen Schadensersatzverlangen wegfällt: Sie geht in die Gesamtschadensabrechnung auf und wird lediglich als Rechnungsposten berücksichtigt 145 . Da der Verkäufer oder Unternehmer bereits - mangelhaft - geleistet hat, bedeutet Differenzscha-

143

N o c h unten § 4 B.III. Oben § 3 B.I.2.a). 145 RG vom 26.5.1933 - VII 56/36 - R G Z 152,111,112 (Stauerarbeiten) zu § 635 BGB; ausdrücklich a.A. Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 18 f., der für das allgemeine Leistungsstörungsrecht die Differenzmethode vertritt, siehe allgemein oben § 3 B.I.2.b)aa). 144

106

5 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspflichten

densersatz, daß der Käufer oder Besteller die Kaufsache oder das Werk zurückgeben und die Gegenleistung als Mindestschaden geltend machen kann. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn Käufer und Besteller haben neben dem Anspruch auf den sogenannten großen Schadensersatz 146 auch die Wahl, die mangelhafte Leistung zu behalten und neben weitergehenden Schäden den Minderwert der Sache zu liquidieren. Dann bleiben sie teilweise zur Zahlung des Kaufpreises oder Werklohnes verpflichtet, soweit nicht die sonstigen Schäden den Restkaufpreis oder -werklohn übersteigen 147 . Wegen des Wahlrechts zwischen großem und kleinem Schadensersatz erlischt die Gegenleistungspflicht des Käufers oder Bestellers daher erst in dem Zeitpunkt, in dem der Käufer oder Besteller bindend den großen Schadensersatz gewählt hat, sich also mit dem Verkäufer oder Unternehmer gem. § 465 BGB darüber geeinigt hat, daß die beiderseitigen Leistungen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs rückabgewickelt werden, oder er mit dem Schadensersatz die Rückzahlung des Kaufpreises oder Werklohns rechtskräftig erstritten hat 148 .

III. Positive

Forderungsverletzung

1. Erlöschen der Primärleistungspflicht

des Schuldners

Wie beim Schuldnerverzug endet die Leistungspflicht des Schuldners bei einer positiven Forderungsverletzung analog § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem die ihm vom Gläubiger unter Ablehnungsandrohung gesetzte Nachfrist erlischt 149 . Ist eine Nachfristsetzung entbehrlich, insbesondere weil die Pflichtverletzung des Schuldners den Vertragszweck derart gefährdet, daß dem Gläubiger die weitere Durchführung des Vertrages nicht zugemutet werden kann 150 , fällt die Leistungspflicht des Schuldners weg, wenn der Gläubiger dessen Leistung durch Gestaltungserklärung ablehnt 151 .

2. Befreiung des Gläubigers von der

Gegenleistungspflicht

Anders als für den Schuldnerverzug wird für die positive Verletzung der Leistungspflicht des Schuldners nicht diskutiert, ob die Gegenleistungspflicht des Gläubigers analog § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ebenfalls mit fruchtlosem Ablauf der dem Schuldner unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist erlischt. Der von der herrschenden Meinung für den Schuldnerverzug und die Unmög146

Gleich § 4 B.III. 1. O b man die Berechnungsmethode kleinen Schadensersatz oder auch Schadensersatz nach der Surrogationsmethode nennt, ist Geschmackssache. 148 Zur bindenden Wahl des großen Schadensersatzes unten § 8 B.II.2.a). 149 Zur analogen Anwendung des § 326 BGB oben § 2 B.II.2.a). 150 Ebenda. 151 O b e n § 3 B.I.l.a) zum Schuldnerverzug. 147

D.

Bereicherungsrecht

107

lichkeit der Leistung ü b e r b e t o n t e G e d a n k e des funktionellen Synallagmas hat insoweit mit R e c h t keinen Niederschlag gefunden. N a c h richtiger Auffassung endet die Gegenleistungspflicht des Gläubigers bei der positiven F o r d e r u n g s verletzung wie auch sonst in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner rechtskräftig zur Leistung des Differenzschadensersatzes verurteilt wird oder den Schadensersatzanspruch des Gläubigers - beim Surrogationsschadensersatz gegen die Gegenleistung des Gläubigers - erfüllt.

C. Vertrauensschadensersatz F ü r den A n s p r u c h auf Vertrauensschadensersatz aus culpa in c o n t r a h e n d o ergibt sich ein vollständig abweichendes Bild. Will der Gläubiger mit Hilfe des Vertrauensschadensersatzes die R ü c k a b w i c k l u n g von Leistungen erreichen, sind die Leistungspflichten entweder eines oder beider Vertragspartner gem. § 3 6 2 Abs. 1 B G B durch Erfüllung erloschen: D i e R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages ist gerade deswegen notwendig, weil Schuldner und/oder Gläubiger die geschuldeten Leistungen erbracht und ihre vertragliche Leistungsverpflichtung dadurch erfüllt haben, der Gläubiger die Leistungsverpflichtung aus dem Vertrag aber nicht gelten lassen will.

D. Bereicherungsrecht D a s Bereicherungsrecht regelt nur, wie ungerechtfertigte Vorteile herauszugeben sind. D i e Frage, warum die vertragliche Leistungsverpflichtung nicht besteht oder weggefallen ist, beantwortet es dagegen nicht, sondern knüpft dafür an die im allgemeinen Teil des B G B und im allgemeinen und besonderen Schuldrecht geregelten Vertragsschlußstörungen und Leistungsstörungen an: Das Bereicherungsrecht bestimmt nicht, o b ein Rechtsgrund für die Leistung bestand oder nachträglich weggefallen ist, sondern setzt das Fehlen des R e c h t s grundes voraus. Eine bereicherungsrechtliche R ü c k g e w ä h r bereits ausgetauschter Leistungen wegen Leistungsstörungen nur k o m m t in zwei Fällen in Betracht: E i n m a l kann der Schuldner, wie bei der Falsch- und der Mehrlieferung, oder k ö n n e n beide Parteien, wie bei der Leistung auf einen wegen anfänglicher objektiver U n m ö g l i c h k e i t gem. § 3 0 6 B G B oder wegen arglistiger T ä u s c h u n g gem. § 123 B G B nichtigen Vertrag, überhaupt nicht zur Leistung verpflichtet sein; das gilt auch für die Fälle, in denen die Geschäftsgrundlage des Vertrages ex tunc wegfällt 1 5 2 . B e i der Falsch- oder Mehrlieferung und der Leistung des Gläubigers auf einen gem. § 306 B G B nichtigen Vertrag stellt sich das P r o b l e m der Befreiung

152

Oben § 2 E.II.2.

108

§3

Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspßichten

des Schuldners von seiner Leistungspflicht nicht: Der Gläubiger ist nicht deswegen zur Herausgabe der empfangenen Leistung verpflichtet, weil der Schuldner von seiner Verpflichtung nachträglich befreit worden ist, sondern weil er zu dieser Leistung nie verpflichtet war. Dagegen enden die beiderseitigen Leistungspflichten bei arglistiger Täuschung und Wegfall der Geschäftsgrundlage - wenn auch ex tunc - erst durch eine Gestaltungserklärung des Gläubigers 153 . Zweitens können Schuldner und Gläubiger nachträglich von ihren vertraglichen Leistungsverpflichtungen befreit werden. Leistungsstörungen berechtigen zur Rückabwicklung des Vertrages wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes nur bei der Minderung des Kaufpreises oder Werklohnes, bei dem Wegfall der Geschäftsgrundlage ex nunc und in den Fällen, in denen das allgemeine Leistungsstörungsrecht mit §§ 323 Abs. 3,327 S. 2 B G B auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der Leistungen verweist. Verlangt der Käufer oder Besteller die Rückzahlung seines Kaufpreises oder Werklohnes wegen Minderung, endet seine Gegenleistungspflicht erst mit Vollzug der Minderung, soweit diese geht. Die Leistungspflicht des Schuldners endet beim Gattungskauf ebenfalls in diesem Zeitpunkt, beim Spezieskauf ist sie schon vorher durch Erfüllung im Sinne des §362 Abs. 1 B G B erloschen, beim Werkvertrag durch Ablauf der dem Unternehmer unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist gem. § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 B G B 1 5 4 . Tritt der Gläubiger wegen einer vom Schuldner nicht zu vertretenden Leistungsstörung vom Vertrag zurück, enden entweder die Leistungspflichten beider Vertragspartner mit der Rücktrittserklärung (§361 B G B , §376 H G B ) , oder es endet nur die Gegenleistungspflicht des rücktrittsberechtigten Gläubigers, weil die Leistungspflicht des Schuldners schon zuvor mit Ablauf der ihm unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist erloschen ist (§ 636 Abs. 1 S. 1 BGB). Verlangt der Gläubiger wegen einer vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit gem. §§325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 B G B seine Gegenleistung nach Bereicherungsrecht zurück, nimmt er durch Gestaltungserklärung Abstand vom Vertrag 155 . Hingegen erlöschen bei einer von keinem Teil zu vertretenden Unmöglichkeit die beiderseitigen Leistungspflichten gem. § 323 Abs. 1 B G B automatisch.

E. Zusammenfassender Vergleich Mit der Wahl von Rücktritt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht trifft der Gläubiger - mit zwei Ausnahmen - keine Entscheidung über die vertragliche Leistungspflicht des Schuldners. Diese endet nach der Konzeption des Gesetzes schon vor der Wahl des Gläubigers: gem. §275 Abs. 1 B G B mit der Unmöglichkeit der vertraglich ge153 154 155

Unten § 8 D.I.l. Gerade § 3 B.II.l. zur Wandelung. Unten § 8 D.I.l.

E. Zusammenfassender

Vergleich

109

schuldeten Leistung oder gem. oder analog § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB mit dem fruchtlosen Ablauf der Nachfrist, die der Gläubiger dem Schuldner wegen Verzugs oder einer Forderungsverletzung unter Ablehnungsandrohung gesetzt hat 156 . N u r im Ausnahmefall der Teilunmöglichkeit und des Teilverzuges ist es anders: Will der Gläubiger vom gesamten Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages geltend machen, muß er gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2, 349 BGB den Rücktritt oder das Schadensersatzverlangen mit der Gestaltungserklärung verbinden, daß er die Leistung des Schuldners ablehnt, soweit sie noch erbracht werden kann, und so die Leistungspflicht des Schuldners beenden. Auch bei der Schlechtleistung endet die Leistungspflicht des Verkäufers oder Unternehmers, bevor der Käufer oder Besteller Wandelung, Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt: Beim Kauf einer Speziessache wird der Verkäufer mit der Ubergabe und Übereignung der mangelhaften Sache von seiner Leistungspflicht frei, § 362 Abs. 1 BGB; die Leistungspflicht des Werkunternehmers endet gem. § 634 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB mit fruchtlosem Ablauf der ihm vom Besteller unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist. N u r beim Kauf einer Gattungssache ist es ausnahmsweise anders: Die Erfüllungspflicht des Verkäufers erlischt wegen § 480 Abs. 1 BGB nicht mit Ablieferung der mangelhaften Ware, sondern erst, wenn der Käufer gem. §465 BGB bindend Wandelung, Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewählt hat 157 . Wegen der synallagmatischen Verknüpfung endet nach herrschender Meinung mit der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit oder dem fruchtlosem Ablauf der ihm wegen Schuldnerverzugs unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist zugleich die Gegenleistungspflicht des Gläubigers (§§275, 323 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB) - eine gesonderte Beendigungserklärung durch Rücktritt, Schadensersatzverlangen oder Abstandnahme vom Vertrag ist nicht erforderlich. Diese Auffassung ist unzutreffend. Sie findet keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes, das in § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ausdrücklich nur von der Leistungspflicht des Schuldners und in §323 Abs. 1 BGB nur von der beiderseits nicht zu vertretenden Unmöglichkeit spricht. Zudem enthält §323 Abs. 1 BGB keinen verallgemeinerungsfähigen Grundsatz, wie insbesondere §323 Abs. 2 BGB („bleibt") und §324 Abs. 1 BGB („behält") deutlich machen. Außerdem widerspricht das automatische Erlöschen der Gegenleistungspflicht dem berechtigten Interesse des Gläubigers, seine Gegenleistung trotz Nichtleistung des Schuldners noch zu erbringen. Die herrschende Meinung ist zudem inkonsequent, weil sie beim Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus 156 Wie mit der Nachfristsetzung unter Ablehnungsandrohung muß der Gläubiger in den Fällen, in denen eine Nachfrist entbehrlich ist, die Leistungspflicht des Schuldners durch Gestaltungserklärung beenden; diese kann, muß dem Rücktritt oder dem Schadensersatzverlangen aber nicht vorausgehen. 157 Zur analogen Anwendung des §465 BGB auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB unten § 8 B.II.2.a).

110

5 3 Befreiung von den vertraglichen

Primärleistungspßichten

§§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB und aus positiver Forderungsverletzung die Gegenleistungspflicht nicht automatisch mit der Schlechterfüllung oder dem Nachfristablauf erlöschen läßt. Die Gegenleistungspflicht des Gläubigers erlischt zwar mit dessen Erklärung, er trete vom Vertrag zurück oder nehme vom Vertrag Abstand, hingegen nicht schon zwingend mit seinem Schadensersatzverlangen-. Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB bedeutet entgegen der herrschenden Meinung zunächst - in Ubereinstimmung mit den allgemeinen Vorschriften §§280, 286 Abs. 2 BGB - Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Schuldnerverbindlichkeit. Der Surrogationsschadensersatz hat Vorrang: der Gläubiger bleibt verpflichtet, seine Gegenleistung zu erbringen. Wahlweise hat er Anspruch auf den Differenzschadensersatz, der seinem Interesse Rechnung trägt, nicht an der Gegenleistungspflicht aus dem Vertrag festgehalten zu werden, wenn der Schuldner seine Leistung schuldhaft nicht erbringt. Die Gegenleistungspflicht des Gläubigers endet deswegen erst, wenn er bindend Schadensersatz nach der Differenzmethode wählt 158 ; verlangt er Schadensersatz nach der Surrogationsmethode, endet seine Gegenleistungspflicht erst in dem Zeitpunkt, in dem er die Gegenleistung erbringt, § 362 Abs. 1 BGB. Dagegen muß die herrschende Meinung die erloschene Gegenleistungspflicht des Gläubigers im Rahmen des Schadensersatzanspruchs Wiederaufleben lassen, wenn er - aus ihrer Sicht ausnahmsweise - Schadensersatz nach der Surrogationsmethode wählt. Die darin liegende Inkonsequenz hat den B G H dazu bewogen, den Gläubiger im Schuldnerverzug auf den Differenzschadensersatz zu beschränken. In dieser Auffassung setzt sich die falsche Ansicht fort, daß mit dem fruchtlosen Ablauf der Nachfrist beide Leistungspflichten aus dem Vertrag erlöschen. Sie ist zudem inkonsequent, wenn sie den Ausschluß des Surrogationsschadensersatzes auf den Schuldnerverzug beschränkt und nicht auf die vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit erstreckt.

158 Durch Gestaltungserklärung analog §§280 Abs. 2 S.2, 349 BGB. Ausführlich, insbesondere zu den Unterschieden zwischen dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 325, 326 BGB einerseits, §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB andererseits, unten § 8 B. II. 1 und §8 B.II.2.

§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen A. Rücktritt und Wandelung I.

Rückgewährschuldverhältnis

Hat ein oder haben beide Vertragspartner Leistungen erbracht, begründen Rücktrittserklärung wie Wandelungsvollzug den Anspruch eines oder beider Vertragspartner auf Rückgewähr des Geleisteten gem. §§ 327 S. 1,467 S. 1 BGB mit §346 S. 1 BGB. Nach der früher herrschenden Lehre vernichtete der Rücktritt den Vertrag ex tunc, kam in seinen Wirkungen also einer Anfechtung gleich; das sollte für die Wandelung entsprechend gelten. Die §§ 346 ff. BGB wurden als gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis und Sondervorschriften zu den §§812 ff. BGB aufgefaßt 1 . Heute ist im Anschluß an Heinrich Stoll 2 und Ernst Wolf 3 die Auffassung herrschend, daß durch den Rücktritt der Vertrag nicht aufgehoben, sondern nur inhaltlich verändert wird: Der Vertrag bleibt als Rückgewährschuldverhältnis bestehen, lediglich die primären Leistungspflichten entfallen, und zwar ex nunc. Die §§346 ff. BGB sind ergänzendes, dispositives Gesetzesrecht für die Rückgewähr 4 . Der herrschenden Meinung ist zuzustimmen. Daß der Vertrag Grundlage der Rückabwicklung ist, folgt schon aus § 346 S. 2 BGB, nach dem der Rückge1 RG vom 11.04.1902 - II 407/01 - R G Z 50, 255, 266 f. (Petroleum); siehe auch vom 14.7.1923 - V 896/22 - R G Z 107, 345, 348 (Grundstück). Aus der Literatur siehe nur Planck/ Siber* (1914) vor §348 Anm. 1 b; Schwerin AcP 153 (1952/53) 138, 149; Mezger JZ 1953, 67, 71; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 38 II S. 165 f. 2 Heinrich Stoll, Rücktritt (1921) S. 9 ff., insbesondere S. 19 und S. 21 ff. 3 E. Wolff AcP 153 (1954), 97, 105 ff. 4 B G H vom 8.12.1989 - V ZR 174/88 - N J W 1990, 2068, 2069 (Hausgrundstück); vom 21.1.1994 - V ZR 238/92 - N J W 1994, 1161, 1162 (Grundstück); vom 10.7.1998 - V ZR 360/96 - LM §286 BGB Nr.44 mit Anm. Otto = N J W 1998, 3268f. = WM 1998, 1883, 1884f. = JZ 1999, 950 f. mit Anm. von Drenckmann = JR 1999, 280, 281 mit Anm. Muscheler (Eigentumswohnungen); vom 13.11.1998 - V ZR 386/97 - LM § 242 BGB (Cd) Nr. 362 = N J W 1999, 352, 353 = W M 1999, 551, 553 (Grundstück); Leser, Rücktritt (1975) S. 159 ff.; Büdenbender JuS 1998, 38, 41; Larenz SR I 14 (1987) §26 a S.405; Palandt/Heinrichs™ (1999) vor §346 Rn.2; MünchKomm/Janßen 1 , (1994) vor §346 Rn.46; S o e r g e l / H ^ V 2 (1990) vor §346 Rn.4; a.A. für ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis B G H vom 16.9.1981 - VIII ZR 265/80 - B G H Z 81, 298, 307 (Funkausrüstung); Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 141 f.; Fikentscher9 (1997) Rn. 419; für eine Wirkung ex tunc Canaris N J W 1982, 305, 310.

112

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

währschuldner für Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen Wertersatz schuldet, der anhand der vertraglich geschuldeten Gegenleistung zu berechnen ist. G e g e n die Beendigung des Vertrages durch R ü c k t r i t t und Wandelung spricht auch, daß im R ü c k t r i t t s r e c h t eine dem § 142 A b s . 1 B G B entsprechende Vorschrift fehlt und die §§ 3 4 6 ff. B G B systematisch vor den Erlöschensgründen der §§ 362 ff. B G B stehen 5 .

II. Inhalt der

Rückgewährpflichten

1. Rückgewähr in Natur gem. §346 S. 1 BGB D e r R ü c k t r i t t v o m Vertrag begründet in der Regel schon nach dem Parteiwillen, jedenfalls nach der ergänzenden G e s e t z e s n o r m des § 346 S. 1 B G B die Pflicht der Vertragspartner, einander die aufgrund des Vertrages empfangenen Leistungen in Natur zurückzugewähren. Z u r ü c k g e b e n müssen die Vertragspartner nach § 3 4 6 S. 1 B G B alles, was sie aufgrund des Vertrages erhalten haben. Wie § 3 4 7 S. 1 B G B zeigt, der für die R ü c k t r i t t s w i r k u n g e n auf den Zeitpunkt des E m p f a n g s der Leistung abstellt, sind sie verpflichtet, einander so zu stellen, wie sie vor Austausch der Leistungen standen; der R ü c k g e w ä h r a n spruch ist insbesondere nicht auf die vorhandene Bereicherung beschränkt 6 . Zurückzugewähren ist die vertraglich geschuldete Leistung genau so, wie sie erbracht w o r d e n ist: Tritt der Käufer v o m Kaufvertrag zurück oder wandelt diesen, m u ß er die Kaufsache dem Verkäufer wieder übergeben und übereignen. E i n G r u n d s t ü c k m u ß an den Verkäufer rückaufgelassen und der Verkäufer m u ß wieder in das G r u n d b u c h eingetragen werden, § 873 A b s . 1 B G B 7 ; den durch die Rücktrittserklärung oder den Wandelungsvollzug aufschiebend bedingten Rückauflassungsanspruch kann der Verkäufer durch eine V o r m e r k u n g sichern lassen, § 8 8 3 Abs. 1 S . 2 B G B 8 . Ist der Käufer im Zeitpunkt des Rücktritts oder des Wandelungsvollzugs n o c h nicht als E i g e n t ü m e r im G r u n d b u c h eingetra-

Siehe auch Soer%A/Haddingn (1990) vor § 346 Rn. 3. R G vom 20. o. 23.6.1911 - III 424/10 - Gruchot 56, 113 Nr.5 = J W 1911, 756 Nr. 11 (Bohrloch) zum Rücktritt gem. § 636 Abs. 1 S. 1 B G B ; B G H vom 26.6.1980 - VII ZR 210/79 B G H Z 77, 310, 320 (Großwildjagd) zur Wandelung. Davon macht die herrschende Meinung bei gesetzlichen Rücktrittsrechten und der Wandelung für den Rücktritts- und den Wandelungsberechtigten eine Ausnahme, indem sie zu dessen Gunsten über § 327 S. 2 B G B analog die §§ 818 ff. B G B anwendet, oben § 2 F.III.l.c) und unten § 9 B.II. 7 Zur Rückauflassung vgl. B G H vom 21.3.1986 - V ZR 23/85 - B G H Z 97, 264, 265 f. = N J W 1986, 2245, 2246 (Grundstück). 8 B G H vom 12.12.1996 - V ZB 27/96 - B G H Z 134, 182, 184 ff. = LM §883 Nr. 24 mit zust. Anm. Stürner/Bruns = N J W 1997, 861, 862 f. = WM 1997, 535, 536 ff. = J Z 1997, 516, 517 f. mit Anm. Berger (Miteigentumsanteil); O L G Zweibrücken vom 30.12.1980 - 3 W 187/ 89 - O L G Z 1981, 167, 170 (Grundstück); M ü n c h K o m m / / ^ e « 3 (1994) vor § 346 Rn. 36; mit anderer Begründung - hinreichend bestimmter künftiger Anspruch - im Ergebnis zust. Stadler Jura 1998, 189,193 f. 5 6

A. Rücktritt und Wandelung

113

gen, sondern lediglich durch eine Auflassungsvormerkung gesichert, fällt der gesicherte A n s p r u c h mit dem R ü c k t r i t t oder dem Vollzug der Wandelung weg, und die V o r m e r k u n g erlischt 9 . D a s G r u n d b u c h wird unrichtig, der Verkäufer hat neben dem obligatorischen A n s p r u c h auf R ü c k g e w ä h r der V o r m e r k u n g aus § 3 4 6 S. 1 B G B einen Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 8 9 4 B G B und §§22, 29 G B O 1 0 . N u r die tatsächlich empfangenen Gegenstände sind zurückzugeben: Rückgewährpflichten sind Stückschulden. E i n e Ausnahme besteht bei Geldleistungen, bei denen nicht die R ü c k g e w ä h r der empfangenen Geldstücke, sondern Rückerstattung des Geldwertes geschuldet wird 1 1 : § 3 4 6 S. 1 B G B zielt auf die R ü c k g e w ä h r der aufgrund des Vertrages erbrachten Leistung. D i e Verpflichtung, den Kaufpreis oder W e r k l o h n zu zahlen, richtet sich nicht auf eine gegenständlich bestimmte Leistung, sondern darauf, dem Vertragspartner den durch den N e n n b e t r a g der F o r d e r u n g ausgedrückten unkörperlichen Vermögenswert zu verschaffen, kurz: auf Wertverschaffung 1 2 . D i e s e Leistung, mithin den erlangten Geldwert, m u ß der R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r zurückgewähren, und zwar unabhängig davon, o b der Rückgewährgläubiger seine vertragliche Verpflichtung durch Bar- oder Buchgeld erbracht hatte 1 3 . G e m . § 3 4 8 S. 1 B G B sind die beiderseitigen Rückgewährpflichten aus § 3 4 7 B G B Zug u m Zug zu erfüllen. F ü r die Verknüpfung der Rückgewährpflichten verweist § 3 4 8 S. 2 B G B darüber hinaus auf die §§ 320, 322 B G B : J e d e r R ü c k g e währschuldner hat gem. § 320 A b s . 1 S. 1 B G B ein, wenn der Gläubiger die R ü c k g e w ä h r des Geleisteten verlangt, ohne selbst R ü c k g e w ä h r anzubieten 1 4 . § 3 4 6 S. 1 B G B ist abdingbar. Insbesondere kann die R ü c k g e w ä h r einzelner Leistungen, etwa die R ü c k g e w ä h r einer Anzahlung, ausgeschlossen sein 1 5 . D i e Parteien k ö n n e n auch die Pflicht zur R ü c k g e w ä h r der empfangenen Sache durch eine Pflicht z u m Wertersatz ersetzen 1 6 . E b e n s o k ö n n e n sie vereinbaren, 9 O L G Brandenburg vom 7.12.1995 - 5 U 58/95 - NJW-RR 1996, 724, 725 (Hotelgrundstück); Staudinger/Gursky n (1996) § 883 Rn. 44. 10 BGH vom 28.10.1988 - V ZR 94/187 - LM § 894 BGB Nr. 12 = WM 1989, 348, 350 NJW-RR 1989, 201 (Grundstück) - schon mit Ablauf der Nachfrist gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB, dazu §3 B.I.2.a); O L G Brandenburg vom 7.12.1995 aaO. (Hotelgrundstück); siehe auch Staudiiiger/Gxrs&;y13 (1996) § 894 Rn. 35 und 121. Zu weiteren Einzelheiten Staudinger/ Kaiser13 (1995) § 346 Rn. 25 ff. 11 Ausdrücklich auch Huber JZ 1987, 649, 653; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 346 Rn. 4. Zurückzuzahlen ist der Bruttokaufpreis, d.h. auch die in der Gegenleistung enthaltene Umsatzsteuer, BGH vom 23.5.1984 - V I I I ZR 32/83 - WM 1984,1098, 1099 (Autowaschanlage). 12 Huber aaO.; Palandt/Heinrichs™ (1999) aaO.; Soergel/Teichmann 12 (1990) §244 Rn.4; MünchKomm/von MaydelP (1994) § 244 Rn. 8; Staudinger/A'. Schmidt13 (1997) vor §§ 244 ff. Rn. A 44, C 4 und 7 und Ders. JuS 1984, 737, 741. 13 Huber aaO.; für die bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht auch Staudinger/if. Schmidt13 (1997) vor §§ 244 ff. Rn. C 3. Zu abw. Meinungen im Bereicherungsrecht unten § 4 D.I.2. 14 Näher unten §4 A.III. 15 BGH vom 18.4.1984 - VIII ZR 46/83 - LM § 346 BGB Nr. 13 (Hotel-Beratervertrag). 16 RG vom 24.1.1905 - II 198/04 - JW 1905, 137 Nr. 14 (Eisenbahnobligationen).

114

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

daß die Rückgewährpflicht auf die noch vorhandene Bereicherung beschränkt wird17. 2. Wertersatz gem. §346 S. 2 BGB a) Gebrauchsüberlassung

und

Dienstleistung

Die Rückabwicklungsvorschriften der §§ 346 - 356 BGB sind, wie die §§350 ff. BGB und §347 BGB mit dem Verweis auf das Eigentümer-BesitzerVerhältnis zeigen, auf Verträge über den Austausch von Sachen gemünzt. Sie passen auf Dienst- und Werkverträge, bei denen der Schuldner gegen Entgelt nicht Sachen, sondern Leistungen erbringt, ebensowenig wie auf Gebrauchsüberlassungsverträge, bei denen nicht die Sache selbst dem Vertragspartner übertragen wird, sondern nur die Gebrauchsmöglichkeit. Für solche Leistungen, die von vornherein nicht in natura zurückgegeben werden können, ordnet § 346 S. 2 BGB an, daß der Rückgewährschuldner statt dessen Wertersatz schuldet18. Der direkte Anwendungsbereich des § 346 S. 2 BGB ist äußerst eng: Sowohl Gebrauchsüberlassungsverträge als auch Dienstleistungsverträge sind in der Regel Dauerschuldverhältnisse, die jedenfalls ab Überlassung der Sache bzw. Aufnahme der Dienste nicht durch Rücktritt, sondern durch Kündigung beendet werden und dann keine Rückgewährpflichten nach §§346, 347 BGB, sondern nur vertragliche Pflichten zur Rückgabe der Mietsache, der Arbeitsutensilien usw. auslösen. Für die Wohnraummiete stellt § 570a BGB ausdrücklich klar, daß auf vereinbarte Rücktrittsrechte nach Überlassung des Wohnraums die Vorschriften über die Kündigung entsprechend gelten19. Allerdings gibt es Gebrauchsüberlassungs- und Dienstverhältnisse, die keine Dauerschuldverhältnisse sind, etwa wenn ein Brautpaar für drei Stunden einen Rolls Royce für die Fahrt zur Kirche mietet oder einen Barmixer für sechs Stunden bei der Hochzeitsfeier beschäftigt. Von solchen Dienstverhältnissen können beide Vertragspartner zurücktreten, wenn sie ein Rücktrittsrecht vereinbart haben; es gilt dann die Wertersatzpflicht gem. § 346 S. 2 BGB 20 . 17 Eine solche Vereinbarung folgt in der Regel aber nicht schon aus der Tatsache, daß ein Vertragspartner die empfangene Leistung nach dem Vertragszweck an Dritte, etwa Subunternehmer oder Kunden weitergeben soll: Palandt/Heinrichs 5 * (1999) § 346 Rn. 5; O L G Frankfurt vom 9.12.1966 - 3 U 145/66 - N J W 1967, 984 f. (Baukostenzuschuß) mit Anm. Weitnauer N J W 1967, 2314 f.; siehe aber S o e r g e l / H a d d i n g u (1990) § 346 Rn. 11; für eine entsprechende Restriktion analog §327 S.2 BGB auch O L G Koblenz vom 8.12.1948 - 1 U 103/48 - D R Z 1949,112 (Lokomotive) mit im Grundsatz zust. Anm. H. Lehmann. 18 Als eine dem Rücktrittsrecht eigentlich fremde Vorschrift ist § 346 S.2 BGB erst durch die Zweite Kommission in das BGB eingefügt worden, E II § 298 Abs. 1 S. 3, siehe Jakobs/ Schubert §§ 241 - 432 (1978) S. 598 ff., Prot. I S. 790; die Redaktionskommission hat den Wertersatz an die vertraglich geschuldete Gegenleistung gebunden, E III § 340 S. 2, D 52. 19 Zum Dienstvertrag B G H vom 22.5.1990 - IX ZR 208/89 - LM §611 BGB Nr. 91 = N J W 1990, 2549, 2550 = W M 1990, 1552,1554 (Detektiv) unter II 2 d der Gründe. 20 Insoweit mißverständlich die Aussage des B G H vom 22.5.1990 aaO. (Detektiv). Näher Staudinger/Kaiser^ (1995) § 346 Rn. 50.

A. Rücktritt und Wandelung

115

D a der Wertersatz nach § 3 4 6 S. 2 B G B schon per definitionem Ersatz für die N u t z u n g e n aus der erbrachten Leistung, nämlich aus der Dienstleistung oder aus dem G e b r a u c h der überlassenen Sache ist, schuldet der R ü c k g e w ä h r s c h u l d ner über den Wertersatz nach § 3 4 6 S. 2 B G B hinaus keine Nutzungsvergütung aus § § 3 4 7 S . 2 , 9 8 7 B G B ; ansonsten müßte er für die gezogenen N u t z u n g e n doppelt zahlen 2 1 .

b) Berechnung des Wertersatzes aa) Vertragliche

Gegenleistung

D e r Anspruch auf Wertersatz geht grundsätzlich auf Geld, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart 2 2 . W u r d e vertraglich eine Gegenleistung vereinbart, ist gem. § 3 4 6 S. 2 Var. 2 B G B diese 2 3 , ansonsten gem. § 3 4 6 S. 2 Var. 1 B G B der objektive Wert zu zahlen 2 4 . D a eine Gegenleistung in aller Regel vereinbart wird, ist der objektive Wert der erbrachten Leistung nur in Ausnahmefällen zu ersetzen. Praktisch ist der Fall, daß eine Vielzahl von Leistungen geschuldet war, von denen nur ein Teil nicht in N a t u r zurückgegeben werden kann. L ä ß t sich in einem solchen Fall nicht klären, welcher Teil der Gegenleistung für welche Leistung geschuldet war, ist der objektive Wert der nicht rückgabefähigen Leistungen zu berechnen. D i e H ö h e des Wertersatzes kann nach § 2 8 7 Z P O geschätzt werden 2 5 . Entgegen Leser 2 6 enthält § 3 4 6 S. 2 Var. 2 B G B nicht lediglich eine widerlegliche Vermutung dahin, daß der Vertragspreis den gemeinen Wert der Sache erfaßt, weswegen der Rückgewährschuldner nur den gemeinen Wert schuldet, wenn dieser unter dem Vertragspreis liegt. G e g e n diese Auslegung spricht zum einen der Wortlaut des § 3 4 6 S. 2 B G B , der der Vereinbarung über die Gegenleistung mit dem W o r t „ist" zwingend Vorrang v o r dem gemeinen Wert der L e i stung einräumt. Z u m anderen entspricht die A n k n ü p f u n g des Wertersatzes an die vertraglich vereinbarte Gegenleistung dem C h a r a k t e r des Rücktrittsrechts, nach dem der rückabzuwickelnde Vertrag Grundlage und M a ß s t a b der R ü c k -

Siehe noch § 6 A.I.6. RG vom 23.10.1913 -VII283/13 - Recht 1914 Nr. 2045 (Bauherstellung): Hypothekenbestellung als vereinbarte Gegenleistung. 23 RG vom 23.10.1913 aaO. (Bauherstellung) und vom 7.8.1907 - VII 284/07 - JW 1907, 670 Nr. 4 (Automobildroschken); für das Werkvertragsrecht Peters JR 1979, 265, 267 und Staudinger/Peters n (1994) §634 Rn.51; ErmanAH. P. Westermann9 (1993) §346 Rn.8; siehe auch Erman/Seiler"1 (1993) § 634 Rn. 18. 24 Staudinger/Peters13 (1994) aaO. 25 Vgl. RG vom 4.10.1932 - II 160/32 - RGZ 138, 28, 33 (Kraftomnibusse) zu §2 Abs. 1 S. 2 AbzG unter Hinweis auf § 346 BGB; OLG Düsseldorf vom 11.7.1991 - 8 U 84/90 - NJWRR 1992, 506, 507 = WM 1991, 1998, 2001 (Partnerschaftsvermittlung) zu §3 Abs. 3 Hs. 1 HWiG. 26 Leser, Rücktritt (1975) S. 170; so auch SoergeVHadding12 (1990) § 346 Rn. 7. 21

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116

§ 4 Rückgewähr empfangener

Leistungen

abwicklung ist 2 7 . E b e n s o w e n i g ist es möglich, den Wertersatz bei Werkleistungen anhand der H ö h e des objektiven 2 8 oder des subjektiven Wertes der Leistung für den Gläubiger 2 9 zu berechnen. D a s kann weder damit begründet werden, § 3 4 6 S. 2 B G B sei über § 6 3 4 Abs. 4 B G B und § 4 6 7 S. 1 B G B nur in doppelter Einschränkung entsprechend anzuwenden 3 0 , n o c h damit, die z u r ü c k z u gewährende Leistung werde dem Gläubiger aufgedrängt 3 1 . Ein am Wert der Werkleistung anknüpfender Wertersatz widerspricht z u m einen § 3 4 6 S. 2 B G B , der ausdrücklich die vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrundelegt. Eine subjektiv auf den Gläubiger abstellende B e r e c h n u n g des Wertersatzes vermengt zum anderen unzulässigerweise die vertragliche R ü c k g e w ä h r nach R ü c k t r i t t s vorschriften mit der Frage der aufgedrängten Bereicherung bei der Verwendungskondiktion 3 2 .

bb) Minderwertige

Leistungen

D i e Verpflichtung des Gläubigers gem. § 3 4 6 S. 2 B G B , Wertersatz in H ö h e der Gegenleistung zu leisten, führt grundsätzlich dazu, daß ihn trotz R ü c k t r i t t s oder Wandelung für die erbrachten Leistungen eine Vergütungspflicht wie nach dem Vertrag trifft; insoweit wird der Gläubiger am Vertrag festgehalten. D i e E n t r i c h t u n g der Gegenleistung in voller H ö h e widerspricht aber dann Zielrichtung und Struktur der Rücktrittsvorschriften, wenn der Schuldner tatsächlich eine minderwertige Leistung erbracht hat: K ö n n t e die Leistung in N a t u r zurückgegeben werden, erhielte der Schuldner nur die minderwertige Leistung zurück. M ü ß t e der Gläubiger und R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r bei nicht verkörperten Leistungen trotz Schlechtleistung ü b e r § 3 4 6 S. 2 B G B die vertraglich vereinbarte Gegenleistung voll entrichten, bekäme der Schuldner und R ü c k g e währgläubiger hingegen mehr zurück, als er geleistet hat. Deshalb ist für die B e r e c h n u n g des Wertersatzes die vertraglich vereinbarte Gegenleistung ent-

27 Gerade § 4 A.I. Abi. auch Larenz SR I 14 (1987) § 26 a S. 404; Peters JR 1979, 265, 267. Dagegen will Leser aaO. der Fortwirkung des Vertrages mit der Beschränkung des Wertersatzes auf den gemeinen Wert gerade eine Grenze ziehen, weil der Rückgewährschuldner ansonsten unangemessen an den ursprünglichen Vertrag und die in ihm fixierten Gewinnaussichten gebunden werde. 28 Oertmann Recht 1920 Sp. 153, 156 f., der später - Sp. 158 - argumentiert, es führe „die sinngemäße Anwendung des § 346 dahin, hier von dem Schlußsatz überhaupt abzusehen"; Stark JW 1929, 1727, 1728; Werneburg JR 1930, 210, 212; RGRK/Ballhaus 1 1 (1976) §346 Rn. 21; R G R K / G l a n z m a n n n (1978) §634 Rn. 13; beiläufig auch MünchKomm/Soerge/3 (1997) § 634 Rn. 23. Nicht deutlich ausgesprochen hingegen in der häufig zitierten Entscheidung des RG vom 20. o. 23.6.1911 - III 424/10 - Gruchot 56, 113 Nr. 5 = JW 1911, 756 Nr. 11 (Bohrloch) zum Rücktritt gem. § 636 Abs. 1 S. 1 BGB. 29 Koller DB 1974, 2385, 2387 ff. und 2458 f. 30 Deswegen für den objektiven Wertersatz Oertmann aaO.; Stark aaO.; siehe auch Koller DB 1974, 2385: § 346 S. 2 BGB passe nur auf vertragliche Rücktrittsrechte. 31 Deswegen für den subjektiven Wertersatz Koller aaO. 32 Abi. auch Peters JR 1979, 265, 266 f. und Staudinger/Peters13 (1994) § 634 Rn. 51.

A. Rücktritt und Wandelung

117

sprechend §§ 4 7 2 , 4 7 3 B G B zu mindern 3 3 - soweit eine Minderung, wie bei G e brauchsüberlassungsverträgen, möglich ist 3 4 . Ist die Leistung des Schuldners völlig wertlos, schuldet der rückgewährpflichtige Gläubiger auch keinen Wertersatz: Ist nichts geleistet worden, m u ß auch nichts zurückgegeben werden 3 5 .

cc) Nichtinanspruchnahme

der Sache oder

Dienste

F ü r die Leistungskondiktion wird diskutiert, o b der Schuldner Wertersatz nach § 818 A b s . 2 B G B auch dann schuldet, wenn er die z u m G e b r a u c h überlassene Sache gar nicht gebraucht oder die Dienste nicht a n g e n o m m e n hat, etwa das Brautpaar nicht mit dem gemieteten Rolls R o y c e , sondern mit einer v o n Freunden gestellten H o c h z e i t s k u t s c h e zur K i r c h e gefahren ist oder der für die Hochzeitsfeier engagierte B a r m i x e r nur für eine Stunde anstelle der vereinbarten sechs tätig war, weil die Feier nach der ersten Stunde abgebrochen w u r d e 3 6 . D i e Frage m u ß auch für das Rücktrittsrecht beantwortet werden. Diejenigen, die eine bereicherungsrechtliche Wertersatzpflicht schon für die bloße zungsmöglichkeit

Nut-

vertreten, unterstellen teilweise § 3 4 6 S. 2 B G B eine entspre-

chende Regel: D e r Rückgewährschuldner schulde R ü c k g e w ä h r gem. § 3 4 6 S. 2 B G B nicht für den tatsächlich geleisteten G e b r a u c h oder die tatsächlich erbrachten Dienste, sondern bereits für die b l o ß e M ö g l i c h k e i t , Sachen oder D i e n ste nutzen zu k ö n n e n 3 7 . 33 Ratsch in Festschrift Weber (1975) S. 337, 340 Fn. 12; Erman/Seiler 9 (1993) § 634 Rn. 18; siehe auch Korintenberg, Werkvertrag (1935) S. 164 f. In diese Richtung auch OLG Düsseldorf vom 1.4.1966 - 5 U 81/65 - VersR 1966, 856 (Baupläne), das dem Architekten einen Wertersatzanspruch - den das OLG fälschlich auf § 347 BGB stützt - nur insoweit gewähren will, als dem wandelnden Bauherrn durch die nicht rückgabefähigen Architektenleistungen ein Vermögenswert zugeflossen ist, und den Minderwert anhand der vom Besteller aufgewandten Mängelbeseitigungskosten berechnet (hierzu noch Fn. 48 und § 6 Fn. 83). Für eine Minderung der auf Grundlage des üblichen Mietzinses berechneten Nutzungsentschädigung im Sinne des § 2 AbzG auch BGH vom 2.2.1972 - VIII ZR 103/70 - WM 1972, 558, 560 (LastkraftwagenMuldenkipper). 34 Bei Dienstverträgen sieht das Gesetz keine gewährleistungsrechtliche Minderung wegen Schlechtleistung vor. Gleichwohl wird sie teilweise als qualitative Teilunmöglichkeit verstanden, die über §323 Abs. 1 Hs. 2 BGB zur Minderung nach §§472, 473 BGB führen soll, Motzer, Arbeitnehmerhaftung (1982) S. 173 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) § 21 I 4 aS. 238. 35 RG vom 20. o. 23.6.1911 - III 424/10 - Gruchot 56, 113 Nr. 5 = J W 1911, 756 Nr. 11 (Bohrloch) zum Rücktritt gem. §636 Abs. 1 S. 1 BGB; Schöller Gruchot 46 (1902), 253, 260; Planck/S^er 4 (1914) §346 Anm. 2; Heinrich Stoll, Rücktritt (1921) S.54; Oertmann5 (1928) §346 Anm. 4 und Oers. Recht 1920, Sp. 1353, 157 f., 159; im Anschluß an ihn Werneburg J R 1930, 210, 212; RGRK/Ballhaus 1 1 (1976) §346 Rn.21. Für wertlose Werkleistungen auch Staudinger/Petm13 (1994) §634 Rn.50; Erman/Seiler' (1993) §634 Rn.18; MünchKomm/ SoergeP (1997) § 634 Rn. 24. 36 Ausführlich § 4 D.I.3.a)aa). 37 Insbesondere Kohler, Rückabwicklung (1989) S.315f., der §346 S.2 BGB als „die aussagekräftigere Norm" bezeichnet; Reuter/Martinek (1983) §15 I 2 c S. 531 f. für die Gebrauchsüberlassung; so nur für § 346 S. 2 BGB auch Canaris in Festschrift Lorenz (1991) S. 19,

118

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Das greift zu kurz. Diese Auffassung widerspricht schon dem Wortlaut des § 3 4 6 S. 2 B G B , der eine Wertersatzpflicht zwar bereits für die „Überlassung der B e n u t z u n g einer S a c h e " , im übrigen aber nur für „geleistete D i e n s t e " vorsieht. D e r auf den ersten B l i c k widersprüchliche Wortlaut trifft das Richtige: N a c h § 3 4 6 S . 2 B G B tritt die Wertersatzpflicht an die Stelle der R ü c k g e w ä h r der Schuldnerleistung in N a t u r nach § 346 S. 1 B G B . Z u r ü c k z u g e b e n ist nach § 346 S. 1 B G B die Leistung, die der Schuldner entsprechend seiner vertraglichen Leistungsverpflichtung erbracht hat; die Rückgewährpflicht entspricht der Leistungspflicht unter umgekehrten Vorzeichen. F ü r die Wertersatzpflicht aus § 3 4 6 S . 2 B G B bedeutet das, daß der Inhalt der vertraglichen Leistungsverpflichtung bestimmt, für welche Schuldnerleistung der Rückgewährschuldner Wertersatz leisten muß. G e m . § 6 1 1 A b s . 1 B G B ist Vertragsgegenstand nicht die b l o ß e N u t z u n g s möglichkeit, sondern „die Leistung der versprochenen D i e n s t e " : D e r D i e n s t verpflichtete schuldet die Leistung der Dienste an sich, durch Untätigkeit erfüllt er seine vertraglichen Verpflichtungen nicht 3 8 . D a s zeigt gerade § 615 B G B . D i e Vorschrift enthält als Gefahrtragungsregel eine A u s n a h m e von dem Grundsatz, daß ein Anspruch auf die Gegenleistung nur dann besteht, wenn der Dienstverpflichtete seine Dienste tatsächlich erbracht hat ( „ O h n e A r b e i t kein L o h n " ) : D e r Gläubiger schuldet die vertraglich vereinbarte Gegenleistung nicht, weil der Dienstverpflichtete seine vertragliche Leistungspflicht erfüllt hat, sondern weil er mit der A n n a h m e der Dienste in Verzug geraten ist; für die Dienstleistung trägt er das Gegenleistungsrisiko 3 9 . M i t der Annahmeverzugslösung des § 6 1 5 B G B hat sich der Gesetzgeber gegen die Windscheidsche F i k t i o n 4 0 entschieden, der Dienstverpflichtete erfülle seine Leistungspflicht bereits durch das Anerbieten seiner D i e n s t e 4 1 . Dagegen m u ß der Vermieter dem M i e t e r gem. § 535 B G B lediglich „den G e brauch der vermieteten Sache während der Mietzeit g e w ä h r e n " 4 2 . D i e s e Vermieterverpflichtung konkretisiert § 5 5 2 B G B : H a t der Vermieter dem Mieter die Sache überlassen, trägt der Mieter gem. § 552 S. 1 B G B zwar - wie der

50 f.; ohne Begründung Raisch in Festschrift Weber (1975) S. 337, 340 für Gebrauchsüberlassungen, dagegen anders für Dienstleistungen. 38 Mot. II S. 455: „Gegenstand der Verpflichtung sind die Dienste für sich betrachtet oder die Arbeit als solche" (in Abgrenzung zum Werkvertrag), ebenso S. 471; Larenz SR II l 1 3 (1986) § 52 II b S.318; StaudingerARz'oW;12 (1989) vor §§611 ff. Rn. 26 f., §611 Rn.271 ff. 39 StaudingerARzcW^'12 (1989) § 615 Rn. 2, 6. 40 Windscheid/Kipp, Pandekten II 9 [1906] §401 S. 747 f. Ausführlich Picker JZ 1979, 285, 291 f. 41 Siehe in Abgrenzung zum Verhältnis bei der Gebrauchsüberlassung die Motive, Mot. II S.461 ff.; ausführlich zur Geschichte des §615 BGB Picker JZ 1979, 285, 290 ff. und Ders. JZ 1985, 693, 696 ff. Daß der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung, sondern nur zum Angebot seiner Dienste verpflichtet sei, bezeichnet Wiedemann in Festschrift Köln (1988) S.367, 387 im Zusammenhang mit § 323 Abs. 1 BGB mit Recht als „drollige Theorie". 42 Siehe auch Canaris in Festschrift Lorenz (1991) S. 19, 49, der argumentiert, mangels Wirksamkeit des Vertrages erhalte der Mieter wie beim Kaufvertrag nur den „blanken Besitz".

A. Rücktritt

und

Wandelung

119

Dienstberechtigte gem. § 6 1 5 B G B - das Verwendungsrisiko 4 3 . A n d e r s als § 6 1 5 B G B begründet § 552 S. 1 B G B aber nicht lediglich eine besondere Vergütungspflicht des Gläubigers im Annahmeverzug, sondern hält die Vergütungspflicht aus dem Vertrag aufrecht: Durch die unterlassene Nutzung der Mietsache w i r d der Mieter v o n seiner Gegenleistungspflicht „ n i c h t . . . befreit". Damit verdeutlicht § 552 S. 1 B G B , daß der Vermieter anders als der Dienstverpflichtete mit der Überlassung der Mietsache alles getan hat, was er nach dem Vertrag schuldet 4 4 : M e h r als dem Mieter die Sache zur Verfügung zu stellen, kann er nicht tun, ihn insbesondere nicht zur N u t z u n g zwingen. D e r unterschiedliche Leistungsinhalt nach § § 5 3 5 , 536 B G B und nach § 6 1 1 Abs. 1 B G B entspricht der ausdrücklichen Auffassung des Gesetzgebers: „Bei der Miethe ist der Entwurf davon ausgegangen, daß der zur Vorleistung verpflichtete Vermiether der Vorleistungspflicht durch den einseitigen Akt Genüge leistet, mittels welcher er dem Miether die vermiethete Sache behufs des vertragsmäßigen Gebrauchs zur Verfügung stellt,... und daß jener einseitige Akt nicht blos als Erfüllung der Vorleistungspflicht wirkt, sondern die wirkliche (reelle) Erfüllung der letzteren enthält. ... Für den Dienstvertrag kann dagegen das gleiche Prinzip, also der Grundsatz, daß die Vorleistungspflicht des Dienstverpflichteten erfüllt ist, wenn er zur Dienstleistung imstande ist und sich bereit erklärt hat, keineswegs als selbstverständlich erachtet werden, da einleuchtend die beiden angegebenen Erfordernisse nicht genügen, um die wirkliche (reelle) Dienstleistung annehmen zu können, und ... ein ... Anbieten der Dienste nicht als Erfüllung wirkt." 4 5 Daraus folgt, daß der Rückgewährschuldner entsprechend dem Wortlaut des § 3 4 6 S. 2 B G B bei Gebrauchsüberlassungsverträgen Rückgewähr der und da43 BGH vom 24.9.1989 - VII ZR 299/79 - NJW 1981, 43, 45 = WM 1980, 1397, 1399 (Ladenlokal); vom 23.10.1996 - XII ZR 55/95 - NJW 1997, 193, 194 (Fitneßstudio) zur AGBKontrolle; Rädler NJW 1993, 689; Staudinger/Emmerich" (1995) §552 Rn.6f.; Soergel/ Heintzmann12 (1997) § 552 Rn. 1; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 552 Rn. 4. Zu dem Streit, welchen Inhalt §552 BGB vor Überlassung der Mietsache hat, ausführlich Rädler NJW 1993, 689 ff. m. Nw. 44 Larenz SR II l 1 3 (1986) § 48 II a S. 218, § 48 II b S. 223 f.; Medicus SR II9 (1999) Rn. 201; Rädler NJW 1993, 689, 691. Siehe auch RG vom 4.10.1932 - II 160/32 - RGZ 138, 28, 32 (Kraftomnibusse) zu § 2 Abs. 1 S. 2 AbzG: es müsse „in Geld erstattet werden, was nicht in Natur zurückerstattet werden kann, nämlich der in der Möglichkeit der Benutzung der Sache liegende Vermögenswert... der Wert der Überlassung. Dies ist der objektive Wert der Benutzung, so daß es nicht darauf ankomme, ob der Käufer von der Sache auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat." 45 Mot. II S. 461, wo in der Folge ausgeführt wird, daß die angemessene Lösung, den Dienstnehmer wie den Mieter die Gegenleistungsgefahr tragen zu lassen, besser über die Annahmeverzugsregelung des E I § 561 (heute § 615 BGB) erreicht werden kann, S.461 ff. Zum Inhalt der (Vor-)Leistungspflicht des Vermieters deutlich auch Mot. II S.399f. zu E I §518 (heute § 552 BGB) mit EI §§ 503, 504 (heute §§ 535, 536 BGB): „Eine solche Gewährung liegt aber schon vor, wenn der Vermiether den Miether auffordert oder es ihm überläßt, die Sache in Gebrauch zu nehmen . . . . Dagegen ist es in keinem Falle erforderlich, daß der Miether den ihm gewährten Gebrauch tatsächlich macht." Die jetzt in §552 BGB stehende Regelung ist mit E I § 518 nur deswegen in das Gesetz aufgenommen worden, um Mißverständnissen vorzubeugen, Mot. II S. 400, 461.

f 4 Rückgewähr

120

empfangener

Leistungen

mit Wertersatz hinsichtlich der bloßen Gebrauchsmöglichkeit schuldet, während bei Dienstleistungsverträgen eine Rückgewähr- und Wertersatzpflicht nur für tatsächlich geleistete Dienste besteht 46 . c) Analoge

Anwendung

aa) Nicht rückgabefähige

auf

Werkleistungen? Werkleistungen

Aus § 346 S. 2 B G B ist der allgemeine Grundsatz abzuleiten, daß der Rückgewährschuldner bei nicht in natura rückgabefähigen Leistungen Wertersatz schuldet 47 . Das trifft insbesondere auf unkörperliche Werkleistungen wie Konzerte, Reisen oder Architektenleistungen (Planung und Bauaufsicht) zu: Hat die Sängerin gesungen oder ist die Reise gemacht worden, kann diese Leistung nicht zurückgegeben werden 48 . Unkörperlich sind auch Werkleistungen, die in einem Wegnehmen bestehen: Hat der Gärtner Bäume gestutzt, ist eine Rückgewähr nicht möglich. Hierher gehört auch das reichsgerichtliche Beispiel eines Bohrloches: Ist das Loch gebohrt, kann es zwar wieder zugeschüttet, nicht aber im eigentlichen Sinne zurückgewährt werden 49 . Hat sich ein Vertragspartner vertraglich zu einer Unterlassung verpflichtet, etwa der Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer gegen Karenzentschädigung eine nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, kann die geleistete Unterlassung ebenfalls nicht zurückgewährt, sondern nur deren Wert ersetzt werden. bb) Erweiterung

durch die herrschende

Meinung

Die herrschende Meinung will § 346 S. 2 B G B entsprechend auf Werkleistungen anwenden, die der Unternehmer untrennbar mit Sachen des Bestellers verbunden hat, §93 BGB, oder die durch Einbau wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks des Bestellers geworden sind, § 94 BGB, weil die Trennung des Werkes vom Grundstück oder den Sachen des Bestellers und damit die gegenständliche Rückgewähr unmöglich sei 50 , etwa beim Anstrich am Haus 51 . Pro4 6 So ohne nähere Begründung auch Raisch in Festschrift Weber (1975) S. 337, 340; ausdrücklich gegen ihn Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 314 Fn. 240. 47 Statt aller Palandt/Heinrichs™ (1999) § 346 Rn. 4. 48 Oertmann Recht 1920, Sp. 153, 155 (wohl für einen Wertersatz in Höhe des objektiven Wertes der Werkleistung, Sp. 158 f.); RGRK/Glanzmann 1 1 (1978) §634 Rn. 14; Peters J R 1979, 265, 271 und Staudinger/Peters" (1994) §634 Rn.50; Jauernig /Schlechtriem9 (1999) § 634 Rn. 7; MünchKomm/Soerge/ 3 (1997) §634 Rn.26; Soergel/Hadding 12 (1997) §634 Rn. 11. Zur Rückgewähr nicht nur der vom Architekten erstellten Baupläne, sondern zum Wertersatz seiner geistigen Leistungen, soweit sie dem Besteller zugute gekommen sind, O L G Düsseldorf vom 1.4.1966 - 5 U 81/65 - VersR 1966, 856 (Baupläne) zur Wandelung gem. § 634 BGB, das den Wertersatz aber fälschlich auf § 347 BGB stützt. 4 9 RG vom 20. o. 23.6.1911 - III 424/10 - Gruchot 56, 113 Nr.5 = JW 1911, 756 Nr. 11 (Bohrloch) zum Rücktritt gem. § 636 Abs. 1 S. 1 BGB. 5 0 RG vom 23.10.1913 - VII 283/13 - Recht 1914 Nr. 2045 (Bauherstellung) zum Rücktritt; vgl. auch RG vom 14.5.1935 - VII 354/54 - RGZ 147, 390, 392 f. (Mineralwasser- und

A. Rücktritt

und

Wandelung

121

blematisch ist auch der selten diskutierte Fall, daß der Unternehmer das Werk aus einem vom Besteller bereitgestellten Stoff herstellt 52 . Diskutiert wird für Werkleistungen darüber hinaus, ob der Rückgewährschuldner verpflichtet ist, dem Gläubiger gem. § 346 S. 2 BGB die zur Herstellung des Werkes erbrachte Arbeitsleistung zu vergüten, wenn die gegenständliche Rückgewähr des Werkes zwar möglich, zur Wiederherstellung des status quo ante aus Sicht des Unternehmers aber nicht genügend ist 53 . Das meint zum einen die Fälle, in denen die Sachleistungen des Unternehmers allenfalls Zutaten im Sinne des § 651 Abs. 2 BGB sind, seine Hauptleistung aber in der für das Werk aufgewandten Arbeitsleistung liegt, wie insbesondere bei Reparaturarbeiten (Kunststopfen, Reinigung eines Anzugs oder Reparatur einer Uhr), und ihm mit der Rückgewähr der in Ausführung des Werkes hinzugefügten Zutaten nicht gedient ist - sofern eine solche Rückgabe überhaupt möglich ist (wie beim Garn und der Uhrfeder, nicht aber beim Reinigungsmittel) 54 . Zum anderen kann die Wiederherstellung des status quo ante aus der Sicht des Unternehmers daran scheitern, daß er sein Werk von Sachen des Bestellers unter - z.T. großen - Kosten trennen muß, ohne daß er mit dem ausgebauten Werk etwas anfangen könnte. Das meint insbesondere den von der herrschenden Meinung als unmöglich oder unzumutbar bezeichneten Ausbau von Bauleistungen, bei denen der Ersatz der Arbeitsleistungen anstelle oder zusätzlich zum Wertersatz für das beim Besteller bleibende Werk erörtert wird 55 . Angesprochen - und abgeEisfabrik) zur Wandelung nach §634 BGB mit Ausführungen ausschließlich zum Verwendungsersatzanspruch aus §§ 347 S. 2, 994 BGB; erwogen auch in RG vom 20. o. 23.6.1911 - III 424/10 - Gruchot 56, 113 Nr. 5 = J W 1911, 756 Nr. 11 (Bohrloch) zum Rücktritt gem. §636 Abs. 1 S. 1 BGB; zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung siehe auch RG vom 5.12.1919 - II 250/19 - R G Z 97, 245, 252 (Schwefelsäurefabrik). Abw. aber RG vom 6.2.1914 - VII 470/ 13 - WarnR 1914 Nr. 152 (Ofen) zur Wandelung. Wegen der Unmöglichkeit der Rückgewähr hält die Wandelung in der Regel für ausgeschlossen O L G Koblenz vom 3.1.1962-4 U 39/61 N J W 1962, 741 (Eigenheim). Für eine entsprechende Anwendung des §346 S. 2 BGB auf Werkleistungen Oertmann Recht 1920, Sp. 153, 156, 158 f.; im Anschluß an ihn Werneburg JR 1930, 210, 211 f., der bei Wertlosigkeit des Werks für den Besteller allerdings eine Abbruchverpflichtung des Unternehmers annimmt; RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) § 346 Rn. 21; R G R K / G l a n z m a n n u (1978) § 634 Rn. 13 und 16; E r m a n / t ó / e r 9 (1993) §634 Rn. 18; Staudinger /Peters" (1994) §634 Rn.50; MünchKomm// Rücktritt (1975) S. 138 stützt die Ablehnungserklärung nicht auf §349 BGB, sondern auf eine Parallele zur Ablehnungserklärung in § 326 BGB. 104 RG vom 22.5.1933 - VI 70/33 - RGZ 141, 259 ff. =JW 1933, 2274 Nr. 6 (landwirtschaftliches Grundstück). 105 Zum Vindikationsanspruch neben dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung unten § 4 B.II.2.b)bb). 106 RG vom 22.5.1933 - VI 70/33 - RGZ 141, 259, 261 f. = JW 1933, 2274 Nr. 6 (landwirt-

134

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Der B G H schwankt: In zwei Urteilen hat er ausdrücklich anerkannt, daß der Schuldner einen Anspruch auf Rückgewähr der erbrachten Teilleistungen aus §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2 BGB hat 107 . Dagegen ist er in zwei Grundstücksverkaufsfällen, in denen der Verkäufer wegen Teilzahlungsverzugs des Käufers Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages aus § 326 Abs. 1 S. 3 BGB verlangte, offensichtlich von einer Gesamtabrechnung des Vertrages ausgegangen: Im ersten Fall hat er dem nach § 985 BGB zur Herausgabe des Grundstücks verpflichteten Käufer - ohne nähere Ausführungen - zwar einen Zug-um-Zug-Anspruch auf Rückzahlung des angezahlten Kaufpreises gegeben - allerdings nur, soweit dieser nicht im Schadensersatzanspruch des Verkäufers aufgegangen war; die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensberechnung nach der Differenztheorie hat der BGH nicht beanstandet 108 . Im zweiten Fall hat er dem Käufer gegen den Anspruch des Verkäufers auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung wegen des gezahlten Teilkaufpreises zwar ein Zurückbehaltungsrecht aus §273 Abs. 1 BGB eingeräumt, spricht aber ausdrücklich von einem „Abrechnungsverhältnis, das an die Stelle der beiderseitigen Leistungspflichten tritt", und schränkt das Zurückbehaltungsrecht des Käufers ein, soweit die Verkäuferin den Kaufpreisanspruch mit dem eigenen Schadensersatzanspruch „verrechnen kann" 109 . schaftliches Grundstück) - Hervorhebungen von mir. Die Auffassung des R G ist für den Rücktritt, auf den die §§ 346, 348 BGB unmittelbar anzuwenden sind, völlig unhaltbar. Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs des Verkäufers aus § 326 Abs. 1 S. 3 BGB wegen Teilzahlungsverzugs des Käufers mehr nebenbei für einen Anspruch des Käufers auf Rückzahlung der vom Verkäufer aus der Anzahlung gezogenen Zinsen gem. §§ 280 Abs. 2 S. 2, 346, 347 S. 3 BGB RG vom 28.2.1902 - V 85/02 - R G Z 52, 92, 96 (Baustellen), wobei auch angesichts der unmittelbar anschließenden Äußerungen unklar bleibt, ob das R G meint, was es sagt. Im Vordergrund steht ebd. S. 95 die Aussage, dem Käufer stehe der widerklagend geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 325 Abs. 1 S. 2 BGB zu, weil der Verkäufer zwei der verkauften Parzellen an Dritte aufgelassen und damit schuldhaft die Teilunmöglichkeit verursacht habe; als Schadensersatzgläubiger könne er die aus der Anzahlung gezogenen Zinsen gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2, 346, 347 S. 3 BGB verlangen. Das verkennt den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 BGB: Geregelt ist dort nicht der Anspruch des Schadensersatzgläubigers auf Rückgewähr seiner Gegenleistung, sondern die Pflicht des Gläubigers, dem Schuldner im Rahmen des Schadensersatzanspruchs dessen Teilleistung zurückzugeben. Zur Rückgewähr der Gegenleistung analog § 280 Abs. 2 S. 2, 346 BGB gleich § 4 B.II.2.c). 107 B G H vom 22.5.1990- IX ZR 208/89 - LM § 611 BGB Nr. 91 = N J W 1990, 2549, 2550 = W M 1990, 1552, 1553 f. (Detektiv) zu § 325 Abs. 1 S. 2 BGB (und § 346 S. 2 BGB) unter Zurückverweisung an die Vorinstanz; auch vom 8.2.1966 - V ZR 131/63 - W M 1966, 575, 577 (Hausgrundstück) zu § 326 Abs. 1 S. 3 BGB, im Ergebnis offengelassen; vgl. auch O L G H a m m vom 7.2.1975 - 20 U 215/74 - N J W 1975,1520,1521 (Porsche): Rückgewähr des (gem. § 364 BGB) in Zahlung gegebenen Porsches durch den gem. § 326 Abs. 1 S. 3 BGB Schadensersatz verlangenden Verkäufer. 108 B G H vom 13.3.1981 - V ZR 46/80 - LM §249 BGB (Hb) Nr. 7 = N J W 1981, 1834 = W M 1981, 791 (Grundstück). 109 B G H vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 - LM § 894 BGB Nr. 12 = W M 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201, 202 (Grundstück) - Hervorhebungen von mir. In den übrigen vom B G H entschiedenen Fällen des Schadensersatzanspruchs wegen

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

135

In seinen letzten Urteilen hat der B G H diese Gesamtabrechnung noch deutlicher ausgesprochen. Den Käufer einer Eigentumswohnung, die entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht freigekündigt und deshalb nicht beziehbar war, hat das Gericht im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs aus §§440 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB wegen dieses Rechtsmangels darauf beschränkt, die Wohnung auf schadensrechtlichem Wege zurückgeben - ohne sich mit einem etwaigen Rückgewähranspruch des Verkäufers aus §§440 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2, 346 S. 1, 347 S. 3 BGB auseinanderzusetzen 110 : „... Schadensersatz n u r u n t e r den Voraussetzungen des § 326 B G B verlangen . . . . D e n Schadensersatz kann er, wie geschehen, in der Weise berechnen, daß er unter Rückgewähr der Kaufsach e Erstattung des gezahlten Kaufpreises als Mindestschaden v e r l a n g t . . . ."

In einem anderen Fall, in dem der Schuldner mit der vertraglich geschuldeten Umstellung der vorhandenen Software auf den miterworbenen Rechner in Verzug geraten war, hat der B G H erwogen, der Gläubigerin Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter Rückgewähr von Soft- und Hardware zu gewähren, und dies damit begründet, die Erwerberin „ k ö n n e im R a h m e n des v o n ihr geltend g e m a c h t e n großen Schadensersatzes Riickabwicklung des gesamten Vertrages verlangen u n d dabei n e b e n der bereits fertiggestellten S o f t w a r e auch die gelieferte H a r d w a r e einbeziehen. ... solche Berechnung des Ersatzanspruchs ..."111. Nichterfüllung unter gleichzeitiger Rückforderung des Geleisteten gem. § 985 BGB war über die Rückzahlung gezahlter Kaufpreisteile nicht zu entscheiden: Entweder hatten die Käufer noch gar nichts bezahlt (so in B G H vom 11.2.1983-V ZR 191/81 - W M 1983, 418 f. [Grundstück] und vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - B G H Z 126, 131 f. = LM § 271 BGB Nr. 7 = N J W 1994, 2480 = W M 1994, 1396 [Grundstück]) oder der Verkäufer haue Rückgabe des Grundstücks von vornherein nur Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises verlangt (so in B G H vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 157f. = N J W 1983, 1605 = WM 1983, 559 [Hausgrundstück]). 110 B G H vom 25.10.1991 - V ZR 225/90 - W M 1991, 2166, 2167 (Eigentumswohnung) Hervorhebungen von mir; siehe auch H a n s O L G Hamburg vom 14.12.1950 - 3 U 227/50 DB 1951, 77 (Gebäude) zum Teilzahlungsverzug des Käufers beim Verkauf von Gebäuden unter Eigentumsvorbehalt: „Der Beklagte hat anders als im Falle des Rücktritts keinen fälligen Anspruch auf Rückgewähr der geleisteten Teilzahlungen von D M 4000,-. Der Kläger kann diesen Betrag vielmehr zur Verrechnung auf den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung einbehalten." - Hervorhebungen von mir. 111 B G H vom 2 3 . 1 . 1 9 9 6 - X ZR 105/93 - LM § 284 BGB Nr. 44 = N J W 1996, 1745, 1747 = W M 1996, 963, 965 (EDV-Umstellung) - Hervorhebungen von mir. Soweit der B G H erwägt, der Gläubigerin die zu 85% umgestaltete Software zu belassen, und ihr lediglich auferlegt, den darin liegenden Nutzungsvorteil schadensmindernd auf den Ersatzanspruch anzurechnen, weicht seine Lösung vom Gesetz erheblich ab: Gem. §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S.2, 280 Abs. 2 S. 2, 346 S. 1 BGB ist die Gläubigerin vollumfänglich zur Rückgewähr des Werkes, der „Umgestaltung" verpflichtet, darf die Software also nur im ursprünglichen Zustand behalten; zum umstrittenen Inhalt des Rückgewähranspruchs bei Werkleistungen gerade § 4 A.II.2.c). Billigte man der Gläubigerin mit dem B G H zu, die Software im umgestalteten Zustand zu behalten, begünstigte sie dies über Gebühr, da die Gläubigerin es in der Hand hätte, willkürlich zu entscheiden, welche Teilleistungen sie behält (umgestaltete Software) und welche nicht (Hardware). Sie kann damit - um in der Terminologie des B G H zu bleiben -

136

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Ohne das Urteil des RG zu erwähnen, begründet Leser die Auffassung näher, im gegenseitigen Vertrag seien Teilleistungen des Schuldners nicht gem. §§280 Abs. 2 S. 2, 346 ff. BGB über Rücktrittsvorschriften, sondern im Wege der „Gesamtabrechnung" rückabzuwickeln 112 : §280 Abs. 2 BGB stehe auf dem Boden der aufgrund des Differenzschadensersatzes überholten Austauschtheorie. Die Funktion der dem Schadensausgleich vorgeschalteten Rückabwicklung von Teilleistungen nach Rücktrittsregeln könne die Gesamtabrechnung nach der Differenztheorie besser leisten: „ N i c h t anders als in den Fällen der §§ 4 6 3 , 4 8 0 II, 635 B G B k a n n die R ü c k g e w ä h r der Teilleistungen in die G e s a m t a b r e c h n u n g a u f g e n o m m e n w e r d e n " . 1 1 3 „ D i e V e r w i r r u n g stiftende Verweisung auf die Regeln des R ü c k t r i t t s in § § 2 8 0 II, 286 II B G B ist daher h e u t e in dieser F o r m entbehrlich." 1 1 4

Dieser Auffassung schließt sich Wiedemann an, der eine Abwicklung des Vertrages im Wege des Differenzschadensersatzes befürwortet: „ . . . die R ü c k g e w ä h r der m i ß g l ü c k t e n Teilleistung f i n d e t im R a h m e n d e r Vertragsliquidation statt u n d f o r d e r t keinen eigenen - vorgeschalteten - R ü c k t r i t t . " 1 1 5

Entsprechende Auffassungen vertreten Köhler und Grunewald zum Schadensersatzanspruch wegen Rechtsmängeln der verkauften Sache. Dabei wird die Nichtbeachtung der rücktrittsrechtlichen Rückgewähr gem. §§280 Abs. 2 S. 2, 346 ff. BGB durch die irreführende Bezeichnung des Schadensersatzanspruchs als „großer Schadensersatz" entsprechend dem Sachmängelrecht erleichtert: Weil er großen Schadensersatz verlangt, ist der Käufer zur Rückgewähr der Kaufsache verpflichtet - nach welchen Vorschriften auch immer 116 . Oertmann und Weitnauer ersetzen die rücktrittsrechtliche Pflicht des Käufers zur Nutzungsherausgabe aus §§ 347 S. 2, 987 BGB durch die schadensrechtliche Erwägung, Nutzungen, die dem Käufer verblieben, minderten den Schadensersatzanspruch 117 .

großen und kleinen Schadensersatz miteinander kombinieren; das widerspricht dem insoweit bestehenden, über §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2, 346 ff. BGB auch für den Schadensersatzanspruch geltenden Verbot des Teilrücktritts, dazu unten § 8 A.I.4.b) am Ende. 112 Leser, Rücktritt (1975) S. 134 ff., 144 f. 113 Leser aaO. S. 137. Für § 463 BGB aber später lapidar und ohne die Abweichung kenntlich zu machen: „Für die Durchführung der Rückgabe einer geleisteten Sache bei §463 BGB sind die Rücktrittsregeln ... miteinzubeziehen.", Ders. in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 393. 114 Leser, Rücktritt (1975) S. 138. 115 Soergel/Wiedemann 1 2 (1990) § 325 Rn. 39, siehe auch Rn. 83. Dazu, daß mit dem Verweis auf §§ 346 - 356 BGB in § 280 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ein Rücktritt dem Schadensersatzanspruch vorgeschaltet wird, sondern eine Teilrückabwicklung des Vertrages über Rücktrittsregeln als Inhalt des Schadensersatzanspruchs stattfindet, gleich § 4 B.II.l.a)bb)[3]. 116 Staudinger/Köhler^ (1995) §440 Rn. 38, der für den Schadensersatzanspruch aber ein fehlendes Interesse des Gläubigers an der Teilerfüllung analog §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S.2 BGB voraussetzt; Erman/Grunewald? (1993) §440 Rn 7; siehe auch Oertmann5 (1929) § 440 Anm. 5 mit Anm. 3. 117 Oertmann5 (1929) § 440 Anm. 5; Erman/Weitnauer* (1989) § 440 Rn. 14 und 15. Weit-

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

137

Die - häufig nicht näher begründete - schadensrechtliche Rückgewähr empfangener Teilleistungen ist abzulehnen: Sie scheitert am ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes, das für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung auch in gegenseitigen Verträgen mit §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich auf § 280 Abs. 2 BGB und damit auf die in Satz 2 angeordnete Rückgewähr von Teilleistungen nach Rücktrittsvorschriften verweist. Soll die in §§325 Abs. 1 S. 2,326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2 BGB angeordnete Rückabwicklung einer Teilleistung des Schuldners nach Rücktrittsrecht ohne N o t und contra legem durch eine Rückgewährpflicht nach Schadensrecht ersetzt werden, obwohl das Schadensersatzrecht Vorschriften für die Rückabwicklung von Leistungen nicht enthält? Die Antwort kann nur lauten: Nein. Zudem ist gar nicht klar, in welcher Weise die Teilleistung nach Schadensersatzrecht zurückzugewähren ist: Soll die Teilleistung nach Schadensersatzrecht nur wertmäßig zurückgewährt werden - wie dies das RG anzunehmen scheint oder soll den Gläubiger die schadensrechtliche Pflicht treffen, die erhaltene Teilleistung in Natur zurückzugeben - wie dies Leser 118 und Wiedemann 119 vertreten? Eine bloße Verrechnung der beiderseitigen Leistungen - wie sie dem RG vorzuschweben scheint - scheitert, wenn Leistung und Gegenleistung wie bei Kaufund Werkverträgen ungleichartig sind. Das macht gerade der vom RG entschiedene Fall deutlich: Verlangt der Verkäufer wegen Zahlungsverzuges des Käufers das Grundstück zurück und will der Käufer dieses nur gegen Rückzahlung der angezahlten Summe zurückgeben, können die beiderseitigen Leistungen nicht miteinander verrechnet werden. „Verrechnung" kann bei ungleichartigen Leistungen - wie bei der bereicherungsrechtlichen Saldotheorie 120 - nur heißen, daß der Verkäufer darauf beschränkt ist, die Rückgewähr seiner Leistung Zug um Zug gegen Rückzahlung des angezahlten Kaufpreisteils zu verlangen. Selbst eine solche „Verrechnung" hat mit dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung entgegen dem ersten Schein nichts zu tun. Sie scheitert schon daran, daß der Verkäufer nach herrschender Meinung seine Vorleistung nur im Wege des Rücktritts vom Vertrag, nicht aber als Inhalt seines Schadensersatzanspruchs zurückverlangen kann 121 : Erhält der Gläubiger nichts zurück, kann auch nichts verrechnet werden. Diese Rechtslage wird durch die dem nauer ebd. scheint aber - wie beim großen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB (vor § 459 Rn. 45a) - grundsätzlich der Rückabwicklung über § 280 Abs. 2 S. 2 BGB zuzuneigen, läßt eindeutige Aussagen über die Art und Weise der Rückabwicklung allerdings vermissen. Staud i n g e r / K ö h l e r n (1995) aaO. will den Schadensersatzanspruch auch wegen der Wertminderungen herabsetzen, die beim Käufer eintreten und mit dem Rechtsmangel nichts zu tun haben; das ersetzt die rücktrittsrechtliche Schadensersatzpflicht aus §280 Abs. 2 S. 2 BGB mit §§ 347 S. 1, 989 BGB. 118 Leser, Rücktritt (1975) S. 137 f. mit S. 134. 119 SoergeVWiedemann'2 (1990) § 325 Rn. 39 unter Verweis auf Leser. 120 Unten § 4 D.II. 121 Gleich § 4 B.II.2.a); dort auch zu der Ausnahme, die für Geldleistungen des Schadensersatzgläubigers gemacht wird.

138

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Gläubiger ausnahmsweise eingeräumte Möglichkeit, seine noch nicht übereignete Leistung gem. §985 BGB herauszuverlangen, lediglich verdunkelt. Denn auch der Vindikationsanspruch ändert nichts daran, daß eine Verrechnung der beiderseitigen Leistungen nach Schadensrecht nicht stattfinden kann: Der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ist nicht Teil der schadensrechtlichen Rückabwicklung, sondern dieser vorgeschaltet. Mit Hilfe des Vindikationsanspruchs kann der Gläubiger seine Vorleistung rückgängig machen und so den vorher bestehenden Zustand wiederherstellen, um den Boden für die ohne die Vorleistung bestehenden Rechte, insbesondere den Anspruch auf den Differenzschadensersatz zu bereiten 122 . Kann er den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aber nur deswegen geltend machen, weil er mit Hilfe seines Vindikationsanspruchs zuvor seine Vorleistung zurückerhält, bleibt für die schadensrechtliche Verrechnung mit der Teilleistung des Schuldners nichts übrig. Eine Verrechnung von Schadensersatz und erbrachter Schuldnerteilleistung ist, wenn die Vertragspartner Ungleichartiges geleistet haben oder der Gläubiger seine Gegenleistung noch gar nicht entrichtet bzw. gem. § 985 BGB zurückerhalten hat, nur möglich, wenn erstens gerade der Schuldner Geld geleistet hat und zweitens dem Gläubiger weitergehende Schäden entstanden sind 123 . Eine Verrechnung kommt deswegen in der Regel nur in Betracht, wenn der Verkäufer wegen Zahlungsverzuges des Schuldners Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. §§ 326 Abs. 1 S. 3 BGB geltend macht, nachdem der Käufer einen Teil des Kaufpreises entrichtet hat. Auch dann scheitert die Verrechnung aber, soweit die Teilzahlung des Käufers den Schaden des Gläubigers übersteigt; den über den Schaden des Verkäufers wertmäßig hinausgehenden Teil der gezahlten Summe erhält der Käufer schadensrechtlich nicht zurück. Denkbar ist es zwar, dem Käufer auch insoweit ein Zurückbehaltungsrecht einzuräumen. Ein solches Zurückbehaltungsrecht hätte mit einer schadensrechtlichen „Verrechnung" der beiderseitigen Leistungen aber nichts mehr zu tun, sondern wäre eine Rechtsschöpfung extra legem. Eine Verrechnung des zurückzuzahlenden Kaufpreises mit den Nutzungen des Käufers aus der Kaufsache scheidet von vornherein aus: Schadensrechtlich können nur Nutzungen des Gläubigers berücksichtigt werden, die dieser aus der Leistung des Schuldners gezogen hat und die seinen Schadensersatzanspruch mindern. Dagegen hat der Verkäufer als Gläubiger keinen Anspruch auf die Nutzungen, die der Käufer aus der Gegenleistung des Verkäufers gezogen hat 124 - nach herrschender Meinung schon deswegen nicht, weil der Verkäufer aufgrund seines Schadensersatzanspruchs ohnehin keinen Anspruch auf Rückgewähr der Vorleistung hat 125 . Macht der Verkäufer die Herausgabe seiner Vorleistung im Wege des § 985 BGB geltend, kann er etwaige Nutzungen des Käu122 123 124 125

Siehe Huber ZIP 1987, 750, 754. Siehe auch Huber aaO. S. 752. Unten § 6 B.II. 1. Unten § 4 B.II.2.a).

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

139

fers zwar aufgrund der §§ 993, 987, 990 BGB herausverlangen; eine Verrechnung der Kaufpreisanzahlung mit dem Nutzungsherausgabeanspruch aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis hat mit der Verrechnung der beiderseitigen Leistungen im Wege des Differenzschadensersatzanspruchs aber nichts zu tun. Für die Verpflichtung des Gläubigers, die Teilleistung des Schuldners als solche zurückzugeben, fehlt es im Schadensersatzrecht an Abwicklungsvorschriften. Kürzlich hat der B G H einen neuen Weg versucht und die Auffassung vertreten, den Gläubiger könne aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB die Obliegenheit treffen, dem Schuldner die empfangene Leistung zurückzuveräußern. Im Regreßprozeß des Käufers einer Eigentumswohnung gegen seinen Anwalt hat das Gericht allgemeine Überlegungen zum Schadensersatzanspruch gegen seinen Verkäufer aus §§ 636 Abs. 1 S. 2,326 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 2,280 Abs. 2 BGB angestellt, den der Käufer wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung von Innen- und Außenarbeiten hätte geltend machen können: „Wählte die Klägerin diesen Weg, so d u r f t e sie die W o h n u n g nicht veräußern. In d e m Abwicklungsverhältnis hatte die Klägerin diesem [dem Verkäufer] die W o h n u n g im R a h m e n eines u m f a s s e n d e n Schadensersatzanspruchs anzubieten, u m d e n Schaden möglichst gering zu halten. D e n Ersatzberechtigten t r i f f t nach § 254 A b s . 2 Satz 1 B G B die Obliegenheit, nach Möglichkeit u n d im R a h m e n des Z u m u t b a r e n z u r M i n d e r u n g des v o m Schuldner zu ersetzenden Schadens beizutragen ,.." 1 2 6 .

Das klingt zunächst plausibel, hilft aber hinsichtlich der Rückgewähr der empfangenen Teilleistungen - hier des Eigentums an der Wohnung - nicht weiter: Aus der Rückgewährobliegenheit gem. §254 Abs. 2 S. 1 BGB folgt gerade keine Pflicht des Gläubigers, die Teilleistung zurückzugeben, sondern lediglich, daß sich der Schaden des Gläubigers um den Wert der Teilleistung mindert, wenn er diese nicht mehr zurückgeben kann. Das ist ein Problem der Unmöglichkeit der Rückgewähr und dort zu behandeln 127 . Auch mit Hilfe der Vorteilsausgleichungus läßt sich eine Rückgewährpflicht nicht begründen: Setzt der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des 126 B G H vom 20.10.1994 - X ZR 116/93 - LM §675 BGB Nr. 210 = N J W 1995, 449, 450 = WM 1995, 398, 400 (Eigentumswohnung). 127 Unten § 5 B.I.l.b)bb). 128 Siehe Huber ZIP 1987, 750, 752 mit Fn. 9 zum Schadensersatzanspruch des Verkäufers wegen Teilzahlungsverzugs mit der lapidaren Aussage: „Die Ausgleichspflicht des Verkäufers ließe sich auch auf das Prinzip der Vorteilsausgleichung stützen" (zu der von Huber favorisierten bereicherungsrechtlichen Rückgewähr gleich § 4 B.II.l.a)bb)[2]). Die Auffassung Hubers erstaunt um so mehr, als er zu den wenigen gehört, die im Rahmen des großen Schadensersatzes gem. § 463 BGB eine Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache in analoger Anwendung der §§ 280 Abs. 2, 346 ff. BGB befürworten (Soergel/Huber x l (1991) § 463 Rn. 45, unten § 4 B.III.l.b). Für die Rechtsmängelhaftung lehnt er die Anwendung der §§326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 BGB über § 440 Abs. 1 BGB hingegen ab und wendet ausschließlich Schadensersatzrecht an (Soergel/Huber 1 2 [1991] §440 Rn. 46 ff.) Das ist inkonsequent: Warum sollen §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 BGB im Kaufsachmängelrecht analog angewandt werden, wenn sie im eigentlichen Anwendungsbereich, dem Teilverzug, trotz des in §326 Abs. 1 S.3 BGB enthaltenen Verweises auf §§325 Abs. 1 S.2, 280 Abs. 2

140

§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen

gesamten Vertrages voraus, daß der Gläubiger gem. § § 3 2 5 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 B G B sein fehlendes Interesse an der Teilerfüllung nachweist, dann bringt die Teilleistung dem Gläubiger gerade keinen Vorteil, sondern belastet ihn in seiner Dispositionsfreiheit - deswegen möchte er sie zurückgeben 1 2 9 . Auf welchen schadensrechtlichen Grundsatz die Rückgewähr der Teilleistung gestützt werden kann, ist damit völlig unklar. Selbst wenn sich ein schadensrechtliches Prinzip fände, das die gegenständliche Rückgewähr der empfangenen Teilleistung erlaubt, fehlt es in den § § 2 4 9 ff. B G B an Folgevorschriften, die regeln, wie sich die vom Gläubiger verschuldete Unmöglichkeit der Rückgabe auf seinen Schadensersatzanspruch auswirkt und ob der Gläubiger, der die Teilleistung zurückgibt, daneben Nutzungsersatz schuldet und Anspruch auf Aufwendungsersatz hat. Mangels handhabbarer Vorschriften bietet die Rückabwicklung nach Schadensersatzrecht dem Gläubiger gegenüber der rücktrittsrechtlichen Rückgewähr keine Vorteile, sondern verkompliziert die Rechtsanwendung. (2) Nach

Bereicherungsrecht?

Das R G hat die schadensrechtliche Rückabwicklung von Teilleistungen des Schuldners nur kurze Zeit nach seinem ersten Urteil durch bereicherungsrechtliche Erwägungen ergänzt 1 3 0 : Der Pächter einer Gaststätte verkaufte sein Inventar an das nachfolgende Pächterehepaar für 20.445,84 R M . Bis zur vollständigen Tilgung des in monatlichen Raten zu zahlenden Kaufpreises behielt er sich das Eigentum an den Inventargegenständen vor. Nachdem 2.000 R M sofort und weitere 7.000 R M bei Übergabe gezahlt waren, fiel der Ehemann in Konkurs. Nach fruchtlosem Ablauf der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist verlangte der Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rückgabe des Inventars. Einen Anspruch auf Herausgabe des Inventars sprach das R G dem Verkäufer in Ubereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung nicht aufgrund seines Schadensersatzanspruchs zu, sondern gem. § 9 8 5 B G B 1 3 1 . Hinsichtlich des angezahlten Kaufpreisteils samt Zinsen hat das R G zwar eine Rückzahlungspflicht des Verkäufers erwogen. Dabei ist es jedoch mit keinem Wort auf die Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften über § 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2 B G B eingegangen, sondern hat insofern von einer grundlosen Bereicherung des Verkäufers gesprochen:

B G B und bei der Rechtsmängelhaftung trotz des in § 440 Abs. 1 B G B enthaltenen Verweises auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht nicht angewandt werden? 1 2 9 Ausführlich beim großen Schadensersatzanspruch wegen Sachmängeln gem. §§463, 480 Abs. 2, 635 B G B in § 4 B.III.l.a)cc)[3]. Zum Vorschlag des B G H , der Gläubiger sei aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit aus § 254 Abs. 2 S. 2 B G B zur Rückgewähr der Teilleistung des Schuldners gehalten, unten § 5 B.I.l.b)bb). 1 3 0 R G vom 28.2.1934 - 1 245/33 - R G Z 144, 62 ff. (Gaststätteninventar). 131 Unten § 4 B.II.2.b)bb) auch dazu, daß der Vindikationsanspruch den Schadensersatzanspruch entsprechend mindert.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

141

„Möglich ist aber, daß es zu einer grundlosen Bereicherung des Klägers auf Kosten der Beklagten f ü h r t , w e n n der Kläger, nachdem ihm auf den Kaufpreis 9000 R M . gezahlt w o r d e n sind, n u n doch die verkauften Sachen erhält, soweit sie ihm nicht schon zurückgegeben w o r d e n sind. In Höhe der Bereicherung w ü r d e der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 B G B zustehen. Das hat das Oberlandesgericht übersehen." 1 3 2

Damit gesteht das RG ein, daß eine bloße Verrechnung der beiderseitigen Leistungspflichten - auch im Wege eines von vornherein um die Pflicht zur Rückgewähr der Anzahlung beschränkten Schadensersatzanspruchs - nicht funktioniert, wenn die Anzahlung den Schaden des Gläubigers übersteigt. Der Bereicherungslösung stimmen Serick und Huber grundsätzlich zu, wobei sich beide nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht des Käufers beschränken, sondern diesem einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch zubilligen 133 . Es ist nicht haltbar, die in § 280 Abs. 2 S. 2 BGB ausdrücklich angeordnete Rückgewähr von Teilleistungen des Schuldners nach Rücktrittsvorschriften durch eine kombinierte Rückgewähr nach Schadensersatz- und Bereicherungsrecht zu umgehen. Daß der Schadensersatzanspruch nach der Differenzmethode alleine nicht taugt, die Rückgewähr der Schuldnerleistung zu gewährleisten, sondern mit einem bereicherungsrechtlichen Zurückbehaltungsrecht oder Herausgabeanspruch verbunden werden muß, macht deutlich, daß die so erreichte Rückabwicklung der Schuldnerleistung eine bloße Verlegenbeitslösung ist. Auch eine - soweit ersichtlich von niemandem vertretene - alleinige Rückgewähr der Schuldnerleistung nach Bereicherungsrecht ist abzulehnen: Bei vom Schuldner zu vertretenden Leistungsstörungen ist das Bereicherungsrecht gegenüber den Rücktrittsvorschriften der allgemeinere und damit subsidiäre Rückabwicklungsbehelf. Das machen insbesondere die §§ 325 Abs. 1 S. 1 und 3, 327 BGB deutlich, die für die Rückgewähr der Gegenleistung des Gläubigers primär auf das Rücktrittsrecht und nur ausnahmsweise auf die Bereicherungsvorschriften verweisen. Darüber gehen §§325 Abs. 1 S.2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs.2 S.2 BGB für die Rückgewähr von Teilleistungen des Schuldners noch hinaus: Diese muß der Gläubiger nach Rücktrittsvorschriften an den Schuldner zurückgeben, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages wählt oder vom Vertrag zurücktritt. Dagegen gibt § 326 BGB dem Gläubiger ebensowenig wie § 325 Abs. 1 S. 3 BGB die Möglichkeit, eine Rückgewähr der Schuldnerleistung nach den §§ 818 ff. BGB zu erreichen: Auch bei teilweiser 132 RG vom 28.2.1934 - 1 245/33 - RGZ 144, 62, 66 (Gaststätteninventar) - Hervorhebungen von mir. Von einem „Zurückbehaltungsrecht neben § 1000 auch aus §273 BGB" spricht auch RG vom 22.10.1931 - VI 214/31 - SeuffA 86 Nr. 43 (Grundstück) für einen Käufer, der das noch nicht aufgelassene Grundstück gem. § 985 BGB an den Verkäufer herausgeben mußte und Rückgewähr des angezahlten Kaufpreises und weiterer Leistungen gefordert hatte; die Grundlage des Zurückbehaltungsrechts erläutert das RG nicht näher. Vgl. auch HansOLG Hamburg vom 14.12.1950 - 3 U 227/50 - DB 1951, 77 (Gebäude). 133 Serick, Eigentumsvorbehalt I (1963) § 7 III 6 S. 145; Huber ZIP 1987, 750, 752 mit Fn. 9.

142

§ 4 Rückgewähr empfangener

Leistungen

U n m ö g l i c h k e i t der Schuldnerleistung beschränkt § 323 A b s . 1 H s . 2 B G B den Gläubiger darauf, die erbrachte Teilleistung des Schuldners zu behalten und seine Gegenleistung wegen des noch ausstehenden Teils entsprechend § § 4 7 2 , 4 7 3 B G B zu mindern 1 3 4 . (3) Nach

Rücktrittsrecht

N a c h der ausdrücklichen A n o r d n u n g in § 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B , auf die in §§ 325 A b s . 1 S. 2, 3 2 6 A b s . 1 S. 3 B G B für Leistungsstörungen im gegenseitigen Vertrag verwiesen wird, ist der Gläubiger analog § 3 4 6 S. 1 B G B verpflichtet, die empfangene Teilleistung an den Schuldner z u r ü c k z u g e b e n 1 3 5 ; bei nichtgegenständlichen Leistungen wird die Rückgewährpflicht durch die Wertersatzpflicht analog § 3 4 6 S. 2 B G B ersetzt. D i e Pflicht des Gläubigers, die v o m Schuldner empfangenen Teilleistungen gem. § 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B nach Rücktrittsvorschriften zurückzugewähren, bedeutet nicht, daß dem Schadensersatzanspruch ein eigenständiges R ü c k t r i t t s recht vorgeschaltet ist. § 2 8 0 A b s . 2 S . 2 B G B integriert die § § 3 4 6 - 3 5 6 B G B vielmehr in den Schadensersatzanspruch 1 3 6 : D e r Gläubiger kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages auch dann verlangen, wenn der Schuldner bereits teilweise geleistet hat; im R a h m e n des Schadensersatzanspruchs m u ß der Gläubiger die empfangenen Schuldnerleistungen zurückgewähren. D a die § § 2 4 9 ff. B G B keine Vorschriften über die R ü c k g e w ä h r erbrachter Vertragsleistungen enthalten, verweist § 2 8 0 A b s . 2 S . 2 B G B für die schadensrechtliche R ü c k a b w i c k l u n g auf das Rücktrittsrecht. E s handelt sich u m eine zweistufigen Schadensersatzanspruch: In einem ersten Schritt m u ß der Gläubiger die Teilleistung nach Rücktrittsvorschriften zurückgeben, u m die Teilerfüllung rückgängig zu machen. I m zweiten Schritt kann er dann Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages verlangen.

134 Weitere Argumente gegen eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung unten §4 B.II.2.c)bb)[2] für den Anspruch des Gläubigers auf Rückgewähr seiner Gegenleistung. 135 So auch BGH vom 22.5.1990 - IX ZR 208/89 - LM §611 BGB Nr. 91 = NJW 1990, 2549, 2550 = WM 1990, 1552, 1553 f. (Detektiv) zu § 325 Abs. 1 S. 2 BGB mit § 346 S. 2 BGB; O L G Hamm vom 7.2.1975 - 20 U 215/74 - NJW 1975, 1520, 1521 (Porsche) zu § 326 Abs. 1 S. 3 BGB; Staudinger/Otto" (1995) §325 Rn. 118; Staudinger/IóWsc/)13 (1995) §280 Rn.24; Palandt/Heinrichs5* (1999) §280 Rn.9. Mehr nebenbei auch RG vom 28.6.1902 - V 82/02 RGZ 52, 92, 96 (Baustellen) zum Anspruch des Käufers auf die aus der Anzahlung gezogenen Zinsen gem. §§325 Abs. 1 S.2, 280 Abs. 2 S.2, 346 S.l, 347 S. 3 BGB; dazu schon gerade Fn. 106. 136 Weimar MDR 1976, 550; Kohler, Rückabwicklung (1989) S.64f., für den die Rücktrittsvorschriften aber weithin durch das Bereicherungsrecht verdrängt werden, S. 6 ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754. Siehe auch Mot. II S. 52 f.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

143

b) Quasi-Vollunmöglichkeit und Quasi-Vollverzug, §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB Ist dem Schuldner seine Leistung nach Vertragsschluß vollständig unmöglich geworden oder ist er mit seiner Leistung vollständig in Verzug geraten, hat der Gläubiger nichts erhalten, was er zurückgewähren müßte. Die ganz überwiegende Auffassung ordnet aber teilweise auch solche Fälle als vollständige Unmöglichkeit und vollständigen Schuldnerverzug ein, in denen der Schuldner seine Leistung bereits teilweise erbracht hat. Teilunmöglichkeit im Sinne der §§325 Abs. 1 S.2, 326 Abs. 1 S.3 BGB soll nach herrschender Meinung nur dann zu bejahen sein, wenn die geschuldete Leistung im Rechtssinne teilbar ist, d.h. erstens tatsächlich und zweitens nach Inhalt und Zweck des Vertrages geteilt werden kann. Der Leistungszweck ist das zentrale Auslegungskriterium 1 3 7 ; zum Teil wird sogar einseitig auf den vom Gläubiger verfolgten Leistungszweck abgestellt 138 . Dabei sind „als-ob-Formulierungen" typisch, um die Teilunmöglichkeit als vollständige Unmöglichkeit einzuordnen 1 3 9 . Ist die Leistung dagegen nicht teilbar (Schulbeispiel: Vie137

RG vom 27.5.1933 - I 16/33 - R G Z 140, 378, 383 („Freund der Hausfrau"); vom 21.12.1942 - V 81/42 - R G Z 170, 257, 259 (Memelländischer Erbhof); vom 26.9.1924 - VII 451/23 - WarnR 1925 Nr. 21 (Stromlieferung); siehe auch RG vom 1.11.1922 - V 27/22 - Recht 1924 Nr. 1111 (Vermietung) - im konkreten Fall abgelehnt; BGH vom 11.7.1953 - II ZR 126/ 52 - B G H Z 10, 187, 189 (Vorstandsmitglied); vom 7.2.1969 - V ZR 112/65 - N J W 1969, 837 (Grundstück); vom 30.11.1972 - VII ZR 239/71 - B G H Z 60, 14, 17 (Pockenimpfung); vom 12.1.1977 - VIII ZR 142/75 - LM §281 BGB Nr. 5 = W M 1977,400, 401 (Pacht I - Scheunenbrand) und vom 13.12.1991 - LwZR 5/81 - B G H Z 116, 334, 337 (Pacht II - Stallbrand); vom 1 7 . 2 . 1 9 9 5 - V Z R 267/93 - NJW-RR 1995, 853, 854 (Teilfläche); vom 30.10.1998 - V ZR 367/ 97 - NJW-RR 1999, 346, 347 (Mehrfamilienhaus). Kleineidam, Unmöglichkeit (1900), S.94; Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 161 ff.; Titze, Unmöglichkeit (1900) S.49; Kohler BR II 1 (1906) §26 V S . 7 1 mit § 14 VII S.44; Planck/SAer 4 (1914) vor § § 2 7 5 - 2 9 2 Anm. IV 1 b; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §47 I S.207; A Blomeyer4 (1969) §26 I 2 b S. 134 f.; RGRKA4/// 12 (1976) §275 Rn. 33 f.; RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) §323 Rn. 14; Erman/Battes 9 (1993) §275 Rn.9 und §323 Rn.9; MünchKomm/£»iffiericii 3 (1994) §275 Rn.60ff.; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 275 Rn. 21 f. Darauf, wie tastend und fragwürdig die Begründungen der herrschenden Meinung sind, weist Scherner JZ 1971, 533, 534 ff. hin, der sich selbst einer Stellungnahme enthält. 138 Esser I 4 (1970) §33 I 3 S.204 unter Hinweis auf §280 Abs. 1 BGB; Staudinger/iöwischn (1995) §275 Rn.40; so auch Staudinger/Otto 1 3 (1995) §323 Rn.29 und 47, hingegen wie die herrschende Meinung in § 325 Rn. 106. 139 Kleineidam, Unmöglichkeit (1900), S.94 („einer vollständigen Unmöglichkeit gleichsteht"); Kohler BR II 1 (1906) §26 V S.71 („kann ... eine volle Unmöglichkeit darstellen")-, Planck/Sz^er 4 (1914) vor §§ 275 - 292 Anm. IV 1 b („als vollständige Unmöglichkeit zu behandeln ... zu gelten hat"); Oertmannb (1928) vor §§275 - 283 Anm. 4 („wirkt ... bisweilen als vollständige"); A. Blomeyer4 (1969) § 26 I 2 b S. 135 („ist die ganze Leistung als unmöglich anzusehen"); R G R K / A l f f 1 2 (1976) § 275 Rn. 33 („... der völligen Unmöglichkeit gleichzuachten"); Stzu&m%zr/Löwischn (1995) § 275 Rn.40 („...vollständige Unmöglichkeit anzunehmen ist"); Palandt /Heinrichs™ (1999) § 275 Rn. 21 („kann der vollständigen Unmöglichkeit gleichstehen")', Erman/Ztoies 9 (1993) § 323 Rn. 9 („kann ... in ihrer Wirkung ohne weiteres der Vollunmöglichkeit gleichstehen") - Hervorhebungen von mir. Siehe auch die vorsichtigen Formulierungen bei Soergel/Wiedemann 1 1 (1990) § 275 Rn. 47 und § 323 Rn. 55 f.

144

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

rergespann 140 ), soll die Nichterbringbarkeit des restlichen Leistungsteils dem Schuldner die Leistung vollständig unmöglich machen. Ebenso wird für die Unterscheidung zwischen Teil- oder Gesamtverzug nach der Teilbarkeit in diesem Sinne differenziert 1 4 1 ; diese Unterscheidung spielt aber eine weitaus geringere Rolle und soll deshalb nur am Rande mitbehandelt werden. Träfe die herrschende Meinung zu, bliebe f ü r die §§326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2, 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB ein geringer Anwendungsbereich. Denn bei gegenseitigen Verträgen, bei denen der Gläubiger seine Gegenleistung nur verspricht, um die Leistung des Schuldners zu erhalten, wird es - außerhalb von Sukzessivlieferungsverträgen - der Regelfall sein, daß das Gläubigerinteresse nach dem Vertrag auf die gesamte Leistung des Schuldners gerichtet ist: sonst hätten die Vertragspartner von vornherein einen geringeren Leistungsumfang vereinbart. Dementsprechend hatte die Rechtsprechung nur selten Fälle der Teilunmöglichkeit oder des Teilverzugs zu entscheiden 142 . Die herrschende Meinung problematisiert erstaunlicherweise nicht, nach welchen Vorschriften der Gläubiger den bereits erhaltenen Leistungsteil zurückgewähren soll, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. Anspruchsgrundlage für das Schadensersatzverlangen ist bei vollständiger Unmöglichkeit der Leistung nicht §§325 Abs. 1 S.2, 280 Abs. 2 BGB, sondern

140

Siehe nur Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 541 f. B G H vom 7.3.1990 - VIII ZR 56/89 - LM § 326 (F) BGB Nr. 1 = N J W 1990, 3011,3012 = W M 1990, 987, 990 f. (EDV-Anlage); vom 27.6.1990 - VIII ZR 72/89 - LM § 326 BGB (A) Nr. 29 = NJW-RR 1990,1462,1464 f. = W M 1990, 2000, 2003 f. (Industrieroboter) unter II 1 e und III 1 b; Oertmann5 (1928) §326 Anm. 3 d; Soergel/Wiedemann n (1990) §326 Rn. 79; MünchKomm/.Emmerich 3 (1994) §326 Rn. 133; abl. Adler Z H R 86 (1923), 1, 88 f. Unproblematisch einen Teilzahlungsverzug des Grundstückskäufers hat angenommen RG vom 22.1.1901 - V 426/ 101 - R G Z 50, 138, 143 (Villengrundstück) zum Teilrücktritt nach § 326 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB; ebenso für einen Teilverzug des Werkunternehmers, der Bauarbeiten mit zwei verschiedenen Baggern schuldete, B G H vom 1.2.1962 - VII ZR 213/60 B G H Z 36, 316, 318 (Baggerarbeiten) zum Teilschadensersatz aus § 326 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB; S o e r g e l / W W e m W 2 (1990) § 326 Rn. 79; siehe auch RGRK/.Ballhaus^ (1976) § 326 Rn. 23. 142 Ebenso die Wertung von Soergel!Wiedemann n (1990) §275 Rn.47 und §323 Rn.56. Beispiele nur: R G vom 4.2.1905 - V 3 5 1 / 0 4 - J W 1905, 172 Nr. 13 (Mühle) zu § 326 Abs. 1 S. 3 BGB; vom 4.1.1918 - II 250/17 - R G Z 92, 14, 15 ff. (Stabeisen) zu §323 Abs. 1 Hs. 2 BGB (abw. in einem fast gleich gelagerten Fall für Vollunmöglichkeit R G vom 18.1.1916 - II 372/15 - R G Z 88, 37 ff. [Bretter]); vom 1.11.1922 - V 27/22 - Recht 1924 Nr. 1111 (Vermietung) zu § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB (insofern a.A. Staudinger/Ofto 1 3 [1995] § 323 Rn. 31; Soergel/WWemannu [1990] §323 Rn.59); vom 8.6.1939 - V 14/39 - WarnR 1940, 35 Nr. 19 = D R 1939, 1886 Nr. 3 (Landpacht) zu § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB; B G H vom 1.2.1962 - VII ZR 213/60 B G H Z 36, 316, 318 (Baggerarbeiten) zu § 326 Abs. 1 BGB; vom 26.6.1980 - VII ZR 257/79 B G H Z 77, 320, 322 f. (Kreuzfahrt) zu §§ 323 Abs. 1, 644 Abs. 1 S. 1 BGB; vom 7.12.1987 - II ZR 206/87 - NJW-RR 1988, 420 = W M 1988, 298, 299 (Geschäftsführer-Dienstvertrag) zu §325 Abs. 1 S.2 BGB; vom 2 2 . 5 . 1 9 9 0 - I X ZR 208/89 - LM §611 BGB Nr. 91 = N J W 1990, 2549, 2550 = W M 1990, 1552, 1553 (Detektiv) zu § 325 Abs. 1 BGB; vom 7.3.1990 - VIII ZR 56/89 - LM § 326 (F) BGB Nr. 1 = N J W 1990, 3011, 3013 = W M 1990, 987, 991 f. (EDV-Anlage) zu §326 Abs. 1 BGB; siehe auch vom 27.6.1990 - VIII ZR 72/89 - LM §326 BGB (A) Nr. 29 = NJW-RR 1990, 1462, 1464 f. = W M 1990, 2000, 2004 (Industrieroboter). 141

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

145

§ 325 A b s . 1 S. 1 B G B . Anders als §§ 325 A b s . 1 S. 2 , 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B , die für die R ü c k g e w ä h r der v o m Gläubiger empfangenen Teilleistung auf die §§ 3 4 6 3 5 6 B G B verweisen, enthält §325 Abs. 1 S. 1 BGB keine Vorschriften für die Rückabwicklung der Teilleistung. D a s ist konsequent, weil der Gläubiger bei einer tatsächlich und nicht nur fingierten vollständigen U n m ö g l i c h k e i t der Leistung nichts erhalten hat, was er dem Schuldner zurückgewähren müßte. D i e E i n o r d n u n g der Teilunmöglichkeit als vollständige U n m ö g l i c h k e i t findet scheinbar eine sachliche Berechtigung darin, daß § 2 7 5 Abs. 1 B G B keine in G e s e t z e s f o r m gegossene Regel der Naturwissenschaft enthält, sondern eine B e freiungsregel für identitätsändernde Leistungserschwerungen 1 4 3 . G a n z überwiegend definiert die Kommentarliteratur die Teilunmöglichkeit aber als Vollunmöglichkeit, ohne den G r u n d für diese E i n o r d n u n g offenzulegen. Das nährt den Verdacht, ein solcher G r u n d werde gar nicht gesucht, sondern es werde unkritisch - und rein begriffsjuristisch - die herrschende M e i n u n g fortgeschrieben. A u c h die A n t w o r t Scherners auf die Frage nach dem „Warum" hilft nur scheinbar weiter: Was heißt es, wenn Scherner sagt, „man subsumiert final", und ausführt, daß „die Rechtsfolgen, die man wünscht, die der Vollunmöglichk e i t " 1 4 4 seien? Welche Rechtsfolgen der Vollunmöglichkeit will man? U n d : Passen diese überhaupt in Fällen, in denen die Leistung nur teilweise unmöglich geworden sind? H a t das B G B nicht eine in sich ausgewogene, abweichende L ö sung gefunden? D a s G e s e t z gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Unterscheidung zwischen Teilunmöglichkeit und Vollunmöglichkeit, wenn der Schuldner lediglich Teilleistungen nicht erbringen k a n n 1 4 5 . I m Bereich der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit ist die D i s t i n k t i o n überflüssig-. D i e Interessen des Gläubigers sind hinreichend dadurch geschützt, daß er gem. §§ 325 A b s . 1 S. 2, 2 8 0 A b s . 2 B G B Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit verlangen und bei gegenseitigen Leistungspflichten v o m ganzen Vertrag zurücktreten kann, wenn die Teilerfüllung für ihn ohne Interesse ist. A u c h Beweiserleichterungen sind für den Gläubiger mit der A n n a h m e einer Quasi-Vollunmöglichkeit nicht verbunden: Statt des fehlenden Interesses an der Teilleistung im Sinne des § 325 A b s . 1 S. 2 B G B m u ß er nachweisen, daß die Leistung trotz ihrer Teilbarkeit von vornherein als einheitliche Leistung vereinbart war. Das stellt ihn beweismäßig sogar schlechter. W ä h r e n d § 325 Abs. 1 S. 2 B G B mit dem Interessewegfall einseitig auf das Gläubigerinteresse abstellt 1 4 6 , folgt die rechtliche Unteilbarkeit einer in natura teilbaren Leistung aus der Parteivereinbarung, weswegen der Gläubiger den Inhalt des Vertrages nachweisen muß. Definiert man die Quasi-Vollunmöglichkeit hingegen einseitig nach dem Z w e c k , den der Gläubiger mit der Leistung verfolgt, wird n o c h deutlicher, daß

143 144 145 146

Vgl. Soergel/Wiedemann n (1990) § 275 Rn. 5. Scherner 1971, 533, 537. Abi. auch Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 540 ff. Oben § 4 B.II.l.a)aa).

146

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

die Ausdehnung der vollständigen Unmöglichkeit auf die Nichterbringbarkeit von Teilleistungen überflüssig ist: Mit §§ 280 Abs. 2,325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB hat das Gesetz dem Gläubiger das Recht, bei fehlendem Interesse an der Teilleistung vollständig von der Vertragserfüllung Abstand zu nehmen, ausdrücklich eingeräumt - und zusätzlich von einer Gestaltungserklärung des Gläubigers abhängig gemacht. Entlarvend sind insoweit Definitionen, die sich für die Quasi-Vollunmöglichkeit fast identischer Formulierungen bedienen wie für die Definition des fehlenden Gläubigerinteresses im Sinne der §§280 Abs. 2,325 Abs. 1 S. 2,326 Abs. 1 S. 3 BGB 147 . Die Einordnung als Vollunmöglichkeit benachteiligte den Gläubiger, weil dann nicht nur er es in der Hand hätte, aus der teilweisen Nichtleistung Konsequenzen für die Abwicklung des gesamten Vertrages zu ziehen, sondern sich auch der Schuldner auf die QuasiVollunmöglichkeit berufen und sich dadurch von seiner Leistungspflicht hinsichtlich des noch ausstehenden Leistungsteils befreien könnte. Die Annahme einer Vollunmöglichkeit trotz teilweise erbrachter Leistung kann allenfalls für die beiderseits nicht zu vertretende Unmöglichkeit Sinn machen: Die fingierte Vollunmöglichkeit wirkt einmal schuldnerschützend, wenn sie den Schuldner entgegen der in §275 BGB formulierten Beschränkung („soweit") insgesamt von seiner vertraglichen Leistungspflicht befreit 148 . Vor allem schützt die fingierte Vollunmöglichkeit den Gläubiger, der nicht darauf beschränkt ist, die Teilleistung des Schuldners zu behalten und seine Gegenleistung gem. §§323 Abs. 1 Hs. 2, 472, 473 BGB zu mindern, sondern den noch möglichen Leistungsteil entgegen §§275, 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB zurückweisen darf und von seiner Gegenleistungspflicht frei wird 149 . 147 So etwa Esser I 4 (1970) §33 I 3 S.204; Staudinger/Loomc/) 13 (1995) §275 Rn.40 und § 280 Rn. 21; R G R K / A l f f 2 (1976) § 275 Rn. 33 f. und § 280 Rn. 5. Auch Soergel /Wiedemann12 (1990) § 280 Rn. 18 weist darauf hin, daß sich das Kriterium für das fehlende Gläubigerinteresse an der Leistung im Sinne des § 280 Abs. 2 S. 1 BGB mit dem für die Gleichsetzung der Teil- mit der Vollunmöglichkeit überschneidet; nur im Anwendungsbereich des § 280 BGB will er deswegen - in dieser Beschränkung nicht überzeugend - auf die Gleichsetzung der Teil- mit Vollunmöglichkeit verzichten, siehe noch gleich Fn. 160. 148 Im Fall RG vom 21.12.1942 - V 81/42 - R G Z 170, 257, 259 (Memelländischer Erbhof) wollten die Eltern wegen Streitigkeiten von ihrer Pflicht zur Ubereignung des bereits übergebenen Hofes an ihren Sohn frei werden. In diese Richtung auch Kleineidam, Unmöglichkeit (1900), S. 94; ErmanIBattes' 1 (1993) §275 Rn.9; Staudinger/Löwisch" (1995) §275 Rn.39f.; Staudinger/Oito 1 3 (1995) § 325 Rn. 108 Bei einer vom Schuldner zu vertretenden Leistungsunmöglichkeit stellt die herrschende Meinung zugunsten des Schuldners sicher, daß der Gläubiger seine Rechte nur bezüglich des ganzen Vertrages ausüben kann; darauf weist mit Recht S o e r g e l / W W e m W 2 (1990) § 280 Rn. 18 hin. 149 Darauf kam es in den Fällen des RG vom 27.5.1933 - I 16/33 - R G Z 140, 378, 383 („Freund der Hausfrau") und vom 26.9.1924 - VII 451/23 - WarnR 1925 Nr. 21 (Stromlieferung) an. Siehe Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 169; Braun JA 1983, 571, 572; Staudinger/ Löwisch13 (1995) aaO.; auch SoergelIWiedemann n (1990) aaO.; Staudinger/Otto 1 3 (1995) §325 Rn. 108, §323 Rn.47; wegen §§275, 323 BGB erörtert auch M ü n c h K o m m / f m m c n c P (1994) § 275 Rn 58 die als Vollunmöglichkeit anzusehende Teilunmöglichkeit. Siehe aber den kuriosen Umweg des B G H vom 11.7.1953 - II ZR 126/52 - B G H Z 10, 187, 189 ff. (Vorstandsmitglied): Zunächst verneint der B G H eine Teilunmöglichkeit bei größtenteils nicht erbrach-

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

147

Die Ausdehnung der Vollunmöglichkeit zu Lasten der Teilunmöglichkeit konterkariert aber offensichtlich die Absichten des Gesetzes. Dieses hält ausgewogene Rechtsfolgen für die Teilunmöglichkeit bereit. Das gilt auch für § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB, der sich in die von § 323 BGB für die beiderseits nicht zu vertretende Unmöglichkeit getroffene Regelung nahtlos einfügt: Ist kein Vertragspartner für die Leistungsstörung verantwortlich, soll die Gefahr der Nichterbringbarkeit der Leistung zwischen den Vertragspartnern geteilt werden - der Gläubiger trägt die Leistungs-, der Schuldner die Gegenleistungsgefahr. Ist die Leistung nur teilweise unmöglich geworden, beschränkt §275 Abs. 1 BGB die vom Gläubiger zu tragende Leistungsgefahr mit der Einschränkung „soweit" auf den unmöglichen Teil der Leistung; damit korrespondiert die in § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB ausgesprochene Verpflichtung des Gläubigers, die erhaltene Teilleistung zu vergüten. Gäbe es § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB nicht, würde einseitig der Schuldner benachteiligt, obwohl er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat 150 . Den berechtigten Gläubigerinteressen tragen die §§ 323 Abs. 1 Hs. 2, 472, 473 BGB dadurch Rechnung, daß sie die Gegenleistung des Gläubigers nicht entsprechend der ausgebliebenen Schuldnerleistung mindern, sondern maßgeblich auf das Wertverhältnis zwischen vollständiger und teilweiser Leistung abstellen: Die Gegenleistung ist weiter herabzusetzen, wenn der Gläubiger mit der Teilleistung gerade deswegen weniger anfangen kann, weil sie nur eine Teilleistung und deshalb weniger wert ist. Hat der Gläubiger etwa sechs Biedermeierstühle für 35.000 D M gekauft, aber nur drei erhalten, so reduziert sich der Kaufpreis nicht lediglich um die Hälfte, sondern weit darüber hinaus, weil ein Ensemble aus sechs Stühlen mehr wert ist als nur zweimal drei Stühle 151 . Dagegen läßt sich nicht einwenden, der Gläubiger werde über die Gefahrtragungsregel des § 323 BGB hinaus benachteiligt, weil er nicht nur die Teilleistungsgefahr trägt, sondern eine Leistung aufgedrängt bekommt, die er so nicht haben wollte. Daß § 323 Abs. 1 BGB den Schuldner zu Teilleistungen berechtigt, wenn die restliche Leistung unmöglich geworden ist, widerspricht insbesondere nicht §266 BGB: Ein dem Gläubiger lästiges Teilangebot des Schuldners ist etwas anderes als der noch mögliche Rest der Schuldnerleistung 152 . Der ten Dienstleistungen von Vorstandsmitgliedern wegen der Eigenart der Tätigkeit, die den Einsatz der ganzen Person verlange, kommt dann über die entsprechende Anwendung der Betriebsrisikolehre aber doch zu einer teilweisen Vergütungspflicht des Dienstgebers. Auch B G H vom 30.11.1972 - VII ZR 239/71 - B G H Z 60, 14, 17 ff. (Pockenimpfung) nimmt Gesamtunmöglichkeit der für eine fünfköpfige Familie gebuchten Pauschalreise wegen Nichtimpfbarkeit eines der Kinder und Wegfall der Gegenleistungspflicht nach § 323 Abs. 1 Hs. 1 BGB an, um dann eine Teilvergütung analog § 645 Abs. 1 S. 1 BGB zu begründen. 150 Vgl. auch Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 543 Fn. 37. 151 Siehe auch Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 543 Fn.37 mit dem Schulbeispiel des Vierergespanns. 152 Coing SJZ 1949, Sp. 532, 533; vgl. auch Riehl Gruchot 60 (1916), 609, 610; Soergel/ Wolfn (1990) § 266 Rn. 3; ErmanA&zttes9 (1993) § 275 Rn. 9; siehe auch Gernhuber, Erfüllung 2 (1994) §8, 1 S. 148; Soergel!Wiedemann n (1990)§ 323 Rn.57. Hat der Schuldner noch nicht geleistet, soll er das Zurückweisungsrecht des Gläubigers aus § 266 BGB dadurch abwenden

148

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Gläubiger darf ein Teilangebot des leistungsfähigen Schuldners ablehnen, weil er vor lästigen Mehrfachleistungen des Schuldners geschützt werden soll 153 . Daraus folgt nichts für die Antwort auf die Frage, ob der Gläubiger die Restleistung annehmen muß, auf die sich das Schuldverhältnis wegen der Teilunmöglichkeit reduziert hat. Das zeigen auch die Motive zu E I § 242 BGB (heute § 280 Abs. 2 BGB), soweit sie die Pflicht des Gläubigers begründen, sein fehlendes Interesse an der noch möglichen Teilleistung des Schuldners nachzuweisen: „Diesen Beweis k a n n m a n d e m Gläubiger nicht etwa aus der E r w ä g u n g ersparen wollen, daß Theilleistung der N i c h t l e i s t u n g gleichstehe, weil jene nicht a n g e n o m m e n zu w e r d e n brauche ( § 2 2 8 [ = § 2 6 6 BGB]). D e n n die B e w i r k u n g der n o c h möglichen Leis t u n g u n t e r B e i f ü g u n g des vollen Schadensersatzes f ü r den u n m ö g l i c h e n Theil erscheint juristisch i m m e r h i n als Vollleistung." 1 5 4

Daß der Gesetzgeber das Problem der Rückabwicklung des gesamten Vertrages bei Teilleistungsstörungen im Gegenseitigkeitsverhältnis nicht übersehen und die §§280 Abs. 2, 325 Abs. 1 S.2, 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB abschließend gemeint hat, zeigt das Sachmängelrecht. Anders als die §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2 BGB macht das Sachmängelrecht die Möglichkeit der Rückabwicklung des gesamten Vertrages nicht davon abhängig, daß der Schuldner die Leistungsstörung im Sinne der §§276 - 279 BGB zu vertreten hat, sondern gibt dem Gläubiger mit §§459, 462 BGB und §§633 Abs. 1, 634 BGB neben dem Anspruch auf Minderung (vergleichbar der automatischen Minderung nach § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB) auch einen Anspruch auf Wandelung (vergleichbar dem Gesamtrücktritt nach §§ 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 BGB) schon dann, wenn die Sache mangelhaft ist, §§459 Abs. 1 S.2, 634 Abs.3 BGB 155 . Ebenso spricht der Grundsatz der Einzelwandelung in § 469 S. 1 BGB und die nur ausnahmsweise mögliche Gesamtwandelung in § 469 S. 2 BGB dafür, daß die Regelung der §§ 325 Abs. 1 S. 2, 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB abschließend gemeint ist und nicht mit Hilfe einer fingierten Vollunmöglichkeit umgangen werden darf: Für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Gesamtwandelung läßt es §469 S.2 BGB entgegen der herrschenden Meinung zur Quasi-Vollunmöglichkeit nicht genügen, daß die Parteien teilbare Einzelleistungen vertraglich zu einer Gesamtleistung zusammenfassen („als zusammengehörend verkauft"), sondern verlangt mit dem Erfordernis, daß „die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachteil... von den übrigen getrennt werden können", eine zusätzliche Beeinträchtigung - entweder des Käufers oder des Verkäufers 156 . können, daß er dem Gläubiger die noch mögliche Teilleistung zusammen mit dem Schadensersatz für die aufgrund seines Vertretenmüssens unmöglich gewordene Teilleistung anbietet: Staudinger/Löwisc/) 13 (1995) § 280 Rn. 20; Soa%e\/Wiedemannn (1990) § 280 Rn. 34. 153 Palandt /Heinrichs™ (1999) § 266 Rn. 1; Soergel /Wolf2 (1990) § 266 Rn. 1. 154 Mot. II S. 52. 155 Dazu gleich § 4 B.III.l.b). Daß die Sache mangelhaft ist, hat der Verkäufer nach der Diktion des Gewährleistungsrechts aber ebenfalls „zu vertreten", siehe §§460, 461 BGB. 156 Siehe auch Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 542 Fn.34. Zu §469 BGB noch § 8 A.II.4.a) am Ende.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

149

Mit der Quasi-Vollunmöglichkeit wird das Entscheidungskriterium, das das Gesetz in § 280 Abs. 2 BGB für die Lösung der Teilunmöglichkeit aufstellt, ersetzt 157 : Anstelle zu untersuchen, ob der Gläubiger die noch mögliche Resterfüllung des Vertrages gem. §§280 Abs. 2 S.2, 349 BGB ablehnt und ob er das berechtigterweise tun darf, weil er an der Teilerfüllung des Vertrages kein Interesse im Sinne der §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB hat, wird die Entscheidung mit Hilfe des Begriffes der Vollunmöglichkeit vorverlagert. Nicht die Interessen des Gläubigers, sondern die Vertragsinhalt gewordenen Interessen beider Vertragspartner sollen maßgeblich sein 158 . Die §§ 280 Abs. 2, 325 Abs. 1 S. 2 BGB machen aber deutlich, daß einseitig nur der Gläubiger Sonderrechte bei Teilunmöglichkeit haben soll 159 . Die fingierte Vollunmöglichkeit trotz bereits erbrachter Teilleistungen des Schuldners verwischt, daß es der herrschenden Meinung nicht um die tatbestandlichen Voraussetzungen der Unmöglichkeit, sondern um die Rechtsfolgen der beiderseits nicht zu vertretenden Teilunmöglichkeit geht 160 . Warum aber die Tatbestandsvoraussetzungen ändern, wenn es um die Rechtsfolgen geht? Die Anknüpfung an den Tatbestand führt zu einer starren Handhabung, weil nicht nur das zu lösende Problem entschieden wird, sondern auch die Ergebnisse für gar nicht gemeinte Probleme vorgegeben werden: Die begriffsjuristische Einordnung einer teilweisen Nichterbringbarkeit der Leistung als Vollunmöglichkeit löst nicht Probleme, sondern verstellt den Blick auf die eigentlichen Fragen. 157 Coing SJZ 1949, Sp. 532, 534 spricht davon, daß das gesetzliche Entscheidungskriterium „verdeckt" und „in den Hintergrund gedrängt" wird. Sp. 535 wird er deutlicher, indem er kritisiert, der Begriff der Teilleistung werde „verwendet... als Entscheidungskriterium, obwohl er das (wie hier am Problem der §§ 280, 325 gezeigt) nicht sein kann und nicht sein soll". 158 Völlig unbrauchbar ist es, wenn man für die Einordnung der Teilunmöglichkeit als Vollunmöglichkeit allein auf den vom Gläubiger verfolgten Leistungszweck abstellt, oben Fn. 138. Diese Auffassung dehnt das Entscheidungskriterium des § 280 Abs. 2 S. 1 BGB contra legem auf die Fälle der vom Schuldner nicht zu vertretenden Unmöglichkeit aus. 159 Dafür, daß das BGB einseitig dem Gläubiger das Wahlrecht auf Behalten oder Nichtbehalten der Teilleistung einräumen will, auch Schöller Gruchot 45 (1901), 511, 543. Das zeigt zudem die Gesetzgebungsgeschichte: In der Ersten Kommission war erwogen worden, dem Gläubiger auch bei zufälliger Teilunmöglichkeit ein Rücktrittsrecht einzuräumen. Man meinte aber, dann ebenso dem Schuldner den Rücktritt vom Vertrag erlauben zu müssen. Wegen der grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem Rücktrittsrecht konnte man sich dazu nicht durchringen und verzichtete insgesamt auf ein Rücktrittsrecht, Mot. II S. 207 f. Deshalb kann ein Rücktrittsrecht bei beiderseits nicht zu vertretender Teilunmöglichkeit de lege lata auch nicht analog § 325 Abs. 1 S. 2 BGB eingeführt werden; dafür aber van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 54, 66 ff.; dagegen unter Berufung auf die Gesetzgebungsgeschichte auch Soergel/Wiedemann' 2 (1990) §323 Rn. 58. De lege ferenda kann ein verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht helfen, unten § 9 C.II. 160 Exemplarisch Wiedemann: Während er im Anwendungsbereich der §§ 275, 323 BGB Teilleistungsstörungen als Vollunmöglichkeit behandelt, wenn der Vertragszweck wegen der Teilunmöglichkeit nicht erreicht werden kann (Soergel/Wiedemann 1 2 [1990] § 275 Rn. 47 und § 323 Rn. 55), lehnt er die Quasi-Vollunmöglichkeit im Anwendungsbereich des § 280 BGB ab (Soergel/Wiedemann 1 2 [1990] §280 Rn. 18).

150

§ 4 Rückgewähr empfangener Leistungen

Daß die Probleme der als Vollunmöglichkeit verstandenen Teilunmöglichkeit nicht mit Hilfe des Unmöglichkeitsbegriffs vorgreiflich entschieden werden müssen, sondern bei den Rechtsfolgen gelöst werden können, zeigt die Rechtsprechung zum Verbot des Teilrücktritts bei Teilunmöglichkeit und Teilverzug: U m zu klären, ob die verschiedenen Vertragsteile untrennbar miteinander verbunden sind und den Teilrücktritt deswegen ausschließen, wird darauf abgestellt, ob nach dem beiderseitigen Vertragswillen die Leistungen „miteinander stehen und fallen" 1 6 1 . Das sind, wie auch Wiedemann feststellt, im wesentlichen dieselben Kriterien, die bei einer Teilunmöglichkeit nach herrschender Meinung zu einer Vollunmöglichkeit führen 1 6 2 . Warum sollte man davon abweichend die Prüfung, ob ein Teilrücktritt ausnahmsweise zulässig ist 1 6 3 , in das Tatbestandsmerkmal der Unmöglichkeit vorverlagern? Die §§275ff., 323ff. BGB regeln die Teilunmöglichkeit differenziert und wohldurchdacht: Grundsätzlich ändert die Teilunmöglichkeit an den beiderseitigen vertraglichen Leistungspflichten nur insoweit etwas, als die Leistung unmöglich ist; soweit der Schuldner noch leisten kann, ist auch der Gläubiger zur Gegenleistung verpflichtet, §§ 275 Abs. 1, 323 Abs. 1 Hs. 2 B G B . Nur wenn der Schuldner die Leistungsstörung zu vertreten und der Gläubiger zusätzlich an der Teilleistung kein Interesse hat, ist der Gläubiger gem. § 325 Abs. 1 S. 2 B G B berechtigt, von der Vertragsdurchführung insgesamt Abstand zu nehmen. Dagegen enthalten die §§275 ff., §§323 ff. B G B keinerlei Regeln dafür, nach welchen Grundsätzen der Gläubiger eine Teilleistung des Schuldners zurückgewähren muß, wenn er - unter Zugrundelegung der herrschenden Meinung wegen einer fingierten Vollunmöglichkeit Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt oder vom Vertrag zurücktritt. Deshalb ist am Gesetz festzuhalten: Teilunmöglichkeit im Sinne der §§ 275 ff., 323 ff. B G B ist jeder Fall, in dem bei natürlicher Betrachtung ein Teil der Leistung unmöglich, eine Restleistung aber möglich bleibt 1 6 4 . Welche Rechtsfolgen das teilweise Ausbleiben der Leistung nach sich zieht, regeln die § 2 7 5 Abs. 1 B G B für die Schuldnerleistung mit der Einschränkung „soweit", § 323 Abs. 1 Hs. 2 B G B für die von beiden Seiten nicht zu vertretende Unmöglichkeit mit der anteiligen Minderung der Gegenleistung und §§ 325 Abs. 1 S. 1 Unten § 8 A.I.4.a). Siehe Soergel/Wiedemann12 (1990) § 325 Rn. 77. Der B G H vom 7.3.1990 - V I I I ZR 56/ 89 - LM §326 (F) B G B Nr. 1 = N J W 1990, 3011, 3012 f. = W M 1990, 987, 990 (EDV-Anlage) stellt für die Unteilbarkeit der Leistung ausdrücklich darauf ab, ob die verschiedenen Leistungsteile miteinander stehen und fallen, und beruft sich dafür auf den Zwang zum Gesamtrücktritt von mehreren Vereinbarungen, die rechtlich einen einheitlichen Vertrag bilden. Auch Scherner JZ 1971, 533, 534 f. nennt die Rechtsprechung des R G zum Verbot des Teilrücktritts als „ältere Formel des Reichsgerichts" für das Problem der qualifizierten Teilnichterfüllung. 163 Dazu unten § 8 A.I.4. 164 Siehe auch Coing SJZ 1949, Sp. 532, 534: „Unbefangene Auslegung der §§ 280 und 325 muß zu dem Ergebnis führen: Teilleistung (Teilerfüllung) ist hier die möglich gebliebene Restleistung." 161

162

B. Schadensersatz wegen Nichterfüllung

151

und 2 , 2 8 0 Abs. 1 und 2 B G B für die vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit mit dem Abstellen auf den Interessewegfall. Das gleiche gilt für den Teilverzug. Die hier hervorgehobene Rückgewähr der Schuldnerleistung gem. §§ 325 Abs. 1 S.l, 326 Abs. 1 S. 2 B G B gibt es nicht: Den Gläubiger, der den Nichterfüllungsschaden wegen Unmöglichkeit oder Schuldnerverzugs liquidieren möchte, können nur dann Rückgewährpflichten treffen, wenn der Schuldner vor der Leistungsstörung bereits Teilleistungen erbracht hat. Diesen Fall regeln die §§325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2, 346ff. BGB abschließend. c)

Aliud-Lieferung

Macht der Käufer oder Besteller einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus § 326 Abs. 1 S. 2 B G B geltend, weil ihm der Schuldner ein aliud geliefert hat und die zur Bewirkung der geschuldeten Leistung unter Ablehnungsandrohung gesetzte Nachfrist fruchtlos verstreicht, kann er, wenn der Schuldner die Leistungsstörung zu vertreten hat, Schadensersatz wegen vollständiger Nichtleistung verlangen. Auch wenn der Rückgewährschuldner die Annahme des aliuds nicht von vornherein abgelehnt hat, kann er sich auf den Standpunkt stellen, ihm sei nichts geliefert worden 1 6 5 . Der Verkäufer oder U n ternehmer ist aber, weil er mit dem aliud auf eine Nichtschuld geleistet hat, zur Kondiktion des Geleisteten gem. § 8 1 2 Abs. 1 S. 1 Var. 1 B G B berechtigt, und zwar beim beiderseitigen Handelskauf unabhängig davon, ob der Käufer die Falschlieferung gem. §§ 378, 377 H G B gerügt hat oder nicht 166 . Schadensersatzanspruch des Käufers und Bereicherungsanspruch des Verkäufers laufen parallel. Während der Käufer im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung Rückzahlung des Kaufpreises verlangen kann 167 , ist der Verkäufer hinsichtlich des aliuds auf den Kondiktionsanspruch beschränkt. Weil der Verkäufer die Sache jederzeit herausverlangen bzw. Wertersatz gem. § 8 1 8 Abs. 2 B G B beanspruchen kann, muß sich der Käufer den Wert der Kaufsache nicht auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen 168 . Bei Lieferung einer nicht geschuldeten Sache wird damit der Vertrag nicht nach Rücktrittsvorschriften rückabgewickelt, sondern nach Bereicherungsrecht. Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ist aber anders als die

165 Zur Begründung braucht nicht auf die Grundsätze des großen Schadensersatzanspruchs gem. §§463, 480 Abs. 2, 635 B G B zurückgegriffen zu werden; so aber B G H vom 20.12.1978 - VIII ZR 236/77 - N J W 1979, 811, 812 (Lastkraftwagen nach Ägypten) zum Schadensersatzanspruch wegen ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Schuldners aus § 326 Abs. 1 S. 2 B G B . 166 Oben § 2 E.II.2.b)aa)[2]. 167 Unten § 4 B.II.2.b)aa). 168 Siehe auch B G H vom 20.12.1978 - VIII ZR 236/77 - N J W 1979, 811, 812 (Lastkraftwagen nach Ägypten) mit der auf den großen Schadensersatzanspruch zugeschnittenen Begründung.

152

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Rückgewähr der Schuldnerleistung nach §§ 280 Abs. 2 S. 2, 346 BGB nicht Voraussetzung dafür, daß der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages geltend machen kann. O b der Verkäufer das aliud kondiziert, ist für den Schadensersatzanspruch des Käufers ohne Belang: Schadensersatzanspruch des Gläubigers und Kondiktionsanspruch des Schuldners bestehen unabhängig voneinander, weil das aliud außerhalb des Leistungsprogramms steht. Insbesondere hat der Schadensersatzgläubiger keine Möglichkeit, Schadensersatz unter Rückgewähr seiner Leistung analog §§280 Abs. 2 S. 2, 346 BGB zu verlangen, etwa weil er ein besonderes Interesse an der Rücknahme der Falschlieferung hat 169 ; der Verkäufer kann aber ausnahmsweise nach Bereicherungsrecht zur Rücknahme des aliuds verpflichtet sein170. d)

Rechtsmängelhaftung

Der Käufer, der wegen des zum Besitz der Kaufsache berechtigenden Rechts eines Dritten gem. §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, ist nach §440 Abs. 2 BGB verpflichtet, die Kaufsache an den Drittberechtigten herausgeben. §440 BGB bestimmt nicht, nach welchen Regeln der Käufer zur Rückgewähr verpflichtet ist. Kann der Verkäufer dem Käufer lediglich den Besitz an der Kaufsache verschaffen, nicht aber das Eigentum, so erfüllt er seine Verkäuferpflichten aus §433 Abs. 1 S. 1 BGB nur teilweise. Auf diese teilweise Nichterfüllung finden nach § 440 Abs. 1 BGB die §§ 320 - 327 BGB und damit grundsätzlich die §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung17Der Käufer kann dem Verkäufer zur Eigentumsverschaffung eine Frist unter Ablehnungsandrohung setzen und nach deren fruchtlosem Ablauf die Rechte aus § 326 Abs. 1 S. 3 BGB geltend machen. Wird dem Verkäufer die Eigentumsverschaffung nach Abschluß des Kaufvertrages endgültig unmöglich, hat der Käufer die Rechte aus §325 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Schadensersatzanspruch richtet sich auch dann nach den §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB, wenn der Verkäufer zur Eigentumsverschaffung schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in der Lage war und man mit der - zutreffenden - herrschenden Meinung die Schadensersatzansprüche des Käufers wegen anfänglichen Unvermögens des Verkäufers nicht auf §§ 325, 326 BGB, sondern auf die mit dem Vertragsschluß konkludent gegebene Garantie des Verkäufers stützt, er sei zur Erfüllung des Vertrages in der Lage. Mit dieser Garantiehaftung wird lediglich ver169 Anders B G H vom 18./19.9.1975 - V I I I ZR 24/73 - W M 1974, 1073 f. (Möbel) zum Rücktritt wegen Falschlieferung aus § 326 Abs. 1 S. 2 BGB. 170 Unten § 7 D.II am Ende. 171 R. Schmidt AcP 152 (1952), 112; Enneccerus/Lehmann}5 (1958) § 107 I 3 S. 427 f.; Erman/Weitnauei* (1989) § 440 Rn. 14; Staudinger/ATöWer13 (1995) § 440 Rn. 27; ahm. B G H vom 30.10.1998 - V ZR 367/97 - NJW-RR 1999, 346, 347 (Mehrfamilienhaus); Titze, Unmöglichkeit (1900) S. 45; Palandt/Putzo s s (1999) § 433 Rn. 6. Gegen die Teilunmöglichkeit als Vollunmöglichkeit (Quasi-Vollunmöglichkeit) schon oben § 4 B.II.l.b).

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

153

deutlicht, daß die H a f t u n g des Verkäufers anders als gem. § 325 B G B nicht voraussetzt, daß er die Nichterfüllung seiner Verkäuferpflichten nach §§ 2 7 6 , 2 7 8 B G B zu vertreten h a t 1 7 2 . F ü r den U m f a n g des Schadensersatzanspruchs folgt aus dem Garantiegedanken nur, daß der Verkäufer auf das positive Interesse haftet. Dagegen kann die Frage, o b und nach welchen Grundsätzen der Käufer eine bereits erhaltene Teilleistung an den Verkäufer zurückgeben m u ß , nicht mit Hilfe des Garantiegedankens beantwortet werden, sondern nur mit den allgemeinen Leistungsstörungsvorschriften, auf die § 4 4 0 Abs. 1 B G B verweist: D e r Käufer ist gem. §§ 4 4 0 A b s . l , 325 Abs. 1 S. 2 , 3 2 6 A b s . 1 S. 3 , 2 8 0 Abs. 2 S. 2, 346 S. 1 B G B nach Rücktrittsvorschriften verpflichtet, dem Verkäufer die K a u f sache z u r ü c k z u g e b e n 1 7 3 . § 440 Abs. 2 BGB tritt nur insoweit an die Stelle dieser Vorschriften, als dies die Besonderheiten der Rechtsmängelhaftung erfordern: § 4 4 0 A b s . 2 B G B hindert den Käufer, die Kaufsache zu behalten und Schadensersatz wegen der NichtVerschaffung des Eigentums zu verlangen, weil ein Schadensersatzanspruch trotz ungeschmälerten Besitzes den Käufer einmal unbillig begünstigen w ü r d e 1 7 4 und sein Interesse an der bloßen NichtVerschaffung des Eigentums z u m anderen kaum zu berechnen ist 1 7 5 . D e m Käufer wird die B e r e c h n u n g des Schadensersatzes unter Behalten der Kaufsache - der sachmängelrechtliche kleine Schadensersatz - versagt: Anders als nach § § 3 2 5 A b s . 1 S. 2, 326 A b s . 1 S. 3, 2 8 0 Abs. 2 S. 1 B G B ist der Gläubiger nicht nur unter der Voraussetzung

172 Zuletzt BGH vom 20.12.1996 - V ZR 277/95 - NJW 1997, 938, 939 (Teilfläche); Oertmannb (1929) § 440 Anm. 2 c a; RGRKIMezger 1 1 (1978) § 440 Rn. 6; Larenz SR II l 1 3 (1986) §40 II b S. 32 f.; Walter, Kaufrecht (1987) §4 III 1 S. 124; Medicus SR II 9 (1999) Rn.24 und BR 18 (1999) Rn. 285; Fikentscher9 (1997) Rn.692 mit Rn.330; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 230 ff.; Staudinger /Köhler^ (1995) §440 Rn.24 ff.; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 306 Rn. 9. Abw. für eine Verschuldenshaftung etwa Boehmer JZ 1953, 392 m. Nw. auf die ältere Literatur; Braun]K 1983, 571, 576; Esser/Schmidt I 2 7 (1993) § 22 III 2 S. 10f. Ausführlich zum Streitstand zuletzt Wagner JZ 1998, 482, 492f., der ebd. S.493 die Grundidee der „Garantiehaftung" in § 276 BGB integriert: Es entspreche der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, daß sich der Schuldner seines eigenen Leistungsvermögens versichere. 173 Ausdrücklich a.A. und für eine ausschließliche Anwendung des Schadensersatzrechts Soergel/Huber 12 (1991) § 440 Rn. 46 ff. Die Auffassung Hubers erstaunt um so mehr, als er zu den wenigen gehört, die im Rahmen des großen Schadensersatzes gem. § 463 BGB eine Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache in analoger Anwendung der § 280 Abs. 2, 346 ff. BGB befürworten (Soergel/Huber n [1991] §463 Rn.45, unten §4 B.III.l.b). Siehe auch gerade §4 B.II.l.a)bb)[l] mit Fn.128 und § 4 B.II.l.a)bb)[2], 174 Prot. I S. 663 und Denkschrift S. 60; RG vom 11.11.1922 - 1 674/21 - RGZ 105, 349, 350 (Pferde); vom 28.6.1927 - II 4/27 - RGZ 117, 335, 337 (Rinderhäute); Heck SR (1929) § 86, 3 S. 265; Esser II 4 (1971) § 62 II 2 b S. 21 f.; Walter, Kaufrecht (1987) §4 III 3 S. 128 f.; Fikentscher9 (1997) Rn. 693; Medicus SR II 9 (1999) Rn.25; Erman/Weitnauer* (1989) §440 Rn.27; Erman/Grunewald' 1 (1993) § 440 Rn. 8. 175 Mot. II S.217f. und Prot. I S.663; Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 10; R. Schmidt AcP 152, 112, 115 ff.; Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 135; Enneccerus/Lehmann^5 (1958) § 107 II S.428; Esser/Weyers II l 8 (1998) §4 III 3 c S.20f. Auf beide Erwägungen stützen sich Larenz SR II l 1 3 (1986) §40 II b S.34; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn.236; Staudinger/ Köhler13 (1995) § 440 Rn. 4.

154

§ 4 Rückgewäbr

empfangener

Leistungen

des Interessewegfalls berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages zu verlangen, sondern von vornherein auf den Gesamtschadensersatzanspruch (den sachmängelrechtlichen großen Schadensersatz) unter Rückgewähr der Kaufsache gem. § 346 S. 1 BGB beschränkt 176 . 2. Rückgewähr a) Ausschluß

der des

Gläubigerleistung? Differenzschadensersatzes

Hat der Gläubiger die Gegenleistung bereits erbracht, kann er das Geleistete nach ganz herrschender Meinung nicht im Wege des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung zurückverlangen: Um seine Gegenleistung zurückzuerhalten, muß der Gläubiger gem. §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB vom Vertrag zurücktreten oder gem. §§ 325 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 3 BGB vom Vertrag Abstand nehmen. Das Wahlrecht zwischen Differenz- und Surrogationsschadensersatz entfällt, sobald der Gläubiger vorgeleistet hat 177 . Mit einem Vorrang der Surrogationsmethode läßt sich das Verbot, die Gläubigerleistung im Wege des Differenzschadensersatzes zurückzuverlangen, nicht begründen. Der Surrogationsschadensersatz ist zwar die vom Gesetz gemeinte regelmäßige Form des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung, aber nicht zwingend vorgeschrieben: Weil sie der synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung Rechnung trägt, ist die Schadensberechnung nach der Differenzmethode bei Leistungsstörungen im gegenseitigen Vertrag mit dem BGB vereinbar; von der herrschenden Meinung wird sie vor Leistungsaustausch sogar als vorrangiger Schadensersatzmodus angesehen 178 . Gegen die Rückforderung der Gläubigerleistung im Wege des Differenzschadensersatzes läßt sich auch nicht einwenden, daß sie dem Ziel der endgültigen (schnellen) Liquidation des Vertrages und der Beschränkung auf einen Ersatzanspruch in Geld widerspreche 179 . Abgewickelt wird der Vertrag auch dann, wenn der Gläubiger seine Gegenleistung zurückerhält; die schnelle Abwicklung ist nur Folge, nicht aber Grand für die Schadensberechnung nach der Differenzmethode 180 . Und die Behauptung, der Differenzschadensersatz sei auf einen Geldanspruch beschränkt, setzt voraus, was sie erst begründen müßte 181 . Das Verbot, im Wege des Schadensersatzes eine Vorleistung des Gläubigers zurückzufordern, kann deswegen nur damit begründet werden, daß die §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB mit dem Wort „oder" Schadensersatz wegen 176 Abw. Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 135 f. Siehe noch unten § 5 B.I.2.b) zum Schadensersatz bei Untergang der Kaufsache. 177 Zum Wahlrecht oben § 3 B.I.2.b)aa). 178 Oben § 3 B.I.2.b)aa). 179 Palandt/Heinrichs™ (1999) §325 Rn. 13; RGRK/.Ballhaus 12 (1976) §325 Rn. 15; die glatte Erledigung in Geld hat für den Differenzschadensersatz auch hervorgehoben Kipp in 27. DJT (1904) I S . 249, 281. 180 So auch van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 95. 181 Van den Daele aaO.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

155

Nichterfüllung und Rücktritt vom Vertrag streng alternativ regeln und die Rückforderung der Gläubigerleistung dem Rücktritt vorbehalten. Die mit der Konjunktion „oder" ausgedrückte strikte Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz spiegelt den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers wider, der von einer Kombination beider Rechtsbehelfe eine übermäßige Bevorzugung des Gläubigers befürchtete: „ D e r E n t w u r f stellt das R ü c k t r i t t s r e c h t n u r z u r Wahl n e b e n den Schadensersatzans p r u c h . In U e b e r e i n s t i m m u n g mit d e m H . G . B . (Art. 354, 355) ist hiernach die G e l t e n d m a c h u n g irgendeines Schadensersatzanspruchs n e b e n d e m R ü c k t r i t t e ausgeschlossen . . . . R ü c k t r i t t u n d aus d e m Vertrage entspringender A n s p r u c h auf Schadensersatz schließen sich aus. D e n n der R ü c k t r i t t soll die Beteiligten in die Lage versetzen, als o b der Vertrag nicht geschlossen w ä r e (§ 427). H i e r m i t verträgt sich ein A n s p r u c h auf das Erfüllungsinteresse nicht. D a s Interesse des Gläubigers ist d u r c h das Wahlrecht genügend gewahrt." 1 8 2

Mit dem Verbot, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt zu kombinieren, begründen auch Rechtsprechung und ihr folgend die Literatur den Ausschluß des Differenzschadensersatzes, nachdem der Gläubiger vorgeleistet hat 183 . Das erstaunt. Konsequent weitergedacht, liegt für die herrschende Meinung das Problem einer mit dem Schadensersatzanspruch kombinierten Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nicht in §§325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB, sondern in §325 Abs. 1 S.3 BGB: Erlöschen sowohl die Leistungspflicht des Schuldners als auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers automatisch mit der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung oder dem Ablauf der diesem wegen Schuldnerverzugs unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist 1 8 4 , fällt damit der Rechtsgrund für die ausgetauschten Leistungen nachträglich weg; der Gläubiger müßte seine Gegenleistung nach Bereicherungsrecht zurückverlangen können 185 . Problematisch dürfte für die herrschende Meinung deswegen nicht die mit der Konjunktion „oder" ausgedrückte Alternativität von Schadensersatz wegen Nichterfüllung 182 Mot. II S. 210 f. Ähnlich schon der Gesetzgeber des A D H G B , Prot. A D H G B III S. 1 4 0 0 - 1410, 4594 ff. 183 Siehe nur R G vom 22.10.1931 - VI 214/31 - SeuffA 86 Nr. 43 (Grundstück); vom 14.12.1931 - VI 357/31 - J W 1932, 1204 Nr. 7 = WarnR 1932 Nr. 41 (Grundstück); B G H vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 159 = N J W 1983, 1605 = WM 1983, 559 (Hausgrundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - B G H Z 126, 131, 136 = LM §271 BGB Nr. 7 = N J W 1994, 2480, 2481 = W M 1994, 1397 (Grundstück); Kipp in 27. DJT (1904) I S.249, 280 ff.; Heinrich Stall AcP 131 (1929), 141, 170f.; Esser I 4 (1970) § 51 II 1 S. 366; Larenz SR I 14 (1987) §§22 II b S. 341 f. und §23 II b S.358; Staudinger/Otto 1 3 (1995) §325 Rn.46. Überhaupt gegen die Kombination von Rückabwicklung und Schadensersatz Kisch JherJb 44 (1902), 68, 107, 116 ff.; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 267, 199 f.; Niederländer in Festschrift Wahl (1973) S. 243, 247 f., 254 ff.; siehe auch). Blomeyer D B 1969, 2117 Fn. 8. 184 Oben § 3 B.I.2.a). 185 So in der Tat Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 632 ff.; Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967), 71, 96. Darauf weisen auch hin: Heinrich Stoll, AcP 131 (1929), 141, 164; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 158 f.; siehe auch Gernhuber in Festschrift Raiser (1974) S.57, 89.

156

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

und Rücktritt, sondern müßte das in § 325 Abs. 1 S. 3 B G B mit der Präposition „statt" ausgedrückte strikte Nebeneinander von Schadensersatz wegen Nichterfüllung und bereicherungsrechtlicher Rückgewähr der Gläubigerleistung nach Abstandnahme v o m Vertrag sein. Da § 326 B G B f ü r den Schuldnerverzug überhaupt nicht auf § 3 2 5 Abs. 1 S.3 mit §§323 Abs. 3, 818 ff. B G B verweist, scheint das Gesetz die bereicherungsrechtliche Rückgabe der Gläubigerleistung beim Schuldnerverzug vollständig ausschließen zu wollen 1 8 6 . Daß der von der herrschenden Meinung eingeschlagene Weg in die Irre führt, ist schon oben nachgewiesen worden: Mit § § 2 7 5 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ordnet das Gesetz lediglich an, daß die Leistungspflicht des Schuldners erlischt; die Gegenleistungspflicht des Gläubigers bleibt unberührt. Diese geht erst mit dem Rücktritt, der Abstandnahme vom Vertrag oder der endgültigen Wahl des Differenzschadensersatzes (Einigung der Vertragspartner, Urteil oder Erfüllung) unter 187 .

b) Ausnahmen aa) Erbrachte Geldleistung

als

Mindestschaden

Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach der Surrogationsmethode und Rücktritt unterscheiden sich jedenfalls in dem häufigsten Fall, daß die Gegenleistung des Gläubigers in Geld besteht, nur scheinbar. Denn nach herrschender Meinung kann der Gläubiger eine bereits erbrachte Geldleistung als Mindestschaden geltend machen 188 . Zwar kann der Gläubiger die geleistete Zahlung Daß die nach herrschender Meinung ausgeschlossene Rückgewähr der Gläubigerleistung nicht in das von dieser selbst entworfene Bild paßt, macht der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus § 326 Abs. 1 S. 2 BGB deutlich: Der Gläubiger, der noch nicht geleistet hat, soll seine Gegenleistung im Wege des Schadensersatzanspruchs nicht mehr erbringen dürfen, weil seine Gegenleistungspflicht mit fruchtlosem Ablauf der Nachfrist erloschen ist, oben § 3 B.I.2.b)bb). Hat er dagegen schon geleistet, soll er dem Schuldner die Gegenleistung belassen müssen, obwohl seine Gegenleistungspflicht in diesem Fall ebenfalls nicht mehr besteht. 186 Das dürfte die herrschende Meinung konsequenterweise aber nicht an der bereicherungsrechtlichen R ü c k g e w ä h r hindern: Fällt mit dem fruchtlosen Ablauf der Nachfrist gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB auch die Gegenleistungspflicht des Gläubigers weg, ist das Bereicherungsrecht wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes unmittelbar anzuwenden, § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB; eines gesonderten Verweises bedarf es nicht. 187 Oben § 3 B.I.2. 188 RG vom 17.4.1907 - II 427 und 428/06 - LZ 1907, Sp. 434 Nr. 4 (Sauggasanlage) zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB; vom 12.4.1912 - III 332/11 - J W 1912, 686 Nr. 9 (Fabrikfußboden) zu § 635 BGB; vom 13.3.1913 - II 668/12 - J W 1913, 595 Nr. 8 = Gruchot 57, 593 Nr. 61 (Grundstück) zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB; vom 19.2.1930 - 1 248/29 - RGZ 127, 245,248 (Papierholz) zu § 3 2 5 Abs. 1 S. 1 BGB; vom 22.10.1931 - VI 183/31 - RGZ 134, 83, 90 (Hausgrundstück Friedensmieten) zu § 4 6 3 S. 1 BGB; B G H vom 8.2.1974 - V ZR 21/72 - B G H Z 62, 119, 120 = W M 1974, 377 (Teilfläche), nicht abgedruckt in N J W 1974, 692, zu §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1 BGB; vom 10.2.1982 - VIII ZR 27/81 - L M § 326 BGB (Ea) Nr. 8 = N J W 1982, 1279,1280 = W M 1982, 512, 514 (Magnetplattenstation) unter II 4 zu § 3 2 6 Abs. 1 S.2 BGB; vom 7.12.1987 - II ZR 206/87 - N J W - R R 1988, 420 f. = W M 1988, 298, 299 (Geschäftsführer-

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

157

nicht als solche zurückverlangen; der geleistete Betrag erhöht als Rechnungsfaktor aber den Schadensersatz, so daß der Gläubiger rechnerisch so gestellt wird, als erhalte er den gezahlten Kaufpreis oder Werklohn zurück 189 . Die Rückforderung vorgeleisteten Geldes im Wege des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung entspricht dem gemeinen Recht und der ständigen Rechtsprechung des R O H G zum ADHGB 1 9 0 . Diese Möglichkeit der Schadensberechnung ist vom RG zunächst mit dem synallagmatischen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung begründet worden: „Es ist bei der Schadensberechnung davon auszugehen, daß sich die beiderseitigen Leistungen nach dem Parteiwillen als gleichwertig einander gegenüberstehen. D e r Käufer hat den vereinbarten Kaufpreis bewilligt, um die Gegenleistung zu erhalten. Erhält er die Gegenleistung nicht, so muß ihm das vergütet werden, was er vergeblich hingegeben und aufgewendet hat, um die Gegenleistung zu erhalten. Das ist sein geringster Schaden." 1 9 1

Damit hat das R G dem Käufer im konkreten Fall die wertmäßige Rückforderung seiner Gegenleistung erlaubt, obwohl das Geschäft für ihn ein Verlust gewesen wäre, weil der vereinbarte Kaufpreis den Wert des gekauften Grundstücks überstieg 192 . Erst später hat das RG die Berechnung des Schadens anhand der erbrachten Gläubigerleistung als den ,,erste[n] handgreifliche[n] Schaden" auf die widerlegliche Rentabilitätsvermutung gestützt 193 . Dadurch wird verhindert, daß der Gläubiger seine Gegenleistung auch bei Abschluß eines nachweislich verlustbringenden Vertrages zurückerhält: Der Schuldner kann die Rentabilitätsvermutung entkräften und damit in der Höhe des Verlustes die Rückforderung der Gegenleistung ausschließen. Praktisch geworden ist das nie. Der BGH begründet die Möglichkeit, die erbrachte Gegenleistung als Mindestschaden „zurückzuverlangen", überhaupt nicht mehr, sondern ersetzt die Begründung durch die Wiederholung dieses Obersatzes und den Verweis auf die ständige Rechtsprechung. Dienstvertrag) zu §325 Abs. 1 S.2 B G B ; vom 20.10.1994 - X ZR 116/93 - LM §675 B G B Nr. 210 = N J W 1995, 449, 450 = WM 1995, 398, 400 (Eigentumswohnung) zu §§636 Abs. 1 S.2, 326 Abs. 1 S.3 B G B . 189 Deutlich R G vom 13.3.1913 - II 668/12 - J W 1913, 595 Nr. 8 = Gruchot 57, 593 Nr. 61 (Grundstück) und vom 19.2.1930 - I 248/29 - R G Z 127, 245, 248 f. (Papierholz) zu § 325 Abs. 1 S. 1 B G B - obiter dictum. 1 9 0 Oben § 2 C.III. 191 R G vom 13.3.1913 aaO. (Grundstück) - Hervorhebungen von mir. Siehe auch R G vom 12.4.1912 - III 332/11 - J W 1912, 686 Nr. 9 (Fabrikfußboden) zu § 635 B G B : „... kommt als Schaden vor allem der von ihm [dem Besteller] als Gleichwert der Erfüllung nutzlos aufgewendete Betrag in Betracht". 192 R G vom 13.3.1913 aaO. (Grundstück). 193 R G vom 19.2.1930 - 1 248/29 - R G Z 127, 245, 248 f. (Papierholz) - obiter dictum; siehe auch vom 8.12.1926 - I 218/26 - SeuffA 81 Nr.216 (Tabak) zu § 326 Abs. 1 S.2 BGB. Unklar R G vom 19.6.1917 - II 20/17 - R G Z 90, 332, 334 (Tornister) - „nutzlos aufgewendeten Kaufpreis"; nicht ausdrücklich wieder aufgegriffen vom B G H .

158

§ 4 Rückgewähr

bb) Vindikationsanspruch

neben

empfangener

Leistungen

Schadensersatz

Schuldete der Gläubiger als Gegenleistung eine Sache und hat er diese dem Schuldner zwar übergeben, aber noch nicht übereignet - etwa bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt oder bei Ubergabe des Grundstücks vor Eintragung des Schuldners in das Grundbuch - , so kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen und das Geleistete nach herrschender Meinung gem. § 985 BGB herausverlangen 194 . Der Wert der wiedererlangten Sache oder des wiedererlangten Grundstücks mindert den Schadensersatzanspruch des Gläubigers aus §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB 195 . Das Recht des Schuldners zum Besitz der Gegenleistung im Sinne des § 986 BGB erlischt nach herrschender Meinung schon mit dem automatischen Wegfall der Gegenleistungspflicht aufgrund der nachträglichen Unmöglichkeit der Schuldnerleistung oder aufgrund des fruchtlosen Ablaufs der dem Schuldner unter Ablehnungsandrohung

194

Zu Grundstückskaufverträgen: RG vom 22.10.1931 - VI 214/31 - SeuffA 86 Nr. 43 (Grundstück); vom 22.5.1933 - VI 70/33 - R G Z 141, 259, 260 f. = JW 1933, 2274 Nr. 6 mit Anm. Walsmann (landwirtschaftliches Grundstück); siehe auch vom 14.12.1931 - VI 357/31 JW 1932,1204 Nr. 7 = WarnR 1932 Nr. 41 (Grundstück); übersehen im Urteil vom 15.1.1931 VI 3 1 3 / 3 0 - J W 1931, 1183 Nr. 4 (Weinhaus); BGH vom 13.3.1981 - V Z R 46/80 - LM §249 BGB (Hb) Nr. 7 = N J W 1981, 1834 = W M 1981, 791 (Grundstück); vom 11.2.1983 - V ZR 191/81 - W M 1983, 418 f. (Grundstück); vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 159 = N J W 1983, 1605, 1606 = W M 1983, 559 (Hausgrundstück); vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 LM § 894 BGB Nr. 12 = W M 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201, 202 (Grundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - B G H Z 126, 131, 136 = LM § 271 BGB Nr. 7 = N J W 1994, 2480, 2481 = W M 1994, 1397 (Grundstück); vom 25.6.1999 - V ZR 190/98 - N J W 1999, 3115,3117 = W M 1999,1726,1728 (Hausgrundstück). Zum Verkauf unter Eigentumsvorbehalt: RG vom 28.2.1934 - I 245/33 - R G Z 144, 62, 65 (Gaststätteninventar); BGH vom 1.7.1970 - VIII ZR 2 4 / 6 9 - B G H Z 54, 214, 216 f. = LM § 455 BGB Nr. 24 = N J W 1970,1733,1734 = JZ 1971, 184, 185 mit A n m . / . Blomeyer (Schweißautomat). Lit.: Serick, Eigentumsvorbehalt I (1963) § 7 III 6 S. 145; Leser, Rücktritt (1975) S. 130 f.; Derleder Z H R 139 (1975), 20, 46 ff.; Paschke DB 1983, 1587, 1588; Huber ZIP 1987, 750, 752; Fikentscber9 (1997) Rn.346; RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) §325 Rn. 15; Soergel/Huber 1 2 (1991) §433 Rn. 153; Erman/Battes 9 (1993) §325 Rn.8; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) §325 Rn. 64; Staudinger/Oito 1 3 (1995) § 325 Rn. 45, mit Kritik in Rn. 46; Vuhndt/Heinrichs58 (1999) §325 Rn. 13. Weitergehend beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt f ü r ein Wahlrecht des Gläubigers zwischen Surrogations- und Differenzschadensersatz K. Müller DB 1969, 1493, 1495; a.A. J. Blomeyer DB 1969,2117 mit Fn.8. und Ders. JZ 1971, 186 (Anm. zu B G H vom 1.7.1970 - VIII ZR 24/69 - JZ 1971, 184 ff. [Schweißautomat]); Niederländer in Festschrift Wahl (1973) S. 243, 248 ff. 195 RG vom 22.5.1933 - VI 70/33 - R G Z 141, 259, 261 = JW 1933, 2274 Nr. 6 mit Anm. Walsmann (landwirtschaftliches Grundstück); vom 28.2.1934 - I 245/33 - R G Z 144, 62, 65 (Gaststätteninventar); vom 30.10.1935 - V 66/35 - R G Z 149, 135, 138 (Grundstück); B G H vom 13.3.1981 - V ZR 46/80 - LM §249 BGB (Hb) Nr. 7 = N J W 1981, 1834 = W M 1981, 791 (Grundstück); vom 11.2.1983 - V ZR 191/81 - W M 1983, 418 f. (Grundstück); vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 159 = N J W 1983, 1605, 1606 = W M 1983, 559 (Hausgrundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - B G H Z 126, 131, 136 = LM § 271 BGB Nr. 7 = N J W 1994, 2480, 2481 = W M 1994, 1397 (Grundstück); Serick, Eigentumsvorbehalt I (1963) § 7 III 6 S. 145; Leser, Rücktritt (1975) S. 131; MünchKomm/fmmericli 3 (1994) § 325 Rn. 64.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

159

gesetzten Nachfrist 1 9 6 . Nach der hier vertretenen Auffassung ist zu unterscheiden: Macht der Gläubiger Surrogationsschadensersatz geltend, d.h. verlangt er unter Aufrechterhaltung seiner Gegenleistungspflicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur der Schuldnerleistung, bleibt er verpflichtet, dem Schuldner das Eigentum an der Sache zu verschaffen, und bleibt der Schuldner damit zum Besitz berechtigt. N u r wenn der Gläubiger Differenzschadensersatz verlangt, erlischt mit dem Schadensersatzverlangen 197 auch das Recht des Schuldners zum Besitz der Gegenleistung. Die Möglichkeit der Rückforderung aus §985 BGB bezeichnet der B G H ausdrücklich als eine „Einschränkung" der Differenztheorie 198 . Otto 1 9 9 vermag diese Einschränkung „bei wertender Betrachtung ... nicht recht zu überzeugen", da „der Zusammenhang mit der Leistungsstörung eher zufällig sei". Diesen Einwand halte ich hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts für falsch: Der Gläubiger hat seine vertraglichen Leistungspflichten bewußt nicht vollständig erfüllt und sich - gerade anders als der vorbehaltlos vorleistende Gläubiger mit Hilfe des Eigentumsvorbehalts gegen mögliche Leistungsschwierigkeiten beim Schuldner gesichert. Mit dem Eigentumsvorbehalt erhält sich der Verkäufer hinsichtlich des Eigentums die Einrede des §320 BGB - er hat nur den Besitz, nicht aber das Eigentum vorgeleistet 200 . Beim Grundstückskauf kann sich der Verkäufer wegen § 925 Abs. 2 BGB nicht durch Eigentumsvorbehalt sichern. Daß entweder der Verkäufer oder der Käufer vorleistet, ist wegen des gem. §§ 873 Abs. 1, 925 BGB mehrstufigen Erwerbsaktes unvermeidlich 201 . Zugunsten des Verkäufers ist ihm als Mindestschutz zuzubilligen, daß er sich die Vorteile des gestreckten Eigentumserwerbs zunutze machen und den Ubergang des Eigentums bis zur Eintragung des Käufers im Grundbuch verhindern kann. Die Möglichkeit des Gläubigers, neben dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB das Geleistete nach 196 So ausdrücklich RG vom 22.5.1933 - VI 70/33 - R G Z 141, 259, 261 = JW 1933, 2274 Nr. 6 (landwirtschaftliches Grundstück); vom 14.12.1931 - VI 357/31 - JW 1932, 1204 Nr. 7 = WarnR 1932 Nr. 41 (Grundstück); B G H vom 1.7.1970 - VIII ZR 24/69 - B G H Z 54,214, 216 = LM §455 BGB Nr.24 = N J W 1970, 1733, 1734 = J Z 1971, 184f. mit A n m . ] . Blomeyer (Schweißautomat); vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 159 = NJW 1983, 1605, 1606 = W M 1983, 559 (Hausgrundstück); vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 - LM § 894 BGB Nr. 12 = W M 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201, 202 (Grundstück); vom 25.6.1999 - V ZR 190/98 - N J W 1999, 3115,3117 = WM 1999,1726,1728 (Hausgrundstück) - alle zu § 326 Abs. 1 S.2 BGB; Huber ZIP 1987, 750, 752; M ü n c h K o m m / f m m m c ^ 3 (1994) §325 Rn.64. Dazu oben § 3 B.I.2.a). 197 Zu der analog §§ 280 Abs. 2 S. 2, 349 BGB bindenden Gestaltungserklärung, die beiderseitigen Leistungspflichten beenden zu wollen, unten § 8 B.II.l. 198 B G H vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - B G H Z 87, 156, 159 = N J W 1983, 1605, 1606 = WM 1983, 559 (Hausgrundstück). 199 Staudinger/Otto 1 3 (1995) § 325 Rn. 46. 200 Huber ZIP 1987, 750, 754 ff.; siehe auch Lange JuS 1971, 511, 515; a.A. Niederländerin Festschrift Wahl (1973) S. 243, 249 f. 201 Staudinger/G«rs&/ 3 (1995) § 925 Rn. 143.

160

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

§ 9 8 5 B G B zurückzuverlangen, ist bei Lichte betrachtet ohnehin nur eine scheinbare A u s n a h m e v o m Ausschluß der D i f f e r e n z t h e o r i e nach erbrachter Leistung: D e r Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung wird nicht eingeschränkt, sondern der schuldrechtliche Schadensersatzanspruch und der sachenrechtliche Vindikationsanspruch stehen - wie auch sonst - nebeneinander. Genauer: D i e Vindikation erlaubt dem Gläubiger, die nur vorläufige B e s i t z übertragung sachenrechtlich rückgängig zu machen; schuldrechtlich steht er dann so, als habe er nie geleistet.

cc) Aufhebung der Auflassungsvormerkung

nach §812

BGB

N a c h herrschender M e i n u n g soll der Grundstücksverkäufer, auch w e n n er das G r u n d s t ü c k schon übergeben hat, wegen des n o c h nicht durch Eintragung vollendeten Erwerbsaktes v o m Käufer die Einwilligung in die A u f h e b u n g einer bereits erklärten Auflassung 2 0 2 bzw. den Verzicht auf die R e c h t e aus der E i n t r a gungsbewilligung 2 0 3 sowie die L ö s c h u n g einer für ihn eingetragenen Auflassungsvormerkung 2 0 4 verlangen k ö n n e n . M i t dem Wegfall der Leistungspflicht gem. §§ 2 7 5 , 3 2 6 A b s . 1 S. 2 H s . 2 B G B soll nicht nur das Besitzrecht des Schuldners, sondern auch dessen Auflassungsanspruch erlöschen 2 0 5 : „Mit dem Erfüllungsanspruch erlischt der Auflassungsanspruch des Käufers. Das Grundbuch wird unrichtig (§ 894 B G B ...). Der Käufer ist zugleich um die Buchposition bereichert (§ 812 Abs. 1 B G B ...)." 2 0 6 202 BGH vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - BGHZ 87, 156, 160 = NJW 1983, 1605, 1606 = WM 1983, 559, 560 (Hausgrundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - BGHZ 126, 131, 136 = LM § 271 BGB Nr. 7 = NJW 1994, 2480, 2481 = WM 1994, 1397 f. (Grundstück); Staudinger/Otto" (1995) § 325 Rn. 45. 203 BGH vom 25.3.1983 aaO.; Staudinger/Otto13 (1995) aaO. Zum Inhalt des Kondiktionsanspruchs bei formnichtigen Grundstücksverträgen Staudinger/Lorercz (1999) §812 Rn. 75: Abgabe der Erklärung, die dingliche Einigung rückgängig zu machen oder auf die aus der Auflassung folgenden Rechte zu verzichten. 204 BGH vom 8.2.1966 - V ZR 131/63 - WM 1966, 575, 576 (Hausgrundstück), vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 - LM § 894 BGB Nr. 12 = WM 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201 (Grundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - BGHZ 126, 131, 136 f. = LM §271 BGB Nr. 7 = NJW 1994, 2480, 2481 = WM 1994, 1397 f. (Grundstück); obiter dictum auch vom 25.3.1983 - V ZR 168/81 - BGHZ 87, 156, 159 f. = NJW 1983, 1605, 1606 = WM 1983, 559, 560 (Hausgrundstück); Paschke DB 1983,1587, 1588; MünchKomm/Emmerich 1 (1994) § 325 Rn. 64; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 325 Rn. 13; a.A. KG vom 6.1.1983 - 15 U 3162/82 - BB 1984, 811, 812 = DB 1983, 1354 (Grundstück) zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB; O L G München vom 22.9.1983 24 U 197/83 - DB 1984, 114 (Grundstück). 205 So ausdrücklich RG vom 22.5.1933 - VI 70/33 - RGZ 141, 259, 261 = JW 1933, 2274 Nr. 6 (landwirtschaftliches Grundstück); vom 14.12.1931 - VI 357/31 - JW 1932, 1204 Nr. 7 = WarnR 1932 Nr. 41 (Grundstück); BGH vom 25.3.1983 aaO.; vom 28.10.1988 aaO. - alle zu §326 Abs. 1 S. 2 BGB; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) §325 Rn.64. Hingegen geht der BGH im Urteil vom 8.2.1966 aaO. offenbar davon aus, daß der Auflassungsanspruch erst mit Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erlischt. 206 BGH vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 - LM § 894 BGB Nr. 12 = WM 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201 (Grundstück).

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

161

Ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch verstößt aber gegen den von der herrschenden Meinung aufgestellten Grundsatz, eine Rückgewähr der Gläubigerleistung sei neben dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung unzulässig. Die Begründung, gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 B G B seien die beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag und damit auch der Rechtsgrund zum Behalten der Auflassungserklärung und -Vormerkung gem. §812 Abs. 1 S. 1 B G B erloschen, ließe sich beliebig erweitern: Fallen die beiderseitigen Leistungspflichten mit der Leistungsstörung gem. §§275, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 B G B automatisch weg, müßte der Gläubiger jede Vorleistung nach Bereicherungsrecht zurückverlangen können und wäre selbst zur Rückgabe einer Teilleistung des Schuldners nach Bereicherungsrecht verpflichtet 207 . Ein solcher bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch des Schadensersatzgläubigers ist aber mit dem Standpunkt der herrschenden Meinung unvereinbar, Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung einerseits, Rücktritt und Abstandnahme vom Vertrag andererseits seien streng alternative Rechte 208 . Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Auflassungserklärung und -Vormerkung läßt sich nicht in das System der herrschenden Meinung einfügen. Widersprüche kann die herrschende Meinung nur vermeiden, wenn sie die Rückgewähr erbrachter Leistungen - wie bei der Rückforderung der Vorleistung gem. § 985 B G B - sachenrechtlich begründet 209 : Nur wenn der Gläubiger aufgrund seines fortbestehenden Eigentums an der geleisteten Sache einen dinglichen Anspruch auf Löschung der Auflassungsvormerkung oder Aufhebung der Auflassung hat, kann er diese „vor" seinem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung durchsetzen. Einen solchen dinglichen Anspruch auf Löschung der Auflassungsvormerkung gewährt $ 894 BGB: Legt man die herrschende Meinung zugrunde, daß der durch die Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch auf Ubereignung des Grundstücks gem. §§ 275, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 B G B mit der vom Schuldner zu vertretenden Leistungsstörung wegfällt 210 , erlischt mit der Leistungsstörung auch die Vormerkung, und das Grundbuch wird unrichtig 211 . Der Verkäufer hat einen dinglichen Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 B G B , mit dem er die Löschung der Auflas-

207 Gegen eine Rückgabe der Schuldnerleistung nach Bereicherungsrecht spricht schon der ausdrückliche Verweis auf die §§ 346 - 356 BGB in §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2 BGB, gerade § 4 B.II.l.a)bb)[3], 208 Gerade § 4 B.II.2.a). 209 Nachdem die beiderseitigen Leistungspflichten durch bindende Wahl des Schadensersatzanspruchs erloschen sind, gerade § 4 B.II.2.b)bb) zum Vindikationsanspruch. 210 Oben § 3 B.I.2.a)., auch zur abw. eigenen Auffassung. 211 B G H vom 28.10.1988 - V ZR 94/87 - LM § 894 BGB Nr. 12 = WM 1989, 348, 350 = NJW-RR 1989, 201 (Grundstück); vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - BGHZ 126, 131, 136 f. = LM § 271 BGB Nr. 7 = NJW 1994, 2480, 2481 = WM 1994, 1398 (Grundstück); Staudinger/ Gurskyu (1996) § 886 Rn. 9. Zum Erlöschenszeitpunkt nach der hier vertretenen Auffassung § 8 B.II.l.

162

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

sungsvormerkung verlangen kann 212 - so, wie die Leistungsstörung bei Mobilien das Recht zum Besitz im Sinne des §986 Abs. 1 BGB wegfallen läßt und dem Eigentümer den Weg zur Vindikation freimacht. Dagegen hat der Verkäufer keinen dinglichen Anspruch darauf, daß der Käufer in die Aufhebung der gem. §§ 925 Abs. 1, 873 Abs. 2 BGB bindend erklärten Auflassung einwilligt. Man könnte daran denken, dem Verkäufer - wie in den Fällen eines gem. §313 S. 1 BGB formnichtigen Grundstückskaufvertrages - im Wege der einstweiligen Verfügung die Möglichkeit einzuräumen, die Eintragung des Käufers als Eigentümer in das Grundbuch durch ein Erwerbsverbot zu verhindern, mit dem dem Käufer trotz der wirksamen Auflassung verboten würde, einen Eintragungsantrag zu stellen oder aufrechtzuerhalten. Ein solches Erwerbsverbot wäre vom Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten; würde der Käufer gleichwohl in das Grundbuch eingetragen, wäre der Eigentumserwerb gegenüber dem Verkäufer - relativ - unwirksam 213 . Ein Erwerbsverbot setzt aber einen zu sichernden Anspruch voraus. Als zu sichernder Anspruch käme wieder nur ein Bereicherungsanspruch auf Rückgewähr der Auflassungserklärung in Betracht 214 . Diesen kann die herrschende Meinung - wie gezeigt nur mit einem eklatanten Bruch ihrer Grundsätze erkaufen. Führt man die herrschende Ansicht konsequent durch und verneint einen Bereicherungsanspruch auf Rückgängigmachung der Auflassung neben dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, folgt daraus, daß der Grundstücksverkäufer, der dem Käufer das Grundstück schon wirksam aufgelassen hat und der Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, die Eintragung des Käufers als Eigentümer in das Grundbuch nicht verhindern kann. Hat der Verkäufer das Grundstück bereits aufgelassen, geht auch der Anspruch auf Löschung der zugunsten des Käufers eingetragenen Auflassungsvormerkung aus § 894 BGB ins Leere: Kann der Verkäufer wegen der wirksamen Auflassung nicht verhindern, daß der Käufer als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird, macht die den Ubereignungsanspruch des Käufers sichernde Vormerkung das Grundbuch nicht falsch. N u r solange die Auflassung den Verkäufer nicht bindet, kann er das Grundstück vom Käufer nach §985 BGB herausverlangen.

212 B G H vom 28.10.1988 aaO. (Grundstück); Paschke DB 1983, 1587, 1588; allg. auch S t a u d i n g e r / G u r s k y n (1996) § 894 Rn. 35 m.w.Nw. 213 So die herrschende Meinung, nach der das Erwerbsverbot aber nicht eintragungsfähig ist, siehe nur R G vom 21.6.1927 - III 282/26 - R G Z 117, 287, 290 ff. (Grundstück); vom 4.2.1928 - V 117/27 - R G Z 120, 118, 119 f. (Grundstück); BayOblG vom 26.4.1978 - 2 Z 36/ 77 - Rpfleger 1978, 306 (Grundstück) und vom 31.1.1997 - 2 ZBR 7/97 - Rpfleger 1997, 304 (Grundstück); Baur/Stürner SaR 17 (1999) §15 Rn. 32 (die abw. von der herrschenden Meinung die Eintragungsfähigkeit bejahen); Ste'm/]ona.s/Grunsky21 (1996) § 938 Rn. 26; ausführliche Nachweise - auch der Gegenmeinung - bei Staudinger/G»rs^j 1 3 (1996) § 888 Rn. 70. 2,4 Ausdrücklich R G vom 21.6.1927 aaO. (Grundstück) S.290 und vom 4.2.1928 aaO. (Grundstück); Habscheid in Festschrift Schiedermair (1976) S. 245, 252 ff., der die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung gerade mit der vorläufigen Sicherung des Kondiktionsanspruchs auf „Herausgabe" der Auflassung begründet.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

163

Das ist auch richtig: M i t der Auflassung 2 1 5 ist der Erfüllungsvorgang sachenrechtlich u n u m k e h r b a r geworden.

c) Erweiterung aa)

der Ausnahmen

zur Regel

Begründung

W i e die Fülle der von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle zeigt, in denen der Gläubiger den R ü c k t r i t t v o m Vertrag erklärt und gleichzeitig Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, entspricht es der Verkehrsanschauung, R ü c k a b w i c k l u n g und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu k o m b i n i e ren 2 1 6 . Entsprechend wird der A u s s c h l u ß des Differenzschadensersatzes nach Vorleistung des Gläubigers zwar zunehmend kritisiert 2 1 7 , j e d o c h überwiegend de lege lata für zwingend gehalten 2 1 8 . N u r gelegentlich wird die A n w e n d u n g der D i f f e r e n z t h e o r i e auch nach Leistungsaustausch befürwortet 2 1 9 . Zugunsten der R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung im Wege des Schadensersatzes läßt sich nicht anführen, daß die herrschende Meinung vor Leistungsaustausch mit dem Anspruch auf den Differenzschadensersatz im Ergebnis R ü c k tritt (Befreiung von der Gegenleistungspflicht) und Schadensersatz (Ausgleich der aus der Nichterfüllung folgenden Vermögensnachteile) miteinander verbindet. D e n n der Differenzschadensersatz n i m m t dem R ü c k t r i t t s r e c h t vor A u s tausch der beiderseitigen Leistungen nicht dessen wesentliche F u n k t i o n : Spezifikum des Rücktritts vom. Vertrag ist es nicht, daß er die Vertragspartner von ihren vertraglichen Leistungspflichten befreit, sondern daß und wie er sie zur R ü c k g e w ä h r der aufgrund des Vertrages erbrachten Leistungen verpflichtet 2 2 0 . Hingegen nicht schon mit der Vormerkung. Unten § 8 A.I.2. Eine solche Verkehrsanschauung bestand offensichtlich schon bei Inkrafttreten des BGB, siehe Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 641 Fn. 11. 217 Huber in Einheitliches Kaufrecht (1987) S. 199, 212 („Die Differenztheorie unterliegt nach herrschender Meinung einer ihr eigentlich wesensfremden Begrenzung."); ErmanIBattes9 (1993) §325 Rn. 8; Staudinger/O«o13 (1995) §325 Rn.44ff.; siehe auch Larenz SR I14 (1987) § 22 II bS. 342 f. 218 Deutlich Staudinger/Otto13 (1995) §325 Rn.46 am Ende. Zu Reformvorschlägen unten §9 C.III. 219 Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 631 ff.; Eckstein ArchBürgR 37(1911), 390, 406 f., 435; Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967) S.71, 96 f.; M. Wolf Jur. Analysen 1969, 119, 126 ff.; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 147 ff., 156 ff.; Leser in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 391 f. mit Fn. 78; Gillig, Nichterfüllung (1984) S. 256 ff.; Soergel/WWemann11 (1990) § 325 Rn. 35 f.; Klein-Blenkers AcP 194 (1994) 352, 361 f.; siehe auch Hansell JuS 1981, 705, 710; Basedow, Kaufrecht (1988) S.42f. Für den Fall, daß der Gläubiger erst Teilleistungen erbracht hat, auch van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 98 f£.; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) § 325 Rn. 76 (weiter wohl in Rn. 150); so bei der Teilunmöglichkeit ausnahmsweise auch Staudinger/Otto13 (1995) §325 Rn. 118. Als selbstverständlich gehen von einem Rückgewähranspruch aus Cosack/Mitteis BR I8 (1927) § 157 I 1 a ß S. 422; Esser/Schmidt 12 7 (1993) § 28 III 3 a S. 121 f., der dem Gläubiger lediglich im Sinne einer abgeschwächten Differenztheorie „gestatten" will, seine Leistung beim Schuldner zu belassen. 220 Oben § 2 B.I. 215 216

164

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Daß die herrschende Meinung das in §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Konjunktion „oder" ausgesprochene Verbot, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt miteinander zu kombinieren, auf die wesentliche Funktion des Rücktritts beschränkt, ist eine zulässige teleologische Reduktion dieser Vorschriften. Allerdings greift das Verbot, erbrachte Leistungen im Wege des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung oder neben diesem rückabzuwickeln, nur in einem engen Anwendungsbereich-, Teilleistungen des Schuldners muß der Gläubiger im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gem. §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 S. 2 BGB nach Rücktrittsvorschriften zurückgewähren 221 ; seine Gegenleistung erhält der Gläubiger, wenn er Geld gezahlt hatte, als Mindestschaden zurück. Mit der Konjunktion „oder" schließt das Gesetz nach herrschender Meinung die Kombination von Schadensersatzanspruch und Rückabwicklung empfangener Leistungen damit nicht generell aus, sondern verbietet lediglich die Rückgewähr von Sachleistungen des Gläubigers - und dies auch nur schuldrechtlich, nicht aber, soweit dieser die Sachleistungen mit Hilfe seines Vindikationsanspruchs aus § 985 BGB herausverlangen und so seine Vorleistung rückgängig machen kann 2 2 2 . Das Verbot, die eigene Gegenleistung zurückzufordern und gleichzeitig Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, läßt sich auch nicht mit dem häufig angeführten Satz begründen: Wer vorleistet, handelt auf eigenes Risiko223. Dieser Satz kann zum einen nicht erklären, w a r u m lediglich die Rückforderung von Sachleistungen ausgeschlossen ist, der Gläubiger eine erbrachte Geldleistung aber als Mindestschadensersatz zurückerhält. Zum anderen enthält die Aussage einen Rechtssatz, den das BGB so nicht aufstellt. Insbesondere läßt er sich nicht auf § 454 BGB stützen: § 454 BGB schließt zwar den Rücktritt vom gegenseitigen Vertrag nach §§ 325 Abs. 2, 326 BGB aus, wenn der Verkäufer seine Pflichten aus §433 Abs. 1 BGB vollständig erfüllt, gleichzeitig aber dem Käufer den Kaufpreis gestundet hat. Das läßt sich aber nicht dahin verallgemeinern, daß Vorleistungen des Gläubigers generell beim Schuldner zu verbleiben hätten. §454 BGB enthält eine auf einen kaufrechtlichen Sonderfall beschränkte, zudem sehr zweifelhafte 2 2 4 Regelung, die darauf reagiert, daß der Verkäufer mit der Stundung den synallagmatischen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung zerrissen hat 225 . Deswegen versagt ihm § 454 BGB Oben § 4 B.II.l.a)bb)[3]. Die auf die Rückforderung von Sachleistungen des Gläubigers beschränkte Funktion des Rücktritts billigt ausdrücklich Leser, Rücktritt (1975) S. 144 f., 145 ff. Siehe aber später wenn auch mehr nebenbei und ohne die Abweichung kenntlich zu machen - Ders. in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 391 f. mit Fn. 78. 223 Vgl. Lange1971, 511, 515. 224 Als rechtspolitisch verfehlt stufen § 454 BGB ein BGH vom 11.12.1957 - V ZR 55/56 LM §454 BGB Nr. 2 = JZ 1958, 167; Staudinger /Honseil" (1995) §454 Rn. 1; MünchKomm/ H. P. Westermann3 (1995) § 454 Rn. 1; einschränkend Erman/Grunewald 9 (1993) § 454 Rn. 1; anders Soergel/Huber12 (1991) § 454 Rn. 4. 225 Prot. II S. 71; vgl. auch Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 161. 221 222

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

165

auch lediglich das Rücktrittsrecht als den Behelf, den das B G B für Störungen des Synallagmas bereithält, dagegen nicht den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, der nicht auf Störungen des Synallagmas reagiert, sondern primär auf eine v o m Schuldner zu vertretende Leistungsstörung 2 2 6 . I m A n w e n dungsbereich der § § 3 2 5 A b s . 1 S. 1, 3 2 6 Abs. 1 S . 2 B G B trägt das A r g u m e n t , der Vorleistende sei selbst schuld, das R ü c k f o r d e r u n g s v e r b o t nicht. A n s o n s t e n müßte bei Vorleistungen nicht nur die K o m b i n a t i o n von Schadensersatz und R ü c k g e w ä h r der erbrachten Leistung, sondern generell der R ü c k t r i t t des G l ä u bigers v o m Vertrag ausgeschlossen sein. J a k o b s hält das auf das R ü c k f o r d e r u n g s v e r b o t für Sachleistungen reduzierte N e b e n e i n a n d e r von R ü c k t r i t t und Schadensersatz auch de lege ferenda für richtig: Ausgehend von der Prämisse, daß eine gegenständliche R ü c k g e w ä h r bei Werkleistungen ausgeschlossen und durch die Wertersatzpflicht des § 3 4 6 S. 2 B G B ersetzt werde, versteht er das Verbot, Sachleistungen neben dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung zurückzufordern, als ausschließlich gegen den Verkäufer gerichtet. Selbst wenn der Verkäufer den Kaufpreis nicht stunde und sich damit gem. § 4 5 4 B G B das R ü c k t r i t t s r e c h t nehme, gewähre er dem Käufer mit der Vorleistung einen Kredit. Kreditiere der Verkäufer, ohne sich gegen die Insolvenz des Käufers zu sichern, schütze ihn das Rücktrittsrecht hinreichend - wenn nicht schon übermäßig - , indem es ihm erlaube, seine G e genleistung zurückzuerlangen und auf die v o m Käufer gezogenen und schuldhaft nicht gezogenen N u t z u n g e n zuzugreifen. I h m mit dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zusätzlich auch die Vorteile des fehlgeschlagenen Geschäfts zu geben, würde ihn hingegen über G e b ü h r begünstigen 2 2 7 . D i e A n n a h m e J a k o b s leidet zunächst unter einer falschen Prämisse: Z u m einen trifft das R ü c k f o r d e r u n g s v e r b o t auch den Werkunternehmer, der die gegenständliche R ü c k g e w ä h r seiner in das G r u n d s t ü c k des Bestellers eingebauten, aber leicht ausbaubaren und anderweitig verwendbaren Werkleistung etwa eines C a r p o r t s - wünscht und sich insoweit gegen die „Kreditierung" gar nicht sichern k a n n 2 2 8 . Z u d e m übersieht J a k o b s , daß das B G B es dem Gläubiger über § 2 8 0 A b s . 2 B G B ermöglicht, erhaltene Teilleistungen zurückzugeben, wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages geltend macht. W a r u m soll sich der Gläubiger durch die R ü c k g a b e des v o m Schuldner Geleisteten v o m Vertrag lösen und gleichwohl E r s a t z der aus dem Geschäft flie2 2 6 Wie insbesondere die Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung im nicht gegenseitigen Schuldverhältnis aus §§ 280, 286 Abs. 2 B G B zeigen. 227 Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 61 ff.; Sympathien für diesen Vorschlag zeigt Medicus AcP 186 (1986), 268, 280. Jakobs ebd. (insbesondere S.66 mit S.57) hält das Rücktrittsrecht im Rahmen der §§ 325, 326 B G B insgesamt für überflüssig: Dem Gläubiger genüge wie schon im gemeinen Recht der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, mit dessen Hilfe er eine Geldleistung im Wege des Mindestschadens zurückfordern könne, sowie der neben dem Schadensersatzanspruch gegebene Vindikationsanspruch. Im Allgemeinen Schuldrecht möchte Jakobs aber ein Rücktrittsrecht wegen nicht zu vertretender Leistungsstörungen angeordnet wissen. 2 2 8 Zur gegenständlichen Rückgewähr von Werkleistungen § 4 A.II.2.c).

166

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

ßenden Vorteile verlangen können, anderseits aber dem Schuldner die erbrachte Gegenleistung belassen müssen? Gegen die Verbindung des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung mit der Rückgewähr der Gläubigerleistung hat Keuk eingewandt, sie kombiniere den auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Leistungsstörungen mit dem Anspruch auf das negative Vertragsinteresse und damit zwei unvereinbare, weil entgegengesetzte Schadensersatzziele-, das Interesse am vertragsgemäßen Verhalten des Schuldners einerseits und das Interesse an der Herbeiführung des vor Vertragsschluß bestehenden Zustandes andererseits 229 . Folgerichtig habe der Gesetzgeber den Rücktritt vom Vertrag neben dem Anspruch auf das Erfüllungsinteresse ausgeschlossen 230 . Das leuchtet nur auf den ersten Blick ein. Tatsächlich begehrt der Schadensersatzgläubiger mit dem Erfüllungsinteresse unter Rückgewähr seiner Gegenleistung nicht die Herstellung des Zustandes, wie er vor Abschluß des Vertrages bestanden hat. Vielmehr hält er grundsätzlich am Vertrag und dessen Austauschziel fest, zieht aber die Konsequenz daraus, daß dieses Austauschziel wegen der Leistungsstörung des Schuldners nicht mehr erreicht werden kann: Weil der Schuldner nicht oder nicht rechtzeitig leistet, soll auch der Gläubiger nicht leisten müssen bzw., wenn er schon geleistet hat, seine Gegenleistung zurückfordern können. Mit der Rückgewähr seiner Gegenleistung verlangt er gerade nicht, so gestellt zu werden, als hätte der Vertrag nie bestanden, sondern wie beim Rücktritt - nur so, als wären aufgrund des - wirksamen - Vertrages keine Leistungen ausgetauscht worden 2 3 1 . Die Rückgewähr dient nicht dazu, den Vertrag ungeschehen zu machen, sondern sie soll als vorbereitender erster Schritt dem Gläubiger ermöglichen, seinen Schaden als bloße Wertdifferenz berechnen zu können. Daß die Rückgewähr der Leistungen als Voraussetzung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung der Konzeption des BGB nicht widerspricht, sondern in ihm angelegt ist, zeigt §280 Abs. 2 S. 2 BGB mit §§ 346 - 356 BGB: Abweichend von § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB ist der Gläubiger bei Teilleistungsstörungen des Schuldners, die dieser zu vertreten hat, nicht gezwungen, an dem Austausch der beiderseitigen Leistungen festzuhalten, sondern kann eine erhaltene Teilleistung dem Schuldner zurückgeben, um seinen

229

Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 146, 155 ff., insbesondere S. 159 f.: „Der Gläubiger muß sich entscheiden, in welcher Richtung er sein Interesse geltend machen will, er muß sich entscheiden, ob er bei dem Vertrag stehen bleiben, das Interesse an dem vertragsgemäßen Verhalten des Schuldners das Erfüllungsinteresse verfolgen will ... Verlangt er das Erfüllungsinteresse, so kann er nicht gleichzeitig mit der Rückforderung seiner eigenen Vorleistung sich von dem Vertrage abwenden und das negative Vertragsinteresse, die Herbeiführung des Zustandes, wie er vor dem Vertragsschluß bestanden hat, begehren." 230 Keuk aaO. S.160. 231 Daß der Zustand, den der Schadensersatzgläubiger mit der Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen erreichen will, dem Ziel der Rückabwicklung nach Rücktritt entspricht, legt nahe, die Rückgewähr der Leistungen auch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung über die §§ 346 ff. BGB zu bewerkstelligen, dazu gleich § 4 B.II.2.c)bb)[3],

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

167

Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages vorzubereiten. Warum aber soll der Gläubiger, um sein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages insgesamt in Geld liquidieren zu können, berechtigt sein, dem Schuldner eine erbrachte Teilleistung zurückzugeben, diesem andererseits aber die bereits erbrachte Gegenleistung belassen müssen? Das zeigt: Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rückgewähr der Gegenleistung sind mit dem Ziel des Schadensersatzanspruchs nicht unvereinbar. Die Rückgewähr der Gläubigerleistung will nicht den Vertrag beseitigen, sondern hat als erste Stufe des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung das - insoweit beschränkte - Ziel, den Weg für eine reine Differenzberechnung des Schadensersatzes in Geld zu ermöglichen. Sachliche Gründe, die einer näheren Untersuchung standhalten, gibt es nicht für das Verbot, die Rückgewähr der Gegenleistung des Gläubigers mit dem Schadensersatzanspruch zu verbinden. Die strikte Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung stützt sich demnach allein auf den scheinbar zwingenden Wortlaut des Gesetzes: die Konjunktion „oder" in §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB. Das zeigt auch der auf die Rückforderung der Gläubigerleistung und insoweit auf die Rückgewähr von Sachleistungen beschränkte Geltungsbereich des Kombinationsverbots 232 . Der Wortlaut des Gesetzes beruht auf der nicht mehr haltbaren Auffassung des Gesetzgebers, der Rücktritt führe zur Nichtigkeit des Vertrages ex tunc und entziehe dem aus dem Vertrag folgenden Schadensersatzanspruch so die Grundlage 233 . Mit der heute herrschenden Meinung, daß der Vertrag nach Rücktritt als Rückgewährschuldverhältnis fortbesteht, ist dieser Vorstellung der Boden entzogen 234 . Daß der Ausschluß des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gerade auf der vermeintlichen ex-tunc-Vernichtung des Vertrages durch den Rücktritt beruht, zeigt die entgegengesetzte Regelung für das Recht der Dauerschuldverhältnisse, für die der Gesetzgeber die Kündigung des Vertrages und den Ersatz des durch die Vertragsauflösung entstandenen Nichterfüllungsschadens problemlos miteinander verbindet 235 : Hat ein Vertragspartner die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses zu vertreten, kann der andere Ersatz des ihm durch die Vertragsbeendigung entstandenen Schadens verlangen; der Schadensersatz ist auf den Zeitraum bis zum vereinbarten oder durch ordentliche

232

Der so schon im gemeinen Recht bestand, oben § 2 C.III. Mot. II S. 210 f., oben § 4 A.I; dieser Auffassung ist das R G gefolgt: vom 13.3.1902 - II 407/01 - R G Z 50, 255, 266 f. (Petroleum) zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB. 234 Hauptargument von Klein-Blenkers AcP 194(1994), 352, 361: „... daß die elektive Anspruchskonkurrenz nach den Materialien (nur) auf dieser Vorstellung des Gesetzgebers beruht..."; ebenso Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 149 ff. 235 Damit argumentiert auch Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 153 für die Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985) S. 58 mit Fn. 113 sieht in der ex-tunc-Beseitigung des Vertrages dagegen nur den Weg, mit dem die Gesetzesverfasser die gewollte Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz gesetzestechnisch umgesetzt haben. 233

168

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Kündigung herbeiführbaren Vertragsende begrenzt 236 . Diese Schadensersatzpflicht normiert § 628 Abs. 2 BGB für Dienst- und Arbeitsverhältnisse sowie § 89a Abs. 2 HGB für den Handelsvertretervertrag ausdrücklich; sie gilt nach herrschender Meinung für die vorfristige Auflösung aller Dauerschuldverhältnisse 237 . Auch für Austauschverträge ist dem Gesetz eine Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung bzw. die Integration der Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften in den Schadensersatzanspruch nicht fremd, soweit es um Teilleistungen des Schuldners geht 238 . Eine Verbindung des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung und der Rückgewähr der bereits erbrachten Leistungen ist sinnvoll, weil das Gesetz mit ihnen unterschiedliche Reaktionen auf Leistungsstörungen zur Verfügung stellt: Mit dem Rücktritt wird dem Gläubiger, der wegen der Leistungsstörung den synallagmatischen Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht erreichen kann, die Dispositionsfreiheit wiedergegeben und der Zustand wiederhergestellt, der ohne den gestörten Austausch der Leistungen bestanden hat 239 . Mit dem Schadensersatzanspruch kann der Gläubiger weitergehend die Folgeschäden liquidieren, die ihm aufgrund der Leistungsstörung entstanden sind - vorausgesetzt, der Schuldner hat die Leistungsstörung gem. §§ 276, 278 BGB zu vertreten 240 . Das zeigt: Mit der Lösung vom Vertrag und der Rückgewähr ausgetauschter Leistungen reagiert der Gläubiger auf die Störung des Synallagmas, mit dem Ersatz der aus der Nichterfüllung folgenden Schäden auf den vom Schuldner zu vertretenden Verstoß gegen die vertraglichen Leistungspflichten. Beide Reaktionen auf Leistungsstörungen im

236 BGH vom 3.3.1993 - V I I I ZR 101/92-BGHZ 122, 9, 12 ff. = NJW 1993, 1386 (Handelsvertreter - Desinfektionsmittel) mit weiteren Nachweisen. 237 RG vom 6.2.1917 - II 403/16 - RGZ 89, 398, 400 und vom 17.1.1940 - II 126/38 - RGZ 162, 388, 395 f. (Gesellschaftsvertrag); BGH vom 15.6.1964 - VIII ZR 255/62 - LM §535 BGB Nr. 50 und vom 17.1.1968 - VIII ZR 207/65 - LM § 196 BGB Nr. 18 (Mietvertrag); vom 21.10.1970 - VIII 255/68 - BGHZ 54, 338, 342 = NJW 1971, 29 f. (Eigenhändlervertrag); vom 28.10.1981 - VIII ZR 302/80 - BGHZ 82, 121,129 f. (Leasingvertrag); vom 28.4.1988 - III ZR 57/87 - BGHZ 104, 337, 341 ff. (Darlehensvertrag); auch Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967) S. 71, 77 f. mit weiteren Nachweisen auf die Rechtsprechung des RG. Siehe auch § 109 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 InsO für einen Schadensersatzanspruch des Vermieters oder Verpächters bei Kündigung oder - vor Gebrauchsüberlassung - Rücktritt des Insolvenzverwalters vom Miet- oder Pachtvertrag; ähnlich § 651 f BGB für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung „unbeschadet" der Minderung oder Kündigung wegen Mängeln der Reise. 238 Oben § 4 B.II.l.a). 239 Deswegen wird de lege ferenda mit Recht vorgeschlagen, daß der Gläubiger die Aufhebung des Vertrages lediglich aufgrund der Leistungsstörung - unabhängig vom Verschulden des Schuldners — verlangen können muß, unten § 9 C.II. 240 Deshalb gibt es Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Schuldnerverzug oder bei Unmöglichkeit der Schuldnerleistung nicht nur im gegenseitigen Vertrag, sondern mit §§ 280, 283 Abs. 1 S.2, 286 Abs. 2 BGB auch bei Leistungsstörungen im nicht gegenseitigen Schuldverhältnis.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

169

gegenseitigen Vertrag schließen einander nicht aus, sondern ergänzen einander in F u n k t i o n u n d W i r k u n g 2 4 1 . D a m i t sprechen gute G r ü n d e dafür, sich über die scheinbar zwingende Alternativität von R ü c k t r i t t und Schadensersatz hinwegzusetzen und den einmal eingeschlagenen Weg des Differenzschadensersatzes fortzusetzen: D e r G l ä u b i ger ist, wenn er seine Gegenleistung bereits erbracht hatte, nicht auf den Surrogationsschadensersatz beschränkt. Vielmehr kann er seine Gegenleistung zurückverlangen, u m so den Weg für eine D i f f e r e n z b e r e c h n u n g seines Interesses freizumachen.

bb)

Rückabwicklungsmechanismus

D a ß der Gläubiger berechtigt ist, seine bereits erbrachte Gegenleistung zurückzufordern, sagt n o c h nichts darüber aus, wie diese R ü c k g e w ä h r zu erfolgen hat. I n Betracht k o m m e n drei R ü c k a b w i c k l u n g s m e c h a n i s m e n :

Rückgewähr

nach Schadensersatzrecht, nach Bereicherungsrecht oder nach den R ü c k t r i t t s vorschriften.

(1)

Schadensersatzrecht?

D e r Wortlaut der §§ 325 Abs. 1 S. 1 und 2, 3 2 6 A b s . 1 S. 2 und 3 B G B legt eine Rückgewährpflicht des Schuldners nach Schadensersatzrecht nahe: D e r Schadensersatzanspruch ist ein einseitiger Anspruch des Gläubigers (Geschädigten) gegen den Schuldner (Schädiger) auf Ausgleich der dem Gläubiger v o m Schuldner schuldhaft zugefügten Nachteile. E r ist nach § 2 4 9 S. 1 B G B v o n vornherein auf eine Differenz, typischerweise eine Vermögensdifferenz gerichtet. § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B verpflichtet den Gläubiger zur R ü c k g e w ä h r empfangener Teilleistungen nach Rücktrittsvorschriften nur, u m dem Gläubiger die Möglichkeit zu eröffnen, den U m f a n g seines Schadens ausgehend von der Nichterfüllung des gesamten Vertrages zu berechnen. D a ß sich die Rückgewährpflicht des Schuldners nach Schadensersatzrecht bestimmt, ist herrschende Meinung. Schon im 19. Jahrhundert war die Auffassung herrschend, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung umfasse die A u f h e bung des Vertrages und die R ü c k f o r d e r u n g des Geleisteten 2 4 2 . In diesem Sinne argumentiert auch die Rechtsprechung, wenn sie dem Gläubiger erlaubt, eine erbrachte Geldleistung als Mindestschaden z u r ü c k z u f o r d e r n 2 4 3 ; und so argumentieren diejenigen, die sich über die Alternativität von R ü c k t r i t t und Schadensersatz wegen Nichterfüllung in §§ 325 A b s . 1 S. 1, 326 A b s . 1 S. 2 B G B hinwegsetzen w o l l e n 2 4 4 . K o n s e q u e n t hält insbesondere Wiedemann, der schon die Näher unten § 9 A. Nachweise bei Scherner, Rücktrittsrecht (1965) S. 150 und 198. 243 Oben § 4 B.II.2.b)aa). 244 Van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 98 ff.; Soergel/Wiedemann 12 (1990) § 325 Rn. 35 ff. 241

242

170

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Rückgewährpflicht des Gläubigers nach §§280 Abs. 2 S.2, 346 ff. BGB durch eine schadensrechtliche Rückgabepflicht ersetzen will, den Gläubiger aufgrund seines Differenzschadensersatzanspruchs für berechtigt, etwaige Vorleistungen zurückzufordern: Wie die Rückgewährpflicht des Gläubigers soll auch die Rückgewährpflicht des Schuldners Bestandteil der schadensrechtlichen Gesamtabwicklung des Vertrages sein 245 . Fraglich ist schon, ob mit dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung überhaupt die Rückgewähr der dem Schuldner erbrachten Leistung in Natur oder lediglich Wertersatz erreicht werden kann. RG und B G H scheinen - für den Sonderfall, daß der Gläubiger einen Teil seiner Gegenleistung durch Inzahlunggabe einer Sache erbringt - von einer Verpflichtung zum Wertersatz auszugehen: Das RG hat dem Käufer einer Sauggasanlage, der seine alte Maschine in Zahlung gegeben hatte, aus §326 Abs. 1 S. 2 BGB als Mindestschaden den Kaufpreis zuzüglich des Werts der in Zahlung gegebenen Maschine zugesprochen; an die Möglichkeit, daß der Käufer die Rückgabe der in Zahlung gegebenen Maschine selbst verlangen kann, hat das Gericht offenbar nicht gedacht 246 . Bei Inzahlunggabe gebrauchter Kraftwagen hat der B G H die Anwendung der Wandelungsvorschriften und damit die Rückgewähr der in Zahlung gegebenen Sache nach §346 S.l BGB ausdrücklich abgelehnt und den Schadensersatzanspruch des Käufers wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften aus §463 BGB ebenfalls anhand des angezahlten Kaufpreises und des Wertes des in Zahlung gegebenen Kraftfahrzeugs berechnet 247 : Es widerspreche dem Zweck des Schadensersatzanspruchs, dem Gläubiger, der bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung von „Wertverlusten seines in Zahlung gegebenen AltfahrzeuBei Teilunmöglichkeit und (Teil-)Vorleistung des Gläubigers für eine typengemischte Rückabwicklung der Schuldnerleistung nach §§280 Abs. 2 S.2, 346ff. BGB einerseits, der Gläubigerleistung nach Schadensersatzrecht andererseits von Jaschke M D R 1954, 202, 203; MünchKomm/Emmerich 3 (1994) §325 Rn.150; Staudinger/Ofto 1 3 (1995) §325 Rn.118; Palandt/Heinrichs 5 ' (1999) §280 Rn.9 und §286 Rn. 13; unklar Staudinger/LöWsc/) 13 (1995) § 280 Rn. 30, dessen Formulierung auf eine schadensrechtliche Gesamtabrechnung sowohl der Gläubiger- als auch der Schuldnerleistung hindeutet, der gleichzeitig aber auf Palandt/ Heinrichs58 (1999) §280 Rn.9 verweist und beim Teilverzug die beiderseitigen Rückgewährpflichten nach Rücktrittsrecht bestimmt, § 286 Rn. 68 f. 245 Soergel/WWema«« 1 2 (1990) § 325 Rn. 35 f., 39, oben § 4 B.II.l.a)bb)[l]; siehe auch von Jaschke M D R 1954, 202, 203. Leser hatte, obwohl er die Rückgewähr der Schuldnerleistung im Wege einer Gesamtabrechnung befürwortete, zunächst einen Anspruch des Gläubigers auf Rückgewähr seiner Gegenleistung im Wege des Differenzschadensersatzes verneint, Leser, Rücktritt (1975) S. 133, 137 f. einerseits, S. 130 f., 144 f. andererseits. Später hat er l a p i d a r - u n d ohne die Abweichung kenntlich zu machen - der Rückgewähr der Gläubigerleistung im Rahmen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung zugeneigt und für § 463 BGB allgemein vertreten, daß die mangelhafte Kaufsache nach Rücktrittsregeln zurückzugeben sei, Ders. in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 391 f. mit Fn. 78 und S. 393. 246 R G vom 12.4.1907 - II 427 und 428/06 - LZ 1907 Sp. 434 Nr. 4 (Sauggasanlage). 247 B G H vom 28.11.1994 - VIII ZR 53/94 - B G H Z 128,111, 116 = LM § 459 BGB Nr. 122 = N J W 1995, 518, 519 = JZ 1995, 263, 264 (Chrysler) in einem Fall, in dem der Käufer den in Zahlung gegebenen Wagen zurückgenommen und veräußert hatte und es deswegen nur um die Differenz zwischen dem Wert des Altfahrzeugs und dem höheren Anrechnungspreis ging.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

171

ges verschont geblieben" wäre, mit dem günstigen Anrechnungspreis einen Vorteil aus dem Vertrag zu n e h m e n 2 4 8 . O b der Gläubiger auf den Geldersatzanspruch beschränkt ist oder mit H i l f e des Schadensersatzanspruchs seine G e g e n leistung in N a t u r zurückfordern kann, erwägt der B G H nicht. Ist diese R e c h t s p r e c h u n g unter Zugrundelegung der D i f f e r e n z m e t h o d e richtig? B e s c h r ä n k t sich der Schadensersatz von vornherein auf die Wertdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung, sind weder Gläubiger n o c h Schuldner gezwungen, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. M i t der B e f r e i ung von den beiderseitigen Leistungspflichten soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, daß der Gläubiger seinen Schadensersatzanspruch als D i f f e renz zwischen Leistung und Gegenleistung berechnen kann. Derselbe R e c h t s zustand kann, wenn die beiderseitigen Leistungen bereits ausgetauscht sind, als Voraussetzung des Differenzschadensersatzes nur dadurch erreicht werden, daß Schuldner und Gläubiger einander die erhaltenen Leistungen gegenständlich z u r ü c k g e w ä h r e n 2 4 9 . N u r dann besteht der Zustand, wie er vor dem A u s tausch der beiderseitigen Leistungen bestand, und damit die M ö g l i c h k e i t einer Differenzrechnung. M ö c h t e der Gläubiger seine Gegenleistung nicht zurückerhalten, m u ß er den Schadensersatz nach der Surrogationsmethode berechnen. B e j a h t man die gegenständliche R ü c k g e w ä h r der beiderseitigen Leistungen, ist damit über die A r t und Weise der R ü c k a b w i c k l u n g nichts gesagt: D i e R ü c k abwicklung der erbrachten Leistungen ist nicht Inhalt, sondern Voraussetzung des Differenzschadensersatzes. Weil die § § 2 4 9 ff. B G B nicht die beiderseitige R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages, sondern nur einen A n s p r u c h des Geschädigten (Gläubigers) gegen den Schädiger (Schuldner) begründen, enthält das Schadensersatzrecht keine Vorschriften über die R ü c k g e w ä h r empfangener Leistungen. Sie ist weder Geldersatz im Sinne der §§ 2 5 0 ff. B G B n o c h Naturalrestitution im Sinne des § 2 4 9 S. 1 B G B : N a c h § 2 4 9 S. 1 B G B hat der Schuldner den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn der z u m Ersatz verpflichtende U m stand nicht eingetreten wäre - im Fall der §§ 325 A b s . 1 S. 1, 3 2 6 A b s . 1 S. 2 B G B also die Lage, die bestünde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß geleistet hätte. H ä t t e er das getan, hätte er auch die Gegenleistung des Gläubigers erhalten und behalten dürfen 2 5 0 . D a m i t steht die an die hypothetische Vertragserfüllung an-

248 BGH vom 28.11.1994 aaO. (Chrysler); Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn.464. Dagegen erhält der Gläubiger nach Wandelung und Rücktritt Wertminderungen nur ersetzt, wenn der Schuldner diese zu vertreten hat, §§ 347 S. 1, 989 BGB. Für Wandelung und Rücktritt steht die Rechtsprechung folgerichtig auf dem Standpunkt, es widerspräche der Rückabwicklung, dem Gläubiger die Vorteile des für ihn günstigen Anrechnungspreises zu erhalten: BGH vom 30.11.1983 - V I I I ZR 190/82 - BGHZ 89, 126, 134 f = NJW 1984, 429; 431 (Kraftfahrzeug); vom 28.11.1994 aaO. (Chrysler), in BGHZ S. X15 f.; a.A. O L G Karlsruhe vom 30.10.1964 - 4 U 31/64 - NJW 1965, 111 (Kraftfahrzeug); abw. auch MünchKomm/./^e« 3 (1994) § 346 Rn. 11 für die Herausgabe des Anrechnungspreises, wenn der in Zahlung gegebene Wagen nicht mehr gegenständlich herausgegeben werden kann. 2 4 9 So Esser/Schmidt I 2 7 (1993) § 28 III 3 a S. 120. 250 Das ist der Standpunkt des Surrogationsschadensersatzes, oben § 3 B.I.2.b)aa).

172

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

knüpfende Schadensersatzverpflichtung einer schadensrechtlichen Rückgewährpflicht des Schuldners entgegen 251 . Ist die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nicht Inhalt, sondern Voraussetzung des Anspruchs auf den Differenzschadensersatz und kommt eine Rückgewähr nach Schadensersatzrecht nicht in Betracht, kann die Rückabwicklung nur nach anderen Vorschriften erfolgen - nach Bereicherungsrecht oder nach Rücktrittsrecht. Daß nicht das Schadensersatzrecht sedes materiae für die Rückgewährpflichten und -anspräche ist, sondern ein vom Gesetz für die Rückabwicklung von Vertragsleistungen speziell vorgesehenes Rückabwicklungsinstitut, ist zeigt auch §280 Abs. 2 BGB, der in Satz 2 anordnet, daß der Gläubiger Teilleistungen des Schuldners Rücktrittsvorschriften zurückgewähren muß. (2)

Bereicherungsrecht?

Vom Standpunkt der herrschenden Meinung liegt nicht eine Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nach Rücktrittsvorschriften, sondern nach Bereicherungsrecht nahe: Erlöschen die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Vertrag mit der vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung oder dem fruchtlosen Ablauf der vom Gläubiger unter Ablehnungsandrohung gesetzten Nachfrist 2 5 2 , fällt der Rechtsgrund für die Leistung nachträglich weg. Gleichwohl haben eine Rückgewähr der Gläubigerleistung nach Bereicherungsrecht ausdrücklich nur Schöller 253 und Weitnauer 254 befürwortet. Daß die herrschende Meinung eine bereicherungsrechtliche Rückgewähr nicht in Erwägung zieht, zeigt eine tiefere Einsicht - wenn diese auch gegen die Prämisse spricht, die beiderseitigen Leistungspflichten endeten automatisch gem. §§ 275, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB. Eine Rückgewährpflicht des Schuldners nach Bereicherungsrecht führte zu absurden Ergebnissen. Während der Gläu251 Gegen eine schadensrechtliche Rückgewähr auch Paschke D B 1983, 1587 mit der schwachen - Begründung, Vermögensschäden, die wie die Eintragung einer Auflassungsvormerkung dem Zahlungsverzug des Schuldners vorausgingen, könnten nicht Folge der Schadensursache sein. Entgegen dem R G vom 15.1.1931 - VI 313/30 - JW 1931, 1183 Nr. 4 (Weinhaus) kann einen Rückgewähranspruch des Gläubigers im Wege der Naturalrestitution nicht mit dem Argument widersprochen werden, der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung sei stets auf Geld gerichtet: Dieser Grundsatz betrifft nur das Verhältnis von Naturalherstellung und Geldersatz für die Leistung des Schuldners, dessen gem. §§275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB erloschene Leistungspflicht aus dem Vertrag nicht gleichsam über den Schadensersatzanspruch wieder reaktiviert werden soll, oben § 3 B.I.l.c). 252 Oben § 3 B.I.2.a). 253 Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 631 ff.; ebenso Ritter ArchBürgR 32 (1908), 458, 485. 254 Weitnauer in Festschrift Heidelberg (1967) S. 71, 95, der S. lOOf. aber einer Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zuzuneigen scheint. Siehe - für den Fall, daß ein Rückforderungsrecht des Gläubigers anzuerkennen sein sollte - auch Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 67; daneben S.67f. für eine Rückgewähr gem. §§ 346 ff. BGB mit subsidiärer Wertersatzhaftung nach Bereicherungsrecht, S. 6 ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

173

biger eine Teilleistung des Schuldners über §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2 BGB nach Rücktrittsvorschriften zurückgewähren müßte, wäre der Schuldner, obwohl er die Leistungsstörung zu vertreten hat, zur Rückgewähr der Gläubigerleistung nur nach Bereicherungsrecht verpflichtet. Das begünstigte den Schuldner insbesondere bei Untergang oder Verschlechterung der empfangenen Leistung: Der Schuldner könnte sich gem. §818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen, ohne Wertersatz leisten zu müssen 255 , während der Gläubiger, der den Untergang oder die Verschlechterung der Schuldnerleistung verschuldet, gem. §§347 S. 1, 989 BGB Schadensersatz leisten müßte - sofern die Rückabwicklung und damit der Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages nicht ohnehin ausgeschlossen wären, §351 BGB 256 . Das widerspricht dem in §327 BGB ausgedrückten Grundsatz: Zwar läßt § 327 BGB eine gemischte Rückabwicklung des Vertrages nach Rücktrittsvorschriften einerseits, nach Bereicherungsrecht andererseits zu. §327 BGB entspricht der gerade gezeigten Rechtslage auch insoweit, als dessen S. 2 nur den Schuldner durch den Verweis auf die §§ 818 ff. BGB privilegiert. § 327 S. 2 BGB will den Schuldner aber ausdrücklich nur dann begünstigen, wenn er die die Rückabwicklung des Vertrages auslösende Leistungsstörung „nicht zu vertreten hat"2il. Daß dies ein allgemeines Prinzip wiedergibt, zeigt neben § 37 VerlG 258 vor allem § 323 Abs. 3 BGB, nach dem der Schuldner bei einer beiderseits nicht zu vertretenden Leistungsunmöglichkeit Rückgewähr der Gläubigerleistung ebenfalls nur nach Bereicherungsrecht schuldet 259 . Die §§ 323,327 BGB machen deutlich: Das Gesetz stellt für die Rückgewährpflichten des Schuldners Rücktrittsrecht und Bereicherungsrecht in ein Stufenverhältnis. Hat der Schuldner die Leistungsstörung zu vertreten, soll er nach Rücktrittsvorschriften zur Rückgewähr verpflichtet sein. Nur wenn er für die Leistungsstörung nicht verantwortlich ist, wird er mit der Rückabwicklung über Bereicherungsrecht privilegiert.

255 Die Saldotheorie ist bei einer gemischten Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht einerseits, Rücktrittsvorschriften andererseits nicht anwendbar, unten § 5 D.I.4.a). 256 Darauf haben auch hingewiesen Schöller Gruchot 44 (1900), 603, 634, 636; Kisch JherJb 44 (1902), 68,119 f.; von Mayr in 27. DJT (1904) II S. 167,189. Siehe auch Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 159. 257 Siehe auch Kisch aaO. S. 120 und von Mayr aaO. S. 190. Gleichwohl stützt sich Schöller aaO. S. 636 für einen bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch des Gläubigers auf § 327 S.2 BGB. 258 Unten § 2 F.III.l.b). 259 Oben § 2 E.II.2.a)aa). Zu vertreten hat der Schuldner auch jeden Sachmangel - zwar nicht im Sinne der §§ 276, 278 BGB, aber im Wege einer gesetzlichen Garantiehaftung. So insbesondere die Formulierung in §462 BGB: ,,[w]egen eines Mangels, den der Verkäufer nach den Vorschriften der §§ 459, 460 zu vertreten hat" - Hervorhebungen von mir; vgl. auch §§460 S. 1,461 BGB.

174 (3)

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Rücktrittsrecht

Will man dem Gläubiger grundsätzlich das R e c h t einräumen, als Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung die R ü c k g e w ä h r seiner Gegenleistung verlangen zu können, bleibt nur die R ü c k g e w ä h r nach Rücktrittsvorschriften. D a s liegt auch aus Waffengleichheitsgründen nahe: Ist schon der Gläubiger gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 3 2 6 Abs. 1 S. 3 , 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B verpflichtet, Teilleistungen des Schuldners nach den § § 3 4 6 - 356 B G B z u r ü c k zugeben, m u ß sich die Pflicht des Schuldners zur R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung ebenfalls nach den §§ 346 - 3 5 6 B G B richten 2 6 0 . F ü r die beiderseitige R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages nach §§ 3 4 6 - 3 5 6 B G B als erste Stufe des Schadensersatzanspruchs gibt der Wortlaut des § 2 8 0 Abs. 2 B G B entgegen von J a s c h k e 2 6 1 nichts her. Z w a r scheint § 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B wegen seines generellen Verweises auf die §§ 3 4 6 - 3 5 6 B G B den Schluß zuzulassen, die beiderseitigen Rückgewährpflichten sollten dem R ü c k t r i t t s r e c h t unterstellt werden. D e r systematische Zusammenhang mit dem ersten Satz macht jedoch deutlich, daß § 2 8 0 A b s . 2 B G B nur die Pflichten des Gläubigers regelt, der entgegen §§ 325 Abs. 1 S. 1 , 2 8 0 A b s . 1 B G B Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit bzw. des gesamten Vertrages verlangt 2 6 2 . Das wird auch durch die Gesetzgebungsgeschichte erhellt, die in E I § 2 4 2 [ § 2 8 0 Abs. 2 B G B ] n o c h ausdrücklich von der Rückgewährpflicht nur des Gläubigers sprach: „Ist die Leistung in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes nur theilweise unmöglich geworden, so kann der Gläubiger, wenn der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung für ihn kein Interesse hat, unter Ablehnung oder Zurückgewährung dieses Theiles Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen. Die Vorschriften des § 427 Abs. 2, 3 [§ 347 S. 2, 3 B G B ] und der §§ 428 [§ 348 BGB], 431, 433 [ohne Entsprechung] finden entsprechende Anwendung." 263 G e g e n die Pflicht des Schuldners, dem Gläubiger empfangene Leistungen nach § § 3 4 6 ff. B G B zurückzugewähren, argumentieren diejenigen, die die R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung grundsätzlich befürworten: E i n e R ü c k g e währpflicht nach Rücktrittsvorschriften setze sich mit der durch „ o d e r " ausgedrückten strikten Alternativität von Schadensersatz wegen Nichterfüllung und

260 Vgl. für den Fall, daß ein Rückforderungsrecht des Gläubigers anzuerkennen sein sollte, auch Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 67 f. - neben einer bereicherungsrechtlichen Rückgewähr und bei Rückgewähr gem. §§ 346 ff. BGB mit subsidiärer Wertersatzhaftung nach Bereicherungsrecht, S. 6 ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754. 261 Von Jaschke MDR 1954, 202, 203, der den Wortlaut in diese Richtung für zwingend hält, gleichwohl aber eine Rückgewährpflicht des Schuldners nach Schadensersatzrecht befürwortet - unter Berufung auf die Gesetzgebungsgeschichte und auf § 325 Abs. 1 S. 2 BGB. 262 Adler ZHR 86 (1923), 1, 35 und 82 ff.; van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 99 f.; siehe auch Niederländer in Festschrift Wahl (1973), 243, 253. 263 Hervorhebungen von mir.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

175

Rücktritt in §§ 325 Abs. 1 S. 1 , 3 2 6 Abs. 1 S. 2 B G B in Widerspruch. Gemeint ist, daß die §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B die Kombination von Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rückabwicklung nach Rücktrittsrecht ausschließen, hingegen einer Schadensberechnung nicht im Wege stehen, die die Rückforderung der Gegenleistung mit einbezieht 2 6 4 . D a ß die Konjunktion „oder" nicht die Rückgewähr der Vorleistung des Gläubigers überhaupt, sondern nur die Rückgewähr nach Rücktrittsrecht verhindert, begründet allein Wiedemann: Die Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung sei ausgeschlossen, weil „beide Rechtsbehelfe die Abwicklung des Vertrages in verschiedener Weise einleiten und durchführen" 2 6 5 . Auch Leser ordnet wegen des unterschiedlichen Zuschnitts und der voneinander abweichenden Ziele Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung ein als „getrennte Behelfe, die sich nicht kombinieren lassen" 2 6 6 . Die Behauptung, der Gläubiger müsse seine Gegenleistung mit dem Differenzschadensersatz zurückfordern, weil die § § 3 2 5 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B den Rücktritt neben Schadensersatz, nicht aber die Rückabwicklung des Vertrages im Wege des Schadensersatzes ausschlössen, ist nicht mehr als ein Kunstgriff: D e r Gesetzgeber hat nicht eine bestimmte Rückabwicklung des Vertrages ausschließen, sondern überhaupt verhindern wollen, daß der Gläubiger mit der Rückabwicklung der Leistungen einerseits vom Vertrag abgeht und mit dem Schadensersatzverlangen andererseits gleichzeitig am Vertrag festhält und so einander widersprechende Ziele miteinander verbindet. Es greift zu kurz, wenn man aus der Prämisse des Gesetzgebers, der Rücktritt hebe den Vertrag ex tunc auf und entziehe dem als Fortsetzung der vertraglichen Leistungspflichten mit einem Geldsurrogat verstandenen Schadensersatzanspruch den Boden 2 6 7 , den Schluß zieht, der Wille des Gesetzgebers richte sich nur gegen den Rückgewährmechanismus Rücktritt 2 6 8 . D a ß die Einschätzung Wiedemanns und Lesers nicht zutrifft, Rücktrittsund Schadensersatzrecht seien als unterschiedliche Rückabwicklungsmechanismen miteinander unvereinbar, zeigt § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B mit seinem Verweis auf die § § 3 4 6 ff. B G B . Ist die Rückabwicklung von Teilleistungen des Schuldners Voraussetzung für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages, sind nach dem Willen des Gesetzgebers gerade die R ü c k trittsvorschriften sedes materiae. Das ist auch folgerichtig, weil das Schadenser264 S o e r g e l / W i e d e m a n n 1 2 (1990) § 3 2 5 R n . 3 5 f . ; ausdrücklich auch von Jaschke MDR 1954, 202, 203 für den Fall der Teilunmöglichkeit, der außerdem mit der „Billigkeit" argumentiert. Allgemein geht von der Unvereinbarkeit von Rücktrittsrecht und Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus Leser, Rücktritt (1975) S. 145 ff., abw. aber wohl Ders. in Festschrift E . W o l f (1985), 373,393. 265 Soerge\/Wiedemannn (1990) § 325 Rn. 36, vor § 275 Rn. 76. 266 Leser, Rücktritt (1975) S. 144 f. mit S. 147 f.; abw. aber wohl Ders. in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 393: „Für die Durchführung der Rückgabe einer geleisteten Sache bei § 4 6 3 B G B sind die Rücktrittsregeln ... miteinzubeziehen." 267 Oben § 4 B.II.2.a). 2 6 8 So insbesondere S o e r g e l / W i e d e m a n n n (1990) § 325 Rn. 36.

176

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

satzrecht keine besonderen Vorschriften für die R ü c k a b w i c k l u n g v o n Leistungen enthält: D i e §§ 2 4 9 ff. B G B sind rudimentär und regeln den Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Leistungsstörungen im gegenseitigen Vertrag wenn überhaupt, dann nur ungenügend. A u c h Adler als Anhänger der Surrogationstheorie schließt aus § § 3 2 5 Abs. 1 S. 2 , 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B , daß die Differenztheorie nur dann konsequent durchgeführt werden k ö n n e , wenn sie nicht nur den Gläubiger zur R ü c k g e w ä h r nach §§ 3 4 6 ff. B G B verpflichte, sondern ihm auch einen A n s p r u c h auf R ü c k g e w ä h r seiner Vorleistung nach R ü c k t r i t t s r e c h t gebe 2 6 9 . D i e mit der Differenztheorie eingeleitete A b k e h r v o m G e s e t z müsse w e n n , dann konsequent durchgeführt werden; man müsse „sich v o m G e s e t z e ganz losreißen und die Verbindung der D i f f e r e n z r e c h n u n g mit dem R ü c k t r i t t z u l a s s e n " 2 7 0 . E r bringt die I n k o n s e q u e n z der herrschenden M e i n u n g auf den Punkt: „Eine gesetzwidrige Lehre kann noch immer Boden und Konsequenz und innere wissenschaftliche Wahrheit haben. Sie kann besser sein, als das Gesetz, wenngleich niemals gut. Eine Lehre, die dem Gesetz ein Bein herausreißt und mit dem Krüppel dann dialektische Tänze aufführt, um sich und andere mit vorgeblicher Gesetzestreue zu betrügen, steht unter jeder wissenschaftlichen Kritik... " 2 7 1 Es ist zuzugeben, daß die R ü c k a b w i c k l u n g auch der Gläubigerleistung nicht mit der Alternativität von R ü c k t r i t t und Schadensersatz in § § 3 2 5 A b s . 1 S. 1, 3 2 6 A b s . 1 S. 2 B G B in E i n k l a n g steht. D e r Widerspruch liegt aber nicht in der A r t und Weise der R ü c k a b w i c k l u n g , sondern darin, daß man eine R ü c k a b w i c k lung trotz des Schadensersatzverlangens des Gläubigers überhaupt zuläßt: D i e R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung nach R ü c k t r i t t s r e c h t widerspricht den § § 3 2 5 , 3 2 6 B G B nicht mehr, als dies die R ü c k f o r d e r u n g etwa einer Geldleistung im Wege des Differenzschadensersatzes oder die R ü c k f o r d e r u n g nach Bereicherungsrecht tut. E s ist die Frage nach dem „ O b " der R ü c k a b w i c k l u n g , die das G e s e t z mit „ N e i n " beantwortet. Setzt man sich über den die Verbindung von Schadensersatz und R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung verbietenden Wortlaut der §§ 325 Abs. 1 S. 1, 3 2 6 A b s . 1 S. 2 B G B hinweg, m u ß die Frage nach dem „Wie" erst gestellt werden. D i e A n t w o r t legt das G e s e t z mit dem Verweis auf die §§ 3 4 6 - 3 5 6 B G B in § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B selbst nahe 2 7 2 .

Adler ZHR 86 (1923), 1, 32 ff., 82 ff. Adler aaO. S. 37, 84 ff., 89 f. 271 Adler aaO. S. 37, siehe auch S. 85 f. Der Wertung Adlers, die Beschränkung des Differenzschadensersatzes auf den Gläubiger, der noch nicht geleistet habe, sei inkonsequent, schließt sich als Vertreter der Surrogationstheorie auch Oertmann5 (1928) $325 Anm. lb I II an. 272 Selbstverständlich von einer Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften geht aus M. Wolf Jur. Analysen 1969, 119, 128 und 129. Für eine Kombination von Rücktritt und Schadensersatz in offener Korrektur des Gesetzes Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 147 ff., 156 ff.; so auch Kohler; Rückabwicklung (1989) S.67f., für den eine Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften aber immer zugleich die Anwendung der Bereicherungsgrundsätze bedeutet, S. 6 ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754. Siehe auch Adler ZHR 86 (1923), 1, 37 269

270

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

177

D a ß in analoger A n w e n d u n g des § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B auch der Schuldner zur R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung nach Rücktrittsvorschriften verpflichtet wird, fügt sich in das System des B G B ein. Systematische Schwierigkeiten bereitet für das „Wie" der R ü c k a b w i c k l u n g nicht die Rückgewährpflicht des Schuldners nach den §§ 3 4 6 ff. B G B , sondern die in § 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B ausdrücklich angeordnete Pflicht des Gläubigers, empfangene Teilleistungen des Schuldners nach Rücktrittsvorschriften zurückzugeben: D e r Schuldner, nicht der Gläubiger hat die Leistungsstörung zu vertreten. D a ß das G e s e t z den Gläubiger gleichwohl nach Rücktrittsvorschriften zur R ü c k g e w ä h r verpflichtet, scheint der für den Schuldner in §§ 3 2 7 S. 2, 323 A b s . 3 B G B getroffenen A b s t u fung - R ü c k g e w ä h r nach Rücktrittsvorschriften bei zu vertretenden Leistungsstörungen, Herausgabe nach Bereicherungsvorschriften bei nicht zu vertretenden Leistungsstörungen - zu widersprechen. D e s w e g e n will die herrschende M e i n u n g § 3 2 7 S. 2 B G B analog auf den rücktritts- oder wandelungsberechtigten Gläubiger anwenden und diesen generell durch eine Bereicherungshaftung privilegieren 2 7 3 . E i n e bereicherungsrechtliche R ü c k g e w ä h r widerspricht aber nicht nur dem Wortlaut des § 327 S. 2 B G B , sondern auch dem ausdrücklichen Verweis auf die § § 3 4 6 ff. B G B in § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B 2 7 4 . O r d n e t das G e s e t z für den fragwürdigeren Fall, die Rückgewährpflichten des Gläubigers, über § 2 8 0 A b s . 2 S. 2 B G B ausdrücklich die A n w e n d u n g der §§ 3 4 6 ff. B G B an, m u ß erst recht der Schuldner zur R ü c k g a b e der Gläubigerleistung nach R ü c k t r i t t s recht verpflichtet sein - wenn man eine solche Rückgewährpflicht überhaupt befürwortet. D i e K o m b i n a t i o n von Schadensersatzanspruch und R ü c k g e w ä h r a n s p r u c h des Gläubigers nach Rücktrittsvorschriften ist dem G e s e t z nicht fremd: U b e r §§ 2 8 0 A b s . 2 S. 2 , 3 4 7 A b s . 2 S. 2, 994 A b s . 2 B G B hat der Schadensersatzgläubiger ohnehin einen rücktrittsrechtlichen A n s p r u c h auf Ersatz seiner auf die Teilleistung gemachten notwendigen Verwendungen. D a m i t ändert die beiderseitige R ü c k g e w ä h r der ausgetauschten Leistungen gem. §§ 3 4 6 ff. B G B das G e s e t z und 82 ff., der die Differenzmethode als eine dem BGB widersprechende Schadensberechnung wenn, dann konsequent nur mit Hilfe einer Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nach Rücktrittsvorschriften für durchführbar hält. Auch Soergel!Wiedemann u (1990) §280 Rn. 2 und 34 hält die Unvereinbarkeit von Schadensersatz und Rückabwicklung nach Rücktrittsrecht nicht durch: Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 280 Abs. 2 BGB sollen sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner zur Rückgewähr nach §§ 346 ff. BGB verpflichtet sein; mit § 280 Abs. 2 S. 2 BGB habe das Gesetz praktisch die Kumulation von Schadensersatz und Rücktritt anerkannt. Siehe auch R G R K / A l f f 2 (1976) § 280 Rn. 8, § 286 Rn. 15; Staudinger/Löwisch" (1995) § 286 Rn. 68 (anders aber § 280 Rn. 30). Gegen das Argument aus §280 Abs. 2 S. 2 BGB van den Daele, Gegenseitiger Vertrag (1968) S. 99 f. (für eine Rückgewähr nach Schadensersatzrecht); Paschke DB 1983, 1587, 1588 (für die Löschung einer zugunsten des Schuldners eingetragenen Auflassungsvormerkung nach § 894 BGB); siehe auch Niederländer in Festschrift Wahl (1973), 243, 253. 273 Konsequent müßte dieses Privileg auch für den Gläubiger gelten, der im Rahmen des Schadensersatzes zur Rückgewähr empfangener Schuldnerleistungen verpflichtet ist. 274 Zum grundsätzlichen Problem der analogen Anwendung des § 327 S. 2 BGB unten § 9 B.II.

178

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

nicht, sondern erweitert lediglich die im R a h m e n des Schadensersatzanspruchs ohnehin bestehenden R ü c k g e w ä h r p f l i c h t e n des Schuldners über die Pflicht z u m Verwendungsersatz hinaus auf die Pflicht zur R ü c k g e w ä h r der Gegenleistung und zur Nutzungsherausgabe. Fraglich k a n n nur sein, ob die § § 3 4 6 ff. B G B die beiderseitige R ü c k g e w ä h r abschließend regeln oder nicht. Hinsichtlich der Pflicht zur R ü c k g e w ä h r der aufgrund des Vertrages ausgetauschten Leistungen ist ein solcher Vorrang des § 346 B G B zu bejahen - nur so läßt sich konsequent durchhalten, daß die R ü c k gewähr der beiderseitigen Leistungen Voraussetzung u n d nicht Inhalt des Schadensersatzanspruchs ist. M u ß der Schuldner analog § § 2 8 0 Abs. 2 S. 2, 346 S. 1 B G B ein G r u n d s t ü c k zurückgeben, w e r d e n dadurch die Verrenkungen der herrschenden M e i n u n g überflüssig, die ihn bereicherungsrechtlich zur A u f h e bung einer bereits erklärten A u f l a s s u n g bzw. z u m Verzicht auf die Rechte aus der Eintragungsbewilligung verpflichten will 2 7 5 . Der R ü c k g e w ä h r a n s p r u c h aus § 346 S. 1 B G B unterscheidet sich vom Schadensrecht auch, soweit der Gläubiger eine Geldleistung zurückverlangt: W ä h r e n d das Schadensrecht dem Gläubiger die R ü c k f o r d e r u n g von Geldleistungen als Mindestschaden nur dann erlaubt, w e n n der Schuldner die Rentabilitätsvermutung nicht widerlegt 2 7 6 , erhält der Gläubiger nach § 3 4 6 S.l B G B seine Geldleistung auch dann z u r ü c k , w e n n sich das Rechtsgeschäft für ihn als Verlust erweist. Das entspricht im Ergebnis der Auffassung, die das R G anfänglich eingenommen hatte 2 7 7 . In A n l e h n u n g an § § 3 2 5 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 B G B ist Voraussetzung für die R ü c k f o r d e r u n g der eigenen Leistung als erste Stufe des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung, daß der Gläubiger an der Erfüllung des Vertrages kein Interesse mehr hat: Die Kombination von R ü c k g e w ä h r nach R ü c k trittsvorschriften u n d Schadensersatz gewährt dem Gläubiger weitreichende Rechte - er kann vollständig v o m Vertrag abgehen u n d bereits erbrachte Leistungen rückgängig machen, gleichwohl aber sein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages liquidieren. Dann m u ß er auch an die einschränkenden Voraussetzungen gebunden sein, die die § § 3 2 5 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 B G B für die R ü c k g e w ä h r von Leistungen als Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs wegen N i c h t e r f ü l l u n g aufstellen. Diese Einschränkung weicht von der herrschenden M e i n u n g ab, die die R ü c k f o r d e r u n g einer Geldleistung als Mindestschaden nicht von einem Interessewegfall abhängig macht. O b die § § 3 4 6 ff. der ausgetauschten densersatzanspruch ergänzt, soll erst im

B G B das Schadensrecht hinsichtlich der R ü c k a b w i c k l u n g Leistungen auch ansonsten verdrängen oder ob der Schawegen Nichterfüllung die Rechte des Gläubigers insoweit Zusammenhang der einzelnen R ü c k a b w i c k l u n g s f r a g e n be-

Gerade § 4 B.II.2.b)cc). Jedenfalls, wenn sie die Rückforderung schadensrechtlich begründen will und den Obersatz, eine Geldleistung könne als Mindestschaden liquidiert werden, nicht lediglich als feststehende, nicht mehr zu begründende und deswegen per se subsumtionsfähige Regel ansieht. Zur Rentabilitätsvermutung noch unten § 7 B.I. 2 7 7 Oben § 4 B.II.2.b)aa). 275

276

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

179

handelt werden. Problematisch ist zum einen, ob der auf notwendige Verwendungen beschränkte Aufwendungsersatz der §§ 347 S. 2, 994 Abs. 2 BGB den nach Schadensrecht möglichen Aufwendungsersatz einschränkt 278 . Zum anderen muß geklärt werden, ob der Gläubiger über §§ 347 S. 1, 989 BGB Schadensersatz nur für vom Schuldner verschuldete Wertverluste der Sache geltend machen oder ob er im Wege des Schadensersatzes auch Ersatz solcher Wertverluste verlangen kann, die allein aufgrund des Zeitablaufs eingetreten sind. N u r mit Hilfe des Schadensersatzes könnte sich der Gläubiger etwa auch die Vorteile des Anrechnungspreises erhalten, zu dem er ein Kraftfahrzeug als Teil der Gegenleistung in Zahlung gegeben hat 279 .

III. §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB 1. Rückgewähr

der mangelhaften

Sache?

Wird ein Kaufvertrag mangelhaft erfüllt, sollen nach herrschender Meinung die Leistungen im Wege des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung gem. §§463, 480 Abs. 2 BGB rückabgewickelt werden können: Der Käufer ist nicht darauf beschränkt, die mangelhafte Kaufsache zu behalten und als Schadensersatz die Wertdifferenz zwischen der mangelhaften und der fehlerfreien Sache zu verlangen. Vielmehr kann er im Wege der Schadensregulierung auch die Kaufsache zurückweisen oder zurückgeben und Schadensersatz unter Einbeziehung seiner Gegenleistung fordern, sogenannter großer Schadensersatz 280 . Das soll 278

Unten § 6 B.I.3 und § 7 B. Siehe oben § 4 B.II.2.c)bb)[l]. 280 Für den großen Schadensersatz RG vom 24.10.1902 - II 192/02 - R G Z 52, 352, 355 ff. (Levantiner Haselnußkerne) zu § 480 Abs. 2 Var. 1 BGB; vom 19.6.1917 - II 20/17 - R G Z 90, 332, 334 (Tornister) zu § 480 Abs. 2 Var. 1 BGB; vom 24.10.1919 - VII 185/19 - WarnR 1920 Nr. 107 = Recht 1920 Nr. 381 (Lagerhaus I) zu § 635 BGB; vom 22.10.1931 - VI 183/31 - R G Z 134, 83, 90 (Hausgrundstück - Friedensmieten) zu §463 S. 1 BGB. Ausdrücklich für ein Wahlrecht RG vom 27.10.1902 - II 228/02 - R G Z 53, 89, 92 (Kleesamen) zu § 480 Abs. 2 Var. 1 BGB; vom 18.12.1925 - VI 44//25 - J W 1926, 985 Nr. 6 (Lagerhaus II) zu §635 BGB; vom 18.5.1931 - VI 5 9 0 / 3 0 - W a r n R 1931,247 Nr. 121 = JW 1931,3270 Nr. 10 (Hausschwamm) zu §463 S. 2 BGB. In ständiger Rechtsprechung zu §§ 463, 480 Abs. 2 BGB für ein Wahlrecht: BGH vom 8.1.1959 - VIII ZR 174/57 - B G H Z 29, 148, 151 = N J W 1959, 620 (Lastkraftwagen); vom 2.10.1968 - V I I I ZR 1 7 7 / 6 6 - N J W 1968, 2375 (Maschine); vom 22.11.1985 - V ZR 2 2 0 / 8 4 B G H Z 96, 283, 287 = LM §463 BGB Nr. 47 = N J W 1986, 920, 921 = W M 1986, 361, 362 = JZ 1986, 495, 496 mit Anm. Honsel! = JR 1986, 327, 328 mit krit. Anm. Schubert (Musterhaus); vom 23.6. 1989 - V ZR 40/88 - B G H Z 108, 156, 159 = LM § 463 BGB Nr. 53 = N J W 1989, 2534,2535 = W M 1989,1390,1391 (Eigentumswohnung - mangelhafte Heizungsanlage); vom 9.10.1991 - VIII ZR 88/90 - B G H Z 115, 286, 289 = LM § 377 H G B Nr. 36 = N J W 1992, 566, 567 f. = W M 1992, 147, 148 = JZ 1992, 588, 589 mit Anm. Hühner = JR 1992, 328, 329 mit Anm. Schubert (Granulat); vom 28.11.1994 - VIII ZR 53/94 - B G H Z 128, 111, 115 = LM §459 BGB Nr. 122 = N J W 1995, 518, 519 = J Z 1995, 263, 264 (Chrysler); vom 14.6.1996-V ZR 105/95 - NJW-RR 1996, 1332,1333 (Erkerhaus). Zu § 635 BGB: B G H vom 5.5.1958 - VII 279

180

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

auch für den Schadensersatzanspruch wegen Mangelfolgeschäden aus positiver ForderungsVerletzung gelten 281 . Das Recht des Käufers oder Bestellers, die mangelhafte Kaufsache oder das mangelhafte Werk im Wege des großen Schadensersatzes zurückzugeben, wird heute nicht mehr begründet, sondern als selbstverständlich vorausgesetzt 282 . Wie der Vergleich mit §§ 325, 326 BGB zeigt, ist die Kombination von Rückgewähr der vertraglich erhaltenen Leistungen und Ersatz des weitergehenden Schadens aber nicht so selbstverständlich, wie es scheint. Deshalb muß nach einer Begründung gesucht werden: a)

Begründung

aa) Wortlautargument

des RG

Das RG hat in der den Ausgangspunkt seiner Rechtsprechung bildenden Entscheidung vom 24.10.1902 (Levantiner Haselnußkerne) aus dem Wortlaut der §§ 463, 480 Abs. 2 BGB auf das Recht des Käufers geschlossen, die mangelhafte Kaufsache im Rahmen des Schadensersatzanspruchs zurückzugeben: „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" heiße, daß der Käufer nicht darauf beschränkt sei, die Kaufsache zu behalten und nur den aus dem Minderwert resultierenden Mangelschaden zu liquidieren. Vielmehr könne er sich auf den Standpunkt stellen, der Verkäufer habe wegen der Mangelhaftigkeit gar nicht erfüllt: Der Käufer müsse dann die mangelhafte Kaufsache zurückweisen oder -geben und den Schadensersatz geltend machen, der sich aus der vollständigen Nichterfüllung des Vertrages ergebe. Hätte der Gesetzgeber den Käufer darauf beschränken wollen, die Kaufsache zu behalten und nur den Minderwert und etwaige Folgeschäden zu liquidieren, hätten statt des Ausdrucks „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" die Worte „Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit der Sache" nähergelegen, wie das Gesetz in § 341 Abs. 2 BGB mit der Formulierung „Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung" und in § 524 Abs. 1 BGB mit der Fassung „den daraus [dem arglistigen Verschweigen eines Fehlers der verschenkten Sache] entstehenden Schaden" zeige 283 . Das Wortlautargument des RG ist auf den ersten Blick bestechend. Gegen die reichsgerichtliche Argumentation läßt sich insbesondere nicht einwenden, ZR 130/57 - B G H Z 27, 215, 216ff. = N J W 1958, 1284f. = JZ 1959, 125f. mit Anm. Erman (Drahtseilbahn); vom 27.2.1996 - X ZR 3/94 - N J W 1996, 1749,1750 (Falzapparat). Abi. nur wenige, etwa Max Wolff JherJb 56 (1910), 1, 55, 77 ff.; siehe auch Süss, Sachmängelgewährleistung (1931) S. 57, 61 f., 87 ff. 281 RG vom 20.9.1918 - VII 133/18 - R G Z 95, 2, 3 f. (Schotteranlage) - obiter dictum zum Werkvertrag; von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 626 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 172. 282 Vgl. etwa Köhler JuS 1979, 496; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 462; Stauding e r / H o n s e l P (1995) § 463 Rn. 57. 283 RG vom 24.10.1902 - II 192/02 - R G Z 52, 352, 355 ff. (Levantiner Haselnußkerne) zu § 480 Abs. 2 Var. 2 BGB.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

181

der Gesetzgeber habe sich mit der Formulierung „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" nicht näher auseinandergesetzt284. Denn das Gesetz ist aus seinem Gesamtzusammenhang und nicht aufgrund der (Nicht-)Uberlegungen des Gesetzgebers zu interpretieren. Gegen das Wortlautargument spricht auch nicht, daß §538 B G B mit „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" zwingend den Differenzschadensersatz bezeichnet 285 . Daß Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Mietmängelrecht lediglich den Mangelschaden meint, liegt an der Besonderheit des Dauerschuldverhältnisses, das keine Rückabwicklung erbrachter Leistungen kennt, sondern lediglich eine ex-nunc-Beendigung durch Kündigung. Gegen die Schlußfolgerung des RG aus dem Wortlaut der §§463, 480 B G B spricht aber die schadensrechtliche Grundnorm des allgemeinen Leistungsstörungsrechts: $ 280 Abs. 1 BGB meint mit „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" gerade Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung. Denn der Gläubiger hat einen Schadensersatzanspruch nur, „soweit" die Leistung aufgrund eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist 286 . Nur ausnahmsweise ist der Gläubiger aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in §§ 280 Abs. 2, 325 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten Verbindlichkeit bzw. des gesamten Vertrages zu verlangen287. bb) Erst-Recbt-Argument

des

BGH

Der B G H hat in seiner Leitentscheidung vom 5.5.1958 (Drahtseilbahn) ausdrücklich offengelassen, „ob die Begründung, die das Reichsgericht... aus dem Sprachgebrauch des Bürgerlichen Gesetzbuches herleitet, zwingend ist". Für den Schadensersatzanspruch aus § 635 B G B hat er die Berechtigung des Bestellers zur Rückgabe des mangelhaften Werkes a maiore aus § 634 B G B geschlossen: Wenn § 634 B G B schon bei einem bloß objektiven Mangel des Werkes die Wandelung und damit die Rückgängigmachung des Vertrages ermögliche, müsse der Schadensersatzanspruch, der mit dem vom Unternehmer zu vertretenden Mangel an weiterreichende Voraussetzungen geknüpft sei, den Besteller berechtigen, den Schaden unter Rückgabe des mangelhaften Werkes zu berechnen 288 . Dieses Argument kann ebenso für die kaufvertraglichen Schadenser284 Klein-Blenkers AcP 194 (1994) 352, 356 mit Fn. 7, der den Willen des Gesetzgebers für stärker hält als den von ihm gewählten Gesetzeswortlaut. Der Gesetzgeber hat den „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" bei Sachmängeln als „vollen Schadensersatz" (§ 26 des von Küheischen Teilentwurfs zum Obligationenrecht, abgedruckt bei Jakobs/Schubert §§432 651 [1980] S. 137), als das „(positive) Erfüllungsinteresse" (Mot. II S.229) und als das „Erfüllungsinteresse" (Prot. I S. 687) definiert. 2 8 5 So Kipp in 27. DJT (1904) I S.249, 292, der den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages insoweit für eine „Absurdität" hält. 286 Kipp in 27. DJT (1904) I S. 249, 289. 287 Kipp aaO. 2 8 8 B G H vom 5.5.1958 - VII ZR 130/57 - BGHZ 27, 215, 218 f. = NJW 1958, 1284, 1285 = JZ 1959, 125, 126 mit Anm. Erman (Drahtseilbahn); zust. Todt, Sachmängel (1970) S. 197.

182

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

satzansprüche aus §§ 463, 480 Abs. 2 B G B geführt werden: Sie bestehen anders als der Anspruch auf Wandelung nicht schon bei bloßen Mängeln der Kaufsache (§§ 462, 459 B G B ) , sondern setzen zusätzlich Vorsatz des Verkäufers, nämlich das arglistige Verschweigen eines Mangels (§§ 463 S. 2, 480 Abs. 2 B G B ) 2 8 9 oder eine Verkäufergarantie voraus, nämlich die Zusicherung besonderer Sacheigenschaften ( § § 4 6 3 S. 1, 480 Abs. 2 B G B ) . Auch die Auffassung des B G H überzeugt auf den ersten Blick. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich jedoch schon die Prämisse, der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung sei tatbestandlich an weiterreichende Voraussetzungen geknüpft als der Anspruch auf Wandelung, als unzutreffend. Denn das Kauf- und Werkgewährleistungsrecht bindet die Rückabwicklung des Vertrages im Wege der Wandelung an eine zusätzliche Voraussetzung, die den §§ 463, 480 Abs. 2, 635 B G B fremd ist: Gem. §§ 459 Abs. 1 S. 2, 634 Abs. 3 B G B können Käufer oder Besteller den Kauf- oder Werkvertrag nur wandeln, wenn der Sachmangel den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache oder des Werkes mehr als unerheblich mindert. Eine entsprechende Einschränkung kennen die § § 4 6 3 , 480 Abs. 2, 635 B G B nicht. Zwar könnte das Erfordernis einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Wertes oder der Gebrauchstauglichkeit auf den Schadensersatzanspruch übertragen werden - was der B G H nicht tut 2 9 0 . Die Argumentation des Gerichts, der Schadensersatzanspruch setze mehr voraus als die Wandelung und müsse deswegen wie die Wandelung die Rückabwicklung des Vertrages ermöglichen, verliert aber an Uberzeugungskraft. Selbst wenn man unterstellt, daß die Schadensersatzansprüche wegen N i c h t erfüllung in § § 4 6 3 , 480 Abs. 2, 635 B G B an die in § § 4 6 2 , 634 B G B genannten Tatbestandsvoraussetzungen anknüpfen und mit der Zusicherung, der Arglist oder dem Vertretenmüssen lediglich eine zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung aufstellen, stimmt die Schlußfolgerung des B G H nicht. Die Kombination verschiedener Voraussetzungen ergibt nicht zwingend ein Mehr an Rechtsfolgen, sondern kann ebenso auf andere Rechtsfolgen zielen. Zudem beschränkt sich das Gericht darauf, mit der Behauptung, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlange mehr als der Anspruch auf Wandelung, die Zulässigkeit des großen Schadensersatzes zu begründen. Die Argumentation, aus der Kombination der Wandelungs- mit weiteren Voraussetzungen folge die Kumulation der Rechtsfolgen, müßte konsequent aber dazu führen, daß Schadensersatzanspruch und Wandelung jedenfalls in den sich deckenden Rechtsfolgen gleich ausgestaltet werden. Diese Schlußfolgerung zieht der B G H nicht 2 9 1 . Damit bleibt er auf halbem Wege stehen.

2 8 9 D e m stellt die ganz herrschende Meinung das arglistige Vorspiegeln nicht vorhandener Sacheigenschaften gleich; siehe nur Palandt/P«fzo 5 8 (1999) § 463 Rn. 13. 2 9 0 Gleich § 4 B . I I I . l . b ) b b ) . 2 9 1 § 4 B . I I I . l . b ) b b ) und insbesondere § 5 B . I . l . zur Unmöglichkeit der Rückgewähr.

B. Schadensersatz wegen

cc) Schadensrechtliche

Nichterfüllung

183

Argumente

In der Literatur wird die R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages im R a h m e n der Schadensersatzansprüche aus §§ 463, 4 8 0 Abs. 2, 635 B G B häufig als eine besondere schadensrechtliche A b w i c k l u n g gerechtfertigt. A u c h der B G H hat im Granulat-Fall die Wahl zwischen kleinem und großen Schadensersatz als „lediglich eine Frage der Schadensberechnung" bezeichnet 2 9 2 . U n t e r der U b e r schrift des Schadensrechts wird mit sehr unterschiedlichen Begriffen operiert.

(1) Naturalrestitution F ü r das Werkmängelrecht wird das R e c h t des Bestellers, v o m U n t e r n e h m e r R ü c k n a h m e des mangelhaften Werks im R a h m e n des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung verlangen zu k ö n n e n , von einigen - mehr oder weniger deutlich - auf den G r u n d s a t z der Naturalrestitution gem. § 2 4 9 S. 1 B G B gestützt 2 9 3 . D a s überzeugt nicht. Zwar kann man Rückgewähransprüche im Wege der Naturalrestitution nicht schon deswegen verneinen, weil der Ersatzanspruch wegen Nichterfüllung immer auf Geldersatz geht 2 9 4 . D e n n dieser G r u n d s a t z betrifft nur die Leistung des Schuldners, dessen nicht oder schlecht erfüllte Leistungspflicht aus dem Vertrag über den Schadensersatzanspruch nicht gleichsam reaktiviert werden soll 2 9 5 . U b e r die M ö g l i c h k e i t des Gläubigers, v o m Schuldner empfangene Leistungen an diesen zurückgeben zu k ö n n e n , sagt der G r u n d s a t z „Geldersatz statt Naturalrestitution" dagegen nichts. D e r G r u n d s a t z der Naturalrestitution kann die R ü c k g a b e der mangelhaften Kaufsache oder des mangelhaften Werkes aber inhaltlich nicht rechtfertigen: Naturalrestitution im Sinne des § 2 4 9 S. 1 B G B heißt, daß der Schuldner den Zustand herzustellen verpflichtet ist, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende U m s t a n d nicht eingetreten wäre, also im Fall der §§ 4 6 3 , 4 8 0 A b s . 2,

292 BGH vom 9.10.1991 - VIII ZR 88/90 - BGHZ 115, 286, 292 = LM § 377 HGB Nr. 36 = NJW 1992, 566, 568 = WM 1992, 147, 149 = JZ 1992, 588, 589 mit Anm. Hübner = JR 1992, 328, 330 mit Anm. Schubert (Granulat). 293 OLG Hamm vom 3.11.1978 - 24 U 131/77 - NJW 1978, 1060 (Nachtstromspeicherheizung), das eine Pflicht des Unternehmers zum Ausbau mangelhafter Heizungsteile („Beseitigungspflicht") nur auf den Schadensersatzanspruch stützt, während es aus der Wandelung lediglich einen Anspruch des Bestellers auf „Rückgewähr" ableitet; OLG Saarbrücken vom 3.12.1985 - 2 U 141 und 185/83 sowie 61/84 - NJW-RR 1987, 470, 471 (Fertighaus) zum Schadensersatzanspruch aus § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B hinsichtlich der Kosten für den Abriß des Fertighauses, für den Abtransport sowie die Lagerung oder Vernichtung der Hausteile; Werneburg JR 1930, 210, 212; Palandt/tyra«58 (1999) §635 Rn.7; RGRK/Glanzmann u (1978) §635 Rn. 15; siehe auch Staudinger/Petm13 (1994) §635 Rn.32 mit Rn.28; auch MünchKomm/H. P. Westermann3 (1995) § 635 Rn. 30 mit Fn. 70. 294 So aber RG vom 15.1.1931 - VI 3 1 3 / 3 0 - J W 1931, 1183 Nr.4 (Weinhaus) für die nach herrschender Meinung im Wege des Schadensersatzanspruchs gem. § 326 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossene Rückforderung einer Vorleistung des Gläubigers; siehe auch ViXanAt! Heinrichs^ (1999) § 325 Rn. 13. 295 Oben § 3 B.II.l.c).

184

f 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

635 B G B die Lage, als hätte er die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht. D a n n aber hätte der Käufer oder Besteller eine mangelfreie Sache erhalten - nicht aber nichts. Aus dem G r u n d s a t z der Naturalrestitution kann also allenfalls eine Pflicht zur mangelfreien Lieferung folgen. B e i m Spezieskauf widerspricht eine Pflicht zur mangelfreien Lieferung aber den auf die Gewährleistungsansprüche beschränkten R e c h t e n des Käufers; für den Gattungskauf und den Werkvertrag ist eine solche Pflicht in §§ 4 8 0 Abs. 1, 633 Abs. 2 B G B besonders geregelt 2 9 6 . Hingegen kann die R ü c k g e w ä h r der empfangenen Leistung nie Inhalt eines Naturalschadensersatzes aus § § 4 6 3 , 4 8 0 A b s . 2, 635 B G B sein. A l lenfalls mit dem auf den E r s a t z des Vertrauensschadens gehenden Anspruch aus culpa in contrahendo kann der Gläubiger verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Vertrag nicht zustande g e k o m m e n , und im Wege der Naturalrestitution Rückgängigmachung des Vertrages verlangen 2 9 7 .

(2)

Vorteilsausgleichung

H u b e r führt die R ü c k g a b e der mangelhaften Kaufsache auf das Prinzip der Vorteilsausgleichung zurück: D e r Vorteil sei nicht, wie sonst, in G e l d auszugleichen, sondern durch Herausgabe in N a t u r 2 9 8 . O b H u b e r die R ü c k g e w ä h r der mangelhaften Kaufsache im R a h m e n des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung begründen oder lediglich beschreiben will, bleibt o f f e n 2 9 9 . D e r G e d a n k e der Vorteilsausgleichung paßt nicht. M i t Hilfe dieses G r u n d satzes wird die Frage beantwortet, ob Vorteile, die der Gläubiger aufgrund des schädigenden Ereignisses erhalten hat, seinen Schadensersatzanspruch mindern. Das setzt voraus, daß der zum Schadensersatz verpflichtende U m s t a n d neben Nachteilen zugleich Vorteile verursacht hat 3 0 0 ; Vor- und Nachteil dürfen sich nicht decken. D i e Vorteilsausgleichung trifft die Situation des Käufers, der eine mangelhafte Sache erhalten hat, nicht: D a ß der Käufer statt der vertraglich geschuldeten eine mangelhafte Sache erhalten hat, ist kein Vorteil, sondern gerade der z u m Schadensersatz verpflichtende Nachteil. Begründet der Mangel der Sache den Schadensersatzanspruch, kann das Behalten der mangelhaften Sache nicht zugleich ein Vorteil sein, den sich der Käufer auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müßte.

Oben ebd. Oben § 2 D.I und gleich § 4 C.II. 298 Soergel/Huber n (1991) §459 Rn.45. 2 9 9 Die Deutung als Begründungsversuch liegt näher, da Huber aaO. auf die Rückgewähr der Kaufsache über §280 Abs. 2 S. 2 BGB die Rücktrittsvorschriften analog anwendet, also gerade keine schadensrechtliche Rückabwicklung befürwortet. 300 Siehe nur BGH vom 17.5.1984 - VII ZR 169/82 - BGHZ 91, 206, 209 f. = NJW 1984, 2457, 2458 (Wärmeschutzfassaden) und vom 6.6.1997-VZR 115/96-NJW 1997, 2378 = WM 1997, 1671, 1672 = J Z 1998, 96, 97 mit Anm. Lange (Eigentumswohnung); näher unten §6 B.I.l. 296 297

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

185

Die Begründung des großen Schadensersatzanspruchs mit der - falsch verstandenen - Vorteilsausgleichung ist zudem zirkulär; sie setzt voraus, was sie erklären will: Muß der Käufer die mangelhafte Kaufsache behalten, begünstigt ihn das nur dann im Sinne eines auszugleichenden Vorteils, wenn er aufgrund seines Schadensersatzanspruchs berechtigt ist, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages zu verlangen. N u r wenn sich der Käufer auf den Standpunkt stellen darf, der Verkäufer habe mit der Lieferung der mangelhaften Sache den Vertrag nicht nur schlecht, sondern gar nicht erfüllt, und den Schadensersatz deswegen so berechnen kann, als habe der Verkäufer nicht geliefert, wäre es in der Tat ein ungerechtfertigter Vorteil, wenn er die Kaufsache behalten dürfte: Der Gläubiger darf nicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung der gesamten vertraglich versprochenen Leistung bekommen und gleichzeitig die wenn auch mangelhafte - Leistung behalten 301 . Ein Aktivsaldo zugunsten des Käufers besteht in Form der mangelhaften Kaufsache aber nur dann, wenn man von vornherein auf dem Standpunkt steht, der Käufer habe Anspruch auf Schadensersatz wegen vollständiger Nichterfüllung des Schadens und nicht lediglich wegen des Mangelschadens. Daß die Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache den Schadensersatzanspruch nicht im Sinne einer Vorteilsausgleichung beschränkt, zeigt das Wahlrecht des Käufers zwischen großem und kleinem Schadensersatz: Nach ganz herrschender Meinung mindern die anzurechnenden Vorteile den Schadensersatzanspruch ohne weiteres 302 . Dagegen ist ein Wahlrecht des Geschädigten, ob er einen Vorteil ausgleichen will oder nicht, den §§ 249 ff. BGB fremd. (3)

Schadensminderung

Besteht im Erhalt der mangelhaften Sache gerade der zum Ersatz berechtigende Schaden, liegt es näher, das Recht zur Rückgabe der Kaufsache oder des Werkes als Form der Schadensminderung einzuordnen 303 - weil den berechtigten Interessen des Käufers oder Bestellers nur durch die Befreiung von der mangelhaften Sache Genüge getan werden könne 304 . 301 Der Erhalt der Kaufsache kann allenfalls für den Gläubiger, der durch Täuschung zum Vertragsschluß bestimmt worden ist, ein im Rahmen seines des Vertrauensschadensersatzanspruchs anzurechnender Vorteil sein, dazu § 4 C.II.2. 302 Erörtert und verneint wird allenfalls, daß es für die Vorteilsausgleichung keiner Geltendmachung durch den Schädiger, insbesondere keiner Gestaltungserklärung durch diesen bedürfe; siehe etwa Staudinger/Medicus u (1980) §249 Rn. 149 f.; Palandt/Heinrichs™ (1999) vor §249 Rn. 123. 303 Esser II 4 (1971) §64 III 3 b S.47; S t a u d i n g e r / H o n s e l s (1995) §463 Rn.60; MünchK o r a r a / H P. Westermann3 (1995) § 463 Rn.20. 304 So, ohne die Rückgewähr ausdrücklich unter den Gedanken der Schadensminderung einzuordnen: ErmanjZ 1959, 126, 127 in Anm. zu B G H vom 5.5.1958 - V I I ZR 1 3 0 / 5 7 - J Z 1959, 125 (Drahtseilbahn); Larenz SR II l 1 3 (1986) §41 II c S.61; ausdrücklich auch Staudinger/Honsell 1 } (1995) § 463 Rn. 60; ebenso als zusätzliches Argument geführt von Klein-Blenkers AcP 194 (1994) 352, 359.

186

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Letzteres geht über eine Behauptung nicht hinaus: Nicht das Rechtsempfinden entscheidet darüber, ob der schadensersatzberechtigte Gläubiger mit dem Behalten der mangelbehafteten Sache über Gebühr belastet wird, sondern das Gesetz. Das machen die §§ 326 Abs. 1 S. 3,325 Abs. 1 S. 2,280 Abs. 2 BGB deutlich, die die Rückgewähr von Teilleistungen des Schuldners im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht als selbstverständlich voraussetzen, sondern ausdrücklich normieren und von besonderen Voraussetzungen abhängig machen. Der flexible Schadensminderungsgedanke macht zudem nicht halt am Recht des Gläubigers, zwischen großem und kleinem Schadensersatz zu wählen, sondern kann dazu führen, daß der Käufer oder Besteller auf den Schadensersatz unter Rückgewähr der mangelhaften Sache beschränkt wird. Das macht eine neuere Entscheidung des B G H deutlich, die zum Schadensersatzanspruch des Werkbestellers wegen verzögerter Herstellung aus §§ 636 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB ergangen ist und sich ohne weiteres auf Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln ausdehnen läßt. Dort hat der B G H das Schadensminderungsargument dazu benutzt, aus §254 Abs. 2 S. 1 BGB eine Obliegenheit des Gläubigers abzuleiten, die empfangene Teilleistung dem Schuldner zurückzugeben 305 . (4)

Gesamtabrechnung

Leser will die Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache oder Werkleistung im Wege einer Gesamtabrechnung, also des Differenzschadensersatzes erreichen 306 . Das stimmt mit seiner Auffassung überein, der Gläubiger müsse eine Teilleistung bei Teilunmöglichkeit oder Teilverzug des Schuldners nicht nach §§280 Abs. 2, 286 Abs. 2, 346 ff. BGB, sondern im Wege der Schadensersatzes zurückgewähren 307 . Die Konsequenz, auch der Gläubiger müsse seine Gegenleistung im Wege der schadensrechtlichen „Gesamt"-Abrechnung zurückverlangen können, hat er abweichend von seiner bis dahin ausdrücklich ablehnenden Auffassung erst sehr viel später an versteckter Stelle gezogen, ohne sie näher auszuführen 308 . Die Begründung des Rückgewährrechts mit Hilfe des Differenzschadensersatzes steht ohnehin auf tönernen Füßen: Der Differenzschadensersatz hat im

305 B G H vom 20.10.1994 - IX ZR 116/93 - LM § 675 BGB Nr. 210 = N J W 1995, 449, 450 = W M 1995, 398, 400 (Eigentumswohnung), oben § 4 B.II.l.a)bb)[l], 306 Leser, Rücktritt (1975) S. 133, 137, 143. 307 Leser aaO. S. 137f., 143 f., oben §4 B.II.l.a)bb)[l], 308 Leser in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 391 f. mit Fn. 78, wobei unklar ist, ob er auf die Rückforderung - ergänzend (?) - Rücktrittsvorschriften anwenden will, ebd. S. 393. Abweichend hatte Leser, Rücktritt (1975) S. 143 f. früher einen schadensrechtlichen Anspruch des Gläubigers auf Rückgewähr eigener Sachleistungen abgelehnt und diesem nur die Rückforderung einer Geldleistung als Mindestschaden gestattet.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

187

G e s e t z keine Grundlage, sondern ist extra legem entwickelt w o r d e n 3 0 9 . D i e D i f f e r e n z m e t h o d e kann - konsequent durchgeführt - allenfalls die grobe R i c h tung angeben, nämlich begründen, daß Gläubiger und Schuldner als Voraussetzung für den Differenzschadensersatz einander die aufgrund des Vertrages ausgetauschten Leistungen zurückgewähren müssen. Dagegen ist sie nicht geeignet, M a ß s t ä b e für die A r t und Weise der R ü c k a b w i c k l u n g anzugeben, da die §§ 2 4 9 ff. B G B hierfür keine H a n d h a b e bieten 3 1 0 .

dd) Kombination von Wandelung und Schadensersatz D e r Anspruch des Gläubigers auf den großen Schadensersatz wird häufig apodiktisch als K o m b i n a t i o n von Schadensersatz und Wandelung bezeichnet 3 1 1 . G e g e n diese Auffassung läßt sich nicht einwenden, sie bliebe auf halbem Wege stehen, weil zwar der Verkäufer oder U n t e r n e h m e r zur R ü c k a b w i c k l u n g nach Rücktrittsvorschriften verpflichtet sei, der Käufer oder Besteller seine G e genleistung aber lediglich rechnerisch als Mindestschaden, also als Inhalt des Schadensersatzanspruchs zurückerhalte. D e r unterschiedlichen R ü c k g e w ä h r der Schuldnerleistung einerseits, der Gläubigerleistung andererseits ist eine K o n s e q u e n z nicht abzusprechen: D e r einseitige Anspruch des Gläubigers aus § § 4 6 3 , 4 8 0 Abs. 2, 635 B G B auf E r s a t z seiner aus der mangelhaften Leistung folgenden Schäden (einschließlich der Gegenleistung als Mindestschaden) wird mit dem R e c h t des Gläubigers verbunden, die mangelhafte Schuldnerleistung nach Wandelungsgrundsätzen zurückzugeben. N a h e , wenn nicht sogar näher läge es aber, einseitig nicht nur den Käufer oder Besteller den Wandelungs- und damit den Rücktrittsvorschriften zu unterwerfen, sondern auch den Verkäufer oder U n t e r n e h m e r nach Wandelungsvorschriften zur R ü c k g e w ä h r des Kaufpreises oder Werklohnes zu verpflichten. D a ß die M ö g l i c h k e i t der beiderseitigen R ü c k g e w ä h r nach Wandelungsvorschriften nicht einmal angedacht wird, erweckt den Verdacht, das B e k e n n t n i s zur K o m b i n a t i o n von Schadensersatzanspruch und Wandelung sei eine b l o ß e Beschreibung der Rechtslage und keine Begründung: D i e behauptete Verbindung von Schadensersatzanspruch und Wandelung erklärt lediglich das R e c h t des Gläubigers, die mangelhafte Sache zurückzugewähren, ohne dafür einen Sachgrund anzugeben. Z u d e m setzt sich diese Auffassung über den ausdrücklichen Wortlaut der §§ 463 S. 2 , 4 8 0 A b s . 2 , 6 3 5 B G B hinweg, der Wandelung und Schadensersatzanspruch mit „statt" gerade nicht in ein Kumulativ-, sondern in ein strenges AlterOben § 3 B.I.2.b)aa). Oben §2 C.I.; es geht eben nicht um eine bloße Rechenoperation. Zu den Schwierigkeiten einer schadensrechtlichen Rückgewähr der Gläubigerleistung oben §4 B.II.2.c)bb)[l] für die Schadensersatzansprüche aus §§ 325, 326 BGB. 3 , 1 Ausdrücklich OLG München vom 13.2.1992 - 24 U 797/91 - NJW-RR 1992, 1081, 1082 (Turnierpferd); Jakobs JuS 1974, 341, 349 ff. 309

310

188

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

nativverhältnis setzt 312 . Durch die der Präposition „statt" entsprechende Konjunktion „oder" sieht sich die herrschende Meinung daran gehindert, das auch für §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB gewünschte Ergebnis zu erreichen und Rücktritt und Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung miteinander zu kombinieren 3 1 3 . Warum soll „oder" in § § 3 2 5 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB die Rückabwicklung bereits ausgetauschter Leistungen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung hindern, die Formulierung „statt" in §§ 463,480 Abs. 2, 635 BGB einer Rückgewähr im Rahmen des Schadensersatzes aber nicht entgegenstehen? Keinesfalls meinen „oder" und „statt" etwas Unterschiedliches: Das Gesetz verwendet, wenn es Rechte alternativ gewährt, grundsätzlich das ausschließende Bindewort „oder": „Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrage zurücktreten" in § 325 Abs. 1 S. 1 BGB (ähnlich in § 326 Abs. 1 S. 2 BGB), „Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung)" in §462 BGB (ähnlich §634 Abs. 1 S.3 BGB). Kommen weitere Rechte alternativ dazu, stellt das Gesetz die zuvor genannten aus sprachlichen Gründen mit der Präposition „statt" den weiteren voran: „Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts ... die für den Fall des § 323 bestimmten Rechte" in § 325 Abs. 1 S. 3 BGB, „statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung" in §§463 S. 1, 635 BGB (ähnlich § 480 Abs. 2 BGB) 3 1 4 . Daß „statt" im Wortgebrauch des BGB eine ausschließende Funktion haben soll, zeigen auch die Vertragsstraferegelungen der §§ 340 Abs. 1 BGB („verwirkte Strafe statt der Erfüllung") und § 341 Abs. 1 BGB („verwirkte Strafe neben der Erfüllung"). Umgekehrt bestimmt § 538 Abs. 1 BGB, daß der Anspruch des Mieters auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nichts an der Minderung ändert: „unbeschadet der im § 5 3 7 bestimmten Rechte". Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte zu §463 BGB läßt sich entgegen gelegentlicher Behauptungen 3 1 5 kein Argument gegen die Alternativwirkung der Präposition „statt" gewinnen: Aufbauend auf § 2 6 des von Kübeischen Teilentwurfs zum Obligationenrecht 3 1 6 hatte die Erste Kommission dem Käufer mit E I §385 den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung „neben" den Wandelungs- oder Minderungsansprüchen gewährt; die Zweite Kommission ersetzte das Wort „neben" aufgrund der Vorarbeiten der Vorkommission des Reichsjustizamtes in E II § 4 0 0 durch die Formulierung „statt" 317 . Wie für die 312 Zur strengen Alternativität von Minderung und kleinem Schadensersatzanspruch ausführlich RG vom 18.5.1931 - VI 590/30 - WarnR 31, 247 Nr. 121 = J W 1931, 3270 Nr. 10 (Hausschwamm) zu § 463 S. 2 BGB. 313 Oben § 4 B.II.2.c)aa). 314 Siehe auch § 480 Abs. 1 S. 1 BGB. 315 Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 144 f.; Klein-Blenkers AcP 194 (1994) 352, 357 ff. 316 Abgedruckt bei Jakobs/Schubert §§ 433 - 651 (1980) S. 137. 317 Siehe Prot. IS. 686 f.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

189

Formulierung „oder" in E I §369 (heute §§325, 326 BGB), mit der die Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung ausgeschlossen werden sollte, war für die Einfügung der Präposition „statt" die Auffassung grundlegend, der Vertrag werde durch die Wandelung ex tunc aufgehoben und damit werde dem Schadensersatzanspruch als vertraglichem Anspruch der Grund entzogen 318 . Daß die Zweite Kommission mit der Ersetzung der Präposition „neben" durch die Präposition „statt" inhaltlich nichts am Nebeneinander von Wandelung und Minderung einerseits, Schadensersatz wegen Nichterfüllung andererseits ändern wollte, läßt sich nur schwerlich nachvollziehen 319 . Die Aussage, die Zweite Kommission habe den Schadensersatzanspruch deshalb alternativ zu Wandelung und Minderung gewährt, weil er ohnehin das gesamte Erfüllungsinteresse umfasse und die Rechtsfolgen von Wandelung und Minderung einschlösse 320 , ist reine Spekulation. Ausschließlich mit dem nicht Gesetz gewordenen Willen des Gesetzgebers ließe sich der eindeutige Wortlaut des Gesetzes ohnehin nicht überspielen. ee) Schlechtleistung

als Teilleistungsstörung

gem. §280 Abs. 2. BGB

Des Umweges über das Wandelungsrecht bedarf es nicht. Denn das Schadensersatzrecht selbst enthält die Lösung - wenn auch an einer aus Sicht der Sachmängelgewährleistung versteckten Stelle: in §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S.3,280 Abs. 2 BGB. Die Alternativformulierung „oder" in §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB schließt die Kombination von Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Leistungsaustausch nicht vollständig aus, sondern versagt es dem Gläubiger lediglich, seine eigene Vorleistung im Wege des Schadensersatzanspruchs zurückzuverlangen 321 . Dagegen geben die §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2, 280 Abs. 2 BGB dem Gläubiger einer nur teilweise unmöglichen oder teilweise verzögerten Leistung, wenn der Schuldner die Teilleistungsstörung zu vertreten hat, die Wahl: Er kann entweder die erbrachte Teilleistung behalten und Schadensersatz für die ausbleibende Restleistung verlangen, oder er kann 318 Siehe die Protokolle des Reichs-Justizamts bei Jakobs/Schubert §§433 - 651 (1980) S. 165. Zu §§ 325, 326 BGB oben § 4 B.II.2.c)aa). 319 So aber Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 144 f.; Klein-Blenkers AcP 194 (1994) 352, 357 ff. Dagegen spricht die eindeutige Formulierung in Prot. I S. 687: „Einig war man darüber, daß neben der Wandelung das Erfüllungsinteresse nicht verlangt werden dürfe, daß aber die Wandelung im Falle des Dolus den Anspruch auf das negative Vertragsinteresse nicht ausschließe." Gegen einen solchen Anderungswillen spricht entgegen Klein-Blenkers auch nicht, daß die Erste Kommission einen Antrag Plancks abgelehnt hatte, dem Käufer den Schadensersatzanspruch nur anstelle des Rechts auf Wandelung und Minderung zu gewähren (abgedruckt bei Jakobs/Schubert §§432 - 651 (1980) S. 137 f.) - insbesondere, wenn sich der Gesetzgeber, wie Klein-Blenkers ebd. S. 356 und 359 Fn. 16 selbst einräumt, über den Inhalt des Schadensersatzanspruchs keine Gedanken gemacht hat. 320 Herberger aaO. 321 O b e n § 4 B.II.2.

190

§ 4 Rückgewäbr

empfangener

Leistungen

dem Schuldner die Teilleistung nach Rücktrittsvorschriften zurückgeben und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages geltend machen322. A u f das V e r b o t , Schadensersatz unter R ü c k f o r d e r u n g der eigenen Gegenleistung zu verlangen, läßt sich auch die Alternativformulierung „statt" in § § 4 6 3 , 4 8 0 Abs. 2, 635 B G B reduzieren - die R ü c k g a b e der Schuldnerleistung durch den Schadensersatzgläubiger schließt sie nicht aus. D e n n die Schlechtleistung ist nach der K o n z e p t i o n des B G B lediglich ein gesondert geregelter Unterfall der teilweisen U n m ö g l i c h k e i t der Leistung, den die Sachgewährleistungsvorschriften als leges speciales abweichend v o m allgemeinen Leistungsstörungsrecht regeln. D a f ü r sprechen schon die M o t i v e , die zu E I § 2 4 0 (heute § 2 8 0 B G B ) formulieren: „Wird die Leistung zufolge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ganz oder (quantitativ bezw. qualitativ) theilweise unmöglich, so ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung verursachten Schaden zu ersetzen." 3 2 3 D a ß Schlechtleistung teilweise Nichterfüllung sei, wird aus Sicht des allgemeinen Leistungsstörungsrechts häufiger 3 2 4 , aus Sicht des Sachgewährleistungsrechts seltener gesagt 3 2 5 . In dieselbe R i c h t u n g weist die Erfüllungstheorie, nach der das Sachmängelrecht mit den Gewährleistungsansprüchen darauf reagiert, daß der Schuldner seine vertragliche Leistungspflicht nicht vollständig erfüllt hat 3 2 6 . A u c h der B G H geht davon aus, daß Sachmängel zugleich die ErOben § 4 B.II.l.a). Mot. II S. 49 im Anschluß an Mommsen, Unmöglichkeit (1853) S. 9, 153, 193 ff. - Hervorhebungen von mir; zum Verzug als teilweise Unmöglichkeit der Leistung Mot. II S. 56. 324 Kisch, Unmöglichkeit (1900) S. 168, 193 ff.; Kleineidam, Unmöglichkeit (1900) S.94; Titze, Unmöglichkeit (1900) S. 47, 275; Kipp in 27. DJT (1904) I S. 249, 288; Kaplan, Teilweise Unmöglichkeit (1904) S.19; Adler ZHR 86 (1923), 1, 77ff.; Enneccerus/Lehmann" (1958) §47 III S. 207; RGRKA4//P (1976) §275 Rn.35; Erman/ß^ites9 (1993) §275 Rn.9; MünchKoram/,Emmerich1 (1994) vor §275 Rn.221 ff. und §275 Rn.7ff., 59; Staudinger/Löwisch n (1995) §275 Rn. 43; siehe auch Planck/Ä^er4 (1914) vor § § 2 7 5 - 2 9 2 Anm. IV 1 c; für das gemeine Recht und das BGB schon Regelsherger JherJb 40 (1899), 249, 274. Ahl. RG vom 3.2.1912 - V 326/11 - WarnR 1912, 223 Nr. 204 (Hausgrundstück); Oertmann5 (1928) vor §§ 275 - 283 Anm. 4d und § 323 Anm. 7a, siehe auch § 326 Anm. 3 c; Soergel/Wiedemann u (1990) §275 Rn.48; Palandt/Heinrichs55 (1999) §275 Rn.22a; gegen die Einordnung als Teilverzug auch RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) § 326 Rn. 54. 325 Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 14, 17 f.; Kohler BR II 1 (1906) §26 VI S. 71 ff.; Kiehl Gruchot 60 (1916), 609 ff.; Dörr LZ 1918, Sp. 888, 892 f.; Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 31; Erman/Weitnauer" (1989) vor §459 Rn.45a. Siehe auch RG vom 27.10.1902 - II 228/02 - RGZ 53, 89, 90 (Kleesamen) zu § 480 Abs. 2 BGB, nach dem „die Lieferung wertloser Ware der Nichterfüllung gleichsteht"; RG vom 30.4.1904 - V 448/03 - RGZ 57, 399, 400 (Bausteine), das zur Anwendbarkeit des § 363 BGB auf die Wandelung sagt, „daß unter einer unvollständigen Leistung eine mangelhafte mitzuverstehen sei". Vom Standpunkt der Gewährschaftstheorie konsequent nur für den Werkvertrag Oertmann5 (1929) § 635 Anm. 2 b. 326 Adler ZHR 75 (1914), 453 ff.; Kluckhohn Gruchot 59 (1915), 1038, 1039 ff.; Dörr LZ 1918, Sp. 888 ff.; Titze JW 1927, 2964 f.; Rabel, Warenkauf II (1958) § 75, 2 S. 106 f.; Korintenberg JB1 Köln 1947, 69, 74 ff. und Ders., Beschaffenheit der Spezies (1948) S. 98 ff. (anders 322

323

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

191

füllung der Leistungspflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag teilweise u n möglich machen: „Auch wenn der Beklagte Eigentümer des Grundstücks gewesen wäre, so wäre ihm die Erfüllung seiner Leistung infolge der durch den Brand verursachten Zerstörung der Gebäude teilweise unmöglich geworden ... ," 3 2 7 . Deutlicher n o c h ist das in einer Entscheidung geworden, in der der B G H die Schlechtleistung als „qualitative Teilunmöglichkeit" angesehen und daraus die A n w e n d b a r k e i t von § 2 8 1 B G B gefolgert hat 3 2 8 . D a ß Gewährleistungsrecht und allgemeines Leistungsstörungsrecht übereinstimmend auf die nicht ordnungsgemäße Erfüllung vertraglicher Pflichten reagieren, zeigen die Schwierigkeiten, die qualitative und die quantitative Nichterfüllung voneinander abzugrenzen 3 2 9 : Ist die Lieferung eines Industrieroboters o h n e G r e i f a r m eine Teilnichterfüllung, ein aliud oder die Leistung eines mangelhaften R o b o t e r s 3 3 0 ? Weicht der Verkäufer mit der Lieferung 1 Zoll dicker B r e t t e r anstelle der bestellten IV2 Zoll dicken oder der Lieferung 32 cm hoher Wellstegträger anstelle der bestellten 40 c m h o h e n Träger nur quantitativ oder (auch) qualitativ von der vertraglich vereinbarten Leistung a b 3 3 1 ? Wird das verkaufte Hausgrundstück dadurch, daß die G e b ä u d e durch B r a n d vernichtet werden, mangelhaft oder wird dem Verkäufer die Erfüllung des Kaufvertrages teilweise u n m ö g l i c h ? 3 3 2 A u c h bei den R e c h t s f o l g e n bestehen deutliche Paralle-

noch Ders., Werkvertrag [1935] S.152f.); Brox, Einrede (1948) S. 51 ff. und Ders. SR II 23 (1998) Rn. 58; Brox/EIsing ]us 1976, 1, 2; Erman JZ 1960, 41; Graue, Mangelfreie Lieferung (1964) S. 287 ff.; Herherger, Sachmängelhaftung (1974) S. 32 ff., 60 ff. 88 ff.; Westhelle, Nichterfüllung (1978) S. 97 ff.; Gillig, Nichterfüllung (1984) S. 43 ff., 89 f.; Huber AcP 177 (1977), 281, 293f. und Soergel/Huber' 2 (1991) vor §459 Rn. 169ff.; Motzer, Arbeitnehmerhaftung (1982) S. 130 ff.; Erman/ Weitnauer11 (1989) vor §459 Rn.35; Erman /Grunewald'* (1993) vor §459 Rn. 12, 16; RGRK/Mezger 1 1 (1978) vor §459 Rn.3; siehe auch Jauernig/Vo//£ommer9 (1999) §459 Rn. 2. 327 BGH vom 10.3.1995-VZR 7 / 9 4 - N J W 1995, 1737, 1738 = WM 1995, 1147, 1148 = JZ 1996, 102,103 mit Anm. Teichmann/Beck (Gebäudebrand 2) - Hervorhebungen von mir. 328 BGH vom 4.11.1994 - LwZR 11/93 - BGHZ 127, 297, 314 (LPG-Kreispacht); auch OLG Düsseldorf vom 7.11.1977 - 5 U 26/77 - OLGZ 1978, 202, 204 f. (Getriebe-Synchronitzer), das aber unrichtig die Anwendbarkeit des § 325 BGB neben § 635 BGB befürwortet. 329 So auch die Wertung von E. Peters AcP 164 (1964), 340, 343. 330 BGH vom 27.6.1990 - VIII ZR 72/89 - LM § 326 BGB (A) Nr. 29 = NJW-RR 1990, 1462, 1463 ff. = WM 1990, 2000, 2002 ff. (Industrieroboter) unter II 1 a, d für eine aliud-Lieferung und damit auch gegen eine Teilnichterfüllung: „Denn bei diesem Gerät mit anderer Ausstattung handelte es sich ... um eine andere Sache und nicht um einen Teil der geschuldeten" . 331 In Abgrenzung zur Falschlieferung für eine Schlechtlieferung BGH vom 30.4.1975 VIII ZR 164/73 - LM §377 HGB Nr. 15 = NJW 1975, 2011 = WM 1975, 562, 563 (Wellstegträger); ebenso Schlegelberger/Hefermehl HGB 5 (1982) § 378 Rn. 6. Dagegen für eine Falschlieferung Marhurger JuS 1976, 638, 641; siehe auch GroßKomm-HGB/Brüggemann' (1983) §378 Rn. 16. 332 Für Teilunmöglichkeit wohl BGH vom 10.3.1995 - V ZR 7/94 - NJW 1995, 1737,1738 = WM 1995,1147,1148 = JZ 1996, 102, 103 mit Anm. Teichmann/Beck (Gebäudebrand 2).

192

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

len zwischen allgemeinem Leistungsstörungsrecht und Sachmängelrecht: D e r Gläubiger ist sowohl wegen teilweiser U n m ö g l i c h k e i t (§§ 325 A b s . 1 S. 3, 323 Abs. 1 H s . 2 B G B ) als auch wegen Sachmängeln ( § 4 6 2 B G B ) zur M i n d e r u n g seiner Gegenleistung nach den §§ 4 7 2 , 4 7 3 B G B berechtigt 3 3 3 . F ü r die beiderseitige R ü c k a b w i c k l u n g ausgetauschter Leistungen verweisen das allgemeine L e i stungsstörungsrecht mit § 3 2 7 S. 2 B G B und das Gewährleistungsrecht mit § 4 6 7 S. 1 B G B auf die § § 3 4 6 ff. B G B 3 3 4 . N i c h t nur die § § 3 2 5 , 3 2 6 B G B , sondern auch die §§ 463, 4 8 0 A b s . 2, 635 B G B gewähren dem Gläubiger einen A n spruch auf „Schadensersatz wegen Nichterfüllung"1'7'5. F ü r den Spezieskauf wird hiergegen eingewandt, daß die § § 4 5 9 ff. B G B nicht Ausfluß der vertraglichen Leistungspflicht des Verkäufers seien, sondern diesen als selbständige Einstandspflichten träfen: § 4 3 3 Abs. 1 S. 1 B G B beschränke die Leistungspflicht des Verkäufers auf die U b e r g a b e und U b e r e i g nung der Sache an den Käufer. D i e §§ 4 5 9 ff. B G B enthielten gerade keine dem § 4 3 4 B G B entsprechende ausdrückliche Pflicht des Verkäufers, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen. E i n A n s p r u c h des Spezieskäufers auf mangelfreie Leistung folge auch nicht mittelbar aus den § § 4 5 9 ff. B G B anders als für den Gattungskäufer aus dem Nachlieferungsanspruch der § § 4 3 3 A b s . 1 S. 1, 4 8 0 A b s . 1 S. 1 B G B und für den Besteller aus dem N a c h b e s s e r u n g s anspruch der §§ 631 A b s . 1, 633 Abs. 1 und 2 B G B 3 3 6 . Das zeige, daß der Verkäufer mit der Leistung einer mangelhaften Speziessache seinen vertraglichen Erfüllungspflichten genüge (sogenannte Gewährschaftstheorie) 3 3 7 . 333 Darauf, daß der Minderung wegen Sachmängeln und wegen einer nur teilweise unmöglichen Leistung nach § 323 Abs. 1 Hs. 2 BGB die gleiche ratio zugrundeliegt, haben schon Regelsberger JherJb 40 (1899), 249, 269 und 275; Titze, Unmöglichkeit (1900) S.279f.; Dörr LZ 1918, Sp. 888, 892 f. und in anderem Zusammenhang Raape in Festschrift Lehmann (1937) S. 159, 171 hingewiesen. Zum Teilrücktritt beim Schuldnerverzug mit einer Teilleistung unten § 8 A.I.4.b). 334 In § 467 S. 1 BGB mit Ausnahme des § 349 BGB, unten § 8 A.II.l. 335 Hervorhebung von mir. Das gilt gerade auch für den Spezieskauf, vgl. Adler ZHR 75 (1914), 453, 457; Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S.41; RGRK/Afeger 1 2 (1978) vor § 459 Rn. 3; auch Oertmann, Der junge Rechtsgelehrte 1935, 353, 355 Fn. 9; Süss, Sachmängelgewährleistung (1931) S. 87 ff. 336 Sowie der Mietvertrag mit dem ständigen Erfüllungsanspruch des Mieters aus §§ 535 S. 1, 536 BGB. 337 Erstmals Schollmeyer JherJb 49, (1905), 93 ff., 97; mit unterschiedlichen, im wesentlichen aber auf der gestörten Vertragsäquivalenz fußenden Begründungen folgend Max Wolff JherJb 56 (1910), 1 ff.; Otto von Gierke, Privatrecht III (1917) § 194 III 3 a S. 477; Süss, Sachmängelgewährleistung (1931) S. 48 ff., 69 ff., 122 ff., 158 ff., 211; Raape AcP 150 (1949), 481, 482ff.; Leonhard SR I (1929) S.498ff. und SR II (1931) S. 77ff., 80; Oertmann5 (1929) §433 Anm. 2a K JJ, Ders., Der junge Rechtsgelehrte 1935, 353, 354 ff.; Vlznck/Knoke* (1928) § 459 Anm. 1 c; Medicus in Festschrift Kern (1968) S. 313, 316 f.; Esser II 4 (1971) § 64 I S. 30 ff.; Köhler JuS 1979, 566, 567; Giesen Jura 1993, 354, 368; Larenz SR II l 1 3 (1986) §41 II e S.66ff.; Soergel/Ballerstedt 10 (1967) § 459 Rn. 13 ff.; siehe auch Palandt/Paizo58 (1999) vor § 459 Rn. 5. Gegen die Schlechtleistung als teilweise Nichterfüllung des Vertrages auch Krückmann, Unmöglichkeit (1907) S. 168 ff., Ders. JherJb 59 (1919), 20,123 ff. und Ders., Gewährschaft (1936) S. 31 f.; siehe auch Jakobs in Festschrift Beitzke (1979) S.67f.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

193

Wegen des in § § 4 8 0 A b s . 1, 536, 633 A b s . 1 B G B ausdrücklich normierten Erfüllungsanspruchs ist die Gewährschaftstheorie gezwungen, zwischen der Sachmängelhaftung b e i m Spezieskauf als „echter" und beim Gattungskauf, dem Werkvertrag und der Miete als „unechter" Gewährleistung zu unterscheiden 3 3 8 . W a r u m ausschließlich die Sachmängelhaftung des Spezieskaufs auf einem besonderen R e c h t s g r u n d beruhen soll, kann die Gewährschaftstheorie jedoch nicht überzeugend erklären. N i c h t getan ist es insbesondere mit dem häufigen H i n w e i s auf die Besonderheit der römisch-gemeinrechtlichen aedilitischen Rechtsbehelfe, die dem Kaufmängelrecht zugrundeliegen 3 3 9 : Z u m einen hat das B G B das r ö m i s c h - g e m e i n e R e c h t nicht unverändert ü b e r n o m m e n 3 4 0 . Z u m anderen beruhen das Gewährleistungsrecht des W e r k - und des Mietvertrages ebenfalls auf dem Vorbild des Kaufgewährleistungsrechts, weswegen die Erste K o m m i s s i o n die Sachmängelvorschriften mit E I 381 ff. für alle Vertragstypen vor die K l a m m e r gezogen hatte 3 4 1 und die Zweite K o m m i s s i o n sie ausschließlich aus praktischen G r ü n d e n d o c h bei den einzelnen Vertragstypen regelte 3 4 2 . Entgegen der Gewährschaftstheorie ist auch ein durchsetzbarer E r f ü l lungsanspruch nicht zwingende F o l g e einer vertraglichen Leistungsverpflichtung: D e m Gesetzgeber steht es frei, dem Käufer statt eines Erfüllungsanspruchs einen A n s p r u c h auf Schadensersatz zu g e b e n 3 4 3 ; das erkennt auch die herrschende M e i n u n g für Schutzpflichten an 3 4 4 . D i e Gewährschaftstheorie führt aber nicht nur zu einem unnötigen S y s t e m bruch zwischen dem Sachgewährleistungsrecht beim Spezieskauf einerseits und

3 3 8 Der Begriff ist von Korintenberg JB1 Köln 1947, 69, 73 f. geprägt worden, der bis dahin von „primärer" und „sekundärer" Gewährleistung gesprochen hatte, Ders., Werkvertrag (1935) S. 16 f. 3 3 9 Siehe etwa Medicus SR II 9 (1999) Rn.41, 42 („im Leistungsstörungsrecht ... lästigen Fremdkörper"). Zur Geschichte der Wandelung noch oben § 2 B.III. 3 4 0 Mot. II S. 224; Herherger, Sachmängelhaftung (1974) S. 33. 3 4 1 Mot. II S. 212, mit der ausdrücklichen Begründung sowohl für die Sach- als auch für die Rechtsmängelhaftung: „Beide Institute entwickelten sich zwar in den Quellen des röm. Rechts hauptsächlich in Beziehung auf den Kaufvertrag, haben jedoch schon im röm. Rechte, zweifellos im gemeinen und modernen Rechte allgemeinere Bedeutung, nämlich prinzipiell für alle sog. lästigen Veräußerungsverträge. Es erschien deshalb angezeigt, beide Institute nicht bei dem Kaufvertrage, sondern in den allgemeinen Bestimmungen über das Recht der Schuldverhältnisse zu ordnen." Siehe nochmals für die Sachmängelgewährleistung Mot. II S. 225. 3 4 2 Prot. I S. 670 mit S. 653. 3 4 3 Siehe auch Rabel, Warenkauf II (1958) § 75, 2 S. 105; S o e r g e l / H u b e r n (1991) vor § 459 Rn. 173; Graue, Mangelfreie Lieferung (1964) S. 288 f.; Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 76, 111 ff.; Gillig, Nichterfüllung (1984) S. 84 f. Vgl. das anglo-amerikanische Recht, das bei Nichterfüllung („breach of contract") grundsätzlich nur einen Anspruch auf Schadensersatz gewährt und dem Gläubiger nur ausnahmsweise in equity mit dem Anspruch auf „specific performance" einen Erfüllungsanspruch gibt, Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung3 (1996) S. 187, 478 ff. 3 4 4 Darauf weist auch Soergel/Huber 1 2 (1991) vor § 459 Rn. 173 hin; zum ausnahmsweisen Erfüllungsanspruch ausführlich Stürner J Z 1976, 384 ff.

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§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

beim Gattungskauf sowie beim Miet- und Werkvertrag andererseits 345 , sondern auch zu einem Bruch zwischen den Nichterfüllungsregeln der §§ 280 ff., 323 ff. BGB und den Sachgewährleistungsregeln der §§459 ff. BGB 346 . Sie entfernt sich damit weit von dem durchgehenden Prinzip des BGB, das die Möglichkeit zur Minderung der Gegenleistung und zur Rückabwicklung des gesamten Vertrages ebenso wie Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung nur als Reaktion auf die nicht ordnungsgemäße Erfüllung von Leistungspflichten kennt - Minderung und Rückabwicklung zudem nur als Reaktion auf Leistungsstörungen im gegenseitigen Vertrag. Dieser Bruch entbehrt eines nachvollziehbaren Grundes. Zwar weist das Sachmängelrecht für den Spezieskauf unleugbar Besonderheiten auf, von denen das Fehlen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs nach Ubergabe der Kaufsache die augenfälligste ist. Zudem geht es beim Spezieskauf - anders als beim Gattungskauf und beim Werkvertrag, bei denen bei Vertragsschluß eine konkret geschuldete Sache entweder nicht ausgesucht oder noch nicht hergestellt ist - in aller Regel um eine schon bei Vertragsschluß feststehende und damit anfängliche Leistungsstörung 347 - die allerdings bei behebbaren Mängeln bis zur Ubergabe behoben werden kann und vom Verkäufer auch behoben werden darf 348 . Diese Unterschiede rechtfertigen es jedoch nicht, den Spezieskauf als Fremdkörper zu behandeln und zu leugnen, daß das BGB mit den §§ 459 ff. wie auch sonst auf die nicht ordnungsgemäße Erfüllung von Vertragspflichten reagiert. Insoweit mag dahingestellt bleiben, ob man die Leistung einer mangelhaften Speziessache als Nichterfüllung einer Leistungspflicht oder mit Flume als bloße Nichterfüllung des Vertrages einordnet, da mit dieser Einschränkung nur die Besonderheit gekennzeichnet wird, daß der Spezieskäufer keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung hat 349 . Fest steht: Auch beim Spezieskauf ist Grundlage der Sachmängelhaftung nicht eine außervertragliche Garantiepflicht, sondern der Vertrag selbst. Das folgt schon aus § 459 Abs. 1 S. 1 BGB, nach dem die vertraglich vereinbarte Sollbeschaffenheit den Maßstab dafür bildet, ob die Kaufsache mangelhaft ist oder nicht 350 . Mit einer

345 Soergel/Huber 1 2 (1991) aaO.; auf die Unhaltbarkeit des Unterschieds beim Speziesund beim Gattungskauf weisen auch hin Korintenberg JB1 Köln 1947, 69, 77 f.; Brox, Einrede (1948) S. 39, 74f.; Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 56 f. 346 Siehe auch S o e r g e l / H u b e r n (1991) vor § 459 Rn. 172. 347 Anfängliche Teilunmöglichkeit: Süss, Sachmängelgewährleistung (1931) S.70; Huber, Leistungsstörungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S.647, 764; Blaurock, Culpa-Haftung (1983) S.51, 59f. 348 Siehe nur RGRK/Afezger 1 2 (1978) vor § 459 Rn. 29. 349 Flume, Eigenschaftsirrtum (1948) S. 35 ff., 47 ff., besonders deutlich S.41; ähnlich schon Hein Z H R 87 (1924), 54, 58 ff.; so auch - ausdrücklich gegen die Erfüllungstheorie —Jakobs, Leistungsstörungsrecht (1985), S. 142 ff., insbesondere S. 144. Für eine kaufvertragliche Nebenpflicht zur mangelfreien Leistung ohne Erfüllungsanspruch als Grund der §§ 459 ff. BGB Fabricius JZ 1967, 464, 470 ff. 350 Als vertragliche Haftung ordnen auch die Motive die Gewährleistungsvorschriften des Spezieskaufs ein und stellen sie insoweit der Rechtsmängelhaftung gleich, Mot. II S.211 -

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

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mangelhaften Sache leistet der Verkäufer lediglich „in solutione" im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB, dagegen nicht „in obligatione" 3 5 1 . Erfüllt der Schuldner den Vertrag mit einer mangelhaften Sache nur teilweise - was f ü r den Gattungskauf und den Werkvertrag ganz unstreitig ist - , kann das Recht des Gläubigers, im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB die mangelhafte Sache zurückzugeben und den Schadensersatzanspruch wegen vollständiger Nichterfüllung des Vertrages geltend zu machen, auf §280 Abs. 2 BGB gestützt werden. Das Gesetz enthält in §280 Abs. 2 BGB f ü r die Fälle, in denen der Schuldner zwar geleistet, mit der Leistung seine Leistungsverpflichtung aber nicht vollständig erfüllt hat, einen allgemeinen Grundsatz, der die Rückabwicklung der erbrachten Teilleistung erlaubt 352 . Mit dem Verweis auf §280 Abs. 2 BGB soll an dieser Stelle lediglich der Nachweis geführt werden, daß die Rückgewähr der mangelhaften Kauf- oder Werksache im Rahmen des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB mit einem Grundgedanken des Leistungsstörungsrechts übereinstimmt 3 5 3 . Damit ist aber nur die Frage nach dem „ O b " , nicht hingegen die Frage nach dem „Wie" der Rückabwicklung beantwortet 3 5 4 . Für das „Wie" der Rückabwicklung im Rahmen des großen Schadensersatzanspruchs können die Besonderheiten des Sachmängelrechts nicht ignoriert werden.

Hervorhebungen von mir: „Gemeinsam ist den beiden Instituten zwar der Rechtsgedanke, daß die Haftung in beiden Richtungen unmittelbar aus dem fraglichen Rechtsgeschäfte, an welches sie sich knüpft, entspringt, also nicht auf der Annahme einer besonderen, nebenherlaufenden Garantiepflicht beruht ... ."; siehe nochmals für die Sachmängelhaftung Mot. II S. 224 f.; auch Soergel/Huber 1 2 (1991) vor § 459 Rn. 170. 351 Schon oben § 3 B.II.l.a)aa). 352 Vgl. auch Hensche, Schadensersatzanspruch (1975) S. 97 ff. 353 Die Möglichkeit der Schadensberechnung unter Rückgewähr der Kaufsache stützt auch Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 17 f. auf § 280 Abs. 2 BGB (zu § 635 BGB ebd. S. 253, 255). Aus der neueren Literatur kann man allenfalls Erman/Weitnauer 1 (1989) vor § 459 Rn. 45a in diese Richtung verstehen: „Der .große' Schadensersatzanspruch ist dem Verlangen von Schadensersatz wegen Nichterfüllung der .ganzen Verbindlichkeit' gleichzustellen; dabei ist die mangelhafte Leistung als teilweise Erfüllung im Sinne des § 280 II, § 286 II 2 anzusehen"; siehe auch Ders. N J W 1970, 637, 638. 354 N u r für das „Wie" der Rückabwicklung stellen auf § 280 Abs. 2 S. 2 BGB dagegen ab von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S.621, 627 Fn. 25 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 173 Fn.25 und Soergel/Huber 1 2 (1991) §463 Rn.45. Ebenso diejenigen, die den Käufer oder Besteller analog §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 BGB nur bei mangelbedingtem Interessewegfall für berechtigt halten, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Kauf- oder Werkvertrages geltend zu machen, unten § 4 B.III.l.b)aa) mit Fn.359f.

196

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

b) Rückabwicklungsmechanismus Rücktrittsrecht über § 280 Abs. 2 BGB oder über § 467 S. 1 BGB? Folgt das Recht zur Rückgabe der mangelhaften Kauf- oder Werksache im Zuge des großen Schadensersatzes aus §280 Abs. 2 BGB und sieht das Sachgewährleistungsrecht mit der Wandelung eine Rückgewähr nach Rücktrittsvorschriften vor, so liegt es nahe, die Rückgewähr der Schuldnerleistung im Rahmen des Schadensersatzanspruchs den §§346 ff. BGB zu unterstellen. Dafür spricht auch § 480 Abs. 1 BGB, der für den Nachlieferungsanspruch des Gattungskäufers in S. 2 die Rückgewähr der mangelhaften Gattungssache nach §§ 467 S. 1, 346 ff. BGB anordnet. Ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer die mangelhafte Gattungssache nach Rücktrittsvorschriften zurückzugeben, um seinen Anspruch auf Nachlieferung durchzusetzen, so kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages ebenfalls nur verlangen, wenn er die Sache nach Rücktrittsvorschriften zurückgewährt und so die Voraussetzung für die Schadensberechnung wegen vollständiger Nichterfüllung schafft. Unklar ist lediglich, ob man zur Rückgewähr der mangelhaften Leistung nach Rücktrittsvorschriften über §280 Abs. 2 S. 2 BGB analog 355 oder über § 467 S. 1 BGB analog gelangt 356 . Die Antwort auf diese Frage kann zwar dahingestellt bleiben, soweit es lediglich um die Pflicht zur Rückgewähr der mangelhaften Sache geht - insoweit verweisen sowohl § 280 Abs. 2 S. 2 BGB als auch §467 S. 1 BGB auf §346 S. 1 BGB. Unterschiede ergeben sich aber einmal hinsichtlich der Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs: Setzt der Schadensersatz unter Rückgabe der mangelhaften Kauf- oder Werksache entsprechend §280 Abs. 2 S. 1 BGB voraus, daß das Interesse des Käufers oder Bestellers an der Vertragserfüllung weggefallen ist? Oder setzt andererseits auch der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung analog §§459 Abs. 1 S.2, 468 S. 2,634 Abs. 3 BGB voraus, daß der zum Schadensersatz berechtigende Mangel

355

Auf §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs.l S. 3, 280 Abs. 2 S. 2 BGB verweisen von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S.621, 627 Fn.25 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 173 Fn. 25 (der zusätzlich auf § 480 Abs. 1 S. 2 BGB und § 280 Abs. 2 S. 2 BGB hinweist); Erman/ Weitnauer8 (1989) vor §459 Rn.45a; S o e r g e l / H u b e r n (1991) §463 Rn.45; ohne nähere Begründung für die Anwendung der Rücktrittsvorschriften Leser in Festschrift E. Wolf (1985) S. 373, 393, abw. aber früher Ders., Rücktritt (1975) S. 144 f., 147 f. 356 O L G Düsseldorf vom 11.9.1998 - 22 U 38/98 - NJW-RR 1999, 278 (VW Polo) für die Nutzungsherausgabe; Jakobs JuS 1974, 431, 349 ff.; Kornmeier N J W 1978, 2035 f. in Anm. zu O L G H a m m vom 3.11.1977 - 24 U 131/77 - N J W 1978, 1060 (Nachtstromspeicherheizung); siehe noch Weitnauer N J W 1970, 637, 638; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn.463ff.; StaudingerAfiorcse« 13 (1995) §463 Rn.62; Erman/Grunewald? (1993) §463 Rn. 12; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 65 f., für den die Rücktrittsvorschriften aber weithin durch das Bereicherungsrecht verdrängt werden, S. 6 ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754; Giesen Jura 1993, 354, 365 f. Aus der Gesetzgebungsgeschichte folgert Herberger, Sachmängelhaftung (1974) S. 144 f., daß der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in §§463, 480 Abs. 2 BGB gerichtet sei auf Wandlung oder Minderung plus dem Ersatz des weiteren Schadens.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

197

den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Sache nicht nur unerheblich mindern? Das wird gleich zu erörtern sein. Weitere Unterschiede, die wegen ihres systematischen Zusammenhangs erst in den folgenden Kapiteln erläutert werden, ergeben sich für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs, insbesondere den Zeitpunkt, in dem der Käufer das ius variandi zwischen großem und kleinem Schadensersatz, Wandelung und Minderung verliert: Ist der Käufer oder Besteller entsprechend §§280 Abs. 2 S. 2, 349 BGB schon mit der Erklärung, Schadensersatz unter Rückgewähr der Kaufsache zu wollen, an den großen Schadensersatz gebunden oder analog § 465 BGB erst mit der Einigung der Vertragspartner über den Schadensersatz bzw. mit der rechtskräftigen Verurteilung des Verkäufers oder Unternehmers zur Rückzahlung des Kaufpreises oder Werklohns als Mindestschaden 357 ? Damit hängt eng die Frage zusammen, bis wann ein vom Käufer oder Besteller verschuldeter Untergang oder eine von ihm verschuldete wesentliche Verschlechterung der Kauf- oder Werksache den großen Schadensersatzanspruch gem. §§350 ff. BGB ausschließen: Ist für den zeitlichen Anwendungsbereich der §§ 350 ff. BGB wegen §§ 280 Abs. 2 S. 2,349 BGB das Schadensersatzverlangen oder analog § 465 BGB der Vollzug des Schadensersatzes maßgeblich 358 ? aa) Interessewegfall

gem. § 280 Abs. 2 S. 1 BGB?

Befürwortet man die Rückgewähr der mangelhaften Kauf- oder Werksache nach Rücktrittsvorschriften in analoger Anwendung des §280 Abs. 2 BGB, dürfte der Gläubiger in konsequenter Anwendung des §280 Abs. 2 S. 1 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages nur verlangen, wenn er nachweisen kann, daß er an der Durchführung des Vertrages infolge des Mangels kein Interesse hat. Das ist früher unter mehr oder weniger deutlicher Bezugnahme auf die §§325 Abs. 1 S.2, 326 Abs. 1 S.3, 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 BGB häufig vertreten worden 359 , wird heute aber nur noch vereinzelt behauptet 360 .

357

Dazu unten § 8 B.II.2.a). Unten § 5 A.II.l.a)bb). 359 Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 17 f.; Kipp in 27. DJT (1904) I S. 249, 288; Planck/^no/fee 4 (1928) § 463 Anm. 4 und Planck/Oegg 4 (1928) § 635 Anm. 3a; Kress SR II (1934) § 26 S. 23; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 151 II 2 d S.649 zum Werkvertrag, siehe auch § 108 II 2 S.437 mit Fn. 30 zum Kaufvertrag; Oertmannb (1929) § 635 Anm. 2b für den Werkvertrag und § 463 Anm. 5a ähnlich für den Kaufvertrag; siehe auch Korintenherg, Werkvertrag (1935) S. 167 Fn. 37; vgl. auch RG vom 8.1.1916 - V 311/15 - JW 1916, 672 (Brauerei). 360 Hensche, Schadensersatzanspruch (1975) S. 97 ff., der allerdings dem Schuldner die Beweislast für den Interessewegfall auferlegt (ebd. S. 104 ff.); Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 31. Fikentschers (1992) Rn. 719 - ebenso Fikentscher9 (1997) - hat diese noch in der 7. Auflage seines Lehrbuchs (1985) S.445 vertretene Meinung ohne Begründung und Kenntlichmachung aufgegeben. 358

198

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Diese Ansicht ist abzulehnen 361 . §280 Abs. 2 S. 1 BGB kann auf die Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB entgegen dem ersten Schein nicht entsprechend angewandt werden: Die Vorschrift regelt nicht die Rechte des Gläubigers im Synallagma, sondern den Nichterfüllungsschadensersatz im nicht gegenseitigen Vertrag. Deswegen fragt § 280 Abs. 2 S. 1 BGB nur, ob der Gläubiger ein Interesse an der noch möglichen Teilleistung hat. Für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung im gegenseitigen Vertrag genügt dies nicht. Gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger das Interesse an der noch möglichen Teilleistung verloren hat; maßgeblich ist, ob der Gläubiger trotz der Teilleistungsstörung am synallagmatischen Leistungsaustausch interessiert ist, also daran, mit der geminderten Gegenleistung die Restleistung zu erwerben. Regelt § 280 Abs. 2 S. 1 BGB die Voraussetzungen des „großen" Schadensersatzanspruchs schon nicht für die Teilunmöglichkeit und den Teilverzug in gegenseitigen Verträgen, so liegt die Annahme fern, §280 Abs. 2 S. 1 BGB wolle Voraussetzungen für den großen Schadensersatz aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB aufstellen. Auch aus §§280 Abs. 2 S. 1, 286 Abs. 2 S. 1, 325 Abs. 1 S.2, 326 Abs. 1 S.3 BGB, die bei Teilleistungsstörungen für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages allgemein den Interessewegfall voraussetzen, kann für die Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln nichts gefolgert werden. Das Sachmängelrecht regelt die Voraussetzungen für die Rückabwicklung des Vertrages gegenüber dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht abschließend: Daß der Gläubiger kein Interesse an der teilweisen Vertragserfüllung hat, setzen die §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB nicht nur für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages voraus, sondern auch für den Rücktritt vom gesamten Vertrag. Hingegen erlauben die §§459 Abs. 1, 462, 634 Abs. 4 BGB die Wandelung von Kauf- und Werkverträgen schon dann, 361 RG vom 24.10.1902 - II 192/02 - R G Z 52, 352, 355 (Levantiner Haselnußkerne) zu §480 Abs. 2 Var. 2 BGB; vom 22.10.1931 - VI 183/31 - R G Z 134, 83, 90 (Hausgrundstück Friedensmieten) zu §463 S. 1 BGB; BGH vom 5.5.1958 - VII ZR 130/57 - B G H Z 27, 215, 218 f. = N J W 1958, 1284, 1285 = JZ 1959, 125, 126 mit zust. Anm. Erman (Drahtseilbahn) zu § 635 BGB; vom 8.1.1959 - V I I I ZR 1 7 4 / 5 7 - B G H Z 29,148,151 = N J W 1959, 620 (Lastkraftwagen) zu §463 S.2 BGB und zuletzt vom 22.11.1985 - V ZR 220/84 - B G H Z 96, 283, 287 = LM § 463 BGB Nr. 47 = N J W 1986, 920, 921 = W M 1986, 361, 362 = JZ 1986, 495, 496 mit Anm. Honseil = JR 1986, 327, 328 mit krit. Anm. Schubert (Musterhaus) zu §463 S. 1 BGB; Riehl Gruchot 60 (1916), 609, 622 ff.; Todt, Sachmängel (1970) S. 194 ff.; Diederichsen AcP 165 (1965) 150, 151; Pieper JuS 1962, 459, 461; Köhler JuS 1979, 496; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 66; Klein-Blenkers AcP 194 (1994), 352, 379 f.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 462; Larenz SR II l 1 3 (1986) § 41 II c 3 S. 60 und § 53 II a S. 352; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 32 II 5 b S. 265 zum Werkvertrag, siehe auch § 5 III 3 a S. 49 zum Kaufvertrag; R G R K / M e z gern (1978) §463 Rn. 14; KGKK/Glanzmann12 (1978) §635 Rn.9; Soergel/Huber 1 2 (1991) § 463 Rn. 43; Erman/S«7er 9 (1993) § 635 Rn. 17; Erman/Grunewald? (1993) § 463 Rn. 12; Staudinger/Peiers 13 (1994) § 635 Rn. 11; Staudinger/Honsell 1 1 (1995) § 463 Rn. 60; MünchKomm/ H. P. Westermann3 (1995) §463 Rn.20; Palandt/Patzo 5 8 (1999) §463 Rn. 19; Palandt/Sprau™ (1999) § 635 Rn. 6.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

199

wenn die Kaufsache oder das Werk mit einem Mangel behaftet ist, der den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Sache mehr als unerheblich herabsetzt. Während der Gläubiger bei Teilunmöglichkeit und Teilverzug gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB nachweisen muß, daß sein Interesse an der Vertragserfüllung weggefallen ist, wenn er vom ganzen Vertrag zurücktreten will, ersparen die §§ 459 Abs. 1, 462, 634 Abs. 4 BGB dem Käufer oder Besteller einen solchen Nachweis: Das Sachmängelrecht geht implizit davon aus, daß schon der Mangel an sich das Interesse des Käufers oder Bestellers an der Vertragserfüllung wegfallen läßt. An dieser Wertung ändert sich nichts, wenn der Käufer oder Besteller über die Rücknahme der mangelhaften Leistung hinaus gem. §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB Ersatz seiner weitergehenden Schäden verlangt. Damit bleibt an dieser Stelle festzustellen, daß §280 Abs. 2 BGB nur den Grundsatz ausdrückt, daß der Schadensersatzgläubiger gem. §§ 463,480 Abs. 2, 635 BGB berechtigt ist, die mangelhafte (Teil-)Leistung des Schuldners zurückzugeben, um den Weg für den Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages frei zu machen. Für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs im einzelnen folgt aus § 280 Abs. 2 BGB nichts; die Rückgewähr der Schuldnerleistung nach Rücktrittsvorschriften kann auf den sowohl in §280 Abs. 2 S.2 BGB als auch in §467 S. 1 BGB ausgedrückten Gedanken gestützt werden. bb) Erheblicher Mangel gem. §§459 Abs. 1 S. 2, 468 S. 2, 634 Abs. 4 BGB* Hält man den großen Schadensersatzanspruch für zulässig, weil er Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Wandelung miteinander kombiniert 362 , liegt es nahe, die Voraussetzungen für die Wandelung auf den Schadensersatzanspruch aus §§463, 480 Abs. 2, 635 BGB zu erstrecken. Rechtfertigt man den Anspruch auf den großen Schadensersatz dagegen mit dem in §280 Abs. 2 S. 1 BGB für Teilleistungsstörungen allgemein ausgedrückten Prinzip, ist eine analoge Anwendung der die Wandelung einschränkenden Voraussetzungen in §§ 459 Abs. 1 S. 2,468 S. 2, 634 Abs. 3 BGB auf den Schadensersatzanspruch nur möglich, wenn die Besonderheiten des Sachgewährleistungsrechts eine solche Erstreckung erfordern. Solche Ausnahmevorschriften sind §§468 S.2, 634 Abs.3 BGB. Sie weisen insoweit eine Parallele zu §§ 326 Abs. 1 S. 3, 325 Abs. 1 S. 2,280 Abs. 2 S. 1 BGB auf, als sie die Rückgängigmachung des Vertrages davon abhängig machen, daß der Gläubiger sein fehlendes Interesse an der teilweisen Erfüllung des Vertrages nachweisen kann. Die den §§468 S.2, 634 Abs. 3 BGB zugrundeliegende ratio legis erfordert es, ihre einschränkenden Voraussetzungen auch auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu erstrecken: 362

Oben § 4 B.III.l.a)dd).

200

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

§468 S. 2 BGB bindet die Wandelung eines Grundstückskaufvertrages wegen einer vom Vertrag abweichenden Grundstücksgröße daran, daß der Verkäufer dem Käufer eine bestimmte Größe zugesichert hat; mit Zusicherung wird eine Voraussetzung auf den Wandelungsanspruch erstreckt, die ansonsten nur für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gem. §463 S. 1, 480 Abs. 2 BGB gilt 363 . Weicht die tatsächliche von der zugesicherten Grundstücksgröße ab, kann der Käufer den Kaufvertrag nur wandeln, wenn der Mangel so erheblich ist, daß die Erfüllung des Vertrages für den Käufer kein Interesse hat. Diese Voraussetzung soll nach der Rechtsprechung für den großen Schadensersatzanspruch nicht gelten, weil der Gesetzgeber bewußt nur den Anspruch auf Wandelung, nicht aber den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eingeschränkt habe; der Verkäufer soll dem Schadensersatzanspruch bei geringfügiger Mindergröße des Grundstücks aber §242 BGB entgegenhalten können 364 . Die Auffassung der Rechtsprechung läßt sich nicht halten: Entgegen der Grundregel kann der Käufer das Grundstück im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nur zurückgeben, wenn er sein fehlendes Interesse an der Vertragserfüllung nachweist 365 . Der Gesetzgeber hat an die Konstruktion des großen Schadensersatzes gar nicht gedacht und konnte diesen deswegen nicht entsprechend der Wandelung auf Fälle beschränken, in denen die tatsächliche von der zugesicherten Grundstücksgröße erheblich abweicht 366 . Wäre nur der Ansprach auf Wandelung, nicht aber der auf den großen Schadensersatz gem. § 468 S. 2 BGB beschränkt, würde § 468 S. 2 BGB leerlaufen, da der Käufer bei Zusicherung einer Grundstücksgröße statt der Wandelung immer Schadensersatz

363

B G H vom 14.7.1978 - V ZR 168/75 - W M 1978, 1291, 1292 (Teilfläche - Reihenhaus); vom 27.4.1984 - V ZR 137/83 - W M 1984, 941, 942 (Teilfläche - Reihenhaus); vom 30.11.1990 - V ZR 91/89 - N J W 1991, 912 = W M 1991, 519, 520 (Einfamilienhaus); S o e r g e l / H u b e r n (1991) §468 Rn. 1,4 ff.; Staudinger/Honseil" (1995) §468 Rn. 1, nach dem an die Zusicherung aber geringere Anforderungen als sonst zu stellen sind (strenger noch in Anm. zu B G H 22.11.1985 - V ZR 220/84 [Musterhaus] JZ 1986, 496, 498); abw. Erman/Grunewald? (1993) § 468 Rn. 1. Das arglistige Vorspiegeln einer Grundstücksgröße steht der Zusicherung wie bei § 463 BGB gleich, vgl. RG vom 16.9.1914 - V 144/16 - WarnR 1914 Nr. 285 (Grundstück) zur Minderung; allerdings gilt für die Wandelung dann nicht die Einschränkung des § 468 S. 2 BGB, S o e r g e l / H u b e r u (1991) § 469 Rn. 10. 364 B G H vom 22.11.1985 - V ZR 220/84 - B G H Z 96, 283, 286 ff. = LM § 463 BGB Nr. 47 = N J W 1986, 920, 921 f. = W M 1986, 361, 362 f. = JZ 1986, 495 f. mit abl. Anm. Honseil = JR 1986, 327, 328 mit abl. Anm. Schubert (Musterhaus); zust. R G R K / M e z g e r 1 1 (1978) §468 Rn. 2; Palandt/Putzo 5 " (1999) §468 Rn.2; siehe aber R G vom 22.11.1902 - V 227/02 - R G Z 53, 70, 72 ff. (Ackerparzelle) zur Abnahmeverweigerung des Käufers wegen Mindergröße gem. §433 Abs. 2 BGB. 365 Ebenso die in der Literatur herrschende Meinung: Giesen Jura 1993, 354, 366; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn.465; Soergel/Ballerstedt 10 (1967) §468 Rn.3; Soergel/ 12 Huber (1991) §468 Rn. 17; Staudinger/Honseil 1 3 (1995) §468 Rn. 12 und Ders., Anm. zu B G H 22.11.1985 - V ZR 220/84 (Musterhaus), JZ 1986, 496, 498; Erman/Grunewald 9 (1993) § 468 Rn. 7; M ü n c h K o m m / H . P. Westermann3 (1995) § 468 Rn. 1. 366 Honseil aaO.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

201

wegen Nichterfüllung gem. § 463 S. 1 B G B verlangen kann 367 . Der Zweck der Vorschrift, die zu Verwicklungen führende Auflösung eines Grundstückskaufvertrages bei lediglich geringfügigen Abweichungen vom Vertrag zu verhindern, würde vereitelt 368 . Ebenso wie § 468 S. 2 B G B auf den großen Schadensersatzanspruch des Käufers aus §§ 463, 480 Abs. 2 B G B ist auch § 634 Abs. 3 BGB, der die Wandelung eines Werkvertrages nur bei erheblichen Mängeln zuläßt, auf den Anspruch auf den großen Schadensersatz aus § 635 B G B zu erstrecken: Der Besteller, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages verlangt, darf das mangelhafte Werk dem Unternehmer nur zurückgeben, wenn der Mangel im Sinne des § 634 Abs. 3 B G B erheblich ist 369 . Dem hat das RG entgegengehalten, der Schadensersatzanspruch sei dem Besteller nicht nur statt der Wandlung, sondern auch statt der Minderung eingeräumt, für die der einschränkende Satz des § 634 Abs. 3 B G B nicht gelte 370 . Auch der B G H hat den § 634 Abs. 3 B G B im Drahtseilbahn-Fall - ohne nähere Begründung - ausdrücklich als eine auf die Wandelung zugeschnittene Sondervorschrift behandelt, will dem Besteller den großen Schadensersatzanspruch aus §635 B G B gem. §242 B G B aber ausnahmsweise bei geringfügigen Mängeln versagen 371 . Diese Rechtsprechung krankt schon daran, daß sie ihre eigenen Voraussetzungen verläßt: Soll der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung den Besteller zur Rückgabe des mangelhaften Werkes berechtigen, weil er gegenüber dem Wandelungsanspruch lediglich an weiterreichende Voraussetzungen geknüpft ist 372 , muß er konsequent den Einschränkungen unterliegen, von denen die Wandelungsvorschriften die Rückgewähr des Werkes abhängig machen 373 . Dem R G ist zudem entgegenzuhalten: Der Minderung entspricht der kleine Schadensersatz; für diesen gilt § 634 Abs. 3 B G B zweifelsfrei nicht. Wenn „statt" Wandelung oder Minderung Schadensersatz gefordert werden kann, darf daraus nicht gefolgert werden, für den großen Schadensersatz müßten dieselben Voraussetzungen gelten wie für den kleinen. Dagegen hängt der Anspruch des Käufers aus §§463, 480 Abs. 2 B G B auf den großen Schadensersatz nicht wie die Wandelung nach § 462 B G B davon ab, 367 Honseil, Anm. zu B G H 22.11.1985 - V ZR 220/84 (Musterhaus), JZ 1986, 496, 498; Soergel/Huher n (1991) aaO.; Reinicke/Tiedtke aaO. 3 6 8 Dazu Mot. II S. 234; siehe auch Soergel/Huher u (1991) aaO.; Reinicke/Tiedtke aaO.; Erman/Grunewald'' (1993) aaO. 369 Jakobs JuS 1974, 341, 349 ff.; Larenz SR II l 1 3 (1986) §53 II a S. 352; siehe auch Harst, Rücktritt und Schadensersatz (1984) S. 34; Esser/Weyers II l 8 (1998) § 32 II 5 b S. 265. 3 7 0 RG vom 24.10.1919 - VII 185/19 - WarnR 1920 Nr. 107 (Lagerhaus I) - insoweit nicht mitgeteilt in Recht 1920 Nr. 381. 371 B G H vom 5.5.1958 - VII ZR 130/57 - BGHZ 27, 215, 219 f. = NJW 1958, 1284, 1285 = JZ 1959, 125, 126 mit Anm. Erman (Drahtseilbahn) zu §635 BGB; ebenso Peters JZ 1977, 458,461 und Staudinger/Peiers13 (1994) § 635 Rn. 4 und 31; RGRK/Glanzmann 1 1 (1978) § 635 Rn. 9; Erman/Seiler9 (1993) § 635 Rn. 17. 372 B G H vom 5.5.1958 aaO. (Drahtseilbahn) - in BGHZ S. 218 f. 373 Schon oben § 4 B.III. l.a)aa).

202

j 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

daß der Sachmangel im Sinne des §459 Abs. 1 S.2 B G B erheblich ist 374 : §459 Abs. 1 S. 2 B G B schränkt anders als § 634 Abs. 3 B G B im Werkmängelrecht nicht bloß die Rückabwicklung nach Wandelung ein, sondern gilt ebenso für die Minderung und ist damit keine spezifische Voraussetzung für die Rückgabe der mangelhaften Kaufsache. Mit der Zusicherung und der Arglist stellen die §§ 463, 480 Abs. 2 B G B für den Schadensersatzanspruch zudem auf Voraussetzungen ab, die über die Voraussetzungen der Wandelung weit hinausgehen; auf diese paßt die auf den Sachmangel zugeschnittene Einschränkung des §459 Abs. 1 S. 2 B G B nicht.

2. Rückgewähr der

Gläubigerleistung?

Das Recht, die Gegenleistung zurückzufordern, folgt nach herrschender Meinung - wie bei den Ersatzansprüchen gem. §§ 325 Abs. 1 S. 1,326 Abs. 1 S. 2 B G B - aus der Berechnung des Schadensersatzes nach der Differenzmethode 375 : Da die vom Käufer oder Besteller erbrachte Gegenleistung im Regelfall in Geld besteht, kann er diese rechnerisch als Mindestschaden geltend machen und damit faktisch zurückverlangen 376 . Anders als die landläufigen Formulierungen glauben machen 377 , ist die Rückgewähr der Gegenleistung keine zwingende Folge des großen Schadensersatzes: Spezifikum des großen Schadensersatzes ist das Recht des Käufers oder Bestellers, dem Verkäufer oder Unternehmer die mangelhafte Sache zurückzugeben und seinen Schadensersatz auf Grundlage der Nichterfüllung des gesamten Vertrages zu berechnen 378 . Mit der Rückgabe der mangelhaften Schuldnerleistung ist aber ebensowenig wie mit der Rückgabe einer Teilleistung im Fall der §§ 325 374 Entgegen Staudinger/Howse//13 (1995) §463 Rn. 62, der sich an die Rechtsprechung zum Werkmängelrecht anlehnt, kann dem Käufer der große Schadensersatzanspruch auch bei geringfügigen Mängeln nicht ausnahmsweise gem. § 242 BGB versagt werden; siehe aber auch BGH vom 22.11.1985 - V ZR 220/84 - BGHZ 96, 283, 289 = LM §463 BGB Nr. 47 = NJW 1986, 920, 922 = WM 1986, 361, 363 = JZ 1986, 496 mit abl. Anm. Hansell = J R 1986, 327, 328 mit abl. Anm. Schubert (Musterhaus), wobei der BGH § 242 B G B nicht nur im Fall des § 468 S. 2 BGB, sondern allgemein anwenden will. 375 RG vom 27.5.1904 - VII 3/04 - RGZ 58, 173, 177 (Gelatinetrockenanlage); vom 28.8.1936-VII 5 6 / 3 6 - R G Z 152, 111, 112 f. (Stauereibetrieb); siehe auch vom 9.10.1908-VII 1 2 0 / 0 8 - R G Z 69,381,384 (Zementhautbedachung). Abl. Schöller Gruchot 46 (1902), 1, 18 f., der für das allgemeine Leistungsstörungsrecht die Differenzmethode vertritt. 3 7 6 RG vom 12.4.1912-III 332/11 - J W 1912, 686 Nr. 9 (Fabrikfußboden) zu § 635 BGB; vom 19.6.1917 - II 20/17 - RGZ 90, 332, 334 (Tornister) zu §480 Abs. 2 Var. 1; vom 22.10.1931 - VI 183/31 - RGZ 134, 83, 90 (Hausgrundstück - Friedensmieten) zu §463 S. 1 BGB; siehe auch vom 8.2.1902 - V 375/01 - RGZ 50, 188, 190 (Hausgrundstück) zu § 463 S. 1 und 2 BGB. Ebenso die Literatur, statt aller Staudinger/Peters" (1994) § 635 Rn. 33. 3 7 7 Siehe oben § 4 B.III.l mit Fn. 280. So vor allem BGH vom 8.1.1959 - VIII ZR 174/57 BGHZ 29,148,151 = NJW 1959, 620 (Lastkraftwagen) zu § 463 S. 2 BGB: „Da er [der Käufer] nicht genötigt ist, die Kaufsache zu behalten, kann er auch die Rückzahlung des Kaufpreises fordern." 378 Gerade § 4 B.III.l.

B. Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

203

Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB automatisch ein Anspruch des Gläubigers auf Rückgewähr seiner Gegenleistung verknüpft: Für den Regelfall des Kauf- und Werkvertrages ist die Rückzahlung der Gegenleistung, da in Geld entrichtet, zwar die typische (rechnerische) Folge des großen Schadensersatzes. Bestand die Gegenleistung des Gläubigers aber ganz (bei Tauschverträgen) oder teilweise (insbesondere bei Inzahlunggabe von Kraftfahrzeugen) in einer Sachleistung, ist ein Rückgewähranspruch des Gläubigers nicht in gleichem Maße selbstverständlich. O b der Schadensersatzgläubiger auch Sachleistungen zurückverlangen kann, ist nicht eine Frage des großen Schadensersatzes, sondern eine Frage des Differenz- oder Surrogationsschadensersatzes. Für den Sonderfall der Inzahlunggabe lehnt es der B G H ab, den schadensersatzberechtigten Käufer wie bei der Wandelung auf die gegenständliche Rückgewähr des in Zahlung gegebenen Wagens zu beschränken: Die Wandelung ziele darauf ab, die Vertragspartner so zu stellen, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden. Im Gegensatz dazu bezwecke § 463 S. 1 BGB, den Käufer so zu stellen, wie er stünde, wenn die Kaufsache bei Gefahrübergang die zugesicherte Eigenschaft gehabt hätte. Da der Käufer bei ordnungsgemäßer Erfüllung von Wertverlusten des in Zahlung gegebenen Altwagens verschont und ihm der Vorteil des günstigen Anrechnungspreises erhalten geblieben wäre, sei er anders als bei der Wandelung gem. §§467 S. 1, 346 S. 1 BGB nicht darauf beschränkt, den Altwagen zurückverlangen, sondern könne den ihm zu ersetzenden Schaden anhand des Anrechnungspreises berechnen 379 . Das bedeutet im Ergebnis: Auch bei Inzahlunggabe gebrauchter Sachen kann der Käufer den gesamten Kaufpreis als Mindestschaden verlangen. Diese Rechtsprechung begünstigt den schadensersatzberechtigten Käufer nur auf den ersten Blick. Tatsächlich hilft sie ihm nur, wenn der Käufer entweder kein Interesse daran hat, den in Zahlung gegebenen Wagen zurückzuerhalten, oder wenn ein Anspruch auf gegenständliche Rückgewähr des Wagens nicht durchsetzbar ist, weil der Verkäufer den Wagen abredegemäß weiterverkauft hat. Die Rechtsprechung hilft aber nicht, wenn der Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und seinen in Zahlung gegebenen klagen zurückerhalten möchte, um nach Rückgabe des gekauften mangelhaften Autos überhaupt ein Fahrzeug zu haben. Die Lösung des B G H versagt auch beim Tauschvertrag, für den §515 BGB auf das Kaufgewährleistungsrecht verweist: Mangels einer vertraglichen Anrechnungsabrede kann der Schadensersatzgläubiger, der die eingetauschte mangelhafte Sache zurückgibt, einen Anspruch auf Schadensersatz nur in H ö h e des tatsächlichen Wertes der weggegebenen Sache 379 B G H vom 28.11.1994 - VIII ZR 53/94 - B G H Z 128, 111, 115f. = LM §459 BGB Nr. 122 = N J W 1995, 518, 519 = JZ 1995, 263,264 (Chrysler) in einem Fall, in dem es lediglich um die Differenz zwischen dem Wert des in Zahlung gegebenen Wagens und dem Anrechnungspreis ging, nachdem der Käufer das Altfahrzeug zurückgenommen und veräußert hatte; zust. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn.464; Palandt/Pxizo 5 8 (1999) §463 Rn. 19. So auch für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus § 326 Abs. 1 S. 2 BGB RG vom 12.4.1907 - II 427 und 428/06 - LZ 1907 Sp. 434 Nr. 4 (Sauggasanlage).

204

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

haben. Dann ist ihm unter U m s t ä n d e n besser damit gedient, die weggegebene Sache in natura zurückzuerhalten. O b der Gläubiger berechtigt ist, mit Hilfe des Schadensersatzanspruchs seine Gegenleistung gegenständlich z u r ü c k z u f o r dern, problematisiert der B G H nicht 3 8 0 . Ein entsprechender R ü c k g e w ä h r a n spruch liegt nach der herrschenden M e i n u n g fern, die d e m Gläubiger die R ü c k g e w ä h r seiner Gegenleistung nur (rechnerisch) erlaubt, w e n n er Geld gezahlt hatte 3 8 1 . Die gegenständliche R ü c k g e w ä h r läßt sich mit dem Differenzschadensersatz durchaus vereinbaren. Sie liegt sogar näher als der A n s p r u c h auf Ersatz des tatsächlichen Wertes der weggegebenen Sache oder des Anrechnungspreises: Sind noch keine Leistungen ausgetauscht, schafft die Befreiung der Vertragspartner von den beiderseitigen Leistungspflichten die Voraussetzung dafür, daß der Gläubiger seinen Schadensersatz als Differenz zwischen Leistung u n d Gegenleistung berechnen kann. Sind die beiderseitigen Leistungen bereits ausgetauscht w o r d e n , kann der gleiche Rechtszustand nur dadurch erreicht werden, daß Schuldner u n d Gläubiger einander die erhaltenen Leistungen gegenständlich z u r ü c k g e w ä h r e n und so den Zustand herstellen, w i e er vor dem Leistungsaustausch bestanden hat 3 8 2 . Als Grundlage für die Pflicht zur gegenständlichen R ü c k g e w ä h r der Gegenleistung des Käufers oder Tauschenden bieten sich die §§346ff. BGB an. Wie § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B zeigt, weist das Gesetz den Rücktrittsvorschriften die Funktion zu, die R ü c k g e w ä h r erbrachter Leistungen als Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs w e g e n Nichterfüllung zu ermöglichen. Seinem ausdrücklichen Wortlaut nach beschränkt sich die R ü c k g e w ä h r p f l i c h t aus § § 2 8 0 Abs. 2 S. 2, 346 - 356 B G B z w a r auf die Pflicht des Schadensersatzgläubigers, erhaltene Teilleistungen dem Schuldner z u r ü c k z u g e b e n - im Sachgewährleistungsrecht also auf die Pflicht des Käufers oder Bestellers, d e m Verkäufer oder U n t e r n e h m e r die mangelhafte Sache z u r ü c k z u g e w ä h r e n . In entsprechender A n w e n d u n g des in § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B ausgedrückten Grundprinzips läßt sich aber auch die Pflicht des Verkäufers oder U n t e r n e h m e r s begründen, dem Käufer oder Besteller dessen Gegenleistung nach §§ 346 ff. B G B gegenständlich zurückzugeben 3 8 3 . Das Schadensrecht steht einer solchen extensiven A u s l e gung des § 280 Abs. 2 S. 2 B G B nicht entgegen: Es enthält in den §§ 249 ff. B G B w e d e r spezifische Vorschriften über den Schadensersatz w e g e n Nichterfüllung noch Vorschriften über die R ü c k g e w ä h r ausgetauschter Leistungen. Auf die

380 BGH vom 28.11.1994 - VIII ZR 53/94 - BGHZ 128, 111, 115 f. = LM §459 BGB Nr. 122 = NJW 1995, 518, 519 = JZ 1995, 263, 264 (Chrysler). Im konkreten Fall hatte der Verkäufer den in Zahlung gegebenen Wagen dem Käufer freiwillig zurückgegeben. Deswegen ging es nur darum, ob der Käufer Ersatz des Folgeschadens verlangen konnte, der ihm entstanden war, weil er bei Weiterveräußerung des Wagens weniger als den Anrechnungspreis erzielt hatte. 381 Oben § 4 B.II.2.b)aa). 382 Oben § 4 B.II.2.c)bb)[3]. 383 Oben § 4 B.II.2.c)bb)[3] zum Schadensersatzanspruch aus §§ 325, 326 BGB.

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

205

R ü c k a b w i c k l u n g von Verträgen ist es nicht zugeschnitten; die R ü c k g e w ä h r der Gläubigerleistung ist weder Geldersatz im Sinne der § § 2 5 0 ff. B G B n o c h Naturalrestitution im Sinne des § 2 4 9 S. 1 B G B 3 8 4 . G e g e n die Pflicht des Verkäufers oder U n t e r n e h m e r s , dem Käufer oder B e steller dessen Gegenleistung nach Rücktrittsvorschriften zurückzugewähren, spricht allein die Präposition „statt" in § § 4 6 3 , 4 8 0 A b s . 2 , 635 B G B , die dem Gläubiger den Schadensersatzanspruch nur anstelle des Wandelungsanspruchs, nicht aber eine K o m b i n a t i o n von R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages und Schadensersatz wegen Nichterfüllung gestattet. Insoweit sieht man sich im R a h m e n der gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzansprüche den gleichen Schwierigkeiten gegenüber wie bei den Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung aus §§ 325 Abs. 1 S. 1, 3 2 6 A b s . l S. 2 B G B , die mit der K o n j u n k t i o n „ o d e r " die K o m b i n a t i o n von R ü c k t r i t t und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verbieten. Sieht sich die herrschende Meinung durch das W o r t „oder" in §§ 325 A b s . 1 S. 1, 3 2 6 Abs. 1 S. 2 B G B daran gehindert, dem Schadensersatzgläubiger einen A n s p r u c h auf gegenständliche R ü c k g e w ä h r einer Sachleistung zu gewähren, müssen dieselben B e d e n k e n auch einem Rückgewähranspruch im R a h m e n des Schadensersatzanspruchs aus §§ 463, 4 8 0 Abs. 2, 635 B G B entgegenstehen 3 8 5 . D e m läßt sich nicht entgegenhalten, daß Wandelung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Wege des großen Schadensersatzanspruchs ohnehin miteinander k o m b i n i e r t würden. D e n n mit dieser K o m b i n a t i o n wird die Rechtslage beim großen Schadensersatz lediglich beschrieben, hingegen nicht begründet 3 8 6 . Zudem beschränkt sich der Inhalt des großen Schadensersatzes darauf, dem Käufer oder Besteller zu ermöglichen, die mangelhafte Kaufsache oder das mangelhafte W e r k zurückzugeben, während es eine Frage des D i f f e r e n z - oder Surrogationsschadensersatzes ist, o b der Gläubiger einen A n s p r u c h auf R ü c k gewähr seiner Gegenleistung h a t 3 8 7 . Entsprechend dem in § 280 Abs. 2 S. 2 BGB ausgedrückten Grundsatz ist gleichwohl eine Pflicht des Verkäufers oder U n t e r n e h m e r s zu bejahen, dem Käufer oder Besteller dessen Gegenleistung aus §§ 3 4 6 - 3 5 6 B G B zurückzugewähren: Sachliche G r ü n d e liegen dem Verbot, die R ü c k g e w ä h r der beiderseitigen Leistungen mit dem Schadensersatzanspruch zu verbinden, nicht zugrunde. D e r mit „statt" scheinbar zwingende Wortlaut des Gesetzes und damit die strikte Alternativität von Wandelung und Schadensersatz wegen N i c h t e r f ü l -

3 8 4 H a t der Schuldner nach § 249 S. 1 B G B den Zustand herzustellen, der ohne das zum Ersatz verpflichtende Ereignis bestünde, also die Lage, als hätte er die vertraglich geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht, folgt daraus kein Anspruch des Gläubigers auf R ü c k g e währ seiner Gegenleistung: H ä t t e der Schuldner seine vertraglich geschuldete Leistung erbracht, dürfte er die Gegenleistung des Gläubigers behalten. O b e n § 4 B . I I . 2 . c ) b b ) [ l ] zum Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus §§ 3 2 5 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B . 3 8 5 Siehe zur inhaltsgleichen F u n k t i o n der K o n j u n k t i o n „oder" und der Präposition „statt" o b e n § 4 B . I I I . l.a)dd). 386 387

O b e n § 4 B.III.l.a)dd). A m Anfang dieses Abschnitts.

206

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

lung beruht wie in §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S.2 BGB auf der nicht mehr haltbaren Auffassung des Gesetzgebers, Rücktritt und Wandelung höben den Vertrag auf und nähmen dem aus dem Vertrag folgenden Schadensersatzanspruch so die Grundlage. Mit der heute herrschenden Meinung, daß der Vertrag nach Rücktritt und Wandelung als Rückgewährschuldverhältnis fortbesteht, ist dieser Vorstellung der Boden entzogen 388 . Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen nach Rücktrittsvorschriften sind auch deshalb sinnvoll miteinander zu verbinden, weil mit ihnen auf Leistungsstörungen im Vertrag unterschiedlich reagiert wird: Mit der Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen wird dem Gläubiger, der wegen der mangelhaften Schuldnerleistung den synallagmatischen Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht erreichen kann, die Dispositionsfreiheit wiedergegeben und der Zustand wiederhergestellt, der ohne den gestörten Leistungsaustausch bestanden hat; mit dem Schadensersatzanspruch kann er weitergehend die Schäden liquidieren, die ihm durch die Leistungsstörung entstanden sind vorausgesetzt, der Schuldner hat die Mangelhaftigkeit der Sache zu vertreten oder die Mangelfreiheit garantiert 389 . Beide Reaktionen auf Leistungsstörungen im gegenseitigen Vertrag schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander in Funktion und Wirkung 390 . Räumt man dem Gläubiger grundsätzlich das Recht ein, im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung die gegenständliche Rückgewähr seiner Gegenleistung zu verlangen, legt § 280 Abs. 2 S. 2 BGB nahe, die Rückgewährpflicht des Verkäufers oder Unternehmers nach den §§ 346 ff. BGB zu bestimmen. Das entspricht auch den Grundsätzen, die das Sachgewährleistungsrecht mit der Wandelung und dem Verweis auf die Rücktrittsvorschriften in § 467 S. 1 BGB für die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen vorsieht 391 . Zudem ist die Kombination von Schadensersatzanspruch und Rückgewähranspruch des Gläubigers nach Rücktrittsvorschriften dem Gesetz nicht fremd: Entsprechend §§280 Abs. 2 S. 2, 467 S. 1 BGB hat der Schadensersatzgläubiger mit §§ 347 Abs. 2 S. 2, 994 Abs. 2 BGB einen rücktrittsrechtlichen Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verwendungen, die er auf die mangelhafte Sache gemacht hat. Eine allgemeine Rückgewährpflicht des Schuldners gem. §§346 ff. BGB ändert das Gesetz nicht grundlegend, sondern erweitert lediglich die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs ohnehin bestehenden Rückgewährpflichten des Schuldners über den Verwendungsersatz hinaus auf die Pflicht zur Rückgewähr der Gegenleistung und zur Nutzungsherausgabe. Zur gegenständlichen Rücknahme der Gegenleistung ist der Schadensersatzgläubiger aber nicht verpflichtet. Der Käufer, der für den gekauften mangelhaf388

Oben § 4 A.I. §§463, 480 Abs. 2 BGB: Arglist und Zusicherung; §635 BGB: Vertretenmüssen im Sinne der §§276, 278 BGB. 390 Oben § 4 B.II. 391 Und §480 Abs. 1 S.2 BGB mit §§467 S. 1, 346ff. BGB für die Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache als Voraussetzung des Nachlieferungsanspruchs. 389

B. Schadensersatz wegen

Nichterfüllung

207

ten Wagen ein Altfahrzeug in Zahlung gegeben hat, kann seinen Schadensersatzanspruch aus § 4 6 3 B G B auch anhand des Anrechnungspreises berechnen, etwa wenn dieser den Wert des Altwagens übersteigt und er an dessen gegenständlicher R ü c k g e w ä h r nicht interessiert ist. H a t er das in Zahlung gegebene Fahrzeug z u r ü c k g e n o m m e n und zu einem Preis veräußert, der hinter dem A n rechnungspreis zurückbleibt, kann er die D i f f e r e n z zwischen dem Verkaufspreis und dem Anrechnungspreis als Nichterfüllungsschaden liquidieren: Bei ordnungsgemäßer Erfüllung wäre er von Wertverlusten des in Zahlung gegebenen Altwagens verschont und ihm der Vorteil des günstigen Anrechnungspreises erhalten geblieben 3 9 2 . O b der schadensersatzberechtigte Gläubiger im übrigen auf die R ü c k g e w ä h r nach den § § 3 4 6 ff. B G B , insbesondere auf die N u t zungs- und Verwendungsersatzansprüche der §§ 3 4 7 S. 2 und 3, 987, 994 B G B beschränkt ist oder A n s p r u c h auf E r s a t z weiterer Schäden und Aufwendungen hat, soll erst unten erörtert w e r d e n 3 9 3 .

IV. Verknüpfung 1. Einseitiger

der

Rückgewährpflichten

Schadensersatzanspruch

D e r Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung ist ein einseitiger A n spruch des Gläubigers auf Ersatz der Schäden, die ihm aus der N i c h t - oder Schlechterfüllung des Vertrages entstandenen sind. N a c h der Rechtsprechung wird „nach der ... herrschenden Differenzmethode ... zum Schadensausgleich das Vertragsverhältnis in der Weise umgestaltet, daß an die Stelle der beiderseitigen Leistungspflichten ein einseitiges - am Erfüllungsinteresse ausgerichtetes - Abrechnungsverhältnis tritt, innerhalb dessen die einzelnen Ansprüche nur noch unselbständige Rechnungsposten sind" 3 9 4 , mithin ist „im Wege der Saldierung ein Gesamtvergleich vorzunehmen zwischen dem vorhandenen Vermögen im Zeitpunkt der Schadensberechnung und dem Vermögen, das er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gehabt hätte." 3 9 5 Soweit die dem Gläubiger aus dem Schadensereignis erwachsenden Vorteile einzurechnen sind, müssen die Schranken der Vorteilsausgleichung beachtet werden: N i c h t alle durch die Nichterfüllung adäquat verursachten Vorteile 392 So auch BGH vom 28.11.1994 - VIII ZR 53/94 - BGHZ 128, 111, 115f. = LM §459 BGB Nr. 122 = NJW 1995, 518, 519 = JZ 1995, 263, 264 (Chrysler). 393 Zu dieser Fragestellung schon oben §4 B.II.2.c)bb)[3]; näher unten §6 B.II und §7 B.II. 394 BGH vom 20.5.1994 - V ZR 64/93 - BGHZ 126, 131, 135 f. (Grundstück) zu §326 Abs. 1 S. 2 BGB - Hervorhebungen von mir; ebenso deutlich schon RG vom 28.8.1936 - VII 5 6 / 3 6 - R G Z 152, 111, 112 (Stauereibetrieb) zu § 635 BGB. 395 BGH vom 6.6.1997 - V ZR 115/96 - NJW 1997, 2378 = WM 1997, 1671, 1672 = J Z 1998, 96, 97 mit Anm. Lange (Eigentumswohnung) - Hervorhebungen von mir. Siehe die grundsätzliche Kritik am Schadensersatz als abstrakter Vermögensdifferenz („anonyme Rechengröße") bei Keuk, Vermögensschaden (1972) S. 20 ff.

208

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

mindern den Schadensersatzanspruch, sondern nur solche, die mit einem bestimmten N a c h t e i l korrespondieren: „Ob dies der Fall ist, kann vor einer Gesamtsaldierung der Vermögenslagen allerdings nur in bezug auf die einzelnen Schadenspositionen beurteilt werden, weil grundsätzlich nur solche Vorteile anrechenbar sind, die mit einem bestimmten Nachteil korrespondieren. Die Vorteilsausgleichung erfolgt also nicht bei der Endsaldierung aller Aktiv- und Passivposten gegenüber dem Gesamtbetrag des Schadens, sondern betrifft nur den Schadensposten, ,dem der Vorteil seiner Art nach entspricht' ..., d.h. der mit dem Vorteil .kongruent' ist . . . " 3 % D i e Vorteilsausgleichung schränkt aber lediglich den U m f a n g ein, in dem die auf dem Schadensereignis beruhenden Vorteile den Schadensersatzanspruch des Gläubigers mindern. Sie ändert nichts daran, daß der Gläubiger einen einseitigen A n s p r u c h auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat, in dem Vorund Nachteile aufgehen, die durch das Schadensereignis verursacht w o r d e n sind.

2. Rückgewähr

der ausgetauschten

Leistungen

G e w ä h r t man dem Gläubiger mit der herrschenden M e i n u n g lediglich einen A n s p r u c h auf R ü c k g e w ä h r einer in G e l d bestehenden Gegenleistung als M i n destschaden, ist dieser „ R ü c k g e w ä h r a n s p r u c h " ein b l o ß e r B e r e c h n u n g s f a k t o r für den E r s a t z a n s p r u c h 3 9 7 . E b e n s o gehen A u f w e n d u n g s - und N u t z u n g s e r s a t z in der Gesamtschadensabrechnung auf 3 9 8 , und zwar auch dann, wenn im Wege der Vorteilsausgleichung nur einzelne Vor- und Nachteile miteinander verrechnet werden. Schuldet der Schadensersatzgläubiger - beim Schadensersatzanspruch w e gen Nichterfüllung des gesamten Vertrages in den Fällen des Teilverzugs und der Teilunmöglichkeit aus §§ 3 2 5 Abs. 1 S. 2, 3 2 6 A b s . 1 S. 3 B G B und beim großen Schadensersatz wegen Mängeln der Kaufsache oder des Werks aus §§ 463, 4 8 0 A b s . 2, 635 B G B - R ü c k g e w ä h r der Schuldnerleistung, ändert sich die Rechtslage: D e m Schadensersatzanspruch des Gläubigers steht bei Teilunmöglichkeit und Teilverzug ein A n s p r u c h des Schuldners auf R ü c k g e w ä h r seiner Leistung gem. § § 2 8 0 A b s . 2 S. 2, 3 4 6 S. 1 B G B gegenüber, einschließlich der v o m Gläubiger aus der Sache gezogenen N u t z u n g e n aus § § 2 8 0 A b s . 2 S. 2, 347 S. 2, 987 B G B oder § 347 S. 3 B G B ; der Schuldner ist z u m Schadensersatz gem. § 3 4 8 B G B nur Zug um "Zug gegen R ü c k g e w ä h r seiner Leistung und E r s a t z der N u t z u n g e n verpflichtet. M u ß der Schadensersatzgläubiger G e l d zurückzahlen, etwa wenn der Verkäufer wegen Teilzahlungsverzugs des Käufers gem. § 3 2 6 A b s . 1 S. 3 B G B Schadensersatz verlangt, kann der Schuldner mit seinem R ü c k 396 BGH vom 6.6.1997 aaO. (Eigentumswohnung); Staudinger/Scfema«« 13 (1998) §249 Rn. 144 m.Nw. 397 Oben§4B.II.2.b)aa). 398 Unten § 6 A.III.2.b) und § 7 B.

C.

Vertrauensschadensersatz

209

Zahlungsanspruch gegen den Schadensersatzanspruch aufrechnen. Analog §§280 Abs. 2 S. 2, 467 S. 1 BGB gelten diese Grundsätze auch für die Rückgewährpflicht des Käufers oder Bestellers im Rahmen des großen Schadensersatzes aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB 399 . Über §§ 325 Abs. 1 S. 2,326 Abs. 1 S. 3,280 Abs. 2 S. 2 BGB hat der Schadensersatzgläubiger mit §§347 Abs. 2 S. 2, 994 Abs. 2 BGB einen rücktrittsrechtlichen Anspruch auf Ersatz seiner auf die Teilleistung gemachten notwendigen Verwendungen; das gilt entsprechend §§280 Abs. 2 S. 2, 467 S. 1 BGB auch für den Gläubiger des großen Schadensersatzanspruchs aus §§ 463, 480 Abs. 2, 635 BGB. Gibt man dem Gläubiger analog §280 Abs. 2 S.2 BGB auch einen Anspruch auf Rückgewähr seiner Gegenleistung aus § 346 S. 1 BGB und auf Ersatz der vom Schuldner gezogenen Nutzungen aus §§347 S.2, 987 BGB, wird dadurch kein Fremdkörper in den Schadensersatzanspruch integriert, sondern die bestehende Rechtslage lediglich fortgeschrieben: Die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs ohnehin bestehenden Rückgewährpflichten des Schuldners werden über den Verwendungsersatzanspruch hinaus auf die Pflicht zur Rückgewähr der Gegenleistung und zur Nutzungsherausgabe erweitert. Der zweistufige Differenzschadensersatzanspruch des Gläubigers integriert als erste Stufe die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen. Der Gläubiger hat im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz rücktrittsrechtliche Ansprüche auf Rückgewähr der Gegenleistung sowie auf Nutzungs- und Verwendungsersatz. Diesem Gläubigeranspruch steht der Zug um Zug zu erfüllende Anspruch des Schuldners auf Rückgewähr seiner Leistung und Ersatz der vom Gläubiger aus der Leistung gezogenen Nutzungen sowie auf Ersatz der Verwendungen gegenüber, die der Schuldner auf die Gegenleistung gemacht hat. Mit einer Rückgewährpflicht sowohl des Gläubigers als auch des Schuldners über § 280 Abs. 2 S. 2 BGB mit §§ 346 - 356 BGB (analog) erreichte man für das geltende Recht im wesentlichen schon das Ziel, das die Schuldrechtskommission für die Reform des Leistungsstörungsrechts vorschlägt - mit der Einschränkung, daß nicht nur der Schadensersatzanspruch, sondern auch der Rücktritt eine vom Schuldner zu vertretende Leistungsstörung voraussetzt 400 .

C. Vertrauensschadensersatz Ist ein Verhandlungspartner durch Täuschung des anderen zum Abschluß eines Vertrages veranlaßt worden, den er ansonsten nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte, kann er nach herrschender Meinung aufgrund seiner 399 Oben § 4 B.III.l. und § 4 B.III.2. Dagegen hat das R G vom 22.10.1931 - VI 183/31 R G Z 134, 83, 91 (Hausgrundstück - Friedensmieten) zu § 463 S. 1 BGB dem Käufer als Schadensersatzgläubiger die unbeschränkte gerichtliche Durchsetzung eines Teilschadens erlaubt und ihm gestattet, das Grundstück wegen des erheblich höheren Restschadens zurückzubehalten. 400 § 327 KE-BGB, Schuldrechtskommission Abschlußbericht (1992) S. 172 ff.

210

§ 4 Rückgewähr empfangener

Leistungen

Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo sowie aus § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B , § 826 B G B wählen, o b er am Kaufvertrag festhalten und den entstandenen Schaden in G e l d liquidieren will (ähnlich dem gewährleistungsrechtlichen kleinen Schadensersatz) oder ob er den Zustand vor Vertragsschluß dadurch wiederherstellt, daß er die R ü c k a b w i c k l u n g der beiderseits ausgetauschten Leistungen verlangt (ähnlich dem großen Schadensersatz) 4 0 1 . In den W o r t e n des B G H : „Sein Anspruch auf das .negative Interesse' geht daher nicht nur auf die Wertdifferenz zwischen dem wirklichen und dem angemessenen Kaufpreis, sondern auf Herstellung des Zustandes, wie er ohne Abschluß des Vertrages bestehen würde. Um das zu erreichen, hat jeder Vertragsteil die von dem anderen empfangene Leistung zurückzugewähren. Der Käufer kann somit den von ihm gezahlten Kaufpreis zurückverlangen und muß dafür seinerseits die Kaufsache zurückgeben ... ." 4 0 2

I. Schadensrechtlicher Schutz der Dispositionsfreiheitf Gegen diese R e c h t s p r e c h u n g wird eingewandt, sie schütze im Widerspruch zu den Grundprinzipien des Schadensrechts nicht das Vermögen des Getäuschten vor E i n b u ß e n , sondern lediglich dessen Dispositionsfreiheit; der Schutz der Dispositionsfreiheit sei aber Sache der Anfechtungsvorschriften 4 0 3 . U m den Vermögensschaden auszugleichen, den der Käufer durch die Täuschung des Verkäufers erlitten habe, genüge es, ihm einen Schadensersatzanspruch in H ö h e des überzahlten Kaufpreises einzuräumen 4 0 4 . T r o t z dieser K r i t i k hat der B G H in einer neueren Entscheidung an dem G r u n d s a t z festgehalten, der getäuschte Vertragspartner k ö n n e mit dem A n spruch auf den Vertrauensschadensersatz die R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages verlangen. G e g e n ü b e r der bisherigen R e c h t s p r e c h u n g hat er klargestellt, daß dieser Schadensersatzanspruch einen Vermögensschaden des Getäuschten voraussetze 4 0 5 . D i e s e Voraussetzung verwässert der B G H j e d o c h dadurch, daß er Oben § 2 D.I.l BGH vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57,137, 139 = NJW 1972, 36 mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1477 = J Z 1972, 438 mit abl. Anm. Lieb (BMW) zum Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB. 403 Lieb in Festschrift Köln (1988) S.251, 258 ff., siehe auch Den. in Festschrift Medicus (1999) S.337, 338 ff.; auch Huber, Leistungsstörungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S. 647, 743. Siehe auch die Kritik von Hans Stoll in Festschrift Riesenfeld (1983) S.275, 281 ff.: nur deliktischer, nicht aber vorvertraglicher Schutz der Willensfreiheit. Für die Entscheidungsfreiheit als durch die culpa in contrahendo geschütztes Rechtsgut hingegen St. Lorenz, Unerwünschter Vertrag (1997) S. 72 ff., 388 ff.; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 19 ff., 88, 153 Fn. 293; siehe auch Lange, Schadensersatz2 (1990) S.42f.; Soergel/Wiedemann 12 (1990) vor §275 Rn. 113, 153ff. und Ders. in Anm. zu BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 (Eigentumswohnung), JZ 1998, 1176 f. 404 Lieb, Anm. zu BGH vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 (BMW), JZ 1972, 442, 443 und Ders. in Festschrift Köln (1988) S.251, 261 ff. 405 BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM § 249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medi401

402

C.

Vertrauensschadensersatz

211

in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit einem Teil des S c h r i f t t u m s 4 0 6 und im A n s c h l u ß an den strafrechtlichen Vermögensbegriff des § 263 S t G B 4 0 7 einen subjektiven V e r m ö gensschaden auch dann für möglich hält, wenn die Kaufsache ihren Preis o b j e k tiv wert ist: „Ist... der Kaufgegenstand den Kaufpreis wert, so kann ein Vermögenssebaden schon darin liegen, daß der von dem schuldhaften Pflichtverstoß Betroffene in seinen Vermögensdispositionen beeinträchtigt ist. Der Schadensersatzanspruch dient dazu, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen; der Schadensbegriff ist mithin im Ansatz subjektbezogen .... Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist... setzt allerdings voraus, daß die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiver willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern daß auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluß als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht." 408 T r o t z Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung entstehe ein Vermögensschaden, wenn die Leistung für die Z w e c k e des Getäuschten nicht voll

cus = NJW 1998, 302, 303 f. = WM 1997, 239, 2311 f. = JZ 1998, 1173, 1174 f. mit krit. Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung) zur Täuschung über die finanziellen Vor- und Nachteile des Geschäfts; bestätigt durch BGH vom 19.12.1997 - V ZR 112/ 96 - NJW 1998, 898 ff. = WM 1998, 939 ff. (Altbau-Sanierungsmodell) zur Täuschung über die Sozialbindung - Konkurrenz von culpa in contrahendo und Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB; zust. Palandt/ Heinrichs58 (1999) vor § 249 Rn. 19 und § 276 Rn. 78. So schon OLG Köln vom 10.12.1985 - 9 U 99/85 - WM 1987, 1292, 1293 (Prospekthaftung) und OLG Stuttgart vom 10.3.1987 - 10 U 7/86 - WM 1987, 1260, 1262 (Bauherrenmodell-Feriendorf) - beide im konkreten Fall einen Schaden ablehnend. 406 Schumacher, Vertragsaufhebung (1979) S. 117 f.; Küppers, Aufwendungen (1976) S. 70 f.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung (1981) S. 275 ff.; Lange, Schadensersatz2 (1988) § 1 III 2 S. 42 f.; Staudinger/Medicus11 (1980) §249 Rn.9; VdznAt! Heinrichs™ (1999) vor §249 Rn. 19; siehe auch Lieb in Festschrift Köln (1988) S.251, 260 Fn. 43 zu Schumacher ebd. und M. Lehmann ebd: „mit großer Mühe mit Hilfe des subjektbezogenen Schadensersatzbegriffs dennoch einen Vermögensschaden zu konstruieren". Weiter Soergel/Mertens12 (1990) §249 Rn. 13: „Vermögensschaden ist ... der dem rechtlich beachtlichen Willen einer Person nicht entsprechende Vertrag, denn er beeinträchtigt nicht nur ihre Willensfreiheit, sondern belastet sie mit Verpflichtungen", siehe auch vor § 249 Rn. 21 und allgemeiner Ders., Vermögensschaden (1967) S. 129 ff., 139 ff., 162 f. 407 Grundlegend BGH vom 16.8.1961 - 4 StR 166/61 - BGHSt 16, 321, 325 ff. = NJW 1962, 309, 310 ff. (Melkmaschinen); ausführliche Analyse der strafrechtlichen Entscheidungen bei M. Lehmann, Vertragsanbahnung (1981) S. 278 ff.; zum strafrechtlichen Vermögensbegriff auch Mertens, Vermögensschaden (1967) S. 130 ff. 408 BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM § 249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medicus = NJW 1998, 302, 304 = WM 1997, 2309, 2312 = JZ 1998,1173,1175 mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung) - Hervorhebungen von mir; siehe schon BGH vom 1.12.1961 - V I I ZR 67/61 - BB 1962, 198 (Traktor) und vom 9.10.1989 - II ZR 257/88 - LM §276 BGB (Fa) Nr. 106 = WM 1990, 145, 146 f. = NJW-RR 1990, 229 f. (Kommanditanteile).

212

5 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

brauchbar sei 409 , w e n n der Getäuschte durch die irreführenden Angaben zum Erwerb einer Sache veranlaßt werde, die sich grundlegend v o n der angepriesenen Sache unterscheide 4 1 0 , oder w e n n der Erwerb subjektiv unvernünftig sei, weil er den Getäuschten nachhaltig in seiner sonstigen Lebensführung beeinträchtige 4 1 1 . Ein Vermögensschaden ist sicher zu bejahen, w e n n die gekaufte Sache f ü r den Getäuschten nicht oder nicht voll brauchbar ist, etwa weil er die gekaufte Kreissäge wegen ihrer G r ö ß e nicht am v o m Verkäufer vermessenen Platz aufstellen 4 1 2 , den gekauften Wäschetrockner mangels ausreichenden A b z u g s k a mins nicht in seiner Reinigung verwenden kann 4 1 3 oder infolge einer u n z u t r e f fenden Standortanalyse des Verkäufers eine f ü r seine Bedürfnisse ungeeignete Ladeneinrichtung kauft 4 1 4 : Mangels Verwendbarkeit fehlt es an der vertraglich vorausgesetzten (subjektiven) Äquivalenz v o n Leistung und Gegenleistung; die gekaufte Sache ist ihren Preis nicht wert. Da es nicht um die f ü r den K ä u f e r nachteilige A b w e i c h u n g der Ist- von der vertraglich vorausgesetzten Sollbeschaffenheit geht, sondern um eine fehlerhafte Bestimmung der Sollbeschaffenheit, w i r d der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo auch nicht durch das Sachgewährleistungsrecht verdrängt 4 1 5 . Dagegen lassen sich die beiden anderen Fälle der Rechtsprechung kaum als Vermögensschaden fassen 4 1 6 : Erwirbt der Getäuschte eine Kapitalanlage, die 409 BGH vom 26.9.1997 aaO. (Eigentumswohnung); vom 19.12.1997 - V ZR 112/96 NJW 1998, 898, 899 = WM 1998, 939, 940 (Altbau-Sanierungsmodell); auch vom 31.1.1963 VIII ZR 120/60 - LM §276 BGB (H) Nr.5 = NJW 1962, 1196, 1197ff. (Kreissäge); vom 11.1.1988 - II ZR 192/87 - LM § 115 HGB Nr. 5 = NJW-RR 1988, 995, 996 = WM 1988, 968, 970 (OHG-Geschäftsführer); vom 9.10.1989 - II ZR 257/88 - LM §276 BGB (Fa) Nr. 106 = WM 1990, 145, 146 f. = NJW-RR 1990, 229 f. (Kommanditanteile); Lange, Schadensersatz 2 (1990) § 1 III 2 S. 42 f.; Staudinger/Medicus u (1980) §249 Rn. 9. Zu §263 StGB: BGH vom 18.7.1961 - 1 StR 606/60 - BGHSt 16, 220, 222 = NJW 1961, 1876, 1877 (Gabardinehosen); vom 16.8.1961 - 4 StR 166/61 - BGHSt 16, 321, 325 f. (Melkmaschinen); vom 16.7.1970 - 4 StR 505/69 - NJW 1970, 1932 (Zeitschriftenabonnement); OLG Hamm vom 5.1.1968 - 3 Ss 1188/67 - NJW 1968, 903 (gebrauchter Mercedes). 410 BGH vom 26.9.1991 - V I I ZR 376/89 - BGHZ 115, 213, 221 f. = LM §276 BGB (Fa) Nr. 120 mit Anm. Koebele = NJW 1992,228, 230 = WM 1991,2092, 2095 = JZ 1992, 470,472 f. mit zust. Anm. Wüst (Prospekthaftung). 411 BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM § 249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medicus = NJW 1998, 302, 305 = WM 1997,2309,2312 = JZ 1998, 1173,1175 mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung). Zu § 263 StGB: BGH vom 16.8.1961 - 4 StR 166/61 - BGHSt 16, 321, 326 ff. (Melkmaschinen). 412 Vgl. BGH vom 31.1.1963 - VIII ZR 120/60 - LM §276 BGB (H) Nr.5 = NJW 1962, 1196,1198 (Kreissäge). 413 Vgl. BGH vom 12.6.1985 - VIII ZR 176/84 - NJW 1985, 2472 = WM 1985, 1167, 1168 (Wäschetrockner). 414 BGH vom 12.10.1993 - X ZR 65/92 - LM § 287 ZPO Nr. 109 = NJW 1994, 663, 664 = WM 1994, 758, 760 f. (Ladeneinrichtung). 415 Abi. aber, weil so der Nichterfüllungs- und nicht der Vertrauensschaden ersetzt werde, zum Fall enttäuschter Gewinnerwartungen Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 694. 416 Krit. auch St. Lorenz ZIP 1998, 1053, 1055: „Griff in die Trickkiste"; Grigoleit NJW 1999, 900, 902; Lieb in Festschrift Medicus (1999) S. 337,339 ff.

C.

Vertrauensschadensersatz

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sich von der ins Auge gefaßten erheblich unterscheidet, die aber ihren Preis wert und als Kapitalanlage für ihn auch brauchbar ist, oder wird der Getäuschte durch den Erwerb in seiner sonstigen Lebensführung beeinträchtigt, ist eine für ihn nachteilige Vermögensdifferenz durch den täuschungsbedingten Vertragsschluß gerade nicht entstanden. Das zeigt sich insbesondere daran, daß der Getäuschte außerstande ist, seinen Schaden in der Weise zu berechnen, daß er am Kaufvertrag festhält und Ersatz der ihm durch die Leistung entstandenen Einbußen verlangt: Die Kaufsache ist auch für den Käufer ihr Geld wert 417 . Ein Vermögensschaden ist nur denkbar, wenn der Verkäufer den Käufer gerade über die Finanzierung des Geschäfts getäuscht und ihm wahrheitswidrig vorgespiegelt hat, Kosten und Lasten seien zumindest ausgeglichen - dann ist dem Käufer durch die tatsächliche Mehrbelastung ein ausgleichsfähiger Schaden entstanden 418 . Darüber geht der weite Vermögensbegriff der herrschenden Meinung hinaus. Er ordnet schon bloße Änderungen in der Zusammensetzung des Vermögens als Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB ein: Das Vermögen wird nicht nur hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verwertbarkeit, sondern auch hinsichtlich der Freiheit der Daseinsgestaltung geschützt 419 . Daß ein Vermögensschaden insoweit nur schwierig zu begründen ist, spricht allein noch nicht gegen den auf Rückabwicklung des Vertrages gerichteten Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, § 826 BGB: Dient das Schadensrecht zwar grundsätzlich dem Vermögensschutz, so setzt die (vorrangige) Naturalrestitution im Sinne des § 249 S. 1 BGB keinen Vermögensschaden voraus 420 . Das ist für die Beeinträchtigung des bloßen Affektionsinteresses unstreitig 421 , gilt aber auch für Vermögensver417 Falsch B G H vom 1.4.1981 - VIII ZR 51/80 - W M 1981, 689 = N J W 1981, 2050, 2051 (Flugzeug), der dem Käufer Schadensersatz gewährt hat, obwohl das gekaufte Flugzeug seinen Preis wert war, weil nicht wie bei den Vertragsverhandlungen in Aussicht gestellt der Großhändlerpreis, sondern ein höherer Preis Vertragsinhalt geworden war; krit. auch Basedow N J W 1982, 1030; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 697. Zur grundsätzlichen Kritik an der Rechtsprechung zur „Minderung" aus culpa in contrahendo oben § 2 D.I.l. 418 So im Fall B G H vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM §249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medicus = N J W 1998, 302, 305 = W M 1997, 2309, 2312 = JZ 1998, 1173, 1175 mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung); dagegen ist im Fall B G H vom 19.12.1997-V ZR 112/ 9 6 N J W 1998, 898, 899 f. = W M 1998, 939, 940 (Altbau-Sanierungsmodell) unklar, ob der Verkäufer die Belastung des getäuschten Käufers mit den Finanzierungskosten mitverursacht hat (wohl nicht). 419 In diese Richtung auch die Kritik von Medicus in Anm. zu B G H vom 26.9.1997-V ZR 29/96 (Eigentumswohnung), LM §249 (A) BGB Nr. 113. Nachweise derjenigen, die die Entscheidungsfreiheit als durch die culpa in contrahendo geschützt ansehen, in Fn. 403. 420 Canaris Z G R 1982, 395, 418 Fn. 63; Medicus BR 18 (1999) Rn. 150 und Oers., Anm. zu B G H vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 (Eigentumswohnung), LM § 249 (A) BGB Nr. 113; St. Lorenz ZIP 1998, 1053, 1055; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 19 f. und Ders. N J W 1999, 900, 901 f.; siehe auch Emmerich, Leistungsstörungen 4 (1997) §4 V 1 S.43 und M ü n c h K o m m / E m m e r i c P (1994) vor § 275 Rn. 195. Hiergegen Lieh in Festschrift Medicus (1999) S. 337, 345. 421 Siehe nur Esser I 4 (1970) § 41 II 6 cS. 281 (Beispiel a).

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§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

besserungen, die j e m a n d e m gegen dessen Willen aufgedrängt worden sind 4 2 2 . Verputzt etwa jemand versehentlich nicht das Haus seines Auftraggebers, sondern das Backsteinhaus des N a c h b a r n , kann der N a c h b a r gem. § § 8 2 3 Abs. 1, 2 4 9 S. 1 B G B die Beseitigung des Putzes auch dann verlangen, wenn dieser den Wert des Hauses objektiv steigert; der z u m Ersatz Verpflichtete kann gegen den Restitutionsanspruch des Geschädigten - bis zur G r e n z e des § 251 A b s . 2 B G B - nicht einwenden, daß ein Vermögensschaden nicht entstanden sei. D a ß nicht ein Vermögensschaden, sondern die Beeinträchtigung der D i s p o sitionsfreiheit G r u n d für den Vertrauensschadensersatzanspruch ist, läßt aber daran zweifeln, ob die R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages über culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B , § 826 B G B der richtige Weg ist: F ü r die Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit stellt § 123 B G B dem G e t ä u s c h ten mit der Anfechtungsmöglichkeit wegen D r o h u n g und arglistiger T ä u schung einen - auf Sonderfälle beschränkten - Weg zur Verfügung, sich v o m Vertrag durch Gestaltungserklärung zu lösen und R ü c k g e w ä h r der ausgetauschten Leistungen nach Bereicherungsrecht zu verlangen. O b neben § 123 B G B für eine schadensrechtliche R ü c k g e w ä h r Platz ist, ist sowohl hinsichtlich des A b w i c k l u n g s m o d u s als auch hinsichtlich der Voraussetzungen fraglich: W ä h r e n d die §§ 123, 124 B G B die L ö s u n g v o m Vertrag nur bei Arglist und nur innerhalb Jahresfrist erlauben, gestatten § 8 2 3 Abs. 2 B G B i.V.m. § 2 6 3 S t G B , § 826 B G B die R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages innerhalb der Frist des § 852 B G B und verjährt der Vertrauensschadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo innerhalb der Regelfrist des § 195 B G B . D i e ständige Rechtsprechung von R G und B G H , § 123 B G B verdränge die A u f h e b u n g des Vertrages über den Schadensersatzanspruch aus culpa in c o n trahendo nicht als lex specialis 4 2 3 , läßt sich damit nicht mit dem A r g u m e n t rechtfertigen, der Schadensersatz verfolge einen anderen S c h u t z z w e c k als das 422 So für Vermögensverbesserungen durch Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Willen des Geschäftsherrn schon H. A. Fischer, Schaden (1903) S. 320 ff. Die Naturalrestitution schränkt Lieb in Festschrift Köln (1988) S. 251, 262 mit Fn.38 ein auf Einwirkungen auf real existierende, selbständige Rechtsgüter. 423 BGH vom 31.1.1963 - VIII ZR 120/60 - LM § 276 BGB (H) Nr. 5 = NJW 1962, 1196, 1198 (Kreissäge); vom 11.5.1979 - V ZR 75/78 - LM § 123 BGB Nr.55 = NJW 1979, 1983 (Miteigentumsanteil) für die rechtswidrige Drohung; vom 5.12.1980 - V ZR 160/78 - WM 1981, 309, 310 (Grundstück); siehe auch vom 28.2.1968 - VIII ZR210/65 - LM §276 BGB (Fa) Nr. 26 = NJW 1968, 986, 987 (Bürgschaft); vom 22.2.1984 - IVa ZR 63/82 - LM § 124 BGB Nr. 5 = NJW 1984, 2814, 2815 (Berufsunfähigkeitsversicherung); vom 11.11.1987 - VIII ZR 304/86 - NJW-RR 1988, 744 f. = WM 1988, 124, 125 (Kissenfabrik); vom 22.2.1991 - V ZR 299/89 - WM 1991, 1341, 1343 f. (Doppelhaushälfte - schikanöses Nachbarverhalten); vom 14.10.1994 - V ZR 196/93 - LM § 133 BGB (A) Nr. 24 = NJW 1995, 45, 46 = WM 1995, 263, 264 (Eigentumswohnungen); zust. Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) §5 II 4 S. 52 und MünchKomm/EmmericP (1994) vor § 275 Rn. 96; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 276 Rn. 78. Zu §826 BGB auch RG vom 6.2.1914 - II 580/13 - RGZ 84, 131, 133 f. (Holzschlagbetrieb) und vom 29.3.1912 - VII 48/12 - RGZ 79, 194,197 (Vergleich); a.A. RG vom 2.5.1906 V 455/05 - RGZ 63, 268, 270 (Grundstück) zu § 826 BGB in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung. Für ein Nebeneinander auch Staudinger/Löwisch n (1995) vor §§ 249 ff. Rn. 78.

C.

Vertrauensschadensersatz

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A n f e c h t u n g s r e c h t 4 2 4 . E b e n s o w e n i g hilft der H i n w e i s auf die „dingliche" Wirkung der A n f e c h t u n g gegenüber D r i t t e n , die die besonderen Voraussetzungen der §§ 123, 124 B G B erkläre, da über § 4 0 4 B G B eine entsprechende Wirkung auch für den Anspruch aus culpa in contrahendo erreicht werden k a n n 4 2 5 . D i e Rechtsprechung entspricht aber den Intentionen des Gesetzgebers zu E I § 2 1 9 ( § 2 4 9 B G B ) , der ein Nebeneinander von bereicherungsrechtlicher R ü c k a b wicklung und dem deliktischen Schadensersatzanspruch - d.h. gem. § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 2 6 3 S t G B , § 826 B G B dem Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher Täuschung - befürwortet hat: „Vermöge des Grundsatzes, wonach der Schadensersatz durch Herstellung desjenigen Zustandes zu leisten ist, welcher ohne den zum Ersätze verpflichtenden Umstand vorhanden sein würde, kann z.B. auch der durch Drohung oder Betrug (§ 103) Beschädigte geeignetenfalls statt der dinglich wirkenden Anfechtung (§§ 112 ff.) den im Schadenersatzansprüche liegenden obligatorischen Restitutionsanspruch wählen, was für ihn im Hinblick auf die für die Anfechtung gesetzte kurze Präklusivfrist und die längere Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch (§§ 104, 719) von Interesse sein kann." 4 2 6 A u c h im Schrifttum wird trotz erheblicher K r i t i k nur selten vertreten, daß die Arglistanfechtung gem. § 123 B G B den Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo verdränge 4 2 7 , und nur gelegentlich behauptet, der Ersatzanspruch k ö n n e nicht auf R ü c k a b w i c k l u n g des Vertrages, sondern nur auf E r s a t z des Minderwertes der gekauften Sache in G e l d gehen 4 2 8 . Häufiger wird der Vertrauensschadensersatzanspruch

auf vorsätzliche Täuschungen

beschränkt429

424 So aber BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM § 249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medicus = NJW 1998, 302, 304 = WM 1997,2309, 2312 = JZ 1998,1173,1174 f. mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung); schon Schubert AcP 168 (1968), 470, 505 ff. 425 Medicus JuS 1965, 209, 212; im Anschluß an ihn auch BGH vom 26.9.1997 - V ZR 29/ 9 6 - LM §249 (A) BGB Nr. 113 mit krit. Anm. Medicus = NJW 1998, 302, 304 = WM 1997, 2309, 2311 = JZ 1998, 1173, 1174 mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung); OLG Hamm vom 28.9.1993 - 7 U 110/92 - NJW-RR 1995, 205, 206 (Unterverpachtung Gaststätte); Schubert AcP 168 (1968), 470, 505 Fn. 110; Schumacher, Vertragsaufhebung (1979) S.27ff.; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 96 ff. und Ders. NJW 1999, 900, 901. 426 Mot. II S. 20 f.; siehe auch Mot. I S. 208 und Mot. II S. 756 f. 4 2 7 So Medicus JuS 1965, 209, 212 ff.; siehe auch Liebs AcP 174 (1974), 26 f. Ausdrücklich für ein Nebeneinander etwa St. Lorenz, Unerwünschter Vertrag (1997) S. 330 ff. und Ders. ZIP 1998, 1053, 1056 f. 428 So Canaris ZGR 1982, 395, 416 ff.; siehe auch Lieb in Festschrift Köln (1988) S.251, 263 ff.; Erman/ßrox 9 (1993) § 123 Rn. 8; auch Rengier, Interesse (1977) S.51 f. mit Ausnahme der Fälle, in denen die Kaufsache für den Käufer infolge der Täuschung nutzlos ist. 429 Schumacher, Vertragsaufhebung (1979) S. 31 ff., der aber einen Vertrauensschadensersatzanspruch aus fahrlässigem Verschulden bei Vertragsschluß zugunsten unerfahrener Verhandlungspartner befürwortet, ebd. S. 116 ff. mit S. 69 ff.; Soergel/HefermehP 2 (1988) §124 Rn. 10; siehe auch Esser I 4 (1970) § 52 IV 1 S. 378 und Esser II 4 (1971) § 64 VI 4 a S. 60 f.; Esser/ Schmidt I 2 7 (1993) § 29 II 5 a S. 141. Für einen Anspruch aus culpa in contrahendo nur, wenn den Verhandlungspartner eine besondere Auskunftspflicht trifft, Medicus BR 18 (1999) Rn. 150.

216

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

und gefordert, die Fristen der §§ 121,124 BGB auf den Schadensersatzanspruch zu erstrecken 430 . Das BGB gibt dem getäuschten Vertragspartner Rechte wegen Täuschung bei Vertragsschluß nur, soweit der andere vorsätzlich gehandelt hat 431 : Der Getäuschte kann seine auf den Vertrag gerichtete Willenserklärung anfechten und die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen im Wege des Bereicherungsrechts verlangen, oder er kann gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, § 826 BGB Schadensersatz geltend machen. Weder die Systematik des Gesetzes - Anfechtungsrecht nach § 123 BGB einerseits, deliktische Schadensersatzansprüche andererseits - noch die §§ 249 ff. BGB zwingen zur inhaltlichen Beschränkung des Schadensersatzanspruchs dahin, daß der Gläubiger über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, §826 BGB seinen Vertrauensschaden in Geld liquidieren müsse. Vielmehr kann der Gläubiger gem. § 249 S. 1 BGB verlangen, daß der auf der Täuschung beruhende Vertrag rückgängig gemacht wird - und zwar unabhängig davon, ob durch die Täuschung seitens des Vertragspartners sein Vermögen geschädigt worden ist oder nicht. Erlaubt das Gesetz dem Gläubiger die Aufhebung des Vertrages mit Rückabwicklung der aufgrund des Vertrages ausgetauschten Leistungen aber nur, wenn der Vertragspartner vorsätzlich getäuscht hat, so ist diese Einschränkung auf den im BGB nicht ausdrücklich geregelten Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zu erstrecken: Nur bei Vorsatz kann der Getäuschte im Wege des Vertrauensschadens aus culpa in contrahendo Aufhebung des Vertrages verlangen; bei fahrlässiger Täuschung, insbesondere der Verletzung von Aufklärungspflichten, ist er hingegen darauf beschränkt, einen etwaigen Vermögensschaden in Geld zu liquidieren 432 . Der Anspruch auf Aufhebung des Vertrages mit Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen hat aber einen anderen Inhalt, als die herrschende Meinung glauben macht.

430

Ausführlich unten § 8 C. Ausführlich Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 16 ff. 432 Abw. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 50 ff., 137 ff. und Ders. N J W 1999, 900, 902 f., der statt eines Schadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo eine Anfechtung gem. § 123 BGB wegen fahrlässiger Täuschung befürwortet; dafür schon Sack W R P 1974, 445, 451, 455 f. Ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB kommt neben den Gewährleistungsansprüchen aus §§ 462, 463 BGB ohnehin nur bei vorsätzlicher Täuschung durch den Verkäufer in Betracht, oben § 2 D.I.2. und §2 D.II. Zur Erstreckung der Ausschlußfrist des § 124 BGB auf den Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo unten § 8 C. 431

C.

Vertrauensschadensersatz

II. Rückgewähr

der beiderseitigen

217

Leistungen

1. Inhalt des Schadensersatzanspruchs: Aufhebung

des Vertrages

D e n Ersatzanspruch auf R ü c k g e w ä h r der Leistungen begründet der B G H mit dem Prinzip der Naturalrestitution: „Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der getäuschte Kläger verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die Täuschung nicht verübt worden wäre (§249 BGB). Dann hätte der Kläger ... dieses Fahrzeug nicht gekauft, da er auf keinen Fall einen Unfallwagen erwerben wollte. Sein Anspruch auf das ,negative Interesse' geht daher ... auf Herstellung des Zustandes, wie er ohne Abschluß des Kaufvertrages bestehen würde. Um das zu erreichen, hat jeder Vertragsteil die von dem anderen empfangene Leistung zurückzugewähren. Der Käufer kann somit den von ihm gezahlten Kaufpreis zurückverlangen und muß dafür seinerseits die Kaufsache zurückgeben ... ." 433 U n m i t t e l b a r auf die Naturalrestitution kann die R ü c k g e w ä h r der beiderseitigen Leistungen aber nicht gestützt werden: D i e Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo und § 823 A b s . 2 B G B i.V.m. § 2 6 3 S t G B , § 826 B G B sind nicht auf die R ü c k a b w i c k l u n g der aufgrund des Vertrages erbrachten Leistungen gerichtet 4 3 4 , sondern auf die A u f h e b u n g des Vertrages. G e m . § 2 4 9 S. 1 B G B schuldet der Täuschende Herstellung des Zustandes, wie er ohne das Schadensereignis bestünde. Schädigendes Ereignis ist aber nicht der Verlust der eigenen 433 BGH vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57,137, 139 = NJW 1972, 36 mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1477 = JZ 1972, 438 mit abl. Anm. Lieb (BMW). Ebenso RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - RGZ 54, 137, 140 (Rittergut); BGH vom 29.10.1959 - VIII ZR 125/58 - LM § 123 BGB Nr. 18 = NJW 1960, 237 (gebrauchtes Kraftfahrzeug); vom 2.7.1962 - VIII ZR 12/61 - LM §249 BGB (Ca) Nr.4 = NJW 1962, 1909 = WM 1962,1006 = JZ 1963, 128 (Ford-Pritschenwagen); BGH vom 25.6.1982-VZR 143/81 - WM 1982, 960, 961 (Hotelsuite); vom 16.1.1985 - VIII ZR 317/83 - LM 459 BGB Nr. 76 = NJW 1985, 1769, 1771 = WM 1985, 463, 466 (chemische Reinigungsanlage); vom 8.12.1988 - VII ZR 83/88 - LM § 631 BGB Nr. 65 = NJW 1989,1793,1794 = WM 1989,416,417 f. (Feuertreppe); vom 17.5.1995 - VIII ZR 70/94 - LM § 166 BGB Nr. 34 mit Anm. M. Wolf = NJW 1995, 2159, 2160 = WM 1995, 1145, 1146 (Omnibus); vom 20.9.1996 - V ZR 173/95 - NJWRR 1997, 144, 145 (Grundstück); vom 26.9.1997 - V ZR 29/96 - LM §249 (A) BGB Nr. 113 mit Anm. Medicus = NJW 1998, 302, 303 = WM 1997, 2309, 2311 = JZ 1998, 1173, 1174 mit Anm. Wiedemann (Eigentumswohnung) - teilweise zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, §826 BGB. 434 Deutlich hierfür aber auch BGH vom 29.10.1959 - VIII ZR 125/58 - LM § 123 BGB Nr. 18 = NJW 1960, 237 (gebrauchtes Kraftfahrzeug): „Herstellung des Vermögenszustandes ... unter Ausgleichung aller beiderseitigen Vorteile und Nachteile"; vom 17.5.1995 - VIII ZR 70/94 - LM § 166 BGB Nr. 34 mit Anm. M. Wolf= NJW 1995, 2159, 2160 = WM 1995, 1145, 1146 (Omnibus): „Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache"; schon RG vom 14.3.1903-V 4 5 8 / 0 2 - R G Z 54, 137,140 (Rittergut): „Ausgleichung aller beiderseitigen ... Vermögens-Ab-und-Zugänge". Wie die Rechtsprechung Flessner NJW 1972, 1777, 1778; SoergeVHefermehlu (1988) §124 Rn.9: „Rückgängigmachung der Folgen des Vertragsschlusses"; siehe auch von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 640 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 186; Emmerich, Leistungsstörungen4 (1997) §4 V 2 S. 44.

218

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Leistung und die Belastung mit der Gegenleistung des Schuldners, sondern die Belastung mit dem nicht oder so nicht gewollten Vertrag, also mit dem Vertragsschluß selbst. Die mit dem Austausch der Leistungen verbundene Einbuße ist Folgeschaden dieses Primärschadens. Herstellung des ohne den Vertragsschluß bestehenden Zustandes und damit dessen als Naturalrestitution im Sinne §249 S. 1 BGB geschuldeter actus contrarius ist nicht die Rückabwicklung der Leistungen, sondern die Aufhebung des Vertrages. Die Rückabwicklung der Leistungen ist bloße Folge der Vertragsaufhebung. Daß der Schadensersatz auf Aufhebung des Vertrages zielt, ist selbstverständlich, soweit noch keinerlei Leistungen ausgetauscht worden sind 435 . Am Inhalt des Schadensersatzanspruchs ändert sich aber nichts dadurch, daß die Vertragspartner bereits Leistungen ausgetauscht haben: U m diese rückabwikkeln zu können, muß zunächst die wirksame vertragliche Bindung zwischen den Parteien beendet werden. Das haben RG und B G H gelegentlich in den Vordergrund gestellt 436 , und das wird teilweise auch in der Literatur betont 437 .

435 So auch die Rechtsprechung: R G vom 29.3.1912 - VII 48/12 - R G Z 79, 194, 197 (Vergleich) zu §826 BGB; B G H vom 31.1.1962 - VIII ZR 120/60 - LM §276 BGB (H) Nr. 5 = N J W 1962, 1196, 1198 (Kreissäge); vom 28.2.1968 - VIII ZR 210/65 - LM § 276 BGB (Fa) Nr. 26 = N J W 1968, 986, 987 (Bürgschaft); vom 23.4.1969 - IV ZR 780/68 - LM § 652 BGB Nr. 32 = N J W 1969,1625,1626 (Makleralleinauftrag); vom 11.5.1979-VZR 7 5 / 7 8 - L M § 123 BGB Nr. 55 = N J W 1979, 1983,1984 (Miteigentumsanteil). 436 RG vom 2.5.1906 - V 455/05 - RGZ 63, 268, 270 (Grundstück): „Rückgängigmachung eines durch Betrug veranlaßten Vertragsschlusses" - im Ergebnis abl.; vom 23.12.1912 - VI 555/11 - WarnR 1912, 371 Nr. 333 (Geschäftsanteil): „Der Vertrag mit seinen Rechten und Pflichten ist hier die im Wege des Schadensersatzes wieder zu beseitigende Folge der unerlaubten Handlung ...", im folgenden stellt das RG aber die Herstellung des vor Vertragsschluß bestehenden Zustandes in den Vordergrund - beide zu § 826 BGB; B G H vom 27.2.1974 - V ZR 85/72 - LM § 242 BGB (Be) Nr. 31 = N J W 1974, 849, 852 = W M 1974, 512, 515 (Erwerbsverpflichtungsvertrag): „... kann gegebenenfalls seine Rückgängigmachung mit der Folge verlangt werden, daß die Anzahlung den Klägern zu erstatten ist (§ 249 BGB)"; vom 28.3.1990 - VIII ZR 169/89 - B G H Z 111, 75, 82 = LM §276 BGB (Fe) Nr. 18 = N J W 1990, 1659, 1661 = W M 1990, 1032, 1035 = JZ 1990, 1074 mit Anm. Tiedtke (Motoryacht): „Rückgängigmachung des Vertrages"; vom 22.2.1991 - V ZR 299/89 - W M 1991, 1341, 1343 (Doppelhaushälfte - schikanöses Nachbarverhalten): „der auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages gerichtet war ..., also den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises erfaßte"; vom 26.9.1991 - V I I ZR 376/89 - B G H Z 115, 213, 221 = LM §276 BGB (Fa) Nr. 120 mit Anm. Koebele = N J W 1992, 228, 230 = W M 1991, 2092, 2095 = JZ 1992, 470, 472 mit Anm. Wüst (Prospekthaftung): „Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag"; vom 24.5.1993 - II ZR 136/92 - LM § 276 BGB (Fa) Nr. 132 = N J W 1993, 2107 = W M 1993,1277, 1279 (stille Beteiligung): „Vertrag ... rückgängig gemacht und eine bereits erbrachte Leistung erstattet wird"; O L G H a m m vom 28.9.1993 - 7 U 110/92 - NJW-RR 1995,205,206 (Unterverpachtung Gaststätte): „Befreiung von der Verbindlichkeit". 437 Medicus JuS 1965, 209, 212 und Ders. Verschulden bei Vertragsverhandlungen, in Schuldrechtsreform I (1981) S.479, 521 f.; Schubert AcP 168 (1968), 470, 506; M ü n c h K o m m / Krämer" (1993) § 123 Rn. 30; Gernhuber, Schuldverhältnis (1989) § 8 IV 2 S. 204; Döhmel, Leistungsort bei Rückabwicklung (1997) S.30; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 88; grundsätzlich auch St. Lorenz ZIP 1998, 1053, 1054, der den Anspruch auf Vertragsaufhebung aber für einen nicht unbedingt erforderlichen Zwischenschritt hält. O h n e nä-

C.

Vertrauensschadensersatz

219

Die Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, §826 BGB sind damit auf die Einwilligung des Täuschenden in die Aufhebung des Vertrages gerichtet; erst aus der Vertragsaufhebung folgt eine Rückgewährpflicht. Entgegen der Rechtsprechung, die dem Käufer das Recht einräumt, trotz Anfechtung die Rückabwicklung im Wege des Vertrauensschadensersatzes zu verlangen 438 , ist für einen Schadensersatzanspruch auf Vertragsaufhebung kein Raum, wenn der Getäuschte seine Vertragserklärung gem. §123 BGB angefochten hat 439 . Zwar ändert die Beseitigung des Vertragsschlusses als Primärschaden nichts daran, daß der Verkäufer als Schädiger sämtliche Folgeschäden ersetzen muß. Insoweit kann es jedoch nur um eine Liquidation des Vertrauensschadens in Geld gehen. Eine Rückabwicklung des Vertrages aufgrund des Schadensersatzanspruchs scheitert zum einen daran, daß schon der Anspruch auf Vertragsaufhebung ins Leere geht und damit eine schadensrechtliche Grundlage für die Rückabwicklung der Leistungen fehlt. Zum anderen regeln die §§ 812 ff. BGB die Rückgewähr der Leistungen abschließend, wenn der getäuschte Vertragspartner seine auf den Vertrag gerichtete Willenserklärung angefochten hat. 2. Rückgewähr

der beiderseitigen

Leistungen

Die Rechtsprechung gewährt dem Getäuschten als Folge der Vertragsaufhebung, häufiger unmittelbar als Inhalt des Schadensersatzes, einen Anspruch auf Rückabwicklung der beiderseits ausgetauschten Leistungen im Wege der Naturalrestitution. Das geht zu weit. § 249 S. 1 BGB begründet in der Regel nur einen Anspruch des Gläubigers auf Rückgewähr seiner Gegenleistung 440 : Der here Ausführungen auch Schumacher, Vertragsaufhebung (1979) S. 121: „Vertragsaufhebung als Schadensersatz"; M. Lehmann N J W 1981, 1233, 1241: „Freistellung vom Vertrag"; Messer in Festschrift Steindorff (1990) S.743, 749: „Befreiung vom ungünstigen Vertrag"; Soergel/ Wiedemann12 (1990) vor §275 Rn. 199: „Befreiung von den eingegangenen Verpflichtungen und Rückabwicklung des Vertrages"; Staudinger/Lö^'sc^ 1 3 (1995) vor §§275 ff. Rn.94: „Rückgängigmachung des Vertrages und zusätzlich Ersatz eines Vertrauensschadens"; Palandt/Heinrichs^ (1999) § 276 Rn. 78 f., der von „Rückgängigmachung des Vertrages" im Gegensatz zur „Anpassung des Vertrages" spricht. So für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB, hingegen ausdrücklich abl. für den Ersatzanspruch aus culpa in contrahendo Hans Stall in Festschrift Riesenfeld (1983) S. 275, 281 ff. 438 B G H vom 29.10.1959 - V I I I ZR 125/58 - LM § 123 BGB Nr. 18 = N J W 1960, 237 (gebrauchtes Kraftfahrzeug); vom 2.7.1962 - VIII ZR 12/61 - LM § 249 BGB (Ca) Nr. 4 = N J W 1962, 1909 = W M 1962, 1006 = JZ 1963, 128 (Ford-Pritschenwagen); vom 16.10.1963 - VIII ZR 97/62 - LM §818 Abs. 3 BGB Nr. 12 = N J W 1964, 39 (Schwenkschaufler); vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 - B G H Z 57, 137, 138 ff. = N J W 1972, 36 ff. mit Anm. Herr 250 f. = W M 1971, 1476 ff. = JZ 1972, 438 ff. mit abl. Anm. Lieh (BMW); auch S o e r g e l / H e f e r m e h l n (1988) §124 Rn. 9. 439 Siehe auch MünchKommAKrairaer 3 (1993) § 123 Rn. 30. 440 Dazu etwa RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - R G Z 54, 137, 140 (Rittergut); B G H vom

220

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

Gläubiger ist dadurch geschädigt, daß er sich verpflichtet hat, eine Gegenleistung zu erbringen, die er ohne die Täuschung durch den Schuldner nicht oder nicht in diesem Umfang übernommen hätte; in Erfüllung dieser Verpflichtung hat er die Gegenleistung weggegeben und dadurch den Schaden verfestigt. Im Wege der Naturalrestitution erhält der Gläubiger genau das zurück, was er geleistet hat: bei Inzahlunggabe eines Altwagens anders als beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht den gesamten Kaufpreis in Geld 441 , sondern nur den in bar entrichteten Kaufpreisteil und das in Zahlung gegebene Fahrzeug. Hingegen folgt aus der Naturalrestitution im Regelfall keine mit dem Rückgewähranspruch korrespondierende Pflicht des Gläubigers, dem Schuldner dessen Leistung zurückzugewähren 442 . Zum einen kann der Anspruch auf Naturalrestitution - wegen der Einseitigkeit des Schadensausgleichs - den Gläubiger keinesfalls dazu verpflichten, dem Schuldner dessen Leistung zurückzugeben; Inhalt des Schadensersatzanspruchs kann allenfalls das Recht des Gläubigers sein, vom Schuldner die Rücknahme seiner Leistung zu fordern. Zum anderen ist die Rückgabe der Schuldnerleistung nur dann Naturalschadensersatz im Sinne des §249 S. 1 B G B , wenn der Gläubiger gerade durch das Behalten der Kaufsache belastet wird und die erbrachte Leistung damit seinen Schaden vergrößert. Im Regelfall macht jedoch nicht die Belastung mit der Schuldnerleistung, sondern der Verlust seiner Gegenleistung den Schaden des Gläubigers aus: Erhält der Gläubiger seine Gegenleistung zurück, ist der Nachteil, den er täuschungsbedingt erlitten hat, abgesehen von etwaigen Ansprüchen auf Aufwendungsersatz vollständig beseitigt. Daraus folgt für den Regelfall: Ist das Interesse des Schuldners an der Wiederherstellung des ohne den Vertrag bestehenden Zustandes durch die Rückzahlung seiner Gegenleistung vollständig befriedigt, wird er durch das Behalten der Schuldnerleistung nicht nur nicht belastet, sondern im Gegenteil ungerechtfertigt begünstigt. Folgerichtig begründet die Rechtsprechung die Pflicht des Gläubigers, dem Schuldner dessen Leistung zurückzugewähren, in den meisten Fällen nicht mit § 249 S. 1 B G B , sondern vielmehr mit den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung: Der auf Rückgewähr der Gegenleistung gerichtete Schadensersatzanspruch des Gläubigers ist von vornherein durch die Pflicht beschränkt, dem Schuldner dessen Leistung Zug um Zug zurückzugeben 443 . 2.7.1962 - VIII ZR 12/61 - LM §249 BGB (Ca) Nr. 4 = NJW 1962, 1909 = WM 1962, 1006 = JZ 1963, 128 (Ford-Pritschenwagen) und vom 14.10.1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57, 137, 139 = NJW 1972, 36 ff. mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476 ff. = JZ 1972, 438 ff. mit abl. Anm. Lieb (BMW) zum Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB; St. Lorenz ZIP 1998, 1053, 1054. In Zahlung gegebene Sachen sind grundsätzlich gegenständlich zurückzugeben, O L G Koblenz vom 1.7.1987-1 U 1374/86 - N J W - R R 1988, 1137, 1138 (gebrauchter Pkw). 441 Oben § 4 B.II.2.c)bb)[3] mit § 4 B.II.2.c)bb)[l] und § 4 B.III.2. 442 So aber B G H vom 14.10.1971 aaO. (BMW) zum Schadensersatzanspruch aus §823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB. 443 RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - RGZ 54, 137, 140 (Rittergut); B G H vom 22.10.1976 V ZR 247/75 - LM § 123 BGB Nr. 47 = JZ 1977, 95 f. (Mietwohnhaus); vom 2.12.1994 - V ZR

C.

Vertrauensschadensersatz

221

Dagegen hat der Schuldner - anders als beim Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gem. §§ 280 Abs. 2 S. 2, 346 S. 1 B G B 4 4 4 - keinen eigenständigen Anspruch auf Rückgewähr seiner Leistung. Geht der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. §263 StGB, §826 B G B auf Aufhebung des Vertrages, ist es nicht selbstverständlich, daß auch die ausgetauschten Leistungen im Wege des Schadensersatzes zurückgewährt werden müssen. Der Schadensersatzanspruch wird schon durch die Aufhebung der beiderseitigen Vertragspflichten erfüllt; die Rückabwicklung der Leistungen ist bloße Beseitigung des Folgeschadens, die nicht zwingend auf schadensrechtlichem Wege erfolgen muß. Für die Rückabwicklung der Leistungen stellt das B G B verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Die §§346 ff. B G B , die §§249 ff. B G B oder - wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes - die §§812 ff. B G B . Für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung schreibt § 280 Abs. 2 S. 2 B G B vor, daß jedenfalls die Gläubigerleistung nach Rücktrittsvorschriften zurückgegeben werden muß; das ist für den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung auf die Rückgewähr der Schuldnerleistung zu übertragen 445 . Ahnlich hat der B G H den Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung in einem vereinzelt gebliebenen Urteil begründet: Verlange der getäuschte Anleger im Wege des Vertrauensschadensersatzes, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er der Gesellschaft nicht beigetreten wäre, sei er entsprechend §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 B G B i.V.m. §348 B G B verpflichtet, dem Schädiger Zug um Zug gegen Ausgleich seines Schadens die Rechte aus seinem Beitritt zur Gesellschaft zu überlassen 446 . Daß die §§346 ff. B G B nach Aufhebung des Vertrages die Rückabwicklung regeln können, legt auch die Rechtsprechung zur Rückabwicklung ausgetauschter Leistungen nach Abschluß eines Aufhebungsvertrages nahe: Heben die Vertragspartner ihre vertraglichen Verpflichtungen einvernehmlich auf und steht fest, daß sie eine Rückabwicklung gewollt haben, ohne diese im einzelnen

193/93 - LM § 249 B G B (Hb) Nr. 15 mit Anm. Koeble = NJW 1995, 587, 588 = WM 1995, 339, 340 (Eigentumswohnung); siehe auch vom 6.10.1980 - II ZR 60/80 - BGHZ 79, 337,346 (Prospekthaftung); vom 26.9.1991 - V I I ZR 376/89 - BGHZ 115, 213, 221 = LM §276 BGB (Fa) Nr. 120 mit Anm. Koebele = NJW 1992, 228, 230 = WM 1991, 2092, 2095 = JZ 1992, 470, 472 mit Anm. Wüst (Prospekthaftung); so auch John MDR 1072, 995, 996; St. Lorenz ZIP 1998, 10353, 1054. A.A. Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 70 f. gegen eine Vorteilsausgleichung und für eine Rückgewähr im Wege der Naturalrestitution. 4 4 4 Oben § 4 B.II.l.a)bb)[3], 4 4 5 Gerade § 4 B.II.l.a)bb)[3], 4 4 6 B G H vom 2.12.1991 - II ZR 141/90 - NJW 1992, 1223, 1224 = WM 1992, 143, 144 (Prospekthaftung); unter Berufung auf dieses Urteil für einen eigenständigen Rückgewähranspruch des Schädigers auch B G H vom 22.6.1992 - II ZR 178/90 - WM 1992, 1812, 1825 (Kapitalerhöhung/Sheik), der dafür zusätzlich auf § 255 BGB verweist. Für eine Anwendung der §§ 346 ff. B G B über §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3, 280 Abs. 2 S. 2 B G B analog auch Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 71, für den die Rücktrittsvorschriften aber weithin durch die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ersetzt werden, S.6ff., 72 f. und zusammenfassend S. 754; vgl. ohne nähere Begründung Döhmel, Leistungsort bei Rückabwicklung (1997) S. 30.

222

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

zu regeln, sind die §§346 ff. BGB als ergänzendes Gesetzesrecht anzuwenden 447 . Für eine Anwendung der §§ 346 ff. BGB spricht auch, daß diese - anders als die §§249 ff. BGB - eine ausdifferenzierte Regelung der Leistungsrückgewähr enthalten. Schwieriger ist es, eine Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen gem. §§346 ff. BGB auch für die deliktischen Schadensersatzansprüche aus §823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB zu erreichen - sind die §§ 346 ff. BGB doch vertragsspezifische Rückgewähransprüche. Begründen läßt sich die Rückabwicklung nach Rücktrittsvorschriften nur damit, daß die deliktischen Schadensersatzansprüche insoweit vertragsspezifische Funktionen übernehmen und nicht anders ausgestaltet sein dürfen als der parallel laufende Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Ein zweistufiger Anspruch des Gläubigers aus culpa in contrahendo, der zunächst auf die Aufhebung des durch Täuschung zustandegekommenen Vertrages und erst im Anschluß daran auf die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen nach §§ 346 ff. BGB zielt, ist dem BGB nicht fremd. Das zeigt das Sachmängelrecht. Dieses knüpft an den Anspruch auf „Rückgängigmachung des Kaufes" aus § 462 BGB, d.h. den Anspruch ¿«/Wandelung, den nachfolgenden Anspruch aus Wandelung, d.h. auf Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen gem. §§467 S. 1, 346 ff. BGB. Daß im Fall einer gerichtlichen Geltendmachung gleich auf Rückgewähr der Gegenleistung geklagt werden kann, ist für den Anspruch auf Wandelung unstreitig 448 . Für den Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo kann nichts anderes gelten. Eine Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen nach Bereicherungsrecht kommt als Folge des Vertrauensschadensersatzanspruchs hingegen nicht in Betracht 449 : Für die Rückabwicklung von Vertragsleistungen hält das Gesetz nicht die §§812 ff. BGB, sondern - wie neben § 280 Abs. 2 S. 2 BGB auch die §§ 467 447

RG vom 24.3.1933 - II 407/32 - LZ 1933, Sp. 1456, 1457 f. (Konditorei); B G H vom 9.11.1995 - IX ZR 19/95 - N J W - R R 1996, 336, 337 = W M 1996, 131, 132 (Heizung) zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Vertrages anstelle eines gem. §326 Abs.l S. 2 BGB möglichen Rücktritts; LG Duisburg vom 29.5.1987 - 4 S 516/86 - VRS 74 Nr. 2 (Ford-Taunus). So auch Happek ArchBürgR 35 (1910), 404, 435 ff.; R G R K / B a l l h a u s n (1976) § 305 Rn.4; Larenz SR I 14 (1987) § 19 II b S. 273; Gernhuber, Erfüllung 2 (1988) § 17, 4 S. 399 f. (für § 346 BGB und modifiziert auch für §347 BGB); MünchKomm/T6dl/e 3 (1994) §305 Rn.27; Jauernig/Vo//kommer9 (1999) § 305 Rn. 18; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 305 Rn. 7; krit. MünchKomm//*»ßen3 (1994) vor §346 Rn.32; abw. für die Anwendung der §§ 812 ff. BGB Oertmann5 (1928) vor §362 Anm. 3b; Leonhard SR I (1929) S.406; MünchKomm/Feldmann 1 (1994) §397 Rn. 15; E r m a n ! H . P. Westermann' (1993) §397 Rn. 3. Gegen subsidiäre Rückabwicklungsregeln, wenn die Parteien nichts geregelt haben, Mot. II S. 79 f. 448 N u r über die Begründung besteht seit jeher Streit, unten § 8 A.II.l. 449 Dahin neigt aber John M D R 1072, 995, 996. Zu einer Rückgewähr nach Bereicherungsrecht gelangt auch Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung (1997) S. 126 ff., 137 ff., 152 ff. und Ders. N J W 1999, 900, 903, indem er die Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB durch die Anfechtung gem. § 123 BGB schon bei fahrlässiger Täuschung ersetzt; für den Ersatzanspruch aus culpa in contrahendo vgl. auch Sack W R P 1974, 445, 451, 455 f.

C.

Vertrauensschadensersatz

223

S. 1, 480 Abs. 2. S. 2, 634 Abs. 4 B G B zeigen - die § 346 ff. B G B vor; das Bereicherungsrecht ist insoweit ein bloßer Auffangtatbestand. Zudem: Hätte der vorsätzlich getäuschte Gläubiger mit den Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B , § 826 B G B im Ergebnis einen Anspruch auf Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen nach §§ 812 ff. B G B , machte das die Anfechtung nach § 123 B G B mit ebenfalls bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung vollständig obsolet. Schadensersatzanspruch und Anfechtung hätten die gleichen Rechtsfolgen mit dem Unterschied, daß der Gläubiger im Wege des Schadensersatzes auch weitere Schäden liquidieren könnte. Dann entspräche es dem Gesetz eher, den Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher Täuschung neben die Arglistanfechtung zu stellen und den Ersatzanspruch von vornherein auf einen Ausgleich der Folgeschäden in Geld zu beschränken 4 5 0 . Erkennt man dem Schadensersatzanspruch neben der Anfechtung hingegen eine eigenständige Funktion zu, muß er auch einen eigenständigen Inhalt haben. U m die Unterschiede zu zeigen, die zwischen der von der herrschenden Meinung vertretenen Rückabwicklung nach Schadensrecht gegenüber der Rückabwicklung nach Rücktrittsvorschriften bestehen, soll im folgenden auch die Konzeption der herrschenden Meinung betrachtet werden.

III. Verknüpfung der

Rückgewährpflichten

Nach herrschender Meinung hat der Gläubiger aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 263 S t G B , § 826 B G B einen Anspruch auf R ü c k gewähr seiner Gegenleistung im Wege der Naturalrestitution; dieser Anspruch ist nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung von vornherein durch die Pflicht beschränkt, dem Schuldner dessen Leistung Zug um Zug zurückzugeben. Damit besteht ein einseitiger Schadensersatzanspruch des Gläubigers, in dem die Pflicht zur Rückgewähr der Schuldnerleistung aufgeht; bei gleichartigen Leistungen werden die beiderseitigen Rückgewährpflichten verrechnet. Stellt man sich hingegen auf den Standpunkt, daß der Schadensersatzanspruch lediglich auf die Aufhebung des Vertrages gerichtet ist und die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen den §§ 346 ff. B G B folgt, hat jeder Vertragspartner einen durchsetzbaren Rückgewähranspruch; dieser ist über § 348 B G B mit §§ 320, 322 B G B mit dem Rückgewähranspruch des anderen verknüpft 4 5 1 .

450 451

Gerade § 4 C.I. Oben § 4 A.III.

224

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

D. Bereicherungsrecht I. Inhalt der

Rückgewährpflichten

1. Rückgewähr in Natur gem. §812 Abs. 1 BGB Ausgehend davon, daß dem Bereicherungsgläubiger die Kondiktion nur aus Gründen der Billigkeit gestattet sei 452 , war nach ganz herrschender Meinung anfangs oberster Grundsatz des Bereicherungsrechts, daß die Herausgabepflicht das Vermögen des Bereicherungsschuldners nicht über den Betrag der Bereicherung mindern, der Bereicherungsschuldner durch seine Herausgabepflicht also im Ergebnis keinen Vermögensschaden erleiden dürfe 4 5 3 . Gegen den Kondiktionsanspruch sollte der Bereicherungsschuldner deswegen nicht nur den Wegfall des Erlangten, sondern alle Vermögensnachteile bereicherungsmindernd einwenden können, die durch den rechtsgrundlosen Erwerb verursacht worden waren: Der Kondiktionsanspruch sei gem. §818 Abs. 3 BGB inhaltlich auf die Herausgabe des Uberschusses beschränkt, der sich aus der Verrechnung der erlangten Vorteile mit den erlittenen Nachteilen ergebe. Er richte sich damit - als Spiegelbild der negativen Vermögensdifferenz beim Schadensersatzanspruch - auf die Abschöpfung des Wertes, u m den das Gesamtvermögen des Bereicherten erhöht sei, kurz: auf das positive Vermögenssaldo 454 . Ist Gegenstand des Kondiktionsanspruchs nicht das Erlangte 452 B G H vom 21.12.1961 - III ZR 130/60 - B G H Z 36, 232, 234 f. = NJW 1962, 580, 582 (Trockenvollei); vom 15.3.1978 - IV ZR 77/77 - W M 1978, 708, 711 (Vermittlungsauftrag). 453 RG vom 11.10.1927 - II 50/27 - RGZ 118, 185,187 = JW 1928, 57 Nr. 8 (Hanfgarn-Maschinen) zum Rücktritt nach § 3 der Reichsverordnung vom 29.10.1923; vom 13.4.1934 - II 269/33 - W a r n R 1934 Nr. 89, 185 (Autofinanzierungsvertrag); B G H vom 19.1.1951 - I ZR 15/ 50 - B G H Z 1, 75, 81 = N J W 1951, 270, 271 = JZ 1951, 333, 334 (Verteilungsaktion Wäschestoff) zu §323 Abs. 3 BGB; vom 7.1.1971 - VII ZR 9/70 - B G H Z 55, 128, 131, 134 = N J W 1971, 609, 610, 611 = W M 1971, 311, 312, 313 = J Z 1971, 556, 558 mit Anm. Canaris = J R 1971, 291, 292 mit Anm. Knütel = FamRZ 1971, 247, 248, 249 mit Anm. Medicus (Flugreise); vom 15.3.1978 - IV ZR 77/77 - W M 1978, 708, 711 (Vermittlungsauftrag); H.A. Fischer in Festschrift für Zitelmann (1913) S. 1, 10 f.; Phnck/Landois* (1928) §818 Anm. 5a; R G R K / Heimann-Trosien12 (1974) § 818 Rn. 21; Beuthien Jura 1979, 532. 454 RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - R G Z 54,137,141 f. (Rittergut); vom 29.9.1920 - V 155/ 20 - SeuffA 76, 42 Nr. 26 (Landgut); vom 11.10.1927 - II 50/27 - R G Z 118, 185, 188 = JW 1928, 57 Nr. 8 (Hanfgarn-Maschinen); vom 9.7.1932 - VI 205/32 - R G Z 137, 324, 336 f. (landesherrliches Familienfideikommiß); vom 13.1.1933 - VII 308/32 - R G Z 139, 208, 213 (Baugeschäft); vom 13.4.1934 - II 269/33 - WarnR 1934 Nr. 89, 185 (Autofinanzierungsvertrag); vom 30.1.1940 - GSZ 3/38 - R G Z 163, 348, 360 (Rittergut); B G H vom 19.1.1951 - I ZR 15/50 - B G H Z 1, 75, 81 = N J W 1951, 270, 271 = JZ 1951, 333, 334 (Verteilungsaktion Wäschestoff); vom 26.10.1978 - VII ZR 202/76 - B G H Z 72, 252, 256 = N J W 1979,160,162 = W M 1979, 54, 55 (Türken-Mercedes); vom 25.10.1989 - VIII ZR 105/88 - B G H Z 109, 139, 148 = LM § 535 BGB Nr. 123 = N J W 1990, 314, 316 (EDV-Leasing); vom 16.3.1998 - II ZR 303/96 - LM § 19 G m b H G Nr. 19 = N J W 1998, 1951, 1952 = W M 1998, 925, 927 (verdeckte Sacheinlage); vom 10.2.1999 - V I I I ZR 314/97 - LM §818 Abs. 3 BGB Nr. 47 = N J W 1999, 1181 = W M 1999, 925, 926 (Betriebsstätte). Die Saldotheorie i.e.S. meint nur die bereicherungsmindernde Be-

D.

Bereicherungsrecht

225

im Sinne des § 812 A b s . 1 B G B , s o n d e r n die B e r e i c h e r u n g im Sinne des § 8 1 8 A b s . 3 B G B , wird § 8 1 8 A b s . 3 B G B zur Z e n t r a l n o r m des B e r e i c h e r u n g s r e c h t s 4 5 5 und der B e r e i c h e r u n g s a n s p r u c h zu einem variablen A n s p r u c h , z u einer „gleitenden S k a l a " 4 5 6 . Dagegen herrscht im neueren Schrifttum im A n s c h l u ß an v o n C a e m m e r e r 4 5 7 die Auffassung vor, der Bereicherungsanspruch richte sich gem. § 8 1 2 Abs. 1 S. 1 B G B auf die gegenständliche Herausgabe des erlangten „ E t w a s " 4 5 8 . Solange der erlangte Gegenstand n o c h unterscheidbar und unversehrt im Vermögen des Bereicherungsschuldners vorhanden ist, geht auch die R e c h t s p r e c h u n g selbstverständlich von der Pflicht des Bereicherungsschuldners aus, den Gegenstand zurückzugewähren. Insbesondere das R G hat in mehreren Entscheidungen gesagt: „Im Falle der Nichtigkeit eines beiderseits erfüllten Kaufvertrages hat gemäß §§812, 818 Abs. 1 B G B . jeder Teil in erster Linie einen Anspruch auf Rückgabe der von ihm gemachten Leistung in Natur. Können aber die beiderseitigen Leistungen nicht mehr in Natur zurückgegeben werden, ... entspricht [es] vielmehr dem natürlichen Rechtsgefühl und der Billigkeit, daß die durch Leistung und Gegenleistung erwachsenen Vorteile rücksichtigung der beim Gläubiger untergegangenen synallagmatischen Gegenleistung, unten § 5 D.I.2 und § 5 D.I.3.a)aa). Stieve, Bereicherungsanspruch (1899) S. 28 ff., 98; von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 589 ff., (,25; H.A. Fischer in Festschrift für Zitelmann (1913) S.l, 10ff., 47ff.; Weintraud, Saldotheorie (1931) S.23; Flame in Festschrift Niedermeyer (1953) S. 103, 152ff., Ders. NJW 1970, 1161, 1162 f. und Ders. AcP 194 (1994), 427, 431, 436 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §221 I S. 874; Esser II 4 (1971) §101 III S.342 und § 105 I 1 a S.376; Wilhelm, Ungerechtfertigte Bereicherung (1973) S. 62 mit S. 45 ff.; RGRK/Heimann-Trosien 1 1 (1974) §818 Rn.22, 24; Soergel/Mühl n (1985) §818 Rn.22; Frieser, Bereicherungswegfall (1987) S. 59 ff., 158 ff.; mit Einschränkungen auch von Fuhr in Festschrift Bekker (1907) S. 293, 303 ff. 4 5 5 Deutlich RG vom 11.10.1927 aaO. (Hanfgarn-Maschinen); BGH vom 19.1.1951 aaO. (Verteilungsaktion Wäschestoff); siehe auch vom 25.10.1989 aaO. (EDV-Leasing) und vom 10.2.1999 aaO. (Betriebsstätte); H.A. Fischer in Festschrift für Zitelmann (1913) S.l, 10ff., 47 ff ,;Flume in Festschrift Niedermeyer (1953) S. 103, 152 ff., Ders. NJW 1970, 1161, 1162 f. und Ders. AcP 194 (1994), 427, 431, 436 ff. 456 RG vom 11.10.1927 aaO. (Hanfgarn-Maschinen); Stieve, Bereicherungsanspruch (1899) S. 28; von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 589 f.; H.A. Fischer aaO. S. 11; Weintraud, Saldotheorie (1931) S.68; siehe auch Siber SR II (1931) S.417, 444; Enneccerus/Lehmann^ (1958) § 227 III S. 910 f. 457 Von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 348 ff., 376 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 224 ff., 253 ff. 458 Leser, Faktisches Synallagma (1956) S.30f.; Gursky JR 1972, 279, 280; Pinger MDR 1972, 101 ff.; Teichmann JuS 1972, 247, 249; Goetzke AcP 173 (1973), 289, 309 ff.; Ostendorf, Bereicherung (1972) S. 35 f.; Reeb, Bereicherungsrecht (1975) S. 10 ff.; Rengier AcP 177 (1977), 418, 431 f.; Beuthien Jura 1979, 532 f.; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 65 f.; Reuter/Martinek (1983) § 15 I S. 528 ff. für die Leistungskondiktion; Giesen Jura 1995, 169, 172 und 281; Larenz SR II 12 (1981) §70 I S.571, §70 II S. 576 f.; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) §71 I 1 S. 254; RGRK/Heimann-Trosien u (1974) §812 Rn.56, 58; Soergel/Mühl n (1985) §818 Rn. 13 f., 30; Erman¡H. P. Westermann9 (1993) §818 Rn.2; Staudinger/Lorenz (1999) §812 Rn. 65, §818 Rn. 1, 3; MünchKomm/ZieP (1997) §812 Rn.284, §818 Rn. 1; Jauermg/Schlechtriem9 (1999) § 818 Rn. 2; siehe schon von Lübtow, Condictio (1952) S. 25.

226

§ 4 Riickgewähr

empfangener

Leistungen

und Nachteile gegeneinander abgewogen, sonach alle Nachteile, die mit dem die Grundlage des Bereicherungsanspruchs bildenden Tatbestand in einem ursächlichen Zusammenhange stehen, als Vermögensminderung berücksichtigt werden. Nur der so sich ergebende Uberschuß stellt sich als ungerechtfertigte Bereicherung dar." 459 D e r B G H ist dem R G gefolgt 4 6 0 . E r hält aber im G r u n d s a t z an der Saldierung der beiderseitigen Herausgabepflichten fest und bezieht gegenständliche Herausgabepflichten dadurch ein, daß er den auf den Vermögenssaldo gerichteten Herausgabeanspruch von vornherein durch eine Z u g - u m - Z u g - H e r a u s g a bepflicht beschränkt 4 6 1 . D e r Wortlaut des Gesetzes spricht dafür, daß der Bereicherungsanspruch auf die erlangte Leistung und nicht auf den zugunsten des Bereicherungsgläubigers errechneten Vermögenssaldo geht: § 812 Abs. 1 S. 1 B G B nennt als Leistungsgegenstand das erlangte „ E t w a s " , nach § 818 A b s . 2 B G B richtet sich der K o n d i k tionsanspruch auf das „ E r l a n g t e " 4 6 2 . N u r wenn die Herausgabe wegen der B e schaffenheit des Erlangten nicht möglich ist oder der Empfänger das Erlangte aus einem anderen G r u n d nicht herausgeben kann, tritt an die Stelle der R ü c k gewähr des erlangten Gegenstands gem. § 8 1 8 Abs. 2 B G B eine Wertersatz-

4 5 9 RG vom 20.12.1918 - II 204/18 - RGZ 94, 253, 254 f. (Goudakäse); ebenso vom 5. 5. 1911 - II 166/10 - Gruchot 55, 963 Nr. 71 = WarnR 1911, 363 Nr. 325 (Eisenträger); siehe auch vom 24.3.1915 - V 453/14 - RGZ 86, 343, 346, 349 (Grundstück) und vom 29.9.1920 - V 155/ 20 - SeuffA 76, 42 Nr. 26 (Landgut); selbstverständlich von einer gegenständlichen Herausgabepflicht geht auch aus RG vom 17.10.1919 - II 113/19 - RGZ 96, 345, 347 (Zündladungskapseln) zu § 123 BGB; deutlich auch H.A. Fischer in Festschrift für Zitelmann (1913) S. 1, 10 ff., 23 ff.; Weintraud, Saldotheorie (1931) S. 7, 23; Siber SR II (1931) S. 418, 441 (gegenständliche Herausgabe), S.417, 444 (gleitender Betrag der Bereicherung); Flume in Festschrift Niedermeyer (1953) S. 103, 152 ff., Ders. NJW 1970, 1161, 1162 f. und Oers. AcP 194 (1994), 427, 431, 436 ff. Mit dem Prinzip der Naturalrestitution spiegelbildlich zum ebenfalls auf eine Vermögensdifferenz gerichteten Schadensersatzanspruch argumentieren Stieve, Bereicherungsanspruch (1899) S. 48; von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 592 f.; von Tuhr in Festschrift Bekker (1907) S.293, 304; Frieser, Bereicherungswegfall (1987) S. 46 ff., 56 ff.; siehe auch Flessner, Wegfall der Bereicherung (1970) S. 99 f.; Reeb, Bereicherungsrecht (1975) S. 10; Reuter/Martinek (1983) § 1 4 1 1 S.516. 460 BGH vom 26.10.1990 - V ZR 22/89 - BGHZ 112, 376, 380 = LM § 812 BGB Nr. 218 = NJW 1991, 917, 918 = JZ 1991, 871, 872 mit Anm. Reuter (Bierlieferung) unter II 4; siehe auch vom 2.10.1987 - V ZR 85/86 - WM 1987, 1533, 1534 = NJW-RR 1988, 584, 585 (Stallund Stadeltrakt). Ausdrücklich auf das Erlangte abstellend BGH vom 2.7.1962 - VIII ZR 12/ 61 - LM §249 BGB (Ca) Nr. 4 = NJW 1962, 1909, 1910 = WM 1962, 1006, 1007 = JZ 1963, 128, 129 (Ford-Pritschenwagen); vom 7.1.1971 - VII ZR 9/70 - BGHZ 55, 128, 133 f. = NJW 1971, 609, 611 = WM 1971, 311, 313 = JZ 1971, 556, 558 mit insoweit zust. Anm. Canaris = JR 1971, 291, 292 mit Anm. Knütel = FamRZ 1971, 247, 249 mit Anm. Medicus (Flugreise); vom 7.10.1994 - V ZR 4/94 - NJW 1995, 53, 55 (Stellplatz-Baulast) zur Herausgabe des Erlangten im Gegensatz zur Wertersatzpflicht aus § 818 Abs. 2 BGB. 461 Unten § 4 D.II.2. 462 Ebenso nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB: „Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten". Auch im Fall des § 812 Abs. 2 BGB ist lediglich eine gegenständliche Herausgabepflicht denkbar.

D.

Bereicherungsrecht

227

pflicht. D e n Begriff der „ B e r e i c h e r u n g " verwendet das G e s e t z erst in § 8 1 8 Abs. 3 B G B - zur Begrenzung des Rückgewähranspruchs, nicht zur B e s t i m mung seines Inhalts. F ü r die Pflicht zur gegenständlichen Herausgabe des E r langten spricht auch § 2 9 2 B G B , auf den die § § 8 1 9 A b s . 1, 818 A b s . 4 B G B verweisen, sobald der K o n d i k t i o n s a n s p r u c h rechtshängig geworden ist oder der Bereicherungsschuldner den Mangel des rechtlichen G r u n d e s kennt: § 2 9 2 Abs. 1 B G B setzt für den Verweis in das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis voraus, daß der Schuldner „einen bestimmten G e g e n s t a n d " herauszugeben hat und damit zugleich, daß sich der K o n d i k t i o n s a n s p r u c h des Bereicherungsgläubigers jedenfalls im G r u n d s a t z auf die Herausgabe des erlangten Gegenstandes und nicht lediglich auf die im Vermögen des Bereicherungsschuldners n o c h vorhandene Bereicherung richtet. M i t Eintritt der verschärften H a f t u n g kann sich schwerlich der Leistungsinhalt ändern. G e g e n die B e s c h r ä n k u n g des K o n d i k t i o n s a n s p r u c h s auf den b e i m B e r e i c h e rungsschuldner vorhandenen Vermögenssaldo spricht außerdem die F u n k t i o n des Bereicherungsrechts: D i e aus § 812 B G B folgende Pflicht zur Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten dient nicht lediglich der Billigkeit, sondern der K o r r e k t u r ungerechtfertigter V e r m ö g e n s z u o r d n u n g e n , nämlich dem R e c h t s güterschutz ( E i n g r i f f s k o n d i k t i o n ) und der R ü c k a b w i c k l u n g gescheiterter L e i stungsbeziehungen ( L e i s t u n g s k o n d i k t i o n ) . D e r wirtschaftliche B e r e i c h e rungsbegriff der R e c h t s p r e c h u n g reagiert auf den durch die B e r e i c h e r u n g veränderten Zustand im V e r m ö g e n des Bereicherungsschuldners, während es nach der m o d e r n e n L e h r e darum geht, den ungerechtfertigten B e r e i c h e r u n g s vorgang rückgängig zu m a c h e n 4 6 3 . D i e s e r R ü c k a b w i c k l u n g s f u n k t i o n widerspricht es, mit H i l f e des von vornherein auf den Vermögenssaldo gerichteten K o n d i k t i o n s a n s p r u c h s einseitig die Interessen des Bereicherungsschuldners zu s c h ü t z e n 4 6 4 . D i e bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht ist eine Stückschuld; der B e reicherungsschuldner m u ß die k o n k r e t e Leistung zurückgewähren, die er erlangt hat. D a b e i wird im Bereicherungsrecht gegenüber dem R ü c k t r i t t s r e c h t stärker betont, daß nicht die erlangte Sache, sondern der k o n k r e t e rechtliche Vorteil zurückzugewähren ist: D e r Bereicherungsschuldner schuldet nicht Herausgabe des erlangten Kraftwagens, sondern R ü c k g e w ä h r des Besitzes und gegebenenfalls des Eigentums am A u t o 4 6 5 . Das sind aber b l o ß e Formulierungs-

463 Flessner, Wegfall der Bereicherung (1970) S. 101; siehe auch Leser, Faktisches Synallagma (1956) S. 31. Auch Wilhelm, Ungerechtfertigte Bereicherung (1973) S. 38 ff. weist (in Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung) darauf hin, daß aus dem Bereicherungsrecht zwingend die Pflicht zur Herausgabe des konkret Erlangten folgt, soweit es mit dem Vermögensverschiebungsprinzip begründet wird, vertritt aber selbst die entgegengesetzte Auffassung, S. 62 mit S. 45 ff. 464 Flessner aaO. S. 102 f.; Rengier AcP 177 (1977), 418, 421; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung2 (1988) § 1 II S. 2 f.; MünchKomm/ZieP (1997) § 818 Rn. 50 f. 465 Siehe etwa RG vom 9.7.1932 - VI 205/32 - RGZ 137, 324, 336 f. (landesherrliches Familienfideikommiß); Larenz SR II 12 (1981) §70 I S. 571 f.; Staudinger/Lorenz (1999) §812

228

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

unterschiede. Der Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 B G B und der Rückgewähranspruch aus § 346 S. 1 B G B entsprechen einander: Hat der Bereicherungsschuldner Eigentum an der rechtsgrundlos geleisteten Sache erlangt, muß er diese zurückübereignen (§§ 873, 925, 929 ff. B G B ) , den Besitz an der erlangten Sache muß er dem Berechtigten wieder einräumen usw.

2. Erlangtes Geld Eine Ausnahme besteht für die Herausgabe von Geld. Welchen Inhalt die Pflicht zur Herausgabe erlangten Geldes hat, wird erstaunlicherweise nur selten problematisiert - obwohl ohne eine genaue Inhaltsbestimmung die Streitfrage nicht geklärt werden kann, ob §279 B G B auf den gem. §§ 820 Abs. 1 S.2, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 B G B verschärft haftenden Bereicherungsschuldner anzuwenden ist 466 . Soweit ersichtlich bezeichnet nur Canaris den bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch als eine von der Wertverschaffungsschuld zu unterscheidende Geldherausgabeschuld 467 . Das gleiche ist gemeint, wenn als gegenständliche Bereicherung das erlangte Bargeld oder die erlangte Kontogutschrift bezeichnet wird, für die der Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung nicht gelte 468 . Diese Auffassungen entferneti sich zu weit vom Gesetz. Für die Herausgabe von Geld gem. § 812 B G B muß das gleiche gelten wie für die Rückgewähr von Geld nach §346 S. 1 B G B 4 6 9 : Der Bereicherungsgläubiger kann die Leistung kondizieren, die er aufgrund des Vertrages erbracht hat. In Umkehr der ursprünglichen Kaufpreis- oder Werklohnverpflichtung richtet sich die bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht nicht auf eine gegenständlich bestimmte Vermögensleistung, sondern darauf, dem Vertragspartner den abstrakten Geldwert zu verschaffen: Der Bereicherungsschuldner hat nicht individuelle Geldzeichen oder eine Buchgeldforderung erlangt, sondern den in den Geldzeichen ausgedrückten Geldwert. Die Herausgabepflicht aus §812 Abs. 1 B G B ist - wie die rückabzuwickelnde Geldschuld - eine Wertverschaffungsschuld*70. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Bereicherungsschuldner nicht Bargeld, sondern Buchgeld erhalten hat. O b der Bereicherungsgläubiger seine Rn.66ff.; Jauernig/ScWecÄm'em9 (1999) §812 Rn.8f., §818 Rn.2f.; Giesen Jura 1995, 169, 171 und 281; MünchKomm/LzeP (1997) § 812 Rn. 292 ff. 4 6 6 Unten § 5 D.IV.3. 467 Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) § 73 III 3 c S. 316. 468 Weswegen der verschärft haftende Bereicherungsschuldner gem. §§819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 B G B nur für einen verschuldeten Geldverlust einstehen muß: Wilhelm AcP 183 (1983), 1, 11; Staudinger/Lorewz (1999) §818 Rn.50; Giesen Jura 1995, 281, 286; so ausdrücklich nur für die Kontogutschrift auch Medicus JuS 1983, 897, 902. 4 6 9 Gerade wenn man die Leistungskondiktion mit der herrschenden Meinung als besonderen vertraglichen Rückabwicklungsmechanismus ansieht. 4 7 0 So auch Staudinger/K Schmidt13 (1997) vor §§ 244 ff. Rn. C 3 und Ders. JuS 1984, 737, 740 f.; Larenz SR II 1 2 (1981) §70 I S.572; Büdenhender, demnächst in AcP 200 (2000) unter IV. Zu § 346 S. 1 BGB oben § 4 A.II.l.

D.

Bereicherungsrecht

229

(vermeintlich) geschuldete Leistung durch Barzahlung oder durch Ü b e r w e i sung auf ein v o m Vertragspartner angegebenes K o n t o erbracht hat, ist angesichts der Austauschbarkeit der Zahlungsmodalitäten bereicherungsrechtlich ein b l o ß e r Zufall: H a t der Bereicherungsschuldner Bargeld erhalten, ist er w e der verpflichtet, dem Bereicherungsgläubiger die geleisteten Geldzeichen z u rückzugeben, n o c h gezwungen, den Kondiktionsanspruch durch Barzahlung zu erfüllen. E i n e K o n t o g u t s c h r i f t ist ohnehin nicht herausgabefähig, da sie als Schuldanerkenntnis in das K o n t o k o r r e n t eingestellt wird und somit als selbständige F o r d e r u n g untergeht, § 3 5 5 H G B . D e r Bereicherungsschuldner kann die G u t s c h r i f t weder durch R ü c k ü b e r w e i s u n g n o c h sonstwie herausgeben, sondern schuldet Wertersatz nach § 8 1 8 Abs. 2 B G B . O b er durch Bar- oder Buchgeldzahlung erfüllt, ist nach richtiger Auffassung nur Zahlungsmodalität, nicht Leistungsinhalt.

3. Wertersatzpflicht gem. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 Var. 1 BGB a) Gebrauchsüberlassung aa) Gegenstand der

und Dienstleistung

Herausgabepflicht

K a n n das Erlangte v o n vornherein nicht gegenständlich zurückgegeben werden, wie insbesondere bei Dienstleistungen und bei der Gebrauchsüberlassung einer Sache, k o m m t nur eine Wertersatzpflicht in Betracht. Entgegen der früher herrschenden Auffassung sind in diesem Fall nicht die ersparten A u f w e n d u n gen das E r l a n g t e 4 7 1 , sondern sind primärer Bereicherungsgegenstand die aus den D i e n s t e n oder der Sache gezogenen N u t z u n g e n 4 7 2 . O b der Bereicherungs471 So aber RG vom 20.12.1919 - V 299/19 - RGZ 97, 310, 312 (Gleisanlage I); auch vom 26.11.1935 - III 92/35 - HRR 1936 Nr. 461 (Architektenvertrag - kirchliches Schwesternhaus); BGH vom 18.4.1956 - V ZR 183/54 - BGHZ 20, 270, 275 = NJW 1956, 1276, 1277 (Bahnhofsvorplatz) zu unbefugtem Parken auf fremdem Grund; vom 18.4.1985 - VII ZR 359/ 83 - BGHZ 94, 160, 165 (Tiefgaragenzufahrt); Stieve, Bereicherungsanspruch (1899) S.58f., 63; von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 125 ff.; PhncU Landois4 (1928) § 818 Anm. 5a; Enneccerus/Lehmann^ (1958) §221 I 4 S.876; neuerdings wieder Schauhoff, Bereicherungshaftung (1992) S. 36 ff., 59 ff. 472 BGH vom 24.11.1981 - X ZR 7/80 - BGHZ 82, 299, 307 = NJW 1982, 1154, 1155 f. (Kunststoffhohlprofil II) und vom 18.12.1986 - I ZR 111/84 - BGHZ 99, 244, 248 = LM § 15 WZG Nr. 56 = NJW 1987, 2869, 1872 (Chanel N° 5) zum Eingriff in gewerbliche Schutzrechte; vom 1.10.1985 - IX ZR 155/84 - NJW-RR 1986, 155 (Bruderhilfe); in diese Richtung auch BGH vom 7.1.1971 - VII ZR 9/70 - BGHZ 55, 128, 130 ff. = NJW 1971, 609, 610 f. = WM 1971, 311, 312f. = J Z 1971, 556, 557ff. mit insoweit zust. Anm. Canaris = J R 1971, 291 f. mit Anm. Knütel = FamRZ 1971, 247, 248 f. mit Anm. Medicus (Flugreise). Siber SR II (1931) S. 419; von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 381 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 258; Gursky NJW 1969, 2183 f. und Ders. JR 1998, 7, 12; Koppensteiner NJW 1971, 1769, 1774 f.; Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung2 (1988) § 13 I 1 b dd S. 120; Teichmann JuS 1972, 247, 249; Pinger MDR 1972, 101, 102; Reeh, Bereicherungsrecht (1975) S. 9 ff.; König, Ungerechtfertigte Bereicherung (1985) S. 57, 64 f.; Soergel/A/äW1' (1985) § 818 Rn. 13, 17; Larenz SR II 12 (1981) § 70 I S. 572 und Ders. in Fest-

230

5 4 Rückgewähr empfangener

Leistungen

Schuldner A u f w e n d u n g e n erspart hat, ist als Folge des rechtsgrundlosen Erwerbs erst im R a h m e n des § 818 Abs. 3 B G B zu berücksichtigen 4 7 3 . Weitergehend vertritt L i e b , daß schon die b l o ß e M ö g l i c h k e i t der Inanspruchnahme von Gebrauchsvorteilen oder Dienstleistungen der primäre B e reicherungsgegenstand sei: G e m . §§ 812 A b s . 1, 818 A b s . 2 B G B soll der B e r e i cherungsschuldner Wertersatz unabhängig davon schulden, ob er die D i e n s t e oder die z u m G e b r a u c h überlassene Sache tatsächlich genutzt h a t 4 7 4 . Das hat A u s w i r k u n g e n vor allem auf den Wegfall der Bereicherung. N a c h der herrschenden M e i n u n g schuldet das Brautpaar, das mit dem gemieteten Rolls R o y c e nicht zur K i r c h e gefahren ist oder den für die Hochzeitsfeier engagierten Barmixer nicht eingesetzt hat, bereicherungsrechtlich nichts, weil es nichts erlangt hat; nach der Auffassung von L i e b schuldet es Wertersatz schon für die bloße Gebrauchsüberlassung oder Zurverfügungstellung der Arbeitskraft: D e r B e r e i cherungsschuldner, dem aufgrund eines nichtigen gegenseitigen Vertrages eine N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t eingeräumt werde, treffe mit dem Vertragsschluß die Entscheidung, für den Erhalt der N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t G e l d einzusetzen, und ü b e r n e h m e in H ö h e der Gegenleistung das R i s i k o der N u t z l o s i g k e i t der Leistung. A u f den Wegfall der Bereicherung k ö n n e er sich im R a h m e n der Leistungskondiktion nur bei unentgeltlichem E r w e r b berufen 4 7 5 . G e g e n die Auffassung von L i e b hat sich dezidiert Canaris gewandt. E r hebt insbesondere den Wertungswiderspruch zur R ü c k a b w i c k l u n g nichtiger K a u f verträge hervor: H a b e jemand rechtsgrundlos ein H a u s gekauft und trotz B e sitzerlangung nicht bezogen, müsse er gem. § 8 1 8 A b s . 1 B G B und selbst bei

schrift von Caemmerer (1978) S.209, 211; Reuter/Martmek (1983) §15 I 2 b und c S. 530 ff.; Esser/Weyers7 (1991) §51 I 3 b S.490; Erman/H. P. Westermann' (1993) §812 Rn.9; Giesen Jura 1995, 169, 172; Canaris in Festschrift Lorenz (1991) S. 19, 48 ff. und Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) §71 I 2 a S.255f.; Staudinger/Lorewz (1999) §812 Rn. 72; ]auerm%/Schlechtriem'> (1999) §812 Rn. 8, §818 Rn.2; Loewenheim, Bereicherungsrecht2 (1997) S.22, 131 f. Siehe auch Mot. IIS. 836 f. 473 Von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 381 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 258; Gursky NJW 1969, 2183 f. und Ders. JR 1998, 7, 12; Pinger MDR 1972, 101, 103; Goetzke AcP 173 (1973), 311 ff.; Reeb, Bereicherungsrecht (1975) S. 121 f.; Larenz in Festschrift von Caemmerer (1978) S.209, 222; Larenz/Canaris SR II 2 13 (1994) §71 I 2 a S. 256. 474 Lieb NJW 1971, 1289, 1291 und MünchKomm/LieP (1997) §812 Rn.301ff., §818 Rn. 10 und 12; ihm im wesentlichen folgend Reeb, Bereicherungsrecht (1975) S. 12, 92 f., 121; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 313 ff.; beschränkt auf die Leistungskondiktion auch Ostendorf, Bereicherung (1972) S.25, 53 ff., 70 f. und Ders. JuS 1974, 447 f. Für Gebrauchsüberlassungen auch Reuter/Martinek (1983) § 15 I 2 c S. 531 f.; König, Ungerechtfertigte Bereicherung (1985) S. 64 (wohl auch für Dienstleistungen); Raisch in Festschrift Weber (1975) S. 337, 340 (ausdrücklich anders aber für Dienstleistungen). 4 7 5 MünchKomm/LieP (1997) §812 Rn.307 und Ders. NJW 1971, 1289, 1293. Bei der Eingriffskondiktion übernehme der vorsätzlich eine fremde Sache nutzende Bereicherungsschuldner ebenfalls das Verwendungsrisiko, weswegen sich auf den Wegfall der Bereicherung nur der fahrlässig Eingreifende berufen könne. Zu der dieser Auffassung zugrundeliegenden Theorie der vermögensmäßigen Entscheidung unten § 5 D.I.3.a)bb).

D.

Bereicherungsrecht

231

Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit gem. §§819 Abs. 1,818 Abs. 4, 292, 987 Abs. 1 BGB nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herausgeben; mit der Nichtnutzung des Hauses verstoße er nicht schuldhaft gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft im Sinne des § 987 Abs. 2 BGB. Damit sei es nicht vereinbar, daß der Mieter Wertersatz für die bloße Nutzungsmöglichkeit schulde 476 . Dagegen hat Reuter schon früher darauf hingewiesen, daß die unterschiedliche bereicherungsrechtliche Behandlung von Kauf- und Mietverträgen der Rückabwicklung nach Rücktritt und Wandelung entspreche, die für Kaufverträge gem. §§346 S. 1, 347 S.2, 987 BGB eine gegenständliche Rückgewähr mit Ersatz der tatsächlich gezogenen - und der schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen vorsähen, dagegen für Gebrauchsüberlassungen mit § 346 S. 2 BGB generell eine Wertersatzpflicht vorschrieben. Zudem sei die Differenzierung sachlich geboten, weil sich der Zweck des Mietvertrages anders als der des Kaufvertrages in der Gebrauchsüberlassung erschöpfe: Es verstieße gegen das Verbot des venire contra factum proprium, beriefe sich der Mieter darauf, daß er den Zweck nicht realisiert habe 477 . Dahinter steht der richtige Gedanke, den §346 S.2 BGB - lediglich - aufnimmt: Kondiktionsgegenstand ist die aufgrund des nichtigen gegenseitigen Vertrages erbrachte Leistung. Damit kehrt die bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht die Leistungspflichten aus dem Vertrag um: § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB verpflichtet den Käufer - unter Umkehrung des §433 Abs. 1 S. 1 BGB die Kaufsache herauszugeben, genauer den Besitz und das Eigentum an der Kaufsache an den Verkäufer zurückzuübertragen; die ihm zustehenden N u t zungen muß der Käufer gem. § 818 Abs. 1 BGB zurückerstatten, soweit er solche tatsächlich gezogen hat. Dagegen trifft den Mieter gem. §§812 Abs. 1 S. 1 Var. 1, 818 Abs. 2 BGB in Umkehrung des §535 Abs. 1 BGB die Pflicht, dem Vermieter die bloße Gebrauchsmöglichkeit zurückzuerstatten. N u r diese Gebrauchsmöglichkeit, nicht aber die Einräumung des tatsächlichen Gebrauchs schuldete der Vermieter nach dem - nichtigen - Vertrag, wie § 552 S. 1 BGB erhellt 478 . Dagegen ist der Dienstberechtigte in Umkehr des § 611 BGB nur zum Wertersatz für die tatsächlich vom Dienstverpflichteten geleisteten Dienste, hingegen - anders als nach der Liebschen Auffassung - nicht zum Wertersatz schon für die bloße Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme verpflichtet 479 .

476 Canaris in Festschrift Lorenz (1991) S. 19, 48 ff., schon Ders., Anm. zu B G H vom 21.5.1971 - V ZR 17/69 (Flugreise), JZ 1971, 560, 561; so auch Gursky JR 1972, 279,281 Fn. 17 und Ders. JR 1998, 7, 12; Soergel/Mühl" (1985) § 818 Rn. 20. 477 Reuter/Martinek (1983) § 15 I 2 c S. 531. 478 Näher oben § 4 A.II.2.a) und Loewenheim, Bereicherungsrecht 2 (1997) S. 147f., der sich mit dem Argument, die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung dürfe nicht dazu führen, daß der Bereicherungsschuldner besser dastehe als bei wirksamem Grundgeschäft, auch dagegen wendet, daß sich dieser wegen des Nichtgebrauchs auf § 818 Abs. 3 BGB beruft. 479 Näher ebenda bei § 346 S. 2 BGB.

232

§ 4 Rückgewähr

bb) Berechnung

des

empfangener

Leistungen

Wertersatzes

D e r Wert der Dienste oder der Gebrauchsüberlassung ist - anders als nach § 3 4 6 S. 2 B G B - nicht anhand der vertraglich vereinbarten Gegenleistung, sondern nach dem objektiven Verkehrswert der Leistung zu b e r e c h n e n 4 8 0 : D e r B e reicherungsschuldner schuldet als Wertersatz gem. § 8 1 8 A b s . 2 B G B die übliche Vergütung, die bei Dienstverträgen nach § 6 1 2 A b s . 2 B G B zu bestimmen ist; besteht keine übliche, ist die angemessene Vergütung zu entrichten 4 8 1 . Weist die erlangte Leistung Mängel auf, ist der Wertersatz entsprechend zu mindern 4 8 2 . M a ß g e b l i c h für die Wertbemessung ist der Zeitpunkt, in dem der Bereicherungsschuldner den Leistungsgegenstand erworben h a t 4 8 3 . M i t R e c h t wird die Wertersatzschuld im Sinne des § 818 A b s . 2 B G B - anders als ganz überwiegend die Verpflichtung zur Herausgabe erlangten G e l d e s 4 8 4 - als echte G e l d schuld eingeordnet, für die der G r u n d s a t z der unbeschränkten Geldhaftung gilt 4 8 5 .

b)

Werkleistungen

H a t der U n t e r n e h m e r unkörperliche W e r k e erbracht und ist die gegenständliche R ü c k g e w ä h r der Werkleistung nach Bereicherungsrecht u n m ö g l i c h 4 8 6 , schuldet der Besteller Wertersatz. Anders als bei § 3 4 6 S. 2 B G B , der die Werter480 A.A. Wieling AcP 169 (1969), 137, 165 ff., 167. Anders auch die Rechtsprechung zum „faktischen" Arbeitsverhältnis, nach der der Arbeitgeber oder Dienstherr die vertraglich vereinbarte Vergütung schuldet, siehe zu „faktischen" Dienstverhältnissen BGH vom 6.4.1964 II ZR 75/62 - BGHZ 41, 282, 287 ff. (Vorstandsmitglied) und vom 12.1.1970 - VII ZR 48/68 BGHZ 53, 152, 157 ff. (Werbeleiter). Auf diese Rechtsprechung, insbesondere des BAG, und die zunehmende Kritik an ihr braucht hier nicht eingegangen zu werden, da Dauerschuldverhältnisse außerhalb des Gegenstandes dieser Arbeit liegen. 481 RG vom 6.11.1928 - II 235/28 - RGZ 122, 229, 232 (Makler); BGH vom 1.2.1962 - V I I ZR 212/60 - BGHZ 36, 321, 323 = NJW 1962, 807 (Betriebssanierung); vom 25.6.1962 - VII ZR 120/61 - BGHZ 37, 258, 264 = NJW 1962, 2010, 2011 (Schuldensanierung); vom 1.10.1985 - IX ZR 155/84 - NJW-RR 1986, 155 (Bruderhilfe) für Arbeitsleistungen beim Hausbau des Bruders; vom 24.11.1981 - X ZR 7/80 - BGHZ 82, 299, 307 f. = NJW 1982, 1154, 1156 (Kunststoffhohlprofil II); vom 18.12.1986 - I ZR 111/84 - BGHZ 99, 244, 248 f. = LM § 15 WZG Nr. 56 = NJW 1987, 2869, 2872 (Chanel N° 5); vom 21.3.1996 - III ZR 245/94 - BGHZ 132, 198, 207 ff. = LM § 139 BGB Nr. 85 mit Anm. Bülow = NJW 1996, 3409, 3411 f. = WM 1996,1497,1501 f. = JZ 1996,1127, 1129 f. mit Anm. Kühne (Stromversorgung); vom 17.3.1998 - KZR 42/96 - LM §20 GWB Nr. 21 = NJW-RR 1998, 1502, 1504 = WM 1998, 1736, 1739 (Kolben-Zylindereinheiten); Erman/H. P. Westermann9 (1993) §818 Rn.24ff.; MünchKomm¡LieP (1997) § 818 Rn. 36 ff.; Palandt/Thomas™ (1999) § 818 Rn. 22, 24. 482 BGH vom 5.11.1982 - V I I ZR 216/80 - NJW 1982, 879, 881 (Architektenleistung); Canaris, Anm. zu BGH vom 21.5.1971 - V ZR 17/69 (Flugreise), JZ 1971, 560, 561; Jauernig/ Schlechtriem9 (1999) § 818 Rn. 14. 483 Unten § 5 D.III.2.b) allg. zum Wertersatz. 484 Gerade § 4 D.I.2. 485 Medicus JuS 1983, 898, 902; Giesen Jura 1995, 281; siehe auch Wilhelm AcP 183 (1983), 1,11 f.; abw. Staudinger/Lorenz (1999) § 818 Rn. 50. 486 Oben § 4 A.II.2.c) zu Rücktritt und Wandelung, dort auch gegen die herrschende Mei-

D.

233

Bereicherungsrecht

satzpflicht nur für geleistete Dienste und Gebrauchsüberlassungen vorschreibt und auf Werkleistungen lediglich analog anwendbar ist 4 8 7 , folgt das unmittelbar aus § 818 A b s . 2 B G B . D i e H ö h e des Wertersatzes richtet sich nach dem o b j e k tiven V e r k e h r s w e r t 4 8 8 .

II. Verknüpfung

der Rückgewährpflichten:

Saldotheorie

1. Vermögenssaldo unter Einschluß der Gegenleistung D i e früher vertretene Zweikondiktionenlehre hat in konsequenter A n w e n dung der §§ 812 ff. B G B Besonderheiten bei der R ü c k a b w i c k l u n g gegenseitiger Verträge verneint: J e d e r Vertragspartner hat einen eigenständigen B e r e i c h e rungsanspruch auf Herausgabe seiner Leistung; die beiderseitigen Herausgabeansprüche werden bei Gleichartigkeit durch Aufrechnung, sonst über das Z u rückbehaltungsrecht aus § 2 7 3 B G B miteinander v e r k n ü p f t 4 8 9 . Hingegen verschmelzen Rechtsprechung und herrschende Literatur Leistung und Gegenleistung im Wege der Saldotheorie zu einem einheitlichen Kondiktionsanspruch, um die mit der R ü c k a b w i c k l u n g gegenseitiger Verträge zusammenhängenden Haftungsfragen zu lösen. D i e Saldotheorie beruht im Ausgangspunkt auf der T h e s e der ständigen R e c h t s p r e c h u n g , daß Bereicherungsansprüche nicht gegenständlich auf die Herausgabe des Erlangten, sondern auf Herausgabe des positiven Vermögenssaldos zielen, welches sich aus der Gegenüberstellung der erlangten Vorteile und erlittenen Nachteile errechnet 4 9 0 . Von da ist es nur ein kurzer Schritt zur Saldotheorie im eigentlichen Sinne, die bei der R ü c k a b w i c k lung gegenseitiger Verträge auch die v o m Vertragspartner herauszugebende Gegenleistung in die Gesamtsaldierung einbezieht: D e r Bereicherungsschuldner kann nicht nur etwaige Aufwendungen auf die Sache bereicherungsmindernd gegen den K o n d i k t i o n s a n s p r u c h einwenden, sondern dem Vertragspartner nach § 8 1 8 A b s . 3 B G B auch entgegenhalten, daß dieser um die Gegenleistung bereichert sei. Von ihrer Intention her macht die Saldotheorie eine Aussage über die Verknüpfung der beiderseitigen Rückgewährpflichten nur für den Fall, daß eine nung, soweit sie die Unmöglichkeit der gegenständlichen Rückgewähr bei Werkleistungen als Regel annimmt. 4 8 7 S4A.II.2. 488 Zum Wertersatz für Beförderung: BGH vom 7.1.1971 - VII ZR 9/70 - BGHZ 55, 128, 135 = NJW 1971, 609, 611 = WM 1971, 311, 313 = JZ 1971, 556, 559 mit insoweit zust. Anm. Canaris = JR 1971, 291, 292 mit Anm. Knütel = FamRZ 1971, 247, 249 mit Anm. Medicus (Flugreise). Allg. unten § 5 D.III.2.a). 4 8 9 Siehe nur Oertmann DJZ 1915, Sp. 1063 ff.; von Tuhr in Festschrift Bekker (1907) S. 293, 307 ff.; Schneider JherJb 62 (1911), 179, 183 ff. Daß die Zweikondiktionenlehre dem vom Gesetz eigentlich Gewollten entspricht, erkennt an von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 385 = Gesammelte Schriften I (1968) S. 209, 261. 490 Oben §4 D.I.l.

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§ 4 Rückgewähr empfangener

Leistungen

der beiden Leistungen nicht herausgegeben werden kann. Insofern regelt sie die Rechtsfolgen, die bereicherungsrechtlich an die U n m ö g l i c h k e i t der Herausgabe oder die Verschlechterung des herauszugebenden Gegenstandes geknüpft werden 4 9 1 . Sie hat darüber hinaus die allgemeinere Bedeutung, daß bei gegenseitigen Verträgen nicht jeder Vertragspartner einen Bereicherungsanspruch auf Herausgabe des von ihm Geleisteten hat: N u r der Vertragspartner, der bei einer G e s a m t a b r e c h n u n g von Leistung und Gegenleistung einschließlich der N u t zungen und Aufwendungen n o c h etwas h e r a u s z u b e k o m m e n hat, ist Gläubiger des einheitlichen, auf den U b e r s c h u ß gerichteten Bereicherungsanspruchs 4 9 2 . D i e Saldierung von Leistung und Gegenleistung führt aber nur scheinbar den G e d a n k e n fort, der K o n d i k t i o n s a n s p r u c h sei auf die Vermögensdifferenz aller durch den Bereicherungsvorgang verursachten Vor- und Nachteile gerichtet: W ä h r e n d die Verrechnung der aus dem Erlangten gezogenen N u t z u n g e n und der auf den Leistungsgegenstand gemachten Aufwendungen an die Bereicherung als Vermögensverschiebung anknüpft, d.h. daran, daß der B e r e i c h e -

4 , 1 Insbesondere BGH vom 8.1.1970 - VII ZR 130/68 - BGHZ 53, 144, 145 = NJW 1970, 656 = WM 1970, 666 = JZ 1970, 416 mit abl. Anm. Diesselhorst (Mercedes); vom 14.10.1971 VII ZR 313/69 - BGHZ 57, 137, 147 f., 150 = NJW 1972, 36, 38 f. mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1479 = JZ 1972, 438, 440 f. mit Anm. Lieb=]K 1972, 110, 111 mit Anm. Kühne (BMW); vom 26.10.1978 - VII ZR 202/76 - BGHZ 72, 252, 254 = NJW 1979, 160, 161 = WM 1979, 54, 55 (Türken-Mercedes); vom 9.10.1980 - VII ZR 332/79 - BGHZ 78, 216,222 = NJW 1981, 224, 226 = JZ 1981, 62, 63 = JR 1981, 151, 153 mit krit. Anm. Schubert (Mähdrescher); KG vom 9.10.1995 - 13 U 1926/92 - NJW-RR 1996, 431, 433 (Zahnarztpraxis). Vgl. auch von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S.333, 385f. = Gesammelte Schriften I (1968) S.209, 261 ff. und Ders. in Festschrift Larenz (1973) S.621, 635 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 181; Esser II 4 (1971) § 105 II 2 S. 382 f.; KGBJL/Heimann-Trosienu (1974) § 812 Rn. 61; Giesen Jura 1995, 281, 283 f. Dazu unten § 5 D.I.2 und § 5 D.I.3.a)aa). 492 Siehe nur RG vom 14.3.1903 - V 458/02 - RGZ 54, 137, 140 ff. (Rittergut); vom 24.3.1915 - V 453/14 - RGZ 86, 343, 346 (Grundstück); vom 28.4.1920 - V 470/19 - Gruchot, 64, 717 Nr. 73 = WarnR 1921, 51 Nr. 43 (Grundstück); vom 29.9.1920 - V 155/20 - SeuffA 76, 42 Nr. 26 (Landgut); vom 9.7.1932 - VI 205/32 - RGZ 137, 324, 336 f. (landesherrliches Familienfideikommiß); vom 13.1.1933 - VII 308/32 - RGZ 139, 208, 213 (Baugeschäft); vom 30.1.1940 - GSZ 3/38 - RGZ 163, 348, 360 f. (Rittergut) - obiter dictum. BGH vom 24.6.1963 - V I I ZR 229/62 - LM §818 Abs. 3 BGB Nr. 11 = NJW 1963, 1870 f. = WM 1963, 834, 836 f. (Darlehen); vom 8.1.1970 aaO. (Mercedes); vom 14.10.1971 aaO. (BMW); vom 18.2.1972 - V ZR 23/70 - WM 1972, 564 (Gaststätte); vom 26.10.1978 aaO. (Türken-Mercedes); vom 9.10.1980 aaO. (Mähdrescher); vom 11.3.1988 - V ZR 27/87 - NJW 1988, 3011 (Grundschulden); vom 17.3.1998 - KZR 42/96 - LM § 20 GWB Nr. 21 = NJW-RR 1998, 1502, 1503 = WM 1998, 1736, 1739 (Kolben-Zylindereinheiten). Iii.; Ebbecke Recht 1912, Sp. 745, 750; Planck/ Landois4 (1928) § 818 Anm. 5e; Esser II 4 (1970) § 105 II 2 S. 382 f.; auf den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung abstellend auch Weintraud, Saldotheorie (1934) S. 66 ff. Die Rechtsprechung hat die Saldotheorie teilweise auf die Rückabwicklung nicht gegenseitiger Leistungen ausgedehnt: RG vom 12.6.1922 - IV 731/21 - RGZ 105, 29, 31 f. (Heeresbedarf) zu nichtigem Darlehen; BGH vom 24.6.1963 - VII ZR 229/62 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 11 = NJW 1963, 1870, 1871 = WM 1963, 834, 836 (Darlehen); im Grundsatz zust. RGRK/ Heimann-Trosieni2 (1974) §812 Rn. 56; abstellend auf den wirtschaftlichen Zusammenhang auch Weintraud, Saldotheorie (1931) S. 71,116 f.

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Bereicherungsrecht

235

rungsschuldner ohne Rechtsgrund etwas erlangt hat, orientiert sich die Saldierung von Leistung und Gegenleistung am weggefallenen Rechtsgrund: Weil die Leistungen im ursprünglichen, jetzt rückabzuwickelnden Vertrag synallagmatisch verknüpft waren, sollen sie auch im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung verknüpft bleiben 4 9 3 . Deswegen begründet ein Großteil der Lehre, der den wirtschaftlichen Bereicherungsbegriff der Rechtsprechung ablehnt, die Saldotheorie mit dem sich im Bereicherungsausgleich fortsetzenden faktischen Synallagma: Auch wenn der Vertrag als Rechtsgrund weggefallen sei, habe jeder Vertragspartner seine Leistung nur weggegeben, um die Gegenleistung des anderen zu erhalten. Daß die Leistungen als gegenseitige gewollt und bewirkt worden sind, müsse wegen der faktischen Durchführung des Vertrages bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berücksichtigt werden 4 9 4 . Auch der B G H stützt die Saldotheorie inzwischen - ergänzend - auf die Fortwirkungen des von den Vertragspartnern gewollten synallagmatischen Leistungsaustausches und damit auf die Lehre vom faktischen Synallagma: „Leistung und Gegenleistung bleiben durch das von den Parteien ursprünglich gewollte Austauschverhältnis (Synallagma) auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung miteinander verknüpft." 4 9 5 „ D i e A n w e n d u n g der Saldotheorie bewirkt, daß der von den Vertragsparteien bei Vertragsschluß gewollte Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung unwirksamer gegenseitiger Verträge erhalten bleibt." 4 9 6

4 9 3 Vgl. Oertmann D J Z 1915, Sp. 1063, 1066 f.; auchiwz Tuhr in Festschrift Bekker (1903) S. 293, 308 f. 494 Zuerst von Caemmerer in Festschrift Rabel (1954) S. 333, 384 ff. = Gesammelte Schriften I (1968) S.209, 260 ff., der S.386 = S.263 ausdrücklich auf die Parallele zum „faktischen" Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis hinweist, und Ders. in Festschrift Larenz (1973) S.621, 635 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 181. 4 9 5 B G H vom 26.10.1978 - VII ZR 202/76 - B G H Z 72, 252, 256 = N J W 1979, 160, 162 = WM 1979, 54, 55 (Türken-Mercedes); siehe schon vom 8.1.1970 - VII ZR 130/68 - B G H Z 53, 144, 147 = NJW 1970, 656, 657 = WM 1970, 666 = J Z 1970, 416,417 mit Anm. Diesselhorst (Mercedes) und vom 14.10.1971 - V I I ZR 3 1 3 / 6 9 - B G H Z 57, 137,150 = NJW 1972,36, 39 mit Anm. Herr 250 f. = WM 1971, 1476, 1479 = J Z 1972,438, 442 mit Anm. Lieh = J R 1972, 110, 111 mit Anm. Kühne (BMW); deutlich auch vom 9.10.1980 - VII ZR 332/79 - B G H Z 78, 216, 223 f. = N J W 1981, 224, 226 = J Z 1981, 62, 63 = J R 1981, 151, 153 mit krit. Anm. Schubert (Mähdrescher); zuletzt vom 16.3.1998 - II ZR 303/96 - LM § 19 G m b H G Nr. 19 = N J W 1998, 1951, 1952 = WM 1998, 925, 927 (verdeckte Sacheinlage) und vom 17.3.1998 - KZR 42/96 LM § 20 GWB Nr. 21 = NJW-RR 1998, 1502, 1503 = WM 1998,1736,1739 (Kolben-Zylindereinheiten). 4 9 6 B G H vom 4.5.1994 - VIII ZR 309/93 - B G H Z 126, 105, 108 = LM § 818 Abs. 3 B G B Nr. 37 mit Anm. H.-F. Müller = NJW 1994, 2021, 2022 = J Z 1994, 1024 (Sonnenstudio).

236

§ 4 Rückgewähr

2. Saldierung ungleichartiger

empfangener

Leistungen

Leistungen

E i n auf den U b e r s c h u ß gerichteter K o n d i k t i o n s a n s p r u c h eines Vertragspartners setzt voraus, daß die herauszugebenden Leistungen gleichartig (im Sinne des § 387 B G B ) sind. D a s ist insbesondere der Fall, wenn sich die Herausgabeverpflichtung beider Seiten auf Geld richtet, weil G e l d geleistet w o r d e n war oder sich der auf die Herausgabe des Erlangten gerichtete Bereicherungsanspruch in einen Wertersatzanspruch aus § 818 A b s . 2 B G B gewandelt hat. E i n e Saldierung ist hingegen nicht durchführbar, wenn einer oder beide Vertragspartner die erhaltene Leistung oder etwaige N u t z u n g e n gegenständlich herausgeben müssen 4 9 7 . Stehen sich ungleichartige Leistungen gegenüber, hieße Saldierung folgerichtig, daß der Wert der herauszugebenden Leistungen ermittelt werden und dem rechnerisch Bereicherten in dieser H ö h e ein Geldersatzanspruch gewährt werden müßte. D i e s e K o n s e q u e n z zieht die R e c h t s p r e c h u n g ebensowenig wie die entgegengesetzte Schlußfolgerung, beiden Vertragspartnern stünden jeweils eigene K o n d i k t i o n s a n s p r ü c h e zu, die im Wege eines Zurückbehaltungsrechts miteinander verknüpft seien. Vielmehr schränkt die R e c h t s p r e c h u n g den K o n d i k t i o n s a n s p r u c h des Vertragspartners, zu dessen G u n s t e n sich rechnerisch ein Wertüberschuß ergibt, in der Weise ein, daß er Herausgabe seiner Leistung nur verlangen kann, w e n n er die von ihm zurückzugewährende Gegenleistung dem Bereicherungsschuldner in einer den A n n a h m e v e r z u g begründenden Weise anbietet 4 9 8 : D e r K o n d i k t i o n s a n s p r u c h ist inhaltlich beschränkt durch das Erfordernis der Z u g - u m - Z u g - H e r a u s g a b e des v o m Bereicherungsgläubiger E r l a n g t e n 4 9 9 . Bei einer etwaigen Herausgabeklage m u ß der Bereiche497 Das kommt bei Nutzungen nur in Betracht, soweit Früchte herauszugeben sind, unten § 6 D.I.l. 498 Ein Zurückbehaltungsrecht muß der Bereicherungsschuldner nicht geltend machen. 4 9 9 Deutlich RG vom 9.7.1932 - VI 205/32 - RGZ 137, 324, 336 f. (landesherrliches Familienfideikommiß) (einschränkend noch RG vom 29.9.1920 - V 155/20 - SeuffA 76, 42 Nr. 26 [Landgut]); BGH vom 24.6.1963 - VII ZR 229/62 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 11 = NJW 1963, 1870, 1871 = WM 1963, 834, 836 (Darlehen); vom 18.2.1972 - V ZR 23/70 - WM 1972, 564, 565 (Gaststätte) - allerdings ausdrücklich nur für die Berücksichtigung von Aufwendungen, dagegen ansonsten mit der Aussage, ein Bereicherungsanspruch Zug um Zug gegen Herausgabe der Nachteile „kann jedem der beiden Teile gegen den anderen zustehen"; vom 2.10.1987 - V ZR 85/86 - WM 1987, 1533, 1534 = NJW-RR 1988, 584, 585 (Stall- und Stadeltrakt); siehe auch vom 3.10.1972 - VI ZR 135/71 - LM § 812 BGB Nr. 100 = NJW 1973, 613, 615 (Grundstück); vom 10.7.1981 - V ZR 79/80 - LM § 818 Abs. 2 BGB Nr. 21 = NJW 1981, 2687, 2688 = WM 1981, 1081, 1083 = J Z 1981, 667 (Betriebsgrundstück); vom 11.3.1988 - V ZR 27/87 - NJW 1988, 3011 (Grundschulden); vom 25.10.1989 - VIII ZR 105/88 - BGHZ 109,139, 148 = LM § 535 BGB Nr. 123 = NJW 1990, 314, 316 (EDV-Leasing); vom 11.11.1994 - V ZR 116/93 - LM § 988 BGB Nr. 6 = NJW 1995, 454, 455 = WM 1995, 159, 160 = JZ 1995, 572, 573 mit Anm. Wilhelm (Grundstück); vom 10.2.1999 - V I I I ZR 314/97 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 47 = NJW 1999, 1181 = WM 1999, 925, 926 (Betriebsstätte). Von Mayr, Bereicherungsanspruch (1903) S. 626 f.; Weintraud, Saldotheorie (1934) S.24, 39 f., 83 ff.; Enneccerus/ Lehmann15 (1958) §227 III 3 S.912; Esser II 4 (1971) § 105 II 2 S.383; RGRK/Heimann-Trosien12 (1974) §812 Rn.63; Larenz SR II 12 (1981) §70 III S.582 mit Fn.l; Soergel/Mühl"

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Bereicherungsrecht

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rungsgläubiger diese Z u g - u m - Z u g - B e s c h r ä n k u n g im Klagantrag berücksichtigen, wenn er eine teilweise Klagabweisung vermeiden will 5 0 0 . D i e Pflicht zur Saldierung im Klagantrag soll aber nur hinsichtlich der ausgetauschten Leistungen, hingegen nicht hinsichtlich sonstiger den Herausgabeanspruch mindernder R e c h n u n g s p o s t e n , etwa den v o m Gläubiger nach § 8 1 8 A b s . 1 herauszugebenden N u t z u n g e n bestehen 5 0 1 . D e r B G H hat die Berücksichtigung der ungleichartigen Gegenleistung mit B l i c k auf die A u f w e n d u n g e n des Bereicherungsschuldners als „Saldierung Rechtssinn'

im

bezeichnet:

„... ist eine Saldierung im Rechtssinn aber auch bei Ungleichartigkeit der beiderseitigen Posten geboten; dabei erfährt der Bereicherungsanspruch eine inhaltliche Umwandlung dahin, daß der eine Teil die Herausgabe des an den anderen Teil gelangten von vornherein nur Zug um Zug gegen die Ausgleichung der diesem erwachsenen Nachteile verlangen kann." 5 0 2 K o n s e q u e n t müßte für die Saldierung ungleichartiger Leistungen in einem ersten Schritt eine Wertsaldierung v o r g e n o m m e n werden, um den Gläubiger des einheitlichen Kondiktionsanspruchs zu bestimmen. Das hieße etwa für die R ü c k a b w i c k l u n g eines Grundstückskaufvertrages, daß das G e r i c h t den Wert des herauszugebenden G r u n d s t ü c k s ermitteln müßte, u m durch die G e g e n überstellung von G r u n d s t ü c k s w e r t , Kaufpreis, N u t z u n g e n und A u f w e n d u n gen zu errechnen, w e r Gläubiger des einheitlichen Kondiktionsanspruchs ist: der Grundstücksverkäufer oder der Grundstückskäufer. Das ist aber mit R e c h t (1985) §818 Rn. 82. Von zwei durch ein Zurückbehaltungsrecht miteinander verknüpften Kondiktionsansprüchen spricht Giesen Jura 1995, 281, 284. 500 BGH vom 24.6.1963 aaO. (Darlehen); vom 18.2.1972 aaO. (Gaststätte); vom 11.11.1994 aaO. (Grundstück); vom 10.2.1999 aaO. (Betriebsstätte), der diese Voraussetzung im letzten Urteil aber praktisch negiert, indem er die Einschränkung des Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises durch die Rückgabe des Erlangten Zug um Zug „als Minus in dem Zahlungsantrag der Kl. enthalten" sieht (NJW S. 1182). Ebenso Esser II 4 (1971) § 105 II 2 S. 383; Soergel/Mühl11 (1985) § 818 Rn. 82. 501 BGH vom 25.10.1989 - VIII ZR 105/88 - BGHZ 109, 139, 148 = LM §535 BGB Nr. 123 = NJW 1990, 314, 316 (EDV-Leasing); vom 10.2.1999 - VIII ZR 314/97 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 47 = NJW 1999, 1181 = WM 1999, 925, 926 (Betriebsstätte). 502 BGH vom 18.2.1972 - V ZR 23/70 - WM 1972, 564, 565 (Gaststätte); siehe auch RG vom 9.7.1932 - VI 205/32 - RGZ 137, 324, 336 f. (landesherrliches Familienfideikommiß); BGH vom 24.6.1963 - VII ZR 229/62 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 11 = NJW 1963,1870, 1871 = WM 1963, 834, 836 (Darlehen); vom 3.10.1972 - VI ZR 135/71 - LM § 812 BGB Nr. 100 = NJW 1973, 613, 615 (Grundstück); vom 11.3.1988 - V ZR 27/87 - NJW 1988, 3011 (Grundschulden); vom 11.11.1994 - V ZR 116/93 - LM § 988 BGB Nr. 6 = NJW 1995,454, 455 = WM 1995, 159, 160 = J Z 1995, 572, 573 mit Anm. Wilhelm (Grundstück) zu einem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB; vom 10.2.1999 - V I I I ZR 314/97 - LM § 818 Abs. 3 BGB Nr. 47 = NJW 1999,1181 = WM 1999, 925, 926 (Betriebsstätte); KG vom 9.10.1995 - 13 U 1926/92 NJW-RR 1996, 431, 433 (Zahnarztpraxis). So auch zum Bereicherungsausgleich nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, wenn die Gegenleistung noch vorhanden ist, BGH vom 2.12.1994 - V ZR 193/93 - LM § 249 BGB (Hb) Nr. 15 = NJW 1995, 587, 588 = WM 1995, 339, 340 (Eigentumswohnung).

238

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

nicht der Weg der Rechtsprechung. Diese gibt dem Kondiktionsanspruch des Grundstücksverkäufers auf Herausgabe des Grundstücks Zug um Zug gegen Rückzahlung des - um den Nutzungsersatz erhöhten und den Aufwendungsersatz geminderten - Kaufpreises statt, ohne den Wert des herauszugebenden Grundstücks zu ermitteln 503 . Machte sie mit ihrer auf die Herausgabe des positiven Vermögenssaldos gerichteten Theorie ernst, müßte die Rechtsprechung die auf die Herausgabe des Grundstücks gerichtete Klage abweisen, wenn der Wert des Grundstücks niedriger ist als die vom Verkäufer herauszugebende Geldsumme. Völlig sinnwidrig ist die konsequent durchgeführte Saldotheorie in den Fällen, in denen ein Vertragspartner, etwa mit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, auf eine vom anderen verursachte Störung reagieren und seine Gegenleistung kondizieren will, diese aber weniger wert ist als die vom Täuschenden empfangene Leistung 504 . Da ein positiver Vermögenssaldo nicht errechnet werden kann, wäre eine Zug-um-Zug-Beschränkung des Kondiktionsanspruchs selbst dann nicht durchführbar, wenn beiderseits gleichwertige Leistungen ausgetauscht und - etwa weil die Nichtigkeit des Vertrages unmittelbar nach Leistungsaustausch bemerkt worden ist - keine Verwendungen gemacht und keine Nutzungen gezogen worden sind 505 . Gegen eine Saldierung spricht auch, daß die „Verrechnung" der beiderseitigen Herausgabepflichten zu einem einheitlichen Bereicherungsanspruch nicht mit der verschärften Haftung im Sinne der §§ 820, 819, 818 Abs. 4 BGB in Einklang zu bringen ist: Richtet sich der Bereicherungsanspruch inhaltlich auf den 503

Siehe etwa B G H vom 11.11.1994 aaO. (Grundstück), das eine Ermittlung des Grundstückswertes mit keinem Wort anspricht. Zu Gunsten des B G H mag man unterstellen, er habe selbstverständlich von einem positiven Vermögenssaldo zugunsten des Grundstücksverkäufers ausgehen können, weil der Vertrag als Scheingeschäft nichtig war und die Käufer nur den zu niedrig beurkundeten Kaufpreis gezahlt hatten. Ohnehin überlagert werden die Überlegungen zum einheitlichen Bereicherungsanspruch im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis: Hier ist der Grundstückseigentümer Gläubiger des Vindikationsanspruchs auf Herausgabe des Grundstücks, und etwaige Nutzungen des Grundstückskäufers und Besitzers sind mit dem Zug um Zug zurückzugebenden Kaufpreis allenfalls analog der Saldotheorie zu verrechnen, der Besitzer hat gegebenenfalls in H ö h e des zu seinen Gunsten bestehenden Saldos ein Zurückbehaltungsrecht: B G H vom 14.7.1995 - V ZR 45/94 - LM § 100 BGB Nr. 4 mit Anm. Wieling = N J W 1995, 2627, 2628 = JZ 1996, 151, 153 mit krit. Anm. Medicus (Grundstück); siehe auch vom 11.11.1994 aaO. (Grundstück); abl. Gursky]Z 1997, 1154, 1157. 504 Etwa könnte der anfechtende Käufer, weil seine Anzahlung hinter dem Wert des von ihm zurückzugewährenden Grundstücks zuzüglich der gezogenen Nutzungen zurückbleibt, im Wege des Bereicherungsausgleichs die Anzahlung nicht zurückerlangen: Mangels positiven Vermögenssaldos stünde ihm ein Kondiktionsanspruch nicht zu. Deshalb ist auch das R G vom 14.3.1903 - V 458/02 - R G Z 54, 137, 140 (Rittergut) in einem entsprechenden Fall selbstverständlich davon ausgegangen, daß der Käufer seine Anzahlung nach Anfechtung gem. § 812 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen Herausgabe der ihm aufgrund des Vertrages zugeflossen Vorteile zurückverlangen kann. 505 Siehe die Kritik von Leser, Faktisches Synallagma (1956) S.20; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S.29, 65; auch Flessner, Wegfall der Bereicherung (1970) S. 100.

D. Bereicherungsrecht

239

Vermögenssaldo, muß auch der bösgläubige oder verklagte Empfänger nur den Vermögensüberschuß herausgeben; damit unterläuft man aber die beabsichtigte Haftungsverschärfung 506 . Gewährt man hingegen jedem Vertragspartner, sobald beim anderen die Voraussetzungen der verschärften Haftung gegeben sind, einen Bereicherungsanspruch unabhängig davon, ob sich im Vermögen des anderen ein Vermögensüberschuß befindet, so modifizieren die §§819, 820, 818 Abs. 4 BGB die Haftung des Bereicherungsschuldners nicht, sondern begründen dessen Haftung überhaupt erst. Aus der vom Gesetz beabsichtigten Haftungsverschärfung eines bestehenden Anspruchs wird ein Wechsel des Anspruchsinhalts. Die aufgezeigten Schwierigkeiten, denen sich der auf den positiven Vermögenssaldo gerichtete einheitliche Kondiktionsanspruch eines Vertragspartners gegenübersieht, deutet an, daß die Saldotheorie so nicht aufrechterhalten werden kann. Das legt es nahe, zur Zweikondiktionenlehre zurückzukehren und beiden Vertragspartnern einen Kondiktionsanspruch auf Herausgabe ihrer Leistung zu geben und diese Kondiktionsansprüche durch ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 BGB oder bei Gleichartigkeit durch Aufrechnung miteinander zu verknüpfen 507 . Ob die Saldotheorie der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gegenseitiger Verträge gerecht wird, soll an dieser Stelle nicht abschließend entschieden werden: Die Saldotheorie will primär die Frage beantworten, ob dem Bereicherungsschuldner, der das Empfangene nicht mehr herausgeben kann, wegen der synallagmatischen Verknüpfung der beiderseitigen Leistung im rückabzuwickelnden Vertrag der Kondiktionsanspruch auf Herausgabe seiner Gegenleistung versagt ist, weil der Vertragspartner in Höhe des Wertes der untergegangenen Leistung entreichert ist. Deshalb kann erst im Zusammenhang mit den aus der Herausgabeunmöglichkeit resultierenden Problemen vollends geklärt werden, ob die Saldotheorie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge zutreffend erfaßt 508 .

506 Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 33; so gegen die Ableitung der Saldotheorie aus dem Begriff „etwas" und damit aus dem Inhalt des Bereicherungsanspruchs auch Weintraud, Saldotheorie (1931) S. 55 f., mit S. 72 ff. 507 Auch der B G H verläßt in einfach gelagerten Fällen die Saldotheorie, etwa B G H vom 2.7.1962 - VIII ZR 12/61 - LM §249 BGB (Ca) Nr. 4 = N J W 1962, 1909, 1910 = W M 1962, 1006, 1007 = JZ 1963,128,129 (Ford-Pritschenwagen) zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung: „... können die Parteien gemäß § 812 I S. 1 BGB gegenseitig die Herausgahe der von ihnen erbrachten Leistungen verlangen, der Kläger also die Rückzahlung des Kaufpreises, die Beklagte Rückgabe des Wagens." - Hervorhebungen von mir. 508 Unten § 5 D.I. Zur Rückabwicklung der beiderseitigen Leistungen nach Rücktrittsrecht einerseits, nach Bereicherungsrecht gem. § 327 S. 2 BGB andererseits, wenn der Rücktrittsberechtigte wegen einer vom Schuldner nicht zu vertretenden Leistungsstörung vom Vertrag zurückgetreten ist, ebenfalls unten § 5 D.I.4.a).

240

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

E. Zusammenfassender Vergleich Rücktritts- und Bereicherungsrecht regeln spezifische Rückgewährschuldverhältnisse: Sie zielen auf die Rückgewähr der konkret ausgetauschten Leistungen. Durch Rücktritt oder Wandelung wird der Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet, das an die vertraglichen Wertungen anknüpft. Das zeigt § 346 S. 2 B G B , nach dem Wertersatz für nicht rückgabefähige Leistungen in Höhe der vertraglich vereinbarten Gegenleistung geschuldet wird. Dagegen normiert das Bereicherungsrecht ein gesetzliches Schuldverhältnis, das darauf reagiert, daß der rückabzuwickelnde Vertrag das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien von Anfang an nicht oder nicht mehr regelt. Dementsprechend ist gem. § 818 Abs. 2 B G B Wertersatz für nicht herausgabefähige Leistungen in Höhe des objektiven Wertes zu leisten. Die vertragliche Bewertung kann keine Rolle spielen. Der Schadensersatz wegen Nichterfüllung dient der Abwicklung eines fehlgeschlagenen Vertrages, nicht aber der Rückabwicklung 5 0 9 . E r soll vielmehr das Leistungsinteresse des Gläubigers wertmäßig befriedigen. Hat der Gläubiger eine Teilleistung oder eine mangelhafte Leistung erhalten, kann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ausstehenden Leistung verlangen. Damit ist ihm jedoch nicht gedient, wenn er an der - quantitativen oder qualitativen - Teilleistung im Austausch gegen seine anteilige Gegenleistung kein Interesse hat. Die Rückgewähr der Teilleistung des Schuldners im Schadensinteresse des Gläubigers ermöglicht § 280 Abs. 2 BGB. Auf diese Vorschrift verweisen §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 B G B für Teilunmöglichkeit und Teilverzug. Das in § 2 8 0 Abs. 2 B G B ausgedrückte Prinzip kann auf den sachmängelrechtlichen Schadensersatzanspruch aus § § 4 6 3 , 480 Abs. 2, 635 B G B übertragen werden: Die Leistung einer mangelhaften Sache entspricht - auch beim Spezieskauf - einer qualitativen Teilleistung. § 280 Abs. 2 S. 2 B G B verweist für die Rückgewähr auf die §§ 346 - 356 B G B . D a das Sachmängelrecht für die Wandelung und die dem Nachlieferungsanspruch vorgeschaltete Rückgabe der mangelhaften Lieferung über § 480 Abs. 1, 467 S. 1 B G B ebenfalls auf die Rücktrittsvorschriften zurückgreift, ist eine Übertragung auf den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung systemkonform. § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B schreibt die Rückgabe einer empfangenen Leistung nach Rücktrittsvorschriften allerdings nur für die Teilleistung vor, die der Gläubiger vom Schuldner empfangen hat. Dagegen regelt das B G B nicht ausdrücklich, ob und wenn ja, nach welchen Vorschriften der Schuldner verpflichtet ist, 5 0 9 Etwas anderes will trotz der mißverständlichen Formulierung wohl auch der B G H vom 28.11.1997 - V Z R 178/96 - L M § 5 0 Z P O N r . 4 9 mit Anm. Langenfeld = N J W 1998, 1079, 1081 = W M 1998, 245, 247 (Vor-GmbH) nicht ausdrücken: „Nicht anders als der Rücktritt führt auch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs zu einem Abwicklungsverhältnis."

E. Zusammenfassender

Vergleich

241

dem Gläubiger dessen Gegenleistung z u r ü c k z u g e w ä h r e n . N a c h herrschender M e i n u n g ist die R ü c k g e w ä h r der Gegenleistung w e g e n der in §§ 325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 B G B mit der Konjunktion „oder" vorgeschriebenen Alternativität von Rücktritt u n d Schadensersatz w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g grundsätzlich ausgeschlossen. Der Gläubiger erhält seine Leistung nur dann - rechnerisch - als Mindestschaden zurück, w e n n er Geld gezahlt hat. H a t der Schuldner noch kein Eigentum an der Gegenleistung erworben, kann der Gläubiger diese z u d e m gem. § 985 B G B herausverlangen u n d so den Weg für den Schadensersatz bereiten: Er kann mit den Mitteln des Sachenrechts die in der Besitzübertragung liegende Teilerfüllung rückgängig machen u n d Schadensersatz w e g e n Nichterfüllung des gesamten Vertrages geltend machen. Dasselbe Prinzip liegt der obligatorischen R ü c k a b w i c k l u n g der Schuldnerteilleistung nach § 280 Abs. 2 S. 2 B G B zugrunde: Indem der Gläubiger die bereits empfangene Teilleistung ablehnt u n d dem Schuldner nach Rücktrittsvorschriften z u r ü c k g e w ä h r t , kann er den vor Leistungserbringung bestehenden Zustand wiederherstellen und deshalb seine gesamtes Erfüllungsinteresse liquidieren. In der Konsequenz dieses Prinzips liegt es, auch dem Gläubiger die obligatorische

Rückforderung seiner Gegenleistung in analoger

Abs. 2 S. 2 BGB ausgedrückten

Grundgedankens

Anwendung

des in §280

zu ermöglichen. Das wider-

spricht z w a r dem Wortlaut der § § 3 2 5 , 326 B G B („oder") u n d der § § 4 6 3 , 480 Abs. 2, 635 B G B („statt"), führt aber z u m einen die Differenzmethode fort, die vor Leistungsaustausch die W i r k u n g e n von Schadensersatz u n d Rücktritt k o m biniert. Z u m anderen beruht die Alternativität von Schadensersatz u n d R ü c k tritt bzw. Wandelung auf dem überholten Dogma, Rücktritt u n d Wandelung höben den Vertrag auf u n d entzögen damit dem auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch die Grundlage. R ü c k g e w ä h r der ausgetauschten Leistungen gem. oder analog § 2 8 0 Abs. 2 S. 2 B G B heißt nicht, daß dem Schadensersatzanspruch wegen N i c h t e r f ü l l u n g ein eigenständiges Rücktrittsrecht vorgeschaltet wäre. Vielmehr integriert die Vorschrift die § § 3 4 6 ff. B G B in den insoweit zweistufigen Schadensersatzanspruch: In einem ersten Schritt müssen die Vertragspartner einander die erhaltenen (Teil-)Leistungen nach Rücktrittsvorschriften z u r ü c k g e w ä h r e n , u m die Teilerfüllung rückgängig zu machen. Im zweiten Schritt k a n n der Gläubiger verlangen, daß sein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages insgesamt befriedigt w i r d . Diese R ü c k g e w ä h r steht nicht im Widerspruch z u m Schadensersatz wegen Nichterfüllung, weil sie - anders als R ü c k t r i t t u n d W a n delung - nicht den Vertrag umgestaltet, sondern nur den Teilleistungsvollzug aufhebt, gerade u m das Erfüllungsinteresse zu verwirklichen. Die herrschende M e i n u n g billigt dem Gläubiger allgemein einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo und § 8 2 3 Abs. 2 B G B i.V.m. § 2 6 3 StGB, § 8 2 6 B G B auf R ü c k g e w ä h r seiner Gegenleistung gem. § 2 4 9 S. 1 B G B zu, der i m Wege der Vorteilsausgleichung von vornherein durch die Pflicht beschränkt ist, dem Schuldner dessen Leistung z u r ü c k z u g e b e n . Das greift zu kurz: Z u m einen besteht ein Vertrauensschadensersatzanspruch entsprechend

242

§ 4 Rückgewähr

empfangener

Leistungen

den in §123 BGB und §823 Abs. 2 BGB i.V.m. §263 StGB, §826 BGB ausdrücklich geregelten Fällen nur bei einer vorsätzlichen Täuschung des Schuldners. Zum anderen zielt der Ersatzanspruch nicht unmittelbar auf die Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen, sondern auf die Einwilligung des Täuschenden in die Aufhebung des Vertrages; die Rückgewähr der Leistungen folgt dann den §§346 ff. BGB.

§ 5 Unmöglichkeit der Rückgewähr A. Rücktritt und Wandelung I.

Grundsatz

Hauptstreitpunkt bei der Rückabwicklung von Leistungen nach Rücktrittsvorschriften - und nach Bereicherungsrecht 1 - ist die Reaktion auf die Unmöglichkeit der Rückgewähr. Die Rücktrittsvorschriften enthalten mit §§347 S. 1, 989 BGB einerseits, §§350 ff. BGB andererseits eine komplizierte Regelung: Kann der Rückgewährschuldner die empfangene Leistung nicht oder nur verschlechtert zurückgeben, hat das unterschiedliche Folgen je nachdem, ob es um die Rückgewährpflicht des Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten oder um die des Rücktritts- oder Wandelungsgegners geht. Regelsanktion ist die Schadensersatzpflicht gem. §§347 S. 1, 989 BGB: Sie trifft sowohl den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten als auch den Rücktritts- oder Wandelungsgegner, wenn er den erhaltenen Gegenstand schuldhaft nicht oder nicht vollständig zurückgeben kann. Davon machen die §§330 f f . BGB eine Ausnahme für den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten, indem sie bei anfänglicher wesentlicher Rückgewährunmöglichkeit die Rückabwicklung des Vertrages überhaupt hindern: Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte die Unmöglichkeit der Herausgabe oder eine wesentliche Verschlechterung der Sache vor Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug verschuldet, ist sein Rücktritt vom Vertrag oder sein Anspruch auf Wandelung gem. §351 BGB ausgeschlossen. Unproblematisch sind Voraussetzungen und Rechtsfolgen der nachträglichen Rückgewährunmöglichkeit-. Gem. §§ 347 S. 1,989 BGB sind sowohl Rücktritts- oder Wandelungsgegner als auch Rücktritts- oder Wandelungsberechtigter verpflichtet, Schadensersatz zu leisten, wenn sie die Rückgewähr der empfangenen Leistung nach Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug schuldhaft unmöglich machen. Ab diesem Zeitpunkt sind sie gem. § 346 S. 1 BGB verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Gegen diese Rückgewährpflicht verstoßen sie schuldhaft, wenn sie die empfangene Leistung vorsätzlich oder fahrlässig im Sinne der §§276, 278 BGB beschädigen oder zerstören 2 , etwa eine gekaufte Maschine stillegen, ohne Sicherungsmaß1 2

Gleich § 5 D.I. Daß Verschulden im Sinne der §§ 347 S. 1, 989 BGB nach Rücktrittserklärung oder Wan-

244

§ 5 Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

nahmen gegen Korrosion zu treffen 3 . Diese Schadensersatzhaftung hätte in § § 3 4 7 S. 1, 989 B G B nicht gesondert normiert zu w e r d e n brauchen. Sie folgt schon aus d e m allgemeinen Leistungsstörungsrecht: Gäbe es § § 3 4 7 S. 1, 989 B G B nicht, hafteten die R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r für die schuldhafte U n m ö g l i c h keit der R ü c k g e w ä h r aus § 280 Abs. 1 B G B u n d für die schuldhafte Verschlechterung aus positiver Forderungsverletzung 4 . Die nachträgliche R ü c k g e w ä h r u n m ö g l i c h k e i t soll als unproblematisch im folgenden ausgeklammert werden; mit A u s n a h m e der Pflichtenmaßstabs gelten die folgenden A u s f ü h r u n g e n - zu den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen u n d den Rechtsfolgen - auch für sie. Probleme werfen die §§ 347 S. 1, 989 B G B - und erst recht die §§ 350 ff. B G B - lediglich für die anfängliche Unmöglichkeit der Rückgewähr auf: Vor Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug trifft die R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r keine R ü c k g e w ä h r p f l i c h t , gegen die sie pflichtwidrig u n d damit schuldhaft verstoßen könnten. Schon deswegen hat sich ein heftiger Streit an der Frage entzündet, w a n n einem R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r der Untergang oder die Verschlechterung der z u r ü c k z u g e b e n d e n Sache als schuldhaft vorgeworfen w e r d e n kann. Dieser Streit w i r d dadurch verschärft, daß die Gefahrtragungsregel des § 350 BGB, nach der der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte trotz zufälligen Untergangs der z u r ü c k z u g e b e n d e n Sache v o m Vertrag zurücktreten oder diesen w a n d e l n kann, von vielen als rechtspolitisch verfehlt empfunden w i r d : Entgegen den Gefahrtragungsregeln im gegenseitigen Vertrag ( § § 2 7 5 , 323 B G B und § 4 4 6 B G B ) trägt gem. § 3 5 0 B G B nicht der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte, in dessen Gefahrenbereich die Sache untergegangen ist, sondern der Rücktritts- oder Wandelungsgegner die Gefahr des zufälligen Sachverlustes. Der Rücktritts- oder Wandelungsgegner bliebe gem. § § 3 4 6 , 347 B G B zur R ü c k g e w ä h r der Gegenleistung samt N u t z u n g e n verpflichtet, ohne seine Leistung oder Wertersatz für diese zu erhalten 5 . U m diese als unbillig empfundene Rechtsfolge zu vermeiden, w i r d teilweise eine extensive Auslegung des § 3 5 1 B G B vorgeschlagen und als verschuldet jede freie H a n d l u n g des Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten angesehen, die den

delungsvollzug technisches Verschulden im Sinne der §§ 276, 278 BGB meint, ist ganz unstreitig. 3 BGH vom 29.1.1993 - V ZR 160/91 - LM §347 BGB Nr. 13 = WM 1993, 1155, 1158 = NJW-RR 1993, 626, 628 (Hofgrundstück mit Milchviehherde) zur Stillegung einer Melkund Kühlanlage ohne Vorkehrungen gegen deren bakterielle Verschmutzung und gegen Korrosion. 4 Deswegen soll nach dem Vorschlag der Schuldrechtskommission für die Schadensersatzhaftung nach Rücktrittserklärung auf die allgemeinen Vorschriften verwiesen werden, § 346 Abs. 4 BGB-KE i.V.m. §§ 280, 283 BGB-KE, Abschlußbericht (1992). Eine Haftung gem. §§ 325, 326 BGB kommt hingegen nicht in Betracht, da § 348 BGB für die Verknüpfung der beiderseitigen Rückgewährpflichten nur auf die §§ 320, 322 BGB, hingegen nicht auf die §§ 323 ff. BGB verweist, unten § 5 A.II.3.b)cc). 5 E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 140 ff.; von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S.621, 631= Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 177; Wieling JuS 1973, 397, 398; Leser, Rücktritt (1975) S. 190 ff.; Enneccerus/Lehmann^ (1958) § 39 II S. 162.

A. Rücktritt

und

'Wandelung

245

Untergang oder die wesentliche Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes bewirkt 6 . Der Streit um den Verschuldensbegriff des §351 BGB wirkt sich auch im Anwendungsbereich der §§ 347 S. 1, 989 BGB aus: „Verschulden" im Sinne der §§351 und 347 S. 1, 989 BGB muß übereinstimmend ausgelegt werden. Ansonsten gälte für die wesentliche Verschlechterung der zurückzugewährenden Leistung gem. §351 BGB ein anderer Verschuldensmaßstab als für die unwesentliche Verschlechterung gem. §§347 S. 1, 989 BGB, obwohl der Unterschied häufig eine reine Bewertungsfrage ist7.

II. Anfängliche Rückgewährunmöglichkeit gem. §§347 S. 1, 989, 350ff. BGB 1. Vorrang der §§350ff. a)

BGB

Anwendungsbereich

aa) Persönlich Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte die Herausgabe der empfangenen Leistung schuldhaft unmöglich gemacht oder diese schuldhaft wesentlich verschlechtert, schließt das Rücktritt und Wandelung gem. §351 BGB aus; bei einer unwesentlichen Verschlechterung schuldet er gem. §§ 347 S. 1, 989 BGB Schadensersatz. Für den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten geht § 351 BGB den §§ 347 S. 1, 989 BGB vor. bb)

Zeitlich

Die §§350 ff. BGB finden bis zu dem Zeitpunkt Anwendung, in welchem der Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist, also bis zur Rücktrittserklärungs oder bis zum Vollzug der Wandelung durch das Einverständnis des Verkäufers mit dem Wandelungsbegehren oder mit Rechtskraft des Urteils, das der Klage des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises stattgibt 9 . 6

Gleich § 5 A . I U . a ) . GUß, Rücktritt (1959) S. 45; Leser, Rücktritt (1975) S. 298, 209; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 264, 352 und 376 ff.; Wieling JuS 1973, 397, 400; Huber JZ 1987, 649, 652 ff.; Schlechtriem SR I 3 (1997) Rn. 442; Staudinger/Honsell" (1995) §467 Rn.24; a.A. Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 60 f.; Soergel/Wiedemann n (1990) § 327 Rn. 26; siehe auch M ü n c h K o m m / Janßen3 (1994) § 347 Rn. 13 f. 8 R G vom 9.6.1909 - V 578/08 - R G Z 71, 276, 277 (Grundstück); B G H vom 29.9.1960 VIII ZR 135/59 - LM § 351 BGB Nr. 4 = N J W 1960, 2331 f. (Drehbank). 9 Weswegen die §§ 350 ff. BGB auch in der Zeit zwischen Wandelungsbegehren und Wandelungsvollzug gelten: R G vom 21.10.1904 - II 38/04 - R G Z 59, 97, 98 f. (verderbliche Waren); B G H vom 5.4.1955 - I ZR 122/53 - LM §351 BGB Nr. 2 = M D R 1955, 464 (Kinobestuhlung); vom 29.9.1960 - VIII ZR 135/59 - LM §351 BGB Nr. 4 = N J W 1960, 2331 f. 7

246

§ 5 Unmöglichkeit der Rückgewähr

Das ist für die Wandelung wegen des Theorienstreits zwischen Vertrags- und Herstellungstheorie nur auf den ersten Blick selbstverständlich. Die Herstellungstheorie, nach der der Käufer oder Besteller entweder unmittelbar Rückzahlung des Kaufpreises verlangen oder diesen Anspruch durch widerrufliche Gestaltungserklärung begründen kann 10 , müßte für den Ausschluß der Wandelung nach §§ 351 ff. B G B konsequent an das Bestehen des Mangels oder an das Wandelungsbegehren anknüpfen. Stellte man, weil der Käufer von vornherein Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen kann, auf das Bestehen des Mangels bei Gefahrübergang ab, käme es im Bereich der Wandelung nie zur Anwendung der §§ 350 ff. BGB. Das wird von niemandem vertreten. Die Herstellungstheorie bleibt aber eine Erklärung dafür schuldig, warum der Rückzahlungsanspruch des Käufers nachträglich wegfallen soll, wenn er den Untergang der Kaufsache verschuldet hat, bevor sich der Verkäufer mit der Wandelung einverstanden erklärt hat oder bevor der Rückzahlungsklage rechtskräftig stattgegeben worden ist. Die Rechtsprechung hat sich auch hinsichtlich der Anwendung der § § 3 5 1 ff. B G B aus dem Theorienstreit herausgehalten. Sie lehnt sich für den zeitlichen Anwendungsbereich der § § 3 5 0 ff. B G B aber an die Vertragstheorie an, wenn das R G ausführt, daß „... die Bestimmung des §349 B.G.B. ... in §467 B.G.B., unter denjenigen für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften, welche auf die Wandelung entsprechende Anwendung finden, nicht aufgeführt ist. Schon hieraus, überdies aber auch aus der Vorschrift des § 465 B.G.B., wonach die Wandelung vollzogen ist, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt, ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, daß die Wandelung nicht schon durch einseitige Erklärung des Wandelungsberechtigten gegenüber dem anderen Teile, sondern erst durch das Zustandekommen der Willenseinigung des Verkäufers und des Käufers über die Wandelung vollzogen wird . . . . Hiernach wird also durch die einseitige Wandelungserklärung des Käufers in bezug auf die Wandelung und das ursprüngliche Vertragsverhältnis noch nicht ein endgültiger Rechtszustand geschaffen, wie dies allerdings beim Bestehen des vertragsmäßigen Rücktrittsrechts durch die bloße Rücktrittserklärung ... geschieht. Mit Rücksicht auf diese wesentliche Verschiedenheit des einen und des anderen Rechts erscheint ... die Anwendung der Vorschriften des §351 B.G.B als für solche Fälle nicht zutreffend, in welchem bei einem Kaufe der an sich wandelungsberechtigte Käufer zwar nach erklärter, aber vor vollzogener Wandelung eine wesentliche Verschlechterung usw. des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat; denn dieses Verschulden fällt in eine (Drehbank); Palandt/Putzo5* (1999) §467 Rn.3; Staudinger/Honselln (1995) §467 Rn.4; Erman/Grunewald'' (1993) § 467 Rn. 3; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn. 373. Zum Wandelungsvollzug unten § 8 A.II.l. Entgegen der Auffassung von Soergel/Huber12 (1991) §467 Rn. 16 kommt es nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an: Der Verkäufer kann, wenn dem Käufer die Rückgewähr der Kaufsache nach der letzten mündlichen Verhandlung unmöglich geworden ist, gegen die Zwangsvollstrekkung aus dem rechtskräftigen Zahlungsurteil mit der Vollstreckungsgegenklage aus §767 ZPO vorgehen. 10 Unten § 8 A.II.l.

A. Rücktritt und Wandelung

247

Zeit, in welcher der Käufer noch nicht durch den Vollzug der Wandlung ein endgültiges Recht auf dieselbe erlangt hatte." 11

cc) Sachlich Die §§ 350, 351 B G B unterscheiden zum einen zwischen dem zufälligen und dem verschuldeten Untergang des zurückzugewährenden Leistungsgegenstandes, in § 351 B G B zum anderen nach dem Grad der Beeinträchtigung der Rückgewährmöglichkeit: Gem. § 350 B G B bleibt der Rücktritt oder die Wandelung zulässig, wenn die Sache beim Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten zufällig untergegangen ist. Der Berechtigte erhält dann gem. § 346 S. 1 B G B das von ihm Geleistete zurück, ist selbst aber weder zur Rückgewähr noch mangels Verschuldens zum Wertersatz gem. §§347 S. 1, 989 B G B verpflichtet. §350 B G B gilt über seinen Wortlaut hinaus für alle Fälle des §351 BGB, also auch für die anderweitige Herausgabeunmöglichkeit und die Verschlechterung der Leistung12: Ist die Sache zufällig verschlechtert worden, so hat der Berechtigte die verschlechterte Sache gem. § 346 S. 1 B G B zurückzugeben, schuldet aber mangels Verschuldens für die Wertminderung keinen Ersatz; darauf, ob die Sache wesentlich verschlechtert worden ist, kommt es anders als bei §351 B G B nicht an. Von dem Grundsatz, daß der zufällige Sachuntergang den Rücktritt oder die Wandelung nicht ausschließt, macht § 352 B G B eine Ausnahme: Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet, hindert dies Rücktritt oder Wandelung. Das schränkt § 467 S. 1 Hs. 2 B G B für die Wandelung wieder ein und berechtigt den Käufer trotz Umgestaltung der Sache zur Wandelung, wenn sich der Mangel erst bei der Umgestaltung gezeigt hat. Trifft den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten ein Verschulden am Untergang oder der Verschlechterung des Leistungsgegenstandes, unterscheidet das Gesetz in § 351 B G B nach dem Grad der Beschädigung, nämlich zwischen dem Untergang der Sache und deren wesentlicher Verschlechterung einerseits sowie dem Untergang eines unerheblichen Teils oder der unwesentlichen Verschlechterung andererseits. Gem. § 351 B G B schließt nicht nur die vollständige Vernichtung der Sachsubstanz, sondern schon die wesentliche Verschlechterung des zurückzugewährenden Gegenstandes (S. 1) oder der Untergang eines erheblichen Teils der Sache (S. 2) Rücktritt und Wandelung aus; das gleiche gilt für die Veräußerung des Leistungsgegenstandes13. Ist die Sache dagegen nur unwesentlich verschlechtert worden, bleiben Rücktritt und Wandelung zulässig;

11 RG vom 21.10.1904 - II 38/04 - RGZ 59,97,98 f. (verderbliche Waren) - Hervorhebungen durch das RG.

12 13

Mot.IIS.282.

Gleich § 5 A.II.2.

248

5 } Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

der Berechtigte muß aber dem Rücktritts- oder Wandelungsgegner aufgrund seines Verschuldens gem. §§ 347 S. 1, 989 BGB Schadensersatz leisten 14 . b) Praktische

Bedeutung

Der Ausschluß von Rücktritt und Wandelung gem. §351 BGB kommt nur bei gegenständlichen Leistungen in Betracht, die gem. §346 S. 1 BGB zurückzugewähren sind: Kann die Leistung ohnehin nicht in Natur zurückgewährt werden, trifft § 346 S. 2 BGB eine Sonderregelung, die den Rückgewährschuldner von vornherein zu Wertersatz verpflichtet 15 . Ist Geld geleistet worden, schuldet der Empfänger Rückgewähr des Geldwertes 16 ; Zahlungsunfähigkeit befreit ihn nicht 17 . Der Rücktritts- oder Wandelungsgegner kann aber dem Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten gem. § 354 BGB eine Nachfrist unter Ablehnungsandrohung zum Wertersatz oder zur Rückzahlung der Geldsumme setzen, nach deren Ablauf der Rücktritt oder die Wandelung unwirksam wird 18 . Hauptanwendungsfall des §351 BGB ist die Wandelung von Kauf- und Werkverträgen: Der Käufer oder Besteller ist gem. §§ 467 S. 1, 346 S. 1 BGB verpflichtet, dem Verkäufer oder Unternehmer die mangelhafte Kaufsache oder das mangelhafte Werk zurückzugewähren. Für die gesetzlichen Rücktrittsrechte wegen Leistungsstörungen aus §§325 Abs. 1 S. 1, 326 Abs. 1 S. 2 BGB spielen die §§ 350 ff. BGB hingegen praktisch keine Rolle: Tritt der Gläubiger zurück, weil der Schuldner die vertraglich geschuldete Leistung schuldhaft nicht oder noch nicht erbracht hat, hat er ohnehin nichts erhalten, was er zurückgewähren müßte. In Betracht kommt eine Pflicht zur Rückgewähr gegenständlicher Leistungen und damit die Anwendbarkeit des § 351 BGB nur, wenn der Rücktrittsberechtigte gem. §§ 325 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 1 S. 3 BGB wegen Teilunmöglichkeit oder Teilverzugs vom Vertrag zurücktritt, nachdem er einen Teil der vertraglich geschuldeten Leistung schon erhalten hat. Zur Rückgewähr empfangener Leistungen kann auch der Gläubiger verpflichtet sein, der wegen einer positiven Forderungsverletzung des Schuldners vom Vertrag zurücktritt, nachdem der Schuldner schon teilweise geleistet hatte. Hat sich ein Vertragspartner vertraglich ein in seinem Belieben stehendes Rücktrittsrecht vorbehalten und macht er davon Gebrauch, nachdem der Gegner bereits geleistet hatte, trifft ihn als Rücktrittsberechtigten ebenfalls eine Rückgewährpflicht aus § 346 S. 1 BGB. Daß die §§ 350 ff. BGB vor allem die Wandelung, nicht aber den Rücktritt vom Vertrag ausschließen, stimmt damit überein, daß die dort geregelten Ausschlußgründe auf der römisch- und gemeinrechtlichen actio redhibitoria beruhen 19 . Voraussetzung für den Rückzahlungsanspruch des Käufers, d.h. für die 14 15 16 17 18 19

Ebenda. Oben § 4 A.II.2. Oben § 4 A.II.l. Zu diesem Grundsatz allg. Staudinger/LoWsc/; 13 (1995) § 279 Rn. 2 f. Siehe auch Huber JZ 1987, 649, 653. Oben §2 B.III.

A. Rücktritt

und

Wandelung

249

Wandelung war, daß der Käufer dem Verkäufer die Kaufsache zurückgab. Für den Fall, daß er die Sache nicht oder nicht in dem ursprünglichen Zustand zurückgeben konnte, bildeten sich aufgrund typischer Konfliktsituationen Einzelregelungen heraus: War die Kaufsache zufällig untergegangen oder verschlechtert worden, hatte das keinen Einfluß auf den Wandelungsanspruch des Käufers. Dieser hatte nach der Fiktion „mortuus redhibetur" Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises, ohne selbst etwas leisten zu müssen (mortuus redhibetur = der tote Sklave ist zurückgegeben) 20 . Zufällig in diesem Sinn waren der Untergang oder die Verschlechterung der Sache aufgrund eines Sachmangels, wegen vom Verkäufer zu vertretender Handlungen sowie aufgrund höherer Gewalt 2 1 . Hatte der Käufer die Verschlechterung oder den Untergang der Kaufsache verschuldet, konnte er zwar wandeln, war aber zur Erstattung des Sachwertes verpflichtet 22 . Dagegen setzte sich in der Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts die Auffassung durch, daß die Wandelung ausgeschlossen sei, wenn die Sache nach Kenntnis des Wandelungsberechtigten vom Mangel untergegangen oder verschlechtert worden war 23 . Das ist auch der Standpunkt des BGB, das die gemeinrechtliche Lösung, die Wandelung bei verschuldetem Sachuntergang gegen Erstattung des Sachwertes zuzulassen, vor allem deshalb nicht übernahm, weil man die Ermittlung des Sachwertes für zu schwierig hielt 24 . Die Veräußerung der Sache schloß die Redhibition nach gemeinem Recht unabhängig vom Verschulden aus 25 , ebenso die Verarbeitung 26 .

20 Dernburg Pandekten II (1886), § 101 1 c S.267; Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S. 30 ff., 47 ff.; siehe auch Eck in Festschrift Beseler (1885). S. 159,165 f.; Beckmann, Kauf III 2 (1908) §342 S. 123; Leser, Rücktritt (1975) S.49ff.; Bergmann-Weidenbach, Rücktritt (1976) S. 7 ff. 21 Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S. 33; abw. für Zulässigkeit der actio redhibitoria nur bei Untergang aufgrund des Mangels Honseil MDR 1970, 717, 719 und Ders. in Gedächtnisschrift Kunkel (1985) S.53, 61; zweifelnd auch von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 631= Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 177. 22 Dernburg, Pandekten II (1886) § 101, 1 b S.267 mit Fn. 6 und insbesondere Fn. 8; Windscheid/Kipp, Pandekten II9 (1906) §394 S.691; Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S. 21 ff. und 36 ff.; Leser, Rücktritt (1975) S.46 f.; siehe auch Eck in Festschrift Beseler (1885), S. 159, 166 ff., der unter Wertersatz aber den Ersatz des vollen Interesses, also Schadensersatz versteht, S. 168; a.A. Bechmann, Kauf III 2 (1908) §342 S. 123 ff. für den verschuldeten Untergang. 23 ROHG vom 13.3.1975 - 1305/74 - ROHGZ 16, 321, 322 (Korn); RG vom 11.5.1897III 396/96 - RGZ 39, 170, 172 f. (Maschine): „Verzicht" auf den Redhibitionsanspruch; ausführlich Bergmann-Weidenbach, Rücktritt (1976) S. 18 ff.; abw. für Wertersatz Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 143 f.; Bechmann, Kauf III 2 (1908), § 342 S. 124. 24 Siehe Mot. IIS. 231 zur Wandelung; Glaß, Rücktritt (1959) 5. 39. 25 Herrschende Meinung: Windscheid/Kipp, Pandekten II9 (1906) §394 S.691; Leser, Rücktritt (1975) S.47f.; Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S.52ff. m.w.Nw. in Fn. 5 auf S.53; für das gemeine Recht Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 147, II 2 (1887) S.265; Bechmann, Kauf III 2 (1908) S. 125, 126. Abw. auch hier für eine Schadensersatzpflicht Eck in Festschrift Beseler (1885) S. 159, 169 ff. 26 ROHG vom 13.3.1975 - 1305/74 - ROHGZ 16, 321, 323 (Korn); siehe auch Leser, Rücktritt (1975) S. 49 mit Fn. 82; Hanausek, Verkäuferhaftung I (1883) S. 148.

250

§ 5 Unmöglichkeit

der

Riickgewähr

§351 B G B läßt bei der Wandelung und dem Rücktritt wegen Teilleistungsstörungen Raum für eine Schadensersatzpflicht des rücktritts- oder wandelungsberechtigten Gläubigers aus §§347 S. 1, 989 BGB nur dann, wenn dieser die empfangene (Teil-)Leistung unwesentlich verschlechtert hat. Deswegen wird die Schadensersatzpflicht aus §§ 347 S. 1,989 B G B vor allem für den Rücktritts- oder Wandelungsgegner praktisch und das auch nur dann, wenn dieser nicht Geld, sondern Sachen zurückgewähren muß. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Verkäufer wegen Zahlungsverzugs des Käufers gem. § 326 Abs. 1 S. 2 B G B oder § 455 B G B vom Vertrag zurücktritt und der Käufer die empfangene Leistung, etwa ein Grundstück, nicht zurückgeben kann 27 . Zur Rückgewähr einer Sache ist der Rücktritts- oder Wandelungsgegner auch dann verpflichtet, wenn der Berechtigte von einem Tauschvertrag zurücktritt oder einen Tauschvertrag wandelt 28 oder der Sachleistungsschuldner, nachdem er geleistet hat, von einem in seinem Belieben stehenden Rücktrittsrecht Gebrauch macht.

2. Objektiver

Tatbestand

a) Untergang und

Verschlechterung

Gem. §§347 S. 1, 989 B G B schuldet der Rückgewährschuldner Schadensersatz, wenn er den Untergang oder die Verschlechterung der Leistung verschuldet hat; gem. §351 B G B schließt der Untergang oder die wesentliche Verschlechterung der Leistung beim Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten die Rückabwicklung des Vertrages vollständig aus 29 . Untergang ist die vollständige Vernichtung der Sachsubstanz, etwa wenn die empfangene Sache verrottet ist, der Berechtigte sie vollständig verbraucht hat oder das empfangene Kraftfahrzeug einen Totalschaden erlitten hat. Verschlechterung meint die nachteilige Veränderung der zurückzugewährenden Sache. Da die Rücktrittsvorschriften die Wiederherstellung des vor Leistungsaustausch bestehenden Zustandes bezwecken, ist nachteilig im Sinne der 2 7 Siehe B G H vom 29.1.1993 - V Z R 160/91 - L M § 3 4 7 B G B Nr. 13 = W M 1993, 1155, 1156 ff. = N J W - R R 1993, 626, 627 f. (Hofgrundstück mit Milchviehherde). 2 8 Zur Wandelung eines Pkw-Tauschvertrages etwa O L G Hamm vom 1.2.1994 - 19 U 105/93 - N J W - R R 1994^882 f. (Pkw-Tausch). 2 9 Dabei spricht § 351 B G B ausdrücklich vom schuldhaften Untergang „des empfangenen Gegenstandes"; das meinen auch § § 3 4 7 S. 1, 989 BGB. Dem kann entgegen ErmanAW. P. Westermann9 (1993) § 3 5 1 Rn.2; MünchKomm//,»n/?en 3 (1994) § 3 5 1 Rn. 10 nicht der Fall gleichgestellt werden, daß die Sache ohne Verschulden des Berechtigten untergeht, dieser aber nicht für den üblichen Sachversicherungsschutz gesorgt hat. Eine analoge Anwendung des § 3 5 1 B G B wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn der Anspruch auf die Versicherungsleistung immer an die Stelle des Rückgewähranspruchs träte. Das ist aber nicht der Fall: Gem. §281 B G B hat der Rücktrittsgegner Anspruch auf das stellvertretende commodum nur, wenn der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte einen Ersatz oder Ersatzanspruch für den Leistungsgegenstand tatsächlich erhalten hat. Abi. auch R G vom 19.1.1911 - V I I 2 9 7 / 1 0 - J W 1911, 321 Nr. 12 (Dampfwalze); Oertmann5 (1928) § 3 5 1 Anm. 3; RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) § 3 5 1 Rn. 10.

A. Rücktritt und

Wandelung

251

§§347 S. 1, 989, 350 ff. B G B nicht nur die Substanzbeeinträchtigung, sondern jede Veränderung des Leistungsgegenstandes einschließlich der Verarbeitung der Sache im Sinne des § 352 B G B . Hat der Rücktritts- oder Wandelungsgegner dem Berechtigten z.B. ein Wohnhaus verkauft und wandelt dieser das Haus in einen Gewerbebetrieb um, etwa in ein Hotel, wird das Haus dadurch verschlechtert und u.U. im Sinne des § 352 B G B zu einer neuen Sache, da der Zustand des Hauses von dem bei Ubergabe abweicht und die Rückgewähr die Lage vor Austausch der Leistungen nicht wiederherstellt 30 . Werden landwirtschaftliche Nutzflächen verkauft und bearbeitet der Käufer diese nicht, da er sie renaturieren will, wird das Grundstück durch die Änderungen des Bodens, etwa einen meterhohen Unkrautbestand und eingewachsene Heusoden, ebenfalls verschlechtert 31 ; das gleiche gilt für den umgekehrten Fall, daß Brachland verkauft wird, welches der Käufer in landwirtschaftliche Nutzflächen umwandelt. Wird ein Autowrack verkauft, ist dessen Runderneuerung hingegen auch dann keine Verschlechterung im Sinne des §351 B G B , wenn das Wrack lediglich zum „Ausschlachten" verkauft worden ist: Das Wrack ist in dem generalüberholten Auto enthalten, der Verkäufer und Rückgewährgläubiger kann es nach Rückgewähr dem ursprünglichen Zweck entsprechend ausschlachten 32 . O b der Leistungsgegenstand wesentlich verschlechtert worden ist, spielt nur für § 351 B G B eine Rolle; hingegen räumen die §§ 347 S. 1,989 B G B einen Schadensersatzanspruch auch dann ein, wenn der Leistungsgegenstand nur unwesentlich verschlechtert wird, etwa durch bloße Schrammen im Lack des gekauften Autos, oder wenn ein nur unerheblicher Teil der Sache untergeht. Wann eine Verschlechterung wesentlich ist, muß anhand objektiver Kriterien, insbesondere der Verkehrsauffassung beurteilt werden; die besonderen Verhältnisse beim Rücktritts- oder Wandelungsgegner spielen keine Rolle 3 3 . Ein allgemeingültiger Maßstab fehlt. Um die Alles-oder-Nichts-Lösung des §351 B G B zu vermeiden, sollte der Begriff „wesentlich" eng interpretiert und auf Ausnahmefälle beschränkt werden: Wesentlich ist eine Verschlechterung des Leistungsgegenstandes nur, wenn eine Substanzbeeinträchtigung der vollständigen Zerstörung der Sache nahekommt oder eine anderweitige Veränderung die bisherige Verwendungsmöglichkeit der Sache fast vollständig aufhebt 34 . Maßgeblich ist, Abw. RG vom 12.4.1908 - V 35/16 - WarnR 1916, 208, Nr. 131 (Wohnhaus). Vgl. BGH vom 29.1.1993 - V ZR 160/91 - LM §347 BGB Nr. 13 = WM 1993, 1155, 1157 = NJW-RR 1993, 626, 628 (Hofgrundstück mit Milchviehherde) zu §§ 347 S. 1, 989 BGB wegen Verwahrlosung der Flächen aus Nachlässigkeit. 32 Zum Ersatz der zur Generalüberholung gemachten Aufwendungen unten § 6 A.III.2.a)bb) und § 6 A.III.3. 33 Erman/H. P. Westermann9 (1993) §351 Rn.2; ?a.hndt/Heinrichs5S (1999) §351 Rn.2; MünchKomm/Janßen 3 (1994) §351 Rn.2a; Soergel/Huber 12 (1991) §467 Rn.40; grundsätzlich auch RG vom 27.11.1906 - II 232/06 - RGZ 64, 374, 376 (Automobil); a.A. RGRK/Ballhaus'2 (1976) f 351 Rn.6 34 Siehe auch Prot. I S. 795; abzulehnen OLG Hamm vom 1.12.1992 - 19 U 19/92 - O L G Rp Hamm 1993, 98 (Motorboot): wesentliche Verschlechterung eines für 25.000 DM verkauften Bootes (dessen schlechter Zustand schon bei Übergabe Reparaturkosten in Höhe von 30 31

252

§ 5 Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

ob der Zustand, den der Leistungsgegenstand bei Übergabe an den Rücktrittsoder Wandelungsberechtigten hatte, in angemessener Zeit und mit angemessenem Aufwand wiederhergestellt werden kann. Ist der Leistungsgegenstand beschädigt worden, kann er aber mit angemessenem Aufwand repariert werden, ist die Verschlechterung nicht wesentlich 3 5 . Der Rückgewährschuldner ist in diesem Fall gem. §§ 347 S. 1, 9 8 9 , 2 4 9 S. 1 B G B verpflichtet, die Sache auf eigene Kosten reparieren zu lassen, und muß gegebenenfalls einen bleibenden merkantilen Minderwert ersetzen 3 6 . Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte den Leistungsgegenstand verändert, etwa die landwirtschaftliche Nutzfläche renaturiert oder das Brachland in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt, ist diese Veränderung nicht wesentlich, wenn der ursprüngliche Zustand innerhalb kurzer Zeit wiederhergestellt werden kann. Das ist bei der Rückwandlung einer renaturierten Fläche in landwirtschaftliche Nutzflächen sicher zu bejahen; bei der Umwandlung von Landwirtschaftsflächen in Natur abhängig davon, wie lange die Renaturierung voraussichtlich dauert. Derselbe Maßstab muß für den Ausschluß von Rücktritt und Wandelung bei Untergang eines erheblichen Teils der zurückzugewährenden Sache gem. § 351 S. 2 B G B gelten: Erheblich ist die untergegangene Teilsache nur dann, wenn durch ihren Untergang die Sachsubstanz überwiegend zerstört worden ist oder die Sache nicht mehr im bisherigen Sinne verwendet werden kann.

b) Unvermögen,

insbesondere

Veräußerung

Mit anderweitiger Unmöglichkeit der Herausgabe meinen § § 3 4 7 S. 1, 351 S. 1 B G B alle Fälle des Unvermögens 3 7 : Dem Rückgewährschuldner ist die Rückgewähr unmöglich, wenn er den Leistungsgegenstand verloren hat, dieser ihm gestohlen worden ist oder er diesen beispielsweise in ein Land gebracht hat, aus dem er ihn wegen politischer Veränderungen nicht zurückholen kann. Hauptfall der anderweitigen Herausgabeunmöglichkeit ist die Veräußerung der empfangenen Sache 3 8 : Kann der Rückgewährschuldner den Leistungsgegenstand deswegen nicht zurückgeben, weil er ihn veräußert hat und vom Dritterwerber nicht zurückerhält, ist ihm die Herausgabe im Sinne der § § 3 4 7 S. 1, 351 75.000 D M notwendig machte) bei Schädigung durch den wandelungsberechtigten Käufer im Wert von 6.000 D M . 3 5 Anders L G Hamburg vom 20.1.1993 - 304 O 349/92 - ZfS 1994, 15 (Pkw); siehe auch SoergeUHuber12 (1991) § 467 Rn. 40. 3 6 Unten § 5 A.II.4.b)aa). 37 Soerge\/Haddingu (1990) § 3 5 1 Rn.2; R G R K / B a l l h a u s 1 1 (1976) §351 Rn. 5; MünchK o m m / J a n ß e r P (1994) Rn.2a; Erman/H. P. Westermann9 (1993) § 3 5 1 Rn.3; E r m a n / G r u n e wald? (1993) § 4 4 0 R n . 6 . 3 8 Siehe auch R G vom 5.7.1921 - II 71/21 - R G Z 102, 314, 315 f. (Zigarren); B G H vom 29.1.1993 - V Z R 160/91 - L M § 3 4 7 B G B Nr. 13 = W M 1993, 1155, 1156 = N J W - R R 1993, 626, 627 (Hofgrundstück mit Milchviehherde) und vom 20.10.1994 - I X Z R 116/93 - LM § 6 7 5 B G B Nr. 210 = N J W 1995, 449, 450 = W M 1995, 398, 400 (Eigentumswohnung) zu §347S. 1 BGB.

A. Rücktritt

und

Wandelung

253

S. 1 BGB unmöglich. Wie §353 Abs. 2 BGB für den Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten verdeutlicht, gilt dasselbe, wenn ein Gläubiger in den Leistungsgegenstand vollstreckt hat und der Rückgewährschuldner im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung oder des Wandelungsvollzugs außerstande ist, die beschlagnahmte Sache wiederzuerlangen 39 . Weil der Rückgewährschuldner gem. §281 BGB ohnehin zur Herausgabe des Veräußerungserlöses verpflichtet ist 40 , spielt die Unmöglichkeit der Rückgewähr wegen Veräußerung vor allem für den Ausschluß von Rücktritt und Wandelung nach § 351 BGB eine Rolle. Insoweit ist zu beachten, daß die Veräußerung der Sache oder die Zwangsvollstreckung in diese die Rückgewähr nur dann unmöglich macht, wenn feststeht, d.h. der Rücktritts- oder Wandelungsgegner beweisen kann, daß der Berechtigte im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung oder des Wandelungsvollzugs nicht in der Lage war, den Leistungsgegenstand wiederzubeschaffen 41 . Das zeigt §353 BGB, der Rücktritt und Wandelung auch dann zuläßt, wenn die Sache beim Dritterwerber zufällig untergegangen ist, und im übrigen auf das Verschulden des Erwerbers abstellt. Diese Regelung setzt voraus, daß die Veräußerung des Leistungsgegenstandes Rücktritt und Wandelung nicht per se ausschließt 42 . Daß der Berechtigte die Leistung nicht zurückgeben kann, steht etwa fest, wenn der Rücktritts- oder Wandelungsgegner selbst die Sache vor Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug im Zwangsversteigerungsverfahren erworben hat und nicht bereit ist, sie dem Berechtigten zurückzugeben 43 , oder wenn der Berechtigte bei Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug erklärt, er könne die Sache vom Dritterwerber

39 Dagegen wird teilweise vertreten, daß § 351 BGB die Veräußerung und die Zwangsversteigerung des Leistungsgegenstandes nicht erfaßt, sondern die §§ 353, 354 BGB eine insoweit abschließende Regelung enthalten. So insbesondere GUß, Rücktritt (1959) S. 60 ff., 72 ff.; Erman/ Weitnauer1 (1989) § 440 Rn. 18, 23; Raisch in Festschrift Duden (1977) S. 399, 405; auch Planck/S;£er 4 (1914) §351 Anm. 1 a mit §354 Anm. 2 b; für die Zwangsversteigerung auch Oertmann5 (1928) § 354 Anm. 5; möglicherweise ebenso RG vom 8.2.1902 - V 375/01 - R G Z 50, 188, 190 (Hausgrundstück) und O L G Köln vom 17.3.1993 - 19 W 14/93 - BB 1993, 1617 (Pkw). 40 Unten § 5 D.IV.2. 41 RG vom 1.4.1903 - V 484/02 - R G Z 54, 219, 224 f. (Mühle); vom 22.10.1910 - V 17/10 JW 1911, 36 Nr. 16 (Grundstückstausch); vom 5.7.1921 - II 71/21 - R G Z 102, 314, 315 f. (Zigarren); Soergel/Huber 1 2 (1991) § 467 Rn. 34 ff., 75 ff. Hinsichtlich der Beweislast geht der B G H für den Schadensersatzanspruch aus §§ 347 S. 1, 989 BGB davon aus, daß die Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert, B G H vom 29.1.1993 - V Z R 160/91 - LM §347 BGB Nr. 13 = W M 1993, 1155, 1156 = NJW-RR 1993, 626, 627 (Hofgrundstück mit Milchviehherde); allg. für die Fälle, in denen die Unmöglichkeit anspruchsbegründend ist, B G H vom 26.3.1999 - V ZR 368/97 - LM §275 BGB Nr. 27 mit Anm. Löwisch = N J W 1999, 2034, 2035 = W M 1999, 1279, 1280 (landwirtschaftliche Grundstücke); vgl. für §351 BGB auch RG vom 5.5.1930 - VI 609/29 - R G Z 128, 365, 367 (Ausgleichsanspruch). 42 Siehe auch Raisch in Festschrift Duden (1977) S. 399, 405,407 f.; S o e r g e l / H u b e r u (1991) § 467 Rn. 35, 75. 43 RG vom 1.4.1903 - V 484/02 - R G Z 54, 219, 224 f. (Mühle).

254

§ 5 Unmöglichkeit

der

Rückgewäbr

nicht wiedererlangen 44 . War die Wiederverschaffung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung oder des Wandelungsvollzugs dagegen noch möglich, können Rücktritt und Wandelung allenfalls nach § 353 BGB ausgeschlossen sein oder durch Fristsetzung des Rücktritts- oder Wandelungsgegners gem. § 354 BGB nachträglich unwirksam werden 45 . Hingegen folgt die Herausgabeunmöglichkeit noch nicht aus der bloßen Tatsache, daß es der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte unterlassen hat, seinen Abkäufer zur Rückgabe der Sache zu verpflichten. Denn es kann dem Berechtigten gleichwohl gelingen, die Sache vom Erwerber zurückzuerlangen. Etwa wird der Berechtigte, wenn er den Kaufvertrag wegen eines Sachmangels wandelt, damit im Regelfall auf die Wandelung des mit dem Dritterwerber abgeschlossenen Kaufvertrages und die Rückgewähr der Kaufsache durch diesen reagieren 46 . c) Nicht:

Herausgabeverweigerung

Nicht unter §§ 347 S. 1, 989, 351 BGB fällt die Herausgabeverweigerung. Erklärt der Berechtigte, die Sache trotz Rücktritts oder Wandelung nicht zurückgeben zu wollen, oder ist er, trotz Möglichkeit, zur Wiederbeschaffung der Sache nicht bereit, steht dies entgegen einer teilweise vertretenen Meinung 47 der anderweitigen Unmöglichkeit der Herausgabe nicht gleich: Der Rücktrittsoder Wandelungsberechtigte kann den Leistungsgegenstand zurückgewähren, er will es aber nicht 48 . Der Rücktritts- oder Wandelungsgegner kann dem Berechtigten aber wegen Verzugs mit der Rückgewährpflicht gem. § 354 BGB eine Frist zur Rückgewähr setzen, nach deren Ablauf Rücktritt oder Wandelung unwirksam werden 49 . Verweigert der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte die Rückgewähr der Sache endgültig und ernsthaft, sind Mahnung und Fristset-

44

RG vom 8.2.1902 - V 375/01 - R G Z 50, 188, 189 f. (Hausgrundstück). Prot. IV S. 161; RG vom 8.2.1902 - V 375/01 - R G Z 50, 188, 189 f. (Hausgrundstück); siehe auch vom 5.7.1921 - II 71/21 - R G Z 102, 314, 315 f. (Zigarren); B G H vom 29.1.1993 - V ZR 1609/91 - LM §347 BGB Nr. 13 = WM 1993, 1155, 1156 = NJW-RR 1993, 626, 627 (Hofgrundstück mit Milchviehherde) zu §347 S. 1 BGB; Soergel///*itamg 1 2 (1990) §351 Rn.2; RGKK./Ballhaus12 (1976) § 351 Rn. 5. 46 B G H vom 28.2.1996 - VIII ZR 241/94 - LM §459 BGB Nr. 130 = N J W 1996, 1962, 1964 = W M 1996, 1007, 1011 (Prüfgerät), wonach die Käuferin zur Rückgabe des mangelhaften Prüfgeräts nicht deswegen außerstande war, weil sich das Gerät noch bei der Abkäuferin befand. Denn die Käuferin war „dem ernsthaften Wandelungsbegehren ihrer Kundin ausgesetzt ..., dem sie jederzeit gem. § 465 BGB mit der Folge zustimmen kann, daß sie einen Rückgabeanspruch erwirbt". 47 MünchKomm//izn/?eiz 3 (1994) §351 Rn. 10; Soergel/Huber 1 2 (1991) §467 Rn.34; vgl. auch B G H vom 10.11.1971 - VIII ZR 155/70 - LM § 467 Nr. 4 = N J W 1972, 155 (Waschanlage)48 Gegen die Einordnung des Nicht-Leisten-Wollens als Unmöglichkeit allg. Titze, U n möglichkeit (1900) S. 12. 49 Wahlweise kann er gem. § 283 Abs. 1 S. 2 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, K. Schmidt M D R 1973, 973, 976. 45

A. Rücktritt

und

Wandelung

255

zung wegen dieser Weigerung entbehrlich, und werden Rücktritt oder Wandelung schon mit der Herausgabeverweigerung unwirksam 50 . Dem Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten räumt § 354 BGB ein solches Fristsetzungsrecht nicht ein. Er hat - wie der Rücktritts- oder Wandelungsgegner - gem. §286 Abs. 1 BGB aber Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens und kann, wenn die Rückgewähr für ihn wegen Verzugs des Rücktrittsoder Wandelungsgegners kein Interesse hat, gem. § 286 Abs. 2 BGB die Leistung ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder gegebenenfalls nach § 283 BGB vorgehen 51 . 3. Subjektiver a)

Tatbestand:

Verschulden

Meinungsstand

§ 351 BGB schließt Rücktritt und Wandelung nur aus, wenn der Berechtigte die Unmöglichkeit der Herausgabe „verschuldet" hat, und § 347 S. 1 BGB verweist für die Schadensersatzpflicht „von dem Empfange der Leistung an" auf § 989 BGB und die dort normierte Voraussetzung „infolge seines Verschuldens". Das Verschuldenserfordernis bereitet Schwierigkeiten, weil die Rückgewährschuldner vor Rücktrittserklärung oder Wandelungsvollzug keine Rückgewährpflichten treffen, gegen die sie pflichtwidrig und damit schuldhaft verstoßen können. Deswegen ist höchst umstritten, was Verschulden im Sinne der §§347 S. 1, 989, 351 BGB heißt; es bietet sich eine verwirrende Meinungsvielfalt 52 . Weitgehende Einigkeit besteht für das vertragliche Rücktrittsrecht. Die ganz überwiegende Meinung geht davon aus, daß der Verschuldensbegriff des § 276 BGB auf das vertragliche Rücktrittsrecht passe: Da beide Vertragspartner wegen des Rücktrittsvorbehalts von Empfang der Sache an mit dem Rücktritt und damit auch der Rückgewährpflicht aus § 346 S. 1 BGB rechnen müßten, seien sie von Anfang verpflichtet, mit dem empfangenen Gegenstand sorgsam umzugehen. Von Empfang der Leistung an hafteten sie gem. § 276 BGB für jede vorsätzliche und fahrlässige Verschlechterung der zurückzugewährenden Sache53. Das muß für ein vertraglich vereinbartes Wandelungsrecht entsprechend gelten. 50 O L G Colmar vom 21.11.1913 Recht 1914 Nr. 1813; allg. Staudinger/LöWsc/? 13 (1995) § 284 Rn. 68; Staudinger/Oito 1 3 (1995) § 326 Rn. 143. 51 Vgl. § 7 A.II.3. 52 Schon im gemeinen Recht war die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Untergang oder die Verschlechterung der Kaufsache die Wandelung ausschloß, streitig; zum Streitstand Lederle, Mortuus redhibetur (1983) S. 22 Fn. 1. 53 Zu §§ 347 S. 1, 989 BGB und §351 BGB: Nierwetberg JuS 1984, 33, 34 f.; Larenz SR I 14 (1987) §26 b 2 S.412f.; MünchKomm//dn^en 3 (1994) §347 Rn.7, §351 Rn.4 und 7; Staudinger/Otto 1 3 (1995) §327 Rn. 15, 32; Jauernig/Vo//£ommi?r 9 (1999) §347 Rn.4, §351 Rn.5; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 347 Rn. 3, § 351 Rn. 3. Zu §§ 347 S. 1, 989 BGB: Mot. II S. 281 f.; siehe auch B G H vom 16.5.1984 - VIII ZR 18/83 - LM § 455 BGB Nr. 40 = N J W 1984,2937,2938 = W M 1984, 1095, 1097 (Imbißstubeninventar) zum Ersatz schuldhaft nicht gezogener N u t -

256

§ 5 Unmöglichkeit der

Rückgewähr

A u f die gesetzlichen Rücktrittsrechte und die Wandelung sollen die § § 3 4 7 S. 1, 9 8 9 B G B und § 3 5 1 B G B nach herrschender M e i n u n g hingegen nur eingeschränkt anwendbar sein: D i e Rückgewährschuldner, insbesondere den R ü c k tritts- oder Wandelungsberechtigten, träfen bis zur Kenntnis v o m R ü c k t r i t t s recht oder Wandelungsanspruch keine Sorgfaltspflichten in bezug auf die erhaltene Leistung; bis zu diesem Zeitpunkt passe § 2 7 6 B G B nicht 5 4 . § 351 BGB wird häufig als gesetzlicher Anwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens im Sinne eines venire contra factum p r o p r i u m eingeordnet 5 5 . Einigkeit darüber, was Verschulden im Sinne des § 351 B G B ist, wird auch so nicht erzielt. U m den Anwendungsbereich des § 351 B G B zu Lasten des § 3 5 0 B G B auszuweiten, verstehen manche als schuldhaft jede freie Handlung bzw. jedes zurechenbar risikoerhöhende Verhalten des R ü c k t r i t t s - oder W a n delungsberechtigten, das den Untergang oder die wesentliche Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes verursacht 5 6 . D i e D e f i n i t i o n „jede freie H a n d lung" bedeutet eine reine Verursachungshaftung und geht über den Verschulzungen gem. §§347 S.2, 987 Abs. 2 BGB; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §38 II 1 c S. 166 f.; Brox SR I 26 (1999) Rn. 209, bei § 351 BGB abw. aber für zurechenbare Unachtsamkeit in eigenen Angelegenheiten, Rn.201; Erman/H. P. Westermann1 (1993) §347 Rn.3, bei §351 Rn.5 abw. für jede freie Handlung. Zu §351 BGB: Medicus SR I 11 (1999) Rn. 540; Soergel/Wiedemannn (1990) §327 Rn. 14; SoergeV Hadding12 (1990) § 351 Rn.4, bei §347 Rn. 2 differenzierend: kein Verschulden bei vertragsgemäßem oder üblichem Gebrauch. A.A. RGRK/Ballhaus^1 (1976) § 351 Rn. 8, § 347 Rn. 5: Unachtsamkeit in eigenen Angelegenheiten. 54 Vor Wandelungsvollzug rekurriert auf § 276 BGB aber RG vom 6.2.1914 - VII 470/13 WarnR 1914 Nr. 152 (Ofen) zum Ausschluß der Wandelung eines Ofenbauvertrages, weil die Bestellerin den Ofen teilweise abgerissen und unter Verwendung der vom Ofenbauer gelieferten Schmiedeeisen umgebaut hatte; unklar Walter, Kaufrecht (1987) § 5 II 6 a dd S. 187 ff., der § 276 BGB im Rahmen des Verschuldens gegen sich selbst anwenden will. 55 BGH vom 8.2.1984 - VIII ZR 295/82 - LM § 477 BGB Nr. 40 = NJW 1984, 1525, 1526 = WM 1984, 479, 480 (selbstfahrende Arbeitsmaschine); Boehmer JZ 1952, 521, 522; E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 131, 135ff.;H«£erJuS 1972, 439, 443 f. und Soergel/Huber12 (1991) §467 Rn. 10a; besonders prononciert Wieling JuS 1973, 397, 399 und Ders. AcP 176 (1976), 334, 351; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 128 ff., 134 ff.; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 380; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 35 II 1 e S. 170; Fikentscher9 (1997) Rn.424; Brox SR I 26 (1999) Rn.205; RGRK/Ballhaus^ (1976) §351 Rn.l; RGRK/Afezger12 (1978) § 440 Rn. 8; Soergel/Hadding n (1990) § 351 Rn. 1 und 6; MünchKomm//«n/?e«3 (1994) § 351 Rn.4; Staudinger /Köhler" (1995) §440 Rn. 30; Jauernig/Vollkommen (1999) §351 Rn. 1; Pa\nndt/H einrieb s5% (1999) § 351 Rn. 1; für die vertraglichen Rücktrittsrechte auch Erman/H. P. Westermann9 (1993) § 351 Rn.l und 4 f.; siehe auch BGH vom 10.11.1971 - V I I I ZR 155/70LM § 467 BGB Nr. 4 = NJW 1972, 155 (Waschanlage), der daraus aber keine Folgerungen für den Verschuldensbegriff in §351 BGB zieht; a.A. Dette, Venire contra factum proprium, 1985,106 f; Singer, Widersprüchliches Verhalten, 1993, 36 f. 56 Oertmann5 (1928) § 350 Anm. 1; E. Wolf AcP 153 (1954), 97,131 ff.; in analoger Anwendung der §§ 351, 352 BGB von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 632 ff. = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 178 ff.; Leser, Rücktritt (1975) S. 197 f. und 201 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §39 II 1 und le S. 169 f.; Erman/Grunewald* (1993) §440 Rn.6 und 3, §467 Rn.3; Staudinger/Honsell11 (1995) §467 Rn.8. Siehe auch H. P Westermann in Erman9 (1993) § 351 Rn. 5 unter dem Oberbegriff „übermäßige Benutzung"; diesen Begriff interpretiert er in MünchKomm3 (1995) §467 Rn.4 f. aber abw. als Unachtsamkeit in eigenen Angelegenheiten.

A. Rücktritt

und

Wandelung

257

densbegriff des § 276 BGB hinaus. Mit ihrer Hilfe sollen Rücktritt und Wandelung vor allem in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen die Sache schon durch die vertragsgemäße Nutzung wesentlich verschlechtert wird oder untergeht, etwa die gekaufte Maschine durch ihren Einsatz erheblich an Wert verliert oder das gekaufte Kraftfahrzeug bei einem Unfall durch Fremdverschulden zerstört wird. Noch weiter gehen Autoren, die Rücktritt und Wandelung selbst dann ausschließen wollen, wenn der empfangene Gegenstand aufgrund höherer Gewalt untergegangen ist 57 . Nach wohl überwiegender Auffassung ist unter Verschulden im Sinne des §351 BGB hingegen nur die Verletzung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten zu verstehen, weswegen Rücktritt oder Wandelung nur ausgeschlossen sind, wenn der Berechtigte den Gegenstand in zurechenbarer Weise einer Gefahr ausgesetzt hat, die über das normale Maß hinausgeht 58 . Modifizierend definieren manche Verschulden als jede risikoerhöhende Handlung mit Ausnahme des vertragsgemäßen oder üblichen Gebrauchs der Sache59. Der BGH hat bisher nur in einem Einzelfall und mehr nebenher definiert, unter Verschulden im Sinne des § 351 BGB sei die vom Käufer im eigenen Interesse zu beachtende Sorgfalt zu verstehen 60 . Im übrigen hat er den Ausschluß von Wandelung und Rücktritt wegen Untergangs oder der Verschlechterung der zurückzugewährenden Sache immer unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung geprüft. Während er früher der Auffassung war, daß „der Weitergebrauch einer fehlerhaften Sache grundsätzlich mit dem Begehren auf Wandelung nicht vereinbar ist" 61 , vertritt der B G H heute in ständiger Rechtsprechung, daß „al57

Honseil M D R 1970, 717, 719 und Ders. JuS 1982, 810, 814, siehe auch Staudinger/Honsell (1995) § 467 Rn. 8 a.E.; Wieling JuS 1973, 397, 399; siehe auch Schwenn AcP 152 (1952/ 53), 138, 151 f. 58 Boehmer JZ 1952, 521, 522 und Ders. JZ 1953, 392, 393; Glaß, Rücktritt (1959) S. 34 ff., 53 ff. und 105; Nierwetberg JuS 1984, 33, 35 f.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn. 243; Fikentscher9 (1997) Rn.424; PhncUSiber4 (1914) §351 Anm. 1; RGRK/Ballhaus' 2 (1976) § 351 Rn. 8, 12; Erman/Weitnauer« (1989) § 440 Rn. 19; S o e r g e l / H a d d i n g u (1990) § 351 Rn. 6; Soergel/Huber 1 2 (1991) § 467 Rn. 21 - neben Vorsatz im Sinne jeder freien Handlung, Rn. 20, und mit Ausnahmen für Sachen mit besonderer Betriebsgefahr, insbesondere Kraftfahrzeuge, Rn. 56 ff., weiter noch Ders. JuS 1972, 439, 444 f.; M ü n c h K o m m / / ^ e w 3 (1994) §351 Rn.4 und 8; Staudinger/Otto 1 3 (1995) § 327 Rn. 19; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 351 Rn. 3 f.; siehe auch Sotr%e\/Wiedemannu (1990) §327 Rn. 16 und 26; Jauernig/Vollkommen (1999) 5351 Rn. 5. Ausnahmsweise auch B G H vom 29.10.1980 - VIII ZR 148/79 - W M 1980, 1388, 1389 (Lichtkuppeln), der den Ausschluß der Wandelung ansonsten nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung prüft, gleich mit Fn. 61 ff. 59 Larenz SR I 14 (1987) § 26 b S. 409 f.; Glaß, Rücktritt (1959) 5. 54 f.; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 136 f.; RGRK/Ballhaus' 2 (1976) §351 Rn. 8 und 12; Soergel/ Haddingu( 1990) §351 Rn.6; UünchKomm/Janßen3 (1994) §351 Rn.4, 8; Pahndt/Heinrichs5« (1999) § 351 Rn. 4; wohl auch Kohler; Rückabwicklung (1989) S. 387 ff., 404; siehe auch RG vom 3.7.1934 - II 43/34 - R G Z 145, 79, 83 f. (Kraftfahrzeug) bis zum Wandelungsbegehren. 60 B G H vom 29.10.1980 - VIII ZR 148/79 - W M 1980, 1388, 1389 (Lichtkuppeln) zu Mängeln der Kaufsache, die sich bei deren Montage herausstellten. 61 B G H vom 5.4.1955 - I ZR 122/53 - LM §351 BGB Nr. 2 = M D R 1955, 464 (Kinobestuhlung) - im konkreten Fall aber anders entscheidend; vom 11.7.1958 - VIII ZR 158/57 — n

258

5 i Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

lein der Weitergebrauch der Kaufsache das Wandelungsrecht nicht ausschließt" 62 ; das soll auch für die Weiterveräußerung gelten 63 . O b die Wandelung ausgeschlossen ist, beurteilt der B G H mit Hilfe einer umfassenden Abwägung der Interessen beider Parteien 64 . Die Interessenabwägung hat er zunächst unter §351 BGB 65 , später unter §242 BGB subsumiert und §351 BGB insoweit als einen Sonderfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens im Sinne des § 242 BGB angesehen 66 . In seinen neuesten Entscheidungen prüft das Gericht nur noch unter dem Topos Verwirkung, ob Rücktritt oder Wandelung ausgeschlossen sind, ohne § 351 BGB mit einem Wort zu erwähnen 67 . Hat der Rücktritts- oder Wandelungsberecbtigte die zurückzugebende Sache lediglich unwesentlich verschlechtert, übertragen manche den Verschuldensbegriff des § 351 BGB auf §§ 347 S. 1, 989 BGB: Der Berechtigte soll für jede freie Handlung 6 8 , nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten 69 oder für jede risiLM § 467 BGB Nr. 2 = N J W 1958, 1773 (Raupenladegerät); vom 29.9.1960 - VIII ZR 135/59 LM §351 BGB N r . 4 = N J W 1960, 2331 (Drehbank); ebenso R G vom 3.7.1934 - II 43/34 R G Z 145, 79, 83 f. (Kraftfahrzeug). 62 B G H vom 8.2.1984-VIII ZR 295/82 - LM §477 BGB Nr. 40 = N J W 1984, 1525, 1526 = W M 1984, 479, 480 (selbstfahrende Arbeitsmaschine); vom 16.10.1991 - VIII ZR 140/90 N J W 1992, 170, 171 = W M 1992, 32, 34 (Jaguar-Coupé); vom 2.2.1994 - VIII ZR 262/92 N J W 1994, 1004, 1005 (Kraftfahrzeug); vom 22.7.1998 - VIII ZR 220/97 - LM § 326 BGB (A) Nr. 36 = N J W 1998, 3197, 3199 = W M 1998, 2436, 2438 (Förderanlage); siehe auch O L G Karlsruhe vom 16.6.1971 - 1 U 163/70 - N J W 1971,1809, 1810 (Kraftfahrzeug); gar nicht erörtert in B G H vom 28.3.1952 - I ZR 111/51 - B G H Z 5, 337, 342 = JZ 1952, 527, 528 (Mercedes-Benz-Kabriolett) trotz bloßen Schrottwerts des zurückzugewährenden Wagens. 63 B G H vom 4.11.1987-VIII ZR 3 1 4 / 8 6 - B G H Z 102, 135, 147 = LM §459 BGB Nr. 88 = N J W 1988, 407, 409 = W M 1987, 1492, 1495 = J Z 1988, 460, 462 f. mit Anm. A. Junker (Computeranlage). 64 B G H vom 5.4.1955 - I ZR 122/53 - LM §351 BGB Nr. 2 = M D R 1955, 464 (Kinobestuhlung); vom 11.7.1958 - VIII ZR 158/57 - LM §467 BGB Nr. 2 = N J W 1958, 1773 (Raupenladegerät); vom 8.2.1984 aaO. (selbstfahrende Arbeitsmaschine); vom 16.10.1991 aaO. (Jaguar-Coupé); vom 2.2.1994 aaO. (Kraftfahrzeug); vom 22.7.1998 aaO. (Förderanlage); so auch O L G Koblenz vom 8.10.1985 - 3 U 1632/84 - M D R 1986, 316, 317 (Gebrauchtwagen) und vom 4.10.1991 - 2 U 403/88 - NJW-RR 1992, 688, 690 (EDV-Anlage); O L G H a m m vom 25.6.1987 - 23 U 78/86 - NJW-RR 1988, 1461, 1462 (Segelyacht); O L G Frankfurt vom 23.7.1993 - 24 U 168/92 - NJW-RR 1994, 120 (Kraftfahrzeug). 65 B G H vom 5.4.1955 aaO. (Kinobestuhlung); vom 11.7.1958 aaO. (Raupenladegerät). 66 B G H vom 8.2.1984 - VIII ZR 295/82 - LM § 477 BGB Nr. 40 = N J W 1984, 1525, 1526 = W M 1984, 479, 480. (selbstfahrende Arbeitsmaschine). 67 B G H vom 4.11.1987-VIII ZR 314/86 - B G H Z 102, 135, 147 = LM §459 BGB Nr. 88 = N J W 1988, 407, 409 = W M 1987, 1492, 1495 = J Z 1988, 460, 462 f. mit Anm. A. Junker (Computeranlage); vom 16.10.1991 - VIII ZR 140/90 - N J W 1992, 170, 171 = W M 1992, 32, 34 (Jaguar-Coupé); vom 2.2.1994 - VIII ZR 262/92 - N J W 1994, 1004, 1005 (Kraftfahrzeug); vom 22.7.1998 - VIII ZR 220/97 - LM § 326 BGB (A) Nr. 36 = N J W 1998, 3197, 3199 = W M 1998, 2436, 2438 (Förderanlage). 68 Von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 629 Fn. 29 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 175 Fn.29; Leser, Rücktritt (1975) S. 197f.; Erman/Grunewald? (1993) §467 Rn. 14; MünchKomm/Emmerich* (1994) §327 Rn. 14; Staudinger/HonselP (1995) §467 Rn.24; siehe auch Schlechtriem SR I 3 (1997) Rn. 442; noch enger Wieling JuS 1973, 397, 400. 69 G laß, Rücktritt (1959) S.38ff., 53 ff. und 105; Nierwetberg JuS 1984, 33, 36; Reinicke/ Tiedtke, Kaufrecht 6 (1997) Rn.251 und 380; Soergel/Wiedemann 1 2 (1990) §327 Rn.26.

A. Rücktritt und Wandelung

259

k o e r h ö h e n d e Handlung mit A u s n a h m e des vertragsgemäßen oder üblichen G e brauchs der Sache haften 7 0 . Hingegen umgeht die überwiegende M e i n u n g das P r o b l e m der Verschuldenshaftung für die gesetzlichen Rücktrittsrechte und die Wandelung dadurch, daß sie den Berechtigten analog §327 S. 2 BGB nur nach Bereicherungsrecht haften läßt 7 1 . G e w o l l t e K o n s e q u e n z ist, daß er gem. § 8 1 8 Abs. 2 B G B nur W e r t - , nicht Schadensersatz schuldet und gem. § 8 1 8 A b s . 3 B G B für die Verschlechterung des Leistungsgegenstandes auch dann nicht einstehen muß, wenn er diese verschuldet hat 7 2 . A u c h für die H a f t u n g des Rücktrittsoder Wandelungsgegners finden sich alle bei § 3 5 1 B G B vertretenen Varianten des Verschuldensbegriffs bei § § 3 4 7 S. 1, 9 8 9 B G B wieder: E r soll für jede freie H a n d l u n g 7 3 , nur für U n a c h t s a m k e i t in eigenen Angelegenheiten 7 4 oder für jede risikoerhöhende, über den vertragsgemäßen oder üblichen Sachgebrauch hinausgehende Handlung haften 7 5 . Weiter geht die Auffassung, der R ü c k t r i t t s - oder Wandelungsgegner hafte, da er R ü c k t r i t t oder Wandelung zu vertreten habe, von E m p f a n g der Sache an nach § 2 7 6 B G B 7 6 . A u c h der B G H hält den Haftungsmaßstab des § 2 7 6 B G B v o m E m p f a n g der Leistung an für angemessen, allerdings mit der auf die vertraglichen Rücktrittsrechte passenden Begründung, der Rücktrittsgegner müsse, weil er den Rücktrittsgrund verursache, mit der Rückgewährpflicht rechnen 7 7 . Wie für die vertraglichen Rücktrittsrechte soll für die gesetzlichen R ü c k trittsrechte und die Wandelung ab Kenntnis vom Rücktrittsoder Wandlungsgrund mit §276 BGB ein einheitlicher Verschuldensbegriff gelten: A b diesem Zeitpunkt passe für § 351 B G B und auch für die Schadensersatzhaftung beider Vertragspartner gem. § § 3 4 7 S. 1, 9 8 9 B G B der technische Verschuldensbegriff des § 2 7 6 B G B , da die Vertragspartner ab Kenntnis v o m R ü c k t r i t t s - oder W a n -

Latenz SR I 14 (1987) § 26 b 1 S. 409 ff.; wohl auch Brox SR I 26 (1999) Rn. 209 mit 205. Zum Meinungsstreit §2 F.III, l.c). Gegen die analoge Anwendung des §327 S. 2 BGB ausführlich unten § 9 B.II. 72 In dieselbe Richtung geht der Vorschlag der Schuldrechtskommission, die Ersatzpflicht des Rücktrittsberechtigten auf die noch vorhandene Bereicherung zu beschränken, wenn ihm ein Verstoß gegen die eigenübliche Sorgfalt nicht vorgeworfen werden kann, § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, S. 2 BGB-KE, Abschlußbericht (1992). 73 Leser, Rücktritt (1975) S. 197f.; siehe auch Schlecbtnem SR I 3 (1997) Rn.442. 74 Glaß, Rücktritt (1959) S. 38 ff., 53 ff.; Nierwetberg JuS 1984, 33, 36. 75 Latenz SRI 1 4 (1987) § 26 b 1 S. 411. 76 Soergel!Hadding n (1990) § 347 Rn. 6 ff.; Erman/H. P. Westermann9 (1993) § 347 Rn. 4; MünchKomm/Janßen } (1994) § 347 Rn. 16 und 18; Soergel/Wiedemann' 2 (1990) § 327 Rn.27; MünchKomm/.EmmericP (1994) §327 Rn. 9; siehe auch Brox SR I 26 (1999) Rn.209; Soergel/ Huber12 (1991) §467 Rn. 148. Trotz dieses Arguments abw. E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 126 ff.; Staudinger/Oito13 (1995) §327 Rn. 33; Jauernig/Vollkommer 9 (1999) §347 Rn. 8; Palandt/Heinrichs5* (1999) §347 Rn.7: Haftung für eigenübliche Sorgfalt; Enneccerus/Lehmann^ (1958) §38 II 1 c S. 166 f.: Haftung gem. §276 BGB erst ab Kenntnis. 77 BGH vom 29.1.1993 - V ZR 160/91 - LM § 347 BGB Nr. 13 = WM 1993, 1155, 1156 = NJW-RR 1993, 626, 627 (Hofgrundstück mit Milchviehherde) zu §326 Abs. 1 S.2; abw. OLG Hamm vom 1.2.1994 - 19 U 105/93 - NJW-RR 1994, 882 f., das auf die Kenntnis der Wandelungsvoraussetzungen abstellt. 70

71

260

§ } Unmöglichkeit der

Rückgewähr

delungsgrund mit ihrer Rückgewährpflicht zumindest rechnen m ü ß t e n 7 8 . S o weit vertreten wird, daß der R ü c k t r i t t s - oder Wandelungsberechtigte für unwesentliche Verschlechterungen vor K e n n t n i s v o m R ü c k t r i t t s - oder Wandelungsgrund analog § 3 2 7 S. 2 B G B nur nach Bereicherungsrecht hafte, wird ab K e n n t nis § 2 7 6 B G B z u m Teil direkt, z u m Teil über § § 8 1 8 A b s . 4, 819 A b s . 1 B G B i.V.m. § § 2 9 2 , 9 8 9 B G B angewandt 7 9 . D e r R ü c k g r i f f auf § 2 7 6 B G B verbietet sich lediglich für diejenigen, die als verschuldet schon jede freie H a n d l u n g ansehen, da die K e n n t n i s v o m R ü c k t r i t t s - oder Wandelungsgrund die reine Verursachungshaftung ansonsten systemwidrig auf eine Verschuldenshaftung beschränken würde.

b) Eigene Auffassung aa) Kein „venire contra factum

proprium"

F ü r die D e f i n i t i o n des Verschuldensbegriffes hilft es nicht, § 3 5 1 B G B als Unterfall des venire contra factum p r o p r i u m zu bezeichnen. Zunächst ist äußerst zweifelhaft, o b diese E i n o r d n u n g überhaupt zutrifft. D e n n ein Verhalten ist nur dann widersprüchlich und rechtsmißbräuchlich, wenn ein Vertragspartner durch sein früheres Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat und der andere sich auf die Beibehaltung des einmal bezogenen Standpunktes verlassen durfte 8 0 . Das erklärt § 351 B G B nicht, da der R ü c k t r i t t s - oder Wandelungsberechtigte hinsichtlich des U m g a n g s mit dem zurückzugewährenden Leistungsgegenstand keinen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Z w a r kann

78 Zu §§347 S. 1, 989 BGB und §351 BGB: Boehmer JZ 1953, 392, 393 f.; GUß, Rücktritt (1959) 5. 44 Fn. 83, S. 52 und 106; Larenz SR I 14 (1987) § 26 b S. 409 Fn. 14 und S. 411; Palandt/ Heinrichs58 (1999) §347 Rn.7, §351 Rn.3; siehe auch RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) 5347 Rn. 11 ff., §351 Rn. 12; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn.243, 251 und 380; Nierwetberg JuS 1984, 33, 36 f. (der für § 351 BGB weitergehend jede Weiterbenutzung der Sache als verschuldet ansieht, so auch MünchKornnV/arc/ie«3 [1994] § 351 Rn. 8 f.). Zu §§347 S. 1, 989 BGB: HansOLG Hamburg vom 14.10.1980 - 7 U 81/80 - VersR 1981, 138,139 (Sportwagen); Enneccerus/Lehmann™ (1958) § 8 II 1 c S. 16. Zu §351 BGB: SoergeV Hadding12 (1990) § 351 Rn. 5; Brox SR I 26 (1999) Rn. 209. Ab fahrlässiger Unkenntnis-, Staudinger/Oito13 (1995) § 327 Rn. 15, 32 f.; Soergel/Wiedemann X2 (1990) §327 Rn. 14, 25; siehe auch Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 137ff.; BGH vom 29.1.1993 - V ZR 160/91 - LM §347 BGB Nr. 13 = WM 1993, 1155, 1156 = NJW-RR 1993, 626, 627 (Hofgrundstück mit Milchviehherde). 79 Siehe HansOLG Hamburg vom 14.10.1980 - 7 U 81/80 - VersR 1981, 138, 139 (Sportwagen); Boehmer JZ 1953, 392, 393; RGRK/Ballhaus12 (1976) 5347 Rn. 11 ff.; Soergel/Hadding12 (1990) §347 Rn. 10; Jauernig/Vollkommen (1999) 5347 Rn.9 mit 4; Palandt///««richsss (1999) § 347 Rn. 8. Schon ab fahrlässiger Unkenntnis: Erman/H. P. Westermann' (1993) § 347 Rn. 5; M ü n c h K o m m / / ^ e n 3 (1994) § 347 Rn. 15a und 17. 80 BGH vom 6.3.1985 - IVb ZR 7/84 - NJW 1985, 2589, 2590 (Rechtswahrungsanzeige); vom 20.3.1986 - III ZR 236/84 - NJW 1986, 2104, 2107 (Postsparguthaben); vom 5.12.1991 IX ZR 271/90 - NJW 1992, 834 (Gläubigeranfechtung); Singer, Widersprüchliches Verhalten (1993) S. 43 ff.; Soergel/Teichmann n (1990) §242 Rn.316ff., insbesondere 318; Erman /Werner1 (1993) § 242 Rn. 79; Palandt /Heinrichs™ (1999) § 242 Rn. 55 f.

A. Rücktritt

und

Wandelung

261

demjenigen, der den Rücktritt erklärt oder die Wandelung herbeiführt, obwohl er die zurückzugewährende Sache nicht oder nicht unversehrt zurückgeben kann, vorgeworfen werden, er verhalte sich widersprüchlich. Der Selbstwiderspruch gründet aber nicht auf der Zerstörung oder Beschädigung der Kaufsache, sondern auf der Rücktrittserklärung oder dem Wandelungsbegehren: Die Rückgewähr des empfangenen Leistungsgegenstandes erwartet der Rücktrittsoder Wandelungsgegner nicht, weil er darauf vertraut, daß der Berechtigte ordnungsgemäß mit dem Leistungsgegenstand umgegangen sei - vom Umgang des Berechtigten mit der Sache hat er im Regelfall gar keine Kenntnis. Auf die Rückgewähr vertraut der Rücktritts- oder Wandelungsgegner, weil er davon ausgeht und ausgehen darf, daß derjenige, der den Rücktritt erklärt oder die Wandelung und damit die Rückabwicklung des Vertrages begehrt, auch seinerseits imstande ist, die empfangene Leistung zurückzugeben: Nicht auf das Verhalten des Berechtigten, sondern auf dessen Wort baut der Gegner. Daß sich der Berechtigte, dem die Rückgewähr unmöglich ist, in Widerspruch zu seiner Rücktrittserklärung oder seinem Wandelungsbegehren setzt, erklärt zwar die Rechtsfolge des § 351 BGB - den Ausschluß des Rücktrittsrechts oder des Wandelungsanspruchs - , hingegen nicht deren Voraussetzung, - den schuldhaften Umgang des Berechtigten mit der zurückzugebenden Sache 81 . Entgegen Wieling 82 kann als factum, zu dem sich der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte in Widerspruch setzt, auch nicht die bewußte Gefahrübernahme für die Leistung gesehen werden. Damit wird dem BGB eine Gefahrtragungsregel unterstellt, die den Grundsätzen der §§ 350, 347 S. 1, 989 BGB und § 818 Abs. 3 BGB gerade widerspricht 8 3 . Das Argument widersprüchlichen Verhaltens geht für einen Fall ganz ins Leere: Wie soll dem Rücktrittsberechtigten sein Rücktritt als widersprüchlich vorgeworfen werden, wenn die Sache nach Abgabe, aber vor Zugang der Rücktrittserklärung untergeht? Inwiefern verhält sich insbesondere der Wandelungsberechtigte widersprüchlich, wenn der Leistungsgegenstand zerstört oder beschädigt wird, nachdem der Berechtigte die Wandelung begehrt hat, bevor der Verkäufer oder Unternehmer aber in diese eingewilligt hat?

81 Ohne einen Vertrauenstatbestand soll ein widersprüchliches Verhalten nur in Ausnahmefällen unzulässig sein: BGH vom 20.9.1995 - VIII ZR 52/94 - BGHZ 130, 371, 375 (Zwangsvertreter); MünchKommARot^ 3 (1994) §242 Rn.314; Palandt¡Heinrichs™ (1999) § 242 Rn. 57; hiergegen Dette, Venire contra factum proprium (1985) S. 45 ff., 61 ff., 98 ff. Diese Ausnahmefälle sind nicht verallgemeinerungsfähig und passen nicht auf § 351 BGB. Gegen die Anwendung des venire contra factum proprium auf § 351 BGB auch Singer, Widersprüchliches Verhalten (1993) S. 36 f. Soergel/Teicbmann i 2 (1990) §242 Rn.315 konzediert, daß sich weder § 351 BGB noch die Rechtsprechung zur Verwirkung der Wandelungsbefugnis mit Hilfe des Vertrauensschutzprinzips erklären lassen - die Widersprüchlichkeit liege darin, daß der Wandelungsberechtigte versuche, die Folgen eigenen Tuns auf andere überzuwälzen. 82 Wieling JuS 1973, 397, 397 ff. 83 Gleich § 5 A.II.3.b)cc) und zum Bereicherungsrecht unten § 5 D.I.4.c).

262

5 5 Unmöglichkeit der

Rückgewähr

Selbst w e n n man ungeachtet dessen § 3 5 1 B G B als gesetzlichen A n w e n dungsfall des venire contra factum proprium auffaßt, ändert das nichts daran, daß die Vorschrift für den Ausschluß des Rücktrittsrechts Verschulden voraussetzt. § 351 B G B stellt - wie § 121 Abs. 1 S. 1 B G B und § 2 5 4 Abs. 1 B G B - eine besondere A n f o r d e r u n g an das Vorverhalten, zu dem sich der Berechtigte mit seiner späteren Rücktrittserklärung oder dem Wandelungsbegehren in Widerspruch setzt: R ü c k t r i t t oder Wandelung sind nur ausgeschlossen, wenn der B e rechtigte die Herausgabeunmöglichkeit oder wesentliche Verschlechterung des Leistungsgegenstandes verschuldet hat. M i t der E i n o r d n u n g des § 3 5 1 B G B als Fall des venire contra factum proprium kann diese Voraussetzung nicht wegdefiniert werden 8 4 . D a ß durch die Subsumtion unter das Verbot widersprüchlichen Verhaltens keine Klarheit erreicht wird, zeigt der Meinungsstreit um den Verschuldensbegriff: M i t venire contra factum proprium argumentieren sow o h l diejenigen, die „Verschulden" im Sinne des § 351 B G B als jede freie H a n d lung begreifen 8 5 , als auch diejenigen, die darunter nur U n a c h t s a m k e i t in eigenen Angelegenheiten oder jedes nicht vertragsgemäße risikoerhöhende Verhalten verstehen 8 6 . Andere A u t o r e n gelangen zu denselben Verschuldensbegriffen, ohne das V e r b o t des venire contra factum proprium zu bemühen 8 7 . F ü r die Schadensersatzpflicht des § § 3 4 7 S. 1, 9 8 9 B G B hilft die Interpretation des § 351 B G B als Anwendungsfall des venire contra factum proprium o h nehin nicht weiter: § § 3 4 7 S. 1, 9 8 9 B G B knüpfen die Schadensersatzpflicht wie § 351 B G B den Ausschluß von R ü c k t r i t t und Wandelung - an ein Verschulden des Rückgewährschuldners auch in den Fällen, in dem ihm die R ü c k g e w ä h r unmöglich geworden ist, bevor eine Rückgewährpflicht überhaupt entstanden ist. Aus einem selbstwidersprüchlichen Verhalten kann eine Pflicht zum Schadensersatz nicht folgen. D i e Rechtsfolge Schadensersatz zeigt, daß die § § 3 4 7 S. 1, 989 B G B und auch § 3 5 1 B G B kein selbstwidersprüchliches Verhalten der R ü c k g e w ä h r s c h u l d n e r sanktionieren wollen, sondern jeden R ü c k g e w ä h r schuldner in R i c h t u n g auf den Vertragspartner in die Pflicht nehmen.

84 Siehe auch GUß, Rücktritt (1959) S. 56 und Staudinger/Oito13 (1995) §327 Rn. 11; für den ebenfalls als Unterfall des venire contra factum proprium begriffenen § 254 BGB Soergel/ Mertens12 (1990) §254 Rn.4; MünchKomm/GniWiky3 (1994) §254 Rn.2; a.A. Wieling AcP 176(1976), 334,351. 85 E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 131 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §35 II 1 und le S. 169 f. 86 Brox SR I 26 (1999) Rn. 205; Fikentscher9 (1997) Rn. 424; RGRK/Ballhaus 1 2 (1976) § 351 Rn. 1 und 12; Soergel/Hadding 12 (1990) § 351 Rn. 6; MünchKomm/Janßen* (1994) § 351 Rn. 4 und 7; Jauernig/Vollkommer 9 (1999) § 351 Rn. 1 und 5; Palandt/Heinrichs™ (1999) § 351 Rn. 1 und 3 f. 87 Jede freie Handlung: von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 632 f. = Gesammelte Schriften III (1983) S.167, 178 f.; Erman/Grunewald 9 (1993) §440 Rn.6 und §467 Rn. 3, Erman///. P. Westermann9 (1993) § 351 Rn. 5. Unachtsamkeit in eigenen Angelegenheiten: Soergel/Huber 11 (1991) § 467 Rn. 21; Staudinger/Otto" (1995) § 327 Rn. 11; Nierwetberg JuS 1984, 33, 35 f. Vertragswidriges Verhalten: Larenz SR I14 (1987) §26 b S.409f.

A. Rücktritt

bb) Nicht: Jede freie

und

Wandelung

263

Handlung

In keinem Fall kann als verschuldet jede freie Handlung angesehen werden, durch die der Rückgewährschuldner den Untergang oder die wesentliche Verschlechterung des Leistungsgegenstandes verursacht 88 . Diese Verschuldensdefinition ignoriert den Wortlaut des §351 S. 1 BGB vollständig: Mit dem Verschuldenserfordernis zeigt das Gesetz, daß es mehr meint als eine bloße Verursachungshaftung, die dem BGB auch sonst fremd ist 89 . Deshalb überzeugt auch das Argument nicht, die beiderseitige Rückgabe der empfangenen Leistung sei die vertraglich vereinbarte Voraussetzung dafür, daß sich der Berechtigte vom Vertrag lösen dürfe 90 . Dadurch wird das von §351 BGB verlangte Verschulden durch eine vertragliche Garantie für die Unversehrtheit des Leistungsgegenstandes ersetzt. Zudem würde die Rückgewähr des Geleisteten so zum Reugeld (§ 359 BGB), dem einzigen Fall, für den der Gesetzgeber die Ausübung des Rücktrittsrechts von einer Leistung des Berechtigten abhängig macht 91 . Sinn und Zweck der Definition des Verschuldens als jede freie Handlung ist es, § 350 BGB einzuschränken und die dort angeordnete Rechtsfolge zu vermeiden, den Rücktritts- oder Wandelungsgegner die Gefahr des zufälligen Untergangs seiner Leistung im Einflußbereich des Vertragspartners tragen zu lassen. Dieser Zweck rechtfertigt eine reine Verursachungshaftung aber allenfalls im Anwendungsbereich der §§ 350 ff. BGB, hingegen nicht für die Schadensersatzpflicht der Rückgewährschuldner gem. §§347 S. 1, 989 BGB 92 . Eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht ist nach BGB die Ausnahme und muß ausdrücklich normiert werden. § 347 S. 1 BGB schreibt mit dem Verweis auf 989 BGB aber gerade das Gegenteil vor: Schadensersatz schuldet der Rückgewährschuldner nur, wenn er den Untergang oder die Verschlechterung der zurückzugebenden Leistung verschuldet hat. cc) Gefahrtragungsregel

des §350

BGB

Um das beabsichtigte Ziel zu erreichen, die zu weitgehenden Folgen für den Schadensersatzanspruch aus §§347 S. 1, 989 BGB aber zu vermeiden, läge es näher, § 350 BGB einzuschränken und auf das Rückgewährschuldverhältnis § 323 BGB analog anzuwenden: Ist dem Rücktritts- oder Wandelungsberechtigten die Rückgewähr der empfangenen Leistung unmöglich geworden, ohne daß er dies zu vertreten hat, befreite das auch den Rücktritts- oder Wandelungsgegner von seiner Rückgewährpflicht 93 . Die analoge Anwendung des § 323 88

Gerade § 5 A.II.3.a) mit Fn. 56. Siehe auch Staudinger /Köhler" (1995) § 440 Rn. 30. 90 Leser, Rücktritt (1975) S. 197 ff. 91 Für die Wandelung verweist § 467 S. 1 BGB nicht auf § 359 BGB. 92 Wie teilweise vertreten wird, gerade § 5 A.II.3.a) mit Fn. 68 und 73. 93 E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 142 f.; Leser, Rücktritt (1975) S. 215 ff.; siehe auch Heinrich Stoll, Rücktritt (1921) S. 39; Wieling JuS 1973, 397, 398. 89

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5 5 Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

BGB verbietet sich aber schon deshalb, weil § 348 BGB ausdrücklich nur auf die §§320, 322 BGB, hingegen nicht auf die §§323 ff. BGB verweist: Das Rückgewährschuldverhältnis nach Rücktritt und Wandelung ist gerade kein vollständig gegenseitiges Schuldverhältnis 94 . Auch im übrigen ist es nicht gerechtfertigt, §323 BGB im Rückgewährschuldverhältnis anzuwenden. §323 Abs. 1 BGB enthält eine dem §350 BGB diametral entgegengesetzte Gefahrtragungsregel und führt zu einer ebenso einseitigen Lösung: Eine Partei trägt die Leistungsgefahr, nur ist es statt des Rücktritts- oder Wandelungsgegners der Rücktrittsoder Wandelungsberechtigte. Zwar scheint es näher zu liegen, den Berechtigten die Leistungsgefahr tragen zu lassen, weil sich die Sache im Zeitpunkt des Untergangs oder der Verschlechterung in seinem Gefahrenbereich befand. Das trifft aber insbesondere nicht auf die Fälle zu, in denen die Kaufsache infolge des zur Wandelung berechtigenden Mangels untergeht 95 oder aufgrund desselben Umstandes, etwa einer Naturkatastrophe, auch beim Verkäufer untergegangen wäre (vgl. § 287 S. 2 BGB). Eine vom Gesetz vorgeschriebene, wenn auch nicht immer befriedigende Lösung kann nicht durch eine Lösung ersetzt werden, die in ihrem Gerechtigkeitsgehalt ebenfalls nicht überzeugend ist. Entgegen der häufigen Kritik 96 widerspricht § 350 BGB den allgemeinen Gefahrtragungsregeln der §§ 323 Abs. 1, 446 BGB nicht. Vielmehr erklärt sich das Rückspringen der Sachgefahr auf den Verkäufer gerade aus § 446 BGB. § 446 BGB knüpft an die Ubergabe der Kaufsache neben dem in Abs. 1 S. 1 angeordneten Gefahrübergang auf den Käufer zwei weitere Rechtsfolgen: Mit der Ubergabe gebühren dem Käufer gem. Abs. 1 S. 2 zum einen die Nutzungen der Kaufsache, zum anderen trägt er die Lasten der Sache. Obwohl er dinglich noch nicht Eigentümer der Kaufsache ist, wird dem Käufer gem. §446 Abs. 1 BGB mit der Übergabe schuldrechtlich im Verhältnis zum Verkäufer die Rechtsstellung des Eigentümers zugewiesen: Er, nicht der Verkäufer ist für die Sache verantwortlich und hat deren Lasten zu tragen; ihm, nicht dem Verkäufer stehen die Nutzungen der Sache zu. Diese Stellung verliert der Käufer, wenn er vom

94 Abi. auch Glaß, Rücktritt (1959) S. 23 ff., 98 f.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) §39 II S. 169; Weitnauer N J W 1970, 637, 638; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 211 ff.; Esser/ Schmidt I l 8 (1995) §19 II 2 S.311 f.; E r m a n I H . P. Westermann9 (1993) §350 Rn.2; MünchKomm/JanßerP (1994) §350 Rn.6; Staudinger/Oito 1 3 (1995) §327 Rn. 10; Palandt///ez>2richs5s (1999) § 350 Rn. 3; Büdenhender JuS 1998, 325, 326 und Ders. demnächst in AcP 200 (2000) unter V 2 und 4 a; siehe auch Schwenn AcP 152 (1952/53), 138, 149; Flessner N J W 1972, 1777, 1780 Fn. 33. Die analoge Anwendung der im gegenseitigen Vertrag geltenden Gefahrtragungsvorschriften hatte auch die Erste Kommission ausdrücklich abgelehnt: Jakobs/Schubert §§ 241 - 432 (1978) S. 585 f.; siehe auch Prot. I S. 793. 95 Auch beim Untergang aufgrund eines Sachmangels verlöre der Wandelungsberechtigte analog §323 Abs.l BGB seinen Wandelungsanspruch, wenn man nicht §323 Abs. 1 BGB erweiternd dahin auslegt, daß der Verkäufer außer Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 BGB auch Sachmängel im Sinne der §§ 459 ff. BGB zu vertreten hat. 96 E. Wolf AcP 153 (1954), 97, 140 f f . ; von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S.621, 631= Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 177; Wieling JuS 1973, 397, 398; Leser, Rücktritt (1975) S. 190 ff.; Enneccerus/Lehmann15 (1958) § 39 II S. 162.

A. Rücktritt

und

Wandelung

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Kaufvertrag zurücktritt oder diesen wegen eines Sachmangels wandelt. Mit Rücktritt oder Wandelung fällt das Recht auf die Nutzungen aus der Kaufsache gem. §§ 347 S. 2,987 BGB auf den Verkäufer zurück 97 ; entgegen § 446 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht mehr der Käufer, sondern der Verkäufer verpflichtet, die notwendigen Verwendungen auf die Kaufsache zu tragen. Weisen Rücktritt und Wandelung die Nutzungen und die Lasten der Sache aber wieder dem Verkäufer zu, muß auch die mit der Übergabe der Kaufsache gem. §446 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Käufer übergegangene Gefahr auf den Verkäufer zurückspringen: Der Leistungsgegenstand ist nicht mehr dem Käufervermögen, sondern dem Vermögen des Verkäufers zugeordnet. Diese Konsequenz zieht § 350 BGB: Der Käufer erhält trotz des zufälligen Untergangs der Kaufsache den gezahlten Kaufpreis zurück 98 . Die Gefahrtragungsregel des § 350 BGB trifft den Rücktritts- oder Wandelungsgegner auch nicht zu hart. Zunächst wird § 350 BGB durch die Beweislastverteilung gemildert: Nach den allgemeinen Grundsätzen der §§282, 285 BGB muß der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte beweisen, daß er den Untergang der Sache nicht verschuldet hat, und damit, daß Rücktritt oder Wandelung trotz des Untergangs oder der wesentlichen Verschlechterung der Sache zulässig sind 99 . Der Rücktritts- oder Wandelungsgegner trägt damit zwar das Zufallsrisiko, der Rücktritts- oder Wandelungsberechtigte aber das Risiko der Unaufklärbarkeit der Schadensursache 100 . Zudem sind die §§ 350, 351 BGB abdingbar 101 . Außerdem hat der Rücktritts- oder Wandelungsgegner, wenn der Berechtigte den Leistungsgegenstand versichert hat oder ihm Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger zustehen, gem. §281 BGB Anspruch darauf, anstelle der untergegangenen Leistung das stellvertretende commodum zu erhalten 102 , und kann, wenn der Berechtigte die Sache schuldlos gebraucht oder 97

Vgl. auch Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 357 f. Positiv bewerten § 350 BGB: Weitnauer N J W 1970, 637, 638; Flume N J W 1970, 1161, 1164 f.; Flessner N J W 1972, 1777, 1780 f.; Wiedemann in Festschrift Köln (1988) S.367, 393; Bremecker, Bereicherungsbeschränkung (1982) S. 50 ff., 119 ff.; SoergzV Haddingn (1990) §350 Rn. 1; Kohler, Rückabwicklung (1989) S. 356 ff. und Ders. W M 1993, 45, 51 ff.; siehe auch Büdenhender JuS 1998, 325, 326 f.; für die gesetzlichen Rücktrittsrechte auch Blomeyer SR4 (1969) § 35 III 2 a S. 211. Als hinnehmbar bezeichnen das Zurückspringen der Gefahr auf den Verkäufer: E r m a n / H . P. Westermann9 (1993) § 350 Rn. 2; Staudinger/Oiio 1 3 (1995) § 327 Rn. 10f.; Palandt/Heinrichs 5 * (1999) § 350 Rn.3; siehe auch Esser/Schmidt I l 8 (1995) § 19 II 2 S.311 f.; MünchKomm/Janßen3 (1994) § 350 Rn.4. 99 R G vom 13.1.1904 - V 533/03 - R G Z 56, 258, 261 (Kellerrecht); vom 9.12.1903 - V 251/ 03 - R G Z 56, 267, 270 (Hotelgrundstück); vom 19.2.1910 - V 186/09 - Recht 1910 Nr. 1238; vom 23.10.1974 - VIII 143/73 - LM § 351 BGB Nr. 5 = N J W 1975, 44 = WM 1974,1231,1232 (Hausboot); vom 29.10.1980 - VIII ZR 148/79 - W M 1980, 1388, 1389 (Lichtkuppeln); Baumgärtel/Strieder2 (1991) § 351 Rn. 2. Allg. zur Beweislast Staudinger/Kaiser 13 (1995) § 351 Rn. 72. 100 Soergel/Huber 1 2 (1991) § 467 Rn. 12. 101 Ausführlich Staudinger/Kaiser™ (1995) § 350 Rn. 16 f. Siehe auch Mot. II S. 282 f.; Prot. IS. 791. 102 Unten § 5 A.III. 98

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| 5 Unmöglichkeit

der

Rückgewähr

verbraucht hat, Ersatz der Gebrauchsvorteile gem. §§347 S. 2, 987 Abs. 1 B G B verlangen 103 . Akzeptiert man die Gefahrtragungsregel des § 350 B G B , schließen der Untergang oder die Verschlechterung des Leistungsgegenstandes Rücktritt und Wandelung jedenfalls in drei Fällen nicht aus: Zufällig im Sinne des § 350 B G B ist erstens der Untergang oder die Verschlechterung aufgrund des Umstandes, der den Grund für den Rücktritt oder die Wandelung bildet. Insbesondere behält der Käufer seinen Wandelungsanspruch, wenn die Kaufsache aufgrund des zur Wandelung berechtigenden Sachmangels untergegangen ist, etwa das gekaufte Auto bei einem auf die defekten Bremsen zurückzuführenden Unfall erheblich beschädigt worden ist 104 . Auf dem zur Wandelung berechtigenden Sachmangel beruht die Herausgabeunmöglichkeit auch dann, wenn die Kaufsache gepfändet oder versteigert wird, weil der Berechtigte sie wegen des Mangels nicht gewinnbringend einsetzen, etwa ein Kraftfahrer mit dem gekauften Lastwagen nicht fahren und deswegen den für den Kauf aufgenommenen Kredit nicht abzahlen kann 105 . Ist die verkaufte Sache dem Eigentümer gestohlen worden und gibt der Käufer diese, weil ihm der Verkäufer nicht wirksam Eigentum verschaffen konnte, an den Eigentümer heraus, hindert dies den Rücktritt wegen Rechtsmangels gem. §§440 Abs. 1, 326 Abs. 1 S.2 B G B ebenfalls nicht 106 : Wie der Untergang der Sache aufgrund eines Sachmangels geht es zu Lasten des Verkäufers, wenn der rücktrittsberechtigte Käufer die Sache wegen Rechtsman-

Unten § 6 A.I.2 und § 6 A.I.3. Honseil MDR 1970, 717, 719, der §350 B G B auf diesen Fall teleologisch reduzieren will; von Caemmerer in Festschrift Larenz (1973) S. 621, 628 = Gesammelte Schriften III (1983) S. 167, 174; Soergel/Huber u (1991) §467 Rn. 10; Erman/Grunewald 9 (1993) §467 Rn.3; Wieling JuS 1973, 397, 399; so auch der Vorschlag der Schuldrechtskommission mit § 346 Abs. 3 Nr. 2 BGB-KE, Abschlußbericht (1992). 105 RG vom 21.6.1913 - V 61/13 - Recht 1913 Nr. 2856 (Hausgrundstück); vom 20.3.1940 - II 158/39 - HRR 41 Nr. 69 (Lastkraftwagen); Glaß, Rücktritt (1959) S. 66 f.; Leser, Rücktritt (1975) S. 188; a.A. RG vom 25.3.1914 - V 482/13 - Recht 1914 Nr. 1821 (Wirtschaftsgrundstück). 106 BGH vom 28.3.1952 - I ZR 111/51 - BGHZ 5, 337, 340 f. = JZ 1952, 527, 528 (Mercedes-Benz-Kabriolett) mit der wenig überzeugenden Begründung, der dingliche Anspruch des Eigentümers aus § 985 BGB sei stärker als der obligatorische Rückgewähranspruch des Verkäufers aus § 346 S. 1 BGB; in diese Richtung mit dem Argument, der Käufer käme einer Rechtspflicht nach, die auch der Verkäufer erfüllen müßte, Esser II 4 (1971) § 62 II 2 a S.21; Erman/Weitnauei* (1989) §440 Rn.24; Staudinger/Köhler" (1995) §440 Rn.31; Stumpp JuS 1964, 310, 313. Im Ergebnis ebenso Müller-Laube AcP 183 (1983), 215, 245 f.; Kohler, Rückabwicklung (1989) S.395 ff; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht6 (1997) Rn.246; KGKK/Ballhaus" (1976) §351 Rn. und §350 Rn. 1; RGRK/ATezger12 (1978) §440 Rn. 8; Soergel/Hadding' 2 (1990) §351 Rn. 6; Soergel/Huber n (1991) §440 Rn.42; Erman/Grunewald 9 (1993) §440 Rn. 6; Erman/H. P. Westermann9 (1993) §351 Rn.6; MünchKomm//^