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German Pages 33 [41] Year 1897
Die
WMm ife.s 3Uaisenrfttes. Kill prMWr Leilfa-en für
Wslsenräte und Verwaltungsbeamte bearbeitet von
F. Baum Amtsgericht5rat und vorinundschaftsrichter des Anitsgerichts Görlitz.
Zweite verniebrte und verbesserte Auflage.
Berlin H897. 3. 3- Seines Verlag.
Abkürzungen. Absatz = Abs. Allgemeines preußisches Landrecht = Allg.L R. Bürgerliches Gesetzbuch = B G B. Civilprozeßordnung = C.P.O. Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung --- Ges. ü. d. allg. L.Verw. Gesetzsammlung = G.S. Konkursordnung = K.O. Kreisordnung = Kr.O. Landgemeinde-Ordnung = Landgem.O. Ministerialblatt für innere Verwaltung = M.Bl. f. i. V. Seite — S. Städteordnung = St.O. Strafgesetzbuch = St.GB. Vormundschaftsordnung = VO. Zuständigkeitsgesetz = Zust.G.
Inhaltsverzeichnis. Seite
L Organisation des Waisenrates............................... 1—5 1. Das Waisenratsamt............................................. 1 2. Wahl des Waisenrates....................................... 2 3. Verpflichtung des Waisenrates........................ 3 4. Welche Personen find von der Gemeinde zu Waisenräten zu wählen?................................ 4 5. Verbindung des Waisenrates mit der Armenkommisfion............................................... 4 6. Verbindung des Waisenrates mit der Schulkommisfion...................................................... 4,5 7. Der Waisenrat benachbarterGemeinden ... 5 8. Anzeige seitens der Aufstchtsbehörde an das Vor mundschaftsgericht von der Verpflichtung der Waisenräte.......................................................... 5
II. Thätigkeit und Wirksamkeit des Waisenrates 5-28 1. Die vom Waisenrat zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen........................................................... 6,7 2. Aufsicht des Waisenrates über die Mündel a. bei der gerichtlich eingeleiteten Vormundschaft 8,9 b. bei den nach dem Gesetz vom 13. März 1878 in Zwangserziehung gebrachten Kindern 10 3. Verpflichtung des Waisenrates des bisherigen Aufenthaltsortes des Mündels, bei einem Wechsel des Wohnortes seitens des letzteren den Waisenrat des neuen Aufenthaltsortes von diesem Verzüge zu benachrichtigen . . 10,11
Seite
4.
Ersuchen des Vormundschaftsgerichls an den Waisenrat um Benennung eines Vormundes oder Gegenvormundes.......................... 12
5.
Verpflichtung des Waisenrates, die Verhältniffe der als Vormünder vorzuschlagenden Personen — insbesondere bei Vormundschaften mit Ver mögensverwaltung — zu prüfen .... Beim Vorschläge eines Vonnundes oder Gegen vormundes vom Waisenrat zu beachtende ge setzliche Bestimmungen.......................... 13,14
6.
7. 8. 9.
13
Gesetzlich berufene Vormünder......................... 14 Die Mutter als Vormund ihrer Kinder ... 15 Der durch eine gesetzlich gültige Urkunde berufene Vormund..........................................................15,16 10. Religiöses Bekenntnis ......... 16 11. Zur Führung der Vormundschaft unfähige Personen ........................................................... 16-19 12. Gesetzliche Vormundschaft.....................................19-22 a. Gesetzlicher Vormund eines unehelichen Kindes ist der Vater der Mutter desselben 19 b. Benachrichtigung des Waisenrates von der gesetzlichen Vormundschaft, verbunden mit dem Ersuchen um Mitteilung über Fähig keit bezw. Unfähigkeit des mütterlichen Großvaters eines unehelichen Kindes zur Führung der Vormundschaft über dasselbe 20 c. Antwortschreiben des Waisenrates ... 21 d. Benachrichtigung des Vaters der unehelichen Mutter davon, daß er gesetzlicher Vormund seines Enkels sei.................................... 21 e. Die Verpflichtung einer unehelichen Mutter als Vormund ihres Kindes ist in der Regel zu unterlassen......................................... 22 f. Der Vater eines unehelichen Kindes darf nie dessen Vormund werden............... 22
Seite
13.
Ter Stiefvater als Vormund...........................
14.
Gesetzliche Ablchnungsgründe bezüglich der Ueber
15.
nahme einer Vormundschaft................. 23,24 Beamte als Vormünder........................................ 23,24
16.
Notwendigkeit
einer
Rücksprache
Waisenrates mit der
feiten-
des
als Vormund vorzu
schlagenden Person................................
17.
23
24
Einholung einer Auskunft über die Verhaltniffe
einer vorzuschlagenden Person bei der Ortspolizeibehörde oder dem Ortsgeistlichen
.
.
18.
Verzeichnis A über gesetzliche und gerichtlich ein
19.
geleitete Vormundschaften..................... Verzeichnis B betreffend Eintragungen
20.
Nutzen der obigen Verzeichniffe und ihre Be
21.
Ersuchen deS Dormundschastsgerichts
25
25 beim
Wechsel des Wohnortes seitens der Mündel
26
handlung durch den Waisenrat.......... 26-28
an
den
29
Waismrat um Benennung eines Pflegers
22.
Pflegschaften, bei denen der Waisenrat keinen
Pfleger vorzuschlagen hat und keine Benach richtigung von der Verpflichtung deS Klägers
erhalt............................................................
29
IIL Geschäftsverkehr deS WaifenrateS mit dem DormuudfchaftSgericht............................... 30 IV. Geschäftsführung deS WaifenrateS .... 30-31 Ausgabenbuch....................................................................
31
Vorwort zur zweiten Auflage. Die in dem „Jrmstischen Litteraturblatt" 9kr. 63 vom 15. März 1895 enthaltene Kritik hat den Verfasser dieses praktischen Leitfadens, dessen erste Auflage bereits vergriffen
ist, veranlaßt, in der vorliegenden zweiten Auflage die ge rügten Mängel möglichst abzustellen.
Daß die kleine Schrift neben den mehrfach vorhandenen ähnlichen doch, wie der schnelle Umsatz erwiesen hat, brauch
bar gewesen ist, gereicht dem Verfasser zur größten Freude, verpflichtet chn aber gleichzeitig zum Dank denjenigen Herren
gegenüber, welche für die Verbreitung des Merkchens thätig
gewesen sind. Außer auf Abstellung der der ersten Auflage anhaftenden
Mängel ist Verfasser auch darauf bedacht gewesen, die von
den verschiedenen Behörden inzwischen erlassenen Verfügungen thunlichst zu berücksichtigen, und erlaubt sich an dieser Stelle
namentlich
Herrn Pastor Schmogrow-Kummerwitz,
Kreis
Görlitz, seinen verbindlichsten Dank für die Zustellung der Verordnungen der geistlichen Oberbehörden, sowie für zahl
reiche
andere nützliche Minke geziemend zum Ausdruck zu
bringen. Verfasser bittet auch diese
zweite Auflage
freundlich
aufnehmen zu wollen.
Görlitz, im April 1897.
Der Verfasser.
L HrganWion -es DaisenraLes. Das durch die Vormundschasts-Ordnung vom 5. Juli
eingeführte
1875
des Waisenrates
nach
ist
§
52,
„Dem Vormundschastsgericht sind für jede Gemeinde,
oder
Amt
welcher wie folgt lautet: für örtlich
abzugrenzende Gemeindeteile
ein oder mehrere Ge
meindeglieder als WaifenrSte zur Seite zu setzen.
Für benachbarte Gemeindebezirke können dieselben Personen zu Waisenraten bestellt werden. DaS Amt deS Waisenrates ist ein unentgeltliches Gemeinde amt.
Durch Beschluß
der Gemeindebehörde
kann
das Amt
des
Waisenrats besonderen Abteilungen der Gemeindeverwaltung über;
tragen
oder
mit
schon
bestehenden
der
Organen
Gemeinde
verwaltung verbunden werden.
Aus
selbständige
Gutsbezirke
findm
die
vorstehenden Be-
sttmmungen mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die
Waisemäte von dem Gutsvorsteher ernannt werden"
ein unentgeltliches Gemeindeamt und wird in der Gemeinde
von
einem
oder mehreren Gemeindegliedern
als Waisen
räten versehen.
Das Amt, wie die Person, welche es bekleidet, führt den Namen „Waisemat"^. *) Das B.G.B. hat dem von der B.O. eingeführten Waisen rat den Namen „Gemeinde-Waisenrat" gegeben und damit, wie es in der Denkschrift zum Entwurf deS B.G.B. heißt, „der Gemeinde eine gewisse Mitwirkung bei der Führung der Obervormundschaft gesichert."
9
2.
Wahl des Waiscnrates.
Die Wahp) des Waisenrats wird in den Ltädten von
dem Magistrat nach Anhörung der Stadtverordneten, auf dem
Lande
von
der
Gemeinde-Versammlung
Gutsvorständen bewirkt.
bezw.
den
Jedes stinnnfähige Gemeindeglied
ist verpflichtet, das Amt eines Waisenrats, welches in der Regel lebenslänglich ist, zu übemehmen und 3 Jahre lang zu verwalten, falls ihm nicht Entschuldigungsgründe^», wie
das Alter von 60 Jahren,
dauernde Krankheit,
die Ver
waltung eines Staats- oder eines anderen Gemeindeamtes, Geschäfte,
welche eine
häufige oder lang andauernde Ab
wesenheit vom Wohnort mit sich bringen, oder Verhältnisse, welche nach dem Ermessen^) der Behörden eine gültige Ent
schuldigung begründen, zur Seite stehen. Dasjenige Gemeindeglied, welches sich ohne gesetzlichen
Entschuldigungsgrund weigert^), das Amt eines Waisenrats zu übernehmen oder 3 Jahre lang zu verwalten, oder welches als
gewählter Waisenrat
verwaltet,
sein Amt nicht ordnungsgemäß
kann der Ausübung
der Gemeinderechte bezw.
seines Rechts auf Teilnahme an der Vertretung und Ver
waltung der Stadt bezw. des Kreises für einen Zeitraum
von 3—6 Jahren auf Beschluß des Magistrats bezw. Kreisarrsschusses
für verlustig
erklärt werden und um ’/g—
2) Städteordnung v. 30. Mai 1853, S. 56 und die Vor schriften der einzelnen Landgemeinde-Ordnungen. 3) § 74 der St.O. und § 65 d. Landgem. Ord. v. 3. Juli 1891, G.S.S. 233. 4) Über den von dem Gemeindegliede geltend gemachten Entschuldigungsarund entscheidet in den Städten der Magistrat, auf dem Londe der Kreis - Ausschuß durch Beschluß. Dieser Beschluß ist durch Klage bei dem Bezirksausschuß anfechtbar. § 60 des Ges. v. 26. Juli 1876, § 8 der Kr.O. v. 13. Dez. 1872 u. tz 4 des Ges. ü. d. allg. L.Berw. v. 30. Juli 1883, G.S.S. 195. °) 8 74 der St.O., 8 10 des Zust.G. vom 1. Aug. 1883, 8 8 der Kr.O. vom 13. Dez. 1872 und 8 4 des Ges. ü. d. allg. L.Berw. vom 30. Juli 1883.
3.
Verpflichtung deS Waisenrats.
3
stärker als die übrigen Stadt- bezw. Kreis-Eingeseffenen zu
den Kommunal- bezw. Kreis-Abgaben herangezogen werden^). Die Verpflichtung des WaisenrateS findet nur durch die Gemeindeorgane, also Magistrat bezw. Landrat, bezw. Guts-
vorstand, nicht aber durch das Bormundschastsgericht statt. Daher untersteht der Waisenrat nicht der Aufficht des Bornumdschaftsgerichtes,
wohl aber hat dieses,
wenn fich bei
der Bestellung eines Waisenrates ergiebt, daß eine durchaus
unwürdige Persons gewählt und verpflichtet ist, das Recht der Beschwerde bei denjenigen politischen Behörden, welche
die Aufsichtb) über den Waisenrat haben.
Dasselbe Recht
hat es auch, wenn der Waisenrat in der Geschäftsführung Pflichtwidrigkeiten und Verzögerungen begeht.
Die V.O. stellt an die Waisenräte hohe Anforderungen. Es
find
daher
zu Waisenräten
nur
solche Männers zu
wählen, von denen zu erwarten steht, daß sie, durchdrungen von dem Bewußtsein der ihnen obliegenden Pflichten, mit
«) § 65 der Landgem.Ord. v. 3. Juli 1891, G.S.S. 233. 7) AIS durchaus unwürdig ist die Person zu bezeichnen, von der amtlich bekannt ist, daß sie einen unsittlichen Lebenswandel führt, ein Trunkenbold ist, oder in früherer Zeit sich strafbarer Handlungen, insbesondere Sittlichkeits» und Eigentums«Vergehen schuldig gemacht hat. ®) Die Aufsicht über die Waisenrate führt in den Städten der Magistrat, auf dem Lande der Kreis-Ausschuß, vertreten durch den Vorsitzenden, den Landrat § 56 Nr. 6 d. St.O., §§ 24 u. 36 d. Zust.G. Die Beschwerde in weiterer Instanz ist an den Regierungs präsidenten bezw. Oberpräsidenten zu richten. ®) Die Verfügung des Herrn Oberpräsidenten der Provinz Schlesien vom 12. Nov. 1895 empfiehlt die Wahl der Herren Geistlichen in den Waisenrat. Es ist dies sehr wünschenswert, da diese Herren die Mitglieder ihrer Gemeinde kennen und imstande sind, die geeigneten Personen zu Vormündern in Vorschlag zu bringen. Demzufolge sind im hiesigen Gerichtsbezirk fast alle Herrm Geistlichen auf dem Lande im Waisenrat und führen darin den Vorsitz. Das VormundschastSgericht steht im regsten Verkehr mit ihnen und kann ihre Wahl in den Waisenrat nur befürworten.
4
4. Welche Pers, sind o. d. Gem. -u Waisenraten zu wählen?
Eifer und Einsicht an der Erziehung von Mündeln teilnehmen und das ihnen von der Gerneinde geschenkte Der-
trauen rechtfertigen werden.
Nach Abs. 1 des § 52 d. A.O.
kann das Waisenratsamt einem oder mehreren Gliedern der
Gemeinde und nach Abs. 4 besonderen Abteilungen
der
Gemeindeverwaltung übertragen oder mit schon bestehenden
Organen der Gemeindeverwaltung verbunden werden.
Dem
entsprechend werden sowohl in den Städten wie auf dem Lande meist mehrere Personen zu Waisenräten gewählt und
die Geschäfte von dem Vorsitzenden des Waisenrates geführt. Eine Verbindung des Waisenrats in den Städten mit
den Armenkommisfionen wird von vielen für unzweckmäßig gehalten,
weil die Thätigkeit des Waisenrats nur in der
Fürsorge für das geistige und leibliche Wohl des Mündels
gipfele,
die Armenkommission dagegen das
teresse der Armenverwaltung wahrnehme.
finanzielle In
Verfasser kann
sich dieser Ansicht nicht anschließen, weil gerade die Shmienkommission in einer Stadt besonders Gelegenheit hat. in die
Verhältniffe der ärmeren Volksklassen Einblick zu erhalten und Mittel und Wege zu finden, um der Verwahrlosung in
solchen Verhältnissen aufwachsender Kinder vorzubeugen.
Auch eine Verbindung des Waisenrates mit der Schul kommission dürfte zu empfehlen sein, da diese als Aufsichts
behörde der Schule mit dem Lehrer^) in unmittelbarer Ver bindung
steht und von ihm daraus aufmerksam
gemacht
werden kann, inwiefern in der Erziehung des von unterrichteten Mündels eine Änderung eintreten muß.
ihm In
größeren Städten besteht meist ein Zentralwaisenrat unter
10) Die Versüguna des Herrn Präsidenten der Kgl. Negierung zu Liegnitz vom 20. April 1896 bestimmt, daß die Lehrer auf die schulpflichtigen Kinder, welche sich in Ziehe befinden, ein wachsames Auge haben sollen, und daß, wenn ihre persönliche Einwirkung auf die Pflegeeltern zu keinem Erfolge führe, sie die Vernachlässigung dem Vormunde, Waisenrate oder der Polizei anzuzeigen haben.
5. Verbind. beS Waisenr. rc. — 6. Verpflicht. deS Magistrats rc.
5
einem Vorfitzenden, der die Geschäfte des gesamten Waisen rates der Stadt führt, und dürfte sich hier allerdings eine Verbindung desselben mit einer Armen- oder Schulkommisfion dann wohl erübrigen. Nach Abs. 2 des § 52 d. V.O. können für benach barte Gemeindebezirke dieselben Personen zu Waisenräten gewählt werden. Dies ist jedoch wenig empfehlenswert, weil das betreffende zum Waisenrat gewählte Gemeinde glied auf dem Lande erfahrungsgemäst an und für sich schon wenig Interesse für die in der Gemeinde wohnenden Mündel hat, um Mündel aber, die in einer Nachbargemeinde wohnen, sich noch viel weniger kümmert. Wenn aber zwei benach barte Gemeinden einen gemeinschaftlichen Waisenrat von mehreren Personen gewählt haben imb das eine Mitglied dieses Waisenrates verzieht aus der Gemeinde in einen anderen Bezirk, so scheidet dieses Gemeindemitglied damit auch aus dem Waisenrate aus, und die Verwaltungsbehörde hat eine Neuwahl zu veranlassen. Leider kommt es in der Praxis vor, daß die Aufsichtsbehörde die unter ihr stehende Gemeindebehörde nicht genügend kontrolliert und ein aus der Gemeinde verzogenes Gemeindeglied, das bisher das Amt eines Waisenrates bekleidet hat, in den Waisenrats listen weiter führt. Die Gemeinden, und zwar in den Städten der Magistrat, auf dem Lande der Landrat als Vorsitzender des Kreisausschusses, haben die Verpflichtung, dem Vormundschaftsgericht die ginnten der verpflichteten Waisenräte mitzuteilen"), und, wenn Waisenräte ihr Amt niedergelegt haben oder durch den Tod ausgeschieden sind, dies anzuzeigen, sowie die an Stelle derselben neu gewählten Waisenräte namhaft zu machen. n) Reskript Sr. Exc. des Ministers des Inneren vom 3. Nov. 1875, M.Bl. f. d. i. V., S. 269.
6
Die von d. Waismr. zu beachtenden gesetzt. Bestimmungen.
IL Sie Migkeit Mö Mrksmkett -es Aaiseurals. Die Besümmungen der V.O., welche sich auf die Thätig keit deS Waisenrats beziehen und von ihm zu beachten sind, find folgende: § 11.
„Minderjährige*) erhalten einen Vormund, wenn sie
nicht unter väterlicher^) Gewalt stehen, wenn die väterliche Gewalt
nach den Vorschriften deS bürgerlichen Rechts ruljt8) oder wenn ihr Vater selbst bevormundet ist4* ).2* 6* 7 § 81.
1.
Großjährige erhalten einen Vormund:
wenn sie für geisteskrank erklärt sind;
2.
wenn sie für Verschwender erklärt sind;
3.
wenn sie taub,
stumm oder blind,
und hierdurch an Be
sorgung ihrer Rechtsangelegenheiten gehindert sind.
§ 61.
Die Vormundschaft hört auf, wenn der Mündel die
Großjährigkeit^) erreicht, wenn er für großjährig8) erklärt wird, wenn er in väterliche Gewalt tritt und wenn das Ruhen der väterlichen Gewalt oder die Bevormundung des Vaters aufhört*^.
*) Nach dem Reichsgesetze v. 17. Februar 1875 dauert die Minderjährigkeit bis zum vollendeten 21. Lebensjahre. §§ 2 u. 1773 d. B.G.B. 2) Zu dieser Kategorie gehören eheliche und uneheliche Kinder, deren väterlicher Gewalthaber gestorben ist. 3) Die väterliche Gewalt ruht, wenn der Vater zu mehr als zweijähriger Gefängnisstrafe verurteilt ist. § 255 Tit. 2 T. H. Allg.L.R. 4) Wenn der Vater zu Zuchthaus oder mehr als 10 jähriger Gefängnisstrafe verurteilt ist. § 255 Tit. 2 T. II. Allg.L.R. oder, wenn der Vater wegen Geisteskrankheit oder Verschwendung entmündigt und unter Vormundschaft gestellt ist. § 261 Tit. 2 T. H. Allg.L.R. 6) Der Mündel muß das 21. Lebensjahr vollendet haben. 6) Die Großjährigkeitserklärung ist nach vollendetem achtzehnten Lebensjahre zulässig. Abs. 2 des § 61 d. 93.C. 7) Bei der Adoption durch einen Dritten, § 666 Tit. 2 T. II. Allg.L.R., und wenn der Vater eines unehelich geborenen Kindes deffen Mutter heiratet und vor dem Standesamt daS Kind als (ein eheliches anerkennt §§ 25, 26 des Gesetzes vom 6. Febr.
Die von d. Waisenr. zu beachtenden gesetzl. Bestimmungen.
7
einen Großjährigen
hört
§ 84.
Die Vormundschaft
über
auf, wenn der Grund zu deren Einleitung gehoben ist; die über einen Abwesenden
namentlich auch,
wenn derselbe für tot, für
verschollen oder im Bezirk deS AppellationSgerichtShofeS zu Köln
für abwesend erklärt worden ist. § 53.
Der Waisenrat hat die Aufsicht über daS persönliche
Wohl deS Mündels und über dessen Erziehung zu führen, ins besondere Mängel oder Pfiichtwidrigkeiten, welche er bei der körper
lichen oder sittlichen Erziehung des Mündels wahrnimmt, -anzu-
-eigen, auch auf Erfordern über die Person des Mündels Auskunft zu erteilen. Er hat diejenigen Personen vorzuschlagen, welche im einzelnen
Falle zur Berufung als Vormund ober Gegenvormund geeignet erscheinen.
§ 54.
DaS Vormundschaftsgericht hat dem Waisenrate deS
Bezirks, in welchem der Mündel wohnt, von der einzuleitenden
Vormundschaft, sowie in den Fällen des zweiten Absatzes des § 12 und des § 13 von der gesetzlichen Vormundschaft Kenntnis zu geben und den Vormund namhaft zu machen. Von
der Verlegung
der Wohnung
des Mündels
andere Gemeinde oder einen anderen Bezirk, den Waisenrat zu benachrichtigen.
in eine
hat der Vormund
Dieser hat dem Waisenrate
deS neuen Aufenthaltsortes Kenntnis zu geben.
§ 91.
Auf die Pflegschaft
finden
die Vorschriften dieses
Gesetzes über die Vormundschaft entsprechende Anwendung;
die
Bestellung eineS Gegenvormundes ist nicht erforderlich.
Die Pflegschaft hort auf, wenn der Grund zu deren Ein leitung gehoben ist.
Was also die Thätigkeit und den Wirkungskreis des Waisenrates anlangt, so liegt der eigentliche Kern- und Schwerpunkt seiner gesamten Thätigkeit in der Aufsicht über das persönliche Wohl der in seinem Bezirke wohnenden Mündel und deren Erziehung. 1875. Die Bevormundung des entmündigten Vaters hört auf, wenn die Entmündigung durch Beschluß des Amtsgerichts auf gehoben ist. § 616 C.P.O.
8
Aufsicht d. WaisenratS. a) Gericht!, eingeleit. Vormundschaft.
Bis zum Erscheinen der V.O. übte die Aufsicht über bcn Mündel der Vormund in Gemeinschaft mit dem Dor-
mundschastsrichter aus.
Damals wurden alljährlich die so-
gmannten Erziehungsberichte von den Vormündern ausgestellt, in der Regel dem Ortsgeistlichen übergeben und von diesem mit den etwa erforderlichen Bemerkungen versehen zu den Sehr oft nahm dann der
Dormundschaftsakten eingereicht.
Vormundschastsrichter Gelegenheit,
auf Grund der ihm er
statteten Berichte den Mündel und den Vormund zu laden und durch Rücksprache imb Ermahnungen in die Erziehung
des Mündels einzugreifen.
In dem vom Landrichter Max Schulhenstein bearbeiteten Dormundschaftsrecht des Professor Dernburg wird in § 30 S. 122 gesagt, daß ein vom Waisenrat dem Vonnundschafts-
gericht
etwa
alljährlich
zu erstattender
und
Mündel zweckmäßig wäre,
Bericht
über die
daß die Gemeinde denr
Waisenrat einen derartigen Bericht auferlegen könne.
Ein
solcher Bericht würde indeß nach Ansicht des Verfassers nur bezüglich derjenigen Mündel erforderlich und zweckmäßig sein,
welche durch ihre Führung zu Tadel und Erinnerungen
Anlaß geben; bei Mündeln,
gegen deren Betragen nichts
einzuwenden ist, erübrigt sich ein solcher Bericht vollständig, da er doch nur wie der größere Teil der Erziehungsberichte als wertloses Aktenmaterial zu betrachten sein würde. Gerade
durch die Einführung
des
Waisenratsamtes
find diese Erziehungsberichte entbehrlich geworden.
Der
Waisenrat steht inmitten seiner Gemeinde und
kann daher die Mündel und überwachen.
Er wird, wenn
deren Erziehung er es
am besten
ernst mit der über
nommenen Pflicht eines Waisenrates nimmt, seiner Befugnis gemäß jährlich wenigstens einmal sich von dem persönlichen
Wohl des Mündels überzerrgen, indem er den Mündel in seiner Behausung
aufsucht
oder
ihn durch den Vormund
bezw. die Organe der Ortsbehörde zu sich bestellt, um durch
Rücksprache
mit dem
Mündel
sich
Kenntnis
von
dessen
Charakter zu verschaffenb).
der Erziehung
Wenn der Waisenrat Mängel in
des
Mündels oder Pflichtwidrigkeiten des Vormundes wahrnimmt, so hat er dies dem Vormundschaftsrichter anzuzeigen, damit
dieser nach Anhörung des Vormundes und der des Mündels
Erziehung leitenden Personen die ihm zur Abhilfe der Mitzstände erforderlich scheinenden Maßregeln durch den bisherigen
oder einen neu zu verpflichtenden Vormund treffen kann. Dieses Aufsichtsrecht des Waisenrates bezieht sich aber
nur
auf
auf
seine
das persönliche Wohl
des Mündels,
Demnach
Vermögensverhältnisse.
keine Verpflichtung,
nicht
hat
er
aber also
über das Mündelvermögen zu wachen
oder gar über seine Anlegung und Verwaltung dem Vor
munde Vorschriften
zu machen,
indessen
gebietet
chm
die
Pflicht, über das persönliche Wohl des Mündels zu wachen, gewissermaßen doch auch,
Pflichtwidrigkeiten
falls er Unregelmäßigkeiten und
des Vormlrndes in der Verwaltung des
Mündelvermögens^) wahrnimmt, diese schleunigst dem Vor-
mundschaftsrichtcr anzuzeigen, damit der lässige und ungetreue Vormund zur Verantwortung gezogen
und nötigen Falles
seines Ehrenamtes entsetzt werden kann.
Der Waisenrat übt aber nicht bloß über die in den §§ 63, 54, 91 d. V.O.
befohlenen
die Aufsicht
genannten
aus,
Mündel und
sondern
Pflege
nach tz 9 d. G. v.
8) Um über die Erziehung des Mündels genau unterrichtet zu sein, dürste es sich für den Waisenrat empfehlen, Besprechungen mit den Vormündern einzuführen und in diesen Erziehung und Führung der Mündel, auf Grund der von ihm geführten Listen zu erörtern. Etivaige Übelstände kann er dann eventuell mit Hilfe des BormundschaftSrichters beseitigen lasten. ®) Das B.G.B. macht in § 1850 Abs. 2 diese bisher mo ralische Pflicht des Waisenrates zu einer gesetzlichen.
10
b) Über Kinder in Zwangserziehung. — Pflicht d. Waisenr.
13. Marz 1878 betreffend die Unterbringung venvahrloster Kinder G.S. S. 132 auch über die nach diesem Gesetz in Zwangserziehung gebrachten, nicht bevormundeten, unter väterlicher Gewalt stehenden Kinder. Die Kommunalverbände haben die Verpflichtung, dem Waisenrate des Aufenthalts ortes eines solchen Kindes von der Unterbringung und jedem Wechsel des Aufenthalts eines Zöglings Kenntnis zu geben. Der Waisenrat hat mithin, sobald ihm die Mitteilung wird, daß ein in Zwangserziehung genommenes Kind in seinem Bezirke sich aufhält, d. h. einer Familie gitr Erziehung über wiesen oder in die Lehre gegeben ist, sich um ein solches Kind zu kümmem. Der Waisenrat hat ferner auf Erfordern dem Vonnundschaftsrichter jederzeit über die Person des Mündels, also z. B. über die Wahl des Lebensbenlfes, die Adoption, die körperliche und sittliche Erziehung, sowie über die etwaige Hilfsbedürftigkeit Auskunft zu erteilen, und, wenn Streitig keiten über die Erziehung des Mündels zwischen der Mutter und dem Vormund entstehen und die Erziehung des Kindes der Mutter genommen werden soll, dem Vormundschaftsrichter auf Befragen seine Ansicht mitzuteilen. Für die Thätigkeit des Waisenrates enthält der oben angeführte § 54 in seinem zweiten Absätze eine sehr zu be achtende Bestimmung, gegen welche sowohl die Vormünder wie die Waisenräte häufig fehlen. Die Vormünder haben nänrlich die Verlegung der Wohnung eines Mündels in einen anderen Bezirk dem Waisenrat anzuzeigen. Ebenso hat dann der Waisenrat des bisherigen Aufenthaltsortes des Mündels die Pflicht, dem Waisenrat des neuen von dieser Verlegung Kenntnis zu geben. Beide kommen, wie die Praxis zeigt, nur in den seltensten Fällen dieser Verpflichtung nach. Die Vormünder wissen meist nicht, ob ein Mündel noch in ihrem Bezirk wohnt, und der Waisenrat achtet in-
folge des Unterlassens der Anzeige seitens des Vormundes
nicht darauf, ob ein Mündel in seinen Bezirk gezogen ist. Beiden muß die Beachtung des zweiten Absatzes des § 54
d. V.O. dringend empfohlen werden, damit Mündel, welche
zu Leichtsinn und Liederlichkeit neigen und ihrm Wohnsitz
mit einem neuen ost nur deshalb vertauschen, um möglichst weit von dem Vormunde und dem Waisenrate ihres Bezirkes
entfernt zu sein, von dem Waisenrate des neuen Wohnsitzes beobachtet und nötigen Falles bracht werdm können.
auf dm richtigm Weg ge
Die Praxis bietet hinrrichmd Bei
spiele davon, daß Mündel vom Lande nach der Stadt ziehen
und sich in dm Fabriken chrm Unterhalt suchen, um in ihren Bewegungm freier und einer Kontrolle durch dm Waisenrat mthoben zu werden.
Gerade für solche Fälle
ist die Beachtung der gesetzlichen Bestimmung dringend ge
boten und es dürfte sich gleichzeitig sehr empfehlm, daß der Waisemat, sobald er von dem Vormunde die Nachricht von
dem Verzüge des Mündels nach der Stadt erhält, sofort dem Waisemat der betreffendm Stadt mit der Anzeige des
Verzuges auch eine Schilderung des Lebens und des Cha rakters des betreffenden Mündels zukommen läßt. würde
durch
eine derartige rechtzeitige
Sicherlich
Anzeige
mancher
Mündel vor dem Untergange behütet werden sönnen, zumal
da der Waisemat des neuen Aufenthaltsortes unzweifelhaft auch befugt ist,
den in seinen Bezirk verzogenen Mündel
zu sich zu bestellen und, wenn nötig, zu verwarnen.
Unterläßt übrigens
ein Vormund
die Anzeige vom
Verzüge seines Mündels, so hat der Waisemat dem Vor
mundschaftsgericht davon Mitteilung zu machen, damit dieses
den Vormund zm ErMung
seiner Pflicht
erforderlichen
Falles durch Ordnungsstrafm anhalten kann. Nach Abs. 1 des Z 54 d. V.O.
schaftsgericht
hat das Vormund-
den Waisemat des Bezirks,
in welchem der
12
Ersuchen deS BormundschastSgerichtS an den Waisenrat.
Mündel wohnt, von der einzuleitenden Vormundschaft in
Kenntnis zu setzen und ihn um Benennung einer Person, welche als Vormund oder Gegenvormund verpflichtet werden
soll, zu ersuchen, und der Waisenrat hat nach Abs. 2 des § 54 b. B.O. diejenige Person, welche er zu diesem Amte sür geeignet erachtet, vorzuschlagen.
Bei diesem Vorschläge
ist jedoch der Waisenrat nicht an Personen seines Bezirkes gebunden,
er kann auch aus anderen Bezirken Personen,
welche in irgend einer Beziehung zum Mündel stehen, wie
z. B. Verwandte und Freunde der Eltern des Mündels oder solche Personen, die ihm zur Übernahme des Amtes geeignet erscheinen und sich dazu bereit erklären, machen.
Bevor er jedoch
namhaft
eine in einem anderen Bezirke
wohnende Person als Vormund
oder Gegenvormund in
Vorschlag bringt, wird er, wenn ihm über ihr Leben und
chren Charakter nichts bekannt ist, sich mit dem Waisenrate des Bezncks, in welchem der Vorzuschlagende wohnt, in Ver
bindung setzen müssen, um die erforderliche Auskunft zu er halten, damit nicht hinterher etwa sich ein Mißgriff offen
bart, sodaß die Entlassung des Vormundes bezw. Gegenvormundes nötig wird. Anträge des Vormundschaftsgerichts, welche den Vor
schlag oder die Begutachtung von Vormündern für uneheliche Kinder betreffen, sind von demjenigen Waisenrate zu erledigen,
in dessen Bezirke die Mutter wohnt, falls Mutter und Kind sich in verschiedenen Bezirken aufhalten sollten.
Bei Bestellung
eines Vormundes
für einen Geistes
kranken ist der Waisenrat des Bezirkes zuständig, in welchem der Geisteskranke vor seiner Unterbringung in einer Anstalt
gewohnt hat. Ergeht also an einen
mäß
nichtzuständigen
Waisenrat ge
§ 53 Abs. 2 d. V.O. die gerichtliche Aufforderung
zur Benennung eines Vormundes oder die Benachrichtigung
von der Verpflichtung eines Vormundes gemäß § 54 Abs. 1 d.
V.O., so muß diese unmittelbar dem zuständigm Waisenrate übersandt werden.
Eine Zurücksendung an das Bor
mundschaftsgericht würde eine unnütze Weiterung sein. Bei der Auswahl der Vormünder und Gegenvormünder hat der Waisemat mit ganz besonderer Smgfalt zu ver fahren und sich nicht bloß damit zu begnügen, irgend eine
beliebige Person, wie dies bedauerlicher Weise sehr oft ge
schieht, vorzuschlagen.
Er hat vielmehr bei der Auswahl
von Bormündem für begüterte Mündel die Zuverlässigkeit der vorzuschlagenden Person durch geeignete Ermittelungen
vorher festzustellen, damit die Mündel vor Dermögensnach-
teilen geschützt werden.
von Gegenvormündern
Ebenso muß er bei der Auswahl
namentlich
darauf sehen,
daß die
vorzuschlagenden Personen sich durch Geschäftsgewandtheit
auszeichnen
und
mit
dem Vormund weder
in verwandt
schaftlicher noch geschäftlicher Beziehung stehen, um dadurch ein
durch
derartige Verhältnisse leicht herbeigeführtes Zu
sammenwirken
des Vormundes und Gegenvormundes zum
Schaden des Mündels zu verhindern. Was die zu Vormündern und Gegenvormündem vor zuschlagenden Personen
insbesondere
anlangt,
so hat der
Waisemat zu beachten: 1. ob sie vom Gesetz als Vormünder oder Gegenvor münder berufen find;
2. ob sie zur Führung der Vormundschaft bezw. GegenVormundschaft fähig sind; 3. ob sie die Übemahme der Vormundschaft bezw.
Gegenvormundschaft ablehnen können.
Hinsichtlich der unter Nr. 1 gedachten berufenen Vor münder und Gegenvormünder hat der Waisenrat § 17 und
§ 83 Abs. 2 d. V.O. zu berücksichtigen: § 17. berufen:
„Als Vormünder sind in nachstehender
Reihenfolge
Gesetzlich berufene Vormünder.
14 1.
wer, ohne die väterliche Gewalt zu erwerben, den Mündel an KindeSstatt angenommen hat;
2.
wer von dem Vater in einem Testament oder in einer ge
oder
richtlich
notariell
geschriebenen
und
beglaubigten
eigenhändig
oder
unterschriebenen
Urkunde
be
nannt ist, sofern der Vater zur Zeit seines Todes die väter
liche Gewalt über den Mündel gehabt hat, oder unter Vor aussetzung
der
bereits erfolgten Geburt desselben
gehabt
haben würde, oder sofern der Vater bis zum Tode die Vor mundschaft geführt hat; 3.
die Mutter über ihre ehelichen, nicht an Kindesstatt hingegebenen Kinder;
4.
wer von der Mutter in der unter Nr. 2 bestimmten Form benannt ist, sofern die Mutter biS zum Tode die Vormund
schaft geführt hat;
5. 6.
der Großvater väterlicherseits;
der Großvater mütterlicherseits. Die Mutter ist nicht berufen, wenn sie mit einem anderen
alS dem Vater des Mündels verheiratet, oder wenn die Ehe mit
dem Vater des Mündels durch Urteil getrennt ist. Ist einer Ehefrau ein Vormund zu
bestellen, so darf vor
jedem nach diesem Paragraphen Berufenen der Ehemann bestellt werden.
§ 83.
Abs. 2.
Die
Ehefrau
ist zur
Führung der Vor-
mundschaft fähig und hat die in diesem Gesetz dem Ehemann
beigelegten Rechte."
Geht bei dem Vormundschaftsgerichte die Anzeige des
Standesbeamten über den
Tod eines Ehemannes, der mit
Hinterlassung von minorennen Kindern gestorben ist, ein, so richtet das Vormundschaftsgericht an die Witwe eine Auf
forderung, die unter anderem die Frage enthält, ob sie be reit sei, die Vormundschaft über ihre minderjährigen Kinder zu übernehmen.
Erklärt sie sich dazu bereit, so kann nach
§ 19 d. V.O.: „Kann die Vormundschaft keinem der nach § 17 Berufenen
hat daS BormundschastSgericht nach An
übertragen werden, so
hörung des Waifrnrates (§ 52) einen Vormund zu berufen und
dabei geeignete Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zu nächst zu berücksichtigen.
Bei der Auswahl des Vormundes ist auf das religiöse Be kenntnis des Mündels Rücksicht zu nehmen.
DaS
hat in der
BormundschastSgericht
Mündel, sowie
Regel
für
eine»
für mehrere Geschwister nur einen Vormund zu
berufen"
daS
den Waisenrat übergehen
Bormundschaftsgericht
der Kinder
die Mutter pflichten.
Es
kann
ohne weiteres
aber
aus
und
als Vormund ver
praktischen
Gründen dm
Waisemat darüber hören, ob sich die nach § 17 d. D.O. berufene Person, insbesondere die Mutter, zm Übernahme der Bormundschaft eignet, und chn gleichzeitig ersuchen, eine
andere Person vorzuschlagen, falls Bedenken gegen die Ver pflichtung
der Mutter als
Vormund vorliegm.
Letzteres
wird in allen den Fällen sich empfehlen, wenn es sich bei der Führung der Vormundschaft um Verwaltung eines be
deutenden oäterlichm Nachlasses handelt, und der Bormund die Mutter wegen ihrer Unkenntnis in der
schaftsrichter
Verwaltung von Grundstücken und Kapitalim nicht für ge eignet zur Führung der Vormundschaft erachtet.
Der Vor-
mundschastsrichter wird es auch dankbar anerkennen, wenn der Waisemat in derartigen Fällen, oder wenn die Mutter in moralischer Beziehung sich zm Führung der Vormund
schaft nicht eignet, gleich eine andere Person in Vorschlag Nach Nr. 2 und 4 des § 17 d. V O. können der
bringt. Vater
und
die Mutter in einer eigenhändig geschriebmm
und unterschriebenen Urkunde
berufen.
Hat der Waisemat
eine Person zum Vormund
von
einer solchen Urkunde
Kenntnis, so hat er dem Vormundschastsgericht davon Mtteilung zu machen und gleichzeitig sich über die Person zu
äußern, wenn
er meint,
daß
es
nicht
im Interesse des
16
Religiöses Bekenntnis. — Zur Führung d. Vormundschaft rc.
Mündels liegt diese Person als Vormund zu verpflichten.
Der Dormundschastsrichter kann, wenn er die Gründe des Waisenrats für vollwichtig hält, von der Verpflichtung der berufenen Person mit deren Zustimmung Abstand nehmen
und eine vom Waisenrat benannte Person verpflichten.
Bei
der Auswahl
obigem §
Rücksicht
soll
des Vormundes
ferner
nach
19 auf das religiöse Bekenntnis des Mündels
Dies ist regelmäßig zu be
genommen werden.
achten, jedoch find Ausnahmen zulässig, wenn es im Interesse
gerade diese und keine andere Person
des Mündels liegt,
als
Vormund
in
Vorschlag
zu bringen,
und,
wenn
für
mehrere Mündel, d. h. für Geschwister verschiedener Religions bekenntnisse
Vormund
ein
in
Vorschlag
zu
bringen
ist.
Jnunechin wird aber der Waisenrat es zu begründen haben,
wenn er eine Person,
welche einem anderen Religionsbe
kenntnisse als der Mündel angehört, zum Vormund vorschlägt. Der Waisenrat
wird
endlich
bei
dem
von
chm
zu
machenden Vorschläge von der Benennung der Mutter Ab stand nehmen können, wenn sie mit einem anderen als dem
Vater des Mündels vecheiratet ist, oder wenn die Ehe mit dem Vater des Mündels getrennt ist, da sie in diesen Fällen
nicht zu den gesetzlich berufenen Personen gehört.
In zweiter Linie hat der Waisenrat darauf zu achten, ob
die
von ihm in Vorschlag zu bringende Person auch
wicklich fähig ist, die Vormundschaft zu führen.
Den er
forderlichen Anhalt hierfür bietet ihm der § 21 d. V.O., welcher folgendermaßen lautet: Unfähig zur Führung einer Vormundschaft sind: 1.
2.
Bevormundete oder Handlungsunfähige;
wer
das einundzwanzigste Lebensjahr noch
nicht zurück-
gelegt hat;
3.
wer der
bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklätt ist, nach
Maßgabe des Strafgesetzbuches; 4.
Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens;
Zur Führung der Vormundschaft unfähige Personen.
17
5.
wer offenkundig einen unsittlichen Lebenswandel führt;
6.
wer von dem Vater oder von der Mutter nach Maßgabe
der in tz 17 für die Berufung eines Vormundes gegebenen Vorschriften auSgeschloffm worden ist;
7.
weibliche Personen.
Richt unfähig zur Führung einer Vormundschaft sind jedoch die Mutter über ihre ehelichen, unehelichen oder angenommenen Kinder,
und
die Großmutter,
sofern
sie
bei
nicht
etwaiger
Trennung der Ehe für den schuldigen Teil erklärt sind, sowie diejenigen weiblichen Personen, welche nach § 17 Nr. 2 und 4 berufen sind.
Eine Frau, welche mit einem anderen alS dem Later deS
Mündels verheiratet ist, darf nur mit Einwilligung deS Ehe
mannes zum Vormund bestellt werden.
Die Praxis lehrt täglich, daß bei den Vorschlägen die in
vorstehendem
Paragraphen
aufgeführten
Unfähigkeits
gründe von einem großen Teile der Waisenräte nicht beachtet
werden und zwar, wie wohl weil
der Waisenrat
nicht
anzunehmen ist, nur deshalb, im Besitze
die Gründe nicht
infolgedessen
kennt.
einer B.O. ist und Der Waisenrat be
gnügt sich, wie bereits oben erwähnt, aus das vom Vor
mundschaftsrichter an ihn gestellte Ersuchen, irgend eine in seinem Bezirke wohnende Person in Vorschlag zu bringen, ohne vorher eine genaue Prüfung
ihres Charakters, ihres
Vorlebens und der Verhältnisse, in
denen sie sich befindet,
vorzunehmen.
Daher kommt es denn auch, daß sich oft erst
in
Verpflichtung
dem
zur
des
Vormundes
anberaumten
Termine ergiebt, daß die in Vorschlag gebrachte Person zur
Übernahme
der Vormundschaft
mundschaftsrichter bleibt in
übrig,
als
den
unfähig
ist.
Dem Vor
solchen Fällen nichts
Unfähigkeitsgrund
festzustellen
anderes
und
unter
Mitteilung desselben den Waisenrat um Benennung einer anderen Person zu ersuchen.
jedem
Vorschläge
eine
Der Waisenrat möge also vor
genaue
Prüfung
der
betreffenden
Zur Führung der Bormundschast unfähige Personen.
18
falls er selbst über sie und
Person vornehmen, indem er,
ihr Vorleben nichts weiß, sich an die Ortspolizei oder den
Ortsgeistlichen mit der Bitte um Auskunft wenden. Aus obigem, auf S. 16 und 17 angeführten § 21 d.
V.O. kann der Waisenrat ersehen, welche Personen von der Führung der Vormundschaft
ausgeschloflen sind',
um chm
indeffen jeden Zweifel über die Unfähigkeitsgründe zu nehmen, sei hier noch Folgendes bemerkt: Bevormundete, d. h. Personen, welche unter Vormund»
schäft
also noch nicht das
stehen,
21. Lebensjahr
zurück
gelegt haben oder als Großjährige für geisteskrank oder für Verschwender
erklärt
oder taub,
stumm
sind,
blind
oder
können niemals als Vormünder in Vorschlag gebracht werden ;
ebensowenig auch Handlungsunfähige, d. h. Personen, welchen
das Vermögen, frei zu handeln, mangelt, und die sich daher nicht verpflichten können,
wie z. B. Geisteskranke, die noch
nicht entmündigt sind, sowie Mönche und 9konnen,
ein Klostergelübde
abgelegt
haben.
Ferner
ist
welche
derjenige,
welcher das 21. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat, aber vom Vormundschaftsgericht auf Anttag für großjährig erklärt
ist, zm Führung
einer Vormundschaft unfähig.
Ganz be
sonders möge der Waisenrat bei seinen Vorschlägen die 9k. 3
des § 21 d. V.O. beachten
und Personen, welche einmal
der bürgerlichen Ehremechte verlustig erklärt sind, auch dann
nicht als Vormünder vorschlagen, wenn sie dieselben wieder-
erlangt
haben.
Die
Unfähigkeit
bürgerlichen Ehrenrechte
verlustig
desjenigen, erklärt
ist,
welcher
dauert
der nach
§ 24 St.G.B. nur solange, als der Verurteilte die Ehren
rechte nicht wiedererlangt hat.
Somit wäre der Waisenrat
befugt, solche Personen, sobald die durch Urteil festgesetzte
Zeit der Unfähigkeit zur Vormundschaft abgelaufen ist, vorzuschlagen; allein er wird wohl daran thun, solche Personen,
die z. B. wegen Sittlichkeits- oder Eigentumsvergehen be-
Zur Führung btt Vormundschaft unfähige Personen.
19
straft sind, niemals in Vorschlag zu bringen, da eine sittliche Erziehung eines Kindes durch diese ausgeschlossen zu sein scheint, ja sogar zu befürchten ist, dass der Mündel dann sittlich
zu Grunde geht.
Nach Nr. 4 des § 21 d. V.O. ist der Gemeinschuldner während der Dauer des Konkurses, also nur zeitweise zur Führung der Vormundschaft unfähig. d. K.O. v.
Er verliert nach § &
10. Februar 1877 mit der Eröffnung des
Konkurses die Befugnis,
sein zur Konkursmasse
gehöriges
Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen,
und nach 88 206 u. 208 Tit. 2 T. IL d. Allg.L.R. auch
die Verwaltung des nicht freien Vermögens seiner Kinder. Mit Rücksicht darauf hat die V.O. chm die Fähigkeit, vor
mundschaftliche Geschäfte zu führen, während der Dauer deS Konkurses abgesprochen.
Der Waisenrat hat also, sobald
ihm bekannt wird, daß der Vormund eines seiner Aufsicht anvertrauten Mündels in Konkurs geraten ist,
Vormundschaftsgericht
anzuzeigen,
damit
dieses
dies dem
den
be
treffenden Vormund bis zur Beendigung des Konkurses oder,
wenn es mit Rücksicht auf die Verwaltung des Vermögens für geboten erachtet wird, ganz der Vormundschaft entsetzt
und einen anderen zuverlässigen Vormund verpflichten kann. Daß der Waisenrat eine Person,
welche offenkundig
einen unsittlichen Lebenswandel führt, also z. B. einen Bettler,
Trunkenbold, Landstreicher nicht Mn Vormund vorschlagen wird, liegt auf der Hand.
Indessen sind für ihn folgende
Bestimmungen sehr beachtenswert. Nach 8 12
Abs. 2 d. V.O. wird
der Vater eines
außerehelich geschwängerten Mädchens gesetzlicher Vormund
deS unehelichen Kindes seiner Tochter, falls nicht das Vor
mundschaftsgericht einen anderen Vormund bestellt. der
allgemeinen
Verfügung
des
Justizministeriums
Nach vom
15. Januar 1896 I 6931 soll der Vormundschaftsrichter in
Gesetzliche Vormundschaft.
20
jedem Falle des Eintrittes einer gesetzlichen Vormundschaft sorgfältig prüfen, ob der Vater der unehelichen Mutter zur Übernahme und Fühmng der Vormundschaft über das un eheliche Kind seiner Tochter fähig ist. Waisenrate
des Bezirks, in dem ein
boren ist, eine Benachrichtigung
Demzufolge wird dem uneheliches Kind ge
zugesandt, daß der Vater
Ler Mutter dieses Kindes gesetzlicher Vormund sei.
wird
daS
Ersuchen
geknüpft,
dem
Hieran
Vormundschaftsgericht
uingehend mitzuteilen, wenn der Vater der Mutter des un
ehelichen Kindes
ist,
zur Führung der Vormundschaft unfähig
Anführung
und unter
näherer Gründe
hierfür einen
anderen Vormund vorzuschlagen', ebenso sei auch Mitteilung
davon zu machen, wenn der gesetzliche Vormund des Kindes
im Laufe der Vormundschaft
gestorben sei, und wenn dem
Mündel etwa Vermögen zufalle. Infolge obiger Verfügung des Justiznnnisteriums hat
Verfasser als
Vormundschaftsrichter
Gerichtsbezirks Görlitz unter dem
Waisenräten
den
des
18. Mai 1896 eine Ver
fügung Augesandt, worin er sie ersucht,
auf die an sie er
gehende Benachrichtigung, daß der Großvater eines unehelichen Kindes dessen gesetzlicher Vormund sei, zu prüfen, ob dieser
wegen hohen Alters, Krankheit, Bescholtenheit, Trunksucht,
liederlichen Lebenswandels oder wegen
von dem Wohnorte
großer Entfernung
des Mündels keine Gewähr für eine
gewissenhafte Erfüllung seiner vormundschaftlichen Pflichten biete.
Gleichzeitig ist in der Verfügung gesagt, daß,
falls
auf die dem Waisenrate gesandte Benachrichtigung binnen
10 Tagen
keine
gericht annehme,
Erklärung
eingehe,
daß Bedenken
das
Vormundschafts
gegen die Übernahme der
Vormundschaft seitens des Vaters der unehelichen Mutter nicht vorliegen, und dieser alsdann von der Übernahme und Führung der gesetzlichen Vormundschaft benachrichtigt werde.
Schließlich
wird der Waisenrat
aufgefordert, mit
der Äußerung über den Bater der unehelichen Mutter, falls
dieser zur Übernahme der Vormundschaft unfähig sei, einen
geeigneten Vormund in Vorschlag zu bringen.
Seit Erlaß dieser Verfügung find schon wiederholt von
den Waisemäten Schreiben eingegangen, in denen der Vater der unehelichen Mutter als ungeeignet zum Vormunde be
zeichnet und ein
worden ist. notwendig
anderer Vormund
in Vorschlag
gebracht
Da jedoch manche dieser Schreiben Rückftagen
gemacht
haben,
so
möge als Muster für ein
Antwortschreiben auf die betreffende Benachrichtigung, welches direkt auf das Benachrichtigungsschreiben gesetzt werden kann,
folgendes dienen: Urschriftlich zurück an das Kgl. Amtsgericht -u N. mit dem Bemerken, daß der Vater der unehelichen Mutter Gartner
A. altersschwach und krank (ein Trunkenbold, liederlicher Mensch..)
ist und daher zur Führung der Vormundschaft ungeeignet ist, daß dafür aber der Gattenbesitzer B. hierdurch als Vormund in
Vorschlag gebracht wird.
Der Waisenrat N. N.
Wenn seitens
des Waisemates
Verfügung vom 18. Mai 1896 klärung
innerhalb
der in der
gestellten Frist
keine Er
eingeht, wird die Benachrichtigung dem Vater der
unehelichen Mutter,
daß er gesetzlicher Vormund
des von
seiner Tochter außerehelich geborenen Kindes geworden sei, nach dem vorgeschriebenen Formular Nr. 1 zugesandt.
Hat
der
Waisemat
durch
das Vornmndschaftsgericht
die Nachricht von der Bestellung des gesetzlichen Vormundes
erhalten, so hat er, falls er selbst keine Bedenken trägt, dem Großvater des Mündels die Vorinundschaft anzuvettrauen,
den Namen und
den Geburtstag
des Mündels
und
die
Namen der Mutter sowie des Vormundes in das von ihm zu führende Verzeichnis einzutragen und die Benachrichügung
des Vormundschaftsgerichts seinen Akten einzuverleiben. Überhaupt kann es ihm nicht dringend genug anempfohlen
22
Gesetzliche Vormundschaft.
werden, alle ihm zugesandten amtlichen Schriftstücke zusammen zu heften und sorgfältig aufzubewahren, damit, wenn seitens des Gerichtes Anftagen an ihn gerichtet werden, er jederzeit imstande ist, dieselben sachgemäß zu beantworten. Die Bestimmung unter Nr. 6 des § 21 d. V.O. bedarf keiner weiteren Erörterung, indessen durfte es nötig sein, über die Nr. 7 des obigen Paragraphen noch einiges zu sagen. Der Gesetzgeber versteht unter weiblichen Personen nur solche, welche zu dem Mündel nicht im Verhältnis von Mutter und Großmutter stehen. Trotzdem möge der Waisen rat aber hinsichtlich der Mutter eines unehelichen Kindes, welche nach Abs. 2 d. § 21 nicht unfähig zur Führung der Vormundschaft über ihr Kind ist, sehr vorsichtig sein. Nach den in der Praxis gemachten Erfahrungen nämlich ist gerade die Mutter eines unehelichen Kindes in den seltensten Fällen zur Führung der Vormundschaft geeignet, da sie sehr ost mit dem Erzeuger des Kindes in wilder Ehe lebt. Durch ein solches Zusammenleben erhält das betreffende Kind ein schlechtes Beispiel und es ist zu erwarten, daß es entweder nach oder gar schon vor der Reise in den Fehler der Mutter verfällt. Der Waisenrat wird daher meistens wohl daran thmr, wenn er für ein uneheliches Kind eine männliche Person in Vorschlag bringt, die über das sittliche Wohl des Kindes wacht und nötigenfalls das Kind der Mutter entzieht, um es in sittliche Pflege zu bringen. Erwähnt sei hier noch, daß der Waisenrat niemals den Vater eines unehelichen Kindes in Vorschlag zu bringen hat, da dieser zur Alimentation des Kindes gesetzlich ver pflichtet ist, der Vormund hingegen darauf zu achten hat, daß der Erzeuger der ihm gesetzlich obliegenden Alimentations pflicht nachkommt. In gleicher Weise empfiehlt es sich aus praktischen
23
Stiefvater als Vormund. — Ablehnungsgründe.
einen Stiefvater
Gründen,
Vorschlag zu bringen,
seine Stiefkinder nicht in
für
da Erzieher und Vormund in einer
Person vereinigt würde und somit eine Kontrolle über die
Erziehung
der Kinder wegfiele.
Sollte
Waisenrat für besonders günstig erachten,
es
dennoch
der
für die Mündel
den Stiefvater als Vormund in Vorschlag zu bringen, so nmß er, um Rückftagen des Vormundschastsrichters thunlichst seinen Vorschlag besonders begründen und,
zu vermeiden,
falls der Sttefvater zum Vormund bestellt ist, alsdann auch
darüber wachen, daß die Mündel sittlich und
gut erzogen
Zeigen sich jedoch bei der Erziehung der Stieflinder
werden.
Mißstände und Pflichtwidrigkeiten seitens des Stiefvaters, so
hat er diese baldigst dem Vormundschastsrichter anzuzeigen, damit
dieser
nach
vorgenommener
Sachuntersuchung
den
Stiefvater der Vormundschaft entsetze. Endlich
hat bei dem Vorschläge
des Vormundes der
Waisenrat noch die §§ 22 u. 23 d. V.O. zu beachten. § 22.
Wer ein StaatSamt oder ein besoldetes Amt in der
Kommunal- und Kirchenoerwaltung bekleidet, bedarf zur Führung
einer von dem Vormundschaftsgericht eingeleiteten Vormundschaft der Genehmigung der zunächst vorgesetzten Behörde. § 23.
Die
Übernahme
einer
Vormundschaft
können
ab
lehnen:
1.
weibliche Personen;
2.
wer das sechzigste Lebensjahr überschritten hat;
3.
wer bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft
4.
wer an einer die ordnungsmäßige Führung der Vormund
5.
wer nicht
führt;
schaft hindernden Krankheit leidet;
im Bezirk^) des
Vormundschastsgerichts
seinen
Wohnsitz hat;
10) Der zum Vormund Vorgeschlagene kann nur dann ab lehnen, wenn er in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichts (Amts gerichts) nicht seinen Wohnsitz hat.
AblehnungSgründe. — Beamte rc.
24
wer nach Maßgabe des § 58 zur Stellung einer Sicherheit
6.
angehalten wird;
7.
wer fünf oder mehr minderjährige eheliche Kinder hat.
Die Führung einer Gegenvormundschast steht im Sinn der Nr. 3 der Führung einer Vormundschaft und Pflegschaft nicht
gleich. Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht bei dem VonnundschastSgericht vor der Verpflichtung geltend gemacht wird.
Beabsichtigt der Waisenrat eine der in den vorstehenden
Paragraphen naher bezeichneten Personen in Vorschlag zu bringen,
können,
so wird er nur dann einen Beamten wenn anzunehmen ist,
vorschlagen
daß die chm vorgesetzte Be
hörde ihre Genehmigung dazu erteilt, und der Beamte zur
Übernahme der Vormundschaft bereit ist.
Ein Gleiches er
scheint auch bei den übrigen unter Nr. 1—7 des § 23 aufgeführten Personen wünschens- und empfehlenswert, da öfters in der Praxis die vom Waisenrate in Vorschlag gebrachten Personen aus einem der in diesem Paragraphen genannten Gründe den
die Übernahme
der Vormundschaft
Vormundschaftsrichter
dadurch
zwingen,
ablehnen die
und
geladene
Person zu entlassen und ein neues Ersuchen an den Waisen rat zu richten.
Daß ein solches Unterlassen einer Rücksprache
des Waisenrates mit dem
in
Aussicht
genommenen
Vor
munde den Geschäftsverkehr erschwert, bedarf keiner weiteren Begründung, und doch ist es für den in der Mitte seiner
Gemeinde bezw.
seines Bezirkes
stehenden Waisenrat,
der
infolgedessen auch die Gemeindeglieder ost persönlich kennt oder als Vertreter der Gemeinde doch wenigstens mit ihren Verhältnissen bekannt ist, sicher ein Leichtes, den: Vormund-
schastsrichter von vornherein nur zur Übernahme der Vor-
tnundschaft geneigte und geeignete Personen in Vorschlag zu bringen.
In der Praxis werden als Ablehnungsgründe nament
lich geltend gemacht die Führung
von mehr als einer Vor-
Lrrzeichnis A. nwndschaft,
25
die Vollendung des 60. Lebensjahres und der
Besitz von 5 oder mehr minderjährigen ehelichen Kindem.
Alle drei Gründe find doch jedenfalls vom Waisemate noch
vor der Benennung eines Vormundes sehr leicht festzustellen, da, wenn er eine Rücksprache mit der betreffenden Person
auS persönlichen Gründen nicht nehmen will,
er doch aus
den von der Ortspolizeibehörde geführten Listen jederzeit er sehen kann, wie alt die betreffende Person ist und ob fie Ebenso wird er auch aus
5 oder mehr eheliche Kinder hat.
dem von ihm geführten Verzeichniffe fich vergewiffem können, ob
zwei Vormundschaften oder eine
der Vorzuschlagende
Vormundschaft und eine Pflegschaft führt.
Allem Anscheine
nach wird ein solches Verzeichnis, welches auf Grund der
Einficht in die Verzeichnisse des Vormundschaftsgerichts vom Waisenrat eigenhändig
werden kann
gefertigt
bezw.
auf
Gmnd der ihm von dem Vormundschastsgerichte gemachten
Mitteilungen von der Verpflichtung der Vormünder auftu-
stellen ist, nicht geführt.
solchen Verzeichnisses
Aber gerade die Anfertigung eines
empfiehlt
aus oben
fich
erwähnten
Gründen und erlaubt sich der Verfasser die Anlegung eines
solchen mit folgenden Spalten in Vorschlag zu bringen:
Verzeichnis A. Name deS DaterS und
Dor- u. Zuname 1
g
; 1
de-
।
Mündels.
!
Todestag ‘
desselben.
Name des
!
gerichtlich
!
verpflichteten Vormundes I
und Pflegers
bezw. des
g
i Name der \ unehelichen
D
|
Mutter.
gesetzlichen Vormundes, (mütterlich. Großvater » !
Bemerkungen-
Kontrolle deS Vormundes.
Verzeichnis B.
26
Mit Rücksicht auf § 54, Abs. 2 d. V.O. erachtet Der-fasset die Anlegung eines zweiten Verzeichnisses mit folgenden Spalten für erforderlich:
Verzeichnis B. Bezeichnung des
M ündels.
Dor- u. Zuname
beztrks, in Name des
■e
"5.
e 's"
1
Mündels.
und Gegen1 Vormundes.
bezirtS, in
und v. welchem welchem das
die Anzeige nach
I 54, Abs. 2 b.
! 1।
S
Mündel
D O. ergangen
!
lfL
j 1
verzogen ist.
Allenfalls ließen sich beide Verzeichnisse vereinigen, iiv Lem der Titel der drei letzten Spalten des Verzeichnisses B hinter die drei letzten des Verzeichnisses A gesetzt werden; indessen ist Verfasser der Ansicht, daß dann die Übersichtlich feit leicht leiden könnte. Aus den oben vorgeschlagenen Überschriften der einzelnen Spalten ersieht der Waisenrat, welche Eintragungen er zu machen hat. Führt er die beiden Verzeichnisse mit der nötigen Sorgfalt, so wird er dann stets wissen, welche Mündel in seinem Bezirke wohnen, welche Personen seines Bezirks Vormünder sind, wer von diesen mehr als eine Vor mundschaft führt, welche Mündel großjährig sind, beziv. welche Vormundschaft durch Eintritt in die Großjährigkeit beendet ist, und welche Mündel in seinen Bezirk verzogen sind. Was die Personen anbetrifft, welche mehr als eine Vormundschaft bezw. Pflegschaft führen, so ist zu erwähnen.
Benennung des Vormundes ohne Ersuchen.
27
daß es hier nicht ausgeschlossen ist, daß der Waisenrat sie wieder vorschlagen kann, falls sich die betreffende Person ausdrücklich bereit erklärt hat, noch eine weitere Vormund schaft führen zu wollen. Es ist deshalb durchaus notwendige daß der Waisenrat, bevor er eine solche Person vorschlägt, mit ihr Rücksprache nimmt und ihre Einwilligung einholt. Unterläßt er dies, so bereitet er dem Dormundschaftsgericht mehr Arbeit als nötig ist und verursacht der betreffenden Person nur unnütze Wege und Zeitversäumnisse, für die sie nicht einmal entschädigt werden kann. Das Verzeichnis A dient dem Waisenrate auch noch in anderer Richtung. Wird ihm der Tod eines Mitgliedes seines Bezirks bekannt, so hat er in dem Verzeichnisse nach zusehen, ob der Tote Vormund war. Ist dies der Fall gewesen, so ist er verpflichtet, dem Vormundschaftsgericht davon Anzeige zu machen und gleichzeitig eine andere Person als Vormund vorzuschlagen. Er wird dadurch unhaltbare Zustände, wie sie die Praxis häufig zeigt, beseitigen, denn es bestehen Vorrnundschaften, bei welchen sich erst beim Vermieten der Minderjährigen oder bei ihrem Eintritt in die Lehre ergiebt, daß der Vormund gestorben ist und somit die Minder jährigen jahrelang ohne Aufsicht eines Vormundes gelebt haben. Das Bormundschaftsgericht ist infolge der von ihm ge führten umfangreichen Verzeichnisse bei Eingang der ihm vom Standesamt gemachten Anzeige eines Todesfalls nicht imstande festzustellen, ob der Verstorbene eine oder mehrere Vormundschaften geführt hat, und daß somit Mündel ihren Vormund verloren haben, wohl aber kann dies der Waisen rat auf Grund des von chm geführten Verzeichnisses thun. Ganz besonders empfiehlt sich aber die Aufnahme der ge setzlichen Vormundschaften in das Verzeichnis A. Stirbt nämlich der nrütterliche Großvater eines unehelich geborenen
28
Verpflichtung eines gerichtlich zu bestellenden Vormundes rc.
Lindes, so erfährt das Vormundschaftsgericht in den seltensten Fällen etwas davon, und das betreffende unehelich geborene
das
Lind,
bleibt
oft einer strengen Aufsicht bedarf,
sehr
jahrelang ohne Vornmnd und läuft Gefahr, zu Grunde zu gehen.
Der Waisenrat hat
daher
die Pflicht,
das Wohl
und Wehe gerade dieser Kinder im Auge zu behalten und
im Falle des Ablebens eines mütterlichen Grotzvaters, dessen
Name und Wohnung ihm aus dem Verzeichnisse A ersichtlich ist,
dem
Vormundschaftsgerichte
unter
Benennung
einer
underen geeigneten Person sofort davon Kenntnis zu geben. Dieses verpflichtet nunmehr die ihm vorgeschlagene Person