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German Pages 291 Year 2005
Rechtsfragen der Globalisierung Band 10
Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung Reformansätze vor dem Hintergrund derzeitiger außenwirtschaftlicher Problemfelder und der Doha-Welthandelsrunde
Von
Christian A. Conrad
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTIAN A. CONRAD
Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung
Rechtsfragen der Globalisierung Herausgegeben von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider, Erlangen-Nürnberg
Band 10
Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung Reformansätze vor dem Hintergrund derzeitiger außenwirtschaftlicher Problemfelder und der Doha-Welthandelsrunde
Von
Christian A. Conrad
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-0890 ISBN 3-428-11792-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Meine Promotion über die europäische Stahlpolitik Mitte der neunziger Jahre führte mich im Rahmen zweier Forschungsaufenthalte nach Brüssel und Washington D.C. Der erste Forschungsaufenthalt war ein dreimonatiges Forschungspraktikum bei der EU-Kommission in Brüssel. Der zweite Forschungsaufenthalt in den USA diente dazu, die Hintergründe der amerikanisch-europäischen Stahlhandelskonflikte wissenschaftlich aufzuarbeiten. Dieser fast halbjährige Aufenthalt fand an der Georgetown University in Washington D.C. (USA) im Rahmen eines „visiting research programs“ statt. Das Auswerten der Orginalquellen sowie die zahlreichen Interviews1 – unter anderem mit Mitarbeitern der EU-Kommission, der International Trade Administration, der International Trade Commission, der U.S. Trade Representative sowie mit zahlreichen Interessenvertretungen – ermöglichten es nicht nur, einen vertiefenden Einblick in die Problematik der europäischen Stahlpolitik zu bekommen, sondern zeigten auch die Vielschichtigkeit und die Interdependenzen der Probleme auf. Die von den USA auf die europäischen Stahlimporte verhängten Antidumpingzölle entpuppten sich als wettbewerbspolitisch begründetes, handelspolitisches Instrument. Die wettbewerbspolitische Lücke des GATT offenbarte sich in vielen Bereichen. Sobald Unternehmen grenzüberschreitend tätig werden, sind sie nicht nur Händler, sondern auch Wettbewerber. Für mich war es deshalb ein Bedürfnis, ausgehend von den außenwirtschaftlichen Problemfeldern, die wettbewerbspolitischen Lücken der derzeitigen Wirtschaftsordnung zu identifizieren und ökonomisch begründete rechtliche Lösungsansätze herauszuarbeiten. Zufällig fanden die Forschungsaufenthalte im Jahr 1994, also kurz nach dem Abschluss der Uruguay-Runde statt, weshalb ich die Interviews auf die Interdependenzen von Handels-, Industrie- und Wettbewerbspolitik innerhalb des rechtlichen Ordnungsrahmens des GATT ausdehnte. Die Interviews wurden zwischenzeitlich aktualisiert. Wichtige Zwischenschritte waren darüber hinaus Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften wie zum Beispiel im „Journal of World Trade“ und in der Zeitschrift „World Competition“. Die wissenschaftlichen Anregungen der Gutachter haben mir sehr weitergeholfen. Die vorliegende Arbeit wurde somit alles in allem – gemäß der modernen Forschungsrichtung „Law and Economics“ – zu einer umfassenden interdisziplinären wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Analyse.
1
Vgl. hierzu das Verzeichnis der durchgeführten Interviews im Anhang.
6
Vorwort
Dem Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung, danke ich so gesehen ein weiteres Mal für die Unterstützung dieser Arbeit. Sowohl durch ein Landesgraduiertenstipendium als auch durch die Förderung meiner Forschungsreisen wurde es mir ermöglicht, die Forschungsprojekte zielgerichtet zu verwirklichen. Wesentlich hierfür war darüber hinaus die Gewährung von zwei Zusatzstipendien durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Ich danke darüber hinaus insbesondere meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Joachim Starbatty für die Ausbildung an seinem Lehrstuhl und seine Bereitschaft, mich auch nach meiner Promotion wissenschaftlich zu fördern. Mein persönlicher Dank richtet sich ferner an meine Ehefrau Nicole Conrad und meine Stiefmutter Frau Helga Conrad für ihre Unterstützung und ihre Bestärkung, diese umfassende Studie fertig zustellen. Schließlich danke ich Herrn Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider für die Aufnahme in die Publikationsreihe „Rechtsfragen der Globalisierung“ und Frau Dr. Dagmar Siebold für zahlreiche wertvolle juristische Hinweise. Meinen Eltern, Frau Renate Conrad und Herrn Dipl.-Ing. Hans-Joachim Conrad, widme ich diese Arbeit posthum. Tübingen, im Januar 2005
Christian A. Conrad
Inhaltsverzeichnis Einleitung: Auf dem Weg zu einer internationalen Wettbewerbsordnung . . . . .
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A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wettbewerbsfunktionen im nationalen und internationalen Wirtschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wettbewerbspolitische Konzeptionen und Weltbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Ordoliberalismus und die Workability-Konzeption der Industrial Organization: die Wettbewerbspessimisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Konzeption des Ordoliberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Workability-Konzeption (Harvard School) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Konzeption des freien Wettbewerbs, die Chicago School, die Theorie der Contestable Markets und die Österreichische Schule: die Wettbewerbsoptimisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Österreichische Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die deutsche Konzeption des freien Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Chicago School . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Neo-Österreichische Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die European School . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Post Chicago School . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ein neo-ordoliberaler Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung: ein Idealbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Die WTO und der neue Protektionismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entwicklungen der internationalen Wirtschaftsordnung bis zur Uruguay-Runde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Grundrisse der Welthandelsordnung nach der Uruguay-Runde . . . . . . . III. Die Milleniumrunde, ein gescheiterter Ansatz, und Doha: ein Aufbruch zu einer neuen Welthandelsrunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subventionen als Instrument im internationalen Standortwettbewerb . . a) Aktive, gestaltende Industriepolitik: Forschungs- und Technologiesubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Internationale Forschungs- und Technologiepolitik, ein Wechsel von Aktion und Reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wettbewerbspolitische Bewertung der Forschungs- und Technologiesubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 29 29 29 31
34 34 35 37 40 44 44 45 46 49 54 54 58 61 66 66 68 68 69
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Inhaltsverzeichnis
2.
3. 4. 5. 6.
cc) Die Vergabepraxis von Forschungs- und Technologiesubventionen am Beispiel der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sind Forschungs- und Technologiesubventionen von nationalem Vorteil? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reaktive Industriepolitik mit Hilfe von Erhaltungssubventionen . . . aa) Wettbewerbspolitische Bewertung von Erhaltungssubventionen bb) Subventionen als wirtschaftspolitisches Instrument am Beispiel der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entwicklung der Subventionsvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Subventionsausmaß in den EU-Mitgliedstaaten . . . . . (3) Die Beihilfenkontrolle der EU-Kommission . . . . . . . . . . . . cc) Sind Erhaltungssubventionen von nationalem Vorteil? . . . . . . . dd) Erklärungsansätze für die Verbreitung von Subventionen . . . . . (1) Das Verhalten von politischen Entscheidungsträgern . . . . . (2) Ein subventionsfreier Markt als öffentliches Gut . . . . . . . . (3) Kontroll- und Durchsetzungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der internationale Subventionskodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Definition und Einteilung von Subventionstypen . . . . . . . . . . . . bb) Das Antisubventionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das neue Streitbeilegungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Reformvorschläge für eine neue internationale Subventionsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationales Dumping und Antidumpingmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . a) Wirkungen von Dumping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verkauf unter Herstellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verkauf unter dem Preis auf dem Inlandsmarkt . . . . . . . . . . . . . b) Das nationale Antidumpingverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das internationale Antidumpingübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Änderungen im Rahmen der Uruguay-Runde mit protektionistischer Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Schwachstellen des Antidumpingübereinkommens und einige Reformvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Dumpinganalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schädigungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fehlende Regelungen im Antidumpingübereinkommen . . d) Antidumpingverfahren eine wettbewerbspolitische Lösung? . . . . . . . e) Zusammenfassung: Antidumpingverfahren ein überwiegend protektionistisches Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstbeschränkungsabkommen und Exportkartelle . . . . . . . . . . . . . . . . . Fusionen, Kartelle und strategische Allianzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertikale Bindungen und Handelsrestriktionen zur Öffnung von Märkten Wettbewerbspolitische Ausnahmebereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74 77 81 81 82 83 83 84 90 91 92 94 95 97 98 99 101 103 106 108 109 112 114 116 116 122 122 125 128 130 135 143 146 150 155
Inhaltsverzeichnis V. Ökonomische versus politische Rationaliät oder warum gibt es keinen Freihandel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erklärungsansätze der Public Choice Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Freihandel als Gefangenendilemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . I. Die Konvergenz der nationalen Wettbewerbsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Instrumente zur Bekämpfung grenzüberschreitender Wettbewerbsverstöße: der status quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen – ein internationaler Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwaltungs- contra Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbot von horizontalen und vertikalen Vereinbarungen? . . . . . . . . . . . . 3. Missbrauchsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fusionskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung: die wissenschaftliche Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Ansatz von Giardina und Beviglia-Zampetti: Minimalkonsens und Case Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Reformansatz von Matoo und Subramanian: Rechtszugang für alle Parteien und internationale Streitschlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Ansatz von Hauser und Schoene: extensive Anwendung der Effects Doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Verbesserungsvorschläge der US-Anwaltskammer (American Bar Association): Harmonisierung von unten außer für Exportkartelle und grenzüberschreitende Fusionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Ansatz von Fox und Ordover: dezentrale Wettbewerbspolitik über international zugängliche nationale Wettbewerbsbehörden und -gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Draft International Antitrust Code: verbindliche internationale Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Der van Miert-Vorschlag: der schrittweise Aufbau einer internationalen Wettbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Der Ansatz von Scherer: verbindliche internationale Koordination . . . . 9. Vergleichende Bewertung der Reformansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Synthese: ein neuer Ansatz zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erfordernis einer internationalen Wettbewerbsbehörde . . . . . . . . . . 2. Die Ausgestaltung einer neuen internationalen Wettbewerbsordnung . . 3. Entscheidungsträger der Wettbewerbspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Politikökonomische Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung: Doha und danach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Balance of Interests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interestdividing oder eine WTO der zwei Geschwindigkeiten . . . . . . . .
9 156 156 157 159 163 165 168 171 171 173 177 184 188 188 189 193
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198 200 202 204 206 215 215 218 220 223 226 227
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Inhaltsverzeichnis 3. Der Property-Rights-Ansatz zur Liberalisierung des Welthandels . . . . . 4. Die GATT-Prinzipien als Grundlage einer internationalen Wettbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Minimalkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausblick: Was wird Doha bringen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
228 231 233 234
Statistischer Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Verzeichnis der durchgeführten Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 1:
Ausgewählte Indikatoren der Weltwirtschaft zur Globalisierung . . . .
17
Tabelle 2:
Entwicklung der Subventionen in den OECD-Ländern . . . . . . . . . . . .
67
Tabelle 3:
Aktenkundige Antidumpingmaßnahmen der GATT (WTO)-Mitglieder 108
Tabelle 4:
Anteil gewisser Kalkulationsgrundlagen bei der Dumpinganalyse 125
Tabelle 5:
Rating der Reformansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Tabelle A1: Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe 1992–1994 und 1994–1996 absolut und aufgeschlüsselt nach wichtigsten Zweckbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Tabelle A2: Ad-hoc-Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe, den Finanzsektor und den Luftverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Tabelle A3: Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe . . . . . . . . . . . . . . . 238 Tabelle A4: Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe 1994–1996 aufgeschlüsselt nach Beihilfeformen in Prozent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Tabelle A5: Gesamtvolumen der staatlichen Beihilfen in den Mitgliedstaaten 1992–1994 und 1994–1996 in Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Tabelle A6: Motive für strategische Allianzen internationaler Unternehmen nach Industrie- und Technologiebereichen 1980–1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Tabelle A7: Motive für Zusammenschlüsse bei Großunternehmen 1985–1992 . . 242 Tabelle A8: Fusionen und Übernahmen nach Sektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Tabelle A9: Grenzübergreifende strategische Allianzen nach Typ und Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Tabelle A10: Ausgewählte Anwendungen der Effects Doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Abbildung 1: Interdependenz wettbewerbspolitischer Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
Abbildung 2: Entscheidungssituation: Subventionieren der Industrie bei Freihandel
94
Abbildung 3: Der Verfahrensablauf von Antisubventionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 100 Abbildung 4: Der Verfahrensablauf von Antidumpingverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abbildung 5: Kurzfristige und langfristige Entscheidungssituation: Außenschutz der nationalen Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abbildung 6: Übersicht über die Ansätze zur Reform der Wettbewerbsordnung . . 190
Abkürzungsverzeichnis ABl.EG AIA CABSSS CASUM CLP BGBl. DIAC DSB DSU EFRE EFTA EG EGKS EISA ENA EU EuGH EUROFER EWG EWS F.A.Z. FTC GATS GATT GWB H. IAA ICPAC ICPO IISI IMF IPIC ITA
Amtsblatt der EG Agreement on Implementation of Article VI of the General Agreement on Tariff and Trade 1994 Coalition of American Businesses for Stable Steel Supplies Coalition of Steel Using Manufacturers Commitee on Competition Law and Policy Bundesgesetzblatt Draft International Antitrust Code Dispute Settlement Body Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes Europäischer Fond für regionale Entwicklung European Free Trade Association Europäische Gemeinschaften (EGKS, EWG und EURATOM) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl European Independent Steelwork Association École National d’Administration Europäische Union Europäischer Gerichtshof European Confederation of Iron and Steel Industries bzw. Association Européenne de la Siderurgie Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Währungssystem Frankfurter Allgemeine Zeitung Fair Trade Commission General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Heft International Antitrust Authority International Competition Policy Advisory Commitee International Competition Policy Office International Iron and Steel Institute International Monetary Fund Treaty on Intellectual Property in Respect of Integrated Circuits International Trade Administration
Abkürzungsverzeichnis ITC ITO JGTC KMU MAI MITI o. J. o. Jg. o. O. o.T. o. V. OECD OPEC ORDO PVÜ RESIDER RIW RWI SCMA SITO TRIPS u. a. UK UNCTAD U.S. USA WIPO WTO z. B.
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International Trade Commission International Trade Organization Joint Group on Trade and Competition kleinere und mittlere Unternehmen Multilaterales Investitionsabkommen Ministry of International Trade and Industry (Japan) ohne Erscheinungsjahr ohne Jahrgang ohne Erscheinungsort ohne Titel ohne Verfasser Organisation for Economic Cooperation and Development Organisation of Petrol Exporting Countries Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums Gemeinschaftsinitiative für die wirtschaftliche Umstellung von Stahlrevieren Recht der internationalen Wirtschaft Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Agreement on Subsidies and Countervailing Measures 1994 Standard International Trade Classification Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights und andere United Kingdom United Nations Conference on Trade and Development United States United States of America World Intellectual Property Organization World Trade Organisation zum Beispiel
Einleitung: Auf dem Weg zu einer internationalen Wettbewerbsordnung Der natürliche Wettbewerb, verstanden als Überlebenskampf um Nahrung und Reviere, ist eine der wichtigsten Grundlagen der Natur. Folgt man Darwin1, so ist die Auslese der Besten sogar die Grundlage für die Weiterentwicklung der Natur. Auch wenn uns dies heutzutage in unserer globalen, industrialisierten und technisierten Wirtschaftswelt, umgeben von einer sozialen Marktwirtschaft, nicht immer bewusst ist, findet eine entschärfte Form dieses Überlebenskampfes nach wie vor statt. Es geht nicht immer um das „nackte Überleben“, doch zumindest um das Stillen von materiellen Bedürfnissen und das Erlangen sozialer Anerkennung bzw. um Rangordnung. Das Ziel dieses sich wiederholenden Wettstreits ist es, immer wieder neue Höchstleistungen hervorzubringen. Der faire Leistungswettbewerb ist auch das Ordnungsprinzip der Marktwirtschaft.2 Es gilt immer wieder neue Höchstleistungen zugunsten der Konsumenten hervorzubringen. Auf den ersten Blick erscheint der Wettbewerb der Natur als Anarchie, als Zustand ohne Regeln. Scheinbar gewinnt nach dem Grundsatz „survival of the fittest“ immer nur der Stärkere, der sich rücksichtslos gegenüber seiner Umwelt durchsetzt. Im Groben mag dies für einen einzelnen Menschen und seine Beziehung zur Natur der Fall sein, es gilt jedoch nicht, sobald der Mensch in einer Gruppe agiert. Hier ist er von den anderen Gruppenmitgliedern abhängig. Rücksichtsloses Durchsetzen auf Kosten der Interessen der anderen Gruppenmitglieder ist nicht mehr möglich. Es muss Spielregeln geben, die das Zusammenleben nach klaren und akzeptierten Grundsätzen ordnen und den einzelnen Gruppenmitgliedern ihre Rechte und Pflichten in der Gruppe zuordnen. Je höher die Arbeitsteilung und Spezialisierung eines Sozialsystems ist, desto höher ist seine Produktivität aber auch der Regelungs- und Organisationsaufwand. Damit stellt sich die Frage, wie man gewährleisten kann, dass sich das Eigeninteresse des Menschen in einem so komplexen und interdependenten System wie die internationale Wirtschaft nicht gegen die Gruppen- bzw. Systeminteressen stellt. Die Ordnungskonzeption Wettbewerb geht – Adam Smith folgend – davon aus, dass Menschen in der Regel vor allem ihre Eigeninteressen verfolgen und bestrebt sind, durch ihre Aktivitäten ihren Nutzen zu maximieren. Dem Wettbe1 2
Vgl. Darwin, Charles (1884). Vgl. Görgens, E. (1988), S. 765.
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Einleitung
werb kommt hierbei die Funktion zu, diese Eigeninteressen durch eine „unsichtbare Hand“3 so zu lenken, dass sie dem Gesamtinteresse von Wirtschaft und Gesellschaft dienen.4 Markt und Wettbewerb sind nicht gleichzusetzen. Der Wettbewerb bedarf des Marktes. Unter „Markt“ versteht man den Ort, wo Anbieter und Nachfrager zusammentreffen und wo die Mengen, die sie anbieten oder nachfragen wollen, über den Preis aneinander angeglichen und ihre Pläne auf diese Weise im Sinne eines gesamtwirtschaftlichen Optimums korrigiert werden.5 Marktwirtschaft bezeichnet deshalb ein Wirtschaftssystem, bei dem die Koordination der Nachfragepläne und der Angebotspläne dezentral über Märkte erfolgt. Wettbewerb kann ohne Markt nicht stattfinden, da seine Funktionsfähigkeit von nicht verzerrten Preissignalen abhängt. Trotzdem kommt auch ein solches System nicht ohne Spielregeln aus. Wie im Sport müssen die Regeln gewährleisten, dass der Wettkampf ausschließlich mit fairen Mitteln erfolgt, da sonst nicht der im Sinne des Wettbewerbs der Leistungen Beste gewinnt, was gesamtwirtschaftlich schädlich wäre. Für die Durchsetzung der Regeln sorgt im Sport ein Schiedsrichter. In der Wirtschaft obliegt diese Aufgabe in den meisten Staaten im Rahmen der nationalen Wettbewerbsordnung einer eigenen unabhängigen Wettbewerbsbehörde. Auf internationaler Ebene fehlt jedoch bisher eine Wettbewerbsbehörde, die einen internationalen fairen Leistungswettbewerb sicherstellt. Anfang des 20. Jahrhunderts waren die USA das einzige Land, das eine ernstzunehmende nationale Wettbewerbspolitik betrieb. Trotzdem gab es bereits 1927 Versuche, ein einheitliches internationales Kartellrecht zu schaffen und eine internationale Kartellkontrolle, koordiniert durch den Völkerbund, einzurichten. 1947 wurde mit der Havanna-Charta eine Initiative zur Gründung einer internationalen Wettbewerbsordnung unternommen. Die Notwendigkeit einer solchen Organisation wurde also schon damals erkannt. In der Zwischenzeit gab es jedoch zahlreiche Entwicklungen im internationalen Handel, die eine internationale Wettbewerbsordnung unverzichtbar machen. In den letzten fünfzig Jahren ist die handelsgewichtete Zollbelastung gewerblicher und industrieller Güter von 40% auf 4% gefallen.6 Darüber hinaus begünstigte vor allem der technische Fortschritt das Zusammenwachsen der Märkte. Die Entwicklungen in der Transport-, Kommunikations- und Informationstechnologie verringerten die Transaktionskosten des internationalen Güteraustauschs nachhaltig.7 Hinzu kam die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit 3
Smith, Adam (1974), S. 371. Vgl. Bartling, H. (1988), S. 769. 5 Vgl. Woll, Artur (Hrsg., 1988), S. 472. 6 Vgl. Senti, Richard (2000), S. 56. 7 „Declining computing, communications and transport costs, coupled with regulatory reform and trade and investment liberalisation, have prompted firms to adopt global strategies.“ OECD (2001a), S. 9. 4
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17
Tabelle 1 Ausgewählte Indikatoren der Weltwirtschaft zur Globalisierung in Mrd. US$ 1982
1990
jährliches Wachstum in % 2002
1986–1990 1991–1995 1996–2000
28
242
647
25,7
16,5
35,7
grenzüberschreitende M&A Transaktionen
–
151
370
25,9*
24,0
51,5
Export ausl. Töchter multi-nationaler Konzerne
722
1.197
2.613
13,5
7,6
9,6
Bruttoinlandsprodukt
10.805
21.672
32.227
10,8
5,6
1,3
Export von Waren und Dienstleistungen
2.053
4.300
7.838
15,6
5,4
3,4
Direktinvestitionen
Quelle: UNCTAD (2003), (*: Daten von 1987–1990).
zwei Auswirkungen: Die Konvertibilität der Währungen machte den Export lukrativ, und der Wunsch nach ausländischen Direktinvestitionen erzwang eine Öffnung der Grenzen, zumindest soweit, dass die für die Rentabilität der Investitionen notwendigen Devisen erwirtschaftet werden konnten. Seit Anfang der neunziger Jahre gibt es einen neuen Ausdruck für die zunehmende weltweite wirtschaftliche und soziale Verflechtung: Globalisierung. Vorprodukte und Güter können von den internationalen Konzernen in jedem Land hergestellt werden, da sich die Produktionsprozesse mit den neuen Kommunikationstechniken international steuern lassen und die Transportkosten nicht ins Gewicht fallen. Dies äußert sich in einer Zunahme des internationalen Handels und der Direktinvestitionen, also z. B. zum Aufbau von Produktionsstätten im Ausland. Wie Tabelle 1 zeigt, haben sich die jährlichen Direktinvestitionen von 1982 bis 2002 mehr als verzwanzigfacht und betrugen im Jahr 2002 647 Mrd. US$. Die Exporte von Waren und Dienstleistungen haben sich von 1982 bis 2002 von 2.053 Mrd. US$ auf 7.838 Mrd. US$ mehr als verdreifacht. Im gleichen Zeitraum stiegen die jährlichen grenzüberschreitenden Mergers & Akquisitions von 151 Mrd. US$ auf 370 Mrd. US$. Die internationale Arbeitsteilung nimmt ebenso wie der Wettbewerbsdruck zu. Nicht nur der Wettbewerb um den Absatz der Güter wird global, sondern auch der Wettbewerb des nicht mobilen Produktionsfaktors Arbeit um Beschäftigung. Eine koordinierte internationale Politik fehlt, wenn man von den G8-Gipfeln absieht.8 8
Vgl. Conrad, Christian A. (2003a).
18
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Im Rahmen der verschiedenen GATT9-Runden wurden zwar die Zölle auf eine fast unbedeutende Höhe gesenkt, die Regierungen wichen jedoch von den tarifären Handelshemmnissen auf nicht-tarifäre, nicht im GATT geregelte oder scheinbar antiprotektionistische Instrumente wie Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen aus, um ihre vom gestiegenen internationalen Wettbewerb bedrohten Unternehmen zu schützen.10 Die hier vorliegende konzeptionelle Ambivalenz zwischen einer Liberalisierung des Welthandels auf der einen Seite und dem binnenwirtschaftlich motivierten Protektionsinteresse auf der anderen Seite führte zu zahlreichen neuen Problemfeldern im internationalen Handel.11 Durch den Abbau der Handelshemmnisse im Rahmen der GATT-Runden traten darüber hinaus die wettbewerbspolitischen Marktzugangshemmnisse wie z. B. Kartelle und Monopole als neue Importrestriktionen in den Vordergrund.12 Auch der WTO (World Trade Organization), die 1995 das GATT als neue internationale Welthandelorganisation ablöste, wurde zunehmend bewusst, dass sich Handelshemmnisse ohne ergänzende wettbewerbspolitische Maßnahmen nicht vollständig beseitigen lassen.13 Spätestens beim internationalen Marktzugang wird Handelspolitik zu Wettbewerbspolitik.14 „It is therefore critical to the success of trade liberalisation and effective market access that anticompetitive practices be checked through effective competition policies“.15
Es erstaunt deshalb wenig, dass die OECD bereits in ihrer Empfehlung von 1986 für eine stärkere Berücksichtigung der Interdependenzen von Handelsund Wettbewerbspolitik aussprach.16, 17 Inzwischen hat die OECD eigens eine
9
General Agreement on Tariffs and Trade. Dazu ausführlich Jackson, J. H. (1989), S. 121 ff. 11 Insbesondere die Industrie- und Technologiepolitik scheint vielen Regierungen geeignet zu sein, ihre Industrien vor dem globalen Wettbewerb zu schützen oder für aggressive Wettbewerbsvorstöße fit zu machen. Vgl. hierzu auch Winter, Helen (1994). 12 Die WTO hat deshalb bereits in ihrem 97er Jahresbericht den Interdependenzen zwischen Handels- und Wettbewerbspolitik ein umfassendes Kapitel gewidmet. Vgl. aber auch OECD (2001b), S. 9 ff. 13 Vgl. WTO (1997), S. 51. OECD-Dokument C(86)44(Final) vom 21.05.1986. Abdruck in deutscher und englischer Sprache in: Wirtschaft und Wettbewerb, Jg. 37 (1987), H. 3, S. 214 ff sowie Wins, Henning (2000), S. 92. 14 Vgl. Graham, Edward M. (2000), S. 207. 15 OECD (2000b), S. 8. 16 Vgl. Biesenbach, Peter (1999), S. 647. 17 „Gegenwärtig dürften realistische Aussichten auf eine Verwirklichung einer internationalen Wettbewerbsordnung, in welcher Form auch immer, bestehen. Hierfür sprechen folgende Gesichtspunkte: – Die Durchführung der Handelsliberalisierung mit Abschluss der Uruguay-Runde. – Der weitgehende internationale Konsens über Notwendigkeiten der Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung. – Zunehmende Anerkennung des Wettbewerbsprinzips in mittel- und osteuropäischen Ländern sowie 10
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19
Expertengruppe „The Joint Group on Trade and Competition, JGTC“ eingerichtet, die die Interdependenzen zwischen Handels- und Wettbewerbspolitk erforschen und Optionen für ihre Koordinierung ermitteln soll, um die internationale Ressourcenallokation zu verbessern. 2001 veranstaltete sie ein internationales „Global Competition Forum“.18 Und die WTO richtete auf der Ministerkonferenz in Singapore 1996 eine „WTO Working Group on the interactions between trade and Competition“ ein.19 Vor dem Hintergrund der Handelsliberalisierungen, der zunehmenden Globalisierung20 und der nicht zuletzt deshalb gestiegenen internationalen Fusionsaktivitäten21 muss deshalb auch die Wettbewerbspolitik grenzübergreifend stattfinden.22 Zwar können die nationalen Regierungen innerhalb der Grenzen ihres Landes gegen extraterritoriale Wettbewerbsverstöße vorgehen, jedoch ist die Wirksamkeit einzelner nationaler Maßnahmen gegen internationale Konzerne in Frage zu stellen. Die Durchsetzung von wettbewerbspolitischen Maßnahmen dürfte auf internationaler Ebene schwierig sein, wenn ein Konzern seinen Hauptsitz in einem international dominierenden Land hat, in dem er eventuell sogar über eine starke lobbyistische Stellung verfügt. Hinzu kommt die Ineffizienz der derzeitigen dezentralen internationalen Fusionskontrolle aufgrund der unabgestimmten Doppeluntersuchungen. Für die Unternehmen sind grenzüberschreitende Fusionen aufwendig und intransparent, da sie die Genehmigungen in jedem betroffenen Land beantragen und hierbei auf die unterschiedlichen Rechtssysteme eingehen müssen. Die nationalen Wettbewerbsbehörden verfügen aufgrund mangelnder internationaler Kooperation und Koordination nicht über die zur Bewertung notwendigen Informationen, weshalb die Forderung nach einem globalen Regelwerk für die Fusionen immer lauter wird. Die Globalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten in diesem wettbewerbspolitisch rechtsfreien Raum erhöht darüber hinaus die Gefahr internationaler politischer Konflikte, was die OECD bereits in ihrer Empfehlung von 1995 betont.23
in Asien. – Vorbildfunktion der Europäischen Union bei der Entwicklung eines international anwendbaren Wettbewerbsrechts.“ Vgl. Immenga, Ulrich (1996a), S. 609. 18 Vgl. OECD (2001a), S. 9; Holmes, Peter (2002), S. 170 sowie Plompen, Peter (2001), S. 28 f. 19 Vgl. Vautier, Kerrin M. (2002), S. 7 sowie Plompen, Peter (2001), S. 28. 20 Vgl. Beviglia-Zampetti, Americo/Sauvé, Pierre (1995), S. 13 f. 21 Das Transaktionsvolumen der weltweit erfassten Zusammenschlüsse und Übernahmen erreichte 1998 mit 2,5 Billionen US-Dollar das Fünffache des Niveaus der frühen 90er Jahre. Vgl. Klodt, Henning (2000), S. 53. 22 „There has been a significant increase in commercial practices with an international dimension such as mergers, strategic alliances and joint ventures. These can lead to an increase in anti-competitive practices across borders: cartels, abuse of dominant position, etc. The adoption of an international framework of competition rules would strengthen the multilateral trading system and promote more equal conditions of competition and market access.“ OECD (2000b), S. 52 f.
20
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Schließlich konnten sich die WTO-Mitglieder im November 2001 auf der Konferenz im quartarischen Doha auf eine neue Welthandelsrunde einigen. Bestandteil sollen auch internationale Wettbewerbsregeln sein.24 Auch die Wissenschaft hat die Dringlichkeit von Reformen erkannt. In den internationalen wirtschaftswissenschaftlichen, politikwissenschaftlichen und juristischen Fachzeitschriften finden sich zahlreiche Beiträge zu dieser Thematik. Es werden jedoch immer nur Einzelbereiche herausgegriffen oder Reformansätze losgelöst von den Problemfeldern im internationalen Handel präsentiert.25 Hierbei wird vor allem die Frage gestellt, ob das Antidumpingrecht durch ein internationales Wettbewerbsrecht ersetzt werden soll. Ferner wird beklagt, es fehle für eine internationale Wettbewerbsordnung an einer einheitlichen Vorgabe durch die Wirtschaftstheorie.26 Insgesamt sollte es das Ziel sein, den internationalen Wettbewerb so zu gestalten, dass er als fairer Wettbewerb der Leistungen eine optimale internationale Ressourcenallokation und damit ein Maximum an Weltwohlfahrt gewährleistet. Die Problemfelder im internationalen Handel, die sich aufgrund des Fehlens einer internationalen Wettbewerbskontrolle entwickeln konnten, müssen hierzu identifiziert und durch eine internationale Wettbewerbsordnung beseitigt werden. Ein umfassender mikroökonomisch und ordnungstheoretisch fundierter Gesamtansatz einer neuen internationalen Wettbewerbsordnung ist somit dringend erforderlich. Walter Eucken folgend, soll im Rahmen dieser Arbeit die Wettbewerbsordnung die internationale Wohlfahrtsmaximierung gewährleisten. 23 „Recognising that the continued growth in internationalisation of business activities correspondingly increases the likelyhood that anticompetitive practices in one country or co-ordinated behaviour of firms located in different countries may adversely affect the interests of Member countries and also increases the number of transnational mergers that are subject to the merger control laws of more than one Member country; . . .“ OECD-Council (1995), S. 2. 24 „23. Recognizing the case for a unilateral framework to enhance the contribution of competition policy to international trade and development, . . ., we agree that negotiations will take place after the Fifths Session of the Ministerial Conference on the basis of a decision to be taken, by explicit consensus, at a session on modalities of negotiations.“ Ministerial Declaration, in: WTO (2002), S. 29. 25 Den bisher umfassendsten Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung entwickelte Wins – allerdings aus einer übergreifenden wettbewerbspolitischen und weniger handelpolitischen Perspektive. Vgl. Wins, Henning (2000). Darüber hinaus findet sich bei Christl eine sehr allgemein gehaltene Herleitung einer internationalen Wettbewerbsordnung und bei Nagy ein politikwissenschaftlicher Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung. Vgl. Christl, Claudius (2001) sowie Nagy, Anke (2002). Klodt entwickelte ausgehend von Beispielen der derzeitigen grenzüberschreitenden wettbewerbspolitischen Kooperation verschiedene Thesen für eine internationale Wettbewerbsordnung. Auch er kommt zu dem Ergebnis, dass nicht zuletzt angesichts der fortschreitenden Globalisierung dringender Handlungsbedarf besteht. Vgl. Klodt, Henning (2003). 26 Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 78.
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21
Er beschreibt sie idealerweise als „sinnvolle Zusammenführung des Mannigfaltigen zu einem Ganzen“.27 Gemäß dem amerikanischen Forschungsansatz „Law and Economics“28 hat die Erarbeitung eines umfassenden wettbewerbspolitischen Reformansatzes für die derzeitige internationale Wirtschaftsordnung deduktiv auf dem ökonomischen Rationalansatz zu erfolgen. Ausgehend von den allgemeingültigen Grundsätzen der Wettbewerbs- und Ordnungstheorie gilt es, ein Idealbild einer internationalen Wettbewerbspolitik zu entwerfen. Um die Fundamente einer idealen Wettbewerbsordnung als Sollziel abzuleiten, beginnt die vorliegende Arbeit deshalb in Teil A. mit einer Darstellung der theoretischen Grundlagen einer internationalen Wettbewerbs- und Ordnungspolitik. Es geht also zunächst um einen theoretischen Anspruch der Wissenschaft an den Ordnungsrahmen im Sinne einer internationalen Wohlfahrtsoptimierung. Der Ordnung muss eine zielbestimmende ökonomische Theorie zugrunde liegen, die dann innerhalb eines Rechtsrahmens durchgesetzt wird. Deshalb wird versucht, aus den bedeutendsten Wettbewerbskonzeptionen und unter Hinzuziehung der Erkenntnisse der Wirtschaftstheorie und -empirie einen Ansatz für eine moderne internationale Wettbewerbsordnung zu entwickeln. Ausgehend vom klassischen Ordoliberalismus entsteht so ein Ansatz, den man als neo-ordoliberal bezeichnen könnte. Dem wird im zweiten Teil (B.) die derzeit geltende Wirtschaftsordnung gegenübergestellt, wobei sich die Betrachtung auf handelbare Güter, also das neue GATT beschränkt. Hier soll untersucht werden, inwiefern die geltende internationale Wirtschaftsordnung einen fairen Leistungswettbewerb und damit die im ersten Teil (A.) herausgearbeiteten Wettbewerbsfunktionen gewährleistet. Es gilt, die internationalen Wettbewerbsverstöße zu ermitteln und die Schwachstellen der derzeitigen Wirtschaftsordnung als Soll-Ist-Vergleich aufzudecken. Die oben angesprochenen Problemfelder im internationalen Handel werden identifiziert und analysiert. Hier fließen unter anderem die Erkenntnisse aus den in Washington und Brüssel durchgeführten Interviews ein.29 Aufgrund der zahlreichen außenwirtschaftlichen Problemfelder und ihrer Bedeutung als Grundlage für die Bestimmung der notwendigen wettbewerbspolitischen Reformen bildet Teil B. einen Schwerpunkt der Arbeit. Am Ende von Teil B. wird nach den Ursachen für die festgestellten Soll-Ist-Abweichungen der derzeitigen Welthandelsordnung gefragt: Warum gibt es trotz der überwältigenden wohlfahrtstheoretischen Vor27 Walter Eucken begründete die wirtschaftswissenschaftliche Ordnungstheorie. Vgl. Eucken, Walter (1952), S. 372. 28 „The economic analysis of law deals with legal rules, whether made by legislatures or by courts, from this second viewpoint – not as a way of handing out rewards and punishments to those who deserve them, but as a system of incentives intended to affect bahavior. Economic theory is used to predict how rational individuals will respond to such rules and what the consequences will be.“ Law and Economics by David D. Friedman, http://www.econlib.org/library/Enc/LawandEconomics.html. 29 Vgl. das Verzeichnis der durchgeführten Interviews im Anhang.
22
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teile von Freihandel immer noch so viele Handelshemmnisse? Dieser Frage soll vor allem mit Hilfe der Public Choice Theorie und der Neuen Institutionenökonomik nachgegangen werden. Die negativen Wirkungen von Kartellabsprachen, abgestimmten Verhaltensweisen, Preisbindungen, Ausschließlichkeitsverträgen sowie von wettbewerbsbeschränkendem und diskriminierendem Verhalten auf den Wettbewerb sind nicht national begrenzt, sondern gelten auch für den internationalen Wettbewerb. Anschließend werden deshalb in Teil C. die wettbewerbspolitischen Instrumente der nationalen Wettbewerbsordnungen auf ihre Eignung als Instrumente für den Entwurf einer internationalen Wettbewerbsordnung überprüft. Die herausgearbeiteten Schwachstellen der derzeitigen Wirtschaftsordnung bilden hierbei die Grundlage für die notwendigen Anforderungen an eine internationale Wettbewerbsordnung. Angesichts der zunehmenden Globalisierung gewann in letzter Zeit die Frage nach der Ausgestaltung einer internationalen Wettbewerbsordnung wieder an Bedeutung und wird derzeit heftig wissenschaftlich diskutiert. Grundlage dieser Diskussion sind verschiedene Reformvorschläge.30 Im Rahmen der Erörterung der Frage nach der Ausgestaltung der internationalen Wettbewerbsordnung wird deshalb eine Auswahl der bedeutendsten Vorschläge zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung vorgestellt, vergleichend analysiert und bewertet. Ausgehend von den theoretisch zur Verfügung stehenden wettbewerbspolitischen Instrumenten, der in dieser Arbeit festgestellten Schwachstellen der derzeitigen Wirtschaftsordnung sowie den Erkenntnissen aus der internationalen wissenschaftlichen Reformdiskussion, soll dann ein neuer Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung als Synthese entwickelt werden. Die in dieser Arbeit herausgearbeitete Reformnotwendigkeit der internationalen Wirtschaftsordnung gilt es von der Politik einzufordern. Es bleibt zu hoffen, dass die Bereitschaft der Regierungen für eine Reform der internationalen Wettbewerbs- und Handelsordnung und der damit verbundenen Einschränkung nationaler Souveränität vor dem Hintergrund der zunehmenden Probleme und Konflikte im internationalen Handel wächst. Trotzdem, für den Fall, dass sich die internationale Staatengemeinschaft nicht auf die ideale internationale Wettbewerbsordnung einigen kann, sollen in dieser Arbeit als Alternativkonzept Ansätze entwickelt werden, die sowohl unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten eine nachhaltige Verbesserung der derzeitigen Ordnung bewirken als auch politisch umsetzbar scheinen.
30 Auf den Restrictive-Business-Practice-Kodex der UNCTAD wird in dieser Arbeit aufgrund seiner einseitigen Ausrichtung an den Interessen der Entwicklungsländer nicht näher eingegangen. Vgl. hierzu Wins, Henning (2000), S. 92; Beck, Bernhard (1986), S. 88 ff, Mozet, Peter (1991), S. 32 ff sowie Gröner, Helmut (1987), S. 373.
A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung Ziel dieser Arbeit ist es, einen wettbewerbspolitischen Ordnungsrahmen für den internationalen Handel herauszuarbeiten. Bevor in Teil B. die akuten wettbewerbspolitischen Problemfelder des grenzüberschreitenden Handels identifiziert werden, die die zu konzipierende Ordnung angehen und wenn möglich beseitigen soll, sind zunächst die theoretischen Grundlagen für eine solche Ordnung herauszuarbeiten, die das reibungslose Funktionieren des Wettbewerbs auf internationaler Ebene sicherstellt. Teil A. benennt die wichtigsten Funktionen von Wettbewerb und überprüft, ob sie auch für den internationalen Handel Gültigkeit haben. Es gilt also einerseits die Bedingungen für ein reibungsloses Funktionieren von Markt und Wettbewerb, also den wettbewerbspolitischen Rahmen für ein Wohlfahrtsmaximum, herauszuarbeiten und andererseits die Übertragbarkeit auf die internationale Ebene zu prüfen. Anschließend werden die bedeutendsten wissenschaftlichen Wettbewerbskonzeptionen vorgestellt und auf ihre Eignung als Vorlage für eine internationale Wettbewerbsordnung untersucht, um schließlich aus ihnen in einer Art Synthese eine allgemeingültige ideale Vorlage für eine internationale Wettbewerbsordnung zu konzipieren, die der Realität des internationalen Handels und Wettbewerbs gegenübergestellt werden kann, um die Schwachstellen als Soll-Istabweichungen aufzudecken.
I. Wettbewerbsfunktionen im nationalen und internationalen Wirtschaftssystem Wegen seiner vielfältigen Ausprägungen gibt es keine allgemein akzeptierte Definition von „Wettbewerb“1. Man kann jedoch das Wesen des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs darin sehen, dass mindestens zwei Marktteilnehmer auf der Angebotsseite und auf der Nachfrageseite miteinander rivalisieren. Der Wettbewerb zwingt die Unternehmen, auf dem Markt ein Angebot entsprechend den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten bereitzustellen (Steuerungsfunktion). In einem nationalen Wirtschaftssystem gewährleistet das Gewinnmaximierungsstreben, dass die preisgünstigsten Vorprodukte bei der Produktion eingesetzt werden (1. Allokationsfunktion), womit die günstigste und damit ressourcenschonendste Produktion sichergestellt wird. Darüber hinaus kann das kostengünstigste Unternehmen am meisten Nachfrage und damit auch Produktion 1
Vgl. Herdzina, Klaus (1984), S. 9.
24
A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung
auf sich konzentrieren, weil es über den größten Preissenkungsspielraum verfügt (2. Allokationsfunktion).2 Die Unternehmen erreichen ihr Erfolgsoptimum, wenn die Grenzkosten den Grenzerlösen aus einer zusätzlichen Produktionseinheit entsprechen. Bei ausreichender Marktmacht, also bei mangelndem Wettbewerb, wie dies z. B. im Monopol gegeben ist, kann der Unternehmer einen Verkaufspreis realisieren, der weit über seinen Grenzkosten liegt. Wettbewerb drückt somit tendenziell durch die Teilung der Marktmacht den Verkaufspreis an die Preisuntergrenze, die Grenzkosten. Wettbewerb bewirkt folglich niedrige Preise bei einer hohen Qualität der Leistung; dies gilt für Konsumgüter sowie für Vorprodukte. Damit erhöht sich im ersten Fall die Konsumentenrente und bei den Vorprodukten die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes und dadurch indirekt auch die Beschäftigung. Wettbewerb gewährleistet, dass sich langfristig nur diejenigen Unternehmen am Markt halten können (Sanktionsfunktion), die ihre Ressourcen effizient einsetzen (produktive Effizienz) und fortlaufend versuchen, selbst Wettbewerbsvorsprünge durch neue Produkte oder Produktionsverfahren zu gewinnen oder zumindest die Wettbewerbsvorteile der Konkurrenten aufzuholen. Hierdurch wird zum einen einer Verschwendung von Ressourcen vorgebeugt und zum anderen eine Anpassung an Änderungen der relativen Preise von Produktionsfaktoren erzielt, wie z. B. im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung (Anpassungsfunktion). Wettbewerb führt zu einer marktgerechten Entlohnung und gewährleistet damit gleichzeitig die Motivation, Leistung zu erbringen, was wiederum die Grundvoraussetzung für Produktivität darstellt (Verteilungsfunktion). Die Entlohnungsergebnisse des Marktes werden jedoch oft nicht als gerecht empfunden.3 Nicht zu vernachlässigen ist der große individuelle Entfaltungsspielraum, den Wettbewerb den am Wirtschaftsprozess Beteiligten ermöglicht. So haben die Unternehmen die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Disposition ihrer Entscheidungsparameter, die Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich einen Arbeitsplatz auszusuchen und die Verbraucher die Freiheit, zwischen vielen unter2 Empirischen Schätzungen zur Folge betragen allein die einperiodigen, statischen Wohlfahrtsgewinne einer polypolistischen Wirtschaftsstruktur gegenüber einer monopolistischen, ohne die Berücksichtigung von Sekundäreffekten bis zu 10% des Bruttoinlandsprodukts. Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 11. 3 So führt beispielsweise die Knappheit eines Gutes zu Marktlagengewinnen, also Gewinnen ohne Leistung. Nichtleistungsfähige würde der Markt gar nicht entlohnen, weshalb sie verhungern müssten. Dies führt zu den Fragen der Gerechtigkeit und der Akzeptanz einer liberalen internationalen Wettbewerbsordnung. Die Frage nach Gerechtigkeit ist eine moralische und ethische Fragestellung und deshalb einerseits subjektiv und andererseits nicht Gegenstand einer wirtschaftswissenschaftlichen Arbeit, sondern eher einer philosophischen oder theologischen. Die Frage nach der Akzeptanz ist jedoch für die Realisierbarkeit einer Ordnungskonzeption entscheidend und darf deshalb nicht vernachlässigt werden. Dies zeigten nicht zuletzt die heftigen Demonstrationen gegen die Ausweitung des Freihandels in Seattle 1999.
I. Wettbewerb im nationalen und internationalen Wirtschaftssystem
25
schiedlichen Angeboten wählen zu können (Freiheitsfunktion).4 Wettbewerb als Konkurrenz vieler um die Nachfrager oder Anbieter gewährleistet automatisch eine Begrenzung der wirtschaftlichen Macht. Marktbeherrschende Stellungen können bei Wettbewerb nicht existieren (Kontrollfunktion). Der bislang beschriebene Wettbewerb ist zeitpunktbezogen und wird deshalb auch als statischer Wettbewerb bezeichnet. Für den Wachstumsprozess einer Volkswirtschaft ist jedoch der dynamische Charakter des Wettbewerbs von besonderer Bedeutung.5 Dynamischer Wettbewerb stellt sich nach Friedrich August von Hayek als ein Such- und Entdeckungsverfahren dar. Hayek charakterisiert Wettbewerb als ein Verfahren zur Entdeckung von Tatsachen, die ohne sein Bestehen entweder unbekannt bleiben oder zumindest nicht genutzt werden würden. Für Hayek ist Wettbewerb vor allem evolutorisch.6 Dies gilt sowohl für Prozessinnovationen als auch für Produktinnovationen, wobei unter einer Innovation allgemein die wirtschaftliche Realisation einer Erfindung, auch Invention genannt, verstanden werden soll. In der Erwartung einer überdurchschnittlichen Entlohnung durch den Markt sucht der Unternehmer fortlaufend nach kostengünstigeren Produktionsverfahren und nach neuen Produkten, für die eine potenzielle Marktnachfrage existiert. Hierzu betreibt er auf eigenes Risiko Forschung oder wertet fremde Forschungsergebnisse wirtschaftlich aus. Über den Erfolg einer Prozessinnovation oder Produktinnovation entscheidet der Markt und damit letztlich der Nachfrager als Konsument oder weiterverarbeitender Produzent (Innovationsfunktion). Unterlässt der Unternehmer Innovations- und Inventionsanstrengungen, so muss er bei vorliegendem Wettbewerb damit rechnen, dass er von seinen Konkurrenten verdrängt wird (siehe Anpassungs- und Sanktionsfunktion). Es zeigt sich, dass die Wettbewerbsfunktionen ineinander übergehen bzw. sich gegenseitig unterstützen. Das gleiche gilt für die Anpassungsfunktion. Richten die Unternehmen nicht fortlaufend ihre Produktion entsprechend der sich ändernden Nachfragestrukturen und internationalen Arbeitsteilung aus, werden sie ebenfalls durch den Markt sanktioniert. Nach Joseph Schumpeter7 stellt sich Wettbewerb als ein Prozess der Innovation und der anschließenden Imitation dar. Die erfolgreiche Innovation des Pionierunternehmers verschafft ihm auf dem Markt einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber den Unternehmern, die ihre alte Produktionsstruktur beibehalten haben. Aus diesem Wettbewerbsvorsprung resultiert ein überdurchschnittlicher Ge4 Vgl. Berg, Hartmut (1988), S. 233. Die Freiburger Schule sieht im individualistisch orientierten Wettbewerb das Äquivalent zur Demokratie und damit auch eine Prävention gegen Diktatur. 5 Zur Bedeutung des Wettbewerbs für den Wachstumsprozess vgl. Heuß, Ernst (1968), S. 29 ff. 6 Vgl. Hayek, Friedrich August von (1969), S. 249 sowie Starbatty, Joachim (1987), S. 164. 7 Vgl. Schumpeter, Joseph Alois (1911).
26
A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung
winn, der dann andere Unternehmer zur Nachahmung der Innovation anreizt oder schließlich dazu zwingt, wenn sie nicht aus dem Markt verdrängt werden wollen. So kommt es zu einer Verbreitung der neueren, Ressourcen sparenden Produktionsverfahren und damit zu einer umfassenden Durchsetzung des technischen Fortschritts und mit diesem einhergehend zu einem Produktionswachstum.8 Innovations- und Sanktionsfunktion unterstützen sich somit beim dynamischen Wettbewerb gegenseitig. Aus dem Blickwinkel des einzelnen Unternehmens ist es jedoch lohnend, den Wettbewerb zu beschränken. Zum einen locken bei einer Vergrößerung der Marktmacht durch Wettbewerbsbeschränkungen Renten, die – wie etwa Monopolgewinne – dem Unternehmen zufallen, ohne dass er eine entsprechende Leistung erbringen muss. Hinzu kommt, dass Wettbewerb unbequem ist. Wie bereits dargestellt, zwingt Wettbewerb die Unternehmen zu ständiger Leistungssteigerung. Ohne Marktanpassung und Innovation drohen Verluste oder gar das Ausscheiden aus dem Markt.9 Damit sich die Unternehmen dem Wettbewerb nicht durch Wettbewerbsbeschränkungen entziehen können, muss die Wettbewerbsordnung durch den Staat geschützt werden. Gelten diese Wettbewerbsfunktionen jedoch auch für den internationalen Wettbewerb? Betrachten wir zunächst die Allokationsfunktion. Wie bereits dargestellt, gewährleistet das Gewinnmaximierungsstreben, dass die preisgünstigsten Vorprodukte bei der Produktion eingesetzt werden (1. Allokationsfunktion). Darüber hinaus kann das kostengünstigste Unternehmen am meisten Nachfrage und damit auch Produktion auf sich konzentrieren, weil es über den größten Preissenkungsspielraum verfügt (2. Allokationsfunktion). International muss das gleiche gelten10, wobei in die Unternehmenskosten die länderspezifischen absoluten und komparativen Kostenvorteile (Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile) einfließen. Nach Ricardo würde sogar eine einseitige Außenhandelsliberalisierung dem importierenden Land Vorteile bringen. Darüber hinaus wird die Knappheit der Produktionsfaktoren in den einzelnen Ländern international ausgeglichen, was ebenfalls zu einer höheren Gesamtproduktivität führt (Heckscher-Ohlin-Theorem).11 Der größte Teil des Welthandels findet intersektoral, also innerhalb einer Branche und zwischen den westlichen Industrieländern statt, die über ähnliche 8 Zur Bedeutung des „Schumpeterschen Unternehmers“ vgl. Dürr, Ernst (1987), S. 245 ff sowie Vickers, John (1994), S. 17 ff. 9 Vgl. Drude, Michael (1991), S. 7. 10 Empirische Nachweise der positiven Wirkungen der Importkonkurrenz auf die Produktivität finden sich bei MacDonald, Porter, Baily, und Gernsbach sowie in den Studien der EU-Kommission zu den Wohlfahrtsgewinnen des europäischen Binnenmarkts. Vgl. Baily, Martin/Gernsbach, Hans (1995); EU-Commission (1988); MacDonald, James M. (1994); Porter, Michael (1990) sowie Scherer, F. M. (1997). 11 Vgl. Conrad, Christian A. (2003a).
I. Wettbewerb im nationalen und internationalen Wirtschaftssystem
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Kosten- und Nachfragestrukturen sowie Kapital- und Arbeitsausstattungen verfügen. Warum kann es selbst bei identischen Kosten- und Nachfragestrukturen zu Außenhandel kommen? Dies lässt sich durch die Spezialisierung der Hersteller auf unterschiedliche Nachfragebedürfnisse erklären. Außenhandel als grenzüberschreitender Wettbewerb zwingt die Anbieter, sich entsprechend der internationalen Nachfrage auszurichten und/oder sich in Marktnischen zu qualifizieren. Die sich daraus ergebende Produktvielfalt entspricht ebenfalls einem Wohlfahrtszugewinn. Auch degressive, also mit der Produktionsmenge abnehmende Kostenverläufe ermöglichen einen Wohlfahrtsgewinn im Rahmen einer internationalen Spezialisierung. Mit der entsprechend dem Weltmarkt größeren Nachfrage steigt die Produktionsmenge, weshalb die Stückkosten fallen.12 Die Anforderungen, die an eine internationale Wettbewerbsordnung im Gegensatz zu einer nationalen Wirtschaftsordnung gestellt werden müssen, unterscheiden sich jedoch in einem Punkt wesentlich. National konkurrieren private Unternehmen, international konkurrieren zusätzlich souveräne Staaten um die Anteile an der internationalen Wertschöpfung. Wie die Individuen in einer nationalen Wirtschaft versuchen die Regierungen, ihren Nutzen zu maximieren. Sie bündeln und vertreten als internationale Akteure die Interessen ihrer Unternehmen und versuchen, über nationale Wirtschaftspolitik die Wohlfahrt und das Wachstum ihres Landes zu maximieren. Hierzu stehen ihnen wirtschaftspolitische Instrumente zur Verfügung. „The central purpose of competition law is to benefit society as a whole by ensuring that markets operate efficiently, as free as possible from conduct that distorts competition.“13
Im Gegensatz zu den Instrumenten der Individuen wirken sich jedoch die nationalen Wirtschaftspolitiken über die zwangsweise folgende Veränderung der relativen Preise wesentlich stärker auf das Ausland aus. Ziel einer internationalen Wirtschaftsordnung muss es deshalb sein, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass das Nutzenstreben der privaten Unternehmen und der Regierungen zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt, mit anderen Worten sich die „invisible hand“ des internationalen Wettbewerbs optimal entfalten kann. Wenn es das Ziel einer internationalen Wettbewerbsordnung ist, die Wohlfahrt der Welt zu maximieren, müssen die weltwirtschaftlichen Ressourcen ihrer produktivsten Verwendung zugeführt werden. In einer nationalen Volkswirtschaft gewährleistet dies die Kombination von Märkten und Wettbewerb. Bei der Gestaltung einer internationalen Wettbewerbsordnung gilt es also, die ordnungspolitischen, wettbewerbstheoretischen Vorgaben für eine nationale Wettbewerbsordnung so abzuwandeln, dass sie, angepasst an die Besonderheiten des interna-
12 13
Vgl. Bender, Dieter (1992), S. 419–448. OECD (2001a), S. 103. Vgl. auch Vautier, Kerrin M. (2000), S. 93 f.
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A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung
tionalen Wirtschaftssystems, die Funktionen des Wettbewerbs auf internationaler Ebene sicherstellen. Es wurde gezeigt, dass für den internationalen Wettbewerb die gleichen Funktionsbedingungen wie für den nationalen Wettbewerb gelten. Bisher wurde allerdings für die Vergleichbarkeit der Preise eine international einheitliche Recheneinheit unterstellt. In der Realität werden die Preise in verschiedenen Währungen ausgedrückt. Die Austauschrelationen der nationalen Währungen untereinander werden von aggregierten makroökonomischen Größen bestimmt. Die individuellen internationalen Austauschrelationen von Gütern werden folglich durch die Umrechnung in Wechselkurse verzerrt. Dies legt unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten und unter der Voraussetzung von Preisniveaustabilität und flexiblen Preisen die Forderung nach einer einheitlichen Weltwährung nahe.14 Ausgehend von dem Ziel, die internationale Güterproduktion zu maximieren, kommt folglich einer internationalen Wettbewerbsordnung die Aufgabe zu, Wettbewerbsverzerrungen jeglicher Art zu verhindern.15 Auf die Vorteile und Funktionsweise von Markt und Wettbewerb wurden im vorigen Kapitel eingegangen. Die Frage, die sich hieran anschließt, lautet, wie der wettbewerbspolitische Ordnungsrahmen zu konzipieren ist, damit Markt und Wettbewerb optimal funktionieren. Diese Frage versuchen Wettbewerbskonzeptionen zu beantworten. Wettbewerbsordnungen liegen funktionale Ziel-Mittel-Theorien, so genannte Konzeptionen zugrunde. Ausgehend von einer theoretischen Basis sagen sie uns, wie wir welche wettbewerbspolitischen Instrumente einsetzen müssen, um ein gewünschtes Ergebnis zu bekommen. Auch für die Gestaltung einer Wettbewerbsordnung gibt es mehrere konzeptionelle Ansätze. Deshalb sollen im Folgenden die bedeutendsten Wettbewerbskonzeptionen16 auf ihre Eignung als Ausgangsbasis für eine internationale Wettbewerbsordnung analysiert werden.
14 Die Vor- und Nachteile einer Weltwährung wären unabhängig von dieser Arbeit zu analysieren. 15 Die meisten empirischen Studien belegen, dass der Abbau von Handels- und Marktzugangshemmnissen, also eine Steigerung des Wettbewerbs, die Gesamtwohlfahrt erhöht. Das hierfür derzeit gebräuchlichste Wort ist „Globalisierung“. Vgl. Mc Kinnon, Don (2000), S. 11 f. 16 Wissenschaftliche und politische Diskussionen über die Gestaltung der Wettbewerbsordnung fanden fast ausschließlich in den USA und in Deutschland statt. Vgl. Kantzenbach, Erhard/Krüger, Reinhard (1994), S. 196.
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II. Wettbewerbspolitische Konzeptionen und Weltbilder 1. Der Ordoliberalismus und die Workability-Konzeption der Industrial Organization: die Wettbewerbspessimisten a) Die Konzeption des Ordoliberalismus Der Ordoliberalismus (auch Freiburger Schule genannt) kann historisch als bisher umfassendste Ordnungstheorie gelten. Er prägte vor allem das System der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland und die Wettbewerbsgesetze und Wettbewerbspolitik der Europäischen Union. Viele Thesen des Ordoliberalismus wurden empirisch bestätigt und keine der Thesen bisher falsifiziert.17 Die Konzeption des Ordoliberalismus geht vor allem auf Walter Eucken zurück. Mit Adam Smith und anderen Klassikern stimmt Eucken darin überein, dass die Marktform der vollständigen Konkurrenz durch den größtmöglichen Wettbewerb die besten Marktergebnisse liefere. Die neoklassischen mikroökonomischen Modelle lehnen sie aber als realitätsfern ab. Vollständige Konkurrenz18 liegt nach Eucken vor, wenn die Marktteilnehmer den Preis als vom Markt vorgegebenes Datum akzeptieren und Leistungswettbewerb betreiben (müssen); Marktstrategien und Behinderungswettbewerb fehlen (dann).19 Die Ordoliberalen teilen aber nicht den Optimismus, dass sich der Markt auch ohne staatliche Eingriffe zur Wettbewerbsform der vollständigen Konkurrenz entwickeln könne, da es im Interesse der Unternehmen liege, den lästigen Wettbewerb beispielsweise durch Preisabsprachen, Fusionen, vertikale Bindungen u. a. auszuschalten und sich die Monopolrente zu sichern. Marktfreiheit ist kein Selbstzweck. Die individuelle Freiheit der Marktteilnehmer ist aber auch hier insofern ein Ziel der Wettbewerbspolitik, als dass der Ordoliberalismus den Missbrauch der Freiheit unterstellt. Man könnte also klassisch formulieren, dass für den Ordoliberalismus die Freiheit eines Marktteilnehmers dort aufzuhören hat, wo sie auf Kosten der Freiheit anderer Marktteilnehmer für das Wirtschaftssystem kontraproduktiv missbraucht wird.20 Folglich ist ein starker Staat notwendig, der produktive Marktfreiheit gewährleistet, indem er die Unternehmen vor Missbrauch schützt und das Handeln der Marktteilnehmer durch Gesetze kanalisiert sowie Wettbewerbsbeschränkungen durch Interventionen verhindert oder wieder
17 Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 75 sowie Hildebrand, Doris (2002a), S. 160 f. 18 Euckens vollständige Konkurrenz stimmt nicht mit der preistheoretischen Form der vollkommenen Konkurrenz überein. Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 76 f. 19 Vgl. Lenel, Hans Otto (1989), S. 308. 20 Vgl. Starbatty, Joachim (1983), S. 569 sowie Hildebrand, Doris (2002a), S. 160.
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aufhebt. Hier spiegelt sich auch der kulturelle Unterschied in der Staatsauffassung zwischen den USA und Europa wider, wie es Fox treffend ausdrückt: „Europeans tend to be less hostile to government as regulator and more sceptical of private co-operations as servant of the public interest.“21
Die Konzeption des Ordoliberalismus trennte zum ersten Mal bewusst zwischen Wettbewerbsordnung und Wettbewerbspolitik.22 Die Wettbewerbsordnung stellt den Rahmen dar, den der Staat den Wirtschaftssubjekten für ihre Betätigung im Markt setzt. Sie bestimmt die langfristig geltenden „Spielregeln“, die im Allgemeinen durch Gesetze festgelegt werden. Der institutionelle Rahmen soll die individuelle wirtschaftliche Freiheit garantieren. Unter Wettbewerbspolitik ist hingegen eine aktive Tätigkeit des Staates zu verstehen, deren Ziel die Erhaltung oder Förderung von Wettbewerb ist.23 Zur Wettbewerbspolitik gehört somit zum einen die ständige Kontrolle des Marktes durch den Staat auf mögliche Wettbewerbsbeschränkungen und zum anderen das Eingreifen in den Markt, wenn der Wettbewerb gefährdet ist. Die Ordnung muss allerdings gewährleisten, dass Interventionen die Ausnahme bleiben. Hierzu hat Eucken zwei Arten von Prinzipien entwickelt: die einen konstituieren eine Wettbewerbsordnung und die anderen regulieren den Marktprozess. Nach den regulierenden Prinzipien sollen entweder die Märkte, auf denen vollständige Konkurrenz unzweckmäßig ist, gelenkt oder Schäden sowie Unvollständigkeiten behoben werden, mit denen trotz der vollständigen Konkurrenz noch zu rechnen ist.24 Kritisiert wird an der Freiburger Schule vor allem die fehlende analytische Basis und daraus folgend der Mangel an wettbewerbspolitisch operationalen Handlungsanweisungen und Prüfkriterien. Auch wird manchen Autoren das Effizienzziel und das Wohlfahrtsziel des Wettbewerbs zu wenig herausgestellt.25
21 Vgl. Fox, Eleanor M. (1986), S. 983. Allerdings befürchtete selbst die Freiburger Schule später in Deutschland, dass die Monopolkommission auf Kosten der Wettbewerbsfreiheit zu viel Macht bekommen könnte. Hildebrand, Doris (2002a), S. 160. Der Unterschied zwischen den USA und Europa in der Staatsauffassung wird oft auch überbetont. So war es gerade die amerikanische Wettbewerbspolitik, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sehr restriktiv zahlreiche amerikanische Kartelle zerschlagen hat. Vgl. Hawk, Barry E. (1987), S. 10 ff. 22 Eucken selbst verwendete allerdings diese Begriffe nicht explizit. 23 Vgl. Görgens, E. (1988), S. 765 sowie Brendel, Herwig (1997), S. 98. 24 Vgl. Starbatty, Joachim (1983), S. 569. Vgl. Lenel, Hans Otto (1989), S. 309. Die sieben konstituierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung lauten: 1. Herstellen eines funktionsfähigen Preissystems vollständiger Konkurrenz, 2. Stabilisieren des Geldwertes, 3. Offenhaltung der Märkte für neue Marktteilnehmer, 4. Privateigentum, 5. Vertragsfreiheit, 6. volle Haftung der Unternehmen für ihre Entscheidungen und 7. Konstanz der Wirtschaftspolitik. Die vier regulierenden Prinzipien der Wettbewerbspolitik heißen: 1. Errichtung eines staatlichen Monopolaufsichtsamts, 2. Korrektur der Wirtschaftsrechnung durch Einbeziehung von externen Effekten, 3. Auffangen anomaler Angebotsreaktionen, z. B. auf dem Arbeitsmarkt, und 4. Umverteilung zum sozialen Ausgleich. Vgl. Eucken, Walter (1952).
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Die Wettbewerbskonzeption der vollständigen Konkurrenz der klassischen Liberalen (wie z. B. Adam Smith) und die Wettbewerbskonzeption von Walter Eucken gehen darüber hinaus überwiegend von einem statischen Wettbewerb aus. Der statische Wettbewerb ist jedoch in erster Linie für die kurzfristige Preisbildung maßgeblich. Der entscheidende langfristige Wettbewerbsprozess als ein ständiges Aufeinanderfolgen von vorstoßendem und nachfolgendem Wettbewerb im Sinne des dynamischen Wettbewerbs bleibt hierbei weitgehend unberücksichtigt.26 Als sinnvolle Ergänzung bieten sich andere Wettbewerbskonzeptionen und -theorien an. b) Die Workability-Konzeption (Harvard School) Die Workability-Konzeption, deutsch (Konzeption des funktionsfähigen Wettbewerbs) baut auf den Überlegungen des Amerikaners Clark auf.27 Ausgehend von den Erkenntnissen der Industrial Organization Forschung, die 1939 von E. S. Mason begründet wurde28, stufte Clark das Modell der vollkommenen Konkurrenz, aufgrund der in der Realität anzutreffenden Marktunvollkommenheiten als anzustrebendes, aber leider nicht realisierbares Ideal ein, als eine sog. „Firstbest-solution“. Aus den Forschungserkenntnissen der Industrial Organization leitet er jedoch einen Kausalzusammenhang zwischen Marktstruktur und Marktverhalten einerseits und bestimmten Marktergebnissen andererseits ab. Es wird also angenommen, dass eine bestimmte Marktstruktur ein ihr entsprechendes wettbewerbliches Verhalten erzeugt, das wiederum zu einem bestimmten Marktergebnis führt, weshalb Clark über die Beeinflussung der Marktstrukturen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt erhöhen und somit zumindest eine „Secondbest-solution“ oder eine arbeitsfähige Konkurrenz („Workable Competition“) erreichen will. Als funktionsfähig gilt der Wettbewerb, der die wettbewerbspolitisch erwünschten Ergebnisse liefert. Clark geht später sogar soweit, dass er durch die staatliche Schaffung neuer Marktunvollkommenheiten die Märkte effizienter machen will, wie beispielsweise durch die Verringerung der Markttransparenz in einem Oligopol, was Kartellabsprachen und gleichgerichtetes Verhalten erschweren würde.29 Clarks Ansatz wurde von verschiedenen Autoren zur Workability-Konzeption30 (auch Structuralist School genannt) weiterentwickelt. Zu nennen sind hier für die USA Scherer, Bain, Markham sowie Philips und für Deutschland Kant25 Vgl. Hawk, Barry E. (1995), System Failure: Vertical Restraints and EC Competition Law, in: Common Market Law Review, Vol. 32 (1995), S. 978 sowie Hildebrand, Doris (2002a), S. 162. 26 Vgl. Lenel, Hans Otto (1989), S. 309. 27 Vgl. Mason, Edward S. (1939). 28 Vgl. Clark, J. M. (1940) sowie Aberle, Gerd (1992), S. 30 ff. 29 Vgl. Mason, Edward S. (1939).
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zenbach31. In Abgrenzung zur später entwickelten Chicago School wird die Workability-Konzeption auch Harvard School32 genannt. Der Workability-Ansatz hat die internationale Wettbewerbspolitik nachhaltig geprägt und dominiert derzeit immer noch die Ausrichtung der meisten nationalen Wettbewerbsordnungen. Kennzeichnend ist die aus der Industrial Organization Schule stammende Dilemma-These zwischen ökonomischer Effizienz und Wettbewerbsfreiheit. Nur große marktfähige Unternehmen können die Economies of large scale nutzen, die notwendigen hohen Forschungs- und Entwicklungskosten tragen und Innovationen am Markt umsetzen. Andererseits schränken große Unternehmen die Anzahl der potenziellen Markteilnehmer ein, was Wettbewerbsbeschränkungen begünstigt. Der von Clark herausgestellte Zusammenhang zwischen Marktstruktur und Marktergebnis wird von den neueren behaviouristischen Vertretern der Workability-Konzeption (wie z. B. Scherer) um den Aspekt des Marktverhaltens erweitert. Daneben besteht die ursprüngliche Richtung der reinen Strukturalisten (wie z. B. Bain) fort. Beide Strömungen arbeiteten Prüfkriterien für die praktische Wettbewerbspolitik heraus33, mit denen festgestellt werden kann, ob die wettbewerbspolitisch zu kontrollierenden Märkte funktionsfähig sind, also der Wettbewerb wirksam ist. Anderenfalls ist es die Aufgabe der Wettbewerbspolitik, durch eine Veränderung der Marktstruktur die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs wieder herzustellen.34 Die Marktstrukturkriterien geben als Normen anzustrebende Marktformen vor, wie beispielsweise die Anzahl der Käufer und Verkäufer sowie Marktzutrittsbarrieren. Die Marktverhaltenskriterien legen die erwünschten wettbewerbspolitischen Aktionen und Reaktionen der Marktteilnehmer fest. Hierzu zählen z. B. das Preissetzungsverhalten der Anbieter, Produktstrategien oder beispielsweise Forschungs- bzw. Innovationsaktivitäten. Die Marktergebniskriterien bestimmen dann die anzustrebenden ökonomischen Marktresultate, wie beispiels30 Verschiedene Definitionen von „Workability Competition“ finden sich bei Markham, Jesse W. (1950); Poeche, Jürgen (1970), S. 20 ff; Bain, Joe S. (1950) sowie eine gute Zusammenfassung bei Sosnick, Stephen H. (1958). 31 Vgl. Kantzenbach, Erhard (1967). Zur theoretischen Konzeption des funktionsfähigen Wettbewerbs siehe auch Kantzenbach, Erhard/Kallfass, Hermann H. (1981), S. 105 ff; Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 23 ff; Poeche, Jürgen (1970) sowie Berg, Hartmut (1988), S. 240. 32 Die zwei Hauptvertreter dieser Richtung, Mason und Bain, arbeiteten an der Harvard University. 33 Daneben gibt es noch die Workability-Auslegung von Markham, der aus der Überlegung, dass sich das Wettbewerbsoptimum nie erreichen lässt, schlussfolgert, dass die Wettbewerbspolitik so lange in den Markt intervenieren soll, bis sich keine Marktergebnisverbesserung mehr erreichen lässt. Bartling sieht in diesem Ansatz die Gefahr, dass ohne klare Vorgaben die Gefahr eines unkontrollierbaren kontraproduktiven Intervenierens besteht. Vgl. Bartling, H. (1988), S. 767. 34 Vgl. Bartling, H. (1988), S. 767; Schüller, Alfred (1987), S. 58; Viscusi, W. Kip./ Vernon, John E./Harrington, Joseph Emmett (2000), S. 62 sowie Berg, Hartmut (1988), S. 240 ff.
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weise die Effizienz bzw. Produktivität und den technischen Fortschritt. Entsprechend des von der Workability-Konzeption unterstellten Kausalzusammenhangs, werden die Normen oder Kriterien nicht nur isoliert, sondern auch in allen denkbaren Kombinationen angewendet.35 In der amerikanischen Rechtsprechung wird z. B. bei der Fusionskontrolle ein zweistufiger Markttest im Rahmen der sog. Rule of Reason (Abwägen der Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses36) eingesetzt. Ein Marktsituationstest soll hierbei zunächst als notwendige Bedingung klären, ob überhaupt ein funktionsfähiger Wettbewerb vorliegt. Als hinreichende Bedingung für ein wettbewerbspolitisches Eingreifen muss jedoch auch das zweite Prüfkriterium der Marktergebnistest negativ ausfallen, also die Marktresultate nicht tolerierbar (reasonable) von der Norm abweichen. Vergleichbar geht hier die EU-Kommission im Rahmen ihres Extended StructureConduct-Performance-Ansatzes vor.37 In den letzten zwanzig Jahren wurde die Industrial Organization als theoretische Basis der Workability-Konzeption durch die Spieltheorie und durch die Weiterentwicklung ökonometrischer (empirischer) Tests nachhaltig ausgebaut. Der strenge Zusammenhang zwischen Marktstruktur und Marktergebnis wurde aufgegeben. Die im dynamischen Wettbewerbsprozess typischen Rückkoppelungen zwischen Struktur-Verhalten- und Ergebnisvariablen wurde berücksichtigt. Auch Marktverhalten kann zu Änderungen der Marktstruktur führen. Überhöhte Preise werden im Gegensatz zu der traditionellen Bainschen Auffassung nicht ausschließlich durch die Marktstruktur, sondern auch auf Ausschlusspraktiken zurückgeführt, die auf die Errichtung von Eintrittsbarrieren abzielen. Zwar geht man nach wie vor davon aus, dass die Marktstruktur wettbewerbsbeschränkendes Verhalten hervorrufen kann, der strikte strukturelle Determinismus wird jedoch abgelehnt. Struktur lässt sich in der Spieltheorie als die für den Unternehmer entscheidungsrelevanten externen Rahmenbedingungen verstehen. Auch eine Dynamisierung der Modelle hat inzwischen stattgefunden. Trotz aller wissenschaftlicher Weitereiterentwicklungen wird es jedoch immer strukturelle Faktoren geben, die sich nicht berechnen lassen, weil sie entweder nicht quantifizierbar) wie beispielsweise die Höhe der Markteinstiegsbarrieren) oder nur schwer berechenbar (wie z. B die Abgrenzung in fixe und variable Kosten).38 Trotz der zahlreichen Versuche, die Workability-Konzeption zu präzisieren und zu operationalisieren, gibt es immer noch Abgrenzungsprobleme und Uneindeutigkeiten sowohl in den Normen als auch in den Merkmalen. Prob35 Struktur ! Verhalten ! Ergebnis; Struktur ! Verhalten; Verhalten ! Ergebnis und Struktur ! Ergebnis. 36 Zur Rule of Reason vgl. Schmidt, Ingo (1981) sowie Waldherr, Markus (2001), S. 3 ff. 37 Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 6 ff. 38 Vgl. Kowalski, Angelika (1997), S. 152 f sowie Hildebrand, Doris (2002a), S. 130 f.
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lematisch ist vor allem die Abgrenzung des relevanten Marktes. Aber auch die Marktergebnisse sind streng genommen nicht operrationalisierbar, denn man benötigt zur Bewertung der Ergebnisse einen Vergleichsmaßstab. Da das Optimum eines Marktes aber unbekannt ist, ist man auf Vergleichsmärkte angewiesen. Es gibt jedoch keine Märkte, bei denen die Rahmenbedingungen identisch sind. Letztlich überwiegen deshalb bei der Workability-Konzeption Allgemeinaussagen, die als Normen auch subjektive Werturteile beinhalten.39 Auch hat die zentrale Annahme der Workability-Konzeption, dass zwischen Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnis ein zwingender Zusammenhang besteht, nicht immer Gültigkeit.40 Beispielsweise werden die Marktergebnisse auch durch das Fehlverhalten des Managements oder allgemein durch nicht rationales menschliches Verhalten bestimmt. Ferner sind die wettbewerbspolitischen Rahmenbedingungen von Branche zu Branche verschieden und können sich vor allem durch den technischen Fortschritt im Zeitverlauf schnell ändern, weshalb die Ergebnisse der Markttests nur eine zeitpunktbezogene Gültigkeit haben können. Trotz der angeführten Einwände gegen die Workability-Konzeption, kann nicht bestritten werden, dass es diesem Ansatz gelungen ist, ausgehend von der mikroökonomischen Preistheorie wettbewerbspolitische Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die es in der Regel erlauben werden, die Gesamtwohlfahrt zu steigern.41 Da sich die Kritikpunkte an der Workability-Konzeption überwiegend auf ihre eingeschränkte Operrationalisierbarkeit und Allgemeingültigkeit beziehen, sind sie vor allem im Untersuchungsgegenstand, dem Wettbewerb selbst, begründet. Letztlich ist Wettbewerb ein nicht determinierbarer und offener Prozess. Dies kommt am besten in der Österreichischen Schule (Austrian School) zum Ausdruck. 2. Die Konzeption des freien Wettbewerbs, die Chicago School, die Theorie der Contestable Markets und die Österreichische Schule: die Wettbewerbsoptimisten a) Die Österreichische Schule Die Österreichische Schule geht auf das 1871 erschienene Buch von Carl Menger „Grundzüge der Volkswirtschaft“ zurück. Die Ideen von Carl Menger wurden zunächst von Eugen von Böhm-Bawerk und Friedrich von Wieser und dann später von Gottfried Haberler, Oskar Morgernstern, Fritz Machlup und 39
Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 30. Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 38 f. 41 Vgl. Oberender, Peter/Vath, Andreas (1989), S. 12 sowie Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 40 f. 40
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Friedrich August von Hayek aufgegriffen und weiterentwickelt.42 Hayek brachte als erster Ökonom 1949 den dynamischen Charakter von Wettbewerb in die Wirtschaftswissenschaften.43 Für Hayek ist Wettbewerb evolutorisch. Er charakterisiert Wettbewerb als ein Verfahren zur Entdeckung von Tatsachen, die ohne sein Bestehen entweder unbekannt bleiben oder zumindest nicht genutzt werden würden. Wettbewerb ist ein Suchprozess. Niemand kann die Produkt- oder Prozessinnovationen genau vorhersagen. Die Österreichische Schule widerspricht damit der neoliberalen Gleichgewichtstheorie. In dem dynamischen Prozess wird ein Gleichgewicht zwar angestrebt aber nie erreicht. Ständig verändern die Innovationen die Marktgegebenheiten und damit die Gleichgewichtspunkte.44 Die Aufgabe der Unternehmen ist es, die Innovationen zu suchen und zu realisieren. Der Anreiz ist die Belohnung des erfolgreichen Pionierunternehmers durch den Markt. Auf diese Weise wird technischer Fortschritt realisiert. Die Unternehmer dürfen in ihrem Suchprozess nicht behindert werden, sie müssen frei sein. Staatliche Wettbewerbspolitik hat demnach die Aufgabe, sicherzustellen, dass dieser Entdeckungsprozess reibungslos abläuft. Der Staat hat hierzu lediglich den Ordnungsrahmen in Form von Vertrags-, Gesellschafts- und Patentrecht bereitzustellen. Staatliche Interventionen, die den Wettbewerbsprozess verfälschen bzw. beeinflussen, lehnt Hayek ab.45 b) Die deutsche Konzeption des freien Wettbewerbs Die deutsche Konzeption des freien Wettbewerbs greift den dynamischen, nicht determinierbaren offenen Charakter des Wettbewerbs der Österreichischen Schule auf und berücksichtigt zusammen mit der Chicago School am stärksten den dynamischen Aspekt des Wettbewerbs. Sie wird auch als Konzeption der Wettbewerbsfreiheit bezeichnet und geht auf Erich Hoppmann zurück.46 Da der Wettbewerbsprozess durch das Handeln der Wettbewerber, vor allem der dynamischen Unternehmer, bestimmt wird, seien konkrete Ergebnisse der Wettbewerbsstrukturen sowie staatlicher Eingriffe nicht prognostizierbar. Auch den eindeutigen Zusammenhang zwischen Marktstrukturen und Marktergebnissen, der von den Vertretern der Konzeption des funktionsfähigen Wettbewerbs ange42
Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 154. Sein Ansatz präzisierte er in weiteren Veröffentlichungen. Vgl. Hayek, Friedrich August von (1949), S. 106; Hayek, Friedrich August von (1978), S. 180; Hayek, Friedrich August von (1969), S. 249 sowie Hayek, Friedrich A. von (1975), S. 15. 44 Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (2001), S. 212 ff. 45 Selbst die deutsche Monopolkommission lehnte Hayek seinerzeit aufgrund ihres umfangreichen Interventionsspielraums ab. Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 119 ff und 121; Mantzavinos, Chrysostomos (2001), S. 212 ff sowie Hildebrand, Doris (2002a), S. 154 f. 46 Zur Konzeption des freien Wettbewerbs vgl. Hoppmann, Erich (1977) sowie Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 158 ff. 43
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nommen wird, halten die Anhänger der Konzeption des freien Wettbewerbs für unrealistisch. Diese These wird von den Ergebnissen der empirischen Forschung unterstützt, die die Annahme einer zwingenden, systematischen Dependenz der Marktergebnisse von den Marktstrukturen falsifiziert hat. Da Wettbewerb ein unbestimmbarer Prozess ist, lassen sich wettbewerbspolitisch auch keine Marktergebnisse anstreben, sondern bestenfalls Mustervorhersagen (sog. Pattern Prediction) treffen. Hoppmann greift hierbei die Vorstellung der freien Konkurrenz der Klassiker auf und arbeitet die grundlegenden Arbeiten von J. A. Schumpeter über den dynamischen Wettbewerb der Innovationen und die schöpferische Zerstörung47 sowie von F. A. von Hayek über Freiheit und Wettbewerb in seine Konzeption ein. Zum einen wird Wettbewerb mit Freiheit gleichgesetzt und damit zum eigenständigen Ziel, der sog. „Wettbewerbsfreiheit“. Zum anderen wird in der Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer die Grundvoraussetzung für die wohlfahrtssteigernden Funktionen des Wettbewerbs gesehen. Die Dilemma-These der Workability-Konzeption wird deshalb nicht nur abgelehnt, sondern es wird vielmehr eine Harmonie zwischen Wettbewerbsfreiheit und gesamtwirtschaftlichen Effizienzsteigerungen gesehen (NonDilemma-These). Folgerichtig lehnt die Konzeption der Wettbewerbsfreiheit alle staatlichen Eingriffe ab, die das Ziel haben, eine bestimmte Wettbewerbssituation über die Beeinflussung der Marktstruktur zu erreichen. Als liberale Wettbewerbskonzeption akzeptiert sie wie die Österreichische Schule lediglich staatliche Eingriffe in den Wettbewerbsprozess zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs und der Wettbewerbsfreiheit. Die Wettbewerbspolitik soll nach dieser Konzeption mit Gesetzen offene und flexible Märkte sicherstellen und Verträge und Verhaltensweisen mit wettbewerbsbeschränkendem Charakter verbieten.48 Einzugreifen ist hingegen bei den künstlichen Wettbewerbsbeschränkungen, die durch unternehmerische oder staatliche Handlungen hervorgerufen werden. Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen sind nur dann zu verfolgen, wenn sie auf unangemessener Marktmacht beruhen. Finden sie im Rahmen des normalen Wettbewerbsprozesses statt, gelten sie als förderlich. Gewollte und nichtgewollte Beschränkungen müssen für die Wettbewerbspolitik in Form von Regelvorgaben definiert und abgegrenzt werden. Auch die Konzeption der Wettbewerbsfreiheit wendet deshalb Markttests an, um die vorhandene Wettbewerbsfreiheit und die Marktmacht festzustellen. Hierbei wird beispielsweise die Kreuzpreiselastizität 49 der angebotenen Produkte oder die Produktionsflexibilität der Anbieter herangezogen. Bei den sog. natürlichen Wettbewerbsbeschränkun47 Vgl. Schumpeter, Joseph A. (1961), S. 139 ff sowie Schumpeter, Joseph A. (1993b), S. 318 ff. 48 Vgl. Schüller, Alfred (1987), S. 58; Aberle, Gerd (1992), S. 40 ff; Schmidt, Ingo/ Rittaler, Jan B. (1986) sowie Woll, Artur (1988), S. 767 f. 49 Vgl. zum Konzept der Kreuzpreiselastizität Schengber, Ralf A. (1996), S. 115 ff.
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gen, worunter Marktversagen wie beispielsweise bei natürlichen Monopolen verstanden wird, sind darüber hinaus wettbewerbsersetzende Ausnahmeregelungen wie beispielsweise eine staatliche Preiskontrolle einzuführen. c) Die Chicago School Auch die Chicago School leugnet jeglichen Zusammenhang zwischen Marktstruktur und Wettbewerbsverhalten.50 Sie bildete sich in den USA als Gegenthese zur Workability- oder Harvard School. Auch sie ist durch einen Marktund Wettbewerbsoptimismus gekennzeichnet. Der Staat sollte deshalb weder Marktstruktur noch Wettbewerbsprozess beeinflussen. Die Chicago School geht auf die Ideen von Aron Director zurück. Die Hauptvertreter dieser Konzeption sind Posner, Bork, Stigler und Demsetz. Ihnen gelang es, die Ausrichtung der amerikanischen Antitrustpolitik und Antitrustrechtsprechung seit Anfang der 80er Jahre stark zu beeinflussen. Die Chicago School überträgt Darwins Naturtheorie auf das Phänomen Markt und Wettbewerb. In dem nicht vorher bestimmbaren Trial-and-error Prozess bilden sich die optimalen Marktstrukturen, Produkte und Produktionsformen, also ein Wohlfahrtsoptimum in Form maximaler Konsumentenwohlfahrt automatisch heraus, da sich nur das Optimum durchsetzen und „überleben“ kann („survival of the fittest“). Ruinöse Konkurrenz also Dumping zur Erlangung einer Monopolstellung halten sie für unrealistisch, da die Verdrängungskosten zu hoch und das Ergebnis ungewiss ist. Der Wettbewerb kann jedoch durch Kartelle (horizontale Wettbewerbsbeschränkungen) beschränkt werden, weshalb ihrer Meinung nach hier der Schwerpunkt der wettbewerbspolitischen Kontrolle liegen sollte. Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen stuft sie jedoch als effizienzsteigernd ein. Die Chicago School leugnet somit keineswegs die wohlfahrtsmindernden Effekte, die von Wettbewerbsbeschränkungen ausgehen können, sondern sie vernachlässigt sie, da aufgrund ihrer theoretischen Analysen bei Unternehmenszusammenschlüssen die wohlfahrtserhöhenden Größenvorteile überwiegen. Zusammenschlüsse erhöhen aufgrund angenommener Skaleneffekte, Transaktions- und Organisationskostenvorteile, Lerneffekte und Erhöhung der Managementqualitäten die produktive Effizienz (Produktivität), wohingegen die möglichen Einschränkungen der Konsumentenrente durch die Marktmacht aufgrund des potenziellen Wettbewerbs durch neu in den Markt eintretende Anbieter vernachlässigt wird (allokative Effizienz).51 Dies erklärt auch die positive 50
Vgl. Shepherd, William G. (1990) sowie Posner, Richard A. (1979). Vgl. Posner, Richard A. (1979), S. 927 f sowie 937 ff. „The Chicago School does not deny that concentration is a factor that facilitates collusion of a sort difficult to detect, although it attaches less significance to concentration per se than do the oligopoly theories.“ Posner, Richard A. (1979), S. 945. Umfangreiche Literatur zu den Eingriffskriterien bei Fusionen findet sich z. B. bei Stigler, Georg J. (1968), S. 296 ff. 51
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Haltung der Chicago School gegenüber Unternehmenszusammenschlüssen. Im Wettbewerb bildet sich automatisch die effizienteste und damit optimale Unternehmensgröße heraus. Vor diesem Hintergrund interpretiert die Chicago School den von der Harvard School entdeckten Zusammenhang zwischen Unternehmenskonzentration und Gewinnen als Ausdruck höherer Effizienz und nicht als Konsumentenrenten verringernde Wettbewerbsbeschränkung. Williamson schlägt als wettbewerbspolitischen Kompromiss vor, dass bei Fusionen die vermuteten Effizienzgewinne mit den Wohlfahrtsverlusten aus der verringerten Wettbewerbsintensität abgewogen werden, was inzwischen Standard geworden ist. Er gibt selbst zu, dass nicht alle Fusionen effizienzsteigernd sind.52 Beide Schulen scheinen inzwischen einen gemeinsamen Nenner gefunden zu haben, denn auch ein Vertreter der Harvard School schlägt ein Abwägen vor und beurteilt Monopole nicht per se als wohlfahrtsmindernd: „These costs of monopoly may possible be offset, in part or whole, by benefits from scale economies or an increase in innovation.“53
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Harvard School und dem Ordoliberalismus einerseits und Chicago School andererseits besteht in der Bewertung vertikaler Preisbindungen (Preisbindungen des Vertriebs). Gemäß den wettbewerbspolitischen Vorstellungen des Ordoliberalismus sind vertikale Bindungen Beschränkungen des Wettbewerbs. Sie widersprechen gleich zwei von Euckens konstitutierender Prinzipien: einem funktionsfähigen System freier Preise bei vollständiger Konkurrenz sowie dem Prinzip offener Märkte für neue Marktteilnehmer. Ein Per-se-Verbot wäre die Konsequenz. Sollte es vertikale Bindungen geben, die unumgänglich sind, so wären sie gemäß den regulierenden Kriterien unter die Aufsicht der Monopolkommission zu stellen, die Als-ob-Wettbewerbspreise (as-if-competition prices) zu gewährleisten hätte.54 Sieht die Harvard School in vertikalen Preisbindungen wie der Ordoliberalismus vor allem eine wohlfahrtsmindernde Wettbewerbsbeschränkung, so überwiegt für die Chicago School die Wohlfahrtssteigerung. Sie argumentiert, dass bei dem Bestreben von Herstellern zur vertikalen Konzentration die Effizienzgesichtspunkte überwiegen müssen, da sie bei einer Preiserhöhung im Vertrieb und Service automatisch die Nachfrage nach den eigenen Produkten reduzieren würden.55 Vielmehr ver52 Vgl. Schmidt, Ingo/Binder, Steffen (1996), S. 131 ff; Reder, Melvin W. (1982), S. 15 f sowie Williamson, Oliver E. (1968), S. 33 f. Die Effizienzgewinne werden von den fusionierenden Parteien oft überschätzt. So führten rd. 60% der amerikanischen Fusionen Anfang der neunziger Jahre zu einer anschließenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Vgl. Sullivan, E. Thomas (2002), S. 251. 53 Shepherd, William G. (1985), S. 2. Vgl. auch Hildebrand, Doris (2002a), S. 136 ff. 54 Vgl. auch Glasow, Bernhard (1999), S. 5 f; Hildebrand, Doris (2002a), S. 159 f sowie Koehler, Thomas/Kooths, Stefan (2002). 55 Dieses Argument kann jedoch nur bei einer preiselastischen Nachfrage Gültigkeit haben.
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suchen die Hersteller – so das Argument –, durch die Preisbindung ein FreeRider-Verhalten von Händlern zu verhindern, die die wohlfahrtssteigernden Kosten der Werbung, der Lagerhaltung und der Garantieleistungen des Service und des flächendeckenden Vertriebs nicht mittragen wollen. Werbung dient bei der Chicago School vor allem der Information und ist deshalb prinzipiell effizienzsteigernd.56 Die Konzeption des freien Wettbewerbs und die Chicago School wird durch die „Theory of Contestable Markets“ (deutsch: vollkommen bestreitbare Märkte) ergänzt.57 Sie betont die Ausrichtung auf den potenziellen Wettbewerb. Das Ziel der amerikanischen Gruppe um Baumol war es, ausgehend von der Referenzsituation der vollkommenen Konkurrenz einen theoretisch fundierten Anwendungsansatz für die Wettbewerbspolitik zu entwickeln.58 Die Marktsituation der vollkommenen Konkurrenz wird hier durch das Fehlen von Marktzutritts- und Marktausstiegsbarrieren künstlich erzeugt. Versucht beispielsweise ein Monopolist, seine Preise deutlich über die durchschnittlichen Produktionskosten zu erhöhen, lohnt es sich auch für andere Anbieter, das Produkt anzubieten. Senkt der ehemalige Monopolist angesichts der neuen Konkurrenz seine Preise, können die neuen Anbieter ohne Kosten – so die Annahme – den Markt wieder verlassen und haben einen temporären Gewinn erzielt. Diese Marktsituation kann auch „als ob Konkurrenz“ ein Marktverhalten wie bei der vollkommenen Konkurrenz bewirken. Nach dieser Konzeption kommt es also vor allem darauf an, die Markteinstiegsbarrieren niedrig zu halten und zu verhindern, dass vertikale oder horizontale Beschränkungen wie bzw. Kartelle und dominierende Marktstellungen den Markteintritt von „Newcomern“ verhindern können.59 Die wettbewerbspolitische Handlungsempfehlung der Konzeption der Contestable Markets an den Staat lautet deshalb, die Marktausstiegsbarrieren zu senken, was auf eine umfangreiche Deregulierung und die Abschaffung von Ausstiegskosten wie z. B. Sozialplänen hinausläuft.60 Obwohl es Baumols Intention war, einen preistheoretisch fundierten und umsetzbaren Ansatz für die Wettbewerbspolitik zu schaffen, ist die Konzeption der Contestable Markets nicht viel mehr als ein Idealbild und theoretischer Denkan56
Vgl. Posner, Richard A. (1979), S. 926 f. Die „Theory of Contestable Markets“ hat als rein akademischer Denkansatz nie die Bedeutung der Harvard oder Chicago School erlangt. Sie wurde in der wettbewerbspolitischen Praxis nie eingesetzt. Trotzdem vertritt sie einen wettbewerbspolitischen Standpunkt mit Alleinstellungsmerkmal und hat die wettbewerbstheoretische Diskussion nachhaltig beeinflusst. 58 Vgl. Baumol, William J./Panzar, John C./Willig, Robert D. (1988) sowie Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 56 ff. 59 Vgl. Shepherd, William G. (1990). „. . ., the heroes are the unidentified entrants who exercise discipline over the incumbent, and who do so most effectively when entry is free.“ Baumol, William J. (1982), S. 14. 60 Vgl. Aberle, Gerd (1992), S. 40 ff. 57
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satz. Dass potenzielle Konkurrenz ebenso das Marktverhalten beeinflussen kann wie die tatsächliche, wird weder von Praktikern noch Wissenschaftlern bestritten und war bereits den Nationalökonomen des 18. Jahrhunderts bekannt.61 Die Annahme, dass die Marktzutrittsbarrieren vernachlässigt werden können, ist jedoch unrealistisch. Eine Fertigung auf ein neues Produkt umzustellen, ist immer mit Kosten verbunden. Aber auch als Denkansatz weist die Konzeption der Contestable Markets Schwächen auf. Sie liegen vor allem in den Annahmen des Marktverhaltens. Spieltheoretisch betrachtet werden die potenziellen Konkurrenten eine Abwehrstrategie des etablierten Monopolisten oder zumindest ein sofortiges Senken der Preise antizipieren und deshalb den Wettbewerbsvorstoß unterlassen, wenn sie über keine eigenen komparativen Wettbewerbsvorteile verfügen.
III. Bewertung Positiv zu bewerten ist der Versuch der Konzeption des freien Wettbewerbs und der Chicago School, Wettbewerb in seiner Dynamik und Offenheit zu erfassen und die Einstufung der „Freiheit zum Wettbewerb“ als Wert an sich. Hierin ist jedoch auch – wie bei der Österreichischen Schule – eine gewisse Überbetonung zu sehen. Nicht alle möglichen Verhaltensweisen im Wettbewerb müssen gesellschaftlich erwünscht oder wohlfahrtsfördernd sein. Beispielsweise können Unternehmen durch Quersubventionen aus anderen Produktionsbereichen Preisdumping finanzieren und damit wettbewerbsfähigere Produzenten vom Markt verdrängen, was wohlfahrtsmindernd wäre. Freiheit kann auch missbraucht werden. Das sieht auch Hoppmann, weshalb auch er nicht auf Spielregeln verzichten kann. Die Spielregeln müssen durch eine Marktaufsicht kontrolliert und durchgesetzt werden. Hier stellt sich wiederum das Problem der Operationalisierbarkeit der Eingriffskriterien. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich alle Beschränkungen der Wettbewerbsfreiheit erfassen lassen. Ebenso lassen sich nicht alle Aktionen der Marktteilnehmer eindeutig als wettbewerbsbeschränkend oder nichtbeschränkend einordnen. Man denke hier beispielsweise an die Veröffentlichung von Preislisten. Auch die Festlegung von wettbewerbspolitischen Ausnahmebereichen ist problematisch. Zum einen lassen sich diese nicht exakt bestimmen und abgrenzen, weshalb hier die Gefahr einer lobbyistischen Einflussnahme besteht. Zum anderen können die Voraussetzungen für das Markversagen im Zeitverlauf durch technischen Fortschritt wegfallen (oder neue hinzukommen), wohingegen die Ausnahmeregelung fortbesteht. Bei der Chicago School ist zusätzlich die Allgemeingültigkeit der getroffenen Annahmen zu hinterfragen. Für die meisten Branchen ist die Annahme von vernachlässigbaren Marktzutrittsbarrieren unzulässig.62 Markteinstiegsbarrieren 61
Vgl. Bartling, Hartwig (1997), S. 21.
III. Bewertung
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können allgemein als die Kosten oder Widerstände definiert werden, die von einem neuen Produzenten aufgebracht werden müssen, bis er ein vergleichbares Angebot bereitstellen kann. Marktausstiegsbarrieren sind dann die Kosten oder Widerstände, die entstehen, wenn ein Produzent sein Angebot einstellen, sich also aus dem Markt zurückziehen will. Bei Markteinstiegsbarrieren unterscheidet man absolute, individuelle Kostenvorteile der bereits produzierenden Unternehmen, hohe Fixkosten vor allem aufgrund Economies of large scale und Produktdifferenzierung, wie z. B. der Softwarestandard von Microsoft. Die Unteilbarkeit der Produktionsfaktoren und hohe Fixkosten (hierunter fallen auch hohe Forschungsaufwendungen wie beispielsweise in der Pharmaindustrie) sind die Hauptursachen für Markteinstiegsbarrieren. Neben hohen Fixkosten sind ebenso Vertriebsnetze und das Produktions-Know-how Markteinstiegsbarrieren mit steigender Bedeutung.63 Markteinstiegsbarrieren können auch zu Marktausstiegsbarrieren werden. Beispielsweise gehen die Ausgaben für die Produktionsanlagen in der Regel beim Marktausstieg verloren (sunk-costs). Vorgeworfen wird der Chicago School der Widerspruch zwischen dem Analyseinstrument der statischen neoklassischen und ihrer eigenen dynamischen Ausrichtung. Die starke Ausrichtung auf das Modell der vollkommenen Konkurrenz und dem Monopol als extreme Gegensätze erzeugen Verzerrungen in den wirtschaftspolitischen Aussagen und immunisieren die Theorie gegen Falsifizierungsversuche.64 Dies gilt auch für Hoppmanns Konzeption der Wettbewerbsfreiheit.65 Die einseitige Ausrichtung der Theory of Contestable Markets wird durch ihren historischen Ursprung erklärbar. Die wesentlichen Beweggründe für die Formulierung der Theory of Contestable Markets durch Baumol waren die damaligen starken Marktinterventionen des amerikanischen Staates, die künstliche Markteinstiegs- und Marktausstiegsbarrieren schafften.66 Sowohl die Harvard School als auch die Chicago School haben die amerikanische Wettbewerbspolitik und -rechtsprechung stark geprägt. Die Chicago
62 Vgl. Pratten, C. F. (1971); Silberston, A. (1992), S. 369–391; Grichting, Alois (1976), S. 203 sowie Frohn, J./Krengel, R./Kuhbier, P./Oppenländer, K. H./Uhlmann, L. (1973). 63 Vgl. Greenman, John (1994), S. 112 f. Eine umfangreiche Auflistung von Markteinstiegsbarrieren findet sich bei Boner und Krueger. Vgl. Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 6. Vgl. auch World Bank/OECD (1999), S. 103 ff sowie OECD (2001a), S. 87 f. 64 Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 52 f. 65 Vgl. Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 168. 66 „Thus we must reject as perverse the propensity of regulators to resist the closing down of unprofitable lines of activity. This has gone even so far as a Congressional proposal (. . .) to require any plant with yearly sales exceeding $250.000 to provide fifty-two weeks of severance pay and to pay three years of taxes, before it will be permitted to close, and that only after giving two years notice!“ Baumol, William J. (1982), S. 14.
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School konnte in den 80er Jahren unter der Präsidentschaft von Ronald Reagan die bis dahin herrschende wettbewerbspolitische Ausrichtung der Harvard School zunehmend verdrängen.67 Derzeit überwiegt in der Rechtsprechung jedoch keine der beiden Konzeptionen, sondern ein einzelfallbezogenes Abwägen der ökonomischen Wirkung der Wettbewerbsbeschränkungen (Rule of Reason). Aufgrund der Komplexität und Vielschichtigkeit von „Wettbewerb“ konnte somit letztlich keine der beiden Konzeptionen ihren Alleinvertretungsanspruch durchsetzen.68 Die Gründe für die verschiedenen wettbewerbspolitischen Schlussfolgerungen der Chicago- und Harvard School sind die Unterschiede in der analytischen Ausgangsbasis. Während die Harvard School das Wettbewerbsverhalten und das Marktergebnis im Rahmen von Einzelmarktstudien ausgehend von der Industrial Organization Theorie induktiv analysiert und hieraus wettbewerbspolitische Normen ableitet, zieht die Chicago School auf ihrer preistheoretischen Basis aufbauend deduktiv ihre Schlussfolgerungen über das Wettbewerbsverhalten und die Marktergebnisse.69 Allerdings werden die wettbewerbspolitischen Schlussfolgerungen der Industrial Organization Theorie bzw. der Harvard School durch die Erkenntnisse der modernen Preistheorie bestätigt: Verlässt man den idealisierten traditionellen preistheoretischen Rahmen und bezieht Such-, Transaktions- und Kontrollkosten sowie Entscheidungssituationen unter Unsicherheit in die Betrachtung mit ein, ergeben sich Markteinstiegs- und Marktausstiegsbarrieren, räumliche Monopole und eine deutliche Verringerung der Effizienzvorteile großer Unternehmen.70 Marktmacht kann sowohl in der dynamischen Betrachtung Produktivität, Innovation und Wachstum beflügeln und damit die Wohlfahrt erhöhen als auch umgekehrt den statischen Wettbewerb beschränken und über eine suboptimale Ressourcenallokation die Wohlfahrt schmälern.71 Als gesichert darf jedoch gelten, dass ein Zusammenhang zwischen Marktstruktur oder Marktmacht und Marktverhalten beim Unternehmensziel der Erfolgsoptimierung besteht. Ein Monopolist muss sich rational anders verhalten als ein Polypolist, wenn er seinen Gewinn maximieren will. So gesehen hat der Structure-Conduct-Performance-Ansatz seine Berechtigung. Trotzdem sind Monopol und Polypol Grenzfälle. Die überwiegende Zahl der Märkte liegt dazwischen. Die Marktkonstellationen sind unbegrenzt.72 Aus diesem Grund muss die
67 „In the early 1980s, as part of a plan to free business from excessive government regulation, antitrust was re-engineered from policy that favoured open markets and entrepreneurial opportunity to law narrowly focused on output-limiting conduct that provably raises prices to U.S. consumers.“ Fox, Eleanor (1997), S. 10. 68 Vgl. Schmidt, Ingo/Binder, Steffen (1996), S. 131 ff sowie Reder, Melvin W. (1982), S. 15 f. 69 Vgl. Posner, Richard A. (1979), S. 930 ff. 70 Vgl. Nelson, Richard R. (1979), S. 951 f. 71 Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 8 f.
III. Bewertung
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wettbewerbspolitische Praxis fallweise zwischen den Vor- und Nachteilen abwägen. Ebenso ist die Existenz von Markteinstiegsbarrieren unbestreitbar. Sie können je nach Branche ein Vielfaches der jährlichen Produktionskosten ausmachen. Unstrittig ist auch, dass menschliches Verhalten und damit auch wettbewerbliches Verhalten prinzipiell nicht determiniert werden kann. Unternehmen werden von Menschen geführt, die sich nicht immer rational verhalten. Letztlich ist Rationalität den Menschen nicht naturgegeben. Vielmehr belohnt uns unsere Umwelt, wenn wir uns rational, also optimal in Relation zu den gegebenen Rahmenbedingungen verhalten. Um mit Hayek zu sprechen, gilt dann auch, dass rationales Verhalten das Ergebnis der Wettbewerbs- bzw. Marktprozesse ist und nicht umgekehrt die Folge menschlichen Verhaltens.73 Wettbewerb ist wie es Hayek zeigt ein offener und unbestimmter Entdeckungsprozess. Aufgrund der Vielzahl der Einflussfaktoren werden die Marktsituationen nie identisch sein und sich ihre Weiterentwicklung nicht prognostizieren lassen. Die Wettbewerbstheorie wird deshalb nie in der Lage sein, der Wettbewerbspolitik genaue situationsbezogene Entscheidungsgrundlagen zu liefern.74 Die Wettbewerbspolitik muss sich deshalb auf die Gewährleistung der Spielregeln des Wettbewerbs beschränken. Sie ist somit der Schiedsrichter des Wettbewerbs. Dies ist eine Aufgabe von existenzieller Bedeutung für ein marktwirtschaftliches System. Die Konzeption des freien Wettbewerbs ist insoweit abzulehnen, als sie die Beseitigung sämtlicher Wettbewerbsbeschränkungen fordert; denn hierunter fällt beispielsweise auch der Patentschutz, mit dem für eine begrenzte Zeit der Innovationsvorsprung der Pionierunternehmer geschützt werden muss, damit sich Investitionen in Forschung und Entwicklung lohnen. Unkontrollierte Wettbewerbsfreiheit kann auch zum Monopol, also zu seiner Selbstauflösung führen. Die Bedeutung des potenziellen Wettbewerbs ist im Einzelfall und zeitpunktbezogen zu prüfen. Andererseits reichen generelle Verbote von Wettbewerbsbeschränkungen nicht aus: Marktstrukturen können als solche schon zum Unterlassen von wettbewerblichem Verhalten (ver-)führen, wie es etwa beim gleichgerichteten Verhalten oder dem Verzicht von Preisunterbietungen im engen
72 Möschel weist darauf hin, dass bei sieben Marktstrukturparametern (Marktanteil, Markteinstiegsbarrieren, Markttransparenz, Kostenfunktion, Produktdifferenzierung, Preiselastizität und Einkommenselastizität) und drei möglichen Ausprägungen (klein, mittel und groß) bereits 116.280 mögliche Ausprägungen entstehen. Vgl. Möschel, Wernhard (1991), S. 18. 73 Vgl. Matzavinos, Chrysostomos (1994), S. 137. 74 „In my view, the ignorance from which we suffer is unavoidable. Economists cannot fill the gap in our knowledge with analytic methods now available to them, and probably will not be able to do so in the future either. . . . In fact, the great danger in antitrust today is not that there will be too little economic analysis, but that there may soon be too much. Just as qualification may create the illusion of certainty, econometric sophistication may provide the illusion of a scientific method.“ Ginsburg, Douglas H. (1991), S. 28.
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Oligopol der Fall ist. Eine Kontrolle des Wettbewerbsverhaltens ist somit unverzichtbar.
IV. Neuere Entwicklungen 1. Die Neo-Österreichische Schule Seit den 70er Jahren erlebt die Österreichische Schule ein Comeback in Form der Neo-Österreichischen Schule. Vertreter dieser Schule sind beispielsweise Murray N. Rothbard, Israel Kirzner, Gerals P. O’Driscoll, Mario J. Rizzo und Roger W. Garrison. Die Neo-Österreichische Schule bildete sich vor allem in den USA als Gegenbewegung zu den dort dominierenden mathematisch ökonometrischen Gleichgewichtstheorie. Wie für Hayek ist für die Vertreter der NeoÖsterreichischen Schule Wettbewerb ein evolutorischer, kreativer und damit nicht determinierbarer Prozess von „trial and error“.75 Gemäß den Vertretern der Neo-Österreichischen Schule erreichen die Märkte nie den Gleichgewichtszustand.76 Zwar streben die Marktkräfte zu einem Marktausgleich, einem Gleichgewicht, aber sie werden im dynamischen evolutorischen Wettbewerbsprozess ständig neuen Marktbedingungen ausgesetzt. Mikroökonomische Gleichgewichtsmodelle, wie sie beispielsweise die Chicago School als Basis verwendet, lehnen sie deshalb ab. Ebenfalls sind sie gegen staatliche Interventionen in den Marktprozess, da sie die Marktpreise als Orientierungspunkte für den Suchwettbewerbsprozess der Marktteilnehmer verzerren und damit den Findungsprozess zu einem neuen Gleichgewicht verlängern.77 Wie bei der Österreichischen Schule soll sich der Staat auf das Setzen von einem Ordnungsrahmen beschränken, der den Marktkräften den größtmöglichen Entfaltungsspielraum gewährleistet. Die individuelle Freiheit des Unternehmers ist das Mittel und das Ziel der Wettbewerbspolitik. Effizienz ist hier im Gegensatz zur Chicago School ein automatisches Ergebnis des evolutorischen, dynamischen Wettbewerbsprozesses und nicht ein Kriterium, das man z. B. bei der Beurteilung von Fusionen einsetzen könnte.78 Dass ausreichender Wettbewerb vorliegt, um die Marktteilnehmer zu dem angestrebten dynamischen, evolutorischen Wettbewerb zu zwingen, soll der freie Marktzutritt für neue Wettbewerber gewährleisten. Die Wettbewerbspolitik muss sicherstellen, dass die Märkte offen bleiben. Be75 Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 156; Kirzner, Israel M. (1992), S. 6 f sowie Maks, J. A. H. (1995), S. 197 f. 76 „The equilibrium is hypothetical, it will never be reached.“ Maks, J. A. H. (1995), S. 198. 77 Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 156 f sowie Groeneveld, K./Maks, J. A. H./ Muysken, J. (ed.) (1990), S. 2. 78 Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 156 sowie Kantzenbach, Erhard (1990), S. 203.
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reits im Markt etablierte Unternehmen dürfen nicht durch direkte oder indirekte Interventionen vor Konkurrenten geschützt werden, weil dies den Marktzutritt für neue Konkurrenten erschwert. Insofern besteht hier eine Übereinstimmung mit der Theory of Contestable Markets.79 Wie grenzenlos der Wettbewerbsoptimismus der Neo-Österreichischen Schule ist, zeigt sich am Beispiel eines Monopols über Vorprodukte. Hier werden die Monopolgewinne nur als temporär angesehen, weil durch diese Gewinne neue Konkurrenten in die Märkte gelockt werden, die mit anderen, diese Vorprodukte nicht verwendenden Produktionsmethoden in den Markt vorstoßen werden.80 Würde jetzt die Wettbewerbspolitik die Monopolrente durch einen Markteingriff an die Konsumenten umverteilen, hätte dies laut der Neo-Österreichischen Schule zur Folge, dass das Interesse der Unternehmen an der Bildung von Monopolen nachlässt, was langfristig aufgrund der nicht genutzten Synergieeffekte für den Konsumenten Wohlfahrtsverluste bedeuten könnte.81 Wenn man von den staatlich geschaffenen Markteinstiegsbarrieren absieht, gibt es aber – wie bereits bei der Kritik der Theory of Contestable Markets und Chicago School angeführt – noch eine Fülle weiterer Markteinstiegsbarrieren.82 Jeder Markteinstieg ist mit Kosten und dem Risiko einer Fehlinvestition verbunden. Es gibt technologische Vorsprünge (beispielsweise ist nicht immer ohne weitere möglich, ein Produkt nachzuahmen) und zu guter Letzt existieren aufgrund von Transportkosten räumliche Monopole. Zu der damit verbundenen Problematik der Marktmacht finden sich weder bei der Österreichischen noch bei der Neo-Österreichischen Schule Lösungsansätze. 2. Die European School Das Wettbewerbsrecht der EU wurde von Beginn an von den Gedanken des Ordoliberalismus geprägt. Allerdings konnte der Ordoliberalismus kein empirisch fundiertes Modell zur Verfügung stellen, aus dem sich ein wettbewerbspolitisches Instrumentarium hätte ableiten lassen. Die EU-Kommission hat deshalb auf der Basis der ordoliberalen Konzeption einen neuen Wettbewerbsansatz entwickelt, der auf der dynamischen Industrial Organization Theory der New Industrial Economics aufbaut. Über die Jahre setzte die Kommission zahlreiche wettbewerbspolitische Vorgaben aus Einzelurteilen des EuGH um und arbeitete verschiedene wettbewerbspolitische Richtlinien heraus.83 Auf diese Weise ag79 Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 156 sowie Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 129. 80 Vgl. Maks, J. A. H. (1995), S. 198. 81 Vgl. Maks, J. A. H. (1995), S. 198 sowie Mantzavinos, Chrysostomos (1994), S. 130. 82 Eine umfangreiche Auflistung von Markteinstiegsbarrieren findet sich bei Boner und Krueger. Vgl. Boner, Alan Roger/Krueger, Reinald (1991), S. 6.
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gregierte sie die neuesten Erkenntnisse der Wettbewerbstheorie nebst den sich anbietenden Wettbewerbskonzeptionen: Waren die Chicago School mit ihrem deduktiven, auf mikroökonomischen Modellen aufbauenden Ansatz zu allgemein ausgerichtet und die Harvard School (Workability-Konzeption) aufgrund ihrer theoretischen Schwächen ungeeignet, so ermöglichte die New Industrial Economics einen realitätsnaheren, einzelfallbezogeneren Wettbewerbsansatz. Mit Hilfe der Spieltheorie und subtilen dynamischen mikroökonomischen Modellen ermittelte die EU-Kommission das in jeder Situation wahrscheinlichste (rationalste) Verhalten der Unternehmen. Das Resultat war, dass der StructureConduct-Performance-Ansatz der Workability-Konzeption erneuert und ein empirisch, auf den Einzelfall bezogener Ansatz geschaffen wurde, weshalb einige Autoren von einer „European School of Competition“ sprechen.84 Diese European School bevorzugt gegenüber der ursprünglich harten Ablehnung vertikaler Vereinbarungen durch den Ordoliberalismus und der Harvard School ein Abwägen der Vor- und Nachteile des Einzelfalls85 (Rule of Reason). Generell geht man hier davon aus, dass eine Einschränkung des Wettbewerbs durch vertikale Bindungen nur stattfinden kann, wenn kein ausreichender Inter-brand-Wettbewerb existiert.86 3. Die Post Chicago School Auch auf amerikanischer Seite fand inzwischen eine Synthese der verschiedenen Wettbewerbstheorien in Form der Post Chicago School statt. Wie bei der European School entstand sie aus den Erfordernissen der Rechtsprechung heraus, wettbewerbspolitische Handlungsempfehlungen abzuleiten. In diese neue amerikanische Schule flossen ebenfalls die neueren Erkenntnisse der New Industrial Economics, der neueren, modernen Industrial Organization Theorie, und der Spieltheorie ein, so dass sich eine internationale Angleichung der Wettbewerbskonzeptionen und auch der europäisch-amerikanischen Wettbewerbspolitik ergeben hat. Die Bezeichnung Post Chicago School muss in diesem Zusammenhang historisch und nicht theoretisch oder methodisch verstanden werden. Die Post Chicago School hat sich aus der Kritik an der in den 80er Jahren in den USA dominierenden Chicago School entwickelt87 und äußerte sich zum 83 Zum Beispiel: EC Commission, Green paper on the Review of Council Regulation (EEC), No. 4064/89, Com (2001) 745/6 final, Brussels, 11. December 2001; EC Commission, Notice on the Definition of the Relevant Markets (1997) OJ C 372/5, 9 December 1997, para. 24. 84 Hildebrand, Doris (2002b), S. 4 f. 85 Die EU-Kommission berücksichtigt unter Art. 81 (1) EG-Vertrag die folgenden Aspekte: 1. Die Marktposition des Anbieters, der Wettbewerber und der Nachfrager; 2. Markteinstiegsbarrieren; 3. den Reifegrad des Marktes; 4. den Handelsumfang; 5. die Art des Produktes und je nach Fall noch weitere Faktoren. 86 Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 16 ff.
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ersten Mal nachhaltig im Urteil des U.S. Supreme Court von 1992 im Fall Eastman Kodak Company v. Image Technical Service, Inc.88 Vom theoretischen Standpunkt aus betrachtet, wäre die Bezeichnung Contra Chicago School angebracht, was im Folgenden gezeigt werden soll. Die Post Chicago School wirft der Chicago School methodisch vor, dass ihre stets effizienten mikroökonomischen Marktmodelle zu theoretisch und abstrakt sind, um sie auf die in der Realität anzutreffenden komplexen Marktbedingungen anwenden zu können. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist außerdem die kurzfristige Betrachtungsweise der Modelle der Chicago School. Die Vertreter der Post Chicago School bevorzugen vielmehr auf die spezifischen Märkte individuell zugeschnittene dynamische Modelle, die Marktunvollkommenheiten, externe Einflussfaktoren und strategisches Verhalten berücksichtigen. Empirische Tests und Analysen werden ergänzend eingesetzt.89 Im Gegensatz zu den Anhängern der Chicago School sind die Vertreter der Post Chicago School keine Wettbewerbsoptimisten. Weder sind sie der Meinung, dass Märkte per se effizient sind (z. B. aufgrund von unvollkommenen Informationen und Markteinstiegsbarrieren) noch dass dominante Marktstellungen im Zeitverlauf durch den Wettbewerbsprozess automatisch abgebaut werden oder dass ineffizientes Wirtschaften immer vom Markt sanktioniert wird. Nach der Post Chicago School können in der langfristigen Betrachtungsweise selbst nicht dominante Marktteilnehmer den Wettbewerb zu ihren Gunsten verzerren, wenn sie unfaire Wettbewerbspraktiken, wie beispielsweise Unterkostenverkäufe (Dumping)90 anwenden. Besteht der Markt aus wenigen großen Konzernen, so müssen sich diese nicht in jedem Fall als Konkurrenten verhalten und technologische Kooperationen können in Wettbewerbsbeschränkungen münden.91 Auch bei der Beurteilung von Fusionen distanziert sich die Post Chicago School von der Chicago 87 Die Chicago School prägte beispielsweise die „Vertical Restraint Guidelines“ von 1985, die von der von der Clinton-Administration 1993 aufgehoben wurde. Vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 152. 88 United States Court of Appeals, Image Technical Service Inc. versus Eastman Kodak Co., No. 96-16014, D.C.No. CV-87-01686-AWT, vgl. Hildebrand, Doris (2002a), S. 156 ff sowie Schleicher, Tara (1997), S. 310. 89 Vgl. Royal, Sean M. (1995), S. 445, Hovenkamp, Herbert (1985), S. 256 ff; Hovenkamp, Herbert (1994); Hildebrand, Doris (2002a), S. 151 sowie Langlois, Richard N. (2001), S. 200 f. 90 Entscheidend ist hier nicht der Verlust eines Wettbewerbs auf der Basis von Unterkostenverkäufen, sondern der Abschreckungseffekt des Dumpings für potentielle Wettbewerber (Markteinsteiger). Auf diese Weise lassen sich – wie anhand von dynamischen Modellen gezeigt werden kann – Marktrenten erzielen. Es handelt sich somit um durch Dumping strategisch gesetzte Marktzutrittsschranken (Marktverteidigungsdumping). Vgl. Fleischer, Holger (1995), S. 804. 91 Vgl. Kattan, Joseph (1993), S. 1–21; Krattenmaker, Thomas G./Salop, Steven C. (1986), S. 254 ff; Hovenkamp, Herbert (1994); Price, Tony Curzon (1997), S. 219– 254; Schleicher, Tara (1997), S. 311 und 315; Hildebrand, Doris (2002a), S. 152 f sowie Langlois, Richard N. (2001), S. 201.
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School. Sie wirft ihr bei der Bewertung von Fusionen vor, fast nur die statischen allokativen Effekte und produktiven Effizienzgewinne zu berücksichtigen, nicht aber die dynamischen Effizienzverluste, die durch die Beschränkung des Wettbewerbs im Zeitverlauf – z. B. durch unterlassene Innovationen – entstehen können. Bei vertikalen Fusionen sehen die Vertreter der Post Chicago School die Gefahr, dass die Konkurrenten beim Zugang zu den Vorprodukten behindert werden. Bei vertikalen Vereinbarungen betonen sie die Gefahr, dass der Produzent die Abhängigkeit der Verkäufer missbraucht.92 Folgt man Lande, einem Vertreter der Post Chicago School, so hat das Wettbewerbsrecht, also die Wettbewerbspolitik, vor allem die Aufgabe zu gewährleisten, dass die Konsumenten niedrige Wettbewerbspreise, nahe den Grenzkosten, angeboten bekommen.93 Hierzu sind Marktinterventionen unumgänglich. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine der vorgestellten Wettbewerbskonzeptionen für sich allein gesehen geeignet ist, alle Wettbewerbsfunktionen optimal zu gewährleisten. Die angeführten Kritikpunkte sind auch der Grund, weshalb die Wettbewerbspolitik dazu übergegangen ist, die einzelnen Wettbewerbsbeschränkungen losgelöst von einer umfassenden Wettbewerbskonzeption zu betrachten.94 Im Folgenden soll deshalb ein allgemein gehaltenes Idealbild einer internationalen Wettbewerbsordnung entworfen werden, das die Erkenntnisse aller Konzeptionen vereint und als Vorlage für Doha dienen kann, wobei die politische Akzeptanz eines solchen Idealbilds gering sein dürfte. Als Ausgangspunkt bietet sich hier der konstituierende ordoliberale Ansatz an. In den Kapiteln I. bis IV. haben wir die Funktionen von Wettbewerb in einer Marktwirtschaft dargestellt und die bedeutendsten wettbewerbspolitischen Konzeptionen an den Erkenntnissen der Wettbewerbstheorie und -empirie gemessen. Der ordoliberale Ansatz soll im Folgenden um die gewonnenen Einsichten erweitert und auf eine internationale Wettbewerbsordnung ausgerichtet werden, so dass man von einem neo-ordoliberalen Ansatz sprechen könnte. Die Details der anzustrebenden internationalen Wettbewerbsordnung werden dann in Teil C., ausgehend von den in Teil B. analysierten wettbewerblichen Problemfeldern des internationalen Handels herausgearbeitet.
92 Vgl. Hovenkamp, Herbert (1985), S. 249 ff; Ordover, Janusz A./Willig, Robert (1985), S. 311; Hildebrand, Doris (2002a), S. 152 f; Langlois, Richard N. (2001), S. 202 f; Royal, Sean M. (1995), S. 445 ff sowie Schleicher, Tara (1997), S. 315 f. 93 Vgl. Lande, Robert H. (1989), S. 315 f. 94 Vgl. Schmidt, Ingo/Binder, Steffen (1996), S. 131 ff sowie Reder, Melvin W. (1982), S. 15 f.
V. Neo-ordoliberaler Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung
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V. Ein neo-ordoliberaler Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung: ein Idealbild Was sollte das Ziel einer internationalen Wettbewerbspolitik sein? Angeboten werden in diesem Zusammenhang von den vorgestellten Wettbewerbskonzeptionen und -theorien individuelle Freiheit, Schutz der Unternehmen vor Wettbewerbsbeschränkungen, allokative Effizienz, innovativer Fortschritt und Konsumentenwohlfahrt. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die weit verbreitete Aufassung, dass die amerikanische und die europäische Wettbewerbspolitik unterschiedliche Ziele verfolgen, weil sich die USA überwiegend an dem Ziel der allokativen Effizienz und der Konsumentenwohlfahrt orientieren, wohingegen Europa im Schutz des Wettbewerbs ein Ziel an sich sieht.95 Wir wollen deshalb im Folgenden zusätzlich untersuchen, ob es hier einen konzeptionellen Gegensatz geben kann. Bei der Darstellung der Wettbewerbsfunktionen und -konzeptionen wurde deutlich, dass Wettbewerb als individueller Handlungsspielraum einen Wert an sich darstellt. Individuelle Freiheit dürfte aufgrund der diesbezüglich auf internationaler Ebene bestehenden politischen und kulturellen Auffassungsunterschiede kein geeignetes Ziel sein. Anders sieht es aus, wenn Freiheit als ein Mittel gesehen wird, um die nationale Wohlfahrt zu steigern.96 Dies ist ein Ziel, das jeder marktwirtschaftlich orientierte Staat ohnehin verfolgt. Mittel zur Wohlfahrtssteigerung wären ferner allokative Effizienz und ein dynamisch innovativer Wettbewerb als Voraussetzung für innovativen Fortschritt. Auch Konsumentenwohlfahrt ist ein Zwischenziel, um die allokative Effizienz zu steigern und damit auch zur Erhöhung der nationalen Wohlfahrt, da eine Nachfrage, die zwischen mehreren Angeboten wählen kann, ein effizientes Angebot und damit auch eine effiziente Produktion erzwingt. Die Konsumentenrente bleibt dann automatisch bei den Konsumenten. Eine Monopolrente ist ausgeschlossen. Der Wettbewerb der Anbieter um die Nachfrage fällt aber wiederum unter das Ziel „Schutz vor Wettbewerbsbeschränkungen“. Der Schutz vor Wettbewerbsbeschränkungen garantiert aber nicht nur die allokative Effizienz und über den Verkaufspreis die Konsumentenwohlfahrt, sondern auch die individuelle Freiheit. Die individuelle Freiheit ermöglicht wiederum den kreativen Entdeckungsprozess, der innovativen Fortschritt hervorbringt. Es ist also unser Ziel, eine Wettbewerbsordnung zu konzipieren, die zuallererst den Schutz vor Wettbewerbsbeschränkungen, also die Spielregeln, damit sich Wettbewerb entfalten kann, garantiert. Der Schutz von Wettbewerb als 95
Vgl. Möschel, Wernhard (1991), S. 11. Obwohl das Konzept des „Economic Freedom Index“ umstritten ist und die Ergebnisse der Studien traditionell variieren, zeigen die aktuellsten Auswertungen einen positiven Zusammenhang zwischen Freiheitsrechten und Pro-Kopf-Einkommen. Vgl. Voigt, Stefan (2002), S. 147 ff. 96
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A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung nationale Wohlfahrt
Innovativer Fortschritt
Individuelle Freiheit
allokative Effizienz
Konsumentenwohlfahrt
Schutz vor Wettbewerbeschränkungen
Abbildung 1: Interdependenz wettbewerbspolitischer Ziele
selbständiges Ziel, wie es die Europäer verfolgen, ist als die Voraussetzung für Konsumentenwohlfahrt und allokative Effizienz also lediglich die umfassendere Ausgangsbasis zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels. Grundvoraussetzung hierfür ist also, dass sich Wettbewerb zwischen nationalen Märkten entfaltet oder wenigstens entfalten kann. Die Bedingungen, die dazu erfüllt sein müssen, decken sich im Wesentlichen mit Euckens konstituierenden Prinzipien: Privateigentum und Vertragsfreiheit, Offenheit der Märkte und volle Haftung der Unternehmen. Eine Rechtsordnung, die es ermöglicht, unternehmerisch tätig zu werden, ist die Grundvoraussetzung für Wettbewerb. Privateigentum gewährleistet dem Unternehmer, dass er von dem Erfolg seiner Anstrengung profitiert, während Vertragsfreiheit ihm überhaupt erst eine unternehmerische Betätigung ermöglicht. Ferner ist Haftung als Ordnungsprinzip die konsequente Fortführung des wettbewerblichen Anreizsystems. Will man, dass der Unternehmer seine Ressourcen effizient einsetzt, so muss er zu einem Abwägen des Risikos bei seinen Dispositionen gezwungen werden. Dies wird er nur dann tun, wenn er im Falle des Erfolgs mit einem Gewinn, aber auch im Falle des Misserfolgs mit einem Verlust rechnen muss.97 In dieser grundlegenden systemkonstituierenden ordnungspolitischen Ausrichtung stimmen alle Wettbewerbskonzeptionen überein. Wettbewerb ist interdependent und dynamisch, wie es vor allem die Österreichische Schule, die Konzeption der Wettbewerbsfreiheit und die Chicago 97 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1985), Ziffer 309.
V. Neo-ordoliberaler Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung
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School betonen. Somit ist auch auf internationaler Ebene sicherzustellen, dass der nachfolgende Wettbewerb nicht behindert wird. Künstliche Markteinstiegsund Marktausstiegsbarrieren müssen – gemäß der Theory of Contestable Markets – und der Österreichischen und Neo-Österreichischen Schule – identifiziert und abgebaut werden. Die Sanktionsfunktion des Wettbewerbs setzt voraus, dass nicht effiziente Grenzanbieter aus dem Markt scheiden. Erhaltungssubventionen jeglicher Art würden diesem Ziel entgegenstehen und die Unternehmen gegen neue Konkurrenten schützen, also die Märkte abschotten. Die Haftung für die Entscheidungen und das unternehmerische Risiko müssen ausschließlich bei den Unternehmen liegen, was umgekehrt auch die Entlohnungsfunktion begünstigt. Dem Risiko haben ebenso die Chancen der marktwirtschaftlichen Entlohnung gegenüberzustehen. Legt man diese Forderung eng aus, darf es auch keine staatliche Mehrheitsbeteiligung an Unternehmen geben. Ähnliches gilt für die Innovationsfunktion. Innovationen werden begünstigt, wenn die Innovationserträge für die Unternehmen hoch und kalkulierbar sind. Dies sichert ein langer Patentschutz. Dem steht das Interesse der internationalen Konsumenten an einer möglichst schnellen Erodierung der Monopolgewinne, die aus der Innovation hervorgehen, entgegen. Es gilt beide Ziele gegeneinander abzuwägen. In diesem Zusammenhang ist die Forderung des Ordoliberalismus nach der Offenheit der nationalen Märkte eine wichtige Bedingung für die Funktionsfähigkeit des auf Innovationen aufbauenden dynamischen, evolutorischen Wettbewerbs, wie ihn vor allem die Österreichische Schule betont, und ist deshalb in der internationalen Wettbewerbsordnung zu verankern. Einem Pionierunternehmer muss es möglich sein, mit seinen neuen Produkten oder Produktionsverfahren in bereits existierende Märkte einzudringen. Eine Offenheit der Märkte ist auch notwendig, damit die Imitatoren des Pionierunternehmers Zugang zum Markt erhalten. Sonst würde das durch den Wettbewerbsvorsprung bedingte Monopol des Pionierunternehmers nicht nach angemessener Zeit aufgelöst. Offene Märkte wirken darüber hinaus im Sinne der Theory of Contestable Markets sowie der Österreichischen Schule und der Neo-Österreichischen Schule wettbewerbsunterstützend, weil die am Markt vertretenen Unternehmen bei einem zu hohen Gewinnpotential mit neuen Konkurrenten rechnen müssen und somit ständig unter einem wettbewerbsähnlichen Druck stehen. Bei blockiertem Marktzutritt besteht die Gefahr, dass durch das Ausscheiden oder Zusammenschließen von Marktteilnehmern der Wettbewerb immer mehr abnimmt und sich die Marktform einem Monopol oder einem friedlichen Oligopol nähert.98 Folglich müssen in der Wettbewerbsordnung die Kriterien und die rechtlichen Grundlagen für spätere Eingriffe zur Aufrechterhaltung des freien Marktzugangs festgelegt werden. Das Prinzip der Offenhaltung der Märkte gilt generell. Somit ist freier Außenhandel ein weiteres Ordnungsprinzip. 98
Vgl. Berg, Hartmut (1988), S. 236.
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A. Theorie einer internationalen Wettbewerbsordnung
Bei der Analyse der Wettbewerbskonzeptionen wurde deutlich, dass auf eine Wettbewerbskontrolle, die je nach Einzelfall auch Marktinterventionen einschließt, nicht verzichtet werden kann, um die negativen Wirkungen von Kartellabsprachen, abgestimmten Verhaltensweisen, Preisbindungen, Ausschließlichkeitsverträgen sowie von wettbewerbsbeschränkendem und diskriminierendem Verhalten, wenn schon nicht zu verhindern, zumindest zu begrenzen. Trotz allem Wettbewerbsoptimismus lässt sich ein marktsystemimmanenter Anreiz zur Wettbewerbsbeschränkung nicht leugnen. Dies zeigen vor allem die Erkenntnisse der modernen Industrial Organization und New Industrial Economics. In dieser generellen Aussage stimmen alle Wettbewerbskonzeptionen und -theorien überein bis auf die Neo-Österreichische Schule. Nachhaltige Divergenzen gibt es jedoch bei der Kontrolle von Fusionen und vertikalen Vereinbarungen. Als wettbewerbspolitischer Kompromiss bietet sich an, dass bei Fusionen die vermuteten Effizienzgewinne mit den Wohlfahrtsverlusten aus der verringerten Wettbewerbsintensität abgewogen werden, was inzwischen Standard geworden ist. Das gleiche gilt für vertikale Vereinbarungen. Von der internationalen Staatengemeinschaft ist der Rahmen für die unternehmerischen Aktivitäten zu setzen. Dies sind in erster Linie die Gesetze, die – wie das Kartellrecht und das Fusionsrecht – Marktstrukturregelungen enthalten und die damit als Grundlage der staatlichen regulierenden Wettbewerbspolitik dienen. Hier liegen die größten Auffassungsunterschiede der vorgestellten Wettbewerbskonzeptionen und -theorien und auch der nationalen Regierungen. Andererseits gibt es – wie gezeigt wurde – bei den derzeit dominierenden Konzeptionen, European School und Post Chicago School, weitgehende Übereinstimmungen darin, dass Unternehmen und Konsumenten vor wettbewerbsbeschränkenden Praktiken geschützt werden müssen. Hier findet vor allem die erweiterte Workability-Konzeption (Harvard School) Anwendung. Schließlich muss es Gesetze geben, die vor Täuschung, Betrug und Verstößen gegen die guten Sitten schützen, damit nicht Wettbewerbsvorteile erlangt werden, die nicht auf einer Leistung beruhen.99 Zur Lösung grenzüberschreitender Konflikte reicht es jedoch aus, wenn solche Gesetze auf nationaler Ebene existieren und die Vertragsparteien vorher einen Gerichtsstand benannt haben. Wesentlich, bzw. im Sinne Euckens konstituierend, ist außerdem ein funktionsfähiges Preissystem. Die Preise müssen genau die relative Kostenstruktur widerspiegeln, damit die Unternehmen die günstigsten Vorprodukte erkennen können. Auch hier stimmen alle Wettbewerbskonzeptionen und -theorien überein. Eine wohlfahrtsmaximierende internationale Wirtschaftsordnung muss sicherstellen, dass die relative internationale Kosten- und Preisstruktur nicht verzerrt wird. Subventionen sind somit, auch aufgrund ihrer wettbewerbsverzerrenden Wirkung, prinzipiell zu verbieten.100 Auch Preisregulierungen vereiteln 99
Vgl. Heuß, Ernst (1980), S. 693.
V. Neo-ordoliberaler Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung
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somit die optimale Ressourcenallokation. Im Gegenteil, Preisstarrheiten sollten abgebaut werden, damit bei Veränderungen in der relativen Kostenstruktur der Einsatz der Vorprodukte möglichst schnell angepasst wird und die internationale Arbeitsteilung und Ressourcenallokation optimiert und die Wohlfahrt für alle Länder erhöht wird. Grundlegend für die erweiterte ordoliberale Konzeption ist somit die Beschränkung auf die Setzung und Gewährleistung der Spielregeln des Wettbewerbs. Allgemeingültige wirtschaftspolitische Entscheidungsvorgaben, die direkt auf den Einzelfall übertragbar sind, sind aufgrund der Vielzahl der Marktsituationen und des dynamischen sich ständig verändernden Charakters des Wettbewerbs nicht möglich. Die Wirtschaftstheorie kann deshalb auch nur einzelfallbezogene Partialanalysen, die auf restriktiven Annahmen aufbauen, zur Verfügung stellen. Vor diesem Hintergrund ist auch eine einzelfallorientierte Wirtschaftspolitik (Rule of Reason) adäquat. Ziel der erweiterten ordoliberalen Wirtschaftspolitik ist es, die volle Entfaltung der Wettbewerbsfunktionen zu gewährleisten. Hierzu stehen ihr als Mittel alle Instrumente des Markteingriffs bis zur Zerschlagung von Monopolen zur Verfügung. Der Mitteleinsatz muss jedoch in einem Verhältnis zu den Wohlfahrtsbeeinträchtigungen der Wettbewerbsverstöße stehen bzw. zur Beeinträchtigung der dargestellten Zwischenziele. Der Mitteleinsatz sollte also abgewogen werden, damit er angemessen ist. Oberstes Ziel ist die Nutzung aller Kräfte des Wettbewerbs, um die Gesamtwohlfahrt zu maximieren. Gemäß dem Kaldor-Hicks-Kriterium kann demnach auch der Nutzen des Einzelnen eingeschränkt werden, solange der dabei gewonnene gesamtwirtschaftliche Nutzenzuwachs die Einschränkung deutlich überkompensiert. Ausgleichszahlungen sind möglich. Eingriffe in den Entfaltungsspielraum der Individuen müssen aber ebenfalls mit den Beeinträchtigungen des Wettbewerbs und des marktwirtschaftlichen Systems generell abgewogen werden, denn die Freiheit zur kreativen wirtschaftlichen Entfaltung ist die Basis aller Wohlfahrt. Ziel einer internationalen Wirtschaftsordnung muss es folglich sein, dass das Nutzenstreben der privaten Unternehmen und der Regierungen zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt, mit anderen Worten sich die „invisible hand“ des internationalen Wettbewerbs optimal entfalten kann. Diese Konzeption könnte man aufgrund ihrer Ausrichtung neo-ordoliberal nennen.
100 Legt man diese Forderung eng aus, gilt dies spiegelbildlich auch für Steuern, die den Wettbewerb verzerren, was der Fall sein wird, wenn ihnen keine durch den Staat geschaffenen komparativen Kostenvorteile in gleicher Höhe gegenüberstehen wie beispielsweise in Form staatlicher Infrastruktur.
B. Die WTO und der neue Protektionismus I. Die Entwicklungen der internationalen Wirtschaftsordnung bis zur Uruguay-Runde Die Wirtschaftskonzeptionen und damit auch die jeweils gültigen Weltwirtschaftsordnungen1 unterlagen im Laufe der Geschichte einem fortlaufenden Wandel. Die ersten grundlegenden Überlegungen über den internationalen Handel stellte der Wirtschaftsminister von Ludwig XIV., Jean Babtiste Colbert, an. Im so genannten Merkantilismus (17. und 18. Jahrhundert) wurde der Außenhandel als Mittel zur Steigerung der militärischen Macht Frankreichs instrumentalisiert. Der Import von Rohstoffen und der Export von Fertigprodukten wurden staatlich gefördert. Die sich hieraus ergebende inländische Wertschöpfung sollte als Außenhandelsüberschuss die wirtschaftliche und damit vor allem auch die militärische Stärke Frankreichs erhöhen. Importschranken dienten dazu, den Import von Fertigprodukten zu minimieren. So gesehen wurde hier bewusst der Austausch der komparativen Kostenvorteile behindert und damit die Weltwohlfahrt verringert. Andererseits war Colbert auch einer der ersten, der eine angebotsorientierte Wirtschaftpolitik betrieb. Er förderte Neugründungen durch Wettbewerbs- und Steuervergünstigungen und führte Qualitätskontrollen bei der Produktion2 ein, die Frankreich zum international führenden Hersteller von Luxusgütern wie Mode und Parfüm machten.3 Eine fast entgegengesetzte Richtung verfolgte der sich anschließende Liberalismus. Gemäß Adam Smith sorgen Markt und Wettbewerb wie eine „invisible hand“ dafür, dass sich die menschliche Verfolgung des Eigeninteresses zum Nutzen aller auswirkt. Jeder Eingriff des Staates in das freie Spiel der Marktkräfte ist kontraproduktiv, weil er die Wohlfahrt verringert. David Ricardo erweiterte diese Sichtweise auf den Außenhandel: Handelshemmnisse sind gleichermaßen abzulehnen, weil sie den Austausch der komparativen Kostenvorteile behindern. Jedes Land hat je nach Produkt, spezifische Kostenvorteile in der Produktion. Die bei Freihandel nicht verzerrte Preisbildung im Außenhandel
1 Unter Ordnung soll in diesem Zusammenhang im weiteren Sinn der Rahmen verstanden werden, in dem sich der grenzüberschreitende Handel abspielt, auch wenn es sich hierbei nicht um eine institutionelle Ordnung im engeren Sinn handelt. 2 Auch dies ist in Form von staatlichen Qualitätszertifikaten in Deutschland wiederaufgegriffen worden. 3 Vgl. Born, Karl Erich (1989).
I. Die Entwicklungen bis zur Uruguay-Runde
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sorgt international für die kostengünstigste Produktion. Nach Ricardo würde sogar eine einseitige Außenhandelsliberalisierung dem importierenden Land Vorteile bringen. Die Folge des Liberalismus war ein weitgehend ungehinderter außen- und binnenwirtschaftlicher Handel bis Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, dessen Wirkungen durch den Goldstandard noch verstärkt wurde. Das Welthandelsvolumen stieg während der Periode des Goldstandards (ca. 1880– 1914) um mehr als das Dreifache.4 Die Trendwende wurde vom Börsencrash im Jahre 1929 und der sich anschließenden Weltwirtschaftskrise ausgelöst. Die Folge war ein internationaler Protektions- und Abwertungswettlauf, der die liberale Wirtschaftsordnung ablöste. Die zuvor unkoordinierte Rückkehr zum Goldstandard verstärkte die negative Tendenz mit der Folge von Über- und Unterbewertungen. Hinzu kamen Schwächen im Finanzsystem. Der Goldstandard wurde ausgesetzt. Ging es vorher dem Merkantilismus vor allem darum, die nationale Wertschöpfung in Form eines Außenhandelsüberschusses zu maximieren, so versuchten die Länder nun durch Abwertungen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, um die Arbeitslosigkeit auf das Ausland abzuwälzen (beggar-thy-neighbour-policy5). Importrestriktionen und Devisenbeschränkungen wurden hierzu flankierend eingesetzt. 1933 betrug dann das Volumen des internationalen Außenhandels nur noch rd. 30% von dem im Jahre 1928. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es, aus dieser Situation der gegenseitigen außenwirtschaftlichen Übervorteilung auszubrechen. Die bisher weitestgehende Initiative zur Koordinierung der internationalen Wettbewerbspolitik stellte der Versuch zur Errichtung einer internationalen Wettbewerbsbehörde (International Trade Organization, ITO) im Rahmen der Havanna-Charta von 1947 dar. Der damals beabsichtigte internationale Abbau der Handelsschranken, vor allem der Zölle, sollte wettbewerbspolitisch flankiert werden, da man die Gefahr, die für den Freihandel beim Marktzutritt von privaten Wettbewerbsbeschränkungen ausging, erkannte. Im Kap. V der Havanna-Charta wurden die diesbezüglichen potenziellen Wettbewerbsbeschränkungen wie z. B. Preisbindungen und Gebietsaufteilungen aufgelistet. Ein verbindliches internationales Recht war jedoch nicht vorgesehen. Die Unterzeichnerstaaten wurden lediglich aufgefordert, Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern, die im internationalen Handel den Wettbewerb beschränken, den Zugang zu den Märkten begrenzen oder einer monopolistischen Kontrolle Vorschub leisten6 (Art. 46, Ziffer 1). Extrater4
Vgl. Jarchow, H. S./Rühmann, P. (1984). Versuch, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie durch Zölle, Kontingente und Währungsabwertungen zu erhöhen. 6 Art. 46 der ITO Charta lautete: „Each Member shall take appropriate measures and shall cooperate with the [ITO] to prevent, on the part of private or public commercial enterprises, business practices affecting international trade which restrain competition, limit access to markets, or foster monopolistic control, whenever such practi5
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
ritorialitätskonflikte sollten zunächst von den Unterzeichnerstaaten selbstständig beigelegt werden. Wenn dies nicht möglich gewesen wäre, war vorgesehen, dass bei der ITO von den benachteiligten Staaten Beschwerde eingereicht werden konnte. Die ITO war befugt, im Rahmen selbständiger Ermittlungen in die nationale Souveränität einzugreifen. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen sollten unter Beachtung der Vertraulichkeit der Unternehmensinformationen veröffentlicht werden. Der geschädigte Staat hätte das Recht gehabt, von der ITO zuvor bestimmte und überwachte Retorsionsmaßnahmen durchzuführen. Der ganze Streitschlichtungsprozess wäre für die anderen unbeteiligten Staaten dokumentiert worden. Immerhin hatten am 24.03.1948 53 der 53 an den Vertragsverhandlungen beteiligten Staaten die Havanna-Charta unterzeichnet. Aufgrund einer politischen Mehrheitsänderung im US-Kongress scheiterte jedoch der anschließende Ratifizierungsprozess. Der neuen Mehrheit des US-Kongresses war damals die Einschränkung ihrer nationalen Souveränität zu weitgehend. Nicht zuletzt waren die USA gerade erst zur internationalen Supermacht aufgestiegen. Nachdem die USA als wichtigste Wirtschaftsmacht ausgeschert waren, nahmen auch die anderen Staaten von einer Ratifizierung Abstand.7 Obwohl die Ratifizierung der Havanna-Charta gescheitert war, einigte sich die internationale Staatengemeinschaft 1947 darauf, aus der Havanna-Charta das Kapitel „Grundsätze der Handelspolitik der Mitgliedstaaten“ herauszulösen und als internationalen Handelskodex zu verabschieden. Für das Wettbewerbsverhalten der privaten Anbieter gibt es somit direkt keine internationale Übereinkunft. Die wettbewerbspolitische Lücke blieb jedoch bis heute ungeschlossen. Das „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) sollte als Zwischenlösung bis zu der verschobenen Gründung der International Trade Organization ces have harmful effects on the expansion of production or trade . . .“ zitiert nach Scherer, F. M. (1997), S. 14. Vgl. auch Malaguti, Maria-Chiara (1998), S. 121; Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 39; Holmes, Peter/Lehmann, Alexander/McGowan, Francis (1997), S. 1 f; Meesen, Karl Matthias (1975), S. 37; Petersmann, Ernst-Ulrich (1994), S. 238 f; Mozet, Peter (1991), S. 17; Graham, Edward M. (1996), S. 110; Scherer, F. M. (1994), S. 38; Fox, Eleanor (1996), S. 169; Trebilcock, Michael J. (1996), S. 88; Dell, Sidney (1990), S. 8 ff; Wolany, Josef (1958), S 531 f sowie Wins, Henning (2000), S. 89 f. 7 Vgl. Beise, Marc (2001), S. 36 f; Graham, Edward M. (1996), S. 110; Scherer, F. M. (1996), S. 13; Scherer, F. M. (1994), S. 38; Scherer, F. M. (1997), S. 14 sowie Dell, Sidney (1990), S. 8 ff. Erstaunlicherweise wird in der deutschsprachigen Literatur auch die Auffassung vertreten, die USA hätten die Havanna Charta nicht ratifiziert, weil ihr die darin enthaltene Liberalisierung nicht weit genug ging. Vgl. Mozet, Peter (1991), S. 17 sowie Wolany, Josef (1958), S. 528. Tatsache ist, dass das Verhalten der USA eine internationale Wettbewerbsordnung verhindert und einen rechtsfreien Raum hinterlassen hat. „When the then US President decided that he could not sell the idea of an ITO to the Congress, what remained was the provisional GATT, an instrument posing much less of a threat to US political and regulatory sovereignty.“ Ostry, Sylvia (2000), S. 84.
I. Die Entwicklungen bis zur Uruguay-Runde
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dienen.8 Seit 1947 wurden 8 multilaterale GATT-Verhandlungsrunden mit dem Ziel durchgeführt, den Austausch komparativer Kostenvorteile durch den Abbau von Handelsschranken zu erleichtern und damit die Weltwohlfahrt zu erhöhen. Dieses Konzept war erfolgreich. Bereits Ende der 70er Jahre betrugen die durchschnittlichen Zollsätze der GATT-Unterzeichnerstaaten etwa ein Fünftel derer von 1930.9 Mit den Ölkrisen änderten sich jedoch in den 70er Jahren schlagartig die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die durch sie ausgelösten Rezessionen erhöhten die politische Anfälligkeit der westlichen Industriestaaten gegenüber Importen. Die Zollsenkungen als Folge der verschiedenen GATT-Runden und die stark gefallenen Transportkosten belebten nicht nur den Außenhandel, sondern erhöhten auch den Importdruck. Hinzu kam die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der Schwellenländer. Die relative Wettbewerbsposition der Industrieländer wurde zusätzlich durch die hohen Lohnsteigerungen und anderer sozial ausgerichteter Maßnahmen verschlechtert. Der Freihandel zeigte seine zweite Seite, den Wettbewerbsdruck. Der Weltmarktanteil der westlichen Industrieländer sank. Die ehemaligen Exportnationen wurden zu Importnationen. Die komparativen Kostenvorteile und damit auch die internationale Arbeitsteilung veränderten sich immer schneller. Der extern induzierte Strukturwandel und mit ihm die strukturelle Arbeitslosigkeit nahmen zu. Freihandel war nunmehr für die westlichen Industrieländer nicht mehr nur ein einseitiges absatz- und beschäftigungserhöhendes Unterfangen.10 Dieser Trend verstärkte sich noch in den 80er und 90er Jahren. Angesichts dieser neuen Rahmenbedingungen fand eine Neubewertung des Freihandelsgedankens statt. Die Auswirkungen des Strukturwandels, genauer des internationalen Wettbewerbs auf die Beschäftigung und die sozialen Standards wurden von den westlichen Industrieländern in diesem Ausmaß als untragbar empfunden und sollten deshalb durch wirtschaftspolitische Maßnahmen abgefedert werden. Da tarifäre Handelshemmnisse aufgrund der internationalen GATT-Vereinbarungen nicht mehr zur Verfügung standen, mussten die Industrieländer auf Importrestriktionen ausweichen, die nicht durch das GATT reglementiert waren. Der so genannte „Neue Protektionismus“ bezeichnet in diesem Zusammenhang alle von den traditionellen Importrestriktionen (Zölle, Kontingente) abweichenden handelshemmenden Maßnahmen.11 8 Parallel hierzu wurde mit dem Bretton-Woods-Abkommen ein System fester, aber anpassungsfähiger Wechselkurse geschaffen. Zwar hatte dieses System bezüglich seiner Funktionsweise Ähnlichkeit mit dem Goldstandard, jedoch war sie hier davon abhängig, dass die USA ihren Aufgaben als Leitwährungsland gerecht wurden. Diese Einseitigkeit war dann auch letztlich die Hauptursache für das spätere Scheitern des Systems im Jahre 1972. 9 Vgl. Krüger, Anne O. (1995), S. 27. 10 Vgl. hierzu auch Grimwalde, Nigel (1989), S. 360 ff.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
II. Die Grundrisse der Welthandelsordnung nach der Uruguay-Runde Die Basis der Welthandelsorganisation sind die so genannten Grundprinzipien, die schon dem GATT 1947 zugrunde lagen.12 Es gilt das Prinzip „Meistbegünstigung“ (Most favoured Nation Principle), wonach ein einem GATT-Unterzeichnerstaat eingeräumter Handelsvorteil auch gegenüber allen anderen Unterzeichnerstaaten gelten muss (Art. I Abs. 1 GATT 1947/GATT 1994, sehr ähnlich auch Art. II GATS und Art. 4 TRIPS). Gemäß dem „Inländerprinzip“ (National Treatment), das als Ergänzung zum Meistbegünstigungsprinzip zu sehen ist, dürfen ausländische Anbieter nach dem Grenzübertritt nicht schlechter als inländische Anbieter gestellt werden (Art. III GATT). Nach dem Prinzip der „Reziprozität“ muss ein GATT-Unterzeichnerstaat diese Zugeständnisse nur gegenüber solchen Staaten aufrechterhalten, die selbst ihren GATT-Verpflichtungen nachkommen. Mengenbeschränkungen sind generell verboten. Kommt es zu einem internationalen Streitfall zwischen zwei Mitgliedsstaaten, finden zwischen zuerst gegenseitige Konsultationen13 statt, die erst beim DSB (Dispute Settlement Body) schriftlich beantragt werden müssen. Können sich die Parteien nicht ohne fremden Vermittler einigen, übernimmt diese Funktion ein Untersuchungsausschuss, das sog. Panel. Das Panel besteht aus drei „hochqualifizierten Einzelpersonen“ mit oder ohne Regierungsmandat, über deren Zusammensetzung das WTO-Sekretariat entscheidet (Art. 8 Abs. 1 u. 5 DSU, Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes). Der Panel-Bericht wird in der Form eines rechtlichen Urteils abgefasst, ist aber nur als Empfehlung für das Streitbeilegungsgremium zu werten, die den Panelbericht annehmen, oder ihn einstimmig ablehnen können (Art. 16 DSU). Ein Berufungsverfahren gibt den Streitparteien die Möglichkeit, gegen die Panelentscheidung Rechtsmittel vor einem vom Streitbeilegungsgremium eingesetzten Berufungsgericht einzulegen und diese rechtlich überprüfen zu lassen.14 Sanktionen kommen erst zum Tragen, wenn die Empfehlungen nicht innerhalb der vereinbarten Frist umgesetzt sind. Das Streitbeilegungsgremium entscheidet auf Antrag des geschädigten Mitglieds, dass Zugeständnisse im Rahmen der Übereinkommen gegenüber der beschuldigten Partei zeitlich befristet auszusetzen sind (Art. 22 Abs. 2 DSU, in diese Richtung auch Art. 23 DSU). Bei der Umsetzung der Sanktionen ist die WTO auf die Mitgliedstaaten ange11 Vgl. hierzu auch Koch, Eckart (1992), S. 154 ff; Bergstrom, L. J. (1993), S. 132; Gaab, Werner/Gieseck, Arne (1981) sowie Grimwalde, Nigel (1989), S. 353 f. 12 Dazu ausführlich Siebold, Dagmar (2003), S. 93 ff. 13 Die Konsultationen sind nicht aus sich heraus wirksam, sondern müssen erst beim DSB (Dispute Settlement Body) schriftlich beantragt werden. 14 Vgl. dazu Cottier, Thomas (1997), S. 121 ff.
II. Grundrisse der Welthandelsordnung nach der Uruguay-Runde
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wiesen, denn die Sanktionen können nicht erzwungen werden.15 Die WTO verfügt über keine eigenen hoheitlichen Sanktionsinstrumente. Das Prinzip der Meistbegünstigung ist, gemessen am volkswirtschaftlichen Allokationsziel, nur eine Second-best-Lösung im Vergleich zum Freihandel. Werden die Handelsvergünstigungen gegenüber allen Mitgliedstaaten gleichermaßen gewährt, findet jedoch zumindest keine Fehllenkung in der internationalen Ressourcenallokation statt, da die Preisrelationen nicht verzerrt sind. Ferner können kleinere Staaten mit geringer außenwirtschaftlicher Bedeutung nicht von größeren diskriminiert werden. Bilateral ausgehandelte Sondervereinbarungen sind allen Mitgliedstaaten zugänglich. Das Prinzip der Reziprozität hat noch den größten Sanktionscharakter. Die Handelszugeständnisse des GATT können nicht-kooperativen Staaten verweigert werden. Von dem Prinzip der Reziprozität gibt es jedoch Ausnahmen. Für den Textil- und Agrarhandel wurden aufgrund der besonderen Interessen der Industrieländer Sonderbestimmungen vereinbart. Ebenso gilt das Prinzip der Reziprozität – wie auch alle anderen Prinzipien – nicht für die Handelserleichterungen, die Zollunionen oder ähnliche Wirtschaftsgemeinschaften in ihrem Innenverhältnis vereinbart haben.16 Sicherlich hatte man bei der Einführung dieser Ausnahmeregelung nicht ihren hohen zukünftigen Verbreitungsgrad vorhergesehen. 1995 existierten 100 dieser regionalen Wirtschaftsgemeinschaften und 1994 waren nur noch 3 Länder nicht Mitglied eines regionalen Integrationsabkommens, womit das Meistbegünstigungsprinzip faktisch ausgehöhlt war.17 Mit der Schaffung der World Trade Organization (WTO) im Jahr 1994 gelang es erstmals seit dem Scheitern der International Trade Organization im Jahre 1947, eine umfassende Welthandelsordnung zu schaffen. Waren die 12 Unterverträge des GATT vorher nur für diejenigen Staaten verbindlich, die die jeweiligen Verträge unterschrieben hatten („GATT à la carte“), so gilt die WTO für alle Mitgliedstaaten (Einheitsabkommen, auch „single package“ genannt)18. Heute gibt es nur noch ein Abkommen, die WTO. Mittlerweile zählt die WTO 147 Mitgliedstaaten.19 Die WTO vereinigt nicht nur die bisherigen GATT-Verträge mit ihren Spezifizierungen im Anhang 1 a unter „Multilaterale Handelsübereinkünfte“, sondern auch ein allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) und ein
15
Vgl. Siebold, Dagmar (2003), S. 144 sowie Sevilla, Ch. R. (2001). Vgl. Senti, Richard (1994), S. 306 ff. 17 Vgl. Langhammer, Rolf (1998), S. 123. 18 Vgl. Hauser, Heinz/Schanz, Kai-Uwe (1995), S. 56 sowie Siebold, Dagmar (2003), S. 57. 19 Vgl. dazu ausführlich ttp://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/org3_e. htm#join (Stand Mai 2004) sowie Siebold, Dagmar (2003), S. 57 ff und 61 f (Beitritt Chinas) sowie www.wto.org (Mai 2004). 16
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
Abkommen über handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, TRIPS). Das GATS umfasst alle Dienstleistungen mit Ausnahme derjenigen der öffentlichen Hand. Wie im GATT gelten auch hier das Meistbegünstigungs- und das Inländerprinzip, wobei wiederum die Zugeständnisse innerhalb von Zollunionen oder ähnlichen Wirtschaftsgemeinschaften ausgenommen sind. Darüber hinaus können die WTO-Mitgliedstaaten in den sog. Negativlisten einzelne Wirtschaftsbereiche von der Meistbegünstigung ausnehmen und in den sog. Positivlisten die für sich gültigen Marktzutritts- und Inländerverpflichtungen sowie Ausnahmen hiervon festlegen. Im Normalfall enthalten diese Listen die Verpflichtung der einzelnen WTO-Mitgliedstaaten, die ausländischen Dienstleistungsanbieter nicht in Form von Quoten oder mit anderen Mitteln zu behindern oder zu beschränken. Auch die Gewährung von Monopolen für inländische Dienstleistungsanbieter wird hier ebenso explizit genannt wie die Behinderung durch gesellschaftsrechtliche Vorschriften. Ferner wurde die Telekommunikation im GATS für die internationalen Anbieter freigegeben. Nur die Liberalisierung des Radio- und Fernsehbereichs scheiterte an dem kulturpolitisch begründeten Einspruch Frankreichs. In das TRIPS-Abkommen wurden wiederum die Grundprinzipien des GATT – Meistbegünstigung, Inländerprinzip und Reziprozität – übernommen. Dieses Abkommen dient jedoch nur als Grundlage und Minimalkonsens für die Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Ferner enthält TRIPS das internationale Urheber- und Patentrecht.20 Die Mitglieder des TRIPS-Abkommens, also die Mitgliedstaaten der WTO, werden in Art. 1 Abs. 3 verpflichtet, zwei internationale Konventionen anzuerkennen und zwar unabhängig davon, ob zu diesen eine Mitgliedschaft besteht oder nicht.21 Es sind die materiellrechtlichen Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ)22 und der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Kunst und Literatur (RBÜ)23 anzuwenden.24 Diese beiden Konventionen bilden die Grundlage des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts.25 Nachdem die Regelungen des TRIPS über diese beiden Konventionen hinaus noch 20
Vgl. Crome, John (1999), S. 109 ff, 207 ff, 244 und 275 ff. Vgl. Kretschmer, Friedrich (1997), S. 55; Straus, Joseph (1999/2000), S. 160 spricht von der „incorporation by reference“-Technik. 22 BGBl. 1984 II, 799. 23 BGBl. 1973 II, 1071, BGBl. 1985 II, 81. 24 Art. 1 Abs. 3 mit Fn. 2; nach Art. 2 Abs. 1 TRIPS sind die WTO-Mitgliedstaaten verpflichtet, Art. 1–12 und 19 PVÜ zu befolgen; nach Art. 9 Abs. 1 TRIPS sind Art. 1–21 RBÜ mit der Ausnahme des das Urheberpersönlichkeitsrecht betreffenden Art. 6 bis anzuwenden. 25 Vgl. Kretschmer, Friedrich (1997), Sicherung eines weltweiten Mindeststandard für geistiges Eigentum durch die WTO (TRIPS), S. 55; P. Buck, Geistiges Eigentum und Völkerrecht, S. 32 ff m. w. N. 21
III. Die Milleniumrunde, ein gescheiterter Ansatz, und Doha
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Verpflichtungen einführten, wird es auch als „Paris- und Bern-Plus-Abkommen“ bezeichnet.26 Das TRIPS-Abkommen verweist noch auf zwei weitere internationale Abkommen. Das Rom-Abkommen27 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen ist ebenso in das TRIPS integriert wie der IPIC-Vertrag (Treaty on Intellectual Property in Respect of Integrated Circuits), der Vertrag über den Schutz des geistigen Eigentums im Hinblick auf integrierte Schaltkreise28 (Art. 1 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 TRIPS). Die Spezifizierungen des GATT beziehen sich auf den Agrar- und Textilhandel. Agrarprodukte sollen nach einer Übergangszeit von bis zu 10 Jahren den gewerblichen und industriellen Produkten gleichgestellt und nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie z. B. Mengenbeschränkungen in völkerrechtlich gebundene Zölle umgerechnet werden. Ferner bestimmt die WTO-Agrarmarktordnung den Abbau sämtlicher produktbezogenen Stützungen um 20% auf der Basis von 1986–88. Regional, sozialpolitisch und ökologisch begründete Unterstützungen sind hiervon ausgenommen. Auch der Textilbereich soll in das GATT zurückgeführt werden. Die im Rahmen des Textilabkommens bestehenden Handelsschranken sollen bis zum Jahre 2005 aufgehoben werden.29 Viele Industrieländer zögerten jedoch die Liberalisierung ihrer sensiblen Bereiche hinaus.30
III. Die Milleniumrunde, ein gescheiterter Ansatz, und Doha: ein Aufbruch zu einer neuen Welthandelsrunde Als der ehemalige EU-Kommissar Sir Leon Brittan 1996, also zwei Jahre nach Abschluss der Uruguay-Runde, bereits eine neue Welthandelsrunde vorschlug, stieß er zunächst auf Skepsis. Anscheinend hatte die Uruguay-Runde bei allen Teilnehmern jedoch noch genügend Erwartungen unerfüllt gelassen, so dass sich schnell eine Mehrheit für eine neue „Milleniumrunde“ formierte. In Seattle wollte man sich im November 1999 auf eine Verhandlungsagenda einigen. Zur Diskussion standen: 1. Ein weiterer Zollabbau und eine Abschaffung der mittlerweile unbedeutenden Zölle. Weltweit betragen die Zölle zwar durchschnittlich nur noch 4%, aber bei einigen Produkten immer noch bis zu 39%. 2. Der Abbau von nichttarifären Handelshemmnissen, insbesondere bei technischen Standards und Normen. 26 So auch www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/tripfq_e.htm (Stand Dez. 2000); Siebold, Dagmar (2003), S. 111 ff sowie Kretschmer, Friedrich (1997), S. 61. 27 BGBl. 1965 II, 1245. 28 BGBl. 1994 II, 1730. 29 Vgl. Senti, Richard (1994). 30 Vgl. Langhammer, Rolf J. (1998), S. 123.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
3. Eine neue Verhandlungsrunde zur Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels wird bereits durch das GATS vorgegeben. Art. XIX Abs. 2 GATS legt fest, dass in der Zukunft ein Liberalisierungsprozess stattfinden muss und zwar „unter angemessener Berücksichtigung der nationalen und politischen Zielsetzung“. 4. Multilaterale Übereinkommen zur Regelung des zunehmenden grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs (vor allem Internet). 5. Die bereits vereinbarten Verhandlungen über die weitere Liberalisierung der Agrarmärkte, die ab dem Jahr 2000 beginnen sollten. 6. Übereinkommen zur Regelung und Sicherung der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen (Investitionen). 7. Die Einführung von international einheitlichen Sozial- und Umweltstandards. 8. Eine internationale Wettbewerbsordnung – wie weitgehend auch immer. Dieses ehrgeizige Reformprojekt galt jedoch nach dem Ministertreffen in Seattle im November 1999 als gescheitert. Aufgrund von bis zu Ausschreitungen reichenden Demonstrationen gegen eine weitergehende Liberalisierung des Welthandels konnten die inzwischen WTO-Staaten auf dem Ministertreffen in Seattle keine Verhandlungsagenda festsetzen. Die Demonstranten fürchteten um ihre Arbeitsplätze und die Qualität der Lebensmittel. Auch für die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen teilweise in der dritten Welt produziert wird, machte man die WTO verantwortlich.31 Der Hauptgrund für das Scheitern von Seattle dürften jedoch die divergierenden Standpunkte der Industrie- und Entwicklungsländer gewesen sein. Die Entwicklungsländer forderten beispielsweise eine Eindämmung der Antidumpingverfahren und eine Liberalisierung der in den Industrieländern geschützten Bereiche, wie z. B. des Agrarhandels, wogegen sich vor allem die EG32 aussprach. Die Industrieländer wollten einheitliche Umwelt- und Sozialstandards, was wiederum den Interessen der Entwicklungsländer widersprach. Internationale Wettbewerbs- und Investitionsabkommen wurden vor allem von der EG propagiert und im Servicebereich wollten die Industrie- und Entwicklungsländer jeweils nur die Bereiche liberalisieren, in denen sie wettbewerbsfähig waren. Schließlich warfen die Entwicklungsländer den Industrieländern vor, dass sie ihre in der Uruguay-Runde gemachten Liberalisierungsversprechungen, vor allem die Abschaffung der Textilquoten, noch nicht eingelöst hätten. Auch die Industrieländer waren zerstritten. Die USA wollten eine nachhaltige Reduzierung der Agrarsubventionen durchsetzen, jedoch eine Reduzierung ihrer Einfuhrzölle und eine Reform des Antidumpingübereinkom31 Vgl. Graham, Edward M. (2000), S. 218; Langhammer, Rolf J. (1999); o. V. (2000), S. 28; Biesenbach, Peter (1999), S. 647 sowie Moore, Mike (2003), S. 93 ff. 32 Nur die EG, nicht aber die EU ist Mitglied in der WTO.
III. Die Milleniumrunde, ein gescheiterter Ansatz, und Doha
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mens verhindern. Die EG und Japan forderten Wettbewerbsregeln und Investitionsnormen, versuchten aber, eine Liberalisierung des Agrarhandels zu verhindern. Schließlich wollten die EG und Kanada Ausnahmen für kulturelle Wirtschaftsbereiche festschreiben, was jedoch die USA ablehnten.33 Die Mitglieder der WTO konnten sich schließlich im November 2001 auf ihrer Konferenz im katarischen Doha auf den Start einer neuen Welthandelsrunde einigen, die Ende 2004 abgeschlossen sein sollte. Im Rahmen der DohaRunde wollten die WTO-Mitglieder weltweite Handelserleichterungen vereinbaren, die nach Berechnungen der Weltbank das Einkommen der Weltbevölkerung um rd. 5.20 Mrd. US$ erhöhen würde. Vor dem Hintergrund dieser Arbeit ist die Absicht, mit Verhandlungen über internationale Wettbewerbsregeln zu beginnen, von besonderer Bedeutung. Auch Investitionsnormen sollen erstellt werden. Die Entwicklungsländer lehnten einen sofortigen Einstieg in die Verhandlungen ab, da sie – nach eigenen Angaben – noch nicht über das wettbewerbspolitische Know how und die Kapazität verfügen, eigene Wettbewerbsgesetze zu verabschieden und Wettbewerbsinstitutionen aufzubauen. Die Industrieländer erklärten sich jedoch bereit, die Entwicklungsländer administrativ und finanziell zu unterstützen.34 Das darauffolgende Gipfeltreffen in Cancun scheiterte jedoch. Mehrere afrikanische Staaten verließen den Konferenzsaal, als verbindliche Regeln für internationale Investitionen verhandelt werden sollten, woraufhin der mexikanische Verhandlungsführer die Gespräche abbrach. Geplante Inhalte waren u. a. der Schutz vor Enteignung, Verfügungsrechte der Investoren über die erwirtschafteten Gewinne sowie keine Diskriminierung gegenüber einheimischen Investoren. Investitionsabkommen scheinen ein besonders sensibles Thema zu sein. Auch der Versuch in den neunziger Jahren im Rahmen der OECD, ein Multilaterales Investitionsabkommen (MAI) auszuhandeln, wurde aufgrund nachhaltiger Proteste vor allem französischer Intellektueller aufgegeben. Diese sahen in dem Abkommen einen „Kniefall der Politik vor den Interessen der Konzerne“. Gemäß der G20-plusGruppe wurde auch ihre Forderung gegenüber den Industrieländern, Agrarsubventionen und -zölle abzubauen, nicht ausreichend erfüllt. Die G20-plus-Gruppe versteht sich als neues Gegengewicht zu den Industrieländern der G8-Gruppe. Sie besteht aus zwanzig Ländern aus Asien, Lateinamerika und Afrika. Unter Führung Brasiliens, Indiens und Chinas vertritt sie nach eigenen Angaben die Hälfte der Weltbevölkerung und rd. 60% der Bauern. Vorgeworfen wird den Industrieländern, dass sie ihre Agrarbranche subventionieren und durch Zölle schützen, aber von den Entwicklungsländern die Öffnung ihrer Märkte fordern. 33 Vgl. Schott, Jeffrey J. (2000), S. 6 f; Plompen, Peter (2001), S. 2001, S. 32 f; Odell, John S. (2000), S. 400 f sowie Howse, Robert (2002), S. 430 f. 34 Vgl. o. V. (2001c), S. 3; WTO (2002), S. 16 und 29; Langhammer, Rolf J. (2002), S. 61; Hagelüken, Alexander (2003), S. 1 sowie Moore, Mike (2003), S. 122 ff und 151 ff.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
Aber auch Brasilien blockiert zum Beispiel Rindfleischimporte und China den Import von Autos. Letztlich sind weder die Industrieländer noch die Entwicklungsländer freihandelsorientiert. Angesichts dieser Inkonsequenzen besteht noch nachhaltiger Diskussionsbedarf. Schließlich konnten sich die Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen in Genf am 1. August 2004 auf eine Fortsetzung der DohaRunde einigen, nachdem die Industrieländer, darunter die USA, die EU und Japan, einer Abschaffung der Exportsubventionen im Agrarbereich zugestimmt hatten. Das Ende der Doha-Runde ist jetzt offen, aber auch die Uruguay-Runde dauerte doppelt so lange wie geplant.35 Die Frage, die sich vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen stellt, ist, warum gibt es eine internationale Handelsordnung, aber keine internationale Wettbewerbsordnung? Ansatzweise wurde diese Frage bereits beantwortet. Die internationale Staatengemeinschaft konnte sich auf einheitliche Handels- und Marktzugangsregeln, aber nicht auf Wettbewerbsregeln einigen, weil sie (vor allem die USA) einen zu starken Eingriff in ihre Souveränität befürchtete und eine Wettbewerbsordnung für die Verfolgung ihrer Ziele auch nicht unbedingt für erforderlich hielt. Da alle Staaten vor allem exportieren wollten, einigte man sich auf einen Gleichberechtigungskodex vor allem für den Marktzugang nach dem Prinzip „do ut des“, was sich in den Prinzipien gleiche Behandlung von ausländischen mit inlandischen Waren (Inländerprinzip) und gleicher Marktzugangsbedingungen für alle GATT-Staaten (Meistbegünstigung) äußert. Wettbewerbspolitik hat hingegen einen anderen nationalen historischen Hintergrund und eine andere Zielsetzung. Die nationalen Regierungen sehen die Notwendigkeit, den Wettbewerb ihrer Unternehmen auf den inländischen Märkten durch einen Rahmen zu regeln, um die die nationale Wohlfahrt mindernden wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen zumindest einzuschränken. Das Ziel war und ist somit eine effizientere Ressourcenallokation und ein leistungsförderndes Anreizsystem zur Steigerung der nationalen Wohlfahrt. Die Gemeinsamkeit zwischen Handels- und Wettbewerbspolitik liegt folglich in der systemunterstützenden Ausrichtung, wobei die Zielsetzung der Handelspolitik, gleichberechtigten Marktzugang zu erhalten, ein Teilziel der Wettbewerbspolitik ist, die ihrerseits sehr viel weitergehend nicht nur horizontale, sondern auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen einzudämmen versucht. Die Unterschiede zwischen Handels- und Wettbewerbspolitik liegen in der Zielsetzung. Auf nationalstaatlicher Ebene verfolgen die Staaten gesamtwirtschaftliche Zielsetzungen, da die Wohlfahrtsgewinne ausschließlich ihnen zufallen, auf internationaler Ebene hingegen nicht, da sie hier keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der internationalen Wohlfahrtssteigerung und ihrer eigenen sehen: 35 Vgl. Hagelüken, Alexander (2003), S. 1 und 4; Piper, Nikolaus (2003), S. 22; Tutt, Cordula/Muscat, Sabine (2003), S. 1 sowie o. V. (2004).
III. Die Milleniumrunde, ein gescheiterter Ansatz, und Doha
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„The basic trade-off that countries face in constructing their competition policies is that between firm profits and consumer welfare. When the consumers affected by collusion are not citizens, since the firms are exporters, the trade-off vanishes and the search for firm profit guides policy.“36
Der Ansatz für eine Reform der internationalen Wettbewerbsordnung besteht folglich darin, den individuellen Nutzen einer einheitlichen Ordnung für die einzelnen Staaten herauszustellen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach wie vor vor allem die Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot (Reziprozität) eine optimale internationale Ressourcenallokation verhindern. Bisher äußern sich die Wirkungen dieser Ausnahmen darin, dass sich die Direktinvestitionsströme außerhalb des Rohstoffbereichs überwiegend auf die OECD-Staaten und eine geringe Anzahl von Schwellen- und Entwicklungsländern beschränken.37 Hier zeigt sich bereits, dass die Welthandelsordnung von Interessen und vor allem von wirtschaftlichem Machtpotential bestimmt wird. Regionale Wirtschaftsgemeinschaften wie die EU oder Staatenbunde wie die USA können ihre Interessen besser durchsetzen als beispielsweise die uneinig auftretenden Schwellenländer. Wenn sie Vergeltungsmaßnahmen, zum Beispiel in Form von Zöllen oder Importkontingenten durchführen, hat dies aufgrund des aggregierten wirtschaftlichen Potentials insbesondere für kleine Länder nachhaltige Folgen auf die Auslastung des Produktionspotentials. Die bisherigen Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot betrafen deshalb vor allem Bereiche, in denen die EU und die USA international nicht wettbewerbsfähig waren und ihre Produzenten aus innenpolitischen Überlegungen heraus schützen wollten. Zu nennen sind hier vor allem der Agrarund Textilbereich. Darüber hinaus widersprechen die nur im Innenverhältnis gewährten Handelszugeständnisse der Wirtschaftsgemeinschaften, wie beispielsweise der EU, dem normativen Prinzip einer Gleichberechtigung der Länder im internationalen Handel. Die nicht zu den Wirtschaftgemeinschaften gehörenden Länder werden von den Wohlfahrtsgewinnen des Freihandels ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist es prinzipiell zu begrüßen, dass sich die G20-plusGruppe als Gegengewicht zu den westlichen Industrieländern gebildet hat. Beunruhigend ist allerdings, dass vor allem die USA nach dem Scheitern von Cancun angekündigt hat, verstärkt auf bilaterale Abkommen auszuweichen. Dies wäre zum Nachteil der Schwellen- und Entwicklungsländer. Es gibt zahlreiche wirtschaftspolitische Instrumente, die durch die derzeitige Wirtschaftsordnung legitimiert sind, obwohl sie ihren Industrien künstliche Vorteile im internationalen Wettbewerb verschaffen. Diese künstlichen Wettbewerbsvorteile können hierbei sowohl protektionistisch38, reaktiv als Schutz ge36
Levonsohn, James (1996), S. 333. Vgl. Grundlach, Erich/Klodt, Henning/Langhammer, Rolf J./Soltwedel, Rüdiger (1995), S. 19. 37
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gen die Importkonkurrenz als auch aktiv, exportorientiert ausgerichtet sein, wie am Beispiel der EU gezeigt werden soll. Ob der „Neue Protektionismus“ nach wie vor den internationalen Handel dominiert und inwiefern dies auf den fehlenden internationalen Wettbewerbskodex zurückzuführen ist, ist eine Kernfrage, die in der vorliegenden Arbeit im folgenden Kap. IV. beantwortet werden soll. Für den Entwurf einer internationalen Wettbewerbsordnung, die einen fairen internationalen Leistungswettbewerb und eine optimale Ressourcenallokation anstrebt, ist es unabdingbare Voraussetzung, die Problemfelder des internationalen Handels, also die Instrumente des „Neuen Protektionismus“, zu kennen. Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass der Ordnungsansatz nicht realitätsfern ist. Als erstes Instrument zur Schaffung künstlicher Wettbewerbsvorteile werden Subventionen untersucht.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus“ 1. Subventionen als Instrument im internationalen Standortwettbewerb Die einfachste Definition für Subventionen lautet: „Subventionen sind staatliche Transfers an Unternehmen.“ Hierin ist alles enthalten, was Subventionen charakterisiert: 1. ein Transfer, eine staatliche monetäre und nichtmonetäre Leistung ohne Gegenleistung (leistungslose Einkommen) und 2. eine politische Selektion der begünstigten Unternehmen. Wie eine Erhebung der OECD zeigt, haben Subventionen in den letzten Jahren international an Bedeutung hinzugewonnen. Die traditionellen Subventionsformen wie Krisensubventionen und sektorale Subventionen unterliegen zwar starken Schwankungen, sind aber im Durchschnitt eher noch gestiegen. Die Krisensubventionen aller OECD-Länder betrugen 1993 fast das doppelte von 1989. Darüber hinaus haben neue Subventionsformen stark hinzugewonnen. Die Regionalsubventionen stiegen im gleichen Zeitraum um 57,8% und die Subventionen für Forschung- und Technologie um 30% (vgl. Tab. 1). Wie Tabelle 2 zeigt, haben Erhaltungssubventionen (sektorale Subventionen und Krisensubventionen) insgesamt an Bedeutung hinzugewonnen. Hierfür gibt es mehrere Gründe: Zum einen führte die mehrfache Senkung der Einfuhrzölle im Rahmen der GATT-Runden nicht nur zu einem freieren Warenaustausch, sondern hatte auch zur Folge, dass sich Änderungen in den absoluten und kom38 Als protektionistische Instrumente definieren wir alle Maßnahmen, die direkt oder indirekt den grenzüberschreitenden Austausch von komparativen Kostenvorteilen einschränken oder verzerren.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Tabelle 2 Entwicklung der Subventionen in den OECD-Ländern Zielsetzungen der Subventionen Jahr
Subventionen in US-Dollar (Anteil in %) 1989
1990
1991
1992
1993
sektorale Subventionen
4.448,8 (12,0%)
4.922,6 (11,8%)
5.812,8 (12,7%)
5193,5 (11,8%)
3.390,7 (7,8%)
Krisensubventionen
1.625,2 (4,4%)
667,8 (1,6%)
874,6 (1,9%)
585,5% (1,3%)
3.188,5 (7,3%)
Forschungssubventionen
6.368,7 (17,2%)
7.404,5 (17,8%)
8.665,4 (19,0%)
9.197,7 (20,9%)
8.283,7 (18,9%)
Regionale Subventionen
8.513,7 (23,0%)
9.807,9 (23,6%)
12.122,2 (26,6%)
12.986,8 (29,4%)
13.438,0 (30,7%)
Investitionssubventionen
2.953,1 (8,0%)
2.805,1 (6,7%)
2.767,2 (6,1%)
2.396,3 (5,4%)
2.594,4 (5,9%)
KMUs
5.428,7 (14,7%)
6.025,7 (14,5%)
4.335,7 (9,5%)
4.690,4 (10,6%)
3.748,7 (8,6%)
Exportsubventionen
6.923,1 (18,7%)
9.016,9 (21,7%)
9.952,1 (21,8%)
7.825,9 (17,7%)
7.276,6 (16,6%)
Energiesubventionen
436,5 (1,2%)
620,4 (1,5%)
839,8 (1,8%)
866,3 (2,0%)
1.450,1 (3,3%)
Umweltsubventionen
257,2 (0,7%)
349,1 (0,8%)
296,1 (0,7%)
365,2 (0,8%)
364,8 (0,8%)
36.955,0
41.619,9
45.665,9
44.107,6
43.735,5
Summe Quelle: OECD (1998).
parativen Kostenvorteilen über die offenen Grenzen unmittelbarer auf die Volkswirtschaften auswirkten. Dies wurde durch den technischen Fortschritt im Bereich der Transport-, Kommunikations- und Informationstechnik verschärft. Auf die strukturellen Probleme in den Industrieländern als Folge des verstärkten Importdrucks reagierten die westlichen Industrieländer u. a. mit Subventionen. Diese Reaktion wurde in der EU durch den zusätzlichen Importdruck aufgrund der Errichtung des Binnenmarktes verstärkt.39 Die EU bietet sich nicht nur des39 „It is . . . beyond dispute – and the authors of the Treaty were fully aware of this – that it would be useless to bring down the trade barriers between the member states if the governments or private industry were to remain free through subsidies or cartellike restrictions on competition, virtually to undo the opening of the markets and to
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
halb bei der Analyse der Gründe und Auswirkungen der verstärkten Vergabe von Erhaltungssubventionen als Beispiel an. Darüber hinaus ist sie neben den USA im Welthandel und bei den GATT- bzw. WTO-Runden der bedeutendste Akteur. Ferner vereint die EU viele nationale Staaten in einem Binnenmarkt. Deshalb dürften sich die wettbewerbspolitischen Probleme, die bei der Umsetzung des Binnenmarkts aufgetreten sind, denen, die bei der Umsetzung einer, die ganze Welt umfassenden Freihandelszone, ähneln. Von besonderer Bedeutung ist deshalb die Frage, ob es der EU-Kommission als supranationale Wettbewerbsbehörde gelang, einen internationalen Subventionswettlauf zu verhindern, und welche der bei der Subventionskontrolle gesammelten Erfahrungen sich für die Konzeption einer internationalen Wettbewerbsbehörde nutzen lassen. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob es Subventionen gab, die die Kommission tolerierte, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen künstlich zu erhöhen und damit auf internationaler Ebene Wettbewerbsverzerrungen verursachte. Die Gründe sollen im Folgenden untersucht werden. Bei der wettbewerbspolitischen Analyse von Forschungs- und Technologiesubventionen werden wir uns aus bereits angeführten Gründen auf die EU konzentrieren. Darüber hinaus bietet sich die EU aufgrund der ausgeprägten Forschungsförderung als Beispiel an. a) Aktive, gestaltende Industriepolitik: Forschungs- und Technologiesubventionen aa) Internationale Forschungs- und Technologiepolitik, ein Wechsel von Aktion und Reaktion Die Rezession Anfang der achtziger Jahre und die sinkende Wettbewerbsfähigkeit Europas ließen die europäischen Politiker nach Problemlösungsansätzen suchen. Es bestand Handlungsbedarf. Japan und die USA konnten einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung vorweisen. Gerade deshalb erschienen zu dieser Zeit der EU die japanische und amerikanische Forschungs- und Technologiepolitik und der amerikanische Binnenmarkt als ein kopierbares Erfolgskonzept. Die Überlegenheit amerikanischer Unternehmen im Wettbewerb führten europäische Politiker auch auf ihre Größe zurück, weshalb grenzüberschreitende prevent, or at least unduly to delay, the action needed to adapt them to the Common Market.“ Ein Vertreter der EU-Kommission, zitiert nach F. M. Scherer (1997), S. 9. Auch der Spaak-Bericht hebt deutlich hervor, dass marktbeherrschende Stellungen und wettbewerbsverzerrende Praktiken die Verwirklichung des gemeinsamen Marktes vereiteln können. Vor diesem Hintergrund kritisiert er, dass die augenfälligsten Wettbewerbsdiskriminierungen auf Veranlassung oder mit Unterstützung der Staaten vorgenommen würden. Vgl. Bericht der Delegationsleiter an die Außenminister, Regierungsausschuss eingesetzt von der Konferenz von Messina (1956), S. 59–61. Zitiert nach Mestmäcker, Ernst-Joachim (1995), S. 196.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Fusionen zur Bündelung der europäischen Ressourcen gefordert wurden.40 Diese Sichtweise ist kein Einzelfall. Die meisten Staaten versuchen, Monopole und Kartelle aufgrund ihrer wohlfahrtsmindernden Wirkung im Inland zu verhindern, jedoch zu fördern, wenn die Wohlfahrtsminderung bei einer starken Exportausrichtung vor allem das Ausland trifft und sich eine vermeidliche Steigerung der Exportwettbewerbsfähigkeit erreichen lässt.41 Zwar stellt die EU ihre Forschungs- und Technologiepolitik als Reaktion auf die Vorstöße und Wettbewerbsverletzungen von Dritten dar und sieht sich mehr als Opfer und nicht als Täter, jedoch nehmen die anderen Länder die gleiche Argumentationshaltung ein. Die USA sehen sich durch die unfairen Wettbewerbspraktiken der EU und Japans zu Gegenmaßnahmen gezwungen und in Japan fühlt man sich wiederum von den westlichen Industrieländern und den aufstrebenden Schwellenländern in die Zange genommen.42 Als Schlüsselindustrie für die internationale Wettbewerbsfähigkeit wurde die Mikroelektronik von den Regierungen ausgewählt. Sie ist elementarer Bestandteil fast aller High-TechProdukte und weist ein hohes Weiterentwicklungspotential auf. In den USA wird die Forschung in diesem Industriezweig im Rahmen des SEMATECH-Programms subventioniert. Die japanische Regierung fördert die Forschungskooperationen der Mikrokonzerne und in Europa wird diese Branche sowohl national als auch auf EU-Ebene durch die Programme EUREKA und JESSI gefördert.43 bb) Wettbewerbspolitische Bewertung der Forschungsund Technologiesubventionen Subventionen stellen als Transfers an Unternehmen ohne Gegenleistung einen schweren Eingriff in den Wettbewerb dar, weil sie einen künstlichen Wettbewerbsvorteil erzeugen. Dies entspricht einer Wettbewerbsverzerrung zum Vorteil des subventionierten und zum Nachteil des nicht subventionierten Unternehmens. Exportiert das subventionierte Unternehmen, so sind von dieser Diskrimi40 „The first problem of an industrial policy for Europe consists in choosing 50 to 100 firms which, once they are large enough, would be the most likely to become world leaders of modern technology in their fields. At the moment we are simply letting European industry be gradually destroyed by the superior power of American corporations. Counterattacks requires a strategy based on the systematic reinforcement of those firms best able to strike back. Only a deliberate policy of reinforcing our strong points – what demagogues condemn under the vague term of ,monopolies‘ – will allow us to escape relative underemployment“ Servan-Schreiber, Jean-Jaques (1968), S. 159. 41 Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 13. 42 Vgl. Thurow, L. C. (1992); Tyson, L. D’Andrea (1992); Nakamura, T. (1994) sowie Morici, Peter (2000), S. 58 ff. 43 Vgl. Grundlach, Erich/Klodt, Henning/Langhammer, Rolf J./Soltwedel, Rüdiger (1995), S. 14; Krüger, Malte (1998), S. 218 f; Greloh, Philipp M. (2000); Gurbaxani, Indira (2000) sowie Szettle, Dieter (2000), S. 101 und 103.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
nierung ausländische Unternehmen betroffen. Sie müssen daher entweder durch Marktversagen oder politisch gerechtfertigt sein. Dies gilt auch für die Forschungs- und Technologiesubventionen. Marktversagen kann mit externen Effekten, unvollkommener Informationen oder sinkenden Durchschnittskosten begründet werden. Unter externen Effekten versteht man Wirkungen, die von Wirtschaftssubjekten ausgehen und nicht vom Marktmechanismus internalisiert, also ausgeglichen werden. Dies hat zur Folge, dass hier auch das Anreizsystem verzerrt ist. Negative Wirkungen (negative externe Effekte) werden vom Markt nicht sanktioniert und positive Wirkungen (positive externe Effekte) nicht entlohnt, was eine suboptimale Ressourcenallokation zur Folge hat. Beispielsweise werden umweltverschlechternde Produkte, wie Plastik, nicht mit den Wohlfahrtskosten belastet, die ihre Entsorgung verursacht, was einen negativen externen Effekt darstellt. Ein positiver externer Effekt geht von der Grundlagenforschung als Ausgangsbasis für die anwendungsorientierte Forschung aus. Auch hier wird letztlich der Nutzen für die Gesellschaft nicht dem Verursacher über ein Marktentgelt zugerechnet, weil aus Grundlagenforschung im Gegensatz zur anwendungsorientierten Forschung kein Produzent einen direkten Nutzen in Form eines absatzfähigen Produktes erzielen kann, weshalb kein privater Anreiz besteht, diese Forschung zu finanzieren. Auf der anderen Seite übersteigt für die Gesamtwirtschaft der Nutzen der Grundlagenforschung den Aufwand wesentlich, ist beliebig teilbar und allen Wettbewerbsteilnehmern unbeschränkt zugänglich. Grundlagenforschung ist die Basis für den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren gemäß Hayek, in dem die Unternehmer, ausgehend von den Ergebnissen der Grundlagenforschung, versuchen, Prozess- und Produktinnovationen zu realisieren. Die Grundlagenforschung ist damit eine wichtige Voraussetzung für den technischen Fortschritt. Staatliche Subventionen sollen die Anreizverzerrung ausgleichen. Sie können positive externe Effekte beispielsweise durch Forschungsbeihilfen fördern oder negative Effekte z. B. durch die Bezuschussung von Kläranlagen verhindern. Auch das Gegenteil von Subventionen, Geldstrafen bei Umweltbelastungen, können negative externe Effekte verhindern.44 Die Subventionierung von Grundlagenforschung lässt sich somit wettbewerbspolitisch rechtfertigen, nicht aber die von anwendungsorientierter Forschung.
44 Für die Internalisierung externer Effekte gibt es zwei Ansätze, den PropertyRights-Ansatz und Subventionen. Der Property-Rights-Ansatz der Neuen Institutionenökonomik versucht, durch die Begründung von Eigentumsrechten die privaten Wirtschaftssubjekte zu Verhandlungen zu veranlassen, die die externen Effekte internalisieren. Beispielsweise kann eine Gemeinde Emissionsrechte an Unternehmen meistbietend versteigern. Vgl. Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 138 ff; Coase, Ronald (1969); Furubotn, E. G./Pejovich, S. (1972), S. 1139; Richter, Rudolf/Furubotn, Erik G. (1999), S. 82 ff; Martiensen, Jörn (2000), S. 252; Voigt, Stefan (2002), S. 68 f.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Bei unvollkommenen Informationen wird unterstellt, dass die Wirtschaftssubjekte sich entweder die Informationen aus organisatorischen Gründen nicht beschaffen können oder der Aufwand für die Informationsbeschaffung höher ist als der Nutzen für das einzelne Unternehmen. Gesamtwirtschaftlich würden aber, bei einer Nutzung von vielen, die Wohlfahrtseffekte den Aufwand nachhaltig übersteigen. Von Grundlagenforschung gehen – wie bereits angeführt wurde – positive externe Effekte aus. Es ist deshalb wohlfahrtsfördernd, wenn der Staat nicht nur die Grundlagenforschung finanziert, sondern auch für eine Verbreitung der Forschungsergebnisse sorgt. Der Staat kann zum Beispiel Institutionen fördern, die die Ergebnisse der Grundlagenforschung transparent machen oder die laufenden Forschungsprojekte auflisten, um einen Wissensaustausch der Forscher zu vereinfachen.45 Bei sinkenden Durchschnittskosten können als Ursachen produktionstechnisch bedingte Economies of large scale und Lernkosteneffekte unterschieden werden. Economies of large scale, also größenbedingte Kostenvorteile bei der Produktion46, Lerneffekte47 und kapitalintensive unteilbare Produktionsanlagen rufen degressive Stückkostenverläufe in bestimmten Branchen hervor, die nicht zuletzt aufgrund dieser Produktionsbesonderheiten monopolistische oder oligopolistische Strukturen aufweisen. Effizienz, Gewinne und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit steigen somit mit der Größe und Auslastung der Produktionsanlagen. Hieraus ließe sich ableiten, dass eine Vergrößerung von Unternehmen beispielsweise durch Fusionen oder Beteiligungsverflechtungen positive Wohlfahrtseffekte erzeugen, was der Konzeption der Chicago School entsprechen würde. Der Staat könnte somit die nationale Wohlfahrt erhöhen, indem er die Entstehung solcher Großunternehmen in den betroffenen Branchen fördert. Er könnte Zusammenschlüsse initiieren, das Wachstum durch finanzielle Zuschüsse unterstützen oder sogar neue staatliche Großunternehmen künstlich schaffen. Die Überwindung von Marktzutrittsbarrieren ließen sich durch staatliche Zuschüsse erleichtern und auf diese Weise Unternehmensaktivitäten in Bereichen anregen, die ansonsten ausländische Unternehmen besetzen würden. Gemäß der „Neuen Außenhandelstheorie“ können mit Subventionen und insbeson45 Vgl. Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 140; Brümmerhoff, Dieter (1990), S. 66 ff sowie Sohmen, Egon (1992), S. 22 ff. 46 Economies of large scale stellen sich vor allem bei hohen Fixkosten ein. Mit steigender Produktionsmenge sinken die Stückkosten. Hohe Fixkosten können durch Forschungsaufwendungen wie beispielsweise in der Pharmaindustrie oder Produktionsverfahren wie bei der integrierten Stahlproduktion hervorgerufen werden. 47 Die Theorie der Lernkosteneffekte geht auf das Erziehungszollargument von Friedrich List zurück. Newcomer verfügen nicht über die notwendige Forschungs- und Produktionserfahrung, um mit den etablierten Unternehmen konkurrieren zu können. Nur mit Hilfe von Transfers können sie die Lernkosten finanzieren und damit langfristig im Markt bestehen. Mit der Ausweitung der Produktion steigt auch das Produktions-Know-how, weshalb die Durchschnittskosten sinken. List bezog dies auf die noch nicht entwickelte Industrie der deutschen Kleinstaaten (später Zollverein).
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
dere mit staatlicher Forschungsförderung Markteinstiegsbarrieren überwunden bzw. für die ausländischen Unternehmen neue Barrieren und damit Wettbewerbsvorteile für die inländische Industrie geschaffen werden. Gelingt es, durch eine solche staatliche Aktivität internationale Nachfrage auf inländische Unternehmen umzulenken, so erhöhen sich die Größenvorteile – sozusagen als eine Effizienzrente – zusätzlich auf Kosten der ausländischen Produzenten. In der Terminologie der „Neuen Außenhandelstheorie“ heißt dies „rent-shifting“.48 Die Neue Außenhandelstheorie kann als theoretische Basis des „Neuen Protektionismus“ bezeichnet werden. Für die klassische Außenhandelstheorie garantiert Freihandel die optimale Arbeitsteilung und Ressourcenallokation. Nach Ricardo würde sogar eine einseitige Außenhandelsliberalisierung dem importierenden Land Vorteile bringen.49 Gemäß Euckens Forderung nach innen und außen offenen Märkten ergänzt der Freihandel den inneren durch den äußeren Wettbewerb und garantiert durch den kontinuierlichen Anpassungsdruck die effizienteste Produktion. Außenhandelpolitik und Wettbewerbspolitik sind komplementär. Die Neue Außenhandelstheorie konstatiert hingegen einen Zielkonflikt zwischen Handels- und Wettbewerbspolitik. Ausgehend von den Produktionsbesonderheiten einzelner Branchen leitet sie mikroökonomisch die staatliche Aufgabe ab, durch gezielte industrie- und außenhandelpolitische Eingriffe die nationale Wohlfahrt zu steigern.50 Die hieraus abgeleitete Wirtschaftspolitik nennt man strategische Handelspolitik.51 Neuere Forschungsergebnisse bestätigen die Hypothesen der „Neuen Außenhandelstheorie“. Allerdings handelt es sich hierbei um Partialmodelle, die von sehr speziellen Annahmen ausgehen. Beispielsweise wird eine Reaktion des durch das „rent-shifting“ benachteiligten Landes nicht einkalkuliert. Ein Problem stellt die fehlende empirische Fundierung der „Neuen Außenhandelstheorie“ dar. Die empirischen Kostenverläufe der meisten Branchen sind unbekannt. Ferner geht die „Neue Außenhandelstheorie“ von einem statischen Vergleich aus. In der dynamischen Betrachtung wirken noch andere Einflüsse auf die Effizienz der betreffenden Branchen ein.52 So entstehen infolge der mit Fusionen einhergehenden Konzentration zusätzliche gesamtwirtschaftliche Kosten durch Wettbewerbsbehinderungen, die den Effizienzgewinnen aus den sinkenden 48 Vgl. Siebert, Horst/Rauscher, Michael (1991); Siebert, Horst (1988) sowie Bergeijk, Peter A. G./Kabel, Dick L. (1993). 49 Vgl. Conrad, Christian A. (2003a). 50 Vgl. Helpman, Elhanan/Krugman, Paul R. (1989), S. 2 sowie Molsberger, Josef (1994), S. 428 f. 51 Vgl. Bletschacher, Georg (1991), Siebert, Horst (1988); Bletschacher, Georg/ Klodt, Henning (1992); Welzel, Peter (1991); Holzkämper, Hilko (1995), S. 139 ff; Szettle, Dieter (2000), S. 61 ff sowie Christl, Claudius (2001), S. 64 ff. 52 Vgl. Siebert, Horst/Rauscher, Michael (1991), S. 505 f; Bergeijk, Peter A. G./ Kabel, Dick L. (1993), S. 185; Szettle, Dieter (2000), S. 306; Krüger, Malte (1998), S. 222 sowie Christl, Claudius (2001), S. 39 ff.
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Durchschnittskosten gegenüberstehen. Ferner treten bei zunehmender Größe eines Unternehmens Effizienzverluste auf, die durch die höheren Organisationskosten, fortschreitende Bürokratisierung und zunehmende Entfernung der Entscheidungsträger zum Markt verursacht werden.53 Die gesamtwirtschaftlich optimale Betriebsgröße bildet sich bei freiem Wettbewerb nach innen und außen automatisch heraus: Ist ein Unternehmen zu klein, zwingen es die aufgrund der mangelnden Economies of large scale relativ zu größeren Unternehmen hohen Durchschnittskosten entweder dazu, die Betriebsgröße zu erweitern oder aus dem Markt auszusteigen. Ist ein Unternehmen zu groß, zwingen bei Wettbewerb die Kosten der Größenineffizienzen und die Kosten der nicht ausgelasteten Kapazitäten es ebenfalls zum Marktaustritt oder zumindest zur Verkleinerung der Produktion oder zur Aufgabe unrentabler Produktionsbereiche. Nicht zuletzt werden die Effizienzgewinne aus Economies of large scale nur dann gesamtwirtschaftlich wirksam, wenn ausreichend Wettbewerb vorherrscht, der die Unternehmen zur Weitergabe der Kostenvorteile in Form von Preissenkungen zwingt. Der letzte, nachhaltigste Kritikpunkt ist, dass eine Verhaltensausrichtung gemäß den Politikempfehlungen der „Neuen Außenhandelstheorie“ unweigerlich zu einem Protektionswettlauf führt.54 Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Forschungsförderung nur in den Fällen ökonomisch zu rechtfertigen ist, in denen die Forschungsleistung des Marktes nicht oder ungenügend zustande kommt. Dies gilt für die bereits angesprochenen Fälle von grenzüberschreitenden externen Effekten und unvollkommenen Informationen in der Grundlagenforschung, allerdings nicht, insofern es sich um wirtschaftlich nutzbare Forschung handelt. Forschungs- und Technologieförderung stellt in diesem Fall immer eine Subvention der normalen Unternehmensaufwendungen dar und führt somit zu Wettbewerbsverzerrungen im Außenhandel. Forschungs- und Technologiesubventionen entsprechen in diesen Fällen einem protektionistischen Instrument, da durch die Forschungsförderung wettbewerbsrelevantes Produktions-Know-how als komparativer Kostenvorteil künstlich gesteigert wird. Im Folgenden soll am Beispiel der EU untersucht werden, ob sich die Forschungssubventionen auf die Förderung der Grundlagenforschung beschränken oder auch die anwendungsorientierte Forschung bezuschusst wird, also Wettbewerbsverzerrungen hervorgerufen werden.
53 So wurde ein negativer empirischer Zusammenhang zwischen der Größe von Forschungsabteilungen und der dem Marktanteil von Unternehmen festgestellt. Vgl. Bruke, Terry (1991), S. 221. 54 Vgl. Weizsäcker, C. Christian von/Waldenberger, Franz (1992), S. 404 sowie Bergeijk, Peter A. G./Kabel, Dick L. (1993), S. 175. Folgen die Staaten den Vorgaben der neuen Außenhandelstheorie, so wäre es die Aufgabe einer internationalen Wettbewerbsordnung, eine „beggar-thy-neighbour-policy“ zur Mehrung der internationalen Wohlfahrt zu vermeiden. Vgl. Christl, Claudius (2001), S. 47.
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cc) Die Vergabepraxis von Forschungs- und Technologiesubventionen am Beispiel der EU Die Errichtung des EU-Binnenmarkts versprach zum einen eine bessere Nutzung der komparativen Kostenvorteile und damit eine effizientere Ressourcenallokation und zum anderen die Realisierung von Größenvorteilen bei der Produktion (Economies of large scale). Für die europäische Forschung schien ähnliches zu gelten: für viele Projekte wurde scheinbar die notwendige Unternehmensgröße nicht erreicht, oder es kam zu ineffizienter Doppelforschung. Eine gezielte Förderung der Forschung in den zukünftigen Schlüsselindustrien sollte ein Aufholen des Forschungs- und Wettbewerbsrückstandes ermöglichen.55 Mit der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte im Jahr 1986 wurde die europäische Forschungs- und Technologiepolitik als ausdrückliches Vertragsziel zuerst in den EWG-Vertrag und schließlich auch in den Vertrag von Nizza übernommen – (Art. 157 EG-Vertrag): „Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft gewährleistet sind. Zu diesem Zweck zielt ihre Tätigkeit entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter Märkte auf Folgendes ab: – Erleichterung der Anpassung der Industrie an die strukturellen Veränderungen; – Förderung eines für die Initiative und Weiterentwicklung der Unternehmen in der gesamten Gemeinschaft, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, günstigen Umfeldes; – Förderung eines für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen günstigen Umfeldes; – Förderung einer besseren Nutzung des industriellen Potentials der Politik in den Bereichen Innovation, Forschung und technologische Entwicklung.“
Art. 3 Abs. 1 lit. g EG-Vertrag gibt der Kommission als Ziel die Errichtung eines Systems vor, „das den Wettbewerb innerhalb des gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt“. Der neu hinzugekommene Art. 3 Abs. 1 lit. m EGV bestimmt als zusätzliche Aufgabe „die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft“. Damit ist das Ziel der aktiven Industriepolitik gleichrangig mit der Gewährleistung eines unbehinderten Wettbewerbs. Hinzu kommt, dass in der deutschen Fassung des Art. 157 EG-Vertrag die EU die Aufgabe erhält, die Anpassung der Industrie an strukturelle Veränderungen zu erleichtern, während in der englischen Fassung von „speeding up“ und in der französischen von „accélerer“, also von beschleunigen gesprochen wird.56 55 Vgl. Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 6 sowie Szettle, Dieter (2000), S. 307. 56 Vgl. Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 104 sowie Holmes, Peter/Seabright, Paul (2000), S. 54.
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Die Forschungsförderung findet überwiegend durch Zuschüsse zu Forschungsprojekten statt, die von allen Unternehmen, aber auch von Forschungsinstituten beantragt werden. Hierzu legt die EU so genannte Forschungsrahmenprogramme auf. Darüber hinaus wird vor allem die Forschungskooperation gefördert.57 Die Umsetzung der Rahmenprogramme erfolgt in Form von detaillierteren Unterprogrammen, auch Aktionen genannt. Die EU unterscheidet: Direkte Aktionen dienen der Realisierung der positiven externen Effekte der Grundlagenforschung. Forschungsbereiche wie Umwelt oder die sichere Nutzung von Atomenergie haben den Charakter öffentlicher Güter von übergeordneter europäischer Bedeutung, da Umweltverschmutzung und Atomstrahlen (negative externe Effekte) nicht von nationalen Staatsgrenzen aufgehalten werden können und ihr Nutzen für alle unbegrenzt von Vorteil ist (positive externe Effekte). Darüber hinaus will die EU mit Hilfe der direkten Aktionen Doppelforschungen zuvorkommen. Indirekte Aktionen stellen die eigentliche strategische Forschungsförderung dar. Von der Industrie vorgeschlagene Forschungsprojekte werden in ausgewählten Schlüsseltechnologien zur Hälfte bezuschusst. Gerade die indirekten Aktionen orientieren sich an den offensichtlich erfolgreichen Forschungsprogramme der USA und Japan. Die Auswahl der zu fördernden Projekte erfolgt zum einen nach dem zu erwartenden Innovationsfortschritt, also dem Beitrag zur Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und zum anderen nach dem Ausmaß der enthaltenen Forschungskooperation. Nach der Genehmigung übt die Kommission keinen unmittelbaren Einfluss auf das Forschungsprojekt und übernimmt keine Verantwortung, weshalb sie die Bezeichnung indirekte Aktionen wählte. Konzertierte Aktionen sollen die europäische Forschung bündeln und damit Doppelforschung verhindern. Diese Programme finanzieren deshalb auch nur die Forschungskoordinierung, die von der Kommission durchgeführt wird. Sie bringt in der Regel die staatlichen Forschungseinrichtungen zusammen, berät sie und stimmt Arbeitsteilung und Forschungsverträge ab. Jede Vertragspartei trägt die eigenen Forschungskosten. Die Forschungsergebnisse stehen allen beteiligten Parteien zur Verfügung. Trotzdem können sich einzelne Mitgliedstaaten und auch die Kommission als Vertragspartner an den Forschungskosten beteiligen.58 Horizontale Aktionen sollen die notwendige Forschungsinfrastruktur und eine effiziente Forschungsförderung gewährleisten. Mit diesen Programmen werden 57 Vgl. Starbatty, Joachim (1987), S. 160; Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 9 sowie Szettle, Dieter (2000), S. 113 ff. 58 Vgl. Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 9.
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die Vernetzung der europäischen Forschungsinstitute oder Forschungsdateien, Kongresse und allgemein der Forschungsaustausch, aber auch beispielsweise die Bewertung von Forschungsaktionen, Prognosen und die Nutzung und Verbreitung der Forschungsergebnisse finanziert. Die Mittel dieser Programme werden zusammen mit Mitteln aus dem Strukturfonds auch zur Förderung von Forschungsprojekten in oder unter Beteiligung weniger technologisch entwickelter Mitgliedstaaten verwendet.59 Mit dem 6. Rahmenprogramm definierte die EU sieben thematische Forschungsschwerpunkte60. Als neue Förderinstrumente kamen die Exzellenznetze und die Integrierten Projekte hinzu. Integrierte Projekte sollen die Forschung in den sieben Prioritätsthemen in Projekten bündeln, die einerseits wichtige sozioökonomische Ziele verfolgen und andererseits die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die Exzellenznetze sollen in den sieben Schwerpunktbereichen die wissenschaftlichen und technologischen Kompetenzen und Aktivitäten der beteiligten Forschungspartner koordinieren. Das 6. Rahmenprogramm hat ein Volumen von insgesamt 17,5 Mrd. A und eine Laufzeit von 2002 bis 2006.61 Die EU-Kommission vertritt den Standpunkt, ihre Programme liegen im Bereich der Grundlagenforschung und fördern lediglich Innovationen im vorwettbewerblichen Bereich. Die Analyse der EU-Forschungsprogramme hat jedoch gezeigt, dass dies bei den Indirekten Aktionen nicht der Fall ist. Der Schwerpunkt der Mittelvergabe und der Unternehmensnachfrage liegt auf Programmen mit großer Marktnähe. Fördert die Kommission hingegen im Rahmen ihrer Forschungskooperation den Wettbewerb zwischen den Forschern, indem sie beispielsweise die Forschungstransparenz und den Wissensaustausch, z. B. durch europäische Forschungsinstitute und Datenbanken im Rahmen der Direkten, Horizontalen oder Konzertierten Aktionen erhöht, wirkt dies ohne Wettbewerbsverzerrungen effizienzsteigernd.62
59
Vgl. Starbatty, Joachim (1987), S. 160. 1. Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit (2,255 Mrd. A); 2. Technologien für die Informationsgesellschaft (3,625 Mrd. A); 3. Nanotechnologien und Nanowissenschaften, wissensbasierte multifunktionale Werkstoffe und neue Produktionsverfahren und -anlagen (1,300 Mrd. A); 4. Luft- und Raumfahrt (1,075 Mrd. A); 5. Lebensmittelqualität und -sicherheit (0,685 Mrd. A); 6. Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme (2,120 Mrd. A) sowie 7. Bürger und Staat in der Wissenschaft (0,255 Mrd. A). Büro für internationale Forschungs- und Technologiekooperation (2003). 61 Büro für internationale Forschungs- und Technologiekooperation (2003). 62 Vgl. Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 13, 15 f und 16; Szettle, Dieter (2000), S. 307 sowie Stehn, Jürgen (2001), S. 206. 60
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dd) Sind Forschungs- und Technologiesubventionen von nationalem Vorteil? Die EU-Kommission entwickelte die europäische Forschungs- und Technologiepolitik als Antwort auf die Forschungsförderung der USA über den Verteidigungsetat und rechtfertigte damit ihren Ausstieg aus dem internationalen wettbewerbspolitischen Verhaltenskodex: „In dem Maße nun, in dem die Gesetze des Marktes durch Ambitionen politischer Macht ersetzt werden, verliert auch ein auf liberalen Wettbewerbsgrundsätzen basierendes Regelsystem für den Welthandel – wie es das GATT sein sollte – einen wesentlichen Teil seiner Geschäftsgrundlage. Die wachsenden Tendenzen zur Bilateralisierung und Politisierung der Handelsbeziehungen vor allem im Bereich der sog. Spitzentechnologie sind hierfür ein Menetekel“63
An diesem Zitat zeigt sich die dynamische Erosion der internationalen Wettbewerbsordnung. Da Wettbewerbsverstöße nicht geahndet werden, fordert eine Regelverletzung die nächste heraus. Die EU-Kommission unterstellt den USA, dass sie mittels ihrer Forschungsförderung über den Verteidigungsetat der amerikanischen Industrie einen Wettbewerbsvorsprung verschafft und zusätzlich durch die Beschränkung der Weitergabe dieser Forschungsergebnisse den nachfolgenden Wettbewerb behindere. Der internationale Wettbewerb werde zum Nachteil des Auslandes verzerrt.64 Um die Stichhaltigkeit dieses Arguments zu prüfen, muss folglich die Wirkung der Ressourcenumlenkung durch die US-Regierung für die gesamte amerikanische Industrie und nicht für das einzelne profitierende Unternehmen betrachtet werden.65 Das Argument der Kommission, durch die Geheimhaltung der Forschungsergebnisse werde der nachfolgende Wettbewerb behindert, ist objektiv richtig. Allerdings dürfen die amerikanischen Unternehmen militärisch verwertbare Forschungsergebnisse wirtschaftlich nicht verwenden. Diese Auflagen des amerikanischen Verteidigungsministeriums behindern folglich nicht nur den nachfolgenden, sondern auch den vorstoßenden Wettbewerb. Obwohl diese Auflagen die amerikanische Forschungsförderung für US-Unternehmen unattraktiv erscheinen lassen, nehmen sie sie in großem Umfang in Anspruch. Folglich dürfte neben den nicht immer sicheren militärischen Produktionsaufträgen ein weiterer Nutzen dieser Gelder in der Verwendung als Deckungsbeitrag zur Finanzierung der Forschungsinfrastruktur der Unternehmen liegen. Mit den militärisch finanzierten Forschungseinrichtungen würde dann auch privat geforscht.
63 64 65
Narjes, Karl Heinz (1986), S. 11. Vgl. Narjes, Karl Heinz (1986), S. 12 f. Vgl. Starbatty, Joachim (1987), S. 167.
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Gegen die Effizienz der amerikanischen Forschungsförderung durch das Pentagon spricht die politisch orientierte Vergabe und die verschwenderische Abrechnungspraxis. Die Fördermittel werden teilweise vergeben, um Wahlkreise zu gewinnen oder verdiente Politiker zu unterstützen. Die Pentagon-Forschungsaufträge werden zu Selbstkosten plus einer 8% Gewinnmarge abgerechnet, was einen Disincentive für eine effiziente Mittelvergabe darstellt.66 Generell ist anzuzweifeln, ob Forschungs- und Technologiesubventionen von nationalem Vorteil sind. Allein die Kosten der Antragsbearbeitung belaufen sich beispielsweise bei der EU auf ca. 10% der zu verteilenden Fördermittel. Mit anderen Worten, die Bearbeitungskosten würden die Fördermittel ab einem Annahme/Ablehnungsverhältnis von 1:10 Anträgen übersteigen. Die Unverhältnismäßigkeit des Bearbeitungsaufwands zur Mittelvergabe wurde auch in dem vom deutschen Bundesforschungsministerium in Auftrag gegebenen Gutachten des Kölner Beratungsunternehmens Scientific Consulting Dr. Schulte-Hillen kritisiert.67 Auch der europäische Rechnungshof kritisierte die mangelnde zielgerichtete und effiziente Vergabe der Forschungsmittel.68 Die EU-Technologiepolitik sollte auch als zielgerichtete Forschungsförderung nach japanischem Vorbild die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Forschungsförderung und Forschungskoordinierung kostenintensive Projekte überhaupt erst ermöglicht. Ferner habe die Technologiepolitik oftmals eine Doppelforschung verhindert.69 Die Kommission ersetzt jedoch mit einer zielgerichteten Forschungs- und Technologieförderung in bestimmten Zukunftsbranchen die Ressourcenallokation des Marktes durch ihre eigene. Nach Friedrich August von Hayek ist der Wettbewerb ein Verfahren zur Entdeckung von Wissen, das sonst entweder unbekannt oder ungenützt bleiben würde. Der Markt belohnt Produktinnovationen mit Pioniergewinnen, wenn sie den Bedürfnissen der Nachfrage entsprechen und Prozessinnovationen, wenn sie ceteris paribus zu Kostensenkungen führen. Diese Gewinne können risikobereite Unternehmen im so genannten vorstoßenden (innovativen) Wettbewerb realisieren, indem sie die Innovationen umsetzen, was gleichbedeutend mit technischem Fortschritt ist. Der nachfolgende Wettbewerb erodiert diese Gewinne durch Nachahmung. Letztlich produziert die Volkswirtschaft aufgrund der Prozessinnovationen die gleiche Menge an Gütern effizienter, also unter Einsatz weniger Ressourcen und könnte die eingesparten Ressourcen nutzen bzw. zur Befriedigung neuer Bedürfnisse in Form der Produktinnovationen. Der Wettbewerbsprozess macht das Wissen Einzelner für alle nutzbar, es wird sozialisiert.70 66 67 68 69 70
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Starbatty, Joachim (1987), S. 168. Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 17. Krüger, Malte (1998), S. 227 f. EU-Kommission (1992 c), S. 1 sowie Szettle, Dieter (2000), S. 307. Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 14.
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Folgt man dieser Betrachtungsweise, so schaltet die Kommission mit ihrer Forschungslenkung und -koordination den Forschungswettbewerb und die Bewertung durch den Markt aus. Sie muss folglich in der Lage sein, die effizientesten Zukunftsbranchen und Forschungsprojekte besser als der Markt zu bestimmen. Bahnbrechende Produkte oder Prozessinnovationen sind jedoch Einmalerscheinungen. Abgesehen davon, dass der Forschungserfolg oftmals vom Zufall abhängt, können sich Forschungsprognosen nicht auf Trendanalysen stützen, weil Forschung kein deterministischer Prozess ist.71 Die Einmaligkeit von bahnbrechenden Forschungsergebnissen beschreibt am treffendsten der Begeisterungsruf „heureka“ des Griechen Archimedes bei der Entdeckung des hydrostatischen Grundgesetztes. Hinzu kommt, dass für den Erfolg der Innovationen eine entsprechende Marktnachfrage vorhanden sein muss, auch diese müsste folglich von der Kommission prognostiziert werden.72 Schumpeter sieht in einer Innovation, entsprechend der Bedeutung des Wortes, etwas grundsätzlich Neues und nicht die Verbesserung etwas Bekannten.73 Es handelt sich eben um einen Trendbruch. Je erfolgreicher eine Innovation ist, desto größer muss das Neue, also der Trendbruch sein. Forschungsergebnisse lassen sich deshalb erhoffen, aber nicht sicher vorhersagen, es sei denn, es handelt sich um eine Ausreifungsforschung eines bereits grob bekannten Produktionsprozesses oder Produkts. Hayek nennt deshalb diese Art der Forschungslenkung Anmaßung von Wissen.74 Umgekehrt kann man fragen, was eintreten würde, wenn marktfähige Innovationen generell vorhersehbar und damit planbar wären. Alle Unternehmen verfügen über den gleichen Informationsstand. Sind die Prognosen positiv, gibt es folglich stark vereinfacht zwei mögliche Entwicklungen: 1. Alle Unternehmen investieren in den Kapazitätsausbau, dann gibt es überbesetzte Märkte und keinen Unternehmensgewinn oder 2. alle Unternehmen investieren nicht, weil sie überbesetzte Märkte als Folge der obigen Entscheidungskombination erwarten. Es entsteht das so genannte Morgenstern-Paradoxon als eine unendliche Kette von wechselseitig vermuteten Reaktionen und Gegenreaktionen, die niemals durch einen Akt der Erkenntnis, sondern immer nur durch einen Willkürakt unterbrochen werden kann.75
71
Vgl. Hamm, Walter (1979), S. 430 f sowie Starbatty, Joachim (1987), S. 166. Vgl. Staudt, Erich (1986), S. 89 sowie Starbatty, Joachim (1987), S. 166. 73 Vgl. Schumpeter, Joseph A. (1949), S. 150. 74 Vgl. Hayek, Friedrich August von (1975) sowie Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 14. 75 Vgl. Morgenstern, Oskar (1966), S. 258. 72
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Somit verringert die Kommission mit der Vorgabe einer Forschungsausrichtung die Bandbreite der Forschung. Damit steigt die Irrtumswahrscheinlichkeit. Die EU-Kommission verhindert folglich mit ihrer Forschungslenkung und Bündelung eine breitgefächerte, diversifizierte Forschungsausrichtung und verringert damit indirekt die Erfolgschancen.76 Erhöht wird die Irrtumswahrscheinlichkeit darüber hinaus durch die Marktferne der Kommission als zentrale politische Instanz in Brüssel. Gemäß der Entscheidungstheorie sinkt die Irrtumswahrscheinlichkeit mit dem Grad des Informationsstandes. Den besten Informationsstand über die Forschungsprojekte haben die beantragenden Unternehmen und die Forscher. Die Unternehmen haben die größere Marktnähe und die Forscher die größere Nähe zum aktuellen Wissensstand. Demnach haben beide gegenüber der Kommission einen Informationsvorsprung, den sie bei der Antragstellung zu ihren Gunsten nutzen können. Da aber letztlich die Kommission über die Annahme der Forschungsprojekte mit einer höheren Irrtumswahrscheinlichkeit entscheidet, steigt die Wahrscheinlichkeit von Ressourcenfehlallokationen. Hinzu kommen die Wohlfahrtseinbußen aufgrund der Einschränkung des Wettbewerbs an sich. Im Extremfall sind alle Konkurrenten an dem einen Forschungsprojekt beteiligt. Der Sanktionsmechanismus des Marktes und damit auch der Forschungsdruck fallen weg. Der Erfolg am Markt wird von einem relativen zu einem absoluten. Es ist für ein Unternehmen nicht mehr überlebenswichtig, die Innovation vor seinem Konkurrenten zu realisieren, da der Wettbewerb fehlt. Im Gegenteil, es kann darauf hoffen, dass das von der Kommission organisierte Forschungskartell nach Realisierung des Produkts auch zu einem Preiskartell wird, was ihm zusätzliche Marktstellungsrenten ermöglicht.77 Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Forschungsförderung nur in den Fällen ökonomisch zu rechtfertigen ist, in denen die Forschungsleistung des Marktes nicht oder ungenügend zustande kommt. Dies gilt für die bereits angesprochenen Fälle von grenzüberschreitenden externen Effekten, z. B. in der Grundlagenforschung oder für die Produktion von öffentlichen Gütern (Harmonisierung von Standards, Schaffung einer europäischen Verkehrsinfrastruktur, Umweltbereich).78 In allen anderen Fällen ist Forschungsförderung entweder ineffizient, also zum Nachteil des fördernden Landes oder sie überträgt direkt ökonomische Vorteile an die begünstigten Unternehmen und zieht damit Verzerrungen im internationalen Wettbewerb mit entsprechenden Wohlfahrtsminderungen nach sich. Zwar lässt sich mit anwendungsorientierten Forschungssubven76
Zu dem gleichen Ergebnis kommt Szettle. Vgl. Szettle, Dieter (2000), S. 309 ff. Vgl. Starbatty, Joachim (1987), S. 176 sowie Starbatty, Joachim/Vetterlein, Uwe (1995), S. 16. Als Beispiel diene hier die Politik der Kommission im europäischen Stahlsektor. Vgl. Conrad, Christian A. (1997), S. 157 ff. 78 Vgl. Starbatty, Joachim (1987), S. 177. 77
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tionen die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen künstlich erhöhen, die mit der Forschungsvergabe verbundene Ineffizienz und Wettbewerbsminderung schwächt jedoch die nationale Wirtschaft wesentlich stärker, so dass der Nettonutzen negativ ist. Letztlich können weder die USA, noch Japan noch Frankreich und schließlich auch nicht die EU nachhaltige industriepolitische Erfolge aufweisen.79 b) Reaktive Industriepolitik mit Hilfe von Erhaltungssubventionen aa) Wettbewerbspolitische Bewertung von Erhaltungssubventionen Im internationalen Handel übertragen Erhaltungssubventionen ein leistungsloses Einkommen (Transfer) an ein exportierendes Unternehmen und verstärken damit künstlich dessen Wettbewerbsfähigkeit, womit die nicht subventionierten, konkurrierenden ausländischen Unternehmen geschädigt werden. Ihre Schädigung ist der Grund für die Schädigungsanalyse im Rahmen des Antisubventionsverfahrens, auf das später noch eingegangen wird. Antisubventionsverfahren sollen die durch die Subventionen entstandenen Wettbewerbsverzerrungen ausgleichen und so die Schädigung der heimischen Industrie verhindern. Subventionen sind als Transfers an nicht wettbewerbsfähige Unternehmen eine Ressourcenumlenkung in eine suboptimale Verwendung. Subventionen setzen als protektionistisches Instrument nicht direkt an den Außenhandelströmen an, sondern indirekt an der Einnahmeseite der Unternehmen. Mit den Transfers wird es den Unternehmen ermöglicht, ihre Verkaufspreise unter ihre Grenzkosten zu senken, womit auch Subventionen wie Importrestriktionen jeglicher Art durch die Verzerrung der Preisrelationen die internationale Nutzung der absoluten und komparativen Kostenvorteile behindern. Sie verhindern dadurch den international effizientesten Ressourceneinsatz.80 Die Allokation des Marktes wird gestört. Aus diesem Grund sind Subventionen marktinkonform. Die Allokationsfunktion, die Koordinationsfunktion sowie die Informationsfunktion des Marktes werden ausgeschaltet. Die Wirkungen von subventionierten Importen auf das aus- und einführende Land lassen sich nicht eindeutig als positiv oder negativ einstufen. Die langfristige Einfuhr von subventionierten Gütern zu Preisen unter Herstellungskosten entspricht einem Ressourcentransfer vom Ausland ins Inland, also einem Wohlfahrtszugewinn für das Inland. Schutzmaßnahmen wie Antisubventionszölle ver79 Vgl. Laussel, Didier/Montet, Christian (1995), S. 58; Winter, Helen (1994), S. 218 sowie Szettle, Dieter (2000), S. 305. Mittlerweile scheinen auch Teile der EU-Kommission zumindest branchenspezifischen Markteingriffen skeptischer gegenüberzustehen. Vgl. o. V. (2002c), S. 7. 80 Vgl. hierzu auch Glismann, Hans Hinrich/Horn, Ernst-Jürgen/Nehring, Sighart (1986), S. 30.
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hindern in diesem Fall die Ausnutzung der durch den niedrigen Preis entstehenden Wohlfahrtsgewinne und schädigen so das Einfuhrland. Dem stehen die schädigenden Wirkungen der subventionierten Einfuhren auf die heimische Industrie und deren Arbeitsplätze gegenüber. Wenn die Güter vom Exportland nur über einen kurzen Zeitraum subventioniert werden, wie beispielsweise bei Überbrückungssubventionen, stehen den negativen Effekten nicht ausreichend positive Wohlfahrtseffekte gegenüber, so dass das importierende Land insgesamt geschädigt wird. Subventionen haben generell negative Wirkungen auf die internationale Ressourcenallokakation und das Marktsystem, weil sie durch Steuergelder des Ausfuhrlandes finanziert werden und die Preisunterbietung somit nicht Ausdruck eines im Markt durch eigene Leistung erwirtschafteten Wettbewerbsvorteils ist.81 bb) Subventionen als wirtschaftspolitisches Instrument am Beispiel der Europäischen Union Die Europäische Union verbindet als Wirtschafts- und Währungsunion die Interessen aller Mitgliedstaaten und schafft eine politische Abhängigkeit, die einen innereuropäischen Krieg unmöglich erscheinen lässt. Außenpolitisch entsteht durch die Bündelung der nationalen Wirtschaftskräfte eine neue Macht von internationaler Bedeutung. Im ersten Moment erscheint die Europäische Union auch wirtschaftlich als Inkarnation der Träume liberaler Nationalökonomen. Der Wegfall der innereuropäischen Grenzen und Zölle sowie die Vereinheitlichung europäischer Standards und Normen ermöglichte die Nutzung von Economies of scale, verbessert die innereuropäische Ressourcenallokation und erhöhte somit Effizienz und Wohlstand.82 Die europaweite Preistransparenz im Rahmen der 1999 gestarteten Währungsunion wird diese Vorteile noch erhöhen und durch die Intensivierung des Wettbewerbs wird vor allem der Endverbraucher davon profitieren. Die Dynamik der europäischen Wirtschaft wird längerfristig das Wohl aller Europäer erhöhen. Spätestens seit der Bekanntgabe des EU-Binnenmarktziels in der „Einheitlichen Europäischen Akte“ 1986 wurde den europäischen Unternehmen und Mitgliedstaaten jedoch bewusst, dass mit der Verbesserung der europäischen Ressourcenallokation und Arbeitsteilung nicht nur Wohlstandssteigerungen, sondern auch ein intensiverer Wettbewerb und ein verstärkter Strukturwandel verbunden sind. Die Reaktionen der Unternehmen waren unterschiedlich. Während die privaten Unternehmen überwiegend zu Fusionen neigten, um sich den globaleren und wettbewerbsintensiveren Rahmenbedingungen zu stellen, riefen vor allem die öffentlichen Unternehmen nach staatlichen Subventionen.83 81 82
Vgl. Conrad, Christian A. (1996), S. 188. Vgl. Cecchini, Paolo (1988), S. 15.
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(1) Entwicklung der Subventionsvergabe Der Anteil der Subventionen am Bruttoinlandsprodukt in der EU ist nach wie vor hoch. Betrug er Anfang der siebziger Jahre 1,75%, um in den achtziger Jahren auf fast 2,5% anzusteigen, so liegt er derzeit immer noch bei 1,5%.84 Der sechste Beihilfebericht bestätigt zunächst die Tendenz einer abnehmenden Subventionsvergabe des fünften Berichts (1992–1994) für die Jahre 1995– 1996: Insgesamt fielen die staatlichen Beihilfen für das verarbeitende Gewerbe von 41 Mrd. ECU auf 38 Mrd. ECU (EU-Zwölfergemeinschaft, vgl. Tab. 1 im Anhang). Diese absolute Zahl zeigt allerdings nicht die Veränderungen in der Subventionsvergabe der einzelnen Mitgliedstaaten: zwar sanken die Beihilfen in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal, sie stiegen jedoch in Belgien, Dänemark, Spanien, Irland und Großbritannien. Der Rückgang der Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe wurde darüber hinaus durch den Anstieg der sektoralen Beihilfen für Luftverkehr und Finanzdienstleistungen kompensiert. Des Weiteren ist ein Anstieg der Umstrukturierungsbeihilfen zu verzeichnen, die nicht unter die Regelungen zur Förderung horizontaler, sektoraler oder regionaler Zielsetzungen fallen (so genannte Ad-hoc-Beihilfen, vgl. Tab. 2 und 3 im Anhang). (2) Das Subventionsausmaß in den EU-Mitgliedstaaten Zielt man auf die Wettbewerbswirkungen der Subventionsvergabe im EUBinnenmarkt ab, müssen relative Zahlen herangezogen werden (vgl. Tab. 4 und 5 im Anhang). Relativ zur Wertschöpfung zahlten zwischen 1994 und 1996 Griechenland und Italien mit 6,3% und 5,8% die höchsten Beihilfen, wohingegen Großbritannien und Schweden das verarbeitende Gewerbe mit der geringsten Subventionshöhe unterstützten. Auch die neuen EU-Mitgliedstaaten weisen eine relativ geringe Subventionshöhe auf. Nach wie vor ist Italien einer der größten Subventionsgeber: der prozentuale Subventionsanteil der italienischen Beihilfen an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ist mit 5,8% siebenmal so hoch wie in Schweden (0,8%) und eineinhalbmal so hoch wie in Deutschland. Bezogen auf die Beschäftigten steht Italiens Subventionsvergabe mit 9.760 ECU pro Beschäftigtem an erster Stelle, allerdings gilt dies nur, wenn die neuen deutschen Bundesländer mit ihren 8.216 ECU Subventionen pro Beschäftigtem nicht berücksichtigt werden. Die wenigsten Subventionen pro Beschäf83 Auch die EU-Kommission befürchtet, dass aufgrund der gestiegenen Transparenz durch die einheitliche europäische Währung sowie des Wegfalls der Wechselkurse, und damit verbunden der Möglichkeit, abzuwerten, die EU-Mitgliedstaaten verstärkt auf Subventionen ausweichen werden, um ihre Wettbewerbsschwächen auszugleichen. Vgl. Borries, Reimer von (1999), S. 101. 84 Vgl. OECD (2000a), S. 30.
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tigtem werden von Großbritannien und Portugal gezahlt. Der Anteil der vier Kohäsionsländer Spanien, Portugal, Griechenland und Irland stieg, bezogen auf die Zwölfergemeinschaft in dem Vergleichszeitraum von 6,5% auf 8,9%. Die Beihilfengewährung hinterlässt in den nationalen Haushaltsbudgets deutliche Spuren. Im Zeitraum von 1994 bis 1996 betrug der Anteil der staatlichen Beihilfen am Haushaltsdefizit in Deutschland 59%, in Belgien 33% und in Italien 26% und bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt 1,9%, 1,3% und 2,0%. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die EU-Subventionen hervorgerufen werden, bei einem durchschnittlichen Niveau von 12,8 Mrd. ECU pro Jahr, also 3% der Wertschöpfung und 191 ECU pro Beschäftigtem nach wie vor sehr hoch sind. Diese werden durch die beschriebenen starken Unterschiede in der Beihilfengewährung zwischen den Mitgliedstaaten und Sektoren noch verstärkt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die gestiegene Preistransparenz als Folge der Euroeinführung den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt und damit auch den Hang der Mitgliedstaaten, Arbeitsplätze mittels Beihilfen zu sichern noch verstärken wird. Solche „Erhaltungssubventionen“ können auch als Regionalbeihilfen getarnt werden. Mittlerweile erkannte auch die Kommission (genauer die Generaldirektion IV, Wettbewerb) den Zielkonflikt zwischen Kohäsion und einem Binnenmarkt, der frei von Wettbewerbsverzerrungen sein soll. Sie versucht deshalb, die Zahl der förderungsberechtigten Regionen und die Höhe der Subventionen zu reduzieren.85 (3) Die Beihilfenkontrolle der EU-Kommission Art. 3 lit. g EGV sieht in einem unverfälschten Wettbewerb ein wesentliches Instrument, um die Vorgabe des Art. 2 EGV der Steigerung der europäischen Wohlfahrt zu verfolgen86 Ein unverfälschter Wettbewerb ist der Grundgedanke, wenn nicht sogar die conditio sine qua non der europäischen Wirtschaftsintegration seit der Gründung der EGKS 1951. Nur auf diese Weise kann die positive Interdependenz der europäischen Völker erhöht und die Wohlfahrtsgewinne aus der effizienteren Arbeitsteilung durch die Ausnutzung der komparativen Kostenvorteile realisiert werden. Wettbewerbsbehinderungen gefährden die vier Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes: den freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Bereits seit 1958 werden im EWG-Vertrag wettbewerbspolitische Kompetenzen auf die EU-Ebene verlagert. Die Möglichkeit, Antisubventionszölle im In85
Vgl. EU-Kommission (1998), S. 50. Aus Art. 2 EGV kann entnommen werden: „harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens . . . beständiges, nicht inflationäre Wachstum, . . . die Hebung der Lebenshaltungs- und der Lebensqualität“. 86
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nenverhältnis zu verhängen, ist mit der Abschaffung der Warenkontrollen an den Binnengrenzen weggefallen. Prinzipiell sind nationale Beihilfen gemäß Art. 87 (f.) EG-Vertrag verboten und unterliegen der Beihilfeaufsicht durch die Kommission. Im EG-Vertrag wird das Subventionsverbot des Art. 87 allerdings durch zahlreiche Ausnahmen erheblich eingeschränkt. Die Mitgliedstaaten sollen die Möglichkeit bekommen, in bestimmten Fällen auf die Wirtschaftsentwicklung und die Wirtschaftsstrukturen Einfluss zu nehmen. Die Beihilfen müssen bei der Kommission angemeldet und genehmigt werden bevor sie die nationalen Regierungen auszahlen dürfen.87 Art. 87 Abs. 2 EG-Vertrag bestimmt die Ausnahmebereiche und Abs. 3 die Ermessensbereiche88, in denen die Kommission Beihilfen als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklären kann.89 Die Kommission hat darüber hinaus in dem von Art. 87 Abs. 3 EGV vorgegebenen Ermessensspielraum die Möglichkeit, nationale Beihilfen mit Zielsetzungen, die für die EU förderlich sind, zu genehmigen. Dies sind im Einzelnen: 1. Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen. 2. Umweltschutzbeihilfen zur Verringerung der Schadstoffausstöße oder zur Erfüllung neuer nationaler Umweltauflagen. 3. Beihilfen für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Sie sollen die Nachteile kleinerer und mittlerer Unternehmen vor allem im Wettbewerb mit Großunternehmen ausgleichen. Hiermit will die Kommission darüber hinaus der besonderen Bedeutung der KMU für die dynamische innovative Entwicklung einer Volkswirtschaft Rechnung tragen.90 Hierunter fallen Beihilfen für Beratung, Ausbildung, aber auch speziell Umweltschutzinvestitionen und Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen. Auch die de-minimis-Re-
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Vgl. Bär-Bouyssière, Bertold (1999), S. 81 sowie Kleine, Juliana (2002), S. 74. Hier sollen die wichtigsten Ermessensbereiche kurz aufgeführt werden: „(3) Als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden: a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht; b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates; c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die den gemeinsamen Interessen zuwiderläuft; d) Beihilfen zur Förderung der Kultur . . .; e) sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.“ Vgl. auch Kleine, Juliana (2002), S. 74. 89 Vgl. Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 144 sowie Stehn, Jürgen (2001), S. 203. 90 Vgl. EU-Kommission (1992a), S. 2 ff. 88
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gelung, wonach Beihilfen bis zu 100.000 A91 genehmigungsfrei sind, begünstigt KMUs. Darüber hinaus gibt es einige Beihilfeformen, die die Kommission gemäß ihrer eigenen Richtlinien genehmigen kann, von denen die wichtigsten kurz aufgeführt werden sollen: Überbrückungs- und Umstrukturierungsbeihilfen Überbrückungsbeihilfen (auch Rettungsbeihilfen genannt) sollen das Fortbestehen gefährdeter Unternehmen so lange gewährleisten, bis ein Sanierungsoder auch Umstrukturierungskonzept erarbeitet wurde.92 Sektorale Beihilfen Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit sektoralen Beihilfen vor allem Ende der 70er und in den 80er Jahren steht die Kommission sektoralen Beihilfen eher kritisch gegenüber.93 Vor allem Beihilfen für die Stahlindustrie, Schiffbau und Kohlebergbau wurden von den nationalen Regierungen oft als nationale Erhaltungssubventionen missbraucht. Die ablehnende Haltung der Kommission gegenüber Subventionen, wie sie beispielsweise in der 1990 veröffentlichten neuen industriepolitischen Konzeption94 zum Ausdruck kommt, ist jedoch oft nicht vielmehr als ein Willensbekenntnis, wie das Beispiel der Stahlindustrie zeigt.95 Regionale Beihilfen Aufgrund des generellen Beihilfeverbots des EG-Vertrags konnten die Mitgliedstaaten ihre Industrien allerdings nur begrenzt durch Subventionen für den Wettbewerb im Binnenmarkt rüsten. Gerade die wirtschaftlich weniger starken Mitgliedstaaten drängten deshalb auf einen Ausgleich auf europäischer Ebene in Form der Regional- bzw. Kohäsionsfonds. Die Kommission übernahm diese zusätzliche Aufgabe nur allzu gern, da sie auf diese Weise ihre Kompetenzen 91 Gemäß der Verordnung ist eine Beihlife genehmigungsfrei, wenn sie innerhalb von drei Jahren den wert von 100.000 A nicht übersteigt. Vgl. VO (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EGVertrag auf „de-minimis“-Beihilfe, Amtsblatt L 10/30 vom 13. Januar 2001. 92 Um Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, sind Sektorale Beihilfen grundsätzlich nur der Form der degressiven Überbrückungsbeihilfe erlaubt. Vgl. Oppermann, Thomas (1999), RdNr. 1133. 93 Vgl. EU-Kommission (1992b), S. 179; EU-Kommission (1994b), S. 194 sowie Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 159. 94 Vgl. EU-Kommission (1991a). 95 Vgl. Conrad, Christian A. (1997).
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ausweiten konnte.96 Die Kommission wurde damit als Exekutivorgan in dem ihr von den Mitgliedstaaten vorgegebenen Handlungsspielraum gleichzeitig Kontrolleur und Verteiler von Subventionen – eine ambivalente Aufgabe.97 Könnte man davon ausgehen, dass die Kommission ihre Subventionskriterien in der Praxis durchsetzen kann, wären die prinzipiellen wettbewerbspolitischen Vorbehalte gegen die Subventionsvergabe aus dem Weg geräumt. Ob dies so ist, wollen wir im Folgenden anhand von ausgewählten Einzelentscheidungen überprüfen. Automobilindustrie • Die Kommission lehnte 1989 die Genehmigung von bereits geleisteten Kapitaltransfers des französischen Staates an Renault in Höhe von 12 Mrd. FF (1,8 Mrd. A) ab und verordnete die Rückzahlung der Beihilfen. Aufgrund der Interventionen der französischen Regierung wurde jedoch der rückzahlbare Betrag von 12 auf 6 Mrd. FF (0,9 Mrd. A) reduziert und hiervon 2/3 Renault im Rahmen der Privatisierung wieder zugeführt.98 Die zuerst großzügige Genehmigungspraxis der Kommission hatte einen Subventionswettlauf zur Folge, der die Kommission zu einer restriktiveren Politik veranlasste.99 Stahl • Die europäische Stahlindustrie ist seit Anfang der sechziger Jahre einem tiefgreifenden Strukturwandel ausgesetzt. Die EU-Kommission ergriff umfangreiche wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Überwindung der Stahlkrisen. Sie reichten von indikativen Vorgaben bis zu einer Quotierung der Produktion und wurden von außenhandelspolitischen Maßnahmen flankiert. Unabhängig hiervon versuchten einzelne Mitgliedstaaten mit Hilfe von Subventionen, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Stahlindustrie zu erhöhen. Trotz des klaren Subventionsverbots nach Art. 4 lit. c EGKS-Vertrag gelang es der Kommission nicht, die Subventionsvergabe einzelner Mitgliedstaaten zu verhindern. Einzelne Regierungen warteten teilweise noch nicht einmal die Genehmigung der Subventionen durch die Kommission ab, sondern bezuschussten ihre staatseigenen Stahlunternehmen entsprechend deren Liquiditätsengpässen. Die Kommission setzte ihren Genehmigungsvorbehalt nicht konsequent durch.100 96
Vgl. Färber, Gisela (1993), S. 12. So auch Noll. Vgl. Noll, Bernd (2002), S. 20. 98 Vgl. EU-Kommission (1991b), S. 186 f sowie Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 163. 99 Vgl. Beutler, Bengt/Bieber, Roland/Pipkorn, Jörn/Streil, Jochen (1993), S. 370. 100 Vgl. Conrad, Christian A. (1997). 97
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Luftfahrt • Als Paradebeispiel für ein erfolgreiches Rent-shifting wird in der Regel der Flugzeugbau angeführt. Mit Hilfe von Subventionen in Milliardenhöhe gelang es den Europäern, die hohen Markteinstiegsbarrieren in Form der Investitions- und Forschungskosten zu überwinden und neben dem amerikanischen Dyopol von Boeing und McDonnel-Douglas mit Airbus einen dritten Anbieter auf dem Weltmarkt zu etablieren. Zwar waren auch die amerikanischen Flugzeughersteller nicht frei vom Subventionsverdacht, weil ihnen über die staatlichen Rüstungsprogramme umfangreiche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden, jedoch bekommen die europäischen Hersteller, obwohl der Markteintritt hinter ihnen liegt, nach wie vor direkte Subventionen, so dass sich mittlerweile in dieser Branche ein internationaler Subventionswettlauf etabliert hat, der auch immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen im Rahmen der WTO ist.101 • 1996 genehmigte die Kommission einen Kapitaltransfer des spanischen Staates an die staatseigene Fluggesellschaft IBERIA, obwohl sie bereits 1992 eine Beihilfe nur unter der Auflage genehmigt hatte, IBERIA würde keine weiteren Beihilfen erhalten. • Die Auszahlung der 1996 genehmigten Beihilfen der französischen Regierung an die französische Air France in Höhe von 5 Mrd. FF (0,8 Mrd. A) ließ die Kommission zu, obwohl nicht alle Auflagen erfüllt waren und obwohl die Konkurrenten befürchteten, dass Air France die Mittel auch zu einem aggressiven Verdrängungspreiskampf verwenden würde.102 Schiffbau • Angesichts des harten Verdrängungswettbewerbs und der hierbei angewandten Subventionspolitik anderer Länder – wie beispielsweise Japans – stellte die Kommission den Schiffbaubereich von der Anwendung des Art. 87 Abs. 1 EGV frei und gab stattdessen Richtwerte für die Beihilfen vor.103 Prinzipiell ist gegen individuelle Entscheidungen, die zum Ziel haben, ein hohes Maß an Einzelgerechtigkeit herzustellen, nichts einzuwenden. Die EUSubventionsgenehmigungspraxis wird jedoch durch den hohen Ermessensspielraum der Kommission intransparent. Weder existieren objektiv nachprüfbare 101 Vgl. Yüksel, Ali Sait (2001), S. 224 sowie Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 163. 102 Vgl. Schmidt, Ingo/Schmidt, André (1997), S. 163. Später stellte sich bei einer Untersuchung der EU heraus, dass Air France die Beihilfen tatsächlich zur Kampfpreisunterbietung genutzt hatte. Vgl. Noll, Bernd (2001), S. 20 sowie Noll, Bernd (2002), S. 19. 103 Vgl. Beutler, Bengt/Bieber, Roland/Pipkorn, Jörn/Streil, Jochen (1993), S. 370 f.
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Entscheidungskriterien, noch ist die Kommissionspolitik konsequent und damit prognostizierbar. Dies ist aber auch nicht beabsichtigt. Die Kommission möchte ihre Entscheidungskompetenz nicht zuletzt auch aus eigenem Geltungsbedürfnis heraus hochhalten. Sie erhöht damit ihren politischen Einfluss. Diese Entscheidungsflexibilität wird auch, wie im EG-Vertrag zum Ausdruck kommt, von den Mitgliedstaaten gewünscht, solange die Entscheidungen der Kommission in ihrem nationalen binnenpolitischen Interesse sind. Die Subventionsbestimmungen des EG-Vertrags sind eine Mischung sowohl ökonomischer als auch politischer Rationalität, wie sie beispielsweise auch im deutschen Kartellrecht in der Ministererlaubnis zum Ausdruck kommt. Weil allgemeine Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft keine Beihilfen im engeren Sinn sind, stellten die Forschungsförderung sowie die Regional- und Kohäsionsfonds nach dem Verständnis der Kommission keine Subventionen dar. Andererseits gibt die Kommission zu, dass jede Begünstigung eines Unternehmens einen Wettbewerbsvorteil überträgt und damit Wettbewerbsverzerrungen hervorruft. Bereits hier drückt sich eine politisch motivierte Parteinahme bei der Beurteilung von Transfers aus. Auch wird im Genehmigungsverfahren der Kommission lediglich untersucht, ob die Subventionen nicht die Handelsströme innerhalb der EU beeinträchtigen, die Handelsströme in und aus dem EU-Binnenmarkt werden hierbei jedoch nicht berücksichtigt. Die wenigen ausgewählten Einzelfallentscheidungen zeigten bereits, dass die Kommission entweder nicht in der Lage oder nicht Willens war, Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen seitens der Mitgliedstaaten im EU-Binnenmarkt zu unterbinden. Die Grenzen der Beihilfenkontrolle zeigen sich jedoch vor allem in der Tatsache, dass noch 1991 noch ein Viertel aller nationalen Beihilfen überhaupt nicht, oder nicht rechtzeitig der Kommission angezeigt worden waren.104 Ferner wurde der hohe Ermessensspielraum der Kommission genutzt, um Subventionen zu genehmigen, wenn sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrien steigerten. Das Beispiel des europäischen Binnenmarktes zeigt deshalb einerseits einen Hang der nationalen Regierungen, den Wegfall von Wechselkursen, tarifären Instrumenten und Antisubventionsverfahren an den innereuropäischen Grenzen durch eine verstärkte Subventionsvergabe auszugleichen. Andererseits zeigt sich das Unvermögen einer politisch nicht gänzlich unabhängigen Wettbewerbsbehörde105 ohne ausreichende Sanktionsinstrumente106, eine Subventionskontrolle gegen den Willen der nationalen Regierungen durchzusetzen. 104
Vgl. Beutler, Bengt/Bieber, Roland/Pipkorn, Jörn/Streil, Jochen (1993), S. 375. Wollen die Kommissionsmitglieder eine zweite Periode im Amt bleiben, müssen sie von ihren nationalen Regierungen wieder vorgeschlagen werden und auch bei einer Rückkehr in die nationale Politik sind sie von ihren Herkunftsparteien abhängig. 106 Es bleibt zu wünschen, dass die neue Verfahrensverordnung vom 22. März 1999, nach der die Kommission bei einem Verdacht auf eine Verletzung der Beihilfe105
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cc) Sind Erhaltungssubventionen von nationalem Vorteil? Durch Subventionen werden künstliche Wettbewerbsvorteile geschaffen, die nicht auf Leistungen der Unternehmen im Markt beruhen. Im internationalen Handel bedeutet dies, dass die Regierungen durch Subventionen um die innenpolitisch nachteiligen Beschäftigungswirkungen auf Kosten der Beschäftigung des Auslands herumkommen können, wenn es ihnen gelingt, mit Hilfe der Subventionen ihre Unternehmen so zu stärken, dass sie wettbewerbsfähiger als die ausländischen Unternehmen sind. Der Beschäftigungsabbau wird wie bei Importrestriktionen auf das Ausland überwälzt. Man spricht deshalb auch von einer „beggar-thy-neighbour-policy“ oder von innerer Protektion. Die Subventionen werden in diesem Fall für die Verlustabdeckung von Verkäufen unter Herstellungskosten oder für die Investitionen in produktivere Produktionsanlagen verwendet. Subventionen sind allerdings dynamisch marktinkonform, weil sie den nachfolgenden Wettbewerb behindern.107 Neueinsteiger und dynamische Unternehmer antizipieren dies und suchen sich für ihre Investitionen und Innovationen andere Märkte. Zurück bleibt ein Markt, in dem der Erfolg eines Unternehmens in erster Linie von den politischen Kriterien staatlicher Subventionszuteilung bestimmt wird und nicht mehr von seinem Bestehen im Leistungswettbewerb. Die Rentabilität des privaten Kapitals sinkt. Die Folge ist, dass die nichtsubventionierten Unternehmen ihr Kapital aus dem Wirtschaftssektor zurückziehen und in Bereiche mit besserer Rentabilität lenken. Auch die dynamischen Unternehmer suchen für ihre Innovationen gewinnbringendere Wirtschaftssektoren. In Form der Subventionen entsteht für die Unternehmen eine zweite Einnahmequelle, deren Zugang nicht durch den Leistungswettbewerb auf dem Markt, sondern durch Lobbying geregelt wird und die wesentlich lukrativer ist als die Produktion von Gütern, man nennt dieses, auf Einkommen ohne Gegenleistung ausgerichtete Verhalten, Rent-seeking108. Ein Unternehmen wird folglich das Lobbying so lange steigern, bis seine Grenzkosten gleich seinem Grenzerlös sind. Hat sich eine Regierung erst einmal entschlossen, eine ordnungspolitische Ausnahme zu machen und die Unternehmen sowie deren Arbeitsplätze durch Subventionen im Markt zu halten, so wird ein Beenden der Subventionsvergabe richtlinien vor Ort die Geschäftsbücher der Unternehmen einsehen kann, die Effektivität der Beihilfenaufsicht erhöht wird. Vgl. Bär-Bouyssière, Bertold (1999), S. 83 f. 107 Gemäß Schumpeters dynamischer Wettbewerbstheorie, wonach die Pioniergewinne der vorstoßenden Unternehmer durch die nachahmenden, nachstoßenden Unternehmer erodiert werden. Schumpeter spricht vom „scharenweisen Nachrücken“ der Unternehmer und als Folge des scharenweisen Auftretens der Unternehmer von der Elimination des Unternehmergewinns. Vgl. Schumpeter, Joseph A. (1993), S. 340 und 343 sowie Dürr, Ernst (1987). 108 Der Begriff „rent-seeking“ geht auf Anne O. Krueger zurück. Vgl. Voigt, Stefan (2002), S. 122 ff.
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aufgrund der innenpolitischen Widerstände fast unmöglich. Die Regierung hat das ordnungspolitische Subventionstabu durchbrochen und kann sich demnach nicht mehr darauf berufen. Die neue lukrative Einnahmequelle wird deshalb auch von den nichtsubventionierten Unternehmen und anderen Wirtschaftsbranchen eingefordert werden, wobei sie sich auf die bereits zugestandenen Subventionen berufen können. Bei den Subventionsempfängern entwickelt sich auf diese Weise die Vorstellung eines Gewohnheitsrechts. Die Unternehmen gewöhnen sich daran, mit Subventionen zu wirtschaften und antizipieren bei ihren Finanzplanungen zukünftige Subventionen. Der Widerstand der profitierenden Interessengruppen wird folglich bei einer Rücknahme der Subventionsvergabe wesentlich größer sein, als wenn die Subventionen von vornherein verweigert worden wären. Die eigentliche unternehmerische Leistung lohnt sich in diesem Sektor nicht mehr und tritt für den Unternehmer in der Bedeutung hinter das Rent-seeking. Die unternehmerische Leistung wird deshalb abnehmen und der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren verkümmern. Insgesamt führt dies zu einem Sinken des technischen Fortschritts. Der betroffene Wirtschaftssektor schrumpft und fällt in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zurück. Durch Importrestriktionen und Subventionen jedweder Art werden künstliche Wettbewerbsvorteile geschaffen, die nicht auf Leistungen der Unternehmen im Markt beruhen. Durch den künstlichen Wettbewerbsvorteil wird das Gleichgewicht in der Wettbewerbsfähigkeit mit dem Ausland wiederhergestellt. Dieses Gleichgewicht kann jedoch nur vorübergehend aufrechterhalten werden, da sich durch den infolge der Importrestriktionen oder Subventionen verringerten Anpassungsdruck der Rückstand gegenüber dem Ausland in der Regel nicht verringert, sondern vergrößert. Das schützende Land klinkt seine Industrie aus dem internationalen dynamischen Wettbewerb aus und läuft damit Gefahr, für immer den Anschluss zu verlieren. Will es seine Arbeitsplätze weiterhin erhalten, muss es kontinuierlich die Importrestriktionen verschärfen oder die Subventionen erhöhen. Eine langfristige Realisierung des Ziels der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit lässt sich so nicht erreichen. Im Gegenteil, die Subventionierung schwächt als Ressourcenumlenkung in eine suboptimale Verwendung die Wirtschaft als ganzes.109 dd) Erklärungsansätze für die Verbreitung von Subventionen Wie festgestellt wurde, lässt sich die starke Subventionsvergabe in der EU nicht ökonomisch rechtfertigen. Die negativen Wirkungen übertreffen die positiven um ein Vielfaches. Tendenziell veranlasste der Abbau der Zölle im Rahmen 109 Auch die EU-Kommission befürchtet durch das nach wie vor hohe europäische Subventionsniveau eine Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU aufgrund der verzerrten Ressourcenallokation. Vgl. Borries, Raimer von (1999), S. 101.
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der GATT-Runden die Regierungen, auf andere, vom GATT nicht erfasste protektionistische Instrumente auszuweichen. Während durch die GATT-Runden die meisten tarifären Handelsrestriktionen auf internationaler Ebene abgebaut wurden, entwickelte sich die EU darüber hinausgehend zu einem Binnenmarkt, also einer internationalen Wettbewerbsordnung bei annähernd vollkommenem Freihandel. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass eine weitergehende internationale Liberalisierung zu den gleichen Ausweichreaktionen seitens der Regierungen führen würde, wie sie bei der Entwicklung zum EU-Binnenmarkt festgestellt werden konnte. Wir wollen im Folgenden nach den Gründen für diese Entwicklung suchen, um eventuelle Umsetzungshemmnisse bei dem Entwurf unserer Wettbewerbsordnung berücksichtigen zu können. (1) Das Verhalten von politischen Entscheidungsträgern In der EU wurden wiederholt ökonomisch nicht optimale Entscheidungen getroffen, wie beispielsweise die Genehmigung von Subventionen oder die Gewährung von Protektion.110 Selbst bei einem weiter gefassten Nutzenbegriff, beispielsweise unter Einbeziehung des Erhalts von Arbeitsplätzen als Nutzen, bleiben die getroffenen Entscheidungen langfristig suboptimal, da die Subventions- und Protektionskosten zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit mit der im Zeitablauf zunehmenden Konkurrenzfähigkeit der konkurrierenden ausländischen Industrien steigt. Wie gezeigt wurde, verzerren die politischen Abstimmungsverfahren die Entscheidungsergebnisse. Es stellt sich die Frage, ob auch politische Entscheidungsträger bei ihren Entscheidungen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen. Eine Erklärung für das Entscheidungsverhalten von politischen Entscheidungsträgern liefert der Ansatz der „Neuen Politischen Ökonomie“111. Nach dem Ansatz der Neuen Politischen Ökonomie maximiert ein Politiker nicht das Gemeinwohl, sondern überwiegend seinen eigenen Nutzen. Politische Ämter gewähren diesen Nutzen in Form von Macht, Prestige und Einkommen. Um die angestrebten Ämter erreichen zu können, muss der Politiker möglichst viele Wahlstimmen sammeln – man spricht von Stimmenmaximierung. Diese Verhaltensausrichtung kann als politische Zweckmäßigkeit oder auch als „politische Rationalität“ bezeichnet werden.112 110
Vgl. Feldmann, Horst (1993) sowie Winter, Helen (1994). Die Verhaltenshypothesen Smiths und Schumpeters haben in den USA Downs und in Deutschland Herder-Dorneich aufgegriffen und damit die Neue Politische Ökonomie begründet. Vgl. Starbatty, Joachim (1985), S. 40; Schumpeter, Joseph A. (1993), S. 427 ff; Andel, Norbert (1990), S. 48; Downs, Anthony (1957) sowie Herder-Dorneich, Phillip (1957). 112 Eine umfassende theoretische Analyse der politischen Rationalität findet sich bei Frey, Bruno S. (1981). Eine empirische Verifizierung weiter Teile der Neuen Politischen Ökonomie wurde von Meyer-Krahmer durchgeführt. Vgl. Meyer-Krahmer, Frieder (1979). Eine Analyse einzelner EG-Politikbereiche auf der Grundlage der 111
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Die Stimmenmaximierungshypothese ist zwar eine starke Vereinfachung der Verhaltensmotive von Politikern113, jedoch für die auf die Wiederwahl angewiesenen nationalen Politiker zwingend. Diese Verhaltenshypothese liefert eine weitere Erklärung der im Sinne einer Maximierung der Gesamtwohlfahrt nicht optimalen EU-Subventionsentscheidungen. Die Erhaltung von Unternehmen mit Hilfe von Subventionen ist für den Politiker vorteilhaft, weil der Stimmenzugewinn bei den von dem Unternehmen abhängigen Personen (Arbeiter, Gewerbetreibende etc.) größer ist als der Stimmenverlust bei der mit der Finanzierung der Subventionen belasteten Gruppe der Steuerzahler. Die Gruppe der Steuerzahler ist groß und diffus, deshalb sind ihre Organisationskosten hoch. Die unterschiedliche Gruppengröße bewirkt auch, dass der Nutzenentgang für den Einzelnen durch die Steuererhöhungen kleiner ist als der individuelle Nutzenzugewinn für die von den Subventionen Profitierenden. Dies erklärt, warum der politische Organisationsgrad der Steuerzahler geringer ist als der von den Subventionen profitierenden Unternehmen. Die stimmenmaximierende Entscheidung ist, Subventionen durch öffentliche Kreditaufnahme zu finanzieren – wie dies in der Praxis auch überwiegend geschieht – da hier der Belastete für die Wähler unklar ist und unter Umständen sogar erst die nächste Generation für die Subventionen aufkommen muss. Dies ist jedoch eine Gruppe, die zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht politisch partizipiert. Hinzu kommt, dass der Verzicht auf Subventionen die kurzfristige Arbeitslosigkeit steigert und somit auch die sozialen Kosten des Staates erhöht. Die sich aus dem ungehinderten Wettbewerb ergebenden Wohlfahrtsgewinne stellen sich jedoch erst langfristig ein und sind nicht direkt zurechenbar. Diese Gewinne können von einem Politiker daher nicht als politischer Erfolg genutzt werden. Folglich ist es nach dem Ansatz der Neuen Politischen Ökonomie für den Politiker nur konsequent, Interventionismus und Protektionismus dem Freihandel vorzuziehen, obwohl dies die ökonomisch und hinsichtlich der Gesamtwohlfahrt schlechteren Entscheidungen sind. Die politische Rationalität dominiert somit die ökonomische Rationalität.
Neuen Politischen Ökonomie ist das Thema von Guerrieri, Paolo/Padoan, Pietro Carlo C. (1989). Die übersichtlichste Zusammenfassung der Ansätze der „Neuen Politischen Ökonomie“ bieten Kirsch, Guy (1993) sowie Franke. Vgl. Franke, Siegfried F. (1996). Eine gute theoretische Analyse politischer Wahlakte findet sich bei Downs, Anthony (1968); Andel, Norbert (1990), S. 47 ff; Braybrooke, David/Lindblom, Charles E. (1963) sowie Lindblom, Charles E. (1965). Vgl. auch Kyrer, Alfred (2001), S. 8 ff; Nagy, Anke (2002), S. 156 ff sowie Frey, Bruno S. (2002), S. 6 ff. 113 Bereits Adam Smith erkannte, dass Politiker in nationalen Ausnahmesituationen von einem reinen Nutzenmaximierer („man of the system“) zu einem altruistischen Staatsmann („man of the state“) werden können. Denkbar ist auch, dass ein Politiker über seine personale Autorität oder durch überzeugende Argumentation den übergeordneten Interessen der Gesamtbevölkerung eine stärkere politische Akzeptanz verschafft. Smith, Adam (1985), S. 394 ff.
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(2) Ein subventionsfreier Markt als öffentliches Gut „Jeder Mitgliedstaat neigt wie selbstverständlich dazu, seine heimischen Unternehmen oder Industrien schützen oder schützen zu wollen, ohne auf die Konsequenzen für die anderen Mitgliedsländer oder die Gemeinschaft zu achten. Jedoch verlangt derselbe Mitgliedstaat mit demselben Selbstverständnis eine strikte Kontrolle von staatlichen Hilfen in den Nachbarländern.“114
Die Tendenz, dass im Subventionswettlauf ein Staat in der EU oder international versucht, den anderen mit Subventionen zu übertrumpfen, lässt sich mit Hilfe der Spieltheorie erklären. Ein subventionsfreier Markt stellt ein öffentliches Gut dar. Das Gut sind die Wohlstandsmehrungen, die sich aus der nicht durch Subventionen verzerrten Ressourcenallokation bei Freihandel ergeben. Es herrscht nichtrivalisierender Konsum und Nicht-Ausschließbarkeit. Die wirtschaftlichen und die politischen Kosten115, die den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten entstehen, wenn sie sich entscheiden sollten, die eigene Industrie zu subventionieren oder im anderen Fall nicht zu subventionieren, sollen in eine Auszahlungsmatrix überführt werden. Es wird hierbei nur zwischen der Regierung eines einzelnen Staates A und den 14 anderen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, N, unterschieden. Der Wohlfahrtsgewinn, der sich bei einem subventionsfreien Markt durch die effizientere Ressourcenverteilung für jeden Staat einstellt, wird mit 4 und die Höhe der Subventionszahlungen mit 2 angesetzt. Die sozialen Kosten, wie beispielsweise Arbeitslosenunterstützung und die innenpolitischen Kosten, die der Regierung bei einem Verzicht auf die Subventionierung der eigenen Industrie durch die Reaktionen der betroffenen Interessengruppen (Gewerkschaften, Wähler) auf den dann notwendigen Arbeitsplatzabbau entstehen, werden mit 2 beziffert. Auch der politische Gewinn, der sich bei einer Subventionierung oder genauer beim Erhalt der Arbeitsplätze in Form von gestiegener politischer Akzeptanz einstellt, wird mit 2 veranschlagt. n a nicht subventionieren [1] subventionieren [2]
nicht subventionieren [1]
subventionieren [2]
2, 2
(– 2), 0
4, (– 2)
0, 0
Abbildung 2: Entscheidungssituation: Subventionieren der Industrie bei Freihandel
114 Monti, M. (2000), zitiert nach Noll, Bernd (2002), S. 19. Zu den theoretischen Hintergründen und den ökonomischen Auswirkungen dieses Verhaltens im Rahmen der Einstimmigkeitsabstimmungsregel im Ministerrat vgl. Conrad, Christian A. (2003b). 115 Entsprechend des Ansatzes der Neuen Politischen Ökonomie. Vgl. hierzu beispielsweise Frey, Bruno S. (1981).
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Es ergeben sich vier Kombinationen: – Entscheidet sich nur a, nicht zu subventionieren, wohingegen die anderen Regierungen subventionieren, so trägt a die sozialen und politischen Kosten seiner Subventionsverweigerung, ohne dass sich für ihn ein Vorteil in Form eines Wohlfahrtsgewinnes einstellt (Kombination 1–2). – Damit a die maximale Auszahlung erhält, muss a subventionieren, aber alle anderen Regierungen sich Subventionen enthalten. In diesem Fall kann a seine politischen sozialen Kosten umgehen, da es ihm gelingt, im Rahmen der „beggar-thy-neighbour-policy“ die Wettbewerbsfähigkeit seiner Industrie über die des Auslandes zu stärken. Hinzu kommt der Wohlfahrtsgewinn, den der Staat durch die, aufgrund der innerhalb des subventionsfreien Marktes im Ausland günstiger gewordenen, Importe einstreicht. Der Staat nimmt damit Teil am öffentlichen Gut, ohne selber etwas dafür beizutragen (Free-RiderPosition oder Trittbrettfahrerverhalten; Kombination 2–1). – Entscheiden sich a und sämtliche n Regierungen dazu, nicht zu subventionieren, so ergibt sich für alle Regierungen, nach Abzug der sozialen und politischen Kosten, durch die optimale Ressourcenallokation verursachte Wohlstandssteigerung, die Auszahlung von 2. (Kombination 1–1). Keine Regierung wird jedoch darauf verzichten, ihre Industrie zu subventionieren, ohne die Gewissheit zu haben, dass alle anderen Regierungen dies auch tun werden. – Alle werden deshalb zur „beggar-thy-neighbour-policy“ tendieren, also die Free-Rider-Position einzunehmen, was automatisch zur suboptimalen Kombination 2–2 (dominante Strategie) führt, bei der kein subventionsfreier Markt als öffentliches Gut zustande kommt. Es handelt sich somit um die spieltheoretische Situation eines Gefangenendilemmas.116 Gewissheit, dass auch alle anderen Regierungen auf Subventionen verzichten, hat die Regierung a jedoch, wenn sie verbindliche Zusagen in Form von Verträgen mit den anderen Regierungen oder durch einen durchsetzungsfähigen Dritten erhält. Die beiden alternativen Ansätze für eine internationale Subventionskontrolle sind deshalb entweder verbindliche, durchsetzungsfähige Verträge oder eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen Sanktionsinstrumenten. Entscheidend ist, dass ein Verhaltenskodex und Sanktionen instrumentalisiert werden, die ein Free-Rider-Verhalten ausschließen. (3) Kontroll- und Durchsetzungsprobleme Die EU-Kommission gesteht selbst ein, dass eine effektive Beihilfenkontrolle allein schon aufgrund des Informationsproblems kaum möglich ist. Zum 116 Zu den Hintergründen der Situation eines Gefangenendilemmas in der Spieltheorie vgl. Haller M. J./Illing, G. (1993), S. 8 f sowie Voigt, Stefan (2002), S. 48 ff.
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einen werden die notifizierten Fälle nationaler Beihilfen aufgrund der Geheimhaltungsvorschriften für Unternehmensdaten nicht systematisch aufbereitet und dokumentiert, zum anderen benötigt die EU-Kommission zur Einschätzung der wettbewerbsverzerrenden Wirkungen der Subventionen Informationen über die Kostenstruktur des begünstigten Unternehmens bzw. der geförderten Investitionsvorhaben, die ebenfalls nicht verfügbar sind.117 Im Gegensatz zu nationalen Wettbewerbshütern stehen internationalen Institutionen nicht Unternehmen, sondern souveräne Staaten gegenüber. Die Subventionen werden aber gerade von den nationalen Regierungen aus innenpolitischen Gründen gewährt. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die nationale Regierung mit der supranationalen Wettbewerbsbehörde kooperieren wird. Ziel der nationalen Regierung wird es vielmehr sein, die Subventionen im eigenen Haushalt zu verschleiern, um Sanktionen der Wettbewerbsbehörde zu entgehen. Da auch das begünstigte Unternehmen alles versuchen wird, um die Subventionen zu verbergen, ist der Nachweis von Subventionen sehr schwierig. Diese Erfahrung musste auch die EU-Kommission machen. Beispielsweise meldeten verschiedene Mitgliedstaaten während der europäischen Stahlkrisen einen Teil der Subventionen der Kommission nicht zur Genehmigung an. Es gelang nur in einigen Fällen, die Subventionen nachträglich nachzuweisen.118 Subventionen können auch als staatliche Beteiligungen getarnt werden. Die Regierung kann dann als vermeidliche Gegenleistung einen Anteilserwerb an dem subventionierten Unternehmen ausweisen. Hierbei liegt in der Regel der vereinbarte Kaufpreis weit unter dem fiktiven Marktpreis, zumal sich für diese Unternehmen in den meisten Fällen ohnehin kein privater Geldgeber finden lassen würde.119 Eine andere Form der indirekten Subventionierung ist die Übernahme von Unternehmensverbindlichkeiten durch den Staat.120,121 Eine Subventionskontrolle von Regierungen lässt sich folglich nur unter massiven Eingriffen in die nationale Souveränität durchsetzen. Um eine Manipulation zu verhindern, muss eine supranationale Wettbewerbsbehörde letztlich zu allen Dokumenten und Konferenzen der nationalen Haushaltsumsetzung Zugang haben. Zu guter Letzt darf nicht vergessen werden, dass die EU-Kommission primär ein politisch gestaltendes, nicht aber ein administrativ-vollziehendes Organ – vergleichbar mit dem deutschen Bundeskartellamt – ist. So gibt es beispielsweise für die nationalen Regierungen stets die Möglichkeit, über einstimmige 117
Vgl. Noll, Bernd (2002), S. 20. Vgl. Conrad, Christian A. (1997), S. 158. 119 Beispiele für diese Praktiken sind die Unternehmen USINOR-SACILOR (F), Cockerill-Sambre (B) und BRITISH STEEL (GB). 120 Beispielsweise übernahm die staatliche Finanzholding IRI bei der Liquidierung des italienischen staatseigenen Stahlunternehmens FINSIDER 6 Mrd. DM Schulden, um das neugegründete Unternehmen ILVA zu entlasten. 121 Vgl. o. V. (1993c), S. 14; Demgenski, Marcus (1990), S. 160 f sowie Howell, Thomas, R. (1988). 118
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Ministerratsentscheidungen das Subventionsverbot auszuhebeln und die Kommission zu umgehen.122 Wie gezeigt wurde, bedarf es, um einen Subventionswettlauf zu verhindern, verbindlicher Verträge oder einer durchsetzungsfähigen dritten Partei, die FreeRider-Verhalten sanktioniert.123 Der Vertrag ist auf internationaler Ebene der internationale Subventionskodex, der von der WTO als neutrale, übergeordnete Institution durchgesetzt werden soll. Es stellt sich nicht zuletzt angesichts der starken internationalen Verbreitung von Subventionen die Frage, ob diese Aufgabe durch die WTO zufriedenstellend erfüllt wird. c) Der internationale Subventionskodex Das GATT genehmigt Ausgleichszölle auf Importe von Produkten subventionierter Unternehmen (Art. VI, 3). Exportsubventionen sind grundsätzlich verboten, jedoch ist ihre Definition sehr eng gefasst. Als Exportsubventionen werden lediglich finanzielle Zuwendungen des Staates angesehen, deren Gewährung an die Exportleistung des empfangenen Unternehmens oder an seine Leistungen im Wettbewerb mit Importen gebunden sind. Ausgleichzölle auf subventionierte Importe gehen auf die USA zurück, wo sie schon seit 1897 Bestandteil des amerikanischen Handelsrechts sind. Ausgleichszölle werden von der EU seltener angewandt, da die europäischen Unternehmen teilweise ebenfalls stark subventioniert werden und das Antidumpingverfahren – wie noch gezeigt wird – verfahrenstechnisch leichter anzuwenden ist. Ferner werden Ausgleichszölle gegen Regierungen erhoben. Regierungen verfügen über wesentlich mehr Möglichkeiten zur Gegenwehr als die im Antidumpingverfahren belasteten Unternehmen. Im Rahmen der Tokio-Runde des GATT wurden 1979 erstmals Regelungen für Ausgleichszölle festgelegt. Neben einer Liste mit Beispielen verbotener Exportzölle legten die GATT-Bestimmungen fest, dass auch binnenwirtschaftlich orientierte Subventionen („domestic subsidies“) ausgleichsberechtigt sind, wenn sie die heimische Industrie schädigen. Die USA setzten diese neuen GATT-Bestimmungen 1979 im Trade Agreement Act in nationales Recht um.124
122
Vgl. Noll, Bernd (2002), S. 20 sowie Conrad, Christian A. (2003b). Vgl. hierzu Haller, M. J./Illing, G. (1991), S. 8 f sowie Conrad, Christian A. (1996). 124 Vgl. Benyon, Frank/Bourgeois, Jacques (1984), S. 315 sowie Cameron, Laurie A./Berg, Gerald C. (1985), S. 498 ff sowie Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 276 ff. 123
98
B. Die WTO und der neue Protektionismus
aa) Definition und Einteilung von Subventionstypen Der neue Subventionskodex der Uruguay-Runde brachte einige Verbesserungen. Erstmalig wurden die verschiedenen Subventionsformen klassifiziert und erlaubte Gegenmaßnahmen festgelegt. Eine Subvention stellt demnach eine finanzielle Zuwendung dar, die direkt oder indirekt durch eine Regierung oder eine öffentliche Institution bereitgestellt wird und einen Nutzen an das betroffene Unternehmen überträgt (Agreement on Subsidies and Countervailing Measures125 Art. 1, Abs. 1.1). Die Subventionen wurden im Rahmen des Traffic Light Ansatzes in drei Kategorien, „Red light“, „Yellow light“ und „Green light“126, eingeteilt127: Unter die verbotenen Exportsubventionen („red light category“, SCMA, Art. 3) fallen die Subventionen, deren Gewährung an die Exportleistung des empfangenen Unternehmens (Ausfuhrsubventionen) oder an seine Leistungen im Wettbewerb mit Importen (Einfuhrsubstitutionssubventionen) gebunden sind. Die Beispielsliste der verbotenen Exportsubventionen der Tokio-Runde wurde als nähere Illustration übernommen und erweitert. Beispielsweise ist die Bevorteilung von Exporten bei staatlichen Transportkostenzuschüssen verboten.128 Die restlichen Subventionen stellen begrifflich „domestic subsidies“ dar. „Domestic subsidies“ sind solche Subventionen, deren Vergabe nicht an die Exportleistung des Unternehmens gebunden ist, sondern an binnenwirtschaftlich orientierten industriepolitischen Zielen ausgerichtet ist. Bei den „domestic subsidies“ unterscheidet man verfolgbare, also sanktionierbare, und nicht verfolgbare Subventionen: Verfolgbare (actionable) Subventionen („yellow light category“) sind Subventionen, die, obwohl sie keine Exortsubventionen sind, negative Handelsbeeinträchtigungen bzw. Handelsverzerrungen erzeugen oder zu erzeugen drohen (SCMA, Art. 5). Ersteres ist der Fall, wenn die Ausfuhren von subventionierten 125 Wird im Folgenden als SCMA zitiert. Zu den Regelungen des neuen Subventionskodexes vgl. auch Collins, Williams Terry/Solembier, Gerry (1996); BevigliaZampetti, Americo (1995), S. 11 ff; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994); Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 282 ff; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), S. 41 f; Conrad, Christian A. (1996); Jackson, John H. (2000), S. 291 und 293 sowie Grave, Carsten (2002), S. 82 ff. 126 Die Kategorie der „Green-light-Subventionen“ gibt es nicht mehr; sie existierte nur bis 5 Jahre nach Bestehen der WTO und endete am 31.12.1999. Vgl. http:// www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/agrm8_e.htm#subsidies und auch Art. 31 SCMA: „The provisions of paragraph 1 of Article 6 and the provisions of Article 8 and Article 9 shall apply for a period of five years, beginning with the date of entry into force of the WTO Agreement.“ 127 Vgl. Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 283, 284 und 287 f; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), S. 41 f; Beviglia-Zampetti, Americo (1995), S. 11 sowie Grave, Carsten (2002), S. 83. 128 Vgl. Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 283, 284 und 287 f; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), S. 44; Beviglia-Zampetti, Americo (1995), S. 12 sowie Grave, Carsten (2002), S. 83 f.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Unternehmen die heimische Industrie schädigen, (beispielsweise durch Senken des Marktpreisniveaus) oder die Vorteile eines anderen Landes innerhalb der WTO, wie z. B. Zollvergünstigungen, negativ beeinträchtigen. Ferner sind Subventionen verfolgbar, wenn bedeutende Nachteile („serious prejudice“) für die Handelsinteressen anderer Staaten durch die Subventionen drohen. Dies ist der Fall, wenn: – die gesamte „ad valorem“129-Subventionssumme eines Produkts mehr als 5% des gesamten Produktionswertes dieses Produkts ausmacht, – Subventionen gewährt werden, um Schulden zu tilgen, – Subventionen zur Deckung laufender Verluste von Unternehmen gezahlt werden, worunter auch sozial oder politisch begründete Erhaltungssubventionen fallen oder – die subventionierten Produkte Importe aus anderen Ländern oder Exporte anderer Länder in Drittländer ersetzen. Bei den zuletzt genannten Subventionsformen wird angenommen, dass diese Subventionen einen bedeutenden Nachteil („serious prejudice“) für andere Staaten zu Folge haben. Aus diesem Grund wurde die Beweispflicht umgekehrt. Die subventionierende Partei muss den Beweis erbringen, dass die Subventionen nicht zu bedeutenden Nachteilen führen.130 Das neue GATT übernimmt die amerikanische Regelung, „domestic subsidies“ von Antisubventionsverfahren freizustellen, wenn sie nicht spezifisch sind (SCMA, Art. 2). Nicht spezifisch sind solche Subventionen, die allen Unternehmen zugänglich sind, mit anderen Worten nicht auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eines bestimmten Unternehmens abzielen. bb) Das Antisubventionsverfahren Im Rahmen eines nationalen Antisubventionsverfahrens werden die vorläufigen und endgültigen Antisubventionszölle ermittelt, die bei der Einfuhr zu entrichten sind (vgl. Abb. 3).
129 Die „ad-valorem“-Subvention stellt den Anteil an den von dem Unternehmen insgesamt empfangenen Subventionen dar, der auf das betreffende Produkt entfällt. Dieser Anteil entspricht dem prozentualen Betrag, der durch Division des zugeteilten finanziellen Subventionswerts durch den Absatz des betroffenen Produkts berechnet wird. 130 Vgl. Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994); Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 289 f; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), S. 44; Beviglia-Zampetti, Americo (1995), S. 13; Conrad, Christian A. (1996), S. 190 f; Jackson, John H. (2000), S. 291 und 293 sowie Grave, Carsten (2002), S. 87 ff.
100
B. Die WTO und der neue Protektionismus Verfahrensschritt 1. Antrag auf Antisubventionsverfahren
Akteur inländischer Produzent
2. vorläufige 5. endgültige Subventionsanalyse nationale Behörde* 3. vorläufige 6. endgültige (Handelsministerium) Schädigungsanalyse 4. vorläufiger 7. endgültiger Antisubventionszoll (auf spezifische Importgüter des ausländischen Produzenten bzw. Importeurs) * In den USA wird die Subventionsanalyse von der International Trade Administration und die Schädigungsanalyse separat von der unabhängigen International Trade Commission durchgeführt.
Abbildung 3: Der Verfahrensablauf von Antisubventionsverfahren
Die Abwehrmaßnahmen gegen subventionierte Exporte bestehen aus einem vorläufigen und einem endgültigen Antisubventionszoll. Beide Zölle werden im Rahmen eines nationalen Verfahrens ermittelt, welches der internationalen Übereinkunft des GATT, in Form des Antisubventionskodexes, unterliegt. Die Antisubventionsverfahren sind in zwei Abschnitte aufgeteilt: 1.–4. Die heimische Industrie beantragt die Einleitung eines Antisubventionsverfahrens bei der zuständigen nationalen Behörde. In Ausnahmefällen, wenn die inländischen Produzenten nicht organisiert sind, kann die nationale Behörde auch von sich aus ein Verfahren einleiten.131 Anschließend prüft die Behörde, ob die von den Klägern eingereichten Subventionsbeweise für die Einleitung eines Verfahrens ausreichend sind. Ist dies der Fall, so errechnet sie im Fall eines Antisubventionsverfahrens den Subventionsanteil am Exportpreis der betroffenen Produkte (Subventionsanalyse).132 Um möglichst schnell auf subventionierte Importe reagieren zu können, ist der eigentlichen Untersuchung eine provisorische Subventions- und Schädigungsfeststellung vorgeschaltet, wobei bei positivem Verfahrensergebnis ein vorläufiger Antisubventionszoll erhoben wird. In der Schädigungsanalyse wird untersucht, ob durch die Importe eine Schädigung stattfand, droht oder ein inländischer Wirtschaftszweig im Aufbau behindert wird.133
131 Vgl. Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), chez (2000), S. 301 sowie Grave, Carsten (2002), S. 95 132 Vgl. Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 304 S. 96. 133 Vgl. Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 289 (1996), S. 192 ff.
S. 49; Rydelski, Michael Sánf. sowie Grave, Carsten (2002), f sowie Conrad, Christian A.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
101
5.–7. In einem zweiten Verfahrensabschnitt finden anschließend die endgültige Subventionsuntersuchung und die endgültige Schädigungsanalyse statt, die bei positivem Ausgang einen endgültigen Antisubventionszoll zur Folge haben, den der Importeur oder Exporteur bei der Grenzüberschreitung der Ware zu entrichten hat.134 cc) Das neue Streitbeilegungsverfahren Die Mitgliedsstaaten der WTO sind nach Art. 8 und 25 verpflichtet, alle spezifischen Subventionen dem WTO-Subventionskommitee (Committee on Subsidies and Countervailing Measures, Art. 24 SCMA) anzuzeigen und ausreichende Informationen zu liefern, damit die WTO entscheiden kann, ob die Subventionen zu einer der im Subventionskodex beschriebenen Schädigungen führt. Verdächtigt ein WTO-Mitgliedstaat einen anderen Mitgliedstaat, nach Art. 1 SCMA unerlaubte Subventionen zu tätigen, so ist er nach Art. 4 und 7 verpflichtet, sich zuerst an den subventionierenden Staat zu wenden, um den Konflikt bilateral beizulegen. Wenn die Konsultationen nach 60 Tagen ergebnislos sind, kann zur Bewertung der eingereichten Beweise und zur Einstufung der Subventionen eine Expertengruppe hinzugezogen werden, die sog. „Permanent Group of Experts“. (im Deutschen auch „Sondergruppe“ genannt).135 Mit der WTO wurde das Streitschlichtungsverfahren um zwei Organe erweitert. Der Vorschlag der Sondergruppe gilt als angenommen, wenn das Streitschlichtungsorgan, Dispute Settlement Body (DSB), in dem u. a. die streitenden Parteien vertreten sind, ihn nicht einstimmig ablehnt. Wenn der Bericht der Sondergruppe durch den DSB angenommen wurde und feststeht, „dass eine Subvention zu nachteiligen Auswirkungen auf die Interessen eines anderen Mitglieds im Sinne von Artikel 5 geführt hat, so trifft das Mitglied, das die Subvention gewährt oder beibehält, geeignete Maßnahmen, um die nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen, oder nimmt die Subvention zurück.“ (Art. 7 Abs. 7.8). Ist eine der Parteien mit dem Bericht der Sondergruppe nicht einverstanden (Art. 7 Abs. 7.7 SCMA), kann sie bei dem Revisionsorgan (Appelate Body)136 Widerspruch einlegen. Kommt die Partei den Empfehlungen der Sondergruppe, die Subventionen einzustellen oder zu modifizieren, nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach, so wird das klagende Land ermächtigt, Gegenmaßnahmen zu tätigen (Art. 7 Abs. 7.9 SCMA).137 134 Vgl. Rydelski, Michael Sánchez (2000), S. 303 sowie Conrad, Christian A. (1996), S. 192 ff. 135 Vgl. ABl.EG 1994, L 336, 156. 136 Vgl. Art. 4 und 7 SCMA. 137 Zum WTO-Streitbeilegungsverfahren vgl. Palmeter, David/Mavroidis, Petros C. (1999); OECD (1995); Mavroidis, Petros C./van Siclen, Sally J. (1997), S. 27 ff; Horlick, Gary N./Clarke, Peggy A. (1994), S. 51 ff; Khoman, Sirilaksana (1998), S. 91 f.
102
B. Die WTO und der neue Protektionismus
Eine der wichtigsten Änderungen durch die Uruguay-Runde betrifft die Abstimmungsregel des Streitbeilegungsverfahrens.138 Unter dem alten GATT war die Zustimmung jeder Partei – also auch der beklagten Partei – die Voraussetzung für alle GATT-Entscheidungen (einstimmige Zustimmung). Die beklagte Partei musste somit auch den Entscheidungen des GATT-Panels und damit auch den vom Rat gegen sie vorgeschlagenen Retorsionsmaßnahmen zustimmen. Dies wurde von den im GATT-Verfahren unterlegenen Staaten missbraucht: Sie blockierten die Entscheidungen des GATT-Rates in einigen Fällen so lange, bis dieser die Entscheidungen entsprechend ihren Vorstellungen anpasste. Konnte keine Übereinkunft erzielt werden, so wurde das Verfahren teilweise sprichwörtlich zu den Akten gelegt und vergessen. Das Vetorecht wurde dazu genutzt, bei anderen Streitigkeiten ein Verhandlungspfand in der Hand zu haben.139 Die Spezifizierungen der Uruguay-Runde beseitigten diesen Missstand. Die Entscheidungen und Berichte der Sondergruppe können nur noch mit Einstimmigkeit abgelehnt werden (einstimmige Ablehnung).140 Ein weiterer Grund für die mangelnde Funktionsfähigkeit der Streitschlichtung im alten GATT war eine unzureichende Zeitvorgabe für die Abstimmungsund Entscheidungsprozesse. Dies hatte zur Folge, dass die in dem Verfahren tendenziell unterlegene Partei die Streitschlichtung auf Jahre verzögern konnte, um eine für sie nachteilige Entscheidung zu umgehen. In der Uruguay-Runde wurden deshalb die Entscheidungsfristen nachhaltig verkürzt.141 Vor der Uruguay-Runde bestand oft das Problem, dass selbst, wenn es einem Staat gelungen war, von den GATT-Stellen eine Genehmigung für Gegenmaßnahmen gegen die GATT-Verletzung (Retorsionsmaßnahmen) aufgrund protektionistischer Marktabschottung zu erhalten, standen dann in dem betroffenen Produktbereich den Importen des GATT-verletzenden Landes keine Exporte gegenüber, die mit Gegenmaßnahmen hätten belegt werden können. Dies war z. B. in den Stahlhandelskonflikten zwischen der EU und den USA der Fall.142 Das neue Streitbeilegungsabkommen der WTO erlaubt im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens auch, Retorsionsmaßnahmen gegen die von den Konfliktprodukten abweichende Importe durchzuführen (Cross-Retaliation)143. Das beRydelski, Michael Sánchez (2000), S. 306 ff; Nagy, Anke (2002), S. 104 ff; Conrad, Christian A. (1996), S. 194 f; Weiss, Friedl (2001) sowie Grave, Carsten (2002), S. 101 und 103 ff. 138 Agreement on Implementation of Article VI of the General Agreement on Tariff and Trade 1994, Art. 17.1 und Art. 17.6 sowie Agreement on Subsidies and Countervailing Measures Art. 17.6. Vgl. dazu Art. 16 DSU, ausführlich auch Siebold, Dagmar (2003), S. 134 ff; Sittmann, Jörg W. (1997), S. 749 ff. 139 Vgl. Hudec, Robert (1990), S. 180 ff. 140 Vgl. AIA IV, Art. 16, Abs. 4. und Art. 16 DSU. 141 Vgl. Senti, Richard (1995), S. 304. 142 Die EU exportiert große Mengen an Stahl in die USA, jedoch gilt dies nicht umgekehrt.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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deutet, dass beispielsweise die EG bei einer von einem Panel festgestellten Verletzung des Übereinkommens über Subventionen durch die USA bei der Anwendung des nationalen Antisubventionsverfahrens auf Stahlimporte aus der EU den Import von amerikanischen Computern (nach der Zustimmung des Dispute Settlement Bodys144) mit Retorsionsmaßnahmen belegen kann.145 d) Reformvorschläge für eine neue internationale Subventionsordnung Fast jede Subvention und fast jeder Antisubventionszoll führen zu Wettbewerbsverzerrungen, die fast immer gegen die Interessen anderer Staaten verstoßen. So gesehen wäre die einzige Möglichkeit, Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel zu verhindern, subventionierte Unternehmen generell vom Export auszuschließen. Diese Regelung ist zwar vom wettbewerbspolitischen Standpunkt aus wünschenswert und würde die internationale Ressourcenallokation verbessern, verstößt jedoch gegen die Interessen zu vieler Staaten, als dass sie mehrheitsfähig wäre. Antisubventionszölle sind unter diesem Gesichtspunkt eine Kompromisslösung. In einigen Fällen wurden im Antisubventionskodex der Uruguay-Runde bisher nicht vom GATT gedeckte Praktiken der nationalen Behörden zum Nachteil der Ausführer festgeschrieben, wie beispielsweise durch die Legalisierung der Kumulation der Importwirkungen. Überwiegend trägt der neue Kodex jedoch wesentlich zur Klarheit der internationalen Subventions- und Retorsionsregelungen und zur Ausgewogenheit der Antisubventionsverfahren bei.146 In diesem Zusammenhang ist vor allem die Definition und Einteilung der Subventionen nach Typen und erlaubten Gegenmaßnahmen zu nennen. Die Ächtung der Subventionen, die bedeutende Nachteile für andere Staaten hervorrufen, sowie die Umkehr der Beweispflicht bei dieser Form von Subventionen zu Lasten des subventionierenden Staates erwecken die Hoffnung, dass die ausgeuferte internationale Subventionsvergabe eingedämmt wird. Eine wesentliche Änderung hierbei ist, dass die Verdrängung von Importen durch Subventionierung der heimischen Produktion ebenso zu den bedeutenden Interessenschädigungen gezählt wird wie die Verdrängung von Produkten eines anderen Staates durch den Ex143 Vgl. Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, Art. 22, Abs. 3b. 144 Zum Ablauf des Streitschlichtungsprozesses vgl. WTO (2001b), S. 38 ff sowie Koepp, Johannes (2002). 145 Hauser und Roitinger zeigen anhand einiger aktueller Beispiele, dass das Streitbeilegungsverfahren in seiner neuen Form zu einer nachhaltigen Konfliktregelung beiträgt. Vgl. Hauser, Heinz/Roitinger, Alexander (2002). Zu dem gleichen Ergebnis kommt Speyer. Vgl. Speyer, Bernhard (2001), S. 276. 146 So auch Jackson, John H. (2000), S. 290.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
port von subventionierten Gütern in Drittstaaten. Auf diese Weise könnte prinzipiell verhindert werden, dass die Staaten die Verringerung der Importbarrieren und die Zollsenkungen im Rahmen der GATT-Runden durch Subventionen an die eigene Industrie ausgleichen. Ausgehend von Kanadas Vorschlag sollten allerdings bei der Berechnung der Antisubventionszölle auch die Subventionen berücksichtigt werden, die im Importland auf das betreffende Produkt entfallen und von der Subventionsmarge abgezogen werden.147 Stehn schlägt in diesem Zusammenhang ein Subventions-Clearing vor. Jedes Land soll eine wettbewerbspolitische Bewertung der Subventionsprogramme der anderen Länder aufstellen. Anschließend können die Subventionen in multilateralen Verhandlungen – wie bei den Zollsenkungsrunden des GATT – gegeneinander verrechnet und aufgehoben werden.148 Dieser Vorschlag sollte geprüft werden. Ein ähnlicher Ansatz wird in Teil C. diskutiert. Der neue Subventionskodex schreibt bei den verfolgbaren Subventionen („actionable subsidies“) eine Schädigung der Industrie des importierenden Landes als hinreichende Bedingung vor. Eine Schädigung lässt sich nur nachweisen, wenn die Wirkungen der erhaltenden Subventionen auf den Angebotspreis im Importland ermittelt werden können. In diesem Fall entspricht die Schädigungsanalyse im Wesentlichen der des Antidumpingverfahrens. Diese Umrechnung ist jedoch bei den meisten Subventionsformen nicht ohne weiteres möglich. Die Umkehr der Beweispflicht zu Lasten des beklagten Landes bei den Subventionstypen, die bedeutende Nachteile für Drittländer hervorrufen, ist so gesehen ein bedeutender Fortschritt im Sinne eines „fairen“ internationalen Wettbewerbs. Die von den Subventionen hervorgerufene Wettbewerbsverzerrung wird jedoch durch den Antisubventionszoll nur in dem Land ausgeglichen, das das Antisubventionsverfahren durchgeführt hat. Die Subventionswirkungen beziehen sich allerdings im Gegensatz zu denen von Dumping generell auf alle national und international konkurrierenden Produkte und können sich – sofern auch Vorprodukte von den Subventionswirkungen betroffen sind – auch auf andere Endprodukte erstrecken. Wenn garantiert werden könnte, dass der Antisubventionszoll die Schädigung nicht überkompensiert, also protektionistisch wirkt, wäre es sinnvoll, den Subventionszoll auf alle Exporte des subventionierten Unternehmens zu übertragen. Auch gibt es nach der Uruguay-Runde innerhalb der nationalen Antisubventionsverfahren noch genügend Auslegungsspielraum für die untersuchenden Behörden, um die ausländischen Produzenten zu benachteiligen. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass die untersuchenden nationalen Behörden die Klasse der verbotenen Subventionen sehr weit fassen werden.
147 148
Vgl. Anderson, Andrew/Rugman, Alan (1989), S. 59. Vgl. Stehn, Jürgen (1996), S. 12.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Ein ungelöstes Abgrenzungsproblem stellen die Erhaltungssubventionen dar. Sie gehören zwar zu den Subventionen, bei denen vorausgesetzt wird, dass sie „bedeutende Schädigungen“ hervorrufen, jedoch ist kaum davon auszugehen, dass die Regierungen nach In-Kraft-Treten des Uruguay-Subventionskodexes auf Erhaltungssubventionen verzichten und sich damit den innenpolitischen Zorn ihrer Arbeitnehmer und Gewerkschaften zuziehen werden. Andererseits dürfte bei der heutigen internationalen Verflechtung der Volkswirtschaften eine Beeinträchtigung der Handelsinteressen anderer Staaten durch eine Erhaltungssubventionierung fast immer gegeben sein, wodurch diese Subventionen wie bisher durch Antisubventionsmaßnahmen verfolgbar sind (yellow light category). Dies birgt nach wie vor erhebliches Konfliktpotential. Exportsubventionen sollten in ihrer weiten Definition als Transfers für die Produktion importersetzender Güter ebenso wie Erhaltungssubventionen aufgrund ihrer starken wettbewerbsverzerrenden Wirkung – wie auch Stehn es vorschlägt – generell verboten werden beziehungsweise zu den verfolgbaren Subventionen zählen. Investitionszulagen (einschließlich Regionalbeihilfen) und Produktionszuschüsse sollten aus wohlfahrtsökonomischen Überlegungen heraus verboten werden, da durch sie eine optimale internationale Ressourcenallokation behindert wird und ein protektionistischer Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings könnte dies entwicklungspolitischen Zielen untergeordnet werden, sofern die Vergabe international kontrollierbar wäre. Ein besonderer Fortschritt des Subventionskodexes der Uruguay-Runde ist die Ächtung von Subventionen, die bedeutende Nachteile für andere Staaten hervorrufen sowie die Umkehr der Beweispflicht zu Lasten des subventionierenden Staates. Wie gezeigt wurde, gelang es auch, das Streitbeilegungsverfahren erheblich zu verbessern. Sanktionen können auch gegen den Willen der unterlegenen Partei durchgesetzt werden. Allerdings wird die Fähigkeit und der Wille des Panels angezweifelt, die durch die Subventionen hervorgerufenen bedeutenden ökonomischen Nachteile für andere Länder sowie die Handelsverzerrungen zu bestimmen.149 Immerhin gibt es aber einige subventionsbezogene internationale Streitfälle, die vom Panel oder Appelate Body entschieden wurden.150 Das bedeutende Manko der internationalen Subventionsaufsicht ist jedoch, dass die Panel zusammen mit dem Dispute Settlement Body nicht über eigene Sanktionsmaßnahmen verfügen, sondern nur die benachteiligten Staaten zu Retorsionsmaßnahmen ermächtigen können. Fraglich ist deshalb zum einen, ob die hierfür zur Verfügung stehenden Vergeltungsmittel – trotz der neuerdings erlaubten Cross-Retaliation151 – ausreichend sind, und zum anderen, ob die 149
Vgl. Collins-Williams, Terry/Salentier, Gerry (1996), S. 14 f. Vgl. dazu die Fälle WT/DS236, WT/DS257, WT/DS212, WT/DS217 und 234, WT/DS265 und 266 und 284, WT/DS267, WT/DS273, WT/DS277, WT/DS280 in www.wto.org. 150
106
B. Die WTO und der neue Protektionismus
WTO-Länder bereit sind, außenpolitische Konflikte zu riskieren. Die Regierungen werden deshalb Antisubventionsverfahren einer Panel-Klage vorziehen, nicht zuletzt auch, weil diese der nationalen Rechtsetzung unterliegen und damit auch dem Einfluss des anwendenden Landes. Es wäre illusorisch anzunehmen, dass sich alle Regierungen bereit erklären könnten, zukünftig auf Subventionen zu verzichten. Dafür spielen Subventionen bei der Entwicklungs-, Regional- und Strukturpolitik vieler Länder eine zu große Rolle. Stehn schlägt vor, dass die nationalen Regierungen – wie beispielsweise die Mitgliedstaaten der EU – ihre Subventionen von der WTO genehmigen lassen sollen, bevor sie ausgezahlt werden dürfen. Subventionen, die nicht den internationalen Subventionsregeln entsprechen, müssen zurückgezahlt werden. Kommen die Regierungen den Entscheidungen der WTO nicht nach, können ihre Exporte mit Antisubventionszöllen belegt werden.152 Die Praktikabilität eines solchen Vorschlags ist angesichts des Unvermögens der EU-Kommission, die europäische Subventionsvergabe zu kontrollieren, jedoch zu hinterfragen. Wie gezeigt wurde, hat das Subventionsgenehmigungsverfahren der EU zahlreiche Lücken und wird von den Mitgliedstaaten fortlaufend unterlaufen. Viele Subventionen werden nicht angezeigt und als andere Finanzierungsformen, beispielsweise Eigenkapitalerhöhungen, getarnt. Letztlich fehlt es der EU-Kommission an Sanktionsmitteln. Dies wäre also eine wesentliche Voraussetzung für eine Subventionskontrolle durch eine Wettbewerbsinstitution im Rahmen einer internationalen Wettbewerbsordnung. 2. Internationales Dumping und Antidumpingmaßnahmen Unter Dumping versteht man allgemein den Verkauf einer Ware auf einem ausländischen Markt unter dem Preis auf dem inländischen Markt, wobei in der Regel ein Verkauf unter Herstellungskosten unterstellt wird.153 Die Voraussetzung für Dumping ist folglich, dass keine Arbitrage zwischen in- und ausländischem Markt stattfinden kann, also beide Märkte voneinander getrennt sind und der Wettbewerb unvollkommen ist. Gründe hierfür können Intransparenz und Transaktionskosten sein, die von Transportkosten, unterschiedlichen Währun151 Das neue GATT erlaubt im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens auch Retorsionsmaßnahmen gegen von den Konfliktprodukten abweichende Importe durchzuführen. 152 Vgl. Stehn, Jürgen (1996), S. 12 f. 153 Vgl. United States – General Accounting Office (1994), S. 68. Die Definition der WTO lautet: „. . ., a product is to be considered as being dumped, i. e. introduced into the commerce of another country at less than the normal value, if the export price of the product exported from one country to another is less than the comparable price in the ordinary course of trade, for the like product when destinied for consumption in the exporting country.“ (Art. 2 Abs. 2.1. Agreement on Implementation of Article VI of the General Agreement on Tariff and Trade 1994).
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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gen, Sprachen und Gesetzen, also generell von allen tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen hervorgerufen werden können. Dumping widerspricht den internationalen Regeln des „fair trade“ nach Art. VI des GATT, wenn es zu einer bedeutenden Schädigung eines bereits existierenden Industriezweigs führt oder den Aufbau einer neuen Industriebranche erheblich verzögert.154 Antidumpingmaßnahmen sollen diese Schädigung verhindern. Obwohl die Antidumpinggesetzgebung in den meisten Ländern schon vor dem ersten Weltkrieg eingeführt worden war, sind Antidumpingmaßnahmen bis zu den 80er Jahren eher eine Ausnahme geblieben. In den 60er Jahren reichten die GATT-Vertragsparteien durchschnittlich lediglich 10 Antidumpingklagen pro Jahr ein. Nachdem die generellen Einfuhrzölle im Rahmen der GATT-Runden mehrmals gesenkt worden sind, gehören sie jedoch mittlerweile zu den bedeutendsten Importrestriktion im Welthandel. In den 80er Jahren leiteten die GATT-Staaten mehr als 1.600 Antidumpingverfahren ein und in den 90er Jahren annähernd 2.200.155 Mitte 1996 waren bei den WTO-Mitgliedstaaten 776 Antidumpingzölle oder aus Antidumpingverfahren resultierende Preisverpflichtungen in Kraft. Diese Maßnahmen wurden mit einem Anteil von 72% von Industrieländern verhängt. Von den zwischen Juli 1994 und Juni 1996 neu eingeleiteten Antidumpingverfahren waren zweidrittel gegen Einfuhren aus Entwicklungsländern gerichtet. Mittlerweile haben allerdings auch rund 50 Entwicklungsländer eigene Antidumpinggesetze oder -richtlinien erlassen – Tendenz steigend.156 Neben den traditionellen Ländern wie die USA, die EU, Australien, Neuseeland und Kanada wenden mittlerweile auch Länder wie Argentinien, Brasilien, Indien, Korea, Mexiko, die Türkei und Südafrika Antidumpingverfahren an (vgl. Tab. 3).157 Es ist festzuhalten, dass sich der Kreis der Staaten, die Antidumping-Maßnahmen anwenden, stark vergrößert hat und die Staaten, deren Exporte einst von den Antidumpingmaßnahmen überwiegend be-
154 Dumping is „to be condemned if it causes or threatens material injury to an established industry in the territory of a contracting party or materially retards the establishment of a domestic industry“, Art. VI des GATT. 155 Vgl. Ecker, Alfred E. (1993), S. 30. Gegenüber 1958 als nur 37 Antidumpingverfahren eingeleitet wurden stieg die Anzahl der Verfahren auf mehr als 1.456 Antidumpingverfahren eingeleitet. Hiervon entfallen auf die USA 395, die EU 271, Australien 421 und Kanada 294 Antidumpingverfahren. Vgl. Horlick, Gary N. (1993), S. 6; Prusa, Thomas J. (2001), S. 594 sowie Grundlach, Erich/Klodt, Henning/Langhammer, Rolf J./Soltwedel, Rüdiger (1995), S. 19. Zur länderspezifischen Entwicklung der Antidumpingverfahren vgl. Leidy, Michael (1994). 156 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 391 sowie Roitinger, Alexander (2002), S. 4. 157 Vgl. Miranda, Jorge/Torres, Raúl/Ruiz, Mario (1998), S. 5 sowie auch Messerlin, Patrick A. (2001), S. 148. 158 Vgl. Prusa, Thomas (2001), S. 596; Messerlin, Patrick A. (2000), S. 159 f sowie Wooton, Ian/Zanardi, Maurizio (2002), S. 19; WTO (2001), S. 22 sowie Theuringer, Martin (2003), S. 6.
108
B. Die WTO und der neue Protektionismus Tabelle 3 Aktenkundige Antidumpingmaßnahmen der GATT (WTO)-Mitglieder 1987
1988
1989
1990
1991
1992
24
17
19
20
48
70
96
107
77
145
180
256
1993
1994
1995
1996
1997
Neue Anwender
162
114
83
148
115
Alte Anwender
137
114
73
73
118
Neue Anwender Alte Anwender
159
Quelle: World Bank (2000), S. 71.
troffen waren, mittlerweile selbst zu aktiven Antidumpingverfahrensanwendern wurden.158 a) Wirkungen von Dumping Die schädigende Wirkung von Dumping ist umstritten. Sie beruht in erster Linie auf der Annahme, dass die ausländischen Produzenten, nachdem sie mit ruinösem kurzfristigen Dumping die Konkurrenz im Einfuhrland beseitigt haben, die Preise als monopolistische Anbieter im Einfuhrland erhöhen und damit die positiven Wohlfahrtstransfers, die zuvor durch den Import der Güter unter Herstellungskosten entstanden waren, überkompensieren. Kurzfristiges Dumping kann jedoch, selbst wenn es Marktverdrängungsdumping ist, auch ein Ausdruck von Wettbewerb und somit wünschenswert sein, sofern dadurch international keine wohlfahrtsmindernden Monopol- oder Oligopolstrukturen entstehen. Dies wird jedoch innerhalb der Antidumpingverfahren nicht untersucht. Dies wäre eine Aufgabe für eine internationale Monopolbehörde, die es jedoch bisher nicht gibt. Langfristiges Dumping als Verkauf unter den Herstellungskosten entspricht einem Ressourcentransfer vom Ausland ins Inland, also einem Wohlfahrtszugewinn für das Inland. Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle verhindern in diesem Fall die Ausnutzung der durch den niedrigen Preis entstehenden Wohlstandsgewinne und schädigen folglich das Einfuhrland.160 159 Zu den traditionellen, „alten“ Anwendern gehören Australien, Kanada, die EU, Neuseeland und die USA. 160 Vgl. Küng, Emil (1975), S. 516 sowie van Bael, Ivo (1990), S. 23.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Ein weiteres Argument für die Notwendigkeit von Antidumpingverfahren ist die schädigende Wirkung der Einfuhren auf die inländische Industrie und deren Arbeitsplätze bei kurzfristigem Dumping. Negative Wirkungen auf die internationale Ressourcenallokation und den Leistungswettbewerb hat Dumping generell, wenn es mit Gewinnen aus anderen Unternehmenssparten, Subventionen oder Monopolrenten im Ausfuhrland finanziert wird, weil die Preisunterbietung in diesem Fall nicht Ausdruck eines durch eigene Leistung im Markt erwirtschafteten Wettbewerbsvorteils ist. Um die Wirkungen des jeweiligen Dumpings bestimmen zu können, ist es folglich erforderlich zu wissen, wie lange das Dumping stattfinden wird. Diese Frage kann jedoch nur beantwortet werden, wenn man die Motive des ausländischen Produzenten kennt, auf einem ausländischen Markt unter dem Preis auf seinem Heimatmarkt oder sogar unter seinen Produktionskosten anzubieten. Für das Dumping von exportierenden Unternehmen kann es verschiedene Gründe geben, wie im Folgenden dargestellt wird. aa) Verkauf unter Herstellungskosten 1. Das exportierende Unternehmen kann eine Erhöhung des Marktanteils auf dem ausländischen Markt anstreben (aggressives Dumping) oder als Reaktion auf den Preisvorstoß eines Konkurrenten, seinen Verkaufspreis im Ausland unter seine Herstellungskosten senken, um den Marktanteil auf dem ausländischen Markt zu halten (defensives Dumping161). Der erste Fall ist der klassische Fall des räuberischen Dumpings, wie ihn Viner beschrieben hat.162 Der erste US Antidumping Act von 1916 richtete sich ausschließlich gegen diesen Fall. Einzuschreiten war, wenn zwei Bedingungen gegeben waren: Erstens musste der Verkaufspreis „substantially less than the actual marktet value“ sein und zweitens musste der Vorsatz der Zerstörung und Schädigung der Industrie im Importland gegeben sein.163 Der Fall des räuberischen Dumpings ist jedoch äußerst selten. Die OECD untersuchte in einer Studie 1031 Dumpingfälle, die im Zeitraum von September 1988 bis Dezember 1991 auftraten. Sie kam zu dem Ergebnis, dass nur in 63 Fällen eine beabsichtigte Verdrängung der Industrie im Importland überhaupt denkbar gewesen wäre.164 Bis das Unternehmen die gewünschte Wettbewerbsposition erreicht hat, bei der es wieder ausreichende Gewinne erwirtschaftet, muss es diesen Verkauf unter Durchschnittskosten mit Gewinnen auf anderen Märkten oder mit Gewinnen aus dem Verkauf anderer Pro161
Zu reziprokem Dumping vgl. Brander, James/Krugman, Paul (1983). Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 116 und 123; Viner, J. (1923); Küng, Emil (1975), S. 516 sowie Bael, Ivo (1990), S. 23. 163 Zitiert nach Scherer, F. M. (1994), S. 83. 164 Vgl. OECD (1996), S. 17. Andere Schätzungen liegen zwischen 5 bis maximal 10%. Vgl. Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1999), S. 1568. 162
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
dukte finanzieren. Hierbei handelt es sich um kurzfristiges Dumping: nachdem das ausländische Unternehmen mit ruinösem kurzfristigen Dumping die Konkurrenz im Einfuhrland beseitigt hat, erhöht es die Preise als monopolistischer Anbieter im Einfuhrland, womit die positiven Wohlfahrtstransfers, die zuvor durch den Import der Güter unter Herstellungskosten entstanden waren, überkompensiert werden. Im zweiten Fall versucht der ausländische Anbieter, seinen Marktanteil im Ausland durch Verkauf unter Herstellkosten zu verteidigen, weil er annimmt, dass die zukünftigen Erträge, die er aus der Marktstellung generieren kann, die Verluste überkompensieren. Darüber hinaus würden bei einem Rückzug vom ausländischen Markt seine Markterschließungsinvestitionen wertlos werden. Auch hier liegt kurzfristiges Dumping vor, bei dem das Unternehmen, nachdem die für das Dumping ausschlaggebende Wettbewerbssituation nicht mehr vorliegt, den Preis wieder erhöht. Somit liegt in beiden Fällen kurzfristiges Dumping vor, bei dem das Importland geschädigt wird, was Antidumpingmaßnahmen prinzipiell rechtfertigt.165 2. Da die Produktionsmenge der Güter von den Unternehmen im voraus geplant bzw. entschieden werden muss und Fixkosten kurzfristig nicht reduziert werden können, ist ein weiterer Grund für einen Verkauf unter Herstellkosten der Ausgleich von vorübergehenden Nachfragerückgängen auf dem inländischen Markt durch Steigerung des Exports (Nachfrageausgleichsdumping). Eine Anpassung der Produktion an eine vorübergehende Reduzierung der Nachfrage würde keinen Sinn machen, da bereits in der nächsten Periode die Kapazitäten zur Befriedigung der dann wieder gestiegenen Nachfrage nicht ausreichen können. Auch hierbei handelt es sich folglich um kurzfristiges Dumping, bei dem eine Schädigung im Sinne des GATT für das importierende Land entsteht,166 womit Antidumpingmaßnahmen gerechtfertigt werden können. Beim Nachfrageausgleichsdumping kann es zu dem Fall kommen, dass beide, also der ausländische Exporteur und das inländische Unternehmen, die gleiche Kostenstruktur haben. Fällt nun die Nachfrage und beide Produzenten reduzieren ihren Angebotspreis auf den neuen Gleichgewichtspreis, der jedoch unter beider Durchschnittskosten liegt, so kann das ausländische Unternehmen wegen Dumping verurteilt werden, das inländische nicht, obwohl die Wettbewerbs- und
165
Vgl. Conrad, Christian A. (2001), S. 564 f. Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 121. Ethier, Bernhardt sowie Hillman und Katz zeigen beispielsweise unabhängig voneinander, dass es aus Gründen der Risikodiversifizierung für einen Produzenten bei der Festlegung seiner Produktionsmenge rational sein kann zu planen, einen Teil seiner Produktion selbst unter variablen Kosten im Ausland zu verkaufen. Hillman, Aapye L./Katz, Eliakim (1986), S. 403 ff; Ethier, Wilfred J. (1982), S. 487 ff sowie Bernhardt, Dan (1984), S. 349 ff. 167 Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 118 und 121. 166
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Marktsituation ebenso wie die Kostenstruktur beider Unternehmen identisch sind.167 3. Eine mit dem Nachfrageausgleichsdumping vergleichbare Motivation liegt vor, wenn der ausländische Produzent Absatzrückgänge ausgleichen will, die als Folge protektionistischer Maßnahmen dritter Länder entstanden sind (Handelsumlenkungsdumping).168 Auch hierbei hängt die wohlfahrtsökonomische Bewertung des Dumpings davon ab, ob die protektionistischen Maßnahmen, die die Ursache der Handelsumlenkung sind, auf Dauer angelegt sind, und es sich somit um langfristiges Dumping handelt. Ausgehend von der gewöhnlichen Laufzeit protektionistischer Maßnahmen könnte man auf den ersten Blick annehmen, dass das Dumping langfristig Bestand haben wird, jedoch wird ein nach Gewinnmaximierung strebendes Unternehmen auf die Dauer nicht unter Durchschnittskosten anbieten169, sondern sich Märkte suchen, wo es zu einem höheren Preis verkaufen kann oder seine Produktion einschränken. Somit handelt es sich bei dieser Form des Dumpings ebenfalls um schädigendes kurzfristiges Dumping. Antidumpingmaßnahmen lassen sich somit rechtfertigen. 4. Der ausländische Produzent kann zusätzliche Deckungsbeiträge insbesondere bei degressivem Stückkostenverlauf erzielen, wenn er auf dem Importmarkt zwar unter den Durchschnittskosten, aber oberhalb der variablen Kosten anbietet (Deckungsbeitragsdumping). In diesem Fall kann es sich sowohl um kurzfristiges als auch um langfristiges Dumping handeln, je nachdem ob es sich bei dem Export um eine taktisch kurzfristige oder strategisch langfristige Entscheidung des Unternehmens handelt. Plant es langfristig einen Teil seiner Produktion im Ausland abzusetzen, beispielsweise um eine hohe Produktionsmenge zu realisieren (strategisches Dumping170), ist dies gleichbedeutend mit einem Wohlfahrtstransfer zugunsten des importierenden Landes und einem generellen Wohlfahrtszugewinn. Zielt das Unternehmen jedoch nur auf eine kurzfristige Auslastungssteigerung ab, entsprechen die Dumpingwirkungen denen bei der Zielsetzung des Ausgleichs kurzfristiger Nachfrageschwankungen. Da die langfristigen Pläne der ausländischen Exporteure durch Dritte nicht verbindlich überprüfbar sind, sind vorsorgliche Antidumpingmaßnahmen gerechtfertigt. 5. Ferner gibt es Marktverteidigungsdumping. auf der Basis von Unterkostenverkäufen. Entscheidend ist hier für einen ausländischen Produzenten der Abschreckungseffekt des Dumpings für potentielle Wettbewerber. Lassen sich Markteinsteiger auf diese Weise vom Exportmarkt fernhalten, so können – wie anhand von dynamischen Modellen gezeigt werden kann – Marktrenten erzielt 168
Vgl. Conrad, Christian A. (1998). Eine Ausnahme bildet die Preispolitik bei der Deckungsbeitragsrechnung (vgl. den nächsten Absatz). 170 Vgl. Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1995), S. 1568. 0 Vgl. Fleischer, Holger (1995), S. 804. 169
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
werden. Es handelt sich somit um durch Dumping strategisch gesetzte Marktzutrittsschranken.171 Da es sich in diesem Fall nicht nur um kurzfristiges Dumping handelt, sondern auch um eine nachhaltige Wettbewerbsbeschränkung, sind Antidumpingmaßnahmen – sofern keine besser geeigneten Instrumente zur Verfügung stehen – geboten. 6. Kommt es zu einer Aufwertung der Währung des exportierenden Unternehmens, kann es für das Unternehmen sinnvoll sein, den Verkaufspreis in ausländischer Währung trotz der Aufwertung der eigenen Währung nicht zu erhöhen, um keine Marktanteile zu verlieren (Aufwertungsdumping).172 Mit dieser Preispolitik blockiert der Exporteur den Mechanismus der Wechselkurse zum Ausgleich von Handelsbilanzungleichgewichten und unterschiedlicher Wettbewerbsfähigkeiten der am Handel beteiligten Länder. Würden viele exportierende Länder Aufwertungsdumping betreiben, bliebe die relative Unterbewertung der Währung des Exporteurs bestehen, was eine Verzerrung der realen Güteraustauschrelationen und damit auch eine Verschlechterung der internationalen Ressourcenallokation zur Folge hätte. Der Wettbewerbsnachteil der Überbewertung für die anderen exportierenden Branchen, die im Ausfuhrland nicht dumpen, weil sie ihre Preise erhöht haben, bliebe bestehen. Auch dieses Dumping muss das Unternehmen als Verkauf unter Herstellungskosten finanzieren, da es für die Exporte weniger Erlöse in eigener Währung bekommt. Sind die Wechselkursänderungen durch langanhaltende realwirtschaftliche Trends verursacht, wird das Unternehmen deshalb über kurz oder lang seine Preise erhöhen. Bei nur kurz anhaltenden Wechselkursänderungen wird das Unternehmen die Auslandspreise beibehalten, um seine Marktposition nicht zu gefährden, weshalb es sich auch hierbei um kurzfristiges Dumping handelt und Antidumpingmaßnahmen angebracht sein können. bb) Verkauf unter dem Preis auf dem Inlandsmarkt 1. Ist der Anbieter Monopolist auf dem in- und dem ausländischen Markt173, und ist die Preiselastizität der Nachfrage auf dem ausländischen Markt höher, wird er – wie im Folgenden gezeigt wird – den Preis dort niedriger ansetzen als auf dem inländischen Markt (Preisdifferenzierung). Im Monopol wird ein gewinnmaximierendes Unternehmen den Preis so setzen, dass er gleich den Grenzkosten ist. Der Grenzerlös hängt negativ von der Nachfrageelastizität ab. Das Gewinnmaximum erreicht der monopolistische Anbieter, wenn auf allen Absatzmärkten der Grenzerlös gleich den Grenzkosten ist. Es gilt somit: 172 Vgl. Feinberg, Robert M. (1989) sowie Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 11. 173 Gleiches gilt, wenn der Produzent Mitglied eines Exportkartells in dem ausländischen Markt und Monopolist im inländischen (Import-)Markt ist.
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GE1 GE2 . . . GEn GK
unter Berücksichtigung der Nachfrageelastizitäten nach der Amoroso-RobinsonBeziehung: p1
1 1=1 p2
1 1=2 . . . pn
1 1=n
und für je zwei Teilmärkte i und k gilt: pi =pk
1 1=k =
1 1=i
Bei gleichen Elastizitäten setzt der Monopolist folglich auch die Preise auf den Absatzmärkten gleich.174 Langfristig kann ein Unternehmen deshalb nur dann unterschiedliche Preise auf dem ausländischen und dem inländischen Markt fordern, wenn die Nachfrageelastizitäten verschieden sind. Niedriger wird der Preis auf dem ausländischem Markt sein, wenn dort die Nachfrageelastizität höher ist, womit der Dumpingtatbestand gegeben ist (Preisdifferenzierungsdumping). Es ist davon auszugehen, dass Nachfrageelastizitäten langfristig stabil sind, weshalb diese Form des Dumpings keine Schädigung, sondern einen Wohlfahrtszugewinn für das importierende Land darstellt.175 2. Generell muss ein Anbieter auf einem Markt vollkommener Konkurrenz seinen Preis senken, wenn sich die Nachfrage nachhaltig verringert. Das gleiche gilt für den Exporteur auf dem ausländischen Markt für den oben beschriebenen Fall bei gleichen Preiselastizitäten. Unterliegt die Nachfrage dort Schwankungen, so wird der Exporteur seinen Preis auf dem Exportmarkt der Nachfrage anpassen und gegebenenfalls unter den Preis auf dem Inlandsmarkt senken, sofern er sich zumindest mittelfristig durch eine Präsenz auf dem ausländischen Markt besserstellt als bei einen Verzicht auf den Absatzmarkt (Nachfrageschwankungsdumping). Ausgehend von dem Zeithorizont des Exporteurs handelt es sich bei dieser Form des Dumpings somit ebenfalls um schädigendes kurzfristiges Dumping, was Antidumpingmaßnahmen prinzipiell rechtfertigt.176 3. Auch eine Nutzung der Marktstellung im Land des Produzenten (Marktstellungsdumping) ist denkbar. Verfügt der Anbieter auf den ausländischen Märkten nicht über ein Monopol, so tritt er als zusätzlicher Anbieter auf einem polypolistischen Markt auf und muss den dortigen niedrigeren Preis als gegeben akzeptieren. Bei diesem Fall zeigt sich am deutlichsten, dass Dumping nicht per se mit „unfairem Wettbewerb“ gleichzusetzen ist und auch nicht zwangs174 Vgl. Corden, W. M. (1978); Caves, R. E./Jones, R. W. (1999), 197 ff; Stobbe, Alfred (1989), S. 200 f sowie OECD (2000b), S. 34. 175 Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 118 sowie Conrad, Christian A. (2001), S. 567. 176 Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 118 und 121.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
weise eine Schädigung des importierenden Landes zur Folge haben muss. Antidumpingmaßnahmen sind nur in den beschriebenen Fällen des kurzfristigen Dumpings und dann auch nur in Relation zur Schädigung des Importlandes zu rechtfertigen.177 Antidumpingmaßnahmen sollen die Schädigung des Importlandes, die durch das Dumping hervorgerufen wurde, verhindern. Wir wollen nun im Folgenden untersuchen, inwiefern die Antidumpingverfahren der nationalen Behörden die schädigenden Wirkungen des Dumping ausgleichen, eventuell überkompensieren, also als Importrestriktionen wirken oder sogar als protektionistisches Instrument bewusst eingesetzt werden. b) Das nationale Antidumpingverfahren In den meisten Ländern hat sich bei den Antidumpingverfahren der folgende Ablauf eingespielt: In der Regel beantragt die inländische Industrie178 die Einleitung eines Antidumpingverfahrens bei der zuständigen nationalen Behörde. Die Behörde prüft zunächst, ob die von den Klägern eingereichten Dumpingbeweise für die Einleitung eines Antidumpingverfahrens ausreichend sind. Ist dies der Fall, so vergleicht sie im Rahmen der Dumpinganalyse den Exportpreis mit dem modifizierten Preis auf dem Binnenmarkt des Ausfuhrlandes. Basis sind die Produkte des produzierenden Unternehmens mit dem größten Marktanteil. Der Preis des Produktes im Ausfuhrland wird um die Transportkosten und sämtliche mit dem Export verbundenen Kosten erhöht und ergibt so den so genannten Normalwert. Unterschreiten die Exportpreise den Normalwert nicht um eine Mindestmarge, dann wird das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt (de-minimis-Kriterium). Bei unzureichenden Verkäufen des Produkts im Ausfuhrland oder bei Nicht-Vorherrschen von normalen Marktbedingungen im Ausfuhrland, wie dies z. B. bei Staatshandelsländern der Fall ist, kann auf Drittlandsverkaufspreise zurückgegriffen werden. Ist auch dieses Verfahren zur Bestimmung des Normalwertes nicht geeignet, so kann der Normalwert rechnerisch ermittelt werden, was in der Praxis überwiegt.179 Der rechnerisch ermittelte Normalwert entspricht der Summe aus Material- und Herstellungsstückkosten, anteiligen Gemeinkosten und einer Mindestgewinnspanne, die auf diese Summe aufgeschlagen wird (kalkulierter Normalwert, Kostenkriterium). Die Differenz zwischen Normalwert und Exportpreis ergibt die Dumpingspanne. In 177
Vgl. Conrad, Christian A. (2001), S. 565. Jeder betroffenne Wirtschaftszweig; bzw. jede natürl. oder jurist. Person oder Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit, die in Namen eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft handelt, ist antragsberechtigt. 179 Beispielsweise basierten mehr als zweidrittel der EU-Antidumpingverfahren zwischen 1980 und 1985 auf dem rechnerisch ermitteltem Normalwert. Vgl. Messerlin, Patrick A. (1995), S. 43. 178
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der anschließenden180 Schädigungsanalyse wird untersucht, ob durch die Importe eine Schädigung stattfand, droht oder ein inländischer Wirtschaftszweig im Aufbau behindert wird.181 Unterschreitet der Marktanteil der Importe im Importland einen Mindestanteil (de-minimis-Kriterium), so wird eine bedeutende Schädigung ausgeschlossen und das Verfahren abgebrochen. Das Antidumpingverfahren ist in zwei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt wird nach einer vorläufigen Dumping- und Schädigungsfeststellung ein vorläufiger Antidumpingzoll erhoben, um möglichst schnell auf Dumpingeinfuhren reagieren zu können. Anschließend werden in einem zweiten Verfahrensabschnitt endgültige Dumping- und Schädigungsuntersuchungen durchgeführt, die bei positivem Ausgang zu einem endgültigen Antidumpingzoll führen, den der Importeur bei der Einfuhr zu entrichten hat. Es entspricht somit in den Verfahrensschritten den bereits dargestellten Antisubventionsverfahren.182 Beispielsweise initiierten die USA im Zeitraum von 1980 bis 1994 über 700 Antidumpingverfahren, von denen ca. ein Viertel der Fälle aufgrund einer freiwilligen Preisverpflichtung oder einem Selbstbeschränkungsabkommen beigelegt wurden. (Anm.: Die Hälfte der verbleibenden Fälle lehnten die Antidumpingbehörden ab, die Hälfte hiervon aufgrund mangelndem Schädigungsnachweis.) Die Antidumpingzölle lagen durchschnittlich bei 40 %, betrugen in Einzelfällen aber auch bis zu 200 %.183 Letztlich ist somit vor allem der Schädigungsnachweis für den Ausgang eines Verfahrens entscheidend.184 Gäbe es kein eigenständiges WTO-Antidumpingübereinkommen, würden die nationalen Antidumpingverfahren wegen der Ungleichbehandlung von Dumping ausländischer und inländischer Hersteller gegen das Inländerprinzip und aufgrund der Selektivität der Antidumpingmaßnahmen in Bezug auf die betroffenen Länder und Unternehmen auch gegen das Prinzip der Meistbegünstigung verstoßen.185 Die Antidumpingzölle wirken indirekt als Antisubventionszölle, wenn der Normalwert auf der Grundlage der Herstellungskosten berechnet wird und die ausländischen Unternehmen mit Erhaltungssubventionen unterhalb ihrer Durch180 Bei der EU werden nach Art. 6 Abs. 1 GrundVO Dumping und Schädigung gleichzeitig untersucht. 181 Vgl. Küng, Emil (1975); Kulms, Rainer (1988), S. 168 ff; Lindsey, Briak (2000), S. 5 f; Khoman, Sirilaksana (1998), S. 82 ff sowie Park, Sung-Kwan (1998), S. 81 ff. 182 Vgl. Park, Sung-Kwan (1998), S. 141 ff; Theuringer, Martin (2003), S. 42 f sowie Blonigen, Bruce A. (2003), S. 4 ff. 183 Vgl. Prusa, Thomas J. (2001), S. 59 f und 602; Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 23 sowie Jackson, John H. (2000), S. 259 f. 184 Andere Untersuchungen kommen beispielsweise für den Zeitraum von 1980–89 auf 158 von 221 US-Antidumpingverfahren, die wegen mangelndem Schädigungsnachweise abgelehnt wurden. Vgl. Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1995), S. 1568. 185 Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994), S. 214.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus Verfahrensschritt 1. Antrag auf Antidumpingverfahren
Akteur inländischer Produzent
2. vorläufige 5. endgültige Dumpinganalyse nationale Behörde* 3. vorläufige 6. endgültige (Handelsministerium) Schädigungsanalyse 4. vorläufiger 7. endgültiger Antidumpingzoll (auf spezifische Importgüter des ausländischen Produzenten bzw. Importeurs) * In den USA wird die Dumpinganalyse von der International Trade Administration und die Schädigungsanalyse separat von der unabhängigen International Trade Commission durchgeführt.
Abbildung 4: Der Verfahrensablauf von Antidumpingverfahren
schnittskosten anbieten. Antidumpingverfahren würden dann beispielsweise auch die mit Forschungs- und Entwicklungssubventionen überhäufte amerikanische Flugzeugindustrie und die subventionierte US-Landwirtschaft treffen.186 Die Durchführung der nationalen Antidumpingverfahren unterliegt einem internationalen Verhaltenskodex, dem Antidumpingabkommen (Agreement on Implication of Article VI of the Gerneral Agreement on Tariffs and Trade 1994). Im Folgenden soll untersucht werden, ob dieser Kodex gewährleisten kann, dass die Wettbewerbsverzerrungen, die durch Dumping hervorgerufen werden, durch die nationalen Antidumpingmaßnahmen ausgeglichen werden können. Des Weiteren soll untersucht werden, ob verhindert werden kann, dass die Anwendung der Antidumpingverfahren durch die nationalen Behörden den Ausgleich der Schädigung überkompensieren und damit wettbewerbsverzerrende und protektionistische Wirkungen hervorrufen. c) Das internationale Antidumpingübereinkommen aa) Die Änderungen im Rahmen der Uruguay-Runde mit protektionistischer Wirkung Die Formulierungen des 1979 zuletzt im Rahmen der Tokio-Runde geänderten GATT-Antidumpingübereinkommens waren sehr allgemein und ungenau. Dies führte in der Praxis zu sehr unterschiedlichen Auslegungen der jeweiligen Bestimmungen durch die Unterzeichnerstaaten und in Folge zu erheblichen Auseinandersetzungen über die korrekte Auslegung und Anwendung der GATT186
Vgl. Kawahito, Kiyoshi (1982), S. 162.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Bestimmungen. Die Unterzeichnerstaaten führten folgende grundsätzliche Mängel an: 1. Eine mangelnde Transparenz der Verfahren sowie unzureichende Verteidigungs- und Einspruchsrechte der Beklagten vor den Antidumpingbehörden, 2. Auslegungen des GATT-Antidumpingübereinkommens durch einzelne Unterzeichnerstaaten, die dem Vertrag widersprachen und eine unzureichende Verfolgung dieser Vertragsverletzungen sowie 3. das Fehlen eines effektiven Streitbeilegungsverfahrens.187 Diese Mängel, die gestiegene Bedeutung von Antidumpingmaßnahmen und die Tatsache, dass immer mehr Länder Antidumpinggesetze einführten188, veranlasste viele Unterzeichnerstaaten, eine Neuverhandlung des 1979er Codes zu fordern. Die EU und die USA hingegen versuchten, als zwei der Hauptanwender von Antidumpingverfahren, eine Schwächung ihrer Antidumpinggesetze durch eine Änderung des GATT-Antidumpingübereinkommens zu verhindern. Zu diesem Zweck schlossen sie einen Verhandlungspakt („1989 Non-AgressionPact“), in dem sie sich verpflichteten, ihre Positionen gegenseitig zu unterstützen. Hinter den Regierungen standen als Interessengruppen die Importschutz suchenden Industriezweige wie z. B. die amerikanische Stahlindustrie.189 Im Gegensatz zum Antidumpingübereinkommen der Tokio-Runde, der nur für die Unterzeichner des Antidumpingübereinkommens galt, ist das neue Kodex für alle Mitglieder der im Rahmen der Uruguay-Runde geschaffenen WTO verbindlich.190 Das Antidumpingübereinkommen erzwingt somit die Ausrichtung der nationalen Antidumpinggesetze auf einen internationalen Standard, auf den man sich im Rahmen der Uruguay-Runde geeinigt hat, und schafft dadurch eine einheitliche Grundlage für alle Antidumpingverfahren. Diese Regelung verhindert damit ein Free-Rider-Verhalten, bei dem ein Staat von der Transparenz und Ausgewogenheit der Antidumpingverfahren der Kodex-Unterzeichnerstaaten profitiert, ohne sein eigenes Antidumpinggesetz an diesen Bedingungen ausrichten zu müssen. Anderenfalls könnte er von dem öffentlichen Gut Freihandel profitieren, ohne dass er die protektionistische Schutzwirkung seiner nationalen Antidumpingverfahrensregelung aufgeben müsste. Ferner wurden die Bestim187 Vgl. United States – General Accounting Office (1994), S. 77 sowie Conrad, Christian A. (1998), S. 264 f. 188 1994 verfügten 36 Länder über ein eigenes Antidumpinggesetz, und 16 weitere erwägten oder planten, es in nächster Zeit einzuführen. Vgl. United States – General Accounting Office (1994), S. 77. 189 Vgl. Horlick, Gary N. (1993), S. 5 sowie Metal Bulletin Monthly, May 1994, S. 12. 190 Vgl. United States – General Accounting Office (1994), S. 75 sowie zur Verhandlungsgeschichte des Antidumpingübereinkommens 1994 Horlick, Gary N./Shea, Elenor C. (1995), S. 5–31.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
mungen des Antidumpingübereinkommens aus dem Jahre 1979 grundlegend geändert und erweitert. Die meisten Änderungen durch die Uruguay-Runde erhöhten die Klarheit und Ausgewogenheit des Antidumpingübereinkommens.191 Insbesondere wurde das Streitschlichtungsverfahren wie beim Antisubventionsverfahren verbessert aber auch einige Praktiken der nationalen Antidumping-Behörden zum Nachteil der ausländischen Exporteure legalisiert192: 1. Passiert die importierte Ware, bevor sie auf dem Exportmarkt angeboten wird, eine Handelsniederlassung oder andere mit dem Exporteur verbundene Unternehmen, so ermöglicht das neue Antidumpingübereinkommen193, dass für jede Stufe von der untersuchenden Behörde eine fiktive Gewinnspanne errechnet und vom Exportpreis abgezogen wird, was die Dumpingspanne erhöht. Dies ist insofern eine Änderung, als zuvor nur einzelne Staaten eine Gewinnmarge vom Exportpreis abgezogen haben. Da dieses Berechnungsverfahren die Wahrscheinlichkeit einer Dumpingfeststellung erhöht, ist davon auszugehen, dass in Zukunft auch die anderen Staaten bei ihrer Dumpinganalyse auf dieses Verfahren verstärkt zurückgreifen werden. 2. Die Auslegungsspielräume der untersuchenden nationalen Behörde bei der Kalkulation des Normalwertes stellen eine der bedeutendsten Benachteiligungen der angeklagten ausländischen Hersteller in den Antidumpingverfahren dar. Als Beispiel diene das amerikanische Antidumpingverfahren: Falls die ausländischen Hersteller ihre Daten nicht zur Verfügung stellen wollen, sie nicht rechtzeitig oder in einer nicht zufriedenstellenden Form bereitstellen, oder falls sie die Untersuchungen in irgend einer anderen Art und Weise behindern, sind ITA (International Trade Administration) und ITC (International Trade Commission194) angehalten, auf die besten verfügbaren Informationen zurückzugreifen („facts available“ oder „best information available“195, US Trade Act von 1979). Die zur Verfügung stehenden Informationen sind jedoch in der Regel die Daten aus den Anklageschriften der amerikanischen Hersteller. Diese wurden jedoch von den Rechtsanwälten der amerikanischen Produzenten als Klage-
191
Vgl. auch Conrad, Christian A. (1998). Vgl. Conrad, Christian A. (1998). 193 Vgl. AIA VI, Art. 2, Abs. 2.3. 194 Die internationale Handelskommission (ITC) ist eine von Präsident und Kongress unabhängige Institution. Sie besteht aus sechs Kommissaren, die für neun Jahre nach der Zustimmung des Kongresses vom amerikanischen Präsidenten ernannt werden. Die ITC entscheidet mit einfacher Mehrheit. Vgl. Devault, James M. (1993), S. 465. 195 Mittlerweile beruhen ca. ein Drittel aller Dumpingfeststellungen der ITA auf „best information available“. Die Dumpingmargen fallen auf dieser Informationsbasis 35–65% höher aus. Vgl. Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 23. 192
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schrift zusammengestellt. Folglich sind sie subjektiv und zum Nachteil der ausländischen Produzenten ausgerichtet.196 Die untersuchende Behörde muss jetzt prüfen, ob es dem Exporteur möglich war, die eingeforderten Informationen zu erbringen. Stellt sie fest, dass der Exporteur bereit war, zu kooperieren, muss sie alle ihr verfügbaren Fakten in ihre Untersuchung einbeziehen.197 Wenn die Behörde jedoch feststellt, dass der Exporteur nicht kooperiert, kann sie die Fragebögen ablehnen und wie zuvor auf die verfügbaren Informationen zurückgreifen. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass diese Vorschrift objektiv umgesetzt wird, da nicht angenommen werden kann, dass die untersuchenden nationalen Behörden die Interessen der ausländischen Industrie mit denen der inländischen Industrie gleichsetzen werden. Hinzu kommt, dass die Auslegungsbestimmungen dieser Vorschrift im Annex II des neuen Antidumpingübereinkommens so viele Ausnahmen und mehrdeutige Regelungen enthalten, dass die untersuchende Behörde letzten Endes wieder frei in der Entscheidung ist, welche Informationen sie anerkennt. 3. Die US ITC war dazu übergegangen, in der Schädigungsanalyse die Wirkungen der Importe zusammen zu betrachten (zu kumulieren), gegen die Antidumpingklagen von den Klägern am gleichen Tag eingereicht worden waren. Diese Vorgehensweise erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Schädigungsfeststellung erheblich198 und führte dazu, dass die amerikanischen Kläger ihre Antidumpingklagen bündelten und zusammen einreichten. Das Vorgehen der USA war nicht durch das alte GATT-Antidumpingübereinkommen gedeckt und deshalb Ansatzpunkt erheblicher Kritik der anderen Unterzeichnerstaaten. Ein Ziel der USA innerhalb der Verhandlungen der Uruguay-Runde war es daher, ihre Vorgehensweise durch den neuen Kodex bestätigen zu lassen, was auch gelang.199 Es ist anzunehmen, dass die Legalisierung der Kumulation im neuen Antidumpingübereinkommen auch andere Staaten veranlassen wird, die Schädigungswirkungen der Importe zu kumulieren, was zu vermehrten Schädigungsfeststellungen führen wird. 4. Als Untergrenze für eine denkbare Schädigung (de-Minimis-Kriterium) wurde ein Mindestanteil der Importe an den Gesamtimporten von 3% festge196 Vgl. van Bael, Ivo (1990), S. 20; Lindsey, Brink (2000), S. 7; Kawahito, Kiyoshi (1982), S. 157 ff; Conrad, Christian A. (1999), S. 123 f sowie Blonigen, Bruce A. (2003), S. 6 f. 197 AIA VI, Art. 6.8 sowie Annex II. Diese Auslegung entspricht auch der Entscheidung des GATT-Panels im Fall der Einfuhren aus der EU von eisen- und wismuthaltigem Stahl. Vgl. Inside Trade vom 21.10.1994, S. 9. 198 Eine Schätzung besagt, dass im Zeitraum von 1985 bis 1989 ca. 50% der Schädigungsfeststellungen der U.S. ITA auf Kumulation zurückzuführen sind. Vgl. Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 22. 199 Vgl. Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 22; AIA VI, Art. 3, Abs. 3.3 sowie United States – General Accounting Office (1994), S. 72.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
setzt.200 Die Mindestmargen, die die Staaten hierfür bisher ansetzten, schwanken von 1% (EU und USA) bis 10% Marktanteil (Australien).201 Dies könnte bedeuten, dass die Schädigungsfeststellung und damit auch der endgültige Antidumpingzoll unwahrscheinlicher wird. Jedoch gibt es eine Ausnahmeregelung, die eine Kumulation der Importe auch dann erlaubt, wenn der jeweilige Importanteil unter 3% liegt, sofern die Importe zusammen einen Importanteil von mehr als 7% ausmachen. Dies wird die Tendenz, Antidumping- und Antisubventionsklagen gebündelt einzureichen, verstärken. 5. Der berechnete Normalwert wurde bisher – wie beispielsweise von den USA – durch die Material- und Herstellungsstückkosten plus mindestens 10% Gemeinkosten zuzüglich einer Mindestgewinnspanne von 8% des vorher errechneten Wertes ermittelt.202 Dies bedeutet für eine Industrie mit degressivem Stückkostenverlauf, wie beispielsweise die Stahlindustrie, dass sie bei konjunkturellen Absatzrückgängen in Folge der steigenden Stückkosten gezwungen ist, die Preise auf dem amerikanischen Markt zu erhöhen, damit die Herstellungskosten die Exportpreise nicht übersteigen.203 Auch der Gewinnaufschlag von 8% auf die Produktionskosten ist für die Stahlindustrie als unrealistisch hoch einzustufen. Beispielsweise betrug der bisher höchste Gewinnanteil an den Produktionskosten bei der amerikanischen Stahlindustrie 9% und bei der japanischen Stahlindustrie 4,4%. Berücksichtigt man noch die Frachtkosten und die anderen Exportkosten, die bei der Normalwertberechnung auf die Herstellungskosten aufgeschlagen werden, so ergibt sich eine deutliche Verzerrung zu Lasten der angeklagten Ausführer.204 Die EU berechnete daher bisher die Gewinnmarge für jedes Produkt und jeden Ausführer getrennt und veranschlagte auf dieser Grundlage im Durchschnitt eine Marge von 3 bis 10%.205 Die neue Antidumpingregelung206 bestimmt, dass keine Pauschalwerte auf die Herstellungsstückkosten aufgeschlagen werden dürfen, sondern die untersuchende Behörde die Werte auf der Grundlage des individuellen Falls schätzen muss. Prinzipiell scheint die Abschaffung von pauschalen Gewinnmargen und Gemeinkosten die Anpassung der Margen an den Einzelfall zu gewährleisten und damit die Einzelfallgerechtigkeit zu erhöhen. Jedoch bedeutet dies gleichzeitig, dass der Ermessensspielraum der untersuchenden Behörde nicht eingegrenzt ist, was ten200 Vgl. AIA VI, Art. 5, Abs. 5.8 sowie Das Gupta, Mitali (2001), S. 54. Gerade die Entwicklungsländer fühlen sich hier benachteiligt, da ihnen trotz eines kleinen Anteils an den Importen im Rahmen der Kumulation eine Schädigung vorgeworfen wird. Das Gupta, Mitali (2001), S. 52; Debroy, Bibeck (2002), S. 264 f sowie Roitinger, Alexander (2002), S. 14. 201 Vgl. Horlick, Gary N. (1993), S. 14. 202 Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 124 ff. 203 Vgl. Mueller, Hans/van der Ven, Hans (1982), S. 263 f. 204 Vgl. Kawahito, Kiyoshi (1982), S. 157. 205 Vgl. van Bael, Ivo (1990), S. 11. 206 Vgl. AIA VI, Abs. 2.2.2.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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denziell zu einer Benachteiligung der ausländischen Ausführer führen wird. Die untersuchende Behörde wird kaum in der Lage sein, alle für die Feststellung der Margen benötigten Informationen zu ermitteln.207 Es ist davon auszugehen, dass sie sich im Zweifelsfall nicht gegen die Interessen der eigenen Industrie entscheiden wird. 6. Die untersuchende Behörde überprüfte bisher in der Regel nicht, ob die Antidumpingklagen von der inländischen Industrie unterstützt wurden, sondern setzte dies voraus. Das neue Antidumpingübereinkommen bestimmt, dass die Behörde Untersuchungen anstellen muss, um die Einstellung der inländischen Industrie zu den Antidumpingverfahren festzustellen. Die Unterstützung des Verfahrens durch die inländische Industrie wird angenommen, wenn die inländischen Produzenten des betroffenen Produkts, die für die Durchführung des Antidumpingverfahrens sind, mehr als 50% der inländischen Produktion auf sich vereinen (Art. 5 Abs. 5.4 AIA). Betrifft die Unterstützung weniger als 25%, so wird das Antidumpingverfahren nicht eingeleitet. Liegt der Unterstützungsanteil zwischen 25 und 50%, so trägt das Verfahren zwar nicht den Beinamen „im Namen der heimischen Industrie“ („on behalf of the domestic industry“), wird aber trotzdem unverändert durchgeführt. Darüber hinaus finden sich im neuen GATT Bestimmungen, nach denen festgestellt werden kann, welche Unternehmen zur heimischen Industrie zu zählen sind.208 Prinzipiell ist die Feststellung der Interessen der inländischen Industrie bezüglich des anstehenden Antidumpingverfahrens ein Schritt in die richtige Richtung, um zu verhindern, dass einzelne Branchen auf Kosten der Wohlfahrt der gesamten Volkswirtschaft durch Antidumpingklagen Importe verteuern oder blockieren. Diese Regelung begünstigt aber nicht nur hochkonzentrierte inländische Branchen, da hier die Transaktionskosten eines gemeinsamen Vorgehens gegen die ausländische Konkurrenz gering sind, sie macht auch vor der Zielsetzung, den inländischen Markt zu schützen, angesichts der Produktionsstätten, die ausländische Produzenten heute im importierenden Land besitzen, wenig Sinn. Im Gegenteil, diese Produktionsstätten können unter dem Antidumpingrecht als inländische Produzenten auftreten und gegen die Importkonkurrenz anderer „Ausländer“ Antidumpingklagen einreichen.209 Diese neue Regelung dient auch nicht der Berücksichtigung der Interessen der privaten oder industriellen Verbraucher des von der Antidumpingklage betroffenen Produkts – was zu wünschen gewesen wäre –, sondern ausschließlich der Ermittlung der Interessen der Produzenten. Es ist deshalb anzunehmen, dass 207 Man denke hier beispielsweise an die Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten, die bei der Aufteilung von Gemeinkosten auf einzelne Produkte entstehen. 208 Vgl. AIA VI, Art. 5, Abs. 5.4 sowie AIA VI, Art. 4; Conrad, Christian A. (1999), S. 123 f sowie Debroy, Bibeck (2002), S. 260. 209 Vgl. Messerlin, Patrick (1995), S. 42.
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
diese Regelung eingeführt wurde, um die Haltung der inländischen Industrie und damit auch das nationale Interesse besser bestimmen zu können. Dies ist insofern für die Staaten von Bedeutung, da aufgrund der zunehmenden internationalen Verflechtung durch multinationale Kooperationen, Joint Ventures, Beteiligungen und dergleichen die nationale Zugehörigkeit eines Unternehmens nicht mehr so leicht zu erkennen ist.210 bb) Die Schwachstellen des Antidumpingübereinkommens und einige Reformvorschläge In den dargestellten Fällen wurden bisher nicht GATT-konforme Praktiken nationaler Antidumpingbehörden durch das neue Antidumpingübereinkommen zum Nachteil der Ausführer legalisiert, oder es wurden für die nationalen Behörden neue Möglichkeiten zur Benachteiligung geschaffen. Trotz der ansonsten zahlreichen Verbesserungen des Antidumpingübereinkommens bestehen allerdings immer noch weitere zahlreiche Unzulänglichkeiten fort, die die Dumpingund Schädigungsanalyse zum Nachteil der ausländischen Produzenten verzerren. Im folgenden Abschnitt werden einige Ergänzungsanregungen dargestellt, die die Schieflage des Antidumpingübereinkommens verringern sollen.211 (1) Dumpinganalyse Ein Dumpingtatbestand ergibt sich bereits durch die uneinheitlichen Kostenverrechnungsvorschriften der untersuchenden nationalen Behörden, wie am Beispiel der EU deutlich gemacht werden soll. Die dem Exportgeschäft direkt zurechenbaren Kosten werden vom Ausfuhrpreis abgezogen, wohingegen Gemeinkosten oder Werbekosten vom Inlandspreis nicht abzugsfähig sind. Beispielsweise verkauft ein japanischer Stahlproduzent Produkte an seine Handelsniederlassungen in Japan und in der EU für jeweils 100 Euro. Die Handelsniederlassungen verkaufen anschließend den Stahl für jeweils 140 Euro an inländische Abnehmer weiter. Betragen die Gemein- oder Werbekosten des Anschlussgeschäftes z. B. 20 Euro, so zieht die EU-Kommission in der Dumpinganalyse 40 Euro vom EU-Verkaufspreis als direkt zum Exportgeschäft zurechenbare Kosten ab. Sie zieht jedoch vom japanischen Verkaufspreis lediglich jene 20 Euro ab, die nicht Gemein- oder Werbekosten sind. Sie kommt so zu einem Normalwert in Japan von 120 Euro gegenüber einem Ansatz für den EU-Exportpreis von 100, was einer Dumpingspanne von 20 Euro entspricht.212
210 211 212
Vgl. Conrad, Christian A. (1998), S. 270. Vgl. Conrad, Christian A. (1999), S. 125 f. Vgl. Schuknecht, Ludger (1992), S. 136 sowie van Bael, Ivo (1990), S. 7.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Das Beispiel zeigt, dass die Kostenrechnungsvorschriften in der Doha-Runde vereinheitlicht werden müssen. Dumping kann unter anderem als Folge einer Unterauslastung der Produktionskapazitäten entstehen, wie am Beispiel der Stahlindustrie bereits angedeutet wurde. Da ein Großteil der Stahlprodukte Vorprodukte für die Investitionsgüterindustrie darstellen, ist die Kapazitätsauslastung der Stahlindustrie stark konjunkturabhängig. Um trotz einer geringeren Kapazitätsauslastung die Fixkosten abdecken zu können, müsste die Stahlindustrie in Unterauslastungsperioden die Verkaufspreise erhöhen, was aber bei einer Nachfrageschwäche kaum durchführbar ist. Folglich sind die Unternehmen gezwungen, während dieser Zeit unter ihren Herstellungskosten zu verkaufen, demnach zu „dumpen“. Um einen aussagekräftigen berechneten Normalwert zu erhalten, müsste deshalb grundsätzlich zur Feststellung der Herstellungskosten innerhalb der Dumpinganalyse der Zeitraum eines vollständigen Konjunkturzyklus betrachtet werden213 oder von einer 85-prozentigen Auslastung ausgegangen werden. Darüber hinaus können die untersuchenden nationalen Behörden durch eine gezielte Auswahl der Verkaufspreise im Ausfuhrland einen Dumpingtatbestand künstlich schaffen. Übersteigen die Unterkostenverkäufe 20% an den Gesamtverkäufen im Ausfuhrland, ist die untersuchende Behörde nach der neuen Regelung nicht gezwungen, alle Verkaufspreise im Ausfuhrland zur Normalwertbestimmung heranzuziehen. Sie kann entweder auf den berechneten Normalwert ausweichen oder nur die Preise zur Normalwertbestimmung heranziehen, die oberhalb der Herstellungskosten liegen, wie dies beispielsweise die Vorgehensweise der USA ist („twisted price criterion“ oder auch „cost-of-production-test“), was zu einer Verzerrung bei der Dumpinguntersuchung zuungunsten der ausländischen Hersteller führt. Berechnet die ITA beispielsweise Herstellungskosten von 100 US-Dollar für eine Ware, die der Ausführer für 100 $ (zuzüglich Exportkosten) in den USA anbietet und stellt gleichzeitig auf dem ausländischen Markt Verkaufspreise von 80 $, 90 $, 110 $ und 120 $ fest, was einen Durchschnittspreis in Höhe der Herstellungskosten ergibt, so fallen die beiden erstgenannten Preise weg, weil sie unter den berechneten Herstellungskosten liegen, und die ITA errechnet eine Dumpingspanne von 15 $. Damit stellt sie Dumping fest, wo kein Dumping vorhanden ist.214 Eine GATT-Regelung, die vorschreibt, dass bei der Berechnung des Durchschnittspreises alle Preise einbezogen werden, und darüber hinaus den ausländischen Produzenten erlaubt, die Hälfte der Vergleichspreise in die Kalkulation einzubringen, würde eine solche Benachteiligung verhindern.
213
Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 135 ff. Vgl. Kawahito, Kiyoshi (1982), S. 161; Conrad, Christian A. (1998), S. 273; Debroy, Bibeck (2002), S. 268 sowie Blonigen, Bruce A. (2003), S. 8. 214
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
Die nationalen Behörden vergessen ferner oft, bei der Normalwertberechnung die Gemeinkosten zu berücksichtigen, die nicht direkt der Produktion des betroffenen Gutes zugerechnet werden können (zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungskosten sowie Abschreibungen), was zu einem zu geringen Normalwert und damit zu einer Dumpingfeststellung führen kann. Dies und die bereits angeführten Beispiele zeigen, dass der Willkür bei dem konstruierten Normalwert dringend durch einheitliche Berechnungsregeln begegnet werden muss. Zwar sollten gemäß Art. 2.2.1.1. des Kodexes alle Kosten, die die Behörde in den Dokumenten der Ausführer findet, in der Normalwertberechnung berücksichtigt werden, die Behörde muss sie allerdings nicht berücksichtigen, wenn sie nach ihrer Auffassung nicht repräsentativ sind.215 Bei unzureichenden Verkäufen des Produkts im Ausfuhrland oder bei NichtVorherrschen von normalen Marktbedingungen im Ausfuhrland, wie dies z. B. bei Staatshandelsländern der Fall ist, kann auf Drittlandsverkaufspreise zurückgegriffen werden. Hierbei ist auch auszuschließen, dass es sich bei den Drittlandspreisen um Dumpingpreise handelt. Das derzeitige Antidumpingübereinkommen bestimmt jedoch nicht, welche Drittlandsverkaufspreise bei der Normalwertkalkulation zugrunde gelegt werden sollen, weshalb letztlich die untersuchende Behörde in der Lage ist, ausschließlich die Verkaufspreise in Drittländern heranzuziehen, die oberhalb der Herstellungskosten liegen, was den Normalwert und damit auch die Dumpingmarge erhöht.216 Darüber hinaus soll die untersuchende nationale Behörde gemäß Art. 2.4.2. den gewichteten Durchschnitt der Normalwerte mit dem gewichteten Durchschnitt der Exportpreise vergleichen. Allerdings kann sie, wenn die Exportpreise aufgrund von regionalen oder zeitlichen Abweichungen oder unterschiedlichen Käufern nicht repräsentativ sind, auf einen Vergleich des gewichteten durchschnittlichen Normalwerts mit von ihr ausgewählten Exportpreisen ausweichen. Dies eröffnet den nationalen Behörden eine weitere Möglichkeit, die Dumpinganalyse zum Nachteil des Exporteurs durchzuführen.217 Eine Regelung im Antidumpingübereinkommen, die festlegt, dass bei der Bestimmung des Exportpreises alle Preise berücksichtigt werden müssen und die es ferner den Exporteuren erlauben würde, zur Ausgewogenheit weitere Verkaufspreise zu nennen, würde den hier möglichen Missbrauch eindämmen. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführungen erstaunt es wenig, dass die U.S. ITA bei ihrer Dumpinganalyse
215 vander Schueren diagnostiziert diesen zu weiten Ermessensspielraum in den neuen EU-Antidumpingverfahrensregelungen. Vgl. vander Schueren, Paulette (1996), S. 280. 216 Vgl. zu den neuen EU-Antidumpingverfahrensregelungen vander Schueren, Paulette (1996), S. 279 ff und zum US-Antidumpingverfahren Blonigen, Bruce A. (2003), S. 5 f. 217 Vgl. vander Schueren, Paulette (1996), S. 287; Conrad, Christian A. (1999), S. 127 sowie Debroy, Bibeck (2002), S. 269.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Tabelle 4 Anteil gewisser Kalkulationsgrundlagen bei der Dumpinganalyse USA (1995–98)
EU (1995–97)
Anzahl der Verfahren
durchschnittliche Dumpingmarge
Anzahl der Verfahren
durchschnittliche Dumpingmarge
5
3,2%
8
22,7%
Mix von Inlandspreis und konstruiertem Normalwert
33
14,2%
33
24,4%
Konstruierter Normalwert
20
25,1%
12
25,1%
Konstruierter Normalwert (Drittland) bei nicht normalen Marktbedingungen
47
40,0%
12
45,6%
Best-information-available
36
95,6%
2
74,5%
141
44,7%
67
29,6%
Inlandspreis
Alle Verfahren
Quelle: Messerlin, Patrick A. (2000), S. 169.
fast immer Dumping feststellt.218 Tabelle 4 zeigt abschließend die Bedeutung des konstruierten Normalwertes und der Best-information-available-Regelung: (2) Schädigungsanalyse Obwohl die Schädigung, die die Einführung eines Antidumpingzolls für die inländischen Verbraucher verursacht, die durch die Importe hervorgerufene Schädigung der inländischen Produzenten übersteigen kann, wird dies in der Schädigungsuntersuchung der nationalen Behörden nicht berücksichtigt.219 Art. 9.1 des Antidumpingübereinkommens bestimmt zwar, dass die von den nationalen Behörden erhobenen Antidumpingzölle nicht das Ausmaß der durch die Importe verursachten Schädigung übersteigen sollen, es fehlt allerdings eine klare und verbindliche Vorgabe zur Festlegung der Zölle, weshalb die nationa218
Vgl. Blonigen, Bruce A./Prusa, Thomas J. (2001), S. 22 f. Gemäß dem EU-Antidumpingrecht ist die EU-Kommission gehalten, bei ihrer endgültigen Dumpingentscheidung allgemeine öffentliche Interessen, unter anderem Verbraucherinteressen, zu berücksichtigen. Jedoch hat sie in keinem der 903 Antidumpingverfahren in den 80er Jahren eine Antidumpingklage aufgrund der Schädigungswirkungen, die durch die Einführung eines Antidumpingzolls für die heimischen Verbraucher entstehen, abgewiesen. Vgl. Schuknecht, Ludger (1992), S. 137. 219
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
len Behörden derzeit die Zölle bis zur Höhe der Dumpingmarge maximieren können. Somit wären auch hier genauere Vorgaben dringend erforderlich.220 Das Antidumpingübereinkommen schreibt außerdem bei der Schädigungsanalyse nicht vor, dass die Importe eine bedeutende Ursache oder sogar die Hauptursache für eine Schädigung sein müssen. Diese Bestimmung wurde innerhalb der Tokio-Runde aufgegeben.221 Für eine positive Schädigungsfeststellung reicht deshalb der Nachweis aus, dass die Importe eine Ursache (unter anderen Ursachen) für eine bedeutende Schädigung der inländischen Industrie sind. So kann beispielsweise die festgestellte Schädigung überwiegend von der inländischen Konkurrenz, einem Strukturwandel, einem Konjunkturabschwung oder sogar Missmanagement verursacht worden sein, und trotzdem spielt dies für die Schädigungsfeststellung keine Rolle.222 USA und EU berücksichtigen in ihrer Schädigungsanalyse vor allem den Umfang der Einfuhren und ihre Auswirkungen auf die heimische Industrie, wie am Beispiel der Stahlindustrie gezeigt werden soll. Bei der Schädigungsbestimmung ist die Ausgangssituation der heimischen Stahlindustrie zum Zeitpunkt der Einfuhren entscheidend. Bei einer annähernden Kapazitätsauslastung oder einem allgemeinen Aufwärtstrend wird in der Regel eine Schädigung von der ITC verneint. Ausländische Stahlproduzenten wiesen des Öfteren auf die wesentlich bessere Situation und Wettbewerbsfähigkeit der nicht-integrierten Stahlproduzenten (Ministahlwerke) hin und beantragten eine getrennte Schädigungsanalyse, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Schädigungsfeststellung erhöht würde. Die ITC hat dies aber stets abgelehnt. Hierdurch erhöht sie die Wahrscheinlichkeit einer Schädigungsfeststellung. Als Schädigungsindikatoren für die Situationsentwicklung der letzten drei Jahre werden neben einer sinkenden Kapazitätsauslastung, Produktions- und Absatzrückgängen, fehlende Investitionserträge, zunehmende Arbeitslosigkeit und stagnierende Löhne herangezogen. Die ITC ist aber erst bereit, eine zunehmende Kapazitätsauslastung als eine entscheidende Situationsverbesserung anzuerkennen, wenn wieder die gleiche Kapazitätsauslastung wie zu Beginn des Untersuchungszeitraums vorliegt. Ein starker Anstieg der Einfuhren während des Untersuchungszeitraums kann als Schädigungsnachweis ausreichen.223 Die EU-Kommission rechtfertigte ihren Schädigungsnachweis beispielsweise mit der Krise der europäischen Stahlindustrie, den Umstrukturierungsbemühun220
Vgl. vander Schueren, Paulette (1996), S. 289 ff. Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 78 und 204 f sowie Jackson, John H. (2000), S. 268 f. 222 Vgl. Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1995), S. 1569; Kulms, Rainer (1988), S. 176 ff und 193 f sowie Conrad, Christian A. (1999), S. 127 f. Dies wurde bereits von den Entwicklungsländern kritisiert. Vgl. Das Gupta, Mistali (2001), S. 52. 223 Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 176 ff und 193 f; Conrad, Christian A. (1995) sowie Niels, Gunnar/Kate, Adriaan ten (1997), S. 33. 221
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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gen der EU und den Stahlimportvereinbarungen mit anderen Ländern, die sie nicht durch zusätzliche Importe gefährden wollte. Den für die Schädigung relevanten Zeitraum legt die EU-Kommission selber fest.224 Der Begriff Schädigungsuntersuchung ist folglich nicht als Untersuchung zu verstehen, ob die nachgewiesenen Dumpingeinfuhren zum Zeitpunkt der Einfuhr die heimische Industrie geschädigt haben, sondern vielmehr, ob die Vergabe von Antidumpingzöllen die kritische Situation der heimischen Industrie verbessern würde. Die Schädigung durch Importe wird in diesem Zusammenhang nicht nur als Verschlechterung der bestehenden Verhältnisse, sondern auch als eine Verringerung potenzieller Gewinne gesehen. Beispielsweise betrachtete die ITC die aufgrund der Antidumpingzölle gestiegenen Gewinne als Grundlage für die zur Umstrukturierung der amerikanischen Stahlindustrie notwendigen Investitionen. Die EUKommission teilte diese Sichtweise in Bezug auf ihre Stahlindustrie. Aufgrund dieser Auslegung fällt der Nachweis einer Schädigung durch Importkonkurrenz einer nichtwettbewerbsfähigen Industrie nicht schwer.225 Bei den Preisunterschreitungen ist es für die Dumpinguntersuchung unerheblich, ob ein Unternehmen selbst einen Preisunterbietungsvorstoß unternommen hat oder nur anderen Unternehmen gefolgt ist.226 Selbst wenn die Exporteure ihre Ausfuhrpreise beibehalten, können sinkende Preise trotzdem in Folge von Preiskämpfen zwischen inländischen Stahlproduzenten oder einem Stahlnachfragerückgang auftreten. Für ein Sinken der Stahlpreise aufgrund eines Überangebots ist noch nicht einmal ein Preisunterbieten der ausländischen Hersteller erforderlich.227 Von dem Moment an, in dem die EU-Kommission einen Preisverfall auf dem europäischen Stahlmarkt feststellt, verwendet sie zur Feststellung einer „signifikanten Preisunterbietung“ nicht mehr das aktuelle Marktpreisniveau, sondern einen fiktiven gewünschten Marktpreis, bestehend aus kalkulierten Produktionskosten und einem Gewinnaufschlag.228 Auch in anderen Ländern wird nicht berücksichtigt, ob sich der Exporteur bei der Preissetzung lediglich dem sinkenden inländischen Preisniveau angepasst hat. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung verwundert es wenig, dass bei Antidumpingverfahren im Gegensatz zu nationalen Wettbewerbsverfahren im Rahmen der Missbrauchsaufsicht weder der für die Importe relevante Markt im Importland abgegrenzt wird noch die Markt- bzw. Anbieterstrukturen berücksichtigt werden.229
224
Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 176 ff. Vgl. Park, Sung-Kwan (1998), S. 110 ff. 226 Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 191 ff sowie Knorr, Andreas (1999), S. 422 f. 227 Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 184 f. 228 Vgl. van Bael, Ivo (1990), S. 12 f; Conrad, Christian A. (1998), S. 267 sowie Das Gupta, Mistali (2001), S. 51. 229 Vgl. Hoeckman, Bernhard (1997), S. 386. 225
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B. Die WTO und der neue Protektionismus
Ausländische Stahlerzeuger dürfen Marktlücken, die durch den Rückzug von anderen ausländischen Stahlproduzenten entstehen, nur auffüllen, wenn die zusätzlichen Einfuhren nicht einen erhöhten Druck auf die Preise bewirken. Falls die Einfuhrpreise nach der Einführung eines Antidumpingzolls nicht ansteigen, muss der Importeur nachweisen, dass die Absorption des Antidumpingzolls auf eine Kostensenkung zurückzuführen ist. Gelingt ihm das nicht, geht die EUKommission davon aus, dass der Ausführer versucht hat, den Zoll durch erneutes Dumping aufzufangen und erhebt einen zusätzlichen Antidumpingzoll („anti-absorption duty“).230 Die Entscheidungen der ITC und der EU-Kommission lassen keine Unterscheidungskriterien zwischen drohender und vollendeter Schädigung feststellen. Hinsichtlich des Gesichtspunkts, ob eine Schädigung in der Zukunft droht, haben EU-Kommission und ITC ein Wahrscheinlichkeitskriterium bezüglich der Markteroberungsstrategien der Exporteure entwickelt. Für die Exportorientierung eines Landes gilt das Verhältnis von Kapazitäten zu Inlandsverbrauch als Maßstab. Wie auch immer, Untersuchungen unabhängiger Experten von 105 amerikanischen Antidumpingverfahren, die im Zeitraum von 1980 bis 1988 stattfanden, zeigten in nur 6 Fällen einen möglichen signifikanten Erlöseinbruch von mehr als 10% als Folge des Dumpings und in 88 Fällen konnte überhaupt keine Schädigung festgestellt werden.231 Alles in allem kommt der Antidumpingzoll einem Schutzzoll gleich, wenn neben einer der oben angesprochenen Schädigungsfeststellungen auch der Dumpingbefund nicht auf einer bewussten Preisunterbietung der ausländischen Produzenten beruht, sondern durch andere Umstände hervorgerufen wird. Es ist deshalb dringend erforderlich, dass die nationalen Behörden gezwungen werden, eine umfassende Wirkungsanalyse aufzustellen, die sowohl die Wirkung der Importe als auch die der Antidumpingzölle einschließt. Ferner sollte die alte Regelung, dass die Importe die Hauptursache der Schädigung sein müssen, wieder eingeführt werden. Um Subjektivität zu vermeiden, wäre es ratsam, diese Wirkungsanalyse von externen Gutachtern erstellen zu lassen. (3) Fehlende Regelungen im Antidumpingübereinkommen Im neuen Antidumpingübereinkommen findet sich weder eine Regelung, die die Verzinsung von zu hoch angesetzten Zöllen vorschreibt, noch eine Verpflichtung zur Verzinsung von vorläufigen Antidumpingzöllen, die wegen Abbruch des Antidumpingverfahrens zurückerstattet werden. Zur Zeit zahlen lediglich die USA, Deutschland und Kanada Zinsen für zu hoch angesetzte Zölle.232 230
Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 184 f sowie van Bael, Ivo (1990), S. 15. Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 175 und 200 sowie Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1995), S. 1569. 231
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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Liegen im Exportland keine normalen Marktbedingungen vor, so kann die untersuchende Behörde auf Verkaufspreise oder Kosten (konstruierter Normalwert) in einem Drittland ausweichen. Da sie bei der Wahl der Drittländer keine Vorgaben hat [Art. 7 (2)(a), AIA VI], ergibt sich für die Behörde auch hier ein weiter Berechnungsspielraum, den sie zum Nachteil der ausländischen Produzenten nutzen kann.233 Sowohl die USA als auch die EU sehen in ihren Antidumpingverfahren Anticircumvention-Zölle vor, um zu verhindern, dass die Antidumpingzölle dadurch umgangen werden können, dass die Endmontage des betroffenen Produkts nicht im Exportland, sondern in Drittländern oder im Importland stattfindet. Dies erscheint auf den ersten Blick plausibel, beinhaltet jedoch, dass Zölle auf Produkte erhoben werden können, die nicht einmal in einem Antidumpingverfahren geprüft wurden, was der Willkür der nationalen Behörden zusätzlichen Freiraum gibt. Auch muss keineswegs bei einer teilweisen Fertigung im Ausland das Motiv Dumpingzollumgehung vorliegen. Es macht beispielsweise Sinn, die Produktion entsprechend der komparativen Kostenvorteile der Länder zu verteilen. So ist es denkbar, dass nur die Montage im Importland oder in Drittländern erfolgt, wenn die Montagelöhne im Import- oder Drittland niedriger sind. Bei manchen Produkten mag es auch aus Sicherheits- oder Qualitätsgründen sinnvoll sein, die Montage im Importland durchzuführen. Der Einsatz von Montage oder Produktionsstätten im Ausland wird von Produzenten in der Regel unter strategischen und damit langfristig ausgerichteten Kalkülen als Direktinvestition gemäß der komparativen Kostenvorteile vorgenommen. Zölle auf die im Importland oder Drittland fertiggestellten Produkte verhindern somit die Ausnutzung von langfristig gesicherten Wohlfahrtstransfers durch das Importland. In den Anticircumvention-Zöllen der EU und USA kommt so gesehen die wettbewerbspolitische Widersprüchlichkeit der Antidumpingverfahren zum Ausdruck. So ist es insgesamt kaum verwunderlich, dass sich die Staaten in der Uruguay-Runde nicht auf einheitliche Regelungen für die Anwendung von Anticircumvention-Zöllen einigen konnten, was jedoch dringend erforderlich ist.234 Bei der Abgrenzung der vom Antidumpingverfahren betroffenen Produkte kommt es immer wieder vor, dass Produkte einbezogen werden, für die es keine inländischen Produzenten gibt, so dass für die Verbraucher Angebotsengpässe entstehen. Auch kann es während der Gültigkeit des Antidumpingzolls zu Nachfrageerhöhungen kommen, so dass die bereits durch den Antidumpingzoll belasteten Produkte einen zusätzlichen Preisanstieg erfahren. In diesen Fällen 232
Vgl. Horlick, Gary N. (1993), S. 11 sowie Conrad, Christian A. (1998), S. 275. Vgl. vander Schueren, Paulette (1996), S. 282. 234 Vgl. vander Schueren, Paulette (1996), S. 292 ff; Horlick, Gary N./Shea, Elenor C. (1995), S. 28; Vermulst, Edwin/Waer, Paul (1995), S. 72 ff; Palmeter, David (1995), S. 78 ff; Conrad, Christian A. (1999), S. 129; Dillon, Sara (2002), S. 288 f sowie Bronckers, Marco C. E. (1996), S. 77 ff. 233
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sollte es möglich sein, auf Antrag der Verbraucher die betroffenen Produkte von den Antidumpingzöllen freizustellen (Short-Supply-Regelung235). Darüber hinaus wäre eine Regelung zur Verhinderung des Missbrauchs von Antidumpingklagen (Anti-Harassment-Regelung) im neuen Antidumpingübereinkommen wünschenswert gewesen, wie am folgenden Beispiel gezeigt werden soll. Im Juni 1992 reichten die amerikanischen integrierten Stahlproduzenten bei der amerikanischen International Trade Administration (ITA) gleichzeitig 84 Antidumping- und Antisubventionsklagen ein. Die Interessenvertretung der europäischen integrierten Stahlproduzenten EUROFER warf aufgrund der Bündelung der Klagen den amerikanischen Unternehmen einen Missbrauch („Harassment“) des Antidumpingrechts vor.236 Wie schon erörtert, hat die Bündelung von Antidumpingklagen den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schädigungsfeststellung durch die ITC im Rahmen der Kumulation der Importwirkungen vergrößert wird. Auch ist anzunehmen, dass eine durch eine solche Klagenflut überlastete ITA die vorläufige Dumpinguntersuchung in dem fest vorgegebenen Zeitraum von 115 Tagen nicht so gewissenhaft durchführen kann und deshalb geneigt sein wird, einen vorläufigen Antidumpingzoll zu erheben, um sich noch alle Entscheidungsmöglichkeiten offen zu halten. Es ist schwierig, eine geeignete Regelung gegen einen solchen Missbrauch von Antidumpingklagen zu finden. Eine mögliche Lösung wäre, den Ausführern für den Fall, dass die Antidumpingklagen gegen sie abgelehnt werden, ein zeitlich und in der Höhe befristetes Dumping zu gestatten, und ihnen damit zumindest einen Wiedereinstieg in den Markt zu ermöglichen. Diese Regelung würde gleichzeitig das Risiko, das mit dem Einreichen von Antidumpingklagen für die inländische Industrie verbunden ist, erhöhen, was ihren Missbrauch weniger lukrativ machen würde. d) Antidumpingverfahren eine wettbewerbspolitische Lösung? Ausgehend von dem definierten Ziel einer Wettbewerbsordnung, international die effizienteste Produktion zu initiieren, wäre das Kostenkriterium der richtige Ansatz: das international kostengünstigste Unternehmen produziert am effizientesten. Hierbei stellt sich jedoch das Problem der objektiven Kostenermittlung. Wettbewerbsvorteile oder besser Kostenvorteile ausländischer Produzenten spielen im Antidumpingrecht nur dann eine Rolle, wenn es zu einer Berechnung des Normalwertes auf der Grundlage der Herstellungskosten des Ausführers 235 Auch Public Interest Clause genannt. Beispielsweise forderten Staaten wie Singapore, Korea, Hong Kong und China eine solche Regelung. Vgl. Das Gupta, Mitali (2001), S. 51; Debroy, Bibeck (2002), S. 270 sowie Roitinger, Alexander (2002), S. 14. 236 Vgl. Conrad, Christian A. (1995) sowie Conrad, Christian A. (1999), S. 129 f.
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kommt.237 Allerdings wird hier nicht nach den gesamtwirtschaftlichen Wirkungen differenziert. Derzeit setzt die untersuchende nationale Behörde die Herstellkosten fest und die angeklagten ausländischen Produzenten bekommen – wie beschrieben – nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit einer Gegendarstellung. Da sowohl die untersuchende nationale Behörde und erst recht die inländischen und ausländischen Produzenten aufgrund ihrer Interessenlage befangen sind, sollten die Kostenuntersuchungen, wenn überhaupt, von einer internationalen und unabhängigen Behörde vorgenommen werden. Die meisten Wettbewerbsbehörden verwenden, wenn sie in Ausnahmefällen den Wettbewerbstatbestand des Dumpings im Inland untersuchen, wie die Antidumpingbehörden – gemäß der Areeda-Turner-Regel – die durchschnittlichen kurzfristigen variablen Kosten als Ansatz für die Preisuntergrenze. Bei jedem höheren Preis würde eine weitere Preissenkung noch positive Deckungsbeiträge durch die bessere Auslastung der Kapazitäten generieren und somit auch eine bessere Ressourcenallokation bewirken.238 Die bisherigen Ausführungen haben jedoch gezeigt, dass sich der Begriff „variable Kosten“ aufgrund der Problematik der Gemeinkostenabgrenzung nicht genau abgrenzen lässt. Genaugenommen beginnen die Gemeinkosten schon beim Einsatz einer Maschine, da die Abschreibungen in der Regel vom Nutzungszeitraum der Maschine abweichen. Auch die zeitliche Differenzierung zwischen variablen und fixen Kosten ist willkürlich. Angesichts all dieser Ungenauigkeiten und des enormen behördlichen Aufwands, der mit einem Antidumpingverfahren verbunden ist, stellt sich die Frage der Angemessenheit solcher Untersuchungen. Und es ist wenig verwunderlich, dass die nationalen Behörden der meisten Länder in der Regel nicht einschreiten, wenn es sich bei den dumpenden Unternehmen um inländische handelt. Letztlich kann auch ein Verkauf auf einem ausländischen Markt unter Herstellungskosten zeitlich begrenzt notwendig sein, um Marktzutrittsschranken zu überwinden und so einen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen zu ermöglichen. Dumping würde somit eine internationale Ressourcenallokation gemäß der komparativen Kostenvorteile unterstützen, solange das Dumping nicht dazu verwendet wird, Wettbewerber gänzlich aus dem Markt zu verdrängen, um eine marktbeherrschende Stellung zu erlangen. Gerade in diesem Fall wäre aber eine internationale Wettbewerbsbehörde wettbewerbspolitisch geeigneter als eine nationale Antidumpingbehörde, da sie länderübergreifend Märkte beobachten und wettbewerbsbehinderndes Marktverhalten sanktionieren könnte.239 237
Vgl. OECD (2002b), S. 35. Areeda und Turner lehren an der Harvard School. Zur Arreda-Turner-Regel vgl. Areeda, R./Turner, D. (1975). Vgl. Knorr, Andreas (1999), S. 420; Posner, Richard A. (1979), S. 940; World Bank/OECD (1999), S. 78; Morici, Peter (2000), S. 29 sowie OECD (2000b), S. 35. 239 Vgl. Conrad, Christian A. (2001), S. 568 f. 238
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Ein großes Manko der Antidumpingverfahren ist, dass wettbewerbspolitische Aspekte und gesamtwirtschaftliche Wirkungen nicht berücksichtigt werden.240 Welche Konsequenzen dies hat, soll im Folgenden dargestellt werden. Nach den gesamtwirtschaftlichen Wirkungen wäre beispielsweise auch zu differenzieren, wenn Dumping als Preisdifferenzierung zwischen Aus- und Einfuhrland auf einem Monopol oder Exportkartell im Ausfuhrland beruht.241 Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden. Im ersten Fall verkauft der Exporteur im Importland, weil er dort Polypolist ist, zwar unter dem Preis in seinem Land, aber über seinen Durchschnittskosten, so wird die Antidumpingbehörde im Einfuhrland dennoch einen Antidumpingzoll erheben. Der Zoll gleicht in diesem Fall jedoch keine Wettbewerbsverzerrung aus, sondern überträgt lediglich die Wettbewerbsverzerrung, die von der Monopolstellung im Ausfuhrland ausgeht auf das Einfuhrland. Die von den nationalen Behörden erwünschte Wirkung des Antidumpingzolls, dass der Ausführer aufgrund der zwangsweisen Angleichung seines Exportpreises an seinen Inlandspreis nicht mehr wettbewerbsfähig ist, ergibt sich in diesem Fall nicht, weil die Produzenten im Einfuhrland zu höheren Kosten produzieren als der Ausführer. Anderenfalls hätte die nationale Behörde keine Schädigung feststellen können.242 Im zweiten Fall verkauft der Ausführer unter seinen Durchschnittskosten, aber über seinen variablen Kosten.243 Wie bereits in Teil B. IV. 2. a) gezeigt wurde, hätte der Ausführer seine Fixkosten je nach Preiskalkulation bereits durch den Verkauf im Ausfuhrland finanziert und zwar entweder durch den Verkauf zu Durchschnittskosten oder mit seiner Monopolrente. Hier läge eine Wettbewerbsverzerrung vor, den der Antidumpingzoll beseitigen würde. Langfristiges Dumping kann beim Monopolisten nicht unterstellt werden, da sich die Preiskalkulation des Ausführers schnell ändern kann. Hätte das Dumping für den Ausführer im Einfuhrland eine Monopolstellung geschaffen, wäre sowohl die folgende Preiserhöhung wie auch die Vernichtung der konkurrierenden Industrien im Einfuhrland wohlfahrtsmindernd. Antidumpingzölle wären also in diesem Fall volkswirtschaftlich zu rechtfertigen. Denkbar ist aber auch der Fall, dass nicht nur im Ausfuhrland, sondern auch im Einfuhrland ein Monopol oder Kartell existiert. Beispielsweise führte in den
240 Vgl. Vermulst, Edwin (1999), S. 13; OECD (2000b), S. 35 sowie Wooton, Ian/ Zanardi, Maurizio (2002), S. 2. 241 Beispielsweise haben japanische Unternehmen durch eine Produktionsverlagerung in Billiglohnländer ihre Kosten erheblich senken können, diese Kostensenkungen jedoch aufgrund ihrer dominierenden Marktstellung nicht an die japanischen Verbraucher weitergeben, weshalb der Preis in Japan weit über den Herstellkosten liegt. Vgl. van Bael, Ivo (1990), S. 15 f. 242 Vgl. Conrad, Christian A. (2001), S. 571. 243 Der Verkauf unter variablen Kosten kann – schließt man Subventionen aus – nur in Ausnahmefällen auftreten, zum Beispiel wenn Läger geräumt werden sollen.
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80er Jahren die EU-Kommission in 14 von 27 Kartellverfahren bei den betroffenen Produkten gleichzeitig Antidumpingverfahren gegen ausländische Produzenten und in 2 von 20 Fällen Verfahren zur Prüfung durch, ob eine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt wurde. Antidumpingverfahren verhindern hier, dass die wettbewerbsverzerrende Marktstellung im Inland durch die Importkonkurrenz aufgehoben wird. Der Ausführer wäre nach Verhängung des Antidumpingzolls gezwungen, seinen Preis anzuheben, womit das Antidumpingübereinkommen den Wettbewerb zwischen den beiden Produzenten verhindert hätte. Wohlfahrtstheoretisch ist dies suboptimal und zwar nicht nur international, sondern auch für das Importland. Eine internationale Wettbewerbsbehörde könnte diese Aspekte berücksichtigen, da sie sowohl den Import- als auch den Exportmarkt überwachen kann. Messerlin schlägt deshalb beispielsweise vor, Antidumpingverfahren mit einer automatischen Einleitung von Marktkontrollverfahren durch die inländische Wettbewerbsbehörde zu verbinden. Er erhofft sich hiervon – neben einer objektiveren Beurteilung und einer besseren Dokumentation der Verfahren für die Öffentlichkeit – vor allem eine abschreckende Wirkung für die importschutzsuchende inländische Industrie.244 Andere Autoren befürworten, im Antidumpingübereinkommen objektive Wettbewerbskriterien für die nationalen Verfahren vorzuschreiben.245 Wieder andere fordern die Abschaffung des Antidumpingübereinkommens und der Antidumpingverfahren und stattdessen, dass das Dumping ausländischer Produzenten wie auch das von inländischen von den nationalen Wettbewerbsbehörden untersucht wird. Dies müsste dann auch die Abgrenzung des relevanten Marktes, die Ermittlung der Marktanteile sowie die wettbewerbspolitische Beurteilung der Preispolitik umfassen.246 Es gibt verschiedene Beispiele von Handelsabkommen, bei denen die nationalen Antidumpinggesetze durch eine einheitliche Wettbewerbsordnung ersetzt wurden. Das bedeutendste Beispiel ist die EU, gefolgt von Handelsabkommen zwischen Neuseeland und Australien sowie zwischen Chile und Kanada.247 Ob und wie die nationalen Antidumpingverfahren im Rahmen einer internationalen Wettbewerbsordnung effizienzsteigernd ersetzt werden können, wird separat in Teil C. III. 3. untersucht. Das internationale Antidumpingrecht kann sogar die Wettbewerbsverzerrungen verstärken. Dies ist der Fall, wenn die Ausführer im Rahmen der Antidumpingverfahren zu Preisverpflichtungen aufgefordert werden. Sind sie im Ausfuhrland nicht Monopolisten, müssen sie sich zu Exportkartellen zusammenschließen, um die Preisverpflichtungen umsetzen zu können. Sind die Ex244
Vgl. Messerlin, Patrick A. (1995), S. 48 und 50. Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994), S. 214 f. 246 Vgl. Gröner, Helmut/Knorr, Andreas (1996), S. 586 sowie Gifford, Daniel J./ Matsushita, Mitsuo (1996), S. 301. 247 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 400 sowie Holmes, Peter/Lehmann, Alexander/McGowan, Francis (1997), S. 12. 245
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portkartelle erst einmal eingerichtet, sind die Transaktionskosten für die Ausdehnung der Preisabsprachen auf andere Märkte gering. Antidumpingverfahren können schließlich auch als Disziplinierungsinstrument für internationale Kartelle dienen, sofern dem Kartell der Nachweis gelingt, dass der Abweichler im Ausland unter Inlandspreis bzw. Normalwert verkauft.248 Handelt es sich bei dem Dumping nicht um Unterkostenverkäufe, sondern beispielsweise um ein Marktstellungsdumping, so verhindern die Preisverpflichtungen darüber hinaus den internationalen Austausch komparativer Kostenvorteile. Bei der Differenzierung nach den Wirkungen der unterschiedlichen Dumpingformen, kamen wir zu dem Schluss, dass aggressives Dumping mit Hilfe von Antidumpingzöllen verhindert werden sollte. Nichts desto trotz kann der ausländische Monopolist nur sicher sein, dass sein strategisches Dumping ihm langfristig einen Nettoertrag bringt, wenn er, nachdem er die inländische Konkurrenz auf dem ausländischen Markt ruiniert hat, weiterhin der einzige Anbieter bleibt.249 Dies ist jedoch nur möglich, wenn es entweder international keine weiteren Anbieter gibt, die Transaktionskosten eines Imports von diesen Anbietern zu hoch sind oder der ausländische Markt durch Importrestriktionen geschützt ist. Leider finden diese Aspekte keine Berücksichtigung in den nationalen Antidumpingverfahren. Letztlich sind derzeit die nationalen Antidumpingverfahren als wettbewerbspolitisches Instrumentarium generell ungeeignet, solange die Antidumpingzölle nicht unternehmensspezifisch verhängt werden. Durch den einheitlichen Zoll auf bestimmte importierte Produkte eines Land werden derzeit auch immer Unternehmen bestraft, deren Exporte keine Dumpingfeststellung hervorrufen können.250 Inzwischen hat der amerikanische Federal Supreme Court in der Grundsatzentscheidung Brook vs. Brown ein wettbewerbspolitisches Eingriffskriterium bei Preiswettkämpfen entwickelt. Als notwendige Bedingung muss der Kläger beweisen, dass sein Konkurrent nicht kostendeckend angeboten hat. Hierbei wurden gemäß der Areeda-Turner-Regel die durchschnittlichen kurzfristigen variablen Herstellungskosten angesetzt. Als hinreichende Bedingung muss der Kläger jedoch dem Court eine signifikante Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass sein Konkurrent die durch den Preiskampf erzielten Verluste durch eine monopolistische Preissetzung überkompensieren kann.251 Genau diese hinreichende Bedingung fehlt in den nationalen Antidumpingverfahren. Die Trennung von Antidumping- und Wettbewerbsverfahren kann bei stark konzentrierten Branchen zu grotesken Ergebnissen führen. So wurde die dyo248
Vgl. Theuringer, Martin (2003), S. 78 und 83. Vgl. Nicolaides, Phedon (1990), S. 121 und 123. 250 Vgl. Das Gupta, Mitali (2001), S. 53. 251 Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1996), S. 30; Niels, Gunnar/Kate, Adriaan ten (1997), S. 36 sowie Gifford, Daniel J./Matsushita, Mitsuo (1996), 294 f. 249
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polistisch strukturierte252 europäische Pottaschenindustrie von der Generaldirektion I der EU-Kommission (Außenpolitik) durch Antidumpingzölle von der ausländischen Industrie geschützt, wohingegen die Generaldirektion IV (Wettbewerb) dieselbe Industrie mit Strafen für das Ausnutzen einer dominanten Marktstellung und für Preisabsprachen belegte. Darüber hinaus wurden auch Antidumpingzölle auf die Pottaschenimporte von der US-Tochter eines der beiden europäischen Unternehmen erhoben.253 Insgesamt ist festzustellen, dass Antidumpingverfahren als wettbewerbspolitisches Instrument ungeeignet sind. e) Zusammenfassung: Antidumpingverfahren ein überwiegend protektionistisches Instrument Die Entwicklung der Antidumpingverfahren zeigt die Bedeutung des Kostenkriteriums (Normalwert). Der erste Antidumping-Erlass der USA von 1916 war nicht darauf ausgerichtet, die durch die Importe hervorgerufene Schädigung der heimischen Industrie auszugleichen, sondern richtete sich gegen „predatory pricing“ (räuberische, ruinöse Preispolitik) von ausländischen Exportkartellen. Hinzu kam, dass der Kläger die Absicht des beklagten ausländischen Exporteurs nachweisen musste, die amerikanische Industrie zu schädigen oder Bereiche der amerikanischen Wirtschaft zu monopolisieren.254 Die Schädigungsausrichtung im Antidumping Act von 1921, verbunden mit der Beweislastumkehr zum Nachteil des ausländischen Exporteurs, erhöhten bereits die Erfolgsaussichten von Antidumpingklagen. Die Einführung des Kostenkriteriums 1974 und die Kompetenzverlagerung der Antidumpingverfahrensabwicklung vom US-Finanzministerium zum Handelsministerium im Jahre 1979 bewirkten dann schließlich den beschriebenen enormen Anstieg von Antidumpingverfahrenseinleitungen in den 80er Jahren, von denen sich fast über die Hälfte direkt oder indirekt auf das Kostenkriterium stützten.255 Blonigen zeigte anhand einer Analyse von 1.600 Antidumpingfällen, dass der in den letzten Jahren zu beobachtende tendenzielle Anstieg der amerikanischen Antidumpingmargen überwiegend auf den diskretionären Entscheidungsspielraum der US-Behörden bei der Anwendung des Kostenkriteriums und des Best-information-available-Ansatzes bei der Normalwertberechnung zurückzuführen ist.256 Das ist bei der in dieser Arbeit aufgezeigten Tendenz, bei der Anwendung des Kostenkriteriums und der Schädi252 Solvay hielt 1990 70% des Marktanteils in Zentraleuropa, wohingegen ICI in Großbritannien annähernd Monopolist ist. 253 Vgl. Motta, Massimo/Onida, Fabrizio (1997), S. 76 f. 254 Vgl. Cass, Ronald A./Boltuck, Richard D. (1996), S. 361 f. 255 Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 62; Clarida, Richard H. (1996), S. 359 sowie Gifford, Daniel J./Matsushita, Mitsuo (1996), S. 297. 256 Vgl. Blonigen, Bruce A. (2003).
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gungsanalyse im Rahmen der nationalen Antidumpingverfahren die ausländischen Exporteure zu benachteiligen, also protektionistisch zu wirken, auch wenig verwunderlich. In das Antidumpingübereinkommen gelangte das Kostenkriterium durch ein Gentlemen’s Agreement der Hauptanwender von Antidumpingverfahren (USA, EU, Kanada und Australien) im Rahmen der TokioRunde.257 Es lässt sich festhalten, dass trotz der Verbesserungen durch die Einführung des neuen Antidumpingübereinkommens noch genügend Möglichkeiten für die nationalen Behörden bestehen, um ausländische Produzenten zu benachteiligen. Sowohl die Dumping- als auch die Schädigungsanalyse gehen in zahlreichen Fällen über die Abwehr von Wettbewerbsverstößen ausländischer Produzenten hinaus. Die protektionistische Schutzwirkung des Antidumpingrechts ist somit – auch nach der Uruguay-Runde – ungebrochen.258 Prusa untersuchte die Wirkung der von den USA zwischen 1980 und 1994 verhängten Antidumpingzölle. Das Importvolumen reduzierte sich aufgrund der Antidumpingzollerhebung in den folgenden drei Jahren um jeweils rd. 50%. Der Antidumpingzoll wirkte sich doppelt so stark auf die Importmengen als auf die Preise aus. Im Schnitt bewirkte eine Erhebung von Antidumpingzöllen in Höhe von 10% einen Rückgang des Importvolumens im ersten Jahr um 1,9%. Diese 10% bewirkten ebenfalls eine Handelsumlenkung, so dass der Import der gleichen, aber von Antidumpingklagen nicht betroffenen Güter im ersten Jahr um 6% anstieg. Wurden Selbstbeschränkungsabkommen oder freiwillige Preisverpflichtungen geschlossen, sank das Importvolumen sogar um 60%.259 Die negativen Wohlfahrtseffekte aufgrund der protektionistischen Wirkung der Antidumpingzölle werden allein für die amerikanischen Konsumenten auf bis zu 4 Mrd. US-Dollar geschätzt.260 Antidumpingklagen bieten für die heimische Industrie viele Vorteile. Sie offenbaren ihnen die Produktionskosten ihrer ausländischen Konkurrenten, die sie als Grundlage für ihre Preiskalkulation nutzen können, und bilden die Grundlage für ein Angebotskartell im Rahmen eines Selbstbeschränkungsabkommens ihrer ausländischen Konkurrenten. Ist die heimische Industrie nicht an einem Kartell im Ausland interessiert oder will sie verhindern, dass ihre ausländischen Konkurrenten in den Genuss der Kartellrente kommen, lehnt sie die Selbstbeschränkungsangebote wie im Fall der amerikanischen Stahlindustrie Mitte der 90er Jahre ab.261 257
Vgl. Knorr, Andreas (1999), S. 416. Messerlin errechnete für die von EU-Antidumpingmaßnahmen zwischen 1980 und 1985 betroffenen Produkte einen Importrückgang von 40%. Vgl. Messerlin, Patrick A. (1989), S. 586. 259 Vgl. Prusa, Thomas J. (2001), S. 602 f. 260 Vgl. Blonigen, Bruce A./Prusa, Thoma J. (2001), S. 27. 261 Vgl. Conrad, Christian A. (1995) sowie Theuringer, Markus (2003), S. 60 ff. 258
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Das Antidumpingrecht gehört, wie alle anderen Gesetze, in den juristischen und politischen Interpretations- und Anwendungsbereich und gehorcht deshalb in der Regel nicht ökonomischer Zweckmäßigkeit, selbst wenn dies eine ursprüngliche Zielsetzung war. Die Güter müssen heute viele juristische Nadelöhre passieren, ehe sie in ihrem Bestimmungsland ankommen. Diese Transaktionskosten des „managed trade“ beschaffen zwar unzähligen juristischen Abteilungen und Anwaltskanzleien Brot und Lebensunterhalt, jedoch behindern sie gleichzeitig den Austausch komparativer Kostenvorteile und damit das Wachstum. Der Welthandel ist inzwischen nicht mehr die Domäne von Händlern, sondern von Juristen. Will man einen Industriezweig aus politischen Gründen schützen, wäre es ehrlicher und kostengünstiger, zu Einfuhrzöllen zurückzukehren262 und Antidumpingverfahren auf die Fälle zu beschränken, in denen ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Marktteilnehmers vorliegt, das sich international wohlfahrtsmindernd auswirkt. Hierzu wären alle Formen des kurzfristigen Dumpings sowie das Dumping, das auf einer Monopolstellung im Ausfuhrland beruht, zu rechnen. Gerade hier zeigt sich erneut die Notwendigkeit einer internationalen Wettbewerbskontrolle. Des Weiteren wäre wünschenswert, die nationalen Antidumpingverfahrensregeln zumindest dahingehend zu reformieren, dass die wirkliche Schädigung des importierenden Landes ermittelt wird, wobei eine Unterscheidung zwischen vermutetem kurz- und langfristigem Dumping und die Einbeziehung der Verbraucherinteressen enthalten sein müsste. Die Antidumpingzölle und der Verfahrensaufwand dürften jedoch die eigentliche Schädigung des Importlandes nicht übersteigen. Eine protektionistische Wirkung ist auch in der Tatsache zu sehen, dass bereits vorläufige Antidumpingzölle den Ausführer erheblich schädigen können. Das ist der Fall, wenn der Antidumpingzoll als Preisaufschlag dazu führt, dass der Ausführer seine Marktposition verliert. So gesehen besteht die Gefahr, dass die Produzenten Antidumpingklagen gegen den ausländischen Ausführer androhen, um inoffizielle Exportbeschränkungen der Ausführer zu erzwingen, wenn die nationalen Behörden zu leichtfertig vorläufige Antidumpingzölle verhängen, zum Beispiel bereits bei Nachweis einer drohenden Schädigung. Darüber hinaus bedeutet die Verfahrensregelung, dass der Einführer die vorläufigen Antidumpingzölle als Sicherheit zu hinterlegen hat, die dann im Falle der Verhängung endgültiger Zölle für den Einführer verloren sind. Das bedeutet für den Einführer zunächst einen zusätzlichen Aufwand263 und in dem Fall, dass der Einführer nicht hundertprozentig davon ausgehen kann, dass es nicht zur Verhängung von endgültigen Zöllen kommt, ein zusätzliches Verlustrisiko. Aufgrund dessen wird er vom Kauf bei den von den Klagen betroffenen Unternehmen Abstand neh-
262 Roitinger schlägt beispielsweise vor, Antidumpingzölle durch ausgleichpflichtige Safeguard-Zölle zu ersetzen. Vgl. Roitinger, Alexander (2002). 263 Vgl. Stahlmarkt, (1992), Nr. 5, S. 1.
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men und dies auch weiterhin tun, wenn eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu neuen Antidumpingklagen kommt. Antidumpingverfahren erhöhen somit das Risiko, das mit Exportgeschäften verbunden ist. Ferner entstehen Rechtsanwaltskosten durch die Antidumpingklagen nicht nur für die Schutz suchende inländische Industrie, sondern auch für die Ausführer. So betrugen alleine die Ausgaben der japanischen Unternehmen für den Rechtsbeistand in den Antidumpingklagen der USA gegen japanische Stahleinfuhren Anfang der 90er Jahre nach eigenen Angaben ca. 10 Mill. USDollar. Die Rechtsanwaltskosten der amerikanischen Kläger wurden von Experten auf 30–40 Mill. $ geschätzt.264 Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass sich die ausländischen Ausführer zu freiwilligen Preisverpflichtungen bereiterklärten. Die protektionistische Dimension der freiwilligen Preisverpflichtungen kommt in ihrer starken Verbreitung zum Ausdruck. In den 80er Jahren ließen sich die Exporteure bei fast der Hälfte der Antidumpingverfahren auf eine solche Verpflichtung ein, um einen Antidumpingzoll zu verhindern. Hier tritt auch der juristische Charakter der derzeitigen internationalen Wettbewerbsordnung hervor.265 Eine freiwillige Preisverpflichtung entspricht einem gerichtlichen Vergleich, wobei dann weder das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung noch die eigentliche Ursache ermittelt wird, sondern lediglich die einzelwirtschaftliche Schädigung der klagenden Konkurrenz im Importland beseitigt wird. Sie entsprechen vielmehr Preiskartellen bzw. oligopolistischen Verhaltensabstimmungen. Die inländischen Produzenten können die Antidumpingklagen zur Durchsetzung inoffizieller Preisverpflichtungen nutzen, wie dies anscheinend vor allem in den USA der Fall ist. Manchmal reicht hierzu auch schon die Androhung von Antidumpingklagen. Ferner kam es auch schon zu parallelen Preiserhöhungen der in- und ausländischen Produzenten.266 Die Alternative zu freiwilligen Preisverpflichtungen sind Selbstbeschränkungsabkommen. Das Konzept, durch Antidumpingklagen Drittländer zu einem Selbstbeschränkungsabkommen zu bewegen, wurde zuerst von den amerikanischen Stahlproduzenten entwickelt und dann später von der EU übernommen.267 Beispielsweise eröffnete die EU-Kommission das Antidumpingverfahren gegen Spanien sofort wieder, als Spanien Ende 1978 sein Selbstbeschränkungsabkommen nicht erneuert hatte.268 Die EU-Kommission bietet Ländern 264
Vgl. Metal Bulletin vom 14.03.1994, S. 3. Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 63 sowie Messerlin, Patrick A. (1989), S. 586. 266 Vgl. Freytag, Andreas/Zimmermann, Ralf (1998), S. 44; Levonsohn, James A. (1994), S. 12; Wins, Henning (2000), S. 99 sowie Taylor, Christopher T. (2001). 267 Vgl. Bohnert, Walter/Reising, Susanne (1990), S. 30 ff. 268 Vgl. Bael, I. v./Bellis, J. F. (1985), S. 136. 265
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einen zusätzlichen Anreiz, Selbstbeschränkungsabkommen abzuschließen, indem sie ihren Ausführern ein Preisangleichungsrecht an die Preise von NichtAbkommensländern gewährt.269 Der Nutzen einer Antidumpingklage für die inländischen Produzenten ist auch für den Fall, dass die Klage in der endgültigen Entscheidung abgewiesen wird, weitaus höher als die durchschnittlichen Rechtsanwaltskosten von ca. 400.000 US-Dollar pro Klage.270 Zum einen bewirken die vorläufigen Antidumpingzölle, dass die ausländischen Produzenten auf dem US-Markt nicht mehr wettbewerbsfähig sind und zum anderen führt der Wegfall des ausländischen Angebots zu einem Anstieg des Preisniveaus und damit zu Marktlagengewinnen für die amerikanischen Produzenten.271 So stellte Prusa selbst bei den im Zeitraum von 1980 und 1984 abgelehnten amerikanischen Antidumpingklagen immerhin einen Importrückgang von durchschnittlich ca. 20% fest.272 Bei einem Jahresabsatz der integrierten amerikanischen Stahlproduzenten von ungefähr 40 Mill. Tonnen in 1993 bedeutete bereits eine durchschnittliche Preissteigerung von 1 $/t eine Gewinnsteigerung von 40 Mill. $. Experten schätzten die durch die Antidumpingklagen Anfang der 90er Jahre verursachte Preissteigerung auf 20 $/t und die Anwaltskosten der amerikanischen Stahlproduzenten auf 40 Mill. $, was eine Nettogewinnsteigerung von 760 Mill. $ bedeutet hätte.273 Erstaunlicherweise profitieren von Antidumpingmaßnahmen vor allem hochkonzentrierte und wettbewerbsschwache Sektoren. Ausschlaggebend sind hierfür sowohl die Dumping- als auch die Schädigungskriterien. Einerseits herrscht in Sektoren mit vielen nationalen Anbietern ein intensiver Wettbewerb. Die Preise werden somit generell niedriger sein als bei hochkonzentrierten Sektoren. Dies macht die Einleitung von Antidumpingklagen gegen ausländische Konkurrenz aufgrund einer Preisunterbietung als Voraussetzung für eine Schädigung unwahrscheinlicher. Bei nicht wettbewerbsfähigen Sektoren führt dagegen eine ausländische Preisunterbietung automatisch zu Schädigungen. Auch fällt die notwendige Beweisführung der „Schädigung eines Wirtschaftszweiges“ bei einer konzentrierten Industrie leichter, weil Schädigungen von inländischen Konkurrenten vernachlässigt werden können.274 Ferner sind die Transaktionskosten als Koordinations- und Verteilungskosten einer Antidumpingklageneinleitung bei einer kleinen Zahl von Produzenten geringer. Dies erklärt, warum gerade 269
Vgl. Kulms, Rainer (1988), S. 192. Vgl. The Economist vom 16.05.1992 sowie Metal Bulletin vom 1.02.1993, S. 3. 271 Vgl. The Economist vom 16.05.1992; Metal Bulletin vom 1.02.1993, S. 3 sowie Conrad, Christian A. (1995). 272 Vgl. Prusa, Thomas J. (2001), S. 603. Auch andere empirische Studien bestätigten, dass bereits von den vorläufigen Antidumpingzöllen eine starke protektionistische Wirkung ausgeht. Vgl. Staiger, R. W./Wolak, F. A. (1994). 273 Vgl. Conrad, Christian A. (1995), S. 155 f. 274 Vgl. Langer, Stefan (1995), S. 367. 270
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die wettbewerbsschwachen, stark konzentrierten amerikanischen integrierten Stahlproduzenten eine Rekordzahl an Antidumpingklagen einreichten.275 Außerdem sind Antidumpingklagen besonders für solche Unternehmensbranchen erfolgversprechend, die hohe Fixkostenanteile haben, wie dies beispielsweise bei der Stahlindustrie der Fall ist, da die Exportpreise der ausländischen Produzenten – wie gezeigt wurde – bei Kapazitätsunterauslastung sofort zu Dumpingpreisen werden. Es erstaunt deshalb wenig, dass zwischen 1979 und 1989 in den USA 65% und in der EU 53% der Antidumpingverfahrenseinleitungen auf die Metallbranche und die Chemieindustrie entfielen.276 Zwischen 1987 und 1999 waren es weltweit 44%.277 Im Gegensatz zum Erlös steigen die Kosten einer Antidumpingklage nur unerheblich mit der Größe des zu schützenden Marktes. Das gleiche gilt für den Aufwand, der für den Unterhalt einer Antidumpingbehörde notwendig ist. So gesehen ist es wahrscheinlich, dass mit der Größe eines Marktes protektionistischer Außenschutz zunimmt. Folglich eignen sich Antidumpingmaßnahmen als Schutzinstrument vor allem für die Industrien großer Staaten oder Freihandelszonen. Im Durchschnitt sind Antidumpingzölle 10–20 mal höher als die noch existierenden Einfuhrzölle und können bis zum hundertfachen betragen.278 Antidumpingverfahren lassen sich somit einerseits als Ausweichreaktionen der Staaten auf den als Folge der GATT-Runden reduzierten Zollschutz verstehen und andererseits zumindest teilweise auch als Rückzugsgefechte ehemaliger Exportindustrien einstufen, die an Wettbewerbsfähigkeit verloren haben, weil ihr technologischer, quantitativer und qualitativer Wettbewerbsvorsprung kleiner geworden ist, nachdem aus ehemaligen Entwicklungsländern Schwellenländer und aus Schwellenländern Industrieländer geworden sind.279 Zwischen 1995 und 2001 richteten sich 45% der Antidumpingverfahren gegen Entwicklungsländer.280 Neue Konkurrenten sind auf den Weltmarkt gekommen, der Wettbewerb wird härter und die ehemalige technologische Monopolrente wird umverteilt. Die zunehmende internationale Arbeitsteilung und Verflechtung erschwert es allerdings auch den Interessenvertretungen, protektionistische Interessen durchzusetzen. Das zu schützende Produkt wird nur noch zu einem geringen Teil in einem Land gefertigt und die zu schützenden Unternehmen gehören nicht mehr nur Eigentümern aus dem Land, in dem sich der Firmensitz befindet, sondern mehreren Eigentümern verschiedener Länder oder eventuell sogar der Importkonkurrenz.281 Mittlerweile erkannten jedoch auch die Schwellen275 276 277 278 279 280
Vgl. Conrad, Christian A. (1995). Vgl. Messerlin, Patrick A./Reed, Geoffrey (1995), S. 1567. Vgl. WTO (2001), S. 44. Vgl. Prusa, Thomas J. (2001), S. 593. Ähnlich äußert sich Messerlin. Vgl. Messerlin, Patrick A. (1989), S. 586. Vgl. Das Gupta, Mitali (2001), S. 54.
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und Entwicklungsländer den hohen Wert von Antidumpingverfahren als protektionistisches Instrument und führten eigene Antidumpinggesetze und -verfahren ein. Eine Klassifizierung nach Opfer- und Täterländern bei Antidumpingverfahren ist deshalb spätestens seit den 90er Jahren nicht mehr möglich.282 Dies wird dazu führen, dass zunehmend mehr Staaten Antidumpingzölle nicht nur als Schutzinstrument ihrer Industrien, sondern auch als Hemmnis ihrer eigenen Exporte erfahren werden. Sie werden dann nicht nur die Interessen ihrer inländischen Produzenten, sondern auch die ihrer Exporteure in den GATT-Verhandlungen vertreten müssen. Eine Folge davon könnte ein ausgewogeneres Antidumpingübereinkommen sein. In diesem Zusammenhang ist auch die zunehmende Interessenartikulation von importnachfragenden Verbrauchern, wie die der Stahlverbraucher in den USA283, eine positive Entwicklung, die – so bleibt zu hoffen – Nachahmer in anderen Ländern finden wird.284 Antidumpingzölle sind allerdings nicht das wirkungsvollste Instrument, um die nationale Industrie vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Antidumpingzölle entsprechen denen der Außenzölle, mit dem einzigen Unterschied, dass der Antidumpingzoll einen Mindestimportpreis kontinuierlich garantiert, indem er die Importpreise auf das Niveau des im Antidumpingverfahren errechneten Normalwerts anhebt. Die produktbezogene Schutzwirkung von Antidumpingzöllen ist allerdings aufgrund des hohen Zollniveaus groß. Der Nachteil von Antidumpingverfahren ist der hohe verwaltungstechnische Aufwand und die geringe Schutzfunktion, da sich der Zoll nur auf ein Produkt von einem Ausführer bezieht. Antidumpingzölle sind deshalb nicht zur Abschottung eines kompletten Markts geeignet. Antidumpingzölle lassen sich jedoch – wie gezeigt wurde – als Drohmittel einsetzen, mit dem die ausländischen Produzenten vom Marktzugang abgeschreckt oder zu Preisverpflichtungen (Art. 8 „Price Undertaking“ des Antidumpingübereinkommens), gezwungen werden können. In welchem Umfang Importe als positiv oder negativ einzustufen sind, ist in der Praxis überwiegend eine politische Fragestellung: Es ist ein Unterschied von politischer Relevanz, ob die inländischen Unternehmen durch den Wettbewerb untereinander oder durch den Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen Arbeitsplätze und Gewinne verlieren. Durch die mehrfache Senkung der Außenzölle haben die traditionellen Einfuhrzölle ihre Schutzwirkung verloren. Produktspezifische Schutzzölle (Safeguard-Duties) haben für das anwendende Land den Nachteil, dass das exportierende Land befugt ist, nach einer dreijährigen 281
Vgl. Ecker, Alfred E (1993), S. 32. Vgl. Prusa, Thomas J. (2001), S. 592. 283 Coalition of Steel Using Manufacturers (CASUM) und Coalition of American Businesses for Stable Steel Supplies (CABSSS). 284 Vgl. Conrad, Christian A. (1995). 282
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Frist Handelszugeständnisse zurückzunehmen oder GATT-Regelungen gegenüber dem anwendenden Land auszusetzen, wenn es mit dem Safeguard-Zoll nicht einverstanden ist (Agreement on Safeguards, Art. 8 (2) und (3)). Auch können die produktbezogenen Safeguards-Zölle nicht selektiv wie die Andidumpingzölle gegen die bestimmte Importe aus einem Land angewendet werden, sondern treffen alle Importe gleichermaßen.285 Antidumpingmaßnahmen haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie als „Maßnahmen gegen unfairen Wettbewerb“ eine positive Konnotation haben. Vielmehr lässt sich der Standpunkt einnehmen, dass die inländische Industrie von den unfair dumpenden ausländischen Produzenten beschützt werden muss.286 Schließlich sind die Anwendungsregeln für Safeguard-Zölle strenger als die für Antidumpingzölle.287 Wir können Folgendes festhalten: Die Analyse des derzeit gültigen Antidumpingübereinkommens und insbesondere seiner Auslegung durch die nationalen Antidumpingbehörden hat gezeigt, dass die protektionistische Wirkung dominiert und die internationale Ressourcenallokation bei weitem nicht optimiert wird. Ein internationaler fairer Leistungswettbewerb wird nicht gewährleistet. Die aufgezeigte Tendenz der Staaten, Antidumpingverfahren als protektionistisches Instrument zu missbrauchen und die Tatsache, dass Dumping innerhalb der WTO-Staaten prinzipiell nicht verboten ist, sofern es sich nicht um das Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung handelt, spricht für eine Überleitung des internationalen Antidumpingübereinkommens in ein nationales Wettbewerbsrecht unter Aufsicht einer, den nationalen Behörden entsprechend ausgestatteten neutralen Wettbewerbsbehörde. Nicht zuletzt entwickelten sich die nationalen Antidumpingverfahren historisch aus dem Wettbewerbsrecht. Der amerikanische Wilson Tariff Act erweiterte 1894 die Kontrolle auf räuberische Preisunterbietung des Sherman Antitrust Acts („predatory pricing“) auf den grenzüberschreitenden Handel von und in die USA.288
285 Vgl. United States – General Accounting Office (1994), S. 79 f sowie Brown, Chad P. (2002), S. 51. 286 „Vigorous administration of existing antidumping laws is not procedural protectionism, in my view. Rather, the trade administrators are the real champions of free trade“ Ecker, Alfred E. (1993), S. 34. Alfred Ecker war Mitglied der US-International Trade Commission von 1981 bis 1990, davon Chairman von Juni 1982 bis Juni 1984. „The focus of protectionist arguments in the United States has turned away from direct calls for protection to an emphasis on ,fairness‘. . . . Despite this smiling fair trade face, the antidumping proceeding always has been and is increasingly a protectionistic device, . . .“ Kenneth Dam, Deputy Secretary der derzeitigen Bush-Regierung, zitiert nach Tavares de Araujo, José (2002), S. 161. 287 Es gibt eine Definition für den Begriff „ernsthafte Schädigung“ (Art. 4). Ferner muss das Land, dass Safeguard-Maßnahmen anwenden will, das Comitee on Safeguards der WTO über alle Maßnahmen und Beweisführungen informieren (Art. 12, Agreement on Safeguards). 288 Vgl. Knorr, Andreas (1999), S. 417 sowie Cass, Roland A./Boltuck, Richard D. (1996), S. 361.
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Eine internationale Wettbewerbsbehörde würde die Interessen der inländischen Industrie und der Importkonkurrenz vor dem Ziel einer optimalen internationalen Ressourcenallokation abwägen. Sie hätte die Möglichkeit, vertraulich Zugang zu den Unternehmenszahlen beider Seiten zu bekommen, nicht zuletzt auch, weil ihr im Gegensatz zu den nationalen Antidumpingbehörden keine Parteinahme oder Indiskretion unterstellt werden würde. Sie könnte auch gegen die schädigenden Wirkungen von internationalem Dumping im Ursprungsland der Exporte vorgehen, indem sie beispielsweise die Monopolstellungen oder Kartelle zerschlagen oder zumindest kontrollieren würde. Auf diese Weise würden auch die Ursachen und nicht – wie derzeit – nur die Symptome therapiert. 3. Selbstbeschränkungsabkommen und Exportkartelle Bei Exportselbstbeschränkungsabkommen unterscheidet man informelle Absprachen zwischen der im- und exportierenden Industrie, sog. „Orderly Marketing Arrangements“ (OMAs) und formale Abkommen zwischen Regierungen, sog. „Voluntary Export Restraints“ (VERs). OMAs verstoßen als selektive Mengenbeschränkungen gegen den Artikel XI (1) GATT289. Auf eine Verfolgung dieser Verstöße wurde jedoch vor der Urugay-Runde verzichtet, weil die Mengenbeschränkung vom Exportland ausgeht und sich folglich eine Bestrafung gegen das Opfer der Beschränkung richten würde.290 VERs fielen als informelle Absprachen privater Wirtschaftssubjekte nicht unter den Regelungsbereich des alten GATT, weil das GATT eine Übereinkunft von Staaten ist.291 1986/87 existierten 137 freiwillige Selbstbeschränkungsabkommen, die etwa 10% des wertmäßigen Welthandels regulierten. Die USA und die EU regulieren beispielsweise jeweils mehr als ein Drittel ihrer Importe aus Japan mit Hilfe von Selbstbeschränkungsabkommen.292 Als Zolltarifäquivalent entsprachen die VERs und OMAs 1984/85 auf dem amerikanischen und europäischen Markt einem Einfuhrzoll von 15%. Die Angebotsverknappung bescherte den Anbietern über die damit verbundene Preiserhöhung eine Rente von rund 27 Mrd. US-Dollar.293 Selbstbeschränkungsabkommen sind – auf den Punkt gebracht – privat oder staatlich organisierte Angebotskartelle. Bei den informellen Absprachen zwischen Industrieverbänden, den OMAs, ist dies offensichtlich, aber selbst bei den Abkommen zwischen Regierungen, den VERs, muss eine informelle Eini289
Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 125. Vgl. Jones, Kent (1989), S. 132. 291 Vgl. Molsberger Josef (1996), S. 71; Preusse, Heinz Gert (1991), S. 6 sowie Anderson, Kym (2000), S. 24. 292 Vgl. Scherer, F. M. (1994), S. 50. 293 Vgl. Körner, Heiko (1994), S. 159 f. 290
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gung, auch über die Quotenaufteilung, zwischen den Exporteuren erreicht werden, da diese anderenfalls die Mengenbeschränkungen unterlaufen würden.294 Abgesehen davon, dass Selbstbeschränkungsabkommen als bilaterale Vereinbarungen diskriminierend sind, wirken sie sich als selektive Mengenbeschränkungen besonders nachteilig auf die internationale Arbeitsteilung und damit auch wohlfahrtsmindernd aus. Da es das Ziel der Selbstbeschränkungsabkommen ist, die nichtwettbewerbsfähige inländische Industrie zu schützen, wird gerade der Austausch der Produkte verhindert, bei denen die komparativen Produktionskostenunterschiede zwischen den Staaten am größten sind. Eine Exportselbstbeschränkung stellt einen freiwilligen Verzicht des Exportlandes auf gewinnbringende Geschäfte dar und ist somit auf den ersten Blick irrational. Scheinbar geht die Initiative zur Einschränkung der Exporte vom exportierenden Land aus, in der Realität ist dies jedoch umgekehrt. Oft befinden sich die Länder, die sich zu Selbstbeschränkungsabkommen bereit erklären, in einer Abhängigkeitsposition oder verfügen nicht über Importe, die sich für Retorsionsmaßnahmen eignen.295 Darüber hinaus führt bei Selbstbeschränkungsabkommen die Reduzierung der Angebotsmenge zu einer Preissteigerung auf dem Inlandsmarkt.296 Die Wirkungen entsprechen damit denen von Exportkartellen. Dies ist ein weiterer Grund für den Verbreitungserfolg von Selbstbeschränkungsabkommen. Im Gegensatz zu Zöllen fällt die Differenz zwischen In- und Auslandspreis als Kartellrente den Exporteuren zu. 1984/85 fiel den japanischen Autoherstellern aufgrund ihrer freiwilligen Selbstbeschränkung auf dem nordamerikanischen Markt von der Gesamtrente in Höhe von 1 Mrd. US-Dollar 400 Mio. US-Dollar zu.297 Auch hier besteht, wie am Beispiel der Stahlindustrie gezeigt wurde, die Gefahr, dass die hoheitlich vermittelten Kontakte zwischen den Ausführern eines Landes über die Exportbeschränkung hinausgehend, auch zur Bildung von Kartellen auf anderen Märkten oder bei anderen Produkten verwendet werden.298 So ist es nachvollziehbar, dass sich die Exporteure zur Beschränkung ihrer Exporte bereit erklären.299
294
Vgl. Rose, Klaus/Sauerheimer, Karlhans (1992), S. 572 f. Vgl. zu konkreten Fällen Gaab, Werner/Gieseck, Arne (1988), S. 486 sowie EUKommission: Gesamtberichte über die Tätigkeit der EG, fortlaufende Jahrgänge. 296 Bei Importkartellen beschränken Händler die Einfuhr eines bestimmten Produkts, um die Preisdifferenz zum Ausland oder allgemein eine Monopolrente abzuschöpfen. Da dies nur in Ausnahmefällen gelingt, ist ihre Verbreitung gering. Ihre Wirkungen entsprechen spiegelbildlich denen von Exportkartellen. 297 Vgl. Körner, Heiko (1994), S. 160. 298 Mit der Unterstützung der EUROFER-Stahlkartelle und deren Einbeziehung in die Umstrukturierungspolitik schuf die Kommission die Grundlage für die Marktaufteilung der Unternehmen im Rahmen der illegalen Kartelle Ende der achtziger Jahre. Vgl. Conrad, Christian A. (1997), S. 104 und 158. 299 Vgl. Rose, Klaus/Sauerheimer, Karlhans (1992), S. 572 f. 295
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In der Uruguay-Runde wurden die internationalen Wettbewerbsregeln verschärft. Alle bestehenden Grauzonenmaßnahmen (OMAs; also auch freiwillige Exportbeschränkungen) mussten innerhalb von vier Jahren nach In-Kraft-Treten des WTO-Abkommens auslaufen oder mit den geltenden GATT-Bestimmungen in Einklang gebracht werden (dazu ausführlich: Art. 11 Übereinkommen über Schutzmaßnahmen). Vor dem Hintergund der obigen Ausführungen ist die Ächtung von Selbstbeschränkungsabkommen eine der bedeutenden Errungenschaften der Uruguay-Runde. Die Regierungen verpflichteten sich ferner in der Uruguay-Runde, private Exportabsprachen nicht zu fördern.300 Exportkartelle werden allerdings von den meisten nationalen Wettbewerbsgesetzen nicht erfasst, weil sie angeblich keine Innenwirkung auf den Wettbewerb haben.301 In den USA, Großbritannien, Japan und auch bis vor kurzem in Deutschland waren sie sogar explizit erlaubt.302 Die zugrunde liegende Rechtfertigung zeigt wiederum die merkantilistische Ausrichtung der Wirtschaftspolitik der nationalen Regierungen auf eine Steigerung der nationalen Wohlfahrt auch auf Kosten des Auslandes. Exportkartelle ermöglichen in diesem Zusammenhang das „Shifting“ der ausländischen Konsumentenrente zu einer inländischen Produzentenrente. Hier offenbart sich eine der größten Schwachstellen der derzeitigen internationalen Wettbewerbsordnung, die fehlende Kartellaufsicht. Exportkartelle werden derzeit nationalstaatlich überwiegend toleriert, obwohl sie als Mengenbeschränkung gegen Art. XI des GATT verstoßen. Eine Ausnahme bildet die EU, die anscheinend die Gefahr, die von Exportkartellen für ihren Binnenmarkt ausgeht, erkannt hat. Hier sind Exportkartelle nach Art. 81 EG-Vertrag verboten, wenn sie den innergemeinschaftlichen Handel beschränken, nicht jedoch, wenn ausschließlich der externe Handel der EU betroffen ist. Derzeit existieren einige Exportmengenkartelle von weltwirtschaftlicher Bedeutung.303 Das bekannteste ist das Erdölfördermengenkartell der OPEC. Der Grund für diesen scheinbaren Widerspruch liegt darin begründet, dass die GATT-Panel Art. XI bisher nicht restriktiv angewendet haben. Auch auf die Möglichkeit einer NonviolationKlage304 wurde bisher nicht zurückgegriffen. Der Grund hierfür ist trivial. Die 300 Vgl. Hauser, Heinz/Schanz, Kai-Uwe (1995), S. 107 sowie Molsberger, Josef (1996), S. 76 f und S. 85. 301 Vgl. Duijm, Bernhard/Winter, Helen (1993b), S. 7. 302 Vgl. Motta, Massimo/Onida, Fabrizio (1997), S. 84 sowie Victor, Paul A. (1992), S. 572 ff. 303 Das International Competition Policy Advisory Commitee des U.S. Departments of Justice stellte vor kurzem fest, dass weit mehr grenzüberschreitende Kartelle existieren als angenommen wurde. Sie seien weit stabiler als erwartet und existieren teilweise seit Jahrzehnten. Sie bewirken derzeit schätzungsweise eine Preisanhebung von 10–60%. Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 153. 304 Nach der Violation-Klausel kann gegen Handlungen von Staaten vor dem Streitschlichtungsausschuss geklagt werden, wenn sie die im Rahmen des GATT abgegebenen Handelzugeständnisse beeinträchtigen. Nach der Nonviolation-Klausel kann auch gegen Maßnahmen von GATT-Vertragsparteien geklagt werden, die zwar nicht aus-
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Wettbewerbsinstitutionen des Ursprungslandes des Exportkartells hatten kein Interesse, eine Nonviolation-Klage zu unterstützen und die Behörden der benachteiligten Importländer nicht die Möglichkeit, im Ausland die Beweise zu sammeln.305 4. Fusionen, Kartelle und strategische Allianzen Bei Kartellen wird der Wettbewerb zwischen mehreren Unternehmen durch vertragliche Absprachen über wichtige wettbewerbsrelevante Aktionsparameter beschränkt, wobei charakteristisch ist, dass die Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen im übrigen erhalten bleibt. Beispielsweise können Preise, Rabatte und Lieferkonditionen, aber auch Produktionsmengen sowie Art und Qualität der Erzeugnisse durch Kartellverträge zwischen den Konkurrenten fixiert werden. Unter Fusionen versteht man Unternehmenszusammenschlüsse, bei denen mindestens eine Wettbewerbseinheit ihre Selbständigkeit aufgibt. Unter strategische Allianzen fallen sämtliche Formen von Unternehmenskooperationen, die nicht den Erwerb von maßgeblichen Kapitalbeteiligungen beinhalten. Nationale Kartellbehörden sind gegen internationale Kartelle machtlos. Ihnen fehlen die hoheitlichen Befugnisse, um Kartellabsprachen aufzudecken und zu ahnden, die nicht auf ihrem Territorium stattfinden, deren Wirkung sich jedoch auf die eigene Wirtschaft erstrecken. Das gleiche gilt für Fusionen und strategische Allianzen. Nur indirekt, mit Hilfe des Antidumpingrechts können sie das Ausnutzen von marktbeherrschenden Stellungen im Ausland sanktionieren. Dies ist jedoch nur bei Dumping, also dem Verkauf im Ausland unter Inlands- genauer Monopol- oder Kartellpreis möglich, nicht jedoch beim Verkauf in Ausland zu höheren Preisen als im Inland, also dem Abschöpfen der Monopol- und Kartellrente. Auch die hinreichende Bedingung für Antidumpingzölle, eine Schädigung der heimischen Industrie, wäre in diesem Fall nicht erfüllt, da es keine konkurrierende heimische Industrie gibt. Die Schädigung der heimischen Verbraucher bleibt – wie gezeigt – in den Antidumpingverfahren generell unberücksichtigt. Eine internationale grenzüberschreitend koordinierte Fusionskontrolle findet derzeit nicht statt. Gemäß der Effects Doctrine306 sind zwar auch reine Ausdrücklich verboten sind, aber die Vorteile aus den Handelsvereinbarungen beeinträchtigen. Vgl. auch Hoekmann, Bernhard M./Mavroidis, Petros C. (1994), S. 19 f sowie Mavroidis, Petros C./van Siclen, Sally J. (1997), S. 10 f. 305 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 395 sowie Kennedy, Kevin C. (2001), S. 294. 306 Gemäß der so genannten Effects Doctrine (auch Auswirkungs- oder Extraterritorialprinzip genannt), kann das nationale Wettbewerbsrecht gegen sämtliche Wettbewerbsbeschränkungen im Inland, also auch gegen die von ausländischen Unternehmen, angewandt werden. Es handelt sich hierbei um einen Rechtsgrundsatz, der vor allem
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landsfusionen bei den nationalen Wettbewerbsbehörden anzumelden, sofern sie sich auf den inländischen Wettbewerb auswirken. Die von den jeweils betroffenen nationalen Wettbewerbsbehörden durchgeführte Fusionskontrolle ist jedoch aufwendig, zeitintensiv und für die internationalen Konzerne nicht kalkulierbar, da sie die Genehmigungen in jedem Land beantragen müssen, in dem sie wirtschaftliche Aktivitäten aufweisen und hierbei auf die jeweils verschiedenen Rechtssysteme einzugehen haben. Sowohl für die Firmen als auch für die Wettbewerbsbehörden entstehen hierbei hohe Kosten. Bei grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten kommt es zu mehrfachen Untersuchungen der gleichen Marktstellung durch unterschiedliche nationale Wettbewerbsbehörden, da immer auch die Marktmacht auf Auslandsmärkten berücksichtigt wird.307 Beispielsweise hätten der kanadische Aluminiumproduzent ALSAN, die schweizer Algroup und das französische Unternehmen Pechiney in 40 Staaten ihre Fusion beantragen müssen. Sie taten es in 16.308 Es kann darüber hinaus zu überzogenen Fusionsauflagen kommen, wenn beispielsweise verschiedene nationale Wettbewerbsbehörden den Verkauf unterschiedlicher Sparten oder Tochtergesellschaften fordern, wobei jeder Verkauf bereits die angestrebte Reduzierung der Marktmacht gewährleisten würde.309 Trotzdem richtete sich die Analyse vor allem auf die inländischen Märkte, weshalb selbst bei identischen Analysemethoden die nationalen Wettbewerbsbehörden zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können.310 Die grenzüberschreitenden Fusionsaktivitäten, Übernahmen und Beteiligungen haben in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Das Transaktionsvolumen der weltweit erfassten Zusammenschlüsse und Übernahmen erreichte 1998 mit 2,5 Billionen US-Dollar das Fünffache des Niveaus der frühen 90er Jahre.311 Auch die Zahl der internationalen Kooperationen hat stark zugenommen. Grenzüberschreitende illegale Preiskartelle können hingegen nur dann statistisch erfasst werden, wenn sie von Wirtschaftsräumen, die mit Kartellbehörden ausgestattet sind, ausgehen und aufgedeckt werden, was selten der Fall ist. Wie gezeigt wurde, versuchen die meisten Staaten, Monopole und Kartelle aus wettbewerbspolitischen Gründen im Inland zu verhindern, wenn sich jedoch
von den USA angewandt wird und international umstritten ist. Die USA wendeten die Effects Doctrine als erstes Land an, Vgl. Rishikesh, Deepa (1991), S. 34 f; Immenga, Ulrich (1996b), S. 156 f; Immenga, Ulrich (1996a), S. 596 sowie Pengilley, Warren (1997), S. 22 f. 307 Vgl. Motta, Massimo/Omida, Fabrizio (1997), S. 83 sowie Bridgeman, John (2002), S. 61. 308 Vgl. o. V. (2000), S. 12. 309 Vgl. van Miert, Karel (1996), S. 3 f. 310 Vgl. Bridgeman, John (2002), S. 61. 311 Vgl. Hagedoorn, J. (1996); Klodt, Henning (2000), S. 53 sowie Kantzenbach, Erhard (2001), S. 234 ff.
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eine vermeidliche Steigerung der Exportwettbewerbsfähigkeit erreichen lässt, zu fördern.312 Dies ist auch der Grund, weshalb in vielen nationalen Wettbewerbsordnungen inländische Kartelle verboten, jedoch Exportkartelle erlaubt sind.313 Um die amerikanischen Unternehmen im Ausland zu stärken, wurde sogar das amerikanische Antitrust-Recht dahingehend spezifiziert, dass es wettbewerbsbeschränkende Praktiken amerikanischer Unternehmen im Ausland nicht einschränken kann.314 Das Hauptmotiv dieser Kooperationen ist die Nutzung von Synergien in der Forschung, gefolgt von der Stärkung der Marktposition (vgl. Tab. 4 im Anhang). Bei den Fusionen ergibt sich ein ähnliches Bild, aber mit einem Schwerpunkt auf der Stärkung der Marktposition. Zielten in den Jahren 1985–86 noch 46,5% der Fusionen auf die Nutzung von Synergieeffekten und Rationalisierungspotentialen, sind es 1991–92 nur noch 16,2%. Umgekehrt entwickelten sich die Motivationen Expansion und/oder Stärkung der Marktposition. Hatten 1985–86 nur 27,7% der Fusionen diese Zielsetzung, waren es in den Jahren 1991–92 immerhin 76,8% (vgl. Tab. 7 im Anhang). Es lässt sich folglich festhalten, dass neuerdings vor allem Markteroberungs- oder Verteidigungsstrategien hinter den Fusionen stehen, wohingegen Forschungsprojekte überwiegend mittels der weniger aufwendigen und weniger tief gehenden strategischen Allianzen bzw. Kooperationen verfolgt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob nationale Wettbewerbsbehörden immer objektiv und unbeeinflusst von den vermeintlichen Interessen des eigenen Landes die Fusionen ihrer inländischen Unternehmen bewerten, also die Verringerung des Wettbewerbs auf den ausländischen Märkten mit den Effizienzgewinnen aus der Fusion abwägen. Beispielsweise wurde die Fusion zwischen Boeing und McDonnell-Douglas von der amerikanischen Federal Trade Commisison (FTC) trotz einem weltweiten Marktanteil von 70% (Airbus 30%) genehmigt, wohingegen die EU-Kommission die Fusion beinahe verboten hätte. Andererseits genehmigte die EU-Kommission die Fusion von Mannesmann-Vallourec/Ilva trotz eines Marktanteils von 70% aufgrund eines nicht spezifizierten potenziellen Wettbewerbs japanischer Unternehmen.315 Die starke Bedeutung, die der Markteroberung bzw. Marktverteidigung beigemessen wird, entspricht dem Globalisierungstrend und ist für die Wettbewerbspolitik aufgrund der damit verbundenen Reduzierung der Anbieter und als 312
Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 13. Vgl. Gröner, Helmut (1987), S. 364 sowie Victor, Paul A. (1992), S. 572 ff. 314 „. . . the Department is concerned only with adverse effects on competition that would harm U.S. consumers by reducing output or raising prices.“ U.S. Department of Justice Antitrust Enforcement Guidelines for International Operations (1988), reprinted in Antitrust & Trade Reg. Rep. (BNA) No. 1391, at S-21 (Spec. Supp. Nov. 17, 1988), zitiert nach Fox, Eleanor (1997), S. 10. 315 Vgl. Immenga, Ulrich (1999), S. 344 und 349. 313
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Folge auch der Wettbewerbsintensität von besonderer Bedeutung. Es ist zwar anzunehmen, dass die verstärkten internationalen Fusionsaktivitäten überwiegend eine Folge der Zunahme der Wettbewerbsintensität aufgrund der Globalisierung sind und die strategischen Allianzen vor allem das Ziel haben, die Forschungseffizienz zu erhöhen. Internationale Preiskartelle oder Monopole können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Fusionen, Kartelle und strategische Allianzen stellen, insofern sie die Marktinteressen von unterschiedlichen Akteuren bündeln, eine Gefahr für den Wettbewerb und damit auch für den internationalen Marktzugang dar. Eine Konzentration der Marktmacht durch Unternehmenszusammenschlüsse behindert den Wettbewerb nicht nur durch die Machtkonzentration, was Machtmissbrauch beispielsweise durch eine monopolistische Preissetzung möglich macht, sondern schwächt auch den dynamischen Wettbewerb durch die Verringerung der Anzahl der Teilnehmer am Such- und Entdeckungsverfahren. Strategische Allianzen werden in der industrieökonomischen Literatur aufgrund von Synergieeffekten vor allem in der Forschung, der Bündelung von Ressourcen und der erwarteten positiven Spill-over-Effekte auf andere Industriebereiche überwiegend positiv beurteilt.316 Die Reduzierung der Teilnehmer ist jedoch – wie schon bei der wettbewerbspolitischen Analyse der EU-Technologiepolitik beschrieben wurde – in aller Regel gleichbedeutend mit einer Verringerung der Vielzahl der Forschungsausrichtungen.317 Bei strategischen Forschungsallianzen kann ein sich nach der Produktinnovation anschließendes Absatzkartell nie ausgeschlossen werden.318 Vor dem Hintergrund der Handelsliberalisierungen im Rahmen der GATTRunden, der zunehmenden Globalisierung und der gestiegenen internationalen Fusionsaktivitäten muss auch die Wettbewerbspolitik grenzübergreifend stattfinden. Aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft wollen immer mehr Unternehmen nicht nur grenzüberschreitend anbieten oder produzieren, sondern auch fusionieren. Es erstaunt deshalb wenig, dass auf der Konferenz in 2000 anlässlich des zehnten Jahrestages des In-Kraft-Tretens der EU-Fusionskontrollverordnung ein globales Regelwerk für die Beurteilung von Fusionen gefordert wurde. Ein kanadisches Unternehmen machte sogar den Vorschlag, die internationale Fu316 Vgl. Jorde, T. M. und Teece, D. J. (1990); Kamien, M. I./Muller, E./Zang, I. (1992); Suzumara, K. (1992); Combs, K. L. (1992) sowie Grundlach, Erich/Klodt, Henning/Langhammer, Rolf J./Soltwedel, Rüdiger (1995), S. 24. 317 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1985), Ziffer 309 sowie Falconer, Crawford/Sauvé, Pierre (1996), S. 7. 318 Vgl. Kühn, Kai-Uwe/Seabright, Paul/Smith, Alasdair (1992), S. 16 f. Als Beispiel diene hier die europäische Stahlpolitik. Mit der Unterstützung der EUROFERStahlkartelle und deren Einbeziehung in die Umstrukturierungspolitik schuf die Kommission die Grundlage für die Marktaufteilung der Unternehmen im Rahmen der illegalen Kartelle Ende der achtziger Jahre. Vgl. Conrad, Christian A. (1997), S. 104 und 158.
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sionskontrolle nach dem Vorbild der EU zu gestalten. Die USA und die EU stehen derzeit unter massivem Druck, ihre Fusionsgenehmigungsverfahren einander anzugleichen.319 Sie lehnen jedoch die Errichtung einer Weltkartellbehörde mit Verweis auf die international stark divergierenden Rechtskulturen zurzeit ab und halten dies auch für die nächsten Jahre für wenig realistisch. Die EU möchte stattdessen international im Rahmen der WTO einen Kodex wettbewerbspolitischer Grundregeln festlegen. Joel Klein, stellvertretender Staatsanwalt im US-Justizministerium, spricht jedoch der WTO die Kompetenz hierfür ab und regt vielmehr an, dass sich OECD, Weltbank, die Uno-Entwicklungsorganisation, WTO, EU und USA über gemeinsame wettbewerbspolitische Grundprinzipien einigen. Eine internationale Behörde soll anschließend ein globales Regelwerk ausarbeiten und dann zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden vermitteln und ihre Aktionen koordinieren, ohne dass deren Souveränität angetastet wird.320 Auch von Seiten der Wissenschaft kommt die Forderung, zumindest die Fusionskontrolle international zu koordinieren. Der hier vertretene Ansatz entspricht in seiner Ausrichtung dem Subsidiaritätsprinzip. Je größer die grenzüberschreitenden Externalitäten der Fusionen sind und je geringer die Unterschiede in den nationalen wettbewerbspolitischen Konzeptionen, desto internationaler sollte die Fusionskontrolle ansetzen.321 Als Vorlage wird in diesem Zusammenhang wiederum die Merger Task Force der EU vorgeschlagen, die nur bei grenzüberscheitenden Fusionen zum Einsatz kommt und ansonsten die Fusionskontrolle den Wettbewerbsstaaten der Mitgliedsländer überlässt.322 5. Vertikale Bindungen und Handelsrestriktionen zur Öffnung von Märkten Unter vertikalen Bindungen versteht man Absprachen zwischen Produzenten untereinander oder Produzenten und Händlern unterschiedlicher Produktionsstufen. Hierunter fallen z. B. Preisbindungen (Inhaltsbindungen) und Vertriebsbeschränkungen, Ausschließlichkeitsbindungen und Koppelungsverträge (Abschlussbindungen).323 Vertikale Vereinbarungen behindern den in- und ausländischen Wettbewerb gleichermaßen. Zuallererst werden die vertikalen Absatz- bzw. Vertriebswege, Wertschöpfungs- bzw. Vorproduktionsketten und damit der Marktzugang für Dritte blockiert. Wettbewerbsparameter wie z. B. der Preis 319
Vgl. o. V. (2000), S. 12. Vgl. o. V. (2000), S. 12. 321 Vgl. Neven, Damien/Siotis, Georges (1993), S. 89 f. 322 Vgl. Motta, Massimo/Onida, Fabrizio (1997), S. 89. 323 Vgl. Herdzina, Klaus (1999), S. 157 f; Goldfarb, Lewis H. (1995), S. 126 sowie World Bank/OECD (1999), S. 79. 320
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werden gleich- und der Vorleistungswettbewerb und/oder der Wettbewerb zwischen den Verkaufseinheiten ausgeschaltet. Durch die vertikalen Vereinbarungen können mächtige Wettbewerber über mehrere Märkte entstehen, die in ihrer Wirkung „einfache“ dominante Marktstellungen bei weitem übersteigen. Ein Missbrauch dieser Marktmacht beispielsweise durch Preisdumping, finanziert über eine vertikale Subventionierung, um Konkurrenten auf einzelnen Wertschöpfungsstufen zum Verlassen des Marktes zu zwingen oder sie am Markteintritt zu hindern wird ebenso möglich wie gleichgerichtetes Marktverhalten oder horizontale Vereinbarungen zwischen den dann wenigen, vertikal organisierten Marktteilnehmern. Bekannt geworden ist diese Art der Marktzugangsbeschränkung durch das japanische „Keiretsu“-System. In Japan sind viele Märkte durch Ausschließlichkeitsbindungen geschützt. Die Händler sind an die Produzenten gebunden und umgekehrt. Diese Beziehungen sind teilweise sogar durch familiäre Verbindungen abgesichert. Wettbewerb findet nur zwischen den Keiretsus statt.324 Aber auch in Deutschland finden sich zahlreiche vertikale Bindungen wie beispielsweise die vertikalen Vertriebsvereinbarungen im Kfz-Handel.325 Es gibt in der Literatur viele Stimmen, die vertikale Vereinbarungen als notwendiges Übel ansehen und ihnen sogar positive Wirkungen attestieren: 1. Ein Argument der Chicago School zielt darauf ab, dass beispielsweise bei einem Wegfall von Ausschließlichkeitsbindungen zwischen Produzenten und Händlern beide jeweils für sich eine Gewinnmarge festlegen würden, was einen höheren Preis für den Endverbraucher zur Folge hätte als die ausschließliche Preisvergabe durch den Produzenten.326 2. Das bedeutendste Argument für die positiven Nettowohlfahrtseffekte von vertikalen Vereinbarungen ist jedoch, dass durch die Schaffung der Gebietsmonopole die Finanzierung eines umfassenden Service- und Vertriebsnetzes ermöglicht wird. 3. Ein weiteres Argument lautet schließlich, dass die Händler ohne einen exklusiven Maklervertrag nicht die Kosten für die Markterschließung, wie beispielsweise Marketingausgaben, aufbringen würden, da sie ansonsten befürchten müssten, von einem anderen Händler verdrängt zu werden, der als Trittbrettfahrer ohne die Markterschließungskosten ihre Preise unterbieten könnte.327 Unter Umständen können also vertikale Vertriebsvereinbarungen den Wettbewerb gegenüber anderen Produkten stärken.328
324 Vgl. Matshushita, Mitsuo (1995), S. 129; Sadao, Nagaoka/Goto, Akira (1997), S. 23 sowie Krueger, Anne O. (1995), S. 74. 325 Vgl. Funk, Michael (2002). 326 Vgl. Tirole, J. (1988), Chapter 4. 327 Vgl. Motta, Massimo/Onida, Fabrizio (1997), S. 604 sowie Kühn, Kai-Uwe/Seabright, Paul/Smith, Alasdair (1992), S. 14.
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Das erste Argument lässt sich leicht widerlegen. Unterstellt man Gewinnmaximierung bei dem Produzenten, wird er als Monopolist die Preise auf den ausländischen Märkten in Abhängigkeit von den dort vorherrschenden Nachfrageelastizitäten festlegen [vgl. Teil B. IV. 2. a)] und dem Händler einen Anteil an den Stückerlösen anbieten. Bei freiem, grenzüberschreitendem Wettbewerb kann er die Preise nicht differenzieren, da es ansonsten zu Arbritage in Form von Exporten von dem niedrig in das hoch bepreiste Land kommen würde. Dies ist der eigentliche Grund für Ausschließlichkeitsbindungen. Ohne sie wäre folglich der Endverkaufspreis niedriger, weshalb auch die EU konsequent den innereuropäischen Handel von Produkten mit Ausschließlichkeitsbindungen durchsetzt. Das Argument der Chicago School, dass bei dem Bestreben von Herstellern zur vertikalen Konzentration die Effizienzgesichtspunkte überwiegen müssen, da sie bei einer Preiserhöhung im Vertrieb und Service automatisch die Nachfrage nach den eigenen Produkten reduzieren würden, gilt nur bei einer preiselastischen Nachfrage. Das würde für eine einzelfallbezogene wettbewerbspolitische Beurteilung der vertikalen Preisbindungen durch die Wettbewerbsbehörden sprechen, um entsprechend der jeweiligen Preiselastizität differenzieren zu können.329 Das zweite Argument ist gemäß der vom Autor durchgeführten Interviews mit Autohändlern stichhaltig.330 Beim Automobilvertrieb ist eine Ausschließlichkeitsbindung Standard. Die Händler binden sich an eine Marke, schulen ihr Werkstattpersonal in den jeweiligen Autotypen und halten Ersatzteile vor. Sie versuchen, die Marke regional im Markt zu etablieren und ihre Kunden an sich zu binden. Vertikale Ausschließlichkeitsbindungen führen in diesem Fall durch die Spezialisierung zu einer Verringerung der Transaktionskosten, Informationskosten und Reparaturkosten für die Händler, die an die Konsumenten weitergegeben werden, sofern Wettbewerb vorherrscht. Im Gegenzug verlangen sie regionalen Schutz, damit kein zweiter Anbieter sie ohne die Serviceverpflichtungen preislich unterbieten kann. Entscheidend für die Händler ist, dass das Angebot des Herstellers so umfassend ist, dass es die Wünsche ihrer Kunden abdeckt. Folglich muss ein Hersteller zuerst über eine ausreichend große Produktpalette nebst der entsprechenden Logistik verfügen, ehe er in die ausländischen Märkte eindringen kann. Die bedeutendere Markteinstiegsbarriere liegt somit in diesen Fixkosten.331 328 Dies sind vor allem die Standpunkte der Chicago School. Vgl. Teil A und Posner, Richard A. (1979), S. 927 ff. Argumentationshilfe bekam die Chicago School zwischenzeitlich von der Neuen Institutionenökonomik. Gemäß Williamson tragen vertikale Integrationen jedweder Art zur Reduzierung der Transaktionskosten bei. Vgl. Williamson, O. E. (1971), S. 117 sowie Richter, Rudolf/Furubotn, Erik G. (1999), S. 72. 329 Vgl. Viscusi, W. Kip./Vernon, John E./Harrington, Joseph Emmett (2000), S. 236. 330 Vgl. Verzeichnis der durchgeführten Interviews im Anhang.
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Das Gebietsmonopol kann dem Hersteller jedoch auch dazu dienen, seine Preis- und Markenpolitik durchzusetzen. Der Intra-brand-Preiswettbewerb wird unterbunden. Wenn es auf diese Weise dem Hersteller gelingt, sein Produkt gegenüber anderen abzugrenzen, verfügt er über ein fast perfektes Monopol, von dem ausgehend er seinen Gewinn durch Marktspaltung und Preisdifferenzierung zu Lasten des Verbrauchers maximieren kann.332 Gerade weil vertikale Vereinbarungen oft auch zur Abschottung nationaler Märkte dienen und damit gegen das EU-Binnenmarktprinzip verstoßen wird, gilt in der EU das Verbotsprinzip nicht nur für horizontale, sondern auch für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (Art. 81 EGV).333 Beim dritten Argument gilt es zu differenzieren. Nur bei hohen Markterschließungskosten, die nicht gleichzeitig zu einer Kundenbindung an den Händler führen, hat das Argument Gültigkeit. In diesem Fall wäre aber eine zeitliche Befristung der Ausschließlichkeitsverträge nach dem Vorbild des Patentschutzes wohlfahrtsfördernder als ein unbefristetes Produktmonopol. Umso erfreulicher ist es, dass inzwischen international weitgehende Einigkeit darüber besteht, wenn sich schon nicht die Ausschließlichkeitsbindung verbieten lässt, dann zumindest die Bindung der Wiederverkaufspreise.334 Wir halten fest, ob es zu Wettbewerbsbeschränkungen durch vertikale Vertriebsvereinbarungen kommt, hängt letztlich davon ab, ob noch ein Wettbewerb mit anderen substituierbaren Produkten vorliegt (Inter-brand-Wettbewerb) und, ob die Ausschließlichkeitsbindungen von den Herstellern zu Preisdifferenzierungen genutzt werden. Dies wäre aber im Rahmen einer Einzelfallanalyse zu untersuchen. Deshalb sollte bei vertikalen Vertriebsvereinbarungen auch auf internationaler Ebene die Rules of Reason335, also ein einzelfallabhängiges Abwägen der Vor- und Nachteile durch eine kontrollierende Wettbewerbsinstitution zur Anwendung kommen. Die genehmigten vertikalen Vertriebsvereinbarungen sollten anschließend einer Missbrauchsaufsicht unterstellt werden. Derzeit überwiegt jedoch das Verbotsprinzip.336
331 Vgl. auch Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 57 f sowie Kühn, KaiUwe/Seabright, Paul/Smith, Alasdair (1992), S. 14 f. 332 Vgl. Viscusi, W. Kip./Vernon, John E./Harrington, Joseph Emmett (2000), S. 236 f. 333 Vgl. Fox, Eleanor M./Ordover, Janusz A. (1995), S. 24; Nicolaides, Phedon (1994a), S. 21; Wins, Henning (2000), S. 29; Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 57 sowie Carlton, Dennis W. (1994), S. 544 und 845. Die umfassendste Analyse der EU-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Vertriebsvereinbarungen findet sich bei Duijm, Bernhard (1997). 334 Vgl. Immenga, Ulrich (1996a), S. 604. 335 Zur Rule of Reason vgl. Schmidt, Ingo (1981) sowie Waldherr, Markus (2001), S. 3 ff.
154
B. Die WTO und der neue Protektionismus
Das „Keiretsu“-System war der Anlass für einen Handelskonflikt zwischen den USA und Japan, wobei es den USA durch Androhung von Vergeltungsmaßnahmen 1986 gelang, den japanischen Markt teilweise zu öffnen.337 Der Erfolg dieses Vorgehens veranlasste die USA, Vergeltungsmaßnahmen zur Marktöffnung zu instrumentalisieren. Wie jedes andere Instrument, das zum „fairen“ Ausgleich bestehender Wettbewerbsverzerrungen geschaffen wurde, haben auch diese Instrumente bei Überdosierung einen stark protektionistischen Charakter. 1988 erweiterten die USA den „Abschnitt 301“ des US Trade Act von 1974. Hiernach hat der amerikanische Präsident dem amerikanischen Kongress jährlich einen Bericht über „unfaire“ Handelspraktiken anderer Länder vorzulegen und mit diesen Ländern in Verhandlungen zur Abstellung dieser Praktiken zu treten. Kommen die Länder den Forderungen der USA nicht nach, so kann der US-Handelsbeauftragte Restriktionen auf Importe aus diesen Ländern verhängen. Die Länder sollen auf diese Weise zum Einlenken gezwungen werden. Bei den Forderungen der USA ist die Tendenz zu beobachten, konkrete Marktanteile einzufordern.338 Die EU verfügt seit 1984 über das sog. „Neue handelpolitische Instrument“339. Die zugrunde liegende Verordnung ist so flexibel definiert, dass fast jede mögliche Retorsionsmaßnahme gegen beliebige „unerlaubte Handelspraktiken“ eingesetzt werden kann. Dieses Instrument wurde bisher sehr zurückhaltend eingesetzt.340 Das heißt jedoch keinesfalls, dass es ohne Bedeutung gewesen ist. Die Verordnung gibt Unternehmen die Möglichkeit, die Kommission auf WTO-widrige Handelspraktiken aufmerksam zu machen, um auf diesem Weg ein Streitschlichtungsverfahren einberufen zu können. Darüber hinaus kann bereits die Androhung des Einsatzes der Vergeltungsmaßnahmen die Handelspartner zum Einlenken zwingen. Hier kommen die Einseitigkeit und die diskriminierende Wirkung dieser Instrumente zum Ausdruck. Der Export in große Märkte wie die der USA und der EU ist für ein kleines Land bedeutsamer als umgekehrt. Die Verhandlungsmacht ist hier ungleich verteilt. Handelsmächte wie die USA und die EU stellen in solchen Auseinandersetzungen die Top-dogs dar. Hierbei sind nicht die Wettbewerbsfähigkeit oder die komparativen Kosten336 Vgl. Carlton, Dennis W. (1994), S. 845; Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 62 sowie Viscusi, W. Kip./Vernon, John E./Harrington, Joseph Emmett (2000), S. 237. 337 Vgl. Hasse, Rolf (1994), S. 166 f; Krueger, Anne O. (1995), S. 74 sowie Irwin, Douglas A. (1996), S. 8 ff. 338 1986 dienten im Rahmen des Halbleiterabkommens zwischen den USA und Japan zum ersten Mal ein fester Marktanteil als Verhandlungsgrundlage. Objektiv nachprüfbare Kriterien sollen gleichfalls den 1993 begonnenen Verhandlungen über ein „Framework for a New Economic Partnership“ zugrunde gelegt werden. Vgl. Irwin, Douglas, A. (1996) sowie Krueger, Anne O. (1995), S. 77. 339 Seit 1995 gilt die Verordnung (EG) Nr. 3286/94. 340 Vgl. Mavroidis, Petros C. (1992), S. 23 und 83 ff.
IV. Instrumente des „Neuen Protektionismus‘‘
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vorteile ausschlaggebend. Diese Länder können aufgrund ihrer Verhandlungsmacht einen Marktanteil durchsetzen, der weit über dem Marktanteil bei Freihandel liegt. Der Handel ist nicht frei, sondern wird gemanaged. Die Durchsetzung des „Rechts des Stärkeren“ widerspricht den internationalen WTOPrinzipien und mindert die internationale Allokationseffizienz und damit die Weltwohlfahrt. 6. Wettbewerbspolitische Ausnahmebereiche Innerhalb vieler nationaler Wettbewerbsordnungen existieren wettbewerbspolitische Ausnahmebereiche341, die in der Regel mit Marktversagen oder besonderen politischen Zielen gerechtfertigt werden und der nationalen Missbrauchsaufsicht unterstellt sind. Diese Ausnahmebereiche rufen international erhebliche Wettbewerbsverzerrungen hervor, sofern sie Marktzugangsbarrieren für in- und ausländische Unternehmen darstellen. Für eine einheitliche Deregulierung im Rahmen einer internationalen Wettbewerbsordnung gibt es hier jedoch nur wenig Ansatzpunkte.342 In den Fällen, in denen es sich um Marktversagen handelt, besteht hierfür auch kein Anlass. Bei einigen Bereichen ist jedoch das Vorliegen von Marktversagen wettbewerbstheoretisch umstritten. Eine verbindliche Umsetzung einer einheitlichen Regelung der Ausnahmebereiche gemäß der neuesten wettbewerbstheoretischen Erkenntnisse und technischen Möglichkeiten wird nur schwer durchsetzbar sein. Zum einen sind die wettbewerbspolitischen Ausnahmebereiche in der Regel historisch gewachsen und unterschiedlich reglementiert. Zum anderen werden die vom Wettbewerb freigestellten Unternehmen ebenso wie ihre gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer politischen Einfluss zum Erhalt ihrer Vorzugsbehandlung ausüben. Andererseits ist international eine Tendenz zur Reduzierung dieser Bereiche zu beobachten. Hinzu kommt, dass aufgrund des technischen Fortschritts und neuer Organisationsansätze immer mehr Bereiche marktwirtschaftlich gestaltet werden können.343 Ein Beispiel dafür ist die Durchleitungsverpflichtung der deutschen Energieversorger und Netzbetreiber. Die politische Problematik der wettbewerbspolitischen Ausnahmebereiche ist mit der der traditionell national subventionierten Branchen zu vergleichen. Eine Klassifizierung der wettbewerbspolitischen Ausnahmebereiche in Green-, Yellow- und Red-light-Bereiche gemäß 341 Z. B. identifizierte die OECD bei ihren Mitgliedstaaten insbesondere die folgenden Bereiche, aufgelistet mit abnehmender Regulierungsdichte: Die Arbeitsmärkte, die Landwirtschaft, Fischerei- und Forstwirtschaft, die Energie- und Wasserversorgung, der Postdienst, das Transportwesen, das Kommunikationswesen, der Rüstungssektor, die Finanzdienstleistungen und das Verlagswesen. Vgl. Hawk, Barry E. (1996), S. 12; OECD (1996), S. 9, 18 und 19 sowie OECD (2001a), S. 88. 342 Vgl. OECD (1994a), S. 8 ff. 343 Vgl. OECD (2001a), S. 88.
156
B. Die WTO und der neue Protektionismus
dem ursprünglichen Ansatz des internationalen Subventionskodexes in der Uruguay-Runde344 sollte deshalb angestrebt werden. Da die Länder nicht nur ihre eigenen, vom Marktmechanismus ausgenommenen Wirtschaftsbereiche schützen wollen, sondern auch die Gelegenheit zum Marktzutritt in entsprechenden Ausnahmebereichen anderer Länder anstreben, ist anzunehmen, dass wie bei den Subventionen die Bereitschaft besteht, Retorsionsmaßnahmen gegen die Verweigerung des Marktzutritts zumindest in einem Red-light-Bereich zu akzeptieren. Das Bild, das sich nach den bisherigen Ausführungen vom internationalen Wettbewerb ergibt, ist weit von dem eingangs skizzierten Bild eines idealen Leistungswettbewerbs entfernt. Dass Unternehmen versuchen, mit allen Mitteln ihre Konkurrenten im Wettbewerb zu übervorteilen, erstaunt hierbei wenig. Dies wird von ihnen erwartet. Dass aber auch die nationalen Regierungen alles daran setzen, das GATT zu umgehen, um ihren Industrien mittels Instrumenten wie Subventionen, Antidumpingmaßnahmen etc. künstliche Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, erstaunt angesichts der wirtschaftstheoretisch unangefochtenen Vorteilhaftigkeit von Freihandel in Verbindung mit einem nicht verzerrtem Wettbewerb für alle Beteiligten. Die Gründe für dieses Verhalten sollen im nächsten Kapitel untersucht werden.
V. Ökonomische versus politische Rationaliät oder warum gibt es keinen Freihandel? 1. Erklärungsansätze der Public Choice Theorie Mit der von den Gedanken Ricardos ausgehenden traditionellen Außenhandelstheorie lassen sich die Mängel im internationalen Wettbewerb und der internationalen Wettbewerbsordnung nicht erklären. Sie geht von den Idealbedingungen des Marktes aus, wie beispielsweise vollkommene Transparenz und Flexibilität der Produktionsfaktoren, die aber in der Realität ebenso wenig zu finden sind, wie Politiker, deren höchstes Ziel die Maximierung der Weltwohlfahrt ist. Ferner vernachlässigt die traditionelle Außenhandelstheorie, dass auf dem „Markt des Protektionismus“ Informations-, Transaktions- und Verhandlungskosten entstehen.345 Zieht man hingegen, wie bereits zur Erklärung der Verbreitung von Subventionen in Teil B., die Konzeption der „Neuen Politischen Ökonomie“346 heran, und setzt somit voraus, dass die Politiker zuallererst ihren eigenen Nutzen und 344 Die Kategorie der „Green-light-Subventionen“ ist nicht mehr existent; sie existierte nur bis 5 Jahre nach Bestehen der WTO und endete am 31.12.1999. Vgl. http:// www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/agrm8_e.htm#subsidies. 345 Vgl. Frey, B. S. (1984), S. 29.
V. Ökonomische versus politische Rationaliät
157
nicht das Allgemeinwohl maximieren wollen, also als oberstes Ziel ihre Wiederwahl und die hierfür notwendige Stimmenmaximierung anstreben, so kommt man zu dem Ergebnis, dass Freihandel als Mittel zur Zielerreichung deutlich unterlegen ist, ja sogar negative Folgen hat. Der Verzicht auf Importrestriktionen würde mit aller Wahrscheinlichkeit einhergehen mit kurzfristiger Arbeitslosigkeit und somit auch mit hohen sozialen Kosten für den Staat, Unternehmensschließungen und vielleicht mit einem kurzfristigen Rückgang des Bruttosozialprodukts. Dies aber würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Stimmenverlust und eventuell zu einer Gefährdung der Wiederwahl des Politikers führen, da zum Zeitpunkt der Wahlen lediglich die Kosten des eingeführten Freihandels und nicht die sich erst langfristig347 einstellenden Gewinne vorweisbar wären. Die Frage, inwieweit Importe als positiv oder negativ einzustufen sind, ist letztlich eine politische Frage: Es ist von politischer Bedeutung, ob die Konkurrenz, die Arbeitsplätze verdrängt, inländisch oder ausländisch ist. Somit neigt der Politiker aus eigenen politischen Interessen heraus, binnenwirtschaftliche Gesichtspunkte außenwirtschaftlichen vorzuziehen und damit unter Umständen trotz besseren Wissens den Freihandel abzulehnen.348 Zölle und andere protektionistische Maßnahmen interpretiert die politische Ökonomie der Protektion als „Gleichgewichtspreise“ auf einem politisch ökonomischen Markt der Protektion, auf dem Protektionismus vor allem von Interessengruppen nachgefragt wird und von den jeweiligen Regierungen angeboten wird.349 Die Interessengruppen werden umso mehr Protektion nachfragen, je weniger sie dafür aufwenden müssen, je höher die erwarteten Erträge aus ihrer Lobbytätigkeit sind und je niedriger dazu im Vergleich die Erträge aus ihrer alternativen Tätigkeit im Produktionsprozess sind. Die Politiker werden umso mehr Protektion gewähren, je höher ihr zu erwartender Nutzenzugewinn aus der Stimmenmaximierung ist.350 2. Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik Unbestritten ist, dass ein nichtverzerrter internationaler Leistungswettbewerb die Weltwohlfahrt maximieren und der Mehrheit der Wähler, den Konsumenten, 346 Die Verhaltenshypothesen Smiths und Schumpeters haben in den USA Downs und in Deutschland Herder-Dorneich aufgegriffen und damit die Neue Politische Ökonomie begründet. Vgl. Starbatty, Joachim (1985), S. 40; Schumpeter, Joseph A. (1993), S. 427 ff; Andel, Norbert (1990), S. 48; Downs, Anthony (1957) sowie Herder-Dorneich (1957). Vgl. auch Kyrer, Alfred (2001), S. 8 ff; Nagy, Anke (2002), S. 156 ff sowie Frey, Bruno S. (2002), S. 6 ff. 347 Vgl. Frey, Bruno S. (1984), S. 20. 348 Vgl. Zohlnhöfer, Werner (1984), S. 114–115. 349 Vgl. Frey, B. S. (1984), S. 18. 350 Vgl. Glismann, H. H. u. a. (1986), S. 135 f.
158
B. Die WTO und der neue Protektionismus
den höchstmöglichen Nutzen sichern würde. Bezüglich der lobbyistischen Einflussnahme im Außenhandel lässt sich jedoch feststellen, dass die protektionistischen Interessen gegenüber den freihandelsorientierten dominieren. Der Transaktionskostenansatz der Neuen Institutionenökonomik liefert hier einen Erklärungsansatz.351 Zwar widersprechen die Interessen der Konsumenten einer protektionistischen Politik, da diese ihre Konsumausgaben erhöht und sie in der Auswahl der Produkte einschränkt. Die hohen Transaktionskosten bzw. Organisationskosten der vielen Konsumenten verhindern jedoch die Bildung einer lobbyistischen Interessenvertretung. Andererseits sind die Organisationskosten der Produzenten um einiges niedriger. Es gibt wenig Produzenten und viele Konsumenten, weshalb sich auch die Protektionsgewinne auf wenige Produzenten und die Protektionskosten auf viele Konsumenten verteilen.352 Hinzu kommt, dass die Konsumenten befürchten, der Freihandel könnte sich nachhaltig auf ihren Arbeitsplatz auswirken, weshalb eher die Einkommensseite in ihrer Betrachtung dominiert. Ferner sind auf der Ausgabenseite vom Protektionismus die zahlreichen Produkte unterschiedlich betroffen und somit die Auswirkungen für den einzelnen Konsumenten nur schwer abschätzbar.353 Darüber hinaus handelt es sich bei den durch den Freihandel verursachten Preissenkungen bei den Konsumgütern um ein öffentliches Gut, von dem Konsumenten, die sich nicht für Freihandel eingesetzt haben, nicht ausgeschlossen werden können. Auch der Nutzen ist beliebig teilbar. Deshalb ist die Motivation zur Bildung einer lobbyistischen Interessenvertretung bei den Konsumenten gering.354 Hinzu kommt, dass die Wirkungen der vielen protektionistischen Maßnahmen bei der unüberschaubaren Menge von Produkten nur schwer zu übersehen ist.355 Dies erklärt beispielsweise auch den Befund der amerikanischen ITC, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten der US-Antidumpingmaßnahmen, die vor allem von den Konsumenten getragen werden, den Nutzen für die geschützten inländischen Produzenten bei weitem übersteigen.356 Freihandel ist somit ein demeritorisches Gut. Der Staat muss das „Marktversagen“ in Form der geringen Interessenartikulation der Konsumenten durch staatlich organisierte Konsumentenverbände ausgleichen. In Deutschland geschieht dies ansatzweise durch die Verbraucherverbände. International wurden noch keine Verbraucherverbände ge351 Vgl. Coase, Roland H. (1937), S. 390 f; Coase, Roland H. (1960), S. 15; Arrow, K. J. (1969), S. 48; Richter, Rudolf/Furubotn, Erik G. (1999), S. 47 ff; Martiensen, Jörn (2000), S. 7 f, 116 ff und 271 ff; Voigt, Stefan (2002), S. 30 f sowie Frambach, Hans/Eissrich, Daniel (2002), S. 44 ff. 352 Vgl. Glismann, H. H. u. a. (1986), S. 138 sowie Frey, B. S. (1984), S. 25. 353 Vgl. Frey, B. S. (1984), S. 25 und 30. 354 Vgl. Frey, B. S. (1984), S. 83. 355 Vgl. Frey, B. S. (1984), S. 25. 356 Vgl. Bronckers, Marco C. E. J. (1996), S. 18.
V. Ökonomische versus politische Rationaliät
159
schaffen. Auf internationaler Ebene ist es jedoch für die Konsumenten aufgrund der noch größeren Unübersichtlichkeit der Produkte und der Vielzahl von unterschiedlichen Konsumenten noch aufwendiger, sich zu organisieren, während die Produzenten von ihren bereits existierenden nationalen Organisationen ausgehen können. 3. Freihandel als Gefangenendilemma David Ricardo weist in seinem bekannten Arbeitsteilungsbeispiel zwischen England und Portugal in der Tuch- und Weinproduktion nach, wie positiv sich Freihandel aufgrund der Nutzung der komparativen Kostenvorteile auf die Wohlfahrt aller beteiligten Länder auswirkt.357 Spezialisieren sich zwei Länder auf die jeweils vorteilhafteste Produktion und tauschen die Produkte aus, so benötigen sie für die gleiche Menge Wein und Tuch weniger Input als bei Autarkie. Sie können die gesparten Ressourcen zur Produktion eines anderen Gutes einsetzen oder die Produktion von Wein und Tuch steigern. Folglich würde sogar eine einseitige Außenhandelsliberalisierung dem importierenden Land Vorteile bringen.358 Diese Theorie hat sich in der wirtschaftspolitischen Praxis leider nicht durchgesetzt. Das Positivsummenspiel wurde nicht wahrgenommen. Wie gezeigt wurde, verhalten sich die Regierungen auf dem Weltmarkt vielmehr so, als ob sie von einem Negativsummenspiel, einem Gefangenendilemma ausgehen. Die im Welthandel festzustellende Tendenz zum Protektionswettlauf lässt sich mit Hilfe der Spieltheorie veranschaulichen. Ein protektionsfreier Markt stellt ein öffentliches Gut dar. Das Gut sind die Wohlstandsmehrungen, die sich aus der nicht durch Importrestriktionen verzerrten effizienteren Ressourcenallokation ergeben. Es herrscht nichtrivalisierender Konsum und bei Freihandel Nicht-Ausschließbarkeit. Die Regierungen berücksichtigen nur die Konsequenzen, die aus ihrer Entscheidung resultieren und setzen dabei unverändertes Verhalten der anderen Mitgliedstaaten voraus. Sie maximieren ihren individuellen Nutzen. Die Auszahlungsmatrix in Abbildung 5 stellt die wirtschaftlichen und politischen Kosten dar, die den Regierungen entstehen, wenn sie sich entscheiden sollten, die eigene Industrie durch Importrestriktionen zu schützen [2] oder im anderen Fall nicht zu schützen [1]. Es wird hierbei nur zwischen der Regierung 357 Großbritannien benötigt zur Produktion von Tuch aufgrund des höheren Produktions-Know-how weniger Input als zur Weinherstellung. Portugal muss dafür aufgrund des sonnigeren Klimas relativ weniger Ressourcen zur Produktion von Wein einsetzen als Großbritannien bei der Tuchproduktion. Vgl. auch Conrad, Christian A. (2003a). 358 Vgl. Ricardo, David (1817), S. 112 ff. Mill zeigte in seinem Theorem der internationalen Werte, dass die Aufteilung des Wohlfahrtszugewinns von den Nachfrageelastizitäten abhängt. Das Land mit der höheren Nachfrageelastizität streicht den größeren Teil des Zugewinns ein. Mill, John Stuart (1844), S. 9 ff.
160
B. Die WTO und der neue Protektionismus
eines einzelnen Staates a und den anderen Regierungen, n, unterschieden. Der Wohlfahrtsgewinn, der sich in jedem Jahr bei Freihandel durch die effizientere Ressourcenverteilung für jeden Staat einstellt, wird mit 4 angesetzt. Der Wohlfahrtsgewinn wird nur um 1 geschmälert, solange nur ein Staat Außenschutz gewährt. Umgekehrt erwirtschaftet gemäß Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile bereits eine einseitige Außenhandelsliberalisierung einen Wohlfahrtsgewinn von 1 für alle am Welthandel teilnehmenden Unternehmen. Die sozialen Kosten, wie beispielsweise Arbeitslosenunterstützung und die innenpolitischen Kosten, die der Regierung bei einem Verzicht auf den Außenschutz durch die Reaktionen der betroffenen Interessengruppen (Gewerkschaften, Wähler) auf den dann notwendigen Arbeitsplatzabbau infolge des Strukturwandels entstehen, werden – relativ hoch – mit 5 beziffert. a) kurzfristig n
b) langfristig
a
kein Außenschutz [1]
kein Außenschutz [1]
4 (– 5)
S
n a
kein Außenschutz [1]
Außenschutz [2]
4 (– 5)
1 1 (– 5) 0
kein Außenschutz [1]
4 0
4 0
1 0
1 0
–1
–1
(– 4) 0
S
4
4
1
1
3
3 (– 5)
0 0
0 0
Außenschutz [2]
0
3 0
3 0
0 0
0 0
3
(– 2)
0
0
S
3
3
0
0
Außenschutz [2]
S
Außenschutz [2]
Abbildung 5: Kurzfristige und langfristige Entscheidungssituation: Außenschutz der nationalen Industrie
Die Außenhandelsgewinne stellen sich allerdings in ihrer vollen Höhe erst langfristig ein, wenn der Strukturwandel abgeschlossen ist (vgl. Abbildung 5b), weshalb für die Regierungen in der Ausgangssituation ein Negativsummenspiel vorliegt (vgl. Abbildung 5a). Keine Regierung wird jedoch in dieser Ausgangssituation auf Importrestriktionen verzichten, ohne die Gewissheit zu haben, dass alle anderen Regierungen dies auch tun werden. Alle werden deshalb versuchen, die Free-Rider-Position einzunehmen, was automatisch zur suboptimalen 4. Kombination [2,2] (dominante Strategie) führt, dem Protektionskarussell. Dies ist die derzeitig vorherrschende Situation auf den Weltmärkten. Die Situation des Positivsummenspiels wurde nie erreicht. Es handelt sich somit nach wie vor um die spieltheoretische Situation eines Gefangenendilemmas.359 359 Zu den Hintergründen der Situation eines Gefangenendilemmas in der Spieltheorie vgl. Haller, M. J./Illing, G. (1993), S. 8 f sowie Voigt, Stefan (2002), S. 48 ff.
V. Ökonomische versus politische Rationaliät
161
Gewissheit, dass auch alle anderen Regierungen auf Außenschutz verzichten, hat die Regierung a jedoch, wenn sie verbindliche Zusagen in Form von Verträgen mit den anderen Regierungen oder durch einen durchsetzungsfähigen Dritten erhält. Die beiden alternativen Ansätze für eine internationale Wettbewerbsordnung sind deshalb entweder verbindliche, durchsetzungsfähige Verträge oder eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen Sanktionsinstrumenten. Entscheidend ist, dass ein Verhaltenskodex und Sanktionen instrumentalisiert werden, die ein Free-Rider-Verhalten ausschließen: „We recall in this discussion that the more distorted the markets and the more predatory and distortive the actions attempted by national policy-makers, the more one needs a coordination of policies and ultimately supranational institutions to gest out of mutually harming equilibria and to restore efficiency.“360
In Teil B. wurde nicht nur deutlich, dass es zahlreiche Problemfelder im grenzüberschreitenden Handel gibt, die auf Schwachstellen in der internationalen Handelsordnung zurückzuführen sind, sondern auch, dass fast alle einen wettbewerbspolitischen Hintergrund haben, wie beispielsweise Selbstbeschränkungsabkommen. Es wurde gezeigt, dass die Länder versuchen, mit Hilfe von Subventionen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer eigenen Industrie zu steigern, mit den entsprechenden protektionistischen Wirkungen und einer wohlfahrtsmindernden Umlenkung der Handelsströme. Auch die Kartell- und Fusionskontrolle wird teilweise für dieses Ziel eingesetzt. Darüber hinaus wurden zahlreiche außenwirtschaftliche Problemfelder aufgedeckt, die auf eine mangelnde internationale wettbewerbspolitische Kontrolle und Koordinierung zurückzuführen sind. Zu nennen sind hier internationale Fusionen, Kartelle und strategische Allianzen sowie die vertikalen Bindungen und die Anwendung von Handelsrestriktionen zur Öffnung von Märkten. Dominierende Marktstellungen und Kartelle wirken sich über die Preissetzung direkt auf den Handel aus und indirekt, wenn sie den Marktzugang361 behindern. Darüber hinaus gibt es mit den nationalen Antidumpingverfahren Instrumente, die von den Ländern zwar mit dem Vorsatz des Ausgleichs von Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel eingesetzt werden, die aber über den Ausgleich hinausgehend protektionistisch wirken bzw. eingesetzt werden. Es hat sich gezeigt, dass Versäumnisse in der Wettbewerbspolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im internationalen Handel verzerren und den Marktzugang für ausländische Unternehmen erschweren. Die Wirkungen entsprechen somit tendenziell den traditionellen Handelshemmnissen bzw. Importrestriktionen. Eine nicht leistungsgerechte Einkom360
Laussel, Didier/Montet, Christian (1995), S. 49. Beispielsweise sind – laut EU-Parlament – europäische Unternehmen auf dem Inlandsmarkt Hong Kongs im Wettbewerb gegenüber den dort vorherrschenden Monopolen benachteiligt. Die Marktmacht behindert den Markteintritt für die Importkonkurrenz, weshalb das EU-Parlament von Hong-Kong eine Wettbewerbs- und Antimonopolgesetzgebung fordert. Vgl. o. V. (2000), S. 24. 361
162
B. Die WTO und der neue Protektionismus
mensverteilung und weltwirtschaftliche Wohlfahrtseinbußen sind die Folge. Die Erfolge des Freihandels werden somit durch Wettbewerbsbeschränkungen konterkariert. Außenhandels- und Wettbewerbspolitik bedingen sich gegenseitig: „Trade and competition policies have a common objective: economic efficiency. But these policies have sometimes impinged on each other.“362
Dieser Zusammenhang ist bereits internationales Gedankengut. Art. XIX des GATS konstatiert, dass ein wirksamer Marktzugang nicht ohne ergänzende Regeln gegenüber wettbewerbsbeschränkenden Verhaltsweisen erreicht werden kann. Nachdem die theoretischen Grundlagen für eine funktionsfähige internationale Wettbewerbsordnung in Teil A. dargestellt wurden und wir die Problemfelder des internationalen Handels aufgezeigt und wettbewerbspolitisch analysiert haben, soll im folgenden Teil C. ein Lösungsansatz für die aufgezeigten Probleme in Gestalt einer internationalen Wettbewerbsordnung gesucht werden. Vor allem ist zu untersuchen, welche Gesetze und Institutionen geschaffen werden müssen, um die Funktionsfähigkeit einer internationalen Wettbewerbsordnung langfristig sicherzustellen, die die Weltwohlfahrt im Rahmen des möglichen maximiert. Diese Zielsetzung ist keineswegs unrealistisch. Immer mehr Länder erkennen die Bedeutung einer Wettbewerbsordnung für ihre nationale Wohlfahrt. Verfügten Anfang der 80er Jahre erst zwölf Länder über eine eigene Wettbewerbsordnung, so waren es 1997 immerhin rund sechzig.363 Die internationalen wettbewerbspolitischen Konzeptionen ähneln sich angesichts der international verwendeten Begriffe wie „fairer Wettbewerb“ und „dominierende Marktposition“ zumindest soweit, als dass man einen Wettbewerb der Leistungen durch staatliche Eingriffe gewährleisten will, um die nationale Wohlfahrt zu steigern364: „Furthermore, various regional experiences [European Union], the few competitionrelated rules contained in the Uruguay Round Agreements as well as the inclusion of competition safeguard provisions in the recent WTO Basis Telecommunication Agreement show that international rule making in the field of competition law is possible and that an accord on minimum competition law standard is indeed feasible.“365
362
OECD (1994a), S. 3. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 23. 364 Vgl. hierzu auch übereinstimmend Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 35 sowie Messerlin, Patrick A. (1995), S. 36 f. 365 Giardina, Andrea/Beviglia-Zampetti, Americo (1997), S. 26. 363
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung Die Schwächen der derzeitigen Wettbewerbsordnung traten in den vorherigen Kapiteln deutlich hervor. Zahlreiche wettbewerbspolitische Problemfelder wurden aufgedeckt und der internationale Handel entpuppte sich als ein verdeckter Kriegsschauplatz, auf dem um die Anteile am Welthandel gestritten wird. Es wurde gezeigt, dass sich Handels- und Wettbewerbspolitik nicht trennen lassen. Meist vollzieht sich dieser Kampf verdeckt oder mit vermeintlich nicht protektionistischen Mitteln. Vor dem Hintergrund der in Teil B. aufgezeigten Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel sind die Argumente, die gegen die Errichtung einer effektiven internationalen Wettbewerbsordnung vorgebracht werden, wenig überzeugend. Hierin stimmen auch die Kritiker einer internationalen Wettbewerbsordnung tendenziell überein: „Maybe the setting up of an international antitrust policy is the price for abolishing these anti-competitive and trade distorting trade policy instruments. If the focus was on eliminating these trade policy instruments, and if the implementation of an international antitrust policy was the complement to abolishing these measures, our evaluation would clearly be more positive.“1
Aufgrund des Scheiterns der Havanna Charta fehlt der WTO ein wettbewerbspolitischer Auftrag. Obwohl der WTO im internationalen Handel die Rolle des Schiedsrichters und darüber hinaus über ihre Mitgliedstaaten die Rolle des Gesetzgeber für den internationalen Handel zugesprochen wurde, kann sie diese Aufgabe nur ansatzweise erfüllen. Weil ihr keine wettbewerbspolitische Funktion zugesprochen wurde, ist sie nicht in der Lage, von sich aus tätig zu werden. Hinzu kommt das Problem der national unterschiedlich gehandhabten Umsetzung von internationalem Recht allgemein in nationales Recht. In den meisten Staaten ist internationales Recht nicht unmittelbar anwendbar, d.h. es muß mittels eines gesonderten Umsetzungsverfahrens in nationales Recht transformiert werden um überhaupt zur Anwendung gelangen zu können.2 Darüber hinaus verfügt WTO nicht über die notwendigen Sanktionsinstrumente, um von sich aus gegen die Vertragsverstöße vorzugehen. Gemäß dem Motto „wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter“, ist sie nicht nur auf die Klage und Beweisführung der Mitgliedstaaten angewiesen, sondern darüber hinaus, um die handelspolitischen Verstöße zu ahnden, auf die Sanktionsmöglich1 2
Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994), S. 219. Vgl. Siebold, Dagmar (2003), S. 246 ff.
164
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
keiten des klagenden Landes in Form von Retorsionsmaßnahmen. Zwar erlaubt die durch die Uruguay-Runde verbesserte Streitschlichtung, Sanktionen auch gegen den Willen der unterlegenen Partei durchzusetzen. Das Streitschlichtungspanel verfügt jedoch nicht über die Kompetenz eines übergeordneten supranationalen Gerichtshofes, da das Panel die Entscheidungen der nationalen Behörden nicht aufheben und durch eigene Entscheidungen ersetzen kann. Die WTO besitzt mit ihrer Streitschlichtung somit Sanktionsmöglichkeiten, aber nur indirekt über die WTO-Mitgliedstaaten. Sie hat nicht, wie beispielsweise eine nationale Behörde oder ein nationales Gericht, die eigene Kompetenz, ihre Entscheidungen durch Zwangsmaßnahmen direkt durchzusetzen. Deshalb gewinnen derzeit oftmals die wirtschaftlich Stärkeren die Handelskriege, also vor allem die USA und die EU. Sie wären somit auch die Verlierer, falls je eine durchsetzungsfähige internationale wettbewerbs- und handelspolitische Institution eingerichtet werden würde. Für die kleineren Länder stellt sich hingegen die derzeitige Situation als sehr unbefriedigend dar. Zwar können die Panelentscheidungen nicht mehr durch den angeklagten Staat blockiert werden, wodurch die Wettbewerbsverstöße auch der größeren Staaten zumindest dokumentiert werden, trotzdem haben die wenigsten der kleineren Staaten die Möglichkeit, effektive Vergeltungsmaßnahmen anzuwenden. So sind sie den Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der großen Handelsblöcke fast hilflos ausgeliefert und verfügen in der Regel aufgrund der hohen administrativen Kosten über keine eigenen Verfahren dieser Art. Auch gegen die indirekten Wettbewerbsverstöße wie beispielsweise Subventionen können sie wenig ausrichten. Sind hingegen zwei fast gleichstarke Handelsblöcke wie die EU und die USA betroffen, kommt es zu Pattsituationen. Einzelne Unternehmen sind ohne die Unterstützung ihrer Regierungen keine WTO-Parteien und deshalb erst recht ohne effektive Rechtsmittel. Das GATT ist eine internationale Übereinkunft über das Wettbewerbsverhalten von Staaten. Private Unternehmen sind hier nicht einbezogen, weil Private keine Völkerrechtssubjektivität besitzen.3 Wird ein wettbewerbsbeschränkendes Ver-
3 Allerdings haben in den USA ebenso wie in der Europäischen Gemeinschaft die privaten Unternehmen die Chance, ein WTO-Streitbeilegungsverfahren indirekt anzustoßen. Dies ermöglicht Section 301 Trade Act und die Trade Barriers Regulation, die Handelshemmnisverordnung der Europäischen Gemeinschaft. Die seit 1995 geltende Verordnung (EG) Nr. 3286/94 ist in ihrer ursprünglichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2641/84 als das Neue Handelspolitische Instrument bekannt geworden. Die Handelshemmnisverordnung regelt ein Verfahren, nach dem die Europäische Kommission auf Antrag von einzelnen (europäischen) Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Handelspraktiken von Drittstaaten, die möglicherweise gegen WTO-Regeln oder andere internationale Handelsabkommen verstoßen und schädigende Auswirkungen in der Gemeinschaft oder auf Drittmärkten haben, untersucht und gegebenenfalls gegen den Drittstaat ein WTO-Streitbeilegungsverfahren einleitet. Diese Verordnung gibt also Unternehmen die Möglichkeit, die Kommission auf WTO-widrige Handels-
I. Die Konvergenz der nationalen Wettbewerbsordnungen
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halten eines privaten Unternehmens nicht direkt oder indirekt durch einen Staat unterstützt, greift das GATT nicht ein.4 Wie es die GATT-Runden zeigen, werden internationale Handels- und Wettbewerbsabkommen letztlich nicht wie die nationalen Wettbewerbsgesetze von Gesetzgebern verabschiedet, die für alle nationalen Anbieter einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen wollen, also keine Marktteilnehmer bevorteilen möchten. Vielmehr sind sie das Ergebnis von multilateralen Verhandlungen und somit eine politische Kompromisslösung. Letztlich müssen alle Unterzeichnerbzw. Mitgliedstaaten dem Vertragsentwurf zustimmen. Die Alternative für die Staaten wäre, der WTO nicht beizutreten. So wägt jedes Land den Vorteil eines Marktzugangs über die WTO gegenüber dem Nachteil in Form eines zumindest teilweisen Verzichts auf protektionistische Maßnahmen zum Schutz der eigenen Industrie ab. Hier offenbart sich wiederum die dominierende Verhandlungsmacht der Staaten- bzw. Handelsblöcke wie USA und EU. Aufgrund des höheren Marktpotentials dieser Parteien hängt es von ihrer Teilnahme ab, ob die Übereinstimmung zur gegenseitigen Handelsliberalisierung überhaupt einen Wert hat. In letzter Zeit gewinnt die Frage nach der Ausgestaltung einer internationalen Wettbewerbsordnung angesichts der zunehmenden Globalisierung wieder an Bedeutung und wird derzeit heftig von der Wissenschaft diskutiert. Grundlage dieser Diskussion sind neun Vorschläge. Ausgehend von diesen Vorlagen und der wissenschaftlichen Diskussion, die sich daraus entwickelt hat und der in dieser Arbeit vorgenommenen wettbewerbspolitischen Analyse der derzeitigen Wirtschaftsordnung und der aufgezeigten außenwirtschaftlichen Probleme, soll im folgenden letzten Teil der vorliegenden Arbeit ein neuer Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung als Synthese entwickelt werden. Die Frage, die sich jedoch zunächst stellt, ist, ob sich ausgehend vom Status-quo der jetzigen nationalen Wettbewerbsordnungen ein gemeinsamer Nenner für die politische Umsetzung einer internationalen Ordnung finden lässt, und ob es nicht schon ausreichende wettbewerbspolitische Instrumente auf nationaler Ebene gibt, um eine effektive grenzüberschreitende Wettbewerbspolitik zu betreiben.
I. Die Konvergenz der nationalen Wettbewerbsordnungen Das Wettbewerbsrecht der westlichen Industrieländer ähnelt sich zwar stark, weist jedoch bei den vorgegebenen Zielen leicht divergierende Prioritäten auf. Das amerikanische Wettbewerbsrecht ist zusammen mit dem kanadischen das praktiken aufmerksam zu machen, um auf diesem Weg ein Streitschlichtungsverfahren einberufen zu können. Vgl. Siebold, Dagmar (2003), S. 144. 4 Vgl. Hoekman, Bernhard M./Mavroidis, Petros C. (1994), S. 10.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
älteste der Welt und entstand als Ausdruck des gesellschaftspolitischen Misstrauens gegenüber der starken wirtschaftlichen Konzentration in Form der Trusts Ende des 19. Jahrhunderts. Das amerikanische Recht ist deshalb auf die Bekämpfung von wirtschaftlicher Macht ausgerichtet, die die Freiheit anderer Markteilnehmer beschneidet.5 Die Entstehung des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen6 und des japanischen Anti Monopoly Law wurde nach dem zweiten Weltkrieg maßgeblich von der amerikanischen Besatzungsmacht beeinflusst, weshalb es auch hier große Überschneidungen gibt. Nicht zuletzt, weil man in den strengen Wettbewerbsgesetzen das Ziel der USA vermutete, die japanische Wirtschaft zu schwächen, wurde dieses liberale Recht in Japan allerdings bisher kaum umgesetzt. Exportkartelle werden in der Regel von der japanischen Wettbewerbsbehörde FTC (Fair Trade Commission) nicht behindert.7 Auch Kanadas Wettbewerbsrecht wurde nach dem Vorbild der USA gestaltet und zielt insbesondere auf die Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der kanadischen Unternehmen ab. Die Wettbewerbspolitik der EU hingegen soll vor allem den europäischen Integrationsprozess in Richtung eines Binnenmarkts fördern, weshalb die Generaldirektion Wettbewerb auch konsequent innerhalb der EU gegen Preisdifferenzierungen im Rahmen von Ausschließlichkeitsvereinbarungen vorgeht. In den nationalen Wettbewerbsordnungen Frankreichs und Großbritanniens werden hingegen die wettbewerbspolitischen Zielsetzungen mit anderen sozialpolitischen Zielen abgewogen. Als strengste Wettbewerbsordnungen gelten die der USA und die Deutschlands. Auch die deutsche Wettbewerbsordnung war Vorbild für viele andere, wie beispielsweise von Korea, Spanien, der EU und Schweden, so dass im Rahmen dieser Arbeit, wenn nationale Beispiele erforderlich sind, vor allem auf die amerikanische und deutsche Wettbewerbsordnung eingegangen wird.8 5 Vgl. Scherer, Frederic M. (1996), S. 3 f; Rishikesh, Deepa (1991), S. 36; Pengilley, Warren (1997), S. 22; Kantzenbach, Erhard/Krüger, Reinald (1994), S. 199 sowie Trebilcock, Michael J. (1991), S. 30 f. 6 Der Rahmen für das Wettbewerbsverhalten der Marktteilnehmer wird in Deutschland durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das übergeordnete EU-Wettbewerbsrecht gesetzt. Hinzu kommen mehrere Regelungen, die zwar nicht speziell dem Schutze des Wettbewerbs dienen, jedoch gleichwohl wichtigen Einfluss auf das Wettbewerbsverhalten haben. Hierzu gehört z. B. das Patentrecht. 7 Vgl. Scherer, Frederic M. (1996), S. 5; First, Harry (1995), S. 144; Victor, Paul A. (1992), S. 576; Meesen, Karl Matthias (1975), S. 36; Nicolaides, Phedon (1994), S. 7; Schmidt, Ingo (1990), S. 543 ff, Starek, Roscoe B. (1996), S. 30; Kantzenbach, Erhard/Krüger, Reinald (1994), S. 199 sowie Wins, Henning (2000), S. 24 f. 8 Vgl. Rill, James F. (1992), S. 513; Levonsohn, James (1996), S. 333 f; Hay, Donald (1993), S. 3 f; Krüger, Reinald (1996), S. 222 f; Doern, G. Bruce (1996), S. 15 f sowie Wins, Henning (2000), S. 24 f. Eine Darstellung der Wettbewerbsordnungen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Kanadas, Australiens, Großbritanniens, Koreas und Spaniens findet sich bei Boner. Vgl. Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 22 und 94.
I. Die Konvergenz der nationalen Wettbewerbsordnungen
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Die Entwicklungsländer sahen lange Zeit in einer auf Marktmachtreduktion ausgerichteten Wettbewerbspolitik einen Gegensatz zu ihrer teilweise planwirtschaftlich beeinflussten Entwicklungspolitik und ihren politisch geförderten Rohstoffkartellen. Vielmehr schien auch ihnen eine Bündelung ihrer wirtschaftlichen Kräfte geeigneter, um sich auch international zu behaupten. Nach dem Verfall der Sowjetunion und dem damit verbundenen Rückgang des Einflusses und der Reputation planwirtschaftlicher Ziele findet hier jedoch ein Umdenken statt, das sich in der zunehmenden Verabschiedung von eigenen Wettbewerbsordnungen und in der auch während der Uruguay-Runde gezeigten Bereitschaft äußert, auf eine entwicklungspolitische Sonderbehandlung zu verzichten.9 1997 hatten bereits 37 Entwicklungs- und Transformationsländer eigene Wettbewerbsgesetze und weitere 21 waren im Begriff, Wettbewerbsgesetze zu verabschieden.10 Auch die Transformationsländer erkannten die Notwendigkeit einer nationalen Wettbewerbsordnung zur Realisierung des westlichen Wohlstandes. Die Umsetzung der Wettbewerbsgesetze durch die nationalen Gerichte und die Durchsetzungsfähigkeit der Wettbewerbsbehörden sind allerdings noch nicht mit westlichem Standard vergleichbar. In Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn ist es jedoch erklärtes Ziel der Wettbewerbsbehörden, die Marktmacht der ehemaligen Staatsbetriebe zurückzudrängen, um ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen und die Markteinstiegsbarrieren für KMU zu senken.11 Wir können also festhalten, dass sich die wettbewerbspolitischen Konzeptionen und Zielrichtungen der Staaten international unterscheiden, was nicht wenig erstaunt. Gleiches galt 1947 vor der Schaffung des GATT für die Handelspolitik. Die Ausrichtung der meisten nationalen Wettbewerbspolitiken zeigt jedoch wiederum, dass der Welthandel von den Staaten als Negativsummenspiel und als Gefangenendilemma aufgefasst wird.
9 Vgl. Gray, Clive S./Davis, Anthony A. (1993), S. 429 f und 431; Lachmann, Werner (1999), S. 205 f; Scherer, F. M. (1996c), S. 8; UNCTAD (1997), S. 131; Molsberger, Josef (1996), S. 90 f sowie Wins, Henning (2000), S. 25. Immerhin haben die Entwicklungsländer Wettbewerbsfreiheit als Grundelement der Weltwirtschaft im Rahmen des Restrictive-Business-Practices-Kodexes der UNCTAD, den sogar die Generalversammlung der Vereinten Nationen bereits 1980 verabschiedete, anerkannt. Vgl. Bergstrom, L. J. (1993), S. 132 f; Mozet, Peter (1991), S. 32 ff und 35 sowie Wins, Henning (2000), S. 95. 10 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 398. 11 Vgl. Slay, Ben (1996), S. 2 und 6 f; Scherer, Frederic M. (1996), S. 7; Szomburg, Jan (1996), S. 29, Fingleton, John u. a. (1996), S. 139 und Wins, Henning (2000), S. 26.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
II. Instrumente zur Bekämpfung grenzüberschreitender Wettbewerbsverstöße: der status quo Gegen Wettbewerbsverstöße, die im Ausland begangen werden, sich aber auf das Inland auswirken, gibt es fast keine wettbewerbspolitischen Instrumente. Zwar gibt es die Möglichkeit, nach dem Territoriality Principle gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorzugehen, die von ausländischen Unternehmen ausgehen, sofern sie Tochtergesellschaften im Inland haben und ferner die so genannte Effects Doctrine (auch Auswirkungs- oder Extraterritorialprinzip genannt), wonach das nationale Wettbewerbsrecht gegen sämtliche Wettbewerbsbeschränkungen im Inland angewandt werden kann, also auch gegen die von ausländischen Unternehmen verursachten. Die Effects Dotrine wird inzwischen von den meisten Ländern angewendet.12 Beispielsweise verhängte die EU-Kommission im sog. Zellstoff-Fall (wood pulp case) Bußgelder gegen ein Preiskartell amerikanischer, kanadischer und skandinavischer Hersteller, das sich auf den EU-Binnenmarkt bezogen hatte.13 Angesichts der aufgezeigten Bandbreite der potenziellen Wettbewerbsbeschränkungen, ihrer Internationalität, der Schwierigkeiten der Beweisführung und der Stärke des möglichen Widerstands, sind diese Instrumente jedoch unzureichend.14 Das gleiche gilt für die bilateralen wettbewerbspolitischen Kooperationsabkommen, wie sie beispielsweise die USA mit Deutschland, den EU, Australien und Kanada abgeschlossen hat. Der Informationsaustausch zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden und die Einleitung eines Wettbewerbsverfahrens durch die nationalen Behörden unterliegen dabei nicht objektiv nachprüfbaren Kriterien, sondern sind von dem „guten Willen“ der nationalen Behörde im Land des Exporteurs abhängig. Diese nationale Behörde kann darüber hinaus nur Untersuchungen einleiten, wenn es sich um unter dem nationalen Recht illegale Wettbewerbsverstöße handelt und wird darüber hinaus in der Regel nicht das gleiche Interesse an der Aufklärung und Ahndung von Wettbewerbsverstößen haben, die im Ausland stattfinden, wie die Behörde des betroffenen Landes.15 Oft findet deshalb bei grenzüberschrei12 Die Effects Doctrine wurde 1945 zum ersten Mal von den USA angewandt. Im sog. Alcoa-Fall verbot der U.S. Supreme Court unter Anwendung des Sherman Acts ein Quotenkartell, das ausländische Aluminiumproduzenten für den US-Markt in der Schweiz vereinbart hatten. Vgl. Klodt, Henning (2003), S. 46 f. Klodt hat die bedeutendsten Anwendungen der Effects Doctrine zusammengestellt. Die Übersicht findet sich im Anhang in Tabelle 10. 13 Vgl. Rishikesh, Deepa (1991), S. 34 f; Beeser, Simone (1996), S. 106 f; Pengilley, Warren (1997), S. 34 f; Wins, Henning (2000), S. 40 sowie Morici, Peter (2000), S. 34 f und 48 (vgl. auch Tabelle 10 im Anhang). Die Effects Doctrine wird noch ausführlich im Rahmen der Bewertung des Ansatzes von Hauser und Schoene diskutiert (vgl. Kap. IV. 3.). 14 Vgl. auch Petersmann, Ernst Ulrich (1994). 15 Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 154. Hieran ändert auch das 2001 gegründete internationale Informationsnetzwerk für die nationalen Wettbewerbsbehörden, International
II. Bekämpfung grenzüberschreitender Wettbewerbsverstöße
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tenden Wettbewerbsverstößen trotz Kooperationsabkommen keine Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden statt (vgl. auch Tabelle 10 im Anhang). Eine internationale Wettbewerbsordnung auf der Basis bilateraler Abkommen wäre auch ineffizient. Wolf nennt als Anschauungsbeispiel die EU. Hätten dort die Staaten bilaterale Abkommen geschlossen, wären es bereits mehr als 100.16 Auch eine Wettbewerbspolitik gemäß dem Territoriality Principle erweist sich bei näherer Betrachtung als nicht geeigneter Lösungsweg, da es sich hierbei um international nicht legitimierte Retorsionsmaßnahmen handelt. Auch sind die wettbewerbspolitischen Maßnahmen nur anwendbar, wenn die ausländischen Produzenten im Inland Handelsniederlassungen oder Produktionsstätten mit eigener Rechtspersönlichkeit haben. Die Ursachen der Wettbewerbsbeschränkungen im Exportland, wie beispielsweise Monopolstellungen oder staatlich initiierte Wettbewerbsbeschränkungen (z. B. Subventionen), werden nicht beseitigt. Wie bei der Effects Doctrine besteht die Gefahr, dass ohne international legitimierte Auslegungsgrundsätze und ohne eine internationale Anwendungskontrolle das Territoriality Principle dazu benutzt wird, im Interesse der nationalen Industrie die Importkonkurrenz zu behindern. Wiederum wären die Staaten mit dem größten wirtschaftlichen Marktpotential, also die USA und die EU bevorteilt, da ihre Wettbewerbsbehörden den internationalen Standard vorgeben würden und ihre wettbewerbspolitischen Maßnahmen gegen die ausländischen Niederlassungen das größte Drohpotential hätten. Auch die OECD erkannte den wettbewerbspolitischen Handlungsbedarf auf internationaler Ebene und verabschiedete von 1973 bis 1998 insgesamt 8 Empfehlungen17 an ihre Mitglieder. Zentrale Bestandteile dieser Empfehlungen waren:
Competition Network, nichts. Vgl. o. V. (2001b). Auch die Joint Group on Trade and Competition der OECD sieht in der Beschränkung des grenzüberschreitenden Informationsaustauschs ein wesentliches Hindernis in der internationalen Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden. Vgl. OECD (2001a), S. 77. 16 Vgl. Wolf, Dieter (1999). 17 Recommendation of the Council concerning Cooperation between Member countries on restrictive business practices affecting international trade; OECD-Dokument C(67)53(Final) vom 10.10.1967. Abdruck in deutscher und englischer Sprache in: Wirtschaft und Wettbewerb, Jg. 19 (1969), H. 1, S. 29 f; OECD-Dokument C(73)99(Final) vom 20.12.1973. Abdruck in deutscher und englischer Sprache in: Wirtschaft und Wettbewerb, Jg. 24 (1974), H. 4, S. 251 f; OECD-Dokument C(79)154(Final) vom 5.10.1979. Abdruck in deutscher und englischer Sprache in: Wirtschaft und Wettbewerb, Jg. 31 (1981), H. 11, S. 781 ff; OECD-Dokument C(86)44(Final) vom 21.05.1986. Abdruck in deutscher und englischer Sprache in: Wirtschaft und Wettbewerb, Jg. 37 (1987), H. 3, S. 214 ff; OECD-Council (1995) sowie OECD-Council (1998). Vgl. auch Holmes, Peter/Lehmann, Alexander/McGowan, Francis (1997), S. 10; OECD (2001b), S. 17 f; Wins, Henning (2000), S. 91 ff sowie Vautier, Kerrin M. (2000), S. 96. Eine ausführliche Darstellung der OECD-Empfehlungen findet sich bei Mozet, Peter (1991), S. 21 ff.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
1. der Aufruf an die nationalen Wettbewerbsbehörden zur Konsultation (Notifizierung) und Kooperation bei der grenzüberschreitenden Wettbewerbspolitik, wobei der nationale Schutz der Unternehmensinformationen aufgelockert werden sollte, 2. die Anwendung der Negativ- und Positiv-Comity18, 3. der Aufruf, so genannte Hard-core-Kartelle (Preis-, Mengen-, Submissionsund Marktaufteilungskartelle) auf nationaler und internationaler Ebene zu bekämpfen. Darüber hinaus wurde bereits 1973 das sog. Commitee on Competition Law and Policy (CLP) vorgesehen, das einberufen werden soll, wenn bilaterale Konsultationen zur Konfliktlösung nicht ausgereicht haben. Prinzipiell enthalten die OECD-Empfehlungen wichtige Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung. Auch konnten zahlreiche internationale wettbewerbspolitische Konflikte durch Konsultationen und Kooperationen verhindert werden. Ferner wurden einige bilaterale Kooperationsabkommen abgeschlossen. Die anderen Empfehlungen wurden jedoch von den OECD-Mitgliedstaaten überwiegend nicht umgesetzt.19 Die vorgesehenen Kooperationen können oft nicht erfolgen, weil die betroffenen Staaten zu spät informiert werden. Das Streitschlichtungsorgan CLP wurde noch nie in Anspruch genommen.20 Letztlich wurden die unverbindlichen Empfehlungen nur umgesetzt, wenn alle Parteien davon Vorteile hatten. Verbindliche materialrechtliche Vereinbarungen hätten jedoch für die Staaten den Nachteil gehabt, dass sie sich je nach Einzelfall auch gegen die eigenen Interessen richten können. In ihrer Empfehlung von 1998 kommt schließlich auch die OECD zu dem Schluss, dass zur Vorbeugung von Extraterritorialitätskonflikten ein international koordiniertes Wettbewerbsrecht erforderlich ist.21
18 Unter dem Grundsatz der „International Comity“ (auf deutsch: internationaler Freundlichkeitsgrundsatz) wird generell die Höflichkeit der Staaten im Umgang miteinander verstanden, wie beispielsweise die Unterrichtung des Auslands von extraterritorialen Rechtsanwendungen. Gebräuchlich ist auch das französische Wort „Courtoisie“. Vgl. Jakob-Siebert, Thinam (1996), S. 63, Vermulst, Edwin A. (1993), S. 11; Wins, Henning (2000), S. 79 sowie Nagy, Anke (2002), S. 52 ff. 19 Vgl. Kuhmann, Thomas Otto (1988), S. 505 sowie Wins, Henning (2000), S. 92. 20 Vgl. Mozet, Peter (1991), S. 31 f; Trebilcock, Michael J. (1996), S. 89 sowie Wins, Henning (2000), S. 92. 21 Vgl. OECD-Council (1998).
III. Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen
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III. Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen – ein internationaler Vergleich 1. Verwaltungs- contra Gerichtsverfahren Prinzipiell ist es nicht möglich, ausgehend von der in der Realität vorherrschenden Ausgangsbasis unvollkommener Information objektive und optimale wettbewerbspolitische Entscheidungen zu fällen. Dies gilt aber generell für staatliche Interventionen in Märkte. Hinzu kommen die administrativen Kosten, die mit den Interventionen verbunden sind, und die den erhofften Wohlfahrtsgewinn übersteigen können. Trotzdem wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass der internationale Handel einer wettbewerbspolitischen Kontrolle bedarf, die Marktinterventionen einschließt. Als wettbewerbspolitische Institutionen für die Interventionen stehen Behörden oder Gerichte als Alternativen zur Auswahl.22 Verwaltungsverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass einer Behörde die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in Form von Durchführungsverordnungen obliegt. Als reine Verwaltungsverfahren werden die Wettbewerbsordnungen von Großbritannien, Dänemark, der Niederlande, Norwegen, Schweden, der Schweiz und der EU eingestuft.23 Beim Gerichtsverfahren entscheiden die nationalen Wettbewerbsgerichte auf der Grundlage des legislativ vorgegebenen Wettbewerbsgesetzes oder historisch entwickelten Case Law. Als Beispiel für Länder mit Gerichtsverfahren werden Deutschland24 Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die USA genannt.25 Allerdings handelt es sich wie auch schon zuvor bei der Zuordnung zum Verwaltungsverfahren um Tendenzaussagen, da die Länder in der Regel sowohl Wettbewerbsbehörden als auch zumindest eine gerichtliche Rekursinstanz haben.26 Im Gegensatz zu einer Behörde sind Gerichte in der Regel dezentrale und fallweise zusammengesetzte Entscheidungsträger. Außerhalb rechtlicher Fragestellungen sind Gerichte auf externe Gutachter angewiesen.27 Gerichte entschei22
Vgl. Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 22. Vgl. Hawk, Barry E. (1996), S. 12; OECD (1996), S. 18 sowie Bridgeman, John (2002), S. 60. 24 Beispielsweise ist die deutsche Wettbewerbsordnung eher dem Verwaltungsverfahren zuzuordnen. Das Kartellverwaltungsverfahren wird missverständlich als „justizförmig“, z. T. „justizähnlich“ bezeichnet. Vgl. Immenga, Ulrich/Mestmäcker, ErnstJoachim (2001), Vor § 54, Rd. 7 (Karsten Schmidt). Das deutsche Kartellamt kann von Parteien für gerichtsähnliche Entscheidungen herangezogen werden, die jedoch einer sehr engen gesetzlichen Vorgabe unterliegen und damit eher als Verwaltungsentscheidungen einzustufen sind. Vgl. Boner, Roger Alan (1991), S. 29 f. 25 Vgl. Matsushita, Mitsuo (1995), S. 136; Wins, Henning (2000), S. 34; Morici, Peter (2000), S. 46 sowie Bridgeman, John (2002), S. 60. 26 Vgl. Wins, Henning (2000), S. 33 f. 27 Vgl. Williamson, Oliver E. (1968), S. 34. 23
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
den voneinander unabhängig. Die inhaltliche Bandbreite der Entscheidungen ist deshalb tendenziell größer als bei den hierarchisch strukturierten Behörden. Der diskretionäre Spielraum ist innerhalb von Gerichtsverfahren auf der Grundlage eines Case Law höher als auf der Basis eines durch das Parlament vorgegebenen Gesetzes, da es keine vorgegebene normative Auslegungsbasis in Form von Gesetzen gibt. Generell gibt es einen gerichtlichen Entscheidungsspielraum, wenn der Einzelfall von dem im Gesetz behandelten Fall abweicht28 oder neue, noch vom Gesetz nicht erfasste Sachverhalte auftreten. Besondere Bedeutung kommt deshalb beim Gerichtsverfahren einer obersten Rekursinstanz zu, die für eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung sorgt. Die Entscheidungsverfahren von Gerichten könnten im Vergleich zu den von Behörden überwiegend als transparenter eingestuft werden, wenn die Gerichtsverhandlungen öffentlich zugänglich sind und die Entscheidungen einschließlich ihrer Begründungen veröffentlicht werden. Allerdings können auch Behörden transparent entscheiden, wenn die Entscheidungen auf nachvollziehbaren Verwaltungsregeln29 beruhen, veröffentlicht werden und durch ein Gericht überprüfbar sind. Andererseits birgt eine hohe Verfahrenstransparenz immer auch den Nachteil des geringeren Schutzes der in das Verfahren einbezogenen Unternehmensgeheimnisse. Die Verfahrensdauer von Gerichten und Behörden unterscheiden sich nicht grundsätzlich. Ein Vorteil der Behörden ist zweifelsohne der geringere Aufwand für die Kläger, da sie im Fall des Scheiterns ihrer Klagen nicht für die Verwaltungskosten aufkommen müssen. Andererseits bekommen sie in der Regel auch keinen Schadensersatz wie beispielsweise im amerikanischen Gerichtsverfahren zugesprochen. Auch in Bezug auf die Verfahrenseröffnung (Aufgriffskriterium) gibt es zwischen Gerichten und Behörden keinen prinzipiellen Unterschied. Beide haben Aufgriffsschwellen und beide können die Verfahrenseröffnung mangels Beweisen ablehnen. Oft wird als Vorteil von Gerichtsverfahren die größere politische Unabhängigkeit von Gerichten angeführt. Beispielsweise kann der EU-Wettbewerbskommissar von den anderen Kommissionsmitgliedern überstimmt werden. Allerdings ist dies kein generell gültiger Vorteil. Beide, sowohl Behörden als auch Gerichte können je nach Ordnungsrahmen abhängig oder unabhängig von politischem Einfluss sein.30 Die entscheidende Frage ist somit nicht, ob Gerichts-
28 Grundsätzlich sind Gesetze allgemein zu gestalten (Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG), wobei es andererseits ein Verbot von Einzelfallgesetzgestaltungen gibt, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten. Vgl. dazu ausführlich: Schachtschneider, Karl Albrecht (2001), S. 377 ff. 29 Behörden (die Verwaltung) sind als hoheitliche Entscheidungsträger an Gesetze gebunden. Die Verwaltung ist gemäß dem Primat des Rechts an die Gesetze gebunden. Die Verwaltung darf nur auf der Grundlage der Gesetze entscheiden. Es existiert ein demokratierechtlicher, freiheitlicher Vorbehalt der Gesetze für wesentliche Politik. Vgl. dazu ausführlich: Schachtschneider, Karl Albrecht (2001), S. 286 ff.
III. Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen
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oder Verwaltungsverfahren als Wettbewerbsinstitutionen geeignet sind, sondern wie der vorzugebende institutionelle Handlungsrahmen optimiert werden kann, also die Frage nach der optimalen ordnungspolitischen Ausgestaltung solcher Institutionen. Allerdings kann festgehalten werden, dass tendenziell das Gerichtsverfahren auf internationaler Ebene eine höhere Akzeptanz finden dürfte als das Verwaltungsverfahren, weil mit ihm aufgrund der derzeit existierenden nationalen Wettbewerbsordnungen ein höheres Maß an Transparenz und Unabhängigkeit verbunden wird. In Teil A. wurde herausgearbeitet, dass dem Staat bzw. den wettbewerbspolitischen Institutionen die Aufgabe zufällt, auf der Grundlage der Wettbewerbsordnung, insbesondere des Kartellrechts und des Fusionsrechts, das Entstehen von Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern. Da es grenzüberschreitend noch keine wettbewerbspolitische Institution gibt, wäre es nur konsequent, eine internationale Wettbewerbsbehörde zu schaffen, die Fusionen kontrolliert, die Märkte beobachtet, zweifelhafte Vereinbarungen und Verhaltensweisen auf ihre wettbewerbspolitische Unbedenklichkeit überprüft und Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ahndet. Eine Alternative wäre die dezentrale Durchsetzung einer nationalen Wettbewerbsordnung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden, was noch abzuwägen ist. Ausgehend von den gängigen auf nationaler Ebene eingesetzten wettbewerbspolitischen Instrumenten und aufbauend auf den in Teil A. und Teil B. herausgearbeiteten Rahmenbedingungen und Schwachstellen der derzeitigen internationalen Wettbewerbsordnung, sollen im Folgenden die für eine internationale Ebene geeigneten Instrumente herausgearbeitet werden. 2. Verbot von horizontalen und vertikalen Vereinbarungen? Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen von Marktteilnehmern derselben Wertschöpfungsstufe, so genannte horizontale Vereinbarungen, wie z. B. Kartelle, werden zwar von allen nationalen Wettbewerbsbehörden aufgegriffen, aber unterschiedlich behandelt. Als wettbewerbspolitische Instrumente stehen das Verbotsprinzip (Per-se-Verbot bzw. Rule of Law) und das Missbrauchsprinzip zur Auswahl. Der Vorteil eines prinzipiellen Verbots liegt in der Transparenz bzw. Rechtssicherheit sowie in der wettbewerbspolitischen konsequenten Verhinderung der wohlfahrtsmindernden Wirkungen von Kartellen. Allerdings werden Kartellen auch zum Teil positive Markt- und damit auch Wohlfahrtswirkungen zugeschrieben, weshalb in vielen nationalen Wettbewerbsgesetzen Ausnahmeregelungen zu finden sind. In der EU werden zum Beispiel ausgehend von einem generellen Verbot von der Generaldirektion Wettbewerb nach Prüfung und Ab30 Vgl. Nicolaides, Phedon (1994), S. 32 f, Areeda, Phillip (1992), S. 32 f; Wins, Henning (2000), S. 33 ff sowie Hildebrand, Doris (2002b), S. 18 f.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
wägen der Wirkungen Einzel- und Gruppenfreistellungen genehmigt.31 Wettbewerbstheoretisch lassen sich Ausnahmen vom allgemeinen Kartellverbot nicht begründen. Dies soll am Beispiel der Ausnahmen vom deutschen Kartellverbot gezeigt werden. Die bedeutendsten Ausnahmen sind hier das Strukturkrisenkartell (§ 6 GWB) und das Rationalisierungskartell (§ 5 Abs. 1 GWB).32 Strukturkrisenkartelle liefern äußerst zweifelhafte ökonomische Ergebnisse. Sie ermöglichen es den Kartellmitgliedern, über höhere Preise die Kapazitätsanpassungskosten auf die Nachfrager zu überwälzen, was darüber hinaus nur bei einer relativ preisunelastischen Nachfrage gelingen kann. Ein Rationalisierungskartell setzt, obwohl es zur Rationalisierung gegründet wurde, gleichzeitig den wirksamsten Rationalisierungsmechanismus außer Kraft, nämlich den Wettbewerb selbst.33 Prinzipiell lassen sich die angeführten Argumente für Ausnahmen vom Kartellverbot nur schwer von normalen Marktentwicklungen abgrenzen. Das Verständnis von einem dynamischen Wettbewerb umfasst heutzutage auch strukturellen Wandel und Rationalisierungen. Die dynamische Globalisierung ist vielmehr zum Normalzustand und eine statische Anbieterstruktur zur Ausnahme geworden. Darüber hinaus beenden die staatlich tolerierten oder sogar initiierten Kartelle – wie das Beispiel der Stahlindustrie zeigte – ihre Absprachen nicht, wenn die Ausnahmesituation nicht mehr besteht, sondern versuchen, weiterhin die wettbewerbsbeschränkende Stellung inoffiziell und illegal zur Gewinnmaximierung zu nutzen.34 Die Freistellung von Exportkartellen wurde zwar bei der letzten Kartellrechtsnovelle 1999 in Deutschland abgeschafft, es gibt jedoch international noch zahlreiche Wettbewerbsgesetze, die diese Ausnahme enthalten. Beispielsweise besagt die Zwischenstaatlichkeitsklausel der EU (Art. 81 f. EGV), dass nur der innergemeinschaftliche Handel unter das EU-Wettbewerbsrecht fällt 31 Vgl. Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 50 ff sowie Wins, Henning (2000), S. 27 f. Die EU-Kommission will das Kartellverbot des Art. 81 EG-Vertrag neu regeln. Künftig soll die Pflicht zur Anmeldung von Kartellen durch die Legalausnahme abgelöst werden. Demnach müssten die Unternehmen ihre Absprachen nicht mehr bei der Kommission anmelden. Sie würden solange als erlaubt gelten bis die Kommission sie verbietet. Vgl. o. V. (2002b). Der Nachweis und die Kontrolle der Absprachen würde dadurch für die Kommission erheblich erschwert. 32 Die weiteren Ausnahmen sollen an dieser Stelle nur erwähnt werden: Das Normen-, Typen- und Konditionenkartell (§ 2 Abs. 1 GWB), das Spezialisierungskartell (§ 3 GWB), das Mittelstandskartell (§ 4 GWB) und sonstige Kartelle (§ 7 GWB). Vgl. auch Gutzeit, Martin/Goger, Katja (1999), S. 145 sowie Baron, Michael (1998). 33 Vgl. Heuß, Ernst (1968), S. 693. Empirische Studien belegen, dass in einer Strukturkrise der Wettbewerb am effizientesten die Kapazitäten den Nachfragebedürfnissen anpasst, da er nicht wie ein Strukturkrisen- oder Rationalisierungskartell proportional Marktanteile kürzt, sondern über die Anpassungs- und Sanktionsfunktion nur die effizientesten Produzenten im Markt bestehen lässt. Vgl. Peck, M. J./Levin, Richard C./Goto, Akira (1988); Shaw, R. W./Shaw, S. A. (1983); Tulton, Mark (1996); Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 93 sowie Scherer, F. M. (1997). 34 Vgl. Conrad, Christian A. (1997).
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mit der Folge, dass Exportkartelle, die sich ausschließlich gegen Drittländer richten, erlaubt sind.35 Exportkartelle haben Monopolrenten zum Ziel, die vom Ausland in Form von höheren Importpreisen bezahlt werden müssen und sich somit sicherlich nicht mit einem fairen internationalen Wettbewerb vereinbaren lassen. Ferner wirken sich die auf sie zurückgehenden Preiserhöhungen durch die Interdependenz der Märkte auch nachteilig auf den Inlandsmarkt aus. Dies führt zusammen mit der Einschränkung des Wettbewerbs auch zu inländischen Wohlfahrtsverlusten.36 Exportkartelle haben die Schaffung von Monopolrenten zu Lasten des Auslandes zum Ziel und repräsentieren somit nicht nur wohlfahrtsmindernde Wettbewerbsbeschränkungen, sondern auch internationale Verteilungsbenachteiligungen und Trittbrettfahrerverhalten in Bezug auf das öffentliche Gut Freihandel. Eine Reform der internationalen Wettbewerbsordnung müsste deshalb auf jeden Fall ein Per-se-Verbot von Exportkartellen beinhalten. Auch VERs stellen in ihrer Wirkung Exportkartelle dar und sind deshalb ebenfalls zu verbieten, wie es auch prinzipiell im Rahmen der Uruguay-Runde geschah (Übereinkommen über Schutzmaßnahmen, Art. 11). Die anderen vom Kartellverbot ausgenommenen Kartelltypen lassen sich – wie gezeigt wurde – ökonomisch nicht rechtfertigen, ihre Existenz ist deshalb vor allem auf den lobbyistischen Einfluss von Industrieinteressen zurückzuführen.37 International besteht immerhin Einigkeit darüber, Hard-core-Kartelle zu verbieten.38 Dies sehen auch fast alle der in Teil C. IV. vorgestellten Reformvorschläge vor. Bei den meisten nationalen Wettbewerbsordnungen sind bestimmte Kartellformen erlaubt. Ein internationales Per-se-Kartellverbot ohne Ausnahmen wäre deshalb politisch nur schwer durchsetzbar. Auch ist eine Ausnahme bei Einzelprojekten, wie z. B. Forschungsvorhaben, ökonomisch sinnvoll, wenn eine Wettbewerbsbeschränkung aufgrund der geringen Marktmacht der beteiligten Unternehmen prinzipiell ausgeschlossen werden kann.39 Bei allen Nicht-Kartellformen der horizontalen Vereinbarungen (wie z. B. bei Forschungskooperatio35 Vgl. Mozet, Peter (1991), S. 13; Meesen, Karl Matthias (1975), S. 45; Wins, Henning (2000), S. 105 sowie World Bank/OECD (1999), S. 36. 36 Vgl. Schüller, Alfred (1987), S. 63. 37 Beispielsweise gelang es dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, den auf den wettbewerbspolitischen Ansätzen von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack basierenden Entwurf Ludwig Erhards zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen erheblich zu entschärfen. Des Weiteren gab und gibt es Bereiche in der Wettbewerbsordnung der Bundesrepublik Deutschland, die von Euckens Ideen fast unberührt blieben; dazu zählen u. a. die Agrarpolitik, die Verkehrspolitik und die Sozialpolitik. Vgl. Drude, Michael (1991), S. 7 sowie Lenel, Hans Otto (1989), S. 311. 38 Vgl. Immenga, Ulrich (1996a), S. 602. Ein Verbot von Hard-Core-Kartellen wird deshalb gemeinhin als ein realisierbares Ziel einer internationalen Wettbewerbsordnung angesehen. Vgl. OECD (2001a), S. 39. 39 Dies sieht beispielsweise auch der EU-Vertrag vor. Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 18 f sowie Nagy, Anke (2002), S. 118 ff.
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nen) überwiegt international – auch in den USA und der EU – die Rule of Reason, also das Abwägen der möglichen Effizienzgewinne mit den Wohlfahrtseinbußen einer möglichen Wettbewerbsbeschränkung.40 Als Lösungsansatz bietet sich deshalb an, Ausnahmen von dem Per-se-Verbot zuzulassen, sie aber von einer Einzelfallprüfung durch eine internationale Wettbewerbsinstitution abhängig zu machen. Diese internationale Institution könnte dann gemäß der Rule of Reason die von den Antragsstellern vorgebrachten Argumente mit den zu erwartenden Wirkungen auf Wettbewerb und Wohlfahrt abwägen. Die Ausnahmegenehmigung wäre zeitlich zu begrenzen, so dass die Genehmigungshürde immer wieder zu überwinden wäre. Im Zeitverlauf könnten die Wirkungen der Ausnahme auch besser beurteilt werden. Bleiben die prognostizierten Effizienzgewinne aus oder nehmen die negativen Wirkungen auf den Wettbewerb zu und kommt es beispielsweise zu Beschwerden seitens der Nachfrager, wird sich eine erneute Ausnahme von dem Kartellverbot nur schwer durchsetzen lassen.41 Die gleiche Anwendung empfiehlt sich bei wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen von Marktteilnehmern unterschiedlicher Wettbewerbsstufen, sog. vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen. Es wurde bereits in Teil B. IV. 5. herausgearbeitet, dass bei vertikalen Vertriebsvereinbarungen die negativen Wirkungen auf den Wettbewerb, und damit auch auf die Wohlfahrt je nach Einzelfall größer sein können als die positiven. Vertikale Vereinbarungen jeglicher Art behindern generell den in- und ausländischen Wettbewerb gleichermaßen. Dem können jedoch je nach Einzelfall Effizienzvorteile gegenüberstehen. Diese Effizienzvorteile werden allerdings auch nur bei ausreichendem Wettbewerb an die Konsumenten weitergegeben. Bei den meisten nationalen Wettbewerbsordnungen findet deshalb kein Per-se-Verbot, sondern ein Abwägen der Vor- und Nachteile, die Rule of Reason Anwendung42, was auch der in dieser Arbeit herausgearbeiteten neo-ordoliberalen Konzeption als geeignetem wettbewerbspolitischen Ansatz entspricht. Eine Genehmigung sollte allerdings aufgrund der 40
Vgl. World Bank/OECD (1999), S. 29 sowie Morici, Peter (2000), S. 29 f. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 149. 42 Auch die EU-Kommission ist dazu übergegangen, im Rahmen einer Rule of Reason Betrachtung die möglichen Wettbewerbsbeschränkungen mit den Effizienzvorteilen, die sich aus den vertikalen Vereinbarungen ergeben können, im Einzelfall abzuwägen. Die EU-Kommission berücksichtigt unter Art. 81 (1) EG-Vertrag die folgenden Aspekte: 1. Die Marktposition des Anbieters, der Wettbewerber und der Nachfrager; 2. Markteinstiegsbarrieren; 3. den Reifegrad des Marktes; 4. den Handelsumfang; 5. die Art des Produktes und je nach Fall noch weitere Faktoren. Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 16 ff; Hoekman, Bernhard (1997), S. 396; Petersmann, Ernst-Ulrich (1996), S. 10; Blaurock, Uwe (1999), S. 74 ff sowie Brinker, Ingo (1999), S. 62 und 64. Die EU-Kommission betont, dass eine Beschränkung durch vertikale Vertriebsvereinbarungen nur stattfinden kann, wenn kein ausreichender Inter-brand-Wettbewerb existiert oder die vertikalen Vereinbarungen einen Marktanteil von mehr als 20% haben. Vgl. Brinker, Ingo (1999), S. 64 sowie Morici, Peter (2000), S. 31. Zur Behandlung vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen durch die EU-Kommission vgl. Duijm, Bernhard (1997) sowie Hildebrand, Doris (2002b), S. 16 f. 41
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oben angeführten Gründe zeitlich befristet werden. Darüber hinaus würde sich eine Kontrolle der genehmigten vertikalen Vereinbarungen im Rahmen einer Missbrauchsaufsicht anbieten. 3. Missbrauchsaufsicht Die Alternative zum Verbotsprinzip wäre, horizontale Wettbewerbsbeschränkungen generell zu erlauben, sie aber auf Machtmissbrauch zu kontrollieren. Beispielsweise definiert der EuGH Marktdominanz ausgehend von Art. 82 EGVertrag wie folgt: „. . . a position of economic strength . . . which enables [a firm] to prevent effective competition being maintained on the relevant market by affording it the power to behave to an appreciable extent independently of its competitors, customers and ultimately of its consumers.“43
In den meisten nationalen Wettbewerbsordnungen wird eine dominante Marktstellung über die Möglichkeit „ausbeuterischen Verhaltens“ abgegrenzt, also dass die Marktstellung eine Preisfestsetzung oberhalb des Marktniveaus bei normalen Markt- bzw. Wettbewerbsbedingungen ermöglicht.44 Die so genannte Missbrauchsaufsicht hat zum Ziel, Mitkonkurrenten sowie Marktteilnehmer vorgelagerter und nachgelagerter Wirtschaftsstufen vor leistungsfremden Behinderungen und vor Ausbeutung im Wettbewerb zu schützen. Die Missbrauchskontrolle ist internationaler Standard. In allen nationalen Wettbewerbsrechten setzt die Missbrauchsaufsicht über ein Unternehmen den Nachweis einer marktbeherrschenden Position auf dem hierfür eigens abzugrenzenden „relevanten Markt“45 voraus. Hierfür ist neben der Abgrenzung des relevanten Marktes, die Bestimmung der Marktanteile und die Untersuchung der Wettbewerbssituation auf diesem Markt Voraussetzung. Die Überwachung einer marktbeherrschenden Stellung setzt weiterhin die Kontrolle des Wettbewerbsverhaltens des beherrschenden Unternehmens voraus. Die dominante Marktstruktur ist somit die notwendige und das illegale Marktverhalten die hinreichende Bedingung für den Nachweis von Marktmacht.46 Als Sanktionen gegen festgestellten Missbrauch sind in den nationalen Wettbewerbsgesetzen Unterlassungsverfügungen, Geldbußen, Entflechtungen und so43 United Brands versus Commission, Case 27/76 [1978] ECR 207, [1978] 1 CMLR 429, zitiert nach OECD (2001a), S. 82. 44 Vgl. OECD (2001a), S. 82. 45 Vgl. Wins, Henning (2000), S. 30. Die Missbrauchsaufsicht des deutschen Bundeskartellamts wurde 1973 erweitert, indem das Kriterium der marktbeherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt durch den einfacheren Nachweis einer überragenden Marktstellung ersetzt wurde. Das Problem, eine marktbeherrschende Stellung nachzuweisen, wurde dadurch zwar beseitigt, das der Abgrenzung des relevanten Marktes jedoch nicht. 46 Vgl. World Bank/OECD (1999), S. 69 ff.
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gar Gefängnisstrafen vorgesehen. Der Missbrauch einer dominanten Marktstellung kann beispielsweise in den USA als eine Straftat47 behandelt werden. Der EU-Kommission stehen vergleichsweise aber nur Geldstrafen zur Verfügung. Entflechtungen wurden früher vor allem von den USA angewandt. Derzeit stellen amerikanische Wettbewerbsgerichte, verglichen mit den Wettbewerbsbehörden der EU und Deutschland vergleichsweise selten marktbeherrschende Stellungen fest, so dass hier gewisse internationale Auslegungsunterschiede festzustellen sind.48 So schwanken die Anteile, die die EU je nach Markt als untere Grenze für eine Marktbeherrschung sieht, von 45–70%.49 In den USA werden die Märkte tendenziell weiter abgegrenzt als in der EU und die meisten Gerichte gehen von einer dominierenden Marktstellung erst ab einem Marktanteil von 70% aus, weshalb seltener marktbeherrschende Stellungen festgestellt werden. Insgesamt lassen auch die hohen Schwankungen der Marktanteile, die als marktbeherrschend eingestuft werden, darauf schließen, dass sich auf internationaler Ebene keine einheitlichen und klaren Vorgaben machen lassen. Trotzdem lässt sich in letzter Zeit eine Annäherung zwischen den europäischen und amerikanischen Wettbewerbsbehörden bei der Festlegung des relevanten Marktes feststellen, sofern sich die Ausgangsbedingungen ähneln.50 Das Prinzip der Missbrauchsaufsicht kann auch auf staatlich tolerierte Kartelle angewandt werden. In Deutschland, Kanada und den Niederlanden gilt das Missbrauchsprinzip beispielsweise für vom Per-se-Verbot ausgenommene Kartelle. In Großbritannien, Dänemark, Norwegen und der Schweiz wird es sogar auf die Hard-core-Kartelle, d.h. Preis-, Quoten-, Submissions- und Marktaufteilungskartelle, angewandt.51 Die Missbrauchsaufsicht ist zunächst an den Nachweis einer für Missbrauch ausreichenden Marktmacht gebunden. Der relevante Markt lässt sich sachlich, räumlich und zeitlich abgrenzen: – Bei der sachlichen Marktabgrenzung muss wie bei der Schädigungsanalyse im Rahmen des Antidumpingverfahrens analysiert werden, welche Produkte substituierbar sind und damit einen vergleichbaren Markt und Marktpreis haben. In Deutschland und der EU wird hierfür gemäß dem sogenannten Bedarfsmarktkonzept aus Nachfragesicht ermittelt, welche Produkte austauschbar sind.52 In der anglo-amerikanischen Wettbewerbspolitik wird die Substitu47 Unter dem Sherman Act können Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren verhängt werden. Vgl. Morici, Peter (2000), S. 42. 48 Vgl. Fox, Eleanor M./Ordover, Janusz A. (1995), S. 26; Wins, Henning (2000), S. 30 f sowie Bridgeman, John (2002), S. 62. Zur Missbrauchskontrolle der EU vgl. Decker, Eric (2000). 49 Vgl. Nicolaides, Phedon (1994a), S. 22; Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb (1990), S. 18 f sowie OECD (2001a), S. 86 f. 50 Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 155. 51 Vgl. OECD (1996), S. 18; Hay, Donald (1993), S. 9 ff sowie Wins, Henning (2000), S. 28.
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ierbarkeit der Produkte über die gegenseitige Preissensitivität, die Kreuzpreiselastizität bestimmt. – Für die räumliche Abgrenzung von Märkten sind vor allem Transportkosten und die räumliche Verteilung der Anbieter ausschlaggebend. Die räumliche Abgrenzung kann deshalb in der Fläche bei gleichen Produkten je nach geographischen Verhältnissen und Verkehrsanbindung sehr unterschiedlich ausfallen. Aus diesem Grund wird es selbst bei absolutem Freihandel immer noch zumindest räumliche Monopole geben, weshalb auch auf internationaler Ebene nicht auf eine Ausbeutungskontrolle verzichtet werden kann. – Bei der zeitlichen Marktabgrenzung versucht man einzuschätzen, inwiefern die Marktstellung vom nachfolgenden Wettbewerb beispielsweise durch neue Marktteilnehmer (Newcomer) oder auch technologische Entwicklungen beeinträchtigt wird.53 Um festzustellen, ob auf einem Markt eine beherrschende Stellung vorliegt, werden neben der Ermittlung der Marktanteile Markttests durchgeführt. Man unterscheidet hierbei je nach Untersuchungskriterium – gemäß der Harvard School – Marktstruktur-, Marktverhaltens- und Marktergebnistests.54 Beim Marktstrukturtest finden Kriterien wie die Anzahl und Größe der Marktteilnehmer, die Möglichkeit des Marktzutritts durch Dritte und das Ausmaß der Markttransparenz Anwendung, um abschätzen zu können, ob ein ausreichender Wettbewerb vorliegt. Diese Kriterien werden nicht zuletzt aufgrund ihrer Vielzahl und Unbestimmtheit international unterschiedlich angewendet. Das gleiche gilt für den Marktverhaltenstest, wobei hier Kriterien beispielsweise gleiches Preissetzungsverhalten der Marktteilnehmer oder das Fehlen von Preisvorstößen sein können. Bei den Marktergebnistests wird untersucht, ob die Güter in Qualität und Menge in Relation zum Preis, also den Marktergebnissen bei Wettbewerb entsprechen und ob sich die Preise entsprechend den bei normalen Markt- bzw. Wettbewerbsbedingungen vorliegenden Mustern entwickeln. Hierbei finden vor allem ökonometrische Tests Anwendung. Marktergebnistests und Marktverhaltenstests bilden somit auch die Grundlage für die Missbrauchskontrolle einer festgestellten marktbeherrschenden Stellung. Diese Instrumente sind jedoch aufgrund ihrer Unbestimmtheit sehr subjektiv auslegbar und anwendbar. 52
Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 3 ff. Vgl. Messerlin, Patrick A. (1995), S. 41 f; Berg, Hartmut (1999), S. 309 ff; Wolf, Dieter (1995), S. 977 f; Schengber, Ralf A. (1996), S. 115 ff sowie Wins, Henning (2000), S. 36. 54 In Anlehnung an die weiterentwickelte behavioristische Workability-Konzeption verwendet die EU-Kommission einen dynamisierten Marktstruktur-Verhaltens-Performance-Ansatz. Hierbei werden auch Rückkoppelungseffekte berücksichtigt wie beispielsweise von der Profitabilität einer Branche (Performance) auf die Marktstruktur im Zeitverlauf. Je höher die Profite sind, desto wahrscheinlicher ist ein Markteintritt durch andere Unternehmen. Vgl. Hildebrand, Doris (2002b), S. 6 f. 53
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Dies zeigte sich in Bezug auf den Marktergebnistest bereits bei der Analyse der Anwendung der nationalen Antidumpingverfahren in Teil B. IV. 2. Es ist praktisch unmöglich, einen objektiven Maßstab für die Kosten- und damit auch Preiskalkulation eines Unternehmens zu finden. Auch mittels des Vergleichsmarktkonzepts lassen sich aufgrund der Unterschiedlichkeit der Märkte und Unternehmen keine übertragbaren Marktergebnisse gewinnen.55 Bereits auf nationaler Ebene ist die Marktposition der Unternehmen nicht nach einheitlichen Kriterien bestimmbar, weil der relevante Markt aufgrund der großen Auslegungsspielräume enger oder weiter abgegrenzt werden kann. Bislang gibt es keine objektiven Maßstäbe dafür, wie beispielsweise der Grad einer Marktzugangsbeschränkung oder die Intensität der Verflechtung mit anderen Unternehmen zu messen wäre. Gelingt trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten der Beweis einer überragenden Marktstellung, so muss zusätzlich deren Missbrauch als illegales Marktverhalten nachgewiesen werden. Missbrauch kann in Form von Diskriminierung, Behinderung oder Ausbeutung vorliegen. Unter Ausbeutung einer marktbeherrschenden Stellung versteht man in diesem Zusammenhang die Benachteiligung der Marktgegenseite durch die Preissetzung, also der Maximierung der Monopol- oder Kartellrente. Im Gegensatz zum Behinderungsmissbrauch wird der Ausbeutungsmissbrauch vor allem gegenüber Vorlieferanten und Abnehmern wirksam. Damit die Ausbeutungen ermittelt werden können, ist es erforderlich, als Vergleichsmaßstab Aktionsparameter aus Märkten mit ausbeutungsfreiem Leistungswettbewerb heranzuziehen. Dies ist aber problematisch, weil die Marktsituationen nie identisch sind. Deshalb erhöht sich der Ermessensspielraum der Administration und damit gleichzeitig die Gefahr willkürlicher Interventionen. Andererseits ist aber ebenso wenig auszuschließen, dass das Wettbewerbsrecht bei einer Inaktivität der Behörden seine Stoßkraft einbüßt.56 Gerade beim Ausbeutungsmissbrauch besteht auf internationaler Ebene ein Extraterritorialitätsproblem57, da das Land des Monopolisten wenig Anreiz hat, 55 Vgl. Knorr, Andreas (1999), S. 419; Herdzina, Klaus (1999), S. 46 ff, 52 ff und 62 ff; Gröner, Helmut (1987), S. 373; Berg, Hartmut (1999), S. 309 ff und 350; OECD (1994a), S. 12; Wins, Henning (2000), S. 38; World Bank/OECD (1999), S. 73 sowie OECD (2001a), S. 85 f. 56 In den USA verbietet beispielsweise der Clayton Act eine monopolistische Preisdifferenzierung. Preisdifferenzierungen sind nur zulässig, wenn sie den Unterschieden in den Herstellungs-, Verkaufs- und Lieferkosten entsprechen. Die Marktstellung des Anbieters ist hierbei nicht von Bedeutung. Das beklagte Unternehmen kann sich exkulpieren, wenn es eine gutgläubige Preisanpassung an Konkurrenzpreise nachweisen kann. Im Gegensatz zum deutschen GWB, das in § 26 Abs. 2 das Preisdiskriminierungsverbot auf Kartelle, marktbeherrschende und preisbindende Unternehmen beschränkt. Vgl. Posner, Richard A. (1979), S. 926 f; Petersmann, Ernst-Ulrich (1996), S. 30; Niels, Gunnar/Kate, Adriaan ten (1997), S. 36; Gifford, Daniel J./Matsushita, Mitsuo (1996), 294 f; World Bank/OECD (1999), S. 72 f sowie OECD (2000b), S. 34 f.
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die Ausbeutung der ausländischen Nachfrager zu unterbinden, sondern hierin vielmehr gemäß der Neuen Außenhandelstheorie ein Rent-seeking zur eigenen Wohlfahrtsmaximierung auf Kosten des Auslandes sehen kann. Deshalb besteht hier dringender wettbewerbspolitischer Handlungsbedarf. In der Regel haben alle Länder sowohl Branchen, die aufgrund ihrer Monopolstellung Renten vom Ausland bekommen als auch im umgekehrten Fall an das Ausland zahlen müssen. Entscheidend für den Erfolg einer internationalen Kontrolle des Ausbeutungsmissbrauchs dürfte also die Auflösung des Gefangenendilemmas durch einen durchsetzungsfähigen Vertrag oder eine effektive internationale Wettbewerbsbehörde sein. Bei Behinderungsmissbrauch wird die Maximierung der Marktstellungsrente nur mittelbar durch die Beschränkung der Konkurrenz verfolgt wie beispielsweise beim Marktzutritt durch Ausschließlichkeitsverträge, Kopplungsverträge und Rabattpraktiken. Ein Problem bildet hier neben der Marktabgrenzung die Formulierung von Eingriffskriterien. Da sich die Motive der Unternehmen nicht nachweisen und Kriterien für die Behinderung durch Nichtleistungswettbewerb nur unter Einbeziehung von wettbewerblichen Verhaltensnormen im Sinne eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb finden lassen, wird beispielsweise in Deutschland beim Nachweis von Wettbewerbsbeschränkungen auf die Wirkungen des Missbrauches abgestellt. Im GWB gilt deshalb als Missbrauch, wenn „ein marktbeherrschendes Unternehmen . . . die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt“ (§ 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB).58 Entsprechend der angeführten Definition von Missbrauch würde somit auch Dumping als unterstellter Unterkostenverkauf einer Wettbewerbsbehinderung ohne sachliche Rechtfertigung entsprechen. Auch der zweite Fall, der Verkauf auf einem anderen (ausländischen) Markt zu einem geringeren Preis als auf dem eigenen wäre dann ein Behinderungsmissbrauch. Allerdings würden beide Fälle noch den Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung bei dem dumpenden Unternehmen voraussetzen, um als Missbrauch angeprangert zu werden. Damit würden Antidumpingmaßnahmen auf die eigentliche Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen reduziert und alle in Teil B. IV. 2. a) angeführten Dumping-Fälle außer das Marktstellungsdumping, die Preisdifferenzierung und das aggressive Dumping entfallen. Das aggressive Dumping setzt das Verkaufen unter Herstellkosten im Ausland mit dem Ziel, dort eine Monopolstellung aufzubauen, voraus. Bei dieser Form des grenzüberschreitenden Behinderungsmissbrauchs durch Preisdumping müsste also sogar eine internationale marktbeherr57 Vgl. Duijm, Bernhard/Winter, Helen (1994), S. 230 sowie Wins, Henning (2000), S. 150. 58 Zum EU-Missbrauchsverbot vgl. Nagy, Anke (2002), S. 121 f.
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schende Stellung vorliegen, da anderenfalls andere ausländische Anbieter an die Stelle des verdrängten inländischen Anbieters treten würden. Auch die amerikanische Definition von Missbrauch entspricht dieser Zielrichtung. Hier sind Verhaltensweisen verboten, die „substantially lessen competition, or tend to create a monopoly“.59 Zur Feststellung der Marktstellung des Exporteurs auf dem Markt des Einfuhrlandes muss Wettbewerbspolitik grenzübergreifend stattfinden. Nicht nur die inländischen Anbieter und der Exporteur, sondern auch andere ausländische faktische und potenzielle Anbieter sind in die Untersuchung einzubeziehen. Neben der Wettbewerbsbehörde des Einfuhrlandes ist deshalb die Mitarbeit der Wettbewerbsbehörde des Exportlandes erforderlich. Die Dumpingzielsetzung, der Verdrängung der Konkurrenten auf einem Auslandsmarkt könnte von der Wettbewerbsbehörde im Land des Exporteurs unterstützend recherchiert und damit effektiver ermittelt und aufgedeckt werden als von der Wettbewerbsbehörde im Importland, da sie sich Zugang zu den internen Unternehmensdokumenten verschaffen kann. Auch Quersubventionen, also die Finanzierung des Dumpings durch andere Unternehmenssparten oder Produkte wären ermittelbar. Marktstellungsdumping und Preisdifferenzierung sind für das importierende Land eigentlich von Vorteil, werden aber trotzdem von den nationalen Antidumpingverfahren als Dumping erfasst. Die entscheidende Ursache für die Wettbewerbsverzerrung, das Monopol oder Kartell auf dem Markt des Ausfuhrlandes, das die unterschiedliche Preissetzung zum Nachteil des exportierenden Landes ermöglicht, wird jedoch nicht erfasst. Dies wäre bei einer grenzüberschreitenden Missbrauchsaufsicht möglich. Beim Marktstellungsdumping und der Preisdifferenzierung müsste die Wettbewerbsbehörde des Exportlandes das Monopol oder Kartell zerschlagen oder zumindest kontrollieren. Unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten wäre somit der Ersatz der nationalen Antidumpingverfahren durch eine internationale Missbrauchsaufsicht die beste Lösung. Allerdings dürfte dies auf erheblichen Widerstand der nationalen Industrie stoßen, da gerade die dann nicht mehr erfassten Dumpingfälle, wie beispielsweise der Absatz von Überproduktion im Ausland zu Unterkostenpreisen, gegen ihre Interesse verstoßen. Gemäß einer Studie der OECD hätten nur 28 von 282 US-Antidumpingverfahren, die im Zeitraum von 1979 bis 1989 durchgeführt wurden, dem Kriterium der Marktbeherrschung des Exporteurs entsprochen.60 Darüber hinaus würde mit den nationalen Antidumpingverfahren ein wichtiges protektionistisches Instrument wegfallen.
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Clayton Act, zitiert nach Bruns, Joseph W. (1969), S. 7. Vgl. Niels, Gunnar/Kate, Adriaan ten (1997), S. 38. Unter der Voraussetzung einer marktbeherrschenden Stellung hätten in den 80er Jahren die meisten Antidumpingzölle nicht verhängt werden können. Vgl. Knorr, Andreas (1999), S. 426. 60
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Beherrschende oder dominierende Marktstellungen lassen sich prinzipiell nicht verhindern, da sie in vielen Wirtschaftsbereichen durch die Produktionsbedingungen zwangsläufig entstehen. Eine Marktmacht, die Wettbewerbsbeschränkungen ermöglicht, kann selbst bei einem Per-se-Verbot horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen, einer Fusionskontrolle und sogar Entflechtungen nicht ausgeschlossen werden, weshalb eine fortlaufende Wettbewerbskontrolle erforderlich ist. Eine Wettbewerbsbeschränkung kann auch von Joint Ventures und strategischen Allianzen ausgehen. Eine Missbrauchsaufsicht müsste also umfassender sein und die Märkte generell beobachten. Andererseits besteht die Gefahr, dass die Wettbewerbsbehörden infolge der vagen Eingriffskriterien einen zu großen Ermessensspielraum erhalten. Die Verfügungen der Behörden werden dadurch einzelfallabhängig und unkalkulierbar. Eine große Anzahl von Regelungen und Ausnahmevorschriften würde zwar den Entscheidungsspielraum der Wettbewerbsbehörde eingrenzen aber auch gleichzeitig die Unübersichtlichkeit der staatlichen Wettbewerbspolitik verstärken. All dies steht diametral zu Euckens Forderung nach Konstanz staatlicher Wirtschaftspolitik, durch die vermieden werden soll, dass sich die Unsicherheit der Erwartungen für die Wirtschaftssubjekte erhöht. Weil es schwierig ist, marktbeherrschende Stellungen zu kontrollieren, ist es deshalb umso wichtiger, diese nur zuzulassen, wenn es keine andere Alternative gibt. Da die Möglichkeiten, Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern oder zu korrigieren, beschränkt sind, kommt freiem Außenhandel eine besondere Bedeutung zu, damit die binnenwirtschaftlichen Wettbewerbsdefizite wenigstens teilweise durch den internationalen Wettbewerb ausgeglichen werden können.61 Angesichts der international ausgerichteten Fusionsbestrebungen großer Konzerne kommt neben einem ungehinderten Außenhandel einer vorbeugenden Fusionskontrolle besondere Bedeutung zu. Eine effektive Fusionskontrolle muss im Vorfeld das Entstehen marktbeherrschender Stellungen verhindern oder zumindest erschweren. Die Missbrauchsaufsicht ist zwar aufgrund der Schwierigkeiten, den relevanten Markt und die Stellung des betroffenen Unternehmens an diesem Markt zu ermitteln, ein sehr ungenaues wettbewerbspolitisches Instrument, jedoch kann auf sie mangels Alternativen nicht verzichtet werden. Die analytischen Schwierigkeiten, die sich aus der Bestimmung des relevanten Marktes und der Marktstellung ergeben, sind zwar unter Inkaufnahme von Ungenauigkeiten überwindbar62, angesichts der kulturellen Unterschiede und der zu erwartenden lobbyistischen Einflussnahme dürfte es jedoch auf internationaler Ebene noch schwieriger als auf nationaler Ebene sein, Kriterien für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung festzulegen. Aufgabe einer internationalen Wettbewerbsordnung wäre es somit zum einen, den Missbrauch von marktbeherr61 62
Vgl. Schüller, Alfred (1987), S. 63 ff und 70. Vgl. Immenga, Ulrich (1996a), S. 605.
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schenden Stellungen auf internationaler Ebene zu verhindern, und zum anderen, durch die Vorgabe eines einheitlichen Rahmens für die Missbrauchskontrolle Rechtsklarheit zu schaffen und den Missbrauch dieser Instrumente als protektionistisches Mittel zu unterbinden. Da sich die Märkte international nicht nur aufgrund geographischer Besonderheiten deutlich unterscheiden und auch die Anwendung der Missbrauchskontrolle international stark abweicht, besteht ein zu hoher Harmonisierungsbedarf. Es empfiehlt sich deshalb eine dezentrale Anwendung des Missbrauchsprinzips durch die nationalen Wettbewerbsbehörden. Eine internationale Koordination der Missbrauchskontrolle muss hierbei jedoch sicherstellen, dass die Märkte auch grenzübergreifend definiert und kontrolliert werden. Eine Ex-post-Harmonisierung innerhalb des vorgegebenen wettbewerbspolitischen Rahmens könnte von einer internationalen Rekursinstanz vorgenommen und damit die einheitliche Auslegung einer internationalen Missbrauchsaufsicht sichergestellt werden, ohne dass die nationale Souveränität grundsätzlich aufgegeben werden müsste. Dies gilt jedoch nicht für die notwendige Ex-ante-Koordination der Wettbewerbspolitik der nationalen Behörden gegen grenzüberschreitenden Missbrauch. Hierzu ist ein Eingriff in die nationale Souveränität durch eine internationale Wettbewerbsbehörde unumgänglich Diese Aufgabe kann nicht von einem Gericht wahrgenommen werden, da ein Gericht keine dauerhafte Institution ist und deshalb nicht kontinuierlich ein grenzüberschreitendes wettbewerbspolitisches Verfahren mehrerer nationaler Wettbewerbsbehörden koordinieren oder steuern kann. 4. Fusionskontrolle Die Notwendigkeit einer internationalen Fusionskontrolle wurde bereits in Teil B. hergeleitet. Ziel der Fusionskontrolle ist es zu vermeiden, dass eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, von der ausgehend wohlfahrtsmindernde Wettbewerbsbeschränkungen vorgenommen werden können. Hier ist zwischen horizontalen und vertikalen Fusionen zu unterscheiden. Steht bei horizontalen Fusionen die mögliche Beschränkung des Wettbewerbs durch die Marktmachtkonzentration im Vordergrund, so sind es bei vertikalen Fusionen die Erleichterung von abgestimmten Verhaltensweisen aufgrund des geringeren Abstimmungsaufwands und der Möglichkeit, neue Konkurrenten von den Vorprodukten auszuschließen, also den Marktzutritt zu beschränken.63 Den potenziellen Wohlfahrtsminderungen durch Wettbewerbsbeschränkungen stehen die Wohlfahrtsgewinne, die durch Größenvorteile wie Economies of large scale oder Effizienzgewinne durch Einsparungen – beispielsweise bei Stabsabteilungen oder Forschungseinrichtungen entstehen – gegenüber. Eine Fusionskontrolle muss also zwangsweise jeden Einzelfall prüfen und die zu erwartenden Wohl63
Vgl. World Bank/OECD (1999), S. 44.
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fahrtsgewinne und -verluste gegeneinander abwägen. Aus diesem Grund findet bei allen nationalen Fusionskontrollverfahren unabhängig davon, ob sie von Wettbewerbsbehörden oder -gerichten vorgenommen werden, eine Einzelfallabwägung, die sog. Rule of Reason Anwendung. Obwohl eine Fusionskontrolle international kein selbstverständlicher Bestandteil der nationalen Wettbewerbsordnungen ist. Immer mehr Länder richten derzeit eine Fusionskontrolle ein. Weltweit verfügen mehr als 60 Länder über eine Fusionskontrolle. Führten 1998 immerhin schon 40 Länder eine Fusionskontrolle durch, so waren es 2002 bereits mehr als 60.64 Das deutsche Wettbewerbsrecht unterscheidet die obligatorische Fusionskontrolle mit Anmeldepflicht, die fakultative präventive Fusionskontrolle und die nachträgliche Fusionskontrolle. Im ersten Fall, der obligatorischen Fusionskontrolle, muss die Fusion angemeldet werden, wenn der Jahresumsatz oder die Mitarbeiterzahl eine bestimmte Größe überschreitet. Der Fusionskontrolle kann sich ein Unternehmen freiwillig unterziehen, wenn die Voraussetzungen einer obligatorischen Fusionskontrolle zwar nicht vorliegen, die Unternehmen sich jedoch trotzdem – beispielsweise in Zweifelsfällen – absichern wollen. Insbesondere kann das Interesse von Unternehmen auch darin bestehen, sich vor einer Fusion bestätigen zu lassen, dass die durch den beabsichtigten Zusammenschluss eintretenden Effizienzgewinne die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Fusionen müssen hingegen nachträglich angemeldet und genehmigt werden, wenn nach dem Zusammenschluss der beteiligten Unternehmen ein Marktanteil von mindestens 20% entsteht oder eines der Unternehmen einen solchen Marktanteil bereits vorher besaß oder wiederum gewisse Jahresumsatzgrößen oder Beschäftigtenzahlen überschreitet. Die rechtskräftige Untersagung einer bereits vollzogenen Fusion kann zur Entflechtung der beteiligten Unternehmen führen (§ 41 Abs. 3 GWB). Die beantragten Fusionsgenehmigungen können verweigert oder ohne und mit Auflagen erteilt werden.65 Solche oder ähnliche Schwellenwerte finden sich bei fast allen nationalen Fusionskontrollen. Allerdings ist die Notifikation unterschiedlich geregelt. In Kanada, Irland, Neuseeland und den USA müssen wie in Deutschland nur Fusionen vorher angemeldet werden, die bestimmten Kriterien entsprechen. In Japan sind hingegen alle Fusionen vorher anzumelden, während die Anmeldungen in Frankreich vollkommen freiwillig sind. In Großbritannien gibt es keine Anmeldepflicht. Generell bestehen international Anwendungsunterschiede. So hat die Fusionskontrolle eine geringere Bedeutung in den USA als in der EU, da in den USA als Folge des Einflusses der Chicago School die Gerichte derzeit die von Fusio64
Vgl. Wins, Henning (2000), S. 31 sowie Bridgeman, John (2002), S. 59. Vgl. UNCTAD (1997), S. 291; Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb (1990), S. 18; Trebilcock, Michael J. (1996), S. 98; Hildebrand, Doris (2002b), S. 6 ff; Wins, Henning (2000), S. 32 sowie Bridgeman, John (2002), S. 60 sowie Nagy, Anke (2002), S. 122 ff. 65
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
nen erwarteten Effizienzgewinne höher gewichten. Dies ist die gängige Erklärung. Bridgeman führt als einen weiteren Grund die wesentlich schärfere Missbrauchskontrolle in den USA an. Der Missbrauch einer dominanten Marktstellung kann hier als eine Straftat behandelt werden. Der EU-Kommission stehen vergleichsweise nur Geldstrafen zur Verfügung. Bridgeman schließt daraus, dass es sich die USA aufgrund der härteren Sanktionsmöglichkeiten bei Missbrauch leisten kann, bei Fusionen großzügiger66 zu sein als die EU.67 In der amerikanischen Rechtsprechung wird z. B. bei der Fusionskontrolle ein zweistufiger Markttest im Rahmen der sog. Rule of Reason (Abwägen der Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses) eingesetzt. Ein Marktsituationstest soll hierbei zunächst als notwendige Bedingung klären, ob überhaupt ein funktionsfähiger Wettbewerb vorliegt. Als hinreichende Bedingung für ein wettbewerbspolitisches Eingreifen muss jedoch auch das zweite Prüfkriterium der Marktergebnistest negativ ausfallen, also die Marktresultate nicht tolerierbar (reasonable) von der Norm abweichen. Vergleichbar geht hier die EU-Kommission im Rahmen ihres „Extended Structure-Conduct-Performance-Ansatzes“ vor.68 In der Praxis stößt die Durchsetzung von Fusionsverboten auf einige Probleme. Die Unzulänglichkeiten des Eingriffskriteriums der marktbeherrschenden oder marktdominierenden Stellung setzen sich in der Fusionskontrolle fort, da dieses Kriterium auch hier Eingriffsvoraussetzung ist. Auch die Größenkriterien erscheinen vor dem Hintergrund der Nichtabgrenzbarkeit des relevanten Marktes als willkürlich. Hinzu kommt, dass hierbei strukturelle Veränderungen und Branchenbesonderheiten nicht berücksichtigt werden können. Da – wie bereits dargelegt – der Nachweis der Marktbeherrschung schwierig ist, entscheiden die Gerichte in Zweifelsfällen eher zugunsten der Zusammenschlüsse.69 So hatte die EU bis Februar 1998 erst 8 Fusionen untersagt.70 Trotzdem darf die Wir66 Der EuGH hob allerdings in letzter Zeit verschiedene Fusionsverbote der Kommission auf (1990: Airtours/First Choice, 2001: Schneider/Legrand, 2001: Tetra Caval/Sidel). Der EuGH begründete dies mit Fehlern bei der Berechnung der Marktanteile. Die Marktanteile der fusionierten Unternehmen seien überschätzt und die der Konkurrent unterschätzt worden. Zukünftig soll die EU-Kommission mögliche Vorteile einer Fusion für die Konsumenten berücksichtigen. Vgl. o. V. (2002a), S. 1 sowie Morici, Peter (2000), S. 31 f. In den USA wir deshalb derzeit der europäischen Wettbewerbspolitik eine Tendenz, weg von dem ordoliberalen Ansatz attestiert, der zuallererst die konkurrierenden Unternehmen schützen wolle, hin zu dem amerikanischen Wettbewerbsziel, die Konsumentenwohlfahrt, u. a. durch fusionsbedingte Effizienzgewinne zu erhöhen. Vgl. Gifford, Daniel J./Kurdle, Robert T. (2002), S. 233. 67 Vgl. Bridgeman, John (2002), S. 62. 68 Vgl. UNCTAD (1997), S. 291; Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb (1990), S. 18; Trebilcock, Michael J. (1996), S. 98; Hildebrand, Doris (2002b), S. 6 ff; Wins, Henning (2000), S. 32 sowie Bridgeman, John (2002), S. 60 sowie Nagy, Anke (2002), S. 122 ff. Bei Boner findet sich auch eine Beschreibung der nationalen Fusionskontrollverfahren. Vgl. Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991), S. 69 ff. 69 Vgl. Schüller, Alfred (1987), S. 58 ff.
III. Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen
187
kung einer Fusionskontrolle nicht unterschätzt werden, da der Genehmigungsvorbehalt bereits viele Unternehmen von wettbewerbsbeschränkenden Fusionen abhalten dürfte. Aufgrund der Anwendungsprobleme bei der internationalen Fusionskontrolle empfiehlt sich deshalb wie bei der Missbrauchsaufsicht eine dezentrale Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden. Sie können aufgrund ihrer größeren Marktnähe die Märkte genauer abgrenzen und die Marktstellungen besser beurteilen. Da jedoch – wie bereits betont wurde – immer mehr Fusionen grenzüberschreitend stattfinden, muss die dezentrale Fusionskontrolle nach einheitlichen Kriterien international koordiniert werden. Hier bietet sich wiederum die Verabschiedung eines einheitlichen Verfahrensrahmens durch die internationale Staatengemeinschaft an. Um die Aushandlung eines solchen Abkommens nicht zu erschweren, sollten die Aufgreif- und Eingriffskriterien möglichst allgemein gehalten werden. Hinzu kommt, dass sich generell aufgrund der sehr unterschiedlichen Marktkonstellationen sowieso keine sinnvollen verbindlichen international gültigen Schwellenwerte festlegen lassen. Spezifizierungen würden sich dann in der dezentralen fallweisen Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden ergeben. Eine internationale Rekursinstanz könnte, wie zuvor bei der Missbrauchsaufsicht, die einheitliche Auslegung des wettbewerbspolitischen Fusionsrahmens sicherstellen, jedoch nicht die notwendige grenzüberschreitende Koordination der nationalen Wettbewerbsbehörden. Gerade bei einer internationalen Fusionskontrolle bietet sich die Rule of Reason als wettbewerbspolitische Lösung an, um fallweise die positiven grenzüberschreitenden Externalitäten in Form von Synergieeffekten mit den grenzüberschreitenden negativen Wohlfahrtseffekten aufgrund der Einschränkung des Wettbewerbs abwägen zu können.71 Hierzu ist eine internationale Behörde notwendig. Dies ist die einzige Schwachstelle der derzeitigen Wettbewerbsordnung, wenn man von den, durch die nationalen Wirtschaftspolitiken verursachten Wettbewerbsverzerrungen absieht, die nicht ohne einen Eingriff in die nationale Souveränität beseitigt werden kann. Für eine internationale Koordination der Fusionskontrolle und Missbrauchsaufsicht ist eine Regelung auf internationaler Ebene unumgänglich.72 Allerdings kann der Eingriff in die nationale Souveränität auf das zur wettbewerbspolitischen Koordination Nötigste beschränkt werden, was die Kompetenz- bzw. Aufgabenzuweisung an die nationalen Wettbewerbsbehörden wäre. Zusammenfassend ist positiv hervorzuheben, dass – wie es auch Subramanian zeigt – zumindest bei den Industrieländern Übereinstimmungen in allen wesent70
Vgl. Wins, Henning (2000), S. 32. Vgl. auch Kühn, Kai-Uwe/Seabright, Paul/Smith, Alasdair (1992), S. 28. 72 Zu den Schwierigkeiten einer grenzüberschreitenden Fusion vgl. vor allem Campbell, Neil/Trebilcock, Michael J. (1997). 71
188
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
lichen wettbewerbspolitischen Instrumenten vorliegen.73 Diese Erkenntnis widerspricht der oft anzutreffenden Einschätzung, die nationalen Wettbewerbsordnungen wären so fundamental verschieden, dass eine internationale Vereinheitlichung der Wettbewerbspolitik unmöglich wäre.74 Zwar fehlen eine international anerkannte Wettbewerbstheorie und damit auch genaue detaillierte einheitliche Vorgaben, es lassen sich jedoch – wie diese Arbeit gezeigt hat – Tendenzaussagen treffen. Internationale Einigkeit besteht beispielsweise weitgehend bezüglich der Schädlichkeit von horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen (wie Mengen- und Preiskartelle) und von exportwirksamen Subventionen. Ein internationales Verbot solcher Wettbewerbsbeschränkungen dürfte deshalb auf wenig Widerstand stoßen.75 Nachdem wir in Teil B. anhand der unzureichenden Kompetenzen der WTO und der Problemfelder im internationalen Handel die dringende Notwendigkeit einer wettbewerbspolitischen Reform der derzeitigen internationalen Wirtschaftsordnung begründet haben, sollen im folgenden Kapitel die wichtigsten Vorschläge zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung, die derzeitig von der Wissenschaft diskutiert werden, typologisiert kurz vorgestellt, vergleichend analysiert und bewertet werden.
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung: die wissenschaftliche Diskussion 1. Der Ansatz von Giardina und Beviglia-Zampetti: Minimalkonsens und Case Law Giardina und Beviglia-Zampetti schlagen ein internationales Schiedsgericht für Wettbewerbskonflikte vor, das als Ergänzung zur bisherigen WTO-Praxis auch von privaten Parteien angerufen werden kann (vgl. Abbildung 6 auf Seite 73 Vgl. Subramanian, Arvind (1994) sowie auch Boner, Roger Alan/Krueger, Reinald (1991). Auch die EU kommt zu diesem Ergebnis: „However, it should be noted that the diversity of national competition laws – while important – is not to be exaggerated. There is a core of commonality regarding a number of the key elements of competition law and policy. If one analyses the nearly 100 existing competition law regimes, a high degree of convergence can be detected regarding the following main characteristics of competition law and policy despite differences on substantive provisions and institutional structures: . . .“. Vgl. Working Group on the Interaction between Trade and Competition Policy (2002b), S. 1. 74 Diese Einschätzung teilen tendenziell beispielsweise Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994); Plompen, Peter M. A. L. (2001), S. 31 f sowie Noland, Marcus (1999). So lehnen beispielsweise derzeit auch die USA und die EU die Errichtung einer Weltkartellbehörde mit Verweis auf die international stark divergierenden Rechtskulturen ab und halten dies auch für die nächsten Jahre für wenig realistisch. Vgl. o. V. (2000), S. 12. 75 Vgl. Immenga, Ulrich (1996a), S. 602 f.
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
189
190–191). Zunächst soll es gemäß der Effects Doctrine nur entscheiden, welches Recht der beteiligten Länder anzuwenden ist, womit auch die Exekutivaufgabe der Wettbewerbsbehörde dem entsprechenden Land zufällt. Hierbei soll das Recht des Landes zur Anwendung kommen, auf dessen Inlandsmarkt durch die Wettbewerbsbeschränkungen die größten Schäden hervorgerufen werden. Falls sich eine Partei der Entscheidung der nationalen Behörde nicht beugen will, kann erneut das Schiedsgericht zur endgültigen Konfliktlösung angerufen werden. Das internationale Schiedsgericht erhält als Entscheidungsgrundlage einen nicht näher bestimmten wettbewerbspolitischen Zielkatalog vorgegeben, auf den sich eine ausreichende Anzahl von Ländern international einigen konnte. Nach den Erfolgen des Traffic Light Ansatzes bei der ebenfalls als sehr schwierig erachteten Formulierung eines internationalen Subventionskodexes sollen auch die Wettbewerbsverstöße in rote (verbotene), gelbe (einzelfallabhängige und damit anklagbare) und grüne (erlaubte und damit nicht anklagbare) Aktionen unterteilt werden. Der juristische institutionelle Rahmen soll entsprechend dem europäischen Integrationsansatz extra allgemein gehalten werden, damit eine internationale Übereinkunft trotz der Konzeptions- und Interessengegensätze erreicht werden kann. Der wettbewerbspolitische Kodex soll dann gemäß der bewährten „goldenen Regel“76 vom Schiedsgericht gemäß der Zielsetzung des Rahmenabkommens ausgelegt werden, so dass sich ein umfassendes Case Law entwickeln könnte.77 2. Der Reformansatz von Matoo und Subramanian: Rechtszugang für alle Parteien und internationale Streitschlichtung Auch Matoo und Subramanian schlagen eine internationale Koordinierung der nationalen Wettbewerbspolitik im Rahmen eines Streitschlichtungsprozesses vor. Die Grundlage bietet hier ein internationales Abkommen, in dem sich die Staaten verpflichten, ihre nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichte allen Parteien, also auch ausländischen Unternehmen und Konsumenten zugänglich zu machen. Aufgrund der hohen Organisationshemmnisse bzw. Transaktionskosten der Konsumenten sollen die Wettbewerbsbehörden jedoch auch selbständig Konsumenteninteressen vertreten. Darüber hinaus würde das internationale Abkommen die Verpflichtung der nationalen Wettbewerbsbehörden und ihrer Regierungen beinhalten, die zur Durchführung der Wettbewerbsverfahren notwendigen Informationen ausländischen Behörden zur Verfügung zu stellen. Ferner 76 Die goldene Regel der Vertragsinterpretation ist in Art. 31 (1) der 1969er Wiener Vertragsrechtskonvention enthalten: „A treaty shall be interpreted in good faith in accordance with the ordinary meaning to be given to the terms of the treaty in their context and in light of its object and purpose.“ Zitiert nach Giardina, Andrea/BevigliaZampetti, Americo (1997), S. 10. 77 Vgl. Conrad, Christian A. (2003c).
noch zu bestimmen
Minimalkonsens, Durchsetzung der Konsumenteninteressen, Gleichberechtigung aller Parteien vor den nationalen Wettbewerbsbehörden, Auskunftspflicht der nationalen Wettbewerbsbehörden
Effects Doctrine (ED) und Kooperationsabkommen
nur für Exportkartelle
2. Matoo und Subramanian
3. Hauser und Schoene
4. ABABericht
Verbot von Exportkartellen
ED
noch zu bestimmen
Traffic-light-Ansatz bei Wettbewerbsbeschränkungen, Minimalkonsens verbunden mit Case LawAnsatz
ED
vertikale Vereinbarungen
1. Giardina und BevigliaZampetti (GBZ)
horizontale Vereinbarungen
ED
Mißbräuche
Harmonisierung von unten
–
Fusionen
wettbewerbspolitische Instrumente
Besonderheiten zur Internalisierung negativer externer Effekte
Ansätze1
P
Comity P: Positiv N: Negativ
implizit
explizit, selbständiges Vertreten von Konsumenteninteressen
implizit
Retorsionsmaßnahmen gegen Exportland
Internationales Schiedsgericht
Verteilung der Zuständigkeiten
a) denzentral, b) zentral, Koordinierung Unterstellung der nationalen der nationalen Behörden Behörden
Internationale Wettbewerbsbehörde
Institutionen
190 C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
1
Verbot/Rule of Reason
Verbot/Rule of Reason
Verbot von Im- und Exportkartellen
prinzipielles Verbot horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen Inlandsbehandlung, internationale Verfahrensinitiative, dezentrale Wettbewerbspolitik durch gleichberechtigten Zugang zu den nationalen Rechtssystemen
Auskunftspflicht der nationalen Wettbewerbsbehörden
7. DIAC
8. Scherer
Verbot
Verbot
Verbot
Kontrolle
Kontrolle
Harmonisierung von unten
Kontrolle nur Behinderungsverbot sowie Ersatz der ADverfahren
–
implizit
implizit
explizit
N
P N
langfristig
–
Abbildung 6: Übersicht über die Ansätze zur Reform der Wettbewerbsordnung
Rangfolge nach Souveränitätsverzicht, ED = Effects Doctrine, AD = Antidumping, eigene Zusammenstellung sowie Wins, Henning (2000), S. 139.
Rule of Reason
Verbot/Rule of Reason
langfristig: prinzipielles Verbot horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen, Rules of Reason-Ansatz,
6. van Miert Ansatz
–
Verbot
Kooperationsvertrag und Wettbewerbskodex, Weltwohlfahrt, dezentrale Wettbewerbspolitik durch Zugänglichkeit der nationalen Rechtssysteme
5. Fox und Ordover
mittelfristig
–
\;notwendig\(
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung 191
192
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
steht allen Parteien ein Streitschlichtungsorgan zur Verfügung. Das Streitschlichtungsorgan sorgt für die Umsetzung eines internationalen Minimalkonsens von Wettbewerbsregeln, wie sie ansatzweise in den WTO-Abkommen bereits zu finden sind (z. B. Gleichberechtigung vor den Wettbewerbsgerichten im TRIPS-Abkommen, Art. 3, zu Durchsetzung von geistigen Eigentumrsrechte) und für einen gleichberechtigten Marktzugang, indem es die klagenden Parteien zu Retorsionsmaßnahmen berechtigt. Matto und Subramanian halten die Implementierung einer internationalen Wettbewerbsordnung und die Errichtung einer supranationalen Wettbewerbsbehörde weder für notwendig noch für durchführbar.78 Die internationale Harmonisierung und Durchsetzung wettbewerbspolitischer Grundprinzipien mittels eines Streitschlichtungsprozesses wie ihn Giardina und Beviglia-Zampetti sowie Matoo und Subramanian vorschlagen, hat drei wesentliche Nachteile. Erstens lässt sich Wettbewerbspolitik im engeren Sinn auf der Basis eines Schiedsgerichts nicht betreiben. Weder kann eine Marktaufsicht noch eine Fusionskontrolle erfolgen. Ein Tätigwerden des Streitschlichtungsorgans auf eigene Initiative ist ebenso wenig vorgesehen wie die Kontrolle nationaler Wirtschaftspolitiken auf ihre Wettbewerbskonformität. Vor dem Hintergrund der Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel wären diese Ansätze folglich eine Minimallösung. Zweitens hängt die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln von den Retorsionsmöglichkeiten des wettbewerbspolitisch geschädigten Landes ab. Die privaten Parteien wären hierbei auf ihre Regierungen angewiesen. Die Auflistung der japanisch-amerikanischen Konflikte im internationalen Handel von Subramanian zeigt, dass in allen angeführten Fällen die japanischen Wettbewerbsbehörden nur dann gegen die Wettbewerbsbeschränkungen vorgingen, wenn sich die US-Regierung für die beim japanischen Marktzugang benachteiligten amerikanischen Unternehmen einsetzte.79 Die EU und die USA würden bei dieser Regelung aufgrund der Größe ihres Wirtschaftraumes über höhere Importe und somit auch größere Retorsionsmöglichkeiten verfügen und folglich durch diesen Reformansatz bevorteiligt. Drittens ist es äußerst fraglich, ob die nationalen Behörden und insbesondere die Wettbewerbsbehörden mit den verfahrensdurchführenden ausländischen Behörden kooperieren, da eine Kooperation gegen die Interessen der inländischen Industrie gerichtet sein kann und eine Nichtkooperation aufgrund der hohen Transaktionskosten nicht automatisch eine Klage vor dem Streitschlichtungsausschuss nach sich ziehen wird.
78 79
Vgl. Matoo, Aaditya/Subramanian, Arvind (1997). Vgl. Subramanian, Arvind (1994) sowie Conrad, Christian A. (2003c).
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
193
3. Der Ansatz von Hauser und Schoene: extensive Anwendung der Effects Doctrine Gemäß Hauser und Schoene lassen sich die meisten Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel durch die Anwendung der Effects Doctrine beseitigen. Nach dem Rechtsgrundsatz der Effects Doctrine ist es völkerrechtlich zulässig, das nationale Wettbewerbsrecht auch gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden, die von ausländischem Territorium ausgehen, wenn sie sich auf das Inland auswirken.80 Unproblematisch sei dies bei vertikalen und horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen, da hier die Wettbewerbstheorie international einheitliche, klare Vorgaben mache und auch die nationalen Interessen nicht so stark berührt seien. Anders sei es bei der Fusions- und Marktstrukturpolitik. Hier fehlten international einheitliche Vorgaben durch die Wirtschaftswissenschaften. Außerdem stünden die industriepolitischen Zielsetzungen vor allem der EU und der USA einer Internationalisierung des Rechts und der Wettbewerbskontrolle entgegen. Eine extraterritoriale Anwendung nationaler Gesetze gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Importland sei deshalb in diesem Bereich – wenn überhaupt – nur schwer durchsetzbar und ließe sich auch ökonomisch nicht rechtfertigen. Um gegen vertikale und horizontale Wettbewerbsbeschränkungen vorzugehen, fehlten zwar die hoheitlichen Befugnisse, allerdings könnten Sanktionen gegen die in der Regel im Importland sich befindenden Handelsniederlassungen durchgesetzt werden.81 In Frage kommt auch die Verhängung von Bußgeldern beispielsweise von Strafzöllen auf die Importe.82 Hauser und Schoene empfehlen bei dominierenden Marktstellungen aufgrund der Uneinheitlichkeit und der Unklarheit der Vorgaben der Wettbewerbstheorie und der international stark divergierenden Wettbewerbskonzeptionen hinsichtlich hoheitlicher Preiskontrollen ebenfalls die Anwendung der Effects Doctrine. Hinzu kommt, dass bei der Ausnutzung einer dominierenden Marktstellung 80 Vgl. Rishikesh, Deepa (1991), S. 34 f; Immenga, Ulrich (1996b), S. 156 f; Immenga, Ulrich (1996a), S. 596 sowie Pengilley, Warren (1997), S. 22 f. 81 In diesen Fällen wurde die Effects Doctrine bereits mit Erfolg von Japan, den USA und der EU angewendet. Die USA ging jedoch noch einen Schritt weiter setzte die Sanktionsmöglichkeiten gegen japanische Handelsniederlassungen in den USA ein, um den japanischen Markt für amerikanische Exporte zu öffnen. Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 14 sowie Nicolaides, Phedon (2001), S. 139. Dies stellt einen deutlichen Eingriff sowohl in die japanische Souveränität als auch in die wirtschaftliche Freiheit der Unternehmen dar. 82 Zum Beispiel gelang es der EU-Kommission, das bei dem bereits von der amerikanischen Wettbewerbsbehörde FTC auflagenlos genehmigte Fusionsvorhaben BoeingMcDonnell Douglas unter Androhung von umsatzabhängigen Bußgeldern, Geldstrafen für innergemeinschaftliche Luftfahrtgesellschaften und sogar die Beschlagnahme von neu in die EU ausgelieferten Boeing-Flugzeugen die Stornierung von drei langfristigen Lieferverträgen als Auflage durchzusetzen. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 76 und 88; o. V. (2002a), S. 13; Noll, Bernd (2001), S. 14; Noll, Bernd (2002), S. 17 sowie Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 32.
194
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
durch den Exporteur nach den jeweiligen Exportmärkten differenziert werden kann, was die Anwendung der Effects Doctrine erleichtere. Ein Problem sehen die Autoren allerdings bei der Informationsbeschaffung, da die bisher existierenden Kooperationsvereinbarungen zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden nur soweit reichen wie sie mit den nationalen Interessen vereinbar sind, weshalb sie weitergehende Kooperationsabkommen für unumgänglich halten.83 Zur Umsetzung der Effects Doctrine schlagen Hauser und Schoene wie viele andere Autoren ein internationales Abkommen vor. Dieses Abkommen soll die Errichtung eines Streitschlichtungstribunals und das Recht der nationalen Wettbewerbsbehörden beinhalten, die ausländischen Exporteure zur Herausgabe von Informationen zu zwingen und Sanktionen gegen sie im Importland zu verhängen.84 Auf den ersten Blick erscheint die Effects Doctrine als die ideale Lösung. Es müsste kein neues übergeordnetes internationales Wettbewerbsrecht geschaffen werden, womit auch die Notwendigkeit einer Zustimmung der vielen WTO-Mitglieder (Abkommen innerhalb der WTO) oder zumindest einer Mindestanzahl von Staaten (Abkommen außerhalb der WTO) entfiele. Aufwendige Verhandlungen und der dann unumgängliche Zwang, wettbewerbspolitische Kompromisse zu schließen, würden entfallen und die internationale Akzeptanz einer solchen Lösung wäre wahrscheinlich hoch. Auch bliebe der Wettbewerb der internationalen Wettbewerbsordnungen erhalten. Hinzu käme, dass wenn alle Länder die Effects Doctrine anwenden würden, alle externen Wettbewerbswirkungen berücksichtigt werden könnten. Dieser positive Eindruck hat jedoch bei näherer Betrachtung keinen Bestand. Zwar würden bei einer durchgängigen Anwendung der Effects Doctrine alle negativen Wettbewerbswirkungen, die von einem beliebigen Ursprungsland auf das Ausland ausgehen, vom Ausland erfasst, der wettbewerbspolitische Eingriff fände jedoch nicht im Ursprungsland der Wettbewerbsverstöße statt, womit wie bei den Antidumpingverfahren zwar die Wirkungen aber nicht die Ursachen der Wettbewerbsbeschränkungen beseitigt würden. Hinzu kommt, dass nur die direkten Wettbewerbswirkungen erfasst würden. Die Wettbewerbswirkungen im Ursprungsland, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Ausland hätten, aber aufgrund ihrer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung im Ursprungsland den Marktzugang für ausländische Unternehmen behindern wie z. B. wettbewerbswidrige Abwehrstrategien von Monopolen, würden nicht erfasst.
83 In Bezug auf die Vorgaben der Wettbewerbstheorie muss Hauser und Schoene allerdings widersprochen werden. Zwar fehlen eine einheitliche, international anerkannte Wettbewerbstheorie und damit auch genaue detaillierte einheitliche Vorgaben, es lassen sich jedoch – wie diese Arbeit gezeigt hat – je nach Wettbewerbsbeschränkung Tendenzaussagen treffen. 84 Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994).
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
195
Kritisiert wird an der Effects Doctrine außerdem, dass nur inländische wettbewerbspolitische Interessen berücksichtigt werden. Eine marktbeherrschende Stellung eines inländischen Unternehmens auf einem ausländischen Markt wird nicht aufgegriffen.85 Schließlich ist auch der Fall denkbar, dass das Wettbewerbsverhalten von einem ausländischen Unternehmen gegen das inländische Wettbewerbsrecht aber nicht gegen das ausländische verstößt. Die inländische Wettbewerbsbehörde würde die Effects Doctrine auf einer rechtlichen Grundlage anwenden, die im Land des Exporteurs nicht gilt. Dies birgt erhebliches Konfliktpotential. Nicht nur, weil das ausländische Unternehmen, um in dem Konflikt Unterstützung zu erhalten, auf seine Regierung Druck ausüben könnte oder weil anzunehmen ist, dass gegen inländische Unternehmen die Regeln weniger konsequent angewendet werden.86 Vielmehr wird die Möglichkeit der nationalen Regierungen, ihr inländisches Wettbewerbsrecht auf ausländische Unternehmen anzuwenden, dazu führen bzw. verführen, das nationale Wettbewerbsrecht protektionistisch einzusetzen, wie dies bisher bereits bei den nationalen Antidumpingverfahren der Fall ist.87 Also müsste es doch wieder eine internationale Behörde geben, die den Missbrauch des nationalen Wettbewerbsrechts verhindert. Dies gestehen auch Hauser und Schoene ein.88 Die Effects Doctrine wäre auch prinzipiell geeignet, die nationalen Antidumpingverfahren zu ersetzen. Da bei der Effects Doctrine jedoch das Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung im Land des Exporteurs Eingriffsvoraussetzung ist, würde sich ihre Anwendung auf die Dumpingfälle beschränken, bei denen der ausländische Produzent Monopolist oder Mitglied eines Preiskartells im Exportland ist [vgl. Teil B. IV. 2. a)], was – wie hergeleitet wurde – zu begrüßen wäre. Allerdings wäre wiederum nicht ausgeschlossen, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden die Effects Doctrine als protektionistisches Instrument einsetzen. Zu guter Letzt bleibt wie bisher das Problem der Durchsetzungsfähigkeit von inländischem Wettbewerbsrecht gegenüber ausländischen Unternehmen und die geringe Effektivität von inländischen Wettbewerbsbehörden mangels hoheitlicher Durchsetzungsbefugnisse bei der Beweisführung gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die ihre Ursache im Ausland haben.89
85 Vgl. Gröner, Helmut (1987), S. 365; Duim, Bernhard/Winter, Helen (1993a), S. 466; WTO (1997), S. 31 und 55 sowie Conrad, Christian A. (2003c). 86 Vgl. Immenga, U. (1994); Duim, Bernhard/Winter, Helen (1993a), S. 466 f sowie Blackhust, R. (1994). Auch die EU-Kommission fordert Abwehrmaßnahmen gegen strategische Allianzen ausländischer Unternehmen und gleichzeitig die Förderung strategischer Allianzen europäischer Unternehmen. Vgl. Grundlach, Erich/Klodt, Henning/Langhammer, Rolf J./Soltwedel, Rüdiger (1995), S. 26. 87 Vgl. Conrad, Christian A. (1999). 88 Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994), S. 212. 89 Vgl. Halverson, James T. (1992), S. 535 f.
196
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
4. Die Verbesserungsvorschläge der US-Anwaltskammer (American Bar Association): Harmonisierung von unten außer für Exportkartelle und grenzüberschreitende Fusionen 1991 beauftragte die amerikanische Anwaltskammer einen Sonderausschuss damit, die internationale Wettbewerbsordnung auf Rechtslücken zu untersuchen, die zu internationalen Konflikten führen können. Parallel sollten geeignete Lösungsansätze vorgeschlagen werden. Bemerkenswert ist, dass der Ausschuss die Erfordernis einer umfassenden internationalen Wettbewerbsordnung erkannte, sich aber gegen die Errichtung einer solchen Ordnung aussprach. Begründet wurde dies damit, dass zum damaligen Zeitpunkt für ein internationales Wettbewerbsabkommen ein umfassender politischer Kompromiss erforderlich gewesen wäre, was sich zu Lasten der Effektivität des Abkommens ausgewirkt hätte. Vielmehr befürwortete der Anwaltsausschuss eine „Harmonisierung“ der nationalen Wettbewerbsordnungen von unten in Form eines „trial and error“-Prozesses. Das für notwendig erachtete internationale Wettbewerbsabkommen sollte erst dann abgeschlossen werden, wenn ein nicht näher bestimmtes Harmonisierungsniveau erreicht worden wäre. Der Sonderausschuss identifizierte vor allem zwei Rechtslücken mit internationalem Konfliktpotential. Zum einen fordert er ein internationales Verbot für Kartelle und kritisiert in diesem Zusammenhang vor allem die international übliche Freistellung (Erlaubnis) von Exportkartellen als inakzeptable Bereicherung zu Lasten des Auslandes. Da eine einseitige Durchsetzung des Verbots von Exportkartellen aufgrund der spieltheoretischen Situation eines Gefangenendilemmas unwahrscheinlich sei, sieht der Sonderausschuss hier die Notwendigkeit eines multinationalen Abkommens. Kleinere und mittlere Unternehmen sollen hiervon ausgenommen werden, da man sich von ihrer Kooperation eine Intensivierung des internationalen Wettbewerbs verspricht. Um zu verhindern, dass diese Ausnahmeregelung missbraucht wird, ist eine Notifizierungpflicht (Genehmigungspflicht) für die Erlaubnis von Exportkartellen und ein Widerspruchsrecht für ausländische Wettbewerbsbehörden vorgesehen. Ein angemeldeter Widerspruch hat die Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens zur Folge. Der zweite Problembereich wird von der Anwaltskammer in der Vielzahl unterschiedlicher nationaler Fusionskontrollverfahren, der mangelnden Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden und den überflüssigen Mehrfachprüfungen gesehen. Hier wird eine Vereinheitlichung und verstärkte Kooperation vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang wird eine Lockerung der Geheimhaltungspflicht für Unternehmensdaten90 für notwendig erachtet. Da90 Im Rahmen der Fusionskontrolle müssen Informationen über die Finanzlage des Unternehmens, die Kapazitäten, Produktions- und Absatzpläne und Geschäftsstrategie untersucht und bewertet werden. Vgl. Atwood, James R. (1996), S. 45 ff sowie Markert, Kurt E. (1990), S. 29 f; Wins, Henning (2000), S. 66.
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rüber hinaus soll sowohl bei Exportkartellen als auch bei der Fusionskontrolle der Grundsatz der Positive Comity91 zur Anwendung kommen.92 Bis zum Kooperationsabkommen zwischen den USA und der EU im Jahre 199193 kannte man nur den Begriff der Negative Comity, wonach ein Staat bei seiner Rechtsanwendung die Interessen von anderen Staaten berücksichtigen soll, also bei grenzüberschreitenden Konflikten auf die extraterritoriale Rechtsanwendung nach der Effects Doctrine verzichten soll, wenn dies den Interessen eines ausländischen Staates zuwiderlaufen würde.94 Das US-EU-Wettbewerbsabkommen erweiterte die Rechte des von den Wettbewerbsbeschränkungen betroffenen Staates, indem es dem ausländischen Staat das Recht einräumte, den Staat, von dem die Wettbewerbsbeschränkung ausgeht, aufzufordern, sein nationales Wettbewerbsrecht anzuwenden, um die Interessen des ausländischen Staates durchzusetzen (Grundsatz der Positive Comity).95 So gesehen wäre die Positive Comity prinzipiell geeignet, zumindest alle eindeutig von einem Land ausgehenden grenzüberschreitenden Wettbewerbsverzerrungen im Ursprungsland durch die über die entsprechenden Marktkenntnisse und Durchgriffsbefugnisse verfügenden nationalen Wettbewerbsbehörden beseitigen zu lassen. Die Praxis der bilateralen Wettbewerbsabkommen zeigt jedoch, dass eine unverbindliche Vereinbarung als Anreiz für eine effektive internationale Wettbewerbskontrolle nicht ausreicht. Klodt hat die bedeutendsten Anwendungen der Effects Doctrine dahingehend untersucht, ob sie internationalen Konfliktstoff boten, der mit einer Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden auf der Basis von Positiv Comity gelöst werden können. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in fünf Fällen tatsächlich eine effektive Kooperation stattge91 Unter dem Grundsatz der „International Comity“ (auf deutsch: internationaler Freundlichkeitsgrundsatz) wird generell die Höflichkeit der Staaten im Umgang miteinander verstanden, wie beispielsweise die Unterrichtung des Auslands von extraterritorialen Rechtsanwendungen. Gebräuchlich ist auch das französische Wort „Courtoisie“. Vgl. Jakob-Siebert, Thinam (1996), S. 63, Vermulst, Edwin A. (1993), S. 11 sowie Wins, Henning (2000), S. 79. 92 Vgl. Wins, Henning (2000), S. 116 f; OECD (1994b), S. 121 ff; Hawk, Barry E. (1992), S. 225 ff; Fox, Eleanor M. (1992), S. 597 f; Lipsky, Abbott, B. Jr. (1992), S. 567 ff; Victor, Paul A. (1992), S. 571 ff; Halverson, James T. (1992), S. 534 ff sowie Addy, George N. (1992), S. 299 f. 93 Abkommen über die gegenseitige Anwendung ihrer Wettbewerbsrechte (ABl. 1995, L 95/45 ff). 94 Das die Negativ Comity nicht verbindlich ist, zeigt sich, wenn nationale Interessen berührt werden. So hat die EU-Kommission beim Fusionsvorhaben BoeingMcDonnell Douglas trotz der Negativ Comity nicht auf eine extraterritoriale Rechtsanwendung verzichten wollen, obwohl die US-Wettbewerbsbehörde (FTC) die Fusion bereits genehmigt hatte. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 82 und 88; o. V. (2002a), S. 13; Noll, Bernd (2001), S. 14; Noll, Bernd (2002), S. 17 sowie Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 32. 95 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 385; Immenga, Ulrich (1996b), S. 162 f; Jakob-Siebert, Thinam (1996), S. 63; Wins, Henning (2000), S. 87; Mestmäcker, ErnstJoachim (2002), S. 27 f sowie Conrad, Christian A. (2003c).
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funden hat und darüber hinaus zwei Fälle durch eine Kooperation lösbar gewesen wären. Andererseits scheiterte die Kooperation in acht Fällen daran, dass die Wettbewerbsverstöße nur im die Effects Doctrine anwendenden Land gegen die Wettbewerbsgesetze verstießen und in sieben Fällen an divergierenden industriepolitischen Zielsetzungen scheiterten (vgl. Tabelle 10 im Anhang). Die industriepolitischen Zielsetzungen wurden von der Absicht geleitet, die Position der eigenen Industrie auf Kosten des Auslandes künstlich zu stärken, was einer staatlich initiierten Wettbewerbsbeschränkung entspricht. Klodt kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass eine Intensivierung der Kooperation zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden nicht ausreicht, um den grenzübergreifenden Wettbewerbsverstößen effektiv zu begegnen.96 Der Ansatz der amerikanischen Anwaltskammer entspricht dem von den USA generell präferierten selektiven Vorgehen bei der Reform der internationalen Wettbewerbsordnung. Die meisten Handels- bzw. Wettbewerbsbeeinträchtigungen werden nicht erfasst, es fehlt an einem internationalen Streitschlichtungsverfahren bei grenzüberschreitenden Wettbewerbskonflikten und es ist sehr fraglich, ob ein solches selektives Vorgehen automatisch eine Ergänzung der fehlenden Regelungen nach sich ziehen würde. Ferner kann das vorgeschlagene Abkommen gegen Exportkartelle durch Joint-ventures unterwandert werden.97 Außerdem besteht die Gefahr, dass der Vorschlag im Rahmen der internationalen Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden auf die Vertraulichkeit des Unternehmens-Know-how zu verzichten, von den Unternehmen zur Aufdeckung von wettbewerbsrelevantem Wissen missbraucht wird. Der Anreiz, Innovationen vorzunehmen oder in ausländische Märkte einzudringen, würde stark gemindert, was wachstumsschädlich wäre. 5. Der Ansatz von Fox und Ordover: dezentrale Wettbewerbspolitik über international zugängliche nationale Wettbewerbsbehörden und -gerichte Vier Jahre nach der Veröffentlichung der Vorschläge der ABA-Expertengruppe veröffentlichte die Sprecherin der Gruppe Fox98 zusammen mit Ordover99 einen wesentlich weitergehenderen Ansatz. Das Ziel dieses wettbewerbspolitischen Ansatzes ist die Maximierung der Weltwohlfahrt, die sie definieren als „the aggregate level of consumers benefits and profits realized by consumers and firms in all pertinent countries“.100 96
Vgl. Klodt, Henning (2003), S. 57 ff und S. 66. Vgl. Gifford, Daniel J./Matsushita, Mitsuo (1996), S. 275; Wins, Henning (2000), S. 116 f; Addy, George N. (1992), S. 300 sowie Victor, Paul A. (1992), S. 580. 98 Eleanor M. Fox ist Professorin für Handelsrecht an der New York University. 99 Janusz A. Ordover ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der New York University. 97
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
199
Ausgangsbasis für diese internationale Ordnung sind dabei die nationalen Wettbewerbsordnungen mit ihren Wettbewerbsbehörden und Gerichten, die sich in einem Vertrag zu Kooperation verpflichten. Entsprechend einer engen Auslegung der Negativ Comity sollen die nationalen Behörden bei ihren Entscheidungen Inlands- und Auslandswirkungen gleich gewichten. Alle Vertragsstaaten haben gleichen Zugang zu den nationalen Rechtssystemen. Kartelle sind prinzipiell verboten, vertikale Wettbewerbsbeschränkungen fallen unter die Behinderungsmissbrauchsaufsicht, die generell garantieren soll, dass marktbeherrschende Inlandsstellungen den Marktzutritt nicht behindern können. Für Zusammenschlüsse ist ein einheitliches Anmeldeverfahren zu entwickeln. Zusammenschlüsse von internationaler Bedeutung müssen einer internationalen Registratur gemeldet werden und werden auf Anfrage den betroffenen nationalen Wettbewerbsbehörden mitgeteilt. Generell sind alle nationalen Politiken mit externen Wettbewerbswirkungen und vor allem Subventionen von jedem Signatarstaat jährlich zu veröffentlichen und zu rechtfertigen. Weil Antidumpingmaßnahmen den ausländischen Wettbewerb bzw. Marktzugang behindern, werden sie durch die inländische Missbrauchsaufsicht ersetzt. Zur Regelung internationaler Konflikte ist ein Streitschlichtungsverfahren vorgesehen.101 Generell ist das Ziel der internationalen Wohlfahrtsmaximierung mittels einer Wettbewerbsordnung nichts anderes als eine konsequente Übertragung der Regeln, die bereits auf nationaler Ebene Anwendung finden, auf eine internationale Ebene. Dass sich dies nur schwer durchsetzen lässt, vor allem, wenn es um die Maximierung eines die nationalen Interessen gegenseitig abwägenden Nettonutzens geht, also nationale Interessen zum Wohle der Staatengemeinschaft in den Hintergrund treten müssen, ist offensichtlich. Hinzu kommt, dass sich die Wohlfahrtswirkungen einzelner wettbewerbspolitischer Entscheidungen nicht quantifizieren, wohl aber qualifizieren lassen. Angesichts der international verbreiteten Praxis, mit Hilfe von Subventionen oder Antidumpingmaßnahmen künstliche Wettbewerbsvorteile zu schaffen, stellt sich wie bei allen nachhaltigen Reformansätzen die Frage, welchen Vorteil die Länder davon hätten, auf die Verfolgung ihrer binnenwirtschaftlichen Zielsetzungen zugunsten des Auslandes zu verzichten. Auch ist die Vorstellung, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden ohne oder gegen ihr Eigeninteresse international kooperieren und mehr noch, ausländische Wettbewerbswirkungen bei ihren Entscheidungen gleichwertig mit inländischen berücksichtigen könnten, unrealistisch. So gesehen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Konzept von Fox und Ordover international umsetzen lässt. Dies ist der Hauptkritikpunkt an dem Ansatz von Fox und Ordover. 100
Vgl. Fox, Eleanor M./Ordover, Janusz A. (1995), S. 16. Vgl. Fox, Eleanor M./Ordover, Janusz A. (1995); Wins, Henning (2000), S. 132 ff sowie Conrad, Christian A. (2003c). 101
200
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Aus theoretischer Sicht ist die Idee positiv zu bewerten, die Missbrauchsaufsicht auf den Behinderungsmissbrauch, also den Missbrauch auf gleicher Wettbewerbsstufe, zu beschränken, weil der durch die Aufsicht vor Behinderungsmissbrauch geschützte nachfolgende Wettbewerb zu einer Erosion der Monopolrenten führe.102 Allerdings dürfte eine Umsetzung in der Praxis aufgrund der bereits beschriebenen natürlichen Grenzen einer behördlichen Missbrauchsaufsicht nur ungenügend gelingen. Hinzu kommen die teilweise produktions- und geographisch bedingten Markteinstiegshemmnisse, die vor nachfolgendem Wettbewerb schützen und einen Ausbeutungsmissbrauch möglich machen, weshalb auf eine Ausbeutungsmissbrauchsaufsicht prinzipiell nicht verzichtet werden kann. 6. Der Draft International Antitrust Code: verbindliche internationale Kontrolle Der wohl bekannteste Reformansatz ist der „Draft International Antitrust Code“ (DIAC), der vom Max-Planck-Institut für internationales Recht103 (München) dem Generaldirektor des GATT und der Öffentlichkeit 1993 explizit als Grundlage für eine Reformdiskussion vorgestellt wurde und die aktuelle Diskussion bedeutend angeregt hat. Der Kern des DIAC sind einheitliche internationale Wettbewerbsregeln, die als Mindeststandards die nationalen Wettbewerbsgesetze ergänzen. Vor den nationalen Wettbewerbsbehörden werden inländische und ausländische Wettbewerber gleichgestellt. Zuständig sind die Wettbewerbsbehörden, in deren Land die Wettbewerbsverstöße stattfanden (Inlandsbehandlung). Die internationalen Wettbewerbsregeln werden durch eine internationale Wettbewerbsbehörde (International Antitrust Authority, IAA) durchgesetzt. Sie hat die Befugnis, die nationalen Behörden zu einer Verfahrenseinleitung zu zwingen und ihre Entscheidungen von einem internationalen Panel überprüfen zu lassen. Kommt eine nationale Behörde den Vorgaben der IAA nicht nach, kann sie von der IAA vor den zuständigen nationalen Gerichten verklagt werden. Die wettbewerbspolitische Exekutive bleibt den Staaten vorbehalten. Da dieser Vorschlag auch das Klagerecht privater Parteien vor den nationalen Wettbewerbsgerichten vorsieht, kommt der internationalen Behörde somit die Kontrolle der nationalen Entscheidungen und dem Panel die des Schiedsrichters zu.
102
Vgl. Wins, Henning (2000), S. 134. Die Mitglieder der „International Antitrust Code Working Group“, die den DIAC ausgearbeitet haben, waren: J. Drexel, W. Fickentscher, E. M. Fox, S. Fuchs, A. Heinemann, U. Immenga, H. P. Kunz-Hallstein, E. U. Petermann, W. R. Schluep, A. Shoda, S. J. Soltysinski und L. A. Sullivan. Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 48. 103
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
201
Der Kodex würde in den alten Annex IV des GATT (Tokio-Runde) aufgenommen und wäre somit nur für die Staaten verbindlich, die ihn unterzeichnen. Die Münchner Gruppe liefert ferner detaillierte Vorgaben für die Mindeststandards. Kartelle sind prinzipiell verboten. Für alle anderen horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen gilt der Rule of Reason Ansatz. Innerhalb der Rule of Reason Auslegung gilt das Verbotsprinzip prinzipiell auch für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen. Gegen den Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauch ist eine Missbrauchsaufsicht vorgesehen. Die internationale Fusionskontrolle setzt bei Umsatzwerten an und beinhaltet Entflechtungen.104 Gröner und Knorr kritisieren am DIAC, dass er die Existenz nationaler Wettbewerbsbehörden voraussetzt, was bei vielen Staaten nicht der Fall sei.105 Dem lässt sich entgegenhalten, dass die Konzeption des DIAC keineswegs vorsieht, dass alle Staaten den Kodex sofort unterzeichnen. Im Gegenteil kann angenommen werden, dass die Existenz eines solchen Kodexes einen Anreiz für die Staaten darstellt, Wettbewerbsbehörden einzurichten, die kodexkonform sind. Das Manko des DIAC liegt in seiner einseitigen Ausrichtung auf die Kartellpolitik (Antitrust). Das nationale Antidumpingrecht wird in den DIAC nicht integriert, sondern besteht mit den aufgezeigten Unzulänglichkeiten fort. Ebenso wird zwar eine Missbrauchsaufsicht gefordert, nicht aber ein Ansatz geliefert für die schwierige Definition von „Marktmacht“ oder „relevanter Markt“.106 Schließlich wird dem DIAC entgegengehalten, dass sich die internationale Staatengemeinschaft nie auf eine verbindliche Wettbewerbsordnung einigen wird, die darüber hinaus die Entflechtung ihrer international starken Unternehmen einschließen könnte. Auch wird angezweifelt, dass sich die Länder einem internationalen Panel unterwerfen werden.107 Schließlich ergibt sich ein weiteres Problem, falls sich eine nationale Wettbewerbsbehörde weigert, gegen eine Wettbewerbsbeschränkung durch ein inländisches Unternehmen vorzugehen und das nationale Gericht, vor dem sie die IAA verklagt hat, das Nichteinschreiten deckt, und dies auch gegen die Empfehlung des internationalen Schiedsgerichtes.
104 Vgl. Fikentscher, Wolfgang/Immenga, Ulrich (1995); Wins, Henning (2000), S. 119 ff; Fikentscher, Wolfgang (1996), S. 156 ff; Fikentscher, Ulrich/Drexl, Josef (1995); Fikentscher, Wolfgang/Heinemann, Andreas (1994); Freytag, Andreas/Zimmermann, Ralf (1998), S. 47 ff; Fritz-Aßmus, Dieter (1997), S. 212 f; Sander, Gerald G. (1998), S. 6 ff; Sauerheimer, Karlhans (1996); Krüger, Reinald (1996); Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 48 f sowie Kantzenbach, Erhard (2001), S. 251. 105 Vgl. Gröner, Helmut/Knorr, Andreas (1996), S. 589. 106 Vgl. Gröner, Helmut/Knorr, Andreas (1996), S. 589. 107 Vgl. Gifford, Daniel J./Matsushita, Mitsuo (1996), S. 275; Mattoo, Aadiya/Subramanian, Arvind (1997), S. 96; Wins, Henning (2000), S. 122 ff; Sander, Gerald G. (1998), S. 6 ff; Krüger, Reinald (1996); Freytag, Andreas/Zimmermann, Ralf (1998), S. 48 f; Fikentscher, Wolfgang (1996), S. 156 ff; Fikentscher, Ulrich/Drexl, Josef (1995); Klodt, Henning (1995). S. 560; Bär-Bouyssière, Bertold (2002), S. 102 sowie Conrad, Christian A. (2003c).
202
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
7. Der van Miert-Vorschlag: der schrittweise Aufbau einer internationalen Wettbewerbsordnung Auch die EU und vor allem ihr Wettbewerbskommissar van Miert sahen auf internationaler Ebene dringenden wettbewerbspolitischen Handlungsbedarf gegeben. van Miert beauftragte 1994 sechs interne und drei externe Sachverständige108, einen Ansatz für eine internationale Wettbewerbsordnung zu entwerfen, nachdem Immenga bereits zuvor zusammen mit Fikentscher den DIAC-Ansatz der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten der internationalen Abstimmung einer umfassenden Wettbewerbsordnung schlägt die EU-Expertengruppe als Einstieg Abkommen auf bilateraler Ebene vor.109 Dabei soll an die bereits bestehenden bilateralen Abkommen der OECDLänder angeknüpft werden. Es ist vorgesehen, dass die wettbewerbspolitische Kooperation der nationalen Behörden auf der Basis der Positiv Comity und einer erweiterten Negativ Comity erfolgt, indem die Wettbewerbsbehörden neben ihren inländischen Wettbewerbsaufgaben auch selbständig ausländische Interessen wahrnehmen. Auf diese Weise sollen die negativen Effekte von den Staaten dezentral im Rahmen ihrer eigenen Kompetenz bekämpft werden. Als langfristige Lösung sieht die Expertengruppe als Ergänzung zu den bilateralen Abkommen den sukzessiven Aufbau eines multilateralen Abkommens mit Mindeststandards vor. Die Mindeststandards gelten wie beim EU-Zwischenstaatlichkeitsprinzip für den grenzüberschreitenden Handel und umfassen ein Verbotsprinzip für Kartelle. Für alle anderen horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen soll das Rule of Reason Prinzip gelten. Darüber hinaus ist eine Missbrauchsaufsicht vorgesehen. Auf internationaler Ebene soll eine unabhängige Institution geschaffen werden, die einerseits die Einhaltung der Mindeststandards auf nationaler Ebene überprüft und Verstöße offenlegt und andererseits Vorschläge für die Weiterentwicklung des multinationalen Abkommens entwickelt. Dieses Anprangern von Verstößen und das Ableiten von wettbewerbspolitischen Vorschlägen aus konkreten Problemstellungen soll die Weiterentwicklung des Abkommens gewährleisten. Darüber hinaus ist vorgesehen, ein dem WTO-Streitschlichtungsverfahren ähnelndes System auf Marktzugangsbeschränkungen auszudehnen und die Nichtverletzungsbeschwerde des Art. XXIII GATT110 zuzulassen, womit der engen Beziehung zwischen Han108 Extern: U. Immenga, F. Jenny und E. U. Petersmann sowie intern: C. D. Ehlermann, S. F. Pons, R. Abbott, F. Lamoureux, J. F. Marchipont und A. Jacquemin. Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 50. 109 Auch andere Autoren schlagen den Ausbau bilateraler Abkommen als Lösungsansatz vor. Vgl. z. B. Graham, Edward M. (2000), S. 220. 110 Nach der Verletzungs-Klausel (Violation-Klausel) kann gegen Handlungen von Staaten vor dem Streitschlichtungsausschuss geklagt werden, wenn sie die im Rahmen des GATT abgegebenen Handelszugeständnisse beeinträchtigen, wohingegen nach der Nichtverletzungs-Klausel (Nonviolation-Klausel) auch gegen Maßnahmen von GATT-
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
203
dels- und Wettbewerbspolitik Rechnung getragen werden soll. Ferner soll die Behörde die internationale Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden organisieren. Langfristig hält die Expertengruppe jedoch eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen Kompetenzen zur Durchsetzung der Mindeststandards für unverzichtbar.111 Auf den ersten Blick scheinen die wettbewerbspolitischen Ausrichtungen weitgehende Überschneidungen vorzuweisen, was eine Kooperation nahe legt und ein bilaterales Vorgehen als einen realisierbaren ersten Schritt auf dem Weg zu einer internationalen Wettbewerbsordnung darstellt. Alle diese Abkommen begründen trotz teilweiser Positiv Comity keinen verbindlichen, durchsetzbaren Rechtsanspruch auf die ausländische Rechtsanwendung, nicht einmal auf eine Rechts- und Amtshilfe bei der Informationsbeschaffung. Die Abkommen gelten nur für die Beziehung der Behörden untereinander, Wettbewerbsgerichte sind von der Kooperation ausgeschlossen. Die Informationen, die von den ausländischen Wettbewerbsbehörden an die ermittelnden inländischen Wettbewerbsbehörden weitergegeben werden, sind durch den Fortbestand der Geheimhaltung erheblich eingeschränkt. Die Basis der Kooperationsabkommen ist die gegenseitige Einvernehmlichkeit. Es kann weder gegen grenzüberschreitende Wettbewerbsbeschränkungen durch die Wirtschaftspolitik einer Regierung noch gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgegangen werden, die durch das Wettbewerbsrecht des zur Kooperation aufgeforderten Landes gedeckt sind wie beispielsweise Exportkartelle.112 Es zeigt sich somit, dass bilaterale Wettbewerbsabkommen, gerade weil die nationale Souveränität nicht eingeschränkt werden soll, zur Gestaltung der internationalen Wettbewerbsordnung unzureichend sind. Hinzu kommt, dass sie als bilaterale Abkommen die nicht beteiligten Länder diskriminieren, weil für sie keine Meistbegünstigung gilt. Im Gegenteil, wirtschaftlich stärkere Länder können ihre nationalen Interessen auf bilateraler Ebene besser durchsetzen113, wodurch das Allgemeingut Freihandel in Form Vertragparteien geklagt werden kann, die zwar nicht ausdrücklich verboten sind, aber die Vorteile aus den Handelsvereinbarungen beeinträchtigen. Vgl. Hoekmann, Bernhard M./Mavroidis, Petros C. (1994), S. 19 f sowie Mavroidis, Petros C./van Siclen, Sally J. (1997), S. 10 f. 111 Vgl. van Miert, Karel (1995), S. 4; EU-Commission (1995a); EU-Kommission (1995b) sowie EU-Kommission (1996). 112 Vgl. Gröner, Helmut (1987), S. 369 f; Immenga, Ulrich (1996b), S. 157 und 163; van Miert, Karel (1996), S. 3 f; Starek, Roscoe B. (1996), S. 36; Trebilcock, Michael J. (1996), S. 90; Rishikesh, Deepa (1991); EU-Commission (1995a), S. 13 ff; Wins, Henning (2000), S. 85 ff sowie Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 50 ff. 113 So befürchten einige Teilnehmer der bilateralen Wettbewerbsabkommen, die USA könnte diese dazu benutzen, ihren extraterritorialen Einfluss auszudehnen. In einem Fall ging nach die USA unilateral extraterritorial gegen australische und kanadische Unternehmen vor, weshalb die kanadische und die australische Regierung ihren Unternehmen die Kooperation mit den US-Behörden untersagten (sog. Blocking-status). Vgl. Hermanns, Ferdinand (1989), S. 448.
204
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
des ungehinderten Marktzutritts zerstört wird (vgl. Teil B. V. 3.). Hier zeigt sich sehr deutlich, dass die GATT-Prinzipien nicht ohne eine wettbewerbspolitische Flankierung durchgesetzt werden können. Schließlich fehlen dem van Miert-Ansatz ebenso wie dem Vorschlag der American Bar Association bei ausschließlich bilateralen Abkommen einheitliche und transparente Wettbewerbsbedingungen und Instrumente für eine internationale Konfliktlösung bzw. Streitschlichtung. Eine internationale Fusions- und Beihilfenkontrolle bleibt ebenso ausgeklammert wie der Ersatz der internationalen Antidumpingverfahren durch eine internationale Missbrauchsaufsicht. Die nationalen Wettbewerbskompetenzen bleiben erhalten und die nationale Souveränität wird nicht durch eine internationale Überprüfung nationaler Politiken eingeschränkt. Allerdings sprechen alle Erfahrungen dafür, dass es bei diesem ersten Schritt bleiben würde.114 Die Bildung von Interessengruppen, wie z. B. die USA und die EU beim Antidumpingthema ist viel wahrscheinlicher, was eine Segmentierung der internationalen Wettbewerbsordnung zur Folge hätte. Auch widerspricht der Ansatz vieler bilateraler Wettbewerbsordnungen dem Prinzip der Meistbegünstigung des GATT. Neben der Gruppenbildung besteht deshalb generell die Gefahr, dass sich zum einen nur die Länder auf Wettbewerbsordnungen einigen, die aufgrund der Bedeutung ihres Wirtschaftsraums in der Lage sind, die Wettbewerbsinteressen ihrer Industrie durchzusetzen und zum anderen über die notwendige Administration verfügen. Die Berücksichtigung der wettbewerbspolitischen Interessen anderer Länder im Rahmen der Negativ und Positiv Comity setzt prinzipiell nicht nur guten Willen bei den nationalen Behörden voraus, sondern ist auch angesichts der Vielzahl der Länder, die bei den Auswirkungsprüfungen zu berücksichtigen sind, nur wenig operational.115 Es lässt sich festhalten, dass die EU-Expertengruppe vor dem Hintergrund der zu lösenden grenzüberschreitenden wettbewerbspolitischen Probleme eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen wettbewerbspolitischen Durchsetzungsbefugnissen präferiert. Allerdings hält sie diese Lösung aufgrund der notwendigen umfangreichen Harmonisierung und Interessenkoordination erst in ferner Zukunft für realisierbar. 8. Der Ansatz von Scherer116: verbindliche internationale Koordination Wie auch bei den anderen Ansätzen schlägt Scherer ein internationales Übereinkommen über internationale Wettbewerbsregeln vor: Aufgrund der zu erwar114 Beispielsweise bleiben auch die unverbindlichen wettbewerbspolitischen Empfehlungen der OECD und UNCTAD ohne Wirkungen. Vgl. Dell, Sidney (1990) sowie Mozet, Peter (1991), S. 31 f. 115 Vgl. Conrad, Christian A. (2003c).
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
205
tenden Harmonisierungsschwierigkeiten und Interessengegensätze soll sich das Abkommen allerdings auf die drei wichtigsten Problembereiche beschränken: Ex- und Importkartelle, das Ausnutzen marktbeherrschender Stellungen und Fusionskontrollen. Auch sollen jeweils drei Branchen von besonderem nationalen Interesse von dem Verbot von Exportkartellen ausgenommen werden können. Scherer nennt als Beispiel einige Branchen (z. B. bei Erdöl die OPEC), deren wettbewerbspolitische Sonderbehandlung für einzelne Länder von so großer Bedeutung sind, dass sie einer Liberalisierung und Unterstellung unter die wettbewerbspolitische Kontrolle einer supranationalen Institution nie zustimmen würden.117 Eine neu zu errichtende internationale Wettbewerbsbehörde (International Competition Policy Office, ICPO) soll im Rahmen der WTO-Ordnung vor allem die Wettbewerbspolitik international koordinieren. Hierzu gibt sie den nationalen Wettbewerbsbehörden im Rahmen des internationalen Wettbewerbsabkommens die notwendigen wettbewerbspolitischen Aktionen vor. Die Umsetzung obliegt den nationalen Behörden. Weigert sich ein Land, den wettbewerbspolitischen Empfehlungen der ICPO nachzukommen, so ermächtigt die ICPO das geschädigte Land zu angemessenen Gegenmaßnahmen. Dies gilt prinzipiell auch für die vom internationalen Wettbewerbsabkommen nicht abgedeckten Wettbewerbsverstöße, so dass sich auch hier ein internationales Case Law entwickeln würde. Der ICPO obliegt die grenzüberschreitende Fusionskontrolle, grenzüberschreitende Missbrauchsaufsicht bei marktbeherrschenden Stellungen und die Überwachung des prinzipiellen Verbots von Ex- und Importkartellen. Die Abgrenzung der relevanten Märkte erfolgt mit Hilfe der Warenklassifikation der Vereinten Nationen (Standard International Trade Classification, SITO). Fusionsvorhaben mit mindestens 100 Mio. US-Dollar Umsatz innerhalb einer vierstelligen SITO-Warengruppe sind genehmigungspflichtig. Als marktbeherrschende Stellung gilt ein mindestens 40%er weltweiter Anteil an einer solchen Warengruppe. Die ICPO kann von jedem Unterzeichnerstaat zur Einschreitung gegen vermutete Wettbewerbsbeschränkungen aufgefordert werden und ist von den nationalen Behörden zu unterstützen. Nur für den Fall, dass eine Kooperation aufgrund entgegenstehender nationaler Interessen scheitert, soll das WTOKonsultations- und Streitschlichtungsverfahren zur Konfliktlösung herangezogen 116 Scherer berät Staaten in nationalen und internationalen Wettbewerbsfragen und lehrt an der Harvard University. Er vertritt die wettbewerbspolitische Konzeption der Harvard School. Zu den Details des Ansatzes vgl. Scherer, F. M. (1994). 117 Scherer nennt hier als Beispiele Brasiliens internationales Kaffee-Kartell, die OPEC, Kanadas Exportkartell für Pottasche und Uran, Russlands Kooperation mit dem de Beer Diamantensyndikat und Boeings Dominanz bei Großpassagierflugzeugen. Letzteres Exportkartell (eher Monopol) dürfte angesichts des erweiterten Angebots von Airbus bei den Großpassagierflugzeugen nicht mehr lange Bestand haben.
206
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
werden. Scherer schlägt für die internationale Wettbewerbsbehörde eine Einarbeitungszeit von sieben Jahren vor. Er führt als Begründung Beispiele anderer nationaler Wettbewerbsbehörden an (USA, EU und Japan), die eine noch längere Vorlaufphase benötigten, um die wettbewerbspolitische Kontrolle in ihren nationalen Märkten zu etablieren und vor allem die Akzeptanz seitens der Politik und der Unternehmen zu erhalten. Obwohl der Ansatz von Scherer angesichts der derzeitigen wettbewerbspolitischen Mängel im internationalen Handel als zurückhaltend einzustufen ist, bezeichneten ihn Praktiker ebenso wie den DIAC als unrealisierbar.118 Andererseits wurde er unter wettbewerbstheoretischer Sicht als unzureichend eingestuft. Es wird kritisiert, dass Preis- und Quotenkartelle von Scherers Ansatz nicht angegangen werden, sofern sie keine Im- oder Exportkartelle sind, obwohl solche Kartelle auch immer den Marktzugang behindern und sowohl die nationale als auch die internationale Ressourcenallokation verschlechtern.119 Allerdings könnte die ICPO von einem Unterzeichnerstaat zur Einschreitung gegen Preisund Quotenkartelle aufgefordert werden, wenn sie den Marktzugang direkt behindern. Ferner wird die Option, einzelne Branchen von dem Exportkartellverbot freizustellen und das Fehlen einer Regelung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen kritisiert. Darüber hinaus wird bemängelt, dass die vierstelligen SITC-Produktkategorien zu groß gewählt sind, so dass zu geringe Substitutionsbeziehungen zwischen den Produkten bestehen und die eigentliche Marktmacht nicht erfasst wird. Ferner erweisen sich handelspolitische Sanktionsbestimmungen wettbewerbspolitisch als kontraproduktiv, da sie neue Marktzugangsbeschränkungen darstellen und damit die internationale Ressourcenallokation verschlechtern. Alternativen hierzu würden jedoch wesentlich stärker in die nationale Souveränität eingreifen.120 Immerhin beinhaltet jedoch der Ansatz von Scherer im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Ansätzen eine Fusionskontrolle und eine Missbrauchsaufsicht und kommt damit dem in Teil C. III. 3. herausgearbeiteten wettbewerbspolitischen Idealbild am nächsten. 9. Vergleichende Bewertung der Reformansätze Bevor wir die vorgestellten Reformansätze bewerten, müssen geeignete Bewertungskriterien, also die Anforderungen an eine internationale Wettbewerbsordnung herausgearbeitet werden. Die Anforderungen, die an eine internationale 118 Als Scherer seinen Ansatz auf einer Konferenz in Washington D.C. 1995 vorstellte, entgegnete ihm eine Richterin, dass die Welt eher Esperanto als einheitliche Sprache annehmen würde, als seinen Vorschlag für eine internationale Wettbewerbsordnung zu akzeptieren. Vgl. Scherer, F. M. (1997). 119 Vgl. Wins, Henning (2000), S. 126 f; Hoekman, Bernhard (1997), S. 385 sowie Conrad, Christian A. (2003c). 120 Vgl. Wins, Henning (2000), S. 126 f sowie Hoekman, Bernhard (1997), S. 385.
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
207
Wettbewerbsordnung im Gegensatz zu einer nationalen Wirtschaftsordnung gestellt werden müssen, unterscheiden sich in einem Punkt wesentlich: National konkurrieren private Unternehmen, international zusätzlich souveräne Staaten um die Anteile an der internationalen Wertschöpfung. Wie die Individuen in einer nationalen Wirtschaft, versuchen die Regierungen, ihren Nutzen zu maximieren. Sie vertreten als internationale Akteure die Interessen ihrer Unternehmen und versuchen, über die nationale Wirtschaftspolitik teilweise auch zu Lasten des Auslandes, ihre Wohlfahrt und ihr Wachstum zu maximieren. Aufgabe einer internationalen Wirtschaftsordnung muss es deshalb sein, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass das Nutzenstreben der privaten Unternehmen und Regierungen zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt, mit anderen Worten sich die „invisible hand“ des internationalen Wettbewerbs optimal entfalten kann. Die internationalen Ressourcen müssen der effizientesten Produktion zugeführt und alle Kräfte des Wettbewerbs zur Entfaltung gebracht werden, damit die Weltwohlfahrt maximiert wird. Bei der Bewertung der Reformansätze sind jedoch neben den in Teil A. detailliert dargestellten Wettbewerbsfunktionen und dem neo-ordoliberalen Ansatz als Idealbild auch die zahlreichen in Teil B. hervor getretenen außenwirtschaftlichen Problemfelder zu berücksichtigen. Ein Reformvorschlag mit dem Anspruch einer Weltwohlfahrtsmaximierung muss sich auch daran messen, inwieweit es ihm gelingt, diese Probleme zu lösen: „Whether an option will strengthen the trading system depends importantly on whether: (i) it will reduce the scope for using anti-trust to circumvent WTO obligations; and (ii) close other holes and loopholes in existing WTO agreements.“121
Oft hört man auch die Forderung nach einem fairen internationalen Wettbewerb. Fair soll dieser Wettbewerb der Leistungen sein, weil eine Wettbewerbsordnung, die als ungerecht empfundene Verteilungsergebnisse hervorbringt, nicht akzeptiert wird. Fair wird eine Ordnung vor allem dann sein, wenn eine Bevorteilung oder Subjektivität bei den Interventionen der die Ordnung umsetzenden Institutionen weitgehend ausgeschlossen werden kann.122 Dies kann ein mit unabhängigen Personen besetztes Streitschlichtungsorgan oder auch ein Gerichtshof gewährleisten. Für die Akzeptanz der Entscheidungen der Institutionen ist ferner Transparenz eine notwendige Bedingung. Die Entscheidungen der Institutionen und ihre Beweggründe müssen für die Betroffenen nachvollziehbar sein, damit sie akzeptiert werden. Die Demonstrationen der Globalisierungsgegner – nicht nur in Seattle – machten die Bedeutung der Akzeptanz einer Weltwirtschaftsordnung deutlich. Somit haben wir bereits zwei Kriterien für eine internationale Wettbewerbsordnung herausgearbeitet:
121 122
Hoekman, Bernhard (1997), S. 397. Vgl. Hawk, Barry E. (1996), S. 10 f.
208
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Erstens die Steigerung der internationalen Wohlfahrt über die Gewährleistung einer internationalen Produktionseffizienz und der Wettbewerbsfreiheit als Basis zur Entfaltung der Wettbewerbsfunktionen bzw. Wettbewerbskräfte, wozu Wettbewerbsbeschränkungen unter Abwägen der Folgen eines wirtschaftspolitischen Markteingriffs verhindert werden müssen. Es gilt, die Spielregeln eines produktiven Wettbewerbs durchzusetzen (zu den zu verfolgenden wettbewerbspolitischen Zielen vgl. Teil A. Kap. V.). Zweitens die Akzeptanz der Ordnung selbst. Diese beiden Ziele repräsentieren den Nutzenzugewinn, den „Ertrag“ einer internationalen Wettbewerbsordnung. Eine Präferenzenreihenfolge der derzeit diskutierten Reformansätze kann wie bei einem Konsumgut nach dem Nettonutzen, also der Differenz von Nutzenzugewinn und Nutzenentgang gebildet werde (Kaldor-Hicks-Kriterium). Um zu einer Operationalisierung des Nutzenzugewinns zu gelangen, müssen die Zielbeziehungen analysiert werden. Beide Ziele sind voneinander unabhängig, die Verfolgung des Ziels, die internationale Wohlfahrt zu steigern, beeinträchtigt nicht das Ziel der Ordnungsakzeptanz und umgekehrt. Die Maximierung beider Ziele sind Unterziele des Ziels der internationalen Nutzenmaximierung. Ihnen gegenüber steht der Aufwand, der zur Umsetzung der Ordnung erbracht werden muss. Bei einer internationalen Wettbewerbsordnung sind dies zum einen der organisatorische und zum anderen der politische Umsetzungsaufwand, der sich in den bei der Ordnungsrealisierung zu überwindenden politischen Widerständen äußert. Hierbei kann unterstellt werden, dass der Widerstand im Allgemeinen proportional zum Eingriff in die nationale Souveränität sein wird. Ferner kann der Verlust an Souveränität gleichbedeutend mit einem Freiheitsverlust als Nutzenentgang eingestuft werden. Um zu einer Operationalisierung dieses Nutzenentgangs zu gelangen, müssen wiederum die Zielbeziehungen analysiert werden. Beide Ziele weisen keine Interdependenzen auf. Sie sind voneinander unabhängig. Da jedoch Nutzen nur kardinal und nicht ordinal messbar ist, können wir jedoch bestenfalls zu einer qualitativen Präferenzenordnung gelangen. In Tabelle 5 werden die verschiedenen Reformansätze mit ihren Besonderheiten nach den oben herausgearbeiteten Kriterien bewertet und nach ihrem Nettonutzenzugewinn geordnet. Die Bewertung erfolgte nach einer Punkteskala von – 5 bis + 5, wobei den Kriterien „organisatorischer Aufwand“ und „Akzeptanz“ mit dem Gewichtungsfaktor 0,5 eine untergeordnete Bedeutung beigemessen wurde, weil es sich hierbei überwiegend über kurzfristige Aufwendungen bzw. Nutzeneinbußen in der Implementierungsphase der neuen Wettbewerbsordnung handelt. Die immer wiederkehrenden Wohlfahrtsgewinne aus der Erhöhung der internationalen Produktionseffizienz und der produktiven Entfaltung des Wettbewerbs tragen jedoch mit einem Gewichtungsfaktor von 2 überproportional zum Nutzenzugewinn bei.
2
1
+5 +5 +5 +4 +4 +3 –5
+4
+4
+4
+5
+4
+5
+3
–5
1. GBZ2
2. Matoo und Subramanian
3. Hauser und Schoene
4. ABA-Bericht
5. Fox und Ordover
6. van Miert Ansatz
7. DIAC
8. Scherer
Rangfolge nach Souveränitätsverzicht. Giardina und Beviglia-Zampetti.
+5
1
Gewichtungsfaktor:
0,5
2
1
Spalten:
organisatorischer Aufwand
Souveränitätsverzicht
Ansätze1
– 7,5
+ 4,5
+7
+6
+ 7,5
+ 6,5
+ 6,5
+ 6,5
4
S 1, 2
+5
+4
+3
+2
+ 0,5
+ 0,5
+1
+1
2
Allokationseffizienz und produktive Wettbewerbsentfaltung
Nutzenentgang
Rating der Reformansätze
Tabelle 5
+3
+3
+2
+1
0
–5
–3
–2
0,5
5
Akzeptanz
+ 10,5
+ 9,5
+7
4,5
+1
– 1,5
+ 0,5
0
S 4, 5
Nutzenzugewinn
+ 18
+ 14
+ 14,5
+ 10,5
+ 8,5
+8
+7
+ 6,5
S 1, 2, 4, 5
Nettonutzenzugewinn
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung 209
210
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Der organisatorische Aufwand (+ 3) zur Umsetzung des Ansatzes von Giardina und Beviglia-Zampetti und der Souveränitätsverzicht (+ 4) sind gering, da weder eine Harmonisierung der nationalen Wettbewerbsordnungen noch die Errichtung einer internationalen Behörde vorgesehen sind. Es kann auf die bestehende Schiedsgerichtseinrichtung der WTO zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Ansätze von Matoo und Subramanian und Hauser und Schoene. Aus den genannten Gründen können bei dem Reformansatz von Hauser und Schoene die grenzüberscheitenden Wettbewerbsbeschränkungen nur sehr eingeschränkt beseitigt werden (+ 0,5), wohingegen die beiden anderen Ansätze zumindest einen Wettbewerbskodex als Minimalkonsens (+ 1) vorsehen. Die Idee, von Giardina und Beviglia-Zampetti, die internationalen Wettbewerbsbeschränkungen gemäß dem Traffic-light-Ansatz einzuteilen, ist positiv zu bewerten und sollte auf internationaler Ebene diskutiert werden, da durch eine symbolische Differenzierung zumindest die größten Wettbewerbsbeschränkungen geächtet und damit angegangen werden können. Auch die Idee von Matoo und Subramanian, die nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichte, allen Parteien, also beispielsweise auch ausländischen Unternehmen und privaten Parteien zugänglich machen, ist erfolgversprechend, weil von den Behörden und Gerichten durch die Berücksichtigung anderer, ebenfalls betroffener Interessen objektivere Entscheidungen bzw. Urteile zu erwarten sind. Ebenso ist die Berücksichtigung von Konsumenteninteressen durch die nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichte anzuregen, ein guter wohlfahrtssteigender Ansatz123, obwohl die Einrichtung von eigenständigen Interessenvertretungen hierzu geeigneter wäre. Trotzdem lassen sich auch auf Basis dieser beiden Ansätze die meisten Wettbewerbsverstöße nicht beseitigen. Alle drei Ansätze (der Ansatz von Giardina und Beviglia-Zampetti, der Reformansatz von Matoo und Subramanian und der Ansatz von Hauser und Schoene) sehen eine internationale Streitschlichtungsinstitution vor, weshalb davon auszugehen ist, dass sie von den betroffenen Parteien als fair eingestuft werden würden. Allerdings sorgen die auf ein Minimum beschränkten internationalen Wettbewerbskodexe der Ansätze von Giardina und Beviglia-Zampetti und Matoo und Subramanian nur für ein sehr geringes Maß an rechtlicher Transparenz und damit auch an Rechtssicherheit (– 3). Immerhin zielen Giardina und Beviglia-Zampetti auf ein sich selbst erweiterndes Case Law ab (– 2). Ein gesetzlicher Ordnungsrahmen, der eindeutig die international unerlaubten Wettbewerbsverstöße aufzeigt und ihnen mögliche Sanktionen zuordnet, ist jedoch aufgrund der höheren Berechenbarkeit und Transparenz (Rechtssicherheit) einem Case Law vorzuziehen. Der Ansatz von Hauser und Schoene bietet auf123 Zum Ziel Konsumentenwohlfahrt und der Zielinterdependenzen vgl. Teil A. Kap. V.
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
211
grund des gänzlich fehlenden internationalen Wettbewerbskodexes gar keine Transparenz bzw. Rechtssicherheit (– 5). Auch die Verbesserungsvorschläge der US-Anwaltskammer (ABA) schneiden, was den Souveränitätsverzicht und den organisatorischen Aufwand anbelangt, aufgrund des Grundsatzes der Harmonisierung von unten sehr gut ab (+ 5). Der Nutzenzugewinn für die internationale Staatengemeinschaft ist jedoch als Folge seiner Unverbindlichkeit ausgesprochen gering. Nur für die Exportkartelle soll ein international verbindliches Abkommen geschlossen werden. Ansonsten ist vorgesehen, dass bilaterale Wettbewerbsabkommen auf der Basis einer Positiv Comity eine effektive dezentrale internationale Wettbewerbspolitik der nationalen Behörden sicherstellen. Zur Lösung der verbleibenden wettbewerbspolitischen Problemfelder reicht jedoch – wie gezeigt wurde – eine unverbindliche Positiv Comity nicht aus. Aufgrund der bei den Verbesserungsvorschlägen der US-Anwaltskammer fehlenden internationalen Wettbewerbsregeln besteht auch keine Rechtssicherheit. Ebenso ist ein internationales Schiedsgericht nicht vorgesehen, weshalb sich an dem jetzigen „anarchistischen“ Zustand der internationalen Wettbewerbsordnung wenig ändern würde (+ 0,5), und die Verbesserungsvorschläge der US-Anwaltskammer die Akzeptanz der internationalen Wirtschaftsordnung kaum erhöhen würden (0). Der Ansatz von Fox und Ordover ist hingegen etwas differenzierter zu betrachten. Obwohl er nicht die Errichtung einer internationalen Wettbewerbsbehörde voraussetzt (+ 4) und die wettbewerbspolitische Souveränität bei den nationalen Wettbewerbsbehörden belässt (+ 4), enthält er weitgehende wettbewerbspolitische Regeln. Verbindlich sind diese allerdings nur für horizontale Wettbewerbsbeschränkungen (Verbot) und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (Behinderungsmissbrauchsaufsicht) sowie beim Dumping im Rahmen der nationalen Wettbewerbsordnungen. Eine Koordination auf internationaler Ebene findet ebenso wenig statt wie eine direkte Kontrolle der nationalen Wettbewerbsbehörden, weshalb nicht von einer wesentlichen Reduzierung der grenzüberschreitenden Wettbewerbsverzerrungen und damit einer Erhöhung der internationalen Allokationseffizienz und produktiven Wettbewerbsfreiheit ausgegangen werden kann (+ 2). Ein Fortschritt wäre allerdings die Zugänglichkeit der nationalen Rechtssysteme für alle Unterzeichnerstaaten des vorgesehenen internationalen Wettbewerbsabkommens. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die nationalen Behörden im Rahmen der Negativ Comity von sich aus die Interessen ausländischer Staaten bzw. deren Unternehmen berücksichtigen werden. Die bisher gemachten Erfahrungen mit den wettbewerbspolitischen Kooperationsabkommen sprechen dagegen. Aus diesen Gründen ist auch trotz des vorgesehenen Streitschlichtungsverfahrens nicht von einer hohen Akzeptanz dieser Ordnungskonzeption auszugehen (+ 1). Auch die Rechtssicherheit ist aufgrund der nicht koordinierten wettbewerbspolitischen Entscheidungen der natio-
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
nalen Behörden nicht gegeben. Der Souveränitätsverzicht und der organisatorische Aufwand sind aufgrund der dezentralen Abwicklung der Wettbewerbspolitik gering, aber etwas höher einzustufen als bei den vorherigen Ansätzen (+ 4). Der europäische van Miert-Reformansatz steht in der Mitte zwischen dem, was derzeit als politisch realisierbar gilt, und der unter wettbewerbstheoretischen Gesichtspunkten idealen internationalen Wettbewerbsordnung. Vor dem Hintergrund der zu lösenden grenzüberschreitenden wettbewerbspolitischen Probleme präferiert die EU-Expertengruppe eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen wettbewerbspolitischen Durchsetzungsbefugnissen. Allerdings hält sie diese Lösung aufgrund der notwendigen umfangreichen Harmonisierung und Interessenkoordination erst in ferner Zukunft für realisierbar. Für die von ihr vorgeschlagenen Behörde ohne Befugnisse sind daher auch keine nationalen Souveränitätsverzichte notwendig (+ 5). Auch der organisatorische Aufwand ist gering (+ 4). Ein minimaler Wettbewerbskodex, der ein Verbotsprinzip für Exportkartelle und für alle anderen Wettbewerbsbeschränkungen die Rules of Reason – verbunden mit einem Streitschlichtungsverfahren – vorsieht, gewährleistet jedoch auch nur ein Minimum an Transparenz und Rechtssicherheit (+ 2) und ein Minimum an Allokationseffizienz und produktiver Wettbewerbsentfaltung (+ 3). Immerhin ist prinzipiell eine Missbrauchsaufsicht vorgesehen. Die Wettbewerbsverzerrungen und die mangelnde Rechtssicherheit, die durch die unterschiedliche und teilweise protektionistische Handhabung der nationalen Antidumpingverfahren hervorgerufen werden, bleiben ebenso bestehen wie die, die durch die international nicht koordinierte Fusionskontrolle entstehen. Inwiefern sich die vorgesehene internationale Institution mit ihren unverbindlichen Vorschlägen bei der Umsetzung des Minimalkodexes und seiner Weiterentwicklung durchsetzen kann, bleibt offen. Der Vorschlag, die GATT-Nichtverletzungsbeschwerde des Art. XXIII auch auf Marktzugangsbeschränkungen auszudehnen und damit auch die nationale Wirtschaftspolitik einer internationalen wettbewerbspolitischen Kontrolle zu unterziehen, ist positiv hervorzuheben. Das gleiche gilt für die vorgesehene Anwendung der Rules of Reason bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen. Unter dem Strich bleiben jedoch die nationalen Wettbewerbspolitiken im van Miert-Vorschlag unkoordiniert. Der Draft International Antitrust Code (DIAC) wurde unter anderem von Immenga entworfen, weshalb er Ähnlichkeiten zum van Miert-Vorschlag aufweist. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass er vorsieht, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden von der internationalen Behörde bei einer ungenügenden Umsetzung der internationalen Wettbewerbsregeln vor den nationalen Gerichten verklagt werden können. Da dieser Vorschlag auch das Klagerecht privater Parteien vor den nationalen Wettbewerbsgerichten vorsieht, kommt der internationalen Behörde somit die Kontrolle der nationalen Entscheidungen und dem Panel die des Schiedsrichters zu. Da generell davon ausgegangen werden kann, dass unabhängige Richter objektiver urteilen als die der nationalen Regierung
IV. Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung
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unterstellten Wettbewerbsbehörden, ist deshalb von einer effektiveren Umsetzung der internationalen Wettbewerbsregeln auszugehen. Zusätzlich werden allen beteiligten Interessen, also auch ausländischen Unternehmen und privaten Parteien, der Zugang zu den nationalen Gerichten gewährt. Da die wettbewerbspolitische Durchsetzung damit auf nationaler Ebene verbleibt und darüber hinaus der Kodex nur für die Staaten gilt, die ihn unterzeichnen wollen, sind der Eingriff in die nationale Souveränität (+ 3) und der organisatorische Aufwand (+ 3) zwar höher als beim van Miert-Ansatz, aber immer noch gering. Allerdings dürfte es bei grenzüberschreitenden Wettbewerbsbeschränkungen, von denen mehrere Länder betroffen sind, für die IAA schwierig sein, die jeweils auf die Wettbewerbsbehörden entfallenden Aufgaben einzuklagen. Die vorgegebenen internationalen Mindeststandards sind bei den horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen identisch mit denen des langfristigen van Miert-Ansatzes. Bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen geht der DIAC jedoch weiter und sieht prinzipiell im Rahmen der Rules of Reason das Verbotsprinzip vor. Auch die grenzüberschreitenden Fusionen werden vom van Miert-Ansatz toleriert, wohingegen der DIAC hier eine internationale Kontrolle, die bis zur Entflechtung reicht, vorsieht. Letztlich bleibt beim DIAC die Kontrolle der nationalen Wirtschaftspolitiken außen vor, womit zahlreiche internationale Wettbewerbsverzerrungen fortbestehen. Nur in diesem Punkt geht der van Miert-Vorschlag weiter, indem er die Nichtverletzungsbeschwerde auch auf die Wettbewerbswirkungen der nationalen Wirtschaftspolitik ausweiten will. Insgesamt repräsentiert der DIAC somit einen Kompromiss, der eine bedeutende Verringerung der internationalen Wettbewerbsverzerrungen mit einer dezentralen wettbewerbspolitischen Umsetzung verbindet (+ 4). Auch die zu erwartende Rechtssicherheit und Transparenz und damit auch die zu erwartende Ordnungsakzeptanz sind beim DIAC aufgrund des umfangreicheren und strengeren Wettbewerbskodexes und der Überprüfbarkeit der nationalen Behörden durch die Zugänglichkeit zu den nationalen Gerichten für die betroffenen Parteien höher einzuschätzen (+ 3) als bei den bisherigen Ansätzen. Der Ansatz von Scherer ist unzweifelhaft derjenige, der die international notwendige Koordination der nationalen Wettbewerbspolitiken am konsequentesten umsetzt. Eine internationale Behörde (International Competition Policy Office, ICPO) greift direkt in die nationale Wettbewerbspolitik ein und gibt bei grenzüberschreitenden Wettbewerbsbeschränkungen die zur internationalen Koordination erforderlichen Aktionen vor. Auch ein verbindlicher internationaler Wettbewerbskodex ist vorhanden. Ex- und Importkartelle sind verboten. Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen bleiben hierbei jedoch – wohl mangels einer vorhandenen international einheitlichen wettbewerbstheoretischen Basis – unberücksichtigt. Die internationale Fusionskontrolle und Missbrauchsaufsicht übernimmt die ICPO.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Angesichts einer solchen wettbewerbspolitischen Konsequenz versucht Scherer dann allerdings, die politische Umsetzbarkeit seines Ansatzes mittels von Ausnahmeoptionen für Branchen von besonderem nationalen Interesse zu retten. Trotzdem ist seinem Ansatz relativ zu den anderen Reformvorschlägen die größte Allokationseffizienz und produktive Wettbewerbsentfaltung zuzubilligen (+ 5). Diesen wettbewerbspolitischen Effizienzgewinnen steht jedoch ein erheblicher Eingriff in die nationale Souveränität gegenüber (– 5), da die nationalen Behörden von einer internationalen Behörde Anweisungen entgegennehmen müssen und nicht kooperierende Länder mit international legitimierten Retorsionsmaßnahmen seitens der geschädigten Länder rechnen müssen. Der organisatorische Aufwand, der mit der Errichtung und dem Unterhalt einer international aktiv koordinierenden und intervenierenden Wettbewerbsbehörde verbunden ist, ist zwangsläufig größer als bei einer ausschließlich dezentralen Wettbewerbspolitik durch die nationalen Behörden (– 5). Auch dürfte die Akzeptanz einer solchen Superbehörde aufgrund des fortlaufend starken Eingriffs in die nationale Souveränität vor allem am Anfang ihrer Tätigkeit geringer sein als bei einer dezentralen Lösung (+ 3). Andererseits würde gerade eine internationale und deshalb objektiv ausgerichtete Wettbewerbsbehörde die von den kleineren Ländern als ungerecht empfundene Dominanz der wirtschaftlich starken Länder bei der extraterritorialen Rechtsanwendung relativieren. Darüber hinaus stünde das WTO-Streitschlichtungsverfahren zur Verfügung, falls sich ein Land aufgrund eigener nationaler Interessen weigert, zu kooperieren. Eigene Sanktionsinstrumente besitzt die ICPO nicht. Entscheidend für die Akzeptanz der internationalen Wettbewerbsbehörde dürfte also sein, dass sie alle Länder gleich behandelt. Der mit einer solchen internationalen Behörde einhergehende Machtverlust der wirtschaftlich dominanten Länder dürfte dann auch das Haupthindernis bei der politischen Umsetzung von Scherers Ansatz sein. Eine internationale Behörde, die den nationalen Behörden wettbewerbspolitische Weisungen erteilt, wird zwangsläufig mehr Widerstand und Kritik ausgesetzt sein. Sie muss deshalb besonderen Wert darauf legen, ihre Entscheidungen so zu begründen, dass die betroffenen nationalen Behörden und Parteien sie nachvollziehen können. Ein regelgebundenes Verhalten, das sich transparent und damit kontrollierbar am international verabschiedeten Wettbewerbskodex orientiert, ist hierfür zwingende Voraussetzung. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass dies der internationalen Behörde immer gelingen würde. Immerhin beinhaltet der Ansatz von Scherer im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Ansätzen eine Fusionskontrolle und eine Missbrauchsaufsicht und kommt damit dem theoretischen Idealbild einer Wettbewerbsordnung am nächsten, weshalb der Ansatz auch insgesamt die höchste Punktzahl beim Nettonutzenzugewinn erzielte. Betrachtet man die in diesem Aufsatz vorgestellten Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung, zeigen sich vor allem bei Exportkartellen, Fusionen und der internationalen Streitschlichtung Übereinstimmungen. Fast
V. Die Synthese
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alle Ansätze schlagen ein internationales Streitschlichtungsverfahren auch für wettbewerbspolitische Konflikte vor. Bei Exportkartellen sprechen sich die meisten Ansätze für ein Verbot aus. In Bezug auf grenzüberschreitende Fusionen wird überwiegend eine international koordinierte Kontrolle für notwendig erachtet. Insofern stimmen die vorgestellten Reformmodelle im Ansatz mit den in dieser Arbeit herausgearbeiteten wettbewerbspolitischen Reformvorschlägen tendenziell überein. Bei allen anderen wettbewerbspolitischen Instrumenten und Institutionsformen lassen sich keine Tendenzen feststellen. Vielmehr zeigt der Vergleich der Reformansätze, dass es einen klaren Trade-off zwischen Wohlfahrtsgewinn und Akzeptanz auf der einen Seite und Souveränitätsverzicht und organisatorischem Aufwand auf der anderen Seite gibt. Die internationale Staatengemeinschaft müsste sich also zwischen Souveränität bzw. der Beibehaltung der nationalen Eigenheiten und einem wettbewerbsorientierten Welthandel, verbunden mit Wohlstand und Wachstum entscheiden. Ein bekanntes angelsächsisches Sprichwort besagt: „It is not possible to have the cake and eat it.“ Auch wenn es vielen noch nicht bewusst ist, aufgrund der bereits weit fortgeschrittenen Globalisierung ist diese Entscheidung schon längst gefallen. Die Globalisierung wird aufgrund der unvermeidlichen internationalen Konflikte über kurz oder lang eine internationale Wettbewerbsordnung erzwingen.
V. Die Synthese: ein neuer Ansatz zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung 1. Das Erfordernis einer internationalen Wettbewerbsbehörde „Competition policy cannot function properly unless someone is responsible for its enforcement.“124
Wie in dieser Arbeit herausgearbeitet wurde, bedarf es zum einen weiterer Überzeugungsarbeit, dass sich die bestmögliche internationale Ressourcenallokation und damit auch das Maximum an internationaler Wohlfahrt bei absolutem Freihandel, also dem Wegfall aller tarifären und nichttarifären Handelshemmnisse, ergibt. Zum anderen muss es gelingen, das derzeit im Welthandel vorherrschende Gefangenendilemma zu durchbrechen. Hierzu bedarf es durchsetzbarer Handels- und Wettbewerbsregeln oder einer durchsetzungsfähigen rechtsprechenden dritten Partei. Das Beispiel des europäischen Binnenmarktes zeigte einerseits einen Hang der nationalen Regierungen, den Wegfall von Wechselkursen, tarifären Instrumenten und Antisubventionsverfahren an den innereuropäischen Grenzen durch eine verstärkte Subventionsvergabe auszugleichen. Diese Tendenz traf auf das Unvermögen einer politisch nicht gänzlich unabhängigen Wettbewerbsbehörde125, der EU-Kommission, die ohne ausrei124
Nicolaides, Phedon (2001), S. 144.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
chende Sanktionsinstrumente nicht in der Lage war, eine Subventionskontrolle gegen den Willen der nationalen Regierungen durchzusetzen. Aufgrund des Scheiterns der Havanna-Charta fehlt der WTO eine wettbewerbspolitische Aufgabe. Viele Autoren schlagen deshalb die Ergänzung der WTO durch einen internationalen Wettbewerbskodex vor.126 Auch scheint sich die durch Doha initiierte wettbewerbspolitische Reformdiskussion in diese Richtung zu entwickeln. Vor allem die EU propagiert einen internationalen Wettbewerbskodex. Die USA tendieren, wenn überhaupt, dann eher zu einem Wettbewerbskodex als Annex des GATT. Angesichts der in dieser Arbeit herausgearbeiteten außenwirtschaftlichen Problemfelder und der unzureichenden handelsund wettbewerbspolitischen Befugnisse der WTO ist dies jedoch als unzureichend einzustufen. Die WTO kann lediglich ihre Mitglieder ermächtigen, Sanktionen zu ergreifen. Die WTO verfügt aber als Institution selbst über keinerlei Sanktionskompetenz in Form direkter hoheitlicher Zwangsmaßnahmen. Hier kommt der Charakter der WTO als internationaler politischer Kompromiss von Staaten mit unterschiedlichen außenhandelspolitischen Interessen zum Ausdruck. Die einzige wettbewerbspolitisch konsequente und damit wohlfahrtsmaximierende Alternative zu der WTO ist deshalb die Übertragung der Aufgabe, faires Wettbewerbsverhalten durchzusetzen, an eine durchsetzungsfähige internationale Wettbewerbsinstitution mit eigenen Sanktionsinstrumenten. Es gibt jedoch mehrere Vorbehalte gegen eine internationale Wettbewerbsinstitution. Erstens würde eine verbindliche Wettbewerbsordnung gegen die außenhandelspolitischen Interessen und gegen die Souveränitätsvorstellungen zu vieler Länder sprechen.127 Zweitens gibt es Stimmen, die vor der Übertragung der wettbewerbspolitischen Kompetenzen an eine einzige supranationale Institution warnen. Sie befürchten, dass diese Institution zu einer unkontrollierbaren, diktatorischen und praxisfernen Zentralinstanz wird und die Entscheidung für eine Wettbewerbskonzeption aufgrund der Uneindeutigkeit der wettbewerbstheoretischen Vorgaben die Gefahr der Fehlentscheidung in sich birgt.128 Drittens würde bei einem einheitlichen internationalen Wettbewerbskodex der Wettbewerb der Staaten um die effizienteste Wettbewerbsordnung unterbunden.129 125 Wollen die Kommissionsmitglieder eine zweite Periode im Amt bleiben, müssen sie von ihren nationalen Regierungen wieder vorgeschlagen werden und auch bei einer Rückkehr in die nationale Politik sind sie von ihren Herkunftsparteien abhängig. 126 Vgl. zum Teil die in dieser Arbeit angeführten Reformansätze sowie für viele Wins, Henning (2000), S. 137 ff. 127 „But such reform, even though they would enhance national welfare and due process of law, are unlikely to come about through unilateral reforms or through negotiations between the representatives of the antidumping bureaucracies.“ Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 63. 128 Vgl. Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994) sowie Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 348. 129 Vgl. Freytag, Andreas/Zimmermann, Ralf (1998), S. 49 f.
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Viertens wird bei einer zentralen Weltwettbewerbsinstanz befürchtet, dass sie, weil sie weit von den nationalen Märkten agiert, Schwierigkeiten bei der wettbewerbspolitischen Analyse haben würde.130 Der erste angeführte Kritikpunkt ist prinzipieller Natur und lässt sich auch gegen die WTO als übergeordnete supranationale Instanz ins Feld führen. Bei aller berechtigten Skepsis darf man auch nicht die bisher erreichten Fortschritte der Handelsliberalisierung innerhalb des WTO131 außer Acht lassen und die Tatsache, dass 1947 mit der ITO beinahe eine internationale Wettbewerbsbehörde gegründet worden wäre, was letztlich nur an den USA scheiterte. Wer hätte beispielsweise erwartet, dass es im Rahmen der Uruguay-Runde gelingen würde, einen internationalen Konsens zum Wechsel bei den Panel-Entscheidungen von einstimmiger Zustimmung zu einstimmiger Ablehnung zustande zu bringen. Darüber hinaus ist bei den nationalen Wettbewerbsgesetzen eine Angleichung in Richtung einer liberalen Ausrichtung und Intensivierung der Wettbewerbskontrolle festzustellen.132 Auch ist es explizites Ziel der in Doha beschlossenen neuen Welthandelsrunde, internationale Wettbewerbsregeln festzulegen. Auf nationaler Ebene lässt sich in den letzten Jahren eine zunehmende Akzeptanz der systemimmanenten Notwendigkeit einer staatlichen Wettbewerbskontrolle feststellen. Die USA und EU sehen sich aufgrund der grenzüberschreitenden Fusions- und Übernahmebestrebungen ihrer Unternehmen gezwungen, ihre Fusionskontrollverfahren aneinander anzugleichen. Die gestiegene Bedeutung der EU im Welthandel und ihre verstärkte extraterritoriale Rechtsanwendung133 zeigt den USA den Nutzen einer internationalen harmonisierenden Fusionsbehörde. Da sie ihre Interessen nicht gegen den Widerstand der EU durchsetzen kann, wird sie ihre unnachgiebige Haltung wahrscheinlich zumindest gegenüber einer internationalen Fusionskontrolle aufgeben. Die zweite Befürchtung ist ernst zu nehmen, jedoch kann einer diktatorischen Machtausübung durch eine entsprechende Kontrolle der internationalen Institutionen vorgebeugt werden. Dem dritten Kritikpunkt ist angesichts der in dieser Arbeit aufgezeigten wettbewerbspolitischen Probleme im grenzüberschreitenden Handel zu widersprechen. Zum einen findet der Wettbewerb zwischen den Na130
Vgl. Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 35. Immer mehr Länder treten der WTO bei. Kam das GATT 1980 noch auf 85 Unterzeichnerstaaten, so waren bereits 2004 147 Staaten der WTO beigetreten. Vgl. World Bank (2000), S. 7. 132 Scherer nennt hierfür zahlreiche Beispiele. Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 5 ff. 133 So hat die EU-Kommission zwar noch beim Fusionsvorhaben Boeing-McDonnell-Douglas trotz der Negativ Comity nicht zuletzt aufgrund der Androhungen handelspolitischer Sanktionen seitens der USA auf eine extraterritoriale Rechtsanwendung (nach Konzessionen) verzichtet. Die Fusion von General Electric und Honeywell verhinderte sie allerdings gegen den erbitterten Widerstand der USA. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 82 und 88; o. V. (2002a), S. 13; Noll, Bernd (2001), S. 14; Noll, Bernd (2002), S. 17 sowie Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 32. 131
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tionen sowie den Unternehmen aufgrund der wettbewerbspolitischen Anarchie als Gefangenendilemma auf Kosten der Weltwohlfahrt statt. Der Marktmechanismus funktioniert also gerade auf der internationalen Ebene nicht. Zum anderen gibt es – wie gezeigt wurde – aufgrund der fehlenden Regelungen Ineffizienzen (vor allem) bei der internationalen Fusionskontrolle. Der vierte Kritikpunkt ist wiederum ernst zu nehmen. Ihm könnte aber durch eine Einbindung der dezentralen nationalen Wettbewerbsbehörden innerhalb einer internationalen Wettbewerbsinstitution entsprochen werden.
2. Die Ausgestaltung einer neuen internationalen Wettbewerbsordnung Fassen wir die in dieser Arbeit herausgearbeiteten, für eine internationale Wettbewerbsordnung geeigneten Bausteine zusammen, so sind unerlässliche Voraussetzungen für einen internationalen Leistungswettbewerb: 1. Ein Kodex gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Kartellabsprachen, abgestimmte Verhaltensweisen, Preisbindungen, Ausschließlichkeitsverträge sowie wettbewerbsbeschränkendes und diskriminierendes Verhalten untersagt. Für Ausnahmen hiervon, wie sie beispielsweise im deutschen GWB zu finden sind, gibt es – wie festgestellt wurde – keine ökonomische Rechtfertigung. 2. Eine Fusionskontrolle, verbunden mit Eingriffsmöglichkeiten gegenüber marktbeherrschenden oder -dominierenden Unternehmen. Marktbeherrschende oder marktdominierende Stellungen können zum Zeitpunkt der Einrichtung der internationalen Wettbewerbsbehörde bereits bestehen oder nachträglich ohne Fusionen ausschließlich durch internes Unternehmenswachstum entstehen. Schließlich kann wettbewerbsgefährdende Marktmacht auch durch produktionstechnische Wettbewerbsvorsprünge sowie durch geografische Vorteile begründet werden. Eine ausschließliche Kontrolle durch einen Fusionsgenehmigungsvorbehalt in Abhängigkeit von Größenkriterien ist deshalb nicht ausreichend. Vielmehr ist die Fusionskontrolle nur in Verbindung mit einer Missbrauchsaufsicht und einer Entflechtungsoption wirkungsvoll. Wie gezeigt wurde, empfiehlt sich bei der internationalen Fusionskontrolle eine dezentrale Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden. Sie können aufgrund ihrer größeren Marktnähe die Märkte genauer abgrenzen und die Marktstellungen besser beurteilen. Da jedoch – wie bereits betont wurde – immer mehr Fusionen grenzüberschreitend stattfinden, muss die dezentrale Fusionskontrolle nach einheitlichen Kriterien international durch eine Wettbewerbsbehörde koordiniert werden. Hier bietet sich die Verabschiedung eines einheitlichen Verfahrensrahmens durch die internationale Staatengemeinschaft an. Die Aufgreif- und Eingriffskriterien sollten – um die Aushandlung eines solchen Abkommens nicht zu erschweren – möglichst allgemein gehalten werden. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Marktkonstellationen lassen sich
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keine sinnvollen verbindlichen international gültigen Schwellenwerte festlegen. Spezifizierungen würden sich dann in der dezentralen fallweisen Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden ergeben. 3. Aufgabe einer internationalen Wettbewerbsordnung wäre es zum einen, den Missbrauch von marktbeherrschenden Stellungen auf internationaler Ebene zu verhindern und zum anderen durch die Vorgabe eines einheitlichen Rahmens für die Missbrauchskontrolle Rechtsklarheit zu schaffen und den Missbrauch zu unterbinden. Zwar ist die Missbrauchsaufsicht aufgrund der Schwierigkeiten, den relevanten Markt und die Stellung des betroffenen Unternehmens an diesem Markt zu ermitteln, ein sehr ungenaues wettbewerbspolitisches Instrument, jedoch kann man auf sie mangels Alternativen nicht verzichten. Da sich die Märkte international nicht nur aufgrund geografischer Besonderheiten deutlich unterscheiden und auch die Anwendung der Missbrauchskontrolle international stark abweicht, besteht hoher Harmonisierungsbedarf. Es empfiehlt sich deshalb ebenfalls eine dezentrale Anwendung des Missbrauchsprinzips durch die nationalen Wettbewerbsbehörden. Eine internationale Koordination der Missbrauchskontrolle muss hierbei jedoch sicherstellen, dass die Märkte auch grenzübergreifend definiert und kontrolliert werden. Eine internationale Rekursinstanz könnte zwar die einheitliche Auslegung einer internationalen Missbrauchsaufsicht sicherstellen, nicht jedoch die notwendige grenzüberscheitende Koordination der nationalen Wettbewerbsbehörden. Hierzu ist ein Eingriff in die nationale Souveränität durch eine internationale Wettbewerbsbehörde unumgänglich. Diese Aufgabe kann nicht von einem Gericht übernommen werden. Ein Gericht ist keine dauerhafte Einrichtung, sondern tritt erst in Aktion, wenn ein Prozess eingeleitet wurde. Es ist deshalb keine Institution, die kontinuierlich ein wettbewerbspolitisches Verfahren mehrerer nationaler Wettbewerbsbehörden koordinieren oder steuern kann. Diese internationale Institution könnte nicht dem Vorwurf der Parteilichkeit ausgesetzt werden, wie dies derzeit bei den nationalen Entscheidungen auf der Basis der Effects Doctrine der Fall ist.134 So befürchten die europäischen Unternehmen bei den derzeitigen Verhandlungen über internationale Wettbewerbsregeln, dass sie gezwungen werden könnten, geheime Unternehmensinformationen an die US-Behörden weiterzugeben.135 134 „Europe maintains a concern about ,dominance‘ that is often defended as concern for rivalry ultimately in the interest of consumers. In our view, however, such concern must be defended in each instance. To the extent that the policy emphasis favours weaker European market participants over foreign rivals, it can be seen as protectionism unless damage to consumers is imminent and likely.“ Kudrle, Robert T./ Gifford, Daniel J. (2002), S. 244. Mische spricht jedoch die Generaldirektion Wettbewerb vom Verdacht einer industriepolitischen Zielsetzung frei. Vgl. Mische, Harald (2001), S. 325. 135 Beispielsweise wurde der EU-Kommission nach der Ablehnung der General Electric/Honeywell-Fusion vorgeworfen, sie wolle Airbus schützen, da General Electric stark in der Flugzeugtechnik engagiert ist. Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 155 f.
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Wie gezeigt wurde, empfiehlt es sich, die nationalen Antidumpingverfahren durch eine internationale Missbrauchsaufsicht zu ersetzen. Bei vertikalen Vereinbarungen bietet sich die Rules of Reason, also ein einzelfallabhängiges Abwägen der Vor- und Nachteile durch eine kontrollierende Wettbewerbsinstitution an. Die für einen begrenzten Zeitraum genehmigten vertikalen Vereinbarungen sollten bis zur erneuten Überprüfung einer Missbrauchsaufsicht unterstellt werden. Das gleiche gilt auch für die Kartelle, für die von den nationalen Wettbewerbsbehörden oder grenzüberschreitend von der internationalen Behörde eine zeitlich begrenzte Ausnahme vom Per-se-Verbot zugelassen wurde. Für Exportkartelle und VERs gilt ein Per-se-Verbot. 4. Gemäß der in dieser Arbeit konzipierten neuen internationalen Wettbewerbsordnung würde der Subventionskodex der WTO in den neu abzuschließenden internationalen Wettbewerbskodex übernommen. Alle nationalen Subventionen sind der internationalen Wettbewerbsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Die anschließende Vergabe auf nationaler Ebene ist ebenfalls durch sie zu kontrollieren. 5. Eine Klassifizierung der wettbewerbspolitischen Ausnahmebereiche in Green-, Yellow- und Red-light-Bereiche gemäß dem ursprünglichen Ansatz des internationalen Subventionskodexes sollte angestrebt werden. Die Verweigerung des Marktzutritts zumindest in dem Red-light-Bereich kann mit nationalen Retorsionsmaßnahmen sanktioniert werden.
3. Entscheidungsträger der Wettbewerbspolitik Die internationale Staatengemeinschaft müsste sich zunächst erst einmal als Legislative auf eine internationale Norm, also ein internationales Wettbewerbsgesetz bzw. einen Wettbewerbskodex, einigen. Ein Kodex allein kann jedoch einen funktionsfähigen Wettbewerb nicht garantieren. Die Untersuchung der EU-Wettbewerbspolitik bei Subventionen in Teil B. zeigte die Notwendigkeit einer international unabhängigen Wettbewerbsbehörde mit eigenen Sanktionsinstrumenten auf. Für die Durchsetzung des Wettbewerbskodexes ist ein Exekutivorgan notwendig, das über ausreichende Sanktionsinstrumente verfügt, um ein gesetzeskonformes Verhalten der Marktteilnehmer zu erzwingen. Das Fehlen eines solchen supranationalen Exekutivorgans ist, wie in dieser Arbeit herausgearbeitet wurde, auch das größte Manko der derzeitigen Wettbewerbsordnung. Im dezentral strukturierten Deutschland sorgt das Bundeskartellamt für die Durchsetzung des Kartellverbots, die Durchführung der Missbrauchsaufsicht und die Fusionskontrolle. Auf der Landesebene sowie bei Fragen des regionalen Wettbewerbs wird das Bundeskartellamt durch die Landeskartellbehörden unterstützt. Hierfür und für die Wettbewerbsbeschränkungen, die unter die Zuständigkeit der Landeskartellbehörden fallen, sowie für das Vorgehen gegen
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Wettbewerbsbeschränkungen, an denen Unternehmen aus mehreren Ländern beteiligt sind, liefert das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die notwendige einheitliche rechtliche Grundlage. Wie in dieser Arbeit hergeleitet wurde, bietet sich auch für eine internationale Wettbewerbsbehörde eine dezentrale Struktur an. Den nationalen Kartellbehörden würde eine internationale Behörde vorstehen. Die Aufgabenverteilung sollte gemäß dem Prinzip der Subsidiarität erfolgen136: Die Aufklärung von regional begrenzten Wettbewerbsverstößen dürfte Behörden, die mit den örtlichen und nationalen Gegebenheiten vertraut sind, leichter fallen als einem entfernten Superministerium. Bei grenzüberschreitenden Wettbewerbsverstößen wäre es hingegen die Aufgabe der internationalen Behörde, die Aufklärung und die Sanktionen zu koordinieren. Ein wesentliches Reformelement zur Verbesserung der derzeitigen Wettbewerbsordnung stellt ferner der gleichberechtigte Zugang ausländischer privater Unternehmen und öffentlicher Institutionen vor den nationalen Wettbewerbsgerichten dar. Die mit den ausländischen gleichberechtigte Interessenvertretung gewährleistet erst, dass die Gerichte in der Lage sind, gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen, und damit auch verbunden die sich hieraus ergebenden Wohlfahrtsgewinne für die Weltgemeinschaft durchzusetzen.137 Auch die Subventionsvorhaben müssen von den Staaten dieser internationalen Behörde zur Genehmigung vorgelegt werden. Diese überprüft die Konformität der Subventionen mit dem WTO-Subventionskodex, verbietet nicht konforme Subventionen und überprüft die Auszahlung und Verwendung der genehmigten Subventionen in den Staaten. Sie wird in einem Land von sich aus tätig, wenn sie eine kodexwidrige Subvention vermutet oder wenn sie von einem Staat oder Unternehmen, das sich durch eine nicht konforme Subvention benachteiligt fühlt, dazu aufgefordert wird. Bisher haben wir also zwei zentrale Elemente einer internationalen Wettbewerbsordnung herausgearbeitet, eine Rechtsordnung, die für das Abweichen von den Grundprinzipien eines freien, gleichberechtigten Wettbewerbs angemessene Sanktionen festlegt, und eine politisch unabhängige internationale Wettbewerbsbehörde, die diese Rechtsordnung als Exekutive um- und durchsetzt. Um Willkür und Irrtümer dieser Exekutive auszuschließen, bedarf es jedoch noch einer Kontroll- und Revisionsinstanz, also eines internationalen Gerichtshofes, vor dem die Betroffenen gegen die Entscheidungen der Exekutive, also der internationalen Wettbewerbsbehörde, klagen können. Nicht zuletzt kann auf diese Weise auch einer diktatorischen Machtausübung vorgebeugt werden. Dem Gerichtshof obläge auch die Auslegung der Rechtsordnung. Dieser internationale
136 Ähnlich äußern sich Neven und Siotis. Vgl. Neven, Damien/Siotis, Georges (1993), S. 87 und 89. 137 Vgl. OECD (2001a), S. 103.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Wettbewerbsgerichtshof würde allen betroffenen Parteien, also auch privaten offenstehen. Um die Legislative und die Exekutive durch sachverständigen Rat zu unterstützen und um den Einfluss durch Interessengruppen zu verringern, wurde in Deutschland im Jahre 1973 durch die zweite Novelle zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine unabhängige Beratungs- und Kontrollinstanz, die Monopolkommission, geschaffen. Ihre Tätigkeit besteht in der fachlichen Stellungnahme zur Wettbewerbspolitik des Bundeskartellamtes und zu den Wettbewerbsgesetzen der Legislative.138 Auch auf internationaler Ebene sollte eine unabhängige Beratungs- und Kontrollinstanz geschaffen werden. Diese neutrale wissenschaftliche Behörde würde die Entscheidungen der internationalen Wettbewerbsbehörde und die des internationalen Wettbewerbsgerichtshofs kommentieren. Dies würde nicht nur die internationale Wettbewerbsbehörde zu einer Auseinandersetzung mit einer ausschließlich ökonomisch orientierten neutralen dritten Meinung zwingen, sondern auch die Transparenz der Entscheidungen und damit auch ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit erhöhen. Ihre Aufgabe wäre es deshalb vor allem, die Konsumenteninteressen in ihren Stellungnahmen deutlich zu machen und so politisches Bewusstsein zu schaffen, um die in Teil B. V. 2. aufgezeigten Organisationsnachteile der Konsumenten auf internationaler Ebene auszugleichen. Die internationale Wettbewerbsbehörde wäre mit einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitern auszustatten, die zu allen Dokumenten nationaler Haushaltsentscheidungen Zugang haben sollten. Hohe Mitgliedsbeiträge, die jeweils fünf Jahre später zurückgezahlt würden, könnten als Faustpfand für die Wettbewerbsbehörde dienen, um ihre Entscheidungen auch ohne hoheitliche Eingriffsbefugnisse gegen widerstrebende Staaten durchzusetzen. Käme ein Land den Entscheidungen der Wettbewerbsbehörde nicht nach, so könnte sie die Zahlungen blockieren oder sogar ganz einstellen. Verweigerte ein Land die Zahlung dieser Mitgliedsbeiträge, so würde es von der Handelsfreiheit (Meistbegünstigung) durch die anderen Staaten kollektiv ausgeschlossen. Der laufende Unterhalt der zu schaffenden Wettbewerbsbehörde ließe sich über die eingenommenen Geldbußen für Wettbewerbsverstöße finanzieren. So realisiert beispielsweise die amerikanische Anti-Trust-Devision durch die verhängten Strafen einen Überschuss.139 Wie bereits dargestellt wurde, ist es für die ökonomische Zweckrationalität der Entscheidungen dieser drei Institutionen unbedingt erforderlich, dass eine politische Einflussnahme seitens der Regierungen ausgeschlossen wird. Die Posten der internationalen Wettbewerbsbehörde sollten deshalb nur auf unterer
138 139
Vgl. Schüller, Alfred (1987), S. 61 f. Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 154.
VI. Politikökonomische Ansätze
223
Ebene nach einem Länderschlüssel verteilt werden, wohingegen es der Behörde selbst vorbehalten bleiben muss, die Führungspositionen gemäß ihrem Anforderungsprofil zu vergeben. Das Entscheidungsgremium der internationalen Wettbewerbsbehörde ist mit in der Wissenschaft und Praxis ausgewiesenen Experten zu besetzen. Eine Absetzung bei grobem Fehlverhalten bleibt dem internationalen Wettbewerbsgerichtshof vorbehalten. Um auch die Entscheidungen des internationalen Handelsgerichtshofs unabhängig von politischer Einflussnahme zu halten, sind die Richter auf Lebenszeit zu berufen. Hierbei können die nationalen Staaten mehrere Kandidaten vorschlagen. Die eigentliche Auswahl sollte jedoch dem internationalen Wettbewerbsgerichtshof nach der Erstbesetzung selbst vorbehalten bleiben, damit eine qualitativ hochwertige Besetzung mit neutralen und objektiven Richtern gewährleistet wird.
VI. Politikökonomische Ansätze zur Reform der internationalen Wettbewerbsordnung: Doha und danach Weitgehend einig sind sich alle Staaten darüber, dass die internationale Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden und -gerichte ausgebaut werden soll. Auch ein überwiegendes Verbot von Hard-core-Kartellen scheint unstrittig zu sein, was sich schon bei den Sitzungen der WTO-Working Group zeigte. Derzeit wehren sich allerdings vor allem die USA gegen WTO-Wettbewerbsregeln und das, obwohl der Report des International Competition Policy Advisory Commitee140 (ICPAC) die Notwendigkeit internationaler Wettbewerbsregeln, gerade auch wegen der zunehmenden Globalisierung erst im April 2000 festgestellt hat. Die Argumente, die die USA hier anführen, sind überwiegend fadenscheinig: Zum einen hätte die WTO keine ausreichenden Durchgriffs- bzw. Sanktionsinstrumente. US-Gerichte könnten deshalb eine internationale Wettbewerbspolitik besser durchsetzen. Ferner hätten WTO-Panels nicht die technische Expertise, um eine internationale Wettbewerbspolitik umzusetzen. Auch seien internationale Wettbewerbsregeln unnötig und ihre Umsetzung mit hohen Kosten verbunden. Die USA argwöhnen, dass falls es zu internationalen Wettbewerbsregeln kommen sollte, sie ihren Einfluss auf die internationale Wettbewerbspolitik verlieren bzw. diese von dritten Interessen beeinflusst werden könnte. Die USA befürchten hierbei vor allem eine Schwächung ihres Antidumpingrechts.141 140 Das ICPAC wurde von der amerikanischen Regierung mit einer Analyse der internationalen Wettbewerbsordnung beauftragt. Trotz der festgestellten Schwachstellen wird auch hier eine Wettbewerbsordnung im Rahmen der WTO abgelehnt. Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 169 f sowie ICPAC (2000). 141 Vgl. Hindley, Brian (2000), S. 53 f und 55; Schott, Jeffrey J. (2000), S. 5 f; Bergsten, C. Fred (2000), S. 50; Paemen, Hugo (2000), S. 56 ff sowie Graham, Edward M. (2000), S. 218 f.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Japan und die EU unterstützen hingegen tendenziell den Ausbau der WTOWettbewerbskompetenzen und wollen über das überwiegend unstrittige Verbot von Hard-core-Kartellen hinausgehen. Die EU erhofft sich hiervon eine Beschränkung der extraterritorialen Rechtsanwendung der USA auf der Grundlage der Effects Doctrine. Einer der Hauptanwender der Effects Doctrine sind die USA. Die USA gingen jedoch noch einen Schritt weiter und setzten die Sanktionsmöglichkeiten gegen japanische Handelsniederlassungen in den USA ein, um den japanischen Markt für amerikanische Exporte zu öffnen.142 Die EU schließt seit einiger Zeit bilaterale Abkommen ab, die Wettbewerbsregeln enthalten, wie die Freihandelsabkommen mit Mexiko und Südafrika, und schafft damit ein Netz bilateraler Abkommen. Parallel möchte sie im Rahmen der Doha-Welthandelsrunde allgemeine Wettbewerbsregeln in Form eines WTO-Wettbewerbskodexes auf internationaler Ebene festschreiben.143 Diese gemeinsamen Grundregeln sollen das Non-Discrimination-Prinzip144 und Transparenz umfassen. Transparenz hält die EU für besonders wichtig, damit die Rechtsanwendung für die Marktteilnehmer einschätzbar wird. Eine generelle Gleichberechtigung inund ausländischer Unternehmen beim Marktzugang ist nicht vorgesehen, wohl aber der Zugang ausländischer Unternehmen zu den nationalen Wettbewerbsgerichten wie im TRIPS-Abkommen (Art. 3), Rekursinstanz eingeschlossen. Den Regierungen bleibt wie im TRIPS-Abkommen (Art. 1) die Umsetzung in nationales Recht überlassen. Zur Durchsetzung der allgemeinen Wettbewerbsregeln ist die Anwendung des Dispute-Settlement-Prozesses vorgesehen. Die EU will darüber hinaus eine stärkere Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden durchsetzen. Sie soll den Austausch von Informationen und die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Wettbewerbsverstößen umfassen, wobei die Geheimhaltung von vertraulichen Unternehmensinformationen gewährleistet werden soll. Die Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichte ist allerdings freiwillig. Auch können die Länder bei der Unterzeichnung dieses Kodexes Branchen (wie bei dem Ansatz von Scherer) generell ausnehmen. Entwicklungsländer sollen bei der Umsetzung dieses Abkommens von den Industrieländern technische Unterstützung erhalten.145 Wie Mexiko strebt die EU einen internationalen Kodex an, der auch den Schutz vor dem Missbrauch marktbeherrschender Stellungen sowie eine Regelung zur Kontrolle vertikaler Vereinbarungen umfasst. Mexiko hält darüber hinaus eine internationale Verein-
142
Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 14 sowie Nicolaides, Phedon (2001), S. 139. Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 166 f sowie Working Group on the Interaction between Trade and Competition Policy (2002b). 144 National Treatment Principle: Inländerprinzip sowie Most Favoured Nation Principle: Meistbegünstigungs-Prinzip. 145 Vgl. vor allem Working Group on the Interaction between Trade and Competition Policy (2002b) sowie Holmes, Peter (2002), S. 167 ff; Pons, Jean-Francois (1999); Plompen, Peter (2001), S. 32 f und Hindley, Brian (2002), S. 157. 143
VI. Politikökonomische Ansätze
225
heitlichung der Analysekonzeptionen der nationalen Wettbewerbsbehörden bzw. -gerichte für erstrebenswert und durchführbar.146 Kanada und Japan streben – nicht ganz so ehrgeizig – eine internationale Annäherung bei der Behandlung von Fusionen und marktbeherrschenden Stellungen an. Japan schlägt eine internationale Missbrauchs- und Fusionskontrolle im Rahmen einer freiwilligen Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden vor und wünscht sich vor allem eine Eindämmung der Antidumpingverfahren, um die japanischen Exporte zu erleichtern.147 Japan und Kanada werden hierbei von den Entwicklungsländern unterstützt. Die EU, ein Hauptanwender von Antidumpingverfahren, widersetzt sich in diesem Punkt.148 Die Entwicklungsländer sind überwiegend für die Durchsetzung internationaler Wettbewerbsregeln, sofern sie von den Industrieländern hierbei unterstützt werden. Eine Untersuchung der Weltbank zeigte am Beispiel grenzüberschreitender Kartelle, dass Entwicklungsländer tendenziell zu den Opfern des rechtsfreien internationalen Wettbewerbsraums gehören.149 Die USA sind allerdings inzwischen nicht mehr nur Nutznießer der wettbewerbspolitischen Lücken des GATT der WTO, sondern auch Opfer, was ihr Interesse an internationalen Wettbewerbsregeln erhöhen wird. Die EU zeigte mit ihrem erfolgreichen Widerstand gegen die Fusion von Honeywell und General Electric, dass sie zukünftig ebenso wie die USA ihre wettbewerbspolitischen Interessen mit der Effects Doctrine durchsetzen wird und viele Schwellen- und Entwicklungsländer machen mit der Einführung eigener Antidumpingverfahren deutlich, dass die Exporte der Industrieländer in Zukunft stärker von Antidumpingverfahren betroffen sein werden. Im letzten Kapitel wurden die Umrisse einer neuen internationalen Wettbewerbsordnung herausgearbeitet, die aus wirtschaftstheoretischer Sicht die höchste Wohlfahrt für alle Nationen verspricht. In Teil B. wurde jedoch gezeigt, dass einerseits dem Verhalten von Politikern eine eigene politische und nicht ökonomische Rationalität innewohnt und andererseits die Interessen vieler nationaler Industrien und damit auch die ihrer Regierungen gegen eine liberale internationale Wirtschaftsordnung sprechen. Es ist deshalb keineswegs sicher, dass sich 146 Vgl. Hindley, Brian (2000), S. 53 f und 55; Schott, Jeffrey J. (2000), S. 5 f; Bergsten, C. Fred (2000), S. 50; Paemen, Hugo (2000), S. 56 ff; Graham, Edward M. (2000), S. 218 f; Holmes, Peter (2002), S. 155 und 169 f; Vautier, Kerrin M. (2002), S. 10 sowie Nicolaides, Phedon (2001), S. 139 f. 147 Vgl. OECD (2000b), S. 79 f sowie Working Group on the Interaction between Trade and Competition Policy (2002a). 148 Vgl. Hindley, Brian (2000), S. 53 f und 55; Schott, Jeffrey J. (2000), S. 5 f; Bergsten, C. Fred (2000), S. 50; Paemen, Hugo (2000), S. 56 ff; Graham, Edward M. (2000), S. 218 f; Holmes, Peter (2002), S. 155 und 169 f; Vautier, Kerrin M. (2002), S. 10 sowie Nicolaides, Phedon (2001), S. 139 f. 149 Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 159 sowie Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 60 ff.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
die WTO-Staaten bei den in Doha beabsichtigten Verhandlungen über internationale Wettbewerbsregeln einigen werden, wenn die Verhandlungen überhaupt zustande kommen.150 Zum anderen ist es ebenso unsicher, dass sie die in dieser Arbeit herausgearbeitete wettbewerbspolitisch erforderliche, aber doch auch sehr weitgehende Wettbewerbsordnung beschließen werden. Im Folgenden soll deshalb für den Fall, dass sich diese Wettbewerbsordnung noch nicht durchsetzen lässt, versucht werden, Ansätze herauszuarbeiten, die als Second-best-Lösung zwar nicht wettbewerbspolitisch optimal aber dafür politisch umsetzbar sind und trotzdem eine Verbesserung der derzeitigen Wirtschaftsordnung bewirken. 1. Balance of Interests Wie in Teil B. gezeigt wurde, werden die Agenda der WTO-Runden und die Verhandlungsergebnisse nach wie vor von den wenigen importstarken Industrienationen bestimmt, wobei insbesondere die USA und die EU aufgrund ihres großen Binnenmarkts überwiegen. Letztlich steht und fällt jede WTO-Runde oder Wettbewerbsordnung mit der Zustimmung der USA und mittlerweile auch der EU.151 Diese beiden Mächte dominieren aufgrund ihrer Wirtschaftsstärke die internationale Agenda. An den USA scheiterte nicht nur der Ansatz eines Völkerbunds, sondern auch der einer internationalen Wettbewerbsbehörde, der ITO. Auch die Zustimmung zur WTO machte der US-Senat davon abhängig, dass in den ersten fünf Jahren nach In-Kraft-Treten der WTO maximal zwei gegen die USA gerichtete WTO-Entscheidungen, nicht einer Überprüfung durch US-Gerichte standhielten und behielten sich auf diese Weise einen nachträglichen Austritt vor.152 Aufgrund der bisherigen Ausführungen ist anzunehmen, dass bei Verhandlungen über eine Änderung der derzeitigen Wirtschaftsordnung die Interessen der binnenwirtschaftlich und daher tendenziell eher protektionistisch ausgerichteten Industrien vor allem der USA und der EU dominieren werden. Darüber hinaus beherrschen die protektionistisch ausgerichteten Unternehmen die lobbyistische Szene. Die binnenwirtschaftlich orientierten Industrien würden sich gegenüber den exportorientierten Industrien und gegenüber den Verbrauchern durchsetzen, weil sie – wie gezeigt wurde – besser organisiert sind. Hinzu kommt, dass sie die Politiker mit dem Hinweis auf den drohenden Arbeitsplatzabbau vor allem in der Öffentlichkeit unter Druck setzen können. Aus150 Einige der interviewten Experten äußerten beispielsweise die Einschätzung, dass es zu keiner Verabschiedung von Wettbewerbsregeln jedweder Art kommen werde. Zu den durchgeführten Interviews vgl. das Verzeichnis im Anhang. 151 Die EU verfügt über eine gemeinsame Handelspolitik, der einzelne EU-Staat hat seine außenhandelspolitische Kompetenz ausschließlich an die EU angegeben. Vgl. dazu ausführlich Siebold, Dagmar (2003), S. 223 ff. 152 Vgl. Scherer, F. M. (1997), S. 18.
VI. Politikökonomische Ansätze
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gehend von der derzeitigen politischen Machtverteilung würden sich also bei Verhandlungen über eine internationale Wettbewerbsordnung tendenziell immer die protektionistischen Interessen durchsetzen. Deshalb sollte hier ein lobbyistisches Gleichgewicht geschaffen werden, indem ein internationaler Verbraucherverband, bestehend aus Vertretern der nationalen Verbraucherverbände oder, falls diese nicht existieren, aus Parlamentariern geschaffen wird. Gleiches gilt für die Exportindustrie. Unternehmen mit überwiegendem Auslandsumsatz sowie internationale Konzerne sollten ihre Interessen in einem internationalen Exportverband bündeln und sie durch ihn nach außen vertreten. 2. Interestdividing oder eine WTO der zwei Geschwindigkeiten Wie bereits angeführt wurde, hätte eine liberale Wirtschaftsordnung wenig Aussicht, die notwendige Zustimmung bei den WTO-Mitgliedern zu finden, da derzeit aggregiert die nationalen protektionistischen Interessen dominieren. Dies gilt jedoch nicht für alle Branchen. Eine relative Verbesserung im Sinne einer liberaleren internationalen Wirtschaftsordnung ließe sich somit erreichen, wenn man aus der derzeitigen Wirtschaftsordnung die Branchen herauslösen würde, bei denen es in den derzeit dominierenden Handelsblöcken USA und EU lobbyistisch starke Exportindustrien gibt. Bei diesen Branchen bestände tendenziell ein Ansatzpunkt für eine stärkere Liberalisierung. Es ergäben sich damit zwei WTO-Teile mit unterschiedlichem Liberalisierungsniveaus oder unterschiedlichen „Geschwindigkeiten“.153 Hierbei sind verschiedene Arten von Branchen zu unterscheiden: Je nach Land gibt es die exportorientierten Branchen, die von einer weitergehenden Liberalisierung profitieren würden. Dann gibt es Branchen, bei denen die ausländische exportierende Industrie im Einfuhrland der einzige Anbieter ist. Eine Liberalisierung wird hier nicht auf den Widerstand einer, die Importkonkurrenz fürchtenden inländischen Industrie stoßen. Sind die exportierenden Industrien nicht Monopolisten in den importierenden Ländern, müssen in den importierenden Ländern in anderen Branchen exportorientierte Industrien gegenüberstehen, die auf ihre Regierungen einen dominierenden Einfluss ausüben können.154 Dies entspricht auch der Liberalisierungspolitik der Uruguay-Runde und der Verhand153 Beispielsweise enthalten die spezifischen Vereinbarungen für den Telekommunikationssektor im Rahmen des GATS Wettbewerbsregeln. Vgl. Petersmann, Ernst-Ulrich (1999), S. 65. 154 Vgl. hierzu einen ähnlichen Vorschlag von Petersmann. Vgl. Petersmann, ErnstUlrich (1993), S. 63. Petersmann ist bezüglich der Realisierbarkeit eines solchen Vorschlags optimistisch: „GATT’s practical experience with liberalizing and harmonization national foreign trade laws suggests that an international harmonization of competition laws will succeed, if at all, only on the basis of overall reciprocity and as part of a more comprehensive international package deal.“ Petersmann, Ernst-Ulrich (1993), S. 65.
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
lungsstrategie der USA zu Beginn der Millenium-Runde. Allerdings verzichtet man mit dieser Strategie auf die Liberalisierung vieler Sektoren, wodurch das Wohlfahrtspotential eines internationalen Freihandels mit einem ungehinderten Marktzugang und einem fairen Leistungswettbewerb nicht ausgeschöpft wird und die Ressourcenallokation verzerrt wird. Die Konsequenz ist ein unübersehbarer Flickenteppich von Sektoren mit unterschiedlichen Liberalisierungsniveaus. Letztlich wird den Ländern signalisiert, dass bei den Liberalisierungszugeständnissen Ausnahmen möglich sind, was sich nicht positiv auf deren Kompromissbereitschaft auswirken dürfte. Die EU verfolgt derzeit hingegen die Verhandlungsstrategie, gewollte und ungewollte Liberalisierungsschritte zusammengefasst als Package-deals zur Abstimmung zu bringen. Diese Strategie hatte in den vergangenen Verhandlungsrunden den größten Erfolg vorzuweisen.155 Den protektionistisch dominierten Branchen wären dann so viele exportorientierte Branchen im Rahmen einer Package-deal-Abstimmung gegenüberzustellen, dass die Länder einer Liberalisierung gerade noch zustimmen. Anschließend würde sich – wie bereits gezeigt wurde – die Unterstellung der liberalisierten Branchen unter eine internationale Wettbewerbsbehörde anbieten. Eine Alternative zu dem Ansatz, Sektoren oder Branchen unterschiedlich schnell zu liberalisieren, wäre, gemäß dem EU-Integrationsansatz, die Schaffung einer internationalen Wettbewerbsordnung im Rahmen der existierenden WTO durch einen kleineren Kreis liberaler Länder. Ziel dieses Ansatzes wäre es, eine kritische Masse von Ländern zu vereinen, deren Wirtschaftsraum zusammengenommen als Exportmarkt so attraktiv wird, dass immer mehr Staaten ihm beitreten wollen.156 Nicht zuletzt dürfte dies auch für das souveränitätsbewusste Großbritannien der Grund gewesen sein, der EU beizutreten. Zu guter Letzt könnte die Realisierbarkeit einer liberalen internationalen Wettbewerbsordnung erhöht werden, wenn – wie in Scherers Ansatz – jedes Land die Möglichkeit bekäme, zwei existierende Branchen seiner Wahl von der Ordnung auszunehmen. Für diese Branchen wären jedoch zuvor genaue Kriterien zu definieren, deren Einhaltung von einer internationalen Institution zu kontrollieren wäre.157 3. Der Property-Rights-Ansatz zur Liberalisierung des Welthandels Viele Autoren wie z. B. Scherer halten die Abschaffung der derzeitig international tolerierten Exportkartelle aufgrund des zu erwartenden Widerstandes der 155
Vgl. Biesenbach, Peter (1999), S. 648. Beispielsweise schlägt Kennedy als eine Alternative zur WTO-Lösung ein Wettbewerbsabkommen der OECD-Staaten vor. Vgl. Kennedy, Kevin C. (2001), S. 288 f. 157 Auch Hoekman spricht einer sektorspezifischen Liberalisierung generell eine größere Realisierungswahrscheinlichkeit zu. Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 402. 156
VI. Politikökonomische Ansätze
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profitierenden Länder für nicht durchführbar, sofern keine Kompensationszahlungen erfolgen.158 Hier konnten die Länder ohne direkte Kompensationszahlungen zu einer Senkung ihrer Außenzölle bewegt werden. Also müssen die Vorteile, die die Länder aus den GATT-Verhandlungen gezogen haben, die Nachteile überkompensiert haben. Gleiches müsste dann auch der Ausgangspunkt für einen politisch realisierbaren Reformansatz der internationalen Wettbewerbsordnung sein. In Teil B. wurde herausgearbeitet, dass sich die Regierungen international in einem Gefangenendilemma befinden, weil keine der Regierungen ihren Außenhandel liberalisiert bzw. auf protektionistische Instrumente verzichtet, ohne die Gewissheit zu haben, dass die anderen Regierungen ihr folgen, da sie ansonsten die politischen Kosten des außenhandelsinduzierten Strukturwandels tragen muss, ohne die kompensierenden Vorteile eines freien Marktzugangs für ihre Exportindustrie vorweisen zu können. Im Sinne der Neuen Institutionenökonomik ist diese Pattsituation jedoch nicht unüberwindbar, wenn sich ein Markt durch die Zuwendung von Verfügungsrechten bei angemessenen Transaktionskosten schaffen lässt (Coase Theorem). Mit der Ausgestaltung der Verfügungsrechte könnten dann die Allokation und die Nutzung der wirtschaftlichen Güter wohlfahrtsfördernd gesteuert werden.159 Das wirtschaftliche Gut, das im internationalen Handel ein Nutzungsrecht darstellen könnte, wäre der Marktzugang eines jeden Landes. Der Wert des Marktzugangs eines Landes hängt von der Kaufkraft seines Binnenmarktes und den spezifischen Angebots- und Nachfragekonstellationen ab. Beispielsweise wird der Wert des Marktzugangs positiv vom bestehenden inländischen Preisniveau, dem Marktvolumen, dem Wechselkurs (bei Mengennotierung) und negativ von der Nachfrageelastizität und der Anzahl der inländischen Anbieter abhängen. Der Wert des Marktzugangs variiert somit je nach Produkt und wird ferner von den ausländischen Anbietern je nach ihrem Profitpotential unterschiedlich eingeschätzt. Das Profitpotential der ausländischen Produzenten schwankt wiederum je nach Herstellungs- und Transportkosten sowie den Markterschließungskosten. Die Transaktionskosten in Form der Schaffung von produktspezifischen, handelbaren Marktzugangsrechten dürften nicht viel höher sein als die
158 Diese Problematik ähnelt der Ausgangssituation, angesichts der hohen Zollsätze im Vorfeld der GATT-Verhandlungsrunden. Damals gelang es auch ohne Kompensationszahlungen, die Länder zu einem schrittweisen Abbau ihrer Zollschranken zu bewegen. Zu diesem Zeitpunkt sahen sich jedoch noch die USA als uneingeschränkter Nutznießer einer weltweiten Marktöffnung, was derzeit nicht der Fall zu sein scheint. 159 Vgl. Coase, Ronald (1969); Furubotn, E. G./Pejovich, S. (1972), S. 1139; Richter, Rudolf/Furubotn, Erik G. (1999), S. 82 ff; Martiensen, Jörn (2000), S. 252; Voigt, Stefan (2002), S. 68 f. Zur Anwendung des Ausschlussprinzips durch die Generierung von Verfügungsrechten bei öffentlichen Gütern vgl. Demsetz, H. (1970); Endres, A. (1980); Endres, A. (1981) sowie Oakland, W. H. (1974).
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C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
der Festsetzung und Erhebung der derzeitigen Einfuhrzölle. Den Zollämtern und Ministerien müsste lediglich eine andere Aufgabe zugewiesen werden. Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick nur als Wiederauflage der alten, wohlfahrtshemmenden Zollpolitik erscheinen, doch ist seine Wirkung eine entgegengesetzte. Die Möglichkeit, den Marktzugang zu verkaufen, stellt für die Regierungen eine kurzfristig realisierbare Einnahmequelle dar. Somit haben sie einen Anreiz, ihren Binnenmarkt zu öffnen. Der Nutzen ist in Form der Einnahmen für jeden nachvollziehbar dokumentiert und lässt sich deshalb als Erfolg im Sinne der politischen Wählerstimmenmaximierung ausweisen. Im Gegensatz zu Zöllen behindert der Handel mit Marktzugangsrechten nicht den freien Warenaustausch, sondern stellt lediglich eine teilweise Umverteilung der Produzentenrente der Ausführer zu den importierenden Ländern dar. Die Ausführer werden nur bereit sein, einen Preis zu zahlen, der ihnen noch einen Profit ermöglicht. Gemäß dem Coase-Theorem werden die Ressourcen unabhängig von der Ausgestaltung bzw. Verteilung der Eigentumsrechte immer in die wertvollste Verwendung gelenkt. Entscheidend ist, dass ein Handel möglich wird. Haben die Ausführer den Preis für die Marktzugangsrechte erst einmal entrichtet, werden sie jedoch die erworbene Zugangsberechtigung umso intensiver nutzen, um die Marktzugangskosten nebst der Profitmarge zu erwirtschaften. Die komparativen internationalen Wettbewerbsvorteile der Unternehmen werden bereits in diesem Stadium voll genutzt. Da es sich bei den Marktzugangsgebühren um einmalige Zahlungen handelt, wird der Aufschlag auf den Exportpreis degressiv verlaufen. Bei ausreichendem Wettbewerb werden folglich die Preise auf das Niveau der Herstellungs- und Transportkosten nebst einer minimalen Gewinnmarge absinken. Die Preise sind somit im Endstadium nicht mehr durch die Marktzugangskosten verzerrt, was eine optimale internationale Ressourcenallokation gewährleistet, so dass die komparativen Kostenvorteile an die Verbraucher weitergegeben werden. Entscheidend für den Erfolg dieses Liberalisierungsansatzes ist, dass die Staaten daran gehindert werden, nach der Zahlung der Marktzugangsgebühren wieder protektionistische Instrumente einzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie zu erhöhen. Dem kann man vorbeugen, indem die Hälfte der Marktzugangsgebühren als Beiträge der Staaten zum IWF angerechnet werden. Die WTO könnte dann bei einer festgestellten Regelverletzung eines Staates diese Einlagen als Pfand einziehen. Noch besser wäre es, die Marktzugangslizenzen auf eine überschaubare Laufzeit von beispielsweise zehn Jahren160 zu begrenzen. Die Möglichkeit des erneuten Verkaufs der Marktzugangslizenzen beispielsweise nach zehn Jahren stellt dann sogar einen Anreiz dar, den Markt160 Zehn Jahre sind an den internationalen Kapitalmärkten die gängige Kalkulationsgröße.
VI. Politikökonomische Ansätze
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zugang in der Zwischenzeit zu erleichtern, da auf diese Weise die zukünftigen Lizenzerträge gesteigert werden können. 4. Die GATT-Prinzipien als Grundlage einer internationalen Wettbewerbsordnung Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, dass die Welt mit der WTO bereits eine internationale Wettbewerbsordnung besitzt, die nur umgesetzt zu werden braucht. Prinzipiell impliziert das Wort „Freihandel“ in seiner Bedeutung freien, ungehinderten Handel und damit auch das Fehlen jeglicher Beschränkungen der Vertragsfreiheit und von Ungleichbehandlungen der Handelsparteien. Viele Wettbewerbsbeschränkungen, wie beispielsweise vertikale Vertriebsvereinbarungen und Kartelle widersprechen, sofern sie den Marktzugang beschränken, nicht nur der wettbewerbspolitischen Ordnungskonzeption, sondern auch dem Prinzip des Freihandels. Denkbar wäre deshalb auch, die Prinzipien des GATT 1947, die der WTO zugrunde liegen, insbesondere „Meistbegünstigungsprinzip“ und „Inländerprinzip“, wettbewerbspolitisch auszulegen und über den neuen WTO-Streitschlichtungsmechanismus durchzusetzen. Der WTO Appelate Body hat erst im Jahr 1996 die generelle Gültigkeit des Art. 3 (III) GATT (Inländerprinzip) für alle staatliche Maßnahmen betont161. Dies gilt jedoch nur für Maßnahmen, die den Import von Gütern behindern, nicht jedoch für staatliche Maßnahmen, die ausländische Unternehmen wettbewerbspolitisch benachteiligen.162 Als Grundlage für dieses Vorgehen könnten allerdings die „Violation“- und die „Nonviolation“-Klausel des Art. XXIII (Abs. 1, a und b) des GATT fungieren. Nach der Violation-Klausel kann gegen Handlungen von Staaten vor dem Streitschlichtungsausschuss geklagt werden, wenn sie die im Rahmen des GATT abgegebenen Handelzugeständnisse beeinträchtigen. Nach der Nonviolation-Klausel kann auch gegen Maßnahmen von WTO-Mitgliedstaaten geklagt werden, die zwar nicht ausdrücklich verboten sind, aber die Vorteile aus den Handelsvereinbarungen beeinträchtigen.163 Das Prinzip „Meistbegünstigung“ (Art. I GATT) würde dann beinhalten, dass wettbewerbspolitische Zugeständnisse, die ein Staat seinen eigenen Unternehmen gewährt auch für alle ausländische Unternehmen gelten müssen. Das Inländerprinzip würde als wettbewerbspolitisch ausgelegtes Gleichbehandlungsprinzip bedeuten, dass ausländische Unternehmen mit inländischen gleichzustellen sind, was dann auch die Wettbewerbsverfahren der nationalen Behörden einschließt.164
161 Japan-Taxes on Alcohol Beverages: WT/DS8/AB/R; WT/DS10/AB/R; WT/ DS11/AB/R, WTO (1996). 162 Vgl. Holmes, Peter (2002), S. 159. 163 Vgl. auch Hoekmann, Bernhard M./Mavroidis, Petros C. (1994), S. 19 f sowie Mavroidis, Petros C./van Siclen, Sally J. (1997), S. 10 f.
232
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Hindling schlägt vor, die Nonviolation-Klausel verstärkt anzuwenden, um eventuell eine Auslegung durch den Streitschlichtungsausschuss zu erreichen, die das Tolerieren, also auch das Nichttätigwerden der nationalen Wettbewerbsbehörden bei Wettbewerbsbehinderungen ausländischer Unternehmen im Inland als GATT verletzende Maßnahme einstuft.165 Auf diese Weise könnte ein internationales wettbewerbspolitisches Case Law geschaffen werden. Im Präzedenzfall Kodak-Fuji führte die USA die Nonviolation-Klausel gegen die japanische Regierung mit dem Vorwurf an, dass sie Fudji nicht daran gehindert hätte, seine Vertriebspartner unter Druck zu setzen, keine Kodak Produkte zu kaufen, um den Markteintritt von Kodak zu verhindern. Das Panel wies die Beschwerde zurück.166 Bis zu dem Präzedenzfall Kodak-Fuji wurde die Nonviolation-Klausel allerdings noch nicht eingesetzt, um wettbewerbspolitische Entscheidungen durchzusetzen.167 Dies dürfte vor allem daran liegen, dass das GATT als völkerrechtlicher Vertrag nur die nur für die Unterzeichner, also Staaten bindet gilt. Damit eine Nonvialation-Beschwerde Erfolg hätte, müsste es also gelingen, die Verantwortung einer Regierung für eine spezifische Wettbewerbsbeschränkung nachzuweisen, wozu gehört, dass die Benachteiligung eines dritten Staates für die Regierung vorhersehbar war. Dies dürfte nur in den seltensten Fällen gelingen. Darüber hinaus können Beschwerdeführer und Adressat nur Regierungen sein. Private Wettbewerbsbeschränkungen blieben generell außen vor, wenn der Nachweis nicht gelingt, dass sie durch eine Regierung initiiert wurden. Auch könnte die Nonvialation-Klausel nur gegen Marktzugangsbeschränkungen eingesetzt werden. Andere Wettbewerbsbeschränkungen wie beispielsweise das Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung bleiben ebenfalls unberücksichtigt. Zu guter Letzt hätte das Panel im Rahmen des Streitschlichtungsverfahrens nicht die Möglichkeit, direkt gegen die Wettbewerbsbeschränkung vorzugehen, und könnte das benachteiligte Land nur zu Retorsionsmaßnahmen ermächtigen, die nicht nur an der Ursache der Wettbewerbsbeschränkung ansetzen, sondern die Wettbewerbsverzerrungen auch noch vergrößern.168
164 Auch die Joint Group on Trade and Competition hält das Non-disciminationPrinzip (National Treatment Principle: Inländerprinzip sowie Most Favoured Nation Principle: Meistbegünstigungs-Prinzip) als Grundprinzipien einer internationalen Übereinkunft für denkbar. OECD (2001a), S. 34 f. 165 Vgl. Hindley, Brian (1996), S. 339 ff. 166 Vgl. WT/DS44 www.wto.org. Ein Grund dürfte gewesen sein, dass es Agfa im Gegensatz zu Kodak gelungen war, sich mit Hilfe einer geschickten Vertriebsstrategie auf dem Markt zu etablieren. Vgl. Wins, Henning (2000), S. 102. 167 Vgl. Hoekman, Bernhard (1997), S. 386. 168 Vgl. Vermulst, Edwin (1999), S. 15; Hawk, Barry E. (1996), S. 10; Nicolaides, Phedon (1994b), S. 214 f; Hauser, Heinz/Schoene, Rainer E. (1994), S. 208; Hoeckman, Bernhard M./Mavroidis, Petros C. (1994), S. 10 Wins, Henning (2000), S. 101 f sowie Kennedy, Kevin C. (2001), S. 323 ff.
VI. Politikökonomische Ansätze
233
Trotz der aufgeführten Schwächen der Art. XXIII Klauseln als wettbewerbspolitisches Instrument hat die Verbesserung des Streitschlichtungsverfahrens im Rahmen der Uruguay-Runde [vgl. Teil B. IV. 1. c) cc)] die Wirksamkeit der Klauseln zumindest theoretisch erhöht, weshalb ein verstärkter Einsatz der Klausel als Ergänzung zu anderen Maßnahmen durchaus zu empfehlen ist. 5. Der Minimalkonsens In dieser Arbeit wurde herausgearbeitet, dass die derzeitige Welthandelsordnung dringend durch eine internationale Wettbewerbsordnung ergänzt werden muss. Eine internationale Wettbewerbsbehörde würde einen fairen Leistungswettbewerb und eine optimale Ressourcenallokation am besten gewährleisten. Allerdings wäre dies mit hohen Souveränitätsverzichten seitens der Staaten verbunden und würde eine sehr weitgehende Harmonisierung der wettbewerbspolitischen Konzeptionen voraussetzen. Darüber hinaus müssten die Staaten aufgrund der wettbewerbsverzerrenden Effekte auch auf viele wirtschaftpolitische Instrumente verzichten, die sie derzeit zur Förderung ihrer Wirtschaft einsetzen, wobei auch der zu erwartende Widerstand der nationalen Wirtschaftverbände zu überwinden wäre. Die Wahrscheinlichkeit der politischen Errichtung einer umfassenden internationalen Wettbewerbsordnung mit einer unabhängigen internationalen Wettbewerbsbehörde scheint so gesehen nicht sehr hoch zu sein. Dieser Pessimismus durchzieht auch die wissenschaftliche Literatur.169 Angesichts der Dringlichkeit einer Reform der internationalen Wirtschaftsordnung wäre es aber unverantwortlich, die berechtigten Forderungen der Wissenschaft aufzugeben und von vornherein nur das vermeintlich Realisierbare anzustreben. Nichtsdestotrotz sollte die Wissenschaft einen Minimalkonsens als Second-best-Lösung bereithalten, um ihn präsentieren zu können, falls die internationalen Verhandlungen der nächsten Welthandelsrunden an der Etablierung einer internationalen Wettbewerbsbehörde zu scheitern drohen. Ein Minimalkonsens muss die beiden konfliktären Ziele einer Optimierung der internationalen Wettbewerbsordnung unter den in Teil A. aufgezeigten Wohlfahrtsaspekten und das politische Ziel einer Minimierung des nationalen 169 „Es erscheint nicht nur gegenwärtig, sondern auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen, den globalen Wettbewerb einer Rechtsordnung zu unterstellen.“ Immenga, Ulrich (1996a), S. 599. Dann aber auch: „Gleichwohl ist sicher der Zeitpunkt gekommen, die bereits mit der Havanna-Charta von 1948 begonnene, in den 60er Jahren vorsichtig fortgeführte und jetzt intensivierte Diskussion über Notwendigkeit und Ausgestaltung einer internationalen Wettbewerbsordnung mit wissenschaftlichem und politischem Engagement weiterzuführen.“ Immenga, Ulrich (1996b), S. 609. Für viele sei hier die Joint Group on Trade and Competition der OECD zitiert: „There are, however, consideralble doubts regarding the feasibility at least in the near future of a wide-ranging multilateral agreement on ,common standards‘ applicable to particular practices, i. e. an agreement specifying, on an internationally agreed basis . . .“ OECD (2001a), S. 30.
234
C. Ansätze für eine neue internationale Wettbewerbsordnung
Souveränitätsverzichts zumindest soweit erfüllen, als dass er einen funktionsfähigen Reformansatz darstellt. Unverzichtbar ist in diesem Zusammenhang eine Internationalisierung der nationalen Wettbewerbspolitik. Die nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichte wären somit auch für ausländische Staaten und Unternehmen zugänglich zu machen. Ausländische und inländische Unternehmen würden gleich behandelt, was auch die Dumpingverfahren einschließt. Nach dem Vorbild des GATT 1947 müsste sich die internationale Staatengemeinschaft zumindest auf wettbewerbspolitische Grundregeln einigen, die wie das Meistbegünstigungsprinzip und das Inländerprinzip für alle Staaten Geltung haben. Der Kodex könnte in den Annex der WTO-Verträge aufgenommen werden. Seine Unterzeichnung sollte für die Staaten freiwillig sein. Staaten, die nicht breit sind, zumindest einen Teil ihrer Souveränität für einen besseren internationalen Marktzugang aufzugeben oder, die nicht über eine eigene nationale Wettbewerbsbehörde verfügen, wären somit nicht gezwungen, den Kodex umzusetzen. Bei einer ausreichenden Anzahl Unterzeichnerstaaten dürfte jedoch der Anreiz groß sein, sich der Gruppe anzuschließen. Bei grenzüberschreitenden Fusionen oder Wettbewerbsbehinderungen käme dann allerdings der WTO die Aufgabe zu, die Untersuchungen der nationalen Wettbewerbsbehörden zu koordinieren. Für die Kooperationsverpflichtungen der nationalen Behörden wären klare Vorgaben erforderlich. Der kritische Punkt an diesem unbefriedigenden Minimalansatz ist, wie auch bei den anderen Vorschlägen, die Durchsetzung gegenüber den nationalen Regierungen und ihren Behörden. Da eine internationale Wettbewerbsbehörde mit eigenen Sanktionsmechanismen die nationale Souveränität sehr weitgehend einschränkt, bietet sich hier das durch die Uruguay-Runde reformierte Streitschlichtungsverfahren an, das jedoch allen Parteien, also auch privaten Unternehmen, offen stehen müsste. Da die privaten Parteien keine eigenen Retorsionsmaßnahmen durchführen können, wären sie jedoch bei den Klagen auf die Unterstützung durch ihre nationalen Wettbewerbsbehörden angewiesen. Bestünden gegen diesen Ansatz immer noch unüberwindbare politische Widerstände, könnte man das In-Kraft-Treten so weit in die Zukunft verlegen, dass die Politiker, die über seine Unterzeichnung entscheiden, in ihrer Wahlperiode keinen Widerstand von Interessengruppen und Wählern befürchten müssten. 6. Ausblick: Was wird Doha bringen? Derzeit zeichnet es sich ab, dass die WTO auf Basis eines internationalen Konsenses zumindest ein Rahmenübereinkommen170 über die wesentlichen, zu verfolgenden Wettbewerbsbeschränkungen verabschieden wird. Die Art und 170 So war auch die mehrheitliche Einschätzung der interviewten Experten. Zu den durchgeführten Interviews vgl. das Verzeichnis im Anhang.
VI. Politikökonomische Ansätze
235
Weise, wie die Verfolgung dieser Konsens-Wettbewerbsverstöße erfolgen soll, bleibt – wie bei der EU – den Regierungen überlassen. Als konsensfähig werden in diesem Zusammenhang horizontale und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen gesehen, sofern direkt die Marktpreise betroffen sind, sowie generell Hard-core-Kartelle, wie Angebots- und Produktionskartelle. Als wahrscheinlich wird angenommen, dass das WTO-Wettbewerbsrahmenabkommen vom DisputeSettlementprozess ausgenommen wird, da anderenfalls die WTO-Staaten einen Eingriff in ihre Souveränität befürchten müssten. Strittig wäre dann auch, inwiefern das Meistbegünstigungsprinzip Anwendung finden würde, da dies prinzipiell auch die wettbewerbspolitischen Zugeständnisse der bilateralen und regionalen Abkommen umfassen, und damit allen WTO-Mitgliedern zugänglich machen würde. Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, ob das Inländerprinzip gelten würde. Dies hätte den gleichberechtigten Zugang aller WTO-Mitglieder zu den nationalen Wettbewerbsbehörden und -gerichten zur Folge. Entscheidend aber wäre – wie gezeigt wurde – der Zugang für die privaten Parteien, die Unternehmen. Das von der Doha-Welthandelsrunde zu erwartende Wettbewerbsabkommen wird somit weit hinter den in dieser Arbeit aufgezeigten Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer internationalen Wettbewerbsordnung zurückbleiben.171
171 Vgl. Kennedy, Kevin D. (2001) sowie Holmes, Peter (2002), S. 158. Plompen hält auch den Zugang privater Parteien zu den nationalen Wettbewerbsgerichten für denkbar. Entscheidend ist jedoch – seiner Einschätzung nach – generell die Unverbindlichkeit einer internationalen Regelung. Vgl. Plompen, Peter (2001), S. 33.
Statistischer Anhang Tabelle A1 Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe 1992–1994 und 1994–1996 absolut und aufgeschlüsselt nach wichtigsten Zweckbestimmungen In Mio. ECU
Zweckbestimmung (in Prozent)
* in A Länder
horizontale
1994– 1996
1996– 1998*
Österreich
–
448
495
Belgien Dänemark
920 539
1149 671
732 712
56 73
46 84
19 26
29 14
26 1
25 2
Deutschland – Alte Länder
19851 4312
16639 3192
11463 2856
14
19
6
7
80
74
– Neue Länder Griechenland
15539 722
13447 662
8607 616
53
31
20
3
27
66
Spanien Finnland
1311 –
2101 365
1800 391
38
24 74
43
63 2
19
13 23
Frankreich Irland
4931 198
3740 215
4481 416
70 36
51 37
11 0
15 7
19 63
34 56
Italien Luxemburg
10320 55
9760 46
8864 48
35 29
31 33
12 0
11 2
53 70
58 65
Niederlande Portugal
694 467
686 382
629 195
76 23
74 24
5 36
10 52
19 41
17 24
– 1431
318 1513
344 1454
32
34 22
16
4 19
53
61 59
41439
37563
31
30
11
13
58
56
EUR 12 EUR 15 EUR 12/15
38318
94– 96
92– 94
sektorale
1992– 1994
Schweden UK
92– 94
regionale
74
94– 96
92– 94
13
94– 96 13
32639
[Durchschnitte in Preisen von 1995, * in Preisen von 1997. Quelle: EU-Kommission (1998), S. 9 und 26 sowie EU-Kommission (2000)]
Statistischer Anhang
237
Tabelle A2 Ad-hoc-Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe, den Finanzsektor und den Luftverkehr 1992–1994 in Mio. ECU Österreich
1994–1996
in Prozent
in Mio. ECU
in Prozent
0
0
65
1
31
1
29
0
0
0
0
0
Deutschland
686
14
584
10
Griechenland
75
1
44
1
473
10
1088
18
0
0
0
0
1663
33
2532
41
Irland
53
1
58
1
Italien
1864
37
1453
23
Luxemburg
0
0
0
0
Niederlande
0
0
0
0
184
4
365
6
Schweden
0
0
0
0
Vereinigtes Königreich
0
0
0
0
5029
100
6218
100
Belgien Dänemark
Spanien Finnland Frankreich
Portugal
EUR 12/15
Quelle: EU-Kommission (1998), S. 17 und 28.
238
Statistischer Anhang Tabelle A3 Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe in Prozent der Wertschöpfung
Länder
1994– 1996
1996– 1998
1992– 1994
1994– 1996
1996– 1998*
–
1,3
1,4
–
626
719
Belgien
2,5
3,0
1,9
1310
1678
1093
Dänemark
2,5
2,9
2,9
1120
1383
1433
Deutschland
4,4
3,8
2,6
2091
1888
1434
– Alte Länder
:
:
:
527
455
435
– Neue Länder
:
:
:
10816
8216
6021
Griechenland
6,5
6,3
4,9
987
863
997
Spanien
1,8
2,7
2,1
512
837
691
–
1,6
1,6
–
911
959
Frankreich
2,4
1,8
2,0
1174
927
1131
Irland
1,7
1,5
1,9
818
838
1458
Italien
6,4
5,8
4,4
2205
2151
1955
Luxemburg
2,6
2,3
2,3
1555
1375
1476
Niederlande
1,5
1,4
1,2
760
788
735
Portugal
2,5
1,9
1,0
443
371
188
–
0,8
0,8
–
406
441
Vereinigtes Königreich
0,9
0,9
0,7
245
263
334
EUR 12
3,5
1238
1113
Österreich
Finnland
Schweden
EUR 15
1992– 1994
in Ecu (*A) pro Beschäftigtem
1339 3,0
2,3
Quelle: EU-Kommission (1998), S. 17 und 28 sowie EU-Kommission (2000).
Statistischer Anhang
239
Tabelle A4 Staatliche Beihilfen an das verarbeitende Gewerbe 1994–1996 aufgeschlüsselt nach Beihilfeformen in Prozent Kategorie A
Kategorie B
Kategorie C
Kategorie D
ZuSteuerschüsse ermäßigungen
Kapitalbeteiligungen
Zins- Steuergünstige stunKredite dungen
Bürgschaften
Österreich
79
0
0
14
0
7
Belgien
54
35
1
3
0
6
Dänemark
83
10
0
5
0
2
Deutschland
55
15
1
22
1
5
Griechenland
66
13
0
3
0
18
Spanien
93
0
0
6
0
0
Finnland
81
3
0
15
0
1
Frankreich
44
38
4
3
1
10
Irland
89
0
0
0
0
11
Italien
43
42
9
6
0
0
Luxemburg
92
4
0
4
0
0
Niederlande
73
13
0
3
2
9
Portugal
82
8
0
2
0
8
Schweden
61
19
2
18
0
0
Vereinigtes Königreich
88
5
0
2
1
4
EUR 12/15
57
23
3
13
1
4
Quelle: EU-Kommission (1998), S. 17 und 28.
240
Statistischer Anhang Tabelle A5 Gesamtvolumen der staatlichen Beihilfen in den Mitgliedstaaten 1992–1994 und 1994–1996 in Relationen1 Gesamtvolumen der staatlichen Beihilfen
Länder
als Prozentsatz des BIP*
in ECU je Beschäftigten
als Prozentsatz der öffentlichen Gesamtausgaben
1992– 1994
1992– 1994
1992– 1994
1994– 1996
1994– 1996
Österreich
0,6
1994– 1996 325
1,1
Belgien
1,5
1,3
829
735
2,8
2,4
Dänemark
0,9
0,9
467
481
1,5
1,4
Deutschland
1.132
978
4,5
3,7
2,3
1,9
– Alte Länder
:
:
– Neue Länder
:
:
Griechenland
1,3
1,1
260
253
2,4
2,4
Spanien
1,1
1,2
362
392
2,4
2,5
Finnland Frankreich
0,4
214
0,7
1,2
1,1
641
574
2,3
1,9
Irland
1,0
0,8
335
312
2,3
2,1
Italien
2,2
2,0
781
754
4,0
3,8
Luxemburg
2,1
1,0
1.269
623
4,6
2,2
Niederlande
0,6
0,7
343
379
1,1
1,2
Portugal
0,8
0,9
150
162
2,0
2,1
Schweden
0,7
346
1,1
Vereinigtes Königreich
0,3
0,5
121
170
0,8
1,1
EUR 12/15
1,5
1,4
631
573
2,9
2,6
* Durchschnitte in Preisen von 1995. Quelle: EU-Kommission (1998), S. 9 und 42.
1 Da die Daten über Beihilfen in der Landwirtschaft von den Beihilfegesamtniveaus ausgenommen wurden, wurden die BIP-Zahlen entsprechend korrigiert, indem die in der Landwirtschaft realisierte Wertschöpfung abgezogen wurde. Hierbei sind die Gemeinschaftshilfen aus den Strukturfonds noch nicht berücksichtigt. Auch die Beihilfen der Mitgliedstaaten an ihre Landwirtschaft fehlen in dieser Aufstellung, da hierzu kein Zahlenmaterial vorliegt.
Statistischer Anhang
241
Tabelle A6 Motive für strategische Allianzen internationaler Unternehmen nach Industrie- und Technologiebereichen 1980–1989 Hauptmotiv (in Prozent) Zahl der Reduzierung Nutzung technoUnternehmen von Risiko insgesamt und Kapital- logischer Synergien* bedarf
Stärkung der Marktposition
Biotechnologie
847
14
74
13
Neue Werkstoffe
430
4
65
31
1660
6
56
38
Automobilbau
205
6
38
52
Luft- und Raumfahrt, Verteidigung
228
37
50
13
Chemie
410
8
41
51
Unterhaltungselektronik
58
2
45
53
Nahrungsmittel
42
1
56
43
141
37
40
23
Meß- und Regeltechnik
95
4
68
28
Übrige
66
35
42
23
4182
11
57
32
Informationstechnologie
Energie
Insgesamt
• gemeinsame Grundlagenforschung, Nutzung technologischer Kompatibilitäten, Verkürzung des Zeitbedarfs für Innovationen und Markteinführung neuer Produkte. Quelle: Hagedorn, J./Schakenraad, J. (1993).
242
Statistischer Anhang Tabelle A7 Motive für Zusammenschlüsse bei Großunternehmen 1985–1992 1985– 86
1986– 87
1987– 88
1988– 89
1989– 90
1990– 91
1991– 92
Expansion
17,1
22,1
19,6
31,3
26,9
27,7
32,4
Diversifizierung
17,6
5,8
8,3
7,1
3,0
2,8
2,1
Stärkung der Markposition
10,6
11,5
25,4
42,2
45,3
48,2
44,4
Rationalisierung und Synergien
46,5
42,0
34,4
14,4
17,7
13,3
16,2
Forschung und Entwicklung
2,4
5,3
0,7
0
0,6
0
0
Andere
5,6
13,3
11,6
4,9
6,4
8,0
5,0
Quelle: EU-Kommission (1994c)2.
Tabelle A8 Fusionen und Übernahmen nach Sektoren Transaktionsvolumen in Mrd. US-Dollar Primärer VerSektor arbeitung
Dienstleistungen
Anteil in %
Summe Primärer VerDienstSektor arbeitung leistungen
1990
5,2
75,6
71,3
152,7
3,4
49,5
46,7
1991 1992
1,2 3,6
36,8 44,7
45,3 32,8
83,3 81,1
1,4 4,4
44,1 55,1
54,4 40,4
1993 1994
4,3 5,6
41,0 71,8
36,0 53,8
82,0 131,7
5,3 4,3
50,0 54,5
43,9 40,9
1995 1996
8,5 7,6
85,7 89,6
92,0 132,6
189,4 232,2
4,5 3,3
45,3 38,6
48,6 57,1
1997 1998
9,1 13,5
123,4 273,7
177,2 287,3
314,0 583,2
2,9 2,3
38,3 46,9
56,5 49,3
1999
12,0
300,3
466,2
791,6
1,5
37,9
59,1
Quelle: OECD (2001b), S. 123.
2 In der von der Generaldirektion IV der Kommission hierbei zugrundegelegten Datenbank sind die Opperationen der 1000 größten europäischen Industrieunternehmen sowie 500 größten der Welt enthalten.
Statistischer Anhang
243
Tabelle A9 Grenzübergreifende strategische Allianzen nach Typ und Zielrichtung Joint Ventures Verarbeitung
andere strategische Allianzen
Marketing
Forschung
Dienstleistung
Verarbeitung
Marketing
Forschung
Dienstleistung
1990
366
206
73
57
171
503
284
33
1991
822
429
137
112
305
883
533
67
1992
648
487
149
70
322
1.012
561
140
1993
1.152
723
158
95
453
971
609
132
1994
1.609
799
192
124
379
960
681
127
1995
1.871
913
251
188
357
669
484
87
1996
949
429
124
98
153
369
223
126
1997
948
354
155
180
190
358
311
241
1998
785
229
64
210
409
413
211
513
1999
650
173
53
334
381
364
159
774
Quelle: OECD (2001b), S. 126.
Tabelle A10
Marktverhalten nach schweizer Recht zulässig, aber nicht nach amerikanischen: U.S. Auflagen für die Fusion zweier schweizer Unternehmen Exportkartell, das in der EU als Zielland illegal war aber, an dem die amerikanischen Produzenten nach U.S. Recht legal beteiligt waren BGH setzte die Anzeigepflicht zweier fusionierender U.S. Unternehmen in Deutschland durch.
U.S. Department of Justice
EuGH
deutscher BGH
Kammergericht Berlin Bundeskartellamt setzte vor dem Kammergericht Berlin das Verbot der Fusion zweier französischer Tochterunternehmen multinationaler Konzerne gegen die industriepolitischen Ziele der französischen Regierung durch.
U.S. Federal Trade Commission
2. Ciba/Geigy 1970
3. Teerfarben 1972
4. Organische Pigmente 1979
5. Bayer/Firestone 1980
6. Uran 1981
Ermittlungen der U.S. Behörden gegen ein Preiskartell ausländsicher Unternehmen auf dem U.S. Markt wurden durch die Regierungen Großbritanniens, Kanadas, Südafrikas, Australiens und Frankreichs unterbunden.
erste Anwendung der Effect Doctrine auf Basis des Sherman Acts gegen ein von Aluminiumproduzenten in der Schweiz für den U.S. Markt geschlossenes Quotenkartell
U.S. Supreme Court
1. Alcoa 1945
Entscheidungsinhalt
Entscheidungsinstanz
Entscheidung und Jahr
mit Kooperation gelöst
Ausgewählte Anwendungen der Effects Doctrine
mit Kooperation lösbar
konkurrierende nationale Normen
konkurrierende Industriepolitik
244 Statistischer Anhang
Kammergericht Berlin Das Bundeskartellamt verbot die bereits genehmigte Fusion eines südafrikanischen Unternehmens mit einem amerikanischen. Die Fusion fand dann unter der Auflage statt, dass sich Rothmans von einer deutschen Tochter trennen musste. Die EU versuchte vergeblich, IBM zu zwingen, neue Produktstandards frühzeitig in Europa bekanntzugeben, damit die europäischen Hersteller von Peripheriegeräten rechtzeitig eigene Produkte entwickeln konnten. Ziel war eine Ausdehnung von IBM auf den europäischen Peripheriemarkt zu verhindern. Das U.S. Department of Justice lehnte dies aufgrund des starken Wettbewerbs in den USA ab. Nach dem Konkurs der britischen Fluggesellschaft Laker klagte der Konkursverwalter vor amerikanischen Gerichten mit dem Vorwurf der ruinösen Konkurrenz (predatory pricing) gegen andere Fluggesellschaften. Die U.S. Gerichte erklärten sich für zuständig, da auch amerikanische Fluggäste betroffen waren. Die britische Regierung verbot den Laker Vertretern den U.S. Gerichten Beweismaterial zur Verfügung zu stellen, da nach britischem Recht ruinöse Konkurrenz nicht verboten ist. Bestätigung des Verbots der EU-Kommission eines Exportpreiskartells für Zellstoff, das ausschließlich in Drittländern geschlossen wurde.
U.S. Department of Justice
U.S. Federal Trade Commission
EuGH
7. Philip Morris/ Rothmans 1983
8. IBM 1985
9. Laker Airways 1985
10. Zellstoff 1988
Fortsetzung Seite 246
Statistischer Anhang 245
U.S. Federal Trade Commission
11. Mérieux/Connaught 1990
Der U.S. Supreme Court untersagte britischen Rückversicherern gewisse Verträge, die nach britischem Recht erlaubt, aber nach amerikanischen Recht verboten waren (trotz ComityVereinbarung zwischen EU und USA). Die Aufdeckung eines grenzüberschreitenden Preiskartells gelang durch die intensive Kooperation amerikanischer und kanadischer Wettbewerbsbehörden. Die U.S. Behörden ermittelten mit Unterstützung der kanadischen Behörden in Kanada und die kanadischen Behörden mit amerikanischer Unterstützung in den USA.
U.S. Supreme Court
Canadian Bureau of Competition Policy/ U.S. Department of Justice
14. Faxpapier 1994
Verbot der Fusion eines kanadischen und französischen Unternehmens durch die EU-Kommission, obwohl der Zusammenschluss von kanadischer und amerikanischer Seite industriepolitisch befürwortet wurde.
Die U.S. Federal Trade Commission verhängte Auflagen für die Fusion eines kanadischen mit einem französischen Unternehmen ohne Einbeziehung der französischen und kanadischen Regierung. Erst nach massivem Protest wurden auch die kanadischen und französischen Wettbewerbsbehörden einbezogen.
Entscheidungsinhalt
13. Hartford Fire Insurance 1993
12. de Haviland/ATR EU-Kommission 1993
Entscheidungsinstanz
Entscheidung und Jahr
Fortsetzung Tabelle A10
mit Kooperation gelöst
mit Kooperation lösbar
konkurrierende nationale Normen
konkurrierende Industriepolitik
246 Statistischer Anhang
Versuch des U.S. Department of Transportation die Zustimmung zu einer, bereits von der britischen Regierung genehmigten strategischen Allianz von British Airways und American Airlines an eine generelle Öffnung des Flughafens Heathrows zu knüpfen (trotz Comity-Vereinbarung zwischen EU und USA).
Erfolgreiche Kooperation amerikanischer und europäischer Wettbewerbsbehörden, die zum Verbot der Fusion zweier amerikanischer Unternehmen führte.
17. Kimberley Clark/ EU-Kommission Scott Paper 1996
U.S. Department of Transportation
Erfolgreiche Kooperation amerikanischer und europäischer Wettbewerbsbehörden, die zum Verbot eines britisch-amerikanischen Gebietskartell führte.
EU-Kommission
16. British Telecom/ MCI 1995
18. British Airways/ American Airlines 1996
Die Aufdeckung eines grenzüberschreitenden Preiskartells gelang durch die intensive Kooperation amerikanischer und kanadischer Wettbewerbsbehörden. Die U.S. Behörden ermittelten mit Unterstützung der kanadischen Behörden in Kanada und die kanadischen Behörden mit amerikanischer Unterstützung in den USA.
Canadian Bureau of Competition Policy/ U.S. Department of Justice
15. Plastikgeschirr 1994
Fortsetzung Seite 248
Statistischer Anhang 247
Entscheidungsinstanz
EU-Kommission
Entscheidung und Jahr
19. Boeing/Mc Donnell Douglas 1997
U.S. Federal Trade Commission genehmigte die Fusion zwischen Boeing und Mc Donnell Douglas, obwohl die marktbeherrschende Stellung von Boeing nicht nur in Europa, sondern auch in den USA verstärkt wurde, vermutlich um die Wettbewerbsposition Boeings gegenüber der europäischen Airbus-Industrie zu stärken. Die EU-Kommission verzichtete darauf, die Fusion zu untersagen bzw. ein Bußgeld in Höhe von 10% zu verhängen und gab sich mit kleineren Auflagen zufrieden, um einen transatlantischen Konflikt zu vermeiden (extraterritoriale Rechtsanwendung der EU trotz Comity-Vereinbarung zwischen EU und USA). Letztlich gelang es aber der EU-Kommission, bei dem bereits von der amerikanischen Wettbewerbsbehörde FTC auflagenlos genehmigten Fusionsvorhaben Boeing-McDonnell Douglas unter Androhung von umsatzabhängigen Bußgeldern, Geldstrafen für innergemeinschaftliche Luftfahrtgesellschaften und sogar die Beschlagnahme von neu in die EU ausgelieferten Boeing-Flugzeugen, den Verzichts Boeings auf den Exklusivvertrag mit Delta Airlines und American Airlines sowie die Stornierung von drei langfristigen Lieferverträgen als Auflage durchzusetzen.
Entscheidungsinhalt
Fortsetzung Tabelle A10 mit Kooperation gelöst
mit Kooperation lösbar
konkurrierende nationale Normen
konkurrierende Industriepolitik
248 Statistischer Anhang
EU-Kommission/U.S. Department of Justice
EU-Kommission
Die EU-Kommission verbot die Fusion zwischen GE und Honneywell, die bereits von den amerikanischen Behörden genehmigt war (trotz Comity-Vereinbarung).
Genehmigung der Fusion französischer und britischer industriegasproduzierender Unternehmen durch die EU-Kommission trotz marktbeherrschender Stellung. Die Fusion wurde durch das U.S. Federal Trade Commission untersagt (trotz Comity-Vereinbarung).
Erfolgreiche Kooperation amerikanischer und europäischer Wettbewerbsbehörden bei der Fusion von Worldcom und MCI. Als Folge der Fusion wäre der Marktanteil bei Internetzugängen auf rd. 50% gestiegen, was sich sowohl in den USA als auch in Europa wettbewerbsmindernd ausgewirkt hätte. Die EU-Kommission machte zur Auflage, dass MCI sein InternetGeschäft verkauft. Dieser Entscheidung schloss sich das U.S. Department of Justice an.
Quelle: Klodt, Henning (2003), S. 46 ff, 49 ff, 54 ff, 59 und 60 ff; Wins, Henning (2000), S. 76 und 88; o. V. (2001a), S. 13; Noll, Bernd (2001), S. 14; Noll, Bernd (2002), S. 17; Miert, Karel van (1996) sowie Mestmäcker, Ernst-Joachim (2002), S. 32.
22. GE/Honneywell 2001
21. Air Liquide/BOC U.S. Federal Trade 2000 Commission
20. Worldcom/MCI 1998
Statistischer Anhang 249
Verzeichnis der durchgeführten Interviews1 1. Brüssel: EU-Kommission 1.1. Generaldirektion I (Außenwirtschaftsbeziehungen) – 30.05.1991 – 02.05.1994
– 18.01.1994 – 12.07.1995
– 19.04.1994 – 12.07.1995
– 26.04.1994 – 13.03.2003*
– – – – – –
– – – – – –
1.2. Generaldirektion III (Industrie) – – – – – – –
30.05.1991 28.03.1994 05.04.1994 07.04.1994 25.04.1994 20.05.1994 13.07.1995
– – – – – – –
18.01.1994 28.03.1994 06.04.1994 11.04.1994 27.04.1994 24.05.1994 13.03.2003*
16.03.1994 30.03.1994 07.04.1994 15.04.1994 17.05.1994 25.05.1994
21.03.1994 30.03.1994 07.04.1994 18.04.1994 18.05.1994 12.07.1995
1.3. Generaldirektion IV (Wettbewerb) – 19.01.1994 – 25.05.1994
– 22.03.1994 – 12.07.1995
– 23.03.1994 – 13.03.2003*
– 28.04.1994
1.4. Generaldirektion XVI (Regionalpolitik) – 19.05.1994
– 12.03.2003*
1.5. Generaldirektion XII (Wissenschaft, Forschung und Entwicklung) – 19.05.1994
1 Auf Bitten der Interviewpartner erfolgt zum Teil keine namentliche Nennung. (*: telefonisches Interview)
Verzeichnis der durchgeführten Interviews
251
2. Washington D.C. 2.1. Öffentliche Stellen U.S. Department of Commerce (International Trade Administration) – 31.10.1994 – 10.03.2003*
– 18.11.1994
– 08.12.1994
– 08.12.1994
– 15.11.1994
– 13.03.2003*
International Trade Commission – 07.11.1994
– 07.11.1994
U.S. Trade Representative for Industry – 22.11.1994
– 10.03.2003*
EU-Trade Delegation – 01.11.1994
– 14.03.2003*
2.2. Unternehmen 2.2.1. Stahlproduzenten American Iron and Steel Institut – Barry Solarz, Vizepräsident, 10.11.1994 – Frank Fenton, Senior Vice President, 28.10.1994 NUCOR – Mr. Iverson (Chairman of the SMA Board Representative, NUCOR), 01.12.1994* Steel Manufacturers Accociation (Elektrostahlwerke, Minimills) – Mr. James Collins (President), 15.11.1994 2.2.2. Stahlverbraucher Caterpillar bzw. Coalition of Steel Using Manufacturers (CASUM) – Bill Lane (Manager for International and Governmental Affairs), 11.11.1994 Coalition of American Businesses for Stable Steel Supplies (CABSSS, Precision Metalforming Association, Pro Trade Group) – Jon Jenson (President), 12.12.1994*
252
Verzeichnis der durchgeführten Interviews
2.2.3. Vertretung der EU-Exporteure International Advisory Services Group – Charles Blum (President), 5.12.1994 American Institute for International Steel – Bess Veig (Director), 09.11.1994* 2.2.4. Vertragsautohändler Nissan und Toyota – 22.12.01* 2.3. Think Tanks und Stahlexperten The Brookings Institution – Robert Crandall (Senior Fellow, Economic Studies Program), 01.11.1994 International Trade Lawyer – 09.11.1994
– 10.03.2003*
– 10.03.2003*
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Sachregister ABA 211 Abschlussbindungen 150 Abschnitt 301 154 Ad-valorem-Subventionssumme 99 aggressives Dumping 109 Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights 60 Allokationsfunktion 23 allokative Effizienz 37 als-ob-Konkurrenz 39 als-ob-Wettbewerbspreise 38 American Bar Association 196, 204 Amoroso-Robinson-Beziehung 113 Anmaßung von Wissen 79 Anpassungsfunktion 24 Ansatz der US-Anwaltskammer 196 Ansatz von Fox und Ordover 198, 211 Ansatz von Giardina und Beviglia-Zampetti 188, 210 Ansatz von Hauser und Schoene 193, 210 Ansatz von Matoo und Subramanian 210 Ansatz von Scherer 204, 213 anti-absorption duty 128 Anticircumvention-Zölle 129 Antidumpingübereinkommen 116 Antidumpingverfahren 107, 115 Anti-Harassment-Regelung 130 Antisubventionskodex 103 Antisubventionsverfahren 99 Antisubventionszölle 84, 99 Appelate Body 101 Arbeitsmärkte 155 Areeda-Turner-Regel 131, 134 as-if-competition prices 38 Aufwertungsdumping 112
Ausbeutungsmissbrauch 180 Ausschließlichkeitsbindungen 150 Außenhandelstheorie 156 Austrian School 34 Auswirkungsprinzip 168 Automobilindustrie 87 Balance of Interests 226 BDI 175 beggar-thy-neighbour-policy 55, 73, 90, 95 Behinderungsmissbrauch 180 Beihilfenkontrolle 84 best information available 118 bilaterale Wettbewerbsabkommen 168, 197, 204 Blocking-status 203 Boeing/McDonnell-Douglas 88, 148, 193, 197, 217, 248 Bretton-Woods-Abkommen 57 Brittan 61 Brook vs. Brown 134 Bundesverband der Deutschen Industrie 175 Case Law 171 Chicago School 37, 44, 47, 51, 71, 151 Clayton Act 180 CLP 170 Coase Theorem 229 Commitee on Competition Law and Policy 170 Committee on Subsidies and Countervailing Measures 101 Competition Policy Advisory Commitee 223 cost-of-production-test 123 Cross-Retaliation 103, 105
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Sachregister
de-minimis-Kriterium 114, 115, 119 Deckungsbeitragsdumping 111 defensives Dumping 109 Deutschland 166 DIAC 200, 212 Dilemma-These 32 direkte Aktionen 75 Dispute Settlement Body 101 Doha-Runde 18, 20, 61, 63, 234 domestic subsidies 97, 98 Doppelforschung 75 Draft International Antitrust Code 200, 212 DSB 101 Dumping 40, 106, 181 Dumpinganalyse 114, 122 Dynamischer Wettbewerb 25 Economies of large scale 41, 71 Effects Doctrine 146, 168, 193, 194 EG 62 einheitliche Europäische Akte 74, 82 Energie- und Wasserversorgung 155 Entwicklungsländer 141, 167 Erhaltungssubventionen 81, 105 EU 68, 166, 193, 224, 248 EU-Binnenmarkt 74 EuGH 186 EUROFER 130 europäische Forschungs- und Technologiepolitik 74 European School 45 evolutorischer Wettbewerb 35 Exportkartelle 144, 145, 175, 196, 215, 220 Exportsubventionen 98, 105 externe Effekte 70 Extraterritorialprinzip 168 facts available 118 Fair Trade Commission 166 Federal Trade Commisison 148 Finanzdienstleistungen 155
First-best-solution 31 Fischerei- und Forstwirtschaft 155 Fixkosten 41 Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen 85 Forschungs- und Technologiepolitik 69, 77 Free-Rider-Verhalten 95, 97 Freiheitsfunktion 25 freiwillige Preisverpflichtungen 138 FTC 166 Fusionen 38, 47, 147, 215 Fusionskontrolle 184 GATS 59 GATT 56 GATT à la carte 59 Gefangenendilemma 95, 159 General Agreement on Tariffs and Trade 56 General Agreement on Trade in Services 59 General Electric/Honeywell 217, 219 Gerechtigkeit 24 Gerichtsverfahren 172 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 166 Globalisierung 19 goldene Regel 189 Goldstandard 55 Griechenland 84 Großbritannien 84, 185 Grundlagenforschung 70 GWB 180, 185 handelsgewichtete Zollbelastung 16 Handelshemmnisse 18 Handelsumlenkungsdumping 111 Hard-core-Kartelle 175 Harvard School 32, 46, 52, 179 Havanna-Charta 16, 55 Heckscher-Ohlin-Theorem 26 horizontale Aktionen 75
Sachregister horizontale Vereinbarungen 37, 173 horizontale Fusionen 184 IAA 200 ICPAC 223 ICPO 205, 213 indirekte Aktionen 75 Industrial Organization 33 Industrial Organization Forschung 31 Industrial Organization Theory 45, 46 Inhaltsbindungen 150 Inländerprinzip 231 Innovation 25 Innovationsfunktion 25 Inter-brand-Wettbewerb 153, 176 Interestdividing 227 Internalisierung externer Effekte 70 International Antitrust Authority 200 International Antitrust Code Working Group 200 International Comity 170 International Competition Network 169 International Competition Policy Advisory Commitee 145 International Competition Policy Office 205, 213 International Trade Administration 118 International Trade Commission 118 International Trade Organization 55 internationaler Subventionskodex 97 invisible hand 54 Irland 84, 185 ITA 118 Italien 83 ITC 118 ITO 55 Japan 68, 185, 225 JGTC 19 Joint Group on Trade and Competition 169 Kaldor-Hicks-Kriterium 53, 208 kalkulierter Normalwert 114
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Kanada 185, 225 Kartelle 173 Keiretsu-System 151, 154 klassische Liberale 31 kleinere und mittlere Unternehmen 85 KMU 85, 167 Kodak-Fuji 232 Kommunikationswesen 155 konstituierende Prinzipien 30 Kontrollfunktion 25 Konzeption des freien Wettbewerbs 35 Konzeption des funktionsfähigen Wettbewerbs 31 konzertierte Aktionen 75 Kooperationen 148 Kooperationsabkommen 169 Koppelungsverträge 150 Korea 166 Kostenkriterium 114, 135 kurzfristiges Dumping 108 Landwirtschaft 155 langfristiges Dumping 108 Luftfahrt 88 man of the state 93 man of the system 93 Markt 16 Marktausstiegsbarrieren 41 Markteinstiegsbarrieren 39, 41, 43 Marktergebnistests 179 Marktstellung 180 Marktstellungsdumping 113 Marktstrukturtest 179 Marktverdrängungsdumping 108 Marktverhalten 42 Marktverhaltenstest 179 Marktversagen 158 Marktverteidigungsdumping 111 Marktwirtschaft 16 Meistbegünstigung 58 Meistbegünstigungsprinzip 231 Merkantilismus 54
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Sachregister
Milleniumrunde 61 Minimalkonsens 233 Missbrauch 180 Missbrauchsaufsicht 177, 220 Missbrauchskontrolle 179 Monopolkommission 222 Morgenstern-Paradoxon 79 Most Favoured Nation Principle 224 Multilaterales Investitionsabkommen 63 Nachfrageausgleichsdumping 110 Nachfrageschwankungsdumping 113 National Treatment Principle 224 Negativ Comity 170, 197, 199, 202 Negativsummenspiel 159 Neo-Österreichische Schule 44, 51, 52 neue Außenhandelstheorie 71 neue Institutionenökonomik 70, 158 neue Politische Ökonomie 92, 156 neuer Protektionismus 66 neues handelspolitisches Instrument 154, 164 Neuseeland 185 New Industrial Economics 45, 46 Newcomer 39, 71 Nichtverletzungs-Klausel 202 Non-Aggression-Pact 117 Non-Dilemma-These 36 Nonviolation-Klage 145 Nonviolation-Klausel 202, 231 Normalwert 114, 120, 129, 135 OECD 18, 19, 169 öffentliches Gut 94 OMA 143 on behalf of the domestic industry 121 OPEC 145, 205 optimale Betriebsgröße 73 Orderly Marketing Arrangements 143 Ordoliberalismus 29, 38 Österreichische Schule 34, 44, 50, 51
Patentschutz 43, 51 Pattern Prediction 36 Per-se-Verbot 173, 176 Permanent Group of Experts 101 Pionierunternehmer 25 Politiker 157 politische Rationalität 92 Portugal 84 Positiv Comity 170, 197, 202, 203 Positivsummenspiel 159 Post Chicago School 46 potenzielle Konkurrenz 40 predatory pricing 135, 142 Preisbindungen 150 Preisdifferenzierungsdumping 113 produktive Effizienz 37 Property-Rights-Ansatz 70, 228 Protektionismus 156 Public Choice Theorie 156 Public Interest Clause 130 Quersubventionen 40 Rationalisierungskartell 174 räumliche Marktabgrenzung 179 red light category 98 regionale Beihilfen 86 regulierende Prinzipien 30 Renault 87 Rent-seeking 90 Rent-shifting 72 Restrictive-Business-Practices-Kodex 167 Retorsionsmaßnahmen 102, 105 Reziprozität 58 Rule of Law 173 Rule of Reason 33, 42, 46, 153, 176, 185, 186 Rüstungssektor 155 sachliche Marktabgrenzung 178 Safeguard-Duties 137, 141
Sachregister Sanktionsfunktion 24 Schädigungsanalyse 115, 125 Schiffbau 88 Schutz der Unternehmensinformationen 170 Schweden 166 Seattle 61 Selbstbeschränkungsabkommen 138, 143 serious prejudice 99 Sherman Antitrust Acts 142 Short-Supply-Regelung 130 sinkende Durchschnittskosten 71 SITO 205 Sowjetunion 167 Spanien 84, 166 Spieltheorie 46, 94 Standard International Trade Classification 205 statischer Wettbewerb 25 Steuerungsfunktion 23 Stimmenmaximierung 92 strategische Allianzen 149 strategisches Dumping 111 Streitbeilegungsverfahren 101 Structuralist School 31 Structure-Conduct-Performance-Ansatz 46 Strukturkrisenkartelle 174 Subventionen 66, 69, 98 Subventionsanalyse 100 Subventions-Clearing 104 Subventionskontrolle 106 sunk-costs 41 survival of the fittest 15, 37 Telecommunication Agreement 162 Territoriality Principle 168, 169 The Joint Group on Trade and Competition 19 Theorie der Lernkosteneffekte 71 Theory of Contestable Markets 39, 45, 51
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Tokio-Runde 97, 116 Top-dogs 154 Trade Agreement Act 97 Traffic Light Ansatz 98, 189 Transaktionskosten 229 Transaktionskostenansatz 158 Transformationsländer 167 Transportwesen 155 Trittbrettfahrerverhalten 95 twisted price criterion 123 Überbrückungs- und Umstrukturierungsbeihilfen 86 Umweltschutzbeihilfen 85 UNCTAD 167 unsichtbare Hand 16 Unteilbarkeit der Produktionsfaktoren 41 Unterschiede zwischen Handels- und Wettbewerbspolitik 64 unvollkommene Informationen 71 Uruguay-Runde 102, 145 USA 57, 68, 77, 166, 185, 193, 223 – Streitbeilegung 164 US-Anwaltskammer 211 US-EU-Wettbewerbsabkommen 197 van Miert-Reformansatz 202, 212 variable Kosten 131 VER 143, 175, 220 Verteilungsfunktion 24 vertikale Fusionen 184 vertikale Preisbindungen 38 vertikale Vereinbarungen 150, 176 vertikale Wettbewerbsbeschränkungen 37 Vertrag von Nizza 74 Vertriebsbeschränkungen 150 Verwaltungsverfahren 171 Violation-Klausel 145, 202, 231 vollständige Konkurrenz 29 Voluntary Export Restraints 143 Wettbewerbsfunktionen 23 Wettbewerbsordnung 30
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Sachregister
Wettbewerbspolitik 30 wettbewerbspolitische Ausnahmebereiche 155 Wilson Tariff Act 142 Workability-Konzeption 31, 46, 52, 179 Workable Competition 31 WTO 18, 59, 62, 223
WTO Working Group on the interactions between trade and Competition 19 yellow light category 98, 105 zeitliche Marktabgrenzung 179 Zellstoff-Fall 168