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German Pages 304 Year 2021
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 183
Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Auswirkungen der Umsetzung des Kapitels Ia der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie auf das deutsche Gesellschaftsrecht
Von
Paul Schütte
Duncker & Humblot · Berlin
PAUL SCHÜTTE
Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 183
Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Auswirkungen der Umsetzung des Kapitels Ia der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie auf das deutsche Gesellschaftsrecht
Von
Paul Schütte
Duncker & Humblot · Berlin
Die EBS Universität für Wirtschaft und Recht Wiesbaden – EBS Law School hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.
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© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18360-9 (Print) ISBN 978-3-428-58360-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Januar 2021 von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden als Dissertation angenommen; ihr liegt ein Bearbeitungsstand aus Januar 2020 zugrunde. Besonderer Dank gilt meinem Betreuer, Herrn Prof. Dr. Tim Florstedt, der mir als Mitglied der „Expertenkommission des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie“ wertvolle Einblicke in die Prozesse rund um die Entstehung der neuen aktienrechtlichen Vorschriften, die das Thema dieser Arbeit sind, ermöglicht hat. Herrn Prof. Dr. Ulrich Noack danke ich für dessen Zweitkorrektur; den Herausgebern der Schriftenreihe „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ für die Aufnahme in diese Reihe. Schließlich danke ich meiner Familie und meinen Freunden für deren vielfältige und ständige Unterstützung. Essen, im Mai 2021
Paul Schütte
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einleitung und Hintergründe zu den Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL und deren Umsetzung im ARUG II
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A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Der Aktionär: Vom anonymen Kapitalgeber zur aktiven Kontrollinstanz . . . . . . . 17 II. Hintergrund und Anlass der Untersuchung – Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie und deren Umsetzung ins deutsche Recht mit Fokus auf die Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL 23 I. Hintergründe zur überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie und zu den Umsetzungsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Das von der ARRL II anvisierte Regelungsproblem einer europaweit zu geringen Aktionärspartizipation und dessen Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Steigerung der Nachhaltigkeit durch und volkswirtschaftliche Bedeutung von aktiverer Aktionärspartizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Ursachen geringer Aktionärspartizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3. „Shareholder“-orientierter Ansatz der ARRL II zur Verbesserung der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 III. Die Ziele der Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 IV. Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2. Teil Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL und deren Umsetzung im ARUG II
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A. Anwendungsbereich der Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 I. Zum Anwendungsbereich der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie . . . . . . . . . 34 1. Die allgemeinen Richtlinienvorgaben zum sachlichen und örtlichen Anwendungsbereich, Art. 1 Abs. 1 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
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Inhaltsverzeichnis 2. Die Neuregelung zum Anwendungsbereich bezüglich der in Kapitel Ia ARRL behandelten Intermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Die Spezialregelung zum örtlichen Anwendungsbereich des Art. 3e ARRL . . . 37 4. Der Aktionärsbegriff der ARRL II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Gründe für die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Aktionärs . . . . . . . 39 b) Theoretische Möglichkeiten zur einheitlichen Begriffsbestimmung und Scheitern der Vereinheitlichung im Rahmen der ursprünglichen ARRL I . . 41 c) Funktionsweise der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. b ARRL . . . . . . . . . 44 d) Die Begriffsbestimmung nach der Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie durch die ARRL II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Die Durchführungsverordnung zur Präzisierung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 III. Anwendungsbereich und Regelungsstandort der Vorschriften des ARUG II . . . . . 48 1. Vorwiegende Umsetzung der Richtlinienvorgaben nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Die Aktionärsrechterichtlinie und das ARUG I im Trend zur Separierung der Regelungsvorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Allgemeine Vor- und Nachteile eines Sonderrechts der börsennotierten Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Vor- und Nachteile einer nicht überschießenden Umsetzung konkret in Bezug auf die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Aktionärsidentifikation, Art. 3a ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 bb) Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, Art. 3b u. 3c ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 d) Die Entscheidung im Rahmen des ARUG II weitgehend gegen eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Umsetzung der Vorgaben zu Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Nur vereinzelt überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3b u. 3c ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Umsetzung der sonstigen Richtlinienvorgaben – jenseits des Kapitels Ia ARRL – hauptsächlich nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Regelungsstandort der Neuvorschriften des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . . . . 64
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B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Die Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation, Art. 3a ARRL . . . . . . . . . . . 67 1. Subjektives Recht der Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre (Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Art und Umfang der zu übermittelnden Aktionärsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Inpflichtnahme der Intermediäre (Art. 3a Abs. 2 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Zur Frage nach einer möglichen Inanspruchnahme auch der Aktionäre selbst
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5. Mindestschwellenoption (Art. 3a Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Implementierung der Mindestschwelle als Kompromisslösung . . . . . . . . . . . 72 b) Konkrete Ausgestaltungsmöglichkeiten der Mindestschwelle . . . . . . . . . . . . 73 aa) Kompetenz zur Festsetzung einer Identifikationsmindestschwelle . . . . . 73 bb) Höhe und Anknüpfungspunkt der Mindestschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . 74 c) Folgen einer Mindestschwelle sowie deren Vor- und Nachteile . . . . . . . . . . 76 6. Vorgaben zum Ablauf des Identifikationsverfahrens (Art. 3a Abs. 3 ARRL) . . 78 7. Vorgaben zum Umgang mit den personenbezogenen Daten der Aktionäre (Art. 3a Abs. 4 u. 6 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 8. Berichtigungsanspruch (Art. 3a Abs. 5 ARRL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Präzisierungen der Durchführungsverordnung in Bezug auf die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 III. Die bisherigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz im deutschen Recht 83 1. Gesetzliche Beteiligungstransparenzmechanismen, die gleichermaßen für Namens- und Inhaberaktien gelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG . . . . 84 aa) Die im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG aufzudeckenden Personen . . . . . . . 86 bb) Begünstigte der Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG . . . . . . . 88 cc) Zu den im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG verpflichteten Personen und dem Auslösen des Mitteilungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 dd) Die Schwellenwerte der §§ 33 ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 ee) Kein Anspruch der Gesellschaft im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG . . . . . 90 ff) Sanktionen und Durchsetzbarkeit der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Aktienrechtliche Vorschriften zur Offenlegung von Beteiligungsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Konzernrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 20, 21 AktG . . . . . 93 bb) Regelungen zur Offenlegung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . 95 c) Transparenzregister des GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Aufzudeckende Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Mitteilungspflichtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 dd) Auskunftsberechtigte/Begünstigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 ee) Beschränkung des Anwendungsbereichs des Transparenzregisters . . . . . 97
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Inhaltsverzeichnis d) Ungeschriebene Beteiligungstransparenz nach Maßgabe einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 e) Gesellschaftsrechtliche Beteiligungstransparenz durch in der Satzung festgelegte Meldeschwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Gesetzliche Beteiligungstransparenz speziell für Namensaktien . . . . . . . . . . . . 99 a) Anlegertransparenz durch Eintragung im Aktienregister . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Einzutragende Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Praktische Handhabung: Elektronische Führung des Aktienregisters und Auslagerung der Registerführung an externe Dienstleister . . . . . . . . . . . 100 cc) Die Gesellschaft als Adressat der Registertransparenz . . . . . . . . . . . . . . 100 dd) Pflicht der Intermediäre zur Datenübermittlung nach § 67 Abs. 4 S. 1 AktG und (Un-)Beachtlichkeit eines diesbezüglichen Widerspruchs des Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 ee) Zur Praxis der „Fremdeintragungen“ und den diesbezüglichen Konstellationen, in denen der im Aktienregister eingetragene Registeraktionär nicht zugleich der „wahre Aktionär“ ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 ff) Satzungsmäßige Möglichkeiten zur Einschränkung von Fremdeintragungen im Aktienregister, § 67 Abs. 1 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 gg) Zwischenergebnis zur Beteiligungstransparenz unmittelbar aufgrund des Aktienregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Normzweck des Auskunftsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Ablauf des Auskunftsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 cc) Die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offenzulegende Person . . . . . . . . . 110 dd) Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG in grenzüberschreitenden Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 ee) Probleme hinsichtlich der praktischen Durchsetzung des Auskunftsverfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Fazit zur Aktionärstransparenz bei Namensaktien nach bisherigem Recht 113 3. Gesetzliche Beteiligungstransparenz bei Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4. Fazit zur Beteiligungstransparenz in börsennotierten Aktiengesellschaften jenseits der ARRL-Aktionärsidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Die Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation (Art. 3a ARRL) im Rahmen des ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Innere Systematik des § 67d AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Absehen von der Einführung einer allgemeinen Identifikationsmindestschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Das Informationsverfahren nach § 67d AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Identifikationsantrag der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
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bb) Möglichkeit einer Identifikation sowohl der Aktionäre als auch der Intermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (1) Der nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG offenzulegende „Aktionär“ 122 (2) Offenlegung der Intermediäre nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG
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cc) Bestimmung der nach § 67d AktG abfragbaren Aktionärsinformationen, § 67d Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 dd) Umfang der Pflicht zur Bereitstellung der Aktionärsinformationen . . . . 127 ee) Zum Ablauf des Identifikationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Nichtbestehen einer Pflicht der Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation . . . 130 2. Zum neugefassten § 67 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Aufnahme der E-Mail-Adresse zu den nach § 67 Abs. 1 AktG anzugebenden Aktionärsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Überarbeitung des § 67 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Neufassung des § 67 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) Änderungen des § 67 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Die Regelung des § 67e AktG zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Grundsätzliche Erlaubnis zur Verwendung von Aktionärsdaten im Rahmen der Prozesse nach §§ 67a ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Zum Umfang der datenschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 67e Abs. 1 AktG – insbesondere zur Frage nach der Zulässigkeit einer Verwendung der über § 67d AktG abgefragten Aktionärsdaten für Investor Relations-Maßnahmen und zu Werbezwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Zeitliche Begrenzung der Datenspeicherung, § 67e Abs. 2 AktG . . . . . . . . . 143 d) Die Regelung des § 67e Abs. 3 AktG; Vorrang der Aktionärsidentifikation gegenüber einem etwaigen „Bankgeheimnis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 e) Berichtigungsanspruch der Aktionäre nach § 67e Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . 145 4. Die Regelung des § 67 Abs. 4 S. 7 AktG zum Verhältnis der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zum Auskunftsverfahren der Namensaktiengesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Zur Frage nach der Zulässigkeit eines unmittelbar gegen die Aktionäre gerichteten Identifikationsverlangens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 V. Das Verhältnis der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zu den übrigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Verhältnis des § 67d AktG zur Beteiligungstransparenz des Aktienregisters einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG . . . . . 151 2. Verhältnis des § 67d AktG zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz 159 3. Verhältnis des § 67d AktG zum Konzerneingangsschutz nach §§ 20 f. AktG . . 163 4. Verhältnis des § 67d AktG zum Transparenzregister des GwG . . . . . . . . . . . . . 164 5. Implikationen des § 67d AktG für ein etwaiges „Recht der Aktionäre auf Anonymität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
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C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung 167 I. Die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung und zur Rechtsausübungserleichterung, Art. 3b u. 3c ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär, Art. 3b ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Übermittlung von Informationen der Gesellschaft an die Aktionäre, Art. 3b Abs. 1 – 3 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Pflicht der Intermediäre zur Informationsübermittlung, Art. 3 Abs. 1 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Informationen i.S.v. Art. 3b Abs. 1 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 cc) Verpflichtung der Gesellschaft, Art. 3b Abs. 2 ARRL . . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Ausnahme bei Direktübermittlung, Art. 3b Abs. 3 ARRL . . . . . . . . . . . 169 ee) Grundsätzlicher „Push-Mechanismus“ bezüglich der Informationsübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Übermittlung von Informationen der Aktionäre an die Gesellschaft, Art. 3b Abs. 4 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Regelung der Informationsübermittlung bei mehrgliedrigen Intermediärsketten, Art. 3b Abs. 5 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Die Richtlinienvorgaben zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung, Art. 3c ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Inpflichtnahme der Intermediäre zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung, Art. 3c Abs. 1 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Übermittlung einer Bestätigung bei elektronischen Stimmabgaben, Art. 3c Abs. 2 ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 II. Präzisierungen der Durchführungsverordnung zur Informationsübermittlung i.S.v. Art. 3b ARRL und Rechtsausübungserleichterung i.S.v. Art. 3a ARRL . . . . . . . . . 173 III. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Richtlinienvorgaben aus Art. 3a u. 3b ARRL mit Blick auf die bisherigen Regelungen im deutschen Aktienrecht . . . . . . . . . . . 174 1. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Vorgaben zur Informationsübermittlung aus Art. 3b ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär nach bisherigem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Umsetzungsbedarf in Bezug auf Art. 3b ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Vorgaben zur Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3c ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 IV. Die Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen des ARUG II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Die Informationsübermittlung nach §§ 67a u. 67b AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Legaldefinitionen zu den Intermediären, § 67a Abs. 4 u. 5 AktG . . . . . . . . . 179 b) Die Informationsübermittlung nach §§ 67a Abs. 1 – 3 u. 67b AktG . . . . . . . 181 aa) „Unternehmensereignis“ als Auslöser der Pflicht zur Informationsübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 bb) Spezialregelung zur Hauptversammlung, § 67a Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . 182
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cc) Ablauf der Informationsübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Informationsübermittlung und Anteilsbesitznachweis gemäß § 67c AktG . . . . 187 a) Die Regelung zur Informationsübermittlung bei Unternehmensereignissen ausgehend vom Aktionär, § 67c Abs. 1 u. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Neuregelung zum Anteilsbesitznachweis, § 67c Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . 189 3. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen der Hauptversammlung, §§ 118 ff. AktG . . . . . . . . . . . 189 a) Eingangsbestätigung für elektronische Stimmabgaben, § 118 Abs. 1 S. 3 – 5 u. Abs. 2 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Neufassung des § 125 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Aufhebung des § 128 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 d) Änderungen im Rahmen des § 129 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 D. Die Regelungen zur Kostenverteilung in Bezug auf die Verfahren der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . . . . . 193 I. Die Richtlinienvorgaben zur Kostenverteilung, Art. 3d ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . 193 II. Die Kostenverteilung nach § 67f AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Zur Kostenverteilung speziell bei grenzüberschreitenden Verwahrketten . . . . . . . 197 E. Maßnahmen und Sanktionen für Verstöße im Rahmen der Verfahren zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . 200 I. Richtlinienvorgaben, Art. 14b ARRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Die im deutschen Recht vorgesehenen Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
3. Teil Analyse zu den Auswirkungen der Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das deutsche Gesellschaftsrecht
204
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung . . . . . . . 204 I. Steigerung der Beteiligungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Steigerung der Beteiligungstransparenz in Bezug auf Inhaberaktionäre . . . . . . 205 2. Steigerung der Beteiligungstransparenz in Bezug auf Namensaktionäre . . . . . . 207 a) Verbesserung der Beteiligungstransparenz des formellen Aktienregisters . . 208 aa) Nur bedingte Eignung des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG zur Verringerung der Fremdeintragungen im Aktienregister . . . . . . . . . . 208 bb) Gesetzgeberische Klarstellung zur vorübergehenden Natur von Platzhaltereintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 cc) Auswirkungen der Kostenregelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG auf die Praxis dauerhafter Fremdeintragungen im Aktienregister . . . . . . . . . 209
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Inhaltsverzeichnis dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Verbesserung der Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre jenseits des formellen Aktienregisters: Verbesserungspotential besonders in grenzüberschreitenden Verwahrsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 aa) Grenzüberschreitende Verwahrketten innerhalb des EWR . . . . . . . . . . . 212 bb) Grenzüberschreitende Verwahrketten mit Intermediären aus NichtEWR-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 3. Anreize zur tatsächlichen Nutzung des Verfahrens zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG aus Sicht der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Allgemein steigende Wertschätzung guter Investor Relations und zunehmender Druck durch aktivistische Investoren und professionelle Stimmrechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b) Nutzen der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG speziell in Bezug auf Übernahmesituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 c) Allgemeine Bedeutung der Aktionäre als Werbeadressaten . . . . . . . . . . . . . 221 d) Interesse an einer Identifikation speziell auch der Vorzugsaktionäre . . . . . . 222 e) Beschränkter Nutzen der nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten zur Erfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Die dezentrale Informationsübermittlung bei Inhaberaktien . . . . . . . . . . 224 bb) Die Informationsübermittlung bei Namensaktien: Zwingender Einbezug der in das Aktienregister eingetragenen Intermediäre . . . . . . . . . . . . . . . 224 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 II. Steigerung der Aktionärskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 1. Defizite bezüglich unmittelbarer Kommunikation speziell in Bezug auf (private) Kleinanleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Interesse der Gesellschaft speziell an einer freiwilligen Kommunikation mit den Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Kommunikationsinteresse von Seiten der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 4. Speziell zur Verbesserung der Kommunikation mit im Ausland ansässigen (Privat-)Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. Auswirkungen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG auf das Verhältnis von Inhaber- und Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Das Nebeneinander von Namens- und Inhaberaktien im deutschen Aktienrecht 234 2. Rechtliche Einordnung von Namens- und Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 3. Historische Entwicklung von Inhaber- und Namensaktien sowie jeweilige Vorund Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Der Trend zur Namensaktie und deren Vorteile gegenüber der Inhaberaktie 236 aa) Größere internationale Verbreitung der Namensaktie und leichtere Börsennotierung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Namensaktien als Akquisitionswährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Hohe Fungibilität auch der Namensaktie durch Girosammelverwahrung 239 dd) Wachsende Bedeutung guter Investor Relations und diesbezügliche Vorteile der Namensaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
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ee) Bezüglich Inhaberaktien bestehender Verdacht der Geldwäsche . . . . . . 241 ff) Abschaffung der Inhaberaktie in anderen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . 241 b) Vorteile der Inhaberaktie vor und nach Inkrafttreten des ARUG II . . . . . . . . 242 aa) Aufhebung der höheren Anonymität der (börsennotierten) Inhaberaktie 242 bb) Nichtbestehen des mit der Aktienregisterpflege verbundenen Aufwands 244 4. Zur Frage nach einer verbleibenden Existenzberechtigung der Inhaberaktie . . . 245 5. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 IV. Anreize zur Digitalisierung der Aktionärskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Wegfall historischer Gründe gegen eine partizipative Rolle der Aktionäre im Lichte der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Möglichkeit zur Nutzung der elektronischen Aktionärsadressen zur Digitalisierung der Aktionärskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 a) Befugnis der Gesellschaft zur Nutzung der mithilfe des § 67d AktG in Erfahrung gebrachten elektronischen Adressen für gesetzliche Pflichtmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Befugnis der Gesellschaft zur Verwendung der nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten elektronischen Adressen zur freiwilligen Kommunikation 254 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette im Lichte der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen zur Erreichung ihrer vordergründigen und mittelbaren Ziele und rechtspolitische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Eignung der Maßnahmen zur Erreichung der Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Eignung bezüglich des vordergründigen Ziels der Steigerung einer aktiven Aktionärsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Eignung der Neuregelungen zur Verbesserung einer „nachhaltigen“ Unternehmensentwicklung – Die Neuregelungen der ARRL II vor dem Hintergrund der „Shareholder Value“-Debatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Zentrale Regelung zum Intermediärsrecht im deutschen Aktiengesetz . . . . . . . . . 266 III. Grundrechtliche Vereinbarkeit und rechtspolitische Bewertung der erhöhten Aktionärstransparenz und der Möglichkeit, die Aktionäre vermehrt unmittelbar zu kontaktieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Vereinbarkeit der neuen Aktionärsidentifikation mit den Grundrechten der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2. Rechtspolitische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 IV. Die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation im Kontext einer generellen Entwicklung in Richtung immer höherer Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 V. Bedeutung der Neuregelungen des ARUG II für die konzeptionelle Rolle des Aktionärs im deutschen Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
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Inhaltsverzeichnis 4. Teil Schlussbetrachtungen
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A. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
1. Teil
Einleitung und Hintergründe zu den Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL und deren Umsetzung im ARUG II A. Einleitung I. Der Aktionär: Vom anonymen Kapitalgeber zur aktiven Kontrollinstanz Traditionell wurden die Aktionäre börsennotierter Gesellschaften hauptsächlich als „anonyme Kapitalgeber“1 verstanden. Dass eine Vielzahl der Aktionäre ihre Mitgliedschaft in der Gesellschaft sowohl passiv als auch anonym ausgestalten, wurde bislang insoweit mit einer gewissen Selbstverständlichkeit unter anderem auch auf eine dahingehende Konzeption der Aktie „als anonyme Kapitalanlage“2 bzw. das spezielle „Wesen der Aktiengesellschaft“3 als Rechtsform zurückgeführt. Dem einzelnen (Klein-)Aktionär wurde damit einhergehend zuweilen sogar eine Art „Recht“ zugestanden, nicht ohne Weiteres von der Gesellschaft „gekannt und behelligt zu werden […]“.4 Dem heutigen Zeitgeist entspricht eine solche Charakterisierung der Aktionäre zunehmend weniger. So ist unbestritten, dass dem Aktionär innerhalb der Aktiengesellschaft neben seiner Rolle als Kapitalgeber zusätzlich auch eine wichtige ordnungspolitische Funktion als Kontrollinstanz zukommt.5 Lutter hatte diesbezüglich bereits in den 1970er-Jahren befunden, dass von Seiten des Gesetzgebers verstärkt darauf hingearbeitet werden müsse, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Aktionäre ihrer dahingehenden ordnungspolitischen 1 Vgl. insoweit etwa Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Kapitel A Rn. 4 („Die Rolle der Aktionäre ist weitgehend auf die des – in der Regel anonymen – Kapitalgebers beschränkt.“); in diese Richtung auch Siems, ZGR 2003, 218, 219 („[…] gehört zu den typischen Merkmalen von Aktionären, dass ihre eigene Person hinter die Aktiengesellschaft als ,Sammelbecken von Kapital‘ zurücktritt.“). 2 Noack, Anlagerechte bei mittelbar gehaltenen Wertpapieren, S. 82. 3 In diese Richtung etwa C¸ekin, S. 38. 4 Noack, Anlagerechte bei mittelbar gehaltenen Wertpapieren, S. 82; mit Annahme eines grundsätzlichen „Recht[s]“ der Aktionäre „auf Passivität“ auch Habersack, Beilage NJW 03/ 2012, 94, 97. 5 Ochmann, S. 4 ff.
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
Funktion auch tatsächlich nachkommen.6 Seither hat sich durchaus vieles getan: Die (Verwaltungs-)Rechte der einzelnen Aktionäre wurden durch verschiedenste Maßnahmen sowohl von Seiten der EU-Gesetzgebung als auch von Seiten des nationalen Gesetzgebers gestärkt.7 Exemplarisch wurden etwa im Rahmen der ersten Aktionärsrechterichtlinie aus dem Jahr 2007 (ARRL I)8, in Deutschland umgesetzt durch das ARUG I9, unter anderem die Möglichkeiten zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmedien im Zusammenhang der Hauptversammlung erweitert, um den Aktionären die praktische Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern. Hierdurch sollten faktische Anreize dafür geschaffen werden, dass die Aktionäre ihre Mitgliedschaft in der Gesellschaft etwas weniger passiv ausgestalten. Auch von einer grundsätzlichen Anonymität der Aktionäre als eines derer tradierten Wesensmerkmale kann mit Blick auf die jüngere Rechtsentwicklung immer weniger gesprochen werden. Bei der – sich im Vormarsch befindlichen –10 Namensaktie können die Gesellschaften die Identität ihrer Aktionäre grundsätzlich bereits durch das Aktienregister oder aber jedenfalls mithilfe der im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes von 2008 eingeführten Auskunftsansprüche (§ 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG) in Erfahrung bringen. Auch die verschiedenen gesetzgeberischen Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit zur Ausweitung der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz sowie die Einführung des seit 2017 vorgesehenen Transparenzregisters gemäß §§ 18 ff. GwG gehen mit einer Einschränkung der Anonymität der Aktionäre einher. Immer häufiger wird angesichts dessen kritisch die Metapher des „gläsernen Aktionär[s]“ angeführt.11 Mit den Neuregelungen des ARUG II12 zur Umsetzung der Vorgaben der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie (ARRL II)13 wird diese Entwicklung mit Verve vorangetrieben. Die Verwaltungsrechte der Aktionäre werden weiter gestärkt. Mit den Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechts6
Lutter, Der Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 33 ff. Vgl. aber auch Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45, 48 ff., der aufzeigt, dass der einzelne (Klein-)Aktionär im Rahmen bestimmter gesetzgeberischer Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit andererseits eher zum bloßen „Anleger“ degradiert wird und insoweit zum Teil mehr dessen Vermögensschutz als eine Stärkung der Verwaltungsrechte im Fokus stand. 8 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften. 9 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30. 07. 2009, BGBl. I S. 2479. 10 Vgl. zum dahingehenden „Trend zur Namensaktie“ eingehend unten bei Teil 3, A. III. 3. a). 11 Vgl. mit dieser Metapher etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17; Ebner/ Kraft, ZWH 2017, 153; Siems, ZGR 2003, 218, 220; Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122. 12 Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) v. 12. 12. 2019, BGBl. I S. 2637. 13 Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre. 7
A. Einleitung
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ausübungserleichterung – als Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL – soll eine intensivere Kommunikation zwischen der börsennotierten Gesellschaft und deren Aktionären bewirkt werden. Durch das neue Verfahren zur Identifikation der Aktionäre wird hierzu deren Anonymität im Verhältnis zur Gesellschaft erheblich eingeschränkt. Durch die Neuregelungen zur Informationsübermittlung soll gewährleistet werden, dass die Aktionäre – gerade auch in grenzüberschreitenden Verwahrsituationen – zuverlässiger als bisher durch die in der Verwahrkette zwischengeschalteten Intermediäre mit Informationen zur Ausübung ihrer Rechte versorgt werden. Noch immer von einem gesetzlichen Leitbild auszugehen, gemäß dessen den Aktionären im Grundsatz ein Recht zuzuerkennen sei, im Verhältnis zur Gesellschaft sowohl unerkannt als auch unbehelligt zu bleiben, erscheint nach dem Inkrafttreten jener Neuregelungen nur noch schwer vertretbar.
II. Hintergrund und Anlass der Untersuchung – Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Die Vorgaben der ARRL II sind mit dem ARUG II zum 1. Januar 2020 in das deutsche Gesellschaftsrecht implementiert worden. Bereits durch die Umsetzung der ursprünglichen ARRL I wurden den Aktionären seinerzeit stärkere Verwaltungsrechte an die Hand gegeben. Auf diese Weise sollte eine höhere bzw. aktivere Beteiligung der Aktionäre, insbesondere auch in grenzüberschreitenden Situationen, erreicht werden.14 Die tatsächliche Ausübung der gestärkten Verwaltungsrechte von Seiten der Aktionäre setzt dabei notwendigerweise eine Interaktion bzw. einen Kommunikationsprozess zwischen der börsennotierten Gesellschaft auf der einen und den Aktionären auf der anderen Seite voraus. Eben dieser Kommunikationsprozess, an dem neben der Gesellschaft und deren Aktionären regelmäßig noch weitere Akteure beteiligt sind, ist in der Praxis allerdings mitunter mit Schwierigkeiten behaftet. Bereits im Rahmen der ARRL I wurde daher unter anderem gerade an eben jenem Kommunikationsprozess angesetzt, beispielsweise durch die hierin vorgesehene Pflicht der Gesellschaft, ihre Aktionäre angemessen über bevorstehende Hauptversammlungen zu unterrichten (Art. 5 ARRL) oder durch die damals eingeführten Vorgaben zur „Teilnahme an der Hauptversammlung auf elektronischem Wege“ (Art. 8 ARRL). Mit ihren Vorgaben aus dem neuen „Kapitel Ia“ setzt nun auch die ARRL II im Besonderen an eben jenem Angelpunkt, den Kommunikationsprozessen zwischen der Gesellschaft und den Aktionären, an. Das Kapitel Ia ARRL mit dem Titel „Identifizierung der Aktionäre, Übermittlung von Informationen und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten“ beinhaltet insoweit bestimmte Regelungsvorgaben, durch welche die Kommunikations- und Informationsprozesse zwischen den börsennotierten 14
Vgl. ausführlich zu den Zielen der ARRL I: Ochmann, S. 13.
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
Gesellschaften und deren Aktionären allgemein verbessert werden sollen. Insbesondere haben die nationalen Gesetzgeber den bei ihnen ansässigen börsennotierten Gesellschaften hierzu ein Recht zur Identifikation der eigenen Aktionäre einzuräumen, wobei eine Kenntnis derselben seitens der Gesellschaft für eine erfolgreiche Kommunikation zwar keinesfalls unabdingbar, aber doch jedenfalls hilfreich ist. Die auf diese Weise angestrebte bessere Kenntnis der eigenen Aktionäre soll so letztlich zur Förderung einer „unmittelbaren“ Aktionärskommunikation, d. h. einer direkten Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären, beitragen. Die Neuvorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung setzen dagegen vorwiegend an der ansonsten praktizierten „mittelbaren“ Aktionärskommunikation an, bei der neben der Gesellschaft und den Aktionären zusätzlich auch noch die dazwischenstehenden Intermediäre als Mittelspersonen in den Kommunikationsprozess einbezogen werden. Umsetzungsbedarf hinsichtlich der Neuvorgaben des Kapitels Ia ARRL bestand aus deutscher Sicht im Besonderen in Bezug auf die in Art. 3a ARRL vorgesehene Aktionärsidentifikation und dem damit weiter vorangetriebenen „Know your Shareholder“-Grundsatz.15 Zwar waren auch bislang bereits diverse Beteiligungstransparenzmechanismen im deutschen Recht vorgesehen; gerade in den letzten Jahren war dabei auf verschiedenen Ebenen eine Entwicklung in Richtung höherer Anlegertransparenz zu beobachten gewesen, sodass man die diesbezüglichen Vorgaben der ARRL II insofern gewissermaßen auch als bloßes Teilstück eines größeren Gesamtpakets an Maßnahmen zur Transparenzsteigerung einordnen kann.16 Jedenfalls in Bezug auf die bisher vergleichsweise anonyme Inhaberaktie stellt die Einführung des von der Richtlinie geforderten Rechts der Gesellschaft zur Offenlegung grundsätzlich sämtlicher Aktionäre allerdings eine durchaus erhebliche Steigerung der vorhandenen Transparenzmechanismen dar. Mit der Implementierung des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation geht damit gleichsam eine gewisse Annäherung der Inhaberaktie zur Namensaktie einher: Der bislang mit der Inhaberaktie verbundene Vorteil einer im Vergleich zur Namensaktie höheren Anonymität wird durch das ARUG II ein Stück weit aufgehoben. Während sich in Bezug auf die Inhaberaktie daher die konzeptionelle Frage stellt, inwieweit dieser Aktienart in Zukunft überhaupt noch eine nennenswerte Daseinsberechtigung zukommt, geht es für die Namensaktie eher um die Frage, in welchem Verhältnis das neue Verfahren der Aktionärsidentifikation zu den bisherigen Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre rund um das Aktienregister steht. Beachtlich an den Vorgaben des Kapitels Ia ARRL ist überdies der hierin vorgesehene intensive und ausdrückliche Einbezug der zwischen der Gesellschaft und den Aktionären stehenden „Intermediäre“ in die Verfahren der Aktionärsidentifi15
Vgl. insoweit bereits Noack, NZG 2017, 561, 561 mit der Feststellung, dass Umsetzungsbedarf besonders in Hinblick auf Art. 3a ARRL zu konstatieren sei und bezogen auf Art. 3b und 3c ARRL in vergleichsweise geringem Ausmaß bestehe. 16 In diese Richtung schon Ebner/Kraft, ZWH 17, 153, 159 f.
A. Einleitung
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kation und Informationsübermittlung sowie allgemein zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung. So werden im Rahmen der besagten Prozesse insbesondere die regelmäßig zwischen den börsennotierten Gesellschaften und deren Aktionären stehenden Banken und sonstige Verwahrstellen als Teil der „Aktienverwahrkette“ umfassend zur Mitwirkung verpflichtet. Die deutsche Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL zur Aktionärsidentifikation (Art. 3a ARRL), Informationsübermittlung (Art. 3b ARRL) und zur allgemeinen Rechtsausübungserleichterung (Art. 3c ARRL) ist im Wesentlichen durch Ergänzungen und Anpassungen des Aktiengesetzes erfolgt. Konkret wurde das Aktiengesetz hierzu insbesondere um die §§ 67a – 67f AktG erweitert. Außerdem wurden bereits vorhandene aktienrechtliche Vorschriften, wie etwa die Regelung zum Namensaktienregister aus § 67 AktG und auch die Vorschriften zur Einberufung der Hauptversammlung nach §§ 121 ff. AktG, im Rahmen des ARUG II überarbeitet und angepasst. Wie bereits angedeutet, bedeutet die Richtlinienumsetzung für die deutsche Aktiengesellschaft als Rechtsform konzeptionell einen weiteren Schritt weg von dem ursprünglichen Leitbild eines „Kapitalsammelbeckens“, bei dem die einzelnen Aktionäre weitgehend auf die Funktion eines „Geldgebers“ beschränkt waren und dementsprechend anonym und passiv im Hintergrund der Gesellschaft agieren konnten und sollten.17 Während sich das rechtspolitische Bestreben nach einer stärkeren Einbindung der Aktionäre und die diesbezügliche wissenschaftliche Diskussion in den letzten Jahren zunehmend speziell auf institutionelle Anleger fokussieren und sich insoweit etwa auch die Vorgaben des Kapitels Ib ARRL („Transparenz bei institutionellen Anlegern, bei Vermögensverwaltern und bei Stimmrechtsberatern“) ganz im Sinne des angelsächsischen Stewardship-Gedankens gerade auf diese Anlegergruppe konzentrieren,18 betreffen die Neuregelungen zur Umsetzung des Kapitels Ia ARRL zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung grundsätzlich sämtliche Aktionärstypen gleichermaßen. Faktisch könnte eben jenen Neuregelungen speziell in Bezug auf Privatanleger sogar eine besondere Bedeutung zukommen, weil sich eben jene Aktionäre praktisch noch immer in besonderem Ausmaß passiv verhalten, wohin-
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Vgl. insoweit bereits soeben A. I. sowie später unter Teil 3 B. V. Vgl. etwa Florstedt, ZIP 2019, 1693 zum „Stewardship-Ansatz“ (1697) der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie; näher hierzu und der Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ib ARRL II im ARUG II: Tröger, ZGR 2019, 126; auch etwa im Rahmen des DCGK wird der Fokus zunehmend speziell auf die institutionellen Anleger gelegt, vgl. insoweit nur den 2017 eingeführten Passus im Rahmen der Präambel: „Institutionelle Anleger sind für die Unternehmen von besonderer Bedeutung. Von ihnen wird erwartet, dass sie ihre Eigentumsrechte aktiv und verantwortungsvoll auf der Grundlage von transparenten und die Nachhaltigkeit berücksichtigenden Grundsätzen ausüben.“, hierzu näher von Werder, in: Kremer/Bachmann/ Lutter/von Werder, DCGK, Rn. 113a ff. 18
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
gegen die aktive Mitwirkung der institutionellen Investoren in letzter Zeit ohnehin bereits teilweise zugenommen hat.19
III. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit analysiert und bewertet den Versuch der Schaffung einer höheren Aktionärstransparenz sowie zur Verbesserung der Informationsprozesse in Gestalt der Neuregelungen des ARUG II und stellt die daraus resultierenden Auswirkungen auf das deutsche Gesellschaftsrecht dar. Dazu werden zunächst die den Neuregelungen zugrundeliegenden Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL erläutert. In diesem Zusammenhang erfolgt jeweils auch eine Darstellung der durch die Richtlinienvorgaben in den Blick genommenen, schon bislang nach deutschem Recht in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften vorgesehenen Regelungen zur Aktionärsidentifikation, zur Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette sowie zur Erleichterung der Rechtsausübung. Anschließend wird dargelegt, wie sich die Richtlinienvorgaben systematisch in das deutsche Gesellschaftsrecht einfügen. Dabei wird der jeweilige Umsetzungsbedarf in Bezug auf das bisherige deutsche Aktienrecht erörtert und auf etwaige „Konflikte“ der EU-rechtlichen Vorgaben mit der deutschen Gesellschaftsrechtsdogmatik eingegangen. Auf dieser Grundlage werden sodann die Neuregelungen des ARUG II zur Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL, insbesondere die §§ 67a ff. AktG, erläutert. Darauf aufbauend erfolgt eine Untersuchung der – rechtskonzeptionellen und rechtspraktischen – Auswirkungen der Neuregelungen auf das deutsche Gesellschaftsrecht und schließlich eine Bewertung der Eignung der Neuregelungen zur Erreichung ihres Regelungsziels, einer stärkeren Aktivierung der Aktionäre. Eine daran anknüpfende Frage ist, ob und inwiefern durch eine solch stärkere Einbindung der Aktionäre auch tatsächlich eine „langfristige“ und „nachhaltige“ Unternehmensführung gefördert wird. Diesbezüglich beschränkt sich die Bearbeitung auf eine Einordnung der im Zuge des ARUG II eingeführten Neuregelungen in den Kontext der allgemeinen, seit Längerem kontrovers geführten „Corporate Governance“-Debatte.
19 Vgl. zur in den letzten Jahren gestiegenen aktiven Beteiligung institutioneller Investoren etwa Köhler, S. 341 f.: in diese Richtung geht etwa auch von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 64 davon aus, dass das ARUG II zu einer besseren grenzüberschreitenden Mitwirkung „vor allem der Privataktionäre“ beitragen könne; vgl. außerdem unten bei Teil 3 A. I. dazu, dass die institutionellen Anleger den Gesellschaften faktisch auch schon vor dem ARUG II zunehmend bekannt waren, wohingegen speziell die ausländischen Privataktionäre noch immer in vergleichsweise großem Umfang unbekannt sind.
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
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B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie und deren Umsetzung ins deutsche Recht mit Fokus auf die Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL I. Hintergründe zur überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie und zu den Umsetzungsgesetzen Die Vorgaben der ARRL II sind seit dem 9. Juni 2017 in Kraft und waren von den Mitgliedstaaten grundsätzlich bis zum 10. Juni 2019 in nationales Gesellschaftsrecht umzusetzen. Speziell in Bezug auf das neu eingefügte Kapitel Ia ARRL, d. h. den hier im Fokus stehenden Vorgaben zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, war allerdings erst im September 2018 als sog. „Level 2-Maßnahme“ eine Durchführungsverordnung der EU-Kommission („ARRL-DVO“)20 zur Festlegung diesbezüglicher Mindestanforderungen bzw. zur Präzisierung der Richtlinienvorgaben in Kraft getreten. Angesichts dessen bestand für die Umsetzung gerade jener Vorgaben auch eine längere, bis zum 3. September 2020 laufende Umsetzungsfrist. Zurück geht die Richtlinie auf einen entsprechenden Reformvorschlag der EUKommission vom 9. April 2014. Die endgültige Fassung basiert auf einem im Trilog erzielten Kompromiss, der am 13. März 2017 vom Europäischen Parlament und am 3. April 2017 vom Ministerrat angenommen wurde. Die Idee einer EU-rechtlichen Regelung zur Aktionärsidentifikation unter Einbezug der Intermediäre, wie sie nunmehr in Kapitel Ia ARRL vorgesehen ist, entstammt allerdings nicht erst dem Richtlinienvorschlag der Kommission aus dem Jahr 2014. Vielmehr waren entsprechende Regelungen insbesondere bereits im Grünbuch der Kommission zum Europäischen Corporate Governance-Rahmen aus dem Jahr 2011, im Bericht der Reflection Group zum Europäischen Gesellschaftsrecht aus demselben Jahr und auch im „Aktionsplan Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance“ der Kommission von 2012 vorgesehen.21 Als Änderungsrichtlinie dient die ARRL II der Ergänzung der ursprünglichen ARRL I aus dem Jahr 2007, die durch das am 4. August 2009 in Kraft getretene ARUG I in deutsches Recht umgesetzt wurde.22 20 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/2012 der Kommission v. 3. 9. 2018 zur Festlegung von Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmungen der RL 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Identifizierung der Aktionäre, der Informationsübermittlung und die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte, ABl. Nr. L 223 v. 4. 9. 2018, S. 1. 21 Vgl. hierzu Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.24; außerdem hatten vereinzelte Stimmen auch bereits nach Inkrafttreten der ursprünglichen ARRL I das Fehlen einer europaweiten Regelung zur Aktionärsidentifikation bemängelt, vgl. insoweit etwa Zetzsche, Journal of Corporate Law Studies 8 (2008), 289, 292. 22 Vgl. näher zur Entstehungsgeschichte der ursprünglichen ARRL I: Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 1 ff.; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unterneh-
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
Das damals schon verfolgte Ziel einer Stärkung der Aktionärsrechte und diesbezüglich gerade die Bekämpfung von Problemen bei der grenzüberschreitenden Rechtsausübung geht dabei insbesondere auf den Aktionsplan der Kommission zur „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“ aus dem Jahr 2003 zurück.23 Die ARRL II kann insofern als Teil eines umfassenderen „Pakets“ aus Maßnahmen der EU zur Verbesserung der Corporate Governance und als Konsequenz eines jahrzehntelangen Bemühens der Gesetzgebung um eine möglichst „nachhaltige“24 Unternehmensführung angesehen werden.25 In Deutschland ist die Umsetzung der Neuvorgaben der ARRL II durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vom 12. 12. 2019 erfolgt. Die Neuregelungen des ARUG II in Bezug auf die der ARRL-DVO unterfallenden Regelungsbereiche der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, konkret also insbesondere die §§ 67a ff. AktG, treten gemäß § 26 Abs. 4 EGAktG allerdings erst am 3. September 2020 in Kraft.
II. Das von der ARRL II anvisierte Regelungsproblem einer europaweit zu geringen Aktionärspartizipation und dessen Folgen 1. Steigerung der Nachhaltigkeit durch und volkswirtschaftliche Bedeutung von aktiverer Aktionärspartizipation Der Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie liegt die Erwägung zugrunde, dass aus Sicht des europäischen Gesetzgebers viele der als Aktiengesellschaft verfassten (börsennotierten) Unternehmen noch immer nicht „nachhaltig“ genug geführt werden. Mit der ARRL II soll wie durch diverse andere gesetzgeberische Maßnahmen daher ein Schritt hin zur Förderung einer solchen „Nachhaltigkeit“ getan werden. Insbesondere die globale Finanzkrise ab 2007, deren Beginn nun inzwischen immerhin schon mehr als ein Jahrzehnt zurückliegt, habe gezeigt, dass mens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.1; Noack, FS Westermann (2008), 1203, 1220; Ochmann, S. 13 f. 23 Noack, NZG 2017, 561, 561. 24 Ausführlich zum Begriff der Nachhaltigkeit (engl: „sustainability“) im kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Kontext: Bueren, ZGR 2019, 813, 816 ff.; speziell zur Änderung des Nachhaltigkeitspostulats aus § 87 Abs. 1 S. 2 AktG durch das ARUG II außerdem Florstedt, ZIP 2020, 1, 3 sowie Velte, NZG 2020, 12, 14 – mit der im Zuge des ARUG II vorgenommenen Überarbeitung des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG wollte der Gesetzgeber insoweit klarstellen, dass durch das aktienrechtliche Nachhaltigkeitspostulat neben dem Aspekt der „Langfristigkeit“ (nunmehr) gerade auch „soziale und ökologische Gesichtspunkte“ ins Auge gefasst werden sollen, vgl. BT-Drs. 19/15153, S. 62. 25 Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.5.
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
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eine „übermäßig kurzfristige Risikobereitschaft“, insofern gewissermaßen als Gegenteil einer „nachhaltigen“ Unternehmensführung, typischerweise nicht nur dem Management anzulasten sei, sondern durchaus auch von der Aktionärsbasis getragen werden könne.26 Wie durch die ursprüngliche ARRL I soll nun auch durch deren Überarbeitung in Gestalt der ARRL II eine langfristigere, „nachhaltigere“ Unternehmensführung durch eine aktivere Mitwirkung der Aktionäre erreicht werden. Dem Gedanken der ARRL II, durch eine stärkere Eingliederung der Aktionäre eine nachhaltigere Unternehmensführung zu erreichen, liegt damit implizit die Vorstellung zugrunde, dass eine intensivere und breitere Einbindung der an den Unternehmen beteiligten Aktionäre regelmäßig eine positive Auswirkung auf die langfristige Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft haben werde. Letztlich sollen auf diese Weise allgemein volkswirtschaftliches Wachstum sowie die Wettbewerbsfähigkeit der EU gesteigert und Arbeitsplätze geschaffen werden.27 Für das Verständnis der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie ist es unabdingbar nachzuvollziehen, inwiefern mit einer stärkeren Einbindung der Aktionäre in die Verwaltung der Unternehmen volkswirtschaftlich wünschenswerte bzw. generell positive Effekte für die Gemeinschaft einhergehen sollen. Führt man sich die originäre Funktion der Aktiengesellschaft als bloßes „Kapitalsammelbecken“28 vor Augen sowie damit einhergehend die Tatsache, dass etwa private Kleinanleger oft weder über besondere betriebswirtschaftliche Fähigkeiten noch über eine Kenntnis der für die Unternehmensführung relevanten Umstände verfügen, scheint es zunächst keineswegs selbstverständlich, dass sich eine vermehrte Mitwirkung sämtlicher Aktionäre automatisch positiv auf die Entwicklung der Aktiengesellschaft auswirken soll. Naheliegen könnte indes vielmehr der Schluss, dass es durchaus positiv wäre, wenn sich bestimmte Aktionäre – aus welchen Motiven auch immer – auf eine Rolle als bloße Kapitalgeber beschränken, ohne darüber hinaus Einfluss auf das Geschick der Aktiengesellschaft nehmen zu wollen und die Angelegenheiten der Gesellschaft dementsprechend möglichst umfassend der eigens dazu bestimmten Unternehmensleitung bzw. Vorstand und Aufsichtsrat überlassen. Darüber, dass eine solche Charakterisierung der Aktionäre ausschließlich als Kapitalgeber indessen erheblich zu kurz greift, herrscht allerdings sowohl in der Rechtswissenschaft als auch in der
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Erwägungsgrund 2 ARRL II. Vgl. insoweit die Begründung des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final), S. 2. 28 K. Schmidt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Einleitung Rn. 2; Weber, in: Hölters, AktG, § 76 Rn. 22; Bayer, in: Verh. 67. DJT, E 11 f.; C¸ekin, S. 39 („Kapitalsammelstelle“); Heckelmann, S. 61 („Kapitalsammelstelle“); Kalss, EuZW 2015, 252, 254 („Kapitalsammelstelle“); Nobel, FS Bär (1998), 301, 302; Ochmann, S. 3 mit Verweis auf BegR GesE AktG 1884, S. 464 („Kapitalsvereinigung“); Schmalenbach, Die Aktiengesellschaft, S. 12 („Kapitalpumpe“). 27
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
Politik schon seit Langem sehr weitgehender Konsens.29 Jenseits der Rolle als Geldgeber kommt dem Aktionär dabei insbesondere auch eine bedeutende ordnungspolitische Funktion bzw. die Aufgabe zu, Überwachung und Kontrolle in Hinblick auf die Leitung der Gesellschaft auszuüben.30 Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten, z. T. unter dem Stichwort der „Aktionärsdemokratie“31, die Erkenntnis durchgesetzt, dass es für eine positive Entwicklung der Unternehmen vorteilhaft sei, wenn eine Einflussnahme eines möglichst breiten Publikums auf die Führung und Überwachung der Gesellschaft erfolgt. Die Einbeziehung eines möglichst breiten Spektrums verschiedener Aktionäre geht dabei einher mit einer Repräsentation entsprechend vieler verschiedener gesellschaftlicher Werte und Überzeugungen. Eine Sensibilisierung der Unternehmensleitungen für die verschiedenen gesamtgesellschaftlichen Werte, beispielsweise etwa auch mit Blick auf soziale und ökologische Themen,32 soll dabei gleichsam mit einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens einhergehen.33 Vorteilhaft sei insofern das Vorhandensein und das Mitwirken einer „ausgeglichenen Aktionärsstruktur“, welche bei großen Publikumsgesellschaften im Idealfall einen Querschnitt der gesamtgesellschaftlichen Werte und Überzeugungen reflektiert.34 Zur Förderung einer möglichst „ausgeglichenen“ Vertretung aller verschiedenen Interessen sollen deshalb möglichst viele der Aktionäre der ihnen gesetzlich eingeräumten Überwachungs- und Kontrollfunktion nachkommen. Im Sinne einer solchen „Aktionärsdemokratie“ wäre es daher wünschenswert, wenn nicht hauptsächlich bestimmte „Aktionärstypen“, wie Großaktionäre und inländische institutionelle Anleger, die ihnen zustehenden Aktionärsrechte ausüben, sondern etwa gerade auch private Kleinaktionäre und Aktionäre aus dem Ausland vermehrt von ihren Rechten Gebrauch machten.35 Dies gilt umso mehr, als etwa Banken und institutionellen Anlegern oft ein im Vergleich zu Privatpersonen deutlich eher auf kurzfristige Gewinne gerichtetes Interesse nachgesagt wird.36 29 So hatte etwa Lutter, Der Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 44 f., bereits in den 1970erJahren auf die besondere Funktion der Aktionäre zur Gewährleistung „politische[r] Debatte“ hingewiesen. 30 Ochmann, S. 4. 31 Ochmann, S. 5 mit Verweis auf K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 837. 32 Ausführlich zu der Entwicklung, dass insbesondere seit der Weltwirtschaftskrise ab 2007 – in früheren Zeiten nahezu verpönte, „gebrandmarkte“ – Themen wie die sozialen und ökologischen Folgen unternehmerischen Handelns („Corporate Social Responsibility“) in Politik und Gesellschaft inzwischen zunehmend positiv rezipiert werden: Keltsch, S. 31 ff., 447 ff. 33 Ochmann, S. 5 Fn. 11 mit Verweis auf Goyet/Rontchevsky/Storck, RTDCom 2007, 562, 562 („En outre, les sociétés bien gérées, dotées d’un gouvernement d’entreprise cohérent et sensibilisées aux questions sociales et d’environnement sont plus performantes que leurs concurrents.“). 34 Ochmann, S. 5. 35 Vgl. dazu, wie sich „Shareholder Activists“ die „traditionell niedrige Hauptversammlungspräsenz in Deutschland“ zu Nutze machen, etwa Wettich, AG 2015, 681, 683. 36 Vgl. insoweit nur Schmidt, NZG 2018, 1201, 1203 sowie vertiefend Adams, ZIP 1996, 1590; auch der EU-Gesetzgeber weist unmittelbar in der Begründung zur überarbeiteten Ak-
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
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2. Ursachen geringer Aktionärspartizipation Das von der Aktionärsrechterichtlinie anvisierte Problem einer unzureichend nachhaltigen Unternehmensführung resultiert aus Sicht des Gesetzgebers unter anderem aus einer zu spärlichen aktiven Mitwirkung der Aktionäre an den Entscheidungen der Gesellschaft. So lag schon der ursprünglichen ARRL I damals die europaweite Sorge um eine als zu gering wahrgenommene Präsenz auf den Hauptversammlungen börsennotierter Gesellschaften zugrunde.37 Zurückzuführen ist die teils äußerst passive Ausgestaltung der Beteiligung vieler Aktionäre europäischer Aktiengesellschaften auf eine Vielzahl von Gründen unterschiedlicher Art. Bereits im Rahmen der ARRL I wurden als Ursache der oftmals geringen aktiven Beteiligung vieler Aktionäre dabei gerade auch „technische“ Schwierigkeiten ins Auge gefasst und insoweit konkret etwa auf eine bessere mediale Informationsverbreitung hingearbeitet. Noch stärker als im Rahmen der ursprünglichen ARRL I knüpfen die Vorgaben der ARRL II an der tatsächlichen Gegebenheit an, dass die Aktien börsennotierter Gesellschaften heutzutage typischerweise nicht unmittelbar von den Aktionären selbst gehalten werden, sondern zwischen Gesellschaft und Aktionär oftmals eine mehrgliedrige „komplexe Kette von Intermediären“ steht.38 Der Kommunikationsvorgang zwischen Gesellschaft und Aktionär als Grundlage einer gut funktionierenden Mitwirkung der Aktionäre wird durch das, oftmals gesetzlich sogar zwingend notwendige, Zwischenschalten von Intermediären wie Zentralverwahrern und Depotbanken verkompliziert.39 Infolge der Globalisierung des Aktienmarkts sind in die so bestehenden Verwahrketten oftmals Akteure verschiedener Staaten – sowohl von innerhalb als auch von außerhalb der EU – involviert, die nicht nur verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen, sondern auch anhand verschiedener technischer Standards und in verschiedenen Sprachen agieren. Durch die daraus resultierenden Schwierigkeiten technischer Art entstehen bei den verschiedentlich langen und komplexen Aktienverwahrketten Probleme bei der Wahrnehmung der Verwaltungsrechte.40 Beispielsweise können zur Hauptversammlung abgegebene Stimmen der Aktionäre innerhalb der Verwahrkette verloren gehen oder verdoppelt werden oder aber die Einladung der Gesellschaft zur Hauptversammlung erreicht den Aktionär nicht einmal.41 tionärsrechterichtlinie auf „konkrete Anhaltspunkte dafür“ hin, dass speziell das „Engagement von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern“ oft stark auf kurzfristige Gewinne ausgerichtet sei, vgl. Erwägungsgrund 2 ARRL II. 37 Ochmann, S. 9; vgl. auch bereits Ratschow, DStR 2007, 1402, 1402 zum Phänomen der geringen Stimmrechtspräsenz in europäischen Hauptversammlungen. 38 Vgl. instruktiv zur Rolle der zwischen Gesellschaft und Aktionär stehenden Intermediären im heutigen System der Aktienverwahrketten Steuer, JuS 2018, 415. 39 So sehen etwa Art. 3 Abs. 1, 76 Abs. 2 CSDR-VO für alle börsengehandelten Aktien ab dem Jahr 2025 eine zwingende Aufbewahrung bei einem Zentralverwahrer vor. 40 Wymeersch, FS Hopt (2010), 1565, 1568. 41 Vgl. dazu etwa Seibt, DB 2014, 1910, 1916.
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
In Zusammenhang mit den technischen Problemen bei der Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär steht außerdem das altbekannte Problem der „rationalen Apathie“ (engl.: „rational apathy“)42. Allgemein darunter zu verstehen ist das Phänomen, dass der Aufwand einer aktiven Beteiligung an der Gesellschaft den daraus resultierenden Nutzen für den einzelnen Kleinaktionär oftmals schlichtweg übersteigt.43 So wäre es zwar für das Unternehmen bzw. die Gesamtheit der Aktionäre und mittelbar auch für die Volkswirtschaft insgesamt durchaus von Vorteil, wenn alle Aktionäre ihre Rechte in angemessener Form ausüben und damit eine aktive Rolle innerhalb der Gesellschaft zugunsten einer „gelebten Aktionärsdemokratie“ einnehmen würden. Angesichts der allenfalls sehr geringen persönlichen Vorteile, die ein einzelner Aktionär gerade in großen Publikumsgesellschaften von der Wahrnehmung seiner Aktionärsrechte hat, ist es für ihn isoliert betrachtet allerdings oft vernünftiger bzw. wirtschaftlich „rational“, auf eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft zu verzichten. Der Aufwand, der mit der Wahrnehmung seiner Überwachungs- und Kontrollfunktion einhergeht, insbesondere in Gestalt der Stimmrechtsausübung, würde dem einzelnen Aktionär nur vergleichsweise sehr geringen Nutzen bringen und primär anderen Aktionären dienen. Gerade bei börsennotierten Publikumsgesellschaften ist es für den Aktionär überdies regelmäßig sehr unkompliziert, die eigenen Aktien im Fall von Unzufriedenheit mit der Unternehmensentwicklung einfach schnell und kostengünstig und auch sonst ohne größeren Aufwand über den Sekundärmarkt zu veräußern (sog. „Exit“-Strategie) und sodann schlicht anderweitig zu investieren. Vor diesem Hintergrund leuchtet es ein, dass sich viele Aktionäre für eine bloß passive Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft entscheiden und die Kontrolle der Unternehmensführung primär anderen überlassen, sog. „Trittbrettfahrer-Effekt“ (engl.: „free rider effect“).44 Indem die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL dazu dienen sollen, den Aktionären die Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern und so letztlich der Aufwand einer aktiveren Ausgestaltung der eigenen Mitgliedschaft verringert werden soll, setzt die Überarbeitung der Richtlinie auch an eben diesem Problembereich an. Problematisch an der „rationalen“ Passivität vieler Anleger ist unter anderem auch, dass dieses Phänomen bestimmte „Typen“ von Aktionären in besonderem Ausmaß betrifft. Die besondere Passivität beispielsweise der privaten Kleinanleger begünstigt insoweit faktisch andere Aktionärstypen wie reine Finanzinvestoren, die bei vergleichsweise niedrigen Hauptversammlungspräsenzen schneller einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausüben können.45 Sofern solche „Finanzinvestoren“ an einer bloß kurzfristig gewinnversprechenden Unternehmensführung interessiert sein sollten und mit der Ausübung ihrer Rechte 42
Vgl. hierzu nur etwa Ochmann, S. 5 f.; Zetzsche, Journal of Corporate Law Studies 8 (2008), 289, 298 ff.; zurückgehend u. a. auf Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S. 75 ff. 43 Siems, S. 112. 44 Vgl. hierzu auch Dauner-Lieb, WM 2007, 9, 11 f.; Siems, S. 112. 45 Ochmann, S. 10.
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
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daher auf eine solche hinwirken,46 kann dies der langfristigen Entwicklung der Gesellschaft schaden. Mit Blick auf den stetig wachsenden Einfluss der institutionellen Investoren und deren Stimmrechtsberatern wird in der überabeiteten Aktionärsrechterichtlinie eben jener Anlegergruppe in Gestalt der Vorgaben des Kapitels Ib ARRL nunmehr auch ein eigener Abschnitt gewidmet, wonach sowohl die institutionellen Investoren selbst als auch deren etwaige Stimmrechtsberater bestimmten Transparenzpflichten unterworfen werden. Anders als bei den Maßnahmen der ursprünglichen ARRL I und den Vorgaben des Kapitels Ia ARRL II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung geht es speziell in Bezug auf institutionelle Anleger heute insofern also nicht mehr bloß um eine schlichte „Aktivierung“ ansonsten passiver Aktionäre, sondern auch um eine Transparentmachung derer Entscheidungen und somit letztlich um eine Kontrolle des dieser Anlegergruppe innewohnenden, immer größer werdenden Einflusspotentials.47 3. „Shareholder“-orientierter Ansatz der ARRL II zur Verbesserung der Corporate Governance Mit der von der ARRL II angestrebten Stärkung der Aktionäre und dem intensiveren Einbezug derselben in die Entscheidungen der Gesellschaft verfolgt die Richtlinie grundsätzlich einen klar „shareholder“-bezogenen Ansatz zur Verbesserung der Corporate Governance. Die Frage, ob eine (weitere) Stärkung gerade der Aktionäre und damit mittelbar einer „shareholder value“-orientierten Unternehmenspolitik, anstelle einer Förderung sämtlicher an den Belangen des Unternehmens beteiligten Akteure – als „stakeholder value“-orientierter Ansatz – das Mittel der Wahl ist, um die Unternehmen in Richtung einer volkswirtschaftlich, aber etwa auch unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten wünschenswerten Entwicklung zu lenken, steht seit Langem im Mittelpunkt einer in der rechtsökonomischen Wissenschaft kontrovers geführten Debatte.48 Jene sehr allgemeine Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Primats des Shareholder Value soll im Rahmen dieser Arbeit nicht allzu vertieft erörtert oder gar beantwortet werden. Durchaus thematisiert 46 Zum Phänomen des „massenhafte[n] Auftreten[s] kurzfristig orientierter institutioneller Anleger“ als Hauptgrund für die oftmals beobachtbare Dominanz einer kurzfristig orientierten Unternehmenspolitik: Keltsch, S. 47 m.w.N. 47 Vgl. insoweit etwa Florstedt, ZIP 2019, 1693, 1694, der konkret mit Blick auf die „Common Ownership“-Problematik aufzeigt, dass es im Kontext der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie heute nicht mehr bloß um die „Aktivierung“ von sich ansonsten rationalpassiv verhaltenden institutionellen Investoren geht, sondern gerade auch um die Folgefrage, wie gewährleistet werden kann, dass der „,aktivierte‘ Steward-Aktionär“ dann auch den ihm anvertrauten Kontrollaufgaben nachkommt; vgl. empirisch zur stetig wachsenden Verflechtung des Anteilsbesitzes der verschiedenen institutionellen Investoren („Common Ownership“) jüngst OECD, Owners of the World’s Listed Companies, 2019, S. 24 f. 48 Instruktiv zur „Shareholder Value-Debatte“ im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Literatur etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rn. 29 ff.
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
werden soll allerdings, wie sich konkret die ARRL II und deren Umsetzung in Gestalt des ARUG II, speziell in Bezug auf die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, in diese allgemeine Debatte einfügen. Dabei soll aufgezeigt werden, dass und weshalb der z. T. auch explizit gegenüber der ARRL II erhobene Vorwurf einer zu stark auf die Aktionäre fokussierten und dabei die übrigen Stakeholder vernachlässigenden Gesetzgebung jedenfalls in Bezug auf die deutsche Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das ARUG II ein Stück weit zu relativieren ist.49
III. Die Ziele der Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL Die Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung sollen ausweislich der Gesetzesbegründung der Verbesserung insbesondere der unmittelbaren Kommunikation zwischen den von der Aktionärsrechterichtlinie erfassten Gesellschaften und deren Aktionären dienen, was insbesondere „in grenzüberschreitenden Situationen und bei der Verwendung elektronischer Mittel“ von Nöten sei.50 Indem die Vorgaben aus Art. 3b ARRL zur Informationsübermittlung und aus Art. 3c ARRL zur Rechtsausübungserleichterung die Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären „verbessern“ sollen, wird das Bestehen einer irgendwie gearteten Kommunikation hier gewissermaßen bereits vorausgesetzt. Dagegen soll die in Art. 3a ARRL geregelte Aktionärsidentifikation den Gesellschaften die Aufnahme einer direkten bzw. unmittelbaren Kommunikation mit den Aktionären in bestimmten Konstellationen überhaupt erst ermöglichen. Die Verbesserung der (unmittelbaren) Kommunikation im Binnenraum der Gesellschaft soll mittelbar einer möglichst langfristigen und „nachhaltigen“ Mitwirkung der Aktionäre dienen. Dahingehend heißt es im neugefassten Art. 1 Abs. 1 S. 2 ARRL, explizit und ausschließlich in Bezug auf die neu eingefügten Vorgaben der ARRL II, die Richtlinie lege „besondere Anforderungen fest, um die – insbesondere langfristige – Mitwirkung der Aktionäre zu fördern“. Die hier angesprochene Mitwirkung der Aktionäre, die durch die allgemeinen Vorgaben des Kapitels Ia ARRL intensiviert werden soll, ist dazu erforderlich, dass die sonst in der Richtlinie vorgesehenen konkreten Aktionärsrechte, wie beispielsweise das Fragerecht der Aktionäre auf der Hauptversammlung aus Art. 9 ARRL oder auch das seit der Richtlinienüberarbeitung neu vorgesehene Recht der Aktionäre auf Abstimmung über die Vergütungspolitik i.S.v. Art. 9a ARRL, faktisch auch von möglichst vielen Aktionären ausgeübt werden können. Insofern kommt der Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie in Gestalt der Neuvorgaben des Kapitels Ia ARRL gewissermaßen eine „dienende Funktion“ zu. Die Art. 3a ff. ARRL stellen mit anderen 49 Mit Kritik am Shareholder Value-Ansatz der ARRL II konkret etwa Robé, ERA Forum (2016), 45; hierzu näher unten unter Teil 3 B. I. 2. 50 Erwägungsgrund 4 ARRL II.
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
31
Worten eine Voraussetzung oder jedenfalls eine Erleichterung dafür dar, dass die Aktionäre praktisch überhaupt von ihren konkreten, z. T. bereits seit 2007 in der ursprünglichen ARRL I und z. T. erst seit deren Überarbeitung in Gestalt der ARRL II vorgesehenen, Aktionärsrechten Gebrauch machen. Dahingehend sollen sich ein möglichst umfassender Informationsfluss, wie er von Art. 3b ARRL vorgegeben wird, und allgemeine Maßnahmen zur Erleichterung der Rechtsausübung im Sinne des Art. 3c ARRL förderlich auf den Kommunikationsvorgang auswirken, der der Wahrnehmung konkreter Aktionärsrechte ganz verschiedener Art zugrunde liegt. Der in Art. 3a ARRL zum Ausdruck kommende „Know your Shareholders“Grundsatz kann konzeptionell als Grundlage dafür gesehen werden, dass überhaupt ein irgendwie gearteter Kommunikationsvorgang unmittelbar zwischen Gesellschaft und Aktionär stattfinden kann. Unter diesem Aspekt kann das Aktionärsidentifikationsrecht aus Art. 3a ARRL gewissermaßen auch als die elementarste der Neuvorgaben des Kapitels Ia ARRL oder gar der gesamten Aktionärsrechterichtlinie gesehen werden, ohne welches die einzelnen konkreten Aktionärsrechte faktisch „in der Luft“ hängen würden.51 Die in Art. 3a ARRL neu vorgesehene Möglichkeit zur Identifikation der Aktionäre kann als Teil eines generellen gesetzgeberischen Trends in Richtung einer möglichst umfassenden Anlegertransparenz gesehen werden, welcher sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene zu beobachten ist. In Bezug auf die Mitgliedschaft gerade in deutschen Aktiengesellschaften wurden die Möglichkeiten zu einer anonymen Beteiligung etwa bereits im Zuge der Aktienrechtsnovelle 201652 eingeschränkt, seitdem nicht börsennotierte Aktiengesellschaften die im Vergleich zur Namensaktie „anonymere“ Inhaberaktie nur noch unter bestimmten Voraussetzungen ausstellen dürfen.53 Die Förderung der Anlegertransparenz als gesetzgeberisches Ziel lag auch etwa dem 2017 eingeführten „Transparenzregister“ des Geldwäschegesetzes (GwG) zugrunde. Die genaue Zielsetzung dieser verschiedenen gesetzgeberischen Maßnahmen unterscheidet sich indes erheblich. Während die in Art. 3a ARRL vorgesehene Transparenzregelung der Förderung guter Corporate Governance und dadurch mittelbar einer nachhaltigen Volkswirtschaft dienen soll, dienen die anderen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Stärkung der Beteiligungstransparenz zum Teil etwa der staatlichen Bekämpfung von Kriminalität wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung.54 Zu klären ist mit Blick auf die Zielsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL, inwiefern die Maßnahmen tatsächlich geeignet sind, eine intensivere Beteiligung möglichst vieler Aktionäre zu erreichen. Dem übergeordnet steht die Frage, in51
So in etwa auch bereits Noack, NZG 2017, 561, 561. Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) v. 22. 12. 2015, BGBl. I, S. 2565. 53 Vgl. eingehend zu den Voraussetzungen einer Ausgabe von Inhaberaktien nach der Neufassung des § 10 AktG: Mock, AG 2016, 261. 54 Vgl. insoweit auch der Hinweis auf die unterschiedlichen Ziele der objektiv in eine ähnliche Richtung gehenden Maßnahmen bei Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 154, 159 f. 52
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1. Teil: Einleitung und Hintergründe zu Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL
wieweit die vom Gesetzgeber angestrebte intensivere und umfangreichere Einbeziehung und Beteiligung der bisher zum Teil sehr passiv agierenden Aktionäre auch wirklich sinnvoll ist bzw. aufgrund dessen mit einer in volkswirtschaftlicher oder gar sozialer, ökologischer und ethischer Hinsicht langfristig besseren – „nachhaltigeren“ – Entwicklung der Unternehmen gerechnet werden kann.55
IV. Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das ARUG II Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der ARRL II mit dem zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen ARUG II in nationales Gesellschaftsrecht übertragen, wobei die Vorgaben konkret des Kapitels Ia ARRL im Wesentlichen in Gestalt der neu eingeführten §§ 67a ff. AktG umgesetzt worden sind. Während die meisten der Neuregelungen, die mit dem ARUG II Eingang in das deutsche Aktienrecht gefunden haben, bereits in vergleichbarer Form im ersten diesbezüglichen Referentenentwurf der Bundesregierung vom 11. 10. 2018 vorgesehen waren, haben sich speziell in Bezug auf die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung noch gegen Ende des Umsetzungsgesetzgebungsverfahrens durchaus erhebliche inhaltliche Änderungen ergeben. So hatte sich im Zuge der öffentlichen Konsultation zum Referentenentwurf des ARUG II eine besondere Vielzahl der eingegangenen Praxisstellungnahmen gerade auf eben jene Neuregelungen fokussiert und dem Entwurf diesbezüglichen Nachbesserungsbedarf attestiert. In dem darauffolgenden Regierungsentwurf vom 20. 03. 2019 hat der deutsche Gesetzgeber entsprechend reagiert und insoweit gerade im Bereich eben jener Regelungen noch erhebliche Änderungen vorgenommen. Wenngleich die übrigen Themenkomplexe des ARUG II – namentlich die Transparenzpflichten für institutionelle Investoren und professionelle Stimmrechtsberater, die Neuregelungen zur Vorstandsvergütung (engl.: „say on pay“) sowie die Vorschriften für Geschäfte mit nahestehenden Personen (engl: „related party transactions“) – in der rechtswissenschaftlichen Diskussion ungleich höhere Aufmerksamkeit erfahren haben als die Neuregelungen der §§ 67a ff. AktG,56 zeugt dies doch von einer gewissen Brisanz eben jener Vorschriften zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung. Die besondere Komplexität der gesetzgeberischen Aufgabe, gerade die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL praxistauglich in deutsches Recht zu übertragen, war dabei insbesondere auch auf das im hiesigen Aktienrecht vorgesehene Nebeneinander von Inhaber- und Namensaktien zurückzuführen, wobei sich gerade die Möglichkeiten zur Aktionärsidentifikation und die Prozesse der Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär in Bezug auf die beiden Aktienarten erheblich unterscheiden. Die schlussendliche Fassung des 55
Dies tendenziell ablehnend etwa Robé, ERA Forum (2016), 45. So etwa auch der Eindruck bei Bork, NZG 2019, 738, 738; auch Habersack, BB 2020, I sieht den Fokus der rechtswissenschaftlichen Diskussion zur Umsetzung der ARRL II vor allem auf den Themen der Vorstandsvergütung und der Related Party Transactions. 56
B. Hintergründe und Ziele der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie
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ARUG II wurde schließlich nach einigen letzten, durch den Rechtsausschuss angestoßenen, kleineren Änderungen am 14. 11. 2019 vom Bundestag beschlossen, sodann am 29. 11. 2019 vom Bundesrat gebilligt und letztlich am 19. 12. 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet.57
57
BR-Drs. 605/19; mit den vom Rechtsausschuss empfohlenen und später vom Bundestag beschlossenen Änderungen an der finalen Fassung des ARUG II (vgl. BT-Drs. 19/15153) waren in Bezug auf die Regelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung dabei keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen mehr im Vergleich zum vorherigen Regierungsentwurf verbunden gewesen.
2. Teil
Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL und deren Umsetzung im ARUG II A. Anwendungsbereich der Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung I. Zum Anwendungsbereich der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie Wie die ursprüngliche ARRL I beziehen sich auch die Neuvorgaben der ARRL II ihrem Anwendungsbereich nach auf Gesellschaften mit Sitz und Börsennotierung innerhalb des EWR1, vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL. Bei den von der ursprünglichen ARRL I gestärkten Aktionärsrechten handelt es sich ausschließlich um solche, die mit Stimmrechten verbundene Aktien betreffen und außerdem unmittelbar im Zusammenhang mit der Hauptversammlung der Gesellschaft stehen, vgl. Art. 1 Abs. 1 ARRL a.F. Im Entwurfsstadium war der Anwendungsbereich der ursprünglichen ARRL I diesbezüglich insofern sogar noch enger als in ihrer endgültigen Version gefasst, als zunächst nicht allgemein alle Aktionärsrechte „im Zusammenhang mit Hauptversammlungen“ gestärkt werden sollten, sondern bloß die „Ausübung der Stimmrechte“ – unmittelbar – „im Rahmen der Hauptversammlung“.2 Die nunmehr im Kapitel Ia der überarbeiteten Richtlinie neu vorgesehenen „besonderen Vorgaben und Anforderungen zur langfristigen Mitwirkung der Aktionäre“ i.S.d. Art. 1 Abs. 1 S. 2 ARRL beziehen sich hingegen nicht mehr ausschließlich auf unmittelbar mit der Hauptversammlung im Zusammenhang stehende Aktionärsrechte. Insofern hat der Anwendungsbereich der Aktionärsrechterichtlinie durch die Änderungen der ARRL II in sachlicher Hinsicht eine leichte Erweiterung erfahren. In örtlicher Hinsicht ist eine Erweiterung der Reichweite der Aktionärsrechterichtlinie, speziell hinsichtlich der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL, in Gestalt 1 Der räumliche Anwendungsbereich der Aktionärsrechterichtlinie wurde 2008 von den EU-Mitgliedstaaten auch auf die übrigen EWR-Staaten ausgedehnt, vgl. insoweit den Beschluss des gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 59/2008 v. 25. 4. 2008 zur Änderung von Anhang XXII des EWR-Abkommens, ABl. EU v. 21. 8. 2008, L 223/60. 2 Vgl. hierzu Ochmann, 17.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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der Spezialregelung des Art. 3e ARRL in Bezug auf Intermediäre aus Drittstaaten jenseits des EWR vorgesehen. 1. Die allgemeinen Richtlinienvorgaben zum sachlichen und örtlichen Anwendungsbereich, Art. 1 Abs. 1 ARRL Ihrem Anwendungsbereich nach erstrecken sich die Vorgaben der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie gemäß Art. 1 Abs. 1 ARRL auf Gesellschaften, die sowohl ihren Sitz als auch eine Börsennotierung in einem EWR-Staat haben. In Bezug auf die deutschen Gesellschaftsformen werden auf diese Weise in erster Linie börsennotierte Aktiengesellschaften sowie entsprechende als Societas Europaea (kurz: SE) verfasste Unternehmen, aber auch andere nationale Gesellschaftsformen, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, somit insbesondere auch die Kommanditgesellschaft auf Aktien (kurz: KGaA), erfasst.3 Eine „überschießende Umsetzung“ der neuen, in der ARRL II vorgesehenen Vorgaben auch in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften bleibt den Mitgliedstaaten allerdings unbenommen. Die Aktionärsrechterichtlinie regelt – so ausdrücklich Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL – in Bezug auf eben solche Gesellschaften „Anforderungen an die Ausübung bestimmter, mit Stimmrechtsaktien verbundener Rechte von Aktionären im Zusammenhang mit Hauptversammlungen“. Gemäß des neu eingefügten Art. 1 Abs. 1 S. 2 ARRL werden außerdem zusätzlich „besondere Anforderungen“ festgelegt, „um die – insbesondere langfristige – Mitwirkung der Aktionäre zu fördern“. Diese besonderen Anforderungen gelten für die im Rahmen der ARRL II neu eingefügten Regelungsbereiche „Identifizierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung, die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte, die Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern, die Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung und Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen“, vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 3 ARRL. Der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie erfährt dabei durch die neuen Vorgaben der ARRL II insofern eine leichte Erweiterung im Vergleich zur ursprünglichen ARRL I, als sich die neu eingefügten Vorgaben somit nicht ausschließlich auf die Rechtsausübung „im Zusammenhang mit Hauptversammlungen“ erstrecken. Konkret beziehen sich etwa die im neuen Art. 3c ARRL vorgesehenen Maßnahmen zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung schon dem Wortlaut nach auch auf Verwaltungsrechte jenseits der Hauptversammlung. Das in Art. 3c ARRL ausdrücklich erwähnte Recht „auf Teilnahme an und Stimmabgabe in Hauptversammlungen“ stellt dabei ausdrücklich nur einen Teil der bezüglich ihrer Ausübung zu erleichternden Aktionärsrechte dar (vgl. insoweit die Formulierung „einschließlich“ in Art. 3c Abs. 1 ARRL). Eine über den sachlichen Anwendungsbereich hinausgehende Richtlinienumsetzung bleibt 3 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 18; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.9.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
den Mitgliedstaaten wie schon im Rahmen der ursprünglichen ARRL I außerdem dahingehend unbenommen, dass die Neuvorgaben ganz oder zum Teil auch für solche Aktien ohne Stimmrecht umgesetzt werden dürfen.4 Sofern man die in Art. 3a Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL zur neu vorgesehenen Aktionärsidentifikation vorgesehene Option, den Identifikationsmechanismus auf solche Aktionäre zu beschränken, die einen bestimmten Anteil an „Aktien oder Stimmrechten“ überschreiten, derart deuten mag, dass den Mitgliedstaaten bezüglich einer solchen Mindestschwelle sogar bewusst die Möglichkeit eingeräumt werden soll, zwischen verschiedenen Aktiengattungen wie Stamm- oder Vorzugsaktien zu differenzieren,5 ließe sich daraus schließen, dass jedenfalls die Neuvorgaben der ARRL II zur Aktionärsidentifikation im Grundsatz ohnehin nicht nur in Bezug auf Aktionäre mit Stimmrecht konzipiert sind. 2. Die Neuregelung zum Anwendungsbereich bezüglich der in Kapitel Ia ARRL behandelten Intermediäre Speziell in Bezug auf Kapitel Ia ARRL („Identifizierung der Aktionäre, Übermittlung von Informationen und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten“) neu eingefügt wurde in Gestalt des Art. 1 Abs. 5 ARRL darüber hinaus eine Regelung zur Bestimmung des Anwendungsbereichs in Hinblick auf die im Rahmen der Neuvorgaben umfassend behandelten und in Art. 2 lit. d ARRL legaldefinierten Intermediäre, welche regelmäßig als Bindeglied zwischen den Gesellschaften und deren Aktionären stehen. Danach werden Intermediäre vom Anwendungsbereich der Richtlinie insofern erfasst, „als sie Aktionären und anderen Intermediären Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien von Gesellschaften erbringen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben und deren Aktien zum Handel auf einem im Mitgliedstaat gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind.“ Durch diese sehr weitgefasste und an Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL orientierte Regelung möchte die Richtlinie möglichst alle zwischen den erfassten Gesellschaften und deren Aktionären stehende Akteure der „Aktienverwahrkette“ erfasst bzw. verpflichtet wissen, sodass beispielsweise die nach Art. 3a ARRL vorgesehene Aktionärsidentifikation nicht schon an der Qualifikation einer in die Verwahrkette einbezogenen Person als Intermediär scheitert.6
4 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 20; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.10. 5 Mit entsprechender Deutung, dass Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL gerade auch eine Differenzierung zwischen Stamm- und Vorzugsaktionären ermöglicht: Diekmann, FS MarschBarner (2018), 145, 153; Eggers/de Raet, AG 2007, 464, 468; ausdrücklich gegen eine solche Deutung hingegen Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 42. 6 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 45.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
37
3. Die Spezialregelung zum örtlichen Anwendungsbereich des Art. 3e ARRL Systematisch unmittelbar innerhalb des Kapitels Ia ARRL verortet ist in Gestalt des Art. 3e ARRL eine Spezialregelung zum örtlichen Anwendungsbereich in Bezug auf Intermediäre aus Drittstaaten jenseits des EWR vorgesehen. Danach gilt das gesamte Kapitel Ia ARRL auch für solche Intermediäre, die weder ihren Sitz noch ihre Hauptverwaltung in einem EWR-Staat haben, sofern diese nur „Dienstleistungen nach Artikel 1 Abs. 5 erbringen“. Sobald ein Intermediär mit Sitz oder Hauptverwaltung außerhalb des EWR demnach i.S.d. Art. 1 Abs. 5 ARRL anderen Intermediären oder Aktionären Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien solcher Gesellschaften erbringt, deren Sitz und Börsenzulassung innerhalb eines EWR-Mitgliedstaats liegen, unterfällt dieser den gesetzlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Vorgaben des Kapitel Ia ARRL desjenigen Staates, in dem der Sitz der jeweiligen Gesellschaft liegt. Auf den Standort des jeweiligen Intermediärs selbst kommt es nach dieser Regelung insofern gerade nicht an. Auf diese Weise soll eine Verwirklichung der in Kapitel Ia ARRL vorgesehenen Vorgaben zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Erleichterung der Rechtsausübung in Bezug auf EWR-Gesellschaften gerade auch dann erreicht werden, wenn zu den regelmäßig mehrgliedrigen und oft auch grenzüberschreitenden Verwahrketten (auch) Akteure bzw. Intermediäre und Aktionäre aus Drittstaaten jenseits des EWR gehören.7 Art. 3e ARRL stellt somit eine Ergänzung der allgemeinen Vorgaben zum Anwendungsbereich aus Art. 1 ARRL dar. Im Kommissionsentwurf zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie war eine entsprechende Regelung zum Einbezug von Intermediären aus Drittstaaten noch nicht vorgesehen gewesen. Vielmehr sollten Intermediäre aus Drittstaaten ursprünglich nur dann in die Prozesse der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung einbezogen sein, wenn diese wenigstens eine Zweigniederlassung in der Union oder einem sonstigen EWR-Staat unterhalten.8 Die jetzige weitgefasste Regelung des Art. 3e ARRL stellt dabei eine Reaktion auf die gewichtige Befürchtung dar, dass die Prozesse der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung bei Verwahrketten mit Intermediären aus Drittstaaten abreißen könnten.9 Mit Blick auf die hohe Beteiligung von Aktionären aus Drittstaaten an den EU-Gesellschaften, etwa die immensen Beteiligungen US-amerikanischer Investoren an den deutschen DAX-Unternehmen,10 würden die Richtlinienvorgaben ohne Einbezug gerade auch 7
Vgl. Erwägungsgrund 12 ARRL II. Vgl. Art. 3e ARRL-E des RL-Vorschlags der Europäischen Kommission zur ARRL II v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final) („Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Finanzintermediäre aus Drittländern mit Zweigniederlassung in der Union“). 9 Mit dahingehender Kritik aus der deutschsprachigen Literatur etwa Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122. 10 Vgl. hierzu in diesem Zusammenhang Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122. 8
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
solcher Intermediäre aus Drittstaaten in erheblichem Ausmaß nicht anwendbar sein. Vor dem Hintergrund, dass die von der ARRL II anvisierten Probleme bei der praktischen Wahrnehmung der Aktionärsrechte faktisch bei grenzüberschreitenden Verwahrketten in ganz besonderem Umfang auftreten,11 galt es zur Steigerung der Aktionärsbeteiligung insofern gerade auch solche Fälle zu erfassen. Die mit Art. 3e ARRL letztlich vorgesehene Erweiterung des örtlichen Anwendungsbereichs der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL auch auf Intermediäre ohne Niederlassung innerhalb des EWR ist vor diesem Hintergrund durchaus sinnvoll und wünschenswert. Auf einem anderen Blatt steht allerdings die Frage, ob und wie der Einbezug bzw. die Verpflichtung sämtlicher Intermediäre aus Drittstaaten i.S.d. Art. 3e ARRL auch praktisch effektiv durchsetzbar sein wird. In den Fällen, in denen ein Drittstaatsintermediär zwar in die Verwahrung von Aktien einer EWR-Gesellschaft einbezogen ist, sonst aber keinerlei „Anknüpfungspunkte“ zwischen dem Intermediär und dem EWR bestehen, insbesondere keine Zweigniederlassung in einem EWR-Staat betrieben wird, mag eine Sanktionierung des Ausbleibens einer Mitwirkung etwa am Verfahren der Aktionärsidentifikation gemäß den Vorgaben aus Art. 3e ARRL i.V.m. Art. 14b Abs. 1 ARRL zwar durchaus von den Mitgliedstaaten vorgesehen werden können. In der Praxis droht die tatsächliche Durchsetzung einer solchen Sanktion gegen einen Intermediär ohne jegliche Niederlassung innerhalb eines EWR-Staats allerdings leerzulaufen.12 Eine Lösung dieses Problems der Durchsetzbarkeit insbesondere der Aktionärsidentifikation in Bezug auch auf Intermediäre ohne feste „Verankerung“ innerhalb des EWR kann auch auf Ebene der nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen nicht ohne Weiteres erreicht werden. Theoretisch denkbar wären hierzu allenfalls etwaige bi- oder multilaterale Abkommen mit entsprechenden Drittstaaten, durch welche sich diese zur Mitwirkung bei der Durchsetzung der durch Art. 3e ARRL angeordneten Inpflichtnahme der bei ihnen ansässigen Intermediäre verpflichten. Inwieweit die Intermediäre aus Drittstaaten ohne jegliche Niederlassung innerhalb des EWR ansonsten auf Identifikationsanfragen i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL reagieren werden, wenn für sie praktisch kaum eine Gefahr in Gestalt von durchsetzbaren Sanktionen im Falle der Nichtbeantwortung entsprechender Anfragen besteht, bleibt abzuwarten. Entsprechendes gilt für die Mitwirkung der Drittstaatsintermediäre in Bezug auf die in Art. 3b u. 3c ARRL vorgesehenen Prozesse der Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung.
11 So schon die Erwägungsgründe 4 u. 8 ARRL II; vgl. zu den Problemen bei der Aktionärsrechtsausübung in grenzüberschreitenden Fällen außerdem etwa Ochmann, S. 10 m.w.N. 12 Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 155; in diese Richtung auch Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 47; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Stark, ZHR 183 (2019), 245, 250 f.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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4. Der Aktionärsbegriff der ARRL II Im Mittelpunkt der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie stehen naturgemäß die darin behandelten Aktionäre. Insofern wäre grundsätzlich auch zu erwarten, dass sich im Katalog der Begriffsbestimmungen des Art. 2 ARRL eine sowohl eindeutige als auch (EU-)einheitliche bzw. richtlinienautonome Definition derjenigen Person finden lässt, die von der Richtlinie letztlich als „Aktionär“ verstanden wird und somit in den Genuss der durch sie gestärkten Rechte kommen soll. Eine explizite richtlinienautonome Definition des „Aktionärs“ enthält die Aktionärsrechterichtlinie allerdings auch nach derer Überarbeitung durch die ARRL II nach wie vor nicht. a) Gründe für die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Aktionärs Auf den ersten Blick mag eine Bestimmung derjenigen Person, die als Aktionär anzusehen ist, trivial erscheinen. Im allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einem Aktionär schlicht um den „Gesellschafter einer Aktiengesellschaft“.13 In der Praxis kann die genaue Bestimmung derjenigen Person, die letztlich als Aktionär anzusehen ist, mitunter allerdings mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Zunehmende Probleme bei der Bestimmung des „richtigen“ Aktionärs als Inhaber bestimmter Rechte und Pflichten lassen sich vor allem auf die in den letzten Jahrzehnten stetig vorangeschrittene und heute nahezu komplette „Dematerialisierung“ sowie auf eine zunehmende „Mediatisierung“ des Aktienbestands zurückführen.14 Im sowohl praktischen als auch rechtlich vorgesehenen Normalfall werden börsennotierte Aktien heute nicht mehr einzelverbrieft, sondern als bloße Buchungsposten innerhalb zentraler Girosammelverwahrkonten geführt. Während in Deutschland dabei zur rechtlichen Konstruktion der Aktionärsmitgliedschaft eine Globalurkunde beim Zentralverwahrer Clearstream verwahrt wird, verzichten andere Rechtsordnungen sogar vollständig auf eine solche, wenn auch ohnehin nur rudimentäre, Form der Materialisierung der Mitgliedschaft.15 Die letztlichen „Aktionäre“ eines börsennotierten Unternehmens können heute regelmäßig jedenfalls keine Aktienurkunde mehr als Nachweis ihrer Aktionärsstellung präsentieren. Ihre Legitimation erfolgt über eine „Verwahrkette“, zu der neben der Gesellschaft und dem Zentralverwahrer sowie letztlich dem Aktionär regelmäßig noch weitere Akteure als Intermediäre, typischerweise mit der Depotbank des Aktionärs als 13 So etwa die Definition des Aktionärs im „Duden – Deutsches Universalwörterbuch“, 9. Aufl. 2019. 14 Noack, FS Westermann (2008), 1203, 1216 f.; Ochmann, S. 189; vgl. hierzu eingehend auch Segna, S. 21 ff. 15 Vgl. hierzu etwa Noack, ZIP 2002, 1215, 1215 sowie N. Winkler, S. 147 mit Hinweis darauf, dass etwa in Frankreich heute überhaupt keine verkörperten Aktienurkunden mehr existieren und dort insoweit eine im Vergleich zum deutschen System der Aktienverwahrung noch weitergehende Dematerialisierung der Mitgliedschaft stattgefunden hat.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
„Letztintermediär“16, gehören.17 Das Vorhandensein zusätzlicher Intermediäre neben dem Zentralverwahrer und damit das Bestehen vielgliedriger Aktienverwahrketten folgt in Deutschland regelmäßig schon daraus, dass etwa natürliche Personen beim Zentralverwahrer Clearstream unmittelbar selbst schlichtweg schon kein Konto unterhalten dürfen und diese sich somit zwingend einer Depotbank zum Erwerb zentralverwahrter Aktien bedienen müssen.18 In den dadurch regelmäßig bestehenden mehrgliedrigen Verwahrketten weiß dabei keinesfalls immer jede der involvierten Personen, welche Person ganz am Ende der Kette als „Eigenbesitzer“ der Aktien steht bzw. welcher Person letztlich die aus den Aktien folgenden Verwaltungsrechte zustehen.19 Auch das für Namensaktien zwingend vorgesehene Aktienregister vermag diese Schwierigkeiten nicht zu überwinden, da in dieses zum Teil bloß ein Intermediär eingetragen wird. In Fällen, in denen die Aktien durch einen Vollrechtstreuhänder gehalten werden, endet die „Kette“ der mit der Aktienverwahrung befassten Akteure nicht einmal beim materiell-rechtlichen Inhaber der Aktionärsstellung, was eine eindeutige Bestimmung des „wahren“ Aktionärs zusätzlich verkompliziert. Schon innerhalb einer einzelnen nationalen Rechtsordnung kann sich die eindeutige Bestimmung der Person des Aktionärs insofern mitunter durchaus schwierig gestalten. In grenzüberschreitenden Konstellationen stellt sich die Bestimmung des Aktionärs oftmals noch deutlich komplizierter dar als in reinen Inlandsfällen. Zum einen sind in solchen Fällen regelmäßig ohnehin bereits besonders komplexe, vielgliedrige Verwahrketten anzutreffen, bei denen eine entsprechend größere Anzahl an Personen für eine Qualifikation als Aktionär in Betracht kommt.20 Zum anderen kommt hier regelmäßig hinzu, dass die privaten Depotbanken in den verschiedenen Mitgliedstaaten z. T. aufgrund verschiedener technischer Systeme agieren und auch die verschiedenen zentralen Wertpapiersammelbanken Europas nicht etwa ein einheitlich funktionierendes System der Girosammelverwahrung betreiben, sondern diese ihre eigenen, mitunter nicht in jeder Hinsicht gut miteinander kompatiblen Systeme 16 Eine Definition des „Letztintermediärs“ erfolgt auf EU-rechtlicher Ebene im Rahmen von Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO („letzter Intermediär“) sowie auf nationaler Ebene nach Umsetzung des ARUG II in § 67a Abs. 5 S. 2 AktG, vgl. hierzu auch unten unter Teil 2 C. IV. 1. a). 17 Vgl. hierzu Segna, S. 17 f.; N. Winkler, S. 115 ff. 18 Vgl. A.II.1 „Allgemeine Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG“ (Stand: Januar 2019); anders verfährt insoweit beispielsweise der schwedische Zentralverwahrer Euroclear Sweden, wobei auch private Investoren hier die Möglichkeit haben, ein eigenes Konto zu eröffnen, vgl. Segna, S. 16 f. 19 Vgl. etwa Ratschow, DStR 2007, 1402, 1402; Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 724 („Der Registeraktionär kennt aber vielfach nicht die in der Kette nachfolgenden Kreditinstitute.“); N. Winkler, S. 121. 20 Vgl. hierzu nur etwa N. Winkler, S. 118 f.; das Vorhandensein noch zusätzlicher Intermediäre zwischen dem deutschen Zentralverwahrer Clearstream und den Letztintermediären in Auslandssachverhalten ist praktisch unter anderem dem Umstand geschuldet, dass die ausländischen Depotbanken als Letztintermediäre anders als die deutschen Intermediäre selbst oftmals nicht über ein Konto bei Clearstream verfügen.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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nutzen.21 Neben den technischen Schwierigkeiten, die bei grenzüberschreitenden Verwahrketten in besonderer Form auftreten, stehen außerdem bestimmte Probleme rechtlicher Natur. So kann es mitunter etwa zu Schwierigkeiten führen, dass in den verschiedenen Rechtsordnungen – innerhalb und außerhalb der EU – auch verschiedene Verständnisse der sachenrechtlichen Konzeption des Eigentums an Aktien vorherrschen.22 Beispielsweise gelten in den kontinentalen Rechtsordnungen Europas, in denen z. T. auch noch Inhaberaktien genutzt werden, materiell-rechtlich grundsätzlich die jeweiligen Depotinhaber als Aktionäre. In den angelsächsischen Rechtsordnungen, denen Inhaberaktien entweder gänzlich fremd oder aber jedenfalls deutlich weniger weit verbreitet sind, kommt es für die Qualifikation einer Person als Aktionär hingegen in erster Linie auf die Eintragung im Aktienregister an.23 All dies führt letztlich dazu, dass die Person des „Aktionärs“, um deren Stärkung es der Aktionärsrechterichtlinie im Ausgangspunkt geht, keinesfalls immer ohne Weiteres zweifelsfrei bestimmbar ist. b) Theoretische Möglichkeiten zur einheitlichen Begriffsbestimmung und Scheitern der Vereinheitlichung im Rahmen der ursprünglichen ARRL I Angesichts der zuvor erwähnten Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Person des Aktionärs erscheint die Verankerung einer sowohl zweifelsfreien als auch EUeinheitlichen Begriffsbestimmung für diese doch so zentrale Person im Rahmen der Aktionärsrechterichtlinie umso wichtiger. Dabei kommen verschiedene Ansätze in Betracht, wie der Aktionär als diejenige Person, der die von der Richtlinie gewährten Aktionärsrechte letztlich zustehen sollen, bestimmt werden kann. Im Grundsatz erscheint eine Qualifikation derjenigen Person als Aktionär sinnvoll, die sowohl das wirtschaftliche Risiko der Anlage trägt als auch inhaltlich über die Ausübung der Verwaltungsrechte zu entscheiden befugt ist.24 In Bezug auf mehrgliedrige Verwahrketten müsste insoweit konsequenterweise selbst dann grundsätzlich deren letztes Glied als Aktionär zu qualifizieren sein, wenn entweder die formelle Legitimation – etwa aufgrund der Fremdeintragung in einem deutschen Aktienregister – oder sogar die dingliche bzw. materielle Rechtsstellung – etwa aufgrund einer Vollrechtstreuhandvereinbarung oder der (konstitutiven) Eintragung in einem englischen Aktienregister – bei einem vorgelagerten Glied innerhalb der Verwahrkette liegt. Gerade bei längeren, grenzüberschreitenden Verwahrketten kann sich eine dahingehende Bestimmung des „wirtschaftlichen Aktionärs“ praktisch allerdings 21
Vgl. Ochmann, S. 190. Ebd. 23 Vgl. hierzu Ochmann, S. 190 sowie N. Winkler, S. 148 f. (hier auch mit Hinweis darauf, dass der Eintragung im Aktienregister für die Übertragung der Mitgliedschaft nach englischem Recht konstitutive Wirkung zukommt); gleichwohl kann die im Aktienregister eingetragene Person (engl: „legal owner“) auch in den angelsächsischen Rechtsordnungen ggf. als Treuhänder (engl.: „trustee“) für den „wirtschaftlichen Eigentümer“ fungieren. 24 Vgl. hierzu diese Richtung auch N. Winkler, S. 154 ff. 22
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
mitunter schwierig gestalten. Soweit die Ausübung der Aktionärsrechte überdies auch nicht dem wirtschaftlichen Aktionär obliegt, sondern vielmehr eine in der Verwahrkette zwischengelagerte Person nach außen hin zur Wahrnehmung der Rechte befugt ist, mag ein Abstellen auf eben jene Person unter Umständen auch zweckmäßiger sein als eine Bestimmung des dahinter stehenden wirtschaftlichen Aktionärs. Jedenfalls soweit der wirtschaftliche Aktionär nach den Rechtsordnungen einiger anderer Mitgliedstaaten mitunter nicht einmal im Verhältnis zum Treuhänder berechtigt ist, zu verlangen, dass ihm die Ausübung der Verwaltungsrechte – etwa im Wege der Stellvertretung – ermöglicht wird,25 wäre eine Bestimmung eben jener Person zum Nutznießer der von der Aktionärsrechterichtlinie vorgegebenen Rechte grundsätzlich nicht zweckmäßig. Eine eindeutige und ausnahmslose Bestimmung stets des wirtschaftlichen Aktionärs zum Aktionär im Sinne der Aktionärsrechterichtlinie wäre mit Blick auf deren Anliegen, letztlich diejenige Person zu aktivieren, die faktisch über die Ausübung der aus den Aktien erwachsenden Rechte entscheidet, daher – schon ungeachtet etwaiger praktischer Schwierigkeiten bei der Bestimmung eben jener Person –26 nicht in jedem Fall zielführend. Von den im Vorfeld der ursprünglichen ARRL I diskutierten Ansätzen für eine einheitliche Bestimmung des Aktionärs gerade auch in grenzüberschreitenden Konstellationen ist der Vorschlag der sog. High Level Group of Corporate Experts hervorzuheben. Die Bestimmung des ultimate accountholders als derjenigen Person, die inhaltlich über die konkreten Aktionärsrechte zu entscheiden befugt ist, sollte danach unabhängig sowohl von dem nach dem Recht der einzelnen Mitgliedstaaten zu bestimmenden zivilrechtlichen Aktieneigentum als auch von einem etwaigen „wirtschaftlichen Eigentum“ erfolgen.27 Konkret sollte diejenige Person als ultimate accountholder angesehen werden, die im Rahmen der Verwahrkette nicht als „Wertpapierintermediär“ fungiert und insofern das „letzte Glied der Verwahrkette“ darstelle.28 Nach massiver Kritik wurde dieser Vorschlag zur richtlinienautonomen Begriffsbestimmung im späteren Verlauf der Richtlinienentstehung allerdings verworfen.29 Problematisch an dem Ansatz war dabei insbesondere gewesen, dass als „Wertpapierintermediäre“ hierbei nur solche Personen zu qualifizieren waren, die selbst unmittelbar über ein Konto bei einem der nationalen oder internationalen Zentralverwahrer verfügen.30 Für solche Verwahrketten, in denen auf den Zentral25
Vgl. insofern etwa die Schilderungen bei Ochmann, S. 193 in Bezug auf das englische und walisische Recht. 26 In diese Richtung weist etwa Zetsche, ZGR 2019, 1, 6 f. darauf hin, dass „das wirtschaftliche Interesse“ zur Bestimmung des Aktionärs im Rahmen der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL bzw. § 67d AktG „zu unbestimmt“, „der Grad des Einflusses für einen technisch abzuwickelnden Massenvorgang untauglich“ sei. 27 Zusammenfassend zum Vorschlag der „High Level Group of Corporate Experts“: Ochmann, S. 191; N. Winkler, S. 155 ff. 28 Noack, ZIP 2012, 1215, 1216; N. Winkler, S. 155. 29 Vgl. Ochmann, S. 191 zu diesem Vorschlag und dessen letztlicher Ablehnung. 30 Vgl. hierzu etwa N. Winkler, S. 156.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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verwahrer nicht unmittelbar die Depotbank des Letztinvestors folgt, sondern noch ein oder mehrere weitere Akteure zwischengeschaltet sind, griff dieser Definitionsvorschlag insoweit zu kurz. Im offiziellen Richtlinienentwurf zur ARRL I hatte sich die EU-Kommission später für eine Definition des Aktionärs entschieden, die derjenigen aus Art. 2 Abs. 1 lit. e der damals bereits in Kraft getretenen Transparenzrichtlinie31 entsprach.32 Aktionär im Rahmen der Transparenzrichtlinie ist dabei „jede natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts“, die direkt oder indirekt „Aktien des Emittenten in eigenem Namen und für eigene Rechnung hält“ oder „Aktien des Emittenten in eigenem Namen, aber im Auftrag einer anderen natürlichen oder juristischen Person“ hält.33 Auch diese Definition als EU-einheitliche und in Bezug auf die Aktionärsrechterichtlinie autonome Begriffsbestimmung konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Letztlich wurde dem Interesse der Aktionärsrechterichtlinie an einer ausdrücklichen richtlinienautonomen Definition des Aktionärs nicht entsprochen. In Art. 2 lit. b ARRL findet sich bloß die Klarstellung, dass der Begriff „Aktionär“ diejenige „natürliche oder juristische Person“, bezeichnet, „die nach dem anwendbaren Recht als Aktionär anerkannt ist“. Dieser „Kunstgriff“ einer schlichten kollisionsrechtlichen Verweisung34 ist darauf zurückzuführen, dass es den Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung nicht gelungen war, einen gemeinsamen Konsens über eine einheitliche Regelung zum Aktionärsbegriff zu erzielen.35 Der Verweis des Art. 2 lit. b ARRL auf die jeweiligen Verständnisse der einzelnen nationalen Rechtsordnungen stellt insoweit eine Kompromisslösung zu dem Zweck dar, den Erlass der ursprünglichen ARRL I nicht schon an einem Definitionsproblem scheitern zu lassen. Das Fehlen einer richtlinienautonomen Definition des Aktionärs im Rahmen der ARRL I führte dazu, dass die Richtlinie gewissermaßen von Anfang an „auf einem etwas ,schwankendem Fundament‘“ stand.36 Angesichts der herausragenden Bedeutung einer einheitlichen
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Richtlinie 2004/109/EG v. 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 v. 31. 12. 2004, S. 38. Vgl. Art. 2 lit. c ARRL I-Entwurf. 33 Der von Art. 2 Abs. 1 lit. e EU-Transparenzrichtlinie als dritte Variante genannte Tatbestand, der an dem Halten von Aktien-Zertifikaten anknüpft, wäre indes nicht auf die Aktionärsrechterichtlinie zu übertragen gewesen, vgl. Ochmann, S. 192 mit Verweis auf Begr. ARRL I-Entwurf, S. 5. 34 Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.13. 35 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 21; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.13; Ratschow, DStR 2007, 1402, 1402. 36 Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.13 mit Verweis insbesondere auf Noack, FS Westermann (2008), 1203, 1218 („[…] denn damit hängt die Richtlinie gewissermaßen in der Luft“). 32
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Begriffsbestimmung hatte das Fehlen einer entsprechenden Definition insoweit auch einen der größten Kritikpunkte an der ursprünglichen ARRL I dargestellt.37 c) Funktionsweise der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. b ARRL Die Bestimmung des Aktionärs anhand von Art. 2 lit. b ARRL erfolgt durch einen Verweis auf die einzelnen nationalen Rechtsordnungen. Insofern wird das Verständnis dessen, wer als Aktionär anzusehen ist, europaweit zwar nicht vereinheitlicht, doch ermöglicht die „Verweisvorschrift“ immerhin eine eindeutige Begriffsbestimmung: Die Aktionärsdefinition aus Art. 2 lit. b ARRL bestimmt diejenige natürliche oder juristische Person zum Aktionär, die „nach dem anwendbaren Recht“ als Aktionär anerkannt ist. Maßgeblich sind mithin grundsätzlich die verschiedenen Vorstellungen zur Bestimmung des Aktionärs nach den nationalen Rechtsordnungen. Es liegt dabei auf der Hand, dass etwa bei einem grenzüberschreitenden Prozess der Aktionärsidentifikation i.S.d. Vorgaben aus Art. 3a ARRL ein einheitliches Begriffsverständnis bei allen beteiligten Akteuren vorherrschen muss und die in den Identifikationsvorgang „entlang der Verwahrkette“ einbezogenen Intermediäre dem Vorgang somit nicht schlichtweg jeweils ihre eigenen nationalen Vorstellungen zugrunde legen dürfen. Insbesondere für den Prozess der Aktionärsidentifikation, selbstverständlich aber auch für andere grenzüberschreitende Sachverhaltskonstellationen im Zusammenhang mit den Aktionärsrechten der ARRL II, muss deshalb stets geklärt werden, welches das jeweils anwendbare nationale Recht ist. Maßgeblich ist insoweit die diesbezügliche Regelung aus Art. 1 Abs. 2 UAbs. 1 ARRL, in der es heißt: „Für die Regelung der in dieser Richtlinie erfassten Bereiche ist derjenige Mitgliedstaat zuständig, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat; Bezugnahmen auf „das anwendbare Recht” sind Bezugnahmen auf die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.“
Auf dieser Grundlage ist für die Bestimmung der Person des Aktionärs i.S.v. Art. 2 lit. b ARRL jeweils das Begriffsverständnis maßgeblich, welches in derjenigen nationalen Rechtsordnung vorgesehen ist, in der die Gesellschaft ihren „Satzungssitz“38
37 Ochmann, S. 192 („Durch diese Lücke verliert die A-RL freilich enorm an Schwung“) – mit Hinblick auf die Notwendigkeit eines Kompromisses könne die Regelung aus Art. 2 lit. b ARRL andererseits aber als „sowohl kluge als auch ausweichende Antwort“ gesehen werden (mit Verweis auf Noack, FS Westermann (2008), 1203, 1216); vgl. außerdem Ratschow, DStR 2007, 1402, 1402 mit der Hoffnung auf ein möglichst rasches Nachholen dieser „dringend erforderliche[n] Harmonisierung“. 38 Dass mit dem in der deutschen Fassung der Richtlinie genanntem „Sitz“ der Satzungssitz und nicht der Verwaltungssitz gemeint ist, geht aus den anderen Sprachfassungen der Richtlinie deutlicher hervor – so ist etwa in der englischen Fassung von dem „registered office“ die Rede; zudem wird innerhalb der Richtlinie an mehreren Stellen zwischen dem „Sitz“ und der Hauptverwaltung unterschieden (vgl. etwa Art. 1 Abs. 2 lit. b ARRL oder auch Art. 3e ARRL), vgl. hierzu Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 39; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 7 Rn. 4.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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hat.39 Auf das Beispiel der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL bezogen bedeutet dies, dass sich sämtliche in die Verwahrkette einbezogenen Intermediäre – und letztlich auch der Aktionär – grundsätzlich an dem konkreten Aktionärsbegriff zu orientieren haben, der dem Verständnis der Rechtsordnung des Satzungssitzes der anfragenden Gesellschaft entspricht. d) Die Begriffsbestimmung nach der Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie durch die ARRL II Das Problem des Fehlens eines EU-einheitlichen bzw. richtlinienautonomen Aktionärsbegriffs besteht auch nach Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie durch die ARRL II in gewissem Maße fort. Auch in ihrer überarbeiteten Fassung sieht die Richtlinie in Art. 2 lit. b ARRL explizit bloß den ursprünglich als Kompromiss gewählten Verweis auf die jeweiligen Begriffsverständnisse der einzelnen nationalen Rechtsordnungen vor.40 Das Bedürfnis nach einem einheitlichen Begriffsverständnis dürfte durch die Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie, gerade durch die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL, allerdings sogar noch weiter gestiegen sein. Insbesondere mit Blick darauf, dass die Mitgliedstaaten nach der Vorgabe des Art. 3a ARRL nunmehr gewährleisten müssen, dass eine Identifikation der Aktionäre durch die Gesellschaften erfolgen kann, stellt sich das Fehlen einer ausdrücklichen richtlinienautonomen Aktionärsdefinition besonders misslich dar. Mehr noch als in Bezug auf die bereits in der ARRL I vorgesehenen einzelnen Aktionärsrechte erscheint es in Hinblick auf eine Identifikation der Aktionäre, die ja speziell in grenzüberschreitenden Situationen wegen der dabei bestehenden praktischen Schwierigkeiten besonders relevant wird, geradezu elementar, dass die verschiedenen in den Identifikationsprozess eingebundenen Akteure hierbei auch stets von derselben zu identifizierenden Person ausgehen. Das Fehlen einer expliziten richtlinienautonomen Begriffsbestimmung auch noch nach Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie durch die ARRL II ist insofern bedauerlich. Ein gewisser Schritt in Richtung einer einheitlichen Begriffsbestimmung lässt sich den Neuvorgaben der ARRL II – unter Einbezug der ARRL-DVO – implizit allerdings entnehmen: Zwar bleibt es grundsätzlich bei dem Verweis des Art. 2 lit. b ARRL auf das jeweils anwendbare nationale Recht. Aus den neuen Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL lässt sich nunmehr aber deutlich herleiten, dass mit dem „Aktionär“ jedenfalls eindeutig eine andere Person gemeint sein soll als die des Intermediärs. So gesehen ist unter dem Aktionär jemand zu verstehen, der bei einem Intermediär ein Aktienkonto führt, ohne dabei selbst als Intermediär zu handeln.41 Noch deutlicher folgt eine dahingehende, implizite „negative Definition“ des Ak39
Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 18; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 29.12 f. 40 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 21; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.13. 41 Foerster, AG 2019, 17, 19; Noack, NZG 2017, 561, 566.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
tionärs als derjenigen Person innerhalb der Verwahrkette, bei der es sich nicht um einen Intermediär handelt, aus den Präzisierungen der ARRL-DVO. Hier wird der „letzte Intermediär“ als derjenige Intermediär definiert, der in der Intermediärskette das Depotkonto für den Aktionär bereitstellt, vgl. Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO. Insofern erfolgt jedenfalls in gewissem Maße eine „formelle Begriffsbestimmung“ anhand des Verwahrsystems, ohne dass es insofern tieferer materieller Überlegungen bedürfte.42 Den Neuvorgaben zur überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie liegt damit letztlich ein „intermediärsbezogener Aktionärsbegriff“ zugrunde.43 Der in Art. 2 lit. b ARRL noch immer vorgesehene Verweis auf die jeweiligen nationalen Begriffsverständnisse wurde durch die ARRL II insofern ein Stück weit relativiert bzw. eingegrenzt.44 Inhaltlich bedeutet die implizite Vorgabe eines solchen intermediärsbezogenen Aktionärsbegriffs, dass es im Rahmen der Bestimmung des Aktionärs i.S.d. Aktionärsrechterichtlinie grundsätzlich insbesondere nicht auf tiefergehende, materielle Überlegungen zu den wirtschaftlichen Hintergründen rund um die Verwahrkette ankommen können wird.45 Angesichts dessen, dass etwa die Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL als technisch abzuwickelnder Massenvorgang konzipiert ist, wäre eine Bestimmung des jeweiligen wirtschaftlichen Interesses oder des tatsächlichen Einflussgrads einer Person wegen der hierfür nötigen umfassenden Sachverhaltsaufklärung auch grundsätzlich nicht praktikabel.46 Dies gilt umso mehr, wenn man sich die kurz bemessenen Fristen der ARRL-DVO sowohl zur Aktionärsidentifikation als auch zur Informationsübermittlung vor Augen führt.47 Insbesondere zu einer Offenlegung von (Vollrechts-)Treuhandkonstruktionen wird die Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL daher regelmäßig nicht führen. e) Fazit Am Ende bleibt das Bedürfnis nach einer ausdrücklichen richtlinienautonomen Bestimmung des Aktionärs auch nach dem Inkrafttreten der ARRL II bestehen. Hinreichenden Anlass für die Implementierung einer entsprechend ausdrücklichen Begriffsbestimmung haben die Neuvorgaben der ARRL II insbesondere mit Blick auf die nunmehr vorgesehene Aktionärsidentifikation allemal geboten. Die Neuvorgaben der Art. 3a ff. ARRL verstärken das Bedürfnis nach einer eindeutigen Festlegung des Aktionärsbegriffs, die nicht nur – wie durch Art. 2 lit. b ARRL ge42
Mohamed, S. 149 f.; Noack, NZG 2017, 561, 566 f. So ausdrücklich Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6 in Bezug auf die im RefE ARUG II als Umsetzung der Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL gedachten Neuregelungen und unter Verweis auf Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO. 44 Vgl. bereits Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6 Fn. 17, der in Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO insofern einen Eingriff in die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Definition des Aktionärs aus Art. 2 lit. b ARRL sieht. 45 Vgl. Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 471; sowie in Bezug zu § 67d AktG-E RefE: Einsele, JZ 2019, 121, 124. 46 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6 f. 47 Vgl. zu den Fristen des Art. 9 ARRL-DVO noch unter Teil 2 B. II. 43
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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währleistet – eindeutig, sondern darüber hinaus auch einheitlich erfolgt. Durch die Nichtaufnahme einer dahingehenden expliziten Begriffsbestimmung in die Vorgaben der ARRL II hat der EU-Gesetzgeber eine passende Gelegenheit vertan. Immerhin machen die Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL in Verbindung mit den Bestimmungen der ARRL-DVO nunmehr implizit recht deutlich, dass unter dem Aktionär nur jemand zu verstehen ist, der die Aktien nicht als Intermediär für eine andere Person hält. Die Neuvorgaben der ARRL II – einschließlich der ARRLDVO – bringen damit durchaus eine gewisse EU-einheitliche bzw. richtlinienautonome Konturierung des Aktionärsbegriffs mit sich. Zu hoffen ist, dass diese implizit zum Ausdruck kommende „intermediärsbezogene“ Bestimmung des Aktionärs auch ohne ausdrückliche Anordnung im Rahmen der Vorgaben der ARRL II bzw. trotz des formellen Festhaltens an der Verweisnorm des Art. 2 lit. b ARRL in sämtlichen Mitgliedstaaten anerkannt wird. In Hinblick darauf, dass die Intermediäre insbesondere im Rahmen der nunmehr vorgesehenen Verfahren zur Aktionärsidentifikation in Ansehung der Massen der zu identifizierenden Aktionäre und der knapp bemessenen Fristen der ARRL-DVO faktisch ohnehin kaum Zeit zur Berücksichtigung materieller oder wirtschaftlicher Gesichtspunkte haben werden, liegt es durchaus nahe, dass sich eine insoweit vergleichsweise unkomplizierte „intermediärsbezogene“ Definition des Aktionärs jedenfalls faktisch in den Mitgliedstaaten durchsetzen wird. Konzeptionell geht die den Art. 3a ff. ARRL zugrundeliegende formelle Bestimmung des Aktionärs als derjenigen Person, die das Depot beim „Letztintermediär“ unterhält, auf den ersten Blick stark in Richtung des damaligen Vorschlags der High Level Group of Corporate Experts. Dadurch, dass der Intermediärsbegriff der ARRL II allerdings nicht auf solche „Wertpapierintermediäre“ beschränkt ist, die unmittelbar dem jeweiligen Zentralverwahrer nachgeschaltet sind, geht der den Art. 3a ff. ARRL zugrundeliegende Ansatz zur Bestimmung des Aktionärs letztlich allerdings über die Definition des ultimate accountholders im Sinne des Vorschlags der High Level Group of Corporate Experts hinaus.
II. Die Durchführungsverordnung zur Präzisierung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL Gestützt auf Art. 3a Abs. 8, Art. 3b Abs. 6 und Art. 3c Abs. 3 ARRL wurden von Seiten der EU-Kommission im Rahmen einer Durchführungsverordnung bestimmte Mindestanforderungen speziell zur Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL festgelegt. Die dabei vorgegebenen Mindeststandards beziehen sich damit auf die Verfahren der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung und sollen im Wesentlichen dazu dienen, eine Standardisierung der Verfahren gerade auch in grenzüberschreitenden Fällen und auf diese Weise eine effiziente Interoperabilität zwischen den vielen verschiedenen Intermediären,
48
2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Emittenten und Aktionären zu bewirken.48 Insoweit bestimmt Art. 2 Nr. 1 ARRLDVO, dass die von den Intermediären im Rahmen der Verfahren i.S.d. Art. 3a – 3c ARRL weiterzuleitenden Informationen bestimmten standardisierten Formatvorlagen entsprechen müssen. Solche Formatvorlagen sind der ARRL-DVO in detaillierter Form als Anlage beigefügt. Außerdem wird allgemein festgelegt, dass die Informationsweiterleitung zwischen den Intermediären zur Gewährleistung der „Interoperabilität und vollautomatisierte[n] Abwicklung“ in „elektronischen und maschinenlesbaren Formaten“ zu erfolgen hat, vgl. Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO.
III. Anwendungsbereich und Regelungsstandort der Vorschriften des ARUG II 1. Vorwiegende Umsetzung der Richtlinienvorgaben nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften Mit Blick auf die bestehenden Umsetzungsspielräume bei der Implementierung der Vorgaben der ARRL II in das nationale Gesellschaftsrecht hatte der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des ARUG II zunächst einige grundlegende Weichenstellungen zu treffen. Zu entscheiden war dabei insbesondere, ob es im Rahmen der deutschen Richtlinienumsetzung bei der von der ARRL II zwingend gebotenen Anwendbarkeit der Neuregelungen auf börsennotierte Unternehmen i.S.d. Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL bzw. § 3 Abs. 2 AktG bleiben würde oder sich die deutschen Neuregelungen im Sinne einer überschießenden Umsetzung auch auf nicht börsennotierte Gesellschaften erstrecken sollten. Diese Frage nach dem Anwendungsbereich der Neuregelungen des ARUG II war dabei auch deshalb von einiger Bedeutung, weil sich die deutsche Rechtswissenschaft schon vor Verabschiedung der ARRL II in den letzten Jahren teils intensiv mit der allgemeinen Frage beschäftigt hatte, inwieweit ein weitergehendes „Sonderrecht der börsennotierten AG“ anstelle einheitlicher Regelungen für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften wünschenswert sei.49 Während die letztlich gewählte Umsetzung der Vorgaben der ARRL II weitgehend nur in Bezug auf börsennotierte Aktiengesellschaften das derzeit zum Teil schon vorhandene „Sonderrecht“ eben solcher Gesellschaften nunmehr weiter verfestigt, hätte mit einer überschießenden Umsetzung der Richtlinienvorgaben gleichermaßen für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften auch eine gegenteilige Entwicklung – zurück zu einem einheitlichen Recht der Aktiengesellschaft – vorangetrieben werden können.50 48
Vgl. Erwägungsgrund 2 ARRL-DVO. Letztlich hatte sich im Rahmen des 67. DJT 2008 eine deutliche Mehrheit gegen ein noch weitergehendes Sonderrecht für die börsennotierte AG ausgesprochen, vgl. Hoffmann-Becking, Münchener Handbuch GesR, Bd. 4, § 2 Rn. 14a mit Verweis auf die Verhandlungen des 67. DJT Bd. II/2 N 239 ff. 50 Dazu näher sogleich unter Teil 2 A. III. 1. d). 49
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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a) Die Aktionärsrechterichtlinie und das ARUG I im Trend zur Separierung der Regelungsvorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften Wie schon die Vorgaben der ursprünglichen ARRL I beziehen sich die Neuvorgaben der ARRL II, einschließlich der Regelungen des Kapitels Ia, zwingendermaßen nur auf börsennotierte Gesellschaften. Wie schon beim Erlass der ursprünglichen ARRL I hatte die EU-Gesetzgebung den Mitgliedstaaten insofern auch mit der ARRL II Anlass dazu gegeben, in den nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen vermehrt und stärker zwischen börsennotierten Aktiengesellschaften einerseits und nicht börsennotierten Gesellschaften andererseits zu unterscheiden. Die Aktionärsrechterichtlinie folgt damit auch in ihrer überarbeiteten Fassung einem gewissen „kontinentaleuropäischen Trend“51, der in den letzten Jahrzehnten auch in Deutschland zu beobachten war: Während im ursprünglichen Aktiengesetz von 1965 eine Gleichbehandlung von börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften geradezu als „Wesensmerkmal“ des deutschen Aktienrechts vorgesehen war,52 wobei beiden „Formen“ der AG das Leitbild einer großen Publikumsgesellschaft zugrunde lag,53 ist man in den letzten Jahrzehnten vermehrt dazu übergegangen, regulatorisch zwischen den beiden Formen der Aktiengesellschaft zu trennen. Ganz wesentlich hatte der deutsche Gesetzgeber einen solchen Kurs zur regulatorischen Trennung zwischen börsennotierter und börsenferner AG bereits 1994 mit dem „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“54 eingeschlagen. In den Folgejahren wurde diese Entwicklung schrittweise weiter vorangetrieben.55 Auf europäischer Ebene haben die Vorgaben der 2007 verabschiedeten ARRL I – jedenfalls für den Fall einer nicht überschießenden Umsetzung von Seiten der Mitgliedstaaten – in ganz besonderem Maß eine Hinwendung weg vom „klassischen Aktienrecht“ und hin zu einem besonderen Gesellschaftsrecht für kapitalmarktorientierte Unternehmen dargestellt.56 Das inzwischen bestehende „Sonderrecht“ der börsennotierten AG ist dabei in Deutschland mittlerweile derart ausgeprägt, dass schon seit Längerem häufig von einem eigenen „Börsengesellschaftsrecht“57 oder gar von einer im Entstehen befindlichen, ganz eigenen „Rechtsform der ,Börsengesellschaft‘“58 gesprochen wird.59 51
So in Bezug auf die ursprüngliche ARRL I: Ochmann, S. 19 ff., 20. Ochmann, S. 20. 53 Vgl. Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 21; ders., in: Verh. 67. DJT, E 14 f. 54 Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v. 02. 08. 1994, BGBl. 1994 I S. 1961. 55 Vgl. Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch GesR, Bd. 4, § 2 Rn. 14 f.; MarschBarner, in: Hdb. börsennotierte AG, Rn. 1.7 ff. 56 Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Art. 50 AEUV Rn. 95. 57 Blaurock, Anleger- und Gläubigerschutz bei Handelsgesellschaften, S. 77 mit Verweis auf Nobel, FS Bär (1998), 301 (letzterer allerdings bezüglich schweizerischen Rechts); Seibert, in: Hdb. kleine AG, S. 2; Ochmann, S. 21. 58 Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 21; ders., in: Verh. 67. DJT, E 9. 52
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Mit der Umsetzung der ARRL I durch das ARUG I wurde die rechtliche Separierung zwischen börsennotierter und nicht börsennotierter AG auf gesellschaftsrechtlicher Ebene von deutscher Seite seinerzeit weiter vorangetrieben.60 Zwar wurden nicht sämtliche Vorgaben der damaligen ARRL I ausschließlich für Gesellschaften mit Börsennotierung umgesetzt, sondern einige wenige Neuregelungen auch auf die nicht börsennotierte AG erstreckt.61 Die meisten Vorgaben der ARRL I wurden aber durch separate bzw. nur für börsennotierte Gesellschaften geltende Vorschriften in das Aktiengesetz implementiert. Beispielsweise sieht die seinerzeit im Zuge des ARUG I eingefügte Regelung des § 121 Abs. 3 S. 3 AktG vor, dass bestimmte Angaben im Rahmen der Hauptversammlungseinladung ausdrücklich nur von der börsennotierten Aktiengesellschaft zu machen sind. Während vergleichbare Angaben vor dem ARUG I noch von sämtlichen Aktiengesellschaften zu treffen waren,62 müssen die durch das ARUG I im Sinne der Richtlinienvorgaben angepassten Angaben von der nicht börsennotierten Gesellschaft seither ausdrücklich nicht mehr getroffen werden. Neben den Vorschriften zur Einberufung der Hauptversammlung haben sich im Rahmen des ARUG I ansonsten etwa auch die Anforderungen an auf der Internetseite der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Informationen (§§ 124a, 126 Abs. 1 S. 3, 130 Abs. 6 AktG), an den Inhalt der Beschlussfeststellung (§ 130 Abs. 2 S. 2, Abs. 6 AktG), an die Legitimation der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft (§ 123 Abs. 4 u. 5 AktG) sowie bestimmte Fristen (§§ 122 Abs. 2 S. 3, 121 Abs. 7 S. 4 AktG) in Hinblick auf börsennotierte Gesellschaften und nicht börsennotierte Gesellschaften auseinanderentwickelt.63 Beachtlich an dieser speziell durch die Aktionärsrechterichtlinie und deren Umsetzung bedingten Separierung der rechtlichen Vorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften ist, dass hier eine Trennung der rechtlichen Vorgaben für die beiden „Unterarten“ der Aktiengesellschaft nicht erst durch Spezialgesetze, sondern unmittelbar im Aktiengesetz selbst und insofern schon auf gesellschaftsrechtlicher Ebene erfolgt. Überwiegend ergibt sich das mittlerweile in großem Umfang bestehende „Sonderrecht“ der börsennotierten AG gerade nicht aus Sonderregelungen im Aktienrecht selbst, sondern vielmehr aus ergänzenden oder verdrängenden Spezialregelungen jenseits des Aktiengesetzes.64 Konkret folgt das mit einer Börsennotierung verbundene „Sonderrecht“ für entsprechende Aktienge59 Vgl. dazu nur die Übersicht über die unmittelbar im Aktiengesetz verorteten Sondervorschriften für börsennotierte Aktiengesellschaften bei Schäfer, NJW 2008, 2536, 2537. 60 Ochmann, S. 26 f. 61 So beziehen sich etwa die in § 118 Abs. 1 u. 2 AktG geregelten Vorgaben zur Stimmrechtsausübung in Abwesenheit der Aktionäre sowohl auf börsennotierte als auch auf nicht börsennotierte Aktiengesellschaften. 62 Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 60 Fn. 166. 63 Ochmann, S. 26 (wobei in Bezug auf die besonderen Vorgaben zur Legitimation des Aktionärs bei börsennotierten Gesellschaften hier noch § 123 Abs. 3 S. 2 u. 3 AktG a.F. genannt wird). 64 Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21; Kalss/Klampfl, in: Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, E. III. Rn. 21.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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sellschaften überwiegend aus bilanz- oder kapitalmarktrechtlichen Gesetzen, etwa aus den Vorschriften des WpHG. b) Allgemeine Vor- und Nachteile eines Sonderrechts der börsennotierten Aktiengesellschaft Bevor auf die konkrete Frage eingegangen wird, ob speziell in Bezug auf die Neuvorgaben des Kapitels Ia ARRL, insbesondere der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL, die im Rahmen des ARUG II mit der Beschränkung des Anwendungsbereichs der meisten Neuvorschriften auf börsennotierte Gesellschaften weiter vorangetriebene Separierung der rechtlichen Vorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften sinnvoll erscheint oder doch vielmehr eine überschießende Umsetzung der Vorgaben auch für die nicht börsennotierte AG überzeugender gewesen wäre, soll an dieser Stelle zunächst ein grober Überblick über die generellen Vor- und Nachteile gesonderter Regelungssysteme für Aktiengesellschaften einerseits mit und andererseits ohne Börsennotierung und den diesbezüglichen Meinungsstand in der rechtswissenschaftlichen Diskussion erfolgen. Die wesentlichen Vorteile separater gesetzlicher Regelungen für börsennotierte Unternehmen und damit gleichsam die Gründe für den dahingehenden gesetzgeberischen „Trend“ der letzten Jahrzehnte bestehen darin, dass auf diese Weise den mitunter stark verschiedenen Interessen und Bedürfnissen „kleinerer“ mittelständischer Gesellschaften einerseits und international agierender Publikumsgesellschaften andererseits entsprechend unterschiedlich begegnet werden kann. Bei börsennotierten Publikumsgesellschaften rechtfertigen Anlegerschutzerwägungen die schiere Vielzahl komplexer und anspruchsvoller Regelungsvorgaben, die von der Unternehmensleitung solcher Gesellschaften zu beachten sind. Angesichts der hohen finanziellen und organisatorischen Ressourcen und Kapazitäten, die börsennotierten Publikumsgesellschaften regelmäßig zur Verfügung stehen, kann die Einhaltung entsprechend komplexer regulatorischer Vorgaben von eben solchen Unternehmen faktisch auch vergleichsweise leichter bewältigt bzw. „verschmerzt“ werden. Die Unternehmensleitung der nicht börsennotierten, typischerweise etwas kleineren Aktiengesellschaft des Mittelstands droht durch zu komplexe und in organisatorischer und finanzieller Hinsicht anspruchsvolle rechtliche Vorgaben dagegen eher „überfordert“ zu werden.65 Ohne das mit einer Börsennotierung typischerweise verbundene zusätzliche Kapitalaufkommen würde es den Unternehmen naturgemäß schwerer fallen, den finanziellen und organisatorischen Aufwand zu bewältigen, der die permanente Beachtung und Einhaltung sämtlicher regulatorischer Vorgaben, welche für börsennotierte Unternehmen vorgesehen sind, einzuhalten. Auch ist der Anlegerkreis einer Gesellschaft ohne Börsennotierung in Bezug auf dessen Größe 65 Insoweit geht etwa Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 23 sowie ders., in: Verh. 67. DJT, E 85 f. davon aus, dass durch die strengen regulatorischen Vorgaben „die große Mehrzahl aller mittelständischen Unternehmen von einem Wechsel in die Rechtsform der AG abgehalten“ werden.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
und Diversität regelmäßig weniger ausgeprägt, sodass die Gründe des Anlegerschutzes, die sich für möglichst weitgehende regulatorische Vorgaben anführen lassen, hier auch entsprechend weniger schwer wiegen. Durch eine Deregulierung der nicht börsennotierten AG dergestalt, dass sich viele der dem Anlegerschutz dienenden gesetzlichen Regelungen bloß auf börsennotierte Gesellschaften beziehen, will der deutsche Gesetzgeber die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft insbesondere für den Mittelstand als Rechtsformalternative zur GmbH attraktiver gestalten.66 Ein weniger stark durchreguliertes „Recht der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft“ steigert auf diese Weise letztlich auch die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Aktiengesellschaft im „Wettbewerb der Rechtsordnungen“.67 c) Vor- und Nachteile einer nicht überschießenden Umsetzung konkret in Bezug auf die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL Im Folgenden sollen die Vor- und Nachteile einheitlicher oder aber separater Regelungsvorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften konkret in Bezug auf die inhaltlichen Vorgaben des Kapitels Ia ARRL untersucht werden. Dabei werden die Vor- und Nachteile einer überschießenden Richtlinienumsetzung, welche eine einheitliche Regelung für börsennotierte und nicht börsennotierte Aktiengesellschaften zur Folge hätte, jeweils in Bezug auf die einzelnen inhaltlichen Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL aufgezeigt. aa) Aktionärsidentifikation, Art. 3a ARRL Konkret mit Blick auf die Aktionärsidentifikation im Sinne des Art. 3a ARRL soll untersucht werden, welche der oben genannten allgemeinen Erwägungen für und gegen separate Regelungen bezüglich börsennotierter und nicht börsennotierter Gesellschaften auf die Implementierung eines entsprechenden Identifikationsrechts in das deutsche Aktienrecht übertragen werden können und welche speziellen Argumente für oder gegen eine überschießende Umsetzung gerade in Bezug auf die diesbezüglichen Vorgaben des Art. 3a ARRL sprechen. Für eine vollständige Ausweitung der Aktionärsidentifikation auf beide „Formen“ der Aktiengesellschaft und damit gleichsam gegen eine diesbezügliche Sonderregelung für börsennotierte Aktiengesellschaften lässt sich zunächst anführen, dass entsprechende Sonderregelungen, insbesondere wenn diese nicht spezialgesetzlich in Gestalt kapitalmarktrechtlicher Normen, sondern unmittelbar im Aktiengesetz verortet sind, das Regelungsgefüge der deutschen Aktiengesellschaft als Rechtsform tendenziell weiter „verkomplizieren“. In diese Richtung ging auch die in der ge66
Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 22; ders., in: Verh. 67. DJT, E 85 f. Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 22 f. mit Verweis auf die Studie „Albach/Lutter et al., Deregulierung des Aktienrechts: Das Drei-Stufen-Modell, 1988“, welche maßgeblich dazu beigetragen habe, dass der deutsche Gesetzgeber Maßnahmen zur Förderung der Attraktivität der Rechtsform Aktiengesellschaft für den Mittelstand ergriffen hat. 67
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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sellschaftsrechtlichen Literatur im Vorfeld der Richtlinienumsetzung vereinzelt erfolgte Aussprache für eine überschießende Umsetzung der Vorgaben des Art. 3a ARRL mit der Begründung, eine „Rechtszersplitterung zwischen börsenund nicht börsennotierten Aktiengesellschaften“ zu vermeiden.68 Inhaltlich hätte es für eine Ausweitung der Aktionärsidentifikation auch auf die nicht börsennotierte AG gesprochen, dass bei solchen Gesellschaften im Gegensatz zu börsennotierten Gesellschaften schon die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften der Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG keine Anwendung finden. Angesichts der Nichtanwendbarkeit der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz hätte ein Verfahren zur Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL insofern gerade für börsenferne Aktiengesellschaften konzeptionell zu einer erheblichen Verbesserung der Identifikationsmöglichkeiten führen können. Überdies hätte für eine überschießende Richtlinienumsetzung der Vorgaben des Art. 3a ARRL in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften die generelle Erwägung gesprochen, dass ein volkswirtschaftliches Interesse an einer verstärkten unmittelbaren Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär grundsätzlich nicht ausschließlich in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften besteht. Das von Seiten der EU-Gesetzgebung ins Auge gefasste Bedürfnis, die Aktionärsbasis stärker in die Angelegenheiten der Gesellschaft einzubeziehen und diese zu einer intensiveren Partizipation zu ermutigen, besteht vielmehr grundsätzlich auch in Bezug auf börsenferne Gesellschaften.69 Demgegenüber steht allerdings die Frage, ob bzw. inwieweit das für die börsennotierten Gesellschaften seitens der EU-Gesetzgebung ausgemachte Interesse an einer besseren Aktionärsidentifikation gerade auch von Seiten der Unternehmensleitung ebenso in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften besteht. So kommt es angesichts der Ausgestaltung der in Art. 3a ARRL vorgesehenen Beteiligungstransparenz als subjektives Recht der Gesellschaft gerade auf eine Ausübung dieses Rechts von Seiten der Gesellschaft bzw. deren Unternehmensleitung an, damit es auch tatsächlich zu einer höheren Transparenz der Beteiligungsstrukturen kommen kann. Nur wenn die Gesellschaften auch faktisch Gebrauch von ihrem Recht zur Aktionärsidentifikation machen, kann auf diese Weise letztlich eine stärkere Einbindung der so identifizierten Aktionäre erfolgen. Von Bedeutung ist mit anderen Worten, inwieweit sich nicht bloß das Interesse der Allgemeinheit an einer höheren Aktionärsbeteiligung, sondern gerade auch das Interesse der Unternehmensleitungen an einer besseren Kenntnis der eigenen Aktionäre auch auf die nicht börsennotierte AG erstreckt. Insofern ist ein näherer Blick auf die Frage geboten, inwieweit die Motivation der Unternehmensleitung, die Identität der eigenen Gesellschafter im Wege der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL bei den Intermediären zu erfragen, auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften besteht, zumal diese die im Rahmen des Identifikationsvorgangs 68 So konkret in Bezug auf die Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL: Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469. 69 Insoweit auch Noack, NZG 2017, 561, 562.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
entstandenen Kosten zu tragen bzw. den Intermediären – in Deutschland gemäß § 67f Abs. 1 AktG – zu ersetzen hätten. Das in seiner Bedeutung stetig wachsende Thema der Investor Relations bzw. das dahinterstehende Anliegen der Gesellschaften, durch bessere und intensivere Kommunikation vorhandene und potenzielle Investoren von sich zu überzeugen und für sich zu gewinnen, betrifft im Grundsatz erst einmal nicht ausschließlich Gesellschaften mit Börsennotierung.70 Insofern haben auch die Unternehmensleitungen börsenferner Aktiengesellschaften durchaus ein gewisses Interesse an einer entsprechenden Identifikation ihrer Aktionäre. Andererseits ist aber zu bedenken, dass der Kreis der Aktionäre bei börsenfernen Gesellschaften typischerweise deutlich weniger groß und unüberschaubar ist und außerdem regelmäßig auch deutlich weniger Fluktuation in Hinblick auf die Aktionärsstruktur besteht.71 So macht gerade der ständige Wechsel von Anlegern in Folge der bei einer Börsennotierung gegebenen leichten und schnellen Handelbarkeit der Aktien das Anliegen guter Investor Relations bei börsennotierten Publikumsgesellschaften in ganz besonderem Maße bedeutsam. Letztlich besteht insofern zwar auch von Seiten der Unternehmensleitung nicht börsennotierter Gesellschaften ein Interesse, die eigenen Aktionäre insbesondere zur Investor Relations-Pflege möglichst umfassend identifizieren zu können, doch ist dieses regelmäßig weniger stark ausgeprägt als bei den größeren börsennotierten Publikumsgesellschaften mit vergleichsweise schwerer überschaubaren Aktionärskreisen und hoher diesbezüglicher Fluktuation. Auch die Motivation, durch eine möglichst umfassende Kenntnis der eigenen Aktionäre feindlichen Übernahmeversuchen effektiv entgegenwirken zu können, was zwar nicht dem originären Zweck der ARRL-Aktionärsidentifikation entspricht, praktisch aber unter Umständen dennoch einen gewissen Anreiz zur Nutzung des Identifikationsrechts darstellen könnte,72 betrifft zuvorderst börsennotierte Unternehmen. Im Ergebnis besteht daher zwar durchaus auch aus Sicht der Unternehmensleitungen börsenferner Aktiengesellschaften ein gewisses Interesse an einer Möglichkeit zur Aktionärsidentifikation i.S.d. Vorgaben des Art. 3a ARRL, doch ist 70
Vgl. zur steigenden Wertschätzung guter Investor Relations etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 63; Garcia Mateos, S. 154 („immer größer werdende Bedeutung der Investor-Relation“); von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 128. 71 So ist der Anlegerkreis bei Aktiengesellschaften ohne Börsennotierung zwar nicht zwangsweise (mit Hinweis darauf, dass natürlich auch nicht börsennotierte Gesellschaften im Einzelfall Träger großer Unternehmen mit breit gestreutem Anlegerkreis sein können: Bachmann, in: Großkommentar AktG, § 3 Rn. 10), aber doch jedenfalls typischerweise kleiner und überschaubarer als bei einer börsennotierten Gesellschaft, vgl. Heider, in: MüKo AktG, § 3 Rn. 42; Seibert, in: Hdb. kleine AG, S. 4 („Mit der nicht börsennotierten AG werden typischerweise die Gesellschaften mit überschaubarem Gesellschafterkreis erfasst“); vgl. etwa auch Hoffmann-Becking, in: Münchener Handbuch GesR, Bd. 4, § 2 Rn. 7 dazu, dass die Aktien großer Publikumsgesellschaften mit „offenem Gesellschafterkreis“ jedenfalls typischerweise zum Börsenhandel zugelassen sind. 72 Vgl. hierzu insoweit näher unten unter Teil 3 A. I. 3. b).
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dieses dem Umfang nach weniger stark ausgeprägt als bei börsennotierten Unternehmen. Gegen eine überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation in Bezug auf nicht börsennotierte Aktiengesellschaften wurde außerdem angeführt, dass sich gerade solche Gesellschaften jedenfalls seit der Aktienrechtsnovelle 2016 ohnehin überwiegend zur Ausgabe von – im Vergleich zu Inhaberaktien konzeptionell weniger anonymen – Namensaktien entscheiden.73 Dem ist zuzugeben, dass das Vorhandensein anderweitiger Mechanismen zur Aktionärsidentifikation, konkret insbesondere das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, das faktische Bedürfnis nach einer zusätzlichen Aktionärsidentifikation i.S.d. Vorgaben des Art. 3a ARRL zwar durchaus schmälert. Soweit das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation im Sinne der Richtlinienvorgaben über die speziell für Namensaktien bislang vorgesehenen Transparenzmechanismen hinausgeht,74 wäre hierdurch allerdings durchaus auch nicht börsennotierten Namensaktiengesellschaften geholfen. Gegen die Sinnhaftigkeit einer überschießenden Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation für die nicht börsennotierte AG lässt sich schließlich die bereits erwähnte, allgemeine „Gefahr“ einer Überregulierung ebensolcher börsenfernen Gesellschaften anführen. Eines der elementaren Argumente der Verfechter einer zunehmenden Separierung zwischen dem (Gesellschafts-)Recht der börsennotierten und dem der börsenfernen Aktiengesellschaft lautet, dass für die typischerweise im Vergleich zur Publikumsgesellschaft mit Börsennotierung kleinere börsenferne AG entsprechend weniger intensive und umfangreiche regulatorische Vorgaben angemessen seien. Um die Aktiengesellschaft als Rechtsform auch für den Mittelstand attraktiv zu gestalten, sei insofern eine Deregulierung des Rechts der nicht börsennotierten AG angebracht.75 Auch vor diesem Hintergrund erscheint prima facie eine Beschränkung der zusätzlichen Regelungen, die zur Umsetzung des Art. 3a ARRL in das Aktiengesetz implementiert werden, auf börsennotierte Gesellschaften angebracht. Das Einführen zusätzlicher Rechte und Pflichten in Zusammenhang mit der Aktionärsidentifikation sowie der mit dem Identifikationsprozess einhergehende bürokratische Aufwand drohen der für die nicht börsennotierte AG grundsätzlich angebrachten Deregulierung insoweit auf den ersten Blick zuwiderzulaufen. Indes ist konkret mit Blick auf die Ausgestaltung der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL zu berücksichtigen, dass den Aktiengesellschaften selbst hierbei unmittelbar keinerlei Pflichten aufgebürdet werden, sondern diesen zunächst vielmehr bloß zusätzliche Rechte an die Hand gegeben werden. Zwar entstehen im Zusammenhang eines Identifikationsverfahrens durchaus auch 73 Insoweit hält auch Stiegler, WM 2019, 620, 621 den ersatzlosen Wegfall der im RefE ARUG II ursprünglich vorgesehenen „Opt-in“-Möglichkeit für nicht börsennotierte Gesellschaften in Bezug auf das Aktionärsidentifikationsrecht gerade aus diesem Grund für „nachvollziehbar“. 74 Vgl. hierzu ausführlich bei Teil 2 B. V. 1. 75 Bayer, Beilage NJW 21/2008, 21, 22; ders., in: Verh. 67. DJT, E 85 f.
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Rechtspflichten zulasten der Gesellschaft, wie etwa die in Art. 3a Abs. 5 ARRL angelegte Pflicht zur Berichtigung unrichtiger oder unvollständiger Aktionärsdaten, die Löschung der persönlichen Daten ehemaliger Aktionäre nach Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL oder aber die vom deutschen Gesetzgeber in § 67f Abs. 1 AktG vorgesehene Pflicht zum Ersatz der den Intermediären entstandenen Kosten. Diese Pflichten zulasten der Gesellschaft entstehen allerdings nur dann, wenn diese sich aktiv dazu entschließt, auch tatsächlich von ihrem Recht zur Aktionärsidentifikation Gebrauch zu machen. Insofern würden einem Mittelständler, der sich für eine Organisation seines Unternehmens als Aktiengesellschaft ohne Börsennotierung entscheidet, im Falle einer überschießenden Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3a ARRL auf sämtliche Aktiengesellschaften zunächst auch keine automatisch entstehenden Pflichten bzw. kein zusätzlicher Aufwand drohen, solange dieser schlicht auf die praktische Ausübung des Rechts zur Aktionärsidentifikation verzichtet. Insofern würde eine überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation bezüglich der nicht börsennotierten AG die Attraktivität dieser Rechtsform insbesondere für den Mittelstand aus Sicht der Unternehmensleitung zunächst auch nicht unmittelbar schmälern. Zu bedenken ist diesbezüglich allerdings, dass sich jedenfalls aber doch der – mit dem Identifikationsrecht der Unternehmensleitung korrespondierende – „Nachteil“ der Aktionäre der nicht börsennotierten Gesellschaften, die im Falle einer überschießenden Umsetzung des Art. 3a ARRL ebenso wie die Aktionäre börsennotierter Gesellschaften potenziell mit einer Offenlegung ihrer Identität hätten rechnen müssen, mittelbar negativ auf die Attraktivität dieser Rechtsform und damit einhergehend auch auf den internationalen Wettbewerb der Rechtsordnungen bzw. Rechtsformen hätte auswirken können. Sofern eine Rechtsform jedenfalls potenziell als „Kapitalsammelbecken“76 gedacht ist, wie es auch ohne Börsennotierung bei einer Aktiengesellschaft prinzipiell der Fall ist, bestimmt sich die Attraktivität dieser Rechtsform naturgemäß nicht ausschließlich durch die Pflichten und den Aufwand, der für die Unternehmensleitung besteht, sondern auch dadurch, inwieweit die jeweilige Rechtsform gerade für potenzielle Eigenkapitalinvestoren ansprechend ist. Aus Sicht solcher (potenzieller) Anleger, die weitgehend anonym und unbehelligt agieren wollen, könnte die „Gefahr“ einer Aktionärsidentifikation nach den Vorgaben des Art. 3a ARRL durchaus abschreckend wirken. Insofern hätte eine Ausweitung der ARRL-Aktionärsidentifikation auf börsenferne Gesellschaften mit Sitz in Deutschland die Eignung solcher Gesellschaften als „Kapitalsammelbecken“ jedenfalls theoretisch durchaus ein Stück weit schmälern können, was sich dann wiederum negativ auf die Attraktivität der „Rechtsform“ der deutschen nicht börsennotierten AG hätte auswirken können.77 Insofern hätten sich anonym agieren wollende Investoren eher für eine Investition in 76
Vgl. hierzu bereits oben Teil 1 B. II. 1. In eine ähnliche Richtung gehen auch die Überlegungen bei Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 40, wonach sich einige Mitgliedstaaten bewusst für die Ausschöpfung der Mindestschwellenoption aus Art. 3a Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL entscheiden könnten, um so die Attraktivität ihrer nationalen Gesellschaften für ausländische Investoren aufrecht zu erhalten bzw. zu erhöhen. 77
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eine entsprechende nicht börsennotierte Gesellschaft eines anderen Staats entscheiden können, nach dessen Recht für solche Gesellschaften gerade keine vergleichbare Aktionärsidentifikation vorgesehen ist. Praktisch sollte dieser Aspekt allerdings auch nicht überwertet werden. So stellt es wohl eher eine Ausnahme dar, dass ein potenzieller Anleger einer nicht börsennotierten Gesellschaft einer möglichen Identifikation durch die Gesellschaft derart negativ gegenübersteht, dass er angesichts dessen von einer Investition in eben jenes Unternehmen absehen würde.78 Außerdem würden selbst bei einer vollständigen überschießenden Umsetzung der Aktionärsidentifikation bezüglich der nicht börsennotierten AG weiterhin Gestaltungsmöglichkeiten existieren, die eine Identifikation verhindern oder jedenfalls wesentlich erschweren würden. Zu berücksichtigen ist diesbezüglich insbesondere, dass schon einfache Treuhandkonstruktionen grundsätzlich nicht durch die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG offengelegt werden.79 Sofern ein Investor ausnahmsweise tatsächlich ein entsprechend ausgeprägtes Interesse an einer anonymen Beteiligung an einer nicht börsennotierten AG hat, hätte er dies mithilfe entsprechender Gestaltungsmöglichkeiten daher selbst bei einer überschießenden Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3a ARRL erreichen können. Zuletzt erscheint erörterungsbedürftig, wie sich eine überschießende Umsetzung der Aktionärsidentifikation auf sämtliche Aktiengesellschaften aus Sicht der Intermediäre ausgewirkt hätte, zumal diese doch die Hauptverpflichteten im Rahmen des nach Art. 3a ARRL vorgesehenen Verfahrens sind. Insoweit ist offensichtlich, dass eine Ausdehnung des Aktionärsidentifikationsrechts auf eine größere Zahl von Gesellschaften zunächst in organisatorischer Hinsicht einen Mehraufwand für die primär für den Identifikationsprozess verantwortlichen Intermediäre dargestellt hätte. Angesichts dessen, dass sogar die deutliche Mehrheit der deutschen Aktiengesellschaften nicht über eine Börsennotierung verfügt,80 hätte der durch eine überschießende Richtlinienumsetzung entstehende Mehraufwand grundsätzlich auch nicht ganz unerheblich ausfallen können. Andererseits sind die Verwahrketten bei kleineren, nicht börsennotierten Gesellschaften tendenziell etwas weniger komplex bzw. vielgliedrig. Auch die Anlegerkreise solcher Gesellschaften ohne 78
Vgl. allerdings Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183, die darauf hinweisen, dass im internationalen Kapitalmarkt durchaus manche Anleger den ausdrücklichen Wunsch hegen, ihre Beteiligung unbekannt zu halten; vgl. hierzu auch N. Winkler, S. 152, die davon ausgeht, dass die bisher vergleichsweise geringe Anonymität der Aktionäre gegenüber der Société anonyme nach französischem Recht von manchen internationalen Investoren durchaus negativ bewertet wird; Mohamed, S. 62 geht außerdem in Bezug auf die Legitimationszession bei Namensaktien davon aus, dass diese häufig dem Ziel dient, die Anonymität der Aktionäre zu wahren. 79 Vgl. insoweit nur Einsele, JZ 2019, 121, 124; Zetzsche, ZGR 2019, 1, 7 sowie in Bezug auf das „Abfrageregister“ i.S.d. Art. 3a ARRL bereits Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 158; vgl. hierzu eingehend außerdem sogleich unten unter Teil 2 B. IV. 1. c) bb) (1). 80 Vgl. mit aktuellen Zahlen hierzu zuletzt etwa Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 38, wo von „rund 15.000 Aktiengesellschaften“ und – gestützt auf einen Bericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 – von „insgesamt rund 450 börsennotierte[n] Gesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland“ die Rede ist.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Börsennotierung sind typischerweise weniger umfangreich und weniger schwer überschaubar, sodass der Aufwand eines einzelnen Identifikationsersuchens für die Intermediäre diesbezüglich tendenziell geringer ausgefallen wäre. In finanzieller Hinsicht hätte überdies die Regelung des § 67f Abs. 1 AktG bewirkt, dass den Intermediären grundsätzlich ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber den anfragenden nicht börsennotierten Gesellschaften zugestanden hätte. bb) Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, Art. 3b u. 3c ARRL Die Frage, ob die Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt bleiben sollte oder überschießend auch nicht börsennotierte Aktiengesellschaften von den Neuregelungen erfasst sein sollten, betraf neben der Aktionärsidentifikation auch die Verfahren der Informationsübermittlung nach Art. 3b ARRL sowie die Maßnahmen zur Rechtsausübungserleichterung im Sinne des Art. 3c ARRL. Auch diesbezüglich sollen insoweit die konkreten Vor- und Nachteile aufgezeigt werden, die eine überschießende Richtlinienumsetzung mit sich gebracht hätte. Wie die Aktionärsidentifikation dienen auch die Vorgaben der Art. 3b u. 3c ARRL dem Zweck, die Aktionäre zu einer aktiveren Teilhabe an der Gesellschaft zu bewegen. Wie bereits in Bezug auf die Aktionärsidentifikation festgestellt, wäre eine solche aktivere Beteiligung der Aktionäre grundsätzlich nicht nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften, sondern durchaus auch in Bezug auf börsenferne Aktiengesellschaften wünschenswert. Gegen die Sinnhaftigkeit einer überschießenden Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL spricht dagegen in erster Linie wiederum die allgemeine Gefahr einer Überregulierung der nicht börsennotierten AG insbesondere mit Blick auf mittelständische Unternehmen. Gegen dieses Argument lässt sich zwar prima facie anführen, dass sich die in Art. 3b u. 3c ARRL vorgegebenen Rechtspflichten wie im Rahmen der Aktionärsidentifikation in erster Linie nicht unmittelbar an die Gesellschaften, sondern vielmehr an die zwischen der Gesellschaft und den Aktionären stehenden Intermediäre richten. Allerdings werden hierbei letztlich durchaus auch die Gesellschaften – insbesondere im Rahmen der Kostenverteilung – nicht unerheblich in die Pflicht genommen. Auch die Tatsache, dass – anders als bezüglich der durch Art. 3a ARRL vorgegebenen Aktionärsidentifikation – hinsichtlich der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL aus deutscher Sicht ein vergleichsweise geringer Umsetzungsbedarf bestand, da ein Großteil der hierin beschriebenen Maßnahmen bereits im Aktiengesetz vorgesehen war, ließe sich gegen die Befürchtung anführen, dass eine überschießende Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL mehr als nur unerheblich zu einer „Überregulierung“ der nicht börsennotierten AG beitragen hätte. Allerdings gelten die im Aktiengesetz bereits vor Umsetzung der ARRL verankerten Mechanismen zur
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Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung zum Teil gerade nicht gleichermaßen für börsennotierte und börsenferne Gesellschaften. So erstrecken sich etwa die Regelung zur Veröffentlichung von Informationen zur Hauptversammlung auf der Internetseite der Gesellschaft nach § 124a AktG oder die Pflicht zum Hinweis auf eine solche Internetveröffentlichung aus § 121 Abs. 3 S. 3 Nr. 4 AktG, die dem in Art. 3b Abs. 1 lit. b ARRL beschriebenen Mechanismus der Informationsübermittlung entsprechen, ausschließlich auf börsennotierte Gesellschaften. Eine Anpassung der bisherigen aktiengesetzlichen Regelungen dergestalt, dass diese auch für die nicht börsennotierte AG gelten würden, hätte insofern durchaus einen nicht ganz unerheblichen Mehraufwand für solche Gesellschaften mit sich gebracht. Generell läuft die in Art. 3b ARRL geregelte Informationsübermittlung zwar über die Intermediäre, doch müssen diese hierbei erst durch die Gesellschaften mit den jeweiligen Informationen versorgt werden, sodass im Rahmen der Vorgaben aus Art. 3b ARRL – stärker als im Rahmen der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL – durchaus auch die Aktiengesellschaften selbst in die Pflicht genommen werden. Zur Vermeidung eines nicht ganz unerheblichen organisatorischen Mehraufwands für die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft schien es daher durchaus geboten, die bisher im deutschen Aktienrecht verankerte Differenzierung zwischen börsennotierter und nicht börsennotierter AG in puncto Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung grundsätzlich beizubehalten und die bereits bislang im Aktiengesetz speziell für börsennotierte Gesellschaften vorgesehenen Maßnahmen zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen des ARUG II daher nicht weitergehend auf die nicht börsennotierte Gesellschaft auszuweiten. Soweit sich die bisherigen Regelungen des deutschen Aktienrechts zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung indes ohnehin bereits auch auf solche Gesellschaften ohne Börsennotierung erstreckt hatten, erschien eine Anpassung dieser Regelungen im Sinne der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL punktuell allerdings durchaus sinnvoll. Im Rahmen des ARUG II neu eingeführt wurde etwa die nach Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 ARRL vorgesehene Pflicht einer elektronischen Bestätigung für elektronische Stimmabgaben. Diesbezüglich hatte es sich angeboten, für die Frage, ob sich eine solche Neuregelung im deutschen Recht auch auf die nicht börsennotierte AG erstrecken sollte, an der bisherigen Ausgestaltung entsprechender Mechanismen im Aktiengesetz anzuknüpfen. Bei der im Rahmen des ARUG I eingeführten Regelung zur elektronischen Hauptversammlungsteilnahme aus § 118 Abs. 1 S. 2 AktG hatte sich der deutsche Gesetzgeber etwa für eine Ausdehnung der Neuregelung auf sämtliche Aktiengesellschaften, also auch auf Gesellschaften ohne Börsennotierung, entschieden. In einem solchen Fall nun die damit in engem Zusammenhang stehende Pflicht zur elektronischen Bestätigung einer elektronischen Stimmabgabe i.S.d. Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 ARRL bloß in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften einzuführen, wäre zwar zweifellos zulässig gewesen und hätte überdies auch den organisatorischen Aufwand für nicht börsennotierte Gesellschaften hinsichtlich elektronischer Stimmabgaben etwas redu-
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ziert. Eine separate Regelung lediglich für diesen „Teilbereich“ der elektronischen Stimmabgabe, der elektronischen Bestätigung einer solchen Stimmabgabe, erscheint indes unnötig kompliziert. Sofern sich bereits vorhandene Regelungsbereiche wie das Verfahren der elektronischen Stimmabgabe schon bislang sowohl auf börsennotierte als auch auf nicht börsennotierte Gesellschaften bezogen haben, erschien es daher naheliegend, auch die zur Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL neu eingeführten Vorschriften entsprechend auf beide Formen der Aktiengesellschaft zu beziehen und sich insofern an den bisherigen Regelungen des deutschen Gesellschaftsrechts zu orientieren. d) Die Entscheidung im Rahmen des ARUG II weitgehend gegen eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben aa) Umsetzung der Vorgaben zu Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften Nach einigem „Hin und Her“ hat sich der deutsche Gesetzgeber bei der Implementierung des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation letztlich vorerst gänzlich gegen eine überschießende Umsetzung der Vorgaben auch für Aktiengesellschaften ohne Börsennotierung i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG entschieden. Die Informationsansprüche aus § 67d Abs. 1 AktG stehen insofern ausdrücklich nur der börsennotierten Gesellschaft zu. Noch während des Umsetzungsgesetzgebungsverfahrens sah es zeitweise hingegen noch stark danach aus, als würde sich der deutsche Gesetzgeber weder vollständig für noch vollständig gegen eine überschießende Umsetzung der Aktionärsidentifikation entscheiden. So war im ursprünglichen Referentenentwurf zum ARUG II vorgesehen, dass die einzelnen nicht börsennotierten Gesellschaften kraft Satzungsregelung selbst darüber entscheiden können sollten, ob in Bezug auf die eigenen Aktionäre ein Identifikationsanspruch nach § 67d Abs. 1 AktG gegenüber den Intermediären besteht.81 Die Satzungsoption war dabei als sog. „Opt-in“Möglichkeit82 ausgestaltet gewesen, sodass es einer positiven Entscheidung der Gesellschaft zugunsten der Implementierung des Identifikationsrechts aus § 67d AktG bedurft hätte. Dementsprechend hätte es zwar auch nach der Konzeption des Referentenentwurfs den gesetzlichen Normalfall dargestellt, dass Aktiengesellschaften ohne Börsennotierung über keine entsprechenden Identifikationsansprüche verfügen. Immerhin hätten diese sich aber in das System der Aktionärsidentifikation „einwählen“ können. Die im ehemaligen 67d Abs. 6 AktG-E RefE ARUG II angedachte Satzungsoption hätte sich gleichermaßen auf im Freiverkehr notierte als auch auf sonstige nicht 81 Vgl. § 67d Abs. 6 AktG-E RefE ARUG II („Die Satzung der nicht börsennotierten Gesellschaft kann bestimmen, dass die Absätze 1 bis 4 anwendbar sind“). 82 So ausdrücklich Begr. RefE ARUG II S. 65.
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börsennotierte Aktiengesellschaften erstreckt.83 Praktische Bedeutung hätten die damit ursprünglich angedachten Identifikationsmöglichkeiten nicht börsennotierter Gesellschaften neben im Freiverkehr notierten Gesellschaften insbesondere auch für solche Aktiengesellschaften erlangen können, die in Vergangenheit einmal über eine Börsennotierung verfügt hatten und infolgedessen auch nach einem Delisting noch immer über entsprechend große, unübersichtliche Aktionärskreise verfügen.84 Das allgemeine Bedürfnis nach einer Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG von Seiten nicht börsennotierter Gesellschaften wurde dann letztlich aber doch als derart gering eingestuft, dass im Regierungsentwurf ARUG II gänzlich auf eine entsprechende Opt-in-Möglichkeit verzichtet wurde. Neben der Tatsache, dass die Anlegerkreise nicht börsennotierter Unternehmen regelmäßig überschaubarer als bei börsennotierten Publikumsgesellschaften sind, fällt das praktische Bedürfnis nach einer Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften außerdem auch deswegen etwas geringer aus als bei börsennotierten Unternehmen, weil die Anteile nicht börsennotierter Gesellschaften jedenfalls seit der Aktienrechtsnovelle 2016 zunehmend als Namensaktien verbrieft werden.85 Für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften bestehen daher oftmals immerhin die Möglichkeiten zur Identifikation der eigenen Aktionäre mithilfe des Aktienregisters und des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Letztlich bleibt es durch die Streichung der Satzungsoption nach § 67d Abs. 6 AktG-E im Laufe des späteren Gesetzgebungsverfahrens unklar, wie viele der nicht börsennotierten Gesellschaften hiervon praktisch Gebrauch gemacht hätten. Für eine häufige praktische Nutzung einer entsprechenden „Opt-in“-Möglichkeit hätte allgemein gesprochen, dass eine entsprechende Satzungsklausel die rechtlichen Möglichkeiten der Gesellschaft zunächst bloß erweitert hätte, ohne dieser unmittelbar zusätzliche Pflichten aufzubürden. Gegen eine allzu häufige praktische Nutzung einer entsprechenden Satzungsoption hätte gesprochen, dass das Bedürfnis der nicht börsennotierten Gesellschaften nach einer Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG regelmäßig weniger ausgeprägt ist als seitens börsennotierter Publikumsgesellschaften mit deren tendenziell schwerer überschaubaren Aktionärskreisen. bb) Nur vereinzelt überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3b u. 3c ARRL Wie die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation wurden auch die Richtlinienvorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen des ARUG II hauptsächlich nicht überschießend, 83 84 85
Begr. RefE ARUG II S. 65. Seulen, DB 2018, 2915, 2919. Mit dieser Erwägung auch Stiegler, WM 2019, 620, 621.
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sondern großteils nur in Bezug auf börsennotierte Aktiengesellschaften umgesetzt. Dies gilt insbesondere für die neuen §§ 67a – 67c AktG. Im Referentenentwurf zum ARUG II war ganz anders hingegen noch eine überschießende Umsetzung dergestalt vorgesehen, dass sich die entsprechenden §§ 67a – 67c AktG-E vollständig auf sämtliche Aktiengesellschaften, d. h. auch auf Gesellschaften ohne Börsennotierung, erstrecken sollten. Vereinzelt gelten die aktienrechtlichen Neuregelungen zur Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL allerdings auch nach der finalen Fassung des ARUG II sowohl für börsennotierte als auch für nicht börsennotierte Gesellschaften. Dies gilt beispielsweise für die in § 118 Abs. 1 S. 3 AktG (ggf. i.V.m. § 118 Abs. 2 AktG) neu vorgesehene Pflicht der Gesellschaft zur Bestätigung des Zugangs einer elektronisch abgegebenen Stimme. Eine gewisse Zunahme der regulatorischen Komplexität sowie des organisatorischen Aufwands geht damit für die nicht börsennotierte AG zwar einher. Die dahingehende Entscheidung des deutschen Gesetzgebers für eine überschießende Umsetzung erscheint allerdings schon deswegen konsequent, weil auch die hinter der Regelung des § 118 AktG stehenden Vorgaben der ARRL I bezüglich des Einsatzes „neuer Medien“ im Rahmen der Hauptversammlung seinerzeit im Rahmen des ARUG I entsprechend für beide Formen der Aktiengesellschaft umgesetzt worden waren.86 cc) Umsetzung der sonstigen Richtlinienvorgaben – jenseits des Kapitels Ia ARRL – hauptsächlich nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften Schließlich wurden auch die übrigen Neuvorgaben der ARRL II wie die des Kapitels Ia im Rahmen des ARUG II hauptsächlich nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften umgesetzt. Konkret gelten etwa die Neuregelungen zur Vorstandsvergütung aus § 87a AktG, § 120a AktG und § 162 AktG oder auch die Neuregelungen zu Geschäften mit nahestehenden Personen aus §§ 111a ff. AktG ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften. e) Zwischenergebnis Dass sich die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers für oder gegen eine überschießende Umsetzung der Vorgaben der ARRL II in Bezug auf die Regelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung noch während des Gesetzgebungsverfahrens, konkret zwischen der Veröffentlichung des Referentenwurfs ARUG II und dem späteren Regierungsentwurf ARUG II, derart grundlegend geändert hat, zeigt, wie schwierig die Frage zu beantworten ist, ob für das deutsche Recht ein – noch stärker als bisher ausge86 Vgl. etwa Kubis, in: MüKo AktG, § 118 Rn. 18 zur im Rahmen des ARUG I insoweit erfolgten überschießenden Umsetzung der Vorgaben aus Art. 8 Abs. 1 ARRL I.
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prägtes – „Sonderrecht der börsennotierten AG“ sinnvoll ist oder aber doch wieder stärker auf eine einheitliche Rechtsform der Aktiengesellschaft hingearbeitet werden sollte. Auch der deutsche Gesetzgeber scheint hier noch keiner ganz klaren, zweifelsfreien Linie zu folgen.87 Letztlich hat sich der deutsche Gesetzgeber mit der finalen Fassung des ARUG II und der dabei verfolgten weitgehenden „1:1-Umsetzung“ der ARRL II jedenfalls implizit für eine weitere Verfestigung eines „Sonderrechts der börsennotierten AG“ entschieden. Das auf diese Weise weiter vorangetriebene „Sonderrecht“ börsennotierter Gesellschaften folgt damit zunehmend weniger klar überwiegend aus kapitalmarktrechtlichen Spezialgesetzen, sondern nach Inkrafttreten des ARUG II vermehrt schon unmittelbar aus dem Gesellschaftsrecht. Der Großteil der Neuregelungen des ARUG II, insbesondere auch die §§ 67a ff. AktG, führen insoweit unmittelbar im Aktiengesetz zu einer teils sehr klaren Trennung der regulatorischen Vorgaben einerseits für Aktiengesellschaften mit und andererseits für Aktiengesellschaften ohne Börsennotierung. Noch zu Anfang der Richtlinienumsetzung deutete von deutscher Seite manches auf einen nicht unwesentlich anderen Kurs hin. Die im Referentenentwurf zum ARUG II ursprünglich vorgesehene, sehr weitgehend überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Informationsweiterleitung und zur Rechtsausübungserleichterung sowie die jedenfalls teilweise überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL dergestalt, dass Gesellschaften ohne Börsennotierung jedenfalls als Satzungsoption eine „Opt-in“-Möglichkeit zur Identifikation ihrer Aktionäre eingeräumt werden sollte, hätte insoweit eher einen Schritt (zurück) in Richtung einheitlicher Regelungen für sämtliche Aktiengesellschaften und mithin einen Schritt weg von einem „Sonderrecht der börsennotierten AG“ bedeutet. Bei näherer Betrachtung lässt sich auch dieser Befund allerdings etwas relativieren. Durch Verweise auf und das Zusammenspiel mit den bisherigen Vorschriften des Aktiengesetzes, insbesondere der im Rahmen des ARUG I eingeführten Vorschriften, hätten sich die §§ 67a – 67c AktG-E88 auch ohne ausdrückliche Trennung der regulatorischen Vorgaben für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften – wie sie in der finalen Fassung der §§ 67a – 67c AktG nun aber letztlich vorgesehen ist – auf die beiden „Unterarten“ der Aktiengesellschaft faktisch zum Teil etwas unterschiedlich ausgewirkt. Beispielsweise sah etwa die konzeptionell für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften gleichermaßen geltende Regelung zur Informationsweiterleitung aus § 67a AktG-E eine Vereinfachung des Verfahrens für den Fall vor, dass Informationen auf der Internetseite der Gesellschaft abrufbar sind. Nach der vormals im Rahmen des ARUG I eingeführten Regelung des § 124a AktG sind allerdings bloß börsennotierte Gesellschaften zu bestimmten Veröffentlichungen auf ihrer Internetseite verpflichtet, sodass die Neu87 Grundsätzlich anders insofern allerdings noch Bayer, in: Verh. 67. DJT, E 57, der die Debatte um eine stärkere Differenzierung zwischen dem Recht der börsennotierten und dem der nicht börsennotierten AG vor wenigen Jahren bereits „nicht mehr offen“, sondern zugunsten einer stärkeren Ausdifferenzierung „bereits entschieden“ sah. 88 §§ 67a–67c AktG-E RefE ARUG II.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
regelungen zur Informationsweiterleitung aus den §§ 67a ff. AktG-E RefE ARUG II börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften auch ohne ausdrückliche Separierung faktisch in etwas unterschiedlichem Ausmaß betroffen hätten. Für die sonstigen Neuregelungen des ARUG II etwa zur Vorstandsvergütung („say on pay“) oder für Geschäfte mit nahestehenden Personen („related party transactions“) war überdies von Anfang an, d. h. auch bereits im ursprünglichen Referentenentwurf ARUG II, eine Geltung ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften vorgesehen. Schließlich hätte sogar die im Referentenentwurf ARUG II ursprünglich vorgesehene, teilweise überschießende Umsetzung der Aktionärsidentifikation in Gestalt der Satzungsoption für nicht börsennotierte Gesellschaften in gewisser Hinsicht ebenfalls zu einer rechtskonzeptionellen Auseinanderentwicklung des Rechts börsennotierter und nicht börsennotierter Aktiengesellschaften geführt. So hätte zwar auch eine Aktiengesellschaft ohne Börsennotierung potenziell gleich einer börsennotierten Gesellschaft ihre Aktionäre identifizieren können. Die dazu im Referentenentwurf in § 67d Abs. 6 AktG-E vorgesehene „Opt-in“-Möglichkeit hätte dabei konzeptionell allerdings gewissermaßen eine punktuelle Auflockerung des „Prinzips der Satzungsstrenge“ dargestellt, die sich insoweit ausschließlich auf nicht börsennotierte Gesellschaften bezogen hätte. In gewisser Hinsicht hätte daher auch die im Referentenentwurf ARUG II ursprünglich angedachte teilweise überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben in Bezug auf die Aktionärsidentifikation einen Schritt weiter in Richtung eines „Sondergesellschaftsrechts“ der börsennotierten AG bedeutet. Durch die so bewirkte Auflockerung des aktienrechtlichen Prinzips der Satzungsstrenge speziell in Bezug auf die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft wäre der deutsche Gesetzgeber dabei der in der gesellschaftsrechtlichen Literatur zum Teil erhobenen Forderung nach einer auf eben diese Weise bewirkten Deregulierung des Rechts der nicht börsennotierten AG ein Stück weit entgegengekommen.89 2. Regelungsstandort der Neuvorschriften des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Das ARUG II setzt die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung hauptsächlich durch das Einfügen der Neuvorschriften der §§ 67a ff. AktG sowie durch eine Überarbeitung des bisherigen § 67 AktG um. Die Neuregelungen sind damit systematisch hauptsächlich innerhalb des 1. Buchs, 3. Teil des Aktiengesetzes („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) verortet. Daneben erfolgt die Umsetzung der dahingehenden Richtlinienvorgaben im Wesentlichen 89 Vgl. zu dieser Forderung Limmer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 23 Rn. 28 mit Verweis auf Bayer, in: Verh. 67. DJT, E 27 ff.; ders., Beilage NJW 21/2008, 21, 23; Richter, ZHR 172 (2008), 419; Spindler, AG 2008, 598.
A. Anwendungsbereich der Neuregelungen
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durch Änderungen und Anpassungen der aktienrechtlichen Regelungen zur Hauptversammlung, d. h. im Rahmen der §§ 118 ff. AktG. Die systematische Verortung der Neuregelung innerhalb des 1. Buchs, 3. Teil des Aktiengesetzes („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) überzeugt, dienen die Neuvorgaben zur Umsetzung des Kapitels Ia ARRL doch einer Förderung der Beteiligung der Aktionäre an der Gesellschaft und betreffen damit gerade die zwischen der Gesellschaft und deren Gesellschaftern bestehenden Rechtsverhältnisse. Konzeptionell ähnelt die in § 67d AktG vorgesehene Möglichkeit der Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre außerdem in etwa dem schon vormals in Bezug auf Namensaktien vorgesehenen Aktienregister bzw. speziell dem diesbezüglichen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Der deutsche Gesetzgeber war bei der Implementierung der Vorgaben des Art. 3a ARRL in das Aktiengesetz hierbei insbesondere bemüht zu vermeiden, dass die für Namensaktien insoweit nunmehr nebeneinander bestehenden „Register“ – einerseits das formelle Namensaktienregister aus § 67 AktG und andererseits das durch den neu implementierten Identifikationsanspruch aus § 67d AktG ermöglichte informelle „Abfrageregister“90 – vollständig losgelöst voneinander existieren. Dazu wurden die Regelungen zum formellen Namensaktienregister durch Anpassungen des § 67 AktG und die konkrete Ausgestaltung der neuen Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG jedenfalls ein Stück weit inhaltlich aufeinander abgestimmt.91 Auch mit Blick auf eben jenes Ziel, die beiden in Bezug auf Namensaktien nunmehr parallel nebeneinander bestehenden „Register“ ein Stück weit miteinander zu verzahnen, erscheint die systematische Verortung des neuen Aktionärsidentifikationsverfahrens in unmittelbarer Nähe zur Regelung des § 67 AktG insofern passend. Mit Blick auf die Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung nach Art. 3b u. 3c ARRL wäre anstelle der Einführung der neuen § 67a – 67c AktG insbesondere auch an eine vollständige Umsetzung der Neuregelungen innerhalb der §§ 121 ff. AktG (1. Buch, 4. Teil, 4. Abschnitt, 2. Unterabschnitt: „Einberufung der Hauptversammlung“) zu denken gewesen, wo doch beispielsweise die Richtlinienvorgaben des Art. 3b Abs. 1 ARRL zum Einbezug der Intermediäre in die Informationsprozesse den bisherigen aktienrechtlichen Regelungen, insbesondere den §§ 125 Abs. 1, 128 Abs. 1 AktG a.F., schon relativ weitgehend entsprochen hatten.92 Allerdings beziehen sich die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung konzeptionell eben nicht ausschließlich auf Aktionärsrechte unmittelbar im Zusammenhang der Hauptversammlung. Insofern scheint die im Rahmen des ARUG II gewählte sys90
Mit dieser Formulierung bereits Noack, NZG 2017, 561, 567; aufgegriffen etwa von Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 157. 91 Vgl. insoweit beispielsweise die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG, BT-Drs. 19/9739, S. 58. 92 Vgl. zu dieser Überlegung bereits Noack, NZG 2017, 561, 565.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
tematische Verortung der Neuregelungen innerhalb des 1. Buchs, 3. Teil AktG („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) letztlich wesentlich überzeugender als eine schlichte Anpassung der §§ 121 ff. AktG. Denkbar wäre im Sinne einer möglichst sinnvollen Gesetzessystematik allenfalls noch gewesen, die im Rahmen der neuen §§ 67a ff. AktG nun deutlich klarer als bisher zum Ausdruck kommende, hohe Bedeutung der Intermediäre für die Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären schon durch eine Erwähnung derselben im Titel des entsprechenden Abschnitts des Aktiengesetzes hervorzuheben. Inhaltlich betreffen die neuen §§ 67a ff. AktG insoweit eben nicht bloß ein Zweipersonenverhältnis aus Gesellschaft und Aktionär, wie es der Titel des 1. Buchs, 3. Teil AktG („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) andeutet, sondern vielmehr ein „Dreieck“ bzw. eine „mehrgliedrige Kette“ aus Gesellschaft, Aktionär und Intermediär(en). Unter diesem Aspekt wäre auch eine Erwähnung der Intermediäre bereits im Titel des neu gestalteten Abschnitts des Aktiengesetzes passend gewesen. So behandelt der neu gestaltete 3. Teil des 1. Buchs nach Inkrafttreten des ARUG II nun mehr denn je gerade auch die Rechtsverhältnisse der Intermediäre zur Gesellschaft, zu den Aktionären und schließlich auch untereinander. In Bezug auf die innerhalb des § 67a AktG verorteten Definitionen des „Intermediär[s]“ (§ 67a Abs. 4 AktG), des „Intermediär[s] in der Kette“ (§ 67a Abs. 5 S. 1 AktG) sowie des „Letztintermediär[s]“ (§ 67a Abs. 5 S. 2 AktG) hätte sich alternativ auch eine systematische Verortung bereits im Rahmen der „Allgemeinen Vorschriften“ (1. Buch, 1. Teil AktG) angeboten. Angesichts dessen, dass der Begriff des Intermediärs von nun an in ganz verschiedenen Abschnitten des Aktiengesetzes – so etwa auch im Rahmen des neu gefassten § 125 AktG – sowie systematisch auch schon vor den neuen Definitionen aus § 67a AktG – beispielsweise im Rahmen des neu gefassten § 67 Abs. 4 AktG – verwendet wird, wäre eine entsprechende Verortung eben jener Definitionen unmittelbar in den §§ 1 ff. AktG systematisch letztlich mindestens ebenso passend gewesen wie die im Rahmen des ARUG II gewählte Verortung innerhalb der Regelung zur Informationsübermittlung aus § 67a AktG.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation Mit der Einführung des § 67d AktG setzt der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie zur Aktionärsidentifikation in deutsches Gesellschaftsrecht um. Im Folgenden sollen diesbezüglich zunächst die jeweiligen Richtlinienvorgaben (Art. 3a ARRL) einschließlich der Konkretisierungen der ARRL-DVO dargelegt und aufgezeigt werden, wie sich diese in das bisherige deutsche System der Beteiligungstransparenz einfügen. Darauf aufbauend werden
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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die konkreten Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation erläutert und deren Verhältnis zu den übrigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz geklärt.
I. Die Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation, Art. 3a ARRL 1. Subjektives Recht der Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre (Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL) Nach Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfassten Gesellschaften ein „Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren.“ Anders als nach den sonstigen Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie haben die Mitgliedstaaten diesbezüglich insoweit also nicht den Aktionären, sondern ausdrücklich den Gesellschaften als solchen ein bestimmtes subjektives Recht einzuräumen.93 2. Art und Umfang der zu übermittelnden Aktionärsdaten Nicht unmittelbar in Art. 3a ARRL geregelt ist der genaue Umfang der Aktionärsidentifikation. Eine dahingehende Bestimmung, welche Informationen über die Aktionäre konkret an die Gesellschaft übermittelt werden müssen, findet sich allerdings unter den Begriffsbestimmungen des Art. 2 ARRL. Hier heißt es im neu hinzugefügten Art. 2 lit. j ARRL: „,Informationen über die Identität von Aktionären‘ bezeichnet Informationen, die es ermöglichen, die Identität eines Aktionärs festzustellen, wozu zumindest Folgendes gehört: i.
Name und Kontaktdaten (einschließlich vollständiger Anschrift und gegebenenfalls E-Mail-Adresse) des Aktionärs und, wenn es sich um eine juristische Person handelt, ihre Registernummer oder, wenn keine Registriernummer verfügbar ist, ihre eindeutige Kennung, wie etwa die Rechtsträgerkennung,
ii. die Anzahl der gehaltenen Aktien und, iii. nur soweit dies von der Gesellschaft angefordert wird, eine oder mehrere der folgenden Angaben: die Kategorien oder Gattungen der gehaltenen Aktien oder das Datum, ab dem die Aktien gehalten werden.“
Ein Mindestmaß der zu übermittelnden Aktionärsdaten wird außerdem in den Erwägungsgründen der ARRL II näher beschrieben, wobei es hierzu in Erwägungsgrund 5 heißt: 93
Im ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission zur ARRL II war seinerzeit noch weniger deutlich von einem subjektivem „Recht“, sondern bloß von einer „Möglichkeit“ der Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation die Rede, vgl. insoweit Art. 3a ARRL-E des Vorschlags der Europäischen Kommission zur ARRL II v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final) sowie mit Hinweis hierauf bereits Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 465.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL „Diese Informationen sollen zumindest den Namen und die Kontaktdaten des Aktionärs und, falls es sich bei dem Aktionär um eine juristische Person handelt, deren Registernummer oder falls eine solche nicht verfügbar ist, eine eindeutige Kennung, wie etwa die Rechtsträgerkennung (Legal Entity Identifier – LEI Code), sowie die Zahl der vom Aktionär gehaltenen Aktien und, falls dies von der Gesellschaft angefordert wird, die gehaltenen Aktienkategorien oder -gattungen sowie das Datum ihres Erwerbs umfassen.“
Die Übermittlung von weniger als den zuvor genannten Informationen soll insofern nicht ausreichend sein, um die Gesellschaft in die Lage zu versetzen, in angemessener Weise unmittelbar mit ihren Aktionären kommunizieren zu können. Umgekehrt wird die Gesellschaft, sofern nicht ausdrücklich eine noch weitergehende – insofern überschießende – Umsetzung des Identifikationsrechts auf nationaler Ebene erfolgt, grundsätzlich keine über die in Art. 2 lit. j ARRL hinausgehenden Angaben zu den Aktionären verlangen können.94 Auf den ersten Blick nicht ganz unmissverständlich scheint die Formulierung, dass unter den mindestens abfragbaren Kontaktdaten bloß „gegebenenfalls“ auch eine E-Mail-Adresse des Aktionärs zu verstehen sein soll (vgl. Art. 2 lit. j ARRL). Innerhalb der zur Konkretisierung der Vorgaben des Art. 3a ARRL erlassenen ARRL-DVO findet sich dahingehend allerdings eine Formatvorlage für die Beantwortung der von den Gesellschaften ausgehenden Identifikationsersuchen, in welcher ein separates Feld zur Angabe einer E-Mail-Adresse des Aktionärs vorgesehen ist. Dieses soll – so ausdrücklich in der Formatvorlage (Tabelle 2 C ARRL-DVO) klargestellt – (nur) dann „leer bleiben“, wenn keine E-Mail-Adresse vorhanden ist. Insofern entspricht es eindeutig den Vorstellungen der EU-Gesetzgebung, dass der Gesellschaft grundsätzlich auch eine E-Mail-Adresse des Aktionärs zu übermitteln ist. Die E-Mail-Adresse des Aktionärs gehört insofern nur dann ausnahmsweise nicht zu den abfragbaren Aktionärsinformationen, wenn der Aktionär eine solche Adresse schlicht nicht unterhält oder eine solche nicht einmal dessen Depotbank bzw. sonst einem Intermediär bekannt ist. Ein entsprechend weitgehender Einbezug der E-MailAdresse zu den von der Gesellschaft abfragbaren Aktionärsdaten erscheint auch mit Blick auf den Zweck des Identifikationsrechts sinnvoll, eine effiziente unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären zu ermöglichen. Für die Gesellschaften ist die Möglichkeit, die Aktionäre möglichst umfassend nicht nur auf postalischem Wege, sondern gerade auch per E-Mail erreichen zu können, insbesondere wegen der dabei anfallenden, vergleichsweise geringeren Kosten wünschenswert.95
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So im Ergebnis auch Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 37. So weisen etwa Evers/Fett, NZG 2012, 530, 531 auf eine Umfrage unter den im MDAXnotierten Unternehmen hin, im Rahmen derer sich etwa die Hälfte der Unternehmen in Hoffnung auf organisatorische Vereinfachungen und eine Kostenreduktion ausdrücklich für Gesetzesänderungen ausgesprochen haben, durch die elektronische Mitteilungen vermehrt zugelassen werden würden. 95
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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3. Inpflichtnahme der Intermediäre (Art. 3a Abs. 2 ARRL) Nach Art. 3a Abs. 2 ARRL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, „dass die Intermediäre der Gesellschaft auf deren Antrag oder auf Antrag eines von der Gesellschaft benannten Dritten hin unverzüglich die Informationen über die Identität von Aktionären übermitteln [Herv. d. Verf.]“. Um das gemäß Art. 3a Abs. 1 ARRL zugunsten der Gesellschaft bestehende Recht zur Identifikation der Aktionäre zu verwirklichen, werden damit vorwiegend nicht etwa die Aktionäre selbst, sondern primär die in der Verwahrkette zwischen Gesellschaft und Aktionär stehenden Intermediäre in die Pflicht genommen. Eine im Rahmen der ARRL II neu eingeführte Bestimmung des hierbei zentralen Begriffs des Intermediärs enthält Art. 2 lit. d ARRL. Danach handelt es sich bei den Intermediären i.S.d. Richtlinie um Personen, insbesondere um Wertpapierfirmen, Kreditinstitute oder Zentralverwahrer, „die Dienstleistungen der Verwahrung von Wertpapieren, der Verwaltung von Wertpapieren oder der Führung von Depotkonten im Namen von Aktionären oder anderen Personen erbringen“.96 Zur näheren Begriffsbestimmung bzw. zur Vereinheitlichung der Rechtsbegriffe auf europäischer Ebene verweist die Richtlinie für den hier verwendeten Begriff der Wertpapierfirma auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II-RL97, bezüglich der Kreditinstitute auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR-Verordnung98 und bezüglich des Begriffs des Zentralverwahrers auf Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 CSDR-Verordnung.99 Während die Intermediäre im deutschen Gesellschaftsrecht – trotz ihrer auch bisher schon immensen praktischen Bedeutung für die Interaktion zwischen Gesellschaft und Aktionär – bisher eher „stiefmütterlich“ behandelt worden waren und dem Aktiengesetz insoweit vorwiegend das Bild eines bipolaren Zweipersonenverhältnisses aus Gesellschaft und Aktionär zugrunde zu liegen schien,100 fasst die ARRL II im Rahmen der Aktionärsidentifikation nun gerade die Intermediäre ausdrücklich und gezielt ins Auge. Ein Blick etwa auf Art. 3a Abs. 2 ARRL zeigt insoweit deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die durch die ARRL II adressierte Beziehung zwischen den Gesellschaften und deren Aktionären konzeptionell nicht 96 Vgl. zur diesbezüglichen Definition des Art. 2 lit. d ARRL auch Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 45. 97 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/ 61/EU. 98 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012. 99 Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/ EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012. 100 Vgl. dazu etwa Donald, S. 176 mit Verweis auf Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63, 64 f.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
als Zweipersonenverhältnis, sondern als Mehrpersonenverhältnis begreift. Diese insoweit realitätsnähere Betrachtungsweise findet durch die Umsetzung der Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL im Zuge des ARUG II nun zunehmend auch Eingang in das deutsche Aktienrecht. 4. Zur Frage nach einer möglichen Inanspruchnahme auch der Aktionäre selbst Die Vorgaben aus Art. 3a Abs. 2 ARRL regeln unmissverständlich, dass die Gesellschaften das ihnen nach nationalem Gesellschaftsrecht einzuräumende subjektive Recht auf Aktionärsidentifikation jedenfalls gegenüber den Intermediären geltend machen können müssen. Nicht ganz zweifelsfrei stellt sich allerdings das Verhältnis der allgemeinen Vorgabe des Identifikationsrechts aus Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL zur diesbezüglichen Inpflichtnahme der Intermediäre nach Art. 3 Abs. 2 ARRL dar: Weitgehend wird die in Art. 3a Abs. 2 ARRL vorgegebene Verpflichtung der Intermediäre dahingehend als „Konkretisierung“ des in Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL geregelten Identifikationsanspruchs verstanden, dass der nach Art. 3a Abs. 2 ARRL gegenüber den Intermediären geltend zu machende Anspruch das im ersten Absatz geregelte subjektive Recht der Gesellschaft vollständig realisiert.101 Dies entspricht einem Verständnis der im zweiten Absatz geregelten Verpflichtung der Intermediäre zur Offenlegung der Aktionärsidentität als eine Art „Gegenstück“ zum dahingehenden Recht der Gesellschaft. Das in Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL allgemein formulierte Identifikationsrecht der Gesellschaft ginge insoweit nicht über die dahingehende Verpflichtung der Intermediäre hinaus. Die ihrem Wortlaut nach sehr allgemeine Formulierung des Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL („Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesellschaften das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren.“) lässt allerdings prinzipiell auch eine andere Deutung des Verhältnisses dieser Vorgabe zur Verpflichtung der Intermediäre aus Art. 3a Abs. 2 ARRL zu. So könnte man die im zweiten Absatz vorgegebene Pflicht der Intermediäre auch als bloße „Ergänzung“ anstatt als abschließende „Konkretisierung“ des Identifikationsrechts aus Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL verstehen.102 Konkret würde ein solches Verständnis der Systematik des Art. 3a ARRL nach sich ziehen, dass die nach den nationalen Rechtsordnungen vorgesehenen Identifikationsansprüche der Gesellschaften sich nicht nur in einer Inpflichtnahme der Intermediäre erschöpfen dürften, sondern grundsätzlich auch andere Personen – und zwar 101 Ganz eindeutig dahingehend Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 471 („Schuldner des Anspruchs zur Übermittlung der Information nach Art. 3a der reformierten Aktionärsrechterichtlinie sind nicht die Aktionäre selbst, […], sondern gem. Art. 3a Abs. 2 der reformierten Aktionärsrechterichtlinie die Intermediäre […]“); außerdem entspricht diese Deutung wohl etwa auch der Vorstellung von Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, § 29 Rn. 27 und Noack, NZG 2017, 561, 561 f. 102 So die Deutung bei Foerster, AG 2019, 17, 18.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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im Wesentlichen die Aktionäre selbst – zur Offenlegung der Aktionärsidentität gegenüber der Gesellschaft verpflichtet werden müssten.103 Strukturell könnte eine Verpflichtung (auch) der Aktionäre selbst zur Offenlegung ihrer Identität prima facie durchaus naheliegen. Soweit in der Literatur dahingehend vereinzelt die These vertreten wird, der zur Richtlinienumsetzung zu schaffende Anspruch der Gesellschaft auf Aktionärsidentifikation müsse auch unmittelbar gegenüber den Aktionären selbst geltend gemacht werden können, wurde zur Begründung dessen mitunter auch auf die Erwägungsgründe der ARRL II rekurriert.104 So ist in den Erwägungsgründen an mehreren Stellen – wie auch in Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL – allgemein von einem Recht der Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre die Rede, wobei nicht ausdrücklich (vgl. Erwägungsgrund 5 ARRL II) oder aber erst im Nachgang (vgl. Erwägungsgrund 4 ARRL II) eine diesbezügliche Verpflichtung der Intermediäre angesprochen wird. Letztlich kann den Erwägungsgründen allerdings – genauso wie dem Wortlaut oder der Systematik des Art. 3a ARRL – jedenfalls kein zwingender Rückschluss darauf entnommen werden, dass notwendigerweise nicht nur die Intermediäre, sondern auch die Aktionäre selbst durch den Identifikationsanspruch der Gesellschaft adressiert werden müssten. Für eine entsprechende Verpflichtung auch der Aktionäre selbst könnte zwar sprechen, dass das Identifikationsrecht aus Art. 3a ARRL ansonsten in solchen Fällen leerlaufen würde, in denen zwischen Gesellschaft und Aktionär schlichtweg kein Intermediär steht.105 In Hinblick auf die von der Richtlinie erfassten börsennotierten Gesellschaften dürfte eine solche Konstellation, das Vorhandensein überhaupt keines Intermediärs, indes praktisch nicht vorkommen. So entspricht das Vorhandensein jedenfalls eines Zentralverwahrers als Intermediär, wie es für die Zeit ab dem Jahr 2025 auch EUgesetzlich durch Art. 3 Abs. 1, 76 Abs. 2 CSDR vorgesehen ist, schon heute der eindeutigen Praxis in Bezug auf börsengehandelte Aktien.106 Gegen ein Verständnis der Vorgaben des Art. 3a ARRL, wonach die Mitgliedstaaten zwingend auch ein unmittelbar gegenüber den Aktionären selbst geltend zu machendes Identifikationsrecht der Gesellschaft vorsehen müssten, spricht schließlich, dass die Gesellschaft den einzelnen Aktionären entsprechende Anfragen in individualisierter Form nur dann übermitteln könnte, wenn ihr bereits jedenfalls einige der entsprechenden Kontaktdaten positiv bekannt wären bzw. der jeweilige Aktionär solche Informationen zuvor entweder gegenüber einem Intermediär oder 103 Foerster, AG 2019, 17, 18; außerdem in diese Richtung Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 34 sowie Stiegler, WM 2019, 620, 622, der die deutsche Richtlinienumsetzung insofern letztlich als nicht ganz ausreichend befindet („Insofern kommt der Regierungsentwurf Art. 3a Abs. 1 Satz 1 Aktionärsrechte-RL in diesem Punkt nicht vollständig nach.“). 104 Vgl. insoweit Foerster, AG 2019, 17, 18 mit Verweis auf Erwägungsgrund 4 ARRL II; in Bezug auf Erwägungsgrund 5 ARRL II, dies letztlich allerdings ablehnend: Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 34. 105 Mit diesem Argument Foerster, AG 2019, 17, 18 sowie Stiegler, WM 2019, 620, 622. 106 Vgl. dazu instruktiv Steuer, JuS 2018, 415, 416.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
aber freiwillig gegenüber der Gesellschaft preisgegeben hätte.107 Insofern lässt sich argumentieren, dass eine unmittelbare Offenlegungsverpflichtung der Aktionäre praktisch ohnehin fast nur dann über die gemäß Art. 3a Abs. 2 ARRL vorgesehene Offenlegungspflicht der Intermediäre hinausgehen würde, wenn die Aktionärsidentifikation nicht erst auf entsprechende Anfragen der Gesellschaft hin, sondern „automatisch“, d. h. ohne entsprechende Anträge der Gesellschaft gegenüber den Aktionären, ausgelöst werden könnte. Eine solche „automatische“ Identifikation der Aktionäre ohne entsprechende Anfragen der Gesellschaft, wie etwa im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz der Transparenzrichtlinie bzw. der §§ 33 ff. WpHG vorgesehen, soll nach den Vorgaben der ARRL II indes eindeutig nicht geboten sein.108 Eine eigenständige Offenlegungspflicht der Aktionäre würde insofern allenfalls dann einen gewissen praktischen Mehrwert gegenüber einer Identifikation mithilfe der Intermediäre mit sich bringen, wenn man auch an die Allgemeinheit bzw. an die Gesamtheit der Aktionäre gerichtete „Anfragen“ der Gesellschaft, konkret etwa in Gestalt entsprechender Satzungsbestimmungen, zulassen würde.109 Der Wortlaut und die Systematik des Art. 3a ARRL stehen einer solchen Auslegung zwar nicht zwingend entgegen. Jedenfalls die Präzisierungen der ARRL-DVO zur Aktionärsidentifikation, insbesondere die diesbezüglichen Formatvorlagen und Fristenregelungen, weisen aber recht eindeutig darauf hin, dass dem EU-Gesetzgeber zur Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL bloß eine Inpflichtnahme der Intermediäre vor Augen gestanden hatte. 5. Mindestschwellenoption (Art. 3a Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL) Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL sieht zugunsten der Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, den Informationsanspruch der Gesellschaft auf solche Aktionäre zu beschränken, die einen bestimmten Mindestprozentsatz an „Aktien oder Stimmrechten“ halten. a) Implementierung der Mindestschwelle als Kompromisslösung Im ursprünglichen Kommissionsvorschlag zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie war eine entsprechende Mindestschwellenoption bezüglich der Aktionärsidentifikation nicht vorgesehen.110 Vielmehr wurde die Schwellenoption erst im Trilogverfahren und somit „in letzter Minute“ als Teil eines Kompromisses einge107
Vgl. dahingehend Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 35. So ist etwa in Art. 3a Abs. 2 ARRL in Bezug auf die Inpflichtnahme der Intermediäre ausdrücklich vorgesehen, dass die Intermediäre auf „Antrag“ der Gesellschaft oder eines von dieser benannten Dritten tätig werden. 109 In diese Richtung Foerster, AG 2019, 17, 23. 110 Vgl. Art. 3a ARRL-E des Vorschlags der Europäischen Kommission zur ARRL II v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final). 108
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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führt.111 Insbesondere deutsche Vertreter sollen sich dabei für die Implementierung einer entsprechenden Option eingesetzt haben.112 In Literatur und Praxis sind die Reaktionen auf die Möglichkeit einer Beschränkung der Aktionärsidentifikation mithilfe einer entsprechenden Mindestschwelle gemischt ausgefallen. Während es einige Stimmen begrüßten, einen Teil der Aktionäre aus dem Identifikationsprozess ausnehmen zu können, um so den damit verbundenen Eingriff in deren Privatsphäre sowie unter Umständen den mit der Aktionärsidentifikation verbundenen Aufwand zu begrenzen, wurde von anderer Seite auf mögliche Probleme hingewiesen, die die Einführung einer entsprechenden Mindestschwelle mit sich bringen könnte.113 b) Konkrete Ausgestaltungsmöglichkeiten der Mindestschwelle aa) Kompetenz zur Festsetzung einer Identifikationsmindestschwelle Nach Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Gesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet Angaben zur Identität nur solcher Aktionäre einholen dürfen, die einen bestimmten Prozentsatz an Aktien oder Stimmrechten überschreiten. Die Richtlinie enthält sodann in Art. 3a Abs. 1 S. 3 ARRL die Vorgabe einer „Obergrenze“ bezüglich der Mindestschwelle, wonach eine solche nicht höher als bei 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte liegen darf. Ansonsten schweigt die Richtlinie zu der Frage, wie und durch wen genau eine entsprechende Schwelle festzusetzen wäre. Die Mitgliedstaaten verfügen insofern über einen gewissen Umsetzungsspielraum dahingehend, dass neben der Festsetzung einer konkreten Mindestschwelle unmittelbar durch den Gesetzgeber auch eine Bestimmung von Mindestschwellen durch die jeweiligen Gesellschaften selbst möglich erscheint. Angesichts der offenen Formulierung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3a Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL wird eine entsprechende Möglichkeit, dass die jeweiligen Gesellschaften selbst, etwa in ihren Satzungen, konkrete Schwellenwerte in Hinblick auf das Identifikationsrecht vorsehen, einhellig für mit der Richtlinie vereinbar gehalten.114 Eine solche „Weitergabe“ der Schwellenoption durch die nationalen Gesetzgeber an die bei ihnen ansässigen Gesellschaften hätte zum Vorteil, dass die Gesellschaften sich für die Frage danach, ob und in welcher Höhe eine Mindestschwelle sinnvoll erscheint, an ihren jeweiligen individuellen Verhältnissen und Bedürfnissen orientieren könnten. Insbesondere die Möglichkeit einer Be111 Vgl. mit Hinweis darauf etwa auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 467 („kurz vor Toresschluss“). 112 Vgl. Noack, NZG 2017, 561, 562. 113 Letztlich hatte sich die deutsche Literatur und Praxis mehrheitlich gegen die Einführung einer gesetzlich vorgegebenen Mindestschwelle ausgesprochen, so etwa der DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2015, 54, 54; Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 41; jedenfalls kritisch mit Hinweis auf die mit einer entsprechenden Mindestschwelle einhergehenden Schwierigkeiten auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 467 f.; Noack, NZG 2017, 561, 563. 114 So etwa bereits Noack, NZG 2017, 561, 563.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
rücksichtigung der jeweiligen Anzahl der an der konkreten Gesellschaft beteiligten Aktionäre könnte für die Festlegung angemessener Mindestschwellen sinnvoll sein. Ein einheitlich unmittelbar durch den Gesetzgeber festgelegter Schwellenwert würde die unterschiedlichen Gesellschafts- und Aktionärsstrukturen nicht ebenso angemessen berücksichtigen können. Andererseits sprechen aber auch einige Gründe gegen eine Weitergabe der Mindestschwellenoption an die Gesellschaften. Der Identifikationsvorgang würde insoweit insbesondere für die Intermediäre verkompliziert werden, wenn diese bei jedem Identifikationsersuchen etwa die Satzung der Gesellschaft heranziehen müssten und jeweils unterschiedliche Schwellenwerte zu berücksichtigen hätten.115 bb) Höhe und Anknüpfungspunkt der Mindestschwelle Die Richtlinie sieht in Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL für die Mindestschwelle eine Anknüpfung an einem Prozentsatz an den „Aktien oder Stimmrechten“ der Aktionäre vor. Hinweise auf den Zweck dieser zwei unterschiedlichen möglichen Anknüpfungspunkte finden sich weder in der Richtlinie selbst, noch gibt das Gesetzgebungsverfahren in dieser Hinsicht Aufschluss. Da im Falle eines Abstellens auf die Stimmrechte die Aktionärseigenschaft ausweislich der Formulierung des Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL kumulativ vorliegen müsste, soll hiermit jedenfalls nicht der Fall eines Auseinanderfallens von Aktionärsstellung und Stimmrechtsinhaberschaft erfasst werden, wie es etwa im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG der Fall sein kann.116 Die Differenzierung zwischen Aktien und Stimmrechten könnte hingegen unter Umständen die Möglichkeit unterschiedlicher Regelungen einerseits für Stammaktien und andererseits für stimmrechtslose Vorzugsaktien mit sich bringen.117 Ob eine solche Differenzierung im Rahmen der Mindestschwelle – und eine damit gewissermaßen einhergehende „Rechtszersplitterung“ zwischen Stamm- und Vorzugsaktien – sinnvoll wäre, erscheint allerdings zweifelhaft.118 Für ein Anknüpfen an der Anzahl der gehaltenen Aktien ohne Berücksichtigung der Stimmrechte spräche, dass eine Ermittlung der Aktienanzahl für die jeweiligen Banken als Intermediäre tendenziell leichter, d. h. verbunden mit weniger umfas-
115
Ebd. So unterfallen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG keinesfalls bloß die unmittelbaren „Aktionäre“, sondern auch Personen ohne Aktionärsstellung, wenn diese etwa über ein Instrument mit Erwerbsrecht i.S.d. § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG verfügen. 117 So auch Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 468; mit anderer Ansicht allerdings Jung/ Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 42. 118 Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 468 („Sinnvoll wäre eine derartige Rechtszersplitterung nicht“). 116
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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sender Recherche, durchgeführt werden könnte.119 Insbesondere in Ansehung der knapp bemessenen Fristen zur Aktionärsidentifikation aus Art. 9 Abs. 6 ARRLDVO erscheinen solche Erwägungen auch durchaus berücksichtigungswürdig. Für ein Abstellen auf die jeweils kontrollierten Stimmrechte einer Person könnte indes sprechen, dass die Aktionärsrechterichtlinie gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL ihrem Anwendungsbereich nach grundsätzlich nur für mit Stimmrecht verbundene Aktien konzipiert ist. Auch mit Blick auf ihren Regelungszweck zielt die Richtlinie vorwiegend auf eine Stärkung gerade von Aktionären mit Stimmrecht ab, da diese einen ungleich höheren Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben können als stimmrechtslose Aktionäre und gerade eben diese Möglichkeiten zur Einflussnahme als für eine nachhaltige und langfristige Unternehmensentwicklung förderlich angesehen werden. Auch aus Sicht der Gesellschaften, denen das Identifikationsrecht aus Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL ja immerhin unmittelbar zu Gute kommen soll, besteht grundsätzlich ein höheres Interesse an einer Identifikation und der damit erleichterten Kommunikation in Hinblick auf solche Personen, die auch über Stimmrechte in der jeweiligen Gesellschaft verfügen. Wegen des höheren Nutzens einer entsprechenden Aktionärsidentifikation in Bezug auf mit Stimmrechten ausgestattete Aktionäre lässt sich auch der hiermit einhergehende Eingriff in deren Rechtskreis leichter rechtfertigen als in Bezug auf stimmrechtslose Vorzugsaktionäre. Sofern eine etwaige gesetzliche Mindestschwelle insoweit nicht am Überschreiten einer bestimmten Anzahl der gehaltenen Aktien, sondern an den kontrollierten Stimmrechten anknüpfen würde, könnte man stimmrechtslose Vorzugsaktionäre auf diese Weise grundsätzlich pauschal von der Aktionärsidentifikation ausnehmen. Eine solche Ausnahme bezüglich stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre könnte mit Blick auf den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL, wonach sich die Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie grundsätzlich auf mit Stimmrechten verbundene Aktien beziehen,120 womöglich sogar gesetzlich indiziert sein. Zudem haben stimmrechtslose Aktionäre konzeptionell noch mehr als die sonstigen Aktionäre ein stark überwiegendes Interesse an einer Wahrnehmung bloß ihrer finanziellen Aktionärsrechte, wie insbesondere etwa dem Erhalt einer Dividende, und weniger an der Ausübung von Kontrolle über die Gesellschaft – soweit ihnen dies überhaupt möglich wäre –, sodass mit einer Identifikation derselben auch vergleichsweise weniger gewonnen wäre als mit der Identifikation der Stammaktionäre. Der Höhe nach dürfte eine etwaige Mindestschwelle einen Prozentsatz von 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte nicht überschreiten. Die Festsetzung einer niedrigeren 119
Noack, NZG 2017, 561, 563; gemäß Tabelle 1 A Nr. 7 ARRL-DVO haben überdies auch die Gesellschaften im Rahmen ihrer Identifikationsanfragen etwaige Mengenschwellen mit einer „absolute[n] Anzahl von Aktien“ auszudrücken. 120 Wobei eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben in Bezug auf stimmrechtslose Aktien selbstverständlich möglich ist, vgl. Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.10.
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Schwelle als in Höhe von 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte wäre unproblematisch zulässig. c) Folgen einer Mindestschwelle sowie deren Vor- und Nachteile Eine Beschränkung des Identifikationsrechts durch die Einführung einer Mindestschwelle ginge mit bestimmten Vor- und Nachteilen für die verschiedenen Akteure einher. Die erst im Trilogverfahren ausgehandelte Mindestschwellenoption sollte ihrem Zweck nach vor allem eine Art Kompromiss zwischen dem den Vorgaben des Art. 3a ARRL zugrunde liegenden „Know your Shareholder“-Grundsatz einerseits und dem potenziellen Interesse der Kleinanleger an Anonymität bzw. deren informationeller Selbstbestimmung andererseits darstellen.121 Vorteilhaft wäre eine Identifikationsmindestschwelle für solche Kleinanleger gewesen, deren Anteile an der Gesellschaft unterhalb einer entsprechenden Schwelle gelegen hätten, wenn diese gerade nicht von der Gesellschaft identifiziert, sondern weitgehend anonym und unbehelligt bleiben wollen. Kleinaktionäre, die im Sinne einer „rationalen Apathie“ als „Trittbrettfahrer“ bloß an den finanziellen Vorteilen ihrer Aktionärsstellung interessiert sind und ihre Verwaltungsrechte insofern bewusst vernachlässigen, dürften regelmäßig ohnehin derart wenig an einer aktiveren Kommunikation mit der Gesellschaft interessiert sein, dass sie die durch eine Aktionärsidentifikation ermöglichte direkte Kontaktaufnahme von Seiten der Gesellschaft eher als störend empfinden könnten als dass sie hierdurch tatsächlich zu einer aktiveren Partizipation animiert werden würden. Neben einem Schutz des Interesses der Kleinanleger an einer gewissen Anonymität hätte ein weiterer Vorteil der Beschränkung des Identifikationsrechts durch eine Mindestschwelle darin bestehen können, hierdurch den mit dem Identifikationsprozess verbundenen organisatorischen Aufwand einzudämmen. Die Festsetzung einer Mindestschwelle i.S.v. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL hätte dazu geführt, dass insgesamt weniger Aktionäre zu identifizieren wären. Insbesondere die in den Identifikationsprozess involvierten Intermediäre müssten daher insgesamt eine geringere Anzahl an Aktionärsdaten an die Gesellschaften weiterleiten. Für die Intermediäre hätte eine Mindestschwelle insofern jedenfalls auf den ersten Blick den bei ihnen anfallenden Aufwand verringern können. Indes ist zu bedenken, dass auch die Berücksichtigung einer Mindestschwelle für die Intermediäre mit einem nicht unerheblichen Aufwand einhergegangen wäre. So läge es bei den Intermediären, bei einem eingehenden Identifikationsersuchen einer Gesellschaft zu prüfen, welche der Aktionäre einen bestimmten Prozentsatz an Aktien oder Stimmrechten halten und damit die jeweilige Mindestschwelle übersteigen. Besonders kompliziert würde sich die Situation darstellen, wenn einzelne Aktionäre Aktien derselben Gesellschaft auf mehrere verschiedene Depots aufteilen bzw. über mehrere verschiedene Intermediäre halten: Die Intermediäre sind auskunftsverpflichtet für die von ihnen gehal121
Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 38.
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tenen Aktien und können ohne Weiteres auch nur eben diesen Bestand überblicken. Sofern ein Aktionär den eigenen Aktienbestand – aus welchen Gründen auch immer – auf mehrere Depots verschiedener unabhängiger Intermediäre aufgeteilt hat, könnte es vorkommen, dass die einzelnen Depots eine vorgesehene Mindestschwelle jeweils für sich genommen unterschreiten und erst die Summe der bei den verschiedenen Depotbanken gehaltenen Aktien oder Stimmrechte eine Offenlegungspflicht begründen würde. Nach derzeitigem Recht braucht eine Depotbank allerdings nicht ohne Weiteres über etwaige anderweitige Depots, die ein Kunde bei anderen Banken unterhält, Bescheid wissen. Infolgedessen hätten die Banken in einem Fall, in dem die auf mehrere Depots verteilten Aktienbestände eines Aktionärs isoliert betrachtet unterhalb einer etwaigen Mindestschwelle liegen würden, das Identifikationsersuchen einer Gesellschaft selbst dann abzuweisen, wenn der Aktienbestand des jeweiligen Aktionärs in summa, d. h. bei Zusammenrechnung der verschiedenen kleineren Depotbestände, oberhalb der Mindestschwelle liegen würde und daher de facto zweifellos ein Identifikationsrecht der Gesellschaft in Bezug auf jenen Aktionär bestünde. Eine Verteilung der Aktienbestände auf mehrere Depots bei verschiedenen Banken würde insofern dazu führen, dass die Aktionäre der Identifikation faktisch entgehen könnten.122 Um dieser „Umgehungsmöglichkeit“ entgegenzuwirken, bedürfte es einer entsprechenden gesetzlichen Regelung auf Ebene des nationalen Rechts. Wenig erfolgversprechend wäre insoweit eine Regelung, gemäß derer sich die Depotbanken schlicht immer bei allen anderen Depotbanken nach etwaigen weiteren Aktienbeständen ihrer Kunden erkundigen müssten. Eine Suche nach weiteren Depots bei sämtlichen möglichen Anbietern sowohl im In- als auch im Ausland wäre faktisch schlichtweg kaum zu bewältigen und außerdem auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten überaus problematisch. Insofern müssten entsprechende gesetzliche Regelungen nicht (nur) die Intermediäre, sondern vielmehr (auch) die Aktionäre selbst in die Pflicht nehmen. Denkbar wäre in diese Richtung etwa eine gesetzliche Verpflichtung der Aktionäre dahingehend, dass diese ihre jeweiligen Depotbanken darüber aufklären müssen, ob – und wenn ja, in welchem Umfang – sie noch über weitere Depots mit Aktien der gleichen Gesellschaft verfügen.123 Problematisch an einer solchen Lösung wäre allerdings die Notwendigkeit eines Vertrauens auf wahrheitsgemäße Auskünfte der Aktionäre. Das Vorhandensein noch weiterer Aktienbestände dürfte, gerade wenn solche von ausländischen Intermediären verwaltet werden, kaum stets ohne Weiteres überprüfbar sein. Würde ein Aktionär die Offenlegung weiterer Depots pflicht- bzw. gesetzwidrig unterlassen, wäre dies daher unter Umständen nur schwer nachweisbar. Auch mit einer solchen Regelung wäre der Möglichkeit einer Umgehung der Aktionärsidentifikation daher nur bedingt vorgebeugt. Zusätzlich verkompliziert wird die Aktionärsidentifikation für die Intermediäre generell dadurch, dass sich die konkreten Verfahren, einschließlich der Berück122 123
So Noack, NZG 2017, 561, 563. Vgl. Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 470.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
sichtigung einer etwaigen Mindestschwelle, grundsätzlich nicht nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats richten, in dem die jeweiligen Intermediäre agieren, sondern nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats, in dem die anfragende Gesellschaft ihren Sitz hat. So müssen die deutschen Intermediäre nicht nur die Regelungen zur Mindestschwelle nach deutschem Recht kennen, sondern sich bei Identifikationsersuchen von Gesellschaften mit (Satzungs-)Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nach den etwaigen ausländischen Regelungen zur Mindestschwelle richten. Für die deutschen Gesellschaften wäre die Einführung einer gesetzlich vorgegebenen Mindestschwelle angesichts der damit einhergehenden Beschränkung ihres Identifikationsrechts offensichtlich in erster Linie nachteilig gewesen. Schwierig zu beurteilen ist diesbezüglich allerdings, wie schwer diese Beschränkung zulasten der Gesellschaften faktisch gewogen hätte. Oftmals wird insofern ohnehin nur ein überschaubares Interesse der Gesellschaft daran bestehen, gerade auch ihre Kleinaktionäre zu identifizieren, um mit diesen unmittelbar kommunizieren zu können.124 Andererseits spricht jedenfalls die Tatsache, dass den Gesellschaften die eigenen Aktionäre mit größerem Aktienbesitz, allerspätestens ab Erreichen der Meldeschwellen aus §§ 33 ff. WpHG, regelmäßig ohnehin bekannt sind, gegen die Sinnhaftigkeit einer gesetzlichen Mindestschwelle in Bezug auf die Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL. 6. Vorgaben zum Ablauf des Identifikationsverfahrens (Art. 3a Abs. 3 ARRL) Art. 3a Abs. 3 ARRL enthält Vorgaben in Bezug auf den konkreten Ablauf des Identifikationsverfahrens. Für den praktischen Regelfall, dass zwischen dem Emittenten und dem Aktionär gleich mehrere Intermediäre stehen und so eine vielgliedrige Verwahrkette bilden, sieht Art. 3a Abs. 3 UAbs. 1 ARRL vor, dass der auf die Identifikation gerichtete Antrag der Gesellschaft und die diesbezüglichen Informationen unverzüglich zwischen den einzelnen Intermediären übermittelt und das Ergebnis dann letztlich der Gesellschaft mitgeteilt wird. Richtet eine Gesellschaft ein Identifikationsersuchen mithin an einen ihr bekannten Intermediär, leitet dieser das Identifikationsverlangen grundsätzlich an den jeweils nächsten Intermediär weiter.125 Der Identifikationsantrag ist auf diese Weise solange entlang der Verwahrkette von Intermediär zu Intermediär weiterzureichen bis schließlich der letzte Intermediär erreicht ist, der die Aktien nicht für einen anderen Intermediär, sondern unmittelbar für den am Ende der Kette stehenden „Aktionär“ hält. Dieser „Letztintermediär“ hat das Ergebnis des Identifikationsprozesses sodann direkt an 124
Vgl. hierzu ausführlich unter Teil 3 A. II. Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 51 gehen insoweit allerdings davon aus, dass die Weiterleitung des Identifikationsantrags nach den Richtlinienvorgaben nicht immer zwingend an den jeweils nachgelagerten Intermediär zu erfolgen hat, sondern auch das Überspringen eines Intermediärs zulässig sein kann. 125
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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die Gesellschaft weiterzuleiten.126 Statt der Gesellschaft können auch von der Gesellschaft benannte Dritte einen entsprechenden Antrag auf Aktionärsidentifikation stellen und auch diesen dann die entsprechenden Informationen übermittelt werden. In Art. 3a Abs. 3 UAbs. 2 u. 3 ARRL räumt die Richtlinie den Mitgliedstaaten zwei fakultative Umsetzungsoptionen ein: Nach Art. 3a Abs. 3 UAbs. 2 ARRL kann vorgesehen werden, dass die Gesellschaft „von dem Zentralverwahrer oder einem anderen Intermediär oder Dienstleistungserbringer“ verlangen kann, die Informationen über die Aktionärsidentität selbst einzuholen und der Gesellschaft zu übermitteln. Anders als im Regelfall des Art. 3a Abs. 3 UAbs. 1 ARRL erhält die Gesellschaft die Informationen über den Aktionär in diesem Fall also nicht unmittelbar vom Letztintermediär, sondern von speziell demjenigen Intermediär, an den diese sich zuvor mit ihrem Identifikationsersuchen gewandt hatte. In Art. 3a Abs. 3 UAbs. 3 ARRL ist als Umsetzungsmöglichkeit vorgesehen, dass die Intermediäre der Gesellschaft Informationen auch über den jeweils nächsten Intermediär in der Verwahrkette übermitteln müssen. Auf diese Weise kann die Gesellschaft nicht nur die Identität des letztlichen Aktionärs in Erfahrung bringen, sondern sich darüber hinaus auch ein Bild über die jeweilige Verwahrkette insgesamt verschaffen.127
7. Vorgaben zum Umgang mit den personenbezogenen Daten der Aktionäre (Art. 3a Abs. 4 u. 6 ARRL) In Art. 3a Abs. 4 ARRL enthält die Richtlinie Vorgaben in Bezug auf den Umgang mit den personenbezogenen Daten der Aktionäre, die im Rahmen des Identifikationsverfahrens an die Gesellschaft übermittelt werden. Art. 3a Abs. 4 UAbs. 1 ARRL stellt klar, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Aktionäre zu dem bestimmten Zweck erfolgt, den Gesellschaften eine (unmittelbare) Kommunikation mit ihren Aktionären zu ermöglichen, damit auf diese Weise die Ausübung der Aktionärsrechte und allgemein die Zusammenarbeit der Aktionäre mit den Gesellschaften verbessert werden kann. Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL sieht vor, dass die Gesellschaft die personenbezogenen Aktionärsdaten, die sie gerade zu dem in UAbs. 1 benannten Zweck und aufgrund eines entsprechenden Identifikationsersuchens i.S.d. Art. 3a ARRL erlangt hat, nicht länger als zwölf Monate, nachdem sie erfahren hat, dass die betreffende Person nicht mehr Aktionär ist, speichern darf. Den Fristbeginn an den Verlust der Aktionärsstellung bzw. an eine diesbezügliche Kenntniserlangung der Gesellschaft 126
563.
Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 53; Noack, NZG 2017, 561,
127 Mit grundsätzlicher Aussprache für die Nutzung dieser Option bereits im Vorfeld der Richtlinienumsetzung: Noack, NZG 2017, 561, 563.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
zu knüpfen, bedeutet in anderen Worten, dass die Gesellschaft die personenbezogenen Aktionärsdaten grundsätzlich langfristig speichern darf. Auf diese Weise soll die Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären und darauf aufbauend die Aktionärsrechtsausübung möglichst effektiv gestärkt werden.128 Die Jahresfrist gilt, sofern keine längeren Speicherfristen durch einen sektorspezifischen Rechtsakt der Union festgelegt werden. Die zwölfmonatige Maximalfrist des Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2ARRL, die erst bei der Kenntniserlangung der Gesellschaft über den Verlust der Aktionärsstellung beginnt, stellt eine nicht unwesentliche Änderung im Vergleich zum ursprünglichen Richtlinienentwurf der Kommission dar. Im ursprünglichen Richtlinienentwurf war dabei zunächst eine Löschungsfrist von 24 Monaten vorgesehen gewesen, für deren Beginn allerdings nicht am Verlust der Aktionärsstellung oder an der diesbezüglichen Kenntnis der Gesellschaft angeknüpft wurde; vielmehr sollte die Frist schon bei der Übermittlung der Aktionärsdaten an die Gesellschaft beginnen.129 Die nun letztlich in Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL vorgesehene Frist stellt eine Reaktion auf nicht unerhebliche Kritik dar, die die im Kommissionsentwurf ursprüngliche vorgesehene „anlasslose“ Löschung der Aktionärsdaten hervorgerufen hatte. So wurde an der Frist des Kommissionsvorschlags insbesondere bemängelt, dass eine automatische Löschung der Aktionärsdaten nach 24 Monaten zu unnötig kostenintensivem Bürokratieaufwand hätte führen können. Selbst ohne Änderungen in der Aktionärsstruktur hätten die Gesellschaften den Identifikationsprozess auch mit Blick auf die ihnen eigentlich bekannten Aktionäre wiederholen müssen, um die Daten der bereits in Vergangenheit identifizierten Aktionäre nicht löschen zu müssen. Gemäß Art. 3a Abs. 4 UAbs. 3 ARRL können die Mitgliedstaaten eine Verarbeitung der nach Art. 3a ARRL offengelegten personenbezogenen Aktionärsdaten durch entsprechende Rechtsvorschriften auch „zu anderen Zwecken“ zulassen. Den Mitgliedstaaten wird insofern eine „Öffnungsklausel“ eingeräumt. Gemäß Art. 3a Abs. 6 ARRL ist von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Richtlinienumsetzung schließlich sicherzustellen, „dass die Offenlegung von Informationen über die Identität von Aktionären gemäß den Bestimmungen dieses Artikels [Anm.: Art. 3a ARRL] durch einen Intermediär nicht als Verstoß gegen Verbote bezüglich der Offenlegung von Informationen, die sich aus einem Vertrag oder einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift ergeben, betrachtet wird.“ Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Aktionärsidentifikation nicht dadurch erschwert wird, dass sich die Depotbanken oder sonstige Intermediäre dahingehend auf ein etwaiges „Bankgeheimnis“ berufen, dass sie durch die Weitergabe der Aktionärsinformationen an die Gesellschaft gegen etwaige Rechtspflichten verstoßen würden. Die nationalen Gesetzgeber müssen insofern dafür Sorge tragen, dass an der Rechtmäßigkeit der Informationsweitergabe seitens der Intermediäre keine Zweifel 128
Vgl. Erwägungsgrund 7 ARRL II. Vgl. Art. 3a Nr. 3 ARRL-E des RL-Vorschlags der Europäischen Kommission zur ARRL II v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final). 129
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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bestehen. Ein „Bankgeheimnis“, das der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL entgegenstehen würde, darf nach den nationalen Rechtsordnungen insofern nicht bestehen.130 Insbesondere sollen sich die Depotbanken auch nicht auf privatautonom vereinbarte Geheimhaltungspflichten berufen dürfen,131 sodass auch etwaige Klauseln in den Depotverträgen und diesbezügliche AGB zwischen den Banken und ihren Kunden einer Identifikation keinesfalls entgegenstehen können. In diesem Zusammenhang stellt sich die damit verwandte Frage, ob und wann die Aktionäre über eine entsprechende Offenlegung ihrer Daten im Rahmen eines Identifikationsverfahrens unterrichtet werden müssen. In der Richtlinie ist diesbezüglich keine gesetzliche Pflicht der Gesellschaft, der Depotbanken oder der sonstigen Intermediäre vorgesehen, die Aktionäre (schriftlich) über ein ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren der Aktionärsidentifikation i.S.v. Art. 3a ARRL zu informieren. Angesichts dessen, dass entsprechende Identifikationsanfragen sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland de lege ferenda „europäischer Standard“ sein werden, erscheinen regelmäßige schriftliche Hinweise insbesondere der Depotbanken an ihre Kunden, wie sie allerdings bisher in Deutschland bei vergleichbaren ausländischen Anfragen üblich waren,132 gewissermaßen „überflüssig“ bzw. wenig praktikabel.133 Zu berücksichtigen sind in diese Richtung im Wesentlichen die Regelungen der Art. 13 f. EU-DSGVO.134 Darin vorgesehen ist eine grundsätzliche Pflicht des für die Erhebung von persönlichen Daten eines Dritten „Verantwortlichen“ i.S.d. Art. 4 Nr. 7 EU-DSGVO zur Unterrichtung der betroffenen Person. Wenn eine Gesellschaft personenbezogene Aktionärsdaten bei einem Dritten – dem Intermediär – erhebt, könnte diese den Aktionär insofern grundsätzlich gemäß Art. 14 Abs. 1 u. 2 EU-DSGVO darüber zu unterrichten haben. Eine Ausnahme von der Informationspflicht des Art. 14 Abs. 1 EU-DSVO besteht gemäß Art. 14 Abs. 5 lit. c EU-DSGVO allerdings insbesondere für den Fall, dass „die Erlangung oder Offenlegung [Anm: der personenbezogenen Daten] durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, denen der Verantwortliche unterliegt und die geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person vorsehen, ausdrücklich geregelt ist.“ Mit den Richtlinienvorgaben des Art. 3a ARRL bzw. den diesbezüglichen deutschen Umsetzungsvorschriften – § 67d AktG und 130 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 55; so auch Noack, NZG 2017, 561, 562 („Das ,Bankgeheimnis‘ gilt nicht.“). 131 Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 55. 132 Eine Verpflichtung der deutschen Depotbanken zur Benachrichtigung ihrer Kunden über entsprechende ausländische Auskunftsersuchen wird derzeit insoweit konkret in Nr. 20 der „Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte“ der Deutschen Kreditwirtschaft (Stand: April 2019) festgelegt; vgl. hierzu näher Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, SoBedWp § 20 Rn. 1; Zahrte, in: Bunte/Zahrte, BedWp 20 Nr. 20 Rn. 164 f. 133 So auch Begr. RefE ARUG II S. 63. 134 Vgl. insoweit nur den (deklaratorischen) Hinweis aus Erwägungsgrund 52 ARRL II, wonach „die Übermittlung von Informationen hinsichtlich der Identität von Aktionären an Intermediäre aus Drittländern den in der Verordnung (EU) 2016/679 festgelegten Anforderungen entsprechen“ soll.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
§ 67e AktG – sind solche ausdrücklichen Regelungen zum Schutz der Aktionäre grundsätzlich gegeben, sodass es bezüglich der Aktionärsidentifikation regelmäßig keiner besonderen Mitteilung der Aktiengesellschaft bedarf.135 Zugunsten der Intermediäre führt schon die Qualifikation der die Aktionärsidentifikation auslösenden Gesellschaften als „Verantwortliche“ i.S.v. Art. 13 f. EU-DSGVO dazu, dass diese die Aktionäre regelmäßig nicht über die Datenverarbeitungen im Rahmen der Identifikationsprozesse informieren müssen. Sofern man entsprechende Informationspflichten im Rahmen der Aktionärsidentifikation nicht bereits wegen Art. 14 Abs. 5 lit. c EU-DSGVO für grundsätzlich entbehrlich hält, wären in Anbetracht der Regelung aus Art. 14 Abs. 5 lit. a ARRL jedenfalls keine mehrfachen Mitteilungen an die Aktionäre, etwa für den Fall mehrerer aufeinanderfolgender Identifikationsverfahren, erforderlich.136 Auf vertraglicher Ebene zwischen den Aktionären und den Letztintermediären vereinbarte Verpflichtungen, die Aktionäre stets (schriftlich) über ein durchgeführtes Identifikationsverfahren nach § 67d AktG zu unterrichten, werden – wenngleich wenig praktikabel – darüber hinaus allerdings zulässig sein und dabei insbesondere auch nicht etwa gegen die Vorgaben des Art. 3a Abs. 6 ARRL verstoßen. Insoweit kann eine etwaige AGB- oder einzelvertragliche Verpflichtung zum bloßen „Hinweis“ auf eine ordnungsgemäß durchgeführte Aktionärsidentifikation bzw. auf entsprechende Anträge der Gesellschaften nicht etwa als „Verbot bezüglich der Offenlegung von Informationen“ verstanden werden. 8. Berichtigungsanspruch (Art. 3a Abs. 5 ARRL) Art. 3a Abs. 5 ARRL verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, „dass juristische Personen ein Recht auf Berichtigung unvollständiger oder unrichtiger Angaben zu ihrer Identität als Aktionäre haben.“ Die Aktionäre sollen insofern nicht erdulden müssen, dass eine Gesellschaft unrichtige personenbezogene Daten über sie führt. Die diesbezügliche Richtlinienvorgabe ist deshalb auf juristische Personen beschränkt, weil natürlichen Personen als Aktionären ein entsprechendes Recht auf Berichtigung ihrer personenbezogenen Daten bereits nach Art. 16 EU-DSGVO zusteht.
II. Präzisierungen der Durchführungsverordnung in Bezug auf die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL Als Formatvorlagen für die Verfahren der Aktionärsidentifikation sind im Anhang der ARRL-DVO sowohl eine Vorlage für die Anträge der Emittenten (Tabelle 1) als
135 136
In diese Richtung auch Koschmieder, DB 2019, 2113, 2117. Vgl. in diese Richtung auch Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 69 f.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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auch für die Beantwortung solcher Anträge seitens der Intermediäre (Tabelle 2) vorgesehen. Art. 9 Abs. 6 ARRL-DVO sieht überdies konkrete Fristen für die Aktionärsidentifikation vor. Gemäß Art. 9 Abs. 6 UAbs. 1 ARRL-DVO sind die vom Emittenten ausgehenden Identifikationsanträge von den Intermediären jeweils „unverzüglich“ weiterzuleiten. Die Weiterleitung eines vor 16 Uhr beim Intermediär eingegangenen Identifikationsantrags muss dabei spätestens bis zum Ende desselben Geschäftstags erfolgen. Nach 16 Uhr eingegangene Anträge sind bis spätestens 10 Uhr am folgenden Geschäftstag weiterzuleiten. Die Antworten auf entsprechende Identifikationsanträge sind gemäß Art. 9 Abs. 6 UAbs. 2 ARRL-DVO grundsätzlich „an dem Geschäftstag, der unmittelbar auf den Nachweisstichtag oder den Eingangstag des Antrags bei dem antwortenden Intermediär folgt“ an den jeweiligen Adressaten zu übermitteln. Eine Sonderregelung enthält Art. 9 Abs. 6 UAbs. 3 ARRL-DVO für Antworten auf nicht ordnungsgemäß maschinenlesbare und vollautomatisiert abwickelbare Anträge sowie für Antworten auf solche Anträge, die der Intermediär mehr als sieben Geschäftstage nach dem „Nachweisstichtag“ erhält.
III. Die bisherigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz im deutschen Recht Regelungen, die zur Offenlegung der Identität eines Aktionärs führen können, waren im deutschen Recht auch bereits vor der Umsetzung des Identifikationsrechts aus Art. 3a ARRL in verschiedener Gestalt vorhanden. Zwar gab es auf gesellschaftsrechtlicher Ebene vormals kein für alle börsennotierten Gesellschaften gleichermaßen vorgesehenes, allgemeines Recht zur Aktionärsidentifikation zwecks besserer Kommunikation, wie es nunmehr in § 67d AktG verbürgt ist. Dennoch waren auch bereits vor Inkrafttreten des ARUG II verschiedene Mechanismen vorgesehen, die jedenfalls in gewissem Umfang zu einer Offenlegung von Aktionären börsennotierter Gesellschaften geführt haben. Über die bisherigen Regelungsinstitute zur Herstellung von Beteiligungstransparenz soll nachfolgend ein kurzer Überblick erfolgen und dabei aufgezeigt werden, an welchen Stellen die Neuvorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL über die jeweiligen Regelungen hinausgehen. Darauf aufbauend kann später untersucht werden, inwieweit die konkreten Möglichkeiten zur Offenlegung der eigenen Aktionäre aus Sicht der börsennotierten Unternehmen durch das ARUG II tatsächlich verbessert wurden.137 Die diversen Regelungen, die zu einer Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse führen können, lassen sich verschiedentlich kategorisieren. Die Mechanismen unterscheiden sich zum Teil bereits grundlegend mit Blick auf ihre jeweiligen ge137
Vgl. hierzu unten, Teil 3 A. I.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
setzlichen Zielrichtungen und – damit einhergehend – das jeweils zugehörige Rechtsgebiet. So sollen etwa die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften der Beteiligungstransparenz (§§ 33 ff. WpHG) grundsätzlich dem gesamten Kapitalmarkt, d. h. sämtlichen – ggf. sogar nur potentiellen – Anlegern dienen, während die verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Transparenzvorschriften regelmäßig jedenfalls vorwiegend die Beziehung zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären oder die Beziehung der Aktionäre untereinander betreffen. Auch staatliche Stellen kommen als primärer Adressat der Beteiligungstransparenz in Betracht. Mit den verschiedenen Regelungszwecken gehen oft gleichsam verschiedene „Reichweiten“ sowie unterschiedliche Anknüpfungspunkte der jeweiligen Transparenzmechanismen einher. Auch die konkret offenzulegende Person ist bei den verschiedenen Mechanismen zur Herstellung von Beteiligungstransparenz insofern keinesfalls stets identisch. Schließlich bestehen auch mit Blick auf die vorhandenen Möglichkeiten zur praktischen Durchsetzbarkeit Unterschiede zwischen den verschiedenen Regelungsinstituten. Die für Aktiengesellschaften einschlägigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz unterscheiden sich zum Teil bereits dadurch, auf welche Art oder Gattung von Aktien sie sich beziehen. So betrifft das Aktienregister nach § 67 AktG mit den damit verbundenen Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre ausschließlich Namensaktien. Die kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenzvorschriften nach §§ 33 ff. WpHG gelten dagegen zwar gleichermaßen sowohl für Namens- als auch für Inhaberaktien, setzen für ihre Anwendbarkeit allerdings grundsätzlich eine Börsennotierung voraus. Außerdem knüpfen die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften in erster Linie nicht unmittelbar an den gehaltenen Aktien, sondern vielmehr an den kontrollierten Stimmrechten an, sodass es hierbei etwa regelmäßig zu einer unterschiedlichen Behandlung von Stammaktionären und stimmrechtslosen Vorzugsaktionären kommt. 1. Gesetzliche Beteiligungstransparenzmechanismen, die gleichermaßen für Namens- und Inhaberaktien gelten a) Kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG Wie das neue Verfahren der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG als Umsetzung der diesbezüglichen Vorgaben der ARRL II sind auch die kapitalmarktrechtlichen Transparenzvorschriften aus §§ 33 ff. WpHG vor dem Hintergrund der Umsetzung einer bzw. mehrerer EU-Richtlinien zu sehen. So dienen die in §§ 33 ff. WpHG geregelten Mitteilungspflichten konkret der Umsetzung der EUTransparenzrichtlinie I aus 1988138, der EU-Transparenzrichtlinie II aus 2004139, der
138 139
Richtlinie 88/627/EWG v. 12. 12. 1998, ABl. EG Nr. L 348 v. 17. 12. 1988, S. 62. Richtlinie 2004/109/EG v. 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 v. 31. 12. 2004, S. 38.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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Transparenzrichtlinie III aus 2013140 sowie einigen diesbezüglichen Durchführungsrechtsakten141. Wie das durch Art. 3a ARRL vorgegebene Aktionärsidentifikationsrecht dienen auch die §§ 33 ff. WpHG ein kleines Stück weit der Förderung guter Corporate Governance und kommen insofern (auch) unmittelbar der Aktiengesellschaft zugute.142 Anders als in Art. 3a ARRL steht die gesellschaftsrechtliche Beziehung zwischen Aktionär und Gesellschaft im Rahmen der Transparenzrichtlinie und den §§ 33 ff. WpHG allerdings nicht im Mittelpunkt. Vielmehr geht es hier deutlich allgemeiner um eine Information des gesamten Kapitalmarkts.143 Soweit die nach §§ 33 ff. WpHG bewirkte Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse auch unmittelbar der Gesellschaft zugutekommt, ist damit in erster Linie nicht eine Verbesserung der Kommunikation zwischen der AG und ihren Aktionären bezweckt; vielmehr soll mit dem der Gesellschaft und den Mitaktionären durch §§ 33 ff. WpHG ermöglichten Überblick über die Beherrschungsverhältnisse zuvorderst dem Bestehen einer Informationsasymmetrie entgegenwirkt und insoweit konkret etwa unlautere „kalte Übernahme[n]“ verhindert werden.144 Mit den §§ 33 ff. WpHG soll mit anderen Worten also in erster Linie nicht die Kommunikation zwischen den jeweils offengelegten Anlegern und den Emittenten verbessert werden, sondern vielmehr die übrigen Anleger der Gesellschaft und auch die sonstigen Kapitalmarktteilnehmer vor einer Informationsasymmetrie geschützt werden.145 Angesichts dessen, dass die durch §§ 33 ff. WpHG offengelegten Informationen insoweit gerade nicht nur der Gesellschaft, sondern grundsätzlich dem gesamten Markt zur Verfügung stehen, wird in Bezug auf die nach §§ 33 ff. WpHG hergestellte Transparenz deswegen mitunter auch von einer „Markttransparenz“ – in Abgrenzung zur ausschließlich oder jedenfalls primär der Gesellschaft dienenden „Beteiligungstransparenz“ im engeren Sinne – gesprochen.146 Relevant werden die §§ 33 ff. WpHG insbesondere im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen bzw. deren Vorbereitung. Die Vorschriften dienen hierbei 140
Richtlinie 2013/50/EU v. 22. 10. 2013, ABl. EU Nr. L 294 v. 06. 11. 2013, S. 13. Vgl. hierzu mit Auflistung der entsprechenden Durchführungsrechtsakte: Bayer, in: MüKo AktG, Überblick über die §§ 33 ff. WpHG Rn. 1; wesentlich dienen die §§ 33 ff. WpHG konkret insbesondere der Umsetzung der Durchführungsrichtlinie vom 08. 03. 2007 (Richtlinie 2007/14/EG v. 08. 03. 2007, ABl. EU Nr. L 69 v. 09. 03. 2007, S. 27). 142 Anzinger, WM 2011, 391, 392; Vogel, S. 32 ff. 143 Vgl. hierzu statt vieler nur Arends, S. 46. 144 Vgl. zu den dahingehenden „gesellschaftsrechtliche[n] und konzernrechtliche[n] Zwecke[n]“ der §§ 33 ff. WpHG: Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. §§ 33 – 47, Rn. 31 f. 145 Vgl. zum Regelungszweck der §§ 33 ff. WpHG statt vieler nur Schneider, in: Assmann/ Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. §§ 33 – 47, Rn. 21 ff.; Starke, S. 93; Vogel, S. 27 ff. 146 Vgl. zu dieser Bezeichnung und Abgrenzung etwa C¸ekin, S. 33; vorliegend wird diese begriffliche Abgrenzung allerdings nicht übernommen und insofern auch in Bezug auf die §§ 33 ff. WpHG zum Teil von „Beteiligungstransparenz“ im weiteren Sinne gesprochen. 141
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
dazu, ein „faires“ und transparentes Übernahmeverfahren zu gewährleisten.147 Zur Verhinderung intransparenter – und damit zulasten weniger gut informierter Anleger „unfairer“ – Übernahmen, etwa in Gestalt eines sog. „Anschleichens“, wurden die §§ 33 ff. WpHG148 in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet bzw. verschärft. Konkret wurde insbesondere im Rahmen des Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes von 2007 („TUG“)149 die kleinste der in § 33 Abs. 1 WpHG (bzw. derzeit noch § 21 Abs. 1 WpHG a.F.) vorgesehenen Meldeschwellen von 5 % auf eine Stimmrechtsinhaberschaft von nur 3 % herabgesetzt. Weitere Verschärfungen folgten etwa im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes von 2008 („RisikoBegrG“)150 sowie im Zuge des Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts aus 2010 („AnsFuG“)151. Dabei wurden insbesondere die Möglichkeiten einer „Zurechnung“ von Stimmrechten, die formell einem Dritten zustehen, erweitert und die Beteiligungstransparenz auf zuvor nicht erfasste Konstellationen ausgedehnt. So sind neben dem unmittelbaren Besitz von mit Stimmrechten verbundenen Aktien seitdem noch umfassender als zuvor auch „Finanzinstrumente“ sowie „sonstige Instrumente“ offenzulegen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erwerb von Aktien bzw. Stimmrechten führen könnten.152 aa) Die im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG aufzudeckenden Personen Während sich die Aktionärsidentifikation der ARRL II auf die unmittelbaren „Aktionäre“ der Gesellschaft i.S.d. Art. 2 lit. b ARRL beschränkt, erfassen die Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG ganz verschiedene „Arten“ von Personen, die einen entsprechenden Einfluss auf die Ausübung von Stimmrechten und somit letztlich auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen können. So handelt es sich zwar auch bei dem nach §§ 33 ff. WpHG Meldepflichtigen jedenfalls im gesetzlichen Regelfall um einen Aktionär. Insoweit spricht § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG davon, dass 147
Arends, S. 47. Wobei die besagten Gesetzesänderungen allerdings im Wesentlichen noch deren Vorgängernormen, die §§ 21 ff. WpHG a.F., betrafen. 149 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz – TUG) v. 05. 01. 2007, BGBl. I S. 10. 150 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz – RisikoBegrG) v. 12. 08. 2008, BGBl. I S. 1666. 151 Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz – AnlSVG) v. 05. 04. 2010, BGBl. I S. 538. 152 Vgl. für einen groben Überblick über die im Rahmen der verschiedenen Gesetzesänderungen in den letzten Jahren erfolgten Verschärfungen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz Bayer, in: MüKo AktG, Überblick über die §§ 33 ff. WpHG Rn. 2 ff. 148
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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jemand Stimmrechte aus „ihm gehörenden Aktien“ kontrolliert. Daneben erstreckt sich die Markttransparenz allerdings auch auf andere natürliche oder juristische Personen, die zwar selbst nicht unmittelbar (sachen-)rechtlich, aber doch jedenfalls faktisch Kontrolle über die Stimmrechte der Gesellschaft ausüben, indem sie auf die Aktionäre Einfluss zu nehmen im Stande sind oder sich stimmberechtigte Aktien ohne Weiteres aneignen könnten.153 Beispielsweise werden gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG einem Mutterunternehmen die Stimmrechte der Tochtergesellschaften zugerechnet, sodass eine Konzernobergesellschaft auch ohne selbst unmittelbar Aktionär einer bestimmten Gesellschaft zu sein, in Bezug auf eben jene Gesellschaft mitteilungspflichtig werden kann. Die §§ 33 ff. WpHG dienen auf diese Weise dem Zweck einer „größtmöglichen Transparenz“154 der Kontrollverhältnisse in börsennotierten Gesellschaften. Anderseits folgt daraus, dass der primäre Anknüpfungspunkt der §§ 33 ff. WpHG nicht die Aktionärseigenschaft, sondern das faktische Kontrollieren von Stimmrechten ist, aber auch, dass etwa stimmrechtslose Vorzugsaktionäre der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz grundsätzlich nicht unterliegen. Sofern nicht nach § 140 Abs. 2 AktG die Stimmrechte eines Vorzugsaktionärs ausnahmsweise (wieder-)aufleben, erstreckt sich die durch §§ 33 ff. WpHG bewirkte Offenlegung der Aktionärsstrukturen insofern grundsätzlich nur auf Stammaktionäre.155 Speziell in Bezug auf Namensaktien ist in bestimmten Konstellationen umstritten, welche konkreten Personen den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten nach §§ 33 ff. WpHG unterliegen, wenn nicht der „wahre“ Aktionär sondern eine andere Person, etwa dessen Depotbank, in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen ist. Zur Frage, ob in einem solchen Fall nur der Registeraktionär, nur der „wahre“ Aktionär – im Sinne des materiellrechtlichen Inhabers der Mitgliedschaft – oder gar mehrere Personen den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten unterliegen, werden sowohl für den Fall der Eintragung eines zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigten Legitimationsaktionärs als auch für den Fall der Eintragung eines bloßen, nicht zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigten, Platzhalters i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG in der Literatur verschiedene Auffassungen vertreten. Nach überzeugender Ansicht sollte in beiden Fällen jedenfalls der „wahre“ Aktionär als derjenige, dem die Aktien tatsächlich „gehören“ – so der Wortlaut des § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG – zur Mitteilung verpflichtet sein.156 Der bloß formelle – bzw. gemäß der unwider153
Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 1. Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 22 Rn. 1 mit Verweis auf Begr. RegE, BT-Drs. 12/ 6679, S. 35. 155 Wie hier: Bayer, in: MüKo AktG, § 33 WpHG Rn. 25; Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 22 Rn. 85; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 21 Rn. 18; Arends, S. 51; Starke, S. 184 f.; nach anderer, noch weitergehender Ansicht sollen die §§ 33 ff. WpHG in Bezug auf Vorzugsaktionäre selbst dann keine Anwendung finden, wenn es ausnahmsweise zu einem Aufleben der Stimmrechte kommt, so insbesondere Happ, JZ 1994, 240, 244. 156 So etwa auch Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 47 ff.; a.A. Diekmann, BB 1999, 1985, 1987 (nur Registeraktionär). 154
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
legbaren Vermutung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG im Verhältnis zur Gesellschaft berechtigte – Registeraktionär unterliegt neben dem wahren Aktionär grundsätzlich selbst dann keiner zusätzlichen kapitalmarktrechtlichen Meldepflicht aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG, wenn dieser als Legitimationsaktionär nach § 67 Abs. 2 S. 1 AktG im Verhältnis zur Aktiengesellschaft allein zur Stimmrechtsausübung befugt ist.157 Diese Auffassung überzeugt, wenn man sich vor Augen führt, dass die Formulierung aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG, es müsse sich für eine Mitteilungspflicht um Stimmrechte gerade „aus ihm gehörenden Aktien“ handeln, erst nachträglich im Zuge des „Kleinanlegerschutzgesetzes“158 eingefügt und gerade zu dem Zweck gewählt wurde, klarzustellen, dass eine originäre Mitteilungspflicht von Legitimationsaktionären aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht der gesetzgeberischen Intention entspricht.159 Zu einer zusätzlichen kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs kommt es überzeugender Weise daher nur in dem besonderen Fall, dass dieser die Stimmrechte aus den von ihm in Fremdbesitz verwahrten Aktien „nach eigenem Ermessen“ ausübt und insoweit eine Stimmrechtszurechnung nach § 34 Abs. 1 Nr. 6 AktG stattfindet.160 Ein bloßer „Platzhalter“ i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG unterliegt durch seine Eintragung in das Aktienregister grundsätzlich erst recht keiner entsprechenden Mitteilungspflicht.161 bb) Begünstigte der Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG Entsprechend des Regelungsziels der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz erfolgt eine Veröffentlichung der Beteiligungs- bzw. Stimmrechtsänderung gegenüber dem gesamten Kapitalmarkt. Dazu haben die aufzudeckenden Personen, wenn diese eine der in § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG genannten Schwellen überschreiten, zunächst die betroffene Gesellschaft selbst sowie die BaFin über das Überschreiten der Stimmrechtsschwelle zu unterrichten. Daran anknüpfend erfolgen eine Veröffentlichung der Informationen seitens der Gesellschaft in verschiedenen, allgemein zugänglichen Medien sowie eine Übermittlung der Meldung an das Unternehmensregister, § 40 WpHG.
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Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 48; Richter, WM 2013, 2337, 2345. 158 Kleinanlegerschutzgesetz v. 03. 07. 2015, BGBl. I 1114. 159 Bayer, in: MüKo AktG, § 33 WpHG Rn. 3 mit Verweis auf die Begründung zum Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, 53; Schürnbrand/Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 33 WpHG Rn. 10. 160 Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 33 WpHG Rn. 26a; Schürnbrand/Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 33 WpHG Rn. 10; Richter, WM 2013, 2337, 2345. 161 Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 75; Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 50.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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cc) Zu den im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG verpflichteten Personen und dem Auslösen des Mitteilungsprozesses Anders als nach Art. 3a ARRL vorgesehen, werden im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG nicht etwa primär die Intermediäre unmittelbar in die Pflicht genommen, sondern in erster Linie die Anleger selbst. So trifft die Pflicht zur Offenlegung im Grundfall des § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG zunächst denjenigen Anleger, der eine der dort geregelten Meldeschwellen „erreicht, überschreitet oder unterschreitet“. Der Anleger hat dies „unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der Bundesanstalt“ mitzuteilen, vgl. § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG. Kommen die Anleger den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten nicht nach, kann dies gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 WpHG zum zeitweisen Rechtsverlust dergestalt führen, dass die sich aus den Aktien ergebenden Stimmrechte temporär nicht ausgeübt werden können. Zwar werden in § 40 Abs. 1 S. 1 WpHG auch die betroffenen Gesellschaften zur Veröffentlichung der Beteiligungsänderung verpflichtet und so in den Prozess zur Herstellung der Kapitalmarkttransparenz einbezogen. Die auf diese Weise von den Gesellschaften vorzunehmende Veröffentlichung ändert jedoch nichts daran, dass konzeptionell als erstes die Anleger selbst zu einer entsprechenden Offenlegung verpflichtet sind.162 Die Gesellschaften veröffentlichen gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 WpHG auch grundsätzlich bloß diejenigen Informationen, die ihnen zuvor von den Anlegern mitgeteilt worden waren. Erhält der Emittent keine Mitteilung von dem nach §§ 33 ff. WpHG primär Mitteilungspflichtigen, ist dieser selbst dann nicht nach § 40 Abs. 1 WpHG zur Veröffentlichung der Beteiligungsänderung verpflichtet, wenn ihm diese anderweitig bekannt geworden ist.163 Erst recht können die Gesellschaften im Rahmen der Markttransparenz aus §§ 33 ff. WpHG – anders als im Rahmen der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation nach Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL – nicht aktiv darüber entscheiden, ob es zur Transparentmachung der Beteiligungsstrukturen kommt oder nicht. Sofern der Gesellschaft daher eine Beteiligungsänderung gemäß §§ 33 ff. WpHG mitgeteilt wird, ist diese nach § 40 Abs. 1 S. 1 WpHG gesetzlich verpflichtet, die betreffende Information zu veröffentlichen. So dient die Markttransparenz des WpHG anders als das nach Art. 3a ARRL vorgesehene Verfahren der Aktionärsidentifikation eben nicht nur der Gesellschaft, sondern vielmehr sämtlichen Kapitalmarktteilnehmern bzw. der Herstellung von
162 Insoweit kann man in Bezug auf die Veröffentlichungspflicht der Gesellschaft im Gefüge der §§ 33 ff. WpHG auch von einer „sekundären Offenlegungspflicht“ sprechen, vgl. so etwa Austmann, WiB 1994, 143, 145. 163 So die ganz h.M. (keine Pflicht des Emittenten zur Veröffentlichung anderweitig bekannt gewordener Beteiligungsänderung), vgl. nur Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 26 Rn. 26; Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 40 Rn. 7; ausnahmsweise soll sich eine entsprechende Pflicht allerdings insbesondere aus Treuepflicht zu den Aktionären ergeben oder eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation darstellen können, vgl. insoweit Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 26 Rn. 27; Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 40 Rn. 7.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Informationssymmetrie und auf diese Weise letztlich der Steigerung des allgemeinen Vertrauens in den Kapitalmarkt.164 Während der Identifikationsprozess nach den Vorgaben des Art. 3a ARRL entsprechend dessen Zielrichtung erst durch einen Antrag der Gesellschaft angestoßen bzw. ausgelöst werden muss, findet die kapitalmarktrechtliche Offenlegung der Anlegerstrukturen nach dem Regelungskonzept der §§ 33 ff. WpHG bei Erreichen der dort festgesetzten Mindestschwellen dagegen gewissermaßen „automatisch“ statt. Die nach §§ 33 ff. WpHG Mitteilungspflichtigen müssen ihrer Meldepflicht nachkommen, ohne dass es hierzu eines Antrags der Gesellschaft oder sonst eines externen Auslösers bedarf. dd) Die Schwellenwerte der §§ 33 ff. WpHG Als Schwellenwerte, bei deren Erreichen die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz ausgelöst wird, bestimmt § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75 % der Stimmrechte einer entsprechend börsennotierten Gesellschaft. Im Rahmen von § 38 Abs. 1 WpHG und § 39 Abs. 1 WpHG gelten die gleichen Schwellenwerte mit Ausnahme der 3 %-Schwelle. Die Anknüpfung nicht etwa an den gehaltenen Aktien bzw. am Kapitalanteil, sondern an den kontrollierten Stimmrechten führt dabei insbesondere dazu, dass stimmrechtslose Vorzugsaktien den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten der §§ 33 ff. WpHG grundsätzlich nicht unterliegen. Eine Berücksichtigung von Vorzugsaktien im Rahmen der Meldeschwellen kommt – wenn überhaupt – allenfalls ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es über § 140 Abs. 2 AktG zum Aufleben von Stimmrechten auch der Vorzugsaktionäre kommt.165 ee) Kein Anspruch der Gesellschaft im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG Zur Ermöglichung der Aktionärsidentifikation im Sinne der Vorgaben des Art. 3a ARRL ist den jeweiligen Gesellschaften eindeutig ein „subjektives Recht“ einzuräumen und dementsprechend ein einklagbarer Anspruch der Gesellschaft – jedenfalls gegenüber den Intermediären –166 zu gewährleisten. Ob sich auch aus den §§ 33 ff. WpHG ein subjektives Recht der Gesellschaft auf Erfüllung der darin 164
Vgl. zum dahingehend Normzweck der §§ 33 ff. WpHG etwa Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn. 3; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, §§ 33 – 47 WpHG Rn. 2; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vorbem. §§ 21 ff. Rn. 16. 165 Für eine Berücksichtigung der Vorzugsaktien im Fall des § 140 Abs. 2 AktG: Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn 85; Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 43; Burgard, BB 1995, 2069, 2070; Starke, S. 184 f.; gegen die Berücksichtigung von Vorzugsaktien für die Ermittlung der Stimmrechtsanteile selbst im Fall des § 140 Abs. 2 AktG allerdings Happ, JZ 1994, 240, 244. 166 Vgl. zur – im Ergebnis wohl zu verneinenden – Frage, ob Art. 3a ARRL überdies auch einen gegen die Aktionäre selbst gerichteten Anspruch vorgibt, bereits oben unter Teil 2 B. I. 4.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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vorgesehenen Offenlegungspflichten ableiten lässt, ist umstritten. Anders als Art. 3a Abs. 1 S. 1 ARRL, in dem eindeutig von einem „Recht“ der Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation die Rede ist, lassen es der Wortlaut der §§ 33 ff. WpHG sowie auch die Vorgaben der dahinterstehenden Transparenzrichtlinie offen, ob zur Durchsetzung der darin vorgesehenen Transparenz auch ein entsprechendes subjektives Recht der Gesellschaften gegenüber den primär Mitteilungspflichtigen besteht. Ausdrückliche Regelungen zur Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz in diese Richtung sieht das WpHG nicht vor. Ob auch in Hinblick auf die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz entsprechend der Vorgaben des Art. 3a ARRL von einem subjektiven Recht der Gesellschaft auszugehen ist, hängt daher davon ab, wie man die §§ 33 ff. WpHG auslegt. Von entscheidender Bedeutung ist insbesondere, wie der konkrete Schutzzweck der §§ 33 ff. WpHG genau interpretiert wird: Die Transparenzvorschriften aus §§ 33 ff. WpHG dienen jedenfalls unter anderem auch dazu, den Gesellschaften einen besseren Überblick über die Aktionärsstruktur und die Beherrschungsverhältnisse zu ermöglichen, was für die Annahme eines subjektiven Rechts bzw. eines Anspruchs der Gesellschaft gegenüber den offenzulegenden Personen sprechen könnte.167 Außerdem führt die Anwendung der §§ 33 ff. WpHG zur Nichtanwendbarkeit der aktienrechtlichen Beteiligungstransparenzvorschriften aus §§ 20 f. AktG, denen – wie den Vorgaben zur Aktionärsidentifikation im Rahmen der ARRL II – grundsätzlich ein individualschützender Charakter zugunsten der jeweiligen AG zuzusprechen ist. Dass der Gesetzgeber seinerzeit mit der Einführung jener Vorrangsregelung den Individualschutz der Gesellschaft schwächen wollte, lässt sich den Gesetzgebungsmotiven nicht entnehmen.168 Allerdings stellt die Offenlegung der Aktionärsstruktur sowie der Beherrschungsverhältnisse gerade zugunsten der Gesellschaft eben nicht das gesetzgeberische Hauptmotiv der §§ 33 ff. WpHG dar. Zwar ist in §§ 33 ff. WpHG vorgesehen, dass die Meldepflichtigen das Erreichen der dort vorgesehenen Schwellenwerte gerade auch dem Emittenten gegenüber anzeigen, doch stellt dies konzeptionell bloß einen „Zwischenschritt“ zur Erreichung des eigentlichen gesetzlichen Ziels dar, die Beteiligungsverhältnisse zugunsten der breiten Marktöffentlichkeit offenzulegen. Ein subjektives Recht der Gesellschaft gegenüber dem Meldepflichtigen auf Erfüllung einer Offenlegungspflicht aus §§ 33 ff. WpHG abzuleiten, ginge insofern über die gesetzgeberische Intention hinaus und wird daher in der Literatur auch herrschend abgelehnt.169 Das hiergegen sprechende Argument, die Ablehnung eines Anspruchs der Gesellschaft auf Mitteilungen i.S.d. §§ 33 ff. WpHG verkürze den 167
So etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 139. Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn. 185; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG § 21 Rn. 60. 169 Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, §§ 21 ff. WpHG Rn. 46; Opitz, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 21 WpHG Rn. 41; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, WpHG § 21 Rn. 19, 22; Mülbert, FS K. Schmidt (2009), 1219, 1224 f. 168
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
ansonsten nach §§ 20 f. AktG bestehenden Individualschutz, könnte allenfalls dann überzeugen, wenn man in Hinblick auf die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten auch von einem entsprechend klagbaren Anspruch der Gesellschaft und nicht nur von einer bloßen Obliegenheit ausgeht, was in der Literatur ebenfalls umstritten und von der Rechtsprechung bislang nicht eindeutig entschieden ist.170 ff) Sanktionen und Durchsetzbarkeit der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz Die Regelungen zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG sind teilweise bzw. überwiegend dem Aufsichtsrecht und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen.171 Das Verhältnis unmittelbar zwischen den Meldepflichtigen und der Gesellschaft kann allerdings neben dem Aufsichtsrecht auch dem Privatrecht zugeordnet werden.172 Die Qualifikation der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz als teils privat- und teils öffentlich-rechtlich wirkt sich dabei insbesondere auf die diesbezüglich vorgesehenen Sanktionen und deren praktische Durchsetzbarkeit aus. Aus Sicht des unmittelbar Mitteilungspflichtigen stellen sowohl das Unterlassen einer Mitteilung gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber der BaFin Ordnungswidrigkeiten dar.173 Nach § 44 WpHG kann es überdies zu einem zeitweisen Verlust der Rechte aus den Aktien zulasten des Meldepflichtigen kommen. Schließlich kommen Schadensersatzansprüche gegenüber den Meldepflichtigen gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Betracht, wobei die §§ 33 ff. WpHG hierbei nach wohl herrschender Auffassung als Schutzgesetze fungieren.174 Kommt der Emittent seiner Pflicht zur Veröffentlichung der vom Meldepflichtigen erhaltenen Informationen nicht nach, stehen wiederum verschiedene Durchsetzungsmechanismen zur Verfügung.175 Die nicht ordnungsgemäße Veröffentlichung kann zum einen durch die BaFin im Wege der „Ersatzvornahme“ vorgenommen werden. Zum anderen droht der Gesellschaft eine Sanktionierung durch die Bußgeldvorschrift des § 120 Abs. 2 Nr. 2 lit. f WpHG. Schließlich kann zivilrechtlich über § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 1004 BGB auf Erfüllung der Veröffentlichungspflicht geklagt werden.176
170
Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorbem. §§ 20 – 22 Rn. 22 m.w.N. Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn. 5. 172 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. §§ 33 ff. Rn. 15 ff. 173 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 44 Rn. 99. 174 So etwa Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 26 Rn. 53; Schneider, in: Assmann/Schneider/ Mülbert, WpHG, § 44 Rn. 101 ff.; mit a.A.: Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, § 33 ff. WpHG, Rn. 84a. 175 Vgl. zu den folgenden Mitteln zur Durchsetzung der Veröffentlichungspflicht aus § 40 WpHG etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. § 40 Rn. 60 ff. 176 So jedenfalls Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 40 Rn. 63. 171
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b) Aktienrechtliche Vorschriften zur Offenlegung von Beteiligungsverhältnissen aa) Konzernrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 20, 21 AktG Wie bei der Aktionärsidentifikation nach den Vorgaben der ARRL II handelt es sich bei den in §§ 20 f. AktG vorgesehenen Mitteilungspflichten um eine Form gesellschaftsrechtlicher Beteiligungstransparenz, wobei anders als bei den kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG in erster Linie das Verhältnis unmittelbar zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär im Mittelpunkt steht. Die konkreten Regelungsziele einerseits der Meldepflichten aus §§ 20 f. AktG und andererseits der Aktionärsidentifikation i.S.d. ARRL II weichen darüber hinaus allerdings ganz erheblich voneinander ab. So dienen die §§ 20 f. AktG zwar dazu, dass die Unternehmensleitung die „wahren Machtverhältnisse“ innerhalb der Gesellschaft besser überblicken kann und kommen somit wie die Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL unmittelbar der Gesellschaft zugute.177 Eine Förderung der (unmittelbaren) Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär und dadurch mittelbar eine aktivere Beteiligung der Aktionäre sollen die §§ 20 f. AktG aber nicht bewirken. Der Normzweck der §§ 20 f. AktG besteht vielmehr hauptsächlich darin, die Gesellschaft und deren Aktionäre, daneben aber auch die Gläubiger der Gesellschaft sowie die Öffentlichkeit, über geplante und bestehende Konzernverbindungen zu unterrichten.178 Die Publizitätspflichten der §§ 20 f. AktG betreffen nur die Beteiligung von juristischen Personen und greifen überdies erst ab dem Überschreiten einer Schwelle von 25 % der Beteiligung am Kapital (§§ 20 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 1 S. 1 AktG) oder an den Stimmrechten (§§ 20 Abs. 4, 21 Abs. 2, 16 Abs. 1 AktG) der Gesellschaft ein. Zu erklären sind diese vergleichsweise sehr hohen Schwellen schlicht dadurch, dass es dem Gesetzgeber im Rahmen der §§ 20 f. AktG bloß um die Offenlegung bereits relevanter konzernrechtlicher Machtverhältnisse geht.179 Die Mitteilungspflicht aus § 20 AktG besteht unmittelbar gegenüber der Gesellschaft, die die ihr gegenüber erfolgten Mitteilungen sodann in den Gesellschaftsblättern zu veröffentlichen hat, § 20 Abs. 6 AktG. Die genaue Rechtsnatur der aktienrechtlichen Transparenzvorschriften aus §§ 20 f. AktG ist nicht unumstritten. Während die hier geregelten Meldepflichten nach einer Ansicht als bloße Obliegenheiten anzusehen sind, gehen andere Stimmen
177
Arends, S. 9 mit Verweis auf Begr. RegE, BT-Drs. IV/171, S. 104. Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 20 Rn. 1; Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorbem. §§ 20 – 22 Rn. 5; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 20 Rn. 1; Schilha, in: Bürgers/Körber, AktG, § 20 Rn. 1. 179 Arends, S. 9. 178
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
von einem einklagbaren Anspruch der Gesellschaft auf eine entsprechende Mitteilung aus.180 Wegen der entstehungsgeschichtlich erst später hinzugetretenen kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG würden die §§ 20 f. AktG für börsennotierte Aktiengesellschaften angesichts der im WpHG vorgesehenen, deutlich weitgehenderen Meldeschwellen für solche Gesellschaften faktisch kaum eine Rolle spielen. Schließlich ist in § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG insbesondere gerade auch beim Erreichen einer Stimmrechtskontrolle von 20 % sowie von 25 % das Entstehen einer entsprechenden Meldepflicht vorgesehen. Daher ordnen § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG an, dass die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten aus §§ 20 f. AktG für eben solche Gesellschaften nicht gelten, die Emittent i.S.d. § 33 Abs. 4 WpHG sind und daher bereits der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz unterfallen. Der in § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG angeordnete Vorrang der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten soll dabei im Wesentlichen der Vermeidung einer unnötigen Doppelbelastung zulasten der Regelungsadressaten dienen.181 Nicht ganz unproblematisch an den Regelungen aus § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG ist, dass die §§ 33 ff. WpHG anders als § 20 AktG nicht (auch) an den Aktien, sondern ausschließlich an den Stimmrechten der Gesellschaft anknüpfen und es daher bei einem Auseinanderfallen von Aktien und Stimmrechten einer börsennotierten Gesellschaft in bestimmten Konstellationen auch dann zu einer Unanwendbarkeit der Mitteilungspflichten nach §§ 21 f. AktG kommen kann, wenn die Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG ihrerseits nicht einschlägig ist.182 Grundsätzlich erscheint es dennoch sinnvoll, den ansonsten zusätzlich anfallenden Aufwand einer Mitteilung nach §§ 20 f. AktG zu vermeiden, wenn entsprechende Änderungen der Beteiligungsstruktur jedenfalls regelmäßig bereits nach §§ 33 ff. WpHG offengelegt werden. Auch geht der Normzweck der Transparenzregelungen aus §§ 20 f. AktG in dem „weiteren“ Schutzzweck der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften auf, da nach §§ 33 ff. WpHG sämtliche Kapitalmarktteilnehmer und dadurch eben auch die Gesellschaften, deren Anteile erworben werden, informiert werden sollen.
180 Mit einer Aussprache für die Qualifikation der §§ 20 f. AktG als bloße Obliegenheit etwa Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorbem. §§ 20 – 22 Rn. 22 m.w.N.; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 20 Rn. 4; mit Aussprache für einen einklagbaren Anspruch hingegen etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 2. 181 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 20 Rn. 19 u. § 21 Rn. 5; Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, Vorbem. §§ 21 ff. Rn. 36 f. 182 Vgl. mit Hinweis auf diese Problematik: Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 93 u. § 21 Rn. 7.
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bb) Regelungen zur Offenlegung des Erwerbs eigener Aktien Kurz im Zusammenhang aktienrechtlicher Beteiligungstransparenz zu erwähnen sind darüber hinaus die Regelungen aus § 71 Abs. 3 AktG und 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG, die für die Aktiengesellschaften bestimmte Pflichten zur Offenlegung des Bestands eigener Aktien enthalten. Nach § 71 Abs. 3 AktG hat der Vorstand diesbezüglich die Hauptversammlung über den – nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen – Erwerb eigener Aktien seitens der Gesellschaft zu unterrichten. § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG sieht diesbezüglich eine Offenlegung auch im Anhang des Jahresbeschlusses der Gesellschaft vor. Auch diese Vorschriften sorgen insoweit dafür, dass bestimmte Beteiligungen an der Aktiengesellschaft, nämliche solche, die von dieser selbst gehalten werden, aufgedeckt werden. Insofern können gewissermaßen auch die §§ 71 Abs. 3, 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu den Vorschriften der Beteiligungstransparenz im weiteren Sinne gezählt werden. Mit den Neuvorgaben zur Aktionärsidentifikation im Sinne der ARRL II, denen es um eine Offenlegung der Beteiligung von „außenstehenden“ Aktionären gegenüber der Gesellschaft zum Zwecke der Kommunikationserleichterung geht, haben diese Vorschriften indes nicht viel gemein, wobei schon die Normzwecke und dementsprechend auch die von den Transparenzvorschriften jeweils begünstigten Adressaten gänzlich voneinander abweichen. c) Transparenzregister des GwG Seit dem 27. 12. 2017 existiert mit dem in §§ 18 – 26 GwG geregelten elektronischen „Transparenzregister“ ein weiteres Institut zur Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen. Der Regelungszweck dieses Registers und damit einhergehend auch die konkrete Ausgestaltung der diesbezüglichen Transparenz unterscheidet sich deutlich von den gesellschaftsrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Zielen der zuvor erläuterten Vorschriften des Aktiengesetzes sowie des Wertpapierhandelsgesetzes. Da allerdings auch das Transparenzregister dazu führt, dass Unternehmensbeteiligungen gegenüber bestimmten Adressaten offengelegt werden und die Neuregelungen im GwG damit letztlich ebenfalls eine Form von Beteiligungstransparenz im weiteren Sinne darstellen, sollen an dieser Stelle ein kurzer Überblick über das Register sowie eine Einordnung desselben in das komplexe Regelungsgeflecht der verschiedenen Transparenzvorschriften erfolgen. aa) Normzweck Gesetzgeberische Ziele des Transparenzregisters des GwG sind die Verhinderung von Geldwäsche sowie die Aufdeckung und Bekämpfung anderer Kriminalität wie insbesondere der Terrorismusfinanzierung.183 183 Vgl. etwa Figura, in: Herzog, GwG, § 18 Rn. 1; Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463, 463.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
bb) Aufzudeckende Personen Mit dem gesetzlichen Ziel des Transparenzregisters geht einher, dass es sich bei den hiernach offenzulegenden Personen um die hinter den Unternehmen stehenden „wirtschaftlich Berechtigten“ handelt. Als wirtschaftlich Berechtigte gelten nach der Legaldefinition aus § 3 Abs. 1 GwG dabei die natürlichen Personen, „in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht“ oder aber „auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird“. Nach § 3 Abs. 2 GwG zählen dazu regelmäßig solche natürlichen Personen, die „mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile“ halten, „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ kontrollieren oder „auf vergleichbare Weise Kontrolle“ ausüben. Die nach dem Transparenzregister aufzudeckenden Personen kennzeichnen sich damit insbesondere dadurch, dass es erstens stets um natürliche und niemals um juristische Personen geht und zweitens in erster Linie nicht die formal-rechtliche Stellung einer Person, sondern die faktischen Möglichkeiten zur Kontrollausübung bzw. wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich sind. cc) Mitteilungspflichtige Mitteilungspflichtig sind nach § 20 Abs. 1 GwG nicht die aufzudeckenden wirtschaftlich Berechtigten selbst, sondern die Unternehmen, d. h. die betroffenen juristischen Personen. Diese werden verpflichtet, aktiv die nötigen Informationen zur Identität der wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, diese aufzubewahren, zu aktualisieren und der registerführenden Stelle zur Eintragung in das Register mitzuteilen. dd) Auskunftsberechtigte/Begünstigte Dem Gesetzeszweck entsprechend sind vorwiegend bestimmte Behörden, wie Strafverfolgungs- oder Steuerbehörden, ohne Weiteres zur Einsichtnahme in das Transparenzregister berechtigt, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GwG. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GwG können zwar auch sonstige Personen – und zwar nach der weitgefassten Formulierung sogar grundsätzlich „jeder“ – Einsicht beantragen. Vorausgesetzt wird diesbezüglich allerdings ein „berechtigtes Interesse“.184 Ein solches Interesse wird sich dabei entsprechend des Normzwecks des GwG jedenfalls grundsätzlich auf die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus oder sonstiger Kriminalität beziehen müssen.185 184
Vgl. zu den Voraussetzungen einer Einsichtnahme nach § 23 Abs. 1 AktG etwa Figura, in: Herzog, GwG, § 23 Rn. 1 ff.; Korte, in: BeckOK GwG, § 23 Rn. 9 ff. 185 So etwa Korte, in: BeckOK GwG, § 23 Rn. 19; Kotzenberg/Lorenz, NJW 2017, 2433, 2436; mit anderer Ansicht, wonach ein berechtigtes Interesse auch unabhängig von Belangen der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung bestehen können soll: Häberle, in: Erbs/ Kohlhaas, GwG, § 23 Rn. 1.
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ee) Beschränkung des Anwendungsbereichs des Transparenzregisters Eine wesentliche Einschränkung des Anwendungsbereichs erfahren die Offenlegungspflichten des Transparenzregisters durch § 20 Abs. 2 GwG. Danach gelten die Pflichten aus § 20 Abs. 1 GwG nicht für solche Gesellschaften, deren Beteiligungen bereits in bestimmten anderen elektronisch zugänglichen Registern offengelegt sind oder über eine Börsennotierung an einem nach § 2 Abs. 5 WpHG organisierten Markt verfügen. Insbesondere von börsennotierten Aktiengesellschaften sind die Vorschriften zum Transparenzregister des GwG daher grundsätzlich nicht zu beachten.186 Zu Überschneidungen zwischen der neuen Aktionärsidentifikation im Sinne des Art. 3a ARRL und dem Transparenzregister des GwG dürfte es angesichts der verschiedenen Anwendungsbereiche daher allenfalls selten kommen.187 d) Ungeschriebene Beteiligungstransparenz nach Maßgabe einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht Als weitere Form der Beteiligungstransparenz wird in der Literatur mitunter das Bestehen einer „ungeschriebenen“ Aktionärstransparenz diskutiert, die in bestimmten Fällen aus der zwischen der Gesellschaft und deren Aktionären bestehenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abgeleitet werden könne. Die genauen Voraussetzungen, unter denen die aktienrechtliche Treuepflicht dabei im Einzelfall zu einer Offenlegung des Aktionärs führen können soll, sind allerdings etwas unklar.188 Vertreten wird, dass es in Ansehung der Treuepflicht zu einer entsprechenden Offenlegung des Aktienbesitzes auch jenseits der positiv gesetzlich festgeschriebenen Schwellenwerte kommen soll, wenn der Aktionär derart Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann, dass dieser sich zulasten der AG oder der übrigen Aktionäre „Sondervorteile“ verschaffen kann.189 Konkretere Ansätze gehen dahin, dass ein Aktionär in Ansehung seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den anderen Aktionären im „Vorfeld des Erwerbs einer kontrollierenden Beteiligung“ seine Absichten bzw. den Erwerb der Aktien auch dann offenlegen muss, wenn weder die Voraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG noch der Tatbestand des § 20 AktG erfüllt sind.190 Anders als bei der von der ARRL II vorgesehenen Aktionärstransparenz würde es zu einer entsprechenden Transparentmachung der Beteiligungsverhältnisse qua Treuepflicht somit jedenfalls nur in Einzelfällen kommen, wenn ein konkreter Anlass 186
Vgl. insoweit schon Figura, in: Herzog, GwG, § 20 Rn. 4. Gleichwohl wird in der Gesetzesbegründung zu § 67d AktG ausgeführt, dass eine Aktiengesellschaft zur Erfüllung etwaiger Pflichten aus dem GwG gegebenenfalls auch auf den Informationsanspruch aus § 67d AktG zurückgreifen können soll, BT-Drs. 19/9739, S. 66. 188 Mit Überblick über die verschiedenen Ansichten hierzu Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorbem. §§ 20 – 22 Rn. 11. 189 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2000), 12, 21 mit Verweis auf Burgard, AG 1992, 41, 47 ff. 190 So in etwa Burgard, AG 1992, 41, 50 f.; ablehnend Starke, S. 167 ff. 187
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
zur Offenlegung eines Aktionärs im Interesse der AG oder der anderen Gesellschafter bestünde. Zu einer generellen Möglichkeit zur Offenlegung grundsätzlich sämtlicher Aktionäre, wie sie mit § 67d AktG angestrebt wird, soll die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht indes keinesfalls führen können. Ebenfalls anders als die Aktionärstransparenz nach § 67d AktG soll die in der Literatur diskutierte ungeschriebene Beteiligungstransparenz kraft Treuepflicht außerdem nicht bloß als Anspruch der Aktiengesellschaft ausgestaltet sein, den diese bei Bedarf geltend machen kann. Vielmehr sollen, sofern die Treuepflicht im Einzelfall eine Offenlegung des Aktienbesitzes fordert, unmittelbar die Aktionäre selbst dazu angehalten sein, ihre Identität von sich aus offenzulegen.191 Herrschend wird eine entsprechende Offenlegung der Aktionäre ausschließlich kraft gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht grundsätzlich allerdings ohnehin unter Verweis auf die divers vorhandenen positivrechtlichen Regelungen zur Herstellung von Beteiligungstransparenz abgelehnt.192 Die Annahme einer ungeschriebenen, schwellenunabhängigen Beteiligungstransparenz kraft Treuepflicht stünde insbesondere mit der von den positivrechtlich festgelegten Beteiligungsschwellen ausgehenden Rechtssicherheit in Konflikt.193 Angesichts der nun mit der Regelung des § 67d AktG zusätzlich hinzukommenden positivrechtlichen Vorschrift zur Beteiligungstransparenz besteht in Zukunft insoweit nur noch weniger Anlass zur Annahme der Notwendigkeit einer ungeschriebenen Aktionärstransparenz. Angesichts dessen, dass die Aktionärsidentifikation nach Art. 3d ARRL allerdings nur eine Offenlegung der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft (und nicht auch gegenüber den Mitaktionären) und dies auch nur auf deren Antrag hin ermöglicht, während die „Offenlegung durch Treuepflicht“ indes auch zugunsten der übrigen Gesellschafter wirken soll, verbleibt der Diskussion um die Existenz einer solchen ungeschriebenen Offenlegungspflicht aber auch weiterhin ein gewisser Raum. e) Gesellschaftsrechtliche Beteiligungstransparenz durch in der Satzung festgelegte Meldeschwellen Andere Rechtsordnungen sehen als Mittel der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungstransparenz zum Teil die Möglichkeit vor, Meldepflichten der Aktionäre, die eine bestimmte Schwelle des Kapitalanteils überschreiten, unmittelbar in der Satzung der jeweiligen Aktiengesellschaft festzusetzen.194 In Deutschland wurden solche satzungsmäßigen Meldepflichten bisher kaum diskutiert, und wenn doch,
191
Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2000), 12, 21. Petersen, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorbem. §§ 20 Rn. 11; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2000), 12, 21; Starke, S. 163 ff. 193 In diese Richtung etwa Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 21. 194 Vgl. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 WpHG Rn. 61 mit Verweis auf Art. 233 – 7 Abs. III des französischen Code de Commerce (Stand Mai 2017). 192
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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dann zumeist als gesellschaftsrechtlich eher nicht zulässig abgetan.195 Sofern man die Vorgaben des Art. 3a ARRL zur Aktionärsidentifikation dahingehend deuten mag, dass ein Identifikationsrecht der Gesellschaft nicht ausschließlich gegenüber den Intermediären sondern auch unmittelbar gegenüber den Aktionären bestehen solle,196 könnte dies nunmehr als Argument für eine Bewertung entsprechender Satzungsregelungen als gesellschaftsrechtlich grundsätzlich zulässig angeführt werden.197 2. Gesetzliche Beteiligungstransparenz speziell für Namensaktien In Bezug auf Namensaktien wird eine gewisse Transparenz der Anlegerstruktur konzeptionell bereits durch die Eintragungen der Aktionäre im Aktienregister erreicht. Bei Fremdeintragungen im Aktienregister können die Emittenten mithilfe des in § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG geregelten Auskunftsverfahrens – ganz ähnlich wie nach Art. 3a ARRL vorgesehen – darüber hinaus außerdem auch Informationen zu den hinter den in das Aktienregister Eingetragenen stehenden Personen abfragen. a) Anlegertransparenz durch Eintragung im Aktienregister Gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 AktG sind Namensaktien unter der Angabe bestimmter Informationen über die jeweiligen Aktionäre in das Aktienregister der Gesellschaft einzutragen.198 Der primäre Zweck des Aktienregisters besteht darin, der Gesellschaft darüber Klarheit zu verschaffen, wer genau ihr gegenüber als Aktionär berechtigt und verpflichtet ist. Der Gesellschaft soll – ganz ähnlich wie mit den Vorgaben aus Art. 3a ARRL angestrebt – dadurch insbesondere ermöglicht werden, ihre Aktionäre zu identifizieren, um auf diese Weise mit ihnen kommunizieren und Kenntnis über Veränderungen im Aktionärskreis erlangen zu können.199
195
Vgl. etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 WpHG Rn. 62; Noack, FS Wiedemann (2002), 1141, 1157 (in Bezug auf Inhaberaktionäre); für die Zulässigkeit einer satzungsmäßigen Verpflichtung der Aktionäre zur Mitteilung über eine Veräußerung von Aktien allerdings Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Kapitel B Rn. 54 Fn. 87. 196 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben unter Teil 2 B. I. 4. 197 In diese Richtung Foerster, AG 2019, 17, 23, der entsprechende Satzungsregelungen jedenfalls nach Inkrafttreten der Vorgaben aus Art. 3a ARRL als „in richtlinienkonformer Auslegung“ zulässig betrachtet. 198 Entsprechendes gilt gemäß § 67 Abs. 7 AktG auch für – gesetzlich zwingend ebenfalls auf den Namen lautende – Zwischenscheine i.S.d. § 8 Abs. 6 AktG. 199 Vgl. Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 1; daneben dient das Aktienregister außerdem auch der Durchsetzung der realen Kapitalaufbringung, vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 2; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, § 67 Rn. 2.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
aa) Einzutragende Daten In das Aktienregister sind über den jeweiligen Aktionär gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 AktG dessen Name, Geburtsdatum und Adresse sowie bezüglich der von ihm gehaltenen Aktien die Stückzahl oder die Aktiennummer und bei Nennbetragsaktien der Betrag einzutragen.200 Daneben enthält das Register regelmäßig etwa auch Angaben zur Aktiengattung, konkret beispielsweise dazu, ob es sich um Stamm- oder Vorzugsaktien handelt.201 Unter den zur „Adresse“ zu erfolgenden Angaben konnte bislang ergänzend neben der postalischen Adresse auch die E-Mail-Adresse der einzutragenden Person angegeben werden.202 Nach der im Zuge des ARUG II überarbeiteten Fassung ist die elektronische Adresse des Aktionärs nunmehr grundsätzlich kumulativ neben der Postanschrift anzugeben. bb) Praktische Handhabung: Elektronische Führung des Aktienregisters und Auslagerung der Registerführung an externe Dienstleister Während das frühere „Aktienbuch“ – so die offizielle Bezeichnung des Aktienregisters bis ins Jahr 2001, vgl. § 67 AktG a.F.203 – vormals tatsächlich von den Gesellschaften in Papierform geführt wurde, wird das heutige Aktienregister – jedenfalls bei den größeren börsennotierten Publikumsgesellschaften mit internationalem Anlegerkreis und einem stetigem Wechsel der Aktionäre – standardmäßig mithilfe elektronischer Kommunikationsmedien geführt und die Registerpflege an entsprechend spezialisierte Dienstleistungsunternehmen ausgelagert.204 cc) Die Gesellschaft als Adressat der Registertransparenz Das Register soll der Gesellschaft die Kenntnis derjenigen Personen ermöglichen, die ihr gegenüber zur Ausübung der aus der Mitgliedschaft resultierenden Aktionärsrechte befugt sind und ihr andererseits die Erfüllung bestimmter Pflichten schulden. Die Offenlegung der Aktionäre soll dabei insbesondere zu Kommunika-
200 Die Angabe einer Aktiennummer kommt nach der derzeitigen Praxis der Girosammelverwahrung heute grundsätzlich nicht mehr in Betracht, vgl. Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 31. In Zukunft könnte eine Wiedereinführung von Aktiennummern unter Umständen allerdings etwa zur praktischen Vereinfachung des in § 67d Abs. 3 S. 2 AktG vorgesehenen Verfahrens, der Aufnahme der mithilfe des § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten in das Namensaktienregister, in Betracht kommen, vgl. insoweit auch Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58. 201 Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 31. 202 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 7. 203 Vgl. die amtliche Überschrift zu § 67 AktG in der Fassung von 31. 12. 1999 – 24. 01. 2001: „Eintragung im Aktienbuch“. 204 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 33; vgl. außerdem Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 13 mit Beispielen für solche Dienstleister.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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tionszwecken erfolgen.205 So soll der Gesellschaft einerseits die Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten, andererseits aber auch eine Intensivierung ihrer Investor Relations ermöglicht werden.206 In erster Linie dient das Aktienregister insofern den Gesellschaften, die dementsprechend auch jederzeit zur Einsichtnahme befugt sind. Neben den Gesellschaften bzw. deren Unternehmensleitungen können auch die Aktionäre untereinander ein Interesse an der Identität ihrer Mitaktionäre sowie an einer darauf aufbauenden „horizontalen Aktionärskommunikation“ haben. Ein dahingehendes Einsichtsrecht der Aktionäre in das Aktienregister und ein entsprechender Zweck desselben waren im Aktiengesetz zwar früher vorgesehen, im Rahmen des NaStraG207 2001 dann allerdings nachträglich abgeschafft worden.208 Insbesondere datenschutzrechtliche Erwägungen hatten zu dieser Änderung geführt, seit der die mit dem Aktienregister verbundene Aktionärstransparenz grundsätzlich nur noch den Aktiengesellschaften selbst und nicht mehr auch den Mitaktionären zugutekommt.209 Damit unterscheidet sich das deutsche Aktienregister in seiner heutigen Form nicht unwesentlich von vielen entsprechenden Registern anderer Rechtsordnungen, etwa den in den USA vorgesehenen Aktienbüchern, bei denen gerade die hierdurch ermöglichte Kommunikation zwischen den Aktionären untereinander wegen der damit einhergehenden Stärkung insbesondere der Minderheitsgesellschafter – gewissermaßen als „Opposition“ zur Geschäftsleitung – einen besonderen Stellenwert einnimmt.210 Auch von anderen deutschen „Registern“ wie der im Handelsregister öffentlich einsehbaren GmbH-Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG sowie entsprechenden Gesellschafterlisten deutscher Personengesellschaften unterscheidet sich das Aktienregister durch die auf die Gesellschaft beschränkte Möglichkeit zur Einsichtnahme. Während das Aktienregister so im Wesentlichen nur der Aktiengesellschaft dient, sollen die für andere deutsche Rechtsformen vorgesehenen „Gesellschafterlisten“ im Handelsregister und die dadurch hergestellte „Beteiligungstransparenz“ auch externen Gläubigern und anderen außenstehenden Dritten dienen.211 205 Vgl. ausführlich zu den verschiedenen Zwecken des Aktienregisters: Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 1. 206 Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 13 f. 207 Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) v. 18. 01. 2001, BGBl. I S. 123. 208 Vgl. insoweit § 67 Abs. 5 AktG in der Fassung ab 31. 12. 1999 bis 24. 01. 2001: „Jedem Aktionär ist auf Verlangen Einsicht in das Aktienbuch zu gewähren“ sowie hierzu eingehend Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 187 u. 191 ff. 209 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 34; Starke, S. 149 ff. 210 Vgl. hierzu Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 34. 211 Vgl. konkret zu den insoweit bestehenden Unterschieden zwischen der Gesellschafterliste der GmbH und dem Aktienregister eingehend Bayer, Liber amicorum für Martin Winter (2011), 9, 15 sowie allgemein zum Zweck der aus der Gesellschafterliste einer GmbH resultierenden Beteiligungstransparenz sowie dazu, dass diese gerade auch Dritten, etwa Gläubigern
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
dd) Pflicht der Intermediäre zur Datenübermittlung nach § 67 Abs. 4 S. 1 AktG und (Un-)Beachtlichkeit eines diesbezüglichen Widerspruchs des Aktionärs Aus § 67 Abs. 4 S. 1 AktG ergibt sich für die in die Verwahrung der Namensaktien einbezogenen Intermediäre212 eine grundsätzliche Pflicht zur Übermittlung der für die Führung des Aktienregisters notwendigen Daten an die Gesellschaft, wobei letztere die hierbei anfallenden Kosten zu tragen hat.213 Der Umfang der zu übermittelnden Daten ergibt sich aus § 67 Abs. 1 S. 1 AktG.214 Umstritten ist in Bezug auf die Pflicht zur Datenübertragung seitens der Intermediäre, ob diese die aktionärsbezogenen Daten auch dann an die Gesellschaft übermitteln müssen, wenn der Aktionär einer entsprechenden Datenweitergabe widersprochen hat.215 Gegen die Beachtlichkeit eines Widerspruchs des Aktionärs wird überzeugend angeführt, dass dieser der Gesellschaft gegenüber nach § 67 Abs. 1 S. 2 AktG ohnehin zur Offenlegung der entsprechenden Daten verpflichtet wäre.216 Nach der Gegenansicht sollen die Pflichten des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft nicht automatisch zur Unwirksamkeit bzw. Unbeachtlichkeit der im Verhältnis zum Intermediär bestehenden Weisung führen können.217 ee) Zur Praxis der „Fremdeintragungen“ und den diesbezüglichen Konstellationen, in denen der im Aktienregister eingetragene Registeraktionär nicht zugleich der „wahre Aktionär“ ist Nach der gesetzlichen Grundkonzeption sollten solchen Gesellschaften, deren Aktien auf Namen lauten, die Identität der eigenen Aktionäre durch die Eintragung derselben im Aktienregister regelmäßig bekannt oder aber jedenfalls ohne größere Schwierigkeiten in Erfahrung zu bringen sein. Gemäß § 67 Abs. 1 S. 2 AktG sind die Namensaktionäre gegenüber der Gesellschaft zur Offenlegung ihrer persönlichen
der GmbH, zugutekommen soll: Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 40 Rn. 1; Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 40 Rn. 1; Terlau, in: Michalski, GmbHG, § 40 Rn. 1. 212 Nach der ehemaligen Fassung des § 67 Abs. 4 S. 1 AktG a.F. handelte es sich bei den Verpflichteten noch um „Kreditinstitute“ und bestimmte diesen gleichgestellte Personen, vgl. hierzu näher Bezzenbeger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 44. 213 Diesbezüglich wurden von Seiten des Gesetzgebers entsprechende Pauschalen nach § 3 „VO über Ersatz von Aufwendungen der Kreditinstitute“ festgesetzt, vgl. hierzu Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 121. 214 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 133. 215 Für Einschränkung der Pflicht bei Widerspruch: Cahn, in: Spindler/Stilz, § 67 Rn. 83; Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 146; wohl auch Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 119; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 39; gegen Einschränkung bei Widerspruch: Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 21; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 134; Noack, NZG 2008, 721, 721. 216 In diesem Sinne etwa Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 21. 217 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 83.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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Daten verpflichtet.218 Die offengelegten Daten der Aktionäre werden dann gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 AktG in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen, wodurch die Anlegerstruktur einer Namensaktiengesellschaft zu deren Gunsten konzeptionell weitgehend transparent sein sollte. Von dieser gesetzlichen Idealvorstellung weicht der rechtspraktische Zustand allerdings oftmals nicht unerheblich ab. So führen verschiedene Möglichkeiten einer Eintragung Dritter für die Aktien, Treuhandkonstruktionen und andere Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis dazu, dass auch den Emittenten von Namensaktien regelmäßig in durchaus größerem Umfang nicht bekannt ist, wer genau ihre tatsächlichen Aktionäre sind.219 Zwar geht die Mitteilungspflicht des „Aktionärs“ aus § 67 Abs. 1 S. 2 AktG grundsätzlich auch mit einer Eintragungspflicht in das Aktienregister einher, doch gilt diese auch bereits mit der Eintragung eines Intermediärs als erfüllt.220 Auf die Frage, wer materiell-rechtlich als Inhaber der Aktie anzusehen ist, hat die Eintragung oder Nichteintragung einer Person im Aktienregister ohnehin grundsätzlich keinen Einfluss.221 Praktisch spiegelt insoweit nur ein Teil der im Aktienregister vorhandenen Eintragungen auch tatsächlich die aktuellen Aktionäre der Gesellschaft im Sinne „stimmberechtigter Eigenkapitalgeber“ wider, während es sich in den übrigen Fällen entweder um „freien Meldebestand“222 handelt oder Intermediäre dauerhaft anstelle der Aktionäre in das Aktienregister eingetragen sind.223 Der Fall, dass eine Aktie 218
Nach herrschender Ansicht handelt es sich hierbei um eine echte Rechtspflicht, so etwa Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 14; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 44; nach anderer Ansicht soll es sich bei § 67 Abs. 1 S. 2 AktG hingegen um eine bloße Obliegenheit handeln: Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 14; dies., ZHR 174 (2010), 12, 37 ff. 219 Vgl. statt vieler nur Marsch-Barner, FS Hüffer (2010), 627, 628; Schneider, NZG 2007, 888, 890. 220 Insofern besteht nach § 67 Abs. 1 S. 2 AktG zwar gewissermaßen eine „Pflicht zur Eintragung“, aber gerade keine „Pflicht zur „Selbsteintragung“ des Aktionärs, vgl. hierzu Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 44. 221 Vgl. nur Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 46; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 11; ausführlich hierzu auch Foerster, S. 173 ff. 222 Vgl. zum Begriff der „freien Meldebestände“: Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 109 (Fn. 355); Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 26; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 88; Drygala, NZG 2004, 893, 893; Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 182 f. 223 Vgl. insoweit jüngst Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6, der davon ausgeht, dass zum Teil nur „ca. ein Drittel des Registerinhalts“ aus den eigentlichen Aktionären besteht; bei von Nussbaum, HV-Magazin 04/2012, 22, 23 wurde der Anteil von Nominee-Eintragungen in Bezug auf DAXGesellschaften mit hohem Streubesitz seinerzeit auf „meist zwischen 50 % und 80 % des Grundkapitals“ beziffert; inzwischen dürfte der Anteil solcher Fremdeintragungen – mit Blick auf die Entwicklung, dass sich speziell institutionelle Investoren aus dem Ausland vermehrt selbst in die Aktienregister deutscher Gesellschaften eintragen lassen (vgl. hierzu von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 64; ders., Börsen-Zeitung Nr. 104, 01. 06. 2019, B4) – tendenziell etwas zurückgegangen sein.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
überhaupt keiner Person zugeordnet werden kann, kommt im Rahmen der automatisierten Clearstream-Verwahrung heute grundsätzlich nicht mehr vor, da die Löschung eines Altaktionärs aus dem Register hierbei stets mit der Eintragung eines Neuaktionärs einhergeht.224 Da die Identifikation und Bestätigung eines Neuaktionärs im Falle der Veräußerung von Aktien – gerade bei längeren Verwahrketten – in der Praxis mitunter einige Zeit in Anspruch nehmen können, der Veräußerer der Aktien aber nach Möglichkeit umgehend aus dem Register gelöscht werden soll, kommt es im Rahmen des von Clearstream genutzten Verfahrens der „Automatischen Umschreibung“ allerdings standardmäßig zu einer – vorübergehenden – Zuordnung der veräußerten Aktien zum freien Meldebestand.225 Solange die Aktien dem freien Meldebestand unterfallen, lassen sich diese im Aktienregister keinem bestimmten Aktionär, sondern bloß einem bei Clearstream registrierten Intermediär zuordnen. Auch sonst werden Intermediäre – mitunter dauerhaft und vor allem zwecks Kosten- und Aufwandsersparnis – anstelle der tatsächlichen Aktionäre in die Aktienregister der Gesellschaften eingetragen.226 In den – eher seltenen –227 Inlandsfällen, in denen es nicht zu einer Direkteintragung der Aktionäre in das Aktienregister kommt, handelt es bei den anstelle der Aktionäre eingetragenen Intermediären regelmäßig um deren Depotbanken,228 sodass den Gesellschaften auch in diesen Fällen zumeist immerhin das letzte Glied der Verwahrkette bzw. der Letztintermediär bekannt ist. In Bezug auf die praktisch häufigeren Fälle, in denen ausländische Aktionäre dauerhaft nicht selbst in das Aktienregister eingetragen werden, ist den Gesellschaften dagegen oft nicht einmal der Letztintermediär bekannt, weil nicht dieser, sondern ein zusätzlicher Zwischenverwahrer oder sogar ein (ausländischer) Zentralverwahrer in das Register eingetragen wird.229 Die formell in das Aktienregister eingetragenen Personen, die Registeraktionäre, weichen in der Praxis insofern nicht selten von den Aktionären im materiell-rechtlichen Sinne ab. Sogar bei einer Person, die nicht bloß in formeller Hinsicht durch das Aktienregister als Aktionär ausgewiesen wird, sondern darüber hinaus auch der materiell-rechtliche Inhaber der Aktien ist, kann es vorkommen, dass wirtschaftlich betrachtet nicht diese, sondern eine andere Person als letztlich entscheidungsbefugt 224 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 115 (entsprechende Leerposten im Aktienregister dürften „jedenfalls in der börsennotierten Aktiengesellschaft kaum noch vorkommen“); Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183. 225 Vgl. hierzu ausführlich Clearstream, Praxisführer CASCADE-RS, Namensaktien in der Girosammelverwahrung – Teil 1 (Stand: September 2012), Kapitel 4.1.2. 226 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6. 227 Vgl. insoweit nur von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 64, wonach die Praxis dauerhafter Fremdeintragungen heute vor allem noch in Bezug auf ausländische Privataktionäre vorherrscht; Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183 („In der Praxis lassen sich zwar deutsche Privataktionäre und deutsche institutionelle Anleger eintragen […]“); vereinzelt folgen allerdings auch einige deutsche Intermediäre dieser Praxis, vgl. insoweit etwa Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6. 228 Vgl. hierzu N. Winkler, S. 119. 229 Ebd.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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und damit gewissermaßen als „wahrer“ Aktionär erscheint. Zu denken ist diesbezüglich insbesondere an schuldrechtliche Treuhandkonstruktionen.230 Die verschiedenen Formen der „Fremdeintragung“ bzw. der Eintragung einer anderen Person als dem „wahren Aktionär“ in das Aktienregister sollen im Folgenden überblicksartig dargestellt werden: Legitimationsaktionär Eine Konstellation, in der eine Person zwar formell als Registeraktionär in das Namensaktienregister der Gesellschaft eingetragen, aber in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht der „wahre Aktionär“ ist, bilden die sog. „Legitimationsaktionäre“. Eine nähere Bestimmung und gleichsam die aktienrechtliche Anerkennung dieser Figur folgt insbesondere aus den aktienrechtlichen Regelungen der § 129 Abs. 3 S. 1 AktG und § 135 Abs. 6 S. 1 AktG – sowie bis zum ARUG II auch aus § 128 Abs. 1 S. 1 AktG a.F.231 Der Legitimationsaktionär ist eine in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragene Person („Registeraktionär“), die vom materiell-berechtigten Aktionär gemäß § 185 BGB dazu ermächtigt worden ist, dessen Stimmrechte aus den Aktien in eigenem Namen für diesen auszuüben.232 Der tatsächliche Aktionär räumt dem Legitimationsaktionär insofern die „äußere Rechtsstellung des Aktionärs“ ein.233 Sofern die Gesellschaft um den Status einer in das Aktienregister eingetragenen Person als Legitimationsaktionär weiß, können die diesbezüglichen Aktien im Register entsprechend als Fremdbesitz gekennzeichnet werden.234 „Platzhalteraktionäre“ Von den Legitimationsaktionären zu unterscheiden sind solche Personen, die anstelle eines materiell-berechtigten Aktionärs in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen werden, ohne von diesem zur Stimmrechtsausübung ermächtigt worden zu sein. Hat sich weder der eigentliche Namensaktionär selbst noch ein Treuhänder an dessen Stelle in das Aktienregister der Gesellschaft eintragen lassen, kann die Gesellschaft gemäß der sog. Platzhalterregelung nach § 67 Abs. 4 S. 5 AktG verlangen, dass sich jedenfalls das depotführende Institut als „Platzhalter“ in das Ak-
230 Insofern bezeichnen etwa Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 25 das Modell der Vollrechtstreuhand treffend als „legales Umgehungsmodell“ zur Beteiligungstransparenz des Aktienregisters. 231 Vgl. etwa Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 147; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721 Fn. 1; Mohamed, S. 163. 232 Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 184. 233 C¸ekin, S. 35. 234 Zur Zulässigkeit einer entsprechenden Kennzeichnung des Legitimationsaktionärs als Fremdbesitzer: Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 25 u. 32; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 18; Happ, FS Bezzenberger (2000), 111, 123 geht darüber hinaus sogar ausdrücklich von einer entsprechenden Pflicht zur Kennzeichnung des Fremdbesitzes aus.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
tienregister eingetragen lässt.235 § 67 Abs. 4 S. 5 AktG beinhaltet zugunsten der Aktiengesellschaft einen diesbezüglichen klagbaren Anspruch und gilt ungeachtet etwaiger Widersprüche des tatsächlichen Aktionärs.236 Ohne Ermächtigung zur Stimmrechtsausübung im eigenen Namen von Seiten des Namensaktionärs fungiert das depotführende Institut im Register dann als sog. Platzhalter.237 Ein im Aktienregister eingetragener Platzhalter spiegelt zwar nicht den „wahren“ Aktionär wider, weshalb die „Registerwahrheit“ in Folge einer solchen Eintragung bloß geringfügig gefördert wird, doch führt die Eintragung immerhin etwa der Depotbank eines Aktionärs jedenfalls zu einer Verringerung des „freien Meldebestands“ im Sinne solcher Aktien, die mithilfe des Registers überhaupt keiner bestimmten Person zuzuordnen sind, und steigert insofern jedenfalls die Vollständigkeit des Registers.238 Eine Eintragung als „Platzhalter“ ist gerade in Bezug auf ausländische Intermediäre besonders verbreitet, doch folgen auch inländische Intermediäre zwecks Kosteneinsparung mitunter der Praxis, sich standardmäßig und dauerhaft anstelle der eigentlichen Aktionäre in das Aktienregister eintragen zu lassen.239 Ein – mit dem Wortlaut des § 67 Abs. 4 S. 5 AktG: „gesondert“ – in das Aktienregister eingetragener „Platzhalter“ wird (zwingend) durch einen entsprechenden Zusatz im Register ausdrücklich als solcher kenntlich gemacht.240 In Anbetracht dessen, dass es den Gesellschaften jedenfalls nach Inkrafttreten des ARUG II mithilfe des neu geschaffenen Identifikationsanspruchs aus § 67d AktG prinzipiell möglich sein sollte, von den als „Platzhalter“ eingetragenen Intermediären auch die Identität der „wahren Aktionäre“ zu erfahren und die Gesellschaften diese gemäß der ebenfalls im Zuge des ARUG II neu eingefügten Regelung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG außerdem auch anstelle der Intermediäre in das Aktienregister eintragen lassen können sollten, war im Referentenentwurf zum ARUG II zunächst eine Abschaffung der damit prima facie überflüssig scheinenden Platzhalterregelung aus § 67 Abs. 4 S. 5 AktG angedacht worden.241 In Reaktion auf berechtigte Kritik seitens der Praxis, mit der auf die – jedenfalls bis auf weiteres – noch immer bestehende Sinnhaftigkeit der Regelung des § 67 Abs. 4 S. 5 AktG hingewiesen
235
Vgl. hierzu nur Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 128. Vgl. Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 141. 237 Die genaue Rechtsstellung der bloß als Platzhalter eingetragenen Kreditinstitute ist im Einzelnen z. T. sehr umstritten; herrschend abgelehnt wird dabei insbesondere eine grundsätzliche Befugnis der „Platzhalter“ zur Stimmrechtsausübung, vgl. hierzu Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 142 f. 238 Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 148. 239 Vgl. Marsch-Barner, FS Hüffer (2010), 627, 628 mit Verweis auf Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 183 (speziell in Bezug auf ausländische institutionelle Anleger); Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6. 240 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 49; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 141; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40. 241 Vgl. insoweit Begr. RefE ARUG II S. 58 sowie Schmidt, NZG 2018, 1201, 1216. 236
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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worden war, hat sich der Gesetzgeber dann letztlich allerdings doch für eine Beibehaltung der Platzhalteregelung und der damit verbundenen Praxis entschieden.242 Treuhandkonstruktionen In Fällen der Vollrechtstreuhand ist die im Aktienregister eingetragene Person auch in materiell-rechtlicher Hinsicht Eigentümer der Aktien, jedoch in schuldrechtlicher Hinsicht einem Dritten gegenüber gebunden.243 Aufgrund der schuldrechtlichen Vereinbarung kann auch diese Konstellation wertungsmäßig einer Fremdeintragung entsprechen, sodass die im Aktienregister eingetragene Person trotz ihrer sowohl formellen Aktionärsstellung i.S.d. § 67 Abs. 2 S. 1 AktG als auch ihrer dinglichen Eigentümerstellung mit Blick auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse letztlich nicht als der „wahre“ Aktionär anzusehen ist. ff) Satzungsmäßige Möglichkeiten zur Einschränkung von Fremdeintragungen im Aktienregister, § 67 Abs. 1 S. 3 AktG Den mit der Fremdeintragung von Legitimationsaktionären und „Platzhaltern“ in das Namensaktienregister verbundenen Einschränkungen der Beteiligungstransparenz können die Gesellschaften gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 AktG in gewissen Umfang durch Satzungsbestimmungen entgegenwirken. So ist es bereits vor Inkrafttreten des ARUG II gesetzlich zulässig gewesen, dass Namensaktiengesellschaften entsprechende Eintragungen Dritter anstelle der eigentlichen Aktionäre durch entsprechende Satzungsbestimmungen nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze erlauben.244 Ein gänzlicher satzungsmäßiger Ausschluss von Dritteintragungen soll – so jedenfalls die herrschende Meinung – nur bei der nicht börsennotierten AG, wegen damit einhergehender Fungibilitätsbeschränkungen aber nicht auch bei der börsennotierten AG zulässig sein.245 Auf den ersten Blick könnte die Tatsache, dass mit der ARRL II nunmehr gerade in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften eine weitgehend vollständige Beteiligungstransparenz angestrebt wird, die Frage rechtfertigen, ob insoweit künftig nicht gerade auch solchen Gesellschaften ein weitgehend vollständiger Ausschluss von Dritteintragungen im Aktienregister möglich sein sollte. Im Ergebnis lässt der „Know your Shareholder“-Grundsatz der ARRL II einen 242 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59; zu den Gründen, weshalb die Platzhalterregelung trotz der Einführung des § 67d AktG vorerst weiterhin praktisch sinnvoll ist, außerdem sogleich unter Teil 2 B. IV. 2. d). 243 C¸ekin, S. 35. 244 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 8b. 245 Vgl. zur h.M., gemäß derer ein vollständiger Ausschluss von Fremdeintragungen bei börsennotierten Gesellschaften unzulässig sein soll: Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 28; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 8b; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 AktG Rn. 27; Einsele, JZ 2019, 121, 124 (jeweils mit Verweis auf Begr. RegE BT-Drs. 16/ 7438); mit anderer Ansicht (Zulässigkeit eines vollständigen Verbots von Fremdeintragungen auch bei börsennotierten Gesellschaften) allerdings: Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 19.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
entsprechenden Rückschluss auf die Zulässigkeit eines vollständigen Ausschlusses von Fremdeintragungen im Aktienregister der börsennotierten Gesellschaft richtigerweise aber nicht zu. Hierfür spricht insbesondere dieselbe Erwägung, die den deutschen Gesetzgeber letztlich auch zur Beibehaltung der „Platzhalterregelung“ aus § 67 Abs. 4 S. 5 AktG bewogen hat, namentlich dass bestimmte „kurzfristige“ Fremdeintragungen, insbesondere im Rahmen des von der Clearstream Banking genutzten „ALU“-Verfahrens („Automatische Umschreibungen auf den Legitimationsaktionär“), auch weiterhin zunächst praktisch sinnvoll sind.246 Praktisch haben die Aktiengesellschaften von den Möglichkeiten entsprechender Satzungsbestimmungen in der Vergangenheit außerdem ohnehin eher zurückhaltend Gebrauch gemacht.247 gg) Zwischenergebnis zur Beteiligungstransparenz unmittelbar aufgrund des Aktienregisters In der Praxis reicht die durch das formelle Aktienregister hergestellte Beteiligungstransparenz wesentlich weniger weit als nach dessen gesetzlicher Konzeption angedacht. So lassen sich die Namensaktien mithilfe des Aktienregisters zwar grundsätzlich einer bestimmten Person zuordnen,248 doch handelt es sich bei dieser oftmals nicht um den eigentlichen Aktionär, sondern lediglich um einen Intermediär, der die Aktien für den wahren Aktionär als Fremdbesitzer verwaltet.249 Besonders für ausländische Investoren werden derzeit überwiegend bloß deren Depotbanken oder sonstige Intermediäre und somit nicht die „wahren“ Aktionäre in die Aktienregister deutscher Gesellschaften eingetragen.250 b) Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG In den letzten Jahren wurde § 67 AktG mehrmals mit Blick auf die praktischen Probleme, die der Führung eines möglichst die tatsächlichen Verhältnisse wider-
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Vgl. hierzu näher noch unter Teil 2 B. IV. 2. d). Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 8b. 248 Vgl. aber etwa Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 21 Rn. 49 dazu, dass in wenigen Ausnahmefällen auch heute noch dergestalt Lücken im Aktienregister bestehen, dass eine Aktie überhaupt keiner Person zugeordnet werden kann. 249 So sollen etwa nach Zetzsche, AG 2019, 1, 13 „ca. 2/3 der Aktionäre nur dezentral über die (Bank-)Register identifizierbar“ sein. 250 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 12; Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 31; N. Winkler, S. 151; vgl. speziell zu der insbesondere in Bezug auf USInvestoren klar vorherrschenden Praxis einer Eintragung von Banken und Brokern als sog. Street Names außerdem Preissler, WM 2001, 113; andererseits weist jedoch von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 64; ders., Börsen-Zeitung Nr. 104, 01. 06. 2019, B4 auf einen jüngeren Trend hin, wonach sich jedenfalls institutionelle Investoren aus dem Ausland neuerdings vermehrt selbst in die Aktienregister eintragen lassen. 247
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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spiegelnden Aktienregisters entgegenstehen, geändert.251 Im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes neu eingeführt wurde dabei insbesondere die seither in § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG vorgesehene Möglichkeit, dass die Namensaktiengesellschaft Informationen nicht nur über den formell im Aktienregister Eingetragenen, sondern auch über die unter Umständen dahinterstehenden Personen erfragen kann. Insofern dient das Aktienregister besonders seit 2008 wesentlich stärker als zuvor der Herstellung „tatsächlicher“ Beteiligungstransparenz und der „Registerwahrheit“.252 aa) Normzweck des Auskunftsverfahrens Die bereits oben angesprochene Pflicht der Intermediäre zur Datenübermittlung aus § 67 Abs. 4 S. 1 AktG dient im Wesentlichen dazu, dass für jede Namensaktie auch tatsächlich entsprechend § 67 Abs. 1 S. 1 AktG eine Person in das Aktienregister eingetragen wird.253 Die Regelung dient insoweit der Verwirklichung des Leitbilds eines möglichst aktuellen und vollständigen Aktienregisters.254 Die im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes neu eingeführten Auskunftsansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG dienen dagegen speziell der Aufdeckung von „Fremdbesitz“ im Rahmen der Aktienverwahrung und somit gerade der Registerwahrheit.255 Das Verfahren eröffnet den Emittenten von Namensaktien die Möglichkeit herauszufinden, inwieweit die im Aktienregister eingetragenen Personen materiell-rechtlich auch tatsächlich die „Inhaber“ der jeweiligen Aktien sind.256 Die über § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hergestellte Beteiligungstransparenz geht insoweit deutlich über die sonst durch das Aktienregister bewirkte formelle Registertransparenz hinaus. bb) Ablauf des Auskunftsverfahrens Technisch funktioniert das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG dergestalt, dass die im Aktienregister eingetragenen Personen – die Registeraktionäre – der Gesellschaft auf deren Verlangen hin darüber Auskunft zu erteilen verpflichtet sind, ob ihnen die Aktien auch tatsächlich „gehören“ (vgl. § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 1 AktG) bzw. sie die Aktien als Eigen- oder als bloße Fremdbesitzer halten. Sofern ein Registeraktionär die Aktien als Fremdbesitzer hält, kann die Gesellschaft 251 Mit Überblick über die jüngeren Gesetzesänderungen zu § 67 AktG etwa: Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 11 f.; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 3 ff.; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 4 ff.; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 2 ff. 252 Vgl. insoweit Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 1 m.w.N. 253 Bezzenbeger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 46. 254 Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 82; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 38; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, § 67 AktG Rn. 23; Laubert, in: Hölters, AktG, § 67 Rn. 22. 255 So etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 1; Noack, NZG 2008, 721, 725. 256 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 40.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
von diesem in einem nächsten Schritt die Benennung derjenigen Person verlangen, für die dieser eingetragen ist, § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 AktG. Gemäß § 67 Abs. 4 S. 3 AktG kann die Gesellschaft darauf aufbauend dann wiederum auch von den auf diese Weise offengelegten, selbst nicht unmittelbar in das Aktienregister eingetragenen Personen entsprechend Auskunft darüber verlangen, ob diese die Aktien als Eigen- oder als Fremdbesitzer halten. Nicht ganz unumstritten ist, wie weit das Auskunftsrecht der Gesellschaft in mehrgliedrigen Verwahrketten konkret reicht. Zum Teil wird vertreten, dass das Auskunftsrecht stets bei der ersten Person innerhalb der Verwahrkette enden solle, die kein Kreditinstitut ist.257 Eine andere Ansicht deutet die Reichweite des Auskunftsverfahrens mit Blick auf den Normzweck dahingehend konzeptionell etwas weiter, dass die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG vorgesehene Informationspreisgabe von der Gesellschaft von jedem innerhalb der Verwahrkette zwischengeschaltetem Fremdbesitzer verlangt werden kann, bis schließlich der Eigenbesitzer als tatsächlicher Aktieninhaber erreicht ist.258 Rein praktisch kommen beide Auffassungen – jedenfalls sofern man eine Offenlegung von Treuhandverhältnissen i.R.d. § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG mit der herrschenden Ansicht ablehnt –259 in den allermeisten Fällen zum selben Ergebnis; nach der im Zuge des ARUG II vorgenommenen Ersetzung des Begriffs der „Kreditinstitute“ i.R.d. § 67 Abs. 4 AktG durch den etwas weiteren Begriff der „Intermediäre“ gilt dies umso mehr.260 Für den Fall einer Auskunftsverweigerung sowie für Falschinformationen sieht § 67 Abs. 2 S. 3 AktG als Sanktion einen Stimmrechtsverlust vor.261 Außerdem kann ein entsprechendes Fehlverhalten als Ordnungswidrigkeit nach § 405 Abs. 2a AktG geahndet werden. Die Kosten des Verfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG werden dabei von den anfragenden Gesellschaften selbst getragen, § 67 Abs. 4 S. 1 u. 4 HS. 2 AktG. cc) Die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offenzulegende Person Im Mittelpunkt der Frage, welche konkrete Person im Einzelfall letztendlich mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegt werden kann, steht die Bestimmung derjenigen Person, der die Aktien letztlich – insofern gewissermaßen als „wahrer Aktionär“ – i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 1 AktG „gehören“. Dem Gesetz bzw. der Systematik des § 67 Abs. 4 AktG unmittelbar zu 257
Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 85; so wohl auch Noack, NZG 2008, 721, 723 f. Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 52 f.; Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 148; Foerster, S. 190 f.; Grigoleit/Rachlitz ZHR (174) 2010, 12 (50); Ihrig, FS Uwe H. Schneider (2011), 573, 575. 259 Vgl. hierzu sogleich Teil 2 B. III. 2. b) cc). 260 Vgl. zur diesbezüglichen Änderung des § 67 Abs. 4 AktG unten Teil 2 B. IV. 2. d). 261 Nach der Überarbeitung des § 67 AktG im Zuge des ARUG II setzt ein solcher Stimmrechtsverlust nunmehr allerdings eine entsprechende Androhung durch die Gesellschaft voraus, vgl. hierzu Teil 2 B. IV. 2. b). 258
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entnehmen ist, dass die Person, der die Aktien i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 1 AktG „gehören“, jedenfalls keineswegs bedeutungsgleich mit der im Aktienregister eingetragen Person ist. Insofern bezieht sich das „Gehören“ jedenfalls nicht auf die formelle Legitimation des Aktienregisters nach § 67 Abs. 2 S. 1 AktG. Weniger klar ersichtlich ist aus dem Gesetz allerdings, was darüber hinaus unter dem Begriff des „Gehörens“ i.S.v. § 67 Abs. 4 S. 2 AktG zu verstehen ist. Unklar ist insoweit schon, ob dem Begriff im Sinne von § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 1 AktG eine andere Bedeutung als im Rahmen der entsprechenden Bezeichnungen in § 67 Abs. 1 S. 3 AktG und § 67 Abs. 2 S. 2 Var. 2 AktG zukommt.262 Vertreten wird zum Teil, dass der Begriff des „Gehörens“ im Rahmen des § 67 Abs. 4 S. 2 AktG im Sinne eines Zusammentreffens von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum zu verstehen sei.263 Selbst treuhänderisch eingetragenen Personen, die sowohl formell im Aktienregister eingetragen als auch die materiell-rechtlichen Inhaber der Aktien sind, würden die Aktien danach nicht selbst „gehören“.264 Insofern wären auch diese der Gesellschaft zur Offenlegung der hinter ihnen stehenden wirtschaftlichen Aktionäre verpflichtet. Nach anderer Ansicht soll mit „gehören“ schlicht der dinglich berechtigte Aktionär in „materiell-rechtlichem“ Sinne gemeint sein.265 Richtigerweise erstreckt sich der Anspruch aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG insofern nicht auch auf Treuhänder.266 Dies wurde vom Gesetzgeber nun auch im Rahmen des ARUG II noch einmal ausdrücklich betont.267 Insofern ermöglicht das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG (nur) eine Offenlegung der formal-rechtlichen Aktionärsstellung, nicht aber auch der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse.268 dd) Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG in grenzüberschreitenden Fällen Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG erstreckt sich konzeptionell auch auf den nun durch die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation der ARRL II 262 Mit Annahme einer gleichlaufenden Bedeutung etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 136; für ein abweichendes Verständnis etwa: Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 122. 263 So etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 122. 264 Mit dieser Ansicht (und damit für eine Offenlegung auch von Treuhandkonstruktionen mithilfe des Verfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG) etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 122; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 85; Ziemons, in: Hdb. AG, Rn. 6.15 5; Foerster, S. 189. 265 Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, § 67 AktG Rn. 24; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 136; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 30a („wegen der damit verbundenen Rechtsklarheit“); Ihrig, FS Uwe H. Schneider (2011), 573, 575. 266 So überzeugend auch Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 52; Heinrich, in: Heidel, AktR, § 67 AktG Rn. 49; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 21a; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 136; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 30a; C¸ekin, S. 63; Marsch-Barner, FS Hüffer (2010), 627, 642. 267 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59. 268 Vgl. C¸ekin, S. 62 ff.
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besonders ins Auge gefassten Fall grenzüberschreitender Verwahrketten. So können sich die Ansprüche einer Gesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG grundsätzlich auch gegen ausländische Akteure richten.269 Bereits die Einführung des Verfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes diente mithin der Verbesserung der Beteiligungstransparenz gerade in Bezug auf ausländische Investoren, deren Aktien in den ausländischen Depots häufig in sog. „Omnibus-Accounts“ liegen.270 Problematisch gestaltet sich das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG in grenzüberschreitenden Fällen jedenfalls dann, wenn die ausländischen Verwahrstellen den Investoren – anders als in Deutschland üblich – regelmäßig nur eine Art treuhänderische Rechtsposition, nicht aber auch eine sachenrechtliche Aktionärsstellung einräumen. In diesem Fall sind die ausländischen Verwahrstellen trotz prinzipieller Anwendbarkeit des deutschen Auskunftsverfahrens grundsätzlich nicht zur Offenlegung der hinter ihnen stehenden Personen verpflichtet. Eine entsprechende Einräumung bloß schuldrechtlicher Treuhandpositionen seitens bestimmter Verwahrstellen ist dabei insbesondere in den USA verbreitet.271 ee) Probleme hinsichtlich der praktischen Durchsetzung des Auskunftsverfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG In praktischer Hinsicht gestaltet sich die Durchsetzbarkeit des Auskunftsverfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zum Teil nicht ganz unproblematisch. So ist das Auskunftsverfahren in der Praxis schon deshalb etwas „schwerfällig“, weil sich die von den Intermediären über § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 u. S. 3 AktG eingeholten Informationen konzeptionell immer nur auf die in der Verwahrkette jeweils nachfolgende Person beziehen und insofern nicht direkt das letzte Glied der Verwahrkette bzw. der tatsächliche Aktionär aufgedeckt werden kann.272 Insofern muss die Gesellschaft mithilfe ihrer Ansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG unter Umständen die gesamte Verwahrkette „abarbeiten“ bzw. sich bis zum letzten Glied der Verwahrkette „durchfragen“. Faktisch betrifft diese Problematik in erster Linie grenz269
Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 51. Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 122. 271 Vgl. hierzu etwa Einsele, JZ 2019, 121, 125, wonach das den US-amerikanischen Depotkunden von den dortigen Verwahrstellen regelmäßig eingeräumte „security entitlement“ einer Art treuhänderischen Rechtsposition, nicht aber rechtlichem Eigentum entspricht; Kaut, S. 89 ff.; so auch Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 852 („Der Aktionär hat lediglich die Stellung eines beneficial owners. Er ist Inhaber des wirtschaftlichen Eigentums […].“). 272 So jedenfalls die ganz h.M., vgl. insoweit Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 123; Bezzenbeger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 53; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 AktG Rn. 122; mit anderer Ansicht (für die Verpflichtung einer als Fremdbesitzer eingetragenen „Depotbank“, der Gesellschaft „sämtliche nachgeordneten Depotbanken und den wirtschaftlichen Eigentümer“ zu nennen): Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 724 f. 270
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überschreitende Verwahrketten, da es sich gerade in solchen Fällen bei den Fremdeintragungen teils nicht einmal um die Eintragung des Letztintermediärs, sondern um Eintragungen von Zwischen- oder Zentralverwahrern in das Aktienregister handelt. Auch sonst bestehen praktische Probleme hinsichtlich der Durchsetzung der Ansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG besonders in grenzüberschreitenden Verwahrsituationen, in denen die Gesellschaft ihre Ansprüche gegen ausländische Intermediäre geltend macht. So lehnen ausländische Intermediäre eine Offenlegung ihres Fremdbesitzes teilweise unter dem Hinweis ab, dass das deutsche Gesellschaftsrecht ihnen gegenüber keine entsprechende Verpflichtung begründen könne.273 Qualifiziert man den Anspruch aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG nicht als kapitalmarktrechtlichen, sondern richtigerweise als gesellschaftsrechtlichen Anspruch, richtet sich der Auskunftsanspruch einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland in entsprechenden grenzüberschreitenden Fällen grundsätzlich auch dann nach deutschem Recht, wenn sich der Anspruch gegen einen Intermediär mit Sitz in einem Drittstatt richtet.274 Dies gilt insbesondere auch unter Anwendung der für grenzüberschreitende Fälle innerhalb der EU nach der EuGH-Rechtsprechung maßgeblichen „modifizierten Sitztheorie“.275 Dass die Ansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG somit in der Theorie auch gegenüber ausländischen Intermediären bestehen, ändert allerdings nichts an den rein praktischen Problemen bezüglich deren Durchsetzbarkeit. In solchen Fällen, in denen ausländische Verwahrstellen ihren Depotkunden anders als in Deutschland von vornherein kein rechtliches Eigentum, sondern bloß eine Art Treugeberstellung einräumen, scheitert das Auskunftsverfahren ohnehin bereits an dessen rein rechtlicher Reichweite.276 c) Fazit zur Aktionärstransparenz bei Namensaktien nach bisherigem Recht Im Ergebnis waren mit den Regelungen rund um das Aktienregister für die Emittenten von Namensaktien auch ohne das neue Recht zur Aktionärsidentifikation i.S.d. ARRL II konzeptionell bereits sehr weitreichende Möglichkeiten zur Offenlegung der eigenen Aktionäre vorgesehen. Zwar handelt es sich bei den Eintragungen im Aktienregister mehrheitlich um Fremdeintragungen, doch besteht mit dem Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zugunsten der Gesellschaft grundsätzlich die Möglichkeit zur Offenlegung der hinter den in das Aktienregister 273 Vgl. insoweit Schneider/Müller-von-Pilchau, WM 2011, 721, 725; auch Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 30a spricht in Bezug auf das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG davon, dass „die Kooperationsbereitschaft ausländischer Verwahrer regelmäßig beschränkt“ sei. 274 Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 51; Schneider/Müller-von-Pilchau, WM 2011, 721, 725 f. 275 Schneider/Müller-von-Pilchau, WM 2011, 721, 726. 276 Vgl. hierzu soeben Teil 2 B. III. 2. b) dd).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
eingetragenen Intermediären stehenden Aktionäre. In Hinblick auf dessen Praxistauglichkeit und gerade in grenzüberschreitenden Sachverhalten weist das Auskunftsverfahren indes einige nicht unwesentliche Defizite auf. Insofern konnten sich auch Namensaktiengesellschaften, insbesondere mit Blick auf deren ausländische Aktionäre, bisher regelmäßig kein vollständiges Bild über ihre Aktionäre verschaffen.277 3. Gesetzliche Beteiligungstransparenz bei Inhaberaktien In Bezug auf Inhaberaktien ist nach deutschem Aktienrecht kein mit dem Aktienregister vergleichbares, spezielles Instrument zur Herstellung gesellschaftsrechtlicher Beteiligungstransparenz vorgesehen, sodass sich die Emittenten nur solcher Mechanismen behelfen können, die das deutsche Recht unabhängig von der Aktienart vorsieht. Zu einer Offenlegung auch von Inhaberaktionären führen insofern, soweit es um börsennotierte Aktien geht, insbesondere die kapitalmarktrechtlichen Offenlegungsvorschriften nach §§ 33 ff. WpHG.278 Von den gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur Beteiligungstransparenz gelten insbesondere die Vorschriften der konzernrechtlichen Beteiligungstransparenz aus §§ 20 f. AktG auch für Inhaberaktiengesellschaften. Diese Mechanismen zur Offenlegung der Aktionärsstruktur greifen – im Unterschied zur Beteiligungstransparenz rund um das Aktienregister nach § 67 AktG einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG – allerdings allesamt erst ab einer bestimmten, nicht unerheblichen Beteiligungsschwelle. Insofern erscheint klärungsbedürftig, ob und inwieweit eine Inhaberaktiengesellschaft faktisch auf sonstigem Wege überhaupt auch solche Aktionäre identifizieren konnte, deren Beteiligungen unterhalb der jeweiligen Schwellen – insbesondere der 3 %-Schwelle aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG – liegen. Zu einer „Offenlegung“ auch solcher Inhaberaktionäre, die weniger als 3 % der Stimmrechte einer börsennotierten Gesellschaft kontrollieren und insofern nicht der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG unterfallen, kommt es praktisch naturgemäß dann, wenn ein Inhaberaktionär der Gesellschaft gegenüber von sich aus aktiv und offen als solcher gegenübertritt. Insbesondere im Rahmen der Ausübung von Aktionärsrechten, beispielsweise bei der Abgabe von Stimmrechten, kann es insofern mitunter zu einer punktuellen Offenlegung der Identität gerade auch der Kleinaktionäre einer Inhaberaktiengesellschaft kommen. Sofern die Inhaberaktionäre der Gesellschaft nicht entsprechend offen gegenübertreten, bestehen seitens der Unternehmensleitung hingegen kaum Möglichkeiten zur Offenlegung und damit auch zum Kontaktieren der Inhaber kleinerer Aktienpakete. Gerade in Bezug auf ihre passiv agierenden Aktionäre haben aus Sicht 277
Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 21 Rn. 49. Vgl. zur in § 33 Abs. 4 WpHG geregelten Beschränkung des Anwendungsbereichs der §§ 33 ff. WpHG auf solche Emittenten, „deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind“, etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 WpHG Rn. 83 ff. 278
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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der Emittenten von Inhaberaktien daher durchaus gewisse Defizite bestanden, was deren Möglichkeiten zur (unmittelbaren) Kommunikation mit den eigenen Aktionären angeht. Sogar dann, wenn ein Inhaberaktionär dergestalt aktiv wird, dass dieser seine Stimmrechte im Rahmen der Hauptversammlung ausübt, geht dies keinesfalls stets auch mit einer Offenlegung von dessen Identität einher. Durch die bestehenden Möglichkeiten zur verdeckten Repräsentation führt nicht einmal die aktive Stimmrechtsausübung in jedem Fall zu einer Offenlegung des Aktionärs.279 Dabei stellt es seit dem ARUG I gemäß § 135 Abs. 5 S. 2 AktG für den Fall der Ausübung der Stimmrechte durch ein Kreditinstitut nicht nur den praktischen, sondern sogar den gesetzlich vorgesehenen Regelfall dar, dass das Kreditinstitut die Stimmrechte aus den Aktien nicht offen im Namen des Aktionärs ausübt, sondern vielmehr – insofern verdeckt – „im Namen dessen, den es angeht“ auftritt.280 Die Anonymität des Aktionärs bleibt in diesem Fall trotz Stimmabgabe gewahrt.281 Durch diese Regelung sollte – gewissermaßen in Widerspruch zum nunmehr vorgesehenen „Know your Shareholder“-Gedanken der ARRL II – zwecks Deregulierung und Effizienzsteigerung seinerzeit die Anonymität der Aktionäre gefördert werden.282 Auch im Rahmen der Legitimationszession (§ 129 Abs. 3 AktG) kann die Anonymität des Aktionärs trotz Stimmabgabe im Rahmen der Hauptversammlung grundsätzlich gewahrt werden.283 4. Fazit zur Beteiligungstransparenz in börsennotierten Aktiengesellschaften jenseits der ARRL-Aktionärsidentifikation Auch jenseits des neuen Rechts zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG sind im deutschen Recht bereits verschiedenartige Mechanismen vorgesehen gewesen, mithilfe derer börsennotierte Aktiengesellschaften die Identität ihrer Aktionäre jedenfalls in gewissem Umfang in Erfahrung bringen können. So sorgen die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG für mit Stimmrecht verbundene Aktien sowohl konzeptionell als auch praktisch für eine weitgehende Transparenz jedenfalls solcher Aktionäre, deren Stimmrechtsinhaberschaft oberhalb einer Schwelle von 3 % liegt. Hinsichtlich solcher Aktionäre, die unterhalb der kapitalmarktrechtlichen Meldeschwellen liegen sowie allgemein in Bezug auf stimmrechtslose Vorzugsaktionäre, hingen die Möglichkeiten zur Aktionärsidentifikation bislang allerdings stark von der jeweiligen Aktienart ab. Während Inhaberaktien279
Noack, NZG 2017, 561, 562; vgl. hierzu näher etwa Mohamed, S. 193 ff. Arnold, in: MüKo AktG, § 135 Rn. 173; Heinrich, S. 163 ff.; vgl. hierzu sowie zu den Grenzen der verdeckten Stellvertretung auch Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 135 Rn. 550 ff. 281 Einsele, JZ 2019, 121, 127. 282 So Arnold, in: MüKo AktG, § 135 Rn. 174; relativierend Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 135 Rn. 546, 549, der die Anonymitätssteigerung bloß als „angenehmen Nebeneffekt“ der Neuregelung durch das ARUG I sieht. 283 Vgl. hierzu Kubis, in: MüKo AktG, § 129 Rn. 36; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 129 Rn. 37; Beurskens/Noack, FS Elsing (2015), 745, 753. 280
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
gesellschaften in Bezug auf solche Aktionäre grundsätzlich keinerlei Identifikationsmöglichkeiten zur Verfügung standen, wobei sogar eine Rechtsausübung seitens der Aktionäre keineswegs mit einer Offenlegung derer Identität einhergehen muss, wird für Namensaktiengesellschaften eine gewisse Transparenz der Anlegerstruktur bereits durch das formelle Aktienregister bewirkt. Soweit im Aktienregister anstelle der tatsächlichen Aktionäre bloß Intermediäre eingetragen sind, steht den Gesellschaften das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zur Verfügung, mithilfe dessen konzeptionell bereits die Identität grundsätzlich jeder hinter den im Aktienregister eingetragenen Intermediären stehenden Aktionäre in Erfahrung gebracht werden können sollte. Rein praktisch ist das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG allerdings mit einigen Schwierigkeiten behaftet. So gestattet das Auskunftsverfahren etwa keine unmittelbare Abfrage des am Ende der Verwahrkette stehenden Aktionärs. Vielmehr müssen sich die Gesellschaften im Rahmen des § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG unter Umständen durch die gesamte Verwahrkette „durchfragen“. Gerade in grenzüberschreitenden Fällen bestehen auch sonst zum Teil nicht unerhebliche praktische Hürden bei der Identifikation der Aktionäre über § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Die bei dem Einbezug von ausländischen Intermediären hinzukommenden Schwierigkeiten sind dabei teilweise rechtlich, teils aber auch eher praktisch bzw. technisch bedingt. So stehen dem Versuch einer Identifikation der eigenen Aktionäre seitens einer deutschen Gesellschaft, sofern sich dieser auf ausländische Aktionäre bezieht und gegenüber einem ausländischen Intermediär durchgesetzt werden muss, mitunter schlicht ausländische Datenschutzbestimmungen im Weg.284 Allgemein besteht bei grenzüberschreitenden Aktienverwahrketten oftmals die Grundproblematik, dass die jeweils anwendbare Rechtsordnung von den Akteuren nicht immer ohne Weiteres zweifelsfrei bestimmbar ist. Insbesondere bei längeren Verwahrketten mit einer Vielzahl von involvierten Rechtsordnungen kann es zu Unsicherheiten bezüglich des anwendbaren Rechts kommen, wodurch die Sicherheit und Effektivität des Geschäftsverkehrs behindert werden.285 Die zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen bestehenden systematischen und konzeptionellen Unterschiede hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung der Verwahrung von Aktien sind dabei teilweise derart fundamental, dass rein nationale Kollisionsvorschriften schlichtweg nicht in der Lage sind, stets praktikable Lösungen für den grenzüberschreitenden Wertpapierhandel zu liefern. Auch Ansätze auf europäischer Ebene, neue – und nicht rein nationale – Kollisionsvorschriften für die Wertpapierverwahrung bei internationalen Intermediärsketten zu entwickeln, konnten insoweit bisher nicht überzeugen.286 Konkret führen insbesondere die verschiedenen sa284
Vgl. Bremer, NZG 2017, 577, 578. Scherer, in: Scherer, DepotG, Anhang: „Kommentierung der Genfer Wertpapierkonvention“, II. 1. „Intermediäre Verwahrsysteme“. 286 Vgl. dazu etwa Einsele, EuZW 2018, 402 in Bezug auf die bisherigen europäischen Versuche, ein praktikables Kollisionsrecht für Intermediär-verwahrte Wertpapierverwahrung 285
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chenrechtlichen Konzeptionen von Eigentum an Aktien sowie die national verschiedenen Regelungen über deren Übertragung und Verwahrung dazu, dass die bestehenden Kollisionsvorschriften zur Wertpapierverwahrung für grenzüberschreitende Fälle mit einer Vielzahl beteiligter Intermediäre bisher keine vollends zufriedenstellenden Lösungen liefern konnten.287 Ein eher technischer Grund für die mangelnde Aktionärstransparenz speziell in grenzüberschreitenden Fällen hängt mit den z. T. stark verschieden ausgestalteten Systemen der Wertpapierverwahrung in den unterschiedlichen Rechtsordnungen zusammen. Während deutsche Depotbanken grundsätzlich für jeden Aktionär ein eigenes Depot unterhalten und die Eintragung eines Namensaktionärs in das Aktienregister entsprechend unkompliziert auf den Namen des Aktionärs erfolgen kann, liegen die Aktien vieler ausländischer Aktionäre bei deren ausländischen Kreditinstituten gerade nicht in entsprechenden Einzeldepots, sondern zusammen mit den Aktien weiterer Aktionäre in sog. Omnibus-Accounts.288 Dass gerade bei im Ausland gehaltenen Aktien oftmals nicht unmittelbar die einzelnen Aktionäre, sondern bloß Depotbanken – im englischsprachigen Raum als sog. nominee shareholder – in das Aktienregister eingetragen werden, hängt insofern also zum Teil auch schlicht mit der technischen Ausgestaltung der Depots zusammen. Die unterschiedliche Handhabung ist dabei unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass das Verwaltungssystem der ausländischen nominee-Banken nicht direkt an das Abwicklungssystem der Clearstream Banking angeschlossen ist, sondern die Aktien über sog. custodians – also über bestimmte zusätzliche Intermediäre – in Deutschland verwaltet werden.289 Insofern stehen einer grenzüberschreitenden Aktionärstransparenz keinesfalls immer vorwiegend rechtliche Probleme entgegen und auch von einem „absichtlichen Verbergen“ der ausländischen Investoren kann in den meisten Fällen nicht die Rede sein.290
IV. Die Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation (Art. 3a ARRL) im Rahmen des ARUG II Die Umsetzung der durch Art. 3a ARRL vorgegebenen Aktionärsidentifikation in das deutsche Gesellschaftsrecht ist im Zuge des ARUG II mit der Einführung des § 67d AktG erfolgt. Flankierend hierzu wurde die für Namensaktien geltende Regelung zum Aktienregister aus § 67 AktG überarbeitet. Die Änderungen des § 67 AktG dienen dabei zum einen einer gewissen Angleichung des formellen zu entwickeln: „Systemneutral und damit für sämtliche Modelle geeignet sind diese Ansätze jedoch alle nicht“. 287 So in etwa auch das Fazit bei Einsele, EuZW 2018, 402, 408. 288 Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 122; Dickert, AG 2011, R374, R374. 289 Dickert, AG 2011, R374, R374; vgl. hierzu auch Segna, S. 95 ff. 290 Dickert, AG 2011, R374, R374.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Aktienregister an die Vorgaben aus Art. 3a ARRL. Darüber hinaus sollen die Änderungen des § 67 AktG im Besonderen dazu führen, dass das weiterhin vorgesehene formelle Aktienregister der Namensaktiengesellschaft auf die mit der Regelung des § 67d AktG neu eingeführte, für sämtliche Aktiengattungen vorgesehene, Aktionärsidentifikation abgestimmt wird.291 Die Abstimmung dieser beiden nunmehr bestehenden „parallele[n] ,Register‘“292 dürfte dabei eine der komplexesten Aufgaben des deutschen Gesetzgebers im Rahmen der Richtlinienumsetzung dargestellt haben.293 1. Die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG Unter der amtlichen Überschrift „Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären“ wurde das in Art. 3a ARRL vorgesehene Aktionärsidentifikationsrecht als neuer § 67d AktG in das deutsche Aktiengesetz implementiert. a) Innere Systematik des § 67d AktG Der Anspruch der börsennotierten Gesellschaft auf Identifikation der eigenen Aktionäre ergibt sich aus § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG und kann sich gegen grundsätzlich jeden in die Verwahrkette einbezogenen Intermediär richten. In Bezug auf das konkrete Verfahren einer gemäß Absatz 1 seitens der Gesellschaft ausgelösten Aktionärsidentifikation regelt Absatz 3 die Pflicht der „Intermediäre in der Kette“ zur Weiterleitung des Identifikationsersuchens an den jeweils nächsten Intermediär und Absatz 4 schließlich die Pflicht des „Letztintermediärs“ zur Beantwortung des Informationsverlangens entweder unmittelbar gegenüber der Gesellschaft oder aber durch Weiterleitung der Aktionärsinformationen an einen dazu von der Gesellschaft ausgewählten, anderen Intermediär. Der genaue Umfang der Aktionärsidentifikation wird in § 67d Abs. 2 AktG im Wesentlichen durch einen Verweis auf die diesbezüglichen Bestimmungen aus Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Tabelle 2 C ARRL-DVO geregelt. Neben einer Offenlegung der Aktionäre kann im Rahmen des Identifikationsverfahrens außerdem auch eine Offenlegung der in die Aktienverwahrkette einbezogenen Intermediäre verlangt werden, § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG. Schließlich erklärt § 67d AktG das Identifikationsverfahren in dessen fünftem Absatz auch in Bezug auf Anfragen börsennotierter Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat für anwendbar und stellt außerdem umfassend klar, 291
Vgl. dazu Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57 ff. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58. 293 Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass gerade diesbezüglich noch wesentliche Änderungen im Regierungsentwurf ARUG II im Vergleich zum früheren Referentenentwurf ARUG II festzustellen sind – beispielsweise war angesichts der neuen Identifikationsmöglichkeiten aus § 67d AktG zunächst eine Abschaffung der das formelle Aktienregister betreffenden „Platzhalterregelung“ angedacht worden (vgl. Begr. RefE ARUG II S. 58), wovon dann letztlich allerdings doch noch abgesehen wurde (BT-Drs. 19/9739, S. 59). 292
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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dass im Rahmen des Identifikationsverfahrens auch eine Informationsübermittlung durch dazu beauftragte Dritte zulässig ist. b) Absehen von der Einführung einer allgemeinen Identifikationsmindestschwelle Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Rahmen des ARUG II letztlich gegen die Einführung einer allgemeinen Mindestschwelle in Bezug auf die Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL entschieden. Beachtlich erscheint dies vor dem Hintergrund, dass sich gerade die deutschen Vertreter im Rahmen der Ausarbeitung der ARRL II seinerzeit für die Implementierung einer solchen Schwellenoption ausgesprochen haben sollen.294 Während der Richtlinienumsetzung hatten sich Vertreter aus Literatur und Praxis hierzulande dann allerdings auch mehrheitlich gegen einen Gebrauch der Mindestschwellenoption ausgesprochen.295 Neben einer Abwägung der bereits erläuterten Vor- und Nachteile einer entsprechenden Mindestschwelle296 ist für die gesetzgeberische Entscheidung gegen die Einführung einer solchen offenbar insbesondere mitausschlaggebend geworden, dass vergleichbare Aktionärsabfragen aus dem Ausland, etwa aus Frankreich, schon bisher ohne entsprechende Schwellen praktiziert wurden und nach Umsetzung der ARRL II noch weitere Staaten eine entsprechende grenzüberschreitende Aktionärsidentifikation – ebenfalls ohne Mindestschwelle – vorsehen werden. Insofern hätte eine zwingende Abfrageschwelle aus Sicht des Gesetzgebers ohnehin „keine spürbare Vereinfachung für deutsche Intermediäre“ mit sich gebracht.297 c) Das Informationsverfahren nach § 67d AktG aa) Identifikationsantrag der Gesellschaft Initiiert wird das Verfahren der Aktionärsidentifikation durch einen entsprechenden Antrag der börsennotierten Gesellschaft gegenüber „einem Intermediär“, § 67d Abs. 1 S. 1 AktG. Die Gesellschaft kann sich dabei an grundsätzlich jeden Intermediär i.S.d. § 67a Abs. 4 AktG, d. h. konkret an einen beliebigen der „Intermediär[e] in der Kette“ (vgl. § 67a Abs. 5 S. 1 AktG) oder aber auch direkt an den „Letztintermediär“ (vgl. § 67a Abs. 5 S. 2 AktG) wenden, sofern dieser denn in die Verwahrung von Aktien der Gesellschaft einbezogen ist. Die offene Formulierung des § 67d Abs. 1 AktG („von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt“ [Hervorh. d. Verf.]) lässt insofern bewusst zu, dass die Gesellschaft frei 294
Vgl. hierzu Noack, NZG 2018, 561, 562. DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2015, 54; Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 41 mit Verweis auf Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 467 f.; Noack, NZG 2017, 561, 563. 296 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben unter Teil 2 B. I. 5. c). 297 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66 f. 295
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
zwischen den verschiedenen, in die Verwahrketten einbezogenen Intermediären auswählt.298 Die Gesellschaft erhält auf diese Weise zugleich die Möglichkeit, ihre Identifikationsersuchen nicht stets auf sämtliche Aktionäre zu erstrecken, sondern diese auf solche Aktionäre zu beschränken, die ihre Aktien bei bestimmten Intermediären verwahren.299 So kann es aus Sicht einer Gesellschaft – insbesondere aus Kostengründen – unter Umständen sinnvoll sein, Identifikationsanträge nach § 67d AktG nur gegenüber bestimmten Intermediären geltend zu machen. Konkret könnte es etwa zweckmäßig sein, die Identifikationsanfragen auf bestimmte ausländische Intermediäre zu fokussieren, soweit gerade in Bezug auf jene eine besondere Intransparenz der dahinterstehenden Aktionäre bestehen sollte. Ein entsprechend selektiver Einsatz des Identifikationsverfahrens nach § 67d Abs. 1 S. 1 AktG verstößt – wie auch im Rahmen des vergleichbaren Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG –300 insoweit keinesfalls per se gegen das Gleichbehandlungsgebot aus § 53a AktG.301 Angesichts dessen, dass den Aktionären durch ein Identifikationsverfahren i.S.d. § 67d AktG – anders als im Rahmen eines Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG –302 etwa auch kein (zeitweiser) Stimmrechtsverlust oder eine hiermit vergleichbare Sanktion droht, wird eine etwaige „Missbrauchsschwelle“ im Rahmen des § 67d AktG sogar tendenziell noch etwas höher anzusetzen sein. Hinsichtlich des Formats und des konkreten Inhalts entsprechender Identifikationsanträge stellt § 67d Abs. 1 S. 2 AktG pauschal auf die ARRL-DVO ab. Konkret bedeutet dies im Wesentlichen einen Verweis auf Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Tabelle 1 ARRL-DVO. In Bezug auf das Format liegt es praktisch schon aus Kostengründen nahe, dass entsprechende Anträge von den Gesellschaften weitgehend in elektronischer Form gestellt werden. Ausdrücklich vorgeschrieben wird ein elektronisches und maschinenlesbares Format in Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO allerdings nur in Bezug auf die Informationsübermittlung unmittelbar „zwischen den Intermediären“, sodass für die Gesellschaften kein entsprechender Zwang gilt. Insoweit lässt auch die Regelung des Art. 9 Abs. 6 UAbs. 3 ARRL-DVO, wonach in Bezug auf solche Identifikationsanträge, die nicht maschinenlesbar sind und somit auch nicht vollautomatisiert abgewickelt werden können, für die Intermediäre ausnahmsweise etwas weniger strenge Fristen gelten, einen Rückschluss darauf zu, dass auch nicht elektronische 298
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66. Vgl. Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859. 300 Insoweit in Bezug auf das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG: Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 123; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 30b. 301 So auch bereits Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858 f. 302 Vgl. insoweit allerdings noch unten unter Teil 2 B. IV. 2. b) zu der im Rahmen des ARUG II vorgenommenen Änderung des § 67 Abs. 2 S. 3 AktG, wonach ein Stimmrechtsverlust bei Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG nur noch auf Wunsch der Gesellschaft eintreten kann. 299
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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und maschinenlesbare Anfragen grundsätzlich von den Intermediären bearbeitet werden müssen. In Bezug auf den Inhalt müssen die Anträge die in Tabelle 1 ARRL-DVO aufgeführten Informationen enthalten, d. h. konkret: eine eindeutige Kennungsnummer; eine Bezeichnung des Antrags als Antrag auf Aktionärsidentifikation; eine Angabe zur Tragweite des Antrags; die Angabe der ISIN; das Aufzeichnungsdatum; eine Emittentenfrist gemäß Art. 9 ARRL-DVO; eine etwaige Mengenschwelle ausgedrückt in einer absoluten Anzahl von Aktien; eine Angabe dazu, ob bzw. inwiefern der Beginn der Aktienhaltung anzugeben ist; eine eindeutige Kennung des gewünschten Empfängers der Antwort sowie dessen Name und Adresse. Wenngleich der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des § 67d AktG von einer allgemeinen Mindestschwelle für die Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL abgesehen hat, ist es den Gesellschaften ausweislich der Gesetzesbegründung dennoch gestattet, ihre individuellen Identifizierungsabfragen auf solche Aktionäre zu beschränken, die eine bestimmte Schwelle überschreiten.303 In jedem Fall zulässig ist insoweit eine Beschränkung des Identifikationsersuchens auf solche Aktionäre, die über eine von der Gesellschaft festgelegte Anzahl an Aktien verfügen, wobei in diesem Fall eine absolute Aktienstückzahl und nicht etwa ein relativer Anteil am Grundkapital der Gesellschaft anzugeben ist.304 Richtigerweise werden die Intermediäre – insbesondere mit Blick auf die knapp bemessenen Fristen der ARRLDVO – hierbei grundsätzlich nur die ihnen positiv bekannten bzw. bloß die bei ihnen selbst verwahrten Aktien zu berücksichtigen haben. Insofern besteht bei einer Beschränkung des Identifikationsersuchens durch eine von der Gesellschaft festgelegte Mengenschwelle die – bereits oben in Bezug auf gesetzlich festgelegte Mindestschwellen i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL angesprochene – „Gefahr“, dass die Aktionäre einer Identifikation durch eine Aufteilung ihrer Aktien auf verschiedene Depots bei verschiedenen Intermediären entgehen.305 Angesichts dessen, dass die Gesellschaften über eine solche Beschränkung der Identifikationsanfragen selbst bestimmen, erscheint das hiermit verbundene Risiko, dass sich bestimmte Aktionäre der Identifikation entziehen könnten, wertungsmäßig allerdings wesentlich eher hinnehmbar als bei der Festsetzung einer entsprechenden Mindestschwelle unmittelbar durch den nationalen Gesetzgeber. Dadurch, dass die Gesellschaft gemäß Tabelle 1 lit. a Nr. 4 ARRL-DVO im Rahmen eines jeden Identifikationsantrags eine bestimmte ISIN anzugeben hat bzw. für jede ISIN einen separaten Antrag stellen muss, erfolgt überdies gewissermaßen automatisch eine Trennung zwischen Stamm- und Vorzugsaktien. Sofern etwa nur eine Offenlegung der Stammaktionäre gewünscht ist, kann dies unproblematisch und ohne Festlegung einer positiven Antragsbeschränkung, etwa in Gestalt der Festle303
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66. Vgl. insoweit Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66; eine solche Mengenschwelle entspricht auch der Vorgabe in Tabelle 1 A Nr. 7 ARRL-DVO. 305 Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 B. I. 5. c). 304
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
gung einer auf die Stimmrechtsanzahl der Aktionäre bezogenen Mindestschwelle, geschehen. Wenngleich sich die Aktionärsrechterichtlinie ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich nach auf Aktien mit Stimmrecht konzentriert (vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL),306 wird mit dem Verfahren nach § 67d AktG aber durchaus auch eine entsprechende Identifikation nur der Vorzugsaktionäre durch die Angabe einer entsprechenden ISIN möglich sein. Eine etwaige Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 67d AktG bloß auf Stammaktionäre erscheint schon deshalb nicht angebracht, weil auch in Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL von einer Beschränkung des Identifikationsrechts in Bezug auf solche Aktionäre die Rede ist, die einen bestimmten Prozentsatz der „Aktien oder Stimmrechte [Herv. d. Verf.]“ halten. Insofern wäre etwa auch eine etwaige teleologische Reduktion des § 67d AktG bezüglich stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre abzulehnen. bb) Möglichkeit einer Identifikation sowohl der Aktionäre als auch der Intermediäre In erster Linie richtet sich der Informationsanspruch aus § 67d AktG auf eine Offenlegung der Aktionäre der Gesellschaft, § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG. (1) Der nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG offenzulegende „Aktionär“ Die genaue Definition des „Aktionärs“ i.S.d. Aktionärsrechterichtlinie richtet sich ausweislich Art. 2 lit. b ARRL prinzipiell nach dem jeweiligen nationalen Recht, sodass auch die genaue Bestimmung derjenigen Person, die i.S.d. § 67d AktG als der zu identifizierende Aktionär anzusehen ist, im Grundsatz dem deutschen Gesetzgeber unterliegt. Allerdings ist die den Art. 3a ff. ARRL implizit zugrundeliegende „intermediärsbezogene“ Bestimmung des Aktionärs als der ersten Person innerhalb der Verwahrkette, die die Aktien nicht als Intermediär für eine andere Person hält,307 auch im Rahmen der Auslegung des § 67d AktG zu berücksichtigen. Insofern war die Befugnis des deutschen Gesetzgebers zu einer eigenständigen Bestimmung der Person des Aktionärs im Rahmen der §§ 67a ff. AktG faktisch letztlich doch erheblich eingeschränkt. Wenngleich anders als in Bezug auf die Intermediäre keine ausdrückliche Definition des Aktionärs i.S.d. §§ 67a ff. AktG im Aktiengesetz vorgesehen ist, ergibt sich aus der Richtlinienumsetzung dennoch, dass auch der deutsche Gesetzgeber i.R.d. §§ 67a ff. AktG von einer entsprechend intermediärsbezogenen Begriffsbestimmung des Aktionärs ausgeht.
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Die durch die ARRL II neugefasste Regelung des Art. 1 Abs. 1 ARRL lässt insoweit eine Auslegung dergestalt zu, dass sich die Beschränkung des Anwendungsbereichs aus Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL auf „Stimmrechtsaktien“ nicht auf die in Art. 1 Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL gesondert erwähnten „besonderen Anforderungen“ der ARRL II zur Mitwirkung der Aktionäre – einschließlich der Aktionärsidentifikation – beziehen. 307 Vgl. hierzu bereits oben Teil 2 A. I. 4. d).
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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Dass es zur Bestimmung des „Aktionärs“ i.S.d. § 67d AktG bei Namensaktien keinesfalls etwa auf die formale Eintragung im Aktienregister ankommen kann, ergibt sich bereits eindeutig aus den im Zuge des ARUG II vorgenommenen Änderungen des § 67 AktG. So soll die Neufassung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG, wonach die in das Aktienregister eingetragene Person nicht mehr als Aktionär „gilt“ (vgl. § 67 Abs. 2 AktG a.F.), sondern bloß die Rechte und Pflichten aus den Aktien im Verhältnis zur Gesellschaft für und gegen den Eingetragenen bestehen, ausdrücklich insbesondere zur Vermeidung von Zweifeln darüber dienen, dass die Eintragung eines Intermediärs in das formelle Aktienregister keinesfalls zur Einstufung dieser Person als Aktionär i.S.d. § 67d AktG führt.308 Darüber hinaus machen die Regelungen zur genauen Funktion des Auskunftsverfahrens nach § 67d AktG sehr deutlich, dass hiermit eine Offenlegung konkret derjenigen Person erreicht werden soll, die in der Verwahrkette unmittelbar auf den Letztintermediär folgt. Insoweit ist das Identifikationsverlangen der Gesellschaft gemäß § 67d Abs. 3 AktG eben stets bis zum Letztintermediär weiterzuleiten – nicht weiter, aber auch nicht weniger weit. Aus der insoweit maßgeblichen intermediärsbezogenen, „formellen“ Bestimmung der Person des Aktionärs ergibt sich, dass insbesondere Vollrechtstreuhänder regelmäßig als Aktionär i.S.d. § 67d AktG anzusehen sind und mit dem Verfahren nach § 67d AktG insofern grundsätzlich keine Offenlegung der dahinterstehenden Treugeber erreicht werden kann.309 Diskutabel erscheint eine Ausnahme von dem „Grundsatz“, dass mit dem Verfahren nach § 67d AktG nicht auch eine Offenlegung von Treuhandverhältnissen bewirkt werden kann, allenfalls in Bezug auf solche Konstellationen, in denen ein Treuhandverhältnis unmittelbar zwischen einer Depotbank und deren Kunden vereinbart ist. Ohne Zweifel überzeugt, dass – insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und auch in Ansehung der knapp bemessenen Fristen zur Aktionärsidentifikation gemäß der ARRL-DVO – solche Treuhandkonstruktionen nicht offenzulegen sind, in denen eine in der Verwahrkette hinter der als Letztintermediär agierenden Depotbank stehende Person Aktien als schuldrechtlicher Treuhänder für eine weitere Person, dem „wirtschaftlichen Aktionär“ (Treugeber) hält.310 Insofern verlangt der Informationsanspruch aus § 67d AktG von den Intermediären mit anderen Worten keine Auskunft über solche Tatsachen, die jenseits der Depotbeziehungen liegen und daher von diesen auch nicht ohne weitere Schwierigkeiten 308
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57 f. Vgl. zur Bestimmung der Person des Aktionärs i.S.d. Art. 3a ff. ARRL insoweit bereits oben Teil 2 A. I. 4. d); gegen eine Offenlegung von Treuhandkonstruktionen unmittelbar in Bezug auf § 67d AktG außerdem bereits etwa Einsele, JZ 2019, 121, 124; Foerster, AG 2019, 17, 23; Zetzsche, ZGR 2019, 1, 7 (jeweils in Bezug auf § 67d AktG RefE-ARUG II) sowie schon in Bezug auf die Richtlinienvorgaben nach Art. 3a ARRL: Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 159. 310 Für eine solche Konstellation lehnt daher auch Zetzsche, ZGR 2019, 1, 7 eine Offenlegung des hinter dem Depotkunden stehenden Treugebers zutreffend ab. 309
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
überblickt werden können.311 Wenn aber schon die Depotbank ihren Kunden (standardmäßig) nur eine treuhändische Berechtigung an den Aktien einräumt, was insbesondere im Rahmen der US-amerikanischen Verwahrpraxis vorkommt,312 erscheint es grundsätzlich zumutbar, dass diese Bank ihre Depotkunden gegenüber der Gesellschaft auch dann offenlegt, wenn sie selbst als materiell-rechtlicher Eigentümer der Aktien fungiert.313 In diesem besonderen Fall könnte eine Offenlegung der „wirtschaftlichen Eigentümer“ mithilfe des Verfahrens nach § 67d AktG daher grundsätzlich angemessen sein.314 Eine solche ausnahmsweise Offenlegung auch der wirtschaftlichen Aktionäre mithilfe des Verfahrens nach § 67d AktG hätte den großen Vorteil, dass die Verfahren der Aktionärsidentifikation für bestimmte Auslandssachverhalte nicht schon standardmäßig daran scheitern würden, dass den Depotkunden in bestimmten Rechtsordnungen – anders als nach deutscher Rechtspraxis – von ihren Banken regelmäßig bloß eine treuhänderische Rechtsposition anstelle materieller Rechtsinhaberschaft eingeräumt wird. Konkret könnte man durch eine solche Auslegung des § 67d AktG vermeiden, dass eine Offenlegung insbesondere der vielen US-Investoren schon an dieser rechtlichen Problematik scheitert – so wie es bislang in Bezug auf das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG der Fall ist.315 Eine entsprechende Offenlegung ausnahmsweise auch des wirtschaftlichen Eigentümers speziell für den Fall, dass die Treuhandkonstruktion gewissermaßen noch „innerhalb der Depotverhältnisse“ liegt, erscheint im Rahmen des § 67d AktG auch deswegen eher vertretbar als im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, weil im Wortlaut des § 67d AktG schlicht von der Offenlegung eines „Aktionär[s]“ und nicht wie bei § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG ausdrücklich von der Offenlegung derjenigen Person, der die Aktien „gehören“, die Rede ist. Andererseits ist zu bedenken, dass eine Offenlegung jedenfalls solcher (ausländischer) „wirtschaftlicher Aktionäre“, die nicht einmal im Verhältnis zu ihrem Broker inhaltlich über die Ausübung der Stimmrechte entscheiden können – wie es in einigen ausländischen Rechtsordnungen der Fall sein kann –316, mit Blick auf den Zweck der ARRL-Aktionärsidentifikation wenig sinnvoll erscheint. Aus Sicht der Gesellschaft kann dagegen grundsätzlich ein Identifikationsinteresse nicht nur in Bezug auf solche Personen bestehen, die inhaltlich über die Ausübung der 311
Mit dieser Argumentation bereits Zetzsche, ZGR 2019, 1, 7. Vgl. insoweit jüngst Einsele, JZ 2019, 121, 125 zum sog. US-amerikanischen „security entitlement“; siehe hierzu außerdem bereits oben unter Teil 2 B. III. 2. b) dd). 313 Interessengerecht erscheint eine Identifikation des wirtschaftlichen Eigentümers (engl.: „beneficial owner“) in solchen Konstellationen jedenfalls dann, wenn dieser letztlich auch über die Ausübung des Stimmrechts entscheidet. In den USA etwa kann der beneficial owner insoweit grundsätzlich eine bestimmte Stimmabgabe vom record owner verlangen, vgl. hierzu näher Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 741. 314 Anders wohl aber die h.M., insbesondere Einsele, JZ 2019, 121, 124 sowie Stiegler, WM 2019, 620, 622, die zu § 67d AktG jeweils pauschal von einer Offenlegung nur der rechtlichen, nicht aber auch der wirtschaftlichen Eigentümer ausgehen. 315 Einsele, JZ 2019, 121, 125. 316 Vgl. hierzu bereits oben (Fn. 82). 312
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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Verwaltungsrechte entscheiden, sondern durchaus auch in Bezug auf diejenigen Personen, die letztlich das Kapitel zur Verfügung stellen und über das Halten oder Veräußern der Aktien bestimmen. Ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung zum ARUG II ergibt sich, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften, denen nach § 93 Abs. 1 KAGB die Verfügungsbefugnis über Aktien im sog. Miteigentumsmodell zustehen, als Aktionäre i.S.d. § 67d AktG gelten.317 (2) Offenlegung der Intermediäre nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG Ausweislich § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG kann die Gesellschaft auch Informationen über die Identität des „nächsten Intermediär[s]“ verlangen. Die Regelung stellt eine Umsetzung der Richtlinienoption aus Art. 3a Abs. 3 UAbs. 3 ARRL dar.318 Eine entsprechende Möglichkeit zur Offenlegung gerade auch der Intermediäre war dabei im ersten Referentenentwurf zum ARUG II noch nicht vorgesehen gewesen. In Verbindung mit der seinerzeit zunächst ebenfalls angedachten Streichung des Auskunftsverfahrens der Namensaktiengesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hätte dies für solche Gesellschaften insofern beinahe einen Rückschritt im Verhältnis zur vorherigen Rechtslage in puncto Aktionärstransparenz bewirkt. Im Sinne möglichst transparenter Verwahrstrukturen ist die nun in § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG aufgenommene Möglichkeit zur Offenlegung auch der Intermediäre durchaus interessengerecht, wenngleich das diesbezügliche Interesse der Gesellschaft regelmäßig geringer ausfallen wird als an der Kenntnis der Aktionäre. Letztlich kann es faktisch allerdings gerade auch für eine erfolgreiche Identifikation möglichst vieler Aktionäre hilfreich sein, wenn die Gesellschaften in einem ersten Schritt zunächst die Intermediäre offenlegen können und ihre Aktionärsidentifikationsersuchen darauf aufbauend dann unmittelbar gegenüber bestimmten, ansonsten womöglich unbekannten, Intermediären geltend machen.319 Für börsennotierte Namensaktiengesellschaften entspricht der Anspruch aus § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG inhaltlich dabei recht weitgehend den Möglichkeiten nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Für Inhaberaktiengesellschaften bedeutet auch die Möglichkeit zur Offenlegung konzeptionell sämtlicher in die Verwahrkette einbezogener Intermediäre dagegen eine durchaus erhebliche Erweiterung ihrer rechtlichen Möglichkeiten. cc) Bestimmung der nach § 67d AktG abfragbaren Aktionärsinformationen, § 67d Abs. 2 AktG Zur Bestimmung des genauen Umfangs der nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG seitens der Gesellschaft über die Aktionäre abfragbaren „Informationen“ verweist § 67d Abs. 2 AktG auf Tabelle 2 C ARRL-DVO. Im Vergleich zu einer ebenso 317 318 319
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66. Vgl. insoweit auch Stiegler, WM 2019, 620, 627.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
denkbaren Auflistung der Informationen unmittelbar im Rahmen des § 67d AktG – so ursprünglich noch im Referentenentwurf ARUG II vorgesehen –320 mag der Verweis auf die ARRL-DVO zwar etwas weniger „ästhetisch“ anmuten, doch erscheint diese Lösung mit Blick auf einen reibungslosen Ablauf des Identifikationsverfahrens gerade auch in grenzüberschreitenden Situationen durchaus sinnvoll. Als Mindestinhalt wären die in der ARRL-DVO vorgegebenen Informationen ohnehin zu berücksichtigen gewesen. Über etwaige deutsche „Besonderheiten“, die unter Umständen über die Mindestanforderungen der ARRL-DVO hinausgehen würden, beispielsweise eine Angabe auch des Geburtsdatums des Aktionärs – so noch in § 67d Abs. 2 S. 2 Nr. 2 AktG-E RefE ARUG II vorgesehen –, müssen sich ausländische Intermediäre somit grundsätzlich keine Gedanken machen. Für den denkbaren Fall späterer Änderungen der ARRL-DVO seitens der EU-Gesetzgebung ist der Verweis auf die Vorgaben der Durchführungsverordnung außerdem etwas flexibler. Gemäß der Vorlage der Tabelle 2 C ARRL-DVO sind in Bezug auf den Aktionär eine „eindeutige Kennung“ sowie dessen Name, eine postalische Anschrift einschließlich Postleitzahl, Ort und Land, ggf. die Postleitzahl und Nummer eines Postfachs sowie grundsätzlich eine E-Mail-Adresse zu nennen. Außerdem sind Angaben offenzulegen zur „Art der Beteiligung“321, zur Zahl der vom Aktionär beim jeweiligen Intermediär gehaltenen Aktien, zum Zeitpunkt des Beginns der Beteiligung sowie ggf. über den Namen und die Kennung eines vom Aktionär benannten Dritten, sofern ein solcher für den Aktionär Anlageentscheidungen treffen darf. In weiten Teilen entsprechen die nach § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG über die Aktionäre in Erfahrung zu bringenden „Informationen“ insofern den in Bezug auf Namensaktionäre nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG in das Aktienregister einzutragenden Informationen, zumal die Vorschrift des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG im Rahmen des ARUG II mit der grundsätzlichen Aufnahme der E-Mail-Adresse bzw. einer „elektronischen Adresse“ des Aktionärs ein Stück weit an die Vorgaben der ARRL II zur Aktionärsidentifikation angepasst wurde. Gänzlich identisch sind die abfragbaren Informationen einerseits nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG und andererseits nach § 67d Abs. 2 S. 1 AktG aber nicht. So wird etwa das „Geburtsdatum“ des Aktionärs nur von § 67 Abs. 1 S. 1 AktG, nicht aber auch von § 67d Abs. 2 S. 1 AktG erfasst. Andererseits finden sich auch nicht sämtliche der nach § 67d Abs. 2 S. 1 AktG offenzulegenden Informationen im Katalog des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG. In § 67d Abs. 2 S. 2 AktG wird klargestellt, dass für den Fall, dass es sich bei einem Aktionär um eine nicht eingetragene Personengesellschaft handelt, die entsprechenden Informationen über die dahinterstehenden Gesellschafter offengelegt werden müssen. Sofern es sich auch bei solchen Gesellschaftern wiederum um nicht 320
Vgl. § 67d Abs. 2 AktG-E RefE ARUG II. Als Beschreibung wird hierzu in Tabelle 2 C Nr. 10 ARRL-DVO ausgeführt, dass die Intermediäre unter den Angaben „Beteiligung auf eigene Rechnung“, „nominelle Beteiligung“, „wirtschaftliche Beteiligung“ sowie „unbekannt“ auswählen sollen. 321
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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eingetragene Personengesellschaften handelt, gilt die Regelung entsprechend.322 Sofern dem Intermediär keine hinreichenden Informationen über die Gesellschafter einer solchen Personengesellschaft zur Verfügung stehen, ist eine Offenlegung des Namens oder der Firma dieser Gesellschaft sowie möglichst weiterer Informationen entsprechend § 67d Abs. 2 S. 1 AktG ausreichend. Auch jenseits nicht eingetragener Personengesellschaften sind in Bezug auf sonstige in- oder ausländische Rechtsformen, etwa nicht rechtsfähige Stiftungen, stets solche Angaben erforderlich, die eine eindeutige Identifikation sowie die Erreichbarkeit der verantwortlichen Personen ermöglichen.323 Sofern eine Aktie mehreren Berechtigten zusteht, sind sämtliche dieser Personen mit den Informationen nach § 67d Abs. 2 S. 1 AktG zu nennen, vgl. § 67d Abs. 2 S. 3 AktG. Keine ausdrückliche Bestimmung der offenzulegenden Informationen, wie sie § 67d Abs. 2 AktG mit dem Verweis auf Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Tabelle 2 C ARRLDVO hinsichtlich einer Identifikation der Aktionäre enthält, ist in Bezug auf die nach § 67d Abs. 1 AktG ebenso mögliche Offenlegung von Informationen über die in die Verwahrkette einbezogenen Intermediäre enthalten. Neben den nach Tabelle 2 B ARRL-DVO vom Intermediär zu treffenden Angaben werden dabei allerdings grundsätzlich auch die in Tabelle 2 C ARRL-DVO bezüglich der Aktionäre aufgelisteten Informationen zum Teil entsprechend auf die offenzulegenden Intermediäre bezogen werden können. dd) Umfang der Pflicht zur Bereitstellung der Aktionärsinformationen Nicht unmittelbar dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, dafür aber der Gesetzesbegründung zum ARUG II zu entnehmen ist, dass die Intermediäre in Bezug auf die von ihnen offenzulegenden, nach Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Tabelle 2 C ARRLDVO näher bestimmten Aktionärsdaten keinerlei „Nachforschungspflicht“ trifft.324 Insofern sind die Intermediäre im Rahmen des § 67d AktG stets nur zur Offenlegung bzw. Weiterleitung der ihnen positiv bekannten Informationen verpflichtet. Konkret in Bezug auf die E-Mail-Adresse der Aktionäre wird darüber hinausgehend unter Bezugnahme auf die diesbezüglich vorrangigen Bestimmungen der EU-DSGVO festgestellt, dass den Intermediären auch bei positiver Kenntnis derselben dann keine Offenlegungspflicht trifft, wenn der Aktionär mit einer Weiterleitung derselben an die Gesellschaft nicht einverstanden ist.325 Auch die Aktionäre soll im Rahmen der Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG – insoweit anders als in Bezug auf die Eintragungen in das Namensaktienregister nach § 67 Abs. 1 S. 2 AktG – grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht zur Mitteilung der betreffenden Informationen gegenüber den Intermediären bzw. gegenüber dem 322 323 324 325
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 67. Ebd. Ebd. Ebd.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Letztintermediär treffen.326 Die in der Literatur teilweise vertretene Auslegung der Vorgaben des Art. 3a ARRL, ein entsprechendes Identifikationsrecht müsse nicht nur gegenüber den Intermediären, sondern gerade auch unmittelbar gegenüber den Aktionären bestehen,327 teilt der deutsche Gesetzgeber insoweit überzeugenderweise nicht. ee) Zum Ablauf des Identifikationsverfahrens Entscheidet eine Aktiengesellschaft bzw. deren Vorstand als das nach den allgemeinen aktienrechtlichen Regelungen hierfür grundsätzlich zuständige Vertretungsorgan nach dessen Ermessen, von dem Informationsanspruch nach § 67d AktG Gebrauch zu machen, leitet dieser das Identifikationsverfahren durch eine Anfrage i.S.d. § 67d Abs. 1 AktG gegenüber einem beliebigen Intermediär ein.328 Gemäß des Verweises aus § 67d Abs. 5 S. 2 AktG auf die Regelung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG sowie bereits nach den allgemeinen Regelungen über das Auftragsrecht bzw. den Grundsätzen zur Stellvertretung und Botenschaft kann die Gesellschaft bzw. deren Vorstand aber auch einen Dritten mit dem Verfahren zur Aktionärsidentifikation betrauen.329 Sowohl das Stellen der Identifikationsanträge i.S.d. § 67d Abs. 1 AktG als auch die Entgegennahme der diesbezüglichen Antworten von den Intermediären können insoweit von einem entsprechend beauftragten Dritten übernommen werden. Als beauftragte Dritte kommen dabei grundsätzlich Dienstleister jeder Art in Betracht.330 Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die diesbezügliche Regelung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG „ein möglichst breites Spektrum an Übermittlungsmöglichkeiten eröffnen“ und dabei insbesondere auch die praktisch bewährten Möglichkeiten zur Informationsübermittlung über „Medien oder Mediendienstleister“ zulassen.331 Insofern kommt insbesondere etwa auch die Veröffentlichung eines entsprechenden Informationsverlangens im „Bundesanzeiger“ sowie mithilfe vergleichbarer Mediendienstleister in Betracht.332 Die gesetzlichen Regelungen sind insoweit offen für weitere, etwa auch erst in Zukunft entstehende, Verbreitungsformen, sofern diese bloß das Erreichen der jeweils zuständigen Stellen ermöglichen. 326 Ebd. (Der Verweis auf eine gesetzliche Pflicht des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft zur Mitteilung von Aktionärsdaten nicht nach § 67 Abs. 1 S. 2 AktG, sondern nach „§ 67 Absatz 2 Satz 2 AktG“ stellt dabei wohl ein „Redaktionsversehen“ dar.). 327 Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 B. I. 4. 328 Die grundsätzliche Organzuständigkeit des Vorstands für entsprechende Identifikationsverfahren dürfte sich aus den allgemeinen aktienrechtlichen Regelungen ergeben. So ist auch für vergleichbare Auskunftsverlangen nach § 67 Abs. 4 S. 2 AktG grundsätzlich der Vorstand zuständig, vgl. Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 137; Wieneke, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 67 Rn. 30b. 329 Vgl. dazu bereits Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 60 f., 68. 330 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 61. 331 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 60 f. 332 Vgl. insoweit Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 61, wobei neben dem „Bundesanzeiger“ beispielhaft auch der „WM-Service“ genannt wird.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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Den konkreten Ablauf des Identifikationsverfahrens nach Bekanntwerden eines entsprechenden Identifikationsersuchens regeln § 67d Abs. 3 u. 4 AktG sowie die ARRL-DVO. Nach § 67d Abs. 3 AktG ist das Informationsverlangen der Gesellschaft grundsätzlich solange entlang der Verwahrkette von Intermediär zu Intermediär weiterzuleiten bis der Letztintermediär erreicht ist. Die Weiterleitung des Antrags durch die Intermediäre hat dabei gemäß Art. 9 Abs. 6 UAbs. 1 ARRL-DVO jeweils „unverzüglich“ und spätestens bis zum Ende des Geschäftstags bzw. bei Erhalt nach 16 Uhr bis 10 Uhr am nächsten Geschäftstag zu erfolgen. In Hinblick auf das Format gilt die Regelung aus Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO, sodass die Übermittlungen insbesondere elektronisch und in maschinenlesbarer Form zu erfolgen haben. Für das Verfahren ab Erreichen des Letztintermediärs gilt § 67d Abs. 4 AktG. Grundsätzlich hat der Letztintermediär die abgefragten Aktionärsinformationen direkt an die Gesellschaft zu übermitteln, § 67d Abs. 4 S. 1 AktG. Im Vergleich zu einer Weiterleitung zurück entlang der Verwahrkette ist dies zum einen schneller und außerdem mit Blick auf den Schutz der Aktionärsdaten von Vorteil. Entsprechend der Richtlinienvorgaben regeln § 67d Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG alternativ dazu allerdings auch den besonderen Fall, dass die Gesellschaft die Übermittlung der Aktionärsinformationen ausdrücklich von einem bestimmten Intermediär in der Kette verlangt. Für diesen Fall ist eine Weiterleitung der Antwort auf das Informationsverlangen entlang der Kette, ausgehend vom Letztintermediär bis hin zu dem von der Gesellschaft ausdrücklich bezeichneten Intermediär, vorgesehen, der die Informationen dann anstelle des Letztintermediärs an die Gesellschaft übermittelt. In Bezug auf das Format, den Inhalt und die Frist zur Antwort auf das Informationsverlangen wird in § 67d Abs. 4 S. 4 AktG konkret auf die Art. 2, 3, 9 Abs. 6 UAbs. 2 u. 3, Abs. 7 ARRL-DVO verwiesen. In Bezug auf die außerdem allgemein geltenden „Mindestsicherheitsanforderungen“ nach Art. 10 ARRL DVO wird in der Gesetzesbegründung konkret auf die Möglichkeit einer „end-to-end-Verschlüsselung“ verwiesen, was insbesondere für den nach § 67d Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zulässigen Fall einer Weiterleitung von Aktionärsinformationen entlang der Verwahrkette eine überzeugende Lösung darstellen könnte.333 Außerdem gilt wie für die Gesellschaft auch für die Intermediäre und deren Pflichten der Verweis des § 67d Abs. 5 S. 2 AktG auf die Regelung aus § 67a Abs. 2 S. 1 AktG sowie die grundsätzliche Anwendbarkeit der allgemeinen Regelungen und Grundsätze des Auftragsrechts sowie der Stellvertretung und Botenschaft. Insofern dürfen sich auch die Intermediäre zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen der Aktionärsidentifikation grundsätzlich dazu beauftragter Dritter bedienen.
333
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
d) Nichtbestehen einer Pflicht der Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation Das in § 67d AktG verbürgte Recht börsennotierter Aktiengesellschaften zur Identifikation ihrer Aktionäre geht nach der insoweit eindeutigen Gesetzesbegründung nicht mit einer etwaigen korrespondierenden Pflicht der Gesellschaften einher, auch tatsächlich von dem Identifikationsrecht Gebrauch zu machen.334 Die Richtlinienvorgaben aus Art. 3a Abs. 1 ARRL geben eine entsprechende Pflicht der Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation keinesfalls vor, hätten eine entsprechende überschießende Umsetzung durch die Mitgliedstaaten wohl aber zugelassen.335 In Ansehung des Zwecks der Aktionärsidentifikation, eine unmittelbare Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär zu fördern, wäre eine entsprechende Verpflichtung der Gesellschaft zur regelmäßigen Ausübung ihres Identifikationsrechts, wenn diese an einer besseren Kenntnis der eigenen Aktionäre nicht hinreichend interessiert ist, auch wenig zweckdienlich gewesen. Auch angesichts des mit einer etwaigen gesetzlichen Pflicht zur regelmäßigen Nutzung des Identifikationsrechts einhergehenden Aufwands sowie der Tatsache, dass die Offenlegung von Aktionärsdaten in dem Fall, dass die Gesellschaft überhaupt nicht an einer weiteren Identifikation der Aktionäre und einer vermehrten unmittelbaren Kommunikation mit diesen interessiert ist, rechtspolitisch nur umso schwieriger zu rechtfertigen gewesen wäre, überzeugt das Absehen des Gesetzgebers von einer entsprechenden Verpflichtung. 2. Zum neugefassten § 67 AktG Im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL durch das ARUG II wurde neben der Einführung des neuen § 67d AktG insbesondere auch die Regelung zum formellen Aktienregister aus § 67 AktG („Eintragung im Aktienregister“) überarbeitet. a) Aufnahme der E-Mail-Adresse zu den nach § 67 Abs. 1 AktG anzugebenden Aktionärsdaten Nach dem neugefassten Wortlaut des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG ist statt schlicht einer „Adresse“ nun ausdrücklich sowohl eine „Postanschrift“ als auch eine „elektronische Adresse“ in das Aktienregister einzutragen. Wie im Rahmen der bisherigen Fassung kann als „Postanschrift“ des Aktionärs dabei neben dessen postalischer Privatadresse insbesondere auch eine Büroadresse angegeben werden.336 Unter der „elektronischen Adresse“ ist insbesondere eine E-Mail-Adresse zu verstehen, wobei in Hinblick auf 334
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 66. Vgl. dazu Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 33. 336 Vgl. zur bisherigen Auslegung des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. insoweit statt vieler nur Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 28; zur dahingehenden Auslegung des neugefassten § 67 Abs. 1 S. 1 AktG vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57. 335
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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in Zukunft möglicherweise vorhandene anderweitige elektronische Adressen jedoch bewusst eine offene Formulierung gewählt wurde.337 Voraussetzung für die Tauglichkeit einer solchen anderweitigen elektronischen Adresse i.S.d. § 67 Abs. 1 AktG sollte dabei sein, dass diese der Gesellschaft auch technisch für eine unmittelbare Kommunikation mit dem Aktionär offen steht. Insbesondere die nur den Depotbanken für Benachrichtigen an den Aktionär zur Verfügung stehenden „E-Postfächer“ stellen daher – jedenfalls nach ihrer derzeitigen technischen Ausgestaltung – beispielsweise keine geeigneten „elektronischen Adressen“ i.S.d. § 67 Abs. 1 S. 1 AktG dar. Konsequenterweise werden diese in der Gesetzesbegründung anders als noch im Rahmen der Begründung zum Referentenentwurf ARUG II auch nicht mehr als Alternative zur E-Mail-Adresse aufgeführt. Eine E-Mail-Adresse konnte auch bereits vor der Überarbeitung des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG im Rahmen des ARUG II in das Aktienregister eingetragen werden.338 Anders als nach der neuen Fassung standen die postalische Anschrift und die E-Mail-Adresse des Aktionärs zuvor allerdings nicht gleichrangig nebeneinander und mussten insofern nicht beide kumulativ angegeben werden. Vielmehr wurde der Eintragung einer E-Mail-Adresse in das Aktienregister bislang entweder der Charakter einer bloß zusätzlichen Kürangabe beigemessen oder aber es wurde davon ausgegangen, dass die Angabe einer postalischen Adresse durch die Eintragung einer E-Mail-Adresse ersetzt werden könne.339 Die Neuregelung des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG fordert nunmehr eindeutig grundsätzlich die Eintragung beider Adressen. Sofern ein Aktionär über mehrere elektronische Adressen verfügt, soll die Angabe einer solcher genügen.340 Außerdem besteht eine entsprechende Pflicht zur Eintragung der elektronischen Adresse naturgemäß nur dann, wenn eine solche auch vorhanden und der Gesellschaft bekannt ist.341 Auch für den Namensaktionär soll durch die Änderung des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG keine Pflicht zur Einrichtung einer elektronischen Adresse geschaffen werden. Sofern der Aktionär über eine E-Mail-Adresse bzw. sonst eine „elektronische Adresse“ i.S.d. § 67 Abs. 1 S. 1 AktG verfügt, soll der Gesellschaft ausweislich
337
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57 mit Verweis auf BT-Drs. 14/4051, S. 11. 339 Vgl. insoweit in Bezug auf § 67 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. für die Einordnung der E-MailAdresse als „Kürangabe“ zusätzlich zur postalischen Anschrift: Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 14 („ergänzend auch die E-Mail-Adresse“); Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 7 („Die alleinige Angabe einer E-Mail-Adresse dürfte […] nicht ausreichend sein“); für die Möglichkeit der Eintragung der E-Mail-Adresse anstelle einer postalischen Anschrift: Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 7 („auch E-Mail-Adresse genügt“) und Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, § 67 AktG Rn. 7 („[…] E-Mail-Adresse wird als ausreichend angesehen, sofern nicht aus besonderen Gründen eine zustellungsfähige Anschrift erforderlich ist“); etwas unklar insoweit: Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 28 („neben der postalischen Anschrift“). 340 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57. 341 Ebd. 338
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
der Gesetzesbegründung allerdings grundsätzlich ein klagbarer Anspruch auf Mitteilung derselben nach § 67 Abs. 1 S. 2 AktG zustehen.342 b) Überarbeitung des § 67 Abs. 2 AktG Zur Anpassung des formellen Aktienregisters an die neue Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG wurde auch die Regelung zur Wirkung der Eintragung im Aktienregister aus § 67 Abs. 2 AktG überarbeitet. Sprachliche Änderung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG Die Umformulierung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG soll insbesondere in Hinblick auf § 67d AktG deutlich machen, dass sich die mit der Eintragung in das Aktienregister verbundene „unwiderlegbare Vermutung“343 bloß auf die „Rechte und Pflichten“ des Aktionärs, nicht aber auch auf die Aktionärseigenschaft (i.S.d. § 67d AktG) auswirkt.344 Die ehemalige Formulierung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG a.F., wonach der Eingetragene – im Verhältnis zur Gesellschaft – „als Aktionär“ gilt, hätte zu der Fehlinterpretation verleiten können, dass die formelle Eintragung einer Person in das Aktienregister auch dazu führt, dass eben diese Person als der nach § 67d Abs. 1 AktG zu identifizierende Aktionär behandelt wird. Indes soll die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG gerade den „wahren“ Aktionär und nicht bloß den rein „formellen“ Registeraktionär i.S.d. § 67 Abs. 2 S. 1 AktG aufdecken, wobei es sich bei dem „formellen Aktionär“ i.S.v. § 67 Abs. 2 S. 1 AktG praktisch ja oftmals um einen – etwa als Legitimationsaktionär eingetragenen – bloßen Intermediär handelt. Inhaltlich soll die Umformulierung der Regelung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG ansonsten keinerlei Änderungen mit sich bringen.345 Änderung des § 67 Abs. 2 S. 3 AktG Die Änderung im Rahmen des § 67 Abs. 2 S. 3 AktG ist im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Regelung zum Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 342
Ebd. Die genaue dogmatische Einordnung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG ist nicht ganz unumstritten: Mittlerweile wird § 67 Abs. 2 S. 1 AktG ganz herrschend als „unwiderlegbare Vermutung“ eingestuft, vgl. insoweit etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 51; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 18; Heinrich, in: Heidel, AktR, § 67 AktG Rn. 28; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 13; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, § 67 AktG Rn. 14; Laubert, in: Hölters, AktG, § 67 Rn. 12; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 68; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 12 Rn. 5; insbesondere in der älteren Rechtsprechung wurde § 67 Abs. 2 S. 1 AktG hingegen entsprechend der bisherigen Formulierung („gilt“) oftmals als Fiktion bezeichnet, vgl. insoweit RGZ 79, 162, 164; RGZ 86, 154, 157; RGZ 86, 160, 161. Anlässlich der Umformulierung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG im Zuge des ARUG II ist mit dem Wegfall der Formulierung „gilt“ insofern wohl auch ein Argument für eine Einordnung der Vorschrift als Fiktion weggefallen. 344 Vgl. zur dahingehenden Zielrichtung der Anpassung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57 f. 345 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58. 343
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u. 3 AktG zu sehen. Der Eintritt eines zeitweisen Stimmrechtsverlusts für den Fall der Nichterfüllung eines entsprechenden Auskunftsanspruchs wird der Gesellschaft dergestalt zur Disposition gestellt, dass hierfür neben dem Fristablauf als zusätzliche Voraussetzung nunmehr auch noch eine entsprechende Androhung seitens der Gesellschaft vorliegen muss. Das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG wird dadurch insofern zugunsten der Gesellschaft gestärkt, als diese ihre Ansprüche nun auch ohne das unter Umständen unerwünschte Risiko eines damit einhergehenden Stimmrechtsverlusts als „scharfe[s] und mitunter Rechtsunsicherheit auslösende[s] Mittel“ geltend machen kann.346 c) Neufassung des § 67 Abs. 3 AktG Mit der Neufassung der vormaligen Regelung des § 67 Abs. 3 AktG a.F. als neuer § 67 Abs. 3 S. 1 AktG soll keine inhaltliche Änderung, sondern bloß die Klarstellung dessen bewirkt werden, dass Löschungen und Neueintragungen im Aktienregister nicht nur unmittelbar beim Übergang einer Aktie, sondern auch später auf Mitteilung und Nachweis hin erfolgen können.347 Insbesondere soll (weiterhin) keine aktive Anmeldepflicht der Beteiligten im Falle des Aktienübergangs bestehen.348 Mit der Neuregelung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG, gemäß derer die Gesellschaft eine Eintragung im Aktienregister auch aufgrund einer Mitteilung nach § 67d Abs. 4 AktG vornehmen kann, werden das formelle Namensaktienregister nach § 67 AktG und die Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG ein Stück weit miteinander verknüpft. Der Gesetzgeber möchte es börsennotierten Namensaktiengesellschaften mit der Regelung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG insoweit ermöglichen, dass die beiden „parallele[n] Register“ auf Wunsch jedenfalls teilweise zusammengeführt werden können.349 Die Regelung ist bewusst als bloße Option der Gesellschaft (vgl. insoweit bereits die Formulierung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG: „kann“) ausgestaltet worden.350 Sinnvoll ist dies insbesondere deshalb, weil eine vollständige Angleichung der beiden Register praktisch mit einigen nicht unerheblichen Schwierigkeiten behaftet wäre: In Bezug auf „normale“ Registeränderungen gemäß § 67 Abs. 3 S. 1 AktG gewährleistet die Abwicklung über den Zentralverwahrer Clearstream, dass die Neueintragung eines Aktionärs im Aktienregister gleichsam auch mit der Löschung des vorherigen Besitzers eben jener Aktien einhergeht.351 Im Unterschied hierzu 346
Ebd. Ebd. 348 Ebd. 349 Vgl. hierzu Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58. 350 Ebd. 351 Vgl. Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 106; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 68; dabei gewährt das seitens Clearstream genutzte EDV-System „CASCADE-RS“ eine vollelektronische Abwicklung, vgl. Maul, in: Beck’sches Handbuch AG, § 3 Rn. 24. 347
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
droht bei den nun zusätzlich möglichen Aktualisierungen des Aktienregisters aufgrund von § 67 Abs. 3 S. 2 AktG i.V.m. § 67d Abs. 4 AktG die Gefahr, dass es zu einer Neueintragung eines über § 67d AktG identifizierten Aktionärs kommt, ohne dass dabei gleichzeitig auch der hierfür vormals eingetragene Intermediär aus dem Aktienregister gelöscht wird. Voraussetzung einer Zusammenführung der Registerdaten gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG sollte daher grundsätzlich ein Abgleich der nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Daten mit der Datenübermittlung aus den Settlementsystemen sein.352 Nimmt die Gesellschaft die Neueintragung eines Aktionärs aufgrund von § 67 Abs. 3 S. 2 AktG vor, kann eine damit korrespondierende Löschung des bisher eingetragenen Intermediärs unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 5 AktG bewirkt werden. Praktisch wesentlich erleichtert werden könnte die Prozedur einer Aktualisierung des formellen Aktienregister aufgrund von nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten dabei durch eine – insoweit auch bereits vom Gesetzgeber angedachte – Wiedereinführung von Aktiennummern.353 Ein weiterer Grund, der die Verknüpfung des Namensaktienregisters mit dem informellen „Abfrageregister“ aus § 67d AktG nicht ganz unproblematisch macht, liegt darin, dass die mithilfe von § 67d AktG gewonnenen Informationen stets nur eine punktuelle „Momentaufnahme“ der Aktionäre darstellen. Insoweit könnte sich zur Aktualisierung des formellen Aktienregisters aufgrund der nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten konkret eine Nutzung von Umschreibestopps anbieten.354 Auf diese Weise könnte die Gesellschaft grundsätzlich bewirken, dass sich die Zuordnung der Aktien zwischen einem Identifikationsersuchen nach § 67d AktG und einer anschließenden Angleichung des Aktienregisters gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG nicht bereits wieder geändert hat. Darüber hinaus wird eine Lösung dieser und weiterer Probleme rund um die Verknüpfung der beiden Register vom Gesetzgeber ausdrücklich weitgehend der Praxis selbst überlassen.355 Bis zur Entwicklung hinreichend sicherer Lösungen ist insofern eine besonnene Nutzung der Möglichkeiten des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG von Seiten der Gesellschaften das Gebot der Stunde. Die im Vergleich zum ursprünglichen Referentenentwurf ARUG II bewusst ausdrücklichere Formulierung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG als bloße Option und keineswegs als Pflicht der Gesellschaft, wofür sich viele Stimmen aus der Praxis ausgesprochen hatten,356 ermöglicht bis zur 352
So auch bereits Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58. Ebd. 354 So auch im Rahmen der Gesetzesbegründung angedacht, vgl. Begr. RegE ARUG II, BTDrs. 19/9739, S. 58; vgl. zur Möglichkeit eines solchen Umschreibe- bzw. Eintragungsstopps instruktiv etwa Baums, FS Hüffer (2010), 15; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 28 ff. 355 Vgl. insoweit Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 58 („Die Details sollen der Praxis überlassen bleiben, […]“). 356 Vgl. insoweit etwa Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859, die sich in Bezug auf § 67 Abs. 3 S. 2 AktG-E RefE ARUG II für eine Klarstellung dahingehend ausgesprochen hatten, dass für Änderungen des Aktienregisters aufgrund von § 67d AktG „kein entsprechender Zwang“ der 353
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Entwicklung überzeugender praktischer Lösungen insofern einen vorerst zurückhaltenden Gebrauch der Möglichkeit des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG. d) Änderungen des § 67 Abs. 4 AktG In Bezug auf die Regelung des § 67 Abs. 4 AktG hat es der Gesetzgeber entgegen des ursprünglichen Referentenentwurfs ARUG II letztlich bei einigen kleineren Änderungen belassen. Als Anpassung an die neu eingeführten Regelungen aus §§ 67a ff. AktG wurden der in § 67 Abs. 4 AktG a.F. bisher verwendete Begriff des „Kreditinstitut[s]“ (vgl. § 67 Abs. 4 S. 1 u. 7 AktG a.F.) sowie die Formulierung des depotführenden „Instituts“ (vgl. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG a.F.) durch den allgemeineren Begriff des Intermediärs i.S.d. § 67a Abs. 4 AktG ersetzt. Als Folgeänderung der Streichungen des ehemaligen § 128 AktG a.F. sowie des bisherigen § 125 Abs. 5 AktG a.F. wurde außerdem die Regelung des § 67 Abs. 4 S. 6 AktG a.F. aufgehoben und im Rahmen des neuen § 67 Abs. 4 S. 6 AktG die Wörter „und nach § 128“ AktG gestrichen. Bedeutsam sind mit Blick auf die Überarbeitung des § 67 Abs. 4 AktG daher letztlich vielmehr diejenigen Änderungen, welche ursprünglich im Referentenentwurf ARUG II vorgesehen waren, dann aber später verworfen worden sind: Als erstes hat sich der deutsche Gesetzgeber abweichend zum ursprünglichen Referentenentwurf ARUG II letztlich für eine Beibehaltung der Regelungen aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG entschieden.357 Das darin vorgesehene Auskunftsverfahren besteht damit nun parallel zum neuen Informationsanspruch aus § 67d Abs. 1 AktG. Als „teilweise Angleichung“ an die neue Regelung des § 67d Abs. 1 AktG muss das Auskunftsverlangen nach § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 AktG nunmehr ebenfalls „unverzüglich“ – anstelle „innerhalb einer angemessenen Frist“ – beantwortet werden. Darüber hinaus wurde das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG inhaltlich nicht geändert, wobei insbesondere über „Treuhandverhältnisse oder andere schuldrechtliche Vereinbarungen“ seitens der Gesellschaft auch weiterhin keine Auskunft verlangt werden können soll.358 Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der Überarbeitung des § 67 Abs. 4 AktG letztlich für eine Beibehaltung der „Platzhalterregelung“ auch für börsennotierte Gesellschaften entschieden. Die mit dem neuen Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG weiter verbesserten Möglichkeiten zur Offenlegung konzeptionell grundsätzlich sämtlicher hinter den in das Aktienregister eingetragenen Intermediären stehenden Aktionäre stellen die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit eines Festhaltens an der Praxis der sog. Platzhaltereintragungen auf Gesellschaft bestehe; der DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2019, 12, 12 hatte sich sogar noch deutlicher für eine Streichung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG-E RefE ARUG II ausgesprochen. 357 Vgl. § 67 AktG-E RefE ARUG II, wobei hier eine Streichung eben jenes Anspruchs aus § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 AktG vorgesehen war. 358 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59.
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den ersten Blick durchaus in Frage. Konkret wegen der nach § 67 Abs. 3 S. 2 AktG vorgesehenen Möglichkeit zur Eintragung der nach § 67d AktG identifizierten Aktionäre in das Aktienregister könnte die Möglichkeit der Eintragung eines Intermediärs als „Platzhalter“ insoweit an Bedeutung verlieren. Aus diesem Grund war im Referentenentwurf ARUG II zunächst auch eine Abschaffung eben jener Platzhalterregelung vorgesehen gewesen.359 Eine durchaus erheblich Bedeutung dieser Regelung folgt für die Praxis allerdings nach wie vor insbesondere daraus, dass diese die Grundlage des von einer Vielzahl der Namensaktiengesellschaften genutzten Verfahrens der „Automatischen Umschreibungen auf den Legitimationsaktionär“ (kurz: „ALU“) bildet. Bei diesem durch Clearstream praktizierten Verfahren werden Umschreibungen im Aktienregister nicht unmittelbar von einem Aktionär auf den nächsten Aktionär durchgeführt, sondern die Aktien des auszutragenden Aktionärs vorläufig einem depotführenden Kreditinstitut zugewiesen. Nach der Eintragung des Neuaktionärs werden die dem jeweiligen depotführenden Kreditinstitut kurzzeitig zugewiesenen Aktien dann wieder gelöscht. Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die Altaktionäre grundsätzlich direkt und nicht erst bei der – praktisch oftmals erst einige Tage später erfolgenden – Eintragung des Neuaktionärs aus dem Aktienregister ausgetragen werden können. Insofern führt das „ALU“-Verfahren dazu, dass jedenfalls die Austragung der Aktionäre aus dem Register weitgehend tagesaktuell erfolgt. Aufgrund dieser Erwägungen bzw. als Reaktion auf insoweit aus der Praxis vorgebrachte Bedenken, hat sich der Gesetzgeber im Rahmen des ARUG II daher letztlich doch für die Beibehaltung der Platzhalterregelung entschieden.360 In Bezug auf die damit weiterhin zulässigen Eintragungen der depotführenden Intermediäre als Platzhalter wird vom Gesetzgeber allerdings angemahnt, dass es sich bei solchen Eintragungen grundsätzlich nur um vorübergehende Eintragungen handeln sollte.361 Eine gegenläufige Praxis, eine Eintragung als Platzhalter dauerhaft bestehen zu lassen, ist derzeit besonders – nicht aber ausschließlich – bei ausländischen Kreditinstituten verbreitet.362 Wenngleich die Eintragung eines Intermediärs als Platzhalter somit grundsätzlich rechtlich zulässig bleibt, könnte diesbezüglich nunmehr immerhin die Neuregelung des § 67d AktG in Verbindung mit der Option des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG unter Umständen zu einer gewissen Verringerung der Fremdeintragungen – jedenfalls in Bezug auf europäische Intermediäre –363 führen.
359
Vgl. § 67 AktG-E RefE ARUG II. Insoweit wird auch in Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59 zur Beibehaltung der „Platzhalterregelung“ auf die diesbezüglichen Stellungnahmen der Praxis verwiesen. 361 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59. 362 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6. 363 Vgl. zu den in Bezug auf Intermediäre von außerhalb der EU bzw. des EWR zu befürchtenden Schwierigkeiten bei der praktischen Durchsetzbarkeit der Aktionärsidentifikation bereits oben Teil 2 A. I. 3. 360
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3. Die Regelung des § 67e AktG zum Datenschutz Mit § 67e AktG („Verarbeitung und Berichtigung personenbezogener Daten der Aktionäre“) sieht das Aktiengesetz eine neue Regelung in Bezug auf den datenschutzrechtlichen Umgang mit personenbezogenen Aktionärsdaten vor. Ihrem Anwendungsbereich nach bezieht sich die Vorschrift des § 67e AktG anders als die §§ 67a – 67d AktG sowohl auf börsennotierte als auch auf nicht börsennotierte Gesellschaften.364 Der Regelungsbereich des § 67e AktG beschränkt sich überdies nicht auf die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG, sondern betrifft die Verarbeitung personenbezogener Daten allgemein, sodass insbesondere auch die in §§ 67a – 67c AktG geregelten Verfahren der Informationsübermittlung sowie zur Rechtsausübungserleichterung erfasst werden. Allerdings dient die Vorschrift des § 67e AktG im Besonderen der Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a Abs. 4 – 6 ARRL.365 Auch faktisch kommt der Regelung gerade im Zusammenhang mit dem Verfahren der Aktionärsidentifikation eine besondere Bedeutung zu. a) Grundsätzliche Erlaubnis zur Verwendung von Aktionärsdaten im Rahmen der Prozesse nach §§ 67a ff. AktG Mit der Regelung des § 67e Abs. 1 AktG wird den Gesellschaften und Intermediären die in datenschutzrechtlicher Hinsicht nötige Erlaubnis zur Erfüllung ihrer diversen Pflichten aus §§ 67a – 67f AktG erteilt und insofern insbesondere die Richtlinienvorgabe aus Art. 3a Abs. 4 UAbs. 1 ARRL umgesetzt.366 Zulässig ist eine Verarbeitung der Aktionärsdaten „für die Zwecke der Identifikation, der Kommunikation mit den Aktionären, den Gesellschaften und den Intermediären, der Ausübung der Rechte der Aktionäre, der Führung des Aktienregisters und für die Zusammenarbeit mit den Aktionären“, § 67e Abs. 1 AktG. Entsprechend der seitens des deutschen Gesetzgebers vorgesehenen sehr weitgehenden Zulässigkeit einer Einbeziehung Dritter in die besagten Prozesse erstreckt sich die Erlaubnis nach § 67e Abs. 1 AktG überdies grundsätzlich auch auf diese.367 Für den Begriff des Verarbeitens wird in der Gesetzesbegründung auf die diesbezügliche Definition aus Art. 4 Nr. 2 EU-DSGVO verwiesen, sodass insbesondere auch das Erheben und die Speicherung personenbezogener Daten erfasst sind.368
364 365 366 367 368
So ausdrücklich Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68 f. Ebd. So auch Stiegler, WM 2019, 620, 627. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 69.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
b) Zum Umfang der datenschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 67e Abs. 1 AktG – insbesondere zur Frage nach der Zulässigkeit einer Verwendung der über § 67d AktG abgefragten Aktionärsdaten für Investor Relations-Maßnahmen und zu Werbezwecken Die in § 67e Abs. 1 AktG erfolgende Auflistung der verschiedenen Zwecke, zu denen eine Datenverarbeitung durch die Gesellschaft und die Intermediäre zulässig sein soll, ist dem Wortlaut nach recht allgemein gehalten. Auslegungsbedürftig erscheint insofern insbesondere, welche Maßnahmen von Seiten der Gesellschaft genau unter die gemäß § 67e Abs. 1 AktG zulässige „Kommunikation“ sowie die „Zusammenarbeit“ mit den Aktionären fallen. In der Gesetzesbegründung wird hierzu ausgeführt, dass den Gesellschaften (und Intermediären) mit § 67e Abs. 1 AktG ein „für die Erfüllung der Pflichten aus den neuen §§ 67a bis 67f AktG erforderliche[s] Recht“ eingeräumt wird.369 Wie die im Aktienregister einer Namensaktiengesellschaft vorhandenen Daten dürfen auch die mithilfe der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG offengelegten Daten insoweit jedenfalls zur Erfüllung der gesetzlich zwingend vorgegebenen Informationspflichten verwendet werden, konkret also insbesondere zur Übermittlung von Informationen zu Unternehmensereignissen i.S.d. § 67a Abs. 6 AktG i.V.m. Art. 1 Nr. 3 ARRL-DVO. Keine ausdrückliche Klarstellung enthalten der Wortlaut des § 67e AktG oder die diesbezügliche Gesetzesbegründung hingegen dazu, inwieweit die Gesellschaften die Informationen auch zu anderen Zwecken der „Kommunikation“ oder der „Zusammenarbeit mit den Aktionären“ nutzen dürfen, also soweit diese nicht gemäß §§ 67a ff. AktG gesetzlich zur Informationsübermittlung verpflichtet sind. Im Vergleich zu der in etwa vergleichbaren Regelung des § 67 Abs. 6 S. 4 u. 5 AktG über den zulässigen Umgang mit den aus dem Namensaktienregister stammenden personenbezogenen Aktionärsdaten fällt auf, dass § 67e AktG eine ausdrückliche Klarstellung konkret insbesondere dazu fehlt, ob – und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen – die nach §§ 67a ff. AktG verarbeiteten Aktionärsdaten von der Gesellschaft – oder gar von den Intermediären – auch für (Produkt-)Werbung sowie jedenfalls zur Investor Relations-Pflege genutzt werden dürfen. In § 67 Abs. 6 S. 4 AktG wird in Bezug auf in das Aktienregister eingetragene Aktionärsdaten sowie in Bezug auf mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegte Informationen ausdrücklich geregelt, dass eine Datenverwendung „zur Werbung für das Unternehmen“ zulässig sein kann. Der Begriff der „Werbung“ ist im Rahmen des § 67 Abs. 6 S. 4 AktG dabei inhaltlich weit zu verstehen und erfasst insbesondere ein Werben für Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens.370 Insofern darf die Aktiengesellschaft die im formellen Aktienregister erfassten Personen grundsätzlich als Adressaten für Werbung 369
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68 f. Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 167; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 216; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 43. 370
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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für selbst produzierte Produkte, Dienstleistungen und ähnliches nutzen.371 Diesbezüglich ist sogar eine konzernweite Weitergabe der Aktionärsdaten rechtlich zulässig.372 Andererseits regelt § 67 Abs. 6 S. 4 AktG gleichsam die Möglichkeit eines Widerspruchs des Aktionärs gegen eine entsprechende Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu Werbezwecken. Eine Nutzung der Aktionärsdaten für Investor Relations-Maßnahmen ist bereits nach § 67 Abs. 6 S. 3 AktG zulässig und unterfällt insofern nicht der Sonderregelung zur Werbenutzung aus § 67 Abs. 6 S. 4 AktG.373 Die explizite Regelung über die zulässige Art der Verwendung der Registerdaten in § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG war dabei nachträglich im Zuge des NaStraG eingeführt worden. Für das sich nunmehr aus § 67d AktG ergebende informelle „Abfrageregister“ ist eine entsprechend explizite Regelung in Bezug auf eine Datennutzung speziell zur Investor Relations-Pflege sowie zu Werbezwecken (derzeit) nicht vorgesehen. Eine Auslegung, wonach die Nutzung der aufgrund von § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Daten zur Investor Relations-Pflege und zu Werbezwecken unter die in § 67e Abs. 1 AktG als zulässig erklärten Zwecke etwa der „Kommunikation“ oder der „Zusammenarbeit“ mit den Aktionären fällt, erscheint durchaus möglich, aber nicht zwingend. Mangels einer ausdrücklichen, zweifelsfreien Regelung im Rahmen des § 67e AktG bedarf insofern die Frage der Klärung, inwieweit eine Nutzung der Aktionärsdaten zur Investor Relations-Pflege und zu Werbezwecken zulässig ist, sofern es sich nicht um in das formelle Aktienregister nach § 67 AktG eingetragene oder nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegte Aktionärsdaten handelt, sondern die Kontaktdaten der Aktionäre „nur“ mithilfe des in § 67d AktG neu vorgesehenen Informationsanspruchs offengelegt worden sind. Angesichts dessen, dass die Regelung des § 67e AktG der Umsetzung der ARRL II dient, sind die Richtlinienvorgaben auch für die Auslegung des § 67e AktG von wesentlicher Bedeutung. Insofern bedarf es der Klärung, ob immerhin die Vorgaben der ARRL II einen Rückschluss darauf zulassen, ob die zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben verwendeten Aktionärsdaten von den Gesellschaften oder den Intermediären etwa auch zur Produktwerbung verwendet werden dürfen. Eine explizite Aussage hierzu findet sich allerdings weder unmittelbar im Rahmen der Richtlinienvorgaben noch in den diesbezüglichen Erwägungsgründen. Ziel der Art. 3a ff. ARRL, insbesondere der Aktionärsidentifikation gemäß Art. 3a ARRL, ist, durch die Förderung vor allem der unmittelbaren Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär eine stärkere Involvierung der Aktionäre zu bewirken, wodurch wiederum eine vermehrte Ausübung der Aktionärsrechte erreicht und somit letztlich die Kontroll- und Überwachungsfunktion der Aktionäre gegen371
Heinrich, in: Heidel, AktR, § 67 AktG Rn. 72; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 214; Noack, DB 2001, 27, 29. 372 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 214. 373 Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 165; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 56.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
über der Unternehmensleitung gestärkt werden soll. Das vordergründige Ziel der ARRL II besteht insofern keinesfalls darin, zugunsten der börsennotierten Gesellschaften – oder gar den Intermediären – weitere Werbeadressaten zu generieren. Insofern erscheint es zunächst naheliegender, dass die Gesellschaften die mithilfe des § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten jedenfalls nicht auch zur Werbung für das eigene Unternehmen oder die eigenen Produkte nutzen dürfen. Für die Intermediäre, denen gegenüber es zu einer Offenlegung der Daten kommt, gilt dies erst recht. Allerdings ist es den Mitgliedstaaten nach Art. 3a Abs. 4 UAbs. 3 ARRL ausdrücklich freigestellt, eine Verarbeitung der über Art. 3a ARRL offengelegten personenbezogenen Daten auch zu „anderen Zwecken“ als zur Förderung der unmittelbaren Kommunikation zwecks Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung und zur Förderung der Zusammenarbeit der Aktionäre mit der Gesellschaft zu erlauben. Eine explizite Erlaubnis des deutschen Gesetzgebers, nach § 67d AktG offengelegte personenbezogene Daten auch für Werbezwecke zu verwenden, ist im ARUG II insoweit allerdings nicht vorgesehen. Zu berücksichtigen könnte diesbezüglich sein, dass dem Gesetzgeber im Rahmen des ARUG II an einer gewissen Verknüpfung der in § 67d AktG geregelten Aktionärsidentifikation mit dem formellen Namensaktienregister aus § 67 AktG gelegen war. So können Änderungen im Namensaktienregister gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG insbesondere auch auf entsprechende Mitteilungen nach § 67d Abs. 4 AktG gestützt werden. Spätestens dann, wenn die durch eine Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten über § 67 Abs. 3 S. 2 AktG in das formelle Aktienregister eingeflossen sind, könnten diese gemäß § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG (bei Fehlen eines entsprechenden Widerspruchs des Aktionärs) grundsätzlich von der Gesellschaft sowohl zur Investor Relations-Pflege als auch zu Werbezwecken verwendet werden. Eine unterschiedliche Behandlung der im Aktienregister gesammelten Daten danach, ob diese entweder mithilfe einer Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG offengelegt worden waren oder aber „konventionell“ über § 67 AktG, würde der vom Gesetzgeber gewünschten Möglichkeit einer Verknüpfung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG mit dem formellen Aktienregister nach § 67 AktG zuwiderlaufen bzw. diese jedenfalls sehr verkomplizieren. Die nach § 67d AktG gewonnen Daten könnten dann zwar formal in das Aktienregister inkorporiert werden, würden aber gewissermaßen zu einem „Parallelregister“ im Aktienregister führen und so faktisch eine Spaltung desselben bewirken. Insofern sprechen sehr gewichtige Argumente dafür, eine Nutzung auch der aufgrund von § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten für Investor Relations- und Werbemaßnahmen jedenfalls dann zuzulassen, wenn diese gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG in das Aktienregister eingetragen wurden. Dass erst die (fakultative) Eintragung der nach § 67d AktG gewonnen Aktionärsdaten in das Aktienregister eine Nutzung dieser Informationen zu Werbezwecken ermöglichen sollte, erscheint wertungsmäßig nicht überzeugend. Unter diesem Aspekt sprechen gute Gründe für eine generelle Auslegung der Befugnis der Ge-
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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sellschaft zur Nutzung der nach § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten entsprechend der Regelungen aus § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG. Hierfür spricht insbesondere, dass auch die mithilfe eines Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegten Aktionärsinformationen gemäß § 67 Abs. 6 S. 3 u. 4 AktG von der Gesellschaft zur Investor Relations-Pflege und grundsätzlich auch zur Werbung genutzt werden dürfen, ohne dass hierfür eine formelle Eintragung der Daten in das Aktienregister erforderlich wäre. Würde man annehmen, dass eine Gesellschaft zwar die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegten Aktionärsinformationen zur Investor Relations-Pflege und zu Werbezwecken nutzen kann, die mithilfe des Informationsanspruchs aus § 67d AktG gewonnenen Informationen allerdings nicht entsprechend nutzen darf, könnte dies zu folgendem befremdlichen Ergebnis führen: So müsste eine börsennotierte Namensaktiengesellschaft, die einen nicht selbst in das Aktienregister eingetragenen Aktionär bereits mithilfe des Anspruchs aus § 67d AktG in Erfahrung gebracht hat, diesen noch ein zusätzliches Mal – mühsam und kostenpflichtig – mithilfe des Verfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offenlegen lassen, wenn diese die bereits vorhandenen Informationen für Investor Relations-Maßnahmen oder zu Werbezwecken nutzen möchte. Ein entsprechendes Beharren von Seiten eines Namensaktionärs, die Gesellschaft müsse gemäß § 67d AktG bereits offengelegte Daten erst noch einmal zusätzlich mithilfe des Auskunftsverfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG von den Intermediären erfragen, bevor diese ihn im Rahmen der Investor Relations-Pflege kontaktieren dürfe, würde sich dabei unter Umständen wohl sogar dem Einwand der Treuwidrigkeit (dolo agit qui petit, quot statim rediturus est) ausgesetzt sehen müssen. Dies müsste jedenfalls dann gelten, wenn man der herrschenden Auffassung folgt, dass sich die Aktionäre Investor Relations-Maßnahmen – anders als den in § 67 Abs. 6 S. 4 AktG gesondert geregelten Werbemaßnahmen – nicht einmal durch einen hiergegen gerichteten Widerspruch erwehren können.374 In Bezug auf Namensaktionäre sprechen somit gewichtige Gründe dafür, eine Befugnis der Gesellschaft zur Verwendung der mithilfe von § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten für Investor Relations-Maßnahmen und auch zu Werbezwecken zu bejahen.375 Eine Andersbehandlung von Inhaberaktionären und Namensaktionären ist weder im Rahmen des § 67d AktG noch in § 67e AktG vorgesehen. Dementsprechend erscheint es überzeugend, dass auch Inhaberaktiengesellschaften die nach § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten unter Beachtung allgemeiner datenschutzrechtlicher Grenzen grundsätzlich zur Investor Relations-Pflege und 374
Insoweit geht etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 AktG Rn. 169 systematisch überzeugend davon aus, dass sich die in § 67 Abs. 6 S. 4 AktG geregelte Möglichkeit eines Widerspruchs bloß auf die eben hier geregelten Werbemaßnahmen, nicht aber auch auf Maßnahmen i.S.d. § 67 Abs. 6 S. 3 AktG (insbesondere Investor Relations-Maßnahmen) bezieht; wohl abweichend allerdings Begr. RegE BT-Drs. 14/4051, S. 12. 375 In diesem Sinne wohl auch Koschmieder, DB 2019, 2113, 2116 jedenfalls in Bezug auf eine Datennutzung zur Investor Relations-Pflege (als nach § 67e AktG gerechtfertigte Kommunikation jenseits der Erfüllung gesetzlicher Pflichtmitteilungen wird hier beispielhaft eine „Übermittlung von Finanzpublikationen oder Aktionärsmagazinen“ genannt).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
überdies sogar zu Werbezwecken einsetzen dürfen, sofern die Aktionäre solchen Werbemaßnahmen nicht entsprechend § 67 Abs. 6 S. 4 AktG widersprechen. Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer Nutzung ausschließlich mithilfe von § 67d AktG gewonnener Aktionärsdaten zur Investor Relations-Pflege sowie zu Werbezwecken könnte man mit Blick auf § 67 Abs. 6 S. 3 u. 4 AktG andererseits einen Umkehrschluss (argumentum e contrario) dergestalt bemühen, dass das Fehlen einer entsprechend ausdrücklichen Regelung im Rahmen der §§ 67a ff. AktG auf das Nichtbestehen einer entsprechenden Nutzungsbefugnis hindeute. Überzeugend erscheint eine solche Argumentation indes nicht. Vielmehr wird der Gesetzgeber eine Nutzung der nach § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten zur Investor RelationsPflege sowie zu Werbezwecken – bzw. die Sinnhaftigkeit einer dahingehenden ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung – schlicht nicht hinreichend bedacht haben.376 Schließlich könnte im Rahmen der Nutzungsbefugnis bezüglich der nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten auch eine differenzierte Beurteilung einerseits mit Blick auf Investor Relations-Maßnahmen und andererseits bezüglich Werbemaßnahmen denkbar sein. So erscheint eine Nutzung der mithilfe des § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsinformationen zur Investor Relations-Pflege den Zielen der ARRL II eher nahezukommen als eine rein kommerzielle Werbung der Gesellschaft für deren Produkte und Dienstleistungen. Gegen eine unterschiedliche Behandlung der Investor Relations-Pflege einerseits und Werbemaßnahmen andererseits spricht allerdings, dass Investor Relations-Maßnahmen – im Sinne einer „Werbung für die Aktie“377 – praktisch nicht immer ganz zweifelsfrei von einer Werbung (auch) für Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens abgrenzbar sind.378 Zwingend ist dieses Argument insbesondere mit Blick auf die diesbezüglich sehr wohl differenzierende Regelung aus § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG aber nicht. Neben der Argumentation, dass in Bezug auf Namensaktiengesellschaften ein weitgehender Gleichlauf der Nutzungsbefugnisse nach § 67e AktG mit der für das Aktienregister vorgesehenen Regelung des § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG sinnvoll ist, könnte auch die Anwendbarkeit des § 67e AktG auf die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft für eine weite Auslegung der hiernach zulässigen „Kommunikation“ sprechen. Sofern man davon ausgehen würde, dass unter die nach § 67e AktG zulässige „Kommunikation“ bloß die Erfüllung der Informationspflichten aus §§ 67a – 376 Insoweit finden sich jedenfalls in der Gesetzesbegründung keinerlei Ausführungen zu einer etwaigen Nutzung der nach § 67d AktG gewonnenen Aktionärsdaten insbesondere zu Werbezwecken. 377 Vgl. zum wenig konturierten Begriff der „Investor Relations“ Noack, DB 2001, 27, 28; nach von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 129 ist hierunter ein „umfassendes Marketing für die Aktie“ zu verstehen. 378 Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 43 („Die Grenzziehung zwischen Investor Relations-Maßnahmen und Werbung kann im Einzelfall schwierig sein“); Goedecke/ Heuser, BB 2001, 369, 370.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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67c AktG fällt, würde dies den Anwendungsbereich des § 67e Abs. 1 AktG in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften drastisch einschränken.379 Selbst börsennotierte Gesellschaften können die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten oft nicht ohne Weiteres zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten nutzen,380 sodass der Anwendungsbereich des § 67e AktG sehr beschränkt wäre, wenn man davon ausginge, dass die hiernach zulässige „Kommunikation“ bloß die gesetzlich zwingend vorgesehene Informationsübermittlung und nicht auch „freiwillige Kommunikation“ erfasst. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die Gesellschaft die mithilfe des § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Informationen über ihre Aktionäre grundsätzlich jedenfalls für Investor Relations-Maßnahmen nutzen darf.381 Auch mit Blick auf eine darüber hinausgehende Nutzung der Aktionärsdaten zwecks Werbung für Produkte und Dienstleistungen ist – jedenfalls für börsennotierte Namensaktiengesellschaften – ein Gleichlauf mit der Regelung des § 67 Abs. 6 S. 4 AktG angemessen. Insofern erscheint interessengerecht, dass die Gesellschaft mithilfe von § 67d AktG offengelegte Aktionärsdaten bei Ausbleiben eines Widerspruchs des Aktionärs grundsätzlich auch zur Werbung nutzen darf, ohne dass die ohnehin bereits bekannten Informationen erst noch (ein weiteres Mal) mithilfe des § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offenlegen werden oder die Informationen gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG in das formelle Aktienregister eingetragen werden müssten. Einer Nutzung der nach §§ 67a ff. AktG verarbeiteten Daten zu Werbezwecken auch von Seiten der Intermediäre stehen § 67e AktG bzw. die allgemeinen Bestimmungen des Datenschutzes indes grundsätzlich entgegen. So lässt sich schon der Gesetzesbegründung zum ARUG II an mehreren Stellen die Tendenz entnehmen, dass schon die Offenlegung der Aktionärsdaten gegenüber den nach §§ 67a ff. AktG beteiligten Intermediären weitgehend auf ein Minimum beschränkt bleiben sollte.382 c) Zeitliche Begrenzung der Datenspeicherung, § 67e Abs. 2 AktG § 67e Abs. 2 AktG enthält eine Regelung zur zeitlichen Begrenzung der Speicherung personenbezogener Aktionärsdaten. Danach dürfen Gesellschaften und 379 Vgl. in diese Richtung Koschmieder, DB 2019, 2113, 2116; zwingend ist diese Argumentation allerdings nicht, zumal die Regelung aus § 125 Abs. 5 S. 4 AktG dazu führt, dass die §§ 67a f. AktG in gewissem Umfang auch in Bezug auf nicht börsennotierte Aktiengesellschaften zur Anwendung kommen. 380 Vgl. hierzu noch ausführlich unten Teil 3 A. I. 3. e). 381 Speziell für eine Kontaktaufnahme zu den Aktionären per E-Mail sind überdies allerdings grundsätzlich die – nach h.M. insoweit auch für freiwillige Mitteilungen zu beachtenden – Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 WpHG zu berücksichtigen, vgl. hierzu näher unter Teil 3 A. IV. 2. b). 382 So wird in der Gesetzesbegründung etwa auf die Vorteile einer „end-to-end-Verschlüsselung“ hingewiesen, wodurch die Offenlegung der Aktionärsdaten gerade auch gegenüber den in der Verwahrkette beteiligten Intermediären beschränkt werden kann, vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 70.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Intermediäre, wenn diese Kenntnis darüber erlangen, dass eine Person nicht mehr Aktionär der Gesellschaft ist, die diese Person betreffenden Daten – „vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen“ – höchstens noch für zwölf Monate speichern. Zur „Kenntnis“ heißt es in der Gesetzesbegründung, dass die Frage, wann von einer solchen auszugehen sei, „nicht abstrakt“ beurteilt werden könne.383 Klargestellt wird diesbezüglich jedenfalls aber, dass insofern keine „Nachforschungspflicht“ der Gesellschaft besteht und es jedenfalls vorerst auch nicht allein ausreichen soll, wenn eine als Aktionär bekannte Person einmal nicht im Rahmen einer Anfrage nach § 67d AktG zurückgemeldet wird.384 Zugunsten eines weitreichenden Datenschutzes könnte man diskutieren, ob über den Wortlaut hinaus auch bereits ein „Kennenmüssen“ genügt, um die Jahresfrist des § 67e Abs. 2 AktG auszulösen.385 Dagegen sprechen neben dem Wortlaut sowohl der Regelung des § 67e Abs. 2 AktG sowie der dahinterstehenden Richtlinienvorgabe aus Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL allerdings Rechtssicherheitserwägungen, wobei der Zeitpunkt positiver Kenntnis regelmäßig klarer zu bestimmen sein wird als ein bloßes Kennenmüssen. Die Regelung entspricht der Richtlinienvorgabe aus Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL und schöpft den darin vorgesehenen zeitlichen Rahmen voll aus. Der ausdrückliche Vorbehalt bezüglich „anderer gesetzlicher Regelungen“ dient dazu, Konflikte mit anderen Regelungen zu vermeiden, nach denen z. T. längere Speicherfristen vorgesehen sein können.386 In der Gesetzesbegründung werden beispielhaft handels- oder steuerrechtliche Vorschriften genannt und konkret eine Qualifikation der personenbezogenen Aktionärsdaten als „sonst erforderliche Aufzeichnungen“ i.S.d. §§ 239 Abs. 1, 257 HGB nahegelegt.387 In § 67e Abs. 2 S. 2 AktG ist ein weiterer Vorbehalt für den Fall vorgesehen, dass die personenbezogenen Aktionärsdaten von der Gesellschaft für „Rechtsverfahren“ benötigt werden. Gemäß Art. 17 Abs. 3 EU-DSGVO muss eine entsprechend längere Speicherung allerdings auch in diesem Fall tatsächlich erforderlich sein. d) Die Regelung des § 67e Abs. 3 AktG; Vorrang der Aktionärsidentifikation gegenüber einem etwaigen „Bankgeheimnis“ § 67e Abs. 3 AktG dient der Umsetzung der Vorgabe des Art. 3a Abs. 6 ARRL und stellt klar, dass die Intermediäre bei der Erfüllung ihrer Pflichten aus §§ 67a ff. AktG mit der dabei vorgesehenen Offenlegung der Aktionärsdaten weder gegen gesetzliche noch gegen vertragliche Verbote verstoßen. Insofern wird in Bezug 383
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 69. Ebd. 385 Für einen Fristbeginn schon ab „Kennenmüssen“ ausdrücklich Stiegler, WM 2019, 620, 628, der dies ggf. über eine analoge Anwendung des § 67e Abs. 2 AktG erreichen möchte. 386 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 69. 387 Ebd. 384
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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auf den neuen Informationsanspruch der Gesellschaft aus § 67d AktG insbesondere geregelt, dass etwa ein vertraglich zwischen den Aktionären und deren Depotbanken – insbesondere auch als AGB – vereinbartes „Bankgeheimnis“ einer Offenlegung der Aktionärsdaten nicht entgegensteht. In Bezug auf das für Namensaktien vorgesehene Auskunftsverfahren der Gesellschaften nach § 67 Abs. 4 AktG S. 2 u. 3 AktG ist eben dies gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt und in Folge dessen in Literatur und Praxis teils auch mit einiger Unklarheit behaftet.388 Für das Identifikationsverfahren nach § 67d AktG bleibt eben solchen Unsicherheiten angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 67e Abs. 3 AktG nun von Anfang grundsätzlich kein Raum. Wenig praktikabel, aber mit § 67e Abs. 3 AktG vereinbar, sind dagegen solche (AGB-)vertraglichen Regelungen, durch die sich die Depotbanken verpflichten, ihre Kunden über entsprechende Auskunftsverfahren zu unterrichten.389 e) Berichtigungsanspruch der Aktionäre nach § 67e Abs. 4 AktG Schließlich ist in § 67e Abs. 4 AktG ein Anspruch der Aktionäre auf unverzügliche Berichtigung unvollständiger oder unrichtiger Informationen vorgesehen, der sich sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen die Intermediäre richten kann, welche die zu berichtigenden Informationen über den Aktionär erteilt haben. Der Anspruch steht dabei entsprechend der Vorgabe des Art. 3a Abs. 5 ARRL gerade auch juristischen Personen zu, für die sich ein entsprechender Berichtigungsanspruch – anders als für natürliche Personen – nicht bereits aus Art. 16 EU-DSGVO ergibt. Neben den insoweit speziellen Regelungen zur Datenverarbeitung aus § 67e AktG gelten auch für die Bereiche der Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung ansonsten die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben der EU-DSGVO sowie des BDSG entsprechend derer jeweiligen Anwendungsbereichsregelungen. Insbesondere aufgrund der Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs sowohl der EU-DSGVO als auch des BDSG auf den Schutz persönlicher Daten nur von natürlichen Personen,390 genießen solche als Aktionäre auch in Bezug auf die Datenverarbeitung im Rahmen von Maßnahmen nach
388 Vgl. etwa Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 725, wobei das hier in Bezug auf den Auskunftsanspruch aus § 67 Abs. 4 AktG a.F. in Betracht gezogene „Überrollen“ des Bankgeheimnisses durch die gesellschaftsrechtliche Offenlegungspflicht nun in Bezug auf den neuen Auskunftsanspruch aus § 67d AktG durch die ausdrückliche Regelung des § 67e Abs. 3 AktG außer Frage steht. 389 Vgl. hierzu bereits unter Teil 2 B. I. 7. 390 Vgl. zur grundsätzlichen Beschränkung des Anwendungsbereichs der EU-DSGVO auf den Schutz persönlicher Daten nur von natürlichen Personen: Gola, in: Gola, EU-DSGVO, Art. 4 Rn. 23 ff.; Schmidt, in: Taeger/Gabel, EU-DSGVO, Art. 1 Rn. 14; Sydow, in: Sydow, EUDSGVO, Art. 1 Rn. 9; zur Beschränkung des Schutzes „personenbezogener Daten“ auf die Daten natürlicher Personen im Rahmen des BDSG vgl. nur § 46 Nr. 1 BDSG.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
§§ 67a ff. AktG einen im Vergleich zu juristischen Personen zum Teil etwas höheren Datenschutzstandard.391 4. Die Regelung des § 67 Abs. 4 S. 7 AktG zum Verhältnis der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zum Auskunftsverfahren der Namensaktiengesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG Angesichts der Einführung des allgemeinen Aktionärsidentifikationsrechts aus § 67d AktG war im Referentenentwurf ARUG II zunächst eine Abschaffung der speziellen Auskunftsansprüche der Namensaktiengesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 u. S. 3 AktG vorgesehen gewesen. Mit dem späteren Regierungsentwurf hat sich der Gesetzgeber dann letztlich allerdings für eine Beibehaltung der diesbezüglichen Auskunftsansprüche entschieden. Zum Verhältnis der beiden ähnlich gerichteten Verfahren stellt § 67 Abs. 4 S. 7 AktG schlicht fest, dass die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG von den in § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG verbürgten Ansprüchen „unberührt“ bleibt. Während der nicht börsennotierten Namensaktiengesellschaft nur das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zur Verfügung steht, stehen der börsennotierten Namensaktiengesellschaft nunmehr sowohl die Informationsansprüche aus § 67d Abs. 1 AktG als auch die Ansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zu. Beide Ansprüche stehen dabei konzeptionell gleichrangig nebeneinander.392 5. Zur Frage nach der Zulässigkeit eines unmittelbar gegen die Aktionäre gerichteten Identifikationsverlangens Nicht im Zuge des ARUG II in das deutsche Aktienrecht eingefügt wurde ein Identifikationsanspruch der Gesellschaft, der sich unmittelbar gegen deren Aktionäre selbst richtet und dementsprechend auch diesen gegenüber geltend zu machen wäre. Vielmehr richtet sich der zur Umsetzung der Vorgabe des Art. 3a ARRL eingeführte Informationsanspruch der Gesellschaft aus § 67d AktG schon ausweislich dessen amtlicher Überschrift („Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären“) explizit nur gegen die Intermediäre und nicht auch gegen die Aktionäre selbst. Problematisch könnte das Fehlen eines entsprechenden Identifikationsanspruchs, der (auch) unmittelbar gegenüber den Aktionären geltend gemacht werden kann, mit Blick auf die Richtlinienvorgaben dann sein, wenn man – wie von einigen Teilen der 391 Beispielsweise geht etwa der nur für natürliche Personen geltende Berichtigungsanspruch nach Art. 16 EU-DSGVO insofern über den (auch) für juristische Personen geltenden Anspruch aus § 67e Abs. 4 AktG hinaus, als insbesondere der diesbezüglich vorgesehene Schadensersatzanspruch aus Art. 82 EU-DSGVO sowie die Bußgeldvorschrift des Art. 83 Abs. 5 lit. b EU-DSGVO ausschließlich natürlichen Personen zugutekommen. 392 Vgl. ausführlich zum Verhältnis der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zum Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG sogleich unter Teil 2 B. V. 1.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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deutschen Literatur vertreten oder jedenfalls in Betracht gezogen – in Art. 3a Abs. 1 ARRL die Vorgabe eines derart „allgemeinen“ Anspruchs sehen mag, dass die Einführung bloß eines gegen die Intermediäre gerichteten Anspruchs i.S.d. Art. 3 Abs. 2 ARRL für sich genommen nicht zur vollständigen Richtlinienerfüllung ausreicht.393 Eine Verpflichtung unmittelbar der Aktionäre selbst zur Offenlegung ihrer Identität gegenüber der Gesellschaft sieht das deutsche Aktienrecht in § 67 Abs. 1 S. 2 AktG nur in Bezug auf Namensaktiengesellschaften vor. Auch hier kommt es angesichts dessen, dass die entsprechende Pflicht des Namensaktionärs aus § 67 Abs. 1 S. 2 AktG vorbehaltlich anderweitiger Satzungsregelungen bereits mit der Eintragung eines Legitimationsaktionärs als erfüllt gilt,394 letztlich allerdings zu einer erheblichen Relativierung dieser Verpflichtung. Mit Blick auf Inhaberaktien ist schlicht gar keine Verpflichtung der Aktionäre zur Offenlegung ihrer Identität bzw. ein hierauf gerichteter Anspruch der Gesellschaft vorgesehen. Dies gilt jedenfalls soweit nicht die Anteils- bzw. Stimmrechtsschwellen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz aus §§ 33 ff. WpHG oder des § 20 Abs. 1 AktG überschritten werden. In Bezug auf die vereinzelt vertretene – im Ergebnis aber letztlich nicht überzeugende – Auslegung der Richtlinienvorgabe des Art. 3a ARRL dahingehend, dass ein ausschließlich gegen die Intermediäre gerichteter Identifikationsanspruch und damit die Regelung des § 67d AktG nicht zur Erfüllung der Richtlinienvorgaben ausreicht, soll im Folgenden die Frage behandelt werden, ob sich ein entsprechender Auskunftsanspruch der Gesellschaft unmittelbar gegenüber den Aktionären auch ohne formelle Änderung der Vorschriften des Aktiengesetzes etwa im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung der existierenden Regelungen konstruieren ließe. In Hinblick auf Namensaktien könnte ein entsprechender Anspruch der börsennotierten Gesellschaft, mit dem diese auch unmittelbar von den Aktionären eine Identifikation i.S.d. Art. 3a ARRL verlangen darf, bereits mit der Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 AktG gegeben sein. Dafür müsste die in § 67 Abs. 1 S. 2 AktG geregelte Pflicht der Namensaktionäre einen den Richtlinienvorgaben entsprechenden Identifikationsanspruch der Gesellschaft i.S.v. Art. 3a Abs. 1 ARRL beinhalten. In Hinblick auf die Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 AktG ist umstritten, ob die Gesellschaft die seitens des Aktionärs erforderliche Mitteilung notfalls im Wege einer Leistungsklage erzwingen kann oder lediglich ein zeitweiser Stimmrechtsausschluss
393 Vgl. dazu bereits oben unter Teil 2 B. I. 4.; eindeutig in diesem Sinne Foerster, AG 2019, 17; jedenfalls in Betracht gezogen auch von Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 34 f. 394 Vgl. hierzu nur Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 40; Bezzenberger, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 67 Rn. 15; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 8 sowie Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 44, der insoweit statuiert, dass zwar eine Mitteilungs- und Eintragungspflicht des Aktionärs, aber gerade „keine Pflicht zur Selbsteintragung“ bestehe.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
gemäß § 67 Abs. 2 AktG als Sanktion zur Verfügung steht.395 Sofern man annimmt, dass das nationale Gesellschaftsrecht in Hinblick auf die Vorgaben des Art. 3a Abs. 1 ARRL einen entsprechenden Identifikationsanspruch der Gesellschaft auch gegenüber den Aktionären vorsehen muss, ließe sich § 67 Abs. 1 S. 2 AktG insofern ein notfalls mit Leistungsklage durchzusetzendes, subjektives Recht der (börsennotierten) Gesellschaft entnehmen. Eine klarstellende diesbezügliche Gesetzesänderung wäre in Ansehung der zugunsten der Gesellschaft möglichen „weiten Auslegung“ des § 67 Abs. 1 S. 2 AktG jedenfalls insoweit wohl nicht zwingend von Nöten.396 Durchaus problematisch wäre mit Blick auf Art. 3a ARRL jedenfalls aber die Auslegung des § 67 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach die „wahren“ Aktionäre bereits durch die Eintragung eines Legitimationsaktionärs von ihren Mitteilungs- und Eintragungspflichten befreit werden. Noch deutlich schwieriger würde sich die Herleitung eines allgemeinen, gegen die Aktionäre gerichteten Identifikationsanspruchs angesichts des völligen Fehlens einer entsprechenden Regelung im Aktiengesetz in Bezug auf börsennotierte Inhaberaktiengesellschaften gestalten.397 Sofern man die Richtlinienvorgaben aus Art. 3a ARRL insofern nicht bereits mit dem gegen die Intermediäre gerichteten Anspruch aus § 67d AktG als erfüllt ansieht, bedürfte es insoweit recht eindeutig einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung im Aktiengesetz.398 Die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL könnten bei einer entsprechenden Deutung dahingehend, dass eine Identifikation nicht nur von den Intermediären, sondern auch unmittelbar von den Aktionären selbst verlangt werden können muss, außerdem zur Folge haben, dass entsprechende Satzungsregelungen – jedenfalls von Seiten börsennotierter Aktiengesellschaften – als gesellschaftsrechtlich zulässig erachtet werden müssten.399 Börsennotierte Aktiengesellschaften könnten ihre Aktionäre in diesem Fall daher unmittelbar in ihren Satzungen zur Identitätsoffenlegung verpflichten. Selbst wenn man Art. 3a Abs. 1 ARRL mit der herrschenden Ansicht nicht die zwingende Vorgabe eines auch unmittelbar gegen die Aktionäre gerichteten allgemeinen Identifikationsanspruchs entnimmt, könnten die Vorgaben aus Art. 3a ARRL bzw. die darin zum Ausdruck kommende Förderung des „Know your shareholder“-Gedankens von Seiten des Gesetzgebers unter Umständen als Argument für die Zulässigkeit entsprechender Satzungsregelungen angeführt werden.400 Immerhin macht die Vorgabe des Art. 3a ARRL in diese Richtung 395 Vgl. hierzu Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 24 mit Verweis auf Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 14 (für Leistungsklage) sowie auf Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010) 12, 37 ff.; Noack, NZG 2008, 721 (gegen Leistungsklage). 396 Anders allerdings wohl Foerster, AG 2019, 17, 20. 397 Vgl. Foerster, AG 2019, 17, 20. 398 Ebd. 399 Foerster, AG 2019, 17, 23. 400 Foerster, AG 2019, 17, 23 geht etwa ohnehin davon aus, dass entsprechende Satzungsbestimmungen schon vor Umsetzung der Richtlinienvorgaben zulässig gewesen wären;
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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deutlich, dass jedenfalls der (EU-)Gesetzgeber das Interesse der Gesellschaft an einer Kenntnis ihrer Aktionäre gewissermaßen höher bewertet als ein gegenläufiges Interesse der Aktionäre an Anonymität.
V. Das Verhältnis der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zu den übrigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz Die Einführung eines neuen Rechts börsennotierter Gesellschaften zur Identifikation ihrer Aktionäre wirft die Frage auf, wie sich der hierzu in Gestalt des § 67d AktG in das deutsche Gesellschaftsrecht implementierte Informationsanspruch in das bisherige System der verschiedenen Beteiligungstransparenzmechanismen einfügt. Zunächst ist klärungsbedürftig, inwieweit angesichts der Vielzahl der bereits zuvor im deutschen Recht vorgesehenen diversen Transparenzmechanismen überhaupt ein nennenswerter Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Neuvorgaben der ARRL II zur Aktionärsidentifikation bestand bzw. inwieweit eine mit § 67d AktG vergleichbare Aktionärstransparenz auch schon bisher mithilfe der verschiedenen Regelungsinstitute des deutschen Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts erreicht werden konnte. Konkret ist darüber hinaus das genaue Verhältnis der verschiedenen Mechanismen der Beteiligungstransparenz untereinander zu klären – einschließlich des neuen Rechts zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG. Schon oberflächlich betrachtet lassen sich diverse Parallelen und Unterschiede zwischen den verschiedenen Mechanismen der Beteiligungstransparenz untereinander sowie nunmehr auch im Verhältnis zur neuen Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG etwa mit Blick auf die jeweiligen Regelungsziele, deren Anknüpfungspunkte (z. B. ein Anknüpfen unmittelbar an den Aktien oder aber an den Stimmrechten) oder auch die jeweiligen Nutznießer ausmachen. Während die kapitalmarktrechtliche Publizität nach §§ 33 ff. WpHG dem Informationsinteresse sämtlicher Kapitalmarktteilnehmer insbesondere zwecks Bekämpfung von Informationsasymmetrie zu dienen bestimmt ist, dienen die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungstransparenzmechanismen vorwiegend der jeweiligen Aktiengesellschaft. Mit Blick auf die Zielrichtung des Informationsanspruchs aus § 67d AktG ähnelt das neue Recht zur Aktionärsidentifikation als gesellschaftsrechtlich zu qualifizierender Transparenzmechanismus insofern den schon bisher vorhandenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungstransparenzvorschriften, als auch dieses nicht den gesamten Kapitalmarkt, sondern bloß das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionär – unter Einschluss der dazwischenstehenden Intermediäre – betrifft. Die konkrete Zielrichtung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG, speziell die Kommunikation zwischen AG und Aktionär zu fördern, entspricht dabei recht weitgehend dem Zweck des für Namensaktien vorgesehenen Aktienregisters, gegen die bisherige Zulässigkeit entsprechender Satzungsregelungen im Ergebnis wohl aber etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 WpHG Rn. 62.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
wenngleich mit letzterem daneben auch andere Ziele verfolgt werden.401 Speziell in Bezug auf Namensaktien ist insoweit im Besonderen das Verhältnis des neuen § 67d AktG zum formellen Aktienregister sowie dem damit verbundenen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG klärungsbedürftig. Mit Blick auf die Inhaberaktie steht hingegen vorwiegend das Verhältnis des neuen Identifikationsrechts aus § 67d AktG zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG im Vordergrund. Zum Teil ergibt sich das Verhältnis zwischen den verschiedenen Regelungskomplexen der Beteiligungstransparenz ausdrücklich aus einer diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmung. Dies gilt etwa mit Blick auf den gemäß § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG angeordneten Vorrang der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungspublizität nach §§ 33 ff. WpHG gegenüber den aktienrechtlichen Meldepflichten aus §§ 20 f. AktG.402 Die §§ 33 ff. WpHG können in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften insofern gewissermaßen als leges speciales zu den §§ 20 f. AktG gesehen werden.403 Kein entsprechender Vorrang der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungspublizität nach §§ 33 ff. WpHG besteht dagegen im Verhältnis zur Beteiligungstransparenz des Aktienregisters nach § 67 AktG. Spiegelbildlich besteht ebenso wenig ein Vorrang der Regelungen des Aktienregisters gegenüber der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungspublizität. Angesichts der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte und Reichweiten beider Institute sowie derer verschiedenen Regelungsziele, wobei das Aktienregister vor allem einer Kommunikationserleichterung zu dienen bestimmt ist und damit ein anderer Zweck als mit § 20 AktG und §§ 33 ff. WpHG verfolgt wird, stehen diese Institute gewissermaßen unabhängig und gleichrangig nebeneinander. Für das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG sieht das Aktiengesetz eine entsprechende Regelung lediglich in Bezug auf dessen Verhältnis zum Auskunftsverfahren der Namensaktiengesellschaft aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG vor. Diesbezüglich heißt es in § 67 Abs. 4 S. 7 AktG, dass diese beiden Institute voneinander „unberührt“ bleiben sollen. In Anbetracht des hiermit gesetzlich angeordneten „Nebeneinanders“ beider Mechanismen für die börsennotierte Namensaktiengesellschaft bedarf es insoweit insbesondere der Klärung, worin die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Verfahren aus Sicht der Gesellschaft bestehen. Insgesamt gestaltet sich das Gesamtgefüge der deutschen Beteiligungstransparenzvorschriften durch die Einführung des § 67d AktG als zusätzlicher Transparenzmechanismus nunmehr gewissermaßen noch komplexer als bisher. Insofern bedarf es allgemein einer Klärung dessen, wie sich die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zu den sonstigen verschiedenartigen Mechanismen der Beteiligungs401
Insbesondere soll die durch das Aktienregister bewirkte Beteiligungstransparenz der Gesellschaft auch zur Durchsetzung der realen Kapitalaufbringung dienen, vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 1; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 1. 402 Vgl. hierzu bereits oben Teil 2 B. III. 1. b) aa). 403 So ausdrücklich Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 466.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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transparenz verhält. Soweit sich die neue Aktionärsidentifikation mit den übrigen Vorschriften der Beteiligungstransparenz überschneidet, soll das Verhältnis zwischen dem Informationsanspruch aus § 67d AktG und den anderweitigen Vorschriften der Beteiligungstransparenz aufgezeigt werden. Im Besonderen soll dabei herausgestellt werden, in welchen Punkten die Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG über die ansonsten im deutschen Recht vorgesehenen Transparenzmechanismen hinausgeht. 1. Verhältnis des § 67d AktG zur Beteiligungstransparenz des Aktienregisters einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG Von den verschiedenen Mechanismen der Beteiligungstransparenz ähnelt das neue Verfahren der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG am ehesten dem für Namensaktien vorgesehenen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. In Bezug auf das Verhältnis eben jener beiden Transparenzmechanismen wird in § 67 Abs. 4 S. 7 AktG ausdrücklich klargestellt, dass beide Verfahren grundsätzlich unabhängig voneinander bestehen, sodass der börsennotierten Namensaktiengesellschaft nunmehr beide Mechanismen zur Offenlegung ihrer Aktionäre zur Verfügung stehen. Weitgehende Parallelen zwischen der Beteiligungstransparenz des Aktienregisters sowie dem damit in Zusammenhang stehenden Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG und der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG bestehen schon mit Blick auf die jeweiligen Normzwecke. Insoweit sollen sowohl das Aktienregister und § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG als auch § 67d AktG als gesellschaftsrechtliche Transparenzinstitute jeweils nicht nur unmittelbar der Gesellschaft zugutekommen, sondern darüber hinaus auch gerade die Kommunikation zwischen dieser und den Aktionären erleichtert werden. Angesichts dessen, dass der früher mit dem Namensaktienregister zusätzlich verfolgte Zweck, auch eine Kenntnis und Kommunikation der Aktionäre untereinander zu ermöglichen, inzwischen weggefallen ist,404 geht das Aktienregister in seiner heutigen Form insoweit auch mit Blick auf die jeweiligen Nutznießer der Transparenz nicht über die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG hinaus. Sowohl in Bezug auf das formelle Aktienregister und die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegten Informationen als auch bezüglich des mithilfe der von § 67d AktG abfragbaren Aktionärsdaten ist insoweit grundsätzlich ausschließlich die Gesellschaft einsichtsbefugt. Mit Blick auf den Zweck sowie die jeweils Begünstigten beider Institute, der Beteiligungstransparenz nach § 67 AktG einerseits und der ARRL-Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG andererseits, bestehen insofern sehr weitgehende Parallelen. In Bezug auf die börsennotierte Namensaktiengesellschaft bedarf es eines näheren Blicks auf die Frage, inwiefern das kumulative Bestehen sowohl der Mög404
Vgl. hierzu bereits oben bei Teil 2 B. III. 2. a) cc).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
lichkeit zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG als auch der Auskunftsansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG erforderlich und sinnvoll ist. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob und inwieweit dem speziellen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG für eben solche Gesellschaften neben dem allgemeinen Verfahren der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG überhaupt noch eine nennenswerte Bedeutung zukommt. Ein „Vorteil“ der Auskunftsansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG gegenüber der Aktionärsidentifikation im Sinne der ARRL II hätte darin liegen können, dass die Gesellschaft hierbei nicht nur den Aktionär, sondern grundsätzlich jede Person innerhalb der Verwahrkette identifizieren kann, der die Aktien nicht selbst i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 1 AktG „gehören“, sondern diese für jemand anderen hält. Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 67d AktG – anders als noch im ursprünglichen Referentenentwurf ARUG II vorgesehen –405 dergestalt von der Richtlinienoption des Art. 3a Abs. 3 UAbs. 3 ARRL Gebrauch gemacht, dass die börsennotierte Gesellschaft auch hierbei Angaben nicht nur zum „Aktionär“, sondern auch zu den Intermediären erfragen kann, vgl. § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG. Insoweit bedeutet die fortbestehende Existenz der Ansprüche aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG daher grundsätzlich keinen Mehrwert für die börsennotierte Namensaktiengesellschaft. Inwieweit das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG und das Verfahren der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG in Bezug auf die konkret jeweils offenzulegende Person des Aktionärs übereinstimmen, hängt maßgeblich von der gewählten Auslegung des Begriffs des „Gehören[s]“ der Aktien i.S.v. § 67 Abs. 4 S. 2 AktG ab.406 Sofern man den Begriff des „Gehören[s]“ i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 2 AktG richtigerweise so auslegt, dass insbesondere eine Offenlegung von Treuhandverhältnissen hierbei gerade nicht ermöglicht wird, laufen die Verfahren nach § 67d AktG und § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG auch in dieser Hinsicht weitgehend parallel. Versteht man § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG indes weitreichender als allgemeine Auskunftspflicht gegenüber grundsätzlich jedem, der die Aktien „für fremde Rechnung hält“,407 würde das Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG insoweit nicht unerheblich über die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG hinausgehen. Eine entsprechend weite Auslegung, wodurch insbesondere auch eine Offenlegung von Treuhandverhältnissen ermöglicht werden soll, wäre im Rahmen der Verfahren nach § 67d AktG schon angesichts der überaus kurzen Fristen für die Intermediäre aus Art. 9 Abs. 6 ARRL-DVO praktisch noch schwerer vertretbar als bezüglich des Auskunftsverfahrens aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Angesichts dessen, dass der Gesetzgeber anlässlich der Überarbeitung des § 67 Abs. 4 AktG im Zuge des ARUG II allerdings nun selbst noch einmal recht ausdrücklich klargestellt 405
Vgl. § 67d AktG-E RefE ARUG II. Vgl. dazu bereits oben Teil 2 B. III. 2. b) cc). 407 So aber noch immer eine in der Literatur vertretene Ansicht, vgl. insoweit bereits die Nachweise oben (Fn. 321). 406
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
153
hat, dass Treuhandverhältnisse und ähnliche schuldrechtliche Gestaltungen von § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG gerade nicht erfasst werden, erscheint eine entsprechend weite Auslegung allerdings auch in Bezug auf dieses Auskunftsverfahren kaum (noch) vertretbar.408 Letztlich entsprechen sich die Verfahren aus § 67d AktG und das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG damit grundsätzlich auch in Bezug auf die konkret offenzulegende Person. Auch in dieser Hinsicht bringt die zusätzliche Existenz des speziellen Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG neben dem allgemeinen Anspruch aus § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG insofern grundsätzlich keinen Mehrwert für die börsennotierte Namensaktiengesellschaft mit sich. Auch mit Blick auf die jeweils offenzulegenden Daten bestehen grundsätzlich erhebliche Parallelen zwischen dem Namensaktienregister einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG und der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG. Die nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG erfassten Daten entsprechen weitgehend den Informationen, die gemäß § 67d Abs. 2 AktG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Tabelle 2 C ARRL-DVO abgefragt werden können. Dies gilt umso mehr, als auch die nach § 67d AktG abfragbare E-Mail-Adresse des Aktionärs im Rahmen des ARUG II als „elektronische Adresse“ zu den standardmäßig in das Namensaktienregister einzutragenden Daten hinzugefügt worden ist. Einen kleinen Vorteil für die börsennotierte Namensaktiengesellschaft bietet die zusätzliche Existenz des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG neben dem allgemeinen Identifikationsrecht aus § 67d AktG mit Blick auf den Umfang der abfragbaren Aktionärsinformationen allerdings insoweit, als hierbei auch eine Abfrage des Geburtsdatums des Aktionärs möglich ist. Der Informationsanspruch aus § 67d Abs. 1 S. 1 AktG, dessen Umfang sich gemäß § 67d Abs. 2 S. 1 AktG auf die Angaben aus Tabelle 2 C ARRL-DVO beschränkt, beinhaltet eben jene Information nicht.409 Eine Kenntnis gerade auch der Geburtsdaten der Aktionäre dürfte allein zu Identifikationszwecken neben den sonst offenzulegenden Informationen zwar in der Regel nicht erforderlich sein.410 Jedenfalls die Investor RelationsAbteilung wird mitunter allerdings durchaus ein gewisses Interesse auch an eben
408 Vgl. insoweit Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59 („Für Treuhandverhältnisse oder andere schuldrechtliche Vereinbarungen, die derjenige, dem die Aktien ,gehören‘, zu Dritten unterhält, bleibt es bei der bisherigen Rechtslage (vergleiche Bundestagsdrucksache 16/ 7348, S. 14), nach der diese Gestaltungen nicht erfasst werden, mithin die Gesellschaft darüber keine Auskunft verlangen kann.“). 409 Mit Hinweis hierauf auch bereits Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59; Paschos/Goslar, AG 2019, 365, 366 weisen kritisch darauf hin, dass das Fehlen der Geburtsdaten im Rahmen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG mit Blick auf die gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG vorgesehene Möglichkeit einer Anpassung des Aktienregisters aufgrund von § 67d AktG nicht ganz unproblematisch ist. 410 Anders insoweit in Bezug auf das Aktienregister allerdings etwa Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 5 Fn. 18 („Nur dann ist die Identifikation gewährleistet“).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
solchen Informationen – etwa zur Analyse der genauen „Aktionärsdemographie“ – haben.411 Ein weiterer Unterschied zwischen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG und dem Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG besteht darin, dass die konkreten Vorgaben der ARRL-DVO bezüglich des Formats und der Fristen nicht für das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG gelten. Dass ein Auskunftsverlangen der Gesellschaft nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG grundsätzlich keinerlei Form bedarf,412 während zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 67d AktG ein formeller Antrag i.S.d. § 67d Abs. 1 S. 2 AktG erforderlich ist, stellt für die Gesellschaft konzeptionell insofern ebenfalls einen weiteren Vorteil des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG dar. Praktisch wird dieser Aspekt allerdings zu vernachlässigen sein. Mit Blick auf die (Rechts-)Folgen der beiden Auskunftsverfahren bestehen zwar auf den ersten Blick sehr weitreichende Parallelen. Bei näherer Betrachtung bestehen indes auch hier zum Teil einige Unterschiede. Obgleich das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG systematisch in engem Zusammenhang mit dem formellen Aktienregister steht, führt eine Datenübermittlung nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG keinesfalls automatisch auch zu einer Eintragung der abgefragten Informationen bzw. der offengelegten Person in das Aktienregister.413 Die Gesellschaft kann die ermittelten Daten zunächst anderweitig speichern. In Bezug auf die so von der Gesellschaft gesammelten Informationen konnte man – ganz ähnlich wie nunmehr in Bezug auf die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten – auch bereits bisher von einer Art informellem „Abfrageregister“ sprechen. Durch die Neuregelung des § 67 Abs. 3 S. 2 AktG, gemäß der eine Eintragung im Aktienregister auch aufgrund einer Mitteilung nach § 67d Abs. 4 AktG erfolgen darf, wird das „Abfrageregister“ der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG dabei sogar ein Stück weit enger mit dem formellen Namensaktienregister der Gesellschaft verknüpft als das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. So erfüllt eine Datenübermittlung i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG allein gerade noch nicht die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 S. 1 AktG, aufgrund derer die Gesellschaft Eintragungen im Aktienregister vornehmen darf.414 Soweit man davon ausgeht, dass die Gesellschaft die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten entsprechend § 67 Abs. 6 S. 3 – 5 AktG für Investor Relations-Maßnahmen und zu Werbezwecken nutzen darf,415 liegt auch hierin kein Vorteil einer der Transparenzmechanismen gegenüber dem jeweils anderen. 411 Den dahingehenden Nutzen einer Kenntnis der Geburtsdaten betonend auch Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 41. 412 Vgl. Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 124; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 21b; Laubert, in: Hölters, AktG, § 67 Rn. 25 (jeweils allerdings mit Empfehlung der Textform). 413 Dazu Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 139. 414 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 139 [allerdings noch zu § 67 Abs. 3 AktG a.F.]. 415 Vgl. hierzu ausführlich bereits oben Teil 2 B. IV. 3. b).
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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In Hinblick auf die rechtlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Einsichtnahme entspricht das Namensaktienregister – einschließlich der nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegten Daten – grundsätzlich der mithilfe von § 67d AktG offengelegten Ansammlung von Aktionärsdaten. Insoweit ist grundsätzlich ausschließlich die Gesellschaft zur Einsicht sowohl in das formelle Aktienregister und die nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offengelegten Daten als auch in das mithilfe von § 67d AktG gebildete informelle Abfrageregister berechtigt. Zwar können nach § 67 Abs. 6 S. 1 AktG auch die Aktionäre Auskunft über die im Aktienregister eingetragenen Aktionärsdaten verlangen, doch betrifft dies nur (noch) die Informationen zur eigenen Person. In Bezug auf die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten ist ein entsprechender Auskunftsanspruch des Aktionärs in Bezug auf die ihn selbst betreffenden Daten zwar nicht explizit im Aktiengesetz geregelt, jedenfalls für natürliche Personen ergibt sich ein solcher aber bereits aus Art. 15 EU-DSGVO. Zugunsten juristischer Personen als Aktionären könnte sich ein entsprechender Auskunftsanspruch in Bezug auf die nach § 67d AktG offengelegten Daten außerdem unter Umständen im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ („argumentum a maiore ad minus“) aus der Existenz des Berichtigungsanspruchs aus § 67e Abs. 4 AktG ableiten lassen. Konzeptionelle Unterschiede zwischen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG und der Beteiligungstransparenz des Aktienregisters einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG bestehen schließlich in Bezug auf den konkreten Ablauf der Transparenzmechanismen: Während es für die Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG stets eines Antrags der Gesellschaft gegenüber den Intermediären bedarf, führt das Aktienregister mit Blick auf die Meldepflicht der Aktionäre aus § 67 Abs. 1 S. 2 AktG gewissermaßen bereits „automatisch“ zu einer gewissen Transparenz der Anlegerstrukturen. Dieser auf den ersten Blick große konzeptionelle Unterschied beider Transparenzmechanismen wird jedoch ganz erheblich dadurch relativiert, dass im Namensaktienregister oft eben nicht die tatsächlichen Aktionäre, sondern bloß deren Depotbanken oder sonstige Intermediäre eingetragen sind. Will die Gesellschaft die tatsächlichen Aktionäre mithilfe von § 67 AktG in Erfahrung bringen, muss diese gemäß § 67 Abs. 4 S. 2 HS. 2 AktG ebenfalls entsprechende Anträge auf Offenlegung gegenüber den in das Register eingetragenen Intermediären stellen. Insoweit geht der bisherige der Mechanismus zur Offenlegung der „tatsächlichen“ Aktionäre bei mehrgliedrigen Verwahrketten mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG stark in die Richtung der Konzeption der Aktionärsidentifikation im Sinne der ARRL II.416 Bei näherer Betrachtung weisen die konkreten Abläufe einerseits des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG und andererseits des Verfahrens der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG allerdings nicht unerhebliche Unterschiede auf:
416
Noack, NZG 2017, 561, 562.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
So kann die Gesellschaft im Rahmen des Verfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG Informationen immer nur über diejenige Person verlangen, für die der Anspruchsgegner die Aktien seinerseits unmittelbar hält. Das letzte Glied der Verwahrkette, dem die Aktien tatsächlich „gehören“, kann von der Gesellschaft im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG gerade nicht direkt erfragt werden. Insofern muss die Gesellschaft falls nötig die gesamte Verwahrkette bis hin zum letztlichen Eigenbesitzer der Aktien „abarbeiten“. Konkret für den Fall, dass es sich bei einem der Gesellschaft aus dem Aktienregister ersichtlichen Intermediär nicht um einen Letztintermediär handelt, sondern bloß ein Zwischenoder Zentralverwahrer als Fremdbesitzer der Aktien in das Register eingetragen ist, bedarf es von Seiten der Gesellschaft im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG nicht bloß eines Offenlegungsantrags, sondern mehrerer entsprechender Anträge gegenüber verschiedenen Personen. Praktisch kann sich das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG daher „äußerst schwerfällig“ gestalten.417 Faktisch betrifft die Konstellation, dass es sich bei einem im Aktienregister eingetragenen Fremdbesitzer nicht einmal um einen Letztintermediär bzw. um die Depotbank des Aktionärs, sondern um einen zusätzlich eingeschalteten Zwischenverwahrer handelt, hauptsächlich Fälle mit Auslandsberührung.418 Im Rahmen des Verfahrens nach § 67d AktG kann die Gesellschaft entsprechend der Richtlinienvorgaben aus Art. 3a Abs. 2 u. 3 ARRL dagegen von jedem Intermediär Informationen unmittelbar über den am Ende der Verwahrkette stehenden „Aktionär“ abfragen. Die zur Beantwortung der Identifikationsanfrage unter Umständen notwendige Befragung aller in der Verwahrkette folgender Intermediäre bis hin zum letztlichen Aktionär obliegt im Rahmen des Verfahrens nach § 67d AktG anders als bei § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG insofern nicht der Gesellschaft selbst, sondern den Intermediären. Speziell in den – zumeist grenzüberschreitenden – Verwahrsituationen, in denen zwischen dem Zentralverwahrer Clearstream und dem Letztintermediär noch zusätzliche Intermediäre zwischengeschaltet sind, ist ein Vorgehen über § 67d AktG aus Sicht der Gesellschaft daher mit weniger Aufwand verbunden als das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Auch sonst sind praktische Vorteile der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG gegenüber der Beteiligungstransparenz nach § 67 AktG besonders in grenzüberschreitenden Konstellationen zu erwarten. So erstrecken sich die Ansprüche deutscher Namensaktiengesellschaften aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zwar grundsätzlich auch auf ausländische Intermediäre, doch waren diese – auch abgesehen von dem Erfordernis eines mehrschrittigen Vorgehens der Gesellschaft angesichts der in diesen Fällen regelmäßig längeren Verwahrketten – praktisch bisher zum Teil nur schwer oder überhaupt nicht durchsetzbar.419 In Bezug auf § 67d AktG und die sich aus Art. 3a ARRL ergebende Pflicht sämtlicher EWR-Staaten zur Implementierung 417 418 419
Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 123. Vgl. insoweit bereits Teil 2 B. III. 2. a) ee). Vgl. hierzu bereits Teil 2 B. III. 2. b) dd) u. ee).
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
157
entsprechender Identifikationsverfahren ist insoweit jedenfalls in Bezug auf grenzüberschreitende Fälle innerhalb des EWR eine deutlich bessere Durchsetzbarkeit zu erwarten als bisher in Bezug auf die Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Neben der sich aus der Aktionärsrechterichtlinie für die einzelnen Mitgliedstaaten ergebenden Pflicht, zu gewährleisten, dass die bei ihnen ansässigen Intermediäre gerade auch Identifikationsanfragen ausländischer Gesellschaften beantworten, kommt den Gesellschaften insoweit insbesondere auch die von der ARRL-DVO zu erwartende Standardisierung der Verfahren zugute. Im Ergebnis ist zum Verhältnis der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG zum Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG festzuhalten, dass die neue Aktionärsidentifikation rechtspraktisch insbesondere in grenzüberschreitenden Fällen – jedenfalls innerhalb des EWR – erfolgsversprechender erscheint als das ansonsten hiermit recht weitgehend vergleichbare Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. In Hinblick auf die jeweils offenzulegenden Personen sowie die Befugnisse zur Einsicht und Nutzung der Aktionärsdaten entsprechen sich beide Transparenzmechanismen sehr weitgehend. Mit Blick darauf, dass die Gesellschaften die Intermediäre mit dem Anspruch aus § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG unmittelbar nach dem am Ende der Verwahrkette stehenden Aktionär fragen kann, anstatt sich schrittweise von Intermediär zu Intermediär „durchfragen“ zu müssen, ist die neue Aktionärsidentifikation allerdings weniger schwerfällig als das Verfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Letztlich geht die in § 67d AktG neu vorgesehene Aktionärsidentifikation damit faktisch auch in Bezug auf Namensaktien durchaus etwas über die bisherigen Möglichkeiten der Gesellschaften zur Identifikation der Aktionäre hinaus.420 Eine verbleibende Existenzberechtigung lässt sich dem Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG auch für die börsennotierte Namensaktiengesellschaft insoweit zusprechen, als hierbei im Detail über § 67d AktG hinausgehende Informationen wie die Geburtsdaten der Aktionäre abgefragt werden können und außerdem die „strengen“ Anforderungen der ARRL-DVO hinsichtlich Form und Frist nicht gelten. Angesichts der insgesamt doch durchaus erheblichen Vergleichbarkeit der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG mit dem für Namensaktien vorgesehenen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hätte eine „Vereinheitlichung“ dieser Transparenzmechanismen in gewisser Hinsicht durchaus nahegelegen. Insofern hat der deutsche Gesetzgeber den neuen § 67d AktG immerhin bereits systematisch in Nähe der Vorschriften zum Aktienregister aus § 67 AktG angesiedelt und beide Mechanismen auch inhaltlich durch Anpassungen des § 67 AktG aufeinander abgestimmt. Einer weitergehenden Vereinheitlichung oder einer Abschaffung des Verfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG für die börsennotierte Gesellschaft bedarf es zunächst grundsätzlich nicht. Sollte sich der Gesetzgeber in Zukunft für eine
420 Vgl. Noack, NZG 2017, 561, 562; Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214; Seulen, DB 2018, 2915, 2919.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Abschaffung der Inhaberaktie entscheiden,421 könnte unter Umständen allerdings erneut in Betracht gezogen werden, § 67 AktG und § 67d AktG zu einem noch einheitlicheren Transparenzmechanismus zusammenzuführen. Die weitreichenden Parallelen der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG zur Beteiligungstransparenz nach § 67 AktG und insoweit auch die Möglichkeit einer in Zukunft unter Umständen denkbaren Zusammenlegung beider Institute beziehen sich überdies grundsätzlich nur auf das spezielle Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG und nicht auch auf das „formelle“ Namensaktienregister. Insoweit zeichnet sich das für Namensaktien vorgesehene formelle Aktienregister gegenüber den sonstigen Transparenzmechanismen – insbesondere angesichts der zahlreichen Fremdeintragungen –422 zwar keinesfalls durch die hiervon ausgehende Beteiligungstransparenz, durchaus aber durch dessen in § 67 Abs. 2 S. 1 AktG statuierte „unwiderlegbare Vermutung“423 aus, gemäß derer die sich aus den Aktien ergebenden Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Gesellschaft nur in Bezug auf die in das Register eingetragene Person bestehen. Gerade durch eben jene Legitimationswirkung unterscheidet sich das formelle Aktienregister der Namensaktiengesellschaft erheblich sowohl von den anderen bisherigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz als auch von der neuen Transparenz des § 67d AktG. Wenngleich das formelle Aktienregister die tatsächlichen Beteiligungsstrukturen regelmäßig weit weniger realitätsnah darstellt als dies mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG oder der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG erreicht werden kann, bietet das formelle Aktienregister den Emittenten speziell aufgrund der in § 67 Abs. 2 S. 1 AktG statuierten Legitimationswirkung dennoch einige erhebliche Vorteile. So können die Emittenten von Namensaktien insbesondere ihren Corporate Governance-Pflichten wie der Pflicht zur Einladung der Aktionäre zur Hauptversammlung einfach und unkompliziert gegenüber den in das Aktienregister eingetragenen Personen erfüllen, ohne sich über eine darüber hinausgehende Legitimation derselben Gedanken machen zu müssen. Eine mit § 67 Abs. 2 S. 1 AktG vergleichbare Legitimationswirkung geht dabei weder von einem der anderen bisherigen Beteiligungstransparenzinstitute aus, noch ist eine solche in Bezug auf die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG vorgesehen. Letztlich liefert die Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG der Gesellschaft genau wie das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG daher zunächst bloß ein „informelles Register“, dessen Daten sich zur Kommunikation mit den Aktionären weniger gut eignen als das – wenngleich in Teilen „unrichtige“ – formelle Aktienregister.424
421 So hält etwa Wolfarth, HV-Magazin 04/2018, 22, 24 insoweit jedenfalls eine „mittelfristige Ablösung“ der Inhaberaktie als Gattung für „naheliegend“. 422 Vgl. hierzu oben unter Teil 2 B. III. 2. a) ee). 423 Vgl. zur genauen dogmatischen Einordnung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG bereits Fn. 400. 424 Vgl. hierzu sowie zur Frage, inwieweit die neue Beteiligungstransparenz nach § 67d AktG speziell für die Emittenten von Namensaktien daher überhaupt mit Blick auf deren Aktionärskommunikation von Vorteil ist, ausführlich unter Teil 3 A. I. 3. e) bb) u. H. II. 2.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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2. Verhältnis des § 67d AktG zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz Mit der kapitalmarktrechtlichen „Markttransparenz“ nach §§ 33 ff. WpHG hat das Verfahren der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG schon auf den ersten Blick gemein, dass beide Institute ausschließlich Gesellschaften mit Börsennotierung betreffen. Außerdem gelten beide Mechanismen im Unterschied zur Beteiligungstransparenz rund um das Aktienregister gleichermaßen sowohl für Namens- als auch für Inhaberaktien. Offensichtliche Unterschiede zwischen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz und der Aktionärsidentifikation im Sinne der ARRL II bestehen hingegen darin, dass die Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG grundsätzlich sämtliche Aktionäre betrifft, während von den Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG nur solche Personen erfasst werden, die über Stimmrechte oberhalb der darin vorgesehenen Mindestschwellen verfügen. Für eine genauere Untersuchung des Verhältnisses der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG zur kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG soll zunächst geklärt werden, ob bzw. welche Konvergenzen zwischen den jeweiligen Regelungszielen beider Institute bestehen. In erster Linie sollen durch die sämtlichen Kapitalmarktteilnehmern zugutekommenden Mitteilungspflichten der §§ 33 ff. WpHG eine Stärkung des Vertrauens der Anleger sowie eine Erleichterung derer Investitionsentscheidungen bewirkt und auf diese Weise letztlich die Stabilität und Funktion der Finanzmärkte gefördert werden.425 Daneben sollen die §§ 33 ff. WpHG allerdings auch zugunsten der Unternehmen zu einer Verbesserung der Kenntnis ihrer Anlegerstrukturen beitragen.426 Insofern bestehen auf den ersten Blick durchaus gewisse Parallelen mit Blick auf die Regelungsziele einerseits der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG und andererseits der §§ 33 ff. WpHG: Die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG dient ausschließlich, die Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG jedenfalls auch einer Transparenzsteigerung zugunsten der jeweiligen börsennotierten Gesellschaft. Dass der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz gerade auch eben diese Funktion zukommt, führt unter anderem dazu, dass den §§ 33 ff. WpHG der bereits erwähnte gesetzliche Vorrang gegenüber der aktienrechtlichen Beteiligungstransparenz aus §§ 20 f. AktG eingeräumt wird. Gemäß § 20 Abs. 8 AktG werden die Mitteilungspflichten aus § 20 AktG durch die §§ 33 ff. WpHG verdrängt, weil der ansonsten nach § 20 AktG zugunsten der Gesellschaft offenzulegende Umstand, dass ein Unternehmen eine bestimmte Beteiligung an der Gesellschaft erworben hat, regelmäßig bereits nach §§ 33 ff. WpHG bekanntgemacht wird. Entsprechendes gilt gemäß § 21 Abs. 5 AktG für die in § 21 AktG geregelten Mitteilungspflichten. Das insoweit bestehende 425 Begr. RegE 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12/6679, 35; vgl. hierzu auch Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. §§ 33 – 47 WpHG, Rn. 22; sowie allgemein zu den Zielen der §§ 33 ff. WpHG bereits oben unter Teil 2 B. III. 1. a). 426 Begr. RegE 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 12/6679, 35 („Auch für die Unternehmen selbst ist die Kenntnis ihrer Eigentümerstruktur von Bedeutung“).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Vorrangverhältnis der §§ 33 ff. WpHG gegenüber den §§ 20 f. AktG gilt dabei ausweislich der eindeutigen gesetzlichen Regelungen aus § 20 Abs. 8 AktG und § 21 Abs. 5 AktG ungeachtet dessen, dass die §§ 20 f. AktG und die §§ 33 ff. WpHG unterschiedliche Anknüpfungspunkte aufweisen, wobei es i.R.d. §§ 20 f. AktG auch auf die erworbenen Aktien und i.R.d. §§ 33 ff. WpHG ausschließlich auf die kontrollierten Stimmrechte der Gesellschaft ankommt. Ein etwaiges Vorrangverhältnis zwischen den §§ 33 ff. WpHG und § 67d AktG wäre insofern noch nicht allein deshalb auszuschließen, weil die §§ 33 ff. WpHG an den kontrollierten Stimmrechten und § 67d AktG dagegen an der Aktionärseigenschaft anknüpft. Bei näherer Betrachtung weicht das mit § 67d AktG verfolgte Regelungsziel indes doch erheblich von den mit den §§ 33 ff. WpHG sowie mit den §§ 20 ff. AktG verfolgten Zielen ab. Zwar dienen sämtliche der Mechanismen jedenfalls auch einer Transparenzsteigerung gerade zugunsten der Gesellschaft. Während mit der durch § 67d AktG bewirkten Transparenzsteigerung zugunsten der Gesellschaft aber eine Förderung der (unmittelbaren) Kommunikation zwischen AG und Aktionär erreicht werden soll, geht es bei der durch die §§ 20 f. AktG und §§ 33 ff. WpHG (auch) zugunsten der Gesellschaft bewirkten Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse vielmehr um einen Schutz der Gesellschaft etwa vor einer unlauteren feindlichen Übernahme.427 Insofern weichen die Regelungsziele einerseits der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG und andererseits der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33. WpHG letztlich doch beträchtlich voneinander ab.428 Ebenso deutlich unterscheiden sich die Transparenzmechanismen aus §§ 33 ff. WpHG und § 67d AktG in Bezug auf ihre jeweilige Funktionsweise. Während die Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG als subjektives Recht der Gesellschaft gegenüber den Intermediären ausgestaltet ist und es hierbei nur auf entsprechende Anfragen der Gesellschaft hin zu einer Offenlegung der Aktionäre kommt, führt die kapitalmarktrechtliche Beteiligungspublizität „automatisch“ zu einer Offenlegung der Stimmrechtsinhaber, sobald diese die in §§ 33 ff. WpHG vorgesehenen Schwellenwerte erreichen. Insofern muss der Transparenzmechanismus des § 67d AktG erst aktiv von der Gesellschaft initiiert werden, während die kapitalmarktrechtliche Transparenzmachung der Beteiligungsverhältnisse unmittelbar von den Stimmrechtsinhabern selbst ausgeht. Ferner sprechen auch die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte einerseits der Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG und andererseits der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG gegen ein irgendwie geartetes Spezialitätsverhältnis, obgleich ein solches trotz entsprechend unterschiedlicher Anknüpfungspunkte etwa auch in Bezug auf das Verhältnis der §§ 33 ff. WpHG zu §§ 20 f. AktG angeordnet wird. So kann die nach §§ 33 ff. WpHG offenzulegende Person mitunter doch er-
427 Vgl. zu der gesetzlichen Zielsetzung der §§ 20 f. AktG sowie der §§ 33 ff. WpHG insoweit bereits Teil 2 B. III. 1. b) aa) sowie Teil 2 B. III. 1. a). 428 So auch bereits Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 470 f.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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heblich von dem nach § 67d AktG offenzulegenden Aktionär abweichen.429 Dabei kommt es zur Bestimmung der nach §§ 33 ff. WpHG offenzulegenden Person gerade nicht primär auf deren rechtliche Stellung, sondern in erheblichem Maße auch auf die tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten und Machtverhältnisse an.430 Im Rahmen der Offenlegung des „Aktionärs“ i.S.d. § 67d AktG spielen solche Überlegungen hingegen grundsätzlich keine Rolle. Zudem wird bei mehreren involvierten Akteuren, die als zu identifizierende Person in Betracht kommen, im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG grundsätzlich bloß diejenige Person aufgedeckt, die letztlich in „materieller“ Hinsicht den maßgeblichen Einfluss auf die Stimmrechtsabgabe ausübt. Dazwischenstehende, bloß „formell“ berechtigte Personen sind im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz dagegen grundsätzlich nicht offenzulegen und auch sonst nicht notwendigerweise in den kapitalmarktrechtlichen Publizitätsprozess involviert.431 Die Mitteilungen nach §§ 33 ff. WpHG erfolgen insoweit unmittelbar seitens der meldepflichtigen Person gegenüber Gesellschaft und BaFin, ohne dass hierzu etwaige weitere Akteure als Teil der Aktienverwahrkette zu Tage treten. Insbesondere die rechtspraktisch so weit verbreiteten, in die Aktienregister von Namensaktiengesellschaften eingetragenen „Registeraktionäre“ unterliegen – nach allerdings nicht ganz unumstrittener Ansicht432 – regelmäßig nicht der Beteiligungstransparenz aus §§ 33 ff. WpHG. Jedenfalls wenn ein „Registeraktionär“ nicht zur Stimmrechtsausübung ermächtigt ist, treffen diesen grundsätzlich keinerlei kapitalmarktrechtliche Meldepflichten.433 Auch bei einer Stimmrechtsermächtigung der „Registeraktionäre“, also in Bezug auf sog. Legitimationsaktionäre, ist eine originäre Meldepflicht derselben gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG richtigerweise abzulehnen.434 Die über § 67d AktG bewirkte Transparenz reicht insoweit etwas weiter als die §§ 33 ff. WpHG, als hierbei neben dem letztlich zu identifizierenden „Aktionär“ auch die Intermediäre in den Identifikationsprozess einbezogen sind. Anders als nach §§ 33 ff. WpHG ist eine in das Namensaktienregister der Gesellschaft eingetragene Person nach § 67d AktG insoweit auch dann zur „Offenlegung“ der Beteiligungsverhältnisse verpflichtet, wenn es sich hierbei bloß um einen formellen „Registeraktionär“ handelt. Durch § 67d Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG können die in die Verwahrkette einbezogenen Intermediäre darüber hinaus sogar selbst zum unmittelbaren Ziel der Identifikationsanfragen erklärt werden. Insoweit kann mithilfe der Informationsansprüche aus § 67d AktG, durch die eben nicht nur die „Aktionäre“, sondern auf Wunsch auch die Verwahrkette insgesamt und somit die genaueren 429 Näher zur Bestimmung des „Aktionärs“ i.S.d. § 67d AktG sogleich unter Teil 2 B. IV. 1. c) bb) (1). 430 Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 471. 431 Vgl. Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 47 f. 432 Vgl. hierzu bereits oben Teil 2 B. III. 1. a) aa). 433 Vgl. zu dieser Ansicht Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 47; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725. 434 Vgl. hierzu oben Teil 2 B. III. 1. a) aa).
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Strukturen rund um die Registeraktionäre aufgedeckt werden können, womöglich eine in diesem Bereich bisher vorhandene „schmerzhafte Transparenzlücke“ geschlossen werden.435 Schließlich unterscheiden sich § 67d AktG und die kapitalmarkrechtliche Markttransparenz auch in Bezug auf die Behandlung stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre. Während diese der nach §§ 33 ff. WpHG hergestellten Transparenz grundsätzlich nicht unterfallen, können mithilfe des Informationsanspruchs aus § 67d AktG auf Wunsch der Gesellschaft auch deren stimmrechtslose Vorzugsaktionäre aufgedeckt werden.436 Letztlich steht das neue Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG somit gänzlich unabhängig neben dem System der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz aus §§ 33 ff. WpHG.437 Das Absehen des Gesetzgebers von einer irgendwie gearteten Vorrangsregelung in Bezug auf das Verhältnis des § 67d AktG zu den §§ 33 ff. WpHG überzeugt, sodass auch keinesfalls ein etwaiger ungeschriebener Vorrang eines der Mechanismen gegenüber dem jeweils anderen anzunehmen ist. Die in gewissem Umfang auftretenden faktischen Überschneidungen zwischen den beiden Transparenzmechanismen, etwa eine über § 67d AktG bewirkte Offenlegung auch solcher Anleger, die der Gesellschaft bereits infolge der Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG bekannt sind, sind insoweit hinzunehmen. Dadurch, dass nach § 67d AktG die Intermediäre in die Pflicht genommen werden, wohingegen im Rahmen der §§ 33 ff. WpHG hauptsächlich die Anleger selbst sowie die Gesellschaft zum Tätigwerden verpflichtet sind, bedeutet das Hinzukommen der neuen Beteiligungstransparenz aus § 67d AktG dabei grundsätzlich auch keine „Doppelbelastung“ zulasten bestimmter Akteure. Überdies ist auch nicht zu erwarten, dass die Meldepflichten aus §§ 33 ff. WpHG durch das neue Recht zur Aktionärsidentifikation mehr als unwesentlich an praktischer Bedeutung verlieren. Zwar können mithilfe des Anspruchs aus § 67d AktG konzeptionell auch schon solche Beteiligungen offengelegt werden, die unterhalb der Mindestschwellen aus §§ 33 ff. WpHG liegen, sodass die damit hergestellte Publizität gewissermaßen bereits „früher“ als die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten eingreifen kann. Allerdings reichen die kapitalmarktrechtlichen Transparenzvorschriften mit Blick auf deren Anknüpfen an den tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten und den mittlerweile sehr weitgehenden Möglichkeiten einer Stimmrechtszurechnung ansonsten wesentlich weiter als die lediglich auf die Person des „Aktionärs“ beschränkte Transparentmachung nach § 67d AktG. Insbesondere durch die Erfassung auch anderer Finanzinstrumente als Aktien sind die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften zur frühzeitigen Erkennung feindlicher Übernahmeversuche im Sinne eines „Anschleichens“ daher trotz der diesbezügli435
Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 48 f. Vgl. zur Rolle der Vorzugsaktionäre i.R.d. § 67d AktG unter Teil B. IV. 1. c) aa). 437 So auch bereits Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 471 in Bezug auf die Richtlinienvorgaben aus Art. 3a ARRL. 436
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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chen 3 %-Schwelle grundsätzlich deutlich besser geeignet.438 Dies gilt auch deshalb, weil der Identifikationsmechanismus aus § 67d AktG anders als die §§ 33 ff. WpHG nicht „automatisch“ durch bestimmte Veränderungen der Beteiligungsstruktur ausgelöst wird, sondern stets von einer positiven Geltendmachung des Informationsanspruchs seitens der Gesellschaft abhängig ist. Ein „ständiges“ Aktualisieren der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG wäre schon angesichts des mit der Geltendmachung der Identifikationsansprüche verbundenen Aufwands und der dabei anfallenden Kosten aus Sicht der Gesellschaft nicht zweckmäßig. Trotz der erheblichen strukturellen Unterschiede zwischen der kapitalmarktrechtlichen Transparenz nach §§ 33 ff. WpHG und der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG führt die Einführung einer zusätzlichen Beteiligungstransparenz praktisch in gewissem Umfang zu „Überschneidungen“ und überdies auch zu einer Zunahme der rechtlichen Komplexität des Gesamtsystems der Beteiligungstransparenz. Schon früher wurden aus der Literatur in Bezug auf das Nebeneinander der verschiedenen Mechanismen der Beteiligungstransparenz vereinzelt Forderungen in Richtung einer „Harmonisierung“ bis hin zu einer Vereinheitlichung von kapitalmarktrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Beteiligungstransparenz erhoben. Mit Hinweis auf die bestehenden Ähnlichkeiten und Überschneidungen der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zu den konzernrechtlichen Mitteilungspflichten aus §§ 20 f. AktG wurde in Vergangenheit insoweit vereinzelt etwa das Zusammenfügen dieser beiden Institute zu einem gemeinsamen Regelungskomplex vorgeschlagen.439 Dass die Einführung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG vergleichbare Forderungen hervorrufen könnte, ist angesichts der besonderen Charakteristika der ARRL-Aktionärstransparenz und der doch sehr großen Abweichungen insbesondere zu den §§ 33 ff. WpHG aber nicht zu erwarten. 3. Verhältnis des § 67d AktG zum Konzerneingangsschutz nach §§ 20 f. AktG Zwischen der neuen Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG und der Aktionärstransparenz infolge der Regelungen des „Konzerneingangsschutzes“ aus §§ 20 f. AktG bestehen keine wesentlichen Parallelen oder Überscheidungen. Zwar dient die durch beide Institute gewonnene Transparenz unmittelbar der Gesellschaft, doch verfolgt § 67d AktG mit der Förderung von Corporate Governance-Maßnahmen einen gänzlich anderen Zweck als die §§ 20 f. AktG. Insofern unterscheiden sich die beiden Mechanismen auch schon von Grund auf dadurch, dass die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG einerseits zwar nur auf Antrag der Gesellschaft, andererseits aber in Bezug auf grundsätzlich jeden Aktionär gilt, während der 438 Vgl. Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 471; vgl. zur Eignung des § 67d AktG zur frühzeitigen Erkennung feindlicher Übernahmeversuche im Sinne eines „Anschleichens“ noch unten unter Teil 3 A. I. 3. b). 439 So etwa der Vorschlag von Witt, AG 1998, 171; ablehnend: Austmann, WiB 1994, 143, 147.
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Konzerneingangsschutz nach den §§ 20 f. AktG im Gegensatz hierzu zwar „automatisch“, aber nur in Bezug auf Unternehmen mit Kapitalanteilen von mehr als 25 % greift. Insoweit stehen diese beiden gesellschaftsrechtlichen Institute der Beteiligungstransparenz systematisch vollständig unabhängig voneinander. 4. Verhältnis des § 67d AktG zum Transparenzregister des GwG Von der Beteiligungstransparenz des Transparenzregisters aus §§ 18 ff. GwG unterscheidet sich die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG grundlegend schon mit Blick auf deren jeweilige Zielrichtungen. Während § 67d AktG die unmittelbare Kommunikation zwischen AG und Aktionär begünstigen soll, dient die mittels des Transparenzregisters gewonnene Publizität mit der Bekämpfung von Geldwäsche und sonstiger Kriminalität einem gänzlich anderen Zweck.440 Dementsprechend unterscheiden sich auch die unmittelbaren Nutznießer beider Transparenzmechanismen dergestalt, dass die Offenlegung der Aktionärsdaten im Rahmen des § 67d AktG gegenüber der Gesellschaft erfolgt, während in Bezug auf das Transparenzregister primär staatliche Behörden zur Einsichtnahme befugt sind. Auch die jeweils offenzulegenden Personen unterscheiden sich bei beiden Transparenzmechanismen mit Blick auf deren unterschiedliche Regelungszwecke erheblich: Während nach § 67d AktG die „Aktionäre“ der Gesellschaft identifiziert werden, kommt es im Transparenzregister zu einer Offenlegung der „wirtschaftlich Berechtigten“. Die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG knüpft insofern an eine formalrechtliche Stellung an, während für das Transparenzregister auf wirtschaftliche Aspekte und die faktische Kontrollausübung abgestellt wird. Rein praktisch kommt es zudem in Bezug auf den Anwendungsbereich der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG, nämlich in Bezug auf börsennotierte Aktiengesellschaften, schon deswegen regelmäßig nicht zu Überschneidungen mit dem Transparenzregister des GwG, weil dieses in Bezug auf eben solche Gesellschaften gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 GwG grundsätzlich keine Anwendung findet.441 5. Implikationen des § 67d AktG für ein etwaiges „Recht der Aktionäre auf Anonymität“ In Zusammenhang mit den diversen Vorschriften zur Förderung der Beteiligungstransparenz, durch die es zu einer Offenlegung der Identität der Aktionäre 440 Allerdings gehen Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.25 insoweit davon aus, dass es dem europäischen Gesetzgeber auch im Rahmen der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL insgeheim jedenfalls auch um „Ziele der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie Steuerhinterziehung“ geht. 441 Vgl. zur diesbezüglichen Einschränkung des Anwendungsbereichs des Transparenzregisters etwa Assmann/Hütten, AG 2017, 449, 453 f. sowie Longrée/Pesch, NZG 2017, 1081, 1083.
B. Die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation
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kommt, stand bisher mitunter die Frage im Raum, ob die Rechtsordnung – etwa mit Blick auf die von Art. 14 GG gewährte Eigentumsfreiheit sowie auf das ebenfalls grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der Anleger – zugunsten der Aktionäre eine Art Grundsatz bzw. gar ein „Recht auf Anonymität“ vorsieht. Unabhängig von einer etwaigen verfassungsmäßigen Gebotenheit könnte sich jedenfalls rechtspraktisch bzw. auf einfachgesetzlicher Ebene ein entsprechender Grundsatz im heutigen System der Aktienverwahrung etabliert haben.442 Als bereits in Vergangenheit seitens der EUKommission angedachte Bestrebungen zur Offenlegung der Aktionäre gegenüber den Gesellschaften, die über die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz hinausgehen sollten, zunächst nicht weiter verfolgt worden waren, wurde dies in der deutschen Literatur insbesondere auch mit Verweis darauf begrüßt, dass den Aktionären grundsätzlich ein „Recht“ zuzugestehen sei, „von der Gesellschaft nicht gekannt und behelligt zu werden“.443 Obgleich der diversen Mechanismen zur Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse schützt und bestärkt das Aktienrecht an manchen Stellen durchaus auch die Möglichkeiten zur Wahrung der Anonymität gerade von kleineren Aktionären. Gegenüber der Öffentlichkeit wurde die Anonymität der Aktionäre seitens des Gesetzgebers zuletzt etwa dadurch gestärkt, dass das Teilnahmeverzeichnis der Hauptversammlung seit dem NaStraG 2001 nicht mehr öffentlich im Handelsregister einsehbar ist.444 Die Wahrung der Anonymität der Aktionäre gegenüber ihren Mitaktionären wurde gesetzlich etwa dadurch gestärkt, dass die Aktionäre von Namensaktiengesellschaften heute grundsätzlich nur noch bezüglich ihrer eigenen personenbezogenen Daten und nicht auch in Bezug auf die Daten ihrer Mitaktionäre Einsicht in das Aktienregister nehmen dürfen, vgl. § 67 Abs. 6 S. 1 AktG.445 In Bezug auf die Anonymität der Aktionäre im Verhältnis zur Gesellschaft könnte schließlich etwa die gesetzliche Billigung der Stimmabgabe im Wege der „verdeckten Stellvertretung“ als Argument für die Annahme eines grundsätzlichen Rechts der Aktionäre auf Anonymität gesehen werden.446 Insofern könnte man dem Gesamtbild der aktienrechtlichen Vorschriften prinzipiell durchaus eine Art „Grundsatz“ der anonymen Beteiligung zugunsten der Aktionäre entnehmen. Dieser Grundsatz würde zwar keinesfalls unbeschränkt gelten und stünde auch nicht etwa per se der Existenz von (weiteren) Beteiligungstransparenzvorschriften oder einer weiten Auslegung derselben entgegen, doch bedürften entsprechende Einschränkungen der Anonymität der Aktionäre dann wohl aber immerhin einer Art
442 443 444 445 446
So im Ergebnis Siebel, FS Heinsius (1991), 771, 784. Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63, 82. Starke, S. 143 f. Vgl. hierzu Starke, S. 149 ff. Starke, S. 158.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
„Rechtfertigung“ in Ansehung des damit verbundenen Eingriffs und im Besonderen in Bezug auf kleinere Privataktionäre.447 Letztlich wird das Bestehen eines solchen Grundsatzes oder gar eines Rechts der Aktionäre auf eine weitgehend anonyme Beteiligung an der Aktiengesellschaft von der heutigen Literatur allerdings herrschend abgelehnt.448 Soweit einzelne aktienrechtliche Vorschriften die Anonymität des Aktionärs zulassen oder – wie etwa § 129 Abs. 2 S. 2 AktG – sogar begünstigen, handele es sich hierbei bloß um einen für die Aktionäre gegebenenfalls angenehmen „Nebeneffekt“, nicht aber um den Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes.449 Die nun mit der Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL einhergehende weitere „Schwächung“ der Aktionäre in ihrer Anonymität bietet allerdings dennoch Anlass zu einem erneuten Blick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen und wie weitgehend die Identität der Aktionäre – auch gegen deren Willen – offengelegt werden darf. Der in § 67d AktG neu vorgesehene Informationsanspruch und der dahinterstehende „Know your Shareholder“-Grundsatz450 der ARRL II drängen das deutsche Gesellschaftsrecht mit großen Schritten weiter in Richtung einer möglichst hohen Transparenz und somit gleichsam weg von der Idee eines grundsätzlich anonymen Aktionariats. Die Annahme eines grundsätzlichen „Rechts der Aktionäre auf Anonymität“, jedenfalls aber die Herleitung eines entsprechenden Grundsatzes aus dem einfachen Recht, erscheint nach der Einführung des § 67d AktG insoweit nur noch schwerer vertretbar als bisher. Die Ausgestaltung der Aktionärsstellung nach der Überarbeitung der §§ 67 ff. AktG im Zuge des ARUG II und dabei insbesondere die Einführung des § 67d AktG zeigen in diese Richtung, dass jedenfalls dem europäischen Gesetzgeber keineswegs das Bild eines anonym agierenden Anlegers vor Augen steht, sondern diesem vielmehr an der Förderung eines der Gesellschaft bekannten und aktiv mitwirkenden Aktionärs gelegen ist. Durch die Umsetzung der Richtlinienvorgaben in das deutsche Recht und dabei insbesondere etwa auch durch das Absehen von der Einführung einer Mindestschwelle in Bezug auf die Aktionärsidentifikation hat sich auch der nationale Gesetzgeber dieses Aktionärsbild zu eigen gemacht. Insoweit führt die Einführung des § 67d AktG zu einer nicht unwesentlichen Bekräftigung derjenigen Stimmen, die ein „Recht auf Anonymität“ zugunsten der Aktionäre grundsätzlich ablehnen. Je weiter das geltende Recht eine Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse innerhalb
447
So ähnlich im Ergebnis Starke, S. 141 ff., 159. So etwa Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, Vorbem. §§ 33 ff. Rn. 3; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 402; Noack/Zetzsche, FS Hopt (2010), 2283, 2291; vgl. hierzu außerdem C¸ekin, S. 39 m.w.N. 449 Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 135 Rn. 55. 450 So etwa Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 464; ähnlich Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.25 („Leitbild“). 448
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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der deutschen Aktiengesellschaften zulässt, desto schwieriger lässt sich zugunsten der Aktionäre ein etwaiger Grundsatz der Anonymität herleiten.451 Rechtspolitisch ruft die mit der Richtlinienumsetzung weiter vorangetriebene, zunehmende Transparentmachung der Anlegerstrukturen zum Teil allerdings durchaus gewisse Bedenken hervor.452 Auch wenn man ein zugunsten der Aktionäre bestehendes „Recht auf Anonymität“ mit der herrschenden Ansicht grundsätzlich ablehnt, lässt sich angesichts der stetig zunehmenden Offenlegung, Sammlung und Verwendung von Daten sowohl durch staatliche Stellen als auch durch private Unternehmen – gerade in der heutigen, von „Datenskandalen“ unterschiedlicher Art geprägten Zeit – doch jedenfalls in rechtspolitischer Hinsicht die Frage stellen, ob die für eine zusätzliche Datenerhebung sprechenden Gründe im konkreten Fall gegenüber einem etwaigen gegenläufigen Interesse der Bürger bzw. der Anleger an Anonymität überwiegen. In Bezug auf die durch § 67d AktG ermöglichte Offenlegung der Aktionärsdaten bedeutet dies die Frage danach, inwieweit das Interesse an einer Förderung der unmittelbaren Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär mit dem damit einhergehenden Eingriff in die Privatsphäre der Aktionäre in einem angemessenen Verhältnis steht.453
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Neben der Neuregelung zur Aktionärsidentifikation wurden im Rahmen des ARUG II zur Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL auch neue Vorschriften zur Informationsübermittlung zwischen der Gesellschaft und den Aktionären sowie zur Erleichterung der Rechtsausübung zugunsten der Aktionäre in das deutsche Aktienrecht implementiert. Konkret wurden hierzu insbesondere die §§ 67a – 67d AktG eingeführt und die Vorschriften über die Hauptversammlung (§§ 118 ff. AktG) überarbeitet. Im Folgenden sollen auch diese Neuregelungen unter Einbezug der jeweiligen Richtlinienvorgaben und den bisherigen diesbezüglichen Mechanismen des deutschen Aktienrechts aufgezeigt werden.
451 So statuieren etwa auch Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 159 f. im Ergebnis, dass heute weniger denn je ein Grundsatz der Anonymität gelte. 452 Vgl. insoweit etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17 (ohne konkreten Bezug zur ARRL II, sondern allgemein bezogen auf die zunehmend transparenten Aktionärsstrukturen); Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153 ff.; wohl auch Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122 f., nach dem ein „gläserne[r] Aktionär“ jedenfalls in Bezug auf Inhaberaktien vermieden werden solle. 453 Vgl. näher zu dieser Frage noch unten bei Teil 3 B. III.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
I. Die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung und zur Rechtsausübungserleichterung, Art. 3b u. 3c ARRL 1. Die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär, Art. 3b ARRL a) Übermittlung von Informationen der Gesellschaft an die Aktionäre, Art. 3b Abs. 1 – 3 ARRL Art. 3b ARRL regelt Vorgaben in Bezug auf die Übermittlung von Informationen zwischen der Gesellschaft und den Aktionären, wobei auch hier wie bei der Aktionärsidentifikation gemäß Art. 3a ARRL insbesondere die in der Verwahrkette zwischen Gesellschaft und Aktionär stehenden Intermediäre in die Pflicht genommen werden. aa) Pflicht der Intermediäre zur Informationsübermittlung, Art. 3 Abs. 1 ARRL Nach Art. 3b Abs. 1 ARRL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Intermediäre verpflichtet sind, unverzüglich bestimmte, von der Gesellschaft ausgehende Informationen an die Aktionäre zu übermitteln. Für den Fall, dass entsprechende Informationen schon auf der Website der Gesellschaft zur Verfügung stehen, soll es genügen, dass die Intermediäre den Aktionären eine Mitteilung zuleiten, in der angegeben wird, wo genau diese Informationen auf der Website gefunden werden können. bb) Informationen i.S.v. Art. 3b Abs. 1 ARRL Klarstellungsbedürftig ist zunächst, um welche „Informationen“ es sich im Rahmen der Vorgabe des Art. 3b Abs. 1 ARRL konkret handelt. Die Richtlinie beschreibt die ausgehend von der Gesellschaft zu übermittelnden „Informationen“ in Art. 3b Abs. 1 S. 1 ARRL dahingehend, dass die Gesellschaft diese dem Aktionär „erteilen muss, damit der Aktionär aus seinen Aktien erwachsende Rechte ausüben kann“. Zudem muss es sich um Informationen handeln, die „für alle Aktionäre bestimmt sind, die Aktien der betreffenden Gattung halten“. Auf eine konkretere Auflistung einzelner Informationen verzichtet die Richtlinie. Durch den Verzicht auf eine konkrete Auflistung der zu übermittelnden Informationen richtet sich die nähere Bestimmung derselben insoweit im Grundsatz nach dem nationalen Gesellschaftsrecht des jeweiligen Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Zu einer gewissen EU-einheitlichen Konturierung des Informationsbegriffs führt allerdings die Formulierung des Art. 3b Abs. 1 ARRL, gemäß derer von den Vorgaben zwingend nur solche Informationen erfasst sind, die dem Aktionär erteilt werden müssen, damit dieser die aus seinen Aktien erwach-
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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senden Rechte ausüben kann. Insofern bezieht sich der durch Art. 3b Abs. 1 ARRL vorgegebene Mechanismus zur Informationsübermittlung bloß auf solche Informationen, die die Gesellschaft ihren Aktionären nach dem jeweiligen nationalen Gesellschaftsrecht als Pflichtmitteilung zu übermitteln hat. Auch die Formulierung, dass es nur um solche Informationen geht, die allen Aktionären der jeweiligen Aktiengattung zu erteilen sind, schränkt den Kreis der erfassten Informationen etwas ein. Konkret unterfallen Art. 3b Abs. 1 ARRL jedenfalls die Informationen zur Einberufung, Teilnahme und Durchführung der Hauptversammlung, deren Übermittlung bereits unmittelbar auf Richtlinienebene gemäß Art. 5 ARRL vorgegeben ist.454 Überdies führt auch die ARRL-DVO zu einer gewissen Konkretisierung des Begriffs der „Informationen“ i.S.d. Art. 3b Abs. 1 ARRL, wenn hier in „Tabelle 8“ bezüglich der zu übermittelnden Informationen zur Beschreibung von „anderen Unternehmensereignissen als Hauptversammlungen“ als Beispiele eine „Gewinnausschüttung“ und eine „Umstrukturierung des Aktienkapitals des Emittenten“ genannt werden. cc) Verpflichtung der Gesellschaft, Art. 3b Abs. 2 ARRL Als Voraussetzung dafür, dass die Intermediäre ihren Pflichten zur Informationsübermittlung nach Art. 3b Abs. 1 ARRL auch tatsächlich nachkommen können, sind die Gesellschaften gemäß Art. 3b Abs. 2 ARRL ihrerseits zu verpflichten, den Intermediären die zu übermittelnden Informationen „rechtzeitig und in standardisierter Form“ zu liefern. dd) Ausnahme bei Direktübermittlung, Art. 3b Abs. 3 ARRL Soweit die Gesellschaften die entsprechenden Informationen ohnehin „direkt allen ihren Aktionären oder einem vom Aktionär benannten Dritten“ selbst übermitteln, bedarf es keiner zusätzlichen, gleichlautenden Informationsübermittlung durch die Intermediäre. Dementsprechend dürfen die Intermediäre in diesem Fall auch nicht zur Informationsübermittlung nach Art. 3b Abs. 1 ARRL verpflichtet werden, vgl. Art. 3b Abs. 3 ARRL.455 Eine doppelte Informationsübermittlung – einerseits unmittelbar durch die Gesellschaft und andererseits durch die Intermediäre – soll so vermieden werden.
454
Vgl. Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 66. Vgl. hierzu Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 68; Lutter/Bayer/ Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.31; Noack, NZG 2017, 561, 564. 455
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
ee) Grundsätzlicher „Push-Mechanismus“ bezüglich der Informationsübermittlung Bei dem in Art. 3b Abs. 1 – 3 ARRL vorgesehenen Informationsprozess handelt es sich um einen „Push“-Mechanismus in Richtung der Aktionäre, die die Informationen für ihre Rechtsausübung damit gewissermaßen „frei Haus“ geliefert bekommen, ohne hierfür selbst aktiv tätig werden zu müssen.456 Bereits im Rahmen der ARRL I wurde bei den Vorgaben zur Einberufung der Hauptversammlung (Art. 5 ARRL) nicht auf einen „Pull-Mechanismus“, sondern grundsätzlich auf ein sog. „Push-System“ gesetzt. Die von der ARRL I seinerzeit speziell zur Einberufung der Hauptversammlung vorgegebene Form der Informationsübermittlung dergestalt, dass die Gesellschaft ihre Pflichtmitteilungen nicht direkt an sämtliche Aktionäre oder an den Zentralverwahrer, sondern „nur“ an bestimmte Intermediäre und unter Zuhilfenahme geeigneter Verbreitungsmedien weiterleiten muss, wurde dabei konkret als sog. „targeted push-System“ – gewissermaßen als leicht abgeschwächte Form eines reinen „Push-Systems“ – bezeichnet.457 Mit den Vorgaben zur Informationsübermittlung aus Art. 3b ARRL wird dieses „Push-System“ weiter ausgebaut, wobei gemäß Art. 3b Abs. 1 ARRL nun auch die Intermediäre – gewissermaßen als „Gegenstück“ zu der in Art. 5 Abs. 2 ARRL beschriebenen Pflicht der Gesellschaft – adressiert werden. Aber auch die Pflichten der Gesellschaft werden im Rahmen des „neuen“ Push-Systems der ARRL II im Vergleich zu den ursprünglichen Vorgaben der ARRL I nicht unerheblich erweitert: So bezieht sich die Pflicht der Gesellschaft aus Art. 3b Abs. 2 ARRL zur Informationsversorgung der Intermediäre zum einen nicht nur auf die Informationen zur Hauptversammlung. Zum anderen sind hiernach nicht nur bestimmte Intermediäre und Mediendienstleister, sondern grundsätzlich sämtliche Intermediäre zu adressieren. Hinter dem damit weiter vorangetriebenen „Push-Mechanismus“ steht die Erwägung, möglichst viele und gerade auch ansonsten passive Aktionäre, die sich nicht eigeninitiativ über die Angelegenheiten der Gesellschaft auf dem Laufenden halten, zu adressieren. Auf diese Weise soll eine möglichst breite Mitwirkung der Aktionäre erreicht werden. Der Nachteil dieses Ansatzes liegt in dem damit einhergehenden Mehraufwand für die Gesellschaft und die Intermediäre in Anbetracht der Komplexität des Weiterleitens der Informationen entlang der teils vielgliedrigen Verwahrketten.458 Soweit auch solche Aktionäre mit Informationen versorgt werden, die nichtsdestotrotz auf eine Ausübung ihrer Aktionärsrechte verzichten – etwa bedingt durch eine „rationale Apathie“ –, erscheint der mit einer mehrschrittigen Informationsweiterleitung entlang der Verwahrkette verbundene Aufwand gewissermaßen „verschwendet“. An diesem Punkt überschneiden sich die Vorgaben zur Informationsübermittlung ge456
Noack, NZG 2017, 561, 564. Vgl. hierzu Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 100; Lutter/Bayer/ Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 29.65. 458 Vgl. näher zum „Push“-Mechanismus der §§ 125, 128 AktG a.F. sowie den diesbezüglichen Vor- und Nachteilen: Ochmann, S. 59 f. 457
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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wissermaßen mit denen zur Aktionärsidentifikation: Soweit die Gesellschaften ihre Aktionäre kennen und diese darauf aufbauend unmittelbar, d. h. ohne Zuhilfenahme der Intermediäre, mit Informationen versorgen können, können die durch den „PushMechanismus“ anfallenden Kosten unter Umständen ein Stück weit reduziert werden.459 Stellenweise werden im Rahmen der ARRL II außerdem auch Elemente eines „Pull-Mechanismus“ aufgegriffen, insbesondere wenn in Art. 3b Abs. 1 lit. b ARRL auf die Internetseite der Gesellschaft Bezug genommen wird, von der sich die Aktionäre bestimmte Informationen selbst „ziehen“ können.460 b) Übermittlung von Informationen der Aktionäre an die Gesellschaft, Art. 3b Abs. 4 ARRL Nach Art. 3b Abs. 4 ARRL sind die Intermediäre auch in der umgekehrten Konstellation in die Pflicht zu nehmen, in der nicht Informationen ausgehend von der Gesellschaft an die Aktionäre weiterzuleiten sind, sondern die Aktionäre Informationen an die Gesellschaft übermitteln wollen, ohne direkt mit dieser in Kontakt zu treten. Die Intermediäre haben dabei die von den Aktionären ausgehenden Informationen an die Gesellschaft zu übermitteln. c) Regelung der Informationsübermittlung bei mehrgliedrigen Intermediärsketten, Art. 3b Abs. 5 ARRL Art. 3b Abs. 5 ARRL enthält für die (Standard-)Situation, dass zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär mehrere Intermediäre stehen, die Vorgabe einer Weiterleitung der Informationen entlang der Verwahrkette. Eine Ausnahme hiervon ist für den Fall vorgesehen, dass die Informationen einem Intermediär direkt, d. h. ohne Einbezug noch weiterer Intermediäre, an die Aktionäre oder einen vom Aktionär benannten Dritten – oder in der Situation des Art. 3b Abs. 4 ARRL: an die Gesellschaft – übermittelt werden können. Ein Mitwirken sämtlicher Intermediäre beim Verfahren der Informationsübermittlung wird auf diese Weise letztlich nur dann gefordert, wenn ein „Abkürzen“ der Informationsweiterleitung nicht möglich ist.
459 Letztlich ist eine unmittelbare Adressierung der Aktionäre durch die Gesellschaft im Rahmen gesetzlicher Pflichtmitteilungen nach deutschem Recht allerdings auch nach Einführung des § 67d AktG zumeist nicht ohne weiteres möglich bzw. ausreichend; vgl. zu den diesbezüglichen Schwierigkeiten bei Inhaberaktien unter Teil 3 A. I. 3. e) aa), bei Namensaktien ist hierfür neben einer bloßen Identifikation der Aktionäre insbesondere auch noch eine direkte Eintragung derselben in das Aktienregister erforderlich Teil 3 A. I. 3. e) bb). 460 Noack, NZG 2017, 561, 564.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
2. Die Richtlinienvorgaben zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung, Art. 3c ARRL a) Inpflichtnahme der Intermediäre zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung, Art. 3c Abs. 1 ARRL Art. 3c Abs. 1 ARRL gibt konkrete Maßnahmen vor, mithilfe derer die Ausübung der Aktionärsrechte erleichtert werden soll und sieht hierzu eine entsprechende Inpflichtnahme der Intermediäre vor. Die Intermediäre müssen danach entweder die „erforderlichen Vorkehrungen“ dafür treffen, dass der Aktionär oder ein von diesem benannter Dritter die Rechte ausüben kann (Art. 3c Abs. 1 lit. a ARRL) oder aber die Intermediäre üben die mit den Aktien verbundenen Rechte gemäß den Anweisungen und der ausdrücklichen Genehmigung des Aktionärs zu dessen Gunsten selbst aus (Art. 3c Abs. 1 lit. b ARRL). Die Richtlinie verzichtet auf eine Benennung der konkreten Aktionärsrechte, die von Art. 3c ARRL erfasst werden und damit von den Intermediären durch entsprechende Maßnahmen unterstützt werden müssen. In diese Richtung formuliert die Richtlinie in Art. 3c Abs. 1 ARRL bloß, dass die Rechte jedenfalls auch das „Recht auf Teilnahme an und Stimmabgabe in Hauptversammlungen“ enthalten (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 3c Abs. 1 ARRL: „einschließlich“). Neben den hauptversammlungsbezogenen Rechten unterfallen somit grundsätzlich noch weitere Aktionärsrechte den Vorgaben des Art. 3c ARRL. Mit dem sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie vereinbar ist dies insoweit, als diese gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 ARRL zwar grundsätzlich nur die Ausübung von Rechten „im Zusammenhang mit Hauptversammlungen“ betrifft, die durch die ARRL II neu eingefügten Vorgaben des Kapitels Ia ARRL als „besondere Anforderungen“ zur Förderung einer langfristigen „Mitwirkung der Aktionäre“ i.S.v. Art. 1 Abs. 1 S. 2 u. 3 ARRL offenbar aber nicht von dieser Einschränkung des Anwendungsbereichs erfasst sind. Insoweit geht der sachliche Anwendungsbereich der ARRL II mit den Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL ein Stück weit über den für die Aktionärsrechterichtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung vorgesehenen Regelungsbereich hinaus.461 Unmittelbar enthält die ARRL II außerdem auch keine näheren Informationen dazu, welche „konkreten Maßnahmen“ der Rechtsausübungserleichterung von den Intermediären vorzunehmen sind. Eine dahingehende Konkretisierung erfolgt allerdings im Rahmen der ARRL-DVO. So sieht Art. 5 ARRL-DVO etwa eine Pflicht der Letztintermediäre zur „Bestätigung der Berechtigung zur Ausübung von Aktionärsrechten in einer Hauptversammlung“ und Art. 6 ARRL-DVO eine Inpflichtnahme der Intermediäre bezüglich der „Anmeldung des Aktionärs zur Hauptversammlung“ vor.
461
Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 A. I. 1.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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b) Übermittlung einer Bestätigung bei elektronischen Stimmabgaben, Art. 3c Abs. 2 ARRL In Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 ARRL ist für den Fall einer elektronischen Stimmabgabe vorgesehen, dass der abstimmenden Person eine elektronische Bestätigung über den Eingang der Stimmabgabe zu übermitteln ist. Gemäß Art. 3c Abs. 2 UAbs. 2 ARRL ist darüber hinaus sicherzustellen, dass die Aktionäre – oder die von diesen benannten Dritten – nach der Hauptversammlung zumindest auf Anforderung hin eine Bestätigung darüber erhalten, dass die abgegebenen Stimmen auch wirksam aufgezeichnet und gezählt wurden, sofern ihnen diese Informationen nicht bereits zur Verfügung stehen. In Art. 3c Abs. 2 UAbs. 3 ARRL wird in Bezug auf die Bestätigungen im Sinne der Unterabsätze 1 und 2 eine entsprechende Mitwirkungspflicht der Intermediäre statuiert. Sofern einem Intermediär beim Bestehen einer Verwahrkette aus mehr als nur einem Intermediär, d. h. im praktischen Regelfall, eine entsprechende Bestätigung der Gesellschaft gemäß Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 oder 2 ARRL zugeht, muss diese an den Aktionär weitergeleitet werden. Falls nötig ist hierzu eine schrittweise Weiterleitung der Bestätigung entlang der Verwahrkette bis hin zum Aktionär vorgesehen. Für den Fall, dass die Bestätigung unmittelbar an den Aktionär oder einen vom Aktionär benannten Dritten weitergeleitet werden kann, ist das Verfahren allerdings entsprechend abzukürzen.
II. Präzisierungen der Durchführungsverordnung zur Informationsübermittlung i.S.v. Art. 3b ARRL und Rechtsausübungserleichterung i.S.v. Art. 3a ARRL In Bezug auf das Verfahren der Informationsübermittlung i.S.v. Art. 3b ARRL enthält die ARRL-DVO eine konkrete Formatvorlage für die Einladung zur Hauptversammlung (Tabelle 3) sowie eine allgemeinere Vorlage „für andere Unternehmensereignisse als Hauptversammlungen“ (Tabelle 8). In Art. 9 Abs. 1 – 4 ARRL-DVO finden sich konkrete Fristen zum Verfahren der Informationsübermittlung i.S.v. Art. 3b ARRL. Gemäß Art. 9 Abs. 1 ARRL-DVO muss ein Emittent, wenn dieser ein „Unternehmensereignis“ initiiert, welches die Möglichkeit zur Ausübung von Aktionärsrechten nach sich zieht, den Intermediären die dazu notwendigen Informationen „rechtzeitig und spätestens am Geschäftstag, an dem er nach geltendem Recht das Unternehmensereignis bekanntgibt“, zur Verfügung stellen. Für die Intermediäre regelt Art. 9 Abs. 2 ARRL-DVO verschiedene Fristen. Grundsätzlich haben diese die ihnen zugegangenen Informationen entweder noch am selben oder jedenfalls am darauffolgenden Geschäftstag an den jeweils nächsten Intermediär weiterzuleiten. Eine entsprechende Frist für die finale Weiterleitung der Informationen an den Aktionär regelt Art. 9 Abs. 3 ARRL-DVO.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Schließlich sieht Art. 9 Abs. 4 ARRL-DVO eine besondere Frist für die vom Aktionär in Richtung der Gesellschaft laufende Informationsübermittlung vor. Bezüglich der allgemeinen Maßnahmen zur Erleichterung der Rechtsausübung i.S.v. Art. 3c ARRL sind Formatvorlagen für einen durch den Letztintermediär ausgestellten Berechtigungsnachweis (Tabelle 4), für die Anmeldung des Aktionärs zur Hauptversammlung seitens des Letztintermediärs (Tabelle 5), für die vom Emittenten zu übermittelnde Bestätigung über den Stimmeingang (Tabelle 6) sowie über die Aufzeichnung und Zählung der Stimme (Tabelle 7) vorgesehen. Für die durch Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 ARRL geforderte Bestätigung des Eingangs elektronisch abgegebener Stimmen sieht Art. 9 Abs. 5 UAbs. 1 ARRL-DVO als Frist eine Übermittlung „unmittelbar nach Stimmabgabe“ vor. Die Bestätigung der Aufzeichnung und Zählung der Stimmen i.S.d. Art. 3c Abs. 2 UAbs. 2 ARRL muss gemäß Art. 9 Abs. 5 UAbs. 2 ARRL-DVO vom Emittenten „zeitnah“ und „spätestens 15 Tage nach dem Antrag oder der Hauptversammlung“ – je nachdem welches Ereignis später eintritt – übermittelt werden.
III. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Richtlinienvorgaben aus Art. 3a u. 3b ARRL mit Blick auf die bisherigen Regelungen im deutschen Aktienrecht 1. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Vorgaben zur Informationsübermittlung aus Art. 3b ARRL a) Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär nach bisherigem Recht Bis zum Inkrafttreten des ARUG II fanden sich Vorschriften zur Informationsübermittlung ausgehend von der Gesellschaft hin zum Aktionär im deutschen Aktiengesetz in erster Linie innerhalb der Regelungen zur „Einberufung der Hauptversammlung“ nach §§ 121 ff. AktG. Hierfür hatten die aktiengesetzlichen Regelungen auch bereits – wie nunmehr durch Art. 3b ARRL zwingend vorgegeben – eine Einbeziehung bestimmter zwischen der Gesellschaft und den Aktionären stehender Intermediäre vorgesehen. So hatten auch bisher bereits inländische „Kreditinstitute“ und diesen nach § 125 Abs. 5 AktG a.F. gleichgestellte Unternehmen bei der Einberufung der Hauptversammlung mitgewirkt, indem diese gemäß § 125 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. zunächst von der Gesellschaft benachrichtigt wurden und diese die hiermit verbundenen Mitteilungen dann anschließend gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. an die Aktionäre weiterzuleiten hatten. In Bezug auf den genauen Ablauf der Informationsübermittlung zur Einberufung der Hauptversammlung wurde schon im Rahmen der §§ 121 ff. AktG a.F. unterschieden zwischen der Benachrichtigung von selbst im Aktienregister eingetragenen Namensaktionären sowie der Benachrichtigung von Inhaberaktionären und solchen
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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Namensaktionären, für die ein Intermediär in das Aktienregister eingetragen ist. Namensaktionäre, die zu Beginn des 14. Tages vor der Hauptversammlung selbst als solche im Aktienregister eingetragen waren, hatten entsprechende Mitteilungen gemäß § 125 Abs. 2 S. 1 Var. 2 AktG a.F. grundsätzlich direkt von der Gesellschaft erhalten. In diesem Fall hatte es der nach § 128 Abs. 1 AktG a.F. vorgesehenen Mitwirkung der Intermediäre bei der Informationsübermittlung nicht bedurft.462 In diese Richtung sieht auch die ARRL II für den Fall einer unmittelbaren Informationsübermittlung durch die Gesellschaft an alle Aktionäre463 in Art. 3b Abs. 3 ARRL vor, dass es in diesem Fall nicht auch noch einer zusätzlichen Inpflichtnahme der Intermediäre bedarf. Die vormalige Regelung aus § 125 Abs. 2 S. 1 Var. 2 AktG a.F. hätte wohl eine solche Ausnahme dargestellt. Zwar bezog sich § 125 Abs. 2 S. 1 Var. 2 AktG a.F. nicht uneingeschränkt auf „alle“, sondern nur auf im Aktienregister selbst eingetragene Aktionäre, doch kommt es wegen § 67 Abs. 2 S. 1 AktG aus Sicht der Gesellschaft zur Pflichterfüllung grundsätzlich auch nur auf eben jene in das Aktienregister eingetragenen Personen an.464 b) Umsetzungsbedarf in Bezug auf Art. 3b ARRL Im Vergleich zu den Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL bestand mit Blick auf die Vorgaben zur Informationsübermittlung aus deutscher Perspektive ein allgemein etwas weniger grundlegender Umsetzungsbedarf. Viele der bisherigen aktienrechtlichen Regelungen entsprachen insoweit auch vor dem ARUG II inhaltlich bereits recht weitgehend den Vorgaben des Art. 3b ARRL. Konkret bestand deutscher Umsetzungsbedarf mit Blick auf die Richtlinienvorgaben aus Art. 3b Abs. 1 – 3 ARRL hauptsächlich bezüglich folgender Punkte: Zum einen bezogen sich die bisherigen Regelungen zur Informationsübermittlung zwischen der Gesellschaft und den Aktionären nach §§ 121 ff. AktG entsprechend ihres Regelungsstandorts ausschließlich auf die Hauptversammlung. Die Informationen, auf die sich die Vorgaben des Art. 3b ARRL beziehen, sind dabei konzeptionell etwas weiter gefasst, sodass es von Seiten des deutschen Gesetzgebers dahingehend einer gewissen Anpassung bzw. etwas allgemeinerer Regelungen – wie die letztlich eingeführten §§ 67a ff. AktG – bedurft hatte.465 Angesichts der Hauptversammlungsbezogenheit der allermeisten Aktionärsrechte nach der deutschen
462 Vgl. insoweit zur bisherigen Rechtslage statt vieler nur Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 128 Rn. 10. 463 Oder an von diesen beauftragte Dritte, vgl. Art. 3b Abs. 3 ARRL. 464 Insoweit geht auch Noack, NZG 2017, 561, 564 davon aus, dass die bislang nach § 125 Abs. 2 S. 1 Var. 2 AktG a.F. vorgesehene Mitteilung (nur) an die im Aktienregister eingetragenen Aktionäre einen entsprechenden Fall des Art. 3b Abs. 3 ARRL dargestellt hätte. 465 Noack, NZG 2017, 561, 564.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Aktienrechtsdogmatik hatte sich der Umsetzungsbedarf auch insoweit jedenfalls faktisch aber in Grenzen gehalten.466 Darüber hinaus haben die nach §§ 125 Abs. 1 S. 1, 128 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. in den Prozess der Informationsübermittlung einbezogenen Kreditinstitute – sowie die gemäß § 125 Abs. 5, 128 Abs. 4 AktG a.F. gleichgestellten Personen – nicht vollends dem Intermediärsbegriff der ARRL II entsprochen, sodass auch insofern eine Angleichung der aktienrechtlichen Regelungen an die Richtlinienvorgaben erforderlich war.467 Insoweit gehen die Vorgaben der ARRL II insbesondere dahingehend über die bisherigen aktienrechtlichen Regelungen hinaus, dass gemäß Art. 1 Abs. 5 i.V.m. Art. 3e ARRL grundsätzlich sämtliche Intermediäre sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland zur Informationsübermittlung in die Pflicht zu nehmen sind. Im Rahmen der §§ 125, 128 AktG a.F. wurden ausländische Kreditinstitute und andere Finanzdienstleister dagegen bloß unter bestimmten Voraussetzungen in den Prozess der Informationsübermittlung einbezogen. Konkret waren ausländische Intermediäre bislang nur dann in das Verfahren zur Informationsübermittlung im Vorfeld der Hauptversammlung einbezogen, wenn diese entweder eine Zweigstelle in Deutschland betreiben oder in einem anderen EWR-Staat ansässig sind und dabei Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in Deutschland „im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs“ erbringen, vgl. § 125 Abs. 5 AktG a.F. i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1; 53b Abs. 1 S. 1, Abs. 7 KWG.468 Die bloße Depotverwahrung von Aktien einer deutschen Gesellschaft als solche hatte dabei richtigerweise noch keine entsprechende grenzüberschreitende Dienstleistung dargestellt,469 sodass selbst Intermediäre aus dem EWR-Ausland oftmals nicht zur Informationsübermittlung verpflichtet waren. Schließlich war auch die bislang im Rahmen des § 125 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. vorgesehene Einschränkung, dass – sowohl in- aus auch ausländische – Intermediäre nur dann von der Gesellschaft zu benachrichtigen waren, wenn diese entweder bereits auf der letzten Hauptversammlung Stimmrechte 466 Zur Hauptversammlungsbezogenheit der Aktionärsrechte vgl. Zetzsche, Aktionärsinformation, S. 21. 467 Noack, NZG 2017, 561, 564. 468 Zu den Voraussetzungen des Einbezugs ausländischer Intermediäre in den Informationsprozess nach §§ 125, 128 AktG a.F.: Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 30 ff., § 128 Rn. 14 ff.; Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 125 Rn. 2; Kubis, in: MüKo AktG, § 125 Rn. 4; Noack/Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 125 Rn. 106 ff., § 128 Rn. 28 f.; Ziemons, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 125 Rn. 23. 469 So auch Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 32 u. § 128 Rn. 16; mit anderer Ansicht dagegen Noack/Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 125 Rn. 110 ff., § 128 Rn. 28 f., die sich im Sinne einer „europarechtskonform[en]“ Auslegung der §§ 125, 128 AktG a.F. auch bereits vor der ARRL II für einen umfassenden Einbezug (EU-)ausländischer Intermediäre in das Verfahren der Informationsübermittlung ausgesprochen hatten (§ 125 Rn. 111); im Lichte dessen, dass eine entsprechende Verpflichtung der Intermediäre zur grenzüberschreitenden Informationsübermittlung erst mit der ARRL II explizit vorgesehen wurde, liegt es ex post betrachtet allerdings näher, dass sich vor der ARRL II keine entsprechende Verpflichtung der Intermediäre zur grenzüberschreitenden Informationsübermittlung aus dem EU-Recht herleiten ließ.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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für die Aktionäre ausgeübt hatten oder die Mitteilung positiv verlangt haben, nicht mit Art. 3b ARRL vereinbar. Darüber hinaus bestand Umsetzungsbedarf seitens des deutschen Gesetzgebers in Hinblick auf das in Art. 3b Abs. 4 ARRL vorgesehene Verfahren der Informationsübermittlung in der Konstellation, dass Informationen nicht von Seiten der Gesellschaft an die Aktionäre, sondern von den Aktionären in Richtung der Gesellschaft übermittelt werden sollen. Im Aktiengesetz war eine Informationsübermittlung in diese Richtung unter Mitwirkung der Intermediäre – nunmehr in § 67c Abs. 1 AktG in allgemeiner Form geregelt – nicht entsprechend vorgesehen gewesen.470 2. Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Vorgaben zur Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3c ARRL Wie die Vorschriften zur Informationsübermittlung waren auch Regelungen zur Rechtsausübungserleichterung im deutschen Aktiengesetz bislang in erster Linie im Rahmen der Vorschriften zur Hauptversammlung, also innerhalb der §§ 118 ff. AktG, vorgesehen. Eine Inpflichtnahme der Intermediäre dahingehend, dass diese die erforderlichen Vorkehrungen dafür treffen, dass die Aktionäre – oder von diesen benannte Dritte – die Aktionärsrechte selbst ausüben können, wie in Art. 3b Abs. 1 Var. a ARRL verlangt, war in Gestalt der Regelung des § 128 Abs. 1 AktG a.F. dahingehend vorgesehen, dass die Intermediäre die von der Gesellschaft erhaltenen Hauptversammlungseinladungen an die Aktionäre weiterzuleiten hatten. Zusammen mit dem bei Inhaberaktien zur Stimmrechtsausübung nötigen „Nachweis des Anteilsbesitzes“, der den Aktionären börsennotierter Gesellschaften nach § 123 Abs. 4 S. 1 AktG a.F. auszustellen war, hatte dies grundsätzlich bewirkt, dass die Aktionäre ihre Rechte im Rahmen der Hauptversammlung selbst wahrnehmen konnten. Die bislang im Aktiengesetz vorgesehen, von den Intermediären zu leistenden Vorkehrungen hatten insoweit grundsätzlich bereits hinreichend „erforderliche Vorkehrungen“ i.S.v. Art. 3c Abs. 1 Var. a ARRL dargestellt.471 Alternativ reicht es zur Erfüllung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3c Abs. 1 ARRL gemäß dessen lit. b aus, dass die Intermediäre die Aktionärsrechte anstelle der Aktionäre, aber mit dessen „ausdrücklicher Genehmigung“ gemäß deren Anweisungen und zu deren Gunsten ausüben. Auch ein solches Vorgehen war in Bezug auf die Stimmabgabe im Rahmen der Hauptversammlung grundsätzlich bereits im Aktiengesetz vorgesehen. Umfassende Regelungen zur Stimmabgabe durch die Kreditinstitute als Intermediäre sind dabei in § 135 AktG vorgesehen. Nach den Regelungen des § 135 AktG ist für eine Abstimmung durch die Intermediäre stets eine Bevollmächtigung (§ 135 Abs. 1 AktG) bzw. eine Ermächtigung 470 471
Vgl. Noack, NZG 2017, 561, 565. Vgl. hierzu bereits Noack, NZG 2017, 561, 566.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
(§ 135 Abs. 6 AktG) durch die jeweiligen Aktionäre nötig, was der von Art. 3c Abs. 1 Var. b ARRL vorgesehenen „ausdrücklichen Genehmigung“ seitens der Aktionäre entspricht. Weiter fordert die Richtlinie eine Rechtsausübung „gemäß den Anweisungen des Aktionärs und zu dessen Gunsten“. Eine Abstimmung nach Weisung stellt nach der Systematik des § 135 AktG den Regelfall, aber nicht den einzig möglichen Fall einer Abstimmung durch einen Intermediär dar. So sieht § 135 Abs. 3 S. 1 AktG für den Fall, dass der „Aktionär dem Kreditinstitut keine Weisung für die Ausübung des Stimmrechts erteilt [hat]“, ausdrücklich eine Abstimmung durch die Intermediäre nach deren eigenen Vorschlägen vor. Zwar heißt es hierzu in § 135 Abs. 3 S. 2 HS. 2 AktG einschränkend, dass eine solche Abstimmung dann nicht zu erfolgen hat, wenn nach den Umständen anzunehmen ist, dass der Aktionär anderweitig abstimmen würde, wodurch ein Abstimmen im Interesse und zu Gunsten des jeweiligen Aktionärs sichergestellt werden soll und insoweit der dahingehenden Richtlinienvorgabe entsprochen wird. Allerdings ist in Art. 3c Abs. 1 Var. b ARRL von einer Rechtsausübung eben nicht nur zu Gunsten, sondern gerade auch, d. h. kumulativ, gemäß den Anweisungen des Aktionärs die Rede. Ob § 135 AktG den Vorgaben des Art. 3c Abs. 1 Var. b ARRL vollständig entspricht, lässt sich daher bezweifeln.472 Jedenfalls bestand Umsetzungsbedarf aus deutscher Sicht in Hinblick auf Art. 3c Abs. 1 ARRL insofern, als sich die oben erläuterten aktienrechtlichen Regelungen ausschließlich auf die Rechtsausübung im Rahmen der Hauptversammlung beziehen, Art. 3c Abs. 1 ARRL aber allgemeiner ansetzt, wenn von einer „Ausübung der Rechte durch den Aktionär, einschließlich des Rechts auf Teilnahme an und Stimmabgabe in Hauptversammlungen“ die Rede ist. Letztlich führt die Hauptversammlungsbezogenheit der allermeisten Aktionärsrechte nach der Dogmatik des deutschen Aktienrechts allerdings faktisch zu einer erheblichen Relativierung des dahingehenden Umsetzungsbedarfs. Schließlich bestand Umsetzungsbedarf in Hinblick auf die in Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 u. 2 ARRL geforderten Abstimmbestätigungen. Eine Regelung für eine elektronische Bestätigung bezüglich elektronischer Hauptversammlungsabstimmungen hatte im deutschen Recht bislang gänzlich gefehlt. Auch eine zwingende Regelung dahingehend, dass allgemein auf Anfrage eine Bestätigung der wirksamen Aufzeichnung und Zählung der Stimmabgabe zu erfolgen hat, war bis zum ARUG II nicht vorgesehen gewesen.
IV. Die Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen des ARUG II Die Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung (Art. 3b ARRL) und Rechtsausübungserleichterung (Art. 3c ARRL) wurden im Rahmen des ARUG II im 472
Wohl ohne solche Bedenken allerdings Noack, NZG 2017, 561, 566.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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Wesentlichen in Gestalt der neuen §§ 67a – 67c AktG umgesetzt. Während die bisherigen aktienrechtlichen Regelungen zur Informationsübermittlung zwischen Gesellschaft und Aktionär unter Einbezug der Intermediäre sowie allgemein zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung hauptsächlich im Rahmen der Vorschriften zur Hauptversammlung nach §§ 118 ff. AktG verortet waren, wurden in Gestalt der §§ 67a ff. AktG im Rahmen des 1. Buchs, 3. Teil („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) nun allgemeinere Vorgaben für diesen Regelungsbereich eingeführt. Die spezielleren §§ 118 ff. AktG wurden im Zuge des ARUG II in vielen Punkten an die Neuregelungen angepasst, zum Teil aber auch – wie etwa § 128 AktG a.F. – aufgehoben. 1. Die Informationsübermittlung nach §§ 67a u. 67b AktG Die Regelungen des § 67a AktG („Übermittlung von Informationen über Unternehmensereignisse; Begriffsbestimmungen“) und § 67b AktG („Übermittlung von Informationen durch Intermediäre an die Aktionäre“) dienen gemeinsam der Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Übermittlung von Informationen ausgehend von der Gesellschaft über die Intermediäre hin zu den Aktionären aus Art. 3b Abs. 1 – 3 u. 5 ARRL. In § 67a Abs. 4 u. 5 AktG finden sich Definitionen zu den Begriffen des „Intermediär[s]“, des „Intermediär[s] in der Kette“ sowie des „Letztintermediär[s]“. a) Legaldefinitionen zu den Intermediären, § 67a Abs. 4 u. 5 AktG § 67a Abs. 4 AktG beinhaltet eine Legaldefinition des insbesondere im Rahmen der §§ 67 ff. AktG zentralen Intermediärs. Ein Intermediär ist danach eine Person, „die Dienstleistungen der Verwahrung oder der Verwaltung von Wertpapieren oder der Führung von Depotkonten für Aktionäre oder andere Personen erbringt, wenn die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien von Gesellschaften stehen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben.“ Die Definition des § 67a Abs. 4 AktG entspricht den Richtlinienvorgaben aus Art. 2 lit. d ARRL sowie Art. 1 Abs. 5 ARRL und umfasst damit sachlich insbesondere Wertpapierfirmen i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II-RL473, Kreditinstitute i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR-VO474 sowie Zentralverwahrer i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 CSDR-VO475.476 473
Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/ 61/EU. 474 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
In sachlicher Hinsicht umfasst die Definition des Intermediärs aus § 67a Abs. 4 AktG damit faktisch im Wesentlichen solche Personen, die im Aktiengesetz im Rahmen der §§ 121 ff. AktG a.F. bislang mit den Begriffen „Kreditinstitut“ und „Finanzdienstleistungsinstitut“ umfasst worden waren. Konzeptionell reicht der nun in § 67a Abs. 4 AktG verwendete und an Art. 2 lit. d ARRL angelehnte Begriff des Intermediärs allerdings etwas weiter.477 So haben die bisher im Aktiengesetz adressierten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute entsprechend der diesbezüglich heranzuziehenden Definitionen aus § 1 Abs. 1 u. 1a KWG etwa nur gewerbsmäßig handelnde Personen oder jedenfalls Personen mit in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieben erfasst.478 Die Intermediärsdefinition des § 67a Abs. 4 AktG sieht eine solche Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs dagegen grundsätzlich nicht vor. Rein praktisch kommt der damit konzeptionell einhergehenden Erweiterung des Kreises der verpflichteten Personen aber allenfalls sehr geringe Bedeutung zu. Hinsichtlich des örtlichen Anwendungsbereichs zeichnet sich die Definition des § 67a Abs. 4 AktG dadurch aus, dass diese von vornherein nicht auf solche Intermediäre beschränkt ist, die ihre Hauptverwaltung oder sonst einen Sitz im Inland oder jedenfalls in einem der übrigen EWR-Staaten haben. Vielmehr wird im Rahmen des § 67 Abs. 4 AktG – zur Erfüllung der speziellen Vorgabe des Art. 3e ARRL – in örtlicher Hinsicht einzig auf den Sitz des Emittenten abgestellt.479 Konzeptionell unterliegen insofern sämtliche in- und ausländische Intermediäre – selbst jenseits des EWR – den Pflichten zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung, soweit diese nur die Wertpapiere einer börsennotierten Gesellschaft mit Sitz in einem EWR-Staat verwahren. Mit Blick auf den örtlichen Anwendungsbereich ist die Definition der Intermediäre nach § 67a Abs. 4 AktG insoweit deutlich weiter gefasst als die ehemaligen aktienrechtlichen Begriffe der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, wovon ausländische Institute im Grundsatz gerade nicht erfasst waren.480 In § 67a Abs. 5 S. 1 AktG ist darüber hinaus eine spezielle Legaldefinition des „Intermediär[s] in der Kette“ als „Intermediär, der Aktien der Gesellschaft für einen 475 Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/ EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012. 476 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 62. 477 Noack, NZG 2017, 561, 564. 478 Dazu Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 31. 479 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 62 f. 480 Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 30; Kubis, in: MüKo AktG, § 125 Rn. 4; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 125 Rn. 7; vgl. darüber hinaus zur Frage, unter welchen speziellen Voraussetzungen ausländische Intermediäre jedenfalls aber als „gleichgestellte Unternehmen“ von den Pflichten aus §§ 125, 128 AktG a.F. erfasst waren, bereits oben Teil 2 A. III. 1. b).
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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anderen Intermediär verwahrt“, vorgesehen. Als „Letztintermediär“ wird in § 67a Abs. 5 S. 2 AktG derjenige definiert, der „als Intermediär für einen Aktionär Aktien einer Gesellschaft verwahrt“. Die Definition des Letztintermediärs soll dabei ausweislich der Gesetzesbegründung der dahingehenden Definition aus Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO entsprechen.481 Nach Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO ist unter dem „letzte[n] Intermediär“ jeder Intermediär zu verstehen, „der Depotkonten in der Intermediärskette für den Aktionär bereitstellt“. Aus der systematischen Stellung der Definitionen und dem Verweis auf die Begriffsbestimmung der ARRL-DVO folgt, dass der „Aktionär“ – als Bestandteil der Definitionen zum „Intermediär“ und „Letztintermediär“ – hierbei gleichbedeutend mit dem Aktionär insbesondere i.S.d. § 67d AktG zu verstehen ist. Jeder Intermediär i.S.d. § 67a Abs. 4 AktG ist entweder ein „Intermediär in der Kette“ oder aber „Letztintermediär“ i.S.d. § 67 Abs. 5 AktG. Der „Intermediär in der Kette“ lässt sich insofern auch negativ als ein solcher Intermediär definieren, der die Aktien nicht als „Letztintermediär“ für den Aktionär hält. b) Die Informationsübermittlung nach §§ 67a Abs. 1 – 3 u. 67b AktG Die §§ 67a Abs. 1 – 3 u. 67b AktG regeln die Übermittlung von Informationen ausgehend von börsennotierten Gesellschaften sowie eine diesbezügliche Inpflichtnahme der Intermediäre. Die Pflichten der börsennotierten Gesellschaft im Rahmen der Informationsübermittlung werden in den § 67a Abs. 1 u. 2 AktG geregelt. Die daran anknüpfenden Pflichten der Intermediäre ergeben sich aus § 67a Abs. 3 AktG und § 67b AktG. aa) „Unternehmensereignis“ als Auslöser der Pflicht zur Informationsübermittlung Anknüpfungspunkt bzw. Auslöser eines entsprechenden Verfahrens der Informationsübermittlung ist gemäß § 67a Abs. 1 AktG der Eintritt eines Unternehmensereignisses i.S.d. § 67a Abs. 6 AktG. Zur Bestimmung eines solchen verweist § 67a Abs. 6 AktG auf Art. 1 Nr. 3 ARRL-DVO. Dort wiederum findet sich zwar keine abschließende Auflistung aller möglichen Unternehmensereignisse, immerhin aber die allgemeine Beschreibung, dass es sich hierbei um eine „vom Emittenten oder einem Dritten initiierte Maßnahme, die die Ausübung der mit den Aktien verbundenen Rechte beinhaltet und die zugrunde liegende Aktie beeinflussen kann […]“ handelt, vgl. Art. 1 Nr. 3 ARRL-DVO. Als konkrete Beispiele hierfür werden in Art. 1 Nr. 3 ARRL-DVO Gewinnausschüttungen und Hauptversammlungen genannt. In Tabelle 8 ARRL-DVO (Vorlage für die „Mitteilung von anderen Unternehmensereignissen als Hauptversammlungen“) wird überdies als Angabe der „Art des Unternehmensereignisses“ neben einer Gewinnausschüttung beispielhaft auch 481
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 63.
182
2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
eine „Umstrukturierung des Aktienkapitals des Emittenten“ erwähnt. Von Seiten des deutschen Gesetzgebers werden im Rahmen der Gesetzesbegründung als weitere Beispiele schließlich noch „Umtausch-, Bezugs-, Einziehungs-, Zeichnungs- und Wahlrechte bei Dividenden“ genannt.482 Die wesentlichen derzeit möglichen „Unternehmensereignisse“ sollten damit erfasst sein. bb) Spezialregelung zur Hauptversammlung, § 67a Abs. 1 S. 2 AktG Für die Informationsübermittlung in Bezug auf die Hauptversammlung der Gesellschaft als das der Sache nach bedeutendste Unternehmensereignis gelten nicht allein die §§ 67a f. AktG, sondern in erster Linie die spezielle Regelung des § 125 AktG. Dies stellt § 67a Abs. 1 S. 2 AktG ausdrücklich klar. Mit der damit bewirkten Sonderbehandlung der Hauptversammlung möchte der Gesetzgeber den Besonderheiten der diesbezüglichen Informationsübermittlung nach deutschem Aktienrecht Rechnung tragen.483 Beispielhaft ist dahingehend etwa an die besondere Mitteilungsfrist des § 125 Abs. 1 AktG zu denken. Die Pflichten der Gesellschaft im Rahmen der Informationsübermittlung im Vorfeld der Hauptversammlung ergeben sich insoweit ausnahmsweise nicht aus der allgemeinen Regelung des § 67a Abs. 1 S. 1 AktG, sondern aus § 125 Abs. 1 u. 2 AktG. Bezüglich der Inpflichtnahme der Intermediäre ist in § 125 Abs. 5 AktG allerdings ein Verweis auf die §§ 67a f. AktG vorgesehen. Vor Inkrafttreten des ARUG II war dagegen auch die Mitwirkung der Intermediäre bei der Informationsübermittlung zur Hauptversammlung in einer speziellen Vorschrift, dem nun aufgehobenen § 128 AktG a.F., geregelt gewesen. cc) Ablauf der Informationsübermittlung Die Informationsübermittlung zu einem Unternehmensereignis i.S.d. § 67a Abs. 6 AktG beginnt gemäß § 67a Abs. 1 S. 1 AktG bei der börsennotierten Gesellschaft. In Bezug auf das konkrete Verfahren unterscheidet das Gesetz dabei klar zwischen Namensaktien (Nr. 1) und Inhaberaktien (Nr. 2): Soweit die Gesellschaft Namensaktien ausgegeben hat, hat diese die Informationen gemäß § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG an die „im Aktienregister Eingetragenen“ zu übermitteln. Unter die Empfänger der Informationen fallen insoweit sowohl die selbst in das Aktienregister eingetragenen Aktionäre als auch die als Fremdbesitzer eingetragenen Intermediäre. Bei Inhaberaktien sind die Informationen grundsätzlich schlicht „an die Intermediäre“ weiterzuleiten, § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG. Eine Ausnahme von der Pflicht der Gesellschaft zur Informationsübermittlung aus § 67a Abs. 1 S. 1 AktG – und damit gleichsam von dem sich gegebenenfalls 482 483
Ebd. Ebd.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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anschließenden Verfahren zur Weiterleitung der Informationen durch die Intermediäre (§§ 67a Abs. 3; 67b AktG) – sieht § 67a Abs. 1 S. 1 HS. 1 AktG für den Fall vor, dass die betreffenden Informationen den Aktionären von der Gesellschaft oder von anderer Seite direkt mitgeteilt werden. Für den Fall des § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG, der Informationsübermittlung bei Namensaktien, gilt dabei, dass die „im Aktienregister Eingetragenen“ nicht automatisch durch ihre Eintragung auch als „Aktionär“ i.S.d. § 67a Abs. 1 S. 1 HS. 1 AktG anzusehen sind.484 Konzeptionell bezieht sich die Ausnahme des § 67a Abs. 1 S. 1 HS. 1 AktG damit sowohl auf die Informationsübermittlung bei Inhaber- als auch bei Namensaktien. Praktisch scheidet eine entsprechende Direktmitteilung an die wahren „Aktionäre“ und vorbei an den im Aktienregister eingetragenen Intermediären bei Namensaktien allerdings regelmäßig aus.485 Die separaten Regelungen für Inhaber- und Namensaktiengesellschaften dienen im Wesentlichen dazu, Mehrfachmitteilungen an die Intermediäre börsennotierter Namensaktiengesellschaften zu vermeiden.486 Die spezielle Regelung für Namensaktien nach § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG soll insoweit verhindern, dass ein im Aktienregister eingetragener Intermediär einerseits wegen seiner Funktion als Intermediär und andererseits in seiner Rolle als Registeraktionär – und somit mehrfach – benachrichtigt wird. Die Modalitäten der nach § 67a Abs. 1 S. 1 AktG vorgesehenen Informationsübermittlung werden in § 67a Abs. 2 AktG geregelt. Die auf den ersten Blick unscheinbar anmutende Bestimmung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG, gemäß derer die Informationen auch durch „beauftragte Dritte“ übermittelt werden können, ermöglicht den Beteiligten ein breites Spektrum an Übermittlungsmöglichkeiten. Im Besonderen sind hiernach die bereits bisher praktisch bewährten Verfahren der Informationsübermittlung mithilfe zentraler Abwicklungsstellen weiterhin zulässig. Die fortbestehende Zulässigkeit entsprechender, praktisch bewährter „freiwillige[r] Marktstandards“ entspricht dabei auch den der ARRL-DVO zugrundeliegenden Vorstellungen.487 Auch die Informationsübermittlung mithilfe von Mediendienstleistern wie beispielsweise dem Bundesanzeiger oder eine Einschaltung sonstiger Dienstleister unterfällt der Regelung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG und ist mithin grundsätzlich zulässig, soweit auf diese Weise die Intermediäre bzw. die sonst Berechtigten erreicht werden.488 Allgemein darf sich die Gesellschaft insofern sehr weitgehend verschiedener Medien bzw. Medienbündel bedienen. 484 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 60 (wobei die entsprechende Regelung zur Informationsübermittlung bei Namensaktien im Regierungsentwurf ARUG II insoweit nicht in § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG sondern in § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG-E verortet war). 485 Vgl. insoweit auch die Einschätzung des Gesetzgebers, Begr. RegE ARUG II, BTDrs. 19/9739, S. 60. 486 Ebd. 487 Erwägungsgrund 11 ARRL-DVO. 488 Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 60 f.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
§ 67a Abs. 2 S. 2 AktG bestimmt im Sinne der ARRL-DVO, dass die Informationen den Intermediären elektronisch zu übermitteln sind. Namensaktiengesellschaften haben insoweit zu berücksichtigen, dass unter den nach § 67a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG adressierten, im Aktienregister eingetragenen Personen regelmäßig sowohl Intermediäre als auch Aktionäre sein werden. Eine elektronische Kommunikation der börsennotierten Gesellschaft mit den Aktionären ist – anders als zwischen der Gesellschaft und den Intermediären – de lega lata dabei nicht ohne Weiteres, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 49 WpHG zulässig, was grundsätzlich insbesondere eine entsprechende Einwilligung der Aktionäre voraussetzt.489 Insofern haben Namensaktiengesellschaften im Rahmen der Mitteilungspflicht aus § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG zwischen der Benachrichtigung der in das Aktienregister eingetragenen Intermediäre und der Benachrichtigung selbst eingetragener Aktionäre zu unterscheiden.490 In Hinblick auf den genauen Inhalt, das Format und die Fristen entsprechender Informationsübermittlungen seitens der Gesellschaft verweist § 67a Abs. 2 S. 3 AktG deklaratorisch auf die Bestimmungen der ARRL-DVO. Erwähnenswert ist diesbezüglich etwa, dass wegen Art. 2 Abs. 2 UAbs. 2 ARRL-DVO in bestimmten Fällen auch eine Veröffentlichung der Informationen in mehreren Sprachen, insbesondere auch in englischer Sprache, erforderlich werden kann. Schließlich sieht § 67a Abs. 2 S. 4 AktG unter Verweis auf Art. 8 Abs. 4 i.V.m. Tabelle 8 ARRL-DVO die Möglichkeit einer Beschränkung des Umfangs der Informationsübermittlung unter der Voraussetzung vor, dass der Emittent die Aktionäre auf seiner Website über das betreffende Unternehmensereignis informiert. In diesem Fall ist statt einer zusätzlichen Übermittlung sämtlicher bereits auf der Website veröffentlichter Informationen eine Übermittlung des „URL-Hyperlinks“ zu eben jener Website vorgesehen. Wenn auch die in §§ 67a ff. AktG vorgesehene Informationsübermittlung entsprechend der Richtlinienvorgaben grundsätzlich eindeutig einem „Push-Ansatz“ entspricht,491 weist jedenfalls dies ein Stück weit den Charakter eines „Pull-Mechanismus“ auf. Die Intermediäre haben die von der Gesellschaft erhaltenen Informationen gemäß § 67a Abs. 3 AktG und § 67b AktG weiterzuleiten. § 67a Abs. 3 AktG richtet sich insoweit an die „Intermediäre in der Kette“ i.S.v. § 67a Abs. 5 S. 1 AktG, während § 67b Abs. 1 AktG die Pflicht der Letztintermediäre zur Weiterleitung der erhaltenen Informationen an den Aktionär statuiert. Als Grundregel ist nach § 67a Abs. 3 S. 1 HS. 1 AktG eine Weiterleitung der von der Gesellschaft ausgehenden Informationen entlang der Verwahrkette von Intermediär zu Intermediär vorgesehen. Eine entsprechende Weiterleitung ist gemäß § 67 Abs. 3 S. 1 HS. 2 AktG ausnahmsweise dann nicht erforderlich, wenn dem jewei489 490 491
564.
Vgl. hierzu näher noch unter Teil 3 A. IV. 2. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 61. So ausdrücklich in Bezug auf die Vorgaben aus Art. 3b ARRL: Noack, NZG 2017, 561,
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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ligen Intermediär bekannt ist, dass der nächste Intermediär die betreffenden Informationen bereits von anderer Seite erhält. Ein derartiges Abkürzen des Informationsweges ist weit weniger aufwändig und schneller als die sonst grundsätzlich vorgesehene Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette und insofern praktisch wünschenswert. Um ein „Abbrechen“ der Informationskette und insofern ein Verlorengehen der für die Aktionäre bestimmten Informationen innerhalb der Verwahrkette gerade auch in grenzüberschreitenden Situationen zu vermeiden, werden an eine entsprechende Kenntnis des Intermediärs darüber, dass der nächste Intermediär die Informationen bereits von anderer Seite erhält, allerdings tendenziell hohe Anforderungen zu stellen sein. Der Gesetzgeber appelliert diesbezüglich an die Praxis, entsprechende technische Lösungen zu entwickeln.492 Bezüglich der von den Intermediären einzuhaltenden Fristen verweist § 67a Abs. 3 S. 1 AktG ausdrücklich auf Art. 9 Abs. 2 UAbs. 2 oder 3, Abs. 7 ARRLDVO. Die Weiterleitung der Informationen an den jeweils nächsten Intermediär hat insofern unverzüglich und spätestens bis zum Ende des Geschäftstages bzw. bei Erhalt nach 16 Uhr bis 10 Uhr des darauffolgenden Geschäftstages zu erfolgen. Auch in Bezug auf das Format der Informationsübermittlung gelten die jeweiligen Vorgaben der ARRL-DVO, wenngleich insoweit kein ausdrücklicher Verweis in § 67a Abs. 3 AktG vorgesehen ist. Gemäß § 67a Abs. 3 S. 3 AktG gilt die Regelung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG für die Informationsübermittlung zwischen den Intermediären entsprechend, sodass sich auch die Intermediäre wie die Gesellschaft umfassend der Hilfe Dritter, insbesondere der praktisch bewährten Abwicklungsstellen sowie Medien- oder sonstigen Dienstleistern, bedienen dürfen. Als letzter Schritt der Informationsübermittlung werden in § 67b Abs. 1 S. 1 AktG schließlich die Letztintermediäre verpflichtet, die entweder unmittelbar von der börsennotierten Gesellschaft oder von einem Intermediär in der Kette erhaltenen Informationen an den Aktionär weiterzuleiten. Der deklaratorische Verweis des § 67b Abs. 1 S. 1 AktG auf die ARRL-DVO stellt klar, dass auch für die Letztintermediäre die entsprechenden Vorgaben der Durchführungsverordnung, insbesondere die Fristenregelungen aus Art. 9 Abs. 3 u. 4 ARRL-DVO, gelten. Das für die Informationsübermittlung zwischen den Intermediären zwingende Erfordernis einer elektronischen Übermittlung gemäß Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO findet auf die Informationsübermittlung vom Letztintermediär an den Aktionär nach § 67b Abs. 1 S. 1 AktG allerdings keine Anwendung. Mangels einer insoweit über die „Mindestanforderungen“ der ARRL-DVO hinausgehenden Regelung im deutschen Aktiengesetz kommt insofern auch weiterhin insbesondere eine schriftliche Mitteilung des Letztintermediärs an den Aktionär in Betracht. Angesichts dessen, dass es sich bei den Vorgaben der ARRL-DVO bloß um Mindestanforderungen handelt und sich insbesondere auch die Regelung des § 49 WpHG bzw. die dahinterstehenden Vorgaben aus Art. 17 Abs. 3 Transparenzrichtlinie, nach denen eine elektronische Informationsübermittlung an die Aktionäre börsennotierter Gesellschaften nur unter 492
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 62.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, bloß auf das Verhältnis zwischen AG und Aktionär, nicht aber auch auf die Beziehung zwischen Aktionär und Letztintermediär beziehen, wäre es grundsätzlich denkbar gewesen, dass der deutsche Gesetzgeber das Erfordernis einer elektronischen Übermittlung auch in Bezug auf die in § 67b Abs. 1 S. 1 AktG geregelte Informationsübermittlung vorschreibt. Eine etwaige diesbezügliche teleologische Extension oder sonst eine entsprechende Anwendung der Vorgabe einer elektronischen Übermittlung in Bezug auf die Informationsübermittlung zwischen Letztintermediär und Aktionär – zwecks Förderung der Digitalisierung der Aktionärskommunikation – kommen allerdings schon deswegen von vornherein nicht in Betracht, weil der deutsche Gesetzgeber die fortbestehende Möglichkeit einer Informationsübermittlung in Textform mit Blick auf § 67b Abs. 1 AktG nicht nur erkannt, sondern in Reaktion auf seitens der Praxis gegenüber einer rein elektronischen Kommunikation geäußerte Bedenken sogar bewusst in Kauf genommen hat.493 Gemäß des in § 67b Abs. 1 S. 2 AktG vorgesehenen Verweises auf die Regelungen des § 67a Abs. 2 S. 1 u. 4 AktG können sich schließlich auch die Letztintermediäre zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Informationsweiterleitung hierzu beauftragter Dritter bedienen. Auch die Möglichkeit der Beschränkung des Umfangs der Informationsübermittlung für den Fall, dass bestimmte Informationen den Aktionären bereits auf der Internetseite der Gesellschaft zur Verfügung stehen, gilt zugunsten der Letztintermediäre entsprechend. Speziell für die Informationsübermittlung ausgehend von börsennotierten Gesellschaften mit Sitz in anderen EWR-Staaten wird in § 67a Abs. 3 S. 2 AktG in Bezug auf die Intermediäre in der Kette und in § 67b Abs. 2 AktG bezüglich der Letztintermediäre klargestellt, dass die diesbezüglichen Regelungen zur Informationsübermittlung aus § 67a Abs. 3 AktG und § 67b Abs. 1 AktG entsprechend gelten. Eine Verpflichtung der deutschen Intermediäre zur Weiterleitung entsprechender Informationen einer börsennotierten Gesellschaft mit Sitz in einem anderen EWR-Staat folgt allerdings grundsätzlich ohnehin bereits daraus, dass in einem solchen Fall das Gesellschaftsrecht desjenigen Staates zur Anwendung kommt, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Insoweit wird auch in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass die Regelungen aus § 67a Abs. 3 S. 2 AktG und § 67b Abs. 2 AktG bloß der „Vermeidung von Lücken und Unsicherheiten“ dienen sollen.494 Als Betonung dessen, dass eine Verpflichtung der Intermediäre gerade auch in den durch die ARRL II besonders adressierten grenzüberschreitenden Verwahrsituationen besteht, erscheinen entsprechende Regelungen im nationalen Gesellschaftsrecht zwar grundsätzlich sinnvoll. Die Regelungen dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften mit Sitz in anderen EWRStaaten in erster Linie eben gerade nicht die Regelungen des deutschen Aktienrechts, sondern vielmehr die entsprechenden Regelungen des ausländischen Gesell493 494
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 63. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 62.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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schaftsrechts mitsamt etwaiger – richtlinienkonformer – Abweichungen von den §§ 67a ff. AktG maßgeblich sind. 2. Informationsübermittlung und Anteilsbesitznachweis gemäß § 67c AktG a) Die Regelung zur Informationsübermittlung bei Unternehmensereignissen ausgehend vom Aktionär, § 67c Abs. 1 u. 2 AktG § 67c AktG („Übermittlung von Informationen durch Intermediäre an die Gesellschaft; Nachweis des Anteilsbesitzes“) regelt in dessen ersten beiden Absätzen als Umsetzung der Vorgaben aus Art. 3b Abs. 4 u. 5 ARRL die Übermittlung von Informationen, die ausgehend von den Aktionären an die Gesellschaft oder an die im Aktienregister eingetragenen Intermediäre zu übermitteln sind. Gewissermaßen kann die Regelung des § 67c AktG insofern als Gegenstück zur Informationsübermittlung ausgehend von der Gesellschaft an die Aktionäre nach §§ 67a, 67b AktG gesehen werden. Anders als in den §§ 67a, 67b AktG ist in § 67c AktG allerdings der Rücklauf sämtlicher Informationen über Unternehmensereignisse ausgehend von den Aktionären geregelt, was insofern gerade auch solche Informationen einschließt, die im Zusammenhang mit der Hauptversammlung und deren Einberufung stehen.495 Wie § 67a Abs. 1 AktG unterscheidet auch die Regelung zur Informationsübermittlung aus § 67c Abs. 1 AktG konzeptionell zwischen Namensaktionären und Inhaberaktionären, wenngleich dies nicht in ebenso expliziter Form geschieht. Als „Aktionär“ ist auch im Rahmen des § 67c AktG nicht notwendigerweise der im Aktienregister Eingetragene, sondern grundsätzlich die erste Person innerhalb der Verwahrkette zu verstehen, bei der es sich nicht um einen Intermediär handelt. Bei einer Inhaberaktiengesellschaft sind die vom Aktionär ausgehenden Informationen gemäß § 67c Abs. 1 S. 1 u. 2 AktG schlicht der Gesellschaft zu übermitteln. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf Namensaktionäre, wenn diese selbst in das Aktienregister eingetragen und insofern gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 AktG im Verhältnis zur Gesellschaft auch zur Ausübung der Aktionärsrechte berechtigt sind. In Bezug auf solche Namensaktionäre, für die ein Intermediär in das Aktienregister eingetragen ist, gilt allerdings die Sonderregelung des § 67c Abs. 1 S. 3 AktG. Da im Fall der Fremdeintragung eines Intermediärs in das Aktienregister auch nur dieser und nicht der „wahre“ Aktionär gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 AktG im Verhältnis zu Gesellschaft berechtigt ist, sind die vom Aktionär ausgehenden Informationen in dieser Konstellation nicht der Gesellschaft, sondern den im Aktienregister eingetragenen Intermediären zu übermitteln.496 Den anstelle der Aktionäre in das Aktienregister eingetragenen Intermediären obliegt sodann die auf den eingegangenen Informationen basierende Rechtsausübung im Verhältnis zur Gesellschaft. 495 496
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 64. Vgl. insoweit auch bereits Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 64 f.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
In Bezug auf die Art der an die Gesellschaft oder an die in das Namensaktienregister eingetragenen Intermediäre weiterzuleitenden Informationen ist § 67c Abs. 1 AktG – wie schon dessen Vorlage: Art. 3b Abs. 4 ARRL – sehr offen formuliert. So ist im Wortlaut statt einer näheren Definition oder gar einer Aufzählung schlicht von den „Informationen über die Ausübung seiner [Anm.: des Aktionärs] Rechte als Aktionär“ die Rede. In der Gesetzesbegründung wird hierzu erläuternd immerhin ausgeführt, dass die Rechte des Aktionärs im Sinne des § 67c Abs. 1 AktG „insbesondere das Bezugsrecht gemäß § 186 AktG, die Rechte aus den §§ 122, 126, 127 AktG sowie das Stimmrecht in der Hauptversammlung“ umfassen.497 In Anbetracht dieser nicht abschließenden Aufzählung („insbesondere“) sowie des offenen Wortlauts des § 67c Abs. 1 AktG können der Weiterleitungspflicht aus § 67c Abs. 1 AktG konzeptionell auch noch weitere Informationen unterfallen. De lege lata beläuft es sich allerdings im Wesentlichen auf die Informationen zu den in der Gesetzesbegründung genannten Rechten. In Bezug auf das konkrete Verfahren sieht § 67c Abs. 1 AktG alternativ entweder eine Weiterleitung der vom Aktionär erhaltenen Informationen seitens des Letztintermediärs unmittelbar an die Gesellschaft oder aber eine Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette vor. Für die Entscheidung, von welcher Art der Informationsübermittlung – unmittelbar vom Letztintermediär an die Gesellschaft oder aber entlang der Verwahrkette – Gebrauch gemacht wird, soll ausweislich der Gesetzesbegründung „vor allem“ die Anweisung des Aktionärs i.S.d. § 67c Abs. 2 S. 1 AktG von entscheidender Bedeutung sein.498 Die entsprechende Formulierung macht dabei klar, dass eine solche Anweisung hierzu nicht stets bzw. nicht allein entscheidend sein soll. Aufgrund datenschutzrechtlicher Erwägungen geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Direktübermittlung vom Letztintermediär an die Gesellschaft praktisch favorisiert werden wird. Neben solchen datenschutzrechtlichen Erwägungen spricht auch der diesbezüglich regelmäßig etwas geringere Zeitund Kostenaufwand dafür, dass die direkte Form der Informationsübermittlung, etwa bei Fehlen einer diesbezüglichen Anweisung des Aktionärs, im Zweifel das Mittel der Wahl sein sollte. Die in § 67c Abs. 2 S. 1 AktG geregelte Befugnis des Aktionärs zur Erteilung von Anweisungen zur Informationsübermittlung umfasst neben der Wahl dessen, ob eine direkte Übermittlung oder eine Übermittlung entlang der Verwahrkette gewünscht ist, auch den Umfang der der Gesellschaft zu übermittelnden Informationen. Wie im Rahmen der §§ 67a, 67b AktG dürfen auch mit der Informationsübermittlung nach § 67c Abs. 1 AktG gemäß § 67c Abs. 2 S. 2 AktG „Dritte“ betraut werden.499 In Bezug auf das Format, den Inhalt und die Fristen gelten auch hier gemäß § 67c Abs. 2 S. 3 AktG die Vorgaben der ARRL-DVO. In § 67c Abs. 2 S. 3 AktG erfolgt überdies 497
Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 64. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 65. 499 Hierzu werden im Rahmen der Gesetzesbegründung beispielhaft sogenannte Paying Agents genannt, vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 65. 498
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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die Feststellung, dass auch eine „rechtzeitige gesammelte Informationsübermittlung und -weiterleitung“ möglich ist. Angesichts des zwingenden Charakters der Vorgaben der ARRL-DVO kann auch dieser Feststellung allerdings bloß klarstellende Funktion zukommen. Auch die Weiterleitung „gesammelter“ Informationen muss insofern den Vorgaben des Art. 9 Abs. 4 ARRL-DVO entsprechen. b) Neuregelung zum Anteilsbesitznachweis, § 67c Abs. 3 AktG In dessen drittem Absatz regelt § 67c AktG eine allgemeine Pflicht der Letztintermediäre zur Ausstellung eines Nachweises über den Anteilsbesitz der Aktionäre und dient damit der Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3c Abs. 1 lit. a ARRL, gemäß derer die Intermediäre die Ausübung der Aktionärsrechte dadurch erleichtern sollen, dass diese die erforderlichen Vorkehrungen dafür treffen, dass die Aktionäre ihre Rechte selbst ausüben können. Im Vergleich zur bisherigen aktienrechtlichen Regelung zum Anteilsbesitznachweis aus § 123 Abs. 4 AktG a.F. führt die Neuregelung des § 67c Abs. 3 AktG in erster Linie insofern zu einer Verallgemeinerung bzw. zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs, als neben der Inhaberaktiengesellschaft prinzipiell auch Namensaktiengesellschaften erfasst sind. Angesichts dessen, dass auch im Rahmen der ARRL II bei den Maßnahmen zur Rechtsausübungserleichterung nicht zwischen Inhaber- und Namensaktionären unterschieden wird, erscheint dies grundsätzlich sinnvoll. Praktisch wird die Ausweitung der Regelung auf Namensaktionäre jedoch allenfalls eine sehr untergeordnete Rolle spielen, da für eine Legitimation gegenüber der Gesellschaft hier angesichts der Regelung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG grundsätzlich gerade nicht die tatsächliche Aktionärsstellung als solche, sondern vielmehr die Eintragung im Aktienregister maßgeblich ist.500 Der Anteilsbesitznachweis muss mindestens die in Art. 5 i.V.m. Tabelle 4 ARRLDVO vorgesehenen Angaben enthalten und ist entweder unverzüglich dem Aktionär in Textform oder direkt der Gesellschaft zu übermitteln, vgl. § 67c Abs. 3 AktG. 3. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im Rahmen der Hauptversammlung, §§ 118 ff. AktG Neben der Neueinführung der §§ 67a ff. AktG als dem „Kernstück“ der Umsetzung der Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung aus Art. 3b u. 3c ARRL wurden hierzu im ARUG II auch einige punktuelle Änderungen im vierten Kapitel des ersten Buchs des Aktiengesetzes, den Rege500 So sehen etwa Paschos/Goslar, AG 2018, 861, 862 keinen Anlass für die Erstreckung des § 67c Abs. 2 AktG auch auf Namensaktien; auch in der Gesetzesbegründung wird davon ausgegangen, dass sich der praktische Anwendungsbereich des § 67c Abs. 3 AktG vor allem auf Inhaberaktionäre beschränkt.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
lungen zur Hauptversammlung nach §§ 118 ff. AktG, vorgenommen. Hauptsächlich betreffen die dahingehenden Änderungen die Regelung zur Einberufung der Hauptversammlung aus §§ 121 ff. AktG. a) Eingangsbestätigung für elektronische Stimmabgaben, § 118 Abs. 1 S. 3 – 5 u. Abs. 2 S. 2 AktG Zur Umsetzung der Vorgabe des Art. 3c Abs. 2 UAbs. 1 ARRL, gemäß derer für den Fall einer elektronischen Stimmabgabe vorzusehen ist, dass der abstimmenden Person eine elektronische Bestätigung über den Zugang der Stimme zu übermitteln ist, hat der deutsche Gesetzgeber eine entsprechende Regelung in § 118 Abs. 1 S. 3 – 5 AktG eingefügt. In § 118 Abs. 2 S. 2 AktG wird diese auch für die elektronische Briefwahl für anwendbar erklärt. In Bezug auf Format, Inhalt und Frist wird auf die diesbezüglichen Vorgaben der ARRL-DVO verwiesen, vgl. § 118 Abs. 1 S. 4. AktG. Ein Verweis auf § 67a Abs. 2 S. 1 AktG stellt klar, dass auch hierbei die Einschaltung Dritter zulässig ist. Die Neuregelungen gelten – wie § 118 AktG allgemein – nicht ausschließlich für börsennotierte, sondern für sämtliche Aktiengesellschaften. Für den Fall einer schriftlichen Briefwahl ist eine entsprechende elektronische Bestätigung nicht zwingend vorgesehen.501 b) Neufassung des § 125 AktG Im Rahmen des § 125 AktG („Mitteilungen für die Aktionäre und an Aufsichtsratsmitglieder“) wurden die Regelungen bezüglich der für die Aktionäre bestimmten Mitteilungen im Vorfeld der Hauptversammlung (§ 125 Abs. 1, 2 u. 5 AktG) neugefasst. Die Neuregelungen dienen der Umsetzung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3b ARRL und beziehen sich anders als die allgemeinen Regelungen der §§ 67a u. 67b AktG ausschließlich auf die Informationsübermittlung zur Einberufung der Hauptversammlung. Im Unterschied zu den §§ 67a ff. AktG gilt die Regelung des § 125 AktG grundsätzlich sowohl für börsennotierte als auch für nicht börsennotierte Gesellschaften. § 125 Abs. 1 AktG richtet sich an den Vorstand solcher Gesellschaften, die nicht ausschließlich Namensaktien ausgegeben haben. Die Einberufung der Hauptversammlung erfolgt in diesem Fall grundsätzlich durch Mitteilung gegenüber „den Intermediären, die Aktien der Gesellschaft verwahren“, § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG. Der Intermediärsbegriff ist der des § 67a Abs. 4 AktG. Die Neuregelung geht insofern über die ehemalige Fassung des § 125 Abs. 1 S. 1 AktG a.F. hinaus, als nach S. 1 nun sämtliche Intermediäre adressiert werden und nicht nur solche, die in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte ausgeübt oder eine Mitteilung verlangt haben (vgl. § 125 Abs. 1 S. 1 AktG a.F.) und entspricht insofern den Vorgaben der
501
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 91.
C. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung
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ARRL II.502 Nach § 125 Abs. 1 S. 1 AktG muss die Einberufung zusätzlich solchen Aktionären und Intermediären mitgeteilt werden, die eine entsprechende Mitteilung verlangt haben (Nr. 2) sowie solchen Vereinigungen von Aktionären, die entweder eine Mitteilung verlangt oder in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte ausgeübt haben (Nr. 3). Vom Vorstand der Namensaktiengesellschaft ist die Mitteilung über die Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 125 Abs. 2 AktG gegenüber den „zu Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung im Aktienregister Eingetragenen zu machen“. In der Gesetzesbegründung wird hierzu klargestellt, dass für den Zeitpunkt der Mitteilung in diesem Fall – insofern abweichend von der Regelung des § 125 Abs. 1 AktG – nur ein Datum nach eben diesem „Record Date“ in Betracht kommt.503 Unter die zum Record Date in das Aktienregister Eingetragenen fallen grundsätzlich sowohl Aktionäre i.S.d. §§ 67a ff. AktG als auch Intermediäre. Bei Gesellschaften, die sowohl Namens- als auch Inhaberaktien ausgegeben haben und insofern sowohl die Regelung des § 125 Abs. 1 S. 1 S. 1 AktG als auch § 125 Abs. 2 AktG zu berücksichtigen haben, ist eine doppelte Mitteilung an die in das Aktienregister eingetragenen Intermediäre nicht erforderlich.504 Darüber hinaus hat eine entsprechende Mitteilung i.S.d. § 125 Abs. 2 AktG – wie im Rahmen der § 125 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 AktG – auch solchen Aktionären und Intermediären gegenüber zu erfolgen, die eine solche ausdrücklich verlangt haben sowie Aktionärsvereinigungen, die eine Mitteilung verlangt oder in der letzten Hauptversammlung Stimmrechte ausgeübt haben. Auch diesbezüglich wird in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass doppelte Mitteilungen soweit wie möglich zu vermeiden sind und insofern solchen Personen, die bereits eine Mitteilung aufgrund ihres diesbezüglichen Verlangens erhalten, wegen ihrer etwaigen Eintragung im Aktienregister zum Record Date nicht noch einmal zusätzlich benachrichtigt werden müssen.505 Die in § 125 Abs. 1 u. 2 AktG geregelten Pflichten der Gesellschaft bzw. des Vorstands zur Einberufung der Hauptversammlung werden durch die Neuregelung des § 125 Abs. 5 AktG ergänzt: In § 125 Abs. 5 S. 1 AktG erfolgt ein – in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften deklaratorischer – Verweis auf die Vorgaben der ARRL-DVO bezüglich des Inhalts und des Formats der Mitteilung. Der Mindestumfang der zu übermittelnden Informationen ergibt sich insoweit wesentlich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Tabelle 3 ARRLDVO. Sofern die Gesellschaft (freiwillig) noch weitere Informationen übermittelt, die über die diesbezüglichen Vorgaben der ARRL-DVO hinausgehen, gelten die Anforderungen der ARRL-DVO insoweit nicht.506 Der Verweis auf die Durchführungsverordnung ermöglicht es den Gesellschaften außerdem, die Informations502 503 504 505 506
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 96. Ebd. Ebd. Ebd. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 97.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
übermittlung dem Umfang nach zu beschränken, soweit sie bestimmte Informationen bereits auf ihrer Website veröffentlicht haben. Der darin liegende Ansatz eines „Pull-Mechanismus“ in Bezug auf die Informationsübermittlung stellt insoweit – wie auch im Rahmen der §§ 67a ff. AktG – gewissermaßen eine Ausnahme zum ansonsten vorherrschenden Push-Mechanismus dar. Nach § 125 Abs. 5 S. 2 AktG gilt die Regelung des § 67a Abs. 2 S. 1 AktG auch für die Einberufung der Hauptversammlung, sodass auch in diesem Bereich für die Weiterleitung und Übermittlung der Informationen sehr weitgehend Dritte zur Hilfe herangezogen werden dürfen und insbesondere eine Nutzung von Medien und Mediendienstleistern zulässig ist. Für die Weiterleitung der Informationen i.S.d. § 125 AktG, die nicht unmittelbar den „Aktionär“, sondern einen Intermediär erreicht haben, wird in § 125 Abs. 3 u. 4 AktG auf die allgemeinen Regelungen der §§ 67a, 67b AktG verwiesen. Ausnahmsweise kommen die §§ 67a ff. AktG insoweit auch in Bezug auf nicht börsennotierte Aktiengesellschaften zur Anwendung. Die – mitunter strengen – Vorgaben der ARRL-DVO sollen allerdings ausdrücklich nur in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften gelten, vgl. § 125 Abs. 5 S. 4 AktG. Zur Vermeidung unnötiger und kostenintensiver Mehrfachmitteilungen wird in § 125 Abs. 5 S. 3 AktG ausdrücklich klargestellt, dass eine Weiterleitung der Informationen zur Hauptversammlung seitens der Intermediäre nicht erforderlich ist, wenn diesen positiv bekannt ist, dass der Aktionär die entsprechenden Informationen bereits von anderer Seite erhält. c) Aufhebung des § 128 AktG Die Regelung des § 128 AktG a.F. wurde im Zuge des ARUG II vollständig aufgehoben. Die dort bisher geregelte Pflicht der Intermediäre zur Weiterleitung der Hauptversammlungseinladung sowohl an Inhaber- als auch an Namensaktionäre ergibt sich nun bereits aus den allgemeinen Regelungen der §§ 67a f. AktG in Zusammenspiel mit dem neugefassten § 125 AktG.507 d) Änderungen im Rahmen des § 129 AktG Neben der Ersetzung des Begriffs des Kreditinstituts durch den neuen Intermediärsbegriff in § 129 Abs. 2 S. 1 AktG wurde § 129 Abs. 5 AktG gänzlich neugestaltet. Als Umsetzung der Vorgabe aus Art. 3c Abs. 2 UAbs. 2 ARRL ist hier nun die Pflicht der Gesellschaft geregelt, den Aktionären auf deren Wunsch hin eine Bestätigung darüber auszustellen, ob und wie deren Stimmen aufgezeichnet und gezählt worden sind. Nach § 129 Abs. 5 S. 1 AktG ist eine solche Bestätigung dem „Abstimmenden“ zu erteilen, worunter neben den „Aktionären“ i.S.d. §§ 67a ff. AktG insbesondere auch Intermediäre fallen können. Das Ausstellen einer Bestätigung 507
Ebd.
D. Die Regelungen zur Kostenverteilung
193
i.S.d. § 129 Abs. 5 AktG seitens der Gesellschaft unmittelbar an den Aktionär wäre dabei etwa für den Fall einer Abstimmung in verdeckter Stellvertretung schon praktisch nicht möglich. Daher reicht eine Bestätigung gegenüber dem abstimmenden Intermediär stets aus.508 Ein entsprechendes Verlangen nach einem Nachweis über die Stimmzählung muss gegenüber der Gesellschaft „innerhalb eines Monats nach dem Tag der Hauptversammlung“ geltend gemacht werden. Die Frist wird hierbei gemäß der §§ 187 ff. BGB berechnet und ist an die Monatsfrist zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen aus § 246 Abs. 1 AktG angelehnt.509 Gemäß § 129 Abs. 5 S. 2 AktG hat die Gesellschaft bei der Erteilung des Nachweises die Vorgaben der ARRL-DVO zu beachten, in welcher entsprechende Vorgaben zum Format und Inhalt in Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Tabelle 7 ARRL-DVO und zur Frist in Art. 9 Abs. 5 UAbs. 2 ARRL-DVO enthalten sind. Für den Fall, dass der Nachweis nicht unmittelbar dem Aktionär, sondern einem Intermediär ausgestellt wird, sieht § 129 Abs. 5 S. 3 AktG eine Verpflichtung des Intermediärs zur unverzüglichen Weiterleitung vor. § 129 Abs. 5 S. 4 AktG erklärt die Regelungen aus § 67a Abs. 2 S. 1 u. Abs. 3 AktG für entsprechend anwendbar und stellt insofern klar, dass einerseits eine Beauftragung Dritter zulässig ist und andererseits auch die Intermediäre in der Kette im Rahmen des § 67a Abs. 5 AktG verpflichtet sein können. Die Regelung des § 129 Abs. 5 AktG erstreckt sich sowohl auf börsennotierte als auch auf nicht börsennotierte Gesellschaften und stellt insoweit eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben dar.
D. Die Regelungen zur Kostenverteilung in Bezug auf die Verfahren der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung I. Die Richtlinienvorgaben zur Kostenverteilung, Art. 3d ARRL In Art. 3d ARRL finden sich Vorgaben in Bezug auf die Kosten, die für die in Kapitel Ia ARRL geregelten Dienstleistungen der Intermediäre anfallen. Die Vorgaben beziehen sich damit sowohl auf die Aktionärsidentifikation i.S.v. Art. 3a ARRL als auch auf die in Art. 3b ARRL geregelte Informationsübermittlung und die in Art. 3c ARRL vorgesehenen Maßnahmen zur Erleichterung der Rechtsausübung.
508
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 97 f. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 98; kritisch hierzu Illner/Hoffmann, ZWH 2019, 81, 88 f., die darauf hinweisen, dass die Bestätigung i.S.d. § 129 Abs. 5 AktG „im Hinblick auf die Substantiierungsanforderungen in einem Anfechtungsprozess“ faktisch besser schon „deutlich vor Ablauf der Anfechtungsfrist“ erteilt werden sollte. 509
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
Gemäß Art. 3d Abs. 1 ARRL sind die Intermediäre zwecks Kostentransparenz zu verpflichten, jegliche Entgelte, welche diese für Dienstleistungen im Sinne des Kapitels Ia ARRL erheben, einzeln offenzulegen. Art. 3d Abs. 2 S. 1 ARRL enthält in Bezug auf solche Entgelte die Vorgabe, dass diese einerseits diskriminierungsfrei und andererseits angemessen im Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten sein müssen. Hierdurch soll insbesondere sichergestellt werden, dass die nach Kapitel Ia ARRL vorgesehenen Maßnahmen nicht durch unnötig hohe, prohibitive Gebühren seitens der Intermediäre unterlaufen werden.510 Art. 3d Abs. 2 S. 2 ARRL regelt darüber hinaus speziell in Bezug auf die von der ARRL II besonders ins Auge gefassten grenzüberschreitenden Fälle, dass die hierbei erhobenen Entgelte der Höhe nach nur von entsprechenden Entgelten für Inlandsfälle abweichen dürfen, soweit entsprechende Unterschiede gerechtfertigt sind und diese der Differenz zu den tatsächlichen Kosten entsprechen. Auf diese Weise soll für ein effizientes Funktionieren des Binnenmarkts von vornherein jegliche Diskriminierung bei der Ausübung von Aktionärsrechten in grenzüberschreitenden Sachverhalten verhindert werden.511 Schließlich eröffnet Art. 3d Abs. 3 ARRL den Mitgliedstaaten die fakultative Umsetzungsmöglichkeit, den Intermediären die Erhebung entsprechender Entgelte für Dienstleistungen i.S.d. Art. 3a ff. ARRL zu untersagen. Ein wesentlicher Vorteil einer solchen Untersagung bestünde darin, dass auf diese Weise „freiwillige“ Maßnahmen i.S.d. Kapitels Ia ARRL wie insbesondere die Aktionärsidentifikation aus Sicht der Gesellschaft an Attraktivität gewinnen würden. Da die in Art. 3a ARRL vorgesehene Aktionärstransparenz – und insoweit mittelbar auch das damit verfolgte Regelungsziel einer intensiveren Einbeziehung der Aktionäre – von einer tatsächlichen Ausübung des Identifikationsrechts von Seiten der Unternehmensleitung abhängt, wäre es prinzipiell durchaus förderlich, die Ausübung des Aktionärsidentifikationsrechts zugunsten der Gesellschaft möglichst attraktiv auszugestalten. Den Identifikationsvorgang zugunsten der Gesellschaften kostenfrei zu gestalten, würde dessen Attraktivität insoweit erheblich steigern, sodass auch mit einer häufigeren Ausübung des Identifikationsrechts und mithin mit einer höheren Beteiligungstransparenz zu rechnen wäre. Allerdings liegt die Aktionärsidentifikation eben vorwiegend im Interesse der Gesellschaft und wird auch von eben jener ausgelöst, sodass es angemessen erscheint, dass auch diese die hierbei entstehenden Kosten zu tragen hat.512 Auch in Bezug auf das Verfahren der Informationsübermittlung erscheint eine Kostentragung durch die Gesellschaft grundsätzlich interessengerecht. Schon nach der bisherigen Rechtslage waren die deutschen Aktiengesellschaften in Bezug auf entsprechende Dienstleistungen regelmäßig zur Kostentragung verpflichtet. Konkret war insoweit insbesondere in § 128 Abs. 3 AktG a.F. ein Auf510
Vgl. Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 7 Rn. 83. Erwägungsgrund 11 ARRL II. 512 Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Schmidt, NZG 2018, 1201, 1217; insoweit folgt § 67f AktG dem „Bestellerprinzip“, Bork, NZG 2019, 738, 739. 511
D. Die Regelungen zur Kostenverteilung
195
wendungsersatz der Kreditinstitute gegenüber den Aktiengesellschaften in Bezug auf die Übermittlung der Hauptversammlungseinladungen vorgesehen.513
II. Die Kostenverteilung nach § 67f AktG Im Aktiengesetz regelt § 67f Abs. 1 AktG die Verteilung der Kosten, die den Intermediären im Rahmen der Erfüllung ihrer Pflichten aus den §§ 67a – 67d AktG anfallen. Darüber wird das Bundesjustizministerium durch § 67f Abs. 3 AktG dazu ermächtigt, im Bedarfsfall eine weitergehende Kostenregelung in Form einer entsprechenden Verordnung zu erlassen. Als Grundregel sieht § 67f Abs. 1 S. 1 AktG vor, dass die Gesellschaft die Kosten für die notwendigen Aufwendungen der Intermediäre trägt. Den Intermediären stehen insofern entsprechende Aufwendungsersatzansprüche gegen die Gesellschaft zu. In § 67f Abs. 1 S. 2 AktG sind allerdings zwei Ausnahmen von der grundsätzlichen Kostentragung durch die Gesellschaft vorgesehen: Nach § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG besteht kein gegen die Gesellschaft gerichteter Aufwendungsersatzanspruch des Letztintermediärs für eine nicht-elektronische Übermittlung von Informationen an die Aktionäre gemäß § 67b Abs. 1 S. 1 AktG. Für eine Informationsübermittlung seitens der Depotbank an die Aktionäre in Schriftform muss die Gesellschaft also grundsätzlich nicht aufkommen. Die Intermediäre wiederum können die diesbezüglichen Kosten grundsätzlich den Aktionären auferlegen. Auf diese Weise kann faktisch ein gewisser Anreiz für die Aktionäre geschaffen werden, einer elektronischen Informationsübermittlung zuzustimmen. Eine freiwillige Übernahme der Kosten seitens der Gesellschaft, wie sie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich als mögliche Option vorgesehen wird, würde einer solchen Anreizwirkung zuwiderlaufen. Außerdem würde eine Kostenübernahme durch die Gesellschaft faktisch dazu führen, dass mittelbar auch die zu einer elektronischen Kommunikation bereiten Aktionäre letztlich für solche Mitaktionäre aufkommen, die sich einer digitalen Kommunikation verweigern. Wenngleich die diesbezüglichen Kosten für die einzelnen Aktionäre in summa verschwindend gering ausfallen würden, erscheint dies wertungsmäßig dennoch nicht überzeugend. Allerdings unterfällt die bedeutendste Informationsübermittlung, die Weiterleitung der Informationen zur Einberufung der Hauptversammlung, der Ausnahme des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG ohnehin nicht.514 Die in § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG vorgesehene Ausnahme betrifft ausschließlich solche Gesellschaften, die Namensaktien ausgegeben haben und schließt einen Anspruch der Intermediäre in Bezug auf den Ersatz solcher notwendigen Aufwen513 514
Mit Hinweis hierauf auch bereits Noack, NZG 2017, 561, 564. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 70 f.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
dungen aus, die bei der Übermittlung und Weiterleitung von Informationen ausgehend von dem im Aktienregister eingetragenen Intermediär an den Aktionär gemäß § 125 Abs. 2 u. 5 i.V.m. §§ 67a, 67b AktG anfallen. Angesichts dessen, dass die Rechte aus den Aktien nach § 67 Abs. 2 S. 1 AktG grundsätzlich eben den im Aktienregister Eingetragenen zustehen und diese im Verhältnis zur Gesellschaft insofern auch als die richtigen Adressaten im Rahmen derer gesetzlichen Mitteilungspflichten gelten, soll die Gesellschaft konsequenterweise keine Kosten für eine etwaige Weiterleitung der Informationen von der eingetragenen Person an den tatsächlichen Aktionär tragen.515 Faktisch wird für die Intermediäre auf diese Weise ein gewisser Anreiz zu einer Direkteintragung der Aktionäre anstelle einer Platzhaltereintragung geschaffen. In Bezug auf andere Informationen als der Einberufung der Hauptversammlung soll die Ausnahme des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG allerdings ausdrücklich nicht gelten.516 Grundsätzlich nicht von der Gesellschaft zu tragen sind überdies die Kosten zur Übermittlung der Einberufung der Hauptversammlung, die im Rahmen der Erfüllung sonstiger Pflichten der Gesellschaft aus § 125 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 AktG entstehen, worunter konkret insbesondere die Übermittlung der Einberufung der Hauptversammlung aufgrund eines Verlangens der Aktionäre, der Intermediäre oder einer Aktionärsvereinigung fallen.517 Jenseits der in § 67f Abs. 1 S. 2 AktG geregelten Ausnahmen muss die Gesellschaft für die Kosten der Intermediäre ferner auch dann nicht aufkommen, soweit es sich hierbei nicht um „notwendige“ Aufwendungen handelt oder die Methoden nicht dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen, vgl. § 67f Abs. 1 S. 1 AktG. Zur Notwendigkeit der Kosten wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass insbesondere Aufwendungen, die aufgrund von „vermeidbaren Mehrfachmitteilungen der Intermediäre“ entstehen, ausgenommen sein sollen.518 Grundsätzlich ist dies interessengerecht. An die „Vermeidbarkeit“ sollten allerdings vergleichbar hohe Anforderungen zu stellen sein, sodass die Intermediäre in Zweifelsfällen eher eine Mehrfachmitteilung hinnehmen als dass es zu überhaupt keiner Benachrichtigung des Aktionärs kommt, weil ein Intermediär davon ausgeht, dass der nächste Intermediär schon von anderer Seite erreicht werde. Speziell in grenzüberschreitenden Fällen kann wohl beispielsweise selbst bei einer vorausgegangenen Informationsverbreitung per Medienbündel nicht immer sicher damit gerechnet werden, dass die Informationen bereits sämtliche Intermediäre erreicht haben. Allgemein wird die Frage nach der Notwendigkeit einer Auf-
515 516 517 518
Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 70. Ebd. Vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 71. Ebd.
D. Die Regelungen zur Kostenverteilung
197
wendung regelmäßig einer Einzelfallbetrachtung oder jedenfalls einer Bildung bestimmter Fallgruppen bedürfen.519 In § 67f Abs. 1 S. 3 u. 4 AktG ist schließlich die Offenlegung der Entgelte seitens der Intermediäre vorgesehen, womit unnötigen oder überhöhten Aufwendungen vorgebeugt werden soll.520 Die Regelung des § 67f Abs. 1 S. 5 AktG stellt sicher, dass die Kosten entsprechend der Vorgabe des Art. 3d Abs. 2 ARRL diskriminierungsfrei erhoben werden und insbesondere in grenzüberschreitenden Konstellationen nicht der Ersatz ungerechtfertigter Zusatzkosten verlangt wird.521
III. Zur Kostenverteilung speziell bei grenzüberschreitenden Verwahrketten Klärungsbedürftig ist, wie es sich mit der konkreten Kostenverteilung zwischen Intermediär und Gesellschaft verhält, soweit es um grenzüberschreitende Sachverhalte der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung oder der Rechtsausübungserleichterung geht und die verschiedenen involvierten Mitgliedstaaten verschiedene Systeme der Kostenverteilung vorsehen. Konkret bedarf es zum einen der Klärung, ob die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die Kosten gemäß § 67f Abs. 1 AktG grundsätzlich nicht den Intermediären sondern den Emittenten aufzubürden, zugunsten der deutschen Intermediäre auch für solche Identifikationsanfragen gilt, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgehen, wenn deren Sitzstaat die bei ihnen ansässigen Gesellschaften gemäß Art. 3d Abs. 3 ARRL von den Kosten der nach Kapitel Ia ARRL erbrachten Dienstleistungen freistellt. Umgekehrt ist zu klären, ob die Gesellschaften mit Sitz in Deutschland gemäß § 67f Abs. 1 AktG auch solchen ausländischen Intermediären einen Aufwendungsersatz schulden, deren Sitzstaaten keine entsprechenden Ersatzansprüche vorsehen. Eine ausdrückliche Regelung zur Kostenverteilung zwischen Intermediär und Gesellschaft für Dienstleistungen im Sinne des Kapitels Ia ARRL speziell in Bezug auf grenzüberschreitende Konstellationen findet sich weder in der ARRL II oder der ARRL-DVO noch unter den im Rahmen des ARUG II eingeführten Neuregelungen im Aktiengesetz. Art. 3d Abs. 2 S. 2 ARRL lässt sich insoweit bloß entnehmen, dass Unterschiede zwischen den Entgelten für die Ausübung von Aktionärsrechten im Inland und in grenzüberschreitenden Fällen nur zulässig sind, „wenn sie entsprechend gerechtfertigt sind und den Unterschieden bei den tatsächlichen Kosten, die für die Erbringung der Dienstleistungen entstanden sind, entsprechen“. Der Vorgabe des Art. 3d Abs. 2 S. 2 ARRL lässt sich somit zwar entnehmen, dass ein Mitgliedstaat bei 519
In diese Richtung auch Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 71 („Dementsprechend ist der Maßstab der Notwendigkeit daher von Fall zu Fall bzw. nach Fallgruppen unterschiedlich […]“). 520 Ebd. 521 Ebd.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
der gesetzlichen Ausgestaltung der Kostenverteilung für Maßnahmen nach Kapitel Ia ARRL nicht unzulässig zwischen In- und Auslandsfällen diskriminieren darf, indes geht aus der Richtlinienbestimmung nicht eindeutig hervor, welche nationale Regelung zur Kostenverteilung genau anwendbar ist, wenn verschiedene nationale Systeme zur Kostenverteilung aufeinandertreffen. In Bezug auf die deutsche Regelung zur Kostenverteilung aus § 67f Abs. 1 AktG, gemäß derer die Gesellschaft den Intermediären vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen zum Kostenersatz verpflichtet ist, stellt sich – wie oben bereits angedeutet – daher die Frage, ob eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland auch dann gemäß § 67f Abs. 1 AktG zum Kostenersatz verpflichtet ist, soweit die Dienstleistungen von einem ausländischen Intermediär erbracht werden, nach dessen Rechtsordnung entsprechende Ansprüche der Intermediäre auf Kostenersatz im Einklang mit Art. 3d Abs. 3 ARRL ausgeschlossen sind. Mangels einer spezielleren Vorgabe richtet sich diese Frage nach den allgemeinen Regelungen über das in grenzüberschreitenden Situationen der Aktionärsrechtsausübung anwendbare Recht. Dabei richtet sich das anwendbare Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten der Aktionärsrechtsausübung grundsätzlich nach dem Recht des jeweiligen Sitzes der Gesellschaft. Insoweit bestimmt auch Art. 1 Abs. 2 ARRL, dass „derjenige Mitgliedstaat [für eine Regelung] zuständig [ist], in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat […]“. Für die Frage, ob bei einem grenzüberschreitenden Identifikationsvorgang oder einer sonstigen Dienstleistung i.S.d. Kapitels Ia ARRL Kostenersatzansprüche der Intermediäre gegenüber der Gesellschaft bestehen, ist insofern ausschließlich das Kostenerstattungssystem desjenigen Mitgliedstaats maßgeblich, in dem die anfragende Gesellschaft ihren Sitz hat.522 Nach diesem Grundsatz können sich daher auch ausländische Intermediäre gegenüber einer deutschen Aktiengesellschaft auf den Kostenersatzanspruch des deutschen Aktienrechts aus § 67f Abs. 1 AktG berufen. Sofern es beispielsweise um ein Verfahren zur Aktionärsidentifikation ausgehend von einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland geht, können die darauf reagierenden Intermediäre daher selbst dann den Ersatz ihrer notwendigen Kosten nach § 67f Abs. 1 AktG verlangen, wenn in ihrer eigenen Rechtsordnung entsprechende Kostenersatzansprüche gemäß Art. 3d Abs. 3 ARRL ausgeschlossen sind. Dass in Bezug auf das Verfahren der Aktionärsidentifikation entsprechend der allgemeinen Regelung aus Art. 1 Abs. 2 ARRL das jeweilige nationale Recht des Sitzstaats der anfragenden Gesellschaft und nicht etwa das jeweilige nationale Recht der Sitzstaaten der abgefragten Intermediäre maßgeblich ist, legt außerdem auch ein Blick auf die Mindestschwellenoption aus Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL nahe. Hier heißt es, dass eine Mindestschwelle von den Mitgliedstaaten (nur) in Bezug auf Identifikationsanfragen von Gesellschaften „mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet“ festgelegt werden darf. In522
So auch die für am naheliegendsten gehaltene Interpretation aus Sicht des DAV-Ausschusses Handelsrecht, vgl. insoweit die DAV-Stellungnahme zur Durchführungsverordnung aus Mai 2018 (Stellungnahme Nr.: 18/2018) S. 6 f. („Es liegt nahe, dass das Recht des Sitzstaates des jeweiligen Emittenten darüber entscheidet, ob und welche Kosten für die Dienstleistungen nach Artikel 3a und 3b der Richtlinie vom Emittenten zu erstatten sind.“).
D. Die Regelungen zur Kostenverteilung
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sofern überzeugt es, dass nicht nur eine „Einschränkung“ des Identifikationsrechts in Gestalt der Implementierung einer Mindestschwelle, sondern gewissermaßen „spiegelbildlich“ auch die „Aufwertung“ des Identifikationsrechts durch eine Kostenfreistellung zugunsten der Gesellschaften i.S.v. Art. 3d Abs. 3 ARRL nur in Bezug auf solche Fälle vorgesehen werden kann, in denen der Sitz der anfragenden Gesellschaft im eigenen Hoheitsgebiet liegt. Für den umgekehrten Fall, dass ein deutscher Intermediär das Identifikationsersuchen einer EWR-ausländischen Gesellschaft zu beantworten hat, deren nationales Recht im Einklang mit Art. 3d Abs. 3 ARRL keinen Aufwendungsersatz für die Intermediäre vorsieht, bedeutet dies, dass sich der deutsche Intermediär in dieser Konstellation nicht auf den Kostenersatzanspruch aus § 67f Abs. 1 AktG berufen kann. Wegen Art. 1 Abs. 2 ARRL ist auch in diesem Fall das Recht des Sitzstaats der anfragenden Gesellschaft und nicht das Recht des Sitzstaats des Intermediärs maßgeblich. Einer besonderen Klarstellung bedarf dies deshalb, weil die Systematik der §§ 67a ff. AktG prima facie eine andere Lösung nahelegt: So bezieht sich die Kostenregelung aus § 67f AktG ihrem Wortlaut nach grundsätzlich auf sämtliche Dienstleistungen „nach den §§ 67a bis 67d“ AktG. Ausweislich der Regelungen aus §§ 67a Abs. 3 S. 2; 67b Abs. 2; 67c Abs. 2 S. 5; 67d Abs. 5 S. 1 AktG sollen die in §§ 67a ff. AktG vorgesehenen Pflichten der deutschen Intermediäre gerade auch in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gelten. Auf den ersten Blick ließe sich daraus schließen, dass auch in Bezug auf die den Intermediären anfallenden Kosten insoweit die deutsche Regelung des § 67f AktG gelten solle. Letztlich darf der „Verweis“ aus § 67f Abs. 1 S. 1 AktG auf die §§ 67a bis 67e AktG allerdings nicht dahingehend verstanden werden, dass der deutschen Regelung zur Kostenverteilung ein etwaiger Vorrang gegenüber abweichenden ausländischen Regelungen zukommen soll, soweit es um Dienstleistungen deutscher Intermediäre für Gesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland geht. Dass der deutsche Gesetzgeber mit den Regelungen der §§ 67a Abs. 3 S. 2; 67b Abs. 2; 67c Abs. 2 S. 5; 67d Abs. 5 S. 1 AktG nicht etwa von der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Gesellschaftsstatus abweichen wollte, legt insoweit auch die diesbezügliche Gesetzesbegründung nahe, gemäß derer die Anordnung der Anwendbarkeit der deutschen §§ 67a ff. AktG in Bezug auf ausländische Gesellschaften bloß der „Vermeidung von Lücken und Unsicherheiten“523 dienen soll. Insofern führt die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die Intermediäre in Bezug auf die Kosten für die in §§ 67a ff. AktG geregelten Dienstleistungen weitgehend freizustellen, letztlich nur insoweit zu einer entsprechenden Entlastung, als es um Dienstleistungen für deutsche Gesellschaften geht. Soweit es um Dienstleistungen für Gesellschaften mit Sitz im Ausland geht, richtet sich die Frage, ob und in welcher Höhe die deutschen Intermediäre einen Kostenersatz verlangen dürfen, nicht nach § 67f AktG, sondern nach dem nationalen Recht des Sitzstaats der Gesellschaft. 523 So exemplarisch in Bezug auf § 67a Abs. 3 S. 2 AktG: Begr. RegE ARUG II, BTDrs. 19/9739, S. 62.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
E. Maßnahmen und Sanktionen für Verstöße im Rahmen der Verfahren zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung I. Richtlinienvorgaben, Art. 14b ARRL Gemäß des im Rahmen der Richtlinienüberarbeitung neu eingefügten Art. 14b Abs. 1 ARRL haben die Mitgliedstaaten Sanktionen und anderweitige Maßnahmen festzulegen, die bei Verstößen gegen die gemäß der ARRL II erlassenen nationalen Vorschriften zu verhängen sind, und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen um sicherzustellen, dass die der Richtlinienumsetzung dienenden nationalen Vorschriften auch tatsächlich angewandt werden. In Art. 14b Abs. 2 S. 1 ARRL heißt es in Bezug auf solche Sanktionen und Maßnahmen, dass diese „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen. Art. 14b ARRL bezieht sich auf sämtliche Vorgaben der Richtlinie und somit auch auf die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung. Angesichts der inhaltlich sehr allgemein gehaltenen Beschreibung der Sanktionen und Maßnahmen als „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ in Art. 14b Abs. 2 S. 1 ARRL besteht aus Sicht der Mitgliedstaaten ein nicht unerheblicher Umsetzungsspielraum in Bezug darauf, welche konkreten Sanktionen für Verstöße gegen die Umsetzungsvorschriften vorgesehen werden. Auf den ersten Blick wäre es zwar unter Umständen denkbar, aus der in Art. 3a Abs. 8, 3b Abs. 6, 3c Abs. 3 ARRL vorgesehenen Ermächtigung der EU-Kommission zur Präzisierung der Mindestanforderungen in Bezug auf die Verfahren der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung auch eine Kompetenz zur näheren Präzisierung diesbezüglicher Sanktionen abzuleiten.524 Ein entsprechend weites Verständnis der Ermächtigung aus Art. 3a Abs. 8, 3b Abs. 6, 3c Abs. 3 ARRL erscheint angesichts der jeweiligen Wortlaute dieser Vorschriften letztlich indes nicht überzeugend. In Bezug auf eine Präzisierung speziell der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL heißt es in Art. 3a Abs. 8 ARRL etwa, dass eine solche „in Bezug auf das Format dieser zu übermittelnden Informationen [Anm.: gemeint sind die Informationen über die Identität der Aktionäre nach Art. 3a Abs. 2 ARRL], das Format des Antrags, einschließlich ihrer Sicherheit und Interoperabilität, sowie der einzuhaltenden Fristen“ erfolgen darf. Entsprechende Erläuterungen bzw. Eingrenzungen der vorgesehenen Präzisierungsmaßnahmen finden sich in Art. 3b Abs. 6 ARRL in Bezug auf die Informationsübermittlung sowie in Art. 3c Abs. 3 ARRL hinsichtlich der Rechtsausübungserleichterung. Eine nähere Präzisierung auch der Sanktionen i.S.v. Art. 14b ARRL innerhalb eines Durchführungsakts wäre angesichts dessen nicht von den Befugnissen der Kommission um524 So eine der bei Inci, NZG 2017, 579, 580 wiedergegebenen These aus dem Diskussionsbericht zum „Berliner Kreis für Gesellschaftsrecht“ zur Umsetzbarkeit der ARRL II in deutsches Recht.
E. Maßnahmen und Sanktionen für Verstöße
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fasst. Dementsprechend enthält auch die ARRL-DVO keine solchen Präzisierungen. Die Bestimmung konkreter Sanktionen obliegt insofern vollständig den Mitgliedstaaten. In Hinblick auf den Umsetzungsspielraum, der den Mitgliedstaaten insofern zukommt, wären grundsätzlich eine ganze Reihe von Sanktionen für Verstöße gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Art. 3a ff. ARRL denkbar. Mit Blick auf Gesetzesverstöße aus dem Bereich der Aktionärsidentifikation könnte prima facie etwa ein (zeitweiser) Verlust der Aktionärsrechte eine abschreckende und mithin effektive Sanktion zur Durchsetzung des Identifikationsrechts darstellen. So sind auch bei Verstößen gegen die bisherigen gesetzlichen Vorschriften zur Herstellung von Beteiligungstransparenz im Besonderen eben solche zeitweisen Rechtsverluste als Sanktion vorgesehen. Insoweit können etwa Verstöße gegen die Mitteilungspflichten aus § 20 Abs. 1 u. 4 AktG gemäß § 20 Abs. 7 S. 1 AktG dazu führen, dass „Rechte aus Aktien“ zeitweise nicht bestehen.525 Bei dennoch erfolgender Wahrnehmung der Aktionärsrechte trotz Bestehens eines Rechtsverlust nach § 20 Abs. 7 AktG kann es auf zivilrechtlicher Ebene zu einer Schadensersatzpflicht sowohl der mitteilungspflichtigen Unternehmen als auch der Kreditinstitute kommen.526 Auch für Verstöße gegen die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG ist in § 44 Abs. 1 S. 1 AktG ein zeitweiser Rechtsverlust als Sanktion vorgesehen. Insofern hätte ein entsprechender Rechtsverlust auf den ersten Blick auch eine passende Sanktion für Rechtsverstöße im Rahmen des Verfahrens der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG darstellen können. Zu bedenken ist aber, dass sich die von der ARRL II vorgesehene Aktionärsidentifikation unter anderem dadurch von den bisherigen Transparenzvorschriften etwa aus § 20 AktG oder nach §§ 33 ff. WpHG unterscheidet, dass nach der Konzeption des Art. 3a ARRL in erster Linie gerade nicht die Aktionäre, sondern vielmehr die Intermediäre zur Auskunft bzw. Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse verpflichtet sind. Insofern drohen auch Rechtsverstöße, die einer erfolgreichen Aktionärsidentifikation entgegenstehen könnten, in erster Linie nicht von den Aktionären, sondern eher von den Intermediären auszugehen. Insbesondere deshalb erscheint auch ein Rechtsverlust bei Verstößen gegen die Verfahren der Aktionärsidentifikation nach den Vorgaben der ARRL II wertungsmäßig nicht überzeugend.527 Gegenüber den Intermediären zu verhängende Geldbußen stellen insoweit letztlich sinnvollere Sanktionen dar.528 Relativieren lassen könnte sich diese Bewertung unter Umständen mit Blick auf die für Namensaktien vorgesehene unwiderlegbare Vermutung aus § 67 Abs. 2 S. 1 AktG. Durch die – vom Namensaktionär gebilligte oder jedenfalls nicht unterbundene – Eintragung eines Dritten als Fremdbesitzer in das Aktienregister gilt 525
Vgl. hierzu etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 44 ff.; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 20 Rn. 12 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 20 Rn. 12; Veil, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 20 Rn. 35. 526 Bayer, in: MüKo AktG, § 20 Rn. 88 f. 527 Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 472. 528 Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 472; Inci, NZG 2017, 579, 580.
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2. Teil: Schilderung der Richtlinienvorgaben des Kapitels Ia ARRL
eben jener Dritte, regelmäßig ein Intermediär, im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär. Insoweit sieht auch § 67 Abs. 2 S. 3 AktG als Sanktion für Verstöße im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG einen Verlust des Stimmrechts – faktisch nicht nur zulasten des Eingetragenen, sondern auch zulasten des „wahren“Aktionärs – vor.529 Mit Blick darauf wäre ein (zeitweiser) Rechtsverlust als Sanktion für Verstöße gegen die ARRL-Aktionärsidentifikation jedenfalls in Bezug auf Namensaktien unter Umständen wohl doch nicht gänzlich ausgeschlossen gewesen. Im Rahmen der Verfahren zur Informationsübermittlung und zur Erleichterung der Aktionärsrechtsausübung nach Art. 3b u. 3c ARRL kommen in erster Linie ebenfalls die Intermediäre, daneben, soweit diese in die Pflicht genommen werden, aber auch die Gesellschaften als Adressaten entsprechender Sanktionen in Betracht.
II. Die im deutschen Recht vorgesehenen Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung Als Sanktionen für Verstöße gegen die deutschen Regelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung wurden im Rahmen des ARUG II einige neue bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeitsvorschriften in das deutsche Aktienrecht aufgenommen. Konkret können Verstöße der Intermediäre gegen deren Pflichten im Rahmen der Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung nach §§ 67a – 67d AktG gemäß § 405 Abs. 2a Nr. 1 – 5 AktG mit Bußgeldern geahndet werden. In § 405 Abs. 2a Nr. 7 AktG werden ergänzend auch Verstöße gegen die neugefassten § 118 Abs. 1 AktG und § 129 Abs. 5 AktG zu Ordnungswidrigkeiten erklärt. Bezüglich zivilrechtlicher Schadensersatzhaftung erscheint prinzipiell eine Haftung der Gesellschaft sowie der Intermediäre gegenüber den Aktionären nach §§ 280 ff. BGB sowie nach § 823 Abs. 2 BGB denkbar, soweit diese ihren Informationspflichten, insbesondere aus §§ 67a – 67c AktG, nicht hinreichend nachkommen. Für eine vertragliche Haftung der „Intermediär[e] in der Kette“ i.S.d. § 67a Abs. 5 S. 1 AktG unmittelbar gegenüber den Aktionären müsste man deren vertraglichen Beziehungen zu den Emittenten sowie zu den in den Aktienverwahrketten jeweils „benachbarten“ Intermediären eine entsprechende Schutzwirkung zugunsten der Aktionäre beimessen. Zwischen den Letztintermediären und den Aktionären besteht ein Schuldverhältnis, aus dem sich eine entsprechende Haftung nach §§ 280 ff. BGB ergeben kann, grundsätzlich bereits mit den Depotverträgen. Zwischen der Gesellschaft und deren Aktionären folgt ein Schuldverhältnis i.S.d. § 280 529 Vgl. hierzu näher Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 90; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 67 Rn. 55 ff.; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 100.
E. Maßnahmen und Sanktionen für Verstöße
203
Abs. 1 BGB schon aus der Mitgliedschaft. In Hinblick auf eine deliktische Haftung der Gesellschaft und der Intermediäre wurde bereits im Vorfeld des Inkrafttretens des ARUG II kontrovers diskutiert, inwieweit die §§ 67a ff. AktG als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB eingeordnet werden können.530 Angesichts dessen, dass etwa auch der bisherigen Pflicht der Intermediäre zur Übermittlung der Hauptversammlungseinladung aus § 128 AktG a.F. weitgehend der Charakter eines Schutzgesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugesprochen wurde,531 sowie mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 67a – 67c AktG, einer Rechtsausübungserleichterung zugunsten der Aktionäre, erscheint eine entsprechende Einstufung der §§ 67a – 67c AktG überzeugend. Praktisch dürfte eine entsprechende Haftung allerdings schon wegen der Notwendigkeit eines kausal auf die ausgebliebene oder fehlerhafte Informationsübermittlung zurückgehenden Vermögenschadens allenfalls in selten Ausnahmefällen relevant werden. Keine neue Ordnungswidrigkeitsvorschrift wird für etwaige Verstöße der Gesellschaft und der Intermediäre gegen deren Pflichten aus § 67e AktG vorgesehen. In Bezug auf die in § 67e Abs. 4 AktG vorgesehene Berichtigung unvollständiger sowie unrichtiger Daten soll der diesbezügliche einklagbare Anspruch des Aktionärs „ausreichenden Rechtsschutz“ ermöglichen.532 Für natürliche Personen als Aktionäre kommt es überdies flankierend zu einer Anwendung der Vorschriften der EU-DSGVO, wobei etwa für Verstöße gegen den Berichtigungsanspruch nach Art. 16 EU-DSGVO gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. b EU-DSGVO nicht unerhebliche Geldbußen verhängt werden können.533 Ein entsprechender Schutz jedenfalls natürlicher Personen als Aktionäre durch Anwendung der in der EU-DSGVO vorgesehenen Sanktionen wird auch in Bezug auf Verstöße der Gesellschaft gegen die sich aus § 67e Abs. 2 AktG ergebende Pflicht zur Löschung personenbezogener Aktionärsdaten erreicht. Insoweit bestehen korrespondierende Löschungsansprüche der Aktionäre nach Art. 17 EU-DSGVO.
530
Vgl. hierzu den Diskussionsbericht Stark, ZHR 183 (2019), 245, 251 f. Vgl. etwa Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 128 Rn. 12; Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 128 Rn. 10; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 128 Rn. 9; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 128 Rn. 26; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 128 Rn. 27. 532 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 116. 533 Vgl. hierzu näher Illner/Hoffmann, ZWH 2019, 81, 88. 531
3. Teil
Analyse zu den Auswirkungen der Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das deutsche Gesellschaftsrecht A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung I. Steigerung der Beteiligungstransparenz Zuvor wurden sowohl die Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation aus Art. 3a ARRL und deren Umsetzung im Zuge des ARUG II als auch die bereits bisher im deutschen Recht vorgesehenen Mechanismen der Beteiligungstransparenz dargelegt. Außerdem wurde aufgezeigt, in welchem Verhältnis die Neuregelungen zu den bisherigen Vorschriften stehen bzw. worin genau sich das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG von den übrigen Beteiligungstransparenzmechanismen unterscheidet. Auf dieser Grundlage sollen im Folgenden die konkreten Auswirkungen der Einführung des § 67d AktG auf die Aktionärstransparenz deutscher Aktiengesellschaften untersucht werden. Konkret soll aufgezeigt werden, inwieweit der Anspruch aus § 67d AktG die Möglichkeiten der Gesellschaft zur Offenlegung der eigenen Aktionäre tatsächlich verbessert. Diesbezüglich wurde bereits angerissen, dass die Neuregelung speziell für Inhaberaktiengesellschaften konzeptionell eine durchaus erhebliche Verbesserung der Transparenzmöglichkeiten darstellt, während den Emittenten von Namensaktien dagegen auch bereits vor Inkrafttreten des ARUG II mit dem Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG ein vergleichbarer Transparenzmechanismus zur Verfügung gestanden hat. Auch in Bezug auf die verschiedenen „Typen“ von Aktionären werden sich die faktischen Auswirkungen der neuen Aktionärsidentifikation unterscheiden. Insoweit kann die EWR-weite Umsetzung vergleichbarer Identifikationsverfahren i.S.d. Art. 3a ARRL – in Verbindung mit Art. 3e ARRL – speziell zu Transparenzsteigerungen in grenzüberschreitenden Verwahrketten führen. Die Bekämpfung der in grenzüberschreitenden Situationen faktisch besonders erheblichen Defizite in puncto Aktionärstransparenz stellt insoweit schließlich auch ein erklärtes Hauptziel der ARRL II dar.1 1
Vgl. insoweit bereits oben Teil 1 A. III. bzw. Erwägungsgrund 4 ARRL II.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
205
1. Steigerung der Beteiligungstransparenz in Bezug auf Inhaberaktionäre Zu einer nennenswerten Steigerung der Beteiligungstransparenz kann die Umsetzung des in Art. 3a ARRL vorgesehenen Identifikationsverfahrens in Gestalt des § 67d AktG naturgemäß hauptsächlich dort führen, wo nach bisherigem Recht „Defizite“ in puncto ebensolcher Transparenz bestanden haben. Neben den Fällen besonders komplexer, grenzüberschreitender Verwahrketten bestanden aus Sicht deutscher börsennotierter Gesellschaften nach bisherigem Recht Schwierigkeiten bei der Identifikation der eigenen Aktionäre am ehesten hinsichtlich Inhaberaktionären, deren Anteile an der Gesellschaft bzw. deren Stimmrechte unterhalb der Schwellen aus §§ 33 ff. WpHG liegen.2 In Bezug auf solche Aktionäre stand den Gesellschaften vor der Einführung des § 67d AktG weder ein allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Identifikationsmechanismus zur Verfügung, wie etwa das für Namensaktiengesellschaften vorgesehene Aktienregister mitsamt des damit zusammenhängenden Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, noch greifen die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften der Beteiligungstransparenz. Durch die Einführung des Informationsanspruchs aus § 67d AktG als Identifikationsmechanismus auch für Inhaberaktionäre – und ohne diesbezügliche Beschränkung in Form einer allgemeinen Mindestschwelle hinsichtlich der Anzahl der gehaltenen Aktien oder der kontrollierten Stimmrechte – erhalten nun auch die Emittenten von Inhaberaktien eine gesetzliche Möglichkeit zur Identifikation ihrer Aktionäre jenseits der kapitalmarktrechtlichen Meldeschwellen. Die rechtlichen Möglichkeiten der Inhaberaktiengesellschaft zur Identifikation ihrer Kleinaktionäre werden durch die Neueinführung des § 67d AktG insofern wesentlich verbessert. Überdies geht die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG für Inhaberaktiengesellschaften konzeptionell gerade auch hinsichtlich stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre mit einer vergleichsweise besonders wesentlichen Steigerung der Identifikationsmöglichkeiten einher, da solche Vorzugsaktionäre der Beteiligungstransparenz aus §§ 33 ff. WpHG mangels (aktiver) Stimmrechte grundsätzlich überhaupt nicht unterfallen. Wenngleich vor der Einführung des § 67d AktG aus Sicht der Emittenten von Inhaberaktien rein gesetzlich grundsätzlich keinerlei Mechanismus vorgesehen war, die eigenen Aktionäre auch jenseits der kapitalmarktrechtlichen Meldeschwellen zu identifizieren, war es faktisch allerdings auch solchen Gesellschaften regelmäßig in gewissem Umfang gelungen, sich ein grobes Bild über die eigene Aktionärsstruktur – auch unterhalb der 3 %-Schwelle aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG – zu verschaffen. Konkret konnten insoweit auch bei Inhaberaktiengesellschaften – praktisch regelmäßig mithilfe hierzu beauftragter Dienstleister – durch ein Zusammentragen öffentlich zugänglicher Informationen oft jedenfalls einige der größeren institutio2 Vgl. hierzu allgemein etwa Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 151 f. sowie bereits Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 468 dazu, dass gerade in Bezug auf „den bei Inhaberaktien bislang weitgehend anonymen Streubesitz“ ein Interesse an besseren Kommunikationsmöglichkeiten bestehen dürfte.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
nellen Investoren bestimmt werden.3 Im Vergleich hierzu erscheint ein Vorgehen nach § 67d AktG allerdings schon deswegen zuverlässiger und weitreichender, weil dabei nicht bloß auf entsprechend öffentlich zugängliche Informationen zurückgegriffen wird. Faktisch waren die bisherigen Verfahren zur Offenlegung und Analyse der Aktionärsstrukturen („Shareholder ID“) bei Inhaberaktiengesellschaften insoweit schon deshalb regelmäßig auf institutionelle Investoren beschränkt gewesen, weil zumeist bloß solche ihre Portfolios öffentlich machen. Letztlich gehen die mit § 67d AktG neu geschaffenen Möglichkeiten zur Offenlegung von Inhaberaktionären daher – im Besonderen in Bezug auf Privataktionäre – nicht bloß ihrer gesetzlichen Konzeption nach, sondern auch faktisch über die bisherigen dahingehenden Möglichkeiten der Emittenten hinaus. Dass die durch die Einführung des § 67d AktG bedingte Steigerung der Möglichkeiten zur Schaffung von Beteiligungstransparenz allgemein insbesondere Aktionäre mit „kleineren“ Aktienpaketen – insbesondere solche unterhalb der in § 33 Abs. 1 S. 1 AktG normierten 3 %-Schwelle – betrifft, bedeutet überdies keinesfalls per se, dass die Transparenzsteigerung insofern insgesamt zu vernachlässigen wäre. Gerade in Bezug auf die im DAX gelisteten Unternehmen mit einem durchschnittlichen Streubesitz der Aktien von derzeit über 80 % (Stand: 2018)4 wird in summa ein nicht unbedeutender Teil der Aktien von solchen kleineren Anlegern gehalten, die die Meldeschwellen der §§ 33 ff. WpHG für sich genommen nicht übersteigen. Auch der MDAX verfügt mit einem Streubesitz von rund Zweidritteln der Anleger5 über einen insgesamt durchaus hohen Anteil an Investoren mit jeweils für sich genommen vergleichsweise kleinen Beteiligungen. Bei einer isolierten Betrachtung derjenigen Emittenten, deren Aktien auf den Inhaber lauten, fällt der Anteil der Aktien im Streubesitz tendenziell zwar etwas geringer, letztlich aber dennoch erheblich aus.6 Außerdem fällt auch der Anteil der faktisch nicht identifizierbaren Aktien im Streubesitz bei einer isolierten Betrachtung der Emittenten von Inhaberaktien vergleichsweise höher aus, sodass § 67d AktG hierauf bezogen letztlich ein durchaus erhebliches Verbesserungspotential zukommt.
3
Vgl. insoweit von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 65 zu entsprechenden „Share-ID“-Verfahren, mithilfe derer sich auch Inhaberaktiengesellschaften bereits bisher „ein mehr oder weniger genaues Bild z. B. der größten 100 – 200 institutionellen Investoren“ machen konnten; vgl. hierzu auch Leyens, ZGR 2019, 544, 585. 4 In der Studie „Wem gehört der DAX? – Analyse der Aktionärsstruktur der DAX-Unternehmen 2018“, Ernst & Young, Juni 2019 wurde in Bezug auf die DAX-30-Unternehmen für das Jahr 2018 ein Streubesitz von 84 % ermittelt. 5 Vgl. die Gemeinschaftsstudie „Wem gehört der börsennotierte Mittelstand?“, IPREO/ cometis, Januar 2017. 6 In Bezug auf die im DAX gelisteten Emittenten von Inhaberaktien stellt sich der Streubesitzanteil wie folgt dar: Beiersdorf: ca. 39 %; BMW: ca. 53 %; Continental: ca. 54 %; Covestro: ca. 92 %; Fresenius: ca. 57 %; Fresenius Medical Care: ca. 69 %; HeidelbergCement: ca. 74 %; Henkel: ca. 38 %; Linde: n. a.; Merck: ca. 68 %; RWE: ca. 94 %; SAP: ca. 64 %; Volkswagen: ca. 11 %; Wirecard: ca. 92 % (Stand: Oktober 2019).
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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2. Steigerung der Beteiligungstransparenz in Bezug auf Namensaktionäre Für die Emittenten von Namensaktien war mit den Regelungen zum Aktienregister einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG auch bereits vor der Einführung des § 67d AktG im Zuge des ARUG II eine Form gesellschaftsrechtlicher Beteiligungstransparenz vorgesehen, die sich im Unterschied zur kapitalmarktrechtlichen Publizität auf grundsätzlich sämtliche Aktionäre erstreckt bzw. nicht von einer bestimmten Höhe der Beteiligung der Aktionäre am Kapital oder an den Stimmrechten der Gesellschaft abhängig ist. Angesichts der aufgezeigten Defizite bezüglich der mit dem Aktienregister bewirkten Aktionärstransparenz, insbesondere des Umstands, dass in die formellen Register anstelle der tatsächlichen Aktionäre in nicht unerheblichem Ausmaß nur Intermediäre eingetragen sind, könnte die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG womöglich allerdings auch in Bezug auf Namensaktien mit einer nicht ganz unerheblichen Steigerung der Beteiligungstransparenz einhergehen. Zwar ermöglicht grundsätzlich bereits das 2008 im Zuge des Risikobegrenzungsgesetzes eingeführte Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, dass die Emittenten auch die Identität solcher Aktionäre offenlegen können, die nicht selbst in die Aktienregister eingetragen sind.7 Letztlich konnten sich bislang allerdings auch die Emittenten von Namensaktien faktisch regelmäßig kein gänzlich vollständiges Bild über ihre Aktionäre machen. Speziell in Bezug auf grenzüberschreitend gehaltene Aktien mit mehrgliedrigen Verwahrketten hatte sich das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG in Vergangenheit insoweit zum Teil als etwas schwerfällig erwiesen und zuweilen Defizite in Hinblick auf dessen praktische Durchsetzbarkeit offenbart.8 Mit Blick auf die Neuregelungen des ARUG II stellt sich insofern insbesondere die Frage, ob den deutschen Namensaktiengesellschaften in Gestalt des Verfahrens nach § 67d AktG nunmehr ein geeignetes Mittel zur Hand steht, um die bislang bestehenden Lücken der durch das Aktienregister und § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG bewirkten Aktionärstransparenz – jedenfalls teilweise – zu überwinden, oder aber die in Bezug auf das formelle Aktienregister und das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zum Teil bestehenden Schwierigkeiten entsprechend auch in Bezug auf das Verfahren nach § 67d AktG zu erwarten sind.
7 Insoweit konnte etwa die Allianz SE bereits vor einigen Jahren mithilfe satzungsmäßiger Beschränkungen (§ 67 Abs. 1 S. 3 AktG) und regelmäßigen Auskunftsverlangen nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG zusätzlich zu den bekannten 30 % ihres Grundkapitals weitere 40 % des Grundkapitals aufdecken, vgl. von Nussbaum, HV-Magazin 04/2012, 22, 23. 8 Vgl. insoweit oben unter Teil 2 B. III. 2. b) dd) u. ee).
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a) Verbesserung der Beteiligungstransparenz des formellen Aktienregisters aa) Nur bedingte Eignung des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG zur Verringerung der Fremdeintragungen im Aktienregister Angesichts der Mitteilungspflicht aus § 67 Abs. 1 S. 2 AktG sowie der Möglichkeit zur Eintragung eines Intermediärs als „Platzhalter“ weisen die Aktienregister deutscher Gesellschaften heute kaum noch gänzliche Lücken bzw. „Leerposten“ in dem Sinne auf, dass eine Aktie überhaupt keiner Person – nicht einmal einem Intermediär – zuzuordnen wäre.9 Jedenfalls in Bezug auf die über Clearstream sammelverwahrten Aktien börsennotierter Gesellschaften bestehen heute grundsätzlich überhaupt keine derartigen Leerstellen mehr.10 Schon angesichts der Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 67d AktG auf börsennotierte Gesellschaften ist eine weitere Verringerung eben solcher – ohnehin allenfalls noch in seltenen Ausnahmesituationen denkbarer – „Leerposten“ in den Aktienregistern durch die Verfahren nach § 67d AktG daher nicht zu erwarten. Eine Steigerung der Transparenz könnte die Einführung des § 67d AktG womöglich allerdings mit Blick auf die im Aktienregister praktisch noch immer weit verbreiteten Fälle dauerhafter Fremdeintragungen mit sich bringen. Insoweit ist zu prüfen, ob gerade diesem „Defizit“ der Beteiligungstransparenz des formellen Aktienregisters durch das neue Recht zur Aktionärsidentifikation womöglich ein Stück weit entgegengewirkt werden kann. In Bezug auf die Praxis der Fremdeintragungen im Aktienregister ist festzuhalten, dass diesbezüglich schon nach bisherigem Recht eine Einschränkungsmöglichkeit, konkret in Gestalt von Satzungsbestimmungen nach § 67 Abs. 1 S. 3 AktG, vorgesehen war. Diesbezüglich wird allerdings herrschend vertreten, dass eine solche satzungsmäßige Beschränkung der Fremdeintragungen von Seiten einer börsennotierten Gesellschaft bloß ab einer bestimmten Beteiligungsschwelle zulässig sein soll.11 Das neue Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG gilt hingegen „schwellenlos“ und ermöglicht insoweit grundsätzlich eine Offenlegung sämtlicher Aktionäre, für die ein „Dritter“ in das Aktienregister der Gesellschaft eintragen ist. Gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG sollen die nach § 67d AktG offengelegten Aktionäre überdies auch in das Aktienregister eingetragen werden können, sodass auf diese Weise letztlich eine Verringerung der Fremdeintragungen erreicht werden könnte. Eine Offenlegung grundsätzlich sämtlicher Aktionäre – unabhängig von deren Beteiligungshöhe – konnte allerdings auch bislang bereits mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG verlangt werden. Eine signifikante Verringerung der Fremdeintragungen im Aktienregister wurde durch die Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG 9
Vgl. bereits Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 41; in diese Richtung auch Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, § 5 Rn. 5.72. 10 Von diesem „Problem“ sind heute insoweit allenfalls noch einige nicht börsennotierte Unternehmen betroffen, vgl. Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 88. 11 Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 B. III. 2. a) ff).
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insoweit allerdings nicht erreicht, da sich die offengelegten Aktionärsdaten nicht ohne Weiteres in das Aktienregister übertragen lassen. Trotz der in § 67 Abs. 3 S. 2 AktG gesetzlich vorgesehen Verknüpfung der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG mit dem formellen Aktienregister lassen sich auch die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten nicht ohne Weiteres dahingehend nutzen, dass eine Fremdeintragung im Aktienregister schlicht durch die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten ersetzt werden könnte.12 Von den durch § 67d AktG verbesserten Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre ist daher grundsätzlich nicht gleichsam auch eine unmittelbare Verringerung der Fremdeintragungen in den Aktienregistern zu erwarten. Jedenfalls zu einzelnen Ersetzungen von Fremdeintragungen im Aktienregister durch eine Direkteintragung der Aktionäre kann das Identifikationsverfahren nach § 67d AktG allerdings insoweit führen, als dass dieses über das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hinausgeht und infolge dessen zusätzliche Investoren von der Gesellschaft identifiziert und auf die Vorteile einer Direkteintragung im Aktienregister hingewiesen werden können. bb) Gesetzgeberische Klarstellung zur vorübergehenden Natur von Platzhaltereintragungen Unabhängig von dem neuen Verfahren der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG könnte ein weiterer Rückgang der Praxis dauerhafter Fremdeintragungen im Aktienregister ein Stück weit dadurch befördert werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesbegründung zum ARUG II in Bezug auf die Platzhalterregelung des § 67 Abs. 4 S. 5 AktG nunmehr ausdrücklich klargestellt hat, dass es sich hierbei bloß um eine „vorübergehende Eintragung handeln sollte, was in der Regel einen Zeitraum von etwa zwei Wochen umfassen dürfte.“13 Einige solcher Intermediäre, die eine dauerhafte Platzhaltereintragung bislang zwecks Kosten- und Aufwandsersparnis bevorzugt haben,14 könnten aufgrund eben jener Klarstellung unter Umständen in Zukunft von dieser Praxis abrücken. Ein ausdrückliches „Verbot“ einer entsprechenden Praxis – oder gar diesbezügliche Sanktionen – sieht das ARUG II aber andererseits nicht vor. cc) Auswirkungen der Kostenregelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG auf die Praxis dauerhafter Fremdeintragungen im Aktienregister Die für die Beteiligungstransparenz unmittelbar aufgrund des Aktienregisters abträgliche Praxis dauerhafter Fremdeintragungen ist zu einem gewissen Teil darauf 12 Vgl. zu den Schwierigkeiten einer Nutzung der nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten für das formelle Aktienregister bereits oben Teil 2 B. IV. 2. c). 13 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 59. 14 Vgl. Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6.
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zurückzuführen, dass diese für die Intermediäre in manchen Fällen mit Kostenersparnissen einhergehen kann.15 Einem dahingehenden Anreiz könnte nunmehr womöglich die im Zuge des ARUG II eingeführte Kostenregelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG ein Stück weit entgegenwirken. § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG sieht vor, dass die Intermediäre speziell in Bezug auf solche Kosten ausnahmsweise keinen Aufwendungsersatz nach § 67f Abs. 1 S. 1 AktG von der Gesellschaft verlangen können, die für eine Weiterleitung der über § 125 Abs. 2 AktG empfangenen Hauptversammlungseinladungen anfallen. Die Regelung erfasst damit solche Fälle, in denen die Intermediäre die Hauptversammlungseinladungen aufgrund einer Eintragung im Aktienregister erhalten haben (§ 125 Abs. 2 AktG) und diese gemäß §§ 125 Abs. 5 i.V.m. §§ 67a, 67b AktG an die tatsächlichen Aktionäre weiterleiten müssen. Soweit die Kosten nicht vertraglich den Aktionären aufgebürdet werden, müssen die Intermediäre in diesem Fall insoweit selbst für die Weiterleitungskosten aufkommen. Sofern dagegen nicht der Intermediär, sondern unmittelbar der Aktionär in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen ist und daher auch eben jener über § 125 Abs. 2 AktG die Hauptversammlungseinladung direkt von der Gesellschaft erhält, können aus Sicht der Intermediäre insoweit Kosten vermieden werden. Vor der Umsetzung des ARUG II richtete sich die Kostenverteilung für die Weiterleitung einer Hauptversammlungseinladung von einem Intermediär an die Aktionäre nach der aufgrund von § 128 Abs. 3 AktG a.F. erlassenen Kostenverordnung vom 17. 06. 200316. In § 1 der Kostenverordnung war dabei ein pauschaler Anspruch der Intermediäre auf Ersatz der für die Weiterleitung der Hauptversammlungseinladung nach § 128 Abs. 1 AktG anfallenden Kosten vorgesehen; eine Ausnahme für den speziellen Fall einer Weiterleitung der Informationen von einem in das Aktienregister eingetragenen Intermediär an den tatsächlichen Aktionär (§ 128 Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG a.F.), wie nunmehr in § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG geregelt, war in der Kostenverordnung insoweit nicht vorgesehen.17 Die Möglichkeit der Intermediäre, die gemäß § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG ansonsten grundsätzlich selbst zu tragenden – oder vertraglich den Kunden aufzubürdenden – Kosten durch eine Direkteintragung der Aktionäre in das Aktienregister zu vermeiden, kann insofern praktisch einen gewissen Anreiz für eine entsprechende Direkteintragung der Aktionäre anstelle einer dauerhaften Eintragung des Intermediärs darstellen. Die Kostenbefreiung nach § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG – und insofern auch die damit einhergehende Anreizwirkung zur Direkteintragung der 15 Vgl. insoweit jüngst Zetzsche, ZGR 2019, 1, 6, der konkret in Bezug auf gemäß § 67 Abs. 4 S. 7 AktG a.F. „vorübergehend“ eingetragene Platzhalter ausführt, dass dies einerseits ausländische Intermediäre im Allgemeinen und andererseits „einige auf Kosteneinsparung ausgerichtete inländische Intermediäre“ betreffe. 16 Verordnung über den Ersatz von Aufwendungen der Kreditinstitute vom 17. 06. 2003, BGBl. I 2003, S. 885. 17 Vgl. zur ehemaligen Kostenverteilung bezüglich der Übermittlung der Hauptversammlungseinladung nach § 128 AktG a.F.: Butzke, in: Großkommentar AktG, § 128 Rn. 66 ff.
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Aktionäre – wird sich dabei grundsätzlich auf sämtliche Konstellationen erstrecken, in denen ein Intermediär dauerhaft anstelle des Aktionärs in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen ist, sich also insbesondere sowohl auf Legitimationsaktionäre als auch auf bloße Platzhalter i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG beziehen. Zu einem anderen Ergebnis könnte man unter Umständen dann kommen, wenn man die Geltung der Vermutungswirkung aus § 67 Abs. 2 S. 1 AktG in Bezug auf bloße Platzhalter i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG in Zweifel zieht.18 So geht die Ausnahmeregelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG gerade auf eben diese Legitimationswirkung zurück und ist konkret damit zu begründen, dass die Mitteilungspflicht der Gesellschaft wegen § 67 Abs. 2 S. 1 AktG bei dem im Aktienregister Eingetragenen endet. Im Rahmen der Auslegung der Kostenregelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG überzeugt eine dahingehende Ablehnung der Legitimationswirkung aus § 67 Abs. 2 S. 1 AktG in Bezug auf bloße Platzhaltereintragungen wertungsmäßig allerdings nicht. So ist nicht ersichtlich, weshalb die Gesellschaft zwar in Bezug auf als Legitimationsaktionäre, nicht aber auch in Bezug auf als Platzhalter eingetragene Intermediäre von den Kosten zur Weiterleitung der Hauptversammlungseinladung befreit sein sollte. Zwar findet die Eintragung eines Intermediärs als Platzhalter grundsätzlich auf Verlangen der Gesellschaft statt und wird im Register auch ausdrücklich als solche ausgewiesen.19 Dennoch erscheint es interessengerecht, die mit § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG verbundene Anreizwirkung auf grundsätzlich sämtliche, nicht nur i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 6 AktG vorübergehende, Fremdeintragungen zu erstrecken. dd) Zwischenergebnis Im Ergebnis ist unmittelbar durch das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG zunächst keine wesentliche Verringerung des Anteils an Fremdeintragungen im Aktienregister zu erwarten. Dennoch erscheinen die Neuregelungen des ARUG II in gewissem Umfang durchaus geeignet, die Praxis dauerhafter
18 Gegen eine grundsätzliche Geltung der Legitimationswirkung nach § 67 Abs. 2 S. 1 AktG in Bezug auf Platzhalter i.S.d. § 67 Abs. 4 S. 5 AktG etwa Bayer, in: MüKo AktG, § 67 Rn. 128; Laubert, in: Hölters, AktG, § 67 Rn. 23; Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 724 f.; überzeugend für eine grundsätzliche Geltung der Legitimationswirkung auch in Bezug auf Platzhalter (nicht aber in Bezug auf bloße Interimseintragungen nach § 67 Abs. 4 S. 6 AktG) hingegen: Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 43; Lutter/Drygala, KölnKomm AktG, § 67 Rn. 112 f.; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 142; Grigoleit/Rachlitz, ZHR 174 (2010), 12, 40. 19 So geht etwa auch Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 142 davon aus, dass die Rechtswirkung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG auch für „Platzhalter“ gilt, obwohl diese „gesondert“ im Aktienregister eingetragen sind und die Eintragung außerdem nicht auf einer „zurechenbare[n] Veranlassung des wahren Aktionärs“ beruht; mit a.A. hierzu Bayer/Scholz, NZG 2013, 721, 725.
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Fremdeintragungen im Aktienregister etwas weiter zurückzudrängen.20 Insoweit führt insbesondere die Regelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG dazu, dass die Intermediäre Kosten bei der Informationsübermittlung sparen können, wenn sich diese nicht dauerhaft anstelle der Aktionäre in das Aktienregister der Gesellschaft eintragen lassen. Gerade aus Sicht ausländischer Intermediäre, die nach der Richtlinienumsetzung stärker als bisher zur Informationsübermittlung in die Pflicht genommen werden, kann eine Direkteintragung der Aktionäre im Aktienregister daher zunehmend attraktiver werden. b) Verbesserung der Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre jenseits des formellen Aktienregisters: Verbesserungspotential besonders in grenzüberschreitenden Verwahrsituationen Jenseits des formellen Aktienregisters verbessern sich die Möglichkeiten der Emittenten von Namensaktien zur Offenlegung ihrer Aktionäre in Bezug auf eben jene Punkte, in denen der Anspruch aus § 67d Abs. 1 S. 1 AktG über das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hinausgeht: In Bezug auf reine Inlandsfälle, in denen zumeist die Aktionäre selbst in die Aktienregister eingetragen sind und im Falle einer Fremdeintragung regelmäßig immerhin der Letztintermediär,21 geht das Identifikationsverfahren der börsennotierten Gesellschaft nach § 67d AktG nicht wesentlich über das bisherige Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hinaus. Diesbezüglich hält sich die durch § 67d AktG bewirkte Steigerung der Beteiligungstransparenz folglich in Grenzen. Verbesserungen in Bezug auf die Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre sind mit Blick auf Namensaktien durch die Einführung des § 67d AktG insoweit in erster Linie mit Blick auf grenzüberschreitende Verwahrsituationen zu erwarten. aa) Grenzüberschreitende Verwahrketten innerhalb des EWR Mit der Regelung des § 67d Abs. 5 S. 1 AktG stellt der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich klar, dass sich das im Aktiengesetz geregelte Verfahren zur Aktionärsidentifikation auch auf börsennotierte Gesellschaften mit Sitz in einem anderen EWR-Staat bezieht.22 Die dahinter stehenden Vorgaben aus Art. 3a ARRL und Art. 1 Abs. 5 ARRL verpflichten auch die anderen Mitgliedstaaten entsprechend dafür Sorge zu tragen, dass sich die Mitwirkung der bei ihnen ansässigen Intermediäre bei 20 Vgl. zu der bereits heute festzustellenden Entwicklung, dass sich speziell ausländische institutionelle Investoren vermehrt selbst in die Aktienregister deutscher Gesellschaften eintragen lassen bereits oben (Fn. 280). 21 Vgl. insoweit oben unter Teil 2 B. III. 2. a) ee). 22 Dass sich die Regelung nicht nur auf die EU-Staaten, sondern auf den gesamten EWR bezieht, wird im Rahmen der Gesetzesbegründung insoweit ausdrücklich klargestellt, vgl. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 68.
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der Aktionärsidentifikation nicht bloß auf Anfragen von Gesellschaften mit Sitz in eben jenem Mitgliedstaat beschränken darf. Obgleich die in Art. 1 Abs. 2 S. 1 ARRL vorgesehene Maßgeblichkeit des jeweiligen Sitzstaates der Gesellschaft ohnehin zur Folge hat, dass die Intermediäre auch ohne eine entsprechende Regelung i.S.d. § 67d Abs. 5 S. 1 AktG grundsätzlich sämtlichen aus dem EWR-Ausland stammenden Identifikationsanfragen entsprechen müssten, scheinen EWR-weit vorgesehene, einfachgesetzliche Klarstellungen dieser Art dennoch sinnvoll. Exemplarisch zeigen insoweit schon die in Bezug auf das Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG in grenzüberschreitenden Situationen zuweilen auftretenden Schwierigkeiten, dass eine bloß in einem einzigen Staat vorgesehene Regelung – trotz derer grundsätzlich grenzüberschreitenden Anwendbarkeit – faktisch nicht immer effektiv durchsetzbar ist, wenn eine entsprechende Pflicht – wenngleich auch bloß deklaratorischer Natur – nicht auch in den jeweils eigenen Rechtsordnungen der verschiedenen Akteure vorgesehen ist.23 Die Vorgabe des Art. 14b ARRL gewährleistet dahingehend überdies das Vorhandensein entsprechender, auf Ebene des jeweiligen nationalen Rechts vorgesehenen, „Maßnahmen und Sanktionen“ zur Durchsetzung der Aktionärsidentifikation gerade auch in grenzüberschreitenden Situationen. Praktisch könnten sich die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation i.S.d. Art. 3a ARRL insoweit unter Umständen sogar auch positiv auf die Durchsetzbarkeit der Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG auswirken, da jedenfalls die Intermediäre innerhalb des EWR mit vergleichbaren Identifikationsverfahren vertrauter sein werden und diese sich angesichts der Richtlinienvorgaben womöglich auch hinsichtlich der Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG stärker als bisher verpflichtet sehen. Neben der nunmehr noch eindeutigeren gesetzlichen Verpflichtung sämtlicher im EWR ansässigen Intermediäre zur grundsätzlichen Mitwirkung an den grenzüberschreitenden Verfahren der Aktionärsidentifikation ist eine Verbesserung derselben auch durch die von der ARRL-DVO bewirkten Standardisierung zu erwarten. Das Ziel der ARRL-DVO besteht insofern erklärtermaßen insbesondere darin, durch die Vorgabe „gemeinsamer Formate“ für sämtliche Mitgliedstaaten das Entstehen „inkompatibler nationaler Standards“ zu verhindern.24 Die in der ARRL-DVO enthaltenen „Formatvorlagen“ zum Verfahren der Aktionärsidentifikation, die hierin enthaltenen Regelungen bezüglich der zu verwendenden Sprache und auch die präzisen Fristenregelungen tragen insoweit zur Standardisierung der Interaktion zwischen den Intermediären der verschiedenen EWR-Staaten bei. In Bezug auf die Offenlegung von Aktionären aus dem EWR-Ausland bringt die Einführung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG daher letztlich auch für die Emittenten von Namensaktien einige Verbesserungen gegenüber dem bisherigen 23
Vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG auch in Auslandsfällen sowie zu den diesbezüglich dennoch bestehenden praktischen Schwierigkeiten bereits oben unter Teil 2 B. III. 2. b) dd) u. ee). 24 Vgl. Erwägungsgrund 2 ARRL-DVO.
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Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG mit sich. In Ansehung des praktisch nicht unerheblichen Anteils von innerhalb des EWR grenzüberschreitend gehaltenen Aktien kann diese partielle Transparenzsteigerung durchaus auch einen nennenswerten Fortschritt für die Beteiligungstransparenz der EWR-Gesellschaften insgesamt bedeuten. Konkret in Bezug auf den DAX wurde beispielsweise 2018 ein Anteil von rund 26 % der Aktien von Anlegern aus dem europäischen Ausland gehalten.25 Eine Steigerung der Aktionärstransparenz speziell in Bezug auf Aktionäre aus dem EWR-Ausland hat für die deutschen börsennotierten Unternehmen daher durchaus hohe Relevanz. bb) Grenzüberschreitende Verwahrketten mit Intermediären aus Nicht-EWR-Staaten Mit der weitreichenden Regelung des Art. 3e ARRL bemüht sich der EU-Gesetzgeber darum, insbesondere die Aktionärsidentifikation i.S.v. Art. 3a ARRL auch in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen die Verwahrketten (auch) aus Intermediären mit Sitz und Hauptverwaltung jenseits des EWR bestehen. Die Tatsache, dass es in den nicht zum EWR gehörenden Staaten aber nicht zur Umsetzung der Vorgaben der ARRL II in das jeweilige nationale Recht kommt, dürfte die praktische Durchsetzbarkeit der Aktionärsidentifikation gegenüber entsprechenden Drittstaatsintermediären im Vergleich zu EWR-internen Verwahrsituationen allerdings nicht unerheblich erschweren.26 Neben die rechtliche Problematik, die Aktionärsidentifikation gegenüber einem in einem Drittstaat ansässigen Intermediär durchzusetzen, tritt zusätzlich noch die organisatorische Schwierigkeit, dass selbst in dem Fall, dass ein Drittstaatsintermediär grundsätzlich zu einer Weitergabe der ihm zur Verfügung stehenden Aktionärsinformationen bereit ist, regelmäßig intern keine entsprechenden standardisierten Abläufe und Verfahren zur Informationsweitergabe speziell für die „EUAktionärsidentifikation“ vorgesehen sein werden. So werden den Intermediären aus Drittstaaten jenseits der des EWR etwa die in der ARRL-DVO vorgesehenen Fristen und Formatvorlagen nicht gleichermaßen präsent sein wie den im EWR ansässigen Intermediären, obgleich insbesondere auch die Präzisierungen der Durchführungsverordnung nach Art. 3e ARRL konzeptionell auch für Intermediäre aus Drittstaaten gelten sollen. Insofern drohen selbst in Bezug auf zur Offenlegung und Weitergabe der Aktionärsinformationen bereite Drittstaatsintermediäre jedenfalls gewisse Verzögerungen und die Gefahr von „Missverständnissen“ durch eine nicht standardisierte und uneinheitliche Handhabung der Informationsübermittlung. Immerhin werden entsprechende ARRL-Aktionärsidentifikationsanfragen und hierbei etwa 25 Vgl. dazu die Studie „Wem gehört der DAX? – Analyse der Aktionärsstruktur der DAXUnternehmen 2018“, Ernst & Young, Juni 2019; allerdings wird sich der Anteil der von „EUAusländern“ gehaltenen Aktien in Folge des „Brexits“ – insofern bedauerlicherweise – nicht unerheblich verringern, vgl. hierzu auch noch unten (Fn. 839). 26 Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 A. I. 3.
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auch das in der ARRL-DVO vorgesehene Format den Drittstaatsintermediären aber tendenziell eher geläufig sein als vergleichbare, in Vergangenheit bloß in einzelnen Mitgliedstaaten vorgesehene Auskunftsverfahren wie etwa das nach deutschem Recht für Namensaktien vorgesehene Verfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Insoweit könnte sich in Bezug auf die Verfahren der Aktionärsidentifikation immerhin eine gewisse „Routine“ auch seitens Intermediären aus Drittstaaten einstellen. Gegebenenfalls suggerieren die einheitlichen „EU-Aktionärsidentifikationsverfahren“ gegenüber den Drittstaatsintermediären darüber hinaus auch eine etwas höhere „Verbindlichkeit“ als ein bloß in einem einzelnen Staat gesellschaftsrechtlich vorgesehenes Auskunftsverfahren. Regelmäßig werden entsprechende Drittstaatsintermediäre insbesondere dann Teil der Aktienverwahrketten sein, wenn auch die Aktionäre außerhalb des EWR ansässig sind. Insbesondere das als Letztintermediär fungierende depotführende Institut wird praktisch regelmäßig in eben jenem Staat gelegen sein, in dem auch der Aktionär seinen Wohn- oder Geschäftssitz hat. Insofern werden auch die zu erwartenden praktischen Schwierigkeiten mit der Aktionärsidentifikation bei Beteiligung von Drittstaatsintermediären im Besonderen Aktionäre aus dem Nicht-EWRAusland betreffen. Misslich ist dies zum einen deshalb, weil gerade solche ausländischen Aktionäre ihre Beteiligung an den Unternehmen doch oft besonders „passiv“ ausgestalten und insofern insbesondere etwa ihre Hauptversammlungsstimmrechte besonders häufig nicht ausüben.27 Zum anderen sind die Schwierigkeiten bei der Identifikation gerade von Nicht-EWR-Aktionären auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil Aktionäre aus entsprechenden Staaten praktisch einen sehr hohen Anteil der am DAX und MDAX beteiligten Investoren stellen, wobei US-Investoren sogar die größte Anlegergruppe bezüglich der im DAX vertretenen Unternehmen ausmachen.28 Soweit Investoren aus dem Ausland nach der dortigen Verwahrpraxis schließlich standardmäßig bloß die Stellung eines Treugebers eingeräumt wird,29 droht eine Offenlegung der Verwahrstrukturen ohnehin bereits daran zu scheitern, dass grundsätzlich weder § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG noch § 67d AktG zu einer Offen-
27 Vgl. nur Ratschow, DStR 2007, 1402, 1402, der dahingehend unter Verweis auf Seibert, AG 2004, 529, 533 insbesondere die „Internationalisierung der Kapitalmärkte“ als Ursache für eine oftmals geringe Stimmrechtspräsenz in den Hauptversammlungen ausmacht. 28 Mit Hinweis hierauf schon Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122 (allerdings in Bezug auf den Kommissionsentwurf zur ARRL II v. 09. 04. 2014 (COM (2014) 213 final), in dem eine Verpflichtung der Non-EU-Intermediäre – wie nun letztlich in Art. 3e ARRL vorgesehen – überhaupt nicht vorgesehen war); vgl. an empirischen Studien zum hohen Anteil der US-Investoren in deutschen Aktiengesellschaften im DAX und MDAX zuletzt etwa: „Investoren der Deutschland AG 6.0 – Who owns the German DAX?“, IHS Markit/DIRK, June 2019; „Wem gehört der börsennotierte Mittelstand? – Update 2017“, IPREO/cometis, Januar 2017; „Wem gehört der DAX? – Analyse der Aktionärsstruktur der DAX-Unternehmen 2018“, Ernst & Young, Juni 2019. 29 Vgl. hierzu bereits unter Teil 2 B. III. 2. b) dd).
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legung von Treuhandverhältnissen führen.30 Schwierigkeiten bei der Offenlegung der Verwahrstrukturen bestehen daher insoweit schon unabhängig von der zuvor beschriebenen Problematik der fehlenden Regelungsbefugnis der EU in Bezug auf eine Verpflichtung nicht innerhalb des EWR ansässiger Intermediäre. 3. Anreize zur tatsächlichen Nutzung des Verfahrens zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG aus Sicht der Gesellschaft Von der Frage, inwieweit die rechtlichen Möglichkeiten der Gesellschaften zur Offenlegung der Aktionäre durch die Einführung des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG gesteigert werden, ist die Frage zu trennen, inwieweit die Emittenten hiervon auch tatsächlich Gebrauch machen werden. Diesbezüglich soll aufgezeigt werden, welche konkreten Anreize zur Ausübung des Identifikationsverfahrens von Seiten der Unternehmensleitung bestehen. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die „größeren“ Investoren den Unternehmensleitungen der börsennotierten Unternehmen auch ohne das neu geschaffene Verfahren zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG regelmäßig bereits bekannt sind.31 Dies gilt keinesfalls ausschließlich in Bezug auf solche Anleger, deren Beteiligungen der kapitalmarktrechtlichen Markttransparenz nach §§ 33 ff. WpHG unterfällt. Vielmehr sind den Unternehmensleitungen auch viele der „größeren“ Investoren unterhalb der 3 %-Schwelle aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG – jedenfalls ab einer Beteiligung etwa in Höhe der für die ARRL-Aktionärsidentifikation diskutierten Mindestschwelle von 0,5 % – in aller Regel bekannt.32 Häufig in größerem Umfang unbekannt sind den Gesellschaften de facto dagegen besonders ihre kleineren Privataktionäre – speziell solche aus dem Ausland.33 Für die Frage, inwieweit die Gesellschaften ihren neuen Informationsanspruch aus § 67d AktG auch praktisch zur Identifikation der eigenen Aktionäre nutzen werden, ist daher unter anderem von Bedeutung, wie hoch das Interesse der Un30 Siehe hierzu sowie zu der möglichen Ausnahme für den Fall, dass eine Treuhandkonstruktion schon „innerhalb der Depotverhältnisse“ besteht: Teil 2 B. III. 2. b) cc) sowie Teil 2 B. IV. 1. c) bb) (1). 31 Vgl. insoweit etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 211 dazu, dass den Gesellschaften die Adressen der „Großaktionäre und anderer institutioneller Investoren“ regelmäßig bekannt sind. 32 Insoweit konstatieren etwa Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 467 f., dass mit den Aktionären oberhalb einer etwaigen Identifikationsmindestschwelle von 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte auch vor Umsetzung der ARRL II bereits regelmäßig Investorengespräche stattgefunden haben. 33 Bei Namensaktiengesellschaften werden insoweit zwar die inländischen Privataktionäre regelmäßig in das Aktienregister eingetragen, in Bezug auf ausländische Privataktionäre ist dies aber zumeist nicht der Fall; im Rahmen der auch von Inhaberaktiengesellschaften genutzten Shareholder ID-Verfahren werden in erster Linie institutionelle Anleger offengelegt (vgl. von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 64).
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ternehmensleitung gerade auch an einer Offenlegung kleinerer – auch privater – Streubesitzaktionäre ist. In Bezug auf solche Investoren, die über für sich genommen bloß kleine Beteiligungen verfügen, wurde im Vorfeld der Umsetzung der ARRL II weithin konstatiert, dass die meisten börsennotierten Unternehmen an einer vermehrten Kenntnis gerade solcher Aktionäre regelmäßig kein allzu großes Interesse haben.34 Ähnliches hatte der deutsche Gesetzgeber bereits 2008 im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes geäußert, als dieser sich mit der Beteiligungstransparenz des Aktienregisters befasst hatte: In Bezug auf die Frage, ab welcher Schwelle ein satzungsmäßiger Ausschluss von Fremdeintragungen im Aktienregister (§ 67 Abs. 1 S. 3 AktG) praktikabel sein könnte, wurde seinerzeit unter Verweis auf „Erfahrungen aus der Schweiz“ angenommen, dass jedenfalls seitens börsennotierter Gesellschaften regelmäßig kein dringendes Interesse an der Kenntnis solcher Aktionäre bestünde, deren Anteile unterhalb einer Schwelle von 0,5 bis 2 % der Aktien liegen.35 Mit Blick auf die Praxis scheint sich dieser Befund des Gesetzgebers allerdings nicht vollends bewahrheitet zu haben. So hatten gleich mehrere der im DAX notierten Namensaktiengesellschaften nach Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes dergestalt von der seitdem gesetzlich möglichen, satzungsmäßigen Beschränkung von Fremdeintragungen im Aktienregister Gebrauch gemacht, dass entsprechende Dritteintragungen schon ab vergleichsweise geringen Schwellen von beispielsweise 0,1 % oder 0,2 % des Kapitalanteils unzulässig sein sollten.36 Diese praktische Beobachtung spricht insoweit dafür, dass jedenfalls zum Teil durchaus ein Interesse der börsennotierten Unternehmen auch an einer Kenntnis solcher Aktionäre besteht, deren Beteiligungen für sich genommen vergleichsweise gering sind. a) Allgemein steigende Wertschätzung guter Investor Relations und zunehmender Druck durch aktivistische Investoren und professionelle Stimmrechtsberater Grundsätzlich lässt sich in den letzten Jahren ein tendenziell steigendes Interesse der Unternehmen an deren Investor Relations bzw. an einer besseren und intensiveren Kontaktpflege zu den eigenen Aktionären beobachten.37 Ein Grund für die steigende Wertschätzung guter Investor Relations seitens der Unternehmensleitungen börsennotierter Unternehmen hängt mit der Entwicklung zusammen, dass das – ursprünglich im Besonderen aus den USA bekannte – Phä34 In diese Richtung etwa die Einschätzungen bei Georgiev/Kolev, GWR 2018, 107, 109; Noack, NZG 2017, 561, 567; Schmidt, NZG 2018, 1201, 1215; offen gelassen bei Böcking/ Bundle, Der Konzern 2018, 496, 504 („Ob […] die Möglichkeit genutzt wird, aufgrund der fehlenden Mindestschwelle jeden Kleinaktionär zu identifizieren, bleibt abzuwarten“). 35 BT-Drs. 16/7438, S. 13. 36 C¸ekin, S. 100 f. mit Verweis auf derartige (ehemalige) Satzungsbestimmungen etwa der Allianz SE und der Munich RE. 37 Vgl. insoweit bereits oben (Fn. 127).
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
nomen des „Shareholder Activism“ in etwa seit der Jahrtausendwende vermehrt auch in Deutschland auftritt und bis heute in seiner Bedeutung wächst.38 Allgemein ist unter diesem Phänomen zu verstehen, dass bestimmte (institutionelle) Minderheitsgesellschafter zielstrebig versuchen – durch Ausübung ihrer Aktionärsrechte, aber auch durch andere Maßnahmen wie beispielsweise (öffentliche) Schreiben an die Unternehmensleitung – Einfluss auf die Unternehmensführung auszuüben, um die Unternehmenspolitik in eine bestimmte, von ihnen gewünschte Richtung zu lenken.39 Zunehmendem Druck sehen sich die Unternehmensleitungen börsennotierter Gesellschaften außerdem oftmals auch durch die (professionellen) Stimmrechtsberater ihrer institutionellen Investoren ausgesetzt.40 So orientiert sich insbesondere ein Großteil der ausländischen institutionellen Investoren bei der Stimmrechtsausübung an den Empfehlungen einer Handvoll Unternehmen, die den Markt professioneller Stimmrechtsberatung oligopolistisch beherrschen.41 In den letzten Jahren haben dabei immer wieder Fälle für Schlagzeilen gesorgt, in denen die Unternehmensleitungen deutscher börsennotierter Gesellschaften aufgrund der Empfehlungen eben solcher professioneller Stimmrechtsberatungsunternehmen auf erhebliche Probleme bei der Durchsetzung ihrer Tagesordnungspunkte im Rahmen der Hauptversammlung gestoßen sind.42 Dieser enorme Einfluss der professionellen Stimmrechtsberater (engl.: „proxy advisor“) auf die börsennotierten Unternehmen Europas hatte insoweit auch die EU-Gesetzgebung zu der nunmehr in Art. 3j ARRL vorgesehenen Inpflichtnahme eben jener Stimmrechtsberater – im Rahmen des ARUG II umgesetzt als neuer § 134d AktG („Offenlegungspflichten der Stimmrechtsberater“) – bewogen.43 Angesichts des insoweit mitunter steigenden Drucks auf die Unternehmensleitungen börsennotierter Gesellschaften – einerseits durch das Phänomen aktivistischer institutioneller Investoren als solcher und andererseits durch den zunehmenden Einfluss professioneller Stimmrechtsberater – wird den Vorständen zunehmend sogar an einer Aktivierung der kleineren Privatanleger gelegen sein, um auf diese Weise das faktische Stimmgewicht unliebsamer Anleger und Stimmrechtsberater abzuschwächen. Durch gute Investor Relations-Arbeit, konkret insbesondere durch 38 Vgl. zu dieser Entwicklung etwa Graßl/Nikoleycik, AG 2017, 49, 49 f., die auch für nächsten Jahren von einer weiteren Zunahme dieses Phänomens ausgehen; mit grobem historischem Überblick hierzu außerdem Kleinmanns, IRZ 2016, 341, 341 f. 39 Graßl/Nikoleycik, AG 2017, 49, 49; Kleinmanns, IRZ 2016, 341, 341; vgl. vertiefend zu den verschiedenen formellen und informellen Mitteln der Kontrolltätigkeit aktivistischer institutioneller Investoren S. Winkler, S. 102 ff. 40 Vgl. hierzu eingehend Fleischer, AG 2012, 2; Heinen/Koch, BB 2018, 2731; allgemein zum stetig steigenden Einfluss institutioneller Investoren jüngst außerdem Faure, S. 23 ff. 41 Fleischer, AG 2012, 2, 3 f. 42 Mit prominenten Beispielen hierzu etwa Heinen/Koch, BB 2018, 2731, 2731 sowie Vaupel, AG 2011, 63, 63. 43 Vgl. Erwägungsgrund 25 u. 26 ARRL II.
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gute Kommunikationspolitik und eine kontinuierliche Informationsversorgung der Aktionäre, können die inaktiven Anleger gewissermaßen an ihre Gesellschaft „erinnert“ werden.44 Durch die Unternehmensleitung gut informierte Aktionäre werden dabei nicht nur tendenziell eher ihre Rechte ausüben und bereits so das faktische Stimmgewicht unliebsamer Anleger oder Stimmrechtsberater mindern. Vielmehr werden gut informierte und dadurch zufriedenere Aktionäre darüber hinaus auch allgemein eher zur Unterstützung der Unternehmensleitung gewillt sein und insofern in deren Sinne abstimmen.45 Der Anteil privater Aktionäre ist etwa in Bezug auf die im DAX gelisteten Unternehmen zuletzt außerdem sogar auch praktisch leicht angestiegen,46 was insofern ebenfalls mit einem steigenden Interesse an Kontakt zu eben jener, in ihrer Bedeutung damit ebenso steigenden, aber bisher oftmals eher passiv agierenden Anlegergruppe einhergehen könnte. Das steigende Interesse der Unternehmensleitung an einer guten Investor Relations-Pflege wird tendenziell auch damit einhergehen, dass die Gesellschaften allgemein zunehmend an einer Kenntnis möglichst vieler ihrer Aktionäre interessiert sind, damit diese mit ihren Investor Relations-Maßnahmen auch ein möglichst großes Publikum unmittelbar ansprechen können. Speziell mit Blick auf das Phänomen „aktivistischer Investoren“ kann eine gute Kenntnis der eigenen Aktionäre aus Sicht der Unternehmensleitung überdies auch dabei helfen, mit potenziell aktivistischen Investoren frühzeitig in Dialog treten zu können, um so dem Entstehen späterer offener Konflikte vorzubeugen.47 b) Nutzen der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG speziell in Bezug auf Übernahmesituationen Ferner kann auch das Interesse der Unternehmensleitung, feindlichen Übernahmeversuchen effektiv entgegenwirken zu können, in bestimmten Situationen einen Anreiz zur Nutzung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG darstellen:48 In gewissem Umfang kann eine regelmäßige Nutzung der Identifikationsverfahren nach § 67d AktG insofern schon zum frühzeitigen „Erkennen“ feindlicher Übernahmeversuche beitragen. Ein „heimliches Anschleichen“ durch den sukzessiven Erwerb kleinerer Aktienpakete wird heute zwar grundsätzlich bereits recht 44
von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 130. von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 130 f. 46 So eines der Ergebnisse der Studie „Investoren der Deutschland AG 6.0 – Who owns the German DAX?“, IHS Markit/DIRK, June 2019. 47 In diese Richtung auch Kleinmanns, IRZ 2016, 341, 344. 48 Vgl. insoweit bereits Koch, BB – Die erste Seite, 2017, Nr. 15 – 16, der den großen Nutzen einer Kenntnis sämtlicher Aktionäre auch jenseits der WpHG-Schwellen aus Sicht der Gesellschaften zwar generell bezweifelt, diese Einschätzung dann aber gerade in Hinblick auf seltene „Übernahmesituationen“ relativiert; außerdem bereits in diese Richtung Noack, NZG 2017, 561, 567. 45
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
effektiv durch die §§ 33 ff. WpHG verhindert.49 Mit § 67d AktG kann der Aufbau solcher Pakete gewissermaßen aber noch „kleinschrittiger“ und „früher“ als mithilfe der §§ 33 ff. WpHG beobachtet werden, da im Rahmen des § 67d AktG keine vergleichbaren starren Beteiligungsschwellen vorgesehen sind. Sofern ein Investor im Vorfeld einer angestrebten Übernahme kleinere Aktienpakete bei verschiedenen Banken „parkt“, droht dieses Vorgehen bei einer Abfrage dieser Banken seitens der Gesellschaft mithilfe von § 67d AktG offengelegt zu werden. Eingeschränkt wird der Nutzen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG zum frühzeitigen Erkennen feindlicher Übernahmeversuche andererseits aber dadurch, dass hierfür stets ein entsprechendes Tätigwerden seitens der Gesellschaft erforderlich ist. Während die kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz beim Überschreiten der dort vorgesehenen Meldeschwellen gewissermaßen „automatisch“ ausgelöst wird,50 bedarf es für eine Offenlegung der Aktionäre über § 67d AktG stets entsprechender Anträge der Gesellschaft gegenüber den Intermediären. Eine kontinuierliche, „anlasslose“ Geltendmachung der Informationsansprüche gegenüber sämtlichen Intermediären wäre für die Gesellschaft dabei mit nicht unerheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Immerhin kann aber eine gezielte Nutzung der Verfahren nach § 67d AktG bei einem bestehenden Verdacht eines feindlichen „Anschleichens“ aus Sicht der Gesellschaft in bestimmten Fällen praktikabel sein. Etwas relativiert wird der Nutzen der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG zum frühzeitigen Erkennen feindlicher Übernahmeversuche insoweit zwar wiederum dadurch, dass hierdurch in jedem Fall nur eine Offenlegung der aktuellen „Aktionäre“ verlangt werden kann. Durch das Erfassen auch diverser anderer „Instrumente“ als Aktien gehen die §§ 33 ff. WpHG in Bezug auf solche Konstellationen, bei denen zur Vorbereitung einer feindlichen Übernahme zunächst nicht ausschließlich Aktien erworben, sondern auch Fremd- oder Hybridkapitalpositionen genutzt werden, daher konzeptionell deutlich über die Möglichkeiten des § 67d AktG hinaus. Soweit einige wenige Konstellationen eines „Anschleichens“, bei denen die Aktien der Zielgesellschaft zunächst nicht unmittelbar durch den feindlichen Investor, sondern anfangs bloß durch eine oder mehrere Banken erworben werden, den §§ 33 ff. WpHG de lege lata allerdings ausnahmsweise noch immer nicht unterfallen,51 können die mit § 67d AktG einhergehenden Möglichkeiten zur Offenlegung jedenfalls des jeweiligen Aktienbesitzes der einzelnen Banken letztlich aber durchaus hilfreich sein. 49
Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 1030. Siehe bereits oben unter Teil 2 B. III. 1. a) cc). 51 Vgl. insoweit zwar das Fazit bei Weidemann, NZG 2016, 605, wonach die §§ 21 ff. WpHG a.F. [Anm.: heute: §§ 33 ff. WpHG] durch ihren weiten Anwendungsbereich gerade auch in Bezug auf andere Finanzinstrumente als Aktien heute de facto kaum noch Konstellationen eines „Anschleichens“ zulassen; andererseits zeigt aber Baums, FS Seibert (2019), 31 eine Situation auf, in denen die Aktienerwerbe einer Bank im Vorfeld einer Veräußerung dieser Aktien an einen sich „anschleichenden“ Investor richtigerweise nicht von den §§ 33 ff. WpHG erfasst werden. 50
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Ein gewisser Nutzen kommt der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG im Zusammenhang mit feindlichen Übernahmeversuchen außerdem auch unter einem anderen Aspekt zu. So können in einzelnen Fällen gerade die bislang vergleichsweise anonymen Streubesitzaktionäre im Rahmen der Hauptversammlung das „Zünglein an der Waage“52 sein, das über den Erfolg oder Misserfolg eines feindlichen Übernahmeversuchs entscheidet. Speziell in dem Fall des Drohens einer feindlichen Übernahme kann die Unternehmensleitung insoweit ein besonders erhebliches Interesse daran haben, selbst die einzelnen kleineren Streubesitzaktionäre unmittelbar erreichen zu können, um diese zu einer Stimmabgabe gegen die unliebsame Übernahme zu animieren. Ein prominentes Beispiel für die hohe Bedeutung guter Investor Relations und speziell der Möglichkeit einer direkten Kontaktaufnahme zu den Aktionären stellt die Übernahme der Mannesmann AG durch die Vodafone AirTouch Plc. dar.53 Die Zielgesellschaft Mannesmann soll dabei schätzungsweise 200 – 350 Millionen Euro für an ihre Aktionäre gerichtete Werbemaßnahmen investiert haben.54 Neben einer öffentlichen, an die Allgemeinheit gerichteten Werbung bietet sich hierzu – im Rahmen bestimmter wettbewerbsrechtlicher und übernahmerechtlicher Grenzen – aus Unternehmenssicht grundsätzlich auch eine gezielte Ansprache der eigenen Aktionäre – etwa via E-Mail – an, um sich dem Versuch einer feindlichen Übernahme zu erwehren.55 Die mit dem Verfahren zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG einhergehende Möglichkeit einer gezielten Ansprache vieler der eigenen Aktionäre kann der Unternehmensleitung insoweit dabei helfen, sich einen Vorteil gegenüber „feindlichen“ Investoren in puncto Werbung für die eigene Sache zu verschaffen. Jedenfalls in einer solchen Situation ist die mit § 67d AktG einhergehende Möglichkeit zur Identifikation grundsätzlich sämtlicher Aktionäre – selbst privater Kleinaktionäre – aus Sicht der Unternehmensleitung daher durchaus von Vorteil. c) Allgemeine Bedeutung der Aktionäre als Werbeadressaten Auch der Rolle des Aktionärs als Investor sowie als möglicher Adressat von kommerzieller Werbung für Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens
52
290 f. 53
von Rosen, in: Corporate Governance (Feddersen/Hommelhoff/Schneider), S. 289,
So führt auch Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 1 diese Übernahme instruktiv als Beispiel für die „immense Bedeutung der direkten Kontaktaufnahme zu den Aktionären“ an. 54 Vgl. hierzu Harbarth, in: Baums/Thoma/Verse, WpÜG, § 28 Rn. 1; Süßmann, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 28 Rn. 1; Hopt, FS Lutter (2000), 1361, 1382; Horn, ZIP 2000, 473, 482 (m.w.N. in Fn. 93). 55 Vgl. näher zur grundsätzlichen wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit und den wettbewerbsrechtlichen Grenzen für Werbemaßnahmen einer Zielgesellschaft im Rahmen des Versuchs einer feindlichen Übernahme: Harbarth, in: Baums/Thoma/Verse, WpÜG, § 28 Rn. 16 ff.; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 28 Rn. 2, 8 ff.; Süßmann, in: Angerer/ Geibel/Süßmann, WpÜG, § 28 Rn. 6; 11 ff.
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kommt eine gewisse Anreizfunktion in Bezug auf den tatsächlichen Gebrauch des Identifikationsverfahrens aus Sicht der Gesellschaft zu.56 d) Interesse an einer Identifikation speziell auch der Vorzugsaktionäre Etwas differenziert zu beurteilen ist die Interessenlage in Bezug auf die neu gewonnenen Möglichkeiten zur Identifikation auch stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre. Zwar kommt es insoweit angesichts dessen, dass die §§ 33 ff. WpHG auf solche Aktionäre ohne Stimmrechte grundsätzlich keine Anwendung finden, konzeptionell sogar zu einer besonders erheblichen Steigerung der Transparenzmöglichkeiten – vor allem in Bezug auf Inhaberaktionäre. Allerdings besteht an einer Identifikation gerade solcher Aktionäre ohne Stimmrechte aus Sicht der Gesellschaft eben auch kein genauso hohes Interesse wie an einer Identifikation der mit Stimmrechten ausgestatteten Aktionäre. So beziehen sich einige der Gründe, weshalb der Unternehmensleitung an einer Identifikation der Aktionäre mithilfe von § 67d AktG gelegen sein kann, ausschließlich auf mit Stimmrechten ausgestattete Aktionäre. Etwa ein Ansprechen der Aktionäre, um diese zu einer bestimmten Stimmabgabe zu veranlassen und auf diese Weise „Zufallsmehrheiten“ im Rahmen der Hauptversammlung oder ein zu hohes faktisches Stimmgewicht bestimmter (unliebsamer) institutioneller Anleger in Folge einer geringen Hauptversammlungspräsenz zu vermeiden, stellen Anreize zur Nutzung des Identifikationsrechts dar, die sich grundsätzlich bloß auf Stammaktionäre und nicht auch auf die Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien beziehen. Soweit man der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG außerdem einen gewissen Nutzen zur Abwehr feindlicher Übernahmeversuche beimisst, bezieht sich auch dieser grundsätzlich bloß auf mit Stimmrechten ausgestattete Aktionäre. Insofern geht von den stimmrechtslosen Vorzugsaktionären weder eine entsprechende „Gefahr“ aus, noch können diese von der Unternehmensleitung vergleichbar sinnvoll wie die Stammaktionäre zur Übernahmeabwehr aktiviert werden. Andererseits kommt auch stimmrechtslosen Vorzugsaktionären immerhin etwa die Rolle als (potenzielle) Kapitalgeber zu. Die mögliche Motivation der Unternehmensleitung, die Aktionäre im Rahmen der Investor Relations-Pflege (auch) zu dem konkreten Zweck zu kontaktieren, diese als bisherige Eigenkapitalgeber zu halten oder für weitere Investitionen in die Gesellschaft zu gewinnen, betrifft sowohl Stamm- als auch stimmrechtslose Vorzugsaktionäre. Zur Erleichterung einer hierauf gerichteten unmittelbaren Kommunikation erscheint insofern auch eine Identifikation der Vorzugsaktionäre aus Sicht der Unternehmensleitung sinnvoll. Entsprechendes gilt mit Blick auf die Rolle der Aktionäre als potenzielle Adressaten kommerzieller Werbung für Produkte und Dienstleistungen der Gesellschaft jenseits einer Anlage unmittelbar in Aktien oder Fremdkapital. Auch insoweit erscheint eine 56 Vgl. insoweit oben unter Teil 2 B. IV. 3. b) zur Frage dazu, inwieweit (ausschließlich) über § 67d AktG erhobene Aktionärsdaten zu Werbezwecken genutzt werden dürfen.
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Kenntnis der stimmrechtslosen Vorzugsaktionäre nicht weniger nützlich als eine Kenntnis der Stammaktionäre. In gewissem Umfang ist daher durchaus auch mit einem Einsatz der neuen Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG mit dem Ziel einer (Mit-)Offenlegung der Vorzugsaktionäre zu rechnen. e) Beschränkter Nutzen der nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten zur Erfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflichten Der originäre Zweck des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG besteht in erster Linie darin, eine unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären konkret dazu zu ermöglichen, dass die Aktionäre ihre Rechte effektiv wahrnehmen. Wenngleich die Aktionärsrechterichtlinie mit den Vorgaben aus Art. 3b ARRL gewissermaßen im nächsten Atemzug auch die mittelbare Aktionärskommunikation entlang der Verwahrkette ins Auge fasst, soll eine unmittelbare Übermittlung der von der Gesellschaft ausgehenden Informationen an die Aktionäre, soweit eine solche möglich ist, letztlich besonders gefördert werden.57 Aus Sicht der Gesellschaft kann eine unmittelbare Kommunikation mit den Aktionären anstelle einer Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette unter anderem mit Kostenvorteilen verbunden sein.58 Insofern wäre es prinzipiell sinnvoll, wenn die Gesellschaften die neue Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG gerade auch dazu nutzen könnten, die hierüber offengelegten Aktionäre auch unmittelbar im Rahmen der gesetzlichen Mitteilungspflichten – insbesondere etwa im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung – zu adressieren. Mit Blick auf das aktienrechtliche System der Informationsübermittlung, konkret insbesondere §§ 67a ff. AktG und § 125 AktG, stellt die unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den nach § 67d AktG offengelegten Aktionären allerdings eher eine Ausnahme dar. Ein Anreiz dazu, die offengelegten Aktionärsdaten gerade auch im Rahmen der gesetzlich zwingend vorgesehenen Informationsübermittlung – etwa zur Einberufung der Hauptversammlung – nutzen zu können und auf diese Weise Kostenvorteile im Vergleich zur mittelbaren Aktionärskommunikation zu erzielen, geht mit dem Verfahren nach § 67d AktG daher nur eingeschränkt einher:
57 Insoweit soll auch die von Art. 3b Abs. 1 ARRL vorgegebene Informationsübermittlung unter Einbezug der Intermediäre gemäß Art. 3b Abs. 3 ARRL gerade dann nicht zum Zuge kommen, wenn eine Mitteilung direkt „allen Aktionären oder einem vom Aktionär benannten Dritten“ übermittelt wird. 58 Vgl. insoweit etwa von Nussbaum, HV-Recht – Special Kapitalmarktrecht 2019, 64, 65 dazu, dass die Kosten für einen „direkten Massenversand und den direkten Rückweg“ in der Regel geringer sind als eine dezentrale Informationsübermittlung unter Einbezug der Intermediäre.
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aa) Die dezentrale Informationsübermittlung bei Inhaberaktien Bei Inhaberaktien erfolgt die Übermittlung der den Aktionären gesetzlich zwingend zu erbringenden Informationen auch nach den Änderungen des ARUG II in erster Linie mittelbar bzw. dezentral über die Intermediäre. In Bezug auf die Einberufung der Hauptversammlung regelt § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG insoweit ausdrücklich, dass die Informationen zuvorderst „den Intermediären, die Aktien der Gesellschaft verwahren“ zuzuleiten sind. Bei einer „zusätzlichen“ unmittelbaren Informationsübermittlung an die – über § 67d AktG offengelegten – Aktionäre besteht aus Sicht der Gesellschaft zwar konzeptionell ein gewisses Potential zur Kosteneinsparung insofern, als die Intermediäre dann gemäß § 67a Abs. 1 S. 1 HS. 1 AktG ausnahmsweise von einer – zulasten der Gesellschaft nach § 67f Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich kostenpflichtigen – Weiterleitung der Informationen an die Aktionäre absehen dürften. Praktisch ergeben sich für die Gesellschaften insoweit allerdings zunächst keine bedeutenden Einsparmöglichkeiten. Zum einen hätten die Gesellschaften neben den für die Informationsübermittlung an die Aktionäre anfallenden Kosten auch die Kosten des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG zu tragen. Zum anderen wäre eine unmittelbare Informationsübermittlung an die nach § 67d AktG offengelegten Aktionäre auch nicht vergleichbar zuverlässig wie die praktisch bewährte dezentrale Informationsübermittlung mithilfe der Intermediäre. bb) Die Informationsübermittlung bei Namensaktien: Zwingender Einbezug der in das Aktienregister eingetragenen Intermediäre Für die Emittenten von Namensaktien wird der Nutzen des Identifikationsverfahrens aus § 67d AktG zur Kommunikation mit den Aktionären speziell dadurch relativiert, dass (nur) dem formellen Aktienregister die nach § 67 Abs. 2 S. 1 AktG bestehende „Legitimationswirkung“ zukommt.59 Speziell mit Blick auf die Erfüllung der von der Gesellschaft gesetzlich zwingend zu erbringenden Mitteilungspflichten gegenüber den Aktionären nimmt das Aktienregister insoweit eine Sonderrolle ein. Um etwa ihrer Pflicht zur Übermittlung der Hauptversammlungseinladung an die Aktionäre aus § 125 AktG nachzukommen, muss die Gesellschaft weder die nach § 67d AktG offengelegten „Aktionäre“ noch die „Intermediäre“ als solche benachrichtigen. Vielmehr bedarf es gemäß § 125 Abs. 2 HS. 1 AktG grundsätzlich schlicht einer Benachrichtigung der im Aktienregister eingetragenen – und dadurch gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 AktG formell legitimierten – Personen. Über eine über die Eintragung im Aktienregister hinausgehende Legitimation der von ihr adressierten Personen muss sich die Gesellschaft insoweit
59 Mit dahingehenden Zweifeln an einem Interesse gerade auch der Namensaktiengesellschaften an der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG bereits etwa Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 859.
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grundsätzlich keine weiteren Gedanken machen.60 Darüber hinaus verhindert es die Legitimationswirkung des formellen Aktienregisters sogar, dass die Gesellschaft eine etwaige Kenntnis der tatsächlichen – nach § 67d AktG offengelegten – Aktionäre, soweit diese von den im Aktienregister eingetragenen Personen abweichen, zur Kosteneinsparung nutzen kann: Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten muss die Gesellschaft wegen der unwiderlegbaren Vermutung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG sogar dann die im Aktienregister eingetragene Person adressieren, wenn sie um den Status einer solchen in das Aktienregister eingetragenen Person als bloßer Intermediär weiß und ihr sogar die Identität und Kontaktdaten des tatsächlichen Aktionärs – etwa aufgrund eines Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG – bekannt sind. Bezogen auf den Fall der Übermittlung der Hauptversammlungseinladung an die Aktionäre hat der Vorstand insoweit in jedem Fall die (zu Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung) im Aktienregister Eingetragenen zu adressieren, § 125 Abs. 2 AktG. Die im Zuge des ARUG II neu eingeführte Regelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG „privilegiert“ die Namensaktiengesellschaft darüber hinaus dahingehend, dass diese ausdrücklich nicht für eine Weiterleitung der Hauptversammlungseinladungen von den im Aktienregister eingetragenen Intermediären hin zu den tatsächlichen Aktionären aufkommen muss.61 Nach der gesetzlichen Konzeption muss die Aktiengesellschaft also in jedem Fall für die Kosten der Übermittlung der Hauptversammlungseinladung an die im Aktienregister eingetragenen Personen, nicht aber für die Weiterleitung derselben an etwaige hinter den im Aktienregister eingetragenen Personen stehende „wahre Aktionäre“ aufkommen. Konkret führt die Regelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG insoweit dazu, dass es für die Gesellschaft in Bezug auf die Übermittlung der Hauptversammlungseinladungen unmittelbar keinerlei Kostenvorteile mit sich bringt, den Prozess der Informationsübermittlung dergestalt zu verkürzen, dass diese auf eine Eintragung der „wahren Aktionäre“ in das Aktienregister hinwirkt. Sind anstelle von Intermediären als Fremdbesitzer unmittelbar die wahren Aktionäre in das Aktienregister eingetragen, führt dies zwar zu schnelleren – und insgesamt weniger Kosten verursachenden – Informationsprozessen, weil es in diesem Fall keiner Weiterleitung der Informationen über die Intermediäre i.S.d. §§ 67a f. AktG bedarf. Aus Sicht der Gesellschaft bedeutet die unmittelbare Eintragung der Ak60
In diesem Sinne (allerdings noch in Bezug auf § 125 AktG a.F.) Kubis, in: MüKo AktG, § 125 Rn. 21. 61 Überzeugenderweise gilt § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG dabei auch für bloß als „Platzhalter“ eingetragene Intermediäre. Einer besonderen Klarstellung bedarf dies deshalb, weil die Regelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/ 9739, S. 70) auf der unwiderlegbaren Vermutung des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG beruht und diesbezüglich umstritten ist, ob bzw. inwieweit § 67 Abs. 2 S. 1 AktG auch für bloße Platzhalter gilt (vgl. hierzu etwa Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 43; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 142 [beide für eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG auf Platzhalter]; Wieneke, in: Bürgers/Körber, AktG, § 67 Rn. 31 [tendenziell gegen eine Anwendbarkeit des § 67 Abs. 2 S. 1 AktG in Bezug auf Platzhaltereintragungen]).
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tionäre ins Aktienregister jedenfalls im Rahmen der Übermittlung der Hauptversammlungseinladung allerdings keinen unmittelbaren Kostenvorteil. Für die Namensaktiengesellschaft wird eine Benachrichtigung der im Aktienregister eingetragenen Intermediäre aufgrund der von einer solchen Eintragung ausgehenden Legitimationswirkung insoweit regelmäßig „günstiger“ sein, als wenn diese mithilfe des Verfahrens nach § 67d AktG die tatsächlichen Aktionäre ermittelt und eine Eintragung derselben in die Aktienregister zu erreichen versucht. Lässt die Gesellschaft die (kostenpflichtig) über § 67d AktG identifizierten Aktionäre in das Aktienregister eintragen, kann sie diesen die Hauptversammlungseinladungen ab dann zwar direkt übermitteln, doch hatte sie für die ansonsten von den Intermediären vorzunehmende Weiterleitung auch zuvor wegen § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG nicht aufkommen müssen. Lässt die Gesellschaft die Aktionäre nach § 67d AktG identifizieren und verzichtet auf eine Eintragung derselben in das Aktienregister, muss sie wegen § 67 Abs. 2 S. 1 AktG dennoch weiterhin die in das Aktienregister eingetragenen Intermediäre adressieren. Für andere gesetzliche Pflichtmitteilungen als die Einladung zur Hauptversammlung nach § 125 AktG gilt die Kostenbefreiung nach § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG nicht. Die Gesellschaft kann daher die gemäß § 67f Abs. 1 S. 1 AktG von ihr zu tragenden Kosten für die nach §§ 67a f. AktG vorgesehene Weiterleitung der Informationen von den im Aktienregister eingetragenen Intermediären an die tatsächlichen Aktionäre reduzieren, soweit diese möglichst viele der eigenen Aktionäre über § 67d AktG identifiziert und sich dann um eine Eintragung derselben in das Aktienregister bemüht. Faktisch stellt die Übermittlung der Hauptversammlungseinladung nach § 125 AktG allerdings den bedeutendsten Fall der Informationsübermittlung dar. Eine regelmäßige Offenlegung sämtlicher sich hinter den Fremdeintragungen im Aktienregister verbergenden tatsächlichen Aktionäre wird aus Sicht der Namensaktiengesellschaften im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse insoweit oftmals nicht sinnvoll sein. Für eine anderweitige Kommunikation als zur Erfüllung gesetzlich zwingender Mitteilungspflichten, etwa einer Kommunikation mit den Aktionären zu „Werbezwecken“ sowie einer Ansprache derselben in ihrer Funktion als Investoren bzw. allgemein zur Investor Relations-Pflege, sind allerdings eher die nach § 67d AktG offengelegten Personen als die im Aktienregister eingetragenen Intermediäre die richtigen Ansprechpartner der Gesellschaft bzw. der Unternehmensleitung.62 f) Zwischenergebnis Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aus Sicht der Unternehmensleitungen der börsennotierten Gesellschaften durchaus gewisse Anreize zur tatsächlichen Nutzung 62 Vgl. insoweit zu der Frage, inwieweit die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsinformationen zu Investor Relations- und Werbezwecken genutzt werden dürfen, ausführlich oben Teil 2 B. IV. 3. b).
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des neu geschaffenen Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG bestehen. Mit Blick auf die allgemein tendenziell steigende Wertschätzung guter Investor Relations, teils wachsenden Druck durch aktivistische Investoren und institutionelle Stimmrechtsberater sowie die Vorteile einer direkten Kontaktaufnahme zu den Aktionären speziell im Fall eines feindlichen Übernahmeversuchs werden die börsennotierten Gesellschaften ihre neu gewonnene Möglichkeit zur Aktionärsidentifikation grundsätzlich durchaus begrüßen. Ein wirklich „dringendes“ Bedürfnis nach der Aktionärsidentifikation i.S.d. § 67d AktG besteht aus Sicht der deutschen börsennotierten Unternehmen gleichsam aber nicht. Erheblich relativiert wird der faktische Nutzen des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG vor allem dadurch, dass die Gesellschaften die hierbei offengelegten Aktionärsdaten nicht ohne Weiteres zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichtmitteilungen nutzen können.
II. Steigerung der Aktionärskommunikation Von der verbesserten Aktionärstransparenz verspricht sich die EU-Gesetzgebung eine Zunahme der unmittelbaren Kommunikation zwischen den Gesellschaften und ihren Aktionären. Dass eine bessere Kenntnis der eigenen Aktionäre tatsächlich auch dazu führt, dass die Gesellschaft ihre Aktionäre vermehrt direkt kontaktiert, ist allerdings keinesfalls selbstverständlich. Dies gilt vor allem in Anbetracht dessen, dass die Gesellschaften die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten speziell zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten nicht ohne Weiteres verwenden können.63 Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, inwieweit tatsächlich mit einer Zunahme gerade der unmittelbaren Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär in Folge der Einführung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG gerechnet werden kann. Zum einen soll hierzu aufgezeigt werden, welche konkreten Anreize praktisch aus Sicht der Gesellschaft bestehen, die neu hinzugewonnene Transparenz auch tatsächlich für eine intensivere direkte Kommunikation mit den Aktionären zu nutzen. Zum anderen sollen umgekehrt auch die Anreize aus Sicht der Aktionäre aufgezeigt werden, die dafürsprechen, dass diese sich ihrerseits auf eine vermehrte unmittelbare Kommunikation mit der Aktiengesellschaft einlassen, wenn sie in Folge eines Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG von dieser kontaktiert werden. 1. Defizite bezüglich unmittelbarer Kommunikation speziell in Bezug auf (private) Kleinanleger Wie bereits festgestellt, waren und sind den börsennotierten Gesellschaften die eigenen Aktionäre mit größeren Beteiligungen – sowie zunehmend institutionelle
63
Vgl. hierzu bereits soeben Teil 3 A. I. 3. e).
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Investoren allgemein – schon bislang recht weitgehend bekannt gewesen.64 Jedenfalls zwischen den Großanlegern und der Unternehmensleitung65 findet darüber hinaus häufig auch bereits eine regelmäßige direkte Kommunikation statt.66 Obgleich ein hierauf gerichtetes Interesse daher offensichtlich sowohl seitens der Unternehmensleitung als auch seitens der Investoren besteht, ist eine (noch) weitere Steigerung der unmittelbaren Kommunikation gerade in Bezug auf solche größeren Investoren als Folge der Einführung des Informationsanspruchs aus § 67d AktG insoweit grundsätzlich nicht zu erwarten. Soweit ausnahmsweise auch zu bestimmten größeren Aktionären keine oder nur wenig unmittelbare Kommunikation stattfindet, dürfte dies bislang eher selten bloß auf das Vorhandensein unzureichender Transparenzmechanismen zurückzuführen sein. Weit weniger unmittelbare Kommunikation findet zwischen den börsennotierten Unternehmen und deren privaten Kleinanlegern statt.67 Zum Teil ist dies bislang wohl durchaus auch ein Stück weit darauf zurückzuführen gewesen, dass gerade solche Aktionäre den Gesellschaften nicht unmittelbar persönlich bekannt waren. Die neuen Möglichkeiten zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG bietet den Gesellschaften daher eine Gelegenheit, ihre unmittelbare Kommunikation gerade auch zu den nunmehr etwas leichter in Erfahrung zu bringenden privaten Streubesitzaktionären zu intensivieren. 2. Interesse der Gesellschaft speziell an einer freiwilligen Kommunikation mit den Aktionären Wie bereits erläutert, können die Gesellschaften die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten regelmäßig nicht ohne Weiteres zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten nutzen.68 Zu einem unmittelbaren Kontaktieren der Aktionäre jenseits solcher Pflichtmitteilungen sind die nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsdaten dagegen durchaus geeignet. Jedenfalls in bestimmten Situationen – insbesondere im Kontext der bereits oben angesprochenen Übernahme64
Vgl. hierzu unter Teil 3 A. I. 1. u. 2. Ein entsprechender Investorendialog findet dabei praktisch sowohl seitens des Vorstands als auch seitens des Aufsichtsrats statt, vgl. insoweit nur Hirt/Hopt/Mattheus, AG 2016, 725, 728 sowie vertiefend zur Kommunikation speziell zwischen dem Aufsichtsrat und den Investoren Schilha/Theusinger, NZG 2019, 521. 66 Vgl. insoweit etwa Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 467 f., die davon ausgehen, dass mit den Aktionären oberhalb einer etwaigen Identifikationsmindestschwelle von 0,5 % der Aktien oder Stimmrechte auch bereits bislang regelmäßig Investorengespräche stattgefunden haben. 67 Vgl. insoweit etwa von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 134 f. dazu, dass insbesondere „Einzelgespräche“ mit der Unternehmensführung „in der Regel nur mit institutionellen Anlegern sowie Analysten und Pressevertretern“, nicht aber auch mit den privaten Streubesitzaktionären geführt werden; auch Hirt/Hopt/Mattheus, AG 2016, 725, 729 berichten hauptsächlich von seitens der Unternehmen organisierten Gesprächen in Bezug auf „wesentliche institutionelle Investoren“. 68 Vgl. hierzu Teil 3 A. I. 3. e). 65
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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versuche – besteht aus Sicht der Unternehmensleitung dabei mitunter auch ein durchaus erhebliches Interesse an einer entsprechend freiwilligen Kontaktaktaufnahme zu möglichst vielen der eigenen Aktionäre, welches ausnahmsweise selbst die privaten Streubesitzaktionäre einschließen kann.69 Auch die allgemein steigende Wertschätzung guter Investor Relations in Anbetracht vermehrten Drucks durch professionelle Stimmrechtsberater und das Phänomen des „Shareholder Activism“ sprechen für ein steigendes Interesse der Unternehmensleitung, die Aktionäre in Folge eines Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG selbst dann zu kontaktieren, wenn hierdurch nicht sogleich unmittelbare Kostenvorteile realisiert werden können.70 In Verbindung mit der langsam aber stetig voranschreitenden Digitalisierung der Kommunikationsprozesse, in Folge dessen sich auch der Aufwand der Gesellschaft, der für eine unmittelbare Kommunikation mit den Aktionären anfällt, weiter verringern wird, kann dies insgesamt durchaus dazu führen, dass zum Teil selbst in Bezug auf die privaten Kleinaktionäre tatsächlich eine leichte Zunahme der unmittelbaren Aktionärskommunikation zu verzeichnen sein wird. Gerade dann, wenn eine entsprechend unmittelbare Kommunikation mit den Aktionären nicht nur postalisch, sondern auch – kostengünstiger – per E-Mail möglich ist, kann das Kontaktieren selbst der privaten Kleinaktionäre aus Sicht der Gesellschaft trotz des (jeweils für sich genommen) geringen Gewichts derer Stimmrechte in bestimmten Fällen zweckmäßig sein. Die neue Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG stellt dabei einen kleinen Schritt in Richtung einer entsprechenden digitalen Kommunikation dar, indem schließlich gerade auch die E-Mail-Adressen der Aktionäre bei den Intermediären abgefragt werden können. Eine zusätzliche – und praktisch oftmals nicht unproblematische – Voraussetzung für eine darauf aufbauende rein digitale Aktionärskommunikation ist allerdings, dass die Aktionäre erstens überhaupt entsprechende E-Mail-Adressen gegenüber den Depotbanken angegeben haben und zweitens auch einer entsprechenden digitalen Kommunikation mit der Gesellschaft zuzustimmen (vgl. § 49 Abs. 3 Nr. 1 lit. d WpHG) bereit sind. Zu begrüßen wäre eine vermehrte unmittelbare Kommunikation gerade auch mit den kleineren Privatinvestoren dabei nicht zuletzt unter dem Aspekt, dass die bisher verbreitete Praxis, Investorengespräche in erster Linie nur mit größeren Anlegern und institutionellen Investoren zu führen, mitunter schon mit Blick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG; § 48 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) nicht ganz unproblematisch erscheint.71 69 Vgl. zum Interesse der Unternehmensleitung, möglichst viele der eigenen Aktionäre speziell in Übernahmesituationen unmittelbar kontaktieren zu können, bereits unter Teil 3 A. I. 3. b). 70 Vgl. zur allgemein steigenden Wertschätzung guter Investor Relations im Kontext steigenden Drucks durch professionelle Stimmrechtsberater und dem Phänomen des „Shareholder Activism“ bereits unter Teil 3 A. I. 3. a). 71 Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Leyens, ZGR 2019, 544, 575 ff.; Schulha/Theusinger, NZG 2019, 521, 524 m.w.N. (bzgl. seitens des Aufsichtsrats geführter Investorengespräche).
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Allzu hoch fällt das Interesse der meisten Gesellschaften an einem Einbezug gerade auch der privaten Kleinanleger in die Investor Relations-Pflege derzeit letztlich allerdings nicht aus. Wenngleich das hierauf gerichtete Interesse der Unternehmensleitung durch verbesserte Möglichkeiten zur digitalen Kommunikation in der Tendenz steigt, lohnt sich eine intensive Kommunikation aus Sicht der Gesellschaft auch nach dem ARUG II – neben etwaigen privaten Ankeraktionären – zuvorderst in Bezug auf die wichtigeren institutionellen Investoren.72 3. Kommunikationsinteresse von Seiten der Aktionäre Anknüpfend an die Frage, inwieweit die Unternehmensleitungen sowohl an einer besseren Kenntnis der eigenen Aktionäre als auch an einer vermehrten unmittelbaren Kommunikation mit diesen interessiert sind, stellt sich umgekehrt die Frage, ob und wie die Aktionäre ihrerseits auf eine entsprechend vermehrte direkte Kontaktaufnahme seitens der Gesellschaft reagieren. Wie bereits dargelegt, hat zwischen den größeren, meist institutionellen Anlegern börsennotierter Gesellschaften und den Unternehmensleitungen schon bislang oftmals eine regelmäßige unmittelbare Kommunikation stattgefunden.73 In Hinblick auf solche Investoren kann insofern zwar ein entsprechend vorhandenes Interesse an einer unmittelbaren Kommunikation mit der Gesellschaft, gleichsam aber kein wesentliches Verbesserungspotenzial durch die Einführung der Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG konstatiert werden. Auch für die Frage nach dem Interesse der Aktionäre an einer vermehrten unmittelbaren Kommunikation mit der Gesellschaft sind daher vorwiegend gerade die (privaten) Streubesitzaktionäre in den Blick zu nehmen, seitens derer bislang deutlich weniger unmittelbare Kommunikation mit der Gesellschaft stattgefunden hat. Aufgrund der „rationalen Apathie“ vieler Kleinanleger liegt es nahe, dass diese etwaige Bemühungen der Gesellschaft um eine Intensivierung der unmittelbaren Kommunikation in vielen Fällen schlichtweg ignorieren, da ihr persönlicher Nutzen einer Auseinandersetzung mit den Angelegenheiten der Gesellschaft regelmäßig begrenzt ist, aber einen nicht unerheblichen Mehraufwand mit sich bringen würde. Das Ignorieren etwaiger Versuche der Unternehmensleitung, den direkten Kontakt zu den eigenen Aktionären mithilfe von § 67d AktG auszubauen, ist aus Sicht vieler privater Kleinaktionäre insoweit grundsätzlich „günstiger“ bzw. wirtschaftlich „rationaler“ als tatsächlich zu einer aktiveren Form der Beteiligung überzugehen. Andererseits kann die Gesellschaft dem Aktionär im Wege der unmittelbaren Kontaktaufnahme aber auch einen Teil des Aufwands abnehmen, der für diesen mit der praktischen Wahrnehmung seiner Rechte einhergeht. So kann eine Aktiengesellschaft ihre Aktionäre etwa darauf hinweisen, wie diese ihre Aktionärsrechte 72 So auch jüngst die Einschätzungen bei Mohamed, S. 55; Schmidt, HV-Magazin Sonderausgabe HV-Recht 2018, 6, 6; vgl. insoweit außerdem das Fazit bei Köhler, S. 401. 73 Vgl. hierzu bereits soeben Teil 3 A. II. 1.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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möglichst schnell und unkompliziert ausüben können und dafür beispielsweise auf vorhandene Möglichkeiten zur elektronischen Abstimmung i.S.v. § 118 Abs. 2 AktG im Vorfeld der Hauptversammlung verweisen. In der Praxis bewährt hat sich in diese Richtung etwa ein Inaussichtstellen von Vorteilen – beispielsweise in Form von Gewinnspielen – für den Fall, dass ein Aktionär für die Zukunft einer rein elektronischen Kommunikation mit der Gesellschaft zustimmt.74 Entsprechende Investor Relations-Maßnahmen können insofern dazu beitragen, dass auch für die privaten Kleinaktionäre gewisse Anreize geschaffen werden, sich häufiger an einer unmittelbaren Kommunikation mit der Gesellschaft, insbesondere in Gestalt einer digitalen Kommunikation per E-Mail, zu beteiligen. 4. Speziell zur Verbesserung der Kommunikation mit im Ausland ansässigen (Privat-)Aktionären Schließlich mangelt es derzeit im Besonderen an einer aktiven Beteiligung von im Ausland ansässigen Privataktionären. Gerade hier könnten die Maßnahmen der ARRL II zur besseren Aktionärsidentifikation sowie zur Verbesserung der Verfahren der Informationsübermittlung entlang der Verwahrketten auch tatsächlich wie geplant zu einer nicht ganz unerheblichen Steigerung der aktiven Beteiligung führen. Die in Bezug auf ausländische Investoren derzeit praktisch besonders großen „Defizite“ hinsichtlich einer aktiven Beteiligung an den deutschen Gesellschaften korrelieren unter anderem mit dem besonders großen Anteil der im „Fremdbesitz“ gehaltenen Aktien solcher ausländischen Aktionäre.75 Erst eine direkte Eintragung des tatsächlichen Aktionärs in das Aktienregister bzw. bei Inhaberaktien eine Kenntnis nicht nur der ausländischen Depotbank sondern unmittelbar des Aktionärs eröffnen die gesamte Palette der Möglichkeiten zur digitalen Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär. Gerade in grenzüberschreitenden Sachverhalten fallen die Vorteile einer entsprechend digitalen Kommunikation, konkret die damit verbundenen Kosten- und Zeitersparnisse, besonders ins Gewicht. Insofern können ausländische Investoren hiervon auch besonders profitieren und eine aktive Mitwirkung derselben an den deutschen Gesellschaften entsprechend gesteigert werden, wenn die Aktionäre der Gesellschaft häufiger unmittelbar bekannt sind. Damit zusammenhängend betreffen auch die praktischen Probleme bei der Informationsübermittlung, etwa dass Hauptversammlungseinladungen auf dem Weg von der Gesellschaft zum Aktionär verloren gehen oder ausgeübte Stimmrechte nicht 74 Vgl. hierzu aus der Praxis etwa das „Interview mit Klaus Schmidt, Geschäftsführer ADEUS Aktienregister-Service-GmbH, Allianz Gruppe“, HV-Magazin 03/2016, 22, 25; von Nussbaum, HV-Magazin 04/2012, 22, 22. 75 So scheitert schon der (rechtzeitige) Unterlagenversand in grenzüberschreitenden Situationen oftmals an der Kooperation der den ausländischen Aktionären vorgeschalteten Depotbanken, vgl. Zetzsche, NZG 2007, 686, 688 mit Verweis auf Grundmann/Winkler, ZIP 2006, 1421, 1423.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
oder doppelt gezählt werden, im Ausland ansässige Aktionäre im Besonderen.76 Auch soweit die ARRL II nicht auf eine unmittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären infolge besserer Aktionärsidentifikation setzt, sondern eine Verbesserung der mittelbaren Kommunikation entlang der – in Bezug auf ausländische Aktionäre regelmäßig besonders vielgliedrigen –77 Verwahrketten anstrebt, kann dies insofern im Besonderen förderlich für eine vermehrte Aktivierung der ausländischen Aktionäre sein.78 Neben der EWR-weiten Inpflichtnahme sämtlicher Intermediäre i.S.d. Vorgaben nach Art. 3b u. 3c ARRL ist insoweit gerade auch von der durch die ARRL-DVO bewirkten Standardisierung der Kommunikationsprozesse im grenzüberschreitenden Bereich eine gewisse Verbesserung zu erwarten.
III. Auswirkungen der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG auf das Verhältnis von Inhaber- und Namensaktien Die Vorgaben der ARRL II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung sehen keinerlei Differenzierung zwischen Namens- und Inhaberaktien vor. Sämtliche der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL erstrecken sich daher in gleicher Weise auf beide Aktienarten. Nach dem bisherigen deutschen Gesellschaftsrecht hatten sich Namens- und Inhaberaktien hingegen gerade in Bezug auf eben jene Regelungsbereiche, den Möglichkeiten der Gesellschaft zur Identifikation der Aktionäre und den Ablauf der Informationsübermittlung, durchaus erheblich unterschieden. Während es den Emittenten von Namensaktien möglich war, einen Großteil der Aktionäre entweder bereits unmittelbar durch das Aktienregister oder aber jedenfalls mithilfe des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG offenzulegen, ist speziell für Inhaberaktien kein vergleichbarer Identifikationsmechanismus vorgesehen. Während für die Inhaberaktie in Ansehung des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG insofern mitunter auch von einer „kleinen Revolution“79 gesprochen wird, stellt dies in Bezug auf die Namensaktie eine hiermit verglichen bloß kleinere Änderung dar. In Bezug auf das Verhältnis der beiden deutschen Aktienarten, der Inhaberaktie und der Namensaktie, war mit der Einführung eines allgemeinen Rechts zur Aktionärsidentifikation zwangsweise eine gewisse Angleichung verbunden.80 Die zuvor noch vorhandenen Unterschiede zwischen Inhaber- und Namensaktien wurden durch 76
Vgl. dazu nur Seibt, DB 2014, 1910, 1916; Ochmann, S. 10. Vgl. Grundmann/Winkler, ZIP 2006, 1421, 1423. 78 Insoweit erwarten auch Schmidt/von Nussbaum, BOARD 2/2019, 57, 58 von den diesbezüglichen Neuregelungen des ARUG II künftig im Besonderen eine stärkere Mitwirkung der ausländischen Aktionäre. 79 Vgl. nur Bayer/Schmidt, BB 2018, 2562, 2576; Paschos/Goslar, AG 2018, 857, 858; Schmidt, NZG 2018, 1201, 1214. 80 Noack, NZG 2017, 561, 567; Seulen, DB 2018, 2915, 2919. 77
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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die Vorgabe eines für beide Aktienarten gleichermaßen geltenden Identifikationsverfahrens jedenfalls in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften weiter eingeebnet. Ob bzw. inwieweit die Vorgaben der ARRL II dabei den seit Jahren zu beobachtenden „Trend zur Namensaktie“ weiter verstärken oder die Einführung des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation gar eine Art „endgültigen Dolchstoß“81 für die Inhaberaktie bedeutet, hing dabei letzten Endes allerdings in nicht unerheblichen Ausmaß auch von der konkreten Ausübung der bestehenden Umsetzungsspielräume von Seiten des deutschen Gesetzgebers ab. Konkret spielte insofern etwa der Umgang mit der in Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL vorgesehenen Möglichkeit zur Implementierung einer Mindestschwelle in Bezug auf die Aktionärsidentifikation eine bedeutende Rolle. Auch die vom deutschen Gesetzgeber im Rahmen des ARUG II getroffene Entscheidung, dass sich das Verfahren zur Aktionärsidentifikation gemäß § 67d AktG nicht auf sämtliche Aktiengesellschaften, sondern bloß auf solche mit Börsennotierung erstreckt, erlangt in diesem Kontext Bedeutung. Trotz nicht unerheblicher Zweifel an einer „fortdauernde[n] Existenzberechtigung des Nebeneinanders von Inhaber- und Namensaktien“82 hat sich der deutsche Gesetzgeber mit dem ARUG II letztlich zunächst für ein (vorläufiges) Fortbestehen der Koexistenz beider Aktienarten entschieden. Die Frage nach einer endgültigen Aufgabe der Inhaberaktie könne, so die Begründung im Rahmen des ARUG II, nicht in eben diesem Gesetzgebungsverfahren entschieden werden.83 Parallel zu der vordergründigen Entscheidung zugunsten einer – jedenfalls vorläufigen – Beibehaltung der Inhaberaktie im System des deutschen Aktienrechts, hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Richtlinienumsetzung allerdings gleichsam darauf verzichtet, in Bezug auf das Verfahren der Aktionärsidentifikation von der Mindestschwellenoption des Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL Gebrauch zu machen. Dabei stellt das Absehen von einer entsprechenden Mindestschwelle in Bezug auf die Stellung der Inhaberaktie konzeptionell eine Entscheidung dar, mit der die – schon seit Längerem stattfindende und durch die ARRL II weiter vorangetriebene – „Einebnung“ der Unterschiede zur Namensaktie nur umso erheblicher ausfällt. So führt der Verzicht auf eine Identifikationsmindestschwelle konkret dazu, dass auch Kleinaktionäre, deren Aktienbesitz unterhalb einer – nun eben nicht vorgesehenen – Mindestschwelle gelegen hätte, in ihren Möglichkeiten zur anonymen Beteiligung eingeschränkt werden. Insofern kann man sagen, dass sich der deutsche Gesetzgeber mit seiner Entscheidung gegen eine generelle Mindestschwelle bezüglich der Aktionärsidentifikation jedenfalls mittelbar doch ein Stück weit gegen die Inhaberaktie bzw. jedenfalls gegen die Aufrechterhaltung eines der letzten dieser Aktienart noch
81 So halten etwa Eggers/de Raet, AG 2017, 464, 469 genau dies für „nicht unwahrscheinlich“. 82 Koch, BB – Die erste Seite, 2017, Nr. 15 – 16. 83 Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 32.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
verbleibenden Alleinstellungsmerkmale entschieden hat.84 Letztlich rechtfertigt dies die Frage, ob ein endgültiges Abschaffen der Inhaberaktie als Alternative zur Namensaktie im Rahmen des ARUG II nicht unter Umständen die konsequentere Lösung dargestellt hätte. Jedenfalls bedarf es angesichts der vom deutschen Gesetzgeber gewählten „Vertagung“ der Entscheidung zur Aufgabe der Inhaberaktie einer Klärung, inwieweit dieser Aktienart nach Inkrafttreten des ARUG II noch eine nennenswerte Bedeutung neben der Namensaktie zukommt. Um die konkreten Auswirkungen der Richtlinienumsetzung auf das Verhältnis der Inhaber- zur Namensaktie sowohl in konzeptioneller als auch in rechtspraktischer Hinsicht abschätzen und bewerten zu können, soll zunächst die rechtliche Ausgestaltung beider deutschen Aktienarten in Kürze dargelegt werden. Anschließend soll die Entwicklung der beiden Aktienarten in historischer Hinsicht nachgezeichnet und die nach derzeitigem Recht bestehenden Vor- und Nachteile einerseits der Inhaberaktie und andererseits der Namensaktie herausgestellt werden. Auf dieser Grundlage kann sodann nachvollzogen werden, wie die deutsche Umsetzung der Vorgaben der ARRL II die Bedeutung der beiden Aktienarten beeinflussen mag. Darauf aufbauend soll abschließend Stellung zu der Frage bezogen werden, ob eine Abschaffung der Inhaberaktie im Rahmen des ARUG II sinnvoll gewesen wäre oder aber dieser Aktienart auch nach der Einführung der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG noch eine fortbestehende Existenzberechtigung im deutschen Gesellschaftsrecht beizumessen ist. 1. Das Nebeneinander von Namens- und Inhaberaktien im deutschen Aktienrecht Gemäß § 10 Abs. 1 AktG lauten die Aktien deutscher Gesellschaften entweder auf den Inhaber oder auf Namen. Die gleichzeitige Existenz sowohl von Inhaber- als auch von Namensaktien ist dabei keineswegs selbstverständlich. International betrachtet stellt ein solches Nebeneinander zweier entsprechender Aktienarten vielmehr eine Seltenheit dar und wird daher zuweilen sogar als „deutsche Besonderheit“ bezeichnet.85 In dieser Erkenntnis liegt wohl auch einer der Gründe dafür, dass der europäische Gesetzgeber im Rahmen der Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL an keiner Stelle auf etwaige Besonderheiten von Inhaber- und Namensaktien eingeht.86 84
Insoweit sieht auch Wolfarth, HV-Magazin 2018, 22, 24 das ARUG II in Teilen als „Gesetz zur Abschaffung der Inhaberaktie“, nach dessen Inkrafttreten diese „jedenfalls ihren Status als anonymes Wertpapier im Prinzip los“ sei. 85 So etwa Hippeli, jurisPR-HaGesR 1/2017 Anm. 1; wobei allerdings durchaus auch andere Rechtsordnungen ein entsprechendes Nebeneinander von auf Namen und auf den Inhaber lautenden Aktien vorsehen. 86 Im Rahmen der ursprünglichen ARRL I wurden den Besonderheiten von auf den Inhaber und auf Namen lautenden Aktien hingegen immerhin vereinzelt Rechnung getragen, vgl. insoweit etwa die Vorgabe aus Art. 7 Abs. 3 ARRL, wonach für Inhaber- und Namensaktien unterschiedliche Regelungen zum Nachweisstichtag vorgesehen werden können.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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Die fortschreitende Harmonisierung des europäischen Rechts hat damit nun konkret in Gestalt der Regelungsvorgaben der ARRL II für den deutschen Gesetzgeber zu der Herausforderung geführt, die Besonderheit des deutschen Gesellschaftsrechts, dass die Aktien börsennotierter Gesellschaften alternativ entweder auf Namen oder auf den Inhaber lauten dürfen, mit den Vorgaben der EU-Gesetzgebung, die auf eine solche Differenzierung wenig Rücksicht nimmt, in Einklang zu bringen. 2. Rechtliche Einordnung von Namens- und Inhaberaktien Sowohl Inhaber- als auch Namensaktien stellen jeweils eine Form der wertpapiermäßigen Verbriefung der Mitgliedschaft einer Person in einer Kapitalgesellschaft dar. Rechtsdogmatische Unterschiede zwischen den beiden Aktienarten bestehen dabei im Wesentlichen in Bezug auf die Voraussetzungen einer Übertragung der Mitgliedschaft. Die Inhaberaktie wird konzeptionell grundsätzlich gemäß der sachenrechtlichen Vorschriften nach §§ 929 ff. BGB übertragen.87 Das Recht aus dem Papier, die Mitgliedschaft in der jeweiligen Gesellschaft, folgt dabei gewissermaßen dem Recht am Papier, d. h. dem so übertragenen Eigentum an der Aktienurkunde. Die §§ 793 ff. BGB gelten insoweit grundsätzlich auch für Inhaberaktien, wobei diesbezüglich allerdings etwa in den §§ 72 ff. AktG bestimmte Modifikationen vorgesehen sind.88 Dies gilt nach ganz herrschender Meinung gerade auch für den heutigen Standardfall einer Übertragung von Miteigentumsanteilen an in zentralverwahrten Dauerglobalurkunden verbrieften Aktien.89 Die Namensaktie als „geborenes Orderpapier“90 wird dagegen grundsätzlich durch Abtretung (§§ 398 ff. BGB) übertragen. Gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 AktG kann sie mittels Indossament übertragen werden.91 Im Rahmen der für börsennotierte Aktien heute praktizierten Girosammelverwahrung kommt es allerdings zu einer erheblichen Einebnung dieser konzeptionellen Unterschiede bei der Übertragung beider Aktienarten: So können dabei auch Namensaktien mithilfe eines Blankoindossaments unkompliziert nach §§ 929 ff. BGB übertragen werden.92 Insoweit führt bereits das heutige System der Zentralverwahrung für börsennotierte Aktien zu einer erheblichen Angleichung von Inhaber- und Namensaktien.
87
Vgl. Einsele, JZ 2019, 121, 123 m.w.N. Vgl. Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 10 Rn. 7. 89 Vgl. zur h.M. insoweit etwa Gätsch, in: Happ, Aktienrecht, 4.01 Rn. 1.5; Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, § 5 Rn. 5.78 ff.; ausführlich hierzu äußert sich Segna, S. 207 ff. 90 Bayer, in: MüKo AktG, § 68 Rn. 2; Gätsch, in: Hdb. börsennotierte AG, § 5 Rn. 5.40; Heinrich, in: Heidel, AktR, § 67 AktG Rn. 9; Laubert, in: Hölters, AktG, § 68 Rn. 2; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 68 Rn. 14; Sailer-Coceani, in: Münchener Handbuch GesR, Bd. 4, § 14 Rn. 6. 91 Vgl. allgemein zur Übertragung von Namensaktien etwa Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 68 Rn. 2 ff.; Sudmeyer, in: Schüppen/Schaub, AktR, § 10 Rn. 163 ff. 92 Vgl. Gätsch in: Hdb. börsennotierte AG, § 5 Rn. 5.82. 88
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Das Bestehen der Wahlmöglichkeit deutscher Aktiengesellschaften zwischen der Namens- und der Inhaberaktie ergibt sich gesetzlich aus § 10 Abs. 1 AktG.: § 10 Abs. 1 AktG: „Die Aktien lauten auf Namen. Sie können auf den Inhaber lauten, wenn […].“
Aktien lauten in Deutschland also entweder auf den Namen oder – unter bestimmten Voraussetzungen – auf den Inhaber. Bis zum 30. 12. 2015 war die diesbezügliche Regelung aus § 10 Abs. 1 AktG dabei sogar noch „neutraler“ formuliert: § 10 Abs. 1 AktG a.F.: „Die Aktien können auf den Inhaber oder auf Namen lauten.“
Während in der bis zum 30. 12. 2015 geltenden Fassung dem Wortlaut nach beide Aktienarten „gleichwertig“ nebeneinanderstanden, findet im Wortlaut der aktuellen Fassung ein gewisser „Vorrang“ der Namensaktie Anklang. Zunächst erklärt § 10 Abs. 1 S. 1 AktG als „Grundregel“, dass die Aktien deutscher Aktengesellschaften im Ausgangsfall auf Namen lauten. Nur unter bestimmten Voraussetzungen, so dann die Ergänzung in § 10 Abs. 1 S. 2 AktG, können die Aktien auch auf den Inhaber lauten. Die grundsätzlich bestehende „Wahlfreiheit“ der Gesellschaft ist seit der Aktienrechtsnovelle 2016 insofern de facto beschränkt.93 Diese offenbare Entscheidung des deutschen Gesetzgebers in Richtung einer konzeptionellen Bevorzugung der Namensaktie gegenüber der Inhaberaktie kann dabei als Reaktion auf eine langjährige, rechtstatsächliche Entwicklung gesehen werden. Während historisch betrachtet ursprünglich die Inhaberaktie in Deutschland die „Aktienart der Wahl“ war, lässt sich in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Bevorzugung der Namensaktie seitens der deutschen Emittenten beobachten. Mit Recht wird insofern weithin von einem regelrechten „Trend“ zur oder einer „Renaissance“ der Namensaktie in den letzten Jahrzehnten gesprochen.94 3. Historische Entwicklung von Inhaber- und Namensaktien sowie jeweilige Vor- und Nachteile a) Der Trend zur Namensaktie und deren Vorteile gegenüber der Inhaberaktie Ein Blick auf die historische Entwicklung des Verhältnisses zwischen Namensund Inhaberaktien zeigt insofern einen „beinahe kreisförmigen Entwicklungsverlauf“95, als sowohl Inhaber- als auch Namensaktien zu verschiedenen Zeiten bereits die rechtlich und praktisch dominierende Aktienart dargestellt haben. 93 Sudmeyer, in: Schüppen/Schaub, AktR, § 10 Rn. 45; Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, § 10 Rn. 11; Ziemons, in: Hdb. AG, Rn. 6.115. 94 Vgl. nur etwa Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 4; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 16 ff.; Happ, FS Bezzenberger (2000), 111, 111; Mohamed, S. 66; Wellkamp, Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionär, Kapitel D Rn. 267. 95 Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 16; vgl. hierzu auch Mohamed, S. 49 ff.
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Ein Blick auf den historischen Ursprung des Aktienwesens geht mit der Erkenntnis einher, dass die Ausgestaltung der Mitgliedschaft anfangs eher derjenigen eines heutigen Namensaktionärs als der eines Inhaberaktionärs entsprochen hat. So wiesen sich die Aktionäre der „ersten Aktiengesellschaften“ über mit Namen versehene Bescheinigungen und über eine Eintragung im Aktienbuch („Cartularium“) der jeweiligen Gesellschaft als Mitglieder derselben aus.96 Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich dann die Inhaberaktie in Deutschland zur praktisch bevorzugten Aktienart, wobei die Namensaktie damit einhergehend faktisch zeitweilig weitgehend verdrängt wurde.97 Die bis zum 30. 12. 2015 geltende Regelung des § 10 AktG a.F., „Die Aktien können auf den Inhaber oder auf Namen lauten“, war in eben diesem Wortlaut schon im Regierungsentwurf zur heutigen Fassung des Aktiengesetzes vorgesehen, welches seit dem 1. Januar 1966 in Kraft ist.98 Zu dieser Zeit war die Inhaberaktie rechtstatsächlich die klar vorherrschende Aktienart; die Namensaktie galt eher als „Auslaufmodell“.99 Der Grund, weshalb die meisten deutschen Unternehmen die Inhaberaktie damals gegenüber der Namensaktie bevorzugten, bestand vor allem in der (damals) leichteren Übertragbarkeit der Inhaberaktie. Zudem erforderte sie nicht den bei Namensaktien entstehenden Aufwand, der mit dem Führen eines Aktienregisters – damals noch als „Aktienbuch“ bezeichnet – einherging. Stärker verbreitet war die Namensaktie zu dieser Zeit bloß bei kleineren Familiengesellschaften und bei börsennotierten Versicherungsgesellschaften.100 Der Grund für die zum Teil noch heute zu beobachtende besondere Bevorzugung der Namensaktie speziell bei solchen Unternehmen liegt darin, dass bei Familiengesellschaften im Gegensatz zu den größeren Publikumsgesellschaften eine nur beschränkte Übertragbarkeit der Mitgliedschaft und eine Kenntnis des gesamten Aktionärskreises oft wünschenswert und dies bei einer Ausgabe von Namensaktien wegen der damit verbundenen Möglichkeit zur Vinkulierung der Aktien (§ 68 Abs. 2 AktG) leichter zu erreichen ist. Versicherungsgesellschaften nutzen zur Finanzierung regelmäßig Aktien, deren Ausgabebetrag vorerst nur teilweise geleistet werden soll. Die Möglichkeit hierzu besteht gemäß § 10 Abs. 2 AktG nur bei Namensaktien und nicht auch für Inhaberaktien.101 Den Bedürfnissen größerer börsennotierter Publikumsgesellschaften und deren Aktionären, auf welche sich die Vorgaben der ARRL II primär erstrecken, wurde die Inhaberaktie wegen ihrer (ursprünglich) höheren Fungibilität lange Zeit deutlich 96
Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 16. Vgl. dazu Garcia Mateos, S. 17; Diekmann, BB 1999, 1985, 1985 spricht insoweit von einem „Schattendasein“ der Namensaktie. 98 Vgl. § 10 Abs. 1 AktG-RegE vom 03. 02. 1962, BT-Drs. IV/171. 99 Noack, FS Bezzenberger (2000), 291, 291. 100 C¸ekin, S. 71; Happ, FS Bezzenbeger (2000), 111, 112 f. 101 Sudmeyer, in: Schüppen/Schaub, AktR, § 10 Rn. 53; vgl. hierzu auch Gätzsch, FS Beuthien (2009), 133, 133. 97
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besser gerecht als die Namensaktie. Ein „Trend“ zur Namensaktie gerade bei größeren, börsennotierten Aktiengesellschaften lässt sich erst seit ungefähr Ende der 1990er-Jahre beobachten.102 Gewissermaßen als rechtspraktischer Startpunkt der damals beginnenden „Renaissance“ dieser Aktienart kann die Einführung der Namensaktie durch die im Rahmen des Zusammenschlusses der Daimler Benz AG mit der Chrysler Corporation entstandene DaimlerChrysler AG angesehen werden, deren Beispiel im Anschluss weitere DAX-Unternehmen wie z. B. Siemens, E.ON und die Deutsche Bank gefolgt sind.103 aa) Größere internationale Verbreitung der Namensaktie und leichtere Börsennotierung im Ausland Ein wesentlicher Grund dafür, dass sich gerade börsennotierte Gesellschaften seit Ende der 1990er-Jahre vermehrt für die Emission von Namensaktien entschieden haben, hängt mit der fortschreitenden Globalisierung des Aktienmarkts zusammen. Sofern eine deutsche Aktiengesellschaft die Zulassung an den Wertpapierbörsen anderer Staaten und Rechtsordnungen erstrebt, ist dies für sie oftmals einfacher zu erreichen bzw. mit weniger Aufwand verbunden, wenn es sich bei den eigenen Aktien nicht um Inhaber-, sondern um Namensaktien handelt. Insbesondere eine (zusätzliche) Börsennotierung in den USA, die Ende der 1990er-Jahre von vielen der deutschen DAX-Unternehmen angestrebt wurde, war und ist einfacher zu erreichen, wenn die eigenen Aktien nicht auf den Inhaber, sondern auf Namen lauten. Inhaberaktien (engl.: bearer shares) finden zwar im US-amerikanischen Uniform Commercial Code (§ 8 – 105 UCC) Erwähnung, doch ist eine Börsennotierung in den USA nach dem jeweils geltenden Aktienrecht und den Listing-Voraussetzungen der einzelnen Wertpapierbörsen oftmals unmittelbar nur für die Emittenten von Namensaktien (engl.: registered shares) vorgesehen.104 Eine Börsennotierung in den USA als Inhaberaktiengesellschaft zu erreichen, ist zwar keineswegs ausgeschlossen, doch kann dies nur mittelbar und mit nicht ganz unerheblichem Mehraufwand durch einen Rückgriff auf besondere Zertifikate, insbesondere den sog. „American Depositary Receipts“ (ADR), bewerkstelligt werden.105 Die jüngste Entwicklung, dass in den letzten Jahren mehrere deutsche DAX-Gesellschaften eine Börsennotierung in den USA, insbesondere an der New York Stock Exchange (NYSE), nicht
102
Gätsch, in: Happ, Aktienrecht, 4.02 Rn. 1.2; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 3. Diekmann, FS Marsch-Barner (2018), 145, 145; Mohamed, S. 53. 104 Insbesondere ein Listing an der größten US-amerikanischen Börse, der New York Stock Exchange, setzt grundsätzlich die Ausgabe von Namensaktien („registered shares“) anstelle von Inhaberaktien („bearer shares“) voraus, vgl. dazu etwa C¸ekin, S. 73; Maurice, S. 2; Merkt, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 63, 87. 105 Siems, ZGR 2003, 219, 221; vgl. hierzu auch Gätsch, in: Happ, Aktienrecht, 4.02 Rn. 1.2. 103
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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erworben, sondern zurückgezogen haben, hat dem Trend zur Namensaktie dabei grundsätzlich keinen Abbruch getan.106 bb) Namensaktien als Akquisitionswährung Neben der Möglichkeit einer oftmals unkomplizierteren Börsennotierung im Ausland bietet die international wesentlich größere Verbreitung und Anerkennung der Namensaktie zusätzlich noch einen weiteren Vorteil für deutsche Emittenten. So können Namensaktien bei internationalen Unternehmenstransaktionen auch besser als die international deutlich weniger anerkannten Inhaberaktien als „Akquisitionswährung“ eingesetzt werden.107 cc) Hohe Fungibilität auch der Namensaktie durch Girosammelverwahrung Die höhere Akzeptanz der Namensaktie im Ausland stellt nicht den einzigen Grund für den rechtstatsächlichen „Trend“ hin zur Namensaktie als Standardverbriefungsart dar. Neben der zunehmenden Globalisierung und der in diesem Zusammenhang vorteilhaften höheren Internationalität der Namensaktie liegt ein weiterer ganz wesentlicher Grund für den Vormarsch der Namensaktie in der zunehmenden Digitalisierung und Zentralisierung des Wertpapierhandels. Von enormer Bedeutung für den „Erfolgszug“ der Namensaktie war insofern, dass diese seit 1997 in die Girosammelverwahrung einbezogen ist.108 Dadurch und mithilfe der mittlerweile vollelektronisch geführten Aktienregister ist auch die Namensaktie derart leicht und unkompliziert handelbar geworden, wie es zuvor nur in Bezug auf Inhaberaktien der Fall war.109 Durch die Abwicklung über den Zentralverwahrer Clearstream können auch Namensaktien heute unproblematisch ohne eine tatsächliche Übergabe jeglicher verkörperter Urkunden übertragen werden. Auf diese Weise hat es die Namensaktie geschafft, den hohen Anforderungen börsennotierter Gesellschaften an eine höchstmögliche Fungibilität gerecht zu werden.110 dd) Wachsende Bedeutung guter Investor Relations und diesbezügliche Vorteile der Namensaktie Auch die in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten zunehmend gestiegene Wertschätzung guter Investor Relations von Seiten der deutschen Unternehmen stellt einen Grund für den rechtspraktischen Trend zur Namensaktie dar. Aus Sicht der Gesellschaft besteht die Motivation, die bisherigen Investoren als Eigenkapitalgeber 106 107 108 109 110
C¸ekin, S. 73 f. C¸ekin, S. 73; Siems, ZGR 2003, 219, 223. Maul, in: Beck’sches Handbuch AG, § 3 Rn. 17. Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 16. Vgl. Maul, in: Beck’sches Handbuch AG, § 3 Rn. 17.
240
3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
direkt ansprechen zu können, um auf diese Weise zwecks Senkung der Kapitalkosten für sich selbst bzw. die eigenen Aktien zu werben. Vor dem Hintergrund der Liberalisierung und Deregulierung der Kapitalmärkte seit etwa Mitte der 1980er-Jahre und einem – auch durch die zunehmende Globalisierung bedingten – wachsenden Wettbewerb um das zur Verfügung stehende Kapital bzw. um potenzielle Anleger, setzen die Unternehmensleitungen insofern zunehmend auf eine intensivere und bessere Kommunikation mit den eigenen Aktionären in ihrer Rolle als Kapitalgeber. Die mit der Emission von Namensaktien verbundenen Möglichkeiten zur Identifikation der Aktionäre mithilfe des Aktienregisters konnte den Gesellschaften insoweit dabei helfen, praktisch bestehenden Kommunikationsdefiziten zu begegnen.111 Die Umstellung vieler deutscher börsennotierter Gesellschaften von Inhaber- auf Namensaktien, beginnend um die Jahrtausendwende, ist insofern in nicht unerheblichem Ausmaß auch damit zu begründen, dass die Gesellschaften die mit einer guten Kenntnis der eigenen Aktionäre verbundenen Möglichkeiten zur Analyse und zur Einflussnahme vermehrt nutzen wollen.112 Neben der Möglichkeit zur direkten Kommunikation ist eine möglichst gute Kenntnis der eigenen Aktionäre für die Gesellschaft auch deswegen von Vorteil, weil diese Veränderungen im Aktionärsbestand auf diese Weise frühzeitig beobachten und analysieren kann. Ein frühzeitiges Wissen um den Erwerb größerer Mengen von Aktien durch Dritte kann insofern etwa zur Vorbereitung von Abwehrmaßnahmen gegen den Versuch einer feindlichen Übernahme genutzt werden.113 Jenseits der Möglichkeiten zur direkten Kontaktaufnahme und etwaigen Sorgen um feindliche Übernahmeversuche bietet ein möglichst hohes Wissen über die eigenen Aktionäre diverse weitere Vorteile. Die Kenntnis der „individuellen Aktionärsdemographie“ kann etwa Aufschluss über die Risikobereitschaft bestimmter Anlegergruppen, persönliche Präferenzen von Aktionären oder schlicht deren finanzielle Möglichkeiten liefern. Als „besonders stabiler Aktionärskreis“ gelten insofern etwa Privataktionäre,114 während institutionelle Anleger hingegen vergleichsweise schneller von einer weiteren Investition in ein Unternehmen absehen, wenn sich dieses nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend entwickelt. Das Wissen darum, bei wie vielen der eigenen Aktionäre es sich um eher langfristig orientierte Investoren handelt und wie viele der Investoren eher an kurzfristigen Kursgewinnen interessiert sind, kann der Unternehmensleitung in bestimmten Fällen eine wichtige Entscheidungshilfe sein.115 Beispielsweise kann eine möglichst umfassende Kenntnis der eigenen Aktionäre der Unternehmensleitung dabei helfen einzuschätzen, wie positiv oder negativ Sekundärmarktinstrumente wie Aktien111
von Rosen/Gebauer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert), S. 127, 128. Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 18. 113 Vgl. nur etwa Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 67 Rn. 4; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17; Noack, DB 1999, 1306, 1306. 114 Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721. 115 Vgl. in diese Richtung bereits Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181, 182. 112
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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rückkäufe oder Umplatzierungen von den eigenen Aktionären aufgenommen werden.116 ee) Bezüglich Inhaberaktien bestehender Verdacht der Geldwäsche Die in den letzten Jahren erfolgte Stärkung der Namensaktie im Verhältnis zur Inhaberaktie von Seiten des deutschen Gesetzgebers ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass gegenüber der Inhaberaktie vermehrt der Vorwurf erhoben wird, als Vehikel zur Geldwäsche und sonstiger Kriminalität missbraucht werden zu können. So hatte insbesondere die Financial Action Task Force On Money Laundering (FATF) das deutsche Gesellschaftsrecht in ihrem „Evaluationsreport über Deutschland“ aus dem Jahr 2010 bzw. einem diesbezüglichen „Follow-up Report“ aus 2014 explizit dahingehend bemängelt, dass Inhaberaktien nicht börsennotierter Gesellschaften wegen der damit einhergehenden Möglichkeiten zur anonymen Beteiligung Geldwäsche und sonstiger Kriminalität Vorschub leisten könnten und dadurch den deutschen Gesetzgeber dazu veranlasst, die Möglichkeiten zur Ausgabe von Inhaberaktien im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 einzuschränken.117 Die diesbezügliche Skepsis gegenüber der Inhaberaktie wurde dabei besonders in den USA und Großbritannien geschürt, in deren eigenen Rechtsordnungen die Inhaberaktie inzwischen auch nicht mehr vorgesehen ist.118 ff) Abschaffung der Inhaberaktie in anderen Rechtsordnungen Einen „Trend zur Namensaktie“, ausgelöst oder jedenfalls bestärkt insbesondere durch die Globalisierung, lässt sich auch in anderen Gesellschaftsrechtssystemen als dem deutschen beobachten. Beispielsweise sahen auch das japanische sowie das chinesische Recht, bedingt durch den Einfluss des deutschen Zivilrechts auf diese Rechtsordnungen, für deren Aktiengesellschaften ursprünglich ein Nebeneinander von Inhaber- und Namensaktien und ein entsprechendes Wahlrecht der Gesellschaften vor. Aus dem japanischen Aktienrecht wurde die Inhaberaktie schon Anfang der 1990er-Jahre vollständig gestrichen.119 Auch in China sind Inhaberaktien heute für im In- oder Ausland börsennotierte Gesellschaften vollständig abgeschafft worden. Nicht börsennotierte Gesellschaften dürfen Inhaberaktien nach dortigem Recht außerdem nicht mehr an juristische Personen ausgeben.120 In den USA ist seit 2007 in sämtlichen Staaten ein ausdrückliches gesellschaftsrechtliches Verbot der Inhaberaktie in Bezug auf die dortigen Kapitalgesellschaften vorgesehen, doch hatte sich die Inhaberaktie wegen der fehlenden Möglichkeit einer Börsennotierung ins116
Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17. Vgl. dazu eingehend Beurskens/Noack, FS Elsing (2015), 745, 745 ff.; kritisch hierzu außerdem etwa Mock, in: Großkommentar AktG, § 10 Rn. 4, 24 ff. 118 Beurskens/Noack, FS Elsing (2015), 745, 756. 119 Siems, ZGR 2003, 218, 223. 120 Ebd. 117
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
besondere an der NYSE praktisch auch zuvor bereits in keinem der Staaten durchsetzen können.121 In Großbritannien wurden die dort zuvor vereinzelt noch erlaubten Inhaberaktien im Jahr 2015 vollends verboten.122 Zu einer Abschaffung jedenfalls der nicht börsennotierten Inhaberaktien und einer Pflicht zur Umwandlung derselben in Namensaktien ist es kürzlich außerdem auch in der Schweiz gekommen: Der Schweizer Bundesrat hatte eine entsprechende Vernehmlassung bereits im Januar 2018 veröffentlicht und damit ein entsprechendes Verfahren zur Gesetzesänderung angestoßen, wobei auf diese Weise den Empfehlungen der OECD bzw. des Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes gefolgt werden sollte.123 Am 21. Juni 2019 wurde ein entsprechendes Gesetz vom Schweizer Parlament verabschiedet.124 b) Vorteile der Inhaberaktie vor und nach Inkrafttreten des ARUG II Der originäre Hauptvorteil der Inhaberaktie gegenüber der Namensaktie lag ursprünglich in ihrer leichteren Handelbarkeit und Fungibilität. Im Rahmen des heutigen Effektengiroverkehrs ist die Namensaktie allerdings ebenso schnell und unkompliziert handelbar wie die Inhaberaktie.125 aa) Aufhebung der höheren Anonymität der (börsennotierten) Inhaberaktie Ein weiteres – jedenfalls bislang noch vorhandenes – Merkmal der Inhaberaktie stellt die bei dieser Aktienart eher gewährleistete „Anonymität“ der Anleger dar. Gerade hier greifen die Vorgaben der ARRL II bzw. das ARUG II mit dem neu vorgesehenen Recht zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG ein und tragen zur Angleichung der Inhaberaktie an die Namensaktie bei: Anders als die Emittenten von Namensaktien verfügen Inhaberaktiengesellschaften nicht über ein formelles Aktienregister und die damit verbundenen Möglichkeiten zur Herstellung von Beteiligungstransparenz einschließlich des Auskunftsverfahrens nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Auch eine Rechtsausübung seitens der Inhaberaktionäre, insbesondere eine Teilnahme an der Hauptversammlung, führt dabei keinesfalls stets zum Verlust der Anonymität des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft.126 Die Aktionäre einer Inhaberaktiengesellschaft konnten daher bislang 121
Vgl. Beurskens/Noack, FS Elsing (2015), 745, 756 f. Die gesetzliche Abschaffung erfolgte dabei im Rahmen des „Small Business, Enterprise and Employment Act 2015“. 123 Vgl. diesbezüglich: „Erläuternder Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum über die Transparenz juristischer Personen und den Informationsaustausch im Bericht zur Phase 2 der Schweiz“ des Schweizer Bundesrats vom 17. 01. 2018. 124 Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke v. 21. 06. 2019, BBl 2019, 4489. 125 Müller, in: Beck’sches Handbuch AG, § 1 Rn. 66; Garcia Mateos, S. 153. 126 Vgl. bereits unter Teil 3 B. III. 3. 122
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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recht weitgehend anonym im Verhältnis zur Gesellschaft agieren.127 Gesetzlich eingeschränkt wurden die Möglichkeiten zur anonymen Beteiligung im Verhältnis zu Gesellschaft grundsätzlich erst ab Erreichen der kapitalmarktrechtlichen Meldeschwellen aus §§ 33 ff. WpHG und dies auch nur in Bezug auf börsennotierte Unternehmen. Stimmrechtslose Vorzugsaktionäre, die den §§ 33 ff. WpHG grundsätzlich nicht unterfallen, konnten insoweit sogar in einem noch höheren Maße „anonym“ agieren. Allgemein, insbesondere aber jenseits des Anwendungsbereichs der §§ 33 ff. WpHG, bestand für die Anleger bei einer Emission von Inhaberaktien nach bisherigem Recht damit ein deutlich höheres Maß an Anonymität als in Bezug auf Namensaktien. Durch die Einführung des § 67d AktG werden den Inhaberaktionären börsennotierter Gesellschaften die bislang vorhandenen Möglichkeiten zur anonymen Beteiligung im Verhältnis zur Gesellschaft weitgehend entzogen. Durch die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, das Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG nicht mit einer allgemeinen Mindestschwelle i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL zu versehen, gelten die dahingehenden Einschränkungen dabei grundsätzlich in Bezug auf sämtliche Aktionäre börsennotierter Gesellschaften. Durch den Verzicht auf die Implementierung einer gesetzlichen Mindestschwelle hat sich der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des ARUG II insofern für eine vergleichsweise große Einebnung der konzeptionellen Unterschiede zwischen Inhaber- und Namensaktien und insoweit letztlich auch für eine vergleichsweise große konzeptionelle „Schwächung“ der Inhaberaktie entschieden. Der Unterschied zwischen Inhaber- und Namensaktien in Hinblick auf die jeweiligen Möglichkeiten zu einer „anonymen“ Geldanlage, der durch die Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation im Rahmen des ARUG II nunmehr weiter eingeebnet wurde, sollte praktisch andererseits auch nicht überbewertet werden. Wer ein wirkliches Interesse an einer anonymen Beteiligung im Verhältnis zur Gesellschaft aufweist und einen entsprechenden Aufwand einzugehen bereit ist, konnte und kann dies durchaus auch bei einer Investition in eine Namensaktiengesellschaft erreichen. So kann auch bei Namensaktiengesellschaften schon durch mehr oder weniger komplizierte Treuhandkonstruktionen eine Anonymität des „wahren“ Anlegers erreicht werden. Eine Aufdeckung des Treugebers erfolgt insofern grundsätzlich weder über das speziell für Namensaktien vorgesehene Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG noch mithilfe des neuen Identifikationsanspruchs aus § 67d AktG.128 In Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften verbleibt es zwar auch nach der Umsetzung des ARUG II bei den bisherigen Möglichkeiten einer anonymen Be127 Vgl. zu den Möglichkeiten, wie Inhaberaktionäre – vor Einführung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG – am besten anonym bleiben konnten Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 153. 128 Vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 B. III. 2. b) cc) (zu § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG) sowie Teil 2 B. IV. 1. c) bb) (1) (zu § 67d AktG).
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
teiligung. Seit dem vollständigen Ausschluss einer Einzelverbriefung nicht börsennotierter Inhaberaktien und dem zwingenden Einbezug dieser in die Sammelverwahrung (§ 10 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG) im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 ist die Gewährleistung von Anonymität hier allerdings jedenfalls im Verhältnis zu den staatlichen Ermittlungsbehörden ebenfalls eingeschränkt.129 Erwähnt werden soll schließlich außerdem, dass überdies noch nicht einmal Klarheit darüber besteht, ob die Inhaberaktie ihrer gesetzlichen Konzeption nach einzig der schnelleren Übertragbarkeit dienen sollte und das Bestehen einer im Vergleich zur Namensaktie stärker ausgeprägten Anonymität insofern nur eine bloße „Nebenfolge“ darstellt oder aber die Inhaberaktie ursprünglich bewusst gerade auch als Mittel für eine anonymere Aktionärsbeteiligung gedacht war.130 bb) Nichtbestehen des mit der Aktienregisterpflege verbundenen Aufwands Ein anderer Vorteil der Inhaberaktie im Vergleich zur Namensaktie, der auch nach den Änderungen des ARUG II fortbesteht, kann darin gesehen werden, dass für die Emittenten der mit der Pflege eines formellen Aktienregisters verbundene administrative und finanzielle Aufwand nicht besteht.131 Insoweit bietet die Namensaktie allerdings in anderer Hinsicht Kostenvorteile gegenüber der Inhaberaktie. Konkrete Einsparmöglichkeiten bietet die Ausgabe von Namensaktien etwa mit Blick darauf, dass sich diese deutlich besser zur elektronischen Kommunikation mit den Aktionären eignet.132 Die Einführung des § 67d AktG führt insoweit zwar dazu, dass nunmehr auch Inhaberaktiengesellschaften die E-Mail-Adressen ihrer Aktionäre leichter in Erfahrung bringen können. In Bezug auf gesetzlich zwingend zu übermittelnde Informationen wie insbesondere der Einladung der Aktionäre zur Hauptversammlung kommt eine unmittelbare elektronische Benachrichtigung der Aktionäre allerdings auch weiterhin in erster Linie bloß für – selbst in das Aktienregister eingetragene – Namensaktionäre in Betracht.133 129 Vgl. BT-Drs. 18/4349, S. 16 ff. zum dahingehenden Zweck der im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2016 eingeführten Regelung des § 10 Abs. 1 S. 2 AktG, staatlichen Ermittlungsbehörden durch den Einbezug der Aktien in die Sammelverwahrung eine „Ermittlungsspur“ an die Hand zu geben; hierzu außerdem etwa auch Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, § 10 Rn. 1a; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 10 Rn. 47. 130 Dafür, dass mit der Schaffung der Inhaberaktie (auch) gerade die Gewährleistung stärkerer Anonymität bezweckt worden war, etwa Starke, 157; mit anderer Ansicht, wonach die Anonymität „eher eine in Kauf genommene Folge als beabsichtigter Zweck“ war, etwa Schneider/Müller-von Pilchau, WM 2011, 721, 721. 131 Siehe hierzu mit Angaben zu den konkreten Kosten der Führung des Aktienregisters: Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 24; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 3. 132 Vgl. insoweit etwa Gätsch, FS Beuthien (2009), 133, 135, der davon ausgeht, dass sich eine Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien jedenfalls bei Gesellschaften mit mehr als 7.000 Aktionären regelmäßig allein deshalb kurzfristig amortisiert, weil die Einberufung der Hauptversammlung in diesem Fall teilweise elektronisch erfolgen kann. 133 Vgl. hierzu bereits Teil 3 A. I. 3. e).
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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4. Zur Frage nach einer verbleibenden Existenzberechtigung der Inhaberaktie Durch die Entscheidung der deutschen Gesetzgebung im Rahmen des ARUG II, das Aktionärsidentifikationsrecht nach § 67d AktG ausschließlich börsennotierten Gesellschaften zur Verfügung zu stellen, behält die Inhaberaktie das ihr bislang eigene Merkmal, den Aktionären eine im Vergleich zur Namensaktie anonymere Beteiligung zu ermöglichen, jedenfalls in Bezug auf Aktiengesellschaften ohne Börsennotierung i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG bei. Für die Aktionäre nicht börsennotierter Gesellschaften besitzt die Inhaberaktie daher auch weiterhin einen Vorteil im Vergleich zur Namensaktie. Dadurch, dass die Aktionärsidentifikation i.S.d. Vorgaben des Art. 3a ARRL in Deutschland mit der Neuregelung des § 67d AktG als eigenständiger Transparenzmechanismus neben dem formellen Aktienregister aus § 67 AktG eingeführt wird, zeichnet sich die Inhaberaktie der börsennotierten Gesellschaft gegenüber der Namensaktie außerdem auch weiterhin durch das Fehlen des mit der Pflege des formellen Aktienregisters verbundenen Aufwands aus. Letztlich verbleiben der Inhaberaktie daher auch nach der Einführung des § 67d AktG weiterhin einige Vorteile gegenüber der Namensaktie und mithin gleichsam eine gewisse „Existenzberechtigung“.134 Aus anderer Perspektive wurden die originären Vorteile der Namensaktie gegenüber der Inhaberaktie mit dem ARUG II in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften sogar verringert: Dadurch, dass nunmehr auch die Emittenten von Inhaberaktien ihre (Streubesitz-)Aktionäre mithilfe des Verfahrens nach § 67d AktG identifizieren können, wird der bisherige Vorteil der Namensaktie, sich durch die höhere Aktionärstransparenz wesentlich besser zur Investor Relations-Pflege zu eignen als die Inhaberaktie, abgeschwächt. Rechtspraktisch könnten sich die neuen, für alle börsennotierten Gesellschaften vorgesehenen, Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre für die Inhaberaktie insofern zunächst keineswegs als endgültiger „Dolchstoß“ erweisen, sondern den „Trend“ zur Namensaktie sogar vorläufig etwas abschwächen. Andererseits offenbart das neu eingeführte Verfahren zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG aber gerade auch die Schwächen der Inhaberaktie in Hinblick auf die rechtlichen Möglichkeiten der Gesellschaft zur unmittelbaren Kommunikation mit den Aktionären. So mögen die börsennotierten Inhaberaktiengesellschaften die mit der Einführung des § 67d AktG verbundenen Möglichkeiten zur besseren Aktionärsidentifikation zwar grundsätzlich begrüßen. Soweit aber nunmehr auch die Emittenten von Inhaberaktien in der Lage sind, ihre einzelnen Aktionäre – einschließlich derer (elektronischen) Adressen – in Erfahrung zu bringen, erscheint es für sie umso misslicher, dass sie die offengelegten Daten grundsätzlich nicht auch dazu nutzen können, ihren gesetzlichen Mitteilungspflichten – etwa im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung – nachzukommen. Die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung gleichen In134 Zetzsche, ZGR 2019, 1, 22 sieht die Inhaberaktie überdies beispielsweise auch hinsichtlich des Verfahrens zum Nachweis des Anteilsbesitzes „nunmehr leicht im Vorteil“.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
haber- und Namensaktien insoweit zwar in Bezug auf die Beteiligungstransparenz an, ändern jedoch nichts daran, dass eine vollständig unmittelbare und digitale Kommunikation mit den Aktionären derzeit grundsätzlich nur bei der Ausgabe von Namensaktien und einer Direkteintragung des Aktionärs in das formelle Aktienregister in Betracht kommt. Speziell mit Blick auf die Möglichkeiten der Emittenten zur Steigerung ihrer unmittelbaren Kommunikation mit den Aktionären – als dem originären EU-gesetzgeberischen Ziel der Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL – weist die Inhaberaktie insofern nicht unerhebliche Defizite auf. In Bezug auf börsennotierte Gesellschaften stellt das Nichtbestehen des mit der Führung des formellen Aktienregisters verbundenen Aufwands nach dem ARUG II den letzten greifbaren Vorteil der Inhaberaktie gegenüber der Namensaktie dar. In Anbetracht der vielen dem gegenüberstehenden Vorteile der Namensaktie erscheint ein weiteres Festhalten an der Inhaberaktie jedenfalls mittelfristig nicht geboten. Dies gilt speziell auch mit Blick auf die bessere Eignung der Namensaktie zur Förderung einer direkten und digitalen Aktionärskommunikation.135 Der Kostenvorteil, den die Emittenten von Namensaktien infolge der im Vergleich zur Inhaberaktie besseren Möglichkeiten zu einer direkten und digitalen Aktionärskommunikation generieren können, wird infolge der Richtlinienumsetzung überdies sogar noch weiter verstärkt, weil sich mit dem intensiveren Einbezug speziell der ausländischen Intermediäre zur Informationsübermittlung gleichsam auch die diesbezüglichen Kosten für die Gesellschaft erhöhen.136 5. Fazit und Ausblick Die Vorgaben der ARRL II insbesondere zur Aktionärsidentifikation nach Art. 3a ARRL haben in Bezug auf das deutsche Gesellschaftsrecht Anlass dazu geboten, die verbleibende Sinnhaftigkeit einer Koexistenz von Inhaber- und Namensaktien – erneut137 – zu überdenken. Schon länger stellt sich angesichts der praktischen „Annäherung“ beider Aktienarten in Folge der zunehmenden Mediatisierung und Digitalisierung der Aktienverwahrung die Frage, ob es der Inhaberaktie neben der – auch international anerkannteren – Namensaktie noch bedarf. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Richtlinienumsetzung – jedenfalls vorläufig – gegen eine Abschaffung und somit für die Beibehaltung der Inhaberaktie 135 Vgl. zur besseren Eignung der Namensaktie zur unmittelbaren Kommunikation mit den Aktionären und zur Digitalisierung der Geschäftsprozesse Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 67 Rn. 3; von Nussbaum, AG 2016, R240, R240 f. (beide in Bezug auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des ARUG II; die dahingehenden Vorteile der Namensaktie bestehen nach dem ARUG II allerdings grundsätzlich entsprechend fort). 136 Mit Hinweis hierauf auch bereits von Nussbaum, Börsen-Zeitung Nr. 104, 01. 06. 2019, B4. 137 So war in Bezug auf nicht börsennotierte Aktiengesellschaften bereits eine vollständige Abschaffung der Inhaberaktie in einem Referentenentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes vom 02. 11. 2010 vorgesehen gewesen, wovon der deutsche Gesetzgeber später dann allerdings Abstand genommen hatte, vgl. dazu Heider, in: MüKo AktG, § 10 Rn. 3.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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als Alternative zur Namensaktie entschieden. Insofern verbleibt die Frage, wie sich das Nebeneinander der beiden deutschen Aktienarten rechtlich und praktisch weiterentwickeln wird. Durch die Implementierung des allgemeinen Rechts zur Aktionärsidentifikation in Gestalt des § 67d AktG ohne das Vorsehen einer diesbezüglichen allgemeinen Mindestschwelle i.S.v. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL wurde eines der letzten wirklichen „Alleinstellungsmerkmale“ der Inhaberaktie gegenüber der Namensaktie, die vergleichsweise höhere Anonymität der Aktionäre, in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften erheblich eingeebnet. Insofern führt das ARUG II konzeptionell zu einer deutlichen Annäherung der Inhaberaktie zur Namensaktie.138 Der ursprüngliche Hauptvorteil der Inhaberaktie, einer im Vergleich zur Namensaktie deutlich unkomplizierteren und schnelleren Handelbarkeit, besteht in Bezug auf sammelverwahrte Aktien grundsätzlich schon seit Langem nicht mehr. Mit der im Zuge des ARUG II nun erfolgten Einschränkung der Möglichkeiten zu einer „anonymen Beteiligung“ ist in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften ein weiteres wesentliches Abgrenzungsmerkmal der Inhaberaktie zur Namensaktie weggefallen. Konzeptionell trägt die Einführung des neuen Verfahrens zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG insofern in nicht unerheblichem Ausmaß dazu bei, die Sinnhaftigkeit der fortbestehenden Existenz der Inhaberaktie kritisch zu hinterfragen. Rechtspraktisch könnte der – in den letzten Jahren etwas schwächer gewordene –139 „Trend zur Namensaktie“ durch die Einführung der Beteiligungstransparenz aus § 67d AktG neuen Schwung erlangen.140 Schon die Einebnung des ehemaligen „Vorteils“ der Inhaberaktie, den Investoren eine vergleichsweise anonyme Kapitalanlage zu ermöglichen, stellt aus Sicht der Emittenten einen weiteren Anreiz dar, sich für eine – auch sonst weitgehend vorteilhafte – Ausgabe von Namensaktien zu entscheiden. Außerdem bringen die mit dem ARUG II für sämtliche börsennotierte Gesellschaften verbesserten Möglichkeiten zur Aktionärsidentifikation deutlich zutage, dass sich die Namensaktie für eine hierauf aufbauende direkte und digitale Kommunikation mit den Aktionären besser eignet als die Inhaberaktie: Während die Inhaberaktiengesellschaften die offengelegten Aktionärsdaten weitgehend nur zur Investor Relations-Pflege bzw. zur Versorgung der Aktionäre mit „freiwilligen“ Informationen nutzen können, können die Namensaktiengesellschaften die ihnen bekannten Aktionärsinformationen unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere einer (Selbst-)Eintragung der Aktionäre im Aktienregister – auch im Rahmen ihrer gesetzlichen Mitteilungspflichten nutzen. Speziell mit Blick auf die durch Art. 3a ARRL angestrebte Förderung einer unmittelbaren – und ggf. digitalen – Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär hätte eine Abschaffung der
138 So bereits Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 32; Ziemons, in: Hdb. AG, Rn. 6.11 3; Böcking/Bundle, Der Konzern 2018, 496, 498. 139 Maul, in: Beck’sches Handbuch AG, § 3 Rn. 17; Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 16. 140 So im Ergebnis auch Jung/Stiegler, in: Gesellschaftsrecht in Europa, § 30 Rn. 32, die davon ausgehen, dass die Inhaberaktie „praktisch kaum mehr verwendet werden“ wird.
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Inhaberaktie im Rahmen des ARUG II insoweit unter Umständen die konsequentere Lösung dargestellt. In Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften sind vom ARUG II grundsätzlich keine erheblichen Auswirkungen auf das Verhältnis von Namens- und Inhaberaktien zu erwarten, weil diesen das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation letztlich nicht zur Verfügung steht. Zu berücksichtigen ist dahingehend allenfalls, dass die im Rahmen des ARUG II vorgenommenen Änderungen des § 67 AktG, insbesondere die Verpflichtung der Aktionäre aus § 67 Abs. 1 S. 1 u. 2 AktG zur Angabe gerade auch einer elektronischen Adresse sowie die damit korrespondierende Abfragbarkeit der E-Mail-Adresse nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, auch nicht börsennotierten Namensaktiengesellschaften zugutekommen. Insofern wird der Vorteil der Namensaktie, sich im Vergleich zur Inhaberaktie besser zur Investor Relations-Pflege zu eignen, in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften durch das ARUG II noch etwas weiter vergrößert. Letztlich ist ein weiterer Rückgang der Inhaberaktie speziell bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften aber eher als Folge der im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 vorgenommenen Einschränkungen bezüglich der Ausgabe solcher Aktien zu erwarten.141 Verglichen hiermit werden die Auswirkungen des ARUG II auf die praktische Verbreitung beider Aktienarten speziell bei nicht börsennotierten Gesellschaften eher gering ausfallen.
IV. Anreize zur Digitalisierung der Aktionärskommunikation Positive Auswirkungen verspricht sich der Gesetzgeber vom ARUG II auch auf die Digitalisierung der Aktionärskommunikation.142 Insbesondere durch das neue Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG, mithilfe dessen gerade auch die E-Mail-Adressen der Aktionäre offengelegt werden können, könnte die zunehmende Digitalisierung der Kommunikationsprozesse rund um die Hauptversammlung, etwa die Einladung der Aktionäre, die Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung oder auch die Abstimmung selbst, weiter vorangetrieben werden. Sofern den Gesellschaften ihre Aktionäre persönlich bekannt sind und diese insoweit insbesondere auch über die E-Mail-Adresse derselben verfügen, bietet sich ihnen eine im Vergleich zur postalischen Kommunikation tendenziell schnellere, kostengünstigere und außerdem auch umweltfreundlichere Form der Kontaktaufnahme auf digitalem
141 Vgl. hierzu etwa Mock, in: Großkommentar AktG, § 10 Rn. 25 mit Hinweis auf die „vergleichsweise hohen Kosten“, die die Ausgabe von Inhaberaktien für nicht börsennotierte Gesellschaften seit der Aktienrechtsnovelle 2016 mit sich bringt; mit einer relativierenden Einschätzung zu den Auswirkungen der Aktienrechtsnovelle auf die rechtspraktische Verbreitung der Inhaberaktie hingegen Mohamed, S. 60. 142 Vgl. insoweit exemplarisch etwa Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 57 zur Aufnahme einer elektronischen Adresse in das Aktienregister, wodurch eine „Papierkommunikation“ langfristig abgelöst bzw. eingeschränkt werden soll.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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Weg an.143 Insofern könnte die mit dem ARUG II bewirkte Steigerung der Aktionärstransparenz gleichsam auch einen Schritt hin in Richtung weiterer Digitalisierung der Aktionärskommunikation darstellen. Auch im Rahmen der Neuregelungen zur Informationsübermittlung (§§ 67a – 67c AktG) und zur Kostenverteilung (§ 67f AktG) wird eine elektronische bzw. digitale Kommunikation zum Teil besonders ins Auge gefasst. 1. Wegfall historischer Gründe gegen eine partizipative Rolle der Aktionäre im Lichte der Digitalisierung Nach dem gesetzlichen Leitbild der Aktiengesellschaft erfolgt eine Kontrolle der Unternehmensleitung bzw. des Vorstands regelmäßig gerade nicht zuvorderst durch die Aktionäre selbst, sondern in erster Linie durch den eigens dafür vorgesehenen Aufsichtsrat.144 Während für das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat daher im Aktiengesetz etwa in § 90 AktG oder § 111 AktG auch ein ständiger Informationsfluss vorgesehen ist, liegt dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Aktionären insbesondere in § 118 Abs. 1 AktG eher ein Leitbild zugrunde, gemäß dessen die Ausübung der Verwaltungsrechte der Aktionäre vorwiegend auf die Hauptversammlung beschränkt erfolgt.145 Die (ordentliche) Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, bei welcher die Aktionäre tatsächlich verwaltend und kontrollierend tätig werden können und sollen, findet dabei grundsätzlich nur einmal jährlich statt, vgl. § 120 Abs. 1 S. 1 AktG. Insofern können die Aktionärsrechte gewissermaßen als zeitlich begrenzt oder beschränkt betrachtet werden.146 Eine „Dauerkontrolle“ und dazu ein aktives, stetiges Partizipieren vieler Aktionäre auch jenseits der Hauptversammlung entspricht insofern grundsätzlich nicht dem originären Leitbild der deutschen Aktiengesellschaft. Die dem Leitbild der deutschen Aktiengesellschaft insoweit zugrundeliegende „Trennung von Eigentum und Kontrolle“147 bzw. der „Abstraktion der Anteilseigner von der Geschäftsführung“148 und damit letztlich auch die ursprünglich vorgesehene passive Ausgestaltung der Aktionärsstellung lassen sich ein Stück weit historisch 143 Vgl. insoweit etwa Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 29, der in Bezug auf eine vermehrte elektronische Kommunikation anstelle postalischer Mitteilungen an die Aktionäre von einer „Möglichkeit zu signifikanten Kosteneinsparungen“ spricht; speziell zu den hohen Kosten, die der Versand von Hauptversammlungseinladungen in gedruckter Form mit sich bringen: Evers/Fett, NZG 2012, 530, 531. 144 Vgl. nur Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 111 Rn. 4; Habersack, in: MüKo AktG, § 111 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 111 AktG Rn. 1. 145 Zetzsche, Aktionärsinformation, S. 16. 146 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Kapitel A Rn. 5; Zetzsche, Aktionärsinformation, S. 16. 147 Vgl. dazu etwa Oechsler, in: Aktienrecht im Wandel, 150, 193; zurückgehend auf Berle/ Means, The Modern Corporation and Private Property, S. 112 ff. 148 Zetzsche, Aktionärsinformation, S. 16.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
erklären. Im 19. Jahrhundert, in dem sich die „moderne Aktiengesellschaft“ mit der ihr eigentümlichen Trennung von Eigentum und Kontrolle wesentlich in Deutschland etabliert hat, war eine intensive Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären schlichtweg schon aufgrund der damals in ihrer Entwicklung noch weit weniger fortgeschrittenen Kommunikations- und Transportmittel technisch kaum durchführbar.149 Angesichts der heutigen Infrastrukturen und modernen Kommunikationsmedien kann hiervon mittlerweile hingegen grundsätzlich nicht mehr die Rede sein.150 Ein wesentlicher praktischer Grund für eine „traditionelle“ Zurückhaltung in puncto Aktionärskommunikation ist insofern inzwischen zwar nicht gänzlich weggefallen, in seiner Bedeutung aber doch wesentlich zurückgegangen. Eine verstärkte, intensivere und regelmäßige Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären erscheint heute insoweit grundsätzlich möglich. Mit der immer weiter zunehmenden Digitalisierung sinken dabei auch die für eine solche Kommunikation anfallenden Kosten.151 Letztlich sprechen daher prinzipiell durchaus einige gute Gründe für eine zunehmende Entwicklung hin zu einer intensiveren Kommunikation zwischen der Gesellschaft und deren Aktionären, so wie es der EU-Gesetzgebung mit den Maßnahmen des Kapitels Ia ARRL vor Augen steht. 2. Möglichkeit zur Nutzung der elektronischen Aktionärsadressen zur Digitalisierung der Aktionärskommunikation Eine zunehmende Digitalisierung der Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär bzw. eine langfristige Ablösung der postalischen Kommunikation verspricht der sich der deutsche Gesetzgeber durch das ARUG II speziell von der Aufnahme der E-Mail-Adresse der Aktionäre zu den nach § 67d Abs. 2 AktG abfragbaren Aktionärsdaten (vgl. Art. 3 Abs. 2 u. Tabelle 2 C ARRL-DVO) sowie zu den nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG in das Aktienregister einzutragenden Informationen. Die damit bezweckte vermehrte Kenntnis der E-Mail-Adressen der Aktionäre soll insofern den Ausgangspunkt für eine vermehrte Nutzung digitaler Kommunikationsmedien bilden. Während die verbesserten Möglichkeiten zur Abfrage der E-Mail-Adressen der Aktionäre nach § 67d AktG ausschließlich börsennotierten Gesellschaften zugutekommen, profitieren von der Erweiterung des § 67 Abs. 1 S. 1 AktG um die „elektronische Adresse“ auch nicht börsennotierte Namensaktiengesellschaften. Dahingehend erstreckt sich insbesondere auch das Auskunftsverfahren aus § 67 149
Zetzsche, Aktionärsinformation, S. 17. Vgl. insoweit etwa Heckelmann, S. 21 („Auf der einen Seite ist die Computertechnik mittlerweile so weit vorangeschritten, daß eine Abwicklung des gesamten Aktionärstreffens auf elektronischem Wege realisiert werden kann.“). 151 Vgl. insoweit nur Butzke, in: Großkommentar AktG, § 125 Rn. 29, der in vermehrter elektronischer Kommunikation – konkret in Bezug auf die Übermittlung von Hauptversammlungseinladungen – eine „Möglichkeit zu signifikanten Kosteneinsparungen“ sieht. 150
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG, das sowohl börsennotierten als auch nicht börsennotierten Aktiengesellschaften zur Verfügung steht, von nun an gerade auch auf die nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG anzugebenden elektronischen Adressen der Aktionäre. Ins Leere läuft die Möglichkeit der Abfrage einer elektronischen Adresse des Aktionärs sowie eine darauf aufbauende Kommunikation über gerade dieses Medium auch nach Inkrafttreten der Neuregelungen des ARUG II, wenn ein Aktionär schlicht keine solche elektronische Adresse unterhält. Eine Verpflichtung sämtlicher Aktionäre zum Anlegen, Nutzen und Unterhalten einer elektronischen Adresse enthält das ARUG II insofern gerade nicht.152 Nicht ausdrücklich geklärt wird im Rahmen der durch das ARUG II neugeschaffenen Regelungen der §§ 67a ff. AktG darüber hinaus die für die Gesellschaften nicht unbedeutende Frage, wie genau diese die mithilfe eines Verfahrens nach § 67d AktG offengelegten Aktionärsinformationen, insbesondere die E-MailAdressen der Aktionäre, konkret überhaupt zur Kommunikation nutzen dürfen. So führt die bloße Kenntnis der E-Mail-Adresse eines Aktionärs allgemein nicht automatisch dazu, dass die Gesellschaft den Aktionär auch gerade auf eben diesem Weg – per E-Mail – kontaktieren darf. Erst recht wird die Gesellschaft durch eine Adressierung der Aktionäre nur über die nach § 67d AktG offengelegten E-MailAdressen keinesfalls stets von ihren gesellschaftsrechtlichen Mitteilungspflichten befreit.153 Unzweifelhaft darf die Gesellschaft an Aktionäre gerichtete Mitteilungen auf elektronischem Wege per E-Mail versenden, soweit die Aktionäre dieser Übertragungsform der Gesellschaft gegenüber ausdrücklich zugestimmt haben. Weniger eindeutig stellt sich die Rechtslage allerdings dar, wenn der Aktionär der Gesellschaft seine E-Mail-Adresse zwar offenbart hat, aber nicht ausdrücklich vereinbart bzw. gestattet worden ist, dass die Gesellschaft ihm Pflichtmitteilungen wie etwa Hauptversammlungseinladungen nach § 125 Abs. 2 AktG ausschließlich per E-Mail übermittelt. Von nun an wird in Ansehung der mit dem § 67d AktG neu vorgesehenen Aktionärsidentifikation gerade auch die Konstellation relevant bzw. klärungsbedürftig, in der die Aktiengesellschaft die E-Mail-Adresse eines Aktionärs (nur) durch ein entsprechendes Identifikationsverfahren von einem Intermediär in Erfahrung gebracht hat. Ebenso klärungsbedürftig ist, wie die Gesellschaft die (ausschließlich) aufgrund eines Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG erlangten E-Mail-Adressen der Aktionäre jedenfalls zur „freiwillig“ geführten Kommunikation nutzen darf.
152 Dabei geht allerdings etwa von der Linden, BB 2019, 75, 75 f. auch davon aus, dass nach aktuellem „Stand des Rechts und der Technik“ kaum mehr zu leisten gewesen wäre. 153 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben Teil 3 A. I. 3. e).
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
a) Befugnis der Gesellschaft zur Nutzung der mithilfe des § 67d AktG in Erfahrung gebrachten elektronischen Adressen für gesetzliche Pflichtmitteilungen In Vergangenheit wurde exemplarisch in Bezug auf die praktisch bedeutendste Pflichtmitteilung, die Übermittlung der Hauptversammlungseinladung, vereinzelt vertreten, dass bereits ein der Gesellschaft bekanntes, öffentliches Führen einer EMail-Adresse seitens eines Aktionärs – nach den aktienrechtlichen Bestimmungen – dazu ausreicht, dass die Gesellschaft den Aktionär ausschließlich per E-Mail kontaktieren darf.154 Herrschend wurde dagegen allerdings angenommen, dass ein bloß öffentliches Unterhalten einer E-Mail-Adresse hierzu gerade nicht genügt, sondern der Aktionär seine E-Mail-Adresse der Gesellschaft vielmehr willentlich und speziell zum Zweck eines künftigen Empfangs von Mitteilungen, wie der Hauptversammlungseinladung nach § 125 AktG, offengelegt haben muss.155 Das Aktiengesetz selbst sieht eine explizite Regelung zu den Voraussetzungen, unter denen eine Aktiengesellschaft ihre Aktionäre – anstelle postalischer Mitteilungen – (ausschließlich) über dessen E-Mail-Adresse kontaktieren darf, nicht vor. Die zentrale Regelung bezüglich der Mitteilungen im Vorfeld der Hauptversammlung aus § 125 Abs. 2 AktG ist seit der im Zuge des NaStraG neu gewählten Formulierung, gemäß derer eine Mitteilung nicht mehr „zu übersenden“, sondern bloß – allgemeiner – „zu machen“ ist, inzwischen allerdings bewusst neutral gehalten und insofern gerade auch offen für unverkörperte, elektronische Mitteilungen.156 Vertreten wird zu § 125 Abs. 2 AktG mitunter, dass es für die Verwendung einer elektronischen Übertragungsform, insbesondere also einer Informationsübermittlung per E-Mail, insofern ausreiche, dass hierbei in vergleichbarer Weise wie bei einer postalischen Übersendung mit dem Zugang beim Aktionär gerechnet werden könne.157 Strengere Vorgaben dazu, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Mitteilung an den Aktionär ausschließlich unverkörpert, insbesondere per E-Mail, erfolgen darf, finden sich für börsennotierte Gesellschaften – bzw. für Emittenten i.S.d. § 2 Abs. 13 WpHG – explizit in § 49 Abs. 3 WpHG. Für börsennotierte Gesellschaften sind die Voraussetzungen aus § 49 Abs. 3 Nr. 1 WpHG dabei zusätzlich zu denen des Aktiengesetzes, insbesondere der Regelung des § 125 Abs. 2 AktG, zu 154 Kindler, NJW 2001, 1678, 1683 hält etwa für ausreichend, dass „der Aktionär der Gesellschaft gegenüber […] eine E-Mail-Adresse angegeben hat […] oder er eine solche Adresse öffentlich führt“; Than, FS Peltzer (2001), 577, 590 hält eine „freiwillige“ Angabe der E-Mail-Adresse für nötig und ausreichend. 155 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rn. 11; Kubis, in: MüKo AktG, § 125 Rn. 27 m.w.N. 156 Vgl. hierzu Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 125 Rn. 11; Kubis, in: MüKo AktG, § 125 Rn. 27; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 125 Rn. 24. 157 Insoweit Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 125 Rn. 14; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 125 Rn. 24; strenger allerdings (mit Forderung jedenfalls einer konkludenten Zustimmung des Aktionärs) Noack/Zetzsche, in: KölnKomm AktG, § 125 Rn. 65 f. (jeweils allerdings in Bezug auf die Fassung des § 125 Abs. 2 AktG vor dem ARUG II).
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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beachten.158 Nach § 49 Abs. 3 WpHG darf ein Emittent den Aktionären Informationen im Wege der Datenfernübertragung, was insbesondere einen E-Mail-Versand einschließt, nur dann übermitteln, wenn die dadurch entstehenden Kosten nicht unter Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 WpHG den Wertpapierinhabern auferlegt werden, die Hauptversammlung dieser Art der Datenübermittlung zugestimmt hat (Nr. 1), die Wahl der Art der Datenfernübertragung unabhängig vom Sitz oder Wohnsitz der Wertpapierinhaber erfolgt (Nr. 2), hinreichende Vorkehrungen zur sicheren Identifizierung und Adressierung der Wertpapierinhaber getroffen worden sind (Nr. 3) und schließlich eine diesbezügliche ausdrückliche Einwilligung der Wertpapierinhaber vorliegt bzw. einer entsprechenden Bitte der Gesellschaft in Textform nicht in angemessener Zeit widersprochen wurde (Nr. 4). Im Rahmen des § 49 Abs. 3 WpHG hat die hier verlangte Zustimmung ausweislich des Gesetzeswortlauts grundsätzlich „ausdrücklich“ zu erfolgen. Andernfalls kann eine Zustimmung durch gesetzliche Fiktion erreicht werden, wenn der Wertpapierinhaber einer in Textform übermittelten Bitte um Zustimmung nicht innerhalb angemessener Zeit, worunter ein Zeitraum von etwa 2 – 4 Wochen zu verstehen sein soll,159 nachkommt und die auf diese Weise fingierte Zustimmung später auch nicht widerrufen wird.160 Nicht ganz eindeutig geht aus § 49 Abs. 3 WpHG hervor, auf welche Informationen sich die speziellen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung konkret beziehen. Während insbesondere die BaFin die Vorgaben auf sämtliche Mitteilungen des Emittenten gegenüber den Aktionären beziehen möchte,161 wird in der Literatur zum Teil unter Verweis auf die der Norm zugrundeliegenden Vorgaben aus Art. 17 Abs. 2 u. Art. 18 Abs. 2 EU-Transparenzrichtlinie162 davon ausgegangen, dass nur solche Informationen erfasst seien, „die zur Ausübung der Rechte der Wertpapierinhaber benötigt werden“.163 Insbesondere auf Mitteilungen nach § 125 AktG sind die Vorgaben des § 49 Abs. 3 WpHG insofern in jedem Fall anzuwenden. Das gleiche wird auch für die sonst von § 67a Abs. 1 AktG erfassten Informationen gelten, die die Gesellschaft den Aktionären gesellschaftsrechtlich zwingend zu übermitteln hat. Übertragen auf den Fall, dass eine börsennotierte Gesellschaft die E-MailAdresse des Aktionärs durch ein Identifikationsersuchen gemäß § 67d AktG von einem Intermediär in Erfahrung bringt, ist in Ansehung der Voraussetzungen des § 49 158
Vgl. nur Drinhausen, in: Hölters, AktG, § 125 Rn. 11; Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 125 Rn. 15; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 125 Rn. 25; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 125 Rn. 40 (jeweils zu § 125 AktG a.F.). 159 Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, WpHG § 30b Rn. 35; ohne entsprechende Festlegung und mit Verweis auf die „Umstände des Einzelfalles“: Mülbert, in: Assmann/ Schneider/Mülbert, WpHG, § 49 Rn. 42. 160 Dazu Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 30b Rn. 23. 161 BaFin, Emittentenleitfaden, 5. Auflage (Stand: 30. 10. 2018), Modul B II.3.6., S. 61; so auch Mülbert, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 49 Rn. 33. 162 Richtlinie 2004/109/EG v. 15. 12. 2004, ABl. EU Nr. L 390 v. 31. 12. 2004, S. 38. 163 So etwa Zimmermann, in: Fuchs, WpHG, § 30b Rn. 22.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Abs. 3 WpHG insofern zu klären, ob bereits in der willentlichen Angabe der E-MailAdresse gegenüber einem Intermediär, regelmäßig der Depotbank, eine „Zustimmung“ des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft gesehen werden kann, von dieser (auch) per E-Mail benachrichtigt zu werden. Problematisch ist hierbei jedenfalls, dass in § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. d WpHG gerade eine „ausdrückliche“ Einwilligung der Aktionäre zur elektronischen Datenfernübertragung gefordert wird. Eine solche „ausdrückliche Einwilligung“ wird in der bloßen Angabe einer E-Mail-Adresse seitens des Aktionärs gegenüber der Depotbank regelmäßig nicht zu sehen sein. Insofern wird die Gesellschaft die Aktionäre grundsätzlich auch dann, wenn sie die E-Mail-Adresse der Aktionäre im Wege der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG abgefragt hat, erst noch in Textform um Zustimmung darum bitten müssen, – jedenfalls gesetzlich zwingend zu übermittelnde – Informationen künftig ausschließlich per E-Mail übermitteln zu dürfen. Immerhin soll eine solche „Bitte in Textform“ i.S.d. § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. d WpHG bereits per E-Mail versendet werden dürfen, wenn der Aktionär mit der jeweiligen E-Mail-Adresse im Rechtsverkehr auftritt.164 Bei einer Verwendung der E-Mail-Adresse gegenüber der Depotbank dürfte dies regelmäßig der Fall sein. b) Befugnis der Gesellschaft zur Verwendung der nach § 67d AktG in Erfahrung gebrachten elektronischen Adressen zur freiwilligen Kommunikation Eine ausdrückliche Zustimmung der Aktionäre für eine ausschließlich elektronische Informationsübermittlung ist grundsätzlich auch für die Übermittlung nicht gesetzlich zwingend vorgesehener, sondern freiwillig übermittelter Informationen seitens der Gesellschaft notwendig.165 So gelten konkret insbesondere die in § 49 Abs. 3 WpHG für börsennotierte Gesellschaften vorgesehenen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung nach herrschender Ansicht grundsätzlich für sämtliche Informationen, die ein Emittent den Aktionären übermitteln möchte.166 Die bloße Angabe der eigenen E-Mail-Adresse seitens des Aktionärs gegenüber der Depotbank wird daher auch in Bezug auf den Aktionären freiwillig übermittelte Informationen grundsätzlich nicht zur Annahme einer entsprechenden Zustimmung des Aktionärs ausreichen, nicht nur von der Depotbank, sondern gerade auch von der Gesellschaft über die nach § 67d AktG offengelegte E-Mail-Adresse kontaktiert zu werden. Allenfalls wenn man davon ausgeht, dass sich die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 WpHG nicht auf sämtliche, sondern nur auf gesetzlich zwingende Mitteilungen beziehen,167 würden diesbezüglich bloß die weniger strengen Vorschriften des 164
Mülbert in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 49 Rn. 42. So soll etwa nach Pühler, in: Happ, Aktienrecht, 1.01 Rn. 10.3 für die Zulässigkeit des Versands „freiwilliger Bekanntmachungen“ per E-Mail erforderlich sein, dass der Aktionär der Gesellschaft seine E-Mail-Adresse „zu diesem Zweck mitgeteilt“ hat. 166 Vgl. insoweit bereits die Nachweise in Fn. 751. 167 Vgl. insoweit bereits soeben Teil 3 A. IV. 2. a) sowie der Nachweis in Fn. 753. 165
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Aktienrechts gelten und somit unter Umständen auch eine Benachrichtigung der Aktionäre per E-Mail ohne ausdrückliche Zustimmung derselben in Betracht kommen. c) Zwischenergebnis Der Vorteil der börsennotierten Gesellschaft, die E-Mail-Adressen der Aktionäre durch die Änderungen des ARUG II nunmehr einfacher als bisher in Erfahrung bringen zu können, wird faktisch insbesondere durch die Vorgaben des § 49 Abs. 3 WpHG abgeschwächt. So ist für jegliche digitale Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären per E-Mail auch im Fall einer Offenlegung der E-Mail-Adresse nach § 67d AktG – jedenfalls de lege lata – grundsätzlich eine entsprechende ausdrückliche Einwilligung des Aktionärs vonnöten. In der bloßen Angabe einer E-Mail-Adresse gegenüber der Depotbank liegt eine solche Einwilligung im Verhältnis zur Gesellschaft noch nicht. Dennoch kann schon die bloße bessere Kenntnis der E-Mail-Adressen der Aktionäre für die Gesellschaft von gewissem Nutzen sein, weil die Gesellschaft die Aktionäre in diesem Fall immerhin grundsätzlich bereits per E-Mail um eine entsprechende Zustimmung bitten darf. Konkret mit Blick auf die in § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. d AktG vorgesehene Zustimmungsfiktion ist der Gesellschaft insoweit bereits durch die bloße Kenntnis der E-Mail-Adressen ihrer Aktionäre geholfen. Die außerdem von § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 lit. c AktG geforderte „sichere Identifizierung“ der Aktionäre als Voraussetzung der digitalen Informationsübermittlung war in Bezug auf Inhaberaktionäre jenseits der 3 %-Schwelle aus § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG bislang überdies praktisch nur schwierig zu erfüllen gewesen.168 Gerade für börsennotierte Inhaberaktiengesellschaften stellt die Einführung des § 67d AktG insoweit eine gewisse Verbesserung dar. Für nicht börsennotierte Namensaktiengesellschaften, die die E-Mail-Adressen der Aktionäre zwar nicht über § 67d AktG in Erfahrung bringen können, denen aber jedenfalls die Aufnahme einer elektronischen Adresse zu den Informationen des Aktienregisters nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG zugutekommt, gelten die strengen Anforderungen des § 49 Abs. 3 WpHG nicht. Insofern richten sich die Voraussetzungen, unter denen Informationen an die Aktionäre per E-Mail übermittelt werden können, für solche Gesellschaften in erster Linie nach den etwas weniger strengen Vorgaben des Aktiengesetzes. Neben einer entsprechenden Satzungsbestimmung i.S.d. § 125 Abs. 2 S. 2 AktG reicht hier grundsätzlich eine konkludente Zustimmung der Aktionäre, wenn nicht sogar bereits die Annahme, dass mit einem Zugang der Mitteilung per E-Mail ebenso wie bei einer postalischen Übersendung zu rechnen
168 So konstatiert etwa Mülbert in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 49 Rn. 39 vor Umsetzung der ARRL II durch das ARUG II, dass eine sichere Identifizierung der Aktionäre für die Emittenten von Inhaberpapieren „vorbehaltlich des § 33 WpHG praktisch kaum denkbar“ gewesen sei.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
ist, als Voraussetzung für eine Informationsübermittlung im Wege der Datenfernübertragung aus.169 Im Ergebnis sind die durch das ARUG II verbesserten Möglichkeiten zur Offenlegung speziell auch der elektronischen Adressen der Aktionäre in gewissem Maße durchaus geeignet, die zunehmende Digitalisierung der Kommunikation zwischen den Gesellschaften und den Aktionären voranzutreiben. Dies betrifft in Bezug auf § 67d AktG börsennotierte Gesellschaften allgemein. Von der Aufnahme der E-Mail-Adresse zu den nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG in das Aktienregister einzutragenden – und insofern auch nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG abfragbaren – Informationen profitieren überdies auch nicht börsennotierte Namensaktiengesellschaften. 3. Die Neuregelungen zur Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette im Lichte der Digitalisierung Einen eher zögerlichen Schritt zur Digitalisierung der Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär stellen die Neureglungen des ARUG II zur Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette dar. Nach § 67b Abs. 1 S. 1 AktG kommt für die Weiterleitung von Informationen von den Letztintermediären an die Aktionäre etwa auch weiterhin eine nicht-elektronische Übermittlung in Schriftform in Betracht. Noch im Referentenentwurf zum ARUG II war dahingehend eine elektronische Informationsübermittlung als neue Standardform der Kommunikation zwischen Letztintermediär und Aktionär vorgesehen gewesen. Nach der ursprünglich im Referentenentwurf vorgesehenen Fassung des § 67b Abs. 1 S. 1 AktG-E wäre der Intermediär seiner Pflicht zur Informationsweiterleitung stets durch eine Mittelung per E-Mail oder ein Bereitstellen der Informationen im E-Postfach des Aktionärs nachgekommen. Hierdurch wäre ein vergleichsweiser starker Anreiz für den Aktionär – als das faktische „Nadelöhr“ der Digitalisierung – geschaffen worden, entsprechend digitale Informationskanäle vermehrt zu nutzen. Die nun hingegen weiterhin bestehende Möglichkeit einer postalischen Informationsübermittlung – als teurere, zeitaufwändigere und ökologisch weniger nachhaltige Alternative – trägt ausweislich der Gesetzesbegründung den praktischen Bedenken Rechnung, dass heute faktisch noch nicht alle Depotkunden eine entsprechend digitale Kommunikation ermöglichen.170 Die Regelung entspricht zwar den Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie aus Art. 3b ARRL und der ARRL-DVO, in denen nur für die zwischen den Intermediären stattfindende Informationsübermittlung gemäß Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO zwingend eine elektronische Form vorsehen ist. Dennoch verpasst der deutsche Gesetzgeber hier eine gute Gelegenheit, faktischen Druck auf solche Aktionäre auszuüben, die sich noch heute einer digitalen Kommunikation verweigern. 169 170
Vgl. hierzu bereits soeben unter Teil 3 A. IV. 2. a). Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 63.
A. Auswirkungen und Implikationen der Neuregelungen des ARUG II
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Zwar wird eine elektronische Informationsübermittlung gemäß Art. 2 Abs. 3 ARRL-DVO immerhin in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Intermediären vorgesehen. Zu einem „Medienbruch“ kommt es praktisch allerdings ohnehin regelmäßig erst in Bezug auf die letztendliche Informationsübermittlung unmittelbar an den Aktionär.171 Diesbezüglich sieht das ARUG II immerhin in Gestalt der Kostenregelung aus § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG einen gewissen Anreiz für die Aktionäre vor, einer elektronischen Kommunikation mit dem Letztintermediär, etwa per E-Mail oder elektronischem Bankpostfach, zuzustimmen. Voraussetzung hierfür ist, dass die nach § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG ansonsten selbst kostenbelasteten Letztintermediäre die Kosten für eine entsprechend nicht-elektronische Kommunikation vertraglich ihren Depotkunden auferlegen. Praktisch wird sich die dahingehende Anreizwirkung der neuen Kostenregelung allerdings ihrem Umfang nach in Grenzen halten. So war auch bereits die ehemals aufgrund von § 128 Abs. 3 AktG a.F. ergangene Kostenverordnung derart ausgestaltet worden, dass hierdurch ein finanzieller Anreiz zur Umstellung der Kommunikation auf digitale Medien ausgehen sollte.172 Der damit gewünschte Erfolg ist in der Praxis allerdings weitgehend ausgeblieben.173 Außerdem wird von der Regelung des § 67f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG gerade die Weiterleitung der Hauptversammlungsmitteilung und insofern der praktisch bedeutendste Fall der Informationsübermittlung erst gar nicht erfasst.174 4. Ergebnis Abschließend lässt sich festhalten, dass das ARUG II durchaus einige Anreize zur Digitalisierung der Kommunikation zwischen den Gesellschaften und den Aktionären mit sich bringt. Mit Blick auf die diversen Änderungen des deutschen Aktienrechts der letzten Jahre stellt das ARUG II insofern ein weiteres „kleines Teilstück“ in Richtung einer digitalisierten Aktionärskommunikation dar. Seit der Jahrtausendwende wurde die Digitalisierung des deutschen Aktienrechts Stück für Stück vorangetrieben, im Besonderen etwa durch die Möglichkeit elektronischer Hauptversammlungseinladungen und Vollmachtserteilungen im Zuge des NaStraG 2001, die Maßnahmen des TransPuG 2002, die Pflicht zur Veröffentlichung von Q&A’s auf der Internetseite der Gesellschaft durch das UMAG 2005, die durch das EHUG seit 2006 vorgesehene Veröffentlichung der Hauptversammlungsunterlagen im Internet oder auch die Möglichkeit zur elektronischen Briefwahl sowie zur Online-Hauptversammlung und Online-Teilnahme als den Digitalisierungsmaßnahmen des ARUG I. In diese Aufzählung kontinuierlicher Digitalisierungsmaßnahmen reiht 171
Vgl. insoweit etwa Zetzsche, ZGR 2019, 1, 23, wonach eine nicht-digitale Informationsübermittlung in Papierform heute vor allem private Kleinanleger betrifft. 172 Vgl. hierzu mit Verweis auf die Begründung zu § 1 der Kostenverordnung: Seibert, ZIP 2003, 1270, 1271. 173 Butzke, in: Großkommentar AktG, § 128 Rn. 68. 174 So ausdrücklich Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 70.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
sich nun auch das ARUG II mit den neu vorgesehenen Möglichkeiten insbesondere zur Offenlegung der E-Mail-Adressen der Aktionäre ein. Obgleich das praktisch bestehende Problem, dass noch immer einige der Aktionäre nicht zu einer rein digitalen Kommunikation weder mit der Gesellschaft noch mit ihrer Depotbank bereit sind, durch die Maßnahmen des ARUG II nicht gelöst wird, bedeuten die verbesserten Möglichkeiten zur Aktionärsidentifikation dennoch durchaus einen kleinen Schritt in Richtung einer digitaleren Aktionärskommunikation.175 Speziell in Bezug auf die Erfüllung der gesetzlichen Pflichtmitteilungen an die Aktionäre, beispielsweise der Einladung derselben zur Hauptversammlung, stellt eine unmittelbare digitale Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären allerdings auch nach dem ARUG II nicht den gesetzlichen Regelfall dar. Für die Emittenten von Namensaktien bedarf es für eine unmittelbare digitale Informationsübermittlung an die Aktionäre – ohne Umweg über die Intermediärskette – neben einer dahingehenden Zustimmung des Aktionärs auch weiterhin der direkten Eintragung desselben in das formelle Aktienregister. Die bloße Kenntnis des Aktionärs einschließlich dessen E-Mail-Adresse aufgrund von § 67d AktG reicht hierzu nicht aus. Für Inhaberaktiengesellschaften stellt eine mittelbare Informationsübermittlung entlang der Verwahrkette ohnehin auch weiterhin zunächst den gesetzlichen und praktischen Regelfall dar. Mit Blick auf die Neuregelungen des ARUG II zur mittelbaren Aktionärskommunikation entlang der Verwahrkette stellt die Rücksichtnahme des deutschen Gesetzgebers auf solche Aktionäre, die sich einer digitalen Kommunikation noch immer verschließen, einen nicht unerheblichen Wermutstropfen dar. Die ursprünglich im Referentenentwurf zum ARUG II in § 67b Abs. 1 AktG-E vorgesehene Regelung, dass eine Benachrichtigung der Aktionäre per E-Mail oder ein sonstiges Bereitstellen von Informationen in elektronischer Form stets zur Informationsübermittlung von Seiten des Letztintermediärs ausreicht, hätte auf solche Aktionäre faktisch einen gewissen Druck ausgeübt. Auch die mittelbare Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären entlang der Verwahrkette wird insoweit durch das ARUG II keineswegs vollständig digitalisiert. Letztlich setzt das ARUG II durchaus gewisse Anreize zur langfristigen Digitalisierung der Aktionärskommunikation. Von vollständig digitalen Informationsprozessen ist das deutsche Gesellschaftsrecht allerdings auch nach dem ARUG II noch weit entfernt. Eine weitgehend digitale Kommunikation unmittelbar zwischen den börsennotierten Gesellschaften und deren Aktionären kommt auch nach dem ARUG II in erster Linie bloß in Bezug auf selbst in das Aktienregister eingetragene Namensaktionäre in Betracht; zudem ist hierfür wertpapierrechtlich eine entsprechende Zustimmung der einzelnen Aktionäre erforderlich. Bei Inhaberaktionären und nicht selbst in das Aktienregister eingetragenen Namensaktionären können die 175 So sehen auch von Holten/Bauernfeind, AG 2018, 729, 737 in den verbesserten Möglichkeiten zur Identifikation ausländischer Aktionäre nach Umsetzung der ARRL II gerade auch eine potenzielle Verbesserung der „digitalisierten Mitwirkungsmöglichkeiten“.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
259
Gesellschaften die nach § 67d AktG offengelegten E-Mail-Adressen der Aktionäre zwar im Rahmen freiwilliger Kommunikation bzw. zur Investor Relations-Pflege, aber nicht ohne Weiteres auch im Rahmen der gesetzlichen Pflichtmitteilungen nutzen. In vielen Fällen wird eine mittelbare Informationsversorgung der Aktionäre mit Umweg über die Verwahrkette insofern auch weiterhin den praktischen Regelfall darstellen. Auch dahingehend sehen die Neuregelungen des ARUG II keine vollständige Digitalisierung des Informationsprozesses vor, sondern lassen zugunsten der Aktionäre letztlich auch weiterhin eine nicht-elektronische Kommunikation zu.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen zur Erreichung ihrer vordergründigen und mittelbaren Ziele und rechtspolitische Stellungnahme I. Eignung der Maßnahmen zur Erreichung der Regelungsziele 1. Eignung bezüglich des vordergründigen Ziels der Steigerung einer aktiven Aktionärsbeteiligung Nach den vorangegangenen Ausführungen erscheint die europaweite Einführung der Verfahren zur Aktionärsidentifikation im Sinne der Vorgaben des Art. 3a ARRL grundsätzlich geeignet, die Möglichkeiten der börsennotierten Unternehmen zur Identifikation der Aktionäre, insbesondere in Bezug auf Inhaberaktien und grenzüberschreitend innerhalb des EWR gehaltene Aktien allgemein, zu verbessern. Angesichts der zunehmenden Wertschätzung guter Investor Relations – etwa mit Blick auf den teils steigenden Druck durch institutionelle Investoren und deren Stimmrechtsberater sowie allgemein den Wunsch, unvorhersehbare „Zufallsmehrheiten“ zu vermeiden – bestehen darüber hinaus auch durchaus gewisse Anreize aus Sicht der Unternehmensleitung, den neu geschaffenen Identifikationsmechanismus auch tatsächlich zur vermehrten (unmittelbaren) Kommunikation mit den Aktionären zu nutzen. Neben den durch die Einführung der Aktionärsidentifikation geschaffenen Anreizen zu einer vermehrten unmittelbaren Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären sind von der durch die ARRL II bedingten Harmonisierung der Intermediärspflichten – einschließlich der diesbezüglichen formalen Vorgaben der ARRL-DVO – speziell in grenzüberschreitenden Sachverhalten außerdem nicht unerhebliche Verbesserungen der mittelbaren Kommunikation entlang der Verwahrkette zu erwarten. Soweit bisher eher passiv beteiligte Aktionäre auf diese Weise zuverlässiger und rechtzeitig über bevorstehende Unternehmensereignisse informiert werden und für diese darauf aufbauend auch die praktische Ausübung ihrer Aktionärsrechte erleichtert wird, erscheint dies durchaus förderlich zur Erreichung des vordergründigen Ziels der ARRL II, einer allgemeinen Steigerung der Aktionärspartizipation.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Ihrem Ausmaß nach werden die dahingehenden Auswirkungen auf die deutschen Unternehmen andererseits aber überschaubar bleiben. Insgesamt stellen die in der ARRL II vorgesehenen und durch das ARUG II umgesetzten Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den börsennotierten Gesellschaften und den Aktionären insoweit einen eher schonenden Ansatz zur Steigerung der Aktionärsbeteiligung dar. Für eine Erhöhung der Aktionärsbeteiligung wären dabei durchaus auch andere – „drastischere“ – gesetzgeberische Maßnahmen denkbar gewesen. Einen „handfesteren“ Anreiz für die Aktionäre, ihre Beteiligungen an den Gesellschaften aktiver als bisher auszugestalten, würde insofern beispielsweise die in Vergangenheit bereits diskutierte Möglichkeit einer Zahlung von „Handgeldern“ für in der Hauptversammlung präsente Aktionäre darstellen.176 Im Vergleich etwa hierzu fallen die Maßnahmen der ARRL II bzw. des ARUG II zur Erhöhung der Aktionärsbeteiligung, sogar die Möglichkeit zur Identifikation der Aktionäre auch gegen deren Willen, beinahe subtil aus. Auch um gerade eine möglichst langfristig orientierte Unternehmenspolitik zu forcieren, wären mit Blick auf gesetzliche Alternativen insbesondere aus dem Ausland „drastischere“ Anreize als die hierzu von der ARRL II bzw. dem ARUG II vorgesehenen Maßnahmen denkbar gewesen. Insoweit sieht etwa die französische Rechtsordnung die Möglichkeit vor, solchen Aktionären, die ihre Aktien über einen bestimmten Mindestzeitraum hinaus halten, zusätzliche Stimmrechte zuzuerkennen.177 In eine ähnliche Richtung geht auch die dort vorgesehene Möglichkeit der Zahlung einer „Sonderdividende“ speziell für langfristig beteiligte Aktionäre.178 Letztlich sind von den im Zuge des ARUG II eingeführten Neuregelugen zur Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung insofern zwar keine allzu erheblichen Auswirkungen in Bezug auf die Beteiligung der Aktionäre zu erwarten. In Verbindung mit der langsam aber stetig voranschreitenden Digitalisierung der Aktionärskommunikation führen die teils zu erwartenden Verbesserungen gerade der grenzüberschreitenden Informationsprozesse allerdings durchaus dazu, dass eine tatsächliche Rechtsausübung aus Sicht der Aktionäre zunehmend weniger kompliziert und zeitaufwendig möglich ist. Jedenfalls eine geringe Steigerung der aktiven Aktionärsbeteiligung ist von der Umsetzung der Maßnahmen der ARRL II daher durchaus zu erwarten.
176
Vgl. hierzu kritisch Vetter, AG 2006, 32. Vgl. insoweit zur im französischen Recht vorgesehene Möglichkeit, langfristigen Anlegern ein doppeltes Stimmrecht (franz.: „Le vote double“) zu gewähren (Art. L 225–123 Code de Commerce): Keltsch, S. 47; Storck/Schneider, AG 2008, 700; N. Winkler, S. 41 f. 178 So sieht Art. 232–14 Code de Commerce die Möglichkeit einer Dividendenerhöhung um bis zu 10 % in Bezug auf solche Aktien vor, die mindestens zwei Jahre gehalten worden sind; vgl. insoweit auch Storck/Schneider, AG 2008, 700. 177
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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2. Eignung der Neuregelungen zur Verbesserung einer „nachhaltigen“ Unternehmensentwicklung – Die Neuregelungen der ARRL II vor dem Hintergrund der „Shareholder Value“-Debatte Letztlich erscheinen die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung in gewissem Maße durchaus geeignet, einen stärkeren Einbezug der bisher zum Teil sehr passiv beteiligten Aktionäre zu bewirken. Auf einem anderen Blatt steht allerdings die Frage, ob eine auf diese Weise geförderte stärkere Einbindung der Aktionäre wiederum auch tatsächlich dazu geeignet ist, das „übergeordnete“ Ziel der Aktionärsrechterichtlinie einer langfristig orientierten und mit Blick auf volkswirtschaftliche, soziale sowie ökologische Aspekte wünschenswerte Entwicklung der Unternehmen – oder mit den Worten des Gesetzgebers: eine „nachhaltige“ Unternehmensentwicklung –179 zu fördern. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit stellt der EU-Gesetzgeber in seiner Begründung zur überarbeiteten Aktionärsrechterichtlinie fest, dass eine stärkere Einbindung der Aktionäre „eines der Instrumente“ sei, die „dazu beitragen können, die finanzielle und nicht-finanzielle Leistung von Gesellschaften zu verbessern, einschließlich hinsichtlich ökologischer, sozialer und Governance-Faktoren […].“180 In der Wissenschaft finden sich dagegen auch Stimmen, die Zweifel an einer generellen Eignung eines stärkeren Einbezugs der Aktionäre zur Förderung einer langfristigen und nachhaltigen Unternehmenspolitik formulieren:181 Die Problematik, dass manche Unternehmen zum Teil eine eher auf kurzfristige Gewinne ausgerichtete Geschäftspolitik verfolgen und in Folge dessen das langfristige Wohl der Gesellschaft, der Volkswirtschaft, aber etwa auch soziale und ökologische Aspekte mitunter vernachlässigt zu werden drohen, gehe keineswegs bloß von den Unternehmensleitungen bzw. von den Vorständen oder den Aufsichtsräten aus, sondern auch von den Aktionären selbst. Gerade kleinere Anleger, denen nicht das Unternehmen, sondern bloß geringe Anteile an eben jenem gehören, hätten oftmals schlicht kein gesteigertes Interesse an dem langfristigen Wohl des Unternehmens als solchem. Vielmehr seien gerade solche Aktionäre regelmäßig in erster Linie an ihrer eigenen, kurzfristig erreichbaren Rendite interessiert.182 Eine Stärkung der Aktionäre – so wie durch die Maßnahmen der ARRL II angestrebt – könnte die Problematik einer auf eine eher kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichteten Unternehmensführung, die auf Kosten der sonstigen Stakeholder und zulasten des langfris179
Vgl. insoweit Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 37 zur „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“. 180 Erwägungsgrund 14 ARRL II. 181 Mit ausdrücklicher Kritik am Ansatz der ARRL II, „short-termism“ durch eine stärkere Einbindung der Aktionäre bekämpfen zu wollen: Robé, ERA Forum (2016), 45, 51; in diese Richtung auch Wentz, WM 2019, 906, 915; allgemein mit (teilweiser) Kritik am „Shareholder Value-Konzept“ (ohne Bezug unmittelbar zur ARRL II oder dem ARUG II) etwa Spindler, in: MüKo AktG, § 76 Rn. 75 ff. 182 Robé, ERA Forum (2016), 45, 51.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
tigen Unternehmenswohls betrieben wird, so die Kritik, insoweit unter Umständen eher verstärken als ihr entgegenzuwirken.183 Als Kritikpunkt konkret an den Maßnahmen der ARRL II wurde in diesem Rahmen angeführt, dass die Interessen der neben den Aktionären zum Unternehmen gehörenden sonstigen Stakeholder vernachlässigt zu werden drohen.184 Insoweit befeuern die im ARUG II umgesetzten Vorgaben der ARRL II zur stärkeren Einbindung der Aktionäre gewissermaßen die schon seit vielen Jahren intensiv geführte allgemeine Debatte um die Bedeutung des Shareholder Value neben den Interessen der sonstigen Stakeholder.185 Einer solchen Kritik an der Stoßrichtung der ARRL II-Maßnahmen ist zuzugestehen, dass eine stärkere Einbeziehung der Aktionäre in das Unternehmensgeschehen für sich genommen wohl tatsächlich nicht mit einer derartigen Selbstverständlichkeit mit der Förderung einer „nachhaltigen“ bzw. einer besonders auch auf soziale und ökologische Aspekte Rücksicht nehmenden Unternehmenspolitik gleichzusetzen ist, wie es in den Erwägungsgründen zur ARRL II vorausgesetzt wird. So ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, weshalb gerade die Aktionäre der Gesellschaft ein besonderes Interesse beispielsweise an den ökologischen Folgen der Unternehmenstätigkeit, konkret etwa an der vom Unternehmen verursachten Umweltbelastung, haben sollten.186 Durch bestimmte Neuregelungen der ARRL II wie etwa dem Recht auf Abstimmung über die Vergütungspolitik nach Art. 9a ARRL („say on pay“) wird dabei aber tatsächlich gerade die Stellung der Aktionäre – und nicht auch die der sonstigen Stakeholder – gestärkt. Insbesondere auch mit Blick auf die institutionellen Investoren erscheint es insofern durchaus angebracht, zu hinterfragen, ob eine Stärkung der Position gerade auch solcher Aktionäre tatsächlich dazu geeignet ist, eine nachhaltige Unternehmenspolitik und konkret etwa auch eine vermehrte Berücksichtigung sozialer und ökologischer Interessen zu fördern. So wird gerade institutionellen Investoren oftmals nachgesagt, eine eher auf kurzfristige Gewinne ausgerichtete Unternehmenspolitik zu bestärken.187 Insofern sollte allerdings nicht aus den Augen verloren werden, dass die ARRL II neben den allgemein für alle Aktionäre geltenden Maßnahmen wie beispielsweise den Vorgaben zur Aktionärsidentifikation und der Informationsübermittlung aus dem neuen Kapitel Ia ARRL etwa in ihrem ebenfalls 183
Mit Kritik an den Maßnahmen der ARRL II in diese Richtung: Robé, ERA Forum (2016), 45, 51 („And further empowering shareholders will only make things worse“). 184 Robé, ERA Forum (2016), 45, 52. 185 Vgl. für eine Übersicht zur allgemeinen „Shareholder Value Debatte“: Reiner, ZVglRWiss 2011, 443; Spindler, in: MüKo AktG, § 76 Rn. 75 ff. m.w.N.; mit Übersicht über die rechtsökonomischen Vor- und Nachteile einer Shareholder-Value-Orientierung: Fleischer, in: Handbuch Corporate Governance, S. 191 ff. 186 So auch Kort, AG 2012, 605, 609. 187 Vgl. hierzu bereits oben (Fn. 36); in diese Richtung geht auch die Kritik an der ARRL II bei Robé, ERA Forum (2016), 45, 52 („But increasing shareholder empowerment will merely allow activist investors […] to place further pressure in companies to increase their short-term share price“.).
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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neu eingefügten Kapitel Ib ARRL („Transparenz bei institutionellen Anlegern, bei Vermögensverwaltern und bei Stimmrechtsberatern“) explizit in Bezug auf solche institutionellen Investoren zusätzlich auch solche Vorgaben enthält, die speziell für diese Gruppe von Aktionären Anreize zur Förderung einer langfristig orientierten Unternehmenspolitik schaffen sollen und dazu auch eben jene Aktionäre entsprechend in die Pflicht genommen werden. Konkret sieht dahingehend etwa Art. 3h Abs. 1 ARRL vor, dass ein institutioneller Anleger öffentlich bekannt zu machen hat, wie gerade durch sein Zutun zu einer „mittel- bis langfristigen Wertentwicklung“ beigetragen wird. Durch die so geschaffene Transparenzpflicht, im Rahmen des ARUG II als neuer § 134c AktG („Offenlegungspflichten von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern“) umgesetzt, sollen institutionelle Investoren gezielt dazu angehalten werden, zu einer mittel- und langfristigen Unternehmenspolitik beizutragen.188 In Bezug auf die Umsetzung der Richtlinienvorgaben von Seiten des deutschen Gesetzgebers wird man außerdem festhalten können, dass dieser sich im Rahmen des ARUG II durchaus darum bemüht hat, dass die durch die Richtlinienumsetzung bedingte Stärkung der Aktionäre nicht übermäßig erfolgt und so zulasten der sonstigen Stakeholder gehen würde. So liegt etwa der Entscheidung, dem Hauptversammlungsvotum zur Vorstandsvergütung („say on pay“) keine unmittelbare Rechtsbindung, sondern bloß Empfehlungscharakter zukommen zu lassen (vgl. § 120a Abs. 1 S. 2 AktG), insbesondere die Motivation zugrunde, die im Aufsichtsrat mitbestimmter Gesellschaften vorhandenen Arbeitnehmervertreter vor einem Machtverlust (zugunsten der Aktionäre) zu bewahren.189 Außerdem sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass das durch die ARRL II adressierte Phänomen der mitunter nur sehr passiv beteiligten Aktionäre die verschiedenen „Typen“ der Aktionäre praktisch in unterschiedlichem Ausmaß betrifft. So gestalten etwa institutionelle Investoren ihre Mitgliedschaft in der AG tendenziell etwas weniger passiv aus als private Investoren.190 Auch die Problematik, dass gerade im Ausland ansässige Investoren von der Gesellschaft und den Intermediären unzureichend mit Informationen versorgt werden, betrifft zunehmend weniger institutionelle Aktionäre, sondern mittlerweile in erster Linie ausländische Privataktionäre.191 Dadurch, dass sich die Maßnahmen der ARRL II zur Aktionärsidentifikation und zur Verbesserung der Informationsübermittlung auf sämtliche 188
Erwägungsgrund 15 ARRL II. Begr. RegE ARUG II, BT-Drs. 19/9739, S. 34 f.; vgl. mit Kritik hierzu etwa Bachmann/ Pauschinger, ZIP 2019, 1, 4 f., die darauf hinweisen, dass dem Aufsichtsrat auch bei einem verbindlichen Votum der Hauptversammlung über die Vergütungspolitik noch die Festlegung der konkreten Vergütung verblieben wäre und außerdem gerade auch die Arbeitnehmervertreter in den mitbestimmten Aufsichtsräten geneigt seien könnten, „überhöhten Vergütungen zuzustimmen, wenn sie dadurch Zugeständnisse für ihr Klientel erreichen können“. 190 Vgl. insoweit bereits Seibert, AG 2004, 529, 531 mit dem Hinweis darauf, dass besonders geringe Hauptversammlungspräsenzen speziell mit Blick auf inländische Privataktionäre sowie auf ausländische Aktionäre allgemein (privat und institutionell) festzustellen sind. 191 Vgl. insoweit etwa von Nussbaum, Börsen-Zeitung Nr. 104, 01. 06. 2019, B 4. 189
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Aktionäre beziehen, betreffen die hiervon ausgehenden Anreize für eine aktivere Beteiligung gerade auch solche (ausländischen) Privatanleger, bezüglich derer derzeit faktisch die größten Defizite in puncto aktiver Beteiligung bestehen.192 Speziell in Bezug auf Privatanleger wird das Phänomen der oftmals sehr passiven Ausgestaltung der Mitgliedschaft zum Teil außerdem auch auf bloße „Bequemlichkeit“ und nicht nur auf ein tatsächliches wirtschaftliches Kalkül („rationale Apathie“) zurückzuführen sein. Insofern ist gerade in Bezug auf solche privaten Aktionäre zu erwarten, dass diese ihre Beteiligung mitunter tatsächlich etwas aktiver ausgestalten, wenn dies für sie nur „einfacher“ möglich ist, etwa dergestalt, dass sie unmittelbar von der Gesellschaft rechtzeitig per E-Mail über anstehende Abstimmungen und diesbezüglich mögliche „bequeme“ Formen der Stimmabgabe (z. B. über eine bestehende Möglichkeit zur elektronischen Stimmrechtsausübung im Vorfeld der Hauptversammlung, § 118 Abs. 2 AktG) informiert werden.193 Ein vermehrtes Abstimmen unmittelbar durch die Aktionäre selbst, anstelle einer Abstimmung durch dazu bevollmächtigte Kreditinstitute, geht dabei außerdem auch mit einer Verminderung der z. T. als zu weitgehend kritisierten „Bankenmacht“ einher.194 Insofern sind die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung letztlich nicht nur zur Steigerung der Aktionärsbeteiligung allgemein, sondern gerade auch zur Steigerung der „Diversität“ der sich aktiv beteiligenden Aktionärstypen geeignet. Unter Umständen kann eine „altruistische“ Auseinandersetzung der Aktionäre etwa auch mit den sozialen und ökologischen Folgen der Unternehmenspolitik anstelle eines bloß auf eine kurzfristige Rendite bezogenen Interesses, wie es den Erwägungsgründen zur ARRL II zugrunde liegt,195 dabei – wenn überhaupt –196 auch tendenziell etwas eher seitens privater Kleinanleger als seitens anderer „Aktionärstypen“ angenommen werden.197 192
Insoweit versprechen sich auch Schmidt/von Nussbaum, BOARD 2/2019, 57, 58 gerade in Bezug auf ausländische Privataktionäre eine künftig etwas stärkere Mitwirkung als Folge des ARUG II bzw. der EU-weiten Umsetzung der ARRL II. 193 Vgl. insoweit allerdings Teichmann, ZfPW 2019, 247, 259 ff. mit dem Ergebnis, dass die bisherigen gesetzgeberischen Versuche zur Steigerung der Partizipation gerade auch der Kleinaktionäre durch eine Öffnung der Hauptversammlung für elektronische Kommunikationsmedien „bislang wenig eingebracht“ hätten. 194 Mit deutlicher Kritik an der Stimmmacht der Banken in den deutschen Aktiengesellschaften bereits in den 1990er-Jahren etwa Adams, ZIP 1996, 1590; näher zur Kritik am Bankenstimmrecht außerdem etwa Heinrich, S. 25 ff. sowie Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 96 ff.; nach einer vorübergehenden erheblichen Eindämmung der „Bankenmacht“ insbesondere durch die gesetzliche Ausgestaltung des Depotstimmrechts im Zuge des KonTraG wurde die Stellung der Banken bzw. deren Depotstimmrecht im Rahmen des ARUG I wieder etwas gestärkt, um so einer weiteren Verringerung der Hauptversammlungspräsenzen entgegenzuwirken, vgl. Mimberg/Gätsch, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nach dem ARUG, Rn. 252 ff. 195 Erwägungsgrund 14 ARRL II. 196 Vgl. Kort, AG 2012, 605, 609 mit Zweifeln an der These vom Aktionär als „ultimate riskbearer“ („Das vom unternehmerischen Handeln der AG ausgehende Risiko kann wirtschaftlich und sozial betrachtet die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis regelmäßig der
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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Ähnliches gilt in Bezug auf die durch die Umsetzung der ARRL II zu erwartende Steigerung der aktiven Beteiligung speziell der ausländischen Investoren. Auch insofern bewirken die Maßnahmen der ARRL II nicht nur eine Steigerung der Aktionärsbeteiligung allgemein, sondern im Besonderen eine Steigerung eines bestimmten, derzeit faktisch vergleichsweise unterrepräsentierten198 Aktionärstypen und somit eine Steigerung der „Aktionärsdiversität“. Zwar werden im Ausland ansässige Aktionäre im Vergleich zu inländischen Aktionären nicht generell stärker an einer langfristigen, sozialen oder gar besonders ökologischen Unternehmenspolitik interessiert sein. Immerhin führt eine stärkere Einbindung gerade auch der im Ausland ansässigen Investoren aber durchaus zu einer allgemeinen Steigerung der Diversität der sich aktiv beteiligenden Aktionäre und insofern tendenziell auch zur Berücksichtigung möglichst vieler verschiedener Interessen. Zusammenfassend lassen sich damit zwar auf den ersten Blick einige der im Rahmen der allgemeinen „Shareholder Value“-Debatte angeführten Thesen, insbesondere, dass statt einer Stärkung der Aktionäre unter Umständen eher eine Stärkung der sonstigen Stakeholder zur Förderung einer langfristigen und nachhaltigen Unternehmensführung geeignet sei, auch gegen die Maßnahmen der ARRL II bzw. des ARUG II zur Stärkung der Aktionäre anführen. Grundsätzlich überzeugende Argumente, wie etwa dass die bei einem Unternehmen angestellten Arbeitnehmer durch ihre soziale Abhängigkeit oft ein erheblich größeres Interesse gerade am langfristigen Wohl der Gesellschaft haben als ein Großteil der Aktionäre und insofern doch gerade die Arbeitnehmer anstelle der Aktionäre stärker in die Belange der Unternehmensführung einbezogen werden sollten,199 geben daher, gewissermaßen neu angestoßen durch den Erlass und die Umsetzung der ARRL II, Anlass zur Frage, ob eine Stärkung der Aktionäre tatsächlich das geeignetste Mittel zur Förderung von Langfristigkeit und „Nachhaltigkeit“ ist. Die der „Shareholder Value“Debatte zugrunde liegende Frage, ob zur Erreichung einer langfristigen und nachhaltigen Unternehmenspolitik statt einer Förderung der Aktionärsbeteiligung nicht eher eine Stärkung des Einflusses anderer Stakeholder sinnvoll wäre, lässt sich in gewisser Hinsicht insofern auch auf die Maßnahmen der ARRL II übertragen. Sicherung ihrer Existenzgrundlage dient, wesentlich härter treffen als die oft diversifizierend anlegenden Aktionäre […] Selbst die Allgemeinheit mag stärker als die Aktionäre oder genauso stark wie sie von einer unternehmerischen Maßnahme der AG betroffen sein, etwa bei einer Umweltbelastung durch die AG“). 197 Vgl. insoweit etwa Schmidt, NZG 2018, 1201, 1203 dazu, dass gerade „Banken, Fonds und institutionellen Anleger[n]“ der Ruf anhaftet, „typischerweise eher an schnellen Gewinnen als an Nachhaltigkeit“ interessiert zu sein; jedenfalls mit Blick auf bestimmte institutionelle Anleger wie etwa Rentenfonds oder Versicherungsfonds dürfte diese These allerdings zu relativieren sein, vgl. insoweit Tröger, ZGR 2019, 126, 133 f. sowie Wymeersch, FS Hopt (2010), 1565, 1568); vgl. außerdem auch Adams, ZIP 1996, 1590, 1594 der davon ausgeht, dass „ideologische“ Gedanken eher von Privatanlegern als von Banken und institutionellen Anlegern zu erwarten sind (wobei ein solcher ideologischer Einfluss hier allerdings eher negativ verstanden wird [„Gruppen ideologischer Weltverbesserer, Fachleute für Betroffenheit“]). 198 Vgl. nur Seibert, AG 2004, 529, 531. 199 Kort, AG 2012, 605, 609.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Letztlich wird man aber zu dem Ergebnis kommen können, dass die mit der ARRL II vorgenommenen Maßnahmen zur „Stärkung der Aktionäre“ eher zu einer leichten Verlagerung der Machtverhältnisse innerhalb der Aktionärsstruktur geeignet sind als zu einer (weiteren) Verschiebung der Machtverhältnisse weg von den übrigen Stakeholdern in Richtung der Aktionäre. Speziell die Maßnahmen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung können insofern – durchaus positiv – dazu beitragen, dass die bisher hinsichtlich ihrer aktiven Beteiligung unterrepräsentierten Aktionäre – Aktionäre aus dem Ausland und speziell auch private Kleinaktionäre – gegenüber den bisher ohnehin bereits aktiven und insofern derzeit „faktisch überrepräsentierten“ Aktionären etwas an Bedeutung gewinnen. Vor dem Hintergrund, dass die Umsetzung der ARRL II – jedenfalls in Bezug auf die Vorgaben des Kapitels Ia ARRL – weniger eine Stärkung der Aktionäre gegenüber den übrigen Stakeholdern bedeutet als eine Aktivierung bisher faktisch unterrepräsentierter Aktionäre gegenüber den schon bislang bereits aktiven Aktionärstypen, wird man den Maßnahmen des ARUG II im Ergebnis selbst dann nicht negativ gegenüberstehen müssen, wenn man eine „Shareholder-Value“-Orientierung bzw. einen Primat des Shareholder Value im Allgemeinen eher kritisch bewertet. Inwieweit die Umsetzung der ARRL II durch die Mitgliedstaaten nicht nur vordergründig zu einer Steigerung der Aktionärsbeteiligung führt, messbar etwa anhand steigender Hauptversammlungspräsenzen, sondern sich darüber hinaus auch positiv auf das Bemühen der Gesellschaften um nachhaltigere, sozialere und ökologischere Unternehmensentscheidungen auswirkt, wird letztlich allerdings selbst in Zukunft empirisch nur schwer zu beurteilen sein.
II. Zentrale Regelung zum Intermediärsrecht im deutschen Aktiengesetz Ein positiver Nebeneffekt der Neuregelungen des ARUG II zur Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL besteht darin, dass die praktisch auch bisher schon so überaus bedeutende Rolle der Intermediäre im Rahmen der heutigen Aktienverwahrung und speziell in Bezug auf die Aktionärskommunikation nun auch im deutschen Aktiengesetz klarer und eindeutiger als bislang zum Ausdruck kommt. Die insofern bislang bestehende Divergenz zwischen der Systematik des Aktiengesetzes einerseits und der Rechtspraxis anderseits wird mit dem ARUG II dahingehend deutlich verringert. Die zentrale Rolle, die den Intermediären im Rahmen der Girosammelverwahrung als grundsätzlich notwendiges Bindeglied zwischen der Aktiengesellschaft und den Aktionären zukommt, und das sich daraus ergebende heutige „Dreieck“200 aus Emittent, Intermediär und Aktionär – bzw. das regelmäßig sogar darüber hinaus200
Vgl. hierzu eingehend bereits Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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gehende Mehrpersonenverhältnis (bei Verwahrketten mit mehr als nur einem Intermediär) – kommt schon auf Richtlinienebene im Rahmen der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL deutlich zum Ausdruck.201 Die Vorgaben der ARRL II erstrecken „klassische Corporate Governance“ insofern auch auf die zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär stehenden Intermediäre.202 Im Rahmen des ARUG II hat der deutsche Gesetzgeber die diesbezüglich vorgesehenen Rechte und Pflichten der Intermediäre nun nicht bloß rein inhaltlich in das nationale Aktienrecht übertragen. Vielmehr kommt die zentrale Rolle der Intermediäre auch in systematischer Hinsicht dadurch wesentlich deutlicher als bisher zum Ausdruck, dass die Rechte und Pflichten der Intermediäre nun allgemein im Rahmen des dritten Teils des ersten Buchs im Aktiengesetz („Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“) in den §§ 67a ff. AktG beschrieben werden. Dabei werden der „Intermediär“ sowie speziell die „Intermediär[e] in der Kette“ und „Letztintermediär[e]“ in § 67a Abs. 4 u. 5 AktG auch gleich legaldefiniert. Die praktisch schon bisher bedeutende Rolle der Intermediäre, die durch die inhaltlichen Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung nur noch weiter verstärkt wird, wird im Aktiengesetz nach den Änderungen des ARUG II in konzeptioneller Hinsicht insofern wesentlich stärker als bisher widergespiegelt. Durch die bislang im Aktiengesetz vorgesehenen, eher punktuellen Regelungen zum Einbezug der Intermediäre, etwa der Inpflichtnahme von „Kreditinstituten“ im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung nach § 128 Abs. 1 S. 1 AktG a.F., wurde die praktisch so zentrale Stellung der Intermediäre in systematischer Hinsicht zuvor nicht angemessen deutlich. So gingen die bisher im Aktiengesetz vorgesehenen Regelungen über die Mitwirkung der Kredit- und Finanzinstitute in Bezug auf die Informationsübermittlung inhaltlich zwar nicht einmal erheblich weniger weit als die im Rahmen des ARUG II nun umgesetzten Vorgaben aus Art. 3b u. 3c ARRL,203 doch waren die Intermediäre vormals aufgrund der Systematik der aktienrechtlichen Vorschriften bzw. der nur „vereinzelten“ Erwähnung in verschiedenen „besonderen“ Vorschriften, insbesondere den Vorschriften zur Vorbereitung der Hauptversammlungen, eher als bloße Nebenakteure im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Aktionären erschienen. Die insofern bislang zu konstatierende Diskrepanz zwischen der Rechtspraxis und dem deutschen Aktiengesetz wurde schon in Vergangenheit mit Recht kritisiert, wobei sich insbesondere Noack in diese Richtung für eine eindeutigere Adressierung der „Dreierbeziehung“ aus Gesellschaft, Aktionär
201 Noack, NZG 2017, 561, 566; Georgiev/Kolev, GWR 2018, 107, 109; vgl. außerdem allgemein zur hohen Bedeutung der Intermediäre für die Funktionsfähigkeit des heutigen Aktienmarkts Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 104 Rn. 96 u. Vorbem. § 104 Rn. 35 ff. 202 Seibert, DB 2018, Heft 42, M4. 203 Vgl. zum vergleichsweise geringen Umsetzungsbedarf in Bezug auf die Vorgaben aus Art. 3b und Art. 3c Abs. 1 ARRL oben unter Teil 2 C. III. 1. u. 2. und auch bereits Noack, NZG 2017, 561, 564 ff.
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und Intermediär(en) im deutschen Gesellschaftsrecht ausgesprochen hatte.204 Mit den neu eingeführten Regelungen zum „Recht der Intermediäre“ in §§ 67 ff. AktG wird diese Diskrepanz nun ein Stück weit beseitigt. Jenseits etwaiger fundamentaler Kritik am System der indirekten Aktienverwahrung mithilfe von Depotbanken und Zentralverwahrern ist die nun dem aktuellen Stand der Technik besser entsprechende sowie allgemein realitäts- bzw. praxisnähere Regelung des Intermediärsrechts im deutschen Aktiengesetz daher zu begrüßen.205 Bereits im Rahmen der ursprünglichen ARRL I war das Fehlen einer entsprechenden Regelung des Intermediärsrechts in der Literatur bemängelt worden.206 Diesbezüglich haben sowohl die EU-Gesetzgebung als auch der deutsche Gesetzgeber mit der Umsetzung der Richtlinienvorgaben im ARUG II nun angemessen nachgeliefert.
III. Grundrechtliche Vereinbarkeit und rechtspolitische Bewertung der erhöhten Aktionärstransparenz und der Möglichkeit, die Aktionäre vermehrt unmittelbar zu kontaktieren Die Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL im Rahmen der §§ 67a ff. AktG und dabei insbesondere die Einführung eines neuen gesellschaftsrechtlichen Instruments zur Steigerung der Beteiligungstransparenz in Gestalt des § 67d AktG führen dazu, dass die persönlichen Daten der einzelnen Aktionäre von nun an noch intensiver als bisher einer Verwertung durch Dritte ausgesetzt werden. Sowohl die Aktiengesellschaften selbst als auch die zwischen den Gesellschaften und den Aktionären stehenden Intermediäre werden in die „Verwertung“ der persönlichen Daten der Aktionäre einbezogen. Auch die im Rahmen der Verfahren nach §§ 67a ff. AktG „beauftragte[n] Dritten“ i.S.d. § 67a Abs. 2 S. 1 AktG, insbesondere private Dienstleistungsunternehmen, kommen mit den Aktionärsdaten in Berührung. Die Aktionäre der börsennotierten Gesellschaften werden nach der Umsetzung der ARRL II insoweit stärker als bislang in ihrer informationellen Selbstbestimmung berührt. In Bezug speziell auf Namensaktien war die Verarbeitung persönlicher Aktionärsdaten rund um das Aktienregister schon in Vergangenheit zum Teil als in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ganz unproblematisch kritisiert worden.207 204
So das Fazit bei Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63, 90. So wohl auch die Bewertung von Georgiev/Kolev, GWR 2018, 107, 109; mit Kritik an der bislang insoweit realitätsfernen bipolaren Betrachtungsweise des deutschen Aktiengesetzes außerdem bereits Donald, S. 176 unter Verweis auf Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63, 64 f. („Die Dreierbeziehung [Anm.: aus Gesellschaft, Intermediär und Anleger] ist de lege lata et ferenda in den Mittelpunkt zu rücken, weil ohne dessen explizite Adressierung das Recht die Wirklichkeit verfehlt“). 206 Vgl. insoweit etwa Ochmann, S. 200. 207 Ausführlich zum „latenten Konflikt“ von Namensaktien und Datenschutz: Dammann/ Kummer, in: Die Namensaktie (von Rosen/Seifert) S. 45; kritisch diesbezüglich außerdem auch Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17 („Der ,gläserne Aktionär‘ […] rückt – nicht unbedenklich – näher.“). 205
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
269
Entsprechende Bedenken hinsichtlich der mit den Verfahren nach §§ 67 ff. AktG, insbesondere mit der Aktionärsidentifikation, einhergehenden Datenverarbeitung betreffen Namens- und Inhaberaktionäre nun gleichermaßen. Mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Aktionäre war insbesondere die von der ARRL II vorgesehene Erhöhung der Aktionärstransparenz in der Literatur schon im Vorfeld der Richtlinienumsetzung nicht immer frei von Bedenken aufgenommen worden.208 Die ohnehin zunehmend festzustellende, allgemeine Angst vor einem „gläsernen Aktionär“209 als Negativfolge immer weitreichender rechtlicher und technischer Möglichkeiten der Unternehmen und Banken zur Erfassung und Nutzung stetig anwachsender Mengen an aktionärsbezogenen Daten wird durch die Umsetzung der Vorgaben des Kapitels Ia ARRL nur weiter bestärkt. In Ansehung entsprechender Bedenken speziell in Bezug auf die Einführung des Identifikationsverfahrens nach § 67d AktG soll an dieser Stelle auf die Vereinbarkeit der Neuregelungen mit den grundrechtlich indizierten Anforderungen in puncto Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung sowie anschließend auch auf dahingehende rechtspolitische Erwägungen eingegangen werden. 1. Vereinbarkeit der neuen Aktionärsidentifikation mit den Grundrechten der Aktionäre Die Implementierung der in Art. 3a ARRL vorgesehenen Aktionärsidentifikation in das nationale Aktienrecht in Gestalt des Verfahrens nach § 67d AktG erlangt nicht zuletzt auch im Lichte des Grundrechtsschutzes der Aktionäre Bedeutung. Wie schon die der Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie dienende kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG,210 wird sich dabei auch die Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG, soweit diese der Umsetzung der zwingenden Vorgaben der ARRL II dient, in erster Linie am Grundrechtsstandard der Europäischen Union und weniger an den nationalen Grundrechten der Aktionäre zu orientieren haben. Nur soweit der deutsche Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der neuen Aktionärsidentifikation über die zwingenden Vorgaben der ARRL II hinausgeht, kommt prinzipiell auch ein Grundrechtsschutz der Aktionäre durch eine unmittelbare Heranziehung der nationalen Grundrechte, konkret insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlich208 Mit kritischem Blick auf die Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation im Besonderen in Bezug auf die deutsche Inhaberaktie etwa Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122 („Bei den anonymen Inhaberaktien sollte der „gläserne Aktionär“ jedenfalls vermieden werden.“); allgemein mit Bedenken bzgl. der durch die Aktionärsidentifikation bedingten Preisgabe von Aktionärsdaten auch bereits European Company Law Experts (ECLE), RTDF 2015, 52. 209 Vgl. zu dieser kritischen Formulierung etwa Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17; Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122. 210 Vgl. dahingehend etwa die Einschätzung bei Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn. 3, wonach insbesondere ein etwaiger Streit um die Vereinbarkeit der §§ 21 ff. WpHG mit den Grundrechten der Anleger wegen des EU-rechtlichen Hintergrunds der Vorschriften „letztlich durch den EuGH zu entscheiden“ sei.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
keitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie der über Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Eigentumsfreiheit, in Betracht.211 Die gesetzliche Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch die Mitgliedstaaten ist bezüglich der zwingenden Vorgaben des Art. 3a ARRL insbesondere anhand des europäischen Grundrechts auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 EU-GRC zu messen.212 Die Vorgaben zur Aktionärsidentifikation im Rahmen der ARRL II seitens des EU-Gesetzgebers sowie deren Umsetzung auf mitgliedstaatlicher Ebene, in Deutschland hauptsächlich die im Zuge des ARUG II eingeführte Regelung des § 67d AktG, stellen eine „belastende Regelung der Datenverarbeitung durch Grundrechtsverpflichtete“ und damit einen Eingriff in den Schutzbereich des EUGrundrechts aus Art. 8 EU-GRC dar.213 Ihre Rechtfertigung finden die Eingriffe in den Zielen der ARRL II, die unmittelbare Kommunikation zwischen den börsennotierten Gesellschaften und deren Aktionären zum Zwecke einer nachhaltigeren Unternehmenspolitik zu verbessern. Im Rahmen der stets durchzuführenden Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Eingriffen in den Schutzbereich des Art. 8 EU-GRC ist insbesondere maßgeblich, ob die Einschränkungen der Grundrechtsträger durch die Datenverarbeitung „auf das absolut Notwendige“ beschränkt sind, eine Löschung derjenigen Daten, die nicht mehr benötigt werden, stattfindet und schließlich ein wirksamer Schutz vor Missbrauchsrisiken sichergestellt ist.214 Insofern erscheint die Auswahl der persönlichen Daten, die nach Art. 2 lit. j ARRL, Tabelle 2 C ARRLDVO sowie in § 67d Abs. 2 AktG in Bezug auf die neue Aktionärsidentifikation vorgesehen ist, zur eindeutigen Identifikation und Kontaktaufnahme mit den Aktionären durchaus „notwendig“. Wegen der Vorteile einer Datenfernübertragung gegenüber einer postalischen Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären, gerade auch in grenzüberschreitenden Sachverhalten, gilt dies konkret insbesondere auch in Bezug auf die gemäß § 67d Abs. 2 S. 1 AktG i.V.m. Tabelle 2 C ARRL-DVO vorgesehene Offenlegung der E-Mail-Adressen der Aktionäre. Eine Löschung nicht mehr benötigter Daten ist sowohl auf Richtlinienebene in Art. 3a Abs. 4 UAbs. 2 ARRL als auch auf nationaler Ebene durch § 67e Abs. 2 AktG vorgesehen. Sanktionen für Datenmissbräuche und sonstige dahingehende Schutzmaßnahmen in Bezug auf die Datenverarbeitung im Rahmen der Aktionärsidentifikation und Informationsweiterleitung nach §§ 67 ff. AktG ergeben sich maßgeblich aus den Vorschriften der EU-DSGVO sowie des BDSG und stellen
211
Vgl. hierzu, allerdings ohne konkreten Bezug zur ARRL II, Jarass, NVwZ 2012, 457, 459 („Soweit allerdings Umsetzungsvorschriften über den Anwendungsbereich einer Richtlinie hinausgehen, besteht keine Bindung an EU-Grundrechte“). 212 Zum Anwendungsvorrang des EU-Grundrechtsschutzes bei „normativer Durchführung“ der EU-Richtlinien durch die Mitgliedstaaten: Jarass, in: Jarass, EU-GRC, Art. 51 Rn. 21. 213 Vgl. zum Vorliegen eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 8 EU-GRC durch „belastende Regelungen der Datenverarbeitung durch Grundrechtsverpflichtete“: Jarass, in: Jarass, EU-GRC, Art. 8 Rn. 8. 214 Jarass, in: Jarass, EU-GRC, Art. 8 Rn. 14.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
271
dabei, jedenfalls in Bezug auf die aktionärsbezogenen Daten natürlicher Personen,215 grundsätzlich einen ausreichenden Datenschutzstandard her. Soweit die deutschen Regelungen zur Aktionärsidentifikation über den Anwendungsbereich der Aktionärsrechterichtlinie hinausgehen, könnte für den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Aktionäre ausnahmsweise auch auf die nationalen Grundrechte zurückzugreifen sein, wobei bei der Auslegung und Anwendung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG in diesem Fall insbesondere die Eigentumsfreiheit der Anleger nach Art. 14 Abs. 1 GG sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ zu berücksichtigen wären. Das maßgeblich im „Volkszählungsurteil“ vom BVerfG entwickelte „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ soll dann nicht mit der Gesellschaftsordnung und einer diese ermöglichenden Rechtsordnung vereinbar sein, wenn die Bürger nicht mehr wissen können, „wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.“216 Der Schutz des Einzelnen durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt im Sinne der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte insbesondere auch in Bezug auf eine Datenverarbeitung durch Private,217 was als Aktiengesellschaft verfasste Privatunternehmen grundsätzlich einschließt. Anhand dieser Maßstäbe betrachtet, scheint die durch die Umsetzung der ARRL II neu geschaffene Aktionärstransparenz auf den ersten Blick nicht vollends unproblematisch. So ist in § 67d Abs. 2 S. 2 AktG zwar beschrieben, welche personenbezogenen Daten über den Aktionär bekannt gegeben werden, doch muss eine Benachrichtigung der Aktionäre jedes Mal, wenn ein Identifikationsvorgang nach § 67d AktG von statten geht, gerade nicht erfolgen.218 Auch kennt der Aktionär keinesfalls stets sämtliche in die Datenverarbeitung einbezogenen Personen, wobei jedenfalls Privataktionären im Regelfall bloß deren Depotbanken als Letztintermediäre sowie die Aktiengesellschaft ohne Weiteres positiv bekannt sein werden, nicht jedoch die unter Umständen ebenfalls in die Informationsprozesse einbezogenen sonstigen Intermediäre oder die über § 67a Abs. 2 S. 1 AktG herangezogenen Dritten. Allerdings werden die speziellen Vorgaben zur Datenverarbeitung des § 67e AktG in diese Richtung durch die allgemeinen Regelungen zum Datenschutz der EU-DSGVO und des BDSG ergänzt. So steht jedenfalls natürlichen Personen als Aktionären etwa das Auskunftsrecht aus Art. 15 Abs. 1 EU-DSGVO zur Verfügung. Jedenfalls mithilfe entsprechender Auskunftsverlangen nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EU-DSGVO dürfte ein Aktionär dabei etwa auch in der Lage sein, sich ein Bild über all jene Akteure der Aktienverwahrkette zu verschaffen, denen gegenüber eine Offenlegung seiner persönlichen 215 Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der EU-DSGVO und des BDSG auf personenbezogene Daten natürlicher Personen siehe bereits Fn. 447. 216 BVerfG NJW 1984, 419, 422. 217 Zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts unter Privaten und der diesbezüglichen mittelbaren Drittwirkung Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 189, 191. 218 Vgl. hierzu näher oben unter Teil 2 B. I. 7.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Daten stattgefunden hat. Auch ansonsten führt die Anwendung der weitreichenden Datenschutzbestimmungen der EU-DSGVO und des BDSG dazu, dass zugunsten der Aktionäre grundsätzlich hinreichende datenschutzrechtliche Vorkehrungen gewährleistet sind. Infolgedessen wäre das neu geschaffene Recht der Gesellschaften zur Aktionärsidentifikation letztlich wohl auch mit dem nationalen Grundrecht der Aktionäre auf informationelle Selbstbestimmung und allgemein mit dem deutschen Grundrechtsstandard insgesamt vereinbar. Angesichts dessen, dass sich der deutsche Gesetzgeber in der finalen Fassung des ARUG II allerdings insbesondere gegen eine überschießende Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation in Bezug auf die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft entschieden hat, stellt die Regelung des § 67d AktG sehr weitgehend aber ohnehin bloß eine Umsetzung der zwingenden EU-Vorgaben dar. Folglich werden etwaige grundrechtliche Streitigkeiten rund um § 67d AktG daher praktisch auch in erster Linie bloß anhand der EU-Grundrechte und allenfalls in Ausnahmefällen anhand des deutschen Grundrechtsstandards zu beurteilen sein. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG wegen ihres europarechtlichen Hintergrunds und des weitgehenden Absehens des deutschen Gesetzgebers von einer überschießenden Umsetzung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3a ARRL in erster Linie an den EUGrundrechten und nicht am Grundrechtsschutz des deutschen Grundgesetzes zu orientieren haben. Der Sache nach ist dabei im Wesentlichen das Recht der Aktionäre auf Schutz personenbezogener Daten gegen das Interesse der Gesellschaften, unmittelbar mit den Aktionären kommunizieren zu können, abzuwägen. Mit Blick auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, dem mit den Vorgaben zur Aktionärsidentifikation letztlich an einer Förderung einer langfristig positiven – „nachhaltigen“ – Unternehmensentwicklung gelegen ist, mag das insofern schutzwürdige Interesse der Gesellschaften an einer Kenntnis der eigenen Aktionäre letztlich gegenüber einem gegenläufigen Interesse der Aktionäre an Anonymität überwiegen. Wie die in den letzten Jahren verschärften Regelungen zur Beteiligungstransparenz des Aktienregisters nach § 67 AktG und die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften der §§ 33 ff. WpHG ist auch die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG insofern grundsätzlich mit den Grundrechten der Aktionäre vereinbar.219 2. Rechtspolitische Bewertung Nach dem soeben Gesagten ist der neue Mechanismus zur Aktionärsidentifikation einschließlich der diesbezüglichen Regelungen zur Datenverarbeitung grundsätzlich mit den maßgeblichen datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen und darüber 219
Mit ähnlicher Begründung bewertet etwa auch C¸ekin, S. 40 ff. die durch das Risikobegrenzungsgesetz in Bezug auf Namensaktien erfolgte Erhöhung der Beteiligungstransparenz sei in grundgesetzlicher Hinsicht letztlich nicht zu beanstanden; zur Vereinbarkeit der §§ 33 ff. WpHG – bzw. der §§ 21 ff. WpHG a.F. – mit den Grundrechten der Anleger: Hirte, in: KölnKomm WpHG, § 21 Rn. 3.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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hinaus auch allgemein mit den betroffenen Grundrechten der Aktionäre vereinbar. Rechtspolitisch erscheint es dagegen nicht ganz unbedenklich, dass den Unternehmen in Bezug auf sämtliche Aktionäre, insbesondere auch bezüglich ihrer privaten Kleinanleger, immer weitergehende Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, um deren persönlichen Daten zu sammeln und für ihre Investor Relations sowie für sonstige Maßnahmen zu verwenden. „Sicherheitsprobleme“ bzw. Schwierigkeiten bei der Überwachung einer ordnungsgemäßen Verwendung der Daten entstehen besonders bei einer Weitergabe von Informationen entlang der Verwahrkette, d. h. einer Offenlegung der Daten unter Umständen gegenüber mehreren Intermediären.220 Diesbezüglich überzeugt, dass die Aktionärsinformationen im gesetzlichen Regelfall gemäß § 67d Abs. 4 S. 1 AktG unmittelbar vom Letztintermediär an die Gesellschaft weitergeleitet werden und es insofern grundsätzlich nicht zu einer Offenlegung der Aktionärsdaten auch gegenüber den übrigen Intermediären kommt. Etwas problematischer als die insofern standardmäßig vorgesehene Direktübermittlung gestaltet sich der in § 67d Abs. 4 S. 2 AktG geregelte Fall, dass die Gesellschaft die Informationen nicht vom Letztintermediär, sondern von einem der Intermediäre in der Kette verlangt. In dieser Konstellation kommt es zu einer Verarbeitung der persönlichen Aktionärsdaten durch mehrere Intermediäre. Eine sichere Kontrolle bzw. eine Verhinderung missbräuchlicher Datenverwendung wird dabei mit jedem zusätzlich involvierten Intermediär schwieriger. Gerade in grenzüberschreitenden Situationen mit längeren Verwahrketten erscheint die Gewährleistung einer angemessenen Kontrolle insoweit nicht gänzlich unproblematisch. Insbesondere gegenüber den entsprechend Art. 3e ARRL grundsätzlich ebenfalls erfassten Intermediären aus Staaten jenseits des EWR könnte sich eine effektive Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen überdies zuweilen schwierig gestalten. Die mit der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG angestrebte sehr weitgehende Transparenz konzeptionell grundsätzlich sämtlicher Aktionäre der börsennotierten Gesellschaft erscheint in rechtspolitischer Hinsicht gerade mit Blick auf die privaten Kleinanleger, an deren Kenntnis viele Gesellschaften ohnehin nur ein begrenztes Interesse haben,221 nicht unbedenklich. Noch vor etwas mehr als einem Jahrzehnt hatte sich aus dem deutschen Schrifttum etwa auch Noack noch explizit gegen die schon damals angedachten Bestrebungen der EU-Kommission zur weiteren Offenlegung der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ausgesprochen, weil den Anlegern im Grundsatz ein Recht zuzugestehen sei, „von der Gesellschaft nicht gekannt und behelligt zu werden“.222 Durch die Neuregelung zur Aktionärsidenti220 Mit diesbezüglicher Kritik am „Kettenmodell“ der ARRL II bereits Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122. 221 Vgl. insoweit bereits oben unter Teil 3 A. I. 3. sowie die dahingehenden in Fn. 624 genannten Einschätzungen. 222 Noack, in: Die Zukunft des Clearing und Settlement, 63, 82; nun auch kritisch in Bezug auf die Vorgaben der ARRL II zur sehr weitgehenden Offenlegung grundsätzlich sämtlicher Aktionäre: ders., ZHR 183 (2019), 105, 139 („Ob diese Entwicklung zur Stärkung der Ak-
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
fikation aus dem ARUG II wird dieses „Recht“, soweit man überhaupt von einem solchen ausgehen mag, jedenfalls in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften ganz erheblich eingeschränkt. Das Interesse der Aktionäre, gegenüber der Gesellschaft unbekannt und „unbehelligt“ zu bleiben, muss insoweit gegenüber den Zielen der ARRL II, einer Aktivierung der Aktionäre für eine „langfristige“ und „nachhaltige“ Unternehmensentwicklung, zurückstehen. Das mit der Einführung des § 67d AktG neu geschaffene, allgemeine Recht der börsennotierten Gesellschaft zur Identifikation der eigenen Aktionäre berührt außerdem auf nicht unerhebliche Weise auch das ureigene Wesen der deutschen Aktiengesellschaft als Rechtsform. So folgte aus dem originären Zweck der Aktiengesellschaft als „Kapitalsammelbecken“ in Abgrenzung insbesondere zu den Personengesellschaften stets eine gewisse Anonymität der Anleger geradezu als „typisches Merkmal“ dieser Rechtsform. In Ansehung dessen, dass der Aktionär eben primär als bloßer „Geldgeber“ fungierte, erschien es nachvollziehbar, dass dieser sich – in gewissem Umfang – auch anonym im Hintergrund halten konnte. Ein gegenläufiges Interesse der Gesellschaft an einer uneingeschränkten Kenntnis ihrer Aktionäre wurde insofern gewissermaßen durch das „Wesen der Aktiengesellschaft“ selbst beschränkt.223 Die Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation durch das ARUG II ändert insofern nun eben jenes „Wesen“ bzw. die Konzeption der deutschen Aktiengesellschaft als Rechtsform. Dem Interesse der Aktiengesellschaft an einer sehr weitgehenden Kenntnis der eigenen Aktionäre wird mit dem neuen Recht zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG in bisher nicht da gewesenem Maße ein eindeutiger Vorrang gegenüber einem etwaigen Interesse der Aktionäre an einer anonymen Stellung im Schatten der Gesellschaft eingeräumt. Etwas abgemildert wird dieser konzeptionelle Einschnitt zulasten der Anonymität der Aktionäre nur dadurch, dass eine Offenlegung insbesondere von Treuhandverhältnissen auch mithilfe des § 67d AktG grundsätzlich nicht vorgesehen ist und schon deswegen auch in Zukunft (jedenfalls vorerst) keinesfalls gänzliche Transparenz in Hinblick auf sämtliche hinter der Gesellschaft stehenden Personen besteht. Dennoch rückt der „gläserne Aktionär“224 mit der Einführung des § 67d AktG letztlich einen weiteren Schritt näher.
tionärsrechte dient, mit welchem Anspruch die Richtlinie immerhin antritt, ist überaus zweifelhaft.“). 223 In diese Richtung bereits C¸ekin, S. 38; vgl. auch N. Winkler, S. 152, die sich – nicht in Bezug auf die erst später im Rahmen der ARRL II vorgesehen Aktionärsidentifikation, aber mit Blick auf das im französischen Recht schon vor Erlass der ARRL II vorgesehene Identifikationsrecht der Société anonyme – grundsätzlich gegen einen allgemeinen Zwang zur Aktionärsidentifikation zur Förderung von Investor Relations-Belangen ausgesprochen hatte. 224 Mit dieser Befürchtung in Bezug auf die Aktionärsidentifikation der ARRL II: Zetzsche, NZG 2014, 1121, 1122 f.; sowie allgemein ohne Bezugnahme auf die Aktionärsidentifikation der ARRL II: Merkt, in: Großkommentar AktG, § 67 Rn. 17.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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IV. Die Neuregelung zur Aktionärsidentifikation im Kontext einer generellen Entwicklung in Richtung immer höherer Transparenz Die mit der Einführung des neuen Rechts zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG verbundene Steigerung der Beteiligungstransparenz kann gewissermaßen als bloßes Teilstück eines weit umfassenderen „Trends zu immer mehr Transparenz“ sowohl im Rechtsverkehr allgemein als auch speziell im Recht börsennotierter Gesellschaften gesehen werden.225 Konkret in puncto Beteiligungstransparenz ist in Bezug auf das deutsche Aktienrecht insoweit nur an die zuletzt durch die Aktienrechtsnovelle 2016 weiter vorangetriebene Zurückdrängung der im Vergleich zur Namensaktie anonymeren Inhaberaktie zu denken. Die mit der Änderung des § 10 AktG im Rahmen der Aktienrechtsnovelle einhergehende Zurückdrängung der Inhaberaktie sollte ausweislich der Gesetzesbegründung zu einer Erhöhung der Beteiligungstransparenz speziell in Bezug auf nicht börsennotierte Gesellschaften führen.226 Der deutsche Gesetzgeber war damit insbesondere den Empfehlungen der „Financial Action Task Force“ (FATF) nachgekommen, die dem deutschen Gesellschaftsrecht zuvor eine unzureichende Transparenz in Bezug auf die Beteiligungsstrukturen nicht börsennotierter Inhaberaktiengesellschaften attestiert hatte, was solche Gesellschaften besonders „anfällig“ für Geldwäsche und andere Kriminalität mache.227 Eine wirklich fundierte Darlegung des Bestehens sowie der genauen Ursachen entsprechender Kriminalitätsrisiken hatten dabei allerdings sowohl die Empfehlungen der FATF als auch die spätere Begründung des deutschen Gesetzgebers vermissen lassen.228 Ein ähnlicher gesetzgeberischer Zweck wurde auch mit der 2017 erfolgten Einführung des Transparenzregisters aus §§ 18 ff. GwG verfolgt. Wie die Zurückdrängung der Inhaberaktie im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 soll auch die mit der Einführung des Transparenzregisters bewirkte Steigerung der Beteiligungstransparenz „Geldwäsche“ und anderer Kriminalität, insbesondere der „Terrorismusfinanzierung“, entgegenwirken.229 Anders als im Rahmen der Aktienrechtsnovelle ging dieses Vorhaben dabei allerdings nicht primär vom deutschen 225
So ordnen auch Häßler/Reich, AG 2018, R206 ff. die Maßnahmen der ARRL II als Teil verschiedener regulatorischer Maßnahmen für eine „höhere Transparenz in der Wirtschaft“ ein; vgl. hierzu außerdem Müller, NZWiSt 2017, 87, 87, die in Ansehung der diversen EU-rechtlichen und nationalen Maßnahmen zur Transparenzsteigerung von einer „konsequenten Transparenz auf allen Ebenen spricht“. 226 BT-Drs. 18/4349, S. 15 ff. 227 BT-Drs. 18/4349, S. 15 ff.; vgl. hierzu außerdem Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 155 f. 228 Hierzu kritisch etwa Mock, in: Großkommentar AktG, § 10 Rn. 24 ff.; Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 155; insbesondere wurden im Rahmen der Gesetzesbegründung zur Aktienrechtsnovelle auch die hierbei zusätzlich zu den Empfehlungen der FATF angeführten Erkenntnisse des Bundeskriminalamts (BT-Drs. 18/4349, S. 16) an keiner Stelle näher erläutert. 229 BT-Drs. 18/11555, S. 89.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
Gesetzgeber aus, sondern diente insoweit der Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie.230 Obgleich mit der Aktienrechtsnovelle 2016 und der Einführung des GwGTransparenzregisters grundsätzlich andere Ziele verfolgt wurden als mit der Einführung der ARRL-Aktionärsidentifikation, führen diese Maßnahmen letztlich alle zu einer insgesamt höheren Transparenz der Beteiligungsstrukturen deutscher Unternehmen. Wenngleich sich angesichts der jeweils verschiedenen gesetzgeberischen Ziele grundsätzlich auch die Anwendungsbereiche und Anknüpfungspunkte der Transparenzmechanismen unterscheiden – so betrifft etwa die ARRL-Aktionärstransparenz ausschließlich börsennotierte Gesellschaften, während mit der Änderung des § 10 AktG im Zuge der Aktienrechtsnovelle gerade die nicht börsennotierte Inhaberaktie zurückgedrängt werden sollte; während § 67d AktG den „Aktionär“ offenlegt, offenbart das Transparenzregister den „wirtschaftlich Berechtigten“ – kommt es dennoch zuweilen zu „Überschneidungen“ zwischen den verschiedenen Instituten. So ist der deutsche Gesetzgeber bei der Einführung der Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG dahingehend etwa ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Gesellschaften gegebenenfalls auch zur Erfüllung etwaiger Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz auf die neuen Informationsansprüche aus § 67d AktG zurückgreifen können.231 Zu einer Transparentmachung der Beteiligungsverhältnisse nicht nur gegenüber der Gesellschaft sondern ausnahmsweise auch gegenüber staatlichen Ermittlungsbehörden kann § 67d AktG überdies insofern führen, dass ein mithilfe von § 67d AktG erstelltes informelles Abfrageregister grundsätzlich ein „Beweismittel“ i.S.d. §§ 94, 103, 110 StPO darstellen und daher unter Umständen auch beschlagnahmt werden kann.232 Insofern führt das Zusammenkommen der diversen gesetzgeberischen Maßnahmen letztlich nicht nur dazu, dass mehrere separate Bereiche parallellaufend jeweils transparenter gemacht werden. Vielmehr beeinflussen sich die durch die verschiedenen gesetzgeberischen Maßnahmen jeweils bewirkten Transparenzsteigerungen – trotz ihrer vordergründig verschiedenen Zielrichtungen – zum Teil gegenseitig. Sofern etwa Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz in bestimmten Fällen mithilfe der Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG erfüllt werden oder eine staatliche Ermittlungsbehörde auf das „Abfrageregister“ des § 67d AktG zugreift, kommt die durch § 67d AktG gesteigerte Transparenz, gewissermaßen als „Nebeneffekt“, ein Stück weit auch der staatlichen Kriminalitätsbekämpfung zugute.
230 Richtlinie (EU) 15/849 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015, Erwägungsgrund 14. 231 Da das Identifikationsrecht aus § 67d AktG allerdings ausschließlich börsennotierten Gesellschaften zur Verfügung steht und diese gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 GwG grundsätzlich von den Pflichten aus § 20 Abs. 1 GwG befreit sind (vgl. hierzu bereits oben unter Teil 2 B. III. 1. c) ee) sowie unter Teil 2 B. V. 4.), dürften solche Fälle praktisch allerdings eher eine Ausnahme bilden. 232 Hierzu eingehend Ebner/Kraft, ZWH 2017, 153, 157 f.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
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Auch mit der Markttransparenz aus §§ 33 ff. WpHG kann die nun in § 67d AktG vorgesehene Aktionärsidentifikation insofern in Zusammenhang gesetzt werden, als beide Mechanismen – trotz ihrer vordergründig verschiedenen Regelungszwecke und Anknüpfungspunkte – nicht schlicht zwei separate, voneinander unabhängige Transparenzmechanismen darstellen, sondern sich zusammengenommen zu einer noch intensiveren Transparentmachung der Beteiligungsstrukturen verdichten: Nach den vorherigen Schilderungen sowohl zur Funktionsweise der §§ 33 ff. WpHG als auch zum neuen § 67d AktG liegt es auf der Hand, dass die §§ 33 ff. WpHG zur Erfüllung ihres gesetzgeberischen Ziels, insbesondere der frühzeitigen Offenlegung wesentlicher Änderungen in der Beteiligungsstruktur, grundsätzlich besser geeignet sind als der dem § 67d AktG zugrundeliegende Mechanismus. Allerdings werden der deutschen kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz in der Literatur zuweilen unbefriedigende Transparenzlücken konkret dahingehend attestiert, dass hiernach – anders als zum Teil in anderen Rechtsordnungen vorgesehen –233 keine Offenlegung der Beteiligungen auch zwischen den verschiedenen, in §§ 33 ff. WpHG konkret bezeichneten, Schwellen erfolgt.234 Insbesondere zwischen den in § 33 Abs. 1 S. 1 WpHG genannten Beteiligungshöhen von 30 % und 50 % sowie zwischen der 50 %- und der 75 %-Schwelle bestünden insoweit vergleichsweise große Transparenzlücken.235 Obgleich § 67d AktG insbesondere keinesfalls alle von §§ 33 ff. WpHG erfassten Formen der Stimmrechtskontrolle, sondern bloß die Beteiligung einer Person als „Aktionär“ offenlegt, können die mithilfe von § 67d AktG abfragbaren Informationen für die Gesellschaft dahingehend durchaus aufschlussreich sein. So umfasst § 67d AktG konkret gerade etwa auch eine Angabe zum genauen Anteilsbesitz, ohne dabei auf die „starren“ Prozentwerte der §§ 33 ff. WpHG beschränkt zu sein.
233 So lösen etwa in Großbritannien Beteiligungsänderungen ab 3 % bei jedem Prozentpunkt eine entsprechende Meldepflicht aus, vgl. Art. 5.1.2 FCA Handbook DTR (26/11/2015) („A person must notify the issuer of the percentage of its voting rights he holds as shareholder […] if the percentage of those voting rights: (1) reaches, exceeds or falls below 3 %, 4 %, 5 %, 6 %, 7 %, 8 %, 9 %, 10 % and each 1 % threshold thereafter up to 100 % […]“) sowie mit Hinweis hierauf Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 24. 234 Mit Kritik hieran und der Forderung einer entsprechenden Gesetzesänderung insbesondere Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 24; Burgard/Heimann, WM 2015, 1445, 1446; Fleischer/Schmolke, NZG 2009, 401, 409 (jedenfalls in Bezug auf das „Niemandsland“ zwischen 30 % und 50 %“); Veil, ZHR 177 (2013), 427, 438 f. 235 Schneider, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHG, § 33 Rn. 24; Veil, ZHR 177 (2013), 427, 438 f.
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3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
V. Bedeutung der Neuregelungen des ARUG II für die konzeptionelle Rolle des Aktionärs im deutschen Aktienrecht Mit der Umsetzung der Vorgaben der ARRL II durch das ARUG II geht unter anderem auch eine gewisse „Stärkung“ der Aktionäre gegenüber der Unternehmensleitung einher. Insoweit werden den Aktionären, etwa durch die Neuregelung des § 120a AktG („Votum zum Vergütungssystem und zum Vergütungsbericht“) zur regelmäßigen Abstimmung über die Vorstandsvergütung („say on pay“), neue Rechte an die Hand gegeben und bestehende Aktionärsrechte erweitert.236 Neben der durch die ARRL II indizierten – und in rechtspolitischer Hinsicht nicht gänzlich unumstrittenen – Stärkung der Aktionäre im Verhältnis zur Unternehmensleitung und mittelbar auch im Verhältnis zu den übrigen Steakholdern, bewirken die Neuregelungen speziell zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung dabei gewissermaßen aber auch eine Aktivierung und somit letztlich eine faktische Stärkung der bislang vergleichsweise passiven Aktionäre im Verhältnis zu den schon bisher aktiven Aktionären. Die Erkenntnis, dass gesetzliche Maßnahmen erforderlich sind, um das Interesse gerade auch der kleineren Aktionäre an einer aktiven Ausübung der Aktionärsstellung zu steigern, ist keineswegs neu. So kam etwa Lutter bereits in den frühen 1970er-Jahren nach einer Analyse der damaligen Stellung des Aktionärs innerhalb der Aktiengesellschaft und innerhalb der Marktwirtschaft zu der Erkenntnis, dass man gerade von kleineren Aktionären in Ansehung ihrer nur beschränkten Einflussmöglichkeiten keinen „Altruismus“ erhoffen könne und insofern neue Anreize geschaffen werden sollten, die das Interesse gerade auch solcher Aktionäre an der Wahrnehmung ihrer Kontrollrechte steigern. Insofern sei insbesondere eine Stärkung der Befugnisse der Aktionäre angezeigt.237 In mancherlei Hinsicht haben die Befugnisse des einzelnen Aktionärs in den letzten Jahrzehnten seither sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene durchaus eine entsprechende Stärkung erfahren. Die schiere Existenz der „Shareholder Value“-Debatte als solcher bzw. gerade auch die zuletzt oft formulierte Kritik am „Primat des Shareholder Value“ könnten darauf hindeuten, dass dem Aktionär mit Blick auf dessen aktienrechtliche Befugnisse inzwischen durchaus hinreichende Einflussnahmemöglichkeiten zur Verfügung stehen, um der ihm zugedachten Rolle insbesondere als Kontrollinstanz gegenüber der Unternehmensleitung angemessen nachzukommen. Gesetzgeberische Maßnahmen wie die ARRL I und deren Überarbeitung durch die ARRL II legen insofern prima facie den Schluss nahe, dass es um das Verständnis und die Wertschätzung der „Rolle des Aktionärs“ besser denn je stehe. 236
Vgl. zu den im ARUG II vorgesehenen Neuregelung bezüglich der Vorstandsvergütung instruktiv etwa Anzinger, ZGR 2019, 39; Bachmann/Pauschinger, ZIP 2019, 1; Velte, DStR 2018, 2445; Scheffler, AG 2018, R317, R317 f.; Schmidt, NZG 2018, 1201, 1202 ff. 237 Vgl. dazu schon Lutter, Der Aktionär in der Marktwirtschaft, S. 34 f.
B. Bewertung der Eignung der Neuregelungen
279
Andererseits lässt sich mit Blick gerade auf die jüngere Rechtsentwicklung sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene zum Teil auch eine gegensätzliche Entwicklung des Verständnisses von der Stellung des Aktionärs innerhalb der Gesellschaft und der Marktwirtschaft beobachten. Sowohl auf europäischer Ebene als auch in Bezug auf das deutsche Gesellschaftsrecht liegt einigen jüngeren Gesetzen insofern eher ein rein „wirtschaftliches Verständnis“ der Aktionärsstellung und eine Stärkung vorwiegend der Vermögensrechte von Kleinaktionären zugrunde als ein „korporatives“ Verständnis der Aktionärsstellung, nach dem auch den Mitgliedschafts- und Verwaltungsrechten gerade von einzelnen, nur geringfügig beteiligten Aktionären eine hohe Bedeutung beizumessen ist.238 Veranschaulichen lässt sich eine solche Entwicklung etwa mit Blick auf die gesetzliche Anerkennung und Ausweitung der Möglichkeiten zum Ausschluss von Minderheitsaktionären im Rahmen eines Squeeze-Outs oder auch die Einschränkung der Möglichkeiten der Kleinaktionäre zur aktienrechtlichen Beschlusskassation durch Freigabe- und Spruchverfahren.239 Aus dem Bereich der deutschen Rechtsprechung zeugen beispielhaft etwa die in jüngerer Vergangenheit vorgenommenen Relativierungen und Abschwächungen der Voraussetzungen zur Rechtfertigung eines aktienrechtlichen Bezugsrechtsausschlusses von einer Entwicklung weg von einem eher mitgliedschaftlichen Verständnis der Aktionärsstellung hin zu einem vorwiegend vermögensbezogenen Verständnis des Aktionärs als Anleger.240 Auch auf Ebene des europäischen Sekundärrechts deuten einige Maßnahmen auf eine entsprechende Entwicklung des Verständnisses der Aktionärsstellung dahingehend, dass der einzelne Aktionär mit nur geringfügiger Beteiligung weniger als Mitglied und mehr als bloßer Vermögensanleger begriffen wird, hin. So wurden konkret etwa im Rahmen der EUVerschmelzungsrichtlinie241 mit den darin vorgesehenen sehr weitgehenden Möglichkeiten zum Minderheitsausschluss („verschmelzungsrechtlicher Squeeze out“) die korporativen Rechte der einzelnen Anleger teils geschwächt und diesen dafür ein bloßer Vermögensschutz eingeräumt.242 Die ARRL II betont mit der hierin vorgesehenen Stärkung der Rechte grundsätzlich sämtlicher Aktionäre hingegen wiederum die Bedeutung des Aktionärs nicht nur als Kapitalanleger, sondern auch als korporatives Mitglied der Aktiengesellschaft. Die vorgesehene „Stärkung der Aktionärsrechte“ meint hier insofern eben nicht bloß eine Stärkung der Vermögensrechte. Vielmehr sollen die Aktionäre gezielt als Kontrollinstanz („checks and balances“) der Unternehmensleitung aktiviert und hierzu deren Verwaltungsrechte bzw. die Möglichkeit zur tatsächlichen Ausübung derselben gestärkt werden. Insofern liegt den Maßnahmen der ARRL II, so wie 238
Dazu Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45. Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45, 50; Marsch-Barner, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 1.4. 240 Mit diesem Beispiel Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45, 50. 241 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten. 242 Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45, 59. 239
280
3. Teil: Umsetzung des Kapitels Ia ARRL in das dt. Gesellschaftsrecht
bereits denen der ursprünglichen ARRL I,243 eindeutig ein sehr korporatives Verständnis der Aktionärsstellung zugrunde. Konkret in Bezug auf die Aktionärsidentifikation geht der europäische Gesetzgeber dabei allerdings einen auf den ersten Blick geradezu paradox erscheinenden Weg zur „Stärkung“ der Aktionäre, wenn er mit Art. 3a Abs. 1 S. 1 AktG gerade nicht die Aktionäre mit zusätzlichen Rechten gegenüber der Gesellschaft ausstatten lässt, sondern vielmehr den Gesellschaften ein neues Recht einräumt, das den Rechtskreis der Aktionäre nicht erweitert, sondern vielmehr deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt. Dieser jedenfalls auf den ersten Blick bestehende Widerspruch zwischen der gewollten „Stärkung“ der Aktionäre und der durch Art. 3a ARRL bewirkten „Einschränkung“ derer Möglichkeiten zur anonymen Beteiligung erscheint umso gravierender, wenn man sich vor Augen führt, dass durch die deutschen Regelungen etwa zur Stimmrechtsbevollmächtigung, die noch im Rahmen des ARUG I neustrukturiert worden waren, die Anonymität der Aktionäre bislang zum Teil sogar gezielt gewährleistet bzw. gestärkt worden war.244 So ermöglicht insbesondere der Regelfall der Ausübung einer Stimmrechtsvollmacht, der „Stimmabgabe im Namen dessen, den es angeht“ gemäß § 135 Abs. 5 S. 2 AktG, bewusst die Wahrung der Anonymität der Aktionäre. Hierbei wird einzig der Umstand offengelegt, dass der Intermediär nicht für sich selbst, sondern als Vertreter für einen anderen tätig wird, während die Identität des Vertretenen selbst verborgen bleibt.245 Die deutsche Rechtsprechung hatte den Intermediären unter Berufung auf den Normzweck des § 135 AktG insoweit sogar ein diesbezügliches „Recht“ zur Geheimhaltung gegenüber der Gesellschaft attestiert und sich so letztlich zugunsten der Anonymität der Aktionäre ausgesprochen.246 Diesbezüglich erfährt das deutsche Aktienrecht durch die Umsetzung der Vorgaben zur Aktionärsidentifikation nun gewissermaßen eine Kehrtwende. Der „innovative“ Ansatz des europäischen Gesetzgebers, mit Art. 3a ARRL die Aktionäre insgesamt dadurch zu stärken, den Gesellschaften die Preisgabe von Aktionärsdaten – zulasten des einzelnen Aktionärs – zu ermöglichen, hat mit dem ARUG II nun jedenfalls auch Eingang in das deutsche Aktienrecht gefunden.247
243
Nietsch, ZVglRWiss 2013, 45, 58. Arnold, in: MüKo AktG, § 135 Rn. 6 u. 174. 245 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 135 Rn. 40. 246 BGH NJW 1995, 1739, 1744. 247 Georgiev/Kolev, GWR 2018, 107, 109; kritisch in Bezug auf den Ansatz der ARRL II, durch weitergehende Möglichkeiten zur Offenlegung der Aktionäre eine Stärkung derer Rechte bewirken zu wollen: Noack, ZHR 183 (2019), 105, 139. 244
4. Teil
Schlussbetrachtungen A. Ausblick Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Neuregelungen des ARUG II zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung zum Teil durchaus wesentliche Auswirkungen auf das deutsche Aktienrecht mit sich bringen: In ihrer überarbeiteten Fassung hat sich die Aktionärsrechterichtlinie mit den Vorgaben des neuen Kapitels Ia ARRL verstärkt dem „Intermediärsrecht“ gewidmet und damit ein Versäumnis der ursprünglichen ARRL I nachgeholt.1 Insoweit hat nun auch der deutsche Gesetzgeber mit den Neuregelungen des ARUG II nachgerüstet. Die Rechte und Pflichten der für die moderne Aktienverwahrung praktisch so bedeutenden Intermediäre werden im Aktiengesetz nun nicht mehr durch bloß punktuelle Regelungen, sondern in Gestalt der §§ 67a ff. AktG in Rahmen eines allgemeinen, zentralen Regelungskomplexes behandelt. Gerade in grenzüberschreitenden Verwahrsituationen sind von der stärkeren Inpflichtnahme der Intermediäre und der dahingehenden Harmonisierung durch die ARRL-DVO auch praktisch erhebliche Verbesserungen der Informationsprozesse zu erwarten. Das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG reiht sich in das komplexe System der verschiedenen Beteiligungstransparenzmechanismen ein und verbessert die Möglichkeiten börsennotierter Gesellschaften zur Offenlegung ihrer Aktionäre. Für die Emittenten von Namensaktien hält sich die hierdurch bewirkte Transparenzsteigerung wegen der schon bislang mit dem formellen Aktienregister und dem Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG vorhandenen Transparenzmechanismen in Grenzen. Speziell in Bezug auf grenzüberschreitende Sachverhalte innerhalb des EWR kann die Einführung des § 67d AktG allerdings auch für solche Gesellschaften zu einigen praktischen Verbesserungen führen. Hinsichtlich der formal ebenso erfassten Fälle, in denen auch Aktionäre und Intermediäre von außerhalb des EWR in die Verwahrkette einbezogen sind, ist hingegen eine gewisse Skepsis bezüglich der praktischen Durchsetzbarkeit des neuen Identifikationsrechts angebracht. Bedauerlich ist dies wegen des hohen Anteils etwa der 1 Dass die ursprüngliche ARRL I Vorgaben zum Intermediärsrecht „nur am Rande“ beinhaltet hatte, war seinerzeit insoweit von Teilen der Literatur kritisiert worden, vgl. nur Ochmann, S. 197 mit Verweis auf Zetzsche, Der Konzern 2007, 251, 258.
282
4. Teil: Schlussbetrachtungen
US-Investoren unter den Aktionären der deutschen Unternehmen, aber auch mit Blick auf den bevorstehenden „BREXIT“ und dem damit verbundenen Wegfall der vielen britischen Aktionäre aus der Rechtsgemeinschaft der EU.2 Für börsennotierte Inhaberaktiengesellschaften führt die Einführung des § 67d AktG auch bereits in Bezug auf reine Inlandsfälle zu einer erheblichen Verbesserung der Aktionärstransparenz, wodurch sich die Inhaberaktie der Namensaktie weiter annähert. Letztlich büßt die Inhaberaktie dadurch jedenfalls in Bezug auf börsennotierte Gesellschaften zunehmend ihre Existenzberechtigung ein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass die Emittenten von Inhaberaktien ihre Aktionäre mithilfe der Verfahren nach § 67d AktG nunmehr zwar erheblich besser als zuvor identifizieren können, die so in Erfahrung gebrachten Aktionärsdaten aber letztlich deutlich weniger umfänglich zur „unmittelbaren Kommunikation“ mit den Aktionären nutzen können als dies bei Namensaktiengesellschaften – in Bezug auf die selbst in das Aktienregister eingetragenen Aktionäre – der Fall ist. Speziell mit Blick auf das mit Art. 3a ARRL durch den EU-Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung einer direkten – und digitalen – Aktionärskommunikation, wäre eine Abschaffung der Inhaberaktie im Rahmen des ARUG II daher womöglich auch konsequenter gewesen als das Hinauszögern einer dahingehenden Entscheidung. Mit Spannung ist abzuwarten, in welchem Umfang die börsennotierten Unternehmen auch tatsächlich von der im Zuge des ARUG II neu implementierten Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG Gebrauch machen werden. Die allgemein steigende Wertschätzung guter Investor Relations und der zum Teil zunehmende Druck der Unternehmensleitungen durch bestimmte Investorengruppen legen ein gewisses Interesse an einer Kenntnis möglichst vieler der eigenen Aktionäre durchaus nahe. Speziell in Bezug auf private Kleinanleger fällt das diesbezügliche Interesse der Unternehmensleitung letztlich allerdings dennoch überschaubar aus. Die aus deren Sicht wichtigeren institutionellen Investoren waren den Gesellschaften praktisch auch schon bisher bereits recht weitgehend bekannt. Schwierig zu beurteilen ist, inwieweit das ARUG II darüber hinaus letztlich auch tatsächlich zu einer aktiveren Beteiligung der Aktionäre beiträgt. Die Auswirkungen allein der verbesserten Möglichkeiten zur Identifikation der Aktionäre und ein dadurch ermöglichtes unmittelbares Kontaktieren derselben werden insoweit überschaubar sein. In Verbindung mit den übrigen Vorgaben des Kapitels Ia ARRL, insbesondere der in Bezug auf grenzüberschreitende Sachverhalte deutlich erweiterten Inpflichtnahme der Intermediäre zur Informationsübermittlung, kann der ARRL II und deren Umsetzung in Gestalt des ARUG II allerdings durchaus ein gewisser Erfolg beschieden sein. Insoweit ist durch die Neuregelungen des ARUG II 2 Bei einer regionalen Betrachtung der Aktionärsstrukturen deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften haben Aktionäre aus Großbritannien nach den US-amerikanischen Investoren bislang klar eine der größten Anlegergruppen dargestellt; für das Jahr 2018 wurde der Anteil von Investoren aus dem Vereinigten Königreich und Irland in Bezug auf die DAXUnternehmen dabei auf ca. 19,5 % geschätzt, vgl. die Studie „Investoren der Deutschland AG 6.0 – Who owns the German DAX?“, IHS Markit/DIRK, June 2019.
B. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Thesen
283
und die durch die ARRL-DVO bewirkte Harmonisierung mit einer verbesserten Informationsversorgung etwa speziell auch der besonders passiven ausländischen Privataktionäre zu rechnen. Konzeptionell führt das Absehen des deutschen Gesetzgebers von einer überschießenden Umsetzung der Richtlinienvorgaben insbesondere zur Aktionärsidentifikation in Bezug auf die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft dazu, dass das faktische Bestehen eines „Sonderrechts der börsennotierten AG“ – schon auf gesellschaftsrechtlicher Ebene – mit dem ARUG II weiter vorangetrieben wird. Dass noch im Referentenentwurf zum ARUG II dahingehend jedenfalls eine teilweise überschießende Umsetzung – in Gestalt einer „Opt-in“-Möglichkeit der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft – vorgesehen gewesen war und auch die Vorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung zunächst weitergehend als letztlich erfolgt auch für nicht börsennotierte Gesellschaften umgesetzt werden sollten, deutet allerdings darauf hin, dass der deutsche Gesetzgeber in Bezug auf eben diese Entscheidung derzeit selbst keinen gänzlich klaren Kurs vor Augen hat.
B. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Thesen 1.
Im Zuge der Umsetzung der Vorgaben der ARRL II zur Aktionärsidentifikation wird mit § 67d AktG ein neues Verfahren zur Offenlegung der Aktionäre in das deutsche Aktiengesetz implementiert. Der dahingehende Informationsanspruch steht nur börsennotierten Gesellschaften zu, gilt dabei aber gleichermaßen sowohl für Namens- als auch für Inhaberaktien. Durch den Verzicht des deutschen Gesetzgebers auf eine allgemeine Mindestschwelle i.S.d. Art. 3a Abs. 1 S. 2 ARRL unterfallen der neuen Aktionärsidentifikation grundsätzlich sämtliche Aktionäre.
2.
Indem das neue Verfahren zur Aktionärsidentifikation aus § 67d AktG eine Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse ausschließlich gegenüber der Gesellschaft bewirkt, sich auf grundsätzlich sämtliche Aktionäre erstreckt und hierdurch zugunsten der Gesellschaft eine (unmittelbare) Kontaktaufnahme zu den Aktionären ermöglicht werden soll, bestehen weitreichende Parallelen zu dem für Namensaktiengesellschaften vorgesehenen Auskunftsverfahren nach § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG. Dies gilt umso mehr, als durch beide Transparenzmechanismen die in der Verwahrkette hinter den Intermediären stehenden „Eigenbesitzer“ der Aktien aufgedeckt werden, grundsätzlich aber keine tiefergehende Offenlegung der genauen wirtschaftlichen Verhältnisse jenseits der Depotverhältnisse und insofern grundsätzlich insbesondere auch keine Aufdeckung schuldrechtlicher Treuhandkonstruktionen erfolgt. Diskutabel könnte eine Offenlegung des bloß „wirtschaftlichen Aktionärs“ über § 67d AktG ausnahmsweise dann sein, wenn bereits eine Depotbank ihren Kunden (stan-
284
4. Teil: Schlussbetrachtungen
dardmäßig) kein materiell-rechtliches Aktieneigentum, sondern bloß eine schuldrechtliche Position vermittelt (Stichwort: US-amerikanische „security entitlements“); hier liegt die Treuhandkonstruktion gewissermaßen noch „innerhalb der Depotverhältnisse“. Ansonsten geht die neue Aktionärsidentifikation nach § 67d AktG für Namensaktiengesellschaften insoweit über das Auskunftsverfahren aus § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG hinaus, als sich die Gesellschaft hier direkt nach dem am Ende der Verwahrkette stehenden Aktionär erkundigen kann anstatt sich selbst entlang der Verwahrkette durchfragen zu müssen. Speziell für grenzüberschreitende Verwahrsituationen ist wegen der EWRweiten Implementierung vergleichbarer Identifikationsverfahren sowie der dahingehenden Harmonisierung durch die ARRL-DVO außerdem eine bessere Durchsetzbarkeit der entsprechenden Identifikationsersuchen zu erwarten. 3.
Das neue Recht der börsennotierten Gesellschaft zur Aktionärsidentifikation steht grundsätzlich unabhängig neben den bisherigen Mechanismen der Beteiligungstransparenz wie dem für Namensaktien vorgesehenen Aktienregister nach § 67 AktG oder der kapitalmarktrechtlichen Markttransparenz aus §§ 33 ff. WpHG. Im Verhältnis speziell zwischen dem formellen Aktienregister und dem Identifikationsverfahren aus § 67d AktG sieht das ARUG II allerdings eine gewisse „Verzahnung“ beider Mechanismen dergestalt vor, dass eine Offenlegung der Aktionäre über § 67d AktG gemäß § 67 Abs. 3 S. 2 AktG als Grundlage für eine Änderung des Aktienregisters dienen können soll. Angesichts dessen, dass eine direkte Kommunikation mit den Aktionären jedenfalls im Rahmen der gesetzlichen Mitteilungspflichten auch nach der Implementierung des § 67d AktG weiterhin grundsätzlich nur in Bezug auf selbst in das Aktienregister eingetragene Aktionäre möglich ist, ist eine solche Verknüpfung des Auskunftsverfahrens nach § 67d AktG mit dem formellen Aktienregister der Sache nach durchaus sinnvoll. In der Praxis ist die Anpassung eines für girosammelverwahrte Aktien automatisiert geführten Aktienregisters allein aufgrund einer Offenlegung der Aktionärsinformationen gemäß § 67d AktG allerdings nicht ohne Weiteres – insbesondere nicht ohne einen Abgleich der nach § 67d AktG offengelegten Daten mit den Daten aus dem Settlementsystem – möglich. Insoweit überlässt der deutsche Gesetzgeber die schwierige Aufgabe, hierfür eine angemessene technische Lösung zu entwickeln, ausdrücklich der Praxis.
4.
In Bezug auf die Aktionärsidentifikation erscheint es zunächst etwas misslich, dass die Aktionärsrechterichtlinie noch immer keine ausdrückliche, vollständig autonome Definition des Aktionärs, sondern grundsätzlich weiterhin bloß einen Verweis auf das jeweilige Recht der Mitgliedstaaten enthält. Die Vorgaben der Art. 3a ff. ARRL und die Konkretisierungen der ARRL-DVO machen aber implizit deutlich, dass die Person des Aktionärs im Sinne der Richtlinie negativ von der Person eines Intermediärs abzugrenzen ist. Insoweit liegt den Neuvorgaben der ARRL II letztlich durchaus eine gewisse richtlinienautonome, formelle Begriffsbestimmung zugrunde. Bei der Person des Aktionärs i.S.d.
B. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Thesen
285
§§ 67a ff. AktG handelt es sich demnach grundsätzlich um die erste Person innerhalb der Aktienverwahrkette, die kein Intermediär ist, bzw. um diejenige Person, die bei dem Letztintermediär i.S.d. § 67a Abs. 5 S. 2 AktG sowie Art. 1 Nr. 6 ARRL-DVO ein Depot unterhält. Nicht mithilfe der Ansprüche aus § 67d Abs. 1 S. 1 AktG offengelegt werden etwaige Akteure jenseits der Depotbeziehung. 5.
Für die Emittenten börsennotierter Inhaberaktien fällt die Verbesserung der Aktionärstransparenz schon in Bezug auf reine Inlandsfälle durchaus bedeutend aus. Aktionäre außerhalb des Anwendungsbereichs der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG hatten in Inhaberaktiengesellschaften zuvor grundsätzlich weitgehend anonym gegenüber der Gesellschaft agieren können, zumal regelmäßig nicht einmal die Stimmrechtsausübung im Rahmen der Hauptversammlung mit einer Offenlegung der Identität einhergeht.
6.
Durch eine höhere Fungibilität zeichnet sich die Inhaberaktie gegenüber der Namensaktie schon seit Langem regelmäßig nicht mehr aus. Mit dem ARUG II wurde der (börsennotierten) Inhaberaktie nun auch der ihr bis dahin verbliebene „Vorteil“, den Investoren eine im Vergleich zur Namensaktie anonymere Form der Beteiligung zu ermöglichen, weitgehend genommen. Konzeptionell nähern sich beide Aktienarten dadurch weiter aneinander an, was den Bedarf der Existenz der Inhaberaktie als Alternative zur Namensaktie zunehmend in Frage stellt. Durch die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation nicht (überschießend) auch für nicht börsennotierte Gesellschaften umzusetzen, verbleibt der Inhaberaktie jedenfalls insoweit zunächst noch weiterhin der Vorteil einer etwas höheren Anonymität. Für börsennotierte Gesellschaften zeichnet sich die Inhaberaktie gegenüber der Namensaktie nach dem ARUG II dagegen grundsätzlich nur noch durch das Nichtbestehen des administrativen und finanziellen Aufwands aus, der mit der Führung eines formellen Aktienregisters einhergeht. Die Vorteile der Namensaktie überwiegen demgegenüber zunehmend. Angesichts dessen, dass sich mit den durch das ARUG II – gerade in Bezug auf grenzüberschreitende Verwahrsituationen – intensivierten Pflichten zur Informationsübermittlung gleichsam auch die diesbezüglichen Kosten der Gesellschaft erhöhen, wiegt das dahingehende Einsparpotential, das die Namensaktie den Emittenten aufgrund der besseren Eignung für eine direkte und digitale Aktionärskommunikation bietet, künftig umso schwerer. Letztlich stellt sich in Anbetracht der verschiedenen gesetzgeberischen Maßnahmen, die gewollt – so etwa die Neufassung des § 10 AktG im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 – oder jedenfalls faktisch – so nun die Einführung des § 67d AktG durch das ARUG II – zur kontinuierlichen Schwächung der Inhaberaktie beitragen, die Frage, ob eine Abschaffung der Koexistenz beider Aktienarten im ARUG II nicht konsequenter gewesen wäre.
286
4. Teil: Schlussbetrachtungen
7.
Als Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung werden mit den §§ 67a ff. AktG neue Vorschriften in das deutsche Aktiengesetz implementiert, im Rahmen derer die – insbesondere auch ausländischen – Intermediäre umfassend in die Pflicht genommen werden. In Verbindung mit der diesbezüglichen Harmonisierung durch die ARRL-DVO ist insoweit speziell in Bezug auf grenzüberschreitende Verwahrsituationen eine spürbare Verbesserung der Informationsprozesse zu erwarten. Dem deutschen Aktienrecht gänzlich neu sind außerdem ein Recht der Aktionäre, bei elektronischen Stimmabgaben eine Bestätigung über den Eingang der Stimme zu erhalten (§ 118 Abs. 1 S. 3 – 5 u. Abs. 2 S. 2 AktG), sowie das Recht auf eine Bestätigung darüber, ob und wie die eigene Stimme gezählt wurde (§ 129 Abs. 5 AktG).
8.
Schwierig zu beurteilen ist, inwieweit mit der gesetzgeberisch angestrebten Erhöhung der Aktionärsbeteiligung auch tatsächlich positive Folgen in volkswirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht einhergehen werden und so dem programmatischen Ziel größtmöglicher „Nachhaltigkeit“ gedient wird. Jedenfalls in Bezug auf die Neuregelungen zur Aktionärsidentifikation und Informationsübermittlung stellt die durch das ARUG II bewirkte „Stärkung“ der Aktionäre dabei zum Teil immerhin eher eine faktische Stärkung der bisher unterrepräsentierten Aktionäre im Verhältnis zu den schon bisher bereits aktiven Investoren dar als eine Verschiebung von Machtverhältnissen zulasten der übrigen Stakeholder. Eine hierdurch bewirkte Steigerung nicht nur der Aktionärsbeteiligung allgemein, sondern gerade auch der Diversität der sich aktiv beteiligenden Investoren, erscheint grundsätzlich begrüßenswert.
9.
Die Umsetzung der Richtlinienvorgaben zur Aktionärsidentifikation, Informationsübermittlung und Rechtsausübungserleichterung im ARUG II geht mit einigen kleinen Schritten in Richtung einer fortschreitenden Digitalisierung der Aktionärskommunikation einher. Positiv zu bewerten ist insoweit insbesondere der fortan standardmäßige Einbezug einer elektronischen Adresse des Aktionärs zu den nach § 67 Abs. 1 S. 1 AktG in das Aktienregister einzutragenden Daten sowie die Abfragbarkeit der E-Mail-Adresse über § 67d AktG. Gelöst wird das Problem, dass manche Aktionäre – als faktisches „Nadelöhr“ der Digitalisierung – noch immer nicht zu einer entsprechend digitalen Kommunikation bereit sind, durch das ARUG II jedoch nicht. Die im Referentenentwurf zum ARUG II noch vorgesehene Regelung, dass eine Benachrichtigung der Aktionäre seitens der Depotbank per E-Mail oder ein elektronisches Bankpostfach stets zur Erfüllung der Informationspflicht ausreicht, wurde im späteren Gesetzgebungsverfahren bedauerlicherweise verworfen. Immerhin stellt die Kostenregelung des § 67 f Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG diesbezüglich einen, wenngleich überschaubaren, Anreiz in diese Richtung dar. Einer „vollständigen Digitalisierung“ der Aktionärskommunikation stehen derzeit überdies auch andere, nicht unmittelbar mit der ARRL II bzw. dem ARUG II in Zusammenhang stehende und z. T. auch
B. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Thesen
287
europarechtlich indizierte, Vorschriften – konkret beispielsweise die strengen Vorgaben zur Datenfernübertragung nach § 49 Abs. 3 WpHG – entgegen. 10. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der meisten Neuregelungen auf börsennotierte Gesellschaften treibt die fortschreitende Differenzierung zwischen dem Recht börsennotierter und dem Recht nicht börsennotierter Aktiengesellschaften auf gesellschaftsrechtlicher Ebene weiter voran. Eine „Überregulierung“ des Rechts der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft wird auf diese Weise vermieden und zusätzliche Bürokratie weitgehend auf das EUrechtlich vorgegebene Minimum beschränkt. Die im ursprünglichen Referentenentwurf zum ARUG II vorgesehene, später aber verworfene „Satzungsoption“ der nicht börsennotierten Gesellschaft zur Einwahl in das System der Aktionärsidentifikation hätte angesichts der damit einhergehenden Lockerung des Prinzips der Satzungsstrenge für diesen „Gesellschaftstyp“ allerdings ebenfalls etwas für sich gehabt. 11. In rechtspolitischer Hinsicht ist die mit dem ARUG II weiter vorangetriebene Entwicklung hin zu einer immer höheren Aktionärstransparenz nicht unkritisch zu sehen. Speziell die zunehmende Einschränkung der Möglichkeiten auch kleinerer Privataktionäre, unerkannt und unbehelligt zu bleiben, erscheint mit Blick auf den Schutz derer Privatsphäre nicht ganz unbedenklich. Zu einer vollständigen Transparenz der Beteiligungsverhältnisse führen allerdings auch die Neuregelungen des ARUG II (vorerst) nicht.
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Stichwortverzeichnis Abschaffung der Inhaberaktie 234, 241 f., 246 f., 282 Abstimmbestätigung 178, 192 f., 202, 286 Abtretung 235 Akquisitionswährung 239 Aktienbuch 100, 237 Aktienrechtsnovelle 2016 31, 55, 61, 236, 241, 244, 248, 275 f. Aktienregister 99 ff. – Eintragungspflicht 103, 148 – einzutragende Daten 100 – elektronische Führung 100 – Recht zur Einsichtnahme 100 f. – Registerwahrheit 106, 109 – Verhältnis zu § 67d AktG 151 ff. – Zweck 99 Aktionär(e) – Ankeraktionär 230 – ausländische 26, 104, 111 ff., 231 f., 263 ff. – Begriff/Definition 39 ff., 122 ff. – institutionelle 21 f., 26, 29, 206, 217 ff., 228 ff., 230 ff., 262 ff. – Kleinaktionäre 26, 27 ff., 76 ff., 205, 227 ff., 266, 279 – Privataktionäre 22, 165 f., 206, 216 f., 231 ff., 240, 264 Aktionärsdaten 67, 130 ff. Aktionärsdemographie 154, 240 Aktionärsdemokratie 26, 28 Aktionärskommunikation – elektronische 184, 256 f. – freiwillige 142 f., 228 ff., 254 f., 259 – horizontale 101 Aktionärsrechterichtlinie, überarbeitete (ARRL II) – Anwendungsbereich 34 ff. – Hintergründe und Ziele 23 ff. – Kommissionsentwurf zur ARRL II 37, 80 – Kritik 261 ff.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht 165, 271 ALU-Verfahren (Automatische Umschreibung auf den Legitimationsaktionär) 108, 136 American Depositary Receipt (ADR) 238 Anonymität, Recht auf 17 ff., 164 ff., 272 ff. Anteilsbesitznachweis 187 ff. Arbeitnehmer 263 ff. ARUG I (Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie) 18, 23, 49 f., 59, 62 f. ARUG II (Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie) – Anwendungsbereich 48 ff. – Gesetzgebungsverfahren 32 f. – Hintergrund und Ziele 48 ff., 60 ff. – Referentenentwurf 32, 63 f., 106, 125 f., 135 f., 256, 283 Aufsichtsrat 25, 228, 249, 263 Auskunftsanspruch siehe Identifikationsanspruch Auskunftsverfahren (gem. § 67 Abs. 4 S. 2 u. 3 AktG) 108 ff., 151 ff., 212 ff. Ausland siehe grenzüberschreitende Verwahrkette
BaFin 88, 92, 161, 253 Bankenmacht 264 Bankgeheimnis 80 f., 144 f. Berichtigungsanspruch 82, 145 f., 203 Beteiligungstransparenz, ungeschriebene 97 f. Bezugsrecht 188 Börsengesellschaft 49 Börsennotierung 34, 49 ff., 52 ff., 60 ff., 238 Briefwahl 190, 257 Broker siehe Depotbank Bundesanzeiger 128, 183 Bußgeld siehe Sanktionen 92, 146, 202 f.
Stichwortverzeichnis Clearstream siehe Zentralverwahrer Corporate Governance 23 f., 29, 31, 85, 267 CSD-Verordnung/CSDR 69, 71 custodian 117 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) 81 f., 127, 137, 145 f., 203, 271 f. DAX (Deutscher Aktienindex) 37, 206, 214 f., 219, 238 Delisting 61 Dematerialisierung der Wertpapierverwahrung 39 Depotbank 39 f., 77, 80 f., 117, 123 f., 254 Depotstimmrecht siehe Stimmrechtsausübung Digitalisierung 186, 229, 248 ff. Dividende 75, 182, 260 Durchführungsverordnung (zur ARRL) 47 f., 82 f., 173 f. Effektengiro siehe Girosammelverwahrung Eingangsbestätigung siehe elektronische Stimmabgabe Eintragungspflicht siehe Aktienregister Elektronische Stimmabgabe 190 E-Mail-Adresse 68, 100, 126, 130 ff., 250 ff. Exit-Strategie 28 Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) 241, 275 Formatvorlage 48, 68, 82 f., 173 f., 213 Frankreich 39, 119 Freier Meldebestand 103 f., 106 Freiverkehr 60 f. Fremdbesitz (von Aktien) 105, 109 f., 156, 201 f., 231 Fremdeintragung 102 ff., 107 f., 208 ff. Frist zur Informationsweiterleitung 82 f. Fungibilität 237, 239, 242 Geburtsdatum 100, 126, 153 f. Geldwäsche 31, 95, 241, 275 f. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 52, 101
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Gesetzgebungsverfahren (bzgl. ARUG II) 32 f., 233 Girosammelverwahrung 39 f., 235, 239 Gleichbehandlungsgrundsatz, aktienrechtlicher 120, 229 Globalisierung 27, 238 ff. Grenzüberschreitende Verwahrkette 38, 40 f., 111 ff., 156 f., 197 ff. 212 ff. Grundrechte 268 ff. Harmonisierung 163, 235, 259, 281 ff. Hauptversammlung, Einberufung der ~ 170, 174 f., 189 ff., 223 f. Hauptversammlungseinladung 50, 210 f., 225 f., 252 High Level Group of Corporate Experts 42, 47 Homepage siehe Internetseite der Gesellschaft Identifikationsanspruch (gem. § 67d AktG) – gegen die Aktionäre 146 ff. – gegen die Intermediäre 69 f., 118 ff. Identifikationspflicht 72, 89 f., 97 f., 98 f., 130 Identifikationsverfahren 78 f., 108 ff., 119 ff. Indossament 235 Informationsübermittlung 168 ff., 174 ff., 179 ff. Inhaberaktie – historische Entwicklung 234 f., 236 ff. – Übertragung 235 – verbleibende Existenzberechtigung 245 f. – Vor- und Nachteile gegenüber Namensaktie 236 ff. Institutionelle Investoren 21, 206, 218 f., 240, 263 Intermediär 36, 179 ff., 266 ff. – „in der Kette“ 66, 179 ff. Internetseite der Gesellschaft 59, 168, 171, 184 Investor Relations 54, 138 ff., 217 ff., 239 ff. Investorendialog 227 ff. ISIN (Internationale Wertpapierkennnummer) 121 ff.
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Stichwortverzeichnis
Kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz siehe Stimmrechtsmitteilungen (WpHG) Kapitalsammelbecken 25 f., 279 Kapitalverwaltungsgesellschaft 125 Know your Shareholder 166 Kollisionsvorschrift 116 f. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 35 Kommunikation siehe Aktionärskommunikation Kontrollinstanz 17 ff., 278 f. Konzerneingangsschutz 93 ff., 163 f. Kosten 104, 193 ff., 209 ff., 246, 257 Kreditinstitut siehe Intermediär
Passivität (der Aktionäre) 17 ff., 27 ff., 114, 166, 215, 261 ff. Personengesellschaft 126 f. Persönlichkeitsrecht siehe Allgemeines Persönlichkeitsrecht Pflichtmitteilungen 169 f., 227, 252 ff., 258 f. Platzhaltereintragung 87 f., 105 ff., 135 f., 196, 208 ff. Professionelle Stimmrechtsberater 218 f. proxy advisor siehe professionelle Stimmrechtsberater Publikumsgesellschaft 26, 28, 49, 51, 61, 237 Push-Mechanismus 170, 184, 192
Legitimationsaktionär 105, 108 Letztintermediär 40, 66, 78 f., 129, 181, 195, 256
Rationale Apathie 28 f., 76, 170, 230 Rechtszersplitterung 53, 74 Referentenentwurf zum ARUG II (RefE ARUG II) siehe ARUG II Regelungsstandort 64 ff. Registeraktionär 87 f., 102 ff., 161 f. Registerwahrheit siehe Aktienregister related party transactions 32, 64 Risikobegrenzungsgesetz 18, 86, 109, 217
Markttransparenz siehe Stimmrechtsmitteilungen (WpHG) Mediatisierung der Wertpapierverwahrung 39, 246 Medien, Mediendienstleister 128, 183, 192, 196 Mindestschwelle (i.R.d. Aktionärsidentifikation) 72 ff., 119 Nachhaltigkeit 24, 265 Namensaktie – historische Entwicklung 236 ff. – Trend zur ~ 236 ff. – Vor- und Nachteile gegenüber Inhaberaktie 236 ff. NaStraG (Namensaktiengesetz) 101, 139, 165, 252, 257 Nicht börsennotierte Aktiengesellschaft 35, 48 ff., 190, 192, 193, 241, 243 ff. nominee shareholder 117 NYSE (New York Stock Exchange) 238, 242 Omnibus-Account 112, 117 Online-Hauptversammlung 257 Opt-in-Möglichkeit 60 ff., 283 Orderpapier, geborenes 235
Sanktionen 38, 92, 110, 200 ff., 270 Satzung 60 f., 63 f., 73 f., 98 f., 107 f., 148 f., 217 Satzungsstrenge, Prinzip der 64 Say on pay siehe Vorstandsvergütung Schadensersatzansprüche 92, 146, 202 f. Schutzgesetz 92, 203 Share ID-Verfahren 205 f. Shareholder Value 29 f., 261 ff. Sitztheorie, modifizierte 113 Societas Europaea (SE) 35 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte 81 Sonderrecht der börsennotierten AG 51 ff. Squeeze-Out 279 stakeholder 29 f., 262 ff. Stewardship-Theorie 21, 29 Stimmrechtsausübung 177, 187 ff., 230 f. – für den, den es angeht (verdeckt) 115, 280 – Vollmacht 87, 177 f., 264, 280
Stichwortverzeichnis Stimmrechtsmitteilungen (WpHG) 84 ff., 159 ff. Stimmrechtsverlust 110, 120, 133 Stimmrechtszurechnung 86, 88, 162 Streubesitz 206, 217, 221 Transparenzregister (GwG) 95 ff., 164 Transparenzrichtlinie 43, 84 ff., 185, 253 Treuepflicht, gesellschaftsrechtliche 97 f. Treuhänder 41 f., 46 Trittbrettfahrer-Effekt (engl.: „free rider effect“) 28, 76 Übernahme 219 ff., 240 Überschießende Richtlinienumsetzung 52 ff., 60 ff. Unternehmensereignis 181 f. Unternehmensleitung 53 f., 216 ff. Unternehmenspolitik 29, 218, 260 ff. USA 101, 112, 124, 215, 241, 282, 283 Vereinigte Staaten von Amerika siehe USA Vereinigtes Königreich (UK) 241 f., 277, 282
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Verwahrkette 27, 39 f., 66, 110, 171 Vinkulierung 237 Volkswirtschaft 24 f., 261 Vorstand 128, 190 f., 228, 249 Vorstandsvergütung 32, 62, 263 Vorzugsaktie 36, 74 f., 90, 100, 121 f., 162, 205, 222 f. Wall Street Walk siehe Exit-Strategie Website siehe Internetseite der Gesellschaft Werbung 138 ff., 221 Wertpapierfirma siehe Intermediär Widerspruch des Aktionärs – bzgl. Datennutzung zu Werbezwecken 139 ff. – bzgl. Datenübermittlung für Aktienregister 102, 106 Wirtschaftlicher Aktionär siehe Aktionär(e) Zentralverwahrer 39 f., 69, 71, 108, 117, 133, 136, 179 f., 208, 235