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German Pages 496 [504] Year 1897
GRUNDRISS DER
ROMANISCHEN PHILOLOGIE. II. BAND. •i. A B T E I L U N G
GRUNDRISS DER
ROMANISCHEN PHILOLOGIE UNTER MITWIRKUNG VON
G.
BA1ST, TH.
CAS1NI, J. CORNU, C. DECURTINS, W. DEECKE, T H .
BRAGA, H. BRESSLAU, T .
GARTNER, M. CASTER, C. GERLAND, G. JACOBSTHAL, F. KLUGE, GUST. MEYER, W. MEYER-LÜBKE, C. MICHAELIS DE VASCONCELLOS, A. MOREL-FATIO, FR. D'OVIDIO, M. PHIL1PPSON, A. SCHULTZ, W. SCHUM, C H . SEYBOI.D,
E. STENGEL, W.
A. STIMMING, H. SUCHIER, H. TIKT1N, A. TOBLER,
WINDELBAND, E.
WINDISCH
HERAUSGEGEBEN VON
G U S T A V GRÖBER O. ö . PROKKSSOK DER ROMANISCHEN PHILOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT ST RASSBURG.
II. B A N D , a. A B T E I L U N G » DIE
LITTERATURHN
ZALISCHE 4.
DEN
LITTER ATUK.
GESCHICHTE
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ROMANISCHEN 3.
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KATALANISCHE
PORTUGIESISCHEN
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PROVEN*
LlTTSFATUK.
LITTRRATUK. —
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5. l)IB
I
STASIS CHE LITTBRATUR.
STRASSBURG.
K A R L J. T R Ü B N E R . 1897. Alle Rechte, besonders das der Ubersettung vorbehalten. 6 . O t t o ' s H ô f * B i o h d n e k i n ( In D i i n s t a d t
|
—
1
VORWORT.
a die Bandausgabe dieser nun abgeschlossenen zweiten Abteilung des zweiten Bandes des Grundrisses der romanischen Philologie 1897 als Jahr des Erscheinens trägt, ist nicht überflüssig zu bemerken,
dass
die
Provenzalische
und Katalanische
Literatur-
geschichte schon im Jahre 1893 erschien, die Portugiesische im Jahre 1893 gedruckt und an der Spanischen von December 1893 bis Juli 1897 gearbeitet wurde.
Einen schnelleren Abschluss der Abteilung
herbeizuführen lag leider nicht in der Macht des Herausgebers und Verlegers. Der Entschuldigung bedarf auch, dass entgegen dem Plane (Bd. I. S. 152) die spanische Literaturgeschichte an fünfter statt an vierter Stelle erscheint; das Manuscript war zur Zeit nicht zur Stelle und wurde erst in den letzten fünf Jahren nach und nach eingeliefert. Strassburg,
im Oktober 1897. PER HERAUSGEBER.
INHALT. Seite
Vorwort
V III. TEIL.
Darstellung der romanischen Philologie. 3. Abschnitt: R o m a n i s c h e
Literaturgeschichte.
B. Die Litteraturen der romanischen Völker: 2. Provenzalische Litteratur vqn A. STIMMING 3. Katalanische Litteratur von A . MOREL-FATIO
4. Geschichte
1 70
der portugiesischen Litteratur von C. MlCHAÜLlS
DE VASCONCELLOS und TH. BRAGA
129
5. Die spanische Litteratur von G. BAIST
383
Register v o n W . LIST
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III. ABSCHNITT.
LITERATURGESCHICHTE DER ROMANISCHEN VÖLKER.
B. DIE LITTERATUp.EN DER ROMANISCHEN VÖLKER. 2. PROVENZALISCHE LITTERATUR VON
ALBERT
STIMMING.
' n Südfrankreich erlangte die Sprache unter der Gunst äusserer und innerer Verhältnisse zuerst unter allen romanischen Schwestern jenen hohen Grad der Ausbildung, welcher die Vorbedingung fllr die Entfaltung einer Litteratur ist. Zwar reichen einige französische Denkmäler noch höher hinauf als das älteste uns bekannte provenzalische, aber während der Ausdruck in jenen noch ziemlich unbeholfen ist, zeigt letzteres bereits eine solche Vollkommenheit in sprachlicher und metrischer Hinsicht, dass damals die Litteratur unzweifelhaft bereits einen verhältnismässig langen Entwickelungsgang hinter sich hatte, sodass es nur den ungünstigen äusseren Umständen zuzuschreiben- ist, wenn sich keine älteren Erzeugnisse erhalten haben. Die Blütezeit der provenzalischen Litteratur umfasst das elfte und namentlich das zwölfte Jahrhundert, das vorangehende sowie die folgenden stehen an Bedeutung hinter jenen erheblich zurück. Der schnelle Verfall bald nach 1200 wurde hauptsächlich durch den blutigen Albigenserkrieg befördert, welcher die politische Selbständigkeit des Landes vernichtete, dessen Reichtum zerstörte, dessen Adel zum grossen Teil ausrottete oder verarmen liess und dadurch auch der Poesie einen tötlichen Stoss versetzte. — Wir behandeln nach einander die epischen, die lyrischen, die didaktischen .und dramatischen Erzeugnisse der Poesie und schliessen daran die Prosa-Denkmäler. ALLG. WERKE. M i 11 o t , Histoire iméraire da trouòadours, 3 B. Paris 1773; F a u r i e l , Histoùre liUeraire des troubadows, 3 B. Paris 1844; K. B a r t s c h , Grundriss zur Geschichte der prtrvemalischen Literatur, Elberfeld 1872; C h a b a n e a u , Lcs Biografhies des Troubadours en langut provtnfak, Appendice, Toulouse 1885 (Aus Histoire generale de Ltmguedoe* X); R e s t o r i , letteratura proveniate, Milano 1891.
ÜRrtDKR, CrundrUs 111t.
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2
LITTERATURGESCHICHTE DER ROMANISCHEN
VÖLKER.
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2.
PROV.
LITT.
A. EPIK. a. VOLKSTÜMLICHE EPIK.
« n t e r den romanischen Litteraturen hat nur die französische und die provenzalische Volksepen aufzuweisen, und zwar sind diese unter der unmittelbaren Einwirkung der Germanen entstanden, deren Heldengedichte der unterworfenen Bevölkerung als Vorbilder und Muster dienten. Die Wirkungen dieses Einflusses blieben jedoch auch dann noch bestehen, als die beiden Nationalitäten dadurch mit einander verschmolzen, dass die Eroberer die Sprache der Unterworfenen annahmen. Die Romanen hörten sehr bald auf, die Eindringlinge als Fremde anzusehen: da sie jetzt Schultcr an Schulter mit ihnen die gleichen Feinde bekämpften, so fühlten sie sich völlig eins mit ihnen, und die gemeinsamen Thaten und Schicksale wurden von ihnen in ganz derselben Weise besungen, wie sie oder ihre Vorfahren dies einst bei den Germanen kennen gelernt hatten. Im Süden Frankreichs hat diese volksmässige Epik allerdings bei weitem keine so grossartige Entwickelung erreicht wie im Norden, und unter den mannigfachen Gründen dafür ist einer wohl in dem Umstände zu suchen, dass dort die Durchsetzung mit germanischen Elementen viel weniger stark und andauernd gewesen ist, daher auch jener Einfluss nicht so wirksam und so nachhaltig sein konnte, wie hier. Aber auch dort bewahrte man die Erinnerung an grosse Waffenthaten, an Niederlagen und an Siege über die politischen oder religiösen Feinde des Volkes in Form von Heldengedichten. Dafür spricht, abgesehen von den uns erhaltenen Epen unter anderem die Thatsache, dass in Südfrankreich einige Lokalsagen von Roland, dem berühmten Neffen Karls des Grossen, bis auf den heutigen T a g fortleben, und dass die Thaten des Wilhelm von Orange, eines südfranzösischen Helden, wie uns in dessen lateinischer Lebensbeschreibung berichtet wird, Uberall, also wohl vor allem in seiner engeren Heimat, gefeiert wurden. Wenn hiernach das Vorhandensein einer Nationalsage in jenen Gegenden nicht wohl bezweifelt werden kann, so ist mit der gleichen Sicherheit vorauszusetzen, dass sich dieselbe in dichterisches Gewand gekleidet und in dieser Form von Geschlecht zu Geschlecht überliefert hat, da eine andere Form der Fortpflanzung nicht anzunehmen ist. 3. Diese Volksepen waren also durchaus historische, weil sie bestimmten geschichtlichen Vorgängen ihre Entstehung verdankten und über dieselben einen, wenngleich subjektiv gefärbten, so doch im ganzen treuen Bericht lieferten. Sie entstanden daher der Regel nach bald nach den betreffenden Ereignissen und hatten den Zweck, den Stammgenossen den ganzen Hergang wieder vorzuführen, zugleich aber auch denjenigen Stimmungen Ausdruck zu leihen, welche jene Geschehnisse bei allen hervorgerufen hatten: Stolz und Freude über einen Sieg, Schmerz und Trauer über eine Niederlage. In Bezug auf ihren Charakter, ihren Stil, ihre metrische Form und sonstige Eigentümlichkeiten sowie auf die Art, wie sie vorgetragen wurden, unterschieden sie sich vermutlich nicht von den gleichzeitigen französischen Dichtungen gleicher Gattung, und ebenso wird auch der Entwickelungsgang bei beiden im allgemeinen der gleiche gewesen sein. Demnach hatten diese Epen in ihrer ältesten Gestalt wohl nur einen mässigen Umfang, sodass ein Volkssänger sie bequem auswendig lernen, meist auch mit einem Mal vortragen konnte. Die grosse Mehrzahl dieser Gedichte ist im Laufe der Zeit verloren gegangen, einige wenige haben sich zwar erhalten, jedoch nicht in der ursprünglichen, sondern in einer um mehrere Jahrhunderte jüngeren und wesentlich veränderten Form, welche sie durch wiederholte Umarbeitungen erhalten
EPIK:
VOLKSTÜMLICHE
EPIK.
3
hatten. Diese Umarbeitungen wurden an den einzelnen Epen immer dann vorgenommen, wenn das Bedürfnis hierzu vorzuliegen schien, sei es, weil die Sprache sich inzwischen geändert hatte oder die metrische Form derselben veraltet war, sei es, weil die Gebräuche, die Sitten, die Anschauungen und damit die Ideale des Volkes andere geworden waren, und nun das Epos in allen diesen Punkten c modernisiert» werden sollte. Dieser Aufgabe unterzog sich dann immer ein Dichter, der den Beruf dazu in sich zu haben glaubte; aber die meisten derselben benutzten diese Gelegenheit, um zu gleicher Zeit ihre Vorlage inhaltlich zu erweitern, indem sie durch Einführung neuer Personen, Entflechtung neuer Episoden und Ausspinnung der einzelnen Szenen den Umfang des Gedichtes vergrösserten, wobei ihnen der Wunsch des Volkes, immer mehr Einzelheiten über die Schicksale seiner Lieblingshelden zu hören, sehr entgegen kam. Da nun diese Bearbeiter oft sehr wenig Rücksicht darauf nahmen, ob ihre Zuthatcn sowohl inhaltlich als auch formell mit den älteren Bestandteilen übereinstimmten, so erklärt es sich, dass die Epen in der uns vorliegenden Gestalt der Regel nach einerseits grosse Ungleichheiten in Bezug auf Sprache, Stil und Geist, andrerseits in ihrem Berichte zahlreiche Anachronismen, Inkonsequenzen und selbst Widersprüche aufweisen. Neben dieser Art von Volksepen giebt es noch eine andere, denen eigentlich diese Benennung nicht zukommt, nämlich solche, die nicht in der soeben dargelegten Weise bestimmten historischen Vorgängen ihre Entstehung verdankten, sondern die von späteren Dichtern in.Nachahmung jüngerer Bearbeitungen der wirklichen Volksepen verfasst worden sind, daher, streng genommen, zur Kunstdichtung gehören. 4. Das bei weitem hervorragendste unter den provenzalischen Volksepen ist der Girart de RossillonEs behandelt die langjährigen und wechselvollen Kämpfe zwischen Karl Martell und dem trotzigen Baron, von welchem es seinen Namen erhalten hat. Obwohl beide durch Verheiratung mit einem Schwesternpaar in ein nahes Verwandtschaftsverhältnis getreten waren, so veranlassten doch bald ungerechtfertigte Forderungen des Königs einen Krieg zwischen ihnen. Karl nahm Rossillon durch Verrat, verlor es aber bald darauf wieder, nachdem ihm Girart eine empfindliche Schlappe beigebracht hatte. Nun wurde eine Schlacht verabredet und begonnen, jedoch durch ein furchtbares Gewitter unterbrochen, und unter dem Eindruck dieses Ereignisses kam es zum Frieden. Derselbe war jedoch nicht von Dauer, und diesmal nahm der Krieg nach mannigfachen WechselfÜllen eine für Girart so ungünstige Wendung, dass er zuletzt allein mit seiner treuen Gattin Bertha in den Wald fliehen musste, wo er sich als Kohlenbrenner ernährte, während jene Näherin wurde. Aber beim Anblick eines Ritterspieles regte sich in ihrer Brust eine enwiderstehliche Sehnsucht nach der Heimat; beide zogen nach Orleans, und mit Hülfe von Berthas Schwester glückte es, die Verzeihung des Königs zu erlangen. Girart erhielt seine Besitzungen wieder und wurde mit grosser Begeisterung in Rossillon empfangen. Das geschichtliche Urbild des Helden ist ein Graf Girart von Vienne, welcher etwa während der ersten sieben Jahrzehnte des neunten Jahrhunderts lebte. Seine Gemahlin hiess, wie im Epos, Bertha, und er hatte mehrfache Kämpfe mit Karl dem Kahlen zu bestehen, in deren Verlauf Karl schliesslich durch Bestechung Vienne einnahm, worauf Girart mit seiner Gattin das Land verliess. Über sein Ende wissen wir nichts. Aber das Gedicht enthält noch andere sagenhafte Elemente, welche auf die Zeit Karl Martells zurückweisen und wclche in den Kriegen zu wurzeln 1 Hsg. von K . Hofmann, Berlin 1855 und von F r . Michel, P a r k 1 8 5 6 ; ein genauer Abdruck der Handschriften in R o m a n . Studien 5 , 1 — 2 8 2 ; ein weiteres Bruchstack in Rev. des I. r. 33. 133—7-
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LITTERATURGESCHICHTE
DER ROMANISCHEN VÖLKER.
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2. P R O V .
LITT.
scheinen, die dieser König mit den Völkern des mittleren und südlichen Frankreichs ?u bestehen hatte. Demnach ist zu vermuten, dass die epischen Dichtungen, welche diese Kriege besangen, mit denjenigen verschmolzen worden sind, die den Thaten Girarts von Vienne ihre Entstehung verdankten, und es ist sehr wohl möglich, dass das so entstandene Volksepos den Namen seines Helden aus den älteren derselben erhalten hat, wie dies mit dem Namen des Königs ja thatsächlicli der Fall ist, während die jüngeren ihm seinen wesentlichen Inhalt geliefert haben. Die Verschmelzung beider Sagenstoffe, also die Abfassung der ältesten Gestalt des uns vorliegenden Epos wird gegen Ende des neunten Jahrhunderts stattgefunden haben, als am Schlüsse der Regierungszeit Karls des Dicken (f 888) Burgund und die Provence sich vom Frankcnreiche losrissen, wo demnach die Feindschaft, die von Alters her zwischen dem Süden und seinen nördlichen Beherrschern bestanden hatte, mit neuer Schärfe hervortrat und so durch die gewaltige Hebung des Nationalgcfiihls auch die nationale Dichtung eine mächtige Anregung erhielt. Diese älteste Gestalt des Epos ist unwiderbringlich verloren, aber wir vermögen die Entwickelungsgeschichte unseres Gedichtes doch wenigstens eine Strecke weit zurück zu verfolgen. Einmal nämlich lassen sich in der uns vorliegenden Form zahlreiche Bestandteile als jüngere Zuthaten nachweisen, durch deren Ausscheidung sich eine ziemlich frühe Version inhaltlich wiederherstellen lässt; sodann kann man den Inhalt einer anderen Fassung aus einer uns überlieferten lateinischen Lebensbeschreibung des Girart von Rossillon erschlicssen, die ein Mönch des Klosters Pothi6res mit Benutzung eines alten Epos am Ende des 1 1 . Jhs. verfasst hat. Die beiden so erhaltenen Berichte, welche in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen (gewisse Verschiedenheiten im Detail lassen das von dem Mönch benutzte Gedicht als etwas älter vermuten), stellen demnach die älteste für uns erreichbare Gestalt des Epos und damit der Sage dar. Zwischen dieser und der uns vorliegenden hat das Gedicht nun mehrfache Umarbeitungen erfahren, deren Spuren, wie schon angedeutet, sich zum grossen Teil deutlich erkennen lassen. So verdankt es einer derselben unter anderem die Anfügung einer lang ausgesponnenen Licbesgeschichte zwischen Folco, einem Vetter Girarts, und Aupais, einer Nichte Karls, während die Thätigkeit eines späteren Bearbeiters, vermutlich eines Mönchs des Klosters Vezelai, sich als noch viel einschneidender erwies, nicht nur in Bezug auf den Inhalt, sondern auch auf den Geist. Dieser änderte nämlich zunächst den Eingang, indem er das Schwesternpaar, die ursprünglich Töchter eines der Fürsten des Landes gewesen waren, zu Töchtern des Kaisers von Konstantinopel machte, sodann fügte er einen vollständig neuen Schluss an, in welchem er von einem neuen Kriege zwischen beiden Gegnern berichtete und dabei eine Menge Legenden und fromme Erzählungen einflocht, endlich schob er auch im Innern zahlreiche neue Episoden ein. Verhängnisvoller aber war sein Versuch, dem Epos ein geistliches Gepräge aufzudrücken, indem er der Geistlichkeit, sogar dem Papste, wichtige Rollen zuerteilte, spezifisch theologische Motive in die Handlung einführte, den Girart aus einem rauhen Krieger allmählich zu einem frommen Mann Gottes werden liess und überall salbungsvolle Reden anbrachte oder kirchliche Ausdrücke verwendete. Dieser Bearbeiter, dem also das Epos im wesentlichen seine jetzige Gestalt verdankt, lebte wahrscheinlich am Schlüsse des zwölften Jahrhunderts. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass unser Gedicht weder inhaltlich, noch formell den Eindruck eines einheitlichen Kunstwerkes hervorruft: da die Bearbeiter sehr ungleich an Begabung und Gesinnung waren, so zeigen auch die von ihnen herrührenden Zuthaten grosse Unterschiede in Bezug auf
EPIK: VOLKSTÜMLICHE EPIK.
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Geist und dichtcrischcn Wert. Bei weitem am höchsten stehen in dieser Hinsicht die ältesten Bestandteile des Werkes, sodass sich leicht erkennen lässt, dass das frühere Epos zu den vorzüglichsten Erzeugnissen der volkstümlichen Epik gehört haben muss. Die verschiedenen Persönlichkeiten sind dort scharf herausgearbeitet und die einzelnen Charaktere konsequent durchgeführt. Die Handlung schreitet schnell vorwärts, und die Aufmerksamkeit wird nicht durch Abschweifungen abgelenkt; der Ausdruck ist kurz und knapp und fast immer der Situation angemessen; Bilder, Vergleiche und andrer rednerischer Schmuck werden mit Maass verwandt, stets aber mit Geschick und an der richtigen Stelle; der Geist ist ein kriegerischer, durchweg ernst, stellenweise sogar rauh; das Motiv der Liebe tritt völlig zurück, die Frau erscheint nur in der Rolle der treuen, hingebenden Gattin. Bemerkenswert endlich ist die metrische Form : Tiraden von Zehnsilblern mit der Zäsur nach der sechsten Silbe, Verse, in denen durch das Übergewicht des ersten Teiles schon äusserlich der Eindruck des Rauhen, Schroffen und Schweren hervor^ gebracht wird. P. M e y e r , La légende latine de Girart de Roussillon, Rom. 7. 16 t — 2 3 5 ; D e r s , Girart de Roussillon, chanson de geste traduite pour la première fois, Paris 1884; A . JJ on g n o n , Girard de. Roussillon dans l'histoire, Revue historique 8 , 242—79; A . S t i m m i n g , Ober den provenzalischen Girart von Rossillon. Hin Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Volksepen, Halle 1888.
5. Die übrigen Volksepen sind uns leider sämtlich mehr oder weniger lückenhaft erhalten. So besitzen wir von einem, welches Aigar und Maurin 1 betitelt ist, nur einzelne Bruchstücke, die auf den Deckel eines Buches geklebt waren und durch einen Zufall aufgefunden worden sind. Es sind im ganzen 1437, zum Teil verstümmelte, Zehnsilbler mit der Zäsur nach der vierten Silbe, welche in 45 gereimte Tiraden gruppiert sind. Aus einzelnen Anzeichen lässt sich schliessen, dass der gereimten Fassung eine assonierende vorhergegangen ist. Das Epos berichtet über einen Krieg zwischen dem englisch-normannischen Könige Aigar (== Edgar) und dessen aufrührerischen Vasallen unter Führung des Maurin, dem sich später ein Verwandter des Königs, Falco, anschloss. In "dem ersten Fragment hören wir von einer Niederlage, die Aigars Sohn erleidet, und von kleineren Unternehmungen der Verbündeten, im zweiten wohnen wir einer entscheidenden Schlacht bei, deren Ausgang wir jedoch nicht erfahren. Das Gedicht trägt auch inhaltlich deutliche Spuren jüngerer Überarbeitungen an sich, so in den langatmigen Reden ohne wesentlichen Inhalt und in den zahlreichen Repetitionsstrophen. Dagegen zeigen die älteren Teile fast durchweg die Vorzüge der guten Epen: rauhen, kriegerischen Geist, schnellen Fortschritt der Handlung, einfachen und schmucklosen Stil. In dem ganzen Gedicht tritt keine Frau handelnd auf, und nur ein einziges Mal wird ganz nebenbei eine Nichte Aigars als eine angebliche Erbin erwähnt. Wir vermögen nicht anzugeben, ob geschichtliche Ereignisse dem Epos zu Grunde liegen. Es verdient, hervorgehoben zu werden, dass sich bereits in einem Lehrgedicht des Guiraut de Cabreira (um 1170) eine Anspielung auf dasselbe findet. Von einem andern Epos kennen wir sogar nur 72 Verse (Zehnsilbler), welche vermutlich ihres lyrischen Inhaltes wegen aufbewahrt worden sind. Das Gedicht, dem sie entlehnt sind, führte wahrscheinlich den Titel Bertiartz de Tolosa oder Lo Coms de Tolosa2 und war vermutlich die älteste Bearbeitung 1 A i g a r et M n u r i n , fragments d'une chanson de geste provençale p. p. Auguste Scheler, Bruxelles 1877. 2 Hsg. von S u c h i e r , Denkmäler prov. Lit. u. Sprache I, 3 0 9 — 1 1 .
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LITTERATURGESCHICHTE
DER
ROMANISCHEN
VÖLKER.
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2.
PROV.
LITT.
der Sage von dem Grafen von Toulouse, die ursprünglich in Südfrankreich heimisch, später auch bei andern Völkern Eingang gefunden hat und deren historischer Kern in der tragischen Liebe Bernhards, des Sohnes Wilhelms von Orange und Toulouse, zu der schönen Kaiserin Judith, Gemahlin Ludwigs des Frommen, zu suchen ist. Unser Bruchstück enthält ein Gespräch zwischen der Königin und dem Grafen, in welchem letzterer sich beklagt, dass seine treue Liebe bisher keinen Lohn gefunden. Sowohl Gedanken wie Ausdrucksweise lassen erkennen, dass das Epos, aus dem die Verse herstammen, schon von der kunstmässigen Dichtung stark beeinflusst worden war. 6. Daurel und Betont gehört zu der zweiten der oben (§ 3) aufgestellten Arten von Volksepen, in so fern nämlich der Stoff mit Benutzung von Motiven, Personen und Szenen andrer, speziell französischer, Heldengedichte erfunden, hierauf äusserlich mit dem Sagenkreise Karls des Grossen verknüpft und dann in die bei den anderen volkstümlichen Gedichten übliche Gewandung gekleidet worden ist. Es bildet nämlich die unmittelbare Fortsetzung der Chanson de geste »Beuve de Hanstone«, denn es berichtet von den Schicksalen Betons, des Sohnes jenes Helden, namentlich von den Gefahren, denen er durch die Nachstellungen des Gui, eines treulosen Vertrauten seines Vaters, ausgesetzt wurde. Der eigentliche Träger der Handlung ist jedoch Daurel, ein seinem Herrscherhause treu ergebener Spiclmann, der den jungen Beton durch Opferung seines eigenen Sohnes vor jenem Verräter rettet, ihn in die Verbannung zu dem Admiral von Babylon geleitet, ihn erzieht und schliesslich auch die Rache an Gui ins Werk setzen hilft. Der Schluss fehlt jedoch auch hier, denn wir erfahren nur, dass Beton nach seiner Wiedereinsetzung seinen Oheim Karl den Grossen wegen seines Anteils an dem Verrat zur Rechenschaft aufforderte, nicht aber, was weiter erfolgte. Das Gedicht zählt in der uns vorliegenden Gestalt 2198 Verse, von denen die ersten 138 j e zwölf, alle übrigen je zehn Silben aufweisen, offenbar weil ein Bearbeiter begonnen hatte, das Epos in Alexandriner umzudichten, dann aber bald von seinem Vorhaben abstand. Als Entstehungszeit wird von einigen das dritte Viertel, von andern das Ende des zwölften Jahrhunderts angesehen. Der Verfasser war offenbar ein Spielmann, denn er hat, wie wir gesehen, einem Berufsgenossen die Hauptrolle übertragen und diesem auch den Grundgedanken der ganzen Dichtung, die Pflicht opferfreudiger Liebe zum Lehnsherrn (V. 1029) in den Mund gelegt. Nach den vorkommenden Ortsnamen zu schliessen, stammte er aus dem Landstrich zwischen Poitiers und Agen. Er war ein nicht unbegabter Dichter, der seinen Stoff recht geschickt zu erfinden und ansprechend zu erzählen verstanden hat. 7. Ein andres Epos, das die Eroberung von Arles behandelte, ist nicht in seiner ursprünglichen Form auf uns gekommen; es liegt davon erstens die Prosa-Auflösung einer ehemals gereimten Version vor (cf. § 69), sodann bildet dieser Stoff den dritten Teil einer etwas buntscheckigen Kompilation, 2 deren erster die legendarische Geschichte des Kreuzholzes Christi, deren zweiter die Sage von der Zerstörung Jerusalems umfasst (cf. § 44). Diese poetisch äusserst geringwertige Kompilation, die sich in einem von 1272 bis 1275 niedergeschriebenen Manuskript befindet, beruht zwar auf dichterischen Bearbeitungen der betreffenden Gegenstände, doch erscheint die metrische Form arg vernachlässigt, stellenweise ganz verwischt. Auch inhaltlich hat sich der Verfasser seiner Vorlage sehr frei gegenübergestellt, indem er den vorgefundenen Stoff durch zahlreiche aus anderen Dichtungen entlehnte Zusätze er1 2
D a u r e l c i B e t o n , chanson de geste provenfalc p. p. l ' a u l M e y c r , Paris I.e Roman d'Arles, texte provençal p. p. C . C h a b a u e a u . Paris 1889.
¡881.
EPIK: VOLKSTÜMLICHE EPIK. —
KUNSTMÄSSIGE EPIK.
7
heblich veränderte. Dennoch sind wir im Stande, die frühere Gestalt der Sage im allgemeinen anzugeben, da sich in anderen Denkmälern, namentlich in der mittelhochdeutschen »Kaiserchronik«, Bezugnahmen auf dieselbe, und selbst Inhaltsangaben derselben finden. Sie behandelt die wiederholten Kämpfe Karls des Grossen mit dem Sarazenenkönig Thibaut um den Besitz von Arles, in welchen diese Stadt durch Zerstörung der Aquädukte, die das Wasser lieferten, schliesslich zur Übergabe gezwungen wurde. Auch diese Sage wurzelt in einem historischen Vorgange, nur gehört dieser nicht der Geschichte Karls des Grossen, sondern der Karl Martells an, welcher im Laufe der Zeit, wie dies mehrfach geschehen ist, in der Erinnerung des Volkes durch seinen berühmteren Enkel verdrängt worden war. Karl Martell musste im Jahre 737 einen Feldzug gegen die Araber unternehmen, welche, von ungetreuen Baronen der Provence herbeigerufen, dies Land eingenommen hatten, und eroberte bei dieser Gelegenheit wahrscheinlich auch Arles wieder zurück. Wenn es hiernach nicht bezweifelt werden kann, dass es einst Epen über die Eroberung von Arles gegeben hat, so ist doch zu vermuten, dass das älteste derselben ein französisches gewesen ist, dass daher die vorauszusetzenden provenzalischen Gedichte über diesen Gegenstand nur Bearbeitungen eines fremden Originals gewesen sind. Ganz sicher ist letzteres der Fall bei dem schliesslich noch zu erwähnenden Epos Fierabraswelches man früher auch für eine Originaldichtung gehalten hat, das aber nur die provenzalische Fassung einer französischen Chanson de geste gleiches Namens ist. Wie uns darin berichtet wird, meldet sich Olivier zu einem Zweikampf mit dem Sarazenenprinzen Fierabras, gerät samt andern Christen in die Gefangenschaft der Heiden, vermag sich aber mit Hülfe von Floripas, der Schwester des Fierabras, so lange zu halten, bis Karl der Grosse Hülfe und Rettung bringt. Wir kennen sechs französische Versionen der Sage, aber keine derselben kann die Vorlage unseres Gedichtes gewesen sein, da, abgesehen von vielen Einzelheiten, sich in keiner die Beschreibung des einleitenden Kampfes (V. 44—604) findet; aber auch die verloren gegangene Vorlage würde nicht die erreichbar älteste Gestalt der Sage darstellen, da aus einer Inhaltsangabe derselben in der Reimchronik des Philippe Mousket (I, 4696 sq.), sowie aus inneren Gründen folgt, dass der zweite Teil der jetzigen Fassung, also Oliviers Gefangenschaft und die sich daran schliessenden Kämpfe, erst jüngeren Ursprungs ist. G. G r ö b e r . Die handsckrifüiche Fierabras, Leipzig 1869.
Gestaltung
der Chanson de geste
I>. KUNSTMÄSS1GE EPIK. 8. Die volksmässige Dichtung ist immer die ältere, ja sie ist die einzige, so lange der Kulturzustand der ganzen Bevölkerung im allgemeinen der gleiche ist. Erst wenn durch die fortschreitende Bildung, deren Erzeugnisse die oberen Stände sich ja schneller und vollständiger aneignen, letztere sich von den übrigen absondern, und sie nun wie auf anderen geistigen Gebieten so auch auf dem der Dichtung etwas eignes, ihrer Ansicht nach feineres haben wollen, erst dann entstehen »kunstmässige« Dichtwerke. Im Süden Frankreichs wurde diese Trennung innerhalb der Volksschichten durch das Auftreten des Rittertums wenn auch nicht hervorgerufen, doch wesentlich gefördert, und der ritterlichen Gesellschaft sagte die bisher allein gepflegte, allen gemeinsame Poesie nicht mehr zu; sie verlangte eine solche, welche ' Der Roman von Fierabras lisg. von Immanuel Bekker, Berlin 1829.
S
LITTERATURGESCHICHTE
DER
ROMANISCHEN
VÖLKER.
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2.
PROV.
LITT.
den Geist des Rittertums atmete und dessen Anschauungen wiederspiegelte. D a h e r unterscheiden sich die kunstmässigen E p e n in fast allen wesentlichen Punkten von den v o l k s t ü m l i c h e n : j e n e entlehnten ihre Stoffe der Nationalsage, diese anderen, oft fremden Q u e l l e n , sogar der P h a n t a s i e ; j e n e sind ein A b b i l d des christlich-germanischen Feudalstaates, wurzeln also in der V e r g a n g e n h e i t , diese ein solches der politischen und sozialen Einrichtungen, Ansichten, Vorurteile und L i e b h a b e r e i e n der h ö h e r e n Gesellschaftsklassen der damaligen Z e i t ; in j e n e n ist der H e l d das Ideal eines germanischen R e c k e n , hier das eines zwar auch mutigen, zugleich aber »höfischen« R i t t e r s . Da nun zu den wesentlichsten Pflichten eines Ritters der Frauendienst gehörte, so ist auch in dieser Hinsicht ein grosser Unterschied bemerkbar. Dort treten die Frauen zurück, hier stehen sie mit im Vordergrunde, dort erscheint die L i e b e als eine natürliche, rein m e n s c h l i c h e R e g u n g , hier als ein K u l t u s mit streng g e r e g e l t e n , Conventionellen F o r m e n ; der H e l d ist hier nicht der siegreiche Ü b e r w i n d e r der H e r z e n , sondern der Dienstmann seiner D a m e , der s c h m a c h t e n d e L i e b h a b e r , w e l c h e r von seinem Verdienste nichts, sondern alles nur v o n der G n a d e seiner Herrin erwartet. In den V o l k s e p e n ist sodann die Darstellungsart eine durchaus o b j e c t i v c , in den andern eine mehr subjektive; dort tritt der Verfasser hinter seinem G e g e n s t a n d e zurück, hier drängt er sich vor, flicht zuweilen a l l g e m e i n e Betrachtungen aller Art ein und gefällt sich in der Schilderung von Gemütsstimmungen und Seclenzuständen, letztere nicht selten in F o r m v o n Z w i e g e s p r ä c h e n mit dem personifizierten Herzen, der L i e b e u. dgl. D e r Ausdruck ist dort schlicht und einfach, zuweilen derb, hier geglättet, verfeinert, durch R e d e s c h m u c k verziert, manchmal selbst gekünstelt. E n d l i c h ist auch die metrische F o r m v e r s c h i e d e n : die V o l k s e p e n waren zum Singen, die andern zum L e s e n b e s t i m m t ; daher waren j e n e in längere, n a c h T i r a d e n gruppierte V e r s e gekleidet, die n a c h einer getragenen M e l o d i e vorgesungen wurden, diese in R e i m p a a r e von Achtsilblern, w e l c h e einen leichteren, gefälligeren Eindruck hervorriefen. «.
KUNSTMÄSSIGE
EPEN.
9. D i e uns ."erhaltenen K u n s t e p e n zerfallen n a c h ihrem Inhalt in drei G r u p p e n : s o l c h e , die zum b r e t o n i s c h e n S a g e n k r e i s e zu r e c h n e n sind, sodann A b e n t e u e r r o m a n e , e n d l i c h s o l c h e , die ihren Stoff aus der a l t e n G e s c h i c h t e geschöpft haben. D i e erste Gattung, die in der französichen Literatur eine so h e r v o r r a g e n d e S t e l l u n g einnimmt, ist hier nur durch ein G e d i c h t , den Roman de Jaufre1 vertreten. E i n charakteristisches Merkmal dieses G e d i c h t e s , w i e aller andern zu dieser K l a s s e g e h ö r i g e n , ist das Auftreten des ebenfalls aus der keltischen S a g e h e r ü b e r g e n o m m e n e n Zauber- und H e x e n w e s e n s in Gestalt von R i e s e n , Z w e r g e n , F e e n , verzauberten Rittern, D a m e n , Wäldern, G ä r t e n , Brunnen und Q u e l l e n sowie andern übernatürlichen Dingen. Der H e l d , Jaufre, ist ein Ritter von der » T a f e l r u n d e « , bekanntlich eine Art v o n militärisch-religiösem Orden, w e l c h e n der K ö n i g Artus aus der Blüte der^ Ritterschaft aller L ä n d e r um sich versammelt hatte. Der R o m a n berichtet die V e r f o l g u n g und Bestrafung des T a u l a t v o n R u g i m o n , der den K ö n i g Artus und dessen G e m a h l i n einst an offener H o f t a f e l schwer beleidigt hatte, durch Jaufre, und die L i e b e zwischen diesem und der s c h ö n e n Brunessen, Herrin von Monbrun. D e r Dichter giebt vor, dass er die E r z ä h l u n g v o n einem Ritter am H o f e des K ö n i g s von A r a g o n v e r n o m m e n habe. Aus 1 R a y n o u a r d , Lexiquc roman I, 48—173; dazu Ergänzungen von K. H o f i n a n n , Sitzungsber. der bayr. Acad. 1868, II, 167- 98 und 343—66.
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KANSTMASSIGE EPEN.
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den weiteren Angaben, die er Uber letzteren macht, scheint hervorzugehen, dass Jacob I ( 1 2 1 3 — 7 6 ) gemeint ist, und dass die Entstehungszeit des Gedichtes etwa in die Jahre zwischen 1222 und 1232 zu setzen ist. Auf Grund einer nicht richtig aufgefassten Stelle am Schlüsse desselben hat man behauptet, dass zwei Verfasser dabei beteiligt gewesen sind, doch spricht Inhalt, Sprache und Geist desselben dafür, dass wir es mit dem Werke nur e i n e s Dichters zu thun haben, der höchst wahrscheinlich ein Joglar war, dessen Namen wir aber nicht kennen. Derselbe erscheint nach seinem Gedicht als ein frommer Mann, doch war er nicht nur in der Bibel, sondern auch in der zeitgenössischen Litteratur wohl bewandert; er Hebte einen glänzenden, durch Bilder, Vergleiche und poetische Figuren belebten, sowie mit Sprichwörtern und Sentenzen gewürzten Ausdruck und verfugte dabei über einen klaren, fliessenden, überall leicht verständlichen Stil. Den Namen seines Helden scheint er wie die ganze Geschichte, erfunden zu haben, wenigstens kommt ein Jaufre sonst nicht unter den Begleitern des Artus vor. Endlich verdient bemerkt zu werden, dass der Verfasser seine Erzählung durch die darin verwendeten Ortsnamen in Südfrankreich zu lokalisieren versucht hat. O. P e t r y , Li Kornau de Jaufre, Jahresber. der Gewerbeschule zu Remscheid, 1873; A. S t im 1111 n g, Der Verfasser des Roman de Jaufre, /.tsclir. 12, ¡123-47; Jaufre, Hist. Litt. 30, 215—17.
10. Das soeben besprochene Gedicht ist, wie wir gesehen, im Grunde ein Abenteuerroman, der nur äusserlich mit der Person des Artus in Verbindung gebracht ist; es giebt aber auch solche, welche ganz den gleichen Charakter aufweisen, d. h. solche, die unter Verwendung des romantischen ZauberApparates die wunderbaren, abenteuerlichen Thaten und die Liebesgeschichte eines Ritters behandeln, ohne die Tafelrunde oder deren Haupt irgendwie zu erwähnen. Derartige Abenteuerromane, die selbstverständlich ausschliesslich der Phantasie der Verfasser ihre Entstehung verdanken, besitzen wir zwei, beide aus dem vierzehnten Jahrhundert. Der eine, Blandin de Cornoalha et Guilhot Ardit de Miramarzählt 2394 Verse und berichtet über die Schicksale des in dem Titel des Gedichtes genannten Freundespaares, welches beschlossen hatte, gemeinsam die Welt nach Abenteuern zu durchziehen. Diese wurden ihnen, wie gewöhnlich, in Form von Kämpfen mit grausamen Rittern, mit Riesen, Schlangen und Drachen reichlich zu Teil, Kämpfe, die sie schliesslich glücklich bestanden. Dem Blandin gelang es auch, eine Dame, namens Brianda, aus ihrem Zauberschlaf zu erwecken, worauf sie ihm ihre Hand anbot, während ihre Freundin Irlanda den Guillot heiratete. Seitdem, heisst es, war in beiden die Sucht nach Abenteuern verschwunden. Von dem Verfasser wissen wir nichts, doch scheinen einige Umstände dafür zu sprechen, dass es ein Catalane war. — Der zweite, noch nicht herausgegebene Abenteuerroman Guilhem de la Barra ist Ende Mai des Jahres 1318 beendet worden. Der Dichter, A r n a u t Vidal von C a s t e l n a u d a r y , gehörte jenem Kreise patriotisch gesinnter Männer an, welche sich zusammenthaten, um die Wiederbelebung der altheimischen Poesie zu erstreben (§ 33). Der Held unseres Epos ist ein Baron des Königs von La Serra, dem er grosse Dienste leistet, welche für ihn jedoch eine Quelle zahlreicher glücklicher und unglücklicher Schicksalsfälle werden. Der Dichter hat, wie es scheint, eine sagenhafte Erzählung benutzt, die mit einigen Abweichungen auch sonst, z. B. im Boccaccio (II, 8) erscheint. Ausserdem hat er verschiedene einzelne Züge verwandt, die schon vor ihm vorgekommen waren; dahin gehört die körperliche Besichtigung einer Prinzessin durch die Gesandten des Königs, der£sie heiraten wollte, sodann der Vcrfühmngsversuch Wilhelms durch die Königin, der Zwei1
p. p. P a u l M e y e r , Rom.
2, 170-202.
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LITTERATURGESCHICHTE DER ROMANISCHEN V Ö L K E R .
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kämpf zwischen Vater und Sohn u. a. Grossen dichterischen Wert hat dieses Gedieht ebenso wenig wie das vorige; beide tragen die Merkmale der Verfallzeit an sich. G u i l l ¡lume Je l a B a r r a . Roman a' avmture. Notice p. p. P a u l i l e v e r , Paris 1868. 11. Waren die beiden zuletzt kennen gelernten Werke Abenteuer-Romane im engern Sinne, so könnte man den Roman de Flamenca 1 einen Sittenroman nennen. Leider ist derselbe unvollständig überliefert, es fehlt unter anderem der Anfang und der Schluss, erhalten sind jedoch 8087 Verse. Der unbekannte Verfasser hat die Handlung, wie man berechnet hat, in die Jahre 1 2 3 4 und 12 3 5 verlegt, sodass dies möglicher Weise auch die Abfassungszeit des Gedichtes ist, eine Annahme, die durch innere Gründe unterstützt wird. Den Rahmen der Handlung bildet eine Liebschaft zwischen dem jungen und ritterlichen Wilhelm von Nevers und der Gemahlin des Archimbald, Herrn von Bourbon, Namens Flamenca, welche ihr Gatte auf Grund eines falschen Verdachtes in einem unzugänglichen T u r m e eingekerkert hatte. Durch eine äusserst sinnreiche List gelang es dem Wilhelm, den eifersüchtigen Gemahl zu täuschen, sodass die Liebenden ihren Zweck völlig erreichten, doch erfahren wir nicht, welches der schliessliche Ausgang des Dramas war. Das Gedicht nennt sich »novas«, doch wird dieser Ausdruck von den Provenzalen nicht nur auf didaktische Erzeugnisse, wie die Leys d'amor das Breviari d'amor, die Novas de l'Heretge u. a., sondern auch auf wirkliche R o m a n e , z. B. den Jaufre angewandt (V. 16, 23, 56). Die Fabel beruht wohl auf Erfindung, doch zeigt sie m a n c h e Anklänge an die Sage von dem Grafen von Toulouse (5 5). Der Verfasser, über den wir nichts sicheres wissen, war ohne Zweifel ein sehr begabter Dichter, der sich nicht darin gefiel, unglaubliche Abenteuer vorzuführen, sich vielmehr an die Lösung psychologischer P r o b l e m e wagte. So lässt er uns, um die traurigen Folgen der Eifersucht zu schildern, einen Einblick in den Seelenzustand des Archimbald thun, zeigt, wie die Leidenschaft in ihm erwachte und, durch allerlei an sich harmlose Umstände genährt, schliesslich völlige Gewalt über ihn erlangte und ihm unsägliche Qualen bereitete. Die Komposition zeugt von Geschick, da die Aufmerksamkeit stets rege erhalten wird. Auch die Darstellungsgabe des Verfassers ist hervorragend. Er hat die ihn umgebende Welt nicht nur scharf beobachtet, sondern besitzt auch das Talent, das Beobachtete mit grosser Anschaulichkeit zu schildern, so die Festlichkeiten mit ihren Gastmählern, Musikaufführungen und Turnieren, die Toilette des Haupthelden, die Badeanstalt und sonst etwa vorkommende Örtlichkeiten. Nur in allem was die Liebe betrifft, verzichtet er auf diesen Realismus und folgt ganz den konventionellen Anschauungen seiner Zeit, erscheint daher zuweilen maniriert. Seine Ausdrucksweise ist fast immer originell, und an mehr als einer Stelle finden sich feine und selbst geistreiche Bemerkungen. Er liebt reichen Rcdeschmuck, streut daher Bilder, Vergleiche, Wortspiele und Sprichwörter in grosser Zahl ein, die meist von gutem Geschmack zeugen. Aber das Denkmal besitzt neben seiner literarischen Bedeutung eine nicht geringere kulturhistorische, welche in der erwähnten naturalistischen Anlage des Verfassers ihren Grund hat. Da er in allen seinen Beschreibungen auf Genauigkeit und Naturtreue bedacht gewesen ist, so ergiebt sich, dass sein Werk ein zuverlässiges Bild der ritterlichen Gesellschaft seiner Zeit, nebst ihren Gebräuchen, Anschauungen und Moden darbietet. Auch insofern ist dasselbe ein historisches Denkmal, als sich andrerseits in ihm die traurigen Wirkungen der Albigenserkriege wieder1
i.e. Roman de Flamotro ¡1. p. I' a u I M e y e r . Paris 1 K.
E P I K : KUNSTMASSIGE EPEN.
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KLEINERE EPISCHE DICHTUNGEN.
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spiegeln: bitter klagt der Dichter über den betrübenden Zustand der Gegenwart und sehnt die alte gute Zeit zurück. In der That beweist uns gerade sein Werk, wie auf allen Gebieten der Kultur der Norden dem Süden damals bereits den Rang abgelaufen hatte: die Schulen und Universitäten, die erwähnt werden, sind französische, nicht minder alle vorkommenden Erzeugnisse der Industrie, ja sogar bei der Aufzählung der damals beliebten Litteraturdenkmäler nimmt der Norden die erste Stelle ein. R e v i 11 o il t , De la date possible du Roman de flamenca, Revue des l. r. 8 , 5 — 18 ; l i e r m a n n i , Die kulturgeschichtlichen Momente im provenfalischen Roman Flamenca, Marburg 1883.
12. Das antike Epos ist wiederum nur durch ein Denkmal vertreten, das obenein unvollständig vorliegt. Es unterscheidet sich jedoch nur in Bezug auf den Inhalt, nicht auf den Geist und den Charakter von den übrigen Erzeugnissen der kunstmässigen erzählenden Poesie. Das im Jahre 1852 — 53 entdeckte Bruchstück des Roman d'Alexandre1 zählt 105 Achtsilbler, welche, was sonst selten vorkommt, zu Tiraden gruppiert sind, deren jede lauter gleiche Reime, und zwar ausschliesslich männliche, aufweist. Das Gedicht, welchem diese Verse angehört haben, stammte aus der zweiten Hälfte des 1 1 . Jahrhunderts und war die älteste Bearbeitung der Alexandersage in irgend einer der neueren Sprachen. Auf Grund einer Angabe eines mittelhochdeutschen Dichters, des Pfaffen Lamprecht, der unser Werk mit als Quelle benutzt hat, giebt man allgemein einen Mönch, Namens Albcrich von Besançon, als Verfasser desselben an, doch weist die Sprache des Denkmals auf ein südlicheres Gebiet, sodass die Ansicht ausgesprochen worden ist, Lamprecht habe Briançon statt Besançon sagen wollen oder sollen. Das Fragment berichtet von der Abstammung, der Geburt und der Kindheit Alexanders des Grossen, schildert seine äussere und innere Entwicklung und bricht mitten in den Einzelheiten über seinen Unterricht ab. Aus dem Verhalten der Denkmäler, die das Epos Alberichs als Quelle benutzt haben, scheint hervorzugehen, dass letzterer sein Werk zwar noch etwas weiter, nämlich bis zu dem Feldzuge Alexanders gegen den König Nikolaus von Caesarea fortgesetzt, aber nicht zu Ende gebracht hat. Die geringe uns erhaltene Probe zeigt aber, dass derselbe ein bedeutendes dichterisches Talent besass. Seinen Stoff hatte er entnommen aus der von einem Julius Valerius vor 340 n. Chr. verfertigten lateinischen Übersetzung der griechischen, romanhaft ausgeschmückten Geschichte Alexanders, welche gewöhnlich die des Pseudo-Kallisthenes heisst, weil ihr unbekannter Verfasser sie als ein Werk des Historikers Kallisthenes ausgab. Alberich stellte sich seiner Quelle jedoch einigermassen frei, zuweilen sogar kritisch gegenüber und fügte manche Einzelheiten hinzu, um sein Werk dem Geiste und dem Geschmacke seiner Zeit anzupassen. Dies sind die wenigen Kunstepen, die auf uns gekommen sind, nachweislich haben einst aber noch zahlreiche andre existiert, die jedoch leider verloren gegangen sind. Alwin Schmidt, Über das Alexanderlied und sein Verhältniss zur antiken Überlieferung, ß.
des Alberic von Besançon Diss. Bonn 1886.
KLEINERE EPISCHE DICHTUNGEN.
1 3 . Neben den eigentlichen Epen giebt es noch einige kürzere erzählende Gedichte, die man passend N o v e l l e n genannt hat. Auch bei 1
Hsg. von Paul Hey se, Romanische Inedita. Berlin 1856, S. 1—6; Stengel,
Ausg. u. Abh. I, 72—80-
Paul
Meyer,
Alexandre
le Grand
dans la litt. fr. du
Paris 1886, I, l—lö; F ö r s t e r u. K o s c l i w i t z , A fr. Übungsbuch. S. 161
6.
m.-ct.
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LITTERATURGESCHICHTE
DER ROMANISCHEN V Ö L K E R .
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2.
PROV.
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den P r o v e n z a l e n k o m m t die B e z e i c h n u n g »nova, novcla« vor, d o c h haben wir gesehen n ) , dass sie damit einen viel weiteren Begriff v e r b a n d e n . D i e N o v e l l e n sind, w i e die R o m a n e , mit denen sie auch in ihrer metrischen F o r m übereinstimmen, ein treues S p i e g e l b i l d der ritterlichen Gesellschaft j e n e r Zeit und bilden aus diesem G r u n d e einen scharfen G e g e n s a t z zu den französischen Fabliaus, w e l c h e durchaus in d e m Bürgertum wurzeln, daher ihre Spitze oft gerade g e g e n das Rittertum kehren. U n t e r den N o v e l l e n d i c h t e r n nimmt R a i m o n V i d a l die erste Stelle ein, der aus Besaudun im nördlichen E i n e s seiner Catalonien gebürtig, zu A n f a n g des 13. Jahrhunderts blühte. G e d i c h t e , das aus 4 5 0 Z e i l e n besteht, g i e b t sich selbst a m Schlüsse den T i t e l Castia-Gilosx, also etwa »Der bestrafte Eifersüchtige«. Darin erzählt ein S p i e l m a n n in h ö c h s t pikanter Weise, w i e ein aragonischer E d e l m a n n durch das Ubermass seiner L e i d e n s c h a f t seine Gattin zur U n t r e u e geradezu veranlasst und schliesslich durch diese im B u n d e mit ihrem L i e b h a b e r von seiner L e i d e n s c h a f t g e h e i l t wird, n a c h d e m er v o n ihnen schmählich hinter das L i c h t gefuhrt w o r d e n ist. A m Schlüsse warnt der Joglar seine Zuhörer eindringlich davor, der Eifersucht E i n g a n g in ihr H e r z zu gestatten. — E i n e zweite von R a i m o n s N o v e l l e n könnte etwa Das Minnegerichfi betitelt werden. Es handelt sich in derselben nämlich um die F r a g e , w e l c h e v o n z w e i D a m e n mehr A n s p r u c h auf einen bestimmten j u n g e n Ritter h a b e : die, w e l c h e ihn n a c h siebenjährigem treuen Dienst von sich gestossen hatte, später aber bereute und ihre A n s p r ü c h e erneuerte, oder die, w e l c h e sich des Verstossenen a n g e n o m m e n und ihm Ersatz g e s c h a f f e n hatte. D e r angerufene Schiedsrichter erklärt sich zu Gunsten der ersteren. In die E r z ä h l u n g hat R a i m o n zahlreiche Aussprüche und a l l g e m e i n e Sätze über alle Verhältnisse der L i e b e eingefügt, die meist andern D i c h t e r n entlehnt sind, sodass wir hier eine interessante Blumenlese von G e d a n k e n über j e n e n G e g e n s t a n d erhalten. D u r c h dies Hervortreten des L e h r h a f t e n , das der E r z ä h l u n g als solcher durchaus nicht zum Vorteil gereicht, ist das G e d i c h t j e d o c h so in die L ä n g e g e z o g e n , dass es, obw o h l die H a n d l u n g g a n z e i n f a c h ist, d o c h 1 3 9 7 Verse zählt. In dem dritten und letzten hierher g e h ö r i g e n Werke des Dichters, einer IchN o v e l l e , w e l c h e mit den Worten beginnt Abril issi'e mays intravdt tritt das epische M o m e n t n o c h mehr hinter der Ausführung des Grundgedankes, Bedauern ü b e r d e n V e r f a l l d e r P o e s i e und über die fortwährende A b n a h m e der Z a h l ihrer G ö n n e r zurück; e b e n s o sind a u c h hier zahlreiche Zitate zwischengestreut. A n einem schönen Frühlingstage, als R a i m o n sich allein auf einem P l a t z e seines Heimatsortes Besaudun befand, gesellte sich zu ihm ein S p i e l m a n n und schüttete ihm über die traurige L a g e der Dichtkunst sein H e r z aus. Der Dichter lud ihn freundlich zu sich ins Haus und b e g a b sich mit ihm n a c h T i s c h in den Garten, w o "er sich von ihm über seine Erlebnisse und trüben Erfahrungen berichten liess. Bei vielen B a r o n e n , so erzählte der Joglar, h a b e er v e r g e b l i c h auf L o h n g e h o f f t und sei schon im B e g r i f f g e w e s e n , seinem Berufe zu entsagen, als er zu seinem G l ü c k einige edle und f r e i g e b i g e G ö n n e r getroffen, von denen der Delfin von A u v e r g n e ihm sogar eine äusserst lehrreiche G e s c h i c h t e von einem spanischen Sultan mitgeteilt habe, die wir dann auch k e n n e n lernen. Er sei nun g e k o m m e n , um sich darüber unterrichten zu lassen, w e l c h e s die G r ü n d e des traurigen Zustandes seien, und w i e er selbst es in der Welt anzufangen habe. A l s A n t w o r t erzählt der Dichter von seinen e i g e n e n Erlebnissen und rühmt die F r e i g e b i g k e i t 1
R n y 11 o u a r (1, Choix III. 3 9 8 — 4 1 3 ; G a l v a n i 391 - 4 0 9 ; ]! r l s c h , Lcscbach Malm. Werke III. 2 2 6 - 3 6 . 2 So fo cl temps com era jays. N o v e l l e von R a i m o n V i i l a l . hsi». von M a x C o n i c e l i u s , D i s s . B e r l i n 1888. 3 B a r t s c h , Denkmäler 144—92. :01 —13. 5 Ein Bruclistfick in : A-. T h o ni a s, IM C/ùrurgie de Roger de l'arme eu vers provençaux, Rom. 10, 63—74 und 456.
DIDAKTIK: WISSENSCHAFTLICHE GEDICHTE.
MORALISIERENDE ERZÄHLUNGEN.
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von Salerno genannt wird, nach der Stadt, in welcher er gewirkt und auch jenes Werk um 1180 niedergeschrieben hat. Die Übertragung stammt von einem R a i m o n von A v i g n o n , der selbst Arzt war, in Salerno studiert hatte und seine Arbeit auf Bitten eines ihm befreundeten Standesgenossen angefertigt hat. Die metrische Form ist auffällig: zuerst, d. h. in der Einleitung, 6 Strophen zu 10, dann lauter solche zu 4 Versen mit gleichem Reim. Die Verse, das Werk zählt deren 1571, sind ZwölfsQbler, jedoch nicht mit einer Zäsur in der Mitte, sondern hinter der betonten vierten oder achten Silbe, oft hinter beiden zugleich, in welchem Falle jede Zeile also drei gleiche Teile aufweist. Auch die P h i l o l o g i e ist unter den Dichtwerken dieser Art vertreten, denn ein italienischer Dichter Namens T e r r a m a g n i n o von P i s a brachte etwa zwischen 1270 und 1280 die »Las razos de trobar« betitelte Grammatik des Raimon Vidal von Besaudun ($ 67) in provenzalische Verse (es sind 806) und nannte seine Arbeit « D o c t r i n a d c C o r t « . 1 Ein Originalwerk ähnlichen Charakters ist ein g e r e i m t e r K o m m e n t a r , nämlich die versifizierte Erklärung einer Canzone des Guiraut von Calanso. Mit dieser Aufgabe hatte der Graf Heinrich II. von Rodez zu gleicher Zeit 4 verschiedene Dichter betraut, unter welchen G u i r a u t R i q u i e r den Sieg davontrug. Sein Gedicht » E x p o s i t i o n « 8 deutet jenes Lied Strophe für Strophe und besteht aus 947 Sechssilblern, die sämmtlich paarweise reimen bis auf den letzten jedes Abschnittes, welcher reimlos ist. — Die Lust an dichterischer Form war so gross, dass man sogar die Statuten e i n e r B r ü d e r s c h a f t vom h. G e i s t e 3 in ein metrisches Gewand gekleidet hat; es sind t73 paarweise gereimte Achtsilbler. Einen kurzen Abriss des Gesamtwissens seiner Zeit gab in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts P e i r e von C o r b i a c in seinem T e sa 11 r. Wir besitzen diesen »Schatz« in zwei Bearbeitungen, einer älteren kürzeren,4 sodann in einer erweiterten und interpolierten, also jüngeren ; 6 jene zählt 506, diese 840 Zeilen, und zwar sind es Alexandriner, die alle auf den gleichen Reim (-ens) ausgehen. Weit umfassender ist das 34597 Verse zählende B r e v i a r i d'amor®, welches in 5 Büchern eine Art Encyklopädie aller damaliger Wissenschaften darstellt. Der Verfasser, Mat fr e E r m e n g a u d, welcher aus Beziers stammte, begann sein Werk, wie er selbst mitteilt, 1288; er wurde später Franziskanermönch und lebte bis 1322. Er verwandte, wie gewöhnlich, kurze Reimpaare, und zwar teils von männlichen Achtsilblern, teils von weiblichen Siebensilblern. Vielleicht hat der Popularisierung eines wissenschaftlichen Gegenstandes auch ein Gedicht gedient, von dem uns nur ein Teil der Einleitung (88 Verse) erhalten ist. 7 Es stammte aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts und hatte seinen Stoff lateinischen Quellen entnommen. W e r t h , Altfranzosische Jagdlehr bûcher, Ztschr. 1 2 . 165 — 71— Ha ii q u i c r . Rammt Ftraud et son Comput, Ztschr. 2, 76 — 7- — R. K e i n s e h . Ober das Sec t dum secretorum des Psetido-Aristoteles als Quelle eines noch unveröffentlichten provenfalischen Gedichtes. Arch. 1 Terramagnino de Pise, Doctrina de cort |>. |i. 1'. M e y e r , Koni. 8. 181—2111. • M a h n , Werke der Trouh. 4, 210 • Statuts d'une confrérie du Saint Esprit |>. |i. M. T h o m a s et C o h e n d y , Rom.
8. 218 -20. 4 G a I v a n i, Osservazioni sulla poesia de' trovatori, Modcna 18'jy, 321—36 (Ausserdem Bruchstücke in mehreren Sammelwerken). 5
Le Tresor de Pierre
bourg 1859. • Le
Breviari ifAmor
de Corbiac en vers provençaux de Matfre
A z a ï s . 2 B.. Paris (1862-81). 7
Hrmengaud suivi
p. |>. Dr. S a c h s ,
Brande-
de sa lettre a sa soeur p. p.
Prologue d'un poème inconnu p. p. 1*. M e y e r , R o m . 1, 4 1 4 — 1 7 .
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LITTERATURGESCHICHTE DER ROMANISCHEN VÖLKER. — 68, 9 — 1 6 . — A. T h o m a s . Raimon d'Ävignon, Rom. 1 ) . gorische Canzone des Guiraut ihre Deutung, Diss. Breslau
2 . PROV.
LITT.
La versification de la Chirurgie prov. de 2 0 3 - 1 2 . — O. D a m m a n n , Die allede Calanso „A Iris cui am de cor" und 1891.
4 1 . Endlich sind dieser Gattung von Dichtungen auch einige E n s e n h a m e n s , d. h. Unterweisungen zuzurechnen, nämlich diejenigen, welche den Zweck haben, Spielleuten die für ihren Beruf nötigen Kenntnisse beizubringen. Das älteste derartige Ensenhamen, 1 aus dem letzten Viertel des r2. Jahrhunderts, ist von G u i r a u t v o n C a b r e i r a , einem catalanischen Edelmann, für einen Joglar Namens Cabra geschrieben und zählt in 2 1 3 Versen alle Künste sowie alle Sagenstoffe auf, mit denen letzterer vertraut sein müsse. Eigentümlich ist die metrische Form, indem auf ein Reimpaar von Viersilblern immer ein Achtsilbler folgt; die Achtsilbler weisen sämtlich den gleichen Reim auf. Diesem Muster folgte G u i r a u t v o n C a l a n s o n in einem um 1 2 0 0 entstandenen und an den Joglar Fadet gerichteten Gedichte, 2 das die gleiche Form (240 Verse) und im allgemeinen auch den gleichen Inhalt hat, wie das seines Vorgängers, nur hat er sich bemüht, das von jenem gegebene Verzeichnis von Sagenstoffen zu erweitern und zu ergänzen. Das dritte und letzte der uns erhaltenen Ensenhamens 3 stammt von B e r t r a n v o n P a r i s und ist in der ersten Hälfte des 1 3 . Jahrhunderts für einen Spielmann Namens Gordon verfasst; es zeigt die bemerkenswerte Eigentümlichkeit, dass es wie ein lyrisches Gedicht gegliedert ist, indem es aus 1 0 Strophen zu je acht und drei Geleiten zu j e 4 Zeilen, sämtlich Zehnsilbler mit der Zäsur nach der vierten, besteht. Es zählt weniger Namen auf, als die beiden anderen, fügt aber fast immer eine Angabe über die Schicksale der betreffenden Person hinzu. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass diese »Unterweisungen« ernst gemeint gewesen sind; vielmehr wählten die Verfasser diese Form wohl nur, um ihre eigenen Kenntnisse an den T a g zu legen. (Über eine andre Gattung von Ensenhamens vgl. § 49.) 2. G E D I C H T E M O R A L I S C H E R
TENDENZ.
A) MORALISIERENDE ERZÄHLUNGEN.
42. Innerhalb derjenigen Gedichte, welche sich nicht an den Verstand, sondern an das Gemüt des Lesers wenden, welche ihn also nicht unterrichten, sondern bessern wollen, können wir zwei Gruppen unterscheiden, nämlich solche, die ihren Zweck direkt zu erreichen suchen, cl. h. in Form von methodischen Abhandlungen über einen bestimmten Gegenstand der Moral, und solche, die dies gleichsam indirekt thun, d. h. mit Benutzung einer Erzählung. Unter den letzteren verdient in erster Linie der sogenannte B o e t h i u s 4 hervorgehoben zu werden, welcher, wohl in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts (nach anderen im Anfange des elften) entstanden, das älteste Denkmal der provenzalischen Litteratur darstellt. Hier wird die Lebensgeschichte des römischen Philosophen und Staatsmannes Boethius benutzt, um 1 B a r t s c h , Denkmäler 8 8 — 9 4 ; Mihi y Fontanals, De los trmiadores etc. 2 6 9 — 7 7 ; M a Ii 11, Gedichte der Troub. 212-1 2 B a r t s c h , Denkmäler 94 — 1 0 1 ; M a h n , Gedichte der Troub. 1. 66 — 7 (No. 1 1 1 ) . 3 B a r t s c h , Denkmäler 8 ä — 8 , W i t t h o e f t , Sirventes joglaresc, Marburg 1891 S. 66—68. 4 R a y 11 o 11 a r «I. Choix II. 4 — 3 9 ; D i e z , Altromanische Sprachdenkmale yy — 7 2 ; B a r t s c h , Christ.4 1 — 8 ; P. M e y e r , Recueil 2H—;j2; Das altprov. Boethiuslied hsg. von Dr. Franz Hiindgen, Oppeln 1884.
DIDAKTIK:
MORALISIERENDE E R Z Ä H L U N G E N .
ALLEGORIEN.
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daran den didaktischen Inhalt zu knüpfen. L e i d e r ist uns nur ein Bruchstück des G a n z e n erhalten, nämlich 257 Zehnsilbler in assonierenden T i r a d e n . Wir erfahren darin, w i e Boethius durch den römischen K a i s e r T h e o d e r i c h unschuldig ins G e f ä n g n i s g e w o r f e n wird und ihm dort eine s c h ö n e Jungfrau in wundersamem A u f z u g e erscheint, w o r a n sich dann die moralisierende D e u t u n g j e n e r allegorischen Vision schliesst. D a s G e d i c h t beruht im wesentlichen auf dem W e r k e des Boethius »De, consolatione p h i l o s o p h i a e « , das aus dem A n f a n g e des sechsten Jahrhunderts stammt. -•- Etwas anders veriährt P c i r e C a r d i n a l , um die V e r k e h r t h e i t der W e l t zu veranschaulichen. E r erzählt nämlich in e i n e m G e d i c h t e von 70 paarweise gereimten A c h t s i l b l e r n , w e l c h e s er selbst F a b e l und auch S e r m o n nennt, das aber richtiger als P a r a b e l 1 zu b e z e i c h n e n ist, w i e ein R e g e n allen E i n w o h n e r n einer Stadt bis auf einen den Verstand raubte und w i e j e n e nun diesen v e r n ü n f t i g g e b l i e b e n e n für verrückt hielten und mißhandelten. A n diese E r z ä h l u n g schliesst der Dichter sofort die D e u t u n g derselben an. N a h e verwandt hiermit sind die wirklichen F a b e l n , w e l c h e bekanntlich unter der F o r m eines V o r g a n g e s aus dem L e b e n der T i e r e einen Satz der Moral b e h a n d e l n , j a diesen auch g e w ö h n l i c h am Schlüsse als » L e h r e « mitteilen. Es hat sich bisher leider erst ein winziger T e i l einer provenzalischen F a b e l s a m m l u n g auffinden lassen, n ä m l i c h ausser einer F a b e l , w e l c h e z w e i m a l als Beispiel in den » L e y s d ' A m o r s « angeführt wird (I, 320 und III, 2 9 0 — 2 ) , ein Bruchstück v o n 4 3 p a a r w e i s e gereimten Achtsilblern, 2 zwei nicht einmal vollständige F a b e l n enthaltend, o b w o h l zahlreiche B e w e i s e vorliegen, dass diese D i c h t g a t t u n g einst auch in Süd-Frankreich sehr verbreitet g e w e s e n ist. Jene beiden F a b e l n (von der K r ä h e und dem Pfau, sowie von der F l i e g e und dem Maultiertreiber; g e h ö r t e n einst einer B e a r b e i t u n g resp. Übersetzung des im 1 2 . Jahrhundert in lateinischen Distichen niedergeschriebenen »Ysopus« an, w e l c h e r selbst auf den drei ersten Büchern des »Romulus», einer älteren S a m m l u n g von F a b e l n , beruht. C. H o f man 11. Über dieQucllen des ältesltn prov.Gtdicktes, Münchencr Acad. 1870. II, 175 — 82. 4 3 . In diese G r u p p e sind a u c h die a l l e g o r i s c h e n E r z ä h l u n g e n zu r e c h n e n , in denen also der berichtete V o r g a n g nicht wörtlich zu n e h m e n ist, die vorgeführten Personen vielmehr abstrakte B e g r i f f e , wie die P h i l o s o p h i e , gewisse T u g e n d e n , Laster, Wissenschaften u. dgl. darstellen, deren N a m e n sie a u c h meist tragen. S c h o n in den Boethius war eine s o l c h e A l l e g o r i e eingeflochten ; einen ähnlichen Charakter hat ein aus 46 S t r o p h e n zu j e 4 gleichreimigen Zehnsilblern bestehendes G e d i c h t P a l a i t z d e S a v i e z a , 3 aus der zweiten H ä l f t e des 1 4 . Jahrhunderts, w e l c h e s dem unten 68) zu b e s p r e c h e n d e n »Elucidari« als Einleitung dient und in w e l c h e m der Verfasser durch die Beschreibung des Palastes der Weisheit G e l e g e n h e i t findet, nicht nur alle damals bekannten Wissenschaften aufzuzählen, sondern auch deren Z w e c k und Nutzen zu schildern. — In anderen Erzählungen treten die personifizierten Begriffe selbst handelnd auf, so in drei uns erhaltenen, die im 1 3 . Jahrhundert entstanden sind und sich sämtlich auf die L i e b e b e z i e h e n . In der einen, von ihrem Herausgeber L a c o u r d ' a m o u r 4 betitelt, w e l c h e , o b w o h l der Schluss fehlt, 1 7 3 0 paarweise g e r e i m t e Achtsilbler zählt, wird die L i e b e als Fürstin auf dem Parnasse thronend eingeführt, u m g e b e n v o n F r e u d e , Mut, 1 Raynouard, Choix IV, 866 — 8; Parnasse occilanien 321—4; M a h n , Werke 2, 18g—91; B a r t s c h , Chrest* 1 7 5 - 8 . 2 p. p. P i o R a j n a , Rom. 3, 291—4. 3 B a r t s c h , Denkmäler 57—63. * L. C o n s t a u s , Les manuscrits provençaux de Cheltenham, Paris 1882, 66—115 (Auch Rev. îles 1. i\ 2o, 105—38, 157—79, 209 20 und 261 — 76;.
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LlTTEKATUKGESCHlCHTE DER KOMANISCHEN VÖLKER.
— 2. PROV. LITT.
Scham, Hoffnung u. a.; sie erteilt ihren Untergebenen ausführliche Lehren, worauf Cortesia darlegt, worin das Wesen echter L i e b e bestehe. Ganz ähnlichen Inhalt hat eine vor der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandene a l l e g o r i s c h e I c h - N o u v e l l e eines P e i r e G u i l h e m , 1 welcher vielleicht identisch ist mit dem Lyriker Peire Guilhem de Tolosa. Wir erfahren, wie der Dichter auf einem Spazierritte, einer Schaar allegorischer Figuren, wie Gnade, Schamhaftigkeit, Treue u. a. begegnet, an deren Spitze sich Amors befindet. Er richtet an letztere verschiedene Fragen, welche dieselbe beantwortet und zugleich mit Ratschlägen begleitet. Die Achtsilbler sind hier ab und zu durch Verse von nur 4 Silben unterbrochen, die j e d o c h auch stets mit dem dazu gehörigen Achtsilbler reimen. Ein drittes, leider unvollständig überliefertes allegorisches Gedicht des 13. Jahrhunderts, C l i a s t e l d ' A m o r s , 2 in welchem der unbekannte Verfasser (wie es scheint, ein Italiener) den Weg zur L i e b e nebst den sich entgegenstellenden Schwierigkeiten und Hindernissen mit dem Zugange zu einer festen Burg vergleicht, zeigt Strophen von j e 6 Siebensilblern, deren 5 erste den gleichen Reim aufweisen, während die sechste mit den 5 Anfangszeilen der folgenden Strophe reimt. Erhalten sind 30 Strophen, also 180 Verse, von denen allerdings mehrere nicht völlig leserlich sind. 44. Zu den moralisierenden Erzählungen muss man auch diejenigen rechnen, w e l c h e den Z w e c k haben, ihre Leser zu erbauen. Sehr beliebt waren solche über die F r e u d e n d e r M a r i a , in welchen nämlich alle diejenigen Ereignisse aus dem L e b e n der heiligen Jungfrau berichtet werden, bei denen ihr durch ihren Sohn Freuden zu T e i l geworden sind. Im Provenzalischen kennt man bisher vier Gedichte über diesen Gegenstand 3 , in denen die Zahl jener Freuden stets 7 beträgt, während die Reihenfolge der als Ursache angegebenen Ereignisse, j a sogar einzelne der letzteren in den verschiedenen Bearbeitungen von einander abweichen. Zwei derselben zeigen kurze Reimpaare, die beiden andern sind strophisch gegliedert. Eine gleiche T e n d e n z verfolgen die Gedichte über die Z e i c h e n d e s W e l t u n t e r g a n g e s , einen legendarischen Stoff, dem wir bereits am Schlüsse der Bearbeitung des Evangeliums Nicodemi begegnet sind (§ 37). Derselbe findet sich j e d o c h auch selbständig, einmal in einem Gedichte, von dem uns nur 12 zum T e i l verstümmelte Strophen von j e 4 paarweise gereimten Achtsilblern erhalten sind 4 , sodann in einem anderen von gleichem Bau (17 Strophen), betitelt S i b y l l e n W e i s s a g u n g 5 , endlich in einer 258 paarweise gereimte Achtsilbler zählenden Übersetzung eines altfranzösischen Gedichtes 8 . Diese Werke gehören wohl alle dem 13. Jahrh. an und haben ihren Stoff im wesentlichen aus dem lateinischen Akrostichon des heiligen Augustinus »Judicii Signum tellus sudore madescet« geschöpft. Das nahe Bevorstehen des Weltunterganges wird man daran erkennen, dass Sonne und Mond sich verfinstern, die Erde erbeben, Feuer, Schwefel und blutiger R e g e n vom Himmel fallen wird u. dgl. Das zweite der angeführten Gedichte enthält ausserdem noch eine Schilderung des jüngsten Gerichtes.
1
Peire
R a y n o u a r d , Lex. rom. I, 405—17; Mahn. Werke 1, 2 4 1 - 5 0 ; vgl. B a r t s c h ,
Vidal X C 1 V . 2 Chastel d'amors, fragment
d'101 poeme provençal,
p. p. M. T h o m a s
1889
(Extrait
des Annales du Midi No. 2, S. 183 — yô) ; ein ËruckstQck davon B a r t s c h , Chrest.* 273—4. 3 a. S u c h i e r , Denkmäler I, 85 — 97; b. ib. 272—82; c. Levs d'Amors\, 264—7; :î — 6 5 ; S u c h i r r ,
DIDAKTIK:
MORALISIERENDE EINZAHLUNGEN
UNL> ABHANDLUNGEN.
+7
Endlich sind liier noch zwei andre sagenhafte Stoße, zu erwähnen, die G e s c h i c h t e d e s K r e u z h o l / . e s C h r i s t i und die Z e r s t ö r u n g J e r u s a l e m s . Wir werden unten (^ 62) j e eine Bearbeitung derselben in prosaischer Form kennen lernen, doch hat es deren auch in poetischer gegeben. Letztere haben sich allerdings als selbständige Werke nicht erhalten, sondern nur als T e i l e der bereits in jj 7 besprochenen Kompilation, welche die Eroberung von Arles zum Hauptgegenstande hat. Die zuerst genannte S a g e 1 , die nicht früher als in der Zeit vom 12. bis zum 14. Jahrhundert herausgebildet worden ist, berichtet über die Schicksale des Baumes, von welchem später das H o l z zum K r e u z e Christi genommen wurde; nach ihr war derselbe aus drei K e r n e n herausgewachsen, welche von der Frucht des Baumes der Erkenntnis herstammten, und welche Seth von einer Sendung ins Paradies mitgebracht und auf Befehl Gottes seinem Vater Adam in den Mund gesteckt hatte. Dem K o m p i l a t o r haben zwei verschiedene Gedichte über diesen Gegenstand, eins in Achtsilblern, das andre in Alexandrinern, vorgelegen, und er hat aus beiden j e einen T e i l herübergenommen und den Stoff durch einige Zusätze erweitert. Auch die zweite Sage, die von der Z e r s t ö r u n g J e r u s a l e m s 2 , war im Mittelalter sehr verbreitet; nach ihr soll ein römischer Kaiser (in einigen Versionen ist es Tiberius, in der unsrigen Caesar), als sein Sohn (Vespasian, sonst auch Titus genannt) durch ein Gewand Jesu (anderswo durch ein T u c h mit dessen Bilde; von Aussatz oder anderer widerlicher Krankheit geheilt worden, Jerusalem zerstört haben, um den T o d des Heilandes zu rächen. A u c h hier hat der K o m p i l a t o r mehrere anderswoher entlehnte Episoden, seinem Berichte einverleibt. Die von ihm, vermutlich nach seiner Vorlage, verwandten Verse sind Alexandriner, die allerdings teilweise höchst mangelhaft sind. C . M i c h a e l i s . Qaindecim Signa ante Judicium, Arch. 4 6 , 3 3 — 6 0 ; Nolle, Die Legende von den i j Zeichen vor dem jüngsten Gerichte, l'aul und Braune's Beitr. 6 . 4 1 3 — 7 6 ; K. P e i p e r , Die ¡5 Zeichen vor dem jüngsten Gericht, A r c h . für L i t . Gesch. 9, 1 1 7 — 3 7 . — W . M e y e r , Geschichte des Kreuzholzes vor Christus, Alih. der bayer. A k a d . der VViss. 1881, 1 0 3 — 1 6 6 . — A . G r a f , Koma nclla memoria e uellc immaginazioni del media evo, T o r i n o 1 8 8 2 - 3 , Cap. 11.
45. In einigen anderen Gedichten erbaulichen Charakters ist der erzählende Inhalt in die Form einer Anrufung, gewöhnlich eines Gebetes gekleidet. So bittet in einer Bearbeitung des »Tractatus beati Bernhardi de planctu beatae Mariae« 3 der Dichter, ebenso wie dessen Vorlage, die heilige Jungfrau, ihm den H e r g a n g d e s L e i d e n s i h r e s S o h n e s vorzutragen. Sie thut dies, indem sie K l a g e n und Verwünschungen gegen den T o d und die Juden einflicht. Von V. 599 an ergreift dann der Verfasser selbst das Wort, erzählt die Ereignisse nach Christi T o d e und schliesst mit einem G e b e t e an Maria (V. 8 8 3 — 9 0 8 ) . Einen anderen Bericht über die ganze Passion, und zwar nach den kirchlichen Stunden, der prima, tertia, nona u. s. w. geordnet, giebt der in gascognischer Mundart verfasste R o m a n s d e l a s h o r a s d e l a c r o t . 1 Derselbe ist, wie das eben erwähnte Gedicht, in paarweise gereimten Achtsilblern (272) niedergeschrieben und erscheint äusserlich als eine Anrede an Christus. Ein andrer, ebenfalls nicht bekannter Verfasser berichtet unter der Form einer B e i c h t e a n d i e h. J u n g f r a u ' ' über die Verirrungen seines L e Roman d'Arles S. 1 5 - 2 3 ib. S. 2 3 — 3 0 . p. p. IC d s t r 6 m , G ö t e b o r g 1 8 7 7 ; La Passion du Christ, pohne provençal provem. Marienklage hsg. von M u s h a c k e , Halle 1890 (Roman. Bibliothek N o . 3 ) : Rev. des 1. r. 33, 1 2 5 — 7 . 4 F. M e y e r , Daurel et Beton C I X - C X I X . 1 S ne h i e r , Denkmäler 1, 2 1 4 40. 1
2
3
Altvgl.
48
LITTEKATURGESCHICHTE DER ROMANISCHEN VÖLKER.
—
2. PROV. L I I T .
Lebens; er sei in seiner Jugend Ketzer, Albigenser, gewesen, habe sich dann aber bekehrt und habe auch die späteren Versuchungen siegreich niedergekämpft, sodass er jetzt fest im Glauben stehe. Die metrische Form ist genau so wie die des ersten Téiles der Albigenserchronik (§ 35); es sind im Ganzen 839 V'erse. Alle 3 soeben besprochenen Werke stammen aus dem 13. Jahrhundert. Ein anderes Gedicht ähnlichen Charakters, aus etwa 100 Reimpaaren von Achtsilblern bestehend, welches schildert, wie Maria am Fusse des Kreuzes erscheint, und in einer Anrede an den Sohn bittere Klagen über dessen leidensreiches Leben ausströmt und wie sie schliesslich von Johannes getröstet und heimgeleitet wird, ist noch nicht herausgegeben. 1 B) MORALISIERENDE
ABHANDLUNGEN.
46. Die provenzalische Litteratur besitzt Gedichte, welchc die verschiedensten Gebiete der Ethik behandeln; teils haben sie einen allgemein moralischen Inhalt, teils richten sie sich ausschliesslich gegen einzelne Arten von Fehlern, teils endlich sind sie nur für bestimmte Gesellschaftsklassen berechnet. Wohl das älteste derartige Werk 3 stammt von dem auch als Lyriker bekannten A r n a u t von M a r u e l h (1170—1200); es enthält 368 paarweise gereimte Sechssilbler und zählt zunächst die Eigenschaften auf, die man besitzen müsse, um in der Welt Lob zu erwerben, worauf die Vorzüge und die Schwächen einzelner Stände, am Schlüsse auch die der Frauen besprochen werden. Der ebenfalls schon genannte (jj 40) D a u d e von P r a d a s verfasste eine Dichtung (er nennt sie romanz) in 906 Reimpaaren von Achtsilblern ü b e r die vier H a u p t t u g e n d e n , 8 prudentia, fortitudo, continentia und justitia, die jeder Christ, Jude und Heide besitzen müsse. In vier Abschnitten erläutert er zuerst immer das Wesen der betreffenden Tugend und führt diese dann selbst redend ein, wobei jede angiebt, wie man ihrer teilhaftig werden könne. Das Gedicht, welches dem Bischof Stephan von Puy (1220—31) gewidmet ist, beruht auf einem angeblich von Seneca, in Wirklichkeit aber von dem portugiesischen Bischof Martin von Braga herstammenden lateinischen Traktat. Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. besitzen wir eine Sammlung von R e g e l n a l l g e m e i n e r L e b e n s k l u g h e i t , welche sich selbst »Lo Savi« nennt, während sie gewöhnlich auf Grund eines darin vorkommenden Zitates mit dem nicht zutreffenden Titel L o l i b r e de S e n e c a 4 belegt wird. Nach einer Einleitung, die ein Lob der Weisheit enthält, werden die Sprüche, welche meist je ein Reimpaar umfassen und die viel volkstümliches enthalten, einzeln an einander gereiht. Der schon mehrfach (§ 33 und 43) genannte P e i r e C a r d i n a l verfasste in dem Versmasse von Guiraut von Cabreiras Ensenhamen (¡5 41) eine P r e d i c a n s a , 5 die in 180 Zeilen vor Hochmut, Habgier und Trug warnt sowie Adel der Gesinnung verlangt. Eine Strafpredigt über den allgemeinen sittlichen Verfall enthält der R o m a n s de m o n d a n a v i d a , 6 im Jahre 1284 von F o l q u e t de L u n e l verfasst. Er nimmt die einzelnen Stände vom Kaiser abwärts nach einander vor, indem er deren Sünden und Gebrechen geisselt. Erhalten sind 539 Verse mit gekreuzten Reimen, und zwar wechseln 1
* * Florence * * * 1872,
2b-
Anfang und Schluss von P . M e y e r , Rom. 14, 530— 31. R a y n o u a r d . Choix IV, 405—18; M a h n . Werke 1, 176—84. The romance of Daude de Pradas on the four cardinal virtues ed. by A. S t i c k 11 e y, 1879B a r t s c h , Denkmäler 1 9 2 - 2 1 5 * M a h n , Gedichte No. 941 ; B a y l e , Anthologie prov. 120—8. Der Troubadour Folquet de Lunel lisg. von F r a n z E i c h e I k r a 111, Diss. Berlin 41!.
DIDAKTIK:
MORALISIERENDE
ABHANDLUNGEN.
49
m ä n n l i c h e A c h t s i l h l e r mit w e i h l i c h e n S e c h s s i l b l e r n . G e g e n bestimmte Stände e n d l i c h , besonders Juristen und Mediziner, ist ein G e d i c h t von 1 4 1 Versen gerichtet, w e l c h e s sein nicht b e k a n n t e r V e r f a s s e r eine Arbalecca x nennt ( V . 4). E s b e g i n n t mit e i n e m R e i m p a a r von A c h t s i l b l e r n , dann f o l g e n i m m e r j e ein Vier- und ein A c h t s i l h l e r , die e b e n f a l l s mit e i n a n d e r r e i m e n . E i n g e f ü g t ist diese S t r a f p r e d i g t in e i n e S c h i l d e r u n g des jüngsten G e r i c h t e s . 4 7 . D e r zweiten H ä l f t e des 1 3 . J h . ' s g e h ö r e n sodann n o c h zwei herv o r r a g e n d e V e r t r e t e r der didaktischen P o e s i e a n : G u i r a u t R i q u i e r (vgl. § 4 0 ; und A t v o n M ö n s . U n t e r den hierher g e h ö r i g e n Werken des e r s t e r e n 2 sind 8 w i r k l i c h e A b h a n d l u n g e n über moralische G e g e n s t ä n d e . 3 V o n diesen G e d i c h t e n , die sämtlich datiert s i n d , h a n d e l n einige über a l l g e m e i n e G e g e n stände, z. Fi. ü b e r unsere Pflicht, G o t t zu f ü r c h t e n , zu lieben und zu ehren, über die N o t w e n d i g k e i t des Masshaltens, über die L e b e n s l a g e n , in denen der M e n s c h S c h a m empfindet, über die sittliche E n t a r t u n g der Dichtkunst; d i e . übrigen g e b e n R a t s c h l ä g e o d e r V o r s c h r i f t e n der E t h i k , und zwei von ihnen sind sogar f ü r einen bestimmten F r e u n d g e s c h r i e b e n , der allerdings nicht genannt wird. In v i e r anderen didaktischen D i c h t u n g e n v e r w e n d e t er die F o r m v o n S e n d s c h r e i b e n , 4 die an h o c h g e s t e l l t e F r e u n d e oder G ö n n e r gerichtet sind. D i e s e l b e n enthalten n e b e n p e r s ö n l i c h e n A n g e l e g e n h e i t e n des Dichters w i e d e r u m B e s p r e c h u n g e n a l l g e m e i n e r F r a g e n , namentlich solcher, die sich auf die L e b e n s f ü h r u n g , besonders das V e r h a l t e n g e g e n a n d e r e b e z i e h e n . Interessant ist endlich eine D e n k s c h r i f t 5 , die der D i c h t e r 1 2 7 4 an den K ö n i g A l f o n s X . von Castilien r i c h t e t e , in w e l c h e r er unter, d e m A u s d r u c k e des Bedauerns darüber, dass man jetzt die D i c h t e r , selbst die besten, mit dem g l e i c h e n Ausdrucke » j o g l a r « b e z e i c h n e t e , w i e die G a u k l e r und P o s s e n r e i s s e r , den K ö n i g bat, für j e n e einen anderen N a m e n zu b e s t i m m e n . In einer A n t w o r t 6 , die o h n e Z w e i f e l Guiraut R i q u i e r selbst im A u f t r a g e des K ö n i g s verfasst hat, geht dieser auf den V o r s c h l a g ein und setzt für die D i c h t e r die B e z e i c h n u n g »trobador« und » d o c t o r « fest. A u c h R i q u i e r s Z e i t g e n o s s e , A t v o n M ö n s 7 aus T o u l o u s e , hat mit Vorl i e b e die F o r m von B r i e f e n verwandt. S o richtete er einen ü b e r den E i n fluss der S t e r n e auf das S c h i c k s a l der M e n s c h e n e b e n f a l l s an A l f o n s X . von Castilien und ist auch w o h l als V e r f a s s e r der uns erhaltenen a n g e b l i c h e n Erw i d e r u n g des K ö n i g s anzusehen. Z w e i andere sind für den K ö n i g von A r a g o n , w a h r s c h e i n l i c h P e t e r I I I . ( 1 2 7 6 — 8 5 ) , b e s t i m m t ; der eine handelt von den sittlichen G ü t e r n des M e n s c h e n , der zweite warnt die Fürsten v o r der Wahl falscher Ratgeber. E i n e w e i t e r e g e r e i m t e A b h a n d l u n g desselben Dichters endlich geisselt im ersten T e i l e die F e h l e r der G r o s s e n und spricht im zweiten über die Entstehung und das Wesen der L i e b e . B e i d e eben b e s p r o c h e n e n D i c h t e r v e r w a n d t e n in ihren didaktischen Erzeugnissen der R e g e l n a c h den S e c h s s i l b l e r ; nur zwei B r i e f e Ats (die an den K ö n i g v o n A r a g o n ) und einer Guirauts (Mahn, Werke 4 , 1 0 0 ) zeigen Achtsilbler. D i e V e r s e werden überall p a a r w e i s e g e r e i m t , doch ist bei R i q u i e r i m m e r , bei seinem N a c h a h m e r der R e g e l n a c h , die Schlusszeile reimlos. Die Z a h l der Verse s c h w a n k t bei R i q u i e r in den A b h a n d l u n g e n zwischen 1 7 1 und 5 7 7 , in den S e n d s c h r e i b e n zwischen 87 und 2 4 5 ; die D e n k s c h r i f t endlich 1 2 8 4 5 c 7
B a r t s c h , Denkmäler 75—79'. P. M e y e r , Jahrbuch 5, 393—7. hsg. von l ' f a f f als M a h n , Werke B. 4. Berlin 1853M a h n , Werke 4. 106; 1 1 7 ; 1 3 1 ; 149; 1 5 7 : 1 9 1 ; 201 und 205. M a h n , Werke 4, 1 0 0 ; 1 2 3 ; 1 2 5 : 143. ib. 4, 163. ib. 4, 183. DieWerke des Trohadors X'At de Möns h«g. von YV i I h. B ei n Ii ar il, Heillironn 1KK7.
GRÜHER, GRUNDRIß, IIIJ.
4
50
LlTTERATURGESCHlCHTE DER KOMANISCHEN
VÖLKER.
— 2 . PROV.
L m .
zählt 861, die Antwort 393 Zeilen. At von Möns hat seinen Episteln eine L ä n g e von 1244, 265 und 296, seiner Abhandlung eine solche von 602 Versen gegeben. 48. Nicht weniger beliebt als die Briefform war die d i a l o g i s c h e F o r m fur derartige didaktische Abhandlungen. Dies zeigt sich z. B. an einem Lehrgedicht des Catalanen S e r v e r i v o n G e r o n a ü b e r d e n W e r t d e r F r a u e n , 1 welches um die Mitte des 13. Jh.'s verfasst und dem K ö n i g Jacob I. von Aragon gewidmet ist. Erhalten sind 5 59 Sechssilbler in R e i m p a a r e n , doch fehlt der Anfang. Nachdem in V. 43 sq. der Grundgedanke des Gedichtes ausgesprochen, ein gemeines Weib sei weniger wert als irgend etwas anderes auf der W e l t , eine gute Frau dagegen trage den Preis der Ehre und des Lobes davon, werden in Form einer Disputation von dem Dichter immer die Schatten-, von dessen Gegner die Lichtseiten der weiblichen Natur hervorgehoben. Dieselbe Form eines Gcspräches ist auch g e w ä h l t in einer etwa gleichzeitigen, » L a s n o v a s d e l ' h e r e t g e « 2 betitelten Tendenzschrift, in welcher der Verfasser, ein Dominikanermönch und Inquisitor, Namens I z a r n , mit dem Albigenserbischof Sicart von Figtieiras über dessen Lehren disputiert, diese widerlegt unil den Ketzer schliesslich zum Widerruf und zur Bekehrung bewegt. Das Gedicht besteht aus langen, gereimten Alexandriner-Tiraden, welchc immer mit einem Sechssilblcr schliessen, der nicht mit der eigenen, sondern mit der folgenden Tirade reimt (vgl. $ 35, Albigenserchronik, 1. Teil). — Erbaulichen Inhaltes ist auch eine U n t e r h a l t u n g z w i s c h e n d e r h. J u n g f r a u u n d d e m K r e i l z , a die ein Franziscanermönch verfasst und seiner Schwestcr gewidmet hat. Maria macht dem Kreuze hellige Vorwürfe, dass es ihren Sohn getötet habe ; das K r e u z verteidigt sich mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit jenes Opfertodes. Der Eingang fehlt, es sind nur 228 paarweise gereimte Achtsilber erhalten. Ein andres, völlig eigenartiges G e s p r ä c h z w i s c h e n e i n e m B e i c h t i g e r u n d e i n e r Z a u b r e r i n , 4 von dem bisher ebenfalls nur der erste T e i l (166 Achtsüblerj aufgefunden ist, scheint nicht ernsthaft gemeint gewesen zu sein. Bei einem Geistlichen erscheint eine alte Sünderin und berichtet ausführlich, wie sie schon mit zehn Jahren für einen Gürtel und einen K r a n z ihre Unschuld hingegeben und sie dann, auf dem begonnenen W e g e weiterwandelnd, die Männer durch alle möglichen Mittel, selbst durch Liebestränke, an sich gelockt und ausgesogen, schliesslich, (la ihre Reize verblüht, als Wahrsagerin und Zaubrerin erheblichen Besitz erworben habe. Jetzt wolle sie sich j e d o c h bessern und bitte den Geistlichen, ihr eine angemessene Busse aufzuerlegen. A l s dieser versichert, Gott werde ihr bei aufrichtiger Reue verzeihen, und bestimmt, sie solle jeden Freitag fasten und ausserdem auch die drei grossen Fastenzeiten des Jahres streng innehalten, bittet s i e , von dieser Forderung abzusehen ; fasten möge sie nicht, das solle man den Mönchen und den Fratres überlassen. Hier bricht das Gespräch in der einzigen bisher bekannten Handschrift leider ab. Endlich ist zu erwähnen, dass die provenzalische Litteratur auch eine Bearbeitung des im Mittelalter so verbreiteten S t r e i t e s z w i s c h e n . K ö r p e r u n d S e e l e aufzuweisen hat, die aus dem 14. Jh. stammt, 1166 Achtsilbler zählt, aber noch nicht herausgegeben ist. s 1
S u c h i e r . Denkmäler I. 256—7».
* Débat d'Izarn et de Sieart de Pigutiras p. p. P. M e y e r . Annuaire-Bulletin de la Société de ü Histoire de France, XVI, 233 sq. (1879). * Débat de la Vierde et de la Croix p. p. P. M e y e r , Daurel et Beton L X X I I I —
LXXXV.
* Débat de la sorcière et dt son confesseur p. p. P . M e y e r . R o m . 14, 521 -~2\. 1
P a r i s B. M 14973-
DIDAKTIK: MOKALISIKKKNDE ABHAMH.. ENSENHAMENS. RELIGIÖSE DICHTUNGEN.
51
49. In jj 41 haben wir E n s e n h a m e n s kennen gelernt, welche dem Wissen dienen; es giebt aber auch solchc, die in Bezug auf das äussere Benehmen Belehrung gewähren wollen und die oft dir einzelne Gesellschaftsklassen , zuweilen sogar für bestimmte Personen, männliche oder weibliche, berechnet sind. Die charakteristische metrische Form dieser Gedichte sind Reimpaare von Sechssilblern. Das älteste stammt von G a r i n d e m B r a u n e n aus der zweiten Hälfte des 12. Jh.'s und enthält eingehende Vorschriften darüber, wie eine Dame sich in den verschiedenen Lebenslagen betragen müsse. 1 Die äussere Einkleidung ist episch, indem die Frau bei dem Dichter, als er in seinem Garten sitzt, erscheint und um jene Unterweisung bittet. Ein um 1200 entstandenes Gedicht des A r n a u t G u i l h e m v o n M a r s a n 2 könnte man einen A d e l s s p i e g c l nennen, da es in etwa 600 Versen einem Junker Regeln feiner Lebensart erteilt; die Einleitung ist fast genau so wie bei Garin. Auch A m a n i c u de S c s c a s (mit Unrecht oft des Escas genannt) hat im letzten Viertel des 13. Jh.'s zwei Ensenhamens verfasst, die, wie gewöhnlich, als Erzählung beginnen. Im ersten 8 erteilt er seine Vorschriften einem Edelknaben, und zwar in Betreff seines Umganges, seiner Kleidung, seines Verbaltens in Liebessachen, seiner Pflichten gegen seinen Herrn u. d g l . ; in dem zweiten 4 einer »donzela«, die er mehrfach als »marquesa« anredet. Seine Weisungen beziehen sich hier sogar auf ihre Toilette und die Pflege ihres K ö r p e r s ; ebenso sehr aber auf ihr Benehmen ihren Nebenmenschen und selbst einem Liebhaber gegenüber. Das erste dieser beiden Gedichte wurde von L u n c l v o n M o n t e g o d e r M o n c o g in seinem 1326 entstandenen Ensenhamen, 3 dem spätesten Werke dieser Gattung, nachgeahmt, das nicht nur die gleiche Einkleidung,- sondern auch einen ähnlichen Inhalt aufweist; abweichend ist nur die metrische F o r m , es ist nämlich die der Arbalecca (¡$ 46). Zwei weitere Ensenhamens sind in Achtsilbler-Reimpaare gekleidet; das eine, 6 von dem Italiener S o r d e l aus M a n t u a verfasst, war für Herrn und Damen ritterlichen Standes bestimmt, das andere 7 belehrt in etwa 100 Versen einen jungen Adligen, wie er sich bei Tische zu betragen habe. 50. Andere didaktische Gedichte haben einen r e l i g i ö s e n I n h a l t . So verfasste ein Ritter, Namens R a i m o n v o n C a s t c l n o u , nachdem er in seiner Jugend weltliche Lieder gedichtet, in der zweiten Hälfte des 13. Jh.'s gleichsam zur Busse ein derartiges D o c t r i n a l . 8 Im Anfange beichtet er seine Sünden und spricht den Wunsch aus, der 7 Haupttugenden teilhaftig zu werden; hierauf berichtet er vom Leben Christi, wiederholt das Glaubensbekenntnis sowie die 10 Gebote und knüpft daran weitere erbauliche Erörterungen. Das Werk zählt 391 Alexandriner in Reimtiraden. Aus ähnlichen Beweggründen schrieb ein Italiener, dessen Namen wir nicht wissen, im Jahre 1 2 5 4 , .als er im Gefängnisse schmachtete, eine Art von P r e d i g t 0 in 844 paarweise gereimten Sechssilblern; unter Hinweis auf den unvermeidlichen T o d ermahnt er seine Leser, sich von den weltlichen Dingen abzuwenden und allein das (Jute zu erstreben, indem er einerseits 1
Bruchstücke hei B a r t s c h . Garbi cer Braune, Jahrbuch 3, 399--409-
* B a r t s c h , prov. Lesebuch 1 3 2 - 3: vgl. P. Mover. Rom. 14. .'»33—3-">* K l . t v y , fWsirs religituses (§ 32, Anni. I) 3'> ">. 7
8
•I"
52
LITTERATURGESCHICHTE
DER ROMANISCHEN VÖLKER.
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2. PROV.
LITT.
den im Paradiese zu erhoffenden Lohn, andrerseits die Qualen der Hölle in glühenden Farben schildert und auf Christi Opfertod hinweist. Ein mehr lyrisches Metrum zeigt ein um 1200 entstandenes Gedicht über den h e i l i g e n G e i s t ' . Eis besteht nämlich aus 42 Strophen von je 6 Siebensilblem mit dem Reim aaabab (a männlich, b weiblich), deren jede refrainartig mit sattt Esperit schliesst. Dasselbe wurde, wie die Epistolae farcitac (£ 38), beim Gottesdienst verwandt (selbstverständlich zu Pfingsten), beginnt daher ebenfalls mit der Aufforderung, stille zu sein. Eis unterscheidet sich von jenen jedoch dadurch, dass es, abgesehen von einer kurzen Erwähnung des Pfingstwunders, nichts Episches enthält. Es hebt vielmehr die Kraft des heiligen Geistes gegenüber der Sünde hervor und fordert mit freier Benutzung verschiedener Aussprüche des Alten und namentlich des Neuen Testamentes zu tugendhaftem L e b e n , Friedfertigkeit und Demut, besonders zu thätiger Nächstenliebe auf und schliesst mit einem Hinweis auf den Weltuntergang und das jüngste Gericht. — Von der Abhandlung eines nicht bekannten Verfassers ü b e r d i e N a m e n d e r M u t t e r G o t t e s 2 sind nur der Anfang und der Schluss, zusammen 72 gleichreimige Alexandriner-Quatrains erhalten. Dieselbe zählt nach einer kurzen Rekapitulation der Schöpfung, des Sündenfalles, sowie der Erlösung alle Eigenschaften und Prädikate der h. Jungfrau auf. — Theologischen Charakters ist auch ein W e i h n a c h t s b r i e f 3 des schon erwähnten Matfre Ermengaud ($ 40) an seine Schwester, in welchem er den Brauch, sich zu Weihnachten gegenseitig mit Honigkuchen, Meth oder einem Kapaun zu beschenken, allegorisch auf Christum deutet. Die Epistel zählt 69 Reimpaare Von Zehnsilhlern. In diese Kategorie gehören auch d i e g e i s t l i c h e n D i c h t u n g e n d e r Waldenser*. Die Handschriften, aus denen wir diese Sammlung kennen lernen, sind meist im 1 6 . , die frühesten, wie es scheint, im 15. Jh. aufgezeichnet worden, aber die Entstehung der Werke selbst liegt wohl weiter zurück, vielleicht sogar um mehr als 100 Jahre, wenn auch die frühere Annahme, dass dieselben bis ins 1 3 . Jh. hinaufreichten, unhaltbar ist Dieselben sind betitelt L a N o b l a L e v c z o n , 5 L a B a r c a , L o N o v e l S e r m o n , L o N o v e l C o n f o r t , L o P a y r e Eternal, L o D e s p r e c z i del Mont, L ' A v a n g e l i d e Ii Q u a t r e S e m e n c z und L a C o n f e s s i o n ; sie enthalten teils Betrachtungen über die Vergänglichkeit alles Irdischen, teils Busspredigten, teils Gebete. Die erste ruft ausserdem die Vorgänge der Bibel, besonders die Leidensgeschichte Christi ins Gedächtnis, die vorletzte behandelt die be kannte neutestamcntliche Parabel vom Säemannc. Die metrische Form ist im Laufe der Zeit sehr entstellt und verderbt worden, doch erkennt man, dass in allen Gedichten gereimte Alexandriner verwandt worden sind, die entweder zu kurzen Tiraden unbestimmter Zahl oder zu Reimpaaren oder endlich zu Strophen von j e 3, 4 oder 6 Zeilen verbunden waren. An Stelle des Reimes erscheint zuweilen blosse Assonanz. Endlich kann man auch einige freie Bearbeitungen von Teilen der Bibel oder von kirchlichen Symbolen hierher rechnen, die j a ebenfalls erbaulichen Zwecken dienten. In ersterer Hinsicht sind zu nennen: zwei verschiedene 1 p. p . M. T h o m a s et A. C o h e n d y , Rom. 8. 211 — 1 8 ; hsg. von K. K a l e p k v , Programm der OberrealschuU tu Kiel 1887. * Lo tractat dels noms de la mayre de Die» p. p. P. M e y e r , Daurel et Beton C CV1II. * B a r t s c h , Denkmäler 8 1 — 5 ; Breviari d'Amor p. p. A z a ì s I I . 6 7 5 — 9 ; vgl. P . M e y e r , Rom. 14, 520. * Religiöse Dichtungen der Waldenser, neu hsg. von F r . A p f e l s t e d t , Archiv 62. 273—88 und Ztsehr. 4, 330—46; 521—41. * La Kohle Lefon, texte original p. p . É d o u a n l M o n t e t , Poris 1888.
DIDAKTIK:
COBLAS ESPARSAS. —
DRAMA.
53
gereimte Ü b e r t r a g u n g e n der 7 B u s s p s a l m e n aus dem 14. J h . , deren eine, 1 welchcr die drei ersten und ein Teil des vierten Psalmes fehlen, paarweis oder kreuzweis gereimte Achtsilblcr aufweisen, die zu meist vierzeiligen Strophen verbunden sind, während die andre,' durchweg in vierzeiligen Achtsilbler-Strophen abgefasste, eine gascognisch gefärbte Sprache zeigt ; sodann die aus derselben Zeit stammende B e a r b e i t u n g d e s P s a l m e s 108, 8 welche 1 1 8 Verse verschiedener Länge zählt, von denen bald zwei, bald mehrere mit einander reimen oder assonieren; weiter eine U m s c h r e i b u n g d e r S p r ü c h e S a 1 o m o 11 is, 4 von einem catalanischenEdelmanne, G u i 1 h e m von C e r v e i r a , nach der Mitte des 1 3 . Jh.'s verfasst, in Alexandrinern, die nicht nur am Ende sondern auch in der Mitte paarweise reimen. Aus der zweiten Gattung von Werken besitzen wir P a r a p h r a s e n d e s G l a u b e n s b e k e n n t n i s s e s , 6 darunter eine in 18 Achtsilbler-Quatrains,6 d e r 1 0 G e b o t e , 7 des V a t e r u n s e r s 8 und des A v e M a r i a 9 — Werke, die allerdings kaum noch der Dichtung zugezählt zu werden verdienen. Chr. U. H a h n , Geschieht der Ketter, Bd. 2. Stuttgart 1847.
5 1 . Am Schlüsse der Didaktik erwähne ich noch die c o b l a s e s p a r s a s , d. h. einzelne Strophen voll Lehren einer praktischen Lebensklugheit, in denen viel Volksweisheit enthalten ist. Diese Dichtungen sind also mit den mittelhochdeutschen » Sprüchen < nahe verwandt, nur dass die provenzalischen Dichter sehr verschiedenartige Strophenformen gebrauchten, während jene wenig Abwechselung zeigen. Der hervorragendste Verfasser derartiger Strophen ist der in der zweiten Hällte des 1 3 . Jh.'s lebende B e r t r a n C a r b o n e l aus Marseille. Neben ihm verdienen noch G u i r a u t d e l ' O l i v i e r aus Arles, sodann der R i t t e r v o n M o n c o g , endlich G u i l h e m v o n C e r v e i r a genannt zu werden, doch giebt es noch zahlreiche weitere coblas esparsas, welche anonym überliefert sind. 1 0 D. DRAMA. E b e n s o w e n i g wie die epische kann sich die dramatische Poesie der Pro£ B g J venzalen in Bezug auf ihren Reichtum und ihre Bedeutung mit der französischen messen. Einerseits fehlen die komischen Erzeugnisse, die also dazu bestimmt waren, das Volk zu belustigen, ganz; wir besitzen nur ernste Stücke, nur Mysterien, und auch diese, deren Zahl wenig erheblich ist, reichen kaum weiter als bis ins 14. Jh. hinauf, sodass wir nicht, wie im Französischen, im Stande sind, die allmähliche Entwickelung des Dramas aus Teilen der Liturgie und die schrittweise Loslösung desselben von der Kirche zu ver1 Traduetion des psaumes de la Penitente cn vers provenfanx p. |i. C. C 11 a I) a li e a u , Paris 1881 (Auch Rev. des l. r. 19, 209—41 und 310). * Paraphrase des psaumes de la Penitente e» vers gaseons p. p. C. C li a li a 11 e a u, Paris 1886 (Auch Rev. des l. r. 20. 69—851. * B a r t s c h , Denkmäler 7 1 — 5 : C li a li a n e a u , Paraphrase des psaumes — 40. 4 Bruchstücke: P. I l e v s e . Romanische Inedita 1 3 — 2 0 ; Mila y F o n t a n a l s 3 5 3 — 7 ; B a r t s c h . Chrest.* :((>;,—8. 5 P. M c v e r , Aneiennes poisies relifieuses 6 —Hi; Uers.. Rom. 14. 535—36. * Paraphrase du Creda |i. p. Ker Lo compendi moral de la cosa publica« geschrieben hatte. Dies zeigt uns, dass diese katalanische Übersetzung des Gottesstaats nicht nach dem lateinischen Texte, sondern nach der französischen Übersetzung des R a o u l de P r e s l e s , des Verfassers des »Compendieux moral de la chose publique«, gemacht worden ist, welchen er in der That in den Anmerkungen seiner Übersetzung anführt; s. L a n c e l o t in Mémoires de rAcadémie des Lnscriptions t. XIII, (1740) p. 618. 1 Die Vida de saneta Angelina, welche nach einer Hs. der Barfûsser in Barcelona von V i l l a n u e v a (Viage X V I I I 222) und von T o r r e s A m a t (Memorias p. 681) angefahrt worden ist, wird dasselbe Buch sein. * Ein Heiliger, ,al qual tienen mucha devoeimi en algunas partes de Cataluña y en particular en la parro^hia del fou en el obispado de Barcelona, donde le tieften por su patron" (V. A . P o m c n e c , Historia general de los santos de Cataluña, Gerona 1630, p. 161).
PROSA: HAGIOGRAPHIE.
DOGM., MORAL- U. MYST. THEOLOGIE.
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HomiUae XL in Eoangetia des Papstes Gregor des Grossen (s. II 1, 104) gesandt »ad Secundinum Tauromenitanum episcopum«. Man erkennt diese Sammlung an der Beschreibung von No. 9 der Bibliothek der Königin Maria von Aragon unter dem Titel Honiclies de Sant Gregori. Sic beginnt mit den Worten »AI molt reverent e molt sant fr are mestre Secundi ensemps bisbec. In dem Libre appellat Abbat Isach des Inventars der Königin Maria (No. 17), welches mit den Worten beginnt: »Amtita que ama Deu, en Deu es solament son reposo, erkennt man den Isaac de religione, welcher durch B e r n a t B o y l , Einsiedler von Montserrat, ubersetzt wurde in »aragonés, o si mas querres castellano, no daquel mas apurado estilo de la corte, mas daquel llano que a la profession nuestra . . . satisfaceund welcher 1489 und 1497 gedruckt wurde (Mendez-Hidalgo, Tipogr. esp., p. 1 0 1 und 154). Die katalanische Version ist vielleicht nach derjenigen von Boyl gemacht worden. Man findet anderseits in der Crisi de Cataluña des P. Manuel M a r c i l l o (Barcelona 1685, p. 298) folgende Bemerkung: »Anónimo catatan traduxo en lengua catalana al abad Isaac y Humberto de la Mística Theologia«. Und es verzeichnet der Katalog des Escorial in dem Ms. N-I-i6 (XV. Jh.) die Reglas del abad Isaac compendiadas und die Tres vias ordenadas para alcanzar la verdadera sabiduría por Fr. Umberto de Balma (ohne Zweifel Humbert de Romans, vergl. II 1, 193), das Ganze en lengua lemosina. Das nämliche Ms. enthält auch die katalanische Übersetzung von Traktaten des h. Ephram und der dem h. Bernhard zugeschriebenen Meditationes. Vom Speculum ecclesie des Hugo von S a i n t - C h e f oder S a i n t - C h e r , (s. II 1, 192, 189), des ersten Kardinals vom Orden des h. Dominicus, existiert eine katalanische Übersetzung, die das erste Buch ist, welches in Cagliari gedruckt wurde: »Libre apellat Speculum ecclesie, so es a dir Espill ho Mirailde la santa hesgleya qui es sobre la missa«. Und am Ende: »Stampat en la ciutat y castel de Callar al primer de octubre dt tany mil CCCCXCIIIv. Das einzige bekannte Exemplar dieser Übersetzung befindet sich in der Universitätsbibliothek von Palma auf Mallorca (E. T o d a y G U e l l , Bibliografia española de Cerdeña, Madrid 1890, p. 187). Der Memorial del peccador remut (des erkauften Sünders) von P h e l i p de M a l l a , dem berühmten Theologen und Prediger, welcher durch die Könige Ferdinand I. und Alfons V. nach England, Deutschland und nach dem Konstanzer Konzil geschickt wurde, ist ein praktischer Traktat der christlichen Glaubenslehre »lo qual tracta contemplativantent de la morí y passió del fill de Deu fet home per dar a home perdut reparación. Die zweibändige Hs. des Peccador remut, welche früher bei den Barfüssern Barcelonas existierte, ist verschwunden, und wir kennen dieses Werk nur nach der Ausgabe des ersten Teiles, welcher 1483 gedruckt wurde. Auszüge davon hat D. Francisco de Bofarull gegeben in seiner Felipe de Malla y el Concilio de Constanza (Gerona 1882) betitelten Schrift (Auszug der Bände II, III, IV der Revista de ciencias históricas von Barcelona). Eine andere Darlegung der christlichen Glaubenslehre ist das Memorial de la fee catholica des Valenzianers F r a n c e s c h de Pertusa. Die Originalhandschrift dieses Werkes, welchcs das Münster zu Valencia im vorigen Jahrhundert aufbewahrte, wurde 1440 beendigt; sie trug keinen andern Titel als *Lo Pertusat (Ximeno, Escritores de Valencia, I 35). B a y e r fuhrt vom Memorial zwei andere Abschriften an und giebt davon den Prolog wieder (Bibl. hisp. vetus, II 236, cf. auch T o r r e s A m a t , Memorias, p. 4 8 1 , welcher eine Hs. des Klosters von S. Gerónimo de la Murta anführt). Die Llum de la vida ckristiana, welche 1496 in Barcelona gedruckt wurde, ist eine Übersetzung des kastilianischen »Lucero de la vida christiana* betitelten
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I.ITTERATUKGKSCH1CHTE L>KR ROMANISCHKN VÖLKER.
3.
K.ATM..
LlTT.
Buches von Pedro Ximenez d e P r e x a n o (oder Prexamo), dem Bischof von Coria, welcher 1495 gestorben ist. Dieser Traktat, welcher das Leben Christi, die h. Sakramente, das alte und das neue Gesetz behandelt, wurde zum ersten Mal in kastilianischer Sprache in Salamanca 1493 gedruckt. (Antonio-Bayer Bibl. fusp. vetus, II, 338 undMendez, Tipografía española, p. 56 und 118). Als Propagandaschrift kann man eine katalanische Übersetzung der Summa von Petrus Alfonsus gegen die Juden und Sarazenen (s. I i i , 232) ansehen, von welcher eine Hs. im Katalog der Bücher angeführt ist, welchc der Gegenpapst Benedict XIII. (Pedro de Luna) im Schloss von Peâfscola im Beginne des 15. Jhs. gesammelt hatte: » Petrus Alfonsi contra Judeos et Sarracenos in vulgari catalana Aquest libre feu /. frare deis Preycadors a raquesta del rey Felipe de Fransa, en Pany de la incarnacio de nostre senyor MCCLXXIX* (Villanueva, Viage XIX 29; Torres A m a t , Memorias p. 700 s. v. Esplicació). Ein anderes Exemplar dieser Übersetzung aus dem 14. Jh. befindet sich in der Pariser Nationalbibliothek (Esp. No. 247). Böhmer hat noch ein drittes in der Bibliothek zu Neapel (Romanische Studien, Heft 10, p. 132) nachgewiesen. Endlich finden wir noch zwei im Verzeichnis der
P R O S A : DOGM., MORAL- U. MYST. THEOLOGIE.
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Bücher der Maria von Aragon; das erste (No. 30) ist betitelt Vtcis e virtuts und endigt mit dem Datum »mil CCLXXVIIIl«; das zweite (No. 2 5) trägt den Titel des Mirall del mon. ' Vielleicht ist die katalanische Übersetzung der Summa des Lorens nur eine einfache Bearbeitung der provenzalischen Übersetzung, von welcher man verschiedene Hss. besitzt. Mehrere Abhandlungen gibt es über die Beichtc, eine von dem Valenziancr Dominikaner A n t o n i C a n a l s , welche der Königin Violante, der 1431 verstorbenen Gemahlin Johannes I. von Aragon, gewidmet ist. V i l l a n u c v a führt davon eine Hs. bei den Barflissern von Barcelona an (Viage XVIII 270), und es giebt zwei weitere in dem Katalog der Maria von Aragon (No. 2 2 11. 38). Cf. auch X i m e n o , Escritores de Valencia I, 33. Zwei andere anonyme Traktate, welche nicht identisch scheinen, sind betitelt, der erste Enterrogatori e confessional en quatre parts subtilment divuiit (ohne Angabe des Ortes und Jahres gedruckt, aber aus dem Ende des 15. Jhs., s. V i l l a n u e v a , Viage XXII 230) und der zweite Breu tractat de confessid, in Valencia 1493 gedruckt (Anuario del cuerpo de archiveros etc., Bd. I p. 288 und M e n d e z - H i d a l g o , Tipograßa espanola p. 40). Vielleicht beruhen diese Abhandlungen auf der Summula con/essionis des Antonino von Florenz. Wir erwähnen noch, nach T o r r e s A m a t »£a Vera guia dels confessors y dels confilents impris en lletra lemosina en Barcelona« 1535 (Memorias p. 701). d e m e n t e S a n c h e z , Archidiakon von Valderas (aus der Diözese Leon), Verfasser eines Libro de exemplos por a. b. c., welcher ihm jüngst restituiert worden ist (Romania, VII, 481), verfasste auch in der ersten Hälfte des 15. Jhs. ein Sacramental, welches auf der ganzen Halbinsel einen grossen Ruf hatte. Seit den Jahren 1475 oder 1476 wurde, es wiederholt in kastilianischer Sprache gedruckt, dann ins Portugiesische und Katalanische übersetzt. Die katalanische Übersetzung, unter dem Titel Lo sagramental arromanfat ab ses alleguacions en lati, ist 1495 in L&ida gedruckt worden ( V i l l a n u e v a , Vtage IV 144). Ein Traktat, welcher im Mittelalter einen ausserordentlichen Ruf genoss und welcher mit Unrecht dem h. Bernard von Clairvaux zugeschrieben wurde, ist der Modus bene vivendi ad sororem (s. II 1, 2 1 1 ) ; er musste einen katalanischen Übersetzer finden und fand einen in der That in der Person des Dominikaners A n t o n i d e C a n a l s , welcher seine Übersetzung dem Kammerherren Martins I. von Aragon, dem Mossen Galccran de Santmcnat widmete. Diese Widmung enthält eine interessante Stelle über die Lektüre der Zeitgenossen des Übersetzers in der Vulgärsprache: »Horn deu legir libres aprovats, no pas Obres vans, axi com les faules de Lanfalot e de Tristany nil Romans de la guineu ni libres provocatius a cobeianfa, axi com libres de amors, libres de art de amar, Ovidi de vetula, ni libres qui son inutils, axi com de faules e de rondales, mes libres devots*. etc. Eine Hs. der Übersetzung von C a n a l s , welche aus der Abtei von Sant Cugat del Valles stammte und welchc V i l l a n u e v a erwähnt hatte (Viage XIX 29), ist von den Herausgebern des Arcftwo de Aragon Bd. XIII p. 415 ff. gedruckt worden. Wie man es wohl erwarten konnte, hielt man in Katalonien sehr viel auf die Schriften des englischen Franziskaners Johann von Wales. Von der Summa collectionum (oder collationum) ad omne genus hominum (II 1, 215; dieses Verfassers hatte V i l l a n u e v a in Barceloner Bibliotheken zwei katalanische Hss. unter dem Titel Suma de coUacions e aiustaments gefunden, die er nicht zu identificieren vermochte (Viage XVIII 240 u. 270). Die eine dieser Hss. aus dem Jahre 1438 wurde auf die Bitte von Mossen Borra, dem berühmten D a jedoch der T e x t dieser Hs. mit den Worten beginnt, „Com natura kumanal welche nicht das Tncipit der Somme des Lorenz sind, konnte es sich liier um ein anderes Werk handeln. 1