Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen: Rechtliche Grundlagen und Grenzen [1 ed.] 9783428486861, 9783428086863

Rechtsgeschäfte über Körpersubstanzen des lebenden Körpers oder des Leichnams sind durchaus verbreitet, werden allerding

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Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen: Rechtliche Grundlagen und Grenzen [1 ed.]
 9783428486861, 9783428086863

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ROLF MÜLLER

Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 191

Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen Rechtliche Grundlagen und Grenzen

Von

Rolf Müller

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Müller, Rolf: Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen : rechtliche Grundlagen und Grenzen / von Rolf Müller. Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 191) Zugl.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08686-4 NE: GT

η2 Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-08686-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Die hier vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1995 von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Herr Prof. Dr. Klaus Vieweg hat die Arbeit betreut und durch sein Engagement mitgeprägt. Hierfür sowie für die Erstellung des Erstgutachtens bin ich zu Dank verpflichtet. Dank schulde ich weiterhin Herrn Prof. Dr. Harald Siems für sein engagiertes Zweitgutachten. Bei Frau Franziska Jung möchte ich mich für ihre Mithilfe bei der Drucklegung der Arbeit recht herzlich bedanken. Schließlich gebührt auch Herrn Prof. Dr. h.c. Norbert Simon Dank für die Aufnahme in die „Schriften zum Bürgerlichen Recht". Die Arbeit spiegelt den Stand in Rechtsprechung und Literatur bis einschließlich August 1995 wider.

Nürnberg, im September 1996 Rolf Müller

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Einleitung, Grundlagen §1

19

Einleitung, Grundlagen

19

I. Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen als Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit

19

Π. Die weitgehende Ignorierung dieser Fakten durch die Gesellschaft

20

ΙΠ. Die Notwendigkeit einer Problematisierung

21

IV. Begriffsbestimmungen

23

V.

Gegenstand und Ziel der Untersuchung, Gang der Untersuchung

25

Zweiter Teil

Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

27

§2

Zivil-und verfassungsrechtliche Grundlagen

27

§3

Der lebende Mensch

32

I. Der menschliche Körper und die davon ungetrennten Substanzen

32

Π. Vom menschlichen Körper getrennte Substanzen

34

1. Die einseitig sachenrechtliche Betrachtungsweise

35

2. Der Vorrang des Persönlichkeitsrechtes

38

3. Die Überlagerung des Sachenrechts durch das Persönlichkeitsrecht .. 40 4. Der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz

42

5. Zusammenfassung, eigene Meinung

44

a) Beurteilung problematischer Sachverhalte

44

nsverzeichnis

8

b) Eigene Meinung §4

49

Der Leichnam

52

I. Der Leichnam und die davon ungetrennten Substanzen

52

1. Rechtliche Qualifikation des Leichnams

54

2. Rechtsverhältnisse am Leichnam

56

a) Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen

56

b) Das Totensorgerecht der Angehörigen

59

c) Eigentum oder Aneignungsrechte am Leichnam

60

Π. Vom Leichnam getrennte Substanzen

63

1. Die rechtliche Qualifikation von der Leiche abgetrennter Körpersubstanzen

63

2. Rechtsverhältnisse an den vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen

64

a) Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen

65

b) Das Totensorgerecht der Angehörigen

65

c) Eigentum oder Aneignungsrechte an abgetrennten Leichenteilen.. 66 3. Das Recht zur Abtrennung von Körpersubstanzen vom Leichnam

67

a) Abtrennungsbefugnis der Erben

67

b) Abtrennungsbefugnis der Angehörigen

68

ΙΠ. Der Umgang mit der Leiche und davon abgetrennten Körpersubstanzen .. 69 §5

§6

Sonderprobleme

72

I. Rechtsstellung des Embryos

72

Π. Künstliche Körperteile

73

Teilergebnis

77

Inhaltsverzeichnis

9

Dritter Teil

Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen §7

78

Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

78

I.

Systematisierte Problemdarstellung, zivilrechtliche Vorfragen

79

1. Systematisierung der Problemstellungen

79

a) Einwilligung in die Abtrennung von Körpersubstanzen

79

b) Verpflichtung zur Abtrennung von Körpersubstanzen

80

aa) Rechtliche Bindungswirkung und Widerruflichkeit

81

bb) Sittenwidrigkeit einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung

82

cc) Die Abtrennungsverpflichtung als nur mittelbare Verpflichtung dd) Die Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation

83 83

ee) Die rechtlichen Folgen der Nichtabtrennung trotz Abtrennungsverpflichtung ff) Die Vollstreckbarkeit einer Abtrennungsverpflichtung

85 86

c) Verpflichtungsgeschäfte über abzutrennende Körpersubstanzen... 86 d) Verfugungsgeschäfte über abgetrennte Körpersubstanzen 2. Körpersubstanzen als Gegenstand von Rechtsgeschäften

86 87

a) Körpersubstanzen des lebenden Menschen

87

b) Körpersubstanzen des Leichnams

88

3. Mögliche Vertragsgestaltungen a) Körpersubstanzen des lebenden Menschen

88 89

aa) Kaufvertrag, Tauschvertrag

89

bb) Schenkungsvertrag

89

nsverzeichnis cc) Sonstige Vertragsgestaltungen

90

b) Körpersubstanzen des Leichnams

90

aa) Kaufvertrag

90

bb) Schenkungsvertrag

91

Verpflichtüngsgeschäfte des Substanzträgers über vom lebenden Körper abzutrennende Substanzen

92

1. Kaufvertrag, §433 1 BGB

92

a) Festlegung des Vertragstypus, Wirksamkeit des Vertragsschlusses

92

aa) Festlegung des Vertragstypus

92

bb) Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes

95

cc) Minderjährigkeit

95

b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit aa) § 134 BGB bb) § 1381 BGB

98 99 102

(1) Ratio und Inhalt des § 138 I BGB

102

(2) Die Beurteilung von Kaufverträgen über einzelne Arten von Körpersubstanzen im Schrifttum im Hinblick auf § 1381 BGB

104

(a) Haare, Fingernägel

104

(b) Placenta

105

(c) Blut, Sperma, Haut

105

(d) Organe

107

(e) Embryonen

109

(0 Zellen

111

(3) Parameter zur Entscheidungsfindung im Einzelfall

111

Inhaltsverzeichnis (a) Position/Lage am Körper

112

(b) Art der Trennung vom Körper

112

(c) Reproduzierbarkeit

113

(d) Funktion für den Körper

113

(e) Verkörperung der Identität des Menschen

114

(f) Höhe des Entgeltes

115

(g) Zweck der Veräußerung

115

(h) Seltenheit der Körpersubstanzen

116

(4) Zusammenfassung, eigene Meinung

116

2. Schenkungsvertrag a) Wirksamkeit des Vertragsschlusses, Festlegung des Vertragstypus, Form

123

124

aa) Wirksamkeit des Vertragsschlusses

124

bb) Festlegung des Vertragstypus

125

cc) Form

126

b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

ΙΠ.

11

127

aa) § 134 BGB

127

bb) § 1381 BGB

128

Verpflichtungsgeschäfte des Substanzträgers über vom Leichnam abzutrennende Substanzen

129

1. Kaufvertrag, § 433 I BGB

130

a) Festlegung des Vertragstypus, Erfüllung der Verbindlichkeit, Form

131

aa) Festlegung des Vertragstypus

131

bb) Erfüllung der Verbindlichkeit

132

cc) Form

135

12

nsverzeichnis b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit aa) § 134 BGB

138

bb)§ 1381 BGB

139

2. Schenkungsvertrag

§8

138

141

a) Form

142

b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

143

aa) § 134 BGB

143

bb) § 1381 BGB

144

Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

144

I. Eigentumsverhältnisse im Rahmen der Eigenkommerzialisierung

145

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 929 ff. BGB

145

a) Vom lebenden Körper abgetrennte Substanzen

145

b) Vom Leichnam abgetrennte Substanzen

146

2. Wirksamkeit einer dinglichen Einigung über Körpersubstanzen

147

3. Eigentumsübertragung bei vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen

147

4. Eigentumsübertragung bei vom Leichnam abgetrennten Substanzen.. 149 Π. Die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

152

1. Begriff und Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

153

2. Praktische Anwendungsmöglichkeiten sog. Weiterverwendungsklauseln

153

3. Die Zulässigkeit von Sektions- und Transplantationsklauseln

154

a) Die Zulässigkeit einer Sektionsklausel

154

aa) Wirksame Einbeziehung nach § 3 AGBG

155

bb) Inhaltliche Zulässigkeit, §§ 9 ff. AGBG

156

nsverzeichnis b) Die Zulässigkeit einer Transplantationsklausel 4. Die Zulässigkeit von Weiterverwendungsklauseln

§9

159 160

ΙΠ. Öffentlich-rechtliche Bezüge

162

IV.

163

Strafrechtliche Bezüge

Fremdkommerzialisierung

164

I. Zivilrechtliche Beurteilung....

165

1. Eigentumsverhältnisse an den Körpersubstanzen

165

a) Rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung

166

aa) Unwirksame Eigenkommerzialisierung

166

bb) Irrtümliche Annahme einer Eigenkommerzialisierung

168

cc) Offensichtliches Fehlen einer Eigenkommerzialisierung

169

b) Gesetzlicher Eigentumserwerb

169

2. Ansprüche der an den Körpersubstanzen Berechtigten

170

a) Vom lebenden Körper abgetrennte Substanzen

171

aa) Unwirksame Eigenkommerzialisierung

171

(1) p W (a) (b)

171 Pflicht des Arztes zur Vermögensbetreuung des Patienten

172

Recht des Aiztes zur Eigennutzung von Körpersubstanzen des Patienten

175

(2) Deliktische Ansprüche

179

(3) Bereicherungsrecht

180

bb) Irrtümliche Annahme einer Eigenkommerzialisierung

181

cc) Offensichtliches Fehlen einer Eigenkommerzialisierung

183

(1) p W

183

14

nsverzeichnis (2) §687 Π 1 BGB

187

(3) Ansprüche aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.... 188 (4) Deliktische Ansprüche

189

(5) Bereicherungsrecht

199

b) Vom Leichnam abgetrennte Körpersubstanzen

200

aa) p W

201

bb) Deliktische Ansprüche

205

cc) Weitere Anspruchsgrundlagen

209

Π. Öffentlich-rechtliche Bezüge

211

ΙΠ. Strafrechtliche Bezüge

215

1. Substanzen des lebenden Menschen

215

2. Substanzen des Leichnams

219

§ 10 Teilergebnis

221 Vierter

Teil

Konservierung, Lagerung, Vermittlung

224

§11 Konservierungstätigkeiten

224

§ 12 Lagerung von Körpersubstanzen

227

§ 13 Vermittlungsleistungen

230 Fünfter

Teil

Die Folgekommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen § 14 Zivilrechtliche Beurteilung I.

233 233

Verpflichtungsgeschäfte über erstkommerzialisierte Körpersubstanzen. . . 233

Π. Eigentumsverhältnisse ΙΠ. Ersatzansprüche

238 239

Inhaltsverzeichnis § 15 Öffentlich-rechtliche und strafrechtliche Bezüge

15 240

Sechster Teil

Die Herstellung von Produkten aus Körpersubstanzen § 16 Haftung des Substanzträgers I.

243

Gewährleistungsrecht

243

1. Anwendbarkeit der §§ 459 ff. BGB

244

2. Fehlerhaftigkeit der Körpersubstanzen § 459 I, Π BGB 3. Gewährleistungsausschluß Π. Deliktische Ansprüche

245 248 249

ΙΠ. Gefährdungshaftung

254

1. § 111 Produkthaftungsgesetz

254

2. §84 AMG

257

§ 17 Exkurs: Die Herstellung von Arzneimitteln aus Körpersubstanzen I.

242

258

Sachmängelhaftung

258

Π. Deliktische Ansprüche

259

ΠΙ. Gefährdungshaftung

262 Siebter Teil

Legislative Aspekte § 18 Gesetzeslage de lege lata

264 264

I. Alte Bundesländer

264

Π. Neue Bundesländer

265

ΠΙ. Rechtsvergleichende Hinweise § 19 Aktuelle legislative Tätigkeiten I. Entwurf eines Mustergesetzes zur Transplantation

266 268 269

16

nsverzeichnis Π. Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zum Organhandel

§ 20 Pflicht zu gesetzgeberischen Aktivitäten

270 272

Achter Teil

Zusammenfassung der Untersuchungergebnisse

276

Literaturverzeichnis

280

Sachwortverzeichnis

297

Abkürzungsverzeichnis Alt. Anm. Aufl. Bd. BR-DS bzw. ders. Diss. Erg. EthikMed e.V. f. ff.

FAZ FN h.A. h.L. h.M. i.d.R. insb. i.S.d. i.V.m. ml MT m.w.N. Nr. ProdHaftG pW Rdnr. RSpr. S. Sektions-AO-DDR sog. str. Transplantations-VO-DDR u.a. V.

Verf. vgl. VO

2 Rolf Müller

Alternative Anmerkung Auflage Band Bundesratsdrucksache beziehungsweise derselbe Dissertation Ergebnis Ethik in der Medizin eingetragener Verein folgende fortfolgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Fußnote herrschende Ansicht herrschende Lehre herrschende Meinung in der Regel insbesondere im Sinne des in Verbindung mit Milliliter Münchener Tageblatt mit weiteren Nachweisen Nummer Produkthaftungsgesetz positive Vertragsverletzung Randnummer Rechtsprechung Seite Anordnung über die ärztliche Leichenschau sogenannt strittig

Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen unter anderem von Verfasser vergleiche Verordnung

18 z.B. zit.

Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel zitiert

In bezug auf die in der vorliegenden Untersuchung sonst verwendeten Abkürzungen wird auf das Abkürzungsverzeichnis von Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin 1993 verwiesen.

Erster Teil

Einleitung, Grundlagen § 1 Einleitung, Grundlagen L Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen als Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit

Die Nutzung von menschlichen Körperteilen zu kommerziellen Zwecken läßt sich anhand vieler Einzelfälle belegen. So werden beispielsweise "Blutspenden" von Blutspendediensten durchaus nicht nur zu altruistischen Zwecken an bedürftige Empfanger weitergegeben, sondern in nicht unbeträchtlichem Umfang zur Verfolgung eigener wirtschaftlicher und finanzieller Interessen verwendet1. Eine weitere kommerzielle Nutzungsform von gespendetem Blut liegt in dessen Weiterverarbeitung zu Blutplasma, welches in Blutbanken gelagert und anschließend an andere Institutionen als Endabnehmer weiterverkauft wird2. Ähnlich bekannte Beispiele einer kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen sind die entgeltliche Samenspende3 sowie der Verkauf von abgeschnittenen Haaren4. Diese Fälle belegen, daß es heutzutage durchaus nicht ungewöhnlich ist, Substanzen oder Teile des menschlichen Körpers - häufig gegen Zahlung eines Entgeltes - dem Wirtschaftskreislauf zuzuführen. Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen ist somit in vielerlei Hinsicht zu einem Teil des gesellschaftlichen Alltags geworden. Über diese weitgehend bekannten Erscheinungsformen hinaus gibt es jedoch weitere Verwendungsmöglichkeiten von Substanzen des menschlichen Körpers, welche in der Allgemeinheit zwar weniger bekannt sind, die aber die vielschichtige Problematik deutlicher werden lassen. Neben der in jüngster Vergangenheit durch den Fall "John Moore" Aufsehen

1

Vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 10 f. Siehe hierzu den anschaulichen Bericht in Die Zeit 47/1993, S. 21 f. in bezug auf die "Ware Blut" und den Produktionsprozeß bei der Herstellung von Blutplasma. 3 Vgl. Deutsch, Arztrecht, S. 215 ff. zur künstlichen Insemination und Taupitz, Kommerzialisierung, S. 57 zur entgeltlichen Samenspende. 4 Deutsch, Arztrecht, S. 254. 2

20

1. Teil Einleitung, Grundlagen

erregenden Verwendung menschlicher Milzzellen in der Pharmaindustrie5 sei hier vor allem die Verwendung menschlicher Körperteile als Ausgangsmaterial oder - in der Terminologie der Betriebswirtschaftslehre gesprochen - Rohstoff zur Herstellung von Medikamenten oder sonstigen medizinischen Präparaten, insbesondere Implantaten, angesprochen. So dienen menschliche Knochenteile als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Gewebeimplantaten6. Ferner wird zum Teil aus Körpern verstorbener Personen Hirnhaut entnommen, getrocknet und anschließend als Ausgangsmaterial für ein Trommelfellersatzpräparat veräußert7. Ergänzend sei insoweit auch auf § 4 Nr. 17 a UStG hingewiesen, wo die Lieferung von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch als steuerbarer, jedoch steuerbefreiter Umsatz eingestuft und hierdurch den Lieferungen anderer Waren dem Grunde nach gleichgestellt wird. IL Die weitgehende Ignorierung dieser Fakten durch die Gesellschaft

In gleicher Weise wie die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen Teil der Gesellschaft ist, ist es auch ihre weitgehende Ignorierung durch einen großen Teil der Bevölkerung. Der Grund für dieses fehlende Problembewußtsein liegt zunächst darin, daß vor allem im industriellen Bereich die Nutzung menschlicher Körpersubstanzen oftmals ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt wird8. Gleiches gilt für Körpersubstanzen, die im Rahmen einer ärztlichen Behandlung entnommen und anschließend weiterverwendet werden9. In diesem Zusammenhang spielt auch eine nicht unwesentliche Rolle, daß der Mensch in der modernen Gesellschaft kaum noch die Zeit findet, 5

Im Fall "John Moore", der am 09.07.1990 vom kalifornischen Supreme Court entschieden worden ist, war bei der Behandlung eines krebskranken Patienten festgestellt worden, daß dessen Krebszellen einzigartig waren und für die Produktion eines für das Immunsystem wichtigen Proteins verwendet werden konnten. Ohne Wissen des Patienten wurden seine Körperzellen zur Entwicklung einer - später patentierten - Zell-Linie verwendet und in großem Umfang wirtschaftlich genutzt. Der Marktwert der ohne die einzigartigen Körperzellen nicht zu entwickelnden Medikamente belief sich auf etwa 3 Milliarden Dollar. John Moore, dem bis zuletzt die Verwendung seiner Zellen verheimlicht wurde, begehrte im Klagewege eine Beteiligung an den Gewinnen aus den Verkäufen des Medikamentes, die ihm vom kalifornischen Supreme Court - jedenfalls dem Grunde nach - auch zugesprochen wurde. Vgl. im einzelnen die ausführliche Darstellung des Rechtsstreits bei Taupitz, VersR 1991, S. 369 (369 ff). 6 So Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 7 Vgl. Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 8 Siehe hierzu Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 9 Instruktiv insoweit Taupitz, Kommerzialisierung, S. 58 und auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 5 ff. zu den vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten menschlichen Blutes.

Einleitung, Grundlagen

sich mit sich selbst und seinem Körper auseinanderzusetzen. Durch den Umstand, daß der Tod heutzutage immer weiter aus dem täglichen Leben verdrängt10 und damit gleichsam tabuisiert wird, macht sich der einzelne über mögliche Entnahmen von Substanzen aus seinem Leichnam keine Gedanken. Diese fehlende Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod hat primär im Bereich der Sektion und der Transplantation Bedeutung und wird durch die sinkende Bereitschaft zur Organspende sowie die geringe Einwilligung in eine Sektion zu medizinischen Zwecken dokumentiert11. Dieser Faktor kann aber auch in dem hier zu erörternden Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, da die fehlende Reflexion dazu geftihrt hat, daß bis heute die kommerzielle Weiterverwendung von Körper- und Leichenteilen juristisch nicht aufgearbeitet worden ist. Bezeichnend ist nicht zuletzt eine "Sprachlosigkeit der Juristen"12 in bezug auf die kommerzielle Nutzbarkeit und die bereits tatsächlich durchgeführte kommerzielle Nutzung des menschlichen Körpers. Hiermit korrespondiert eine "Sprachlosigkeit des Gesetzgebers", welcher den dargestellten Problembereich nur zum Teil 13 rechtlich geregelt hat. ΙΠ. Die Notwendigkeit einer Problematisierung

Die unzureichende juristische Aufarbeitung der kommerziellen Nutzung des menschlichen Körpers impliziert nicht per se die fehlende juristische Relevanz dieser Problematik. Vielmehr sprechen gewichtige Gründe für die Notwendigkeit einer umfassenden rechtlichen Beurteilung dieses Bereiches. Die aktuelle Dimension der oben dargestellten Problematik zeigt sich in dem bereits erwähnten Fall "John Moore"14, in welchem das Ausmaß der kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen durch die Pharmaindustrie deutlich wurde. Ähnlich spektakuläre Folgen hatte der Bericht eines Nachrichtenmagazins über die Entnahme und Veräußerung von Leichenteilen an pharmazeutische Unternehmen ohne Einwilligung der Berechtigten15. Zu 10

So Ehlers, MedR 1991, S. 227 (227). Der Spiegel 16/1994, S. 206 (206 ff.) zur sinkenden Bereitschaft zur Organspende in Deutschland. 12 So ausdrücklich Deutsch, ZRP 1982, S. 174 (174). 13 Insoweit sei bereits an dieser Stelle auf das Gentechnikgesetz vom 20.06.1990, BGBl. I, S. 1080, sowie das Embryonenschutzgesetz vom 13.12.1990, BGBl. I, S. 2746, hingewiesen. 14 Vgl. die ausführliche Darstellung des Rechtsstreits bei Taupitz, VersR 1991, S. 369 (369 ff.). 15 Der Spiegel, 49/1993, S. 68 (68 ff.). Bereits im Jahre 1985 ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur, daß die Entnahme von Organen bei Sektionen und deren Weitergabe an pharmazeutische Unternehmen offenbar bei manchen deutschen Universitätskliniken üblich ist oder zumindest war. Die entnommenen Organe sollen 11

22

1. Teil Einleitung, Grundlagen

bedenken ist in diesem Zusammenhang weiterhin der Umstand, daß die Medizin immer größere Fortschritte macht. Damit einhergehend besteht die Gefahr, daß das medizinische Forschungsstreben auch vor der Würde des Menschen nicht Halt macht16. Ein weiterer Aspekt, der für eine Problematisierung der kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen spricht, ist die zunehmende Internationalisierung der Gesellschaft und hier insbesondere der Bereich der Wirtschaft. Vor allem für Industrieunternehmen haben sich - nicht zuletzt bedingt durch den Zusammenbruch der kommunistischen Regierungssysteme in Osteuropa und der früheren UdSSR - viele Grenzen geöffnet und neue Möglichkeiten ergeben. Dieser Internationalisierung ist die Gefahr immanent, daß Industrieunternehmen in rechtlich fragwürdigen Bereichen in Ländern mit weniger entwickelten Rechtsordnungen ausweichen, um absehbaren Problemen mit der deutschen Justiz gezielt aus dem Weg zu gehen. Deutsche Rechtsvorschriften können folglich dadurch unterlaufen werden, daß ethisch anstößige Vorgänge ins Ausland verlagert werden. Hierdurch könnten im Ausland aus menschlichen Körperteilen oder Körpersubstanzen Zwischenprodukte hergestellt und ins Inland reimportiert werden. Daß derartige Praktiken vor allem im Zusammenhang mit den Ländern des früheren Ostblocks nicht undenkbar sind, zeigte bereits 1981 die Aufdeckung eines kommerziellen Handels französischer Kosmetikfirmen mit embryonalem und fötalem Gewebe, welches als "Geburtsabfall" aus Ostblockländern importiert wurde17. Derartige Praktiken können im Inland - wenn überhaupt - nur dann wirksam unterbunden werden, wenn die Verwendung menschlicher Körpersubstanzen, vor allem im Bereich der Pharmaindustrie, umfassend der Öffentlichkeit dargelegt und kritisch diskutiert wird. Um deutlich zu machen, daß Mißbräuche im Zusammenhang mit menschlichen Körpersubstanzen auch im Inland vorkommen, sei auf einen Vorfall aus der jüngeren Vergangenheit hingewiesen, bei dem in Rahmen einer - unberechtigten - Sektion der Leichnam eines Verstorbenen fast vollständig "entleert" und anschließend nur notdürftig wieder verschlossen wurde, was das Moralempfinden der Angehörigen zutiefst verletzte18. Als weiterer Hinweis mag der Bericht des Bundesministers für Jujedoch nicht verkauft worden sein, vielmehr wurde nur eine Aufwandsentschädigung für zusätzlich geleistete Arbeit verlangt, vgl. FAZ vom 11.04.1985, S. 8. 16 Zu den ethischen Problemen beim Umgang mit dem menschlichen Körper vgl. exemplarisch Der Spiegel 44/1993, S. 237 (237 ff.) zu Versuchen mit menschlichen Embryonen und der Klonierung menschlichen Lebens. 17 Siehe hierzu Der Stern 6/1993, S. 11 (16). Zu einem aktuellen Fall von aus Leichenteilen gewonnenen Wachstumshormonen, die in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind, vgl. The Lancet, Vol. 341 (1993), March 20, S. 768 (768). 18 So der Sachverhalt der Entscheidung KG, NJW 1990, S. 782 (782). Der Fall war aus ethischer und religiöser Sicht deshalb besonders gravierend, weil es sich bei den Angehörigen um türkische Staatsangehörige handelte, die die durchgeführte Sektion erst bei der Bestattungsfeier in der Türkei bemerkten.

Einleitung, Grundlagen

gend, Familie und Soziales aus dem Jahre 1986 dienen, in welchem von einem Fall berichtet wird, bei dem ein Arzt - unter Verstoß gegen vorhandene Dienstanweisungen - Embryonen an die Industrie veräußert hat19. IV. Begriffsbestimmungen

Der Begriff "Körpersubstanz" soll im Rahmen dieser Untersuchung in einem umfassenden Sinne als Substanz sowohl des menschlichen Körpers wie auch des Leichnams verstanden werden. Da zwischen ungetrennten und abgetrennten Körpersubstanzen zu unterscheiden sein wird, bedarf es einer begrifflichen Zuordnung der Körpersubstanzen zu der Person, von der sie stammen und dessen Teil sie sind oder einmal waren. Hierfür soll nachfolgend der Begriff "Substanzträger" verwendet werden. Weiterhin soll der Begriff der "Kommerzialisierung" alle Sachverhalte erfassen, bei denen menschliche Körpersubstanzen zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht und dadurch in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden20. Diese weite Begriffsbestimmung resultiert aus der Überlegung, daß durch den Abschluß von Rechtsgeschäften über menschliche Körpersubstanzen die an sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung primär dem Menschsein zugeordneten Körperteile in die Nähe anderer Güter des täglichen Lebens gerückt und hierdurch wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden21. Die Hingabe von Körpersubstanzen durch den Substanzträger, unabhängig von einer Gegenleistung des Empfan19

Vgl. Bericht des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit 1986, S 1 (1 ff). 20 Enger insoweit Taupitz, Kommerzialisierung, S. 53, der von einem weiten und zugleich wertfreien Begriff der Kommerzialisierung ausgeht und darunter alle Sachverhalte erfassen will, bei denen finanzielle Interessen mit menschlichen Körpersubstanzen verknüpft werden. Im Zwei-Personen-Verhältnis sollen alle Fälle des Forderns, Annehmens, Anbietens und Gewährens finanzieller oder sonstiger materieller Leistungen im Zusammenhang mit einem verfügenden, erlaubenden oder nutzenden Vorgang, der sich auf menschliche Körpersubstanzen bezieht, unter den Begriff der Kommerzialsierung fallen. Dem soll im Rahmen dieser Untersuchung nicht gefolgt werden, da auch bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften wirtschaftliche Erwägungen zu beachten sind, indem der Substanzträger bewußt auf das Fordern einer Gegenleistung verzichtet; instruktiv und zutreffend ist insoweit der Hinweis in diesem Sinne bei Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 72 FN 122. Weiter spricht für die Einbeziehung auch unentgeltlicher Rechtsgeschäfte, daß die Verknüpfung finanzieller Interessen mit Körpersubstanzen möglicherweise erst auf einer späteren Kommerzialisierungsstufe erfolgt und diese nur dann sachgerecht beurteilt werden kann, wenn zeitlich vorgelagerte Rechtsgeschäfte mit den Körpersubstanzen berücksichtigt werden. 21 So Duden, Fremdwörterbuch, wo zum Stichwort "kommerzialisieren" folgende Definition gegeben wird: (Dinge, ideelle Werte, die eigentlich nicht zum Bereich der Wirtschaft gehören) wirtschaftlichen Interessen unterordnen, dem Gewinnstreben dienstbar machen.

24

1. Teil Einleitung, Grundlagen

gers, im Bereich der Blut- oder Organspende kann somit - eine rechtliche Bindung der beteiligten Parteien vorausgesetzt - nach dieser Begriffsdefinition ebenfalls in den Bereich der Kommerzialisierung fallen. Der erstmalige Abschluß von Rechtsgeschäften über menschliche Körpersubstanzen soll als "Erstkommerzialisierung" bezeichnet werden, während weitere Rechtsgeschäfte über bereits kommerzialisierte Körpersubstanzen unter den Begriff der "Folgekommerzialisierung" fallen. Hiermit korrespondierend soll der erstmalige Erwerber der abgetrennten Körpersubstanzen bzw. der Nichtberechtigte, der die Körpersubstanzen erstmalig zum Gegenstand von Rechtsgeschäften macht, als "Ersterwerber" bezeichnet werden, wohingegen weitere Erwerber bzw. Nichtberechtigte von dem Begriff des "Folgeerwerbers" erfaßt werden. "Berechtigte" in diesem Sinne sind dabei die Rechtssubjekte, denen Rechte an den Körpersubstanzen zustehen. Schließlich muß auch begrifflich eine Differenzierung zwischen der Kommerzialisierung durch den Substanzträger und einer solchen durch Nichtberechtigte vorgenommen werden. Ausgehend von dem Oberbegriff der Kommerzialisierung sollen dabei unter dem Begriff der "Eigenkommerzialisierung" die Lebenssachverhalte erfaßt werden, in denen der Substanzträger rechtlich wirksame Verpflichtungsgeschäfte über eigene Körpersubstanzen abschließt. Nur in dieser Fallgestaltung läßt sich die Erstkommerzialisierung der Körpersubstanzen allein auf den wirksam geäußerten Willen des Substanzträgers zurückführen. Die Fälle einer unwirksamen Eigenkommerzialisierung sind ebenso wie die irrtümliche Annahme oder das vollständige Fehlen einer Eigenkommerzialisierung unter den Begriff der "Fremdkommerzialisierung" zu subsumieren, da die Kommerzialisierung in diesen Fällen nicht durch ein rechtlich wirksames Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers gedeckt ist. Plakativ formuliert gilt: Eigenkommerzialisierung ist der Abschluß eines rechtlich wirksamen Verpflichtungsgeschäftes durch den Substanzträger über eigene Körpersubstanzen, während Fremdkommerzialisierung der Abschluß von Rechtsgeschäften über die Substanzen durch Nichtberechtigte ist. Diese Terminologie soll auch bei der Prüfung möglicher Ersatzansprüche des Substanzträgers oder sonstiger Berechtigter beibehalten werden, da als Folge der unterschiedlichen Wertungsebenen bei Eigen- und Fremdkommerzialisierung insoweit auch begrifflich differenziert werden muß22.

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Taupitz, Kommerzialisierung, S. 56, 69 ff. verwendet insoweit eine etwas andere Terminologie, wenn er Folgeansprüche des Substanzträgers bei fehlender Einwilligung als eine nachträglich-sanktionierende Eigenkommerzialisierung qualifiziert. Diese Terminologie bringt jedoch den Wertungsunterschied zwischen Eigen- und Fremdkommerzialisierung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, weshalb im Rahmen dieser Untersuchung eine eigenständige Terminologie verwendet werden soll.

Einleitung, Grundlagen V. Gegenstand und Ziel der Untersuchung, Gang der Untersuchung

Gegenstand dieser Untersuchung soll die Beurteilung der rechtlichen Grundlagen und die Festlegung der rechtlichen Grenzen einer Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen sein. Über den Bereich von Rechtsgeschäften mit menschlichen Körpersubstanzen hinausgehende Verknüpfungen wirtschaftlicher Interessen mit dem menschlichen Körper 23 sind zwar nicht Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, können jedoch Hinweise im Rahmen von Wertungsvergleichen liefern. Ziel der Untersuchung ist es, die zivilrechtlichen Probleme im Bereich des Untersuchungsgegenstandes darzulegen und Problemlösungen zu erarbeiten, die in der Rechtspraxis aufgenommen werden können. Zur umfassenden rechtlichen Beurteilung des Untersuchungsgegenstandes sollen - trotz des zivilrechtlichen Schwerpunktes der Arbeit - Bezüge zu öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften im untersuchungsrelevanten Bereich hergestellt werden, soweit dies notwendig erscheint. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei nicht der Sachverhalt der Organspende, bei welcher menschliche Organe vom Substanzträger für Transplantationen zur Verfügung gestellt werden, sondern vielmehr der Umstand, daß menschliche Körpersubstanzen als Ausgangsstoff für Medikamente oder andere Wirtschaftsgüter dienen können und somit wirtschaftliche Interessen mit ihnen verbunden werden. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit der Substanzträger, von dem die Körpersubstanzen stammen, an dieser wirtschaftlichen Nutzung partizipiert 24 und wie diese wirtschaftlichen Prozesse im einzelnen rechtlich zu beurteilen sind25. Die Bearbeitung des Untersuchungsgegenstandes setzt zunächst die Klärung der Frage voraus, wie die Rechtsordnung den menschlichen Körper und den 23

Exemplarisch sei hier auf Fälle des entgeltlichen Modellstehens, auf Darbietungen im Bereich von Peep-Shows sowie auf die Teilnahme als Proband an medizinischen Versuchen - jeweils gegen Gewährung einer finanziellen Gegenleistung - hingewiesen. 24 Diese Überlegung soll durch den Bericht der FAZ vom 07.01.1995, S. 10 über die Herstellung von Blutplasma, aus dem Medikamente gewonnen werden, veranschaulicht werden. Der "Spender" erhält dabei in Deutschland für die Hingabe seines Blutes ein Entgelt von 50 DM. Bei der anschließenden Weiterveräußerung durch Unternehmen an die pharmazeutische Industrie wird eine entsprechende Gewinnspanne des Unternehmens einkalkuliert. Instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch folgende Aussage: "Wollte man die Höhe der Aufwandsentschädigung marktwirtschaftlich regeln, müßten die Spender sicherlich höher entlohnt werden". 25 Das insoweit vorhandene Markpotential mag ein Bericht der FAZ vom 08.09.1995, S. 29 illustrieren, in dem berichtet wird, daß das Pharmaunternehmen Immuno GmbH, Heidelberg, mit Produkten, die zu einem großen Teil aus menschlichem Blutplasma gewonnen werden, einen Gesamtumsatz von etwa 300 Millionen DM erzielt.

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1. Teil Einleitung, Grundlagen

Leichnam sowie die jeweils davon abgetrennten Teile qualifiziert (2. Teil). Hierauf aufbauend gilt es zu erörtern, ob und inwieweit menschliche Körpersubstanzen im Rahmen einer Erstkommerzialisierung zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden dürfen. Hierbei ist zwischen Eigen- und Fremdkommerzialisierung zu differenzieren, wobei im Bereich der Fremdkommerzialisierung vor allem auf mögliche Ersatzansprüche der Berechtigten einzugehen sein wird (3. Teil). Anschließend soll untersucht werden, wie die Konservierung, die Zwischenlagerung und die Vermittlung (4. Teil) sowie eine Folgekommerzialisierung von Körpersubstanzen (5. Teil) rechtlich zu beurteilen ist. Weiter ist zu klären, welche spezifischen Probleme sich bei der Herstellung von Produkten aus menschlichen Körpersubstanzen ergeben, wobei hier die Frage nach Gewährleistungs- und Ersatzansprüchen im Vordergrund stehen wird (6. Teil). Zuletzt soll neben einer Darstellung aktueller gesetzgeberischer Aktivitäten im untersuchungsrelevanten Bereich der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit der Gesetzgeber zu einer positiven gesetzlichen Normierung der oben dargestellten Problematik aufgerufen ist (7. Teil). Abschluß der Untersuchung ist eine thesenartige Zusammenfassung der gewonnenen Untersuchungsergebnisse (8. Teil).

Zweiter Teil

Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen § 2 Zivil- und verfassungsrechtliche Grundlagen Grundvoraussetzung einer Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen ist, daß diese Gegenstand von Rechtsgeschäften sein können. Die Zivilrechtsordnung geht dabei von einem Dualismus1 zwischen Personen als den möglichen Trägern von subjektiven Rechten und Rechtspflichten 2 und den Rechtsgegenständen als dem, was der Person nach dem Rechte in irgendeiner Form verfügbar gegenübersteht3, aus. Gegenstände im rechtlichen Sinne sind somit alle individualisierbaren Vermögenswerten Objekte der natürlichen Welt, über die ein Berechtigter Rechtsmacht ausüben kann4. Diese strikte Unterscheidung zwischen Personen und Gegenständen wird seit der Einführung des § 90 a BGB 5 zwar vereinzelt als aufgegeben angesehen, da hierdurch das Tier als Mitgeschöpf 6 von den Sachen im Sinne des § 90 BGB unter1 Zum Dualismus zwischen Personen und Sachen im Privatrecht vgl. Medicus, AT, Rdnr. 21; Jauernig/Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. I; RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 1. 2 In diesem Sinne Larenz, AT, § 21, Π a; Soergel/Fahse, Vor § 1 BGB, Rdnr. 3. 3 So Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 2; Larenz, AT, § 16 I; Müko/ Holch, § 90 BGB, Rdnr. 1ff., insb. 3; Jauernig/Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. I. 4 Soergel/Mühl, Vor § 90 BGB, Rdnr. 2; Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 1. Der Gegenstandsbegriff ist somit formal als Beziehungspunkt von bestimmten subjektiven Rechten zu definieren und weit zu fassen. Allgemein zum Gegenstandsbegriff Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 3 ff. und Larenz, AT, § 16 I, der die Rechtsgegenstände in zwei Ordnungen unterteilt: Rechtsgegenstände 1. Ordnung sollen Gegenstände von Herrschafts- oder Nutzungsrechten sein, während Gegenstände 2. Ordnung solche sind, über die ein Rechtssubjekt durch Rechtsgeschäft verfugen kann; für die hier vorliegende Untersuchung sind diese rein terminologischen Unterschiede jedoch ohne Bedeutung. Umfassend zur Anwendung des Gegenstandsbegriffes des BGB auf den menschlichen Körper und seine Teile Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 18 ff, insb. 21. 5 § 90 a BGB wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 20.08.1990, BGBl. I, S. 1762 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. 6 Den Begriff des Mitgeschöpfes verwendet auch Mühe, NJW 1990, S. 2238 (2239).

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

schieden und hieraus eine Durchbrechung des Dualismus zwischen Personen und Sachen abgeleitet wird7. Infolge der in § 90 a Satz 3 BGB vorgesehenen entsprechenden Anwendung der für Sachen geltenden Vorschriften und der neugefaßten Überschrift des II. Abschnittes "Sachen, Tiere" ist jedoch von einer unveränderten Rechtslage und somit davon auszugehen, daß auch Tiere weiterhin zu den Rechtsobjekten zählen8. § 90 a BGB kommt somit eine rein deklamatorische Bedeutung zu9. Der Begriff des Rechtsgegenstandes ist nach der gesetzlichen Systematik ein Oberbegriff 10 und umfaßt Sachen und sonstige Rechtsgegenstände, wobei die Sache als körperlicher Gegenstand in § 90 BGB legal definiert wird. Die Einordnung menschlicher Körpersubstanzen als Sachen liegt zunächst nahe, da es sich dabei um räumlich abgrenzbare, beherrschbare Stoffe handelt11. Auf der anderen Seite befremdet eine derartige Qualifikation, da sie die Bedeutung der Persönlichkeit des Menschen und die besondere Beziehung des Menschen zu seinem Körper unberücksichtigt läßt12 und mit dem besonderen Eigenwert des Menschen nicht vereinbar scheint, der in Gestalt der Menschenwürde einen besonders hochrangigen Schutz genießt. Die in Artikel 1 I GG geschützte Würde des Menschen ist Ausdruck des Respektes vor der Bedeutung der menschlichen Persönlichkeit und ihrer besonderen, herausragenden Wirkung in der Rechtsordnung13. Im Kern beinhaltet dies die Aussage, daß sich der Mensch kraft seines Geistes von der unpersönlichen Natur abhebt und zu eigenen Entscheidungen befähigt ist. Hierdurch kann er sich seiner selbst bewußt werden, sich selbst bestimmen und sich und die Umwelt gestalten14. Als grundlegende Wertentscheidung ist Art. 1 I GG bei der Anwendung aller Rechtsnormen zu beachten15 und ist innerhalb der Verfassungsordnung der

7

In diesem Sinne Dressier, Verfassungsfragen des Embryonenschutzes, S. 146, allerdings ohne nähere Begründung. 8 MüKo/Holch, § 90 a BGB, Rdnr. 11; Mühe, NJW 1990, S. 2238 (2239); ebenso Brüninghaus, Die Stellung des Tieres im Bürgerlichen Gesetzbuch, S. 93, wonach Tiere weiterhin Rechtsobjekte bleiben sollen. 9 So Palandt/Heinrichs, § 90 a BGB, Rdnr. 1. 10 Soergel/Mühl, Vor § 90 BGB, Rdnr. 1; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 1. 11 Im einzelnen zum Sachbegriff des bürgerlichen Rechts Larenz, AT, § 16 Π a; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 6; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 1; Jauernig/Jauernie, Vor § 90 BGB, Anm. Π 2 a; Medicus, AT, Rdnr. 1174, jeweils m.w.N. 1 2 Vgl. hierzu Forkel, JZ 1974, S. 593 (594), der das Recht des Menschen an seinem Kömer als fundamentales Gut des Menschen ansieht. 1j MDHS/Dürig, Art 1 GG, Rdnr. 18; Maurer, DÖV 1980, S. 7 (9); ähnlich Fechner, JZ 1986, S. 653 (653). 14 MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 18; BGH, NJW 1961, S. 1397 (1398); Jarass/ Pieroth, Art. 1 GG, Rdnr. 4; Graf Vitzthum, MedR 1985, S. 249 (252). 15 Vgl. BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 GG, Rdnr. 30.

§ 2 Zivil- und verfassungsrechtliche Grundlagen

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höchste Rechtswert16. Diese herausragende Stellung der Menschenwürde kommt auch darin zum Ausdruck, daß der einzelne zwar als Ausfluß seiner ihm zuerkannten Autonomie selbst bestimmen kann, was seiner eigenen Würde entspricht17, dieser autonomen Selbstbestimmung aber dann Grenzen gesetzt sind, wenn durch den an sich zulässigen Verzicht auf die Geltendmachung18 der unverfügbare Kern des personalen Eigenwerts des Menschen aufgehoben würde19. Infolge ihrer Weite und Situationsabhängigkeit ist die Menschenwürde allerdings kein absoluter Begriff und einer generellen Definition mit einer entsprechenden Trennschärfe nicht zugänglich20. Vielmehr ist danach zu fragen, ob in Ansehung des konkreten Falles der besondere personale Eigenwert des Menschen verletzt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zum bloßen Mittel und damit zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird 21. Dabei konkretisiert sich der Einfluß der Menschenwürde im Bereich des Rechts des Menschen an seinem Körper in Gestalt seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches im Rahmen der Art. 11, 2 I GG verfassungsrechtlichen Schutz genießt und das Recht des einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und auf Entfaltung seiner Persönlichkeit beinhaltet22. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt dabei als Grundrecht 16

So Kunig in v. Münch/Kunig, GG-K, Art. 1 GG, Rdnr. 4; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, Art. 1 GG, Rdnr. 15; MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 4. 17 Instruktiv hierzu Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 86 f. 18 Ein Grundrechtsverzicht ist möglich, soweit der Betroffene auf einzelne, durch das Grundrecht geschützte Handlungsweisen verzichtet. Näheres zum Grundrechtsverzicht findet sich bei Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1 GG, Rdnr. 27. 19 Vgl. hierzu BVerfGE 45, 187 (229): die Würde des Menschen ist etwas Unverfügbares. Ähnlich Kunig in v. Münch/Kunig, GG-K, Art. 1 GG, Rdnr. 12: der einzelne kann sich auch durch würdeloses Verhalten nicht des Schutzes aus Art. 1 I GG begeben. Ebenso Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 86 ff. 20 BVerGE 30, 1 (25); Kunig in v. Münch/Kunig, GG-K, Art. 1 GG, Rdnr. 22. Ähnlich Tress, Organtransplantation, S. 40. 21 So grundlegend MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 28, dem auch das BVerfG in seiner Rechtsprechung gefolgt ist, vgl. BVerfGE 45, 187 (228): jeder einzelne muß in der Gemeinschaft als gleichberechtigtes Glied mit Eigenwert anerkannt werden, weshalb es der menschlichen Würde widerspricht, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen. Der Satz "der Mensch muß immer Zweck an sich selbst bleiben" gilt uneingeschränkt für alle Rechtsgebiete. Instruktiv zur der Menschenwürde und der Rezeption der Kantischen Tradition bei der Frage nach der Verletzung der Menschenwürde Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 31 ff. und Graf Vitzthum, JZ 1985, S. 201 (205 f.). 22 Vgl. zur Konkretisierung der Menschenwürde in den Art. 1 GG nachfolgenden Grundrechten Jarass/Pieroth, Art. 1 GG, Rdnr. 3: Art. 1 GG reichert die einzelnen Grundrechte an und soll so eine extensive Verwirklichung der Menschenwürdegarantie gewährleisten; dies soll vor allem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschehen. Ähnlich BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 GG, Rdnr. 48; BVerfGE 72, 155 (170);

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

den einzelnen umfassend gegen Eingriffe in seinen engeren Persönlichkeitsbereich, um hierdurch die persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten23. In diesem Schutzumfang wird auch das Selbstbestimmungsrecht am eigenen Körper vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht erfaßt 24. Von dieser verfassungsrechtlichen Rechtsposition ist die Geltungswirkung der Grundrechte im Bereich des einfachen Rechts zu unterscheiden. Fraglich ist hier, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unmittelbare Rechtswirkung im Bereich des Zivilrechts zukommt oder nicht. Diese Frage ist umstritten und wird unter dem Begriff der sog. Drittwirkung der Grundrechte diskutiert. Insoweit ist anerkannt, daß die Grundrechte nicht nur Abwehrrechte gegen den Staat sind25, sondern darüber hinaus auch Ausdruck einer objektiven Wertordnung des Grundgesetzes, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt 26 . Die Grundrechte können somit auch im Bereich des durch Vertragsfreiheit und Parteiautonomie geprägten Zivilrechts nicht gänzlich negiert werden. Fraglich ist jedoch, inwieweit die Grundrechte bei den Rechtsbeziehungen zwischen Privaten direkt angewendet werden können. Vereinzelt wird eine derartige unmittelbare Geltung der Grundrechte im Privatrecht bejaht, da zumindest einige bedeutsame Grundrechte als wesentliche Ordnungsgrundsätze für das soziale Leben anzusehen seien und als solche auch im privaten Rechtsverkehr der Bürger untereinander Geltung haben müßten27. Jedoch können die Verbotsschranken, BVerfG, NJW 1989, S. 891 (891). Vgl. hierzu auch Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 136, die der Menschenwürde im Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine schutzbereichserweiternde Funktion zuspricht. Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vgl. Kunig in v. Münch/Kunig, GG-K, Art. 2 GG, Rdnr. 30; Jarass/Pieroth, Art. 2 GG, Rdnr. 25. 23 BVerfGE 54, 148 (153); 60, 329 (339); 72, 155 (170 f.). Zum Umfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vgl. MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 157; Helle, Persönlichkeitsrechte, S. 8 f. 24 So Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 226 ff., insb. 228; ebenso BGH, NJW 1994, S. 127 (127). Für eine Einordnung des Rechts am eigenen Körper als besonderes Persönlichkeitsrecht sprechen sich Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 14 und Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 54 aus. 25 Der historische Ursprung der Grundrechte liegt in dieser Abwehrfunktion gegen den Staat zur Absicherung der Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt, vgl. v. Münch in v. Münch/Kunig, GG-K, Vorb. Art. 1 - 19 GG, Rdnr. 16. 26 Grundlegend hierzu BVerGE 7, 198 (205); ebenso MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 132. 27 Im einzelnen werden auch hier differenzierte Lösungsansätze vertreten: für eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte BAGE 1, 185 (191 ff.); BAG, NJW 1957, S. 1688 (1689). Nipperdey, Grundrechte Π, S. 20 will zumindest einigen Grundrechten

§ 2 Zivil- und verfassungsrechtliche Grundlagen

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welche die Grundrechte für das Handeln der öffentlichen Gewalt bilden, nicht schematisch im Rahmen einer unmittelbaren Geltung auf die privatrechtlichen Beziehungen der Bürger untereinander übertragen werden28, da insoweit andere Wertungsmaßstäbe gelten und der Regelungsfreiraum im Privatrecht zu berücksichtigen ist29. Gegen eine unmittelbare Drittwirkung spricht neben dem Gesetzeswortlaut, der allein eine Bindung des Staates an die Grundrechte ausspricht30, auch die teleologische Funktion der Grundrechte, die von einem Machtgefälle zwischen Staat und Bürger ausgehen und aus diesem Grund dem Bürger einen bestimmten Freiraum einräumen wollen. An diesem Machtgefalle und einer daraus resultierenden besonderen Schutzbedürftigkeit fehlt es jedoch im Privatrecht, denn staatliche Fremdbestimmung und privatautonome Selbstbestimmung sind selbst dann nicht vergleichbar, wenn man faktische Gegebenheiten mit einbezieht31. Eine unmittelbare Drittwirkung ist somit als mit der Privatautonomie nicht vereinbar abzulehnen. Vielmehr gilt, daß die Grundrechte in Gestalt der in ihnen zum Ausdruck gebrachten objektiven Weitordnung das bürgerliche Recht nur mittelbar beeinflussen, indem bei der Anwendung des einfachen Rechts die Bedeutung der Grundrechte berücksichtigt werden muß. Diese Ausstrahlungswirkung der Grundrechte32 entfaltet sich primär in den Generalklauseln des bürgerlichen Rechts, die Einbruchstellen der Grundrechte in das bürgerliche Recht darstellen33. Jedoch würde es der besonderen Bedeutung der Grundrechte nicht gerecht, wollte man ihre mittelbare Geltung allein auf generalklauselartige Bestimmungen des bürgerlichen Rechts reduzieren, da eine derartige Vereinseitigung in Einzelfallen - falls keine geeignete Generalklausel vorhanden ist - einen ausreichenden Schutz wie Art. 1 I 1, 3 I, 5 GG unmittelbare Geltung im Zivilrecht zuerkennen, während sich Kunig in v. Münch/Kunig, GG-K, Art. 1 GG, Rdnr. 27 für eine unmittelbare Drittwirkung von Art. 1 I 1 GG ausspricht. Vgl. in jüngster Zeit zu dieser Problematik Hager, JZ 1994, S. 373 (376 f.), der aus Gründen der Normenhierarchie eine eigenständige Rolle des Privatrechts gegenüber dem verfassungsrechtlich gebotenen Minimum ablehnt und aus diesem Grund ebenfalls eine unmittelbare Geltung der Grundrechte im Vertragsrecht bejaht. 28 Gegen eine unmittelbare Drittwirkung MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 127 ff., insb. 131 ff. Ebenso Flume, AT, § 1, 10 b, der überzeugend darlegt, daß insbesondere die unmittelbare Anwendung von Art. 3 I GG im Zivilrecht mit der Privatautonomie nicht vereinbar ist. Ähnlich Canaris, AcP 184, S. 201 (203 ff.). 29 So MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 129, wonach die unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte die Privatautonomie an der Wurzel treffe; ebenso Canaris, AcP 184, S. 201 (208 ff.) bei der Erörterung der praktischen Folgen einer unmittelbaren Geltung der Grundrechte im rechtsgeschäftlichen Bereich. 30 Hierzu Jarass/Pieroth, Art. 1 GG, Rdnr. 24; Canaris, AcP 184, S. 201 (203 f.). 31 So zu Recht Canaris, AcP 184, S. 201 (205 f.). 32 Vgl. hierzu BVerfGE 7, 198 (205). 33 BVerfGE 7, 198 (206); MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 127 ff ; v. Münch in v. Münch/Kunig, GG-K, Vorb. Art. 1 - 19 GG, Rdnr. 31; Jarass/Pieroth, Art. 1 GG, Rdnr. 25.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

der Grundrechte nicht gewährleisten kann34. Die wertentscheidende Bedeutung der Grundrechte ist im Rahmen der Privatrechtsordnung somit auch bei der Auslegung des einfachen Rechts zu beachten und zu realisieren. Im Ergebnis bedeutet dies, daß das bürgerliche Recht nicht im Widerspruch zu den Grundrechten stehen darf, weshalb bei der Frage nach den Rechtsverhältnissen an menschlichen Körpersubstanzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers angemessen berücksichtigt werden muß. Neben dem Dualismus zwischen Personen und Sachen und den hieraus resultierenden unterschiedlichen Qualifikationsmöglichkeiten35 erschwert somit auch die angemessene Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers die eindeutige Beurteilung der Rechtsverhältnisse am menschlichen Körper. Nachfolgend soll versucht werden, die rechtliche Beurteilung des menschlichen Körpers, des Leichnams sowie der jeweils davon abgetrennten Substanzen darzustellen.

§ 3 Der lebende Mensch L Der menschliche Körper und die davon ungetrennten Substanzen

Der menschliche Körper ist die gegenständliche Manifestation der Persönlichkeit des Menschen und als solche die unmittelbare und gegenwärtige Erscheinung der Person selbst36. Ist der Körper somit untrennbar mit der Persönlichkeit verbunden, bereitet bereits seine Qualifikation als Rechtsgegenstand Probleme, da die Rechtsobjekte nach der Systematik des BGB im Zweiten Abschnitt den Personen im Ersten Abschnitt gegenüberstehen37. Die Einstufung des menschlichen Körpers als Gegenstand setzt somit eine Unterscheidung zwischen Person und Körper voraus38. Diese ist möglich, wenn man die Person nicht zwingend mit dem menschlichen Körper identifiziert, sondern zwischen dem berechtigten Subjekt "Person" und dem davon beherrschten Objekt "Körper" differenziert 39. Folgt man dieser Einstufung als 34

In diesem Sinne Canaris, AcP 184, S. 201 (223). So auch Deutsch, Arztrecht, S. 254. 36 Larenz, AT, § 16 I. 37 So MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2. Vgl. zum Begriff des Rechtsgegenstandes in diesem Zusammenhang auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 11 ff. 38 Von dieser Grundunterscheidung zwischen Person und Körper geht auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 25 aus. 39 In diesem Sinne stufen auch Enneccerus/Nipperdey den menschlichen Körper als Rechtsobjekt und damit als Rechtsgegenstand ein, da er Objekt von Personenrechten sein kann, vgl. Enneccerus/Nipperdey, AT, § 1211, § 7711. 35

§ 3 Der lebende Mensch

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Rechtsgegenstand40, ist der menschliche Körper als Sache im Sinne des § 90 BGB einzustufen, wenn es sich hierbei um einen körperlichen Gegenstand im Sinne dieser Vorschrift handelt. Vereinzelt wird der Körper des lebenden Menschen in der Tat als eigentumsfahige Sache angesehen41, wobei als Argumente hierfür der allgemeine Sprachgebrauch, Körperteile mit Possessivpronomen zu bezeichnen, sowie praktische Erwägungen im Bereich der Anatomie angeführt werden. Rein praktische Erwägungen können jedoch eine rechtliche Begründung nicht ersetzen42. Auch ist der allgemeine Sprachgebrauch wegen der begrifflichen Unschärfe bei der Verwendung juristischer Termini in der Umgangssprache ein schwaches Argument43. Darüber hinaus spricht neben den bereits genannten systematischen Erwägungen44 auch die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers dagegen, den menschlichen Körper zum Objekt von Vermögensrechten zu machen45. Der besondere personale Eigenwert des Menschen würde negiert, wollte man den Körper mit anderen Vermögensgegenständen gleichstellen46. Der Körper des lebenden Menschen ist somit keine Sache im Sinne des § 90 BGB. Dies bedarf jedoch einer dogmatischen Begründung, da der Körper Rechtsgegenstand ist und es sich dabei zumindest begrifflich um einen räumlich abgegrenzten und beherrschbaren Stoff handelt. Als Grund für die Verneinung der Sacheigenschaft wird überwiegend die fehlende Eigentumsfahigkeit des menschlichen Körpers angeführt, da der Eigentumsfahigkeit eines Gegenstandes wegen der Weite des Gegenstandsbegriffes für die Qualifikation als Sache entscheidende Bedeutung zukomme47. Gegen diese Argumentation spricht zwar, daß die Qualifikation als Sache eigentlich Voraussetzung für die Begründung von Eigentum ist 48 , nicht aber umgekehrt die Eigentumsfähigkeit Voraussetzung für eine Qualifi40

Für eine Einordnung des menschlichen Körpers als Rechtsgegenstand Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 21; Jansen, Blutspende, S. 13. Dagegen aus systematischen Gründen MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2 und ohne Begründung Soergel/Mühl, Vor § 90 BGB, Rdnr. 2. 41 In diesem Sinne Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). 42 Vgl. Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 14. 43 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 27 f., der auf die undifferenzierte Verwendung der Begriffe "Eigentum" und "Besitz" in der Umgangssprache hinweist. Ebenso Jansen, Blutspende, S. 16. 44 So MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2. 45 Ähnlich MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2, wenn er sich auf die Menschenwürde beruft und aus diesem Grund eine Qualifizierung des lebenden Körpers als Sache ablehnt. 46 Ebenso Jansen, Blutspende, S. 22 f.; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 55; MüKo/ Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2. 47 Nach Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 26 spielt die Eigentumsfähigkeit eine Schlüsselrolle bei der Entscheidung über das Vorliegen einer Sache. Ähnlich Jansen, Blutspende, S. 14 ff. 48 Palandt/Bassenge, § 903 BGB, Rdnr. 2; BGHZ 44, 288 (294). 3 Rolf Müller

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

kation als Sache. Jedoch bedingt die Weite des formell verstandenen Gegenstandsbegriffes 49 in der Tat eine derartige wertende Betrachtung des Sachbegriffes in § 90 BGB, wobei dabei vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers angemessen zu berücksichtigen ist 50 . Der Körper des lebenden Menschen ist somit zwar Rechtsgegenstand, jedoch keine Sache und die rechtliche Beziehung der Person zum Körper ist nicht als Eigentum 51 , sondern als Persönlichkeitsrecht 52 und - wie es Forkel anschaulich umschreibt - als fundamentales Gut des Menschen53 zu qualifizieren. Dieses schließt eine Sachqualifikation des menschlichen Körpers aus 54 und läßt allein Persönlichkeits- oder allenfalls familienrechtliche Beziehungen zum menschlichen Körper zu 5 5 .

I I Vom menschlichen Korper getrennte Substanzen Die Einordnung des menschlichen Körpers und der in ihm gebundenen Substanzen als Teil der Persönlichkeit des Menschen muß neu überdacht werden, wenn Substanzen oder Teile des menschlichen Körpers von diesem abgetrennt werden und hierdurch die räumlich - gegenständliche Eingliederung in den menschlichen Körper endet 56 . 49

Hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 11 ff. Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 8 und § 90 BGB, Rdnr. 14. Zur Bedeutung der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Zivilrecht außerhalb generalklauselartig ausgestalteter Rechtsnormen Canaris, AcP 184, S. 201 (223). 51 So aber Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). 52 Vgl. hierzu nur Deutsch, Arztrecht, S. 254; Jansen, Blutspende, S. 38; Forkel, JZ 1974, S. 593 (594); Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 3; Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 7; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3; Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 34; Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1091); Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 226 ff. 53 So Forkel, JZ 1974, S. 593 (594 f.); ähnlich Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 3. 54 Eine differenzierte Auffassung vertritt insoweit Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 89 ff, wenn er im Rahmen seiner Überlagerungsthese zwar eine persönlichkeitsrechtliche Qualifikation des Rechtes der Person am Körper bejaht, daneben jedoch auch ein Eigentumsrecht der Person am Körper annimmt, welches während der Einheit von Person und Körper vollständig vom Persönlichkeitsrecht überlagert sein soll. Solange die Einheit von Person und Körper besteht, kommt jedoch auch Schünemann zu einer rein persönlichkeitsrechtlichen Qualifikation des Rechts am menschlichen Körper und den darin gebundenen Substanzen. 55 So MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2 unter Hinweis auf §§ 1353, 1626, 1631 BGB. Enneccerus/Nipperdey, AT, § 77 I 1, 2 stufen als Personenrechte das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die besonderen Persönlichkeitsrechte ein, § 78 I 1, 2, während unter die Familienrechte neben den Rechten unter Ehegatten vor allem die Rechte zwischen Eltern und Kindern fallen sollen, § 78 Π 1. 56 In diesem Sinne zutreffend Forkel, JZ 1974, S. 593 (595). 50

§ 3 Der lebende Mensch

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1. Die einseitig sachenrechtliche Betrachtungsweise

Dabei wird ganz überwiegend die Ansicht vertreten, daß menschliche Körpersubstanzen mit ihrer Trennung vom Körper zu Sachen im Sinne des § 90 BGB werden und die Rechtsbeziehung des Menschen zu den abgetrennten Körpersubstanzen als Eigentum zu qualifizieren ist57. Für die Qualifikation als eigentumsfahige Sachen werden unterschiedliche Begründungen angeführt. Sieht man bereits den Körper des lebenden Menschen als Sache und das Recht am Körper als Eigentum an 58 , ist die Einstufung der abgetrennten Körpersubstanzen als eigentumsfahige Sachen eine aus dieser Qualifikation resultierende Konsequenz und bedarf keiner näheren Begründung59. Jedoch stufen auch die Vertreter einer persönlichkeitsrechtlichen Qualifikation des menschlichen Körpers die von diesem abgetrennten Substanzen als eigentumsfahige Sachen ein. Als Argument hierfür wird überwiegend auf die allgemeine Verkehrsanschauung abgestellt, die vom Körper getrennte Substanzen als Sachen einstuft 60, während teilweise wegen der offensichtlich als selbstverständlich eingestuften Aussage keine weitergehende Begründung geboten wird 61. Dem ist insoweit zuzustimmen, als die allgemeine Verkehrsanschauung jedenfalls bei der Qualifikation als Sache zu berücksichtigen ist, da die Einordnung als körperlicher Gegenstand im Sinne des § 90 BGB eine Frage ist, die nach der Verkehrsanschauung unter Laien zu beantworten ist62. Allerdings kann

57 So die jedenfalls im Ergebnis einhellige Meinung in der Rechtsliteratur, vgl. MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21; Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 7; Palandt/ Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 15; Jauernig/ Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. Π 6; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 2; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 11; Medicus, AT, Rdnr. 1178; Taschner/Frietsch, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 27; Bilsdorfer, MDR 1984, S. 803 (804). Aus der strafrechtlichen Literatur vgl. Schönke/Schröder/Eser, § 242 StGB, Rdnr. 10, 20; Dreher/Tröndle, § 242 StGB, Rdnr. 6 a. Auch die Rechtsprechung geht davon aus, vgl. BGH, MDR 1958, S. 738 (738 f.); unklar BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.). Der sachenrechtlichen Qualifikation im Grunde zustimmend, jedoch für eine Sonderbehandlung der Keimzellen als potentielles menschliches Leben Britting, Postmortale Insemination, S. 100 f. 58 In diesem Sinne Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). 59 Diese Schlußfolgerung ziehen auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 35. 60 Vgl. insoweit Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 8 zur grundsätzlichen Berücksichtigung der natürlichen Anschauung bei der Beurteilung der Sachqualifikation. 61 So Palandt/Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3. Vgl. auch den zutreffenden Hinweis von Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 60, daß wohl überwiegend ohne weitere Begründung eine Wertungsentscheidung vorgenommen wird, ohne dies offenzulegen. 62 Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 8 ff.; Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 36. Ähnlich Deutsch, Arztrecht, S. 254, wenn er abgeschnittene

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

allein durch die Berufung auf eine allgemeine Verkehrsanschauung nicht begründet werden, warum die Substanzen sich durch die Trennung vom Körper von einem der Qualifikation als Sache nicht zugänglichen Gegenstand63 in eine eigentumsfahige Sache umwandeln64. Hier ist vielmehr von der Entstehung einer neuen Sache auszugehen, da etwas, das vorher einer Sachqualifikation nicht zugänglich war, durch die Trennung vom Körper zur Sache wird 65. Nach erfolgter Qualifikation der abgetrennten Körpersubstanzen als eigentumsfahige Sachen ist weiter zu klären, aus welchen Gründen sich die persönlichkeitsrechtliche Beziehung der Person zum Körper nach Trennung der Substanzen in eine auf das Eigentum gestützte Herrschaftsmacht umwandelt. Die Begründungen für die Umwandlung von Persönlichkeitsrecht in Eigentumsrecht gehen dabei auseinander. Überwiegend wird dies mit einer analogen Anwendung von § 953 BGB begründet66. Als Argument für diese Analogie wird zunächst angeführt, der Eigentumserwerb sei die logische Folge der intensiven Bindung des Körpers an die Persönlichkeit67, das Persönlichkeitsrecht schwäche sich gleichsam zum Eigentumsrecht ab68. Zudem spreche Haare unter Berufung auf die Verkehrsanschauung als eigentumsfahige Sachen einstuft. 63 Wie oben dargelegt, wird teilweise bereits die Einstufung als Gegenstand verneint, so von MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 2. 64 Von einem Umwandlungsvorgang "Körper" in "Sache" sprechen auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 36. Gegen die Berufung auf die Verkehrsanschauung bei der rechtlichen Qualifizierung des menschlichen Körpers Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 14 (trotz Anerkennung der grundsätzlichen Relevanz der Verkehrsanschauung, vgl. Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 8), der im übrigen ebenfalls von einem Umwandlungsvorgang ausgeht, wenn er von einer Rückumwandlung von "Sache" in "Persönlichkeit" in den Fällen einer Reimplantation der Substanzen oder bei Implantation in einen anderen Menschen ausgeht, vgl. Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17. 65 Vgl. hierzu Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 36 FN 11 unter Nachweis auf Gareis, FS für Schirmer, S. 61, 91, der ebenfalls von der Entstehung einer neuen Sache ausgeht. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 58 ff. lehnt das Vorliegen eines Umwandlungsvorganges ab, weil bereits am menschlichen Körper Eigentum der Person bestehen soll, erklärt jedoch die Entstehung der Sache ebenfalls nicht. 66 In diesem Sinne Deutsch, Arztrecht, S. 254; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21; Palandt/Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3; RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 4; Staudinger/ Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; Jauernig/ Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. Π 6; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 228 FN 38; Koch, MedR 1986, S. 259 (262); Bilsdorfer, MDR 1984, S. 803 (804); Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 11. 67 So Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4. 68 BGH, MDR 1958, S. 738 (739 f.).

§ 3 Der lebende Mensch

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die vergleichbare Funktion sowohl des Persönlichkeits- wie auch des Eigentumsrechtes, als absolute Rechte Schutz vor Beeinträchtigungen durch Dritte zu gewähren, für einen analog § 953 BGB zu begründenden Eigentumserwerb des Substanzträgers69. Gegen die Annahme eines unmittelbaren Eigentumserwerbs analog § 953 BGB wird vorgebracht, es fehle an einer dogmatischen Begründung, wenn allein die besondere Rechtsbeziehung der Person zum Körper als Erklärung für die Umwandlung von Persönlichkeit in Eigentum herangezogen wird 70. Ferner wird auf den Artunterschied zwischen Eigentum und Persönlichkeitsrecht hingewiesen, der es nicht zulasse, vom Eigentum als einer schwächeren Form des Persönlichkeitsrechtes zu sprechen71. Eine andere Ansicht in der Rechtsliteratur72 verneint einen unmittelbaren Eigentumserwerb des Substanzträgers an den abgetrennten Körperteilen und stuft diese nach der Trennung als herrenlose Sachen ein. Somit könnte zunächst jedermann durch Begründung von Eigenbesitz Eigentum erwerben, § 958 I BGB. Dem Substanzträger soll jedoch als Ausfluß seines früheren Persönlichkeitsrechtes ein Aneignungsrecht an den abgetrennten Körpersubstanzen zustehen73, welches nach § 958 II BGB einen Eigentumserwerb des nichtberechtigten - Eigenbesitzers ausschließt74. Diese Ansicht hat zwar den Vorteil, die Umwandlung von Persönlichkeit in Eigentum nicht erklären zu müssen, da infolge des originären Eigentumserwerbs75 überhaupt keine Umwandlung stattfindet76. Ein Eigentumserwerb des Substanzträgers ist jedoch nach dieser Ansicht nur bei Ausübung des Aneignungsrechtes zu bejahen, also durch die Begründung von Eigenbesitz an den abgetrennten Körpersubstanzen. Fehlt es nach Abtrennung vom Körper an dieser Eigenbesitzbegründung77, bleibt es bei der Herrenlosigkeit der Körpersubstanzen78, was in der

69 In diesem Sinne Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; BGH, MDR 1958, S. 738 (739 f.). 70 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 66. 71 Diesen Einwand bringt Jansen, Blutspende, S. 118 f. unter Hinweis auf die Funktion des Eigentumsrechts, welches primär zum Schutz von Sachinteressen dient. 72 Staudinger/Coing, 11. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 4; Kallmann, FamRZ 1969, S. 572 (577). 73 So Staudinger/Coing, 11. Aufl., § 90 BGB Rdnr. 4. 74 Zur Bedeutung des Vorliegens von Aneignungsrechten im Rahmen des § 958 BGB vgl. Palandt/Bassenge, § 958 BGB, Rdnr. 4; MüKo/Quack, § 958 BGB, Rdnr. 9; Soergel/Mühl, § 958 BGB, Rdnr. 7 m.w.N. 75 Hierzu MüKo/Quack, § 958 BGB, Rdnr. 24. 76 So ausdrücklich Staudinger/Coing, 11. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 4. 77 Beispiele hierfür sind beim Frisör zurückgelassene abgeschnittene Haare oder beim Arzt belassenes Blut, welches zu Untersuchungszwecken entnommen wurde, vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 38. 78 Hierzu Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 7.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

Praxis zu schwierigen Zuordnungsproblemen führen kann 79 . Weiterhin erscheint die Annahme einer herrenlosen Sache mit einem privilegierten Aneignungsrecht des Substanzträgers gekünstelt80 und die Konstruktion eines ausschließlichen Aneignungsrechtes des Substanzträgers wird unter Hinweis auf die ratio des § 958 I I BGB als bedenklich angesehen81.

2. Der Vorrang des Persönlichkeitsrechtes

Teilweise wird versucht, bei der rechtlichen Beurteilung der abgetrennten Körpersubstanzen der Persönlichkeit des Menschen verstärkt Rechnung zu tragen, indem die Körpersubstanzen nicht als Sachen, sondern als fortbestehender Teil der Persönlichkeit qualifiziert werden 82. Nach Trennung vom Körper werden die Substanzen nicht als eigentumsfähige Sachen angesehen, sondern bleiben Teil der Persönlichkeit, da nur das Persönlichkeitsrecht die schutzwürdigen Interessen des Menschen effektiv gewährleisten könne 83 . Das 79 Auch ein guter Glaube des Eigenbesitzers an das Fehlen von Aneignungsrechten kann das Aneignungsrecht des Substanzträgers nicht beeinträchtigen, da die §§ 932 ff. BGB nur die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung erfassen. Jedoch könnte der nichtberechtigte Eigenbesitzer die immer noch herrenlosen Körpersubstanzen an einen gutgläubigen Dritten veräußern, der dann nach §§ 932, 936 I 1 BGB unbelastetes Eigentum erwirbt, vgl. MüKo/Quack, § 958 BGB, Rdnr. 26. 80 So MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21. 81 Diesen Einwand erhebt Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 11. 82 In diesem Sinne Forkel, JZ 1974, S. 593 (595); ebenso Jansen, Blutspende, S. 88 ff., 93, wenn er von abgetrennten Körpersubstanzen als Bestandteilen der persönlichen Existenz spricht. 83 So Forkel, JZ 1974, S. 593 (595 f.). Eine ähnliche Argumentation findet sich auch bei BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.): der BGH prüft einen Schmerzensgeldanspruch bei schuldhafter Vernichtung einer Eigenspermaspende durch die die Konservierung durchführende Universitätsklinik und bejaht eine Körperverletzung, wenn die abgetrennten Körpersubstanzen - wie bei der Eigenspermaspende der Fall - nach dem Willen des Rechtsträgers zur Erhaltung bestimmter Körperfunktionen oder für eine spätere Wiedervereinigung mit dem Körper aufbewahrt werden. In bezug auf die rechtliche Qualifikation der abgetrennten Körpersubstanzen differenziert der BGH: endgültig abgetrennte Körpersubstanzen sollen eigentumsfahige Sachen sein, an denen jedoch noch das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers fortwirkt. Nur vorübergehend abgetrennte Körpersubstanzen, die später wieder in den Körper integriert werden sollen, bleiben Teil der Persönlichkeit. Konserviertes menschliches Sperma hingegen nimmt eine Sonderstellung ein: obwohl es nicht mehr in den Körper des Substanzträgers integriert werden soll, also endgültig abgetrennt ist, stellt es keine Sache dar, weil es körpertypische Funktionen des Substanzträgers substituieren soll. Die Ansicht des BGH ist trotz ihrer grundsätzlichen Bedeutung im einzelnen nicht überzeugend begründet, sondern am Ergebnis orientiert. Insbesondere wird keine eindeutige Aussage hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung menschlicher Körpersubstanzen getroffen.

§ 3 Der lebende Mensch

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Eigentumsrecht soll hierfür nicht geeignet sein, da es typische Sachinteressen erfasse und nicht auf den Schutz höchstpersönlicher Belange zugeschnitten sei84. Der rein sachenrechtliche Ansatz stelle vielmehr ein Armutszeugnis der Juristen dar 85. Die primär persönlichkeitsrechtliche Einordnung soll dabei jedoch auf die Fälle beschränkt werden, in denen Körpersubstanzen entsprechend dem Willen des Substanzträgers unmittelbar auf einen anderen Menschen übertragen werden: hier liege eine individuelle und persönliche Zweckbestimmung der Substanzen durch den Substanzträger vor, welche durch das Eigentumsrecht an den Körpersubstanzen nicht hinreichend geschützt werde 86 . Diese besondere Schutzbedürftigkeit soll dann entfallen, wenn keine zielgerichtete Abtrennung vorliegt und der Substanzträger keine Übertragung auf einen bestimmten Empfanger anstrebt. In derartigen Fällen87 sollen die Körpersubstanzen als eigentumsfahige Substanzen anzusehen sein. Die Qualifikation als Sache wird dabei als das Ergebnis der Preisgabe des Persönlichkeitsrechts durch den Substanzträger angesehen88. Für eine persönlichkeitsrechtliche Einordnung der Körpersubstanzen spricht, daß allein die Trennung der Substanzen nicht zwangsläufig zu der Annahme einer Sache führt, da Persönlichkeitsrechte in verschiedener Form Teilbereiche der Persönlichkeit des Menschen trotz erfolgter Objektivierung als verselbständigte Güter schützen89. Dem persönlichkeitsrechtlich orientierten Ansatz wird entgegengehalten, daß dem Gesichtspunkt des Schutzes des Persönlichkeitsrechts Ähnlich Rohe, JZ 1994, S. 463 (466), der ebenfalls eine ausführliche Begründung der Entscheidung des BGH vermißt. 84 Hierzu Jansen, Blutspende, S. 84. 85 Forkel, JZ 1974, S. 593 (595). 86 Hierauf bezieht sich Jansen, Blutspende, S. 84. 87 Forkel, JZ 1974, S. 593 (595) geht bei seinem persönlichkeitsrechtlichen Ansatz von der Organspende für einen bestimmten Empfanger aus, während Jansen, Blutspende, S. 79 ff. als Grundsachverhalt die zielgerichtete Blutspende an eine konkrete Person untersucht; als Beispiel für eine nicht zielgerichtete Abtrennung von Körpersubstanzen benennt Jansen in seiner Untersuchung die Blutspende an einen Blutspendedienst. 88 So Forkel, JZ 1974, S. 593 (596); Jansen, Blutspende, S. 128 f. unter Berufung auf BGHZ 16, 172 (175) und 32, 103 (109) sowie weitere Beispielsfälle zur Umwandlung von Persönlichkeitsrechten in Immaterialrechtsgüter, so z.B. dem Erfinderpersönlichkeitsrecht. Danach wandeln sich die Persönlichkeitsrechte dann in Vermögensrechte um, wenn der Berechtigte zu erkennen gibt, daß er das Recht nicht mehr als persönlichkeitsgebunden ansehen oder es selbst wirtschaftlich verwerten will. Kritisch hierzu wegen der in jeder Zelle enthaltenen individuellen Erbinformationen des Substanzträgers Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 40 FN 32, die einen Verzicht auf das Persönlichkeitsrecht im Zusammenhang mit künftigen genomanalytischen Möglichkeiten für überprüfungsbedürftig halten. 89 Insoweit zutreffend Forkel, JZ 1974, S. 593 (595) unter Hinweis auf das in den §§12 ff. UrhG geschützte Urheberpersönlichkeitsrecht sowie auf Teilaspekte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

auch bei einer eigentumsrechtlichen Betrachtungsweise Rechnung getragen werden kann, indem der bisherige Träger im Einzelfall auch nach Eigentumsübertragung Einflußmöglichkeiten auf die abgetrennten Körpersubstanzen haben soll90. Weiter unterschätze der rein persönlichkeitsrechtliche Ansatz die mit dem Eigentumsschutz bestehenden Möglichkeiten91. Ferner könne auch dieser Ansatz keine dogmatisch überzeugende Begründung für die mit Abtrennung der Substanzen vom Körper bei Fehlen einer individuellen Zweckbestimmung eintretende Umwandlung von Persönlichkeitsrecht in Eigentum liefern, vielmehr werde auch hier letztlich mit der Natur der Sache argumentiert92.

3. Die Überlagerung des Sachenrechts durch das Persönlichkeitsrecht

Vereinzelt wird versucht, durch eine Kombination von Sachenrecht und Persönlichkeitsrecht eine dogmatisch überzeugende Qualifikation der vom menschlichen Körper abgetrennten Substanzen zu erreichen93. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Überlegung, daß am menschlichen Körper sowohl Eigentum wie auch Persönlichkeitsrecht wirken können94. Dies setzt voraus, daß man den menschlichen Körper in seiner Eigenschaft als Materie von der Persönlichkeit trennt, die allein den Menschen im Rechtssinne ausmacht. Person soll demnach die Synthese von Körper und Geist des Menschen sein, und ohne die Bindung des Körpers an die Person bleibt nur Materie übrig95. Ausgehend von dieser Überlegung wird die Prämisse aufgestellt, daß der menschliche Körper einer stufenweisen rechtlichen Betrachtung zu unterziehen ist. Die sachenrechtliche Ebene bildet dabei die erste und die persönlichkeitsrechtliche Ebene die zweite Stufe 96. Während der Einheit von Person und Körper wird das Eigentum vollständig vom Persönlichkeitsrecht überlagert und entfaltet keine eigene Bedeutung97. Mit der Trennung vom Körper - oder dem Tod des 90

Diese Kritik am persönlichkeitsrechtlich orientierten Ansatz von Forkel bringt Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4 vor, läßt jedoch offen, woraus sich das Recht des Substanzträgers nach Übertragung des Eigentums an den Körpersubstanzen ableitet. 91 In diesem Sinne Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 15; Maier, Verkauf von Köroerorganen, S. 10 f. 92 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 79 f. 93 Vgl. hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 89 ff. und Deutsch, Arztrecht, S. 254. 94 Deutsch, Arztrecht, S. 254. 95 Hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 91. 96 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 92 f. 97 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 90 ff., insb. 93 ff., der für seine Überlagerungsthese auf Wertungsparallelen zum öffentlich-rechtlich überlagerten und gebundenen Eigentum an öffentlichen Sachen sowie auf die religiösen Zwecken dienenden "res sacrae" zurückgreift.

§ 3 Der lebende Mensch

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Menschen - endet die vollständige Überlagerung durch das Persönlichkeitsrecht und die sachenrechtliche Ebene gewinnt an Bedeutung, was bis zum völligen Erlöschen der persönlichkeitsrechtlichen Bindung der Körpersubstanzen führen könne98. Allerdings folge aus der Abschwächung der persönlichkeitsrechtlichen Überlagerung nicht automatisch eine rein sachenrechtliche Qualifikation der Substanzen. Vielmehr sei das Ausmaß der fortbestehenden persönlichkeitsrechtlichen Bindung differenziert zu betrachten. Als Kriterium für die Bestimmung des Umfangs der fortbestehenden Bindung an das Persönlichkeitsrecht wird mitunter auf die Verkehrsanschauung abgestellt99. Handelt es sich um Körpersubstanzen, die nach der Verkehrsanschauung üblicherweise vom Körper getrennt und anderen zur Verfügung gestellt werden können, so sind diese nach Trennung vom Körper als eigentumsfahige Sachen einzustufen. Liegen hingegen zwar trennbare, aber üblicherweise nicht getrennte Körperteile vor, so sollen diese zwar ebenfalls Sachen sein, jedoch einer persönlichkeitsrechtlichen Bindung unterliegen100. Eine andere Ansicht101 sieht in dem Willen des Substanzträgers das entscheidende Kriterium für das Ausmaß der persönlichkeitsrechtlichen Bindung. Hat der Substanzträger auf sein Persönlichkeitsrecht verzichtet102, erlischt dieses und die Körpersubstanzen werden zu Sachen. Damit endet gleichzeitig auch die Bindung der Körpersubstanzen an die Persönlichkeit des Substanzträgers. Verbindet der Substanzträger hingegen bestimmte individuelle Interessen mit den abgetrennten Körpersubstanzen, führt der so geäußerte Wille zu einem Fortbestehen der persön98

Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 102. So Deutsch, Arztrecht, S. 254, der zumindest bei abgetrennten Körperteilen von einer Überlagerungsthese ausgeht, wenn er hierauf beide juristische Aspekte, sowohl den des Eigentums wie auch den des Persönlichkeitsrechts anwenden will; ders., AcP 192, S. 161 (173). 100 Nach Deutsch, Arztrecht, S. 254 f. sind z.B. gespendete Organe persönlichkeitsrechtlich gebunden und somit "res extra commercium", während z.B. beim Frisör abgetrennte Haare üblicherweise gehandelte Sachen und somit eigentumsfahig sind. Im Konfliktfall soll dabei das Persönlichkeitsrecht vorgehen, vgl. Deutsch, Arztrecht. S. 254. 101 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 102 ff. 102 Ein Verzicht auf Persönlichkeitsrechte ist grundsätzlich zulässig, vgl. hierzu BGHZ 32, 103 (109 f.): eine Umwandlung von Persönlichkeitsrechten in Vermögensrechte ist möglich und setzt voraus, daß der Rechtsinhaber das Recht als nicht mehr persönlichkeitsgebunden ansehen will. Nur ein Restbestand der Persönlichkeit, der im Einzelfall zu ermitteln ist, ist unverzichtbar, vgl. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 133; ebenso Jansen, Blutspende, S. 102, 127 f. Im Grundsatz ebenso Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 97, 105, der allerdings klarstellt, daß ein Verzicht wegen des damit verbundenen Verlustes der persönlichkeitsrechtlichen Bindung erst nach Abtrennung der Substanzen vom Körper erfolgen darf und der ausschlaggebende Verzichtswille nach außen hin in Erscheinung treten muß; analog §§ 928, 959 BGB soll dies eine reale Veränderung der Außenwelt voraussetzen, die in der Trennung der Substanzen vom Körper zu sehen sein soll. 99

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

lichkeitsrechtlichen Bindung der Körpersubstanzen zum Substanzträger103. Der Überlagerungsthese ist anzurechnen, daß sie dogmatisch insoweit überzeugend ist, als nach ihr die Umwandlung von Persönlichkeitsrecht in Eigentum nicht erklärungsbedürftig ist, da das Eigentum bereits am lebenden menschlichen Körper besteht. Mit der Trennung vom Körper endet allein die Überlagerung durch das Persönlichkeitsrecht, eine Umwandlung im Sinne des sachenrechtlichen oder persönlichkeitsrechtlichen Ansatzes findet nicht statt104. Die Überlagerungsthese unterscheidet sich somit nur im dogmatischen Ansatz, nicht aber im Ergebnis von der primär persönlichkeitsrechtlichen Ansicht und muß sich insoweit den gleichen Kritikpunkten stellen105.

4. Der fortentwickelte

sachenrechtliche Ansatz

Eine neuere Ansicht106 unternimmt den Versuch, durch systemimmanentes Weiterdenken der sachenrechtlichen Betrachtungsweise107 das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers nach Trennung der Substanzen vom Körper adäquat zu berücksichtigen. Ausgangspunkt der fortentwickelten sachenrechtlichen Betrachtungsweise ist dabei die Überlegung, daß der rein sachenrechtliche Ansatz nicht erklären könne, warum bei Abtrennung menschlicher Körperteile das neu an den Körperteilen entstehende Eigentum nicht neben das fortbestehende Persönlichkeitsrecht tritt 108 . Eine derartige parallele Existenz von Eigentum und Persönlichkeitsrecht an ein und demselben Gegenstand109 ist in Rechtslehre110 und Rechtsprechung111 anerkannt und führt zu einer differenzierten Betrachtung der Eigentumsverhältnisse an den Kör103 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 104 ff., der auf Forkel, JZ 1974, S. 593 (595 f.) verweist. 104 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 93; diesen positiven Aspekt der Überlagerungsthese erkennen wohl auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 41 an. 105 Vgl. hierzu die Kritik von Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 15 und den Hinweis auf die bestehenden umfassenden Möglichkeiten des Eigentumsschutzes. 106 Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 42 ff.; Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 107 Hierzu Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 42. 108 So Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 42. 109 Eine solche parallele Existenz von Eigentum und Persönlichkeitsrecht wird teilweise auch von den Vertretern der rein sachenrechtlichen Betrachtungsweise angedeutet, wenn sie über das Eigentum hinausgehende besondere Einflußmöglichkeiten des Substanzträgers auf die Körpersubstanzen fordern, vgl. Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4. 110 Hierzu Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 261 ff., insb. 265. 111 Vgl. nur RGZ 79, 397 (400 ff.); BGHZ 13, 334 (337 f.); 26, 349 (354).

§ 3 Der lebende Mensch

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persubstanzen und des Umfangs eines etwaigen weiterbestehenden Persönlichkeitsrechtes des Substanzträgers. Plakativ formuliert soll das Persönlichkeitsrecht neben dem Eigentum fortbestehen, wobei Eigentum und Persönlichkeitsrecht durchaus auch auseinanderfallen können. Die Ausübung der Eigentumsrechte an den Körpersubstanzen kann somit auch dann als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers qualifiziert werden, wenn ein anderer als der Substanzträger Eigentümer der Körpersubstanzen ist 112 . Der potentielle Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wird dabei mit der Möglichkeit, aus den Körpersubstanzen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Substanzträgers und insbesondere auf seinen Geheim- und Intimbereich ziehen zu können, begründet113. Zwar kann auch die fortentwickelte sachenrechtliche Lehre keine überzeugende dogmatische Begründung für das Entstehen der Sachqualität der abgetrennten Körpersubstanzen bieten, da auf den Ergebnissen der rein sachenrechtlichen Betrachtungsweise aufgebaut wird. Auf der anderen Seite spricht die Wertungsparallele zwischen den abgetrennten Körpersubstanzen und anderen Gegenständen, die in besonderer Weise Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Menschen zulassen114, für den fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz. Der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz geht dabei davon aus, daß nach Abtrennung das Eigentum des Substanzträgers an den Körpersubstanzen und eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Substanzträgers durch den Umgang Dritter mit den Körpersubstanzen getrennt zu beurteilen ist. Die Grundüberlegung der Überlagerungsthese hingegen ist, daß an den abgetrennten Körpersubstanzen das Eigentum des Substanzträgers durch das an den Substanzen fortbestehende Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers überlagert sein kann. Für die Fortdauer der Überlagerung bleiben die Körpersubstanzen unmittelbar an die Persönlichkeit des Substanzträgers gebunden und stellen gleichsam einen fortbestehenden Teil seiner Persönlichkeit dar. Nach dem Ende der Überlagerung erlischt diese persönlichkeitsrechtliche Bindung und es besteht nur noch das Eigentumsrecht des Substanzträgers an den Körpersubstanzen. Hierdurch unterscheidet sich die Überlagerungsthese von dem fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz: bei der Überlagerungsthese besteht die persönlichkeitsrechtliche Bindung unmittelbar an den Körpersubstanzen, während nach dem fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz Eigentum und Persönlichkeitsrecht von Anfang an unabhängig voneinander zu beurteilen sind.

112

So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). Beachte hierbei auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 44; Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). Zu den Einsatzbereichen der Genom-Analyse und den hieraus möglichen Rückschlüssen auf den Substanzträger vgl. auch Hirsch/Schmidt-Didczuhn, GenTG, Einl. Rdnr. 45. 114 Vgl. hierzu BGHZ 13, 334 (339); 15,249 (257 f.). 113

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen 5. Zusammenfassung, eigene Meinung

Die rechtliche Qualifikation der abgetrennten Körpersubstanzen ist umstritten. Neben der Qualifikation als Sache oder als fortbestehender Teil der Persönlichkeit werden differenzierte Lösungsansätze vertreten, die durch eine unterschiedlich gewichtete Kombination beider Qualifikationsmöglichkeiten zu sachgerechten Ergebnissen gelangen wollen. Keine der dargestellten Meinungen kann dabei ohne weiteres als dierichtigeangesehen werden, da jeweils Aspekte dafür und dagegen sprechen. Bei der Entscheidung für eine Ansicht ist zu berücksichtigen, daß die Abtrennung der Körpersubstanzen unter verschiedenen Konstellationen denkbar ist, während die Ansichten zur rechtlichen Qualifizierung abgetrennter Körpersubstanzen häufig vom Grundsachverhalt einer gewollten Abtrennung zur Übertragung auf einen anderen Menschen ausgehen. Dieser Grundsachverhalt wird von allen Ansichten vertretbar gelöst. Der Wert einer Theorie darf sich jedoch nicht allein an einer sachgerechten oder vertretbaren Lösung des Grundfalles orientieren, sondern besteht vielmehr darin, auch bei nicht alltäglichen, ungewöhnlichen Fallgestaltungen überzeugende Ergebnisse erbringen zu können. Anzustrebendes Ziel in bezug auf die rechtliche Qualifizierung menschlicher Körpersubstanzen muß es dabei sein, eine praktikable Lösung mit eindeutigen rechtlichen Zuordnungen zu schaffen und zugleich das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers angemessen zu berücksichtigen. Unter Zugrundelegung dieser beiden Prämissen soll nachfolgend der Versuch unternommen werden, die oben dargestellten Meinungen auf einzelne Problemfälle anzuwenden, um hierdurch ihren Wert ermessen zu können.

a) Beurteilung problematischer Sachverhalte

In der Rechtswirklichkeit werden Körpersubstanzen häufig nicht mit dem Ziel der direkten Übertragung auf einen anderen Menschen abgetrennt, sondern vielmehr nach Trennung vom Körper vom Substanzträger kommentarlos zurückgelassen115. Der rein sachenrechtliche Ansatz qualifiziert die abgetrennten Substanzen hier zunächst als Sachen. Dabei gehen die Vertreter eines direkten Eigentumserwerbs des Substanzträgers analog § 953 BGB entweder von einer konkludenten Dereliktion116 oder einer konkludenten Eigentumsübertragung auf die Person, bei der die Substanzen zurückgelassen

115

So Deutsch, Arztrecht, S. 255 f. zu beim Frisör zurückgelassenen, abgeschnittenen Haaren; ähnlich Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1092) zu kommentarlos beim Arzt zurückgelassenem Blut, welches zu Untersuchungszwecken entnommen worden war. 116 So MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 11.

§ 3 Der lebende Mensch

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werden 117, aus. Diejenigen, die eine Analogie zu § 953 BGB ablehnen und von einer Herrenlosigkeit der Substanzen, verbunden mit einem Aneignungsrecht des Substanzträgers ausgehen, sehen in dem Zurücklassen der Substanzen einen stillschweigenden Verzicht auf das Aneignungsrecht118. Die persönlichkeitsrechtliche Lehre stuft die Substanzen ebenso wie die Überlagerungsthese als Sachen ein, da im Zurücklassen eine konkludente Preisgabe des Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers zu sehen ist 119 . Auch der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz stuft die zurückgelassenen Substanzen als Sachen ein, wobei die Frage einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers von der Frage nach dem Eigentum an den Substanzen unabhängig zu beurteilen ist 120 . Im Ergebnis stufen somit alle Ansichten die zurückgelassenen Körpersubstanzen als Sachen ein, wobei bis auf den fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz keinerlei Bezug zur Persönlichkeit des Substanzträgers mehr besteht, weil ein solcher entweder nie bestand121 oder durch den Substanzträger aufgegeben wurde 122. Werden somit an den zurückgelassenen Körpersubstanzen Behandlungen vorgenommen, die geeignet sind, die Privat- oder Intimsphäre des Substanzträgers zu verletzen123, bestehen für diesen allein nach dem fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz Möglichkeiten, auf eine Verletzung der Persönlichkeit zu reagieren, da hier von einem Nebeneinander von Eigentum und Persönlichkeitsrecht ausgegangen wird 124 . Die persönlichkeitsrechtliche Theorie und die Überlagerungsthese hingegen können hierzu nur über einen Widerruf oder eine Anfechtung der Aufgabe des Persönlichkeitsrechts kommen, denn die persönlichkeitsrechtliche Bindung der Körpersubstanzen ist erloschen, indem der Substanzträger seine Persönlichkeitsinteressen preisgegeben hat. Die Möglichkeit eines Widerrufs bzw. einer Anfechtung der Aufgabe des Persönlichkeitsrechts wird zumindest dann, wenn ein Dritter Eigentum an den Substanzen erworben hat,

117

Hierfür spricht sich Deutsch, Arztrecht, S. 255 f. aus (allerdings von der Überlagerungsthese ausgehend). 118 In diesem Sinne Staudinger/Coing, 11. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 4. 119 Für die primär persönlichkeitsrechtliche Einordnung Jansen, Blutspende, S. 129 f.; Forkel, JZ 1974, S. 593 (596); für die Überlagerungsthese Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 105. 120 So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 121 Vgl. zum rein sachenrechtlichen Ansatz Palandt/Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3. 122 So die primär persönlichkeitsrechtliche Einordnung, hierzu Forkel, JZ 1974, S. 593 (596) und die Überlagerungsthese, vgl. Schünemann, Rechte am menschlichen Köroer, S. 100 ff. 123 Vgl. hierzu Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093) zur möglichen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers bei der Genomanalyse. 124 Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093).

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

selbst von den Vertretern der jeweiligen Meinung als problematisch angesehen 125 . Eine weitere problematische Fallgestaltung ist die Abtrennung der Körpersubstanzen ohne einen hierauf gerichteten Willen des Substanzträgers 126. Die rein sachenrechtlich orientierte Lehre stuft die Substanzen gleichermaßen als Sachen ein, da es für die rechtliche Qualifizierung insoweit nicht auf die Umstände der Trennung vom Körper ankommt 127 . Eine Beurteilung orientiert am rein persönlichkeitsrechtlichen Ansatz bereitet Probleme, denn das hier postulierte Fortbestehen der Persönlichkeit an den abgetrennten Substanzen basiert auf der Annahme einer individuellen Zweckbestimmung durch den Substanzträger 128 , die bei einer nicht konsentierten Abtrennung jedoch gerade nicht vorliegt. Vielmehr ist hier von der Prämisse auszugehen, daß die persönlichkeitsrechtliche Bindung der Körpersubstanzen nur durch eine Preisgabe des Persönlichkeitsschutzes endet 129 . Fehlt eine derartige Willensbetätigung, besteht die persönlichkeitsrechtliche Qualifikation aller vom menschlichen Körper getrennten Substanzen fort 1 3 0 , was in der Praxis zu schwierigen Zuordnungsproblemen fuhren kann 1 3 1 . Ob hier in einzelnen Fällen ein mutmaß125

Vgl. zu dieser Problematik Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 113 f.: der Verzicht auf das Persönlichkeitsrecht soll zunächst solange widerruflich bleiben, wie noch kein Dritter einen rechtlichen Vorteil aus dem Verzicht abgeleitet hat, wobei insoweit auf die Regelungen bei der Dereliktion Bezug genommen wird. Woraus dieses Widerrrufsrecht abgeleitet wird, bleibt unklar, letztlich wird es wohl als Ausfluß der fortbestehenden Persönlichkeit an den Körpersubstanzen anzusehen sein. Nach erfolgter Okkupation steht dem Substanzträger kein Widerrufsrecht mehr zu, sondern es besteht allein - wiederum entsprechend der Regelung bei der Dereliktion die Möglichkeit der Anfechtung des Verzichtes; zu der Dereliktionsproblematik allgemein Soergel/Mühl, § 959 BGB, Rdnr. 1 und Palandt/Bassenge, § 959 BGB, Rdnr. 1. Als Anfechtungsgründe kommen hier wohl die §§ 119 ff. BGB in Betracht, falls der verzichtende Substanzträger sich über die weitere Verwendung seiner Körpersubstanzen geirrt hat und sich dies als beachtlicher Motivirrtum darstellt, oder er hierüber arglistig getäuscht wurde. ^ 2 6 Als Beispiel hierfür mag der Sachverhalt der Entscheidung OLG Zelle, MedR 1983, S. 225 (225 ff.) dienen, wo im Verlaufeines Unfalls eine Hand abgetrennt wurde. 127 Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 15. 128 So Forkel, JZ 1974, S. 593 (595); ebenso Jansen, Blutspende, S. 125 f. 129 Forkel, JZ 1974, S. 593 (596); ähnlich Jansen, Blutspende, S. 129, wenn er von einer Aufgabe des Persönlichkeitsrechts durch den Substanzträger spricht. 130 Demnach wären z.B. ungewollt abgetrennte Haare im Zweifel jedenfalls solange Teil der Persönlichkeit und infolge der fehlenden Sachqualität nicht verkehrsfahig, bis der Substanzträger sein Persönlichkeitsrecht daran aufgibt. 131 Dieses Problem sieht auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 109, wenn er die Ansicht Jansens, Blutspende, S. 127 f., der die Aufgabe des Persönlichkeitsrechts erst nach Übergabe an den Blutspendedienst zulassen will, als kaum

§ 3 Der lebende Mensch

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licher Wille - gerichtet auf Preisgabe des Persönlichkeitsrechts an bestimmten abgetrennten Substanzen des Substanzträgers - angenommen werden kann 132 , ist fraglich und - von der Grundargumentation der Persönlichkeitsrechtsthese ausgehend - zu verneinen, da dem aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Selbstbestimmungsrecht des Substanzträgers erkennbar ein hoher Stellenwert eingeräumt wird 133 . Gleichgelagerte Probleme entstehen auch bei der Überlagerungsthese, jedenfalls wenn man bei der Frage nach dem Ende der persönlichkeitsrechtlichen Bindung auf den Willen des Substanzträgers abstellt134. Allein wenn man bei der Überlagerungsthese nicht nach dem Willen des Substanzträgers, sondern nach der Verkehrsüblichkeit der Abtrennung fragt 135 , gelangt man zu eindeutigen Ergebnissen. Auch dem fortentwickelten sachenrechlichen Ansatz bereitet die Beurteilung dieser Fallgestaltung keine Probleme, da Eigentum und Persönlichkeitsrecht nebeneinander bestehen und insoweit die Umstände der Trennung nicht relevant sind, da eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung unabhängig von der Frage des Eigentums an den Substanzen zu prüfen ist 136 . Für die Praxis - insbesondere im Bereich der Transplantation - ist die Frage von Bedeutung, welche Rechte bestehen, wenn die Körpersubstanzen nach Trennung vom Körper anders verwendet werden als vom Substanzträger beabsichtigt. Die rein sachenrechtliche Lehre kommt hier zunächst zur Annahme einer im Eigentum des Substanzträgers stehenden Sache137. Bedingt durch die rein sachenrechtliche Betrachtung überträgt der Substanzträger dieses Eigentum auf den Empfanger der Körpersubstanzen138 und kann jedenfalls aus dem Eigentum keine Rechte an den Körpersubstanzen mehr ableiten. Da jedoch ein Fortbestehen der Persönlichkeit an den Körpersubstanzen abgelehnt wird, kommt man mit der rein sachenrechtlichen Ansicht zum Ergebnis, daß nach Trennung und Übereignung dem Substanzträger keine Rechte an den

praktikablen Weg darstellt. Schünemann selbst versucht, über die Annahme eines konkludenten Verzichtes zu eindeutigeren Ergebnissen zu kommen. Jedoch muß diese Argumentation in den Fällen scheitern, in denen aufgrund des Verhaltens des Substanzträgers nicht einmal ein konkludenter Verzicht angenommen werden kann. 132 Zu den Voraussetzungen der Annahme eines mutmaßlichen Willens MüKo/ Seiler, § 683 BGB, Rdnr. 10; denkbar wäre hier ein am fehlenden Interesse des Substanzträgers an einem Fortbestand des Persönlichkeitsschutzes orientierter mutmaßlicher Wille. 133 Siehe dazu Forkel, JZ 1974, S. 593 (595). 134 Hierfür spricht sich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 105 aus. 135 So Deutsch, Arztrecht, S. 254. 136 Hierzu Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 137 Entweder analog § 953 BGB oder durch Ausübung eines Aneignungsrechts im Rahmen des § 958 Π BGB; vgl. hierzu bereits oben § 3 Π 1. 138 In diesem Sinne Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

Körpersubstanzen mehr zustehen139. Denkbar wäre hier - was die Vertreter der rein sachenrechtlichen Betrachtungsweise nicht berücksichtigen - die Annahme einer nur bedingten Eigentumsübertragung, wobei Bedingung die Verwendung der Substanzen entsprechend dem Willen des Substanzträgers wäre. Hierfür bedarf es jedoch einer zumindest konkludenten Vereinbarung einer derartigen Bedingung140. Die Persönlichkeitsrechtslehre141 und die Überlagerungsthese142 lösen diese Fallgestaltung, indem sie dem Substanzträger auch nach der Trennung Rechte aus seinem weiterbestehenden Persönlichkeitsrecht zusprechen143. Werden die einem bestimmten Empfanger übertragenen Körpersubstanzen abredewidrig verwendet, kann der Substanzträger analog §§ 823 I, 1004 I BGB Beseitigung oder Unterlassung der Störung verlangen. Die gleiche Möglichkeit besteht beim fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz, indem er eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des früheren Trägers unabhängig von der Frage nach dem Eigentum an den Substanzen beurteilt. Die abredewidrige Verwendung kann somit auch dann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Substanzträgers darstellen, wenn der Empfanger Eigentum an den Körpersubstanzen erworben hat 144 . Nach Implantation der Körpersubstanzen in den Körper des Empfangers werden diese von dessen Persönlichkeitsrecht mit umfaßt, womit das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers erlischt145. Die Frage nach der rechtlichen Beurteilung von Sachverhalten, in denen Körpersubstanzen zunächst abgetrennt werden und später wieder in den Körper des Substanzträgers gelangen146, wird von allen Ansichten vertretbar 139

Teilweise wird zwar postuliert, es müßten dem Substanzträger im Einzelfall auch nach Eigentumsübertragung noch Einflußmöglichkeiten eingeräumt werden, wenn Körperteile abrede widrig behandelt werden, z.B. eine für eine bestimmte Person gespendete Niere nicht auf diese Person übertragen wird, so Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4. Worauf dieses Recht gestützt werden soll, bleibt jedoch offen, jedenfalls kann dies nicht mehr das Eigentum sein. 140 Zu den Voraussetzungen einer konkludent vereinbarten Bedingung im einzelnen Soergel/Wolf, § 158 BGB, Rdnr. 2. 141 Vgl. hierzu Forkel, JZ 1974, S. 593 (595). 142 Zur Überlagerungsthese Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 89 ff. 143 Zum Umfang der Rechte aus dem Persönlichkeitsrecht vgl. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 349 ff. Instruktiv zur Frage einer Geltendmachung der Rechte aus dem Persönlichkeitsrecht nach einem ausgeübten Verzicht Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 113 ff., der zu dem Ergebnis kommt, daß insoweit Rechte nur nach wirksamer Anfechtung der Aufgabe des Persönlichkeitsrechtes geltend gemacht werden können. 144 So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 145 Instruktiv hierzu Deutsch, AcP 192, S. 161 (173). 146 Hierunter fallen z.B. die Eigenblutspende, vgl. Jansen, Blutspende, S. 81, oder die Reimplantation von Körperteilen, vgl. Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17.

§ 3 Der lebende Mensch

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gelöst. Die rein sachenrechtliche Betrachtungsweise sowie der hierauf aufbauende fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz qualifizieren die Substanzen zunächst als Sachen, die sich mit der Wiedereinpflanzung in den Körper erneut in Persönlichkeitsrecht umwandeln147. Die persönlichkeitsrechtliche Ansicht sowie die Überlagerungsthese gehen bei Vorliegen einer entsprechenden Willensrichtung des Substanzträgers von einem Fortbestand des Persönlichkeitsrechts aus; die Wiedereingliederung stellt dann lediglich die Einheit von Person und Körper wieder her 148 . b) Eigene Meinung

Die Beurteilung problematischer Fallgestaltungen hat gezeigt, daß die zur Qualifikation der Rechtsbeziehungen an den vom menschlichen Körper abgetrennten Substanzen vertretenen Ansichten sehr unterschiedliche Ergebnisse liefern. Der rein sachenrechtlich orientierte Ansatz kann in der Praxis zwar wegen der eindeutigen rechtlichen Zuordnung sinnvolle Ergebnisse liefern. Gegen ihn spricht neben den bereits erwähnten dogmatischen Schwächen149 jedoch entscheidend der Umstand, daß die Vertreter dieser Ansicht nicht erklären können, warum der Substanzträger auch nach der Trennung und Eigentumsübertragung noch Einflußmöglichkeiten auf die abgetrennten Körpersubstanzen haben soll, obwohl ein Fortbestehen von Persönlichkeitsrechten verneint wird. Die rein persönlichkeitsrechtlich orientierte Lehre sowie die Überlagerungsthese berücksichtigen zwar die Herkunft der Körpersubstanzen durch Anerkennung eines an ihnen fortbestehenden Persönlichkeitsrechtes des Substanzträgers. Jedoch spricht gegen diese Lehren der Umstand, daß sie als Folge der ihnen zugrunde liegenden Prämisse einer schutzwürdigen individuellen Zweckbestimmung in den Fällen, in denen eine solche Zweckbestimmung fehlt, in aller Regel keine eindeutige rechtliche Zuordnung der Substanzen liefern können150. Der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz hingegen löst die untersuchten problematischen Fallgestaltungen überzeugend, indem zunächst durch die Qualifikation der abgetrennten Körpersubstanzen als eigentumsfahige Sachen eine eindeutige rechtliche Zuordnung geschaffen wird. Auch stellt das Eigentum einen umfassend verfestigten zivilrechtlichen Schutz zur Verfügung 151 und sollte deshalb als sachnäheres Regelungsinstrumentari147

Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17. 148 Ygj Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 92. 149 Oben § 3 Π 1. 150 Eine eindeutige rechtliche Zuordnung abgetrennter Körpersubstanzen ist bei der Überlagerungsthese möglich, wenn man das Ende der persönlichkeitsrechtlichen Bindung nicht nach dem Willen des Substanzträgers, sondern nach der Verkehrsanschauune beurteilt, vgl. hierzu Deutsch, Arztrecht, S. 254. * 5 1 In diesem Sinne auch Deutsch, Arztrecht, S. 254. 4 Rolf Müller

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

um den Vorzug vor dem nicht in diesem Umfang geschützten Persönlichkeitsrecht genießen152. Der Substanzträger erwirbt dabei analog § 953 BGB Eigentum an den abgetrennten Körpersubstanzen, da diese Ansicht wegen ihrer Parallele zu den Eigentumsverhältnissen an den von einer Hauptsache abgetrennten Sachen sowie der eindeutigen sachenrechtlichen Zuordnung den Vorzug vor der Aneignungsthese verdient. Das Recht am eigenen Körper setzt sich als Eigentum an den abgetrennten Körpersubstanzen fort. Auf der anderen Seite kann man nicht umhin, die besondere Stellung der Körpersubstanzen, die sich durch ihre Herkunft von anderen Sachen unterscheiden153, auch noch nach Trennung vom Körper anzuerkennen und von einem Fortbestehen persönlichkeitsrechtlicher Beziehungen der Körpersubstanzen zum Substanzträger auszugehen. Jedoch bestehen diese persönlichkeitsrechtlichen Bindungen nicht als Teil der Person an den Körpersubstanzen fort 154 , sondern eine Verletzung der Persönlichkeit des Substanzträgers durch bestimmte Handlungen Dritter in bezug auf die abgetrennten Körpersubstanzen155 ist unabhängig von den bestehenden Eigentumsverhältnissen zu prüfen. Der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz eröffnet somit eindeutige rechtliche Zuordnungen unter gleichzeitiger angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers. Die Körpersubstanzen sind kein fortbestehender Teil der Person, sondern Sachen, die durch die Person des Substanzträgers als menschliches Individuum in besonderer Weise geprägt und gleichsam Ausfluß seiner Persönlichkeit sind156. Somit ist jede Nutzung menschlicher Körpersubstanzen unabhängig von der Frage des Eigentums daraufhin zu überprüfen, ob sie das Persönlichkeitsrecht des früheren Rechtsträgers verletzt 157. Dabei gilt es jedoch zu beachten, daß allein die Anwendung des schuld- oder sachenrechtlichen Regelungsinstrumentariums auf die abgetrennten Körpersubstanzen ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Substanzträgers anzusehen ist. Vielmehr ist dies eine Konsequenz aus der Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen, was impliziert, daß sich die Frage 152 Ähnlich Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16; ebenso Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 84 ff., 78 f., wenn er eine rein persönlichkeitsrechtliche Einstufung bei Verwertungsmöglichkeiten der abgetrennten Körpersubstanzen als wirklichkeitsfremd bezeichnet. 153 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 84; ähnlich Taupitz, JZ 1992, S. 1089(1093). 154 So aber die persönlichkeitsrechtliche Lehre und die Oberlagerungsthese, vgl. oben § 3 Π 2, 3. 155 Ein derzeit aktuelles Beispiel hierfür stellt die Genom-Analyse dar, vgl. Deutsch, Arztrecht, S. 316 ff. 156 Vgl. hierzu als Wertungsparallele BGHZ 13, 334 (338 f.) zur rechtlichen Qualifizierung eines Briefes und zur Bejahung einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Brieferstellers bei unerlaubter Veröffentlichung des Briefes. 157 So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093); ders., Kommerzialisierung, S. 64.

§ 3 Der lebende Mensch

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nach einer Persönlichkeitsverletzung des Substanzträgers nach allgemeinen Vorschriften bemißt158. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers ist demnach erst dann verletzt, wenn in der konkreten Behandlung der Körpersubstanzen eine Nichtachtung der personalen Integrität des Substanzträgers oder seiner besonderen Würde als menschliches Individuum zum Ausdruck kommt159. Wegen seiner generalklauselartigen Weite und der hieraus resultierenden inhaltlichen Unbestimmtheit bedarf das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer näheren Konkretisierung und kann auf keinen Fall die Möglichkeit der schrankenlosen Durchsetzung eigener Interessen eröffnen 160. Eine Verletzung kann vielmehr nur aufgrund einer sorgsamen Würdigung und Abwägung aller für seine Abgrenzung bedeutsamen Umstände beurteilt werden 161 , weshalb eine umfassende Interessens- und Güterabwägung im Einzelfall vorzunehmen ist 162 . Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers wird demnach durch den Umgang mit den abgetrennten Körpersubstanzen erst dann verletzt, wenn die speziellen Umstände seine persönlichkeitsrechtlichen Interessen beeinträchtigen, indem in seinen Intimbereich eingegriffen wird, für die Verwirklichung seiner Persönlichkeit unabdingbar notwendige Voraussetzungen zerstört werden163 oder seine besondere personale Würde berührt wird. Neben der aktuellen Diskussion über die Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch die Genomanalyse164, durch die spezielle Eigenschaften und Neigungen des Substanzträgers ermittelt werden können, sei hier nur auf die Möglichkeit der Klonierung hingewiesen, bei der aus einzelnen Zellen identische Abbilder des Substanzträgers geschaffen wer158

Ähnlich Taupitz, Kommerzialisierung, S. 66 f. im Rahmen der Beurteilung einer Anwendbarkeit schuldrechtlicher Normen auf menschliche Körpersubstanzen, der nur in seltenen Fällen im Verkauf von Körpersubstanzen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des ursprünglichen Trägers sehen will. 159 Vgl. hierzu RGRK/Dunz, § 823 BGB, Anh. I Rdnr. 10 und Taupitz, AcP 191, S. 201 (213). 160 Ygj z u r Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 203 f.; RGRK/Dunz, § 823 BGB, Anh. I Rdnr. 10. 161 So BGHZ 24, 72 (80). 162 BGHZ 13, 334 (338); 50, 133 (143); Medicus, AT, Rdnr. 1079; Taupitz, Kommerzialisierung, S. 66 ff.; ausführlich MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 203, wonach hierbei insb. die Schwere des Eingriffs, seine Rechtfertigung durch Wahrnehmung von Grundrechten, besondere Rechtfertigungsgründe und der betroffene Rechtskreis zu berücksichtigen sind. 163 Insoweit könnte bei dem Sachverhalt von BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.) eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers zu bejahen sein, da durch die Schwere des Eingriffs die Selbstverwirklichungssphäre des Substanzträgers erheblich beeinträchtigt wurde. 164 So Deutsch, Arztrecht, S. 316; ders., AcP 192, S. 161 (169), wo er von einer beachtlichen Eingriffstiefe der Genom-Analyse in die Persönlichkeit des Menschen spricht.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

den könnten, was mit der individuellen personalen Existenz des Substanzträgers unvereinbar ist 165 .

§ 4 Der Leichnam L Der Leichnam und die davon ungetrennten Substanzen

Mit dem Tode des Menschen endet die Rechtsfähigkeit des Menschen166 ebenso wie die Synthese von Körper und Geist167. Besondere Bedeutung kommt dabei der exakten Bestimmung des Todeszeitpunktes zu, um das Ende der menschlichen Existenz mit Sicherheit festzustellen und mögliche ungewollte Eingriffe in den noch lebenden menschlichen Körper zu vermeiden168. Die genaue Bestimmung des Todes ist dabei durch die modernen medizinischen Möglichkeiten der Reanimation169 erschwert worden. Vereinzelt wird zur Frage der Todeszeitbestimmung eine differenzierte Lösung vertreten: bei Eilbedürftigkeit einer Entscheidung soll auf den medizinischen Begriff des Hirntodes als dem unwiderruflichen Ende aller Gehirnfunktionen abzustellen sein, während sonst der letztmögliche Zeitpunkt entscheidend sein soll, an dem alles Leben im Körper erloschen ist 170 . Grund fiir diese Differenzierung ist die Feststellung, daß der Tod ein länger andauernder Prozeß ist und der Hirntod den Nachteil hat, daß er zwar als eingetreten festgestellt werden kann, aber der genaue Zeitpunkt seines Eintretens nicht definitiv festgelegt werden kann; genau auf diese exakte Todeszeitfeststellung komme es aber bei erb-, familien- und versicherungsrechtlichen Fragen an 171 . Dem wird jedoch mit Recht entgegengehalten, daß aus Gründen der Rechtssicherheit ein einheitlicher und in seinem Eintritt exakt feststellbarer Todeszeitpunkt notwendig ist. 165

In diesem Sinne auch Hofmann, JZ 1986, S. 253 (259 f.). Vgl. hierzu auch § 6 I ESchG, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft wird, wer künstlich bewirkt, daß ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Mensch entsteht. 166 Larenz, AT, § 5 Π; Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 12. 167 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 92. Vgl. auch Forkel, JZ 1974, S. 593 (597), der vom entseelten Körper spricht. 168 Vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 13 ff.; Maurer, DÖV 1980, S. 7(14 f.). 169 Im einzelnen zur künstlichen Aufrechterhaltung wesentlicher Körperfunktionen Soergel/Fahse, § 1 BGB, Rdnr. 12 und Laufs, Arztrecht, Rdnr. 277. Instruktiv zu den Möglichkeiten der modernen Medizin in diesem Bereich auch Der Spiegel 24/1994, S. 212 (212 ff.). 170 So Erman/H. P. Westermann, § 1 BGB, Rdnr. 5; ebenso Deutsch, Arztrecht, S. 203; Schreiber, JZ 1983, S. 593 (594). 171 Deutsch, Arztrecht, S. 203.

§ 4 Der Leichnam

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Diese genaue Todeszeitbestimmung kann allein durch Abstellen auf den Gesamthirntod als dem totalen und irreversiblen Verlust aller Hirnfunktionen erreicht werden 172. Auch der Gehirntote, dessen Kreislauf und Atmung künstlich aufrecht erhalten werden, ist somit im Rechtssinne tot. Der für den Hirntod relevante Todeszeitpunkt wird dabei konkret mit dem Beginn des sog. irreversiblen Komas als dem Ausfall aller Gehirnfünktionen (Hirnrinde und Stammhirn) festgelegt 173. Allerdings ist auch die Feststellung des Hirntodes im Einzelfall nicht unproblematisch, wie die Probleme der Transplantation bei anenzephalen Kindern belegen. In diesen Fällen, in denen Kinder teilweise ohne Gehirn geboren werden, sind die Merkmale des Gesamthirntodes nicht erfüllt, da das Stammhirn funktioniert 174. Auch die medizinische Diskussion um die Voraussetzungen des Hirntodes ist noch im Fluß 175 . Die Konsequenzen des Endes der Rechtsfähigkeit des Menschen für die rechtliche Qualifikation des Leichnams sind im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelt176 und Gegenstand eines seit langem andauernden Streites177. Nachfolgend soll versucht werden, diese Fragen zu beantworten, wobei die

172

In diesem Sinne MüKo/Gitter, § 1 BGB, Rdnr. 16; Palandt/Heinrichs, § 1 BGB, Rdnr. 3; Soergel/Fahse, § 1 BGB, Rdnr. 12; Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 3; Laufs, Arztrecht, Rdnr. 277; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 131 Rdnr. 4. Differenzierend Weber/Lejeune, NJW 1994, S. 2392 (2393). 173 In diesem Sinne Weber/Lejeune, NJW 1994, S. 2392 (2393) m.w.N. Ebenso Kloth, Rechtsprobleme, S. 9 ff. (allgemein zum juristischen Todesbegriff) und insb. 5. 108 ff., wo er in seinem Vorschlag für ein "Gesetz über die Todesbestimmung" in § 1 auf den Hirntod abstellt. Sehr kritisch äußert sich zur Hirntodkonzeption aus verfassungsrechtlicher Sicht Höfling, JZ 1995, S. 26 (26 ff.), der den Hirntoten als sterbenden und damit noch lebenden Menschen dem Schutzbereich des Art. 2 Π GG unterstellt, vgl. JZ 1995, S. 26 (31 ff.). 174 Vgl. hierzu den Bericht in der FAZ vom 07.10.1992, Ν 3. Dieser Randbereich der Transplantation hat besonderes Aufsehen erregt, da sich eine heftige öffentliche Diskussion an der Frage entzündete, ob in derartigen Fällen Neugeborene gleichsam als menschliche Ersatzteillager dienen könnten und ob man sie künstlich am Leben erhalten sollte, um sie für Transplantationen nutzen zu können. Vgl. hierzu auch die anschaulichen Berichte in der FAZ vom 12.12.1987, S. 7 und in Der Spiegel 52/1987, S. 156 (156 ff.). In rechtlicher Hinsicht vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 23, insb. FN 45. 175 Siehe hierzu nur den Bericht in der FAZ vom 28.09.1994, Ν 3 zu der gemeinsamen Stellungnahme von vier Deutschen wissenschaftlichen Gesellschaften der Medizin in bezug auf Fragen des Hirntodes. 176 Selbst das Ende der Rechtsfähigkeit ist im BGB nicht explizit festgelegt und wird allein aus § 19221 BGB geschlossen, vgl. hierzu Larenz, AT, § 5 Π. 177 Vgl. hierzu umfassend Staudinger/Dilcher, §90 BGB, Rdnr. 19 ff.; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5 ff.; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 212 ff.

54

2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

rechtliche Qualifikation der Leiche und die Frage nach ihrer Verkehrsfähigkeit von den am Leichnam bestehenden Rechtsbeziehungen zu trennen ist.

1. Rechtliche Qualifikation

des Leichnams

Zur rechtlichen Qualifikation des Leichnams werden in gleicher Weise wie beim Körper des lebenden Menschen grundsätzlich zwei unterschiedliche Positionen vertreten: entweder wird eine sachenrechtliche oder eine persönlichkeitsrechtliche Betrachtung vorgenommen178. Dabei wird der Leichnam von der persönlichkeitsrechtlichen Ansicht trotz seiner Körperlichkeit 179 nicht als Sache, sondern als Rückstand der Persönlichkeit des Verstorbenen angesehen 180 . Als Argument für die Verneinung der Sachqualität des Leichnams wird angeführt, eine derartige Qualifikation trage der besonderen Bedeutung der fortwirkenden Persönlichkeit des Verstorbenen nicht hinreichend Rechnung. Die Leiche sei zwar Rechtsgegenstand, jedoch keine Sache, jedenfalls nicht bis zum Ende der dem Verstorbenen gebührenden Totenehre181. Dem persönlichkeitsrechtlichen Ansatz wird entgegengehalten, die Qualifikation als Sache im Sinne des § 90 BGB sei rein objektiv zu bestimmen182 und der Leichnam wegen seiner Körperlichkeit als Sache einzustufen 183. Allerdings ist dem zu erwidern, daß eine derartige rein objektive Bestimmung der Sachqualität beim lebenden Menschen nicht vorgenommen wurde, sondern daß dort zutreffenderweise von einer Wertungsentscheidung unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers ausgegangen wurde 184. Dem persönlichkeitsrechtlichen Ansatz wird weiter angelastet, er könne in den Fällen, in denen auch er eine Einstufung der Leiche als Sache

178

Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 212 ff. Hieraufstellt vor allem Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273) als entscheidendes Kriterium ab. 180 So Larenz, AT, § 16 I, S. 283 FN 4, der den Leichnam zwar als Rechtsgegenstand, nicht aber als Sache ansieht. Die Einstufung der Leiche als Rechtsgegenstand ist unstreitig, da auch der persönlichkeitsrechtliche Ansatz die Leiche als Objekt von (Personen-)Rechten ansieht. Für eine persönlichkeitsrechtliche Einstufung des Leichnams auch Wieacker, AcP 148, S. 57 (S. 66 FN 11); Forkel, JZ 1974, S. 593 (596 f.) sowie Müller, Sachenrecht, Rdnr. 16. Differenzierend Erman/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 8, der auf den Leichnam trotz persönlichkeitsrechtlicher Qualifizierung einzelne sachenrechtliche Bestimmungen entsprechend anwenden will. 181 Erman/H. Westermann, 6. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 8. 182 So Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5. 183 In diesem Sinne Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174); Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 35; Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273). 184 Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 14. 179

§ 4 Der Leichnam

55

vornimmt 185, den Übergang von Persönlichkeitsrückstand zu einer Sache nicht schlüssig erklären 186, da weder eine Substanzveränderung stattgefunden habe187 noch auf die Totenehrung als ausschlaggebendes Moment abgestellt werden könne188. Die überwiegende Ansicht in der Literatur 189 stuft die Leiche dagegen als Sache i.S.d. § 90 BGB ein. Das ist dann konsequent, wenn man bereits den Körper des lebenden Menschen als Sache einstuft 190. Für die Vertreter der h.M., die den Körper wegen der untrennbaren Verbindung mit der Persönlichkeit nicht als Sache einstufen 191, bedarf es für diese rechtliche Qualifikation einer Erklärung, da mit dem Tode die Person und somit das Rechtssubjekt, welches die Rechtsverhältnisse am menschlichen Körper determinierte, weggefallen ist 192 . Als Argumente für die Begründung einer Sachqualität des Leichnams werden dabei überwiegend193 dessen Körperlichkeit194 und die im Rahmen des § 90 BGB rein objektiv zu bestimmende Sachqualität195 herangezogen sowie auf die dogmatische Schwächen des persönlichkeitsrechtlichen Ansatzes196 hingewiesen. Dem ist insoweit zuzustimmen, als mit dem Eintritt des Todes die Existenz der Person endet und somit durch den Wegfall der Einheit von Person und Körper die Argumentationsbasis der Persönlichkeitsrechtslehre entfallen ist. Auch führt die Lehre von der Leiche als Persönlichkeitsrückstand in den Fällen, in denen nach Ende der Totenehrung sachenrechtliche Regeln angewendet werden sollen, zu schwierigen Abgrenzungsproblemen197. Allerdings kann die Argumentation 185

So bei Mumien oder Skeletten, vgl. Erman/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 90 BGB, Rdnr. 8. 186 Vgl. Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 19. 187 Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5. 188 So Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 35, allerdings ohne nähere Begründung. 189 Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 19; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5; Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 8; Jauernig/Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. Π 6; Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr 11; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 23; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 35; Kiessling, NJW 1969, S. 533 (534); Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273); Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 97. 190 So Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). 191 Hierzu bereits oben § 3 I. 192 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 213. 193 Teilweise wird von der h.M. auch keine besondere Begründung für die wohl als selbstverständlich angesehene Aussage gegeben, vgl. Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 8; Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 11. 194 So Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273). 195 Hierzu Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 5. 196 Vgl. Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273) und Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 35 zum Erklärungsdefizit des persönlichkeitsrechtlichen Ansatzes in bezug auf die Umwandlung von Persönlichkeit in eine Sache. 197 So Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273).

56

2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

eines rein objektiv zu bestimmenden Sachbegriffes nicht überzeugen, da die Einstufung als Sache im Sinne des § 90 BGB nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erfolgt und nicht allein anhand des objektiven Kriteriums der Körperlichkeit ermittelt werden kann. Der Qualifikation des Leichnams als Sache ist im Ergebnis jedoch dennoch zu folgen, denn durch den Tod des Menschen und dem damit verbundenen Ende der Rechtssubjektivität ist auch der prägende Faktor entfallen, welcher die Rechtsverhältnisse am lebenden Menschen determiniert hat. Durch diesen Einschnitt ist eine Verneinung der Sachqualität als zwingende Folge des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht mehr geboten. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ein fortwirkendes Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers durch einzelne Verfügungsbeschränkungen in bezug auf den Leichnam adäquat geschützt werden kann, die sich im einzelnen aus den Rechtsverhältnissen am Leichnam ergeben. Einer Qualifikation des Leichnams als Sache stehen somit keine übergeordneten Gesichtspunkte entgegen198.

2. Rechtsverhältnisse

am Leichnam

Die von der h.M. zutreffenderweise vorgenommene Qualifizierung des Leichnams als Sache führt nicht ohne weiteres auch zur uneingeschränkten Anwendung der Regeln des Sachenrechts. Vielmehr besteht insoweit auch innerhalb der h.M. Streit darüber, welche Rechtsverhältnisse an der Leiche bestehen und inwieweit diese zu einer Bejahung oder Verneinung der Verkehrsfähigkeit des Leichnams führen. Die Rechte am Leichnam determinieren die Zulässigkeit von Dispositionen über den Leichnam199 und somit auch die Zulässigkeit einer kommerziellen Nutzung der Leiche und ihrer Teile. a) Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen

Trotz Fortfalls der biologischen Existenz des Menschen mit dem Tode 200 ist mittlerweile anerkannt, daß die besondere Wertschätzung gegenüber dem Menschen auch nach dessen Tode fortdauert 201 und somit über den Tod des ursprünglichen Rechtsträgers hinaus fortwirkt 202. Der Mensch hat ein Interes198

In diesem Sinne auch Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (570). So auch Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 20. 200 H. P. Westermann, FamRZ 1969, S. 561 (561). 201 Vgl. MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 26; ebenso Bieler, JR 1976, S. 224 (224). 202 So die ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGHZ 15, 249 (259); 50, 133 (136). BVerfG, NJW 1971, S. 1645 (1647) hat die Rechtsprechung des BGH in bezug auf eine Fortwirkung des Persönlichkeitsschutzes gebilligt, jedoch nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sondern auf die Menschenwürde gestützt. 199

§ 4 Der Leichnam

57

se daran, daß auch nach seinem Tode seine Werte und Werke fortbestehen und von Dritten geachtet werden203. Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht gebietet die Achtung vor der Menschenwürde des Toten ebenso wie vor Willensbekundungen des Verstorbenen über den Umgang mit seinem Körper nach dem Tode 204 und verbietet Verfügungen über den Leichnam, die mit der Würde des Verstorbenen nicht in Einklang stehen205. Trotz der grundsätzlichen Anerkennung, daß die schutzwürdigen Werte der Persönlichkeit die Rechtsfähigkeit ihres Subjektes überdauern206, ist die dogmatische Begründung dieser über den Tod hinausgehenden Wirkung im einzelnen sehr umstritten. Teilweise wird das fortwirkende Persönlichkeitsrecht als postmortales, also nach dem Tode fortbestehendes Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verstanden207 und den Angehörigen ein - treuhänderisch für den Verstorbenen geltend zu machender - Anspruch auf Unterlassung und Widerruf zuerkannt, jedoch kein Anspruch auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld208. Die Lehre vom postmortalen Persönlichkeitsrecht stützt sich dabei primär auf die Überlegung, daß eine effektive Gewährleistung des Schutzes von Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht nur dann sichergestellt sei, wenn der Mensch zu Lebzeiten darauf vertrauen könne, daß seine Persönlichkeit nach seinem Tode nicht grob entstellt wird 209 . Dem steht jedoch entgegen, daß ein dergestalt als subjektives Recht verstandenes postmortales Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen ein Zuordnungssubjekt voraussetzt, der Verstorbene jedoch nicht als solches dienen kann, da er nach dem Tode nicht mehr rechtsfähig ist 210 . Auch läßt sich die Frage, wer zur Ausübung oder Wahrnehmung eines postmortalen Persönlichkeitsrechts berufen sein soll, wegen des fehlenden Zuordnungssubjektes nur schwer beantworten211. Trotz der verschiedentlich unternommenen Versuche, das Fehlen eines Zuordnungssubjektes konstruktiv zu kompensieren212, 203

Hierzu Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 341 f. Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 20. 205 Vgl. Bieler, JR 1976, S. 224 (225). 206 BGHZ 15, 249 (259); BVerfG, NJW 1971, S. 1645 (1647). 207 So wohl BGHZ 50, 133 (137); 107, 384 (391) unter Berufung auf Art. 1 I 1 GG; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 340 ff. 208 Vgl. LG Bonn, VersR 1970, S. 715 (719). Instruktiv hierzu sind auch die Ausführungen von Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 348, der einen Anspruch auf Geldersatz mit der überzeugenden Begründung ablehnt, daß dem Verstorbenen durch Geld kein Ausgleich mehr verschafft werden kann. 209 BGHZ 50, 133 (139); 107, 384 (391). 210 In diesem Sinne MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 193 f. 211 In der Regel wird aufgrund des Nichtvermögenscharakters des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts nicht auf die Erben, sondern primär auf vom Verstorbenen bestimmte Personen oder Institutionen abgestellt, ansonsten im Zweifel auf die Angehörigen, vgl. Rüthers/Berghaus, JZ 1987, S. 1093 (1095) m.w.N. 212 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 233 ff; MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 194. Zur Leiche als mystischer 204

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

bleibt festzuhalten, daß es eines Bezugsobjektes für das fortwirkende Persönlichkeitsrecht bedarf. Als solches kommen nur die Angehörigen in Frage, denn der Verstorbene lebt - bildlich gesprochen - im Andenken seiner Angehörigen fort 213 . Die Persönlichkeitssphäre der Angehörigen wird durch den Tod des Menschen gleichsam um einen Schutzbereich erweitert: das Andenken an den Verstorbenen214, welches seine Angehörigen treuhänderisch für ihn verwalten. Eine Verletzung des Andenkens an den Verstorbenen kann somit in die Persönlichkeitssphäre der Angehörigen eingreifen, wobei diese das Andenken treuhänderisch verwalten. Das von ihnen für den Verstorbenen bewahrte Persönlichkeitsrecht gibt ihnen somit keine eigennützige Rechtsposition, sondern wird vielmehr fremdnützig im Sinne einer Treuhand ausgeübt. Hierdurch wird eine eindeutige rechtliche Zuordnung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts zu einem konkreten Rechtssubjekt erreicht und zugleich eine effektive Gewährleistung der Achtung des Verstorbenen nach seinem Tode gewährleistet215, weshalb der Begriff des postmortalen Persönlichkeitsschutzes wegen seiner möglichen anderweitigen Interpretation nicht verwendet werden sollte. Vielmehr wird hierfür nachfolgend der Begriff des fortwirkenden Persönlichkeitsrechtes verwendet werden. Wahrnehmungsberechtigt sind die Angehörigen als Treuhänder des Verstorbenen216, wobei die zeitliche Begrenzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts zu beachten ist 217 .

Person siehe Kiessling, NJW 1969, S. 533 (536) und zur Lehre von den subjektlosen Rechten, wonach das Recht als solches abstrahiert von seinem Träger bestehen bleiben soll, Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 341 f. und die Kritik von Lehmann, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, S. 105 ff. 213 Vgl. hierzu ausführlich und überzeugend H. P. Westermann, FamRZ 1969, S. 561 (566): eine Verletzung dieses Andenkens kann auch die Persönlichkeitssphäre der Angehörigen betreffen, muß es aber nicht. Ähnlich Schack, JZ 1989, S. 609 (614), der das Fortwirken des Persönlichkeitsrechts als Weiterleben in der Erinnerung anderer umschreibt. 214 Ähnlich Lehmann, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, S. 123 ff. und Nikoletopoulos, Persönlichkeitsrecht nach dem Tode, S. 101 ff., der von einem besonderen Persönlichkeitsrecht der Hinterbliebenen spricht. 215 In diesem Sinne verstehen H. P. Westermann, FamRZ 1969, S. 561 (566 f.); Larenz, AT, § 8 Π S. 130 FN 19 und wohl auch Taupitz, EthikMed 1994, S. 38 (39) den Persönlichkeitsschutz des Verstorbenen; kritisch Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 ΠΙ 5 a. 216 Rüthers/Berghaus, JZ 1987, S. 1093 (1095). 217 In der Regel wird als Schutzdauer ein Zeitraum von 25 bis 30 Jahren genannt, wobei dies im Einzelfall vom Lebensbild und der damit verbundenen Schutzbedürftigkeit des Verstorbenen abhängt; instruktiv hierzu Rüthers/Berghaus, JZ 1987, S. 1093 (1095).

§ 4 Der Leichnam

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b) Das Totensorgerecht der Angehörigen

Von der in den Angehörigen fortdauernden Persönlichkeit des Verstorbenen ist deren Berechtigung, Bestimmungen über den Leichnam im Rahmen der Bestattung zu treffen, zu unterscheiden. Dieses allgemein als Totensorgerecht bezeichnete, in den Familienbeziehungen wurzelnde besondere Persönlichkeitsrecht der Angehörigen218 berücksichtigt die typischerweise besonders enge personale Verbundenheit des Verstorbenen zu seinen Verwandten und spricht ihnen ein umfassendes, auch im Rahmen des § 823 I BGB geschütztes eigenes Recht zu, den Leichnam zu bewahren und zu versorgen, eine würdige Bestattung zu betreiben und sich gegen eine mißbräuchliche Behandlung des Leichnams zu wehren219. Zur Durchsetzung dieser Rechtsposition können die Vorschriften zum Eigentumsschutz, insbesondere die §§ 985, 1004 BGB, entsprechend angewendet werden, um Einwirkungen Dritter auf die Leiche zu verbieten220. Der Kreis der Berechtigten ist aus § 2 I Feuerbestattungsgesetz zu entnehmen221. Neben der zeitlichen Begrenzung222 findet das Totensorgerecht im Willen des Verstorbenen seine Grenze. Der im Rahmen des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts geschützte Wille des Verstorbenen in bezug auf die Behandlung seines Leichnams geht der Ausübung des Totensorgerechts vor 223 . Dieser Vorrang ist zwar nicht unproblematisch, wenn man das Totensorgerecht als eigenes Persönlichkeitsrecht der Angehörigen begreift, da eine 218

Vgl. hierzu Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 266 f. und Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (571 f.), der hierdurch die aufgrund der typischerweise besonders engen personalen Verbundenheit gegebenen Fürsorgeinteressen der Verwandten angemessen berücksichtigen will; ebenso Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 49. Nach BVerfG, NJW 1994, S. 783 (783) ist das Totensorgerecht vom Grundrecht aus Art. 2 I GG erfaßt. 219 Vgl. hierzu nur Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (571); Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 32; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21. Zur dogmatischen Ableitung des Totensorgerechts vgl. auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 242 f. 220 So auch Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 7; Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (571). 221 Im einzelnen zur Berechtigung der Ausübung des Totensorgerechts Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21, der gleichfalls auf § 2 Feuerbestattungsgesetz verweist; ebenso Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 34; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 37. 222 Vgl. hierzu Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21, der auf das Ende der Totenehrung abstellt und eine Parallele zum fortwirkenden Persönlichkeitsrecht zieht. Auch insoweit ist davon auszugehen, daß nach einem Zeitraum von 25 bis 30 Jahren die Totenehre endet. 223 MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 23; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 7; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 38 f., Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 17; Kern, NJW 1994, S. 753 (758), jeweils m.w.N.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

derartige Subsidiarität nirgendwo niedergelegt ist 224 , läßt sich jedoch aus dem Respekt der Angehörigen gegenüber der Freiheit der Selbstbestimmung des Verstorbenen ableiten, den diese dem Toten schuldig sind225. Das Totensorgerecht ist als aus den engen familiären Bindungen abgeleitetes absolutes Nichtvermögensrecht226 - anders als das in den Angehörigen fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen227 - für die Wahrnehmungsberechtigten ein eigenes und vor allem eigennütziges Persönlichkeitsrecht, da es nicht das treuhänderisch für den Verstorbenen verwaltete Andenken erfaßt, sondern die eigenen personalen Beziehungen der Verwandten zum Verstorbenen schützt. c) Eigentum oder Aneignungsrechte am Leichnam

Nach erfolgter Einstufüng des Leichnams als Sache wäre es zunächst naheliegend, hierauf das im BGB für Sachen zur Verfügung stehende Regelungsinstrumentarium anzuwenden und die Rechte am Leichnam als Eigentum zu qualifizieren 228. Die Eigentumsfahigkeit des Leichnams wird von der herrschenden Meinung229 jedoch unter Berufung auf fondamental - sittliche Bedenken abgelehnt230. Der Leichnam sei vielmehr eine herrenlose, nicht aneignungsfahige Sache. Davon abweichend wird teilweise vertreten, die Leiche sei eine verkehrsfahige Sache, an der auch Eigentum bestehen könne231, wobei die Argumentationslinien im einzelnen differieren: zum Teil wird davon ausgegangen, am Leichnam bestehe Eigentum, weil bereits der lebende Mensch Eigentum an seinem Körper habe und dieses mit dem Erbfall nach § 1922 I BGB auf seine Erben übergehe, womit die Leiche auch Bestandteil des Nach224

Siehe dazu Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (572). So Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 33; zur Problematik ausführlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 244 m.w.N. 226 In diesem Sinne Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21. 227 Zum Verhältnis des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts zum Totensorgerecht vgl. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 342: das fortwirkende Interesse des Verstorbenen ist nicht notwendigerweise identisch mit eigenen Interessen der Verwandten, die diese mit dem Toten oder seinen Werten verbinden. Beide Ausformungen des Persönlichkeitsrechts der Verwandten sind somit zu trennen, wobei im Einzelfall auch Interessenswidersprüche entstehen können, bei denen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen vorgeht. 228 Nach Baur/Stürner, Sachenrecht, § 24 I 1 soll § 903 BGB als das umfassendste Herrschaftsrecht begriffen werden, das die Rechtsordnung an einer Sache zuläßt. 229 Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 22; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 6; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 23; Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 8; Jauernig/ Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. Π 6; Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 11; Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (570); Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 230 So Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 22. 231 Vgl. hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 226 ff. 225

§ 4 Der Leichnam

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lasses werde 232. Als Argument hierfür werden praktische Erwägungen im Bereich des Leichenrechts angeführt. Die Ansicht einer Eigentumsfahigkeit des Leichnams und eine damit verbundene Zugehörigkeit zum Nachlaß ist jedoch abzulehnen, da am lebenden menschlichen Körper keine Eigentumsrechte bestehen können233 und somit mit dem Tode zunächst eine herrenlose Sache entsteht, welche in Ermangelung von zu Lebzeiten bestehenden Vermögensrechten des Erblassers an seinem Körper kein Teil des Nachlasses sein kann 234 . Ausgehend von der - zutreffenden - Einstufung als herrenlose Sache wird teilweise trotzdem eine Eigentumsfahigkeit des Leichnams bejaht, indem Aneignungsrechte daran anerkannt werden235. Der Lehre von der Aneignungsfahigkeit der Leiche liegt einhellig die These zugrunde, daß Sachen im Sinne des § 90 BGB regelmäßig als verkehrsfahig anzusehen sind und auf die Leiche keine Ausnahmeregelungen Anwendung finden, die zu einem Ausschluß der Verkehrsfähigkeit führen könnten236. Auch spreche gegen eine Verneinung der Verkehrsfähigkeit, daß die Leiche zur Bestattung Verfügungen zugänglich sein muß. Wem das Aneignungsrecht an dem Leichnam zustehen soll, wird dabei unterschiedlich beurteilt: vereinzelt wird von einer generellen Aneignungsfahigkeit der Leiche durch Dritte ausgegangen und die Existenz vorrangiger Aneignungsrechte im Sinne des § 958 II BGB verneint. Der Schutz des Leichnams vor dem beliebigen Zugriff Dritter soll durch eine Anwendung von § 138 I BGB bei der Ausübung der Aneignung Rechnung getragen werden237. Überwiegend wird jedoch vom Bestehen bevorrechtigter Aneignungsrechte im Sinne des § 958 II BGB an der Leiche ausgegangen, welche zumeist den Angehörigen238, vereinzelt auch Krankenhäusern oder

232

So Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). Ähnlich Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 96 ff., 102, der allerdings eine Zugehörigkeit der Leiche zum Nachlaß verneint und § 1922 I BGB nur analog anwenden will, ders., Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 104 ff. 233 In diesem Sinne Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 22; hierzu bereits oben

m2 3 4

Vgl. hierzu Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 44; Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 15. 235 Hierfür sprechen sich Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2274); Kallmann, FamRZ 1969, S. 572 (578) und in neuerer Zeit auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 41 f. aus. 236 Vgl. hierzu Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2273 f.) und Kallmann, FamRZ 1969, S. 572 (578). 237 So Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2274 f.); kritisch hierzu Kiessling, NJW 1969, S. 533 (534), der sich gegen eine Anwendung von § 138 I BGB im Rahmen der Aneignung ausspricht. 238 So Kallmann, FamRZ 1969, S. 572 (578) unter Berufung auf das Bestimmungsrecht der nahen Angehörigen; ebenso Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42 und Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 16.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

ähnlichen Institutionen239 zugesprochen werden. Ein Aneignungsrecht der Erben wird jedoch verneint, da dies eine vererbbare Rechtsposition des Verstorbenen im Hinblick auf seinen Körper voraussetze, was zu verneinen ist 240 . Nach Ausübung des Aneignungsrechts soll Eigentum an der ganzen Leiche entstehen, welches jedoch durch das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen eingeschränkt sein soll 241 . Gegen eine Eigentumsfahigkeit der Leiche spricht jedoch entscheidend, daß hierdurch das über den Tod fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzt würde, da der Tote im Rahmen des dann geltenden § 903 BGB zum reinen Gegenstand fremder Zwecksetzung gemacht werden würde 242 und allein die räumliche Materie und nicht mehr das, was der Körper zu Lebzeiten war, im Vordergrund stünde243. Der Leichnam ist somit kein Vermögensgegenstand244 und bleibt für die Dauer der Totenehrung dem Rechtsverkehr entzogen245. Auch kann im Rahmen des deliktisch geschützten Totensorgerechts eine Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Verstorbenen gewährleistet werden, so daß es der Durchsetzungskraft des Eigentums246 nicht bedarf. Die Leiche ist somit keine eigentumsfahige Sache, sondern herrenlos und nicht aneignungsfahig. Als solche kann sie nur zu Bestattungszwecken oder zur Wahrung eines übergeordneten Willens des Verstorbenen Gegenstand von Rechten sein, die sich im einzelnen aus dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht sowie dem Totensorgerecht bestimmen247. Wird demnach der Leichnam als Ganzes der ordnungsgemäßen

239

Vgl. hierzu Kohlhaas, NJW 1967, S. 1489 (1491). So Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2274). 241 Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42. 242 Hierzu Forkel, JZ 1974, S. 593 (598); Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 6. 243 In diesem Sinne Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 229 f. 244 Ebenso RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 5. 245 Siehe hierzu Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 6, der in dem Ende der Totenehrung eine Entwidmung des Leichnams sieht und dann eine Aneignungsfahigkeit bejahen will; ähnlich Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 23, der nach dem Ende der Totenehrungszeit Eigentum des Friedhofseigentümers bejaht. Die Dauer der Totenehrung ist entsprechend der Schutzdauer des fortwirkenden Persöniichkeitsrechts sowie des Totensorgerechts auf einen Zeitraum von 25 bis 30 Jahren beschränkt. 246 Daraufstellt Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42 ab. 247 Vgl. insoweit auch Taupitz, EthikMed 1994, S. 38 (39), der die Entnahme von Körpersubstanzen aus der Leiche bei fehlender Einwilligung durch den Substanzträger zu Lebzeiten von einer Einwilligung der nahen Angehörigen abhängig machen will und diesen damit eine eigenständige Rechtsposition am Leichnam zuerkennt. Dies ist jedoch abzulehnen, da eine derartige Befugnis nicht Bestandteil des Totensorgerechts ist: dieses gestattet allein Handlungen zur Bestattung der Leiche und schützt im übrigen nur das eigene Andenken der Verwandten an den Verstorbenen. Gegen ein eigenes Entscheidungsrecht der Angehörigen auch Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 28 und Kern, NJW 1994, S. 753 (758), der darin eine unzulässige Fremdbestimmung des Verstorbenen sieht. Anders Maurer, DÖV 1980, S. 7 (13 f.), der den Angehörigen ein 240

§ 4 Der Leichnam

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Bestattung entzogen oder wird mit ihm in einer Weise umgegangen, welche das fortwirkende Persönlichkeitsrecht oder das Totensorgerecht der Angehörigen verletzt 248, so können diese nach §§ 823 I, 1004 BGB analog Beseitigung der Beeinträchtigung der ihnen zustehenden Persönlichkeitsrechte verlangen. Π. Vom Leichnam getrennte Substanzen

Die Abtrennung der Körpersubstanzen vom Leichnam stellt - ähnlich wie die Trennung vom lebenden Körper - einen Einschnitt dar, der auch rechtlich eine neue Beurteilung erforderlich macht, da hierdurch die unmittelbare Verbindung mit dem Leichnam aufgehoben wird.

7. Die rechtliche Qualifikation

von der Leiche abgetrennter Körpersubstanzen

Die vom Leichnam getrennten Körpersubstanzen werden nahezu einhellig als eigentumsfahige Sachen qualifiziert 249. Eine Qualifikation als Persönlichkeitsrückstand wird nur vereinzelt250 mit dem Argument vertreten, allein durch eine persönlichkeitsrechtliche Betrachtungsweise könnten fortbestehende individuelle Interessen des verstorbenen Substanzträgers erfaßt werden, während das Eigentum allein zum Schutz von Sachinteressen geeignet sei. Erst durch die Übergabe an die Anatomie sollen die von der Leiche abgetrennten Körpersubstanzen zu eigentumsfahigen Sachen werden251. Dem wird jedoch zu Recht mit dem Argument widersprochen, daß nach Abtrennung eine faktische Zuordnung zum Verstorbenen in aller Regel nicht mehr möglich252 und somit eine Abgrenzung im Rechtsverkehr - nicht zuletzt auch im Hinblick auf Körpersubstanzen, die vom lebenden Körper abgetrennt worden sind nicht durchfuhrbar ist 253 . Dieses Ergebnis läßt sich auch aus einem Wertungssubsidiäres Entscheidungsrecht in bezug auf eine Explantation aus dem Körper des Verstorbenen zuspricht. 248 In diesem Zusammenhang ist an die Verwendung des Leichnams zu unerlaubten medizinischen Experimenten wie der Klonierung des Verstorbenen zu denken. Zur rechtlichen Zulässigkeit von Leichenversuchen vgl. Pluisch/Heifer, NJW 1994, S. 2377 (2377 ff.). 249 MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 24; Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 11; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42; RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 5; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 HI 5 g und wohl auch Jauernig/Jauernig, Vor § 90 BGB, Anm. Π 6. 250 So Forkel, JZ 1974, S. 593 (599). 251 Forkel, JZ 1974, S. 593 (599). 252 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 281. 253 Diesen Einwand bringt Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42. Im Ergebnis ebenso Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 281, wenn er feststellt, daß

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

vergleich zwischen vom lebenden Körper und vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen erzielen: wenn bereits die vom lebenden Körper abgetrennten Teile Sachen sind, muß dies erst recht für die von der Leiche abgetrennten Körpersubstanzen gelten, da der persönlichkeitsrechtliche Bezug zum lebenden Substanzträger wesentlich intensiver ist als zum Verstorbenen. Dieser Wertungsvergleich kann auch für die Beantwortung der Frage, warum die abgetrennten Leichenteile - anders als der Leichnam als Ganzes - eigentumsfahig sind, herangezogen werden. Die Eigentumsfahigkeit der Leiche wurde verneint, da dem das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen entgegensteht. Dieser Vorbehalt gegen die Eigentumsfahigkeit gilt nach Trennung von der Leiche nicht mehr uneingeschränkt, da hierdurch die unmittelbare Bindung an das fortwirkende Persönlichkeitsrecht in Gestalt der räumlich - gegenständlichen Eingliederung in den Leichnam zunächst aufgehoben wird. Neben der in der Praxis kaum durchführbaren Abgrenzung zu Körpersubstanzen, die vom lebenden Körper abgetrennt wurden, spricht wiederum ein Wertungsvergleich zur Rechtslage beim lebenden Menschen für eine Eigentumsfahigkeit abgetrennter Leichenteile: werden die Körpersubstanzen nach Trennung vom lebenden Körper zu im Eigentum des Substanzträgers stehenden beweglichen Sachen, sind die abgetrennten Leichenteile erst recht als eigentumsfahige Sachen einzustufen, da die Bindung an die Persönlichkeit beim lebenden Menschen wesentlich intensiver ist als der Bezug der abgetrennten Leichenteile zum fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Im übrigen schwächt sich der Schutz des Persönlichkeitsrechts nach dem Tode der Person ohnehin ab 254 .

2. Rechtsverhältnisse

an den vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen

Ähnlich wie beim Leichnam als Ganzes ist mit der Einordnung der abgetrennten Leichenteile als eigentumsfahige Sachen nicht auch die Schlußfolgerung verbunden, daß das Regelungsinstrumentarium des Sachenrechts ohne Einschränkungen darauf anwendbar ist. Vielmehr ist auch nach Trennung von der Leiche zu untersuchen, welche Rechte an den abgetrennten Leichenteilen bestehen.

der Zusammenhang zwischen abgetrennten Körpersubstanzen und dem Leichnam zu weitläufig ist, als daß er das für die rechtliche Erfassung prägende Moment darstellen könnte. 254 Vgl. insoweit auch BGHZ 50, 133 (136): das Persönlichkeitsrecht erfährt nach dem Tod der Person eine einschneidende Einschränkung, da die Ausstrahlungen enden, welche die Existenz einer aktiv handelnden Person bedingen.

§ 4 Der Leichnam

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a) Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen

Das nach dem Tod des Substanzträgers fortwirkende Persönlichkeitsrecht erlischt auch mit der Trennung der Körpersubstanzen vom Leichnam nicht. Vielmehr wirkt der Achtungsanspruch des Verstorbenen auch nach Abtrennung fort und verbietet einen Umgang mit den getrennten Leichenteilen, der mit den fortdauernden und achtungswürdigen Werten des Verstorbenen nicht in Einklang steht. Der Substanzträger darf in der Erwartung leben, daß auch in bezug auf die von seiner Leiche abgetrennten Körpersubstanzen sein Lebensbild jedenfalls gegen grob ehrverletzende Entstellungen in der Zeit nach seinem Tod durch die Rechtsordnung geschützt wird. Diese weite Interpretation des Schutzbereiches des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts rechtfertigt sich durch den Umstand, daß die moderne Wissenschaft in der Lage ist, auch aus abgetrennten Leichenteilen durch Genom-Analyse Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verstorbenen zu ziehen oder gar durch Klonierung identische Abbilder des Verstorbenen zu erschaffen. Die Wertentscheidung des Grundgesetzes, die in Art. 1 I GG und Art. 2 I GG zum Ausdruck kommt, fordert auch die Einbeziehung abgetrennter Leichenteile in das fortwirkende Persönlichkeitsrecht, um den Schutz von Menschenwürde und allgemeinem Persönlichkeitsrecht des Menschen auch nach dem Tod zureichend gewährleisten zu können255. b) Das Totensorgerecht der Angehörigen

Das Totensorgerecht als eigenes Persönlichkeitsrecht der Angehörigen des Verstorbenen umfaßt nicht nur den Umgang mit der Leiche als Ganzes. Vielmehr erfordert die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Bestattung auch die Einbeziehung abgetrennter Leichenteile, um die gewachsenen familiären Beziehungen der Verwandten zum Toten angemessen zu schützen. Der Begriff der ordnungsgemäßen Bestattung beinhaltet gerade die Beisetzung des unversehrten Leichnams. Aus diesem Grund ist das Totensorgerecht - ähnlich wie das fortwirkende Persönlichkeitsrecht - in seinem Anwendungsbereich weit auszulegen und erfaßt auch abgetrennte Leichenteile. Auch nach Abtrennung steht den Angehörigen somit ein im Rahmen des § 823 I BGB geschützter Anspruch zu, daß die von der Leiche abgetrennten Körpersubstanzen einer ordnungsgemäßen Bestattung zugeführt werden und der Tote - auch hinsichtlich abgetrennter Teile - würdevoll behandelt wird 256 .

255 Die Argumentation in BGHZ 50, 133 (138 f.) gilt somit nicht nur für den Leichnam als Ganzes, sondern auch für abgetrennte Leichenteile, da sonst der Schutz der Persönlichkeit nach dem Tod nur unvollkommen gewährleistet wäre. 256 Zum Umfang des Totensorgerechts vgl. Zimmermann, NJW 1979, S. 569 (571). 5 Rolf Müller

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen c) Eigentum oder Aneignungsrechte an abgetrennten Leichenteilen

Nach erfolgter Qualifikation der vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen als eigentumsfahige Sachen257 bleibt zu klären, ob daran Eigentum besteht. Vereinzelt wird ein unmittelbarer Eigentumserwerb der Erben durch eine direkte 258 oder analoge259 Anwendung von § 1922 I BGB bejaht. Dem steht jedoch entgegen, daß dem Verstorbenen zu Lebzeiten keine Vermögenswerten Rechtspositionen an seinem Körper zustanden und die Leichenteile somit nicht Bestandteil des Nachlasses sein können260, weshalb ein direkter Eigentumserwerb der Erben im Wege der Universalsukzession ausscheidet. Aus diesem Grund wirdrichtigerweise überwiegend ein Aneignungsrecht an den abgetrennten Substanzen im Rahmen des § 958 II BGB angenommen261. Dieses Aneignungsrecht soll wegen des engen Bezugs zum Totensorgerecht nach Ansicht einiger Stimmen in der Literatur den Angehörigen zustehen262. Jedoch ist aufgrund des beim Aneignungsrecht vorliegenden vermögensrechtlichen Bezugs und der damit implizierten grundsätzlichen Anwendbarkeit des Erbrechts 263 von einem Aneignungsrecht der Erben auszugehen, wenngleich damit die primär den Angehörigen zustehende Befugnis zur Totensorge und zur treuhänderischen Ausübung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechtes berührt wird 264 . Durch das Aneignungsrecht der Erben wird berücksichtigt, daß die Körpersubstanzen - die ja mit Abtrennung vom lebenden Körper zu eigentumsfahigen Sachen werden - zumindest potentiell Teil des Erblasservermögens waren, denn der Erblasser hätte sie zu Lebzeiten nach Abtrennung grundsätzlich auch selbst veräußern können. Diese potentielle Vermögenswerte 257

In diesem Sinne auch Dotterweich, JR 1953, S. 174 (174). So Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174). Ähnlich auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 281 f. im Rahmen seiner Überlagerungsthese. 259 In diesem Sinne Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 102 f. 260 Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 15; Dotterweich, JR 1953, S. 174 (174). Ebenso Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2274) im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Leichnams. 261 So Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 16, der den Angehörigen ein Aneignungsrecht an der gesamten Leiche zusprechen will. Kritisch Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 ΙΠ 5 g, die ein Aneignungsrecht der Erben bei Bestandteilen des Leichnams dann bejahen, wenn die Leichenbestandteile vermögensrechtlicher Art sind. Ablehnend zum Ganzen Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2274), der die Existenz vorrangiger Aneignunesrechte generell verneint; ebenso Dotterweich, JR 1953, S. 174 (174). 262 In diesem Sinne Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 16; RGRK/Kregel, § 90 BGB, Rdnr. 5. Ebenso (zu künstlichen Körperteilen) Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 30. 263 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 279 geht hier wohl zu weit, wenn er sonst eine Umgehung des Erbrechts befürchtet. 264 Vgl. hierzu Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 347 zu möglichen Kollisionsföllen bei der Wahrnehmung der Interessen des Verstorbenen durch verschiedene Personen. 258

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§ 4 Der Leichnam

Dispositionsmöglichkeit des Substanzträgers rechtfertigt es, trotz der Unvererblichkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts265 analog § 1922 I BGB den Erben ein ausschließliches Aneignungsrecht für den Fall der Abtrennung zuzusprechen. Die potentielle Erwerbsmöglichkeit des Substanzträgers zu Lebzeiten wird nach dem Tode im Fall der Abtrennung durch das Aneignungsrecht der Erben perpetuiert und ermöglicht eine eindeutige rechtliche Zuordnung der abgetrennten Leichenteile. Insbesondere ist damit eine Gleichstellung mit den Körpersubstanzen verbunden, die vom Körper des noch lebenden Substanzträgers abgetrennt worden sind und an denen die Erben im Wege der Universalsukzession nach § 1922 I BGB Eigentum erworben haben. Das ausschließliche Aneignungsrecht der Erben entsteht somit nur im Fall der Abtrennung. Vor der Abtrennung steht den Erben nur ein durch die Abtrennung aufschiebend bedingtes Aneignungsrecht zu.

3. Das Recht zur Abtrennung von Körpersubstanzen

vom Leichnam

Mit der Abtrennung entsteht an den abgetrennten Leichenteilen ein Aneignungsrecht der Erben. Üben die Erben dieses Aneignungsrecht aus, indem sie Eigenbesitz daran begründen, § 872 BGB, erwerben sie Eigentum an den abgetrennten Leichenteilen. Im Fall der Abtrennung wirken somit an den Leichenteilen verschiedene Rechte: neben dem Aneignungsrecht bzw. dem Eigentum der Erben gilt es das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen - treuhänderisch verwaltet durch seine Angehörigen - und das Totensorgerecht der Angehörigen zu beachten. Bei der Beurteilung des Verhältnisses dieser verschiedenen Rechte zueinander stellt sich die Frage, ob die Erben aufgrund ihres aufschiebend bedingten Aneignungsrechtes berechtigt sind, Körpersubstanzen von der Leiche abzutrennen. Weiter ist zu prüfen, ob vielleicht den Angehörigen eine derartige Abtrennungsbefugnis zusteht. a) Abtrennungsbefugnis der Erben

Das den Erben bei einer Abtrennung zufallende Aneignungsrecht dient primär dazu, im Rechtsverkehr eine einheitliche rechtliche Beurteilung abgetrennter menschlicher Körpersubstanzen zu ermöglichen. Dieses Aneignungsrecht stellt zwar im Grundsatz ein Vermögensrecht dar, gibt den Erben aber keine eigennützige Rechtsposition in bezug auf den Leichnam und berechtigt sie insbesondere nicht dazu, in Ausübung eigener Rechte Körpersubstanzen von der Leiche zu trennen und sich hierdurch das Aneignungsrecht selbst zu verschaffen, indem sie die Bedingung für den Rechtserwerb selbst herbeiführen. Die Abtrennung der Leichenteile ist keine Potestativbedingung, deren 265

Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 40 ff., insb. 43 m.w.N.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

Eintritt im freien Belieben der Erben steht266. Dies könnte sonst dazu führen, daß die Erben die Leiche wirtschaftlich verwerten, indem sie die Teile des Leichnams, die einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpern, abtrennen und veräußern, um hierdurch den Wert des Nachlasses zu vergrößern. Ein derartiges Ausschlachten der Leiche verstößt gegen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen, welches gerade das Vertrauen des Substanzträgers zu Lebzeiten schützt, daß seine Leiche nach dem Tode unversehrt bleibt, ordnungsgemäß bestattet wird und sein besonderer Wert als menschliches Individuum respektiert wird. Das Ausschlachten des Leichnams durch die Erben würde den Substanzträger jedoch zur bloßen Sache degradieren, indem allein sein materieller Wert in den Vordergrund gestellt wird. Dies ist mit der vom fortwirkenden Persönlichkeitsrecht umfaßten und durch Art. 1 I GG geschützten Menschenwürde nicht vereinbar. Das den Erben mit der Abtrennung zufallende Aneignungsrecht steht ihnen somit nicht als eigennützige Rechtsposition zu, sondern dient allein den Interessen des Verstorbenen, womit den Erben eine rein treuhänderische Rechtsposition zukommt. Ein Recht zur Abtrennung von Körpersubstanzen steht den Erben hieraus jedoch nicht zu. b) Abtrennungsbefugnis der Angehörigen

Verneint man eine selbständige Abtrennungsbefugnis der Erben, ist weiter zu prüfen, ob möglicherweise die Angehörigen des Verstorbenen berechtigt sind, im Rahmen einer autonomen Entscheidung Körpersubstanzen vom Leichnam abzutrennen. Ein solches Recht zur Abtrennung kann zunächst das fortwirkende Persönlichkeitsrecht beinhalten, falls die Abtrennung vom Substanzträger zu Lebzeiten konsentiert worden ist. Als Treuhänder des Verstorbenen in bezug auf seinen Persönlichkeitsschutz obliegt den Angehörigen die Pflicht, die Abtrennung vornehmen zu lassen und so dem zu Lebzeiten geäußerten Willen des Substanzträgers nach seinem Tode Geltung zu verschaffen. Fehlt es an einer wirksamen lebzeitigen Willensäußerung des Substanzträgers in bezug auf die Abtrennung von Körpersubstanzen nach seinem Tod, ist es Aufgabe der Angehörigen, in ihrer Eigenschaft als Treuhänder den mutmaßlichen Willen des Substanzträgers zu ermitteln und zu klären, ob er bei Würdigung aller berührten Umstände einer Abtrennung zugestimmt hätte. Dabei ist die Persönlichkeit des Verstorbenen entsprechend zu berücksichtigen und seine persönliche Einstellung in bezug auf eine Abtrennung zu ermitteln. Ist ein derartiger mutmaßlicher Wille nicht feststellbar, können die Angehörigen keine eigene freie Entscheidung über die Abtrennung treffen, denn sie üben das fortwirkende Persönlichkeitsrecht nicht eigennützig, sondern nur treuhänderisch für den Verstorbenen aus. Eine eigene Abtrennungsbefugnis eröffnet 266

Zur Zulässigkeit einer Potestativbedingung als einer sog. Wollensbedingung vgl. Palandt/Heinrichs, Einf ν § 158 BGB, Rdnr. 10.

§ 4 Der Leichnam

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ihnen die Verwaltung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts nicht, denn dies käme einer Fremdbestimmung des Verstorbenen gleich. Ihm allein steht die Entscheidung darüber zu, ob nach seinem Tod Körpersubstanzen von der Leiche abgetrennt werden sollen oder nicht. Den Angehörigen kommt insoweit nur die Aufgabe zu, diesen allein entscheidenden Willen des Verstorbenen zu ermitteln. Sie haben dagegen kein Recht, diese Entscheidung durch eine eigene zu ersetzen267. Eine autonome Entscheidungsbefugnis der Angehörigen zur Abtrennung ist auch dem Totensorgerecht nicht zu entnehmen. Dieses bezieht sich nur auf die ordnungsgemäße Bestattung sowie auf einen würdevollen Umgang mit dem Leichnam und legitimiert keine eigenen Eingriffe der Angehörigen in die Unversehrtheit des Leichnams. Auch die bei der Transplantation zu berücksichtigenden berechtigten Interessen der potentiellen Organempfanger stehen dem nicht entgegen, denn das Totensorgerecht bezieht sich auf den Verstorbenen und dient nicht den Interessen Dritter: Totensorge ist die Sorge der Angehörigen um den Toten und nicht die Sorge um Dritte. Eine Abtrennungsbefugnis der Angehörigen ergibt sich somit weder aus der treuhänderischen Verwaltung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechtes noch aus ihrem Totensorgerecht. Allein der Substanzträger selbst ist berechtigt, über eine Abtrennung von Körpersubstanzen von seinem Leichnam zu entscheiden. Diese Entscheidungsfreiheit ist ebenso wie der Umstand, daß sich der Substanzträger gerade nicht für eine Abtrennung nach seinem Tode entschieden hat, im Rahmen des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts geschützt. Die Annahme einer freien Entscheidungsbefugnis der Angehörigen über die Abtrennung käme einer Fremdbestimmung des verstorbenen Substanzträgers gleich und stünde mit seinem Selbstbestimmungsrecht in Widerspruch268. IIL Der Umgang mit der Leiche und davon abgetrennten Körpersubstanzen

Die unterschiedlichen Rechtsbeziehungen, die in bezug auf die von der Leiche abgetrennten Körpersubstanzen zu beachten sind, bedingen auch eine differenzierte rechtliche Beurteilung des Umgangs mit abgetrennten Leichenteilen. Insoweit ist anerkannt, daß die Persönlichkeit des Verstorbenen auch

267 Ebenso Kern, NJW 1994, S. 753 (758), der davon ausgeht, daß die Angehörigen bei der Organspende nur hinsichtlich der Einstellung des Verstorbenen zur Organspende zu befragen sind und lediglich als Erkenntnis- oder Beweismittel für den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen des Verstorbenen dienen. Ein eigenes Entscheidungsrecht der Angehörigen in bezug auf eine Transplantation wird mit Recht als Fremdbestimmung des Verstorbenen abgelehnt. 268 Instruktiv zu diesem Problemkreis Kern, NJW 1994, S. 753 (758).

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

bei Verfugungen über Leichenteile berücksichtigt werden muß 269 und Bestimmungen des Verstorbenen Vorrang vor späteren Entscheidungen der Angehörigen genießen270· Im Einzelfall besteht jedoch über den Umfang der zulässigen Dispositionen über die Leichenteile Unklarheit. Teilweise wird versucht, durch eine umfassende persönlichkeitsrechtliche Bindung der Substanzen einen lückenlosen postmortalen Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten271. Dem ist zunächst insoweit zuzustimmen, als die Körpersubstanzen in der Tat auch noch nach Abtrennung vom Leichnam in einer rechtlichen Beziehung zum Totensorgerecht und dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers stehen. Eine umfassende persönlichkeitsrechtliche Bindung der vom Leichnam getrennten Substanzen befremdet jedoch, wenn man berücksichtigt, daß die vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen - zumindest nach der h.M. - primär sachenrechtlichen Vorschriften unterliegen sollen. Ein Wertungsvergleich zwischen den vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen und vom Leichnam getrennten Teilen führt zu dem Ergebnis, daß bei den vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen - ähnlich wie beim lebenden Körper - eine differenzierte Beurteilung vorzunehmen ist 272 : die vom Leichnam getrennten Substanzen sind als herrenlose, einem Aneignungsrecht der Erben unterstehenden Sachen zunächst dem Regelungsinstrumentarium des Sachenrechts zu unterstellen. Auch nach Ausübung ihres Aneignungsrechts steht den Erben allerdings an den dann in ihrem Eigentum stehenden Körpersubstanzen nicht die umfassende Rechtsposition zu, die § 903 BGB dem Eigentümer einer Sache im Regelfall gewährt. Es wäre mit dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen unvereinbar, wollte man den Erben eine freie, uneingeschränkte und eigennützige Rechtsposition an den abgetrennten Leichenteilen zusprechen. Trotz ihres Eigentums sind die Erben nicht berechtigt, nach Belieben mit den Körpersubstanzen zu verfahren, da dem das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen entgegensteht. Das Aneignungsrecht der Erben und nach seiner Ausübung das Eigentum ist vielmehr mit einer fremdnützigen Treuhand vergleichbar. Den Erben als den zur Wahrung der Vermögensinteressen des Verstorbenen berufenen Personen wird eine Rechtsposition eingeräumt, welche sie nicht nach Belieben ausüben dürfen, sondern die den Bindungen des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts unterliegt. Das Aneignungsrecht bzw. Eigentum der Erben ist demnach eine vermögens269 So Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 24 ff; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 23; Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 7; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42. 270 Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 7; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 24; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 ΠΙ 5 g; Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 17. 271 So wohl Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 24 ff. 272 Der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz von Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093) ist somit auch auf die von der Leiche getrennten Substanzen anzuwenden; im einzelnen hierzu oben § 3 Π 5 b.

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werte Rechtsposition, die diese nicht eigennützig, sondern nur fremdnützig im Interesse des Verstorbenen wahrzunehmen haben273. Verstöße gegen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen sind hingegen unabhängig von der Frage nach dem Eigentum an den Substanzen zu prüfen, wobei der Schutz der fortwirkenden Werte des Verstorbenen treuhänderisch durch die nächsten Angehörigen wahrgenommen wird 274 . Eine Verletzung ist dabei bereits in dem unberechtigten Eingriff in den Leichnam zu sehen, da das fortwirkende Persönlichkeitsrecht das Vertrauen des Verstorbenen in einen pietätvollen Umgang mit der Leiche nach seinem Tode schützt275. Nach Abtrennung von der Leiche ist das fortwirkende Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn in dem konkreten Umgang mit den abgetrennten Leichenteilen eine Mißachtung der personalen Ehre des Verstorbenen zum Ausdruck kommt. So werden die fortwirkenden Werte des Verstorbenen verletzt, falls durch Klonierung künstlich bewirkt wird, daß ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein Verstorbener entsteht276. Die Annahme von Aneignungsrechten bzw. Eigentum der Erben neben den von den Angehörigen ausgeübten Persönlichkeitsrechten führt somit zu keiner Verkürzung der Rechte des Verstorbenen, sondern ermöglicht vielmehr eine eindeutige Zuordnung im Rechtsverkehr neben den Rechtspositionen, die sich aus den Persönlichkeitsrechten der Angehörigen ableiten. Weiterhin resultieren hieraus auch keine Kompetenzkonflikte zwischen Angehörigen und Erben, denn das Eigentum der Erben wird von diesen nur treuhänderisch ausgeübt und darf nur in den Grenzen wahrgenommen werden, die das fortwirkende Persönlichkeitsrecht setzt. Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit des Umgangs mit abgetrennten Leichenteilen bemißt sich somit allein nach dem von den Angehörigen treuhänderisch verwalteten fortwirkenden Persönlichkeitsrecht. Sollten die Erben das ihnen nur treuhänderisch zustehende Eigentum zu eigenen Zwecken mißbrauchen und steht dies mit dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht in Widerspruch, können die Angehörigen als

273

Zur Interessenslage bei der sog. fremdnützigen Treuhand vgl. Palandt/Bassenge, § 903 BGB, Rdnr. 33 ff. 274 Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 ΠΙ 5 a δ; im einzelnen bereits oben § 4 Π 2 a. 275 So zu Recht AK-GG/Podlech, Art. 1 AbS. 1 GG, Rdnr. 59. Ebenso Taupitz, EthikMed 1994, S. 38 (39). 276 Ygj h i e r z u auch § 6 I ESchG, der die Klonierung Verstorbener unter Strafe stellt. Auch unerlaubte Leichenversuche können das fortwirkende Persönlichkeitsrecht verletzen, falls hierdurch der Verstorbene für das Gemeininteresse geopfert und damit das Vertrauen des Lebenden darauf, nach seinem Tod für die Nachwelt unantastbar zu sein, verletzt wird; in diesem Sinne Pluisch/Heifer, NJW 1994, S. 2377 (2380), die in diesen Fällen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung i.S.d. § 823 I BGB bejahen.

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

Treuhänder des Verstorbenen gegen die Erben Rechte aus §§ 823 I, 1004 BGB analog geltend machen.

§ 5 Sonderprobleme L Rechtsstellung des Embryos Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt nach § 1 BGB zwar erst mit der Vollendung der Geburt 277 , jedoch steht dem Embryo als dem noch ungeborenen menschlichen Leben eine beschränkte Rechtsfähigkeit für den Fall einer späteren Lebendgeburt z u 2 7 8 , wobei mögliche Ansprüche nach § 1912 I BGB aufschiebend bedingt sind. Diese beschränkte Rechtsfähigkeit läßt sich letzlich mit dem Motiv einer Sicherung der Rechte des künftigen Menschen rechtfertigen und ist aus dieser Perspektive zu beurteilen 279. Der Beginn dieser so zu begründenden Rechtsstellung des nasciturus liegt in seiner Erzeugung, welche mit der Konjugation von Eizelle und Samenzelle anzunehmen ist 2 8 0 . Der Embryo kann sich auf den Schutz des § 823 I BGB berufen und ist im Fall eines Rechtserwerbs den übrigen Rechtssubjekten weitgehend gleichgestellt 281 , wobei ihm auch ein eigenes Persönlichkeitsrecht zugesprochen wird 2 8 2 . Da dem Embryo im Bereich der Fortpflanzungsmedizin und der 277

Diese setzt nach allgemeiner Ansicht die vollständige Trennung des Kindes vom Mutterleib auf natürlichem oder künstlichem Wege voraus, vgl. MüKo/Gitter, § 1 BGB, Rdnr. 13. 278 Soergel/Fahse, § 1 BGB, Rdnr. 16 spricht von einer Rechtsstellung, die im Ergebnis eine beschränkte Rechtsfähigkeit bedeutet. Ähnlich Palandt/Heinrichs, § 1 BGB, Rdnr. 7 und Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 199 ff. 279 So Soergel/Fahse, § 1 BGB, Rdnr. 16. Ebenso Eberbach, ZRP 1990, S. 217 (218), der vom Embryo als artspezifischem menschlichen Leben spricht. 280 So Hofmann, Lebensrecht des Nasciturus, S. 37 ff., insb. 42; Erman/H.P. Westermann, § 1 BGB, Rdnr. 2; Keller/Günther/Kaiser, § 8 ESchG, Rdnr. 7. Ähnlich Graf Vitzthum, MedR 1985, S. 249 (252), wenn er der Eizelle vom Augenblick der Befruchtung an den Schutz der Menschenwürde zuspricht. Ebenso Fechner, JZ 1986, S. 653 (658). Vgl. in diesem Zusammmenhang auch § 8 ESchG, wo bereits die befruchtete und entwicklungsfähige menschliche Eizelle als Embryo gilt. Einen späteren Zeitpunkt wählt Palandt/Heinrichs, § 1 BGB, Rdnr. 9, der auf die Einnistung des Eies in die Gebärmutter abstellen will. Zur strafrechtlichen Beurteilung vgl. Dreher/Tröndle, Vor § 218 StGB, Rdnr. 6 ff. 281 MüKo/Gitter, § 1 BGB, Rdnr. 28 ff.; Hofmann, Lebensrecht des Nasciturus, S. 88 ff., 94. 282 So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1094); ähnlich Deutsch, JZ 1983, S. 451 (451, Anm. zu BGH, Urteil vom 18.01.1983), der von einem werdenden Persönlichkeitsrecht des Kindes im Mutterleib spricht. Dies wirft jedoch im Einzelfall bei einer möglichen Kollision mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Mutter Probleme auf, vgl.

§ 5 Sonderprobleme

73

Kosmetikindustrie283 ein gewisser wirtschaftlicher Wert zukommen kann, sollten auch Rechtsgeschäfte mit Embryonen in diesem Zusammenhang nicht ausgeklammert werden. Die besondere Bedeutung des Embryos als Leibesfrucht und werdender Mensch bedingt jedoch eine differenzierte Behandlung im Vergleich zu anderen Körpersubstanzen: der Embryo ist rechtlich nicht als Bestandteil der Mutter zu qualifizieren, sondern als eigenständige, selbständig zu respektierende Person. Der lebende Embryo - im Mutterleib oder nach einer in-vitro-Fertilisation - ist wie der lebende Mensch als Persönlichkeit zu qualifizieren. Der tote Embryo hingegen ist - ebenso wie der Leichnam - zwar Sache, jedoch herrenlos und als Folge der Annäherung an die Rechtsposition des lebenden Menschen nicht aneignungsfahig. Es wäre mit dem Respekt vor dem werdenden menschlichen Leben nicht vereinbar, wollte man die abgestoßene oder aus sonstigen Gründen abgestorbene Leibesfrucht als im Eigentum der Mutter stehende bewegliche Sache ansehen284. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes hinzuwei-

IL Künstliche Körperteile

Die mit dem lebenden Körper oder dem Leichnam nicht fest verbundenen künstlichen Körperteile behalten im Rahmen einer nur losen Verbindung zum Menschen ihre Sachqualität bei 286 . Werden hingegen künstliche Körperteile fest mit dem lebenden Körper verbunden, verlieren sie nach h.M. ihre Sachqualität und teilen das rechtliche Schicksal des Körpers, werden also vom Persönlichkeitsrecht des Menschen an seinem Körper mit umfaßt 287. VereinStaudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 43 und Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 203 ff. Im Ergebnis besteht jedoch Konsens darüber, daß eine besondere Schutzwürdigkeit des Embryos anzuerkennen ist, so auch Eberbach, ZRP 1990, S. 217 (219), der als übereinstimmende Grundwertung die Schutzwürdigkeit jeder Phase des menschlichen Lebens feststellt. 283 Zum Handel mit Embryonen vgl. Der Stern 6/1993, S. 11 (16). 284 Für diese Bewertung des toten Embryos spricht auch der Wortlaut des neugefassten § 168 I StGB, der den Schutz der Totenruhe auch auf die abgestorbene Leibesfrucht erstreckt. Vgl. hierzu auch Laufs, Arztrecht, Rdnr. 397 FN 68. 285 § 2 I ESchG verbietet neben dem An- und Verkauf von Embryonen alle weiteren Verfügungen darüber, die nicht der Erhaltung des Embryos dienen. 286 MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 22; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 18; hierzu zählen vor allem Perücken oder Prothesen. Trotz der fortdauernden Sachqualität besteht jedoch ein Pfändungsverbot, vgl. § 811 Nr. 12 ZPO. 287 Vgl. nur Erman/Michalski, § 90 BGB, Rdnr. 7; MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 22; Palandt/Heinrichs, § 90 BGB, Rdnr. 3; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 18; Taschner/Frietsch, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 28; Gropp, JR 1985, S. 181 (184); LG Mainz, MedR 1984, S. 199 (200 f.).

74

2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

zeit wird zwar versucht, die in den menschlichen Körper eingefügten künstlichen Körperteile einer differenzierten Beurteilung zu unterziehen, indem von einem partiellen Fortbestehen ihrer Sachqualität im menschlichen Körper ausgegangen wird 288 , da die Schlußfolgerung, künstliche Teile im Menschen rechtlich wie den menschlichen Körper zu behandeln, zwar nahe liege, jedoch nicht zwingend sei 289 . Als Kriterium zur Abgrenzung der fortbestehenden Sachqualität im Körper wird dabei an die in den §§ 93 ff. BGB enthaltenen Rechtsgedanken angeknüpft. Die künstlichen Körperteile sollen demnach auch im Körper nur dann nicht als Sache anzusehen sein und ihre Eigentumsfähigkeit verlieren, wenn sie entweder mit dem menschlichen Körper nicht nur vorübergehend fest verbunden sind, §§ 94, 95 BGB, oder mit ihrer Entfernung aus dem Körper eine Wesensveränderung oder Störung des Körpers oder des Implantates verbunden ist, § 93 BGB 290 . Dem ist jedoch zu erwidern, daß die §§93 ff. BGB nicht unreflektiert auf den menschlichen Körper übertragen werden können291, jedenfalls dann, wenn man die Sachqualität des lebenden menschlichen Körpers verneint292. Weiter sind in Grenzfällen keine eindeutigen Zuordnungen möglich293. Aus diesen Gründen ist eine Sachqualifikation künstlicher Teile für die Zeit ihrer Eingliederung in den menschlichen Organismus abzulehnen. Auch hätte die Bejahung fortgeltender Eigentumsrechte zur Folge, daß bei konsequentem Weiterdenken der Eigentümer nach § 985 BGB Herausgabe dieser weiter ihm gehörenden künstlichen Körperteile vom Substanzträger verlangen könnte, was mit dessen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und seinem Bestimmungsrecht am eigenen Körper nicht vereinbar ist. Nach dem Tod des Menschen teilen die künstlichen Körperteile in bezug auf ihre rechtliche Qualifikation nach überwiegender und zutreffender Ansicht das Schicksal des Leichnams294. Andere hingegen halten für die künstlichen Kör288

Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4; Brandenburg, JuS 1984, S. 47 (48); Görgens, JR 1980, S. 140 (140 ff.). 289 So Görgens, JR 1980, S. 140 (140), der dabei mögliche weiterbestehende Rechte Dritter durch das Recht des Substanzträgers auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Π 1 GG, abwehren will. Ähnlich Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 55. 290 Görgens, JR 1980, S. 140 (140 f.). Vgl. hierzu auch Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 54 ff., der alle künstlichen Körperteile als Sachen ansehen will. 291 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 131. Auch Görgens selbst erkennt diese Problematik, ders., JR 1980, S. 140 (141), wenn er bei künstlichen Zähnen und Plomben danach fragen will, wie fest diese mit dem Kiefer verbunden sind. 292 Für eine Qualifizierung des lebenden Körpers als Sache spricht sich Brunner, NJW 1953, S. 1173 (1174) auS. Im einzelnen zu dieser Problematik bereits oben § 3 I. 293 Vgl. hierzu Gropp, JR 1985, S. 181 (183), der auf die begrenzte Lebensdauer künstlicher Implantate hinweist. 294 Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr 30; Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 11.

§ 5 Sonderprobleme

75

perteile im Leichnam eine differenzierte Beurteilung für notwendig, da sonst alle Implantate über einen Kamm geschoren würden295. Neben einer analogen Anwendung der §§ 93 ff. BGB, die bei Bejahung einer fortbestehenden Sachqualität im Körper konsequenterweise auch zu Eigentumsrechten Dritter an künstlichen Körperteilen im Leichnam führt 296, wird vereinzelt auch auf die Funktion der künstlichen Körperteile für den lebenden Körper sowie auf ihre typische Wiederverwertbarkeit bei anderen Patienten abgestellt297. Demnach soll die Sachqualität der künstlichen Körperteile im Leichnam dann zu bejahen sein, wenn die Implantate defekte menschliche Körperteile in Form und Funktion ersetzt haben, da wegen der dann vorliegenden individuellen Anpassung eine Wiederverwertbarkeit ausgeschlossen sei, was gegen die Annahme einer fortbestehenden Eigentumsfahigkeit sprechen soll 298 . Diente das Implantat hingegen nur der Unterstützung insuflfizienter Organe, soll eine Austauschund Wiederverwertbarkeit typischerweise gegeben sein299. Als Argument für die fortbestehende Eigentumsfahigkeit im Leichnam wird auf das allgemeine Pietätsempfinden abgestellt, welches bei der Entnahme von Zusatzimplantaten nur unwesentlich beeinträchtigt würde. Auch sollten hierdurch ökonomische Interessen berücksichtigt werden, da eine Entnahme und wirtschaftliche Weiterverwendung der künstlichen Körperteile zu einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen beitragen würde 300. Mit dem Tod endet der Schutz des Zusatzimplantats vor dem Zugriff berechtigter Dritter, da im Schweigen des Verstorbenen eine konkludente Einwilligung in die Entnahme gesehen werden soll 301 . Dem ist jedoch nicht zu folgen, da bei konsequenter Anwendung eines weiterbestehenden Eigentumsrechts Dritter von diesen Herausgabe nach § 985 BGB verlangt und im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden könnte. Dies ist mit dem fortwirkenden Persönlichkeitsschutz nicht vereinbar, da der Verstorbene darauf vertrauen darf, daß sein Leichnam nach seinem Tode unversehrt bleibt302. Die künstlichen Körperteile werden somit im Todesfall zusammen mit der Leiche zur herrenlosen Sache und behalten diesen rechtlichen Status auch nach Trennung von dem Leichnam bei 303 . 295

So Gropp, JR 1985, S. 181 (183). Görgens, JR 1980, S. 140 (140 f.). 297 Vgl. Gropp, JR 1985, S. 181 (185). 298 So Gropp, JR 1985, S. 181 (183 f.), der msoweit von einem "Ersatzimplantat" ausgeht. 299 So Gropp, JR 1985, S. 181 (184), der dann von einem sog. "Zusatzimplantat" spricht. 300 Gropp, JR 1985, S. 181 (184). 301 Hierzu Gropp, JR 1985, S. 181 (184). 302 So mit Recht Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 30. Zum fortwirkenden Persönlichkeitsrecht bereits oben § 4 12 a, Π 2 a. 303 In diesem Sinne Dotterweich, JR 1953, S. 174 (174); LG Mainz, MedR 1984, S. 199(200). 296

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2. Teil Rechtsverhältnisse an menschlichen Körpersubstanzen

Folgt man der Ansicht, daß künstliche Körperteile mit dem Tod des Substanzträgers das rechtliche Schicksal der Leiche teilen, bleibt zu klären, ob an den dann auch nach Abtrennung herrenlosen Sachen Aneignungsrechte bestehen. Im Ergebnis wird dies bejaht, jedoch besteht Streit darüber, wem das Aneignungsrecht zustehen soll. Teilweise werden privilegierte Aneignungsrechte von Erben oder Angehörigen unter Berufung auf die ratio legis des § 958 II BGB generell verneint und die Aneignung jedermann gestattet304, während andere unter Berufung auf den untrennbaren Bezug zum Totensorgerecht den Angehörigen ein ausschließliches Aneignungsrecht zusprechen wollen305. Richtigerweise ist jedoch der vermögensrechtliche Charakter des Aneignungsrechts zu berücksichtigen und den Erben - korrespondierend zur Rechtslage bei vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen - ein ausschließliches Aneignungsrecht zuzusprechen, da ansonsten die Vorschriften des Erbrechts unterlaufen würden306. Allerdings wird das Aneignungsrecht durch die am Leichnam und seinen Teilen fortwirkenden Rechte begrenzt, insbesondere durch das Totensorgerecht und das fortwirkende Persönlichkeitsrecht. In diesem Rahmen ist nach erfolgter Abtrennung eine Aneignung durch die Erben zulässig. Als Folge des dem Verstorbenen geschuldeten Respektes ist - ebenfalls in gleicher Weise wie bei den vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen - eine Abtrennung der künstlichen Körperteile ohne Einwilligung des Verstorbenen durch die Erben nicht möglich, da dies dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht widerspricht307. Wollte man eine eigennützige Verwertungsbefugnis der Erben an künstlichen Körperteilen im Leichnam zulassen, würde dies zu einer wirtschaftlichen Verwertung der Leiche führen, um den Nachlaß zu vergrößern. Dies ist mit dem allgemeinen Pietätsempfinden und dem Respekt, der dem Verstorbenen geschuldet wird, nicht vereinbar. Darüber hinaus wäre eine derartige Verwertungsbefugnis möglicherweise der erste Schritt auf dem Weg zu einer Begründung von Nutzungs- und Verwertungsrechten Dritter an menschlichen Körperteilen, was mit dem Persönlichkeitsrecht nicht vereinbar ist. Diese Lösung eines durch das fortwirkende Persönlichkeitsrecht begrenzten Aneignungsrechts der Erben 308 vermag den Erfordernissen des Erbrechts, die sich aus der - zumindest potentiellen - Zuordnung des Aneignungsrechts an den künstlichen Körperteilen zum Vermögen des Erblassers ergeben, ebenso Rechnung zu tragen wie den schutzwürdi304

So Dotterweich, JR 1953, S. 174 (174). Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 30. 306 Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 21. LG Mainz, MedR 1984, S. 199 (200) ließ diese Frage offen. 307 So auch Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 21, der die Aneignung regelmäßig als sittenwidrig ansehen will, wenn sie allem aus wirtschaftlichen Erwägungen geschieht. 308 Ähnlich LG Mainz, MedR 1984, S. 199 (200), welches die Ausübung eines (möglichen) Aneignungsrechts der Erben von der Einwilligung der Angehörigen abhängig machen will. 305

§ 6 Teilergebnis

77

gen Interessen der Angehörigen in bezug auf die ihnen zustehenden Persönlichkeitsrechte. Eine Entnahme der künstlichen Körperteile aus der Leiche bedarf somit einer entsprechenden Anordnung des Verstorbenen zu Lebzeiten.

§ 6 Teilergebnis Der Körper des lebenden Menschen ist keine Sache, sondern gegenständlicher Teil der Persönlichkeit und das Recht an seinem Körper ist das ureigenste Persönlichkeitsrecht des Menschen. Die vom Körper abgetrennten Körpersubstanzen hingegen sind verkehrsfahige Sachen und stehen analog § 953 BGB ipso iure im Eigentum des Substanzträgers. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers ist unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Körpersubstanzen zu prüfen. Die Leiche ist infolge des Wegfalls des Rechtssubjekts zwar Sache, jedoch kein Vermögensgegenstand und deshalb weder eigentumsfahig noch Gegenstand des Rechtsverkehrs. Am Leichnam als Ganzes wirken das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen sowie das Totensorgerecht der Angehörigen, während daran keine Eigentumsrechte bestehen. An abgetrennten Leichenteilen entsteht neben dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht und dem Totensorgerecht analog § 1922 I BGB ein ausschließliches Aneignungsrecht der Erben. Die Ausübung des Aneignungsrechts der Erben ist durch die am Leichnam wirkenden Rechtsverhältnisse begrenzt, weshalb eine autonome Abtrennungsbefugnis der Erben zu verneinen ist. Den Angehörigen steht eine solche eigene Abtrennungsbefugnis ebenfalls nicht zu, da dies einer Fremdbestimmung des Verstorbenen gleichkäme. Auch bei abgetrennten Leichenteilen gilt, daß eine Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Leichenteilen zu prüfen ist. Künstliche Körperteile teilen den rechtlichen Status des Substanzträgers und behalten ihn auch nach dem Tod bei. Im Fall ihrer Abtrennung sind sie rechtlich wie andere Körpersubstanzen zu behandeln. Eine andere Bewertung gilt allerdings für den Embryo: als potentielles menschliches Leben ist er in rechtlicher Hinsicht wie der lebende oder verstorbene Mensch zu qualifizieren.

Dritter Teil

Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen Mit der Trennung von Körper oder Leichnam werden menschliche Körpersubstanzen zu verkehrsfähigen Sachen und können damit grundsätzlich Gegenstand von Rechtsgeschäften sein. Nachfolgend soll unter dem Begriff der Erstkommerzialisierung untersucht werden, welche rechtlichen Probleme sich stellen, falls menschliche Körpersubstanzen erstmalig zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden. In zivilrechtlicher Hinsicht ist dabei zu untersuchen, in welchen Grenzen diese Rechtsgeschäfte zulässig sind, welche Eigentumsverhältnisse an den Körpersubstanzen bestehen und inwieweit dem Substanzträger oder anderen Berechtigten Ansprüche bei einer vom Substanzträger nicht in Gestalt eines wirksamen Verpflichtungsgeschäftes konsentierten Kommerzialisierung zustehen. Aufgrund der unterschiedlichen Wertungsebenen ist somit im Rahmen der Erstkommerzialisierung zwischen einer Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger und der Fremdkommerzialisierung durch nichtberechtigte Dritte zu unterscheiden1. Schließlich sollen im Rahmen der von dieser Untersuchung angestrebten umfassenden rechtlichen Beurteilung auch Bezüge zu öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften hergestellt werden, soweit diese durch eine Erstkommerzialisierung berührt werden.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte Unter dem Begriff der Eigenkommerzialisierung soll nachfolgend untersucht werden, in welchem Umfang der Substanzträger Verpflichtungsgeschäfte über seine eigenen Körpersubstanzen oder über Substanzen seines Leichnams wirksam abschließen kann. Neben einer Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit derartiger schuldrechtlicher Rechtsgeschäfte wird auch auf den konkreten Vertragsinhalt sowie die an dem Vertrag beteiligten Personen einzugehen sein. Vor der konkreten rechtlichen Beurteilung der zu untersuchenden Verpflichtungsgeschäfte des Substanzträgers sollen jedoch zunächst die 1

Zu den Begriffen "Eigenkommerzialisierung" und "Fremdkommerzialisierung" bereits oben § 1IV.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

79

betroffenen zivilrechtlichen Probleme systematisiert im Überblick dargestellt werden, um daran anschließend einige der sich ergebenden Problemkreise eingehend zu untersuchen. L Systematisierte Problemdarstellung, zivilrechtliche Vorfragen

1. Systematisierung

der Problemstellungen

Der Abschluß eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes über abzutrennende Körpersubstanzen ist ein komplexer rechtlicher Vorgang und berührt sehr unterschiedliche zivilrechtliche Problemkreise, die nachfolgend zunächst im Überblick dargestellt werden sollen. a) Einwilligung in die Abtrennung von Körpersubstanzen

Mit dem Abschluß eines Verpflichtungsgeschäftes über vom lebenden Körper abzutrennende Körpersubstanzen ist zwangsläufig auch die Einwilligung des Substanzträgers in eine Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität verbunden. Dabei handelt es sich um keine Willenserklärung, da die Einwilligung in einen Eingriff in den Körper nicht unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist2. Vielmehr stellt die Einwilligung eine Gestattung zur Vornahme einer tatsächlichen Handlung dar, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreift. Die Einwilligung des Substanzträgers in die Abtrennung von Körpersubstanzen beurteilt sich nicht nach den §§ 182 ff. BGB und stellt insbesondere keine Einwilligung nach § 183 BGB dar: es geht hier nicht um die vorher erteilte Einverständniserklärung des Substanzträgers zu dem von einem anderen vorgenommenen Rechtsgeschäft3, sondern um die Einwilligung des Substanzträgers in eine nichtrechtsgeschäftliche tatsächliche Handlung. Die Einwilligung ist demnach eine Rechtshandlung, die auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. Allerdings sind mit ihr - obwohl keine Willenserklärung vorliegt - dennoch bedeutsame Rechtsfolgen verbunden, da der Einwilligende über seinen deliktischen Schadensersatzanspruch und damit über einen Vermögenswert verfügt 4. Die Einwilligung in die Abtrennung vom 2

Zum Begriff der Willenserklärung vgl. Palandt/Heinrichs, Einf ν § 116 BGB, Rdnr. 1: die Willenserklärung bringt einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck, der auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielt. 3 Zum Begriff der Einwilligung i.S.d. § 183 BGB vgl. Palandt/Heinrichs, Einf ν § 182 BGB, Rdnr. 1. 4 Vgl. hierzu MüKo/Gitter, Vor § 104 BGB, Rdnr. 86 ff. zur Einwilligung in eine Operation.

80

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

lebenden Körper ist somit eine geschäftsähnliche Handlung mit einem stark höchstpersönlichen Einschlag5, womit die Vorschriften über die Willenserklärung jedenfalls grundsätzlich entsprechend angewendet werden können. Die rechtlichen Grenzen einer Einwilligung in die Abtrennung vom lebenden Körper können demnach im Rahmen einer entsprechenden Anwendung von § 134 BGB und insbesondere von § 138 I BGB ermittelt werden. Die Einwilligung wäre somit dann unwirksam, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. Unsittlich ist die Einwilligung, wenn mit ihr der Tod des Substanzträgers oder schwere und dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigungen verbunden sind6. Im übrigen sind generelle Aussagen nicht möglich, da die Motive und Ziele der beteiligten Parteien sowie Mittel und Art der Verletzung berücksichtigt werden müssen. Auch der in § 226 a StGB zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke macht deutlich, daß der Substanzträger in gewissem Umfang über seine körperliche Integrität disponieren kann und dies im Einklang mit der Rechtsordnung steht. Die Einwilligung in die Abtrennung ist somit im Regelfall wirksam, soweit damit keine erheblichen Folgen für die Gesundheit des Substanzträgers verbunden sind. Der Mindeijährige, der in eine Abtrennung von Körpersubstanzen seines Körpers einwilligt, braucht dabei auch dann, wenn er die entsprechende Einsichtsfahigkeit besitzt, dafür grundsätzlich zusätzlich analog § 107 BGB eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, da mit der Einwilligung in die Abtrennung weitreichende und gravierende Folgen für den Mindeijährigen verbunden sein können7. Auch die Einwilligung in die Abtrennung von Körpersubstanzen von seinem Leichnam kann der Substanzträger rechtlich wirksam vornehmen, denn im Rahmen seines auch nach dem Tode fortwirkenden Persönlichkeitsrechts gehen seine Willensbekundungen in bezug auf den Umgang mit seinem Körper nach dem Tod den Rechten der Angehörigen vor8. b) Verpflichtung zur Abtrennung von Körpersubstanzen

Von der bloßen Einwilligung in die Abtrennung der Körpersubstanzen ist die Frage zu trennen, ob der Substanzträger sich wirksam dazu verpflichten kann, Teile seines Körpers abzutrennen oder die Abtrennung zu dulden und 5

So auch Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 104 BGB, Rdnr. 8. Zu den Grenzen einer Einwilligung des Verletzten in eine Körperverletzung im Rahmen des § 823 I BGB vgl. Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 42. 7 Für die Notwendigkeit einer Einwilligung des gesetzlichen Vertreters sprechen sich auch MüKo/Gitter, Vor § 104 BGB, Rdnr. 86 ff. und Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 104 BGB, Rdnr. 8 aus. Anders BGHZ 29, 33 (36 f.), wo nur auf die Einsichtsfähigkeit des Mindeijährigen abgestellt wurde. 8 Hierzu bereits oben § 4 12 b. 6

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

81

hierdurch einen Teil des Selbstbestimmungsrechts über seinen Körper preiszugeben. Die rechtliche Zulässigkeit einer derartigen Verpflichtung ist kritisch zu prüfen, denn der Substanzträger könnte hierdurch seinen Körper zum Objekt fremder Interessen machen. Bejaht man eine rechtlich wirksame und durchsetzbare Abtrennungsverpflichtung, könnte der Vertragspartner die Abtrennung der Körpersubstanzen - notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung selbst dann erzwingen, wenn der Substanzträger seine Meinung hinsichtlich der Abtrennung geändert hat und den Eingriff in seine körperliche Integrität nun nicht mehr vornehmen lassen will. Die inhaltliche Ausgestaltung und die rechtlichen Grenzen einer Abtrennungsverpflichtung sind im folgenden zu untersuchen. aa) Rechtliche Bindungswirkung und Widerruflichkeit

Zunächst ist zu untersuchen, ob die Parteien bei der Vereinbarung einer Abtrennungsverpflichtung eine rechtliche Bindung herbeiführen wollen oder ob nur rechtlich unverbindliche Erklärungen vorliegen. Entscheidend für einen Rechtsbindungswillen ist dabei nicht der innere Wille der Parteien. Vielmehr kommt es darauf an, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt9. Läßt das Verhalten des Substanzträgers somit aufgrund der Gesamtumstände auf einen Rechtsbindungswillen schließen, kommt der Abtrennungsverpflichtung auch rechtliche Bedeutung zu 10 , wobei insbesondere die von den Parteien bei der Abtrennung verfolgten Interessen ausschlaggebend sein werden. Bejaht man im Einzelfall eine rechtliche Bindung des Substanzträgers, ist zu prüfen, ob der Substanzträger die Abtrennungsklausel frei widerrufen kann oder ob er hieran gebunden ist. Insoweit wird gerade in bezug auf die Verpflichtung zur Duldung der Abtrennung von Körpersubstanzen häufig ein freies Widerrufsrecht des Substanzträgers angenommen11. Dabei bleibt jedoch offen, wie sich dieses freie Widerrufsrecht des Substanzträgers mit der rechtlichen Bindungswirkung vereinbaren läßt, die der Abtrennungsverpflichtung zukommen soll12. Einem freien Widerrufsrecht steht jedoch entgegen, daß eine Willens9

So Palandt/Heinrichs, Einl ν § 241 BGB, Rdnr. 9 m.w.N. So die h.M., vgl. nur Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 182. Für eine rechtlich unverbindliche Erklärung Jansen, Blutspende, S. 45 f. für den Fall der Blutspende an eine andere Person, da es hier an einem Bindungswillen der Parteien fehle. 11 Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 54; unklar Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 17. 12 Die freie Widerrufsmöglichkeit wird wohl aus dem Recht des Substanzträgers am eigenen Körper als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts abgeleitet. In diesem Sinne auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 182. 10

6 Rolf Müller

82

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit ihrem Zugang wirksam wird, § 130 I 1 BGB, und das vom Substanzträger eingegangene Rechtsgeschäft damit rechtlich existent geworden ist. Hat sich der Substanzträger keinen Widerrufsvorbehalt ausbedungen, kann er seine Willenserklärung nur durch Anfechtung, §§ 119 ff. BGB, kraft eigener Rechtsmacht unwirksam machen und bleibt im übrigen an seine Erklärung gebunden13. bb) Sittenwidrigkeit einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung

Verneint man die Möglichkeit des Substanzträgers, die von ihm eingegangene Abtrennungsverpflichtung frei zu widerrufen, bleibt zu klären, ob eine derartige Verpflichtung mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Die unwiderrufliche Abtrennungsverpflichtung ist dabei an § 138 I BGB zu messen. Der privatautonomen Gestaltungsmacht des Substanzträgers sind demnach durch die Rechtsordnung dann Grenzen gesetzt, wenn eine von ihm begründete unwiderrufliche Verpflichtung zur Duldung der Abtrennung von Körpersubstanzen gegen die guten Sitten verstößt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Gläubiger durch die unwiderrufliche Abtrennungsverpflichtung die Möglichkeit erhält, aufgrund der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung auch gegen den aktuellen Willen des Substanzträgers einen Eingriff in dessen körperliche Unversehrtheit vorzunehmen. Damit kann sich der Substanzträger nicht mehr frei entscheiden, ob er einen Eingriff in seinen Körper dulden will, sondern er ist in einem grundlegenden Bereich seiner Privatsphäre den Interessen und dem Willen eines Dritten ausgesetzt. Die Entscheidung über einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist jedoch eine höchstpersönliche Entscheidung, die der Substanzträger nur im Einzelfall treffen kann. Der in § 226 a StGB zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke macht zwar deutlich, daß das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit für den Rechtsträger in gewissem Umfang disponibel ist. Jedoch kann dies hier nur für geringfügige Eingriffe in die Körperintegrität gelten, wie es beim Abschneiden von Haaren der Fall wäre. Ist mit der Abtrennung jedoch eine nicht nur völlig unwesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit verbunden, wird der Substanzträger durch eine unwiderrufliche Abtrennungsverpflichtung zum bloßen Objekt erniedrigt, was mit seiner Menschenwürde nicht vereinbar ist. Eine derartige Vereinbarung ist sittenwidrig und nichtig, § 138 I BGB 14 .

13 Ebenso wohl Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 17, der ein freies Widerrufsrecht ebenfalls als mit der Rechtsgeschäftslehre unvereinbar ablehnt. 14 Ebenso Schoeller, Organspende, S. 71. Ähnlich Jansen, Blutspende, S. 51 (zur Zulässigkeit einer Vertragsstrafe) und Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 56, der darin die Verpflichtung zur Einwilligung in eine Körperverletzung sieht, die rechtlich nicht begründbar ist.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

83

cc) Die Abtrennungsverpflichtung als nur mittelbare Verpflichtung

Vereinzelt wird der Abtrennungsverpflichtung der Charakter einer nur mittelbaren Verpflichtung zugesprochen, indem sie als Vertragsstrafe, § 339 Satz 1 BGB, qualifiziert wird 15. Dies soll auch im Rahmen des § 344 BGB zulässig sein, da infolge einer fehlenden Vollstreckbarkeit eine gewaltsam erzwungene Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Substanzträgers ausgeschlossen sei und somit keine Sittenwidrigkeit der Hauptverbindlichkeit vorliege16. Mit der Abtrennungsverpflichtung soll demnach ein unselbständiges, an eine Hauptverbindlichkeit angelehntes, Strafversprechen verbunden werden, welches als Druckmittel zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit dient17. Geht man von der Abtrennungsverpflichtung als einer nur mittelbaren Verpflichtung aus, so ist diese rechtliche Gestaltung an § 344 BGB zu messen, weshalb die ausbedungene Vertragsstrafe dann unwirksam ist, wenn das Gesetz das Versprechen der durch die Vertragsstrafe gesicherten Leistung für unwirksam erklärt. Dabei ist auch der Zweck der Vertragsstrafe zu berücksichtigen, der darin liegt, den Substanzträger zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit anzuhalten, indem ihm für den Fall der Nichtabtrennung der Körpersubstanzen ein entsprechender Nachteil auferlegt wird. Im Fall einer ausbedungenen Vertragsstrafe ist der Substanzträger aber bei seiner Entscheidung über die Duldung eines Eingriffs in seine körperliche Integrität ebensowenig frei wie bei einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung, da er im Fall der Nichtabtrennung die Vertragsstrafe verwirkt und ihm hieraus ein entsprechender Nachteil droht. Die Vereinbarung einer Abtrennungsverpflichtung in Verbindung mit einer Vertragsstrafe für den Fall der Nichtabtrennung kommt in ihrer Wirkung einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung gleich und ist wie diese nach § 138 I BGB nichtig. Gleiches gilt für ein selbständiges StrafVersprechen, § 343 II BGB, da der Zwang zur Erfüllung des Versprechens gegen § 138 I BGB verstößt18. dd) Die Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation

Die Verpflichtung zur Abtrennung von Körpersubstanzen könnte jedoch als Naturalobligation ausgestaltet werden, falls der Substanzträger eine Verbindlichkeit eingehen will, die zwar von ihm erfüllt, die von seinem Gläubiger 15 Hierfür spricht sich Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S 58 f. aus. 16 Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 58. 17 Zum Inhalt und zur rechtlichen Ausgestaltung der Vertragsstrafe vgl. Palandt/ Heinrichs, Vorbem ν § 339 BGB, Rdnr. 1 f. 18 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, § 344 BGB, Rdnr. 1. Wie hier Schoeller, Organspende, S. 72 f. Ähnlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 181.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

aber nicht gegen seinen Willen durchgesetzt werden kann19. Hierbei ist davon auszugehen, daß im Schuldrecht rechtlich verbindliche Verträge, die zwar erfüllbar, jedoch nicht erzwingbar sind, durchaus vorzufinden sind20. Die Qualifikation der Abtrennungsverpflichtung als unvollkommene Verbindlichkeit entspricht somit dem Interesse des Substanzträgers, der zwar eine rechtliche Bindung eingehen möchte, dabei jedoch nicht in seiner Entscheidungsfreiheit in bezug auf die Duldung von Eingriffen in seine körperliche Integrität eingeschränkt werden will. Fraglich ist jedoch, ob die Abtrennungsverpflichtung auch als unvollkommene Verbindlichkeit gegen die guten Sitten verstößt, denn § 138 I BGB kann auch der vertraglichen Begründung einer unvollkommenen Verbindlichkeit entgegenstehen21. Dabei ist an die Überlegungen hinsichtlich der Sittenwidrigkeit einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung anzuknüpfen: diese ist sittenwidrig, weil das höchstpersönliche Entscheidungsrecht des Substanzträgers in bezug auf eine Duldung von Eingriffen in seine körperliche Integrität unzulässig eingeschränkt wurde. Bei der Qualifikation der Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation ist die Situation jedoch anders gelagert. Der Substanzträger begründet hierdurch lediglich eine unvollkommene Verbindlichkeit, deren Erfüllung allein in seiner Entscheidung liegt. Kommt er dem nach und duldet er die Abtrennung der Körpersubstanzen, kann er das von ihm Geleistete nicht unter Berufung auf das Vorliegen einer unvollkommenen Verbindlichkeit kondizieren, denn die Naturalobligation stellt einen Erwerbsgrund i.S.d. § 812 I 1, 1. Alt. BGB dar. Erfüllt der Substanzträger die von ihm begründete Naturalobligation dagegen nicht, kann der Gläubiger die Abtrennung rechtlich nicht durchsetzen, denn ihm steht hieraus kein erzwingbarer Anspruch gegen den Substanzträger auf Abtrennung zu. Durch die Qualifikation der Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation wird die Entscheidungsfreiheit hinsichtlich eines Eingriffs in die Körperintegrität nicht eingeschränkt. Der Substanzträger kann trotz der - als Naturalobligation verstandenen - Abtrennungsverpflichtung frei entscheiden, ob er die Abtrennung der Körpersubstanzen dulden will oder nicht. Der Gläubiger kann nicht gegen den Willen des Substanzträgers die Abtrennung erzwingen, weshalb eine Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB zu verneinen ist. Die Verpflichtung zur Ab19 Zur rechtlichen Qualifikation der Naturalobligation vgl. Palandt/Heinrichs, Einl ν §241 BGB, Rdnr. 15. 20 Vgl. nur § 656 I BGB; im einzelnen hierzu Jauernig/Vollkommer, § 656 BGB, Anm. I a und Π b, aa, der hierin ein wirkungsgemindertes vertragliches Schuldverhältnis sieht. Ähnlich BGHZ 87, 309 (314); Palandt/Thomas, § 656 BGB, Rdnr. 1; RGRK/Dehner, § 656 BGB, Rdnr. 2, die eine Naturalobligation als unvollkommene Verbindlichkeit ansehen, die zwar erfüllbar, jedoch nicht erzwingbar ist und einen die Rückforderung ausschließenden Erwerbsgrund i.S.d. §81211, 1. Alt. BGB darstellt. 21 In diesem Sinne Palandt/Heinrichs, Einl ν § 241 BGB, Rdnr. 15.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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trennung menschlicher Körpersubstanzen kann somit als Ausfluß der privatautonomen Regelungsmacht des Substanzträgers in Gestalt einer Naturalobligation wirksam begründet werden22. ee) Die rechtlichen Folgen der Nichtabtrennung trotz Abtrennungsverpflichtung

Versteht man die Abtrennungsverpflichtung somit als unvollkommene Verbindlichkeit, untersteht dieses Verpflichtungsgeschäft grundsätzlich den dafür geltenden schuldrechtlichen Regelungen. Demnach gilt, daß der Substanzträger auch bei schuldhafter Nichtleistung keinen Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu leisten hat, da hierfür eine erzwingbare Hauptleistungspflicht Voraussetzung wäre23. Denkbar wäre jedoch, daß der Substanzträger den Vertrauensschaden seines Vertragspartners bei schuldhafter Verletzung einer Nebenpflicht ersetzen muß, da dies durch die Einstufüng der Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation nicht ausgeschlossen wird 24. Dem ist im Grundsatz zwar zuzustimmen, jedoch gilt es zu beachten, daß hierdurch dem Substanzträger kein mittelbarer Zwang zur Erfüllung seiner eingegangenen Abtrennungsverpflichtung auferlegt werden darf. Dies wäre mit der Bedeutung des höchstpersönlichen Rechts des Substanzträgers an seinem Körper nicht vereinbar25. Die Abtrennungsverpflichtung ist somit als unvollkommene Verbindlichkeit einzustufen, aus der grundsätzlich keine Ersatzansprüche gegen den Substanzträger abgeleitet werden können, falls dieser die Abtrennung nicht vornimmt26. 22

In diesem Sinne ist wohl auch Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17 zu verstehen, der Verpflichtungsgeschäfte, die auf die künftige Abtrennung von Körperteilen gerichtet sind, in den strengen Grenzen des § 138 BGB für zulässig hält, einen Erfüllungszwang für derartige Verpflichtungen jedoch ablehnt. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 182 f. läßt diese Frage offen. 23 Palandt/Thomas, § 656 BGB, Rdnr. 1. Anders Tress, Organtransplantation, S. 103 ff. und insbesondere 108 ff., der die Anwendbarkeit von § 325 BGB bejaht und die Abtrennungsverpflichtung somit als wirksamen gegenseitigen Vertrag qualifiziert. 24 Staudinger/Engel, § 762 BGB, Rdnr. 8. 25 Vgl. hierzu nur Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 182 ff; Jansen, Blutspende, S. 44 ff.; Carstens, Organtransplantation, S. 63, jeweils m.w.N. Für die Qualifikation der Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation spricht weiter, daß sie kein freies Widerrufsrecht des Substanzträgers erklären muß, da die Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeit ohnehin nicht erzwungen werden kann. 26 Die Qualifikation der Abtrennungsverpflichtung darf jedoch nicht dazu führen, daß die Interessen des Vertragspartners des Substanzträgers völlig außer Acht gelassen werden. Ist dem Vertragspartner ein Schaden entstanden, weil sich der Substanzträger zur Abtrennung von für den Vertragspartner lebenswichtigen, weil sehr seltenen Körpersubstanzen verpflichtet hat, und hat sich der Vertragspartner auf den Vertrag verlassen und sich nicht anderweitig um die Substanzen bemüht, muß das insoweit schutzwürdige Vertrauen des Vertragspartners angemessen berücksichtigt werden.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen ff) Die Vollstreckbarkeit einer Abtrennungsverpflichtung

Sieht man in der Abtrennungsverpflichtung nur eine unvollkommene Verbindlichkeit, kann der Gläubiger diese nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen, da ihm kein erzwingbarer Anspruch gegen den Substanzträger auf Abtrennung zusteht. Im übrigen wird auch die Durchsetzbarkeit einer unwiderruflichen Abtrennungsverpflichtung - falls man sie für zulässig hält - im Wege einer Zwangsvollstreckung unter Berufung auf § 888 II ZPO abgelehnt27. c) Verpflichungsgeschäfte über abzutrennende Körpersubstanzen

Der Substanzträger kann durch den Abschluß eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes im Rahmen seiner privatautonomen Gestaltungsfreiheit eine Verpflichtung begründen, von seinem Körper oder Leichnam abzutrennende oder abgetrennte Körpersubstanzen auf seinen Vertragspartner zu übertragen. Diese schuldrechtliche Verpflichtung ist von der Einwilligung in die Abtrennung und der Verpflichtung zur Abtrennung zu unterscheiden und unterliegt hinsichtlich der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit einer eigenständigen Beurteilung28. d) Verfügungsgeschäfte über abgetrennte Körpersubstanzen

Abgetrennte Körpersubstanzen sind eigentumsfahige Sachen, die im Eigentum des Substanzträgers oder seiner Erben stehen können. Insoweit stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit einer dinglichen Einigung, die menschliche Körpersubstanzen zum Gegenstand hat, sowie die Frage nach der konkreten Ausgestaltung einer Übertragung des Eigentums an Körpersubstanzen. Auch die rechtliche Zulässigkeit von Verfügungsgeschäften über menschliche Kör-

Hier kann nur im Einzelfall unter Abwägung der Vertrauensgesichtspunkte auf der einen Seite und der schutzwürdigen Entscheidungsfreiheit des Substanzträgers auf der anderen Seite entschieden werden, ob der Substanzträger einen Vertrauensschaden ersetzen muß und insoweit dann einem indirekten Zwang zur Abtrennung ausgesetzt ist. Eine umfassende Beurteilung dieser Problematik würde den begrenzten Rahmen dieser Untersuchung sprengen. 27 Vgl. Enneccerus/Nipperdey, AT, § 121 Π 1 FN 21. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang auf § 888 Π ZPO verwiesen, wonach die Vornahme bestimmter höchstpersönlicher Handlungen wie die Eingehung der Ehe oder die Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Vgl. hierzu auch Tress, Organtransplantation, S. 22 f. 28 Im einzelnen zur Wirksamkeit dieser Verpflichtungsgeschäfte unten Π, ΙΠ.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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persubstanzen unterliegt demnach einer gesonderten rechtlichen Beurteilung29. 2. Körpersubstanzen als Gegenstand von Rechtsgeschäften

a) Körpersubstanzen des lebenden Menschen t

Die Verkehrsfähigkeit der menschlichen Körpersubstanzen ist Grundvoraussetzung für eine Kommerzialisierung, denn nichtverkehrsfahige Sachen können nicht Gegenstand von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften sein30. Dies erfordert eine Differenzierung zwischen den vom Körper ungetrennten und davon getrennten Substanzen. Vor der Abtrennung liegt keine Sache vor, weshalb ein auf die Übertragung von mit dem Körper organisch verbundenen Substanzen gerichteter Vertrag nach § 306 BGB nichtig wäre, da der Substanzträger dem Erwerber bei Vertragsschluß kein Eigentum an den veräußerten Körpersubstanzen verschaffen kann. Jedoch kann nach § 308 I BGB die Nichtigkeitsfolge verneint werden, da mit der Trennung vom Körper eine Sache entsteht und die Vertragsleistung damit möglich wird 31. Ein Vertrag über abzutrennende menschliche Körpersubstanzen ist somit nur aufschiebend bedingt durch die Abtrennung zulässig32, wobei diese Bedingung zumindest konkludent vereinbart werden muß. Nach Trennung vom Körper stellen die Substanzen verkehrsfahige Sachen dar, womit sich die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit von Verpflichtungsgeschäften darüber nach den allgemeinen Regeln bestimmt. Die Zulässigkeit der vereinbarten Bedingung setzt dabei voraus, daß das von den Parteien intendierte Rechtsgeschäft wirksam Zustandekommen kann und somit vor allem die Bedingung als solche rechtmäßig ist33. Da der Substanzträger die Abtrennung selbst durchführen oder veranlassen und den Bedingungseintritt damit selbst herbeiführen kann, liegt eine Potestativbedingung vor.

29

Hierzu unten § 8 I (Eigenkommerzialisierung) und § 9 I (Fremdkommerzialisie-

rune). 30

Vgl. MüKo/Holch, §90 BGB, Rdnr. 25; ähnlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 159. 31 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Soergel/Wolf, § 308 BGB, Rdnr. 3; MüKo/Thode, § 308 BGB, Rdnr. 2; Palandt/Heinrichs, § 308 BGB, Rdnr. 1, jeweils m.w.N. 32 In diesem Sinne Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 12; Tress, Organtransplantation, S. 24; Schäfer, Verpflanzung von Körner- und Leichenteilen, S. 59 f.; Jansen, Blutspende, S. 52. Vgl. hierzu Staudinger/Dilcher, Vorbem zu §§ 158 ff BGB, Rdnr. 27; MüKo/H. P. Westermann, § 158 BGB, Rdnr. 48; Palandt/Heinrichs, Einf ν § 158 BGB, Rdnr. 11.

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3. Teil Die Erstkommerzialisieng menschlicher Körpersubstanzen b) Körpersubstanzen des Leichnams

Der Leichnam sowie davon abgetrennte Teile sind nur dann zulässiger Gegenstand von Rechtsgeschäften, wenn es sich dabei um verkehrsfahige Sachen handelt34. Dies hat zunächst zur Folge, daß die Leiche als Ganzes nicht Gegenstand von Rechtsgeschäften sein kann35. Von der Leiche getrennte Substanzen hingegen sind eigentumsfahige Sachen und somit im Prinzip zulässiger Gegenstand von Rechtsgeschäften. Verpflichtüngsgeschäfte über vom Leichnam abzutrennende Körpersubstanzen sind ebenfalls durch die Abtrennung aufschiebend bedingt, § 308 I BGB.

3. Mögliche Vertragsgestaltungen

Die Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen wird durch entsprechende schuldrechtliche Verträge in rechtliche Bahnen gelenkt, denn das Schuldrecht dient der rechtlichen Kanalisierung von privat initiierten Güterbewegungen aller Art 36 . Damit ist der Vertrag das von der Rechtsordnung zur Eigenkommerzialisierung von Wirtschaftsgütern vorgesehene Regelungsinstrumentarium37. Im folgenden ist darzustellen, welche Vertragsgestaltungen bei einer Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen in Frage kommen, wobei die konkrete Vertragsform letztlich als Ausfluß der Privatautonomie vom Willen der Vertragsparteien abhängt38. Dabei ist es im Rahmen dieser begrenzten Untersuchung weder möglich, alle denkbaren Ver34 MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 25; Staudinger/Dilcher, Vorbem zu § 90 BGB, Rdnr. 27 ff. 35 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 90 BGB, Rdnr. 11, wonach Verfügungen über den Leichnam als Ganzes nur zur Durchführung der Bestattung zulässig sind. Verfügungsbefugt sind dabei die Angehörigen im Rahmen ihres Totensorgerechts, vgl. Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 23 m.w.N. Im einzelnen zum Totensorgerecht bereits oben § 4 12 b. 36 Vgl. Esser/Schmidt, SchR AT, § 111; Soergel/Wolf, Vor § 145 BGB, Rdnr. 24. 37 So auch MüKo/Kramer, Einleitung zu §§ 241 - 432 BGB, Rdnr. 1. 38 Zur Privatautonomie vgl. Jauernig/Vollkommer, § 305 BGB, Anm. I 2. Die Bestimmung des jeweils vorliegenden Vertragstypus wird durch die im Bereich des Untersuchungsgegenstandes auch im juristischen Bereich verbreitete Verwendung nichtjuristischer Termini, wie Organ"spende", Blutspende" oder Samen"spende", erschwert. Ebenso Deutsch, Arztrecht, S. 258 und ders., ZRP 1994, S. 179 (180), der es für bezeichnend hält, daß im Hinblick auf Organe des Menschen die Fachbegriffe des Schuld- und Sachenrechts vermieden werden und stattdessen von einer Spende gesprochen wird. Die Verwendung dieser nichtjuristischen Terminologie verleitet mitunter dazu, derartige Handlungen in den außerjuristischen Bereich zu verlagern, was jedoch nicht der Realität entspricht. Vielmehr werden mit der Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen vielfach wirtschaftliche Interessen verbunden, vgl. hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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tragstypen darzustellen, noch können die einzelnen Vertragsinhalte umfassend abgehandelt werden. Für das Ziel dieser Arbeit muß es daher genügen, zunächst die in der Praxis relevanten Vertragsgestaltungen darzustellen und im Rahmen der Untersuchung einzelner Probleme jeweils eine konkrete Vertragsgestaltung zugrundezulegen. a) Körpersubstanzen des lebenden Menschen

aa) Kaufvertrag, Tauschvertrag

Denkbar ist zunächst das Vorliegen eines Kaufvertrages, gerichtet auf die Begründung einer Verpflichtung zur Übergabe und zur Verschaffung des Eigentums an den vom menschlichen Körper getrennten Körpersubstanzen gegen Zahlung eines Kaufjpreises, § 433 I, II BGB. Der Kaufvertrag als das häufigste und wichtigste Umsatzgeschäft mit dem Zweck des Austausches von Gegenständen gegen Geld39 erscheint zunächst als die naheliegendste Vertragsform 40. Falls die Gegenleistung nicht in Geld besteht, wäre ein Tauschvertrag zu prüfen, der gemäß § 515 BGB den Vorschriften des Kaufrechts untersteht. Denkbar sind insoweit Kaufverträge über Haare, die beim Haareschneiden vom Körper getrennt werden und die der Substanzträger an den Frisör verkauft. Weiterhin kann der Substanzträger einen Kaufvertrag über eine bestimmte Menge Blut abschließen und sich dazu verpflichten, das entnommene Blut gegen Bezahlung eines Kaufpreises einem Blutspendedienst zu übertragen. Schließlich wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen der Substanzträger eine bestimmte Menge Sperma an ein Unternehmen der Pharmaindustrie veräußert. bb) Schenkungsvertrag

Eine Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen könnte weiter in Form eines Schenkungsvertrages vorgenommen werden, falls sich der Substanzträger als Schenker zur unentgeltlichen Übertragung des Eigentums an den Körpersubstanzen auf den Beschenkten verpflichtet 41, § 516 I BGB. Der Substanzträger könnte sich dabei unter anderem schuldrechtlich 39

Palandt/Putzo, Einf ν § 433 BGB, Rdnr. 1. Ebenso Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 60; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 9. Zu beachten ist jedoch, daß wegen der Ausgestaltung der Abtrennungsverpflichtung als Naturalobligation in diesen Fällen ein atypischer Kaufvertrag vorliegt. 41 MüKo/Kollhosser, § 516 BGB, Rdnr. 1 ff.; Jauernig/Vollkommer, § 516 BGB, Anm. 1 a. 40

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

dazu verpflichten, eine bestimmte Menge seines Blutes unentgeltlich auf einen Blutspendedienst zu übertragen oder einem Arzt bestimmte Körpersubstanzen, welche im Rahmen einer Untersuchung entnommen worden sind, unentgeltlich zu überlassen. Der Vielfalt der möglichen Vertragsgestaltungen sind auch insoweit kaum Grenzen gesetzt. cc) Sonstige Vertragsgestaltungen

Denkbar wäre ferner, daß der Substanzträger die Nutzung abgetrennter Körpersubstanzen einem Dritten gegen Entgelt42 oder unentgeltlich43 überläßt. Wegen der derzeit noch relativ geringen praktischen Relevanz derartiger Vertragsgestaltungen44 muß im Rahmen dieser Untersuchung auf eine Einzelbeurteilung derartiger Nutzungsüberlassungen verzichtet werden. Im übrigen können aus den zum Kauf- und Schenkungsvertrag gewonnenen Ergebnissen Wertungsparallelen allgemeiner Art zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Überlassung menschlicher Körpersubstanzen hergestellt werden. b) Körpersubstanzen des Leichnams

In bezug auf die vom Leichnam getrennten Substanzen sind grundsätzlich ähnliche Vertragsgestaltungen denkbar wie bei den vom lebenden Körper getrennten Körpersubstanzen. Praktisch relevant und nachfolgend darzustellen sind somit Kauf- sowie Schenkungsverträge über vom Leichnam abzutrennende Körpersubstanzen. aa) Kaufvertrag

Kaufverträge über vom Leichnam getrennte Substanzen sind in verschiedenen Fallgestaltungen denkbar. Zunächst könnte der noch lebende Substanzträger hinsichtlich seiner Körpersubstanzen bindend für den Fall seines Todes einen Kaufvertrag abschließen. Dieser wäre aufschiebend befristet, denn das 42

Denkbar wäre insoweit der Abschluß eines Mietvertrages über Körpersubstanzen. Allgemein zum Mietvertrag Palandt/Putzo, Einf ν § 535 BGB, Rdnr. 1. 43 Zum Leihvertrag vgl. MüKo/Kollhosser, § 598 BGB, Rdnr. 1. 44 Als Beispiel für eine Gebrauchsüberlassung könnte die Überlassung eines aus eigenen Haaren hergestellten Haarteils an einen Dritten zur Nutzung dienen. Die medizinische Entwicklung in diesem Bereich könnte der Nutzungsüberlassung weitere Möglichkeiten eröffnen, vgl. FAZ vom 05.05.1993, Ν 1, wo bei einer gelungenen "Transplantation auf Zeit" einem Patienten vorübergehend ein Stück einer fremden Leber eingepflanzt und nach Erholung des kranken Organes wieder entfernt wurde.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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Ob des Todes des Substanzträgers ist sicher, nur das Wann ist ungewiß45. Denkbar wäre weiter, daß die Erben Teile des Leichnams veräußern. Insoweit wurde jedoch bereits festgestellt, daß den Erben zwar im Fall der Abtrennung ein Aneignungsrecht an den Körpersubstanzen zufallt, sie jedoch keine eigennützige und selbständige Rechtsposition an der Leiche innehaben46. Kaufverträge der Erben über Körpersubstanzen des Leichnams sind somit nicht in den Bereich der Eigenkommerzialisierung einzuordnen, sondern diese verfugen als Nichtberechtigte, womit nach der im Rahmen dieser Untersuchung verwendeten Terminologie eine Fremdkommerzialisierung vorliegt. Gleiches gilt für Kaufverträge der Angehörigen des Verstorbenen, die ebenfalls als Fremdkommerzialisierung anzusehen sind. Als praktisch denkbare Fallkonstellation könnte hier ein möglicher Kaufvertrag des Substanzträgers mit einem Krankenhaus in Betracht kommen, in dem sich der Substanzträger im Angesicht des herannahenden Todes verpflichtet, das Eigentum an bestimmten, aus seiner Leiche zu entnehmenden Körpersubstanzen wie Hirnhaut oder Gehörknöchelchen47 gegen Zahlung eines Kaufpreises auf das Krankenhaus zu übertragen. bb) Schenkungsvertrag

In gleicher Weise wie die vom Leichnam getrennten Substanzen Gegenstand von Kaufverträgen sein können, können sie Gegenstand von Schenkungsverträgen des Substanzträgers für die Zeit nach seinem Tode sein. Auch hier gilt, daß weder die Erben noch die Angehörigen ein eigennütziges Recht an den Körpersubstanzen des Leichnams innehaben und diese demnach nicht verschenken dürfen. Die Angehörigen haben ebenfalls keine eigenständige Rechtsposition an der Leiche und können somit nicht kraft eigenen Rechtes Substanzen der Leiche verschenken oder in einen Eingriff in die Leiche einwilligen, da dies nicht mehr Teil ihres auf den Verstorbenen bezogenen Totensorgerechts wäre. Eine Mitwirkung der Angehörigen bei der Frage nach einer Explantation von Organen aus dem Leichnam muß sich demnach darauf beschränken, bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen mitzuwirken, da die Angehörigen dessen fortwirkendes Persönlichkeitsrecht treuhänderisch bewahren48. Als denkbare Fallgestaltung soll auf die Möglich45

So MüKo/H. P. Westermann, § 163 BGB, Rdnr. 1. Siehe hierzu oben § 4 Π 2 c, 3. 47 Diese Körpersubstanzen haben durchaus einen wirtschaftlichen Wert, wie die Veräußerung derartiger Substanzen durch Angehörige von Krankenhäusern an Pharmaunternehmen belegt, vgl. hierzu Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 48 Anders insoweit Taupitz, EthikMed 1994, S. 38 (39), der eine eigene Rechtsposition der Angehörigen im Rahmen einer Einwilligung in eine Entnahme von Substanzen aus dem Leichnam bejaht und ihnen somit offensichtlich das Recht zuspricht, Substan46

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

keit hingewiesen werden, daß der Substanzträger in Anbetracht seines nahen Todes bestimmte Körpersubstanzen, so etwa eine bestimmte Menge seines Blutes oder seiner Haare, rechtsverbindlich einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person nach seinem Tode unentgeltlich überlassen will. Weiter wäre es möglich, daß der Substanzträger bestimmte Organe, etwa seine Niere, nach seinem Tod dem Krankenhaus, in dem er behandelt wird, unentgeltlich zukommen lassen will. Liegt diesen Vertragsgestaltungen ein Rechtsbindungswille zugrunde, so schließt der Substanzträger in diesen Fällen Schenkungsverträge über Teile seines Leichnam für die Zeit nach seinem Tode ab. II. Verpflichtungsgeschäfte des Substanzträgers über vom lebenden Körper abzutrennende Substanzen

Nachdem die mit Verpflichtungsgeschäften des Substanzträgers über eigene Körpersubstanzen in Zusammenhang stehenden rechtliche Probleme im Überblick dargestellt wurden, soll nun in concreto geprüft werden, ob und in welchem Umfang der Substanzträger schuldrechtliche Rechtsgeschäfte über von seinem Körper abzutrennende Substanzen vornehmen und sich zur Übertragung dieser Substanzen auf seinen Vertragspartner verpflichten kann.

1. Kaufvertrag,,

§ 433 I BGB

Im folgenden wird untersucht, inwieweit der Substanzträger eigene Körpersubstanzen rechtswirksam veräußern kann. So ist denkbar, daß sich der Substanzträger schuldrechtlich dazu verpflichten möchte, eine bestimmte Menge seines Blutes nach Abtrennung vom Körper an einen privaten Blutspendedienst oder einen Arzt gegen Bezahlung eines Kaufjpreises zu übertragen. Neben der Frage nach der inhaltlichen Zulässigkeit dieser Kaufverträge soll insbesondere der Vertragstypus festgelegt sowie auf eine nur beschränkte Geschäftsfähigkeit des Substanzträgers eingegangen werden. a) Festlegung des Vertragstypus, Wirksamkeit des Vertragsschlusses

aa) Festlegung des Vertragstypus

In der hier vorliegenden Fallgestaltung verpflichtet sich der Substanzträger dazu, bestimmte Körpersubstanzen seines Körpers abzutrennen und gegen zen des verstorbenen Rechtsträgers verschenken zu dürfen. Worauf sich diese Rechtsposition der Angehörigen stützt, bleibt bei Taupitz allerdings offen.

§ 7 Eigenkommerzialisieng: Verpflichtngsgeschäfte

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Bezahlung eines Kaufpreises auf den Käufer zu übertragen. Dabei gilt es zu klären, ob eine derartige Vertragsgestaltung als Sachkauf, § 433 1 1 BGB, oder als Rechtskauf, § 433 I 2 BGB, einzustufen ist. Die ausschließlich persönlichkeitsrechtliche Qualifikation des menschlichen Körpers könnte es zunächst nahelegen, Kaufverträge über abzutrennende Körpersubstanzen nicht als Sach-, sondern als Rechtskauf einzuordnen und diese insoweit Immaterialrechtsgütern wie Urheber- oder Lizenzrechten gleichzustellen49. Voraussetzung für eine Qualifikation als Rechtskauf wäre, daß dem Substanzträger vor Abtrennung der Körpersubstanzen daran eine übertragbare Rechtsposition zusteht. Das Bestimmungsrecht des Menschen über seinen Körper ist jedoch Teil seines Persönlichkeitsrechts und untrennbar mit seiner Person verbunden50. Das Recht am Körper ist nicht übertragbar und kann vom Substanzträger auch nicht zum Gegenstand eines RechtskaufVertrages, § 433 I 2 BGB, gemacht werden. Denkbar wäre allerdings, daß sich aus der analogen Anwendung des § 953 BGB auf abgetrennte Körpersubstanzen51 etwas anderes ergibt. Bejaht man dabei eine analoge Anwendung der §§ 953 - 957 BGB, die das rechtliche Schicksal von Erzeugnissen und anderen Bestandteilen einer (Haupt-) Sache regeln, könnte man über eine analoge Anwendung von § 956 1 1,2 BGB zu einem Rechtskauf gelangen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß durch eine vom Substanzträger ausgesprochene bindende Aneignungsgestattung nach § 956 I 1, 2 BGB ein Aneignungs- oder Erwerbsrecht begründet wird, welches bereits vor Abtrennung der Substanzen vom Körper entsteht und von einem (Zweit) Käufer erworben werden könnte. Diese Frage ist umstritten und hängt davon ab, wie der Eigentumserwerb des nach § 956 I 1 BGB obligatorisch Fruchtziehungsberechtigten rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Einigkeit besteht insoweit darüber, daß die Gestattung ein Verfügungsgeschäft darstellt und als solches gegenüber dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrag hier dem Kaufvertrag - abstrakt ist52. Im einzelnen ist jedoch umstritten, welche Rechtsnatur der Gestattung zukommt und inwieweit sie ein selbständig übertragbares Recht darstellt. Von den Anhängern der sog. Erwerbstheorie wird dabei vertreten, daß die Aneignungsgestattung eine einseitige Verfügung darstellt, durch die der Erwerber eine eigene Erwerbsberechtigung erwirbt 53 und der Eigentümer der Hauptsache hierdurch über sein eigenes Fruchter-

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Dies wäre etwa dem Erfinderpersönlichkeitsrecht vergleichbar, bei dem ebenfalls ein Persönlichkeitsrecht von der Person getrennt wird und sich in ein Immaterialrechtsgut umwandelt, vgl. hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 80. 50 Siehe hierzu bereits oben § 3 I. 51 Oben § 3 Π 5 b. Nach der hier vertretenen Ansicht ist ein Eigentumserwerb des Substanzträger durch Ausübung eines Aneignungsrechts abzulehnen, weshalb auch ein Kauf eines solchen Rechts ausscheidet. 52 So MüKo/Quack, § 956 BGB, Rdnr. 4. 53 MüKo/Quack, § 956 BGB, Rdnr. 2.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

werbsrecht verfügt 54. Ist dem Erwerber der Besitz an der Hauptsache überlassen, erhält er ein Anfallrecht, ansonsten ein Aneignungsrecht55. Das Aneignungsrecht soll auch übertragbar sein und könnte somit von einem weiteren Käufer erworben werden56. Dieses dingliche Erwerbsrecht könnte damit Gegenstand eines Rechtskaufvertrages sein, § 433 I 2 BGB, falls der Käufer hierdurch ein bereits entstandenes Aneignungsrecht an den Körpersubstanzen erwerben will. Der BGH hat diese dogmatische Streitfrage bisher ausdrücklich offengelassen 57. Der sog. Erwerbstheorie ist jedoch nicht zu folgen, da auch der Eigentumserwerb im Rahmen einer Aneignungsgestattung einen rechtsgeschäftlichen Erwerb darstellt, der nach den §§ 929 ff. BGB zu beurteilen ist58. Der Eigentumserwerb ist auch bei § 956 1 1,2 BGB auf einen dinglichen Vertrag zurückzuführen und der Gestattende verfugt dabei nicht über sein Fruchtziehungsrecht, sondern über künftige Früchte seiner Sache. Die Gestattung der Aneignung beinhaltet das - durch die Trennung aufschiebend bedingte - Angebot auf Übereignung, welches der Aneignungsberechtigte durch Besitzergreifung konkludent annimmt59. Auch eine analoge Anwendung von § 956 I 1 BGB führt - wenn manrichtigerweise dieser sog. Übertragungstheorie folgt - zu der Annahme eines Sachkaufvertrages, gerichtet auf den Kauf einer künftigen Sache. Gegen die Bejahung eines Rechtskaufes spricht schließlich auch die Überlegung, daß dem die Annahme einer dinglichen und übertragbaren Rechtsposition am Körper zugrunde liegt. Eine Verfügung über ein Fruchtziehungsrecht des Substanzträgers käme jedoch einer zumindest teilweisen Übertragung des Rechts am Körper gleich. Dies und die damit verbundene Begründung eines dinglichen Rechts am Körper des lebenden Menschen wäre mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers nicht vereinbar. Kaufverträge über abzutrennende menschliche Körpersubstanzen sind somit als Sachkaufverträge zu qualifizieren 60. Sie richten sich auf den Kauf einer zukünftigen Sache, was auch durch die Qualifikation des Verpflichtungsgeschäftes als nach § 308 I BGB durch die Entstehung einer Sache aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft zum Ausdruck gebracht wird. 54

In diesem Sinne Staudinger/Gursky, § 956 BGB, Rdnr. 11. Erman/Hefermehl, § 956 BGB, Rdnr. 3. 56 In diesem Sinne Soergel/Mühl, § 956 BGB, Rdnr. 11. Ähnlich wohl Baur/ Stürner, Sachenrecht, § 53 e V 2 c, cc für den Fall des § 956 I 2 BGB. Anders Erman/Hefermehl, § 956 BGB, Rdnr. 3, der in dem Aneignungsrecht nur ein relatives Recht sieht, das allein gegenüber dem Gestattenden wirkt. 57 BGHZ 27, 360 (364 f.). 58 RGRK/Pikart, § 956 BGB, Rdnr. 1. 59 In diesem Sinne Palandt/Bassenge, § 956 BGB, Rdnr. 1. Instruktiv hierzu auch RGZ 78, 35 (36) unter Hinweis auf die Motive zum I. Entwurf des BGB. 60 Ebenso Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 9 ff, 13. 55

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bb) Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes

Voraussetzung für einen wirksamen SachkaufVertrag ist weiter, daß der Kaufgegenstand als die vom Verkäufer geschuldete Leistung hinreichend bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist61. Die erforderliche Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes könnte dann fraglich sein, wenn die Körpersubstanzen bei Vertragsschluß nicht räumlich abgegrenzt sind, sondern erst im Zeitpunkt der Abtrennung konkret bestimmt werden können62. Im schuldrechtlichen Bereich reicht die Bestimmbarkeit aufgrund objektiv gegebener und nachprüfbarer Umstände aus63, im übrigen können über § 315 I BGB oder § 317 I BGB sachgerechte Ergebnisse erzielt werden. Der Substanzträger kann dabei zunächst mit dem Käufer vereinbaren, daß dieser berechtigt sein soll, die vorher nach objektiven Kriterien festgelegte Kaufsache konkret zu bestimmen, § 315 I BGB. Verkauft somit der Substanzträger eine bestimmte Menge Blut an einen Arzt, kann er diesem die Festlegung des Kaufgegenstandes überlassen, die der Arzt dann durch die Entnahme einer bestimmten Menge Blut vornimmt. Ähnliche Konstellationen sind denkbar, wenn die Vertragsparteien einem Dritten die Bestimmung des Kaufgegenstandes überlassen, §317 I BGB: verkauft der Substanzträger eine bestimmte Menge Blut an einen Blutspendedienst, so können die Vertragsparteien die Bestimmung des Kaufgegenstandes einem Arzt überlassen, der die vorher festgelegte Menge Blut aus dem Körper des Substanzträgers entnimmt. cc) Minderjährigkeit

Als eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung von Rechtsgeschäften verlangt die Rechtsordnung die Geschäftsfähigkeit der Vertragsparteien. Insbesondere bei mindeijährigen Substanzträgern erfordert die durch den Eigentumsverlust und den Eingriff in die körperliche Integrität bedingte rechtlich nachteilige Wirkung das Vorliegen einer Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, §§ 107 ff. BGB64. Die Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit, §§ 104 - 113 BGB, sollen den Mindeijährigen vor nachteiligen rechtlichen Folgen aus Rechtsgeschäften schützen, deren Tragweite er möglicherweise nicht erfassen kann. Allerdings dienen die Vorschriften über die be61

Vgl. Palandt/Heinrichs, § 241 BGB, Rdnr. 3. Ein Beispiel für einen erst bei Abtrennung konkretisierten Kaufgegenstand wäre der Verkauf von Blut, wo das vom Substanzträger zu übertragende Blut erst mit der Entnahme aus dem Körper bestimmt wird. 63 Siehe hierzu Staudinger/Schmidt, Einl zu §§ 241 ff BGB, Rdnr. 420. 64 Vgl. hierzu auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 14 ff. Auf Fragen der Geschäftsunfähigkeit, §§ 104, 105 BGB, soll im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen werden. Vgl. hierzu Schoeller, Organspende, S. 74 f. 62

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

schränkte Geschäftsfähigkeit nicht nur der Vermögenssorge, sondern unterfallen auch der Personensorge des gesetzlichen Vertreters für den Mindeijährigen, § 1626 I 1, 2 BGB, wobei die gesetzlichen Vertreter im Rahmen der Erteilung der Einwilligung oder Genehmigung nach §§ 107, 108 I BGB auch Erziehungsaufgaben erfüllen 65. Nachfolgend ist zu untersuchen, in welchem Umfang eine Einwilligung oder Genehmigung der gesetzlichen Vertreter möglich ist, falls der Mindeijährige einen Kaufvertrag über von seinem Körper abzutrennende Körpersubstanzen abschließt. Die Entscheidung der gesetzlichen Vertreter steht dabei in einem Spannungsfeld zwischen Vermögensund Personensorge. Einerseits soll der Mindeijährige an das Wirtschaftsleben herangeführt werden, weshalb ihm eine gewisse Betätigungsfreiheit im Hinblick auf den Abschluß von Rechtsgeschäften zugestanden werden muß. Auf der anderen Seite ist der Mindeijährige vor rechtlich nachteiligen Folgen seines rechtsgeschäftlichen Handelns zu schützen, sein körperliches Wohl ist zu bewahren und die gesetzlichen Vertreter sollen den Mindeijährigen durch ihre Einwilligung im Rahmen ihrer erzieherischen Vorstellungen zu einer verantwortungsvollen Teilnahme am Rechtsverkehr anleiten66. Innerhalb dieses Spannungsfeldes ist zu entscheiden, ob die gesetzlichen Vertreter im Einzelfall die Einwilligung erteilen können oder nicht. Geht man dabei zunächst vom Vorliegen eines Kaufvertrages aus, ist die Genehmigung nach §§ 1626, 1629 BGB insoweit Teil der Vermögenssorgepflicht für das Kind67. Eine vormundschaftliche Genehmigung ist aufgrund der §§ 1629 II 1, 1795, 1643 i.V.m. 1821, 1822 BGB nicht erforderlich. In der Literatur wird hierzu die Ansicht vertreten, eine Entscheidung der Sorgeberechtigten zugunsten einer Abtrennung sei generell unzulässig, da infolge der medizinischen Risiken die Einwilligung immer einen Mißbrauch des Sorgerechts darstelle und die Einwilligung dem Mindeijährigen ein Opfer zugunsten Dritter auferlege 68. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die vom lebenden menschlichen Körper getrennten Substanzen als Sachen qualifiziert werden und die Genehmigung der gesetzlichen Vertreter insoweit zumindest auch Teil ihres Vermögenssorgerechts für das Kind ist. Ferner liegt nicht in jedem Fall eine Umgehung des Mindeijährigenschutzes vor 69, da die Körpersubstanzen als zukünftige Sachen Teil der Vermögenssphäre des Minderjährigen sind und er für die Veräußerung seiner Körpersubstanzen eine Ge65

Instruktiv insoweit MüKo/Gitter, Vor § 104 BGB, Rdnr. 3. Vgl. Soergel/Hefermehl, § 106 BGB, Rdnr. 1 zur ratio legis der §§ 107 ff. BGB. 67 Zur Vermögenssorge vgl. Palandt/Diederichsen, § 1626 BGB, Rdnr. 16 f. 68 So Carstens, Organtransplantation, S. 38 (allerdings primär aus strafrechtlicher Sicht); ebenso Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 15 und Tress, Organtransplantation, S. 34. 69 Dies befürchten Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 15 f. und Tress, Organtransplantation, S. 34 f. 66

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genleistung in Form des Kaufjpreises erhält. Die Genehmigung der gesetzlichen Vertreter ist somit Teil ihrer Vermögenssorge für das mindeijährige Kind 70 . Im Rahmen der Ausübung der Vermögensfürsorge hat der gesetzliche Vertreter zu gewährleisten, daß der Mindeijährige durch seine altersbedingte Unerfahrenheit beim Abschluß von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen keinen Vermögensnachteil erleidet71. Neben der Vermögensfürsorge ist bei der Erteilung der Einwilligung nach § 107 BGB jedoch gleichzeitig zu berücksichtigen, daß sich der Mindeijährige auch verpflichtet, bestimmte Körpersubstanzen von seinem Körper abzutrennen und somit auch dazu, einen bestimmten Eingriff in seinen Körper zu dulden. Neben seiner Vermögenssphäre wird also gleichzeitig seine körperliche Integrität berührt, womit der Sorge des gesetzlichen Vertreters um das körperliche Wohl des Kindes eine entscheidende Bedeutung zukommt. Im Rahmen seiner Personensorge obliegt dem gesetzlichen Vertreter deshalb die Entscheidung darüber, ob der mit der Durchführung des vom Mindeijährigen abgeschlossenen Vertrages verbundene Eingriff in dessen körperliches Wohlbefinden mit der Fürsorge vereinbar ist, die er dem ihm anvertrauten Kind schuldet. Neben ihrer Erziehungsaufgabe kommt der Fürsorge der Eltern für das leibliche Wohl der Kinder im Rahmen der Personensorge große Bedeutung zu 72 . Die Eltern als gesetzliche Vertreter müssen somit im Rahmen der Personensorge, §§ 1626, 1629 BGB, entscheiden, ob die mit dem abgeschlossenen Kaufvertrag verbundene Beeinträchtigung der körperlichen Integrität hinnehmbar und mit ihrem Erziehungsstil vereinbar ist und ob der fragliche Kaufvertrag für die Entwicklung des in ihrer Obhut stehenden Mindeijährigen forderlich ist. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nach § 107 BGB ist in dem hier dargestellten Kontext somit in einem Überschneidungsbereich von Personen· und Vermögenssorge angesiedelt. Demzufolge können keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden, sondern die Einwilligung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller hierfür relevanten Umstände zu erteilen. Im Rahmen dieser Untersuchung können dabei lediglich einige Hinweise für die Entscheidung gegeben werden. Zunächst gilt es zu berücksichtigen, daß die Einsichtsfahigkeit des Mindeijährigen nach § 1626 II 1 BGB im Rahmen der elterlichen Sorge einzubeziehen ist und es dem Mindeijährigen nicht generell verwehrt werden kann, Kaufverträge über eigene Körpersubstanzen abzu70

Zu den Anforderungen an die Genehmigung nach den §§ 107, 108 I BGB im Rahmen der elterlichen Sorgepflicht vgl. MüKo/Gitter, § 107 BGB, Rdnr. 21 ff., 23, Soergel/Hefermehl, § 107 BGB, Rdnr. 15. 71 Vgl. insoweit Soergel/Hefermehl, § 107 BGB, Rdnr. 1 zum Schutzzweck des § 107 BGB. 72 Instruktiv hierzu MüKo/Hinz, § 1626 BGB, Rdnr. 33. 7 Rolf Müller

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

schließen73. Diese auch im Rahmen der Personensorge zu respektierende Betätigungsfreiheit des Mindeijährigen in bezug auf eine Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsleben findet jedoch in der Fürsorge der Eltern für die körperliche Entwicklung des Kindes ihre Grenze. Sind mit der Abtrennung der verkauften Körpersubstanzen nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität verbunden oder veräußert der Mindeijährige Körpersubstanzen, die nicht ohne eine gewisse Gesundheitsbeeinträchtigung vom Körper getrennt werden können74, so überlagert die Personensorge die Vermögensinteressen des Kindes und eine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter ist zu verweigern. Auch macht § 1666 I 1 BGB deutlich, daß das Kindeswohl der Ausübung der elterlichen Sorge Grenzen setzt. Schließlich ist zu bedenken, daß die Eltern ihr Kind im Rahmen ihrer Personensorge zu verantwortungsbewußtem Handeln erziehen sollen. Rechtsgeschäfte des Minderjährigen, durch die er sich um eines bloßen materiellen Vorteils willen körperlichen Gefahren aussetzt, sind nicht Ausdruck eines verantwortungsbewußten Handelns und nicht einwilligungs- oder genehmigungsfähig. Die Einwilligung nach § 107 BGB kann im Interesse des Kindeswohls selbst bei einsichtigen Mindeijährigen somit allenfalls dann erteilt werden, wenn damit nur geringfügige Beeinträchtigungen des körperlichen Wohls des Kindes verbunden sind. b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit ist Ausfluß der liberalen Rechts- und Wirtschaftsordnung 75 und ein Grundprinzip des Bürgerlichen Gesetzbuches. Im Rahmen der Gestaltungsfreiheit steht es den Parteien dabei grundsätzlich frei, den Inhalt der von ihnen geschlossenen Verträge nach Belieben zu be-

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Anders wohl Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 15. Gegen eine Entscheidung der Eltern über die Abtrennung (allerdings primär aus strafrechtlicher Sicht) auch Carstens, Organtransplantation, S. 36 ff., 40, der die Genehmigung einer neutralen Instanz zuweisen will. 74 Eine nur geringfügige Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens läge beim Verkauf von Haaren vor. Bereits die Veräußerung von regenerierbaren Körpersubstanzen wie Blut stößt jedoch auf erhebliche Bedenken, da damit ein nicht unerheblicher Eingriff in die körperliche Integrität und mitunter auch erhebliche Infektionsrisiken verbunden sind. Diese Fälle sind keine abschließende Aufzählung, sondern sollen nur exemplarisch darauf hinweisen, das hier nach Art und Umfang des Eingriffs und in bezug auf die konkret entnommenen Körpersubstanzen differenziert werden muß. Auch die Veräußerung von Sperma ist in diesem Zusammenhang nicht unproblematisch. 75 MüKo/Kramer, Vor § 145 BGB, Rdnr. 2; Soergel/Wolf, Vor § 145 BGB, Rdnr. 19.

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stimmen76. Die Vertragsfreiheit gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern unterliegt den Schranken der Rechtsordnung77. Im folgenden ist zu untersuchen, ob und inwieweit die Rechtsordnung den Abschluß von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen beschränkt. Hierbei soll geprüft werden, ob derartige Kaufverträge gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, § 134 BGB, oder sittenwidrig sind, § 138 BGB 7 8 .

aa) § 134 BGB Ein Vertrag über den Kauf menschlicher Körpersubstanzen ist nach § 134 BGB nichtig, falls die Rechtsordnung einem theoretisch denkbaren Rechtsgeschäft wegen seines Inhalts oder der Umstände seines Zustandekommens insoweit a priori die Wirksamkeit versagt 79. Ein generelles Verbotsgesetz in bezug auf die Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen existiert dabei de lege lata in Deutschland - anders als in einigen ausländischen Staaten 8 0 - derzeit nicht 81 . Somit ist im Einzelfall zu entscheiden, ob Gesetze nach 76 Vgl. nur Erman/Hefermehl, Vor § 145 BGB, Rdnr. 16; MüKo/Kramer, Vor § 145 BGB, Rdnr. 18 ff; Jauernig/Vollkommer, § 305 BGB, Anm. 12 a, jeweils m.w.N. 77 Staudinger/Dilcher, Einl zu §§ 104 - 185 BGB, Rdnr. 10; Palandt/Heinrichs, Einl ν §241 BGB, Rdnr. 5. 78 Auch MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 17 und Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 14 ff, 16 sehen in § 138 I BGB die rechtliche Grenze von Rechtsgeschäften über menschliche Körperteile. Gegen eine ausschließliche Beurteilung als Problem der Sittenwidrigkeit wenden sich zu Recht Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 53 mit dem Hinweis auf mögliche vertragliche Beschränkungen der Kommerzialisierung. Dieser berechtigte Einwand wird im Rahmen dieser Untersuchung bei der Fremdkommerzialisierung relevant. 79 Erman/Brox, § 134 BGB, Rdnr. 1; Palandt/Heinrichs, § 134 BGB, Rdnr. 1; Medicus, AT, Rdnr. 647. 80 So ist es in Großbritannien strafbar, Zahlungen für zu transplantierende Organe zu leisten oder zu empfangen. In einigen weiteren europäischen Staaten sollen Strafvorschriften in Kraft sein, die den Handel mit Organen oder Organteilen strafrechtlich sanktionieren, vgl. Recht vom 17.07.1994, S. 1. Zu rechtsvergleichenden Hinweisen auf ausländische Verbotsgesetze vgl. unten § 18 ΙΠ. 81 Zur Gesetzeslage in Deutschland im Bereich der Transplantation sowie des Organhandels siehe unten 7. Teil. Während nach dem Musterentwurf der Bundesländer für ein Transplantationsgesetz kein Kommerzialisierungsverbot ausgesprochen werden soll, ist geplant, durch einen neuen § 298 StGB den Handel mit Organen, Organteilen und Geweben durch ein Strafgesetz zu verbieten. Diese neue Gesetzesnorm soll nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich entgeltliche Rechtsgeschäfte mit Organen, Organteilen und Geweben verbieten und wäre insoweit wohl als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB zu beurteilen, da sich das Verbot gegen beide Vertragspartner richten soll. Zum Anwendungs- und Geltungsbereich der Transplantations-VO-DDR, die ein Verbot der Entgeltzahlung fur die Organspende vorsah, vgl. unten § 18 Π.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

ihrem Sinn und Zweck eine Nichtigkeit der untersuchungsrelevanten Rechtsgeschäfte anordnen wollen oder nicht82. Seit dem 01.01.1991 ist dabei ein Teilbereich der kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen durch das ESchG gesetzlich geregelt83. § 2 ESchG verbietet die mißbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen und dabei vor allem die Veräußerung sowie den nicht der Erhaltung des Embryos dienenden Erwerb. Nach der ratio legis dieser Vorschrift soll die Kommerzialisierung von Embryonen in Form eines Warenhandels mit menschlichem Leben pönalisiert werden, da ein derartiges Vorgehen als mit der Menschenwürde nicht vereinbar angesehen wird 84. Dabei wird das ESchG überwiegend als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB angesehen und hierbei auf den Verbotscharakter des Gesetzes abgestellt85. Einschränkungen in der Anwendbarkeit des § 134 BGB sollen sich allein aus dem tatbestandlichen Zuschnitt des ESchG ergeben86. Dem ist zunächst insoweit beizupflichten, als der strafrechtliche Charakter einer Bestimmung in der Tat ein Indiz für die Qualifizierung als Verbotsgesetz ist87. Allerdings wird einer generellen Anwendung des § 134 BGB mit Recht entgegengehalten, dies werde der Vielgestaltigkeit der vertraglichen Beziehungen nicht immer gerecht88. Vielmehr ist auch im Anwendungsbereich des ESchG eine differenzierte Betrachtungsweise angezeigt und im Einzelfall zu prüfen, ob der Schutzzweck des Gesetzes die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit erfordert 89. Bei einer einseitigen Gesetzesübertretung ist demnach nur in Ausnahmefallen die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB angemessen90, wohingegen ein Verstoß gegen ein für beide Vertragsparteien geltendes Verbot in der Regel 82 BGHZ 108, 364 (368); Jauernig/Jauernig, § 134 BGB, Anm. 3 d; vgl. auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 30, der allein die §§ 109 StGB, 17 WStG als Verbotsgesetze im untersuchungsrelevanten Bereich ansehen will. 83 Embryonenschutzgesetz vom 13.12.1990, BGBl. I, S. 2746. 84 So Keller/Günther/Kaiser, § 2 ESchG, Rdnr. 25 ff., insbesondere zur gesetzgeberischen Intention des ESchG. Kommerzialisierung wird hier - anders als im Rahmen dieser Untersuchung - als gewinnorientiertes Handeln verstanden. 85 In diesem Sinne Deutsch, NJW 1991, S. 721 (723); Coester-Waltjen, FamRZ 1992, S. 369 (371). 86 So Coester-Waltjen, FamRZ 1992, S. 369 (371) unter Hinweis auf Ersatzmutterschaft und Embryonenspende, welche nicht unter § 134 BGB fallen sollen. Ebenso Deutsch, NJW 1991, S. 721 (723). 87 Vgl. hierzu MüKo/Mayer-Maly, § 134 BGB, Rdnr. 47. 88 So Vieweg, FS Stree/Wessels, S. 981 (985 ff.). Auch Soergel/Hefermehl, § 134 BGB, Rdnr. 23 spricht sich gegen eine pauschale Anwendung des § 134 BGB bei Strafgesetzen aus. 89 Vgl. hierzu Vieweg, FS Stree/Wessels, S. 981 (986 f.) unter Hinweis auf die differenzierte Rechtsprechung des BGH zu Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Aus dieser Rechtsprechung vgl. BGHZ 85, 39 (43 ff.); 89, 369 (372 f.). 90 Nämlich nur dann, wenn dies für den Schutz des betreffenden Vertragspartners notwendig ist, vgl. BGHZ 78, 269 (271).

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zur Nichtigkeit nach § 134 BGB fuhrt. Für die hier zu beurteilenden Fallgestaltungen gilt, daß § 2 I ESchG sowohl die Veräußerung wie auch den Erwerb von Embryonen untersagt, womit das Verbot an beide Vertragsparteien eines Kaufvertrages über Embryonen adressiert ist. Auch die differenzierte Betrachtungsweise führt somit in diesem Fall zur Nichtigkeit nach § 134 BGB 91 . Abschließend bleibt zu prüfen, ob auch Verfassungsgrundsätze und hierbei insbesondere Grundrechte Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB darstellen. Dies erlangt dann Relevanz, wenn der Verkauf von Körpersubstanzen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verstößt92, womit ein Verstoß gegen Verfassungsrecht vorläge. Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB greift jedoch nur ein, wenn das durch Art. 1 I, 2 I GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht eine unmittelbar wirksame Verbotsschranke für das rechtsgeschäftliche Handeln der Staatsbürger untereinander darstellt93. Dies wird bei Verfassungsregeln mitunter generell verneint, da es insoweit an der für § 134 BGB notwendigen hinreichenden Konkretisierung fehle 94. Andere wiederum sehen in Verfassungsnormen wegen ihrer Höherrangigkeit grundsätzlich Verbotsgesetze95 und sprechen so zumindest einigen besonders bedeutsamen Grundrechten unmittelbare Rechtswirkungen im Privatrecht zu 96 . Die Qualifizierung als Verbotsgesetz ist somit untrennbar mit der Frage nach der Anerkennung einer unmittelbaren Drittwirkung von Grundrechten im Bereich des Privatrechts verbunden97. Da den Grundrechten jedoch aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte als Abwehrrechte gegen den Staat in dem von der Privatautonomie der Parteien geprägten Privatrecht keine unmittelbare Geltung zukommt, sondern sie nur mittelbar als Ausdruck einer grundlegenden Wertordnung bei der Anwendung und Auslegung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften wirken98, kann ihnen im Rahmen des § 134 BGB nicht der Rang eines allgemeinen Verbotsgesetzes zuerkannt werden, da dies zu einer unmittelbaren Geltung im Privatrecht führen würde. Ferner ist aus systematischen Gründen, insbesondere im Hinblick auf mögliche Abgrenzungsprobleme zu 91

Vgl. hierzu Vieweg, FS Stree/Wessels, S. 981 (987); Jauernig/Jauernig, § 134 BGB, Anm. 3 d, cc und BGH, NJW 1986, S. 1104 (1104), jeweils zur Nichtigkeitsfolge bei einem Verbot, das sich an beide Vertragspartner wendet. 92 So z.B. Tress, Organtransplantation, S. 40 ff. Im einzelnen dazu sogleich unten bb). 93 So Soergel/Hefermehl, § 134 BGB, Rdnr. 7. 94 Vgl. Staudinger/Dilcher, § 134 BGB, Rdnr. 12. 95 Unklar insoweit MüKo/Mayer-Maly, § 134 BGB, Rdnr. 33. 96 So Art. 3 Π GG im Bereich der Lohngleichheit, vgl. BAGE 1, 258 (260 f.); auch Art.l I, 2 I GG sollen zu den besonders bedeutsamen Grundrechten zählen, vgl. Soergel/Hefermehl, § 134 BGB, Rdnr. 7 FN 3. 97 Im Vorgehen ebenso Soergel/Hefermehl, § 134 BGB, Rdnr. 7. 98 Zur Anwendbarkeit der Grundrechte im Privatrecht bereits oben § 2.

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§ 138 I BGB, von einer zurückhaltenden Beurteilung der Anwendbarkeit der Grundrechte im Bereich des § 134 BGB" und davon auszugehen, daß die Grundrechte trotz ihrer unstreitigen Bedeutung für unsere Rechtsgemeinschaft im Zivilrecht nur im Bereich der Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts ihre Wirkung entfalten können100. Eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte als Verbotsgesetze im Rahmen des § 134 BGB ist somit abzulehnen, weshalb die Veräußerung menschlicher Körpersubstanzen allein im Fall des Handels mit Embryonen nach den §§ 2 ESchG, 134 BGB nichtig ist. bb) § 1381 BGB

Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit Kaufverträge des Substanzträgers über eigene Körpersubstanzen nach § 138 I BGB nichtig sind. Eine Nichtigkeit der hier untersuchten Kaufverträge nach § 138 II BGB bemißt sich nach den allgemeinen Vorschriften, weshalb das Fordern eines wucherisch hohen Entgelts ebenfalls zur Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages führen kann 101 . Wegen des engen tatbestandlichen Zuschnitts ist § 138 II BGB jedoch von nur geringer praktischer Bedeutung102. Aus diesem Grund soll im Rahmen dieser Untersuchung auf eine detaillierte Erörterung insoweit verzichtet werden. Soweit § 138 II BGB jedoch allgemeine Wertungen zu entnehmen sind, was vor allem in bezug auf ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung der Fall sein kann, werden diese bei der Beurteilung im Rahmen des § 138 I BGB aufgenommen. ( 1 ) Ratio und Inhalt des § 138 I BGB

§ 138 I BGB dient dazu, die Privatautonomie im Interesse der Allgemeinheit einzuschränken, indem Rechtsgeschäften die Geltung versagt wird, die für die Rechtsgemeinschaft unerträglich sind, weil sie von ihren sittlichen Grundlagen abweichen103. Hierdurch wird eine äußerste Grenze der rechtsgeschäftli99

So MüKo/Mayer-Maly, § 134 BGB, Rdnr. 33, der sonst ein Übermaß an Nichtigkeit befürchtet. 100 Allgemeine Ansicht, vgl. nur BVerfGE 7, 198 (206); MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 132; Soergel/Wolf, Vor § 145 BGB, Rdnr. 47; Palandt/Heinrichs, § 134 BGB, Rdnr. 4. Zu Canaris, AcP 184, S. 201 (222 ff.), der sich gegen eine Vereinseitigung der mittelbaren Drittwirkung auf zivilrechtliche Generalklauseln ausspricht, bereits oben § 2. Auch Canaris würde eine unmittelbare Drittwirkung bei § 134 BGB ablehnen, da dies über die reine Berücksichtigung bei der Auslegung einfachen Rechts hinausgeht. 101 Vgl. hierzu Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72. 102 Ebenso Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 65. 103 Vgl. hierzu nur MüKo/Mayer-Maly, § 138 BGB, Rdnr. 1; Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 1; Jauernig/Jauernig, § 138 BGB, Anm. 1 a; Erman/Brox, § 138 BGB, Rdnr. 1.

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chen Privatautonomie gesetzt, die Ausfluß des Gebots der Selbstachtung des Rechts ist 104 . Maßstab sind dabei nach der gesetzlichen Intention die guten Sitten als Minimum einer gemeinsamen Wertung der Rechtsgemeinschaft105. Trotz der nicht zu leugnenden Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs der guten Sitten106 und den damit verbundenen Anwendungsproblemen107 ist § 138 I BGB in der Zivilrechtsordnung ein nicht wegzudenkendes Instrument zur inhaltlichen Kontrolle von Rechtsgeschäften. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes nach § 138 I BGB erfordert dabei objektiv einen sittenwidrigen Gesamtcharakter des Rechtsgeschäftes, der sich aus Inhalt, Beweggrund und Zweck ergibt 108. Ein Bewußtsein der Sittenwidrigkeit bei den am Rechtsgeschäft Beteiligten ist hingegen nicht notwendig. Im subjektiven Bereich genügt vielmehr die Kenntnis der Parteien in bezug auf die Einzelumstände, die das Rechtsgeschäft als objektiv sittenwidrig erscheinen lassen109. Der Maßstab der guten Sitten in der allgemein eingebürgerten Form des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden110 dient dabei als Entscheidungskriterium für die vorzunehmende Einzelfallbeurteilung, ob bei Zugrundelegung des Durchschnittsmaßstabs der herrschenden Rechts- und Sozialmoral im betroffenen Verkehrskreis 111 Kaufverträge über Körpersubstanzen allgemein mißbilligt werden. Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß es insoweit auf die allgemeine Rechts- und Sozialmoral ankommt, da von derartigen Kaufverträgen alle Menschen in gleicher Weise betroffen sein können112. Nachfolgend ist zu untersuchen, ob ein billig und gerecht denkender Durchschnittsmensch Kaufverträge über menschliche Körpersubstanzen sittlich mißbilligt113. Hierzu soll zunächst geprüft werden, wie Kaufverträge über einzelne Arten von menschlichen Körpersubstanzen rechtlich beurteilt werden. Hieran an104 105

Ähnlich Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 1. Vgl. Erman/Brox, § 138 BGB, Rdnr. 30; MüKo/Mayer-Maly, § 138 BGB, Rdnr.

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Hierzu Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 2; Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 12; Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 4. 107 Für viele Larenz, AT, § 22 m a; Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 12 ff. 108 So Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 13; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, § 138 BGB, Rdnr. 25; BGHZ 86, 82 (89). 109 Vgl. Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 31 ff.; BGHZ 23, 184 (194). Eine differenzierte Betrachtungsweise ist jedoch angezeigt, wenn das Rechtsgeschäft nicht bereits aufgrund seines Gesamtcharakters objektiv sittenwidrig ist. Ausführlich hierzu Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 15. 110 Vgl. hierzu RGZ 80, 219 (221); BGHZ 10, 228 (232); 69, 295 (297); MüKo/Mayer-Maly, § 138 BGB, Rdnr. 12; Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 4; Jauernig/Jauernig, § 138 BGB, Anm. 2. 111 Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 2; BGHZ 10, 228 (232). 112 So auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 16. 113 Erman/Brox, § 138 BGB, Rdnr. 30; Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 4; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, § 138 BGB, Rdnr. 21.

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schließend wird der Versuch unternommen, aus diesen Einzelbeurteilungen die entscheidungsrelevanten Parameter herauszuarbeiten und hierdurch allgemeingültige Aussagen über die rechtliche Zulässigkeit von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen zu treffen. Die Erarbeitung der einzelnen Entscheidungsparameter ist notwendig, da die Einstufung eines Rechtsgeschäftes als sittenwidrig eine Wertungsentscheidung ist, bei der im konkreten Einzelfall verschiedene Wertungselemente mitwirken können114. (2) Die Beurteilung von Kaufverträgen über einzelne Arten von Körpersubstanzen im Schrifttum im Hinblick auf § 1381 BGB

Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der guten Sitten ist eine Gesamtbetrachtung des betreffenden Rechtsgeschäftes vorzunehmen115. Um eine Einordnung in den Gesamtkontext der rechtsethischen Gesinnung der Allgemeinheit zu ermöglichen, ist als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe zunächst danach zu fragen, wie in der Rechtswirklichkeit Kaufverträge über eigene Körpersubstanzen im Hinblick auf das allgemeine Sitten- und Moralgefühl eingestuft werden. (a) Haare, Fingernägel

Der Verkauf von Haaren, welche vom menschlichen Körper abgetrennt worden sind, ist in der Rechtswirklichkeit weit verbreitet und wird in keiner Weise als anstößig problematisiert116, vielmehr allgemein als zulässig angesehen. Hieraus ist zu entnehmen, daß derartige Rechtsgeschäfte moralisch nicht mißbilligt werden, weshalb eine Sittenwidrigkeit zu verneinen ist. Auf der gleichen Stufe wie Haare werden häufig Finger- oder Fußnägel sowie Nierensteine1 1 7 genannt.

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Anschaulich hierzu Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 8, der von einem beweglichen Zusammenspiel einzelner Bestimmungselemente spricht. Anders z.B. Laufs, Arztrecht, Rdnr. 286: die guten Sitten verletzt, wer Teile des menschlichen Körpers zum Gegenstand von Rechtsgeschäften macht. 115 Vgl. nur MüKo/Mayer-Maly, § 138 BGB, Rdnr. 16; Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 12; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, § 138 BGB, Rdnr. 25 ff., insb. 28; Jauernig/Jauernig, § 138 BGB, Anm. 3. 116 So Deutsch, Arztrecht, S. 254. 117 Vgl. Soergel/Mühl, § 90 BGB, Rdnr. 4 bei der Beurteilung der Sachqualität menschlicher Körpersubstanzen.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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(b) Placenta

Der bis Anfang der achtziger Jahre relativ weit verbreitete Verkauf von Placenta durch Krankenhäuser an Unternehmen der Pharmaindustrie118 wird wegen der damals einsetzenden Kritik heute - falls überhaupt - nur noch heimlich durchgeführt. Die Frage nach einem Verstoß gegen das allgemeine Sittengefühl ist aus diesem Grund nur schwer zu beantworten, da die Allgemeinheit von derartigen Vorfällen nur sehr eingeschränkt Kenntnis hat. In der Rechtsliteratur wird die Veräußerung von Placenta als zulässig angesehen119, da es sich dabei um ein Abfallprodukt des Menschen handelt. (c) Blut, Sperma, Haut

Die Gewährungfinanzieller Gegenleistungen für die Hingabe von Blut an private Blutspendedienste ist ein relativ häufig anzutreffender Vorgang in der Rechtswirklichkeit und soll die Bedarfslücke an transfundierbarem Blut schließen120. Der "Blutspende" vergleichbar ist die Abgabe von Sperma121 oder Muttermilch122, jeweils gegen Gewährung einer finanziellen Gegenleistung. Vor allem im Bereich der entgeltlichen Abgabe von Blut und Sperma hat sich durch die bereits seit langem vorherrschende Praxis der Hingabe dieser Körpersubstanzen durch den Substanzträger gegen Zahlung eines Entgelts auch ein "Marktpreis" herausgebildet123. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung derartiger Formen der Eigenkommerzialisierung ist zunächst die unbezahlte Eigenspende auszugrenzen, die der Substanzträger für eine spätere Ver118 Siehe hierzu zunächst oben § 1 ΙΠ. Heute wird Placenta nach telefonischer Auskunft von Fr. Peters vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie am 11.02.1993 gegenüber dem Verfasser bei der Herstellung von Medikamenten nicht mehr verwendet. Die gleiche Auskunft erhielt der Verfasser in einem Telefonat mit H. Rettinger vom Bundesverband für Kosmetika, Körperpflege und Waschmittel am 12.02.1993 in bezug auf die Verwendung von Placenta bei der Produktion von Kosmetika. Vom Verfasser am 30.03.1993 versandte schriftliche Auskunftsersuchen blieben unbeantwortet. 119 So die Stellungnahme bei Deutsch, Arztrecht, S. 256. 120 Vgl. Tress, Organtransplantation, S. 39; Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 25. 121 So Deutsch, Arztrecht, S. 215, der auf mögliche Verwendungen im Rahmen einer künstlichen Insemination hinweist. 122 Zu sog. Ammenverträgen vgl. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 175. 123 Nach Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174 soll der Preis 1985 pro Einheit Blut bei DM 40,- gelegen haben. Infolge der allgemein üblichen entgeltlichen Abgabe von Blut durch den Substanzträger erscheint es gerechtfertigt, von einem Marktpreis zu sprechen, obwohl die Verwendung betriebswirtschaftlicher Termini in Zusammenhang mit menschlichen Körpersubstanzen befremdet.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

wendung an sich selbst abgibt124. Diese Fallgestaltung ist nicht als sittenwidrig einzustufen, da das Blut hier nicht zum Gegenstand des Rechtsverkehrs gemacht wird, sondern im Rahmen einer Zwischenlagerung für die Behebung einer möglichen zukünftigen Bedarfssituation beim Substanzträger dienen soll. Die Frage der rechtlichen Beurteilung einer Hingabe von Blut gegen Gewährung einer finanziellen Gegenleistung hingegen ist umstritten. Vereinzelt wird die Abgabe von Blut gegen Bezahlung generell als sittenwidrig angesehen, da hierdurch ein unzulässiges Gewinnstreben mit Körpersubstanzen verbunden werde 125. Häufiger anzutreffen ist die Argumentation, bei der Gegenleistung handele es sich um keinen Kaufpreis, sondern um eine vertraglich vereinbarte Entschädigung als Ausgleich für Zeitaufwand und Arbeitsausfall des Blutspenders126. Honoriert werden soll damit nicht die Überlassung der Körpersubstanzen, sondern die freiwillige Duldung der Abtrennung und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für den Substanzträger127. Ein über die reine Aufwandsentschädigung hinausgehendes Entgelt hingegen soll der Funktion des menschlichen Körpers als Mittel zur Verwirklichung des Personenwertes widersprechen und aus diesem Grunde sittenwidrig sein 128 , im übrigen sei die Bezahlung eines Kaufpreises vom "Spender" auch nicht gewollt 129 . Andere halten dem jedoch mit Recht entgegen, dies widerspreche der Realität, da es dem Spender bei Hingabe seines Blutes in vielen Fällen sehr wohl auf die Gewährung einer finanziellen Gegenleistung ankomme130. Gegen eine generelle Sittenwidrigkeit des Verkaufs von Blut spricht, daß infolge der jahrelang praktizierten entgeltlichen Abgabe dies von der Bevölkerung gebilligt wird, weshalb nicht von einem Verstoß gegen das Rechtsgefühl aller 124

Diese ist insbesondere in Form der Eigenblutspende weit verbreitet. Im angloamerikanischen Bereich basiert auch das staatlich organisierte "Blutversicherungssystem" primär auf der Eigenblutspende, vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 10. Rechtlich ähnlich gelagert ist die Eigensamenspende, vgl. hierzu den Sachverhalt der Entscheidung BGH, NJW 1994, S. 127 (127). 125 So Tress, Organtransplantation, S. 43, wonach der Verkauf von Körperbestandteilen mit den Grundprinzipien der Rechtsordnung nicht vereinbar sein soll. Tress hält dies allerdings nicht konsequent durch, wenn er auf S. 98 davon ausgeht, daß es nicht sittenwidrig und damit bedenkenfrei ist, durch die Gewährung einer finanziellen Gegenleistung Anreize für den Spender zu schaffen. 126 So ausführlich Jansen, Blutspende, S. 53 ff. 127 Jansen, Blutspende, S. 54 f. spricht von einer sog. Anerkennungsprämie. 128 Vgl. Jansen, Blutspende, S. 53. Ähnlich Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 60 f. 129 Jansen, Blutspende, S. 55. 130 Tress, Organtransplantation, S. 39. Ähnlich Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 25; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174 und Taupitz, Kommerzialisierung, S. 71.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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billig und gerecht Denkenden ausgegangen werden kann 131 . Auch ist gegen eine generelle Einstufung als sittenwidrig anzuführen, daß die Gewährung finanzieller Anreize dazu beitragen kann, die bestehende Bedarfslücke bei Bluttransfusionen zu schließen und dies ein sittlich billigenswertes Motiv darstellt132. Weiter entsteht hierdurch keine dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigung für den Substanzträger133. Der Blutspende verwandt ist die entgeltliche Abgabe von Sperma134. Die Stellungnahmen hierzu in der Rechtsliteratur gehen davon aus, daß die Samenspende mit der Blutspende vergleichbar ist 135 . Auch hier wird die Bezahlung eines Entgeltes als zulässig angesehen, da die langjährige Praxis - ebenso wie bei der entgeltlichen Abgabe von Blut - zu keinen sittlichen Bedenken in der Bevölkerung geführt hat 136 . Ferner wird mit Recht angenommen, daß für die Hingabe von menschlicher Haut die gleiche rechtliche Beurteilung gelten soll wie für die Blutspende, da auch hier regenerierbare Körpersubstanzen abgegeben werden und keine dauernde Gesundheitsbeeinträchtigung entsteht137.

(d) Organe

Im Bereich des Transplantationswesens besteht ein Bedürfnis für eine ausreichende Versorgung mit Spenderorganen, um diese bedürftigen Empfängern implantieren zu können. Auch hier werden finanzielle Anreize für das Spenden von Organen weithin als unentbehrlich angesehen138. Als Organe sollen in diesem Zusammenhang alle herkömmlicherweise als innere Organe bezeichneten menschlichen Körperteile verstanden werden139. Dabei bereitet die rechtliche Qualifikation derartiger Sachverhalte Schwierigkeiten, da insoweit

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So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 196. Ebenso Hirsch/ Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 10 und Taupitz, Kommerzialisierung, S. 71. Instruktiv sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen von Schoeller, Organspende, S. 137 f., die darlegt, daß eine ökonomische Nutzung des eigenen Körpers gesellschaftlich in weitem Umfang akzeptiert wird. 132 In diesem Sinne Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 25. 133 Hierauf stellt Tress, Organtransplantation, S. 41 f. ab. 134 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 196. 135 Vgl. MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21 (zur Sachqualifikation abgetrennter menschlicher Körperteile). 136 So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 196. 137 Tress, Organtransplantation, S. 41 f. 138 Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 28 f.; Carstens, Organtransplantation, S. 72 f.; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 196. 139 Hierunter fallen somit z.B. Herz, Lunge, Niere, Leber, Augen. Anders Deutsch, ZRP 1994, S. 179 (179 f.), der auch Haut, Blut, Knochen und Sperma als Organe ansehen will.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

rechtlich nicht faßbare Urängste der Menschheit durchbrechen140. Die Veräußerung von lebensnotwendigen Körperorganen wird dabei allgemein als sittenwidrig eingestuft, da der Mensch hierdurch einen mit ihm und seiner Persönlichkeit untrennbar verbundenen Teil verkaufe 141. Im übrigen herrscht jedoch in bezug auf die weitere rechtliche Beurteilung Streit. Vereinzelt wird der Verkauf von Körperorganen generell als sittenwidrig angesehen, da Körper und körperliche Kräfte dem Menschen vom Schöpfer verliehen worden seien, um diese aktiv zu benutzen und nicht dazu, rein passiv einen schäbigen Gewinn dafür zu erhalten142. Die Sittenwidrigkeit wird auch damit begründet, daß der veräußernde Substanzträger nicht karitativ handle, indem er ein Essentiale seines Körpers des Geldes wegen verkaufe 143. Weiter wird argumentiert, die Zulässigkeit einer Bezahlung führe zu einer ungerechten Verteilung von Lebens- und Gesundheitschancen, da der reichere Empfanger begünstigt werde 144. Überwiegend wird jedoch zutreffenderweise eine differenzierte Beurteilung vorgenommen und die Gewährung eines Entgeltes für nicht lebensnotwendige Organe im Regelfall als zulässig angesehen145. Dabei werden teilweise die zur Blutspende erarbeiteten Ergebnisse entsprechend angewendet und die finanzielle Gegenleistung nicht als Kaufpreis, sondern als Aufwandsentschädigung qualifiziert 146. In dieser Aufwandsentschädigung sollen sämtliche Unkosten und möglicherweise auch eine Prämie an den Spender für das von ihm eingegangene Risiko beinhaltet sein. Andere wiederum qualifizieren das gezahlte Entgelt zu Recht als Kaufpreis - was letztlich auch dem Willen der Parteien entspricht - und bejahen die Zulässigkeit eines Entgelts für die Hingabe dieser Körpersubstanzen, da allein die Gewährung einer finanziellen Gegenleistung für die Hingabe des Organs sittlich nicht allgemein mißbilligt wird. Lediglich das Fordern eines unangemessen hohen Kaufpreises wird dabei als sittenwidrig eingestuft, da dies dem im Gesundheitswesen vorherr-

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So Deutsch, Arztrecht, S. 258, der auf Menschenopfer und kirchlichen Bann gegen eine Sektion hinweist. Zu den Reaktionen der Öffentlichkeit auf den Organverkauf siehe auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 7. 141 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197; Tress, Organtransplantation, S. 39 ff ; Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61; Carstens, Organtransplantation, S. 79; ähnlich Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72. Unklar insoweit Bieler, JR 1976, S. 224 (228). 142 So Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61. 143 Kohlhaas, NJW 1971, S. 1870 (1872). 144 So Carstens, Organtransplantation, S. 72; ähnlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 188. 145 Siehe dazu nur Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 196 ff , Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 28 f. 146 Vgl. Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 60; unklar insoweit Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 28 f., der von einer finanziellen Honorierung und nicht von einem Kaufpreis spricht.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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sehenden Gedanken der Gleichheit aller Patienten widerspricht 147. Die Gefahren für eine gerechte Gesundheitsverteilung durch die uneingeschränkte Anwendung der Regeln des freien Marktes sollen durch eine Preisregulierung über von den Krankenkassen festgesetzte Preise vermieden werden 148 . Im Ergebnis wird überwiegend die Ansicht vertreten, eine Sittenwidrigkeit beim Verkauf von Körperorganen sei nur in Extremfallen anzunehmen149.

(e) Embryonen Der Verkauf von Embryonen ist kraft Gesetzes nach § 2 I ESchG verboten und entsprechende Verträge sind nach § 134 BGB nichtig 150 . Fraglich ist jedoch, ob dieser Gesetzesverstoß bereits per se einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 I BGB darstellt. Ein derartiger Automatismus ist zu verneinen, denn ein Rechtsgeschäft ist nicht allein wegen seiner Gesetzeswidrigkeit zwangsläufig auch sittenwidrig. Vielmehr gibt es zahlreiche Rechtsnormen, die nur aus Zweckmäßigkeitsgründen erlassen worden sind und keine sittliche Wertung zum Ausdruck bringen 151 . Beide Tatbestände können vielmehr nebeneinander erfüllt sein 152 . Folglich ist zu prüfen, ob in

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So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. Ähnlich Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72. 148 Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 28 f. , Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. 149 So auch Carstens, Organtransplantation, S. 68 ff., 71. Schoeller, Organspende, S. 53 wendet sich gegen eine pauschale Beurteilung der Sittenwidrigkeit, da diese von verschiedenen Faktoren abhängt, sieht jedoch Tendenzen, die darauf hindeuten, daß ein Organ-Kaufvertrag von einem deutschen Gericht aller Wahrscheinlichkeit nach als sittenwidrig eingestuft würde. Eine Bestätigung dieser Vermutung Schoellers kann im Urteil des SG Lüneburg, NJW 1994, S. 1614 (1615 f.) gesehen werden, in dem die Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse bei einer entgeltlichen Organspende im Ausland u.a. mit dem Argument verneint wurde, daß die Kommerzialisierung der Organspende sittenwidrig sei. Als Hauptargumente für die Sittenwidrigkeit eines Kaufvertrages über eine Niere führt das Gericht ethisch-moralische Gründe an sowie die Gefahr, daß durch den kommerzialisierten Organhandel eine Relativierung der medizinischen Indikation durch finanzielle Gesichtspunkte auftreten könnte. Das LSG Niedersachsen hat im Berufungsverfahren das Urteil bestätigt und ausgeführt, daß der Verkauf einer Niere durch einen lebenden Spender gegen die ethischen Wertentscheidungen des Grundgesetzes verstoße und deshalb sittenwidrig sei. Hierzu bereits oben Π 1 b, aa. 151 Siehe dazu Soergel/Hefermehl, § 138 BGB, Rdnr. 63; im Ergebnis ebenso Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 121. So Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 121. Im einzelnen ist das Verhältnis von § 134 BGB und § 138 BGB umstritten: für einen Vorrang des § 134 BGB spricht sich Mayer-Maly aus, ders., MüKo, § 138 BGB, Rdnr. 4; im Ergebnis wohl ebenso

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

dem Verbotsgesetz des § 2 I ESchG eine sittliche Wertung ausgedrückt wird oder ob es sich dabei um eine reine Ordnungsvorschrift handelt. Die Frage ist dahingehend zu beantworten, daß die gesetzliche Wertung hier zum Ausdruck bringt, der Handel mit Embryonen verstoße gegen die geltende Moral- und Sittenauffassung 153. Für den Bereich des ESchG gilt folglich, daß die gesetzliche Wertung der §§ 2 ESchG, 134 BGB auch im Rahmen der "boni mores" in § 138 I BGB zu beachten ist. Der Verkauf von Embryonen verstößt gegen die guten Sitten. Diese sittliche Bewertung umfaßt nicht nur die Mißbilligung des Verkaufs abzutrennender Feten, sondern auch die Veräußerung abgestoßener Feten154. Aus der Sittenwidrigkeit eines Kaufvertrages über Embryonen könnte sich eine allgemeine Wertung dahingehend ableiten lassen, daß auch der Verkauf menschlicher Körpersubstanzen generell sittenwidrig ist. Ob das ESchG Wertungen allgemeiner Art enthält, bestimmt sich nach der dem ESchG zugrunde liegenden gesetzgeberischen Intention. Eine Verallgemeinerbarkeit setzt dabei voraus, daß die zu vergleichenden Sachverhalte auch vergleichbar sind. Dem Verbot des § 2 I ESchG, der die Veräußerung von Embryonen verbietet, liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, daß der Mensch in seiner Würde verletzt ist, wenn er wie eine Ware behandelt wird. Dies soll auch am Beginn seiner Existenz gelten, da er hierdurch zum Objekt fremdnütziger Zwecke gemacht wird 155 . Hieraus wird deutlich, daß das Verbot des § 2 I ESchG auf der Überlegung aufbaut, daß mit dem Menschen als individueller Persönlichkeit kein Handel getrieben und dieser nicht wie eine bloße Ware behandelt werden darf, denn dies ist mit seiner Würde als Mensch, Art. 1 I GG, nicht vereinbar. Der Embryo genießt insoweit einen Sonderstatus und kann nicht mit Körpersubstanzen gleichgestellt werden. Als werdender Mensch ist er bereits in seiner Entstehungsphase der individuellen Persönlichkeit im Hinblick auf den Schutz der Menschenwürde gleichzustellen156. Aus dieser gesetzgeberischen Intention wird deutlich, daß die in § 2 I ESchG enthaltene sittliche Wertung nicht auf abgetrennte oder abzutrennende Körpersubstanzen übertragbar ist, denn diese verkörpern gerade nicht den Menschen als Ganzes. Vielmehr sind sie nach der Trennung vom Körper als Sachen BGH, NJW 1983, S. 868 (869 f.). Für eine Gleichrangigkeit von § 134 BGB und § 138 BGB plädiert mit Recht Dilcher in Staudinger/Dilcher, § 138 BGB, Rdnr. 106. 153 So Keller/Günther/Kaiser, § 2 ESchG, Rdnr. 5, 25 ff., insb. zur Intention des Gesetzgebers. 154 In diesem Sinne wohl auch Taupitz, AcP 191, S. 201 (212). 155 Keller/Günther/Kaiser, § 2 ESchG, Rdnr. 5. 156 Vgl. oben § 5 I. Der Embryo kann nicht mit Körpersubstanzen gleichgestellt werden, denn er verkörpert den Menschen als individuelle Persönlichkeit. Ihn mit Körpersubstanzen wie Haaren oder Blut auf eine Stufe zu stellen käme gerade einer groben Mißachtung der Vorwirkungen seiner Menschenwürde gleich.

§ 7 Eigenkommerzialisieng: Verpflichtngsgeschäfte

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einzustufen, die weit weniger intensiv mit der Persönlichkeit des Substanzträgers verbunden sind als während ihrer räumlich - gegenständlichen Eingliederung in den Körper 157. Aus der Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Verkaufes von Embryonen können folglich keine allgemeingültigen Aussagen in bezug auf den Abschluß von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen abgeleitet werden. (0 Zellen Der bereits mehrfach erwähnte Fall "John Moore" hat deutlich gemacht, daß einzelne menschliche Zellen einen wirtschaftlich teilweise erheblichen Wert verkörpern können158. Als Konsequenz hieraus muß in Betracht gezogen werden, daß auch menschliche Zellen zum Gegenstand von Kaufverträgen gemacht werden159. Soweit in der Rechtsliteratur bisher zum Verkauf menschlicher Zellen Stellung genommen wurde, wird die Veräußerung teilweise als zulässig angesehen160, während andere den Verkauf von Keimzellen als sittenwidrig einstufen, da ihnen als Träger des Lebens kein Vermögenswert zugesprochen werden könne und eine Veräußerung ethisch nicht zu rechtfertigen sei 161 . Einer generellen sittlichen Mißbilligung steht jedoch die grundsätzliche Gleichstellung auch der Keimzellen mit anderen Körpersubstanzen entgegen. Keimzpllen werden somit ebenfalls mit der Trennung vom Körper zu eigentumsfahigen Sachen, so daß sich auch hier die Frage nach einer Sittenwidrigkeit der Veräußerung nur im konkreten Einzelfall beurteilen läßt.

(3) Parameter zur Entscheidungsfindung im Einzelfall

Die Darstellung der rechtlichen Beurteilung von Kaufverträgen über einzelne Arten menschlicher Körpersubstanzen im rechtswissenschaftlichen Schrifttum hat deutlich gemacht, daß jeweils im Einzelfall unter Anwendung verschiedener Argumentationsmuster eine Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB 157

Instruktiv hierzu Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 98: schon nach natürlicher Auffassung besteht ein Unterschied zwischen dem "Gesamtorganismus Mensch" und den davon gelösten Körperteilen. Der "Gesamtorganismus Mensch" ist unauflöslich mit der Menschenwürde und dem Persönlichkeitsrecht verknüpft, während davon abgetrennte Körperteile zwar persönlichkeitsrechtlich gebunden bleiben, jedoch mit deutlich geringerer Intensität. 158 Vgl. hierzu Taupitz, VersR 1991, S. 369 (369 ff.) zum Fall "John Moore". 159 Zum wirtschaftlichen Wert vgl. die Ausführungen von Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 15 zu den goldenen Zellen des "John Moore". 160 So wohl Taupitz, Kommerzialisierung, S. 68. 161 In diesem Sinne Britting, Postmortale Insemination, S. 102 f.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

bejaht oder verneint wurde. Nachfolgend soll der Versuch unternommen werden, die dabei jeweils vertretenen Argumentationslinien herauszufinden, zu ordnen und die der Argumentation zugrunde liegende sittliche Wertung herauszufiltern, um hierauf aufbauend generelle Aussagen über die rechtliche Zulässigkeit von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen treffen zu können. (a) Position / Lage am Körper

Häufig wird danach gefragt, ob es sich bei den veräußerten Körpersubstanzen um rein äußerliche Körperteile des Menschen handelt oder ob sie sich im Inneren des Menschen befinden. Hierzu wird die Ansicht vertreten, daß die äußeren Körperteile des Menschen einer Veräußerung grundsätzlich zugänglich sein sollen162. Dem liegt die Wertung zugrunde, daß äußere Körperteile eine weniger intensive Beziehung zur Persönlichkeit des Menschen haben, mit der Folge, daß es nicht gegen das allgemeine Sitten- und Anstandsgefühl verstößt, derartige rein äußerliche Substanzen zu veräußern. (b) Art der Trennung vom Körper

Vereinzelt wird differenziert, auf welche Art und Weise die Substanzen vom menschlichen Körper getrennt werden. Geschieht die Trennung auf natürliche Art und Weise, werden die Körpersubstanzen als Abfallprodukte des menschlichen Körpers angesehen163. Derartige Substanzen wie Kot, Urin, Speichel oder Placenta sollen zum Gegenstand von Kaufverträgen gemacht werden können164. Auch in dieser Differenzierung kommt die Wertung zum Ausdruck, daß die auf natürliche Art und Weise vom Körper getrennten Substanzen eine weniger intensive Beziehung zur Person aufweisen. Weiter wird durch diese Einschätzung ausgedrückt, daß diese Substanzen von untergeordneter Bedeutung für die Funktionsabläufe des menschlichen Körpers sind und somit einer Veräußerung eher zugänglich sein sollen. Demgegenüber wären somit Substanzen, die nur infolge einer Einwirkung von außen vom menschlichen Körper getrennt werden und dauerhaft in die Funktionsabläufe des Gesamtorganismus integriert sind, einer Eigenkommerzialisierung durch einen Kaufvertrag im Zweifel nicht zugänglich. Dabei sind nicht nur sofort auftre162

S. 254.

Tress, Organtransplantation, S. 43; ähnlich wohl auch Deutsch, Arztrecht,

163 Und zwar unabhängig von einem diesen Körpersubstanzen möglicherweise zukommenden wirtschaftlichen Wert, so bei der Verwendung von Urin zur Umgehung von Doping-Kontrollen. 164 Deutsch, Arztrecht, S. 255 f.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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tende Gesundheitsschäden zu berücksichtigen, sondern auch spätere Folgen, die nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf jedenfalls nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung stehen und mit einer lünreichenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind165. (c) Reproduzierbarkeit

Ein vielfach verwendeter Parameter ist der Umstand, ob die betreffenden Körpersubstanzen auf natürliche Art und Weise und ohne Probleme vom menschlichen Körper reproduziert werden können oder ob es sich um einmalige, nicht ersetzbare Substanzen handelt166. Nicht reproduzierbare Substanzen sollen für die Funktion des menschlichen Körpers somit von größerer Bedeutung sein. Eine entgeltliche Veräußerung wird als Verkauf der eigenen Gesundheit angesehen, wodurch der Substanzträger seiner Bestimmung als Mensch untreu werde und sich sittenwidrig verhalte167. Die hieraus zu entnehmende Wertung ist die, daß der Abschluß von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen zu keinen schädlichen Gesundheitsfolgen für den Substanzträger führen darf. (d) Funktion für den Körper

Weit verbreitet ist ferner die Unterscheidung, ob die veräußerten Substanzen im Körper eine spezielle Funktion ausüben oder nicht168. Als Körperteile mit speziellen Körperfunktionen werden dabei überwiegend innere Organe, wie Gehirn, Herz, Lunge und Niere angesehen169, während hiervon Zellen und 165

Exemplarisch sei hier auf den Fall der Veräußerung einer Niere hingewiesen: der Substanzträger könnte zwar mit einer Niere zunächst ohne weiteres weiterleben; jedoch ist zu erwarten, daß im Laufe der Zeit durch die Überbelastung der verbleibenden Niere oder bei einer späteren Erkrankung des verbleibenden Organs nachteilige gesundheitliche Folgen für den Substanzträger auftreten werden. 166 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 175; Taupitz, Kommerzialisierung, S. 71. Ähnlich Tress, Organtransplantation, S. 42, der den Begriff der Regenierbarkeit verwendet, welcher inhaltlich mit der Reproduzierbarkeit übereinstimmt. In die gleiche Richtung geht auch Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61, wenn er auf die Heilkräfte des menschlichen Körpers abstellt. 167 Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. 168 Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61; Ebenso Tress, Organtransplantation, S. 42, der auf den Gesundheitszustand abstellen will. Ähnlich Carstens, Organtransplantation, S. 79 f. und Schünemann, Rechte am menschlichen Köiper, S. 197. Laufs, Arztrecht, Rdnr. 271 ff., insbesondere 274 FN 35. 8 Rolf Müller

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Gewebe unterschieden werden170. Allerdings bleibt die dieser Unterscheidung zugrundeliegende Wertung bei den Autoren im Unklaren; nur vereinzelt wird darauf hingewiesen, daß bestimmte Körperteile durch ihre Funktion eine besonders enge Bindung an die Persönlichkeit des Menschen aufweisen 171. Letztlich liegt wohl eher eine Wertung dahin vor, daß Organe eine besonders wichtige Bedeutung für den menschlichen Körper haben und eine Trennung gegen Entgelt aus diesem Grunde nicht zulässig sein soll. (e) Verkörperung der Identität des Menschen

Als weitere Determinante wird vereinzelt darauf abgestellt, ob die Körpersubstanzen die Identität des Menschen in besonderer Art und Weise verkörpern 172 . Dies soll bei Sperma173 oder bei Keimzellen174 der Fall sein. Die Persönlichkeit und Individualität des Menschen soll sich in besonderer Weise in diesen Substanzen manifestieren, wobei dies nicht biologisch - chemisch beurteilt werden kann, sondern durch die Rechtsordnung in wertender Betrachtung zu entscheiden ist 175 . Aus dem besonders engen Bezug zur Persönlichkeit wird gefolgert, daß diese Substanzen nicht beliebig verfügbar sind, vor allem nicht beliebig vervielfältigt oder auf andere Menschen übertragen werden dürfen 176. Untersagt werden spezifische Verfügungen darüber oder einzelne Behandlungsmodalitäten177. Hieraus kann die Wertung abgeleitet werden, daß eine besonders intensive Bindung der Körpersubstanzen an die Persönlichkeit des Substanzträgers eher für die Sittenwidrigkeit eines Kaufvertrages spricht.

170

So Laufs, Arztrecht, Rdnr. 274 FN 34, der hierzu Blut, Knochen und Hornhaut

zählt.

171

zung.

In diesem Sinne Laufs, Arztrecht, Rdnr. 274 FN 36 zur KeimdrüsenVerpflan-

172 Vgl. Taupitz, AcP 191, S. 201 (213); ähnlich Laufs, Arztrecht, Rdnr. 274, wenn er auf das abstellt, was das Wesen des Individiums ausmacht. 173 Taupitz, AcP 191, S. 201 (213). 174 Britting, Postmortale Insemination, S. 102 f. 175 So Taupitz, AcP 191, S. 201 (213). 176 Taupitz, AcP 191, S. 201 (213). Ebenso (zur Transplantation) Laufs, Arztrecht, Rdnr. 274, FN 36. 177 Taupitz, AcP 191, S. 201 (213) will danach differenzieren, ob der konkrete Zugriff auf die Substanz gerade die personale Individualität betrifft.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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(f) Höhe des Entgeltes

Neben der bereits dargestellten Kontroverse in bezug auf die Qualifikation des Entgelts als Kaufpreis 178 wird eine unangemessen hohe Bezahlung der Körpersubstanzen als Indiz fur eine Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts angesehen179. Je höher der gezahlte Kaufpreis, desto eher soll ein Verstoß gegen die allgemeine Sittenordnung vorliegen180. Umgekehrt soll aber auch und gerade dann, wenn für die Hingabe der Körpersubstanzen ein vergleichsweise geringes Entgelt gezahlt wird, eine höhere Herabwürdigung des Menschen zum Handelsobjekt vorliegen181. Beiden Sichtweisen liegen unterschiedliche Wertungen zugrunde. Ein Abstellen auf ein allzu hohes Entgelt soll die Mißbräuche des Marktes verhindern und einen unwürdigen Handel mit Organen unterbinden, weshalb ein ungezügeltes Gewinnstreben im Zusammenhang mit Körpersubstanzen mit dem Verdikt der Sittenwidrigkeit versehen wird 182 . Einer Einstufung als sittenwidrig bei zu niedrigem Entgelt liegt wohl die Einschätzung zugrunde, die Würde des Menschen erfordere gerade eine "angemessene" Bezahlung des Substanzträgers183. Beiden Ansichten gemeinsam ist jedoch die Grundwertung, daß die besondere personale Würde des Substanzträgers bei der Veräußerung von Körpersubstanzen im Rahmen der Gesamtumstände des Rechtsgeschäftes zu berücksichtigen ist 184 . (g) Zweck der Veräußerung

Vereinzelt wird danach differenziert, welcher Zweck mit der Veräußerung der Körpersubstanzen verbunden wird. Handelt es sich dabei um einen sittlich 178

Vgl. hierzu Jansen, Blutspende, S. 46 ff. in bezug auf die Einordnung des Entgelts für eine Blutspende als Kaufpreis oder als Aufwandsentschädigung und oben b, bb

c >· Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. Ähnlich Carstens, Organtransplantation, S. 73. Ab wann eine Unangemessenheit zu bejahen ist, bleibt allerdings im Dunkeln. Im Zweifel wird wohl von einem relativ niedrigen Substanzwert der Körpersubstanzen auszugehen und eine Unangemessenheit beim Doppelten des Substanzwertes zu bejahen sein. Im einzelnen führt dies jedoch zu Abgrenzungsproblemen und Überschneidungen mit § 138 Π BGB, der die Festlegung eines unangemessen hohen Kaufpreises unter bewußter Ausnutzung einer Zwangslage des Substanzträgers erfaßt. 180 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. 181 So Taupitz, Kommerzialisierung, S. 67 f. zum Verkauf des gesamten menschlichen Körpers gegen ein vergleichsweise geringes Entgelt. 182 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197. 183 So Taupitz, Kommerzialisierung, S. 67 f., der den Gedanken allerdings nicht weiter ausführt. 184 Taupitz, Kommerzialisierung, S. 67 f.

l ß7 9) ( 1

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

hochstehenden Zweck, soll eine Sittenwidrigkeit eher zu verneinen sein als bei einer Abgabe aus anstößigen oder profanen wirtschaftlichen Gründen185. Auch dem liegt die Wertung zugrunde, daß die Gesamtumstände des Rechtsgeschäftes zu berücksichtigen sind. (h) Seltenheit der Körpersubstanzen

Schließlich wird auch die Häufigkeit oder Einzigartigkeit menschlicher Körpersubstanzen in die Entscheidung über die Sittenwidrigkeit mit einbezogen 186 . Dabei soll die Hingabe einer einzigartigen Substanz gegen ein hohes Entgelt im Zweifel sittlich nicht zu mißbilligen sein187, da hierbei die personale Würde des Menschen offensichtlich weniger stark beeinträchtigt wird als bei Abgabe gewöhnlicher Körpersubstanzen gegen Bezahlung eines angemessenen Marktpreises. Dem kann wiederum entnommen werden, daß eine Würdigung der Gesamtumstände unter angemessener Berücksichtigung der personalen Würde des Substanzträgers vorzunehmen ist. (4) Zusammenfassung, eigene Meinung

Die Erarbeitung der einzelnen Entscheidungsparameter hat gezeigt, daß insoweit jedenfalls teilweise unterschiedliche Wertungsebenen vorliegen, so daß durch die ausschließliche Verwendung einzelner Determinanten keine sachgerechten Aussagen allgemeingültiger Art getroffen werden können. Allerdings wurde auch deutlich, daß die Vielzahl der einzelnen Parameter - die wegen der Vielschichtigkeit der denkbaren Sachverhalte auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können - auf drei verschiedene Argumentationsmuster reduziert werden kann. Zunächst ist die Intensität der Bindung der Körpersubstanzen an die Persönlichkeit des Substanzträgers von Relevanz. Je intensiver dieser personale Bezug, desto eher ist die Sittenwidrigkeit zu bejahen. Weiter ist auf die Bedeutung der abzutrennenden Körpersubstanzen für den Gesamtorganismus abzustellen. Sind sie Voraussetzung für die Funktionsfahigkeit des Körpers und führt ihre Abtrennung zu irreparablen Schäden am Menschen, liegt eher eine sittenwidrige Veräußerung vor. Schließlich sind auch die Gesamtumstände der Veräußerung zu beachten: hier gilt es vor al185

Taupitz, Kommerzialisierung, S. 67 f. stuft die medizinische Forschung als sittlich hochstehend und die Abgabe für die Verarbeitung zu Schönheitspräparaten als anstößig ein. Ähnlich Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 28 f.: auch beim Verkauf von Körperorganen können sittlich hochstehende Zwecke verfolgt werden. 186 So Taupitz, AcP 191, S. 201 (216). 187 Taupitz, Kommerzialisierung, S. 67 f.; ders., AcP 191, S. 201 (216), jeweils zu den "goldenen Zellen des John Moore".

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lem, den vom Substanzträger mit der Veräußerung verfolgten Zweck zu berücksichtigen; weiter die Höhe des Entgelts sowie die Verwendung der veräußerten Körpersubstanzen durch den Käufer, wobei die personale Würde des Menschen im Rahmen der Gesamtumstände des Kaufvertrages ihre angemessene Berücksichtigung finden muß. Trotz ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung liegt den dargestellten Argumentationsmustern die gemeinsame Grundwertung zugrunde, daß die Veräußerung menschlicher Körpersubstanzen die Menschenwürde des Substanzträgers nicht verletzen darf: die Menschenwürde ist insoweit der kleinste gemeinsame Nenner, quasi ein ethisches Wertungsminimum aller Argumentationslinien188 und im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu berücksichtigen. Jedenfalls im Bereich der Generalklauseln des bürgerlichen Rechts und somit auch bei der Prüfung des § 138 I BGB ist die Menschenwürde als prägender Teil der objektiven Wertordnung des GG zu beachten189. Die Anwendung der einzelnen Parameter und der ihnen zugrunde liegenden Argumentationslinien kann jedoch nur eine erste Orientierungshilfe für die Antwort auf die Frage sein, ob die Veräußerung eigener Körpersubstanzen mit dem allgemeinen Sittengefühl vereinbar ist. Für die jeweils vorzunehmende Einzelfallbeurteilung sollen zunächst einige wesentliche Aspekte hierfür dargestellt werden, bevor die Sittenwidrigkeit von Kaufverträgen über einzelne Arten von Körpersubstanzen untersucht wird. Zunächst ist zu bedenken, daß nicht jede Verknüpfung wirtschaftlicher Interessen mit dem menschlichen Körper sittlich mißbilligt wird. Vielmehr eröffnen sich insoweit vielfaltige Verwendungsmöglichkeiten, wobei hier exemplarisch nur auf das Modellstehen bei Porträtaufnahmen und die Tätigkeit als Proband bei medizinischen Versuchen - jeweils gegen Entgelt - hingewiesen werden soll 190 . Letztlich basiert das gesamte Gesundheitswesen auf der Grundmaxime, daß mit dem Gesundheitsdienst am Mitmenschen ebenso wirtschaftliche Interessen und Gewinnstreben verbunden werden dürfen wie in der pharmazeutischen Industrie bei der Herstellung medizinischer Präparate und Medikamente. Die Verknüpfung finanzieller Interessen mit dem menschlichen

188

Zur Menschenwürde bereits oben § 2. Grundlegend hierzu BVerGE 7, 198 (206); vgl. auch v. Münch in v. Münch/ Kunig, GG-K, Vorb. Art. 1-19 GG, Rdnr. 31. Im einzelnen zur mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte bereits oben § 2. 190 Ebenso Schoeller, Organspende, S. 137 f. im Rahmen der Erörterungen über die Zulässigkeit entgeltlicher Organspenden. Schoeller fUhrt aus, daß eine ökonomische Nutzung des eigenen Körpres, auch unter Inkaufnahme hoher Risiken, gesellschaftlich akzeptiert ist und weist insoweit auf die Tätigkeit von Fotomodellen sowie den "Verkauf' von Fußballspielern und die Tätigkeit als Proband hin. 189

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Körper ist somit nicht in jedem Fall sittlich zu mißbilligen, ähnlich wie auch der behandelnde Arzt in sein Entgelt eine Gewinnspanne einkalkulieren darf. Weiter ist zu bedenken, daß die Sittenwidrigkeit der zu untersuchenden Kaufverträge nicht einseitig auf den entgeltlichen Charakter des Rechtsgeschäftes reduziert werden kann. Der Verkauf von eigenen Körpersubstanzen kann vielmehr neben der Entgeltlichkeit verschiedene weitere Begleitmotive, auf Käufer- wie auf Verkäuferseite, beinhalten, die jeweils mit zu berücksichtigen sind. Der Umstand der Entgeltlichkeit kann an Bedeutung verlieren, wenn mit dem Verkauf zugleich altruistische Ziele verfolgt werden, so wenn der Substanzträger eine bestimmte Menge seines Blutes, das sein Vertragspartner aus gesundheitlichen Gründen dringend benötigt, verkauft, um den Gesundungsprozeß des Käufers zu fordern 191. Schließlich kann mit der Veräußerung eigener Körpersubstanzen auch ein Nutzen für die Allgemeinheit verbunden sein. Durch den Verkauf menschlicher Körpersubstanzen könnten andere gesellschaftliche Mißstände beseitigt oder zumindest gemildert werden. Dabei sei auf die allgemeine Diskussion um die Zulässigkeit von Tierversuchen hingewiesen. Diese werden in weitem Umgang vorgenommen, um Experimente an menschlichen Körpersubstanzen entbehrlich zu machen. Durch die Zulässigkeit eines Verkaufs von Körpersubstanzen könnte die Menge verfügbarer menschlicher Körpersubstanzen erhöht und Tierversuche, die ebenfalls nur eine eingeschränkte gesellschaftliche Akzeptanz finden, zum Teil entbehrlich werden. Damit soll jedoch keine Wertung zwischen Mensch und Tier vorgenommen, sondern lediglich der mögliche allgemeine Nutzen einer Zulässigkeit von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen aufgezeigt werden. Dieser denkbare positive Effekt, der mit dem Anreiz eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes verbunden sein kann, könnte jedoch durch die Dynamik der wissenschaftlich-technischen Entwicklung wiederum gegenstandslos gemacht werden. So ist denkbar, daß der häufig für eine Zulässigkeit von Organ-Kaufverträgen angeführte Mangel an verfügbaren Organen, den man durch finanzielle Anreize mildern zu können glaubt, durch die Verwendung von Tierorganen anstelle menschlicher Organe 192 behoben 191

Im Ergebnis ebenso Taupitz, Kommerzialisierung, S. 68: der finanzielle Aspekt einer Weitergabe ist allenfalls einer von mehreren Umständen, die in ihrer Gesamtbetrachtung zur Bejahung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung führen können. Ähnlich Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 18: eine Sittenwidrigkeit der entgeltlichen Organübertragung ist nur bei Hinzutreten weiterer zu mißbilligender Umstände anzunehmen; allein die Entgeltlichkeit reicht hierfür nicht. Ebenso Gutmann, ZRP 1994, S. I l l (114): menschliches Handeln ist komplex motiviert und nicht jede geldwerte Gegenleistung muß eine altruistische Grundmotivation verdrängen. 192 An dieser Stelle sei auf die medizinischen Fortschritte in der Transplantationschirurgie hingewiesen, durch die eine Transplantation von Organen dem Menschen nah

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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werden kann. Weiter könnte die Möglichkeit einer Herstellung menschlicher Körpersubstanzen in vitro 193 sowie die Entwicklung künstlicher Körperteile, die menschliche Körpersubstanzen ersetzen können, die Anreizfunktion entgeltlicher Rechtsgeschäfte in diesem Zusammenhang obsolet werden lassen. Auf der anderen Seite bedingt der Eigenwert des Menschen, daß eine Bezahlung für abgetrennte Körpersubstanzen nicht in allen Fallgestaltungen genauso zu beurteilen ist wie der Kauf sonstiger materieller Gegenstände. Die Körpersubstanzen werden zwar mit der Trennung vom Körper zu Sachen, jedoch stehen sie nach wie vor - wenn auch in abgeschwächter Form - in einer rechtlichen Beziehung zum Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers. Weiter gilt, daß der Körper dem Menschen in der Tat primär zur aktiven Gestaltung seines Lebens verliehen wurde 194 und nicht allein Mittel, sondern immer auch Zweck sein muß 195 . Wird durch die Veräußerung menschlicher Körpersubstanzen der besondere ethische Wert des menschlichen Körpers ad absurdum geführt, liegt eine Selbstinstrumentalisierung des Menschen vor, die gegen die unveräußerliche Menschenwürde verstößt196. Ferner ist zu berücksichtigen, daß gerade menschliche Körpersubstanzen häufig in einem engen Zusammenhang mit einer Zwangslage von bedürftigen Menschen stehen. Denkbar sind dabei zunächst Fälle, in denen ein Patient auf Blut einer seltenen Blutgruppen angewiesen ist, welches er vom Substanzträger erwerben könnte. Weit größeres Aufsehen erregen in der Öffentlichkeit jedoch Fälle, in denen die Notlage von Menschen, die auf die Transplantation von lebensnotwendigen Organen angewiesen sind, ausgenutzt wird und in verwandter Tiere bereits in greifbare Nähe gerückt ist. So wurden bereits die Leber sowie das Herz von Pavianen, die dem Menschen besonders nah verwandt sind, in Patienten transplantiert. Die Abstoßreaktionen des menschlichen Körpers will man durch sog. transgene Tiere überwinden, indem durch die Fortschritte der Gentechnik die Barriere zwischen Mensch und Tier überwunden wird. Der Stand der medizinischen Entwicklung wird in dem Bericht der FAZ vom 29.07.1992, Ν 1 sehr anschaulich beschrieben. 193 Das rasch fortschreitende Fachgebiet des "Tissue Engineering" (Gewebekonstruktion) soll es ermöglichen, aus Zellkulturen Körpergewebe zu züchten und insb. auch Körperteile wie Leberlappen, Hautfetzen sowie Ohrmuscheln zu produzieren. Manche sehen darin bereits den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte der Transplantationen. Vgl. hierzu den instruktiven Bericht in Der Spiegel 17/1995, S. 234 (234 ff.). 194 Schäfer, Verpflanzung von·Körper- und Leichenteilen, S. 61. 195 Zur Objektformel des BVerfG, die auf Dürig zurückgeht, vgl. Graf Vitzthum, JZ 1985, S. 201 (202 ff., insb. 205), insb. zur Bedeutung der Philosophie Kants für den Begriff der Menschenwürde im GG. ^ 9 6 Nach h.A. ist die Menschenwürde unverzichtbar, vgl. MDHS/Dürig, Art. 1 GG, Rdnr. 22'und oben § 2.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

denen mit menschlichen Körperorganen Handel getrieben wird 197 . In derartigen Situationen werden einer Veräußerung von Organen und vor allem einer freien Gestaltung des Kaufpreises für die Organe, auf die der potentielle Käufer angewiesen ist, weitreichende Bedenken entgegengebracht. Berücksichtigt man diese berechtigten Bedenken, gilt es beim Verkauf eigener Körpersubstanzen vor allem eine gerechte medizinische Versorgung von hilfsbedürftigen Patienten zu gewährleisten. Die in § 138 II BGB zum Ausdruck kommende Wertung, daß es sittenwidrig ist, wenn der wirtschaftlich, intellektuell oder aus sonstigen Gründen überlegene Vertragspartner die schwächere Lage des anderen bewußt zu dessen Nachteil ausnutzt, muß insoweit berücksichtigt werden 198. Nachdem nun einige der wesentlichen Grundpositionen dargestellt wurden, die bei der rechtlichen Beurteilung von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen zu berücksichtigen sind, soll nachfolgend in concreto geprüft werden, ob Kaufverträge des Substanzträgers über einzelne Arten von Körpersubstanzen seinen besonderen und unveräußerlichen Eigenwert als Mensch verletzen. Die Entscheidung für oder gegen eine Sittenwidrigkeit der Kaufverträge kann dabei nur punktuellen Charakter haben, da der Begriff der guten Sitten nicht für immer feststeht. Mit einem Wertewandel in der Gesellschaft ist zwangsläufig auch eine andere Beurteilung der Vereinbarkeit mit den guten Sitten verbunden. Darüber hinaus steht einer allgemeingültigen Entscheidung über die Sittenwidrigkeit der Kaufverträge entgegen, daß die sittlichen Einstellungen der Bevölkerung nicht einheitlich sind, sondern so vielgestaltig wie die Bevölkerung selbst. In einer multikulturellen Gesellschaft, in der Menschen der unterschiedlichsten Nationen und Kulturen zusammenleben, kann es nicht zuletzt auch durch die unterschiedliche religiöse Prägung der Menschen bedingt - letztlich keinen einheitlichen, für alle gültigen Begriff der guten Sitten geben199. Schließlich können im Rahmen dieser Untersuchung mögli197

In diesem Zusammenhang sei exemplarisch auf zwei besonders krasse Fälle aus dem Ausland hingewiesen. So soll in Honduras ein organisierter Handel mit Organen von Kindern getrieben werden, die entführt und getötet würden, um ihnen Organe für Transplantationszwecke entnehmen zu können, vgl. FAZ vom 19.04.1993, S. 10. Weiter wurde bekannt, daß in China Opfern von Hinrichtungen zum Teil auch ohne ihre Zustimmung und vereinzelt schon vor der Erschießung Organe, vor allem Nieren und Corneas (Hornhaut des Auges), entnommen würden, die für viel Geld an Patienten aus dem Ausland verkauft würden, vgl. MT vom 30.08.1994, S.U. 198 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 24. 199 Wie unterschiedlich die Einstellungen einzelner Bevölkerungsgruppen dabei sein können, soll an zwei Beispielen gezeigt werden: in Japan sind Organtransplantationen von Hirntoten auch heute noch verboten, weil der Hirntod als Todeskriterium abgelehnt wird. Die Organentnahme aus dem Leichnam wird aus kulturellen und religiösen Gründen und vor allem aus Angst vor einer von finanziellen Interessen gesteuerten Organverteilung abgelehnt. Die Organspende unter Lebenden ist jedoch zulässig.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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che sittenwidrige Motive auf Seiten des Käufers der Körpersubstanzen, die ebenfalls zu einer Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 138 I BGB fuhren könnten, nicht in allen Fallgestaltungen berücksichtigt werden. Vielmehr soll primär untersucht werden, ob bereits der Abschluß eines Kaufvertrages über eigene Körpersubstanzen sittenwidrig ist. Der Verkauf von Haaren, Finger- und Zehennägeln ist nicht als sittenwidrig anzusehen, da es sich hierbei um Körpersubstanzen handelt, die keine intensive Bindung an die Persönlichkeit aufweisen und keine erhebliche Bedeutung für den Gesamtorganismus innehaben. Dies gilt selbst dann, wenn die Körpersubstanzen den Regeln des freien Marktes unterworfen werden und ein Profitstreben mit ihnen verbunden wird. Aus den äußeren Umständen des Kaufes kann sich insoweit allein wegen einer möglichen Verletzung der Menschenwürde keine Sittenwidrigkeit ableiten lassen. Die gleiche Bewertung gilt für die Veräußerung von Urin, Kot sowie Placenta, da es sich dabei nach dem allgemeinen Sittenbewußtsein um Abfallprodukte des menschlichen Körpers handelt. Auch insoweit liegt weder ein intensiver personaler Bezug noch eine erhebliche Bedeutung für den Gesamtorganismus vor, was sich letztlich auch aus der natürlichen Abtrennung dieser Substanzen vom Körper ergibt. Ein nur gradueller Unterschied besteht bei der Veräußerung von Blut und Sperma, da bei diesen Körpersubstanzen eine etwas intensivere Bindung an die Persönlichkeit des Substanzträgers besteht und sie vor allem eine gewisse dauerhafte Funktion für den Gesamtorganismus innehaben. Allerdings ist die Bedeutung für den Organismus infolge ihrer Reproduzierbarkeit relativ gering. Diese Körpersubstanzen können demnach Gegenstand von Kaufverträgen sein und die Abgabe braucht auch nicht notwendigerweise zu altruistischen Zwecken geschehen. Die Gewinnerzielungsabsicht führt wegen der untergeordneten Bedeutung für den Gesamtorganismus nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit entsprechender Kaufverträge, soweit die Abtrennung keine bleibenden Schäden am Organismus des Substanzträgers verursacht. Vor allem in bezug auf den Verkauf von Blut gilt es dabei zu berücksichtigen, daß durch einen finanziellen Anreiz für die Hingabe des Blutes die Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten sichergestellt werden könnte200. Haut und Vgl. insoweit den Bericht in der FAZ vom 03.08.1994, Ν 3. Weiter gilt in Israel die Entnahme von Organen und anderen Körperteilen Verstorbener zu Vorratszwecken als Leichenschändung und ist aus religiösen Gründen verboten, vgl. FAZ vom 14.03.1985, S. 9. 200 Zur Bedeutung des fur die Arzneimittelherstellung dringend notwendigen Blutplasmas vgl. den Bericht in der FAZ vom 07.01.1995, S. 10. Hier wird ausgeführt, daß Deutschland von einer nationalen Selbstversorgung mit Blutplasma weit entfernt ist und Bestrebungen, eine höhere "Aufwandsentschädigung" für die Plasmaspende, die derzeit bei 50 DM liegt, durchzusetzen, um damit regelmäßige Spender zu aquirieren,

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Knochen liegen auf einer ähnlichen Wertungsebene, wobei infolge der hier vorliegenden nur eingeschränkten Reproduzierbarkeit eher eine Sittenwidrigkeit zu bejahen ist. Auch der Verkauf einzelner Zellen ist in diese Wertungskategorie einzureihen, da weder ein besonders intensiver personaler Bezug noch eine wichtige Bedeutung fur den Gesamtorganismus vorliegt. Die teilweise hiervon abweichende Ansicht in der Rechtsliteratur201 gewichtet die Bedeutung der in der einzelnen Zelle enthaltenen genetischen Informationen über den Substanzträger zu hoch, da diese letztlich in allen Körpersubstanzen enthalten sind und hieraus gewonnen werden können. Größeren Bedenken in bezug auf die Sittenwidrigkeit begegnet der Verkauf von Körperorganen, da die Abtrennung vom Körper mit einer dauerhaften Minderung der Funktionsfahigkeit des Gesamtorganismus verbunden ist und ein intensiver Bezug zur Persönlichkeit des Substanzträgers besteht. Der Verkauf von Körperorganen kann nur differenziert beurteilt werden. In jedem Fall sittenwidrig ist die Veräußerung lebenswichtiger Organe, da die Bedeutung fur den Organismus hier entscheidenden Einfluß erlangt. Einen elementaren Teil seiner Gesundheit zu veräußern, stößt mit Recht in hohem Maße auf sittliche Bedenken. Hingegen können doppelt vorhandene Körperorgane, wie Nieren, im Grundsatz Gegenstand von Kaufverträgen des Substanzträgers sein, falls der Veräußerer mit einem der doppelt angelegten Organe normal weiterleben kann. Allerdings beinhaltet die doch spürbare Auswirkung auf den Gesamtorganismus die Gefahr, daß der veräußernde Substanzträger in späterer Zeit der Allgemeinheit zur Last fallen kann, falls zeitlich nachgelagerte medizinische Folgen auftreten und die hierbei entstehenden Kosten von der allgemeinen Krankenversorgung, die zumindest zum Teil solidarisch konzipiert ist, getragen werden müssen. Mit einer Zulässigkeit von OrgankaufVerträgen können zwar auch positive Umstände verbunden sein, da durch den damit verbundenen Anreiz, Organen zu verkaufen, die Anzahl verfügbarer Organe gesteigert und die hohen Kosten des Gesundheitswesens in diesem Bereich gesenkt werden könnten. Auf der anderen Seite ist - wie bereits erwähnt - mit dem Verkauf von Körperorganen häufig die Ausnutzung einer Zwangslage kranker Menschen verbunden. Weiter ist neben einer möglichen Zwangslage des Empfangers auch eine denkbare Notlage des Substanzträgers zu berücksichtigen, der sich vielleicht aus einer mißlichen wirtschaftlichen Situation heraus dazu gezwungen sieht, Teile seines Körpers zu verkaufen, um seine

in EU-Verhandlungen gescheitert sind. Die EG-Richtlinie 89/381 setzt vielmehr auf die Selbstversorgung mit menschlichem Blut oder Plasma von unbezahlten Spendern. 201 In diesem Sinne Britting, Postmortale Insemination, S. 102 f. Ähnlich Laufs, Arztrecht, Rdnr. 274 FN 36 zur Verpflanzung von Keimdrüsen. Dagegen ist nach Taupitz, Kommerzialisierung, S. 68 der Verkauf einzelner Zellen wohl zulässig.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtüngsgeschäfte

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wirtschaftliche Notlage zu beheben202. Aus diesen Gründen ist eine Einschränkung in bezug auf die Anwendbarkeit der Gesetze des freien Marktes auf derartige Kaufverträge erforderlich. Die Veräußerung eines doppelt angelegten Körperorgans ist einerseits zu altruistischen Zwecken zulässig, um potentiellen Empfängern ausreichend Organe zur Verfügung stellen zu können. Weiterhin darf der Verkauf nicht aus reinem Profitstreben und unter Gewinnmaximierungsgesichtspunkten erfolgen, da dies zu Ungerechtigkeiten in der medizinischen Versorgung führen kann, falls nicht mehr medizinische, sondern monetäre Erwägungen für die Heilung eines Kranken entscheidend sind. Die in diesem Fall zu bejahende Sittenwidrigkeit könnte allerdings durch ein System fester Preise vermieden werden, indem die Auswüchse eines freien Marktes mit den damit verbundenen Gefahren eines entwürdigenden Profitstrebens mit menschlichen Körpersubstanzen unterbunden werden 203 und eine gerechte, von der finanziellen Leistungsfähigkeit des einzelnen unabhängige Gesundheitsversorgung gewährleistet wird 204 . Ein Verkauf von Embryonen ist - unabhängig von der Nichtigkeit im Rahmen des § 134 BGB - im Rahmen des § 138 I BGB allein unter dem Blickwinkel der sittlich zu mißbilligenden Gesamtumstände des Kaufvertrages zu beurteilen, da es weder um einen persönlichen Bezug zum Substanzträger noch um die Bedeutung für dessen Gesamtorganismus geht. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit ergibt sich hier vielmehr allein aus dem Umstand, daß mit dem werdenden menschlichen Leben ein Gewinnstreben verbunden wird.

2. Schenkungsvertrag

Nachdem die rechtlichen Grenzen von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen dargelegt wurden, ist nunmehr zu untersuchen, inwieweit sich der Substanzträger dazu verpflichten kann, abzutrennende Körpersubstanzen 202

Ebenso Schoeller, Organspende, S. 48: ein wesentliches Argument gegen die Zulässigkeit einer entgeltlichen Organspende ist die Angst davor, daß reiche Menschen zu Lasten der Gesundheit armer Menschen geheilt werden und Arme dabei als Ersatzteillager für Reiche dienen. 203 Ebenso Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 197 f.; Carstens, Organtransplantation, S. 73, jeweils unter Hinweis auf das "Blutspendesystem". Ähnlich Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 29. 204 Ein wesentlich weitergehendes Verbot von Kaufverträgen über Organe strebt das geplante Organhandelsgesetz an. Demnach soll bereits der Abschluß eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes über Organe verboten werden, da hierdurch die medizinische Indikation durch finanzielle Erwägungen relativiert wird. Hierin kommt die - allerdings noch nicht verbindliche - Wertung zum Ausdruck, daß derartige Kaufverträge über Organe mit den guten Sitten nicht im Einklang stehen. Im einzelnen zum Entwurf eines Organhandelsgesetzes unten § 19 Π.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

unentgeltlich auf seinen Vertragspartner zu übertragen. Wie oben bereits ausgeführt wurde 2 0 5 , begründet der Substanzträger dabei eine schuldrechtliche Verpflichtung mit dem Inhalt, bestimmte von seinem Körper abzutrennende Körpersubstanzen auf den von ihm Beschenkten zu übertragen. Als Praxisbeispiel mag insoweit die "Blutspende" herangezogen werden: der Spender schließt dabei mit einem Blutspendedienst einen schuldrechtlichen Vertrag und verpflichtet sich darin, eine bestimmte Menge seines Blutes unentgeltlich auf den Blutspendedienst zu übertragen.

a) Wirksamkeit des Vertragsschlusses, Festlegung des Vertragstypus, Form

aa) Wirksamkeit des Vertragsschlusses In bezug auf die Wirksamkeit eines Schenkungsvertrages über menschliche Körpersubstanzen gelten zunächst die zum Kaufvertrag gemachten Ausführungen zur Bestimmbarkeit des Vertragsgegenstandes sowie zu einer nur beschränkten Geschäftsfähigkeit des Substanzträgers entsprechend 206. Insbesondere gilt dies für die Erforderlichkeit einer Genehmigung nach den §§ 107, 108 BGB durch den gesetzlichen Vertreter, da der Abschluß eines Schenkungsvertrages über eigene Körpersubstanzen rechtlich nachteilig und mit einem Eingriff in die körperliche Integrität verbunden ist 2 0 7 .

205

Oben 13 a, bb. Oben Π 1 a, bb und cc. An dieser Stelle kann nur darauf hingewiesen werden, daß die Erteilung der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nach §§ 107, 108 BGB beim Schenkungsvertrag anders zu bewerten ist als bei einem Kaufvertrag und der freien und verantwortungsbewußten Entscheidung des Mindeijährigen hier eine größere Bedeutung zukommt. 207 Auch in diesem Zusammenhang ist auf die Probleme hinzuweisen, die die Organentnahme aus anenzephalen Kindern mit sich bringt. Dabei handelt es sich um Kinder, bei denen zwar der Hirnstamm, der Herzschlag und Atmung steuert, vorhanden ist, jedoch das Vorderhirn, welches Sitz der höheren Hirnaktivität ist, fehlt, vgl. FAZ vom 12.12.1987, S. 7. In diesem Zusammenhang ist eine heftige Debatte um die Frage entbrannt, ob diese schwerst hirngeschädigten Neugeborenen künstlich am Leben erhalten werden sollten, um als Organspender zu dienen, was sowohl in den USA wie auch in Deutschland praktiziert wurde, vgl. Der Spiegel 52/1987, S. 156 (156 ff.) und FAZ vom 07.10.1992, Ν 3. Es erscheint sehr fraglich, ob hier den Eltern ein eigenes Entscheidungsrecht über den Körper ihres Kindes zusteht, um damit Dritten zu helfen; für ein elterliches Einwilligungsrecht in die Organentnahme Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 23, die jedoch nicht näher auf die Rechtsnatur dieser Einwilligungsbefugnis eingehen. Aus der Personensorge kann dies jedenfalls nicht abgeleitet werden: diese beinhaltet die Sorge um und die Fürsorge für das Kind und nicht die Sorge um die Gesundheit Dritter. Diesen Fragen grundsätzlicher Bedeutung 206

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

125

bb) Festlegung des Vertragstypus

Vertragsinhalt ist die im Einverständnis beider Vertragspartner unentgeltlich eingegangene Verpflichtung des Schenkers zur Übertragung des Eigentums an den Körpersubstanzen des Substanzträgers auf den Beschenkten208. Kern der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung ist demnach eine freiwillige Vermögensminderung des Substanzträgers, durch die der Empfanger bereichert wird. Die in der Rechtswirklichkeit im Bereich des Transplantationswesens verbreitete Organspende" ist rechtlich somit dann als Schenkungsvertrag zu qualifizieren, wenn die Hingabe des Organs unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlich bedeutet in diesem Zusammenhang nicht kostenlos, sondern vielmehr Übertragung des Eigentums an den Körpersubstanzen unabhängig von der Gewährung einer Gegenleistung209. Für die rechtliche Qualifikation der schenkweisen Übertragung der Körpersubstanzen ist es somit ohne Bedeutung, wenn der Beschenkte die Aufwendungen und entstandenen Kosten des Schenkers ersetzt, selbst wenn diese finanziell betrachtet ein nicht unerhebliches Ausmaß annehmen210. Die Beurteilung des Vorliegens einer gemischten Schenkung bemißt sich nach den hierfür geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften 211. Nach Darstellung des rechtsgeschäftlichen Kerns des hier vorliegenden Verpflichtungsgeschäftes ist zu erörtern, ob darin eine Handschenkung, § 516 11 BGB, oder ein formbedürftiges Schenkungsversprechen, § 518 I 1 BGB, zu sehen ist. Voraussetzung für eine Hand- oder Realschenkung ist dabei, daß ohne ein vorausgegangenes Schenkungsversprechen - der Schenkungsgegenstand dem Beschenkten sofort verschafft wird und dabei zwischen den Parteien Einigkeit über die Unentgeltlichkeit herrscht 212. Bei der formfreien kann in dem begrenzten Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen werden, da Ausgangspunkt der Überlegungen nicht die Organspende ist. 208 Staudinger/Reuss, § 516 BGB, Rdnr. 1; MüKo/Kollhosser, § 516 BGB, Rdnr. 1. 209 Palandt/Putzo, §516 BGB, Rdnr. 8; Jauernig/Vollkommer, §516 BGB, Anm. 2 d. 210 Vgl. hierzu RGZ 163, 348 (355) und Erman/Seiler, § 516 BGB, Rdnr. 7. 211 Eine gemischte Schenkung liegt im Einzelfall dann vor, wenn bei Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes eine Unausgewogenheit zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und sich die Parteien über die unentgeltliche Zuwendung des Mehrwerts einig sind, vgl. RGRK/Mezger, § 516 BGB, Rdnr. 11. Die rechtliche Beurteilung der gemischten Schenkung ist umstritten: für eine einheitliche Beurteilung des Rechtsgeschäftes nach dem überwiegenden Charakter Jauernig/Vollkommer, § 516 BGB, Anm. 4 d, cc; für eine Trennung des Rechtsgeschäftes in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil Staudinger/Reuss, § 516 BGB, Rdnr. 23; für eine differenzierte Betrachtung, orientiert am überwiegenden Charakter des Rechtsgeschäftes mit überzeugenden Gründen MüKo/Kollhosser, § 516 BGB, Rdnr. 30 m.w.N.

126

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Handschenkung fallen somit schuldrechtliches Verpflichtungs- und sachenrechtliches Verfügungsgeschäft zeitlich zusammen. In der Übertragung des zugewendeten Vermögensgegenstands liegt zugleich der Rechtsgrund fur die Zuwendung. Beim formbedürftigen Schenkungsversprechen hingegen liegen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zeitlich auseinander. Der Schenker schließt vielmehr mit dem Beschenkten einen einseitig verpflichtenden Vertrag und verspricht, dem Beschenkten gegenüber unentgeltlich eine bestimmte Leistung zu erbringen. Zur Verhütung übereilter Schenkungsversprechen und zur Klarstellung, daß der Schenker auch wirklich ein ernstlich gemeintes Schenkungsversprechen abgeben wollte, ist dafür nach § 518 I 1 BGB die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Versucht man, das vom Substanzträger abgeschlossene Rechtsgeschäft in diesen Kontext einzuordnen, ist zu prüfen, ob darin eine Handschenkung gesehen werden kann. Dabei bereitet die Annahme einer Zuwendung i.S.d. § 516 I 1 BGB vor der Abtrennung der Körpersubstanzen Probleme, denn hierzu müßte dem Substanzträger bereits in diesem Stadium ein übertragbares Recht an seinen Körpersubstanzen zustehen. Die Zuwendung erfordert die Hingabe eines Vermögensbestandteiles aus dem Vermögen des Schenkers an den Beschenkten. Vor Abtrennung sind die Körpersubstanzen jedoch untrennbarer Teil der Persönlichkeit und kein Teil der Vermögenssphäre des Menschen. Ein übertragbares Recht des Substanzträgers an ihnen ist ebenso wie ein selbständig übertragbares Aneignungsrecht nach § 956 I 1 BGB abzulehnen213. Verpflichtüngsgeschäfte des Substanzträgers zur unentgeltlichen Zuwendung abzutrennender Körpersubstanzen sind Schenkungsversprechen nach § 518 I 1 BGB, gerichtet auf die Übertragung des Eigentums an zukünftigen Sachen214. cc) Form

Es ist somit die Formvorschrift des § 518 I 1 BGB zu beachten, denn die Voraussetzungen einer Handschenkung, auf die § 516 I BGB ersichtlich zu212

Vgl. zu den Voraussetzungen einer Handschenkung Palandt/Putzo, § 518 BGB, Rdnr. 4. 213 Hierzu bereits oben Π 1 a, aa zur Abgrenzung zwischen Rechtskauf und Sachkauf. 214 Vor diesem Hintergrund ist auch die rechtliche Qualifikation eines Organspendevertrages möglich, sofern ein entsprechender Rechtsbindungswille der Parteien zu bejahen ist. Darin verpflichtet sich der Substanzträger, einer bestimmten - natürlichen oder juristischen - Person das ihm nach Abtrennung zufallende Eigentum an dem zu spendenden Organ zu übertragen. Zu den Modalitäten der Eigentumsübertragung im Rahmen der Eigenkommerzialisierung unten § 9 I. Die schutzwürdigen Interessen des Spenders an dem von ihm gespendeten Organ können durch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht hinreichend geschützt werden, vgl. hierzu oben § 3 Π 5 b. Da die Organspende nicht Ausgangspunkt der Überlegungen dieser Untersuchung ist, kann den sich in diesem Zusammenhang weiter stellenden Fragen nicht nachgegangen werden.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

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geschnitten ist 215 , liegen - wie soeben dargelegt - bei den hier zu untersuchenden Sachverhalten nicht vor. Dies hat die Beachtung des Formzwangs nach § 518 I BGB zur Folge: das Versprechen der schenkweisen Übertragung eigener Körpersubstanzen bedarf der notariellen Beurkundung, ein Verstoß fuhrt zur Formnichtigkeit des Schenkungsvertrages nach § 125 Satz 1 BGB 216 . Dieser in praxi nur schwer durchführbare Formzwang wird auch nicht durch die Annahme eines durch die Abtrennung der Körpersubstanzen aufschiebend bedingten Schenkungsvertrages im Sinne des § 308 I BGB vermieden und stellt insbesondere noch keinen Vollzug nach § 518 II BGB dar. Zwar wird bei der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung teilweise angenommen, daß schon dann, wenn der Schenker alles getan hat, was von seiner Seite aus zum Erwerb des Schenkungsgegenstandes durch den Beschenkten erforderlich ist, ein Vollzug im Sinne des § 518 II BGB anzunehmen sein soll, da bereits dann ein Erfüllungserfolg vorliege217. Dem steht jedoch entgegen, daß ein Schenkungsvollzug erst mit der vollständigen Leistungserbringung anzunehmen ist, denn erst dann ist die versprochene Leistung tatsächlich auch bewirkt 218 . Im übrigen kann der Substanzträger dem Beschenkten ohnehin keine hinreichend gesicherte Rechtsposition verschaffen 219, da vor der Trennung vom Körper noch keine Sache vorliegt und die Abtrennungsverpflichtung des Substanzträgers als unvollkommene Verbindlichkeit zwar erfüllbar, aber nicht erzwingbar ist. Ein Schenkungsversprechen über abzutrennende Körpersubstanzen bedarf somit der notariellen Beurkundung, § 518 I BGB, und eine Heilung der Formnichtigkeit im Rahmen des § 518 II BGB kann erst nach Abtrennung erfolgen.

b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

aa) § 134 BGB

Das Verbot des § 2 I ESchG verbietet kraft Gesetzes nicht nur den Handel mit Embryonen, sondern darüber hinaus auch andere Handlungen, soweit sie nicht seiner Erhaltung dienen220. Unter dieses Verbot fallen Schenkungsverträge über Embryonen, soweit sie nicht der Erhaltung des Embryos dienen. 215

Siehe hierzu Staudinger/Reuss, § 516 BGB, Rdnr. 1. Vgl. Jauernig/Vollkommer, § 518 BGB, Anm. 1, 2 b zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Form Vorschrift des § 5181 BGB. 217 So Staudinger/Reuss, § 518 BGB, Rdnr. 23; Palandt/Putzo, § 518 BGB, Rdnr. 9. 218 In diesem Sinne auch MüKo/Kollhosser, § 518 BGB, Rdnr. 18, 11 ff. 219 Jedenfalls wenn man ein übertragbares Aneignungsrecht nach § 956 I 1 BGB zu Recht verneint. 220 Keller/Günther/Kaiser, § 2 ESchG, Rdnr. 28 f. 216

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Indem sich auch hier das gesetzliche Verbot des § 2 I ESchG an beide Vertragspartner richtet,sind derartige Verträge nach § 134 BGB nichtig. Da dem Embryo als einem werdenden Menschen ein Sonderstatus zukommt, können aus diesem gesetzlichen Verbot jedoch keine allgemeinen Wertungen abgeleitet werden. Weitere Verbotsgesetze sind nicht ersichtlich. bb)§ 1381 BGB Die privatautonome Regelungsmacht wird auch im Bereich des Schenkungsrechts durch § 138 I BGB begrenzt221. Zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Schenkungsverträgen über abzutrennende menschliche Körpersubstanzen kann auf den bei der Beurteilung von Kaufverträgen gewonnenen Ergebnissen aufgebaut werden. Auch hier sind als Wertungsebenen die Intensität der personalen Bindung, die Bedeutung für den Gesamtorganismus sowie die Umstände der Schenkung zu berücksichtigen. Der Einfluß der äußeren Umstände muß jedoch an die Unentgeltlichkeit des Schenkungsvertrages angepaßt werden, da dieser Faktor beim Kaufvertrag im Zweifel den Ausschlag für eine Sittenwidrigkeit gab. Auch Schenkungsverträge, die menschliche Körpersubstanzen zum Gegenstand haben, müssen im Einzelfall danach beurteilt werden, ob sie gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verstoßen. Insoweit gilt, daß Körpersubstanzen, die veräußerbar sind, auch verschenkt werden dürfen, da der Schenkungsvertrag wegen seiner Unentgeltlichkeit eher geringeren sittlichen Bedenken ausgesetzt ist als ein Kaufvertrag. Haare, Nägel, Urin, Kot und Placenta dürfen somit ebenso wie Blut, Sperma und Haut verschenkt werden, soweit sich hieraus keine erheblichen Gesundheitsrisiken für den Schenker ergeben. Schenkungsverträge über Organe sind differenziert zu betrachten. Führt die Abtrennung zum Tode des Substanzträgers oder ruft sie erhebliche und dauerhafte Gesundheitsschäden hervor, überwiegt die Frage nach der Bedeutung für den Gesamtorganismus und derartige Schenkungsverträge verstoßen gegen die guten Sitten, § 138 I BGB. Paarig angelegte Körperorgane hingegen sind in größerem Umfang als beim Kaufvertrag zulässiger Vertragsgegenstand, da der Faktor der Veräußerung der eigenen Gesundheit entfallt. Schenkungsverträge darüber sind im Rahmen des § 138 I BGB zulässig, soweit sich hieraus keine erheblichen Gesundheitsgefahren ergeben. Jedoch ist hierbei auch der Gesamtcharakter des Schenkungsvertrages zu berücksichtigen, weshalb auch bei gewissen Gesundheitsrisiken der Abtrennung eine Sittenwidrigkeit dann eher zu verneinen

221

Staudinger/Reuss, Vorbem zu § 516 BGB, Rdnr. 15.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

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ist, wenn der Substanzträger mit der Schenkung sittlich hochstehende Zwecke verfolgt 222. Schenkungsverträge über Embiyonen sind einer gesonderten Betrachtung zu unterziehen. Hier gilt, daß wegen der besonderen Bedeutung des im Embryo verkörperten menschlichen Lebens diese nicht Gegenstand von Schenkungsverträgen sein können, da Embryonen dem Menschen und nicht anderen Körpersubstanzen gleichzustellen sind. ΙΠ. Verpflichtungsgeschäfte des Substanzträgers über vom Leichnam abzutrennende Substanzen

Eine Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen des lebenden Körpers durch den Abschluß wirksamer Verpflichtungsgeschäfte des Substanzträgers ist in weitem Umfang zulässig. Denkbar sind jedoch auch Fallgestaltungen, in denen der Substanzträger zwar bereits zu Lebzeiten schuldrechtliche Verpflichtungen begründen will, die Körpersubstanzen jedoch erst nach seinem Tode vom Körper getrennt werden sollen. Nachdem insoweit die denkbaren vertraglichen Konstellationen und ihr Inhalt bereits grundsätzlich dargestellt wurden223, sollen diese Verpflichtüngsgeschäfte nun einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden. Dabei wird neben einer Erörterung der inhaltlichen Zulässigkeit derartiger Rechtsgeschäfte auch darauf einzugehen sein, welche rechtliche Qualifikation diesen Verpflichtungsgeschäften jeweils zukommt, wie die durch den Substanzträger zu Lebzeiten begründete Verpflichtung nach seinem Tode erfüllt werden kann und inwieweit die Formvorschriften des Erbrechts anwendbar sind224.

222 In diese Kategorie fallen die Organspende, die Blutspende oder die Knochenmarkspende für eine bestimmte Person, da insoweit dem Schenkungsvertrag eindeutig altruistische Motive zugrundeliegen. 223 Oben 13 b. 224 Soweit ersichtlich, liegt in der Literatur nur bei Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 49 ff. eine Auseinandersetzung mit diesen Problemen vor. Ansonsten wird auf diese Problematik entweder nicht eingegangen, so bei Tress, Organtransplantation; auch in der sonst umfassenden und profunden Untersuchung von Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, findet sich insoweit keine Stellungnahme. Oder die einseitige Beurteilung unter dem Aspekt der Organ"spendeH verengt die Sicht für die sich hier stellenden zivilrechtlichen Probleme, so bei Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 24 und Carstens, Organtransplantation, S. 144 ff. 9 Rolf Müller

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen 1. Kaufvertrag,

§ 4331 BGB

Der Substanzträger kann seine eigenen Körpersubstanzen auch mit Wirkung für die Zeit nach seinem Tode durch Abschluß eines Kaufvertrages erstmalig zum Gegenstand von Rechtsgeschäften machen. Einer besonderen Prüfung bedarf dabei die Frage, ob der Substanzträger durch das von ihm vorgenommene Rechtsgeschäft tatsächlich bereits zu Lebzeiten eine schuldrechtliche Verpflichtung eingehen will oder ob es sich nicht vielmehr um eine Regelung in bezug auf den Umgang mit seinem Körper nach dem Tod handelt. Dies ist nach dem Rechtsbindungswillen der Parteien zu beurteilen225 und kann nur im konkreten Einzelfall entschieden werden. Als Grundlage für die folgenden Ausführungen soll von dem Abschluß eines Kaufvertrages durch den Substanzträger über bestimmte Körpersubstanzen ausgegangen werden, wobei die veräußerten Körpersubstanzen erst nach seinem Tode aus dem Leichnam entnommen werden sollen. So ist denkbar, daß der Substanzträger im Angesicht seines nahen Todes Körpersubstanzen, die einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpern, an das Krankenhaus verkauft, in dem er behandelt wird 226 . Der sicheren und objektiven Feststellung des Todeseintritts kommt hier besondere Bedeutung zu, um zu gewährleisten, daß die verkauften Körpersubstanzen nicht bereits aus dem noch lebenden Körper entnommen werden. Die inhaltliche Ausgestaltung des Kaufvertrages bedarf dabei einer gesonderten Prüfung, da sich hierbei verschiedene Probleme primär praktischer Natur stellen. Neben der Festlegung der konkret veräußerten Körpersubstanzen, für die im schuldrechtlichen Bereich Bestimmbarkeit ausreicht, ist vor allem die Kaufjpreisfindung sowie die konkreten Modalitäten der Vertragsabwicklung zu klären. Für die im Rahmen dieser Arbeit notwendige Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes soll davon ausgegangen werden, daß die Parteien hinsichtlich Kaufpreis und konkreter Vertragsgestaltung zu einer Einigung gelangt sind227. Die folgenden Ausführungen sollen sich insoweit auf drei Problembereiche beschränken: auf die Frage nach der rechtlichen Qualifikation 225 Entscheidend ist dabei nicht der innere Wille der Parteien, sondern die Würdigung der Gesamtumstände aus der Sicht eines objektiven Beobachters, vgl. Palandt/Heinrichs, Einl ν § 241 BGB, Rdnr. 9. Zum Rechtsbindungswillen bei der Organspende vgl. Schoeller, Organspende, S. 58 ff. (allerdings zum lebenden Spender). 226 Als in der Realität denkbarer Fall kommt insoweit der Verkauf von Gehörknöchelchen und Hirnhaut in Betracht. Die jüngst bekannt gewordenen Mißbrauchsfölle belegen, daß diesen Leichenteilen durchaus ein wirtschaftlicher Wert zukommt, vgl. den Bericht in Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 227 Hier stellen sich vielfältige und vielschichtige Einzelprobleme, denen im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen werden kann. So wäre festzulegen, wer die Kosten für eine erforderliche Lagerung der Körpersubstanzen trägt, wen das Verwendungsrisiko bei einer Unbrauchbarkeit der Leichenteile für den vereinbarten Vertragszweck treffen soll und wie zu verfahren ist, wenn innerhalb der möglichen Aufbewahrungsphase der Organe kein geeigneter Empfanger ausfindig gemacht werden kann.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

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des Kaufvertrages, nach der Erfüllung der durch den Substanzträger begründeten Verpflichtung aus § 433 I BGB sowie nach der Anwendbarkeit erbrechtlicher Vorschriften auf den Kaufvertrag. a) Festlegung des Vertragstypus, Erfüllung der Verbindlichkeit, Form

aa) Festlegung des Vertragstypus

Die rechtliche Situation ähnelt zunächst deijenigen beim Kauf von Substanzen des menschlichen Körpers: es könnte ein durch den Tod des Substanzträgers aufschiebend befristeter Kaufvertrag über eine zukünftige Sache vorliegen, der wegen § 308 I BGB nicht nach § 306 BGB unmöglich wäre 228 . Allerdings gilt es zu berücksichtigen, daß der Verkauf von Körpersubstanzen durch den Substanzträger zu Lebzeiten für die Zeit nach seinem Tode möglicherweise Konsequenzen in bezug auf die erbrechtliche Lage nach dem Tode des Substanzträgers hat. Der Verkauf kann - je nach Vertragsgestaltung - das Vermögen des Substanzträgers zu Lebzeiten oder den Nachlaß erweitern, gleichzeitig aber auch zu einer möglichen Belastung des Nachlasses führen, falls die Erben für die sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Pflichten rechtlich einstehen müssen. Eine Belastung der Erben durch den Kaufvertrag kann jedoch zu Problemen führen. Zum einen gilt, daß der Leichnam als Folge des Fehlens vermögensrechtlicher Rechtspositionen des Substanzträgers an seinem Körper kein Bestandteil des Nachlasses wird 229 und die Erben somit nicht im Wege der Universalsukzession Eigentümer der Leiche werden. Auf der anderen Seite ist jedoch anerkannt, daß die Erben nicht nur für zu Lebzeiten des Erblassers entstandene Verbindlichkeiten einstehen müssen, sondern nach § 1967 I BGB auch für pflichtbelastete Rechtslagen des Erblassers, falls die Verbindlichkeit erst nach dem Tode des Substanzträgers und möglicherweise erst durch Hinzutreten weiterer Umstände entsteht230. Die konkrete rechtliche Qualifikation des vom Substanzträger abgeschlossenen Vertrages bedarf somit einer näheren Untersuchung. Wie beim Verkauf von Körpersubstanzen des lebenden Körpers stellt sich dabei die Frage nach der Qualifikation des Kaufvertrages als Sach- oder RechtskaufVertrag. Die dort gewonnenen Ergebnisse können hier aufgenommen werden: sein höchstpersönliches Recht am Körper kann der Substanzträ228

Im einzelnen hierzu oben 12 b. Vgl. hierzu nur Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 15; Jauernig/Stürner, § 1922 BGB, Anm. 4 c; Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 44; RGRK/Kregel, § 1922 BGB, Rdnr. 10. 230 So Staudinger/Marotzke, § 1967 BGB, Rdnr. 19. 229

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

ger ebensowenig wie ein Aneignungsrecht nach § 956 I 1 BGB verkaufen, denn ein solches Recht kann zu Lebzeiten am menschlichen Körper nicht begründet werden231. Denkbar wäre jedoch ein Rechtskauf, gerichtet auf Übertragung des nach dem Tode des Substanzträgers mit Abtrennung der Leichenteile entstehenden Aneignungsrechts der Erben. Hierbei gilt es zunächst zu bedenken, daß dieses Aneignungsrecht der Erben zu Lebzeiten des Substanzträgers nicht besteht. Vielmehr fällt dieses Recht den Erben erst mit Abtrennung zu. Vor dem Erbfall besteht allenfalls eine Erwerbsaussicht der potentiellen Erben 232. Dieses Argument kann jedoch nicht allein ausschlaggebend sein, denn auch bei einer Qualifikation als Sachkaufvertrag steht man vor ähnlichen Schwierigkeiten. Insoweit muß eine schuldrechtliche Verpflichtung auf Übertragung künftiger Sachen angenommen werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existent sind. Ein solcher SachkauiVertrag wäre nach § 308 I BGB durch die Annahme eines durch die Abtrennung aufschiebend bedingten Vertrages auch rechtlich zu begründen. Gegen die Annahme eines Verkaufs des möglichen Aneignungsrechts spricht jedoch, daß es sich dabei um keine Rechtsposition des Erblassers handelt, sondern um ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur mögliches zukünftiges Recht der Erben. Zwar können auch zukünftige Rechte Gegenstand eines Rechtskaufs sein 233 , jedoch ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Substanzträger fremde Rechte veräußern will. Auch würde hierdurch eine dingliche Rechtsposition eines Dritten am Leichnam zugelassen, was zu Kollisionen mit dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht führen kann. Somit liegt es näher, von einem SachkaufVertrag des Substanzträgers auszugehen234, der durch die Abtrennung der verkauften Sachen aufschiebend bedingt ist, § 308 I BGB.

bb) Erfüllung der Verbindlichkeit

Der für die Körpersubstanzen zu entrichtende Kaufjpreis wird nicht nach § 271 I BGB mit Abschluß des Kaufvertrages fällig, da eine aufschiebende Befristung nach § 163 BGB vereinbart wurde. Der Kaufvertrag wird vielmehr erst mit Eintritt des Todes des Substanzträgers als dem vereinbarten Anfangstermin rechlich voll wirksam und mit diesem Zeitpunkt werden die Ansprüche

231

Vgl. hierzu bereits oben Π 1 a, aa. Zur Rechtsstellung des möglichen Erben vgl. Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rndr. 3: der Erbanwärter hat keine rechtliche Befugnis im Sinne einer Rechtsmacht und keinen Anspruch gegen den Erblasser. 233 Vgl. hierzu Palandt/Putzo, § 437 BGB, Rdnr. 8. 234 In diesem Sinne auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 42 f., der diese Frage nicht problematisiert. 232

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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aus dem Vertrag fällig 235 . Der Käufer wird dabei bei der Kaufpreisfindung berücksichtigen, daß es sich um den Kauf von künftigen Sachen handelt und die Beschaffenheit der nach dem Tode des Substanzträgers zu übereignenden Körpersubstanzen entscheidend von dessen Verhalten zu Lebzeiten abhängt. Wird die Kaufpreiszahlung erst nach dem Tode fallig, was der Regelfall sein wird 236 , können Rechte wie Pflichten aus dem Kaufvertrag nur noch die Erben treffen: diese sind berechtigt, vom Käufer Zahlung des Kaufpreises zu verlangen und müssen diesem nach § 433 I 1 BGB Eigentum an den Körpersubstanzen verschaffen. Forderung wie Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag sind Bestandteil der Rechtsverhältnisse des Erblassers und gehen nach § 1922 I BGB mit dem Erbfall auf die Erben über, indem diese im Rahmen der Universalsukzession unmittelbar in die Rechtsstellung des verstorbenen Substanzträgers eintreten237. Anders als beim Verkauf von Sachen für die Zeit nach dem Tode, die im Eigentum des Substanzträgers stehen, korrespondiert jedoch mit der nach § 1922 I BGB auf die Erben übergegangenen Verpflichtung aus § 433 I BGB kein Eigentum an den zu übertragenden Körpersubstanzen. Lehnt man zutreffenderweise ein Eigentum an der Leiche durch direkte oder analoge Anwendung des § 1922 I BGB ab und verneint auch eine Sonderrechtsnachfolge 238, verbleibt den Erben lediglich ein Aneignungsrecht an den von der Leiche getrennten Körpersubstanzen239. Das ausschließliche Aneignungsrecht der Erben läßt sich dabei mit einer Analogie zu § 1922 I BGB begründen, da die Erben umfassend in die Rechtsstellung des Erblassers eintreten und der Substanzträger die veräußerten Körpersubstanzen zu einem Teil seines Vermögens gemacht hat. Die den Erben obliegende Eigentumsverschaf235 Vgl. zur Fälligkeit bei bedingten oder befristeten Rechtsgeschäften Soergel/ Wolf, § 271 BGB, Rdnr. 13; MüKo/Keller, § 271 BGB, Rdnr. 9. Anders Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 49 f., der eine Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs nach § 271 I BGB mit Abschluß des Kaufvertrages bejaht und eine Fälligkeit nach dem Tode nur durch Partei Vereinbarung zulassen will. Maier verkennt jedoch die Bedeutung des Vorliegens eines nur befristeten Rechtsgeschäftes, bei dem die Rechtswirkungen erst nach Eintritt des vereinbarten Anfangstermins vollständig eintreten. 236 Allerdings kann die Fälligkeit von den Parteien auch vorverlegt werden, denn § 271 I BGB ist eine dispositive Ergänzungsnorm, vgl. Jauernig/Vollkommer, § 271 BGB, Anm. 1 a. 237 Zum Umfang der Universalsukzession und des Nachlasses vgl. Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 11; Jauernig/Stürner, § 1922 BGB, Anm. 2 a, b; Brox, Erbrecht, Rdnr. 22. 238 Zur Sonderrechtsnachfolge als unmittelbarer Rechtserwerb von Todes wegen außerhalb der §§ 1922, 2032 BGB vgl. Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 72 ff.; Staudinger/Marotzke, § 1922 BGB, Rdnr. 62, jeweils m.w.N. Eine solche scheitert hier jedoch daran, daß sich auch die Sondererbfolge nur auf einzelne Gegenstände des Nachlasses bezieht und somit hier nicht eingreifen kann, da die Leiche ja gerade kein Bestandteil des Nachlasses ist. 239 Hierzu bereits oben § 4 Π 2 c.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

füngspflicht kann somit nur im Rahmen dieser Rechtsposition vorgenommen werden. Dabei ist das Entstehen eines ausschließlichen Aneignungsrechtes im Sinne des § 958 II BGB in der Person des Käufers ebenso abzulehnen wie die Annahme einer Aneignungsgestattung nach § 956 1 1 BGB, da allein der schuldrechtliche Anspruch keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Erwerb einer dinglichen Rechtsposition darstellt240. Zwar wird teilweise vertreten, die Eigentumsverschaflung beim Organkauf auf den Todesfall vollziehe sich analog § 956 I 1 BGB durch Ausübung einer schuldrechtlich eingeräumten Aneignungsgestattung oder durch Ausübung eines vom Verkäufer verschafften ausschließlichen Aneignungsrechts, weil dies dem Parteiwillen entspreche und die genannten Regelungen der Situation des Organverkaufs nach dem Tode vergleichbar seien241. Die Anwendung von § 956 I 1 BGB liegt dabei zunächst auch nahe, denn bei der Trennung vom Körper wird dem Menschen analog § 953 BGB Eigentum an den Körpersubstanzen zugesprochen. Eine analoge Anwendung der §§ 953 ff. BGB auf die Eigentumsverhältnisse am Leichnam ist jedoch abzulehnen, denn die beim Leichnam vorliegende Situation ist der beim lebenden Menschen nicht vergleichbar. Die Analogie zu § 953 BGB wird beim lebenden Menschen damit begründet, daß sich die intensive Rechtsmacht, die der Mensch über seinen Körper innehat, nach der Trennung an den Körpersubstanzen fortsetzt, sich sein Persönlichkeitsrecht gleichsam zum Eigentumsrecht abschwächt242. Tragendes Argument für die Analogie ist somit der Umstand, daß auch nach der Abtrennung der Körpersubstanzen der Mensch als Rechtssubjekt weiterbesteht und sich lediglich die Art seiner rechtlichen Beziehung zu den Substanzen umwandelt. Deshalb ist die Situation beim lebenden Menschen der Sachlage vergleichbar, die den §§ 953 ff. BGB zugrunde liegt: werden Erzeugnisse oder andere Bestandteile von einer Haupt- bzw. Muttersache getrennt, so soll mit der Trennung das Eigentum daran dem Eigentümer der Muttersache zufallen, § 953, 1. Halbsatz BGB, soweit nicht die §§ 954 - 957 BGB etwas anderes regeln, § 953, 2. Halbsatz BGB. Dem Menschen als der "Muttersache" soll das Eigentum an den von 240

Die Rechtsnatur der ausschließlichen Aneignungsrechte ist umstritten: überwiegend werden sie mit Recht als besondere dingliche Rechte an herrenlosen Sachen bezeichnet und damit in die Nähe des Eigentums gerückt. Andere hingegen wollen darin primär ein Gestaltungsrecht sehen, vgl. den Überblick bei Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 11. Instruktiv hierzu auch Larenz, AT, § 13 Π 8, der die Aneignungsrechte wegen ihrer absoluten Wirkung in die Nähe der dinglichen Rechte rückt, sie typologisch jedoch als eigenständige Rechte ansehen will. 241 In diesem Sinne Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 43 ff., der beide Lösungswege für gangbar hält und sich für eine analoge Anwendung von § 956 I 1 BGB als der sachnäheren Regelung ausspricht. 242 Oben § 3 Π 5 b.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

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ihm abgetrennten Körpersubstanzen zufallen. Die Rechtsverhältnisse am Leichnam sind denen am lebenden Körper jedoch insoweit nicht vergleichbar. Hier fehlt es an einer Hauptsache, die einem Rechtssubjekt derart intensiv zugeordnet ist, denn der Leichnam als Ganzes ist herrenlos und nicht eigentumsfahig 243. Werden nun Teile von der Leiche getrennt, so wird an einer herrenlosen, bisher nicht eigentumsfahigen Sache erstmals Eigentum begründet. Eine analoge Anwendung der §§ 953 ff. BGB auf den Leichnam wäre somit nur dann tragfähig, wenn man Eigentum am Leichnam als Ganzes bejaht, denn dann wäre es konsequent, das Eigentum an getrennten Leichenteilen dem Eigentümer des Leichnams als der "Muttersache" zuzusprechen244. Verneint man hingegen zutreffenderweise Eigentum am Leichnam als Ganzes, fehlt es an einer Situation, die der vergleichbar ist, die den §§ 953 ff. BGB zugrunde liegt. Die Persönlichkeit des Menschen wird nach dem Tod nur noch in abgeschwächter Form geschützt und kann keine Grundlage für eine analoge Anwendung der §§ 953 ff. BGB sein. Ein Aneignungsrecht an den abzutrennenden Körpersubstanzen des Leichnams steht somit nur den Erben als den zur Wahrung der Vermögensinteressen des Substanzträgers berufenen Personen zu. Der Käufer hat demnach lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Aneignungsrechts oder auf Ausübung des Aneignungsrechtes durch die Eiben 245 und anschließende Übertragung des dann an den Körpersubstanzen bestehenden Eigentums der Erben auf ihn 246 . Er selbst erwirbt durch den Kaufvertrag mit dem Substanzträger jedoch weder ein eigenes Aneignungsrecht noch ein vergleichbares dingliches Recht nach § 956 1 1 BGB. cc) Form

Auf diesen Ergebnissen aufbauend ist nachfolgend zu untersuchen, inwieweit aufgrund der erbrechtlichen Implikationen beim Abschluß eines Kaufvertrages über Substanzen des Leichnams die Formvorschriften des Erbrechts zu beachten sind. Hierzu wird allgemein die Ansicht vertreten, daß Willensbe243

Vgl. hierzu oben § 41. So in der Tat Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 41 f., wonach die Angehörigen nach Ausübung ihres Aneignungsrechts Eigentum an der Leiche als Ganzes begründen. 245 Die Erben sind hier sogar zur Abtrennung der vom Substanzträger veräußerten Körpersubstanzen vom Leichnam verpflichtet, da sie insoweit gerade den Willen des Verstorbenen erfüllen. Ein Konflikt zwischen der Abtrennung durch die Erben und dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen oder dem Totensorgerecht der Angehörigen entsteht nicht, denn die Entscheidung des Substanzträgers zu Lebzeiten geht vor. 246 Im einzelnen zu der Eigentumsübertragung unten § 8 I. 244

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

kundungen des Substanzträgers in bezug auf die Behandlung seines Körpers in der Zeit nach seinem Tode nicht als Verfügungen von Todes anzusehen sind 247 , wobei sich die Diskussion primär um die Frage dreht, ob die Einwilligung des Substanzträgers in eine Sektion oder Organentnahme den Formvorschriften des Erbrechts unterfallt. Als Argument gegen die Formbedürftigkeit wird angeführt, bei der Einwilligung handle es sich nicht um eine letztwillige Verfügung im technischen Sinne, da der Substanzträger lediglich die Behandlung seines Körpers nach dem Tode konkret regele248. Diese Argumentation basiert auf der Annahme, daß die Einwilligung des Substanzträgers in die Abtrennung Teil seines im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Rechts am eigenen Körper und demzufolge außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereiches anzusiedeln ist. Diese Begründung, die auf dem Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers aufbaut, macht deutlich, daß sie auf ein entgeltliches Rechtsgeschäft über Leichensubstanzen nicht übertragbar ist. Bei künstlichen Körperteilen im Leichnam wird hingegen teilweise die Ansicht vertreten, daß infolge der hier vorliegenden "Kommerzialisierung" und der damit verbundenen Zuordnung zum Vermögen des Erblassers der Substanzträger bei Bestimmungen über die Verwendung nach seinem Tode formal denselben Regeln unterliegen soll, die auch für andere Vermögensbestandteile gelten249. Die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung an den künstlichen Körperteilen, mit der die Erben beschwert werden, wäre dabei dann als Vermächtnis zu qualifizieren, wenn der Substanzträger hierdurch einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwendet, § 1939 BGB 250 . Die Verpflichtung zur Übereignung wäre als Anspruch auf Übereignung von Sachen auch zulässiger Gegenstand eines Vermächtnisses251. Da die künstlichen Körperteile zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehören, liegt ein Verschaffungsvermächtnis nach § 2170 I BGB vor, da die Erben als Beschwerte verpflichtet sind, dem Käufer Eigentum an den künstlichen Körperteilen zu verschaffen. Ein Verschaffungsvermächtnis ist jedoch nur in den Grenzen des § 2169 I BGB zulässig, der eine widerlegbare Unwirksamkeitsvermutung für den Fall enthält, daß der vermachte Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört. Diese Norm knüpft allerdings an den 247

So Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 27, 24; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 ΠΙ 5 g, S. 85 f. FN 135; Enneccerus/Nipperdey, AT, § 121 Π 1; Brox, Erbrecht, Rdnr. 12; Lilie, MedR 1983, S. 131 (133). 248 Enneccerus/Nipperdey, AT, § 121 Π 1; ähnlich Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 27, 24; Lilie, MedR 1983, S. 131 (133). 249 So Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 21. 250 Auch Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 25 will die Vermächtnisregeln analog anwenden, falls der Verstorbene seinen Körper nach dem Tode der Anatomie zur Verfügung stellt. 251 Soergel/Wolf, § 2147 BGB, Rdnr. 4.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtngsgeschäfte

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vermutlichen Erblasserwillen an und und greift hier nicht ein, da durch den zu Lebzeiten abgeschlossenen Kaufvertrag eindeutig ein Verschafiungswille des Erblassers vorliegt und der Gegenstand somit auf jeden Fall zugewendet werden soll, auch wenn er nicht zur Erbschaft gehört, § 2169 I Satz 1, 2. Halbsatz BGB 252 . Weiter gilt es zu bedenken, daß die künstlichen Körperteile nach erfolgter Veräußerung zwar nicht rechtlich, aber zumindest wirtschaftlich zum Nachlaß gehören, weshalb das Vorliegen eines Verschaflüngsvermächtnisses naheliegt253. Auch § 2171 BGB stünde dem nicht entgegen, soweit die vom Erblasser begründete Leistungspflicht nicht gegen § 134 BGB oder § 138 I BGB verstößt. Fraglich ist jedoch, inwieweit diese Argumentation auf die hier zu untersuchenden Kaufverträge übertragbar ist. Letzlich hängt dies davon ab, ob es sich bei dem vom Substanzträger zu Lebzeiten abgeschlossenen Vertrag wirklich um eine Verfügung von Todes wegen handelt - von der in bezug auf künstliche Körperteile ausgegangen wird 254 - oder ob nicht vielmehr ein Rechtsgeschäft unter Lebenden vorliegt. Diese Abgrenzung ist im Einzelfall durchaus problematisch, da auch Rechtsgeschäfte unter Lebenden über den Tod hinausreichende Rechtswirkungen haben können255. Die Verfügung von Todes wegen wird dabei als Rechtsgeschäft verstanden, durch das der Erblasser über das Schicksal seines Vermögens für die Zeit nach seinem Tode Anordnungen trifft 256 und ist nur durch Testament und Erbvertrag, §§ 1937, 1941 I BGB in der in den §§ 2064, 2229, 2231 BGB für das Testament und in den §§ 2274, 2276 I 1 BGB für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form zulässig. Ausschlaggebend für die Annahme eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden ist hingegen, daß nur die Erfüllung bis zum Tode einer Vertragspartei hinausgeschoben wird, während die rechtliche Bindung der Vertragsparteien bereits zu Lebzeiten eintritt 257. Wollen die Parteien demnach unmittelbar mit Vertragsschluß wirksam Verpflichtungen und Rechte bindend für den Fall des Todes schaffen, so können sie dies durch Rechtsgeschäft unter Lebenden in Gestalt der Vereinbarung einer Bedingung oder Befristung tun und die volle Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes hierdurch vom Eintritt oder Nichteintritt des

252

Palandt/Edenhofer, § 2169 BGB, Rdnr. 3. So mit Recht BGH, NJW 1983, S. 937 (937), wonach ein Verschaffungsvermächtnis gerade dann naheliegt, wenn der vermachte Gegenstand zwar rechtlich nicht zum Nachlaß gehört, wirtschaftlich aber in ihm enthalten ist. 254 Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 21. 255 Instruktiv hierzu Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 1 VI 3; Staudinger/Kanzleiter, §2301 BGB, Rdnr. 14 ff. 256 So Staudinger/Otte, Vorbem zu §§ 1937 - 1941 BGB, Rdnr. 2. 257 Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 1 VI 3; Staudinger/Kanzleiter, § 2301 BGB, Rdnr. 14 f. 253

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Todes abhängig machen258. Die Entgeltlichkeit eines Rechtsgeschäftes soll dabei für die Annahme eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden sprechen259, wobei die besondere Begrenzung des § 2301 I 1 BGB für die Möglichkeit, ein bindendes schuldrechtliches Versprechen für den Fall des Todes abzugeben, für entgeltliche Verträge nicht gilt 260 . Der zu Lebzeiten des Substanzträgers abgeschlossene Kaufvertrag für die Zeit nach seinem Tode begründet unmittelbar mit Vertragsschluß bindend Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien; allein seine Erfüllung ist auf die Zeit nach dem Tode des Substanzträgers hinausgeschoben. Hieraus folgt, daß ein Rechtsgeschäft unter Lebenden vorliegt, für das die besonderen erbrechtlichen Formvorschriften nicht gelten261. Der Käufer erhält somit lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben auf Übertragung des Eigentums an den Körpersubstanzen. Das Totensorgerecht steht dem nicht entgegen, da der Wille des Verstorbenen vorgeht262. b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

aa) § 134 BGB

Derzeitig existiert kein allgemeines Verbotsgesetz, welches entgeltliche Rechtsgeschäfte mit Substanzen des menschlichen Leichnams mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB untersagt263. Auch die in bezug auf Leichenteile bestehenden partiellen strafrechtlichen Regelungen264 begründen kein umfassendes gesetzliches Verbot von Kaufverträgen über Lei258

So die anschauliche und überzeugende Argumentation in BGHZ 8, 23 (31); ähnlich BGHZ 31, 13 (19 f.). 259 Staudinger/Kanzleiter, § 2301 BGB, Rdnr. 15; im einzelnen str., vgl. BGHZ 31, 13 (20), wonach dies nur gelten soll, wenn die Gegenleistung bereits zu Lebzeiten erbracht worden ist. 260 BGHZ 8, 23 (31); vgl. hierzu auch Brox, Erbrecht, Rdnr. 742 ff., insb. 744, der eine analoge Anwendung von 2301 I BGB auf sonstige Zuwendungen auf den Todesfall erwägt, die zu Lebzeiten nicht erfüllt sind, diese jedoch bei entgeltlichen Rechtsgeschäften zu Recht ablehnt, weil das Entgelt dem Nachlaß zufließt. 261 Unverständlich insoweit Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 49 f., wenn er auf einen Kaufvertrag über Organe für den Todesfall § 2301 I BGB anwenden will, indem er die Vereinbarung über die Organentnahme als Schenkung für den Todesfall qualifiziert. 262 Hierzu bereits oben § 4 12 b. 263 Ebenso Taupitz, Kommerzialisierung, S. 93. 264 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 134 BGB, Rdnr. 23: der strafrechtliche Charakter einer Bestimmung ist ein Indiz für die Qualifizierung als Verbotsgesetz; ebenso Müko/ Mayer-Maly, § 134 BGB, Rdnr. 47.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

139

chenteile. Hierbei kommen allein § 168 I StGB und § 189 StGB in Betracht, die beide auf der Prämisse aufbauen, daß der Mensch auch nach seinem Tode als ehemalige Persönlichkeit Achtung und Respekt verdient265. § 168 I StGB erfaßt zwar auch die aus dem Leichnam entnommenen Substanzen, schützt jedoch nur den Gewahrsam des Berechtigten266. Solange sich der Leichnam somit noch im Krankenhaus befindet, fehlt es bei der Wegnahme von Leichenteilen durch das Krankenhauspersonal an einem Gewahrsamsbruch, solange das Krankenhaus einen entsprechenden Herrschaftswillen über die Leiche ausübt267. Weiter gilt, daß bei Einwilligung des Substanzträgers in die Entnahme nach seinem Tode der durch die Einwilligung Ermächtigte im Rahmen des § 168 I StGB gerechtfertigt handelt, da Verfügungen des Verstorbenen zu Lebzeiten dem Willen der Angehörigen oder Erben vorgehen268. Die Einwilligung in die Verletzung der körperlichen Integrität der Leiche liegt dabei in dem Abschluß eines Kaufvertrages über die Körpersubstanzen. Auch § 189 StGB entfaltet keine Wirkung als Verbotsgesetz, da hierdurch nur der äußerlich unversehrte Leichnam vor schweren Verunstaltungen geschützt wird, die geeignet sind, die Ehre des Verstorbenen zu kränken 269. Bei einer Einwilligung in die Abtrennung im Rahmen des Kaufvertrages fehlt es jedoch bereits an einer für den objektiven Tatbestand erforderlichen besonders schweren Ehrkränkung. Der Substanzträger hat zu Lebzeiten durch den Abschluß des Kaufvertrages und die darin enthaltene Einwilligung in die Abtrennung der Leichenteile die Behandlung seines Leichnams nach seinem Tode konsentiert.

bb) § 1381 BGB

Kaufverträge über vom Leichnam abzutrennende Körpersubstanzen sind ebenso wie Rechtsgeschäfte über Substanzen des lebenden Körpers den rechtlichen Schranken des § 138 I BGB unterworfen: auch insoweit ist eine Einzelfallentscheidung in bezug auf eine Vereinbarkeit derartiger Rechtsgeschäfte mit den guten Sitten zu treffen 270. Dabei ist zunächst auf die Wertungsergebnisse abzustellen, die bei der Veräußerung von Teilen des lebenden Kör-

265

Zum geschützten Rechtsgut beider Normen Schönke/Schröder/Lenckner, § 189 StGB, Rdnr. 1. 266 Dreher/Tröndle, § 168 StGB, Rdnr. 3; Schönke/Schröder/Lenckner, § 168 StGB, Rdnr. 4 ff. 267 So KG, NJW 1990, S. 782 (782). 268 Vgl. Dreher/Tröndle, § 168 StGB, Rdnr. 3; Schönke/Schröder/Lenckner, § 168 StGB, Rdnr. 8 m.w.N. 269 Schönke/Schröder/Lenckner, § 189 StGB, Rdnr. 2. 270 Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 2, 8.

140

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

pers gewonnen wurden271. Allerdings dürfen diese Ergebnisse nicht unreflektiert auf den Leichnam übertragen werden, da mit dem Tode die Existenz des Substanzträgers als Mensch und damit auch seine Rechtsfähigkeit endet272. Demzufolge kann auf die Bedeutung für den Gesamtorganismus nicht mehr abgestellt werden, da im Leichnam keine Funktionsabläufe mehr stattfinden 273 . Auch die Intensität der Bindung der Körpersubstanzen an die Persönlichkeit des Substanzträgers muß als Wertungsvergleich in großem Umfang entfallen, da die Person mit dem Tode endet und das fortwirkende Persönlichkeitsrecht nur treuhänderisch durch die Angehörigen ausgeübt wird 274 . Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit orientiert sich folglich primär daran, ob die abgetrennten Teile nach dem Gesamtcharakter des Kaufvertrages unter sittlich zu mißbilligenden Umständen veräußert wurden, wobei die grundsätzliche Unversehrtheit der körperlichen Integrität auch nach dem Tode sowie die fortwirkenden Werte des Verstorbenen angemessen zu berücksichtigen sind. Hierbei gilt zunächst, daß der beim lebenden Menschen bedeutsame Faktor des Gewinnstrebens mit dem eigenen Körper nach dem Tode anders gewichtet werden muß, da der Mensch dann keinen Teil seiner Gesundheit verkauft 275. Auch ist zu bedenken, daß der Wille des Verstorbenen für die Ausübung des Totensorgerechts durch die Angehörigen maßgeblich ist, womit die Bedeutung der Totenehrung bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit relativiert werden muß. Allein der Umstand, daß der Substanzträger über das Schicksal seines Leichnams Anordnungen treffen kann, sich neben der Bestimmung einer einzelnen Bestattungsart sogar wirksam dazu entschließen kann, seinen Körper nach seinem Tode verbrennen zu lassen276, legt die Wertung nahe, daß die 271

Wie bereits dargelegt, kommt es auf die personale Bindung der Körpersubstanzen, auf die Bedeutung für den Gesamtorganismus sowie auf die Gesamtumstände des Rechtsgeschäftes an, oben Π 1 b, bb (4). 272 Vgl. hierzu MüKo/Gitter, § 1 BGB, Rdnr. 15. 273 Hierbei wird von dem Normalfall ausgegangen, daß mit dem Tode alle Körperfunktionen enden. Der "lebende Leichnam", bei dem die elementaren Körperfunktionen künstlich aufrechterhalten werden, kann insoweit nicht als Maßstab dienen und bedarf einer gesonderten Beurteilung, wobei auch hier der Vorrang des Willens des Verstorbenen angemessen zu berücksichtigen ist. 274 Im Einzelfall kommt jedoch eine Restbindung der Leichensubstanzen an das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Substanzträgers in Betracht, welche entwürdigende Behandlungen der Körpersubstanzen, die in besonderem Maße mit den fortwirkenden Werten des Verstorbenen kollidieren, untersagt. Zu erwähnen ist hierbei z.B. die Klonierung des Verstorbenen aus den in seinen Leichenteilen enthaltenen genetischen Informationen. 275 Dies ist beim lebenden Menschen für viele der entscheidende Faktor für das Verdikt der Sittenwidrigkeit, vgl. nur Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61. Auch insoweit muß - wie beim lebenden Menschen - auf eine Detailprüfung des § 138 Π BGB verzichtet werden. 276 Vgl. hierzu Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 23.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

141

Dispositionsmöglichkeiten über den Körper nach dem Tode weiter sind als zu Lebzeiten. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, daß mit der Veräußerung von Körpersubstanzen für die Zeit nach dem Tode - trotz der Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes - auch sittlich positiv einzuschätzende Umstände verbunden sein können. Neben altruistischen oder karitativen Aspekten, die trotz der Entgeltlichkeit als Begleitmotive mit zu berücksichtigen sind, falls der Substanzträger Organe oder seltene Körpersubstanzen veräußert, um der Gesundung anderer zu dienen, kann der erzielte Kaufpreis auch dafür verwendet werden, dem Substanzträger zu Lebzeiten ein menschenwürdiges Dasein oder bei Bezahlung zum Zeitpunkt des Todes eine menschenwürdige Bestattung mit zu ermöglichen. Eine weitere Veräußerung mit einem sittlich zu billigenden Begleitmotiv wäre die Veräußerung von Körpersubstanzen an die Anatomie zur Unterstützung der medizinischen Forschung. Demzufolge ist eine Sittenwidrigkeit nur in Ausnahmefällen zu bejahen, falls der Leichnam durch die Abtrennung der Körpersubstanzen grob entstellt wird, da die Unveräußerbarkeit der Menschenwürde dem Grenzen setzen kann. Jedoch gilt es auch hier zu beachten, daß die Beeinträchtigung des Leichnams durch den Substanzträger konsentiert ist und wohl in fast allen Fällen durch Leichenkosmetik würdevoll gestaltet werden kann. In gleicher Weise wie beim Verkauf lebender Feten kommt auch dem toten Embryo eine Sonderrolle zu: der personale Schutz des Embryos als werdendes menschliches Leben überdauert seinen Tod und impliziert die Sittenwidrigkeit von Kaufverträgen über abgestorbene Feten. 2. Schenkungsvertrag

Nach der Darstellung der rechlichen Grenzen von Kaufverträgen über Teile des eigenen Leichnams soll nachfolgend auf die Zulässigkeit von Schenkungsverträgen des Substanzträgers über von seinem Leichnam abzutrennende Körpersubstanzen eingegangen werden. Auch in diesem Zusammenhang ist Ausgangspunkt der Überlegungen nicht die Organspende, bei der der Substanzträger in die Explantation von Organen aus seinem Leichnam zugunsten einer konkret bestimmten natürlichen oder juristischen Person einwilligt. Vielmehr soll von der Fallgestaltung ausgegangen werden, daß der Substanzträger Körpersubstanzen, die einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpern und als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Medikamenten dienen können, zum Gegenstand eines Schenkungsvertrages macht und sich zu Lebzeiten dazu verpflichtet, diese Körpersubstanzen nach dem Tode auf den Beschenkten zu übertragen277. Schenkungsverträge über Substanzen des Leichnams 277 In der Praxis denkbar wäre, daß der Substanzträger in Anbetracht seines nahenden Todes Gehörknöchelchen oder Gehirnhaut an das Krankenhaus verschenkt, in dem

142

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

sind als Schenkungsversprechen zu qualifizieren, § 518 I BGB 278 . Eine Erfüllung der hieraus für die Erben begründeten Verbindlichkeit erfolgt in gleicher Weise wie beim Kauf von Substanzen des Leichnams279. Neben der Überprüfung der inhaltlichen Wirksamkeit dieser Rechtsgeschäfts sollen sich die weiteren Ausführungen auf die Frage nach der Anwendbarkeit der erbrechtlichen Formvorschriften beschränken. a) Form

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach einer Anwendbarkeit des § 2301 I BGB, falls der Substanzträger hierdurch einen Schenkungsvertrag für den Fall seines Todes abschließt. Dies wäre dann zu bejahen, wenn der Substanzträger die Körpersubstanzen für den Fall seines Todes einem anderen unentgeltlich zuwenden will und somit ein Schenkungsversprechen, aufschiebend bedingt durch das Überleben des Bedachten, vereinbart 280. Der Umstand, daß die Leiche als Ganzes nicht Teil des Nachlasses ist und somit dem Nachlaß keine Vermögenswerte Rechtsposition durch ein Rechtsgeschäft des Substanzträgers unter Lebenden entzogen werden kann 281 , steht dem jedenfalls nicht generell entgegen, da die Körpersubstanzen mit der Abtrennung vom Leichnam zu eigentumsfahigen Sachen werden und somit zumindest potentiell Bestandteil des Vermögens des Erblassers waren. Fraglich ist jedoch, ob es der Normzweck des § 2301 I BGB wirklich gebietet, auch Schenkungsversprechen über Substanzen des Leichnams für den Fall des Überlebens des Bedachten den Formvorschriften des Erbrechts zu unterwerfen. Durch die Gleichstellung des Schenkungsversprechens unter einer Überlebensbedingung mit Verfügungen von Todes wegen in § 2301 I BGB soll verhindert werden, daß der Erblasser zu Lebzeiten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden dem Nachlaß auf Kosten der Interessen von Nachlaßgläubigern, Erben oder Pflichtteilsberechtigten Werte entzieht, ohne an die strengen Formvorschriften des Erbrechts gebunden zu sein282. Aus dem so verstandenen Normzweck des § 2301 I BGB wird jedoch deutlich, daß die Vorschrift dann ihre Berechtigung verliert, wenn die Gefahr, daß der Nachlaß gleichsam er behandelt wird. Die Festlegung des genauen Vertragsinhalts verursacht insoweit die gleichen Schwierigkeiten wie beim Verkauf dieser Substanzen, vgl. oben ΠΙ 1. 278 Siehe hierzu oben Π 2 a, aa. 279 Hierzu oben ΠΙ 1 a, bb. 280 Zu den Voraussetzungen und zum Normzweck des § 2301 BGB vgl. Soergel/Wolf, § 2301 BGB, Rdnr. 1; Staudinger/Kanzleiter, § 2301 BGB, Rdnr. 2. 281 Vgl. hierzu Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 44 m.w.N. 282 Vgl. Soergel/Wolf, § 2301 BGB, Rdnr. 1: § 2301 BGB will Umgehungsgeschäfte verhindern, durch die in der äußeren Form eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden in Wirklichkeit einem anderen etwas auf den Todesfall zugewendet werden soll; ähnlich Brox, Erbrecht, Rdnr. 708.

§ 7 Eigenkommerzialisierung: Verpflichtungsgeschäfte

143

am Erbrecht vorbei gemindert wird, nicht besteht. Dies ist hier der Fall, da an der Leiche und ihren Teilen keine eigennützigen Vermögenswerten Rechtspositionen der Verwandten oder Erben bestehen und die Substanzen auch kein Teil des Nachlasses werden. Das den Erben mit der Abtrennung zufallende Aneignungsrecht dient allein der Rechtssicherheit und resultiert aus dem Streben nach klaren und eindeutigen Eigentumsverhältnissen an Leichenteilen. Dieses potentielle Aneignungsrecht der Erben ist zwar ein vermögenswertes Recht, jedoch treuhänderisch gebunden und darf von den Erben nur im Interesse des Erblassers ausgeübt werden. Im übrigen entsteht es erst nach dem Erfall und stellt vorher kein selbständiges Recht dar, sondern lediglich eine Erwerbsaussicht der potentiellen Erben. In bezug auf die Frage, ob der Nachlaß i.S.d. § 2301 BGB durch die Schenkung des Substanzträgers gemindert wird, muß das in der Zukunft möglicherweise entstehende Aneignungsrecht der Erben somit außer Betracht bleiben. Der Nachlaß selbst wird durch den Schenkungsvertrag nicht gemindert, da die Körpersubstanzen zu Lebzeiten kein realer Teil des Vermögens des Erblassers waren. Eine Anwendung des § 2301 I BGB ist somit im Rahmen einer teleologischen Reduktion der Norm abzulehnen283. Auch der Umstand, daß Schenkungsverträge über Körpersubstanzen des lebenden Körpers für ihre Wirksamkeit der Form des § 518 I 1 BGB bedürfen, steht dem nicht entgegen, denn dieser Formzwang soll den Schenker vor übereilten Handlungen, die sein Vermögen mindern, schützen 284 . Einer derartigen Warnfünktion kommt nach dem Tode des Substanzträgers jedoch keine Bedeutung mehr zu. b) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit

aa) § 134 BGB

Eine Anwendung von § 134 BGB scheidet ebenso wie beim Kaufvertrag aus, da weder im Strafrecht noch in anderen Rechtsbereichen Verbotsgesetze existieren.

283

Anders Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 50 f., der eine Anwendbarkeit des § 2301 I BGB bejaht, allerdings ohne nähere Erörterung der Problematik und ohne überzeugende Begründung. Zu den Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion im einzelnen vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 279 ff. 284 Vgl. hierzu Jauernig/Vollkommer, § 518 BGB, Anm. 1 a.

144

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen bb) § 1381 BGB

Die bei Schenkungsverträgen über Substanzen des Leichnams vorzunehmende Wertung ist deijenigen bei Substanzen des lebenden menschlichen Körpers vergleichbar. Somit gilt, ähnlich wie beim Kaufvertrag, daß nach dem Tode des Substanzträgers allein auf eine Gesamtwürdigung des Schenkungsvertrages abgestellt werden kann. Einem Schenkungsversprechen durch den Substanzträger sind dabei durch § 138 I BGB nur in Extremfallen Grenzen gesetzt. Dies könnte bei einer aus der Abtrennung resultierenden groben Entstellung des Leichnams der Fall sein285, wobei aber auch hier eine Sittenwidrigkeit zu verneinen wäre, wenn mit der Schenkung sittlich anerkennenswerte Ziele verfolgt werden286. In gleicher Weise wie beim Verkauf von Leichenteilen setzt die unveräußerliche, auch noch nach seinem Tode fortwirkende Menschenwürde, die sich in seinem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht konkretisiert, der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht des Substanzträgers eine äußerste Grenze. Auf eine Verletzung des Totensorgerechts der Angehörigen kann es insoweit nicht ankommen, da dieses nur in den Grenzen schutzwürdig ist, die durch die Bestimmungen des Substanzträgers für die Zeit nach seinem Tode gesetzt werden.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB In Zusammenhang mit der Eigenkommerzialisierung stellen sich neben der Frage nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit der entsprechenden Verpflichtungsgeschäfte verschiedene weitere Fragen, denen im folgenden nachgegangen werden soll. Zunächst ist zu klären, wie der Substanzträger bzw. nach seinem Tod die Erben die schuldrechtlich begründete Pflicht zur Übertragung von Eigentum an den Körpersubstanzen dinglich erfüllen können. Weiter soll untersucht werden, inwieweit Allgemeine Geschäftsbedingungen bei der Eigenkommerzialisierung Anwendung finden können, wobei der Untersuchungsgegenstand hier einzugrenzen sein wird. Schließlich sollen auch Bezüge zu öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften hergestellt werden, soweit dies notwendig erscheint, um die Gesamtproblematik der Eigenkommerzialisierung umfassend beurteilen zu können.

285 Eine solche wäre denkbar bei der Schenkung eines Auges, wobei allerdings auch dieses durch Leichenkosmetik und dem Einsetzen eines Glasauges kompensiert würde. 286 Was insbesondere bei der Schenkung von Organen aus altruistischen Gesichtspunkten der Fall wäre.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

145

L Eigentumsverhältnisse im Rahmen der Eigenkommerzialisierung

Mit der Trennung vom Körper erwirbt der Substanzträger analog § 953 BGB, bei Abtrennung vom Leichnam erwerben die Erben des Substanzträgers durch Ausübung des Aneigungsrechts nach § 958 I BGB originäres Eigentum an den Körpersubstanzen. Die oben unter § 7 im einzelnen dargestellten Verpflichtungsgeschäfte haben zum Inhalt, Eigentum an den abgetrennten Körpersubstanzen auf den Ersterwerber als dem Vertragspartner des Substanzträgers zu übertragen. Im folgenden ist zu untersuchen, auf welche Art und Weise der Substanzträger oder nach seinem Tode die Erben das Eigentum übertragen können. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob die §§ 929 ff. BGB, die für die Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen grundsätzlich einschlägig sind, Anwendung finden und wie sich die Eigentumsübertragung konkret vollziehen kann.

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit

der §§ 929 ff BGB

a) Vom lebenden Körper abgetrennte Substanzen

Die Übertragung des Eigentums an den vom Körper getrennten Substanzen durch den Substanzträger auf den Ersterwerber kann rechtlich auf verschiedene Art und Weise konstruiert werden. Bejaht man an den abgetrennten Körpersubstanzen ein Aneignungsrecht des Substanzträgers287, könnte der Substanzträger dem Ersterwerber dieses Aneignungsrecht übertragen. Mit Eigenbesitzbegründung entstünde das Eigentum erstmalig in der Person des Ersterwerbers 288. Bejaht man hingegen zu Recht einen Eigentumserwerb des Substanzträgers ipso iure in analoger Anwendung von § 953 BGB 289 , wäre eine analoge Anwendung von § 956 1 1 BGB naheliegend. Der Ersterwerber könnte dann als persönlich Berechtigter aufgrund seiner in dem Verpflichtungsgeschäft mit dem Substanzträger liegenden obligatorischen Berechtigung durch Abtrennung unmittelbar Eigentum an den Körpersubstanzen erwerben, falls er Besitz an ihnen ergreift. Insoweit wurde jedoch bereits festgestellt, daß ein Erwerbsrecht mit dinglicher Wirkung am Körper des Menschen nicht begründet werden kann und die Gestattung im übrigen nicht mehr als ein Angebot

287

So einige Vertreter der sachenrechtlichen Qualifikation abgetrennter Körperteile, vgl. oben § 3 Π 1. 288 Gegen eine Übertragbarkeit des Aneignungsrechts des Substanzträgers Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 88 f. unter Hinweis auf die personengebundene Natur dieses Rechts. 289 Hierzu bereits oben § 3 Π 5 b. 10 Rolf Müller

146

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

auf Übereignung darstellt290. Nach der hier vertretenen Auffassung kann der Substanzträger sein ihm analog § 953 BGB zufallendes Eigentum somit nur im Rahmen der §§ 929 ff. BGB übertragen. b) Vom Leichnam abgetrennte Substanzen

Mit dem Tod des Substanzträgers entsteht das aufschiebend bedingte Aneignungsrecht der Erben. Eine Eigentumsübertragung kann somit nur vermittels dieser Rechtsposition erfolgen, jedenfalls wenn man ein eigenes Aneignungsrecht des Ersterwerbers ebenso wie eine dinglich wirkende Gestattung analog § 956 I 1 BGB ablehnt291. In bezug auf den Eigentumserwerb des Ersterwerbers sind dabei zwei verschiedene Wege denkbar: zunächst könnten die Erben nach Abtrennung Eigenbesitz an den Leichenteilen begründen und damit originäres Eigentum erwerben. Dieses Eigentum könnten sie dann nach den §§ 929 ff. BGB auf den Ersterwerber zur Erfüllung der durch den Substanzträger begründeten Nachlaßverbindlichkeit übertragen. Denkbar wäre jedoch auch, daß die Erben ihr aufschiebend bedingtes Aneignungsrecht auf den Ersterwerber übertragen, §§ 413, 398 BGB. Mit Eigenbesitzbegründung entstünde das Eigentum an den Leichenteilen dann originär in der Person des Ersterwerbers. Beide Lösungen sind juristisch zu begründen. Wägt man zwischen den beiden Alternativen ab, so gilt es die Lösung zu finden, die dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht sowie dem höchstpersönlichen Bezug des Aneignungsrechts zu den Erben am ehesten gerecht wird. Dabei ist zunächst zu bedenken, daß bei einer Übertragung des Aneignungsrechts am Leichnam ein - durch die Abtrennung aufschiebend bedingtes - dinglich wirkendes Aneignungsrecht des Ersterwerbers entsteht. Die Begründung dinglicher Rechtspositionen Dritter am Leichnam erscheint jedoch mit dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen nur schwer vereinbar. In jedem Fall müßte sichergestellt sein, daß die Entscheidung über die Abtrennung nur von den Angehörigen getroffen werden kann, nicht aber von dem dinglich berechtigten Ersterwerber. Gegen eine Übertragbarkeit des Aneignungsrechts der Erben spricht weiter die personengebundene Natur dieses Rechts. Das Aneignungsrecht fallt den Erben analog § 1922 I BGB zu, da sich die umfassende Herrschaftsmacht des Menschen an seinem Körper nach seinem Tod in dem Aneignungsrecht der Erben fortsetzt. Dieses Recht ist somit an die Person der Erben gebunden und kann nicht wie ein beliebiges anderes Recht übertragen werden 292. Auch abgetrennte Leichenteile werden somit nach den §§ 929 ff.

290

Oben § 7 Π 1 a, aa. Hierzu bereits oben § 7 ΠΙ 1 a, aa. 292 Ebenso mit überzeugender Begründung Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 88 f. zu der Frage, wie der Substanzträger Eigentum überträgt, wenn man die Ana291

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

147

BGB auf den Ersterwerber übertragen, nachdem die Erben Eigentum erworben haben.

2. Wirksamkeit

einer dinglichen Einigung über Körpersubstanzen

Grundvoraussetzung für eine Eigentumsübertragung nach §§ 929 ff. BGB ist zunächst, daß über menschliche Körpersubstanzen überhaupt ein dingliches Rechtsgeschäft wirksam abgeschlossen werden kann. Dazu müßte sich der Substanzträger - oder nach seinem Tod die Erben - gemäß § 929 Satz 1 BGB wirksam mit dem Ersterwerber über den Eigentumsübergang einigen können. Als formfreier abstrakter Vertrag stellt die Einigung ein dingliches Rechtsgeschäft dar, auf welches die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte, §§ 104 - 185 BGB, grundsätzlich anwendbar sind293. Fraglich ist dabei, ob eine dingliche Einigung per se nichtig ist, weil sie menschliche Körpersubstanzen zum Gegenstand hat. Die Nichtigkeitsfolge könnte aus § 138 I BGB abgeleitet werden, falls in der Übertragung von Eigentum an menschlichen Körpersubstanzen ein sittenwidriger Zweck verfolgt wird, die Unsittlichkeit also gerade im Vollzug der Leistung liegt 294 . Dies ist jedoch zu verneinen, denn die Körpersubstanzen werden nach der Trennung von Körper oder Leichnam zu eigentumsfahigen beweglichen Sachen, auf die die Vorschriften des Sachenrechts - in den Grenzen, die das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers setzt - anwendbar sind. Allein der Abschluß eines Verfügungsgeschäftes über die Körpersubstanzen verletzt die Persönlichkeit des Substanzträgers jedoch nicht, vielmehr ist dies nicht mehr als eine Konsequenz aus der Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen. Zu Recht wird die Wirksamkeit einer dinglichen Einigung über Körpersubstanzen nicht in Frage gestellt295. 5. Eigentumsübertragung

bei vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen

Bevor die konkrete Anwendung der §§ 929 ff. BGB dargestellt werden kann, sind zunächst die Besitzverhältnisse an den vom Körper getrennten Substanzen zu klären. Bei der analogen Anwendung des § 953 BGB in bezug auf die Eigentumsverhältnisse konnte diese Frage offenbleiben, denn für den Eigenlogie zu § 953 BGB ablehnt und ihm nur ein Aneignungsrecht an abgetrennten Körperteilen zuspricht, vgl. hierzu oben § 3 Π 1. 293 Palandt/Bassenge, Einl § 854 BGB, Rdnr. 12. 294 Zur Sittenwidrigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts vgl. Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 20. 295 Vgl. nur Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16; Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 86.

148

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

tumserwerb ist insoweit weder der Besitz an der Hauptsache relevant noch ist von Bedeutung, wer den Besitz an den Trennstücken ergreift 296. Der Erwerb des Eigentums an den abgetrennten Körpersubstanzen nach §§ 929 ff. BGB erfordert neben einer wirksamen dinglichen Einigung jedoch weiter - jedenfalls grundsätzlich - einen Übertragungsakt in Gestalt der Übergabe der Sache, § 929 Satz 1 BGB. Werden die Körpersubstanzen im Rahmen der Eigenkommerzialisierung mit Willen des Substanzträgers abgetrennt, ist zumindest in der Phase der Abtrennung von einem unmittelbaren Besitz des Substanzträgers auszugehen, § 854 I BGB. Die umfassende Herrschaftsmacht am Körper setzt sich auch nach Abtrennung in einem tatsächlichen Herrschaftsverhältnis an den abgetrennten Körperteilen fort. Der Substanzträger erwirbt dabei originären unmittelbaren Besitz: nach der Abtrennung sind die Körpersubstanzen dem Substanzträger räumlich unmittelbar zugänglich und er ist jederzeit in der Lage, auf die Substanzen einzuwirken. Auch ein Besitzbegründungswille ist jedenfalls in dem Moment der Abtrennung zu bejahen, denn bei natürlicher Betrachtungsweise des Geschehens ist davon auszugehen, daß der Substanzträger sich seiner Herrschaftsgewalt über die Körpersubstanzen nicht a priore begeben möchte, sondern daß er zunächst auch nach der Abtrennung "Herr" seiner Körpersubstanzen bleiben und dann darüber entscheiden will, wem er diese tatsächliche Herrschaftsgewalt überträgt 297. Die Annahme eines unmittelbaren Besitzes des Substanzträgers stößt sicher dann auf keine Bedenken, wenn er die Abtrennung selbst herbeifuhrt, so wenn er Haare oder Fingernägel abschneidet. Ein originärer unmittelbarer Besitz ist jedoch auch dann anzunehmen, wenn die Abtrennung durch Dritte und durch den Gebrauch von Hilfsmitteln erfolgt. Entnimmt der Arzt Blut aus dem Körper des Patienten, so ist in dem Moment der Entnahme eine tatsächliche Herrschaftsgewalt des Substanzträgers zu bejahen, jedenfalls solange sich die technischen Entnahmegerätschaften noch unmittelbar an seinem Körper befinden 298. Diesen ihm zunächst zufallenden unmittelbaren Besitz kann der Substanzträger übertragen, indem er einem anderen die Sachherrschaft überläßt. So wird der Arzt, der das Blut entnimmt, entweder selbst unmittelbarer Besitzer, wenn er den Besitz selbst ausüben will, § 854 I BGB, oder er wird als Besitzdiener die tatsächliche Gewalt für einen Blutspendedienst oder eine Klinik ausüben, § 855 BGB bzw. als Besitzmittler, § 868 BGB, anzusehen sein.

296 Zur Bedeutung der Besitzlage bei § 953 BGB vgl. Palandt/Bassenge, Vorbem ν § 953 BGB, Rdnr. 1. 297 Zum Besitz vgl. Palandt/Bassenge, § 854 BGB, Rdnr. 2 (tatsächliche Herrschaftsgewalt) und Rdnr. 5 (Besitzbegründungswille). Wie hier Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 84 FN 2, die ebenfalls unmittelbaren Besitz des Patienten an seinem entnommenen Blut bejahen. 298 Ebenso Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 84 FN 2.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

149

Nachdem nun geklärt ist, daß der Substanzträger mit Abtrennung unmittelbarer Besitzer seiner Körpersubstanzen wird, kann auch die Eigentumsübertragung nach den §§ 929ff. BGB dargestellt werden. In der Hingabe der Körpersubstanzen an den Ersterwerber liegt ein Angebot auf Übereignung, welches dieser zumindest konkludent annimmt. Die Übergabe erfolgt grundsätzlich nach § 929 Satz 1 BGB, indem der Substanzträger seinen unmittelbaren Besitz an den Körpersubstanzen auf den Ersterwerber überträgt und keinen Besitz daran behält299.

4. Eigentumsübertragung

bei vom Leichnam abgetrennten Substanzen

Nachdem bereits dargestellt wurde, daß die Erben ihr Aneignungsrecht zunächst selbst ausüben müssen und erst anschließend das originär in ihnen entstandene Eigentum nach §§ 929 ff. BGB auf den Ersterwerber übertragen können, sind auch hier zunächst die Besitzverhältnisse an den Leichenteilen darzustellen. Der herrenlose Leichnam als Ganzes steht weder im Besitz der Erben noch der Angehörigen. Aus dem Totensorgerecht, welches den Angehörigen eine Verfugungsmacht über die Leiche zu Bestattungszwecken einräumt, ergibt sich nichts anderes, denn insoweit handelt es sich um eine rein persönlichkeitsrechtliche Beziehung zum Toten300. Werden die Leichenteile abgetrennt, stellt sich die Frage, welche tatsächlichen Herrschafitsverhältnisse daran bestehen, §§ 854ff. BGB. Ob insoweit eine Besitzposition der Erben bereits ab dem Abtrennungszeitpunkt angenommen werden kann, ist sehr fraglich. Zunächst ist dabei zu prüfen, ob die Erben in direkter oder analoger Anwendung des § 857 BGB in den Besitz der Leichenteile gelangen können. § 857 BGB, der die Besitzstellung des Erblassers im Wege einer vergeistigten Sachherrschaft auf die Erben übergehen läßt 301 , ist allerdings nicht direkt anwendbar. Dem Substanzträger kommt an seinem Körper keine Besitzposition zu, die auf die Erben übergeleitet werden könnte, denn sein Recht am Körper ist Teil seines Persönlichkeitsrechts und kann nicht als Besitz qualifiziert werden302. Der Umstand, daß die Erben nicht Eigentümer der Körpersubstanzen, sondern nur aneignungsberechtigt sind, ist an dieser Stelle nicht entscheidend, da es bei § 857 BGB nur um die Nachfolge der Erben in die an die Sachherrschaft des Erblassers 299

Auf die vielgestaltigen Übertragungsmöglichkeiten des Eigentums, vor allem durch die Einschaltung von Hilfspersonen auf Veräußerer- oder Erwerberseite, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Aus dem gleichen Grund muß auf die nähere Erörterung der Organspende verzichtet werden. 300 Oben § 4 12 b. 301 Vgl. Palandt/Bassenge, § 857 BGB, Rdnr. 1. 302 Oben § 3 I.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

geknüpfte Besitzstellung geht. Denkbar wäre jedoch, § 857 BGB analog auf die Leichenteile anzuwenden und den Erben mit Abtrennung Erbenbesitz daran zuzusprechen. Für eine Analogie könnte der Umstand sprechen, daß die Erben ihr Aneignungsrecht gerade aus dem Recht des Erblassers an seinem Körper ableiten. Im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 857 BGB könnte diese dem Besitz ähnliche Verfügungsgewalt des Substanzträgers in Gestalt des Erbenbesitzes auf die aneignungsberechtigten Erben übergehen. Grund dafür könnte sein, daß die Norm auf andere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge entsprechend angewendet wird 303 . Voraussetzung für eine Analogie ist jedoch, daß der Normzweck des § 857 BGB auch den Fall der Abtrennung von Leichenteilen mit erfaßt. Ratio der Norm ist es, den Erben zu schützen, indem eine Besitzlosigkeit der vererbten Sachen vermieden wird. Der Erbe ist insoweit schutzbedürftig, denn er wird vielfach nicht in der Lage sein, den Besitz an der ererbten Sache sofort nach dem Tod des Erblassers zu ergreifen. Die dann besitzlosen Sachen wären jedoch in der Zeit zwischen dem Tod des Erblassers und der Besitzergreifung durch die Erben einer verbotenen Eigenmacht Dritter schutzlos ausgeliefert und Dritte könnten auch gutgläubig Eigentum erwerben, da die Sperrwirkung des § 935 BGB nicht eingreift 304. Die den Erben zugerechnete Besitzposition dient somit primär ihrem besitz- und eigentumsrechtlichen Schutz, ohne daß damit die Begründung einer tatsächlichen Sachherrschaft verbunden wäre. Aus dem Normzweck des § 857 BGB heraus wird deutlich, daß der Sachverhalt bei der Abtrennung von Leichenteilen anders gelagert ist. Eine Analogie könnte allenfalls dann anzunehmen sein, wenn man den Erben an der Leiche als Ganzes in entsprechender Anwendung von § 857 BGB ein vom Substanzträger auf sie übergeleitetes unmittelbares Besitzrecht zuspricht, denn in diesem Fall könnte eine lückenlose Kette unmittelbarer Herrschaftsgewalt über den Körper vom Substanzträger auf die Erben konstruiert werden, die sich dann an den abgetrennten Körperteilen fortsetzen könnte. Auch diesem Gedanken könnte jedoch wiederum entgegengehalten werden, daß die Rechtsmacht des Menschen über seinen Körper mit dem Tod endet und der Besitz somit originär in der Person der Erben entsteht. Der Erbenbesitz ist jedoch eine bloße Rechtsfolgenzuordnung und hat einen fiktiven Charakter. Eine tatsächliche Sachherrschaft der Erben kann hieraus nicht abgeleitet werden, denn diese bestimmt sich allein nach den tatsächlichen Machtverhältnissen an den Körpersubstanzen305. Gegen eine Analogie zu § 857 BGB ist ferner anzuführen, daß die Erben bei Körpersubstanzen nicht so schutzbedürftig sind wie bei Gegenständen des Nachlas-

303

Zu Fällen der analogen Anwendung des § 857 BGB vgl. Staudinger/Bund, § 857 BGB, Rdnr. 26. 304 So MüKo/Joost, § 857 BGB, Rdnr. 1 f. zum Normzweck des § 857 BGB, der darüber hinaus auch auf Aspekte des Verkehrsschutzes hinweist. 305 Vgl. hierzu MüKo/Joost, § 854 BGB, Rdnr. 3.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

151

ses, denn ihr Aneignungsrecht ist treuhänderisch gebunden und kann von ihnen nur im Interesse des Verstorbenen ausgeübt werden. Entscheidendes Argument gegen eine Analogie ist jedoch, daß die höchstpersönliche Herrschaftsgewalt über den Körper mit dem Tod ihr Ende findet und nicht die auf die Erben übergeleitet werden kann. Im übrigen bliebe bei einer analogen Anwendung von § 857 BGB zu klären, ob bereits dieser fiktive Besitz für die Aneignung i.S.d. § 958 I BGB genügt, wonach durch die Begründung von Eigenbesitz Eigentum an der herrenlosen Sache erworben wird. Selbst eine analoge Anwendung von § 857 BGB würde für die Annahme einer Aneignung durch die Erben nicht genügen, denn die Begründung von Eigenbesitz i.S.d. § 872 BGB setzt objektiv die Erlangung der vollen tatsächlichen Gewalt über die Sache und subjektiv den Willen voraus, die Sache als eigene zu besitzen 306 . Beides ist beim fiktiven Erbenbesitz nach § 857 BGB nicht zwangsläufig erfüllt, denn der bloße Erbenbesitz begründet kein tatsächliches Herrschaftsverhältnis an der Sache und verlangt auch keinen Besitzwillen der Erben. Selbst wenn man § 857 BGB somit analog anwendet, genügt dies für die Bejahung einer Aneignung durch die Erben nicht. Die abgetrennten Leichenteile stehen demnach nicht analog § 857 BGB im Besitz der Erben, sondern bleiben solange besitzlos, bis jemand Besitz an ihnen begründet. Wegen § 958 II BGB ist mit der Begründung von Eigenbesitz eines Dritten an den herrenlosen Leichenteilen, § 872 BGB, allerdings kein Eigentumserwerb verbunden, da dem das Aneignungsrecht der Erben entgegensteht. Die Erben erwerben erst dann Eigentum, wenn sie die abgetrennten Leichenteile in Eigenbesitz nehmen, §§ 958 I, 872 BGB. Dies kann dadurch geschehen, daß sie die Abtrennung selbst vornehmen, indem sie z.B. Haare von der Leiche abschneiden, oder der Abtrennung unmittelbar beiwohnen und die Geschehensabläufe tatsächlich beherrschen, so wenn von Angestellten des Krankenhauses in Anwesenheit der Erben Blut aus der Leiche entnommen wird. Insoweit ist auch anerkannt, daß die Begründung des Eigenbesitzes, die zum Eigentumserwerb führt, auch durch Besitzmittler, § 868 BGB, oder Besitzdiener, § 855 BGB, erfolgen kann 307 . In der Praxis werden die Erben der Abtrennung wohl selten beiwohnen. Der Eigentumserwerb vollzieht sich demnach in aller Regel durch Einschaltung eines Besitzdieners oder eines Besitzmittlers, etwa eines Arztes im Krankenhaus, welcher die Körpersubstanzen in Kenntnis und mit Billigung der Erben abtrennt und damit Eigenbesitz für die Erben begründet. Haben die Erben dergestalt Eigentum an den Leichenteilen erworben, können sie dieses im Rahmen der §§ 929 ff. BGB auf den Ersterwerber übertragen. Die dingliche Einigung erfolgt dabei zwischen dem Ersterwerber, der aus dem mit dem Substanzträger 306 307

In diesem Sinne Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 3. So Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 4.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäft einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben auf Übereignung hat, und den Erben, die nach § 1922 I BGB in das Verpflichtungsgeschäft eintreten und als Gesamtrechtsnachfolger zur Abgabe der Einigungserklärung verpflichtet sind. Da die Erben wohl selten in dem unmittelbaren Besitz der zu übertragenden Leichenteile sein werden, vollzieht sich die Übergabe durch die Einschaltung von Hilfspersonen, etwa einer Geheißperson, oder nach § 931 BGB durch Abtretung eines den Erben zustehenden Herausgabeanspruchs an den Körpersubstanzen auf den Ersterwerber 308. IL Die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Im Zusammenhang mit der Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen ist weiter fraglich, ob und inwieweit hierfür Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet werden können. Dabei stellen sich Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, denn in dem hier untersuchten Kontext bedeutet dies, daß der Substanzträger im Rahmen von vorformulierten Vertragsbedingungen, die ihm der Verwender stellt, einer bestimmten Nutzung oder Verwendung seiner Körpersubstanzen zustimmt. Dem könnte generell entgegenstehen, daß die Entscheidung über die Verwendung einen höchstpersönlichen Charakter hat und einer formularmäßigen Regelung möglicherweise überhaupt nicht zugänglich ist. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, daß die Körpersubstanzen mit der Abtrennung vom Körper zu beweglichen, im Eigentum des Substanzträgers stehenden Sachen werden, die verkehrsfahig sind und vom Substanzträger grundsätzlich auch im Rahmen einer Eigenkommerzialisierung zum Gegenstand von Verpflichtungsgeschäften gemacht werden können 309 . Eine Verwendung von AGB bei der Eigenkommerzialisierung kann somit nicht von vorne herein ausgeschlossen werden. Die Untersuchung soll insoweit allerdings auf Körpersubstanzen des lebenden Menschen eingegrenzt werden. Weiter soll sich die Arbeit an dieser Stelle auf Fallgestaltungen beschränken, in denen Körpersubstanzen im Rahmen ärztlicher Untersuchungen oder unter vergleichbaren Umständen bereits vom Körper abgetrennt worden sind. Damit ist aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Untersuchung nicht zu prüfen, inwieweit es zulässig ist, daß der Substanzträger formularmäßig der Abtrennung noch ungetrennter Körpersubstanzen zustimmt. Innerhalb des dergestalt eingegrenzten Untersuchungsgegenstandes soll der Frage nach der

308

Infolge des begrenzten Rahmens dieser Arbeit können an dieser Stelle nicht alle denkbaren Fallgestaltungen der Eigentumsübertragung dargestellt werden, vielmehr müssen sich die Ausführungen auf den Grundfall beschränken. 309 Zum Umfang einer zulässigen Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger bereits oben § 7 Π, ΠΙ.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

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Zulässigkeit einer Verwendung von AGB bei einer Eigenkommerzialisierung nachgegangen werden.

1. Begriff und Bedeutung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach der Legaldefinition des § 1 I 1 AGBG vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Partei beim Abschluß eines Vertrages stellt. Der konkrete Inhalt des Vertrages wird somit nicht im einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt, sondern die Vertragsbedingungen werden dem Vertragspartner einseitig von dem Verwender der AGB auferlegt. Das Privatrecht geht dabei grundsätzlich von der Vertragsgestaltungsfreiheit aus und davon, daß jeder Bürger im Rahmen der Privatautonomie seine Lebensverhältnisse durch Vertrag eigenverantwortlich gestaltet310. Diese Ausgestaltung des Vertragsinhalts als Ergebnis der Ausübung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch beide Vertragsparteien liegt bei der Verwendung von AGB jedoch gerade nicht vor, da der Verwender den Vertragsinhalt einseitig festlegt. Vor diesem Hintergrund finden auf dergestalt vorformulierte Vertragsbedingungen die Vorschriften des AGBG Anwendung, welche die einseitige Ausnutzung der allein vom Verwender der AGB in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit verhindern und Vertragsgerechtigkeit wiederherstellen sollen311. Bei der Verwendung vorformulierter Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sind und dem Substanzträger vom Verwender gestellt werden, § 11, II AGBG, fallt eine Eigenkommerzialisierung von Körpersubstanzen durch AGB bei wirksamer Einbeziehung nach § 2 I AGBG unter den Anwendungsbereich des AGBG 312 . 2. Praktische Anwendungsmöglichkeiten

sog. Weiterverwendungsklauseln

Mögliche Anwendungsfalle für die Verwendung von AGB bei der Eigenkommerzialisierung könnten insoweit der Arztvertrag 313, der Krankenhausaufnahmevertrag 314 sowie der Testpatientenvertrag315 sein. Bei derartigen

310

So Palandt/Heinrichs, Einf ν § 305 BGB, Rdnr. 3. Zum Zweck des AGBG vgl. Palandt/Heinrichs, Einf ν AGBG 1, Rdnr. 6 f. 312 Allgemein zum Anwendungsbereich des AGBG vgl. MüKo/Kötz, § 1 AGBG, Rdnr. 1 ff.; Soergel/Stein, § 1 AGBG, Rdnr. 1 ff., 7; Palandt/Heinrichs, § 1 AGBG, Rdnr. 1 ff, jeweils m.w.N. 313 Vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 96 ff, die mit Recht daraufhinwiesen, daß beim Arztvertrag in aller Regel kein schriftlicher Vertrag ausgestellt wird. Zum Inhalt des Arztvertrages allgemein Laufs, Arztrecht, Rdnr. 86 ff 314 Hierzu Deutsch, Arztrecht, S. 28 ff. 311

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Vertragskonstellationen wäre denkbar, daß der Patient in Zusammenhang mit der Verwendung von AGB in die Weiterverwendung von Körpersubstanzen, die im Rahmen der normalen Vertragsabwicklung aus seinem Körper entnommen wurden, durch seinen Vertragspartner einwilligt. Die konkrete Ausgestaltung einer derartigen Klausel könnte dabei den Inhalt haben, daß der Vertragspartner, im Regelfall wohl der Arzt, berechtigt sein soll, die entnommenen Substanzen zu bestimmten Zwecken weiterzuverwenden. Neben der Weiterverwendung zu medizinischen Zwecken oder zu Forschungszwecken wäre auch denkbar, daß der Patient einer Weiterveräußerung entnommener Körpersubstanzen durch den Arzt - unter Umständen gegen eine Minderung des Behandlungsentgelts - zustimmt316. Der dabei konkret zulässige Inhalt solcher Weiterverwendungsklauseln ist nachfolgend im einzelnen anhand der Vorschriften des AGBG zu prüfen.

3. Die Zulässigkeit von Sektions- und Transplantationsklauseln

Vor der Prüfung von Weiterverwendungsklauseln am AGBG soll zunächst auf die rechtliche Zulässigkeit von Sektions- und Transplantationsklauseln eingegangen werden. Hierbei handelt es sich um in der Rechtswirklichkeit verbreitete Klauseln in AGB, in denen der Vertragspartner, dem solche Klauseln gestellt werden, in die Weiterverwendung von bestimmten Körpersubstanzen zu Zwecken der Sektion oder der Transplantation einwilligen soll. Dabei soll geprüft werden, ob sich aus der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Klauseln Rückschlüsse auf die rechtliche Beurteilung von Weiterverwendungsklauseln ableiten lassen. a) Die Zulässigkeit einer Sektionsklausel

Die Zulässigkeit von Sektionsklauseln in allgemeinen Krankenhausbedingungen, durch die der Patient in eine Sektion seines Leichnams nach seinem Tode einwilligt, ist sehr umstritten. Die Diskussion ist insbesondere nach einer Entscheidung des BGH entflammt, der die Sektionsklausel eines Krankenhausaufnahmevertrages im Grundsatz gebilligt hat 317 . Diese Entscheidung des

315

Insoweit liegt ein gemischter Vertrag, in welchem sich der Proband - meist gegen Gewährung finanzieller Anreize - dazu bereiterklärt, an medizinischen Experimenten teilzunehmen, vgl. Taupitz, Kommerzialisierung, S. 71. 316 Zur inhaltlichen Ausgestaltung sog. Weiterverwendungsklauseln vgl. Schröder/ Taupitz, Menschliches Blut, S. 96 ff., insb. 98 f. 317 BGH, NJW 1990, S. 2313 (2313 ff.) zu den Krankenhausaufnahmebedingungen der Universität Mainz, wonach eine Sektion zur Feststellung der Todesursache oder

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

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BGH ist in der Literatur auf heftige Kritik gestoßen und ganz überwiegend als Fehlentscheidung abgelehnt worden318. Geht man dabei von einer wirksamen Einbeziehung der Sektionsklausel als Bestandteil von AGB im Rahmen des § 2 1 AGBG aus 319 undfindet das AGBG Anwendung, so konzentriert sich die Diskussion um die Zulässigkeit von Sektionsklauseln nach dem AGBG auf zwei Fragen: ist die Sektionsklausel eine überraschende Klausel i.S.d. § 3 AGBG und demnach gar kein Vertragsbestandteil geworden und ist eine derartige Klausel nach den §§9-11 AGBG unwirksam. aa) Wirksame Einbeziehung nach § 3 AGBG

§ 3 AGBG enthält eine negative Einbeziehungsvoraussetzung, wonach überraschende Klauseln von der Einbeziehungsabrede des § 2 I AGBG nicht erfaßt werden. Klauseln, die nach den Gesamtumständen des Vertragsschlusses so ungewöhnlich sind, daß nach dem Verständnishorizont des regelmäßig zu erwartenden Durchschnittskunden nicht mit ihnen zu rechnen ist, werden demnach nicht Vertragsbestandteil320. Der BGH hat diese Frage bei seiner Entscheidung zur Sektionsklausel aufgrund der Systematik der Verbandsklage in den §§ 13 ff. AGBG nicht erörtert, da eine derartige Prüfung in diesem Fall nicht vorgesehen ist 321 . Die Beantwortung der Frage, ob eine überraschende Klausel vorliegt, ist vom Einzelfall abhängig und dann zu bejahen, wenn zwischen Vertragsinhalt und den begründeten Erwartungen des Kunden eine deutliche Diskrepanz besteht322 und der Klausel somit ein starkes Überraschungsmoment zukommt323. In der Literatur wird dabei einhellig und mit Recht davon ausgegangen, daß der Patient mit derartigen Vertragsbestandteilen wie der Regelung einer Sektion nicht rechnen kann, da er in dem Veraus wissenschaftlichem Interesse durchgeführt werden konnte, soweit der Patient dem nicht ausdrücklich widersprochen hatte. 318 Vgl. nur Ackmann, JZ 1990, S. 923 (925 ff.), der das Urteil des BGH für eine Fehlentscheidung hält und von wertungsmäßigen Verirrungen des Gerichts spricht (JZ 1990, S. 927 FN 14). Ablehnend ebenso Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (203 ff.) und Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315). 319 Bereits die Annahme einer wirksamen Einbeziehung nach § 2 I AGBG kann fraglich sein, falls sich der Patient in einer schwierigen oder hilflosen Lage befindet und es ihm nicht zugemutet werden kann, in einer solchen Notlage von den AGB im Krankenhausaufhahmevertrag Kenntnis zu nehmen. In diesem Sinne wohl auch Ackmann, JZ 1990, S. 923 (926 FN 5). 320 In diesem Sinne Palandt/Heinrichs, § 3 AGBG, Rdnr. 1 ff, insb. 2 f. 321 So BGH, NJW 1990, S. 2313 (2313 f.); Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315); ders., Aiztrecht, S. 206. Zum Verfahren der Verbandsklage vgl. MüKo/Gerlach, Vor § 13 AGBG, Rdnr. 1 ff, insb. 11 m.w.N. 322 Vgl. Wolf/Horn/Lindacher, § 3 AGBG, Rdnr. 18. 323 Palandt/Heinrichs, § 3 AGBG, Rdnr. 2; MüKo/Kötz, § 3 AGBG, Rdnr. 3.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

trag nur organisatorische Regelungen erwartet, nicht aber Fragen zu den Modalitäten seiner Behandlung324. Auch kann die vorformulierte Sektionseinwilligung bei bewußtlosen Patienten oder Ausländern keine Wirkung entfalten, womit Gründe der Rechtssicherheit gegen die Wirksamkeit der Klausel sprechen325. Grundsätzlich gilt somit, daß die Einreihung einer Sektionsklausel in eine Abfolge von Verwaltungsfragen eine überraschende Klausel darstellt, da der Durchschnittspatient in diesem Kontext mit einer Klausel, durch die er über seinen eigenen Körper verfügt, nicht zu rechnen braucht326. Der Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt, den § 3 AGBG verhindern soll, ist jedoch vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages zu beurteilen und kann durch eine entsprechende Hervorhebung im Rahmen der Vertragsgestaltung ausgeschlossen werden327. Hieran sind jedoch sehr strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist zu gewährleisten, daß der Durchschnittspatient die besondere Bedeutung der Sektionsklausel erkennt und ihm in jedem Fall bewußt ist, daß er durch den Vertragsschluß über den Umgang mit seinem Körper nach seinem Tode entscheidet. Dies kann nicht in Zusammenhang mit der Regelung verwaltungstechnischer Fragen geschehen, sondern muß in hervorgehobener Form an exponierter Stelle in den AGB deutlich gemacht werden. bb) Inhaltliche Zulässigkeit, §§ 9 ff. AGBG

Bejaht man nach den soeben erarbeiteten strengen Kriterien eine Einbeziehung der Sektionsklausel nach den §§ 2 I, 3 AGBG, ist zu untersuchen, ob diese Klausel einer Prüfung nach den §§9-11 AGBG standhält. Die Klauselverbote der §§ 11, 10 AGBG greifen dabei nicht ein, insbesondere erfaßt § 10 Nr. 5 AGBG eine Sektionsklausel nicht, da dieses Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit allein Erklärungsfiktionen betrifft, die sich auf ein zeitlich nach der Einbeziehung liegendes Verhalten stützen. Einwilligungen, die bereits mit der Einbeziehung Wirksamkeit erlangen sollen, werden hierdurch nicht erfaßt 328. 324

So Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315). Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 29 f. 326 So auch Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315), der darüber hinaus zu Recht darauf hinweist, daß in dem Fall, daß die Sektionsklausel in Dienstanweisungssprache verfasst ist, dem Durchschnittspatienten nicht klar wird, daß er durch Unterlassen eines Widerspruchs einer Sektion zustimmt. 327 In diesem Sinne wohl Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 99 zur Zulässigkeit von Weiterverwendungsklauseln und ihrer wirksamen Einbeziehung nach § 3 AGBG. 328 Palandt/Heinrichs, § 10 AGBG, Rdnr. 26 ff.; Deutsch, Arztrecht, S. 206; BGH, NJW 1990, S. 2313 (2314). 325

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

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Zu prüfen ist jedoch, ob eine Sektionsklausel gegen § 9 I AGBG verstößt, falls sie den Substanzträger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Dies ist nach § 9 II 1 AGBG im Zweifel dann anzunehmen, wenn gegen die Leitbildfunktion der gesetzlichen Vorschriften verstoßen worden ist 329 , wobei auch die Beispielfunktion der §§ 11, 10 AGBG zu berücksichtigen ist 330 . Gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 9 II 1 AGBG sind dabei nicht nur das kodifizierte Gesetzesrecht, sondern auch die allgemeinen Grundsätze von Rechtsprechung und Rechtslehre sowie Gewohnheitsrecht 331. Der BGH geht davon aus, daß die Sektionsklausel nicht nach der Generalklausel des § 9 I AGBG unwirksam ist. Dem Patienten wird durch diese Klausel zunächst keine Last übergebürdet, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem Abschluß des Krankenhausaufnahmevertrages steht. Vielmehr sollen die wissenschaftlichen Aufschlüsse, die aus Leichenöffnungen gewonnen werden können, für die fortschreitende Medizin notwendig sein und der Patient nehme gerade diese medizinischen Fortschritte für sich in Anspruch, wenn er durch den Abschluß eines Krankenhausaufnahmevertrages medizinische Behandlung begehrt. Auch der höchstpersönliche Charakter der Entscheidung des Patienten über einen Eingriff in die Unversehrtheit seines Körpers nach seinem Tod stehe einer formularmäßigen Regelung nicht entgegen, denn es sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß im Rahmen von AGB auch über absolute Rechte, wie z.B. das Eigentum, verfügt werden kann. Schließlich werde der Patient unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts auch nicht unangemessen benachteiligt, da er der Leichenöffnung widersprechen kann und dieses Widerspruchsrecht durch die AGB nicht erschwert wird. Die Sektionsklausel sei vielmehr eine ausgewogene Regelung, da die Zulässigkeit der Leichenöffnung sachlich auf die Feststellung der Todesursache sowie auf das Vorliegen eines wissenschaftlichen Interesses beschränkt ist und dadurch auch dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht angemessen Rechnung trägt 332. Dieser Argumentation des BGH wird zu Recht entschieden entgegengetreten, da die Sektionsklausel der Höchstpersönlichkeit einer Entscheidung des Patienten über einen Eingriff in die Unversehrtheit seines Körpers nach seinem Tode gerade nicht angemessen Rechnung trägt. Bereits der innere Zu-

329

Allgemeine Ansicht, vgl. Jauernig/Teichmann, § 9 AGBG, Anm. 3 m.w.N. Instruktiv zum Einfluß der §§ 10, 11 AGBG auf die Bewertung einer Klausel nach § 9 AGBG Wolf/Horn/Lindacher, Vor §§ 10, 11 AGBG, Rdnr. 11 f. 331 So Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (205). 332 So die tragenden Argumente der Entscheidung BGH, NJW 1990, S. 2313 (2313 ff.) = JZ 1990, S. 923 (925). Im Ergebnis ebenso Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 26 und wohl auch Laufs, Arztrecht, Rdnr. 268. Zustimmend - unter Berufung auf den BGH - auch Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 20. 330

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sammenhang mit dem Krankenhausaufnahmevertrag, den der BGH aus dem Nutzen des medizinischen Fortschritts für den Patienten ableitet, führt zu problematischen Konsequenzen, da hieraus eine "allgemeine Sozialpflichtigkeit" des menschlichen Körpers abgeleitet werden könnte. Führt man diesen Gedankengang weiter, so würde dem Patienten die Pflicht auferlegt, seinen Körper für den medizinischen Fortschritt zur Verfügung zu stellen, falls er selbst eine medizinische Behandlung wünscht. Dies ist mit der in Art. 1 I, 2 I GG und Art. 2 II 1 GG verfassungsrechtlich geschützten höchstpersönlichen Entscheidungsfreiheit in bezug auf Eingriffe in die körperliche Integrität nicht vereinbar 333. Auch die Ansicht des BGH, die Entscheidung des Patienten über sein allgemeines Persönlichkeitsrecht könne ebenso wie die Disposition über sein Eigentum auch im Rahmen von AGB getroffen werden, überzeugt nicht. Die Entscheidung über ein höchstpersönliches Recht wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die noch dazu einen Kernbereich der Persönlichkeit des Patienten tangiert, hat eine andere Dimension als die Disposition über das Eigentum als einem bloßen Vermögenswert334. Schließlich befremden auch die Aussagen des BGH, wenn er die Aussagen der von ihm bestätigten Vorinstanz, des OLG Koblenz, übernimmt und ausführt: "Die Vorstellung, eine ausreichende Anzahl von Obduktionsmöglichkeiten über ausdrücklich erklärte Einwilligungen herbeiführen zu können, gehe an der Wirklichkeit vorbei" 335 und weiterhin anmerkt, es sei ein berechtigtes Interesse des Krankenhauses, daß nicht von jedem Patienten, bei dem möglicherweise die Voraussetzungen einer Sektion nach dem Tod vorliegen, eine individuelle Einwilligung hierzu abgefordert werden müsse336. Mit diesen Ausführungen wird zum Ausdruck gebracht, daß die - für medizinische Zwecke unbestritten notwendige - Sektion von Leichen nur durch eine Überrumpelung der Patienten erreicht werden kann, da eine ausdrückliche Einwilligung in der Mehrzahl der Fälle nicht zu erreichen sein wird. Die medizinisch notwendige Sektion soll somit in der Praxis durch eine Überrumpelung des Patienten in Gestalt entsprechender AGB erreicht werden. Dies führt aber gerade zu einer unangemessenen Benachteiligung des Patienten, der wie selbstverständlich davon ausgeht, daß ohne seine ausdrückliche Einwilligung ein Eingriff in die Unversehrtheit seines Leichnams rechtlich unzulässig ist 337 . Auch der Hinweis des BGH auf die bestehende Widerspruchsmöglichkeit entkräftet diese rechtlichen Bedenken nicht, denn ein Patient, der primär um seine Gesundheit besorgt sein wird,

333

So überzeugend Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (204). In diesem Sinne auch Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (204). 335 So die Ausführungen der Vorinstanz, OLG Koblenz, in NJW 1989, S. 2950 (2953), die der BGH in seiner Entscheidung bestätigt, vgl. BGH, JZ 1990, S. 923 (924) und die kritische Anmerkung hierzu von Ackmann, JZ 1990, S. 923 (925 f.). 336 BGH, JZ 1990, S. 923 (925). 337 In diesem Sinne Ackmann, JZ 1990, S. 923 (926, insb. FN 6). 334

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nimmt in aller Regel keine Kenntnis von AGB in einem Krankenhausaufnahmevertrag. Die Sektionsklausel kommt vielmehr im Ergebnis einer Art Widerspruchslösung gleich, wonach eine Sektion immer dann zulässig ist, wenn der Patient ihr nicht ausdrücklich widersprochen hat. Dieses Regelungsmodell wird in dem dogmatisch verwandten Bereich der Organspende zu Recht als mit dem Persönlichkeitsrecht unvereinbar abgelehnt. Diese grundsätzliche Entscheidung darf auch in dem vergleichbar gelagerten Fall der Sektion nicht durch anderslautende AGB unterlaufen werden338. Im Ergebnis ist die Sektionsklausel mit dem hohen Stellenwert des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vereinbar und kann nicht im Rahmen abstrakter Abwägungen und unter Berufung auf den medizinischen Fortschritt eingeschränkt werden339. Die Einwilligung des Patienten in eine Sektion ist eine individuelle und höchstpersönliche Entscheidung mit weitreichenden Folgen, die der Patient nur im Rahmen einer Individualvereinbarung treffen kann und die einer massenhaften Typisierung nicht zugänglich ist 340 . Die Sektionsklausel ist als unangemessene Benachteiligung des Patienten nach § 9 II 1 AGBG unwirksam: sie ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar, denn die derzeitige Rechtslage geht eindeutig davon aus, daß eine Sektion ohne ausdrückliche, positiv erklärte Einwilligung des Verstorbenen - oder seiner Angehörigen, falls man diesen ein eigenes Entscheidungsrecht zusprechen will - unzulässig ist 341 . b) Die Zulässigkeit einer Transplantationsklausel

Die soeben gewonnenen Erkenntnisse zur Sektionsklausel implizieren auch die Beantwortung der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit einer Transplantationsklausel, bei der ein Patient formularmäßig für den Fall seines Todes sein Einverständnis zu einer Transplantation wichtiger Körperorgane und der damit verbundenen Explantation aus seinem Körper erteilt. Die Entscheidung 338

So überzeugend Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (204). Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315). 340 WolfTHorn/Lindacher, § 9 AGBG, Rdnr. Κ 33-50. Gegen die Zulässigkeit einer Sektionsklausel wendet sich auch Haas, NJW 1988, S. 2929 (2933) mit dem Argument, der Patient erleide dadurch einen erheblichen Nachteil, der sich nicht aus der Eigenart des Vertrages ergebe. Ablehnend auch KG, NJW 1990, S. 782 (783), das die Sektionsklausel als wegen § 3 und § 9 AGBG unwirksam ansah. Als im Rahmen des § 9 I AGBG unangemessen stufen die Sektionsklausel ohne nähere Begründung Ulmer/ Brandner/Hensen, Anh. §§9-11 AGBG, Rdnr. 451 a ein. 341 So mit Recht Ackmann, JZ 1990, S. 923 (927). Aus medizinischer Sicht ist die Verwendung derartiger Klauseln ebenfalls sehr umstritten, da durch die Konfrontation mit möglichen negativen Folgen die psychische Einstellung des Patienten zu seiner Behandlung und damit das Behandlungsergebnis als solches ungünstig beeinflußt werden kann, vgl. Schlaudraff, MedR 1991, S. 250 (252). 339

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

über die Einwilligung in eine Organentnahme nach dem Tode des Patienten ist eine höchstpersönliche Entscheidung und einer vorformulierten, massenhaft typisierten Regelung nicht zugänglich. Eine in AGB enthaltene Transplantationsklausel ist gleichfalls nach § 9 AGBG unwirksam342. 4. Die Zulässigkeit von Weiterverwendungsklauseln

Nachdem im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sektionsklausel die Grenzen einer formularmäßigen Verfügung über das allgemeine Persönlichkeitsrecht dargestellt wurden, ist nunmehr zu untersuchen, inwieweit sog. Weiterverwendungsklauseln zulässig sind. Geht man auch hierbei von einer wirksamen Einbeziehung nach § 2 I AGBG aus, ist zu prüfen, ob derartige Klauseln nach § 3 AGBG überraschend oder möglicherweise nach den §§ 9 11 AGBG unwirksam sind. Ist die Weiterverwendungsklausel in eine Abfolge von Verwaltungsregelungen eingegliedert und wird sie - orientiert am äußeren Erscheinungsbild des Gesamtvertrages - nicht besonders hervorgehoben, kommt ihr eine überraschende Wirkung zu, denn der Substanzträger erwartet ebensowenig wie bei der Sektionsklausel, daß in dem vorformulierten Vertragswerk Klauseln enthalten sind, durch die er über Teile seines Körpers verfügt. Diesem Überraschungscharakter kann nur durch eine entsprechende drucktechnische Ausgestaltung der Weiterverwendungsklausel begegnet werden, damit für den Patienten die Außergewöhnlichkeit der Klausel deutlich wird 343 . Auch insoweit sind strenge Maßstäbe anzulegen. Wurde die Weiterverwendungsklausel unter diesen Umständen Vertragsbestandteil, ist zu untersuchen, ob sie einer Prüfung nach den § § 9 - 1 1 AGBG standhält. Spezielle Klauselverbote nach den §§ 11, 10 AGBG greifen dabei nicht ein. Insbesondere ist auch hier § 10 Nr. 5 AGBG nur dann anwendbar, wenn die Zustimmungserklärung des Substanzträgers hinsichtlich der Weiterverwendung im Rahmen der Vertragsdurchführung fingiert werden soll. Soll die Zustimmung hingegen bereits mit Vertragsschluß wirksam werden, greift § 10 Nr. 5 AGBG nicht ein. Die Weiterverwendungsklausel ist demnach allein 342

Ähnlich wohl auch Giesen/Kloth, JR 1991, S. 200 (204). Differenzierend Deutsch, NJW 1990, S. 2313 (2315), der bei einem deutlichen Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit Transplantationsklauseln für möglicherweise zulässig erachtet, wenn dabei im Rahmen abstrakter Abwägungen Leben und Gesundheit eines anderen Patienten erhalten werden soll. Für die Zulässigkeit von Transplantationsklauseln unter Berufung auf die oben besprochene Entscheidung des BGH zur Sektionsklausel Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 20. Der komplexen und vielschichtigen Problematik von Transplantationsklauseln kann in dem begrenzten Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht weiter nachgegangen werden. 343 Im Ergebnis ebenso Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 99.

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

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an § 9 AGBG zu messen und dann unwirksam, wenn darin eine den Geboten von Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung des Substanzträgers liegt. Bei dieser Angemessenheitsprüfüng kann zunächst auf den bei der Beurteilung der Sektionsklausel gewonnenen Erkenntnissen aufgebaut werden. Die Verfugung über das Persönlichkeitsrecht ist einer formularmäßigen Regelung nicht zugänglich, da dies eine höchstpersönliche Entscheidung ist. Die gegen die Sektionsklausel vorgebrachten Argumente können jedoch nicht unreflektiert auf eine Weiterverwendungsklausel übertragen werden, da die Sachlage hier eine andere ist. Zunächst geht es dabei nicht um die Entscheidung über die Abtrennung von noch ungetrennten Substanzen vom menschlichen Körper, sondern um den Umgang mit bereits vom Körper getrennten Substanzen. Weiterhin ist die Entscheidung im Fall der Weiterverwendung nicht ausschließlich im Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angesiedelt. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß die Körpersubstanzen mit ihrer Abtrennung vom Körper zu beweglichen Sachen werden, die im Eigentum des Substanzträgers stehen, § 953 BGB analog. Die formularmäßige Entscheidung über die Weiterverwendung ist demnach zunächst eine Disposition über das Eigentum des Substanzträgers. Die Frage nach einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Körpersubstanzen zu prüfen 344. Obwohl die Regelung von Eigentumsfragen im Rahmen von AGB zulässig ist 345 , wird dieser, einer Ausgestaltung durch vorformulierte Vertragsbedingungen grundsätzlich zugängliche Bereich, bei einer Klausel über die Weiterverwendung abgetrennter Körpersubstanzen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Patienten stark eingeschränkt. Über Nutzungsformen, die das Persönlichkeitsrecht des Patienten betreffen, kann dieser - wenn überhaupt - nur im Rahmen einer Individualvereinbarung entscheiden, so bei einer Weiterverwendung von abgetrennten Körpersubstanzen zu anstößigen medizinischen Experimenten wie der Klonierung von Menschen. Dient die Weiterverwendung hingegen der Heilbehandlung an anderen Patienten, wird eine formularmäßige Regelung als zulässig anzusehen sein346. Problematisch ist dieVerwendung von AGB in diesem Zusammenhang, wenn der Verwender der AGB die abgetrennten Substanzen wirtschaftlich verwertet, indem er sie weiterveräußert oder als Rohstoff für die Herstellung von Medikamenten verwendet. Hier gilt zunächst, daß allein die Verbindung wirtschaftlicher Interessen mit den abgetrennten Körpersubstanzen nicht zwangsläufig zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits344

Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093); ähnlich Schröder/Taupitz, Menschliches Blut,

S. 98 f. 345

BGH, NJW 1990, S. 761 (763 f.) zur formularmäßigen Übertragung des Eigentums an im Krankenhaus zurückgelassenen Sachen. Der BGH sah darin keinen Verstoß gegen § 9 I, Π AGBG, da nicht in unannehmbarer Weise vom gesetzlichen Leitbild des Annahmeverzuges abgewichen wurde. 346 So Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 99. 11 Rolf Müller

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

rechts des Substanzträgers führt, jedenfalls soweit man dem fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz folgt 347. Andererseits darf die Weiterverwendungsklausel nicht zu einem bereits mit Vertragsabschluß wirksamen Verzicht des Substanzträgers auf sein Eigentum an den Körpersubstanzen führen. Durch eine derartige Verzichtsklausel würde der Patient unangemessen benachteiligt, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß er im Regelfall keine Kenntnis davon hat, daß seine abgetrennten Körpersubstanzen im Einzelfall durchaus einen wirtschaftlichen Wert verkörpern können348. Ein zulässiger Verzicht des Patienten auf sein Eigentum bedarf somit einer ausdrücklichen und gesonderten Erklärung des Patienten349. Die formularmäßige Regelung einer Weiterverwendung abgetrennter menschlicher Körpersubstanzen ist somit nur in engen Grenzen zulässig. Die Klausel ist nach § 9 AGBG unwirksam, wenn dadurch persönlichkeitsrechtliche Belange des Patienten berührt werden, denn die Entscheidung darüber ist nur einer ausdrücklichen und individuellen Regelung zugänglich. Gleiches gilt, wenn der Patient hierdurch auf sein Eigentum verzichten soll 350 . HL Öffentlich-rechtliche Bezüge

Die Eigenkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen wird von den geltenden öffentlich-rechtlichen Erlaubnis- oder Genehmigungsvorbehalten nicht erfaßt 351.

347

Im einzelnen hierzu oben unter § 3 Π 5 b. In diesem Sinne auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 164. 349 Zur Unwirksamkeit von Verzichtsklauseln im Rahmen des § 9 AGBG vgl. Palandt/Heinrichs, § 9 AGBG, Rdnr. 139. Eine Ermächtigung des Arztes zur entgeltlichen Weiterveräußerung wirft weiter die Frage auf, inwieweit der Patient an einem durch die Weiterveräußerung erzielten Gewinn partizipieren kann. Interpretiert man die Weiterverwendungsklausel dergestalt, daß der Patient hierdurch seine abgetrennten Körpersubstanzen an den Arzt veräußert, möglicherweise gegen eine Minderung des Behandlungsentgeltes oder gegen Zahlung eines bestimmten Kaufpreises, wäre zu klären, wie im Rahmen der verwendeten AGB die Vertragsparteien, der Kaufgegenstand, der Kaufpreis und eine mögliche Sachmängelhaftung des Patienten ausgestaltet werden soll. Diesen Fragen, die im Ergebnis gegen eine derartige Auslegung der Weiterverwendungsklausel sprechen, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht nachge[en werden. 0 Für eine eng begrenzte Zulässigkeit von Weiterverwendungsklauseln sprechen sich auch Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 98 f. aus. 351 Im einzelnen hierzu unten unter § 9 Π. Die öffentlich-rechtliche Beurteilung soll aus Gründen einer geschlossenen Darstellung umfassend im Rahmen der Fremdkommerzialisierung abgehandelt werden. 348

§ 8 Eigenkommerzialisierung: Eigentumsfragen, AGB

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IV. Strafrechtliche Bezüge

Die Entnahme menschlicher Körpersubstanzen beim lebenden Menschen aufgrund einer Eigenkommerzialisierung beurteilt sich nach den allgemeinen Strafvorschriften und kann nach §§ 109 I, II StGB oder § 17 I WStG strafbar sein. Eine Strafbarkeit des Ersterwerbers nach § 223 I StGB entfallt beim Vorliegen einer wirksamen Einwilligung durch den Substanzträger, da diese zwar nicht tatbestandsausschließend wirkt 352 , jedoch den Eingriff rechtfertigt 353 . Dies gilt allerdings nur in den Grenzen des § 226 a StGB und somit nur insoweit, als die Abtrennung nicht gegen die guten Sitten verstößt354. Hierbei kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf die Sittenwidrigkeit der Einwilligung an, sondern darauf, ob sich die Abtrennung als solche unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände als sittenwidrig darstellt355. Selbst eine sittenwidrige Vergütungsvereinbarung würde weder die Rechtswirksamkeit der Einwilligung berühren noch einen ärztlichen Eingriff bemakeln356. Auch in bezug auf eine Eigenkommerzialisierung von Leichenteilen liegt im Regelfall kein strafbares Verhalten der Beteiligten vor. Der Tatbestand des § 168 I StGB ist nicht erfüllt, da bei einer Eigenkommerzialisierung kein Gewahrsamsbruch vorliegt 357 und für eine Strafbarkeit nach § 189 StGB fehlt es infolge der vom Substanzträger konsentierten Abtrennung an einer schweren Ehrkränkung.

352

Eine tatbestandsausschließende Wirkung wird von der h.L. dem ärztlichen Heileingriff zugesprochen, vgl. Schönke/Schröder/Eser, § 223 StGB, Rdnr. 30 ff. m.w.N. Die Rspr. hingegen stuft auch die gelungene Heilmaßnahme als tatbestandsmäßige Körperverletzung ein, die allerdings gerechtfertigt sein soll, vgl. RGSt 25, 375 (378 f.); BGHSt 11,111 (112). Zum Streitstand vgl. Gössel, BT, § 13 Rdnr. 51 ff m.w.N. 353 Zur wirksam erteilten Einwilligung und deren Wirkung als Rechtfertigungsgrund vgl. Dreher/Tröndle, § 226 a StGB, Rdnr. 1. 354 Der Begriff der guten Sitten ist dem bürgerlichen Recht entnommen, so Schönke/Schröder/Stree, § 226 a StGB, Rdnr. 6, weshalb insoweit die gleichen Maßstäbe gelten wie bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit von Verpflichtungsgeschäften im Rahmen des § 138 I BGB. 355 Schönke/Schröder/Stree, § 226 a StGB, Rdnr. 9. 356 In diesem Sinne v. Bubnoff, GA 1968, S. 65 (70). 357 Zum Gewahrsamsbruch im Bereich des § 1681 StGB vgl. Dreher/Tröndle, § 168 StGB, Rdnr. 3. Berechtigte im Sinne dieser Vorschrift sind dabei die Angehörigen, vgl. Schönke/Schröder/ Lenckner, § 168 StGB, Rdnr. 5. In jeden Fall fehlt es beim Vorliegen einer wirksamen Einwilligung des Substanzträgers an einem rechtswidrigen Verhalten, vgl. Dreher/Tröndle, § 168 StGB, Rdnr. 4 m.w.N.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

§ 9 Fremdkommerzialisierung Der Regelfall einer Kommerzialisierung menschlicher Substanzen sollte die gewollte Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger sein. Allerdings sind auch Fallgestaltungen denkbar, bei denen Körpersubstanzen ohne eine wirksame Eigenkommerzialisierung des Substanzträgers oder ohne dessen Wissen zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden358. Diese Sachverhalte sollen nachfolgend unter dem Begriff der Fremdkommerzialisierung als einer nicht durch den Substanzträger wirksam konsentierten Kommerzialisierung untersucht werden359. Dabei sind verschiedene Fallgestaltungen einer Erstkommerzialisierung ohne wirksames, auf eine Kommerzialisierung gerichtetes Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers zu untersuchen: zunächst ist denkbar, daß der Substanzträger eine Eigenkommerzialisierung vornehmen wollte, diese jedoch nicht wirksam zustande kam, weil das von ihm abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft nichtig ist 360 . Weiter ist es möglich, daß der Substanzträger zwar nicht eigenkommerzialisieren wollte, der Ersterwerber jedoch aufgrund der Gesamtumstände und des Verhaltens des Substanzträgers davon ausgehen durfte 361. Schließlich ist zu untersuchen, welche rechtlichen Konsequenzen die Fremdkommerzialisierung ohne ein auf eine Kommerzialisierung gerichtetes Verhalten des Substanzträgers hat 362 . Die einzelnen Konstellationen sind jeweils einer differenzierten 358

So Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 71 ff. zur Weiterverwendung von Patientenblut ohne Einwilligung des Patienten. Im einzelnen zu rechtstatsächlichen Beispielen einer unerlaubten Verwendung menschlicher Körpersubstanzen bereits oben § 1 ΠΙ. 359 Die terminologische Unterscheidung ist dadurch bedingt, daß allein bei Vorliegen eines wirksamen Verpflichtungsgeschäftes des Substanzträgers über die Körpersubstanzen die Kommerzialisierung ausschließlich auf den Willen des Substanzträgers zurückzuführen ist. Im einzelnen zur Terminologie bereits oben § 1 IV. 360 Neben einer Unwirksamkeit nach § 138 I BGB oder § 134 BGB kommen hier alle weiteren Unwirksamkeitsgründe eines Rechtsgeschäftes in Betracht, so die fehlende Geschäftsunfähigkeit, §§ 107, 108 I BGB, oder die wirksam erklärte Anfechtung, §§ 119 ff., 1421 BGB. 361 Ein Beispiel hierfür aus der Rechtswirklichkeit sind beim Frisör zurückgelassene Haare, die der Frisör zu eigenen Zwecken weiterverwendet und dabei davon ausgehen darf, daß der Kunde seine Rechte an den Haaren entweder aufgeben oder ihm diese übertragen will. Vgl. hierzu Deutsch, Arztrecht, S. 255 f., der insoweit eine Eigentumsübertragung durch den Kunden annehmen will. 362 In diesem Zusammenhang kann auf die Weiterverwendung von durch den Arzt im Rahmen einer Untersuchung entnommenen Körpersubstanzen hingewiesen werden, wobei dem Patienten i.d.R. nicht bewußt ist, daß diese Substanzen einen wirtschaftlichen Wert haben. Vgl. hierzu ausführlich Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 71 ff Daneben fallen unter diese Konstellation die bereits mehrfach erwähnten Mißbrauchsfälle, in denen Körpersubstanzen ohne Wissen des Substanzträgers oder seiner Erben zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden.

§ 9 Fremdkommerzialisierung

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Betrachtung zu unterziehen, da je nach Fallgestaltung die Eigentumsverhältnisse an den Körpersubstanzen und die denkbaren Ersatzansprüche variieren. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung363 ist neben dem Eigentum an den Körpersubstanzen, Art. 14 I 1 GG, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 II 1 GG, und dem in Art. 2 I GG geschützten Totensorgerecht der Angehörigen364 vor allem das in Art. 1 I, 2 I GG geschützte und über den Tod des Substanzträgers hinaus wirkende Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers365. Von besonderer Bedeutung ist dabei aus zivilrechtlicher Sicht die Frage nach den Eigentumsverhältnissen an den fremdkommerzialisierten Substanzen sowie die Beurteilung möglicher Ersatzansprüche der jeweils Berechtigten gegenüber dem Fremdkommerzialisierenden. Auch im Rahmen dieser Ausführungen ist von dem fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatz und somit davon auszugehen, daß die Eigentumsverhältnisse an den Körpersubstanzen und die Frage nach einer Persönlichkeitsrechtsverletzung des Substanzträgers unabhängig voneinander zu beurteilen sind. Damit wird der Substanzträger jedoch nicht entrechtet, denn selbst bei einem Verlust seines Eigentums können ihm Ansprüche wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zustehen, falls der Umgang mit den Körpersubstanzen seine schutzwürdige Individualsphäre verletzt. Für das im Rahmen dieser Untersuchung angestrebte Ziel, die rechtliche Problematik der Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen umfassend darzustellen, sind auch die öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Bezüge einer Fremdkommerzialisierung aufzuzeigen. I. Zivil rechtliche Beurteilung 7. Eigentumsverhältnisse

an den Körpersubstanzen

Mit der Abtrennung der Körpersubstanzen erwirbt der Substanzträger analog § 953 BGB oder seine Erben durch die Begründung von Eigenbesitz in Ausübung ihres Aneignungsrechtes nach § 958 I BGB unabhängig von der Zulässigkeit einer Eigenkommerzialisierung Eigentum an den Körpersubstanzen366. Nachfolgend soll dargestellt werden, welche Eigentumsver363

Im Vorgehen ähnlich Taupitz, Kommerzialisierung, S. 61 ff., insb. 63 ff., wenn er von den Rechtspositionen des Patienten an seinen Körpersubstanzen als den individualrechtlichen Schranken der Fremdkommerzialisierung spricht. 364 Zum Totensorgerecht bereits oben § 4 I 2 b und ausführlich Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 16 ff. 365 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 15, 249 (259); 50, 133 (136). Vgl. im einzelnen hierzu Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 259 ff. 366 MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21. Im einzelnen zu den Eigentumsverhältnissen am menschlichen Körper und am Leichnam oben §§ 3, 4.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

hältnisse an den Körpersubstanzen bestehen, falls im Verhältnis zwischen Substanzträger und Ersterwerber kein wirksames Verpflichtungsgeschäft vorliegt, welches den Substanzträger zur Eigentumsübertragung auf seinen Vertragspartner verpflichtet. a) Rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung

In gleicher Weise wie beim dinglichen Vollzug der Eigenkommerzialisierung richtet sich eine rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung nach den §§ 929 ff. BGB, da die abgetrennten Körpersubstanzen bewegliche Sachen sind. aa) Unwirksame Eigenkommerzialisierung

Das dem Verfügungsgeschäft zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft kann aufgrund verschiedener Umstände unwirksam sein. Hieraus ergibt sich die Frage, welche Konsequenzen die rechtliche Unwirksamkeit eines vom Substanzträger vorgenommenen Verpflichtungsgeschäftes über Körpersubstanzen auf das zur Erfüllung des Grundgeschäftes vorgenommene Verfügungsgeschäft hat. Ausgangspunkt der Überlegungen ist hierbei das Abstraktionsprinzip367 als eines der tragenden sachenrechtlichen Grundprinzipien, welches die Unabhängigkeit der Wirksamkeit dinglicher Verfügungen von dem jeweils zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft beinhaltet. Somit führt die Unwirksamkeit eines Verpflichtungsgeschäftes über Körpersubstanzen nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit dinglicher Verfügungen hierüber, insbesondere einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung. Vielmehr ist anerkannt, daß die dingliche Einigung als sachenrechtlicher Vertrag 368 den Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB unterliegt. Jedoch gilt das Abstraktionsprinzip nicht uneingeschränkt. Vielmehr wird es in Ausnahmefällen durchbrochen und das Verfügungsgeschäft ist dann ebenso wie das ihm zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft nichtig369. Zunächst sind in diesem Zusammenhang Fälle des Bedingungszusammenhangs sowie der Geschäftseinheit zu nennen. Den Parteien steht es frei, im Rahmen rechtsgeschäftlicher Gestaltungen die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes zur Bedingung

367

Hierzu MüKo/Quack, Einleitung vor §§ 854 - 1296 BGB, Rdnr. 34; Jauernig/ Jauernig, § 929 BGB, Anm. 1 c; RGRK/Pikart, § 929 BGB, Rdnr. 12. 368 Vgl. hierzu Palandt/Bassenge, § 929 BGB, Rdnr. 2; BGHZ 28, 16 (19). 369 Allgemein zu den Durchbrechungen des Abstraktionsprinzips Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3; Müller, Sachenrecht, Rdnr. 59 ff., insb. 63.

§ 9 Fremdkommerzialisierung

167

des dinglichen Rechtsgeschäftes zu machen370. Allerdings bedarf es hierfür zumindest der stillschweigenden Vereinbarung einer derartigen Bedingung, was im Zweifel nur bei einer Ungewißheit der Parteien über die Gültigkeit des kausalen Geschäftes anzunehmen ist 371 . Weiter wird zum Teil vertreten, die Parteien könnten Grund- und Erfüllungsgeschäft als Geschäftseinheit im Sinne des § 139 BGB verbinden, mit der Folge, daß bei einer Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes im Zweifel auch das Erfüllungsgeschäft nichtig ist. Der Parteiwille soll insoweit Vorrang vor dem Abstraktionsprinzip haben372. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dies gegen geltendes Recht verstößt, weil der Abstraktionsgrundsatz der privatautonomen Gestaltung vorgegeben ist 373 . Gegen die zulässige Vereinbarung einer Geschäftseinheit spricht weiter entscheidend, daß der Abstraktionsgrundsatz nicht die Beteiligten des Rechtsgeschäftes schützen soll, sondern vielmehr den Rechtsverkehr374, weshalb der Parteidisposition insoweit Grenzen gesetzt sind. Für den Untersuchungsgegenstand relevanter, im einzelnen jedoch ebenfalls umstritten ist die Frage nach den Konsequenzen des Vorliegens einer sog. Fehleridentität. In diesen Fällen, die keine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips darstellen375, beeinträchtigt der dem Grundgeschäft anhaftende Fehler auch die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäftes376. Gerade über die im Bereich des Untersuchungsgegenstandes relevante Frage, ob bei einer Nichtigkeit des vom Substanzträger abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäftes nach § 138 I BGB 3 7 7 auch das Erfüllungsgeschäft sittenwidrig ist, herrscht Streit. Zum Teil wird die Möglichkeit der Fehleridentität bei § 138 I BGB generell verneint, weil die dingliche Einigung als solche wertneutral sei und aus diesem Grunde gar nicht als sittenwidrig eingestuft werden könne378. Dem wird jedoch zutreffenderweise entgegnet, daß sich unter Umständen gerade in 370

So Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 104 BGB, Rdnr. 24. Vgl. hierzu auch Müller, Sachenrecht, Rdnr. 64, insb. zu unzulässigen Bedingungen beim Verfügungsgeschäft. 371 So Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3 b. Instruktiv hierzu auch Flume, AT, § 12 ΠΙ 4. 372 In diesem Sinne Palandt/Heinrichs, § 139 BGB, Rdnr. 7. 373 So Flume, AT, § 12 ΠΙ 4, der im Abstraktionsgrundsatz ein entscheidendes Strukturelement der Rechtsordnung sieht, welches unabdingbare Geltung hat. 374 Vgl. nur Staudinger/Dilcher, § 139 BGB, Rdnr. 19; Flume, AT, § 12 ΙΠ 4, Jauernig/Vollkommer, § 139 BGB, Anm. 2 b; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3 c. 375 Hierzu Staudinger/Dilcher, § 139 BGB, Rdnr. 20. 376 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3 a. 377 Die Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes wird bei § 138 Π BGB wegen des eindeutigen Gesetzeswortlautes einhellig anerkannt, vgl. BGH, NJW 1990, S. 384 (385). Gleiches gilt für Mängel der Geschäftsfähigkeit, vgl. Palandt/Heinrichs, Überbl ν § 104 BGB, Rdnr. 23. 378 So Zimmermann, JR 1985, S. 48 (51), der die sittliche Indifferenz des Verfügungsgeschäftes aus dem Abstraktionsprinzip ableiten will.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

der Rechtsübertragung ein sittenwidriger Zweck verwirklichen kann 379 . Richtigerweise ist somit auf den eigenständigen Wertgehalt des dinglichen Rechtsgeschäftes abzustellen380 und danach zu fragen, ob in der dinglichen Einigung, gerichtet auf die Übertragung von Eigentum an Körpersubstanzen zur Erfüllung eines nach § 138 I BGB sittenwidrigen Verpflichtungsgeschäftes, ein eigener sittenwidriger Wertgehalt liegt 381 . Dies ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn mit der Eigentumsübertragung keine weiteren sittenwidrigen Zwecke verfolgt werden, da die Eigentumsübertragung die Folge der Gleichstellung der abgetrennten Körpersubstanzen mit anderen Sachen ist 382 . Im Ergebnis ist die Eigentumsübertragung, basierend auf einem nichtigen Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers, im Regelfall dennoch wirksam, da sie auf einer wirksamen dinglichen Einigung beruht. Eine Korrektur dieser infolge der Nichtigkeit des Grundgeschäftes rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung ist dem Regelungsinstrumentarium des Bereicherungsrechtes vorbehalten383.

bb) Irrtümliche Annahme einer Eigenkommerzialisierung

Die Auswirkung der irrtümlichen Annahme des Vorliegens einer wirksamen Erstkommerzialisierung durch den Ersterwerber auf die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung hängt - ebenso wie bei der unwirksamen Einwilligung - davon ab, ob eine wirksame dingliche Einigung zustandegekommen ist. Entscheidend ist dabei der Umstand, daß die Einigung als solche formfrei ist 3 8 4 und auch durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden kann 385 .

379

So Staudinger/Wiegand, § 929 BGB, Rdnr. 24. In diesem Sinne Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3 a. 381 Für eine eigene sittliche Beurteilung des Verfügungsgeschäftes sprechen sich neben Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 3 a und Flume, AT, § 18, 8 a wohl auch Schwab/Prütting, Sachenrecht, § 4 Π 5 und Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 38 Π 2 FN 11 aus. Vgl. neuerdings auch BGH, NJW 1988, S. 2362 (2363) und insb. BGH, NJW 1988, S 2364 (2364), wo ebenfalls auf die Möglichkeit der Sittenwidrigkeit des dinglichen Rechtsvorgangs hingewiesen wird, soweit damit sittenwidrige Zwecke verfolgt werden. 382 Vgl. hierzu auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 158 f. 383 Zu den Aufgaben des Rechtsinstituts der ungerechtfertigten Bereicherung und insb. der condictio indebiti im Zusammenhang mit dem Abstraktionsprinzip vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 5 IV 1. Mit dem Eigentum verliert der Substanzträger als Konsequenz des fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatzes jedoch nicht sämtliche Rechte an den Körpersubstanzen, sondern kann in bezug auf den Umgang mit den Substanzen Rechte aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geltend machen. 384 Jedenfalls bei der Übertragung beweglicher Sachen, vgl. Staudinger/Wiegand, § 929 BGB, Rdnr. 9 f. 380

§ 9 Fremdkommerzialisierung

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Das Verhalten des Substanzträgers ist somit nach dem objektiven Empfangerhorizont des Erwerbers auszulegen386. Durfte der Ersterwerber der Substanzen im Einzelfall aus dem Verhalten des Substanzträgers den Schluß ziehen, daß dieser ihm Eigentum an den Substanzen übertragen wollte 387 und nimmt er dieses Übereignungsangebot an, ist von einer wirksamen dinglichen Einigung auszugehen. Auch hier können rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen nur durch das Bereicherungsrecht korrigiert werden. cc) Offensichtliches Fehlen einer Eigenkommerzialisierung

Bei dieser Fallgestaltung fehlt es gänzlich an einem Verhalten des Substanzträgers, aus dem der Ersterwerber schließen könnte, daß der Substanzträger Eigentum an den Körpersubstanzen auf ihn übertragen will. Falls der Ersterwerber sich nicht einmal auf die Annahme eines mutmaßlichen Übertragungswillens berufen kann, kommt aufgrund der fehlenden dinglichen Einigung ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb des Ersterwerbers nicht in Betracht. Auch ein Eigentumserwerb kraft guten Glaubens, § 932 I BGB, scheidet aus, da hierfür das Vorliegen einer dinglichen Einigung zwischen Erwerber und dem nichtberechtigten Veräußerer vorausgesetzt wird 388 . Gerade an dem Vorliegen einer dinglichen Einigung zwischen Substanzträger und Ersterwerber fehlt es jedoch bei dieser Fallkonstellation. b) Gesetzlicher Eigentumserwerb

Neben einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung ist weiter auf die Möglichkeit hinzuweisen, daß der Ersterwerber Körpersubstanzen des Substanzträgers verarbeitet und zur Grundlage der Herstellung einer neuen beweglichen Sache macht, § 950 I 1 BGB. Insoweit wäre denkbar, daß Blut zur Herstellung von Blutplasma verwendet wird, ohne daß ein hierauf gerichtetes Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers vorliegt. Weiter könnten abgetrennte Körpersubstanzen miteinander verbunden oder vermischt werden, §§ 947 I, 948 I BGB, ohne daß der Substanzträger ein hierauf gerichtetes 385 MüKo/Quack, § 929 BGB, Rdnr. 44; Palandt/Bassenge, § 929 BGB, Rdnr. 2; Jauernig/Jauernig, § 929 BGB, Anm. 2 a. 386 Palandt/Heinrichs, § 133 BGB, Rdnr. 9; Soergel/Mühl, § 929 BGB, Rdnr. 18. Vgl. auch Staudinger/Wiegand, § 929 BGB, Rdnr. 9, wonach entscheidend ist, daß aus den Umständen auf einen Einigungswillen geschlossen werden kann. 387 Unter diese Kategorie wird teilweise das kommentarlose Zurücklassen von Substanzen beim Arzt eingestuft, vgl. Taupitz, Kommerzialisierung, S. 64, der hierin entweder eine Eigentumsaufgabe oder eine Eigentumsübertragung sehen will und eine dingliche Einigung somit ebenfalls für möglich hält. 388 Vgl. Jauernig/Jauernig, § 932 BGB, Anm. 12 a.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, so wenn Blutproben verschiedener Patienten beim Arzt miteinander vermengt werden. In derartigen Fallgestaltungen ist denkbar, daß der Substanzträger sein Eigentum an den abgetrennten Körpersubstanzen im Rahmen der §§ 947 - 950 BGB verliert. Einer Anwendung dieser Vorschriften stehen keine grundsätzlichen Erwägungen entgegen, denn die Körpersubstanzen werden nach Trennung von Körper oder Leichnam zu eigentumsfähigen Sachen. Insoweit kann durchaus ein Bedürfnis für eine Anwendung der §§ 946 ff. BGB bestehen, da diese Vorschriften eine Befriedung möglicher Konfliktfalle vornehmen und Zuordnungskonflikte eindeutig qua Gesetz entscheiden sollen389. Ein Eigentumserwerb kraft Gesetzes durch den Ersterwerber ist in diesen Fällen grundsätzlich möglich, insbesondere da es insoweit auf das Vorliegen von Willenserklärungen oder sonstigen Handlungen sowie deren Wirksamkeit nicht ankommt390. Eine detaillierte Darstellung der Problematik, die nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden kann, ist an dieser Stelle jedoch nicht möglich391.

2. Ansprüche der an den Körpersubstanzen Berechtigten

Nachfolgend soll untersucht werden, welche Ansprüche den jeweils an den Körpersubstanzen Berechtigten zustehen, falls kein wirksames Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers vorliegt 392. Da zu Lebzeiten nur der Substanzträger zur Eigenkommerzialisierung berechtigt ist und nach seinem Tode den Erben im Fall der Abtrennung ein ausschließliches Aneignungsrecht zu389

Zur ratio legis der §§ 946 ff. BGB vgl. MüKo/Quack, § 946 BGB, Rdnr. 1 und § 947 BGB, Rdnr. 1. Vgl. insoweit auch Rieger, Lexikon des Arztrechts, Rdnr. 973 975, der § 950 BGB in verschiedenen Fallgestaltungen anwendet und die Anwendbarkeit dieser Norm überhaupt nicht problematisiert. 390 Erman/Hefermehl, § 947 BGB, Rdnr. 1 und § 950 BGB, Rdnr. 1. Rechtstatsächliche Beispiele für eine Verarbeitung sind neben der bereits erwähnten Verwendung von Blut bei der Herstellung von Blutplasma, vgl. Die Zeit 47/1993, S. 21 (21 ff.), auch die Herstellung von Gewebeimplantaten aus entsprechend verarbeiteter menschlicher Hirnhaut, vgl. Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff). 391 In diesem Zusammenhang stellen sich vielfältige Probleme primär praktischer Natur, so z.B. die Frage nach dem Umfang des Ausgleichsanspruchs nach § 951 I 1 BGB und hierbei insbesondere nach dem Wert der verarbeiteten Körpersubstanzen. 392 Vgl. hierzu Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72 ff, der die Ansprüche aus unberechtigter Fremdkommerzialisierung als eine nachträglich-sanktionierende Eigenkommerzialisierung des Substanzträgers auffaßt. Die hier vorliegende Untersuchung greift diese Terminologie bewußt nicht auf, da die nachträglich-sanktionierende Eigenkommerzialisierung bei Taupitz neben der antizipativ-voluntativen eine Unterform der Eigenkommerzialisierung ist, jedoch auch in bezug auf Folgeansprüche konsequent zwischen Eigen- und Fremdkommerzialisierung getrennt werden muß. Hierfür ist die Terminologie bei Taupitz nicht förderlich. Im einzelnen zur Terminologie bereits oben § UV.

§ 9 Fremdkommerzialisierung

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fallt, ist zwischen der Fremdkommerzialisierung von Substanzen des lebenden Körpers und solchen des Leichnams zu differenzieren. Aufgrund der unterschiedlichen Wertungsebenen ist weiter zwischen der unwirksamen und mutmaßlichen Eigenkommerzialisierung sowie der offensichtlich unberechtigten Kommerzialisierung zu unterscheiden. Ausgangspunkt der Überlegungen bleibt auch insoweit der fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz: die Eigentumsverhältnisse an den Körpersubstanzen und eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers sind getrennt voneinander zu beurteilen. Selbst wenn das Eigentum einem anderen Rechtssubjekt übertragen wurde oder für einen Verlust des Eigentums nur Wertersatz zu leisten ist, kann daneben ein Anspruch des Substanzträgers wegen einer Verletzung seiner Persönlichkeit bestehen393. a) Vom lebenden Körper abgetrennte Substanzen

aa) Unwirksame Eigenkommerzialisierung

Nachfolgend soll untersucht werden, welche Ansprüche des Substanzträgers bestehen, falls der Fremdkommerzialisierung ein unwirksames Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt. (l)pVV

Über den Anspruch auf die vertraglich versprochene Leistung hinaus ist zu prüfen, ob zwischen dem Substanzträger und dem Ersterwerber neben dem auf Erstkommerzialisierung der Körpersubstanzen gerichteten Rechtsgeschäft weitergehende rechtliche Beziehungen bestehen. Als Beispiel hierfür soll im folgenden der Arzt-Patienten-Vertrag dienen, in welchem die Rechtsbeziehungen zwischen Arzt und Patienten in Form eines Behandlungsvertrages festgelegt und geregelt werden394. Die Weiterverwendung von Körpersubstanzen, welche im Verlauf der Behandlung vom Patienten entnommen wurden und an den Arzt veräußert werden sollten oder die ihm sonst übergeben wurden, zu eigennützigen Zwecken könnte eine Verletzung der vertraglichen Pflichten des Arztes darstellen, wenn der Behandlungsvertrag entweder eine Vermögensbetreuungspflicht des Arztes gegenüber seinen Patienten begründet oder die Eigennutzung an sich bereits eine Pflichtverletzung darstellt. 393 Ygi h i e r z u bereits ausführlich oben § 3 Π 5 b. Zu Form, Inhalt und Umfang der Rechtsbeziehungen zwischen Arzt und Patienten vgl. Deutsch, Arztrecht, S. 25 ff., insb. S. 36 f.; RGRK/Nüßgens, § 823 BGB, Anh. Π Rdnr. 6 ff; Laufs, Arztrecht, Rdnr. 86 ff., jeweils m.w.N. 394

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen (a) Pflicht des Arztes zur Vermögensbetreuung des Patienten

Insoweit gilt es zunächst festzustellen, daß dem Arztvertrag üblicherweise keine wirtschaftlichen Erwägungen zugrunde liegen: der Patient verfolgt im Rahmen der ärztlichen Behandlung keine wirtschaftlichen Ziele und erwartet gleiches von dem ihn behandelnden Arzt 395 . Die Beziehung zwischen Arzt und Patient ist vielmehr von gegenseitigem Vertrauen geprägt, wurzelt stark in der zwischenmenschlichen Beziehung und ist aus diesem Grunde weit mehr als ein rein juristisches Vertragsverhältnis 396. Eine wesentliche Ausprägung dieses gegenseitigen Vertrauens ist die ärztliche Aufklärungspflicht 397. Diese ist als Selbstbestimmungsaufklärung zunächst Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung des Patienten in einen Eingriff durch den Arzt in seine körperliche Unversehrtheit und setzt die umfassende Kenntnis über Risiken und mögliche Folgen des Eingriffs voraus; diese Informationen muß der Arzt dem Patienten verschaffen 398. Daneben dient die ärztliche Aufklärung als allgemeine therapeutische Aufklärung dazu, den Patienten über die generellen Risiken der ärztlichen Behandlung aufzuklären, ihm das Ergebnis der Diagnose zu vermitteln und den weiteren Verlauf der Behandlung aufzuzeigen 399. Allerdings erschöpfen sich die ärztlichen Aufklärungs- und Hinweispflichten nicht in der Aufklärung über den medizinischen Hintergrund der Behandlung und der Schaffung der Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Entscheidungsfindung des Patienten bei einem körperlichen Eingriff 400, sondern werden zunehmend auch auf wirtschaftliche Folgen der Behandlung ausgedehnt401. Neben einer ärztlichen Hinweispflicht auf einen möglichen Selbstko395

So zutreffend Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 72 f. Vgl. hierzu Laufs, Arztrecht, Rdnr. 14 ff.; ebenso Deutsch, Arztrecht, S. 26, wenn er von einem besonderen Vertrauenselement beim Arztvertrag spricht. Instruktiv hierzu auch BGHZ 29,46 (53). 397 Ausführlich Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 53 ff. und Deutsch, Arztrecht, S. 52 f. 398 Zu den Grundlagen der Selbstbestimmungsaufklärung vgl. Laufs, Arztrecht, Rdnr. 169 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht, S. 105 f.; Deutsch, AcP 192, S. 161 (166 f.). Zum Zeitpunkt und zum Umfang der Risikoaufklärung vgl. BGH, JZ 1993, S. 312 (312 ff.) mit Urteilsanmerkung Giesen. 399 Vgl. RGRK/Nüßgens, § 823 BGB, Anh. Π Rdnr. 45 zur Sicherungs- oder therapeutischen Aufklärungspflicht. 400 Vgl. hierzu Park, System des Arzthaftungsrechts, S. 139 f.; Laufs, Arztrecht, Rdnr. 168. Deutsch, Arztrecht, S. 57 spricht anschaulich von einer in ihrer Vielfalt verwirrenden Terminologie der Aufklärungsarten. Zur im Einzelfall schwierigen Abgrenzung zwischen Selbstbestimmungsaufklärung und therapeutischer Aufklärung des Patienten über allgemeine Gesundheitsrisiken und dadurch veranlaßte diagnostische Maßnahmen vgl. BGH, NJW 1987, S. 2923 (2924). 401 Allgemein hierzu Laufs, Arztrecht, Rdnr. 232 f.; Taupitz, Offenbarungspflicht, S. 66 ff.; Baden, NJW 1988, S. 746 (746 ff.). 396

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stenanteil des Patienten402 wird darüber hinaus diskutiert, ob auch sonstige wirtschaftliche Folgen der Behandlung von dieser Hinweispflicht erfaßt werden 403 . Ausgehend von dem Umstand, daß der Arzt regelmäßig über die besseren Kenntnisse in bezug auf den Verlauf der Behandlung und die hieraus zu erwartenden Behandlungskosten verfugt 404 und dem Patienten insoweit Entscheidungshilfen geben kann, wird hieraus mit Recht zumindest im Grundsatz eine Vermögensbetreuungspflicht des Arztes bejaht405. Letztlich ist diese Pflicht zur eingeschränkten Wahrnehmung von Vermögensinteressen des Patienten Ausfluß des gegenseitigen Vertrauens zwischen Arzt und Patient406 und wird zu Recht nicht als Teil der ärztlichen Aufklärungspflicht, sondern als aus § 242 BGB abgeleitete Nebenpflicht des Behandlungsvertrages aufgefaßt 407 . In der Literatur wird dies zum Teil verneint und davon ausgegangen, daß eine Aufklärungspflicht zur Regelung wirtschaftlicher Angelegenheiten regelmäßig nicht bestehe, da die ärztliche Aufklärung allein der Selbstbestimmung des Menschen über seinen Körper und seine Gesundheit diene und eine Vermögensbetreuungspflicht folglich nur dann bejaht werden könne, wenn eine Aufklärungsuntersuchung vorliege oder der Patient ausdrücklich nach Umständen frage, die seine Vermögensverhältnisse betreffen 408. Dem ist zwar insofern beizupflichten, als der Arzt aufgrund des Behandlungsvertrages primär die medizinische Behandlung am Patienten schuldet und folglich nicht schlechthin in die Rolle eines Sachwalters von Vermögensinteressen des Patienten gedrängt werden darf 409 . Allerdings kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Durchschnittspatient die häufig komplexe Kostenproblematik im Gesundheitswesen nicht zutreffend einschätzen kann und aus diesem Grund auf die insoweit im Regelfall besseren Kenntnisse des behandelnden Arztes angewiesen ist 410 . Aus dieser Unkenntnis resultiert eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Patienten, der zur Wahrnehmung seiner Interessen auf die Mitwirkung des ihn behandelnden Arztes angewiesen ist. Diese erhöhte 402

AG Köln, NJW 1980, S. 2756 (2756); BGH, MedR 1983, S. 109 (109 f.); Laufs, Arztrecht, Rdnr. 232. 403 Instruktiv hierzu Taupitz, Offenbarungspflicht, S. 66 ff. und Baden, NJW 1988, S. 746 (746 ff.). 404 BGH, NJW 1983, S. 2630 (2630). 405 So Taupitz, Offenbarungspflicht, S. 66 ff., insb. 69 f., der von einer vermögensbetreuenden Offenbarungspflicht des Arztes spricht. Ähnlich Park, System des Arzthaftungsrechts, S. 143 f. und Laufs, Arztrecht, Rdnr. 232. 406 Vgl. hierzu BGHZ 29,46 (53). 407 So Baden, NJW 1988, S. 746 (747); RGRK/Nüßgens, § 823 BGB, Anh. Π Rdnr. 54; Taupitz, NJW 1992, S. 713 (716). 408 In diesem Sinn Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 190. 409 So auch Laufs, Arztrecht, Rdnr. 232. 410 Instruktiv hierzu Taupitz, Offenbarungspflicht, S. 67 unter Berufung auf OLG Köln, VersR 1987, S. 792 (792): die eigene finanzielle Beteiligung des Patienten an seiner Behandlung erscheint (bisher) als überraschend.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Schutzbedürftigkeit rechtfertigt es, dem Arzt nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben eine Hinweispflicht als vertragliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages aufzuerlegen 411. Dem Umstand, daß dem Behandlungsvertrag keine wirtschaftlichen Erwägungen zugrunde liegen412, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu, da der fehlende wirtschaftliche Hintergrund durch das den Behandlungsvertrag durchdringende intensive gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient413 kompensiert wird. Dem Arzt kommt somit zumindest im Grundsatz als vertragliche Nebenpflicht eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber seinem Patienten zu. Die gegenteilige Ansicht verkennt die Schutzbedürftigkeit des Patienten, was letztlich aus der unzutreffenden dogmatischen Einordnung der Hinweispflicht in den Bereich der ärztlichen Heilaufklärung verständlich wird 414 . Der Umfang dieser Vermögensbetreuungspflicht ist jedoch als Folge der besonderen Situation des Arztvertrages stark eingeschränkt: da die Schutzbedürftigkeit auf dem Umstand beruht, daß der krankenversicherte Patient darauf vertraut und auch darauf vertrauen darf, daß seine Krankenkasse die Zahlung für die Behandlungskosten übernimmt und er zu einer eigenverantwortlichen Prüfung regelmäßig - anders als der Arzt - nicht in der Lage ist 415 , beschränkt sich die Vermögensbetreuungspflicht des Arztes vor diesem Hintergrund auf die entscheidungsbezogene Beratung des Patienten für oder gegen eine in Aussicht genommene Behandlung416. Darüber hinaus besteht keine Schutzwürdigkeit des Patienten. Der Arzt kann nicht schlechthin in die Rolle eines Sachwalters der Vermögensinteressen des Patienten gedrängt werden417, was sich letztlich bereits aus dem Wesen des Arzt - Patienten - Verhältnisses ergibt, bei dem die Gesundung des Patienten im Vordergrund steht418. Überträgt man diese soeben gewonnenen Erkenntnisse auf den Untersuchungsgegenstand, ist somit 411

Vgl. hierzu Jauernig/Vollkommer, §242 BGB, Anm. Π 1, 3 a; Soergel/Teichmann, §242 BGB, Rdnr. 182 f.; MtiKo/Roth, §242 BGB, Rdnr. 210, jeweils zur Begründung einer Aufklärungspflicht infolge besonderer Schutzbedürftigkeit eines Vertragspartners. 412 Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 72 f. 413 Hierzu Laufs, Arztrecht, Rdnr. 14 ff., insb. 16; BGHZ 29,46 (53). 414 Unter diesem Aspekt diskutieren Kern/Laufs, Die ärztliche Aufklärungspflicht, S. 190 die Hinweispflicht des Arztes in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Richtigerweise stellt diese jedoch eine vertragliche Nebenpflicht dar, vgl. hierzu die instruktiven Ausführungen bei Baden, NJW 1988, S. 746 (747 f.) m.w.N. zur Rechtsprechung in diesem Bereich. 415 So OLG Köln, VersR 1987, S. 792 (792 f.). 416 Vgl. hierzu Taupitz, Offenbarungspflicht, S. 69. 417 So Laufs, Arztrecht, Rdnr. 232. 418 Deutsch, Arztrecht, S. 34 ff., 36 m.w.N., auch zur Rechtsnatur des Behandlungsvertrages als Dienstleistungsvertrag ohne Gesundheitsgarantie. Vgl. hierzu auch Taupitz, NJW 1992, S. 713 (716), der aufzeigt, daß beim Arztvertrag keine sachliche Nähe zu Vermögensinteressen des Patienten besteht.

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danach zu fragen, ob der Arzt den Patienten über einen möglichen wirtschaftlichen Wert seiner Körpersubstanzen informieren muß. Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß dem Durchschnittspatienten nicht bewußt ist, daß die von ihm entnommenen Körpersubstanzen zumindest zum Teil einen wirtschaftlichen Wert haben419. Allerdings steht dieser wirtschaftliche Wert nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung, sondern ist als potentielle Erwerbsmöglichkeit der Vermögenssphäre des Patienten zuzuordnen. Die Nutzung seiner Erwerbsmöglichkeiten ist jedoch Sache des Patienten selbst und nicht Aufgabe des Arztes im Rahmen einer auf die Förderung der Gesundheit des Patienten gerichteten medizinischen Behandlung. Eine Hinweispflicht auf eine mögliche wirtschaftliche Bedeutung entnommener Körpersubstanzen ist folglich im Regelfall zu verneinen und kann sich nur im Ausnahmefall bei Hinzutreten besonderer Umstände ergeben: ein über das normale Maß hinausgehendes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient kann ebenso wie ein ungewöhnlich hoher wirtschaftlicher Wert der Körpersubstanzen als Folge ihrer Einzigartigkeit420 im Einzelfall für eine Hinweispflicht des Arztes sprechen. Eine umfassende Vermögensbetreuungspflicht des Arztes gegenüber seinem Patienten besteht jedoch nicht. (b) Recht des Arztes zur Eigennutzung von Körpersubstanzen des Patienten

Von der Diskussion über eine wirtschaftliche Hinweispflicht als vertragliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages ist die Frage zu trennen, ob und inwieweit der Arzt berechtigt ist, über im Rahmen der Behandlung entnommene Körpersubstanzen zur Verfolgung eigener Zwecke zu verfügen und sie insbesondere wirtschaftlich auf eigene Rechnung zu verwerten 421. In diesem Fall geht es nicht um die unerlaubte Erlangung der Körpersubstanzen infolge eines unterlassenen Hinweises auf deren wirtschaftlichen Wert oder einen Vermögensnachteil des Patienten als Folge der unterbliebenen Wahrnehmung mögli419

So Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 73; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 170. Etwas anders gilt nur in Ausnahmefallen, so beim Zurücklassen von entnommenen Goldkronen beim Zahnarzt, vgl. hierzu AG Neuss, NJW 1987, S. 709 (709), das eine Hinweispflicht des Zahnarztes mit der Begründung ablehnt, daß der Patient selbst um den wirtschaftlichen Wert der Goldkrone wisse. 420 Der wirtschaftliche Wert von Körpersubstanzen ist im Regelfall relativ gering und liegt in einem Bereich zwischen 50 DM und 200 DM pro Einheit, vgl. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174 f. In Ausnahmefallen kann hierin jedoch auch ein enormer wirtschaftlicher Wert liegen, wie sich im Fall der "goldenen Zellen" des John Moore gezeigt hat, vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 13 ff. 421 Zu den Befugnissen des Arztes an entnommenen Körpersubstanzen des Patienten grundlegend Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 59 ff. am Beispiel einer beim Arzt zurückgelassenen Blutprobe.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

eher Erwerbschancen, sondern um die unbefugte Verwendung der Körpersubstanzen422. Da den abgetrennten Substanzen zumindest teilweise ein wirtschaftlicher Wert zukommt423 und die Unkenntnis des Patienten hiervon nicht als Verzicht auf die Geltendmachung eigener Verwertungsrechte gedeutet werden darf 424 , kann sich eine Befugnis des Arztes zur wirtschaftlichen Verwertung entnommener und ihm überlassener Körpersubstanzen nur aus einer ergänzenden Auslegung des Behandlungsvertrages ergeben425. Die Überlassung der entnommenen Körpersubstanzen beinhaltet zunächst die konkludente rechtsgeschäftliche Erklärung des Patienten, der Arzt solle dazu berechtigt sein, die fur die medizinische Behandlung notwendigen Untersuchungen vorzunehmen426 sowie die fur eine ordnungsgemäße Beseitigung erforderlichen Vorkehrungen zu treffen 427. Eine Ermächtigung des Arztes zur eigennützigen wirtschaftlichen Verwertung enthält die Überlassung jedoch regelmäßig nicht, da der Durchschnittspatient im Normalfall keine Kenntnis vom wirtschaftlichen Wert der entnommenen Körpersubstanzen hat 428 . Diese Unkenntnis des Substanzträgers ist bei der Auslegung der Willenserklärung zu berücksichtigen, da es insoweit darauf ankommt, wie die Erklärung vom Ersterwerber bei gehöriger Aufmerksamkeit verstanden werden mußte429. Ausge-

422

In diesem Sinne auch Taupitz, AcP 191, S. 201 (208). Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174 f. 424 Ebenso Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 72 f. 425 Zur Auslegung des Behandlungsvertrages siehe Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 47 ff. 426 Hierbei ist primär an die Verwendung zu Diagnosezwecken zu denken. 427 In diesem Zusammenhang ist vor allem die Beachtung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insb. abfallrechtlicher Normen, zu erwähnen: der Durchschnittspatient ist sich der Pflicht zur ordnungsgemäßen Entsorgung zwar regelmäßig nicht bewußt, will sich mit der Überlassung der Körpersubstanzen aber bei entsprechender Auslegung seiner Willenserklärung, §§ 133, 157 BGB, auch nicht unredlich oder gesetzeswidrig verhalten, weshalb die Überlassung nicht als Dereliktion oder Eigentumsübertragung anzusehen ist, sondern lediglich als Ermächtigung des Arztes, die zum Zwecke einer ordnungsgemäßen Entsorgung notwendigen Maßnahmen vorzunehmen. Zum Ganzen ausführlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 160 ff. m.w.N. Zweifelnd Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 52 ff, die aber im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zum gleichen Ergebnis kommen, dies., Menschliches Blut, S. 59. 428 Diese Kenntnis ist nur in Ausnahmefällen zu bejahen, so bei der bereits erwähnten Entnahme von Goldkronen beim Zahnarzt. Hier weiß der Durchschnittspatient regelmäßig um den wirtschaftlichen Wert der Körpersubstanz. Anders ist jedoch die Entnahme sonstiger Körpersubstanzen, wie Blut oder Urin, zu bewerten, da dem Durchschnittspatienten hier nicht bewußt ist, daß eine wirtschaftliche Weiterverwendung möglich ist. 429 Ständige Rechtsprechung, vgl. RGZ 86, 86 (88 f.); 131, 343 (350); BGHZ 47, 75 (78); BGH, NJW 1990, S. 1913 (1913). Ebenso die h.L., vgl. Staudinger/Dilcher, 423

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hend von diesem Umstand gilt, daß der Arzt als verständiger Empfänger nur dann von einer Ermächtigung durch den Substanzträger zur eigennützigen Verwertung ausgehen darf, wenn der Patient vorher über den wirtschaftlichen Wert seiner Körpersubstanzen informiert wurde 430. Auch im Rahmen einer ergänzenden Auslegung des Behandlungsvertrages unter Berücksichtigung der Parteiinteressen sowie des Wesens des Arztvertrages 431 ergibt sich kein anderes Ergebnis, da die mit Abtrennung im Eigentum des Substanzträgers stehenden Körpersubstanzen vollen Eigentumsschutz nach Art. 14 I 1 GG genießen 432 und es für den Verzicht auf dieses Eigentum konkreter Anhaltspunkte bedarf. Das fehlende Interesse des Patienten daran, die abgetrennten Körpersubstanzen zurückzuerhalten, kann nicht als Argument für eine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis des Arztes herangezogen werden, da der Grund für das fehlende Interesse in der Unkenntnis vom wirtschaftlichen Wert der Körpersubstanzen begründet liegt 433 . Dem Arzt steht demnach kein Recht zur eigennützigen wirtschaftlichen Weiterverwendung der ihm überlassenen Körpersubstanzen zu. Im Ergebnis besteht für den Arzt somit zwar keine Hinweispflicht auf einen wirtschaftlichen Wert menschlicher Körpersubstanzen, jedoch steht dem Arzt im Regelfall weder aufgrund einer konkludenten Einwilligung des Patienten noch aus einer ergänzenden Auslegung des Behandlungsvertrages ein Recht zur eigennützigen Verwertung der Körpersubstanzen zu. Die nicht wirksam konsentierte Weiterverwendung der Körpersubstanzen verletzt das Eigentum des Substanzträgers an seinen Körpersubstanzen434 und verstößt gegen die sich aus § 242 BGB ergebende vertragliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages, im Rahmen der Vertragserfüllung keine Rechtsgüter des Patienten zu verletzen435. Der dergestalt vorgehende Arzt ist somit aus p W für §§ 133, 157 BGB, Rdnr. 30; Jauernig/Jauernig, § 133 BGB, Anm. 3 b, bb; Soergel/Wolf, § 157 BGB, Rdnr. 56. 430 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 164; Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 71 f. 431 Hierzu Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 53 ff. 432 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 158 f.; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16. 433 Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 73. Ebenso Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 171, der davon ausgeht, daß bei entsprechender Kenntnis viele Patienten nicht an einer Herausgabe, sondern nur an dem Erlös aus der wirtschaftlichen Verwertung der Körpersubstanzen interessiert sein werden. 434 Das Vorliegen einer Eigentumsverletzung kann nur im Einzelfall beurteilt werden und hängt auch von der Wirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung auf den Ersterwerber ab: hat dieser wirksam Eigentum erworben, scheidet eine Eigentumsverletzung beim Substanzträger aus. 435 Vgl. MüKo/Roth, §242 BGB, Rdnr. 175; Jauernig/Vollkommer, §242 BGB, Anm. Π 3 e. Instruktiv zur dogmatischen Herleitung der vertraglichen Schutzpflichten 12 Rolf Müller

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

einen etwaigen Schaden ersatzpflichtig, wenn ihm insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann, § 276 I 2 BGB, er also die in seinem Tätigkeitsbereich erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat 436 . Die zum ärztlichen Behandlungsfehler bestehenden umfangreichen und vielfältigen Kriterien zur Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabes437 können dabei nicht angewendet werden, da sie Ausdruck der spezifischen ärztlichen Pflichten sind, die sich aus dem Arztvertrag ergeben438. Bei der unerlaubten wirtschaftlichen Eigennutzung der menschlichen Körpersubstanzen ist hingegen danach zu fragen, ob der durchschnittliche Arzt die Verletzung dieser Nebenpflicht hätte erkennen und vermeiden können439. Dies ist zu bejahen, da das Verbot einer Verletzung fremder Rechtsgüter im Rechtsverkehr allgemein anerkannt und bekannt ist und der Arzt bei entsprechend sorgfaltiger Beurteilung der Situation erkennen kann, daß er nicht berechtigt ist, ihm vom Patienten überlassene Körpersubstanzen ohne dessen Zustimmung eigennützig weiterzuverwenden. Somit kann als Zwischenfeststellung konstatiert werden, daß ein normaler, ordentlicher und gewissenhafter Arzt 440 bei Beachtung der in bezug auf die rechtsgeschäftliche Beziehung mit seinem Patienten erforderlichen Sorgfalt 441 erkennen kann und muß, daß er nicht berechtigt ist, ohne Einverständnis des Patienten dessen Körpersubstanzen eigennützig zu verwerten. Bei der Fallgestaltung einer den Vertragsparteien nicht bekannten Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes gilt es jedoch zu berücksichtigen, daß der Arzt insoweit von einer wirksamen Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger ausgeht. Dies ist auch im Rahmen des Fahrlässigkeitsvorwurfes zu berücksichtigen, weshalb eine differenzierte Beurteilung angezeigt ist: konnte der Arzt bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt erkennen, daß dem Vertrags-

auch Schünemann, JuS 1987, S. 1 (7), der überzeugend darlegt, daß sich diese aus dem gesteigerten sozialen Kontakt zwischen den Vertragsparteien und den sich hieraus ergebenden Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtsgüter der anderen Vertragspartei ergeben. 436 BGHZ 8, 138 (140); Giesen, Arzthaftungsrecht, S. 29 f. 437 Vgl. hierzu nur Laufs, Arztrecht, Rdnr. 471 ff.; RGRK-Nüßgens, § 823 BGB, Anh. Π Rdnr. 174 ff., 180; Park, System des Arzthaftungsrechts, S. 100 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht, S. 31 ff. 438 Park, System des Arzthaftungsrechts, S. 100; Soergel/Wolf, § 276 BGB, Rdnr. 142 f. 439 Zum Begriff der Fahrlässigkeit und zum anzuwendenden Sorgfaltigkeitsmaßstab vgl. Soergel/Wolf, § 276 BGB, Rdnr. 69; Staudinger/Löwisch, § 276 BGB, Rdnr. 16 f. 440 Vgl. hierzu RGZ 152, 129 (140) zu dem bei § 276 BGB anzuwendenden objektiven Sorgfaltsmaßstab. 441 Hierzu Erman/Battes, § 276 BGB, Rdnr. 19 f.

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schluß ein zur Nichtigkeit führender Mangel zugrunde liegt 442 , handelt er bei eigennütziger Weiterverwendung der Körpersubstanzen fahrlässig. Der Arzt ist dann im Rahmen der §§ 249 ff. BGB zum Ersatz des materiellen Wertes der Körpersubstanzen verpflichtet. Haftet dem Erstkommerzialisierungsrechtsgeschäflt jedoch ein unerkannter, nur bei Kenntnis aller Gesamtumstände erkennbarer Mangel an, ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu verneinen. (2) Deliktische Ansprüche

Neben den vertraglichen Ansprüchen des Substanzträgers können auch Ansprüche aus Unerlaubter Handlung, §§ 823 ff. BGB, bestehen, falls die Fremdkommerzialisierung deliktisch geschützte Rechtsgüter verletzt. Hierbei ist zunächst das Eigentum des Substanzträgers an seinen Körpersubstanzen zu nennen, welches vollen Eigentumsschutz genießt443. Bei der Fallgestaltung einer unwirksamen Eigenkommerzialisierung scheidet eine Eigentumsverletzung jedoch dann aus, wenn der Erwerber der Körpersubstanzen infolge einer wirksamen dinglichen Einigung Eigentum vom Berechtigten erworben hat 444 . Neben einer Verletzung des Eigentums kann die Fremdkommerzialisierung zugleich das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzen, wenn im Einzelfall gegen das Recht des Substanzträgers auf Achtung seiner personalen Würde verstoßen wird 445 . Hierbei gilt es zweierlei zu berücksichtigen: zum einen bedingt die Qualifizierung der abgetrennten Körpersubstanzen als Sachen ihre grundsätzliche Gleichstellung mit anderen Sachen446, jedenfalls dann, wenn man ein Fortbestehen der Persönlichkeit in den Substanzen verneint und eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers unabhängig von der Frage nach dem Eigentum an den Körpersubstanzen beurteilt 447 . Alleine die nicht konsentierte Veräußerung der Körpersubstanzen verletzt das Persönlichkeitsrecht dabei nicht, vielmehr ist auf die konkrete Art der Nutzung und die Intensität des Bezugs zur Persönlichkeit abzustellen448. Zum anderen hat der Substanzträger durch die von ihm selbst intendierte, im Ergebnis allerdings nicht wirksam zustande gekommene Eigenkommerzialisierung konkludent in die wirtschaftliche Nutzung seiner Körpersubstanzen 442

Dies hängt von den konkreten Umständen des Vertragsschlusses sowie der Art des zur Nichtigkeit führenden Mangels ab. Ein Verschulden wird dann eher zu bejahen sein, wenn der Mangel offenkundig ist oder relativ leicht erkennbar war. 443 So ausdrücklich Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16. Ähnlich Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 158 ff., insb. 164 und Jansen, Blutspende, S. 130. 444 Im einzelnen hierzu bereits oben 11 a, aa. 445 Vgl. BGHZ 24, 72 (80). 446 So ausdrücklich auch Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 158 f. 447 Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 448 Hierzu oben § 3 Π 5 b.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

eingewilligt und hierdurch auf die Geltendmachung seines Persönlichkeitsrechtes insoweit verzichtet. In diesem Zusammenhang ist der Umfang des Verzichts auf das Persönlichkeitsrecht jedoch sorgfaltig zu prüfen. Der in dem - unwirksamen - Verpflichtungsgeschäft zum Ausdruck gebrachte Wille bezieht sich nur darauf, daß bestimmte Körpersubstanzen zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden können. Damit ist nicht zugleich zum Ausdruck gebracht worden, daß der Substanzträger vollständig auf sein Persönlichkeitsrecht verzichten und jegliche Bindung an die Substanzen aufgeben will. Deliktische Ansprüche sind somit - trotz Teilverzicht - begründet, falls die Veräußerung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers zum Inhalt hat, so beim Verkauf von Blut des Substanzträgers zu unerlaubten Forschungszwecken oder zu Zwecken der Genom-Analyse449. Der im Rahmen des § 823 I BGB lediglich tatbestandsbegrenzend wirkenden Einwilligung in eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darf somit nicht der Charakter einer umfassenden Verzichtsfiktion zukommen. Gleiches gilt fur einen Eingriff in Gesundheit und Körper des Substanzträgers, falls dieser trotz der unwirksamen Eigenkommerzialisierung wirksam in den körperlichen Eingriff eingewilligt und der Fremdkommerzialisierende aus diesem Grund gerechtfertigt gehandelt hat 450 . Aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts können Ansprüche des Substanzträgers auf Unterlassung der Weiterverwertung seiner Körpersubstanzen abgeleitet werden, §§ 823 I, 1004 I BGB analog, falls hierdurch in seine Persönlichkeitssphäre eingegriffen wird. Ansprüche aus § 823 II BGB sind nicht ersichtlich, da es an einem Verstoß des Fremdkommerzialisierenden gegen ein Schutzgesetz fehlt. (3) Bereicherungsrecht

Sollten dem Substanzträger aus den oben dargelegten Gründen keine Ersatzansprüche gegen den Ersterwerber zustehen, beschränken sich die ihm zustehenden Rechte auf Rückübertragung des rechtsgrundlos an den Ersterwerber geleisteten Eigentums nach § 812 I 1, 1. Alt. BGB. Hat der Ersterwerber das Eigentum weiterübertragen oder ist ihm die Herausgabe aus anderen Gründen nicht möglich, muß er nach § 818 II BGB den Wert der ihm übereigneten Körpersubstanzen ersetzen. Nach § 818 III BGB ist seine Herausga449

Zur tatbestandsbegrenzenden Bedeutung der Einwilligung des Berechtigten in eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts vgl. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 170 f. Auch Jansen, Blutspende, S. 102 geht von einem möglichen Verzicht auf das von ihm angenommene fortbestehende Persönlichkeitsrecht an den Körpersubstanzen aus. 450 Insoweit kommt es nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Grundgeschäftes, sondern auf die Kenntnis des Substanzträgers von der Tragweite der Entscheidung an, vgl. Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 42.

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bepflicht jedoch auf die noch vorhandene und fortdauernde Bereicherung beschränkt. Sollte die Leistung des Substanzträgers zu keiner dauerhaften Vermögensmehrung des Ersterwerbers gefuhrt haben, so wenn dieser die Körpersubstanzen für eigene Zwecke verbraucht hat, ohne sich hierdurch bleibende Vermögenswerte geschaffen oder notwendige Nutzungen erspart zu haben, kann der Ersterwerber die Einrede der Entreicherung erheben, § 818 III BGB. Hat er hingegen die Körpersubstanzen weiterveräußert und hierdurch einen Anspruch gegen den Folgeerwerber erworben, ist er nicht entreichert und bleibt zum Wertersatz verpflichtet 451. Ist das Verpflichtungsgeschäft des Substanzträgers nach § 138 I BGB nichtig und verstößt der Ersterwerber möglicherweise seinerseits durch die Annahme der Leistung gegen die guten Sitten, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung § 817 Satz 1 und 2 BGB zu beachten452. bb) Irrtümliche Annahme einer Eigenkommerzialisierung

Die dieser Fallkonstellation zugrunde liegende Situation ist zwar durch das Vertrauen des Ersterwerbers auf das Vorliegen einer wirksamen Eigenkommerzialisierung geprägt, jedoch fehlt es de facto an einer solchen. Auch in diesem Zusammenhang gilt, daß die mutmaßliche Einwilligung einer strengen Prüfung unterzogen werden muß und keinesfalls zu einer generellen Verzichtsfiktion zu Lasten des Substanzträgers führen darf. Die hier in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen decken sich mit denen bei einer unwirksamen Eigenkommerzialisierung: die eigennützige Verwendung der Körpersubstanzen kann sich als Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht darstellen und Ansprüche aus ρ W begründen oder deliktische Ansprüche infolge eines Eingriffs in Eigentum, Gesundheit oder allgemeines Persönlichkeitsrecht auslösen. Die irrtümliche Annahme einer Eigenkommerzialisierung durch den Ersterwerber ist dabei im Rahmen der Frage nach dem Vorliegen einer Nebenpflichtverletzung, auf der Ebene der Rechtswidrigkeit sowie bei der Frage nach einem schuldhaften Verhalten des Ersterwerbers zu berücksichtigen. Zunächst ist zu prüfen, ob die irrtümliche Annahme der wirksamen Einwilligung des Substanzträgers eine Pflichtverletzung ausschließt. Dies ist zu verneinen, denn der Verstoß gegen eine Schutzpflicht ist im Rahmen der p W

451

Allgemein zu den Voraussetzungen des § 818 m BGB Palandt/Thomas, § 818 BGB, Rdnr. 27 ff. 452 Insoweit stellen sich umfangreiche Probleme, die nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden können und deren detaillierte Untersuchung den begrenzten Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

wegen des verletzten Integritätsinteresses objektiv zu bestimmen453, weshalb es - ebenso wie im Deliktsrecht - allein auf die tatsächliche Verletzung eines Rechtsguts des anderen Vertragspartners ankommt454. Voraussetzung für die Verneinung einer rechtswidrigen Pflichtverletzung wäre, daß die irrtümlich angenommene Eigenkommerzialisierung die eigenmächtige und eigennützige wirtschaftliche Weiterverwendung der Körpersubstanzen objektiv rechtfertigt. Dies ist gleichfalls abzulehnen, denn die mutmaßliche Einwilligung ist zwar als Rechtfertigungsgrund allgemein anerkannt455, jedoch gilt dies nur für Handlungen, die im überwiegenden Interesse des Substanzträgers vorgenommen werden und bei denen davon ausgegangen werden kann, daß der Substanzträger bei Würdigung der Sachlage der Weiterverwendung zugestimmt hätte, wenn ihm die Abgabe einer Erklärung möglich gewesen wäre 456 . Wegen der mit der eigennützigen Weiterverwendung verbundenen Eingriffe in Eigentum und möglicherweise auch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers sowie der bereits erwähnten Unkenntnis des Patienten vom wirtschaftlichen Wert seiner Körpersubstanzen ist dies bei Fehlen entsprechender Hinweise auf einen derartigen Willen des Substanzträger zu verneinen und vielmehr von einer irrtümlich angenommenen Einwilligung auszugehen, welche die Rechtswidrigkeit nicht ausschließt, sondern nur auf der Ebene der Schuld zu berücksichtigen ist 457 . Im Rahmen der Frage nach einem schuldhaften Verhalten bei der Fremdkommerzialisierung ist zu prüfen, ob die irrtümlich angenommene Einwilligung auf einem fahrlässigen Verhalten des Ersterwerbers beruht. Dies ist dann zu bejahen, wenn Hinweise auf einen Willen des Substanzträgers zur Eigenkommerzialisierung fehlen. Die Unkenntnis des Substanzträgers vom wirtschaftlichen Wert der von ihm abgetrennten Körpersubstanzen458 ist dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, daß ein über die Weiterverwendung informierter Substanzträger im Regelfall diese Wirtschaftsgüter 453

So Soergel/Wiedemann, Vor §275 BGB, Rdnr. 361, 363; Schünemann, JuS 1987, S. 1 (7). 454 Hieraus wird auch die Nähe der vertraglichen Schutzpflicht zum Deliktsrecht deutlich, weshalb vereinzelt konsequenterweise eine Rückgliederung der vertraglichen Schutzpflichten ins Deliktsrecht gefordert wird, vgl. hierzu Soergel/Wiedemann, Vor § 275 BGB, Rdnr. 361, der dies mit Recht unter Hinweis auf mögliche Schutzlücken ablehnt. 455 Vgl. nur Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. IV 2 b, dd; Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 446, jeweils m.w.N. 456 Vgl. hierzu Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 446. 457 In diesem Sinne Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 468; MüKo/Mertens, § 823 BGB, Rdnr. 36, jeweils zu den Rechtsfolgen einer irrtümlich angenommenen Einwilligung. 458 Hierzu Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 73 und Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 164.

§ 9 Fremdkommerzialisierung

183

nicht unentgeltlich preisgeben wird, sondern an ihrem wirtschaftlichen Nutzen partizipieren will 459 . Ein normaler, ordentlicher und gewissenhafter Durchschnittserwerber 460 ist bei sorgfaltiger Einschätzung der Situation in der Lage zu erkennen, daß eine wirksame Eigenkommerzialisierung des Substanzträgers nicht vorliegt und er ohne eine solche nicht berechtigt ist, die Körpersubstanzen eigennützig weiterzuverwenden461. Der Substanzträger ist bei Verschulden des Ersterwerbers aus p W sowie aus § 823 I BGB wegen Eigentumsverletzung462, in Ausnahmefallen auch aus Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ersatzberechtigt, ein etwaiger Vermögensschaden ist im Rahmen der §§ 249 ff. BGB zu ersetzen. Fehlt es hingegen an der Verletzung eines deliktisch geschützten Rechtsguts oder an einem Verschulden des Ersterwerbers, bleibt der Substanzträger wiederum auf das Bereicherungsrecht angewiesen463. cc) Offensichtliches Fehlen einer Eigenkommerzialisierung

(l)pVV

Erfolgt die nicht konsentierte Kommerzialisierung der Körpersubstanzen im Rahmen bereits bestehender Rechtsbeziehungen464, stellt dies eine Verletzung der sich aus § 242 BGB ergebenden Nebenpflicht, im Rahmen der Vertragserfüllung keine Rechtsgüter des anderen Vertragspartners zu verletzen465, dar. Diese Pflichtverletzung erfolgt auch schuldhaft, da bei der Fall459

So Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 162, 164 f. Auf diesen gilt es bei der Beurteilung eines fahrlässigen Verhaltens abzustellen, vgl.RGZ 152, 129(140). 461 Zur Auslegung des Arztvertrages in bezug auf eine derartige Befugnis des Arztes vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 73. 462 Eine Eigentumsverletzung des Substanzträgers ist nur bei einer unwirksamen dinglichen Einigung möglich, da ansonsten ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb des Ersterwerbers zu bejahen ist, vgl. oben § 91 1 a, bb. 463 Die konkrete Ausgestaltung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche hängt davon ab, ob im Verhältnis Substanzträger - Ersterwerber geleistet wurde und demzufolge die condictio indebiti eingreift oder ob keine Leistung vorliegt und der Substanzträger eine Eingriffskondiktion geltend machen kann; zum Leistungsbegriff vgl. MüKo/Lieb, § 812 BGB, Rdnr. 23 m.w.N. 464 Auch insoweit soll exemplarisch der Behandlungsvertrag zugrunde gelegt werden. 465 Jauernig/Vollkommer, § 242 BGB, Anm. Π 3 e; Schünemann, JuS 1987, S. 1 (7). Der Arzt hat dabei zwar keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber seinem Patienten, jedoch steht ihm ohne Einverständnis des Patienten kein eigennütziges Verwertungsrecht an den Körpersubstanzen zu. 460

184

3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

gestaltung einer offensichtlich fehlenden Eigenkommerzialisierung nichts für eine Befugnis zur Weiterverwendung spricht und dies für einen sich sorgfaltig verhaltenden Ersterwerber auch erkennbar ist, womit dieser zumindest fahrlässig handelt, § 276 I 2 BGB. Zu schwierigen Problemen kann jedoch die Frage nach dem Umfang des zu ersetzenden Schadens fuhren 466. In der Rechtsfolge ist der Anspruch des Substanzträgers auf Ersatz des Schadens gerichtet, der ihm aus der positiven Vertragsverletzung entstanden ist 467 . Zur Ermittlung des Schadensumfanges sind die §§ 249 ff. BGB heranzuziehen, womit in erster Linie Naturalrestitution in Betracht kommt. Sofern der Ersterwerber noch Besitzer der Substanzen ist, besteht ein Anspruch auf Rückübertragung dieser Rechtsposition auf den Substanzträger468. Problematisch gestaltet sich die Bestimmung des Schadensumfangs hingegen dann, wenn der Substanzträger im Rahmen des § 249 Satz 2 BGB oder in den Fällen, in denen eine Wiederherstellung nach den §§ 249 Satz 1, 251 BGB nicht gefordert werden kann 469 , Geldersatz fur seine unerlaubt kommerzialisierten Körpersubstanzen verlangt. Der Schadensersatzanspruch ist hier auf Ersatz des Wertes der Körpersubstanzen gerichtet470. Die Berechnung des zu ersetzenden Verkehrswertes der Körpersubstanzen gestaltet sich jedoch aus tatsächlichen Gründen sehr schwierig, denn infolge der heimlichen Nachfragebefriedigung 471 ist ein objektiver wirtschaftlicher Wert der Körpersubstanzen nur sehr eingeschränkt zu ermitteln, da sich nur in wenigen Fällen ein tatsächlicher Marktpreis gebildet hat 472 . Die Wertberechnung wird noch zusätzlich durch den Umstand erschwert, daß das Spektrum des wirtschaftlichen Wertes menschlicher Körper-

466

Umfassend zu den sich aus einer unerlaubten Nutzung von Körpersubstanzen des Patienten durch den Arzt ergebenden Ersatzansprüchen Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72 ff. 4g7 Palandt/Heinrichs, § 276 BGB, Rdnr. 123; Staudinger/Löwisch, Vorbem zu § 275 - 283 BGB, Rdnr. 35. 468 Staudinger/Medicus, § 249 BGB, Rdnr. 203; Soergel/Mertens, § 249 BGB, Rdnr. 4; MüKo/Grunsky, § 249 BGB, Rdnr. 3. 469 Vgl. hierzu Jauernig/Teichmann, § 251 BGB, Anm. 2 zu Fallgestaltungen, bei denen eine Naturalrestitution von Anfang an nicht in Betracht kam. Ebenso MüKo/Grunsky, § 251 BGB, Rdnr. 2 ff. Im Bereich des Untersuchungsgegenstandes wäre dies bei einer Weiterverarbeitung oder physischen Zerstörung der Körpersubstanzen denkbar. 470 Palandt/Heinrichs, §251 BGB, Rdnr. 10; BGHZ 92, 85 (90). Zu den unterschiedlichen Berechnungsmodalitäten bei § 249, S. 2 BGB und 251 I BGB vgl. Erman/Kuckuk, § 251 BGB, Rdnr. 1,4 ff. 471 So Taupitz, Kommerzialisierung, S. 72. 472 Ygj hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 172 ff., der für einzelne Körpersubstanzen "Preisangaben" festlegt. So soll z.B. eine Einheit menschliches Blut in Deutschland 40,- DM kosten, eine Samenspende hingegen würde z.B. in Großbritannien mit 5 Pfund, in den USA jedoch mit bis zu 50 Dollar bezahlt.

§ 9 Fremdkommerzialisierung

185

substanzen enorm ist und von relativ wertlosen Substanzen, wie Kot 4 7 3 und Urin 474 , bis hin zu äußerst wertvollen, weil einmaligen Zellen des Menschen475, reicht. Im Regelfall wird der Wert menschlicher Körpersubstanzen wohl relativ niedrig anzusetzen sein und sich unter Anlehnung an die für Blut und Samen gezahlten Beträge in einem Bereich von etwa 50 DM pro Einheit bewegen, wobei insoweit generelle Aussagen über den Wert menschlicher Körpersubstanzen nicht möglich sind. Der Ersatz eines über den materiellen Wert hinausgehenden immateriellen Schadens476, insbesondere die Zahlung von Schmerzensgeld, kann wegen § 253 BGB aus positiver Vertragsverletzung nicht verlangt werden477. Ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die Fremdkommerzialisierung erzielten Gewinns des Ersterwerbers als Teil des Schadensersatzes läßt sich aus positiver Vertragsverletzung außerhalb des durch § 252 BGB festgelegten Bereiches nicht ableiten478. Somit steht dem Substanzträger nur dann ein Anspruch auf Gewinnherausgabe zu, wenn er darlegt, daß er den Gewinn ohne das schädigende Ereignis als Vermögensmehrung erzielt hätte479. Insoweit ist ein entgangener Gewinn als Schaden zu ersetzen. Zwar genügt hierfür bereits das Vorliegen einer tatsächlichen Erwerbsaussicht480, jedoch muß der Substanzträger konkret darlegen, daß die als entgangener Gewinn geltend gemachten Vermögensvorteile zwar im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht zu seinem Vermögen gehörten, ihm jedoch ohne den Eingriff des Erst473

Vor einer von Profitstreben motivierten Verwendung menschlichen Kots zu Düngezwecken warnte bereits Kohlhaas, NJW 1967, S. 1489 (1491). 474 Hinzuweisen ist hier jedoch auf die mögliche Verwendung von Urin bei Dopingmanipulationen, bei denen menschlichem Urin durchaus auch ein wirtschaftlicher Wert zukommen kann. 475 Y g j h i e r z u den bereits mehrfach zitierte Fall "John Moore" in der Darstellung von Taupitz, VersR 1991, S. 369 (369 ff.) und auch den von Taupitz, Kommerzialisierung, S. 85 zitierten Fall "Ted Slavin", welcher sein spezielles Blut für bis zu 10 Dollar pro ml veräußerte. 476 Zur Abgrenzung vgl. Jauernig/Vollkommer, Vor §§ 249 - 253 BGB, Anm. Π; Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 7 ff. 477 Vgl. Staudinger/Löwisch, Vorbem zu §§ 275 - 283 BGB, Rdnr. 35. Zur Ansicht von Ströfer, JZ 1982, S. 663 (667 f.), der von einer grundsätzlich möglichen Einbeziehung immaterieller Interessen in den Vertrag ausgeht und § 253 BGB hierdurch zur Disposition der Parteien stellt, siehe Taupitz, Kommerzialisierung, S. 88 ff., der auch auf die Frage eingeht, ob infolge einer entsprechenden ergänzenden Auslegung des Behandlungsvertrages § 253 BGB konkludent abbedungen wurde und dies richtigerweise verneint, da ein entsprechender Parteiwille nicht angenommen werden kann. 478 Zu den Voraussetzungen des § 252 BGB im einzelnen MüKo/Grunsky, § 252 BGB, Rdnr. 1 ff. 479 Vgl. Erman/Kuckuk, § 252 BGB, Rdnr. 1. 480 BGHZ 79, 223 (231); 85, 110 (112); Heil/Roos, GRUR 1994, S. 26 (27).

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3. Teil Die Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

erwerbers zugeflossen wären 481. Hieran wird ein Anspruch des Substanzträgers auf Ersatz entgangenen Gewinns regelmäßig scheitern, denn er wird nur in Ausnahmefallen darlegen können, daß er seine Körpersubstanzen ohne den Eingriff des Ersterwerbers selbst wirtschaftlich genutzt hätte. Die bloße Chance eines entgeltlichen Vertrages über die Körpersubstanzen genügt hierfür nicht. Vielmehr muß der Substanzträger unter Angabe konkreter Tatsachen den Nachweis führen, daß er ohne den Eingriff mit ausreichender Wahrscheinlichkeit einen entsprechenden entgeltlichen Vertrag über die Körpersubstanzen geschlossen hätte. Dies ist zwar grundsätzlich möglich, wie die verbreitete Praxis der Hingabe von Blut oder Sperma gegen Bezahlung eines Entgelts belegt482, jedoch müßte der Substanzträger nachweisen, daß er genau die Körpersubstanzen veräußert hätte, über die der Ersterwerber unberechtigterweise verfügt hat. Dem kann der Ersterwerber entgegenhalten, er hätte in diesem Fall auf die Verletzungshandlung verzichtet und auf andere Körpersubstanzen zurückgegriffen, so daß in diesem Fall rechtmäßigen Verhaltens dem Substanzträger als Rechtsinhaber kein Entgelt zugeflossen wäre 483 . Auch über § 252 Satz 2 BGB, der dem Geschädigten eine erleichterte Beweisführung ermöglicht, kann ein Anspruch des Substanzträgers auf entgangenen Gewinn somit nicht geltend gemacht werden, da nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gerade nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, daß Körpersubstanzen veräußert werden. Vielmehr kann der Ersterwerber insoweit darauf hinweisen, daß sehr viele Menschen ihre Körpersubstanzen auch ohne Gegenleistung anderen zur Verfügung stellen, so für Zwecke der erlaubten medizinischen Forschung. Vereinzelt wird weiter eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung des BGH zur Lizenzanalogie484 auf den Anwendungsbereich der p W gefordert 485 , um den infolge des rechtswidrigen Eingriffs beim Ersterwerber entstandenen Gewinn abzuschöpfen: der unerlaubt in absolute Rechte anderer Eingreifende dürfe nicht besser stehen als er bei ordnungsgemäß erworbener Erlaubnis seitens des Rechtsinhabers gestanden hätte486. Dieser Argumentation ist jedoch entgegenzuhalten, daß sie sich über den gesetzgeberischen Wil481

Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, § 252 BGB, Rdnr. 1. Zu den rechtlichen Grenzen von Kaufverträgen über eigene Körpersubstanzen oben § 7 Π 3 b, bb (4). 483 In diesem Sinne Taupitz, Kommerzialisierung, S. 71 und insb. 76 f. 484 Zur Lizenzanalogie vgl. Jauernig/Teichmann, Vor §§ 249 - 253 BGB, Anm. VII 1 c, bb und unten (4). 485 In diesem Sinne Neumann/Duesberg, BB 1965, S. 729 (731 ff.), der bei unberechtigter Untervermietung über eine Analogie zum Lizenzvertrag eine angemessene Vergütung als Teil des Schadensersatzanspruches zusprechen will. 486 Neumann-Duesberg, BB 1965, S. 729 (731) unter Berufung auf BGHZ 20, 345 (353). 482

Fekommerzialisierung

len der Trennung von Schaden und Bereicherung hinwegsetzt487 und die vom BGH ausdrücklich als eng begrenzte Ausnahme verstandene Lizenzanalogie 4 8 8 durch eine Übertragung auf das allgemeine Schadensrecht in ihrem Anwendungsbereich unzulässig ausweitet. Auch § 281 BGB erfaßt den Gewinn jedenfalls insoweit nicht, als dieser kein stellvertretendes commodum für eine unmöglich gewordene Leistung ist. § 281 BGB regelt einen Fall der schuldrechtlichen Surrogation und beruht auf dem Gedanken, daß dem Gläubiger, der seinen Anspruch auf Leistung eines Gegenstandes infolge nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung verloren hat, als Ausgleich das stellvertretende commodum gebührt, das im Vermögen des Schuldners an die Stelle der unmöglich gewordenen Leistung getreten ist 489 . Voraussetzung für eine Anwendbarkeit dieser Vorschrift wäre somit, daß der Substanzträger gegen den Ersterwerber einen Anspruch auf Leistung eines Gegenstandes hatte und diese Leistung nachträglich unmöglich geworden ist. Für die hier vorliegende Fallgestaltung einer unerlaubten Weiterveräußerung von abgetrennten Körpersubstanzen des Substanzträgers durch den Ersterwerber ist der Anwendungsbereich des § 281 BGB somit nicht eröffnet. Der Ersterwerber schuldet dem Substanzträger nicht die Leistung eines Gegenstandes, sondern greift unerlaubt in dessen Rechte ein. So ist der Arzt, der unerlaubt Körpersubstanzen des Patienten verkauft, im Rahmen des Behandlungsvertrages verpflichtet, eine Weiterveräußerung von abgetrennten Körpersubstanzen des Patienten zu unterlassen, schuldet dem Patienten jedoch nicht die Leistung eines Gegenstandes490.

(2) § 687 Π 1 BGB

Ein Anspruch auf Herausgabe eines erzielten Gewinnes könnte sich aus § 687 II 1 BGB ergeben, falls der Ersterwerber bewußt in den Rechtskreis des Substanzträgers eingebrochen ist 491 . Erfolgt die Fremdkommerzialisierung ohne jedes Einverständnis des Substanzträgers und in Kenntnis des Ersterwerbers von seiner fehlenden Berechtigung zur eigennützigen Weiterverwendung

487

So auch Taupitz, Kommerzialisierung, S. 91. So ausdrücklich der BGH in BGHZ 97, 37 (50 ff.). 489 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, § 281 BGB, Rdnr. 1. 490 Ebenso Taupitz, Kommerzialisierung, S. 92, der darüber hinaus auf die fehlende Identität zwischen geschuldetem und ersetzten Gegenstand hinweist. 491 Vgl. Erman/Ehmann, § 687 BGB, Rdnr. 3; Jauernig/Vollkommer, § 687 BGB, Anm. 3 b; MüKo/Seiler, § 687 BGB, Rdnr. 8, jeweils zu den Voraussetzungen der angemaßten Eigengeschäftsführung. 488

188

. Teil Die

kommerzialisieng menschlicher Körpersubstanzen

der Körpersubstanzen492, stellt dies die Anmaßung einer allein dem Substanzträger als Eigentümer der abgetrennten Körpersubstanzen zustehenden Rechtsposition dar. Nur ihm steht die Befugnis aus § 903 BGB zu, über die in seinem Eigentum stehenden Sachen nach Belieben zu verfügen. Als Rechtsfolge kann der Substanzträger als Geschäftsherr nach §§ 687 II 1, 661 Satz 2, 667 BGB Herausgabe des durch die Fremdkommerzialisierung erzielten Gewinns verlangen493. Im Rahmen der angemaßten Eigengeschäftsführung kann dabei der gesamte durch den Ersterwerber erzielte Gewinn abgeschöpft werden; auf einen etwaigen Eigenanteil des Ersterwerbers an dem erzielten Gewinn kommt es nicht an 494 .

(3) Ansprüche aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Ist der Ersterwerber noch im Besitz der fremdkommerzialisierten Körpersubstanzen und fehlt es ihm an einem Recht zum Besitz495, können dem Substanzträger neben dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB auch die Nebenansprüche der §§ 987 ff. BGB zustehen. Bei Bösgläubigkeit des Ersterwerbers in bezug auf sein Besitzrecht kommt dabei neben einem Schadensersatzanspruch nach den §§ 990 I, 989 BGB vor allem auch ein Anspruch aus §§ 990 I, 987 BGB auf Herausgabe von Nutzungen in Betracht. Der herauszugebende Umfang der Nutzungen erfaßt dabei den objektiven Wert von Gebrauchsvorteilen, auch wenn der Substanzträger diese möglicherweise nicht gezogen hätte; ein herauszugebender Gewinn als Teil des Nutzungsersatzes ist jedoch auf den Anteil beschränkt, der infolge der Nutzung der herauszugebenden Sache als solcher entstanden ist, während der Eigenanteil des unberechtigten Besitzers an dem erwirtschafteten Gewinn nach diesen Vorschriften nicht ersatzfahig ist 496 .

492

Zu den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Π 1 BGB vgl. MüKo/Seiler, § 687 BGB, Rdnr. 8. 493 Erman/Ehmann, § 687 BGB, Rdnr. 3. 494 So Palandt/Thomas, § 687 BGB, Rdnr. 3; Jauernig/Vollkommer, § 687 BGB, Anm. 3 c. Anders bei § 816 BGB, hier ist die Pflicht zur Herausgabe des auf einer Eigenleistung des nichtberechtigt Verfugenden beruhenden Gewinns sehr umstritten, vgl. Palandt/Thomas, § 816 BGB, Rdnr. 24 m.w.N. 495 Der Arztvertrag kann hierbei nur sehr eingeschränkt als obligatorisches Recht zum Besitz herangezogen werden, da er dem Arzt kein Recht zur eigennützigen Weiterverwendung der Körpersubstanzen gibt und sich die Befugnisse des Arztes an dem ihm überlassenen Blut auf die medizinisch notwendige Untersuchung sowie die anschließende ordnungsgemäße Entsorgung beschränken. 496 Zum Ganzen Palandt/Bassenge, § 987 BGB, Rdnr. 2. Eine Gewinnherausgabe ebenfalls verneinend RGRK/Pikart, § 987 BGB, Rdnr. 32 f. Da diese Fallgestaltung von geringer praktischer Relevanz sein dürfte, soll an dieser Stelle auf eine nähere

Fekommerzialisierung (4) Deliktische Ansprüche

Einer Erörterung bedarf schließlich auch die Frage, ob und in welchem Umfang gegen den Ersterwerber deliktische Ansprüche bestehen. Dem Grunde nach besteht bei der unberechtigten Fremdkommerzialisierung zunächst ein Anspruch aus § 823 I BGB wegen Eigentumsverletztung, falls hierdurch in das Eigentumsrecht des Substanzträgers eingegrififen wurde 497. Dabei ist weiter zu beachten, daß in Ausnahmefallen neben dem Eigentumsrecht498 uno actu das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers und damit auch ein anerkanntes sonstiges Recht499 verletzt sein kann, so bei der unerlaubten Weiterveräußerung von Körpersubstanzen zu Zwecken unerlaubter medizinischer Forschung oder zur Klonierung des Substanzträgers. Daneben ist im Einzelfall auch eine Gesundheitsverletzung des Substanzträgers denkbar, falls er in die Entnahme der Körpersubstanzen nicht wirksam eingewilligt hat 500 . Während die Eigentumsverletzung zum Ersatz des durch die Verletzung entstandenen Schadens und somit zum reinen Wertersatz nach §§ 249 ff., 251 BGB verpflichtet, stellt sich bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes die Frage, ob dies zu einer über den reinen Wertersatz hinausgehenden Schadensbegleichungspflicht führt. Im Rahmen der §§ 249 ff. BGB gilt hier zunächst, daß infolge der durch § 253 BGB gesetzten Schranke nur der konkret als tatsächlich eingetretene Vermögensminderung oder ausgebliebene Vermögensmehrung berechnete Schaden ersatzfähig ist 501 . Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stellen sich in bezug auf die Berechnung des ersatzfahigen Schadens primär zwei Fragen, denen im folgenden nachgegangen werden soll: inwieweit kann allein aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts trotz § 253 BGB Ersatz immateriellen Schadens begehrt werden und sind die bereits erwähnten, vom BGH aufgestellten Untersuchung verzichtet werden. Auf Ausnahmefalle wie die gewinnträchtige Nutzung der "goldenen Zellen" des John Moore kann hier nur hingewiesen werden. 49 ' Zu den Voraussetzungen einer Eigentumsverletzung im Rahmen des § 823 I BGB, die bereits bei der Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit gegeben sein kann, und zu den Abgrenzungsproblemen bei Ansprüchen aus §§ 987 ff. BGB vgl. Erman/Schiemann, § 823 BGB, Rdnr. 25; Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 8, jeweils m.w.N. 498 Wegen § 935 BGB verletzt die Weiterveräußerung nicht in jedem Fall das Eigentumsrecht des Substanzträgers. Zu denken ist jedoch auch an Fälle der §§ 947, 948 oder § 950 BGB, die zu einem Eigentumsverlust des Substanzträgers führen; im einzelnen dazu bereits oben § 9 11 b. 499 Für eine Einordnung als sonstiges Recht Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 195 ff. Im einzelnen zu dieser Problematik und den Voraussetzungen für eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bereits oben § 2 und § 3 Π 5 b. 500 Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 42. 501 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 50.

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. Teil Die

kommerzialisiening menschlicher Körpersubstanzen

Grundsätze zur Lizenzanalogie auf die Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen anwendbar. Die erste Fragestellung zielt auf die Ersatzfähigkeit eines Nichtvermögensschadens bei schwerer Verletzung des Persönlichkeitsrechts ab. Der BGH bejaht die grundsätzliche Ersatzfahigkeit, wobei er sich primär auf den umfassenden Schutz der Persönlichkeit im Grundgesetz und den Umstand, daß die Schadensfolgen bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts zwangsläufig in erster Linie auf immateriellem Gebiet liegen, beruft. Diese Verletzung bedürfe einer adäquaten Sanktion, da ansonsten der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz lückenhaft und unzureichend sei 502 . Der Anspruch besteht jedoch nur, wenn den Schädiger der Vorwurf einer schweren Schuld trifft oder es sich um eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts handelt503. Die Rechtsprechung des BGH hat in der Literatur zu Recht überwiegend Zustimmung gefünden 504. Die Fremdkommerzialisierung müßte sich somit als schwere und ohne Gewährung eines Schmerzensgeldes nicht adäquat wiedergutzumachende Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Substanzträgers darstellen, um die gesetzliche Schranke des § 253 BGB überwinden zu können. Teilweise wird dies bejaht, da ein Festhalten an § 253 BGB im Widerspruch zu der am GG ausgerichteten Entwicklung des Privatrechts stünde und mit der Bedeutung des in Art. 1 I, 2 I GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vereinbar sei 505 . Diese Ansicht geht jedoch davon aus, daß die abgetrennten Körperteile einen fortbestehenden Teil der Persönlichkeit des Substanzträgers und keine Sachen darstellen506 und sieht somit in jeder Verfügung über die abgetrennten Körpersubstanzen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, während nach der hier vertretenen Ansicht im Rahmen des fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatzes die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes unabhängig von der Frage nach dem Eigentum an 502

Abweichend von der früheren Rechtsprechung, vgl. BGHZ 20, 345 (352 f.), zuerst BGHZ 26, 349 (355 f.) unter Berufung auf eine Analogie zu dem in § 847 I BGB geschützten Rechtsgut Freiheit. In seinen späteren Entscheidungen beruft sich der BGH direkt auf Art. 1 I, 2 I GG, vgl. BGHZ 35, 363 (367); 39, 124 (130). Zur Vereinbarkeit der Rspr. des BGH mit dem GG BVerfG, NJW 1973, S. 1221 (1223 ff.). 503 BGHZ 35, 363 (369). 504 Vgl. nur Erman/Kuckuk, § 253 BGB, Rdnr. 9; Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 200; Soergel/Mertens, § 253 BGB, Rdnr. 7; Fikentscher, Schuldrecht, Rdnr. 1231. Ablehnend Palandt/Heinrichs, §253 BGB, Rdnr. 1 unter Berufung auf das in § 253 BGB enthaltene Analogieverbot. 505 In diesem Sinne Jansen, Blutspende, S. 97, der dabei auf die zu berücksichtigenden Wertentscheidungen höherrangiger Verfassungsnormen verweist und hierzu auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht zählt. 506 Jansen vertritt einen persönlichkeitsrechtlichen Ansatz und bejaht ein Fortbestehen des Persönlichkeitsrechts bis zu einer Aufgabe durch den Substanzträger, vgl. Jansen, Blutspende, S. 125 ff.

Fekommerzialisierung

den Körpersubstanzen zu prüfen ist 507 . Demzufolge liegt nicht bereits in der unerlaubten Verfügung über die Körpersubstanzen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, vielmehr liegt der Schwerpunkt in der Anmaßung fremder Rechtspositionen durch einen Eingriff in das Eigentum des Substanzträgers. Eine schwere Verletzung der Persönlichkeit des Substanzträgers ist nur in Ausnahmefallen bei besonders gravierenden Verletzungen der personalen Würde zu bejahen508. In diesen Fällen kommt dann auch der Ersatz immateriellen Schadens trotz § 253 BGB in Betracht, falls die Verletzung des Persönlichkeitsrechts anders nicht adäquat ausgeglichen werden kann. Die Frage nach einer Anwendung der vom BGH erarbeiteten Grundsätze der Lizenzanalogie wird hingegen ausführlich diskutiert509, weshalb die insoweit durch die Rechtsprechung erarbeiteten Voraussetzungen und Prinzipien kurz dargestellt werden sollen. Über die bereits oben erwähnte, dem Schadensersatzrecht zugrunde liegende konkrete Schadensberechnung hinausgehend, soll bei Eingriffen in einzelne Immaterialgüter als Ergebnis einer gewohnheitsrechtlichen Entwicklung eine dreifache Art der Schadensberechnung gelten 510 : neben der Darlegung eines konkreten Schadens soll der Verletzte weiter Schadensersatz in Form der Zahlung einer angemessenen Vergütung als Lizenzgebühr und schließlich auch Herausgabe eines durch den Verletzer erzielten Gewinns verlangen können. Dabei ist es unerheblich, ob der Verletzte eine entsprechende Lizenz erteilt hätte511, da der BGH insoweit von einem normativen Schadensbegriff ausgeht512 und es somit nicht entscheidend ist, inwieweit der Verletzte selbst in der Lage gewesen wäre, gleichfalls einen 507

So Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). Vgl. hierzu Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093) zur Genomanalyse und ders., Kommerzialisierung, S. 75 zur absichtlichen Täuschung des Patienten durch den Arzt zur Erlangung von Körpersubstanzen im Fall "John Moore". Im einzelnen zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers durch den Umgang mit abgetrennten Körpersubstanzen bereits ausführlich oben § 3 Π 5 b. 509 Taupitz, Kommerzialisierung, S. 77 ff. 510 Die nachfolgenden Grundsätze gelten insb. für Urheber-, Geschmacksmuster-, Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechte, vgl. Schmidt-Salzer, JZ 1969, S. 81 (85). Jedoch sollen die Grundsätze als gewohnheitsrechtliche Ergänzung bei allen Verletzungen vermögensrechtlicher Ausschließlichkeitsrechte Anwendung finden, so BGHZ 26, 349 (352). Allgemein zur Lizenzanalogie und zur Entwicklung der Rechtsprechung Sack, FS Hubmann, S. 373 (373 ff.); Erman/Ehmann, § 687 BGB, Rdnr. 12; Soergel/Mertens, §249 BGB, Rdnr. 135 f. und Heil/Roos, GRUR 1994, S. 26 (26 ff.), jeweils m.w.N. 511 Vgl. BGHZ 44, 372 (379), wo daraufhingewiesen wird, daß die Rechtsprechung auf der Fiktion eines Lizenzvertrages beruht und dadurch verhindert werden soll, daß sich der unrechtmäßige Eingriff in ein fremdes Recht einträglicher gestaltet als dessen Beachtung. 512 So zutreffend Soergel/Mertens, § 249 BGB, Rdnr. 136. 508

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. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

entsprechenden Gewinn zu erwirtschaften 513. Notwendig soll allein der Umstand sein, daß eine Beeinträchtigung vermögensrechtlicher Belange überhaupt in Frage steht 514 . Dem Verletzten soll schließlich ein Wahlrecht zwischen den drei Arten der Schadensberechnung zustehen515. Trotz der bestehenden dogmatischen Unklarheiten der Lizenzanalogie516 ist der Rechtsprechung im Ergebnis zuzustimmen, da sie der besonderen Verletzungsanfälligkeit von Immaterialgütern Rechnung trägt 5 1 7 und verhindert, daß sich infolge des erschwerten Nachweises bei derartigen Rechtsverletzungen518 der unrechtmäßige Eingriff in ein fremdes Recht einträglicher gestaltet als dessen Beachtung 519 . Somit ist nachfolgend zu prüfen, ob der Substanzträger im

513

Vgl. Lehmann, BB 1988, S. 1680 (1680); Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 81 (87). BGHZ 26, 349 (353); ähnlich BGHZ 60, 168 (173), wo die Ausnutzung einer dem Immaterialgüterrechtsschutz vergleichbaren Leistungsposition zur eigenen Gewinnerzielung gefordert wird. 515 So Lehmann, BB 1988, S. 1680 (1680); Erman/Ehmann, § 687 BGB, Rdnr. 12; BGHZ 60, 168 (172 f.). 516 Der BGH sieht in der Lizenzanalogie ein reines Wahlrecht des Verletzten zwischen besonderen Arten der Schadensberechnung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs, jedoch keine selbständigen Anspruchsgrundlagen, vgl. BGHZ 57, 116 (118). Die Rechtsprechung des BGH ist zwar jetzt teilweise gesetzlich anerkannt, hierzu Soergel/Mertens, § 249 BGB, Rdnr. 135 mit Hinweisen auf § 97 I 2 UrhG und § 14 a I 2,3 GeschmMG, hat jedoch in der Literatur keine uneingeschränkte Zustimmung gefunden, vgl. Staudinger/Medicus, §249 BGB, Rdnr. 178 ff; Sack, FS Hubmann, S. 373 (374 ff.). Dem BGH wird insb. entgegengehalten, er differenziere nicht zwischen Anspruchsgrundlage und Rechtsfolge und es bestehe kein Anlaß, bei Immaterialgüterrechten eine andere Schadensberechnung als bei sonstigen Rechten zu ermöglichen, so MüKo/Grunsky, §252 BGB, Rdnr. 16 m.w.N. Als Anspruchsgrundlage für die Zahlung der üblichen Lizenzgebühr sollen die §§ 812 ff. BGB angewendet werden, der erzielte Gewinn soll nach § 687 Π 1 BGB gefordert werden können, vgl. Staudinger/Medicus, § 249 BGB, Rdnr. 180. Däubler, JuS 1969, S. 49 (53) wendet sich gegen eine schematische Einordnung in Delikts-, Bereicherungs- oder Geschäftsführungsrecht und will die Anspruchsentstehung dem Recht der unerlaubten Handlung zuweisen und die Rechtsfolgen dem Bereichungs- oder Geschäftsführungsrecht entnehmen und so zu sachgerechten Ergebnissen kommen. 517 Vgl. hierzu Steindorff, AcP 158, S. 431 (457). Ähnlich Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 81 (90). 518 Hieraufstellt BGHZ 60, 168 (173) ab. 519 BGHZ 44, 372 (379). Dem BGH zu Recht folgend (unter Berufung auf die praktischen Vorzüge der Rechtsprechung) Heil/Roos, GRUR 1994, S. 26 (28). Für eine Bejahung der Ansicht des BGH spricht weiter der Umstand, daß es dem Substanzträger als dem Verletzten unbenommen bleibt, seinen Schaden bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsmerkmale nach § 687 Π BGB oder nach § 812 I BGB geltend zu machen, vgl. hierzu BGHZ 77, 16 (26). Dieses Nebeneinander von Schadensersatzrecht und Bereicherungs- bzw. Geschäftsführungsrecht ermöglicht es, im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung der Verletzbarkeit immaterieller Rechtsgüter sach514

Fekommerzialisierung

Bereich der Fremdkommerzialisierung Zahlung einer angemessenen Vergütung für die eigennützige Weiterverwendung der Körpersubstanzen durch den Ersterwerber oder Herausgabe eines von diesem hierdurch erzielten Gewinnes verlangen kann. Zum Teil wird hier die Ansicht vertreten, bei der unerlaubten Veräußerung von Körpersubstanzen solle dem Substanzträger ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung zustehen, weil die Rechtsordnung eine Verwertungsbefügnis des Substanzträgers anerkenne und die Verwehrung eines Anspruchs auf Geldentschädigung oder Gewinnherausgabe keinen anderen schütze als den Verletzer des Persönlichkeitsrechts520. Das Argument, dies führe zu einer unerwünschten "Kommerzialisierung" des Persönlichkeitsrechts, soll dabei nicht entscheidend sein, da der Verletzte den Kommerzialisierungsprozeß nicht einleite, sondern nur in Anpassung an diesen Prozeß eine Beteiligung am Kommerzialisierungsergebnis herstelle521. Die Höhe der zu zahlenden Vergütung soll sich an den üblicherweise für Eingriffe in den lebenden Menschen gezahlten Vergütungen orientieren und absehbare Gewinne mit den Körpersubstanzen berücksichtigen522. Dem ist insoweit beizupflichten, als die Rechtsordnung eine Eigenkommerzialisierung von Körpersubstanzen in der Tat grundsätzlich zuläßt523 und dem Substanzträger als dem Eigentümer der Körpersubstanzen somit auch die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung zusteht. Jedoch gilt es andererseits zu berücksichtigen, daß die Lizenzanalogie des BGH auf der besonderen Verletzungsanfalligkeit von Immaterialrechtsgütern 524 und der damit korrespondierenden Schutzbedürftigkeit des Verletzten525 basiert. Auch sind der schwierige Schadensnachweis526 sowie die nur sehr eingeschränkt mögliche Verhinderung der Immaterialrechtsgüterverletzung527 entscheidende Argumente des BGH für die Annahme eines fiktiven Lizenzvertrages528. Diese wesentlichen Voraussetzungen liegen jedoch bei der vom Substanzträger nicht konsentierten Veräußerung von Körpersubstanzen nicht vor. Vielmehr steht hier - als Konsequenz aus der gerechte Ergebnisse zu erzielen. In diesem Sinne auch Heil/Roos, GRUR 1994, S. 26

(28).

520

Taupitz, Kommerzialisierung, S. 83 ff., insb. 84. So Taupitz, Kommerzialisierung, S. 84 unter Berufung auf MüKo/Schwerdtner, § 12 BGB, Rdnr. 285. 522 Vgl. Taupitz, Kommerzialisierung, S. 84 f. mit dem Hinweis auf Blut- und Samenspende. Taupitz schätzt den Wert menschlicher Körpersubstanzen - ebenfalls unter Berufung auf Schünemann - auf etwa 50 DM pro Einheit. 523 Oben § 71 1 a, b. 524 BGHZ 57, 116 (118); 60,206 (209); ebenso Steindorff, AcP 158, S. 431 (457). 525 BGHZ 60, 206 (209). 526 BGHZ 77, 16(25). 527 BGHZ 60,206 (209). 528 BGHZ 44, 372 (379). 521

13 Rolf Müller

194

. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Gleichstellung mit anderen Sachen - der Schutz von Sachinteressen im Vordergrund. Die unerlaubte wirtschaftliche Verwendung der Körpersubstanzen stellt primär die widerrechtliche Benutzung einer fremden Sache dar und ist nur in Ausnahmefallen als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren 529. Der Sacheigentümer kann jedoch im Regelfall die Verletzung seines Rechts leichter feststellen und vor allem auch leichter Vorkehrungen gegen Rechtsverletzungen treffen 530. Der Substanzträger ist somit in bezug auf abgetrennte Körpersubstanzen bei weitem nicht so schutzbedürftig wie gegenüber Eingriffen in verletzungsanfällige Immaterialrechtsgüter und kann bei Geltendmachung seines Ersatzanspruches auf die allgemeinen Berechnungsmodalitäten zurückgreifen. Hierfür spricht letztlich auch, daß der Substanzträger in den Fällen eines unfreiwilligen Besitzverlustes an den Körpersubstanzen sein Eigentum daran trotz der nichtberechtigten Verfügung des Fremdkommerzialisierenden behält und die unerlaubte Nutzung eine Rückgabe der Körpersubstanzen nicht in jedem Fall unmöglich macht. Die unerlaubte Nutzung fremder Sachen hingegen ist nach den Regeln des Geschäftsführungs- oder Bereicherungsrechts auszugleichen und berechtigt in der Regel nicht zum Schadensersatz531. An diesem Ergebnis ändert auch die neuere Rechtsprechung des BGH zur Nutzungsentschädigung532 nichts, da es sich bei den abgetrennten Körpersubstanzen nicht um Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die Lebensführung des Substanzträgers handelt, auf deren ständige Verfügbarkeit er für eine eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist 533 . Eine eigenwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit durch den Substanzträger ist zwar noch zu bejahen534, jedoch sind die Körpersubstanzen aufgrund ihres im Regelfall nur relativ geringen wirtschaftlichen Wertes 535 und ihrer nur eingeschränkten Kommerzialisierung in der 529

Hierzu bereits oben § 2 und § 3 Π 5 b. Vgl. Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 81 (90); Steindorff, AcP 158, S. 431 (455). Allerdings zeigt der bereits erwähnte Fall John Moore, daß dies in Ausnahmefallen anders zu beurteilen sein kann, so wenn der Substanzträger mit einer derartigen Nutzung seiner Körpersubstanzen nicht rechnen kann und es ihm weiter auch nicht möglich ist, die unerlaubte Nutzung festzustellen. 531 In diesem Sinne Steindorff, AcP 158, S. 431 (457) unter Hinweis auf RGZ 97, 310 (311): ein Schaden kann bei der unerlaubten Nutzung nur konkret in Form von Kosten für die Beschaffung einer Ersatzsache berechnet werden, wohingegen es keine abstrakte Liquidation der Miet- oder einer Vermietgebühr gibt. 532 Grundlegend BGHZ (GS) 98, 212 (220 ff.). 533 BGHZ (GS) 98, 212 (220, 222 f.); zustimmend Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 10 ff. 534 Vgl. hierzu bereits oben § 7 Π 1 b, bb (4) zur Zulässigkeit einer Eigenkommerzialisierung. 535 Der mehrfach zitierte Fall "John Moore" mag auch insoweit als Beispiel dafür dienen, daß die abgetrennten Körpersubstanzen in Ausnahmefallen auch einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert verkörpern können. Im Regelfall ist der Wert abgetrennter 530

Fekommerzialisierung

Realität nicht von elementarer Bedeutung für die Lebenserhaltung des Substanzträgers. Ein Anspruch des Substanzträgers auf Zahlung einer angemessenen Vergütung, basierend auf der Rechtsprechung des BGH zur Lizenzanalogie, ist aus diesen Gründen abzulehnen536. Die Nichtanwendbarkeit der Lizenzanalogie impliziert als Konsequenz ferner, daß der Substanzträger auf diesem Wege auch nicht Ersatz des Verletzergewinns537 als Teil eines deliktischen Schadensersatzanspruches verlangen kann 538 . Erlangt der Ersterwerber die fremdkommerzialisierten Körpersubstanzen durch einen schuldhaften Eingriff, der zu einer Störung der körperlichen, geistigen oder seelischen Lebensvorgänge des Substanzträgers führt, indem er die Körpersubstanzen z.B. gewaltsam vom Körper des Substanzträgers abtrennt und diesem hierdurch dauerhafte und erhebliche gesundheitliche Schäden zufügt, ist wegen der dann vorliegenden Körper- oder Gesundheitsverletzung auch ein immaterieller Schaden nach § 847 I BGB durch Zahlung eines Schmerzensgeldes ersatzfähig 539. Die Beurteilung eines Schmerzensgeldanspruchs nach § 847 BGB hinsichtlich Anspruchsgrund und Anspruchshöhe hängt dabei von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Ausmaß der Gesundheitsbeeinträchtigung und den Motiven des Eingriffs. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des BGH einzugehen, der bei der schuldhaften Vernichtung einer für eine spätere Verwendung durch den Spender aufbewahrten Eigenspermaspende durch das verwahrende Krankenhaus dem Spermaspender einen Schmerzensgeldanspruch wegen Körperverletzung zuspricht540. Der BGH verneint zunächst den vom KläKörpersubstanzen - orientiert an den für Blut oder Sperma gezahlten Beträgen - jedoch relativ niedrig anzusetzen und wird auf etwa 50 DM pro Einheit taxiert, vgl. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 172 ff. zu "Preisangaben" für einzelne Körpersubstanzen, die in einem Bereich von etwa 50 DM liegen. 536 Anders insoweit Taupitz, Kommerzialisierung, S. 84 f. Aus den oben dargelegten Gründen kann die Gewährung einer angemessenen Entschädigung jedoch nicht auf die Lizenzanalogie des BGH gestützt werden, sondern stellt eine reine Wertungsentscheidung zugunsten des Substanzträgers dar. 537 Zur Ermittlung der Höhe des Verletzergewinns vgl. Lehmann, BB 1988, S. 1680 (1683 f.). 538 Zu differenzierten Ergebnissen gelangt hier Taupitz, Kommerzialisierung, S. 85 ff, der nach Einordnung des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns in den Bereich des Geschäftsführungsrechts bei vorsätzlichem Eingriff Herausgabe des vollen Gewinns zuspricht, während bei fahrlässiger Verletzung nur der Eigenanteil des Substanzträgers am Gewinnerfolg herauszugeben sein soll. 539 Vgl. insoweit Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 4 zu den Voraussetzungen einer Körper- oder Gesundheitsverletzung im Rahmen des § 823 I BGB. 540 BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.).

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. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

ger behaupteten Schmerzensgeldanspruch wegen psychosomatischer Störungen und seelischer Beeinträchtigungen als Folge der Vernichtung des Spermas, da die behaupteten psychosomatischen Störungen nicht auf einem Eingriff in die körperliche Befindlichkeit beruhen würden. Hieran anschließend bejaht der Senat einen Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld und führt hierzu zunächst aus, daß die vom menschlichen Körper getrennten Substanzen im Hinblick auf ihre rechtliche Qualifikation differenziert zu beurteilen sind: werden die Körperteile zwar vom Menschen getrennt, sollen sie jedoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Körper eingegliedert werden, so bleiben sie Teil der Persönlichkeit. Werden die Körpersubstanzen hingegen endgültig abgetrennt, sind sie als Sachen im Sinne des § 90 BGB zu qualifizieren, wobei jedoch auch hier das Sacheigentum von dem Persönlichkeitsrecht überlagert wird. Menschliches Sperma nimmt auf dem Boden dieser Erwägungen eine Sonderstellung ein. Diese Körpersubstanzen werden zwar endgültig vom Körper getrennt, erfüllen jedoch auch nach der Trennung eine körpertypische Funktion für den Substanzträger, der durch die Spermakonservierung seine verlorene Fortpflanzungsfähigkeit substituieren will. Das konservierte Sperma bleibt somit Teil der körperlichen Integrität des Substanzträgers. Hierauf aufbauend bejaht der BGH das Vorliegen einer Körperverletzung, da der Begriff der Körperverletzung im Sinne der §§ 823 I, 847 I BGB weit auszulegen sei und in jedem unbefugten, von einer Einwilligung des Rechtsträgers nicht gedeckten Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit zu sehen ist. Die Vernichtung der Spermakonserve soll somit in entsprechender Anwendung der §§ 823 I, 847 I BGB einen Schmerzensgeldanspruch begründen, denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Rechtsträgers legitimiere eine derartige erweiterte Rechtsanwendung, da die Vernichtung des Spermas in ihrer Wirkung auf den Substanzträger einem unmittelbaren Eingriff in seine körperliche Integrität gleichstehe541. Das Urteil hat zwar vereinzelt auch Zustimmung gefunden 542, wird jedoch im übrigen in bezug auf die dogmatischen Grundlagen mit überzeugenden Gründen abgelehnt543. Der Entscheidung des BGH wird zunächst mit Recht 541 So die wesentlichen Argumente der Entscheidung BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.) = MedR 1994, S. 113 (113 f.) = JuS 1994, S. 351 (351) = JZ 1994, S. 463 (463 ff.) mit Anm. Rohe. 542 Freund/Heubel, MedR 1995, S. 194 (194 ff.) sehen in der Entscheidung eine mustergültige Subsumtion vermittels einer ratio-ausgerichteten und rechtsfolgenorientierten Interpretation der einschlägigen Rechtsvorschriften. In der spezifischen Funktion der abgetrennten Körpersubstanz für die Person sehen sie den einzigen Weg, um in den vorliegenden Fällen zu sachgerechten Ergebnissen kommen zu können. 543 Sehr instruktiv zu dieser Problematik sind die Ausführungen von Taupitz in NJW 1995, S. 745 (745 ff.) und JR 1995, S. 21 (22 ff.), wo nach einer dezidierten Analyse der Entscheidung auch mögliche ergebnisäquivalente Begründungsalternativen aufgezeigt werden und auf weiterhin noch offene Fragen hingewiesen wird.

§ 9 Fremdkommerzialisiening

197

entgegengehalten, sie sprenge den Körperverletzungstatbestand des § 823 I BGB, da der Schluß von der Persönlichkeits- auf eine Körperverletzung fehlgehe. Auch sollen der allgemein übliche Sprachgebrauch sowie kaum wünschenswerte Divergenzen zwischen zivil- und strafrechtlichem Integritätsschutz Argumente gegen eine derart weite Auslegung des deliktischen Begriffs der Körperverletzung sein544. Naheliegend sei vielmehr die Prüfung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, wobei ein Schmerzensgeld wegen der Verletzung eines Rechts auf Familienplanung abzulehen sei, da dies die vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen des Deliktsschutzes uferlos ausweiten würde 545 . Entscheidend gegen die Ansicht des BGH spricht jedoch der Umstand, daß durch die Ableitung des deliktischen Schutzes des Rechts am Körper aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Grenzen zu den bisher anerkannten Fällen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der hierauf aufbauenden Gewährung von Schmerzensgeld verwischt würden. Mit Recht fordert Rohe, daß als Folge der weiten Auslegung des Körperverletzungstatbestandes in den §§ 823 I, 847 I BGB unter Einbeziehung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Gestalt des Selbstbestimmungsrechts am Körper der deliktische Schutzbereich neu auszuloten ist, denn nicht jeder Eingriff in die Persönlichkeitssphäre bedarf eines zivilrechtlichen Ausgleichs546. Die analoge Anwendung der §§ 823 I, 847 I BGB durch die Bejahung einer Körperverletzung bei der physischen Beeinträchtigung abgetrennter Körpersubstanzen ist abzulehnen, da sie aus einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Körperverletzung ableitet und hierdurch den deliktischen Schutz der körperlichen Integrität zu weit zieht. Selbst wenn man die Dispositionsbefugnis des Substanzträgers über seinen Körper in den deliktischen Schutzbereich der Körperintegrität einbeziehen will, kann dies nur für den unmittelbaren Eingriff in den Körper oder die Gesundheit gelten, nicht aber für die abgetrennten Körpersubstanzen, denn hier ist die körperliche Integrität bereits aufgehoben547. Schließlich stimmt auch die vom BGH herbeigeführte Versubjektivierung des Körperverletzungstatbestandes bedenklich, da der erweiterte Körperschutz auf einer entsprechenden Zweckbestimmung des Betroffenen basiert: nur wenn dieser die körperfunktionale Verwendung seiner Körpersubstanz gewollt hat, wird die vom Körper getrennte Substanz dem Schutzgut "Körper" unterstellt548. Der vom BGH angestrebte Deliktsschutz versagt somit

544

In diesem Sinne Laufs/Reiling, NJW 1994, S. 775 (775). Ähnlich Rohe, JZ 1994, S. 463 (466). 545 So Laufs/Reiling, NJW 1994, S. 775 (776). Anders Lankers, FamRZ 1969, S. 384 (388), der bei der Verletzung des Rechts auf Familienplanung einen Schmerzensgeldanspruch bejaht. 546 Überzeugend insoweit Rohe, JZ 1994, S. 463 (468). 547 Ähnlich Laufs/Reiling, NJW 1994, S. 775 (775). 548 Taupitz, NJW 1995, S. 745 (750).

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. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

in den Fällen, in denen die Körpersubstanzen ohne eine derartige Zweckbestimmung des Berechtigten vom Körper getrennt werden549. Nach Trennung vom Körper werden vielmehr alle Körpersubstanzen, auch abgetrenntes und kryokonserviertes Sperma, zu im Eigentum des Substanzträgers stehenden Sachen und sind in zivilrechtlicher Hinsicht zunächst als solche zu behandeln. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers durch den Umgang mit seinen Körpersubstanzen bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Persönlichkeitsverletzung, weshalb ein Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens nur bei einer erheblichen, anders nicht gutzumachenden Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre oder bei schwerem Verschulden des Verletzers zu bejahen ist 550 . Eine Beschädigung abgetrennter Körpersubstanzen ist somit primär als Sachbeschädigung zu behandeln und begründet im Rahmen des Schadensersatzrechts entsprechende Ansprüche auf Ersatz des entstandenen materiellen Schadens. Eine Gewährung von Schmerzensgeld als immateriellen Schadensersatz erscheint wegen der gesetzlichen Schranke des § 253 BGB erst dann angemessen, wenn in der Schädigung der abgetrennten Körpersubstanzen eine gezielte Mißachtung der persönlichen Integrität des Substanzträgers zum Ausdruck kommt551.

549

Die bei derartigen Sachverhalten auftretenden Zuordnungsprobleme wurden bereits unter § 3 Π 5 - zusammen mit ihrer rechtlichen Beurteilung - dargestellt. 550 Vgl. hierzu BGH, NJW 1982, S. 635 (636). Mit Recht sieht es Taupitz, NJW 1995, S. 745 (748 f.) als überraschend an, daß das Gericht nicht näher auf die Frage eingegangen ist, ob der Kläger ein Schmerzensgeld nicht aufgrund einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts beanspruchen konnte. Da die vorstehend umschriebenen einschränkenden Voraussetzungen hier wohl nach Ansicht des Senates nicht vorlagen und die vom BGH selbstbeschränkend entwickelten Grundsätze offensichtlich auch nicht in Frage gestellt werden sollten, konnte das Gericht seine Entscheidung nicht auf eine Persönlichkeitsverletzung stützen. Umso überraschender ist deshalb die Schlußfolgerung von Freund/Heubel, MedR 1995, S. 194 (196), wonach die Begriffe Körperverletzung und Persönlichkeitsverletzung in bezug auf die hier interessante Rechtsfolge des Schmerzensgeldes gleichwertig sind und eine Abgrenzung im Bereich des Zivilrechtes ihre Bedeutung verliert. 551 Ebenso Rohe, JZ 1994, S. 463 (468). Folgt man insoweit jedoch Taupitz, NJW 1995, S. 745 (747), wonach bei Verwahrungsverträgen über höchstpersönliche Sachen wie Blut oder Sperma § 253 BGB konkludent abbedungen wird, so käme man bereits auf der Ebene vertraglicher Ansprüche zu sachgerechten Ergebnissen. Die gekünstelt wirkende Argumentation des BGH zur Begründung eines deliktischen Schadensersatzanspruches könnte dadurch obsolet werden.

Fekommerzialisierung (5) Bereicherungsrecht

Kondiktionsansprüche des Substanzträgers gegen den Ersterwerber kommen in den Fällen einer offensichtlich fehlenden Eigenkommerzialisierung zunächst in Gestalt der Eingriffskondiktion, § 812 I 1, 2. Alt. BGB, in Betracht. Der Ersterwerber greift dabei in den Rechtskreis des Substanzträgers ein, indem er sich durch die Fremdkommerzialisierung eine nur dem Substanzträger als dem Sacheigentümer der Körpersubstanzen zustehende Rechtsposition anmaßt. Allein der Substanzträger ist berechtigt, die Körpersubstanzen zu nutzen und wirtschaftlich zu verwerten. Der durch die Fremdkommerzialisierung erlangte Vermögensvorteil des Ersterwerbers ist das Resultat aus einem Eingriff in die Vermögenssphäre des Substanzträgers, da nur dieser als Eigentümer der Körpersubstanzen berechtigt ist, über diese entgeltlich zu disponieren. Erlangtes Etwas ist dabei der aus der Fremdkommerzialisierung erwirtschaftete Vermögensvorteil. Die Fremdkommerzialisierung erfolgt unter Verletzung des Zuweisungsgehaltes des Eigentums und der Ersterwerber ist zum Ersatz des Wertes der gezogenen Nutzungen verpflichtet, § 818 II BGB 552 . Verfügt der Ersterwerber als Nichtberechtigter wirksam über die Körpersubstanzen, ist er nach § 816 I 1 BGB zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. So verliert der Patient sein Eigentum, falls der Arzt Körpersubstanzen, die er zu Untersuchungszwecken aus dem Körper des Substanzträgers entnommen hat, unberechtigterweise weiterveräußert und der Folgeerwerber gutgläubig Eigentum daran erwirbt. Erzielt der nichtberechtigte Ersterwerber im Rahmen einer dem Substanzträger gegenüber wirksamen Verfügung einen Gewinn, ist zu klären, ob der Substanzträger nach § 816 I 1 BGB auch Herausgabe dieses über den Wert der Körpersubstanzen hinausgehenden Gewinnes verlangen kann. Im Bereich des § 816 I 1 BGB ist dabei umstritten, ob ein den Verkehrswert der Sache übersteigender Veräußerungsgewinn herauszugeben ist, falls dieser durch den Nichtberechtigten erwirtschaftet wurde. Zum Teil wird dies abgelehnt, da dem der allgemeine Grundsatz des Bereicherungsrechts, Vermögensverschiebungen nur abzugleichen, entgegenstehen soll und eine Gewinnhaftung sonst nur in Fällen der angemaßten Eigengeschäftsführung, § 687 II 1 BGB, vorgesehen ist, die aber ein Verschulden des Geschäftsführers voraussetzt. Eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung sei demnach abzulehnen und die Beiträge des Nichtberechtigten zum erzielten Gewinn sollen interessensmäßig im Rahmen eines subjektiven

552 Vgl. zum Ganzen Taupitz, Kommerzialisierung, S. 80 ff., insb. 82, der allerdings allein auf einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht abstellt. Zur Bedeutung des Zuweisungsgehaltes im Rahmen der Eingriffskondiktion instruktiv MüKo/Lieb, § 812 BGB, Rdnr. 199 ff., insb. 210 ff.

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. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Wertbegriffes im Bereich des § 818 III BGB zu korrigieren sein553. Dem wird jedoch mit Recht erwidert, daß zunächst der eindeutige Wortlaut des Gesetzes in § 816 I 1 BGB entgegensteht. Im übrigen steht allein dem berechtigten Rechtsinhaber das Recht zu, einen Gegenstand gewinnbringend zu verwerten, weshalb ihm auch der aus der Verwertung resultierende Gewinn gebührt, denn das durch die Verfügung Erlangte ist der dem Ersterwerber aus der Veräußerung zugeflossene rechtsgeschäftliche Gegenwert für die Körpersubstanzen554. Der Substanzträger kann somit von dem Ersterwerber, der als Nichtberechtigter wirksam über seine Körpersubstanzen verfügt hat, auch Herausgabe eines durch die Verfügung erlangten Gewinns verlangen, § 816 I 1 BGB. b) Vom Leichnam abgetrennte Körpersubstanzen

Nachdem die möglichen Ansprüche des Substanzträgers bei einer Fremdkommerzialisierung von Substanzen seines Körpers dargestellt wurden, ist nun zu untersuchen, welche Ansprüche bei einer Fremdkommerzialisierung von Substanzen des Leichnams denkbar sind. In diesem Zusammenhang sollen Sachverhalte überprüft werden, in denen Körpersubstanzen des Leichnams zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden, ohne daß eine Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger in Gestalt eines wirksamen Verpflichtungsgeschäftes über die Leichenteile vorliegt 555. Ausgangspunkt der Überlegungen sind dabei in der jüngsten Vergangenheit bekannt gewordene Fälle, in denen Angehörige des Krankenhauspersonals Teile von Leichen verstorbener Patienten entnommen und an Unternehmen der Pharmaindustrie veräußert haben. Dabei wurde deutlich daß in vielen Fällen Leichenteile wie z.B. Hirnhaut oder Gehörknöchelchen als Ausgangsmaterial für die Herstellung von medizinischen Präparaten oder Arzneimitteln verwendet werden und dabei ein enormer Profit erzielt wird 556 . Nachfolgend ist zu prüfen, ob in derartigen Fällen Ansprüche der Erben oder der Angehörigen des Substanzträgers bestehen. 553

In diesem Sinne Erman/H. P. Westermann, § 816 BGB, Rdnr. 20 m.w.N. So überzeugend Palandt/Thomas, § 816 BGB, Rdnr. Ebenso RGRK/HeimannTrosien, § 816 BGB, Rdnr. 12, jeweils m.w.N. 555 Zur zulässigen Eigenkommerzialisierung von Leichenteilen durch den Substanzträger bereits oben § 7ΙΠ. 556 Vgl. hierzu den Bericht in dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff), in dem das Ausmaß des Mißbrauchs im Umgang mit Leichen deutlich wird. Den enormen Gewinn, den die pharmazeutischen Unternehmen aus dieser Verwendung erzielen, mag ein in diesem Bericht geschilderter Fall illustrieren: für eine aus der Leiche entnommene Hirnhaut wird von einem Unternehmen 30 DM gezahlt. Zu einem Arzneimittel verarbeitet, welches vor allem bei Gehirn- und Bauchoperationen Hautlöcher schließt, kostet eine einzige präparierte Hirnhaut bis zu 1500 DM. 554

Fekommerzialisierung

Die differenzierte Betrachtung der Ersatzansprüche bei der Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen des lebenden Menschen in bezug auf eine unwirksame oder nur mutmaßlich angenommene Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger soll dabei im Fall der vom Leichnam abgetrennten Körpersubstanzen nicht vorgenommen werden. Dies erscheint sinnvoll, denn Fälle einer irrtümlich angenommenen Eigenkommerzialisierung sind in der Praxis in diesem Bereich kaum denkbar, und die Rechtsfolgen einer unwirksamen oder irrtümlich angenommenen Eigenkommerzialisierung decken sich mit den Ersatzansprüchen, die auch bei einer offensichtlich fehlenden Eigenkommerzialisierung vorliegen. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich aus diesen Gründen auf die zuletztgenannte Fallgestaltung eines offensichtlich fehlenden Verpflichtungsgeschäftes des Substanzträgers.

aa) pVV

Werden Substanzen des Leichnams im Rahmen fortbestehender, noch mit dem Substanzträger abgeschlossener Vertragsbeziehungen unerlaubt zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht, ist zunächst zu prüfen, ob in diesen Fällen Ansprüche aus p W vorliegen. Insoweit soll als Ausgangsüberlegung auf Fallgestaltungen zurückgegriffen werden, in denen Leichenteile von Patienten, die in einem Krankenhaus verstorben sind, von Angehörigen des Krankenhauspersonals entnommen und an Unternehmen der pharmazeutischen Industrie veräußert werden. Ansprüche aus p W sind dabei denkbar, falls die Schuldverhältnisse nicht mit dem Tode des Substanzträgers ihr Ende finden 557. Insoweit ist anerkannt, daß sich für die Parteien auch nach erfolgtem Leistungsaustausch noch gewisse Pflichten aus dem Vertragsverhältnis ergeben können558. Diese als nachwirkende Vertragspflichten bezeichneten fortbestehenden Pflichten gebieten auch im nachvertraglichen Bereich die Unterlassung einer Beeinträchtigung von Rechtsgütern der anderen Vertragspartei und ihre schuldhafte Verletzung kann Schadensersatzansprüche begründen. Legt man dabei den zwischen Substanzträger und Krankenhaus geschlossenen Krankenhausaufnahmevertrag zugrunde, stellt sich somit die Frage, ob dieser Vertrag mit dem Tod des Substanzträgers sofort sein Ende findet. Dies ist zu verneinen, denn bereits die verbreitete Regelung der Sektion im Krankenhausaufnahmevertrag macht deutlich, daß auch nach dem Tod des Patienten einzelne Pflichten des Krankenhauses fortbestehen. Weiterhin muß das Krankenhaus auch Sorge für eine ordnungsgemäße Bestattung des Leichnams tragen und kann nicht sofort mit dem Tod des Patienten darauf verweisen, daß gegenüber der Leiche keinerlei Verpflichtungen mehr vorliegen. 557

Hierzu Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 5 III 3 b. So Soergel/Teichmann, § 242 BGB, Rdnr. 167. Differenzierend, im Ergebnis jedoch zustimmend v. Bar, AcP 179, S. 452 (467 ff.). 558

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Vielmehr ist das Krankenhaus auch nach dem Tod des Patienten verpflichtet, eine Verletzung möglicher fortwirkender Rechtsgüter des verstorbenen Patienten zu unterlassen559. Im Bereich der unberechtigten eigennützigen Weiterverwendung von Körpersubstanzen des Leichnams im Rahmen fortwirkender Rechtsbeziehungen stellen sich dabei primär drei Fragen: welche Rechtsgüter können dabei verletzt werden, wem stehen mögliche Ersatzansprüche zu und wie ist ein etwaiger ersatzfähiger Schaden zu bestimmen. Bei der Frage nach möglicherweise verletzten Rechtsgütern gilt zunächst, daß an der Leiche zwar kein Eigentum besteht, jedoch mit der Abtrennung von Leichenteilen an ihnen ein Aneignungsrecht der Erben entsteht560. Weiter wirken am Leichnam wie an den abgetrennten Leichenteilen das Totensorgerecht der Angehörigen sowie das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers. Die nicht konsentierte eigennützige Entnahme und Veräußerung der Leichenteile verletzt alle genannten Rechtspositionen. Das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers schützt das Vertrauen darauf, daß nach dem Tode keine Substanzen aus dem Leichnam entnommen werden, sondern daß dieser unversehrt bestattet wird. Zur Durchführung und Gewährleistung dieser ordnungsgemäßen Bestattung steht den Angehörigen das Totensorgerecht als eigenes Persönlichkeitsrecht neben dem treuhänderisch für den Verstorbenen verwalteten fortwirkenden Persönlichkeitsrecht zu 5 6 1 . Schließlich kann durch eine Abtrennung und Veräußerung von Leichenteilen auch das Aneignungsrecht der Erben verletzt sein, falls der Folgeerwerber der Körpersubstanzen daran gutgläubig Eigentum erwirbt und hierdurch gemäß §§ 932, 936 BGB auch das Aneignungsrecht der Erben wegerworben wird 562 . Allerdings ist in Zusammenhang mit (nach)vertraglichen Ansprüchen zu beachten, daß die Verletzung von Rechtsgütern Dritter nur in Ausnahmefallen 559

Zum Inhalt des Krankenhausaufnahmevertrages vgl. Laufs, Arztrecht, Rdnr. 89 ff. Wer dabei Vertragspartner des Substanzträgers ist, bestimmt sich nach dem konkreten Einzelfall. Im Normalfall wird der Krankenhausträger in Betracht kommen, regelmäßig also eine juristische Person des öffentlichen Rechts, etwa eine Gemeinde, oder eine juristische Person des Privatrechts, etwa eine GmbH. Handlungen des Krankenhauspersonals werden dem Krankenhausträger nach § 278 BGB oder § 31 BGB zugerechnet. 560 Hierzu oben § 4 Π 2 c. 561 Im Ergebnis ebenso LG Bonn, JZ 1971, S. 56 (58), wo davon ausgegangen wird, daß auch die körperliche Integrität des Verstorbenen persönlichkeitsrechtlich geschützt ist und von dem Totensorgerecht der Angehörigen erfaßt wird. 562 Der Folgeerwerber erwirbt dabei lastenfreies Eigentum an den Körpersubstanzen. Vgl. hierzu MüKo/Quack, § 958 BGB, Rdnr. 26 zum lastenfreien gutgläubigen Erwerb an herrenlosen Sachen, an denen ein ausschließliches Aneignungsrecht besteht. Im einzelnen zum Eigentumserwerb des Folgeerwerbers unten § 14 Π.

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vertragliche Ersatzansprüche begründen kann, denn die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen wirken nur inter partes, nicht aber inter omnes. Insoweit ist jedoch anerkannt, daß einzelne Pflichten aus dem Vertrag nicht nur gegenüber dem Vertragspartner, sondern im Einzelfall auch gegenüber Dritten bestehen können. Der Dritte erhält hierdurch zwar keinen Anspruch auf die vertraglich geschuldete Hauptleistung, wird jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen, daß er bei deren Verletzung eigene vertragliche Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geltend machen kann 563 . Somit gilt es an dieser Stelle zu untersuchen, ob die durch die unberechtigte Veräußerung der Leichenteile in ihren Rechten verletzten Erben und Angehörigen in den Schutzbereich des zwischen Substanzträger und Ersterwerber, hier dem Krankenhaus, geschlossenen Vertrags einbezogen worden sind. Dies ist dann der Fall, wenn sie bestimmungsgemäß mit den Leistungen des Krankenhauses in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sind wie der Substanzträger. Darüber hinaus müßte dem Substanzträger eine Schutzpflicht gegenüber den Angehörigen und Erben obliegen, dies muß für das Krankenhaus erkennbar gewesen sein und die Dritten müßten auch schutzbedürftig sein564. Leistungsnähe und Erkennbarkeit könnten dabei zwar im Einzelfall bejaht werden, denn die unerlaubte Entnahme und Veräußerung von Leichenteilen verletzt zwangsläufig die genannten Rechtsgüter der Erben und Angehörigen, womit diese bestimmungsgemäß mit der vom Krankenhaus erbrachten Leistung in Berührung kommen. Dies ist für das Krankenhaus bei Vertragsschluß auch erkennbar. Eine Einbeziehung scheitert jedoch an der weiter notwendigen Schutzpflicht des Gläubigers gegenüber dem in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehenden Dritten. Die Haftung des Schuldners darf hierdurch nicht uferlos ausgedehnt werden, denn er muß die ihn aus dem Vertrag möglicherweise treffenden Haftungsrisiken kalkulieren können. Demzufolge sind an die Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen. Eine Schutzpflicht ist nur dann anzunehmen, wenn der Gläubiger für den Dritten mitverantwortlich ist und diesem entweder Schutz und Fürsorge schuldet oder - falls es an einem personenrechtlichen Einschlag fehlt - die Vertragsleistung zumindest nach 563

Zu den Grundlagen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vgl. Palandt/Heinrichs, § 328 BGB, Rdnr. 13. Die dogmatischen Grundlagen dieses Rechtsinstituts sind zwar umstritten: Rechtsgrundlage soll entweder eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine auf § 242 BGB beruhende richterliche Fortbildung des dispositiven Rechts sein. In bezug auf das praktische Ergebnis stimmen beide Ansichten jedoch überein. 564 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, § 328 BGB, Rdnr. 16 ff. und Soergel/Hadding, Anh § 328 BGB, Rdnr. 14 ff, jeweils zu den Voraussetzungen der Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutz. Instruktiv hierzu auch BGHZ 70, 327 (329): der Dritte muß bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung kommen.

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dem Willen der Parteien dem Dritten zugute kommen soll 565 . In dem hier vorliegenden Fall fehlt es an einem auf Drittschutz gerichteten Parteiwillen, denn im Rahmen des Krankenhausaufnahmevertrages sollen primär Leistungen gegenüber dem Substanzträger in bezug auf seine Gesundung erbracht werden, und als vertragliche Nebenpflicht ist zu gewährleisten, daß Rechtsgüter des Substanzträgers im Rahmen der Vertragsabwicklung nicht verletzt werden. So ist das Krankenhaus auch im nachvertraglichen Bereich gehalten, die fortdauernden Werte des Substanzträgers als früheren Vertragspartner zu achten und seinen Leichnam angemessen zu behandeln. Mit dem Vertrag ist jedoch nicht zugleich auch ein Schutz der Persönlichkeitssphäre der Angehörigen oder der Vermögenssphäre der späteren Erben verbunden, denn diese Bereiche stehen außerhalb der regulären Vertragserfüllung. Der mittelbare Bezug möglicher Pflichtverletzungen durch das Krankenhaus im nachvertraglichen Bereich zu Rechtsgütern der Angehörigen oder der Erben des verstorbenen Substanzträgers genügt nicht, um einen auf Drittschutz gerichteten Parteiwillen anzunehmen. Aus der Verletzung des Totensorgerechts sowie des Aneignungsrechts der Erben können somit in diesem Zusammenhang keine (nach)vertraglichen Schadensersatzansprüche abgeleitet werden. Anders stellt sich hingegen die Verletzung des treuhänderisch von den Angehörigen verwalteten fortwirkenden Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers dar: wird dieses durch den unerlaubten Eingriff in die Leiche unter Nichtbeachtung der nachvertraglichen Schutzpflicht schuldhaft verletzt, ist ein (nach)vertraglicher Schadensersatzanspruch dem Grunde nach erfüllt. Fraglich ist dabei allerdings der Umfang des zu ersetzenden Schaden sowie die Bestimmung der zum Ersatz Berechtigten. Zu letzterem gilt zunächst, daß die Treuhänderstellung der Angehörigen sie auch zur Ausübung der Rechte befugt, welche sich aus dem Eingriff in das von ihnen treuhänderisch verwaltete fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Substanzträger ergeben. Im Bereich des (nach)vertraglichen Ersatzanspruches ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Erben im Rahmen der Universalsukzession, § 1922 I BGB, in die fortwirkende Rechtsbeziehung aus den Vertrag zwischen Substanzträger und Krankenhaus eintreten, indem sie in bezug auf vermögensrechtliche Beziehungen die Stelle des Erblassers einnehmen 566 , und somit auch berechtigt sind, einen daraus resultierenden (nach)vertraglichen Anspruch geltend zu machen. Nachvertragliche Schadensersatzansprüche - auch wenn ihre Ursache in einer Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen liegt - stehen den Erben zu.

565 Zu den Anforderungen an die Schutzpflicht des Gläubigers vgl. Palandt/Heinrichs, § 328 BGB, Rdnr. 17. 566 Vgl. hierzu Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 26.

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Bei der Erörterung eines ersatzfahigen materiellen Schadens gilt es jedoch zu bedenken, daß die zur Schadensermittlung grundsätzlich heranzuziehende Differenzhypothese 567 hier ins Leere läuft. Nach dem Tode bestehen keine Vermögenswerten Rechtspositionen des Substanzträgers am Leichnam mehr und solche sind auch nicht nach § 1922 I BGB auf die Erben übergegangen 568 . Die Erben können aus einer Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts auch keinen eigenen - materiellen oder immateriellen - Schaden geltend machen, da dieses als höchstpersönliches Recht des Substanzträgers nicht auf sie übergeht und somit auch kein Bestandteil des Nachlasses wird 569 . Im übrigen ist insoweit zu berücksichtigen, daß dem verstorbenen Substanzträger ohnehin kein Ausgleich fur die Verletzung seiner Persönlichkeit mehr verschafft werden kann 570 . Der von den Erben treuhändisch auszuübende nachvertragliche Schadensersatzanspruch ist somit in der Rechtsfolge nicht auf Geldersatz für Vermögens- oder Nichtvermögensschäden gerichtet, sondern hieraus kann im Rahmen des § 249 Satz 1 BGB als Naturalrestitution nur Beseitigung des unerlaubten Eingriffs in die Unversehrtheit des Leichnams begehrt werden571. bb) Deliktische Ansprüche

Deliktische Ansprüche als Folge einer Fremdkommerzialisierung von Leichensubstanzen sind - korrespondierend zu den soeben erörterten vertraglichen Ansprüchen - bei einer rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts sowie des Totensorgerechts der Angehörigen dem Grunde nach gegeben und können auch das Aneignungsrecht der Erben verletzen. Der bewußte Eingriff in die Unversehrtheit des Leichnams und die damit einhergehende Mißachtung der Totenehre572 indizieren ein zumindest fahrlässiges Verhalten des Verletzers, da einem ordentlichen und sorgfältigen Durchschnittsmenschen bei gewissenhaftem Verhalten erkennbar 567

Hierzu Soergel/Mertens, Vor § 249 BGB, Rdnr. 41 ff. Im einzelnen hierzu bereits oben § 4 12 c. 569 Vgl. Soergel/Stein, § 1922 BGB, Rdnr. 14; Palandt/Edenhofer, § 1922 BGB, Rdnr. 40,44 m.w.N. 570 Vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, NJW 1974, S. 1371 (1371) zur Frage einer Geldentschädigung bei einem Eingriff in das Ansehen des Verstorbenen: ein solcher Entschädigungsanspruch muß dem von der Persönlichkeitsrechtsverletzung Betroffenen Genugtuung verschaffen. Nach dem Tode kann ein Entschädigungsanspruch - im entschiedenen Fall ein solcher der Angehörigen - diese Genugtuungsfunktion in bezug auf den Verstorbenen nicht erfüllen. 571 Zum Ersatz immateriellen Schadens durch Naturalrestitution vgl. Erman/ Kuckuk, § 249 BGB, Rdnr. 12; Jauernig/Teichmann, § 249 BGB, Anm. 1 a. 572 Vgl. hierzu LG Bonn, JZ 1971, S. 56 (58). 568

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ist, daß er nicht dazu berechtigt ist, Leichenteile eigennützig weiterzuverwenden, § 276 I 2 BGB 573 . Die Bestimmung des dabei aus Delikt ersatzfahigen Schadens ist jedoch nicht unproblematisch. Während aus der Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers genausowenig wie beim vertraglichen Schadensersatzanspruch Geldersatz verlangt werden kann, da ein Ausgleich beim Substanzträger nicht mehr durchführbar ist, wird ein Anspruch der Angehörigen auf Ersatz eines immateriellen Schadens im Rahmen des § 847 I BGB wegen einer Verletzung ihres Totensorgerechts kontrovers diskutiert. Zum Teil wird hier in Rechtsprechung574 und Rechtslehre575 eine Pflicht zur Geldentschädigung in Form eines Schmerzensgeldanspruchs gemäß §§ 823 I, 847 I BGB mit dem Argument bejaht, daß die Persönlichkeitsrechtsverletzung der Angehörigen sonst keine adäquaten Sanktionen auslösen würde und der Persönlichkeitsschutz ohne die Gewährung des Schmerzensgeldanspruchs lükkenhaft sei 576 . Hier gilt es jedoch folgendes zu bedenken: zunächst darf nicht generell aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung ein Schmerzensgeldanspruch abgeleitet werden, vielmehr ist auch hier die Grenze des § 253 BGB sowie die Rechtsprechung des BGH zur Zahlung von Geldersatz bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten577 zu beachten. Ein Schmerzensgeld kann somit zunächst nur bei einem erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verwandten oder bei schwerem Verschulden des Verletzers bejaht werden 578, was bei der bloßen Entnahme von Körpersubstanzen aus dem Leichnam ohne Herbeiführung einer dauerhaften Entstellung der Leiche oder ähnlicher Umstände zu verneinen ist. Als Argument gegen die Gewährung eines Geldersatzes wird zum Teil auch auf den Charakter des Totensorgerechts als fremdnütziges Recht579 hingewiesen, welches sich in der Tat auf den Toten bezieht und im Familienrecht wurzelt 580. Zutreffender scheint es hingegen zu sein, auf den 573 Im einzelnen zu den Anforderungen bei der Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht Palandt/Heinrichs, § 276 BGB, Rdnr. 15 ff. 5 ™ LG Bonn, JZ 1971, S. 56 (61). 575 So Carstens, Organtransplantation, S. 154; ebenso Westermann, FamRZ 1969, S. 561 (571). 576 In diesem Sinne LG Bonn, JZ 1971, S. 56 (61); Carstens, Organtransplantation, S. 154 f. 577 Zu den Voraussetzungen des Ersatzes immateriellen Schadens bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vgl. BGHZ 35, 363 (369) und Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 354. 578 Diese Einschränkung macht auch Carstens, Organtransplantation, S. 154. 579 So Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 68. Dem kann jedoch nur mit Einschränkungen gefolgt werden, da das Totensorgerecht der Angehörigen sich nicht allein aus einer Rechtsposition des Toten ableitet, sondern in den eigenen familiären Bindungen der Angehörigen wurzelt. 580 Vgl. hierzu bereits oben § 4 12 b und Maurer, DÖV 1980, S. 7 (13 f.).

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Charakter des Totensorgerechts als einem absoluten Nichtvermögensrecht abzustellen581, was Ansprüchen auf Geldersatz ebenfalls entgegensteht. Deliktische Ansprüche der Angehörigen aus der Verletzung des Totensorgerechts sind im Regelfall auf Naturalrestitution in Gestalt eines Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruches, §§ 823 I, 1004 BGB, beschränkt582 und begründen nur dann Ansprüche der Angehörigen auf Schmerzensgeld, falls ihr eigenes Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt wird 583 . Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Fremdkommerzialisierung von Leichenteilen in bezug auf den vom Verletzer erzielten materiellen Vorteil völlig ohne Sanktion bliebe, da durch die eigenmächtige und eigennützige Weiterveräußerung auch das mit der Abtrennung entstehende Aneignungsrecht der Erben an den abgetrennten Leichenteilen verletzt wird. Dieses Aneignungsrecht ist als Ausschließlichkeitsrecht im Rahmen der sonstigen Rechte des § 823 I BGB deliktisch geschützt584 und seine schuldhafte Verletzung könnte Schadensersatzansprüche nach § 823 I BGB begründen. Fraglich ist dabei allerdings, inwieweit den Erben hierdurch überhaupt ein ersatzfähiger materieller Schaden entstanden ist. Dem steht zunächst entgegen, daß ihnen keine aktive Verwertungsbefugnis an dem Leichnam und den in ihm gebundenen Körpersubstanzen zusteht, sie also ohne den fremden Eingriff in den Leichnam das Aneignungsrecht durch eigene Aktivitäten nicht hätten erlangen können585. Das Aneignungsrecht war somit zum Zeitpunkt des Schadensereignisses nicht Bestandteil ihres Vermögens. Im Rahmen der Differenzhypothese nach 581

So Strätz, Rechtsstellung des Toten, S. 65; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 21. 582 Ebenso zutreffend Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 69, wenn er eine Beschränkung auf nichtvermögensrechtliche Ansprüche fordert. Im Ergebnis ebenso Taupitz, EthikMed 1994, S. 38 (39), der jedoch hierbei eine andere Argumentationslinie verfolgt: Taupitz geht von einem Recht der Angehörigen auf Einwilligung in die Entnahme von Körpersubstanzen aus der Leiche aus und lehnt ein Schmerzensgeld ab, da es im Endeffekt einer Bezahlung der Einwilligung gleichkomme und einer bedenklichen Kommerzialisierung der erteilten oder verweigerten Einwilligung Vorschub leisten würde. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da den Angehörigen kein eigenes Recht auf Einwilligung in die Entnahme von Körpersubstanzen aus der Leiche zusteht, vgl. oben § 412 b, Π 3. 583 Instruktiv zu dieser Problematik BGH, NJW 1974, S. 1371 (1371): Angehörige können bei Eingriffen in das Ansehen des Verstorbenen eine Geldentschädigung nur fordern, wenn ihre eigene Persönlichkeitssphäre unmittelbar und schwerwiegend betrofffen ist. 584 Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 16. 585 Vgl. hierzu Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 11, wonach bei der Schadensberechnung im Fall der Verletzung eines Aneignungsrechts berücksichtigt werden soll, inwieweit der Eigentumserwerb des Aneignungsberechtigten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge überhaupt mit genügender Sicherheit erwartet werden konnte.

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§§ 249 ff. BGB ist jedoch gerade danach zu fragen, ob der tatsächliche Wert des Vermögens der Erben nach dem Eingriff geringer ist als vor dem Eingriff 586 . Dies ist bei objektiver Betrachtungsweise zunächst zu verneinen, da den Erben durch die Fremdkommerzialisierung ein Recht verschafft wird und dieses Recht - zeitlich nachgelagert oder eine logische Sekunde später - uno actu durch den Eingriff des Ersterwerbers wieder verletzt wird. Der rechtswidrige Eingriff in die Leiche und die anschließende Weiterveräußerung von Leichenteilen verschafft den Erben eine Rechtsposition und nimmt sie ihnen sogleich wieder. Ein Schaden der Erben läßt sich auch nicht durch die Entwertung einer geldwerten Genußmöglichkeit begründen587, da den Erben eine solche an der Leiche gerade nicht zustand. Ein Schaden der Erben kann sich somit nur bei normativer Betrachtung ergeben, indem unter Wertungsgesichtspunkten der durch den Eingriff verursachte Vorteil bei der Schadensberechnung außer Betracht gelassen wird. Insoweit ist anerkannt, daß in Fällen der Vorteilsausgleichung, in denen das schädigende Ereignis dem Geschädigten auch Vorteile gebracht hat, der Schädiger hierdurch nicht unbillig entlastet werden darf, falls zumindest ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen Schadensereignis und Vorteil besteht588. Dies ist hier der Fall, da der bei den Erben entstandene Vorteil ohne den Eingriff in die Leiche nicht entstanden und es unbillig wäre, wenn sich der Ersterwerber auf diesen von ihm verursachten Vorteil berufen könnte und hierdurch von einer Ersatzpflicht befreit würde. Die Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung ist jedoch nicht unproblematisch, da der Geschädigte grundsätzlich aus dem schädigenden Ereignis keinen Gewinn ziehen darf, sondern nur Anspruch auf Ausgleich einer Vermögensdifferenz hat 589 . Jedoch gilt dieses Prinzip der Gewinnabwehr oder des Bereicherungsverbotes des Geschädigten nicht uneingeschränkt, sondern beinhaltet im Grunde nichts anderes als die Differenzhypothese, nämlich den Anspruch auf Ausgleich einer Vermögensdifferenz. Hieraus läßt sich jedoch nicht die Folgerung ableiten, daß der Geschädigte nach der Ersatzleistung nicht besser stehen darf als vorher 590. Vielmehr ist trotz Gewinnabwehr und Bereicherungsverbot unter normativen Gesichtspunkten zu entscheiden, welche Einzelpositionen bei der Berechnung des Schadens 586

Zur Differenzhypothese, die zur Schadensberechnung richtigerweise von einem Vergleich zwischen zwei Vermögenslagen ausgeht, vgl. Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 8; Soergel/Mertens, Vor § 249 BGB, Rdnr. 43, jeweils m.w.N. 587 Vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 36: ein Schaden liegt auch in der Entwertung einer nicht in einer Sache verkörperten Genußmöglichkeit. 588 Allgemein zur Vorteilsausgleichung Soergel/Mertens, Vor § 249 BGB, Rdnr. 205 ff; MüKo/Grunsky, Vor § 249 BGB, Rdnr. 93 ff; Palandt/Heinrichs, Vorbem ν § 249 BGB, Rdnr. 119 ff Jeweils m.w.N. 589 Vgl. MüKo/Grunsky, Vor § 249 BGB, Rdnr. 96 zum Grundsatz der sog. Gewinnabwehr im Bereich der Vorteilsausgleichung. 590 In diesem Sinne auch Thiele, AcP 167, S. 193 (197).

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zu berücksichtigen und welche nicht zu berücksichtigen sind. Bei dem unerlaubten Eingriff in die Unversehrtheit der Leiche gilt, daß eine Berücksichtigung des bei den Erben entstandenen Vorteils allein dem Schädiger zugute kommen würde, der den rechtswidrig erlangten Vermögensvorteil behalten dürfte, ohne Geldersatz leisten zu müssen. Dies ist unter normativen Gesichtspunkten zu korrigieren, da sonst der Eingriff ohne Folgen für den Schädiger bliebe und schadensersatzrechtlich - jedenfalls im Bereich des Vermögensschadens - nicht sanktioniert würde. Dem steht nicht entgegen, daß das Aneignungsrecht der Erben für diese eine fremdnützige Rechtsposition ist 591 , da es bei der Bestimmung eines materiellen Schadens hier nur um die Frage geht, ob dem Schädiger der in den Leichenteilen verkörperte wirtschaftliche Wert zukommen soll. Dies ist zu verneinen, denn dieser Wert steht den Erben als den Wahrern der Vermögensinteressen des Verstorbenen zu. Den Erben steht somit bei Verletzung ihres ausschließlichen Aneignungsrechtes an den Körpersubstanzen ein Schadensersatzanspruch zu, der in der Rechtsfolge auf Ersatz des Wertes der Körpersubstanzen gerichtet ist, §§ 823 I, 249 ff. BGB. Bei der Frage nach dem Umfang des ersatzfähigen Schadens kommt es nicht auf die Wahrscheinlichkeit eines Eigentumserwerbs durch die Erben an, denn ihr Aneignungsrecht wirkt als eigenartiges dingliches Recht an einer herrenlosen Sache an den abgetrennten Leichenteilen selbst und wird durch den Eingriff unmittelbar verletzt 592. Ein darüber hinausgehender Ersatz eines immateriellen Schadens ist wegen § 253 BGB nicht möglich. Die Ersatzpflicht des Schädigers unter Berufung auf das Aneignungsrecht der Erben führt somit dazu, daß die unerlaubte Weiterveräußerung von Leichenteilen nicht ohne adäquate Sanktion bleibt. Auf der anderen Seite bringt dies die Konsequenz mit sich, daß eine Fremdkommerzialisierung durch die Erben zwar Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen der Angehörigen ausgesetzt ist, jedoch zu keiner - materiellen - Ersatzpflicht führt, da es dann in jedem Fall an dem Vorliegen eines ersatzfahigen materiellen Schadens fehlt. Trennt demnach der Erbe eigenmächtig Leichenteile ab und veräußert diese, so wenn er Haare von der Leiche abschneidet und an eine Perückenfabrik verkauft, kommen deliktische Ansprüche der Angehörigen auf Ersatz eines materiellen Schadens nicht in Betracht und der Dritte erwirbt vom Berechtigten. cc) Weitere Anspruchsgrundlagen

Neben Ansprüchen der Angehörigen aus Delikt sowie der Erben aus p W und § 823 I BGB sind weitere Ansprüche der Erben in bezug auf ihr Aneignungsrecht an den abgetrennten Körpersubstanzen der Leiche denkbar. So 591

Vgl. hierzu bereits oben § 4 Π 2 c, ΠΙ. Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 79 Π 2 a zur Schadensberechnung bei Verletzung eines Aneignungsrechts. 592

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sind Ansprüche aus angemaßter Eigengeschäftsführung, § 687 II 1 BGB, ebenso wie Kondiktionsansprüche aus § 812 I 1, 2. Alt. BGB und § 816 I 1 BGB zu prüfen, falls allein den Erben der in den Leichenteilen verkörperte wirtschaftliche Wert zusteht. Grundvoraussetzung für Ansprüche aus Geschäftsführungs- und Bereicherungsrecht ist allerdings, daß sich der Ersterwerber durch seinen Eingriff in die Leiche eine Rechtsposition angemaßt hat, die nach der rechtlichen Güterzuordnung ausschließlich den Erben gebührt. Dies ist dann der Fall, wenn die Leichenteile den Erben durch die Rechtsordnung als Vermögenswert zugewiesen sind und demnach allein ihnen der darin enthaltene Vermögenswert gebührt, der Ersterwerber also in den Zuweisungsgehalt des Aneignungsrechts eingegriffen hat 593 . Dem könnte der Umstand entgegenstehen, daß den Erben diese Rechtsposition gerade nicht als eigennütziges Recht zugewiesen ist, denn sie üben es nur treuhänderisch für den Verstorbenen aus. Auch nach dem Erwerb von Eigentum an den abgetrennten Leichenteilen könnten sie nicht wie ein normaler Sacheigentümer nach Belieben darüber verfügen, sondern dürfen diese Rechtsposition nur fremdnützig im Interesse des Verstorbenen als Treugeber ausüben594. Entscheidend für den Zuweisungsgehalt eines Rechts ist jedoch nicht der Umfang der Rechtsmacht im einzelnen, sondern vielmehr, ob nach der im Einzelfall maßgeblichen Güterzuordnung der Rechtserwerb aus der Veräußerung der Leichenteile den Erben oder dem Ersterwerber gebührt. Der Ersterwerber hat in dem hier vorliegenden Fall kein Recht zur Abtrennung und Veräußerung der Leichenteile, auf das er seinen Rechtserwerb stützen könnte. Die Erben hingegen treten nach dem Tod des Substanzträgers in dessen Vermögenspositionen ein, § 1922 I BGB, und ihr Aneignungsrecht begründet sich gerade damit, daß die potentielle Erwerbsmöglichkeit des Substanzträgers hinsichtlich seiner Körpersubstanzen zu Lebzeiten sich nach seinem Tod in dem Aneignungsrecht der Erben fortsetzt 595. Der wirtschaftliche Wert, den Leichenteile im Einzelfall verkörpern können, ist nach der Rechtsordnung somit allein den Erben zugewiesen, die nach dem Tod des Substanzträgers in dessen Vermögenslage eintreten. Die unerlaubte Veräußerung von Leichenteilen begründet im Einzelfall somit auch Ansprüche der Erben aus Geschäftsführungs- und Bereicherungsrecht, wobei im Rahmen von § 687 II 1 BGB und § 816 I 1 BGB auch ein vom Ersterwerber erzielter Gewinn herauszugeben ist 596 .

593 Zum Zuweisungsgehalt eines Rechts vgl. Palandt/Thomas, §812 BGB, Rdnr. 93. 594 Zum Inhalt des Aneignungsrechts der Erben bereits oben § 4 Π 2 c, 3 a, ΙΠ. 595 Im einzelnen hierzu oben § 4 Π 2 c, 3 a, ΙΠ. 596 Zur Herausgabepflicht eines erzielten Verletzergewinns oben I 2 a, cc (2) zur GoA und (5) zu § 816 BGB.

Fekommerzialisierung IL Öffentlich-rechtliche Bezüge

Bei der Verwendung von Körpersubstanzen als Rohstoff bei der Herstellung anderer Wirtschaftsgüter können sich Bezüge zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, falls dort Erlaubnisvorbehalte für die Herstellung derartiger Produkte normiert sind597. In Frage kommt hier neben dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) 598 bei der Herstellung von Kosmetika vor allem das Arzneimittelgesetz (AMG) 599 , welches für die Herstellung von Arzneimitteln besondere Zulassungsvorschriften aufstellt. Im folgenden soll die Anwendbarkeit des AMG auf die Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen geprüft und mögliche Konsequenzen hieraus kurz dargestellt werden. Der Zweck des Arzneimittelrechtes ist in § 1 AMG normiert und erfaßt neben der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier insbesondere die Gewährleistung der Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln durch Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Präparate 600. Als Arzneimittel gelten dabei nach der Legaldefinition des § 2 I AMG Stoffe, die Krankheiten erkennen, heilen, lindern oder verhüten sollen. § 3 Nr. 3 AMG stuft menschliche Körpersubstanzen in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand als Stoff im Sinne des Arzneimittelrechts ein 601 . Zur Erreichung des in § 1 AMG umschriebenen Zieles bedient sich das Gesetz besonderer Genehmigungsverfahren 602, die jeweils verschiedene Stadien des 597

Als aktueller Bezug zum Untersuchungsgegenstand soll auf den Umstand hingewiesen werden, daß in den neuen Bundesländern eine Gewebebank, in der Gewebekonserven vorrätig gehalten werden, noch mit einer behördlichen Zulassung bzw. Erlaubnis arbeitet, die nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR erteilt worden ist, so Wolfslast/Rosenau, NJW 1993, S. 2348 (2348). 598 Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz, LMBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 08. Juli 1993, BGBl. I, S. 1169. Vgl. insb. §4 LMBG zur Verwendung menschlicher Körpersubstanzen zur Herstellung von Kosmetika und § 2 ΠΙ Nr. 1 AMG, wonach Kosmetika ausdrücklich vom Begriff des Medikamentes ausgenommen werden. Zur Problematik der Abgrenzung von Lebensmittel- und Arzneimittelrecht ausfuhrlich Rabe, NJW 1990, S. 1390 (1390 ff.). 599 Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24.08.1976, BGBl. I, S. 2245, zuletzt geändert durch Art. 9 der Fünften Zuständigkeitsanpassungs-Verordnung vom 26.02.1993, BGBl. I, S. 278. 600 So Kloesel/Cyran, § 1 AMG, Anm. 2; Deutsch, Arztrecht, S. 333 f. 601 In diesem Sinne Wolfslast/Rosenau, NJW 1993, S. 2348 (2348). 602 Das Wirtschaftsverwaltungsrecht, zu dem das AMG als gefahrenabwehrendes Normensystem gehört, kennt als Regelungstechniken das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt sowie das repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt. Zur Termino-

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Produktions- und Vertriebsprozesses von Arzneimitteln erfassen und durch entsprechende Restriktionen der Abwehr möglicher Gefahren dienen. Die Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG 6 0 3 soll gewährleisten, daß nur solche pharmazeutischen Unternehmer zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, die eine entsprechende Sachkunde nachweisen können und über geeignete Räumlichkeiten verfugen. Der Hersteller hat als Ausfluß seines Grundrechts aus Art. 12 1 1 GG einen Anspruch auf Erteilung der Herstellungserlaubnis, soweit kein Versagungsgrund nach § 14 AMG vorliegt 604. Im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes erlangt die Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG nur dann praktische Relevanz, wenn die kommerzialisierten Körpersubstanzen direkt zur medizinischen Behandlung am Menschen verwendet werden sollen, etwa bei der Blutspende für eine andere Person. Allerdings gilt es auch hier zu beachten, daß nach § 13 I 1 AMG nur die gewerbsoder berufsmäßige Herstellung von Arzneimitteln zum Zwecke der Abgabe an andere erlaubnispflichtig ist. Selbst bei einer Veräußerung seiner Körpersubstanzen ist der Substanzträger nicht Hersteller im Sinne dieser Vorschrift, da er auch bei regelmäßiger Veräußerung nicht berufs- oder gewerbsmäßig handelt 605 . Blutspendedienste sowie im Einzelfall auch Ärzte bei der Gewinnung von Transplantaten bedürfen jedoch einer Herstellungserlaubnis, soweit sie die gewonnenen Arzneimittel gewerbs- oder berufsmäßig herstellen606. Dienen die Körpersubstanzen hingegen als Rohstoff zur Herstellung von Arzneimitteln und bedürfen sie zur Erlangung der Arzneimitteleigenschaft noch einer weiteren Behandlung, impliziert dies die Nichtanwendbarkeit von § 13 AMG, der nur die Herstellung von Arzneimitteln unter einen Erlaubnisvorbehalt stellt607. Die Produktion von Rohstoffen für die Herstellung von Arzneimitteln ist nach dem AMG erlaubnisfrei 608. logie und zu den einzelnen Modalitäten vgl. Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 13 Rdnr. 19 m.w.N. 603 Im einzelnen zur Herstellungserlaubnis Deutsch, Arztrecht, S. 383 ff. m.w.N. § 4 IV AMG definiert den Begriff des Herstellens als Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- und Verarbeiten, Umfüllen einschließlich dem Abfüllen, Abpacken und Kennzeichnen von Arzneimitteln. 604 Kloesel/Cyran, § 13 AMG, Anm. 8. Zur Zulässigkeit von Berufszulassungs- und Berufsausübungsregeln vgl. Jarass/Pieroth, Art. 12 GG, Rdnr. 17 ff, insb. 20 - 22 m.w.N. 605 Nach Kloesel/Cyran, § 13 AMG, Anm. 4 a erfordert die gewerbsmäßige Herstellung von Arzneimitteln, daß der Hersteller sich dadurch auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle schaffen will. 606 In diesem Sinne Kloesel/Cyran, § 13 AMG, Anm. 5 b. Umfassend zu dieser Problematik Wolfslast/Rosenau, NJW 1993, S. 2348 (2350 f.). 607 Ausführlich hierzu Wolfslast/Rosenau, NJW 1993 S. 2348 (2350). Ebenso Deutsch, Arztrecht, S. 383. 608 Ebenso Kloesel/Cyran, § 13 AMG, Anm. 2.

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Der Abwehr möglicher Gefahren durch Arzneimittel dient neben der Herstellungserlaubnis vor allem die in § 21 AMG normierte Zulassungspflicht für Fertigarzneimittel 609, die häufig als Kernstück der Reform des Arzneimittelrechtes bezeichnet wird 610 . Durch die Zulassung wird eine schärfere staatliche Kontrolle durch sachliche Überprüfung erreicht 611. Die eigentliche Zulassung erfolgt durch begünstigenden Verwaltungsakt des Bundesgesundheitsamtes612, wobei der Antragsteller nach der gesetzlichen Systematik einen Anspruch auf Erteilung der Zulassung hat, soweit keiner der in § 25 II Nrn. 1 - 8 AMG enumerativ und abschließend aufgeführten Versagungsgründe vorliegt 613. In diesem Zusammenhang sei auch auf § 25 X AMG hingewiesen, wonach die erteilte Zulassung keinerlei Legalisierungswirkung hat 614 , vielmehr zivil- und strafrechtliche Vorschriften unberührt läßt. Ähnlich wie die Herstellungserlaubnis erfaßt die Zulassungspflicht nach § 21 AMG nicht die Erstkommerzialisierung durch den Substanzträger, da dieser nur Rohstoffe gewinnt und keine Fertigarzneimittel herstellt, sondern erlangt erst auf den nachfolgenden Produktionsstufen Relevanz615. Im folgenden soll schließlich noch die Bedeutung einer Fremdkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen auf gemäß 21 AMG erteilte Zulassungsgenehmigungen überprüft werden, falls Körpersubstanzen bei der Herstellung von Arzneimitteln Verwendung finden und dies nicht wirksam durch den Substanzträger konsentiert wurde. Die Intention der in § 25 II AMG vorgeschriebenen Zulassungsvoraussetzungen ist die Gewährleistung entsprechender Qualitätsstandards bei der Herstellung von Arzneimitteln. Damit soll sichergestellt werden, daß Arzneimittel nach dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis geprüft werden und ein angemessenes Qualitätsniveau aufweisen, um Gesundheitsgefahren beim Verwenden des Arzneimittels zu minimieren. Die Zulassungsprüfung nach § 25 AMG erfaßt jedoch - der gesetzlichen Intention einer Gefahrenabwehr durch Qualitätssicherung folgend 609 Dies sind nach § 4 I AMG Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. 610 So ausdrücklich Kloesel/Cyran, § 21 AMG, Anm. 1. Zur Systematik der Zulassung, insb. der Beziehung zum Verbot nach § 6 AMG und zur bloßen Registrierung vgl. Deutsch, Arztrecht, S. 345 ff. m.w.N. 611 Deutsch, Arztrecht, S. 348. 612 Kloesel/Cyran, § 25 AMG, Anm. 1. 613 Deutsch, Arztrecht, S 348. 614 Allgemein zur Bindungswirkung von Verwaltungsakten Erichsen/Martens, Allg. VerwR, § 12 Rdnr. 1 ff. 615 Instruktiv hierzu Wolfslast/Rosenau, NJW 1993, S. 2348 (2349), die darauf hinweisen, daß die Abfüllung in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmte Verpakkungen insoweit entscheidend ist. Diese Verpackung nimmt nicht der Substanzträger vor, sondern der Erst- oder ein Folgeerwerber, dem die Körpersubstanzen als Rohstoff für die Herstellung von zulassungspflichtigen Arzneimitteln dienen.

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- nicht die Frage, auf welche Weise der Hersteller von zulassungspflichtigen Arzneimittel die zur Herstellung erforderlichen Rohmaterialien erlangt hat. Vielmehr geht das Arzneimittelgesetz in § 4 II, III AMG davon aus, daß Körpersubstanzen bei der Herstellung von Arzneimitteln grundsätzlich Verwendung finden können, wenn in bezug auf einzelne Blutpräparate ausdrücklich auf die Verwendung menschlicher Körpersubstanzen hingewiesen wird. Auch § 25 II Nr. 7 AMG erfaßt den hier vorliegenden Sachverhalt einer Verwendung menschlicher Körpersubstanzen ohne wirksame Eigenkommerzialisierung zur Herstellung von Arzneimitteln nicht, denn hierdurch sollen nur Verstöße gegen solche gesetzlichen Vorschriften erfaßt werden, die das Inverkehrbringen verbieten616, nicht aber Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften bei der Herstellung selbst oder bei der Substanzbeschafiung617. Die Wirksamkeit der Genehmigung wird somit von der zivilrechtlichen Unzulässigkeit von Rechtsgeschäften über bei der Herstellung von Arzneimitteln verwendete Körpersubstanzen nicht berührt. Eine Nichtigkeit des Zulassungsbescheides könnte sich jedoch aus den allgemeinen, fur alle Verwaltungsakte geltenden Vorschriften ergeben. In Betracht kommt hier im untersuchungsrelevanten Bereich eine Nichtigkeit nach § 44 II Nr. 6 VwVfG 618 wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, falls der Zulassung von Arzneimitteln im Verfahren nach §21 AMG nach § 138 I BGB nichtige Verträge zugrunde liegen. Insoweit besteht jedoch Uneinigkeit darüber, inwieweit ein sittenwidriger zivilrechtlicher Grundsachverhalt einen hierzu ergangenen Verwaltungsakt ohne weiteres sittenwidrig und nach § 44 II Nr. 6 VwVfG nichtig macht. Teilweise wird eine derartige Automatik619 in der Tat bejaht und als Argument hierfür angeführt, ein Verwaltungsakt verstoße bereits dann gegen die guten Sitten, wenn er etwas erlaube, was wegen seiner Sittenwidrigkeit nicht erlaubnisfahig ist 620 . Folgt man dem, wäre eine nach § 21 AMG erteilte Erlaubnis dann nichtig, wenn ihr sittenwidrige zivilrechtliche Rechtsgeschäfte zugrunde liegen. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, da zunächst der Gesetzeswortlaut eindeutig für eine eigene sittliche Bewertung des Verwaltungsaktes spricht. Weiter würden durch eine undifferenzierte Annahme der Nichtigkeit die Möglichkeiten einer Ermessensentscheidung der erlaubenden Behörde ausgeschlossen621.

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Zur Definition des Inverkehrbringens vgl. § 4 XVII AMG. So Kloesel/Cyran § 25 AMG, Anm. 6: gesetzliche Vorschrift ist z.B. das Betäubungsmittelgesetz. 618 Zur Anwendbarkeit des VwVfG auf diesen Sachverhalt vgl. § 11 Nr. 1 VwVfG. 619 Zum Begriff der Automatik vgl. Knack/Klappstein, § 44 VwVfG, Rdnr. 5.6. 620 BVerwG, NVwZ 1987, S. 411 (411): sog. "peep-shows" sind wegen ihrer Sittenwidrigkeit gewerberechtlich nicht genehmigungsfähig und dennoch erteilte Genehmigungen nach § 44 Π Nr. 6 VwVfG nichtig. Ebenso VGH Mannheim, NVwZ 1988, S. 640 (640 ff.); VGH München, BayVBl 1991, S. 598 (599). 621 Hierzu Knack/Klappstein, § 44 VwVfG, Rdnr. 5.6. 617

§ 9 Fremdkommerzialisiening

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Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß die Zulassung eines aus menschlichen Körpersubstanzen hergestellten Arzneimittels nach §§21, 25 AMG von der Frage, ob eine wirksame Eigenkommerzialisierung des Substanzträgers vorliegt oder nicht, unabhängig ist, da sich der von der gesetzlichen Intention der Gefahrenabwehr determinierte Prüfungsumfang bei Erteilung der Zulassungsgenehmigung nach § 21 AMG allein auf die Prüfung der ordnungsgemäßen Qualität des Rohstoffes beschränkt. ΙΠ. Strafrechtliche Bezüge

Die strafrechtliche Beurteilung einer Fremdkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen hat nach den allgemeinen Vorschriften des StGB zu erfolgen, da eine strafrechtliche Regelung des Untersuchungsgegenstandes derzeit - von einzelnen Ausnahmen abgesehen622 - noch nicht existiert. Im Rahmen dieser Untersuchung kann die strafrechtliche Beurteilung einer Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen wegen der Vielgestaltigkeit der denkbaren Lebenssachverhalte keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Lückenlosigkeit erheben. Ausgehend von der dieser Arbeit zugrunde liegenden Intention, die Kommerzialisierung von Körpersubstanzen in rechtlicher Hinsicht umfassend darzustellen, soll dennoch nachfolgend zumindest kurz auf die strafrechtliche Relevanz der Fremdkommerzialisierung eingegangen werden, wobei insbesondere die zuvor erarbeiteten Ergebnisse und Probleme aufgegriffen werden sollen.

7. Substanzen des lebenden Menschen

Ausgehend von dem Vorgang der Abtrennung der Körpersubstanzen vom Körper ist zunächst eine Strafbarkeit nach § 223 I StGB wegen Körperverletzung zu prüfen. Der bewußte Eingriff des Ersterwerbers in die körperliche Unversehrtheit des Substanzträgers ist als Körperverletzung einzustufen 623. Die strafrechtliche Würdigung gestaltet sich jedoch dann problematisch, wenn die Fremdkommerzialisiening im Rahmen bestehender Vertragsbeziehungen erfolgt 624 oder der Fremdkommerzialisierende irrtümlich von dem Vorliegen einer wirksamen Eigenkommerzialisierung ausgeht. Die strafrechtliche Wür622 Vgl. hierzu § 2 I ESchG zur mißbräuchlichen Verwendung von Embryonen sowie § 39 Π Nr. 1 GenTG zur ungenehmigten Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen. ^ 2 3 Zum Tatbestand der Körperverletzung vgl. Schönke/Schröder/Eser, § 223 StGB, Rdnr. 1, 3 ff. 624 Korrespondierend zur zivilrechtlichen Beurteilung soll auch insoweit exemplarisch auf den Arztvertrag abgestellt werden.

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digung der irrtümlichen Annahme des Vorliegens einer wirksamen Eigenkommerzialisierung bemißt sich nach den allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften über den Irrtum. Nimmt der Fremdkommerzialisierende an, der Substanzträger habe in die Abtrennung der Substanzen eingewilligt, so irrt er über das Vorliegen eines allgemein anerkannten Rechtsfertigungsgrundes 625 und befindet sich in einem Erlaubnistatbestandsirrtum626. Da der Verletzer insoweit davon ausgeht, sich rechtskonform zu verhalten, kann er analog § 16 I 1 StGB nicht wegen vorsätzlicher Körperverletzung bestraft werden 627. Beruht der Erlaubnistatbestandsirrtum auf einem fahrlässigen Verhalten des Verletzers und hätte dieser bei sorgfaltigem Verhalten erkennen können, daß keine wirksame Einwilligung vorlag 628, bleibt eine Strafbarkeit nach § 230 StGB unberührt. Eine Bestrafung wegen § 223 I StGB könnte schließlich auch dann entfallen, wenn die Einwilligung in die Abtrennung im Rahmen bestehender Rechtsbeziehungen erfolgte. Insoweit gilt zunächst, daß die strafrechtliche Wirksamkeit einer Einwilligung nicht von der Wirksamkeit eines zugrunde liegenden zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes abhängt, sondern es vielmehr entscheidend auf die Disponibilität des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und auf dessen freiwillige Preisgabe durch den Substanzträger ankommt629. Auch ist die Sittenwidrigkeit eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes, welches der Einwilligung als Grundlage dient, insoweit irrelevant, da hiervon weder die Rechtswirksamkeit der strafrechtlichen Einwilligung berührt noch ein etwaiger ärztlicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Substanzträgers in

625 Die Einwilligung ist ebenso wie die mutmaßliche Einwilligung ein anerkannter Rechtfertigungsgrund, vgl. Schönke/Schröder/Lenckner, Vorbem §§ 32 ff. StGB, Rdnr. 29 ff. (Einwilligung) und 54 ff. (mutmaßliche Einwilligung). 626 Zum Erlaubnistatbestandsirrtum LK/Schröder, § 16 StGB, Rdnr. 47 ff.; Lackner, § 17 StGB, Rdnr. 9 ff. 627 So jedenfalls die Lehre von der eingeschränkten Schuldtheorie, die die besondere Qualität des zugrunde liegenden Irrtums und den Umstand, daß sich der Täter rechtstreu verhalten will und nur nicht weiß, was er tut, anerkennt und bei der Frage nach einem vorsätzlichen Verhalten des Täters angemessen berücksichtigt, vgl. BGHSt 3, 105 (107). Anders die strenge Schuldtheorie, die auch den Erlaubnistatbestandsirrtum als Verbotsirrtum nach § 17 StGB beurteilt und wegen vorsätzlicher Tatbegehung bestrafen will, vgl. Bockelmann, NJW 1950, S. 830 (831 f.); diese ist jedoch abzulehnen, weil sie der besonderen Motivationslage des Täters nicht Rechnung trägt und im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen führt, vgl. LK/Schroeder, § 16 StGB, Rdnr. 49. 628 Zu den Anforderungen an ein sorgfältiges Verhalten Schönke/Schröder/Cramer, § 15 StGB, Rdnr. 116 ff. Dies hängt insb. davon ab, ob das Fehlen der Einwilligung für den Verletzer ohne weiteres erkennbar ist. 629 Vgl. zu den Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung Dreher/Tröndle, § 226 a StGB, Rdnr. 2; Lackner, § 226 a StGB, Rdnr. 6.

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irgendeiner Weise bemakelt wird 630 . Auf der anderen Seite bedarf es des Vorliegens einer wirksamen Einwilligung für die Verneinung einer Strafbarkeit des Verletzers, da jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen tatbestandsmäßig als Körperverletzung zu bewerten ist, auch der ärztliche Heileingriff 631. Bejaht man das Erfordernis einer wirksamen Einwilligung, gilt es zu klären, welchen Einfluß der Umstand, daß der Arzt bei der Fremdkommerzialisierung neben der Gesundheitsförderung auch eigennützige wirtschaftliche Interessen zum Nachteil des Patienten verfolgt, auf die strafrechtliche Wirksamkeit der Einwilligung in die Abtrennung hat. Setzt man die allgemeinen Anforderungen an eine wirksame Einwilligung als vorliegend voraus632, ist entscheidend, ob dem ärztlichen Heileingriff allein der Zweck der Gesundheitsförderung zugrunde liegen darf oder ob daneben weitere Begleitmotive vorliegen dürfen. Letzteres ist zu bejahen, da regelmäßig neben dem Heilungszweck ein ganzes Bündel weiterer Motive, wie Diagnosezwecke oder wissenschaftlicher Forschungsdrang, vorliegen werden633. Da es somit entscheidend auf die freiwillige Preisgabe der körperlichen Integrität ankommt, hat die dem Patienten unbekannte Weiterverwendungsabsicht des Arztes keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Einwilligung: es geht hier nicht um die unrechtmäßige Erlangung, sondern um die unbefugte Weiterverwendung der abgetrennten Körpersubstanzen634. Neben dem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit kommt bei der eigennützigen nichtkonsentierten Weiterverwendung von Körpersubstanzen eine strafbare Verletzung von Eigentum - soweit der Substanzträger dieses nicht als Folge einer wirksamen dinglichen Einigung an den Ersterwerber verloren hat 635 - oder Vermögen des Substanzträgers in Betracht. Dabei ist die Fremd630

Siehe hierzu v. Bubnoff, GA 1968, S. 65 (70). So jedenfalls die Rechtsprechung, vgl. RGSt 25, 375 (378); BGHSt 11, 111 (112). Anders die Rechtslehre, so Schönke/Schröder/Eser, § 223 StGB, Rdnr. 30; Dreher/Tröndle, § 223 StGB, Rdnr. 9 b; Gössel, BT, § 13 Rdnr. 57, wo beim lege artis und in Heilungsabsicht vorgenommenen ärztlichen Eingriff bereits tatbestandlich keine Körperverletzung angenommen wird, da die Gesundheit des Patienten nicht geschädigt, sondern wiederhergestellt werde. Im einzelnen ist hier vieles im Streit, vgl. hierzu ausführlich Schönke/Schröder/Eser, § 223 StGB, Rdnr. 28 ff. m.w.N. 632 Der Einwilligung muß eine umfassende und intensive Aufklärung des Arztes über mögliche Risiken des ärztlichen Eingriffs vorausgehen, da nur dann von einer freiwilligen Preisgabe des geschützten Rechtsgesetzes ausgegangen werden kann; weiterhin bedarf es der allgemeinen Einwilligungsvoraussetzungen; instruktiv zum Ganzen Gössel, BT, § 13 Rdnr. 59 ff. m.w.N. 633 So Janker, NJW 1987, S. 2897 (2901) zur Durchführung heimlicher AIDS-Tests an entnommenem Blut ohne Einwilligung der Betroffenen; a.A. Eberbach, NJW 1987, S. 1470 (1470 f.). 634 So zutreffend Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 33. 635 Hierzu oben § 911. 631

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kommerzialisierung dann als Diebstahl nach § 242 StGB zu bestrafen 636, wenn der Verletzer den Gewahrsam des Substanzträgers bricht und in Zueignungsabsicht eigenen Gewahrsam an den Körpersubstanzen begründet. Fehlt es an einem Gewahrsamsbruch, weil der Substanzträger seine Körpersubstanzen freiwillig an den Ersterwerber übergeben hat - auch insoweit sei auf die Situation beim Arzt-Patienten-Verhältnis hingewiesen - , ist eine eigennützige Weiterverwendung unter dem Gesichtspunkt einer Unterschlagung, § 246 I StGB, zu prüfen. Eine Strafbarkeit ist insoweit in Gestalt der veruntreuenden Unterschlagung nach § 246 I 2. Alt. StGB zu bejahen, falls der Ersterwerber die Körpersubstanzen in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung eigennützig weiterveräußert und sich hierdurch wie ein Eigentümer geriert 637. Im Bereich der Vermögensdelikte ist neben dem Betrug, § 263 I StGB 638 , eine mögliche Strafbarkeit nach § 266 I StGB wegen Untreue zu prüfen, falls die Fremdkommerzialisierung im Rahmen bestehender Rechtsbeziehungen erfolgt. Dies ist in der zweiten Alternative der Untreue in Form des Treubruchtatbestandes639 denkbar, falls sich aus den zwischen Substanzträger und Ersterwerber bestehenden Rechtsbeziehungen eine Vermögensfürsorgepflicht ableiten läßt. Auch insoweit soll dies exemplarisch am Arztvertrag untersucht werden, weshalb entscheidend ist, ob der Arzt eine Vermögensfürsorgepflicht gegenüber seinem Patienten hat 640 . Für den angloamerikanischen Rechtsbereich wird eine derartige Pflicht bejaht und dem Arzt die Pflicht auferlegt, den Patienten auch hinsichtlich ökonomischer Interessen 636

Die abgetrennten Körpersubstanzen sind eigentumsfähige Sachen i.S.d. § 242 StGB, da sich der strafrechtliche mit dem bürgerlich-rechtlichen Sachbegriff deckt, vgl. nur Schönke/Schröder/Eser, § 242 StGB, Rdnr. 10, 20; Dreher/Tröndle, § 242 StGB, Rdnr. 6 a. 637 Bereits die Anmaßung einer eigentümerähnlichen Rechtsposition genügt für die Bejahung einer Zueignung, vgl. Dreher/Tröndle, § 246 StGB, Rdnr. 13. Auch darf der Arzt - korrespondierend zu den bei der zivilrechtlichen Beurteilung gewonnenen Erkenntnissen - in der Überlassung der entnommenen Körpersubstanzen keine Einwilligung in eine eigennützige Weiterverwendung erblicken. 6 8 ^ Dies wäre im Einzelfall dann zu prüfen, wenn der Arzt bereits im Zeitpunkt der Abtrennung das Ziel verfolgt, die Körpersubstanzen nach erfolgter Diagnose eigennützig, z.B. für Reihenuntersuchungen oder zum direkten Weiterverkauf, zu verwenden. Hierin könnte eine konkludente Täuschungshandlung über den Umgang mit den Substanzen liegen. Hierdurch wird eine Fehlvorstellung beim Patienten verursacht, die in dem Unterlassen einer möglichen wirtschaftlichen Eigennutzung der Körpersubstanzen resultiert und hierdurch einen Vermögensschaden nach sich zieht. Bei entsprechender Bereicherungsabsicht des Arztes wäre dieser nach § 263 I StGB zu bestrafen. Eine konkrete strafrechtliche Beurteilung würde allerdings den begrenzten Rahmen dieser Untersuchung sprengen. 639 § 266 12. Alt. StGB kommt nicht in Betracht, da es an der Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, fehlt, Schönke/Schröder/Lenckner, § 266 StGB, Rdnr. 3. 640 Zur Vermögensfürsorgepflicht im einzelnen LK/Hübner, § 266 StGB, Rdnr. 74.

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zu beraten, die bei abgetrennten Körpersubstanzen im Gewahrsam des Arztes zu beachten sind641. Nach deutschem Rechtsverständnis läßt sich dem Arztvertrag eine derartige Vermögensbetreuungspflicht nur in Ausnahmefällen entnehmen, nämlich dann, wenn dem Patienten finanzielle, Nachteile aus der medizinischen Behandlung drohen642. Im übrigen handelt es sich dabei nur um eine vertragliche Nebenpflicht und insoweit ist anerkannt, daß bloße vertragliche Nebenpflichten keine Vermögensfürsorgepflichten im Sinne des § 266 I StGB begründen können643.

2. Substanzen des Leichnams

Die eigennützige Verwendung von Körpersubstanzen des Leichnams ist - da mangels Eigentumsfähigkeit der Leiche eine Strafbarkeit wegen Diebstahls oder Sachbeschädigung nicht in Betracht kommt644 - strafrechtlich nach § 189 StGB und § 168 I StGB zu beurteilen. Dabei ist eine Strafbarkeit nach § 189 StGB im Rahmen der Fremdkommerzialisierung nur dann zu bejahen, wenn hierin eine Verunglimpfung des Andenkens des verstorbenen Substanzträgers liegt, was eine besonders schwere Ehrenkränkung voraussetzt645. Weiter muß diese Verunglimpfung zur Kenntnis einer noch lebenden Person gebracht werden, so daß nach außen hin nicht erkennbare Manipulationen nicht genügen 646 . Dies bedeutet, daß die Fremdkommerzialisierung nur dann nach § 189 StGB strafbar ist, wenn durch die unerlaubte eigennützige Verwendung der Substanzen das Andenken des Verstorbenen verletzt wurde. Dies wäre zu bejahen, falls hierdurch der Leichnam erheblich entstellt oder die Fremdkommerzialisierung in großem Umfang durchgeführt wurde und dies den Angehörigen zur Kenntnis gelangte. § 168 I StGB schützt - ebenso wie § 189 StGB - die Ehre des Verstorbenen und die Ehrfurcht vor dem Tode ebenso wie das Pietätsempfinden, welches der sterblichen Hülle oder den Überresten des Verstorbenen entgegengebracht wird 647 . Der objektive Tatbestand setzt dabei die 641

Siehe hierzu die Darstellung des Falles "John Moore" bei Taupitz, AcP 191, S. 201 (206). 642 Oben § 9 12 a, aa, ( 1 ) (a) zur - engen - Hinweispflicht des Arztes in wirtschaftlichen Angelegenheiten. 643 So Lackner, §266 StGB, Rdnr. 11; Schönke/Schröder/Lenckner, §266 StGB, Rdnr. 23. 644 Die Leiche ist zwar Sache, jedoch nicht aneignungsfahig und damit nicht fremd, Lackner, § 242 StGB, Rdnr. 4, 7 (zum Diebstahl) und Schönke/Schröder/Stree, § 303 StGB, Rdnr. 4; Schönke/Schröder/Eser, § 242 StGB, Rdnr. 21 (zur Sachbeschädigung). Die Anwendbarkeit von § 303 StGB bei der Leiche verneint auch KG, NJW 1990, S. 782 (783), da es sich nicht um eine fremde Sache handelt. 645 In diesem Sinne Schönke/Schröder/Lenckner, § 189 StGB, Rdnr. 2. 646 So Bay ObLG, JZ 1951, S. 786 (786). 647 LK/Dippel, § 168 StGB, Rdnr. 2.

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unbefugte Wegnahme einer Leiche oder von Leichenteilen aus dem Gewahrsam des Berechtigten voraus. Hierbei besteht Einigkeit darüber, daß der Begriff des Gewahrsams insoweit nicht mit der den §§ 242, 246 StGB zugrunde liegenden tatsächlichen Herrschaftsbeziehung zu einer Sache gleichgesetzt werden kann, da dies im Zusammenhang mit dem Leichnam unangemessen wäre. Vielmehr muß sich der Begriff des Gewahrsams im Rahmen des § 168 I StGB auf die Obhut über die Leiche im Rahmen eines Aufsichts- oder Beobachtungsverhältnisses beziehen648. Im einzelnen besteht jedoch Streit darüber, wie konkret das durch § 168 I StGB geschützte Obhutsverhältnis am Leichnam ausgestaltet sein muß. Überwiegend wird dem rein rechtlich verstandenen Obhutsverhältnis ein Moment der Faktizität zugrunde gelegt und hierdurch gleichsam ein modifizierter Gewahrsamsbegriff an der Leiche geschaffen 649. Voraussetzung des Gewahrsams soll demnach ein gewisses Mindestmaß an Verfügungsgewalt sein. Allein die Berechtigung zum Gewahrsam soll nicht genügen. Als Konsequenz hieraus erlangen die Angehörigen, denen im Rahmen ihres Totensorgerechts die Befugnis zur Durchführung der Bestattung zusteht, erst mit Begründung der Verfügungsgewalt über die Leiche Gewahrsam an ihr, während dieser vorher den bis dahin tatsächlich die Herrschaft Ausübenden zusteht, in der Regel dem Krankenhauspersonal. Findet die Fremdkommerzialisierung somit nach Ableben des Substanzträgers im Krankenhaus statt und wird sie durch das den Gewahrsam an der Leiche ausübende Krankenhauspersonal vorgenommen, scheidet § 168 I StGB wegen fehlendem Gewahrsamsbruch aus650. Dem wird zwar vereinzelt entgegengehalten, daß im Rahmen des Obhutsrechts nicht auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen sei, sondern daß hier das vorrangige, überlagernde Recht der Angehörigen entscheidendes Gewicht gewinne651 und die Straflosigkeit einer Entnahme von Substanzen des Leichnams durch Krankenhauspersonal zu kaum verständlichen Lücken des Tatbestands führe, die vom historischen Gesetzgeber auch nicht gewollt waren 652. Der Lehre vom nur modifizierten Gewahrsamsbegriff ist jedoch zu folgen, da hierfür neben dem eindeutigen, dem Diebstahl zumindest ähnlichen Gesetzeswortlaut auch die faktischen Verhältnisse der Rechtswirklichkeit sprechen, in denen die Angehörigen oft keine Kenntnis vom Tod des Substanzträgers und den konkreten Verhältnissen an der Leiche haben653. Für den häufigen Fall eines Ablebens des Substanzträgers im Kran648

LK/Dippel, § 168 StGB, Rdnr. 23; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT, § 62, Rdnr. 12 umschreibt dies anschaulich damit, daß sich der Gewahrsamkeitsbegriff bei § 168 StGB tatferner und rechtsnäher darstellt. 649 Schönke/Schröder/Lenckner, § 168 StGB, Rdnr. 6; Laubenthal, JR 1992, S. 212 (

65(

> So KG, NJW 1990, S. 782 (783); Lackner, § 168 StGB, Rdnr. 3. LK/Dippel, § 168 StGB, Rdnr. 24; Kallmann, FamRZ 1969, S. 572 (575). 652 Maurach/Schroeder/Maiwald, BT, § 62, Rdnr. 12. 653 So mit Recht Lackner, § 168 StGB, Rdnr. 3. 651

§ 10 Teilergebnis

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kenhaus wird ein Gewahrsam der Angehörigen somit erst dann begründet, wenn diese nach Aufgabe des Herrschaftswillens des Krankenhauses vorbereitende Dispositionen für die Durchführung der Bestattung treffen können654.

§ 10 Teilergebnis Die Frage nach der Zulässigkeit einer Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen und ihrer rechtlichen Folgen muß das Ergebnis einer differenzierten Betrachtung sein. Die Beurteilung derartiger Sachverhalte hat dabei an der Grundunterscheidung ansetzen, daß zwischen einer rechtlich wirksamen Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger und der nichtkonsentierten Fremdkommerzialisierung durch Dritte zu unterscheiden ist. Die im Rahmen dieser Untersuchung im Vordergrund stehende zivilrechtliche Beurteilung ergibt, daß eine rechtsgeschäftliche Eigenkommerzialisierung von Körpersubstanzen des lebenden Menschen sowie des Leichnams in den Grenzen des § 138 I BGB zulässig ist. Dabei gilt, daß die Abtrennung gegen Entgelt nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit entsprechender Kaufverträge führt. Kaufverträge über menschliche Körpersubstanzen verstoßen erst dann gegen § 138 I BGB, wenn dies zu bleibenden Gesundheitsschäden beim Substanzträger führt oder die Gesamtumstände das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzen. Schenkungsverträge sind in noch weiterem Umfang zulässig, da hier kein Gewinnstreben mit den Körpersubstanzen verbunden wird. Äußerste Grenze ist hier allein die Verursachung bleibender erheblicher Gesundheitsschäden beim Substanzträger. Für Substanzen des Leichnams gilt, daß einer Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger nur durch seine unveräußerliche Menschenwürde Grenzen gesetzt sind. Der Leichnam kann weder von den Angehörigen noch den Erben zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden, da ihnen keine eigennützigen Rechtspositionen an der Leiche zustehen. Allein der Substanzträger ist befugt, Teile seines Leichnams zu veräußern oder zu verschenken, wobei er dabei die Formvorschriften des Erbrechts nicht zu beachten hat. Eine Fremdkommerzialisierung abgetrennter Körpersubstanzen ist nicht durch den Substanzträger konsentiert und stellt primär einen Eingriff in das Eigentum des Substanzträgers bzw. nach seinem Tod in das Aneignungsrecht der Erben dar. Nur in Ausnahmefällen wird dadurch gleichzeitig das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzt, falls hierin eine Entwertung seiner personalen Würde zu sehen ist. Die Eigentumsverhältnisse an den fremd654

Schönke/Schröder/Lenckner, § 168 StGB, Rdnr. 6; ebenso KG, NJW 1990, S. 782 (782).

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. Teil Die

kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

kommerzialisierten Körpersubstanzen differieren dabei je nach Fallgestaltung, da bei entsprechendem Empfangerhorizont eine wirksame dingliche Einigung und damit ein Eigentumserwerb des Ersterwerbers anzunehmen sein kann. Ebenfalls differenziert ist die Frage nach Ersatzansprüchen bei einer Fremdkommerzialisierung zu beantworten. Die eigennützige Weiterverwendung kann eine vertragliche Nebenpflicht verletzen und begründet darüber hinaus im Einzelfall deliktische Ansprüche wegen Verletzung des Eigentums oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers. Die Rechtsfolge dieser Schadensersatzansprüche ist jedoch auf den Ersatz eines konkreten Vermögensschadens begrenzt, da die Rechtsprechung des BGH zur Lizenzanalogie wegen des hier anders gelagerten Sachverhaltes nicht übertragbar ist. Ersatz immaterieller Schäden ist nur bei schwerer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu gewähren, wobei allein die eigennützige Weiterverwendung abgetrennter Körpersubstanzen hierfür nicht genügt. Im Bereich der Fremdkommerzialisierung von Leichensubstanzen liegt zwar eine Verletzung des fortwirkenden Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers sowie des Totensorgerechts vor, jedoch sind deliktische Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung beschränkt. Geldersatz hingegen kann in diesen Fällen nicht begehrt werden. Der unerlaubte Eingriff in den Leichnam bleibt jedoch für den Verletzer im Hinblick auf den Ersatz materiellen Schadens nicht sanktionslos, da er hierdurch das mit der Abtrennung der Körpersubstanzen entstehende ausschließliche Aneignungsrecht der Erben verletzt und aus diesem Grund nach § 823 I BGB zum Ersatz materiellen Schadens verpflichtet ist. Die öffentlich-rechtliche Beurteilung zeigt, daß die differenzierte Betrachtung der zivilrechtlichen Vorgänge keinen Einfluß auf die Genehmigung nach § 21 AMG hat, da insoweit der auf die Abwehr von Gesundheitsgefahren gerichtete öffentlich-rechtliche Prüfungsbereich der Behörden eingeschränkt ist. Im Rahmen einer Eigenkommerzialisierung bedarf der Substanzträger weder einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG noch einer Genehmigung nach § 21 AMG. Die strafrechtliche Würdigung der verschiedenen Fallgestaltungen ergibt, daß die Kommerzialisierungsvorgänge auch strafrechtlich relevant sein können. Insbesondere kommt beim lebenden Menschen eine Strafbarkeit des Ersterwerbers wegen Körperverletzung und Diebstahl, bei Substanzen des Leichnams eine Strafbarkeit nach § 168 I StGB wegen Störung der Totenruhe in Betracht. Der Arzt hingegen, welcher menschliche Körpersubstanzen, die er im Rahmen des Behandlungsvorganges entnommen hat, unberechtigt kommerzialisiert, macht sich zwar nicht wegen Untreue strafbar, da der Behänd-

§ 10 Teilergebnis

223

lungsvertrag keine Vermögensfürsorgepflicht des Arztes begründet, wohl aber nach § 24612. Alt. StGB wegen veruntreuender Unterschlagung.

Vierter

Teil

Konservierung, Lagerung, Vermittlung Die obigen Ausführungen haben gezeigt, daß menschliche Körpersubstanzen in weitem Umfang kommerzialisierbar sind und als Wirtschaftsgüter in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden können. Die natürliche Beschaffenheit der Substanzen1 erfordert jedoch in dem Zwischenstadium zwischen Erstkommerzialisierung und einer möglichen Weiterverarbeitung oder Veräußerung im Rahmen einer Folgekommerzialisierung die Vornahme entsprechender konservierender Tätigkeiten oder eine Lagerung der Substanzen, um diese für eine spätere wirtschaftliche Verwendung zu erhalten. Ferner erfolgen in diesem Stadium mitunter Vermittlungsleistungen, um die Nachfrage nach bestimmten Körpersubstanzen durch ein möglichst konstantes Angebot zu befriedigen. Im folgenden soll eine rechtliche Beurteilung dieser Vorgänge vorgenommen werden.

§ 11 Konservierungstätigkeiten Die biologischen Eigenheiten des menschlichen Körpers bedingen es, daß bei den Körpersubstanzen nach der Entnahme aus dem lebenden Körper oder dem Leichnam eine Konservierung vorgenommen werden muß, um sie für eine spätere wirtschaftliche Nutzung zu erhalten2. Hierfür müssen die Substanzen entsprechend behandelt werden: teilweise werden sie dehydriert, in konservierende Lösungen eingebettet3 oder tiefgefroren 4, wobei als Folge dieser Behandlungen mitunter einschneidende Veränderungen an den Sub1

Zu den medizinischen Möglichkeiten der Konservierung menschlicher Körpersubstanzen und der "Verfallsdauer" menschlicher Körperteile vgl. FAZ vom 01.09.1993, Nl. 2 Vgl. hierzu Kübler, Organentnahme zu Transplantationszwecken, S. 122 f.; Geilen, JZ 1971, S. 41 (48). 3 Zu den medizinischen Einzelheiten vgl. FAZ vom 01.09.1993, Ν 1. 4 Zur Konservierung von Sperma in tiefgefrorenem Zustand Deutsch, VersR 1985, S. 700 (700); Dressier, Verfassungsfragen des Embryonenschutzes, S. 6. Auch menschliche Hornhäute werden tiefgefroren aufbewahrt und kurz vor Gebrauch dem Empfanger angepaßt, vgl. FAZ vom 19.02.1992, Ν 2.

§ 11 Konservierungstätigkeiten

225

stanzen vorgenommen werden5. Im Rahmen der Frage nach den rechtlichen Folgen dieser Behandlung zu Konservierungszwecken soll im folgenden zwei Problemen nachgegangen werden: zum einen erfolgt die Konservierung häufig im Rahmen bestehender Rechtsverhältnisse, so wenn im Rahmen einer Eigenspermaspende menschliches Sperma in einem Krankenhaus konserviert wird. Hier ist zu prüfen, inwieweit vertragliche Nebenpflichten verletzt sein können, falls die Konservierung unerlaubt in Rechtsgüter des Substanzträgers eingreift 6. Zum anderen ist zu erörtern, inwieweit entsprechende Konservierungsverträge7, die der Substanzträger mit einem Arzt oder einem Krankenhaus in bezug auf die Konservierung abgetrennter Körpersubstanzen, etwa Blut oder Sperma, abschließt, im Rahmen des § 1381 BGB rechtlich zulässig sind. Zunächst könnte die Konservierung im Einzelfall das Eigentum des Substanzträgers an seinen Körpersubstanzen verletzen. Neben einem direkten Eingriff in das Eigentum durch physische Zerstörung der Körpersubstanzen ist auch die Möglichkeit eines Eigentumsverlustes aufgrund der je nach Sachlage einschlägigen §§ 947, 948 oder 950 BGB zu bedenken8. Diese Vorschriften gelten auch für die Eigentumsverhältnisse bei Verbindung oder Vermischung von Körpersubstanzen mit Konservierungsmitteln, wobei der Substanzträger als ursprünglicher Alleineigentümer entweder Miteigentum erlangt, § 947 I BGB, oder sein Eigentum verliert, §§ 947 II, 950 I BGB9. Zwar gewährt 5

Vgl. Rieger, Lexikon des Arztrechts, Rdnr. 975; zu den physikalischen Veränderungen siehe exemplarisch den Bericht in der FAZ vom 01.09.1993, Ν 1. 6 Vgl. hierzu auch Laufs/Reiling, NJW 1994, S. 775 (775), die bei der schuldhaften Vernichtung einer Kryokonserve ebenfalls eine Vertragsverletzung bejahen. 7 Derartige Verträge sind als Werkverträge zu qualifizieren, §§631 ff. BGB, da der geschuldete Leistungserfolg in der sach- und fachgerechten Behandlung der Körpersubstanzen zu Konservierungszwecken liegt; ähnlich Deutsch, VersR 1985, S. 700 (700). In BGH, NJW 1994, S. 127 (127) wurde die Frage der Rechtsnatur einer Aufbewahrungsverpflichtung für das vernichtete Sperma offengelassen. 8 § 9471 BGB greift ein, wenn die Körpersubstanzen zwar zusammen mit dem Konservierungsmittel eine einheitliche Sache bilden und dabei ihre körperliche Selbständigkeit verlieren, hierdurch jedoch keine neue, sondern eine einheitliche Sache entstanden ist, vgl. Erman/Hefermehl, § 947 BGB, Rdnr. 2, 3. Ist infolge der Konservierung hingegen eine neue Sache entstanden, ist der Anwendungsbereich des § 950 I BGB eröffnet. Die Anwendung dieser Vorschriften kann nur im Einzelfall beurteilt werden und hängt von der konkreten Konservierungsmaßnahme ab. Ähnlich Rieger, Lexikon des Arztrechts, Rdnr. 975, der ebenfalls von einer Verarbeitung der Körpersubstanzen vor Abgabe an die Industrie ausgeht und dem verarbeitenden Arzt nach § 9501 BGB Eigentum an den hergestellten Präparaten zuspricht. 9 Die §§ 946 ff. BGB dienen primär der Klarheit der Zuordnung der Eigentumsrechte, Staudinger/Wiegand, Vorbem zu §§ 946 ff BGB, Rdnr. 1; Soergel/Mühl, Vor §§ 946 BGB, Rdnr. 1. Da es sich insoweit nicht um einen rechtsgeschäftlichen Akt handelt, vgl. RGRK/Pikart, § 947 BGB, Rdnr. 2, kommt eine Prüfung der Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB a priori nicht zur Anwendung. 15 Rolf Müller

226

4. Teil Konservierung, Lagerung, Vermittlung

§ 951 I 1 BGB dem Substanzträger einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch für den erlittenen Rechtsverlust, jedoch ergeben sich hieraus nur die rechtlichen Konsequenzen einer Beeinträchtigung des Eigentums; eine rechtliche Legitimation des Eingriffs ist damit jedoch nicht verbunden10. Sollte der Eigentumsverlust somit nicht durch den Substanzträger konsentiert sein11, stellt dies einen Verstoß gegen die bereits dargestellte Nebenpflicht, im Rahmen der Vertragsabwicklung keine Rechtsgüter des anderen Vertragspartners zu verletzen, dar, und begründet bei schuldhaftem Verhalten einen vertraglichen Schadensersatzanspruch des Substanzträgers12, der in der Rechtsfolge auf Ersatz des Wertes der Körpersubstanzen gerichtet ist. Das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers hingegen ist in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang im Regelfall von geringerer Bedeutung, da allein in der Vornahme von Konservierungstätigkeiten keine Persönlichkeitsverletzung gesehen werden kann, denn dies ist eine Konsequenz der Gleichstellung von Körpersubstanzen mit anderen Sachen. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt zunächst dann zum Tragen, wenn zu der rein konservierenden Behandlung weitere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, die personale Würde des Substanzträger zu verletzen13. Daneben kann der Substanzträger - in Anwendung des fortentwickelten sachenrechtlichen Ansatzes in bezug auf den Umgang mit seinen Körpersubstanzen auch dann Rechte

10

Vgl. Staudinger/Gursky, § 951 BGB, Rdnr. 1; Jauernig/Jauernig, § 951 BGB, Anm. 1, wonach § 951 I BGB nur einen Anspruch auf Geldvergütung für den verlierenden Teil gewährt, jedoch keinen rechtfertigenden Grund für den durch die Rechtsverschiebung entstandenen Vermögenszuwachs beim Verletzer des Eigentums darstellt. 11 Im Einzelfall kann sich aus bestehenden Rechtsbeziehungen eine Befugnis zur Konservierung ergeben. Insoweit ist durch Auslegung, §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, inwieweit ein damit verbundener Eigentumsverlust durch den Vertrag gedeckt ist, was im Zweifel jedoch nicht der Fall sein wird. Zur Auslegung des Arzt-PatientenVertrages vgl. Schröder/Taupitz, Menschliches Blut, S. 47 ff. 12 Insoweit ist anerkannt, daß vertragliche ebenso wie deliktische Ansprüche neben dem Ausgleichsanspruch aus § 951 I 1 BGB bestehen können, was sich letztlich bereits aus § 951 Π 1 BGB ersehen läßt. Ebenso Staudinger/Gursky, § 951 BGB, Rdnr. 52. Die schuldhafte Eigentumsverletzung im Rahmen der Konservierung begründet somit auch deliktische Ersatzansprüche. 13 In Betracht kämen besonders entwürdigende Konservierungsmethoden, die mit dem besonderen Eigenwert, der dem Menschen kraft seiner Persönlichkeit zukommt, nicht vereinbar sind, oder über die reine Konservierung hinausgehende Maßnahmen, die eine ähnliche Eingriffstiefe in die Persönlichkeit des Menschen haben wie es z.B. bei der Genom-Analyse der Fall ist, vgl. hierzu Deutsch, AcP 192, S. 161 (169). Zum Verstoß gegen die Menschenwürde sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht vgl. BVerfGE 45, 187 (228) und Jarass/Pieroth, Art. 1 GG, Rdnr. 4 sowie oben §§ 2, 3 Π 5 b.

§ 12 Lagerung von Körpersubstanzen

227

aus seinem Persönlichkeitsrecht geltend machen, wenn er sein Eigentum an den Substanzen infolge der in den §§ 947 II, 948, 949, 950 I, II BGB zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Wertung verlieren sollte. Hat der Substanzträger somit besondere persönliche Interessen mit den konservierten Körpersubstanzen verbunden, indem er sie zur Übertragung auf eine aus seinem Persönlichkeitsrecht geltend machen, wenn er sein Eigentum bestimmte Person von seinem Körper getrennt hat, so kann er trotz eines möglichen Eigentumsverlustes aus §§ 823 I, 1004 I BGB analog wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes gegen eine abredewidrige Verwendung der Körpersubstanzen vorgehen. Die soeben gewonnenen Ergebnisse sind bei der Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage nach der Zulässigkeit von Konservierungsverträgen aufzunehmen. Eine Konservierung von Körpersubstanzen ist kein per se sittenwidriger Vorgang und verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers im Regelfall nicht. Derartige Verträge sind nur dann nach §1381 BGB 14 nichtig, wenn die Art und Weise der Konservierung den unverzichtbaren personalen Eigenwert des Substanzträgers negiert.

§ 12 Lagerung von Körpersubstanzen Problematischer als die reine Konservierung erscheint die Beantwortung der Frage, inwieweit Körpersubstanzen in Organ- oder Gewebebanken gelagert werden dürfen. Die hierdurch zum Ausdruck gebrachte Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Wirtschaftsgütern wird häufig als zumindest nicht unproblematisch angesehen15. In der Rechtswirklichkeit werden derartige Vorratslager 16 neben der Zwischenlagerung von Knochen und Gewebe oder Augenhornhäuten17 und der Aufbewahrung menschlichen Spermas in 14

Die Grundrechte des Substanzträgers aus Eigentum und allgemeinem Persönlichkeitsrecht sind im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung im Bereich des Privatrechtsverkehrs und insbesondere bei § 138 I BGB zu beachten, vgl. hierzu bereits oben § 2. 15 So Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 75. 16 Diesen Begriff verwenden Wolfslast/Rosenau, NJW 1993, S. 2348 (2348) in bezug auf die Bevorratung von Gewebekonserven in der früheren DDR; ähnlich Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 72. 17 Zur Konservierung von Knochen, Haut, Hornhaut und Gehörknöchelchen vgl. FAZ vom 28.12.1994, Ν 3 und insb. FAZ vom 19.02.1992, Ν 2, wonach diese Körpersubstanzen - anders als Niere, Leber oder Herz - bei entsprechender Behandlung nahezu beliebig lange konserviert werden können. Derartige Gewebe- und Knochenbanken sollen in vielen Ländern der Welt unterhalten werden, so in den USA sowie auch in Entwicklungs- oder Schwellenländern wie China und den Philippinen. Auch in Deutschland werden derartige Gewebe- und Knochenbanken unterhalten, vgl. hierzu auch die Richtlinien zum Führen einer Knochenbank, Dt. Ärztebl. 1987, S. 41 (41 ff.)

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4. Teil Konservierung, Lagerung, Vermittlung

Samenbanken18 auch für die Lagerung von Organen zu Transplantationszwecken verwendet 19. Da eine gesetzliche Kodifizierung dieser Problematik nicht erfolgt ist, ist sie nach den allgemeinen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Nachfolgend soll die Zulässigkeit von entsprechenden Aufbewahrungsverträgen, bei denen der Substanzträger mit einem Krankenhaus oder einer ähnlichen Institution einen Vertrag über die Lagerung abgetrennter Körpersubstanzen wie Blut oder Sperma schließt, im Rahmen des § 138 1 BGB geprüft werden 20 . Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die Lagerung der Körpersubstanzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzt und entsprechende Verwahrungsverträge aus diesem Grund nach § 138 I BGB sittenwidrig sind. Vereinzelt wird die Lagerung von Körpersubstanzen als generell unzulässig angesehen, weil hierdurch Körperteile zu einem Kommerzgegenstand gemacht würden 21. Dem wird in Rechtslehre22 und Rechtin bezug auf die Gewinnung und Aufbewahrung von Knochentransplantaten. Von Knochenbanken in den USA, die menschliche Knochen je nach Bedarf teilen, verpakken und für den Abruf durch entsprechende Kliniken lagern, berichtet Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 72. 18 Vgl. hierzu Budde, Die Wirtschaftsrelevanz der Menschenwürde, S. 132 (zu gewerblichen Samenbanken). 19 Vgl. Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 72. Die Aufbewahrung von Körperorganen zu Vorratszwecken stößt vereinzelt auch auf religiöse Vorbehalte, vgl. hierzu den Bericht in der FAZ vom 14. 03. 1985, S. 9, wonach in Israel die Entnahme und Aufbewahrung von Körperorganen und auch von Haut als Leichenschändung verboten ist und es die sonst üblichen Organvorräte in israelischen Hospitälern nicht gibt. 20 Bei der Lagerung von Körpersubstanzen ist ein Verwahrungsvertrag nach § 688 BGB anzunehmen, da der Verwahrer die Gewährung von Raum und Obhut fur die übergebenen Körpersubstanzen schuldet, vgl. Jauernig/Vollkommer, § 688 BGB, Anm. 4 a zum Inhalt des Verwahrungsvertrages. Anders Deutsch, VersR 1985, S. 700 (700), der keinen reinen Verwahrungsvertrag annimmt, da über die bloße Verwahrung hinaus auch die Konservierung der Körpersubstanzen geschuldet sei, weshalb ein Werkvertrag oder zumindest ein atypischer Verwahrungsvertrag mit einem werkvertraglichen Element vorliegen soll. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß sich bereits aus dem Verwahrungsvertrag als Obhutspflicht die Verpflichtung des Verwahrers ergibt, für die Erhaltung der übergebenen Sache zu sorgen und die entsprechenden Schutzvorrichtungen zu treffen, vgl. nur Staudinger/Reuter, § 688 BGB, Rdnr. 7; RGRK/Krohn, § 688 BGB, Rdnr. 7. Anders als bei der Konservierung tritt hier die Bedeutung des Eigentums in den Hintergrund, jedenfalls soweit die zur Zwischenlagerung notwendigen Maßnahmen keine Verbindung oder Vermischung nach den §§ 947, 948 BGB darstellen und auch keine Verarbeitung i.S.d. § 950 BGB vorgenommen wird. 21 So wohl Kohlhaas, NJW 1967, S. 1489 (1491), ähnlich Budde, Die Wirtschaflsrelevanz der Menschenwürde, S. 132 zu gewerblichen Samenbanken, die dabei von einer Vorwirkung der Menschenwürde auf das noch nicht vorhandene menschliche Leben spricht. 22 Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 75 f.; Carstens, Organtransplantation, S. 175 f.; aus verfassungsrechtlicher Sicht Maurer, DÖV 1980, S. 7 (10); Kübler, Organentnahme zu Transplantationszwecken, S. 122.

§ 12 Lagerung von Körpersubstanzen

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sprechung23 jedoch zu Recht nicht gefolgt, da die Lagerung vor allem im Bereich des Transplantationswesens auch positiv zu bewertende Ergebnisse mit sich bringt. Dabei ist vor allem auf den Umstand hinzuweisen, daß die Lagerung von Körpersubstanzen durch die dann größere Auswahl des Bestandes an gewebeverträglichen Organen oder anderen transplantierbaren Substanzen gleichzeitig auch die Heilungschancen bedürftiger Patienten erhöhen kann24. Die Bevorratung kann somit durchaus auch sittlich zu respektierende Ziele verfolgen 25, weshalb sie nicht per se als sittenwidrig angesehen werden kann. Vielmehr ist im Einzelfall 26 danach zu fragen, ob die konkreten Gesamtumstände der Lagerung gegen die guten Sitten verstoßen. Gegen eine Sittenwidrigkeit spricht neben dem bereits erwähnten medizinischen Nutzen einer erhöhten Gewebeverträglichkeitswahrscheinlichkeit im Transplantationsfall und der grundsätzlichen Gleichstellung der abgetrennten Körpersubstanzen mit anderen Sachen27 auch der Umstand, daß seltene Körpersubstanzen auch ohne konkreten momentanen Bedarf in Zukunft wertvolle medizinische Hilfeleistungen ermöglichen können, weshalb eine Zwischenlagerung derartiger Substanzen medizinisch sinnvolle Ziele unterstützt, was als moralisch hochstehender Umstand im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung des § 138 I BGB gegen eine Nichtigkeit spricht28. Für eine Sittenwidrigkeit können hingegen die konkreten Umstände der Bevorratung sprechen, so wenn der komplette Leichnam aufbewahrt wird und hieraus alle brauchbar erscheinenden Körpersubstanzen entnommen werden und der Kör-

23

Auch der BGH sah in der Aufbewahrung von menschlichem Sperma im Krankenhaus fìlr eine spätere künstliche Befruchtung keinen an sich anstößigen Sachverhalt, vgl. BGH, NJW 1994, S. 127 (127). 24 In diesem Sinne Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 75; Maurer, DÖV 1980, S. 7(10). 25 Ähnlich Eichholz, NJW 1968, S. 2272 (2275). Auch Forkel, JZ 1974, S. 593 (599) sieht in der Lagerung von Organen zu Heilzwecken keinen zu mißbilligenden Vorgang. 2 ° Zur Prüfung der Sittenwidrigkeit bereits oben § 7 Π 1 b, bb. 27 Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 158 f.; Staudinger/Dilcher, § 90 BGB, Rdnr. 16; ähnlich wohl auch Jansen, Blutspende, S. 130 (nach Preisgabe des Persönlichkeitsrechts). 28 In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, daß der Substanzträger durch eine Eigenkommerzialisierung auf die Geltendmachung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes verzichtet hat und deshalb ein Verstoß hiergegen im Rahmen einer Aufbewahrung nur in Extremfallen angenommen werden kann. Zur Zulässigkeit eines Verzichts auf die Ausübung des Persönlichkeitsrechts vgl. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 212 f., 132 f. Ähnlich Helle, Persönlichkeitsrechte, S. 184, der zwar nicht von einem Verzicht als solchen sprechen will, jedoch das Verhalten des Rechtsträgers bei der Interessensabwägung als wesentlichen Faktor berücksichtigt, was letztlich ergebnisäquivalent ist.

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4. Teil Konservierung, Lagerung, Vermittlung

per hierdurch regelrecht ausgeschlachtet wird 29. In diesen Fällen würde der Mensch seines besonderen Eigenwertes beraubt und einer Sache gleichgestellt, was mit seinem Persönlichkeitsrecht nicht vereinbar wäre. Die Lagerung menschlicher Körpersubstanzen ist demnach nur im Einzelfall sittenwidrig, weshalb entsprechende Verwahrungsverträge in den soeben dargestellten Grenzen des § 138 I BGB zulässig sind.

§ 13 Vermittlungsleistungen Eine weitere Möglichkeit, Körpersubstanzen zum Gegenstand von Rechtsgeschäften zu machen, ist ihre Vermittlung zwischen dem Substanzträger und potentiellen Erwerbern der Körpersubstanzen zur Nachfragebefriedigung. Weit verbreitet ist insoweit die altruistisch motivierte unentgeltliche Vermittlung menschlicher Körpersubstanzen zur Verbesserung medizinischer Heilungsmöglichkeiten infolge einer größeren Auswahl notwendiger Körpersubstanzen. Diese Vermittlungstätigkeiten begegnen keinen rechtlichen Bedenken30. Zulässig sind somit insbesondere die Vermittlung von Körperorganen durch Transplantationskliniken im Inland31 oder die dem Vermittlungszentrum "Eurotransplant" in Leiden, Niederlande, vergleichbare Institutionen32, da hierdurch die medizinische Versorgung mit transplantierbaren Organen verbessert wird. Eine differenzierte Beurteilung ist jedoch im Fall der Verknüpfung finanzieller Interessen mit der Vermittlung menschlicher Körpersubstanzen angezeigt. Beispiele hierfür sind vor allem Fälle des Organhandels, bei denen für die Vermittlung von Körperorganen zwischen dem Substanzträ-

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Dieses Argument führen Maurer, DÖV 1980, S. 7 (10) und Kohlhaas, NJW 1970, S. 1224 (1224 f.) an. Sittenwidrig wäre also die Bevorratung vollständiger Leichen für die spätere Entnahme möglicherweise nützlicher Körpersubstanzen. Zum Verstoß gegen die Menschenwürde bereits oben § 2. Exemplarisch sei hier auf die Tätigkeit der Stiftung Eurotransplant in Leiden/Niederlande hingewiesen, die pro Jahr 4200 Organe vermittelt, vgl. FAZ vom 09.10.1993, S. 7/8. In einem Telefonat mit der Stiftung Eurotransplant, Leiden, Frau Haase am 07.02.1994, 16.00 Uhr wurde dem Verfasser mitgeteilt, daß mit der Vermittlung der Körperorgane kein Gewinnstreben verbunden und insbesondere dafür kein Entgelt verlangt wird. Die entstehenden Kosten würden von den Krankenversicherungsträgern der Mitgliedsländer in Form eines jährlich neu auszuhandelnden Beitrages gedeckt. 31 Vgl. hierzu Nrn. 7, 8 des Transplantationscodexes, erarbeitet von der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Transplantationszentren e.V., November 1992, wonach eine Kommerzialisierung der Organspende und der Organtransplantation in jeglicher Form abgelehnt wird und die Modalitäten der Organvermittluung geregelt werden. 32 So auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 71, 73; Carstens, Organtransplantation, S.174 f.

§ 13 Vermittlungsleistungen

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ger und dem Empfänger eine Vermittlungsprovision gefordert wird 33. Derartige Rechtsgeschäfte34 sind nur in den Grenzen des § 138 I BGB zulässig und somit einer wertenden Betrachtung im Einzelfall zu unterziehen. In der Literatur werden diese Rechtsgeschäfte teilweise bereits dann als sittenwidrig eingestuft, wenn bei der Vermittlung der Körpersubstanzen unter kaufmännischen Gesichtspunkten vorgegangen wird 35, da hierdurch unwürdige Geschäfte mit den Körpersubstanzen getrieben würden36. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß durch die Gleichstellung menschlicher Körpersubstanzen mit anderen Sachen die Verknüpfung wirtschaftlicher Interessen mit ihrer Vermittlung für sich alleine betrachtet nicht zur Sittenwidrigkeit führt. Auch gilt es zu bedenken, daß nicht jede Vermittlungsleistung, die menschliche Körpersubstanzen zum Gegenstand hat, sittlich mißbilligt wird. Die Weiterveräußerung von Blut oder Blutplasma in Zusammenhang mit der Herstellung von Blutprodukten zeigt vielmehr, daß derartige Sachverhalte durchaus verbreitet sind und an ihnen kein Anstoß genommen wird. Weiter kann der finanzielle Aspekt nur eines von mehreren Motiven des Vermittlers sein und entsprechende altruistische Begleitmotive könnten ebenfalls gegen eine Sittenwidrigkeit sprechen. Schließlich verlieren die Körpersubstanzen im Rahmen mehrerer Veräußerungen und durch eine möglicherweise vorgenommene Verarbeitung in zunehmendem Maße ihre Verbindung zum Substanzträger, was ebenfalls gegen eine generelle Sittenwidrigkeit von Vermittlungsverträgen spricht. Eine Sittenwidrigkeit von Vermittlungsverträgen über menschliche Körpersubstanzen kann somit nur im Einzelfall zu bejahen sein, wenn die Gesamtumstände aus ethischer Sicht zu mißbilligen sind. Eine entgeltliche Vermittlung kann dann sittenwidrig sein, wenn die Bedürftigkeit des die Körpersubstanzen Nachfragenden von dem Vermittler bewußt ausgenutzt wird 37 oder die Aushandlung des Entgelts dazu führt, daß der medizinische Heilerfolg nicht mehr von der medizinischen Indikation, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

33 Zu rechtstatsächlichen Beispielen hierfür vgl. Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 73, insb. FN 9 zur Tätigkeit von Organmaklern im Inland sowie den Bericht in der FAZ vom 19.06.1993, S. 9 zu einem Fall von Organhandel in Polen, wo als Preis für eine Leber 75.000 DM bis 135.000 DM genannt und eine Lieferzeit von 30 Tagen angeboten wurde. 34 Verpflichtungsgeschäfte, die den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages über menschliche Körpersubstanzen oder deren Vermittlung beinhalten und für das Zustandekommen des Vertrages eine Provision ausbedingen, sind als Maklervertrag i.S.d. § 652 1 1 BGB zu qualifizieren. 35 So Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 76. 36 Kohlhaas, VersR 1970, S. 385 (388) beschreibt hier als Schreckensszenario, daß "in Kühlhäusern von geschäftigen Firmen mit Leichenteilen Geschäfte betrieben werden". 37 Zu denken ist hier an den Fall eines Kranken, der für seine Heilung dringend auf ein bestimmtes Transplantat angewiesen ist.

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4. Teil Konservierung, Lagerung, Vermittlung

des Empfangers abhängt38. In derartigen Fällen müßte auch § 138 II BGB sowie die darin enthaltenen Wertungen allgemeiner Art in bezug auf ein maßloses Gewinnstreben sowie die Ausnutzung der Zwangs- oder Notlage eines anderen entsprechend berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wäre zu prüfen, ob ein System regulierter Provisionen für die Vermittlung von Körpersubstanzen39 diesen Argumenten für das Verdikt der Sittenwidrigkeit die entscheidende Schärfe nehmen könnte. Somit gilt im Ergebnis, daß auch Vermittlungsverträge über menschliche Körpersubstanzen nicht generell, sondern nur im Einzelfall aufgrund der Gesamtumstände sittenwidrig sind.

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Hiervor warnt auch Carstens, Organtransplantation, S. 72. Dieses System wäre der Regelung bei der Blutspende vergleichbar, wo seit Jahren ein mäßiges einheitliches Entgelt gezahlt wird. Ebenso Carstens, Organtransplantation, S. 73; Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 174, 197 f. 39

Fünfter Teil

Die Folgekommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen Eine mögliche Konsequenz einer Erstkommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen ist ihre Weiterverwendung durch den Erwerber zur wirtschaftlichen Nutzung. Diese kann darin bestehen, aus den kommerzialisierten Körpersubstanzen Medikamente, Implantate oder Kosmetika herzustellen1. Generell können die Körpersubstanzen, wie jeder andere Rohstoff auch, von Wirtschaftsunternehmen zur Herstellung anderer Produkte verwendet und dabei erneut zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden. Diese Sekundärverwertung menschlicher Körpersubstanzen soll nachfolgend unter dem Begriff der Folgekommerzialisierung näher untersucht werden. Entsprechend dem Vorgehen bei der Erstkommerzialisierung sollen im Rahmen der zivilrechtlichen Beurteilung die Zulässigkeit von Verpflichtungsgeschäften, die Eigentumsverhältnisse sowie mögliche Ersatzansprüche untersucht werden. Darüber hinaus sollen Bezüge zum Öffentlichen Recht und zum Strafrecht hergestellt werden.

§14 Zivilrechtliche Beurteilung I. Verpflichtungsgeschäfte über erstkommerzialisierte Körpersubstanzen

Als Folge der Gleichstellung mit anderen Sachen können erstkommerzialisierte Körpersubstanzen Gegenstand von - weiteren - Verpflichtungsgeschäften sein2. Die rechtlichen Grenzen dieser Rechtsgeschäfte werden dabei in gleicher Weise wie bei der Erstkommerzialisierung durch § 134 BGB und § 138 I BGB bestimmt. Da auch in bezug auf eine Folgekommerzialisierung kein generelles Verbotsgesetz besteht3, soll nachfolgend eine Beurteilung 1

Zu den Verwendungsmöglichkeiten von Körpersubstanzen oben § 1 ΙΠ. MüKo/H.P. Westermann, § 433 BGB, Rdnr. 3; Staudinger/Köhler, § 433 BGB, Rdnr. 13. 3 Auch insoweit ist auf § 2 I ESchG hinzuweisen. Vgl. auch oben § 7 Π, ΠΙ ζμτ Eigenkommerzialisierung. 2

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5. Teil Die Folgekommerzialisiening menschlicher Körpersubstanzen

derartiger (Folge-) Verpflichtungsgeschäfte nach § 138 I BGB vorgenommen werden. Hierbei ist zunächst auf den bei der Beurteilung der Erstkommerzialisierung gewonnenen Ergebnissen aufzubauen, wonach die Sittenwidrigkeit dieser Rechtsgeschäfte differenziert zu beurteilen ist4. Die dabei herausgearbeiteten Wertungen können zwar auf die Folgekommerzialisierung übertragen werden, sind jedoch zu modifizieren, da die Körpersubstanzen durch die Erstkommerzialisierung bereits zum Gegenstand des Rechtsverkehrs gemacht worden sind. Weiter gilt es zu bedenken, daß möglicherweise erst auf der Ebene der Folgekommerzialisierung eine Verknüpfung wirtschaftlicher Interessen mit den Körpersubstanzen erfolgt 5. Andererseits ist Ausgangspunkt der Beurteilung einer Sittenwidrigkeit der Umstand, daß das zu prüfende Rechtsgeschäft der Folgekommerzialisierung im Rahmen des § 138 I BGB grundsätzlich losgelöst von einer möglicherweise sittenwidrigen Erstkommerzialisierung zu beurteilen ist. Eine Sittenwidrigkeit der Erstkommerzialisierung nach § 138 I BGB löst nicht zwangsläufig eine Fernwirkung dahingehend aus, daß dem sittenwidrigen (Erst-)Verpflichtungsgeschäft nachfolgende weitere Rechtsgeschäfte bereits deshalb sittenwidrig sind6. Der sittliche Gehalt der Folgekommerzialisierung ist vielmehr grundsätzlich selbständig zu beurteilen. Allerdings kann sich im Einzelfall die Sittenwidrigkeit der Erstkommerzialisierung in den hieran anschließenden Verpflichtungsgeschäften fortsetzen, so wenn der Arzt unerlaubt Körpersubstanzen eines Patienten zu verbotenen Forschungszwecken an ein Labor veräußert und dieses die Körpersubstanzen zu den gleichen unerlaubten Forschungszwecken weiterveräußert. Darüber hinaus müssen im Rahmen der Folgekommerzialisierung spezielle Bindungen beachtet werden, die der Substanzträger im Rahmen einer Eigenkommerzialisierung festgelegt hat. So kann ein Rechtsgeschäft auf der Ebene der Folgekommerzialisierung sittenwidrig sein, wenn der Substanzträger seine Körpersubstanzen für einen bestimmten Zweck kommerzialisiert hat, indem er z.B. seine Niere einer bestimmten Person oder einer bestimmten sozialen Institution geschenkt hat und die Niere von dem Ersterwerber abredewidrig weiterveräußert wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers kann der Folgekommerzialisierung im Einzelfall somit Grenzen setzen und bei einem Verstoß gegen diese Bindungen ist das entsprechende Rechtsgeschäft 4

Hierzu oben § 10. So bei einer Schenkung durch den Substanzträger und einer Veräußerung durch den Ersterwerber. 6 So auch Larenz, AT, § 22 ΠΙ c, der dies aus dem Wesen des Abstraktionsprinzips ableitet. Wie hier MüKo/Mayer-Maly, § 138 BGB, Rdnr. 135, 138 a, wonach im Zweifel eine Isolierung der Sittenwidrigkeit auf den konkreten Vertrag anzunehmen und eine Auswirkung auf Konnex- und Folgegeschäfte nur dann zu bejahen sein soll, wenn dem Initiator des sittenwidrigen Geschäftes sonst die Vorteile hieraus trotzdem zukommen würden (so bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis, welches sich auf das sittenwidrige Ausgangsgeschäft bezieht). 5

§ 14 Zivilrechtliche Beurteilung

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nach § 138 I BGB nichtig, denn die Persönlichkeit des Substanzträgers ist auch insoweit zu respektieren. Auf diesen Vorüberlegungen aufbauend ist somit zu prüfen, inwieweit diese Rechtsgeschäfte nach dem sich aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck ergebenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten vereinbar ist7. Die modifizierte Anwendung der Wertungen in bezug auf die Sittenwidrigkeit der Eigenkommerzialisierung ergibt, daß die drei Argumentationsmuster bei der Diskussion der Sittenwidrigkeit auf zwei reduziert werden können: zu berücksichtigen bleiben die Intensität des personalen Bezuges zum Substanzträger sowie die Gesamtumstände der Kommerzialisierung. Auf die Bedeutung für den Gesamtorganismus des Substanzträgers hingegen kann nach erfolgter Erstkommerzialisierung nicht mehr abgestellt werden, da die abgetrennten Körpersubstanzen im Regelfall keine notwendigen Funktionen für den Organismus mehr erfüllen 8. Eine Sittenwidrigkeit der Folgekommerzialisierung kann sich somit zunächst aus einer besonders intensiven fortbestehenden Bindung an die Persönlichkeit des Substanzträgers ergeben. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen zu bejahen, wenn man die abgetrennten Körpersubstanzen richtigerweise als Sachen begreift und eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unabhängig von den Eigentumsverhältnissen prüft 9. Allein die Folgekommerzialisierung und der damit verbundene Umstand, daß die Körpersubstanzen hierdurch erneut zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht werden, stellt noch keinen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers dar. Allerdings können im Einzelfall die besonderen Umstände der Folgekommerzialisierung dennoch das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzen. Neben den bereits erwähnten Bindungen durch den Substanzträger im Rahmen der Eigenkommerzialisierung ist dabei an eine Weiterveräußerung zu unerlaubten medizinischen Zwecken wie der Klonierung des Substanzträgers zu denken.

7

Vgl. hierzu BGHZ 107, 92 (97). Eine andere Beurteilung kann angezeigt sein, falls die Körpersubstanzen im Rahmen einer Eigenblut- oder Eigensamenspende zur Erfüllung einzelner Körperfunktionen "ausgelagert" werden, vgl. BGH, NJW 1994, S. 127 (127 f.). Jedoch gilt es hier zu beachten, daß diese Körpersubstanzen bereits endgültig vom Körper getrennt sind und nur der Behebung einer möglichen zukünftigen Bedarfssituation beim Substanzträger dienen. Die Körpersubstanzen haben somit keine aktuelle Bedeutung für die Funktionsabläufe im Organismus des Substanzträgers und die Zulässigkeit einer Folgekommerzialisierung (die Erstkommerzialisierung wurde durch den Substanzträger in Gestalt eines Verwahrungsvertrages vorgenommen) ist im Rahmen der Gesamtumstände des Rechtsgeschäfts adäquat zu berücksichtigen. 9 So der hier vertretene fortentwickelte sachenrechtliche Ansatz, vgl. Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). Zum Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht bereits oben § 2 und § 3 Π 5 b. 8

236

5. Teil Die Folgekommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

Die Nichtigkeit nach § 138 I BGB hängt bei der Folgekommerzialisierung demnach primär von den Gesamtumständen ab. Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob bereits die Verbindung von Gewinninteressen mit den Körpersubstanzen auf der Ebene der Folgekommerzialisierung zu einer Sittenwidrigkeit entsprechender Rechtsgeschäfte führt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dem bei der Eigenkommerzialisierung häufig angeführten Argument eines unwürdigen Gewinnstrebens durch den Verkauf der eigenen Gesundheit10 bei der Folgekommerzialisierung nicht die gleiche Bedeutung zukommt: der Ersterwerber verkauft nicht die eigene Gesundheit, sondern die des Substanzträgers. Die Verknüpfung finanzieller Interessen mit fremden Körpersubstanzen kann demnach der Veräußerung eigener Körpersubstanzen nicht unreflektiert gleichgestellt werden. Vielmehr ist dieser Umstand an sich in der Gesellschaft akzeptiert, wie die Veräußerung von Blut bei der Herstellung von Blutplasma belegt. Darüber hinaus können durch die Folgekommerzialisierung auch positive Effekte erzielt werden, indem hierdurch andere gesellschaftliche Problemfalle gemildert werden11. Schließlich können neben den finanziellen Interessen des Ersterwerbers auch altruistische Begleitmotive vorliegen, die ebenfalls gegen eine generelle Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte sprechen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß hierdurch auch zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung durch eine Erhöhung der Auswahl an Körpersubstanzen mit der damit verbundenen Steigerung der Wahrscheinlichkeit einer Gewebeverträglichkeit bei bedürftigen Empfängern beigetragen werden kann. Die bei der Eigenkommerzialisierung dargelegten Bedenken gegen eine uneingeschränkte Anwendung der Grundsätze des freien Marktes bei einzelnen Körpersubstanzen, wie z.B. Körperorganen12, gelten jedoch auch bei der Folgekommerzialisierung, da das ungehinderte Walten von Angebot und Nachfrage bei Körpersubstanzen wie der Niere oder der Lunge - vor allem im Transplantationsbereich - mit den hier im Vordergrund stehenden medizinischen Interessen nicht immer in Einklang zu bringen ist. Läßt man in diesem Bereich eine freie Preisbildung zu, würden häufig nicht mehr medizinische, sondern monetäre Faktoren für die Verteilung dieser regelmäßig dringend benötigten Körpersubstanzen ausschlaggebend sein, was dem sittlichen Anstandsgefühl zuwider läuft 13. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf § 138 II BGB sowie auf die in dieser Norm zum Ausdruck gebrachten Wer10

Vgl. nur Schäfer, Verpflanzung von Körper- und Leichenteilen, S. 61. An dieser Stelle sei auf das bereits erwähnte Beispiel verwiesen, daß durch die Verwendung von Körpersubstanzen Tierversuche nicht mehr nötig sein könnten, vgl. hierzu oben § 7 Π 1 b, bb (4). 12 Vgl. hierzu Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 188 ff., 197 und oben § 7 Π 1 b, bb (4). 13 Ebenso Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 29. 11

§ 14 Zivilrechtliche Beurteilung

237

tungen allgemeiner Art einzugehen. Nach § 138 II BGB sind Rechtsgeschäfte insbesondere dann nichtig, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und der Wucherer eine bei seinem Vertragspartner vorliegende besondere Schwächesituation ausnutzt14. Sollten im Einzelfall keine der in § 138 II BGB aufgelisteten Umstände für eine Schwächesituation des Vertragspartners vorliegen, sind die im Wuchertatbestand zum Ausdruck kommenden allgemeinen Wertungen im Rahmen des § 138 I BGB zu berücksichtigen15. Ein Rechtsgeschäft kann somit auch deshalb sittenwidrig sein, weil darin ein sittenwidriges Verhalten gegenüber dem Vertragspartner liegt, indem der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen bewußt zu dessen Nachteil ausnutzt16. Überträgt man diese Überlegungen auf den Verkauf von Körperorganen oder anderen im Regelfall aus medizinischen Gründen von Patienten dringend benötigten Körpersubstanzen, so gilt: entgeltliche Rechtsgeschäfte im Bereich der Folgekommerzialisierung sind - läßt man die speziellen Fallgestaltungen, die § 138 II BGB aufzählt, als wenig praxisrelevant außer Betracht - nach § 138 I BGB nichtig, wenn die nachgefragten Körpersubstanzen für den Vertragspartner aus medizinischen Gründen dringend notwendig sind, so Blut einer seltenen Blutgruppe oder ein besonders gut verträgliches Körperorgan, und der Verkäufer dieser Substanzen die Notlage seines Vertragspartners ausnutzt, indem er einen unangemessen hohen Preis dafür verlangt. Ein System regulierter Preise könnte dabei auch auf der Ebene der Folgekommerzialisierung eine Möglichkeit darstellen, um dem Bedürfnis des Patienten nach Heilung adäquat Rechnung zu tragen, da er sich sonst seine Gesundheit allzu teuer erkaufen müßte, falls er zur Gesundung bestimmte, seltene Körpersubstanzen benötigt. Werden die Preise für Körpersubstanzen, die typischerweise in Notsituationen von Patienten nachgefragt werden, einheitlich festgesetzt, so kann hierdurch die Vereinbarung eines unangemessen hohen Preises unter Ausnutzung einer Notlage des Patienten verhindert werden, womit der für eine Nichtigkeit nach § 138 I BGB ausschlaggebende Mißbrauch einer übermächtigen Stellung zum Nachteil des schwächeren Vertragspartners entfallen würde. In einem so ausgestalteten Umfeld wäre auch die entgeltliche Folgekommerzialisierung von Körperorganen nach § 138 I BGB zulässig. Überschreitet der Ersterwerber bei seinem Verkauf hingegen diese einheitlich festgesetzten Preise, ist der Vertrag sittenwidrig und nichtig.

14 Zu den Voraussetzungen des Wuchers Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 65 ff., insb. 66 und 69. 15 Palandt/Heinrichs, § 138 BGB, Rdnr. 69 und 24. 16 Vgl. hierzu BGH, NJW 1980, S. 445 (446) zur wirtschaftlichen Überlegenheit eines Vertragspartners und BGH, FamRZ 1990, S. 1343 (1344) zur Nichtigkeit eines Schenkungsvertrages, bei dem ausfremder Bedrängnis in sittenwidriger Weise Vorteile gezogen wurden.

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5. Teil Die Folgekommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen I I Eigentumsverhältnisse

Im Rahmen der Erstkommerzialisierung erwirbt bei Trennung vom lebenden Körper der Substanzträger analog § 953 BGB und bei Abtrennung vom Leichnam die Erben des Substanzträgers durch Ausübung ihres Aneignungsrechts bei Begründung von Eigenbesitz nach § 958 I BGB Eigentum an den Körpersubstanzen und dieses kann wirksam auf den Ersterwerber übertragen werden17. Der Ersterwerber erlangt hierdurch Eigentum an den Körpersubstanzen und kann darüber - in den Grenzen, die das Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers setzt - nach Belieben verfugen, es somit auch wirksam auf den Zweiterwerber zur Erfüllung eingegangener Verpflichtüngsgeschäfte übertragen. Auch insoweit erfolgt die Übertragung nach §§ 929 ff. BGB. Erwirbt der Ersterwerber wegen des Fehlens einer dinglichen Einigung kein Eigentum18 und läßt man die Möglichkeit eines gesetzlichen Eigentumserwerbs außer Betracht, kann der Zweit- vom nichtberechtigten Ersterwerber nur kraft guten Glaubens Eigentum erwerben, §§ 932 ff. BGB. Hiebei kommt es wegen § 935 1 1 BGB darauf an, ob der Eigentümer der Körpersubstanzen im Verlauf der Erstkommerzialisierung seinen unmittelbaren Besitz daran unfreiwillig verloren hat19. Dabei ist zwischen vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen und Leichtenteilen zu differenzieren. Bei den vom lebenden Körper abgetrennten Substanzen kommt es insoweit auf den unmittelbaren Besitz des Substanzträgers an, den er mit der Abtrennung begründet20. So ist ein gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers möglich, §§ 932 ff. BGB, wenn der Arzt Patientenblut, welches ihm der Patient zu Untersuchungszwecken überlassen hat, an ein Unternehmen der Pharmaindustrie veräußert, denn der Patient hat seinen unmittelbaren Besitz freiwillig auf den Arzt übertragen. Bei Leichenteilen ist zwischen der Zeit vor Begründung von Eigenbesitz durch die aneignungsberechtigten Erben und der Zeit danach zu unterscheiden. Haben die Erben noch kein Eigentum erworben, so sind die abgetrennten Leichenteile herrenlos und stehen auch nicht nach § 857 BGB im Besitz der Erben21. Der Ersterwerber kann trotz Eigenbesitzbegründung wegen § 958 II BGB kein Eigentum erlangen. Allerdings kann der gutgläubige Zweiterwerber lastenfreies Eigentum an den Leichenteilen erwerben, §§ 932 I, 936 I 1 BGB, denn

17

Im einzelnen oben § 8 I (Eigenkommerzialisierung) und § 9 I (Fremdkommerzialisierung). 18 Oben § 91 1. 19 Zu den Voraussetzungen im einzelnen vgl. Jauernig/Jauernig, § 935 BGB, Anm. 2 b. 20 Im einzelnen zu den Besitzverhältnissen nach Abtrennung vom lebenden Körper oben § 8 I 3. 21 Vgl. hierzu bereits oben § 8 1 4 zu der Frage, ob § 857 BGB direkt oder analog auf abgetrennte Leichenteile angewendet werden kann, was zu verneinen ist.

§ 14 Zivilrechtliche Beurteilung

239

auch das Aneignungsrecht stellt eine Belastung i.S.d. § 936 1 1 BGB dar 22. § 935 I BGB, wonach kein gutgläubiger Eigentumserwerb an abhandengekommenen Sachen möglich ist, steht dem nicht entgegen. Zunächst gilt insoweit, daß die abgetrennten Leichenteile herrenlos sind, also auch kein Eigentümer vorhanden ist, dem sie abhanden kommen könnten. Im übrigen stehen die Leichteile auch nicht im Besitz der Erben, insbesondere kann § 857 BGB keine Anwendung finden. Haben die Erben hingegen durch Begründung von Eigenbesitz Eigentum an den Leichenteilen erworben, § 958 I BGB, kann ein gutgläubiger Erwerb des Zweiterwerbers an § 935 I 1 BGB scheitern, falls die Erben ihren unmittelbaren Besitz unfreiwillig verloren haben. Sollten die Erben unter Einschaltung von Hilfspersonen Eigenbesitz begründet haben, was der Regelfall sein wird, sind verschiedene Fallgestaltungen denkbar. Wurde ein Besitzdiener eingeschaltet, § 855 BGB, so sind allein die Erben Besitzer und ein unfreiwilliger Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft durch den Besitzdiener steht einem Verlust des unmittelbaren Besitzes der Erben gleich. Haben die Erben hingegen einen Besitzmittler eingeschaltet, der Eigenbesitz für sie begründet, indem er selbst unmittelbarer Fremdbesitzer wird und den Erben mittelbaren Eigenbesitz vermittelt, kommt es auf den Besitzverlust beim Besitzmittler an, § 935 I 2 BGB. HL Ersatzansprüche

Wegen der Vielfalt der denkbaren Fallgestaltungen können im Rahmen dieser Untersuchung nicht alle insoweit möglichen Ansprüche umfassend dargestellt werden. Deshalb soll im folgenden nur kurz dargestellt werden, welche Ansprüche im Verhältnis zwischen dem Substanzträger bzw. seinen Erben und einem Zweiterwerber denkbar sind. Infolge des Fehlens vertraglicher Beziehungen stehen dem Substanzträger gegen den Zweiterwerber keine hierauf beruhenden Ersatzansprüche zu. Kondiktionsansprüche aus § 812 I 1, 2. Alt. BGB scheitern infolge einer Leistung im Verhältnis Ersterwerber - Zweiterwerber an der Subsidiarität der Eingriffkondiktion 23. Im Ergebnis bleiben dem Substanzträger somit allein deliktische Ansprüche gegenüber dem Folgeerwerber. Diese sind in verschiedener Hinsicht denkbar: zunächst kann sich der Zweiterwerber bei fortbestehendem Eigentum des Substanzträgers aus § 823 I BGB bei schuldhafter Eigentumsverletzung ersatzpflichtig machen. Ferner können als Konsequenz der fortentwickelten sachenrechtlichen Betrachtungsweise trotz eines Eigentumserwerbs durch den Zweiterwerber dessen Verfügungen über die Körpersubstanzen in das allgemeine Persönlich-

22

So Palandt/Bassenge, § 936 BGB, Rdnr. 1. Vgl. hierzu BGHZ 56, 228 (240); Palandt/Thomas, § 812 BGB, Rdnr. 43; Jauernig/Schlechtriem, § 812 BGB, Anm. Π 4. 23

240

5. Teil Die Folgekommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen

keitsrecht des Substanzträgers eingreifen, wenn hierdurch eine Nichtachtung der personalen Würde zum Ausdruck kommt24. Hieraus können sich deliktische Ersatzansprüche auf Unterlassung oder Widerruf sowie im Einzelfall auch auf Rückübertragung der Körpersubstanzen im Rahmen der Naturalrestitution, §§ 823 I, 249 Satz 1 BGB, ergeben, falls der Substanzträger die Körpersubstanzen für einen bestimmten Empfanger eigenkommerzialisiert hat, diese abredewidrig weiterveräußert wurden und eine Rückübertragung noch möglich ist. Bei schwerwiegenden und anders nicht wiedergutzumachenden Verletzungen können sich aus einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers auch Ansprüche auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ergeben25.Weiter sind auch Ansprüche aus § 823 II BGB bei Verletzung eines Schutzgesetzes denkbar, falls sich der Zweiterwerber im Verhältnis zum Substanzträger strafbar verhält26. Schließlich können die Erben als Aneignungsberechtigte zwar nicht nach § 985 BGB 27 , jedoch im Einzelfall nach § 812 I 1, 2. Alt.BGB sowie nach den §§ 687 II, 681 Satz 2, 667 BGB, bei Besitz des Zweiterwerbers auch nach §§ 823 I, 249 Satz 1 BGB als Naturalrestitution Herausgabe der Körpersubstanzen verlangen28.

§ 15 Öffentlich-rechtliche und strafrechtliche Bezüge Die Folgekommerzialisierung deckt sich in der öffentlich-rechtlichen Beurteilung mit der Erstkommerzialisierung: liegt hierin lediglich eine Zwischenstufe bei der Rohstoflbeschaflung im Rahmen der Herstellung von Arzneimitteln, bedarf es hierfür keiner Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG. Weiter hat die Unwirksamkeit der Folgekommerzialisierung keinen Einfluß auf nach §21 AMG erteilte Zulassungsgenehmigungen für Fertigarzneimittel29. Auch in bezug auf eine strafrechtliche Würdigung der Folgekommerzialisierung gilt es zu konstatieren, daß eine generelle strafrechtliche Regelung für 24 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 349 ff; Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093) und oben § 3 Π 5 b. 25 Im einzelnen zu den Voraussetzungen des Ersatzes immaterieller Schäden bei Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht vgl. BGHZ 26, 249 (354); 35, 363 (369) und oben § 9 12 a, cc (4). 26 Hier ist primär eine Strafbarkeit des Zweiterwerbers nach § 259 I StGB zu prüfen, falls er im Zeitpunkt der Folgekommerzialisierung Kenntnis von einer eigenmächtigen Fremdkommerzialisierung durch den Ersterwerber hatte; zu der möglichen Strafbarkeit des Folgeerwerbers sogleich unten § 15. 27 Die Erben erwerben erst mit Inbesitznahme Eigentum an den Leichenteilen, oben §814. 28 Zu den Rechten des Aneignungsberechtigten vgl. Staudinger/Gursky, § 958 BGB, Rdnr. 12 m.w.N. 29 Im einzelnen hierzu oben § 9 Π.

§ 15 Öffentlich-rechtliche und strafrechtliche Bezüge

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die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen - derzeit - noch nicht besteht30. Die Frage nach einer Strafbarkeit des Zweiterwerbers im Rahmen einer Folgekommerzialisierung bemißt sich somit nach den allgemeinen Strafrechtsnormen und hängt von der konkreten Ausgestaltung des Einzelfalls ab, weshalb im Rahmen dieser Untersuchung insoweit keine vollständige strafrechtliche Beurteilung erfolgen kann, sondern nur punktuelle und exemplarische Hinweise gegeben werden. Hierbei sind - ausgehend vom Ablauf der Kommerzialisierung in der Rechtswirklichkeit - zwei diskussionswürdige Ansatzpunkte erkennbar: zunächst ist eine Teilnahme des Zweiterwerbers an Straftaten des Ersterwerbers zu erwägen, falls er Kenntnis von einer unerlaubten Fremdkommerzialisierung hat und diese Taten in strafbarer Weise unterstützt. Denkbar ist insoweit eine Strafbarkeit des Zweiterwerbers wegen Teilnahme am Betrug, §§ 263 I, 27 StGB, oder an einer Körperverletzung, §§ 223 I, 27 StGB, begangen jeweils durch den Ersterwerber. Daneben ist der Zweiterwerber nach § 259 I StGB wegen Hehlerei zu bestrafen, falls der Ersterwerber die Körpersubstanzen durch Diebstahl oder ein anderes Vermögensdelikt erlangt hat31 und der Zweiterwerber diese rechtswidrige Vermögenslage bewußt und in Bereicherungsabsicht aufrechterhält, indem er die Körpersubstanzen ankauft, sich diese sonst verschafft oder sich an deren Absatz beteiligt32. Hierbei ist anzumerken, daß die Körpersubstanzen als im Eigentum des Substanzträgers stehende Sachen taugliches Tatobjekt der Hehlerei sind33. Eine Strafbarkeit des Zweiterwerbers nach § 168 I StGB kommt jedoch nicht in Betracht, da der Gewahrsam des Ersterwerbers - falls dieser überhaupt selbst nach § 168 I StGB bestraft werden kann34 - nicht der des Berechtigten ist35.

30

Zu der partiellen Regelung in bezug auf den Handel mit Embryonen oben § 9 ΙΠ. Zur aktuellen Gesetzeslage und zum Entwurf eines Strafrechts-Änderungsgesetzes zum Organhandel unten 7. Teil. 31 Dreher/Tröndle, § 259 StGB, Rdnr. 2 (zur Vortat bei der Hehlerei). 32 Im einzelnen zu den Voraussetzungen der Hehlerei Lackner, § 259 StGB, Rdnr. 2 ff. und Schönke/Schröder/Stree, § 259 StGB, Rdnr. 5 ff. 33 Schönke/Schröder/Stree, § 259 StGB, Rdnr. 5. Eine Strafbarkeit wegen Hehlerei scheidet somit dann aus, wenn die Körpersubstanzen vom Leichnam getrennt wurden, da der Vortäter dann nur nach § 168 I StGB strafbar ist und diese Vortat nicht einmal mittelbar dem Schutz privaten Vermögens dient, sondern ausschließlich im Interesse der Totenehre besteht. Im einzelnen zu den Voraussetzungen der Vortat bei § 259 I StGB LK/Ruß, § 259 StGB, Rdnr. 5 m.w.N. 34 Hierzu oben § 9 ΠΙ. 35 Dies hängt vom Einzelfall ab, jedoch sind in aller Regel nur die Angehörigen sowie ausnahmsweise Personen, die befugtermaßen die tatsächliche Gewalt über die Leiche erlangt haben, zur Ausübung ihres Totensorgerechts berechtigt; im einzelnen hierzu LK/Dippel, § 168 StGB, Rdnr. 20 f. 16 Rolf Müller

Sechster Teil

Die Herstellung von Produkten aus Körpersubstanzen Die vom Menschen getrennten Körpersubstanzen sind verkehrsfahige Sachen1 und als solche Verfugungen im Rechtsverkehr zugänglich. In der Rechtswirklichkeit werden sie zum Teil als Rohstoff zur Herstellung anderer Wirtschaftsgüter verwendet2, womit der Substanzträger wirtschaftlich gesehen als Lieferant auftritt. Deshalb ist nachfolgend zu prüfen, inwieweit er dabei nach den allgemeinen Vorschriften haftet. Darüber hinaus soll auch kurz auf die Haftung bei der Herstellung von Medikamenten aus Körpersubstanzen eingegangen werden. Dem Begriff des - aus Körpersubstanzen hergestellten Produktes soll nachfolgend die gleiche Begriffsbestimmung wie allgemein im Produkthaftungsrecht zugrunde liegen, weshalb alle beweglichen Sachen, die sich entweder durch ihre Herstellung oder ihre Gewinnung als Ergebnis menschlicher Tätigkeit darstellen3, darunter fallen. Beschränkungen einer Verkehrsfähigkeit dieser Produkte unter dem Gesichtspunkt der Verwendung von Körpersubstanzen ergeben sich dabei nicht4. Bei der rechtlichen Beurteilung soll insoweit von Fallgestaltungen ausgegangen werden, in denen der Substanzträger im Rahmen wirksamer Verpflichtungsgeschäfte Körpersubstanzen von seinem Körper abtrennt und an Unternehmen der Pharmaindustrie oder an Krankenhäuser verkauft, wo aus den Körpersubstanzen Medikamente oder andere medizinische Präparate hergestellt werden. Ein in der Rechtswirklichkeit verbreiteter Vorgang dieser Art ist der Verkauf von 1

Vgl. nur MüKo/Holch, § 90 BGB, Rdnr. 21 und oben § 6. Neben der Herstellung von Arzneimitteln kommen hier weitere Präparate in Betracht, die aus medizinischen Gründen wegen der notwendigen Gewebeverträglichkeit aus Körpersubstanzen hergestellt werden, so Gewebeimplantate und Trommelfellersatzpräparate. Zu den Möglichkeiten der Verwendung von Körpersubstanzen im einzelnen Der Spiegel 49/1993, S. 68 (68 ff.) und oben § 1 m. 3 Siehe hierzu Landscheidt, Das neue Produkthaftungsrecht, Rdnr. 28. 4 Dies gilt neben der Eigen- auch für die Fremdkommerzialisierung. Es würde der allgemeinen Verkehrsanschauung nicht entsprechen, wollte man nach einer im Regelfall grundlegenden Verarbeitung der Körpersubstanzen die daraus hergestellten Produkte noch mit dem Menschen in Verbindung bringen, von dem sie in gewisser Weise stammen: insoweit ist als rechtstatsächliches Faktum eine Entmenschlichung und Versachlichung der Körpersubstanzen zu konstatieren. 2

§ 16 Haftung des Substanzträgers

243

menschlichem Blut an Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, die das Blut als Rohstoff für die Herstellung von Blutplasmaprodukten verwenden. Die Untersuchung soll dabei auf eine Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger in Gestalt von Kaufverträgen beschränkt werden. Schenkungsverträge über eigene Körpersubstanzen sollen insoweit unberücksichtigt bleiben5. Weiter kann in diesem Zusammenhang nur auf die Veräußerung von Körpersubstanzen eingegangen werden, die vom lebenden Körper abgetrennt werden. Die Folgeprobleme aus einer Veräußerung von Leichenteilen und ihrer anschließenden Verarbeitung zu medizinischen Produkten können an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden.

§ 16 Haftung des Substanzträgers Eine Haftung des Substanzträgers in dem oben geschilderten Produktionsablauf aus einer Veräußerung von Körpersubstanzen an ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie kann sich zunächst aus dem Gewährleistungsrecht ergeben. Daneben sind deliktische Ansprüche sowie eine Anwendbarkeit des ProdHaftG und des AMG zu erörtern. I. Gewährleistungsrecht

In bezug auf eine mögliche Gewährleistungspflicht des Substanzträgers ist zunächst zu prüfen, ob dabei die Vorschriften über die Haftung für Rechtsmängel, §§ 434 ff. BGB, Anwendung finden oder ob er für Sachmängel einzustehen hat, §§ 459 ff. BGB. Ein Ansatzpunkt für eine Rechtsmängelhaftung wäre dabei eine Qualifikation des Kaufvertrages als Rechtskauf. Bejaht man dies, so müßte er nach § 434 BGB Gewähr dafür leisten, daß an dem verkauften Recht keine Rechte Dritter bestehen und haftet nach § 437 BGB nur für den rechtlichen Bestand des verkauften Rechtes, nicht aber für dessen Brauchbarkeit oder Werthaltigkeit. Insoweit kann auf den bereits gewonnenen Ergebnissen aufgebaut werden: schließt der Substanzträger einen Kaufvertrag über abzutrennende Körpersubstanzen ab, so ist dies nicht als Rechts-, sondern als Sachkauf zu qualifizieren 6. Der Verkauf von abzutrennenden Körpersubstanzen stellt einen SachkaufVertrag dar, womit zu prüfen ist, ob der Substanzträger hieraus auch für Sachmängel Gewähr leisten muß, §§ 459 ff. BGB.

5

Auf die in diesen Fallgestaltungen denkbare Haftungsbeschränkung des Schenkers nach § 521 BGB und die eingeschränkte Haftung des Schenkers für Sachmängel, S. 524 BGB, kann an dieser Stelle nur hingewiesen werden. Instruktiv hierzu Schoeller, Organspende, S. 62 f. 6 Oben § 7 Π 1 a, aa.

244

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen 1. Anwendbarkeit

der §§ 459 ff BGB

Das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen gegen den Substanzträger setzt zunächst die Anwendbarkeit der §§ 459 ff. BGB auf entsprechende Kaufverträge voraus. Soweit ersichtlich7, wird eine Sachmängelhaftung des Substanzträgers abgelehnt. Neben nur schwer lösbaren Beweisfragen in bezug auf in Körperorganen angelegte Mängel wird als Begründung dafür angeführt, eine Sachmängelhaftung würde zu einem groben Mißverhältnis zwischen den Parteien führen, da den Käufer ein erhebliches Verwendungsrisiko treffe und der Verkäufer mit einem erheblichen menschlichen und finanziellen Risiko belastet würde8. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß durch die Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen und der damit verbundenen Anwendbarkeit des Kaufrechts zunächst auch von einer Geltung der Vorschriften der Sachmängelhaftung auszugehen ist. Ein genereller Ausschluß von Gewährleistungsverpflichtungen des Substanzträgers stellt eine reine, am - unerwünschten - Ergebnis orientierte Wertungsentscheidung dar, die dem Käufer der Körpersubstanzen, der dafür eine Gegenleistung zu erbringen hat, wesentliche Rechte abschneidet. Dies ergibt sich letztlich auch unter Berücksichtigung der dogmatischen Grundlagen der Sachmängelhaftung. Diese liegen zum einen in dem enttäuschten Vertrauen des Käufers, der entsprechende Erwartungen mit der Kaufsache verbunden hat, und weiter in dem infolge der Mangelhaftigkeit nicht mehr ausgeglichenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung9. Diese enttäuschte Erwartungshaltung und das unausgewogene Austauschverhältnis sind auch dann gegeben, wenn der Käufer die gelieferten Körpersubstanzen bei Vorliegen gebrauchsmindernder Mängel nicht für den von ihm mit dem Kauf intendierten Zweck verwenden kann10. Der Käufer trägt zwar grundsätzlich das Verwendungsrisiko hinsichtlich einer Verwendbarkeit der Kaufsache für den von ihm intendierten Zweck, kann jedoch erwarten, daß er für seinen Kaufpreis eine Ware von angemessenem Wert erhält. Fehlt es an dieser Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung, muß der 7 Die Frage nach einer Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts wird - falls überhaupt - nur am Rande angesprochen und nicht vertieft behandelt, vgl. Schünemann, Rechte am menschlichen Körper, S. 192 (die Frage sei bei einem Entgelt für den "Spender" zu überdenken). Tress, Organtransplantation, S. 113 ff. beschränkt seine Ausführungen auf Ersatzansprüche wegen p W , Jansen, Blutspende, S. 144 ff. untersucht lediglich deliktische Ansprüche. Schoeller, Organspende, S. 54, prüft eine Anwendbarkeit der §§ 459 ff. BGB nicht, weil sie den von ihr untersuchten Organkaufvertrag für sittenwidrig hält und es deshalb an einem wirksamen Kaufvertrag fehlt. 8 Mit diesen Argumenten lehnt Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 30 ff. eine Anwendbarkeit der §§ 459 ff. BGB auf den Verkauf von Organen ab. 9 Zu den dogmatischen Grundlagen der Sachmängelhaftung vgl. Esser/Weyers, SchR BT, § 5 11; MüKo/H.P. Westermann, § 459 BGB, Rdnr. 8,4, jeweils m.w.N. 10 So beim Kauf von Blut zur Herstellung von Blutplasma im Falle einer Infizierung des gekauften Blutes mit HIV-Viren, vgl. hierzu Die Zeit 47/1993, S. 21 ff.

§ 16 Haftung des Substanzträgers

245

Käufer die Möglichkeit haben, das angestrebte ausgewogene Verhältnis in Form von Gewährleistungsrechten durch Herabsetzung der Gegenleistungsverpflichtung herzustellen oder sich ganz von der Kaufpreiszahlungspflicht zu lösen11. Dieses Interesse des Käufers ist auch schutzwürdig, da er das Risiko der NichtVerwendbarkeit der Körpersubstanzen bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht in jedem Fall angemessen berücksichtigen kann12. Im Ergebnis ist somit von einer Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung auf den Verkauf von Körpersubstanzen auszugehen. Die Gewährleistungsrechte des Käufers sind dabei von einem Verschulden des Substanzträgers ebenso unabhängig13 wie von einer Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Körpersubstanzen oder einem Vertrauen in deren Fehlelfreiheit 14. Der Käufer von Körpersubstanzen hat bei Vorliegen eines Sachmangels die Rechte aus §§459, 462, 465, 467, 346 ff. BGB auf Wandelung oder Minderung, bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder arglistigem Verschweigen eines Fehlers auch einen Schadensersatzanspruch aus § 463 Satz 1 BGB.

2. Fehlerhaftigkeit

der Körpersubstanzen § 459I, II BGB

Weichen die gelieferten Körpersubstanzen in gebrauchsmindernder Weise von der vertraglich vereinbarten oder der durchschnittlichen Qualität vergleichbarer Körpersubstanzen ab, so sind sie als fehlerhafte Kaufsachen anzusehen15. Als Folge der Individualität der Körpersubstanzen liegt eine Stücksa11

Vgl. hierzu auch Esser/Weyers, SchR BT, § 5 I 1 zur Funktion der Gewährleistungsrechte. 12 Häufig wird dem Käufer die potentielle Minderwertigkeit auch nicht bewußt sein. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß eine Anwendung der Sachmängelhaftung dann problematisch wird, wenn für einzelne Körpersubstanzen administrierte Preise festgesetzt werden, da hierdurch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gestört ist. Dies hat auch Rückwirkungen auf die Anwendbarkeit der §§ 459 ff. BGB. Diesen Fragen kann in dem begrenzten Rahmen dieser Arbeit nicht nachgegangen werden. 13 Dies entspricht dem Wesen der Gewährleistungsrechte als verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Verkäufers für enttäuschtes Vertrauen des Käufers, vgl. hierzu Staudinger/Honsell, Vorbem zu § 459 BGB, Rdnr. 3 und MüKo/H.P. Westermann, § 459 BGB, Rdnr. 4. 14 Hierzu Soergel/Huber, Vor § 459 BGB, Rdnr. 2. 15 Der Fehlerbegriff im Gewährleistungsrecht ist umstritten. Die überwiegend vertretene Lehre vom subjektiven Fehlerbegriff stellt richtigerweise primär auf die von den Parteien vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache ab, vgl. MüKo/H.P. Westermann, § 459 BGB, Rdnr. 8 ff.; Soergel/Huber, § 459 BGB, Rdnr. 20; BGHZ 90, 198 (202). Anders die Lehre vom objektiven Fehlerbegriff, die allein ein Zurückbleiben der Kaufsache hinter allgemein üblichen Standards bei der Prüfung der Fehlerhaftigkeit berücksichtigen will, so Knöpfle, NJW 1987, S. 801 (801 ff., insb. 807), der dabei allerdings verkennt, daß der Kaufvertrag als Grundlage der Sachmängelgewährleistung

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen che vor 1 6 , weshalb die beim Gattungskauf in bezug auf eine Fehlerhaftigkeit der Kaufsache auftretenden besonderen Rechtsprobleme17 hier nicht relevant werden. Eine Fehlerhaftigkeit kann sich in der Rechtswirklichkeit vor allem in den Fällen ergeben, in denen die gelieferten Körpersubstanzen infolge einer Krankheit des Substanzträgers nicht mehr als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Medikamenten geeignet sind, da die Krankheitserreger über das Medikament auf den Verwender übertragen werden können 18 . Den Verkäufer menschlicher Körpersubstanzen trifft somit die verschuldensunabhängige Einstandspflicht der §§ 459 ff. BGB ebenso wie jeden anderen Verkäufer auch. Neben der gebrauchsmindernden Beschaffenheit begründet sich eine Fehlerhaftigkeit der Körpersubstanzen weiter in dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften, § 459 I I BGB 1 9 . Dies setzt voraus, daß der Verkäufer der Körpersubstanzen erkennbar die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft übernehmen und für das Fehlen einstehen will 2 0 . Fraglich ist, wann neben den eindeutigen Fällen einer ausdrücklichen Zusicherung bei der Veräußerung von Körpersubstanzen eine stillschweigende Zusicherung des

das entscheidende Kriterium für die Fehlerhaftigkeit einer Kaufsache ist und dem Parteiwillen demnach der Vorrang gebührt, vgl. Soergel/Huber, § 459 BGB, Rdnr. 20 m.w.N. 16 Eine Gattungssache "Blut" oder "Knochen" wäre nur dann anzunehmen, wenn der Substanzträger als Schuldner - unter Berücksichtigung der physischen Beschaffenheit seines Körpers - eine Auswahlmöglichkeiten hat, um die geschuldete Sache anderweitig zu beschaffen. Vgl. hierzu auch Jansen, Blutspende, S. 19 f., der bei der Prüfung der Sachqualität des menschlichen Körpers auf die Einmaligkeit der Körpersubstanzen abstellt. Im Einzelfall könnte eine Gattungsschuld i.S.d. § 243 I BGB als beschränkte Gattungs- oder Vorratsschuld bejaht werden, falls es sich beim Kaufgegenstand um Teile eines bestimmten Vorrates des Substanzträgers handelt, so beim Verkauf einer bestimmten Menge Blut. Zur Abgrenzung von Stück- und Gattungskauf vgl. Staudinger/Medicus, § 243 BGB, Rdnr. 11 m.w.N. 17 Zum erweiterten Fehlerbegriff und zum Streit um die Frage, ob der erweiterte Fehlerbegriff des § 378 HGB auch auf die Sachmängelhaftung des BGB und somit auf § 480 I BGB anzuwenden ist, vgl. Soergel/Huber, Vor § 459 BGB, Rdnr. 124 ff.; Palandt/ Putzo, § 480 BGB, Rdnr. 1, jeweils m.w.N. 18 Als aktuelles Beispiel für diesen Sachverhalt kann die Diskussion über die Haftung bei AIDS-infizierten Blutkonserven als Folge der Verwendung von HIVinfiziertem "Spenderblut dienen, vgl. BGH, NJW 1991, S. 1948 (1949 ff.); Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 132 und Giesen/Poll, RIW 1993, S. 265 (265 ff.), letztere vor allem auch zum Vergleich zwischen deutschem und amerikanischem Recht. Instruktiv - in rechtstatsächlicher Hinsicht - ist auch der Bericht in Die Zeit 47/1993, S. 21 ff. zur sog. "Blutspendeaffäre". 19 Zum Verhältnis zwischen § 459 I und § 459 Π BGB und zur praktischen Bedeutung der Zusicherungshaftung außerhalb des § 463 BGB vgl. Soergel/Huber, § 459 BGB, Rdnr. 128 ff. m.w.N. 20 BGHZ 48, 118 (122); 59, 158 (161); MüKo/H.P. Westermann, §459 BGB, Rdnr. 52.

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Verkäufers - mit den hieraus resultierenden weitergehenden Haftungsfolgen des § 463 BGB - anzunehmen ist. Zu klären gilt vor allem, ob beim Verkauf stillschweigend zugesichert wird, die Körpersubstanzen seien frei von Krankheitskeimen. Die Rechtsprechung nimmt in verschiedenen Fallkonstellationen eine stillschweigende Zusicherung als Ausnahmefall dann an, wenn der Käufer die Äußerungen des Verkäufers unter Einbeziehung seines sonstigen Verhaltens und der Gesamtumstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte im Sinne einer besonderen Einstandspflicht verstehen durfte 21. In dem hier vorliegenden Sachverhalt könnte ein besonderes Schutzbedürfnis der Käufer von Körpersubstanzen für die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung der Nichtinfizierung mit Krankheitskeimen sprechen, da eine solche Infizierung die Kaufsache für den Käufer unbrauchbar macht und dieser Umstand somit für ihn von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluß ist22. Entscheidend ist insoweit die Frage, ob hierin eine derart bedeutsame Eigenschaft der Körpersubstanzen zu sehen ist, daß der Käufer hierauf besonderes Gewicht legt und bereits dies die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung rechtfertigt. Trotz der unbestrittenen Bedeutsamkeit für den Käufer kann jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände allein in dem Verkauf von Körpersubstanzen keine stillschweigende Zusicherung einer Nichtinfizierung gesehen werden, da eine derartige, nur durch eine Zusicherungshaftung zu befriedigende Schutzbedürftigkeit im Regelfall zu verneinen ist23. Weiter ist jedoch entscheidend darauf abzustellen, daß die bloße Kenntnis des Verkäufers von dem vom Käufer intendierten Verwendungszweck für die Bejahung einer konkludenten Zusicherung nicht genügen kann24. Auch bei beiderseitiger Kenntnis der Parteien von der Bedeutsamkeit des Fehlens oder Vorliegens einer bestimmten Eigenschaft ist eine weitere notwendige Voraussetzung, daß der Käufer aus dem Gesamtverhalten des Verkäufers auf einen Willen zur Übernahme der Gewähr für das

21 Vgl. Staudinger/Honsell, § 459 BGB, Rdnr. 75 - unter Berufung auf BGHZ 59, 158 (161) - und Rdnr. 76 ff. zur Fallgruppenbildung der Rechtsprechung. Ähnlich Soergel/Huber, Vor § 459 BGB, Rdnr. 86 ff. 22 Vgl. hierzu Soergel/Huber, Vor § 459 BGB, Rdnr. 84 f. unter Berufung auf BGHZ 59, 158 (160 f.), wonach ein besonderes Schutzbedürfnis dann anzunehmen ist, wenn die Haftung aus p W und Delikt nicht ausreichend erscheint, um den berechtigten Interessen des Käufers Rechnung zu tragen. Vgl. hierzu auch Jauernig/Vollkommer, § 459 BGB, Anm. ΠΙ 4, der die besondere Bedeutung der Eigenschaft für den beabsichtigten und dem Verkäufer bekannten Verwendungszweck im Einzelfall berücksichtigen will. 23 Ebenso Soergel/Huber, Vor § 459 BGB, Rdnr. 85. 24 In diesem Sinne Staudinger/Honsell, § 459 BGB, Rdnr. 80; ähnlich BGH, WM 1971, S. 1121 (1123).

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

Nichtvorhandensein von Krankheitskeimen schließen darf 25. Dies ist beim Verkauf von Körpersubstanzen zu verneinen, da die Infizierung für den Verkäufer nicht in allen Fällen ohne weiteres erkennbar ist und der Käufer in dieser Situation nicht von einer Einstandspflicht des Verkäufers ausgehen darf. Vielmehr liegt es an ihm, die für ihn essentiellen Eigenschaften der gekauften Körpersubstanzen durch Einholung einer ausdrücklichen Zusicherung des Verkäufers zum Vertragsgegenstand zu machen.

3. Gewährleistungsausschluß

Die Sachmängelhaftung der §§ 459 ff. BGB ist dispositives Recht26. Eine Freizeichnung des Verkäufers von Körpersubstanzen ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der §§ 476, 242 BGB möglich, in den Grenzen der §§ 11, 10 AGBG auch bei der Verwendung von AGB. Zu prüfen ist jedoch, ob die besondere Herkunft der Körpersubstanzen27 die Annahme eines generellen Ausschlusses der Gewährleistung erfordert, da es auf den ersten Blick befremdet, den Verkäufer von Körpersubstanzen und vor allem den Substanzträger beim Verkauf eigener Körpersubstanzen wie jeden anderen Sachlieferanten auch der Gewährleistungspflicht zu unterwerfen 28. Ein genereller, direkt auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers gestützter Gewährleistungsausschluß ist jedoch abzulehnen, da dies mit der Systematik und den dogmatischen Grundlagen des Gewährleistungsrechts nicht vereinbar wäre. Die unbedingte, verschuldensunabhängige Einstandspflicht für die veräußerten Körpersubstanzen trifft den Verkäufer kraft Gesetzes29 und ist eine Folge der Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen. Folgt man dem konsequent, kann ein Gewährleistungsausschluß nur in den Fällen eingreifen, in denen das Gewährleistungsrecht dies vorsieht. Hier gilt zunächst, daß ein genereller Haftungsausschluß weder durch eine entsprechende Verkehrssitte30 25

Vgl. hierzu BGHZ 59, 158 (161) zu den Voraussetzungen der berechtigten Annahme einer Zusicherung durch den Käufer. Ebenso Staudinger/Honsell, § 459 BGB, Rdnr. 80. 26 Vgl. hierzu den Wortlaut von § 476 BGB und Jauernig/Vollkommer, § 476 BGB, Anm. 1 a. 27 Ähnlich Taupitz, JZ 1992, S. 1089 (1093). 28 Hieran knüpft wohl auch Maier, Verkauf von Körperorganen, S. 32 an, der eine Anwendung des Gewährleistungsrechts verneint, weil der Ausnahmefall des Verkaufs menschlicher Organe vorliege. 29 Vgl. Staudinger/Honsell, § 459 BGB, Rdnr. 3 zur dogmatischen Ableitung der Sachmängelhaftung. 30 Ein Handelsbrauch nach § 346 HGB kann ebenso wie eine entsprechende Verkehrssitte einen generellen Haftungsausschluß begründen, vgl. hierzu Soergel/Huber, § 459 BGB, Rdnr. 117; Staudinger/Honsell, § 476 BGB, Rdnr. 1. In bezug auf eine Veräußerung von Körpersubstanzen existiert jedoch kein derartiger Handelsbrauch.

§ 16 Haftung des Substanzträgers

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noch qua Gesetz31 begründet werden kann. Eine analoge Anwendung gesetzlicher Haftungsausschlüsse scheitert am Vorliegen einer vergleichbaren Interessenslage32. Ein genereller Haftungsausschluß könnte allenfalls im Rahmen des § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt einer zu weitgehenden Versachlichung der Körpersubstanzen begründet werden. Jedoch ist auch insoweit von der Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen auszugehen und zu bedenken, daß allein die Veräußerung ebensowenig wie eine hieraus resultierende Sachmängelhaftung bereits das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzen, soweit nicht besondere Umstände hinzutreten33. Demnach ist ein genereller Haftungsausschluß beim Verkauf von Körpersubstanzen zu verneinen. Will sich der Verkäufer von seiner Gewährleistungspflicht befreien, so kann er dies im Rahmen der allgemein hierfür geltenden Vorschriften durch ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluß herbeiführen 34. Π. Deliktische Ansprüche

Bei der Prüfung deliktischer Ansprüche gegen den Substanzträger soll berücksichtigt werden, daß die abgetrennten Körpersubstanzen häufig vom Ersterwerber weiterveräußert werden. Ansprüche eines Folgeerwerbers der veräußerten Körpersubstanzen gegen den Substanzträger aus Unerlaubter Handlung, § 823 I BGB, sind denkbar, falls als kausale Folge der Veräußerung35 Rechtsgüter des Folgeerwerbers verletzt wurden und dieser Schaden dem Sub-

31

§ 461 BGB sieht für öffentlich versteigerte Sachen einen generellen Haftungsausschluß vor; eine dem entsprechende Norm fehlt für den Verkauf von Körpersubstanzen. 32 Zu den Voraussetzungen der Analogie vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 269 ff. Die bei § 461 BGB vorliegende Situation ist dadurch geprägt, daß dem Versteigerer nicht zugemutet werden kann, eine Gewähr für die versteigerte Sache zu übernehmen und der Ersteigerer sich darüber auch im Klaren ist, vgl. Staudinger/Honsell, § 461 BGB, Rdnr. 1. Diese Unzumutbarkeit einer Prüfung der Beschaffenheit der Kaufsache kann bei Körpersubstanzen, die der Verkäufer gewollt verkauft, im Rahmen der hier untersuchten Fallgestaltung nicht bejaht werden. 33 Hierzu bereits oben § 2 und § 3 Π 5 b. 34 Vgl. insb. zu den Voraussetzungen eines stillschweigenden Gewährleistungsausschlusses Soergel/Huber, § 459 BGB, Rdnr. 117. Dieser muß sich allerdings aus den äußeren Umständen ergeben. 35 Die Rechtsgutsverletzung ist dem Substanzträger als Veräußerer aufgrund aktiven Tuns zurechenbar, welches in der Veräußerung der Substanzen liegt. Der Zurechnung eines Unterlassens infolge fehlender Untersuchung der Körpersubstanzen im Rahmen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bedarf es somit nicht. Vgl. allgemein zu der Zurechnung von aktivem Tun und Unterlassen Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. ΠΒ.

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

stanzträger zuzurechnen ist. Neben einer Eigentumsverletzung36 ist vor allem an eine mögliche Gesundheitsverletzung zu denken, falls diese durch die veräußerten Körpersubstanzen verursacht wurde37. Ein Verschulden des Substanzträgers ist zu bejahen, wenn er bei Entfaltung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, daß die von ihm verkauften Körpersubstanzen mit Krankheitserregern 38 infiziert sind. Neben Ansprüchen aus § 823 I BGB kann der Folgeerwerber auch aus § 823 II BGB ersatzberechtigt sein, wobei als Schutzgesetze neben dem Geschlechtskrankheitengesetz39 weitere Gesetze in Betracht kommen, die dem Schutz des Erwerbers dienen40. Neben einer deliktischen Ersatzpflicht des Substanzträgers sind auch Ansprüche des Folgeerwerbers gegen den Ersterwerber aus Deliktsrecht zu prüfen, falls dieser schuldhaft Rechtsgüter des Folgeerwerbers verletzt, die nach § 823 I BGB geschützt sind. Hierbei soll nachfolgend auf zwei sich daraus ergebende Problembereiche eingegangen werden: auf die Haftung des Substanzträgers für Folgeschäden der Erstkommerzialisierung sowie die rechtliche Bedeutung einer vertraglichen Haftungsfreistellung bei Vorliegen deliktischer Ansprüche des Folgeerwerbers gegen Substanzträger und Ersterwerber. Der Frage nach dem ersatzfahigen Schaden soll zunächst der Sachverhalt zugrunde gelegt werden, daß der veräußernde Substanzträger schuldhaft mit Krankheitserregern infizierte Körpersubstanzen, etwa mit Aids-Erregern infiziertes Blut, verkauft und hierdurch entweder Eigentum des Ersterwerbers verletzt wird 41 oder durch die Verwendung hieraus hergestellter Produkte Dritte

36

Eine solche ist denkbar bei der Veräußerung von infiziertem Blut, falls die Krankheitserreger auf bisher unverseuchtes Blut übertragen werden und dieses hierdurch wertlos wird. 37 Jansen, Blutspende, S. 144 ff. diskutiert diesen Sachverhalt exemplarisch an der "Spende" infizierten Bluts und bejaht deliktische Ansprüche gegen den "Spender", mißt dem aber wegen der gleichzeitig bestehenden Haftung von Arzt oder Blutspendedienst keine praktische Bedeutimg zu. 38 Neben der Übertragung von Geschlechtskrankheiten kommt dabei vor allem erne Infizierung mit HIV-Viren in Betracht. Eine generelle Untersuchungspflicht für den Veräußerer ist zu verneinen, da dies nicht zuletzt wegen der enormen, damit verbundenen Kosten nicht durchführbar wäre und seinen Pflichtenkreis überdehnen würde. 39 Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23.07.1973 (BGBl. I, S. 700); vgl. hierzu auch Jansen, Blutspende, S. 146 FN 2 und Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 603 und Rdnr. 28 ff. 40 Hierbei kommen vor allem § 223 I StGB und § 230 StGB in Betracht, vgl. Erman/Schiemann, § 823 BGB, Rdnr. 160; Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 600 zur Qualifikation dieser strafrechtlichen Tatbestände als Schutzgesetze. 41 So in Fällen, in denen der Substanzträger Aids-infiziertes Blut zur Plasmaherstellung veräußert und hierdurch der ansonsten intakte Blutplasmavorrat des Unternehmens infiziert und unbrauchbar wird.

§ 16 Haftung des Substanzträgers

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an der Gesundheit beschädigt werden42. Insoweit ist anerkannt, daß nach § 823 I BGB neben dem unmittelbaren auch mittelbare Schäden zu ersetzen sind, soweit dieser Folgeschaden in den Schutzbereich des Gesetzes fallt 43. Bei der Verunreinigung von Blutplasma durch krankheitsinfiziertes Blut gilt, daß das unversehrte Blutplasma Eigentumsschutz genießt und der hieraus entstehende Schaden als unmittelbarer Schaden nach § 823 I BGB ersatzfahig ist44. Auch bei Gesundheitsverletzungen Dritter liegt ein unmittelbarer Schaden vor, da beim deliktischen Verletzungsverhalten der Verletzungserfolg und nicht etwa das schädigende Verhalten im Vordergrund steht45. Dieser ist auch adäquat kausal verursacht worden, da die Gesundheitsverletzung des Dritten bei der allgemein bekannten Weiterverwendung von "Spenderblut" zur Herstellung von Blutplasma nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt und dies für einen optimalen Beobachter bei Kenntnis aller relevanten Umstände aufgrund einer objektiv-nachträglichen Prognose durchaus erkennbar ist46. Ist ein Verschulden des Veräußerers zu bejahen, weil er bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt Kenntnis von seiner Krankheit hätte haben können, gilt es schließlich zu prüfen, ob der beim Dritten entstandene Schaden dem Schädiger im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zuzurechnen ist. Auch dies ist zu bejahen, denn in der beim Dritten verursachten Gesundheitsbeschädigung hat sich genau die Gefahr verwirklicht, für die der Substanzträger durch den Verkauf der Körpersubstanzen die Ursache gesetzt 42

Zu Fällen der Weiterverwendung von Aids-infiziertem Blut bei der Herstellung von Blutplasma oder Medikamenten vgl. Die Zeit 47/1993, S. 21 zum sog. "Aids"Skandal im Zusammenhang mit dem Verkauf von Blutplasmaprodukten. Zur Gesundheitsbeschädigung bei der Infizierung mit HIV-Viren vgl. BGH, NJW 1991, S. 1948 (1949) und die Urteilsbesprechung durch Deutsch, NJW 1991, S. 1937 (1937 f.): die Gesundheitsbeschädigung ist bereits mit Infizierung und nicht erst bei Krankheitsausbruch erfüllt. 43 Vgl. nur Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 536; Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. Π Β 2 c, bb, jeweils m.w.N. 44 Insoweit liegt kein sog. "Weiterfresserschaden" vor, da durch die Lieferung der mangelhaften Körpersubstanzen und der Übertragung der Krankheitskeime auf bisher unversehrte Sachen das Eigentum des Substanzträgers am Blutplasma verletzt worden ist. Zur Problematik der Eigentumsverletzung beim Verkauf einer mangelhaften Sache vgl. allgemein RGRK/Steffen, Vor § 823 BGB, Rdnr. 39; BGHZ 67, 359 (364 f.); 86, 256 (259f.); BGH, NJW 1985, S. 194 (194 f.); NJW 1985, S. 2420 (2420 f.); kritisch Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. Π A 4 a und auch Erman/Schiemann, § 823 BGB, Rdnr. 124 wegen der im Einzelfall nur schwer nachvollziehbaren Abgrenzung. 45 So RGRK/Steffen, § 823 BGB, Rdnr. 71. 46 In jedem Fall liegt ein äquivalent kausales Verhalten vor, da es ohne Veräußerung des Blutes nicht zu einer Infizierung des Dritten gekommen wäre, der Verkauf somit conditio sine qua non für die Gesundheitsbeschädigung ist. Richtigerweise ist die Adäquanztheorie bereits bei der haftungsbegründeten Kausalität anzuwenden, so Larenz, SchR I, § 27 ΠΙ b. Im einzelnen zu den Voraussetzungen eines adäquaten Bedingungszusammenhangs Erman/Kuckuk, § 249 BGB, Rdnr. 32 m.w.N.

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

hat 47 . In der Rechtswirklichkeit wird der somit erfüllte Schadensersatzanspruch nach § 823 I BGB jedoch kaum durchsetzbar sein, da wegen der Anonymität der "Spender" ein Verursachungsnachweis dahingehend, daß die Gesundheitsbeschädigung des Dritten kausale Folge der Veräußerung des Blutes des Substanzträgers ist, praktisch nicht zu führen ist48. Schließlich bleibt zu klären, welche Bedeutung einer vertraglichen Haftungsfreizeichnung bei einer deliktischen Haftung sowohl des Substanzträgers wie auch des Ersterwerbers für den beim Dritten verursachten Gesundheitsschaden zukommt. Der Ersterwerber ist dabei seinerseits neben dem Substanzträger nach § 823 I BGB verantwortlich, wenn er durch den Weiterverkauf des Blutes oder die Herstellung eines Produktes aus den gekauften Körpersubstanzen schuldhaft die Gesundheit des Dritten verletzt hat. Hierbei gilt zunächst, daß Substanzträger und Ersterwerber nach § 840 I BGB als Gesamtschuldner für den beim Dritten verursachten Schaden haften 49 und dieser nach Belieben Ersatz eines Teils oder des ganzen Schadens von einem der Schädiger fordern kann, § 421 Satz 1 BGB. Ein Ausgleich der deliktischen Schuldner untereinander findet im Innenverhältnis nach § 426 I BGB statt, wobéi im Zweifel jeder den verursachten Schaden zur Hälfte begleichen muß, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, § 426 1 1,2. Halbsatz BGB. Eine derartige andere Ausgleichsregelung ergibt sich zunächst aus der analogen Anwendung des § 254 BGB auf das Ausgleichsverhältnis der gesamtschuldnerisch haftenden Schädiger und führt zu einem beweglichen Ausgleichsmaßstab im Innenverhältnis, orientiert an den konkreten Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen50 und ist im Einzelfall aus den Einzelbeiträgen von Substanzträger und Ersterwerber bei der Schadensherbeiführung zu bestimmen. Fraglich ist jedoch, welche Bedeutung einer vertraglichen Haftungsfreistellung, die einer der Gesamtschuldner mit dem Folgeerwerber abgeschlossen hat, auf die gesamtschuldnerische Haftung der Schädiger und auf den Ausgleich im Innenverhältnis zukommt. Hierzu ist zunächst zu klären, in welchen Fällen eine Freizeichnung überhaupt denkbar ist. Dabei gilt, daß sich der Substanzträger zwar im Verhältnis zum Ersterwerber von einer Haftung vertraglich freizeichnen kann, diese Freistellung jedoch - wie alle vertraglichen Vereinbarungen - nur inter partes und nicht inter omnes wirkt und eine Vereinba47

Zum Zurechnungsgedanken des Schutzzwecks der deliktischen Haftungsnorm vgl. MüKo/ Mertens, § 823 BGB, Rdnr. 40. 48 Ähnlich wohl auch Jansen, Blutspende, S. 144 f., der primär den Arzt oder den Blutspendedienst als haftungsrechtlich verantwortlich ansieht. 49 § 840 I BGB stellt einen Fall der gesetzlich angeordneten Gesamtschuld dar, vgl. Jauernig/Teichmann, § 840 BGB, Anm. 2 a. 50 Vgl. hierzu Soergel/Wolf, § 426 BGB, Rdnr. 30 f.; Jauernig/Stürner, § 426 BGB, Anm. 2 c, bb; Erman/H.P. Westermann, § 426 BGB, Rdnr. 16, jeweils m.w.N.

§ 16 Haftung des Substanzträgers

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rung zu Lasten Dritter grundsätzlich ausgeschlossen ist51. Der Substanzträger kann sich somit gegenüber dem geschädigten Dritten nicht vertraglich von einer Haftung freizeichnen, sondern nur im Verhältnis zum Ersterwerber. Dieser hingegen kann sich gegenüber dem geschädigten Folgeerwerber vertraglich im Rahmen der §§ 276 II, 242 BGB freizeichnen 52. Die Erstreckung dieser vertraglichen Haftungsfreistellung auch auf deliktische Ansprüche ist möglich und durch Auslegung zu ermitteln53. Wegen der hier konkret in Frage kommenden Gesundheitsbeeinträchtigungen beim Dritten ergibt eine Auslegung, daß aufgrund des engen inneren Zusammenhangs zwischen Vertragserfüllung und Rechtsgutsverletzung des Folgeerwerbers und des Umstandes, daß der vertragliche Haftungsausschluß auch in bezug auf mögliche Gesundheitsschäden abgeschlossen worden sein kann, auch deliktische Ansprüche wegen einer Gesundheitsverletzung mit von der vertraglichen Haftungsfreistellung umfaßt werden sollen. Hierauf aufbauend ist nachfolgend zu prüfen, welche Bedeutung einer vertraglichen Freizeichnung des Ersterwerbers gegenüber dem Folgeerwerber im Rahmen der deliktischen Haftung beider Verursacher zukommt. Insoweit ist zunächst anerkannt, daß die Haftungsfreistellung im Außenverhältnis die Entstehung eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen Substanzträger und Ersterwerber nicht verhindert54 und eine Drittwirkung des Haftungsausschlusses zum Nachteil des nichtprivilegierten Schädigers für korrekturbedürftig gehalten wird 55. Im einzelnen ist hier jedoch vieles umstritten. Zum Teil wird der Freizeichnung nämlich doch eine - zumindest partielle Außenwirkung dahingehend zuerkannt, daß der Anspruch des Geschädigten gegen den nichtprivilegierten Substanzträger von vorne herein um den im Innenverhältnis auszugleichenden Anteil des Ersterwerbers am verursachten 51

Soergel/Wolf, § 305 BGB, Rdnr. 9. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob eine Freizeichnung im Verhältnis SubstanzträgerErsterwerber dahin auszulegen ist, daß der Ersterwerber seinerseits die Körpersubstanzen nur unter Haftungsausschluß an Dritte weiterveräußern darf. Hierdurch könnte eine - mittelbare - Freizeichnung des Substanzträgers erzielt werden, denn die Vereinbarung von vertraglichen Haftungsmilderungen zugunsten Dritter - hier zugunsten des Substanzträgers - ist möglich, vgl. Palandt/Heinrichs, § 276 BGB, Rdnr. 60 m.w.N. 53 Zur Geltung vertraglicher Haftungsausschlußklauseln für deliktische Ansprüche vgl. Staudinger/Löwisch, § 276 BGB, Rdnr. 71. 54 Nach BGHZ 103, 338 (344 f.) ist dies nur bei gesetzlichen Haftungsfreistellungen oder -milderungen der Fall (beim vom BGH entschiedenen Fall konkret bei § 1664 I BGB). Allerdings ist auch diese Drittwirkung der Haftungsfreistellung nicht unbestritten und läßt sich nur dann rechtfertigen, wenn man die gesetzlichen Haftungsmilderungen oder -freistellungen als Schutznormen im Außenverhältnis begreift und ihnen nicht nur im Innenverhältnis Bedeutung zumißt, vgl. hierzu Soergel/Wolf, § 426 BGB, Rdnr. 41 und Medicus, SchR AT, § 69 Π 5 b. 55 So Medicus, SchR AT, § 69 Π 5 a. 52

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

Schaden zu kürzen ist. Durch diese Lösung soll der Haftungsausschluß dem zur Last fallen, dessen Interessen durch den freiwilligen Haftungsverzicht abgewertet worden sind56. Andere hingegen lehnen diese im Ergebnis doch wieder absolute Wirkung der Freizeichnung im Außenverhältnis und die damit verbünde Anspruchsverkürzung des Geschädigten mit Recht ab, da dies den Interessen des Geschädigten nicht gerecht wird. Vielmehr soll der Freizeichnung nur eine relative Wirkung dahingehend zukommen, daß der nicht privilegierte Substanzträger im Innenverhältnis vom Ersterwerber - trotz der wirksamen Haftungsfreistellung - Ausgleich verlangen kann. Für diese Ausgleichszwecke wird das Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses im Rahmen einer relativen Außenwirkung als bestehend fingiert 57. Im Ergebnis kann der Substanzträger somit trotz wirksamer Freizeichnung durch den Ersterwerber von diesem im Innenverhältnis Ausgleich des auf ihn entfallenden Verursachungs- und Verschuldensbeitrags verlangen, falls er von dem Dritten in Anspruch genommen wird. HL Gefahrdungshaftung

1. § 111 Produkthaftungsgesetz

Zu prüfen sind weiter Ansprüche gegen den Substanzträger nach § 1 I 1 ProdHaftG, falls die von ihm veräußerten Körpersubstanzen unter den Anwendungsbereich des ProdHaftG fallen. Eine Anwendbarkeit des ProdHaftG setzt zunächst voraus, daß Körpersubstanzen als Produkte nach § 2 Satz 1 ProdHaftG anzusehen sind. Nach dem Wortlaut der Norm, die alle beweglichen Sachen als Produkte einstuft, wäre dies bei den Körpersubstanzen nach Abtrennung vom Körper der Fall. Insoweit ist auch anerkannt, daß Körpersubstanzen jedenfalls in den Fällen, in denen sie kommerziell aufbereitet und anschließend wie andere Wirtschaftsgüter vertrieben werden, als Produkte anzusehen sind58. Unklarheit besteht allerdings darüber, ob bereits die vom Substanzträger im Rahmen einer Eigenkommerzialisierung veräußerten Körpersubstanzen Produkte sind und inwieweit die Gefährdungshaftung nach § 11 56

So die wohl h.L., vgl. Medicus, SchR AT, § 69 Π 5 a m.w.N. In diesem Sinne die Rechtsprechung zu vertraglichen Haftungsbeschränkungen, vgl. BGHZ 12, 213 (218) mit dem Argument, die Möglichkeit freier Vertragsgestaltung müsse ihre Grenze finden, wenn eine Abrede in die Interessen des an der Vereinbarung nicht beteiligten Schädigers eingreift, die das Gesetz durch die Ausgleichsvorschriften schützt. Ebenso Soergel/Wolf, § 426 BGB, Rdnr. 43 m.w.N. 58 MüKo/Mertens-Cahn, § 2 ProdhaftG, Rdnr. 12 verweist hier auf Organbanken sowie auf die Herstellung von Blutkonserven oder Blutplasma. Ähnlich SchmidtRäntsch, ZRP 1987, S. 437 (439) und Taschner/Frietsch, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 27. 57

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1 ProdHaftG eingreift. Eine Produkteigenschaft wird teilweise verneint, da der Ausdruck "bewegliche Sache" im Sinne von "Produkt" auszulegen sei und eine gewisse Bearbeitung voraussetze59. Dem steht jedoch der eindeutige Wortlaut des § 2 Satz 1 ProdHaftG entgegen. Im übrigen geht auch die amtliche Begründung zum Gesetzesentwurf davon aus, daß menschliche Körperteile und Blut als Produkte anzusehen sind60. Die Gleichstellung der Körpersubstanzen mit anderen Sachen bedingt somit die Qualifizierung als Produkt im Sinne des § 2 Satz 1 ProdHaftG 61. Fraglich ist allerdings, inwieweit der Substanzträger bei einer Veräußerung seiner Körpersubstanzen als Hersteller i.S.d. § 4 ProdHaftG anzusehen ist. Durch den Verkauf der Substanzen könnte er als tatsächlicher Hersteller nach § 4 I 1 ProdHaftG zu qualifizieren sein, wenn er durch die Abtrennung und Veräußerung ein Endprodukt oder einen Grundstoff tatsächlich hergestellt hat62. Dabei ist nicht entscheidend, ob eine industrielle Fertigung erfolgt ist, sondern daß eine bewegliche Sache willentlich in den Wirtschaftskreislauf gegeben wurde, wie sich auch aus § 1 II Nr. 1 ProdHaftG schließen läßt. Dies ist bei einer Veräußerung eigener Körpersubstanzen der Fall, da der Substanzträger hier eine bewegliche Sache zum Gegenstand eines Kaufvertrages macht und willentlich und um einer Gegenleistung willen in den Wirtschaftskreislauf einspeist. Hierdurch hat er einen Grundstoff tatsächlich hergestellt, der als Material bzw. Rohstoff für die Weiterverarbeitung zu einem Teil- oder Endprodukt dient63. Der Substanzträger, der eigenes Blut an ein Blutplasmaunternehmen veräußert, ist Hersteller eines Grundstoffes, § 4 I 1 ProdHaftG, da er ein Material, welches zur Herstellung eines Endproduktes, im vorliegenden Fall eines Blutplasmaproduktes, dient, in den Wirtschaftskreislauf einbringt. Eine Haftung des Substanzträgers nach dem ProdHaftG wird jedoch einhellig unter Berufung auf § 1 II Nr. 3 ProdHaftG verneint, da die Körpersubstanzen weder gewerbsmäßig noch im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit hergestellt noch derartig vertrieben würden64. Fraglich ist jedoch, ob 59 So Deutsch, JZ 1989, S. 465 (468). Ähnlich Deutsch, VersR 1992, S. 521 (525), wenn er von der Funktionalität des Produktbegriffes spricht. 60 So Schmidt-Räntsch, ZRP 1987, S. 437 (439). 61 Ebenso MüKo/Mertens-Cahn, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 12. 62 Vgl. Palandt/Thomas, § 4 ProdHaftG, Rdnr. 2 zum Begriff des tatsächlichen Herstellers und Taschner/Frietsch, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 27, wonach es der Menschenwürde des Substanzträgers widerspräche, wollte man ihn als Hersteller der nach Abtrennung entstehenden beweglichen Sachen ansehen. 63 Vgl. MüKo/Mertens-Cahn, § 4 ProdHaftG, Rdnr. 8. 64 Vgl. nur MüKo/Mertens-Cahn, §2 ProdHaftG, Rdnr. 12 m.w.N. Anders Taschner/Frietsch, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 27, die eine Haftung nach § 1 I 1 ProdHaftG bereits wegen des Fehlens eines Herstellungsvorgangs verneinen wollen. Einen Haftungsausschluß nach § 1 Π Nr. 1 ProdHaftG bejaht Palandt/Thomas, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 1. Dies ist jedoch abzulehnen, da sich der Substanzträger durch die Veräußerung

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

eine Produkthaftung des Substanzträgers wirklich in jedem Fall über § 1 II Nr. 3 ProdHaftG auszuschließen ist. Zwar ist § 1 II Nr. 3, 2. Alt. ProdHaftG in der Tat zu verneinen, da Fälle der beruflichen Herstellung nicht vorstellbar sind. Zu prüfen ist jedoch, ob nicht eine Herstellung zum Vertrieb mit wirtschaftlichem Zweck vorliegt, wenn der Substanzträger seine Körpersubstanzen bewußt im Rahmen einer Eigenkommerzialisierung veräußert. Entscheidend ist insoweit die durch einen wirtschaftlichen Zweck motivierte Herstellung der Produkte65, wobei es bereits ausreicht, wenn sich in der Befassung mit dem Produkt ein kommerzieller Zweck im weitesten Sinne verwirklicht. Die Veräußerung der Körpersubstanzen um der Gegenleistung willen ist eindeutig wirtschaftlich motiviert, weshalb ein Haftungsausschluß nach § 1 II Nr. 3 ProdHaftG zu verneinen ist. Der Substanzträger haftet somit beim Verkauf eigener Körpersubstanzen nach § 111 ProdHaftG bei Fehlerhaftigkeit der Körpersubstanzen66 für Körper- und Sachschäden aus der Veräußerung. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Haftung nach § 1 I 1 ProdHaftG nicht im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 2 Satz 2 ProdHaftG ausgeschlossen ist. Nach dieser Norm werden bestimmte Naturprodukte vom Produktbegrifif des § 2 Satz 1 ProdHaftG ausgenommen und ihre Fehlerhaftigkeit löst keine Ersatzpflicht nach dem ProdHaftG aus67. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß diese landwirtschaftlichen Naturprodukte wie Bodenerzeugnisse oder Pflanzen noch keiner ersten Verarbeitung unterzogen worden sind, wobei hierfür jegliche vorbereitende Veränderung zum Ge- oder Verbrauch genügt, so bereits ihre Konservierung. Eine entsprechende Anwendung des § 2 Satz 2 ProdHaftG ist auch gerechtfertigt, denn die Abtrennung von menschlichen Körpersubstanzen ist der Urproduktion vergleichbar und kann als bloße Gewinnung von Naturprodukten nicht als Herstellung eines Produktes angesehen werden. Soweit die verkauften Körpersubstanzen somit noch keiner ersten Verarbeitung unterzogen worden sind, können sie analog § 2 Satz 2 ProdHaftG nicht als Produkt angesehen werden68. In dieser Ana-

seiner tatsächlichen Herrschaftsmacht über das Produkt begeben und dieses hierdurch in den Wirtschaftskreislauf eingespeist hat. 65 Taschner/Frietsch, § 1 ProdHaftG, Rdnr. 74. 66 Zur Fehlerhaftigkeit von Körpersubstanzen vgl. § 3 I ProdHaftG. Dies ist z.B. dann zu bejahen, wenn die Körpersubstanzen mit Krankheitskeimen infiziert sind, denn das ProdHaftG schützt das Integritätsinteresse des Benutzers und Dritter, vgl. Palandt/Thomas, § 3 ProdHaftG, Rdnr. 1. 67 Vgl. hierzu Palandt/Thomas, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 4. 68 Die Haftung des Substanzträgers nach § 1 I 1 ProdHaftG kann exemplarisch am Fall des Verkaufs von Blut aufgezeigt werden: veräußert der Substanzträger sein Blut und hat er dies vorher konserviert, haftet er nach § 1 I 1 ProdHaftG für durch sein Produkt verursachte Gesundheits- oder Sachschäden. Verschenkt er hingegen sein Blut, liegt keine durch einen wirtschaftlichen Zweck motivierte Herstellung vor und

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logie liegt auch kein Wertungswiderspruch zur analogen Anwendung von § 953 BGB auf die vom lebenden Menschen abgetrennten Körperteile, denn diese Vorschrift regelt allein die Frage der Eigentumsverhältnisse und des diesbezüglichen Schicksals der von einer Hauptsache abgetrennten Bestandteile. § 2 Satz 2 ProdHaftG hingegen soll verhindern, daß der Hersteller im Rahmen der verschuldensunabhängigen Produkthaftung für naturbedingte Risikofaktoren haftet 69. Beide Rechtsinstitute unterscheiden sich somit in ihrem Regelungsgehalt, ihre analoge Anwendung auf abgetrennte Körpersubstanzen stellt keinen Widerspruch dar. 2. §84 AMG

Zu prüfen ist weiter ein Anspruch des Dritten gegen den Substanzträger im Rahmen der Gefährdungshaftung für Arzneimittelschäden. Nach § 84 Satz 1 AMG haftet der pharmazeutische Unternehmer, der ein nach § 21 AMG zulassungspflichtiges oder ein von der Zulassungspflicht befreites Arzneimittel in den Verkehr gebracht hat, für Gesundheitsschäden sowie Körperverletzungen oder den Tod eines Menschen, soweit diese Schäden durch die Anwendung dieses Arzneimittels verursacht worden sind und dieses Arzneimittel zum Gebrauch am Menschen bestimmt ist. § 84 Satz 2 Nr. 1 und 2 AMG beschränken diese Gefährdungshaftung jedoch auf die Fälle, in denen das die Schäden verursachende Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat und diese ihre Ursache im Bereich der Entwicklung oder der Herstellung haben (§ 84 Satz 2 Nr. 1 AMG) oder der Schaden aus einer unzureichenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation resultiert (§ 84 Satz 2 Nr. 2 AMG). Eine Haftung des Substanzträgers nach § 84 Satz 2 Nr. 1 AMG kommt demnach nicht in Betracht, soweit er durch die Veräußerung seiner Körpersubstanzen nicht als pharmazeutischer Unternehmer auftritt, der Arzneimittel unter seinem Namen in Verkehr bringt 70, sondern lediglich als Rohstofflieferant fungiert 71. der Haftungsausschluß des § 1 Π Nr. 3 ProdHaftG greift zugunsten des Substanzträgers ein. 69 So wohl Palandt/Thomas, § 2 ProdHaftG, Rdnr. 5. 70 Vgl. Kloesel/Cyran, § 84 AMG, Anm. 1; im Ergebnis ähnlich Eichholz, NJW 1991, S. 732 (734), der den Entnehmenden als Hersteller ansieht. Ebenso Lippert, VersR 1992, S. 790 (793) zur Herstellereigenschaft des Blutspendedienstes. 71 Eine Haftung des Substanzträgers nach § 84 AMG scheitert auch daran, daß die vom Substanzträger veräußerten Körpersubstanzen nicht der Zulassungspflicht nach § 21 AMG unterliegen, vgl. hierzu oben §§ 8ΙΠ, 9 Π. Nach Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 135 soll für den Fall der in Verkehr gebrachten Eigenblutspende eine Haftung nach § 84 AMG zu bejahen sein. Hier bleibt allerdings unklar, ob diese Haftung nur den vertreibenden Blutspendedienst oder auch den Substanzträger als Hersteller des Blutpräparats treffen soll. 17 Rolf Müller

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Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

§ 17 Exkurs: Die Herstellung von Arzneimitteln aus Körpersubstanzen Die vom Substanzträger veräußerten Körpersubstanzen dienen als Rohstoff bei der Herstellung von Arzneimitteln, Medikamenten und verschiedenen weiteren Präparaten wie Blutplasma und Gewebeimplantaten. Die industriellen Hersteller im Bereich der Pharmaindustrie, die derartige Präparate - zumindest zum Teil - aus menschlichen Körpersubstanzen herstellen, haften gegenüber den Abnehmern ihrer Produkte nach allgemeinen Vorschriften. In der Praxis können sich hier Ersatzpflichten vor allem beim Vertrieb von Produkten ergeben, die aus mit Krankheitserregern infizierten Körpersubstanzen hergestellt wurden, falls der das Präparat verwendende Dritte hierdurch infiziert wird 72. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, die sich hierbei stellenden Haftungsprobleme umfassend darzustellen. Aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen soll dennoch nachfolgend ein kurzer Überblick in bezug auf die Haftung des Produzenten von aus Körpersubstanzen hergestellten Präparaten gegeben werden. L Sachmängelhaftung

Der Hersteller von Produkten aus Körpersubstanzen muß bei einer (Weiter») Veräußerung wie jeder andere Verkäufer im Rahmen der §§ 459 ff. BGB Gewähr für eine Mängelfreiheit der von ihm verkauften Sachen leisten. Sind die veräußerten Präparate mit Krankheitserregern infiziert, so weichen diese Sachen in gebrauchsmindernder Art und Weise von der vereinbarten oder üblichen Beschaffenheit ab und sind fehlerhaft. Der Produzent kann sich jedoch im Rahmen der §§ 476, 242 BGB von seiner Sachmängelhaftung freizeichnen. Schließlich gilt es bei Gewährleistungsansprüchen die kurze sechsmonatige Veijährungsfrist aus § 477 BGB zu beachten. Im übrigen stehen 72

Auch insoweit kann die Weiterverarbeitung von Blut als Beispiel dienen, vgl. Die Zeit 47/1993, S. 21, wonach im einzelnen sehr aufwendige und teure Untersuchungsmaßnahmen notwendig sind, um eine Verunreinigung der aus Blut hergestellten Präparate mit HIV-Viren zu verhindern. Siehe dazu auch Giesen/Poll, RIW 1993, S. 265 (269 ff.) und Kulimann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 133 f. Auch auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaften bestehen Regelungen in bezug auf die Verwendung von menschlichem Blut oder Plutplasma als Ausgangsstoff für die Herstellung von Arzneimitteln, so die Richtlinie 89/381/EWG vom 14. Juni 1989, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 181 vom 28.6.1989, S. 44 ff., wonach ein entsprechender Qualitäts- und Sicherheitsstandard hinsichtlich möglicher Krankheitserreger zu gewährleisten ist, um der Übertragung ansteckender Krankheiten vorzubeugen.

§ 17 Exkurs: Die Herstellung von Arzneimitteln aus Körpersubstanzen

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diese Ansprüche nur dem Vertragspartner des Produzenten zu, nicht aber Dritten. IL Deliktische Ansprüche

Bei rechtswidriger und schuldhafter Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum eines Dritten ist der Hersteller des Produktes aus § 823 I BGB zum Schadenersatz verpflichtet, falls sich der eingetretene Schaden als kausale Folge des in Verkehr gebrachten Produktes darstellt. Die deliktische Produzentenhaftung leitet sich aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ab. Wer eine Sache herstellt und in den Verkehr bringt, muß auch die notwendigen Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, daß Dritte aufgrund einer Mangelhaftigkeit oder Gefährlichkeit seines Produktes Personen- oder Sachschäden erleiden73. Zum Umfang der in Zusammenhang mit der Herstellung von medizinischen Produkten aus Körpersubstanzen zu beachtenden Verkehrssicherungspflichten soll an dieser Stelle exemplarisch auf folgendes hingewiesen werden: während der eigentlichen Produktionsphase der Präparate treffen den Hersteller konstruktions- und fabrikationsbezogene Pflichten. Die Präparate müssen in bezug auf ihre Beschaffenheit und Zusammensetzung so hergestellt werden, daß sie nach ihrem Inverkehrbringen von einem durchschnittlichen Benutzer gefahrlos verwendet werden können. In diesem Stadium muß der Hersteller bei der Auswahl der Rohstoffe eine ausreichende Sicherheit des Endproduktes gewährleisten74. Hier ergeben sich Verknüpfungen zu einer möglichen Veräußerung der Körpersubstanzen durch den Substanzträger, denn der Produzent muß bei der Herstellung der Präparate die hierfür verwendeten Körpersubstanzen sorgfaltig auswählen und entsprechende Untersuchungen hinsichtlich möglicher Krankheitserreger vornehmen75. Im Bereich der Fabrikation der Präparate muß der Hersteller durch eine entsprechende Organisation seines Betriebes, insbesondere durch ausreichende Kontrollen, Sorge dafür tragen, daß in diesem Produktionsstadium mögliche Krankheitserreger in den verwendeten Körpersubstanzen durch eine entsprechende Behandlung abgetötet werden76. Darüber hinaus obliegt dem Hersteller zum Schutz der Abnehmer eine Instruktionspflicht. Insoweit hat er 73

Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 201 if. Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 143 f. 75 BGHZ 114, 284 (291 ff.) zu den Anforderungen an die Auswahl von Blutspendern durch ein Krankenhaus bei der Verabreichung von Blutkonserven im Hinblick auf eine mögliche HIV-Kontamination. In derartigen Fällen können sich auch Rückwirkungen auf einen zwischen Substanzträger und Arzneimittelhersteller abgeschlossenen Vertrag ergeben, insbesondere wechselseitige Informationspflichten in bezug auf mögliche Infektionsrisiken und deren Bedeutung. 76 So auch Kullmann, Arzneimittelhaftung für Blutpräparate, S. 144. 74

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Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen

potentielle Verwender der Präparate in Form von besonderen Kennzeichnungen der Präparate oder durch Gebrauchsinformationen vor besonderen Gefahren aus der Benutzung seines Produktes zu warnen. Nach dem Inverkehrbringen des Präparates muß er schließlich im Rahmen seiner Produktbeobachtungspflicht Sorge dafür tragen, daß ihm bisher noch unbekannte Gefahren seines Produktes bekannt werden. Hat er derartige neue Risiken in Erfahrung gebracht, muß er sein Herstellungsverfahren ändern und Abnehmer der bereits ausgelieferten Präparate warnen77. Erfahrt der Hersteller somit nach Auslieferung der Präparate, daß hinsichtlich einzelner verwendeter Körpersubstanzen Infektionsgefahr bestand, kann ihn die Pflicht treffen, die bereits ausgelieferten Waren durch eine Rückrufaktion aus dem Verkehr zu ziehen78. Verletzt der Hersteller schuldhaft diese ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten, ist er für den hierdurch kausal verursachten Schaden deliktisch verantwortlich. Allerdings ist der Schutz des Verbrauchers im Rahmen einer deliktischen Produkthaftung des Arzneimittelherstellers in verschiedener Hinsicht nur eingeschränkt gewährleistet. Zunächst besteht der deliktische Anspruch nur bei schuldhaftem Verhalten des Herstellers der medizinischen Präparate und der Geschädigte ist hierfür beweispflichtig, da trotz der konsumentenfreundlichen Rechtsprechung79 und der zunehmenden Verlagerung der Problematik durch Schutzgesetze in den Bereich des § 823 II BGB 80 die deliktische Haftung für Herstellung und Inverkehrbringen von Produkten im Bereich der schuldhaften Verletzung von Verkehrssicherungspflichten angesiedelt bleibt81. Weiter haftet der Hersteller - abgesehen von § 831 BGB - nur für eigenes Verschulden, was in einer arbeitsteiligen Güterproduktion zu einer Begrenzung des Verantwortungsbereichs des Herstellers führen kann82. Bei typischen Warenmangelfolgeschäden kann der geschädigte Dritte auf einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen eines Produktfehlers und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden zurückgreifen 83. Aus der Fehlerhaftigkeit des Produktes kann weiter auf ein pflichtwidriges Verhalten des Produzenten geschlossen werden. Kann der Geschädigte die obigen Voraussetzungen be77 78

Instruktiv hierzu Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 144 f. Vgl. Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 209 und BGH, NJW 1990, S. 2560

79 Vgl. BGHZ 51,91 (106 f.) zur Beweislastumkehr im Bereich der Produzentenhaftung. Allgemein zur Rechtsprechung im Bereich der Produkthaftung Staudinger/Schäfer, § 831 BGB, Rdnr. 179 ff. m.w.N. 80 So RGRK/Steffen, § 823 BGB, Rdnr. 268. 81 Ebenso Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 142 ff. 82 Vgl. hierzu RGRK/Steffen, § 823 BGB, Rdnr. 270. 83 MüKo/Mertens, § 823 BGB, Rdnr. 308; ständige Rechtsprechung seit BGHZ 51, 91 (104 f.).

§ 17 Exkurs: Die Herstellung von Arzneimitteln aus Körpersubstanzen

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weisen, ist er aus § 823 I BGB ersatzberechtigt84. Im Rahmen des § 847 BGB kann er unter den dort genannten Voraussetzungen auch Ersatz immateriellen Schadens verlangen. Ansprüche des Abnehmers der aus menschlichen Körpersubstanzen hergestellten Arzneimittel könnten sich ferner nach § 823 II BGB aus der Verletzung eines Schutzgesetzes ergeben, falls ein solches den Schutz des Verbrauchers vor Gefahren des Produktes bezweckt85. Als Schutzgesetz kommt neben dem LMBG 86 bei der Herstellung von Kosmetika vor allem das AMG in Betracht87. Hierbei gilt jedoch, daß sich der Individualschutzzweck des AMG in § 5 AMG auf das Verbot des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel beschränkt. Bedenklich sind nach der Legaldefinition des § 5 II AMG solche Arzneimittel, bei denen der begründete Verdacht besteht, daß sie bei bestimmungsgemäßer Anwendung unvertretbar hohe schädliche Wirkungen haben werden, wobei dieser Verdacht durch wissenschaftliche Erkenntnisse oder Erfahrungen begründet sein muß88. Die sich aus § 5 AMG ergebende Prüfungspflicht besteht wegen § 25 X AMG neben der Zulassung nach §§21, 25 AMG und ihre Verletzung berechtigt den Verbraucher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen89 zum Schadensersatz. Verstöße gegen die Zulassungspflicht nach § 21 AMG berechtigen hingegen nicht nach § 823 II BGB zum Schadensersatz, denn die §§ 21, 25 AMG und das hier normierte Zulassungsverfahren dienen nur dem Schutz der Allgemeinheit und nicht der des Verwenders, da ihr Regelungsbereich eine allgemeine Schutzfunktion zugunsten aller entfaltet 90.

84 Vgl. hierzu auch BGH, NJW 1991, S. 1948 (1951), der zwar offen läßt, ob die Beweisgrundsätze der deliktischen Produzentenhaftung auf die Bluttransfusion von gespendetem Blut durch das Krankenhaus anzuwenden sind, den Verletzten im Ergebnis jedoch als in keinem Fall beweisbelastet ansieht, da das schädigende Ereignis außerhalb seines Einflußbereiches lag und ausschließlich in den Risikobereich des Schädigers fiel. Instruktiv zu diesem Problemkreis Reinelt, VersR 1990, S. 565 (571). 85 Vgl. allgemein Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 141; Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. ΙΠ 2 zu den Voraussetzungen einer Schutznorm. 86 Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 603. 87 Palandt/Thomas, § 823 BGB, Rdnr. 145; BGH, NJW 1991, S. 2351 (2351 f.). 88 So Kloesel/Cyran § 5 AMG, Anm. 7. Ebenso Reinelt, VersR 1990, S. 565 (571). 89 Zum Verschuldensmaßstab bei § 823 Π BGB, insbesondere zur Verschuldensvermutung bei Verstoß gegen das Schutzgesetz vgl. Staudinger/Schäfer, § 823 BGB, Rdnr. 611. Zur Substantiierungslast des Klägers gegen den Arzneimittelhersteller vgl. BGH, NJW 1991, S. 2351 (2351 f.). 90 Vgl. Jauernig/Teichmann, § 823 BGB, Anm. ΠΙ 2 b, aa zur Bestimmung des Vorliegens eines Schutzgesetzes und Anm. ΠΙ2 b, bb zur Schrittfolge der Untersuchung.

Die Herstellung von r t e n aus Körpersubstanzen ΙΠ. Gefahrdungshaftung

Erleidet der Anwender eines zulassungspflichtigen oder von der Zulassungspflicht befreiten Arzneimittels infolge dieses Gebrauchs eine Körperoder Gesundheitsverletzung, ist der inverkehrbringende pharmazeutische Unternehmer im Rahmen des § 84 AMG zum Schadensersatz verpflichtet. § 84 AMG beinhaltet eine Gefährdungshaftung, so daß es auf ein Verschulden des Herstellers nicht ankommt91. Der Ersatzanspruch ist jedoch im Rahmen des § 87 AMG bei Körper- und Gesundheitsverletzungen beschränkt. Darüber hinaus legt § 88 AMG Höchstbeträge für die Ersatzpflicht fest. Im Rahmen dieser Vorschriften ist der geschädigte Konsument aus § 84 AMG ersatzberechtigt92 und kann Ersatz der entstandenen Krankheitskosten sowie nachgewiesener Erwerbsnachteile verlangen, jedoch kein Schmerzensgeld93. Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz hingegen bestehen bei nach §§21 ff. AMG zulassungspflichtigen Arzneimitteln nicht. Zwar erfaßt § 2 ProdHaftG auch Produkte, die aus Körpersubstanzen hergestellt sind94. Jedoch hat sich der deutsche Gesetzgeber in § 15 I ProdHaftG gegen eine Anspruchskonkurrenz von ProdHaftG und AMG und für eine Exklusivität der Arzneimittelhaftung ausgesprochen95. Diese Exklusivität des AMG erfaßt jedoch nur Ansprüche nach dem ProdHaftG und läßt deliktische Ansprüche unberührt 96. Ersatzansprüche nach § 1 I 1 ProdHaftG bestehen wegen § 15 ProdHaftG somit nur bei der Verwendung von Körpersubstanzen bei der Herstellung von Kosmetika, die nach § 2 III AMG nicht unter das Arzneimittel-

91

So Kloesel/Cyran, § 84 AMG, Vorbemerkung. Ebenso Reinelt, VersR 1990, S. 565 (566 ff), der den Empfangern von Aids-infizierten Blutplasmaderivaten einen Anspruch nach § 84 AMG zuspricht, jedoch den Bereich der Gefahrdungshaftung auf erkennbare und vermeidbare Risiken beschränken will, ders., VersR 1990, S. 565 (571). Auch Kullmann, Arzneimittelhaftung bei Blutpräparaten, S. 134 ff. bejaht im Einzelfall beim Inverkehrbringen von Blutpräparaten eine Haftung aus § 84 AMG. 92 Zur Anwendbarkeit des § 84 AMG auf aus Körpersubstanzen hergestellte Produkte siehe auch Eichholz, NJW 1991, S. 732 (732 f.). 93 Deutsch, Arztrecht, S. 428. Zu einer möglichen Reform des Arzneimittelrechts, bei der in § 87 AMG auch ein Schmerzensgeld für den Fall einer Körperverletzung eingeführt werden soll, vgl. kritisch Reinelt, ZRP 1994, S. 333 (334), der die Zubilligung von Schmerzensgeldansprüchen bei Geföhrdungshaftungstatbeständen ablehnt, da dies zu einer unabsehbaren Ausweitung der Haftungsrisiken führen würde. 94 Taschner/Frietsch, Art. 2 Richtl., Rdnr. 5; § 2 ProdHaftG, Rdnr. 27. 95 Vgl. MüKo/Mertens-Cahn, § 15 ProdHaftG, Rdnr. 2; Taschner/Frietsch, § 15 ProdHaftG, Rdnr. 4, 8 ff., jeweils m.w.N. 96 BGHZ 106, 273 (283).

§ 17 Exkurs: Die Herstellung von Arzneimitteln aus Körpersubstanzen

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recht fallen 97, sowie bei Schäden, die durch Arzneimittel verursacht worden sind, die von der Zulassungspflicht der §§ 21 ff. AMG nicht erfaßt werden98. Abschließend sei darauf hingewiesen, daß auch § 32 I GenTG im untersuchungsrelevanten Bereich eine Gefährdungshaftung für die Fälle normiert, in denen Körpersubstanzen für gentechnische Arbeiten nach § 3 Nr. 2 GenTG verwendet werden und als Folge hieraus eine Gesundheitsverletzung oder eine Sachbeschädigung entsteht.

97 98

So Taschner/Frietsch, § 15 ProdHaftG, Rdnr. 36. Vgl. hierzu Landscheidt, Das neue Produkthaftungsrecht, Rdnr. 132.

Siebter Teil

Legislative Aspekte Die obigen Ausführungen haben gezeigt, daß sich im Bereich der kommerziellen Nutzung von Körpersubstanzen vielfaltige und vielschichtige rechtliche Probleme stellen. Nachfolgend soll ein Überblick über die aktuelle Gesetzeslage in bezug auf den Untersuchungsgegenstand gegeben werden, wobei infolge der deutschen Einigung1 zwischen den alten und den neuen Bundesländern zu unterscheiden sein wird. Nach einer kurzen Darstellung aktueller legislativer Aktivitäten im Bereich des Untersuchungsgegenstandes soll abschließend die Frage nach einer Normierungspflicht des Gesetzgebers aufgeworfen werden.

§ 18 Gesetzeslage de lege lata I. Alte Bundesländer

In den alten Bundesländern existiert derzeit keine einheitliche und umfassende gesetzliche Regelung einer Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen. Insbesondere wurde - trotz mehrmaliger Gesetzesinitiativen und Gesetzgebungsentwürfe - weder der Bereich der Transplantation noch deijenige der Sektion gesetzlich kodifiziert. Allein Teilbereiche besonderer Nutzungsformen von Körpersubstanzen werden bislang durch das ESchG2 sowie das GenTG3 erfaßt. Über diese Bereiche hinausgehend ist die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen nach den allgemeinen Vorschriften zu beurteilen. Teilweise wird dies als ausreichende rechtliche Rahmensituation eingestuft4. Allerdings sei insoweit darauf hingewiesen, daß in den meisten 1

Einigungsvertrag vom 31.08.1990, BGBl. Π, S. 889 (889 ff.). § 2 I ESchG verbietet den Handel mit Embryonen. 3 § 8 GenTG verbietet die Durchführung gentechnischer Arbeiten außerhalb genehmigter gentechnischer Anlagen, wobei menschliche Körpersubstanzen als Organismen von § 3 Nr. 1 GenTG erfaßt werden. 4 So zur Transplantation Deutsch, ZRP 1982, S. 174 (177), der ein Eingreifen des Gesetzgebers weder als dringend geboten noch als angezeigt ansieht: "Das Recht hat Ruhe". 2

§ 18 Gesetzeslage de lege lata

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europäischen Ländern mittlerweile eine gesetzliche Kodifizierung, zumindest des Transplantations- und Sektionswesens, vorgenommen wurde5 und es auch im Inland nicht an deutlichen Hinweisen auf die möglicherweise unzulängliche gesetzliche Regelungslage in diesem Bereich fehlt 6. IL Neue Bundesländer

Nach dem Beitritt der neuen Bundesländer gelten dort nach den Regeln des Einigungsvertrages seit dem 03.10.1990 die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland7. Im Bereich des Transplantations- und Sektionswesen gilt jedoch seitdem in der Bundesrepublik gespaltenes Recht8. Das Transplantationswesen war in der früheren DDR in der "Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen" vom 04.07.19759 geregelt. Diese Verordnung enthielt beim Lebenden eine Zustimmungslösung und bei Organentnahmen vom Verstorbenen zu Transplantationszwecken eine strikte Widerspruchslösung10. Darüber hinaus normierte § 3 Satz 1 Transplantations-VODDR ein absolutes Verbot materieller Gegenleistungen für Organspenden, wobei allerdings der Bereich des Blutspende- und Transfusionswesens durch § 3 Satz 2 Transplantations-VO-DDR ausgenommen wurde. Dabei durfte dem Spender allein für die Dauer einer ärztlich bedingten Arbeitsunfähigkeit als Folge einer Transplantation eine "materielle Sicherstellung"11 zugewendet werden. Auch der Bereich der Sektion war in der ehemaligen DDR durch die sogenannte "Anordnung über die ärztliche Leichenschau" vom 04.12.1978 kodifiziert 12 und regelte detailliert, wann eine Leichenöffnung vorgenommen 5

Aktuelle Nachweise finden sich bei Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 2 FN 3. Die Bundesrepublik befindet sich in diesem Bereich auf dem gleichen gesetzgeberischen Niveau wie Albanien, Malta und Rumänien. 6 Vgl. hierzu KG, NJW 1990, S. 782 (783), zur Sektion: "Der Gesetzgeber sollte nun endlich handeln". 7 Art. 8 des Einigungsvertrages vom 31.08.1990, BGBl. Π, S. 889 (889 ff.). 8 So Schmidt-Didczuhn, ZRP 1991, S. 264 (264). 9 Zum Geltungsbereich und zu den einzelnen Regelungen der Transplantations-VODDR vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 31 f. und Kern, DtZ 1992, S. 348 (348). 10 § 4 I Transplantations-VO-DDR: Die Organentnahme ist zulässig, falls der Verstorbene zu Lebzeiten keine anderweitige Feststellung getroffen hat; zitiert nach Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 34. 11 Zu den Regelungen ausführlich Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 33 unter Nachweis auf die §§3, 11 der Transplantations-VO-DDR in der Fassung vom 05.08.1987. 12 Zur Rechtsnatur dieser Sektions-AO-DDR nach DDR-Recht, die vom Normgehalt auf der Stufe der Rechts-VO anzusiedeln ist, vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 41.

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7. Teil Legislative Aspekte

werden mußte oder sollte. In bezug auf die Frage, ob die Transplantation-VODDR und die Sektions-AO-DDR nach Art. 9 I 2 des Einigungsvertrages als Landesrecht in den neuen Bundesländern weitergelten und dort auf Fälle der Transplantation und Sektion Anwendung finden, herrscht Streit13. Da § 4 I Transplantations-VO-DDR wegen seiner pauschalen und extensiven Widerspruchslösung gegen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verstößt, ist eine Fortgeltung der Transplantations-VO-DDR zu verneinen14. IIL Rechtsvergleichende Hinweise

In internationaler Hinsicht besteht eine Tendenz dahin, die entgeltliche Veräußerung von Körpersubstanzen unter Strafe zu stellen, um zu verhindern, daß der menschliche Körper zum Gegenstand gewinnorientierter Transaktionen gemacht wird. Entsprechende Verstöße sollen durch angemessene Sanktionen unterbunden werden. Einige europäische Staaten haben bereits entsprechende StrafVorschriften 15. So ist in Großbritannien nach Section 1 (1) des Human Organ Transplants Act 1989 strafbar, wer eine Zahlung für die Lieferung eines Organs leistet oder empfängt, soweit das Organ aus dem Körper eines Menschen oder eines Toten entnommen worden ist oder entnommen werden soll und zur Transplantation in eine andere Person in Großbritannien oder an einem anderen Ort bestimmt ist16. In Frankreich ist am 30.07.1994 ein Gesetz über Bioethik in Kraft getreten, wonach Organspenden nur kostenlos und anonym erfolgen dürfen 17. Auch auf supranationaler Ebene ist eine Tendenz zum Verbot des Kaufs oder Verkaufs von Körperorganen festzustellen, wobei die inhaltliche Ausge13

Für eine Fortgeltung Kern, DtZ 1992, S. 348 (348 f.); differenzierend Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 37 ff, 40, 43. Gegen eine Fortgeltung Lemke, MedR 1991, 281 (287 f.). In der Praxis wird zumindest die DDRTransplantations-VO nicht mehr angewendet, so Vultejus, ZRP 1993, S. 435 (436). Instruktiv zu den konkreten Umständen der Rechtsanpassung als Folge des Einigungsvertrages Lemke, Transplantationsgesetzgebung, S. 46, der ausführt, daß die Transplantations-VO-DDR insoweit schlicht übersehen wurde. Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz soll die darin enthaltene Regelung zwar möglicherweise das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verletzen, wegen der Nichtanwendung der Transplantations-VO-DDR in der Realität bestehe jedoch kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. 14 So überzeugend Lemke, MedR 1991, S. 281 (288). 15 In diesem Sinne das Bundesministerium der Justiz, Recht vom 17. Juli 1994, S. 1. Nach der amtlichen Begründung zum Entwurf eines Organhandelsgesetzes soll dies unter anderem auf England, Dänemark und Italien zutreffen. 16 Zitiert nach Kennedy/Grubb, Medical Law, S. 1093 ff. 17 So eine Bericht in der FAZ vom 01.08.1994, S. 4.

§ 18 Gesetzeslage de lege lata

267

staltung und die Reichweite der Verbote jeweils differieren. So hat der Europarat im Mai 1978 in Art. 9 einer Resolution über die Entnahme und Transplantation von menschlichen Körpersubstanzen ein Verbot der Veräußerung von Körpersubstanzen empfohlen, jedoch die Erstattung von Unkosten beim Spender für zulässig angesehen18. Ein noch weitergehendes Verbot fordert ein Mustergesetzesentwurf der Liga Vereinigter Arabischer Staaten, der März 1987 angenommen wurde und in Art. 7 neben einem Verbot des Kaufs und Verkaufs von Organen auch Organspenden untersagt, bei denen dem Spender Kosten ersetzt werden19. Die Weltgesundheitsorganisation WHO forderte in einer Resolution aus dem Jahre 1989 ihre Mitgliedsstaaten auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um den Kauf und Verkauf von menschlichen Organen zu Zwecken der Transplantation zu verhindern und empfiehlt ein gesetzliches Verbot, falls andere Maßnahmen nicht möglich sind20. Im Bereich der Europäischen Gemeinschaften unterstützt die Richtlinie 89/381/EWG die Bemühungen des Europarates zur Förderung der freiwilligen, unentgeltlichen Blut- und Blutplasmaspende, um die Selbstversorgung der Gemeinschaft mit aus Blut bestehenden Erzeugnissen zu verwirklichen und die Einhaltung ethischer Grundsätze beim Handel mit therapeutischen Substanzen menschlichen Ursprungs zu gewährleisten. Dabei sollen die Mitgliedsstaaten insbesondere sachdienliche Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung und Verwendung von Erzeugnissen aus menschlichem Blut oder Blutplasma, das aus freiwilligen, unentgeltlichen Blutspenden stammt, ergreifen 21. Auch der (ursprüngliche) Entwurf einer Bioethik-Konvention des Europarates aus dem Jahre 1994 sieht in Art. 11 ein Verbot des gewinnorientierten Umgangs mit dem menschlichen Körper und seinen Teilen vor und begründet dies mit der Bedeutung der Menschenwürde. Der Kauf und Verkauf von Organen, menschlichem Gewebe und Blut durch den Substanzträger oder Dritte soll nach der amtlichen Begründung des Entwurfes verboten werden. Die Erstattung von Unkosten an den Spender soll jedoch ebenso wie die Zahlung eines Ausgleichs für Einkommensverluste nicht unter das Verbot fallen. Darüber 18

Art. 9 der Resolution R (78) 29, zitiert nach Fluss, Preventing Commercial Transactions in Human Organs and Tissues, S. 156. 19 Art. 7 Unified Arab Draft Law on Human Organ Transplants, zitiert nach Fluss, Preventing Commercial Transactions in Human Organs and Tissues, S. 157. 20 Resolution WHA 42.5, Preventing the purchase and sale of human organs, zitiert nach Fluss, Preventing Commercial Transactions in Human Organs and Tissues, S. 157 ff, insb. 162 f. 21 So die Begründung und Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie 89/381/EWG vom 14. Juni 1989, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 181, S. 44 (44 ff.). Deutschland ist dabei von einer nationalen Selbstversorgung mit menschlichem Plasma noch weit entfernt und von dem inländischen Bedarf von etwa 2 Millionen Litern im Jahr werden nur etwa 850 000 Liter im Inland gewonnen; der Rest wird vor allem aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland eingeführt, vgl. FAZ vom 07.01.1995, S. 10.

268

7. Teil Legislative Aspekte

hinaus sollen Körpersubstanzen wie Haare und Fingernägel nicht unter das Veräußerungsverbot fallen, da der Verkauf dieser Substanzen nicht die Würde des Menschen verletzt22.

§ 19 Aktuelle legislative Tätigkeiten Nach einer längeren Phase gesetzgeberischer Inaktivität23, in der versucht wurde, die sich vor allem im Bereich der Transplantation stellenden rechtlichen Probleme nach den allgemeinen zivil-, straf- und öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beurteilen, sind derzeit Bestrebungen im Gange, zumindest den Bereich des Transplantationswesens gesetzlich zu kodifizieren. Anlaß hierfür war neben vermehrten Stimmen in der Literatur 24 und Rechtsprechung25 und der gespaltenen Rechtslage in Deutschland26 auch eine Entschließung des Bundesrates, in welcher die Bundesregierung wegen der Gefahren eines gewinnorientierten Organhandels aufgefordert wurde, umgehend den Entwurf eines Gesetzes einzubringen, das den gewinnorientierten kommerziellen Organhandel und die gewinnorientierte Vermittlung von Transplantaten verbietet und unter Strafe stellt27. Es ist jedoch fraglich, ob der derzeit vorliegende Entwurf eines Mustergesetzes zur Transplantation den untersuchungsrelevanten Komplex einer Kommerzialisierung der Organspende regelt, da er insoweit auf eine - sich in Vorbereitung befindliche - strafrechtliche Regelung verweist28. Deshalb soll nachfolgend auf die Regelungen

22

So Art. 11 Draft Convention for the protection of Human Rights and dignity of the Human being with regard to the application of biology and medicine (Entwurf einer Bioethik-Konvention) des Europarates, Juli 1994, und Nr. 88 - 90 der amtlichen Begründung zum Entwurf einer Bioethik-Konvention. Ob und mit welchem Inhalt dieser Entwurf einer europäischen Bioethik-Konvention wirksam wird, ist derzeit nicht absehbar, da auch die am 02.02.1995 geänderte Fassung des Entwurfes hinsichtlich des Schutzes von Behinderten und Embryonen vor medizinischem Mißbrauch im Widerspruch zum nationalen Recht einiger Mitgliedsstaaten steht und auch von der Bundesregierung kritisch geprüft wird, vgl. FAZ vom 03.02.1995, S. 6. 23 Genauer seit dem Scheitern des Entwurfes der Bundesregierung für ein Transplantationsgesetz in den Jahren 1978/79, vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 2. 24 So Schmidt-Didczuhn, ZRP 1991, S. 264 (264 ff., 270). 25 Vgl. KG, NJW 1990, S. 782 (783). 26 Hierzu Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 5, die darin ein gewichtiges Argument für die Forderung nach einem Transplantationsgesetz sehen. 27 B R - D S N r . 119/91. 28 So die Begründung zu § 1 des Entwurfs für ein Mustergesetz zur Transplantation, Stand 28.09.1993. Vgl. hierzu auch Nagel, EthikMed 1993, S. 203 (203), der auf einen Referentenentwurf für ein Strafrechtsänderungsgesetzes zum Organhandel verweist.

§ 19 Aktuelle legislative Tätigkeiten

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des geplanten Transplantationsgesetzes sowie die intendierte Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen den Organhandel eingegangen werden. L Entwurf eines Mustergesetzes zur Transplantation Der derzeit diskutierte und nach verschiedenen Entwürfen 29 von der Gesundheitsministerkonferenz vorgelegte Entwurf eines Mustergesetzes der Länder zur Transplantation 30 ist als Mustergesetz konzipiert 31 und hat sich hinsichtlich der Frage, welches Maß an Konsens beim Organspender vorhanden sein muß, für eine differenzierte Lösung entschieden32. Die Organentnahme bei lebenden Personen ist - von Notstandsfallen abgesehen - nur bei Vorliegen 29 U.a. von der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Transplantationszentren e.V., vgl. Schreiber/Wolfslast, MedR 1992, S. 189 (190). Am 30.06.1994 wurde über den Bundesrat ein Gesetzesantrag der Länder Bremen und Hessen für den Entwurf eines Gesetzes zur Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz), BRDS Nr. 682/94 vorgelegt, der zur Zeit in den Ausschüssen beraten wird, vgl. NJW 1994, Heft 48, Wochenspiegel ΧΧΧΙΠ. 30 Entwurf eines Mustergesetzes zur Transplantation, veröffentlicht in EthikMed 1993, S. 211 (211 ff.). Hierzu zuletzt Kern, MedR 1994, S. 389 (389 ff.). 31 Die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Transplantation war zwischenzeitlich zu einem äußerst umstrittenen Punkt geworden, obwohl noch 1978 die Bundeskompetenz überwiegend bejaht wurde, vgl. hierzu Linck, JZ 1973, S. 759 (765) und Schmidt-Didczuhn, ZRP 1991, S. 264 (269), jeweils m.w.N. Wegen der umfangreichen und umfassenden Regelungen einer rechtlichen Kodifikation im Bereich der kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen im zivil- und strafrechtlichen Bereich wurde teilweise eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes bejaht, so Schmidt/Didczuhn, ZRP 1991, S. 264 (269 f.). Anders zu Recht Lemke, Transplantationsgesetzgebung, S. 45, der den Schwerpunkt des zu schaffenden Gesetzes im Bereich des Gesundheitsrechts ansiedelte, wofür der Bund keine Gesetzgebungszuständigkeit hatte. Auch das Bundesministerium der Justiz ging von einer Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer aus, vgl. Recht vom 17.07.1994, S. 4. Zum neuen, durch die Gemeinsame Verfassungskommission des Bundes und des Bundesrates vorgeschlagenen Modell einer Erweiterung des Art. 74 GG um eine neue Nr. 26 zur Schaffung der Gesetzgebungskompetenz für ein Bundestransplantationsgesetz vgl. Vultejus, ZRP 1993, S. 435 (435). Obwohl die Kommission selbst nicht mit einer Realisierung vor 1995/96 rechnete, wurde bereits mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27.10.1994, BGBl. I, S. 3146 f. durch eine Erweiterung des Art. 74 GG dem Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung u.a. für die Transplantation von Organen und Geweben ein Gesetzgebungsrecht eingeräumt. 32 Dieser Bereich war sehr umstritten, vgl. zu den verschiedenen möglichen Regelungen einer Widerspruchslösung, Einwilligungslösung, Zustimmungslösung oder Informationslösung umfassend Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Transplantation und Sektion, S. 50 ff., Carstens, Organtransplantation, S. 103 ff. und Kloth, Rechtsprobleme, S. 138 ff, jeweils m.w.N. Zu den verfassungsrechtlichen Problemen vgl. Maurer, DÖV 1980, S. 7 (7 ff.).

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7. Teil Legislative Aspekte

einer ausdrücklichen schriftlichen Einwilligung des volljährigen Spenders nach vorhergehender Aufklärung über mögliche Gesundheitsfolgen zulässig33. Die Entnahme bei Verstorbenen hingegen ist zwar ebenfalls im Grundsatz nur bei Vorliegen einer wirksamen Einwilligung des Verstorbenen zu Lebzeiten zulässig. Fehlt eine solche jedoch, ist der Eingriff dann erlaubt, wenn die nächsten Angehörigen informiert wurden und innerhalb einer angemessen Frist nicht widersprochen haben34. Die Entnahme von Organen oder Gewebe aus einer Leiche soll unter Strafe gestellt werden, falls die vorgeschriebene Frist nicht eingehalten worden ist, der Tod noch nicht sicher festgestellt wurde oder keine Einwilligung des Berechtigten dafür vorlag35. Der Entwurf eines Transplantationsgesetzes beschränkt seinen Regelungsbereich somit auf die rechtlichen Regelungen der Transplantation und regelt den Komplex der Kommerzialisierung der Organspende ausdrücklich nicht36.

IL Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zum Organhandel

Neben den Bestrebungen einer gesetzlichen Kodifizierung des Transplantationswesens wird weiter versucht, durch ein paralleles Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene den Organhandel strafrechtlich zu erfassen 37. Hierdurch soll durch eine strafrechtliche Verbotsvorschrift die Vermittlung von und der Handel mit Organen verstorbener und lebender Menschen mit empfindlichen

33

§ 81 des Entwurfes für ein Mustergesetz zur Transplantation. § 3 I des Entwurfes für ein Mustergesetz zur Transplantation, der neben der Informationslösung bei der Entnahme vom Verstorbenen - die in etwa dem skandinavischen Informationsmodell entspricht (vgl. Carstens, Organtransplantation S. 108 ff.) auch eine Definition des Begriffs der Angehörigen enthält. 35 So § 10 des Entwurfes für ein Mustergesetz zur Transplantation, der dies mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe belegen will und hierdurch zumindest zum Teil Strafbarkeitslücken im Bereich des § 168 StGB schließen kann. 36 So die Begründung zu § 1 des Entwurfes für ein Mustergesetz zur Transplantation, die insoweit auf eine eigene, durch den Bundesgesetzgeber zu schaffende strafrechtliche Regelung verweist (gemeint ist hier der Referentenentwurf eines Organhandelsgesetzes). 37 V g l . auch den Bericht in Die Zeit 43/1993, S. 23 ff. zum sog. "Organhandelsgesetz". In den verschiedenen gesetzgeberischen Initiativen, welche dem Entwurf eines Mustergesetzes zur Transplantation nachfolgten, wird das Bestreben deutlich, die strafrechtliche Komponente des Organhandels in das neuzuschaffende Transplantationsgesetz zu integrieren, so z.B. in dem Gesetzesentwurf der Grünen, BT-DS 13/2926. Auch der jüngste, fraktionsübergreifende Entwurf eines Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG), BT-DS 13/4355 verfolgt insoweit eine ähnliche Konzeption. Inwieweit einer dieser Gesetzesentwürfe jemals zum Gesetz wird, bleibt angesichts der andauernden Differenzen in bezug auf die Frage der Todeszeitbestimmung abzuwarten. 34

§ 19 Aktuelle legislative Tätigkeiten

271

Strafen geahndet werden38. Nach Vorlage eines Referentenentwurfes sollte in einem neuen § 298 I StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer mit menschlichen Organen, Organteilen oder Geweben, die als solche einer Heilbehandlung zu dienen bestimmt sind, Handel treibt. Der Handel mit Blutzubereitungen und anderen Arzneimitteln sollte nach § 298 IV StGB von der Strafbarkeit ausgenommen werden39. An dem Referentenentwurf wurde insbesondere kritisiert, daß der Anwendungsbereich des strafrechtlichen Verbotes nicht hinreichend genau konkretisiert wird, da die Begriffe Organ und Gewebe nicht genau umschrieben werden40. In dem nunmehr vorliegenden Gesetzesentwurf für ein Strafrechtsänderungsgesetz zum Organhandel wurde der neuzuschaffende § 298 StGB in seinem Anwendungsbereich konkreter gefaßt. Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe soll danach bestraft werden, wer mit Haut, Knochenmark, Leberexplantaten (Nr. 1) oder mit Nieren oder anderen nicht regenerierungsfahigen Organen, Organteilen oder Geweben (Nr. 2), die einem Menschen entnommen und einer Heilbehandlung zu dienen bestimmt sind, Handel treibt41. Der Handel mit Geweben Verstorbener soll von der neuen Vorschrift nicht erfaßt werden, da das Strafgesetzbuch für eine entsprechende Regelung nicht der geeignete Standort ist und eine diesbezügliche Regelung durch verwaltungsrechtliche Vorschriften erfolgen sollte. Der Begriff des Handeltreibens soll weit auszulegen sein und jede eigennützige, auf Güterumsatz gerichtete Tätigkeit erfassen. Hiernach soll durch § 298 I StGB-Entwurf nicht nur der Kauf zum Zweck des Weiterverkaufs bestraft werden. Vielmehr sollen bereits der Abschluß eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes über Organe, Verhandlungen vor Vertragsabschluß, Verkaufsangebote und ernsthafte Ankaufsbemühungen vollendetes Handeltreiben darstellen42. Ob und mit welchem Inhalt der Entwurf für einen neuen § 298 StGB Gesetz wird, kann derzeit nicht abgesehen werden, da sich insbesondere die Abstimmung mit dem Entwurf eines Transplantationsgesetzes - zu Recht - immer schwieriger gestaltet, denn die Ausklammerung von Organen Verstorbener aus dem Anwen38

So der Bundesjustizminister ZRP 1991, S. 408 (408) und ZRP 1992, S. 240

(2 4

S

39

Zum Referentenentwurf eines neuen § 298 StGB vgl. Nagel, EthikMed 1993, S. 203 (203). Der Handel mit Geweben Verstorbener soll durch § 298 StGB-Entwurf nicht erfasst werden, da das Strafgesetzbuch hierfür nicht der geeignete Standort sei und die vielschichtige Problematik einer verwaltungsrechtllichen Regelung bedürfe, für die eine Kompetenz der Länder bestehe, vgl. Recht vom 17.07.1994, S. 3 f. 40 So Deutsch, ZRP 1994, S. 179 (179 f.), der weiterhin kritisierte, daß der Vorschlag des Referentenentwurfes zu weit geht, indem für § 298 StGB-Entwurf das Weltrechtsprinzip gelten soll. 41 § 2981 StGB-Entwurf in der Form des Entwurfes für ein Strafrechtsänderungsgesetz zum Organhandel. 42 In diesem Sinne die amtliche Begründung zum Entwurf eines neuen § 298 StGB.

272

7. Teil Legislative Aspekte

dungsbereich des Entwurfes für ein Organhandelsgesetz stößt auf wenig Verständnis und ist wohl auch nicht sachgerecht43.

§ 20 Pflicht zu gesetzgeberischen Aktivitäten Das Gesetz dient der Sicherung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Berechenbarkeit des Rechts sowie der Rechtssicherheit des einzelnen44 und soll sagen, was für den einzelnen Recht und Unrecht ist45. Die Aufgabe gesetzlich kodifizierter Rechtsnormen ist es somit, dem Bürger in den vielfältigen Bereichen der sozialen Wirklichkeit Antworten als Orientierungshilfen zur Verfügung zu stellen, um Unsicherheiten bei der Anwendung des Rechts zu verhindern. Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend beurteilt werden, inwieweit eine Pflicht des Staates zur Regelung des untersuchungsrelevanten Bereiches in gesetzlicher Form besteht. Dabei häufen sich in der Literatur und Rechtsprechung die Stimmen, die eine gesetzliche Regelung, zumindest von Teilbereichen der kommerziellen Nutzung menschlicher Körpersubstanzen, anmahnen. Als Grund hierfür wird auf die bestehende Rechtsunsicherheit vor allem im Bereich der Transplantation und Sektion und den hiermit korrespondierenden Fragen nach dem Schutzumfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hingewiesen und vor diesem Hintergrund die Gestaltungsverantwortung des Gesetzgebers eingefordert 46. Darüber hinaus wird auch die strafrechtliche Relevanz von Teilbereichen des Untersuchungsgegenstandes angeführt, da die insoweit bestehende Rechtsunsicherheit rechtsstaatlich nicht hinnehmbare Unwägbarkeiten für den Betroffenen mit sich bringe47. Fraglich ist, ob hieraus bereits eine Gesetzgebungspflicht des Staates abgeleitet werden kann.

43

Mit der Begründung, eine getrennte strafrechtliche Regelung des Handels mit Organen Lebender einerseits und Verstorbener andererseits sei nicht sachgerecht, hat der Bundesrat den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Organhandel abgelehnt und weiter ausgeführt, daß ein solches Auseinanderreißen der Materie zu vermeidbaren Schwierigkeiten führen würde und für den Betroffenen auch kaum verständlich sei, vgl. ZRP 1994, S. 496 (496). 44 So Badura, Staatsrecht, F 5 zur Garantiefunktion des Gesetzes. 45 Vgl. die anschaulichen Ausführungen in BVerfGE 39, 1 (59) zur Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. Zur Bedeutung der Rechtssicherheit MDHS/Herzog, Art. 20 VHGG, Rdnr. 61. 46 So Hirsch/Schmidt-Diczuhn, Transplantation und Sektion, S. 72 mit der geradezu dramatischen Formulierung, daß "vor dem Hintergrund von Leben und Tod... die Gestaltungsverantwortung des Gesetzgebers gefordert" sei (Erg. durch den Verf.). 47 Hiermit ist auch der Ruf nach dem Gesetzgeber zu erklären, den das KG, NJW 1990, S. 782 (783) für den Bereich der Sektion ausgesprochen hat.

§ 20 Pflicht zu gesetzgeberischen Aktivitäten

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Eine solche staatliche Regelungspflicht wird als eine von mehreren Funktionen der Grundrechte48 und als Folge der wertsetzenden Entscheidung der Grundrechtsvorschriften im Einzelfall bejaht. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß aus der Gewährleistung bestimmter Schutzgüter und Freiheiten auch eine Pflicht des Staates abgeleitet werden kann, die gewährten Rechte wirksam in Schutz zu nehmen49. Die Verpflichtung der Legislative beschränkt sich somit nicht allein darauf, private Eingriffe in Grundrechte für rechtswidrig und nicht hinnehmbar zu erklären, sondern der Gesetzgeber muß vielmehr auch präventiv das Risiko rechtswidriger Übergriffe mindern oder nach Möglichkeit beseitigen. Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, da ein effektiver Grundrechtsschutz auch die Pflicht des Staates beinhalten muß, sich schützend vor den Grundrechtsträger zu stellen und die Rahmenbedingungen für eine Durchsetzung der gewährten Grundrechte zu schaffen 50. Das Gesetz ist dabei das Medium für den Staat zur Verwirklichung dieser Schutzpflicht51. Eine Pflicht zur Gesetzgebung könnte sich somit auch im Bereich des Untersuchungsgegenstandes ergeben, falls die oben dargelegten möglichen Eingriffe in allgemeines Persönlichkeitsrecht und Eigentum des Substanzträgers52 dies rechtfertigen. Hierbei ist vor allem zu klären, ab welcher Eingriffsintensität diese Gesetzgebungspflicht zu bejahen ist. Die Frage, ob und wann eine Pflicht zur Gesetzgebung vorliegt, wird vom BVerfG im Rahmen der sog. Wesentlichkeitstheorie gelöst. Der Gesetzgeber ist im Rahmen des allgemeinen Gesetzesvorbehaltes verpflichtet, in grundlegenden Bereichen und vor allem im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen 53. Dieses Wesentlichkeitskriterium gebietet somit zum einen, Vorsorge gegen mögliche Grundrechtsverletzungen zu treffen, und darüber hinaus, festzulegen, mit welchen Mitteln die gebotene Schutzpflicht erfüllt wird 54. Ausgangspunkt ist dabei insbesondere der Schutz vor Eingriffen in Grundrechte, weshalb im grundrechtsrelevanten Bereich wesentlich in der Regel wesentlich für die Verwirklichung der Grund48

Zur Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat vgl. Seifert/Hömig, GG, Die Grundrechte, Rdnr. 3; Isensee in Handbuch des Staatsrechts, V, § 111 Rdnr. 9 f. 49 Hierzu Badura, Staatsrecht, C 20; Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 70 ff. 50 Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 39, 1 (42); 55, 349 (364); 56, 54 (73), 77, 381 (402 f.). Instruktiv auch die dezidierte Analyse der Rechtsprechung des BVerfG bei Klein, NJW 1989, S. 1633 (1634 ff). 51 Hieizu Isensee in Handbuch des Staatsrechts, V, § 111 Rdnr. 151 f. und Hager, JZ 1994, S. 373 (379). 52 Oben § 10. 53 BVerfGE 49, 89 (126 f.); 77, 381 (403). 54 Vgl. auch Isensee in Handbuch des Staatsrechts, V, § 111 Rdnr. 152. 18 Rolf Müller

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7. Teil Legislative Aspekte

rechte bedeutet55. Eine staatliche Schutzpflicht mit einer hieraus resultierenden Pflicht des Gesetzgebers zum Tätigwerden besteht nach dem BVerfG dann, wenn die verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter verletzt werden und anders als durch ein Gesetz nicht geschützt werden können56. Der Wesentlichkeitstheorie wird vor allem entgegengehalten, sie bringe erhebliche Konkretisierungs- und Anwendungsprobleme mit sich57 und das BVerfG stelle keine konkreten Kriterien für die Bestimmung der Wesentlichkeit eines Lebenssachverhaltes zur Verfügung, was im Ergebnis auf eine freie richterliche Dezision hinauslaufe58. Der Kritik ist zwar im Prinzip beizupflichten, jedoch ist in Ermangelung einer überzeugenderen Darlegung in der Literatur trotz ihrer Unbestimmtheit an der Wesentlichkeitstheorie festzuhalten59. Allerdings gilt es bei der sich hieran anschließenden Frage nach der Wesentlichkeit von Grundrechtseingriffen im untersuchungsrelevanten Bereich zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber bei den hier vorliegenden Rechtsbeziehungen zwischen Privaten eine Abwägung zwischen dem Schutz der möglicherweise betroffenen grundrechtlichen Rechtsgüter und der Privatautonomie vornehmen muß60. Vor diesem Hintergrund ist eine Schutzpflicht des Staates in Gestalt einer Pflicht zur Gesetzgebung nur bei evidenter Grundrechtsverletzung zu bejahen61. Dies wäre dann der Fall, wenn der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung der Rechtsordnung die grundrechtlichen Schutzgüter Privater erkennbar unabgeschirmten Gefahrdungen durch Dritte aussetzt62. Im übrigen ist zu beachten, daß dem Gesetzgeber insoweit ein weiter Gestaltungs-

55

So BVerfGE 47,46 (79). In diesem Sinne BVerfGE 39, 1 (44 ff, 47) zur Regelungspflicht des Gesetzgebers in bezug auf den Schutz des ungeborenen Lebens. 57 In diesem Sinne wohl auch Ossenbühl in Handbuch des Staatsrechts, ΙΠ, § 62 Rdnr. 44. Ebenso kritisch Hermes, Grundrecht auf Schutz, S. 122, der weiter darauf hinweist, daß Vorbehalt des Gesetzes und grundrechtliche Schutzpflicht verschiedene Fragen beantworten. 58 So Kloepfer, JZ 1984, S. 685 (692). 59 Ähnlich wohl Ossenbühl in Handbuch des Staatsrechts, m, § 62, Rdnr. 44 ff, 47. Im Ergebnis der Wesentlichkeitstheorie ähnlich, im Einzelfall jedoch etwas praktikabler ist der Ansatz von Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 114, der eine Regelungspflicht dann bejaht, wenn die ungeschützte Hinnahme des drohenden Risikos für die Grundrechte nicht mehr vertretbar erscheint. 60 Vgl. hierzu Klein, NJW 1989, S. 1633 (1636). 61 So auch Badura, Staatsrecht, C 20. 62 Ausführlich zur Problematik der Abgrenzung der staatlichen Gesetzgebungsverpflichtung und der Fixierung der konkreten Gefahrengrenze Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 112 ff. Ähnlich Hermes, NJW 1990, S. 1764 (1767), der eine Schutzpflicht des Staates dann verneint, wenn das Gesetz eine ausreichende Schutzregelung zugunsten des Schwächeren vorsieht. 56

§ 20 Pflicht zu gesetzgeberischen Aktivitäten

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Spielraum zukommt63 und im Einzelfall beim Erlaß von Gesetzen erhebliche Prognoseprobleme zu berücksichtigen sind64. Berücksichtigt man diese Umstände, ist zunächst festzustellen, daß der Gesetzgeber im Rahmen seines legislativen Gestaltungsspielraumes die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen einschränken oder untersagen kann65. Eine Pflicht zum gesetzgeberischen Tätigwerden im Bereich des Untersuchungsgegenstandes ist zu verneinen, da das vorhandene Regelungsinstrumentarium genügt, um denkbaren Grundrechtsverletzungen effektiv zu begegnen. Die möglichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Substanzträgers sowie seines Eigentums werden von der Zivilrechtsordnung erfaßt und diese stellt auch entsprechende effektive Ansprüche gegen eine Beeinträchtigung zur Verfügung 66. Die grundrechtlichen Rechtspositionen des Substanzträgers sind somit nicht ungeschützt den Eingriffen durch Dritte ausgesetzt, womit keine für die Grundrechtsausübung wesentlichen Umstände ungeregelt sind und die unvertretbare Hinnahme eines Beeinträchtigungsrisikos nicht bejaht werden kann67.

63

BVerfGE 77, 381 (405). Ähnlich Graf Vitzthum, MedR 1985, S. 249 (257), der von einer generellen legislativen Gestaltungsfreiheit im Bereich der Humangenetik ausgeht. 64 Vgl. hierzu MDHS/Herzog, Art. 20 VE GG, Rdnr. 53. 65 Ebenso Taupitz, Kommerzialisierung, S. 70 f. zur Frage eines gesetzlichen Verbots der Bezahlung ernes Materialwerts für menschliche Körpersubstanzen. 66 Ähnlich Hager, JZ 1994, S. 373 (379 f.), der bei vertraglichen Bindungen davon ausgeht, daß im Zivilrecht die erforderlichen Schutzinstrumentarien bereitstehen. 67 Da eine Regelungspflicht des Gesetzgebers verneint wird, erübrigt sich eine weitere Darlegung der Folgeproblematik, ob sich aus der Gesetzgebungspflicht auch ein subjektives Recht des einzelnen auf gesetzgeberische Aktivitäten ergibt, da diese hier nicht ergebnisrelevant ist. Zu dieser Problematik umfassend Dietlein, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 133 ff. m.w.N.

Achter Teil

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse 1. Der Körper des lebenden Menschen ist keine Sache, sondern gegenständlicher Teil der Persönlichkeit. Das Recht des Menschen an seinem Körper ist sein ureigenstes Persönlichkeitsrecht. 2. Die vom Körper getrennten Körpersubstanzen sind verkehrsfahige Sachen, die analog § 953 BGB im Eigentum des Substanzträgers stehen. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Substanzträgers ist unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Körpersubstanzen zu prüfen. 3. Der Leichnam ist zwar Sache, jedoch kein Vermögensgegenstand und nicht eigentumsfahig. An der Leiche wirken das fortwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen sowie das Totensorgerecht der Angehörigen, wobei letzteres durch Anordnungen des Verstorbenen beschränkt wird. 4. Vom Leichnam getrennte Körpersubstanzen sind herrenlose Sachen, an denen mit der Trennung ein ausschließliches Aneignungsrecht der Erben entsteht. Dieses wird durch das Totensorgerecht sowie das fortwirkende Persönlichkeitsrecht begrenzt, weshalb keine eigennützige Abtrennungsbefugnis der Erben besteht. Auch die Angehörigen haben kein eigenes Entscheidungsrecht in bezug auf eine Abtrennung von Leichenteilen. Im Rahmen des Umgangs mit Leichenteilen ist eine Persönlichkeitsverletzung unabhängig vom Eigentum zu prüfen. 5. Künstliche Körperteile teilen auch nach Abtrennung das rechtliche Schicksal des Körpers oder des Leichnams und sind wie Körpersubstanzen zu behandeln. 6. Dem Embryo kommt eine Sonderstellung zu: als potentielles menschliches Leben ist er in rechtlicher Hinsicht wie der lebende Mensch oder wie der Leichnam zu qualifizieren. 7. Die Zulässigkeit einer Kommerzialisierung menschlicher Körpersubstanzen muß das Ergebnis einer differenzierten Betrachtung sein und zwischen

8. Teil Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

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Eigen- und Fremdkommerzialisierung unterscheiden. Eigenkommerzialisierung ist dabei der Abschluß eines rechtlich wirksamen Verpflichtungsgeschäftes durch den Substanzträger über eigene Körpersubstanzen, während Fremdkommerzialisierung der Abschluß von Rechtsgeschäften durch Nichtberechtigte ist. Diese Differenzierung ist auch bei der Prüfung möglicher Ersatzansprüche beizubehalten. 8. Die Eigenkommerzialisierung durch den Substanzträger ist in den Grenzen des § 138 I BGB in weitem Umfang zulässig, wobei die Entgeltlichkeit nur ein Faktor bei der Beurteilung der Gesamtumstände des Rechtsgeschäftes ist. Kaufverträge über Körpersubstanzen des lebenden Menschen sind dann sittenwidrig, wenn die Kommerzialisierung zu bleibenden Gesundheitsschäden beim Substanzträger führt oder ein Gewinnstreben auf Kosten eines gerechten Gesundheitssystems vorliegt. Schenkungsverträge hingegen, die der Form des § 518 I 1 BGB bedürfen, sind nur dann nach § 138 I BGB nichtig, wenn die Abtrennung zu bleibenden erheblichen Gesundheitsschäden beim Substanzträger führt. 9. Rechtsgeschäfte des Substanzträgers über Körpersubstanzen des Leichnams werden nur durch seine unveräußerliche, über den Tod fortwirkende Menschenwürde begrenzt, wobei § 2301 1 BGB keine Anwendung findet. 10. Die Eigentumsverhältnisse an fremdkommerzialisierten Körpersubstanzen differieren im Einzelfall, da trotz fehlender Eigenkommerzialisierung eine wirksame dingliche Einigung und damit ein Eigentumserwerb des Ersterwerbers vorliegen kann. 11. Die Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen des lebenden Menschen im Rahmen existenter Rechtsbeziehungen verletzt eine vertragliche Nebenpflicht und begründet im Einzelfall auch deliktische Ansprüche. Die Rechtsfolge ist jedoch auf Ersatz eines konkreten Vermögensschadens begrenzt. Ein Ersatz immaterieller Schäden ist nur bei schwerer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu gewähren, wobei allein die eigennützige Weiterverwendung abgetrennter Körpersubstanzen hierfür nicht genügt. Weiter können Ansprüche aus Geschäftsführungs- oder Bereicherungsrecht bestehen. 12. Eine Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen der Leiche verletzt das fortwirkende Persönlichkeitsrecht sowie das Totensorgerecht der Angehörigen. Allerdings sind hieraus resultierende Ansprüche auf Unterlassung oder Beseitigung der Rechtsverletzung beschränkt. Der Verletzer ist aus § 823 I BGB zum materiellen Schadensersatz verpflichtet, da er das Aneignungsrecht der Erben verletzt.

8. Teil Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

13. Die differenzierte zivilrechtliche Beurteilung der Kommerzialisierungsvorgänge hat wegen des eingeschränkten Prüfungsbereichs keinen Einfluß auf Genehmigungen nach § 21 AMG. Einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG bedarf der Substanzträger bei einer Eigenkommerzialisierung ebensowenig wie einer Genehmigung nach § 21 AMG. 14. Beim lebenden Menschen kann die Fremdkommerzialisierung nach §§ 223, 242 StGB und beim Leichnam nach § 168 I StGB strafbar sein. Eine Fremdkommerzialisierung von Körpersubstanzen des Patienten durch den Arzt ist zwar nicht nach § 266 I StGB, jedoch nach § 246 I StGB zu bestrafen. 15. Konservierungsverträge über Körpersubstanzen sind Werkverträge und nur dann nach § 138 I BGB nichtig, wenn die Art und Weise der Konservierung den unverzichtbaren personalen Eigenwert des Substanzträgers negiert. Verwahrungsverträge sind nur dann sittenwidrig, wenn der menschliche Körper ausgeschlachtet wird oder die konkrete Form der Lagerung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Substanzträgers verletzt. Die unentgeltliche Vermittlung von Körpersubstanzen ist rechtlich unbedenklich, während Maklerverträge darüber im Einzelfall sittenwidrig sind. 16. Im Rahmen der Folgekommerzialisierung sind Verpflichtungsgeschäfte über erstkommerzialisierte Körpersubstanzen nur dann sittenwidrig, wenn ein Gewinnstreben zu Lasten einer gerechten medizinischen Versorgung mit ihnen verbunden wird. Der Folgeerwerber kann nach den allgemeinen Vorschriften Eigentümer werden, wobei ein gutgläubiger Eigentumserwerb möglich ist. Neben deliktischen Ansprüchen des Substanzträgers sind vor allem Ansprüche der aneignungsberechtigten Erben zu beachten. Die öffentlichrechtlichen Aspekte einer Folgekommerzialisierung decken sich mit denen der Erstkommerzialisierung, während im strafrechtlichen Bereich neben einer Beteiligung des Folgeerwerbers an Straftaten des Ersterwerbers eine Strafbarkeit nach § 259 StGB zu prüfen ist. 17. Die Sachmängelhaftung findet auch auf die Veräußerung von Körpersubstanzen durch den Substanzträger Anwendung. Dies wird vor allem bei einer Infektion mit Krankheitserregern relevant, wobei der Käufer nicht ohne weiteres von einer konkludenten Zusicherung der Nichtinfizierung ausgehen darf. Ein genereller Gewährleistungsausschluß beim Verkauf von Körpersubstanzen ist zu verneinen. 18. Eine Haftung des Substanzträgers nach § 111 ProdHaftG ist zu bejahen, wenn er Körpersubstanzen veräußert, die bereits einer ersten Verarbeitung unterzogen worden sind.

8. Teil Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

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19. Der Hersteller von aus Körpersubstanzen angefertigten Produkten haftet nach §§ 459 ff. BGB und nach Deliktsrecht sowie nach § 84 AMG, während Ansprüche nach dem ProdHaftG wegen der Exklusivität des Arzneimittelrechts in der Regel nicht bestehen. 20. In den alten Bundesländern wird die kommerzielle Nutzung von Körpersubstanzen nur durch das ESchG und das GenTG geregelt, während in den neuen Ländern die Transplantations-VO-DDR nicht als Landesrecht fortgilt. 21. Der Bereich der Transplantation soll durch ein Transplantationsgesetz geregelt werden, wobei nach dem Mustergesetzesentwurf der Bundesländer die Organentnahme beim lebenden Menschen nur mit wirksamer Einwilligung zulässig sein soll, während nach dem Tode eine Zustimmungslösung gelten würde. Weiter soll der Organhandel verboten werden. 22. Eine Pflicht zur umfassenden gesetzlichen Kodifikation der Problematik einer kommerziellen Nutzung von Körpersubstanzen besteht nicht, denn trotz möglicher Grundrechtsverletzungen kann dem durch das vorhandene Regelungsinstrumentarium wirksam begegnet werden, womit die Grundrechte nicht schutzlos Verletzungen durch Dritte ausgesetzt sind.

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arverzeichnis Abfallprodukte 111 abgetrennte Körpersubstanzen - Leichnam 62 ff., 76 - menschlicher Körper 33 ff., 76 - problematische Sachverhalte 43 ff. Abtrennungsbefugnis vom Leichnam 66 ff. Abtrennungsverpflichtung 80 Allgemeine Geschäftsbedingungen 151 ff. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 28, 32,49, 76 Aneignungsrecht 36, 59, 65, 131 ff, 145, 201 ff, 206 ff. Arzneimittelgesetz 210 ff, 256 Arztvertrag 171 ff. Ausstrahlungswirkung der Grundrechte 30 Berechtigte 23 Bereicherungsrecht 179, 198,209 Besitzverhältnisse 146 ff. Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes 94 Betrug 217 Bioethik-Konvention (Entwurf) 266 Blut 104, 120 Blutspende 18 Deliktische Ansprüche 178 f., 188 ff, 204,238, 248 ff, 258 Diebstahl 217 dingliche Einigung 146 Drittwirkung der Grundrechte 29,100 EG-Richtlinie 89/381/EWG 266 Eigenkommerzialisierung 23,77 ff. Eigenspende 104 Eigentum an abgetrennten Körpersubstanzen 35

Eigentumsverhältnisse 144 ff, 148 ff, 237 Einwilligung in die Abtrennung 78 Embryo 70, 99, 108, 122, 126 f., 140 entgangener Gewinn 184 Entgelt 115 Erbenbesitz 149 Ersterwerber 23 Erstkommerzialisierung 23,77 ff. Europarat-Resolution 266 Eurotransplant 229 Fehlen einer Eigenkommerzialisierung 168,182 Fehlerhaftigkeit von Körpersubstanzen 244 Fingernägel 103 f., 120 Folgeerwerber 23 Folgekommerzialisierung 23,233 ff. Folgeschäden 250 Formzwang 126, 136, 142 Fortentwickelter sachenrechtlicher Ansatz 41 ff, 48 ff. Fortwirkendes Persönlichkeitsrecht 56,64,201 ff. Frankreich 266 Fremdkommerzialisierung 23, 163 ff. Funktion für den Körper 112 Gefahrdungshaftung 253,261 Genom-Analyse 64 Gesamtschuldner 251 Gesetzlicher Eigentumserwerb 168 Gesetzliches Verbot 98, 127,137, 144 Gewährleistung 243 ff, 258 ff. Gewinnherausgabe 184 Haare 103, 120 Haftungsfreistellung 251 ff. Haut 104, 120 Hehlerei 241

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arverzeichnis

Herstellerbegriff 254 Hirnhaut 19, 199 Hirntod 51 Human Organ Transplants Act 266 Identität des Menschen 113 Immaterieller Schaden 189, 194 Irrtümlich angenommene Eigenkommerzialisierung 168, 180 Kaufvertrag 88, 89, 91 ff., 129 Klausel verböte 155 ff. Klonierung 51, 64, 70 Knochen 121,227 Kommerzialisierung 22 Körpersubstanz 22, 86 Körperverletzung 215 Konservierung 223 Kot 111, 120 Künstliche Körperteile 72 Lagerung 226 Legislative Aspekte 263 ff. Leichnam 51 ff, 128 ff. Liga Vereinigter Arabischer Staaten 266 Lizenzanalogie 185, 190 ff Menschenwürde 27, 116 Menschlicher Körper 31 ff Minderjährigkeit 94 ff Muttermilch 104 Naturalobligation 82 Naturprodukte 255 Niere 121 Nutzungsüberlassungsverträge 89 Organe 106 ff, 121, 127 Organhandelsgesetz 269 Parameter 110 ff, 116 ff Pflicht zu gesetzgeberischen Aktivitäten 271 Placenta 104, 111, 120 Postmortales Persönlichkeitsrecht 56 Proband 116 Produkthaftung 241 ff, 253 P W 170 ff, 182 ff, 200 ff

Rechtsgegenstand 31 Rechtskauf 92 Recht zur Eigennutzung 174 Reproduzierbarkeit 112 Sachenrechtliche Betrachtungsweise 34 ff, 48 ff. Samenspende 18, 194 ff. Schadensersatz 184 ff Schenkungsvertrag 88, 90, 122, 140 Sektions-AO-DDR 265 Sektionsklausel 153 Sittenwidrigkeit 101 ff, 127, 139, 233 ff. - einer Abtrennungsverpflichtung 81 Speichel 111 Sperma 104, 120 Stellvertretendes commodum 186 Störung der Totenruhe 221 Substanzträger 22 Tauschvertrag 88 Tierversuche 117 Todeszeitbestimmung 51 ff. Totensorgerecht 58, 64, 201 ff. Transplantationsgesetz (Entwurf) 268 Transplantationsklausel 158 Transplantations-VO-DDR 264 Überlagerungsthese 41 ff, 48 ff Umgang mit der Leiche 68 Unterschlagung 217 Untreue 217 Unwirksame Eigenkommerzialisierung 166, 170 Urin 111, 120 Verfiigungsgeschäfte 145 ff Vermittlungsleistungen 229 Vermögensbetreuungspflicht des Arztes 173 Verpflichtüngsgeschäfte 86, 91 ff. Vertragstypus 93 Verunglimpfung Verstorbener 218 Vorrang des Persönlichkeitsrechts 37 ff,48 ff

Sachwortverzeichnis Weiterverwendungsklausel 152, 159 ff. Wert menschlicher Körpersubstanzen 183

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WHO 266 Zellen 110, 121 Zusicherung von Eigenschaften 245 ff.