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German Pages 36 [41] Year 1915
Die katholifche Kirche und ihr Recht in den
preußifchen Rheinlanden von
D. Dr. jur. et phil. Ulrich Stu^ o. ö. ProfeiTor der Rechte an der Rheinifchen Friedrich-Wilhelms-Univerfität zu Bonn Geh. juiiizrat
Bonn 1 9 1 5 A. Marcus & E. Weben Verlag (Dr. jur. Albert Ahn)
Zum Geleit
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Zum Geleit. J~?ür eine von Herrn Archivdirektor Prof. Dr. Josef Hansen in Köln 1 veranstaltete, in Bälde erscheinende Jahrhundertfestschrift „Die Rheinprovinz 1815—1915" verfaßt, tritt diese Studie mit gütiger Erlaubnis von Herausgeber und Verleger, denen dafür auch an dieser Stelle bestens gedankt sei, schon jetzt im Sonderdruck an die Öffentlichkeit. Für ihren Umfang und ihre äußere Gestalt ebenso wie für ihre Anlage und ihren Inhalt ist ihre ursprüngliche Bestimmung auch in dieser Einzelausgabe maßgebend geblieben; insbesondere mußte ich es mir versagen, meine Angaben mit Belegen zu versehen, und midi darauf beschränken, die Quellensammlungen und einige wenige Schriften nachzuweisen, aus welchen ich in erster Linie schöpfte, und in denen nähere Aufschlüsse sowie reichere Literaturangaben zu finden sind. Übrigens sind mir von verschiedenen Seiten wertvolle Mitteilungen aus den Akten gemacht worden, wofür ich ihren Urhebern meinen verbindlichsten Dank auszusprechen nicht verfehlen möchte. Gerne habe ich mich, nachdem von mir an anderer Stelle das gemeine Kirchenrecht der Vergangenheit und der Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung Deutschlands zusammenfassend dargestellt worden ist, zur Ergänzung des dort Gebotenen auch einmal an die historisch-juristische Bearbeitung deutschen Diözesanrechts gewagt. Möge dieser erste Versuch, das Recht des Erzbistums Köln und, bis zu einem gewissen Grade, des Bistums Trier in ihrem geschichtlichen Verlauf und in ihrer gegenwärtigen Geltung kurz und doch in einiger Vollständigkeit dem Leser vorzuführen, in den Rheinlanden und darüber hinaus bei allen denen nachsichtige Aufnahme finden, die für die neueste kirchliche Entwicklung und ihr Recht Sinn haben, und denen überhaupt den Gang der öffentlichen Dinge bei uns zu verfolgen am Herzen liegt. Von französischer Seite sucht man im gegenwärtigen Kriege den Katholizismus gegen uns auszuspielen. Wie unangebracht, ja widersinnig dies Unternehmen ist, liegt für uns Deutsche auf der Hand. Vielleicht findet diese streng wissenschaftliche, von einem Nichtkatholiken herrührende
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Zum Gelelt
und bereits vor dem Kriegsausbruch zum Druck beförderte Schrift früher oder später auch im Auslande einige Beachtung und klärt sie den einen oder anderen ausländischen Leser darüber auf, daß katholische Religiosität und katholisches Kirchentum in den letzten Jahrzehnten nirgendwo ungehemmter und reicher sich zu entfalten vermocht haben als unter dem Schutze unseres kraftvollen, von seinen Feinden immer wieder verlästerten, von seinen Angehörigen aber mit gutem Grunde als Hort von Freiheit und Recht mit Wort und Tat, Gut und Blut um so freudiger verteidigten preußischen Staates. Bonn a. Rh., den 5. Mai 1915.
Ulrich Stutz.
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ie Gefchicke der katholifchen Kirche in den Rheinlanden während der hundert Jahre, die feit der Einverleibung in Preußen verfloffen find, haben ihr fichtbares Abbild im Dome zu Köln. Vom Mittelalter und den daran anknüpfenden Zeiten geiftlicher und reichs» (tädtifcher Herrfchaft halbfertig überliefert, unter franzöfifcher Herrfchaft zur bloßen Pfarrkirche herabgewürdigt und in trümmerhaftem Zuftande hinter» laflen, erlebte dies hehre Denkmal deutfcher Baukun(t, von Preußen übernommen, zunächft feine Wiedereinfetzung in den früheren Stand einer Metropolitankirche und fodann feinen glanzvollen Ausbau nach den Plänen feines Begründers, um feither, forgfam gehegt, [tetsfort erneuert, nach außen zu voller Geltung gebracht und im Innern durch Frömmigkeit und Kunflfinn liebevoll verfchönert, feiner Beftimmung fo wie nie zuvor zu dienen. Nicht anders das rheinifche katholifche Kirchenwefen, das trotz der fchweren Erfchütterungen durch den Kölner Kirchenftreit und fpäter durch den Kultur» kämpf aus dem halb Trümmer», halb Zwifchenzuftand, in dem die preußifche Herrfchaft es antrat, binnen einem Jahrhundert zu einer Blüte gediehen ifb, die in der Vergangenheit und in der Gegenwart kaum ihresgleichen hat. Freie und reiche Entfaltung des religiöfen Sinnes, ein in den Werken chri|tlicher Liebes» tätigkeit, fozialen Wirkens und der Miffion kraftvoll fich bewährendes kirchliches und Ordensleben, Einigkeit im Glauben und verfiändnisvolle Unterwerfung unter die kirchliche Ordnung — und dies alles bei weitgehender, durch Wohl» habenheit und Bildung getragener, in den Schranken chriftlicher Gläubigkeit und Sittlichkeit (ich haltender Kulturoffenheit und Kunftfreudigkeit — das find Züge, welche die katholifche Kirche am Rheine in folcher Vereinigung fclbffc zu den Zeiten höchfter mittelalterlicher Kirchlichkeit nicht aufzuweifen gehabt hat. So hat die Einfügung in ein großes Gemeinwefen und der Verlujt der Allein» herrfdiaft in dem größten Teile der heute zur preußifchen Rheinprovinz ver» einigten Gebietsteile, weit entfernt davon, dem katholifchen Wefen und Kirchen» tum Abbruch zu tun, ihm dank dem damit verbundenen Zwange zur Sammlung und Selb(tbehauptung in mühfamem, aber erfolgreichem Ringen zu einem nach» haltigen Auffchwunge verholfen. Dies gilt befonders von Recht und Verfaffung der katholifchen Kirche in den Rheinlanden, womit wir es im folgenden vornehmlich zu tun haben. Ihre Entwicklung fteht natürlich in engftem Zufammenhange mit der Renaiffance der Stutz, Katholische Kirche in der Rheinprovinz 1 8 1 5 — 1 9 1 5 .
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Die Bulle: De salute anlmarum
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katholifchen Weltkirche und des gemeinen katholifchen Kirchenrechts, die das 19. Jahrhundert heraufgeführt und die ihre Krönung gefunden hat in dem, was ich vatikanifches Kirchenrecht getauft habe, und was feinen Abfchluß viel» leicht in nicht ferner Zeit in einem neuen Codex juris canonici neb(t den damit zufammenhängenden, teils fchon vorgenommenen, teils noch bevorjtehenden Reformen der kirchlichen Zentral= und Teilverwaltung finden w i r d ; die Säfte, die der Gefamtkirche weltbefchattenden Baum zu neuem Leben erweckten, haben vor allem auch an dem rheinifchen A|te das frifche Grün getrieben, das ihn jetzt fchmückt. Doch müffen wir uns mit diefer allgemeinen Feftfiellung begnügen; auch kann unfere Darjtellung die Zufammenhänge der rheinifchen mit der gefamtkirchlichen Entwicklung im einzelnen nicht näher verfolgen, fondern bloß gelegentlich andeuten. F ü r das Folgende handelt es (ich vielmehr lediglich darum, was die rheinifche Kirche aus eigener K r a f t , und was fie mit Hilfe des preußifchen Staates geworden i(t. Dem letzteren gebührt das Verdienft, die Grundlagen gelegt zu haben. Aus mehrjähriger Verhandlung zwifchen Berlin und Rom ging fchließlich unterm 16. Juli 1821 die Bulle: De salute animarum hervor. Sie fchuf f ü r den weltlichen Teil der Monarchie die niederrheinifche Kirchenprovinz mit Köln als Erzbistum, Trier, Münfter und Paderborn als Suffraganbistümern. Die Sprengel von Köln und Trier, nur geringfügig im Jahre 1848 durch Zuweifung der Gemeinde Rolandswerth (aber ohne die Infel Nonnenwerth) an Köln gegeneinander ver» fchoben, bilden feither den Rahmen, in dem das kirchliche Leben des Katholizis» mus in den Rheinlanden in der Hauptfache fich abgefpielt hat. Doch mußte fich das Trierer Bistum bei der Übernahme aus der franzöfifchen Zeit und anläßlich der Einfügung in den neuen kirchlichen Verband eine nicht unerhebliche Umge» (taltung, teils im Sinne einer Erweiterung, teils aber auch in dem einer Ver» kürzung gefallen la(fen: Eine Anzahl auf dem rechten Rheinufer gelegener, ehemals zur früheren Erzdiözefe T r i e r gehöriger und feit deren Untergang als befonderes Vikariat Ehrenbreit(tein verwalteter Pfarreien wurden ihm ebenfo zugefchlagen wie einige hundert Pfarreien, die zum franzöfifchen Bistum Metz und zu dem ebenfolchen, nunmehr aufgehobenen Bistum Aachen gehört hatten, wogegen etliche Pfarreien auf der Eifel an Köln abgetreten werden mußten. Im wefentlichen umfaßte und umfaßt dieDiözefeTrier außer dem oldenburgifchen Für(tentum Birkenfeld und dem feither preußifch gewordenen ehemals kobur» gifdien und homburgifchen Befitz auf dem Hunsrück die preußifchen Regierungs= bezirke T r i e r und Koblenz; bei feiner Begründung hatte es 531 Pfarreien mit rund 580000 Seelen, zu Anfang 1 9 1 2 gehörten zu ihm 757 Pfarreien mit rund 1 305 000 Katholiken. Dem re|tituierten Erzbistum Köln wurden außer den genannten, ehemals trierifchen Eifelpfarreien einige früher zu Lüttich gehörige Pfarrfprengel zugeteilt. Auch es vereinigte, während in franzöpfcher Zeit, abge* fehen von der nachträglichen Einverleibung Wefels in das Bistum Aachen, alle und jede kirchliche Verbindung des linken Rheinufers mit dem rechten aufgehört hatte, wieder wie in früherer Zeit links= und rechtsrheinifche Gebiete. Aber die neue Erzdiözefe war doch weit kleiner als die alte. Groß waren die Verlu(te auf der rechten Rheinfeite; von den zwölf altkölnifchen Dekanaten blieben nur die vier von Effen, Düfleldorf, Deutz und Siegburg und auch diefe zum Teil nicht in ihrem alten Beftande bei der Erzdiözefe. Auf dem linken Rheinufer kam an Köln der größte Teil des aufgehobenen Bistums Aachen. Aber die An« paffung der kirchlichen an die neuen Landesgrenzen bedingte nicht bloß die
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Die Bulle : De salute animarum
Auflöfung einer ganzen Anzahl von alten Pfarrverbänden und die Abtretung wie übrigens auch die Übernahme einer Reihe von Sukkurfal» und Annexkirchen, fondern auch die überweifung einer Anzahl von ehemals zu Aachen bezw. zur alten Erzdiözefe Köln gehörigen Pfarreien an die niederländifchen Bistümer Lüttich und Roermond; und außerdem wurden aus dem früheren Aachener und vordem Kölner Sprengel die linksrheinifchen Pfarreien des einzigen Archidiakonatsbezirkes Xanten an das kölnifche Suffraganbistum M ü n f i e r ab» gegeben, während das Suffraganbistum Trier, wie bereits erwähnt, aus dem bisherigen Aachenfchen Sprengel die meiften im franzöfifchen Rhein» und Mofel» departement gelegenen Pfarreien erhielt, von denen eine ganze Anzahl ehedem auch kölnifch gewefen waren. So umfaßte und umfaßt die neue Erzdiözefe Köln die ganzen preußifchen Regierungsbezirke Aachen und Köln, den füdlichen Teil des Regierungsbezirks Düffeldorf, einige Bürgermeiftereien der Regierungs» bezirke Koblenz und T r i e r und das Amt Königsfteele im Regierungsbezirk Arnsberg. Es waren urfprünglich 685 Pfarreien mit (1825) 850000 Seelen. Zu Anfang des Jahres 1 9 1 2 dagegen gehörten zur Kölner Erzdiözefe 970 Pfarreien mit rund 3 282 000 Katholiken. Damit (teht das Bistum Köln, was Volks» reichtum anlangt, in Preußen und Deutfchland, ja in Europa und in der Welt, wenn nicht an er(ter, fo doch an zweiter bezw. dritter Stelle. Zum Exfekutor der Bulle: D e salute animarum wurde von Pius V I I . der Fürftbifchof von Ermland, Jofeph von Hohenzollern, ernannt. Von König Friedrich Wilhelm I I I . aber wurde mit der Durchführung das Minifierium der geiftlichen Angelegenheiten betraut, f ü r das als Zivilkommiffar der Geheime Oberregierungsrat Schmedding bei dem Gefchäfte tätig war. Bis zur Befetzung der bifchöflichen Stühle amteten die bisherigen Amtsinhaber in ihren Teil» fprengeln weiter. Zwar hatte in T r i e r auf Veranlagung der preußifchen Regie» rung der von Napoleon 1802 eingefetzte Bifchof Charles Mannay am 1 1 . No» vember 1 8 1 6 refigniert, um nach Frankreich zurückzukehren und dort er(t in Auxerre, dann in Rennes Bifchof zu werden. Aber die Verwaltung führte fein General» und nunmehriger Kapitelsvikar Anton Cordel felbftändig weiter. Auf der rechten Rheinfeite (tand, nach dem T o d e des letzten Kurerzbifchofs Klemens Wenzeslaus von T r i e r vom Kapitel im Jahre 1 8 1 6 gewählt und vom Pap(te als apoftolifcher Adminißxator betätigt, der Generali Kapitels) vikar Jofeph von Hommer, Oberpfarrer in Ehrenbreitftein, der kirchlichen Verwaltung vor. Die kölnifche Verwaltung friftete auf der rechten Rheinfeite nur noch ein kümmer» liches Dafein. Alles hing an der Perfon des Kölner Domherrn Johann Hermann Jofeph, Freiherrn von Cafpers zu Weiß, der, nachdem der letzte Kurfür(t von Köln, Erzbifchof M a x Franz, im Jahre 1801 zu Hetzendorf bei Wien das Zeitliche gefegnet hatte, von dem nach Arnsberg geflüchteten Domkapitel am 3. Auguft des genannten Jahres zum General» oder beffer Kapitularvikar erwählt worden war, und, unterfiützt von dem Weihbifchof Klemens Augujt, Freiherrn von M e r l ( t 1810), mit einer Hingabe fondergleichen, zuerft von Arnsberg, dann von Deutz aus, aufrecht erhielt, was von kirchlicher Ordnung und Verwaltung in dem durch die Wegnahme des linken Rheinufers und durch die Säkularifation nahezu vernichteten Kölner Jurisdiktionsgebiet pch noch aufrechterhalten ließ. Da Cafpers hochbetagt war, ermächtigte ihn Pius V I I . am 1 2 . Januar 1820, f ü r den Fall der Verhinderung durch Alter oder Krankheit fich einen Vertreter zu beftellen, der eventuell auch nach feinem T o d e die Verwaltung fortzuführen hätte. In der T a t nahm pch Cafpers fchon am 1 3 . Februar 1820 den Proto» 1*
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Ausführung der Zirkumskriptionsbulle
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notarius Johann Wilhelm Stephan Sdimitz zum Beißand und Vertreter und be« vollmäch tigte ihn f ü r den Fall, daß die Wahl eines neuen Kapitelsvikars unter» bliebe, dem päpßlichen Indulte gemäß auch f ü r die Zeit nach feinem Ableben. Da Cafpers nach Errichtung, aber während der Neueinrichtung der neuen Erz= diözefe (tarb, ift es Schmitz gewefen, der zuletzt die Interimsregierung in dem altkölnifchen Anteil rechts des Rheines leitete. Gerne hätte übrigens Cafpers auch die Verwaltung des Iinksrheinifchen Gebietes wieder übernommen. Allein diefe wurde, nachdem der zweite, vom Pap|te freilich nicht beitätigte Bifchof von Aachen, Jean Denis François L e Camus, am 16. Januar 1 8 1 4 vor den Kofaken nach Paris geflohen und dort fchon bald nachher, am 26. April, geftorben war, durch ein Kapitelsvikariat geführt, begehend aus dem Aachener Domherrn Martin Wilhelm Fonck als er(tem und feinem Mitkapitularen Michael Klinkens berg als zweitem General(Kapitels)vikar. Von all diefen Zwifchenregenten wurde im Auftrage des Fürftbifchofs von Ermland im Spätjahr 1 8 2 1 die Bulle: De salute animarum verkündet und der eingeforderte Bericht über die Zufammenfetzung der Kapitel und den Stand ihrer Jurisdiktionsbezirke er(tattet. Nachdem fodann am 4. November 1822 auch der proviforifche Dotationsetat f ü r die beiden Bistümer vollzogen war, allerdings fo, daß er (1824 endgültig geworden) wegen unzuläffiger Hineinziehung der Meßfiiftungen, Anniverfarien= und Memorien» gelder 1825 nachträglich noch erhöht werden mußte, und nachdem Berlin und Rom über die Perfon der neuen Bifchöfe ßdi geeinigt hatten, fiand der Befetzung der bifchöflichen Stühle nichts mehr im Wege. Am j . Mai 1824 wurde von Leo X I I . der bisherige Ehrenbreitfteiner Generalvikar von Hommer zum Bifchof von Trier ernannt. Die Bifchofsweihe empfing er am 24. Augujt in Münfier von dem dortigen Weihbifchof Cafpar M a x von Dro(te=Vifchering. Seinen feierlichen Einzug in Trier hielt er am 10., inthronifiert wurde er am 1 2 . September. Auf den Kölner Erzftuhl wurde Ferdinand Auguß: Graf Spiegel zu Defenberg und Canßein berufen, bis dahin zu Münfter erß im alten Kapitel Domdechant, dann, unter Napoleon, ernannter, aber nicht betätigter Bifchof bezw. Kapitelsvikar, der jedoch 1 8 1 4 dem von ihm verdrängten rechtmäßigen Kapitelsvikar Klemens Auguft von Dro(te=Vifchering hatte weichen müffen. A m 20. Dezember 1824 von Leo X I I . als Erzbifchof von Köln präkonifiert, zog er am 2 1 . April 1825 feierlich in Köln ein, um am 20. Mai die Verwaltung zu übernehmen und am 1 1 . Juni von feinem Trierer Suffragan von Hommer geweiht, mit dem Pallium bekleidet und inthronifiert zu werden. Schon zuvor waren beide von dem Für(tbifchofe von Ermland f ü r die Exfekution der Bulle fubdelegiert worden. S o lag die erfte Einrichtung ihrer Bistümer im wefentlichen in ihrer Hand. Gewifle Grundzüge der Verfaffung waren allerdings durch die Bulle: D e salute animarum ein f ü r alle M a l feßgelegt. Es handelt fich dabei in der Haupts fache um folgende Beftimmungen, deren Verwirklichung und Handhabung in dem zur Neige gehenden erßen Jahrhundert ihrer Geltung hier vorweg befprochen werden mag. Die Befetzung der beiden bifchöflichen Stühle follte, vom er(ten Befetzungs« falle abgefehen, fortan durch Wahl der Domherren, der wirklichen fowohl als der Ehrendomherren, und durch Betätigung von feiten des Papftes erfolgen. Doch wurden die Kapitel durch das Breve: Quod de fidelium P i u s ' V I I . vom 16. Juli 1 8 2 1 , eine Vollzugsverordnung oder Dienßweifung zur Bulle und deshalb anders als diefe weder durch Kabinettsordre fanktioniert noch in der Gefetzesfammlung
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Das Kölner und Trierer Bischofswahlrecht
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publiziert, angewiefen, nur (olche in Betracht zu ziehen, von denen fle gewiß wären, daß pe außer durch die übrigen, vom Kirchenrechte geforderten Eigen» fchaften auch durch lobenswerte Klugheit fleh auszeichneten und dem Könige nicht minder genehm feien. Alfo ein auf Verlangen der Krone und in Ver® einbarung mit ihr gemachtes, durch das kirchliche Recht nicht gegebenes, aber der Form nach in es erhobenes Zugeßändnis, das letzten Endes nicht mehr und nicht weniger bedeutet als das „Anerkenntnis eines von den Aufgaben der Kirche verfchiedenen Staatszweckes und feiner Berückfichtigungsberechtigung bei dem zumal im paritätifchen Staate politifch exponierten Kirchenamte des Bifchofs". Die Gewißheit der Genehmheit follte aber, fchon damit das altkirch» liehe Recht, das die Einmifchung felbft katholifcher Laiengewalten in die Be* fetzung der Bifchofsftühle aufs ßrengfte verpönte, nicht verletzt würde, (tets vor dem feierlichen, in den Formen und nach den Vorfchriften des kanonifchen Rechtes (ich vollziehenden Wahlakte hergeflellt werden. Wie, i(t freilich in dem Breve nicht gefagt; die ihr angebotene Erkundung durch Einreichung einer Kandidatenlifte hatte die preußifche Regierung feinerzeit bei den Verhand® lungen über die Geftaltung des Bifchofswahlrechtes ablehnen zu müflen geglaubt. Deshalb und aus anderen Gründen ijt es auch in Köln und in Trier gelegentlich zu fchweren Wahlkonflikten gekommen. Von den fleben Erzbifchöfen, die bis jetzt Ferdinand Augujt auf dem Kölner Erzftuhle gefolgt find, nämlich Klemens Auguft» Freiherr Dro|te zu Vifdiering ( 1 8 3 5 — 1 8 4 5 ) , Johannes von Geiffel ( 1 8 4 5 - 1 8 6 4 ) , Paulus Melchers (1866—1885), Philippus Krementz (1885—1899), Hubertus Simar (1899—1902), Antonius Fifcher ( 1 9 0 2 — 1 9 1 2 ) und Felix von Hartmann, find nur der unmittelbare Nachfolger von Spiegels, von Droße, und die drei letzten Simar, Fifcher und von Hartmann in der von Bulle und Breve vorgefehenen Art zu ihrer Würde gelangt. Ja in Trier, wo auf den 1836 ver® ftorbenen von Hommer Wilhelm Arnoldi (1842—1864), Leopold Pelldram (1865—1867), Matthias Eberhard ( 1 8 6 7 — 1 8 7 6 ) und 1881 der gegenwärtige Bifchof Michael Felix Korum folgten, kam ohne Weiterungen nur eine Wahl, die Eberhards von 1867, zuftande. Johannes von Geiffel war 1841 behufs Bei® legung des Kölner Kirchenftreites auf Grund einer Ver(tändigung zwifchen der preußifchen Regierung und dem päpftlichen Stuhle zum Koadjutor des Erz« bifchofs Klemens Auguft mit dem Rechte der Nachfolge ernannt worden und fuccedierte infolgedeffen nach dem T o d e jenes ohne weiteres. Direkter Ver® (Bändigung zwifchen Berlin und Rom unter Außergeltungfetzung des ja formell als Privileg verliehenen Kapitelswahlrechtes f ü r den betreffenden Fall verdankten ferner ihre Erhebung im Zufammenhange mit dem Abbruche des Kultur® kampfes Bifchof Korum von T r i e r und Erzbifchof Krementz von Köln. Die Weiterungen vor der Wahl Pelldrams in T r i e r hatten ihren Grund vornehmlich in der Ablehnung des zuerfl: gewählten Abtes Haneberg in München und darin, daß auch in diefem Falle Rom die Befetzung an fleh ziehen wollte; doch ifi fchließlich Pelldram in ordnungsmäßiger Weife, als dem König nicht minder genehm — er war zuvor katholifcher Feldpropft der preußifchen Armee — gewählt und vom Papfte beitätigt worden. Die Streitigkeiten, die anläßlich der Wiederbefetzung des Trierer Bifchofsftuhles nach dem T o d e feines erften Inhabers entbanden und zu einer fechsjährigen Sedisvakanz führten, erklären fleh rechtshi(torifch durch die nicht geringen Schwierigkeiten, auf welche die Ein« bürgerung des vereinbarten Bifchofswahlrechtes wegen des Beharrungsvermögens älterer Anfchauungen und Anfprüche zunächft fließ. Während im Sinne
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Geltendmachung der Mindergenehmheit. Listenverfahren
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des Breves: Quod de fidelium wohl die Erkundung der Genehmheit durdi eine Vorwahl lag, glaubte die Regierung Fried rieh Wilhelms I I I . diefe kurzer Hand durch die Defignierung einer beftimmten Perfönlichkeit, die fie gewählt wiffen wollte, erfetzen zu können. Dadurch wäre aber das negative Ausfchließungs= verfahren, das von dem Breve im Zufammenhange mit der Bulle vorgefehen war, zu einem pofitiven Ernennungsrechte geworden, wovon die genannten Erlafle fchon deshalb nichts wußten, weil die Kurie nach feften, felbft bei der Vereinbarung des franzöfifchen Konkordats im Jahre 1801 betätigten Grund= fatzen nichtkatholifchen Staatsoberhäuptern derartiges nicht zuge(teht und wohl auch nicht zugejtehen kann. Sobald darum die preußifchen Kapitel aus der Gewöhnung des 18. Jahrhunderts, die aber eben nur im 0(ten vorhanden war, und mit der man imWeften vernünftigerweife nicht rechnen konnte, zum Bewußt= fein des neuen Rechtes gelangten, was in T r i e r im Zufammenhange mit dem Kölner Kirchenftreit gefchah, mußte eine Befetzung durch Defignation und bloße Scheinwahl ausgefchloffen erfcheinen. Darin liegt die rechtsgefchichtliche Bedeu= tung des Trierer Wahlkonflikts der dreißiger und vierziger Jahre des ver= gangenen Jahrhunderts. M i t ihm hört jene ebenfo fehr dem Wortlaute wie dem Sinn und Gei(te des vereinbarten Rechtes widerfprechende ältere Praxis auf und hebt, durch Friedrich Wilhelm I V . inauguriert, eine korrektere Handhabung des ftaatlichen Mitwirkungsrechtes an. Freilich wenn 1842 in Trier, wie das Jahr zuvor in Breslau, zur Ermittelung der Genehmheit eine Kandidatenli(te dem Könige eingereicht wurde, fo gefchah dies zunächft nur f ü r den einzelnen Fall. Z u einer mehr grundfätzlichen Regelung und zur eigentlichen Annahme des Liftenverfahrens auch in Preußen gaben Anlaß die Verhandlungen, die 1864/5 über die Befetzung des Kölner Erzfiuhles geführt wurden. Diefe kam fchließlich in der Weife zuftande, daß der Papjt im Einverftändnis mit der Regierung den bisherigen Bifchof von Osnabrück, Paulus Melchers, nach Köln verfetzte und zum Erzbifchof ernannte. Von dauernder Bedeutung aber war, daß, wenn auch ohne Erfolg f ü r diefen Fall, die Kurie ihre Zuftimmung zu der von der Regierung feit den Zeiten Friedrich Wilhelms IV. betriebenen nachträglichen Einführung der Lifte gab, fo daß feither das Liftenverfahren in Preußen, wenn fchon nicht das einzige, fo doch ein zuläffiges, ja das allgemein angewandte Mittel zur Erkundung der Genehmheit geworden ift. Daher konnte Leo X I I I . in einem unterm 20. Juli 1900 durch feinen Kardinal=Staatsfekretär Rampolla an die deutfehen Wahlkapitel und fo auch an das Kölner und Trierer gerichteten Erlafle: Ad notitiam Sanctae Sedis das preußifche Bifchofswahlverfahren durchaus auf eine Linie mit dem ehemals hannoverfchen und mit dem oberrheinifchen (teilen, von denen jenes von Anfang an die Lifte, jedoch ohne weitere Sicherung gekannt hatte, während diefem die nach den Vorschriften des preußifchen Breves durch ein oberrheinifches vor überlaftung mit Mindergenehmen gefchützte Lifte von jeher eigen war. Das preußifche und damit auch das kölnifche und trierifche Be= fetzungsverfahren hatte fleh eben im Laufe der Zeit völlig dem oberrheinifchen angeglichen. Und wenn noch 1865 in einer von dem KardinaUStaatsfekretär Pius' I X . Antonelli an den preußifchen Gefandten beim Vatikan gerichteten Note über den Kölner Wahlftreit hervorgehoben wurde, die Regierung dürfe nur aus haltbaren und gewichtigen, nach der Meinung der Kurie wohl von ihr zu über« prüfenden Gründen Kandidaten von der Lifte ausfchließen, fo ift feither diefer mit dem vereinbarten Rechte ebenfowenig wie mit der ftaatlichen Souveränität (Ich vertragende Anfpruch, der die völkerrechtsartige Natur des Ausfchließungs=
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Das Kölner und Trierer Bischofswahlverfahren
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Verfahrens verkennt, in der Praxis fo gründlich gefcheitert, daß auch der Erlaß Rampollas ihn nicht aufrechtzuerhalten vermochte. Richtiger Anficht nach iß die Entfcheidung über die Genehmheit oder Mindergenehmheit einzig und allein in das ErmefTen der Krone gebellt, was fchließlich auch der Erlaß von 1900 dadurch anerkannt hat, daß er den Kapiteln einfchärfte, nur folche auf die Lifte zu nehmen, die durch eifriges Beftreben, die öffentliche Ruhe zu wahren und dem Landesherrn die Treue zu halten, fich auszeichneten und fo dem Landesa herrn nicht minder genehm feien. Das Streichungsrecht aber bezweckt, von der Lifte der nach beftem Wiffen und Gewif|en des Kapitels nicht Mindergenehmen den einen oder andern noch zu entfernen, deffen Nichtgenehmheit der Kenntnis des Kapitels fleh fchlechterdings entzieht. Eine Lifte, der gegenüber der König mit der Streichung von einem oder einigen wenigen nicht auskommen würde, wäre deshalb von vornherein vereinbarungswidrig, und es wäre die Regierung befugt, fie, ohne (Ich erft auf eine Streichung einzuladen, ohne weiteres zurück* zureichen, wobei es dem Kapitel überlaffen bliebe, wie es fleh aus der durch fein rechtswidriges Verhalten gefchaffenen Lage ziehen will, ob durch Einreichung einer neuen Lifte oder durch Überladung der Befetzung an den natürlich gleich^ falls auf die Verftändigung mit der Regierung angewiefenen apoftolifchen Stuhl. Dadurch aber werden die gleichfalls im Anfchluß an den Kölner Wahlftreit von 1864/5 oft erörterten Fragen, ob das Kapitel zur Einreichung einer neuen Lifte angehalten werden könne, und pb auf der Lifte zwei oder drei Kandidaten als sufficiens numerus für die Vornahme einer gültigen Kapitelswahl übrig zu laffen feien, in Wahrheit gegenftandslos. übrigens beruht der Erlaß von 1900 nicht auf Vereinbarung. Vielmehr ftellt er (ich als eine einfeitig von der Kirche erlaflene Vollzugsverordnung oder befler Dienftweifung zu dem Wahlrecht von Bulle und Breve dar. Doch hat fleh die Regierung nicht veranlaßt gefehen, ihn zurückzuweifen, da er das vereinbarte Recht finngemäß interpretiert. Denn wenn darin eine die Freiheit der Wahl beeinträchtigende Mitwirkung des Regierungskommiffars abgewehrt wird, fo richtet fich das lediglich gegen die Anwefenheit des Wahlkommiflars bei dem Wahlakte felbft und gegen eine formelle, offizielle Beeinfluffung der Wahl durch ihn. Diefe ift aber in Preußen, wo gewöhnlich der Oberpräfident als Wahlkommiffar zur Entgegennahme und Rüdegabe der Lifte fowie zur Entgegennahme des Wahlergebniffes beauftragt wird, längft aufgegeben. Gegen inoffizielle, lediglich tatfächlich fleh geltend machende Beeinfluffung, die übrigens weder gegen die Intereffen der Kirche zu verftoßen braucht, noch bloß von Berlin auszugehen pflegt, vielmehr gelegentlich von Regierung und Kurie gemeinfam und übereinftimmend ausgeübt worden ift, fchützt das Kapitel natürlich kein noch fo beftimmtes kirchliches oder ftaat= liches oder beidfeitig vereinbartes Recht, fondern allein der fefte Wille der Wähler, von dem ihnen verliehenen Wahlrecht felbftändig Gebrauch zu machen. Beach= tung verdient fchließlich noch, daß es in Köln, der durch die oben erwähnte Volkszahl und fonft gegebenen überragenden Bedeutung diefes Erzftuhls ent= fprechend, feit langem feftes Herkommen ift, nur folche zu Metropoliten zu erheben, die fich bereits als Träger bifchöflicher Würde bewährt haben. So war Johannes von Geiflel zuvor Bifchof von Speier, Paulus Melchers aber vertaufchte, wie bereits erwähnt, mit Köln das Bistum Osnabrück, indes Philippus Krementz vorher Bifchof von Ermland, Hubertus Simar Bifchof von Paderborn, Antonius Fifcher Titularbifchof von Juliopolis und Weihbifdhof von Köln und Felix von Hartmann Bifchof von Münfter war. Und zwar hängt es, abweichend vom
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Metropolitankapitel
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gemeinen Rechte, bei folchen Berufungen von anderswoher nicht von der Gnade des Papftes ab, ob er den Betreffenden transferieren und admittieren will, iß doch durch die Bulle: De salute animarum f ü r Preußen der Unterfchied von Elektion und Postulation aufgehoben, fo daß der Papft unter denfelben Voraus= fetzungen wie bei der Wahl eines Nichtbifchofs einfach zu betätigen hat. Eben« dahin gehört es, daß der Erzbifchof von Köln, fchon als folcher geborener Legat des Pap|tes und zum Tragen des Purpurs berechtigt, gewöhnlich in Kürze zu der Würde eines Kardinalpriefters der römifchen Kirche erhoben wird. S o war von Geißel feit 1850 Kardinal unter dem Titel des hl. Laurentius im Viminal, Krementz feit 1893 unter dem Titel des hl. Chryfogonus, Fifcher feit 1903 unter demjenigen der hl. Nereus und Achilleus, und ift zuletzt 1 9 1 4 Erzbifchof Felix von Hartmann unter dem Titel des hl. Johannes ante Portam Latinam Kardinal geworden. Die Verfaffung der Domkapitel iß: in ihren Grundzügen gleichfalls in der Zirkumfkriptionsbulle fejtgelegt und deshalb bis auf den heutigen T a g diefelbe geblieben. Das Kölner Metropolitankapitel be|teht aus zwei Dignitäten, der Prop(tei und der Dechantei, aus zehn Numerar= und vier Ehrenkanonikaten und acht Domvikarien oder Dompräbenden. Zum Trierer Domkapitel gehören außer den beiden Dignitäten, dem Dompropfte und dem Domdechanten, acht Numerar» und vier Ehrenkanoniker fowie fechs Domvikare. F ü r die Dom= prop(tei und f ü r die in den ungeraden, ehemals päpftlichen Monaten erledigten Numerar= und Ehrenkanonikate (teht dem Könige die Nominationsbefugnis zu, während der Pap(t zu in(tituieren hat; doch tut die päpftliche Provijta der Nomination, weil diefe von einem nichtkatholifchen Landesherrn ausgeht und infolgedeffen nicht als Nomination im technifchen Sinne des Kirchenrechtes gilt, keine Erwähnung. Die Dechantei, die in den geraden Monaten ledig werdenden Numerar« und Ehrenkanonikate fowie fämtliche Domvikariate befetzt der OrdU narius, in Köln alfo der Erzbifchof, in T r i e r der Bifchof. N u r f ü r das erjte Mal war die Befetzung in die Hand des Exfekutors und feiner Subdelegaten gelegt. Diefe hatten fich zuer(t zu erkundigen, wer von den Kölner und Trierer Kapi= tularen der Reichszeit noch übrig geblieben und geneigt fei, in die neuen Kapitel, eventuell als überzählige Mitglieder derfelben, einzutreten. Angefichts der befcheidenen Bezüge aus Staatsgehalt und Kapitelsmitteln, mit denen fich in den neuen Kapiteln die Mitglieder begnügen mußten, zeigte aber von den übrigens zum Teil hochbetagten und kranken und fchon aus diefem Grunde nicht mehr dienftfähigen Angehörigen der alten, feudalen Kapitel niemand Luft zum übertritt. Dagegen wurde aus den aufgehobenen franzöfifchen Kapiteln von Aachen und T r i e r eine ganze Anzahl von Mitgliedern übernommen; fo befetzte Bifchof von Hommer im Einverftändnis mit der Regierung die Trierer Domprop|tei mit dem bisherigen Trierer Generalvikar Cordel und der Erm= länder Für(tbifchof die Kölner Dompropßei mit dem Aachener Generalvikar Fonck, auch gingen i n T r i e r vier franzöfifche Domherren auf preußifche Numerar= kanonikate über, während in Köln ein ehemaliger Numerar= und ein früherer Ehrenkanoniker von Aachen wirkliche Domherren wurden, übrigens waren die Kanonikate verfchieden dotiert; in Köln, wo der Erzbifchof 1 2 0 0 0 (feit 1 . April 1906 mit Reifezufchuß von 2000 Mk.), Propjt und Dechant 2000 Taler (feit 1906 7500 M k . ) beziehen follten, betrug anfänglich das Staatsgehalt f ü r die beiden erß:en Numerarkanoniker 1200, f ü r die fechs folgenden 1000, f ü r die zwei letzten 800 (feit 1906 f ü r fämtliche Domherren ohne Unterfchied 5000 bis
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Domkapitel. Aachener Stiftskapitel. Weihbischof
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6000 Mk.), f ü r die nicht zur Rcfidenz verpflichteten, regelmäßig aus verdienten Pfarrern und Landdechanten genommenen Ehrenkanoniker 100, f ü r die Dom» Vikare 200 Taler, während in Trier, wo dem Bifchof 8000 (feit 1906 mit 2000 M k . Reifezufchuß), dem Dompropft und Domdechanten je 1400 Taler (feit 1906 7000 M k . ) zukommen füllten, die Bezüge der wirklichen Domherren von 1000 Talern an fich fo abftuften, daß der dritte und vierte Numerarkanoniker 900, die übrigen (vier) 800 (feit 1906 ohne Unterfchied 4500—5500 Mk.) erhielten, und die Gehälter der Ehrendomherren und Domvikare gleichfalls 100 und 200 Taler betrugen. Es gab alfo verfchiedene Rang» und Gehaltsklaffen der Dom» herrenftellen, und infolgedeffen war es allerdings von Bedeutung, ob bei Erledi» gung eines befferen Kanonikates die Inhaber der geringeren ein Optionsrecht mit der Befugnis, dem Dienftalter nach aufzurücken, haben follten oder nicht. Nach der alsbald nach Errichtung der Kapitel auf Veranlagung des Exfekutors in Gang gebrachten und durch das Kölner Reltitutionsdiplom ausdrücklich geforderten Übung fand ein folches Aufrücken der Domherren untereinander und ebenfo der Ehrendomherren und der Domvikare f ü r fich (tatt. Rom aber providierte immer nur f ü r das beftimmte, gerade erledigte Kanonikat, nicht f ü r das durch Aufrücken frei gewordene unterjie. Eine Kabinettsordre vom 28. Mai 1856 fchloß fich dem unter Befeitigung der älteren Praxis an, befchränkte das Aufzeigen auf die Klaffe, f ü r die der Betreffende ernannt war, behielt aber dem König das Recht vor, aus einer niedrigeren in eine höhere Klaffe zu verfetzen. Im übrigen, namentlich bei ihrem öffentlichen Auftreten im Chor und bei anderen Gelegenheiten, rangieren die Domkapitulare nach ihrem Dien(talter, und f ü r die Domkurien blieb das Optionsrecht weiter in Geltung. Um Aachen f ü r den Verlujt des Bistums einigermaßen zu entfehädigen, und mit Rückficht auf die Bedeutung des dortigen Marienmün(ters, feiner Ver» gangenheit und feiner Stiftungen fah die Zirkumfkriptionsbulle die Errichtung eines Kollegiatftiftes dafelb(t vor. Es follte nur eine Dignität, die Propftei, und fechs Kanonikate mit denfelben Bezügen wie zur bifchöflichen Zeit haben. Die Propftei und die Kanonikate der Stiftsherren und der unter Erzbifchof Ferdinand Augu(t hinzugekommenen Ehrenftiftsherren werden genau fo befetzt wie die entfprechenden Stellen in den Domkapiteln. Zum erjten Stiftspropft wurde Johann Matthias Claeffen ernannt. Ebenfalls auf die Bulle: D e salute animarum geht zurück die Wiederher» (tellung des Amtes der Weihbifchöfe. Sie war übrigens fchon durch den großen Umfang der beiden Diözefen gegeben und durch die dadurch bedingte gewaltige Firmungs» und Vifitationstätigkeit gefordert. Der Weihbifchof wird durch den Ordinarius regelmäßig aus dem Schöße des Domkapitels vom Papfte erbeten, von diefem zum Titularbifchof ernannt und dem Ordinarius als Hilfs» bifchof beigegeben. Die beiden er(ten Kölner Weihbifchöfe waren zugleich Dompröpfte, die fpäteren (tiegen, fofern nicht, wie das zurzeit wieder der Fall i(t (zweiter Weihbifchof Peter Jofeph Lausberg, ernannt 1 . M a i , geweiht 29. Juni 1 9 1 4 ) , ihrer zwei nebeneinander tätig waren, gewöhnlich bald zur Domdechantei (Jofeph Müller, Domdechant und Weihbifchof feit 8./30. April, konfekriert 7. Juni 1903) auf, wodurch ihnen, da die Bezüge eines Weihbifchofs (800 T a l er, feit 1906 mit 1000 M k . Reifezufchuß) an fich unzureichend find, eine ihrer bifchöflichen Stellung angemeffene Lebenshaltung ermöglicht wurde. Zum er(ten Weihbifchof wurde übrigens der frühere Abt von Hamborn, Karl Adalbert, Freiherr von Beyer, ernannt. Als Kirche des Weihbifchofs bildete
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Ausbau der Diözesanverfassung durch Erzbischof v. Spiegel. Restitutlonsdiplom
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fich zeitweilig die Minoritenkirche in Köln heraus, die 1855 zur Annexkirche der Kathedrale erhoben und für die Spendung der Firmung und der Weihen be(timmt wurde; doch werden letztere neuerdings faß ausfchließlich in der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt und (für Priejter) im Dome erteilt. Erwähnen wir zum Schlüte noch, daß auch die Einrichtung von Klerikal» feminarien, von Emeriten» und Demeritenhäufern in der Bulle vorgefehen war, fo dürfte damit deren Hauptinhalt, foweit er uns hier angeht, erfchöpft fein. Alles kam auf die Ausführung im einzelnen und auf den erften Ausbau der fo gefchaffenen Kirchenkörper an. Ihnen widmeten (ich mit großem Eifer die er(ten Inhaber der beiden Bifchofs(tühle, befonders Erzbifchof Ferdinand Augu(i, dem das Verdien(t gebührt, mit großer Umficht und Ausdauer die mühfame, lang» wierige und oft erfolglofe Verhandlungen mit Berlin und Rom mit fich bringende, an Schwierigkeiten und Verdrießlichkeiten reiche Arbeit der erften Einrichtung, fo gut es eben ging, getan zu haben. So fehr ging ihm die Organifationstätigkeit über alles und (tand für ihn die möglichft allfeitige Ingangfetzung des kirchlichen Behördenapparates im Vordergrund, daß er daneben anderes, wie die von Rom beliebte Verfchärfung des Mifchehenrechtes, geringer anfchlug und um den Preis des Entgegenkommens in dem von ihm betriebenen Einrichtungs» und Wieder» herftellungsgefchäft unbedenklich hintanfetzte. Aus diefer feiner Einrichtungsarbeit fei zunächß die Reftitution des Metro* politankapitels und deffen, was damit zufammenhängt, hervorgehoben. Mit der Befetzung der Kapitelsftellen war es nicht getan. Es mußte die Verfaflung des Kapitels im einzelnen normiert und namentlich auch der Chor» und fon(tige Gottesdienjt der Kathedrale geregelt werden. Für die Zukunft gab die Zirkum» fkriptionsbulle den Kapiteln eine befchrankte Autonomie; fie follten, allerdings unter Vorfitz, Aufficht und mit Betätigung des Bifchofs und im Rahmen des gemeinen Rechtes, ihre Angelegenheiten felbft durch Statuten und unter Ana drohung von Strafen für den Fall des Zuwiderhandelns ordnen dürfen. Die erften Anordnungen hatte aber auf der Grundlage der Bulle und als deren fubdelegierter Exfekutor der Bifchof zu treffen. Für Köln erließ Erzbifchof Ferdinand Augufi fchon unterm 1. Mai 1825 das Rejtitutionsdiplom. Dazu kamen 1830, von dem Ordinarius ausgearbeitet und vom Kapitel unverändert an» genommen, die umfangreichen, die Be(timmungen der Bulle und des Reftitutions» diploms zum Teil einfach aufnehmenden Kölner Kapitelsßatuten (in Kraft feit 26. Mai 1833). Aus ihrem Inhalte fei nur einiges Wenige herausgehoben. Da die Bulle vorfchrieb, die Seelforge der Dompfarrei folle habituell dem Kapitel, aktuell einem der Domherren zu(tehen, wurde fie dem zum Dorna kapitular beförderten bisherigen Dompfarrer Heinrich Filz und zwei Dom» vikaren als feinen Gehilfen übertragen, wie denn auch noch heute ein Kapitels» mitglied, unterftützt von Dompräbendaren, die Domfeelforge verficht. Den Chordienfi: in der alten Geftalt, wie er vor der Säkularifation befanden hatte, wieder aufleben zu laffen, dazu fehlten die Mittel und war die Zahl der verfüg» baren Kräfte zu gering. Gewiffe Vereinfachungen und eine größere Anpaffung an den Ritus der römifchen Kirche erwiefen fich als unerläßlich und erwünfcht. Den Chordien(t zu verrichten, ifi für die Domherren eine Hauptpflicht. Ihre pünktliche Erfüllung wird erleichtert durch die Einrichtung einer Distributionen» kaffe, an die von jedem Mitglied alljährlich ein be(timmter Betrag (von den Dignitären 200, von den wirklichen Domherren 100 Taler) abgeführt werden muß, um zufammen mit den Erträgen des bei der Kaffe fich anfammelnden
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Ausbau der Diözesanverfassung durch Erzbischof v. Spiegel. Kapitelsstatuten
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Vermögens und mit Mitteln, die aus anderen Quellen fließen, ¡ n Gewalt von Anwefenheitsgeldern an die Chordien(t Tuenden zur Auszahlung zu gelangen. Die adelige Geburt fiel als Erfordernis des Eintrittes in das Kapitel weg. Wohl aber verlangte die Bulle die höheren Weihen und entweder fünf Jahre Kirchen«» dienft oder Verfehung einer Profeflur der Theologie oder des kanonifchen Rechts. Dies teils verfchärfend, teils mildernd fchrieb das Refiitutionsdiplom vor, wer bloß dem gemeinrechtlichen Erfordernis des Subdiakonates genüge, müfle binnen Jahresfrift die Prie|terweihe nachholen, und es follten vom 1 . Mai 1851 an nur noch Doktoren der Theologie oder des kanonifchen Rechtes aufgenommen werden, eine Anordnung, die allerdings in der Folgezeit nicht ängftlich befolgt worden i(l. Das Kapitel hat juriftifche Perfönlichkeit und eigenes Vermögen fowie außer der fchon erwähnten Befugnis, (Ich fclbft Satzungen zu geben, auch das Recht, ein Siegel zu führen. Bei Erledigung des erzbifchöflichen Stuhles foll es, falls ein Koadjutor mit dem Rechte der Nachfolge nicht vorhanden i(t, einen der Regierung'genehmen Kapitelsvikar wählen, welcher die Zwifchenregierung des Bistums beforgt, alsbald das erzbifchöfliche Palais, und zwar unter Ausfchluß jedes anderen zur Wohnung erhält und ein Viertel der erzbifchöflichen Einkünfte bezieht, während ein zweites Viertel dem Kapitel zufällt, das zur Zeit der Vakanz das Tafelgut verwaltet, und die beiden anderen Viertel zu* Deckung der Köllen der Wahl, Betätigung und Inthronifation eines neuen Erzbifchofs verwendet werden (ollen. Von diefer Befiimmung, die übrigens in ihrem wefentlichen Inhalt auf das Konzil von Trient zurückgeht, glaubte das Kapitel fpäter auch Gebrauch machen zu (ollen, als am 20. November 1837 Erzbifchof Klemens Auguft von Dro(te auf die Feftung Minden abgeführt wurde. Jedoch es mußte fich durch Gregors X V I . Schreiben: Datae sunt vom 9. Mai 1838 darauf aufmerkfam machen laflen, daß die Gefangennahme, durch die das Kapitel als durch eine Art bürgerlichen Todes den erzbifchöflichen Stuhl gewiflermaßen hatte erledigt fein laflen wollen, derartige Wirkungen nicht haben könne, und daß der Erwählte (Hüsgen) nicht als Kapitelsvikar, fondern in feiner Eigenfchaft als General= vikar des inhaftierten Ordinarius f ü r diefen die Verwaltung weiterzuführen habe. Aber auch nach dem T o d e Hüsgens, im Jahre 1 8 4 1 , wählte das Kapitel einen Kapitelsvikar, während der Papfl in D r . Iven f ü r den gefangenen Erzbifchof einen neuen Generalvikar be(tellte. An der Spitze des Kapitels (teht der Dom= propft; ihm gebührt die Wahrnehmung aller nicht ausdrücklich einer anderen Stelle vorbehaltenen Kapitelsangelegenheiten. Insbefondere beruft und leitet er die Kapitelsfitzungen und führt er die Vermögensverwaltung, zu welchem Zwecke ihm jeweilen auf drei Jahre ein Ausfchuß von drei Kapitelsmitgliedern beigegeben iß. Dem Domdekan untergeht alles, was den Gottesdienft in der Domkirche betrifft; er hat auch die Difziplin über den Sekundar=Domklerus und über die niederen Kirchendiener. So die Ordnung des Kölner Metropolitankapitels. F ü r das Trierer Doms und das Aachener Stiftskapitel wurde ähnliches verordnet. N u n waren aber die Domkapitel nicht nur f ü r den Chordien(t und als Wahl» körper f ü r die Bifchofswahl wiederhergeftellt worden, fondern namentlich auch, damit die Ordinarien aus ihnen die Gehilfen f ü r die Leitung der ihnen unter= (teilten Diözefen nehmen könnten. Als folches wirkt das Kapitel bei der Bis» tumsregierung mit durch Erteilung von consensus und consilium in den vom kanonifchen Rechte als zuftimmungs» oder wenig(tens befragungsbedürftig erklärten Fällen und feit dem Dekret: Maxima cura über die Ver= und A b fetzung auf dem Verwaltungswege durch zwei feiner Mitglieder auch bei der
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Generalvikariat und Allgemeiner geistlicher Rat
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Be(tellung der zwölf aus den Pfarrern (Dechanten) genommenen Profynodal« konfultoren. Darüber hinaus find z. B. die Kölner Domkapitulare nach einer ausdrücklichen Bestimmung des Reftitutionsdiploms verpflichtet, dem Erzbifchof bei der Leitung des Bistums auf fein Verlangen beizuftehen, d. h. ihm als Räte in feinen Behörden zu dienen, eine Verpflichtung, welche die preußifche Zirkum» fkriptionsbulle anders als das bayerifche Konkordat von 1 8 1 7 nicht befonders aus« gefprochen hat, aber wohl nur, weil fie von ihr als felbftverftändlich vorausgefetzt ist. Als folche bifchöfliche Behörde richtete Erzbifdiof von Spiegel zunächß: nur das Generalvikariat ein. An deflfcn Spitze (teilte er den Domdechanten Johann Hüsgen als erften Generalvikar der Erzdiözefe. Im übrigen zerfiel das Generals vikariat in zwei Abteilungen, in denen beiden außer dem vorfitzenden General» vikar der weltliche Kanzler des Erzbistums faß fowie zwei Domkapitulare als Räte; die erfte Abteilung war die eigentliche Regierungsbehörde f ü r die Ver» waltung der geiftlichen Sachen, die zweite, auch Konfiftorium erfter Inftanz geheißen, hatte als erzbifchöfliches Gericht die Rechtsfachen zu erledigen, von denen gleich die Rede fein foll. In T r i e r faßen fämtliche Mitglieder des Doms kapitels in dem bifchöflichen allgemeinen geiftlichen Rate. Daneben gab es ein Generalvikariat mit dem Domkapitular Wilhelm Arnold Günther als erflem Trierer Generalvikar und drei anderen Domherren fowie dem Juflitiar des Bistums, dem früheren Bonner Profeflor der Rechte Matthias Jofeph Euler, als Beifitzern. Das ehemalige Generalvikariat in Ehrenbreitffcein lebte fort in einem ebenda Tendierenden bifchöflichen Kommiffariat f ü r den rechtsrheinifchen Bis» tumsanteil, beftehend aus einem Kommiflar, zwei Affefforen und einem Sekretär, die zum Teil aus der Pfarrgeiftlichkeit genommen waren. Als ein überrefl: des Confeil episcopal, den in franzöfifcher Zeit der Bifchof von Aachen f ü r die Bezirke Koblenz, Bonn und Simmern, die drei Unterpräfekturen des Rheins und Mofel» departements, neben feinem Aachener Generalvikariat in Koblenz gehalten hatte, hat man wohl das trierifche Provikariat f ü r den Diözefananteil im Regierungss bezirke Koblenz anzufehen, das mit dem Pfarrer U . L . F . in Koblenz, wo es auch feinen Sitz hatte, als Provikar und mit einem feiner Kapläne als Sekretär befetzt war. Der Ehrenbreitfleiner Kommiffar, der übrigens auch die Kirchens rechnungen f ü r die rechte Rheinfeite zu revidieren hatte, und der Koblenzer Provikar nahmen insbefondere auch den Geiftlichen die Prüfung ab, der fleh diefe bis zum 60. Lebensjahre in beßimmten Zeitabfchnitten unterziehen mußten, um die Approbation f ü r den Beichtftuhl verlängert zu erhalten. Diefes Kura» examen abzunehmen war f ü r die übrige Diözefe Sache einer vierköpfigen Synodal* examinationskommifflon. M e h r als alles andere lag Erzbifchof Ferdinand Auguft die Wiederher» Teilung der geiftlichen Gerichtsbarkeit am Herzen. Auf der linken Rheinfeite hatte die Zivilkonftitution des Klerus und ein Gefetz vom 6-/7. September 1790 alle und jede geiftliche Gerichtsbarkeit befeitigt. Auch in rein geiftlichen Dingen vermochten die Offizialitäten von Aachen, Koblenz und T r i e r nicht tätig zu werden. Rechtsrheinifch amtete das zum Deutzer Offizialat gewordene Kölner zur Zeit des Erlaffes der Zirkumfkriptionsbulle nur noch f ü r elf Pfarreien in den Kreifen Altenkirchen und Neuwied, indes ein von ihm aus f ü r das Vest Recklinghaufen begründetes Offizialat dafelbft infolge der Vereinigung der Graf» fchaft Redilinghaufen mit dem Großherzogtum Berg ein Ende genommen hatte, wogegen das Offizialat Werl f ü r den weftfälifchen Teil des alten Erzftiftes zwar 1802 f ü r alle anderen als rein geiftlichen Sachen die Zuftändigkeit einbüßte, im
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Die geistliche Gerichtsbarkeit
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übrigen aber, noch 1808 neu befetzt, bis 1825 ein kümmerliches Dafein friftete. In Berlin trug man (ich mit dem Gedanken, die geiftliche Gerichtsbarkeit auch da, wo (k (Ich, wie in Breslau, noch mit bürgerlicher Wirkung erhalten hatte, zu reduzieren, wollte aber mit der Reorganifation in den weltlichen Provinzen, wo die Verhältniffe nach dem Mitgeteilten befonders günftig lagen, beginnen. 1 8 1 6 von den Regierungen in Aachen, Kleve, Düffeldorf und anderwärts, bei den Konfiftorien von Köln, Münfter und Koblenz und bei der theologifchen fowie bei der juriftifchen Fakultät in Münfter erhobene Gutachten darüber, ob es fich empfehle, die aufgehobene geiftliche Gerichtsbarkeit, ähnlich wie es f ü r Südpreußen geplant fei, nur f ü r Verlöbnis® und Ehefachen in ungemifchter Ehe, f ü r geiftliche Difziplinarfälle und f ü r kirchliche Verbrechen wieder zuzulaffen, fprachen fleh im Sinne der Anfrage aus. Deshalb verfprach man in Rom bei den Verhandlungen über die Zirkumfkriptionsbulle lediglich, die rheinifch=weft« fälifchen Bifchöfe in bezug auf die geiftliche Gerichtsbarkeit denen der öftlichen Provinzen gleichftellen zu wollen. S o berührte denn auch die Bulle felbft die geiftliche Gerichtsbarkeit nur mit der allgemeinen Wendung, es würden den preußifchen Erzbifchöfen und Bifchöfen alle einzelnen Befugniffe, Vorzüge, Vor« rechte und Privilegien, die anderen Erzbifchöfen und Bifchöfen in deutfehen Landen von Rechts wegen zukämen, zugeteilt und beftätigt. Graf Spiegel hatte gleich bei den Verhandlungen über feine Ernennung zum Erzbifchof von Köln die Bedingung geftellt, es folle das geiftliche Gerichtswefen in den Rheinlanden auf dem kanonifchen Fuße wiederhergeftellt werden, und zwar mit bürgerlicher Wirkung. Der Kultusminifter von Altenftein verhielt fich nicht ablehnend, auch nicht der Juftizminifter von Kircheifen. Spiegel betrieb die Angelegenheit in Berlin persönlich, und alles fchien nach Wunfeh zu gehen. M i t dem vortragenden Rate Schmedding wurde vereinbart, die zweite Abteilung des Kölner Generalvikariates folle die erfte Inftanz bilden f ü r alle contentiosa ecclesiastica, namentlich f ü r Ehe= und Beneflzialfachen. Die zweite Inftanz folle zum Vor= fitzenden einen vom Erzbifchof ernannten Prälaten, als Beifitzer zwei geiftliche Räte und einen vom Erzbifchof vorgefchlagenen katholifchen Juftizbeamten haben, und an fie follten alle Appellationen fowohl aus der Erzdiözefe als auch aus den Suffraganbistümern gebracht werden. Die dritte Inftanz follte ein Zentralprofynodalgericht in Aachen bilden. Letzteres war eine Lieblingsidee Spiegels. Der Vorfitz war dem Aachener Stiftspropft zugedacht, vier Beifitzer aus der Erzdiözefe und den drei Suffraganbistümern nebft einem Juftitiar waren zur Befetzung des Gerichtes vorgefehen. Jedoch in Rom, wo man hinter diefer Einrichtung territorialiftifche Abfichten witterte und von ihr eine Beein« trächtigung der primatialen Rechte befürchtete, verhielt man fich durchaus ablehnend und verweigerte man die erforderlichen päpftlichen Fakultäten, fo daß der Plan fallen gelaffen werden mußte. Dazu kam, daß der feit 1825 an Kircheifens Stelle getretene, völlig in landrechtlichen Vorftellungen lebende Juftizminifter Graf Dankelmann f ü r ganz Preußen die geiftliche Gerichtsbarkeit noch unter den Stand der füdpreußifchen Konftitution herabfetzen wollte. M i t Rückftcht darauf konnte in Köln die zweite Inftanz des Konfiftoriums nicht ein= gerichtet werden. Da wandte fich der Kölner Erzbifchof in einer Immediatein« gäbe an König Friedrich Wilhelm I I I . Diefer wies durch Kabinettsordre vom 24. Dezember 1829 die Minifterien des Kultus, des Äußern und der Juftiz an, über den Stand der Frage zu berichten und die Angelegenheit bald zu erledigen. Auch der T o d Dankelmanns fchien einen Stein aus dem Wege zu räumen. Dazu
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Konvikte und Seminare. Besetzung der Pfarreien
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kam, daß die weitgehenden Befugnifle des Erfurter geiftlichen Gerichtes im (tätlichen Intereffe eine f ü r ganz Preußen gültige Regelung nahelegten, die zwifchen dem Erfurter Zuviel und dem rheinifchen Nichts die Mitte hielt und fo f ü r Köln und feinen Erzbifchof einen Gewinn bedeutete. Schließlich bot fleh Spiegel 1834 noch die Gelegenheit, in der Frage der gemifchten Ehen den König (ich zu verpflichten und als Gegenleiftung die befchleunigte Einrichtung des geiftlichen Gerichtswefens fich auszuwirken. Alles fchien gün(tig zu liegen. Selb(l der Ju(tizmini(ter war nunmehr von der Unentbehrlichkeit einer kirchlichen Ehegerichtsbarkeit mit bürgerlicher Wirkung überzeugt, und im Rheinlande verlangte die Geiftlichkeit, um nicht lediglich dem Erme(Ten des Ordinarius überantwortet zu fein, f ü r Difziplinarfachen kirchliche Gerichte. Da (tarb Spiegel am 2. Auguft 1 8 3 5 . Seinem Nachfolger glaubte man in Berlin in dem Konflikte wegen der Mifchehen durch eine umfallende jiaatsgefetzliche Regelung der kirch* liehen Verhältnifle beikommen zu können. 1838 wurde auch ein Entwurf eines Gefetzes über die kirchliche Gerichtsbarkeit ausgearbeitet; vor fie follten gehören rein geiftliche Sachen, geiftlidie Difziplinarfälle, Ehefachen bei nichtgemifchten Ehen und nur wegen derjenigen bürgerlichen Wirkungen, die, wie Annullation und Separation, mit dem kanonifchen Rechte zufammenhingen. Drei Injtanzen, jede mit einem höheren Geiftlichen als Vorfitzenden, mindestens zwei geißlichen Räten und einem zum Staatlichen höheren Richteramte qualifizierten Beifitzer, follten eingerichtet werden. Der Staatsrat hielt jedoch den Erlaß diefes Gefetzes und anderer damit inBeziehung (Gehender f ü r nicht opportun, und eine Kabinettss ordre vom 1 . (9.) Mai 1844 begrub fie endgültig. Z u einer Wiedereinführung geiftlicher Gerichtsbarkeit mit bürgerlicher Wirkung ifi: es nicht gekommen. Erwähnen wir noch, daß unter Erzbifchof von Spiegel in Köln das Prie(ter= jeminar und in Bonn das Konvikt f ü r die dortigen Studierenden der katholifchen Theologie eingerichtet wurde, und daß unter Bifchof von Hommer in Trier auch das Klerikalfeminar auf Grund von Statuten, die noch von Bifchof Mannay ( t . November 1806) herrührten, zum geiftlichen Stand und Berufe vorbereitete, während ein Konvikt er|t 1840 durch einen privaten Verein gegründet und dann 1847 vom Bifchof übernommen wurde, und heben wir hervor, daß f ü r die notleidenden Domfabriken, f ü r die eine Vermehrung der Ausftattung in der Zirkumfkriptionsbulle nicht hatte zugefagt, fondern nur erhofft werden können, zur Entladung des Staates feit 1825 auf Grund einer Kabinettsordre vom 1 3 . April diefes Jahres eine Kathedralfteuer in Geftalt von Zufchlägen zu den Stolgebühren bei Sterbefällen, T a u f e n und Trauungen erhoben wurde, fo dürften damit die w i c h t i g e n Errungenfchaften herausgehoben fein, welche die er(te Zeit nach der Bistumserrichtung f ü r die Zentraleinrichtungen der beiden Diözefen brachte. Nicht minder galt jedoch die oberhirtliche Fürforge der er(len Bifchöfe den einzelnen kirchlichen Anwälten und Amtsftellen. Auf dem linken Rheinufer blieb die dritte franzöfifche Pfarrorganifation nach Maßgabe des Dekrets vom 30. September 1807 famt der das Kirchengut, die Friedhöfe und anderes betreff fenden Gefetzgebung dauernd in Geltung. F ü r den Bifchof hatte das im Ver= gleich mit anderen deutfehen Bistümern namentlich den nicht zu unterfchätzenden Vorteil, daß die Befetzung der kirchlichen Stellen, fofern nicht die Erteilung des Plazet durch die Regierung verweigert wurde, in feiner Hand lag, und daß der Klerus, weil von ihm abhängig, leichter in Zucht und Ordnung zu halten w a r ; denn landesherrliche und andere Patronate, die anderwärts noch auf Jahrzehnte
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Erste Dekanatseinteilung
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hinaus den Einfluß des Bifchofs auf die ihm untergebene Geißlichkeit mehr oder weniger lahmlegten, gab und gibt es im Rheinlande nur auf der rechten Rheinfeite, und die Einrichtung der Deflervants, das heißt von finanziell fchlechter gesellten, ad nutum episcopi amovibeln Pfarrern an den fogenannten Sukkur= falen oder Hilfskirchen hat erß das preußifche Gefetz vom 1 1 . Mai 1873 befeitigt, indem es beßimmte, jedes Pfarramt folle innerhalb eines Jahres vom Tage feiner Erledigung an dauernd befetzt werden. Im übrigen aber erfchwerte die Ver» fchiedenheit der kirchlichen Einrichtungen und des für fie maßgebenden ßaafc» liehen Rechtes auf den beiden Rheinfeiten für lange die Leitung und Verwaltung namentlich des Kölner Sprengeis ganz erheblich. Eine gewiffe Vereinheitlichung wurde zuerß angebahnt durch die Einrichtung von Dekanaten. Da die alte Archidiakonatsverfaffung und Chrißianitätseinteilung auf der linken Rheinfeite ganz, auf der rechten nahezu befeitigt war, hob Erzbifchof Ferdinand Auguß durch Erlaß vom 24. Februar 1827 alle älteren Beßimmungen und alles Her« kommen betreffend die Begrenzung der Landdekanate, die Ernennung und Wahl der Landdechanten und ihre Gefchäftsführung auf und teilte mit Zu» ßimmung des Metropolitankapitels die Erzdiözefe in 44 Dekanate ein. Die erßen Dechanten ernannte er felbß auf unbeßimmte Zeit. Für den Fall, daß eine Landdechantenßelle durch Tod, Wegzug aus dem Dekanat, Abberufung feitens des Ordinarius oder fonßwie frei würde, follte künftighin die Befetzung in der Weife erfolgen, daß das aus Pfarrern des Dekanats (ich zufammenfetzende Dekanatskapitel mit Stimmenmehrheit drei Pfarrer des Dekanats der Ober» diözefanbehörde in Vorfchlag brachte und der Erzbifchof nach Erwirkung des königlichen Plazet einen von ihnen auf fünf Jahre ernannte. Eine Ablehnung follte nur bei erwiefener körperlicher Schwäche möglich fein. Der Dekan hatte vor dem Generalvikar oder dem Landkapitel in beßimmter Form treue Amts= führung eidlich zu geloben. Eines befonderen Dekanatsbenefiziums entbehrend, vielmehr rein ehrenamtlich tätig und auf die Verpflegung durch die Amtsbrüder fowie einige geringfügige Gebühren angewiefen, follte der Landdechant das Organ der erzbifchöflichen Behörde in der Verwaltung des Dekanatsbezirkes fein. Ihm liegt ob die Auf(icht über die Geißlichen und deren Amtsführung fowie über die kirchlichen Anßalten und über die Verwaltung des Kirchenver» mögens, und zwar führt er fie teils durch alljährliche förmliche Viptation, teils durch perfönliche oder fchriftliche Erkundigung. Doch geht ihm Jurisdiktion ab, fo daß er für die Regel nur zu ermahnen und an den Ordinarius zu berichten imßande iß. Die Dechanten forgen für das Begräbnis verßorbener Pfarrer und für die Verfehung der Pfarrßellen in der Zwifchenzeit bis zur Wiederbefetzung. Den neu ernannten Pfarrer führen fie in fein Amt ein. Sie vermitteln den amt» liehen Verkehr zwifchen dem Erzbifchof und feiner Behörde einerfeits und den Geißlichen ihres Dekanates anderfeits. Sie berufen und leiten die drei ordent» liehen Dekanatsverfammlungen des Jahres und etwaige außerordentliche, auf denen die Pfarrer des Dekanates zu erfcheinen haben, amtliche Eröffnungen gemacht, der Dekanatsauffatz eines der Teilnehmer vorgelefen und über die Amtsführung gemeinfchaftlich beraten wird. So die Dienßinßruktion Erzbifchof Ferdinand Augußs vom 24. Februar 1827. Kurz nachher, am 19. Oktober, teilte auch Bifchof von Hommer feinen Trierer Sprengel in 26 Dekanate ein; die Rechte und Pflichten der Dekane wurden von ihm und feinem Nachfolger Arnoldi durch eine Reihe von Erlaffen der zwanziger, dreißiger, vierziger und fünfziger Jahre in ähnlicher Weife wie für Köln beßimmt.
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Johannes v. Geissei als Koadjutor. Mlssio canonica
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M i t dem Hinweis darauf, daß von Spiegel im Jahre 1826 auch eine Vikariats» Ordnung erlaffen hat, durch die er die Rechts= und Dien|tverhältnifle der Pfarr» vikare regelte, nehmen wir von der Gründungsperiode Abfchied und wenden uns dem Pontifikate von Geiffels zu, der recht eigentlich als der Organifator der Erzdiözefe nicht nur, fondern bis zu einem gewiffen Grade auch der Kirchen* provinz erfcheint. Freilich bis über die Koadjutorzeit hinaus, näherhin bis 1848 fand fich auch f ü r ihn, wenn man von feinen erfolgreichen Bemühungen um die Förderung des Dombaues abfieht, wenig Gelegenheit zu organifatorifcher Tätigkeit in größerem Stile. Die vorangegangenen Wirren und der (Ich noch mehrere Jahre auslebende abfolute Polizei|taat mit feinem Staatskirchentum wirkten trotz des perfönlichen Wohlwollens Friedrich Wilhelms IV. zunäch(t noch lähmend ein. Dazu kam, daß von Geiffel in die neue Aufgabe fich er(t einarbeiten mußte. Hierzu gaben ihm allerdings die befchränkten Verhältniffe, die er antraf, Anlaß genug. Denn was er an Hilfskräften vorfand, genügte nicht im minderen, war doch „ d i e ganze Einrichtung des Generalvikariats" nach feinen eigenen Worten „eine arme Manns=Haushaltung". Der Koadjutor übernahm alsbald felb(t den Vorptz in den Sitzungen diefer Behörde und ließ alles durch feine Hand gehen, lange Zeit eigentlich nur unterßützt durch die Gefchäftskunde des ihm alles andere als befonders vertrauten Domkapitulars München. Er(t 1846 gewann er durch die Ernennung des Domherrn Baudri zu feinem Generalvikar einen weiteren Gehilfen. Immerhin wurde fchon jetzt manches unternommen und vorbereitet. S o fetzte Geiffel gegenüber der Bonner theologifchen Fakultät über die nach deren Statut dem Erzbifchofe zugehenden Aufpchtsrechte in Sachen der Lehre und des prießerlichen Wandels hinaus das kirchliche Recht der missio canonica durch, wonach ohne bifchöfliche Ermächtigung niemand im Bistum, auch nicht der (taatliche Theologieprofeffor, als Religionslehrer tätig fein und diefe Ermächtigung, wenn gegen den Betreffenden Bedenken fich ergeben, jederzeit widerrufen werden kann. Das (taatliche Amt felbffc, insbefondere Gehalt und Rang, blieben dagegen, fo gerne man kirchlicherfeits auch de[fen Verlud hätte eintreten fehen, dem Gemaßregelten dank dem Widerjtande der Staats» behörde erhalten, nur die Ausübungsmöglichkeit |ollte, foweit die kirchliche Glaubens» und Sittenlehre in Frage (tand, fortan benommen fein. Weniger Auffehen erregten die Maßnahmen, die Geiffel in den Jahren 1843 — 1846 zur Verbeflerung der Kirchengutsverwaltung, insbefondere der Rent= und Kaflen« buchführung, und zwar in der Sache übereinftimmend f ü r beide Rheinfeiten traf. Sie haben um die Wende des Jahrzehnts ihre Fortfetzung und ihren Abfchluß gefunden in Verordnungen, die auf der rechten Rheinfeite an Stelle der nunmehr wegfallenden bergifchen Kirchenvor(tände Kirchenräte nach dem Vorbilde der linksrheinifchen, aus franzöfifcher Zeit überkommenen bildeten, diefe anwiefen, in allen bisher an die Landräte und Regierungen gebrachten Verwaltungsangelegenheiten fich fortan an die kirchlichen Behörden zu wenden, und fchließlich unterm 1 . Mai 1 8 5 1 eine erzbifchöfliche Rechnungsreviflons» kammer ins Leben riefen. Audi der tatkräftigen Förderung des Ordens» und Vereinswefens mag an diefer Stelle gedacht werden, die Geiffel fchon in feinen Anfängen (ich zur Pflicht machte. Freiere Hand erhielt der Erzbifchof f ü r diefe wie f ü r andere Dinge erft Infolge des Umfchwungs, den das Jahr 1848 und die von ihm entfachte Bewegung brachten. Wir müflen uns darauf befchränken, die unmittelbaren
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Einrichtung der geistlichen Gerichtsbehörden durch Erzbischof v. Geissei
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Wirkungen darzuftellen, die das Sturmjahr f ü r das katholifche Kirchenwefen in den Rheinlanden zeitigte. Gciffel ver(tand es vortrefflich, die Lage zu G u n f t e n feiner Kirche auszunutzen. M i t fieberhafter Eile z o g er die praktifchen FoIge= rungen aus dem Rückzug des Staates auf fein eigentliches Gebiet, aus deflien U m w a n d l u n g aus dem Polizei= in den Rechtsftaat, aus dem ßegreich durch* brechenden Prinzip der Selbjtverwaltung. K u r z nach der W ü r z b u r g e r Bifchofsverfammlung, deren Vorfitz ihn gewiffer= maßen an die Spitze des gefamten deutfchen Epifkopats ge|tellt hatte, fchrieb er mit eigener Hand und fliegender Feder jenen Erlaß vom 26. D e z e m b e r 1848, durch den er feine gei(tlichen Behörden nach Befeitigung der „mehrfachen, früher entgegenjtehenden Hinderniffe" nach feinem Sinne umgeftaltete und ausbaute. Das Generalvikariat follte weiter be(tehen bleiben. „ I n allen Verwaltungsfachen wird mein General=Vikariat — der GeneraUVikar mit dem Kanzler des Erz= bistums und den beigeordneten Räten und Affefforen — fortfahren, die vor= kommenden admini(trativen Gefchäfte nach den bejtehenden Gefetzen und Beftimmungen in dem bisher beobachteten Gefchäftsgange v o r z u n e h m e n . " Dagegen wurde ftatt der bisherigen zweiten Abteilung diefer Behörde, genannt erzbifchöfliches Konfijtorium „ z u r A u s ü b u n g der dem Ordinarius z u g e h e n d e n contentiöfen Gerichtsbarkeit, welche die gerichtliche Behandlung und Ent= fcheidung der in der Erzdiözefe bezüglich der Difziplinar= und Ehefachen vore kommenden Streitigkeiten zum Gegenftande hat, eine befondere Gerichts« ftelle" unter dem N a m e n erzbifchöfliches Offizialat eingefetzt, u m „ f o r t a n in diefen kontentiöfen Difziplinar= und Ehefachen als Difziplinargericht und Kon= fiftorium erfter In(tanz gerichtlich zu verhandeln und zu entfcheiden". F ü r alle feine Aufgaben follte das Offizialat befetzt fein mit einem Präfes, dem erz= bifchöflichen Offizial, mit dem Kanzler des Erzbistums als Juftitiar, mit einem Promotor in Difziplinar= und anderen geiftlichen Rechtsfachen, mit einem Defensor matrimonii in Ehefachen, mit zwei Offizialatsräten, mit zwei Offizialats= affefforen aus dem Pfarrklerus und mit einem Aktuar. Bifchof Arnoldi von T r i e r ahmte übrigens diefe Einrichtung fchon am 29. D e z e m b e r 1851 nach, nur daß dem T r i e r e r Offizialat der Juftitiar fehlte. Für K ö l n , die Metropolitankirche, war es aber damit nicht getan. Schon 1846 hatte Geiffel ein Konfi(torium zweiter In(tanz eingerichtet, aber aus M a n g e l an Hilfskräften felb(t den Vorfitz darin übernehmen müffen, während zwei Domkapitulare als proviforifche Beifitzer fungierten. Jetzt be(timmte er, daß, weil ihm „ a l s Erzbifchof und Metropolit außer der Jurisdiktion eines Ordinarius auch die Metropolitangerichtsbarkeit zweiter In(tanz fowohl f ü r die aus den übrigen Bistümern der Kirchenprovinz wie f ü r die aus der Erzdiözefe felb(t eingelegten Appellationen" zu(tehe, fein Offizialat unter der Bezeichnung erzbifchöfliches Metropolitikum erfter Abteilung zugleich als Difziplinar= und Ehegericht f ü r die aus den Suffraganbistümern eingebrachten Berufungen gerichtlich verhandeln und erkennen folle. D e n Vor« fitz in diefem Metropoliticum erfter Abteilung behielt fich der Erz= bifchof, fo oft er es f ü r angemeffen erachten würde, v o r ; der Offizial follte in folchem Falle als erfter Rat mitwirken und einer von den Räten oder Affefloren ausfcheiden. Ein befonderes Metropolitikum zweiter Abteilung wurde f ü r die Appellationen aus der Erzdiözefe felbft eingerichtet; es follte beftehen aus einem Direktor als Vorfitzenden, aus dem erzbifchöflichen Kanzler als Juftitiar, aus dem Promotor, aus dem Defensor matrimonii, aus zwei Räten, zwei Affelforen und dem Aktuar. Jeder diefer drei b e z w . zwei Gerichtshöfe follte im einzelnen Stutz, Katholische Kirche in der Rheinprovinz 1815—1915.
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Das Metropolltikum erster und zweiter Abteilung
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Falle mindejtens mit dem Vorfltzenden und zwei Votanten befetzt fein. Der Kanzler hatte jedesmal fein Gutachten über den Stand der obfehwebenden Sache Im Sinne der Anwendung und Aufrechterhaltung der Gefetze und anderer ein« fchlägiger Bejtimmungen abzugeben; bei der Urteilflndung felbjt follte er dagegen nicht mitwirken. Den Räten und Affefforen war f ü r beide Injtanzen entfeheidende Stimme eingeräumt; der Vorfitzende hatte das Urteil nach der Mehrheit der Stimmen auszufprechen. Anders nur, wenn der Erzbifchof felbjt im Metro= politikum erjter Abteilung den Vorfitz führte; dann jtand den Räten und Aflejforen nur beratende Stimme zu. Maßgebend f ü r die Rechtfprechung in diefen Gerichten follte fein das gemeine Recht der katholifchen Kirche und der gewöhnliche kanonifche Prozeßgang, foweit beides zuläfßg und ausführbar war. Für Difziplinarfachen von nicht bepfründeten Geijtlichen wurden befondere Beftimmungen in Ausficht gejtellt. Doch follte fchon jetzt das Offizialat folche Sachen, wenn fie ihm vom Erzbifchof oder von feinem Generalvikar zugewiefen würden, als vorläufig einzige Inßanz in fummarifchem Verfahren behandeln gemäß den in der Erzdiözefe geltenden Normen, wie folche bisher im Gefchäftss gange des Generalvikariats eingehalten worden waren. Damit war f ü r diefe nicht bepfründeten Geijtlichen, insbefondere f ü r die linksrheinifchen Sukkurfal* pfarrer, eine größere Rechtsficherheit gefchaffen als zuvor, fomit ein gewiffer Ausgleich zwifchen der Lage des bisher fehr verfchieden gesellten rechts« und linksrheinifchen Klerus erreicht und unter voller Wahrung der bifchöflichen Autorität und der kirchlichen Difziplin der Agitation gefchickt die Spitze abge= brachen, die unter dem Einfluffe der politifchen Gärung unter der katholifchen Geijtlichkeit im Rheinlande von dem gelehrten Pfarrer Binterim zu Bilk und anderen im Sinne der Neubelebung der Diözefanfynoden und der Schaffung größerer Garantien f ü r den Klerus in Gang gebracht worden war. Aber auch dem Staate gegenüber, von dem man nicht wiffen konnte, ob er nicht wieder in höherem oder geringerem Maße in fein altes Syjtem der Bevormundung der Kirchen zurückfallen werde, war durch diefe rafchen Maßnahmen, deren Er« gänzung und Abänderung auf Grund der damit gemachten Erfahrungen Geiffel (Ich übrigens noch befonders vorbehielt, eine vollendete Tatfache gefchaffen. Be* merkt werden muß, daß damit die kirchliche Gerichtsbarkeit nicht in dem Sinne, wie Spiegel es angejtrebt hatte, wiederhergejtellt war, fondern ohne jede bürger= liehe Wirkung. Ein Königlicher Erlaß vom 2. Januar 1849 hatte ausdrücklich die geiftliche Gerichtsbarkeit in allen weltlichen Angelegenheiten, nament* lieh auch in Prozeffen über die zivilrechtliche Trennung, Ungültigkeit oder Nichtigkeit einer Ehe f ü r abgefchafft erklärt, das heißt den Urteilen der geijtlichen Gerichte in diefen Dingen jede bürgerliche Wirkung abgefprochen und fie auf das rein geijtliche Gebiet befchränkt. N u r in diefem Sinne erkannte auch der Kultusminifter von Raumer durch einen Runderlaß im Juli 1851 den Fortbejtand der geijtlichen Gerichte in Difziplinar« und Ehefachen „nach Lage der gegenwärtigen Gefetzgebung" an. Eine Zurückweifung zogen (ich von Geiflel und Arnoldi dagegen gleich den meijien übrigen Mitgliedern des Epifkopats in der Frage der kirchlichen Stellenbefetzung zu. Zwar das landesherrliche Plazet, das die libera collatio des Ordinarius, wo fie, wie durchgängig auf der linken Rheinfeite f ü r Pfarrjtellen, bejtand, aber auch die Ernennung der Landdechanten und die in der Zirkum» fkriptionsbulle dem Bifchof eingeräumten Befetzungsbefugnijfe, ja fogar die Auswahl des Weihbifchofs nicht feiten illuforifch machte, fiel nunmehr dahin,
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Plazet.
Königlicher Patronat.
Pfarrkonkurs
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wogegen aus naheliegenden Gründen eine Beförderung durch den König zu einem Kirchenamte, alfo namentlich zur Dompropftei oder zu einem Kanonikate, auch weiterhin nur mit bifchöflichem Idoneitätszeugnis möglich war. Diefe Plazetierung beruhte eben lediglich auf Landesrecht und war vom Staate eigen® mächtig, ja im Widerfpruch mit dem vereinbarten Rechte der Zirkumfkriptions® bulle eingeführt oder beibehalten worden. M i t der oktroyierten Verfaflung und ihrem Artikel 1 5 : „ D a s dem Staate zu(tehende Vorschlags®, Wahl® oder Be® (tätigungsrecht f ü r kirchliche Stellen wird aufgehoben" konnte und mußte es ohne weiteres dahinfallen, wodurch von Geiflel u. a. 1849 injtand gefetzt wurde, nach erfolgter Ver|tändigung mit dem päpftlichen Stuhl feinen Generalvikar Baudri fich als Weihbifchof beizugefellen. Wenn dagegen er und andere Bifchöfe in ihrem Übereifer nunmehr auch die königlichen Patronate, namentlich die aus der Säkularifation herrührenden, ja fogar die der Krone in der Bulle zugeficherten Befetzungsbefugnifle dahingefallen wähnten und demgemäß praktifch verfuhren, fb mußten fie fich durch die Staatsgewalt und bald durch Artikel 18 der Ver® faffung vom 3 1 . Januar 1850 mit dem Zufatze: „foweit (jenes Recht) nicht auf dem Patronat oder befonderen Rechtstiteln beruht", eines Belfern belehren laffen. Bezüglich der fiskalifchen Patronate kam es bekanntlich fpäter zu befon= deren Abmachungen, fo z. B. am 1 5 . Oktober 1870 zu einer Vereinbarung der Staatsregierung mit dem Bifchof Eberhard von Trier, wonach von 25 ftrittigen Pfründen neun Pfarrftellen vom Bifchof als dem Patronate des Landesherrn unterworfen anerkannt wurden, während diefer bezüglich der andern feine Anfprüche aufgab; ein entfprechendes Abkommen f ü r Köln, das vorbereitet war, wurde durch den Ausbruch des Kulturkampfes vereitelt, feit 1885 begnügt fich der Oberpräfident f ü r die betreffenden Pfarreien mit einer bloßen Benennung, die kein ius ad rem gibt; auch können beide Teile den anderfeits benannten Kandidaten ohne Angabe von Gründen, der Oberpräfident auch ohne Inne® haltung der Fri(t von dreißig Tagen, ablehnen. Was aber die königlichen Befetzungsrechte auf Grund der Zirkumfkriptionsbulle anlangt, die doch, weil auf einer Art Konkordat mit der Kirche beruhend f ü r die Bifchöfe über alle Anfechtung hätten erhaben fein müffen, fo hat auf eine Anfrage in Rom hin diefes fich veranlaßt gefehen, von pch aus die Vertragstreue f ü r die kirchliche Seite zu wahren und den Bifchöfen in einem Breve zu eröffnen, daß an dem bisher beobachteten Verfahren nichts zu ändern fei. Gleichfalls in Benutzung der durch die Ereignifle von 1848 gewonnenen Bewegungsfreiheit führte Erzbifchof von Geiffel unterm 2. Januar 1849 f ü r die Erzdiözefe eine Pfarrbefähigungsprüfung ein, indes T r i e r in dem examen pro cura principali, wenn auch in unvollkommenerer Geftalt, fchon feit dem 5. April 1 8 5 1 etwas Ahnliches hatte. Während in Süddeutfchland, namentlich in den Gebieten der oberrheinifchen Kirchenprovinz der generelle Pfarrkonkurs durch die Regierungen eingeführt und lange Zeit allein gehandhabt wurde und die Bifchöfe ihn er(t nach heftigen Kämpfen, unbe(tritten fogar crft mit den Konventionen mit Rom bezw. nach deren Fall in die Hand bekamen, ¡(1 im Rheinlande diefe Einrichtung von vornherein als kirchliche ins Leben getreten und vom Staate von Anfang an als ohne weiteres gegebene Betätigung der kirchlichen Selb(tverwaltung aufgefaßt worden. Zu den beiden bereits vor« handenen Prüfungen der Priejter, derjenigen f ü r den Empfang der Priefter« weihe und dem Curaexamen, trat nun eine dritte, beftimmt f ü r den Nachweis, daß die Bewerber um Pfarrftellen feit ihrer Priefterweihe und während ihrer 2*
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Decorum clericale. Exerzitien. Volksmissionen
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Befchäftigung als Pfarrvikarc oder fonft im Kirchendienft ihre wiffenfchaftliche Fortbildung nicht vernachläffigt und die erforderliche praktifche Befähigung fleh erworben hätten. Denjenigen, welche bei der Prüfung zum Empfange der Prie(lerweihe nur die N u m m e r I I I und damit die Cura bloß f ü r ein Jahr erhalten hatten und feither zwölf Jahre in der Seelforge tätig gewefen waren, wurde die Ablegung der Pfarrbefähigungsprüfung zur Pflicht gemacht; ohne fle follten fle nicht als zum Pfarramte qualifiziert gelten. F ü r die übrigen war die Prüfung fakultativ und follte namentlich zur Verbefferung der Prüfungsnote dienen, die übrigens bei der Vergebung einer Pfarrftelle nicht allein, fondern nur neben anderen Beurteilungsgründen in Betracht zu kommen hatte. Bloß denjenigen, die fchon in der erften Prüfung die erfte N u m m e r und damit Cura f ü r drei Jahre bekommen und zwölf Jahre in der Seelforge gearbeitet hatten, wurde die neue Prüfung erlaffen; fle follten mit der Note ihrer Prieflerprüfung ohne weiteres bewerbungsfähig fein. Die Prüfung war fchriftlich und mündlich, erftreckte fleh auf alle Hauptfächer der Theologie, war mit der Ausarbeitung einer Predigt und Katechefe verbunden und gab, wenn mit einer der drei erflen Noten )e(tanden, f ü r immer die Befähigung zum Pfarramte fowie Curaverlängerung ür zwölf, zehn, fleben Jahre. Abgenommen wurde die Prüfung durch die ¿genannten Profynodalexaminatoren, deren der Erzbifchof auf Grund apo(to= ifcher Vollmacht jeweilen zwölf auf je drei Jahre ernennt, und zwar aus den vlitgliedern des Domkapitels und der erzbifchöflichen Behörden fowie aus den -eitern und Lehrern des Priejterfeminars und mitunter auch aus den Pfarrern. Strenge wird, nachdem die mit den politifchen Unruhen verbundene Locke= rung auch der kirchlichen Difziplin wieder firafferer Unterordnung gewidien ifl:, auf Zucht und Ordnung im Klerus gefehen. Jagd= und Wirtshausverbot wurden 1853 und 1854 (vgl. Trierer Fa(tenhirtenbrief vom 6. Januar 1828 §§ 3 und 4) dem Klerus neu eingefchärft. Zahlreiche Verfetzungen, welche die Abrufbarkeit des weitaus größten Teils der linksrheinifchen Pfarrer dem Erzbifchofe möglich machte, bezweckten die Hebung der Seelforge und der SeeU forger. F ü r letztere waren auch die geiftlichen Exerzitien be(timmt, die feit 1845 alljährlich abgehalten wurden und vom Klerus in beftimmten Zeiträumen zur Selbjteinkehr, zur inneren Vervollkommnung und zur Übung in der Askefe benutzt werden follten. Und was diefe geiftlichen Übungen f ü r die Geiftlichen und bald auch f ü r die Theologieftudierenden waren, das follten f ü r die Pfarr= kinder die Volksmifflonen werden, „außerordentliche Verkündigungen des Wortes Gottes während eines fortlaufenden Zeitraumes durch andere als die regelmäßig in dem betreffenden kirchlichen Bezirke tätigen Priefter" und mit dem Zwecke, „dadurch in befonders wirkfamer Weife das Volk zur Bekehrung und Buße fowie zur Verföhnung mit Gott zu bewegen und zum Eifer in der Erfüllung feiner chriftlichen und kirchlichen Pflichten anzufpornen". Es war der eben zum Kardinal erhobene Erzbifchof von Geiffel, der diefe Einrichtung im Rheinlande einführte, immer und immer wieder empfahl und bald vollkommen zur Einbürgerung brachte. Abgehalten wurden die Mifflonen wie zum Teil auch die Exerzitien durch Jefuiten, Lazariften, Redemptoriften, alfo durch Ange= hörige derjenigen gei(tlichen Gefellfchaften, aus deren Sinne und Geiß: heraus diefe religiöfen Erziehungsmittel hervorgegangen und die vornehmlich oder gar ausschließlich f ü r diefe Aufgabe gegründet waren. Seit der Lockerung und dem Falle des Staatskirchentums nahmen nämlich nidit bloß diejenigen Orden und geiftlichen Genoffenfchaften, welche die Kloftere
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Orden und Kongregationen. Gymnaslalkonvikte
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aufhebung überdauert hatten, wie z. B. die Franziskaner, wieder Novizen auf und breiteten fich wieder aus, fondern es hielten auch zahlreiche andere, alte und neue, Einzug in den Rheinlanden. Allen voran die Jefuiten. Nachdem diefe kurz vor der Kardinalfeier im Jahre 1850 zu Köln im Dom und in der Severinskirche in voller Öffentlichkeit ihre erfte Mifflon abgehalten hatten, ließen fle in Bonn, Aachen, Düfleldorf eine Reihe anderer folgen und entfalteten auf jede Weife eine rege Tätigkeit, die durch Gründung von Niederlaffungen in Aachen 1852, in Köln 1853 und in Bonn 1854 gekrönt wurde, während die Gründung der im Trierifchen gelegenen Niederlaffung von Maria* Laach erji zehn Jahre fpäter erfolgte, aber durch die von dort herausgegebenen Stimmen aus Maria® Laach weithin bekannt wurde und lange über ihren Bejtand hinaus bis zum Jahre 1914 in Erinnerung blieb. Schon 1851 waren auch die Lazarifien nach Köln gekommen, und 1859 ließen fleh in Aachen die Redemptori(ten nieder. Von den alten Orden fiedelten fleh um diefelbe Zeit reformierte Ziflerzienfer (Trappi(ten) in Maria* wald bei Heimbach, Franziskaner und Dominikaner in Düffeldorf an. Ebenfo entftanden im Trierer Sprengel Niederlaffungen der Redemptoriften (1848) und, als diefe 1851 in Trier fleh anfledelten, der Jefuiten in Koblenz, der Franzis« kaner auf dem Apollinarisberge bei Remagen (1857), der Kapuziner in Ehren* breitftein (1861). Befonders reich entfalteten fleh die weiblichen Orden und Kongregationen. Barmherzige Schwerem, Borromäerinnen, Cellitinnen, Urfu* linen, Schwe(tern vom armen Kinde Jefu und andere begannen oder ver* mehrten ihre Tätigkeit in der Armen* und Krankenpflege, in Waifenhaus und Schule, Bruderfchaften und Vereine wie der Borromäus*, der Bonifatius*, der Fiusverein und die Vinzenz* und Gefellenvereine entftanden und gelangten bald zu großer Blüte. Für die Heranbildung des Klerus wurden gleichfalls die größten An* (Irengungen gemacht. In Neuß und in Münßereifel wurden 1852 und 1856 Knabenfeminare eröffnet, in denen die für den geiftlichen Stand beftimmten Knaben während ihrer Gymnaflalzeit auf ihr künftiges Theologie(tudium und ihren fpäteren geiftlichen Beruf vorbereitet werden follten. Dazu kam in Opladen ein bei der dortigen Rektoratsfchule gegründetes Penflonat, aus dem nachmals (1867) das Collegium Aloysianum als drittes neben dem Marianum und Josephi* num erwuchs. Das Konvikt in Bonn wurde mehr und mehr in Abhängigkeit von der geiftlichen Behörde gebracht und das Prieflerfeminar in Köln von dem von Geiffel berufenen Regens Wemhoff ganz in deflen Sinn und Geift geleitet. Dagegen machte der Kardinal einen weiteren V ö r f b ß zur Verfchärfung des Mifchehenrechtes nicht mit, den fein Amtsbruder von Trier 1855 auf Grund einer römifchen Kongregationsentfcheidung von 1852 unternehmen zu müffen glaubte, derfelbe, der bereits 1844 ganz Deutfchland, die Katholiken nicht nur, fondern auch die Protejtanten durch die Ausheilung des hl. Rockes in Aufregung verfetzt und den Anftoß gegeben hatte zu der allerdings bald im Sande verlaufenden Bewegung des Deutfehkatholizismus. Für beide Kirchen find die Mifchehen ein Punkt, an dem fle fleh als befonders verwundbar erweifen, ergibt (ich doch daraus fa(t (tets für die eine oder andere oder für beide ein innerer und nicht feiten ein äußerer Verluft. Namentlich trifft dies zu für die katholifche Kirche mit ihrer Autoritätsreligion und ihrer (trengen Difziplin; von ihr bröckeln nur zu leicht die in Mifchehen und damit gewiffermaßen an der kirchlichen Peripherie lebenden Elemente ab, freilich oft genug, ohne für die evangelifche Kirche mehr als einen Zahlengewinn zu bedeuten. Im Rheinlande
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Mischehenrecht
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hatte die katholifche Kirche fchon lange, bevor die allgemeine Freizügigkeit die Angehörigen der verfchiedenen Bekenntniffe durcheinanderzuwürfeln begann, von der überhandnähme der Mifchehen Schlimmes zu befürchten. Denn feit der Einverleibung in Preußen erhielt die alteingefeffene, aus ihrer bisherigen Ifolierung und damit mehr oder weniger gegebenen Ohnmacht herausgehobene prote(tantifche Minderheit (tarken Zuzug durch eine Menge von Militärs und Beamten fowie von anderen Elementen, die wegen ihrer fozialen Stellung und ihrer Bildung, mitunter auch wegen ihrer Wohlhabenheit und wegen ihres Unters nehmungsgei(tes fowie darum, weil hinter ihnen der in proteftantifchen Tra= ditionen erwachfene preußifche Staat und Regierungsapparat jtand, fchon ohne weiteres f ü r ihr evangelifches Bekenntnis Propaganda machten und in die katho= lifchen Kreife, in die fie hineinheirateten, den Einfluß des Proteftantismus hineinzutragen drohten. Kein Wunder, daß man katholifcherfeits die kon= feffionelle Abfchließung, zu der auch fon(t die Entwicklung hinneigte, nach M ö g « lichkeit betrieb. Am liebften würde man damals wie heute Mifchehen ganz verhindert haben, hätte man nicht befürchten müffen, vor der Übermacht des Lebens, f ü r das gerade bei der Ehefchließung andere als kirchliche Gefichtspunkte ausfchlaggebend zu fein pflegen, zu erliegen, und hätte man nicht damals wie heute doch mit den Mifchehen immer wieder die ftille Hoffnung auf den fchließ= liehen Gewinn des andersgläubigen Gatten verbunden. Die Regel war und i(t freilich f ü r den Katholizismus der Verluft. Diefen fucht er da, wo er dazu in= (tand gefetzt wird, durch die Anwendung von Rechtsvorfchriften wettzumachen, die den katholifchen Eheteil vor der Prote|tantifierung zu fichern, die Kinder ausnahmslos der katholifchen Kirche zuzuführen und die durch ihre herbe Strenge zugleich abzufchrecken und zu gewinnen, auch eine gewiffe Achtung vor der Unbeugfamkeit des Syftems zu erwecken benimmt find. Es war Pius V I I I . , der das ältere (trenge Recht, wie es fich nach der Glaubensfpaltung und in den Zeiten der Gegenreformation herausgebildet hatte, durch ein Breve vom 1 5 . M ä r z 1830 f ü r die Kölner Kirchenprovinz wieder hervorzog, nachdem es in der Auf= klärungszeit, in der es die katholifche Kirche übrigens wegen der konfefponellen Gefchloffenheit der ihr verbliebenen Territorien trotz allem bei weitem nicht fo fehr wie feither benötigte, fa(t in Vergeflenheit geraten war. Allerdings hatte fich der Epifkopat, dem diefe Verfchärfung kaum weniger neu und befremdlich war als den meiften Zeitgenoffen, unter der Führung Spiegels, dem, wie gefagt, an der Wiederherjtellung der geiftlichen Gerichtsbarkeit weit mehr lag, und der durch Nachgiebigkeit die kirchliche Ehefchließung zu fördern fowie die Er= fchwerung der Ehefcheidung zu erreichen hoffte, unterm 19. Juni 1834 zu einer geheimen Konvention mit der preußifchen Regierung bereit finden laffen. Sie goß deutfehes Waffer in den römifchen Wein und fuchte die praktifche Hand* habung des Breves mit der Kabinettsordre vom 1 7 . Auguft 1825 bezw. mit der Königlichen Deklaration vom 2 1 . November 1803 gewaltfam in über» einftimmung zu bringen. Diefe aber ordnete, natürlich die ßaatlichen, nicht die kirchlichen Intereflen wahrend, die Erziehung der Kinder in der Religion des Vaters an und verbot abweichende vertragliche Abmachungen. Ihr glaubte Spiegel in feiner Inftruktion vom 22. Oktober 1834 trotz des Breves gerecht werden zu können, indem er von der Abnahme oder Abgabe des Vera fprechens katholifcher KinderSrziehung Abftand zu nehmen befahl, indem er weiter die aktive Afflftenz, d. h. die tätige Mitwirkung des Geiftlichen durch Trauung in der Kirche und die Vornahme der Feierlichkeiten, wie fie das
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Mischehenrecht
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kirchliche Recht nur bei rein katholifchen Ehen zuläßt, (tets gewähren hieß, falls nicht die akatholifche Erziehung der Kinder von vornherein feftftehen und auf fträflichc Leichtfertigkeit des katholifchen Teils zurückzuführen fein würde, und endlich, indem er die Geiftlichkeit anwies, alles zu tun und zuzulaffen, was in dem Breve nicht ausdrücklich unterfagt oder als zu beachten benimmt angegeben fei, auch die einzelnen Beftimmungen mildernd zu erklären und anzuwenden. Sobald diefe Abmachung bekannt wurde und Erzbifchof Klemens Augu(t von Dro(te, der fie fich zuerjt durchaus hatte gefallen laflen, aus Gewiffensbedenken, wie er fagte, von ihr zurücktrat, (teigerte (ich die in katholifch kirchlichen Kreifen herrfchende Erregung in Sachen der Mifchehen zum Sturme, der durch das wenig gefchickte und nicht gerade würdige Vorgehen der Regierung noch genährt wurde. Daß auf der anderen Seite diefe fich das kirchliche Vorgehen nicht wollte gefallen laflen, erklärt fich nicht bloß daraus, daß der Proteftantismus darin einen gegen ihn gerichteten Affront erblickte, und daß das preußifche Staatswefen, das er(t nach und nach der Neutralität in konfeflionellen Dingen entgegenreifte, fich mit jenem und feiner Auffaffung noch in weitgehendem Maße identifizierte. Vielmehr rechtfertigte es fleh vor allem dadurch, daß, was der Staat vertrat, dem bisherigen Rechtszu(tande entfprach, weiter dadurch, daß der bis dahin unter den Bekenntniflen, wenn auch zu Ungunften des rheinifchen Katholizismus, herrfchende Friede, deffen Wahrung recht eigentlich dem Staate oblag, von Rom ge(tört worden war, und endlich, was gewöhnlich überfehen wird, dadurch, daß damals und noch auf lange hinaus auch die bürgerliche Ehe nur kirchlich ein* gegangen werden konnte, fo daß anders als heutzutage, unter der Herrfchaft der obligatorifchen Zivilehe, der Staat an der kirchlichen Ehefchließung und ihren Modalitäten im höchfien Grade intereffiert war und die Kirche allen Anlaß hatte, ihm entgegenzukommen und die privilegierte Stellung, die fie als Torwärterin auch der bürgerlichen Ehe einnahm, durch Zugejtändniffe zu verdienen. Jedoch die gefchichtliche Entwicklung trieb in diefer Sache auf eine reinliche Scheidung hin. Der erfte Schritt dazu war der Sieg der Kirche in dem Übereinkommen vom 24. September 1 8 4 1 , das dem Kölner Kirchenftreit ein Ende machte. Darin erklärte der Staat, die Behandlung der gemifchten Ehen den Bifchöfen überlaffen und (Ich in diefe Angelegenheit nicht weiter einmifchen zu wollen. Zehn Jahre hatte feither leidlich Friede geherrfcht und war das kirchliche Recht gemäß dem Breve von 1830 zur Anwendung gekommen. N u r daß durch Geiffel die Ausfeg= nung der in gemifchter Ehe lebenden Wöchnerinnen abgeftellt, die Abgabe des Verfprechens der katholifchen Kindererziehung in fchriftlicher Form verlangt und die Einholung einer Dispenfation f ü r jeden einzelnen Fall gefordert worden war. Das erwähnte, anläßlich der Erneuerung der Quinquennalfakultäten im Jahre 1852 ergangene Dekret der Propaganda dagegen geplattete den Bifchöfen nur noch unter befonderen Um(tänden, wenn G e f a h r im Verzug war, an Papftes Statt zu dispenfieren; f ü r die Regel follte die Dispenfation in Rom nachgefucht werden. Es verlangte ferner, daß das Verfprechen der katholifchen Kinder® erziehung und der Nichtbehinderung des katholifchen Gatten fowie der Kinder in ihrem Glauben eidlich abgegeben werde. Vor allem aber follte in jedem Falle, alfo auch wenn der nichtkatholifche Teil allen Anforderungen des katholifchen Rechtes Genüge leijlete, die Ehefchließung ohne vorheriges Aufgebot und ohne Einfegnung vor fich gehen, und zwar nicht in der Kirche, fondern außerhalb der» felben, d. h. in der Sakriftei. Das war felbft Geiffel zu viel, der fand, die bis« herige Praxis habe in der Erzdiözefe eher gute als fchlechte Erfolge erzielt, und
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Mischehenrecht
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klar vorausfah, daß diefc Änderung auf proteftantifcher Seite und bei der Re= gierung als erneute Herausforderung werde angefehen werden. In der T a t brach hüben und drüben, bei Katholiken wie unter den Evangelifchen, ein Sturm des Unwillens los. Friedrich Wilhelm IV. aber beftimmte in einer an den Kriegs= minijter gerichteten Kabinettsordre vom i . Juni 1853 bezüglich der gemifchten Ehen der Offiziere, f ü r die nach wie vor der König als ober(ter Kriegsherr das Beftimmungsrecht fich zufchrieb, mit einer ihm fonfi in derartigen Fragen nicht eigenen Tatkraft und Schärfe, es dürfe bei Strafe der fofortigen Entladung aus dem Heeresdien(te im Falle des Zuwiderhandelns kein evangelifcher Offizier auf einen folchen Schritt fich einlaffen, der den Mann wie das evangelifphe Bekenntnis entehre und als Lohn f ü r die Erfüllung der kirchlichen Forderungen doch nur die Ehefchließung am ungeweihten Orte und ohne Einfegnung gewähre. Das und die Vorjtellungen Geisels wirkten. M a n lenkte in Rom ein und (teilte es in das Ermeffen der Bifchöfe, ob fie das (trengere Recht anwenden oder zur Ver= meidung größeren Unheils bei der bisherigen Praxis verbleiben wollten. In Köln gefchah letzteres. Er(t die Einführung der obligatorifchen Zivilehe hat der Kirche auf diefem Gebiet f ü r ihren Bereich völlig freie Hand gegeben und es ihr ermög= licht, ihr Mifchehenrecht noch konfequenter, wenn auch nicht in der Schroffheit, wie es 1853 geplant war, durchzuführen. Doch i(t diefem Vorgehen in neuefter Zeit dadurch die fchärffte Spitze benommen worden, daß Pius X . in der Kon(ti= tution: Provida vom 18. Januar 1906 auf das ganze Deutfche Reich ausdehnte, was Pius V I I I . bereits 1830 f ü r die niederrheinifche Kirchenprovinz be|timmt hatte, nämlich daß dafelbß: verbotswidrig und ohne die kirchenrechtlich vorgefchriebenen Kautelen eingegangene Mifchehen, falls ihnen kein anderes trennendes Hindernis entgegengehe, kirchlich als gültig angefehen werden follten. Damit iß: zum Aus« druck gebracht, daß das ftrenge kirchliche Mifchehenrecht in der Gegenwart weniger aus Gegnerfchaft gegen den Prote(tantismus und in Mißachtung des= felben aufrechterhalten wird als vielmehr im Intereffe der Selbftbehauptung der katholifchen Kirche und der möglichften Wahrung ihres bedrohten Befitzßandes. Sein Organifationswerk krönte Erzbifchof von Geiffel 1860 durch Abhaltung einer Provinzialfynode. Der Gedanke, eine folche zu veranftalten, war von ihm zuer(t auf der Würzburger Bifchofsverfammlung bei Bekämpfung der damals von vielen Seiten geforderten Veran(taltung von Diözefanfynoden wenn auch nicht gefaßt, fo doch öffentlich ausgefprochen worden. Seitherhatten er und Baudri, der feine rechte Hand war, den Plan nicht mehr aus den Augen verloren. Die Berufung in den ober|ten Rat der Kirche hob Geiffels Stellung nicht nur im allgemeinen, fondern auch unter den Bifchöfen feiner Kirchenprovinz und bejlärkte ihn in der Abficht, den Provinzialverband durch Veranftaltung einer Synode zu feftigen; übrigens erhielt auch das Metropolitankapitel etwelchen Anteil an dem erhöhten äußeren Glänze des Erzftuhles und feines Inhabers, indem feinen beiden Dignitären im Jahre 1 8 5 1 vom Pap(te die Mitra und feinen Mitgliedern gleichzeitig, an Stelle des durch das Rejtitutionsdiplom gemäß der Zirkumfkriptionsbulle verliehenen fchwarzfeidenen Talars mit Mozetta, das Recht der violetten Chorkleidung (feit der Kardinalserhebung Erzbifchofs von Hartmann im Mai 1 9 1 4 mit dem fon(t den Inhabern bifchöflicher Weihe vorbehaltenen violetten Birett) zuge^anden wurde, ein Privileg, das dann auch die übrigen Domkapitel erhielten, und das kürzlich, am 1 . Februar 1 9 1 4 anläßlich der elfhundertjährigen Wiederkehr des Todestages Karls des Großen, von Pius X . auf das Aachener Stiftskapitel ausgedehnt worden ijt, nachdem
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Kölner Provlnzialsynode von 1860
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diefes auf Vor(tellung Erzbifchof Ferdinand Augufts durch päpftlichc Ent> fcheidung vom 9. Dezember 1825 gegenüber den weiter gehenden Zugeftänd* niffen der Bulle: De salute animarum auf die einfachere Amtstracht des Metro= politankapitels befchränkt worden war. Einen neuen Impuls zur Abhaltung einer Provinzialfynode gab fchließlich der Aufenthalt des Kardinals in Rom 1857, wohin er fich begeben hatte, um der Pflicht der visitatio liminum zu genügen und den roten Hut zu empfangen. Aber er|t am 6. Juni 1859 konnte von Geiflel dem Papfte den Entwurf der Gefchäftsordnung unter= breiten und um die an (ich nicht nötige und wohl nur mit Rückficht auf die Neuheit des Unternehmens nach Jahrhunderte langer Unterbrechung aus freien Stücken erbetene Erlaubnis zur Einberufung einkommen. Diefe felbft erging im Februar 1 8 6 0 ; in dem Kirchlichen Anzeiger f ü r die Erzdiözefe, den er 1852 zur Veröffentlichung fämtlicher kirchlichen Erlaffe, Verordnungen und Bekanntmadiungen, die vordem durch lithographierte Rundfehreiben waren mitgeteilt worden, begründet hatte, und dem in T r i e r ein feit 1853 erfcheinender kirchlicher Amtsanzeiger zur Seite getreten war, erfchien am 1 5 . April das unterm 20. M ä r z ergangene und am 3 1 . M ä r z 1860 an den Pforten des Doms angefchlagene Einberufungsedikt. Das Konzil wurde am 29. April, dem Erinnerungstage der Kanonifation des hl. Anno von Köln, eröffnet. Lange Vorbereitungen waren vorangegangen. Bereits im Augu(t 1858 hatten die Komprovinzialbifchöfe in gemeinfamer Beratung mit der künftigen Synode fidi befchäftigt. Bifchof Arnoldi von Trier hatte die Materien der Verwaltung und Gerichtsbarkeit, Bifchof Müller von Münfter die Fragen der Liturgie und der K u n f i , Bifchof Martin von Pader= born die Gefchäftsordnungsfragen zur Vorbereitung übernommen, während Geiflel felbß: fich vorbehielt, was die kirchliche Lehre, die Bifchöfe und die Dom= kapitel betraf. Bei der Vorbereitung bediente er fich namentlich der Hilfe zweier Jefuiten, in er(ter Linie des P. Wilmers, aber auch des P. Roh. Am T a g e vor der Eröffnung fand im erzbifchöflichen Palais in Köln eine letzte Vorberatung ftatt, bei der man fich auf die Konstituierung von fechs Partikularkongregationen einigte. An der Spitze einer jeden fiand ein Stimmberechtigter Diözefanbifchof. Zu den Metropoliten und feinen drei Suffraganen waren nämlich noch die Bifchöfe von Hildesheim und Osnabrück gekommen, die, exemt und unmittelbar dem Papfte unterteilt, von dem Rechte der Exemten, fich mit ihren Diözefen einer benachbarten Provinzialfynode anzufchließen, zu Gun(ten Kölns Gebrauch gemacht hatten. Auch der gleichfalls exemte Fürjtbifchof Förfter von Breslau hatte, jedoch nur als G a ß und unter Vorbehalt der Rechte feines Bistums, fich gemeldet und trug durch feine Anwefenheit zur Erhöhung des Glanzes und der Bedeutung der Veranjtaltung bei. Im ganzen fanden fünf Generalkongregationen oder einfache Plenarverfammlungen und, jeweilen nach Entfcheidung über die Befchlüfle durch die Diözefanbifchöfe als patres und judices des Konzils, vier feierliche Sitzungen zur Verkündung der Dekrete in der Domkirche ftatt, die letzte am Himmelfahrtstage, dem 1 7 . M a i . Außer den genannten fechs Diözefanbifchöfen, denen entfeheidende Stimme zukam, und die die Befchlüffe unterzeichneten, fowie dem Ehrenfynodalen Fürftbifchof Förfter von Breslau nahmen mit beratender Stimme an der Kirchenverfammlung teil die vier Weihbifchöfe, fämtliche damals vorhandenen Mitglieder des Metropolitan» kapitels, acht an der Zahl, Vertreter der Kapitel Trier, Münfter, Pader» born und Osnabrück, ein Vertreter des Stiftspropftes von Aachen, Ver= tretungen der theologifchen Fakultäten von Bonn, Münfter und Paderborn,
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Neuordnung des gerichtlichen Instanzenzugs
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die Rektoren der vier Priefterfeminare, die Obern von (leben in der Provinz niedergelaffenen Orden und Kongregationen, an der Spitze der damalige Provinzial und fpätere General der Jefuiten, P. Anderledy. Die vorfchrifts» mäßig in Rom vorgelegten Konzilsakten wurden vom Concilietto geprüft. Unterm 19. Dezember 1861 teilte der Präfekt der Konzilskongregation, Kardinal Caterini, dem Kardinal von Köln die geringfügigen Änderungen mit, mit denen fie angenommen worden waren. Und am 7. April 1862 betätigte Pius I X . felb(t glückwünfchend die Befchlüffe. Der Erlaß Geiflels, durch den er die Dekrete des Konzils gedruckt promulgierte, datiert vom 2 3 . Juli desfelben Jahres. Die Akten zerfallen in zwei Teile. Ein er(ter de doctrina catholica geht uns an diefer Stelle nicht weiter an; aus ihm fei bloß das Eintreten f ü r die päpftliche UnfehL» barkeit und f ü r die Erhaltung des Kirchenstaates hervorgehoben fowie die Ablehnung des fogenannten Güntherianismus. Ein zweiter Teil handelt de dis= eiplina ecclesiastica und hat drei T i t e l : D e personis ecclesiasticis (Bifchöfe, Weih= bifchöfe, Metropolit, Provinzialfynode, Kathedralkapitel, Pfarrer und Rektoren, Dekane, Ordensleute, Diözefanfynode), de ministeriis ecclesiasticis (Sakraments* Verwaltung im ganzen und einzelnen, mit Einfchluß der Mifchehe, Sakramen« talien, Kult, Kirchengefang, Predigt, Fa(ten, Schulen, Knabenfeminare, Theo* logenfchulen, Priefterfeminare, Volksmiffionen, Bruderfchaften und Vereine, Kirchen und Kirchengerät, Armenpflege, Kirchengut), endlich de vita et honestate clericorum (geijtliches Leben, Studium, Wahrung des decorum clericale). Durch befondere Ürfprünglichkeit zeichnen fich auch diefe die Difziplin betreffenden Befchlüffe nicht aus, vielmehr fchließen fie fich enge an das gemeine Recht und die kuriale Lehre davon an. ihre hauptfächlichfte Bedeutung liegt gerade darin, daß diefe Grundfätze, foweit fie nicht fchon in die Praxis umgefetzt waren, wieder in Erinnerung und zur Geltung gebracht wurden. Alles kam freilich auf die Durchführung der Befchlüffe in den einzelnen Diözefen an. M i t ihr machte namentlich Geiffel f ü r feine Erzdiözefe alsbald Ern(t. Auch da, wo es nicht unmittelbar auf der Hand lag, wie bei der Organifation des zweitinstanzlichen gei(tlichen Gerichtes. Das Provinzialkonzil felb(t gedachte nur der Berufungen aus den Suffraganbistümern, deren Entfcheidung es dem Metropoliten zuweift. Anläßlich der Provinzialfynode fcheint jedoch Kardinal Geiffel, falls er nicht fchon vorher in Rom oder durch den Artikel Metropolitikum des Kirchenrechtslehrers Permaneder in der er(ten Auflage des Freiburger Kirchen« lexikons darauf aufmerkfam gemacht worden war, zu der Erkenntnis gekommen zu fein, daß das 1848 von ihm ins Leben gerufene Metropolitikum II f ü r Appellationen aus der Erzdiözefe felbft dem Kirchenrechte widerfpreche. Möglich auch, daß eine In(truktion des Kardinalftaatsfekretärs Antonelli an den Erz= bifchof von Freiburg vom 30. September 1859 Bedenken wachrief, weil darin ausdrücklich gefagt war: Causae ab archiepiscopali tuo tribunali in prima instantia cognitae et judicatae minime poterunt nosci et judicari a tribunali, quod fuit a te constitutum. Jedenfalls befagt ein Aktenvermerk vom 4. Juli 1860: „ G e m ä ß hoher mündlicher Weifung S r . Eminenz, des Hochwürdigften Herrn Kardinals und Erzbifchofs foll die fernere Aufführung der I I . Abteilung des erzbifchöflichen Metropolitikums in dem Handbuch der Erzdiözefe unterbleiben." Das gefchah, und fo verfchwand diefe Behörde lautlos in der Verfenkung, um lediglich in der Literatur noch Jahrzehnte lang als Sehenswürdigkeit fortzuleben. Die Ver= Ordnung von 1848 wurde aber auch nicht neu publiziert, fondern fcheint nur fpäter von Domkapitular Kirch f ü r die amtliche Ausgabe in Dumonts Sammlung
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Generalvikariat und Ordinariat
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kirchlicher Erlaffe unterWeglaffung alles deffen, was auf das Metropolitikum II Bezug hatte, privatim umredigiert worden zu fein. So nahm Geijfel nach dem Provinzialkonzil auch an den Erzeugniffen feines eigenen Geiftes rückfichtslos Befferungen vor. Die Berufungen aus der Erzdiözefe gingen zunäch(t nach Rom, dann wurde, wie hier vorgreifend bemerkt fein mag, am IJ. November 1888 der Bifchof von Münjter auf drei Jahre als zweite Inftanz f ü r Köln delegiert, nachdem eine Delegation des Bifchofs von Limburg vom 16. Dezember 1875 infolge des Kulturkampfes nicht praktifch zu werden vermocht hatte. Diefe Delegationen find bis 1907 erneuert worden. Die durch die Konftitution: Sapienti consilio vom 29. Juni 1908 neu organifierte Kurie wollte dann aller* dings die Berufungen f ü r die wiedererftandene römifche Rota an fich behalten. Doch gelang es Kardinal Fifcher, unterm 23. April 1 9 1 0 perfönlich von Pius X . unter Hinweis auf die fchweren Unzuträglichkeiten und Ko(ten, welche die über= fetzung der Akten ins Lateinifche und die Verhandlung in Rom mit [ich bringe, ein zeitlich nicht befchränktes Indult zu erwirken, wonach auch weiterhin Münfter als zweite und, wie hinzugefügt werden mag, der Erzbifchof von Freiburg als delegierte dritte Inftanz f ü r Köln tätig fein können. Eine andere Einrichtung aus Geiffels Zeit, die er auch nach der Provinzial=> fynode fortbejtehen ließ, i(t, was der Einfachheit wegen gleich in diefem Zu* fammenhange angemerkt werden foll, erft in allerletzter Zeit verfchwunden. Ich meine das erzbifchöfliche Ordinariat. Durch Erlaß vom 1 . Februar 1850 hatte der Erzbifchof unter Aufrechterhaltung der 1848 beliebten Organifation der Gerichtsbehörden die Verwaltungsbehörden umgeftaltet und ausgebaut. Den befonderen Verwaltungsdien(t follte nach wie vor das Generalvikariat mit dem Generalvikar an der Spitze wahrnehmen. Namentlich kam ihm die Be= handlung aller befonderen Angelegenheiten, die Perfonen oder Sachen betrafen, zu; es war und blieb die eigentliche kirchliche Regierungsbehörde. Sollten fich aber bei Erledigung der Verwaltungsgefchäfte Um|tände bezüglich allgemeiner Diözefanverordnungen oder grundfätzliche Fragen ergeben, oder follte das Generalvikariat fon(t den Wunfeh nach genereller Auskunft haben, fo war das Ordinariat anzurufen. Diefes, eine Art allgemeiner geiftlicher Rat, wie wir ihn in Trier fchon früher gefunden haben, hatte demnach außer den ihm vom Erz= bifchof befonders zugewiefenen Fragen alle Diözefanangelegenheiten allgemeiner Natur, die nach allgemeinen kanonifchen Satzungen und nach den befonderen be= (teilenden Kirchen= und Staatsgefetzen zu behandeln waren, namentlich den Erlaß „neuer allgemeiner Diözefanverordnungen, Vorfchriften und M a ß n a h m e n " vorzuberaten. Alfo eine etwas fehr akademifche Aufgabe. Dies fowie der Umftand, daß das Ordinariat, nur wenn von Erzbifchof oder Generalvikariat in Anfpruch genommen, tätig werden, aber nichts felb(t zur Ausführung bringen konnte, hat im Verein damit, daß es unter dem Vorfitze des Erzbifchofs ver= handelte und den Generalvikar zum Dirigenten hatte, alfo höchft unfelbftändig war, die ganze Einrichtung nie recht gedeihen laffen. Sie diente eigentlich nur dazu, den vom König ernannten Domkapitularen, die mit Vorliebe in diefe Behörde berufen wurden, wenigltens einen gewiffen, möglichfl: befchränkten Anteil an der Leitung der Erzdiözefe zu geben, während die wirkliche Ver= waltung vom Generalvikar und von den in das Generalvikariat berufenen bifchöflichen Domherren und Vertrauensmännern beforgt wurde. Nachdem in den letzten Jahrzehnten die Gegenfätze fich mehr und mehr ausgeglichen haben, i|t das Ordinariat immer bedeutungslofer geworden und fchließlich unter
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Dekanate und Definitionen
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Kardinal Fifcher in Wegfall gekommen. Das Handbuch der Erzdiözefe von 1 9 1 1 führt es nicht mehr auf und verzeichnet als Mitglieder des Generalvikariats fämtliche Kapitulare mit Ausnahme des hochbetagten Dompropftes Karl Berlage und des canonicus senior et jubilatus Profeflor Alexander Schnütgen, die beide feither (November 1 9 1 5 ) zu Generalvikariatsräten im Ehrenamt ernannt worden sind. Zahlreiche Beftimmungen des Provinzialkonzils konnten ohne weiteres zur Ausführung kommen und find deshalb einfach in das Diözefanrecht übernommen worden. Andere machten befondere Maßnahmen nötig. So die Konzilsdekrete betreffend die Dekane und Deflnitoren. Zunächjt fei bemerkt, daß Kardinal Geiflel am 12. Mai 1854 die Dompfarrei in Köln von dem dortigen Dekanate eximiert und direkt unter den Ordinarius ge(tellt hatte, und weiter hinzugefügt, daß feither in der Dekanatseinteilung zahlreiche Änderungen vorgenommen worden find, teils Neugründungen von Dekanaten wie Ratingen (1869), Werden, Barmen, Bensberg (1896), Vierfen (1900), teils Teilungen wie die in die Dekanate Köln I und II (1901), Düfleldorf I und II (1903), Eflen I und II (1907), Bonn I und II (1909), wovon die Dekanate Köln I und Aachen feit 1854 (?) Stadtdekanate mit Stadtdechanten, die anderen aber wie von jeher Landdekanate mit einfachen Dechanten oder Landdechanten find, teils Umtaufen wie Cornelimün(ter flatt Burtfcheid (1900), Köln III ftatt Mülheim (1914, unter Zuweifung der nicht mit der Stadt Köln vereinigten Teile an Bensberg), teils Grenzveränderungen. So weift das Erzbistum jetzt 53 Dekanate auf. Im Trierer Sprengel wurden unterm 15. Februar 1869 an Stelle der urfprünglichen 26 von Bifchof Eberhard 46 Dekanate gefchaffen; auch dort ift die Dompfarrei mit ihren Annexen eximiert. Jedes Dekanat zerfällt nach dem betreffenden Dekret der Provinzialfynode in zwei Unterbezirke oder Definitionen, die Geiffel für Köln am 7. Januar 1863 errichtete; nur das trierifche Dekanat Birken= feld ift nicht untergeteilt, und das kölnifche Dekanat Bensberg hat feit 1914 drei Definitionen. Bemerkenswert iffc die Veränderung, welche die Beftimmungen über die Beftellung der Dekane erfahren haben. Den Pfarrern des Kapitels wird zwar die Befugnis, dabei mitzuwirken, gelaffen, indem jeder für fich mittels Stimmzettel einen Dreiervorfchlag machen darf; für den Fall jedoch, daß keiner der Vorgefchlagenen geeignet erfcheint, oder daß dem Bifchof das Gewiffen aus einem anderen Grunde die Ernennung verbietet, foll ihm die Delegation eines anderen, ihm würdig und geeignet erfcheinenden Kapitelsmitgliedes freiftehen. Das für Köln neu gefchaffene, für Trier umgeftaltete Definitorenamt wird gewiffermaßen zwifchen Bifchof und Kapitelsgeiftlichkeit aufgeteilt; den einen der beiden Deflnitoren ernennt immer der Bifchof, für den anderen macht jeder Pfarrer des Kapitels fchriftlich einen Dreiervorfchlag. Im Unterfchiede zu früher ift das Amt des Dechanten lebenslänglich, es fei denn, der Betreffende ziehe aus dem Kapitel weg, refigniere oder vernachläffige feine Pflichten fo, daß der Bifchof im Intereffe der Kirche und des Dienftes zum Widerruf der Delegation fich veranlaßt fieht. Der zum Dechanten Ernannte hat in die Hände des Erzbifchofs die professio fidei und einen Amtseid abzulegen; den Deflnitoren nimmt Glaubensbekenntnis und Amtseid der Dechant ab. Für Dechanten und Deflnitoren ergingen unterm 29. bezw. 10. April 1863 ausführliche Dienftinftruktionen, die nachmals unter den Erzbifchöfen Melchers und Krementz einige Zufätze erfahren haben. Die Dienftobliegenheiten der Dechanten find im großen und ganzen diefelben geblieben wie früher; nur haben fich mit dem Wachstum und der Verfelbs
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Dechanten und Definitoren. Pastoralkonferenzen
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Bändigung des Kirchenwefens die Gefchäfte gemehrt. Gerade deshalb haben fie in den Definitoren Gehilfen erhalten. Diefe find gewiflermaßen Unter» dechanten. Sie haben namentlich die Obforge für die Kirchenfabriken ihrer Definition; die Fabriken, d. h. die Kirchenbaufonds und das Stiftungsvermögen fteht unter ihrer Aufficht. Sie prüfen die Kirchenetats, wachen über die Inftand* haltung der Kirchengebäude. Sie vifitieren einmal im Jahr, während die Deka« nalvifitation, wenigftens im Trierer Sprengel (Erlaß vom 18. Februar 1874), nur alle zwei Jahre (tattfindet. Der vor der Kapitelsverfammlung (tattfindenden Definitionsverfammlung fitzt dagegen der Dechant felb|t vor. I(t diefer am Dekanatskapitel teilzunehmen verhindert, fo präfidiert der dien(tälte(te Definitor; führt der Dekan den Vorfitz, fo (tehen ihm die Definitoren zur Seite. Dechanten und Definitoren haben vom Bifchof gewiffe, auf Zeit gewährte Fakultäten, z. B. zur Benediktion von Paramenten und zur Erteilung der in Anbetracht des bis heute anhaltenden Prießermangels für Köln unentbehrlichen Binationserlaubnis, die ausnahmsweife wiederholt an demfelben Tage zu zelebrieren gemattet. Der Ausbau der Dekanatsverfaflung und die Einrichtung der Definitionen bildet den Abfchluß der Organifationsarbeit des Kardinals von Geiffel. Zwar blieb noch manches zu tun übrig, und in diefer Richtung bewegte fich denn auch zu nach (t die Tätigkeit des Erzbifchofs Melchers, der in den erften Jahren feiner Amtsführung das Werk feines Vorgängers fortfetzte und den durch das Provin« zialkonzil gefchaffenen Rechtszuftand durch weitere Ausführungserlafle ergänzte. Hierher gehört namentlich die unterm 14. Dezember 1866 verfügte, in Trier bereits von den Bifchöfen Hommer (10. April 1832), Arnoldi (20. Februar 1 8 5 1 , z i . Februar und 16. März 1852) und Eberhard (8. Januar 1868) geregelte, von Bifchof Korum (1. Dezember 1881 und 14. April 1905) neu belebte Einrichtung der Paftoralkonferenzen. Außer den jährlichen Dekanats« und Definitionskonfe« renzen, woran in der Regel nur die Pfarrer und Pfarrverwalter fich beteiligen, follen regelmäßige Konferenzen aller Kuratpriejter (tattflnden, und zwar in kleineren Bezirken, deren auf dem Lande in jedem Dekanate mehrere gebildet werden. Auf ihnen werden u. a. Vorträge über Gegenjtände der wiflenfchaftlichen und der praktifchen Theologie, des Kirchenrechts, der chri(tlichen Kunfl: und der Pädagogik gehalten und diskutiert, um alljährlich mit dem Konferenzprotokoll als Konferenzauffätze dem Generalvikariat durch den gewählten Konferenz« präfes zur Kontrolle der wiffenfchaftlichen Strebfamkeit und Lei(tungsfähigkeit des Klerus, namentlich auch des jüngeren, eingefandt zu werden. Von Erzbifchof Melchers rührt weiter eine neue, mit geringfügigen Änderungen (Verordnung vom 24. Dezember 1894) namentlich hinfichtlich der Termine noch heute immer wieder zur Anwendung gebrachte Verordnung über die Pfarrbefähigungs« prüfung vom 22. Juli 1867 her, welche die ältere Geiffels durch ausführlichere und vollkommenere Be(timmungen erfetzte, und die erlaffen wurde, nachdem der Erzbifchof in Rom Dezennalfakultäten erwirkt hatte, die ihm ausdrücklich gematteten, an Stelle des von dem Tridentinum eigentlich vorgefchriebenen Spezialkonkurfes für jede einzelne erledigte Pfarrei den Generalkonkurs zu fetzeny wie er in Deutfchland allein üblich und von Geiffel ohne weiteres adoptiert worden war. Eingehend wurde ferner am 7. Juni 1866 die im Zufammenhange mit der Firmungsreife vom Ordinarius oder feinem Weihbifchof jeweilen vor« zunehmende bifchöfliche Vifitation geregelt, anläßlich deren übrigens die auf Zeit approbierten Priefter die Approbation auf Meldung hin auf ein Jahr (annus gratiae ¡ n diefem Sinne) verlängert zu erhalten pflegen (Verordnung vom
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Neuordnung des Pfarrkonkurses und der Volksmissionen
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i . Februar 1896). Audi über die Volksmiffionen, die durch das Provinzial» konzil wie fchon zuvor durch Geiflel warm empfohlen worden waren und immer häufiger wurden, ergingen am 28. Augu(t 1866 eingehende Beftimmungen; fie bezweckten, den Pfarrern die Veranftaltung von Miffionen durch Ordensleute zu erleichtern, die Miffionen felb(t zu vervollkommnen und zugleich die bifchöf» liehe Jurisdiktion und Kontrolle darüber zu wahren. Endlich erwirkte der Erz» bifchof Melchers 1867 die Revalidation aller linksrheinifchen Bruderfchaften, die vor dem franzöfifchen Konkordate von 1801 und der Erfetzung der alten Erz» diözefe durch das Bistum Aachen vorhanden gewefen waren und, mit dem Erlaffe des Konkordates von Rechts wegen dahingefallen, tatfächlich fortbe(tanden hatten, ohne doch in aller Form neu errichtet worden zu fein; er(t durch diefe Revali= dation wurden die Bruderfchaften wieder der Abiäffe teilhaftig, die den Erz» bruderfchaften, an die fie aggregiert waren, verliehen worden waren. Zu diefen und ähnlichen Maßnahmen würden, wiewohl durch die Arbeit Geiflels das Wefentliche getan war und die kirchliche Organifation des rheinifchen Katholizismus in der Hauptfache die Gejtalt erhalten hatte, die ihr noch heute eigen i(t, gewiß noch manche andere Beftimmungen hinzugetreten fein, hätte nicht die Weiterentwicklung eine über mehr als ein Jahrzehnt fich erftreckende Unterbrechung erfahren durch die Ereigniffe, die fich an die Erklärung der päpßlichen Unfehlbarkeit im Jahre 1870 knüpften fowie an den im Zufammen» hange damit entbrennenden (¿genannten Kulturkampf. Es kann nicht unfere Aufgabe fein, diefe Bewegungen und Kämpfe, die auf gemeinkirchliche und gemeinpreußifche Erlaffe und Maßnahmen zurückgehen, zu fchildern oder auch nur des näheren auszuführen, warum und wie das Rheinland und die katholifche Kirche in ihm davon in Mitleidenfchaft gezogen wurde; diefe Dinge gehören noch weniger zu unferer Aufgabe als die im obigen ja auch unterlaffene Dar» (tellung des Kölner Kirchen (treites. N u r daran mag erinnert werden, daß fowohl Erzbifchof Melchers als der Trierer Bifchof Eberhard auf dem vatikanifchen Konzil gegen die Opportunität der Definition des Unfehlbarkeitsdogmas (ich ausfprachen und mit den meiflen anderen deutfehen Bifchöfen vor der ent» fcheidenden Ab(timmung Rom verließen, um nicht im Angeflehte des Pap(tes mit: non placet (timmen zu müflen, daß aber beide, nachdem das Konzil anders entfehieden hatte, fich alsbald unterwarfen und Melchers unterm 24. Juli 1870, Eberhard am 8. Auguft desfelben Jahres die Konftitution: Pastor aeternus publi» xierten. Die Folgen waren heftige Zufammen(töße mit den Gegnern der Unfehl« barkeit, deren es, trotz der vorbereitenden Tätigkeit des verdorbenen Kardinals Geiflel und feiner Jefuiten, oder vielleicht wegen ihr, gerade in den Rheinlanden befonders viele und erbitterte gab. Gegen ihre Häupter, insbefondere gegen die Bonner Univerfitätstheologen Hilgers, Langen, Reufch, fchritt der Erzbifchof im September 1870 ganz nach der Art feines Vorgängers zunächft mit Suspenpon und Entziehung der missio canonica ein. Als dies aber nichts fruchtete, erklärte er fchließlich fle wie andere Gegner der Unfehlbarkeit f ü r dem großen Kirchen» banne verfallen. Diefe und andere Vorgänge wiederum veranlaßten das Ein» fchreiten des Staates, deffen Leiter fich nicht länger der Erkenntnis verfchjießen konnten, daß feit 1850 im ganzen wie im einzelnen von (taatlichen Rechten und (iaatlichem Einfluß weit mehr preisgegeben worden war, als die Aufgabe des Staatskirchentums, der Ubergang zu einem Sy(tem bloßer (taatlicher Kirchen» hoheit mit fauberer Trennung der (taatlichen und der kirchlichen Sphäre und Einräumung der Selbstverwaltung an die Kirche forderte, und als die (taafc»
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Erzbischof Melchers und Bischof Eberhard im Kulturkampf
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liehe Selbjtbehauptung und die ßaatliche Friedensbewahrung gemattete. Aller» dings fchoß dann die kirchenpolitifche Aktion, die zum Zwecke der Wieder« gewinnung der f ü r den Staat unerläßlichen Hoheitsrechte und Kontrollbefug» nifle fowie zur Wiederverftärkung der ins Wanken geratenen Autorität des Staates gegenüber der katholifchen Kirche in Preußen von (taatlicher Seite unternommen wurde, wie das bei Revindikationskriegen nur zu leicht gefchieht, zunächft weit über das Ziel hinaus. Sie büßte, weil (Ich die Parteileiden» fchaft ihrer bemächtigte, f ü r lange Zeit ihren urfprünglichen und fchließlich wieder zu feinem Rechte kommenden Zweck einer befferen Regulierung der Grenzen zwifchen Staat und Kirche ein und (tiftete hüben und drüben unermeßlichen Schaden dank dem Eifer einer Gruppe von hervorragenden Staatsmännern und JuriJten, die mit der Schärfe der Gefetzgebung und Gefetzesanwendung und in verhängnisvoller Unterfchätzung der im Katholi» zismus vorhandenen religiöfen Spannkraft auf die Kirche als Rechtseinrichtung losftürmten und ganz vergaßen, daß auch in der Gegenwart am Leibe der Kirche das Recht nur das Gerippe i(t, welches das Ganze und fein Leben trägt, nicht aber diefes felbffc. Wegen Nichtbeachtung der maigefetzlichen Vorfchriften betreffend die Anzeigepflicht wurde Bifchof Eberhard von T r i e r zu fchweren Geld(trafen verurteilt und fchließlich, am 6. März 1874, ins Gefängnis abgeführt, wo er bis zum Schluffe des Jahres gefangen gehalten wurde. Nach feiner Ent» laffung gingen die Verurteilungen weiter; er fchuldete fchließlich über 90 000 M k . Noch amtete er einige Zeit; dann brach feine K r a f t zufammen; am 30. Mai 1876 (tarb er. Das Bistum blieb fünf Jahre lang verwaijt und wurde im geheimen durch einen apoftolifchen Delegaten verwaltet. In Köln wurde der Erzbifchof Paulus Melchers am 3 1 . M ä r z 1874 verhaftet und in das Gefängnis am Klingel» pütz gebracht, wo er bis zum 9. Oktober in Gewahrfam blieb. Wieder freigela(]en, erhielt er am 2. Dezember 1875 mit Rückflcht auf „ d i e von ihm verhängten Exkommunikationen, die gefetzwidrige Anjtellung von Geiftlichen und die Nichtbefetzung vakanter Pfarreien, die Verhinderung der Vifitation des Priefter» feminars 1873 und 1875, die VOR ihm infzenierte Aufregung der Bevölkerung durch den Empfang der Maflendeputationen in den Tagen vor feiner wegen Nichtzahlung der erkannten Geldstrafen notwendig gewordenen Verhaftung, endlich wegen des äußerjten Maßes des Wider(tandes, das er feiner Verhaftung entgegengefetzt" habe, durch den Oberpräpdenten von Bardeleben die A u f forderung zur Amtsniederlegung zugesellt. Als er erklärte, einer folchen Auf» forderung der Staatsbehörde Folge zu leiften, könne er (ich weder f ü r ver» pflichtet noch befugt erachten, wurde er im Sommer 1876 durch den königlichen Gerichtshof f ü r kirchliche Angelegenheiten abgefetzt. Er lebte fortan in Holland, wohin er fchon Ende 1875 geflüchet war. Das Generalvikariat war am 28. Juni aufgelö(t worden, am 1 7 . Juli wurde das Vermögen des erzbifchöflichen Stuhles mit Befchlag belegt, weil das Metropolitankapitel fich weigerte, einen Kapitels» vikar zu wählen. So blieb es bis 1885. Die Gefchäfte beforgte, fo gut es ging, der Weihbifchof und Domdekan Baudri; diefer empfing am 1 5 . Oktober 1880 bei der Einweihung des Domes in Abwefenheit des Erzbifchofs namens des Kapitels in deffen Gotteshaufe, wie er fich ausdrückte, Kaifer Wilhelm I. und die Kaiferin Augu(ta. Außer den Bifchöfen büßten auch zahlreiche einfache Priefter, Pfarrer und Kapläne Freiheitsstrafen von kürzerer oder längerer Dauer ab. Die Mehrzahl der klö(terlichen Niederlaffungen gingen ein. Die Prie|ter» feminare waren gefchloffen. Die Kandidaten der Theologie (tudierten auswärts
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Die Beilegung des Kulturkampfes
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und wurden nach Empfang der Weihen in der Miflion oder in außer« preußifchen Diözefen verwendet. Hunderte von Pfarreien waren unbefetzt. Hunderttaufende von Katholiken entbehrten der geordneten Seelforge, konnten nicht oder nur fchwer ihre Kinder taufen, ihre Ehen einfegnen, ihre auf den T o d Kranken verfehen, ihre Toten kirchlich begraben laflen. Die bei Wiederherstellung des Friedens neu ernannten Bifchöfe Korum von T r i e r ( 1 2 . September 1 8 8 1 ) und Krementz von Köln (30. Juli 1885) hatten deshalb zunäch|t Jahre hindurch damit zu tun, die kirchliche Ordnung und Ver« waltung im Rahmen des alten Rechtes einigermaßen wieder einzurichten. In T r i e r begannen im Jahre 1884 die Neuanjtellungen von Pfarrgei(tlichen und wurden 1886 die geistlichen Erziehungsan(talten wieder eröffnet. In der Kölner Erzdiözefe wurde im Herbft 1887 das Bonner Konvikt von neuem eröffnet, in das feit 1892 nach Errichtung eines dafür be(timmten neuen Gebäudes, des Albertinums (dazu Leoninum 1903), alle Bonner Theologiejtudierenden ein* gezogen worden find, und nahmen im Februar 1888 die Knabenkonvikte in Neuß, Münstereifel und Opladen, zu denen 1890 das Hermannianum in Rhein* bach trat, unter einem am 25. November 1888 eingefetzten erzbifchöflichen Ver* waltungsrate ihre Tätigkeit wieder auf, nachdem unterm 2 t . September 1887 Ordinariat und Offlzialat rekonftituiert worden waren. 1889 wurde, nachdem fich Baudri, fünfundachtzig Jahre alt, zur Ruhe hatte fetzen können, zum Weihbifchof Antonius Fifcher beftellt, der fpätere Erzbifchof und Kardinal, dem 1893 ein zweiter Weihbifchof in der Perfon des gelehrten und zugleich durch feine Tätig* keit auf fozialem Gebiete verdienten Hermann Jofeph Schmitz zur Seite trat. Von der Kulturkampfgefetzgebung war der f ü r den Staat wichtig(te Teil wie das Perfonenftandsgefetz vom 6. Februar 1875 mit der obligatorifchen Zivilehe, das übrigens gerade f ü r das Rheinland von der früheren Staatlichen und kirchlichen Gefetzgebung nicht einmal fehr abweichende Staatsgefetz vom 20. Juni 1875 über die Vermögensverwaltung in den katholifchen Kirchengemeinden, das Gefetz über die Auffichtsrechte des Staates bei der Vermögensverwaltung in den katholifchen Diözefen, die Vorschriften über die Anzeigepflicht der Bifchöfe bezüglich der Kandidaten f ü r geiftliche Ämter u. a. m. unverändert oder mit größeren oder geringeren Änderungen unter Preisgabe der bloßen K a m p f * be(timmungen aufrechterhalten worden, erwies fich aber bei leidenfchaftslofer Anwendung gleich der Nichtwiederherfiellung des 1875 aufgehobenen Artikels 1 5 der Verfaflung als f ü r die Wahrung des Staatlichen Einfluffes ebenfo nützlich, wie f ü r die Kirche und das kirchliche Leben unfchädlich. Auch die Ordensgefetz* gebung wurde unter Behauptung der Staatlichen Kirchen* und Ordenshoheit zu Gunften der Orden und Kongregationen, die der Aushilfe in der Seelforge, der Übung der chri(tlichen Nächstenliebe, dem Unterrichte und der Erziehung der weiblichen Jugend in höheren Mädchenfchulen oder einem befchaulichen Leben fich widmen, gemildert. Infolgedeffen konnten zahlreiche alte Nieder» laffungen wieder eröffnet und noch mehr neue errichtet werden, fo daß das Ordensleben am Rheine bald eine große Blüte erreichte. N u r die Jefuiten haben feit dem Gefetze vom 4. Juli 1872 auch in den Rheinlanden keine Nieder* laffungen mehr und ebenfowenig die nach wie vor als ihnen verwandt geltenden Lazariften und S c h w e r e m vom hl. Herzen Jefu, während die Redemptoriften, die anfänglich gleichfalls mit ausgefchloffen waren, wieder zugelaffen find und feit 1896 in T r i e r wie früher das St. Jofephsklofter bewohnen, indes pe in der Kölner Erzdiözefe in Aachen und Gei(tingen Häufer befitzen. Seit dem Reichs«
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Neueste Entwicklung.
Orden und Kongregationen
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gcfctz vom 8. M ä r z 1904 i(t übrigens den einzelnen Jefuiten und Lazariften der Aufenthalt nicht mehr verwehrt, nur follen fie nach den Reichskanzler» Bekanntmachungen vom 5. Juli 1 8 7 2 und vom 28. N o v e m b e r 1 9 1 2 aller Ordenstätigkeit, d. h. priefterlicher und religiöfer Arbeit an anderen wie z. B . Predigen und Beichthören fowie vor allem der Abhaltung von Miffionen und der Erteilung von Unterricht fich enthalten, ein Verbot, das freilich gerade in den Rheinlanden gelegentlich übertreten worden ift. In Maria Laach find 1892 an Stelle der Jefuiten Benediktiner der Beuroner Kongregation eingezogen. Unter Leitung von hervorragenden, durch Organifationstalent, Kunftfinn und Gelehrfamkeit ausgezeichneten Äbten, des jetzt in M e t z den Bifchofs» (tuhl des hl. Klemens einnehmenden Willibrord Benzler, des 1 9 1 5 zum Abt* primas in R o m aufgerückten Fidelis Freiherrn von Stotzingen und des gegenwärtigen Prälaten Ildefons Herwegen find nicht nur die herrliche Abtei» kirche und das Klo(ter prachtvoll ausgebaut und Kun(t und Wiffenfchaft gefördert w o r d e n ; vielmehr i|i durch fie in den Rheinlanden ein Mittelpunkt religiöfen, durch das 1909 gegründete Bonner Studienhaus auch in die aka» demifchen K r e i f e hineinwirkenden Lebens entbanden, der fich über die eigenen Konfeffionsgenolfen hinaus der Gun(t des Herrfcherhaufes und des achtungss vollen Intereffes mancher Evangelifchen erfreut. In anderer Weife entfalten durch ihr Miffionshaus und ihre Miffionsfchule die Väter vom hl. G e i f t an der gleichfalls in neuer Pracht ent(tandenen Abteikirche zu Knechtfteden eine weithin reichende, auch von vaterländifchen Gefichtspunkten aus hoch einzufchätzende Tätigkeit, nicht zu vergeffen die Kartäufer und Oblaten, die Pallotiner und die Gefellfchaft vom göttlichen Worte, die Alexianer=, Franziskaners und Barm« herzigen Brüder, die feit 1 9 1 4 auf dem Midieisberge in Siegburg eingezogenen Benediktiner der Sublacenfer Kongregation fowie die gleich manchen genannten vornehmlich der Krankenpflege, aber auch der Erziehung und anderen chrifi« liehen Liebeswerken mit einer Selb|taufopferung fondergleichen zum Heile ihrer Mitmenfchen, auch der Andersgläubigen, (ich widmenden zahlreichen Frauenorden und =kongregationen. Im übrigen i(t in den letzten Jahrzehnten in der provinziellen und diöze« fanen Rechtsbildung ein fa(t völliger Stillftand eingetreten. F ü r die Erzdiözefe faßte zwar Erzbifchof Fifcher bei der Beßieigung des Erzftuhles die Abhaltung einer Diözefanfynode ins A u g e . Z u deren Vorbereitung fetzte er am 1 2 . No» vember 1903 eine K o m m i f f i o n ein. Diefe hat, wie verlautet, ihre Arbeit längß erledigt. Doch ijt es bisher zur Abhaltung der S y n o d e nicht gekommen. Es dürfte fich auch empfehlen, zunächjt abzuwarten, ob etwas und was aus der geplanten N e u f a f f u n g des gemeinen Rechtes in einem C o d e x juris canonici werden wird. Von einzelnen kirchlichen Verordnungen ift namentlich im Kölner Erzfprengel in den letzten 25 Jahren überrafchend wenig an Zahl und Bedeutung ergangen; ich erwähne von den fpärlichen wichtigeren Erlajfen hier nur noch den K ö l n e r vom 1 5 . April 1890 über das Theologie(tudium fowie den T r i e r e r über Pfarreinfatz und Einweifung in die Temporalien (7. Auguft 1888). D a f ü r ift die feit 20 Jahren von dem apoffcolifchen Protonotar und Domherrn D r . K a r l Kreutzwald unter vier Erzbifchöfen als Generalvikar und während dreier Sedis* Vakanzen als Kapitularvikar geführte Verwaltung riefenhaft angewachfen. Sicht« bare Zeugen davon find die zahlreichen neu erbauten Kirchen und gottesdienffc» liehen G e b ä u d e fowie die in die Hunderte gehenden, durch die gewaltige Be« völkerungszunahme und das wachfende kirchliche Bedürfnis bedingten, durch Stutz, Katholische Kirche in der Rheinprovinz 1 8 1 5 — 1 9 1 5 .
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Neueste Entwicklung. Ausbau der Verwaltung
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die gefteigerte Wohlhabenheit und vor allem durch ßaatliche Unterftützung ermöglichten Neuerrichtungen von Pfarreien und Kapellengemeinden, die u. a. im Sommer 1895 zu einer neuen Umgrenzung des Kölner Pfarrfyßems geführt haben. Dies Zurücktreten der fpezififch rheinifchen Kirchenrechtsbildung einero feits und dies Indenvordergrundtreten der Verwaltung anderfeits erklärt fleh nicht bloß daraus, daß nach Vollendung der Wiederher(tellungsarbeiten in Provinz und Bistum f ü r die Organifation nicht mehr viel zu gefchehen braucht, vielmehr hat es feinen Grund vornehmlich in der gefleigerten Zentralifation in Kirche und Staat und feine allerdings nur in fehr befchränktem Maße zutreffende Parallele in dem überwuchern der bundesftaatlichen gegenüber der einzelftaat® liehen Gefetzgebung im Reiche. Alle wichtigeren Neuerungen des letzten Menfchenalters auf kirchlichem Gebiet find von der kirchlichen Zentral» regierung, von Rom, ausgegangen; ich erinnere nur an Neuejtes, etwa an die neuen Be(timmungen über die erfte Kinder= und die tägliche Kommunion, an die Neuordnung des kirchlichen Ehefchließungsrechts durch das Dekret: N e temere, an die Maßnahmen gegen den Modernismus, an das Dekret: Maxima cura über die Verfetzung und Abfetzung von Pfarrern und anderen Benefiziaten auf dem Verwaltungswege, an die neue kirchliche Feflordnung. Und alle wichtigeren Gefetze über die finanzielle Befferftellung der Kirche und ihrer Diener, wie etwa das Kirchen(teuergefetz von 1905, das Gefetz betreffend die Bildung kirchlicher Hilfsfonds von 1903 und betreffend die Erhebung von Abgaben f ü r kirchliche Bedürfniffe der Diözefen von 1906, weiter das Gefetz betreffend die Bildung von Gefamtverbänden in der katholifchen Kirche, auf Grund deflen fehr leiftungsfähige Verbände diefer Art auch in den Rheinlanden (1906 Vierfen und Bonn, 1907 Kalk, 1 9 1 0 Effen, 1 9 1 3 Aachen) fleh gebildet haben, endlich das wichtige Dien(teinkommensgefetz von 1909, fle alle find preußifche Staatsgefetze. Gewiß ift die religiöfe Grundlage der katholifchen Kirche auch am Rheine ihr befter Schutz und Schirm und würde ihre Orga» nifation fle befähigen, im Falle der Trennung von Kirche und Staat alsbald ganz auf eigenen Füßen zu flehen. Aber fle würde gewaltige Einbußen erleiden und nicht fo bald, vielleicht nie wieder den Stand erreichen, den fle heute im Rahmen des preußifchen Staates einnimmt. Gerade wenn man fleh vergegenwärtigt, was in den letzten Jahrzehnten von Preußen f ü r die katholifche Kirche der Rhein» lande getan worden i(t, und was diefe unter (taatlichem Schutze hat leiften können, wird man fagen müffen, daß fle allen Grund hat, ihr: Domine salvum fac regem zum Himmel (teigen zu laffen, und daß ihr Klerus auch des preußifchen Aares dankbar gedenken darf, wenn er allabendlich in der Komplet mit den Worten des 1 7 . Pfalmes betet: S u b umbra alarum tuarum protege nos.
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Literaturnachweis
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Kölner Verlags-Anstalt und Druckerei A.-Q.