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German Pages 368 Year 1954
Die Hoffinanz und der moderne Staat Zweiter Band Die Institution des Hoffaktorentums in Hannover und Braunschweig, Sachsen und Anhalt, Mecklenburg, Hessen-Kassel und Hana Nach archivalischen Quellen von
Heinrich Schnee
Duncker & Humblot . Berlin
Heinrich Schnee, Die Hoffinanz und der moderne Staat
Die Hoffinanz und der moderne Staat Geschichte u n d System der Hoffaktoren an deutschen Fürstenhöfen i m Zeitalter des Absolutismus
Nach archivalischen Quellen
von
Heinrich
Zweiter
Schnee
Band
Die Institution des Hoffaktorentums in Hannover und Braunschweig, Sachsen und Anhalt, Mecklenburg, Hessen-Kassel und Hanau
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle
Hechte
vorbehalten
Copyright 1954 by Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1954 bei Richard Schröter, Berlin SW 29
Vorwort zum zweiten Bande Mehr nodi als i n Band I, der Stellung und Bedeutung der j ü d i schen Hoffinanziers i n der Geschichte des Hauses Hohenzollern und des preußischen Staates schilderte, beruhen die Ausführungen in Band I I auf der Bearbeitung ungedruckter Archivalien, die bisher wenig oder gar nicht von der Forschung benutzt worden sind. Band I I umfafit die Teile I I , I I I und I Y des Gesamtwerkes. T e i l I I bietet eine ausführliche Geschichte der Hoffaktoren der Weifen in Hannover und Braunschweig auf G r u n d der sorgfältig geführten und gut erhaltenen A k t e n der Archive zu Hannover u n d Wolfenbüttel. T e i l I I I schildert das H o f j u d e n t u m i n Sachsen und Anhalt, und T e i l I V bringt einen Überblick über die Hoffinanziers i n Mecklenburg, Hessen-Kassel und Hanau. I m M i t t e l p u n k t der Darstellung stehen die Finanziers großen Stils; die Behrens, Cohen u n d D a v i d in Hannover, die D a v i d und Jacobson i n Braunschweig, die Familien Lehmann und Kaskel i n Dresden, die Familie W u l f f i n Dessau, die Hinrichsen i n Mecklenburg und — alle überrundend — die Rothschild in Kassel und Hanau. Von ihnen haben Leffmann Behrens u n d Behrens Lehmann, Israel Jacobson u n d Rothschild auch einen bedeutenden politischen Einfluß ausgeübt und die große P o l i t i k mitgestaltet. D i e i n Band I I vorkommende große Zahl der kleineren Hof j u d e n mag manchem Leser auf den ersten Blick von geringerer Bedeutung erscheinen; tatsächlich, und das w i r d die zusammenfassende Darstellung i n Band I I I deutlich werden lassen, sind sie nicht nur für die Wirtschafts-, Finanz- und Kulturgeschichte von erheblicher Bedeutung, sondern mehr noch für den allgemeinen Lebensstil i m Zeitalter des fürstlichen Absolutismus; denn gerade die Masse der kleinen Finanziers ist es gewesen, die durch ihre finanziellen H i l f e n der Aristokratie vom Landesfürsten bis zum Junker jenen Lebensstil ermöglicht haben, den w i r barock zu nennen pflegen. Viele Nachkommen deutscher Hoffinanziers leben heute i m Ausland. W i e aus manchen Zuschriften an den Verfasser hervorgeht, sind sie stolz darauf, von deutschen Hoffaktoren abzustammen. Mancher von ihnen wartet auch m i t Ungeduld auf das Erscheinen der weiteren Bände meiner Forschungen in der Hoffnung, ein Stück Ahnengeschichte hier wiederzufinden, und mancher hat den Wunsch
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V o r w o r t z u m zweiten Bande
bekundet, die Geschichte seiner deutschen Vorfahren zu erforschen. Das Quellenmaterial i n Band I I I w i r d ihnen die Möglichkeit geben, Familienkunde zu treiben. Seinen ergebensten D a n k spricht der Verfasser aus H e r r n Professor D r . S c h η a t h , D i r e k t o r des Staatsarchivs Hannover, der so liebenswürdig war, Auszüge aus Schwerbeschädigten A k t e n , die wichtige Einzelheiten zur Geschichte der Behrens und Lehmann enthielten, für Band I I zur Verfügung zu stellen, sowie H e r r n Professor D r . S c h o e p s i n Erlangen, der dem Verfasser noch manche Ergänzung zum Lebensbild Lehmanns übermittelte, die er bei seinen Forschungen i n Stockholm gewonnen hatte. H e r r n B. B r i l l i n g , der sich u m die Geschichte der Juden i n Schlesien durch eine Reihe von Arbeiten verdient gemacht hat, danke ich ebenfalls aufs wärmste für die Ü b e r m i t t l u n g einiger Sonderdrucke seiner Arbeiten. Band I I I , der bald folgen soll, w i r d die Hoffinanziers i n geistlichen Staaten u n d an kleinen Höfen schildern u n d eine abschließende Darstellung über die Institution des Hofjudentums i m System des absoluten Fürstenstaates bringen. Heinrich Schnee
Inhalt
Vorwort zum zweiten Band
5 Zweiter
Te i l
D i e Hoffaktoren der Weifen i n Hannover u n d Braunschweig Die ersten Hoffaktoren
der Weifen
.
11
Die Familie Behrens Leffmann
13
Behrens u n d seine Söhne
13
Die Oberhoffaktoren Gumpert und Isaak Behrens
46
Hoffaktoren aus dem Kreise der Familie Behrens
58
Die Hoffaktorenfamilie Cohen Hof finanziere der Familie Behrens-Cohen
63 66
Die Familie D a v i d i m Dienste der Weifen Hoffaktoren der Familie D a v i d Einzelne Faktoren i n Hannover
67 79 80
Die Hoffaktoren der Weifen i n Braunsdiweig
86
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobsen als Vorkämpfer der Judenemanzipation
109
Übersicht über die Hoffaktoren der Weifen
155
Quellen- und Schriftenverzeichnis
158
Dritter
Teil
D i e Institution des Hoffaktorentums i n Sachsen u n d A n h a l t Die Anfänge
des Hoffaktorentums
in Sadisen
Behrend Lehmann und sein Kreis Faktoren der Familie Lehmann Die Münzentrepreneurs Die Hoffaktoren
in
Sadisen
223
i n der Ä r a B r ü h l
232
Sächsische Hoffaktoren zur Zeit der Emanzipationebestrebungen Hoffaktoren
167 169 222
246
an anhaltischen Fürstenhöfen
256
Übersicht über die Hoffaktoren i n Sachsen u n d Anhalt
282
Quellen- und Sdiriftennachweis
288
8
Inhalt
Vierter
Teil
Die Hoffaktoren in Mecklenburg, Hessen-Kassel und Hanau Geschichte der Hoffaktoren i n Mecklenburg
293
Die ersten Hoffaktoren i n Mecklenburg-Schwerin
293
Die Familie Hinrichsen
295
u n d ihr
Wirkungskreis
Übersicht über die Hoffaktoren der Familie Hinrichsen Die Hoffaktoren neben der Familie Hinrichsen
307 308
Die Hoffaktoren i n Mecklenburg-Strelitz
313
Geschichte der Hoffaktoren i n Hessen-Kassel
315
Hoffaktoren des Kurfürsten W i l h e l m von Hessen-Kassel i m Jahre 1805 . . 339 Die H o f j u d e n i n Hanau
352
Übersicht über die Hoffaktoren i n den beiden Mecklenburg, in HessenKassel u n d Hanau
361
Quellen- und Schriftennachweis
366
Zweiter
Teil
Die Hoffaktoren der Weifen i n Hannover u n d Braunschweig
Die ersten Hoffaktoren der Weifen Nicht so bunt u n d v i e l f ä l t i g w i e i n Preußen ist das Bild, das die Gesdhiche der Hoffinanz an den Höfen von Hannover u n d Braunschweig bietet; vor allem sind hier die Münzfaktoren von keiner entscheidenden Bedeutung. D a f ü r gewährt aber der reiche A k t e n bestand der Archive von Hannover u n d Wolfenbüttel einen ausgezeichneten Einblick i n die so mannigfaltigen Geschäfte der Hoffaktoren. D a die Weifen nach dem D r e i ß i g j ä h r i g e n Kriege i n A b wechslung m i t einem K a t h o l i k e n auch den Bischofsstuhl von Osnabrück besetzten, so werden uns hannoversche Juden auch als Hoffaktoren der Bischöfe von Osnabrück begegnen. A u f die Besetzung des Bischofsstuhls i n Hildesheim suchten die Weifen gleichfalls Einfluß zu gewinnen; finanziell w u r d e n ihre Bestrebungen von den Hoffinanziers i n Hannover unterstützt, die wiederum i n engsten Beziehungen zu dem i n Hildesheim ansässigen Hoffaktor Oppenheimer standen. Hoffaktoren der Weifen, die i n der Geschichte der Bistümer Osnabrück u n d Hildesheim vorkommen, werden daher i n diesem Abschnitt unserer Darstellung berücksichtigt. Soweit jedoch diese bischöflichen Hoffinanziers i n Beziehungen zu K u r k ö l n standen, fällt die Darstellung ihrer T ä t i g k e i t i n den T e i l über die I n s t i t u t i o n des Hof Judentums i n den geistlichen Staaten i n Bd. I I I des Gesamtwerkes. W i e i n Brandenburg-Preußen, so fällt a u d i i n Hannover und Braunschweig die Blütezeit der Hoffaktoren i n das 17. u n d 18. Jahrhundert, jedoch m i t dem Unterschied, daß w i r i n Hannover erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf den ersten bedeutenden Hoffinanzier stoßen. D e r reiche M i c h e l aus Derenburg, von 1543 bis 1549 erster H o f j u d e der Hohenzollern i n Berlin, scheint auch der erste Hoffaktor der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg gewesen zu sein; Elisabeth, die W i t w e Erichs des Älteren, w a r jedenfalls Schuldnerin dieses Juden, was keineswegs erstaunlich ist, w a r doch diese F ü r stin die Schwester des Kurfürsten von Brandenburg, dem Michael als F a k t o r diente. A u f Befehl des Herzogs Erichs I I . von Calenberg erlaubte der Rat der Stadt Hannover dem „Juden Michael aus Derneborch", auf der Neustadt von Hannover ein Haus zu bauen und dort m i t Frau, K i n d e r n u n d Gesinde zu wohnen; gegen ein
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Die ersten Hoffaktoren der Weifen
jährliches Schutzgeld von acht rheinischen Gulden w u r d e i h m versprochen, i h n m i t seiner F a m i l i e gegen alle auf der Neustadt Wohnenden zu schützen. D a Michels Aufenthalt i n Hannover mehrfach bezeugt ist, er von Herzog Erich auch wichtige Handelsprivilegien erhielt, ist anzunehmen, dafi er auch für den Herzog i n gleicher Weise i n Geldgeschäften tätig gewesen ist w i e für die Harzgrafen und später für den Kurfürsten von Brandenburg. Sein Sohn Löb hatte jedenfalls i n der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wieder in Hannover seinen Wohnsitz 1 . O b A b r a h a m a u s P e i n e , zur Zeit Michaels ebenfalls in Hannover-Neustadt wohnhaft, der 1533 aus dem Gefängnis entlassen wurde, i n das er eingebracht worden war, w e i l er einen Christen u m 50 Taler geschädigt hatte, derselbe ist, den Erich des Ä l t e r e n Gemahlin Elisabeth i n einem Schreiben an ihren Sohn D i e n e r nannte, steht dahin. Doch hat Elisabeth m i t Juden i m Geschäftsverkehr gestanden; so überwies sie D a v i d B e r c i a i n K ö l n eine Schuldverschreibung von 65 T a l e r n für gelieferte Goldwaren; Bercia scheint also Hofj u w e l i e r der Herzogin Elisabeth gewesen zu sein. Erich der Jüngere, Elisabeths Sohn, verpfändete für 600 Kronen i n Gold Kleinodien an den Juden S i m o n v o n G ü n z b u r g ; sie w u r d e n später von den Calenbergischen Schatzräten eingelöst. U m die gleiche Zeit (1565—1569) w a r Ρ h y b e s aus Hannover als Verwalter der Münze i n Wunstorf tätigt, ist also als M ü n z f a k t o r zu betrachten. Doch, auch als Hoffaktor mufi er gelten; denn durch Dekret machte Herzog Erich bekannt, dafi er seinem „Diener und schutzverwandten Phybes Juden" gnädigst gestatte, i m Staate Münzen prägen zu lassen; Phybes, Isaaks Sohn, durfte unter des Herzogs Namen u n d Wappen Goldgulden, Taler und gleichhaltige Silbermünzen durch einen erfahrenen Münzmeister schlagen lassen. D i e Münze mufite er auf eigene Kosten betreiben u n d den Münzmeister bestellen. Hof- u n d Münzfaktor Phybes beschäftigte außerdem noch mehrere Glaubensgenossen, die sich aber Unredlichkeiten zuschulden kommen ließen. Als sie verhaftet werden sollten, konnte man nur zwei von ihnen festnehmen; der d r i t t e w a r abwesend, u n d der vierte Münz Verbrecher konnte entweichen; Phybes scheint an diesen Unregelmäßigkeiten nicht beteiligt gewesen zu sein. Gegen Ende des Jahrhunderts erscheint als Judendoktor E l i a s H a l f a n u m aus Prag i n Hannover, der am 5. Juli 1598 vom Kaiser Rudolf einen Freibrief erhalten hatte. I m 17. Jahrhundert, um 1662/63, begegnet uns noch der Schutzjude L e w i n E p h r a i m als Lieferant des Silbergeschirrs für Herzog Christian L u d w i g von Lüneburg 2 .
Leffmann Behrens und seine Söhne
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Die Familie Behrens D i e Institution des Hofjudentums als amtliche Einrichtung beginnt i n Hannover m i t dem Auftreten der Familie Behrens, und die Geschiche dieses Systems an den Höfen der Weifen ist i m wesentlichen eine Geschichte der drei großen Hoffaktorenfamilien Behrens, D a v i d u n d Cohen. D i e Cohen sind, wie w i r i m Laufe unserer D a r stellung sehen werden, ein Zweig der Familie Behrens, die Familie D a v i d ist wiederum m i t den Behrens verwandt, so daß diese drei Familien, die von der M i t t e des 17. Jahrhunderts bis w e i t ins 19. Jahrhundert hinein eine große Rolle spielen, i n W a h r h e i t eine einzig große Hoffaktorenfamilie darstellen, die sich zweihundert Jahre lang i n ihrer Stellung behauptete. Andere Mitglieder der Familie D a v i d stiegen zu mächtigen Hoffaktoren i n Braunschweig und Kassel auf. Neben diesen drei großen Familien kommen noch mehrfach Hoffaktoren aus anderen Familien vor, die jedoch alle i m Schatten der Behrens, D a v i d und Cohen standen, aber auch m i t diesen Familien verwandt waren. Den Abschluß i n dieser langen Reihe der weifischen H o f j u d e n bildet der reichste u n d mächtigste aller norddeutschen Hoffaktoren, Geheimrat I s r a e l J a c o b s o n , der gleichfalls m i t der Familie Cohen durch verwandtschaftliche Bande verbunden war, so daß, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Hoffinanziers der Weifen tatsächlich eine einzige große Familie bildeten 3 .
Leffmann Behrens und seine Sohne D i e Familie Behrens hat drei Generationen hindurch als Hoffinanziers i n Hannover g e w i r k t ; da die Söhne des alten Leffmann noch zu Lebzeiten des Vaters starben, fällt zeitlich das W i r k e n der zweiten Generation noch i n die Zeit der ersten, und die Geschäftstätigkeit der beiden E n k e l Gumpert u n d Isaak schließt sich so unmittelbar an die ihres Großvaters an. I m ganzen hat die Familie Behrens ein halbes Jahrhundert lang, von 1670 bis 1721, ihre Tätigkeit als Herzoglich Braunschweigische, dann Kurfürstlich Hannoversche H o f t j u d e n ausgeübt. D i e alten, zu Reichtum u n d Macht gelangten Familien der j ü d i schen Gemeinde Hannover-Neustadt — i n der Altstadt durften die Juden seit 1588 nicht wohnen — lassen sich auf eine W u r z e l zurückführen; sie stammen von Joseph Hameln ab (1597 bis 1677), von den Behörden Jobst Goldschmidt genannt, cler zur F r a n k f u r t e r Familie Goldschmidt gehörte. Nach der Vertreibung aus F r a n k f u r t a. M.
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Leffmann Behrens u n d seine Söhne
1614 ließ sich ein Zweig der Familie i n Kassel nieder, w o uns mehrere Mitglieder als einflußreiche Hoffaktoren begegnen werden, der andere Zweig dagegen i n Hameln an der Weser. A u d i M a x i m i l i a n Goldschmidt, der die letzte E r b i n des F r a n k f u r t e r Hauses Rothschild heiratete u n d von Kaiser W i l h e l m I I . als Freiherr von Goldschmidt-Rothschild n o b i l i t i e r t wurde, gehört dieser Familie an. Joseph Hameln w a r schon 1639 wieder ein reicher Mann; er verlegte seinen Wohnsitz später nach Hildesheim und schließlich nach Hannover, w o sein Schwiegersohn Leffmann Behrens wohnte. I n Hannover ist Joseph Hameln am 30. Januar 1677 als 80jähriger gestorben. Auch seine Schwiegertochter w u r d e eine Berühmtheit; es ist die i n der Geschichte der Juden bekannte Glückel aus Hameln (1645—1724), deren Memoiren für die jüdische Kulturgeschichte so bedeutsam sind. Josephs Sohn Samuel Hameln w a r Rabbiner i n Hildesheim, wo er 1682 gestorben ist; seine Tochter M a l k a w u r d e die erste G a t t i n des bekannten Berliner H o f j u w e l i e r s Jost Liebmann, der damals allerdings noch nicht der mächtige Hoffaktor, sondern n u r ein kleiner Händler w a r . Joseph Hamelns Tochter Jente heiratete zuerst Salomon Gans, dessen F a m i l i e gleichfalls i n der Geschichte der hannoverschen Hoffaktoren von Bedeutung ist, dann Leffmann Behrens. Jentes B l u t fließt i n allen reichen u n d vornehmen jüdischen Familien Hannovers; sie k o m m t auch unter den Ahnen Heinrich Heines vor, der von mehreren, sehr bekannten Hoffaktorenfamilien abstammt. D i e E l t e r n des E l i e s e r L e f f m a n n B e h r e n s , von seinen Glaubensgenossen L i p p m a n n C o h e n genannt, waren Behrens Isaak u n d Lea Jakob, die aus Bockum, einer der beiden i n der Rheingegend liegenden Ortschaften, i n Hannover eingewandert waren. D e r Vater, auch Isachar Behrmann genannt, w a r der Sohn eines gewissen Isaak Cohen aus Bockum, der unter den Juden als T a l m u t k u n d i g e r bekannt gewesen ist. Dieser Umstand verdient Hervorhebung, w e i l w i r ganz allgemein die Feststellung treffen können, daß die meisten Hoffaktoren entweder selber Talmudkundige gewesen sind oder ihre Vermögen zum T e i l der Förderung des Talmudstudiums zur Verfügung stellten. Leffmann Behrens' M u t t e r stammte gleichfalls aus einer bekannten Familie. Lea Jakobs Bruder Liebmann w a r nämlich der Vater des Berliner Hof juweliers Jost Liebmann oder Juda B e r l i n u n d des Berliner Rabbiners Isaak B e n j a m i n Wolf. So waren die u m 1700 mächtigsten u n d reichsten Hoffaktorenfamilien Liebmann u n d Behrens durch Blutsbande miteinander verbunden. Behrens Isaak u n d Lea Jakob starben i m Jahre 1675, Isaak am 23. August, Lea am 2Θ September; i h r Grab auf
Leffmann Behrens und seine Söhne
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dem jüdischen Friedhof i n Hannover w a r das drittälteste. Isaaks Grab hat dagegen die jüdische Familienforschung nicht ausfindig machen können. Als die Eltern starben, stand Leffmann Behrens erst i n seinen Anfangen. Leffmann Behrens w a r mehrfach verheiratet; aus der ersten Ehe mit Jente Hameln stammen seine Söhne N a p h t a l i Herz u n d Moses Jakob. Beide heirateten i n zwei andere berühmte Hoffakorenfamilien hinein. J a k o b B e h r e n s ehelichte Siese Gomperz aus Kleve; dadurch w u r d e die Verbindung zu dieser damals sehr w e i t verzweigten H o f j u d e n f a m i l i e hergestellt. V o n der geschäftlichen Tätigkeit Jakobs wissen w i r nicht viel; er stand v ö l l i g i m Schatten seines Vaters, w a r zudem mehr Talmudgelehrter als Geschäftsmann, starb auch schon früh, am 19. Januar 1697 i n Leipzig u n d w u r d e auf dem Judenfriedhof i n Dessau begraben. Jakobs Tochter Frade w a r d die G a t t i n des Simon W o l f f Oppenheimer, eines Sohnes des großen Samuel Oppenheimer i n W i e n ; so w u r d e n Beziehungen zu der mächtigsten Hoffaktorenfamilie i n östererich hergestellt. Jakobs Söhne I s a a k u n d G u m p e r t B e h r e n s haben dann die von i h r e m Großvater begründete Hoffaktorendynastie fortgesetzt, bis 1721 der große Bankerott die F i r m a Leffmann Behrens und Sohn vernichtete. Beide haben gleichfalls durch günstige Heiraten Verbindungen m i t weiteren reichen jüdischen F a m i l i e n angeknüpft; Isaak heiratete Lea, die Tochter des Kgl. Polnischen Residenten und Kursächsischen H o f j u d e n Behrend Lehmann, Gumperts F r a u w u r d e Sprinze aus der reichen Familie K a n n i n F r a n k f u r t a. M. H e r z B e h r e n s , der andere Sohn Leffmanns, w i e sein Vater amtlich bestallter H o f jude, auch Vorsteher der jüdischen Gemeinde i n Hannover-Neustadt, heiratete Serchen, die Tochter des Wiener H o f j u d e n Samson Wertheimer; diese Heiraten verbanden die damals mächtigsten Hoffaktorenfamilien Wiens m i t der Familie Behrens. Herz besaß nicht die Tüchtigkeit und die Fähigkeiten seines Vaters; 1697 zum Beispiel heißt es von i h m : „ L e plus simple et le plus innocent des hommes, pour conduire une si grand'affaire." Herz starb am 23. Februar 1709, Serchen am 9. März 1739. Leffmanns einzige Tochter Gnendel w u r d e die F r a u des berühmten Prager Oberrabbiners D a v i d Oppenheim aus einem anderen Zweig dieser bekannten Familie; beider Sohn Joseph D a v i d Oppenheimer wohnte als kaiserlicher H o f j u d e i n Hannover, w o seine M u t t e r Gnendel am 13. Juni 1712 starb; der alte Leffmann überlebte also alle seine Kinder. N u r seine F r a u Feile, Tochter des Jehuda Selkele D i l m a n n , überlebte ihn; sie starb 1727. Zwei Töchter des Herz Behrens begründeten die Hoffaktorenfamilien Cohen u n d Philipp. Das weitere
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Leffmann Behrens und seine Söhne
Schicksal der Familie Behrens soll i m Zusammenhang m i t dem Bankerott der Brüder Gumpert u n d Isaak 1721 dargelegt werden 4 . Leffmann Behrens lebte von 1634 bis 1714; seine Anfänge waren recht k l e i n u n d bescheiden. K a u m unterschied er sich von der Masse der jüdischen Händler u n d Hausierer; erst als es i h m gelang, m i t dem Hofe i n Beziehung zu kommen, begann sein Aufstieg, der dann allerdings sehr rasch erfolgte. N u r wenige Jahre liegen zwischen den kleinen Geschäften, bei denen es u m geringe Summen ging, und jenen Anleihen, die Hunderttausende und M i l l i o n e n ausmachten. Leffmann Behrens' Aufstieg bietet geradezu das klassische Beispiel dafür, wie ein kleiner, unbekannter Jude durch seine höfischen Beziehungen und seine amtliche Stellung als Hoffaktor i n verhältnismäßig kurzer Zeit zu Reichtum und Macht gelangt und auch die P o l i t i k entscheidend beeinflufit. Leffmann Behrens k a m hoch durch die Gunst des Herzogs Johann Friedrich; w a n n u n d auf welche Weise er diese Gunst errungen, verraten uns die vorhandenen A k t e n diesmal ebensowenig w i e i n allen anderen Fällen. D i e A k t e n überliefern uns j a immer nur einen Ausschnitt aus den tatsächlichen Beziehungen, u n d wenn w i r auf die ersten aktenmäßig belegten Geschäftsbeziehungen des H o f j u d e n m i t seinem Landesfürsten stoßen, dann steht der Faktor auch bereits i n der Gunst seines Herrn. Zwar hat er noch nicht T i t e l und Gehalt, w i r d jedoch meist schon H o f j u d e genannt. Rang und Gehalt erhält er i n der Regel erst nach mehrjähriger, offenbar zufriedenstellender T ä t i g k e i t als H o f j u d e . I m Jahre 1669 besaß Leffmann Behrens die Gunst des Herzogs Johann Friedrich bereits i n dem Maße, dafi i h m der K a u f eines Hauses gestattet wurde. Eine solche Vergünstigung bedeutete damals i m allgemeinen eine hohe Auszeichnung für einen Juden 5 . W e n n Leffmann Behrens auch erst unter Ernst August zu einem der bedeutendsten Finanzmänner der Weifen wurde, so ist er doch schon i n dem Jahrzehnt von 1670 bis 1680 ein einflufireicher Hoffaktor gewesen. Er hat offenbar zuerst Luxusgegenstände für den Hof geliefert, so 1668/69 Tapeten aus A n t w e r p e n i m Werte von 400 Tir., silberne Trompeten und goldene Ringe für fast 2000 T i r . ; 1676 u n d die folgenden Jahre kaufte Behrens i n H o l l a n d Materialien für den Bau einer Grotte i n Herrenhausen; es folgten A n k a u f und Beförderung von Zwergbäumen aus *Rouen für die Herrenhäuser Gärten u n d von Golddrucken u n d anderen Tapeten aus Brüssel für das Herrenhäuser Schloß; 1680 lieferte Leffmann für 1000 T i r . „güldenes Leder" aus Brüssel. I n Verbindung m i t dem Bankier Johann D u v e finanzierte Leffmann Behrens die Reisen des Herzogs Johann Friedrich nach Italien.
Leffmann Behrens und seine Söhne
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F ü r die Wechsel, die der Hoffaktor ausstellte, nahm er 1 4 % Zinsen; so finden w i r unter den Ausgaben von 1680 i n Höhe von 48 852 T i r . einen Wechsel des Behrens über 10 000 Taler, der m i t 14 °/o „ A g i e " eingelöst worden war, w i e man damals sagte, um solche Zinsgeschäfte zu bezeichnen. Auch die Summen, die Leffmann zur Beschaffung der L u x u s a r t i k e l vorstreckte, ließ er sich m i t 1 4 % verzinsen. Als Behrens i n Nymwegen den holländischen Bildhauer Pieter van Emthusen für Hannover verpflichtete, berechnete er für die 96 T i r . Reisegeld, die er vorgeschossen hatte, 12 T i r . an l'agie. Schon aus diesen Geschäften flössen der F i r m a Behrens erhebliche Summen zu; denn der damals übliche Zinsfuß betrug 5 bis 6 % 7 . Eines der betrüblichsten K a p i t e l unserer Geschichte bildet die Subsidienpolitik deutscher Fürsten; für ihre meist reichsfeindliche P o l i t i k ließen sich deutsche Fürsten vom Ausland auch gut bezahlen. Bei der Auszahlung dieser Subsidien aus Frankreich, H o l l a n d und England waren Hoffaktoren die Vermittler; u n d w i e manche F ü r sten ihre glänzende Hofhaltung n u r m i t solchen Subsidien, w i e man diese politischen Bestechungsgelder damals nannte, aufrechterhalten konnten, so w u r d e mancher Hoffaktor durch diese finanziellen Transaktionen reich, freilich brachte es keiner von ihnen zu solchem Reichtum wie das Haus Rothschild, dessen finanzielle Macht durch solche Transaktionen begründet worden ist. Auch Leffmann Behrens hat aus der Subsidienpolitik seines Landesherrn gewaltige Einnahmen gezogen; sie flössen aus der Ü b e r m i t t l u n g der französischen Subsidien und dem damit verbundenen Umwechseln und Umprägen fremder Münzsorten. Von 1672 bis 1679 hat Hannover von Frankreich an zwei M i l l i o n e n Taler Subsidien erhalten; sie liefen durch die herzogliche Privatkasse, die sogenannte Propergelder-Kasse, über die der Kammermeister Franz Kuckuck die einzige, uns erhaltene Rechnung geführt hat. D e r gesamte Geldverkehr der Properkasse lag i n der H a n d von Juden, deren Haupt Leffmann Behrens bildete. Zwecks Ü b e r m i t t l u n g der Subsidien w a r Leffmanns Sohn Herz nach Paris übergesiedelt; der Herzog stellte n u n seine Q u i t t u n g e n durch seinen Residenten Brosseau i n Paris Herz Behrens zu; dieser erhob dann die Gelder beim französischen Tresor u n d überbrachte sie m i t H i l f e der portugiesischen Glaubensgenossen A n t o n und Simon Nunez Enriquez über H a m b u r g und Amsterdam nach Hannover, teils bar, zum T e i l i n Wechseln. Selbst wenn sich Leffmann Behrens nur m i t 5 % für seine Ü b e r m i t t l u n g begnügt hätte, w ü r d e sein G e w i n n aus diesen Transaktionen mindestens 100 000 Taler betragen haben, das ist mehr als eine Millioi* M a r k , berechnet nach den Verhältnissen u m 19008. 2
Schnee, Hoffinanz I I
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Leffmann Behrens und seine Söhne
Neben diesen großen Geldgeschäften laufen kleinere einher; Leffmann Behrens borgte dem Herzog Gelder, meist i n F o r m von Wechseln, doch auch umgekehrt können w i r feststellen, daß sich der Hoffaktor vom Herzog Gelder gegen Zins lieh. Man machte also wechselseitig Geschäfte, wie Herzog und Hoffaktor die Gelder offenbar gerade brauchten. So w u r d e n 1670 an 450 Taler Einnahmen verbucht für 10 000 Taler Spezies, „so m i t dem Juden Leffmann Behrens à 4V2 Taler veraccordiert". D e r Faktor hatte sich also vom Herzog 10 000 Taler zu 4 1 /2°/o geliehen. A m 26. Juni 1671 werden dem H o f j u d e n 26 Taler Zinsen gezahlt auf zwei Monate für 4000 Taler an ungesetzten D u k a t e n ; am 11. September werden von Leffmann Behrens 1000 Taler geliehen. Mehrfach hat der Hoffaktor dem Kriegskommissar Zahlungen zu leisten, besonders 1672, ebenso mehrmals i n H a m b u r g u n d F r a n k f u r t Gelder einzuziehen; am 30. Januar 1673 lieh er sich wieder 10 000 Taler, am 25. A p r i l 1678 wiederum der Faktor dem Herzog 12 100 Taler. I n H a m b u r g w a r der Bankier D u p r e der V e r m i t t l e r für Behrens. Dieser lieferte 1674 und 1676 auch Silber zur Harzer Münze, 1676 empfing er Zahlungen für die Lieferung von Gold. I m ganzen sind Leffmanns Geschäfte bis 1680 jedenfalls so umfangreich gewesen, daß der kleine, unbedeutende Händler sich i n zehn Jahren ein Millionenvermögen erwarb9. Selbstverständlich trat Johann Friedrich auch für die Interessen seines Hoffaktors ein. So hatte Leffmann Behrens von einem D r . Andreas Köhne i n Hildesheim 2000 Taler zu fordern. Als er sie nicht erhielt, verwandte sich auf sein Ansuchen die Regierung in Hannover bei dem Rate der Stadt Hildesheim i n einem Interzessionsschreiben vom 19. Juni 1672 und drohte m i t Repressalien, wenn Behrens nicht befriedigt werde. Dieser V o r f a l l zeigt zweierlei: einmal die Tatsache, daß Leffmanns Anfänge mehr als bescheiden waren und sein Vermögen gering gewesen sein muß, bevor er ins Subsidiengeschäft k a m ; zum andern ergibt sich daraus, dafi Behrens um diese Zeit bereits so fest i n der Gunst seines Fürsten stand, dafi die Staatsregierung sich eifrig für seine Interessen einsetzte. Einen amtlichen T i t e l hat Leffmann Behrens unter Johann Friedrich nicht geführt; anfangs w u r d e er nur Schutzjude, dann allgemein Hof- und Schutzjude genannt 1 0 . A u f Johann Friedrich folgte i n Hannover sein jüngster Bruder Ernst August (1679 bis 1698), der bereits seit 1662 als evangelischer Bischof von Osnabrück amtierte. D e r neue Herzog w a r ein prachtliebender und geltungsbedürftiger Herrscher, der v i e l Geld für Hofhalt und P o l i t i k brauchte. D e r Küchenaufwand, der unter Johann
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Friedrich 45 000 Taler betragen hatte, belief sich 1681/82 bereits auf 123 000, 1690/91 schon auf 139 000 Taler. D a z u kamen j ä h r l i c h 20 000 bis 30 000 Taler Baukosten. D e r Bibliothek dagegen, die unter Johann Friedrich noch 2000 Taler erhalten hatte, w u r d e n n u r 300 Taler zugeteilt; ebenso erforderten Reisen und Festlichkeiten beträchtliche Summen. D i e großen Ausgaben w u r d e n durch die laufenden Einnahmen und, wenn diese nicht ausreichten, durch das jüdische L e i h k a p i t a l gedeckt. D a m i t w a r die große Zeit für Leffmann Behrens u n d Genossen gekommen. Behrens w u r d e H o f b a n k i e r , Hofliefer a n t , H o f j u w e l i e r , H o f m ü n z e r und H e e r e s l i e f e r a n t , außerdem Geldgeber für zahlreiche auswärtige Fürsten; schließlich ist er noch als p o l i t i s e h e r A g e n t tätig gewesen, besonders seit 1692. Betrachten w i r seine Geschäfte u n d seine Stellung i m einzelnen. W i e Jost Liebmann, sein Vetter i n Berlin, handelte auch Leffmann m i t Edelsteinen und Schmucksachen, die er Hof u n d Hofgesellschaft lieferte. L a u t K o n t r a k t vom 22. Juni 1687 erhielt er auch die Lieferungen für die Hofstaatskleidung, auch bei besonderen Anlässen, zum Beispiel bei Trauerfällen. Leffmann mußte nach diesem Vertrag zunächst Proben einsenden; erst danach durften die Waren i n der richtigen Güte geliefert werden. Entsprachen die Lieferungen nicht den eingesandten Proben, dann mußte der Hoffaktor die Ware zurücknehmen. D i e Bezahlung sollte aus der fürstlichen Kammer spätestens ein halbes Jahr nach der Lieferung erfolgen. I n dem Vertrag w u r d e eine genaue Preisliste für die Waren festgesetzt. Liefern sollte der Hoffaktor unter anderem Tücher, Knöpfe, Samt, Seide, Taftbänder, Schleifen, Schnüre, Strümpfe, Zwirn, Wachs, Papier. D a m i t hatte Leffmann Behrens das Monopol für Lieferungen zur Hoftsaatskleidung erhalten und konnte m i t regelmäßigen, beträchtlichen Einnahmen rechnen, dies u m so mehr, als der Hof von Hannover zu den luxuriösesten i n Deutschland gehörte 1 1 . Bei der Lieferung von Schmuck sind jedoch auch christliche F i r men herangezogen worden. Behrens streckte dann das Geld vor, das i h m gutgeschrieben wurde. So lieferten H o l l i n g und Sanders das neue Silber-Service für 12 078 Taler 21 Gr. und 174 Pfg., welche „Leffmann vorgeschossen und also zu fordern". A m 19. Dezember 1682 ließ Ernst August seine Schwiegertochter Prinzeß Sophie Dorothea feierlich einholen; er beschenkte sie m i t Gold- und Silberschmuck für 25 500 Taler; die Juwelen hatte der Goldschmied Werner K a m m in H a m b u r g geliefert. Seine Gemahlin 2*
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Sophie erhielt einen kostbaren Ring für 3000 Taler, einen silbernen K o r b für 2000 Taler und eine Toilette i m Werte von 600 Taler. Leffmann hatte für den Hof die Summen bis 1686 abzutragen. 1685/86 hören w i r von Präsenten des Hoffaktors für die Prinzessin Sophie Charlotte i m Werte von 977 T i r . Als am 14. November 1706 i n Hannover die T r a u u n g der Prinzessiii Sophie Dorothea m i t dem Kronprinzen Friedrich W i l h e l m von Preußen stattfand, hatte Behrens die Kleider aus Paris i m Werte von 19 946 Taler und Juwelen für 26 801 Taler geliefert. Auch für den Herzog Georg W i l h e l m von Celle w a r Leffmann tätig; so besorgte er i n dessen Auftrage 1692/93 eine silberne Kanne für 154 Taler, ein Geschenk des Herzogs an den Abbé Steffani 1 2 . Zur Münze haben Leffmann Behrens und Sohn unter Herzog Ernst August Silber geliefert, so am 30. Januar 1689. Doch sind diese Münzlieferungen gering und halten keinen Vergleich aus m i t den großen Lieferungen der preußischen Münzentrepreneurs jener Zeit 1 3 . A l l e diese Geschäfte werden jedoch übertroffen durch die Summen, die Leffmann als H o f b a n k i e r seinen Landesherrn zur Verfügung stellte., Vom Jahre 1680 ab befindet sich der Hoffaktor unter den landesherrlichen Gläubigern; so 1680/81 m i t 4 000 Talern; 1686/87 m i t 12 000 und 13 000 T a l e r n ; 1687/88 m i t 5 000 Talern; 1690/91 m i t 20 000 Talern; 1693/94 m i t 200 000 rheinischen Gulden = 133 333V3 Talern; 1694/95 m i t 8 000 Talern. F ü r diese Anleihen w u r d e n dem Hofbankier zum T e i l a u d i die Staatseinnahmen verpfändet, so Erträgnisse des Amtes Ricklingen u n d der Clausthaler Bergwerke. D i e 12 000 Taler des Etatsjahres 1686/87 dienten „zur Bezahlung der von dem Juden Lefman Berents h i n und wieder übernommenen Legationskosten", die der Hoffaktor ausgelegt hatte. Zwecks Rückzahlung l i e h sich der K u r f ü r s t das Geld von den Brüdern von dem Bussche. A m 2. Januar 1687 borgte Ernst August zu 5 % von „ I h r . Durchlaucht Unserer gnüdigsten F ü r s t i n und Frauen zur Bezahlung der dem Juden schuldig gewesenen Posten" 13 000 Taler. H i e r w u r d e also der Herzog Schuldner seiner Gemahlin, u m die Forderung des Hofbankiers zu begleichen. Auch die 5000 Taler des Etatsjahres 1687/88 rühren von Legationskosten her, die Behrens „Übermacht" hatte. D i e 200 000 Rheinischen Gulden oder 133 333V3 Taler, etwa l 3 /4 M i l l i o n e n M a r k , w u r d e n am 25. A p r i l 1699 gegen 6 % Zinsen
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von „dem Juden Lefmann Berents & Sohn" erborgt; sie waren an „Sr. Kaiserl. Majestät i n W i e n u n d deren Zahlamt wegen der erlangten K u r zu zahlen, davon zwei kaiserliche Quittungen erhalten: 150 000 Fl. und 50 000 Fl. = 133 333,12 Taler". D i e am 1. M a i 1695 geliehenen 8000 Taler w u r d e n von dem Hoffaktor i m „Namen gewisser Personen" vorgestreckt 1 4 . E i n besonders ertragreiches Geschäft war für den Hofbankier wieder der Subsidienvertrag des Herzogs m i t Frankreich vom 22. November und 11. Dezember 1690, i n dem es u m mehr als 500 000 Taler ging, die zur Erlangung der K u r w ü r d e verwandt werden sollten. Das Abwicklungsgeschäft lag ganz i n den Händen Leffmanns; seine F i r m a hatte sich vertraglich zur Geheimhaltung und Verschwiegenheit verpflichten müssen. Seit Dezember 1690 gingen aus Paris die monatlichen Zahlungen ein. D e r Hofbankier übernahm monatlich die A b f ü h r u n g der französischen Subsidien an die Kriegskasse, erhielt dafür eine Anweisung auf die französischen Zahlungen, die wiederum der Resident Brosseau i n Paris von der Königlichen Schatzkammer monatlich abhob. D a ihre Ü b e r m i t t l u n g über die Schweiz etwa zwei Monate i n Anspruch nahm, kreditierte Leffmann den betreffenden Betrag der Kriegskasse. D i e französischen Gegenrechnungen liegen i n Paris i n den Archives du ministère des affaires étrangères; dort ist die letzte Zahlungsanweisung auf die hannoverschen Subsidien i n Höhe von 109 000 Livres vom 30. Dezember 1691 datiert; i m ganzen w u r d e n aus diesem Vertrag 1 526 000 Livres = 508 666 2 / 3 Taler gezahlt. D i e Ü b e r m i t t l u n g erfolgte teils i n Wechseln, teils i n französischen Silbertalern. D a Leffmann an dem Bargelde mehr verdiente, w a r er m i t besonderer Sorgfalt darauf bedacht, die Silbertaler sicher heimzubingen. H i e r b e i k a m i h m die überstaatliche Organisation des Judentums zu Hilfe. M i t Unterstützung glaubensverwandter Geschäftsfreunde aus Metz ließ er das Bargeld i n Weinfässern auf der Mosel herunterkommen. A n dem Geschäft w a r aber nicht n u r der Hoffaktor beteiligt; auch alle Minister w u r d e n m i t dem französischen Gelde geschmiert, k a u m einer der leitenden Männer behielt eine saubere Weste. I m Archiv des Q u a i d O r s a y liegt der „Estât des gratifications q u i ont ésté faites par le Roy aux ministres de H a n n o v r e " 1 5 . Überstieg der Geldbedarf des Herzogs und Kurfürsten die Finanzkraft des Hofbankiers, dann vermittelte dieser die Anleihen bei anderen reichen Glaubensgenossen oder Geldgebern. So lieh e i von Texeira i n H a m b u r g 1684 u n d 1692 j e 50 000 Taler, dann nochmals 45 000 Taler. I m Jahre 1684 soll Ernst August von dem Prinzen von Oranien 200 000 Taler geborgt haben, die durch V e r m i t t l u n g
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eines Juden m i t 9 % Gewinn i n neugeschlagenen silbernen Dukaten ausgezahlt w u r d e n 1 6 . D e r Hoffaktor w u r d e auch Schuldner seines Herrn. W a r der Landesfürst gut bei Kasse, dann lieh er seinem H o f j u d e n Geld. So erhielt Leffmann am 24. Dezember 1696 aus den von den ProperGeldern der Zahlkammer vorgeschossenen Geldern von 500 000 Talern 50 000 Taler zu V3O/0 monatlich, also zu n u r 4°/o Jahreszinsen 17 . Leffmann Behrens w a r gleichfalls der Bankier der Hofkreise; er lieh A d e l u n d Beamtenschaft Geld, die ihrerseits wieder i h r Geld dem Herzoglichen u n d Kurfürstlichen H o f j u d e n anvertrauten, manchmal allerdings auch klagen mußten, u m zu ihrem Gelde zu kommen. So hatte der Kanzleidirektor von Derenthal i n Osnabrück dem Hoffaktor 1500 Taler anvertraut, die seine Witwe, geborene von Ham, n u r schwer wiederbekommen konnte; erst als sie sich an den Kurfürsten persönlich wandte, erhielt sie i h r Geld zurück 1 8 . Leffmanns Hauptrolle gipfelte zweifellos i n der Beschaffung der Riesensummen für die E r w e r b u n g der hannoverschen K u r 1692. D a er verwandtschaftlich m i t Jost Liebmann i n B e r l i n u n d Behrend Lehmann i n Halberstadt verbunden w a r und m i t ihnen zusammenarbeitete, hat er auch August dem Starken Gelder für die Erwerbung der polnischen Krone geliehen; er dürfte auch an der Beschaffung der M i t t e l für die Erlangung der preußischen Königskrone 1701 maßgeblich beteiligt gewesen sein; denn diese Geldmittel waren so beträchtlich, daß sie die Finanzkraft eines einzelnen Hoffinanziers überstiegen. Sie w u r d e n durch das Zusammenwirken der damals reichsten Hoffaktoren aufgebracht. D i e Summen lassen sich i m einzelnen nicht mehr feststellen. D e r Geheime Kriegsrat H a t t o r f verzeichnet i n seinem Nachlaß, daß 1693/94 noch wegen der K u r w ü r d e etwa verwendet w u r d e n 768 470 Taler. Das sind r u n d 10 M i l l i o n e n M a r k (von 1910); die Einnahmen für 1691 bis 1694, die Zeit der E r w e r b u n g der neuen Würde, beziffert H a t t o r f auf 1 792 871, die Ausgaben auf 2 680 726 T a l e r 1 9 . Leffmann Behrens erhielt sich auch i n der Gunst von Ernst Augusts Nachfolger Geog L u d w i g (1698—1727), der 1714 als erster W e i f den T h r o n von England bestieg. Georg W i l h e l m von Celle, gestorben 1705, dem Bruder Ernst Augusts, diente Leffmann gleichfalls als Hofbankier u n d Heereslieferant; denn gerade Georg W i l helm von Celle w a r ein unternehmender Fürst; er nahm 1674/75 am Reichskrieg gegen Frankreich teil, führte als Kreisoberster die niedersächsischen Truppen gegen Schweden, schickte 1685 dem Kaiser Hilfstruppen gegen die T ü r k e n nach Ungarn und unterstützte 1688 den Statthalter W i l h e l m von Oranien gegén Jakob I I . von England; 1705 fiel sein Land an Hannover.
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I m Auftrage Georg Wilhelms stellte Behrens mehrfach K r e d i t briefe auf fremde Plätze aus, so 1704 einen zu 2000 Reichstaler auf Augsburg und einen zweiten i n gleicher Höhe auf Regensburg. Als H e e r e s l i e f e r a n t standen in den Diensten Georg Wilhelms außerdem der holländische Entrepreneur A r o n d o n d a , der Mainzer S a l o m o n A b r a h a m u n d Jud H a y m (Heymann) oder H a y u m G u n d e r s h e i m , der uns noch mehrfach als Kriegslieferant westdeutscher Fürsten begegnen w i r d 2 0 . Als 1703 i n W i e n der große Oppenheimer, m i t dem auch Leffmann i n Geschäftsverbindungen stand, Bankerott machte, mußte Behrens v i e l Geld i n der kaiserlichen B a n c o d e l G i r o stehen lassen u n d geriet i n Schwierigkeiten. Damals halfen i h m sein Landesherr Georg L u d w i g u n d Georg W i l h e l m von Celle, indem jeder seinem Hofbankier 100 000 Gulden zur Verfügung stellte, die i n der Wiener Banco als H y p o t h e k der Fürsten eingetragen wurden. Leffmann durfte daher aus der Wiener Bank ohne weiteres keine Gelder entnehmen, sondern mußte erst u m eine Anweisung an den hannoverschen Residenten i n W i e n einkommen; dann durfte sein dortiger Vertreter M o s e s S a m u e l B a r u c h den Betrag abheben. Nach dem Tode Leffmanns erhoben seine Erben, nämlich Gumpert Behrens, Herz Behrens W i t w e u n d D a v i d Oppenheim, Anspruch auf die noch i n der Banco del G i r o stehenden Kapitalien. I n einer Eingabe baten sie 1715, den hannoverschen Gesandten i n Wien, H e r r n von Huldeberg, zu bevollmächtigen, daß die auf Kurfürst und K ö n i g Georgs Namen dort eingetragenen Kapitalien den Erben gutgeschrieben würden. E i n aus London vom 15. Oktober datiertes Reskript übertrug dann auch das Kapital, das noch 66 538 Gulden 43 Kreuzer ausmachte, auf Leffmann Behren's Erben, obwohl erst am 15. November das vom Kurfürsten-König gewünschte Gutachten einlief, daß die drei Erben genügend legitimiert wären, u m über den Posten i n der Banco del Giro zu disponieren. Georg L u d w i g w u r d e n von dem Hofbankier natürlich laufend Gelder vorgestreckt w i e seinen beiden Vorgängern. Auch Herzog M a x i m i l i a n W i l h e l m von Braunschweig-Lüneburg gehörte zu Leffmanns Schuldner. K u r f ü r s t Georg L u d w i g l i e h 1699 von seinem Hofbankier 10 942 Taler und 25 Groschen; Herzog M a x i m i l i a n W i l h e l m i m A p r i l 1699 = 5671 Taler, 30 Gr., 4 Pf. Das Jahr darauf die gleiche Summe; aus dem Jahre 1697 datieren 847 Taler 4 Gr. für Livereen u n d 4Ö221/4 D u c a t i Correnti oder 4223 Taler 12 Gr. für Wechsel auf Venedig. Weitere Zahlungen w u r d e n i n den folgenden Jahren durch den Hoffaktor geleistet. Auch an Herzog M a x i m i l i a n W i l h e l m stellten 1715 Leffmann Behrens' Erben Forderungen,
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sie hatten sich an den Kaiser gewandt u n d gegen den Herzog ein kaiserliches Reskriptum de exequendo erhalten. Georg I. sandte darauf an den Residenten von Huldeberg ein Geheimschreiben m i t der Weisung, diese Schuld sofort Behrens' Erben zu zahlen; er w a r empört über die Schande, die M a x i m i l i a n W i l h e l m i h m u n d seinem Hause bereitet hatte. D i e Summen, u m die es sich diesmal handelte, w e r d e n nicht genannt. Auch Legationskosten w u r d e n w e i t e r h i n von Leffmann getragen; so können w i r Zahlungen an die verschiedenen Vertreter Hannovers an auswärtigen Höfen durch Leffmanns Unteragenten feststellen; Geh.-Rat von I l t e n i n B e r l i n w u r d e n am 6. M a i 1699 an Vorschuß u n d Zinsen 240 Taler i n Rechnung gesetzt; dem Geh.-Rat von Bothmer zahlte J o s e p h S a l o m o n i n Amsterdam 1705 auf O r d r e von Leffmann Behrens u n d Sohn i m September: 304 Taler 18 Gr., O k t o b e r : 313 Taler 4 Gr., November: 301 Taler 18 Gr. u n d i m Dezember 310 Taler; die in Rechnung gestellten Summen schließen hier die Zinsen des Hoffaktors m i t ein. Auch Geh.-Rat von Schütz q u i t t i e r t auf französisch, dafi i h m 1705 „per ordre de M r . Leffmann Behrens de M r . A b r a h a m Nathan" sieben Posten, darunter Ausgaben für Hausmiete u n d Porto, gezahlt wurden. A b r a h a m N a t h a n w a r demnach Leffmanns A g e n t i n L o n d o n 2 1 . Auch i n F r a n k f u r t a. M., diesem wichtigen Zentrum des Judentums, hatte Leffmann einen besonderen Agenten; es w a r S a l o m o n S i m o n . Dafi der Hofbankier u n d Hof j u w e l i e r auch Heeres- u n d Kriegslieferant gewesen ist, w i r d mehrfach bezeugt. Leffmann hat daraus nachweislich ganz außerordentliche Gewinne gezogen. I n einer Streitsache, die er 1681 m i t der Stadt Hannover über eine Proviantkornlieferung hatte, stellte die Stadtkollekte unwidersprochen die Behauptung auf, der F a k t o r habe dafür, daß er die Zahlungen in sechs Monatsraten empfing, das Fuder K o r n m i t 33 statt m i t 24 bis 26 Taler berechnet. Bei Zugrundelegung des mittleren Verfallstages der Zahlungen w ü r d e sich daraus ein Jahreszinsfuß von über 100% ergeben. D e r übliche Zinsfuß betrug damals 5 bis 6 % . W i e die späteren jüdischen Fabrikanten i n Potsdam und Berlin, so nutzte bereits Leffmann Behrens, hier seinen Berliner Glaubensgenossen ein halbes Jahrhundert voraus, die b i l l i g e n Arbeitskräfte des Armen- u n d Waisenhauses als Heereslieferant; denn die Einnahmeregister des hannoverschen Armen- und Waisenhauses zeigen, dafi Leffmann die Uniformen, die er an die herzogliche Armee lieferte, zum T e i l dort arbeiten ließ, einige Male sogar auf Vorrat. „Nicht eigentlich als F a b r i k , aber als ein damit i n Verwandtschaft stehendes Institut, verdient hier das vor der Stadt gelegene W e r k haus erwehnet zu werden."
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I n dem Hauptregister der Kollekte — der städtischen K o n t r i bution — findet sich unter den Personen, an die feste Beträge zu zahlen waren, auch Leffmann Behrens, dem allmonatlich „ 1 Termin Proviantkorngeld", r u n d 200 Taler, zustand. D e r Getreidehändler Leffmann m i t seinen Söhnen zog ferner Gewinne aus den Heereslieferungen. Über den A n t e i l dieser F i r m a an den Lieferungen für den Bekleidungsbedarf der Armee sind w i r n u r für die Jahre 1682—1694 unterrichtet; denn n u r während dieser Zeit erfolgte die Bezahlung zentral, vorher und nachher aber durch die Obersten. I n den genannten Jahren Schloß der Kriegskommissar Reinbold die Verträge m i t den Lieferanten über die Zahl der „Röcke" ab. A u f die F i r m a Behrens entfiel von 1682—1694 ein D r i t t e l der gesamten Lieferungen an „Röcken". D e r Hoflieferant hat daraus r u n d 200 000 Taler Gewinn, also Millionen, gezogen. Außer Behrens w a r auch sein Glaubensgenosse S o e s t m a n n aus Hameln an diesen Lieferungsgeschäften beteiligt; er ist daher gleichfalls als H e e r e s l i e f e r a n t anzusprechen 22 . Aus dem Jahre 1697 w i r d uns berichtet, daß sich Behrens m i t den Glaubensgenossen C h a j i m (Haymann oder Heine) G u n d e r s h e i m u n d H e r t z C a s s e l aus Mainz zusammengetan hat, um die Proviantlieferung für die T r u p pen zu tätigen 2 3 . Außerordentlich vielseitig u n d gewichtig sind die Geldgeschäfte Leffmanns m i t auswärtigen Fürstenhöfen. Durch die zahlreichen Interventionen, welche die Weifen zugunsten ihres Hofbankiers unternahmen, wenn dieser die ausgeliehenen Gelder zur gewünschten Zeit nicht wieder einbekam, sind w i r über diese Geldgeschäfte genauer unterrichtet als über die eines jeden anderen Hoffaktors an norddeutschen Fürstenhöfen. Daraus ergibt sich, daß der hannoversche Hoffaktor tatsächlich und mehrfach auch rechtlich zur gleichen Zeit Hof j u d e anderer Fürsten gewesen ist. I n dieser Eigenschaft erinnert er an die großen Wiener Vorbilder Oppenheimer und Wertheimer, die kaiserliche Hoffaktoren und zugleich Faktoren zahlreicher deutscher Fürsten gewesen sind. So w a r S. Wertheimer kaiserlicher H o f j u d e u n d Oberfaktor von Kurmainz, K u r t r i e r , K u r pfalz u n d Kursachsen. Leffmann w a r seit 1683 auch Hof j u d e des Herzogs Rudolf August von Braunschweig-Wolfenbüttel, der i h n am 25. November 1683 zu seinem O b e r f a k t o r der Bleie u n d Glätten des Harzes i n Gnaden bestallte und i h m u n d den Seinen, sowie anderen Juden sicheres Geleit zu seinem Fürstentum zusicherte, wenn Leffmann sie i n A n gelegenheiten des Blei- u n d Glättehandels i n das L a n d schicke. Zusammen m i t Behrend Lehmann w a r Leffmann Behrens an der Beschaffung der M i t t e l für die E r w e r b u n g der polnischen Krone
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beteiligt; am 30. Juli 1697 streckte er August dem Starken auf Kaution des Kurfürsten 200 000 Taler vor, u n d die große Transaktion von 1,1 M i l l i o n Gulden, m i t denen Hannover die sächsischen Ansprüche auf Lauenburg abkaufte, konnten damals nur Behrens und Lehmann durchführen. Selbst der reiche Texeira i n H a m b u r g w a r nicht i n der Lage, dieses Geschäft zu übernehmen. Leffmann Behrens ist i n jener Zeit der große Finanzier i n Norddeutschland. Auch m i t der Reichsstadt Goslar pflegte Leffmann Geschäftsverk e h r ; dort w a r A b r a h a m I s r a e l sein Freund und Agent. D i e hohe Geistlichkeit befand sich gleichfalls unter seinen Kunden. So bezog 1707 der Bischof Johann von Eichstätt für die hohe Summe von 270 000 Gulden Juwelen von einem hannoverschen Juden. Nach Lage der Verhältnisse k a n n n u r Leffmann Behrens der Lieferant gewesen sein 2 4 . Leffmann hat zwar keine kaiserlichen T i t e l geführt, obwohl er in engen Geschäftsverbindungen m i t Oppenheimer und Wertheimer samt deren Sippen stand und auch dem Staate Österreich Geld lieh, so i m Jahre 1708 die stattliche Summe von 200 000 Gulden, dann nochmals 100 000 Gulden, während der kaiserliche Münzlieferant Lazarus Hirschel i n Breslau es damals n u r auf 88 200 Gulden brachte. Freilich konnte sich Leffmann Behrens m i t der Finanzkraft der Wiener H o f j u d e n keineswegs messen, eine 200 000-Gulden-Anleihe w a r für den hannoverschen Hoffaktoren schon eine außerordentliche Leistung. S. Wertheimer lieh Österreich i m Jahre 1697 allein 517 000 und 380 000 Gulden. I m m e r h i n hatte Leffmann Behrens 1711 i n W i e n ein Guthaben von 772 456 Gulden. 1706 zedierte ihm Oppenheimer 315 000 Gulden, 1707 nochmals 82 000 Golden. Diese Summen zeigen, daß der hannoversche Kammeragent auch zu den großen Finanziers der Habsburger gehört 2 5 . Behrens w a r auch Samuel Oppenheimer u n d dessen Sohn mit ansehnlichen Geldern beigesprungen, so auf der F r a n k f u r t e r und Leipziger Ostermesse. Als dann Oppenheimer zusammenbrach, bat Leffmann seinen Landesherrn u m Empfehlungen an den Kaiser, damit dieser dafür Sorge trage, daß er zu seinem Gelde komme. Das von Leffmann gewünschte Schreiben ging am 29. November 1703 an den Kaiser ab, und als i m nächsten Jahre dann Leffmanns Sohn der Schuldenregelung halber selber nach Österreich, u n d zwar nach Böhmen, reisen wollte, w u r d e i h m wunschgemäß der Hildesheimer Syndikus Kopmanii zur Unterstützung mitgegeben und H e r r von Huldeberg i n W i e n entsprechend benachrichtigt. Auch an F r a n k f u r t e r Glaubensgenossen hatte Leffmann Forderungen; i h m waren Emanuel Drach, Isaak Goldschmidts W i t w e
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und Erben und Hertz zum Weißen Schwan verpflichtet. K u r f ü r s t Georg unterstützte wiederum seinen Hofbankier t a t k r ä f t i g bei den Bemühungen, seine Gelder einzutreiben. Emanuel Drach w a r ein Tochtermann des großen Samuel Oppenheimer; er sträubte sich daher, auf G r u n d des Oppenheimerschen Privilegs die Jurisdiktion des Rats der Stadt F r a n k f u r t a. M. anzuerkennen. Selbst Kaiser Josef I. w u r d e i n dieser Angelegenheit von Leffmann bemüht, den hier offenbar seine F r a n k f u r t e r Glaubensgenossen übervorteilen wollten. Kurfürst u n d Kaiser, der Stadtrat von F r a n k f u r t und der Reichshofrat w u r d e n von beiden Parteien angegangen, obwohl es sich um keine allzu hohe Summe — 12 bis 20 000 Taler — handelte, und besonders der K u r f ü r s t setzte sich eifrig für „Unsern Hof- und Kammeragenten u n d lieben getreuen Leffmann Behrens" ein, um dem „Juden Drach seine listige und malitiose Nebenwege abzuschneiden". Auch der Hof kammerrat Reuss von Hessen-Darmstadt, der gleichfalls i n diese Angelegenheit verwickelt wurde, mußte „gegen einen solchen verleumderischen Juden" protestieren. Trotz aller Bemühungen jedoch, u n d obwohl Drach auch zunächst festgesetzt wurde, scheint Leffmann Behrens nicht zu seinem Gelde gekommen zu sein; denn die Affaire endete m i t einem Bericht von Huldebergs vom 3. Juli 1706, daß der Graf von Oettingen die dem Leffmann feindliche Partei i n W i e n verkörpere, dem auch das kaiserliche Reskript zuzuschreiben sei, wonach gegen Drach, Oppenheimers Schwiegersohn, nicht nach Wechselrecht zu verfahren sei 2 6 . I n diesem Fälle gewinnt man aus den A k t e n den Eindruck, daß Leffmanns Forderungen an seine F r a n k f u r t e r Glaubensgenossen w o h l begründet waren; dann sind Interventionen der Fürsten zugunsten ihrer Finanziers verständlich. Peinlich w i r k t es jedoch, wenn solche, meist sehr energisch gehaltene Interventionen auch dann erfolgten, wenn die Geschäfte nachweislich von unsauberer A r t waren. Leffmanns Agenten i n K ö l n w u r d e n dort 1680 bei dem Versuch ertappt, 2000 Taler der „ausgesucht schlechtesten Münzen" gegen gute W ä h r u n g einzuhandeln und auszuführen. K ö l n beschlagnahmte die Gelder. Sofort wandte sich Leffmann an seinen Landesherrn um, H i l f e ; denn damals'waren 2000 Taler für i h n ein kleines Vermögen. Nach der Eingabe vom 18. Juni 1680 hatte Leffmann auf Befehl des Herzogs u n d zu dessen Behuf binnen K ö l n wiederholt durch seinen Agenten zahlen lassen; kürzlich habe K ö l n 2000 Taler fremdes Geld, das aber dort verboten, beschlagnahmt und seinen Mann festgesetzt. Das Geld w a r für F r a n k f u r t a. M. bestimmt. Leffmann bat Ernst August, sich seines „alten treuen Dieners" anzunehmen und beim Rat zu K ö l n die Freigabe des Geldes zu erwirken. Schon vom nächsten Tage datiert der erste E n t w u r f des
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Interzessionsschreibens an Bürgermeister u n d Rat der Stadt Köln, das aber nicht abging, w e i l es nicht energisch genug abgefafit war. Es w u r d e ein zweites aufgesetzt, das am 23. Juni zur Versendung gebracht w a r d u n d am 15. Juli i n K ö l n ankam. I n dem Interzessionsschreiben w u r d e darauf hingewiesen, dafi Leffmann Behrens i n K ö l n für Hannover Wechselgeschäfte tätigte und in „Unserem besonderen Vertrauen" stände. Vom 31. J u l i ist die A n t w o r t aus K ö l n datiert. Bürgermeister u n d Rat weisen darauf hin, dafi Leffmanns Korrespondent Mathias Naumann 2000 Taler i n schlechten D r i t t e l n i n gute Braunschweiger D r i t t e l umtauschen wollte. Solche Münzgeschäfte wären durch kaiserliches E d i k t verboten. D e r Hoffaktor leugnete, unredliche Geschäfte gemacht zu haben, obwohl der Rat der Stadt K ö l n Leffmanns Schreiben vom 7. M a i 1680 an seinen Korrespondenten i m O r i g i n a l vorweisen konnte, i n welchem diesem für das Einwechseln i n Braunschweiger D r i t t e l 1 /2°/o Provision zugesagt wurde. Vor Hannovers Drohungen wich K ö l n zurück, indem es am 28. August erklärte, die beschlagnahmten Gelder herauszugeben. Bemerkenswert an diesem diplomatischen Zwischenfall ist noch, dafi der Fürstlich-Neuburgische Geheime Rat D r . j u r . Modemann Leffmanns Vertreter und Berater i n K ö l n war. D e r Streitfall endete m i t einem Schreiben Hannovers an K ö l n vom 31. August, das dem Rat der Stadt K ö l n für die Herausgabe des Geldes d a n k t e 2 7 . Gleich i m nächsten Jahre versuchte der Hoffaktor i n H a m b u r g ein ähnliches Geschäft; auch dort wollte er durch seinen Korrespondenten 2480 Taler devalvierte Gelder i n gute Münzen umtauschen und nach Hannover ziehen. Gemäß kaiserlichem Münzedikt wurden die Gelder beschlagnahmt; auch die Briefe de Mittelsmannes konnte man sicherstellen. Sofort ging Leffmanns Eingabe an den Herzog ab m i t der Bitte u m Interzession. I n geschickter Weise erinnerte der Hofbankier eingangs seines Gesuches seinen Landesherrn daran, welche Dienste er i h m bereits geleistet habe, besonders bei der Ü b e r m i t t l u n g von Wechseln nach England. Aus der fürstlichen Rentkammer wären i h m n u n k ü r z l i c h gewisse Summen an devalvierten Geldern gezahlt worden, die er i n H a m b u r g i n gute Münzen umtauschen wollte. Hannover intervenierte wiederum sofort i n Hamburg, erhielt aber n u r die k ü h l e A n t w o r t , dafi die Behörden dort nur ihre Pflicht getan hätten. Mehrmals gingen die Schreiben zwischen H a m b u r g u n d Hannover h i n und her; schließlich forderte Leffmann Behrens Repressalien gegen Hamburg. Er sandte eine Liste von 21 Personen aus H a m b u r g ein, die bare Gelder i n Hannover stehen hatten, u n d forderte deren Beschlagnahme. D e r Vorschlag des Hoffaktors w u r d e angenommen und am 23. Februar ging
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eine Drohnote entsprechenden Inhalts nach H a m b u r g ab. Ergebnis: H a m b u r g bat schon am 4. März u m Aufschub, um Lehmann zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Jetzt mischte sich auch das Kammeramt von Hannover ein; es w a r gegen die Beschagnahme der 2400 Taler, die nach H a m b u r g gehen sollten. Dadurch w ü r d e n u r der Handel der Christen leiden; doch der Hoffaktor bestand wie Shylock auf seinem Schein. Vor der D r o h u n g schreckte a u d i Hamburg zurück u n d erklärte sich am 26. März bereit, Leffmann die Gelder zu erstatten. M i t der M i t t e i l u n g Hannovers an Hamburg, daß die Gelder Leffmanns F a k t o r Mathias Weber zu verabfolgen seien, schließt diese Interzession 2 8 . D e r hannoversche Hofagent übermittelte auch die französischen Zahlungen an den Gothaer Hof. Dabei t r u g er 9 % „eins vor alles" davon. Auch sonst hat Leffmann an Gotha Gelder geliefert, so daß er auch als Hoffaktor von Gotha zu betrachten ist. I m Jahre 1696 mußten die Geheimen Räte i n Hannover zugunsten Leffmanns auch in Gotha intervenieren. D e r Legationsrat von Hardenberg i n Gotha, der auch früher m i t Leffmann verhandelt hatte, sollte bei dem regierenden Herzog vorsprechen, damit dieser die Forderungen des Hoffaktors an seinen verstorbenen Vater Friedrich I. i n Höhe von 14 512 Taler 12 mg. beglich. 1709 hatte Leffmann wieder 50 000 Taler von Gotha zu forden; i n einer Eingabe vom 9. August bat er erneut den Kurfürsten u m ein Interzessionsschreiben. Bemerkenswert ist nun, daß die Geheimen Räte bereits am 8. August diesen Schritt für den „guten alten D i e n e r " angesichts der jetzigen Kriegszeiten empfahlen, ein Beweis, wie eng der Hoffaktor m i t der Beamtenschaft zusammen arbeitete. A m 17. August ging dann das gewünschte F ü r schreiben an Sachsen-Gotha ab m i t dem Ersuchen, den Hoffaktor alsbald zufrieden zu stellen 2 9 . M i t Thüringen hat Leffmann Behrens sehr lebhafte Geld- und Warengeschäfte getätigt; denn 1692 mußten die Geheimen Räte zugunsten Leffmanns beim Grafen Johann A d o l f von Sachsen-Weißenfels u n d dem Herzog Johann Georg von Sachsen-Eisenach intervenieren. D i e beiden Fürsten hatten mehrere Fässer beschlagnahmen lassen, die Gelder u n d Waren enthielten. I n Weißenfels w u r d e n zwei Fässer, i n Jena w a r d „ n u r ein Fäßlein" m i t Geld angehalten. Johann Georg äußerte den ganz berechtigten Verdacht, daß Behrens die Münzen hatte aufkaufen lassen, u m sie zum Einschmelzen zu verwenden; Leffmann w a r j a i n der Tat auch Münzfaktor. D i e Waren dienten w o h l n u r zur Tarnung. Aber die Macht des Stärkeren siegte, wiederum t r i u m p h i e r t e Leffmann Behrens. A u f entsprechende Drohungen h i n erklärte am 30. Juni Johann A d o l f sich
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zur Auslieferung der beiden Fässer bereit, und am 25. Juli trat auch Johann Georg den Rückzug an und lieferte das i n Jena angehaltene Fäfilein aus m i t der Wendung, dafi die Gelder nach hannoverscher Behauptung zum fürstlichen Hofstaat gehörten 3 0 . I m Halberstädtischen w u r d e 1689 eine Summe von „1700 und etliche" T a l e r n beschlagnahmt, die Leffmanns Diener auf der Leipziger Messe umwechseln sollte. D e r Diener w u r d e drei Meilen vor Halberstadt, das zu Brandenburg-Preußen gehörte, von einem Landreiter gestellt; ein kurfürstlich-brandenburgischer Rat aus Halberstadt öffnete die G ü r t e l u n d nahm sie dann m i t nach Halberstadt. Wieder ging ein Interzessionsschreiben der Geheimen Räte zu Hannover ab; sie forderten von der Halberstädter Regierung die Rückgabe der Gelder an den Hofmünzer u n d die Erstattung aller Unkosten, da i n den G ü r t e l n keine verrufenen Talern gewesen, sondern nur kleine Münzen, die vor 70 bis 100 Jahren geschlagen wurden. I n ihrer A n t w o r t vom 15. Oktober 1689 wies die Halberstädter Regierung darauf hin, dafi der K u r f ü r s t von Brandenburg die Beschlagnahme selbst angeordnet habe. So wandte sich am 30. Oktober Hannover an den Kurfürsten von Brandenburg m i t der Bitte, Halberstadt anzuweisen, die Gelder samt Kosten Behrens zurückzustellen. D i e Eingabe schlofi m i t dem Hinweis, dafi auch Hannover die i m Osnabrückischen beschlagnahmten Gelder K u r Brandenburg freigegeben habe. D a m i t endet die Akte. Diesmal scheint Leffmann sein Ziel nicht erreicht zu haben 3 1 . A u d i i m Bistum Münster gelang es Leffmann Behrens, eine wichtige Rolle zu spielen. D i e Einzelheiten werden w i r i n Band I I I i n dem T e i l über die Hoffaktoren i n den geistlichen Staaten erfahren; hier erwähnen w i r nur, dafi es dem hannoverschen Hofbankier gelang, auch i n Münster ins Subsidiengeschäft zu kommen. Unter Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg (1688—1706) hat Leffmann mehr als 100 000 R t l r . aus H o l l a n d Übermacht; es war wiederum eine Finanzaktion großen Stils. Lippe-Detmold u n d Schaumburg-Lippe hatten zwar eigene Hoffaktoren, die aber w o h l nicht imstande waren, den Geldbedarf der regierenden Grafen zu decken; denn auch Leffmann Behrens zählte zu den Lippischen Hofbankiers. I m Jahre 1697 nahm er auch hier die Intervention seines Landesherrn i n Anspruch, um zu seinem Gelde zu gelangen. Aus dem Schriftwechsel zwischen Hannover und D e t m o l d ergibt sich, daß Leffmann schon seit mindestens 1690 den Grafen zur Lippe Gelder geliehen hatte. E i n Schreiben des Grafen Simon Henrich vom 8. A p r i l 1690 an den Kurfürsten von Hannover enthält die Versicherung, daß die vom Kurfürsten gemahnten
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6000 Taler, die Ostern an Leffmann Behrens fällig sind, sobald als möglich gezahlt werden. Sieben Jahre später forderte der Hoffaktor 18 000 und etliche Taler samt Zinsen für sechs Jahre von Lippe; zwölf Tage hatte er sich persönlich in D e t m o l d aufgehalten, um das Geld einzutreiben, w a r aber nur vertröstet worden. Leffmann wußte diesmal Hannovers Einschreiten zu seinen Gunsten m i t dem Hinweis zu erreichen, daß er die i n Lippe stehenden Gelder dringend brauche, da er sich verpflichtet habe, der kurfürstlichen Kriegskasse 50 000 Taler zu zahlen. D a r a u f ging alsbald Hannovers Interzessionsschreiben an den regierenden Grafen zur Lippe ab; nach wenigen Tagen lief die A n t w o r t des Grafen Friedrich A d o l p h ein, die zeigt, w i e abhängig kleine Höfe von reichen Hoffaktoren waren. Der Graf teilt mit, daß er erst vor kurzem die Regierung angetreten und eine große Schuldenlast vorgefunden habe; deshalb bitte er um Geduld. Er wäre j a bereit, den Hoffaktor zu befriedigen, müsse aber i n wenigen Tagen auch an den Grafen von Bückeburg 10 000 Taler zahlen 3 2 . Zugunsten seiner Glaubensgenossen hat Leffmann Behrens mehrfach i n D e t m o l d und Bückeburg eingegriffen, wie w i r i n unserer Darstellung über die kleinen Fürstenhöfe nodi sehen werden (Bd. I I I ) . Größer waren die Summen, die Mecklenburg dem hannoverschen Hoffaktor schuldete. A m 28. M a i 1703 hatte der Herzog von Mecklenburg 50 000 Taler nach dem Leipziger Fuß geprägte 2 /3-Stücke von Leffmann u n d Sohn unter der Kaution und Bürgschaft des K u r fürsten Georg L u d w i g geliehen; 1710 betrug die Restschuld noch 20 600 Reichstaler. Herzog A d o l p h Friedrich bat nun den Kurfürsten, für diesen Rest der Schulden seines Vaters nochmals K a u t i o n und Bürgschaft zu übernehmen. D e r K u r f ü r s t tat dies u n d veranlaßte seinen Hofbankier, dem Herzog die Summe zu 6 °/o zu lassen. D a f ü r wurden Leffmann von A d o l p h Friedrich als Pfand gesetzt: aus dem Elbzoll zu Boitzenburg j ä h r l i c h 9000 R t l r . Spezies, „eventualiter" das ganze Füstentum Ratzeburg samt allen Revenuen, i n specie das A m t Schönberg; 3 /4jährige K ü n d i g u n g beiderseits w a r möglich. Dieses Geldgeschäft zwischen dem reichen Hofbankier u n d dem kleinen Reichsfürsten hinterläßt einen etwas peinlichen Eindruck. Leffmann Behrens erhält nicht nur die Bürgschaft seines Landesherrn, sondern auch Staatseinnahmen, j a sogar ein ganzes Fürstentum als Pfand gesetzt. W i r werden später sehen, daß in Mecklenburg nicht nur der Landesherr, sondern auch der A d e l bei der hannoverschen Hoffaktorenfamilie verschuldet w a r 3 3 . D i e Vielseitigkeit der Geschäfte von Behrens und Sohn ist geradezu erstaunlich, ebenso der Umfang ihrer amtlichen Aufträge.
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Aus einer Eingabe Leffmanns vom 28. August 1711 erfahren w i r , dafi er auch i n Wetzlar, dem Sitz des Reichskammergerichts, seinen Korrespondenten hatte. Seit 18 Jahren w a r der Glaubensgenosse L i e b m a n n A m m e i b u r g dort sein Vertreter, dessen Aufgabe es war, i m Auftrage Leffmanns Wechselgelder an Minister u n d Gesandte auszuzahlen. Zu diesem Zwecke hatte Liebmann ständig Gelder des hannoverschen Hofbankiers i n den Händen. D e r Wetzlarer Agent l i e h n u n dem Nürnberger Gesandten Christoph Melchior Sachs zu Wetzlar 4000 Gulden auf Wechsel. Vor deren Einlösung w a r jedoch D r . Sachs abgereist und i n die Dienste des Landgrafen W i l h e l m von Hessen-Rheinfels getreten, i n dessen Residenz Schwalbach er jetzt wohnte. Wunschgemäß ging am 19. September 1711 das Interzessionsschreiben an den Landgrafen W i l h e l m , Domk a p i t u l a r zu Köln, ab. I m gleichen Jahre setzte sich der K u r f ü r s t für Leffmanns E n k e l Gumpert, „unsern F a k t o r " , bei Kurmainz u n d dem Prinzen Eugen ein, da Gumpert Behrens aus der Reichsoperationskasse für Lieferungen zur Reichsarmee u n d an die Festungen am Oberrhein an Fourage, Proviant u n d M u n i t i o n noch über 60 000 Gulden zu fordern hatte. Noch eine dritte Stelle w u r d e i n der gleichen Angelegenheit bemüht, u m die Forderungen des Gumpert Behrens zu unterstützen 3 4 . D e r protestantische Bischof von Lübeck stand m i t der stattlichen Summe von 69 560 Reichstaler Species u n d 14 000 Taler i n dänischen Kronen i n Leffmanns Schuld. Freilich hatte er die Gelder nicht vorgeschossen, sondern sein Geschäftsfreund, der reiche und vornehme Texeira, von dem die Obligationen dann i n Leffmanns Hände übergegangen waren. Dieser bedurfte gerade jetzt „des Geldes zu gewissem Behuf", u n d so mufite Hannover wieder Interzessionalien für den Hofbankier absenden. Dafi Leffmann Behrens u n d sein Sohn Herz samt Knechten am 15. November 1708 von der Entrichtung des Leibzolls i m Stift Bamberg durch Bischof Lothar Franz befreit wurden, dürfte entweder auf den Einsatz Hannovers für seinen Hoffaktor oder Geldgeschäfte m i t dem Bischof zurückzuführen sein 3 5 . Leffmann Behrens stand auch i n engen freundschaftlichen und geschäftlichen Beziehungen zu der reichen jüdischen Familie Mussaphia, die zur Portugiesengemeinde gehörte und von H a m b u r g aus die Geldleihe betrieb. Mehrere Mitglieder werden uns noch als Hoffaktoren der Herzöge von Holstein u n d Oldenburg beschäftigen. Jakob Mussaphia w a r Hoffaktor des Herzogs Christian Albrecht von Schleswig-Holstein, der an Hannover eine hohe Summe laut Vertrag vom 29. September 1688 zu zahlen hatte. D i e Über-
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m i t t l u n g der Gelder geschah durch Jakob Mussaphia, von dem sie i m Auftrage Hannovers Leffmann Behrens i n Empfang nahm; dabei machte auch Mussaphia gute Geschäfte. D i e Restzahlungen aus der Finanzaktion Hannover-Holstein erfolgten durch den Hamburger Glaubensgenossen H e y m a n n M a g n u s ; die Angelegenheit selbst zog sich von 1688 bis 1701 h i n 3 6 . Leffmanns Geschäftsverkehr m i t den Hamburger Glaubensgenossen w a r überaus rege, u n d Hannover mußte dort noch mehrfach za seinen Gunsten eingreifen. Einer dieser Fälle zeigt, daß der Hoffaktor zweifellos den Warenzoll hinterziehen wollte. Zu den Hamburger Geschäftsfreunden Leffmanns gehörte u. a. B e r e n d t S a l o m o n , dem eines Tages durch einen Boten ein K o r b und ein Koffer von Herz Behrens Schwiegersohn zugestellt werden sollte. Der Zollbeamte ließ den K o r b passieren, beschlagnahme aber den Koffer, da der Bediente behauptet hatte, i m Koffer wäre Brunnenwasser, i n W i r k l i c h k e i t befanden sich zollpflichtige W a r e n darin, die nach H a m b u r g geschmuggelt werden sollten. D e r Bote P h i l i p p And. Praetorius bestritt, gewußt zu haben, daß Waren i n dem Koffer waren, was i m m e r h i n glaubhaft sein kann. D e r Hoffaktor mischte sich aber sofort ein und behauptete, daß Berendt Salomon den Koffer bei i h m deponiert gehabt u n d er diesen dem Hamburger Glaubensgenossen n u r zurückschicken wollte. Er verlangte zweimal das Einschreiten Hannovers dagegen u n d drohte das zweite M a l sogar, Hamburger Effekten beschlagnahmen zu lassen. Tatsächlich erfolgte auch 1697 eine zweimalige Intervention Hannovers i n Hamburg wegen des beschlagnahmten Koffers, ob m i t Erfolg, ist diesmal aus den A k t e n nicht ersichtlich. Doch bleibt an dem F a l l erwähnenswert, daß wegen dieses Koffers ein ganzes A k t e n b ü n d e l v o l l geschrieben wurde. So wichtig nahm man die Beschwerde des Hofbankiers Leffmann Behrens 3 7 . K a m Leffmann nicht zu seinem Gelde, dann scheute er nicht davor zurück, den Staat gegen seine Glaubensgenossen m o b i l zu machen. Das mußte der Hamburger R u b e n R o t h s c h i l d erfahren, der auf der Leipziger Messe 1703 von Leffmann 17 890 R t l r . 6 Gr. geliehen hatte. A m 8. März 1708 bat der Hofbankier den Kurfürsten um Intervention „gegen den undankbaren Ruben"; wieder w u r d e der Staatspaarat i n Bewegung gesetzt, u m Leffmann Behrens zu seinen Geldern zu verhelfen. Ruben Rothschild, der auch m i t Oppenheimer i n W i e n Geschäfte machte, w a r d i n den Judenbann getan u n d von den Hamburger Behörden gerichtlich festgesetzt. I n einer neuen Eingabe an den Kurfürsten vom 23. A p r i l wies Leffmann die Behauptung Rothschilds als unwahr zurück, daß i h m der Wiener 3 Schnee, Hoffinanz I I
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Oppenheimer bereits einen Wechselbrief von 50 000 Gulden BancoGeld überreicht hätte zur Deckung der Wechselschulden Rothschilds. D i e „narrata des Ruben Rothschild" bezeichnete er als „lauter Unwahrheit". A m nächsten Tage ging nochmals ein scharfes Schreiben Hannovers an H a m b u r g ab, i n dem gefordert wurde, Rothschild so lange i n H a f t zu halten, bis er seine Schulden an den Hofbankier bezahlt habe 3 8 . Behrens hatte auch für den Geh. Rat Baron von Schütz, der Gesandter Hannovers i n London w a r , auf den Hamburger Β e η d i χ S a l o m o n , Bevollmächtigten von A b r a h a m Nathan in London, Wechsel ausgestellt. Bendix löste aber diese Wechsel nicht ein. Leffmann verlangte Genugtuung, indem er die Beschlagnahme eines kostbaren Steines i m Werte von 27 000 Reichstalern, den Nathan an den polnischen-sächsischen Hoffaktor Behrend Lehmann verhandeln wollte, vorschlug. Geh. Rat von Grote, der Hamburger Resident, nahm sich der Angelegenheit sofort an m i t dem Ergebnis, dafi sich E l i a s I s a a k P o l l a c k , Nathans Schwager, der das Geschäft m i t dem Diamanten besorgte, 1709 bereit erklärte, die von Leffmann geforderten Summen zu zahlen, sobald i h n sein Schwager über deren Richtigkeit unterrichtet habe 3 9 . I n das Gebiet der P o l i t i k gehört Hannovers Gegnerschaft gegen den Juden L o u i s A b e n s u r , der i n H a m b u r g zum Residenten des Polenkönigs Stanislaus ernannt werden sollte; er galt als französischer Partisan u n d Spion, u n d Geh. Rat von Grote erhielt den Auftrag, auch dem kaiserlichen Gesandten Grafen von Schönborn entsprechende Mitteilungen zu machen, damit Abensur recht schnell aus H a m b u r g weggeschafft würde. A m 15. Dezember 1708 berichtete Grote, dafi der prätendierte Resident Abensur i n H a m b u r g bereits eingetroffen u n d i n A k t i o n getreten sei. Graf Schönborn schütze „ d e f e c t u m i n s t r u c t i o n i s " vor. H a m b u r g möchte Abensur, hinter dem jedoch mächtige Protektoren steckten, gern los werden. A m 20. Dezember erhielt Grote den Auftrag, Schönborn zu überzeugen, dafi Abensur einer der ärgsten französischen Spione sei. E i n Bericht i m gleichen Sinne ging auch nach W i e n ab, das dann entsprechende O r d r e an Schönborn erließ. Auch bei K ö n i g Stanislaus sollten Vorstellungen erhoben werden. Doch scheint es nicht gelungen zu sein, Abensur aus H a m b u r g zu verdrängen; denn erst 1714 hören w i r , daß der jüdische Resident verhaftet und nach Harb u r g gebracht sein soll. Hannover fragte bei den Beamten i n H a r b u r g am 6. November 1714 an, ob dieses Gerücht den Tatsachen entspreche, w i e stark die Bewachung des Juden gewesen sei usw. Abensur sollte nach Wismar und von dort weiter nach Stralsund gebracht werden. O b hinter der A k t i o n gegen den portugiesischen
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Juden Abensur auch der Hofbankier Leffmann steckte, läßt sich nicht ermitteln, ist jedoch nicht unwahrscheinlich; denn Leffmanns Verwandter Lehmann hat, w i e w i r noch sehen werden, während des Nordischen Krieges große P o l i t i k zu machen versucht 4 0 . Schon aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, w i e judenfreundlich die Weifen damals eingestellt waren, namentlich den reichen Juden gegenüber. Dies gilt besonders von Ernst August, dem ersten Kurfürsten von Hannover. Als der Herzog 1679 i n Amsterdam weilte, w a r er m i t seiner Gemahlin Sophie Gast des portugiesischen Residenten Signor d e l a C o s t a , und als er k r a n k wurde, pflegte i h n der jüdische A r z t Signor R ο b b i ο. Sophie schrieb damals, am 8. August, an ihren Buder K a r l L u d w i g , Kurfürsten von der Pfalz: „ I I (Ernst August) se porte D i e u merci mieux par les soins d u Sigr Robbio, medecin j u i f , et nostre hoste, le Sigr de la Costa, resident de Portugal, de la même tribe, q u i nous loge magnifiquement et fait des bouillons pour Erneste August l u y mesme. I l est si propre et tous ceux de sa nation, qu'ils ne veulent avoir aucun commerce avec les j u i f s Allemands à cause de leur saleté et puanteur et ont pour ce sujet fait une synagoge à part, q u i est très belle 4 1 ." D e r Brief zeigt, daß die sephardischen Juden eine Sonderstellung innerhalb des Judentums einnahmen, daß sie zwar Geschäfte m i t den Glaubensgenossen i n Deutschland machten, sonst aber ihre Gemeinschaft mieden, auch Eheschließungen m i t ihnen ablehnten. O b w o h l Leffmann m i t seinen Söhnen Moses u n d Herz seit Jahrzehnten der tatsächlichen Stellung nach H o f j u d e war, hat er doch bei aller Gunst seiner Landesherrn redit lange warten müssen, bis er m i t Gehalt u n d T i t e l ausgestattet wurde. Erst am 10. Februar 1698 w u r d e der Hof- u n d Schutzjude Leffmann Behrens u n d sein Sohn (Herz; denn Moses Jakob w a r 1697 gestorben) wegen geleisteter Dienste, besonders i n der Lauenburgischen Angelegenheit mit dem Kurfürsten von Sachsen, zum H o f - u n d K a m m e r a g e n t e η ernannt. D i e Besoldung betrug von Ostern 1697 ab, also rückwirkend, j ä h r l i c h 150 Reichstaler. Das w a r nicht gerade viel, wenn man bedenkt, daß Joseph Isaak, H o f j u d e der regierenden Grafen zur Lippe, ein Jahresgehalt von 300 Talern erhielt, u n d Israel Jacobson, der größte Hofbankier der Weifen, allerdings 100 Jahre später, 1000 Taler jährliche Besoldung i n dem kleinen Braunschweig forderte 4 2 . Aber Leffmann w a r damals bereits reich genug; die Besoldung unterstrich nur seine amtliche Stellung. I n der Neustadt hatte er sich eines der stattlichsten Häuser i n der Langenstraße errichten *
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lassen, das noch bis zum zweiten Weltkriege dort stand. D i e T ü r schrift enthielt auf hebräisch die vielsagenden W o r t e : „ V i e l Glück." Von seinem Reichtum u n d seiner Machtstellung hat Leffmann häufig zugunsten seiner Glaubensgenossen Gebrauch gemacht. Einige Beispiele mögen dies belegen. Leffmann Behrens w a r zunächst lange Zeit Vorsteher der j ü d i schen Gemeinde von Hannover-Neustadt, der Hoffaktor nahm audi hier, w i e i n anderen Staaten, ein führende Stellung i m jüdischen Gemeindeleben ein. U m 1700 bestand die Judengemeinde dieser weifischen Residenz aus folgenden Personen: L e f f m a n n B e h r e n s — hat ein eigenes Haus, besitzt einen Schutzbrief vom 27. Juni 1694 und zahlt ein jährliches Schutzgeld von 20 Talern; 1. H e r z B e h r e n s , sein Sohn, 2. L e v i n G o l d s c h m i d t , Leffmanns Schwager, 3. S a m u e l G a n s ; 4. N a t h a n G a n s ' W i t w e ; 5. S a l o m o n P h i l i p p , Herz Behrens' Schwiegersohn; 6. L e f f m a n n A r e n d s , Leffmann Behrens' Brudersohn; 7. B o r c h a r d t , Leffmann Behrens' Schulmeister. W i e i n anderen Fürstenresidenzen, setzte sich auch i n Hannover die jüdische Gemeinde i m wesentlichen aus der Sippe der Hoffaktoren zusammen. Doch waren die jüdischen Gemeinden stets größer, als die amtlichen Listen ergaben. Es gab viele „unvergleitete" Familien, die i n den Diensten der Hof j u d e n standen und von ihnen als „Brotgenossen" geschützt wurden. Auch Betteljuden fanden oft lange Zeit Unterschlupf bei den privilegierten Familien. Eine spätere Untersuchung stellte fest, daß sich i n Hannover in W i r k l i c h k e i t mehrere hundert Juden aufhielten, nämlich 235; der Kurfürst schätzte ihre Zahl sogar auf 700. Von Leffmann wissen w i r , daß er häufig die gesetzlichen Vorschriften übertrat u n d vielen Glaubensgenossen Unterkunft gewährte. Das ging selbst seinem Schwager L e v i n Goldschmidt zu weit, so dafi er bereits am 31. Januar 1668 gegen die Begünstigung der fremden „unvergleiteten" Juden durch den Hoffaktor protestierte. Schon vor 1700 dürfte die jüdische Gemeinde Neustadt größer gewesen sein; denn Leffmann hatte zwei Brüder Alexander Behrens Cohen u n d A r o n Behrens Cohen ; dessen zweiter Sohn P h i l i p p A r o n C o h e n setzte sich i n Celle fest, w o er 1695 die Erlaubnis erhielt, die verrufenen Scheidemünzen einzuwechseln; er w a r also Münzentrepreneur. Arons d r i t t e r Sohn I s a a k A r o n w u r d e Faktor seines Vetters Moses Jakob Behrens, der eine Konzession zu Ge-
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Schäften i n Lüneburg erhalten hatte. Mitglieder der Familie Behrens hatten sich also i n Celle u n d Braunschweig niedergelassen; zur Verwandtschaft gehörte auch die Familie Gans 4 3 . I n dieser Gemeinde hat sich Leffmann sein Leben lang sehr eifrig als Jude betätigt. So machte er i m Jahre 1673 i m Namen seiner Glaubensgenossen eine Eingabe an den Herzog Johann Friedrich, i n welcher er u m den Schutz des Judenfriedhofs bat. I m Sinne seines Hofbankiers ging denn auch am 26. August ein Reskript an Bürgermeister u n d Rat der Stadt Hannover ab. Leffmann pflegte sehr eifrig das Studium des Talmud. W i r müssen immer wieder die Feststellung machen, daß die H o f j u d e n eifrige T a l m u d j ü n g e r gewesen sind. Ebenso förderte Leffmann m i t seinen Geldmitteln das Studium von T a l m u n d u n d T h o r a u n d unterstützte die Drucklegung entsprechender Schriften. D i e Bibliothek seines Schwiegersohnes, des Oberrabbiners D a v i d Oppenheim, hat er i n Hannover aufstellen lassen. I m Jahre 1703 ließ der reiche Hofbankier auf seine Kosten eine Synagoge bauen u n d ausstatten; er schenkte sie dann unter Vorbehalt des Besitzrechtes der Gemeinde. Als die F i r m a Behrens später Bankerott machte, k a m auch die Synagoge zur Konkursmasse, wurde aber von Leffmanns Rivalen u n d Nachfolger i n der k u r fürstlichen Gunst, dem Hoffaktor D a v i d , aufgekauft u n d der Gemeinde erneut geschenkt. Leffmanns Intervention verdankte die hannoversche Judengemeinde 1687 auch die Bestallung eines Landrabbiners. W i e stark sich der Hofbankier Leffmann Behrens zugunsten seiner Glaubensgenossen einsetzte, zeigt am besten seine Reaktion auf den sich damals regenden Antisemitismus. I n Göttingen hatte der Lizentiat Gulich eine Schrift gegen das Judentum veröffentlicht. Leffmann wandte sich i n einer Eingabe an den Herzog Ernst August m i t der Bitte, das Buch zu beschlagnahmen, dem Buchhändler den Vertrieb zu untersagen, den Verfasser zu bestrafen u n d anzuweisen, dergleichen Schriften i n Zukunft nicht mehr zu veröffentlichen. D i e A k t e n verraten uns nichts über den Erfolg seiner A k t i o n , doch ist die Annahme berechtigt, daß Leffmanns Ersuchen Folge geleistet wurde. A m 25. Dezember 1700 protestierte Leffmann i m Namen der gesamten Judenschaft des Reiches beim Kurfürsten Georg L u d w i g , dem späteren Georg I. von England, gegen die Verbreitung der judengegnerischen Schrift des Professors Eisenmenger: Entdecktes Judentum. Bei Kaiser Leopold L intervenierten damals die mächtigen H o f j u d e n Samson Wertheimer u n d Samuel Oppenheimer m i t einer Eingabe vom 12. Juli. Eine Abschrift dieses Bittgesuchs sandte Wertheimer dem i h m verwandten Leffmann Behrens zu, der sie an
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den Kurfürsten m i t der Bitte weiterleitete, dieser möge durch seinen Gesandten am Wiener Hofe, H e r r n von Oberg, die Eingabe der kaiserlichen H o f j u d e n beim Kaiser unterstützen. Schon am 27. Dezember erging Georg Ludwigs A u f t r a g an seinen Wiener Gesandten, dem Wunsche Leffmanns nachzukommen. U n d es ist gewifl, dafi Obergs Intervention dazu beigetragen hat, die bereits vom Kaiser verfügte Beschlagnahme des Buches trotz der Gegenwirkung von Eisenmengers Freunden aufrechtzuerhalten. Ebenso wandte sich die jüdische Gemeinde i n N i k o l s b u r g i n Mähren, deren Landrabbiner D a v i d Oppenheim, Leffmanns Schwiegersohn, war, an den mächtigen hannoverschen Hoffaktor m i t der Bitte u m Intervention, als der Bischof von Olmütz die Juden von Kremsier ausweisen w o l l t e 4 4 . Leffmann konnte aber auch gegen seine Glaubensgenossen rücksichtslos vorgehen, wenn sie es wagten, sich an dem Eigentum seiner Familie zu vergreifen oder gar vom Judentum abzufallen. Als am 24. August 1697 auf der Sommermesse zu Braunschweig von Juden ein Kassendiebstahl an seinem Verwandten Behrend Lehmann verübt worden war, w u r d e Leffmann gebeten, den drei Dieben zur Flucht zu verhelfen. E r übergab sie jedoch dem Gericht, obwohl einer der Diebe m i t i h m verwandt war. Leffmanns rücksichtslose N a t u r k a m zum Durchbruch, als er es erleben mufite, dafi ein M i t glied seiner Familie zum Christentum übertrat u n d seinen Namen änderte. E r schreckte vor Mordversuchen nicht zurück, u m diesen „Schandfleck" seiner Familie auszutilgen, u n d nichts kennzeichnet seine Machtstellung besser als die Tatsache, dafi niemand es wagte, gegen den einflußreichen Hofbankier vorzugehen 4 5 . A m 25. A p r i l 1720, als sechs Jahre nach Leffmanns Tode, lieferten die Räte zu Osnabrück: einen Bericht über die Gründe, die C h r i stian L u d w i g Friedrich G o t t h o l t e bewogen hätten, zum Christent u m überzutreten, w i e er deswegen von den Juden verfolgt worden, und wie der „abgelebte Leffmann Behrens i h n durch seinen Buchhalter wollte erwürgen lassen". Nach dem Vernehmungsprotokoll bezeichnete Gottholte als seinen Vater I s a a k B e h r e n s , der Geschwisterkind m i t dem H o f j u d e n Leffmann Behrens sei, selber aber i n Derenburg i m Halberstädtischen wohne und H o f j u d e des Herzogs von B l a n k e n b u r g sei. Gottholte, Isaak Behrens einziger Sohn, lebte i n Prag, F r a n k f u r t a. M. u n d Amsterdam, wo er die hebräische Sprache u n d die Prinzipien des jüdischen Glaubens erlernte. I n der Amsterdamer Synagoge hatte er bereits gepredigt und disputiert. I m Jahre 1710 reiste er von Amsterdam zu seinem Vater, besuchte aber unterwegs seinen Vetter Leffmann Behrens i n Hannover; sechs Wochen hielt er sich i n Herz Leffmanns Behausung auf. I n Hannover
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suchte er öfters Gelegenheit, M u s i k zu hören, und trotz des Verbots für die Juden, christliche Kirchen zu betreten, ging er an einem Sonntag i n die Schloßkapelle, da i h m die M u s i k dort besonders ger ü h m t worden war. Bei diesem Besuch hörte er den Hofprediger E r y t h r o p e l über das B i b e l w o r t predigen: „Siehe, eine Jungfrau w i r d schwanger werden", das dieser hebräisch zitierte. Gottholte k a m zu der Überzeugung, daß E r y t h r o p e l etwas ganz anderes darunter verstand, als i h n das Judentum lehrte. D a r u m besuchte er den Hofprediger mehrfach i n seinem Hause. Durch Leffmanns Kontorschreiber erhielten der Hoffaktor u n d die anderen Juden davon Nachricht. Eines Tages w u r d e Gottholte durch drei Hoflakaien, die er i n der Kapelle kennengelernt hatte, i n ein W e i n l o k a l gelockt u n d dort i n den Keller geworfen. Zwei Juden, Leffmanns Kontorschreiber, die d a r i n versteckt waren, fielen sogleich über Gottholte her, warfen i h m eine „Handquelle" (ein Handtuch); u m den Hals u n d suchten ihn zu erwürgen. D a die Handquelle wegen ihrer Dicke nicht gleich zuging, konnte Gottholte sein Federmesser ziehen und an i h r schneiden, so daß sie schießlich infolge des starken Ziehens riß. Gottholte ergriff darauf Tonnenstäbe und schlug den einen Juden nieder, den andern stieß er ins Gesicht, traktierte beide so, daß sie i h n loslassen mußten. D a r a u f stürzte er zur K e l l e r t ü r , w o es i h m gelang, den lauernden Bedienten Leffmanns zu täuschen, so daß i h m dieser öffnete. Er schug i h n gleichfalls nieder. D a Leffmanns Partei bekanntermaßen sehr stark gewesen, wollte er die Tat nicht anmelden u n d reiste daher nach Hameln, wo i h m der gewesene Kommandant Generalmajor Sommerfeld geraten, sofort nach Kassel zu reisen, da er doch gegen den mächtigen Anhang des Leffmann Behrens nicht aufkommen könne. Sommerfeld empfahl i h m den dortigen Hofsprachenmeister Felice O l i a t i . D a Gottholte sich wegen der i n Kassel befindlichen Anverwandten des Leffmann Behrens nicht sicher erachtete, w o l l t e er nach Italien, meldete sich jedoch i n Friedrichstein bei dem gegenwärtigen Fürsten zu Waldeck, der ihn i n seinen Schutz nahm; anno 1713 w u r d e er getauft. Gottholte ließ sich dann i n W i l d u n g e n nieder u n d versuchte, als Seifensieder zu leben. D a jedoch aus der Hofkammer die erforderlichen Posten nicht erfolgten, mußte er die A r b e i t quittieren. Jetzt habe er die Absicht, nach Hannover zu gehen, wo er seit 1710 nicht mehr gewesen, sich dort oder i n Celle niederzulassen, u m seinen Lebensunterhalt d u r c i seiner Hände A r b e i t zu verdienen. Zum Schluß bat Gottholte, falls er i m Osnabrückischen keine gnädigste Erlaubnis zur Niederlassung erhalte, i h m bei der hannoverschen Regierung ein V o r w o r t zu schreiben.
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Über das weitere Schicksal Gottholtes erfahren w i r aus den A k t e n nichts. Auch die verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie Leffmann werden aus den Protokollen nicht k l a r . Gottholte k a n n nach dem Lebensalter nicht gut ein Vetter des alten Leffmann sein, w o h l aber ein Vetter von Herz Behrens, so daß also Leffmann und Isaak Behrens Brüder wären. D e r Blankenburger Hoffaktor k a n n aber auch ein Vetter Leffmanns gewesen sein. Wesentlich ist jedoch aus dem Protokoll, w i e der Hofbankier Leffmann Behrens auf den A b f a l l eines Verwandten vom mosaischen Glauben reagierte, und w i e stark die Partei des H o f j u d e n gegen Ende seines Lebens war. Gottholte trägt i m übrigen Namen, die damals bei getauften Juden üblich waren. Christian u n d Gottholte oder Gottlieb wurden häufig getaufte Juden genannt. I n diesem Zusammenhang verdient ein zweiter F a l l Erwähnung. A m 6. Juni 1706 ließ sich ein aus N ü r n b e r g stammender L e v i taufen, der fortan Christian Gottlieb hieß, eine Christin heiratete u n d zu L i n d o r f i m Bistum Osnabrück vom Schlachten und Kochen bei Hochzeiten lebte. I m Jahre 1727 k a m n u n Gottlieb u m die Erlaubnis ein, seinen beiden Söhnen zu gestatten, daß sie bei Hochzeiten schlachten und kochen dürften. U m die Gewährung dieser Bitte zu erreichen, ließ sich Gottlieb dazu hinreißen, eine Offizierswitwe von Baumbach, die keine Pension bezog u n d sich m i t ihren K i n d e r n durch Kochen bei Hochzeiten ernährte, bei den Behörden zu denunzieren mit der Absicht, der W i t w e diese Erwerbsmöglichkeit zu nehmen und seinen Söhnen zu verschaffen. D e r getaufte Gottlieb bewies durch diese Handlungsweise nur, w i e wenig er vom christlichen Geiste durchdrungen war. V o n Leffmanns beiden Söhnen trat der bereits am 19. Januar 1697 verstorbene Moses Jakob k a u m hervor; dagegen w a r der m i t dem Vater zugleich zum Hof- u n d Kammeragenten ernannte Herz Behrens an mehreren Unternehmungen beteiligt u n d w u r d e auch mehrfach durch Privilegien ausgezeichnet. So erhielt er bereits am 3. Februar 1692, also noch vor seiner Bestallung zum H o f j u d e n , eine „Freyheits Conceßion wegen seines Hinterhauses auf hiesiger Neustadt an d e m Newen Straße" b e w i l l i g t m i t der „freyheit von allen oneribus publicis, personalibus u n d realibus". Dieses P r i v i l e g w a r die Belohnung für seine mehr als dreijährige T ä t i g k e i t i n den Diensten des Herzogs Johann Friedrich i n Paris, w o er das letzte Jahr seine Aufenthaltskosten selbst bestreiten mußte, da die versprochenen Gelder ausgeblieben waren. A m 16. Juni 1707 verlieh der K u r f ü r s t seinem „Hof- und Kammeragenten u n d lieben getreuen Herz Behrens" das P r i v i l e g zur H a n d l u n g m i t den i n der Altstadt Hannover sich aufhaltenden Hof-, Kanzlei- u n d Militär-
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bedienten; dieses Vor redit sollte auch für seine W i t w e oder eines seiner Kinder gelten. Das Krameramt der Stadt w a r über diese Bevorzugung naturgemäß nicht erfreut, wagte jedoch nicht, gegen den Hoffaktor vorzugehen, wehrte sich aber gegen die Übergriffe der gewöhnlichen Schutzjuden, so gegen W o l f f Oppenheimer, der 36 Ellen Damast für eine Hochzeit verkauft hatte 4 6 . Herz Behrens starb am 23. Februar 1709, seine W i t w e Serchen am 9. März 1739. Von ihren Söhnen Behrens u n d Seligmann ist wenig bekannt. Eine Tochter heiratete i n die Hamburger Familie Cohen, die i m 18. und 19. Jahrhundert i n Hannover als Hoffaktorenfamilie ein bedeutende Rolle spielte. Eine andere Tochter von Herz u n d Serchen w a r d die Gattin des hannoverschen Schutzjuden S a l o m o n P h i l i p p , der H o f - u n d K a m m e r a g e n t des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz wurde. N a d i dem Tode von Herz arbeiteten die Söhne Jakobs namens Gumpert und Isaak i n der F i r m a ihres Großvaters mit, obwohl Jakob der jüngere Sohn Leffmanns w a r ; zweifellos waren nach der Meinung des alten Hofbankiers die Söhne Jakobs tüchtiger; es sollte sich jedoch bald nach Leffmanns Tode zeigen, daß er sich i n den Fähigkeiten dieser E n k e l getäuscht hatte. Solange Leffmann Behrens, gestorben am 30. Januar 1714, lebte, gingen die Geschäfte unter seinem Namen weiter; es läßt sich naturgemäß nicht feststellen, w i e w e i t er tatsächlich an den A k t i o n e n seiner letzten Lebensj a h r e beteiligt war, u n d welchen A n t e i l seine E n k e l bereits an den Unternehmungen hatten. Jedenfalls können w i r gerade i n den letzten Lebensjahren wieder eine größere A k t i v i t ä t bemerken, die nochmals, wie während Leffmanns Lebenszeit, i n zwei Richtungen verläuft: Einsatz für die Glaubensgenossen und bedeutende Finanzaktionen. A m 21. März 1712 noch machte der „ A l l e r Unterthänigste Knecht" Leffmann Behrens, damals 78 Jahre alt, eine Eingabe an den K u r fürsten Georg L u d w i g zugunsten von H e r z L e h m a n n , der ein Bruder des polnischen Residenten Behrend Lehmann, ebenfalls Hofj u d e u n d zugleich Korrespondent der Behrens i n W i e n war. D e r Ehrgeiz ließ n u n Herz Lehmann keine Ruhe; er konnte es gar nicht verschmerzen, daß die großen kaiserlichen H o f j u d e n Oppenheimer und Wertheimer i n W i e n sich besonderer Privilegien erfreuten. Herz Lehmann w o l l t e i n gleicher Weise ausgezeichnet werden. Schon einmal hatte sich der einflußreiche und verwandte Hofbankier Leffmann Behrens für i h n verwandt; auch Georg L u d w i g w a r dem Wunsche seines Günstlinge nachgekommen. Erreicht hatte man jedoch nichts. D a jetzt i n W i e n neue Privilegien für die dortige
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Judenschaft ausgestellt werden sollten, machten Leffmann u n d Lehmann einen erneuten Vorstoß. D e r Hofbankier brauchte nur seine Wünsche zu äußern, dann gingen auch die kurfürstlichen Reskripte an die auswärtigen Höfe ab, w i e der „liebe und getreue Leffmann Behrens" es anregte. So w u r d e auch diesmal schon am 24. März 1712 das entsprechende Schreiben an den Wiener Gesandten H e r r n von Huldeberg abgeschickt m i t der Weisung, sich beim kaiserlichen Hofkanzler Baron von Seiler für die Wünsche Lehmanns einzusetzen. Vom 14. A p r i l 1712 ist ein Schreiben an H e r r n v. Huldeberg datiert, Leffmanns Forderungen an Oppenheimer zu unterstützen. Zur E i n t r e i b u n g dieser Forderungen sandte der alte Leffmann seinen E n k e l Gumpert nach der Kaiserstadt. U m i h m alle Wege zu ebnen, bat der Großvater i n einer Eingabe den Kurfürsten, Gumpert einen Paß auszustellen, wonach er als Hoffaktor i n kurfürstlichen Diensten reise. Dies geschah auch, obwohl Gumpert damals noch gar nicht Hoffaktor w a r . Paß u n d Verfügung des Kurfürsten, seinen Hoffaktor Gumpert Behrens m i t seinen Leuten sicher passieren zu lasssen, da er i n Hofdiensten über Leipzig nach W i e n reise, entsprach demnach keineswegs den Tatsachen. Vom Jagdschloß Göhrde ging außerdem am 18. Oktober noch ein Empfehlungsschreiben an H e r r n v. Huldeberg ab. Doch Leffmann genügte das alles noch nicht. A u f sein erneutes Ersuchen vom 25. Oktober mußten zwei weitere Empfehlungsschreiben an den Hofmarschall Fürsten von Schwarzenberg u n d den Hofkanzler Baron von Seiler abgesandt werden des Inhalts, das Gumpert Behrens i n kurfürstlichen Diensten nach W i e n komme. I m gleichen Jahre w o l l t e D a v i d Oppenheim, der seit Jahr und Tag bei seinem Schwiegervater Leffmann Behrens gelebt hatte, nach Prag reisen, u m dort seinem A m t als Oberrabbiner weiter vorzustehen. Auch i h m mußten von den Behörden die Wege für seine Reise geebnet werden; wieder gingen zwei Empfehlungsschreiben ab, damit der Schwiegersohn des Hofbankiers unbehelligt seinen Wirkungskreis erreichte. Als nach 1700 die Juden aus Bückeburg ausgewiesen wurden, w o l l t e n sie sich i n den hannoverschen Landen niederlassen. Sämtliche Vorsteher u n d Mitglieder des Krameramts der Altstadt von Hannover wandten sich daher an die Geheimen Räte m i t der Bitte, die Bückeburger Juden nicht aufzunehmen, sie (die Petenten) wären „als eingebohrene unterthanen m i t gut B l u t u n d Glauben ihrem H e r r n verbunden". Doch dieser A p p e l l der christlichen Handelsleute an den Kurfürsten nutzte nichts; denn der Hofbankier war mächtiger; auf die Eingabe der Kramer erfolgte der Gegenstoß des
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Hoffaktors. Sein Schreiben an die Geheimen Räte wies darauf hin, daß er bereits den Kurfürsten „mündlich ersucht", vier bis fünf Familien aufzunehmen; er bat daher die Excellenzen, eine entsprechende Eingabe beim Kurfürsten zu machen. Leffmanns Wünsche gingen i n E r f ü l l u n g ; vier Familien w u r d e n aufgenommen, wenn der Aufenthalt auch n u r vorläufig b e w i l l i g t wurde. Seinem Vetter L e v i Heine ermöglichte er zudem das Verbleiben i n Bückeburg. So hat Leffmann bis zum Schluß seines Lebens für die Niederlassung seiner Glaubensgenossen i n den hannoverschen Landen gewirkt. Wenige Monate vor seinem Tode verwandte sich Leffmann noch für die beiden Söhne seines verstorbenen Vetters Leffmann A r e n d t i n mehreren Eingaben, u m wenigstens einem von ihnen, Behrens Leffmann, den Schutz seines Vaters zuzuwenden; doch w u r d e am 13. Oktober 1713 n u r die Aufenthaltsgenehmigung bis Ostern nächsten Jahres b e w i l l i g t . Bevor diese ablief, starb bekanntlich Leffmann 4 7 . D i e letzte große Finanzaktion, die zugleich auch politisch bedeutsam wurde, die noch zum mindesten i m Namen Leffmanns durchgeführt wurde, sollte mehrere deutsche Staaten u n d England noch nach hundert Jahren beschäftigen. Seit dem E i n t r i t t von Gumpert und Isaak Behrens i n die F i r m a bestanden auch enge geschäftliche Beziehungen zum Fürstbischof von Paderborn. D e r alte Leffmann ist dann tatsächlich auch H o f j u d e des Fürstbischofs geworden, der von dem hannoverschen Hofbankier mehrfach Gelder lieh. S a l o m o n A b r a h a m i n Warendorf w a r als Vermittler tätig, u n d Z a c h a r i a s H e r z reiste als Leffmanns Bedienter zu Geschäftsabschlüssen nach Paderborn; so berechnete er einmal an Unkosten 44 T i r . 21 Gr. Auch Nichtjuden waren als M i t t l e r zwischen dem Bischof u n d dem Hoffaktor tätig. D i e Geldgeschäfte erstreckten sich bis zum Jahre 1716. D e n Hauptposten lieh der Bischof gegen Obligation am 17. Juli 1709 i n der beträchtlichen Höhe von 104 854 T i r . 30 Gr. D a n n folgten noch kleinere Summen. Nach Rückzahlung von Teilsummen berechneten Gumpert u n d Isaak ihre Forderungen noch m i t 117 363 T i r . 14 Gr., die sich zusammensetzten aus dem Restkapital von 82 462 T i r . 27 Gr. u n d den Zinsen von 34 902 T i r . 23 Gr. Von einer Rückzahhung dieser gewaltigen Summe berichten uns die A k t e n nichts. I n anderen A k t e n findet sich dann noch eine w e i t größere Summe, die Leffmann Behrens dem Paderborner Bischof vorgestreckt hat. W i r werden darüber unterrichtet durch einen Notenwechsel zwischen dem hannoverschen Ministerpräsidenten Grafen Münster und dem englischen Staatssekretär des Äußeren George
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Canning als Folge von Ansprüchen, die nach mehr als hundert Jahren, nämlich 1824, Leffmanns Erben, zu denen auch Nachkommen des Hildesheimer Kammeragenten Herschel Isaak Oppenheimer gehörten, an die Krone Englands stellten. Danach w a r die Schuld auch eine Folge der Subsidienpolitik der deutschen Fürsten. K ö n i g W i l h e l m I I I . von England hatte den Bischof Friedrich Christian von Münster 1696/97 m i t Subsidien unterstützt; m i t einer Summe von 149 997 „ R i x d o l l a r s " blieb England i m Rückstand. D i e Richtigkeit dieser Schuld wurde, w i e die Berichte des Unterhauses zeigen, am 10. Februar 1698 anerkannt, und zwar ausdrücklich als eine Schuld der englischen Nation. Als nach dem A b leben Friedrich Christians 1706 der Wiener Hof die W a h l des Bischofs von Osnabrück zum Bischof von Münster wünschte, unterstüzten England u n d H o l l a n d die Bewerbung des Paderborner Bischofs Franz A r n o l d Graf Metternich. U m die Stimmen der Münsterischen Kanoniker zu gewinnen, brauchte Franz A r n o l d Geld. D a England u n d H o l l a n d zu dieser Zeit keine M i t t e l zur Verfügung hatten, w u r d e Leffmann Behrens durch England gewonnen, die notwendigen Summen vorzustrecken. I m Jahre 1716, zwei Jahre nach Leffmanns Tode, w u r d e die schuldige Summe auf 126 028 Rixdollars festgesetzt. Leffmanns Erben drängten darauf auf Begleichung ihrer Forderungen; da Franz A r n o l d nicht zahlen konnte, trat er den H o f j u d e n die von England schuldigen Subsidien ab. Als Leffmanns Erben den W e r t der Ansprüche bezweifelten, wechselte Franz A r n o l d mehrfach Briefe m i t K ö n i g Georg I. m i t dem Ergebnis, dafi der K ö n i g nochmals die Schuld anerkannte, worauf Leffmanns Erben am 25. Februar 1717 die Ansprüche des Bischofs von Münster an die Krone Englands übernahmen, die i n einer U r k u n d e auf 149 997 Rixdollars festgesetzt wurden. D i e Erben machten dann immer wieder ihre Ansprüche an die Krone Englands geltend, ohne jedoch zu ihrem Gelde zu kommen. I m 19. Jahrhundert w a r die Summe auf mehr als eine M i l l i o n Rixdollars angelaufen. A m 5. August 1824 machten die Hildesheimer Behörden nochmals einen Versuch, für die Erben des einstigen Kammeragenten Oppenheimer die Ansprüche an die Krone Englands zu realisieren. Leffmanns Schwiegersohn w a r der bekannte Oberrabbiner David Oppenheim. Dessen Sohn Joseph D a v i d Oppenheimer lebte in Hannover als kaiserlicher H o f j u d e ; seine Tochter w u r d e die Frau des Hildesheimer Kammeragenten Herschel Isaak Oppenheimer. Nach dem Konkurs u n d dem Tode Oppenheimers forderte seine W i t w e 1824 als U r e n k e l i n des einstigen Hof- und Kammeragenten den i h r zukommenden A n t e i l aus den Ansprüchen an England; sie
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beanspruchte V9 der Summe, nämlich I6666V3 Reichstaler. Die Regierung des Königreichs Hannover unterstützte sehr w a r m die Ansprüche und betonte i n ihren Eingaben an Canning ausdrücklich, daß es sich u m Ansprüche von hannoverschen Untertanen handele, w o h l i n der Hoffnung, daß dann die Angelegenheit m i t W o h l wollen behandelt würde. Doch alle Bemühungen des Grafen Münster blieben erfolglos; die letzte englische A n t w o r t an Graf Münster vom 14. M a i 1828 enthielt den Bescheid, daß die Dokumente durch Feuer zerstört seien und die Ansprüche daher endgültig abgelehnt würden. Aus dem vorhandenen Aktenmaterial ergibt sich zweierlei m i t Sicherheit: Leffmann Behrens hat dem Fürstbischof von Paderborn jahrelang, mindestens seit 1709, als Hofbankier gedient, u n d er hat die W a h l des Bischofs Franz A r n o l d Graf Metternich zum Bischof von Münster finanziert; er hat die „douceurs" geliefert, w i e man damals so schön sagte. Dagegen läßt sich nicht feststellen, ob ein innerer Zusammenhang bereits besteht zwischen der von den Gebrüdern Behrens 1716 berechneten Forderung an Paderborn von 117 365 T i r . 19 Gr. u n d der von Leffmann vorgestreckten Summe für die Bischofswahl i n Höhe von 126 028 Reichstalern, deren Betrag gleichfalls 1716 festgelegt wurde. D e r Unterschied beider Summen ist nicht groß. Bei der Finanzkraft Leffmanns ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, daß es zwei verschiedene Posten sind. D a n n hätte allerdings der Bischof Franz A r n o l d von Paderborn und Münster dem Hofbankier Leffmann Summen geschuldet, w i e sie i n dieser Höhe zu jener Zeit ganz selten vorkamen. N u r August der Starke dürfte i n gleich kurzer Zeit von Behrend Lehmann noch größere Summen geliehen haben. W i r wollen unsere Ausführungen über den damals bedeutendsten Hoffaktor der Weifen schließen m i t dem Hinweis, daß dieser reiche Finanzier, w i e alle Mitglieder seiner Kaste, auch zu leben verstand. Als nach seinem Tode sein Erbe verteilt wurde, befanden sich darunter kostbares Silbergeschirr u n d gute Weine i n erheblichen Mengen. D i e Weine teilten sich am 30. August 1715 der Schwiegersohn D a v i d Oppenheim u n d der E n k e l Gumpert Behrens. D i e Auseinandersetzungen u m das Erbe zwischen den verschiedenen Mitgliedern der Familie Behrens zogen sich jahrelang h i n und bieten keineswegs das B i l d besonderer Eintracht; jeder suchte vielmehr recht v i e l aus der Erbmasse zu gewinnen. A n das Ende unserer Darstellung über den großen Hofbankier der Kurfürsten von Hannover u n d der benachbarten Fürsten setzen w i r das U r t e i l eines Zeitgenossen, der i n einer Schilderung der deutschen Höfe schrieb:
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Die O b e r o f f a k t o r e n Gumpert u n d Isaak Behrens
„ M r . L i f m a n Barents Juif, déjà vieux, homme d'un visage vénérable et ouvert, q u i témoigne une grande sincérité, est aimé dans cette Cour et regardé de fort bon oeil, non seulement de leurs Altesses, mais encore de tous les Ministres dont i l sert cette cour, pour les remises d'argent, changes et d'autres affaires de cette nature et le conduit en toutes choses à l'entière satisfaction de toute la Cour. Son fils ainé que j ' a i vû, est fort c i v i l et fuit en tout les traces de son père 4 8 ."
Die Oberhoffaktoren Gumpert und Isaak Behrens D i e Geschichte von Leffmanns E n k e l Gumpert u n d Isaak ist i m wesentlichen die Geschichte des Zusammenbruchs der Firma. Zwar können w i r äußerlich einen weiteren Aufstieg vermerken, doch stellte es sich beim Konkurs 1721, also wenige Jahre nach Leffmanns Tode, heraus, daß der alte Hofbankier seinen E n k e l n bereits ein ungesundes Unternehmen hinterlassen hatte. A m 25. M a i 1717 baten die „ A l l e r Unterthänigsten Knechte Gebrüder Gumpert u n d Isaak Behrens" u m das Vorrecht, das i h r Großvater ausgeübt hatte, nämlich einen Buchhalter nebst F r a u und K i n d e r n außerhalb ihres Hauses i n Hannover halten zu dürfen; derselbe sollte jedoch keine selbständige H a n d l u n g treiben dürfen. Schon am 8. Juni w u r d e ihre B i t t e von London aus genehmigt; das gleiche Recht w u r d e auch Michael D a v i d , damals bereits Hof- und Kammeragent, gewährt. Als Gumpert Behrens i n Geschäften nach F r a n k f u r t reisen wollte, verfügte K ö n i g Georg aus Kensington Palace am 10. Juni 1718, daß Gumpert, seiner F r a u u n d seinen Bedienten alle Erleichterungen für diese Reise zu gewähren seien. A m 9. Februar 1720 w u r d e n die Gebrüder Gumpert u n d Isaak Behrens durch Bestallungsurkunde aus dem St. James Palast zu Oberhoffaktoren ernannt. Hof- und Kammeragent, ein Titel, der rneh* begehrt wurde, konnten sie nicht werden, da inzwischen der Rivale ihrer F i r m a Michael D a v i d diese W ü r d e erlangt hatte. So w u r d e n sie Oberhoffaktoren. Gumpert w a r bereits zu Lebzeiten seines Großvaters amtlich F a k t o r t i t u l i e r t worden. Gumpert u n d Isaak Behrens blieben die einzigen Finanziers der Weifen, die zu Oberhoffaktoren bestallt wurden. Beide trieben i n der Hauptsache Geldleihe und Juwelenhandel. Zu ihren Kunden zählten einmal ihre Glaubensgenossen, dann Bürgerliche, Beamte, Offiziere, der H o f und die Hofgesellschaft. D i e
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beiden Hoffaktoren genossen ein solches Vertrauen, daß nicht n u r viele Glaubensgenossen, sondern zahlreiche Beamte, Offiziere, j a selbst W i t w e n ihre Gelder den Behrens anvertrauten. D i e Geschäftsverbindungen der Gebrüder Gumpert u n d Isaak Behrens waren besonders lebhaft m i t ihren Verwandten, dem Residenten Behrend Lehmann i n Halberstadt, m i t Herz Lehmann u n d M a r x Hirschel i n Wien, der Familie Gomperz i n B e r l i n u n d Amsterdam u n d der i n Düsseldorf ansässigen Familie van Geldern. Von auswärtigen Fürsten schuldete der Herzog von Mecklenburg-Strelitz den Oberhoffaktoren 20 600 Reichstaler, der regierende Graf zur L i p p e i n Detmold 27 000 R t l r . D i e mecklenburgische Ritterschaft hatte ihnen die stattliche Summe von mehr als 180 000 Taler zurückzuzahlen. Auch der A d e l stand m i t recht ansehnlichen Summen bei den Oberhoffaktoren i n der Kreide, so die Gebrüder von I l t e n m i t mehr als 35 437 Rtlr., der Oberjägermeister von Wangenheim m i t 2000, Kammerherr von der Schulenburg m i t 6000, K a m m e r j u n k e r von Hammerstein m i t 1000, H e r r von Knigge m i t 2350, die Gräfin Platen m i t 2559 R t l r . 3 Groschen, Graf von Schmettau, sächsischer Generalleutnant, m i t 22 000 T i r . i n mecklenburgischen Obligationen. Auch u m Heereslieferungen bemühten sich die beiden Oberhoffaktoren, so i n einer Eingabe vom 22. März 1715, i n der sie den K ö n i g u n d Kurfürsten baten, daß ihnen vor allen anderen Personen die Verpflegung der T r u p p e n möge auf getragen werden; dafür versprachen sie, jeden A k k o r d abzuschließen, zu dem andere bereit wären, wenn möglich jedoch noch besser zu akkommodieren und das Interesse ihres Landesfürsten wahrzunehmen. D i e Vorboten des Niederganges der Familie Behrens zeigten sich bereits 1720, als Isaak auf der Reise zur Leipziger Messe auf Befehl des Herzogs von Anhat-Dessau gefangen, ins Gefängnis geworfen und erst nach Zahlung von 2000 R t l r . Buße wieder freigelassen wurde. Bei der Verhaftung, die am 21. A p r i l i n Schadendahl erfolgte, w a r Isaak i m Besitze von Pässen der Könige von Preußen und Polen-Sachsen; auch der Resident Behrend Lehmann, Isaaks Schwiegervater, w a r zugegen; doch das nützte alles nichts. Isaak w u r d e nach Dessau gebracht, obwohl er sogar 20 000 Taler K a u t i o n geboten hatte, u m zur Messe reisen zu können. I n Dessau setzte sich der dortige Hoffaktor W u l f f sofort für seinen Glaubensgenossen ein, u n d Isaak erhielt die Erlaubnis, i m Hause des Hof j u d e n wohnen zu dürfen. I n der Nacht w u r d e er jedoch wieder ins Gefängnis zurückgebracht. D a ließ i h m die F ü r s t i n wenigstens einen besseren Raum anweisen. Gegen Zahlung von 2000 R t l r . u n d Unterzeichnung eines Reverses sollte Behrens freigelassen werden; er
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weigerte sich jedoch, den Revers zu unterschreiben. Statt dessen bot Isaak Behrens dem Offizier 800 Taler Species Dukaten, w o r a u f er wieder i n das Haus des H o f j u d e n zurückgeführt wurde. Nach Ostern k a m jedoch der Offizier m i t dem Geldbeutel zurück u n d forderte die 2000 R t l r . u n d Unterzeichnung eines Reverses. D e r Offizier behauptete, dafi Isaak Behrens diese Summe Dessau schulde. U m endlich frei zu kommen, mußte Isaak nicht n u r die Summe zahlen, sondern auch den Reserve unterzeichnen, von dessen Inhalt uns nichts berichtet w i r d . Behrens soll außerdem über den Dessauer Fürsten Übles geredet haben. Von einer Klage gegen den Fürsten von Dessau sahen die Oberhoffaktoren ab, da sie nach ihrer Angabe „viele negotia" nach Preußen hatten u n d der Dessauer ein Schützling des Königs von Preußen war. D a f ü r baten sie ihren Landesherrn u m die übliche Interzession i n Dessau u n d die Erlangung eines Spezialprotektoriums vom K ö n i g von Preußen. Hannover intervenierte auch sehr energisch i n Anhalt-Dessau. K ö n i g Georg fühlte sich durch die Behandlung seines „Untertanen empfindlich beleidigt" u n d verlangte vom Dessauer Fürsten nicht n u r die Rückzahlung der 2000 R t l r . und Rückgabe des Reverses, sondern auch eine „eklatante Satisfaktion" für seinen Hoffaktor. D i e Dessauer Geheimen Räte antworteten Hannover doch recht k ü h l u n d ausweichend. D i e Angelegenheit wäre eine Zoll- und Kammersache, müßte daher an dieses Departement überwiesen werden. Außerdem stehe der Hof jetzt i m Begriff, aufzubrechen und nach Preußen zu reisen. Darauf w u r d e durch einen besonderen Boten das an den Fürsten gerichtete Schreiben, das die Räte einfach nach Hannover zurückgeschickt hatten, dem Fürsten nachgesandt. D a m i t w a r die Sache erledigt. Hannover unternahm nach dem recht energischen A n l a u f weiter nichts; denn schon nach wenigen Monaten mußten K u r f ü r s t u n d Geheime Räte selber die Brüder Behrens wegen betrügerischen Bankerotts hinter Schloß u n d Riegel setzen 4 9 ; u n d das k a m so. A m 31. März 1721 reisten die Gebrüder Behrens morgens zwischen 6 u n d 7 U h r i n eigenen Kutschen m i t eigenen Pferden von ihrem Hause ab. Sofort entstand i n der Stadt großer Lärm, als wenn beide bankerott gemacht hätten; daher w u r d e n den Flüchtenden sogleich 20 K u r i e r e nachgeschickt. I n Mettlingen i m Hildesheimischen w u r d e n die Behrens eingeholt, verhaftet u n d zunächst dort gefangen gehalten. I h r Wohnhaus w a r inzwischen von 24 Soldaten besetzt, i h r Kontor versiegelt worden. A m 1. A p r i l w u r d e n auch die Sachen, welche die Gebrüder Behrens bei sich hatten, von der Hildesheimer Regierung versiegelt. Als die Gebrüder Behrens
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am 4. A p r i l von Beamten der Hildesheimer Regierung vernommen wurden, wünschten sie, nach Hannover transportiert zu werden; das geschah am 6. A p r i l . Zunächst w u r d e n die Defraudanten i n ihren Häusern getrennt untergebracht u n d scharf bewacht. Sie mußten sich bis auf den Leib ausziehen u n d andere Wäsche anziehen; die alte Wäsche w u r d e i n ein Kästchen gesteckt, das man versiegelte. Später zerschnitt man diese Kleider, u m gegebenenfalls Schmucksachen u n d Wertpapiere zu finden. Doch konnten die untersuchenden Hofräte nichts entdecken; denn Wertsachen u n d Schmuck hatten die Behrens schon vorher an ihren Schwiegervater Behrend Lehmann i n Halberstadt verschickt. D i e Beschuldigten w u r d e n dann häufig vernommen; eine Interims-Bilanz w a r d aufgestellt, die sofort erkennen ließ, daß die Kreditoren nicht befriedigt werden konnten. A m 7. M a i w u r d e n die Defraudanten ins Gefängnis gesetzt, i n Einzelhaft gesteckt, scharf bewacht, u m das Einschmuggeln von Briefen usw. zu verhindern, schließlich auch der T o r t u r unterworfen, ohne jedoch von ihnen etwas herauszubekommen. Über die Konkursmasse w u r d e ein K u r a t o r gesetzt m i t der Aufgabe, den Status festzustellen, die Forderungen einzulösen, das verschobene Vermögen wieder hereinzubekommen u n d damit nach u n d nach die Gläubiger zu befriedigen. D i e Gerichtsverhandlungen zogen sich über 100 Jahre hin, und der ganze Prozeß m i t der Höhe der Summe zeigt, daß es sich u m einen ganz großen Bankerott handelte. Nach fünf Jahren Haft, am 20. Februar 1726, w u r d e n die Gebrüder Behrens entlassen m i t der eidlichen Verpflichtung, ihre Gläubiger zu befriedigen, sobald sie wieder zu Vermögen kämen. Beide mußten außerdem das L a n d verlassen. Leffmanns W i t w e und die Frauen seiner E n k e l erhielten aus der Konkursmasse Alimentationsgelder, u n d zwar jede 21/'e R t l r . wöchentlich u n d 60 R t l r . j ä h r l i c h zur Miete. Auch die von Leffmann gestiftete Synagoge rechnete zur Konkursmasse und wurde daher 1743 öffentlich versteigert. Als Kuriosum verdient Erwähnung, daß 1724 auf dem Klagewege auch die Judenschaft von Hebron Ansprüche an Gelder stellte, die für die A r m e n Palästinas gesammelt u n d bei den Behrens aufbewahrt worden waren. Es ist nicht bekannt, ob ihnen ihre Klage etwas nutzte. D e n gesamten Prozeß i n allen Einzelheiten darzustellen, w ü r d e ein ganzes Buch erfordern; denn nicht nur Hannover ging scharf vor u n d suchte naturgemäß alle Forderungen der Behrens einzutreiben, u m die Kreditoren, meist Untertanen des Staates, zu befriedigen; auch Kurhessen und Preußen griffen stark ein zugunsten von Behrend Lehmann, der Hofbankier Augusts des Starken w a r und von i h m geschützt wurde. Behrend w a r aber auch, da er i n 4
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Halberstadt lebte, preußischer Schutzjude, u n d Friedrich W i l h e l m I., von dem Bestreben beseelt, das Geld seiner Untertanen i m Lande zu halten, schützte auch Behrend Lehmann. Man kann, wenn man die A k t e n studiert, immer wieder nur staunen darüber, m i t welchem Eifer die beiden Monarchen persönlich die Geldinteressen des Hoffaktors Lehmann schützten, obwohl, w i e Hannover i n zahlreichen Noten ganz richtig betonte, die Gebrüder Behrens nicht allein von der Schuld der mecklenburgischen Ritterschaft 68 500 R t l r . an Behrend abgetreten hatten, sondern darüber hinaus noch Juwelen und zahlreiche andere Obligationen, i m ganzen i n Höhe von mehr als 200 000 Rtlrn., also eine gewaltige Summe. Immer wieder gingen die persönlichen Schreiben Augusts des Starken u n d Friedrich Wilhelms I. bei K u r f ü r s t und K ö n i g Georg i n Hannover u n d den dortigen Geheimen Räten ein, u m Lehmann nicht n u r die Gelder zu erhalten, sondern darüber hinaus auch noch die von den Behrens an Lehmann abgetretenen Werte zu realisieren. Behrend Lehmann wurde auf diese Weise, w i e w i r noch bei der Darstellung seiner Tätigkeit sehen werden, dank der H i l f e Preußens sogar Schlofiherr. A u f der anderen Seite w u r d e n die hannoverschen Behörden u n d auch der K u r f ü r s t m i t unzähligen Eingaben der beiden Frauen Behrens angegangen, die, menschlich verständlich, immer wieder das Klagelied über die schlechte Behandl u n g ihrer Männer i m Gefängnis anstimmten u n d ihre Befreiung erbaten. I h r e Behandlung kann jedoch schon deshalb das Maß des damals Üblichen nicht überschritten haben, w e i l beide Behrens nach ihrer Entlassung noch Jahrzehnte lebten, sich bester Gesundheit erfreuten u n d sogar den M u t zu neuen Unternehmungen fanden. Behrend Lehmann, der sich fast 200 000 Taler hatte abtreten lassen, konnte es sich leisten, i n Sachen der Behandlung der Behrens eine ganz kühne Eingabe an den Kurfürsten von Hannover zu senden. Diesen Eingaben stehen gegenüber die ergreifenden Bittgesuche der zahlreichen kleinen Gläubiger, unter ihnen vieler W i t w e n und Waisen, die durch den Zusammenbruch der Behrens u m ihre Ersparnisse gebracht worden und n u n immer wieder bitten mußten, daß man ihnen i n ihrer Notlage auch etwas aus der Konkursmasse zukommen lasse. W e r diese unzähligen Bittgesuche an den Landesherrn liest, dem w i r d die ganze Größe des Unglücks und des Elends bewußt, das solche Zusammenbrüche über zahllose Familien brachten, deren Vertrauensseligkeit ohne Zweifel getäuscht worden war. Jüdische A u t o r e n haben, soweit sie sich m i t dem Konkurs befaßten, die Schuld der Behrens abzuschwächen gesucht, indem sie meinten, diese wären n u r i n den „Verdacht des betrügerischen Bankerotts geraten". D i e A k t e n zeigen jedoch eindeutig, daß von
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einem bloßen „Verdacht" keine Rede sein kann, sondern die Behrens tatsächlich betrügerisch Bankerott gemacht haben. Jahrelang hatten sie den Bankerott zunächst verschleiert, dann 1719, also zwei Jahre vor dem Zusammenbruch, Wertsachen und gut fundierte Forderungen, die man m i t Sicherheit eintreiben konnte, die M i l l i o n e n ausmachten, an Isaaks einflußreichen Schwiegervater Behrend Lehmann Übermacht, u m dann selber die Flucht zu ergreifen. D i e Feststellungen der Kuratoren ergaben, daß die Gebrüder Behrens bereits seit 1714 verschuldet waren; ihre Schulden betrugen 1718 zwar nur 49 114 R t l r . 7 Gr., i m nächsten Jahre jedoch schon 265 065 R t l r . 33 Gr. D a r u n t e r befanden sich angeblich 192 754 R t l r . Schulden an Behrend Lehmann, der dafür nach dieser Berechnung Effekten i m Werte von 228 065 R t l r . erhielt, w o r i n der K u r a t o r aber nur eine Vermögensverschiebung erblickte; 1720 waren 273 596 R t l r . 34 Gr. neue Schulden dazugekommen; davon standen dem Geheimen Kriegsrat von H a t t o r f allein 15 388 R t l r . zu. I n den ersten drei Monaten des Jahrs 1721 ergab sich ein Minus von 180 029 R t l r . 17 Gr. 7V2 Pf. D a z u kamen noch einzelne Posten von 10 191 R t l r . 24 Gr. und Schulden aus den Jahren 1714 bis 1717 i n Höhe von 36 989 R t l r . 1 Gr. 4 Pf. Als Summe „des ganzen Corporis Debendi" wurde festgestellt: 822 533 R t l r . 33 G r . 3V2 Pf., das ist eine für die Finanzverhältnisse der Hoffaktoren i n den norddeutschen Staaten außerordentlich hohe Summe, die uns i n dieser Höhe nirgends begegnet. Es ist möglich, daß Behrend Lehmann m i t ähnlich hohen Posten bei der W a h l August des Starken zum K ö n i g von Polen gearbeitet hat. Gemessen freilich an den Unternehmungen und A b rechnungen der Oppenheimer u n d Wertheimer i n Wien, bleiben auch solche Summen noch u m vieles hinter denen der Wiener Hoffaktoren zurück. D i e Gebrüder Behrens gaben durch ihren „Defensor" nicht weniger als 38 Ursachen für den Zusammenbruch an; von ihnen sollen die wichtigsten angeführt werden, w e i l sie auch ihre Geschäftsund Familienbeziehungen nochmals beleuchten. Danach betrugen die auf sie entfallenden Forderungen an die Krone Englands 88 8 8 8 / 9 Rtlr.; i h r A n t e i l aus der großväterlichen Erbschaft 150 408 R t l r . 27 Gr., die sie jedoch von den Debitoren, „hohen begüterten Herren", nicht eintreiben konnten. Gumpert Behrens hatte als Juwelenhändler großen Stils 1708 für 102 000 R t l r . Juwelen gekauft, u m damit Geschäfte i n Österreich, Preußen und der Pfalz zu machen. D o d i bald starben Kaiser Josef I. (1711), K ö n i g Friedrich I. von Preußen (1713) u n d der K u r f ü r s t von der Pfalz, die „ v o n Juwelen v i e l Wesens machten", u n d das Geschäft k a m nicht zustande. I n Frankreich w u r d e n außerdem die 8
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Leute damals angehalten, keine Juwelen zu kaufen u n d zu tragen, sondern i h r bares Geld auf die Bank zu bringen; das führte zu einem Sturz der Juwelenpreise u m 20 bis 5 0 % . E i n Verlust w a r für die Behrens auch das Geld, das ihnen Dessau abnahm. I h r e n verstorbenen Bruder Jakob Behrens u n d drei Schwestern — von denen uns sonst nichts berichtet w i r d — hätten sie m i t 141 295 R t l r . 28 Gr. an barem Gelde aus der Verlassenschaft abgefunden. D i e Forderung an die kaiserliche Banco del giro mußten sie m i t 3 5 % Verlust abstoßen, u m sie zu realisieren; nach der Angabe des Defensors betrug dieser Posten i n W i e n 50 239 Gulden und 25 Kreuzer. I n die Lüneburger Tuchfabrik, die i h r Vater Moses Jakob geleitet hatte, w o l l t e n die Gebrüder Behrens nach ihrer Angabe 80 000 Taler investiert haben. D e r K u r f ü r s t erließ auch wiederholt Verfügungen an die Generale von B ü l o w und Hardenberg, daß alle „Ober- u n d Unteroffiziere" ihre M o n t u r aus ihrer F a b r i k beziehen sollten. „ D i e Lieferungen w u r d e n jedoch zu Wasser". Als sie dann ihre Tuche i n Preußen absetzen wollten, mißlang dies, da der K ö n i g die E i n f u h r verboten hatte. Dagegen konnten sie nach W i e n und Breslau v i e l Tuch versenden; doch mußten 3 0 % Maut gezahlt werden. So w u r d e n die Tuche verteuert u n d blieben vielfach dort bei den Faktoren liegen oder w u r d e n von den Motten gefressen. M i t den „Hamburger Tüchern" zusammen betrug der Verlust an Kapit a l und Zinsen aus dem Tuchgeschäft 18 972 T i r . 35 Gr. 1 (?) Pf. I m Jahre 1719, als es schon schlecht u m das Unternehmen stand, suchten die Oberhoffaktoren Rettung i m Aktiengeschäft. I h r Verwandter P h i l i p p L e v i Gomperz kaufte für die Behrens i n Amsterdam A k t i e n i m Werte von 4172 T i r . 12 Gr.; es w u r d e jedoch auch ein Minusgeschäft. D a n n versuchten sie nochmals ein Juwelengeschäft m i t den F r a n k f u r t e r Glaubensgenossen Moses Meyer und Salomon Seckel; die von ihnen gekauften B r i l l a n t e n — einen Strauß m i t 10 Pentolotten von B r i l l a n t e n u n d zwei Herzen von B r i l l a n t e n — mußten sie nach ihrer Angabe jedoch m i t 3333 Taler 12 Gr. Verlust 1720 an den Dresdener H o f j u w e l i e r Jonas Meyer, den Schwager Behrend Lehmanns, verkaufen. Als Graf Nostiz sächsisch-polnischer Gesandter i n Hannover war, streckten i h m die Gebrüder Behrens 15 000 Taler vor. Nostiz zahlte jedoch nicht bar zurück, sondern 1720 i n sächsischen Steuergutscheinen, die sie bei dem sächsischen H o f j u d e n M a r x Assur, Lehmanns Buchhalter, i n zwei Terminen m i t Verlust einlösen mußten. A m schwersten wären die Gebrüder nach dem Defensor durch den Aktienhandel, der w i e ein „großes Feuer" an drei verschiedenen
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Punkten Europas aufleuchtete, geschädigt worden. I n England w u r den 75 M i l l i o n e n Pfund Sterling, i n H o l l a n d 300 M i l l i o n e n Gulden, i n Frankreich 800 M i l l i o n e n Livres an A k t i e n ausgegeben. Infolgedessen kündigte man den Oberhoffaktoren viele Kapitalien, w e i l die Besitzer dafür A k t i e n kaufen wollten. U m diese Auszahlungen leisten zu können, mußten die Behrens ihrerseits wieder neue Kapitalien zu hohen Zinsen hereinnehmen. Zur gleichen Zeit konnten sie aber von fast 500 000 Taler Aktivschulden weder K a p i t a l noch Zinsen hereinbekommen. Von 1717 bis 1721 mußten die Brüder Behrens ihren Korrespondenten 22 399 Taler 13 Gr. 6 Pf. Provision zahlen. D e r Bau ihres Hauses m i t Wohnung u n d Kontor stellte sich sehr teuer, w a r jedoch notwendig, da sie „ v i e l e T o n n e n G o l d e s " sicher vor Feuer u n d Diebstahl aufzubewahren hatten. Gumpert Behrens waren i n W i e n einmal Juwelen für 12 233 Vs Taler gestohlen worden. Noch zu Lebzeiten Leffmanns machte die Moseische Diebesbande einen Anschlag auf das Kontor u n d erbeutete 19 349 Taler 30 Gr. 7 Pf. D i e Gebrüder Behrens samt Interessenten hatten nach dem A b leben ihres Großvaters Leffmann vom K ö n i g von Polen, August dem Starken, noch 300 000 holländische Gulden zu fordern, für welche Summe die Generalstaaten Garantie geleistet hatten. A u f Anraten der Justizkanzlei schlossen sie jedoch m i t ihrem Schwiegervater und Vetter Behrend Lehmann, August des Starken Hofbankier, einen A k k o r d , wonach Lehmann den Gebrüdern Behrens die 300 000 Gulden abhandelte; doch verloren sie bei dem Geschäft m i t dem Schwiegervater 4 /g des Gesamt Verlustes von 6000 Talern, nämlich 2666 Taler 24 Gr. Als 36. Ursache gab der Defensor Verluste an, die Gumpert Behrens persönlich, nicht die Firma, als Heereslieferant erlitten hatte. Bevor Gumpert das großväterliche Kontor übernahm, w a r er zusammen m i t seinem Mainzer Glaubensgenossen Heymann oder H a y u m Gundersheim als Lieferant der am Rhein stehenden T r u p pen tätig, wofür er aus der Reichtsoperationskasse i n F r a n k f u r t am M a i n bezahlt werden sollte. D i e beiden Heereslieferanten hatten die gesamte Fourage, Brot, M u n i t i o n usw. zu liefern, w u r d e n jedoch nach ihren Angaben vom Unglück verfolgt. So stieg der Mehlpreis für den Zentner von 2 auf 4 bis 6 Taler. Ebenso ging es m i t H e u und Hafer; über 40 000 Zentner H e u w u r d e n bei Philippsburg vom Rhein überschwemmt. Aus der Reichsoperationskasse hatte Gumpert noch 68 266 Taler 24 Gr. zu fordern, die jedoch i n keine Bilanz gestellt wurden, w e i l diese Summe Gumpert allein anging.
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Gumpert u n d Gundersheim hätten — 37. Ursache — von HessenKassel für die Fournierung der i n Flandern stehenden T r u p p e n an K a p i t a l u n d Zinsen 43 337 Taler 5 Gr. zu fordern. Gumperts A n t e i l wurde m i t 10 714 Taler 1 Gr. 6 Pf. angegeben. D e r Löwenanteil entfiel also diesmal auf den Mainzer Lieferanten Gundersheim, der bei vielen Lieferungen an T r u p p e n i m Westen des Reichs seine H a n d i m Spiele hatte. Als 38. u n d letzte Ursache w u r d e n angegeben: Forderungen an A r o n Beer & Compagnie i n Höhe von 37 155 Taler 16 Gr. 1 Pf. u n d an Andreas Stuhlmacher i n Leipzig i m Betrage von 1204 Taler. D i e A k t i v v e r l u s t e berechnete der Defensor auf 437 883 Taler 10 Gr. 6 2 /3 Pf. Bei einzelnen Posten, welche die Behrens v o l l als A k t i v a einsetzten, ergab sich, daß sie erhebliche Teile davon schon längst eingezogen hatten; so von den Lippischen Obligationen i n Höhe von 27 000 R t l r . bereits 12 000 Taler, hatten also n u r noch 15 000 Taler zu fordern. E r w ä h n u n g verdient auch die Tatsache, daß K u r f ü r s t und K ö n i g Georg wünschte, den Konkurs seiner Oberhoffaktoren zu vermeiden; und am 9. M a i 1721 fragte er aus St. James nochmals bei den Geheimen Räten i n Hannover an, ob es denn keinen anderen Ausweg gebe. Er mußte sich jedoch von seinen Beamten berichten lassen, daß seine Oberhoffaktoren den Bankerott schon lange vorbereitet u n d mehr als 800 000 Taler Schulden gemacht hätten, davon i n den hiesigen Landen allein mehr als 300 000 Taler. D i e Justizkanzlei wies i n ihrem 19 Seiten langen Bericht über die Behrens auch darauf hin, daß die Hoffaktoren, ungeachtet ihrer Schulden, sich „prächtig, herrlich u n d sehr kostbar aufgeführt und ein großes, jederzeit auf ihren Unterhalt, W o h n u n g . . . aufgewendet". A u d i sonst hätten die Behrens verdächtige A k t i o n e n unternommen, die man n u r als Betrügereien bezeichnen könne. So stellten sie einem gewissen Gerding einen K r e d i t b r i e f auf Paris aus, j e d o d i m i t der Ordre, nichts darauf zu bezahlen, sondern erst ihre weiteren Befehle abzuwarten. Bereits bezahlte Obligationen hatten sie, w i e z. B. ein T e i l der Lippischen, wieder an anderen O r t e n zediert. Alles spreche für einen „fraudulosen Bankerott", w a r die Überzeugung der Justizkanzlei, dies u m so mehr, als auch ihre Geschäftsbücher die Bücher von B a n k e r o t t e r e n waren. Auch der Hildesheimer Seckel Nathan w a r i n die Angelegenheit v e r w i c k e l t ; er w u r d e der Beiseiteschaffung von Juwelen angeklagt, weigerte sich aber, i n Hannover zur Vernehmung zu erscheinen. Seckel appellierte sogar an das Reichshofgericht; als hannoversche Soldaten den Versuch machten, Seckel Nathan i n Hildesheim zu ver-
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haften, hatte dieser sich i n einem anderen Hause i n Sicherheit gebracht. Seckel w a r Vorsteher der Hildesheimer Juden; die Stadt wollte i h n auch ausliefern; doch wurde er offenbar von der bischöflichen Regierung geschützt. Es fehlte nicht an Versuchen, in der ganzen Konkursmasse zu einer gütlichen Einigung zu gelangen. D a r u m bemühten sich auf der einen Seite die Frauen der beiden Verhafteten u n d Joseph Dav i d Oppenheimer, auf der anderen Seite besonders adelige Kreditoren, denen offenbar der ganze Prozeß, der mehrere Staaten i n Bewegung hielt, sehr peinlich war. D i e Frauen waren auch bereit, i h r Heiratsgut dem „Corpus bonorum" zuzuschlagen. Andere wiederum waren gegen jeden Vergleich u n d forderten die Inquisition gegen die Behrens wegen betrügerischen Bankerotts. Bevor diese angewandt wurde, holte man das Gutachten der juristischen F a k u l t ä t M a r b u r g ein, ob die T o r t u r hier erlaubt sei. Als dies bejaht wurde, w a r d sie zur A n w e n d u n g gebracht. Das veranlaßte die beiden Frauen zu immer erneuten Eingaben u m Freilassung ihrer Männer. Als der Resident Behrend Lehmann endlich einsah, daß seine Bittgesuche seinen Schützlingen nichts nutzten, machte er das Angebot, alle Obligationen herauszugeben, die auf hannoversche Landeskinder lauteten und 130 000 R t l r . w e r t waren, u n d i m Namen der Familie noch 20 000 R t l r . der Konkursmasse hinzuzufügen. Damit hätte jedoch Lehmann n u r einen T e i l der an i h n zedierten Werte herausgegeben, gerade die Pretiosen u n d die großen Forderungen, w i e die an die mecklenburgische Ritterschaft i n Höhe von 65 500 R t l r . hätte er für sich behalten. F ü r einen Vergleich plädierte auch Raphael L e v y , der Übersetzer der i n hebräischer Sprache abgefaßten Dokumente der Konkursmasse; auch dieser Vesuch schlug jedoch fehl. So ging der K u r a t o r auf dem Prozeßwege gegen alle Schuldner der Behrens vor, trieb ein, was er nur erreichen konnte, u n d aus den Eingängen w u r d e n die Gläubiger der einstigen Oberhof faktoren nach ihrer P r i o r i t ä t zufriedengestellt. Vor allem ging es dem K u r a t o r darum, den Hauptposten einzutreiben, die mehr als 100 00 Rtlr., welche die mecklenburgische Ritterschaft den Gebrüdern Behrens schuldeten, und von denen sie 68 500 R t l r . an Behrend Lehmann zediert hatten. D e r Ansicht des Kurators, daß diese Vermögensüberweisungen i n betrügerischer Absicht erfolgt seien, trat auch ein Gutachten der juristischen F a k u l tät i n Tübingen bei. Gegen den Residenten konnte sich der Kurator nicht durchsetzen, da dieser i n seinen Ansprüchen von Preußen geschützt wurde. Dagegen w u r d e die mecklenburgische Ritterschaft nach langem Schriftwechsel angehalten, K a p i t a l u n d Zinsen bis zu
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der Zeit, da die Zession an den Residenten Lehmann geschehen, zu entrichten. D i e Zinsen für die spätere Zeit w u r d e n erlassen. Der Konkursmasse kamen daraus immerhin 136 112 R t l r . zugute. D e r K u r a t o r ging dann erneut gegen den Residenten u n d dessen drei Söhne Lehmann Behrend — später Nachfolger i m A m t e seines Vaters als kursächsischer Hoffaktor — Gumperts u n d Kosmann vor, da Behrend Lehmann auch viele Pretiosen und andere Obligationen erhalten hatte, und zu deren Herausgabe er v e r u r t e i l t worden w a r ; Lehmann lehnte natürlich die Zahlung ab. D e r Resident besaß jedoch Güter i n Blankenburg am Harz; der K u r a t o r stellte daher bei der herzoglichen Regierung i n Wolfenbüttel den Antrag, diese mit Beschlag zu belegen. Bevor es jedoch zum gerichtlichen U r t e i l kam, starb der Resident 1730. D e r K u r a t o r ging j e t z t gegen Lehmanns Erben vor; Gumperts und Kosmann waren jedoch noch m i n d e r j ä h r i g . Als beide später sich i n Hannover niederließen, forderte der K u r a t o r erneut die Herausgabe des väterlichen Nachlasses an die Konkursmasse. Sie leugneten zuerst, ihren Vater beerbt zu haben. Nachdem jedoch festgestellt wurde, daß i h r ältester Bruder i n D e t m o l d aus der Erbmasse 12 000 R t l r . abgehoben hatte, entschied die Juristenfakultät zu Wittenberg, die Söhne müßten nach dem Verhältnis ihres väterlichen Erbteils zahlen. Aber die Beklagten hatten ihre Verbindungen und wußten sich zu helfen. D e r Kammeragent Michael D a v i d , der neue Stern unter den hannoverschen Hoffaktoren, hatte des Residenten W i t w e geheiratet, w a r also der Stiefvater der Beklagten geworden. Er besaß auch lebhafte Geschäftsverbindungen nach Hessen-Kassel. Also baten Lehmanns Söhne die Juristenfakultät M a r b u r g ebenfalls um ein Gutachten, das ihnen am 23. März 1737 das „beneficium restitutionis in i n t e g r u m " zusprach. Dagegen wandte sich wiederum der Kurator. 1730 hätten die beiden Beklagten ihrem ältesten Bruder die Erbschaft gegen völlige Genugtuung zediert, jetzt wäre derselbe bankerott und könne keine Zahlungen leisten. Daß jedoch die Erbschaft beträchtlich gewesen w a r , ginge aus der Tatsache hervor, daß ein Miterbe, der Kaiserliche H o f f a k t o r Löb Werth e i m e r , Gatte von Serchen, der Tochter des Residenten, allein zwei Wechselbriefe zu j e 10 000 R t l r . und noch mehrere andere Obligationen aus der Erbschaft eingefordert hätte. F ü r den K u r a t o r w a r dies Anlaß, auch gegen Löb Wertheimer klagbar vorzugehen. Von Gumperts u n d Kosmann Lehmann forderte der Kurator, wenigstens pro rata ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, und die Justizkanzlei entschied am 26. A p r i l 1737 i m Sinne des
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Kurators u n d der Juristischen F a k u l t ä t Wittenberg. D e r Prozeß zog sich weiter i n die Länge. U m die Beschlagnahme des Gesamtvermögens der Gebrüder Lehmann zu verhüten, hinterlegte Michael D a v i d , i h r Stiefvater, für sie eine K a u t i o n von 40 000 R t l r . D e r K u r a t o r w a r damit keineswegs zufrieden. Er verlangte, das von dem Residenten i n Blankenburg hinterlassene G u t so lange unter Sequester zu stellen, bis auch die übrigen Erben i h r e n Zahlungsverpflichtungen an die Konkursmasse gerecht geworden. Kosmann Lehmann stellte n u n die Behauptung auf, dieses G u t wäre i h m von seinem Vater als Praelegat vermacht worden. Das Oberappellationsgericht i n Celle fällte darauf am 9. Januar 1740 das Urteil,, daß k e i n Sequester verfügt werden, der Besitzer das G u t jedoch auch nicht verkaufen dürfe. E i n entsprechendes Schreiben ging an die Fürstlich Blankenburgische Regierung ab. Kosmann jedoch, h i e r i n der echte Sohn seines Vaters, hatte sich schnell nach Braunschweig begeben und von dort aus das Gut verkauft u n d die Gelder einkassiert. Das Appellationsgericht verlangte jetzt zwar von Blankenburg die Beschlagnahme der Gelder, doch lehnte die Fürstliche Regierung ab. So hatten zum Schluß die Brüder Lehmann den hannoverschen Behörden noch ein Schnippchen geschlagen w i e einst i h r Vater, der Resident; sie blieben i m Besitz der Gelder. W i r werden uns m i t ihnen noch i n dem Abschnitt über Behrend Lehmann beschäftigen 50 . W i r beschließen unsere Ausführungen über die Oberhoffaktoren Behrens m i t einigen Sätzen über i h r weiteres Schicksal. Nach der Ausweisung zogen Gumpert u n d Isaak Behrens zunächst nach Halle, dann nach H a m b u r g u n d zuletzt nach Altona. Feile, Leffmann Behrens W i t w e , hielt sich später i n Kopenhagen auf; sie starb 1727. Gumperts F r a u Sprinze w a r bereits 1726 gestorben; von Gumpert selbst ist uns weiter nichts bekannt. Dagegen k o m m t Isaak Behrens m i t zwei Söhnen nochmals i n den A k t e n vor. V o n seinen sechs Söhnen w u r d e Jakob Rabbiner i n Halberstadt, dort hatte j a sein Großvater Behrend Lehmann bis zu seinem Tode gelebt. Jakob Behrens starb 1784, seine Nachkommen zogen nach Kopenhagen. Isaak Behrens erhielt 1745 erneut die Erlaubnis, die hannoverschen Lande betreten zu dürfen. Von seinen Söhnen machten der eben genannte Jakob und Lehmann am 15. Juni 1745 eine Eingabe an den F r e i h e r r n von Münchhausen, Geheimen Rat u n d Großvogt. Lehmann Behrens führte darin aus, daß er i n Göttingen studiert und sich nach beendetem Studium dem Freiherrn vorgestellt, der i h n seiner Gnade versichert hätte. Dies gäbe i h m den Mut, beiliegendes Memorial zu überreichen, w o r i n „ w i r Söhne des Unglück-
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H f f a k t o r e n aus dem Kreise der Familie Behrens
liehen Isaak Behrens Allerflehentlichst Bitten, diesem die freie Paß- u n d Repassierung durch die k g l . und K u r l a n d e zu gestatten u n d i h n von dem geleisteten Eide zu entbinden." I h r Vater habe von dem Könige von Dänemark das Geleit für Schleswig erhalten, dort könne er jedoch nicht viel verdienen. W e n n er dagegen wieder durch die kgl. Lande reisen dürfte, w ü r d e er ein schönes Stück Geld verdienen u n d könnte das „corpus bonorum" bereichern. D a die befaßten Stellen keine Bedenken hatten, Isaak auch nicht so belastet galt w i e Gumpert, erhielt der ehemalige Hoffaktor am 11. September 1745 die Erlaubnis, zu Geschäftszwecken die hiesigen Lande wieder betreten zu dürfen. Isaak verstand es bald, zu vornehmen Kreisen erneut Beziehungen anzuknüpfen; denn ein Graf von der Schulenburg braucht zum Beispiel i n einem Prozefi das Attest seitens Hannover, daß Isaak Behrens die Erlaubnis habe, wieder i n die hiesigen Lande zu kommen, das i h m wunschgemäß am 7. März 1746 erteilt wurde. Isaak Behrens hielt sich jedoch nicht an die erhaltene Konzession. E r trieb eigenen Handel und wohnte mit seinem Sohne zwei Jahre ständig i n Hannover. Daher erfolgte am 25. August 1747 die erneute Ausweisung; ebenso w u r d e verfügt, daß er von einem anderen Schutzjuden auch nicht als Knecht angenommen werden dürfe. F ü r seine Prozesse konnte er sich einen Vertreter halten. Persönlich w u r d e i h m n u r die Durchreise oder Reise zu öffentlichen M ä r k t e n gestattet. D i e letzten Lebensjahre verbrachte Isaak Behrens bei seinem Sohne Lehmann, der i n Rendsburg als A r z t w i r k t e . D o r t ist er am 11. September 1765 gestorben; er w u r d e auf den jüdischen Friedhof i n Hannover ü b e r f ü h r t 5 1 .
Hoffaktoren aus dem Kreise der Familie Behrens Zur nächsten Verwandtschaft Leffmann Behrens* zählten auch mehrere H o f j u d e n ; erwähnt w u r d e bereits S a l o m o n P h i l i p p , Schwiegersohn des Herz Behrens, der H o f - u n d K a m m e r a g e n t des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz wurde. Bekannter sind jedoch mehrere Mitglieder der Familie Oppenheim, die sich in Hannover niederließen. A n erster Stelle ist Leffmanns Schwiegersohn, der aus Worms gebürtige D a v i d O p p e η h e i m zu nennen, der 1681 dessen Tochter Gnendel geheiratet hatte, seit 1689 Rabbiner zu N i k o l s b u r g i n Mähren, seit 1702 i n Prag war, 1718 Oberlandesrabbiner von Böhmen wurde u n d sich schließlich dank seiner engen verwandtschaftlichen
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Beziehungen i n Hannover niederlassen durfte. Er w i r d i n den A k t e n auch als A g e n t bezeichnet, ohne daß ersichtlich ist, ob er hannoverscher Agent gewesen ist; wahrscheinlich w a r er Agent der Behrens i n Österreich. Auch D a v i d Oppenheim genoß die Gunst des Kurfürsten von Hannover, der am 13. Januar 1702 ein warmes Empfehlungsschreiben für den Schwiegersohn seines Hofbankiers an den G r u n d h e r r n von Nikolsburg, den Fürsten von Dietrichstein, sandte. A m 25. J u l i 1703 bat Leffmann den Kurfürsten, seinem Schwiegersohn die schriftliche Konzession zu erteilen, m i t F r a u und K i n d e r n auf der hiesigen Neustadt wohnen zu dürfen, wenn er i n die hiesigen Lande reise. Noch am gleichen Tage w u r d e dieser Wunsch erfüllt; damit w a r der Anfang für die dauernde Niederlassung der Familie Oppenheim i n Hannover gemacht. Als Leffmann gestorben war, machten Oppenheim u n d Sohn eine Eingabe und baten den Kurfürsten u m einen dauernden Geleitbrief m i t dem Recht, sich eine „ W o h n u n g e i g e n t ü m l i c h " anzuschaffen. I h r Gesuch begründeten sie m i t der Notwendigkeit, sich wegen der Nachlaßregelung Leffmanns längere Zeit i n Hannover aufhalten zu müssen. D a v i d , der bald Oppenheim, bald Oppenheimer genannt w i r d , lebte von 1664—1736. Das Judentum preist i h n vor allem als gelehrten Rabbiner und weisen Talmudkenner, der eine große Bibliothek sammelte, die später nach England gelangte, w o sie heute einen Bestandteil der Universitätsbibliothek von O x f o r d bildet. Rabbiner u n d Geldwechsler zugleich w a r sein Sohn, der stets J o s e p h D a v i d O p p e n h e i m e r genannt w i r d . Er w i r k t e zunächst als Rabbiner i n der großen jüdischen Gemeinde Holleschau i n Mähren, bis er sich dann dauernd i n Hannover als Juwelenhändler u n d Geldverleiher niederließ. Er heiratete Tolze, die Tochter des großen H o f j u d e n Wertheimer i n Wien, u n d w u r d e als dessen Schwiegersohn 1721 kaiserlicher Faktor i n Hannover, w o i m 18. und 19. Jahrhundert mehrere Juden wohnten, die Hoffaktoren auswärtiger Höfe waren. Joseph D a v i d Oppenheimer betrieb einen ausgedehnten Geld- u n d Juwelenhandel m i t Lippe-Detmold, w o der Hoffaktor Joseph Isaak sein Vertrauensmann war, u n d m i t süddeutschen Höfen. W e n n er auf Geschäftsreisen ging, w a r er dank der Stellung seines Schwiegervaters i m Besitze der verschiedensten Pässe, die i h m alle Wege ebnen sollten. So stellte Herzog L u d w i g Rudolph zu Braunschweig-Wolfenbüttel am 27. Dezember 1713 i n Ü t t i n g e n dem Tochtermann Wertheimers einen Geleitpaß aus, dam i t dieser zoll- u n d mautfrei m i t Familie über Bamberg nach Hannover reisen konnte, nachdem er sich fünf Monate i n Eger aufgehalten hatte. Ebenso erhielt Oppenheimer Pässe vom Kurfürsten
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von Mainz am 3. Januar 1714 u n d von Sachsen-Polen am 12. Januar. Diese Pässe trugen den V e r m e r k : „ A u f Ersuchen des Oberfaktors u n d Oberrabbi S. Wertheimer." A m 15. Februar des gleichen Jahres verfügte dann auch noch der K u r f ü r s t von Hannover, dafi J. D . Oppenheimer, der inzwischen bis Leipzig gelangt war, auch nach Hannover sicher reisen dürfe. F ü r die einflufireiche Stellung u n d die Geschäftspraxis Oppenheimers ist kennzeichnend, dafi i h n der hessische Kammerpräsident von D a l w i g k i n Kassel m i t den W o r t e n : „Vielgeehrter H e r r Fakt o r ! " anredete, als es zu einer Intervention i n Kassel k a m wegen Gelder, die Landgraf F r i e d r i c h I. Leffmanns Erben, also auch J. D . Oppenheimer, schuldete. F ü r die Praxis des kaiserlichen Faktors zeugt ein B r i e f an einen „Hochwohlgeborenen Gnädigen H e r r n " , i n dem er diesem eine Toilette von 500 R t l r . W e r t anbot, falls dieser durch sein Verhalten dafür sorge, dafi er bald zu seinem Gelde käme. Es w a r ein Versuch, die entscheidende Stelle durch ein Douceur zu gewinnen. Als er 1739 starb, erschien dies Ereignis dem Chronisten so bemerkenswert, dafi er die Eintragung machte: „ D e n 21. Juli starb der Jude Joseph D a v i d Oppenheimer, Kaiserlicher Agent, auf der Bäckerstraße wohnhaft, u n d hinterließ eine Bibliothek, die wenigstens auf 150 000 Thaler geschätzt ward." D i e Tochter dieses kaiserlichen Agenten, namens Gnendel, w u r d e die G a t t i n des Hildesheimer Kammeragenten Herschel Isaak Oppenheimer. Das Beispiel zeigt: Söhne u n d Schwiegersöhne der Hoffaktoren w u r d e n wieder Hof Juden; i n manchen Familien riß die Kette durch keine Generation ab. E i n anderer Oppenheim, ein Sohn des großen Wiener Faktors Samuel Oppenheimer, namens S i m o n W o l f Oppenheim, heiratete Leffmanns E n k e l i n Frade, eine Tochter des Moses Jakob Behrens, u n d begründete das Bankhaus Oppenheim i n Hannover. Von seinen Söhnen w a r M o s e s O p p e n h e i m wiederum Schwiegersohn des Breslauer Münzentrepreneurs P h i l i p p Lazarus Hirschel; der andere Sohn J a k o b O p p e n h e i m w u r d e durch seine zweite F r a u Edel der Schwager des Hildesheimer Kammeragenten Herschel Isaak Oppenheimer. Jakobs Sohn W o l f Jakob heiratete Mirel, eine E n k e l i n des Residenten Lehmann, dessen Sohn Lehmann gleichfalls Hoffaktor i n Dresden war. Dieser W o l f J a k o b O p p e n h e i m , aufs engste verbunden m i t der damaligen Hofjudenschaft, verdient noch deshalb besondere Erwähnung, w e i l i m Jahre 1765 i n seinem Hause Meyer Amschel Rothschild aus F r a n k f u r t a. M. i n die Geschäftspraxis der Hoffaktoren eingeführt wurde. Sein Lehrmeister ahnte gewiß nicht, daß dieser L e h r l i n g einmal alle H o f j u d e n an
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Reichtum u n d Macht übertrumpfen sollte W o l f Jakob Oppenheim starb am 12. A p r i l 1797. Seine Tochter Friederike t r a t m i t ihrem Gatten, einem Hof rat, bereits zum Christentum über; beider Sohn, also Oppenheims Enkel, w u r d e Legationsrat. Leffmann Behrens' Vertreter i n Düsseldorf w a r sein Glaubensgenossen J o s e f J a k o b v a n G e l d e r n ; er wurde am 7. J u l i 1710 vom Kurfürsten von Hannover zum F a k t o r bestellt, da er „ m i t unserem Hof- u n d Kammeragenten Leffmann Behrens i n H a n d l u n g " stand. H i e r haben w i r ein Beispiel dafür, daß Hannover an auswärtigen Höfen wohnende u n d tätige Juden zu Faktoren ernannte. Joseph Jakob van Geldern, Heines A h n h e r r mütterlicherseits, sandte daraf ein warmes Dankschreiben an den Kurfürsten und versicherte, daß er die gnädigsten Befehle m i t äußersten Kräften ausführen werde. Aus Düsseldorf k a m auch die Familie Levi, die sich i n Hannover niederließ u n d nach i h r m Herkunftsorte auch Düsseldorf nannte. Salomon L e v i w u r d e i n Hannover ansässig, w e i l es der Wohnsitz seiner Großmutter Gela Gans w a r ; außerdem w a r er m i t der Familie Behrens verwandt; denn der alte Leffmann w a r sein Stiefgroßvater. S a l o m o n L e v i w u r d e 1719 H o f j u w e l i e r . I n einer Eingabe bat er den Kurfürsten ausdrücklich u m diese Würde, da er wegen des Juwelenhandels viele Beschwerden auszustehen habe. Der „liebe getreue Salomon L e v i " w u r d e darauf als H o f j u w e l i e r i n den Dienst gestellt u n d sollte von jedermann dafür gehalten werden. E t w a zwanzig Jahre später, am 13. Juni 1738, bat der H o f j u w e lier Salomon L e v i den Kurfürsten, m i t Rücksicht auf sein A l t e r seine beiden Söhne Nathan u n d Moses zu H o f j u w e l i e r e n m i t den Rechten K g l . Bedienter zu ernennen. Doch vorerst w u r d e n u r N a t h a n L e v i H o f j u w e l i e r . Als dieser 1742 starb, k a m Salomon L e v i m i t dem Bittgesuch, n u n seinen Schwiegersohn A a r o n S c h l e s i n g e r zum H o f j u w e l i e r zu ernennen, welche Bitte noch am Tage des Eingangs erfüllt wurde. Schließlich erreichte auch der zuerst übergangene M o s e s L e v i 1745 seine Ernennung zum Η ο fj u w e 1 i e r. I n seiner Eingabe erinnerte er daran, daß seine Familie bei der Verheiratung einer Prinzessin von Dänemark dem Hofe Dienste geleistet habe. Salomon Levi, das H a u p t der Familie, hatte 1744 ein Geschenk von 100 R t l r . erhalten als Auszeichnung für die Beschaffung der Juwelen zur Krone aus Anlaß der Vermählung der Prinzessin Luise von Großbritannien m i t dem Prinzen von Dänemark. Das w a r eine ungewöhnliche E h r u n g des Hofjuweliers. D i e Familie L e v i stand auch i n Geschäftsverbindungen m i t dem
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Grafen Simon Henrich A d o l p h von Lippe-Detmold, der ihnen 1733 an K a p i t a l u n d Zinsen seit dem 1. Januar 1729, wozu noch Wechsel am 11. September 1731 u n d am 12. September 1732 gekommen waren, die Summe von 16 380 R t l r . schuldete. Lippes Mittelsmann w a r der Detmolder Hoffaktor Joseph Isaak, der von den Levis nicht nur Juwelen, sondern auch W e i n erhandeln mußte. Hannover intervenierte mehrfach i n D e t m o l d zugunsten seiner H o f j u w e l i e r e . Von der Familie L e v i w u r d e n demnach vier Mitglieder H o f j u w e l i e r e ; die Familie w a r durch Heiraten wieder eng verbunden m i t der Hoffaktorenfamilie D a v i d i n Hannover und der H o f j u d e n f a m i l i e Schlesinger i n Wien. Moses Levis Sohn heiratete 1765 nach B e r l i n u n d w u r d e preußischer Seidenfabrikant. Schließlich erscheint i n Hannover auch Leffmanns Berliner Verwandtschaft. Leffmann Behrens' Vetter i n B e r l i n w a r der bekannte H o f j u w e l i e r Jost Liebmann. Dessen Sohn I s a a k L i e b m a n n w a r geschäftlich auch i n Hannover tätig; er w i r d i n hannoverschen A k t e n als „ K g l . Preußischer H o f j u d e " bezeichnet; seine W i t w e wurde gleichfalls preußische H o f j u w e l i e r i n . Isaak Liebmann betätigte sich i n Gemeinschaft m i t den hannoverschen Glaubensgenossen W o l f Oppenheim, Salomon Levi, Gumpert Behrens und Michael D a v i d als Pferdelieferant für den dänischen Hof; i m Jahre 1711 wurden nicht weniger als 2000 Pferde geliefert. Liebmann kontrahierte m i t den hannoverschen Glaubensgenossen auf einer Zusammenkunft i n Magdeburg, w o , Oppenheim u n d L e v i m i t Liebmann auf der Grundlage abschlossen, daß der Berliner allein V3, die hannoverschen Entrepreneurs zusammen 2 /3 liefern sollten. Dementsprechend hatte auch die Bezahlung durch Wechsel zu erfolgen; Mittelsmann w a r Liebmanns Schwager i n H a m b u r g Berendt Salomon. D e n d r i t t e n Wechsel steckte jedoch Isaak Liebmann allein ein; die hannoverschen Kontrahenten forderten daher ihre 2/3 von 17 0Q0 Kr., nämlich 11 333V3 K r . Sie versuchten, ihre Forderungen durch Hannovers Intervention i n Kopenhagen einzutreiben. Aus einer Eingabe von Isaak Liebmanns W i t w e an den Kurfürsten von Hannover i m Jahre 1713 erfahren w i r , daß Isaak Liebmann vor zwei Jahren, also 1711, „eine Summe Geldes vor Ihre Kgl. Majestät in Dennemarck sollici tiret" und m i t dem Kurfürsten m ü n d l i c h gesprochen hat. Isaak Liebmanns W i t w e w o l l t e sich nun an den Kgl. Dänischen H o f begeben und bat den Kurfürsten von Hannover u m das Zeugnis, daß i h r verstorbener Mann damals „Mühe und Fleiß aufgewendet". A m 25. März 1713 wurde ihrer Bitte entsprochen und nach Husum ein Schreiben des Inhalts geschickt, daß „ W i r uns noch gern erinnern, daß ermeldeter Liebmann vor zwei Jahren hier
Die Hoffaktorenfamilie
Cohen
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war, u m wegen einer Summe Geldes für den Kgl. Hof zu Dänemark allhier zu negotiieren, m i t uns gesprochen u n d Vorschläge getan. Das k a n n der W i t w e bestätigt werden." Das Schreiben w a r an einen Beamten zu Husum, wahrscheinlich Hannovers dortigen Vertreter, gerichtet. Isaak Liebmann w a r demnach an den Geldgeschäften beteiligt, die hannoversche Hoffaktoren m i t dem Hause SchleswigHolstein tätigten. I m Nordischen Kriege w a r er Kriegslieferant 5 2 .
Die Hoffaktorenfamilie Cohen D i e Cohen sind ein Seitentrieb der Behrens; daher schließen w i r ihre T ä t i g k e i t auch an die Geschichte dieser Familie an. Über ihre geschäftlichen Unternehmungen i m einzelnen sind w i r zwar weniger gut unterrichtet, dafür erscheinen aber ihre Mitglieder m i t einer Reihe neuer Titel, so daß die Geschichte der Cohen die Institution des Hofjudentums wieder von einer anderen Seite beleuchtet. Eine Tochter von Herz Behrens, also Leffmanns Enkelin, heiratete Seligmann, den Pflegesohn des Berend Cohen i n Hamburg. M i t Seligmanns Sohn Herz Seligmann Cohen, dem U r e n k e l Leffmann Behrens, begann der neue Aufstieg der Familie. Seine F r a u M a l k a war die E n k e l i n des Rabbiners A b r a h a m Liebmann aus der bekannten Berliner H o f j u d e n f a m i l i e Liebmann, so daß auch bei der ersten Generation der Cohen die Beziehungen zur Familie Liebmann ebenso gegeben waren w i e zu Beginn des Aufstiegs der Behrens. Herz Seligmann Cohens u n d Malkas Söhne L e f f m a n n und A b r a h a m erneuerten das alte Haus i n Hannover unter der F i r m a : Bankhaus L e f f m a n n & A b r a h a m H e r z Cohen, das bis i n die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts i n der Weifenstadt bestanden hat. Das Bankaus Cohen lieh Hof u n d Staat wiederholt Gelder; daher erhielten mehrere Mitglieder der Familie auch amtl i c h ihre Bestallung als Hofbankiers. L e f f m a n n H e r z C o h e n w u r d e 1791 K r i e g s a g e η t. I n einer Eingabe vom 10. März bat Cohen u m diesen Charakter zur Förderung seines Kredits; die Geheimen Räte hatten i h m bisher die Übernahme großer Summen aus England übertragen. Cohen wies darauf hin, unter Außerachtlassung des eigenen Vorteils n u r das Interesse der herrschaftlichen Kassen wahrgenommen zu haben; jetzt wären aufs neue ansehnliche Summen von daher zu übertragen. Das Bankhaus Cohen w a r also an ähnlichen Geschäften be-
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Die Hoffaktorenfamilie
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teiligt w i e später das Haus Rothschild. D i e W ü r d e eines Kriegsagenten hatte damals Salomon Michael D a v i d inne, dessen Ableben k u r z vorher erfolgt war. Aber auch S. M. Davids zweiter Sohn P h i l i p p Salomon bewarb sich u m die Stelle, die sein Vater bekleidet hatte. Das Rennen gewann Cohen, da sich die Geheimen Räte zu seinen Gunsten aussprachen. Sie betonten i n ihrem Bericht vom 8. A p r i l 1791 an den K ö n i g von England, daß Cohen persönlich ein großes Vermögen, großen K r e d i t i m In- u n d Auslande besitze, ein geschickter Bankiers sei, der die Geschäfte m i t den englischen Bonds tätigte und auch jetzt noch die Einziehung der Dividenden besorge. A m 26. A p r i l unterzeichnete daher Georg I I I . zu St. James das Statut für den Kriegsagenten Leffmann Herz Cohen. D u r c h Resolution vom 3. M a i w u r d e jedoch dem neuernannten Kriegsagenten mitgeteilt, daß i h m der T i t e l keinerlei Vorrechte bei Geldgeschäften verleihe. D e r Kriegsagent Leffmann Herz Cohen w a r auch Η ο f b a η k i e r des evangelischen Bischofs F r i e d r i c h von Osnabrück, Herzogs von York, der umfangreiche Geldgeschäfte i n englischen Staatspapieren tätigte, für deren D u r c h f ü h r u n g i h m Cohen die erforderlichen Gelder, meist recht beträchtliche Summen, vorstreckte. So lieh der Hofbankier allein 1784 dem Bischof 22 500 R t l r . zu 4 % . Auch Wechsel mußte Cohen für den Herzog von Y o r k einkaufen; i m gleichen Jahre zum Beispiel für 37 416 R t l r . 23 Gr. 6 Pf. D i e Einzahlung von Zinsen gehörte gleichfalls zu den Aufgaben des bischöflich-herzoglichen Hofbankiers, ferner Zahlungen an auswärtige Plätze, so nach Berlin, Braunschweig, Bremen, Kassel, Leipzig und Dresden. Noch 1786 tätigte Cohen Geschäfte für Bischof Friedrich; dann w u r d e er von einem Mitgliede der Familie D a v i d verdrängt. Einen amtlichen T i t e l hat Leffmann Herz Cohen während seiner Tätigkeit als Hofbankier des Bischofs von Osnabrück nicht geführt. D e r erste Kriegsagent Cohen starb am 5. März 1813. Von seinen Söhnen erhielt 1816 Jakob, der von 1772 bis 1847 lebte, den T i t e l eines Kriegsagenten. A m 27. Dezember 1815 machte der „untertänigste D i e n e r " Jakob Leffmann Cohen die entsprechende Eingabe, i n der er darauf hinwies, daß er als ältester Sohn seit mehr als 20 Jahren i n dem Geschäfte seines Vaters arbeite, und daß er die vielen Aufträge der Kgl. Regierung w i e sein Vater getreulich u n d m i t Fleiß ausgeführt habe. W ä h r e n d der feindlichen O k k u p a t i o n leistete sein Vater „aus wahrem Patriotismus u n d A n hänglichkeit bedeutende Vorschüsse". D a es seinem Vater nicht mehr vergönnt war, die Wiederherstellung der rechtmäßigen H e r r schaft zu erleben u n d von dieser eine Kgl. Gnade zu erbitten, so
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Cohen
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komme er als ältester Sohn u m den T i t e l „Kriegsagent" ein. Nachdem auch die F i r m a Cohen nochmals eine Eingabe gemacht u n d die Räte sich dafür ausgesprochen hatten, w u r d e das Patent für den K r i e g s a g e n t e n J a k o b L e f f m a n n C o h e n zur Carlton House am 13. Februar 1816 unterzeichnet; auch diesmal m i t der Einschränkung, dafi m i t dem Patent keinerlei Vorrechte i n Geldgeschäften verbunden seien. D e r zweite Kriegsagent Cohen w a r m i t Lea Samson verheiratet, deren Vater Herz Samson als Landrabbiner und Hoffaktor i n Braunschweig-Wolfenbüttel w i r k t e ; ihre M u t t e r Scheindel stammte aus der Hildesheimer Hoffaktorenfamilie Oppenheimer. So standen auch die Cohen i n engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu einflufireichen H o f j u d e n f a m i l i e n i n Norddeutschland. Jakob Leffmann Cohen errichtete eine Stiftung zur „Unterstützung inländischer Israeliten, welche einem Handwerke oder einer Kunst sich widmeten", die er m i t 4000 Silberrubeln ausstattete; die Stiftung w u r d e am 24. J u l i von den Behörden genehmigt. U m die gleiche Zeit w u r d e ein anderer Sohn des ersten Kriegsagenten Kammeragent, da die Kammeragentie frei geworden u n d die Geschäfte bereits zur Zufriedenheit von dem Bankhaus Cohen besorgt worden waren. A b r a h a m H e r z C o h e n bewarb sich daher u m die W ü r d e eines K a m m e r a g e n t e n . D i e Räte befürworteten am 11. Dezember 1815 seine Ernennung, da der letzte Kammeragent Elias Meyer Michael D a v i d bereits vor einigen Jahren verstorben war. Seit Jahren besorgten schon die Bankiers Cohen die Zahlungen an die Kgl. Gesandtschaften i m Auslande und die weitläufigen Geschäfte der Kriegskasse. Außerdem hatte das Bankhaus Cohen i m Anfang der Reokkupation des Landes nach Napoleons Sturz durch Vorschüsse u n d sonstige Verwendungen H i l f e geleistet. M i t der Kammeragentie w a r verbunden 1. eine Provision von 1 % auf die auswärts geleisteten Zahlungen, 2. eine Besoldung von j ä h r l i c h 300 R t l r . A u f die Besoldung leistete jedoch A b r a h a m Herz Cohen i m voraus f r e i w i l l i g Verzicht; so w u r d e i h m am 4. Januar 1816 die Kammeragentie übertragen. Von der Familie Cohen w u r d e n demnach drei Mitglieder durch H o f t i t e l ausgezeichnet, der Vater w a r Kriegsagent, zwei Söhne Kammer- u n d Kriegsagenten. E i n d r i t t e r Sohn des Kriegsagenten, S e l i g L e f f m a n n C o h e n , gestorben 1819, w a r m i t Lea, der Tochter des Wolfenbütteler Hoffaktors P h i l i p p Samson, verheiratet. D i e Tochter des Kriegsagenten Jakob Leffmann Cohen, Jeanette, w u r d e die zweite G a t t i n des großen Hof5 Schnee, Hoffinanz I I
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Hof faktoren der Familie Behrens-Cohen i m Dienste der Weifen
finanziere Israel Jacobson; sie starb 1871. D e r Mitbegründer des Bankhauses, A b r a h a m Herz Cohen, hatte i n die i n Celle ansässige Hoffaktorenfamilie Gans geheiratet; seine F r a u Madel w a r eine Tochter des Isaak Jakob Gans, der i n Celle eine jüdische Fideikommißstiftung errichtete. So waren auch die Cohen, w i e einst die Behrens, Familienverbindungen m i t einflußreichen Hofjudenfamilien eingegangen. I n ihren Bewerbungen hatten die Cohen m i t Recht auf ihre dem Lande geleisteten Dienste hingewiesen. Sie bestanden i n der Hauptsache darin, daß während der ersten französischen O k k u p a t i o n des Landes unter der D i r e k t i o n der Minister von der Decken und Grote Überschüsse verschiedener Departementskassen bei den Kammeragenten D a v i d u n d dem Kriegsagenten Cohen heimlich zinsbar angelegt wurden, u m sie zur Besoldung der Beamten, Zahlung der Pension u. a. zu verwenden. Beim Kriegsagenten Cohen w u r d e n 33 393 R t l r . 19 Mgr. verwahrt. Außerdem w u r d e zu Beginn der zweiten französischen Besatzung eine zweite Geheimkasse i m dänischen A l t o n a angelegt, die man 1808 nach H a m b u r g verlegte. D i e Gesamteinnahme dieser Kasse betrug vom 18. September 1806 bis zum 8. Januar 1810 aus englischen Subsidien, Zinsen der englischen Stocks u n d anderer K a p i t a l i e n 136 000 R t l r . D e r i n H a m b u r g lebende Sohn des Kriegsagenten, Selig Leffmann Cohen, sandte n u n diese Gelder i n Wechseln an seinen Vater i n Hannover, dessen Bankgeschäft dann auf O r d r e der Minister von der Decken u n d v. Bremer von 1806—1810 an höhere Staatsbeamte, adelige Hofbeamte usw., die außer Dienst gesetzt waren, die Gehälter zahlte. D i e Unterbeamten jedoch, die es verschmähten, i n französische Dienste zu treten, hat Cohen nicht berücksichtigt. Es darf nicht übersehen werden, daß die Hofbankiers D a v i d u n d Cohen m i t den bei ihnen lagernden Geldern nutzbringend arbeiteten. Schon zu Beginn der zweiten französischen Besatzung lagen i n den Kassen der beiden Hofbankiers, des Kammeragenten D a v i d und des Kriegsagenten Cohen, große Summen, u n d während der Dauer der zweiten französischen O k k u p a t i o n sind etwa 200- bis 300 000 R t l r . aus den Geheimen Fonds verausgabt w o r d e n 5 3 . Hoffaktoren der Familie Behrens-Cohen im Dienste der Weifen 1. Generation: Leffmann (1634—1714).
B e h r e n s , Hof- und Kammeragent i n Hannover
2. Generation: a) J a k o b B e h r e n s , Hof j u d e i n Hannover, gestorben 1697,
Die Familie D a v i d i m Dienste der Weifen
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b) H e r z B e h r e n s , Hof- und Kammeragent i n Hannover, gestorben 1709, Söhne von 1 i n Hannover. 3. Generation: a) G u m p e r t
B e h r e n s , Oberhoffaktor i n Hannover,
b) I s a a k B e h r e n s , Oberhoffaktor Söhne von 2 a.
i n Hannover, gest. 1765,
4. Generation: a) L e f f m a n n H e r z C o h e n , i n Hannover, gestorben 1813,
Hofbankier
u n d Kriegsagent
b) A b r a h a m H e r z C o h e n , Hofbankier i n Hannover, Söhne des Herz Seligmann Cohen, Urenkels von 1, Enkels von 2 b. 5. Generation: a) J a k o b L e f f m a n n 1. Hälfte, 19. Jh., b) A b r a h a m H e r z 1. Hälfte, 19. Jh. Söhne von 4 a.
Cohen,
Kriegsagent i n
Hannover,
C o h e n , Kammeragent i n Hannover,
Dauer der W i r k s a m k e i t : M i t t e des 17. bis M i t t e des 19. Jh. (Nach den A k t e n des St.A. Hannover.)
Die Familie David i m Dienste der Weifen Als der Stern des Hauses Behrens zu sinken begann, k a m die Familie D a v i d hoch u n d verdrängte Leffmanns E n k e l aus der kurfürstlichen u n d königlichen Gunst. E t w a hundert Jahre lang hat die Familie D a v i d ihre Stellung behaupten können. Neben der Familie Gomperz i n Preußen gehört die Familie D a v i d zu den j ü d i schen Familien, welche die größte Zahl an H o f j u d e n gestellt hat. Außerdem begründeten zwei Mitglieder Niederlassungen i n Braunschweig u n d Kassel u n d w u r d e n dort gleichfalls Hoffaktoren, so daß die Familie an drei norddeutschen Fürstenhöfen vertreten war. D i e Familie k a m aus der großen u n d alten Judengemeinde Halberstadt, w o u m die M i t t e des 17. Jahrhunderts der talmudkundige D a v i d A l e x a n d e r F e d e r s c h n e i d e r lebte, dessen drei Söhne Michael, A b r a h a m u n d Alexander sich nacheinander i n Hannover, Kassel u n d Braunschweig niederließen. 5*
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Die Familie D a v i d i m Dienste der Weifen
M i c h a e l D a v i d w u r d e 1713 H o f - u n d K a m m e r a g e n t i n Hannover, A b r a h a m D a v i d 1727 H o f f a k t o r i n Kassel und A l e x a n d e r D a v i d nicht nur K a m m e r a g e n t in Braunschweig, sondern auch Begründer der dortigen jüdischen Gemeinde, wieder ein Beispiel dafür, daß Judengemeinden i n fürstlichen Residenzen vielfach von den Hoffaktoren begründet worden sind. W i r beschäftigen uns zunächst m i t dem Zweig der Familie D a v i d i n Hannover. Der Begründer der Hofjudendynastie D a v i d daselbst, Michael David, w a r zugleich der bedeutendste Kopf der Familie, dessen T ä t i g k e i t als Hoffaktor u n d dessen W i r k s a m k e i t zugunsten des Judentums i n keiner WTeise hinter den Leistungen Leffmanns zurückstehen. Seine Nachkommen zehrten i n der Hauptsache von dem „ R u h m " u n d dem Vermögen, das der A h n erworben; keiner der Söhne und Enkel hat so umfassende Geschäfte getätigt, w i e der Begründer der Firma, die dann schließlich doch zusammenbrach, wenn auch nicht so k l ä g l i c h w i e das Bankhaus Behrens. Michael D a v i d ließ sich nach 1700 i n Hannover nieder; denn um die Jahrhundertwende bestand die jüdische Gemeinde n u r aus dem Anhang der Familie Behrens. D a v i d begann als Buchhalter Leffmanns, muß jedoch sehr rasch die Gunst des Kurfürsten erworben haben, da er bereits 1710 i n amtlichen Schriftstücken als Η ο f j u d e bezeichnet w i r d . I m gleichen Jahre gelang es ihm, für seinen Bruder A b r a h a m einen Geleits- und Schutzbrief zu erhalten, so daß er bei i h m wohnen durfte; das w a r am 24. Februar 1710. I m nächsten Jahre w o l l t e sich A b r a h a m D a v i d i n Kassel niederlassen; Michael bat daher den Kurfürsten u m ein Empfehlungsschreiben an den Landgrafen von Hessen-Kassel zugunsten seines Bruders, das Mninschgemäß abgefaßt u n d am 12. März 1711 nach Kassel gesandt wurde. Je näher n u n der T o d des alten Leffmann rückte, desto höher stieg Michael D a v i d i n der Gunst des Landesherrn. A m 15. A p r i l 1713 sicherte er sich das Privileg, das der verstorbene Hof- u n d Kammeragent Herz Behrens erhalten, und das diesem, seiner Ehefrau oder einem seiner K i n d e r den Handel m i t allen fremden und durchreisenden Personen i n der Altstadt von Hannover gestattet hatte. Das P r i v i l e g ging jetzt auf „Unsern H o f j u d e n u n d lieben Getreuen Michael D a v i d " über, dessen jetzige Ehefrau und eines seiner Kinder, das sich häuslich i n Hannover niederlassen würde. Vor allem trachtete D a v i d danach, nach dem Tode Leffmanns die W ü r d e des Hof- u n d Kammeragenten zu erhalten. Schon IV2 Jahr vor dem Tode Leffmanns hatte er die Zusage erlangt, die
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audi eingelöst w u r d e ; denn am 1. Februar 1714 dankte Michael D a v i d dem Kurfürsten dafür, daß er i h m die vor 3/2 Jahren für den Todesfall Leffmanns versprochene Stelle des Hof- u n d Kammeragenten übertragen u n d die Bestallung darüber ausgestellt habe. D a v i d war damit nicht zufrieden; er wünschte noch eine schriftliche Resolution, daß n u r er allein die Hofgeschäfte besorgen dürfe. Eine sehr bezeichnende Eingabe; D a v i d wollte also, w i e Israel Aaron i n Berlin, jeden Mitbewerber aus den Geschäften ausschalten u n d bequem und allein verdienen. Das ist i h m nicht gelungen; denn bis zum Zusammenbruch ihrer F i r m a tätigten die Gebrüder Behrens noch bedeutende Geschäfte m i t dem Hofe u n d stiegen sogar zu Oberhoffaktoren auf. Nach ihrem Konkurs beherrschte allerdings Michael D a v i d allein das Feld. Michael D a v i d w a r in erster L i n i e Hofbankier der Kurfürsten von Hannover; nebenher besorgte er auch Geldgeschäfte benachbarter Fürsten, deren H o f j u d e er seiner Stellung nach gleichfalls gewesen ist, wenn er auch keine T i t e l dieser Höfe führte. Einige Beispiele mögen die Tätigkeit des Hofbankiers D a v i d kennzeichnen. A m 8. Dezember 1712 intervenierten die Geheimen Räte zugunsten Davids bei der Regierung i n Ostfriesland. D e r H o f agent hatte die Bezahlung eines Wechsels von 5000 R t l r . übernommen, den der Hofj u d e Aaron A b r a h a m Beer i n A u r i c h i m Namen des Fürsten von Ostfriesland dem fürstlichen Kanzlei-Direktor Backmeister ausgestellt hatte. Beer löste aber dann den Wechsel nicht ein u n d mußte daher zur Zahlung angehalten werden. Fürst Georg Albrecht von Ostfriesland beeilte sich am 28. Februar 1713 mitzuteilen, daß die Zahlung erfolgen werde, sobald D a v i d die Berechtigung seiner Forderung nachgewiesen habe; seine Räte meldeten Hannover, daß sie dem H o f j u d e n D a v i d schon zu seinem Rechte verholfen, wenn er sich n u r an sie gewandt hätte. Statt dessen habe er i n einer Privatsache Fürst und Regierung sofort belästigt u n d m i t der Beschlagnahme friesischer Effekten i n Hannover drohen lassen. D i e Rentkammer habe Beer längst befriedigt, auch Backmeisters Obligation und Leistung liegen vor. Trotzdem sei der H o f j u d e Beer nochmals angewiesen worden, Davids Forderung zu befriedigen. Michael D a v i d arbeitete auch m i t Herz Behrens W i t w e zusammen; beide liehen zuerst 2000, dann 1000 R t l r . zu 6 ·°/ο Zinsen dem Grafen F r i e d r i c h A n t o n U l r i c h zu Waldeck u n d P y r m o n t i n guten 2 /s-Stücken nach dem Leipziger Fuß. A m 13. August 1714 übernahm K u r f ü r s t Georg diese Forderung an den Grafen von Waldeck. F ü r die i n Utrecht sich aufhaltenden j u n g e n Grafen von Schaumburg-Lippe hatte D a v i d quartalweise die Zahlung von zunächst j e
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800, dann 1000 T i r . übernommen, die zum Unterhalt der Grafen dienten. D i e Zahlungen leistete D a v i d im Auftrage des Kurfürsten, an den sich die Mutter der Grafen gewandt hatte m i t der Bitte, seinen Hof- u n d Kammeragenten doch zu diesen Zahlungen anzuweisen. I m Jahre 1715 erteilte Georg I. dem Geheimen Rat zu Hannover die Vollmacht, zwecks E r w e r b u n g von Bremen eine Anleihe von 300- bis 400 000 R t l r . m i t Michael D a v i d abzuschließen. D a dieser jedoch 6 % Zinsen forderte, w a r der Geheime Rat nicht dafür; er wollte diese gewaltige Summe lieber von der Kammer aufbringen lassen, was jedoch wegen anderer Verpflichtungen nicht möglich war. F ü r große Transaktionen des Hofagenten übernahm der K u r f ü r s t sogar die Garantie, so wandte sich 1713 Herzog K a r l F r i e d r i c h von Holstein-Gottorp, Bischof von Lübeck, an den Kurfürsten von Hannover m i t der Bitte, i h m 100- bis 150 000 R t l r . zu leihen. D e r K u r fürst konnte damals jedoch nur 50 000 R t l r . gewähren; sein Hofbankier w a r aber bereit, diese Summe unter Garantie des Landesherrn vorzustrecken. A m 18. A p r i l quittierte Herzog Christian August als V o r m u n d für K a r l Friedrich, daß D a v i d i h m unter Garantie des Kurfürsten die Gelder zum Leipziger Fuß von 1690 — die M a r k Feinsilber zu 12 T i r . — vermacht und er dem K u r fürsten dafür das A m t T r i t t o w verpfändet habe; und am 23. M a i stellte K u r f ü r s t Georg L u d w i g die Bescheinigung aus, daß sein Hofagent Michael D a v i d 50 000 R t l r . vorgestreckt u n d er die Garantie für K a p i t a l u n d Zinsen übernommen habe. A m 28. J u l i 1719 bescheinigte Georg I. zu Herrenhausen dann erneut, daß Michael D a v i d gegen Garantie dem Herzog K a r l Friedrich von Holstein-Gottorp 80 000 R t l r . zu 6 % Zinsen geliehen; die Obligationen lauteten auf 15 000, - 10 000, 14 000, 12 000, 13 000 und 16 000 R t l r . Verpfändet w u r d e dafür das A m t Reinebeck. D a v i d gab diese Obligationen an die Hofgesellschaft weiter, u n d Papiere befanden sich i n den Händen der Herzogin von Kendali, des OberApellations-Präsidenten von Fabrice, des Kammerherrn von dem Bussche und des Oberjägermeisters von Bülow. D a v i d zahlte aber die Zinsen aus, die er sich dann von der kurfürstlichen Rentkammer erstatten ließ. Von Holstein mußten dann die Zinsen wieder eingetrieben werden. D a v i d zog auch am 19. September 1725 die gekündigten K a p i t a l i e n wieder ein, u n d zwar für die Fürstin Eberstein 24 000 Rtlr.; 10 000 R t l r . für die Erben Fabrices; für den Kammerherrn von Lescours, den Oberjägermeister von B ü l o w u n d den Kammerherrn von dem Bussche 15 000, 13 000 und 12 000 R t l r .
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A m 2. A p r i l 1726 übersandte Hannover der bischöflich Lübeckschen Regierung dann die Q u i t t u n g über die gezahlten 80 000 Rtlr., und E u t i n dankte am 17. A p r i l für die Übersendung. D a v i d hatte also zunächst 50 000, dann 80 000 R t l r . unter Garantie seines Landesherrn dem Herzoge von Holstein-Gottorp u n d Bischof von Lübeck geliehen. Zu einer politischen Mission w u r d e Michael D a v i d herangezogen, als zwischen Kur-Hannover und K u r k ö l n der Kampf u m die Besetzung des Bischofsstuhles von Hildesheim entbrannte. Hannover wollte die W a h l des Wittelsbachers Clemens August, der von 1723 bis 1761 Erzbischof von K ö l n war, verhindern und begünstigte daher die W a h l eines Kandidaten, der zu den Weifen neigte. Das w a r der K a p i t u l a r von Bocholtz, der eine kleine Schar von Anhängern i n Hildesheim hatte. D e r K a m p f zwischen beiden Seiten w u r d e i n der Hauptsache m i t Geld geführt, das dazu diente, die Stimmen der D o m h e r r n zu gewinnen. K u r f ü r s t u n d K ö n i g Georg setzte Michael D a v i d ein, seinen bedeutendsten Hoffaktor, der die notwendigen Gelder vorstrecken sollte. A m 10. Juli 1722 schrieb K ö n i g Georg aus Kensington an die Geheimen Räte i n Hannover: „ I h r werdet Unserem Hof- und Kammeragenten Michael D a v i d zureden, ob er zu solchem Vorschuß sich verstehen wolle, welches Uns lieb sein w i r d . " D a v i d sollte die Gelder für die „Douceurs" an die D o m h e r r n zur Verfügung stellen; schon am 21. Juli konnten die Geheimen Räte berichten, daß der Hofagent bereit wäre, den Vorschuß zu leisten, jedoch nur unter Garantie des Königs. D a z u w a r der Monarch auch bereit, forderte jedoch wieder von Johann F r i e d r i c h von Bocholtz u n d seinen beiden Brüdern Sicherheiten. D i e Bocholtz mußten für sich u n d ihre Erben bei adeligem Ehrenwort die Verpflichtung eingehen, i m Falle der W a h l Joh. Friedrichs zum Bischof binnen Jahresfrist die Summe zu bezahlen und m i t 5°/o zu verzinsen. Geschah dies nicht, dann durfte sich der K u r f ü r s t an den Gütern der Bocholtz schadlos halten. A m 2. Dezember 1723 quittierte D o m k a p i t u l a r von Bocholtz, daß er von dem Hof- u n d Kammeragenten Michael D a v i d in dreißig Wechseln die Summe von 150 000 R t l r . erhalten habe; im Falle seiner W a h l zum Bischof u n d ihrer Bestätigung durch Rom durfte D a v i d die Wechsel wieder einlösen. Clemens August von K u r k ö l n konnte es jedoch noch besser; er arbeitete m i t der doppelten Summe i n „Zetteln" u n d siegte über Johann von Bocholtz. Dieser Erfolg w a r nicht zuletzt „der außerordentlich reichlich bemessenen Handsatbe zuzuschreiben", die Clemens August anwandte. Auch in der Geschichte der Münster-
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sehen H o f faktoren hat Michael D a v i d seinen Platz; doch w a r er dort noch nicht selbständig, sondern als Gehilfe von Leffmann Behrens tätig. D a v i d verschaffte auch Mitgliedern der hohen Aristokratie die M i t t e l für ihre Existenz. So zählte zu seinen Kunden u a. auch Graf Windischgrätz, der an verschiedenen Plätzen kaiserlicher Gesandter war. A m 28. September 1729 kontrahierte D a v i d m i t i h m i m Haag, wonach der Hofagent dem kaiserlichen Gesandten die M i t t e l für seine Subsistenz durch seine Bankiers auszahlen sollte. Windischgrätz verpflichtete sich, die vorgestreckten Gelder längstens i n zwei Monaten i n W i e n Michael D a v i d auszahlen zu lassen. D e r kaiserliche Gesandte hatte 10 900 u n d 11 880 Gulden abgehoben, jedoch nicht zur rechten Zeit zurückgezahlt. Von der letzten Post standen noch 6995 fl. 10 Xer aus. 1720 wünschte jedoch der Graf neue Kredite, die Michael D a v i d durch seinen Amsterdamer Korrespondenten Samson Salomon auch auszahlen wollte, wenn Windischgrätz laut K o n t r a k t r i c h t i g u n d rechtzeitig zurückzahle. D e r kaiserliche Gesandte w o l l t e wiederum die alten Schulden nur begleichen, wenn er neue Kredite erhielt. D a v i d wandte sich daher an die Geheimen Räte m i t der Bitte u m Intervention i n W i e n ; das geschah mehrfach, und selbst K ö n i g Georg schrieb am 1. August 1724 an die Geheimen Räte, sie möchten doch energisch die Forderungen Davids unterstützen. D a n k dieser energischen Intervention i n W i e n konnte D a v i d am 6. März 1725 den Geheimen Räten mitteilen, daß er durch H e r r n v. Huldebergs V e r m i t t l u n g die Hälfte seines Kapitals samt Interessen erhalten habe; die andere Hälfte fehle jedoch noch; so ging denn am 17. März ein neues Schreiben an den Wiener Gesandten H e r r n von Huldeberg ab, u m dem Hofagenten zu seiner Restforderung zu verhelfen. D e r v o r h i n genannte S a m s o n S a l o m o n w a r Kgl. Großbritannischer Faktor in Amsterdam u n d Davids Schwager. Als Salomon von Simon Nathan zu Altona ansehnliche Geldsummen zu fordern hatte, bat D a v i d die Geheimen Räte u m ein Interzessionsschreiben an die Kgl. Dänische Regierung u n d einen Paß für seinen Schwager u n d Faktor. A m 6. Juli 1730 ging das gewünschte Schreiben an den Oberpräsidenten Grafen Reventlow nach A l t o n a ab. W i e hoch Michael D a v i d i n der Gunst des Landesherrn gestiegen war, beweist die Gleichstellung seiner Handelsbücher m i t den Handelsbüchern der christlichen Kaufleute, die i h m nach mehrfachen Bitten gewährt wurde. Es w a r dies eine Auszeichnung, die damals nur wenigen H o f j u d e n zuteil wurde. Als 1747 der Bildhauer Johann F r i e d r i c h Ziesenis zur weiteren Ausbildung nach Paris geschickt wurde, finanzierte der Kammer-
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agent i m Auftrage seines Landesherrn diese Reise; am 29. M a i Übermächte D a v i d die erste Rate i n Höhe von 52 R t l r . 28 Gr. nach der französischen Hauptstadt. A u c h Michael D a v i d hat auf die verschiedenste Weise das Judentum gefördert; er schenkte der Hannoverschen Gemeinde die nach dem Konkurse Behrens erworbene Synagoge und errichtete 1756 eine Gelehrtenstiftung, u m die Wissenschaft vom Judentum zu fördern. F ü r die auswärtigen Judengemeinden setzte er sich gleichfalls ein; so beschwerte er sich am 22. Februar 1725, dafi man aus der Judenschule zu H a r b u r g die Thora weggenommen hätte. A u f seine Eingabe forderten die Geheimen Räte von dem Magistrat zu H a r b u r g die Rückgabe der Thora, erhielten jedoch den Bescheid, dafi D a v i d sich hätte besser erkundigen sollen. F ü r seine Verwandten u n d Angestellten wußte Michael D a v i d vielerlei Vergünstigungen zu erreichen, auch gegen scharfe Proteste der christlichen Kaufleute. Einem seiner Handlungsdiener verschaffte er einen Schutzbrief auf die Stadt Münden. D e n Einspruch der Kaufmannsgilde wiesen die Geheimen Räte am 15. M a i 1727 m i t dem Hinweis zurück, dafi Majestät aus London immediate diesem Handelsdiener des Hofagenten den Schutzbrief erteilt habe. I n Hannover w a r auch der Braunschweiger Hoffaktor Alexander David, Michaels Bruder, tätig; denn am 19. Juni 1711 hatte es der Kurfürst für richtig befunden, Alexander D a v i d i n „gewissen Geschäften" nach W i e n zu senden; er befahl daher, den Hoffaktor m i t a l l seinen Sachen sicher und zollfrei nach W i e n passieren und repassieren zu lassen. Michael D a v i d konnte seine Position i n Hannover noch verstärken durch die Verbindung m i t der Familie des polnischen Residenten Behrend Lehmann; denn nach dessen Tode heiratete er Hannele Lehmann, die W i t w e des reichen Residenten, von dem sich, wie w i r bereits bei unseren Ausführungen über den Konkurs Behrens gesehen haben, auch zwei Söhne i n Hannover niederließen: M o s e s K o s m a n η u n d M o r d e c h a i G u m p e l oder Gumperts. Moses Kosmann ben Behrend Lehmann (1711—1784) heiratete Golde, Davids Tochter; 1742 lebte er i n Mannheim, w o Mindle, Tochter des A b r a h a m Sinzheimer, seine F r a u war. Sein und Golde Davids Sohn Isachar Β e r e η d heiratete wiederum eine Tochter von D a v i d Michael D a v i d , dem 2. Sohne des H o l - und Kammeragenten. I h r Sohn, Hofagent M i c h a e l B e r e n d , gründete i n Hannover das Bankhaus Michael Berend, das bis um 1870 von seinem Sohne fortgeführt wurde, dem H o f a g e n t e n Kosmann B e r e n d (1801—1886). Dessen Tochter Henriette w u r d e als Gattin
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des Isaak Bernays i n H a m b u r g die M u t t e r des bekannten Germanisten Michael Bernays i n München, der zum Christentum übertrat, und des Altphilologen Jakob Bernays i n Bonn, der beim Judent u m blieb. F ü r seinen Stief- u n d Schwiegersohn Moses Kosmann setzte sich D a v i d besonders w a r m ein, auch gegen die mächtigen Wiener Hoffaktoren. Als der kaiserliche F a k t o r Löb Wertheimer i n W i e n wegen einer Forderung an die Familie Lehmann einen Arrest auf ein i m Blankenburgischen gelegenes Gut erhalten hatte, tat D a v i d alles, u m dieses Gut Kosmann Lehmann zu erhalten. Nach seiner Behauptung hatte der Resident dieses Gut testamentarisch seinem Sohne Kosmann vermacht; auch bei der E r b t e i l u n g w a r es i h m von den Geschwistern zugesprochen worden. D a v i d w o l l t e nun selbst nach Blankenburg reisen, u m das Gut vor dem Zugriff Wertheimers zu retten. Bevor er die Reise antrat, sorgte er dafür, daß von Hannover die nötigen Fürschreiben nach Blankenburg abgingen. Kosmann w a r es außerdem gelungen, dieses G u t dem Zugriff des K u r a tors der Konkursmasse Behrens zu entziehen. Ebenso ließ D a v i d i n Dresden intervenieren, als seine Frau, Lehmanns W i t w e , Forderungen an den Sohn und Nachfolger des Residenten, Lehmann Behrend, stellte. Michael D a v i d hat für seine Familie auch dadurch gesorgt, daß er aus der Hälfte des Gesamtvermögens ein Fideikommiß errichtete. Noch zu seinen Lebzeiten verschaffte er mehreren seiner sechs Söhne die Stellen als Hoffaktoren. Michael D a v i d starb am 24. O k tober 1758. D r e i seiner Söhne erhielten noch zu Lebzeiten des Vaters Stellen als Kammeragenten. Michaels ältester Sohn Alexander M i c h a e l D a v i d w u r d e bereits am 7. Oktober 1721 K a m m e r a g e n t , also nach dem Sturz der Gebrüder Behrens. Er besaß auch einen Schutzbrief des Landgrafen von Hessen-Kassel, w i r d also i n Geschäftsverbindungen m i t diesem Fürstenhause gestanden haben, w a r doch i n Kassel sein O n k e l als H o f j u d e ansässig und tätig. A m 21. August 1731 mußten sich die Geheimen Räte von Hannover für ihn i n Kassel verwenden, um die Konfirmation des Schutzes und die Befreiung von der Abgabe für jede Übernachtung daselbst zu erlangen. I n Kassel hatte nämlich jeder Jude für die Übernachtung einen D u k a t e n Species an Gebühren zu entrichten; von dieser Belastung sollten die Geheimen Räte D a v i d befreien. D e r Kammeragent Alexander Michael D a v i d starb bereits am 27. A p r i l 1741. Seine Nachkommen blieben am längsten i n Hannover; ein E n k e l I s r a e l S i m o n w a r zuerst F i n a n a g e n t , dann
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wurde er O b e r k o m m e r z r a t , 1859 errichtete er ein Waisenhaus i n Hannover u n d ging m i t den Weifen nach ihrer Entthronung durch Bismarck i n die Verbannung, sein Neffe, Oberlandesgerichsrat i n F r a n k f u r t a. M., trat zum Christentum über. E i n anderer Nachkomme dieses D a v i d w u r d e Baron. Israel Simons Vater, der F i n a n z a g e n t E z e c h i e l S i m o n , besaß das Privileg, gottesdienstliche Privatversammlungen abhalten zu dürfen, das um 1840 seinem Sohne bestätigt wurde. D a v i d M i c h a e l D a v i d und M e y e r M i c h a e l D a v i d erbten das Fideikommiß und das Geschäftshaus. Beide w u r d e n w i e der Vater H o f - u n d K a m m e r a g e n t e n . D a v i d Michael D a v i d erhielt diese W ü r d e am 11. August 1732, Meyer Michael D a v i d am 15. Juni 1743 also nach dem Tode seines Bruders Alexander. D i e beiden Kammeragenten waren w i e i h r Vater eifrige Förderer der jüdischen Wissenschaft. D a v i d Michael D a v i d starb am 30. Januar 1766. E i n Nachkomme seiner Tochter Bela, D a v i d P e r e t z , gründete i n Hannover das Bankhaus D . Peretz. E i n Sohn Davids w a r der K a m m e r a g e n t L e e s e r oder L a z a r u s , dessen Tochter Rebekka sich i n der Kreuzkirche zu Hannover am 20. A p r i l 1780 taufen ließ. Sie hieß fortan Henriette Fromman; i h r Sohn w a r der Superintendent und Dichter P h i l i p p Spitta (1801—1859). Meyer Michael D a v i d hatte sich zeitweilig i n F r a n k f u r t a. M. niedergelassen, von dort aus betätigte er sich auch als Geldgeber des Darmstädter Hofes, dem er einmal 2000, dann 4141 R t l r . 10 Gr. 5 Pf. vorstreckte. Hof- u n d Kammeragent Meyer Michael D a v i d errichtete am 25. September 1794 eine Schule für jüdische Knaben, die noch bis i n das 20. Jahrhundert bestanden hat; er stattete sie m i t einem K a p i t a l von 100 000 Gulden aus, das er merkwürdigerweise bei dem Könige von Dänemark hinterlegte. Er starb am 27. J u l i 1799. Sein Sohn E l i a s M e y e r M i c h a e l D a v i d w u r d e gleichfalls K a m m e r a g e n t ; er hatte schon früh, am 3. Februar 1775, die Anwartschaft auf diese Agentie erhalten, w e i l er als künftiger Kammeragent eine vorteilhafte Heirat machen konnte. D i e endgültige Übertragung der Hannoverschen Kammeragentie auf diesen Sproß der Familie D a v i d erfolgte durch Reskript vom 1. November 1799, also k u r z nach dem Tode seines Vaters. Er erhielt jedoch nicht die Hamburger Agentie, welche die aus den Elbzöllen und den Lauenburgischen Ä m t e r n eingehenden Gelder einzuziehen u n d umzuwechseln hatte. W ä h r e n d der französischen Besetzung Hannovers 1803 bis 1805 und 1806 bis 1810 w u r d e n ebenso w i e bei dem Kriegsagenten Cohen auch bei Elias Meyer Michael D a v i d Gelder zins-
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bar angelegt, um die Beamten zu besolden u n d die Pensionen zu zahlen. W ä h r e n d der Okkupationszeit, k u r z vor seinem Tode 1811, bradi jedoch seine F i r m a zusammen; auch über das Vermögen von D a v i d M. D a v i d und Salomon M. D a v i d , den jüngsten Sohn Michael Davids, mußte der Konkurs verhängt werden. A m 24. A p r i l 1801 trat der Kammeragent Elias Meyer Michael D a v i d m i t seiner F r a u Merle, den K i n d e r n Michael und Leffmann und dem Hauslehrer P h i l i p p Sußmann Gans aus der Hoffaktorenfamilie gleichen Namens i n der Kirche zu Stolzenau zum Christent u m über. Nachkommen seiner Schwester Golde w u r d e n Freiherrn und Grafen. Michael Davids jüngster Sohn S a l o m o n M i c h a e l D a v i d wurde zwar nicht Kammeragent, dafür aber Κ r i e g s a g e η t. Die Geheimen Räte waren gegen die Ernennung, w e i l seine beiden Brüder, die Kammeragenten, sich m i t ihm nicht assoziieren w o l l ten. Doch der K ö n i g entschied am 23. Februar 1762 zu St. James i m günstigen Sinne, u n d am 30. März erhielt Salomon Michael D a v i d sein Patent. I h m waren seit 1761 die Geld- und Wechselgeschäfte der Kriegskanzlei übertragen worden; daher der T i t e l Kriegsagent wie bei den Cohen. Auch der Kriegsagent D a v i d förderte die Wissenschaft vom Judentum, indem er 1790 eine Stiftung für jüdische Gelehrte machte. Salomons zweite F r a u w a r die Tochter des Markus Gomperz in Amsterdam, sein Schwager der Berliner Münzentrepreneur Veitel Heine Ephraim. So waren damals die D a v i d m i t den einflußreichsten Hoffaktorenfamilien Preußens verwandtschaftlich verbunden. Salomon starb am 10. März 1791. Sein Sohn Levi, also L e v i S a l o m o n M i c h a e l D a v i d , w u r d e Hofbankier des Bischofs von Osnabrück, des Herzogs F r i e d r i c h von York. Vorher, am 22. März 1782, w a r er Hannoverscher A g e n t geworden, jedoch ohne eine w i r k l i c h e Agenturschaft zu erhalten; er w a r also Titularagent. Hofbankiers des Bischofs F r i e d r i c h von Osnabrück waren bereits Meyer Michael D a v i d und Salomon Michael D a v i d gewesen; beide hatten jedoch für diese Tätigkeit, die i n der Hauptsache i m E i n k a u f englischer Wechsel bestand, keinen T i t e l erhalten. Salomon Michael D a v i d hatte w o h l Aussicht auf einen Titel, verzichtete jedoch, w e i l zu alt, zugunsten seines Sohnes L e v i Salomon Michael D a v i d , der am 2. Februar 1786 das Patent als H o f a g e n t des Herzogs von Y o r k u n d Bischofs von Osnabrück erhielt. E r hatte damals über Leffmann Herz Cohen, der diese Stellung ebenfalls erstrebte, gesiegt.
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M i t dem Patent erhielt L e v i S. M. D a v i d gleichzeitig eine Instruktion, wie er als Hofagent die i h m obliegenden Dienste und Geschäfte zu verrichten hätte. Sie beruhte auf einem Promemoria, das sein Vater eingereicht hatte. „ D a Seine Königliche Hoheit der H e r r Herzog von Yorck gnädigst geruhen wollen, mich zu HöchstDero Agenten alhier zu bestellen, und ich i n Ansehung meines Alters sothanes Geschäfte meinem ältesten Sohne, dem Königl. Agenten L e v i Salomon Michael D a v i d überlassen w i l l , so mache ich mich nahmens desselben hiemit dahin verbindlich: 1. I h r o Königl. Hoheit gegen 4 pro Cent so v i e l Geld jederzeit vorschießen zu wollen, als Höchstdieselben benötigt seyn werden, und 2. für jede Summe, die von I h r o Königl. Hoheit meinem Sohne i n V e r w a r u n g gegeben werden w i r d , Höchstdenenselben 3 pro Cent zu vergüten. Hiernächst lebe ich 3. der unterthänigsten Hofnung, daß bei auswärtigen Negocien, in Betracht der desfals habenden Bemühung und ohnumgänglichen Spesen und sonstigen Ausgaben an Porto, Provision, an auswärtige Korrespondenten und dergleichen, eine Vergütung von 1 pro Cent i h m gnädigst bewilligst werden w i r d . U n d da bekannter maafien 4. alle Königliche und Fürstliche Agenten j ä h r l i c h eines gewissen Salarii sich zu erfreuen haben, lebe ich des unterthänigsten Zutrauns, daß Höchstdieselben Sich bewogen finden werden, meinem Sohne einen zu Höchstdero Belieben stellenden j ä h r l i c h e n Gehalt gleichfalls angedeihen zu lassen. Dagegen w i r d von Seiten meines obbenannten Sohnes angelobendlichst versichert, zu alle Zeit und bei jeder Gelegenheit die Besorgung aller vorfallenden hiesigen und auswärtigen Geschäfte." Nach der I n s t r u k t i o n mußte 1. der H o f agent bereit u n d fähig sein, dem Herzog auf Verlangen jederzeit gegen 4·°/ο Zinsen 5000 T i r . zur Verfügung zu stellen; brauchte der Herzog-Bischof 10 000 Tir., so hatte er seinem Hofagenten acht Tage vorher, wenn er 20- bis 30 000 T i r . wünschte, einen Monat vorher Nachricht zu geben. 2. Gelder, welche der Herzog dem Hofagenten zur Aufbewahrung anvertraute, w u r d e n m i t 3 % verzinst. 3. F ü r alle auswärtigen Zahlungen, die der Hofagent für den Herzog auf Orte leistete, w o der Louisdor das gewöhnliche Zahlungsmittel bildete, erhielt L e v i 1 / 2 ° / o Provision; für Zahlungen auf Orte, die nicht i n Louisdor rechneten, sollte der Hofagent
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den genauen Kurs berechnen nach den an der Börse am Zahlungstage herausgekommenen Kurszetteln; für seine Korrespondenz u n d Bemühungen außerdem eine Vergütung von 1 /2°/o erhalten. 4. Weitere Geldgeschäfte durfte der Herzog auch d u r c h andere Personen besorgen lassen. 5. F ü r seine T ä t i g k e i t erhielt der Hofagent vom 1. Januar 1786 ab eine jährliche Besoldung von 60 R t l r . i n Gold aus der herzoglichen Schatullkasse. D e r Herzog versprach, seinem Hofagenten bei den Dienstverrichtungen den Schutz angedeihen zu lassen. Beiderseits hatte man das Recht, ein halbes Jahr vorher zu kündigen. Das w a r ein günstiger Vertrag für den Hofagenten, der für seine Gelder vom Herzog 4°/o Zinsen erhielt, selber aber n u r 3 % zu zahlen brauchte. D i e Besoldung w a r zwar nicht übermäßig hoch, aber doch für das kleine Stift Osnabrück bedeutend genug. L e v i w a r m i t den erlangten W ü r d e n jedoch noch nicht zufrieden. Vor allem genügte i h m der T i t e l Kgl. Hannoverscher Agent nicht. Er w o l l t e vor allem die hannoversche Agentie auf H a m b u r g haben. E i n persönlicher Aufenthalt 1793 i n London erfüllte i h n m i t der Hoffnung, diese Stellung eines Tages doch noch zu erhalten. Als sein Wunsch dann nicht i n E r f ü l l u n g ging, bat er am 26. Februar 1802, i h m T i t e l und F u n k t i o n eines Kabinettsagenten zur Besorgung der Geldgeschäfte zu verleihen. I h m mußte jedoch mitgeteilt werden, daß der T i t e l eines Kabinettsagenten unzulässig sei, doch könne er Finanzagent werden. Nachdem sich L e v i m i t untertänigstem D a n k bereit e r k l ä r t hatte, diese W ü r d e anzunehmen, empfahlen die Geheimen Räte i n ihrem Bericht vom 5. November dem Könige die Ernennung m i t der Begründung, daß er bereits bei der Feldkriegskasse gebraucht worden und den Herzögen von Y o r k u n d Cambridge Gelder besorgt habe. A m 26. November 1802 w u r d e die Ernennung des Agenten D a v i d zum F i n a n z r a t genehmigt. D a m i t hatte dieses M i t g l i e d der Familie D a v i d einen neuen T i t e l erworben. Dieser Hofagent u n d Finanzrat L e v i S. M. D a v i d w a r verheiratet m i t einer Tochter des Beer Medelsheim aus Medelsheim bei Zweibrücken i n der Pfalz, bekannt i n der Geschichte des Judentums als C e r f B e e r oder C e r f b e e r (1726—1794), der G e n e r a l e n t r e p e n e u r des französischen Fouragewesens w u r d e und von L u d w i g X V I . als erster Jude Aufenthaltserlaubnis in Straßburg und alle Rechte Kgl. Untertanen erhielt. W i e die Hof j u d e n i n Deutschland, so w a r Cerfbeer i n Frankreich der eifrige Förderer der
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Emanzipation seiner Glaubenengenossen. Sein Schwager D a v i d Sinzheim w u r d e Präsident des von Napoleon 1806 nach Paris einberufenen jüdischen Synhedrions. Cerfbeers Schwiegersohn L e v i wohnte auch eine Zeitlang i n Strafiburg, kehrte jedoch nach dem Tode seiner Frau Fradchen nach Hannover zurück. Als das mit seinem Bruder P h i l i p p fortgeführte Bankhaus Gebr. Salomon zusammenbrach, zog er nach Frankreich, wo er als L e v i L e w a l d i n Pont à Mousson starb; er w a r dem mosaischen Glauben treu geblieben; sein Sohn w a r schon Christ. Salomons, des Kriegsagenten, zweiter Sohn P h i l i p p S a l o m o n M i c h a e l D a v i d w o l l t e gern w i e sein Vater Kriegsagent werden und bat am 21. März 1791 den Kurfürsten, i h n unter die Zahl seiner Diener aufzunehmen. Auch seine Mutter Susanne, geborene Gomperz, machte eine Eingabe zu seinen Gunsten. Doch diesmal erhielt Leffmann Herz Cohen die W ü r d e ; P h i l i p p w u r d e dafür später K a m m e r a g e n t . Auch erhielt er die W ü r d e eines H o f - u n d K a m m e r a g e n t e n von Mecklenburg-Strelitz; denn am 24. Dezember 1798 unterzeichnete K a r l Herzog zu Mecklenburg i n Neustrelitz das Patent für den Bankier P h i l i p p Salomon i n Hannover, das diesen zum Mecklenburgischen Hof- u n d Kammeragenten mit dem Sitz i n Hannover bestallte. Ohne Erlaubnis durfte aber Salomon diesen T i t ç l i n Hannover nicht führen. Daher machte er am 1. Februar 1799 eine entsprechende Eingabe, worauf i h m bew i l l i g t wurde, sich des Charakters als Hof- u n d Kammeragenten bedienen und dies i n den Zeitungen bekannt machen zu dürfen. Kammeragent P h i l i p p Salomon Michael D a v i d w a r verheiratet mit Friederike, der Tochter des einflufireichen u n d sehr vermögenden Münchener Hofbankiers A a r o n Elias Seligmann, der Christ und Baron von Eichthal wurde. Auch P h i l i p p trat 1805 m i t seiner F r a u zum Christentum über; ihnen folgten Salomons jüngster Sohn Herz und seine jüngste Tochter Sarah. Von der Familie des Kriegsagenten Salomon Michael D a v i d blieb nur weibliche Nachkommenschaft beim mosaischen Glauben. I m Jahre 1826 w a r Philipp Salomon noch i n Hannover ansässig u n d als Mecklenburgischer Hof- u n d Kammeragent tätig. Damals setzte er sich für die Zulassung des Sohnes seiner Schwester, Bähr A b r a h a m Dehn, zu der von seinem Vater errichteten Familienstiftung ein. D i e meisten Nachkommen des Hof- und Kammeragenten w u r d e n Christen 5 4 . Hoffaktoren der Familie David 1. Generation: a) M i c h a e l D a v i d , 1713 Hof- und Kammeragent i n Hannover, gestorben 1758,
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Einzelne Hof faktoren i n Hannover
b) A b r a h a m D a v i d , 1727 Hoffaktor i n Kassel, c) A l e x a n d e r D a v i d , seit 1707 Hof jude, dann Kammeragent i n Braunschweig (1687—1765), Söhne des T a l m u d j u d e n D a v i d Alexander Federschneider in Halberstadt, 2. Generation: a) A l e x a n d e r M i c h a e l D a v i d , 1721 Kammeragent i n Hannover, gestorben 1741, b) D a v i d M i c h a e l D a v i d , 1732 Hof- und Kammeragent in Hannover, gestorben 1768, c) M e y e r M i c h a e l D a v i d , 1743 Hof- und Kammeragent i n Hannover, gestorben 1799, d) S a l o m o n M i c h a e l D a v i d , 1762 Kriegsagent i n Hannover, gestorben 1791, Söhne von l a i n H a n n o v e r , e) D a v i d A l e x a n d e r , Hofagent i n Braunschweig, f) A b r a h a m A l e x a n d e r D a v i d , Hoffaktor i n F ü r t h , H o f j u d e i n Braunschweig, Söhne von l c i n B r a u n s c h w e i g . 3. Generation: a) E l i a s M e y e r M i c h a e l D a v i d , 1799 Karnmeragent i n Hannover, Sohn von 2 c i n H a n n o v e r , b) L e v i S a l o m o n M i c h a e l D a v i d , 1782 Agent i n Hannover, 1786 Hofagent i n Osnabrück, 1802 Finanzrat i n Hannover, c) P h i l i p p S a l o m o n M i c h a e l D a v i d , 1791 Kammeragent i n Hannover, 1798 Hof- u n d Kammeragent von Mecklenburg-Strelitz, Söhne von 2 d i n H a n n o v e r , d) A l e x a n d e r D a v e s o n , getauft K a r l Julius Lange, Hofj u d e i n Braunschweig, Sekretär Hardenbergs i n Ansbach, Publizist i n Berlin, wahrscheinlich Sohn von 2 e i n B r a u n s c h w e i g . Zeit der W i r k s a m k e i t : Von 1700 bis zur 1. Hälfte des 19. Jhs. (Nach den A k t e n der St.A. Hannover und Wolfenbüttel.) Einzelne Hoffaktoren in Hannover Neben den drei großen Hoffaktorenfamilien Behrens, Cohen u n d D a v i d kommen noch einzelne Hoffaktoren vor, von denen jedoch keiner die Stellung dieser Familie erreichte; von ihrer Tätigkeit berichten die A k t e n auch sehr wenig. Eine gewisse Bedeutung erlangte die Familie G a n s , deren Begründer der aus Minden stammende Salomon Gans, erster Mann
Einzelne Hoffaktoren i n Hannover
der Jente Hameln war, gestorben i m Jahre 1654. Seine U r e n k e l i n Recha w u r d e die F r a u des Urgroßvaters von H e i n r i c h Heine, namens Simon Heine, genannt A r o n D a v i d Simon Bückeburg. D i e K i n d e r von Simon Heine-Bückeburg waren: Bella, gestorben 1794, Gattin des P r o v i a n t m e i s t e r s I s a a k I s r a e l , u n d Heimann Heine-Chaim Bückeburg, dessen Sohn Samson Heine der Vater des Schriftstellers Heine w u r d e ; Heine w a r also auch m i t den Hoffaktorenfamilien Gans u n d Israel verwandt. Man k a n n Heines Stammbaum von den verschiedensten Seiten betrachten, immer wieder w i r d man auf bekannte Hoffaktorenfamilien stoßen. D e r Enkel von Salomon Gans, I s a a k J a k o b G a n s , Sohn des Suflmann Gans, des ältesten Sohnes von Salomon Gans u n d der Jente Hameln, hatte i n Celle seinen Wohnsitz, wo er am 12. März 1798 gestorben ist. Isaak Jakob Gans w o l l t e gern seine Reputation befördert sehen; deshalb bat er am 15. September 1772 u m den T i t e l eines Hofagenten. A u f Anfrage antwortete der Burgvogt von Celle, daß Gans einige hundert Taler gesammelt u n d Brot u n d Grütze für die A r m e n und K r a n k e n gekauft habe. „ D u r c h fleißigen Betrieb seiner Geschäfte, hauptsächlich aber durch übernommene Lieferungen während des letzten Krieges, hat er ein ansehnliches Vermögen erworben, welches dem Gerüchte nach sich auf 20- bis 30 000 R t h l r . erstrecken soll." Außerdem besitze er Grundstücke. Nachdem sich der Prinz Ernst von MecklenburgStrelitz u n d die Räte für Gans noch eingesetzt hatten, unterzeichnete K ö n i g Georg I I I . zu St. James am 16. Oktober 1777 das Patent i ü r den H o f a g e n t e n Isaak Gans. D a f ü r mußte der neuernannte Hofagent 50 R t l r . zur Unterhaltung armer Soldatenkinder an die Kriegskanzlei zahlen; irgendwelche Sonderrechte erhielt Gans nicht. Als er sich der Gerichtsbarkeit des Celler Burgvogts entziehen w o l l t e m i t der Begründung, daß er Hofagent sei, w u r d e am 4. August 1773 entschieden, daß er auch fernerhin dem Gerichtsforum der Schutzjuden unterstellt bliebe. Nach seinem T o d bat sein Sohn P h i l i p p I s a a k G a n s am 15. A p r i l 1798 u m den Charakter als Hofagent. I n seiner Eingabe wies er darauf hin, daß sein Vater den D a n k für den gewährten Schutz i m Testament i n der Weise abgestattet habe, daß er auf ewige Zeiten ein K a p i t a l von 30 000 R t l r . und zwei Häuser i m M i n destwerte von 16 000 R t l r . m i t Fideikommiß belegte u n d die Revenuen daraus zur Erziehung von Judenknaben und zur Unterstützung armer Judenfamilien bestimmte. E r als ältester Sohn wurde zum Senior familiae bestimmt; er handele m i t seidenen und englischen W a r e n u n d sei dem Wucher gänzlich abgeneigt. M i t seinen Lieferungen wären das englische Kommissariat und die 6 Schnee, Hoffinanz I I
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Lüneburgische Landschaft zufrieden gewesen. Er genieße die Achtung der Bürgerschaft u n d des Adels. Er beabsichtige, die Tabakfabrik seines Vaters weiter zu führen u n d damit vielen A r m e n A r b e i t u n d Brot zu verschaffen. Ebenso interessant ist der Bericht, den der Burgvogt von Celle am 27. A p r i l über den Supplikanten erstattete. Danach hinterließ der Hofagent Isaak Jakob Gans ein Vermögen von 250 000 R t l r . Jede Tochter erhielt 25 000 Rtlr., jeder Sohn den doppelten Betrag. D i e beiden Fideikommißhäuser hießen Fortuna — m i t T a b a k f a b r i k und Wohnung für die beiden ältesten Söhne — u n d Tanne m i t der Wohnung für den Rabbiner. D i e Revenuen des Fideikommißkapitals von 30 000 R t l r . dienten 1. zur Besoldung des jüdischen Gelehrten; 150 Rtlr., des Nachfolgers 50 R t l r . j ä h r l i c h ; 2. zur Erleuchtung des Tempels; 30 R t l r . für das Jahr; 3. zur Unterstützung armer Juden; 15 R t l r . j ä h r l i c h ; 4. zur Erziehung zweier Juden jungen; 350 bis 360 R t l r . das Jahr; 5. als Beihilfe für Bruder u n d Schwester des Stifters; 245 R t l r . jährlich; 6. zur Aussteuer für ein Judenmädchen; 500 R t l r . D e r Supplikant u n d sein Bruder Sußmann hätten große Vorteile aus den Lieferungen an die Magazine gezogen; die T a b a k f a b r i k werfe 18 bis 20 %> ab. Gans sei sowohl i n der Gesellschaft als auch zu den Clubs i n Celle zugelassen. D e r Burgvogt befürworte die Titelverleihung, w e i l man sonst fürchten müsse, Gans könnte sich m i t seinem Gelde an einem größeren Orte niederlassen. Nachdem auch noch die Räte sich für den Supplikanten eingesetzt hatten, wurde am 25. M a i 1798 i n St. James das Patent für den H o f a g e n t e n P h i l i p p Isaak Gans von Georg I I I . unterzeichnet. D i e Nachkommen haben zum größten T e i l das Christentum angenommen. Daß sich auch Söhne des Polnischen Residenten Behrend Lehmann i n Hannover niederließen, ist bereits erwähnt worden. H i e r sei nur noch einmal festgehalten, daß zwei von seinen Nachkommen: M i c h a e l B e r e n d u n d sein Sohn K o s m a n n B e r e n d i m 19. Jahrhundert auch hannoversche H o f a g e n t e n waren. Michael, Lehmanns Urenkel, starb am 29. Februar 1832. Kosmann lebte von 1801 bis 1886. Beide betrieben ein großes Bankhaus i n Hannover. I n Hannover hatte auch der kurkölnische H o f m e d i k u s M. J. M a r x seinen Wohnsitz: Erzbischof M a x i m i l i a n F r i e d r i c h hatte i h n am 4. November 1782 zu seinem Hofmedikus ernannt. Schon am 19. November bat M a r x u m die Erlaubnis, diesen T i t e l auch führen zu dürfen. Hannover nahm jedoch von dieser Titelverleihung keine Kenntnis.
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Dagegen erhielten M i c h a e l H e i n e u n d sein Bruder E l i a s H e i n e die Erlaubnis, die ihnen von Ernst Herzog von SachsenGotha verliehenen Prädikate als K a m m e r a g e n t u n d H o f a g e n t führen zu dürfen. Beide gehören zweifellos zum hannoverschen Zweig der Hoffaktorenfamilie Heine. Den Handelsmann S a l o m o n J ü d e l i n Hannover ernannte Fürstin Pauline Christine W i l h e l m i n e zur Lippe i n ihrer Residenz Detmold am 6. Januar 1817 zu ihrem H o f a g e n t e n , w e i l sie m i t seinen bisherigen Besorgungen zufrieden gewesen sei u n d er darum nachgesucht habe. A u c h Jüdel erhielt die Erlaubnis, sich des Prädikats bedienen zu dürfen. Zu den auswärtigen Hof j u d e n gehörte auch der Bankier D a v i d J a q u e s , der 1808 K a m m e r a g e n t des Fürsten von Schaumburg-Lippe und 1833 F i n a n z r a t des Fürsten von Waldeck w u r d e und diese T i t e l auch i n Hannover führen durfte. D i e Adreßbücher von Hannover verzeichnen 1798 u n d 1802 noch als H o f j u w e l i e r Hertz Hildesheim. Schließlich erschien i n Hannover auch der bekannte Preußische Kommissionsrat C r e l i n g e r , der am 3. Januar 1800 bat, zum Hannoverschen Agenten i n B e r l i n ernannt zu werden. Großmütig überließ er die Festsetzung seines Gehaltes und der D i ä t e n „ D e r o Gutdünken". Crelinger w a r als Kriegslieferant M i l l i o n ä r geworden und wohnte damals i n B e r l i n i n dem Hause des Geheimen Finanzrats von Schütz. O b w o h l Crelingers Ernennung von dem A m t m a n n Heise u n d dem Kriegsrat von Ompteda, der meinte, Crelinger könne durch seine Verbindung m i t Schütz nützlich sein, befürwortet wurde, erfolgte keine Bestallung. Daher bat Crelinger am 2. Dezember 1801 wenigstens u m eine Anstellung bei dem Kgl. KommerzK o l l e g i u m oder u m B e w i l l i g u n g des Charakters als Geheimer Kommissionsrat u n d Übertragung der Landeslieferungen für 10 bis 15 Jahre vorzugsweise oder aller Landeslieferungen gegen 3 °/o Provision. I n Preußen wäre er Kommissionsrat und Generalentrepreneur gewesen. Nicht aus Verdrießlichkeit oder Unzufriedenheit hätte er seinen Wohnsitz aus B e r l i n nach Hannover verlegt, sondern aus Vertrauen zum hannoverschen Staate u n d aus persönlicher Anhänglichkeit an die hiesigen Lande. Er sei nicht nur i m Besitze eines nicht unwichtigen Vermögens, habe außerdem schon viele Geschäfte für Hannover ausgeführt. Zum Schluß bat Crelinger, sein Gesuch noch geheim zu halten wegen des i h m sonst zustoßenden Schadens. I m Falle der Gewährung seines Gesuches w ü r d e er sofort alle Maßnahmen zu seiner festen Etablierung i n Hannover treffen. 6»
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A m 4. Dezember 1801 fragten die Geheimen Räte wegen dieses Gesuches, das eine N o v i t ä t sei, bei dem Kammerrat Heise an. Das Gesuch w a r i n der Tat eine Novität. Heise befürwortete Crelingers Eingabe, um das Riesenvermögen des preußischen Kommissionsrats keinem anderen Lande zu überlassen. Außer diesem Vermögen besitze Crelinger noch einen Wechsel des Kurfürsten von Bayern vom 4. Juli 1800 über 50 000 Gulden. Heise vermutete außerdem, dafi Familien Verhältnisse Crelinger veranlaßten, von Berlin fortzugehen. Dieser w ü r d e sich vorläufig auch m i t der Zusage eines Finanzrats und einem Dienstgehalt von wenigen hundert Talern begnügen. I n zwei Schreiben wies Crelinger nochmals auf seine guten Beziehungen zu fast allen deutschen Höfen h i n und auf sein Vermögen, das ohne die Juwelen 350 000 R t l r . betrage. Er wünsche einen Titel, damit i h m die W e l t bei seinem Wohnungswechsel nicht den V o r w u r f mache, dafi er i n Preußen unredliche Geschäfte getätigt hätte. I m zweiten Schreiben gab Crelinger eine „gedrängte Übersicht" seines positiven Vermögens; „ohne weiteres nachzusehen": 373 500 R t l r . ; von Preußen zu fordern: 12 700 Rtlr.; auf dem Kontor i n Bremen: 70 000 Rtlr.; i n Osnabrück bei G. Bode: 125 000 Rtlr.; an Staatspapieren 94 000 R t l r . A u f diese Eingabe erhielt Crelinger am 15. Dezember 1801 den Bescheid, daß er den entsprechenden Charakter erhalten werde, sobald er m i t seinem Vermögen seine Übersiedlung nach Hannover bewerkstelligt habe. A m 28. des gleichen Monats w a r Crelinger wieder m i t einem Bittgesuch da. Zunächst dankte er für die Resol u t i o n vom 15. und meldete dann, daß er bereits das „von Beulwitzsche Wohnhaus" i n Hannover für 14 750 R t l r . gekauft habe; er bat deshalb, i h n doch nunmehr Majestät zur Charakterisierung vorzuschlagen, damit er den Charakter bei der Rückkehr von seiner Berliner Reise, deren Zweck den Exzellenzen nicht unbekannt sei, bereits vorfinde. A m 21. Februar 1802 erstatteten clie Geheimen Räte Bericht an Majestät. Das Vermögen Crelingers bezifferten sie auf wenigstens 400 000 R t l r . Seine K o n t r a k t e wären die billigsten gewesen; mehr als 20 000 R t l r . habe Crelinger für seine Etablierung bereits angelegt. Er habe ferner die Lieferung von 1500 Malter monatlich für das Magazin zur Verproviantierung der Stadt Hannover übernommen, u n d zwar zu billigeren Preisen als andere. D i e Geheimen Räte empfahlen daher, Crelinger den Charakter als Finanzrat zu verleihen. D a r a u f unterzeichnete am 11. März 1802 K ö n i g Georg I I I . zu St. James das Patent für den F i n a n z r a t J o h a n n C r e l i n g e r , bisherigen Kgl. Preußischen Kommissionsrat. Vom 22. März datiert ist die M i t t e i l u n g an die Kriegskanzlei,
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daß Crelinger die vorgeschriebenen Abgaben zu bezahlen habe. Offenbar hatte der neue Finanzrat gehofft, taxfrei den Charakter zu erhalten. I m gleichen Jahre, k a u m daß sich Crelinger i n Hannover niedergelassen hatte, k a m der Finanzrat mit dem P r o j e k t zur Gründung einer hannoverschen Leih- u n d Wechselbank, fand jedoch k e i n Gehör; die Gutachter lehnten den Plan des „ H e r r n Crelinger" ab. Crelinger scheint i n Hannover nicht auf seine Rechnung gekommen zu sein. Sein Ehrgeiz zielte darauf hin, eine politische Rolle zu spielen. Als i h m dies in den weifischen Landen nicht gelang, knüpfte er wieder m i t B e r l i n an und w o l l t e politischer Agent Preußens i n Hannover bei Marschall Bernadotte werden. Auch dieses Ziel hat er nicht erreicht. Schließlich zog er wieder nach Berlin, w o er m i t Hardenberg Beziehungen anknüpfte. Als für die große Armee Napoleons 1812 viele Magazine angelegt werden mußten, da w a r auch Crelinger wieder da, verhandelte m i t verschiedenen jüdischen Firmen und Schloß K o n t r a k t e über Heereslieferungen m i t ihnen ab. Diesmal amtierte Crelinger als Geheimer Kriegsrat; es w a r i h m doch noch gelungen, in eine beamtete Stellung zu gelangen. Auch zu Hannover trat Crelinger noch einmal i n Beziehungen; denn im Jahre 1814 amtierte „Monsieur Crelinger" als „Intendant de l'armée combinée du N o r d de l'Allemagne", zu der auch die hannoverschen Truppen gehörten. Als G e n e r a l i n t e n d a n t der Armee des Kronprinzen Bernadotte von Schweden w a r Crelinger m i t der Verpflegung der gesamten Truppen beauftragt; i h m unterstanden die Intendanten der einzelnen Korps. Crelingers Schwiegertochter w a r die bekannte Schauspielerin Madame Crelinger, die in der Biedermeierzeit eine Berühmtheit w a r 5 5 . W i r schließen unsere Ausführungen über die Hoffaktoren in Hannover m i t dem Hinweis, daß i n dieser Residenz der Weifen die i m 17. und 18. Jahrhundert üblichen T i t e l für Hoffinanziers noch bis w e i t ins 19. Jahrhundert hinein verliehen wurden, u n d m i t der Feststellung, daß hier mehrere Hoffaktoren ansässig waren, die T i t e l auswärtiger Höfe trugen und i n Hannover führen durften. Beide Tatsachen sind wesentlich für die Institution des H o f j u d e n tums i n Hannover, dessen Hauptvertreter zu den Großkapitalisten jener Zeit gehörten, und die auch das politische Leben gestaltet haben.
Die Hoffaktoren der Weifen in Braunschweig D i e Geschichte der Hoffaktoren i n dem Herzogtum Braunschweig liefert wiederum den Beweis, dafi Hoffinanziers die Begründer der jüdischen Gemeinden i n fürstlichen Residenzen waren. W e n n w i r auch 1247 von Juden u n d Münzern i n Helmstedt hören, und i m 16. Jahrhundert auch der reiche Michel von Derenb u r g „Hofdiener" des Herzogs Heinrich des Jüngeren gewesen ist, so kamen die Hoffaktoren doch erst unter A n t o n Ulrich zur allgemeinen W i r k s a m k e i t ; denn der Herzog stand m i t jüdischen Geschäftsleuten i n Verbindung. I s a a k W o l f aus Halberstadt w a r sein M ü n z l i e f e r a n t , und der polnische Resident B e h r e n d L e h m a n n besaß i n Blankenburg eine Eisengießerei u n d eine Niederlage von Wachs u n d ö l . Lehmann stand beim Herzog i n großer Gunst; u n d der Einfluß des Residenten hatte seinen Glaubensgenossen Städte w i e Halle u n d Magdeburg erschlossen, w o sich seit zwei Jahrhunderten keine Juden mehr niederlassen durften. A u f seine Empfehlung dürfte auch die Ausstellung des Schutzbriefes vom 28. Februar 1707 für seinen Glaubensgenossen A l e x a n d e r D a v i d zurückzuführen sein; denn mehrfach w i r d auf die „hohen Recommandationen" hingewiesen, deren sich der Hoffaktor erfreute. Alexander D a v i d k a m aus Halberstadt, w o er am 17. Januar 16S7 als Sohn des Leviten D a v i d Federschneider geboren ward. Als er sich 1707 i n Braunschweig niederlassen durfte, w a r er eben 20 Jahre alt geworden. D i e gesamte Kaufmannschaft w a r gegen seine Niederlassung, u n d der Torschreiber rief bei seinem Einzüge aus: „Dafi ich das noch erleben mufi, dafi ein Jude i n Braunschweig leben darf." Niemand gewährte dem Fremden ein Unterkommen; eine Bank i m Freien w a r Davids erstes Nachtquartier. Das P r i v i l e g von 1707 gestattete Alexander D a v i d den Warenhandel u n d das Wechsel- und Bankgeschäft gegen ein jährliches Schutzgeld, Abgaben an die Stadt u n d eine einmalige Steuer an das Lazarett für invalide Soldaten. Noch i m gleichen Jahre, am 11. August, k a m D a v i d u m die Ausdehnung seines Wechselgeschäftes auf Helmstedt ein, u n d am 19. März 1708 w u r d e das „vergrößerte P r i v i l e g i u m für den H o f j u d e n Alexander D a v i d ausgestellt, k r a f t dessen i h m die freie H a n d l u n g m i t allerlei Kaufmannsware
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verstattet wurde, und er dieselben i n seinem Hause feil zu haben, u n d so w o h l en gros als en detail ohne Unterschied an Fremde oder Einheimische zu verkaufen Maafi haben soll." Alexander D a v i d hatte mehr erhalten, als er gefordert. E r verdankte dieses erweiterte P r i v i l e g a u d i der Fürsprache des K u r fürsten Georg L u d w i g von Hannover, der, veranlafit durch seinen Hofagenten Michael D a v i d , sich für dessen Bruder i n Braunschweig eingesetzt u n d am 9. Januar 1708 u m ein P r i v i l e g gebeten hatte, w i e es seine Hoffaktoren Behrens damals genossen, deren Handelspatent er als Muster für Braunschweig gleich beigefügt hatte. Alexander D a v i d arbeitete also von Anfang an m i t Empfehlungen; sie waren stärker als die Beschwerden der christlichen Kaufleute, die sich gegen Davids Niederlassung immer wieder zur W e h r setzten, so auch am 10. Juni des Jahres gegen das erweiterte P r i v i l e g vom 19. März. D i e christlichen Kaufleute zeigten auch an, dafi der Hoffaktor bereits einen zweiten Gehilfen angestellt habe u n d den Kunden die Ware ins Haus bringen lasse. Dies w a r jedoch D a v i d bei Strafe verboten u n d nur bei einigen Hofchargen gestattet. D i e Regierung ordnete darauf eine Untersuchung an, u n d das Ergebnis war, dafi D a v i d tatsächlich mehreren Bürgern die W a r e n ins Haus geschickt und sich dadurch strafbar gemacht hatte. D e r Hoffaktor stand jedoch bereits so hoch i n der fürstlichen Gunst, dafi i h m die Strafsumme i m Gnadenwege erlassen wurde. D a f ü r mußte er die doppelte Strafsumme auf der Rentmeisterei einzahlen, einen Betrag, den er vor Jahresfrist für Wohltätigkeitszwecke erlegt hatte, der i h m dann aber erlassen worden war. Als am 24. Februar 1710 K u r f ü r s t Georg L u d w i g von Hannover den Versuch machte, den anderen Bruder seines Hoffaktors Michael David, namens Abraham D a v i d , i n Braunschweig anzusiedeln, indem er A n t o n U l r i c h bat, diesem Abraham D a v i d ein eigenes Haus zu gestatten, da lehnte der Herzog ab unter Hinweis darauf, dafi er den Ständen versprochen habe, i n Braunschweig n u r e i n e n jüdischen Haushalt zu gestatten. A b r a h a m D a v i d w u r d e dann, w i e w i r bereits wissen, Hoffaktor i n Kassel. Alexander D a v i d stand hoch i n der Gunst A n t o n Ulrichs, obw o h l er sich mehrfach die Übertretung fürstlicher Verordnungen hatte zuschulden kommen lassen. So erging am 6. August 1711 der Befehl an den Hoffaktor, das Silber nicht zu verschachern, sondern der fürstlichen Münze abzuliefern. Alexander D a v i d war, w i e die meisten Hof faktoren, auch M ü n z e n t r e p r e n e u r . A n t o n Ulrich, der Gönner Davids, starb am 27. März 1714. U n t e r seinem Sohne und Nachfolger August W i l h e l m (1714—1731) mach-
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ten die christlichen Kaufleute erneut den Versuch, den Hoffaktor zu verdrängen. Sie ließen den neuen Herzog wissen, daß A n t o n U l r i c h n u r w i d e r w i l l i g und auf 10 Jahre Alexander D a v i d das P r i vileg gewährt habe. Dieser Versuch, D a v i d aus der fürstlichen Gunst zu verdrängen, mußte fehlschlagen; denn die Kaufleute konnten nicht wissen, dafi sich der kluge Hoffaktor noch zu Lebzeiten A n t o n Ulrichs, am 28. November 1708, die Gunst des Erbprinzen und künftigen Herzogs gesichert hatte, ein Mittel, das Hoffaktoren mehrfach angewendet haben, u m ihre Stellung zu sichern. August W i l h e l m hatte als E r b p r i n z dem Hoffaktor seines Vaters nicht nur die Privilegien bestätigt, sondern ausdrücklich auf Lebzeiten zugesichert. E i n derartiges Recht stand dem Erbprinzen gar nicht zu; D a v i d mußte sich denn auch zur Geheimhaltung des Privilegs vom 28. November 1708 bis zum Thronwechsel verpflichten. Daß diese Zusicherungen nicht ohne Gegenleistungen des Hoffaktors erfolgten, ist als sicher anzunehmen. W i r werden hier an die Praxis der Familie Liebmann i n B e r l i n erinnert, die sich noch unter dem Großen Kurfürsten die Gunst seines Sohnes u n d Nachfolgers gesichert hatte. August W i l h e l m stand v ö l l i g i m Bann seines Hoffaktors; er überhäufte i h n geradezu m i t Gunstbezeugungen. Seinem Versprechen gemäß, erneuerte er am 29. März 1715 das Privileg, sagte den Schutz auch für Davids F r a u u n d K i n d e r zu, gestattete i h m ausdrücklich, den Kunden die W a r e n ins Haus zu schicken, und gewährte ihm die Erlaubnis, sich i n Braunschweig anzukaufen oder ein Haus zu bauen. D i e Kramergilden reichten ständig Beschwerden gegen diese Begünstigung des Hoffaktors ein; sie wiesen auch auf die großen j ü d i schen Bankerotteurs i n Hannover (Behrens) u n d W i e n (Oppenheimer) h i n u n d das Unglück, das diese heraufbeschworen hatten. A l l e Eingaben nützten nichts; denn Alexander D a v i d festigte seine Stellung immer mehr. D e r Hofbankier, Münzentrepreneur u n d Hoflieferant w u r d e auch noch staatlich konzessionierter F a b r i k u n t e r nehmer, w i e es die Seidenfabrikanten i n Potsdam und B e r l i n wenig später waren. D u r c h E d i k t vom 17. Dezember 1716 verfügte August W i l h e l m die Errichtung einer fürstlichen Tabakfabrik, u m die Manufakturen i m Lande zu heben. A m 21. Dezember wurde D a v i d „aus besonderen Gnaden und wegen seiner auswärtigen guten K o r respondenz" „ z u m Agenten, Verleger u n d Provisor" der F a b r i k bestellt. Des Herzogs Meinung über seinen Hoffaktor geht am besten aus einer Äußerung hervor, die er zu seinen Räten machte: „ W i r d w o h l noch ein Mann gefunden werden, w i e dieser, begnadet mit gleichem erfinderischem göttlichem Geiste?"
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D a der Hofentrepreneur das Risiko der neuen Unternehmung zu tragen hatte, w u r d e i h m m i t W i r k u n g vom 1. M a i 1717 der Gewinn gleich auf 10 Jahre zugesprochen. Alexander D a v i d w a r m i t dieser Bestallung herzoglicher Beamter geworden; er w u r d e daher der Gerichtsbarkeit des Magistrats der Stadt Braunschweig entzogen, und niemand durfte fortan den Hoffaktor ohne Ermächtigung des Herzogs zur Rechenschaft ziehen. Beschwerden der Kramer, die immer wieder gegen D a v i d eingingen, hatten weniger Erfolg denn je. Das neue Unternehmen glückte, und D a v i d zog daraus Gewinne. Er suchte die fürstliche Gunst weiter zu nutzen, u m neue Vorteile zu erlangen. So bat er 1719 u m das Pivileg, seine Geschäftsbücher gerichtlich denen der christlichen Kaufleute gleichzustellen. E i n E n t w u r f für dieses P r i v i l e g findet sich ohne D a t u m bei den A k t e n und ohne Vermerk, ob es D a v i d ausgehändigt worden ist. Unter A n t o n Ulrich w a r Alexander D a v i d Η ο f j u d e t i t u l i e r t worden; seit 1722 w u r d e er H o f j u d e und H o f a g e n t genannt; später hieß er amtlich K a m m e r a g e n t . Es schadete seinem A u f stieg nicht, daß er immer aufs neue gegen die fürstlichen Verordnungen verstieß; denn i m gleichen Jahre, da er zum Hofagenten aufstieg, mußte er einen Revers unterzeichnen, i n dem er sich verpflichtete, die Vorschriften seines Privilegiums zu beachten. F ü r sich und seine Leute erhielt der Hofagent Freipässe zur Ausführung der Geschäftsreisen. I n einem günstigen Augenblick wußte sich Alexander D a v i d das Recht zu erwerben, m i t englischen und holländischen Tüchern u n d Brabanter Spitzen zu handeln. K a u m hatte D a v i d diese Vergünstigungen erhalten, so stieß er weiter vor. Er bat um die freie Handlung m i t den genannten Gegenständen ohne jede Einschränkung und um die amtliche Bestallung zum H o f l i e f e r a n t e n , u n d der Herzog stimmte am 18. September 1717 zu. D a v i d bat darauf um eine entsprechende D e k l a r a t i o n ; er erbot sich, den herzoglichen Kassen den doppelten Zoll für alle einzuführenden W a r e n zu zahlen. D a m i t hatte der Hoffaktor den Herzog gewonnen, der am 29. September die erbetene D e k l a r a t i o n anordnete und m i t ihrer Erledigung den Kanzler betraute. D a diesem die Begünstigung des H o f j u d e n offenbar zu w e i t ging, benachrichtigte er selbst oder einer seiner Beamten die christlichen Kaufleute, die darauf bei der Regierung und bei dem Herzog Beschwerde einlegten. Der Magistrat von Braunschweig unterstützte die Petenten, da auch Davids Schwager mit F r a u und K i n d e r n aufgenommen worden w a r und i n einem eigenen Hause wohnen durfte. Außerdem hatte sich i n Schöningen der Haarkünstler Israel L e v i n niedergelassen, und zahlreiche Ju-
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den waren von D a v i d gefördert worden. D i e Beschwerden hatten diesmal den Erfolg, dafi es der Herzog nicht wagte, seinen Hoffaktor geschäftlich den christlichen Kaufleuten v ö l l i g gleichzustellen. Dagegen erhielt er am 31. März 1723 das Recht, einen HandlungsKompagnon anzustellen. Von der herzoglichen Verwaltung erwarb D a v i d die alte Münze und erbaute sich erst dort sein Haus. Wegen des Grundstücks hatte er einen langen Rechtsstreit m i t dem christlichen Kaufmann und Ratsherrn K a l m zu führen, i n dem der Herzog eindeutig Partei ergriff zugunsten seines Hofagenten gegen den christlichen Ratsherrn. Bei der E i n w e i h u n g nahm der Hoffaktor seinen 17jährigen Sohn D a v i d Alexander i n das Geschäft auf; am 20. Oktober 1725 erhielt er dazu die herzogliche Erlaubnis. D i e F i r m a hieß j e t z t : Alexander D a v i d u n d Sohn. D e r Herzog genehmigte dies „ i n Betracht der Uns von i h m geleisteten ersprießlichen Dienste i n Gnaden". Auch m i t Lotterieplänen diente der rührige Hoffaktor dem Herzog. I m Jahre 1731 starb August W i l h e l m , ihm folgte sein Bruder L u d w i g Rudolph, der bis 1735 regierte. Er w a r gleichfalls dem Kammeragenten gewogen, da er i h m bereits als Herzog i n Blankenb u r g verschuldet war. Unter K a r l I. (1735—1780) erreichte D a v i d seinen größten Einfluß. E i n herzogliches Reskript vom 23. Oktober 1747 befahl, alles zu vermeiden, was dem L e u m u n d und dem K r e d i t des Kammeragenten schaden könnte. Nachdem sein Sohn D a v i d Alexander bereits die Teilhaberschaft i n der väterlichen F i r m a erhalten hatte, w u r d e n j e t z t auch der andere Sohn, P h i l i p p Alexander D a v i d , u n d der Schwiegersohn des Kammeragenten, Nathan Beer Isaak, m i t Schutz u n d Handelsbriefen ausgestattet. I m Jahre 1760 erhielt der Kammeragent die Resolution, daß sein Nachlaß nach seinem Tode nicht versiegelt werden durfte, u m seinen K r e d i t nicht zu schädigen; 1764 erhielt er die Erlaubnis, den Behrenschen Garten zu kaufen. Als Herzog K a r l ein neues Judenreglement erließ u n d infolgedessen alle Judenhäuser einer Revision unterzogen werden sollten, erreichte der Kammeragent, daß auf Befehl des Herzogs sein Haus verschont blieb. Auch als D a v i d u m Begnadigung eines Diebes bat, der früher bei i h m Kutscher gewesen war, erfüllte der Herzog die Bitte seines Kammeragenten. Als sich dieser zunächst an den M i nister Schräder von Schliestedt wandte, erhielt er zum Bescheid: „So w a h r ich von Schliestedt heiße, er w i r d gehängt." D a r a u f D a v i d : „Ich habe früher ,Alexander D a v i d 4 geheißen als Sie von Schliestedt." D a v i d begab sich sofort ins Schloß. O b w o h l der Her-
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zog bereits zu Bett gegangen war, empfing er jedoch den Kammeragenten, ließ sich das schon unterzeichnete Todesurteil auf die Bettdecke legen u n d schrieb darunter: „ Z u Gefängnis begnadigt." So bewies Alexander D a v i d , daß ein Hof j u d e mehr vermochte als der leitende Minister. Einst sollte der Kammeragent einen feierlichen Zeugeneid i n Gegenwart des Rabbiners u n d der gesamten Gemeinde i n der Synogoge leisten. D a er davon eine Schädigung seines Kredites befürchtete, berief er sich auf das herzogliche Reskript von 1747 und erreichte auch, daß er den E i d i m Rathause ablegen durfte, wenn dort nichts mehr zu tun war, oder i n „aedibus p r i v a t i s " eines Kommissars, also möglichst heimlich, damit seinem Ansehen k e i n A b t r a g geschah! Von 1707—1765, 58 Jahre lang, ist Alexander D a v i d unter fünf Herzögen Hoffaktor gewesen. K e i n H o f j u d e an norddeutschen Fürstenhöfen hat seine Stellung so lange zu behaupten u n d seinen Einfluß unter jedem folgenden Herrscher noch zu steigern vermocht wie Alexander D a v i d . Er nimmt auch insofern eine gewisse Sonderstellung in der Institution des Hofjudentums ein, als dieser Kammeragent i n seiner Person alle jene F u n k t i o n e n vereinte, die an größeren Höfen verschiedene H o f j u d e n ausübten. I n Braunschweig beherrschte D a v i d m i t seiner Familie allein das Feld u n d übte daher alle wesentlichen F u n k t i o n e n eines H o f j u d e n aus: er war H o f b a n k i e r , Hofjuwelier, Hofmünzer, Hofund H e e r e s l i e f e r a n t u n d p o l i t i s c h e r A g e n t . Einzelne Beispiele sollen die Tätigkeit des Kammeragenten noch näher kennzeichnen. Als Hofbankier w u r d e er i n seinen Geldgeschäften besonders unterstützt von seinen Brüdern i n Hannover u n d Kassel. Von Blankenburg aus w u r d e er außerdem protegiert durch den Kammerkassierer Christoph W a 11 i c h , einen Proselyten, der aber innerlich Jude gebieben w a r und D a v i d benachrichtigte, wenn der Herzog Gelder brauchte u n d bei auswärtigen Hoffaktoren wegen Anleihen sondieren ließ. A u f diese Weise erhielt D a v i d rechtzeitig Nachricht von den Absichten des Herzogs und konnte Maßnahmen treffen, u m seine K o n k u r r e n t e n aus dem Felde zu schlagen. D a z u gehörten i n erster L i n i e die Behrens i n Hannover u n d der Resident Behrend Lehmann i n Halberstadt, von denen manchmal Gelder zu besseren Bedingungen zu bekommen waren als von A . D a v i d , der aber durch sein Zusammenarbeiten m i t dem getauften Wallich sich die Geschäfte zu sichern verstand. Sehr gewinnbringende Geldgeschäfte trieb der Kammeragent seit 1713 m i t L u d w i g Rudolph, damals Herzog zu Blankenburg, dem Vater der Kaiserin Elisabeth Christine (1691—1750), Gemahlin Karls V I .
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und Mutter der berühmten Maria Theresia: Sowohl der herzogliche Vater als auch die kaiserliche Tochter waren nicht selten i n Geldverlegenheiten und machten Anleihen beim Braunschweigischen Kammeragenten. L u d w i g Rudolph bezog vom kaiserlichen Hofe eine Pension, die i h m schon Kaiser Joseph I. ausgesetzt hatte. Diese Pension mußte er als Sicherheit D a v i d verpfänden. Als 1712/13 L u d w i g Rudolph 50 000 Gulden brauchte, machte er zunächst bei Behrend Lehmann i n Halberstadt und Leffmann Behrens i n Hannover den Versuch, die Summe aufzunehmen. Behrend Lehmann, der zunächst nicht geneigt war, w a r dann doch zur A n leihe bereit u n d w o l l t e persönlich zu Verhandlungen nach Braunschweig kommen. Inzwischen w a r aber Alexander D a v i d durch den Kammerkassierer W a l l i c h von dem Plane unterrichtet worden; er gab durch Eilboten sofort seinem Bruder Michael D a v i d i n Hannover Kenntnis davon, u n d als er von diesem günstige Nachricht erhielt, eilte er sofort zum Herzog u n d machte das Angebot, Hoheit die 50 000 Gulden zu „antizipieren", wenn er nur 30 000 Gulden bar auszuzahlen brauche und i h m statt der Interessen 20 000 Gulden auf fünf Jahre „decoutiert" würden. Interessant an dieser A k t i o n Alexander Davids ist, dafi er, erst seit 1707 Hoffaktor, es damals noch nicht wagte, ohne seinen Bruder Michael i n Hannover selbständig solche Geschäfte zu tätigen, u n d dafi er offenbar zu jener Zeit noch nicht über größere Summen verfügte. As Sicherheit forderte der Hofagent außerdem die Wiener Pension des Herzogs i n Höhe von j ä h r l i c h 10 000 Gulden auf fünf Jahre, dazu alle „Assecurationes", die man Behrend Lehmann versprochen. W e i l dieser A n t r a g aber „gar zu jüdisch und wucherisch" vorkam, w u r d e er abgelehnt. Man suchte daher das Geschäft m i t Behrend Lehmann abzuschließen; dieser konnte jedoch damals nicht so viele Gelder vorstrecken, w e i l er der kursächsischen Landschaft beträchtliche Summen geliehen hatte. Er setzte sich daher m i t Leffmann Behrens in Hannover i n Verbindung, dessen E n k e l Isaak j a sein Schwiegersohn war. Isaak erschien auch i n Braunschweig i n Leffmanns Namen, m i t i h m Michael David, auch i m A u f t r a g Leffmanns, arbeitete also damals m i t den Behrens noch zusammen. Michael D a v i d wurde nun von seinem Bruder Alexander bearbeitet, keinesfalls mehr als 30 000 fl. bar zu bieten, w i e er es selbst getan hatte. Darauf verschäfte auch Behrend Lehmann seine Bedingungen; man i n t r i gierte gegenseitig, besonders r ü h r i g w a r Alexander D a v i d , der unbedingt ins Geschäft kommen wollte. D i e treibende K r a f t w a r jedoch der übel beleumundete Kammerkassierer Wallich, der auf den entsprechenden Gewinn für die Protektion hoffte, die er
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A . D a v i d angedeihen ließ. Dieser kam denn a u d i ins Geschäft; zweifellos w a r es die erste größere Transaktion, die er absdiließen konnte. A m 9. Februar 1713 w u r d e der K o n t r a k t mit dem Hofbankier abgeschlossen; wesentlich bessere Bedingungen hatte der Herzog nicht erzielen können. N u r die Summe, die D a v i d vorstreckte, w a r von 30 000 auf 34 000 fl. erhöht worden; der Nachlaß betrug also 16 000 Gulden; dafür mußte die Wiener Pension verpfändet werden. Es muß sehr schlecht u m die herzoglichen Finanzen gestanden haben, wenn man sich zu einem Geschäft entschloß, das man k u r z vorher selbst als „gar zu jüdisch und wucherisch" bezeichnet hatte. Nachdem der K o n t r a k t unterzeichnet war, machte D a v i d neue Schwierigkeiten; denn er zahlte statt der 34 000 11. n u r 10 000 fl. bar, verlangte dann erst die Aushändigung der kaiserlichen Versicherung betreffs der herzoglichen Pension, bevor er den Rest von 24 000 fl. auszahlte. D e r Herzog weigerte sich begreiflicherweise, dem Hoffaktor die Originalversicherung der Kaiserlichen Majestät auszuhändigen; er machte daher bei Leffmann Behrens noch einmal den Versuch, das Geld zu bekommen; doch dieser lehnte ab, und so blieb dem Herzog nichts anderes übrig, als dem Hofbankier die Versicherung, w e n n auch versiegelt, auszuhändigen. Erst darauf zahlte Alexander D a v i d die restlichen 24 000 fl. aus. I n W i r k l i c h k e i t arbeiteten die Hoffaktoren Behrend Lehmann, Leffmann u n d Isaak Behrens, Michael u n d Alexander D a v i d zusammen, u m für den eigentl i d i e n Kontrahenten recht gute Bedingungen zu erzielen. D r e i Quartale lang w u r d e die Pension i n W i e n erhoben, dann gebot man Einhalt, w e i l der Herzog die Gelder zurückzahlen wollte. W a l l i d i sorgte jedoch dafür, daß der Herzog m i t den Gebrüdern Michael und Alexander neue „Negotia" abschloß, für welche die Hoffaktoren 13 °/o monatlichen Zins nahmen. A m 5. Februar 1714 liehen L u d w i g Rudolph u n d seine Gemahlin Christine Luise von Michael D a v i d , also dem Hannoverschen Kammeragenten, 30 000 Gulden bar gegen A b t r e t u n g von 45 000 Gulden aus einer Gratialverschreibung, die der Kaiser auf 100 000 fl. ausgestellt hatte. D i e Auszahlung der Gelder besorgte dann Alexander D a v i d , der offenbar allein so große Summen noch nicht aufbringen konnte. M i c h a e l D a v i d i n Hannover w a r damals seiner Stellung nach auch H o f b a n k i e r i n Blankenburg. Bei einer Abrechnung, die am 14. März 1714 erfolgte, mußte man feststellen, daß, abgesehen von dem ungesetzlichen Zinsfuß von 1 2 % , den das Konsortium von der ersten großen Anleihe berechnet hatte, nur 6000 fl. i n gutem Gelde, der Rest von 28 000 fl. i n lauter
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französischem Gelde gezahlt worden war. I m Jahre 1715 erschien dann der Wiener M a r c u s H i r s c h e i , der die herzogliche Schuld von 34 000 fl. übernahm, aber forderte, dafi man i h m dafür zur Erlangung des kaiserlichen Schutzbriefes behilflich sein sollte. Es w a r nicht der einzige Hof, den dieser Hirschel zur Erreichung persönlicher Vorteile einzusetzen suchte. Auch die Weifen i n Hannover verstand er für diesen Zweck zu gewinnen; denn Marcus Hirschel w a r der Schwiegersohn des Residenten Behrend Lehmann. D i e Schuld ging dann auf den kaiserlichen Oberfaktor Samson W e r t h e i m e r über, der zugleich des Herzogs R e s i d e n t am kaiserlichen Hofe zu W i e n w a r u n d bei dem das Herzogspaar seit Jahren tief i n Schulden steckte; der Kaiser mußte manche „ D o n a t i o n " gewähren, u m seinen Schwiegereltern zu helfen. Doch wanderten diese Summen meist i n die Kassen des herzoglichen Residenten Samson Wertheimer. F ü r das Verhältnis zwischen Herzog u n d seinem Residenten ist bezeichnend, dafi L u d w i g Rudolph i n seinen Briefen an Wertheimer diesen m i t „Monsieur" anredete. W e r t heimer erhielt von dem Herzogspaar Wechsel, die zur Verfallzeit bei Leffmann Behrens i n Hannover einzulösen waren. D i e Auszahl u n g der Gelder besorgte Wertheimers Korrespondent Zacharias Fränkel. Manche Wechsel trat Wertheimer auch an seinen Schwiegersohn i n Hannover, Joseph D a v i d Oppenheimer, ab, der gleichzeitig ein E n k e l Leffmanns war, w i e w i r an früherer Stelle gesehen haben. Nach dem K o n t r a k t vom 25. Juni 1716 erhielt der Resident W e r t heimer eine Obligation über 84 300 fl. D e r Kaiser gab i h m die Versicherung, 50 000 fl. zu begleichen, für den Rest von 34 300 fl. mußte die auf 20 000 fl. j ä h r l i c h erhöhte Wiener Pension des Herzogs verpfändet werden; berechnet w u r d e n diesmal n u r 6 % . Bei den engen geschäftlichen Beziehungen des Herzogs Rudolph und seiner Gem a h l i n Christine Luise zu ihrem Residenten i n W i e n n i m m t es nicht Wunder, wenn der Herzog den Residenten seiner „fortwährenden estime" versicherte u n d ihm, als sein Sohn des Residenten Lehmann Tochter i n Halberstadt heiraten wollte, schrieb: „So habe demselben zur Bezeugung meiner Ihnen besonders zusagenden Neigung hierdurch temoigniren wollen, daß m i r zu angenehmen Gefallen gereichen werde, wenn besagte solche Hochzeitl. Feyer i n meiner Residenz Blankenburg zelebriert u n d angestellet werde." 1718 k a m ein neuer K o n t r a k t m i t S. Werheimer zustande, den der Kammerzahlmeister W a l l i c h tätigte, wonach der Resident dem Herzog 200 000 fl. vorstreckte gegen Verpfändung der Pension auf 10 Jahre. D i e Zinsen i n Höhe von 60 930 fl. zog Wertheimer sofort
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i m voraus ab, so dafi der Herzog nur 139 070 fl. erhielt. D a f ü r w u r den dem Residenten 40 Assecuraciones à 5000 fl. ausgehändigt, auf die er bis 1728 die herzogliche Pension abheben durfte. E i n kaiserlicher Gnadenakt konnte jedoch die Rückzahlung auf einmal bewirken, dann waren die Assecurationes zurückzuliefern. Tatsächlich erhielt der Herzog von dem Gelde überhaupt nichts, denn nach einer Aufstellung des Sekretärs H e y l a n d u n d des Kammerzahlmeisters W a l l i d i waren für Schulden u n d Unkosten 164 307 fl. ausgegeben worden. D e r Herzog ordnete daher am 6. Februar 1719 eine strenge Untersuchung an, u m die begangenen Unregelmäßigkeiten festzustellen. Unter den Unkosten befanden sich zum Beispiel Geschenke für die Kammerdiener, Kammermädchen u n d Beamtentöchter, die H e y land u n d W a l l i c h durch „Douceurs" günstig zu stimmen gesucht hatten, u m zum Abschluß des Geschäftes zu kommen. D i e Untersudiung führte zum Sturze des Hoffaktors Christoph Wallich. L u d w i g Rudolphs Gemahlin Christine Luise w a r eine geborene Fürstin von Oettmgen; daher befinden sich unter Wertheimers Schuldnern a u d i Christine Luisens Verwandte. D e r Resident l i e h der Herzogin auch Geld auf ihre Juwelen, so findet sich unter W e r t heimers Abrechnung ein Posten von 15 000 Gulden für verpfändete Kleinodien. Zu den Gläubigern der verschwenderischen Herzogin gehörten auch B e h r e n d Lehmann und Liebmanns W i t w e , welche die gleiche Person sein dürfte, die u m diese Zeit auch i n Hannover Geschäfte tätigte, nämlich des Berliner Hofjuweliers Schwiegertochter, die W i t w e seines Sohnes Isaak Liebmann, die nach dem Tode ihres Mannes auch amtlich zur H o f j u w e l i e r i n i n B e r l i n ernannt worden war. A n den Geldgeschäften des Herzogs waren noch beteiligt die Genossen S e e l i g m a n n i n F ü r t h , H i r s c h i n (Dettingen, H e r z W u 1 f von Halberstadt, S a l o m o n S e c k e l , L e m b e M o s e s , G u m p e r t B e h r , S i m o n P h i l i p p und Z a c h a r i a s D a n i e l i n Hamburg. I n a l l diesen Fällen handelt es sich u m kleinere Beträge, auch fehlen nähere Einzelheiten über die Geldleiher. D i e Hauptgläubiger des Herzogspaares blieben die Kammeragenten Gebrüder D a v i d , der Resident Wertheimer u n d der Resident Lehmann, der ständig Geld lieh. I h m w u r d e n zur Begleichung seiner Forderungen auch Staatseinkünfte überwiesen, so ζ. B. die des Amtes Heimburg. L u d w i g Rudolphs E n k e l i n Elisabeth Christine, Tochter des Herzogs Ferdinand Albrecht I I . von Bevern, heiratete am 12. Juni 1733 den Kronprinzen Friedrich von Preußen. Sie w u r d e die Gemahlin Friedrichs des Großen. I h r Bruder K a r l , Herzog von 1735—1780
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wurde der Gemahl der Prinzessin Charlotte von Preußen i m gleichen Jahre. Verlobung u n d Hochzeit der beiden Fürstenkinder kosteten Geld u n d viele Geschenke, die der kleine Fürstenhof zu Wolfenbüttel gar nicht aufbringen konnte. Das gab dem Kammeragenten D a v i d wieder Gelegenheit, als Hofbankier u n d H o f j u w e l i e r i n A k t i o n zu treten. D e r Vater der Braut, Ferdinand Albrecht von Bevern, 1735 auf einige Monate Herzog von Βraunschweig-Wolfenbüttel — vom 1. März 1735 bis 3. September 1735 —, l i e h sich 1729 zu 8 % beim Hofbankier D a v i d das Geld, u m die Kosten der Verlobung zu bestreiten. Alexander D a v i d besorgte auch den Schmuck, den Elisabeth Christine von ihren Großeltern L u d w i g Rudolph und Christine Luise erhielt: 238 Stück Perlen für 1957 Taler und 30 Groschen. Das Hochzeitsgeschenk, das i h r Bruder K a r l 1733 Charlotte von Preußen verehrte — ein Paar B r i l l a n t - O h r r i n g e —, hatten dagegen M e y e r und S a m s o n G u m p e l für 4050 Taler besorgt; sie erhielten noch 236 Taler 9 Gr. Zinsen, w e i l ihre Forderung erst nach 14 Monaten beglichen wurde. U m die Hochzeit w ü r d i g auszurüsten, machten die Großeltern der Braut erneute Anleihen bei Alexander D a v i d ; so nahm L u d w i g Rudolph 1001 D u k a t e n auf, die er für Geschenkzwecke brauchte. D e r Kammeragent w a r auch immer schnell m i t der Rechnung bei der Hand, während sich die christlichen Kaufleute diskret zurückhielten u n d warteten; so k a m D a v i d auch eher zu seinem Gelde. Auch Friedrich der Große machte Anleihen beim Branschweigischen Kammeragenten. Es ist bekannt, daß K r o n p r i n z F r i t z stets tief i n Schulden steckte; das änderte sich auch nicht, als er m i t Elisabeth Christine verheiratet war. I m Gegenteil, er borgte jetzt bei seiner F r a u ; sie besaß zwar auch k e i n Geld; aber froh, ihrem Fritz, den sie liebte u n d verehrte, etwas Liebes erweisen zu können, wandte sie sich u m Rat u n d H i l f e an ihren Bruder K a r l i n Braunschweig. W o z u hatte man denn seinen Kammeragenten? Also lieh Elisabeth Christine unter Karls Garantie bei Alexander D a v i d die benötigten Gelder, die einmal durch das Berliner Bankhaus Splitgerber & Daum, das andere M a l durch K a r l und Elisabeth Christine i n Friedrichs H a n d kamen, u m i n Schloß u n d P a r k von Rheinsberg verbaut u n d angelegt zu werden. Aus vorhandenen Quittungen geht hervor, daß Elisabeth Christine gegen O b l i g a t i o n von Alexander D a v i d aufnahm am 20. August 1736 = 3000 Rtlr.; am 24. Juni 1737 = 2000 R t l r . u n d am 2. September des gleichen Jahres noch 6000 Rtlr., zusammen also 11 000 R t l r . Bei der Geheimen Justizrätin von B ä r t l i n g w u r d e n noch 8000 R t l r . aufgenommen. D i e Rückzahlung an den Kammeragenten erfolgte erst nach dessen Tode. Neben L u d w i g
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Rudolph w a r es K a r l I., der den Kammer agent en ständig um D a r lehn anging; so erhielt er 1743 von diesem 30 000 T i r . zu 5 % . O b w o h l bei diesen Geldgeschäften zwischen den Herzögen u n d ihrem Hofbankier diesem bei den Abrechnungen mehrfach Unregelmäßigkeiten nachgewiesen werden konnten, hielt dieser Umstand die Herzöge nicht i m geringsten davon ab, bei dem Kammeragenten immer wieder neue Vorschüsse anzufordern. Alexander D a v i d hat vielen Mitgliedern dieses Zweiges der Weifen u n d ihren Verwandten als Hofbankier gedient. Von den regierenden Herzögen nennen w i r nochmals: A n t o n Ulrich, August W i l h e l m , L u d w i g Rudolph, Ferdinand Albrecht I I . u n d K a r l I., von den Fürstinnen L u d w i g Rudolphs Gemahlin Christine Luise, ihre Tochter Elisabeth Christine — die Kaiserin — und ihre gleichnamige Enkelin. D e r Kaiserin hatte D a v i d 15 000 fl. zu 5 ·%) geliehen. Als er sich dafür eine Gnade erbitten durfte, w a r er so kühn, ein kunstvolles blaues Gewebe m i t Silberstickereien aus der Hofburg als Vorhang für den Thoraschrein seiner Synagoge zu fordern. 1732 w u r d e dieser Vorhang i n der Braunschweiger Synagoge aufgehängt, w o er nach jüdischen M i t t e i lungen noch 1907 vorhanden war. Von Elisabeth Christinens Tochter Maria Theresia w u r d e der Kammeragent gleichfalls i n Audienz empfangen u n d den Erzherzogen vorgestellt, k a m D a v i d doch als Abgesandter eines verwandten Fürstenhauses. Eine andere Schwester Karls I., Juliane Marie, w u r d e die Gemahlin des Dänenkönigs Friedrichs V. Durch seinen Einfluß als Kammeragent erreichte D a v i d 1752 am Hofe zu Kopenhagen, daß ein langjähriger Prozeß gegen den Oberrabbiner Jonathan Eibeschütz zu A l t o n a niedergeschlagen wurde. Uber seine T ä t i g k e i t als Silberlieferant für die Münze fehlen Einzelheiten; für Hof und Gesellschaft verkaufte er vor allem kostbare Tücher u n d Spitzen aus den verschiedensten Ländern; auch Brunnenwasser lieferte der Hoffaktor. Häufig stoßen w i r auf die Lieferungen von B r i l l a n t e n ; auch Medaillen hat Alexander D a v i d besorgt. F ü r die Ü b e r m i t t l u n g englischer und österreichischer Subsidiengelder erhielt er 1 % Provision. D e r Siebenjährige K r i e g bot dem Kammeragenten noch die Gelegenheit, sich als Heereslieferant zu betätigen. Nach Zustimmung der herzoglichen Regierung schloß Alexander D a v i d m i t dem Kaufmann Bremer zu Peine 1757 einen K o n t r a k t über die Lieferung von Hafer u n d Gerste. O b w o h l den Beamten der Preis zu hoch erschien, wurde der Lieferungskontrakt dennoch am 24. August genehmigt. D e r Vertrag konnte jedoch nicht durchgeführt werden, w e i l H i l desheim die Ausfuhr von Getreide verbot. D a v i d hatte Bremer 7
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inzwischen aber 1500 T i r . Vorschuß gegeben; er w u r d e daher aus der Proyiantkasse entschädigt. A m 5. September des gleichen Jahres besaß D a v i d jedoch bereits einen neuen K o n t r a k t , abgeschlossen diesmal m i t dem A m t m a n n Hartmann zu Voigts-Dahlum über die Lieferung von 40 Wispel guten, reinen Bäckerweizen u n d 50 Wispel Roggen nach Braunschweig; D a v i d übernahm die Zahlung der abgelieferten Mengen, versprach audi, noch mehr Weizen abzunehmen, falls H a r t m a n n ihn liefern konnte. D e r A m t m a n n mußte sein gesamtes Vermögen dem Kammeragenten zum Pfände setzen für den Fall, daß er nicht pünktlich und schlecht lieferte. Einen zweiten K o n t r a k t Schloß D a v i d am gleichen Tage auf Befehl des Herzogs K a r l vom 2. September m i t dem Kommissar Butemeister aus Braunschweig über Lieferung von Getreide i n das „extraordinäre K o r n magazin" des Kammeragenten. Von dem Getreide k a m jedoch nur ein T e i l bis nach Braunschweig; es w u r d e i n Danzig aufgekauft, nach Bremen verschickt, dort zum T e i l bereits verkauft, der Rest wurde teils nach Celle geliefert, und nur ein T e i l gelangte schließlich „anhero". Nach Davids noch vor seinem Tode erfolgter Rechnμngsaufstellung w u r d e n 57 226 T h l r . 4 Gr. eingenommen und 44 819 T i r . 4 Gr. 3 Pf. ausgegeben bei dem Kornankauf 1756/57. Seine Rechnung über das extraordinäre Kornmagazin von 1757/58 k a m auf 16 193 R t l r . 4 Gr. 3 Pf. Einnahmen u n d 28 657 R t l r . 2 Gr. Ausgaben H i e r errechnete D a v i d eine Mindereinnahme i n fast der gleichen Höhe w i e die Mehreinnahme vorher. D i e Mindereinnahme stammte aus der Zeit, da Braunschweig von den Franzosen besetzt war, m i t denen D a v i d damals zusammenarbeitete. A n Geldern hatte 1757 der Kammeragent i n drei Raten 26000 R t l r . erhalten. D i e weitere Abrechnung zog sich noch bis 1765, dem Todesjahre Davids, hin, ohne dafi ersichtlich ist, w i e die Angelegenheit bereinigt wurde. Es scheint, dafi die F i r m a bei diesen Getreidelieferungen nicht die Gewinne erzielte, die sie erhofft hatte, so erbeuteten die Franzosen einmal 10 000 H i m t e n Roggen, die für die Branntwein-Brennerei in Peine bestimmt waren. W ä h r e n d der französischen Invasion hatte der Kammeragent auch die Aufgabe, die Gelder an die verschiedenen Lieferanten vorzustrecken, die i n der Hauptsache die Fourage besorgten. Es sind jüdische Unterlieferanten, an die D a v i d die Zahlungen bewirkte. D e r Kammeragent betätigte sich natürlich selbst als Großlieferant oder Generalentrepreneur. Als Heereslieferanten arbeiteten unter und mit i h m D a n i e l G o u n s , A s s u r M e y e r , M e y e r G u m p e l , A a r o n G u m p e l ; der Löwenanteil der Lieferungen fiel immer auf D a v i d . So 1757 von 91 000 T i r . = 67 000 Tir., von 51 070 T i r . wiederum 35 000 T i r . Damals gingen
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mehr als 600 000 T i r . von den „ z u den Kriegsanstalten b e w i l l i g t e n " Geldern durch Davids Hände. Aus Prozeßakten wissen w i r , dafi D a v i d a u d i die Hofgesellschaft zu seinen Kunden zählte. Das Gesamtbild, das w i r von Davids Tätigkeit als Hoffaktor empfangen, ist k l a r u n d eindeutig; er w a r sehr geschäftig, sehr vielseitig u n d einer der höchsten Zinsnehmer unter den Hoffaktoren, die uns an den norddeutschen Fürstenhöfen begegnen. Erstaunlich, dafi er sich unter fünf Herrschern i n der fürstlichen Gunst uneingeschränkt erhalten konnte, trotzdem i h m mehr als einmal Unregelmäßigkeiten, falsche Rechnungsaufstellungen und gar zu wucherische Geschäfte nachgewiesen wurden. E r k l ä r e n liäßt sich Davids unerschütterte Stellung n u r aus dem, w i e es einmal i n den A k t e n heifit, „gar zu großen Geldmangel" der Herzöge von Wolfenbüttel, Bevern und Blankenburg u n d dem A u f w a n d und Geltungsbedürfnis einzelner ihrer Gemahlinnen, hervorgerufen durch die Verheiratung ihrer K i n d e r an die großen Höfe nach Wien, Petersburg, B e r l i n u n d Kopenhagen. Es paßt zum Gesamtbild dieses Hoffaktors, dafi er eifrig Thora und T a l m u d studierte u n d m i t Kennern dieser Bücher gern Umgang pflegte. D e r Kammeragent legte sich eine große hebräische B i b l i o t h e k zu, l u d gelehrte Rabbiner i n sein Haus u n d ließ W e r k e von jüdischen Gelehrten auf seine Kosten drucken. I n seinem Hause in Braunschweig hatte er für die jüdische Gemeinde eine Synagoge errichten lassen, i n welcher der Gottesdienst auch für die Juden der Umgegend, z. B. bis nach Peine, abgehalten wurde. Das zog dem Kammeragenten eine Anklage wegen unerlaubten Gottesdienstes zu; es blieb jedoch alles beim alten. K u r z v o i seinem Tode schenkte er der jüdischen Gemeinde Wolfenbüttel, die damals auch schon aus 30 Familien bestand, ein Haus, das er zur Synagoge hatte umbauen lassen. Alexander D a v i d starb am 4. Oktober 1765 „ a l t u n d lebenssatt", w i e es auf seinem Grabstein hieß; er w u r d e i n Halberstadt neben seiner ersten F r a u begraben. Sein Begräbnis zeigte noch einmal allen, i n welch großer Gunst dieser Finanzier gestanden, was er seinen Fürsten gewesen war. E i n h e r z o g l i c h e r , v o n v i e r P f e r d e n g e z o g e n e r L e i c h e n w a g e n , g e l e i t e t v o n B e d i e n t e n des H o f e s , brachte den toten Kammeragenten an die für i h n bestimmte Ruhestätte. Während des Trauerjahres mußten i n F r a n k f u r t a. M., Halberstadt u n d N i k o l s b u r g 10 Gelehrte täglich einige K a p i t e l aus dem T a l m u d zum Gedenken an den großen Hoffinanzier lesen. D a v i d w a r zweimal verheiratet, seine erste F r a u w a r Sara Hanna Cleve, Tochter des Moses Cleve i n Amsterdam; die Cleve waren ein Zweig der bekannten Hoffaktorenfamilie Gomperz. Aus dieser 7·
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39 Jahre währenden Ehe stammen sieben K i n d e r ; von seiner zweiten Frau, Debora Simons aus Imshausen, hatte D a v i d noch drei Söhne, die alle nach dem Tode des Vaters entmündigt werden mußten. Ihre M u t t e r Debora, leichtsinnig und verschwenderisch, mußte Braunschweig gleichfalls verlassen u n d durfte nicht mehr dorthin zurückkehren; denn auch die Söhne erster Ehe waren dagegen. N o d i zu Lebzeiten Davids w a r sein ältester Sohn D a v i d A l e x a n d e r Teilhaber der väterlichen F i r m a u n d H o f a g e n t geworden, aber die Tüchtigkeit seines Vaters scheint er nicht besessen zu haben; denn während des Siebenjährigen Krieges geriet die F i r m a bereits i n Schwierigkeiten. Er hatte v i e l Streit m i t seinen Glaubensgenossen, die i h m nicht selten seine Wechsel m i t Protest zurückschickten. Er mußte schließlich ein M o r a t o r i u m beantragen, das i h m vom Herzog am 20. August 1760 auf drei Jahre b e w i l l i g t w u r d e ; 1763 w a r d es nochmals u m drei Jahre verlängert. Während dieser Zeit durfte keine Klage gegen i h n vorgebracht werden. E r mußte seinen Gläubigern p ü n k t l i c h die Zinsen zahlen; außerdem hatte er vor Erteilung des Moratoriums die Hälfte der Schulden abtragen müssen. Schwiegersohn des Agenten D a v i d Alexander war der H a m b u r ger Juwelenhändler D a n i e l W a l l a c h , der einen ausgedehnten Juwelenhandel nach W i e n u n d Dresden auf dem Wege über Braunschweig betrieb; auch nach Warschau hatte er Lieferungen. Eine Sendung Juwelen, adressiert an den sächsischen Residenten H e r r n von Petzoldt, der sie an den sächsischen Hoffaktor Joseph Jonas Meyer i n Warschau weiter expedieren sollte, w a r während des Siebenjährigen Krieges von den preußischen Truppen erbeutet und weggenommen worden. D e r Kammeragent A . D a v i d u n d sein Sohn intervenierten darauf bei der Regierung i n Braunschweig zu seinen Gunsten; es w u r d e auch eine Untersuchung angeordnet, m i t welchem Erfolg, ist nicht ersichtlich. Auch scheint der Hofagent D a v i d Alexander nicht die Gunst genossen zu haben wie sein Vater. W i r hören wenig von Gunstbezeugungen, die seinem Vater so reichlidi zuteil geworden waren. Als der Hofagent 1770 i n einer Eingabe bat, seinen Töchtern den Handel m i t selbstgefertigten Männerund Frauen-Putz zu gestatten, erhielt er einen abschlägigen Bescheid. Finanziell muß es i h m auch nicht gut gegangen sein; denn i m folgenden Jahre k a m er u m Befreiung von Schutzgeld u n d Bilberlieferung ein. 1772 erhielt seine Schwiegertochter aus Dresden die Erlaubnis, sich m i t ihren K i n d e r n eine Zeitlang bei ihm aufhalten zu dürfen. D e r Sohn des Hofagenten D a v i d Alexander, mit Namen G e r s o n D a v i d , hatte sich i n Dresden niedergelassen u n d m i t der
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Tochter des dortigen H o f j u w e l i e r s Joseph Meyer verheiratet. M i t dieser Eheschließung hatte die Familie D a v i d verwandtschaftliche Beziehungen zu den bedeutendsten Dresdener Hoffaktorenfamilien Lehmann u n d Meyer angeknüpft, die damals allerdings beide w i e die Familie D a v i d i n Braunschweig sich auf dem Abstieg befanden. V i e l Freude erlebten die Agenten David, Vater und Sohn, nicht an diesem Sprößling ihrer Familie. Gerson D a v i d w a r 1756 i n Dresden i n die F i r m a Israel Elias & Compagnie eingetreten. Nachdem- er viel Geld verdient hatte, w o l l t e er nach Braunschweig zurück. Bevor er diese Absicht ausführen konnte, w u r d e er von den sächsischen Behörden m i t seinem Compagnon festgesetzt, w e i l er Silber verschoben hatte; hohe Geldstrafen standen i h m i n Aussicht. A u f Bitten des Kammeragenten sandte Braunschweig am 5. November 1764 ein Interzessionsschreiben an den Prinzen Xaverius, den damaligen Administrator von Sachsen, zugunsten des Gerson D a v i d . Doch scheint die Intervention nichts genutzt zu haben; denn 1772, als Gerson Davids F r a u nach Braunschweig kommen durfte, hören w i r , daß i h r Mann vor drei Jahren nach Amsterdam geflohen war. I m Jahre 1793 stoßen w i r auf eine Prozeßsache des verstorbenen Hofagenten D a v i d Alexander m i t anderen Glaubensgenossen, der jüngere D a v i d , w i e dieser Hoffaktor auch i n den A k t e n genannt w i r d , w a r u m diese Zeit fast 20 Jahre tot. Daß m i t dem Tode des Kammeragenten der Stern der Familie D a v i d zu sinken begann, geht auch aus dem Verhalten gegenüber seiner W i t w e Debora hervor. Diese hatte 1766 i n einer Eingabe um freies Schloßbier gebeten, w i e es i h r verstorbener Mann erhalten hatte, bekam aber zum Bescheid, daß sie zwar Schloßbier bekommen könne, es aber jetzt bezahlen müsse. Nach einem Vergleich m i t ihren Söhnen mußte sie schließlich 1771 Braunschweig verlassen; sie begab sich zu ihrer Schwester ins Hannoversche. Als sie 1774 in einer Eingabe bat, sich erneut i n Braunschweig niederlassen zu dürfen, w u r d e i h r Gesuch abgelehnt. Der zweite Sohn des Kammeragenten namens Abraham A l e x a n d e r D a v i d w u r d e gleichfalls amtlich bestallter Hofjude. Zunächst w a r er unter dem Namen Abraham Alexander Braunschweiger H o f f a k t o r des Markgrafen von Ansbach m i t dem Sitz i n F ü r t h , und M a r k g r a f Alexander setzte sich nach dem Tode des Kammeragenten sehr w a r m für die Erbansprüche seines Hoffaktors i n Braunschweig ein. Später ist Abraham Alexander D a v i d wieder nach Braunschweig übergesiedelt und herzoglicher H o f l i e f e r a n t geworden. Bereits 1745 hatte er die Konzession zu einer F a b r i k i n Braunschweig erhalten, konnte jedoch damals von
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i h r keinen Gebrauch machen. 1768 erhielt er die Resolution zur Niederlassung i n Braunschweig und seine Ernennung zum Hoflieferanten. E r machte auch Geschäfte m i t Sachsen^Koburg; denn Braunschweig intervenierte dort zu seinen Gunsten. Als der Hoflieferant 1779 auch um die Konzession zum Lederhandel einkam, erhielt er einen abschlägigen Bescheid. Außer diesen beiden Söhnen des Kammeragenten w u r d e noch ein Schwiegersohn N a t h a n B e e r i s a a k Hoffaktor i n Braunschweig. E r hatte A . Davids jüngere Tochter Hèndel geheiratet und wuirde H ö f a g e n t , hatte also einen vornehmeren T i t e l als Davids zweiter Sohn. Er muß i n höherer Gunst beim Herzog gestanden haben als seine beiden Schwäger; denn w i r hören mehrfach von Vergünstigungen, die i h m auf sein Ansuchen gewährt w u r d e n ; so durfte er seit 1771 Bank- u n d Wechselgeschäfte betreiben. Seine Schutzbriefe w u r d e n wiederholt erneuert, die Abgaben zur Polizeikasse i h m erlassen. 1771 w a r er der reichste Jude m i t einem Vermögen von 70 000 R t l r . ; an zweiter Stelle stand D a n i e l Gountz m i t 35 000 R t l r . U m die Jahrhundertwende siedelte er nach Hannover über; 1803 bat er jedoch, sich aufs neue i n Braunschweig niederlassen zu dürfen, was i h m ohne weiteres, sogar unter Erlaß der Abgaben, gestattet wurde. I n dieser A k t e w i r d er als K a m m e r a g e n t bezeichnet. Von dem Braunschweiger Zweig der Familie D a v i d waren demnach vier Mitglieder Hoffaktoren: der Kammeragent Alexander D a v i d , seine Söhne: H o f agent D a v i d Alexander und Hoflieferant A b t a h a m Alexander D a v i d , sein Schwiegersohn: Hof- und Kammeragent Nathan Beer Isaak. Ihre W i r k s a m k e i t erstreckte sich auf rund hundert Jahre. A. Davids jüngster Sohn, Moses Alexander David, muß schon f r ü h gestorben sein; denn 1768 stellten seine Erben Ansprüche an den Nachlaß ihres Großvaters. Danach hatte der Kammeragent Dav i d auch der herzoglichen Schauspielerin Mezière èinmal 500 Taler vorstrecken müssen, deren Rückzahlung samt Zinsen Davids Enkel jetzt beanspruchten. A m 1. September 1768 erhielt auch der Hofagent Nathan Beer Isaak als Mandatar der Erben 588 T i r . 6 Gr. O b w o h l der Kammeragent D a v i d sein Judentum stets betonte und es in jeder Weise förderte, konnte er es doch nicht verhindern, daß zwei seiner Söhne andere Neigungen hatten u n d die Absicht bekundeten, Christen zu werden. P h i l i p p Alexander D a v i d aus der erstén Ehe des Kammeragenten hatte Krone, die Tochter seines Onkels, des Kasseler Hof- und Kammeragenten Abraham D a v i d geheiratet. Er trieb Geld- und Jüwelengeschäfte m i t seinen Glaubens-
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genossen i n Hannover. Zu seinen Berliner Geschäftsfreunden gehörten auch die bekannten Münzentrepeneurs E p h r a i m und Isaak. Eines Tages verspürte er die Neigung, Christ zu werden; er nahm und erhielt darauf auch katechetischen Unterricht. Zur Taufe k a m es jedoch nach unseren Feststellungen nicht; denn vor der Taufe trat er wieder von seinem Vorhaben zurück, flüchtete dann schuldenhalber nach Amsterdam u n d bekannte sich von dort aus i n einem Schreiben vom 29. Mai 1753 ausdrücklich wieder zum Judent u m ; der angeborene Glaube wäre derartig rege i n i h m geworden, dafi er solchen Trieben nicht widerstehen könne; 1808 ist er auch als Jude i n H a m b u r g gestorben. Auch Hertz Alexander D a v i d aus der zweiten Ehe des Kammeragenten bekundete am 7. November 1772 sein Vorhaben, Christ zu werden. Doch scheint daraus auch nichts geworden zu sein; denn 1775 w i r d berichtet, daß er zur Regelung seiner Schulden i n Braunschweig wieder zugelassen w u r d e ; das Reskript bezeichnet i h n ausdrücklich als Schutzjuden. I n beiden Fällen handelte es sich jedenfalls u m verschuldete Söhne des Kam>meragenten. Simon Alexander D a v i d nahm 1808 den Namen Simonis an; er w a r ebenfalls ein Sohn des Kammeragentenv E i n Nachkomme des Kammeragenten Alexander D a v i d , wahrscheinlich sein E n k e l als Sohn des D a v i d Alexander, ist nach j ü d i schen Forschungen auch A l e x a n d e r D a v e s o n , bekannter unter dem Schriftstellernamen K a r l Julius Lange. Daveson — Davidsohn — w a r i n Braunschweig Kunsthändler i n A n t i k e n und Raritäten; die Kasseler Landesbibliothek besaß voti i h m ein 1778 erschienenes Verzeichnis der Kunstgegens^ände, Instrumente usw., die er liefern konnte. Offenbar w a r Daveson auch Lieferant des Landgrafen Friedrichs I I . von Kassel. Zum Herzog K a r l von Braunschweig stand Daveson in so vertrauten Beziehungen, daß er gleichfalls als dessen Höffaktor gelten mufi. I n seinen letzten Lebensjahren ließ Herzog K a r l durch seinen H o f l i e f e r a n t e n Daveson einer von i h m begünstigten Dame sehr reiche Geschenke zukommen: Als der Erbprinz noch bei Lebzeiten des Vaters die Zügel der Regierung ergriff, u m die zerrütteten Finanzen i n O r d n u n g zu bringen, ließ er dem Hoffaktor andeuten, dergleichen Aufträgen des Vaters keine Folge mehr zu leisten. Daveson erlaubte sich nun die Frage, ob er von diesem Befehl dem Herzog Kenntnis geben dürfe. Der Erbprinz nahm Daveson diese Frage sehr übel, und als der Herzog gestorben war, w u r d e Daveson wegen unbegründeter Forderungen, nicht ohne Verhetzung durch seine Glaubensgenossen, i n gefängliche Haft gebracht. Lessing, von der Unschuld seines Freundes überzeugt, bot alles zu seiner Befreiung auf, und nach der Ent-
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lassung aus dem Gefängnis nahm er i h n i n Wolfenbüttel als Hausgenosse auf. D a Daveson jedoch i n Braunschweig unmöglich geworden war, verließ er i m Dezember 1780 das L a n d u n d zog nach Berlin. Lessing empfahl i h n seinem Freunde Moses Mendelssohn i n einem Briefe vom 19. Dezember 1780 m i t den W o r t e n : „Ich w i l l von Ihnen nichts, lieber Moses, als dafi sie i h m den kürzesten u n d sichersten W e g nach dem europäischen Lande vorschlagen, wo es weder Juden noch Christen gibt. Ich verliere i h n ungern. Aber sobald er glücklich da angelangt ist, b i n ich der Erste, der i h m folgt." I m Braunschweiger Judenverzeichnis von 1781 w i r d besonders aufgeführt die Ehefrau des Berliner Juden Alexander, zweifellos des Daveson. Auch i n B e r l i n hielt es Daveson nicht; er ging nach England, w u r d e Christ u n d tauchte i m Oktober 1790 als Charles Lange i n H a m b u r g auf, wo er i m Schauspielhaus attische Unterhaltungen oder Verbindungen der Deklamation u n d des W o h l k l a n ges vortrug, aber ausgepfiffen wurde. D a n n finden w i r K a r l Julius Lange i n Ansbach als Sekretär Hardenbergs, des späteren preußischen Staatskanzlers, der aus seiner Braunschweiger Zeit i n Geschäftsbeziehungen zu den dortigen Hoffaktoren stand. Von 1806— 1808 betätigte sich der Schriftsteller K a r l Julius Lange als Herausgeber der franzosenfreundlichen Zeitung „ T e l e g r a p h " 5 6 . Als Hoffaktor tätig w a r der zum Christentum übergetretene Helfershelfer des Kammeragenten D a v i d , der Proselyt C h r i s t o p h W a 11 i c h , der am 14. Oktober 1712 zum K a m m e r s c h r e i b e r , am 30. M a i 1714 zum K a m m e r k a s s i e r e r u n d am 2. Januar 1717 zum Κ a m m e r z a h l m e i s t e r des Herzogs L u d w i g Rudolph von Blankenburg bestellt wurde. Er hat dafür gesorgt, daß D a v i d die herzoglichen Geldgeschäfte übertragen wurden, natürlich nicht ohne Gegenleistung; auch Bestechungsgelder nahm er an, obwohl er als Hofbeamter das stattliche Gehalt von 200 Talern jährlich bezog. I n einer Eingabe des Jahres 1719, gerichtet an die Herzogin, bezeichnete er sich selbst als Jud Conversus. Das wa*r allerdings bereits nach seinem Sturz, der wegen Betrügereien und Beschimpfungen der Kaiserin, die er i m Rausch begangen, erfolgte. Inter^ essant und bezeichnend ist das Vorleben dieses Proselyten. Vor zwanzig Jahren, also u m 1700, w a r Wallich Schreiber bei dem M ü n z m e i s t e r P h i l i p p A a r o n i n Celle, dem er die stattr liehe Summe von 300 R t l r n . stahl. Als er jedoch zum Christentum übertrat, w u r d e die gerichtliche Verfolgung niedergeschlagen. A u d i nach der Taufe betrachtete sich Christoph W a l l i c h als Jude, und seinen Glaubensgenossen erklärte er, er sei n u r Christ geworden, um die Christen besser zu betrügen. Sein Umgang bestand aus
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Konvertiten u n d Juden. Als er i n herzogliche Dienste trat, hatte er nicht einen Taler; als Hofbeamter konnte er sich einen Diener halten. Seine F r a u Katharina, Tochter eines Obristleutnants, hatte ihren Vater schon i m sechsten Lebensjahre verloren. Unter dem Vorgeben, er sei Christ, w a r die Waise von W a l l i c h verführt worden. Seit 15 Jahren lebten beide zusammen, waren aber ehelich getraut. Katharina hatte ihrem Manne Gold und Geld i n die Ehe mitgebracht. Diese Ehe w u r d e für die F r a u zum M a r t y r i u m ; denn für den Proselyten Wallich w a r seine F r a u Katharina nur die Christin-Teufelin, er spuckte i h r ins Gesicht, lief den H u r e n nach, die sein Diener besorgen mußte, u n d machte seine F r a u k r a n k und unglücklich. K e i n Wunder, daß sich Katharina der Trunksucht ergab. Als W a l l i c h schließlich festgesetzt wurde, bat sie den Herzog, i h n nicht freizulassen u n d sie zu schützen, da er gedroht hatte, sie totzuschießen. W i e er über den Herzog, dem er doch diente, dachte, zeigt seine Äußerung gegenüber seiner Frau, daß er dem Herzog ( L u d w i g Rudolph) immer nur Geld schaffen müsse, das er dann an seine Maitresse hänge. Wallich hat auch selbständig Geschäfte getätigt; denn Michael D a v i d i n Hannover stellte nach Wallichs Sturz Ansprüche an dessen Vermögen. Daß der gestürzte Kammerzahlmeister noch über ein beträchtliches Vermögen verfügte, bewies das Ergebnis der Untersuchung. Wallich w a r d 1719 zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt. Nachdem er aber dem St. Georg-Hospital in Blankenburg 100 Gulden vermacht hatte, w u r d e er zu ewiger Verweisung aus den Braunschweigischen Landen u n d dem Stift Hildesheim begnadigt. Wallich wollte, w i e er i n seiner Eingabe erklärte, von den Einkünften als Dozent der hebräischen Sprache an einer Universität leben. U m der Bestrafung zu entgehen,* hatte der Kammerzahlmeister noch die K ü h n h e i t besessen, dem Herzog ein D a r lehn von 8000 Gulden zu 6 % anzubieten. Doch W a l l i c h hatte sich zuviel herausgenommen; selbst bei dem ständig i n Geldnöten steckenden L u d w i g Rudolph zogen solche Angebote nicht. D i e Laufbahn des Kammerzahlmeisters am Blankenburger Hofe w a r beendet; über das Schicksal seines Opfers, der unglücklichen Katharina, erfahren w i r weiter nichts. W ä h r e n d des Siebenjährigen Krieges w a r auch D a n i e l G ο u η t ζ als Kriegslieferant tätig, und zwar als Unteragent Alexander Davids. A m 20. Dezember 1762 unterzeichnete Herzog K a r l das „Deklarationspatent für den Juden D a n i e l Gountz zum Η ο f j u d e η " u n d „wollen, daß derselbe hinführe für Unsern H o f j u d e n von jedermann gehalten und geachtet werden solle". A m 25. Dezember w u r d e die U r k u n d e Gountz ausgehändigt. Besonders her-
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ausgehoben w u r d e der Fouragelieferant aus den übrigen Öoffaktoren nicht; er mußte sich m i t dem allgemeinen T i t e l H o f j u d e begnügen, das w a r der niedrigste T i t e l i n der Fülle der für jüdische Bedienstete geltenden Bezeichnungen. Daß der T i t e l i h n nicht aus der Menge seiner Glaubensgenossen heraushob, geht daraus hervor, daß er von der Gerichtsbarkeit des Magistrats der Stadt Braunschweig nicht befreit wurde. Das Verhältnis des H o f j u d e n Gountz zum Kammeragénten D a v i d scheint sich spâtèr nicht günstig entwickelt zu haben; denn zwischen beiden Familien k a m es 1768 zu einem Prozeß. D a n i e l Gountz w a r offenbar eine umstrittene Persönlichkeit; denn er w u r d e der Spionage m i t dem Feinde, den Franzosen, verdächtigt. E r w i r d uns noch am hessischen Fürstenhofe begegnen. Sein Sohn L i o n Gountz, Privatlehrer der englischen Sprache, wollte sich 1806 i n Charlottenburg taufen lassen. Bevor er jedoch zugelassen wurde, bat der Oberprediger Dresse! u m ein Leumundszeugnis. O b w o h l die Feststellungen des Braunschweiger Oberpfedigers ungünstig waren — L i o n Gountz hatte i n Hildesheim ein Mädchen geschwängert, es dann geheiratet, mehrere K i n d e r gezeugt und dann F r a u und K i n d e r sitzen lassen — enthält der Entw u r f zur A n t w o r t n u r Günstiges über ihn; alles Ungünstige wurde weggelassen. Neben der Familie D a v i d i n Braunschweig hat die Familie Samson i n Wolfenbüttel eine bedeutende Rolle gespielt und mehrere Hoffaktoren gestellt. I h r Stammvater Gumpel Moses erhielt am 15. A p r i l 1697 den Schutzbrief u n d 1698 ein P r i v i l e g i u m ; am 8. Juni 1722 w u r d e der H o f - u n d S c h u t z j u d e G u m p e l M o s e s mit der Resolution begnadet, daß er „ i n personalibus vor dem hiesigen Stadtmagistrat zu stehen nicht schuldig, sondern n u r i n realibus wegen seines Hauses vor selbigen sich zugehalten sein soll. U n d können Gerichts-Schultheiß, Bürgermeister und Rat allhier, die gegen des besagten Juden Person bei ihnen vorfallende Beschwörungen es betreffen, solche gestohlenen u n d von i h m erhandelte Sachen oder übermäßig nehmende Wucher ad protocollum nehmen und solches zur Fürstlichen Kanzlei einschicken." Was die D a v i d i n Braunschweig waren, das w u r d e n die Samson i n Wolfenbüttel. S a m s o n G u m p e l w ä r Münzlieferant. H e r t ä S a m s o n , der Schwiegersohn des Hildesheimer Kammeragenten Herschel Isaak Oppenheimer, wurde am 17. Juli 1783 herzoglicher K a m m e r a g e n t i n Wolfenbüttel; auch dessen ältester Sohn H i r s c h H e r t z S a m s o n w a r H o f j u d e ; am 20. Januar 1795 erhielt er nach dém Tode des Vaters die veniam aetatis, den Schutzbrief u n d seine Ernennung zum H o f f a k t ö r , 1797 noch dazu die
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Konzession für den Handel m i t Spiegeln. D e r Schutzbrief w u r d e 1802 erneuert. D e r zweite Sohn des Kammeragenten Samson, namens I s a a k H e r t z S a m s o n , ließ sich als Bankier i n Braunschweig nieder u n d trieb dort ein Bankgeschäft, ohne einen Schutzbrief zu besitzen. Er erhielt i h n am 20. Oktober 1799 u n d brauchte dafür n u r 15 R t l r . j ä h r l i c h Schutzgeld zu zahlen, dessen übliche Höhe damals 60 Rlt'r. betrug. Sein V o r m u n d u n d Schwiegervater w a r sein O n k e l P h i l i p p S a m s o n i n Wolfenbüttel, der zwar keinen H o f t i t e l führte, seiner tatsächlichen Stellung nach aber Η ο f j u d e gewesen ist. Daneben k o m m t noch ein dritter Sohn des Kammeragenten Samson vor, u n d zwar M e y e r H e r t z S a m s o n . Von der Familie Samson sind also mindestens fünf Mitglieder. Hof faktoren gewesen, Gumpel Moses, Samson Gumpel, die Brüder Hertz und P h i l i p p Samson u n d des ersteren Sohn Hirsch Hertz Samson. D i e Hoffaktoren Samson waren Bankiers und Lieferanten des Landesfürsten. Hertz Samsons Schwager w a r der Bankier Goldtschmidt in Kassel, dessen Familie sich am hessischen Hofe i n einflußreicher Stellung befand. P h i l i p p Samsons Tochter wiederum hatte den Kriegsagenten Leffmann Herz Cohen i n Hannover geheiratet. Schließlich heiratete i n beide Familien auch der einflußreichste Hoffaktor der Weifen, der Geheime Finanzrat Jacobson, dessen erste F r a u eines Samson, dessen zweite F r a u eine Cohen war. So hatten die Mitglieder der Familie Samson durch Heiraten gleichfalls Verbindungen zu bedeutenden Hoffaktorenfamilien ihrer Zeit hergestellt. Hertz Samson gehörte zu jenen H o f j u d e n , die ihre Stellung zugunsten ihrer Glaubensgenossen eifrig nutzten. Er beherbergte zahlreiche fremde Juden, die k e i n Geleit hatten, und t r u g so zur Mehrung der jüdischen Gemeinde Wolfenbüttel bei, w i e Alexander Dav i d dies i n Braunschweig getan hatte. Hertz Samson erhielt am 22. Juli 1782 das P r i v i l e g zum Engroshandel i n Tüchern, nàch seinem Tode baten Jacobson und P h i l i p p Samson i n einer Eingabe von 1802, den beiden jüngeren Söhnen des Verstorbenen, Isaak und Meyer Hertz Samson, ein Warenlager én gros zu gestatten, ausgenommen Tuche, die zu lagern schon dèm ältesten Sohne erlaubt war. D a Polizei und Kaufmannschaft jedoch dagegen waren, so wurde die Eingabe abgelehnt; auch ein weiteres Gesuch der beiden j ü n geren Samson i m Jahre 1806 half nichts. So schnell u n d leicht flogen den Söhnen Hertz Samsons die Privilegien nicht zu, w i e dies bei den Nachkommen Alexander Davids geschehen war. F ü r die Geldgeschäfte des Hoffaktors Samson ist bezeichnend der Vertrag vom 1. Februar 1771 m i t dem fürstlichen Leihhäuse. Er bestimmte:
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1. Wenn i m Leihhause genügend Gelder vorhanden waren, so verpflichtete sich der H o f jude, sie anzunehmen u n d mit 4°/o zu verzinsen. 2. Brauchte das Leihhaus selbst die Gelder, dann lieferte Samson sie zurück. 3. W a r das Leihhaus gezwungen, Gelder aufzunehmen, so verpflichtete sich der Hoffaktor, diese zu 5 bis 6°/o vorzuschießen. 4. D i e Höhe der Summen, die von beiden Teilen anzunehmen bzw. vorzustrecken waren, w u r d e auf 10 000 T i r . festgesetzt m i t der Einschränkung zugunsten Samsons, daß i h m für die Beschaffung der Summen Fristen von 4 bis 14 Tagen gesetzt wurden. D e r Vertrag w u r d e mehrfach verlängert, so wieder am 9. März 1780. Samson machte offenbar gute Geschäfte m i t den Geldern des Leihhauses. W ä h r e n d sie i h m zu 4 % zur Verfügung gestellt w u r den, durfte er für seine Leihgelder 5 bis 6°/o fordern. Samson hatte hier seinen W i l l e n durchgesetzt; denn die Beamten des Heihhauses vollten i h m n u r 4V2°/o bewilligen. Als der Hoffaktor drohte, er könne die Gelder j a außerhalb des Landes zu höheren Zinsen anlegen, wies der unterhandelnde Beamte darauf hin, daß Hertz Samsons Vater doch die Gelder i n den Braunschweigischen Landen und nicht anderswo erworben habe. Trotzdem k a m Samson ins Geschäft, so w i e er es gewünscht hatte. W e n n der Vertrag auch nur m i t i h m abgeschlossen wurde, so w a r sein Schwager Goldschmidt doch daran beteiligt. Zu den K u n d e n Hertz Samsons gehörte audi Hardenberg, der spätere preußische Staatskanzler. P h i l i p p Samson stand i n sehr engen finanziellen Beziehungen zu Herzog K a r l , dem Schwager Friedrichs des Großen; der Hoffaktor lieferte Gold, Silber u n d gab Geld. So lieh sich Herzog K a r l am 2. Oktober 1767 die Summe von 4000 Talern i n Gold und verpflichtete sich, sie j ä h r l i c h m i t 5%> zu verzinsen. „ U n d damit derselbe um so mehr gesichert sein solle, so setzen W i r demselben sub hypotheca honorum soviel dazu von Nöten. Alles bei Unseren Fürstlichen wahren Worten." Ähnliche Obligationen sollen i m U m l a u f gewesen sein. Später w u r d e n P h i l i p p Samson 15 000 R t l r . herzogliche Schulden zurückgezahlt. Wegen der Obligationen über 4000 R t l r . vom 2. Oktober 1767 strengten P h i l i p p Samsons Erben einen Prozeß an, da man unter den Papieren einer bei der Stadt Wolfenbüttel angestellten Gerichtsperson diese Schuldverschreibung Herzog Karls gefunden hatte. D i e Kläger w u r d e n 1826 abgewiesen, ihre Revision verworfen. D a n n erscheint i n den A k t e n noch der D r . med. P e t e r S a m s o n , ohne dafi ersichtlich ist, i n welchen verwandtsdiaftlichen Be-
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Ziehungen er zu den anderen Samsons steht. Samson ist D r . med. der Universität Helmstedt; am 15. M a i 1759 w u r d e i h m die Praxis für Wolfenbüttel gestattet, ein Protest des Collegium Medicum von Braunschweig zurückgewiesen. Später stellte sich heraus, dafi Samson sich die Dissertation von dem D r . med. und Landphysikus Lange hatte anfertigen lassen; Peter Samson wohnte damals bei Lange i n Kiel. Lange w a r wiederum bei Peter Samson verschuldet. Trotzdem wurde D r . med. Peter Samson die Praxis nicht entzogen; er erhielt i m Gegenteil am 8. September 1761 noch die Erlaubnis, auch i n Braunschweig praktizieren zu dürfen. Unter den getauften Juden i n Braunschweig befand sich i n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts D r . j u r August Samson, ein Sohn von Meyer Herz Samson, m i t seinen Kindern. A n privilegierten Juden begegnen uns ferner der Lotteriekollekteur J o e l L a z a r u s , der Buchhändler J e r e m i a s H e i n e m a n n , die Münz- u n d Silberlieferanten M o s e s u n d N a t h a n Hirsch und W o l f Gumperz, der Hofbijouteriehändler M i c h a e l L e v i aus Halberstadt, der sich später Cramer nannte, und der Gold- u n d Silberlieferant J a c o b H e i l b u t t . I n den Befreiungskriegen gab es auch i n Braunschweig jüdische L i e f e r a n t e n . D i e Verpflegung für die K r a n k e n i n den Hospitälern zu Helmstedt und Schöningen lag i n den Händen der Lieferanten J o r d a n M a r k u s C h r o n h e i m und J ü d e l h e i m , des Entrepreneurs V i k t o r H e y m a n n und des getauften B a n k i e r s M a n s f e l d . Jüdelheim, vormals L i p m a n n Jüdel, wurde später auch H o f a g e n t ; Heymann w a r früher i n Mainz und Bonn tätig. U m die M i t t e des 19. Jahrhunderts gab es i n Braunschweig noch den H o f j u w e l i e r W o l f H e r t z und den H o f b a η k i e r Nathan Seligmann N a t h a l i o n . D e r letzte große Hoffaktor der Weifen, der Geheimrat Israel Jacobson, soll uns i n einem besonderen Abschnitt beschäftigen, da dieser i n mehreren Staaten unter verschiedenen Fürsten g e w i r k t hat u n d in der Tat eine Sonderstellung e i n n i m m t 5 7 .
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson, der Vorkämpfer der Judenemanzipation Unter den norddeutschen Hoffaktoren waren I s r a e l J a c o b s o n , W o l f B r e i d e n b a c h und D a v i d F r i e d l ä n d e r die bedeutendsten Vorkämpfer der Judenemanzipation. A u f G r u n d
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ungedruckten Aktenmaterials soll i m folgenden ein umfassendes B i l d von dem Leben u n d W i r k e n des Geheimen Finanzrats Israel Jacobson gezeichnet werden. I s r a e l J a c o b s o n entstammte der großen preußischen Judengemeinde Halberstadt, aus der auch Behrend Lehmann, der größte Hoffaktor Sachsens, hervorgegangen war. I n Preußen begann Jacobson seine Tätigkeit, u n d i n Preußen sollte sie auch enden. W i e alle Hoffaktoren, k a m auch Jacobson aus einer Familie, die aus kleinen Anfängen emporgestiegen war. Erst Jacobsons Vater Israel Jacob brachte es zu leidlichem Wohlstand; er betrieb i n Halberstadt ein Wechselgeschäft. D i e Glaubensgenossen rühmen sèine talmudische Gelehrsamkeit; er erlebte n o d i den Aufstieg seines genialen Sohnes. Geboren am 17. A p r i l 1729, starb Israel Jacob am 11. November 1803 i m 75. Lebensjahre als Vorsteher der Halberstädter Judengemeinde. D e n armen Juden vermachte er 10 000 Taler, die Stiftung erhielt den Namen: Israels Ehrenkranz. Israel Jacobsohn — später schrieb er sich Jacobson —, der einzige Sohn, w u f d e am 17. Oktober 1768 geboren. Auch von i h m rühmen seine Glaubensgenossen, daß er sich eifrig dem Talmudstudium widmete. Seinen Aufstieg verdankte Jacobson keineswegs eigener K r a f t , entscheidend w a r vielmehr seine frühe Verbindung m i t dem einflußreichen und finanzkräftigen, orthodox eingestellten Kammeragenten des Herzogs K a r l W i l h e l m Ferdinand von Braunschweig; Hertz Samson, der den Herzog schon als Erbprinzen zu seinen Kunden gezählt hatte, zog den unbekannten Jacobson i n sein Handelshaus, bildete i h n aus u n d gab i h m 1786 seine Tochter M i n n a zur Frau. M i t 18 Jahren w u r d e Jacobson der Schwiegersohn des herzoglichen Kammeragenten i n Wolfenbüttel; damit w a r seine Karriere gesichert; denn er k a m zu Vermögen und hatte jetzt Verbindungen zum Hofe. Jacobsons erste F r a u starb 1819; sie hinterließ ihrem Mann das stattliche Vermögen von 45 500 Talern. D a der Schwiegervater Samson i n Wolfenbüttel ansässig war, ließ sich der Schwiegersohn i n Braunschweig nieder und eröffnete dort ein eigenes Handelshaus unter der F i r m a „Israel Jacobson". Jacobson konnte dies u m so eher wagen, als die Familie des einst so mächtigen Kammeragenten Alexander D a v i d i n Braunschweig nichts mehr bedeutete. Als Bankier i n Braunschweig knüpfte dann Jacobson Beziehungen zum Herzog K a r l W i l h e l m Ferdinand an. A m 12. Dezember 1794 starb der Kammeragent Hertz Samson; sofort bewarb sich Jacobson u m die Ä m t e r seines Schwiegervaters, der auch Landrabbiner für den Weserdistrikt, umfassend die heutigen Kreise Holzminden u n d Gandersheim, gewesen war. Von
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson Braunschweig aus richtete er am 29. Dezember ein drei Seiten langes Gesuch an den Herzog mit der Bitte, i h m die durch den Tod seines Schwiegervaters frei gewordene herzogliche Kammeragentie zu übertragen. D i e Beamten sprachen sich für den Schwiegersohn aus, und so erhielt Jacobson schon am nächsten Tage die Zusage; am 31. Dezember dankte er dem Herzog schriftlich für die Übertragung und gab die gewünschten Zusicherungen. D i e endgültige Übertragung erfolgte jedoch erst am 5. Januar 1795, nachdem Jacobsons Vater die Garantie für die Finanzgeschäfte seines Sohnes übernommen hatte. Man darf daraus den Schlufi ziehen, dafi Israel Jacobsons K r e d i t 1795 noch nicht so gekräftigt war, dafi der Herzog dem neuen Kammeragenten ohne weiteres seine Geldgeschäfte übertragen hätte. D i e Resolution des Herzogs betreffend Übertragung der Kammeragentie w a r an den Bankier Israel Jacobson i l i Halberstadt gerichtet. Jacobson w a r 26 Jahre alt, als er Herzoglich Braunschweigischer Kammeragent wurde; es sollte nicht seine einzige Würde bleiben. Von der Ernennung erhielten die Behörden u n d der Magistrat der Stadt ausdrücklich Nachricht. A m 2. Januar 1796 w u r d e der Kammeragent vom Schutzgeld der Juden gänzlich befreit, mußte aber den üblichen Schutzbrief annehmen, was Jacobson verweigert hatte. Dies ist ein für Jacobsons spätere Bestrebungen bezeichnender Vorgang; der Kammeragent wollte keine U r k u n d e entgegennehmen, in der er als Jude bezeichnet wurde. D e r Schutzbrief w a r vom 30. März 1795 datiert, demnach erst nach Jacobsons Ernennung zum Kammeragenten ausgestellt worden. D i e Verbindung m i t der Gemeinde Halberstadt hielt Jacobson auch nach seiner endgültigen Niederlassung i n Braunschweig aufrecht. Davon zeugt ein Gesuch der Halberstädter Judenschaft vom 8. A p r i l 1795, i n dem diese bat, dem Kammeragenten zu gestatten, sich auch w e i t e r h i n ihres politischen und moralischen Zustandes annehmen zu dürfen. D i e Halberstädter Juden sahen also damals bereits i n Jacobson den Mann, der ihre Lage verbessern konnte u n d sollte. D e r Herzog genehmigte am 14. A p r i l die Bitte unter der Voraussetzung, dafi die Kammergeschäfte nicht darunter litten. Seinem Vater Israel Jacob e r w i r k t e der Kammeragent am 9. Januar 1795, also k u r z nach seiner Ernennung, einen Freipafi für die Lande Braunschweig, g ü l t i g für die gesamte Familie inner- und außerhalb der Messen; auch für seine Schwiegermutter erreichte Jacobson eine Vergünstigung; i h r Schutzgeld w u r d e am 6. März 1795 um die Hälfte ermäßigt. F ü r sich selbst erzielte Jacobson am 24. November 1798 eine weitere Vergünstigung; er w u r d e von der
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Zahlung der sogenannten Surrogatgelder an die Polizeikasse befreit, da auch sein Vorgänger Hertz Samson diesen V o r t e i l genossen hatte; dagegen mußte er seit 1796, w i e die anderen Hoffaktoren, j ä h r l i c h 5 R t l r . Parochialsteuern zahlen. A m 6. März 1797 bat der Kammeragent u m die Erlaubnis, einen Garten vor dem Wendentor, den Scbützischen Garten, erwerben und als Begräbnisplatz der Juden verwenden zu dürfen. Das Gesuch wurde am 12. A p r i l b e w i l l i g t ; 1799 kaufte er das Heinemannsche Haus. Über die Geldgeschäfte des Kammeragenten m i t seinem Landesherrn sind w i r i m einzelnen nicht unterrichtet, da die A k t e n darüber häufig n u r dann erhalten blieben, wenn diese Geschäfte sich nicht glatt abwickelten. Aus den zahlreichen Vergünstigungen aber, die der Kammeragent nacheinander von dem Herzog erhielt, lassen sich Schlüsse auf enge finanzielle Bindungen zwischen Fürst und Hofbankier ziehen. W i e Jacobson von Beamtenschaft und Landesherrn begünstigt wurde, zeigt i n besonders deutlicher Weise die Verpachtung der Waisenhauslotterie an den Kammeragenten. D i e Lotterie w a r 1786 an den Obersten von Scheither verpachtet worden u n d sollte 1796 neu vergeben werden, obwohl der Pachtvertrag 12 Jahre lief. Es ist nicht ersichtlich, ob der bisherige Pächter verstorben oder aus anderen Gründen ausgeschieden war. Jedenfalls w a r Jacobson erst ein Jahr Kammeragent, als er dieses Unternehmen erhielt. A l l e anderen Bewerber u m die Lotterie w u r d e n von Anfang an ausgeschaltet, w e i l der Kammeragent das Unternehmen erhalten sollte. D e r Herzog hatte verfügt, daß während seiner Abwesenheit die Vorschläge der anderen Bewerber abzulehnen seien. D i e Beamten empfahlen Jacobson, „da schwerlich ein anderer Pächter zu finden sey als der Kammeragent Israel Jacobson". Außerdem übernehme j a der Vater des Kammeragenten die Bürgschaft für alle Geldgeschäfte des Sohnes. D i e Bewerber aus dem Kaufmannsstande: Winckelmann, Himke, Wagener u n d Sprockhoff könnten m i t ihren Geldern j a i n ihrem Geschäft arbeiten. Jacobson biete außerdem mehr; statt 6200 Taler zur Kammerkasse u n d 150 Taler zum Wolfenbütteler Armenhaus wolle der Kammeragent zahlen: 6600 Taler zur Herzoglichen Kammerkasse; 150 Taler dem Wolfenbütteler Armenhaus; 200 Taler dem Braunschweiger Waisenhaus; 200 Taler dem Braunschweiger Armenhaus, zusammen also 800 Taler mehr als die anderen in Betracht kommenden Bewerber. Jacobson wünsche eine rasche Übertragung der Lotterie, w e i l er m i t dem Entrepreneur des Berliner Unternehmens,
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson dem Hoffaktor Liepmann Meyer W u l f f , i n guten Geschäftsbeziehungen stehe u n d daher hoffe, durch diese Verbindung auch i n Preußen Lose abzusetzen. Jacobson wünsche außerdem vorerst Geheimhaltung der Übertragung auf ihn. A m 28. Juni 1796 w u r d e darauf dem Kammeragenten die Lotterie verpachtet, sein Name als Pächter aber noch verheimlicht, u m den „ N e i d der übrigen Kompetenten zu vermeiden". D i e Ziehung der Lotterie geschah durch zwei Waisenknaben. Wiederholte Eingaben Jacobsons wegen freier Benutzung der eingenommenen Lotteriegelder dagegen hatten keinen Erfolg; auch persönliche Audienzen halfen nicht. D e r Vertrag w u r d e am 10. Februar 1804 nochmals erneuert; doch scheint Jacobson bei dem Unternehmen nicht auf seine Kosten gekommen zu sein; zudem w a r er damals schon sehr vermögend. A m 23. November 1804 w u r d e dem Kammeragenten gestattet, die Lotterie an die Kaufleute D i e t rich Gerhard Krause, K o n r a d Berend Krause, Dietrich W i l h e l m Krause u n d Christoph Thies abzutreten. Jacobson lieferte die Kontrakte zurück. Daß der Kammeragent zu Beginn seiner Laufbahn nur über bescheidene M i t t e l verfügte, beweist sein Gesuch vom Jahre 1796 an die Leihhauskommission u m ein D a r l e h n von 120 000 R t l r . Jacobson wollte diese Summe zu dem niedrigen Zinsfuß von 3 % geliehen haben. Als Sicherheit bot er einen Wechsel über die genannte Summe u n d eine Obligation des Grafen von Dernath, zediert an den Grafen von Lüttichau, über 273 500 Rtlr., auf der noch 130 000 R t l r . standen. Sein Schwiegervater Hertz Samson hatte i n früheren Jahren ebenfalls i n dieser Weise K r e d i t erhalten. Das Finanzkollegium stimmte am 26. Juli 1796 zu, die Leihhauskommission forderte aber i m nächsten Jahre nochmals Sicherheit für das D a r lehn. Jacobson entgegnete, daß sein Vater die Wechsel über 110 000 R t l r . mitunterschrieben habe und i n solidum dafür hafte; das Leihhaus möge sich daher m i t der Solidum-Haft der beiden begnügen. D i e Rückzahlung sollte i n jährlichen Raten von 10 000 R t l r . erfolgen. Jacobson hatte damals für seine Geschäfte, w i e er schrieb, 120 000 R t l r . i n 6 bis 12 Monaten nötig. Eine besondere Vergünstigung stellt die Verleihung des vollen Bürgerrechts an Jacobson u n d seine ehelichen Nachkommen durch das Naturalisationspatent vom 24. Februar 1804 dar, nach noch nicht zehnjähriger W i r k s a m k e i t als Kammeragent. I n Norddeutschland hatte bisher nur die Familie I t z i g i n B e r l i n diese Gunst erfahren. Jacobson u n d seine Familie w u r d e n also ebenfalls vor der Judenemanzipation emanzipiert. D i e Naturalisation erfolgte wegen des „Wohlverhaltens u n d uneigennützigen Betragens" des Kam8 Schnee, Hoffinanz I I
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meragenten. M i t dem Patent w a r die Verleihung aller Rechte christlicher Bürger in den braunschweigischen Landen verbunden; als Muster für den W o r t l a u t der Naturalisationsurkunde diente das Patent für den preußischen Oberhofbankier Isaac D a n i e l I t z i g vom 2. M a i 1791. Das D e k r e t w u r d e a u d i i n dem Intelligenzblatt zu jedermanns Kenntnis veröffentlicht. Das Geheime Ratskollegium berechnete für das Patent 384 R t l r . Gebühren, die es unter seine Mitglieder verteilen wollte. Sie waren offenbar der Meinung, daß bei dieser Vergünstigung des Kammeragenten auch für sie etwas herausspringen sollte; der Herzog erließ jedoch seinem Hofbankier die Zahlung. D a r a u f bestimmte Jacobson als D a n k für die gewährte Auszeichnung 3000 R t l r . i n Kurbadischen Obligationen zu 4 % für eine Armenstiftung. A m 2. März 1804 verfügten zunächst der Herzog, zwecks Deckung des Defizits der Armenkasse diese Obligationen sofort zu Geld zu machen; am 7. März bestimmte jedoch der Herzog, daß die 3000 R t l r . an seine Geheime Kanzlei abzuliefern seien, das Defizit der Armenkasse solle durch 2000 R t l r . Marientaler Consensgelder gedeckt werden. Nach der Rückkehr wolle der Herzog die Angelegenheit weiter regeln. I n einem Schreiben vom 10. A p r i l nahm Jacobson gegen das Gerücht Stellung, die gestifteten 3000 R t l r . sollten auf einmal unter die A r m e n verteilt werden. N u r die Zinsen dürften verteilt werden, das K a p i t a l solle stehen bleiben und ein immerwährendes D e n k m a l sein. A m 8. Juni wurde die Stiftung genehmigt; andererseits hatte aber die Armenverwaltung die von Jacobson eingelieferten Kurbadischen Obligationen über 5400 fl. = 3000 R t l r . dem Befehle des Herzogs gemäß an die Geheime Kanzlei ausgeliefert. Weitere Verfügungen i n dieser A n gelegenheit liegen nicht vor; der ganze Vorgang erscheint etwas m e r k w ü r d i g . Es sieht so aus, als wenn sich der Herzog die Verleihung des Naturalisationspatents von Jacobson hätte bezahlen lassen, indem er die Obligationen sich selbst übereignete. Selbst wenn die Deckung des Defizits der Armenkasse durch 2000 R t l r . anderer Gelder erfolgt sein sollte, ergäbe sich immer noch eine Differenz zugunsten der Geheimen Kanzlei von 1000 R t l r . A m 28. M a i 1805 w u r d e Jacobson u n d seinen Nachkommen als Folge des Naturalisationspatents auch das Bürgerrecht der Stadt Braunschweig verliehen. Als herzoglicher Kammeragent unterstand Jacobson n u r der Gerichtsbarkeit des Hofes, nicht der Jurisdiktion des Stadtmagistrats; dies w u r d e dem Stadtmagist rat am 21. März 1807 noch ausdrücklich bestätigt, als eine Rechtssache gegen Jacobson schwebte. A m 10. Mai
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1805 e r w i r k t e der Kammeragent die Erlaubnis zur Errichtung einer Rauch- u n d Schnupftabak-Fabrik in Seesen m i t dem Recht zum Engroshandel i n Tabak. Jacobson w a r auch Hoffaktor mehrerer anderer deutscher F ü r sten; seinem Ehrgeiz u n d seiner R ü h r i g k e i t genügte schon damals die Stellung als Herzoglich-Braunschweigischer Kammeragent nicht. Des Herzogs Verwandter, der M a r k g r a f K a r l Friedrich von Baden, ernannte durch Reskript vom 7. März 1803 Jacobson zu seinem H o f a g e n t e n ; k u r z vorher hatte i h n der Landgraf L u d w i g X. von Hessen-Darmstadt, der spätere Großherzog L u d w i g I., durch Verfügung vom 26. Februar 1803 zum K o m m e r z i e n r a t seines Landes ernannt. Noch weiter ging einige Jahre später Herzog F r i e d r i c h Franz I. von Mecklenburg-Schwerin; er beförderte den Herzoglich Braunschweigischen Kammeragenten am 2. Juni 1806 zum Mecklenburg-Schwerinschen Geheimen Finanzrat. Fortan spielte Jacobson als Geheimer Finanzrat i n Nord- und Südwestdeutschland eine bedeutende Rolle; i n Mecklenburg w u r d e die Familie später ansässig. Jacobson bekleidete damals — 1806 — folgende W ü r d e n : Herzoglich-Braunschweigischer Kammeragent; Landgräflich Hessen-Darmstädtischer Kommerzienrat; Markgräflich Badenscher Hof agent; Mecklenburg-Schwer inscher Geheimer Finanzrat; Oberrabbiner des Weserdistriktes. A l l e Titelverleihungen hingen zusammen m i t der V e r m i t t l u n g von Staatsanleihen u n d Jacobsens Bestrebungen zur Aufhebung des Judenleibzolls. I n seinem Siegel führte er Schlüssel und Degen. Über die Finanzgeschäfte m i t dem Markgrafen von Baden sind w i r genau unterrichtet, da die A k t e n darüber erhalten sind. D i e erste Anleihe gewährte Jacobson 1801 i n Höhe von 300 000 fl., i m nächsten Jahre lieh er dem Markgrafen erst 500 000 fl., dann nochmals 30 000 fl., und 1803 wiederum 300 000 fl. und nochmals 50 000 fl., im ganzen also die stattliche Summe von 1 180 000 fl. innerhalb von drei Jahren. Jacobsons Interessen vertrat i n Karlsruhe die F i r m a Model Salomons W i t w e , die sich dagegen wandte, dafi man „ausländische F i r m e n " w i e die Gebrüder Bethmann i n F r a n k f u r t / M . zu den Geldgeschäften heranziehen wolle. D i e F i r m a Bethmann hatte schon zu Anfang des Jahres 1801 Baden 500 000 fl. geliehen; sie w a r auch jetzt zu weiteren Anleihen bereit, nachdem sie 6 M i l l i o n e n Pfalz-Bayern gewährt hatte, verlangte aber eine Spezi al hypothek als Sicherheit. D a Jacobsons Bedingungen etwas günstiger waren, er sich außerdem m i t der Unterschrift des Markgrafen und seines Sohnes auf den Obligationen begnügte, so t r u g der 8*
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Braunschweiger Kammeragent über die F r a n k f u r t e r Firmen Bethmann und Riippell & Harnier den Sieg davon. Jacobson richtete darauf am 31. August 1801 ein Danksdireiben an den Markgrafen, i n dem er seine Freude ausdrückte u n d als glücklichen Umstand erwähnte, daß der Abschluß der Anleihe zusammenfalle m i t der bevorstehenden Vermählung der E n k e l i n des Markgrafen mit dem Prinzen W i l h e l m von Braunschweig. D i e von i h m gemachten Bedingungen mögen den Herrscher überzeugen, daß nicht Gewinnsucht seine Schritte bei diesem Geschäft leite. „Höchst erfreulich würde es m i r seyn, wenn ich durch diese meine B e r e i t w i l l i g k e i t , den m i r erzielten Zweck, die Hohe Gnade Euer Durchlaucht zu gewinnen, nicht verfehlt hätte, da ich es ohne Ruhmsucht sagen kann, daß ich durch ähnliche Geschäfte für die Majestät des Königs von Preußen, für Ihre Hoheit den H e r r n Erbprinz von Oranien und der Stadt Bremen den Beifall derer m i r erwarb, für welche ich negocierte; ich ersterbe i n tiefster Ehrfurcht Euer Durchlaucht unterthänigster
Diener
Israel Jacobssohn Hertzogl. Braunschweigsch. Cammeragent." Als dann sein Sekretär Beck die erste Anleihe abgeschlossen hatte, bat Jacobson i n einem Schreiben vom 4. Dezember 1801 den Markgrafen, i h m auch i n Zukunft „ D e r o Höchstes Zutrauen" zu schenken u n d i h n bei vorfallenden Gelegenheiten w ü r d i g „ z u finden Höchst dero Befehle zu vollziehen", was i n der Folgezeit auch geschah. D i e Gelder ließ Jacobson durch F r a n k f u r t e r F i r m e n auszahlen, wo sie von dem Hause G ö l l und Söhne für Baden i n Empfang genommen w u r d e n ; auch die Zins- u n d Rückzahlung erfolgte i n F r a n k f u r t / M . Als G ö l l & Söhne m i t der erhaltenen Provision nicht zufrieden waren, erhielten sie noch ein Faß köstlichsten Weines, und auch der Sekretär Beck, der m i t dem Kammerprokurator Geheimrat Johann F r i e d r i c h Eichrodt den Anleihevertrag abgeschlossen hatte, empfing ein „Douceur". D i e Anleihen mußten ratenweise bis 1818 zurückgezahlt werden; die Badischen Obligationen verwendete Jacobson wieder als Zahlungsmittel für andere Anleihen. A l l e i n dieses badische Anleihegeschäft beweist, daß der Braunschweigische Kammeragent um 1800, damals noch ein verhältnismäßig j u n g e r Mann, als Großkapitalist a u f t r i t t . Allerdings konnte er m i t solchen F i r m e n wie Gebr. Bethmann i n F r a n k f u r t / M . nicht k o n k u r r i e r e n ; denn diese
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson waren jederzeit i n der Lage, Anleihen für viele M i l l i o n e n zu gewähren. Jacobsohn hatte sich i n jedem Lande einen anderen T i t e l geben lassen; der gleiche T i t e l kommt bei i h m nicht mehrfach vor, w i e dies bei Hoffaktoren anderer Staaten der F a l l war. Betont mufi noch einmal werden, daß Jacobsohn nur Mecklenburg-Schwerinscher Geheimer Finanzrat gewesen ist, nicht, w i e einzelne Darsteller bisher behaupteten, Geheimer Finanzrat des Königreichs Westfalen oder von Braunschweig. D a m i t waren jedoch die Ehrungen für den geschäftstüchtigen Finanzmann keineswegs abgeschlossen. D i e U n i versität des Landes verlieh dem Kammeragenten auch eine akademische Würde, ein Vorgang, der zeigt, welche Stellung der mächtige Finanzmann bekleidete. Von wem der A n t r a g ausgegangen ist, läßt sich nicht mehr feststellen; aus dem Schreiben des Dekans vom 4. September 1807 ergibt sich nur, daß ein Kollege, also ein M i t glied der Fakultät, den A n t r a g gestellt hat. D i e Universität Helmstedt promovierte am 9. September 1807 Jacobson zum Ehrendoktor der Philosophie; die von dem Professor der Philosophie unterzeichnete U r k u n d e pries den Kammeragenten als „gründlichen Gelehrten i m Fache der hebräischen Literatur, als Freund und Beförderer der Wissenschaften und schönen Künste sowie alles Gemeinnützigen, als großmütigen Unterstützer manches Studierenden w i e so vieler anderer Hilfsbedürftigen, als Beförderer heilsamer A u f k l ä r u n g , besonders durch zweckmäßigen Unterricht u n d Erziehung der Jugend, als milden u n d weisen Stifter und Erhalter der Schule zu Seesen." „Auch sind Euer Hochwohlgeboren i n dem schätzbarsten Teile der Philosophie schon längst Lehrer, ich meine die Philosophie des Lebens, die Wissenschaft und Kunst, das Leben nützlich zu machen und zu genießen." F ü r die Verleihung der W ü r d e dankte Jacobson i n einem hebräisch und deutsch abgefaßten Schreiben; die B i b l i o t h e k beschenkte er m i t einer hebräischen Bibel. Außerdem traf er die Bestimmung, dafi bei Ausfüllung eines Platzes i n seiner Seesener Schule für ein K i n d christlicher Eltern stets das K i n d berücksichtigt werden solle, das die Universität Helmstedt dafür empfehle. Das veranlafite wiederum die Professoren, Jacobson m i t Brief u n d Geschenk zu danken. A m 30. Oktober 1804 w u r d e dem Herzog ein Enkel geboren; aus diesem Anlafi veranstaltete der Kammeragent am 19. Dezember eine Feier i n der Synagoge. Jacobson hielt die Festrede, die er dann i m D r u c k bei Vieweg i n Braunschweig erscheinen ließ. A u c h ein Zögling seines Instituts i n Seesen, L e v y Helft, mußte eine Rede hai-
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ten, die der Kammeragent ebenfalls i m Druck erscheinen ließ, ebenso i n einem d r i t t e n Heft die Gebete und Gesänge der Feier. Des Herzogs Schwester Auguste Dorothee, Äbtissin von Gandersheim, nahm auf Einladung des Kammeragenten sogar an einer jüdischen Feier i n Seesen teil. I h r A b t e i r a t F r i e d r i c h K a r l von Strombeck berichtet darüber i n seinen Erinnerungen: „Diese Einweihung w u r d e m i t großer Feierlichkeit und sogar unter Glockengeläute (wie Jacobson gestattet worden) vorgenommen. D e r Fürstin w a r m i t ihrem Gefolge ein ausgezeichneter Sitz i n der Synagoge bereitet: — H i e r erblickten w i r denn — zum deutlichen Beweis der Toleranz der Zeit oder (wie m i r ein katholischer Geistlicher aus dem benachbarten Bilderlahe äußerte) zum Zeichen, daß die Zeit vorbei sei, w o man seine eigentümliche Religion auf eine eifersüchtige Weise geliebt habe, gleichwie eine dahin gealterte Gattin, auch eben keine Eifersucht mehr einzuflößen pflege — neben dem Oberrabbiner, lutherische Superintendenten und Prediger, einen reformierten Geistlichen und mehrere katholische Priester; alle ergötzt durch das neue Schauspiel, H e r r n Jacobson i n dem Kostüm eines protestantischen Geistlichen, angetan m i t einem seidenen Mäntelchen und unter dem K i n n e m i t sogenanntem Bäffchen, m i t der Thora i m Arme, fungieren zu sehen. Das ganze w a r auf ein Schauspiel berechnet und endete auch m i t einem splendiden Gastmahle (denn ohne Essen und T r i n k e n w i r d nun einmal eine Festlichkeit nicht für vollständig geachtet), zu dem auch die F ü r s t i n die Einladung w o h l w o l l e n d angenommen hatte. Sie schätzte Jacobsons mannigfache Verdienste u n d ehrte vorzüglich sein Bestreben, seine Nation aufzuklären u n d den Christen möglichst gleichzustellen. — „ M a g immer die nur zu sehr i n die Augen leuchtende Eitelkeit unseres Jacobson" — sagte sie w o h l — „einen großen A n t e i l an seinen Handlungen haben: i n hohem Grade ist es doch zu achten, daß sich seine Leidenschaft auf diese Weise äußert. Andere sind auch eitel; aber beobachtet sie einmal, auf welche A r t sie zu glänzen suchen. Durch ihre vermeintlichen Verdienste w o l l e n sie andere herabsetzen, während Jacobson sich auf eine nützliche und edle Weise unsterblich macht. Ich achte den Mann auf das vollkommenste, und mein Bruder achtet i h n auch. D a r u m ersuche ich Sie, denken Sie darauf, wie auch w i r wiederum dem Tempelstifter eine Ehre erweisen." — So ungefähr sprach die Äbtissin und dachte sich folgende Überraschung für Jacobson aus: „Ich mußte i n meinem Namen (weil die Fürstin wegen des Todes des Erbprinzen i n zu tiefer Trauer war, u m Feste geben zu können) alles, was Gandersheim und die Umgegend an ausgezeichneten Männern u n d Frauen besaß, zu einem glänzenden Frühstück (morgens
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson um 11 Uhr) einladen. D e r große Kaisersaal auf der A b t e i war hierzu eingeräumt, u n d die fürstliche Küche hatte etwas Ausgezeichnetes geleistet. — Als die Gesellschaft n u n schon mehrere Stunden froh zusammen gewesen und sich das Mahl, welches die Mittagtafel v ö l l i g ersetzt hatte, seinem Ende nahte, erschien die FürstinÄbtissin, als wenn sie der frohen Gesellschaft einen kurzen Besuch abstatten wollte, gefolgt von mehreren Damen, u n d unter diesen von den beiden schönen u n d liebenswürdigen Töchtern ihres Hofpredigers, des Generalsuperintendenten Klügel. Indem sich n u n Jacobson der Fürstin ehrerbietig näherte, u m i h r seinen Respekt zu bezeigen, faßte i h n diese freundlich bei der Hand, u n d die weiß bekleideten Mädchen setzten i h m eine aus Eichenlaub künstlich von der F ü r s t i n selbst gewundene Bürgerkrone auf das Haupt, wobei die Älteste m i t hinreißendem Anstände folgende Verse deklamierte, die ich, auf Verlangen der Äbtissin, gern verfertigt hatte: Dich rief, ein unterdrücktes V o l k zu heben, Nach langer schwerer Zeit die Vorsehung. Verlass'nen brachtest d u ein neues Leben, U n d es zu tun, dies w a r d i r Lohne genung. D u sahst die Flamm' erloschen, edler Mann, U n d fachst sie k r ä f t i g an zu neuem Glanz. D u zeigst, was Tugend, M u t u n d Arbeit k a n n : D a r u m empfange jetzt den Bürgerkranz. Jacobson, auf das äußerste überrascht und auf das tiefste gerührt, fast unfähig zu reden, beugte das eine K n i e vor der edlen Fürstin, nahm den Kranz vom Haupte u n d drückte i h n an seine Brust m i t den W o r t e n : D e r Kranz soll einst m i t i n meinen Sarg. — Dieses Fest fand am 8. Oktober statt." E i n Brief der Fürstin-Äbtissin an Strombeck vom 7. Oktober beweist uns, daß diese, von manchen H i s t o r i k e r n bezweifelte E h r u n g des Hofbankiers tatsächlich stattgefunden hat; das Schreiben zeigt aber auch, daß Auguste Dorothee an diesem Jacobson-Kult einen wesentlichen A n t e i l hatte. I n diesem Briefe heißt es: „Unsern Israeliten morgen zu begrüßen, denke ich, w ü r d e es vielleicht passender sein, daß die zwei kleinen Bälge, w i e Sie sie nach K ö n i g Herodes zu nennen pflegen, erst i h r A m t bei dem Weggehen der hebräischen Visite übernehmen, indem Sie zu i h m sagen, w i r wollen D i r das Geleit geben, aber ehe D u diese Stätte verläßt, empfange i m Namen aller, die Dich kennen, diese Krone, deren D u so w ü r d i g bist. — Dies ist bloß eine Skizze, welche mein Conseiller durch
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seine Talente u n d Gaben aufstuppen w i r d . " Das W o r t „ H e r r n " vor Israeliten hatte die Ätissin wieder durchgestrichen. Jacobson hat, w i e die meisten Hofagenten, seinen Reichtum und seinen Einfluß dazu verwendet, u m auch die Lage seiner Glaubensgenossen zu verbessern. Er, W o l f Breidenbach u n d D a v i d Friedländer waren es, die durch ihre Beziehungen zu verschiedenen Höfen i n mehreren deutschen Staaten die Aufhebung des Leibzolls der Juden durchsetzten. A m 23. A p r i l 1803 fiel der Leibzoll i n Braunschweig. „ A u f höchsten Befehl" w u r d e n die Administratoren u n d Pächter der Landzölle angewiesen, den „bisher von den reisenden Personen jüdischer N a t i o n erhobenen sogenannten Leibzoll für die Folge ferner nicht mehr einzufordern." D i e Juden feierten in der Braunschweigischen Zeitung vom 27. August des Jahres den „Helden u n d Weisen C a r l W i l h e l m Ferdinand, Herzog zu BraunschweigLüneburg, als er den herabwürdigenden Leibzoll der Juden aufhob", i n einem Gedicht als „großen Fürsten", u n d seinen Hofagenten Jacobson, dem sie dieses Geschenk verdankten, besangen sie mit den Versen: F r o h dankt, edler Mann! Israel D i r , Daß der drückenden Schmach D u es enthobst, Nicht mehr soll es, dem Vieh gleich, sich verzollen; D r u m H e i l D i r ! Deiner That H e i l ! Lange schon blühen Deiner edlen Thaten Blumen, Den Kranz füllt, i h n rundet diese That; Daß längst gehegter W i l l e i n des H e r r n Brust D u r c h Dein' Erinnerung w a r d zur That. D e r Segen Gottes, der reinsten Seelenruhe, D i e stets des edlen Fürsten Haus beglücke, Geneuß auch als treuer Diener D u . Fließt der Labetrank aus des H e r r n Traube, Des Gelabten D a n k t r i f t auch den Diener, der ihn reicht. I n Darmstadt forderte der Landgräfliche Kommerzienrat und Herzoglich Braunschweigische Kammeragent am 28. A p r i l des gleichen Jahres i n einer acht Seiten langen Denkschrift die A u f hebung des Leibzolls, u m die auch W o l f Breidenbach einkam. A m 19. Januar 1805 genehmigte Serenissimus m i t den Zeilen: „Es ist m i r sehr lieb", die Aufhebung, u n d Jacobson u n d Breidenbach w u r den entsprechend benachrichtigt. D e m Markgrafen von Baden überreichte Jacobson am 4. Mai 1803 eine viele Seiten umfassende Bittschrift wegen Aufhebung des
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson Leibzolls, nachdem er k u r z vorher, am 7. März, Hofagent geworden war. Diese Denkschrift erschien i m nächsten Jahre i n Haeberlins Staatsarchiv im D r u c k , zweifellos auf Veranlassung Jacobsons; denn Haeberlin w a r Geheimer Justizrat i n Helmstedt. D e r Kammeragent W o l f Breidenbach benutzte die Denkschrift, u m die Aufhebung des Leibzolles dann i n Nassau durchzusetzen. D i e Bittschrift begann zunächst m i t einem Lobe K a r l Friedrichs, „dessen menschenfreundlichen und wahrhaft edlen Gesinnungen die Ausländer nicht minder wie die eigenen Untertanen tief huldigen." Deshalb sind Jacobsons Hoffnungen auf den Fürsten „grenzenlos", daß er seine Bitte u m Aufhebung des Leibzolls erfüllen werde. D a n n folgt eine Darlegung über die Entstehung des Leibzolls, u m m i t der E r w a r t u n g zu schließen: „Euer Durchlaucht werden den Eingebungen Ihres Herzens, den Aussprüchen I h r e r Philosophie u n d Geboten Ihres Gottes folgend, den Leibzoll der Juden auf ewig aufheben. Euer Durchlaucht werden dadurch die Reihe I h r e r großen u n d edlen Taten verlängern." A u f die Eingabe des Hofagenten scheint zunächst nichts erfolgt zu sein; denn am 29. Dezember des Jahres gratulierte Jacobson dem Fürsten zum Jahreswechsel und benutzte erneut die Gelegenheit, die Aufhebung des Leibzolls zu erbitten. D a r a u f erfolgte am 20. Januar 1804 der Beschluß zur Aufhebung des Leibzolls. K a r l F r i e d r i c h teilte am 1. Februar sogar selbst seinem Hofagenten die Aufhebung mit. Jacobson dankte i n einem Schreiben und spendete 1000 Gulden zum Besten einer Armenanstalt. K a r l F r i e d r i c h bestimmte j e die Hälfte der Summe für ein geplantes Siechenhaus u n d für das jüdische Spital. I m Jahre 1808 erhielten die Juden i n Baden bereits ein beschränktes Bürgerrecht, ebenso i n Hessen-Darmstadt. U m den Bildungsgrad seiner Glaubensgenossen zu verbessern, gründete Jacobson eine besondere Schule i n Seesen. D i e Bürgerschaft sträubte sich aufs heftigste gegen das jüdische Erziehungsinstitut; der Stadtassessor Österreich w a r der Führer von Jacobsons Gegnern, während der Hofrat Zincken die Pläne des Kammeragenten förderte. U n d da auch der Herzog die Wünsche seines Hofbankiers erfüllte, erhielt 1801 das freundliche Harzstädtchen Seesen eine Jacobson-Schule. Sie w u r d e am 3. J u l i 1801 von dem Herzog durch P r i v i l e g i u m geschützt. Jacobson stattete sein Erziehungsinstitut m i t einem K a p i t a l von 100 000 Talern aus! D i e Lehrer erhielten das volle Bürgerrecht; die Schule w a r i n erster L i n i e für jüdische K i n d e r bestimmt, doch konnten auch christliche K i n d e r aufgenommen werden. Das Talmudstudium sollte besonders gepflegt werden; 1805 hatte die Schule 46 Schüler, 1807 schon 70 Haus- u n d Stadtschüler. D i e Jacobsonschule entwickelte sich zu einer Volks-
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und Bürgerschule, die bis i n die neueste Zeit bestand; 1890 zählte sie 233 Schüler. Nachkommen Jacobsons waren Kuratoren der Schule. Auswärtige Juden stifteten Pensionsplätze für Schüler, so 1808 der Kammeragent Pinkus i n Schwerin. Des Kammeragenten Sohn Meyer Jacobson, Rittergutsbesitzer auf Schulzendorf bei Berlin, gründete gemäß Statuten vom 4. Februar 1852 i n Seesen noch eine Waisenanstalt. D i e höhere Schule ging 1923 durch Staats vertrag in den Besitz des Landes Braunschweig über. Hatte sich i n Seesen schon heftiger Widerstand gegen die Begünstigung des Kammeragenten durch Hof und Beamtenschaft geltend gemacht, so sollte Jacobson bald erfahren, daß auch die Bevölkerung von Braunschweig keineswegs bereit war, die Folgerungen aus der Verleihung der Rechte christlicher Bürger an den Kammeragenten zu ziehen. Jacobson geriet 1806 m i t der Kaufmannschaft i n einen K o n f l i k t ; denn diese lehnte den A n t r a g des Kammeragenten vom 7. März 1806, seinen Sohn Meyer Jacobson i n die Gilde als L e h r l i n g aufzunehmen, ab. Das Polizeidepartement befahl daher der Gilde, Meyer Jacobson aufzunehmen. D a r a u f entstand eine große Erregung; die Landschaft unterstützte am 12. M a i das Vorgehen der Kaufmannschaft. Vergeblich blieb der Hinweis des Kammeragenten, daß doch i n B e r l i n die naturalisierten Juden, wie zum Beispiel D a v i d Friedländer, Mendel Oppenheim und W o l f Michael Dessau Mitglieder der Kaufmannsgilde seien. Noch bevor die Entscheidung des Herzogs fiel, reichte der Kammeragent am 8. Juni ein viele Seiten umfassendes Entlassungsgesuch ein, obwohl er einleitend selbst zugeben mußte, daß er von dem A u g e n b l i c k an, „ w o ich vor 12 Jahren zum Kammeragenten ernannt wurde, bis auf den jetzigen Moment die ansprechendsten Beweise des gnädigsten Wohlwollens genoß." D a n n zählte er alle seine Leistungen u n d Verdienste auf. D a r i n hieß es u. a.: „ D u r c h Herbeiziehung auswärtiger Geschäfte, die eine richtige Beurteilung mich wählen ließ, u n d die eine glückliche K o n j u n k t u r begünstigte, sammelte ich m i r ein Vermögen, das rein vom Fluch des Wucherzinses meinen E n k e l n verbleiben w i r d . " „Ich habe mich nicht auf Kosten meiner M i t b ü r g e r u n d des hiesigen Landes bereichert." Von den j ä h r l i c h e n Ausgaben i n Höhe von 30 000 R t l r . verbrauche er nur 4000 R t l r . für seinen eigenen Haushalt, der Rest käme anderen zugute. Nachdem er von den allgemeinen Kränkungen gesprochen hat, die man i h m i n den Jahren seiner Tätigkeit als Kammeragent zufügte, u n d die er i n erster L i n i e auf den N e i d über seine glücklichen Unternehmungen zurückführt, k o m m t Jacobson auf die Gründe zu sprechen, die sein Entlassungsgesuch veranlaßten.
Der Geheime Finanzrat Israel Jacobson Dazu gehört zunächst die Protektion, welche die Behörden seinem einstigen Angestellten Nathan Jacob gewährten. Nathan Jacob stammte gleichfalls aus Halberstadt; Jacobson hatte i h n i n seine Dienste genommen unter der Bedingung, dafi er sich nicht in Braunschweig etablieren dürfe. Nathan Jacob trennte sich dann aber von dem Kammeragenten u n d eröffnete i n Braunschweig sein eigenes Geschäft, dessen Konkurrenz der Kammeragent u m so mehr fürchtete, w e i l dieser einstige Angestellte seiner F i r m a seine „genaueren Konnektionen" kennengelernt hatte. D i e Behörden sahen Nathans Niederlassung nicht ungern; denn sie w o l l t e n nicht n u r auf den Kammeragenten angewiesen sein. I m nächsten P u n k t beklagt sich Jacobson über die Benachteiligung, der die Söhne seines verstorbenen Schwiegervaters, des Kammeragenten Hertz Samson, ausgesetzt seien, obwohl auch dieser „dem Staate wesentliche Dienste geleistet hat." Sein eigener Wirkungskreis als Kammeragent sei bisher noch nicht genauer bestimmt, so dafi er nicht wisse, welche A n sprüche er m i t Bescheidenheit dagegen geltend machen dürfe. Verglichen m i t den Verhältnissen der Kammeragenten i n Schwerin, Kassel, Hannover u n d München, fühle er sich zurückgesetzt; denn dort erhielten die Agenten nicht nur eine anständige Besoldung, sondern erfreuten sich auch Vorteile, die i h r Gehalt w e i t überwiegen. D i e Schule i n Seesen werde nach seiner Meinung nicht genügend gefördert; für den D i r e k t o r Schottländer mußte er den Landgrafen von Hessen-Darmstadt u m eine Titelverleihung bitten; Schottländer w u r d e auf sein Gesuch sofort Hofrat, während Braunschweig seine Bitte abschlug. D a z u komme die Zurücksetzung seines Sohnes durch die Kaufmannsgilde. Jacobson Schloß sein Gesuch m i t der Ankündigung, daß er öffentl i c h bekannt machen werde, „daß n u r die hohe Achtung vor der Person meines Fürsten m i r den Abschied erschweren konnte, daß ich mich aber von Menschen umgeben sah, die kleinlicher N e i d über ein durch T ä t i g k e i t erworbenes Vermögen zu Neidern machte, die i m hohen D ü n k e l eigenen Wertes jedes bescheidene Verdienst zu vernichten bemüht waren, denen Menschenwürde ein U n d i n g ist, deren beschränkter Kopf, deren beengtes Herz von Vorurteilen beherrscht w i r d , die zur Ehre der Menschheit längst v e r t i l g t sein sollten, von Menschen, die unter der Larve der D a n k b a r k e i t für genossene Wohltaten sich zu Verteidigern der Bosheit u n d jedes Verstoßes gegen die natürlichen Menschenrechte erniedrigen können. Ich werde diese Menschen namhaft machen u n d vielleicht dadurch einen T e i l der Schuld tilgen, zu welcher ich dem braunschweigischen Lande verpflichtet bin." Noch am gleichen Tage schrieb K a r l W i l helm Ferdinand an Jacobson, bat u m nähere A u f k l ä r u n g über seine
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Wünsche und hoffte, dafi er seinem Wunsch gemäß seinen Entschluß abändern werde. „ M e i n lieber Kammeragent Israel Jacobson!" lautete die Anrede, u n d der Herzog Schloß m i t dem Satz: „ M i t vieler Hochschätzung b i n ich jederzeit Ihr ganz ergebener C a r l W i l h e l m Ferdinand." D e r Herzog ließ sich nach einigen Tagen durch den Geheimen Rat von W o l f f r a d t nach Jacobsons Wünschen erkundigen. Jacobson faßte seine Forderungen i n sechs Punkten zusammen. A u f die Aufnahme seines Sohnes i n die Kaufmannsgilde habe er verziehet, dafür wünsche er den Schutz aller erworbenen Rechte u n d für seinen Sohn die Konzession zum Handel i n allen Zweigen. Jacobson erbot sich, stets 50 000 Taler zur Verfügung der herrschaftlichen Kassen bereitzuhalten, das Geld der Kassen zu 3%> zu übernehmen und ganz nach Wunsch wieder zurückzuzahlen. D a f ü r forderte er als Kammeragent eine j ä h r l i c h e Besoldung von 1000 Talern und freie Fourage für vier Pferde. Nach seinem Tode solle die Kammeragentur auf einen seiner Söhne übertragen werden. Drittens forderte Jacobson, die Söhne des verstorbenen Kammeragenten Hertz Samson i n ihren Rechten zu schützen. Hertz Samson besaß die Konzession zum Vertrieb aller Handelsartikel m i t der Bestimmung, daß diese Konzession nach seinem Tode auf zwei seiner Söhne, die er selbst bestimmen werde, übergehen solle. Als Samson aber plötzl i c h starb, ohne ein Testament zu hinterlassen, das heifit also, ohne die beiden Söhne für die Übernahme der Konzession bestimmt zu haben, gestand man den Söhnen die F o r t f ü h r u n g des Geschäftes nicht zu. D e r F i r m a Nathan Jacob aus Halberstadt müsse das Geschäft i n Braunschweig gänzlich untersagt werden. I m fünften Punkte forderte Jacobson die Aufhebung aller jener Verordnungen, welche seine Glaubensgenossen benachteiligten; der letzte P u n k t betraf seine Schule i n Seesen. Noch am gleichen Tage, am 20. Juni, w u r d e n Jacobsons Forderungen m i t einigen Modifikationen bewilligt. Ungewöhnlich w a r zweifellos die Forderung des Kammeragenten auf ein Jahresgehalt von 1000 Talern. K e i n Hofaktor i n Norddeutschland hatte bis dahin ein so hohes Gehalt bezogen. 300 bis 400 Taler betrugen die Bezüge der größeren Hof- u n d Kammeragenten. Man bewilligte Jacobson zwar die Fourage für vier Pferde, jedoch nicht seine Gehaltsforderung, die man ablehnte, indem die Regierung auf die Bereitstellung der angebotenen 50 000 Taler verzichtete. Nathan Jacob müsse einen Schutzbrief kaufen; d a r i n werde alles Nähere bestimmt werden;
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die Ausweisung seines Konkurrenten erreichte also Jacobson nicht. Das M i n i s t e r i u m hatte sich nämlich zugunsten Jacobs ausgesprochen; es sah i n seinem Verbleiben am O r t e n u r einen V o r t e i l für den Staat. D a auch P h i l i p p Samson am 4. Dezember 1804 gestorben war, wäre das Wechselgeschäft sonst zu einem Monopol für Jacobson geworden. So blieb der Kammeragent i m Lande. W i e sich Jacobson später gegen die Dynastie verhielt, als die Katastrophe von 1806 hereinbrach und Braunschweig dann zum Königreich Westfalen geschlagen wurde, mag ein V o r f a l l aus dem Jahre 1807 zeigen. A m 4. Dezember 1807 erschien i n Seesen plötzlich der Sohn seines Gönners, des 1806 verstorbenen Herzogs, u n d ließ sich bei Jacobson melden. Herzog Friedrich W i l h e l m befand sich incognito auf der Reise von Bruchsal nach Glückstadt, w o er sich m i t seinen Brüdern über den nach Holstein geretteten Familienbesitz verständigen wollte. A u f der Durchreise beabsichtigte er, auch noch einige P r i vatangelegenheiten m i t dem Kammeragenten zu erledigen. Jacobson aber ließ sich verleugnen. Er wäre k r a n k , außerdem fürchte er sich zu kompromittieren. Nach Jacobsons Tode teilte sein Schützling, Hof rat Schott, mit, daß die Staatspolizei diesen m i t Erschießen bedroht hätte, wenn er dem flüchtigen Herzog helfen w ü r d e ; er hätte sein Ehrenwort geben müssen, m i t dem Vertriebenen keine Verbindung aufzunehmen. D e r Herzog mußte warten, bis ein anderer Bote i n Seesen eintraf u n d diesem dann die Regelung der Angelegenheit mit Jacobson übertragen. Jacobsons Verhalten gegenüber seinem Herzogshause w u r d e i m ganzen Lande bekannt; für den Kammeragenten w a r das m i t ein Grund, nach dem Ende des Königreichs Westfalen seinen Wohnsitz nach B e r l i n zu verlegen. U m diese Zeit konnte Jacobson sein Riesenvermögen noch u m eine reiche Erbschaft vermehren; 1808 starb der kinderlos gebliebene herzogliche Kammeragent Nathan Beer Isaak, der Jacobson 1803 zum Universalerben eingesetzt hatte. Isaaks Ehefrau w a r Handel, geb. Alexander D a v i d , gewesen. Das Vermögen w a r beträchtlich. Jacobson bestimmte daraus Zuschüsse für sein Seesener Institut. Bevor Braunschweig zum Königreich Westfalen kam, w u r d e es 1806 erst gründlich von den französischen Truppen, die das L a n d besetzt hatten, ausgebeutet. D e m L a n d w a r d eine K o n t r i b u t i o n von 5 625 000 frcs. auferlegt; sie w u r d e in der Hauptsache von Jacobson aufgebracht, der schon mehrfach deutsche Staatsanleihen zustande gebracht hatte. Der Geheime Finanzrat, w i e er sich gern nennen ließ, stellte stets seine Bedingungen, welche die Minister bei der damaligen Lage annehmen mußten. D i e K o n t r i b u t i o n sollte i n drei
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Raten am 1. und 15. Dezember und zum Jahresschlufi aufgebracht werden. Jacobson reichte am 26. November 1806 anläßlich einer tags zuvor m i t i h m gehabten Konferenz seine Bedingungen für eine binnen 14 Tagen zu beschaffenden Anleihe von 1 M i l l i o n Franken schriftlich ein. Dieses Promemoria ist charakteristisch für die Finanzgeschäfte des Kammeragenten; darum sollen die H a u p t p u n k t e daraus angeführt werden. Jacobson stellte zunächst fest, dafi er bei allen wichtigen Geschäften immer auf möglichste Sicherheit der Herleiher gesehen habe, was für i h n u m so mehr Gewissenspflicht sei, da er sehr oft die Vermögen von W i t w e n u n d Waisen verwalte. Deshalb fordere er auch diesmal entsprechende Bürgschaften. Jeder künftige Souverain der braunschweigischen Lande müsse die auszustellende Obligation als wahre Staatsschulden anerkennen u n d das französische Gouvernement einen entsprechenden Revers ausstellen. Ferner forderte Jacobson, bei allen künftigen Operationen dieser A r t zu Rate gezogen zu werden und bei ihrem Abschlüsse m i t z u w i r k e n . Dies begründete er m i t dem Wunsche, dem Vaterlande durch seine vom Ausland als bewährt befundenen Kenntnisse zu nützen, und mit der Notwendigkeit, durch seinen Beirat alle Schwächung der von i h m an den M a r k t gebrachten Obligationen abzuwenden. D a n n k o m m t Jacobson zum K e r n der Sache. F ü r 250 000 Taler Gold i n vierprozentigen Obligationen m i t der Unterschrift der Landschaft u n d des Ministeriums, wovon j ä h r l i c h 1 0 % einzulösen sind, w i l l er liefern: 400 00ft frcs. i n bar u n d solchen Pariser Wechseln, deren Annahme durch das Gouvernement sicher ist, sowie 600 000 frcs. i n vierprozentigen Badischen u n d Darmstädtischen Obligationen, die mindestens nicht später als die der Anleihe fällig sind. F ü r den Umtausch jener Obligationen, die jetzt steigen u n d m i t jedem Jahr noch weiter steigen werden, gegen die Braunschweigischen, w o l l e er zur Bestätigung seines Wunsches, dem Lande zu helfen, nichts verlangen; für die Beschaffung der übrigen 400 000 Franken beanspruche er, da i h m selber niemand bares Geld zu weniger als 5°/o leihen w i r d , 1 % j ä h r l i c h e Vergütung bis zur Auslösung der betreffenden Obligationen, außerdem 2 υ /υ Provision von der ganzen Anleihe. Bei seinen eigenen beträchtlichen Unkosten w i r d er trotz dieser Provision noch Schaden machen. Übrigens sei er damit zufrieden, dafi sie sowohl w i e das eine Prozent auf die 400 000 Franken i h m i n Badischen u n d Darmstädtischen Obligationen al p a r i gerechnet, gezahlt werden. Sollte das französische Gouvernement die durch gewisse Vorstellungen zu betreibende A n nahme der von i h m gelieferten Obligationen ablehnen, also deren
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Realisierung m i t Verlust erfolgen müssen, so ist zu erwägen, dafi bei Verteilung des Verlustes auf den ganzen Zeitraum, i n dem die Anleihe läuft, für diese doch n u r ein Zinsfuß von insgesamt 6 % herauskommen w i r d , während unter den jetzigen Verhältnissen ein solches Geschäft anderweitig sicher nicht zu 6°/o, vielleicht nicht einmal zu 8 % würde abgeschlossen werden können. Binnen 24 Stunden müsse auf dieses Angebot A n t w o r t erfolgen; denn rasches Handeln sei notwendig. F ü r den F a l l der Ablehnung e r k l ä r t sich Jacobson bereit, 40 000 Franken i n guten Pariser Wechseln auf 80 000 Franken i n Darmstädtischen u n d Badischen Obligationen zu leihen, und zwar unter Verzicht auf Provision oder besondere Zinsvergütung, lediglich gegen vierprozentige landschaftliche Obligationen, von denen die für die Wechsel auf ein Jahr, die für die Papiere auf deren Laufzeit lauten sollen. I m Schatzkollegium, das die von der Landschaft bewilligten Steuergelder zu verwalten hatte, machte sich jedoch entschiedener Widerstand gegen diese Bedingungen geltend. D i e Seele des W i d e r standes w a r der Geheime Legationsrat Henneberg, der Vorsitzende des Kollegiums; er entwarf die A n t w o r t an den Hoffaktor. W i e arg i n W i r k l i c h k e i t die Bedingungen des Kammeragenten seien, gehe schon aus den angebogenen, neuesten F r a n k f u r t e r Kurszetteln hervor. Danach hätten i n der verflossenen Woche die Badischen O b l i gationen gegen Wechsel 25 ^/o, also gegen bares Geld noch etwas mehr verloren, während die Darmstädtischen Obligationen gar keinen Kurs gehabt hätten. A u f 600 000 Franken der genannten O b l i gationen w ü r d e das L a n d mindestens 150 000 Franken einbüßen, u n d so liege vermutlich auch i n der Schlufiofferte eine H i n t e r l i s t verborgen, i n welchem Falle der patriotische K r e d i t o r an den 80 000 Franken Obligationen gegen 20 000 Franken gewinnen werde, falls er sie nicht zum Kurswert verleihe. I m Sinne dieser Ausführungen erfolgte dann auch eine höfliche Ablehnung des Jacobsonschen A n gebotes. Man vermöge nicht, sich binnen 24 Stunden zu entscheiden. Selbst wenn man gewiß wäre, daß die Obligationen auf die K o n t r i bution i n Zahlung genommen werden, könne man sie n u r annehmen, wenn sie zu dem jetzigen Kurs zur Berechnung kämen und die Rückzahlung i n gleichen Obligationen geleistet werden dürfe, wobei das L a n d sich ebenfalls zur Tragung der etwaigen Kursverluste verstehen würde. Das Schatzkollegium müsse sich daher m i t dem Angebot eines Darlehns von 10 000 T a l e r n oder 40 000 Franken i n guten Pariser Wechseln gegen nach Jahresfrist einzulösende landschaftliche Obligationen au porteur begnügen. Falls jedoch der „ H e r r Kammeragent" zu einer baren, wenn auch w e i t weniger als eine
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M i l l i o n betragenden Anleihe zu verhelfen geneigt sein sollte, so werde man über deren Bedingungen leicht einig werden. Henneberg erkannte auch, dafi Jacobson allein durch seine Verrechnung 250 000 Taler Gold =-- 1 M i l l i o n Franken einen G e w i n n von 4 ' % mache; denn der Taler Gold stand damals nicht vier Franken, w i e Jacobson rechnete, sondern 4 F r a n k e n u n d 16 Centimes. Henneberg wandte sich an die F i r m a Gebr. Löbbecke & Comp, in Braunschweig; da diese aber k e i n brauchbares Angebot machen konnte, w a r man gezwungen, doch wieder m i t Jacobson zu verhandeln. D e r Landrentmeister Bokelmann erhielt den Auftrag, beim Kammeragenten anzuklopfen u n d i h n zu Verhandlungen auf das landschaftliche Haus einzuladen. Jacobson erschien voller Genugtung u n d erklärte, gern helfen zu wollen, machte ein neues Angebot, rechnete aber wiederum den Taler zu 4 Franken. A m 1., 4., 8. u n d 9. Dezember zahlte der Kammeragent dann das erste D r i t t e l der K o n t r i b u t i o n . A m 12. Dezember reichte Jacobson seine Abrechnung ein; das Schatzkollegium w a r jedoch keineswegs damit einverstanden; denn die Landesrentei hatte nämlich zur ersten Rate 68 750 Taler beigesteuert. Jacobsons A n t e i l betrug 400 000 Taler. D a f ü r hatte der Kammeragent ein Goldagio von 7%* zu beanspruchen. D i e Franzosen hatten n u n die 68 750 Taler nicht mit 275 000 Franken (1 Taler = 4 Franken), sondern m i t 286 000 Franken (1 Taler = 4 F r a n k e n 16 Centimes) i n Zahlung genommen. Jacobson hatte nicht das Recht, auch für diese Summe eine Vergütung zu verlangen. Tatsächlich berechnete er seinen G e w i n n von der ganzen Rate, also auch von der Zahlung, die er nicht geleistet hatte. Aber Jacobson setzte sich durch; das Schatzkollegium mußte nachgeben, w e i l es den Kammeragenten für die weiteren Ratenzahlungen brauchte. Jacobsons Bedingungen w u r d e n immer härter; aber es blieb dem Schatzkollegium nichts anderes übrig, als immer wieder m i t dem Kammeragenten abzuschließen. Henneberg schrieb darüber am 23. Januar 1807 seinem Kollegen: „ D a der ganze Zuschnitt danach gemacht ist, uns u n d das L a n d i n die Hände Israels zu geben, u n d jede Stimme dagegen eine Stimme i n der Wüste sein würde, so bleibt w o h l nichts übrig, als die i n der Anlage gemachten Bedingungen, unter welchen die Zahlung des Restes von dem zweiten D r i t t e l der französischen K o n t r i b u t i o n übernommen werden w i l l , pure zu acceptieren." Auch bei D a r u beklagte sich Henneberg am 30. Januar 1807 über die harten Bedingungen Jacobsons. Selbst M a r t i a l D a r u erklärte die Bedingungen Jacobsons für die dritte Rate unter sehr starken Ausdrücken für unzulässig; das blieb nicht ohne W i r k u n g . Jacobson begnügte sich dann bei der d r i t t e n Kon-
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tributionsrate statt m i t n u r m i t 4°/o Provision. D i e erste u n d die zweite Rate w a r von Jacobson verhältnismäßig rasch abgetragen worden. D e r Kammeragent sorgte jedenfalls dafür, daß man von i h m abhängig blieb; er verstand es, Abschlüsse des Staates m i t anderen zu vereiteln. Eine Anleihe, die i n H a m b u r g Godefroy verm i t t e l n sollte und auf die bereits 250 000 M a r k gezeichnet worden waren, wußte Jacobson durch die Nachricht zu unterbinden, daß er bereits für die Zahlung des Restes der braunschweigischen K o n t r i bution Rat geschafft u n d dafür landschaftliche Obligationen erhalten habe, die gegenwärtig 30 % i m Kurse verlören. A u f diese Nachricht h i n w u r d e n die Zeichnungen zurückgenommen. So w a r man wieder auf Jacobson angewiesen, der sich seine H i l f e stets gut bezahlen ließ. Nach der Kontributionsanleihe w u r d e m i t Jacobson n u r noch eine kleine Anleihe abgeschlossen. Das L a n d w o l l t e 30 000 R t l r . aufnehmen; der Kammeragent stellte aber so schwere Bedingungen, daß man n u r 10 000 Taler gegen 4 % Zinsen u n d 2%> Provision akzeptierte. Außer der gewaltigen K o n t r i b u t i o n w u r d e n dem Lande hohe Lieferungen auferlegt. D a r u forderte am 17. November 1806 noch 800 Wispel Weizen, 1000 Wispel Roggen, 1500 Wispel Hafer, 12 000 Zentner H e u u n d 1000 Schock = 10 000 Zentner Stroh. Außerdem mußten Schuhe u n d Y i e h geliefert werden. D e r Vorsitzende des Schatzkollegiums machte den Versuch, diese Lieferungen an christliche Lieferanten zu vergeben. Doch Jacobson schaltete sich ein, und durch seine V e r m i t t l u n g w u r d e n die Lieferungen nur einem Lieferanten vergeben, seinem Glaubensgenossen Rehn, der den T i t e l Inspekteur führte; die Naturallieferungen w u r d e n dann von Rehn i n eine Geldforderung umgewandelt. Unter V e r m i t t l u n g des Braunschweiger L i p p m a n n Jüdel w u r d e am 21. November 1806 m i t dem Inspekteur abgeschlossen. D e r französische Garde-Magazin Cerf Salomon, m i t dem wegen der Pferdelieferung kontrahiert wurde, w a r n u r Statist von Rehn, m i t dem auch 1806 wegen Lieferungen von V i e h abgeschlossen wurde. Jacobson gewährte auch dem Fürstentum Halberstadt eine K o n t r i butionsanleihe i n Höhe von 525 000 Franken. K u r z vorher hatte er m i t der Großherzoglich-Mecklenburgischen Kammer Anleihegeschäfte abgeschlossen. Dafi die Hofagenten bei diesen Anleihen große Gewinne erzielten, steht fest; ebenso daß zahlreiche Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, denn die A k t e n melden zum Beispiel nichts darüber, was m i t 130 000 T a l e r n Gold geschah, die Jacobson an Rehn auszahlte. Grofie Summen sind damals i n die Taschen des Gouverneurs und 9
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seiner Beamten geflossen; denn die vorgesehenen Truppen kamen gar nicht. W e n n w i r auch über alle diese Geschäfte m i t den Geldgebern u n d Lieferanten n u r unzulänglich unterrichtet sind, so ergibt sich doch aus dem vorhandenen Material als Tatsache, dafi Jacobson niemals der uneigennützige Patriot gewesen ist, als den er sich selbst hinstellte u n d feiern ließ. D e r Kammeragent u n d Geheime Finanzrat, der immer die Werbetrommel zu rühren wußte, verstand es jedesmal, den Nimbus des genügsamen Geldgebers zu verbreiten. Auch i n seinem Entlassungsgesuch vom Jahre 1806 hatte er sich als uneigennützigen Geldgeber u n d Patriot hingestellt. Aber Jacobson hat sich u n f r e i w i l l i g selbst charakterisiert, als er am 30. Januar 1807 Henneberg, dem Vorsitzenden des Schatzkollegiums, über seine Ber e i t w i l l i g k e i t zur Zahlung des Restes der zweiten Rate unter anderem schrieb: „ D e r H e r r Intendant D a r u hat m i r übrigens gestern den Stempel seines Wohlwollens für die hiesigen Lande aufgedrückt, indem er die Bedingung, unter welcher eine Anleihe zu machen ist, zu nachteilig findet, und, w i e er m i r versichert, wenn ich keine bessere machen könnte, andere Arrangements zu treffen suchen müßte. So sehr er mich, bevor er genaue Kenntnis dieses Geschäfts hatte, zusetzte, so w a r es m i r doch eine sehr angenehme Empfindung, die redliche Gesinnung des H e r r n Intendanten gegen unser L a n d wahrzunehmen; was m i r aber noch mehr angenehm, w a r die Schilderung des H e r r n Intendanten, w i e die Deputation die Bedingung, welche die Landschaft i n der jetzigen Verlegenheit nothgedrungen eingehen müßte (als sehr drückend hingestellt habe), zu hören, u n d w i r d diese m i t zu denen (der) eifrigen u n d beseelten Treue, welche die hochlöbliche Landschaft für das allgemeine zeigt, von einem jeden i n den hiesigen Landen, also auch von m i r , jederzeit m i t Rührung i n Erinnerung gebracht werden, und ich b i n dadurch so glücklich, von einem Geschäft entbunden zu werden, das m i r bis zur Zeit der Ausführung die größte Unruhe und schlaflose Nächte verursacht hätte; ungewiß, ob ich bey Vollendung des gantzen gewonnen oder verlohren hätte, wäre i d i doch bey jeden für einen solchen Wucherer ausgeschrien, der von der momentanen Verlegenheit des Landes ungeheuren Nutzen ziehen wollte. D a n k also der Vorsehung, daß sich alles so vorteilhaft verändert hat." Jacobson hatte sich i n seiner Stellung als Hoffaktor mehrerer deutscher Fürsten auch als Vorkämpfer der Judenemanzipation betätigt. A u f Napoleon setzte der braunschweigische Kammeragent seine Hoffnung, als der französische Kaiser eine Versammlung j ü d i scher Notabein nach Paris berief, die dort am 25. J u l i 1806 zusammentrat. Jacobson ließ 1806 i n Paris die Schrift erscheinen: „Les
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premiers pas de la nation j u i v e vers le bonheur sous les auspices du grand monarque Napoleon". D a r i n richtete er an den französischen Kaiser die Aufforderung, für die gesamte europäische Judenschaft einen Hohen Rat unter Vorsitz eines Patriarchen zu bestellen, also eine oberste Behörde für die Juden i n Europa zu schaffen. I n der Tat trat i n Paris nach der Notabelnversammlung der große Sanhédrin zusammen, zu dem Jacobson einen eigenen Vertreter entsandte, nämlich Benedikt Schott von seiner Pflanzschule i n Seesen; er gab i h m eine Denkschrift über die bessere Erziehung der Juden mit. A n den französischen Kaiser richtete Jacobson einen französisch geschriebenen Brief m i t der Bitte, seine Reformtätigkeit auf die Juden ganz Europas auszudehnen. Das „Journal de Francfort" vom 8. August brachte die wichtigsten Stellen des Schreibens i m Wortlaut: La convocation des j u i f s et les projets qu'a formés sur eux l'Empereur occupent particulièremei}t l'attention publique. U n de nos j o u r n e a u x rapporte l ' e x t r a i t d'une lettre que M. Jacobson, agent des finances de la cour de Brunsvic, vient d'adresser à ces sujets à S. M. E n voici quelques passages: „Sire, pénétré des sentiments de la vénération la plus profonde, et r e m p l i de cette admiration qu'excitent toujours les hommes extraordinaires, qui, d'époques à époques, sont choisis pax l'éternel pour ennoblir le genre humain, j e m'approche du trône de V. M. avec cette confiance qu'inspirent les grandes actions dont vous faites retentir l'univers étonné. Je n'ai pas le bonheur d'être compté p a r m i les hommes à l'intérêt desquels vous sacrifiez tous vos moments; j e n'appartiens point à cet heureux pays dans lequel vous avez appelé l a paix. Je fais partie de la malheureuse nation j u i v e . . . J'ai travaillé constamment, depuis plusieurs années, à opérer le bonheur de ma nation en la civilisant; mes efforts ont été couronnés des succès les plus heureux; j e suis parvenu à intéresser plusieurs princes allemands en faveur des enfants de ma nation; j ' a i obtenu pour mes frères infortunés l'abolition d'une taxe avilissante; j ' a i établi, à mes propres frais, une institution destinée à l'instruction des jeunes enfants juifs, et dans laquelle a u j o u r d ' h u i on élève plus de vingt chrétiens. Mais actuellement j e ne mets plus de bornes à mes espérances, puisque j ' a i le bonheur d'élever ma v o i x suppliante jusqu'au trône de V. M . . . Daignez, Sire, étendre vos vues bien faisantes aux j u i f s q u i habitent les contrées voisines du vaste empire. Si V. M. bornoit ses bienfaits à ceux de mes frères qui sont ses sujets, combien n'auroient-ils pas encore à desirer! Comment sur monteroient-ils les obstacles que mettroient sans cesse entre eux et nous la différence de l'admini9·
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stration française et celle des autres états? . . . Ce ne sont point les princes d'Allemagne q u i s'accomplissement de ce grand oeuvre, c'est au contraire l'objet de tours leurs voeux; ils désirent adoucir notre sort . . . Le j u i f allemand seroit heureux, si on l u i permettoit de gagner sa vie honnêtement, de j o u i r des droits de cité, et si on donnoit à son culte une forme et une marche qui, sans l'écarter de sa loi, concordansent avec l'exercice de tous les devoirs du citoyen. Mais pour a r r i v e r à ce but, i l faudroit, 1°. établir u n conseil souverain j u i f , présidé par u n patriarche, siégeant en France; 2 Q . diviser toute la communauté en districts, dont chacun auroit un synode particulier, qui, sous la surveillance du gouvernement français et du conseil souverain j u i f , décideroit de toutes les affaires relatives au culte, et nommeroit les rabbins; 3°. enfin, autoriser ledit conseil souverain à accorder à chaque j u i f les dispenses nécessaires pour le mettre à portée de r e m p l i r ses devoirs de citoyen dans tous les pays. Ce moyen, sire, paroit aussi certain qu'indispensable. Que Ton rompe ces chaînes q u i retiennent encore le j u i f dans l'asservissement, et bientôt on le verra s'ennoblir et s'élever à l'égal des autres hommes. C'est alors que nous marcherions sur les pas de nos ancêtres, q u i changèrent en jardins délicieux les roches stériles de la Palestine, les enrichirent des plus belles moissons, et q u i de la même m a i n dont ils manivient la charrue du laboureur et la navette du tisserand, plantèrent leurs drapeux victorieux sur les rives du Jourdain." Auch an den Zaren Alexander wandte sich Jacobson i n der gleichen Angelegenheit. Doch hat Napoleon die Hoffnungen u n d Erwartungen Jacobsons nicht erfüllt. A m 30. November 1807 erließ Dalberg, Großherzog von F r a n k f u r t u n d Fürstprimas, eine neue „Stättigkeits- u n d Schutzordnung" für die Juden i n F r a n k f u r t , die Jacobson ganz u n d gar nicht zusagte. I n der 1808 i n Braunschweig erschienenen Schrift: „Untertänigste Vorstellung an Seine Hoheit den Fürst-Primas der Rheinischen Konförderation über Höchstdessen neue Stättigkeits- und Schutzordnung für die Judenschaft i n F r a n k f u r t am M a i n " nahm er gegen Dalberg Stellung. Was Jacobson i m Bewußtsein seiner finanziellen Stellung wagen konnte, kennzeichnet am deutlichsten folgende Stelle seiner am 24. Januar erschienenen Schrift: „Ich, der ich m i c h unterwandt, vor den Thronen mehrerer Fürsten, selbst den ersten der Erde, vor dem T h r o n eines Napoleon u n d Alexander, meine Stimme zu erheben, u n d so glückl i c h war, dort das gnädigste huldreichste Gehör zu finden." I n der bald darauf veröffentlichten Gegenschrift: „Bemerkungen über des H e r r n Geheimen Finanzrats Israel Jacobsons untertänigste Vor-
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Stellung" w u r d e er scharf zurechtgewiesen, so dafi selbst Goethe zweimal an Bettina von A r n i m schrieb, zuerst am 3. A p r i l 1808: „ D e m braunschweigischen Judenheiland ziemt es wohl, sein V o l k anzusehen, w i e es sein u n d werden sollte; dem Fürsten Primas ist aber auch nicht zu verdenken, dafi er dies Geschlecht behandelt, wie es ist, u n d w i e es noch eine Weile bleiben w i r d " ; dann nochmals am 20. A p r i l des Jahres: „Es w a r m i r sehr angenehm zu sehen, dafi man dem finanzgeheimrätlichen jacobinischen Isrealssohn so tüchtig nach Hause geleuchtet hat." Jacobsons Kampfschrift gegen D a l b e r g hatte keinen Erfolg, obwohl sie der Geheime Finanzrat unter dem T i t e l : „Très humble Remonstance" 1808 i n Braunschweig auch i n französischer Sprache erscheinen ließ. Jacobson setzte n u n alle seine Hoffnungen auf Gleichstellung der Juden m i t den Christen auf Napoleons Bruder Jérôme, K ö n i g von Westfalen; i n dieser Hoffnung sollte er sich nicht getäuscht haben. Jacobson trat als Hofbankier i n seine Dienste. A m 10. Dezember 1807 hielt Jérôme seinen Einzug i n Kassel, u n d schon am 27. Januar 1808 erschien Jérômes Dekret, das den Juden i m Königreich Westfalen alle Rechte der christlichen Bürger verlieh. Über Jérômes judenfreundliche H a l t u n g u n d Jacobsons Verhalten schrieb der holländische Gesandte am Hofe zu Kassel, A . B. G. van Dedem van de Gelder an den Außenminister van der Goes am 15. Februar: „ D i e Juden erfahren i m höchsten Maße den Einflufi des wohltätigen Systems, das für diese Nation aufgestellt worden ist; durch einen neuerlichen königlichen Beschlufi sind alle i n diesem Reiche wohnenden, fast 30 000 an der Zahl, i n sämtliche Rechte ordentlicher Bürger eingesetzt u n d zum großen Nachteile des öffentlichen Schatzes aller persönlichen Leistungen enthoben. H e r r Jacobson, ein Jude aus Braunschweig, hat zum D a n k für alle diese Wohltaten vorgestern i m Namen seiner Nation feierlich eine öffentliche Rede gehalten. I n den Nachbarstädten des Fürsten-Primas w i r d diese Nation weniger w o h l t ä t i g behandelt. Wenigstens leuchtet aus den neuesten Verordnungen seiner Eminenz weniger W o h l w o l l e n für sie hindurch als aus den Dekreten des Königs von Westfalen." D i e Dankrede hatte Jacobson am 11. Februar gehalten, als seine Glaubensgenossen i m Tempel zu Kassel einen feierlichen Dankgottesdienst für die Verleihung des Bürgerrechts veranstalteten. Sie erschien 1808 bei Vieweg i n Braunschweig i m D r u c k unter dem T i t e l : „Rede am Dankfeste wegen des den Juden erteilten Bürgerrechts." Das Ereignis mußte außerdem der Berliner Abramson i n einer goldenen Denkmünze verewigen, welche die Inschrift t r u g : „ G o t t und dem väterlichen K ö n i g i m Königreich Westfalen." Jacobson überreichte
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sie persönlich dem König. A m 9. Februar hatte Jérôme eine Deputation der Juden i n Audienz empfangen; als i h r W o r t f ü h r e r dankte Jacobson dem K ö n i g für die Verleihung staatsbürgerlicher Rechte; Napoleon dagegen tadelte scharf den feierlichen Charakter dieser Audienz. A m 31. März 1808 erreichte Jacobson, dafi durch D e k r e t des Königs für das Königreich ein jüdisches Konsistorium geschaffen wurde. D i e Juden i n Westfalen erhielten damit jene Behörde, die Jacobson für ganz Europa gedacht hatte. D e r Hofbankier w u r d e Präsident des Westfälischen Konsistoriums der Juden. Jacobson bekleidete damit eine neue Würde. A m 26. Oktober 1808 sandte Jacobson die von i h m entworfene Eidesformel dem Innenminister nach Kassel, da auch der Präsident des jüdischen Konsistoriums i n Frankreich, der Großrabbiner, dem Kultusminister den E i d geleistet hatte. Von den übrigen Mitgliedern w o l l t e sich Jacobson als Präsident den E i d leisten lassen. Als Inschrift für das amtliche Siegel schlug der Hofbankier v o r : K ö n i g l i c h Westfälisches Konsistorium Mosaischer Religion. Schließlich bat Jacobson den Minister u m eine besondere Amtstracht. Als Präsident w o l l t e er ein schwarzes Gewand m i t Silber bestickt u n d den Gesetzestafeln u m den Hals tragen. Sein wichtigster Mitstreiter w a r Jérôme Heinemann; auch m i t dem Berliner Hoffaktor D a v i d Friedländer stand der Konsistorialpräsident i n Verbindung. D a v i d Fränkel, D i r e k t o r der jüdischen Schule i n Dessau, w a r vorübergehend M i t g l i e d des Jacobsonschen Konsistoriums. Seine Rede bei der Eröffnung des Konsistoriums Schloß der Präsident m i t den W o r t e n : „ U n d es w i r d geschehen, daß so w i e I h r vom Hause Judas u n d Israels bisher ein Fluch unter den V ö l k e r n gewesen, n u n ein Segen unter ihnen sein werdet, so werde ich Euch helfen, spricht der Ewige." Jacobson suchte als Präsident des Konsistoriums eine Reihe von Reformen i m jüdischen Kultus einzuführen, die uns hier nicht weiter interessieren; sie gehören i n eine Geschichte des jüdischen Kultus. Bemerkenswert erscheint uns jedoch, daß Jacobson i m Gottesdienst Predigt u n d Gesang i n deutscher Sprache einführen wollte, deswegen aber von den orthodoxen Juden scharf bekämpft wurde. D i e Reformen des Konsistorialpräsidenten lagen ganz i n der L i n i e seiner Emanzipationsbestrebungen; er tat alles, u m die Juden soweit w i e möglich den christlichen Staatsbürgern anzugleichen, eine Tätigkeit, die i n der jüdischen Geschichtsschreibung stark umstritten ist. A m 2. Juli 1808 w u r d e Jacobson als Vertreter des Okerdepartements i n die Versammlung der Reichsstände berufen, am 1. November 1812 zusammen m i t dem Leibarzt Abraham Zadig u n d Mayer-
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Dalembert, dem jüdischen Sekretär der M a i r i e Kassel, zum R i t t e r des Ordens der westfälischen Krone geschlagen. I n der Umgebung Jérômes gab es außer dem Hofbankier noch eine Reihe anderer Juden. Oberst W o l f f stand an der Spitze der Garde d u Corps, jüdisch w a r der Regimentsquartiermeister der königlichen Jägergarde in M a r b u r g ; der Bankier Moses Joseph Büding, Hofbankier des verstorbenen Kurfürsten von Hessen, w u r d e von Jérôme zum Munizipalrat ernannt. Isaak L e v y Lindenheim aus Minden w a r K r i m i n a l r a t , D r . Abraham Hirsch aus Braunschweig M i l i t ä r r a t der Garde du Corps; den jüdischen Leibarzt Abraham Zadig haben w i r bereits erwähnt. I n einer französischen Schrift hieß es daher: „ L a Westphalie était u n v r a i pays de cocagne pour les juifs, une véritable terre promise." Jacobson sollte von Jérôme i n einer Weise geehrt werden, w i e dies n u r ganz wenigen H o f faktoren zuteil geworden ist; 1809 machte der K ö n i g m i t seiner G a t t i n Katharina, einer Tochter des Königs von Württemberg, eine Reise nach Braunschweig. D i e Fahrt ging über Seesen, wo das Königspaar bei seinem Hofbankier Jacobson abstieg. Reinhard, Napoleons Gesandter i n Kassel, berichtete darüber seinem H e r r n am 15. A p r i l : „Leurs Majestés sont arrivés dimanche dernier au soir à Weende, domaine r o y a l près de Göttingen. Elles y ont passé la nuit. Le lendemain elles ont couché à Seesen dans la maison de M. Jacobsohn, président d u Consistoire j u i f . " D i e Zeitschrift Sulamith veröffentlichte folgenden begeisterten Bericht über diese Ehrung: „ A u f ihrer Reise nach Braunschweig langten der K ö n i g und die K ö n i g i n nachmittags. vier U h r zu Seesen an. Eine Menge Fremder w a r herzu geströmt, u n d ein jubelndes: „ v i v e le Roi, vive la reine" jauchzten ihnen entgegen, indem niedlich gekleidete junge Mädchen Blumen streuten. Der Konsistorialpräsident Israel Jacobson bewillkommnete die Majestäten m i t einer kurzen Anrede u n d wurde, nachdem sie die ganze E i n r i c h t u n g i n Augenschein genommen hatten, m i t dem A l l ergnädigsten Beifall geehrt. U m sechs U h r setzten sie sich zur Tafel, sie dauerte bis nach 7 U h r , und n u n wurde von den Schülern des Instituts ein Konzert gegeben, denn einige spielten Pianoforte u n d Violine m i t nicht gemeiner Fertigkeit und etliche andere sangen den lieblichsten Sopran. Nach .dem Konzert w u r d e eine sehr artige Erleuchtung veranstaltet. Nachdem am anderen Morgen der K ö n i g viele Audienzen erteilt und hierauf m i t der liebenswürdigen K ö n i g i n nebst dem zahlreichen Hofstaat gefrühstückt, auch ein ansehnliches Geschenk für die A r m e n hatte spenden lassen, erfolgte gegen M i t t a g die Abreise nach Braun-
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schweig. Daselbst haben Seine Majestät durch den H e r r n Kronoberstallmeister D a l b i g n a k dem Präsidenten Jacobson eine sehr schöne Dose m i t B r i l l a n t e n zustellen lassen." I m nächsten Jahre, am 17. J u l i 1810, weihte Jacobson i n Seesen die von i h m gestiftete Synagoge, den Jacobstempel, ein. Nach Schilderungen jüdischer Schriftsteller hatte auch die Schwester des verstorbenen Herzogs von Braunschweig, die Äbtissin von Gandersheim, daran teilgenommen und sogar einen Ehrenplatz i n der Synagoge innegehabt, ebenso an dem nachfolgenden Bankett. Das dürfte nicht zutreffend sein u n d sich auf eine Teilnahme der F ü r s t i n an einer jüdischen Veranstaltung beziehen, die noch vor dem Zusammenbruch des Landes stattgefunden hat. Jacobson benutzte diese Feier, um Jérôme seinen D a n k für die Judenemanzipation zum Ausd r u c k zu bringen. Sulamith berichtete über die Feier m i t den schwungvollen Sätzen: „ W o hat es w o h l ehedem einen ähnlichen solchen Tag gegeben, an welchem Christen u n d Israeliten einen gemeinschaftlichen Gottesdienst i n Gegenwart von mehr als vierzig Geistlichen beider Religionen miteinander feierten, dann i n traulicher Gesellschaft zusammen aßen, tranken u n d fröhlich waren? N u r der Toleranz unserer Tage ist es vorbehalten gewesen, a l l dieses zu b e w i r k e n u n d was vor noch nicht langer Zeit unmöglich erschien, möglich zu machen." „ I n der geistvollen u n d zündenden Rede, die Jacobson hielt, unterließ er es nicht, seinen u n d seiner Glaubensgenossen heißen D a n k für die Juden-Emanzipation i n Westfalen dem K ö n i g zu Füßen zu legen." Jérômes Judenfreundlichkeit entsprang keineswegs uneigennützigen Motiven; das verschwenderische Hof leben i n Kassel kostete viel Geld, das L a n d w a r vorher schon von Napoleon u n d seinen Generälen ausgesogen worden, so mußte Jacobson m i t seinen Glaubensgenossen durch Anleihen aushelfen. D e r Hofbankier hatte sein Büro i n der Rue royale. D a die Kassen leer waren, mußte Jérôme gleich nach seinem Einzug bei Jacobson gegen hohe Zinsen eine Anleihe aufnehmen, die zunächst geheim gehalten u n d erst bei dem 1809 einsetzenden Güterschacher bekannt wurde. D e r Anleihevertrag ist vom 31. Dezember 1807 datiert; die Zahlungen Jacobsons erfolgten am 6., 18. u n d 29. Januar des Folgejahres, u n d zwar zunächst 1 M i l l i o n Frcs., dann j e V2 M i l l i o n , zusammen also zwei Millionen. Bei dem Anleihegeschäft arbeitete Jacobson m i t den Berliner Hoffaktoren Salomon Moses L e v y und Ruben Samuel Gomperz zusammen. Den Ständen von Bremen-Verden lieh Jacobson gleichfalls 460 000 frcs. A n einer i n H o l l a n d aufzunehmenden
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20-Millionen-Anleihe w o l l t e sich der Hofbankier ebenfalls m i t einer stattlichen Summe, m i t 500 000 Livres beteiligen, w i e der holländische Gesandte am 16. J u l i aus Kassel berichtete; das P r o j e k t k a m jedoch nicht zustande. Jérôme konnte n a t ü r l i c h die geliehenen M i l l i o n e n nicht zurückzahlen. Aus einem Bericht des Staatsrats Jollivet, den Jérôme als Spion Napoleons betrachtete, ergibt sich, dafi der K ö n i g von Westfalen noch weitere l 1 /2 M i l l i o n e n frcs. von Jacobson geliehen hatte: „cet emprunt avait été tenu fort secret". Bei einer 3-Millionen-Anleihe 1809 bot Jacobson Forderungen i n Höhe von 534 971 frcs. an. U m seine Schulden zu begleichen, schritt der K ö n i g zu umfangreichen Güterverkäufen. Staatsdomänen w u r d e n zu Schleuderpreisen verkauft, Kirchengüter säkularisiert u n d verschachert. I m F r ü h j a h r 1809 hob Jérôme i n Halberstadt, Magdeburg, Braunschweig u n d den benachbarten Gebieten sechs Nonnenklöster auf u n d verkaufte sie an seinen Hofbankier. Es handelte sich u m die Zisterzienser-Nonnenklöster Adersleben, St. Burchardi, Marienstuhl u n d Wöltingerode, das Benedektinerinnenkloster Hadmersleben u n d das Bernhardiner-Nonnenkloster Teistungen. Sie w u r d e n durch Königliches D e k r e t am 13. M a i 1809 kurzerhand aufgehoben. Küster, der preußische Gesandte am Kasseler Hofe, depeschierte am 28. M a i 1809 seinem Könige: „ L e Gouvernement Westphalien vient de vendre 6 couvents de religieuses à Halberstadt, Magdeburg et dans les provinces voisines, avec toutes les dependences à l'exception des capitaux, au riche, banquier Jacobsohn, de Bronsvic pour 2 060 000 frcs. Le dernier a déjà été mis en possession sous condition de payer u n demi-million au I e r Juin, les religieuses on été réunies à l'autres couvens, qu'on a laissé subsister. — " I n einer chiffrierten Nachschrift bemerkt Küster dazu: „ L a vente de Six Couvents est u n coup de désespoir pour faire momentanement face aux frais enormes de l'organisation de l'armée." D e r von Küster genannte Kaufpreis stimmt jedoch nicht, da Jacobson allein für vier Klöster 2,1 M i l l i o n Franken zu zahlen hatte. A m 4. Juni meldete Küster nach B e r l i n : „S. M. le Roi de Westphalie n'a pas ratifié le contract de vente, que le Ministère de finances avait passé avec le riche banquier Jacobson de Bronsvic pour quelques couvens supprimés." Doch schon die Depesche vom 8. Juni meldete die Ratifikation des Kaufvertrages: „S. M. le Roi de Westphalie a maintenant ratifié sons queleques modification le contract de vente pour plusieurs couvens, conclu entre le Ministère de Finances et le banquier Jacobson de Bronsvic, et dont j ' a i fait mention dans ma dernière . . . "
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D i e Kaufverträge w u r d e n alle nach dem gleichen Muster abgeschlossen; der K ö n i g l i c h Westfälische Staatsrat von Cominx tätigte im Namen des Finanzministers die Verkäufe m i t dem Bankier Israel Jacobson, Präsidenten des israelitischen Konsistoriums. Danach verkaufte das Königlich-Westfälische Gouvernement Jacobson die Klöster, zum Beispiel Marienstuhl vor Egeln bei Magdeburg, m i t „allen Zubehörungen an Gebäuden, Meiereien, Äckern, Wiesen, Gärten, Teichen u n d Holzungen", auch „allen Mühlen, Zehnten, Gefällen, Huden, T r i f t e n und Weiden, Rechten, Verbindlichkeiten und Prozessen, A k t i v - und Passivkapitalien", „ingleichen m i t allen Feld-, Vieh-, Ökonomie- u n d Haushaltinventarien, Früchten, Fourage". Ausgenommen hiervon sind: das Patronatsrecht, die Kirchengefäße, die Kirchengerätschaften sowie auch alle Kostbarkeiten u n d was zur vollständigen inneren E i n r i c h t u n g u n d zur Zierde der Kirchen, Kapellen u n d Schulen gehört. F ü r Marienstuhl betrug der Kaufpreis 640 000 frcs., für Wöltingerode 570 000 frcs., für Hadmersleben 520 000 frcs., St. B u r c h a r d i 370 000 frcs., zusammen also 2,1 M i l l i o n e n Franken. Jacobson zahlte bar nur 500 000 frcs.; aufgerechnet w u r d e n 870 208 frcs. 331/2 cent, seiner Forderungen an den Kgl. Schatz; den Rest beglich der Hofbankier durch Zahlungsmandate der Amortisationskasse i n Höhe von 729 291 frcs., 662/3 cent. F ü r St. Burchardi behielt sich Jérôme innerhalb sechs Monaten das Rückkaufsrecht vor. M i t dem ersten Juni 1809 trat der Käufer i n den Genuß sämtlicher zu dem Kloster gehörenden Nutzungen und hatte die entsprechenden Lasten u n d Abgaben zu übernehmen, w u r d e aber von einzelnen Leistungen befreit, zum Beispiel von der Zahlung der Armenunterstützungen, von Almosen u n d milden Steuern, welche die Klöster bisher gespendet hatten. D i e Nonnen und die übrigen zu den Klöstern gehörenden geistlichen Personen hatte Jacobson noch für sechs Wochen auf seine Kosten zu unterhalten, dann m i t klösterlichem F u h r w e r k nach ihrem künftigen, vom Gouvernement angewiesenen Aufenthaltsort zu befördern. Interessant ist A r t i k e l 11. Er bestimmt: D i e zum Kloster gehörigen Kirchen, Kapellen, Pfarrund Schulgebäude sind Eigentum des Käufers; er muß sie i n Dach und Fach unterhalten, ohne sich jedoch u m die Kosten der inneren E i n r i c h t u n g oder eine neue Erbauung i m mindesten zu kümmern. Werden die gedachten Gebäude über k u r z oder lang zu dem ursprünglichen u n d jetzigen Zweck nicht weiter gebraucht, so fallen sie der freien Disposition des H e r r n Käufers anheim. Nach A r t i k e l 12 stand dem H e r r n Käufer frei, i m ganzen oder einzelnen, selbst m i t Zerstückelung, die hier erkauften Gegenstände wieder
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zu verkaufen oder zu veräußern, von welchem Rechte Jacobson später auch Gebrauch gemacht hat. Nachdem Jérôme Anfang Juni den Klosterverkauf an seinen Hofbankier ratifiziert hatte, w u r d e n die Güter noch im gleichen Monat Jacobson übergeben, der am 22. Juni meldete, daß er die Klöster bereits verpachtet habe, die Nonnen also ausziehen müßten. Jacobson residierte jetzt m i t Vorliebe i n dem bei Vienenburg gelegenen Wöltingrode. D i e Nonnen waren untröstlich, daß sie weichen mußten; besonders die 90jährige Ursula i n Hadmersleben w a r seelisch aufs schwerste erschüttert. Jacobson besuchte sie i n der Tracht eines katholischen Prälaten, u m sie i n ihrem seelischen Schmerz zu trösten. Aber die 90jährige ließ sich durch das H a b i t nicht beeinflussen. Sie erkannte sofort Jacobson, empfing i h n m i t Verwünschungen, w e i l er ihren Heiland u n d Erlöser gekreuzigt habe, u n d blieb unversöhnlich. Jacobson verpachtete die Klostergüter m i t großem Nutzen weiter. Noch i m gleichen Jahre w u r d e n Jacobson gegen eine M i l l i o n Franken Bergprodukte überlassen. Küster depeschierte am 7. September chiffriert über die Harzreise Jérômes: „ L e voyage d u Roi de Westphalie pour le Harz aura probablement rapport aussi à u n nouveau négoce d'emprunt, que dans l'embarras continuel des finances, qu'on a entamé i c i avec le riche Banquier Jacobson, pour q u ' i l prête encore au Gouvernement Westphalien u n m i l l i o n de francs sur l'hypothèque des mines d u Harz." Reinhard deutet i n seinem Bericht an den französischen Außenminister, den Herzog von Bassano, auch den G r u n d an, der Jacobson zum Abschluß veranlaßte: „ L e banquier Jacobson avec lequel on a conclu les derniers marchés paroît avoir fait une speculation dans l'hypothèse d'une guerre prochaine. C'est la même hypothèse q u i a fait monter assez considérablement le p r i x de grains." I m nächsten Jahre ließ Jérôme weitere Klöster öffentlich versteigern. 1812 verschleuderte die Regierung zahlreiche Staatsgüter, um zu Gelde zu kommen. Dabei erzielte Jacobson wiederum große Gewinne. Reinhard, der französische Gesandte am Kasseler Hofe, berichtete darüber am 30. Januar 1812 dem Herzog von Bassano. Als die Güter des Deutschen Ritterordens, die i m Königreich lagen, zur Veräußerung kamen, brachte der Hofbankier noch die Kommenden Bergen u n d Weddingen i n seinen Besitz. Das bei Magdeburg gelegene Bergen überschrieb Jacobson seiner ersten Frau. D e r Hofbankier tätigte jetzt nur solche Geschäfte, die einen sicheren G e w i n n abwarfen oder seinen Grundbesitz vermehrten. Als die Regierung zum Beispiel gegen eine Millionenanleihe die Harz-
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bergwerke dem Hofbankier verpachten wollte, da lehnte dieser ab. Auch weigerte er sich i m Herbst 1809, dem Staat eine Anleihe von 3 Millionen Franken zu gewähren, obwohl er anfangs dazu geneigt war. Grundbesitz erschien i h m doch sicherer. Jacobson w a r der reichste Jude des Königreichs Westfalen; er stand allein i n der I. Steuerklasse u n d zahlte 250 R t l r . j ä h r l i c h e Familiensteuer. D i e Mitglieder der Familie Samson dagegen verteilten sich auf die Klassen I I bis I V . Isaak Herz Samson, der zweithöchst Besteuerte, hatte 90 R t l r . zu zahlen. W ä h r e n d Jacobson als Hofbankier Jérômes M i l l i o n e n verdiente, w a r man m i t seinen Steuerleistungen aber keineswegs zufrieden. A m 19. August 1813 schrieb der Unterpräfekt P i n i von Einbeck dem Präfekten Delius von Göttingen: „Ich b i n überzeugt, dafi nach Yerhältniß des Vermögens der Präsident Israel Jacobson an Vermögenssteuer am wenigsten unter allen Israeliten bezahlt", u n d am 9. September k a m der gleiche Beamte i n einem Schreiben an Delius nochmals auf Jacobsons Steuerleistungen zu sprechen, als er bemerkte: „Ebensowenig k a n n ich die gleichförmige Familiensteuer der Israeliten zweckmäßig finden. Sie stößt gegen das erste Prinzip aller Besteuerung an. Es ist bei dieser Capitation etwas sehr auffallendes, daß der M i l l i o n ä r , w i e der Präsident Jacobson i n Kassel, nicht mehr und nicht weniger beiträgt als der zerlumpte Packenträger, der vielleicht manchen Tag nicht einen Franken i m Hause hat." Auch als Präsident des Westfälischen Konsistoriums u n d Hofbankier Jérômes nutzte Jacobson seinen Einfluß, u m i n den anderen deutschen Landen Reformen zugunsten seiner Glaubensgenossen durchzusetzen. Vor allem machte er seinen Einfluß i n Mecklenburg und Preußen geltend. I n Mecklenburg hatte er wenig Erfolg; hier w a r der Widerstand der Ritterschaft zu groß, als daß der Geheime Finanzrat sich durchsetzen konnte. D i e Ritterschaft machte i h m einige Jahre später noch auf anderen Gebieten Schwierigkeiten. I n Preußen dagegen hat Jacobson durch sein Eingreifen die Judenemanzipation gefördert. Als die Vorarbeiten zur Reform i m Gange waren, reiste Jacobson nach Berlin, stieg dort bei seinem Glaubensgenossen, dem Hoffaktor Gomperz, i n der Burgstraße N r . 25 ab u n d richtete am 16, Februar 1811 ein längeres Schreiben an den Staatskanzler Hardenberg und am nächsten Tage ein zweites an den Geheimen Staatsrat Sack. I n dem Schreiben an Hardenberg berief sich Jacobson zunächst auf das Glück, den Staatskanzler bereits seit 25 Jahren zu kennen. Über persönliche Beziehungen zwischen Hardenberg und Jacobson
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wissen w i r nichts. A u c h die Tagebücher des Staatskanzlers enthalten keinerlei Andeutung. Von jüdischen Schriftstellern ist unter Hinweis auf Aufzeichnungen von Zeitgenossen behauptet worden, dafi Hardenberg von Juden finanziell geholfen wurde, als er sich von seiner ersten F r a u hatte scheiden lassen u n d sich i n Geldschwierigkeiten befand. D e r Finanzier, der i h m damals Gelder zur Verfügung stellte, sei Jacobson gewesen. Das ist wenig wahrscheinlich, Hardenberg stand zwar eine Zeitlang auch i n den Diensten des Herzogs von Braunschweig; aber vor 25 Jahren, also i n den achtziger Jahren, bedeutete Jacobson noch nichts, besaß auch nicht die Mittel, u m Hardenberg zu helfen. Vor 25 Jahren hatte aber Jacobson sich m i t M i n n a Samson verheiratet, w a r der Schwiegersohn des Wolfenbütteler Kammeragenten geworden u n d damit i n engste Beziehungen zu dieser Familie getreten. Beim Kammeragenten Samson dagegen w a r Hardenberg verschuldet; w i r wissen, daß er bei diesem D a r l e h n aufgenommen hat. Davon w i r d Jacobson als Schwiegersohn des Kammeragenten gewiß Kenntnis gehabt haben. Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dafi später Hardenberg auch bei Jacobson Gelder aufgenommen hat. Jacobson führt dann nach dem Hinweis auf die seit 25 Jahren bestehende Bekanntschaft m i t Hardenberg aus, dafi es i h m eine Bestimmung der Vorsehung zu sein scheine, „dafi Euer Excellenz ersehen sind", den Juden „die Freiheit und die Aufnahme unter die anderen Staatsbürger zu verschaffen". D e m Konsistorialpräsidenten erscheint es „ u n e r k l ä r b a r " , w i e der preußische Staat, dessen Regenten von jeher die Fackel der A u f k l ä r u n g , das Licht der Weisheit u n d die Wärme des Wohlwollens zuerst und am kräftigsten verbreitet haben, m i t der Regeneration der Israeliten zurückgeblieben sind. Diese U n e r k l ä r b a r k e i t steigt noch höher, wenn man bedenkt, daß die Keime des Verstandes, der Talente, der Wissenschaften, sich i n keiner Judengemeinde früher u n d kräftiger entwickelt haben, als bei den Juden i m preußischen Staate." Aber Gottes „ A l l w e i s h e i t hat es beliebt, die Wiederaufrichtung eines ganzen Staates und die Wiedereinsetzung eines Teils seiner Untertanen ein u n d dem nämlichen großen Manne zu übertragen. Dieser Auserwählte weiß jede Klasse, jedes M i t t e l , jede herzustellende K r a f t zu würdigen. D i e Israeliten werden Ihnen nicht i n der K l e i n l i c h k e i t , i n der U n w ü r digkeit erscheinen, w i e dem gewöhnlichen Staatsverweser, die intensiven Fähigkeiten haben k e i n Maß, das m i t Zahlen ausgedrückt werden kann. — Zu wem k a n n ich m i t mehr Überzeugung die W o r t e richten: Was vermag E i n weiser Staatsmann! ohne i n den Verdacht der Schmeichelei zu fallen, als Euer Exzellenz?" „Möge ich das Glück
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erleben, Augen- u n d Ohrenzeuge der Regeneration meiner M i t bürger i m preußischen Staate zu sein!" Jacobson Schloß seinen Brief m i t der „Überzeugung, daß i n den unvergänglichen Denkmälern, die Euer Excellenz sich i n diesem Lande stiften, das Monument, das dem Wiederhersteller der Israelitischen Bürgerfähigkeit i n den Herzen einer dankbaren Nachkommenschaft gesetzt werden w i r d , eines der dauerhaftesten sein dürfte". A u c h das Schreiben an Sack beginnt Jacobson m i t dem Hinweis auf den „frohen Genufi, den m i r Euer Hochwohlgeboren persönliche Bekanntschaft gewährt hat". Er wiederholt dann schriftlich, was er bereits m ü n d l i c h e r k l ä r t hatte: „dafi der Aufnahme meiner Religionsbrüder zu Staatsbürgern m i t den Rechten u n d Pflichten eines Untertanen, nichts als etwa alte, v e r j ä h r t e Religions-Vorteile oder Schwäche oder Mißtrauen der Regierung i m Auge stehen; sonst nichts. E i n w o h l eingerichteter Staat unter weisen Reichsverwesern w i r d weder i n der Immoralität, noch i n der Unfähigkeit, noch i n den Religions-Grundsätzen der Israeliten irgend einen G r u n d finden, i h m die vollen Rechte eines Staatsbürgers nicht zu erteilen, der nicht — freimütlich herausgesagt — eine Chimäre wäre." Jacobson weist dann auf die Reform i n Westfalen hin, preist deren Erfolge, v e r m e r k t m i t Genugtuung, dafi der Name Jude i n den Registern der Regierung erloschen ist, und wagt es, „ z u m T e i l auch auf erhaltene W i n k e , mehrere Verordnungen des Konsistoriums der Israeliten zu Kassel gehorsamst zu überreichen". D a n n lobt Jacobson die Regierung des Königsreichs Westfalen, die „ d u r c h öffentliche Äußerungen der Achtung, durch zweckmäßige Unterstützungen, besonders aber durch die durchaus gleiche Behandlung der Israeliten m i t anderen Untertanen, unseren Arbeiten einen großen Vorschub t u t " . Jacobson schließt m i t der Versicherung, daß er für sein Lieblingsthema, die Judenemanzipation, keinen A u f w a n d und keine Geistesanstrengung scheue. Beide Schreiben unterzeichnete der Hofbankier m i t : Jacobson aus Braunschweig. Jérômes H e r r l i c h k e i t u n d Jacobsons Einfluß beruhten aber ganz auf Napoleons Machtsystem. D e r Konsistorialpräsident u n d Hofbankier ließ es sich daher nicht nehmen, Napoleons Siege zu feiern; 1812 und 1813 veranstaltete er zu Ehren des französischen Kaisers Siegesfeiern, zuletzt i m September 1813, also zu einer Zeit, als die V ö l k e r Europas längst zum Befreiungskampf angetreten waren. D a erschien plötzlich am 28. September der russische General Tschernitschew vor den Toren Kassels, besetzte m i t seinen Kosaken Stadt u n d L a n d u n d setzte der H e r r l i c h k e i t Jérômes u n d seinem westfälischen Königreich ein Ende.
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Jacobson machte einen vergeblichen Rettungsversuch; er berief am 1. Oktober seine Glaubensgenossen i n den Tempel u n d rief ihnen zu, dafi die Gesänge Zions i n lauten Tönen auf Westfalens Gebirgen widerhallen sollen. Aber die H e r r l i c h k e i t des Königreichs w a r n u n einmal zu Ende. D e r ehemalige Konsistorialpräsident zog sich zunächst auf sein G u t Wöltingerode zurück; aber auch dort w a r seines Bleibens nicht. I n Braunschweig konnte er auf k e i n W i r k u n g s f e l d mehr rechnen, so zog er 1814 nach Berlin. Als der ehemalige Kammeragent das L a n d verließ, w a r er Besitzer eines großen Kapitalvermögens und Eigentümer von mehr als einem halben Dutzend Ritter- und Klostergütern. Als er vor nicht ganz zwei Jahrzehnten seine Laufbahn als braunschweigischer Kammeragent begann, besaß er nicht so viel, daß er auf eigenen K r e d i t Geschäfte tätigen konnte; zwanzig Jahre später w a r er mehrfacher M i l l i o n ä r . Spott u n d Hohn begleiteten den Konsistorialpräsidenten u n d R i t t e r des Ordens der westfälischen Krone, als er aus dem Lande zog. Jérômes ehemaliger Finanzminister Graf Bülow, der 1811 entlassen worden war, veröffentlichte unter dem T i t e l : Le départ de Cassel 1813 ein Singspiel, i n dem auch der Grofikanzler des Ordens der westfälischen Krone auftritt, der Jacobson und Genossen i n Versen sehr boshaft glossierte. Jacobson mußte i n B e r l i n zehn Jahre warten, ehe er das Bürgerrecht erhielt; es w u r d e i h m erst am 1. Oktober 1824 verliehen. Bei der Staatsanleihe i m M a i 1815 w a r Israel Jacobson m i t 20 000 R t l r . und M. Jacobson, sicherlich seine Frau, m i t 3000 R t l r . beteiligt. D i e Jacobson übertrafen m i t dieser Summe fast alle Berliner jüdischen Familien, selbst die Familie Berend u n d Delmar. A n der Spitze stand damals die L. M. Wulffsche Masse m i t 32000 R t l r . A u c h i n B e r l i n w o l l t e Jacobson gern eine Rolle spielen, k a m aber zu keinem nennenswerten Einfluß mehr. Vor allem setzte er den Kampf für die Reform des jüdischen K u l t u s fort. D e r Bankier Jakob Herz Beer, der Vater des Musikers Meyerbeer, unterstützte seine Bestrebungen. Jacobson u n d Beer hatten ihre Privattempel, die aber auf Betreiben der orthodoxen Juden durch Kabinettsordre F r i e d r i c h Wilhelms I I I . geschlossen wurden. Als nach den Befreiungskriegen i n B e r l i n die Posse die „Judenschule" oder „Unser V e r k e h r " gespielt wurde, e r w i r k t e Jacobson bei Hardenberg, seinem alten Gönner, ein Verbot des Stückes; das P u b l i k u m setzte jedoch die A u f f ü h r u n g wieder durch. Dafi er versuchte, auch m i t dem Berliner Hofe i n Verbindung zu treten, geht aus einem Schreiben des Königs vom 19. November 1822 an den Präsidenten Jacobson hervor. D i e deutsche reformierte Gemeinde i n Philadelphia w a r m i t
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7000 spanischen T a l e r n verschuldet. I h r Prediger F. W . van der Sloot wandte sich an Jacobson u m H i l f e ; der Geheime Finanzrat von Mecklenburg machte n u n dem preußischen K ö n i g M i t t e i l u n g von seiner Spende, Jacobson erwartete offenbar eine Auszeichnung; doch der K ö n i g schrieb n u r : „Ich habe I h r Schreiben vom 17. d. M. erhalten. M i t D a n k erkenne Ich die M i r gemachte Anzeige u n d k a n n keine Einwendung gegen die Bestimmung des von Ihnen zu machenden Geschenkes an eine deutsche Kirche i n Philadelphia haben, welches Ich Ihnen unter Zuriicksendung der M i r überreichten A n lage eröffne. Berlin, den 19. November 1822. F r i e d r i c h W i l h e l m . " Hatte Jacobson auch weder i n Mecklenburg noch i n Preußen m i t seinen Reformbestrebungen Erfolg, u m so glücklicher w a r er i n dem Streben, sein an sich schon großes Vermögen noch weiter zu vermehren. Jacobson w a r seit 1806 Geheimer Finanzrat von Mecklenburg; nach den Befreiungskriegen machte er sich daher i n diesem Lande ansässig. D i e Kriege hatten viele Grundbesitzer i n eine schwierige Lage gebracht; manches Gut k a m unter den Hammer, viele F a m i l i e n gerieten i n Konkurs. Aus der Konkursmasse der Familien von H a h n u n d Flügge erwarb der Geheime Finanzrat die Güter Tressow, Klentz, K l e i n M a r k o w , Gehmkendorf, Grambow und Charlottental; Klein-Wüstenfelde nahm er i n Erbpacht. M i t Vorliebe w e i l t e Jacobson auf dem Gute Tressow. D e r Geheime Finanzrat k a m durch die Gunst des Großherzogs i n den Genuß a l l dieser Güter, obwohl die Landstände heftig dagegen protestierten, daß einheimische und auswärtige Juden zu den Versteigerungen der Güter zugelassen wurden. D e r Großherzog verfügte am 22. März 1816 i n Hamburg, daß „Unser Geheimer Finanzrat Jacobson" die Erlaubnis zum Güterkauf unter der Bedingung erhalte, daß er sich i n Mecklenburg auch etabliere. Jacobson erhielt am 24. M a i 1816 das Naturalisationspatent, nachdem er zu erkennen gegeben, „daß er wünsche, sich i n Unseren Landen m i t Landgütern ansässig zu machen", u n d i h n „unter Unsere Landeseinwohner aufzunehmen". Durch das Patent w u r d e der Geheime Finanzrat „unter die Zahl Unserer Landeseinwohner u n d Untertanen auf- u n d angenommen" dergestalt, daß er von jedem dafür angesehen u n d aller derjenigen Rechte, Freiheiten u n d Vorteile für sich, seine Ehefrau und unabgesonderten K i n d e r teilhaftig sein soll, welche durch Unsere Patent-Ver Ordnung vom 22. Februar 1813 den für Unsere Landen naturalisierten Juden beigelegt sind. Jacobson hat sich dafür „ i n allen Stücken den Landesgesetzen u n d Einrichtungen gemäß aufzuführen, und sich insonderheit allen denjenigen Verpflichtungen gehorsamst zu unterziehen, an welche Unsere ü b r i -
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gen christlichen Landeseinwohner gebunden sind". A l l e n obrigkeitlichen Behörden u n d Landesuntertanen aber w i r d anbefohlen, den Geheimen Finanzrat Jacobson bei den i h m verliehenen Rechten wider alle u n d jede Beeinträchtigungen zu schützen. Jacobson w a r m i t dieser Vergünstigung keineswegs zufrieden. Er bat, von der Verpflichtung, die Einkünfte der angekauften Güter auch i m Lande verzehren zu müssen, befreit zu werden, da er i n mehreren deutschen Ländern „ m i t liegenden Gütern angesessen ist". Dies sei nach der Deutschen Bundesakte erlaubt, u n d die Konstitution vom 22. Februar 1813 verordnete nichts dagegen. Außerdem fühle er sich i n dem Naturalisationspatent härter behandelt, als es die genannte Konstitution erfordere. Unangenehm w a r Jacobson die vierteljährliche Erlegung der j ä h r l i c h 10 R t l r . betragenden Rezeptionsgebühr; sie erinnerte i h n zu sehr an das Schutzgeld der Juden. Er bat, dafür eine einmalige Zahlung von 200 R t l r . leisten zu dürfen. D i e Geheimen Räte befürworteten Jacobsons Gesuch i n beiden Punkten; der Großherzog genehmigte noch am gleichen Tage die zweite Bitte. I n einer neuen Eingabe vom 17. Juni 1816 k a m der Geheime Finanzrat m i t weiteren Wünschen. Er teilte dem Großherzog m i t , daß i h n eine dem Naturalisationsgesetz einverleibte Beschränkung davon zurückhielte, seinen Wohnsitz wenigstens für einen T e i l des Jahres i n dieses L a n d zu verlegen. Das Patent gelte nur für ihn, seine Ehefrau u n d die nicht abgesonderten Kinder. Sollten demnach seine abgesonderten K i n d e r seinen Besitz nicht erben können, so würde er auch auf diesen Besitz i n Mecklenburg Verzicht leisten müssen, da i m Falle des Todes der unabgesonderten K i n d e r den bereits abgesonderten u n d nicht mitbelehnten Geschwistern ein schwerer Verlust drohe. Jacobson bat daher, i h m u n d seiner Ehefrau u n d ihren gesamten K i n d e r n alle jene Rechte zu verleihen, die mit dem Besitz von Grundstücken i n Mecklenburg verbunden sind. Der Minister von Brandenstein sprach sich jedoch gegen die Genehmigung dieses Gesuches aus, und am 22. Juni teilte der Großherzog i n diesem Sinne Jacobson mit, daß „so sehr W i r i h m auch persönlich gewogen sind u n d seine bekannte Denkungsart schätzen, Uns dennoch nicht unerhebliche Verhältnisse u n d Gründe abhalten, von der zugunsten seiner Glaubensgenossen unterm 22. Februar 1813 gegebenen Konstitution, u n d insonderheit auch deren § 1 schon jetzt eine Ausnahme zu machen. Sollte der Geheime Finanzrat Jacobson sich i n der Folge w i r k l i c h bei Uns ganz einheimisch machen, W i r dadurch i h n u n d seine Familie näher kennen zu lernen Gelegenheit erhalten, und sich die 10 Schnee, Hoffinanz I I
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gute Meinung, welche W i r von i h m u n d den unter seiner Leitung aufgewachsenen K i n d e r n haben, bestätigen, so mag er alsdann b i l l i g auf mehrere Gnaden Erweisung Anspruch machen, und er w i r d i n Uns einen Landesherrn finden, der Verdienste gern belohnt." Zum Schluß versicherte der Großherzog noch, daß er nicht i m mindesten besorgt zu sein brauche, seinen K i n d e r n könnte der Besitz i n Mecklenburg streitig gemacht werden, „so lange sie die Landesgesetze nicht verletzen, und sich Unseres Schutzes w ü r d i g machen". Wenn der Großherzog nicht alle Wünsche seines Hofbankiers erfüllte, so w a r seine H a l t u n g begründet i n der Rücksicht, die er auf die Ritterschaft seines Landes nehmen mußte. D i e Grundbesitzer in Mecklenburg wollten den jüdischen Geheimrat i n ihren Reihen nicht dulden u n d bereiteten i h m trotz des großherzoglichen Befehls alle nur möglichen Schwierigkeiten. Noch am 17. Juni reichte Jacobson eine neue Beschwerde beim Großherzog ein. D e r Engere Ausschuß der Ritter- u n d Landschaft hatte i h n nicht i n die ritterschaftliche Brand-Versicherungsgesellschaft aufgenommen, darüber habe er sich bisher nicht beklagt. Doch jetzt müsse er den Großherzog m i t dem Betragen des Engeren Ausschusses bekannt machen. Daß i h n der Ausschuß bei seinen Protesten gegen die Übereignung der Güter Klentz, Gehmkendorf u n d Grambow einen Juden nenne, k r ä n k e ihn zwar nicht. „ W a r u m aber nennt man mich einen ins L a n d gekommenen Juden ohne Beifügung meines Namens, w i e wenn man von einem Landstreicher spräche? W a r u m vorenthält man m i r den von Ew. Königlichen Hoheit schon i m Jahre 1803 (in W i r k l i c h k e i t 1806) m i r Allergnädigst verliehenen Ehrentitel eines Geheimen Finanzrats, worauf ich ein Recht habe?" D i e Mitglieder des Engeren Ausschusses w o l l e n i h n eben beleidigen, i n den Augen seiner Gutsinspektoren herabsetzen u n d diese gegen ihn aufsässig machen. Man verfolge ihn in einem Lande, „zu dessen Bewohnung Ew. Königlichen Hoheit mich i m Jahre 1811 einzuladen die Gnade hatten, dessen V o r t e i l es sein muß, wenn ich nicht allein die Einkünfte meiner Güter, sondern auch meines übrigen Vermögens verzehre." Zum Schluß drohte Jacobson, das Land, das er zu seinem Vaterland wählte, wieder zu verlassen oder nach dem Beispiel seiner Väter in völliger Abgeschiedenheit von den Christen zu leben und sein Bemühen ganz aufzugeben, die „durch V o r u r t e i l u n d Fanatismus aufgeführte Scheidewand zwischen Christen und Juden niederzureißen". D i e A n t w o r t auf diese Beschwerde entwarf Brandenstein am 21. Juni. D e r Großherzog äußerte sein höchstes Mißfallen über das Verhalten des Engeren Ausschusses und sprach die Hoffnung aus, daß es niemals so w e i t kommen werde, daß Jacobson gerichtliche
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Genugtuung oder landesherrliche Weisungen i n Anspruch nehmen müsse. Er sicherte dem Hofbankier nochmals allen gesetzlichen u n d landesherrlichen Schutz zu. A m 2. August 1816 wies der Großherzog den zweifachen Protest des Engeren Ausschusses gegen die E r w e r bung von Landgütern durch Juden u n d gegen die Belehnung des Geheimen Finanzrats Jacobson m i t den i h m gerichtlich zugeschlagenen Gütern Klentz, Gehmkendorf u n d Tressow zurück: „Wonach ihr euch zu richten." Aus einer Eingabe Jacobsons vom 4. November 1816 erfahren w i r , daß der Großherzog i n Doberan die „huldreichste Gesinnung" geäußert hat, dem Hofbankier ein Eigentum zu verkaufen, wenn sich eine Gelegenheit dazu böte. N u n t r a t der F a l l ein, wo Königliche Hoheit „diese allergnädigste Gesinnung für m i c h u n d zum größten Wohle anderer Ihrer Untertanen v e r w i r k l i c h e n können". A m 12. November sollten beim A m t D a r g u n sechs Bauernstellen zu Klein-Wüstefeld, die abgebrannt waren, i n Erbzins verkäuflich licitiert werden. D a diese Bauernstellen an der F e l d m a r k seines Gutes Gehmkendorf lagen, w o l l t e Jacobson die Parzellen erwerben u n d dorthin Bauern verpflanzen, die der Yorbesitzer von Klentz, Graf Hahn, auf K l e i n - M a r k o w angesetzt hatte, das ebenfalls den Geheimen Finanzrat gehörte. Diese Bauern auf K l e i n - M a r k o w waren nach Jacobsons Behauptung nicht zufrieden u n d könnten oder w o l l ten die „gelobte Pacht" nicht bezahlen. Jacobson versicherte, daß er diese neu anzusetzenden Bauern „ganz zufriedenstellen und ganz human behandeln" wolle; denn diese Bauern w ü r d e n j a frei u n d könnten ihren Acker besser benutzen u n d k u l t i v i e r e n , da er j a i h r Eigentum würde. Voraussetzung wäre nur, daß er die sechs Bauernstellen als Eigentum k ä u f l i c h erwerben u n d die Erbzinszahlung durch eine Kapitalzahlung zu 5 Prozent ablösen dürfe. Königliche Hoheit möge i h m durch einen reitenden Boten die gnädigste Resol u t i o n zukommen lassen. Gleichzeitig schrieb Jacobson einen Brief an den Kabinettsdirektor und bat u m Unterstützung seines Vorhabens. Zwei Tage später, am 6. November, ging eine neue Eingabe an den Großherzog i n der gleichen Angelegenheit. Jacobson bat j e t z t nur noch um die Genehmigung, seine drei Bauernfamilien von K l e i n - M a r k o w nach Klein-Wüstenfelde verlegen zu dürfen. U m schnell die landesherrliche B e w i l l i g u n g zu erhalten, hatte Jacobson gleich ein Prot o k o l l beigefügt, i n dem die Bauern, von denen nür einer schrèiben konnte, i h r Einverständnis m i t ihrer Verpflanzung erklärten. D e r Großherzog w a r k l u g genug, sich durch Jacobsons Drängen nicht beeinflussen zu lassen. Er forderte zunächst das Kammerkolιο·
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legium zur Stellungnahme auf; es sprach sich i n seinem Gutachten vom 9. November dagegen aus. D i e Regierung dürfte die Intention Jacobsons schwerlich begünstigen, da es sich nicht bloß u m die U n t e r b r i n g u n g der fraglichen Bauernfamilien handelt, sondern auch die Verhütung der u m sich greifenden Legung ritterschaftlicher Bauern. D i e Kammer w ü r d e ohnehin die Leute aus dem Bauernstand zu Klein-Wüstenfeld ansiedeln, die gegebenenfalls durch die KleinMarkower Bauern verdrängt würden. Jacobson w ü r d e außerdem statt der von der Kammer intendierten sechs n u r drei Bauernfamil i e n ansiedeln. Auch das könne nicht gleichgültig sein, da es nicht der auf Beförderung der Industrie u n d der Bevölkerung gerichteten P o l i t i k der Regierung entspreche. D e r Veräußerung einer alten Domäne ständen zudem mehrere Bedenken entgegen; außerdem bedeute die Kapitalisierung des Teilzinses eine Schädigung der Staatseinnahmen, w e i l der Erbzins i n K o r n bestimmt sei und dessen steigender W e r t mindestens alle zwanzig Jahre berechnet werden muß. Trotzdem k a m auch die Kammer zu keiner klaren Ablehnung; sie schlug vor, Jacobson wohl die Konsolidierung der sechs Parzellen i n drei Erbzins-Güter zu gestatten unter Aufrechterhaltung des erbzinslichen Nexus u n d der Verbindung m i t der Domäne. O b die Verlegung der M a r k o w e r Bauern von der Feldmark eines ritterschaftlichen Gutes auf eine D o m i n a l - F e l d m a r k zulässig sei, sollte dem Ermessen der Landesregierung überlassen werden. I n diesem Sinne beschied der Großherzog auch seinen Geheimen Finanzrat. Doch Jacobson ließ nicht locker; am 13. November k a m er m i t einer neuen langen Eingabe. A m nächsten Tage bearbeitete er außerdem i n einem Schreiben den Geheimen Kabinettssekretär, seine Vorstellung an den Großherzog zu „befördern". Aus diesem P r i v a t b r i e f geht hervor, daß Hofbankier und Hofbeamter sich gegenseitig begünstigten; denn der Geheime Kabinettssekretär w a r der Berater Jacobsons, der inzwischen die sechs Parzellen auch erworben hatte. Gleichzeitig machte Jacobson eine Eingabe an den Erbgroßherzog, die der Geheime Kabinettssekretär ebenfalls befördern sollte. D e r Erbgroßherzog w a r Vorsitzender der Kammer u n d sollte sich bei dem Großherzog für Jacobson verwenden. „Ich verehre i h n als Großherzog u n d liebe i h n als Mensch", schrieb Jacobson. Tatsächlich setzte sich am 23. November der Erbgroßherzog Friedrich L u d w i g bei seinem Vater für Jacobsons Vorhaben ein. D i e A n t w o r t des Großherzogs vom 25. November w a r infolgedessen etwas entgegenkommend 1 . Wegen Verlegung der Bauern sollte die Regierung nicht befragt werden. D i e E r w e r b u n g der sechs abgebrannten Bauernstellen w u r d e genehmigt, vom Wiederauf-
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bau der sechs abgebrannten Bauernstellen w u r d e Jacobson gegen entsprechende Abgaben befreit. Von Tressow aus dankte der Geheime Finanzrat dem Großherzog für die am 11. Dezember gewährte „Verminderung des zu erlegenden jährlichen Kanons". Jacobson hatte also als weitere Vergünstigung eine Herabsetzung des Erbpachtzinses erreicht, der erbzinsliche Nexus blieb gewahrt; i m übrigen erreichte der Hofbankier m i t H i l f e des Erbgroßherzogs u n d der Hofbeamtenschaft alles, was er wollte. Diese Begünstigung des Geheimen Finanzrats darf nicht überraschen; denn Jacobson stand seit vielen Jahren zum Großherzog i n den besten Beziehungen, deren Grundlagen die Anleihen bildeten, die der Hofbankier dem F ü r sten gewährt hatte. Einen Rückhalt besaß Jacobson außerdem an seinem Schwager, dem Holzhändler u n d Kammeragenten Nathan Mendel, dçr schon 1811 die Verleihung des Bürgerrechts für sich und seine Familie beantragt hatte. Jacobson, Mendel u n d Hinrichsen hatten sich damals sehr eifrig für die staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden m i t den Christen eingesetzt. D e r Geheime Finanzrat e r w i r k t e 1811 deswegen auch eine Audienz beim Großherzog; sein Dankschreiben für die Gew ä h r u n g vom 17. März enthielt die Bitte, „den Plan, der jetzt i m W e r k e sein soll, den israelitischen Untertanen i n den herzoglichen Landen das Bürgerrecht zu erteilen, i n Ausführung bringen zu lassen". D i e A n t w o r t des Fürsten vom folgenden Tage w a r hinhaltend: „ w i e W i r allerdings gesonnen sind, das Schicksal Unserer israelitischen Untertanen zu erleichtern, u n d zu dem Ende bereits Befehl gegeben haben, Uns über die A r t u n d Weise, wie solches nach jetziger Lage der D i n g e geschehen und denselben staatsbürgerliche Rechte beigelegt werden können, Vertrag zu machen." Als 1813 die neue Konstitution über die staatsbürgerlichen Rechte der Juden erlassen wurde, konnten sich die Hoffaktoren nur kurze Zeit ihres Erfolges freuen. D e r Widerstand des Volkes w a r zu groß; die Verordnung mußte 1817 wieder aufgehoben werden. Jacobson hat diesen, i n den Ständen organisierten Widerstand gerade i n seiner Eigenschaft als Rittergutsbesitzer immer wieder spüren müssen. Sein Vermögen suchte der Geheimrat weiter zu mehren. Das zeigt ein Prozeß aus dem Jahre 1819; 1805 hatte der Großherzog m i t Jacobson ein „Geld-Negoce" abgeschlossen. Als 1811 der Geheime Finanzrat meldete, daß er noch für 86 000 R t l r . Großherzogliche Kammer-Verschreibungen i n Händen habe, w u r d e i h m die Versicherung erteilt, „daß i h m auf diese Kapitalien j ä h r l i c h so lange das 5. Prozent vergütet werden solle, als er selbst i m Besitz solcher Verschreibungen sei; jedoch diese Entschädigung sodann cessieren
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müsse, wenn ein oder das andere K a p i t a l abgetragen sein w ü r d e " . Nach dem Bericht der Kammer vom 5. Juni 1819 ergab sich nun, dafi der Geheime Finanzrat Jacobson seit T r i n i t a t i s 1815 keine einzige der fraglichen Yerschreibungen mehr i n Händen hatte. Trotzdem bezog er nach w i e vor das bedingungsweise zugesicherte fünfte Prozent aus der großherzoglichen Renterei. Als die Kammer dies feststellte, forderte sie das „indebite gezahlte Geld" von Jacobson durch die Renterei zurück. D e r Geheime Finanzrat aber verweigerte die Rückzahlung, so dafi die Kammer gegen i h n gerichtliche Klage erhob. Unverständlich erscheint uns angesichts dieser k l a r e n Sachlage, dafi nun die Kammer erklärte, nichts dagegen zu haben, wenn Königliche Hoheit sich bewogen finden sollten, „dem Gesuch des Geheimen Finanzrates Jacobson Raum zu geben u n d die gütliche H i n legung dieser Sache Allerhöchst I h r e m Geheimrats-Präsidenten zu übertragen". D e r Großherzog überließ dann auch am 30. Juni dem Präsidenten von Brandenstein die gütliche Regelung; sie erfolgte am 11. Februar 1820 auf der Grundlage, daß Jacobson nichts zurückzahlte, u n d die Kammer nicht weiter zahlte. D e r Geheime Finanzrat behielt also das vier Jahre lang zu v i e l bezogene fünfte Prozent von 86 000 R t l r . Diese 3440 R t l r . waren für diesen eine K l e i n i g k e i t angesichts des Millionen-Vermögens, das er besaß. Dafi der Groflherzog sie ihm beließ, läßt sich nur aus der finanziellen Abhängigk e i t des Hofes von Jacobson erklären. Es liegen genug Beweise dafür vor, daß auch maßgebende Hofbeamte bei Jacobson verschuldet waren. Er gewährte ihnen Darlehen gegen Schuldschein; dafür „beförderten" sie Jacobsons Eingaben. Jacobson hatte seine Stellung am Schweriner Hofe auch dadurch gestärkt, dafi sein Schwager Nathan Mendel großherzoglicher Kammeragent war. Trotz allem scheint Jacobson das Gefühl nicht los geworden zu sein, daß er i n Mecklenburg als Rittergutsbesitzer nur geduldet werde; sonst hätte er sich auf seine alten Tage nicht noch um das Berliner Bürgerrecht bemüht. Jacobson hatte nach dem Tode seiner ersten F r a u M i n n a Samson sich zum zweitenmal m i t Jeanette Cohen aus der bekannten hannoverschen Hoffaktorenfamilie Cohen verheiratet; seine beiden Frauen entstammten sehr vermögenden u n d einflußreichen Hoffamilien. Von Jacobsons Vermögen erhalten w i r eine richtige Vorstellung, wenn w i r uns seinen riesigen Grundbesitz vergegenwärtigen. I m Jahre 1816 besaß der Geheime Finanzrat folgenden Grundbesitz i n Mecklenburg: die Güter Tressow, Klentz, Gehmkendorf, K l e i n M a r k o w , Grambow, Charlottenthal u n d i n Erbpacht die sechs Par-
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zellen von Klein-Wüstenfelde; i n Mitteldeutschland: Rittergut Bergen bei Magdeburg, A m t Hadmersleben, Kloster Hadmersleben, die Güter Marienborn, Aleckendorf, Bleckendorf, Hackeborn und Egeln, Bergen bei Magdeburg hatte er seiner F r a u vermacht; diesen Besitz rechnete er nicht zur Substanz seines Vermögens; desgleichen Kapitalien i n Höhe von 96 000 R t l r . Seiner ersten F r a u vermachte Jacobson außerdem noch alle Mobilien und 54 000 R t l r . Seine beiden Töchter sollten j e 100 000 R t l r . erhalten. D i e in Mitteldeutschland gelegenen Güter bewértete Jacobson bei Abfassung seines Testamentes i m Jahre 1816 m i t 360 000 Reichstalern. D e n Grundbesitz in Mecklenburg dürfen w i r gewiß ebenfalls mit 360 000 Talern bewerten. Zu diesen Vermögenswerten kamen noch sein A n t e i l an der Lederfabrik i n Potsdam, die er zusammen m i t Rieß betrieb, ferner ein Landsitz i n Steglitz u n d zahlreiche Kaufmannsgüter, w i e Kaffee, Zink, außerdem A k t i e n u n d Effekten. Nach seinem Tode gelang es gar nicht, das tatsächliche Vermögen aus den Nachlaßakten festzustellen. Unsere Berechnung ergibt, daß es 1816 sicherlich so hoch gewesen ist, w i e die hinterlassenen Vermögen der großen Münzentrepeneurs Friedrichs des Großen; es dürfte mindestens eine M i l l i o n Reichstaler betragen haben. Jacobson starb i n B e r l i n i n der Nacht vom 13. zum 14. September 1828; am 16. zeigte D r . j u r . Hermann Jacobson aus B e r l i n dem Großherzog den T o d seines Vaters an. Er tat dies für seinen älteren Bruder, der sich noch auf einer Reise befand; Trauerfeiern hielten die Glaubensgenossen i n Seesen, H a m b u r g und i n allen Synagogen Westfalens ab. Erben des Riesenvermögens w u r d e n Jacobsons zweite F r a u Jeanette Cohen, die bis 1871 lebte, und seine zehn K i n d e r aus beiden Ehen; Isidor Jacobson aus der ersten Ehe und die K i n d e r der zweiten Ehe: Gotthilf, Jonathan, Lea und Elise waren noch minderj ä h r i g . Testamentsvollstrecker w u r d e der ehemalige Generalprokurator von Kassel, der Geheime Oberjustizrat K o n r a d Christian von Goßler, der auch von Jacobsons Schwager, dem Kammeragenten Nathan Mendel u n d dessen Ehefrau noch 4500 R t l r . i n Gold einklagte. Den vier Söhnen erster Ehe fiel der Grundbesitz in Mecklenburg, die Lederfabrik i n Potsdam und der Landsitz i n Steglitz zu. U m die M i t t e des 19. Jahrhunderts w a r der älteste Sohn Meyer Jacobson Besitzer von Schulzendorf bei Berlin, nachdem er vorher Grambow besessen, dieses aber am 9. Oktober 1846 seinem Sohne Gottlieb übergeben hatte. Grambow blieb bis 1855 i m Besitz der Familie Jacobson; später erwarb es der Großherzog. Gottlieb Jacobson w a r mit einer Engländerin verheiratet. D r . j u r . Hermann
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Jacobson besaß Gehmkendorf, er w a r Stadtrat von Berlin. Joseph Jacobson hatte Gehmkendorf seinem Bruder abgetreten, dafür Klentz i n Besitz genommen. D i e Nachkommen Jacobsons bieten das gleiche B i l d w i e die folgenden Generationen fast aller großen Hoffaktorenfamilien; sie w u r d e n Christen, u m a u d i gesellschaftlich den Anschlufi zu finden. W i e eifrig hatte sich Jacobson als Jude betätigt! Trotzdem konnte er es ebensowenig w i e D a v i d Friedländer u n d W o l f Breidenbach verhindern, daß ein T e i l der K i n d e r schon Christen wurde. D u b n o w behauptet, Jacobsons Sohn w ä r e katholischer Geistlicher geworden. W o r a u f sich die Behauptung des jüdischen Historikers stützt, ist nicht ersichtlich. D e r Bankier u n d Rittergutsbesitzer Meyer Jacobson, der älteste Sohn des Geheimen Finanzrats, lebte 1855 auf Schulzendorf u n d w i r d i n den A k t e n ausdrücklich als Jude bezeichnet. Dagegen w u r d e der zweite Sohn, der Berliner Stadtrat D r . Hermann Jacobson, Christ, u n d zwar deutsch-katholisch; ein Sohn von i h m heiratete als mecklenburgischer Rittergutsbesitzer i n den A d e l hinein. Auch eine Tochter des Geheimen Finanzrats wurde Christin; sie heiratete einen bürgerlichen Rittergutsbesitzer i m Kreise A h r w e i l e r . Über die Familie Hermann Jacobson berichten uns die A k t e n des Berliner Polizeipräsidenten manche Einzelheiten. Danach w a r dieser Sohn des Geheimen Finanzrats am 20. Dezember 1801 i n Braunschweig geboren, hatte in B e r l i n u n d Heidelberg, w o schon i m 18. Jahrhundert eine ganze Reihe jüdischer Studenten i m m a t r i k u liert waren, die Rechte studiert und w a r i n Göttingen zum D r . iuris promoviert worden. Er pachtete dann die seinem Vater gehörende, bei Potsdam gelegene Lederfabrik, die er zusammen m i t der Fam i l i e H i t z i g — vormals I t z i g — betrieb. A m 28. M a i 1823 heiratete er P h i l i p p i n e Riess, eine Tochter des Juweliers D a v i d Jacob Riess. Hermann Jacobson wohnte damals i n B e r l i n zunächst „ A m Zeughaus N r . 2", dann Markgrafenstr. N r . 48. A m 3. Januar 1823 k a m er zum erstenmal u m die Verleihung des Staatsbürgerrechtes ein, u m die sein Vater, der Geheime Finanzrat, damals noch nicht nachgesucht hatte. Sein Vermögen einschließlich der M i t g i f t seiner F r a u gab Hermann Jacobson m i t 40 000 bis 50 000 R t l r n . an, das größtenteils bei seinem Bruder, dem Bankier u n d hiesigen Staatsbürger Meyer Jàcobson, angelegt w a r . M i t der Verleihung des Staatsbürgerrechts an Hermann Jacobson hatte man es jedoch keineswegs eilig. D e r Petent mußte noch mehrere Eingaben machen, wurde auch mehrfach vernommen. I n der Vernehmung am 16. März 1824 wies er darauf hin, daß sein Vater i n Westfalen die Güter Hadmersleben und
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Egeln erworben, vor einiger Zeit aber anderweitig veräußert habe. I m Jahre 1814 sei er m i t dem Geheimen Finanzrat nach B e r l i n gekommen, w o er das Joachimsthalsche Gymnasium besucht habe. Erst am 1. Oktober 1824 erhielt Hermann Jacobson das Naturalisationspatent als preußischer Staatsbürger. A m 2. Februar 1847 meldete H. Jacobson, damals i n der Französischen Straße wohnhaft, daß seine drei ältesten K i n d e r : I. Johann Hermann Theodor, geb. i n B e r l i n am 31. M a i 1824, 2. Maria M i n n a Rebecca Bertha, geb. i n B e r l i n am 20. Februar 1826. 3. Ernst Rudolph, geb. i n B e r l i n am 19. Juli 1827, bei der Taufe des jüngsten Sohnes 4. Victor Joseph Richard, geb. i n London am 18. M a i 1835, am 1. J u l i 1835 i n London zur christlich-evangelischen Kirche übergetreten sind. U m diese Zeit wohnte Hermann Jacobson m i t seiner Familie i n London, Albanystraße N r . 31, Regent-Park. Pfarrer H a m i l t o n vollzog die Taufe. O b die E l t e r n sich auch damals taufen ließen, geht aus den A k t e n nicht hervor. A m 7. Januar 1857 w u r d e aber dem Bankier D r . H. Jacobson, wohnhaft Tiergartenstr. N r . 8, verboten, zu seinen Vorträgen über den deutsch-katholischen Verein auch K i n d e r unter 14 Jahren heranzuziehen. Weiter hören w i r auch von einem Leumundszeugnis für den Handlungsdiener Ernst Rudolph Jacobson, als er zum M i l i t ä r w i l l , u n d von einem Paß für Richard Jacobson, der i n der Nicolaikirche konfirmiert wurde. D i e F i r m a Jacobson u n d Riess opferte die stattliche Summe von 50 000 T i r . 1850 für den Berliner Kassenverein. Inhaber waren D r . Hermann Jacobson u n d Louis Riess. Das Judentum hat Jacobsons Verdienste u m die Abschaffung des Leibzolls und die Verleihung staatsbürgerlicher Rechte an die Juden in Deutschland m i t Recht gefeiert; so 1868 den hundertjährigen Geburtstag durch eine Feier i n Seesen u n d 1928 durch Gedächtnisa r t i k e l seinen 100jährigen Todestag. Verschiedenartig dagegen blieb das U r t e i l über seine Reformtätigkeit innerhalb des Judentums; beklagt wurde, daß er unter den reichen Juden keinen Nachfolger gefunden, der sich so rückhaltlos für die Interessen der Juden eingesetzt hätte. I n der Geschichte der Hoffaktoren gehört Jacobson zu den großen und genialen Finanziers, die unter rücksichtsloser Ausnutzung der politischen Verhältnisse zu Reichtum, Macht und politischem Einfluß gelangten 5 8 . Überblickt man die Geschichte der Hoffaktoren an den Höfen der Weifen, dann muß man feststellen, daß ihre Zahl recht stattlich, ihre Geschäfte umfangreich u n d vielseitig, i h r Einfluß groß gewesen ist. Sie saßen i n Hannover, Celle, Braunschweig u n d Wolfenbüttel,
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und in jeder Stadt hatten bestimmte Familien mächtige Hofstellungen inne; in Hannover waren es die Familien B e h r e n s , C o h e n u n d D a v i d , i n Celle die Familie G a n s , i n Braunschweig die Familien D a v i d und J a c o b s o n , i n Wolfenbüttel die Familie S a m s o n . Von ihnen müssen die Behrens, D a v i d und Jacobson als Finanziers ganz großen Stils betrachtet werden.
Hoffaktoren der Weifen Hannover Name
Abraham aus Peine Arondonda Salomon Abraham Liebmann Ammeiburg Isaak Aron D a v i d Bercia Leffmann Behrens Jacob Behrens Herz Behrens Isaak Behrens Gumpert Behrens Moses Samuel Baruch Michael Berend Kosmann Berend Hertz Cassel Signor de la Costa Philipp Aron Cohen Leffmann Herz Cohen Abraham Herz Cohen Abraham Herz Cohen Jakob Leffmann Cohen Johann Crelinger Familie D a v i d 1. Michael D a v i d 2. Alexander Michael David 3. D a v i d Michael D a v i d 4. Meyer Michael D a v i d 5. Elias Meyer Michael David 6. Salomon Michael David 7. Levi Salomon Michael David 8. Philipp Salomon Michael D a v i d L e w i n Ephraim H a y u m Gundersheim Joseph Jakob van Geldern Isaak Jakob Gans Philipp Isaak Gans
Bezeichnung in den Akten
Diener Heereslieferant Agent Leffmanns Agent Leffmanns i n Wetzlar Faktor Hof juwelier Hofbankier, Hof- und Kammeragent Hof jude Hof- u n d Kammeragent Oberhof faktor Oberhoffaktor Agent Leffmanns/Wien Hofagent H o f agent Heereslieferant Resident i n Amsterdam Münzjude Hofbankier, Kriegsagent Hofbankier, Kriegsagent Kammeragent Kriegsagent Finanzrat, Generalintendant Hof juden Hof- und Kammeragent Kammeragent
Zeit der Wirksamkeit
1533 Anfang d. 18. Jh. Anfang d. 18. Jh. 1711 u m 1700 16. Jh. 1. Hälfte u m 1700 t 1697 t 1709 seit 1717 seit 1717 u m 1700 t 1832 1801—86 1697 1679 1695 1791 1800 1816 1816 1802 1700 bis Anf. 19. Jh. 1713 1721
Hof- u n d Kammeragent Hof- und Kammeragent Kammeragent
1732 1732 1775
Kriegsagent
1762
Agent u n d Finanzrat
1782
Hof- u n d Kammeragent Schutzjude, Lieferant Heereslieferant Vertreter Leffmanns/ Düsseldorf, Faktor Hofagent Hofagent
1802 u m 1800 1662—63 Anfang d. 18. Jh. 1718 1774 1798
156
Hof faktoren der Weifen Name
Elias H a l f a n u m Zacharias Herz Michael Heine Elias Hedne Hertz Hildesheim Abraham Israel Isaak Israel Salomon Jüdel D a v i d Jacques Salomon Levi Nathan L e v i Moses Levi Isaak Liebmann Michael von Derenburg Jakob Mussaphia Heymann Magnus M. J. M a r x Abraham Nathan D a v i d Oppenheim Jos. D a v i d Oppenheimer Phybes Salomon P h i l i p p Leeser od. Lazarus Peretz Ruben Rothschüd Signor Robbio Simon von Günziburg Joseph Salomon Salomon Simon Soestmann Berendt Salomon Bendix Salomon Samson Salomon Aaron Schlesinger Ezediiel Simon Israel Simon
P h i l l i p p Aaron Gumpert Behr Jordan Markus Chronheim
Bezeichnung in den Akten
Judendoktor Agent Leffmanns auswärt. Kammer- und Hof agent auswärt. Kammer- und Hofagent Hofjuwelier Agent Leffmanns in Goslar Proviantmeister auswärt. Hofagent auswärt. Kammeragent u n d Finanzrat Hofjuwelier Hofjuwelier Hofjuwelier Heereslieferant Hofbankier Agent Leffmanns Agent Leffmanns i n Hamburg auswärt. Hofmedikus Agent Leffmanns i n London Agent Leffmanns Juwelenhändler, Geldwechsler, Kaiserl. Faktor Münzjude, H o f j u d e auswärt. Hof- und Kammeragent Kammeragent Agent Leffmanns Judendoktor Hofjude Agent Leffmanns i n Amsterdam Agent Leffmanns i n Frankfurt Heereslieferant Agent Leffmanns i n Hamburg Agent Leffmanns Faktor Hof juwelier Finanzagent Finanzagent und Oberkommerzrat Braunschweig Münzmeister Geldlieferant Lieferant
Zeit der Wirksamkeit
1598 u m 1700 2. Hälfte d. 18. Jh. 2. Hälfte d. 18. Jh. 1802 u m 1700 1794 1817 1833 1719 t 1742 1745 1711 16. Jh., 1. Hälfte 1688 1688—1701 1782 u m 1700 u m 1700 18. Jh., 1. Hälfte 1565—69 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1679 16. Jh. u m 1700 u m 1700 1682—94 u m 1700 u m 1700 18. Jh., 1. Hälfte Mitte des 18. Jh. 19. Jh., 1. Hälfte 1859
1700 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Viertel
Hoffaktoren der Weifen Name
Zacharias Daniel Alexander D a v i d
Michael D a v i d D a v i d Alexander Abraham Alexander David Alexander Daveson Zacharias Daniel Samson Gumpel Meyer Gumpel Aaron Gumpel W o l f Gumperz Gumpel Moses Daniel Gouns Marcus Hirschel Hirsch Jacob Heilbutt V i k t o r Heymann Jeremias Heinemann Wolf Hertz Moses u. Nathan Hirsch Nathan Beer Isaak Jüdelhedm Israel Jacobson Behrend Lehmann Wwe. Liebmann Joel Lazarus Michael Levi Lembe Moses Meyer Assur Meyer Mansfeld N. S. Nathalion Simon Philipp Seeligmann Salomon Seckel Hertz Samson Hirsch Hertz Samson Philipp Samson Meyer Hertz Samson D r . med. Peter Samson Isaak W o l f Samson Wertheimer Herz W u l f Christoph Wallich
Bezeichnung in den Akten
Geldlieferant Hof jude, Münzjude, Kammeragent, Hoflieferant, Hof-Bankier, -Juwelier, -Münzer, Heereslieferant, polit. Agent Hofbankier Hof agent Hoffaktor, Hoflieferant Hoflieferant Geldleiher Geldleiher, Münzlieferant Heereslieferant Heereslieferant Münzlieferant Hof- und Schutzjude Heeres Lieferant Hofbankier Geldleiher Goldlieferant Entrepreneur Buchhändler Hufjuwelier Silberlieferant Hof- und Kammeragent Lieferant Kammeragent Hofbankier Hofbankier Lotteriekollekteur Juwelenhändler Hofbankier Hofbankier Heereslieferant Bankier, Heereslieferant Hofbankier Geldwechsler Geldwechsler Geldwechsler Kemmeragent Hoffaktor Hofjude Hofjude Judendoktor Münzlieferant Resident Geldleiher Kammer-Schreiber, -Kassierer, -Zahlmeister
Zeit der Wirksamkeit
18. Jh., 1. Viertel 1707—1765
1714 1760 1745 1778 18. Jh., 1. Hälfte seit 1733 1757 1757 18. Jh. u m 1700 1757 1715 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 19. Jh., 1. Viertel 19. Jh., 1. Hälfte Mitte des 19. Jh. 18. Jh. 1771 19. Jh., 1. Viertel u m 1800 u m 1700 18. Jh., 1. Viertel 18. Jh., 2. H ä l f t e 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1733 1757 19. Jh., 1. Viertel 19. Jh., Mitte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1783 1795 u m 1800 u m 1800 1759 u m 1700 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte
Quellen- und Schriftennachweis zum zweiten T e i l Hof juden
der
Weifen
in Hannover
und Brau η schweig
Die m i t * bezeichneten Akten des St. A. H a n n o v e r sind 1943 durch Kriegsschäden verloren gegangen; für die Mitteilung danke ich vielmals Herrn Direktor Prof. S c h η a t h. 1 W i e n e r i m Jahrbuch für die Geschichte der Juden u n d des Judentums. 1. Bd. Leipzig 1860, S. 186 f. Dazu H e i s e s u n d unsere Ausführungen über den reichen Michel i n Bd. I. Wiener verweist auf R e t h m e y e r , Braun^ schweig-Liineburgische Chronik Bd. I I I S. 1861. — A. R a u c h , Die Verwaltung des Territoriums Calenberg-Göttingen während der Regentschaft der Herzogin Elisabeth (1540—1546), Hildesheim 1930, S. 266. — St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg ίί Β Nr. 21. Calenberg 22, X X X I Nr. I, 37. D a z u Stadtarchiv H i l d e s h e i m . 2 W i e n e r S. 188 f. unter Hinweis auf H a v e m a n n , Elisabeth, S. 85 und 106. — Levin Ephraim nach S c h u s t e r , Kunst und Künstler, S. 166. — St. A . H a n n o v e r : Calenberg 13, Nr. 13, 15, 22 u n d Calenberg 32, Sammlung Erskein I Nr. 16. St. A. H a n n o v e r : Calenberg 13, Nr. 13, 15; Calenberg 32 I Nr. 175 a Bd. I. 8 Nach dem reichen Aktenbestand des St. A. H a n n o v e r , vgl. das Aktenverzeichnis i n Bd. I I I , das außerdem zeigt, u m welche Hofiuden es sich handelt. Dazu als Ergänzung A k t e n der Archive W o l f e n b ü t t e l und O s n a b r ü c k , siehe Aktenverzeichnis i n Bd. I I I . D o r t auch das ausführliche Literaturverzeichnis. 4 F ü r die Familiengeschichte des Behrens kommen i n Frage: W i e n e r , Liepmann Cohen u n d seine Söhne, und G r o n e m a n , Genealogische Studien. Wiener i r r t insofern, als er Gumpert und Isaak für Söhne Leffmanns hält. Nach Wiener war Leffmann zweimal, nach Gronemann dagegen dreimal verheiratet. Zur Ergänzung sind heranzuziehen die Arbeiten von K a u f m a n n - F r e u d e n t h a l über die Familie Gomperz und G r ü n w a I d über Oppenheimer, ferner die Hefte der „Jüdischen Familienforschung" u n d : Jüdisches Lexikon sowie Jewish Enzyclopaedia. — H. Sc h η e e , D e r Hof- u n d Kammeragent Leffmann Behrens als Hof finanzier der Weifen. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 1951. 6 W i e n e r , Liepmann Cohen, S. 161 ff. 6 W i r verweisen auf das Verzeichnis der A k t e n des St. A. H a n n o v e r und müssen aus Raummangel darauf verzichten, stets die einzelnen A k t e n anzuführen. Nur, w o es auf genaue Einzelheiten, Namen und Zahlen, Daten usw. ankommt, führen w i r die einzelnen A k t e n m i t der Signatur an. Eine zusammenfassende Darstellung der H o f j u d e n i n Hannover ist bisher nicht versucht worden. Unsere Ausführungen bringen zum erstenmal eine Aus* wertung des Aktenmaterials der Archive H a n n o v e r , O s n a b r ü c J e » B e r l i n , G o t h a , W i e s b a d e n und K i e l . G. S c h η a t h hat i n seiner „Geschichte Hannovers i m Zeitalter der neunten K u r u n d der engr> lischen Sukzession" 1674—1714, Bd. I 1674—1692, auch Leffmann Behrens berücksichtigt u n d seine Tätigkeit zutreffend beurteilt. 7 Vgl. S c h u s t e r , Kunst und Künstler, S. 26/27 u n d R a b e , Wandlungen S. 84 ff., deren Angaben jedoch nicht übereinstimmen. 8 S c h η a t h , S. 45 f f .
Quellen- und Schriftennadiweis zum zweiten Teil 9
169
St. A. H a n n o v e r : Hannover 76 c Ac. A p p e n d i x : S. 1—94 und: Calenberg 24, Frankreich Nr. 126, diese A k t e enthält auch noch Schriftstücke, die sich auf Geldgeschäfte m i t Johann Friedrich beziehen. — B r a u b a c h , Die Bedeutung der Subsidien. 10 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 24, Hildesheim Nr. 30. Hier ist nur von dem Schutzjuden Leffmann Behrens die Rede; die A n t w o r t auf das Interzessionsschreiben fehlt i n der Akte. 11 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 22. X I X Nr. 66. 12 S c h u s t e r , Kunst u n d Künstler, S. 44, 58, 218 f. 13 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 22 X I X Nr. 67. 14 S c h a e r , Staatshaushalt des Kurfürstentums Hannover 1680—1698 S. 69 ff. Verzeichnis der landesherrlichen Gläubiger 1680—1698. 15 S c h η a t h S. 535, 555. — St. A. H a n n o v e r : Calenberg 24, Frankreich Nr. 126. Der Verfasser folgt i m wesentlichen der verdienstvollen Darstellung S c h n a t h s ; denn aus der A k t e : Calenberg 24, Frankreich Nr. 126 ergibt sich keine Klarheit, zumal der K o n t r a k t des Herzogs m i t Leffmann Behrens über das Zahlungsgeschäft vom 3. A p r i l 1691 Konzept ist. Die Abrechnung Leffmanns wegen der Pariser Gelder ergeben nach drei Zetteln 158 178 Taler 7 Gr. 7 Pf. 236 312 Taler 3 Gr. 3 Pf. 354 378 Taler 7 Gr. 7 Pf. 748 868 Taler 17 Gr. 17 Pf. also mehr als 748 000 Taler; andererseits heißt es, daß i h m von Februar bis November 438 065 Taler i n Anrechnung gebracht wurden. Klarheit w i r d sich niemals gewinnen lassen, weil die Rechnungen der Schatullkasse nicht erhalten sind, wie S c h n a t h , S. 328 ff., zeigt. Jedenfalls hat Leffmann gut verdient; offenbar etwa 6 — 8 % ; denn nach dem 1. Punkt des Vertrages vom 3. A p r i l 1691 sollte der Hofagent am Ende eines jeden Monats 36 333 Taler 12 mgr. m i t 8 Taler Aufgeld auf jedes Hundert = 39 240 Taler nach dem Leipziger Fuß, zur Fürstl. Kriegskasse zahlen. — A r c h i v d e s f r z . Außenministeriums. Corresp. pol. Brunswic-Hanovre Supplement Bd. 2. 1686—1730 U 40 a. 16 S c h n a t h , S. 328 ff., S. 248. 17 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 22. X I X Nr. 67. ls St. Α. O s n a b r ü c k : Rep. 101 A Nr. 84. 19 S c h n a t h , S. 328 ff. St. A. H a n n o v e r : Calenberg 22. X I X Nr. 67. 20 St. A. H a n n o v e r : Celle 13 d Nr. 14. 21 Alle Einzelheiten nach St. A. H a n n o v e r : Calenberg 15 Β. Nr. 116, Bl. 1—332, eine sehr umfangreiche Akte, die über Leffmann Behrens sehr viel bringt. - Vgl. R a b e , Wandlungen usw. S. 1 ff. ES St. A. H a n n o v e r : Calenberg 15 B. Nr. 116. 24 Nach M. W i e n e r , Liepmann Cohen und seine Söhne, S. 161 ff. 2i> K a u f m a n n , Samson Wertheimer, S. 19, 37. 2(i Einzelheiten i m St. A. H a n n o v e r : Calenberg 15 B. Nr. 116. 27 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X . Nr. 14. * 8 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X . Nr. 15. 29 St. A. G o t h a : E. X I (6) Nr. 117. Vgl. S c h n a t h , S. 535. - S t A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 19; Hannover 93. 23 Nr. 6. 30 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 18. 31 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 17. 32 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 23. I X Nr. 22. 33 St. A. H a n n o v e r : Hannover 93. 23 Nr. 7 a.
Quellen- und S i f t e n n a d i w e i s zum zweiten Teil u
St. A. H a n n o v e r : Hannover 93. 23 Nr. 8. St. A. H a n n o v e r : Hannover 93. 23 Nr. 5. — E c k s t e i n , Geschichte der Juden i n Bamberg, S. 208. 36 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 24. Holstein Nr. 31a. — S c h n a t h , S. 446. Aus der A k t e läßt sich keine Klarheit über die Finanzaktion i m einzielnen gewinnen, vor allem werden verschiedene Summen genannt. 37 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 21. 38 St. A. H a n n o v e r : Hannover 93. 23 Nr. 4. 89 St. A. H a n n o v e r : Hannover 93. 23 Nr. 7. 40 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 24. Hamburg Nr. 61. 41 B o d e m a n n , Briefwechsel der Herzogin Sophie von Hannover, S. 369. 42 St. A. H a η η ο ν e r : Hannover 92. L X X Y I I Nr. 5. 43 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 23. I X Nr. 25. — Gronemann, S. 34 ff. — St. A. H a η η ο ν e r : Hannover 104. I I 4 A a Nr. 82. — Ζ u c k e rm a η η s Angaben i n Kollektanea, S. 9 ff. sind nicht richtig. 44 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 13. — W i e n e r , Leffmann Behrens Intervention bei dem Erscheinen judenfeindlicher Schriften. 45 C a r l e b a c h , Juden i n Lübeck, S. 21. — Das Folgende nach der Akte: St. A. O s n a b r ü c k : G. R. Abschnitt 377 Nr. 1. Diese Akte scheint allen jüdischen Forschern entgangen zu sein. 46 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 15 B. Nr. 115, 118 und Calenberg 8 A l t stadt Hannover Nr. 135 a. 47 St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 15 Β. Nr. 118; Calenberg 23. I X Nr. 56. 48 St. A. H a n n o v e r : Hannover 92. X V I I , V Nr. 13 Vol. I I ; Hannover 92. X V I I I B. Nr. 26; Hannover 9. England Nr. 54; Calenberg 15 G. Nr. 127. — L e t i , Abrégé de l'histoire de la maison . . . de Brandenburg. Amsterdam 1687, S. 431/32. 49 St. A. H a n n o v e r : Hannover 92. X V I I , V Nr. 13 Vol. I ; Hannover 9. Arreste Nr. 3; Hannover 93. 23 Nr. 12. 50 K o n k u r s G e b r ü d e r B e h r e n s . Das Material ist so umfangreich, daß eine Durcharbeitung und eingehende Darstellung durch einen Rechtshistoriker, der das damals geltende Recht u n d unsere heutige Wertung berücksichtigt, wünschenswert ist. F ü r unsere Darstellung wurden benutzt: St. A. H a η η ο ν e r : Hannover 92. X V I I , V Nr. 13 Vol. I Bl. 1—589; Hannover 92: X V I I , V Nr. 13 Vol. I I ; Hannover 92: X V I I , V Nr. 13 Vol. I l l Bl. 1 - 2 4 5 ; Vgl. I und I I I enthalten bereits sehr reiches Material, a u d i zur Geschichte des Residenten Behrend Lehmann; Calenberg 24. Meckenburg Nr. 82 a und 83; Calenberg 15 B. Nr. 124; Calenberg 15 B. Nr. 126; Hildesheim 1. T e i l 18 Aibsdmitt 1, Abtlg. 11 Nr. 43; Hildesheim 1. Teil 18 Abschnitt 1, Abtlg. 11 Nr. 7; Literatur: W i e n e r , Liepmann Cohen u n d seine Söhne (muß heißen Enkel), Monatsschrift f. Gesch. u. Wiss. d. Judentums. Breslau 1864 S. 161—184. Einzelnes bei C r o n e m a n n , Genealogische Studien, S. 34 ff. S. 85 ff. 61 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 15 B. Nr. 127. — W i e n e r , Liepmann Cohen. — G r o n e m a n n , Genealogische Studien, S. 34 ff. 52 St. A. H a n n o v e r : Hannover 9. Prädikate A Vol. I ; Hannover 93. 23 Nr. 9, 20 u n d 21; Hannover 92. L X X V I I Nr. 4 D i l l ; Calenberg 15. Ο Nr. 78; Calenberg 23. I X Nr. 56. — G r o n e m a n n , Genealogische 35
Quellen- u n d S i f t e n n a w e i s zum zweiten Teil
161
Studien, S. 29 ff. 77 ff. — M a g a z i n f. jüdische Geschichte und Literatur, 1874 S. 52 ff. — R e d e c k e r , Aufzeichnungen, Jahr 1739. — St. A. O s n a b r ü c k : Rep. 101 B. Landesarchiv B. Nr. 449. — B l e i b ä u m , Bildschnitzerfamilien, S. 365. — M o n a t s s c h r i f t , 1902, S. 273. Empfehlungsschreiben Georg Ludwigs an Dietrichstein. 58 St. A. H a n n o v e r : Hannover 9. Prädikate A. Vol. I X ; Hannover 9. Prädikate A. Yol. X I I . * Hannover 29. 21a Nr. 10; * Hannover 104. I I 4 C 2 Nr. 46, 47; Hannover 92. L X X V I I . Nr. 5. G r o n e m a n n , Genealogische Studien, S. 34 ff. — T h i m m e , Die inneren Zustände, Bd. I S. 233, 398 ff. — W. S c h r a g e η h e i m , Hannoversche Judennamen. Jüd. Familienforschung Nr. 37. I n den A k t e n bezeichnet sich Jakob Leffmann Cohen als ältesten Sohn des Kriegsagenten Leffmann Herz Cohen, während die Geh. Räte wiederum Ahraham Herz Cohen als ältesten Sohn des Kriegsagenten nennen. Bei Thimme, S. 398 ff. stimmen die Personalangaben betr. Cohen nicht. Seelig Leffmann Cohen war ein Sohn des ersten Kriegsagenten Cohen, nicht von Abraham Herz Cohen, der gar nicht Kriegsagent war, sondern ein Bruder des Kriegsagenten, der jedoch keinen T i t e l führte, aber Mitinhaber des Bankhauses war. Abraham Herz Cohen als Bruder Seelig Leffmann Cohens wurde jedoch erst später Kammeragent. Zur Zeit der französischen Besetzung jedoch gab es nur den Kriegsagenten Leffmann Herz Cohen, dessen Vertreter i n Hamburg also sein Sohn Seelig war. Dasselbe ergibt sich aus den Hannoverschen Adreßbüchern von 1798 und 1802, i n denen nur der Kriegsagent Leffmann Herz Cohen verzeichnet ist. 54 St. A. H a n n o v e r : Calenberg 23. I X Nr. 56; Calenberg 25. Personalia D a v i d Nr. 5 D 45; Hannover 92. L X X V I I Nr. 5; Hannover 92. X V I I , V Nr. 13 Vol. I I ; Calenberg 15. D Nr. 46, 47, 48, 49; Hannover 9. Holstein Nr. 42; Hannover 9. Hildesheim Nr. 13; Hannover 93. 23 Nr. 10, 13, 15, 17, 18; Hannover 74. Harburg. Regiminalia I a Nr. 2; Calenberg 24. Schweden 207; Hannover 74. A m t Münden. Regiminalia Fach 263 Nr. 7; Hannover 93. 23. Nr. 9; * Hannover 104. I I 4, C 2 Nr. 39; * Hannover 9. Prädikate A Vol. I X . Vol. X I ; •Hannover 9. Prädikate Β Vol. I ; St. A. O s n a b r ü c k : Rep. 101. B. Landesarchiv Β Nr. 449; St. A. D a r m s t a d t : Abtlg. I X . Conv. 2. — G r o n e m a n n , Genealogische Studien, S. 91 ff. — T h i m m e , Die inneren Zustände, Bd. I S. 398 ff. — S o m m e r , W a h l des Herzogs Clemens August, S. 13, S. 65 ff. — S c h r a g e n h e i m , Hannoversche Judennamen, Jüd. Familienforschung Nr. 37. — Β 1 e i b a u m f ! S. 241. 56 St. A. H a η η ο v e r : * Hannover 9. Prädikate A Vol. I — X I I ; •Hannover 9. Prädikate Β Vol. I ; * Hannover 104a. I I 4. Nr. 4; •Hannover 33. 2 (Varia) Nr. 22. — G r o n e m a n n , Genealogische Studien S. 21 ff. — B a r t h , Anfänge des Bankwesens i n Hannover S. 30 ff. — Über C r e l i n g e r vgl. auch die A k t e n i m Geh. St. A. B e r l i n u n d St. A. W i e s b a d e n . W i r verweisen auf unser Verzeichnis i m Bd. I I I . Nach unserer Auffassung ist der i n den Berliner Akten 1812 erscheinende Geh. Rat Crelinger identisch m i t dem Heereslieferanten Crelinger, die Handschrift beider Personen ist die gleiche. — 11 Schnee, Hoffinanz I I
Quellen- und S i f t e n n a d i w e i s zum zweiten Teil Nach St. A. H a η η ο ν e r : Calenberg 24 F r a n k f u r t Nr. 20 war auch die Firma Meier Michael D a v i d & Comp, zu F r a n k f u r t a. M. als Fouragelieferant für die Wahlgesandtschaft 1741 tätig. Ob dieser M. M. D a v i d der Sohn des Hof- und Kammeragenten Michael D a v i d ist, der eine Zeitlang i n Frankfurt tätig war, konnte nicht festgestellt werden, ist aber wahrscheinlich. 30 H o f j u d e n in Braunschweig, Familie Alexander DaV i d nach den A k t e n des St. A. W o l f e n b ü t t e l u. d. S t a d t - A . B r a u n s c h w e i g ; vgl. Gesamtverzeichnis i n Bd. I I I . Dazu a n L i t e r a t u r : E. P o s e c k , Die Kronprinzessin Elisabeth Christine, Gemahlin Friedrichs des Großen. Berlin 1940. — G. R ü l f , Alexander D a v i d i n : Braunschweigisches Magazin, 1917. — H a l l o , Geschichte der Familie Hallo, Abschnitt David. — M. H o f f m a n n , Geldhandel d. deutschen Juden i m Mittelalter, S. 87. — D a n z e l u n d G u h r a u e r , Lessing, 2. Bd. S. 594 ff. — Κ 1 ο s e , Hardenberg S. 512. — 57 Nach den Akten des St. A. W o l f e n b ü t t e l -und des S t a d t - A. B r a u n s c h w e i g ; vgl. Bd. I I I . 53 I s r a e l J a c o b s o n : Quellen- und Schriftennachweis. Unsere Darstellung beruht auf folgenden Akten: I. Geheimes Staatsarchiv B e r l i n - D a h l e m : Westfalen Rep. 8 I V Β Nr. 1, Nr. 26; Westfalen Rep. 9 I I Nr. 32; Westfalen Rep. 20 I I E Nr. 2, 4, 9, 11—12, 19, 49; Pr. Br. Reg. 5 A Stadtgericht Nr. 387; Pr. Br. Rep. 30 Berlin C Tit. 60 Spec.; Rep. 74. J. Rep. 77. X X X . Judensachen, Gen 5. Vol. I ; Α. Α. I Hessen. Rep. I Nr. 2 b, 2 c. Kassel, 1809. I I . Mecklenburgisches Geheimes u n d Hauptarchiv S c h w e r i n : Landständisches A r c h i v 20. 377. 8 i. I I I . Braunschweigisches Staatsarchiv W o l f e n b ü t t e l : V I . 12. 116. Schatzprotokolle von 1806—1808; Landtagsprotokolle von 1806—1808 I I . D. 28 Nr. 169 Vol. I - V I . Nr. 170. Vol. I — I I ; Geheime Rats-Registratur V I I . Nr. 54, 55, 59, 70; Geheime Rats-Registratur V I I I Nr. 151 c, 254a, 254 e, 254 f ; Akten der Landschaft Nr. 1738; Depositum Jacobson Nr. 1, 2, 3. I V . Niedersächsisches Staatsarchiv H a n n o v e r : Hannover 51. X I I I . Nr. 9. V. Hessisches Staatsarchiv D a r m s t a d t : Abteilung X I , 2. Conv. 11. V I . Staatsarchiv W i e s b a d e n : Abteilung 131. Nassau-Usingen X I V c Nr. 26, 28, 31; Abteilung 133. Nassau-Idstein X V I I a Nr. 44; Abteilung 150. Nassau-Weilburg X I V c Nr. 35. X c Nr. 7; Abteilung 205. Regierung Wiesbaden Nr. 401, 404, 406. V I I . Stadtarchiv B r a u n s c h w e i g : C. Älteres Magistratsarchiv I I I . Hauptaktenbestand 1671—1825, 3. Kirchensachen Nr. 110—113, 144; 2. Handel und Gewerbe, Nr. 63; Sacksche Sammlung. Bd. 109; Bodesche Sammlung. Bd. 219 a;
Quellen- u n d Sdiriftennachweis zum zweiten Teil
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C. Älteres Magistratsarchiv I X . Acta varia Nr. 77, 204; D . Jüngeres Magistratsarchiv I I . Ältere Registratur V I I I , Kirchensachen. 4. Jüdische Gemeinde Nr. 10, Vol. I — X I I I ; Akten des Polizeidepartements. J. 1, I ( 1 - 3 ) , I I (1). V I I I . Badisches Generallandesarchiv K a r l s r u h e : Abtlg. 237. Fase. 1429—1431. IX. Algemeen Rijksarchief ' s G r a v e n h a g e i n den N i e d e r l a n d e n : Nr. 18. 496. Exh. 23. Februar 1808; Nr. 26. Exh. 19. J u l i 1808. A n Schriften über Jacobson lagen vor: A. K l e i n s c h m i d t , Israel Jacobson, Ztschr. des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde. Wernigerode 1890. S. 202—212. Kleinschmidt hat jedoch nur einen Teil der vorstehend genannten A k t e n benutzt. P. Z i m m e r m a n n , Israel Jacobson. I n : Braunsdiweigisches Magazin, 1906, bietet eine unkritische Verherrlichung. H. M a c k , Die finanzielle Ausbeutung des Herzogtums Braunsdiweig während der frz. O k k u p a t i o n 1806/7. I n : Jahrbuch d. Geschichtsvereins f. d. Herzogtum Braunschweig, V I I , 1908, S. 143—211. Mack beurteilt die Verhältnisse richtig. S. S i l b e r s t e i n , Das Testament Israel Jacobsons. Zu seinem lOOsten Todestage. Jahrbuch f ü r jüdische Geschichte und Literatur. Bd. 28, 1927. Die Darstellung ist nicht klar, wie die Nachprüfung an H a n d der Akten ergab. Was sonst an kurzen Aufsätzen u n d kleineren Skizzen über Jacobson vorliegt, beruht auf keiner Quellenarbeit und läuft auf eine unkritische Verherrlichung Jacobsons hinaus.
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Dritter
Teil
Die Institution des Hoffaktorentums i n Sachsen und Anhalt
Die Anfänge des Hoffaktorentums in Sachsen Recht bunt ist das Bild, daß die Geschichte der H o f j u d e n i n K u r sachsen bietet; fast unübersehbar ist die Zahl der H o f faktoren, besonders i n dem Zeitraum, da Kursachsen durch Personalunion m i t dem Königreich Polen verbunden war. Diese Zeit bildet i n Sachsen den Höhepunkt der Institution des Hof Judentums; m i t der Besetzung des Landes i m Siebenjährigen Kriege durch Preußen k l i n g t es ab. Unübersichtlich ist das B i l d insofern, als sich die Institution i n Sachsen nicht wie bei den Weifen auf einige Familien beschränkt, die Generationen hindurch den Fürsten die Hoffaktoren stellen, sondern eine F ü l l e von Einzelgestalten umfafit, die plötzlich als Hof j u d e n auftreten, ohne dafi w i r über sie selbst und ihre Geschäfte nähere Kunde erhalten. Ihre Geschichte beginnt i n Sachsen m i t dem A u f treten der Familien Lehmann und Meyer, welche die Institution des Hof judentums i n Sachsen gegen Ende des 17. Jahrhunderts begründeten und zur Höhe führten. D i e Geschichte dieser Familien und ihrer W i r k s a m k e i t i n Sachsen kennzeichnet zugleich diese Institution i m Lande der Wettiner. Zwar erscheinen auch in Sachsen schon vor dem Dreißigjährigen Kriege vereinzelt Juden, die i n näherer Beziehung zu sächsischen Fürsten stehen und daher als Hof j u d e n gelten müssen. W ä h r e n d der Judenaustreibung i m 14. Jahrhundert w u r d e n die Hoffaktoren ausdrücklich verschont, so die i m Jahre 1364 in Leipzig aufgenommenen Hof j u d e n B e n j a m i n , S a m s o n und I s a a k . A m 28. A p r i l 1364 befreite Markgraf Friedrich den Juden B e n j a m i n u n d dessen A n gehörige auf zwei Jahre von der allgemeinen Judensteuer und bestimmte ihre Leistungen und Rechte. F ü r die Vergünstigungen hatte Benjamin j ä h r l i c h 50 Gulden zu zahlen: dafür w u r d e i h m und den Seinen der Schutz i n ihren Rechten zugesagt. D i e Befreiuung, von der allgemeinen Judensteuer erfolgte, „ u m uns selbhier i n unsere kamere zu dienen". Benjamin w a r demnach markgräflicher Kammerknecht. I n das P r i v i l e g waren nicht nur F r a u u n d K i n d e r des Faktors eingeschlossen, sondern auch seine Schwiegermutter, der Schulmeister und der Knecht. Samson u n d Isaak w u r d e n am 19. J u l i i n die Städte Leipzig und A l t e n b u r g aufgenommen. A m 1. August des gleichen Jahres l i e h der E r f u r t e r Jude F r e u d e l dem Markgrafen von Meißen Geld zu hohen Zinsen. Auch Personen seiner Umgebung gehörten zu den Kunden Freudeis. I n
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Die Anfänge des Hoffaktorentums i n Sadisen
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren i n Leipzig die Hofj u d e n A b r a h a m u n d sein Schwiegersohn J o r d a n ansässig; die Beziehungen zwischen Abraham u n d dem Markgrafen und K u r fürsten Friedrich (1381—1428) müssen schon recht eng gewesen sein; denn aus der Zeit von 1422 bis 1426 sind uns 20 Briefe Friedrichs an A b r a h a m u n d aus dem Jahre 1426 zwei Briefe der Herzogin Katharina an i h n erhalten, die von Geldsachen handeln. Abraham w i r d d a r i n „ U n s e r J u d e zu Leipzig" und „ L i e b e r A b r a h a m " genannt. Es waren kleinere Summen, die der Hoffaktor vorstreckte. I n Verbindung m i t A b r a h a m w i r d Isaak Schulhoff genannt. Auch Jordan w u r d e von Friedrich als „ s e i n J u d e " bezeichnet; er w a r als Grundstücksmakler tätig. I m Einverständnis m i t Herzog W i l h e l m erteilte der Rat der Stadt Leipzig am 29. März 1430 dem Juden Abraham nebst Frau, K i n d e r n u n d Schwiegersohn einen Schutzu n d Freiheitsbrief. Sechs Jahre später, am 13. März 1436, verlieh Herzog W i l h e l m selbst A b r a h a m und Jordan auf acht Jahre einen Schutz- u n d Freiheitsbrief, i n dem der Fürst bekannte, „das w i r an gesehen haben manchen getrewen dinst, den A b r a h a m unser Jude jetzt u n d zu Leipzig wohnhaftig der Herrschaft lange Zeit und manchfältiglich getan hat u n d noch t u n soll u n d mag . . . so haben w i r . . . genannten A b r a h a m w i d d e r zu unserem gesinde, diener und kammerknechte empfangen uns auf genommen, als i h n danne unser Vater selig zu gehabt hat". A u f G r u n d dieses Schutz- u n d Freiheitsbriefes stellte der Rat der Stadt Leipzig dem Juden A b r a h a m und seinen Angehörigen einen Aufnahmebrief aus, der „gunst u n d dienste willen, die A b r a h a m Jude der Stadt Leipzig dicke und v i e l getan hat und noch t u n w i r d u n d mag". B a l d danach muß Abraham in Ungnade gefallen sein; denn trotz des Schutzbriefes Wilhelms I I I . von 1436 w u r d e n A b r a h m und sein Sohn Puschmann verhaftet und erst unter bestimmten Bedingungen freigelassen. Abraham und Puschmann durften wegen des „gewonnenen Hab und Gute" niemanden verklagen; dem Landesherrn hatte er 4000 Schock neuer Freiberger Münzen zu zahlen. A l l e Briefe vom gnädigen H e r r n und der „gnädigen Frauen von Sachsen" mußte er ausliefern; ferner alle Briefe, offenbar Schuldbriefe. Was er nach der Bezahlung der 4000 Groschen ü b r i g behielt, durfte er behalten. Es handelte sich demnach u m eine Geldangelegenheit. Schon 1453 waren wieder zwei Juden als Lieferanten tätig. S à 1 ο m ο η lieferte Silber und andere Geräte, H a n s e bezahlte Getreide auf Befehl des Landvogts. D e r Name Hanse mag als Name für Juden zunächst ungewöhnlich erscheinen, ist es jedoch für Juden i m Mittelalter nicht. Mehrfach begegnen dem Forscher i n dieser Zeit Juden, die christliche Namen tragen.
Die Anfänge des Hoffaktorentums i n Sachsen
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I n der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts w a r „ M e i s t e r B a r u c h " als kurfürstlicher W u n d a r z t unter Ernst (1464—1486) und seinem Bruder Albrecht, gestorben 1510, tätig. Beide verliehen i h m und seinen Söhnen Meyer u n d Moses am 26. M a i 1468 einen besonderen Schutzbrief für Sachsen, w e i l er als W u n d a r z t berühmt sei. D a r i n w a r auch das P r i v i l e g enthalten, Geld zu verleihen. Baruch durfte sich neben seinem A m t e als Leibarzt noch i n Geldgeschäften betätigen, obwohl er eine jährliche Besoldung von 30 Scheffel Korn, einem Faß Wein, 6 V i e r t e l Bier, 20 Schafen, ein Rind, dazu vom Rat der Stadt Dresden ein Haus zur W o h n u n g erhielt. Dieser Leibarzt hatte seine Widersacher. D e r Apotheker Hüffner lieferte i h m keine Medizin. Ernst u n d Albrecht, die fürstlichen Brüder, mußten den Apotheker durch den Rat zwingen, „daß er unserem Wundarzt Materien u n d anderes, was er bedarf, u m sein Geld, mache, verkaufe u n d ohne Widerrede verabfolgen lasse". I m Jahre 1469 ließ die M u t t e r Albrechts des Beherzten Baruch nach A l t e n b u r g zu einem k r a n k e n Hofbeamten kommen, u m „ z u besehen, ob er i h m geraten könne". D i e K u r hat offenbar geholfen; denn der Hofbeamte erhielt von dem Geistlichen keine Absolution, w e i l er „zur heiligen Osterzeit von dem Juden A r z n e i genommen habe und sich dieser auch fürder nicht entschlagen wolle". Zur gleichen Zeit lebte i n Dresden der W u n d a r z t Samuel. Als 17 Bürgersöhne 1469 das Haus dieser Judenärzte stürmten u n d bald darnach ein Tischler u n d seine Gesellen sie verhöhnten, verhängte der Rat Geldbußen von sechs bis zwölf Groschen, u m die Juden zu schützen. I n der späteren Zeit kamen hauptsächlich böhmische Juden zu den Märkten nach Sachsen; Dresden und das Land selbst blieben fast 200 Jahre lang ohne Juden. D i e genannten Juden waren i m 14. u n d 15. Jahrhundert nach Stellung u n d T ä t i g k e i t sächsische H o f j u d e n (1).
Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis M i t Behrend Lehmann (2) beginnt nicht nur die eigentliche Geschichte der Hoffaktoren i n Sachsen, sondern auch die Geschichte der neueren Judengemeinde Dresden, die der Resident begründet hat. Seine Stellung als Hoffaktor i n Norddeutschland w a r einmalig; er hat den höchsten Rang unter den norddeutschen Hoffinanziers erreicht u n d zugleich eine Vielseitigkeit als Hofbankier, H o f j u w e l i e r , Heereslieferant u n d politischer Agent entwickelt, die unter den Hoffaktoren i n Deutschland einzig dasteht; i n ihrer Vielseitigkeit w i r d diese T ä t i g k e i t k a u m von der Familie Rothschild übertroffen. Dabei
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Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
steht fest, dafi gerade über Lehmann uns die A k t e n nur einen A u f rifi seiner T ä t i g k e i t bieten. I m m e r h i n ist auch das vorhandene Material so umfangreich, dafi eine Auswertung u n d Darstellung aller Einzelheiten ein stattliches Buch über Behrend Lehmann ergeben würde. F ü r uns kann es sich nur darum handeln, seine Stellung und Tätigkeit i m Rahmen unserer Gesamtdarstellung zu schildern. D i e Familie Lehmann k a m aus Essen über Halberstadt nach Sachsen, Hannover und Österreich; i n den Städten Halberstadt, Dresden, Hannover und W i e n ließen sich verschiedene Zweige der Familie nieder. Schon während des Dreißigjährigen Krieges tätigte die Familie Lehmann m i t der Stadt Essen Geldgeschäfte. Κ ο s m a η η M o s e s H a l e v i , zuerst 1598 erwähnt, w a r seit 1623 Rabbiner; er starb 1648. Sein Sohn E l i a , genannt der Alte, ist der Großvater des Residenten, er w i r d 1640 zum ersten Male genannt; gestorben ist er 1690. Dessen Sohn J u d a L e h m a n n , der zuerst 1657 erwähnt w i r d , starb i n Essen 1693. Sein Sohn I s a c h a r B e h r e n d L e h m a n n wurde 1661 i n Essen geboren, nahm seinen Wohnsitz i n Halberstadt und w u r d e der berühmteste Vertreter der Familie. Er ist der polnische Resident und kursächsische Hoffaktor, der aber bis zu seinem Tode i m Jahre 1730 i n Halberstadt wohnen blieb, wo er auch begraben wurde. E i n anderer Zweig der Familie, gleichfalls von Kosman Moses H a l e v i abstammend, führte den Namen Kosman und zog nach Deutz bei Köln. Hauptvertreter dieser L i n i e w u r d e Joseph Kosmann, Lehmanns Vetter, Rabbinatsbeisitzer i n Deutz. D e r Name Kosmann w a r wiederum i n der Familie Lehmann als Vorname gebräuchlich; Lehmann w i r d von jüdischen Forschern als Löwemann, hebräisch Jehuda, gedeutet. Von seinen Glaubensgenossen w u r d e Lehmann Isachar Bermann genannt; i n den A k t e n heifit er Behrend Lehmann, gelegentlich a u d i Lehmann Behrend. W i r nennen ihn in unserer Darstellung durchgehend B e h r e n d L e h m a n n ; mit Lehmann Behrend dagegen ist stets sein Sohn und Nachfolger gemeint. D e r Resident w a r zuerst m i t M i r j a m Joel verheiratet, die 1707 starb; die zweite Ehe schloß er mit Hannele, der Tochter des Vorstehers Mendel Beer i n F r a n k f u r t a. M.; die Familie Beer gehörte in der alten Judengemeinde F r a n k f u r t zu den wohlhabenden und angesehenen Familien. D e r Bruder des Residenten, H e r z L e h m a n n , ließ sich i n W i e n nieder, w o er 1746 starb; er stieg gleichfalls zum Hoffaktor auf, stand aber i m Schatten seines Bruders. ßehrend Lehmanns Stellung als Hoffaktor bildet einen Sonderfall unter den Hofjuden. Er w a r als M i t g l i e d der großen Judengemeinde Halberstadt preußischer Schutzjude; seiner amtlichen Stellung nach Kursächsischer H o f j u d e u n d Kgl. Polnischer Resident m i t
Der polnische Resident Behrend Lehmann u n d sein Kreis
dem Wohnsitz i n Preußen. Gleichzeitig w i r k t e er seiner tatsächlichen Stellung nach, wenn auch ohne Titel, als Hoffaktor benachbarter Fürsten; er w a r Hofbankier der Kurfürsten von Hannover, der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel, des Polenkönigs Stanislaus Leszczynski und anderer Fürsten u n d adeligen Herren. Seine Stellung e r k l ä r t sich aus der Tatsache, daß Sachsen bis Ende 1700 n u r den wandernden Meßjuden kannte, da seit Beginn der Neuzeit die Juden aus dem Lande gewiesen waren. Erst nach 1700 w u r d e durch Behrend Lehmann und seine Glaubensgenossen die Judengemeinde Dresden gegründet; noch bis 1733 gab es i n Sachsen nur wenige jüdische Bewohner. Das 18. Jahrhundert bildet i n der Geschichte des Landes die Zeit, da sich die Juden überall dort festsetzten, w o sie seit dem 16. Jahrhundert ausgeschlossen waren. Gefördert w u r d e diese Entwicklung durch August den Starken (1694—1733) u n d den Grafen Brühl, Minister Friedrich Augusts I I . (1733—1763); beide hatten viele Hof juden, die ihre Glaubensgenossen nachzogen, i n Diensten. D a Sachsen zunächst die Ansiedlung der Juden nicht duldete, ergibt sich die für das dort herrschende System kennzeichnende Tatsache, daß zahlreiche auswärtige Juden in kursächsischen Diensten standen, und zwar in einer Zahl, wie sie k e i n anderer norddeutscher H o f kannte. D i e auswärtigen Juden waren fast immer Meßjuden. Sie knüpften zuerst m i t dem Hofe Verbindungen an; hatten diese Hofund Meßjuden dann jahrelang dem Dresdener Hof Gelder, Juwelen, L u x u s a r t i k e l beschafft, dann eröffneten sie eine F i l i a l e i n der Hauptstadt und hofften auf das Niederlassungsrecht unter Berufung auf ihre geleisteten Dienste. Ihre Stellung als Gläubiger der Fürsten, Minister und Hofbeamten nutzten sie für ihre Niederlassung. Nicht jeder auswärtige Hoffaktor erhielt das Wohnrecht i n Sachsen, selbst die Nachkommenschaft recht einflußreicher Hoffaktoren blieb ausgeschlossen. Nach allgemeinen Grundsätzen w u r d e n solche B i t t gesuche k a u m entschieden; es k a m immer auf den einzelnen F a l l an. Auch unter den auswärts wohnenden H o f j u d e n Sachsens nahm Behrend Lehmann eine bevorzugte Stellung ein; Halberstadt blieb der wirtschaftliche M i t t e l p u n k t seiner Unternehmungen, die nach allen großen Judengemeinden Verbindungen hatten. Behrend Lehmann w a r nicht der erste Hoffaktor, den die Judenschaft Haiberstadts hervorbrachte. I m 16. Jahrhundert lebte dort der Heereslieferant I s a a k M e y e r , der sich 1537 K a r d i n a l Albrecht gegenüber verpflichten mußte, das Stift m i t M u n i t i o n und Ausrüstung zu versorgen. Zur Zeit des Residenten hatte Halberstadt die stärkste Judengemeinde in Preußen. Keine Quelle berichtet uns, daß die Familie Lehmann vor dem Auftreten des Residenten sich durch besonderen Wohlstand oder gar Reichtum vor den anderen Juden-
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Der polnische Resident Behrend Lehmann u n d sein Kreis
familien Haiberstadts ausgezeichnet hätte. Behrend Lehmann k a m dann überraschend schnell zu Reichtum und Ehren. Zunächst arbeitete er m i t Leffmann Behrens i n Hannover zusammen, den er i n Eingaben wiederholt seinen Vetter nannte und dessen E n k e l Isaak später sein Schwiegersohn wurde. D a n n machte er sich selbständig und wurde der M i t t e l p u n k t eines Kreises von Hoffaktoren, der Berlin, Leipzig, Dresden, Halle, Wien, Hannover, Wolfenbüttel, Blankenburg u n d W i e n umschlofi. Lehmann verdankt seinen Aufstieg i n erster L i n i e den engen Beziehungen zu K u r f ü r f t Friedrich August L, die auf zwei Tatsachen beruhten: dem Luxusbedürfnis, der Prachtliebe und der überschäumenden Lebensfreude August des Starken und seinem politischen Ehrgeiz, der i h n dazu trieb, eine Rolle i n der europäischen P o l i t i k zu spielen. Geschickt wußte Lehmann w i e sein Berliner Feind Jost Liebmann das Geld- und Luxusbedürfnis des Fürsten zu nutzen, um sich durch Gewährung von Krediten und Lieferung kostbarer Juwelen zunächst einmal i n Gunst zu setzen; der Lohn k a m dann in zwiefacher F o r m von selbst: i n fürstlichen Gunstbezeugungen und geschäftlichen Vorteilen mannigfacher A r t . W a n n u n d auf welche Weise die ersten Beziehungen zum Dresdener Hofe angeknüpft wurden, wissen w i r nicht. I n jüdischen Kreisen erzählte man sich die verschiedensten Legenden, u m Lehmanns Aufstieg, den seine Glaubensgenossen selbst als märchenhaft empfanden, zu erklären. Doch steht fest, daß Lehmanns Beziehungen zum kursächsischen Hofe schon vor seiner Niederlassung i n Dresden, die 1708 erfolgte, recht eng gewesen sind. I m Jahre 1696 bezeichnete August der Starke i n einer Verordnung an den Rat der Stadt Leipzig Behrend Lehmann ausdrücklich als seinen H o f j u d e n . A m 12. Februar schrieb der K u r f ü r s t : „Nachdem w i r aus erheblichen Betrachtungen den Juden Behrend Lehmann aus Halberstadt zu unserem H o f j u d e n gnädigst auf- und angenommen, als befehlen w i r h i e r m i t gnädigst, i h r wollet sowohl ihm als dem hannoverschen H o f j u d e n Leffmann Behrens, nebst dieses letzteren beiden Söhnen verstatten, daß sie i n denen gewöhnlichen Messezeiten freie offene Gewölbe haben mögen und selbige von ihrer W a r e nicht mehr (Steuern) abzustatten anhalten, als was andere Kaufleute geben." Aus diesem kurfürstlichen Reskript erhellt, daß auch Leffmann Behrens m i t seinen beiden Söhnen Moses Jakob und Hertz i n engen Beziehungen zum sächsischen Hofe stand; er erhielt m i t Behrend Lehmann die gleichen Privilegien. I n steuerlicher Hinsicht w u r d e n diese vier Juden den christlichen Kaufleuten gleichgestellt; das bedeutete eine starke materielle Begünstigung. Freilich kehrte sich: der Rat der Stadt Leipzig nicht daran, und 1708
Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
mußte diese Begünstigung nochmals wiederholt werden. I m nächsten Jahre stieg dann der Hof j u d e Lehmann zu noch höherer W ü r d e auf. Der K ö n i g von Polen teilte am 28. November 1697 dem Kurfürsten von Brandenburg mit, daß er Behrend Lehmann, der sein getreuer Hof j u d e gewesen sei, wegen dieser Dienste zum R e s i d e n t e n i m niedersächsischen Kreise ernannt habe. Er bat dann, i h n weiter i n Halberstadt zu dulden, als polnischen Residenten zu ehren u n d i h m jederzeit Z u t r i t t zum Hofe und den Ministerien zu gestatten. Lehmann w a r jetzt amtlich bestallter Resident des Königreichs Polen, kursächsischer H o f j u d e , zugleich preußischer Schutzjude m i t dem Wohnsitz i n Halberstadt. A m 9. März 1699 leistete sich August der Starke i n Warschau den Scherz, seinem H o f j u d e n gewaltsam und eigenhändig den Bart abzuschneiden, nachdem er i h m vergeblich 5000 Taler versprochen hatte, wenn er sich f r e i w i l l i g scheren lasse. Unter einem Residenten verstand man damals einen Mann, der sich an einem Orte ständig oder längere Zeit aufhielt u n d dort die Geschäfte eines Staates oder regierenden Fürsten besorgte. D e r Resident k a m hinter dem Gesandten; seine F r a u führte den T i t e l Residentin. I m 17. und 18. Jahrhundert gab es noch mehrere jüdische Residenten i n Deutschland; i m allgemeinen k a m die Verleihung dieser W ü r d e an H o f j u d e n jedoch selten vor. D i e Verleihung des Charakters als Resident bedeutete i n jeder Weise eine hohe Auszeichnung u n d zeigte zugleich das enge Vertrauensverhältnis an, das zwischen Herrscher u n d H o f j u d e bestand. Beim Regierungsantritt K ö n i g Friedrich Wilhelms I. stellte August der Starke i n Warschau am 25. September 1713 seinem Residenten eine neue Vollmacht aus. 1714 hatte der polnische Resident eine Audienz am Berliner Hofe; Behrend Lehmann w o l l t e auch gern für Preußen den Charakter eines Residenten erhalten. D e r König, der Fürst von Anhalt-Dessau u n d der Minister von Ilgen waren anwesend u n d empfingen den jüdischen Residenten. Lehmann muß jedoch sein Ziel nicht erreicht haben; denn er w u r d e auch i n Zuk u n f t nur als polnischer Resident bezeichnet. Aber auch i n Preußen stand der Resident i n hohem Ansehen und genoß die Gunst und das W o h l w o l l e n des Soldatenkönigs. Als Königl. Polnischer Resident i m Niedersächsischen Kreise genoß Behrend Lehmann auch i n Preußen gewisse Vorrechte. So hatte er das P r i v i l e g erhalten, daß alle „vivres", die zur „Subsistenz" seiner Familie nötig waren, frei von allen bürgerlichen Abgaben blieben. Dieses P r i v i l e g vom 2. Dezember 1702 galt für das Herzogt u m Magdeburg u n d das Fürstentum Halberstadt unter der Bedingung, daß Lehmann seinen Wohnsitz nach H a l l e verlege. Dies geschah jedoch nicht; deshalb w u r d e das P r i v i l e g „der veränderten
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Verhältnisse" wegen 1707 nicht erneuert. I m gleichen Jahre bat jedoch der Resident i n einer Eingabe von Halle aus, die Magdeburger Regierung anzuweisen, diesmal noch seine Landweine und seine ungarischen Weine i n Halle ohne Lagergeld und akzisefrei passieren zu lassen. O b Lehmanns Wunsch erfüllt worden ist, läflt sich nicht feststellen; aber die Eingabe ist sehr aufschlufireich, zeigt sie dodi, dafi der diplomatische Agent auch einen ausgedehnten Weinhandel betrieb u n d dafür diplomatische Vorrechte genoß. A m 18. Oktober 1709 w u r d e dem Residenten von Preußen auch ein Schutzbrief für Halle ausgestellt; dies geschah auf Bitten Augusts des Starken, damit der Resident seinem „Hoflager" näher sein könne. Lehmann zahlte für den Schutzbrief 30 T i r . zur Marine-Kasse. Zu einer Übersiedlung Lehmanns nach Halle ist es trotz dieses Schutzbriefes nicht gekommen. Assur M a r x und dessen Genossen, Lehmanns Geschwister-Söhne Moses Aaron u n d Calmann Weiler, blieben die Vertreter des Residenten i n der Saalestadt. Vom Preußenkönig erhielt Lehmann am 21. Dezember 1713 außerdem einen Schutzbrief m i t besonderen Vorrechten; danach durfte er leib- und auch pferdezollfrei samt Gefolge durch die preußischen Lande reisen. Nachdem Lehmann durch kurfürstliches E d i k t vom 15. September 1697 die Erlaubnis erhalten hatte, das i n einem Konkurs gekaufte Schachtische Haus zu behalten, erhielt er 1708 das Niederlassungsrecht i n Dresden. Schon 1707 w a r August der Starke geneigt, dem Residenten und seiner Familie den dauernden Aufenthalt i n Dresden und Leipzig, also i n den Städten des Hofes und des Handels, zu gestatten. Doch der Geheime Rat erklärte sich dagegen. D e r K u r f ü r s t setzte sich aber über dessen Einwendungen hinweg und unterzeichnete i n Dresden am 8. März 1708 den Schutzbrief. D e r Kabinettssekretär Augusts des Starken hatte denselben „auf vielfältiges A n regen des Residenten Lehmann und auf hohe Erinnerung des Königs endlich" entworfen. Doch der Geheime Rat von H o y m t r u g Bedenken, das Reskript zu signieren; er wollte sich zuvor m i t den beiden Vorsitzenden Kabinettsmitgliedern aussprechen. Dies geschah; die Minister beschlossen, dem Könige vorzustellen, er möge sich die Sache doch anderweitig überlegen. „ D e r K ö n i g verblieb aber demunerachtet bei seiner Resolution." D a beschlofi man, den E n t w u r f vom Könige selbst unterzeichnen zu lassen, nachdem man i h m nodimais Vorstellungen gemacht hätte. Der Kabinettssekretär legte darauf dem K ö n i g das Konzept vor und regte an, Lehmann einen Revers zur Unterschrift vorzulegen, dafi er seine Rechte nicht mifibrauche, w e i l sich die Gold- und Silberarbeiter-Innung über die Juden und den A u f k a u f des ausgebrannten und zerbrochenen Goldes und Silbers beschwert hatte. D e r K ö n i g befahl zwar, Lehmann zur
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Unterzeichnung des vorgeschlagenen Reverses anzuhalten, unterzeichnete aber das Konzept m i t den W o r t e n : „ F i a t Augustus Rex". Demgemäß wurde am 27. März des Jahres das vom K ö n i g vollzogene O r i g i n a l des Schutzbriefes dem Residenten Lehmann ausgehändigt, der einen Revers unterzeichnete, „die Freiheiten nicht zu überschreiten". Der Brief gewährte Behrend Lehmann, seinem Weibe, seinen K i n d e r n und dem benötigten Ingesinde den Schutz auf Lebenszeit gegen ein jährliches Schutzgeld von acht Rtlr., ferner das Recht, Haus und Garten „ i n und bei Unserer Residenz allhier zu erkaufen, dasselbe zu besitzen und zu gebrauchen", sich d a r i n aufzuhalten oder in Abwesenheit durch einen Bevollmächtigten „beobachten zu lassen". A u f G r u n d dieses Schutzbriefes blieb der Resident auch weiter in Halberstadt, aber sein Schwager u n d Bevollmächtigter, der Generalprovediteur J o n a s M e y e r aus Hamburg, und später sein ältester Sohn, der Hoffaktor L e h m a n n B e h r e n d , zogen m i t Familie und zahlreicher Dienerschaft nach Dresden; die Hauptstadt hatte jetzt eine jüdische Gemeinde. A m 20. August 1717 verfügte Kurfürst Friedrich August, daß dem Residenten Lehmann das Posthaus auf der Pirnaischen Gasse — später Landhausstraße N r . 7 — für 13 000 T i r . unter Vorbehalt des Rückkaufs auf zwanzig Jahre „als besondere Gnade", jedoch ohne Konsequenz für andere Fälle, käuflich zu überlassen sei. Von der Kaufsumme waren bereits 4000 T i r . in Waren bezahlt. A u f die Bedenken, die das Kammerkollegium mit Rücksicht auf die Steuerfrage am 24. Januar 1718 geltend machte, verfügte der K u r f ü r s t am 17. März, das Haus solle Lehmann nur hypothekarisch u n d pfandweise für 13 000 T i r . auf zwanzig Jahre übergeben werden; bis dahin dürfe er die Nutzungen statt der Zinsen genießen. Den Grundbesitz müsse der Resident wie die Gräfin Teschen und die Gräfin Cosel versteuern. E i n kurfürstliches Reskript vom 21. März fügte noch hinzu, daß „alle Juden i n Dresden und Leipzig, die zu Lehmann u n d Meyer gehören, beim Gouvernement zu melden" und „keine Toten im Garten am Posthause zu begraben sind". A l l e Vergünstigungen, die Lehmann zuteil wurden, erfolgten gegen den Widerstand der Bevölkerung, vertreten durch die Stände; in Sachsen waren die Proteste recht zahlreich und nicht selten heftig. Das Posthaus bewohnten Lehmann Behrend und Meyer m i t ihren Familien von 1718 bis 1737; sie betrieben darin ein ansehnliches Wechselgeschäft. D i e Hof j u d e n „lebten darin mit einem Glänze, der fast fürstlich war, w i e sie denn einen Garten hinter dem Posthause mit schönen Fontänen und ein viel bewundertes Bad anlegten". A m 1. September 1720 gab dort der Hoffaktor Meyer ein großes Fest, an dem sogar der K u r p r i n z u n d
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die Kurprinzessin teilnahmen. D e r Yolksmund nannte das Haus der Hoffaktoren kurzerhand „Judenhaus". Als am 4. Februar 1728 der K ö n i g und der Kronprinz von Preußen Dresden besuchten u n d zu ihren Ehren Illuminationen u n d Festzug stattfanden, hatten nach, dem „ K g l . Polnischen und K u r f ü r s t l . Sächsischen Hof- und Staatskalender auf das Jahr 1729" vor dem Hause des H e r r n Behrend Lehmann, i n welchem zugleich der Hoffaktor H e r r Meyer logiert, dieser letztere seine Orangerie zu beiden Seiten auf erhöhten Stufen nicht allein rangiert, sondern auch solche m i t sehr v i e l Lampen auf beiden Seiten besetzen und das ganze Haus m i t Tannenzweigen, an denen sehr viele Lampen hingen, am Ende desselben die Fama rot und b l a u an einer Tafel m i t diesen W o r t e n machen lassen: Es leben vier Friedriche! I n dem mittleren Stock hat der H e r r Resident Behrend Lehmann beider hohen Potentaten Wappen m i t H e r m e l i n auf einer Maschine malen und dabei die W o r t e setzen lassen: „ D e r H i m m e l verbinde beständig zusammen, Was ewig von Wappen u n d Namen w i r d stammen." Wegen Erstattung der Meliorationsgelder, die der Hoffaktor Lehmann Behrend i n das Posthaus gesteckt hatte, kamen dessen Erben noch nach Jahrzehnten ein, obwohl es sich, gemessen an den Finanzgeschäften des Residenten, u m geringe Summen handelte und auf jeden Erben n u r w e n i g mehr als 1000 Taler entfiegen; ein Zeichen für den Abstieg der Familie i n der zweiten u n d dritten Generation. M i t den ihnen gewährten Privilegien haben die Hoffaktoren nicht selten Mifibrauch getrieben; er bestand meist darin, dafi sie eine übergroße Zahl von Bedienten aufnahmen u n d auf diese Weise die Menge der Juden vermehrten. Von den Bediensteten handelten viele auf eigene Faust, was ihnen gar nicht gestattet war. D i e Familien Lehmann u n d Meyer trieben es i n dieser Hinsicht besonders arg, so dafi sich der Rat zu Dresden am 3. September 1723 zum Erlafi des Patents gezwungen sah: „Es schleichen sich Juden ein, sie kaufen Silber u n d Juwelen auf, führen allerhand W a r e n ein, haben sogar einen besonderen Goldscheider unter sich. Es w i r d allen Juden außer Jahrmarktszeiten der Aufenthalt bei zwanzig R t l r . Strafe untersagt." Das Patent begründete der Stadtrat i n seinem Bericht vom 18. September an den K ö n i g m i t dem Hinweis, dafi er zu dieser Maßnahme schreiten müsse „wegen der häufig sich hier aufhaltenden Juden u n d deren fast freien Handels zum Trost der hiesigen, m i t H a n d l u n g sich nährenden Bürgerschaften u n d für Abwendung der durch solch Judenwesen beförderten U n t r e u u n d Partiererei unter dem Gesind u n d Jungen, auch anderem liederlichen Volk. Gemeinen, von Dero Resident Hoffaktor Lehmann und Meyer nicht ab-
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hängenden Juden" wäre der Aufenthalt gar nicht zu gestatten. Lehmann und Meyer hätten „der Personen gar viel, und man nicht meinen sollte, daß sie dergleichen Anzahl zu ihren Diensten von Nöten". Daher bestünde Verdacht, ob alle w i r k l i c h Domestiken seien. Lehmann Behrend hatte 30, Meyer 40 Personen als Angehörige und Domestiken i m Jahre 1723 angegeben. Lehmanns Personalbestand i n Dresden bildeten: Lehmann Behrend, Elias Nickelsburger und vier Söhne, ein Zehngebotschreiber, drei Bediente, eine Frau, ein Mädchen, Elias Behrend, ein Diener, ein Rabbiner, ein Informator, ein Buchhalter, dessen Bruder, zwei Schreiber, ein Schächter, drei Bediente, eine Kinderfrau, zwei Ammen, ein Mädchen, ein Küchenmädchen, eine Köchin. Meyer hatte aufgeführt: Jonas Meyer, seinen Bruder Ruben, seine F r a u und drei Schwestern, eine Amme, eine Kinderfrau, eine Köchin, drei Diener, einen Buchhalter und Frau, Diener, Magd, einen Kassierer u n d Frau, einen Informator, eine Magd, einen Rabbiner, einen Informator, vier Kontordiener, einen Hofmeister, einen Kellermeister, drei Diener, drei Bedienungsmädchen, zwei Küchenmägde, zwei A u f w ä r t e r , einen Wächter, zwei Eidame, zwei Töchter. Das w a r jedoch keineswegs der wirkliche Personalbestand; viele arme Juden fanden, mindestens vorübergehend, bei den Hoffaktoren Unterschlupf. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß Lehmann u n d Meyer sich gelegentlich i n Eingaben gegen den Zuzug fremder Juden wandten in· der Absicht, „solche Elemente fernzuhalten, welche der grundsätzlichen Abneigung der Stände gegen die Zulassung von Juden N a h r u n g geben konnten". O b w o h l der Landtagsabschied von 1711 den Juden i n Sachsen die Ausübung ihres Kultus nicht gestattete, w u r d e am 25. A p r i l des gleichen Jahres den Hoffaktoren Lehmann und Meyer das Ausnahmerecht zugestanden, in ihrem Hause i n Dresden jüdischen Gottesdienst abzuhalten. D a m i t fand durch die Hoffaktoren auch der jüdische Kultus seinen Eingang i n Sachsen. I m Jahre 1709 beschwerte sich Behrend Lehmann, dafi seinem Schwager bei der Beschneidung seines Sohnes Schwierigkeiten gemacht w u r d e n ; 1715 beklagte er sich, dafi Jonas Meyer seine Töchter i n Töplitz i n Böhmen begraben mußte. Solche Beschwerden des Residenten und Meyers liefen häufig ein, da i h m und seinem Schwager der Rat der Stadt Dresden beständig Schwierigkeiten machte; trotzdem erhielten Lehmann und sein Sohn 1723 die Vergünstigung, daß sie von ihren W a r e n nicht mehr Akzise zu zahlen brauchten als die christlichen Kaufleute. Behrend Lehmann hat sich sehr stark zugunsten des Judentums i n allen Ländern eingesetzt, i n denen er wirtschaftlich oder politisch 12 Schnee, Hoffinanz I I
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mächtig war. Seine Beziehungen und zahlreichen Reisen benutzte er dazu, u m Fürsten und Räte für seine Glaubensgenossen günstig zu stimmen u n d ihre Besteuerung zu verringern. Als piolnischer Resident setzte er sich a u d i für die Juden i n Polen ein, namentlich in der Herrschaft L i s s a , die zeitweilig i n seinen Besitz kam. Lehmann begründete die Judengemeinde Dresden und förderte die Judensiedlungen i n Halle u n d Magdeburg. I m Jahre 1693 e r w i r k t e er mehreren F a m i l i e n die Erlaubnis, sich i n Halle, das seit 1493 ohne Juden war, niederzulassen u n d dort Bethaus und Friedhof zu erwerben. Dasselbe Recht verschaffte er 1718 seinem Verwandten Gomperz i n Magdeburg. Betrachten w i r die politische u n d geschäftliche T ä t i g k e i t des Residenten, der Hofbankier und politischer Agent zugleich gewesen ist. D e n Höhepunkt seines W i r k e n s bildete die Beschaffung der Gelder für die W a h l Augusts des Starken zum K ö n i g von Polen i m Jahre 1697. Das Unternehmen kostete Geld u n d immer wieder Geld. D a sich die Höhe der Kosten gar nicht mehr feststellen läfit, ist audi Lehmanns A n t e i l i m einzelnen nicht mehr zu bestimmen. Dafi er große Summen zusammenbrachte, steht indessen fest, desgleichen, dafi der Resident gerade i m entscheidenden Augenblick i n das W a h l geschäft eingriff. Ende M a i 1697 sandte August der Starke den Grafen Löwenhaupt nach Hannover, u m den Weifen seine Ansprüche auf Lauenb u r g zu verkaufen; Ernst August von Hannover u n d Georg W i l helm von Celle erwarben das Herzogtum für 1 100 000 Gulden. A n dieser A k t i o n w a r nachweislich der hannoversche Hofbankier Leffmann Behrens beteiligt, der schon damals m i t Behrend Lehmann zusammenarbeitete. N u r Behrens u n d Lehmann waren damals zu dieser Transaktion imstande, selbst Texeira nicht, den die dänische Konkurrenz vorschickte. D e r Resident unterhielt a u d i selbst m i t dem Hofe i n Hannover gute Beziehungen u n d w a r dort eine bekannte Persönlichkeit. W i e man über i h n dachte, werden w i r noch bei der Darstellung anderer politischer Missionen sehen. Nachdem diese Aufgabe erfüllt w a r , schickte der K u r f ü r s t den Kriegszahlmeister Lämmel u n d seinen Hoffaktor Lehmann i n die Oberlausitz, um weitere Gelder aufzutreiben; sie konnten jedoch vorerst n u r von den sechs Städten 30 000 Taler erhalten. Einen großen Posten verschaffte sich August der Starke, indem er die Ä m t e r Lauenburg, Sevekenberg, Gerstorf, die Erbvogtei über Quedlinburg, die Reidisvogtei u n d das Schulzenamt von Nordhausen für 300 000 und das A m t Petersberg für 40 000 Taler an Brandenburg verkaufte. A u d i an diesem Geschäft w a r Behrend Lehmann beteiligt; durch seine Hände gingen die 340 000 Taler. D e r K u r f ü r s t hatte seinen H o f j u d e n
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m i t unbeschränkter Vollmacht zur Betreibung der Angelegenheit nach B e r l i n gesandt. Gräfin Löwenhaupt, die Schwester der A u r o r a Königsmarck, welche Pröpstin des Stiftes Q u e d l i n b u r g war, schrieb darüber ihrem Gemahl am 10. Dezember 1697: „ M i t einem Beglaubigungsschreiben unseres Königs von Polen ist der Jude Lehmann an jenen Kurfürsten — von Brandenburg — gesandt, m i t unbeschränkter Vollmacht, Q u e d l i n b u r g zu verkaufen. Jedermann w u n d e r t sich darüber, dafi eine so wichtige Sache keinem geschickteren und geachteteren Manne als dem Monsieur Lehmann vertraut w i r d . " U n d am 15. Januar 1698, nachdem der Verkauf getätigt war, meldete die Gräfin ihrem Gatten: „ A m meisten b r i n g t es sie — A u r o r a Königsmarck — auf, dafi ein Jude das Geschäft abgemacht hat." D i e Gelder nahm der Resident i n B e r l i n i n Empfang, am 28. Februar 1698 bescheinigte Lehmann i n der preußischen Hauptstadt, vom Kurfürsten von Brandenburg von der Kaufsumme bereits 120 000 R t l r . erhalten zu haben. D i e Gelder w u r d e n von Lehmann i n Danzig ausgezahlt; sie flössen zum größten T e i l i n die Taschen der verschiedensten Personen, die offenbar irgendwie bemüht w o r den waren, die W a h l Augusts des Starken zu fördern. W i r finden unter diesen Persönlichkeiten Kammerdiener, die ihre Douceurs auch erhalten mußten, damit man bis zu ihrem H e r r n vordringen konnte, Oberkammerherren, Kriegsräte, Geheime Räte, Generale, Bischöfe. Auch an hannoversche Persönlichkeiten zahlte Lehmann „Douceurs", woraus man ebenfalls den Schluß ziehen kann, dafi er i n der Lauenburger Angelegenheit m i t g e w i r k t hat. Graf Platen erhielt ζ. B. 6666 R t l r . 16 Gr., die Gräfin Platen 2750 Rtlr., der Sektreär, H a t t o r f f 2666 R t l r . 16 Gr. I n B e r l i n empfing der Geheime Rat von Fuchs die stattliche Summe von 5000 R t l r n . Auch einflußreiche Polen erhielten durch Lehmann Douceurs. A m 18. A p r i l 1698 stellte der Resident seinem H e r r n i n Danzig die Rechnung aus, dafi er am 1., 6. und 12. Dezember des Vorjahres allein 114 093 R t l r . an die verschiedensten Herren ausgezahlt hätte. Außer Lauenburg u n d Q u e d l i n b u r g verkaufte August der Starke noch seinen A n t e i l an der Grafschaft Henneberg für 45 000 Taler an den Herzog von Zeitz u n d die Herrschaft Hoyerswerda für 250 000 Taler an den Grafen von Beichling, der zu den Kunden Lehmanns gehörte. Das A m t Borna w u r d e für 500 000 Gulden an Gotha auf 24 Jahre verpfändet, der sächsische A n t e i l an der Grafschaft Mansfeld für 600 000 Taler an Hannover. Auch an diesen Operationen w a r Lehmann beteiligt. A m 21. August 1714 verpflichtete sich Behrend Lehmann schriftlich, August dem Starken zur Wiedereinlösung der Grafschaft Mansfeld 300 000 R t l r . gegen 6 % jährlich bar vorzustrecken gegen die Versicherung, die Summe längstens
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binnen drei Jahren zurückzuzahlen, und sobald der K ö n i g ihn wegen seiner an den „Stanislaus Leszczynski habenden Anforderung i n Lissa eingewiesen haben werden". Es fand k a u m eine größere Finanzunternehmung statt, bei der nicht an irgendeiner Stelle Behrend Lehmann beteiligt war, a u d i dann, wenn das Geschäft schon durch viele Hände gegangen war. D i e Kosten der W a h l w u r d e n von Generalfeldmarschall Graf Flemming, der die Gelder durch Behrend Lehmann, Leffmann Behrens, Samson Wertheimer und Genossen beschaffen ließ, auf 11 M i l lionen Taler geschätzt; August der Starke berechnete sie Mitte November 1697 auf 2 082 027 Gulden, Graf Löwenhaupt, der die Gelder nach Polen schaffte, auf 4 bis 4V2 M i l l i o n e n Gulden, eine andere Berechnung kommt auf 5 M i l l i o n e n Taler. D i e Vorschüsse, die Lehmann und Behrens leisteten, gingen i n die Millionen. Lehmanns Geldsack w a r tatsächlich bei der W a h l entscheidend. A m 26. Juni 1697, dem Tage der Wahl, trafen Graf Beichling, Kriegsrat Lämmel und Lehmann mit 40 000 Talern bar i n Warschau ein. Lehmann öffnete sofort den Geldbeutel, die Taler wurden rasch unter die Polen verteilt, und die W i r k u n g war, daß am 27. Juni nur nodi die Anhänger des französischen Prinzen Conti dem sächsischen Bewerber gegenüberstanden. D i e Anhänger des Prinzen Sobieski waren auf die Seite des Wettiners getreten. Lehmann amtierte als Augusts des Starken Schatzmeister bei diesem Unternehmen, ohne seine und der anderen H o f j u d e n M i t h i l f e wäre der Wettiner nicht K ö n i g von Polen geworden. U m die Anhänger des Prinzen Conti zu gewinnen, w u r d e durch Lehmann i n Hannover noch eine Anleihe von 200 000 T i r . aufgenommen, die Leffmann Behrens zustande brachte. Ernst August konnte denn auch behaupten, daß Hannover ein „Großes" zur E r w e r b u n g der polnischen Krone beigetragen, und von Lehmann heißt es i n den A k t e n , daß „dieser Jude gar gute Dienste i n der Sache getan". Auch i m Nordischen Kriege spielte Lehmann eine Rolle als politischer Agent, Geld- und Heereslieferant. D e r Resident übernahm m i t seinen Schwägern Meyer und Hirschel und anderen Glaubensgenossen die Verpflegung der polnischen Truppen, die Lieferung von Pferden, die Besorgung von Schuhwerk u n d anderen Bedarfsa r t i k e l n ; er reiste über Posen u n d Warschau bis nach Riga, wo er von K ö n i g August empfangen w u r d e und neue Aufträge erhielt. Als 1702 und 1703 der K ö n i g wieder i n schwerer Finanznot steckte, suchte der Resident i n Berlin, Danzig, H a m b u r g und anderen O r t e n die nötigen Gelder aufzutreiben. I n B e r l i n bereitete er den Boden für den Verk a u f des Amtes Gommern an Preußen. I n einem Briefe vom 6. Januar 1704 rühmte sich Lehmann, daß i n ganz Sachsen „keiner Ihrer
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Königlichen Majestät so v i e l auf Papier k r e d i t i e r t , als ich getan habe und noch hoffentlich t u n k a n n u n d werde". M i t den Russen stand er i n Fühlungnahme. Nach Augusts Entthronung durch K a r l X I I . verhandelte der Resident m i t polnischen Edelleuten zugunsten des Königs. Unter seiner M i t h i l f e w u r d e 1706 eine neue Anleihe beschafft, nachdem der Schwedenkönig i n Sachsen eingefallen war. Als 1709 der Abstieg Karls X I I . begann, wurde der Resident m i t Wissen und B i l l i g u n g K ö n i g Augusts als politischer Agent nach Hannover geschickt, um dort Nachrichten i n den schwedischen A n gelegenheiten zu übermitteln. K l a r ist die Rolle, die Lehmann spielte, nicht. D e r Resident führte mit den Geheimen Räten i n Hannover Verhandlungen; doch trauten diese i h m ' n i c h t recht. „ W e i l er aber ein bekannter großer Schwätzer ist und man sich auf seine Rede nicht verlassen kann", hatten die Geheimen Räte Bedenken, sich gegen den Agenten zu äußern. I n diesem Sinne berichteten sie am 1. September 1709 auch an den Kurfürsten, der in seiner A n t w o r t vom 20. des Monats das Verhalten seiner Beamten ausdrücklich billigte. Nach dem Nordischen Kriege nahm Moritz von Sachsen, der berühmte Sohn Augusts des Starken und der Gräfin A u r o r a Königsmarck, den Hofbankier seines Vaters i n Anspruch, als er sich u m den T h r o n von K u r l a n d bewarb. I m Begriff, nach K u r l a n d zu reisen, schrieb er am 5. November 1726 seiner M u t t e r ; „Was den Juden Lehmann betrifft, so bitte ich ihn, mein F r e u n d zu bleiben. Es w i r d sich bald v i e l Gelegenheit finden, wo er m i r dienen u n d seine Rechnung finden kann. Ich habe die Augen immer auf i h n gerichtet, als einen Mann, der sich auf große Geschäfte versteht. Ich weiß nicht, ob m i r der K ö n i g k ü n f t i g w i r d H i l f e leisten wollen. Sobald sich m i r Gelegenheit bietet, werde ich i h m schreiben, dem H e r r n Lehmann die Weisung zu geben, daß er meine Wechsel honoriert." A m 10. A p r i l 1727 bat Moritz seine M u t t e r : „Haben Sie die Gnade, dem Behrend Lehmann zuzureden, daß er m i r 20 000 Gulden leiht. Ich werde i h m dagegen einen Schuldschein geben, w o r i n ich mich verpflichte, daß, wenn er binnen Jahresfrist nicht vom K ö n i g die W i e derbezahlung, w o r u m ich denselben bat, erhält, ich i h m darauf meine Kammerpension bis zur T i l g u n g des Darlehns anweisen und außerdem 6°/o zahlen werde. D i e Obligation kann so eingerichtet werden, daß er dabei durchaus nichts wagt. Schenken Sie, Madame, dem Gelingen dieser Sache j a Ihre ganze Beredtsamkeit." W e n i g später, am 28. Juni, schrieb der Marschall von Sachsen seiner M u t t e r aus Dresden: „ M i t dem Juden Lehmann b i n ich recht unzufrieden, w e i l er die Sache i n die Länge zieht. Zwar ist es wahr, daß er m i r
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den Vorschlag gemacht hat, zu der m i r zu leihenden Summe die 5000 Tir., die Sie i h m schulden, zuzurechnen. D e r K ö n i g gibt m i r keinen Heller u n d zeigt sich gar gütig, gibt m i r aber k e i n Geld." U n d am 8. Juli berichtete Moritz der Gräfin: „ D e r Jude hat m i r auf meine Pension 20 000 T i r . vorgeschossen. D e r K ö n i g hat gesagt, er habe mich für die Zukunft abgefunden u n d wolle m i r weiter nichts geben. Wenn m i r das also mißglückt (die Bewerbung u m das Herzogtum Kurland), b i n ich ruiniert. Schreiben Sie j a nicht an den König. Es wäre nutzlos, aber erteilen Sie m i r I h r e n Segen." Bekanntlich mißglückte das Unternehmen. D e r Briefwechsel zeigt uns auch, daß die Gräfin Königsmarck inzwischen selber bei Behrend Lehmann verschuldet war, obwohl sie anfänglich von dem Hoffaktor nichts wissen wollte. Lehmanns Geldgeschäfte m i t dem sächsischen Hofe sind so umfangreich, daß sie sich i m ganzen n u r schwer bestimmen lassen. Eine Gesamtsumme ist k a u m feststellbar, da aus den verschiedenen A b rechnungen des Residenten m i t dem Kurfürsten u n d K ö n i g nicht ersichtlich ist, w i e w e i t frühere Restschulden i n den neuen Forderungen enthalten sind. I m m e r h i n ist genug vorhanden, u m daraus zu ersehen, daß a u d i die ständigen Vorschüsse des Hofbankiers i n die M i l l i o n e n gingen. D e r kursächsische Hofbankier tätigte a u d i Geldgeschäfte m i t der verwitweten K u r f ü r s t i n Eleonore Erdmuthe Luise, der Gemahlin Johann Georgs IV., welcher der Vorgänger Augusts des Starken gewesen war. A m 20. A p r i l 1696 bescheinigte Lehmann, von der K u r fürstin Schmuck i m Werte von 70 000 T i r . erhalten zu haben, u n d am 15. M a i quittierte er nochmals über zwei Diamanten i m Werte von 11000 T i r . D i e erste Q u i t t u n g w a r i n Dresden, die zweite i n Leipzig ausgestellt worden. F ü r diese Wertsachen hatte der Hoffaktor n u r 48 000 T i r . vorgestreckt; die Rückgabe des Schmuckes sollte gegen Rückzahlung des Geldes erfolgen. Aus Obligationen, die Lehmann dann 1707 aushändigte, ersehen w i r , daß er schon m i t Johann Georg I V . Geldgeschäfte getätigt hatte. A m 23. A p r i l 1696 erging der Befehl des Kurfürsten, Lehmann 100 000 T i r . zu bezahlen; zur „Versicherung von den 1695 v e r w i l ligten 171000 T i r . soll er Steuerscheine annehmen". I m nächsten Jahre erhielt der Hoffaktor für viele Vorschüsse, die er getan, vom Kurfürsten eine kaiserliche Obligation, datiert aus W i e n vom 22. August 1696, über 400 000 Gulden nebst 6 % Zinsen. Aus demselben Jahre stammt eine Zahlungsanweisung für Behrend über 8000 Tir., da i h m der K u r f ü r s t „ m i t dieser Summe verhaftet". I n Warschau w u r d e Lehmann am 29. Juli 1698 bescheinigt, daß er auf die litauische Armee 18 000 R t l r . Species gezahlt hat. „Wegen der
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733 000 R t l r . wie a u d i 200 000 R t l r . von meinem Vetter Leffmann Behrens u n d Sohn habe ich über 3000 R t l r . an Unkosten gezahlt." Daher setzte der Hofbankier diese dem Kurfürsten i n Rechnung. A m 16. A p r i l 1699 bescheinigte Lehmann i n Warschau, von dem Geheimen Rat von Beichling für 412 000 Rtl. Leipziger Courant an Wechseln erhalten zu haben; es waren i m ganzen zwanzig Wechsel, der höchste lautete auf 60 000, der niedrigste auf 20 000 R t l r . Einen Monat vorher hatte Lehmann 430 890 R t l r . gefordert, darunter befanden sich Zahlungen, die an das Haus Hannover erfolgt waren. A m 12. Februar 1700 berechnete Lehmann, daß i h m „Majestät zu bonifizieren" habe die gewaltige Summe von 430 890 Rtlr., w o r i n sich Forderungen der Juden Lazarus Hirschel über 13 000 u n d Aaron Beer über 45 000 R t l r . fanden; für Juwelen waren 80 000 R t l r . eingesetzt. Zur Rechnung machte der K ö n i g die eigenhändige Bemerk u n g : „ F i n d e das Konto recht! Soll m i r noch die Hamburger und Prager Juwelen schaffen." Juwelen mußten August dem Starken ständig geliefert werden, brauchte er sie doch als Geschenk für seine zahlreichen Geliebten. D a machten die H o f j u w e l i e r e gute Geschäfte, sie sahen selten so gute Tage w i e i n der lebensfrohen und liebestollen Zeit Augusts des Starken. Hauptlieferant aber w a r doch Behrend Lehmann, wenn er auch einen ganzen Schwärm von Unteragenten beschäftigte u n d mitverdienen ließ. So erfüllte auch Lehmann des Königs Wunsch nach den Hamburger u n d Prager Juwelen und setzte sie seinem H e r r n m i t der stattlichen Summe von 300 000 R t l r . i n Rechnung. Eingeschlossen waren wieder allerlei „Douceurs" für verschiedene Höflinge. A m 18. September 1701 stellte K ö n i g August zu Warschau seinem Residenten eine Versicherung über vorgeschossene Gelder i n Höhe von nicht weniger als 925 556 R t l r . aus und verpfändete i h m dafür verschiedene polnische Staatseinnahmen, so den litauischen Zoll über 60 000 Rtlr., den K r o n z o l l i n Polen über 120 000 R t l r . und die Ökonomie Mohlow m i t 6000 R t l r . auf drei Jahre, dazu Anweisungen auf die Pfundkammer i n Danzig m i t 133 333 Rtlr., 43 125 R t l r . i n Gold von der Krone Polen u n d schließlich Subsidiengelder aus W i e n i n Höhe von 300 000 Rtlr., so daß von der gewaltigen Schuld durch A n weisungen 716 456 R t l r . gedeckt waren und eine Restforderung von 209 096 R t l r . verblieb. Bis zur völligen Bezahlung sollte „Unser Resident" Mohlow u n d den Zoll i n Litauen und Kron-Polen i n der H a n d behalten. D e r Resident w a r damit i m Besitze polnischer Güter und Staatseinnahmen. Auch diese Rechnung des Hofbankiers hatte „Augustus R e x " geprüft und für richtig befunden, was der König i n T h o r n am 27. Dezember 1702 bescheinigte.
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Aus dem gleichen Jahre stammt eine zweite Abrechnung, welche die Forderungen Lehmanns seit 1698 m i t 1050 370 R t l r . (!) errechnete, wovon bis Ausgangs Januar nächstkommenden Jahres noch 480 272 R t l r . 8 Gr. Testierten. Dazwischen tauchen auch Summen auf, die der Hofbankier dem Kurfürsten zu vergüten hat; so mußte Lehmann 1702 für die Ausmünzung zu Leipzig dem Landesherrn 236000 R t l r . an Schlagschatz, also Münzgewinn, zahlen. D e r Resident w a r demnach, auch M ü n z e n t r e p r e n e u r . D a Lehmann verschiedene Zahlungen, so an Lazarus Hirschel u n d nach dem Haag, i n Höhe von 108 742 R t l r . 8 Gr. geleistet hatte, w a r er dem Kurfürsten nur noch 127 257 R t l r . 16 Gr. schuldig. D e r Münzfaktor hatte von Juni 1701 bis August 1702 für 560 000 R t l r . vermünzt. A m 30. März 1703 stellte Lehmann eine neue Rechnung über 547 720 R t l r . aus, w o r i n aber frühere Forderungen aufgenommen waren. I m Jahre 1705 forderte Behrend Lehmann die Einsetzung einer Kommission, um seine ausstehenden Forderungen zu prüfen. Wenige Tage nach dieser Eingabe bot der Hofbankier wieder einen Vorschuß i n Höhe von 100 000 Talern an, der auch gegen einen Versicherungsschein auf die Steuern des künftigen Jahres angenommen wurde. Tags darauf erstattete die Kommission ihren Bericht über Lehmanns noch ausstehende Forderungen, die auf 547 720 R t l r . beziffert wurden, eine Summe, die übereinstimmte m i t der Berechnung des Residenten aus dem Jahre 1703. Lehmann erhielt darauf jedoch nur eine erneute Versicherung über 536 520 R t l r . m i t dem Vorbehalt etwaiger unrichtiger Berechnung der Rückstände. A u f diese Summe empfing der Hoffaktor am 16. Juni 1707 eine Abschlagszahlung von 100 000 T i r . aus den Mansfeldischen Wiederkaufsgeldern. Trotzdem waren die Forderungen des Hofbankiers am 18. August bereits wieder auf 655 957 T i r . 16 Gr. gestiegen. Vom 16. Oktober 1709 datiert ist die Zahlung der Interessen an Behrend Lehmann und die hannoverschen Hof- und Kammeragenten Leffmann Behrens und Sohn wegen eines holländischen Darlehns. A u f die i n H o l l a n d aufgenommene Millionenanleihe hatten Leffmann Behrens u n d Sohn 700 000 holländische Gulden oder 350 000 T i r . Sächsisch Courant vorgestreckt u n d waren dafür durch Steuergelder entschädigt worden; 300 000 fl. hatten Kaufmann Berthold und Sohn i n Leipzig übernommen. Leffmann Behrens berechnete bei dieser Anleihe ein „agio" von 23V2°/o. August der Starke erhielt i n W i r k lichkeit n u r 280 000 T i r . Das A g i o betrug also 65 800 T i r . Leffmann setzte aber 70 000, also 4200 T i r . mehr, an. Außerdem erhob er 6443 T i r . 18 Gr. 3 Pf. zu v i e l an Steuergeledern. Trotzdem setzte er eine Gegenrechnung auf, wonach er noch 9894 T i r . 16 Gr. zu bekommen hatte. Jonas Meyer und Behrend Lehmann waren bei diesem
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Anleihegeschäft die V e r m i t t l e r zwischen Dresden und Hannover; Schriftstücke an Leffmann Behrens w u r d e n durch den Agenten Jonas Meyer expediert. 1709 u n d 1711 erklärten sich die Stände bereit, Lehmann ein K a p i t a l von 544 052 Taler 8 Gr. m i t j ä h r l i c h 50 000 T i r . abzuzahlen unter Berechnung von 6 % Zinsen. Lehmann quittierte, dafi er 597 254 R t l r . 12 Gr. 8 Pf., nämlich 544 052 R t l r . 8 Gr. K a p i t a l und 53 202 R t l r . 4 Gr. 8 Pf. Zinsen i n Assignationen u n d Steuerscheinen erhalten hatte. I n a l l diesen Jahren w a r Lehmann auch an den Geschäften der anderen Hoffaktoren beteiligt, die i n sächsischen Diensten standen; dies g i l t vor allem von den Lieferungen des Lazarus Hirschel, welcher der Schwiegervater von Lehmanns Bruder Herz war, der i n W i e n die F i r m a vertrat. Auch hier handelte es sich meist immer u m Hunderttausende; die Forderungen wanderten häufig von einem Hoffaktor zum andern, und jeder suchte dann i m geeigneten Zeitpunkt möglichst v i e l herauszuschlagen; namentlich an Behrend Lehmann zedierten auswärts wohnende H o f j u d e n gern ihre Forderungen, w e i l sie wufiteli, dafi der Resident dank seines Einflusses und seiner Praxis am günstigsten realisierte. Lehmann verstand es immer wieder, ins Geschäft m i t dem Kurfürsten und König zu kommen. K a u m w a r die Bezahlung alter Schulden geregelt, da erschien, der Hofbankier m i t einem neuen Angebot, dem August der Starke i n seinem Geld- und Luxusbedürfnis fast immer erlag. 1708 bot Lehmann Gelder zur Bestreitung der großen Milizbedürfnisse u n d zur Wiedereinlösung des Amtes Borna an. Geld- und Juwelengeschäfte tätigte Lehmann auch m i t der Gräfin von Cosel, einer Geliebten Augusts des Starken. Das Hauptgeschäft lag diesmal jedoch i n den Händen seines Schwagers Jonas Meyer; immerhin handelte es sich auch bei den Geschäften Lehmanns u m Summen über 100 000 R t l r . D e r Resident gab der Gräfin auch Steuerscheine über 105 000 T i r . zum Unterpfand, die er selbst von August dem Starken als Assignationes für geliehene Gelder erhalten hatte. A m 31. August 1714 schoß Lehmann der Generalkriegskasse wiederum 100 000 T i r . vor, die zum Unterhalt der Truppen i n Polen dienen sollten. D e r Zinsfuß betrug 6 % ; dièsmal w u r d e die Summe bereits zu Ostern u n d Michaelis 1715 dem Faktor wiedererstattet. Eine spätere Abrechnung k a m zu der Feststellung, daß Behrend Lehmann bis zum Jahre 1722 aus Steuereinnahmen die gewaltige Summe von 828 438 T i r . 1 Gr. 4Ve Pf. erhalten hatte. Als i m Jahre 1717 die H o f j u w e l i e r e Moses Meyer u n d Emanuel Beer für 139 000 T i r . Banco Juwelen geliefert hatten, konnte August der Starke die Rechnungen wiederum nicht bezahlen. I n solchen Fällen mußte Behrend Lehmann einspringen und die Schulden des
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Kurfürsten übernehmen. D e r Resident bekam dann für seine Forderungen Steuerscheine, die nach u n d nach eingelöst wurden. Der Hofbankier erhielt natürlich, wesentlich höhere Beträge zurück, für die obige Summe z.B. von 1717 bis 1722 i m ganzen 180 941 T i r . 16 Gr. E i n Jahr nach diesem großen Juwelengeschäft bezahlte Lehmann sogar 200 000 R t l r . Courant an seine Glaubensgenossen Moses Meyer u n d Emanuel Beer für gelieferte Juwelen. D e r Resident erhielt dafür acht Assignationen auf die Einkünfte aus den Salinen i n Polen. Eine der letzten Zahlungsanweisungen an Behrend Lehmann stammt aus dem Jahre 1722, i n dem i h m 50 000 T i r . aus den Oberlausitzischen Geldern von Johannis 1725 bis dahin 1726 assigniert wurden. D a n n geriet die F i r m a trotz aller großen Unternehmungen i n Schwierigkeiten u n d brach zusammen. Neben diesen Geschäften m i t dem Kurfürsten und K ö n i g gingen Geldleihe u n d Juwelenhandel m i t der Hofgesellschaft einher. Zu Lehmanns Kunden zählten vornehmlich die Gräfinnen Cosel und Königsmarck, die Grafen von Flemming, Beichling u n d Moritz von Sachsen, der Kriegsrat Christian Dietrich von Bose der Jüngere, ferner bürgerliche Beamte, so a u d i Beamte der Steuerverwaltung. Doch waren die K u n d e n aus der Hofgesellschaft nur Werkzeug der Lehmannschen Geschäftspolitik. Das beweist vor allem das Verhältnis des Residenten zu Bose, m i t dem er einen eifrigen Briefwechsel pflegte. Bose sorgte für die Übertragung der Geschäfte an Lehmann, dafür lieh dieser dem Kriegsrat nicht nur Gelder, sondern ließ ihn a u d i mitverdienen. I n hoher Gunst stand Lehmann auch an den Höfen der Weifen i n Hannover und Blankenburg, w o er sogar Grundbesitz erwerben durfte. Schließlich w u r d e der Kgl. Polnische Resident sogar Schloßherr und Großgrundbesitzer i n Preußen. D e r Resident hatte es verstanden, auch die Gunst der Hohenzollern i n B e r l i n zu erwerben, obwohl sein Rivale und W i d e r sacher dort, Jost Liebmann, alles tat, u m den Halberstädter nicht hochkommen zu lassen. Nach jüdischen Berichten gewann Lehmann die Gunst des ersten Preußenkönigs durch das Schachspiel, eine Legende, die auch von Rothschild u n d anderen erfolgreichen Hoffaktoren erzählt w i r d . Grundlage solcher Legenden mag die Tatsache sein, daß es i n Deutschland, u n d zwar am Hofe zu Bayreuth, jüdische H o f s c h a c h s p i e l e r gegeben hat, also Juden, die für das Schachspiel angestellt wurden. Nach dieser Legende soll Lehmann i n B e r l i n zur Audienz erschienen sein, als der K ö n i g gerade beim Schachspiel saß u n d i h n warten hieß, bis er das Spiel verloren habe, da es schon sehr schlecht stand. Lehmann soll nun das Spiel für aussichtsvoll e r k l ä r t und es auf des verwunderten Königs A u f -
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forderung h i n an dessen Stelle fortgesetzt und auch gewonnen haben. Daß Lehmann bei Friedrich I. i n Gunst stand, beweist allein schon die Tatsache, daß er unter diesem K ö n i g durch persönliche Eingaben manches zugunsten seiner Glaubensgenossen durchsetzen konnte. A m 15. September erging an Halberstadt die Verfügung, Behrend Lehmann bei seinem ersteigerten Haus zu schützen. Dieser erbot sich dafür zu einer Geldspende für die gemeinnützige Wasserleitung i n Höhe von 200 R t l r . A m 14. Februar 1698 sandte „Behrend Lehmann, Kgl. Polnischer Resident", von B e r l i n aus folgendes Gesuch an den Kurfürsten von Brandenburg: „Es haben die i n Ew. K u r f . Landen vergleiteten Juden i n Ermangelung der Gelegenheit, ihre Kinder, um die hebräische Sprache ex fundamento zu erlernen, m i t großen Kosten nach Polen bisher senden müssen. W e i l aber die A r b e i t daselbst n u n so groß, daß die Kinder, so sie hinsenden sollten, ihnen noch einmal so viel als vorher kosten dürfen u n d sie es i n die Länge nicht werden aushalten können, auch dadurch ein großes Geld aus Ew. K u r f . Durchlaucht Landen gezogen w i r d , so wäre ich w o h l gesonnen, zur Änderung dieses Unwesens ein sogenanntes Studiérhaus aus einigen Mitteln, die dazu zusammengebracht, i n Halberstadt zu bauen, und darinnen vier gelehrte Schulmeister, denen ich i h r Unterhalt geben werde, zu hegen, welche nicht allein reicher, sondern auch armer Leute K i n d e r i n der hebräischen Sprache informieren sollen. Ich bitte daher Ew. K u r f . Durchlaucht unterthänigst, w e i l dieses ein sehr nützliches und dem P u b l i k u m sehr zuträgliches W e r k ist, m i r deshalb einen gnädigsten Konsens zu ertheilen m i t deF inserierten Klausel, daß solche vier gelehrte Schulmeister, welche ich dahin vocieren dürfte, w e i l sie arme Leute sind u n d keinen Handel und Wandel treiben, sondern von ihrer Profession, so i m Informieren besteht, sich bloß unterhalten müssen, von den oneribus publicis gleich allhier und anderen O r t e n geschieht, eximiert sein sollen. Gleich w i e dieses auch keine U n b i l l i g k e i t betrifft, so versehe ich mich u m so mehr gnädigster Erhörung." Hierauf erging am 26. Februar 1698 folgende Kabinettsordre K u r f ü r s t Friedrichs I I I . aus K ö l l n an die Halberstädtische Regierung: „Was der K g l . Polnische Resident Behrend Lehmann wègen A u f richtung eines jüdischen Studierhauses oder hebräischer Sprachschule zu Halberstädt unterthänigst fürgestellet u n d zu w i l l i g e n gebeten, das zeiget der Beischluß, welchen w i r an Euch remittieren m i t gnädigstem Befehl, solch Vorhaben gebührend zu erwägen, und deshalb Euer Gutachten nebst Zurücksendung des Beischlusses zu fernerer Verordnung einzuschicken." D a die Beamten keine Bedenken hatten,
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wurde am 4. A p r i l die Erlaubnis erteilt, u n d 1703 erbaute Lehmann aus eigenen M i t t e l n i m Rosenwinkel zu Halberstadt ein Wohn- und Studierhaus für drei Gelehrte m i t Bibliothek und Synagoge, der er nodi schöne Silbergeräte und Vorhänge stiftete. D i e jüdische Gemeinde Halberstadt schenkte später den anstoßenden Garten den Gelehrten zur Erholung; Lehmann wies ein K a p i t a l von 9000 T l r n . zum Unterhalt für die Gelehrten an. 3000 T i r . stammten aus einem D a r l e h n Lehmanns an die jüdische Gemeinde B e r l i n zur Errichtung ihrer 1714 eingeweihten Synagoge, 6000 T i r . aus einem D a r l e h n des Residenten an die jüdische Gemeinde Halberstadt für den dortigen Synagogenbau. Wegen dieses Studienhauses hatte Lehmann später einen Streit m i t seinem Widersacher Jost Liebmann auszufechten; dieser, Friedrichs I. besonderer Günstling, setzte es durch, daß seinem Sohne A b r a h a m als Rabbiner von Halberstadt das M i t inspektionsredit über das Studienhaus übertragen wurde. Nach dem Sturz der Familie Liebmann erreichte Lehmann unter Friedrich W i l h e l m I., daß i h m wieder das alleinige Inspektiosrecht übertragen ward. D i e Fürsorge für seine Glaubensgenossen bezeugt auch der schwedische Reisende Olof Celsius, wenn er i n seinem Tagebuch verm e r k t : „ F r a n k f u r t / O d e r : A m 4. August 1698 k a m i d i am Abend nach Frankfurt/Oder, einer jüdischen Stadt m i t breiten Straßen. D o r t haben die Juden eine große Druckerei. Berndt Lima, ein Jude i n Halberstadt, w a r gerade dabei, i n F r a n k f u r t den T a l m u d drucken zu lassen. Sieben Drucker waren gerade m i t dem T r a k t a t Nasir beschäftigt, den sie Blatt nach Blatt setzten auf G r u n d der Basier Edition." D i e bei Friedrich I. e r w i r k t e Erlaubnis zum ersten Talmuddruck i n Deutschland w u r d e von Lehmann allein bestritten m i t der stattlichen Summe von 5000 Talern, u n d die Auflage verschenkte der Resident zum größten T e i l an junge Talmudgelehrte. Celsius lieferte auch einen interessanten Beitrag zu dem Lebensstil, den sich die großen H o f j u d e n i m Zeitalter des Absolutismus leisten konnten. „ D e r Jude ist Resident des polnischen Königs i n Halberstadt. Er fährt m i t sechs Pferden vor dem Wagen, drei Lakaien, zwei vorn, einen dahinter. Er hat dem K ö n i g von Polen 80 000 Reichstaler kreditiert u n d strebt danach, Niederlassungsrecht i n Leipzig zu bekommen." O b w o h l der Soldatenkönig dem Judentum nicht günstig gesinnt war, hat er dodi gerade die Interessen des Residenten m i t einer Energie vertreten, w i e k e i n späterer norddeutscher Fürst i m Zeitalter der Hoffaktoren. N u r wirtschaftliche Motive können dieses energische Eintreten Friedrich Wilhelms I. für Lehmann erklären. Nach jüdischen Quellen hat der Resident dem Soldatenkönig in
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wichtigen Geschäften gedient; er soll für die Siedlungspolitik des Königs mehrfach bedeutende Summen vorgestreckt haben. Zahlreiche Spenden für verschiedene Kassen sind u r k u n d l i c h bezeugt. D e r K ö n i g hatte ein Interesse daran, den reichen Juden i m Lande zu behalten. Das beweist auch die Verfügung vom 25. Oktober 1721 an die Halberstädter Regierung, darauf zu achten, ob etwa Lehmann sein Vermögen aus dem Lande bringen wolle. D e r Resident stand auch i n Geschäftsbeziehungen m i t dem Schwiegersohn des Königs, dem Markgrafen von Ansbach, der 1730 von Lehmann 6000 Gulden zu fordern hatte. D i e Gunst Friedrich Wilhelms I. k a m am stärksten zum Ausdruck, als Behrend Lehmann durch den Konkurs der Gebr. Behrens i n Hannover i n Mitleidenschaft gezogen wurde. D e r Resident war m i t den Behrens verwandt. Leffmann Behrens w u r d e von i h m in Eingaben Vetter genannt; dessen E n k e l Isaak w a r der Schwiegersohn Lehmanns geworden. Recht eng waren auch von Anfang an die geschäftlichen Beziehungen zwischen den Familien Behrens und Lehmann; an den großen finanziellen Abschlüssen waren meist beide beteiligt, so daß sich i m einzelnen machmal nicht feststellen läßt, wer die Gelder tatsächlich vorgestreckt hat. Als 1721 die Gebrüder Behrens Konkurs machten, w a r Lehmann i n das Verfahren vor allem deshalb verwickelt, w e i l er behauptet hatte, seinem Schwiegersohn zur A b w e n d u n g des Konkurses r u n d 200 000 R t l r . gegen Aushändigung von Juwelen und Obligationen vorgestreckt zu haben. D e r Konkursverwalter sah jedoch d a r i n nur eine Vermögensverschiebung der Gebrüder Behrens, die den Zusammenbruch voraussahen u n d daher schnell noch einen beträchtlichen T e i l des Vermögens an Lehmann übertrugen. D i e Könige von Polen und Preußen glaubten der Versicherung ihres Hofbankiers und traten sehr energisch für die Interessen Lehmanns ein. E i n Interzessionsschreiben nach dem anderen ging von Dresden oder Berlin nach Hannover ab, und ganze A k t e n b l i n d e l w u r d e n von den Beamten zusammengeschrieben, u m dem Hofbankier zu seinem Gelde zu verhelfen. Daß August der Starke so eifrig für seinen Hoffaktor eintrat, k a n n man verstehen, verdankte er doch den Geldern des Residenten die polnische Königskrone. Friedrich Wilhelms Intervention zugunsten Lehmanns gegen adelige Gläubiger läßt sich nur aus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik des absoluten Staates erklären, dem es darauf ankam, möglichst v i e l bares Geld ins Land zu ziehen und dem Staate zu erhalten. Unter den Behrend Lehmann überlassenen Obligationen befand sich auch eine Schuldforderung über 68 500 R t l r . an die mecklenburgische Ritterschaft. D i e Schuld w a r entstanden, als sich viele Ritter
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an der Opposition gegen Herzog K a r l Leopold beteiligten, dafür verbannt u n d ihre Güter unter Sequester gestellt wurden. D a diesen R i t t e r n b a l d die M i t t e l zum Leben fehlten, nahmen sie Gelder bei den hannoverschen Juden auf. A n der Opposition gegen K a r l Leopold w a r auch der Landmarschall L e v i n L u d w i g I L von H a h n (1668 bis 1728) beteiligt. Dieser H e r r von H a h n hatte i n brandenburgischen Diensten gestanden, als Obristwachtmeister dann seinen A b schied genommen u n d sich der Bewirtschaftung seiner Güter gewidmet. Zum Besitz der Familie gehörte auch die Herrschaft Seeburg i n der Grafschaft Mansfeld, die 13 Dörfer umfafite. L e v i n L u d w i g I I . von H a h n k a m wirtschaftlich so herunter, dafi er nicht n u r an der großen Schuld von 68 500 R t l r . beteiligt war, sondern sich schon vorher 10 000 Taler hatte leihen müssen. Lehmann wandte sich n u n nach dem Konkurs der Gebrüder Behrens m i t einer Eingabe vom 17. Juli 1721 an den preußischen K ö n i g und bat ihn, den Halberstädtischen Regierungsrat K u h l e n k a m p als seinen Sachwalter nach Hannover zu senden. Lehmann verpflichtete sich, die Kosten der Reise zu tragen. K u h l e n k a m p reiste darauf i m Auftrage der preußischen Regierung nach Hannover, w o er vom Minister Grafen Bernstorff auch empfangen wurde. Trotz mehrfacher Konferenzen k a m keine Einigung zustande, da K u h l e n k a m p das Halberstädter Gericht, die hannoverschen Räte aber Hannover für zuständig hielten. Behrend Lehmann besaß aber noch andere Mittel, u m zu seinem Gelde zu kommen. D e r Resident klagte jetzt gegen L e v i n L u d w i g I I . von Hahn, Besitzer der i n Preußen gelegenen Herrschaft Seeburg, m i t der Begründung, die Mitglieder der Ritterschaft hätten einer für alle — quilibet i n solidum — unterschriebuen. D i e preußische Regierung unterstützte Lehmanns Klage. A m 26. August 1721 w u r d e denen von H a h n auf Seeburg mitgeteilt, daß die gesamte Ritterschaft für die geliehenen 68 500 R t l r . haftbar sei und daher auch alle ihre Güter dafür hafteten, „sie seien gelegen, w o sie wollen". A m Schluß erfolgte die Mahnung, die Forderungen Lehmanns zu begleichen, sonst werde i h m Preußen aus den Gütern derer von Hahn sein Recht verschaffen. Das Schreiben fruchtete nichts; denn am 9. Juni 1722 forderte B e r l i n die Herren von H a h n zu Seeburg jetzt auf, binnen vier Wochen K a p i t a l u n d Zinsen zu bezahlen bzw. bei der Magdeburger Regierung zu deponieren, sonst hätten sie zu gewärtigen, daß Lehmann „ i n das A m t Seeburg i m i t t i e r t u n d durch allerhand rechtliche M i t t e l zu seiner Satisfaktion verholfen werde". Proteste der „Gevetter der Hahnen" und der mecklenburgischen Ritterschaft gegen Preußens Vorgehen nützten nichts, obwohl selbst Hannover den Berliner Stellen schwere V o r w ü r f e wegen des schar-
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fen Vorgehens gegen H e r r n von H a h n machte. Zahlreiche Schreiben zwischen Preußen u n d Lehmann, der sich a u d i als Kurfürstlich Märkischer Resident bezeichnete, was er jedoch nicht war, u n d den Herren von H a h n u n d der mecklenburgischen Ritterschaft gingen h i n u n d her; umfangreiche Gutachten w u r d e n eingeholt. Preußen ließ sich aber a u d i durch Hahns A p p e l l an W i e n u n d die kaiser^ liehen Befehle zu seinen Gunsten nicht beirren, sondern setzte durch Verfügung vom 29. September 1723 Behrend Lehmann als Schloßherrn von Seeburg ein. So w a r der Hoffaktor, wenn auch n u r für einige Jahre, Großgrundbesitzer geworden. Er wohnte auf einem Schlosse u n d w a r H e r r über 13 Dörfer. F ü r die preußische Protektion offerierte Behrend Lehmann i m Jahre 1720 die stattliche Summe von 8000 R t l r . zur Rekrutenkasse, Spenden, für die Friedrich W i l helm I. sehr empfänglich, war. I m F r ü h j a h r 1728 k a m dann zwischen Lehmann und H a h n ein Vergleich zustande, dem Friedrich W i l helm I. am 1. A p r i l zustimmte. Seeburg durfte den Herren von H a h n wieder eingeräumt werden. Ende des Jahres, am 31. Dezember, starb L e v i n L u d w i g I I . zu Remplin i n Mecklenburg. So waren Lehmanns Forderungen i n verhältnismäßig kurzer Zeit beglichen worden, während die christlichen Gläubiger i n Hannover lange warten mußten, bis sie ihre Gelder nach u n d nach zurückerhielten. Nicht m i t der gleichen Energie setzte sich dagegen K ö n i g Friedrich W i l h e l m I. für seine beiden Hoffaktoren Moses u n d Elias Gomperz ein, die von den Behrens 40 000 R t l r . zu fordern hatten. Preußen verlangte zunächst von den Herren von H a h n 18 000 Rtlr., welche diese samt Zinsen den Behrens ebenfalls schuldig waren; auf diese Weise sollten die Forderungen der Gomperz wenigstens teilweise beglichen werden. A m 25. Januar 1723 teilte Preußen jedoch Hannover mit, dafi es auf G r u n d eigener Untersuchung die Angelegenheit der beiden Gomperz fallen lasse. I n Sachen Lehmann blieb der K ö n i g jedoch fest. D i e Gebrüder Behrens hatten noch eine zweite Schuldforderung an die mecklenburgische Ritterschaft i n Höhe von 22 000 Talern dem dänischen Generalmajor von Schmettau zediert; dessen Bruder stand nun als Generalleutnant i n Diensten Augusts des Starken, der sich daher bemühte, den Erben des verstorbenen Schmettau zu ihrem Gelde zu verhelfen. D i e Sache w u r d e auch am Reichshofrat i n W i e n anhängig gemacht u n d schwebte noch 1727; dodi fehlt die Entscheidung, so dafi nicht ersichtlich ist, ob Schmettaus Erben die Gelder auch erhalten haben. Friedrich W i l h e l m setzte sich auf Bitten Behrend Lehmanns auch für die Gebrüder Behrens i n Hannover ein; so bat der K ö n i g am 25. März 1724 den K ö n i g von England, doch nicht scharf gegen die
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Behrens vorzugehen. Das aus St. James vom 28. A p r i l datierte A n t wortschreiben des englichen Königs lehnte jedoch das Verlangen Friedrich Wilhelms ab. I n der Konkurssache Behrens gab Hannover nicht nach, da halfen alle Interzessionsschreiben Augusts des Starken und des Preußenkönigs nichts; denn die E r b i t t e r u n g der geschädigten Hannoveraner w a r v i e l zu groß, als daß es die Geheimen Räte hätten wagen können, Zugeständnisse zu machen. I m Gegenteil, die Konkursangelegenheit entwickelte sich so, daß der Resident Behrend Lehmann sich zu schweren Opfern verstehen mußte, u m Gumpert und Isaak Behrens frei zu bekommen. A m 19. Juni 1724 w a r er schon so weit, daß er von den i h m übermachten etwa 200 000 R t l r . 130 000 R t l r . wieder herausgeben wollte. Eine andere große Finanzoperation des Residenten w o l l e n w i r noch schildern, w e i l sie i h n sogar i n den Besitz einer fürstlichen Herrschaft brachte, w o h l ein einzig dastehender F a l l für den A u f stieg eines Hofbankiers i n jener Zeit. D e r Hoffaktor Augusts des Starken tätigte auch m i t Stanislaus Leszczynski Geschäfte; der W o i wode von Posen w a r von K a r l X I I . als Gegenkönig Augusts des Starken eingesetzt worden. Stanislaus Leszczynski w a r Besitzer der Herrschaft Lissa i n Posen, zu der auch Reisen, Zaborowo, Luschwitz, Grüne, Striesewitz und Lasswitz gehörten. Lehmann l i e h darauf Stanislaus Leszczynski eine gewaltige Summe Geldes gegen entsprechende Obligationen. Nach einer Eingabe der Gebrüder Behrens i n Hannover vom 12. Dezember 1719 u n d späteren Berichten aus W i e n hatte i h r Schwiegervater und Vetter Behrend Lehmann dem damaligen König Stanislaus 104 533V3 R t l r . Species geliehen, außerdem dem Starosten Fürst Benedikt Sapieha erst 20 000 Rtlr., dann nochmals 60 000 R t l r . Als sich der Nordische K r i e g dem Ende näherte, baten Gumpert und Isaak Behrens den Kurfürsten von Hannover, für die Bezahlung dieser polnischen Schulden einzutreten; sie erinnerten Georg L u d w i g an die Verdienste, die sich Behrend Lehmann i n der Lauenburgischen Angelegenheit erworben hatte. Leszczynski hatte die Gelder am 12 Juni 1707 geliehen, die Rückzahlung sollte nach zwei Jahren, also am 12. Juni 1709, erfolgen. Sapieha machte seine Anleihen am 14. Juni 1707 u n d am 30. A p r i l 1714. D a Leszczynski die Anleihe nicht zurückgezahlt hatte, k a m 1715 der Besitz des Königs Stanislaus i n die Hände des Residenten Behrend Lehmann, der die „eigentliche Prinzipal-Person" der Güter wurde. F ü r die Schuldsumme hatte merkwürdigerweise August der Starke gebürgt und sie dann auf seinen Namen übernommen, zweifellos deshalb, w e i l er Lehmann ohnehin tief verpflichtet w a r oder neue Gelder brauchte. D a aber damals Juden i n Polen keine Güter besitzen durften, wurde der um-
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fangreiche Lehmannsche Besitz, der größer w a r als manches deutsche Fürstentum, unter das Protektorat des sächsischen Feldmarschalls Flemming gestellt, der seit 20 Jahren zu den Kunden Lehmanns gehörte. Flemming ließ die Güter durch den Administrator Benjamin A r n o l d verwalten, der die Revenuen einzog u n d entweder an des Residenten Sohn Emanuel oder andere Mittelspersonen abführte. Benjamin A r n o l d , der selber zu den Gläubigern des Polenkönigs Leszczynski gehörte, w a r Bürgermeister der Stadt Lissa; für seine Dienste w a r er m i t dem T i t e l eines Generalpostmeisters ausgezeichnet worden. Arnolds Bruder Johann Simon w i r k t e als Pfarrer i n Magdeburg. D a der Bürgermeister von Lissa die 30 000 geliehenen Tympfe nicht zurückerhielt, trachtete er danach, eines der Leszczynskischen Güter als Pfand zu erhalten, u n d K ö n i g Friedrich W i l h e l m I. verwandte sich i n diesem Sinne für A r n o l d bei August dem Starken, d o d i vergeblich; denn August der Starke hatte es A r n o l d schon schwer verübelt, daß der Bürgermeister von Lissa sich von seinem Gegenkönige hatte zum Generalpostmeister ernennen lassen. Außerdem waren die Güter bereits für die bei Behrend Lehmann aufgenommene Schuld verpfändet. So mußte sich jetzt B e n j a m i n A r n o l d damit begnügen, die Einkünfte aus den zur Herrschaft Lissa gehörenden Gütern an den mächtigen polnischen Residenten abzuführen. A m 30. September 1716 erschien der Bürgermeister u n d A d m i n i strator „ i n offener Ratssitzung" u n d produzierte einige Quittungen über die aus den Revenuen der seiner Administration unterstellten Güter gezahlten Gelder u n d dieserhalb an i h n ergangenen Aufträge m i t dem Ersuchen, diese ad acta zu nehmen und i h m darüber authentische Recognition zu erteilen. D i e Eintragungen i n die Lissaer Ratsprotokolle erfolgten darauf bis zum 19. Februar 1725, so dafi w i r über die zehn Jahre, da Behrend Lehmann PrinzipalPerson der Güter war, ziemlich gut unterrichtet sind. Als erstes Dokument w u r d e eine Q u i t t u n g vom 14. J u l i 1715 eingetragen, wonach Emanuel Lehmann, ein Sohn des Residenten, aus den Revenuen der Leszczynskischen Güter von dem Administrator 13 762 polnische Gulden erhalten hat; am 12. August ratifizierte in Warschau Generalfeldmarschall Graf Flemming die Lehmannsche Interimsquittung. I m Auftrage des Residenten schrieb dann am 6. Dezember Watzdorff an den Administrator, daß Lehmann für Dienste des Grafen Flemming zur Leipziger Messe Geld brauche; A r n o l d solle daher so v i e l w i e n u r möglich übermachen, mindestens jedoch 3000 R t l r . D e r A u f t r a g w u r d e a u d i ausgeführt; denn am 17. Januar 1716 quittierte Behrend Lehmann i n Halberstadt, von A r n o l d 3000 R t l r . Courant oder 19 000 polnische Gulden bar empfan13 Schnee, Hoffinanz I I
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gen zu haben. Diese Q u i t t u n g sollte wiederum ausgewechselt werden, sobald die O r i g i n a l q u i t t u n g von Flemming einlief, was am 2. März geschah. Mehrfach mußte der Administrator auch Gelder zur Ausrüstung und Löhnung der T r u p p e n vorschießen; sie sollten aus der Kgl. Polnischen u n d K u r f . Sächsischen Kriegskasse ersetzt werden. A m 21. Juli 1717 w u r d e eingetragen, daß A r n o l d bis zu diesem Zeitpunkte richtig Rechnung abgelegt habe; der Überschuß an barem Gelde betrug 22 726 fl. I m Oktober 1717 bescheinigte der Resident i n Leipzig, daß bis dahin aus den Gütern 64 104 fl. herausgeholt w u r den. F ü r 1717/18 empfing der Resident von A r n o l d , der inzwischen Kammerrat geworden war, 17 601 fl. und als Abschlag für das Rechnungsjahr 1718/19 noch 6000 11. D e r tatsächliche Uberschuß belief sich dann auf 29 871 fl. 45 Gr., über welche Summe der Akziserat B. von Below als Bevollmächtigter Flemmings und Emanuel Lehmann als Vertreter seines Vaters quittierten. Eine Generalabrechnung vom 5. September 1719 ergab, daß bis zu diesem Zeitpunkte an den Residenten 125 510 fl. abgeführt worden waren. I m Jahre 1722 quittierte M a r x Assur als Bevollmächtigter des Residenten. Zahlungen empfing auch der Breslauer Hof j u d e P h i l i p p Hirschel, am 15. Januar 1720 zum Beispiel 5000 fl. A m 23. März 1723 fand erneut eine Generalabrechnung statt. Lehmann quittierte, aus den Revenuen der Herrschaften Lissa, Reisen, Zaborow, Luschwitz, G r u n a u — offenbar Grüne —, Striesewitz und Lasswitz 383 651 fl. 5 2 /3 Gr. erhalten zu haben. Flemming, der Protektor dieser Herrschaften, quittierte am 21. Januar 1724 über die gleiche Summe, und an demselben Tage nochmals i n Halberstadt Lehmann „als eigentlicher Creditor und Prinzipal-Person". D i e letzte Eintragung vom 19. Februar 1725 kennt den Residenten noch als Prinzipalsperson der Leszczynkischen Güter. N u r wer diese umfangreichen Besitzungen aus eigener A n schauung kennt, w i e der Verfasser, vermag sich ein B i l d zu machen von der machtvollen Stellung, i n der sich von 1715 bis 1725 der polnische Resident befunden haben muß. W ä h r e n d dieser Zeit kümmerte sich Lehmann auch u m die jüdische Gemeinde in Lissa. Er wünschte, daß sein Administrator k ü n f t i g nicht mehr als 1000 Gulden j ä h r l i c h Grundzins von den Lissaer Juden erhebe, u n d am 31. März 1723 erhielt der Resident auf sein „Begehr" von dem Verwalter auch die bindende Zusage. Den jüdischen A r m e n machte Lehmann wiederholt Schenkungen; dem Rabbiner überwies er 1719: 400 fl. und 1723: 600 u n d 4200 fl. D i e Güter waren noch 1725 i m Nutzungsbesitz des Residenten; mindestens zehn Jahre lang, von 1715 bis 1725, w a r also ein Hoffaktor Inhaber der Herrschaft Lissa m i t den dazugehörigen Pertinenzien.
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D e m Residenten w a r aber offenbar bares Geld lieber als Grundbesitz i n Polen; jedenfalls trachtete er immer wieder danach, zu seinen mehr als 100 000 T a l e r n zu kommen. So e r k l ä r t es sich, dafi er schließlich Schwiegersohn u n d Vetter i n Hannover einspannte, u m für die Rückzahlung der Gelder die Interzession des Kurfürsten von Hannover und Königs von Englands zu erbitten. Nach einem Bericht aus W i e n vom 26. M a i 1731 hatte der Resident seine Forderungen an Stanislaus Leszczynski dem Hof j u d e n Markus Hirschel i n W i e n verkauft, der die Obligation dann dem K ö n i g von Preußen anbot gegen Zahlung von 50 000 R t l r . bei der Zession und Ratenzahlungen für den Rest nach festzusetzenden Terminen; dafür w o l l t e Hirschel 6000 Species D u k a t e n dem Potsdamer Waisenhaus spenden. B e r l i n lehnte jedoch am 9. Juni die „ w i n d i g e Proposition" ab und fügte hinzu, daß diese auch der verstorbene Resident schon gemacht habe. Von 1727 übte K ö n i g Stanislaus, seit 1735 Herzog von Lothringen und Bar, die grundherrlichen Rechte über die Lissaer Juden wieder aus. D a n n erwarb die Güter Friedrich August II., Sohn u n d Nachfolger Augusts des Starken, der auch K ö n i g von Polen wurde. Dieser verkaufte die Güter 1737 an den Grafen Alexander Joseph von Sulkowski, seinen Erstminister i n Polen, der später gefürstet wurde. D i e Ubermachung der Güter w a r der Lohn dafür, daß Sulkowski die Ehe einer Tochter seines H e r r n m i t dem Sohn Ludwigs X V . vermittelt hatte. D i e Fürsten Sulkowski besaßen Teile davon, ζ. B. Reisen, bis ins 20. Jahrhundert. Nach dem Tode des letzten Fürsten A n t o n von Sulkowski fiel der Besitz an den preußischen Staat; seine W i t w e zog nach München. Aus der Zeit, da Lehmann Besitzer der Herrschaft Lissa war, ist nodi eine Episode bemerkenswert, w e i l sie zeigt, zu welcher Stellung Lehmann emporgestiegen war. Lissa besaß damals w i e später eine starke reformierte Gemeinde, i n welcher der Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonsky, der E n k e l des Pädagogen Comenius, erzogen worden war. D a sich der Abgesandte des Residenten, Oberst von Grabau, gegen die Reformierten Übergriffe hatte zuschulden kommen lassen, sandte Jablonsky, der die Verbindung m i t Lissa aufrechterhalten hatte, Bürgermeister Woide an den Residenten m i t einem Schreiben, dessen Inhalt u n d Fassung Lehmanns einflußreidie Stellung kennzeichnen: „Hochedler, insonders hochgeehrter H e r r Resident! Nachdem i d i aus der guten Stadt Lissa Nachricht erhalten, daß der von Eu. Hochedlen, i n anderen Affairen dorthin abgeschickte Herr Oberst v. Grabau Eu. Hochedlen autorität sich mißbrauche und dortige reformirte Bürger i n ihren Privilegien u n d Rechten zu k r ä n k e n sich unterstehe, wozu er doch von Eu. Hochedlen nicht den geringsten Nutzen oder Vorteil, w o h l aber Schaden u n d Verdrus zu 1*
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gewarten haben können, so habe, sowohl aus zarter Liebe zu obgedachter Lissaischen Reformirten Gemeine, i n welcher ich erzogen bin, als auch aus besonderer Consideration für Meinen Hochgeehrten H e r r n Residenten, dessen Freundschaft ich allezeit sehr w e r t h gehalten habe, nicht unterlassen können, denselben hierdurch freundlich u n d wohlmeinende zu warnen, dafi derselbe vorgedachtem H e r r n Obristen u n d seinem unbefugten Vornehmen nicht nachsehen, sondern demselben vielmehr k r ä f t i g steuern w o l l e u n d nicht zugeben, dafi der Reformirten Bürgerschaft durch denselben tort geschehe, w e i l solches zu der Gemeinen Stadt Nachtheil u n d Ruin, auch Meines H e r r n selbsteigenen Schaden gereichen, j a selbst Sr. Königl. M a j . Unsers Allergnädigsten H e r r n allerhöchstes Mififallen nach sich ziehen würde. Eine umständlichere Nachricht von diesem allen w i r d Überbringer dieses, der H e r r n Bürgermeister Woide Eu. Edlen erstatten; u n d Eu. Edlen sind so acquitable u n d gerecht, dafi Sie diejenige Religion, welche der Judenschaft i n Europa noch immerzu die meiste W o h l t a t u n d sicherste Protection erwiesen hat, bey ihren Gerechtsamen u n d wohlhergebrachten Privilegien gleichfalls an ihrem O r t e schützen werden. Ich werde an meinem t e i l dafür höchlich verbunden seyn, es auch an O r t und Zeit gebührend zu rühmen wissen, der ich bey treuer Empfehlung zu göttlicher Gnade verharre Eu. Hochedlen Dienstbereit willigster Diener D . E. Jablonsky. A u f meine vorige, sonderlich das letzte, von 4. hujus erwarte m i t verlangen eine A n t w o r t . Berlin, den 25. J u l i 1722." E i n Nachkomme des Residenten hat darauf hingewiesen, dafi Lehmann u n d vor allem sein Schwager Meyer i n den TeuerungsJahren 1719 u n d 1720 Dresden u n d fast das ganze Land m i t billigem Getreide versorgt hätten. Was uns aber die Chronisten darüber berichten, hat, näher besehen, doch ein weniger uneigennütziges Gesicht. Lehmann und Meyer hatten aus Rußland, England» Mecklenb u r g u n d von anderwärts große Kornvorräte aufgekauft, die sie etwas b i l l i g e r abgaben, als dies bisher geschah, den Scheffel zu 3 T i r . 15 Gr., während der, Preis vorher 4 T i r . betragen hatte. D i e Lieferanten machten damit ein glänzendes Geschäft, hatte doch Meyer allein bis M a i 1720 über 40 000 Scheffel Getreide auf Schiffen von der Unterelbe u n d von Danzig herbeischaffen lassen. Als dann i m J u l i die Getreideausfuhr aus Bohnen u n d Schlesien wieder freigegeben w u r d e u n d der Sommer noch eine gesegnete Ernte dem armen, darbenden Volke bescherte, sank der Kornpreis bereits i m August wieder auf 2 T i r . 20 Gr. D a die beiden Hoffaktoren aber
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nodi große Getreidevorräte hatten, auf denen sie sitzen geblieben waren, erreichten sie dank ihrer Beziehungen, daß laut besonderen Befehls ihre Vorräte zwangsweise auf die Städte u n d Ä m t e r verteilt wurden. I n Dresden allein mußten die Bäcker, Branntweinbrenner u n d Essigmacher, denen die Hoffaktoren vorher ausdrücklich nichts verkauft hatten, 5000 Scheffel K o r n zu dem Zwangspreise von 3 T i r . 15 Gr. abnehmen. A l l die großen Unternehmungen u m u n d nach 1720 konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich das weitverzweigte Geschäft Lehmanns seit· dem Konkurs der Behrens i n Hannover ebenfalls i n Schwierigkeiten befand. Diese w u r d e n noch gesteigert, als der Rat zu Dresden mehrfach gegen den Warenhandel der Hoffaktoren vorging u n d vom K ö n i g ein völliges Verbot forderte. Nach drei Jahren erreichte der Stadtrat sein Ziel; Behrend Lehmann erhielt am 12. A p r i l 1728 eine Frist von drei Monaten zum V e r k a u f seines Warenlagers. D a m i t w a r das Schicksal der F i r m a besiegelt. Als der Resident 1730 starb, löste sich das Gesamtunternehmen i n eine Reihe von Einzelfirmen i n Halberstadt, Dresden u n d Hannover auf, die zwar die Verbindung untereinander aufrecht erhielten, von denen jedoch keine mehr zu größerer Bedeutung gelangte, trotzdem i n Dresden die Familie Lehmann noch zwei weitere Generationen i n Hofdiensten stand. D e r Stadtrat von Dresden hatte sich auch m i t Erfolg gegen die große Zahl der „Bedienten" gewandt, die bei den Hoffaktoren Unterschlupf fanden. A m 13. Juni 1725 verordnete der K ö n i g aus Pillnitz, daß Lehmann u n d Meyer jeder n u r neun Personen halten dürften; sie hatten zeitweilig ein halbes Hundert beherbergt. D o d i a u d i diese Verfügung des Königs w u r d e nicht eingehalten; nach wenigen Jahren hatten die Hoffaktoren fast die doppelte Zahl von Bedienten. Lehmanns T ä t i g k e i t ist samt der seines Schwagers Meyer schon von den Zeitgenossen scharf k r i t i s i e r t worden. Sehr aufschlußreich ist a u d i eine K r i t i k , die bereits i m Zusammenhang m i t der W a h l Augusts des Starken zum K ö n i g von Polen geübt wurde. D i e scharfe Beurteilung bezog sich auf Lehmann u n d seine Helfershelfer. Von dem Residenten w u r d e festgestellt, daß er „ein armer Teufel" war, bevor Majestät — K ö n i g Friedrich August — zur Regierung kam, seither habe er aber i n Polen „ a n die IV2 M i l l i o n e n acquiriert". D a n n hatte er L a n d u n d Leute, nämlich Q u e d l i n b u r g u n d Lauenburg, verkaufen helfen; von den nach W i e n übermachten Geldern nahm er 15 ^/o Gewinst, u n d für Juwelen, so n u r 100 T i r . wert, erhielt er 500 T i r . Schließlich hatte er Lazarus Hirschel dem sächsischen Hofe empfohlen, dessen Schwiegersohn Herz Lehmann der Bruder des Residenten war. Von Hirschel hieß es, daß er dem Lande
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großen Schaden zugefügt „wegen des Salzes i n Polen u n d durch Münzmalversationen", indem er bei Ausmünzung der 6-PfennigStücke das L a n d „so greulich betrogen". I h m waren auch die Münzmalversationen des Residenten bekannt. Sein Glaubensgenosse Fröschel könne „ein mehreres darüber berichten". Lehmanns Münzgewinn w u r d e auf 300 000 T i r . beziffert. D e r K r i t i k e r oder Gutachter wies noch auf die riesigen Gewinne hin, die Lehmann aus der Ubermachung großer Summen von W i e n nach Dresden erzielt hatte, auf seine großen Einnahmen aus den polnischen Pfändern, auf das Geschäft m i t dem A m t e Gommern, auf die „Finessen, m i t denen er die kaiserlichen Assignationen erhalten", auf des Residenten Versprechungen, so er zu Leipzig u n d i n Polen gemacht, von denen er jedoch nichts erfüllte. Er wisse viele Dinge von Oppenheimer und Wertheimer, die v i e l für ihn t u n würden, um i h n schweigen zu machen, wenn er arrestiert werden sollte. Seine Patronanz, die er sich m i t Geldern erkaufe, weise darauf hin, daß der K r e d i t dadurch r u i n i e r t werden würde. D e r Bericht Schloß mit dem Hinweis, daß Lehmann ein großes Vermögen besitze u n d nicht über 40 000 R t l r . i n der W e l t schuldig sei. Das Gutachten trägt weder D a t u m noch Namen, befindet sich aber zwischen den Aktenstücken aus den Jahren 1699 und 1705, als mit Lehmann eine große Abrechnung stattfand und die zu diesem Zwecke eingesetzte Kommission seine Forderungen m i t 547 720 R t l r . anerkannte. D i e gleiche Summe w u r d e auch von dem K r i t i k e r als Lehmanns Prätension angeführt. Interessant ist noch, daß die beiden Hauptbeschuldigten Hirschel u n d Lehmann nicht mit Namen genannt, sondern als N r . 1 u n d 2 bezeichnet werden; die Kennzeichnung ihrer Geschäfte ist aber so deutlich, daß sich für den Kenner der Materie die Persönlichkeiten von selbst ergeben. Angeführt w i r d in der K r i t i k noch der Buchhalter von Nr. 2, der i n dessen Dienste viele Tausende i n kurzer Zeit erworben habe. D a m i t dürfte Assur M a r x i n H a l l e gemeint sei, der als Buchhalter Lehmanns anfing. Uberblicken w i r zum Schluß noch einmal das Gesamtbild, das Behrend Lehmann als Finanzier bietet. Als er seine geschäftliche T ä t i g k e i t begann, besaß er ein geringes Vermögen; auf dem Höhep u n k t seiner Machtstellung, seines Ansehens u n d Reichtums, das ist etwa u m 1723, w a r sein Unternehmen eine Weltfirma m i t dem M i t t e l p u n k t i n Halberstadt, m i t F i l i a l e n i n Hannover, Wien, Dresden, Hamburg, Amsterdam, wo überall seine Vertreter saßen. Zu Dresden und Hannover waren es seine Söhne, i n W i e n u n d H a m b u r g seine Verwandten. Alexander Süßkind w a r Lehmanns Vertreter in Amsterdam. D e r Stellung nach w a r Lehmann Kursächsischer Hof-r
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fäktor und Kgl. Polnischer Resident i m Niedersächsischen Kreise. I n den zwanziger Jahren bestand sein Vermögen aus Besitzungen in Halberstadt, Blankenburg, Seeburg, Polen, Sadisen u n d dem beweglichen K a p i t a l i n Dresden, das i h m dort sicherer erschien; das Vermögen w a r also auf vier Staaten verteilt. Nach einem Bericht der Halberstädter Regierung vom 5. November 1721 an K ö n i g Friedrich W i l h e l m I. besaß Lehmann i n Halberstadt ein Wohnhaus m i t Möbeleinrichtung und einen Garten m i t hübschem Gartenhaus. I n Blankenburg hatte er m i t Erlaubnis des Herzogs L u d w i g Rudolph, der dem Bankier tief verschuldet war, ein kleines adeliges Gut von acht bis zehn Hufen L a n d erworben und sich darauf ein schönes Haus erbauen und dazu einen Garten anlegen lassen. I n der Nähe von Blankenburg besaß der Resident außerdem eine Eisengießerei und ein großes Wachs- und ö l l a g e r . I m Jahre 1723 w u r d e der Hofbankier Sdiloßherr von Seeburg, wozu nicht weniger als 13 Dörfer gehörten. U m die gleiche Zeit w a r Behrend Lehmann schon i m Besitze der ausgedehnten Grundherrschaften Lissa, Reisen, Zaborowo, Luschwitz, Grüne, Striesewitz, Lasswitz. I n diesen Jahren stand Behrend Lehmann wirtschaftlich u n d gesellschaftlich auf einer Höhe, wie sie k e i n Hoffaktor an norddeutschen Fürstenhöfen jemals erreicht hat. Seine gesellschaftliche Stellung w u r d e nur von W ü r t t e m bergs Hoffaktor Süß Oppenheimer übertroffen; an beweglichem Vermögen stand er vielleicht hinter den Wiener Finanzmännern Oppenheimer und Wertheimer zurück. Als politischer Agent übertraf er, soweit unsere Feststellungen reichen, gleichfalls alle Hofagenten seiner Zeit. Doch dauerte diese Glanzzeit n u r wenige Jahre. Nach dem Tode des Residenten löste sich die Weltfirma in verschiedene Lokalfirmen auf; von Lehmanns Nachkommen hat keiner eine Stellung erreicht, die an die Bedeutung des Ahnen erinnerte. Behrend Lehmann gehört ohne Zweifel zu den Hoffinanziers großen Stils. Einen nicht unbeträchtlichen A n t e i l an den Unternehmungen des Residenten hatte sein Bruder H e r z L e h m a n n i n Wien. Nach jüdischen Berichten soll er 1694 m i t seinem Bruder Behrend nach London zur G r ü n d u n g der Bank von England gereist sein. I m gleichen Jahre, am 21. Oktober, k a m Behrend Lehmann nach Wien, um sich wegen eines Münzvergehens, dessen er beschuldigt war, zu rechtfertigen. D i e Geschäftsbeziehungen zwischen den Brüdern waren jedenfalls recht eng. A m 29. Januar 1697 stellte Friedrich August seinem Hofbankier die Bescheinigung aus, daß i h m Behrend Lehmann seit zwei Jahren für seine Unternehmungen beträchtliche Vorschüsse geleistet habe und er i h m daher zur Bezahlung seiner Schulden und zur Aufrechterhaltung seines Kredits eine Assignation auf 436000
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Gulden an die Kaiserliche Hofkammer ausstelle, von welcher der K u r f ü r s t Subsidien zu erhalten hatte. Behrend zedierte diese Post zur Einziehung seinem Bruder Herz. W i e w i r noch i n anderem Zusammenhang erkennen werden, w a r Herz Lehmann auch kursächsischer Münzentrepeneur u n d erhielt Aufträge zur Einlösung versetzter Juwelen aus dem Schlagschatz u n d diente häufig als Mittelsmann zwischen seinem Bruder, Lazarus Hirschel und Wertheimer i n Wien. Es ist nicht ersichtlich, ob er ein D i p l o m als Hof j u d e erhalten hat; er w i r d aber i n einer A k t e als F a k t o r bezeichnet. M i t Assur M a r x zusammen leistete Herz Lehmann i n W i e n auch Zahlungen für den Herzog Moritz W i l h e l m von Sachsen-Weida, der oft i n Geldnöten schwebte u n d sogar bei seinen Beamten D a r l e h n aufnahm. Auch i n dem Kreis u m die Wiener Finanziers Wertheimer und Oppenheimer spielte der Bruder des Residenten eine bedeutende Rolle, w i e überhaupt die i n Berlin, Hannover, Braunschweig, Sachsen, A n h a l t und Schlesien herrschende Gruppe der H o f j u d e n sehr stark nach W i e n ausgerichtet war. Zu Herz Lehmanns Kunden gehörte auch die Berliner Hofgesellschaft. Später erschien aus W i e n auch J a k o b L e h m a n n auf den M ä r k t e n zu Dresden. Er hatte seine Herberge i n der Nähe von Lehmann Behrend. Dieser Jakob könnte ein Söhn des Herz Lehmann sein, der i n dem gleichen Jahre starb, als Jakob i n Geschäften nach Sachsen reiste. I m Jahre 1770 stand Jakob Lehmann i n den Diensten des englischen Gesandten i n Dresden, w a r also H a u s f a k t o r . D i e F i r m a Lehmann w u r d e i n Dresden von zwei Söhnen des Residenten fortgeführt; der älteste Sohn L e h m a n n B e h r e n d war noch zu Lebzeiten des Vaters durch Patent vom 28. November 1724, ausgestellt zu Warschau, zum w i r k l i c h e n H o f f a k t o r ernannt worden. D i e Bestallungsurkunde ist i n lateinischer Sprache ledigung wichtiger Geschäfte, des Eifers i n der Besorgung von abgefafit. D i e Ernennung erfolgte wegen der Fähigkeit i n der Erledigung wichtiger Geschäfte, des Eifers i n der Besorgung von Waren zum Nutzen u n d zur Annehmlichkeit des Hofes, der geschickten u n d k l u g e n Erledigung von Geschäften u n d des stets bereiten Sinnes u n d Eifers i n Diensten des königlichen Hauses. Das Patent verlieh Lehmann Behrend alle Privilegien, Freiheiten u n d Immunitäten, deren sich alle übrigen Real-Servitoren u n d Faktoren zu erfreuen hatten, u n d das Recht zum Handel m i t W a r e n jeder A r t . A l l e seine Güter u n d seine Familie genossen den Schutz des Königs. D e r Jurisdiktion der Behörden w u r d e Lehmann, w i e die meisten H o f j u d e n , entzogen u n d dem Gericht der Marschälle des Hofes unterstellt. Nachfolger des Vaters als Resident ist jedoch weder Behrend Lehmann, noch sein jüngerer Bruder Elias Behrend
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geworden. D e r Vater Behrend Lehmann blieb der einzige kursächsische u n d polnische Hoffaktor, der Resident wurde. Nach dem Patent w a r Lehmann Behrend Hofbankier u n d Hoflieferant. A m 10. J u l i 1731 spezifizierte Lehmann der Jüngere seine „Leute, so allhier benötiget", w i e folgt: 1. Moses Matz u n d Markus Menzel, 2. v e r w i t w e t e Fröschel nebst Sohn, 3. Rabbiner Josias, 4. Informator Meyer, 5. Buchhalter Joel Elias Seckel, 6.—11. Markus, Kosmann, Isaak, D a v i d , Joseph u n d Moses Lehmann, die beiden ersten als Schreiber, die vier letzten als Bediente, 12. Schlachter Joseph, 13. Kassierer Elias Jakob. Elias Behrend Lehmann gab gleichzeitig als Bediente an: Kosmann Ephraim, Gumpertz Levin, Israel Herrschel, Emanuel Lehmann, Bendix Alegre, A b r a h a m Joel, Isaak Kaiman, Herz Isaak. I m Jahre 1732 überreichte das Hofmarschallamt eine Liste der i h m unterstehenden H o f s c h u t z j u d e n dem Rate der Stadt m i t dem Ersuchen, „sie wegen A b h a l t u n g des Laubhüttenfestes ungek r ä n k t zu lassen. D e n Gottesdienst halten sie bei dem Juden Meyer, i n der Lauberhütte aber essen u n d t r i n k e n sie n u r " . D i e Liste wies folgende Hof schütz j u d e n auf: L Hofprovediteur Jonas Meyer m i t 18 Bedienten 2. Hoffaktor Ruben Meyer „ 9 3. Lehmann Behrend senior „ 13 4. Elias Behrend Lehmann „ 9 5. Isaak Jakob, Hofmünzjude „ 11 6. den Weißenfelsischen Juden Saul Samuel „ 1 zusammen
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Nach diesem Verzeichnis unterstanden dem Hof marschall amte, das heißt dem Hofe, a u d i Juden, die nicht durch einen besonderen T i t e l als Hoffaktor charakterisiert waren. D i e Stellung unter dem Hofmarschallamte bedeutete aber stets eine Begünstigung dieser Juden u n d ihre Heraushebung aus der Masse ihrer Glaubensgenossen. Nach Augusts des Starken Tode 1733 baten Lehmann Behrend und Elias Lehmann als „Gebrüder Lehmann" für ersteren als „ältesten Sohn des seligen Residenten" u m seine Bestallung als Hoffaktor und u m einen Freipaß für i h n u n d seine Familie samt Gesinde. A u d i ein d r i t t e r Bruder, Gumpertz Behrend Lehmann, Schwiegersohn des Jonas Meyer, erbat einen Freipaß. Friedrich August I I . (1733—1768) bewilligte die Gesuche, während der Geheime Rat m i t Rücksicht auf den Landtag Bedenken äußerte. Noch i m gleichen Jahre trat Elias Behrend Lehmann als „Bevollmächtigter der Judenschaft" i n Tätigkeit. E i n Generalbefehl Friedrich Augusts I I . legte nämlich am
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4. A p r i l allen Juden, die Sachsen auf ihren Geschäftsreisen passierten, den vollen Leibzoll auf. A u f Bitten Elias Behrend Lehmanns blieben jedoch die jüdischen K i n d e r unter zehn Jahren leibzollfrei. In der Verordnung erscheint dieser Lehmann als „ B e ν ο 11 m ä c h t i g t e r d e r J u d e n s c h a f t". Der H o f f a k t o r L e h m a n n B e h r e n d hatte nach seinen Angaben vom 17. Oktober 1746 i m ganzen 13 K i n d e r ; i n der Liste erscheinen sie i n folgender Reihe: Lazarus, Joel, Hirschel, Kosmann, Isaak, Markus, Behrendt, Jacob, Abraham, Knendel, Roesel, Hytzel, Friederica. Bei späteren Erbschaftsauseinandersetzungen ist nur von zwölf K i n d e r n die Rede. Außerdem erscheinen die K i n d e r nach ihrem A l t e r in anderer Reihenfolge. Der älteste Sohn Κ ο s m a η η L e h m a n n w u r d e auch Η ο f f a k t ο r ; er ließ sich taufen u n d hieß fortan Christian Gottlieb Lehmann. D e r zweite Sohn I s a a k L e h m a n n , ebenfalls H o f f a k t o r , trat gleichfalls zum Christentum über und erhielt i n der Taufe den Namen Christian Leberecht. Der Ü b e r t r i t t beider erfolgte noch zu Lebzeiten ihre Vaters Lehmann Behrend, der bis zum 3. Juni 1774 gelebt hat. D i e beiden getauften Hof faktoren starben 1801. Christian Leberecht Lehmanns Tochter Henriette Christiane heiratete i n eine bekannte sächsische Adelsfamilie u n d hinterließ zwei Söhne, die mit den anderen Nachkommen der zwölf K i n d e r ihres Großvaters V12 von dessen Ansprüchen an die kurfürstliche Rentkammer i n Höhe von 3816 R t l r . 1 Gr. 8 /24 Pf. erhielten. Eine Tochter des vierten Sohnes Hirschel Lehmann, namens Emilie Henriette Wilhelmine, w u r d e gleichfalls C h r i stin; sie heiratete einen Bildhauer und Pensionär der Königlichen Akademie der Künste i n B e r l i n und wohnte 1792 in der Spandauer Vorstadt. I h r Vater H i r s c h e l L e h m a n n w a r auch D r e s d n e r H o f f a k t o r , ihre Mutter Juditha Meyer bereits getauft. I m Jahre 1803 w u r d e n i h r 125 T i r . aus dem Erbe ihres Großvaters Behrend Lehmann ausgezahlt. 1 3
W i r sehen, auch i n dieser Hinsicht bietet die Familie Lehmann das gleiche Bild, w i e fast alle Hoffaktorenfamilien i n Norddeutschland: ein Gründer der Dynastie, zwei Generationen als Stelleninhaber, i n der dritten Generation, Jahrzehnte vor der Emanzipation, Ü b e r t r i t t zum Christentum, gesellschaftlicher Aufstieg, Einheirat der weiblichen Nachkommen i n den A d e l und i n ein Bürgertum, das damals Besitz u n d B i l d u n g verkörperte. D i e getauften Juden w u r d e n damals von der Judenschaft aufs schärfste bekämpft, so auch Christian Leberecht Lehmann, der deshalb am 27. November 1755 seinen Landesherrn bat, i h n für die erlittenen Verluste durch Verleihung eines Prädikats auszuzeichnen, außerdem habe er eine günstige H e i r a t in Aussicht. Er müsse seit
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dem ohne „allermindeste Absichten" erfolgten Ü b e r t r i t t zum Christentum sich sein Brot doch mühsam verdienen, da er aller Vorteile seiner Familie verlustig gegangen sei. D e r K ö n i g genehmigte das Gesuch, u n d am 10. Oktober 1756 erhielt Christian Leberecht seine Bestallung zum Hoffaktor. Es w a r damals keineswegs so, daß die Behörden die Absicht eines Juden, Christ zu werden, etwa förderten. Als Kosmann Lehmann i m A l t e r vor 25 Jahren übertreten wollte, versuchte der Präsident des Konsistoriums mehrfach, i h n von diesem Schritt abzuhalten. Erst als man sich überzeugt hatte, daß er „innerlich einen starken T r i e b besitze, Christ zu werden", erfolgten Unterweisung u n d Taufe. U m die gleiche Zeit, also u m die M i t t e des 18. Jahrhunderts, fanden weitere Taufen von Juden i n Dresden statt; darunter befanden sich auch Mitglieder bekannter jüdischer Familien aus Dessau. Von der geschäftlichen T ä t i g k e i t der Nachkommen Lehmanns i n Dresden ist nicht v i e l zu berichten. N u r Lehmann Behrend taucht gelegentlich i n den A k t e n als Hofbankier und Hoflieferant auf; doch halten sich seine Aufträge u n d Lieferungen i n bescheidenen Grenzen. M i t Beamten tätigt Lehmann Behrend ζ. B. Geschäfte, bei denen es sich n u r u m einige Hundert Taler handelt. Dieser junge Lehmann besaß auch nicht die Gunst des Kurfürsten und Königs i n dem Maße, wie sein Vater sie genossen. Als der Hoffaktor einem gewissen Schmiedel ζ. B. auf einen Kammerschein von 500 T i r . n u r 300 T i r . auszahlen wollte, gab der K u r f ü r s t den Befehl, Lehmann sofort in Arrest zu führen und so lange festzuhalten, bis er 500 T i r . auszahlen würde. D i e D r o h u n g genügte; Lehmann Behrend lieferte die Kammerscheine i m Werte von 500 T i r . aus; er hatte also für 500 Taler nominell nur 300 Taler zahlen und 200 Taler als Gewinn buchen wollen. Wegen des jüngeren Lehmann ist sogar Friedrich der Große einmal zum Eingreifen veranlaßt worden. Eine noch von dem alten Lehmann herrührende Forderung i n Höhe von 4163 R t l r . 11 Gr. 8V2 Pt. hatte Lehmann Behrend schließlich an Baron von Langen zediert, der Domprobst von Glogau i n Schlesien war, das Friedrich gerade erobert hatte. Lehmann schuldete dem Domprobst seit vielen Jahren 8000 T i r . ; er zedierte i h m jedoch die Forderung an die k u r fürstlich sächsische Rentkammer erst, nachdem er wegen der 8000 T i r . „seit vielen Jahren i n Arrest gesessen". Friedrich der Große forderte n u n am 20. Dezember 1742 von B e r l i n aus die Bezahlung dieser Schuld an den Domprobst von Langen, der sich demnach in dieser Angelegenheit an den K ö n i g gewandt hatte. Dresden entschied jedoch am 12. A p r i l 1743, daß diese Forderung nicht genügend legitimiert sei. 1765 k a m der 75jährige Lehmann nochmals darum
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ein, w u r d e jedoch am 1. Januar nächsten Jahres erneut abgewiesen. Erst nach seinem Tode, i m Jahre 1802, erhielten seine zwölf Kinder und, soweit sie verstorben, deren Nachkommen aus dieser Forderung 3816 R t l r . 1 Gr. 8 / 2 4 Pf. ausbezahlt, wenn sie sich als Erben ausweisen konnten. D i e an den Domprobst Baron von Langen früher zedierte u n d damals nicht anerkannte Forderung an die kurfürstliche Rentkammer, die außerdem durch alle möglichen Hände gegangen war, muß demnach wieder Lehmann Behrend zurückgegeben worden sein. D i e Forderung befand sich ursprünglich i n der H a n d von Pretten, dem Buchhalter des Grafen Beichling, u n d w u r d e von diesem Lehmann Behrend zediert. Graf Beichling aber stand i n engsten Geschäftsbeziehungen zum Residenten. Überhaupt stößt man bei allen Geld- u n d Juwelenlieferungen jener Zeit immer wieder auf die enge Verbindung von Hoffinanz u n d Hofgesellschaft. 1 3
D e r Hofschutzjude Elias Behrend Lehmann, des Residenten zweiter Sohn, w o l l t e auch gern Hoffaktor werden, trotz der Gunst Brühls erhielt er den begehrten T i t e l jedoch nicht. Vor dem Einmarsch der preußischen T r u p p e n 1745 saß er i n Dresden i n H a f t ; daraus entlassen, verließ er die sächsische Hauptstadt, u m nie wieder d o r t h i n zurückzukehren. W o h i n er gezogen ist, blieb unbekannt. Seine F r a u Elena w a r bis 1762 i n Dresden, u m für ihren Mann die Außenstände einzuziehen. Ihre K i n d e r L e h m a n n E l i a s , A n n a und M a r i a n a w u r d e n H o f f a k t o r e n der Kurprinzessin. I n den amtlichen Listen des Jahres 1770/71 u n d 1773 erschien Lehmann Elias auch als kursächsischer Hoffaktor. W i e Esther Liebmann i n Berlin, so gehören auch A n n a u n d Mariana Lehmann — Lehmannin werden sie i n den A k t e n genannt — zu den amtlich bestallten H o f jüdinnen. Solche Beispiele sind selten. A n n a Lehmann w a r m i t Kosmann Isaak Behrend verheiratet, der keine Konzessin besaß, sondern n u r als Mann seiner F r a u geduldet wurde. I m Jahre 1773 hatte die Hofj ü d i n 86 000 R t l r . von ihren Schuldnern zu fordern, während ihre eigenen Verpflichtungen sich auf 25 000 R t l r . beliefen. W ä h r e n d i n Dresden Lehmanns Nachkommen einen wirtschaftlichen Niedergang erlebten, gelang dem i n Hannover ansässigen Zweig dagegen der Aufstieg. Des Residenten Sohn Kosmann wohnte 1742 i n Mannheim, w o er auch Kosmann Halberstadt genannt w u r d e ; sein Sohn Isachar starb i n Hannover 1787. Dessen Sohn, des Residenten U r e n k e l Michel Behrend (Berend) gründete i n der Weifenresidenz ein Bankhaus u n d w u r d e H o f a g e n t . Auch sein Sohn Kosmann Behrend (Berend) bekleidete diese Würde. I h r Bankhaus bestand bis i n die zweite H ä l f t e des 19. Jahrhunderts. M i t der Fam i l i e des Residenten Behrend Lehmann waren aufs engste verbunden die Familien Behrens i n Hannover, Meyer i n Hamburg, H i r -
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schei, Oppenheimer u n d Wertheimer i n W i e n u n d Assur i n Halle. Ihre Mitglieder sind gleichfalls sächsisch-polnische H o f j u d e n . Leffmann Behrens u n d seine Familie kennen w i r von ihrer W i r k samkeit i n Hannover her. Leffmann w i r d von Lehmann als Vetter bezeichnet; Leffmanns E n k e l Isaak w u r d e Schwiegersohn des Residenten. Beide Familien waren also durch verwandtschaftliche Bande verbunden; damit ergeben sich die geschäftlichen Beziehungen der Familie Behrens zu Kursachsen von selbst. W e n n L e f f m a n n B e h r e n s auch keinen kursächsischen T i t e l geführt hat, so gehört er jedoch seiner tatsächlichen Stellung nach zu den auswärtigen H o f j u d e n Sachsens. D e r hannoversche Hof- u n d Kammeragent bekleidete diese Stellung unter dem Kurfürsten Johann Georg I V . und August dem Starken; 1696 u n d 1708 erhielt er die gleichen Privilegien w i e der Resident. Leffmann Behrens gehörte zu den großen Geldgebern Augusts des Starken, ebenso sein Sohn Hertz. I n Verbindung m i t Behrend Lehmann waren sie beteiligt i n der Lauenburgischen Angelegenheit u n d bei der Aufnahme einer holländischen Anleihe von 700 000 Gulden, w o f ü r ihnen am 16. Oktober 1709 Interessen gezahlt wurden. W i e eifrig sich August der Starke für die E n k e l seines Hoffaktors einsetzte, als diese Bankerott machten, ist schon an anderer Stelle gesagt worden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts k a m die Familie Lehmann auch i n Verbindung m i t der Familie des Mannheimer Hoffaktors Gottschalk Meyer, dessen Sohn Meyer Elias i m Jahre 1783 Eva Lehmann, Tochter des Moses Lehmann, heiratete, der zu den Nachkommen des Residenten zählen dürfte. D e r kurpfälzische Gesandte i n Dresden Theodor Freiherr von Halberg w a r Stifter dieser Ehe, durch die wiederum zwei Hoffaktorenfamilien i n verwandtschaftliche Beziehungen traten. Eva Lehmann erhielt als M i t g i f t 1000 alte Louisdors, seidene Stoffe u n d kostbare Spitzen. Von geschäftlichen Beziehungen der Mannheimer Familie Meyer zum Dresdener Hofe w i r d uns nichts berichtet. D a f ü r hören w i r mehr von einer anderen Familie Meyer. Des Residenten Schwager Jonas Meyer k a m aus H a m b u r g nach Dresden, wo er sich 1710 niederließ, nachdem er seit 1693 auf den Leipziger Messen erschienen war. I m Gegensatz zu Lehmann verlegte Jonas Meyer m i t der Übersiedlung auch seine geschäftliche T ä t i g k e i t nach Dresden; von einer Hamburger F i l i a l e ist nichts mehr zu hören. J o n a s M e y e r führte den sonst i n Sachsen nicht vorkommenden T i t e l H o f - u n d G e n e r a l p r o v e d i t e u r ; er starb u m 1735/36. Gumpertz Behrend Lehmann, ein Sohn des Residenten, w a r sein Schwiegersohn. A m 17. März 1713 erhielten der „ H o f f a k t o r u n d J u d " Jonas Meyer u n d dessen Bruder „ H o f j u d " Ruben Meyer einen
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Schutzbrief u n d die Erlaubnis für Juwelengeschäfte. R u b e n M e y e r w i r d seit 1715 i n den A k t e n als H o f f a k t o r , seit 1728 als Kgl. Polnischer Hoffaktor bezeichnet. Beide Brüder w u r d e n als H o f j u d e n reich. Ruben ermöglichte a u d i den D r u c k hebräischer Bücher. A m Hofe w a r er gut bekannt. D i e Pässe von 1715/16 sagen, dafi er schon etliche Jahre dem K ö n i g treu gedient u n d auch i n Zuk u n f t für den K ö n i g i n Polen, Sachsen u n d anderswo herumreisen müsse. Rubens W i t w e betrieb von Sachsen aus einen Juwelenhandel m i t fremden Höfen, besonders nach W i e n u n d Petersburg. Ruben dürfte ähnliche Geschäfte getätigt haben; seine Söhne Herz u n d Meyer jedoch führten ein bescheidenes Leben als Sprachlehrer. Jonas Meyer w i r d an mehreren Stellen, bei Anleihegeschäften und Juwelenlieferungen, auch als H o f f a k t o r u n d H o f a g e n t bezeichnet. Seine Juwelenlieferungen, die unter anderem auch aus den Salzwerken i n Polen bezahlt wurden, waren stets beträchtlich. Zahlreich waren die Versicherungsdekrete und Assignationen über hohe Summen, die i h m für „erhandelte" Pretiosen ausgestellt w u r den. I n vielen Fällen handelte es sich u m Summen über mehr als 100 000 Taler. D i e i n seinem Besitz befindlichen Juwelen der Gräfin Cosel sollte er laut Befehl vom 18. A p r i l 1725 ausliefern; der Schmuck bestand aus 121 Teilen. Als sich Meyer mehrfach weigerte, die Pretiosen herauszugeben, w u r d e n sie i h m einfach abgenommen. Ihren Höhepunkt erlebte die Familie Meyer i n der zweiten Generation m i t J o s e p h J o n a s M e y e r , dem Sohne des Generalprovediteurs, der die väterliche F i r m a i n Dresden und Warschau zu großer Blüte brachte. Unter i h m k a m es zur völligen Trennung von der F i r m a Lehmann; beide Familien gingen fortan ihre eigenen Wege, während ihre Väter die Geschäfte noch gemeinsam getätigt hatten. D i e Räumung des gemeinsam bewohnten Hauses 1737 machte die Scheidung der beiden F i r m e n und Familien auch äußerlich sichtbar. Joseph Jonas Meyer, der Neffe Behrend Lehmanns, nicht dessen Sohn, trat geschäftlich u n d auch i n der Gunst des Hofes das Erbe des Residenten an; er führte den T i t e l H o f a g e n t . 1754 w u r d e er einmal K a m m e r a g e n t genannt. D e r i n Sachsen übliche T i t e l für H o f j u d e n w a r Faktor, der später zahlreichen Juden gegen eine mäßige Gebühr verliehen wurde. Joseph Jonas Meyer erhielt am 24. Juli 1733 wegen seiner dem K ö n i g „angerühmten Geschicklichk e i t " einen Kabinetts-Freipaß. I n Sachsen pflegte man Juden drei A r t e n von Pässen auszustellen: 1. seit 1746 Kammerpässe, die zum Wohnen berechtigten; 2. Kammer-Freipässe; sie befreiten reisende Juden für ein Jahr von den Abgaben; 3. Kabinetts-Freipässe, welche dasselbe für unbeschränkte Zeit gewährten u n d die „Bedienten" m i t einschlofi. Joseph Jonas
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Meyer genofl vor allem die Gunst des Grafen B r ü h l , des allmächtigen Erstministers unter Friedrich August I I . D e r Hofagent machte i m Interesse des Hofes viele Reisen nach Polen; so i m September 1735, ferner während des Siebenjährigen Krieges; i m Sommer 1761 finden w i r i h n i m Hoflager bei Warschau. Während seiner Abwesenheit führte seine F r a u i n Dresden die Geschäfte ziemlich selbständig weiter. I n einer Eingabe vom 5. November 1746 wies der Hofagent Meyer voller Stolz darauf hin, dafi er das stärkste F i x u m zur General- u n d Landakzise zahle. I n der gleichen Eingabe forderte er i n stolzem Tone für sich Ausnahmebestimmungen. W ä h r e n d er bisher n u r von einer Stelle, der Oberkämmerei, abhängig war, hatte er es nach der Verordnung von 1746 m i t vier verschiedenen Stellen zu tun. Aber obwohl er auf die Verdienste seines Vaters und seine eigenen als Hofagent hinwies, w u r d e sein Wunsch doch nicht erfüllt. D e r Hofagent Meyer hat i n besonders starker Weise durch die große Zahl seiner „Bedienten" zur Vermehrung der Dresdener j ü dischen Gemeinde beigetragen. I m Jahre 1746 beantragte er Pässe für nicht weniger als 61 Personen; Hennicke, Brühls Gehilfe, bew i l l i g t e i h m amtlich am 25. Januar 1747 „ n u r " 53 Personen, tatsächlich jedoch alle; denn auch Hennicke gehörte zur Patronanz des Hofagenten. Unter seinen Bedienten befanden sich damals: ein Rabbiner, ein Kassierer, drei Schreiber, zwei Informatoren, drei Hausbediente, ein Schächter, zwei Männer zum Verschicken, sieben Dienerinnen. Viele Bediente harrten jahrelang aus, so zum Beispiel von 1729—1762 A b r a h a m Wessely, von 1729—1754 A b r a h a m Moses, von 1729—1762 Moses Nathan, von 1729—1748 A b r a h a m Postelberg, von 1729—1750 Meyer Joseph, von 1742—1750 Isaak Meyer, 1746—1762 Herz Joseph Cohen, von 1746—1754 Abraham Aldschul, 1746—1762 D a v i d Calmann, von 1746—1762 Meyer Beer. D i e meisten Bedienten wohnten i n der Stadt verstreut; neben den Diensten für ihre Herren machten sie Geschäfte auf eigene Rechnung. Meyer Joseph wohnte zum Beispiel 1741 i m Gasthof zur Krone auf der Pirnaischen Straße drei Treppen hoch und betrieb einen eigenen Handel m i t Gold- u n d Silberwaren. Als der Kaufmann Balzer dies anzeigte, stellte man eine Untersuchung an, i n die sich alsbald der Hofagent Meyer mischte, indem er gegen das Verfahren m i t der Begründung protestierte, daß der Stadtrat gar keine Jurisdiktion über seine Domestiken besitze. D i e Untersuchung verlief daher i m Sande. Abraham Wessely, Meyers Buchhalter, konnte für sich allein Bankerott machen, ein Beweis, dafi er auch selbständig Geschäfte tätigte. So verbarg sich unter dem Namen Lehmann und Meyer ein ganzes Netz von Unternehmungen, gegen die Rat u n d Stände jahrzehntelang einen vergeblichen Kampf führten. Von den Bedienten der
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großen Hoffaktorenfamilien stieg sogar mancher selbst zum Hoffaktor auf. D i e folgende Übersicht zeigt, w i e unter der Ä r a Lehmann u n d Meyer die Gemeinde Dresden wuchs, wobei die Zahlen eher zu niedrig als zu hoch angesetzt sind: 1735 = 8 Hausväter m i t 58 männlichen Bedienten, 1741 = 50 F a m i l i e n m i t mehr als 50 Einzelpersonen, 1746 = 168 Familien m i t 891 Einzelpersonen, 1759 = 220 F a m i l i e n u n d 1763 = 138 F a m i l i e n m i t insgesamt 809 Personen. D i e Stellung des Hofagenten innerhalb der Judenschaft kennzeichnet am besten die Tatsache, daß sich die Bedienten anderer Juden von Meyer Atteste geben ließen, die für die Behörden als Legitimation galten. Zwei Schwiegersöhne Meyers w u r d e n gleichfalls H o f j u d e n . A b r a h a m H i r s c h e l , Sohn eines Hoffaktors, w u r d e 1751 H o f f a k t o r u n d heiratete des Hofagenten Tochter Dorothea. Der andere Schwiegersohn Gerson D a v i d aus der bekannten Braunschweiger Familie D a v i d , i n den Dresdener A k t e n G e r s o n D a v i d A l e x a n d e r genannt, w u r d e am 23. Juni 1760 zum Η ο f f a k t ο r ernannt. D e r Hofagent selber heiratete nach dem Tode seiner F r a u Helena die W i t w e des 1742 verstorbenen H o f f a k t o r s J o e l E l i a s S e c k e l ; namens Sara. Dieser Seckel liefert das treffende Beispiel für den schon erwähnten Aufstieg eines Bedienten zum Hoffaktor. J. E. Seckel w a r 1729 noch Buchhalter bei Lehmann Behrend; gleichzeitig tätigte er jedoch selbständige Geschäfte i m Geldverleih- u n d Juwelenhandel u n d machte Abschlüsse i n auswärtigen Negotien. Seckel stand seit 1721 beim kurprinzlichen Paar i n hoher Gunst; namentlich M a r i a Josepha w a r seine Gönnerin. Nachdem er einen Kabinetts-Freipaß erhalten hatte, bekam er am 7. Dezember 1753 auch seine Bestallung als Hoffaktor. Nach seinem Tode führte seine W i t w e Sara, beschützt und unterstützt von ihrer alten K u n d i n Maria Josepha, das Geschäft fort, bis sie schließlich J. J. Meyer heiratete, so daß die Firmen Seckel u n d Meyer wieder vereinigt w u r d e n ; denn als sich Seckel geschäftlich von Lehmann trennte, waren j a noch die F i r m e n Meyer und Lehmann verbunden. Joel Elias' Bruder I s a a k Elias S e c k e l w u r d e am 12. Januar 1743 H o f f a k t o r . Noch ein dritter Seckel w a r d H o f j u d e . A m 27. Januar 1764 bat die inzwischen verwitwete Sara Meyer für ihren Sohn aus der Ehe m i t Seckel u m das Patent als Hoffaktor oder Hofagent; darauf erhielt am 13. Februar L e v i n J o e l S e c k e l das D e k r e t als Η ο f f a k t ο r. D e r Hofagent Joseph Jonas Meyer soll bei seinem Tode 60 000 Taler hinterlassen haben, gewiß ein stattliches Vermögen, das jedoch bei
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weitem nicht die Höhe der Hinterlassenschaft der bedeutenden preußischen Hoffaktoren erreichte. D i e d r i t t e Generation Meyer w u r d e repräsentiert durch den Sohn des Hofagenten namens J o n a s J o s e p h M e y e r , der gleichfalls H o f a g e n t w a r u n d noch reicher w u r d e als Großvater u n d Vater. Er ließ sich bereits 1780 i n der Frauenkirche zu Dresden taufen. D i e Familie Meyer bietet i n dieser Hinsicht das gleiche B i l d w i e ihre Verwandten Lehmann; hier wie dort Ü b e r t r i t t zum Christent u m i n der dritten Generation. Von der Familie H i r s c h e l waren zwei verschiedene Gruppen i n Kursachsen u n d Polen tätig. D e r eine Zweig m i t dem Sitz i n W i e n arbeitete m i t Lehmann und Meyer zusammen; der andere Zweig w i r k t e von B e r l i n u n d Posen aus. W i r betrachten hier die verschiedenen Mitglieder der Familie Hirschel, die m i t Lehmann zusammenarbeiteten u n d zum T e i l auch durch verwandtschaftliche Bande zum Kreis des Residenten gehörten. Sie spielen aber auch eine bedeutsame Rolle i n W i e n u n d Breslau als Agenten der Oppenheimer u n d Wertheimer. I h r Tätigkeitsfeld w a r weitumspannend und vielseitig; die meisten Mitglieder waren amtlich bestallte Hofj u d e n i n mehreren Staaten. Begründer dieser Hoffaktorenfamilie w a r L a z a r u s Hirs c h e l , der vielleicht ein Sohn des Hirschel Lazarus ist, der 1671 m i t dem Großen Kurfürsten über die Aufnahme der ausgewiesenen Wiener Juden verhandeln ließ. Lazarus Hirscheis Schwiegersohn w a r Herz Lehmann, der uns bereits bekannte Bruder des Residenten; sein Sohn M a r x H i r s c h e l w u r d e Schwiegersohn Behrend Lehmanns, so daß also die engsten verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Familien bestanden. E i n Neffe des Hirschel Lazarus, namens L a z a r u s Z a c h a r i a s , w i r k t e seit 1679 i n Breslau als Münzentrepreneur. Lazarus Hirschel w a r seit dem 13. Januar 1687 H o f j u d e der Gräfin Palffy, w u r d e 1701 „Brieger Münzmeister und P o l n i s c h e r F a k t o r " , 1704 K a i s e r l i c h e r F a k t o r Und Münzlieferant für Breslau m i t dem Redit, 20 Jahre lang als Ρ r i η z i p a l - M i i n z l i e f e r a n t i n Breslau wohnen zu dürfen. I m Jahre 1706 w u r d e er K a i s e r l i c h e r O b e r f a k t o r u n d erhielt die Aufenthaltserlaubnis für Wien, w o er 1710 gestorben ist. Lazarus Hirschel w a r i n erster L i n i e M ü n z e n t r e p r e n e u r ; als solcher stand er i n kaiserlichen und kursächsisch-polnisdien Diensten. Dafi er sich durch Münzmalversationen i n Sachsen einen großen Gewinn verschaffte, ist schon hervorgehoben worden, als an seinen Geschäften und denen des Residenten scharfe K r i t i k geübt wurde. Daneben tätigte Hirschel auch umfangreiche Geldgeschäfte m i t dem Wiener Hofe, m i t Leffmann Behrens u n d Sohn i n Hannover und 14 Schnee, Hoffinanz I I
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Behrend Lehmann i n Halberstadt. D e m Kaiser lieferte er 1715 Vorschüsse bis zu 700 000 Gulden! I m Jahre 1710 w u r d e n 220 000 Gulden, die Leffmann Behrens & Sohn der kaiserlichen Hofkammer „bei dem Banco überlassen" hatten, an Hirschel zediert. Als kursächsischer Hof j u d e führte Lazarus Hirschel den T i t e l H o f - u n d P r o v i a n t f a k t ο r , der seit 1699 und 1701 vorkommt. Als Proviantfaktor lieferte er Heu, Stroh, Hafer u n d Wein, so 1699—1701. Aus dem K o n t r a k t vom 5. A p r i l 1701 stand i h m am 5. November des Jahres noch eine Restforderung von 73 455 Rheinischen Gulden 19 Kreuzer zu. D a die Aufrechnungen m i t Lazarus Hirschel, Samson W e r t heimer und Herz Lehmann erfolgten, dürften auch diese Lieferungen gemeinsam erfolgt sein. I n Schlesien hatte der Proviantfaktor Hirschel auch ein Magazin anlegen lassen. Auch seine unmittelbaren Geldgeschäfte m i t August dem Starken, die laufend erfolgten, waren recht beträchtlich; so forderte Hirschel 1698 die Bezahlung von 85 000 Tlrn., am 17. August 1699 bescheinigte Friedrich August i n Warschau, dafi „Unser Proviantfaktor und getreuer Jud Lazarus Hirschel" an Proviant u n d vorgeschossenen Geldern 327 120 T i r . 3 Gr. kgl. Courant zu fordern und darauf noch 129 702 T i r . zu bekommen habe. Gleichfalls in Warschau am 8. A u gust 1701 empfing der „Hof- u n d Proviantfaktor" Versicherungen über 50 000 R t l r . Spezies, welche er an die Armee zahlte, u n d 18 000 R t l r . Species, die er dem Prinzen Jakob lieferte, dem sie wiederum K ö n i g August schuldete. Dieser Prinz Jakob w a r offenbar Jakob Sobieski; er w a r der Bewerber um die polnische Königskrone 1697. D i e Einlösung dieser Schuldversicherungen sollte aus dem zu B e r l i n versetzten Silber erfolgen, ferner aus sechs versetzten großen Diamanten nebst dem güldenen Geschirr, ferner aus den einem gewissen Robert L o w versetzten Juwelen. D i e Einlösung der versetzten Pretiosen hatte Herz Lehmann laut Befehl vom 2. August vorzunehmen u n d m i t den Geldern zu bewirken, die er „wegen der ihm i n Unserm K u r f ü r s t e n t u m Sachsen gnädigst verstatteten Ausmünzung an Uns" bezahlen mufite. Nach der Einlösung waren die Juwelen Lazarus Hirschel auszuhändigen, der darüber nach Gutdünken verfügen durfte. A m 2. A p r i l 1705 w u r d e jedoch bestimmt, dafi Hirschel Juwelen u n d Silber „nach Vergnügen retraktieren" müsse. Dafür erhielt er am 5. A p r i l eine neue Verschreibung auf 95 091 Gulden 8 Gr., die er am folgenden Tage durch Revers anerkannte. Bemerkenswert ist noch, dafi Lazarus Hirschel i n jenen Jahren in den A k t e n auch m i t H e r r t i t u l i e r t wurde, was zu jener Zeit gegenüber Juden selten vorkam. D i e Bezahlung der obigen Summe erfolgte am 22. Juni 1757 an Lehmann Behrend, auf den diese Post übergegangen war, indem
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Hirschel Steuerscheine erhalten hatte, die auf den Faktor Herz Lehmann „eingerichtet" waren, welche dieser dann an seinen Bruder, den Residenten, zediert hatte. So stoßen w i r immer auf die engste Zusammenarbeit der Familien Hirschel u n d Lehmann. I n einer Eingabe aus W i e n vom 15. September 1704 an den General Freiherrn von Wackerbart meldete Hirschel, daß er alles Geld „zusammengekrazt" und aufgebracht habe, das erforderlich w a r für das D i p l o m Ihrer Durchlaucht, der F ü r s t i n von Teschen. So finanzierte der Hof- und Proviantfaktor auch Standeserhöhungen. Von den Söhnen des Lazarus sind uns zwei als Hof j u d e n bekannt. P h i l i p p L a z a r u s H i r s c h e l , der i n die preußische Hoffamilie Gomperz geheiratet hatte, leitete als K a i s e r l i c h e r F a k t o r das Geschäft i n Breslau; er gehört i n die Reihe der schlesischen Hoffaktoren, wo er uns schon begegnet ist. A m 17. Februar 1710 w u r d e er i n das seinem Vater erteilte Schutzdekret samt K i n d u n d Kegel eingeschlossen. M a r x H i r s c h e l , m i t vollen Namen M a r x Hirschel Pösing, hebräisch Mardochai ben Elieser, wurde K g l . P o l n i s c h e r und K u r s ä c h s i s c h e r H o f f a k t o r , zählt also zu den polnischsächsischen H o f j u d e n . Seine Hauptgeschäfte tätigte er jedoch in Österreich, da er W i e n als Wohnsitz beibehielt. D e r zweite Hirschel i n sächsischen Diensten w a r seit 1712 amtlich bestallter Hoffaktor. Nach dem Tode Augusts des Starken bat er von W i e n aus den Nachfolger 1733 u m Schutzbrief und Freipaß. Friedrich August I I . gewährte beides i n persönlicher Entscheidung; die Geheimen Räte machten dagegen Schwierigkeiten. A m 8. J u l i erhielt M a r x Hirschel auch seine Bestätigung als Hoffaktor des neuen Kurfürsten. Gleichzeitig wurde sein Sohn H i r s c h e l M a r x H o f f a k t o r . So stellte auch die Familie Hirschel durch drei Generationen hindurch Österreich und Kursachsen-Polen Hoffaktoren. Dieser dritte Hirschel stand i n den Diensten des Ministers B r ü h l ; denn als er am 18. März 1745 um einen Kabinett-Freipaß bat, berief er sich auf seine Dienste i m Hause B r ü h l . K e i n Wunder daher, daß B r ü h l , der die Judenangelegenheiten bearbeitete, i h m schon am 24. März den gewünschten Paß erteilte. Auch i n der Familie Hirschel w a r der Begründer der F i r m a Lazarus der tüchtigste Hof j u d e ; von der zweiten und d r i t t e n Generation hören w i r dagegen wenig. Vertreter der F i r m a Lehmann & Meyer i n Halle w a r A s s u r M a r x , auf hebräisch Ascher ben Mardochai. Er gehörte m i t zu den ersten Familien, die sich nach 1692 i n Halle niederlassen durften. A m 29. Januar 1701 erteilte i h m Friedrich August i n Warschau einen Freibrief, i n dem er ausdrücklich als kurfürstlich sächsischer Η ο f f a k t ο r zu Halle bezeichnet wurde. F ü r die seit einigen Jahren ge14*
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leisteten treuen Dienste erhielt Assur M a r x m i t den Seinigen den königlichen Schutz für Polen und Sachsen, besonders aber für Leipzig, u m dort alle „zulässigen u n d ehrlichen Negotia" zu betreiben. „Unser H o f j u d e zu Halle", wie Assur M a r x auch i n den A k t e n genannt w i r d , mußte mehrfach am Dresdener Hofe Forderungen eintreiben, die i h m sein Prinzipal Behrend Lehmann abgetreten hatte. Natürlich betätigte sich der Buchhalter des Residenten auch als selbständiger Geldgeber. E i n m a l hatte er 10 645 T i r . 23 Gr. vorgeschossen; da Assur M a r x sie für die Leipziger Messe dringend benötigte, verfügte der Kurfürst, daß „Unserem H o f j u d e n " geholfen werden solle. Assur M a r x w a r auch Hofbankier des Herzogs von Sachsen-Zeitz, der Erzbischof von G r a n und K a r d i n a l geworden und bei dem Übert r i t t Augusts des Starken zur katholischen Kirche stark i n A k t i o n getreten war, ferner des Herzogs Moritz W i l h e l m von Sachsen-Weida und anderer Nebenlinien der Wettiner. W i e Behrend Lehmann, so sorgte auch Assur M a r x eifrig für« seine Familie und suchte i h r Vergünstigungen zu verschaffen. Seinen Schwager S a m u e l L o c h e i m e r machte der Herzog Moritz W i l helm zu seinem Hoffaktor und gewährte i h m und neun anderen jüdischen Familien am 18. November 1704 das Niederlassungsrecht i n den Hennebergischen Landen. Locheimer w u r d e auf Bitten seines Schwagers Assur M a r x aufgenommeij, die Niederlassung der neun weiteren Familien geschah wiederum auf Ansuchen Locheimers, der gleichzeitig eine Konzession zum Handel u n d zur Anlage einer Tabakfabrik erhielt. Dies w a r offenbar der G r u n d für die A u f nahme des Hoffaktors u n d seiner Genossen gewesen; ein halbes Jahrhundert später beklagte sich die Bevölkerung darüber, daß die Tabakfabrik des Hoffaktors niemals zustande gekommen sei, die Juden aber, j e t z t 17 Familien, i m Lande geblieben wären. D i e Niederlassung des Hof j u d e n Samuel Locheimer i n Schleusingen, w o i m Spätmittelalter der reiche Michel auch eine Zeitlang gewohnt hatte, erfolgte gegen den Widerstand der Bevölkerung. Schon am 21. Juli 1705 beschwerte sich Locheimer; denn die Bevölkerung hatte i h n beschimpft, Schuster u n d Sattler i h n verhöhnt, seinen Sohn an den Fuß gestoßen. Moritz W i l h e l m verlangte Bestrafung der Schuldigen. Doch rissen die Beschwerden des Hoffaktors und der Bevölkerung nicht ab; denn der H o f j u d e schmuggelte zahlreiche Juden ein, was die Schleusinger besonders erbitterte. Locheimer und die Seinen konnten sich schließlich k a u m noch auf der Straße zeigen, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, daß sie von der Bevölkerung angegriffen wurden. Locheimer scheint daher Schleusingen wieder verlassen zu haben; denn bald hören w i r nichts mehr von ihm.
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I n Schleusingen brachte Assur M a r x auch die Söhne seiner Schwester unter; auf sein Gesuch vom 2. Dezember 1705 w u r d e n Hirsch Nathan und Joseph am 10. August des folgenden Jahres als Schutzjuden aufgenommen. Hirsch Nathan hatte vorher sein Glück in Dessaü, dann i n Sondershausen versucht. Assur M a r x verschaffte weiteren Glaubensgenossen Schutzbriefe auf Schleusingen, so 1707 Abraham Henoch aus Hannover, der i h m von Leffmann Behrens empfohlen worden war. Assur M a r x muß bei Herzog Moritz W i l helm eine sehr einfhißreiche Stellung bekleidet haben; denn er brauchte nur Eingaben zu machen, und jedesmal w u r d e seinen A n trägen stattgegeben. A u d i L e v i n P h i l i p p B a u e r aus Hamburg, der sich dann ebenfalls i n Schleusingen niederließ, gehörte zu den H o f j u d e n des Herzogs. Auswärtiger H o f f a k t o r w a r A b r a h a m F r i e s e i n Bamberg, der dem Herzog, wie er behauptete, bis zu 40 000 Gulden vorgeschossen hatte. 1710 diçnte er dem Herzog schon im 15. Jahr. Deshalb bat er seinen Herrn, seiner^ Vetter D a v i d Hertz einen Schutzbrief für Schleusingen auszustellen, was der Herzog 1710 auch tat. D a n n brachte der Hoffaktor Friese seinen Stiefsohn Kahlemann Seligmann in der Gemeinde Schleusingen unter, und D a v i d Hertz wiederum besorgte 1718 seinem Schwager Selig Samuel Goldschmidt aus Hessen einen Schutzbrief. So wuchs die Gemeinde Schleusingen durch die W i r k s a m k e i t der Hofjuden. D i e Söhne des D a v i d Hertz, Gebrüder Raphael u n d Michael Hertz, brachten es 1762 zu Kgl. Polnischen u n d Kursächsischen Milizfaktoren. I n dieser Gruppe von H o f j u d e n blieb Assur M a r x der einflußreichste. I m Jahre 1725 berechnete er seine Forderung an drei M i t glieder der Wettiner auf 154 208 T i r . 2 Gr., die et seinem Sohn M a r x Assur zedierte, der sie dann i n Dresden eintreiben sollte. Man bot i h m Kammerscheine bis 1734 an. Zunächst weigerte er sich, diese anzunehmen; am 12. Oktober 1729 erklärte er sich jedoch i n Leipzig zur Annahme i n Raten bis 1735 bereit. Assur M a r x gehörte w i e Behrend Lehmann zu den Geldgebern der sächsischen Hofgesellschaft; seine Kunden waren unter anderen auch die Grafen von Schönburg u n d die Gräfin Cosel. Auch sein Sohn M o s e s A s s u r erhielt am 20. Februar 1713 als H o f f a k t o r einen Freibrief zum Besuch der Leipziger Messe. E i n anderer Sohn M a r x A s s u r , V o r - . steher der Judengemeinde zu Halle, führte den selten vorkommenden T i t e l „ H o f - u n d M i 1 i ζ f a k t ò r " , der i h m am 31. August 1733 verliehen w u r d e ; er w a r auch schwedischer Hoffaktor. D e r Sohn dieses Hof- u n d Milizfaktors Isaak M a r x Assur w u r d e 1741 m i t Erlaubnis Friedrichs des Großen an der Universität H a l l e zum D r . med. promoviert. Seine Gesuche u m Pässe, die M a r x Assur sehr
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häufig einreichte, begründete der Hoffaktor m i t königlichen Verrichtungen nach Dresden, Leipzig u n d anderen Orten. Dresden gab i h m am 31. August 1738 einen Kabinetts-Freipaß offenbar auf Brühls persönliche Vermittlung. I m Siebenjährigen Kriege w u r d e der Hofund M i l i z f a k t o r als Geisel nach N ü r n b e r g gebracht; der G r u n d ist nicht ersichtlich. Nach seinem Tode reisten noch 1763 Juden mit seinem Paß von 1751 zur Leipziger Messe, ein Beispiel für den Mifibrauch, der m i t solchen Pässen getrieben wurde. Von den beiden Wiener Großfirmen Oppenheimer u n d Wertheimer stellte die letztere dem sächsischen Hofe gleichfalls mehrere Hoffaktoren, die durch T i t e l ausgezeichnet wurden. Zunächst waren beide Familien m i t dem Residenten verwandt. Samuel Oppenheimers Sohn W o l f hatte Frade, die Tochter Leffmann Behrens', geheiratet, und da des letzteren E n k e l Isaak wiederum der Schwiegersohn des Residenten wurde, waren die verwandtschaftlichen Beziehungen gegeben. Samson oder Simson Wertheimers Sohn L o w oder Löb, kaiserlicher Hof- und kurmainzischer Oberfaktor, wurde Schwiegersohn Behrend Lehmanns. K e i n W u n d e r daher, wenn die Familien Oppenheimer und Wertheimer a u d i i n kursächsischen Diensten standen. M i t H i l f e S. Wertheimers, der zunächst Angestellter S. Oppenheimers w a r — m i t dem stattlichen Jahresgehalt von 24 000 T l r n . == 36 000 Gulden — ermöglichte es der letztere August dem Starken, 8000 Mann sächsischer Truppen aufzustellen, indem i h m der kaiserl i d i e Hoffaktor für 1695 = 128 389 fl., für 1696 = 350 000 fl. vorstreckte und die Fourage für die sächsische Kavallerie besorgte. S a m u e l O p p e n h e i m e r förderte auch die W a h l Augusts des Starken zum K ö n i g von Polen. Er stellte dem Kaiser u n d dem K u r fürsten von Sachsen eine M i l l i o n zur Verfügung unter der Voraussetzung, dafi i h m diese Post auf sein Guthaben beim kaiserlichen Fiskus angerechnet würde. Das Anerbieten scheiterte jedoch an dem Unvermögen des Ärars. Dagegen reisten S. Wertheimer m i t Behrens Lehmann zusammen zur Unterstützung der Kandidatur Augusts des Starken nach Polen. A m 7. Juni 1697 w a r Wertheimer m i t der stattlichen Summe von 300 000 Talern nach Breslau gereist, wo August der Starke am 25. des Monats eintraf; von da ging es weiter nach Polen. Durch Wertheimers H a n d gingen a u d i die Subsidienansprüche Sachsens an die kaiserliche Hofkammer; ebenso zahlte er die Gelder für die Hilfstruppen, die Sachsen gemäß Vertrag Johann Georgs IV. mit dem Kaiser vom Jahre 1693 stellte. D i e geschäftlichen Beziehungen gingen demnach schon bis auf Augusts des Starken Vorgänger zurück.
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W ä h r e n d von S. Oppenheimer nicht bekannt ist, ob er auch einen kursächsisch-polnischen T i t e l führte, bezeichnete sich S. Wertheimer immer stolz als Faktor des Kaisers und der Kurfürsten von Sachsen, Mainz, Pfalz u n d T r i e r , w a r also an fünf Fürstenhöfen amtlich bestallter Hoffaktor. S a m s o n W e r t h e i m e r s Charakter als kursächsischer Η ο f f a k t o r wurde 1697 „ k o n f i r m i e r t " ; er muß daher schon früher zum H o f j u d e n ernannt worden sein. A m 2. A p r i l 1699 w u r d e er schon zum O b e r f a k t o r d e s H o f e s befördert; fünf Jahre später, am 14. J u l i 1704, erfolgte nochmals seine Bestallung zum O b e r h o f f a k t ο r , und vom 6. M a i 1705 wiederum datiert ist ein P r i v i l e g für den Oberfaktor. Beide T i t e l bedeutenden zweifellos dasselbe; denn i n den A k t e n von 1699 w i r d am Kopf von dem Oberhoffaktor, i n dem T e x t von dem Oberfaktor des Hofes gesprochen. Auch S. W e r t heimers Sohn W o l f W e r t h e i m e r w u r d e kursächsischer O b e r f a k t o r ; seine Bestallung trägt das D a t u m des 31. Juli 1741, erfolgte also unter Friedrich August I I . Doch w a r W o l f unter August dem Starken durch ein außerordentliches P r i v i l e g auf 20 Jahre ausgezeichnet worden. Er durfte m i t seinen Blutsverwandten i n Sachsen und allen inkorporierten Landen ohne „Personalonera" reisen und Handel treiben. Er durfte sich eine Wohnung mieten u n d brauchte nur solche Abgaben zu zahlen, die auch christliche Untertanen leisten mußten. M i t anderen W o r t e n : er erhielt das P r i v i l e g christlicher Kaufleute, das später i n Preußen so häufig verliehen worden ist. Beide Wertheimer, Samson und Wolf, empfingen durch August den Starken Auszeichnungen, w i e sie keinem Hof j u d e n an norddeutschen Fürstenhöfen zuteil wurden; sie erhielten außer ihrer amtlichen Bestallung und dem Spezialschutz Bildnisse des Kurfürsten und Königs, m i t Diamanten geziert, u n d goldene Gnadenketten. N u r am Wiener Hof waren Juden in der gleichen Weise geehrt worden. W o l f Wertheimers Bruder L o w dagegen, Lehmanns Schwiegersohn, scheint ein Patent als kursächsischer Hoffaktor nicht erhalten zu haben. Samson Wertheimers Stiefsohn w a r der kaiserliche Hoffaktor I s a a k N a t h a n O p p e n h e i m e r , dessen Sohn Herschel Isaak als Kammeragent i n Hildesheim g e w i r k t hat. D e r kaiserliche Hoffaktor unterhielt auch nach Dresden lebhafte Geschäftsbeziehungen und w a r Hausjude sächsischer Hofbeamter. Besonders zum Generalfeldmarschall Grafen Flemming stand er i n engen Beziehungen. Das Verhältnis zwischen den Familien Wertheimer und Lehmann muß sich später getrübt haben; denn aus den A k t e n ergibt sich, daß sie miteinander Prozesse führten. Schon Behrend Lehmann, der Resident, klagte 1725 beim Leipziger Handelsgericht gegen Samson Wertheimer, w e i l er i h m 25 000 T i r . schuldete.
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I n der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erscheinen dann nochmals mehrere Wertheimer am sächsischen Hofe. D e r K . K . H o f j u d e und kurbaierische Hoffaktor S a m u e l W e r t h e i m e r erhielt am 22. November 1768 das Patent als kursächsischer H ö f a g e n i Diese Wertheimer w o l l t e gleichzeitig einen Sohn i n Leipzig u n d einen zweiten Sohn i n Dresden etablieren, für die er auch Hoffaktorenstellen beantragte; doch n u r ein Sohn erhielt den Charakter als Hoffaktor. I n seiner Eingabe hatte Samuel Wertheimer darauf "hingewiesen, daß er bereits sächsischer O b e r h o f f a k t o r sei; jetzt wolle er Hofagent werden, w i e es der verstorbene Hofagent Meyer gewesen sei. D e r T i t e l Hofagent w u r d e von i h m demnach höher bewertet als die W ü r d e eines Oberhoffaktors. Diese beiden W e r t heimer erhielten ihre T i t e l als Entschädigung dafür, daß ihnen ein gutes Geschäft entgangen war. Samuel Wertheimer hatte i n W i e n i m Oktober 1767 den A u f t r a g erhalten, 400 000 Taler gegen Verpfändung von 931 736 Taler 6 Gr. 9 Pf. i n Steuerscheinen zu beschaffen. D e r Hof tätigte jedoch dann das Geschäft m i t dem Hause Brentanö. Samuel Wertheimer forderte darauf zunächst eine Hofagentenstelle für einen seiner Söhne, worauf man offenbar nicht einging; denn man stellte nur ein D e k r e t als Hoffaktor für Samuel Wertheimer aus und gab einem seiner Söhne die Erlaubnis, sich i Dresden niederzulassen. Das w a r Wertheimer zu wenig, u n d auf Bitten seines Sohnes Emanuel w u r d e das D e k r e t erst gar ùicht expediert. Er wollte erst m i t seinem Vater Rücksprache nehmen. Darauf erfolgte die Ernennung des i n W i e n lebenden Vaters zum Höfagenten u n d eines seiner Söhne zum Hoffaktor m i t dem Wohnrecht i n Dresden. Samuel Wertheimer gab zunächst Emanuel Samuel als denjenigen seiner Söhne an, der sich als Hoffaktor i n der sächsischen Hauptstadt niederlassen sollte. Doch w u r d e am 10. Januar 1769 sein Sohn S a m s o n S a m u e l W e r t h e i m e r zum sächsischen Hoffaktor ernannt u n d das Patent am 10. Februar dem Hoffaktor Israel ausgehändigt, ein Beweis, daß auch dieser Werthéimer nicht nach Dresden übersiedelte. Aus einer späterer! A k t e ergibt sich, daß dann tatsächlich Emanuel Samuel Wertheimer den Vater i n Dresden vertrat, u n d nicht sein Bruder, der Hoffaktor. Man nutzte offenbar das D e k r e t von 1768 ganz nach Belieben aus. I m Jahre 1771 bat L a z a r u s W e r t h e i m e r , ebenfalls ein Sohn Samuels, u m Befreiung von der Kopfsteuer, da er i n Dresden Prozesse m i t den Grafen Heinrich u n d Moritz B r ü h l führen müsse. D i e Befreiung w u r d e für drei Monate genehmigt. Nach dem Ableben seines Vaters Samuel k a m Samson Samuel am 6. August 1789 u m die Hofagentenstelle ein, während seine Stelle als Hoffaktor für einen seiner noch nicht mündigen sieben Söhne reserviert werden
Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
sollte. D i e kurfürstliche Resolution vom 12. Juli lautete jedoch k u r z : Suchen findet nicht statt. D a m i t endete die Geschichte der W e r t heimer i n kursächsischen Diensten. Zu den kursächsischen Hof faktoren i n der Ä r a des Residenten zählt auch der mächtige Dessauer Hof j u d e M o s e s B e n j a m i n W u l f f , dessen Stellung der Behrend Lehmann sehr ähnelte. Er hatte seinen Wohnsitz i n Dessau; w u r d e daher auch Moses Dessauer genannt, w a r dort amtlich bestallter Hof j u d e u n d tätigte von da aus seine Geschäfte an den Höfen von' Berlin, Dresden, Wien, Gotha u n d anderen kleineren Residenten der Wettiner. Stellung u n d Tätigkeit dieses Widersachers Jost Liebmanns werden w i r i n dém A b schnitt über A n h a l t schildern. Er hattè jedenfalls auch m i t August dem Starken Verbindung. I m Jähre 1703 k a m sogar das an Gotha verpfändete kursächsische A m t Borna i n seinen Besitz, wodurch sehr stärk sächsische Interessen berührt wurden. I n dem langen Prozeß, den W u l f f m i t Gotha deswegen führen mußte, trat jedenfalls August der Starke m i t Eifer für den Hoffaktor ein, der auch die Gunst des Ministers Flemming genoß. Das starke Eintreten beider für den Dessauer läßt sich n u r erklären, wenn W u l f f auch für den Dresdener Hof Gelder beschafft hat. E i n Nächkomme Wulffs, Isaak Benjamin W u l f f , machte 1762 deri vergeblichen Vèrsuch, sich i n Leipzig anzusiedeln. Engere Beziehungen geschäftlicher A r t scheinen zwischen den F a m i l i e n W u l f f u n d Lehmann nicht bestanden zu haben; Zusammenhänge waren jedoch vorhanden. I n Halberstadt, der großen Judengëmeinde Norddeutschlands, wohnte noch ein anderer Günstling Augusts des Starken, sein königlicher H o f f a k t o r L e v i n J o e l , dem der K ö n i g u n d K u r f ü r s t ein i n lateinischer Sprache geschriebenes Zeugnis ausstellte, i n dem er i h n als Mann von Fleiß u n d Tüchtigkeit bezeichnete. E r erteilte i h m die Rechte und Freiheiten w i e anderen Kgl. Geschäftsträgern; außerdem durfte er Lebensmittel u n d W a r e n jeder A r t für sich u n d den K ö n i g frei durdh die Gaué u n d alle Übergänge innerhalb des Königreichs Polen und des Kurfürstentums Sachsen führen. I m Jahre 1698 geriet der K g l . Polnische Hoffaktor und preußische Schutz j u d e in Zahlungsschwierigkeiten u n d mußte u m ein dreijähriges Morat o r i u m einkommen. Joel w a r ein Schwager des Residenten Lehmann. D e r Halberstädter Hoffaktor H e r t z A a r o n w a r noch vor Lehmanns A u f t r e t e n J u w e l e n l i e f e r a n t der Höfe zu Gotha, Weimar u n d A l t e n b u r g ; sein Glaubensgenosse L a z a r u s A b r a h a m l i e h dem Landgrafen v o n Hessen-Homburg 35 000 Rtlr.; dafür wurde i h m 1702 als Sicherheit das A m t W i n n i n g e n i m Werte von 40 000 R t l r . zediert. So gab es i n Halberstadt mehrere Schutz juden, die dem Residenten Konkurrenz machten. Als Η ο f f a k t ο r w i r d
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Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
am 30. September 1710 S i m o n P h i l i p p genannt, ohne dafi w i r näheres über i h n erfahren. Kursächsische H o f l i e f e r a n t e n waren die F r a n k f u r t e r A a r o n B e e r u n d J a k o b I s a a k ; sie besorgten 1692 für 24 300 Taler Diamanten u n d Brillanten, die Johann Georg I V . für die Gräfin Magdalena Sybilia von Rochlitz „verhandelte". D a i h r Auftraggeber alsbald starb, forderten sie die Bezahlung von August dem Starken, der diese auch regelte. Aaron Beer erhielt zunächst 17 291 T i r . 16 Gr. von den Markgräflich Bayreuther Ehegeldern, später den Rest von 7008 T i r . 8 Gr. Aaron Beer w a r R e s i d e n t des Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth und Johann Wilhelms von der Pfalz i n F r a n k f u r t a. M. I n seinen Eingaben bezeichnet er sich stolz als: Le Resident Aaron Beer de Francfort. H i e r begegnet uns der zweite Hoffaktor, der den T i t e l Resident führt u n d außerhalb des Landes, dem er diente, seinen Wohnsitz hatte. Beer u n d Isaak waren Juwelenlieferanten an Fürstenhöfen; kursächsische H o f t i t e l scheinen sie nicht geführt zu haben. Ihre Lieferung von 1692 zeigt, dafi sie aber zu vertraulichen Aufträgen herangezogen wurden. M i t zwei anderen Juwelenlieferanten forderte S a m u e l L e v i F r ö s c h e l von August dem Starken 43 460 T i r . für Pretiosen; sein A n t e i l betrug 7460 T i r . ; auf die beiden Partner, die nach ihrem Namen Christen waren, entfielen 16 000 und 20 000 T i r . Fröschel hatte gute Beziehungen zu den Familien Hirschel und Lehmann. D e r Geldgeber u n d J u w e l e n l i e f e r a n t Jobst Golds c h m i d t w u r d e von seinem Sohn L e v i n bei Eintreiben der Forderungen seines Vaters als gewesener H o f f a k t o r bezeichnet; er w a r es der Stellung nach, wenn a u d i kein Patent vorliegt. A m 2. Januar 1703 hatte Jobst Goldschmidt August dem Starken 65 513 R t l r . bar vorgeschossen; bis 1728 w u r d e n 46 000 R t l r . zurückgezahlt; den Rest forderte L e v i n Goldschmidt i m Namen seines Vaters am 9. August 1728. Eine Resolution darauf erfolgte nicht. D i e Verbindung Goldschmidts m i t Lehmann w u r d e ersichtlich, als Zacharias D a n i e l 1717 i m Namen des Jobst bat, dessen rückständige Forderungen dem Residenten auszuzahlen. Goldschmidt hatte für seine Vorschüsse 1 2 % Zinsen berechnet. M i t 6 % dagegen begnügte sich M a r k u s E l i a s , der zunächst 44 333 R t l r . 16 Gr. vorstreckte, dann nochmals um 24 000 R t l r . angegangen wurde. D i e Bezahlung erfolgte, wie so häufig i n jener Zeit in Sachsen, i n Steuerscheinen. F ü r die geliehenen 44 333 R t l r . 16 Gr. sollte zum Beispiel Markus Elias 50 000 R t l r . in Steuerscheinen erhalten; auch Jobst Goldschmidt w u r d e zum T e i l m i t Steuerscheinen abgefunden.
Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
D e r T i t e l Kammeragent für H o f j u d e n w a r i n Sachsen selten. Unter August dem Starken w u r d e E m a n u e l B e h r zu F r a n k f u r t a. Μ . Κ a m m e r a g e η t. I n einer U r k u n d e vom 30. März 1711 w i r d er vom K ö n i g von Polen und Kurfürsten von Sachsen ausdrücklich als „Dero Kammeragent" bezeichnet. Emanuel Behr u n d sein Glaubensgenosse M o s e s M e y e r , gleichfalls aus der Judengemeinde F r a n k f u r t a. M., waren J u w e l e n l i e f e r a n t e n des Dresdener Hofes. 1709 w u r d e n von Moses Meyer zwei Brillant-Diamanten erhandelt, 1711 von Meyer u n d Behr weitere Juwelen. F ü r die beiden großen Diamanten erhielt Meyer 1709 eine Obligation Augusts des Starken über 120 000 K r . Banco; die Abzahlung sollte von Ostern des Jahres an i n zwölf Terminen erfolgen; am 17. Januar erging die entsprechende Verfügung an das Geheime Kabinett, das schon am gleichen Tage die Versicherung zur Befriedigung der Ansprüche Meyers abgab. D i e Lieferung von 1711 betraf einen gelben B r i l lanten i m Werte von 25 000 T l r n . August der Starke gab seinem Kammeragenten Emanuel Behr die Versicherung, ausgestellt zu Dresden am 30. März 1711, daß er die General-Akzise-Inspektion angewiesen habe, i n den nächstfolgenden fünf Leipziger Messen die genannte Summe zu bezahlen. E i n zu Dresden ausgestelltes D e k r e t vom 1. März 1714 für Moses Meyer und Emanuel Behr regelte die Bezahlung der von den beiden nach und nach „erhandelten" Juwelen i m Werte von 139 000 T l r n . Banco oder 185 3331/3 R t l r . Courant samt Interessen zu 5 °/o, die innerhalb von sechs Jahren i n vierzehn Terminen erfolgen sollte. Diese Zahlungsregelung stellt offenbar die Gesamtabrechnung über die von Behr und Meyer gelieferten Juwelen dar. August der Starke konnte jedoch den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen; daher hatte sich „Unser Resident Behrend Lehmann ins M i t t e l geschlagen" und diese Post an sich gebracht. M i t i h m wurde ein neuer Tilgungsplan aufgestellt unter Ermäßigung der Ratenzahlungen, die von 1717 bis 1722 erfolgen sollten. Unter Berechnung von 5 °/o Zinsen setzte man die Endsumme auf 180 941 R t l r . 16 Gr. fest. A m 28. A p r i l 1717 w u r d e zu Leipzig das entsprechende D e k r e t für den Residenten unterzeichnet; die ursprüngliche Summe, die Moses Meyer und Emanuel Behr errechnet hatten, w a r wesentlich herabgesetzt worden; wahrscheinlich hatte Lehmann von den F r a n k f u r t e r n die Forderung zu einem stark gedrückten W e r t erworben. Auch dieses Beispiel zeigt, dafi immer wieder der Resident Behrend Lehmann sich „ins M i t t e l schlagen" u n d einspringen mußte, wenn August der Starke seine Schulden an Juden nicht bezahlen konnte. Es drehte sich alles u m Behrend Lehmann.
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Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
D e r Hamburger L o w W e i f i w e i l e r hatte 1705 für 82000 T i r . Juwelen geliefert; er w u r d e ebenfalls zunächst m i t Steuerscheinen abgefunden; 1707 „erhandelte" August der Starke wieder zwei große Diamanten von ihm, auf welche er zunächst eine Abschlagszahlung von 18 000 T l r n . erhielt, u n d zwar i n F o r m eines Wechsels, den Leffmann Behrens i n Hannover gegen einen Steuerschein auf „sothané Summe an Uns als einen Vorschuß ausgestellet" und dem Oberhofmarschall eingeliefert hatte. Diesmal mußte also der hannoversche Kammeragent einspringen. Immer wieder stößt man auf die Tatsache, daß Behrend Lehmann u n d Leffmann Behrens die Hauptgeldgeber Augusts des Starken waren. Infolge der W i r r e n des Nordischen Krieges haperte es auch m i t den weiteren Zahlungen an Weißweiler; am 10. Dezember 1709 erhielt der Juwelenlieferant eine Zahlungsanweisung über 20 000 T i r . auf die ausgeschriebene Vermögenssteuer i n der Niederlausitz, die jedoch am 14. Januar 1710 wieder aufgehoben wurde. Eine Aufrechnung der von Weißweiler bis 1709 gelieferten Juwelen ergab die stattliche Summe voh 107 000 T l r n . Courant, wovon der Lieferant noch 79 116 T i r . 6 Gr. 8 Pf. zu fordern hatte. D i e Gegenrechnung der eingesetzten Kommission k a m auf 76 566 T i r . 22 Gr. 7 Pf.; die Schlußrechnung ergab schließlich 78 603 R t l r . 16 Gr. 8 Pf. D i e Zahlung erfolgte teils bar, teils i n Steuerscheinen. S a l o m o n A b r a h a m aus Mainz führte den T i t e l : K g l . D ä n i s c h er P r o v e d i t e u r ; als F o u r a g e l i e f e r a n t stand er auch i n kursächsischen Diensten. Nach dem 1711 m i t i h m bei Stralsund geschlossenen K o n t r a k t hatte er Roggen und Mehl zu liefern, und zwar 20 000 Zentner Roggen und 10 000 Zentner Mehl, wofür er 60 000 Taler empfing. D e r Lieferant blieb jedoch 4059 T i r . 8 Gr. Ι 2 / ? Pf. schuldig, w a r also seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Sachsen forderte diese Summe zurück, es entspann sich deswegen èin diplomatischer Schriftwechsel m i t Mainz; aber Graf Eberstein, der sächsische Gesandte, mußte am 6. Januar 1719 aus Mainz berichten, daß er nichts erreichte habe, da Abraham die Protektion hoher Personen genieße. Inzwischen verstarb Abraham; Sachsen erteilte daher Eberstein den Befehl, dessen W i t w e und Erben zu verhaften, sobald diese sich außerhalb von Mainz zeigten. A m 1. Juli des Jahres berichtete aber der sächsische Gesandte in Kopenhagen, daß sich Abrahams W i t w e dort aufhalte u n d vor fünf oder sechs Wochen bereits 5000 T i r . erhalten habe. Sie werde auch noch einige Tausend Taler bekommen. O b der Versuch, sich aus diesen Zahlungen an die W i t w e des Kgl. Dänischen Provediteurs schadlos zu halten, Erfolg hatte, ist aus den A k t e n nicht ersichtlich.
Der polnische Resident Behrend Lehmann und sein Kreis
I m Zusammenhang m i t der Vermögensaufstellung der Gräfin Cosel w u r d e neben Lehmann, Meyer, Weißweiler und dem Dessauer W u l f f a u d i J o s e p h L ö b e l P e r l h e f f t e r genannt, der demnach w o h l auch J u w e l e n l i e f e r a n t gewesen ist. H o f f a k t o r des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels w a r M o s e s H e y n e m a n n , der die Livreen für den Hofstaat auf Schloß Neuaugustusburg zu besorgen hatte; er w a r gleichzeitig Kommissionär von Behrend Lehmann. Auch I s a a k u n d B e n j a m i n Z a c h a r i a s standen als H o f f a k t o r e n i n den Diensten des Herzogs. Eine eigenartige Stellung nahm L e v i P e r l ein; er hatte die Aufgabe, bei Hofe gestohlenes Silber wieder herbeizuschaffen, was er auch mehrfach tat. Zu diesem Zwecke erhielt er einen besonderen Paß. Als 1725 wieder i n Schloß P i l l n i t z sieben silberne Teller gestohlen wurden, erhielt er am 5. Juli den Auftrag, Nachforschungen anzustellen. A n solchen Silberdiebstählen waren auch Juden beteiligt. L e v i Perl w a r also gewissermaßen Polizist m i t der Aufgabe, seinen Glaubensgenossen das gestohlene Silber wieder abzujagen. S a l o m o n M e n d e l C o h n w a r H a u s j u d e des Grafen Johann Friedrich von R u t k o w s k y u n d erhielt am 22. Februar 1730 einen Paß. J a k o b M o y s e s aus Töplitz diente als F a k t o r dem Geheimen Kabinettsminister u n d Oberkammerherrn von Friesen. M e y e r S c h i f f z u m G o l d s t e i n , kaiserlicher H o f f a k t o r , dann Faktor der Grafen von Königsegg u n d Wratislaw, w u r d e am 26. M a i 1728 F a k t o r des K . K . Gesandten Grafen Leopold von Waldstein i n Dresden. Zwei Jahre später stand a u d i der Hamburger A b r a h a m F a l c k l e r als H a u s f a k t o r i n Waldsteins Diensten, für den er zum Beispiel Reisen nach W i e n unternahm. Der kaiserliche Hoffaktor u n d Waldsteinische Faktor Meyer Schiff zum Goldstein nahm 1729 wiederum den Töplitzer E l i a s S u ß m a n n i n seine Dienste, i m nächsten Jahre ersetzte er i h n durch den Töplitzer E l i a s S a l o m o n . A b r a h a m A r o n w a r Sachsen-Lauenburgischer Η ο f j u d e und P r i m a s liber die i m Königreich Böhmen wohnende Landjudenschaft, als Lehmann seine Tätigkeit i n Sachsen begann. W i r sind am Ende unserer Ausführungen über den Residenten und seinen Kreis von Mitarbeitern. Es w a r eine staatliche Schar von Hoffaktoren, die Behrend Lehmann unter Johann Georg I V . und August dem Starken nach Sachsen zog. W i e der Resident aber selber in Halberstadt wohnen blieb u n d von hier aus seine Geschäfte tätigte, so befanden sich unter den H o f j u d e n dieser Zeit recht viele, die außerhalb Sachsens ihren Wohnsitz hatten und trotz ihrer k u r sächsischen und polnischen H o f t i t e l auch beibehielten. Dies ist cha-
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Hoffaktoren der Familie Lehmann
rakteristisch für die von Behrend Lehmann i n Sachsen begründete Institution des Hof Judentums; auch später werden uns noch solche „ausländischen" Hoffaktoren i n Sachsen begegnen. Sachsen gab damit der Institution der H o f j u d e n an norddeutschen Fürstenhöfen eine neue Note. Hoffaktoren der Familie Lehmann 1. G e n e r a t i o n : * a) B e h r e n d L e h m a n n i n Halberstadt 1661—1730, Kgl. Polnischer Resident u n d Kursächsischer Hof jude, b) H e r z L e h m a n n , gest. 1746, Hof j u d e i n Wien. Brüder 2. G e n e r a t i o n : a) L e h m a n n B e h r e n d , gest. 1774; Hoffaktor i n Dresden, b) E l i a s B e h r e n d L e h m a n n , Hofschutz j u d e i n Dresden, c) K o s m a n n B e r e n d i n Hannover, Kriegslieferant des Bistums i n Münster. Söhne des Residenten. 3. G e n e r a t i o n : a) K o s m a n n — getauft Christian Gottlieb — L e h m a n n , Hoffaktor i n Dresden, gest. 1801, b) I s a a k — getaμft Christian Leberecht — L e h m a n n , Hoffaktor i n Dresden, gest. 1801, c) H i r s c h e l L e h m a n n , Hoffaktor i n Dresden, Söhne von 2 a. d) L e h m a n n E l i a s , Hoffaktor i n Dresden, e) L e h m a n n A n n a , f) L e h m a n n M a r i a n a , kurprinzliche Hoffaktoren. K i n d e r von 2 b. 4. G e n e r a t i o n : M i c h a e l B e r e n d , Hofagent i n Hannover, Enkel von 2 c, gest. 1832. 5. G e n e r a t i o n : K o s m a n n B e r e n d , Hofagent i n Hannover (1801—1886), Sohn von 4. Zeit der W i r k s a m k e i t : Ende des 17. bis M i t t e des 19. Jh. (Nach den A k t e n der St.A. Dresden, Hannover und Berlin.)
Die Münzentrepreneurs i n Sadisen
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Die Münzentrepreneurs in Sachsen I n der Ä r a Behrend Lehmann hielten i n Sachsen a u d i die Münzentrepreneurs ihren Einzug; sie kamen i n stattlicher Zahl, so dafi w i r ihnen einen besonderen Abschnitt widmen. Schon Behrend Lehmann, Herz Lehmann und Lazarus Hirschel waren als M ü n z u n t e r n e h m e r 3 tätig, bevor Sachsens erster großer M ü n z e n t r e p r e n e u r G e r d L e v i seinen Einzug hielt. Was die Hoffaktoren für Dresden bedeuteten, das w u r d e n die Münzunternehmer für Leipzig. Sie sind die Begründer der dortigen j ü dischen Gemeinde. F ü r die gewaltigen Geldbedürfnisse Augusts des Starken genügte das Freiberger Silber nicht mehr; Edelmetalle mußten i m Ausland aufgekauft u n d eingeführt werden. D e r Handel mit Gold u n d Altsilber lag aber ganz i n den Händen der Juden, die seit dem Dreißigjährigen Kriege den M a r k t v ö l l i g beherrschten. D i e Münzfaktoren, die durch August den Starken nach Sachsen gezogen wurden, waren nicht nur Silberlieferanten w i e i n den anderen Ländern, sondern auch Hofbankiers. Gerd Levi, geboren 1659, gestorben 1739, k a m seit 1688 von Hamburg auf die Leipziger Messen. Nach jüdischen Forschungen ist er identisch m i t Gerson Bendit, dem Schwiegersohn des uns schon in Preußen bekannt gewordenen Hamburgers Jeremias Fürst; damit würde L e v i auch i n den Verwandtenkreis des Dessauer Hoffaktors Moses Benjamin W u l f f gehören. I m Jahre 1710 w u r d e er von August dem Starken als Münzentrepreneur nach Leipzig berufen; damals war er 51 Jahre alt u n d bereits ein reicher Mann. Nach seinen eigenen W o r t e n (1730) hatte er sich „nicht etwa gleich anderen Juden aus gewinnsüchtigen Absichten allhier eingeschlichen, sondern einen or-* dentlichen Ruf zum A u f k a u f u n d zur Lieferung des zur Münze benötigten Silbers erhalten". A m 11. A p r i l 1710 erhielt L e v i durch den Oberhofmarschall von Löwendal einen Freipaß zum Silberaufkauf, der am 30. August 1713 erneuert wurde. Als Münzlieferant bezog Gerd L e v i ein jährliches Salarium von 100 Tlrn., später von jeder M a r k gelieferten Silbers „nicht mehr als 1 Gr. zur Ergötzlichkeit". Gegen den Münzentrepreneur richtete sich die Opposition der christlichen Bevölkerung Sachsens ebenso w i e gegen den Hofbankier Lehmann und Genossen. Landtag, Stadtrat und Kaufmannschaft von Leipzig unternahmen mehrfach Vorstöße gegen Levi, um i h m den Aufenthalt i n Leipzig außerhalb der Messezeit zu verbieten. Sie hatten auch zeitweilig Erfolg, so 1728, 1730, 1733; am Ende blieben i n dem Kampfe zwischen Landesfürst und Ständen u m die dauernde Niederlassung die Münzentrepreneurs genau so die Sieger, wie zur gleichen Zeit die Hoffaktoren.
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Die Münzentrepreneurs i n
Sasen
A m 9. M a i 1730 hatte der Landtag Levis Ausweisung verfügt; im gleichen Jahre w u r d e Johann A d a m Lorentz Münzfaktor. Doch schon am 16. Dezember w a r d vom K u r f ü r s t e n erneut die D u l d u n g Levis verfügt. I m Jahre 1731 entbrannte wieder der Kampf u m L e v i ; am 29. Dezember w a r f i h m der Leipziger Rat in einer Eingabe der Kaufmannschaft Mifibrauch seines Amts vor, worauf der Münzfaktor 1733 erneut ausgewiesen wurde. Doch w a r inzwischen m i t dem neuen Kurfürsten Friedrich August I I . G r a f B r ü h l , der besondere Gönner der Juden, zur Macht gelangt; so hatten Levis Gesuche an den Landesherrn, i n denen er auf seine Geschäftserfahrung u n d den Umfang seiner Lieferungen hinwies, den Erfolg, dafi i h m auf sein Ansuchen vom 14. J u l i schon am 28. J u l i Aufenthalt i n Leipzig u n d Silberlieferung bis an sein Lebensende b e w i l l i g t wurden. D i e Wendung w a r durch B r ü h l herbeigeführt worden; er brauchte die Juden für die Aufgabe, die i h m damals gestellt war. A m 1. Februar 1733 w a r August der Starke gestorben; Brühls Aufgabe w a r es nun, dem Nachfolger auch die polnische Königskrone zu sichern. Das kostete wieder v i e l Geld. A m 25. Februar erhielt B r ü h l die Aufsicht über alle Landeskassen; tags darauf bew i l l i g t e i h m die Ministerkonferenz für den W a h l k a m p f 500 000 D u katen = 1 375 000 T i r . B r ü h l und sein Gehilfe Hennike sollten die Gelder beschaffen. F ü r die Anleihen bedienten sich beide anfangs des Bankiers Oertel u n d des Münzfaktors Gerd L e v i i n Leipzig; daraus e r k l ä r t sich dessen P r i v i l e g auf Lebenszeit. Nach zwei Monaten w u r d e die Entscheidung zugunsten des Münzunternehmers zwar widerrufen, doch blieb Gerd L e v i unangefochten i n Leipzig. Ritterschaft und Städte mußten daher am 31. J u l i 1734 feststellen, daß Gerd L e v i trotz aller Verordnungen „noch immer M i t t e l u n d Wege gefunden hat, bis auf diesen Tag daselbst sich zu fristen", u n d am 4. November des gleichen Jahres, der Münzfaktor zu Leipzig „tue unter dem Scheine des wenigen Silbers, so er bisweilen zur Münze geliefert, dem Commercium großen Schaden". D e r K u r f ü r s t schwieg sich jedoch über seinen Münzfaktor aus, u n d am 24. November wagten Ritterschaft u n d Städte erneut einen Vorstoß gegen den „ z u Leipzig geduldeten Gerd L e v i " . D e r Landtag von 1737 ging wiederum gegen den Münzfaktor vor; am 2. A p r i l beschuldigten Ritter u n d Städte Gerd Levi, „unzuläfiliche Gewerbe zu treiben, dergleichen noch gegenwärtig geschehen, da er verbotene u n d devalvierte Münzsorten m i t einem höheren Agio, als der Guardien einwechsele, gleichwohl dahinstehet, ob er zu Euer Königlichen Majestät Münze alles einschicket oder nicht, vielmehr anderweitigen Vertrieb seinen V o r t e i l machet". D i e Königliche Reso-
D i e Münzentrepreneurs i n Sadisen
l u t i o n darauf vom 12. A p r i l lautete: „ W e r d e n a u d i wegen des sogenannten Münzjudens Gerd L e v i i n Leipzig hinlängliche Anstalt treffen zu lassen nicht ermangeln." Dafi nichts geschah, bewies der 1739 erfolgte Tod des 80jährigen Gerd L e v i ; er w u r d e i n Dessau begraben. Nachfolger i n seiner Stellung w u r d e ohne weiteres sein Sohn L e v i G e r d , der die zweite Generation dieser Hofmünzerfamilie repräsentiert; ein Bruder namens C h a j i m ben Gerson w a r 1712 i n Leipzig gestorben. Durch Reskript vom 18. Februar 1739, ausgestellt i n Warschau, w u r d e L e v i Gerd zum amtlichen M ü n z l i e f e r a n t e n ernannt, „damit die durch diesen (Vater) von geraumer Zeit her i n hinlänglicher Quantität u n d anständigen Preis von Leipzig aus besorgte Gold- u n d Silberlieferung zur Münze nach Dresden zum Schaden derselben nicht ins Stocken gerate". Gleichzeitig w u r d e L e v i Gerd u n d seiner Familie der Aufenthalt i n Leipzig gestattet. D i e Leipziger Kaufleute u n d Goldschmiede waren dagegen; sie traten für den christlichen Lieferanten Lorentz ein u n d machten geltend, der Münzfaktor werde Handel treiben u n d stets fremde Juden bei sich beherbergen. So hatten es die Hoffaktoren i n Dresden gemacht. D i e Goldschmiede wiesen darauf hin, daß der verstorbene Hofmünzer Gerd L e v i „durch Ein- u n d Verkauf aller A r t e n von Pretiosen u n d Juwelen ihnen beständig großen Schaden getan". D e r neue Münzunternehmer werde gewiß auch Handel treiben, „wenigstens m i t Ausleihung auf Pfänder und sonsten unerlaubten Wucher". Der Stadtrat gab beide Eingaben befürwortend an die Landesregierung weiter, welche am 17. J u l i beide Gesuche ebenfalls befürwortend den Geheimen Räten zuleitete unter Hinweis darauf, daß die Juden gestohlene Sachen verschachern, gutes Geld aufkaufen und ausführen u n d dazu wenig Steuern zahlen. A u f die Eingaben erfolgte keinerlei A n t w o r t ; L e v i Gerd blieb. M i t neuen Beschwerden über den Münzfaktor beschäftigte sich der Landtag von 1742; die A n t w o r t vom 9. J u l i w a r diesmal entgegenkommend. „Soviel aber den Juden L e v i Gerd i n Specie betrifft, haben zwar I h r o Königliche Majestät denselben statt seines verstorbenen Vaters Gerd L e v i zum Münzlieferanten bestellen lassen, nachdem aber der i h m u n d seiner Familie gestattete Aufenthalt i n der Stadt Leipzig bloß die Beförderung der Gold- u n d Silberlieferung zur hiesigen Münze zum Endzweck gehabt, m i t h i n darauf, daß er auch außer denen Messen einen Handel m i t Kaufmanns- u n d Kramer-Waren daselbst treiben solle, keineswegs zu verstehen ist; also bedarf es bloß geziemender A n zeige gehörigen Orts, w e n n gegen bessere Zuversicht von besagtem L e v i Gerd die i h m erteilte Konzession mifibraucht werden sollte, 15 Schnee, Hoffinanz I I
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Die Münzentrepreneurs in S a s e n
inmassen es sodann an der erforderlichen Remedur nicht fehlen wird". Ergebnis auch dieses Vorstoßes war, daß es „dabei b i l l i g sein Bewenden" habe, „solange der K ö n i g bezüglich des Münz j u d e n nicht ein anderes befehle". So blieb auch L e v i Gerd; am 10. März 1755 wurde sogar seinem Glaubensgenossen Oppenheimer die Konzession für Leipzig entzogen; L e v i Gerd w a r alleiniger Münzfaktor i n Leipzig, wo er am 9. Dezember 1794 starb; sein eigentlicher Name w a r R. Löb ben Gerson. D i e d r i t t e Generation dieser Familie w u r d e repräsentiert durch zwei Söhne L e v i Gerds. B a r u c h A a r o n L e v y — jetzt k a m die Schreibung m i t y auf — w a r M ü n z f a k t o r und H o f l i e f e r a n t ; er starb schon am 16. November 1784, also zehn Jahre vor seinem Vater. D e r andere Sohn führte wieder den Namen des Großvaters, hieß also G e r d L e v y ; es ist nicht bekannt, ob er gleichfalls amtlich bestallter Hofmünzer war. Münzentrepreneur und H o f f a k t o r zugleich w a r B a r u c h A h r o n Levi, ein E n k e l des bekannten Dessauer Hofbankiers Moses B e n j a m i n W u l f f ; L e v i erhielt 1754 das Privileg, als zweiter Jude neben L e v i Gerd i n Leipzig siedeln zu dürfen; 1769 wurde er Hoffaktor. Inzwischen hatte sich eine ganze Anzahl von Münzunternehmern i n Dresden niedergelassen. Des älteren Gerd L e v i Schwiegersohn I s a a k J a k o b k a m 1712, 1715 oder 1720, etwa 25 Jahre alt, von Hamburg nach Leipzig; sein eigentlicher Herkunftsort w a r vielleicht Varrentrop i n Westfalen. Von dort k a m sein Bruder M e y e r J a k o b , der i n Diensten Isaaks stand. Isaak Jakob w a r S i l b e r l i e f e r a n t i n selbständiger Stellung; er lieferte seit 1715. I n Dresden w a r er seit 1719 tätig. M i t seinem Bruder stand er unter dem besonderen Schutze des Hofmarschallamtes; Löwendahl hatte i h m am 3. Januar 1722 den Paß ausgestellt; besondere Instruktionen erhielt Isaak Jakob nicht; 1727, 1736 und 1740 empfing er Kammer-Freipässe. Nach Erlaß des Juden-Mandats von 1746 bat er das Kabinett u m einen Aufenthaltspaß. Als er auf sein Gesuch vom 13. November am 27. Januar 1747 noch keine A n t w o r t erhalten hatten, richtete er wehklagende Schreiben an Hennike und B r ü h l persönlich, „unseren bisher gewesenen Schutzengel". Darauf erhielt er am 11. Februar einen Kammerpaß m i t einem Bedienten, während er sechs gefordert hatte. Sein Bruder Meyer Jakob bekam keinen Paß, blieb aber beim Hofmarschallamt eingeschrieben. H e r t z L i p p m a n n , ehemals bei der Münze i n Leipzig tätig, w a r dann S i l b e r l i e f e r a n t i n Dresden bei Isaak Jakob; 1750 scheint er dessen Teilhaber i m Silberkauf gewesen zu sein.
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I m Jahre 1745 kamen aus Prag Duschenes und Bondi als Münzer nach Dresden. S a l o m o n D u s c h e n e s bat nach Ablieferung von 126 M a r k Silber u m einen Kammer-Freipafi, den er am 13. Juli 1745 für ein Jahr erhielt; er w u r d e i m Juni des nächsten Jahres um ein halbes Jahr verlängert. Zweimal erhielt Duschenes den T i t e l M ü n z l i e f e r a n t . D e r General-Münz-Guardien ô Feral urteilte jedesmal recht günstig über ihn; das zweite M a l wies er darauf hin, dafi Duschenes bis jetzt 654 M a r k Silber geliefert habe; mehr als der „ordentliche Münzlieferant L e v i Gerd"; sein Geschäft blühe. A m 12. Juni 1754 erhöhte daher B r ü h l durch einen neuen Kammerpafi die Bedientenzahl des Münzers von 2 auf acht. Anfang 1758 starb Duschenes. Lieferungen von Salomon Duschenes bis 13. 7.1745 = 162 M a r k bis 16. 6. 1746 = insgesamt 654 M a r k = 6248 T i r . bis 17.9.1746 = neuerdings 142 M a r k = 1436 T i r . bis 13. 2. 1747 = insgesamt 886 M a r k = 9000 T i r . bis 10. 8.1747 = insgesamt 928 M a r k = 9635 T i r . Die w i r k l i c h e n Lieferungen dürften i m allgemeinen höher gewesen sein. W e i l Duschenes sich immer „von den preußischen Falschmünzern ferngehalten u n d Sachsen t r e u gedient", w u r d e dem Obersten von Ehrenschild am 8. Juni 1762 befohlen, sich dessen W i t w e , Duschenes' zweiter Frau, anzunehmen. Diese hatte sich, wieder verheiratet u n d lebte m i t vier K i n d e r n i n Prag als F r a u Bunzlin. M i t dem Paß ihres ersten Mannes betrieb sie i n Dresden durch ihre Verwandten S a l o m o n A a r o n V o r n i e s u n d A r i e l Löbel W e l s c h Geschäfte. D i e Silberlieferungen w u r d e n von ihrem Sohne erster Ehe fortgesetzt. D a v i d D u s c h e n e s erhielt durch D e k r e t vom 10. M a i 1758 seine Ernennung zum M ü n j u d e n , 1763 den Kammerpafi erst für acht, dann für zehn Bediente. A m 10. A p r i l 1742 gab es noch einen Bruder Davids, S a l o m o n D u s c h e n e s , i n Dresden; i m gleichen Jahr stand ein Duschenes i n den Diensten Bondis; diese beiden Duschenes dürften w o h l identisch sein. S i m o n I s a a k B o n d i k a m ebenfalls aus Prag nach Dresden, wo er zunächst als Bedienter arbeitete, u m sich von 1752 ab selbständig als M ü n z l i e f e r a n t zu betätigen; auch Geldgeschäfte machte er. D e r T i t e l Münzlieferant genügte i h m jedoch nicht; er wollte mehr erreichen. A m 8. Dezember 1763 gab er i n einer Eingabe an, dafi er als Münzlieferant bis 1756 für 150 000 Taler Silber, seit dem Siebenjährigen Kriege bis jetzt nochmals für 6000 M a r k Feinsilber abgeliefert und auch dazu Wechselgelder vorgeschossen habe. Er bat daher, i h m u n d seinem Sohne Salomon Simon das Prädikat als Hoffaktor zu verleihen. A m 11. Februar 1764 erhielt \5*
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Simon Isaak Bondi a u d i das D e k r e t als H ο f f a k t ο r. D e m zum Hoffaktor beförderten Münzunternehmer Bondi w u r d e jedoch vier Jahre später Mifibrauch m i t den i h m zum Silbereinkauf erteilten Freipässen nachgewiesen. Bondi hatte für sich u n d zwei Bediente einen Paß zum E i n k a u f von Bruchsilber u n d verrufenen Münzen erhalten, beschäftigte aber drei Bediente, nämlich seinen Sohn S a l o m o n S i m o n B o n d i , J a k o b M o s e s und S a m u e l L e v i . D e r Hoffaktor erhielt fünfzig Taler Strafe, die jedoch auf zehn Taler u n d die Unkosten herabgesetzt wurden. D e r T i t e l Hoffaktor w u r d e i h m nicht entzogen; i n der Steuerliste von 1771 stand er als Hoffaktor m i t 195 T i r . 12 Gr. an zweithöchster Stelle, zählte also zu den reichsten Juden Dresdens. I n seinen Diensten stand M e n d e l Hirschel. Zur gleichen Zeit w i e Bondi hatte auch der Hoffaktor A a r o n S a l o m o n I s r a e l Mifibrauch m i t seinem zum Silberkauf bestimmten Freipafi getrieben. Israel w a r auch M ü n z f a k t o r . Er w u r d e m i t 20 T a l e r n bestraft, die i m Gnadenwege auf 5 T i r . „moder i e r t " wurden. E i n m a l k a m es sogar vor, dafi ein Münzunternehmer, der u m das Prädikat Münzlieferant bat, stattdessen gleich zum Hoffaktor ernannt wurde. A m 28. Dezember 1763 bat P h i l i p p A a r o n u m das Patent als kurfürstlicher Münzlieferant; die A n t w o r t erteilte i h m am 25. Januar 1764 das D e k r e t als H ο f f a k t ο r. Tatsächlich w a r er Münzlieferant. Als M ü η ζ e r betätigte sich L e h m a n n A a r o n E m a n u e l , den w i r 1742 bis 1749 als Bedienten bei Elias Behrend Lehmann finden u n d 1761/62 auf der Liste seines Bruders Joel, der am 1. November 1762 kurprinzlicher Hoffaktor wurde. Aus Berichten des Dresdener Rates erfahren w i r , dafi seine Geschäfte i n Münzlieferungen bestanden. M ü n z j u d e niederen Grades w a r I s r a e l M o s e s , der 1754 für die Münze gebraucht wurde. O b D a v i d L e v i , der 1752 dem Diener des Geheimen Rates V i t z t h u m von Eckstädt gestohlenes Silber abkaufte, auch zur Münze lieferte, läfit sich nicht erkennen. D i e beiden folgenden Münzentrepreneurs gehören dagegen zu den selbständigen Silberlieferanten i n Sachsen. Durch D e k r e t des Kabinetts vom 24. M a i 1753 w u r d e der Dessauer H e r t z O p p e n h e i m e r zum K g l . M ü n z f a k t o r bestallt. Er hatte Silber für die Pleifienburger Münze einzukaufen. Schon Ende 1754 beschwerte sich die Leipziger Kaufmannschaft „wegen dessen verdächtigen Auswechsele vollwichtiger Münzsorten" u n d bat, i h m das ständige Wohnen i n Leipzig zu verbieten. D i e A n t w o r t w a r entgegenkommend; die Leipziger Münze bedürfe Oppenheimers nicht mehr;
D i e Münzentrepreneurs i n Sadisen
dieser habe daher das D e k r e t zurückzugeben u n d müsse sich nach Dessau zurückziehen. Oppenheimer wandte sich aber an B r ü h l und erhielt am 29. August 1755 einen Kammerpafi, der i h m den A u f enthalt „ a l l h i e r " , also i n Dresden, gestattete. E r konnte sich aber doch nicht i n Dresden halten u n d mußte seinen Wohnsitz i n Dessau nehmen, blieb aber Münzfaktor. N a t h a n E i b e s c h ü t z bat am 2. März 1754 von A l t o n a aus den K ö n i g u m eine Konzession, indem er sich von seinem „ V e t t e r " Joseph Jonas Meyer seine Ehrlichkeit bescheinigen ließ. Zu Dresden w o l l t e er sich m i t seinen wenigen K a p i t a l i e n ehrlich nähren"; B r ü h l erteilte ihm, seiner Familie u n d sechs Dienern am 20. März 1754 und nochmals am 7. August 1756 Kammerpässe. Als M ü n z l i e f e r a n t begann Eibeschütz 1763; eine Bestallung fehlt, aber nach dem Paß von 1763 sollte er bis zum 31. Oktober 1763 für 200 M a r k Silber für die Dresdener Münze aufkaufen. I m Oktober des gleichen Jahres w u r d e n S a m u e l M o s e s und J a k o b M a r k u s festgenommen, w e i l sie außer Kurs gesetzte Münzen zum Schaden der Leute aufkauften. Sie handelten wiederum i m Auftrage ihres Glaubensgenossen W a l l e r s t e i n aus Großenhain; i h r Paß lautete aber auf den Namen Nathan Eibeschütz. Es lag Mißbrauch m i t Judenpässen vor. Wenige Jahre später, 1770/71, kamen wiederum Mißbräuche m i t zum Silberankauf bestimmten Sammelpässen vor, u n d zwar durch den Hoffaktor Nathanael Jonas Eibeschütz, dessen Paß andere gebrauchten. E r erhielt für diesmal keine Strafe, sondern w u r d e n u r zum Ersatz der Kosten verurteilt. Dieser Nathanael Jonas Eibeschütz, der Münzlieferant u n d Hoffaktor zugleich w a r , dürfte m i t dem oben genannten Nathan Eibeschütz identisch oder dessen B r u der sein. Eine Bestallung zum Hoffaktor liegt nicht vor. I n welchen verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Hoffaktor N. J. Eibeschütz zu dem gleichzeitig auftretenden W o l f Jonas Eybeschütz stand, ist auch nicht ersichtlich, da die Personalangaben über die Eibeschütz sehr d ü r f t i g sind. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Eibeschütz Brüder sind. W ä h r e n d des Siebenjährigen Krieges brachte Friedrich der Große seine eigenen Münzentrepreneurs nach Sachsen. D i e T ä t i g k e i t der großen Hofmünzer Ephraim, Isaak u n d I t z i g haben w i r schon in Bd. I geschildert. Das L a n d w u r d e m i t „ E p h r a i m i t e n " überschwemmt. Auch die Gräfin Cosel auf Schloß Stolpen erhielt durch Friedrich den Großen ihre Revenuen i n Ephraimiten ausbezahlt, m i t denen sie voller W u t die Wände benagelte. Nach dem Kriege w u r d e n i n Freiberg fast 5000 Zentner Ephraimiten zur Einschmelzung abgeliefert.
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Die Münzentrepreneurs i n S a s e n
Von bedeutenden sächsischen Münzfaktoren während des Krieges und i n der Folgezeit w i r d uns nichts berichtet. Gerd Levi, L e v i Gerd, Hertz Oppenheimer, D a v i d Duschenes und Simon Isaak Bondi blieben Sachsens große Münzentrepreneurs; ihre hauptsächliche W i r k s a m k e i t fiel i n die Jahre vor dem Siebenjährigen Kriege. D i e Münzfaktoren standen unter dem unmittelbaren Schutz des Königs, erhielten vom Kabinett eine förmliche Bestallung und w u r d e n i n E i d und Pflicht genommen. Ihre Fachbehörde w a r die gleiche w i e für die anderen Juden, das Kammerkollegium, das ihnen besondere Pässe zum Silbereinkauf ausstellte. Abgabenbefreiung w a r d nur wenigen zuteil; die Lieferung erfolgte i m allgemeinen an die Dresdener Münze, Oppenheimer w a r Lieferant für die Pleißenburger Münze. I n vielen Staaten erhielten die Hof- und M ü n z j u d e n eine feste Besoldung, die i n manchen Fällen recht beträchtlich war. Von einer Bezahlung der Hoffaktoren i n Sachsen hören w i r nur vereinzelt. Gerd L e v i erhielt anfangs ein Jahresgehalt von 100 Rtlern., später von jeder M a r k 1 Groschen. O b andere Münzentrepreneurs ein jährliches Salarium erhielten, ist zu bezweifeln; denn die Juden verdienten j a an dem Weiterverkauf der Edelmetalle. I m In- u n d Ausland w u r d e n von den Münzunternehmern u n d ihren Bedienten Gold, Silber, Silbergeräte und „bordierte und reiche K l e i d e r " aufgekauft. Stadt u n d L a n d w u r d e n abgegrast. I n den Diensten der M ü n z j u d e n stand w i e bei den Hof j u d e n eine ganze Schar von jüdischen Agenten. Von den Söhnen u n d Schwiegersöhnen der M ü n z j u d e n ließen sich außerdem manche an anderen wichtigen O r t e n nieder; Gerd Levis Söhne und Schwiegersöhne außer i n Dresden noch i n K o l i n , Königsberg und Hannover. A m 14. J u l i 1733 rühmte sich Gerd Levi, niemand „werde von sich m i t Wahrheit eine gleiche Wissenschaft, Konnexion und Korrespondenz i n dergleichen Silber-Negotes rühmen können". Trotz der ausdrücklichen Verbote trieben die M ü n z j u d e n auch Handel, dies w a r es, was das V o l k immer wieder zu Protesten veranlaßte. Gerd L e v i betrieb den Geldhandel; er finanzierte zum T e i l den polnischen Erbfolgekrieg; L e v i Gerd lieh auf Pfänder und trieb unerlaubte Wuchergeschäfte. Isaak Jakob bekannte am 13. November 1746, daß er seine und seines Weibes B a r m i t t e l „ i m Dienste hiesiger I n w o h n e r " verwandt habe. Des Duschenes W i t w e betrieb von Prag aus Tauschgeschäfte; auch Bondi und Eibeschütz machten Geldgeschäfte. Vor dem Siebenjährigen Kriege, 1755, gab es etwa 30 bis 40 Münzentrepreneurs. A l l e Münzfaktoren w u r d e n reich. Beim Tode Gerd Levis schlossen die sechs erbberechtigten Familien einen Vergleich über sein „ i n lauter barem Gelde" bestehendes Vermögen. D e r Leipziger Kreisamtmann wollte vom Dresdener A n t e i l
Die Münzentrepreneurs i n S a s e n
5 % , von dem, was ins Ausland ging, 1 0 % als Ausfuhrsteuer erheben. I n Sachsen sind w i r besonders gut unterrichtet über die A n klagen, welche die Bevölkerung gegen die Münzentrepreneurs erhob, D a diese Beschwerden auch für alle anderen Länder mehr oder weniger zutreffen, gehen w i r etwas näher darauf ein. Fast i n jeder Eingabe beklagte sich das V o l k über die P a r t i e r e r e i der Münzentrepreneurs. D a r u n t e r verstand man den Diebstahl von Edelmetallen und Silbergeschirr und den Verkauf an die Münzjuden. W i r haben j a bereits gesehen, daß es i n Sachsen sogar amtlich bestallte Juden gab, welche die Aufgabe hatten, den Spitzbuben das Diebesgut abzujagen. I m Jahre 1762 stahl zum Beispiel der L a k a i Wohlgemuth dem Geheimen Rat V i t z t h u m von Eckstädt vier Tischmesser, vier Gabeln, vier Löffel, zwei Salzfäßchen, die er D a v i d L e v i verkaufte, der i h m dafür 60 und etliche Taler bezahlte. Vor Gericht sagte der L a k a i aus, daß ihn L e v i zum Diebstahl verleitet habe. D i e Goldschmiede warfen den Münzfaktoren H a n d e l mit S i l b e r s a c h e n vor, die sie eigentlich der Münze verkaufen sollten. A m 19. Januar 1736 schrieb zum Beispiel die Innung der Gold- u n d Silberarbeiter i n Dresden an den Gouverneur von Friesen: „daß die Juden i n großer Menge sich allhier einschleichen, Faden-, Bruch- u n d ander Silber, Gold u n d Juwelen aufkaufen, die Erbschaften auslaufen und dadurch den zur A r b e i t notwendigen Vorrat entziehen; Silber, Gold und altes Geld zum Praejudiz der Königlichen Münze aus dem Lande schleppen, w e i l sie nicht auszukundschaften, öfters das gestohlene verhohlen und uns dadurch in den betrübten Zustand setzen, daß w i r bei jetzigen ohnedem klemmen Zeiten uns k a u m hinzubringen wissen". E i n F a l l aus dem Jahre 1740 sei hier berichtet. G e d a l j a F r ö s c h e l , Diener von Isaak Jakob, bot dem Goldschmied Schrötel zwei Silberbecher zum K a u f an. Schrötel veranlaßte sofort die Verhaftung Fröscheis. Das A m t Dresden verurteilte darauf Jakob, und die Becher w u r d e n für verfallen erklärt, Jakob wegen des Handels bestraft; außerdem sollte er den Reinigungseid leisten, ob er alles Silber abgeliefert habe, und w i e v i e l das sei. Jakob leistete jedoch den E i d nicht, protestierte und fand mächtige Beschützer. A m 7. A p r i l 1744 erst erging das endgültige Urteil, so lange hatte man es hinausgezögert; es fehlt dazu noch in den A k t e n . Das Hofmarschallamt, das seit 1722 Jakobs Beschützer war, hatte eingegriffen. V e r s c h l e p p u n g g u t e r M ü n z e n gehörte gleichfalls zu den ständigen Klagen gegen die Münzfaktoren, vor allem auch gegen Gerd Levi, zum Beispiel am 2, A p r i l 1737, Das Münzmandat von
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D i e Haffaktoren i n der Ä r a B r ü h l
1732 hatte den Juden verboten, „alte u n d gute Geldsorten, es geschehe, unter was vor einem Y o r w a n d es immer wolle, einzuwechseln". Besonders nach dem Siebenjährigen Kriege machte die Bevölkerung den Münzentrepreneurs den V o r w u r f , dafi sie das gute Geld ins Ausland brächten, den Leuten aber minderwertige Münzen verkauften. D i e guten Münzen gaben sie m i t Aufschlag weiter; ebenso kauften sie devalvierte Münzen auf, für die sie mehr zahlten, als der amtliche Kurs lautete. D i e Landesregierung bekämpfte m i t den Ständen die Münzentrepreneurs; aber Kabinett u n d Kammerk o l l e g i u m waren den Hofmünzern freundlich gesinnt, u n d Graf B r ü h l w a r der Schutzengel aller.
Die Hoffaktoren in der Ära Brühl I n der Ä r a B r ü h l (1733—1763) w u r d e Kursachen zum Eldorado der H o f j u d e n 4 . K e i n zweites norddeutsches L a n d wies unter einem Herrscher eine so stattliche Zahl von Hoffaktoren auf w i e SachsenPolen unter Friedrich August I I . (1733—1763). Eine W a n d l u n g erfuhr die Institution des Hofjudentums insofern, als unter den vielen Hoffaktoren sich n u r wenige finden, die aus der Masse herausragen. K e i n H o f j u d e der Ä r a B r ü h l reichte an die Macht u n d Größe des Residenten heran. D i e meisten Hoffaktoren waren Durchschnittsfiguren, die für irgendeine Lieferung den T i t e l Hoffaktor erbaten u n d auch erhielten. Das Patent w u r d e sehr häufig verliehen für Verdienste, die nicht mehr ersichtlich sind. Daneben begegnen uns i n den A k t e n zahlreiche Hoffaktoren, für die sich eine amtliche Bestallung nicht nachweisen läßt. N u r von wenigen Hof j u d e n können w i r etwas über ihre geschäftliche T ä t i g k e i t berichten. D i e Geschichte der Hoffaktoren verliert sich immer mehr i n eine bloße Übersicht. W i r versuchen, eine möglichst vollständige Liste der sächsisch-polnischen Hof faktoren zu geben; einzelne sind uns schon i n dem Kreise u m Behrend Lehmann genannt worden. Kursachsens Verbindung m i t Polen w i r k t e sich auf das System dahin aus, daß mehrfach polnische Juden zu Hoffaktoren ernannt wurden. Zu diesen polnischen Juden gehört I s r a e l Hirschowitz, auch Herschelwitz u n d Hirschel genannt, der 1736 i n Warschau von Friedrich August einen Freipaß i n lateinischer Sprache erhielt m i t der Aufgabe, „ v i n a aliaque mercimonia pro commoditate Aulae nostrae" zu kaufen. D a f ü r u n d für seine eigenen Geschäfte w u r d e i h m Zollfreiheit gewährt. I m Freipaß w u r d e er genannt: „Rabinus Drohobicen Incola Camenci Podoliensis",
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I n einem polnischen Hof judenpasse w u r d e der Inhaber zum „Factor noster tarn curialis quam oeconomicus" u n d Kgl. „Servitor" ernannt u n d „ i n numerus servitorum Nostrorum ac i n patrocinium et Protectionem Nostram regiam" aufgenommen u n d „omnibus libertatibus, praerogativis, immunitatibus servitores nostros concernentibus" ausgestattet. Zu den Privilegien eines polnischen H o f j u d e n zählten besonders die freie Ausübung des Handels i n Polen und Litauen, die Befreiung von allen Abgaben, nicht bloß von der Judensteuer, die Unterstellung unter die königlichen Gerichte und Empfehlung an alle Behörden, auch an die sächsischen u n d russischen Dienststellen. D i e polnischen Hofjudenpässe gingen danach weiter als die sächsischen Hoffaktoren-Patente. Eine scharfe Trennung zwischen polnischen u n d kursächsischen Hoffaktoren ist nicht durchgeführt worden. D i e polnischen H o f j u d e n bedurften keines Freipasses; von der Kopfsteuer waren sie befreit. W i r finden die polnischen H o f j u d e n auch i n Dresden, so Israel Hirschowitz, der in der sächsischen Hauptstadt eine feste Herberge und eine ständige geschäftliche Vertretung unterhielt, ein Beweis, daß er seine Geschäftstätigkeit auch auf Sachsen ausdehnte. D i e Vertretung bestand aus zwei Bedienten u n d M a y e r Z a c h a r i a s . Seine Herberge hatte Hirschowitz bei I s r a e l H i r s c h e l , der 1747 bereits seit vielen Jahren i n den Diensten des polnischen Hof j u d e n stand. Hirschowitz hatte i n Dresden also ein Zweiggeschäft m i t z w e i F a k t o r e n . A m 11. November 1746 waren Israel Hirschel u n d Mayer Zacharias im Auftrage des Königs sogar verschickt worden; sie waren demnach nicht bloße Titularfaktoren, sondern führten selbständig Aufträge aus. A m 8. März 1747 bat Hirschowitz u m einen Kammerpafi für 21 Personen m i t Aufenthaltsrecht i n Dresden, u n d zwar für vier Diener u n d deren Familien. Mayer Zacharias erhielt einen eigenen Paß u n d w u r d e dem Schutze des Gouverneurs unterstellt. Aus Teplitz k a m die Familie Polack. P e r l und S a m u e l Ρ ο 1 a c k behaupteten, schon ihre E l t e r n hätten für den K g l . H o f i n Dresden u n d Teplitz, wenn der K ö n i g dort weilte, Lebensmittel geliefert; 1746 sagten sie aus, seit 60 Jahren, i m nächsten Jahre behaupteten sie, seit 80 Jahren. Das dürfte k a u m richtig sein, da die Angaben zu frühe Daten ergeben. Perl u n d Samuel traten 1742—1747 gemeinsam auf. Sie lieferten mehrfach für die königliche Küche i n Teplitz, 1732 auch für die kurprinzliche, 1743 für die Königin. Beide waren ihrer Stellung nach K g l . H o f l i e f e r a n t e n . Sitz der F i r m a blieb Teplitz. Von dort aus drang sie nach Dresden vor, w o sie auch ihre Vertreter hatten. E i n Hoffaktorenpatent liegt nicht vor, doch nahmen ihre Kammerpässe auf ihre Hofdienste Bezug. D i e Familie Polack erinnert insofern an den Residenten Lehmann, als auch sie
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das Beispiel einer F i r m a bietet, die vom Ausland her allmählich nach Sachsen vordrang und sich dort sefihaft machte. I m Jahre 1763 gab es noch einen H o f f a k t o r A a r o n P o l a c k i n Dresden, der zweifellos dieser Familie angehörte. I n einer Gerichtsverhandlung jenes Jahres lehnte dieser Polack es ab, vor dem ordentlichen Gericht des Rates der Stadt zu erscheinen, indem er sich auf seine Stellung als Hoffaktor berief. D i e Entscheidung fiel jedoch nicht in seinem Sinne, da die Befreiung von den ordentlichen u n d die Unterstellung unter die Kgl. Gerichte nur bestimmten Hoffaktoren ausdrücklich gewährt wurde. I s r a e l A a r o n behauptete 1747, dem Vater des Königs schon· dreißig Jahre lang als H o f f a k t o r gedient zu haben. Sein Wohnsitz läßt sich nicht feststellen; er k a m zu den Messen u n d erhielt mehrfach Kammer-Freipässe, die bis zur nächsten Messe galten, so am 6. Oktober 1745, 13. M a i u n d 5. Oktober 1746. M o s e s A b r a h a m C h a n g é aus Halberstadt weilte am 27. Oktober 1742 in Dresden: „er habe allhier bei I h r o Königlichen Majestät zu tun." Geschützt w a r er durch den Schein des Gouverneurs. M e y e r de L e v y erhielt am 13. November 1755 einen Kabinetts-Freipaß, unterzeichnet von August Rex u n d B r ü h l , für sich, seine Familie, zwei Kontor- u n d drei andere Bediente. Er holte sich den Paß persönlich ab; der K ö n i g wollte i h n zu besonderen Verrichtungen heranziehen, die Reisen nach Dresden, Leipzig und durch Sachsen erforderten. Aus der polnischen Familie Hirschel w u r d e n mehrere Mitglieder Kgl. Polnische und Kursächsische H o f j u d e n . D i e Familie hatte Wohnsitze i n Posen, Warschau, B e r l i n und Dresden, dazu kamen Verwandte als Vertreter i n der großen Gemeinde Amsterdam. Begründer dieser Hoffaktorenfamilie w a r H i r s c h e l A b r a h a m , „ J u d aus Posen", der durch D e k r e t vom 17. Oktober 1743 kursächsischer H o f f a k t o r w u r d e ; sein Sohn A b r a h a m H i r s c h e l erhielt am 28. A p r i l 1751 gleichfalls das Patent als H o f f a k t o r ; i n den A k t e n steht er auch als Kgl. Polnischer und Kursächsischer Hoffaktor. Wenige Jahre später, am 23. August 1757, w u r d e i n W a r schau noch für M o s e s H i r s c h e l das Patent als kursächsischer H o f f a k t o r ausgestellt, nachdem er sich am 16. August des Jahres nach einer vergeblichen Eingabe persönlich an B r ü h l gewandt hatte. D i e Eingabe erfolgte gleichfalls von Warschau aus. Moses Hirschel w a r ein Sohn des Hirschel Abraham, dem also zwei Söhne als Hoffaktoren folgten. I n der Eingabe hatte Moses Hirschel noch darauf hingewiesen, daß der Vater Hirschel eine „Pension" genossen hätte. Nach weiteren Jahren meldete sich auch Hirschel Abrahams Schwiegersohn i n Amsterdam, I s a a k S i m o n , und w o l l t e Hoflieferant werden. D i e erste Eingabe vom 25. Oktober 1769 hatte
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keinen Erfolg, obwohl er eine Abschrift des Diploms für seinen Schwiegervater beigefügt hatte. D a f ü r w u r d e er aber b a l d nach seiner zweiten Eingabe vom 8. Januar 1770 am 10. März H o f f a k t o r , erhielt also eine Würde, u m die er gar nicht gebeten hatte; ein Freipaß konnte i h m jedoch zur Zeit nicht b e w i l l i g t werden. H i e r w u r d e n also i n kurzen Zeitabständen nacheinander Vater, zwei Söhne, ein Schwiegersohn kursächsische Hoffaktoren (1743—1770). Isaak Simon w a r m i t den Gebrüdern B e n j a m i n u n d S a m u e l S i m o n Vertreter der Hirschel i n Amsterdam; er hatte gegen den W i l l e n der beiden, deren Sohn beziehungsweise Neffe er war, H i r scheis Tochter geheiratet, so daß es später zu Streitigkeiten zwischen beiden Familien kam, i n die sogar Friedrich August zugunsten Hirscheis u n d Isaak Simons eingriff. E i n weiterer Vertreter der F i r m a i n Amsterdam w a r M o s e s P h i l i p p , der auch die Interessen anderer jüdischer F i r m e n auf dem Amsterdamer M a r k t e wahrnahm. Hirschel Abraham u n d sein Sohn A b r a h a m Hirschel hatten bis 1755 ihren Wohnsitz mehr i n B e r l i n als i n Dresden. D e r ältere Hirschel soll nach den Behauptungen seines Sohnes vom 10. Juni 1755 dem Vater des Königs, also August dem Starken, i n den polnischen Kriegswirren große Dienste erwiesen haben. Uns liegt jedoch keine Ernennung zum Hoffaktor durch Friedrich August I. vor. A m 17. Oktober 1743 erhielt Hirschel A b r a h a m auch einen Paß, der keine Beschränkung i n bezug auf Zeit u n d Personen kannte, ein Zeichen dafür, daß der ältere Hirschel i n hoher Gunst stand. D e r Paß w u r d e M r . A l o y , Sekretär des Kron-Großkanzlers Zaluski, z u r Weitergabe ausgehändigt. U m 1750 lebte Hirschel A b r a h a m i n Berlin, w o er am 1. Januar 1751 an den Aufregungen über die Verhaftung seines Sohnes wegen der Affaire m i t Voltaire starb. Voltaire hatte am 23. November 1750 i n Potsdam Abraham H i r schel den A u f t r a g erteilt, i n Dresden für i h n sächsische Steuerscheine aufzukaufen. Voltaire gab dafür Hirschel über beträchtliche Summen Wechsel, die zum T e i l der bekannte Berliner Münzer E p h r a i m ausgestellt hatte, der schließlich Hirschel auch das Geschäft abjagte, an dem der Hofmünzer u n d auch Voltaire auf Kosten des sächsischen Staates verdienen wollten. H i e r sollte ein Berliner Jude, Sohn eines kursächsischen Hoffaktors, einem Günstling Friedrichs des Großen m i t H i l f e Dresdener Glaubensgenossen sächsische Steuerscheine besorgen; es w a r ein Spekulationsgeschäft. Voltaire beauftragte am 23. November 1750 i n Potsdam Abraham Hirschel m i t dem E i n k a u f sächsischer Steuerscheine i n Dresden, und zwar m i t 3 5 % Verlust für den Vorbesitzer. Diese Steuerscheine standen i n Sachsen sehr niedrig i m Kurs, mußten aber nach einer Bestimmung des
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Dresdener Friedens von 1745 zum vollen Nennwert eingelöst werden, wenn sie von preußischen Untertanen eingereicht wurden. Friedrich der Große hatte durch eine Verordnung vom 8. M a i 1748 seinen Staatsbürgern die Spekulation m i t sächsischen Steuerscheinen ausdrücklich verboten; das Verbot w u r d e nicht befolgt, a u d i von dem K g l . Kammerherrn Voltaire nicht. D e n n daß dieser Hirschel den A u f t r a g erteilt hatte, Steuerscheine aufzukaufen, daran zweifelte i m Prozeß niemand, trotz Voltaires Bekundung, es handelte sich nur u m Geschäfte i n Juwelen. Voltaire hatte Hirschel auch bereits Wechsel über 40 000 Frcs. u n d 4400 Taler ausgehändigt, vorher wahrscheinlich auch schon beträchtliche Summen. Hirschel zog auch andere Juden heran, die gleichfalls unter dem Schutze des Hofes standen. Er konnte aber i n Dresden zu dem gewünschten Preis keine Steuerscheine erhalten. Außerdem bekam der K ö n i g W i n d von Voltaires schmutzigem Geschäft. Voltaire nahm daher den A u f t r a g zurück, zumal E p h r a i m i h m bessere Bedingungen bot. Voltaire zahlte Hirschel aber n u r einen T e i l der geforderten Entschädigung. D i e Auseinandersetzung wegen dieses Geschäftes führte schließlich auf A n t r a g Voltaires zu Hirscheis Verhaftung am 1. Januar 1751. D e r Aufsehen erregende Prozeß endete am 18. Februar 1751 mit einem U r t e i l , das keinem von beiden Unrecht oder Recht gab. D e r Vergleich vom 26. Februar führte sogar zu günstigen Bedingungen für Hirschel. Friedrich der Große nahm schweren Anstoß an diesem Handel Voltaires, der eine moralische Niederlage i n diesem Prozeß erlitt. K e i n Zweifel, daß der Kgl. Kammerherr auch falsch geschworen hat. Lessing, der als 21 j ä h r i g e r Student Voltaires Dolmetscher war, ergoß i n den „Sinngedichten aus den Schriften 1753" seinen Spott auf den königlichen Günstling. D i e Schlußverse lauten: „ U n d k u r z u n d gut den G r u n d zu fassen, W a r u m die List D e m Juden nicht gelungen ist, So fällt die A n t w o r t ungefähr: H e r r V . . . w a r ein größerer Schelm als er." I n der Vossischen Zeitung hatte Lessing ein Spottgedicht auf Voltaire veröffentlicht unter dem T i t e l : D e r geizige Dichter. Nach dem Prozeß wandte sich Hirschel nach Dresden, w o er am 28. A p r i l 1751 Hoffaktor wurde. Trotzdem gab der nunmehrige K u r sächsische u n d K g l . Polnische Hoffaktor Wohnsitz u n d Geschäft i n B e r l i n nicht auf; er w o l l t e sich zweifellos alle Möglichkeiten nach beiden Seiten offenhalten. I n B e r l i n w u r d e er jedoch von Ephraim verdrängt, der dort das Feld beherrschte. Hirschel nannte Ephraim seinen F e i n d u n d Richter.
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Hirschel besorgte i n erster L i n i e Diamanten für den Hof. Durch seine Heirat m i t Dorothea Meyer, Tochter des bekannten Hofagenten Joseph Jonas Meyer, knüpfte er Verbindungen m i t der damals einflußreichsten Hoffaktorenfamilie an. I n einem Prozeß gegen die Amsterdamer Bankfirma Gebrüder Simon trat Sachsen sehr w a r m für Hirschel ein; auch B r ü h l schützte Hirschel, w a n n immer er konnte. A m 12. M a i 1755 rühmte Hirschel „Euer Hoch-Reichsgräflichen Exzellenz besondere m i r gönnende Protektion". 1758 trafen denn auch die preußischen T r u p p e n Hirschel auf Brühls Gut Pforten. Von einer besonderen T ä t i g k e i t der Hirschel für den sächsischen Staat w i r d uns nichts berichtet; sie blieben i n der Hauptsache Diamantenhändler. Voltaire bezog von ihnen Ringe, Schleifen, Spiegel, Diamanten. Nach Behauptungen seiner F r a u Dorothea vom 4. Juni 1762 hatte Hirschel früher 30 Bediente, eine sehr große Zahl, die k a u m der Resident Lehmann i n seinen Glanztagen erreichte. Sie selber beanspruchte zur Fortsetzung des Geschäftes i n verkleinertem Maßstab immer noch 14 Diener. Hirschel hatte zweifellos daran gedacht, eine europäische F i r m a aufzubauen m i t Geschäften i n Posen, Warschau, Berlin, Dresden u n d Amsterdam, doch das gelang nicht. Von den F i l i a l e n i n Posen u n d Warschau hören w i r nichts; aus Amsterdam w u r d e nicht viel; so blieben n u r B e r l i n u n d Dresden. Außer den schon genannten Mitgliedern der Familien Lehmann, Meyer, Assur, Oppenheimer, Wertheimer u n d Hirschel-Wien, die Hof j u d e n unter Augusts des Starken Nachfolger wurden, sind unter B r ü h l noch folgende jüdische Hoffaktoren — die eben behandelten Hoffaktoren, Hoflieferanten u n d M ü n z j u d e n nicht mitgerechnet — ernannt worden: D a v i d B a r u c h , Ernennung zum H o f f a k t o r : Warschau, 25. März 1761. I s r a e l E l i a s zu Dresden zum H o f f a k t o r : Warschau, 21. August 1760. R a p h a e l u n d M i c h a e l D a v i d H e r t z , Brüder, zu Schleusingen; Ernennung zu K g l . H o f - und M i l i z f a k t o r e n , Warschau, 30. A p r i l 1762. L e v y F l o r e s , Vater u n d Sohn, H o f f a k t o r e n i n Amsterdam, A a r o n S a l o m o n I s r a e l , Ernennung zum H o f f a k t o r am 25. Februar 1749, J a k o b L o e b e l , aus Wengrow gebürtig, seit 1735 H o f s c h u t z j u d m i t einer monatlichen Pension von 4 T l r n . w i r d H o f f a k t o r , Warschau, 30. Dezember 1744. 1. A b r a h a m E p h r a i m L e v y , H o f f a k t o r , am 5. Januar 1747; dessen Söhne 2. S a m u e l E p h r a i m L e v y , H o f f a k t o r am 27. Oktober 1755; 3. M o s e s E p h r a i m L e v y , H o f f a k t o r am 1. M a i 1756. J a k o b M a y , jüdischer Negotiant u n d Agent, H o f f a k t o r ,
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Warschau, M o s e s A b r a h a m aus Lieben bei Prag, seit 1746 M i l i t ä r f a k t o r . Moses Metz, H o f f a k t o r . S a m u e l A b r a h a m , S t a l l f a k t o r , seit dem 6. Oktober 1762. 1. J o e l E l i a s S e c k e l , H o f f a k t o r am 7. Dezember 1733; dessen Bruder 2. I s a a k E l i a s S e c k e l , H o f f a k t o r am 12. Januar 1743; Joels Sohn 3. L e v i n J o e l S e c k e l , H o f f a k t o r am 12. Februar 1764; also nach Brühls Zeit ernannt. 1. M i c h a e l S a m u e l , H o f f a k t o r und Petschierstecher, 19. März 1748; dessen Sohn 2. S c h m u l S a m u e l , H o f f a k t o r am 8. Januar 1754. D a n i e l S a l o m o n W a l l i c h , H o f f a k t o r am 7. Juni 1754. L o e b e l W u l f f , Warschauer Jude, H o f f a k t o r , Warschau, 25. Juni 1761. Michael Salomon, Hoffaktor, 1750 genannt, dürfte identisch sein m i t dem oben genannten Michael Samuel. Unter Hofschutz standen ohne H o f t i t e l außer der schon genannten Familie Polack noch D a v i d G u m p e r t , G e r s o n Moses, P a u l I s a a k M u n c k . Das kurprinzliche Paar ernannte von 1756 bis 1763, also innerhalb von sieben Jahren, nicht weniger als zwölf Hoffaktoren, eine Zahl, die i n keinem anderen Staate Deutschlands erreicht wurde. Hoffaktoren der Thronfolger gab es w o h l auch an anderen norddeutschen Höfen; doch begnügten sich dort die künftigen Herrscher m i t einem Hof juden. Κ u r ρ r i η ζ 1ich e H o f f a k t o r e n 1756 Moses E p h r a i m L e v y 1758 Mariana u n d A n n a Lehmannin 1759 Philipp Aaron 1759 Lehmann Elias 1762 Sara M e y e r i n 1762 Samuel A b r a h a m 1762 Joel A a r o n Emanuel 1762/63 W o l f Seckel 1763 Samuel Hirschel W i n t e r n i t z 1763 Hertz L i p p m a n n 1763 D a v i d Loebel Strasser HofjudendesHerzogsJohannAdolphvonWeißenf e 1 s : Samuel Isaak, Hertz Lippmann, Isaak Zacharias. J u d e n i n D i e n s t e n des D r e s d e n e r G o u v e r n e m e n t s , s o g e n a n n t e G o u v e r n e m e n t s j u d e n : Hertz Lippmann, Abraham L e v i n und Sohn, L e v i n Abraham, Meyer Zacharias, Loebel Schie oder Schye und Sohn, Elias Joseph Kohn.
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H a u s j u d e n d e s G r a f e n B r ü h l : Hirschel M a r x , Abraham Hirschel, P h i l i p p Aaron, Markus D a v i d Moses, Joseph Krabatt, Jonas Simon, Faber Kohn, u. a. F a b e r K o h n erscheint außerdem als „Polnischer K r o n - A r t i l l e r i e - J u d e " . Von 1760 bis 1763 l i e h der Halberstädter L e v i n M e y e r Sachsen kleinere Summen. Von „Leistungen" der i n dieser Übersicht angeführten H o f j u d e n für Hof und Staat können w i r k a u m etwas berichten. N u r einzelne Streiflichter beleuchten bei diesem oder jenem seine Tätigkeit. F l o r e s i n Amsterdam führte den T i t e l F a c t e u r d e l a c o u r . Vater und Sohn waren sächsische Hofbankiers und Hoflieferanten für Silber. Seit 1743 fanden Zahlungen von Gratifikationen an die Flores statt; 1743 zum Beispiel 300 Tir., i m nächsten Jahre 200 und 300 T i r . ; 1745 = 300 T i r . ; bis 1748 w u r d e n solche Zahlungen an Isaak u n d Jakob L e v y Flores geleistet; 1751 forderte Flores j u n i o r von Sachsen noch 20 134 T i r . 21 Gr. 8 Pf. für geleistete Lieferungen, nachdem er 2333 T i r . 18 Gr. Gratifikation erhalten hatte. Bemerkenswert ist, dafi Flores dem sächsischen Hofe auch Zeitungen lieferte. D i e Korrespondenz m i t Flores führte Brühls Gehilfe Hennicke. D e r junge Flores scheint auch Münzfaktor gewesen zu sein. E i n Beispiel für den diplomatischen Ehrgeiz der Hoffaktoren bietet J a k o b M a y , der es fertig brachte, i n den Diensten von drei K u r fürsten zugleich tätig zu sein. Jakob M a y w a r A g e n t u n d H o f f a k t o r des Erzbischofs Clemens August von K ö l n ; gleichzeitig stand er i n den Diensten des Deutschen Ritterordens, für den er bei der kurbayerischen Landschaft 1759 K a p i t a l und Zinsen einziehen mußte. M a y hatte seinen Wohnsitz i n München und w a r dort Agent am kurbayerischen Hofe. D a er bereits „ v i e l nützliche Dienste geleistet", u n d damit er i n München weitere Aufgaben erledigen konnte, erteilte i h m Clemens August einen Zoll-Geleits-Freipafi. Durch D e k r e t vom 30. März 1761, ausgestellt i n Warschau, w u r d e Jakob M a y auch K g l . H o f f a k t o r u n d akkreditierter A g e n t Seiner Majestät am kurbayerischen Hofe zu München. Als der K ö n i g und K u r f ü r s t 1763 starb, drückte der jüdische D i p l o m a t der W i t w e sein Beileid aus, worauf Jakob M a y durch D e k r e t vom 14. Januar 1764, w i e er gewünscht, i n seiner doppelten Stellung als Hoffaktor und akkreditierter Agent Sachsens i n München bestätigt wurde. Das war der zweite Hoffaktor, den Sachsen i n diplomatischer Stellung verwendete. D a v i d B a r u c h k a m aus Marienburg. I n seiner Eingabe vom 21. Februar 1761 behauptete er, bisher polnischer K r o n s c h a t z f a k t o r m i t Pension gewesen zu sein. Durch den T o d des Kronschatzmeisters Grafen Sedlniczky hätte er seine Stellung verloren,
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der Kastellan Potocki, der Sedlniczkys Güter i n Besitz genommen, habe seine Familie a u d i n o d i verhaften lassen. Er hätte hier i n Marienburg einen besonders gefährlichen Posten i m kaiserlich-russischen Hauptquartier. Deshalb bitte er u m Protektion u n d die Stelle eines Hoffaktors m i t Gehalt. Baruch scheint demnach audi politischer Agent gewesen zu sein. E r hatte auch an B r ü h l eine Eingabe gemacht. Als er gleich keine A n t w o r t auf sein Gesuch erhielt, w u r d e er ungeduldig u n d wandte sich das zweitemal n u r an B r ü h l , m i t dem Erfolg, dafi seinem Bruder i n Warschau das D e k r e t als Hoffaktor zugestellt wurde. D i e Gebrüder R a p h a e l u n d M i c h a e l D a v i d H e r t z , Söhne des D a v i d Hertz zu Schleusingen, Verwandte des H o f j u d e n Abraham Friese, hatten sich i n Lieferungs- und Geldvorschuß-Geschäften „ m i t aller Treue, Festigkeit u n d Eifer benommen". Sie waren bereits am 11. Januar 1762 H o f f a k t o r e n des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen geworden. Wunschgemäß w u r d e n sie am 30. A p r i l auch H o f - u n d M i l i z f a k t o r e n für den Landesteil Henneberg-Schleusingen; am 6. September des nächsten Jahres erhielten sie i n Dresden ihren Paß. Danach durften sie, ihre Weiber, K i n d e r u n d Bediente, wenn sie i n Kgl. Angelegenheiten reisen, abgabenfrei i n allen kurfürstlichen u n d inkorporierten Landen pafiu n d repassieren. D i e Familie L e v y k a m aus Hamburg. Nachdem Jonas Meyer und Gerd L e v i von H a m b u r g nach Dresden gezogen waren, brauchte der sächsische Hof andere Vertreter i n diesem wichtigen Geldzent r u m ; zu ihnen gehörte E p h r a i m A b r a h a m L e v y , der von 1727 bis 1730 u n d 1736/37 als Hamburger i n den Messelisten erscheint. A m 20. März 1737 w u r d e L e v i zusammen m i t M a r x Assur von den Messejuden nach Dresden gesandt, u m wegen der Kultusfreiheit zu verhandeln. L e v y mufl damals schon bekannt u n d angesehen gewesen sein. E r hat w o h l schon vor seiner Übersiedlung nach Dresden eine F i l i a l e seiner B a n k i n der sächsischen Hauptstadt besessen, die wahrscheinlich von seinen Söhnen Samuel u n d Moses geleitet wurde. L e v y hatte m i t seinen Söhnen schon als Hamburger Kammer - Freipässe erhalten, so am 26. März 1745 u n d am 9. März 1746. Als er i n einem Gesuch u m das Wohnrecht i n Dresden bat, schrieb er, dafi er sich „ i n allen Fällen zu des Königs Diensten bereitfinden lasse". E r dürfte m i t dem Hofe u n d dem Hause B r ü h l Geldgeschäfte gemacht haben. A m 20. Dezember 1746 starb der Hoffaktor Isaak Elias Seckel. Schon tags darauf bat L e v y u m den „freigewordenen" Schutzbrief, u m sich Ostern 1747 i n Dresden etablieren zu können. A m 5. Januar 1747 ernannte i h n der K ö n i g „wegen seiner i h m angerühmten Ge-
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schicklichkeit" zum Hoffaktor u n d erteilte i h m einen Kabinetts-Freipaß, der auch die Bedienten einschloß. B r ü h l w a r i h m wohlgesinnt, während Hennicke Zurückhaltung übte. Von Dresden aus unterhielt L e v y Verbindungen nach allen Geldzentren von Europa, besonders zur F i r m a Simon i n Amsterdam. Von seinen vier Söhnen Jeremias, Judas, Samuel u n d Moses w u r d e n die beiden letzteren Hoffaktoren, doch spielte n u r Moses eine größere Rolle. Von dem H o f f a k t o r S a m u e l E p h r a i m L e v y wissen w i r , daß er 1759 i n Dresden m i t B r ü h l Verhandlungen führte; er scheint nicht i n Dresden gewohnt zu haben, sondern w a r offenbar Vertreter der väterlichen F i r m a von einem anderen O r t e aus. E p h r a i m A b r a h a m L e v y starb am 23. A p r i l 1756; seine W i t w e Rahel erhielt von B r ü h l schon am 22. J u l i einen Kammerpaß w i e i h r verstorbener Mann. Nachfolger des Vaters w a r d H o f f a k t o r M o s e s E p h r a i m L e v y , der am 13. August 1756 auch Hoffaktor der Kurprinzessin wurde. Er wohnte von 1756 bis 1763 m i t der Mutter zusammen. Als Firmenname w u r d e „ E p h r a i m Abraham L e v y " bei^ behalten, da der Name als renommiert galt. Vater u n d Sohn waren i n der Dresdener Gemeinde sehr angesehen. D e r ältere L e v y gehörte 1750 zu den fünf Bevollmächtigten, die m i t B r ü h l die Verhandlungen wegen eines jüdischen Friedhofs führten. D e r jüngere L e v y w a r 1760 Vorsteher der Judenschaft. Moses E p h r a i m L e v y arbeitete m i t dem Finanzmann Grafen Joseph Bolza zusammen, der große Geldgeschäfte m i t den Höfen in Dresden u n d W i e n tätigte. Eine H a u p t a k t i o n beider bildete 1758 die Verpfändung des kgl. Tafelsilbers. A m 16. Juni 1758 w u r d e zwischen L e v y u n d Bolza ein K o n t r a k t abgeschlossen. Danach sollte der Hoffaktor dem Grafen Bolza 100 000 oder 150 000 Taler acht Tage, nachdem Bolza i n H a m b u r g oder Amsterdam Silber i m Werte von 110 bzw. 165 000 R t l r . als Pfand übergeben hatte, verschaffen. D i e Rückzahlung der Gelder sollte nach einem Jahre erfolgen. W u r d e der Vertrag i n zwei Monaten nicht erfüllt, dann waren 1000 D u k a t e n Buße zu zahlen. Zur Beschaffung des Geldes bediente sich L e v y der F i r m a „Benj a m i n u n d Samuel Simon" i n Amsterdam; schon am 28. Juni erhielt Bolza auf diese F i r m a gezogene Wechsel über 5000 fl. holländisch Banco. D e r Hoffaktor wollte am 14* Juli 1758 abreisen. A m Abend zuvor übergab i h m Graf Bolza drei Spezifikationen über 68 Kisten Gold u n d Silber m i t Angabe des Gewichtes und des Dresdener Preises von 231 000 T i r . D i e Kisten gingen nun nach Amsterdam ab; 46 Kisten w u r d e n über F r a n k f u r t a. M., 22 über H a m b u r g gesandt. D i e über F r a n k f u r t a. M. expedierten Kisten kamen zuerst i n A m sterdam an, u n d die Gebrüder Simon stellten dafür 190 000 Gulden 16 Schnee, Hoffinanz I I
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bereit. L e v y reiste am 14. J u l i über H a m b u r g nach Amsterdam; noch am Tage der Abreise sandte Graf Bolza dem L e v y einen Brief nach, der i h n i n Sonnewalde oder Luckau erreichen sollte, i h n tatsächlich aber i n B e r l i n erreichte. Dieses höchst m e r k w ü r d i g e Schreiben, das dann i m Prozesse Bolza gegen L e v y eine bedeutsame Rolle spielte, lautete: „Ich b i n heute f r ü h von Hoher Hand angegangen worden, dafi i d i wegen der Bärenburgischen Münze an I h r o Röm.Kayserl. M a j t . Bericht erstatten und einen Befehl auswürken möchte, dafi zu dem vorgesetzten Gehalt aida Gelder zu prägen, durch den Reichs-Hof-Rath nicht gestattet werde, zumahlen die Leipziger u n d hiesige Müntze dabey großen Nachteil haben. Ich habe Ihnen also hiemit nochmahlen auftragen wollen, daß Sie m i t bey Hh. Ephraimo die verlangte Prämie vor mich auswürcken und darüber Versicherung verschaffen, wiedrigenfalls schreibe ich nicht allein an Ihre M a j t . den Kayser u m die neue Münz-Pacht zu vernichten, sondern auch an den General Rezow, dafi von preußische Seite ebenfall ein Hinderniß i n Weg gelegt werden sollte. Gewärtige von Ihnen diessfalls eine baldige zuverlässige A n t w o r t und verharre i n dessen freundlich salutiert G ν Bolza". Nach diesem Schreiben hatte L e v y m i t dem Berliner H o f j u w e l i e r in Münzangelegenheiten zu verhandeln. Doch w a r hier L e v y nur M i t t l e r zwischen Bolza u n d Ephraim; denn i n der Bernburger Münze ist L e v y nach dem vorhandenen Aktenbestand n i d i t tätig gewesen. Von Berlin reiste L e v y nach H a m b u r g weiter, w o er 16 bis 17 Tage warten mußte, bis die 22 Kisten von seinem Korrespondenten D a v i d I s a a k W a l l a c h angekommen waren. Darauf setzte L e v y die Reise nach Amsterdam fort, wo die Kisten am 4. September eintrafen. D i e F i r m a Simon l i e h hierfür 132 000 fl. D a aber Bolza die Gelder i n Piastern haben wollte, der Transport durch das Kriegsgebiet auch gefährlich war, gingen die Beträge nicht sofort an den Grafen Bolza ab. Man fragte erst noch einmal bei Bolza an; dann sandte die F i r m a 319 322 fl. i n Piastern gegen a /4 o/o Assekuranz an eine Hamburger F i r m a zur Weiterleitung nach Dresden. F ü r Courtage w u r d e n 352 fl. und an Spesen 1079 fl. von Simon abgezogen. D i e an der Gesamtsumme noch fehlenden 1245 fl. wurden Bolza auf anderem Wege zugeführt. D i e letzte Geldsendung ging am 14. Oktober 1754 ab. Bolza hatte dem Hoffaktor i n Dresden eine Carte blanche und einen Pfandbrief mitgegeben. A u f G r u n d dieser Vollmacht trat L e v y i n Amsterdam selber als Schuldner der F i r m a Simon auf. Nach dem am 12. September beim Notar G e r r i t Boumann i n Amsterdam aufgenommenen P r o t o k o l l waren die 190 000 fl. am 1. Februar und 1. August 1759 m i t 5 % zu verzinsen, die 132 000 fl. am 15. Februar
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und 15. August. Wenn keine Verlängerung verabredet wurde, w a r das K a p i t a l am 1. und 15. August 1759 zurückzuzahlen. Blieb eine der Zahlungen aus, dann hatten die Simon das Recht, ohne gerichtliche Formalitäten das Silber u n d Gold zu verkaufen oder auch einschmelzen zu lassen. Außerdem nahm L e v y auch jede Gefahr, die dem Schatz zustoßen konnte, auf sich. Emanuel Barents u n d Isaak Salomon verbürgten sich für Levy. Nach seiner Rückkehr übergab der Hoffaktor ein Exemplar dieser U r k u n d e seinem Auftraggeber. Bolza w a r m i t dem Abkommen jedoch höchst unzufrieden u n d veranlaßte am 27. Januar 1759 die Verhaftung Levys. Es k a m zum Prozeß zwischen Bolza u n d Levy, i n dem B r ü h l auf Seiten des Hoffaktors stand, fand er doch die Geschäfte des Grafen Bolza noch jüdischer als die des Hoffaktors. Zwar hielt er L e v y für verantwortlich, doch w o l l t e er „den Juden nicht über Gebühr beschweren" lassen. W e n n L e v y eine E r k l ä r u n g der Simon beibringe, daß sie von der Klausel keinen Gebrauch machen würden, dann könne man i h n gegen K a u t i o n freilassen. D i e Kurprinzessin hielt L e v y für einen Betrüger und forderte von Simon eine ausführliche Spezifikation. Auch Samuel E p h r a i m L e v y bat am 17. A p r i l i n W a r schau u m die Freilassung seines Bruders. Er behauptete, die Simon lehnen eine Spezifikation ab, w e i l eine Durchstöberung der Kästen den Inhalt i n Gefahr bringen würde. Er w o l l t e jedoch m i t Simon verhandeln, daß sie 1. den Vertrag um zwei Jahre verlängerten, 2. die Zinsen von 6 auf 4V2 °/o herabsetzen und 3. wegen des Pfandes einen neuen Vertrag abschließen. Diese Ausführungen erwiesen sich als u n w a h r ; denn die Simon schickten die gewünschten Spezifikationen, außerdem betrug der Zinsfuß gar nicht 6, sondern 4 %>. D e r schwerste V o r w u r f , den man dem Hoffaktor machte, bestand darin, daß er den Gebrüdern Simon die unbeschränkte Freiheit zur Veräußerung des Pfandes zugestanden hatte. Andere V o r w ü r f e wie die, dafi er nicht m i t seinem Namen unterzeichne, die F i r m a vielmehr unter dem Namen seines Vaters fortführe und die Bernburger Münze gepachtet haben solle, fielen nicht ins Gewicht. Dagegen w a r die Beschuldigung sehr schwerwiegend, dafi er die Sendung über H a m b u r g absichtlich verzögert hätte, um sich der d a r i n enthaltenen Piaster zur Ausmünzung i n Bernburg zu bedienen. L e v y leugnete, mit Silber gehandelt oder eine Münze gepachtet zu haben. Bolza hatte inzwischen m i t M o s e s P h i l i p p i n Amsterdam zu 3V2°/o abgeschlossen. D a r a u f erging am 8. M a i der Befehl, L e v y freizulassen, wenn er sich schriftlich verpflichte, für etwaigen aus der Pseudovollmacht sich ergebenden Schaden zu haften, die Simon zur Anerkennung der durch Bolza erfolgten K ü n d i g u n g zu veranlassen und die Gerichtskosten zu tragen. A u f Veranlassung Brühls w u r d e 16*
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am 10. M a i 1759 die Wache vor Levys Haus entfernt, nachdem er die gewünschten Zugeständnisse gemacht hatte. I m August 1759 ging das ganze Pfand für zwei Jahre auf Moses P h i l i p p über, der später den Zinsfuß noch weiter herabsetzen konnte. Zusammengefaßt ergibt sich folgendes B i l d : D i e Kurprinzessin hatte Bolza m i t der Verpfändung des Silbergeschirrs beauftragt; man w o l l t e die F i k t i o n aufrecht erhalten, daß es sich u m Privatgeschäfte handele. A n dem Geschäft w o l l t e n zweifellos beide Vermittler, Bolza und Levy, recht v i e l verdienen und aus der durch den Siebenjährigen K r i e g hervorgerufenen Notlage der kurprinzlichen Familie K a p i t a l schlagen. Bolza gab L e v i eine zu große Vollmacht; dieser schloß einen für die Schuldner zu ungünstigen Vertrag in Amsterdam, über den die wirtschaftlich denkende Maria Antonia sehr entrüstet war. ü b e r Bolzas Geschäfte urteilte B r ü h l 1761 in einem Schreiben an die Kurprinzessin: „ L e profit q u ' i l (Bolza) a tiré, est un peu trop j u i f , et cette Excellence est cher avec ses services." D e r Prozeß zeigt uns die machtvolle Stellung, die der Hoffaktor L e v y damals einnahm. A l l e behandelten ihn, selbst nach dem Prozeß, w i e ein rohes E i u n d hofften, daß sein K r e d i t keinen Schaden erlitten habe. I n der Judenschaft hat diese Schlappe Levys Stellung nicht i m geringsten erschüttert; er w u r d e danach sogar erster Vorsteher der Gemeinde. I n B e r l i n und H a m b u r g waren Abraham H i r scheis Gegner seine Geschäftsfreunde; m i t Ephraim, dem Berliner Münzfaktor, stand er i n Geschäftsverbindungen. Bolza, der Graf, redete seinen jüdischen Geschäftspartner i n seinen Briefen mit „Hochgeehrter H e r r " an. Bolza und L e v y arbeiteten auch bis zum Prozeß i n Münzgeschäften zusammen. Aus dem Briefe Bolzas an den „Hochgeehrten H e r r n E p h r a i m L e v y " vom 14. Juli 1758 ergibt sich, daß L e v y damals über B e r l i n nach H a m b u r g reiste, also nicht den unmittelbaren Weg nahm. I n diesem, L e v y nachgesandten Schreiben verlangt Bolza von dem Hoffaktor, daß er i h m bei „ H e r r n E p h r a i m " die verlangte Prämie auswirken solle, w e i l er dafür in seinem Bericht an den Reichshofrat Sorge tragen werde, daß in Bernburg „ z u dem vorgesetzten Gehalt" nicht geprägt werden dürfe, die Leipziger und Dresdener Münze w ü r d e dadurch Schaden leiden. Er werde außerdem an den preußischen General von Retzow schreiben, damit auch von preußischer Seite der Bernburger Münze alle Hindernisse bereitet würden. Dieser Brief ist sehr aufschlußreich; zeigt er doch nichts weniger, als dafi Bolza und Levy, die in kursächsischen Hofdiensten standen, auch m i t dem Landesfeind gewinnbringende Geschäfte während des Siebenjährigen Krieges tätigten. Denn der Berliner E p h r a i m hatte j a die sächsischen Münz-
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statten i n Pacht, u n d Bolza u n d L e v y halfen i h m noch, eine Konkurrenz des Münzfaktors, die Bernburger Münze, stillzulegen, was ihnen a u d i gelang. Als treibende K r a f t erscheint der Christ und Graf Bolza, Brühls oben angeführtes U r t e i l ist nur zu berechtigt. D i e „Hochgeehrten Herren" Hoffaktoren verdankten ihre machtvolle Stellung i n erster L i n i e der Judenpolitik Brühls. Wenn A n träge auf Pässe oder Hoffaktòrenpatente einliefen, w a r B r ü h l stets bewilligungsbereit. Manchem Hof j u d e n hat der allmächtige Minister die Pässe persönlich überreicht, waren sie i h m doch als Geldgeber unentbehrlich geworden. Als das V o l k schließlich das Mandat von 1746 über die Einschränkung der Juden erreichte* da blieben seine Bestimmùngen doch n u r auf dem Papier. Das Kabinett* nämlich Brühl, siegte über das V o l k . D e r § 4 des Mandats hielt die F i k t i o n aufrecht, daß alle Juden Hof j u d e n wären. Das Uberwiegen der Kammerpässe über die Kabinettspässe zeigt jedoch, daß sie k e i n Hofjudeninstitut, w i e zur Zeit Lehmanns, mehr bildeten. D i e Dresdener Juden mußten ihre Toten i n Dessau oder Teplitz begraben; die Hof faktoren setzten n u n auch für Dresden die Genehmigung eines Friedhofs durch. A m 18. März 1750 k a m der Hoffaktor Michael Samuel i m Namen der Judeiischaft u m die Genehmigung zur Anlage eines jüdischen Friedhofs ein. Schon am 17. A p r i l erteilten der K ö n i g u n d B r ü h l ihre Zustimmung. Als Bevollmächtigte für die weiteren Verhandlungen waren beteiligt die Hof j u d e n Joseph Jonas Meyer, Michael Samuel, E p h r a i m Abraham Levy, A r o n Salomon Israel u n d Simon Bondi. A m 25. A p r i l 1751 w u r d e der Dresdener Judenkirchhof zum erstenmal benutzt. D i e Behörden hatte man bei der ganzen Angelegenheit ausgeschaltet/Brühl erhielt von den Juden ein Geschenk von 1000 Talern. Jener Hoffaktor A r o n Salomon Israel, der Sohn des Salomon Israel i n Halle, w a r ein E n k e l des Berliner Hoffaktors A r o n Israel, dessen dritte Generation also am Dresdener Hofe tätig war. Von 1742—1749 k a m er von Halle aus zur Leipziger Messe, 1750 siedelte er nach Dresden über, w o er Schloßgasse 19 wohnte. Nach dem Kammérpafi vom 23. August 1752 hatte man i h m zwölf Bediente gestattet. W ä h r e n d des Siebenjährigen Krieges kamen m i t den preußischen Truppen die preußischen Münzentrepreneurs ins Land; ein ganzes Heer von Armeelieferanten folgte. Mancher von ihnen ist nach dem Kriege i n Sachsen geblieben und hat die jüdischen Gemeinden verstärkt.
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H o f j u d e n zur Zeit der Emanzipationsbestrebungen
Hofjuden zur Zeit der Emanzipationsbestrebungen I n Sachsen k l i n g t i m Zeitalter der Emanzipationsbestrebungen die Institution des H o f j u d e n 6 ab; Hoffaktoren von Bedeutung gibt es nicht mehr. N u r am Ende stoßen w i r noch einmal auf eine Familie, die i n der Finanzgeschichte des Landes eine Rolle spielte. Zunächst führen auch unter Friedrich Augusts Nachfolger mehrere Hoffaktoren ihre T i t e l weiter, ohne daß w i r von einer nennenswerten T ä t i g k e i t für H o f u n d Staat berichten können. I s a a k P o p p e aus Böhmen w u r d e am 30. November 1767 zum H o f f a k t o r ernannt, w e i l er zum b i l l i g e n Preis Pottasche geliefert hatte. Das D e k r e t erhielt am 3. Dezember der Hoffaktor Israel zur W e i t e r l e i t u n g an Poppe, der demnach nicht i n Dresden gewohnt hat. Nach einer Eingabe vom 24. Januar 1771 w o l l t e der Amsterdamer J o s e p h H a r t o g gern H o f f a k t o r werden, w e i l er Landesprodukte verkauft hatte. Dresden befahl, zunächst einmal E r k u n digungen über den Supplikanten einzuziehen; bevor dies geschehen konnte, machte der ungeduldige Hartog eine zweite Eingabe, worauf er zum H o f f a k t o r ernannt w u r d e u n d einen Paß für sich u n d seinen Sohn zum Aufenthalt i n Dresden u n d zur „sonstigen Passierung" erhielt. E i n Vermerk von 1773 besagt aber, daß sich Hartog i n H o l l a n d aufhalte. N a t h a n J a k o b aus Niederstetten i m Fürstentum W ü r z b u r g hatte sächsische T r u p p e n am Rheine verpflegt und bat daher am 19. August nochmals u m das Patent als H o f f a k t o r , nachdem er schon das Jahr zuvor darum eingekommen war. A m 23. September 1796 w u r d e das D e k r e t zu P i l l n i t z unterzeichnet. Nathan Jakob hatte zuerst m i t dem preußischen H o f a g e n t e n P f e i f f e r zusammengearbeitet, dann aber allein geliefert. Auch der aus Dessau u n d B e r l i n bekannte M o s e s M e n d e l s s o h n muß i n Kursachsen i n Gunst gestanden haben; ein Dekret für i h n liegt zwar nicht vor, doch w u r d e durch Verfügung vom 17. August 1776 Moses Mendelssohn von der Personensteuer gänzlich befreit. I n diese Zeit fällt der völlige Niedergang der alten Familie Lehmann; nicht weniger als drei Mitglieder der Familie saßen damals i n Haft, w e i l sie ihre Steuern nicht bezahlt hatten. Es waren dies Hirschel Lehmann, Joel Lehmann u n d Kosmann Behrend, deren Frauen Judith, Zipora und Johanna i n Eingaben die vorläufige Haftentlassung ihrer Männer erreichten. D e r K . K . Hoflieferant S a m u e l J u l i u s w a r zugleich H e e r e s l i e f e r a n t für die sächsische Armee; ein besonderes Patent erhielt
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er nicht, w u r d e aber von der Zahlung des „Nahrungsgeldes" befreit. H e e r e s l i e f e r a n t w a r auch V a l e r i a n A g o p r o w i c z , der wieder zahlreiche Glaubensgenossen i n seinen Diensten hatte. D i e beiden Heereslieferanten waren Pferdehändler, die durch jüdische Agenten Pferde aufkauften u n d sie der sächsischen Armee für guten G e w i n n überließen. Zu ihnen gesellte sich als D r i t t e r i m Bunde ein Glaubensgenosse aus Lissa i n Posen, L e v y J a r o c z y n e r , der seinem Namen nach aus Jarotschin stammte. O b w o h l 1763 m i t dem Tode Friedrich Augusts I I . die Verbindung Kursachsens m i t Polen zunächst aufhörte, finden w i r also w e i t e r h i n polnische Juden i n k u r sächsischen Diensten. V e i t M e y e r w a r ebenfalls Heeresl i e f e r a n t , nähere Angaben über seine Verhältnisse fehlen; auch J a k o b u n d S a m u e l S c h e y scheinen der Armee Pferde geliefert zu haben; sie kamen auch aus Lissa, dessen Juden j a seit der Zeit, da der Resident Behrend Lehmann Grundherr dieser Stadt gewesen w a r , zweifellos engere Beziehungen zu Sachsens Juden unterhielten. S i m o n H i r s c h e l , S ä n g e r an fürstlichen Höfen, erscheint ebenfalls i n Dresden; der jüdische K a m m e r j ä g e r fehlte nicht. I n München stellte M a r i a Antonia, verwitwete K u r f ü r s t i n von Sachsen, am 5. Juni 1776 das Zeugnis aus,'daß H i r s c h S a l o m o n , „welcher die Wissenschaft besitzt, die sogenannten Hühneraugen zu vertreiben, diese seine Wissenschaft an uns selbst m i t vieler Geschicklichkeit bewähret hat". Auch i n Dresden durfte er die fürstlichen Hühneraugen behandeln; aus diesem Grunde w a r er von der Personensteuer befreit. Auch an jüdischen Künstlern fehlte es nicht. J u l i u s H e y m a n n aus Breslau, ein M a l e r B e r n h a r d t werden genannt. B ö n i s c h S c h l a m und A b r a h a m S a m u e l aus Glogau in Schlesien w o l l t e n gern Flachs u n d Tuche für die sächsische Armee liefern, scheinen aber nicht ins Geschäft gekommen zu sein. D e r „ H e r r H o f a g e n t H e r z L o b L e v y " zu Leipzig w a r Besitzer eines Freihauses zu G r i m m a und Inhaber einer K a t t u n f a b r i k i n Riesa; er w u r d e am 14. Juni 1806 H o f agent, w e i l er nach B r o d y und der Wallachei reisen wollte, u m dort „ E r k u n d i g u n g e n " einzuziehen. Er erhielt damit einen hohen Titel, ohne vorher etwas geleistet zu haben. Es genügte jetzt, Verdienste u m den Staat anzuführen und die Zahlung einer Gebühr, u m einen T i t e l zu erhalten. A u c h S a m u e l B r u s c h k e j u n i o r , der als Prinzipal des W a r schauer Handelshauses A d r i a n Stamm W i t w e und Sohn am 21. O k tober 1808 H o f a g e n t wurde, dankte als „getreuer Untertan und Diener" am 16. Januar 1809 für die Ernennung; er werde der Feldkriegskasse Dienste leisten, hat also vorher offenbar nichts voll-
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bracht. I n den W i r r e n der napoleonischen Zeit diente I s a a k M o s e s G e r s ο η als Kriegslieferant. A a r o n D a v i d L o e b e l w o l l t e gerne èirie Gunstbezeugung erhalten, da er die jüdischen Silberdiebe angezeigt und die von Loebel Schie u n d der „gesamten Judenschaft" begangenen Steuerhinterziehungen aufgedeckt hatte. Seitdem wurde er von seinen Glaubensgenossen verfolgt und w a r verarmt. Sein Bemühen blieb unbelohnt. D i e Gräfin Moszinska bekam es fertig, allen Dienststellen zu befehlen, ihren H o f - u n d H a u s j u d e n M o s e s L o e b e l , den sie nach dem Tode Jakob Polacks eingestellt hatte, frei passieren zu 1 lassen. Aus Prag erschien zu Geschäften i n Dresden der K . K . Η ο f f a k t ο r und M o n t u r l i e f e r a n t Simon Löbel Kuhn, führte aber, soweit ersichtlich, keinen kursächsischen T i t e l ; er schéint der Schwiegersohn des Dresdener Münzfaktors Bondi gewesen zu sein. M o s e s M e y w a r nach den Steuerlisten jener Zeit H o f lieferant. Umfangreiche A k t e n beschäftigen sich m i t Steuerhinterziehungen des G ο u ν e r η e m e η t s j u d e η L ο e b e 1 S c h i e u n d Genossen. Schie stand zugleich i n Diensten des Hoffaktors Schinul Samuel. M i t seinen Genossen trieb er Mifibrauch m i t Kammerpässen, indem er m i t den Pässen anderer H o f j u d e n Silber aus dem Lande vertrieb. D a r a n waren auch amtlich bestallte Hof j u d e n beteiligt: Loebel Schie führte die Bezeichnung Judenbesteller beim Gouvernement; zugleich stand er i m jüdischen Gemeindedienst. Seine Glaubensgenossen betrachteten i h n als eine A r t Spitzel, der zu ihrer Beobachtung vom Gouvernement bestellt war. W ä h r e n d des Siebenjährigen Krieges soll er Preußen die reichsten Juden verraten haben. Bestraft w u r d e der Gouvernementsjudë, den man offenbar braùchte, nicht; er mußte n u r die hinterzogenen Steuern nachzahlen u n d die Unkosten tragen. Das A m t blieb sogar der Familie erhalten; ah Stelle des Vaters wurde der Sohn J a k o b L o è b e l S c h i e J u d e η b e s t e 11 e r beim Gouvernement; eine Bésoldung w a r damit nicht verbunden. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, i m Namen des Gouvernements m i t den in- u n d ausländischen Juden Verhandlungen zu führen. Außerdem sollte er das Gouvernement m i t „nützlichen Nachrichten" beliefern. Zu den Genössen des Gouvernementsjuden gehörten der schon genannte P h i l i p p A a r o n u n d G a b r i e 1 W a 11 e r s t e i n ; beide waren H e e r e s î i e f e r a n t e n , die sich schwere Verfehlungen zu Schulden kommen ließen u n d i n Haft gesetzt werden mußten. Eine etwas mysteriöse Erscheinung am sächsischen Hofe w a r W o l f J o n a s E y b e s c h ü t z , der sich i m Gegensatz zu seinen
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Glaubensgenossen iri seihen Eingaben niemals als Jüde bezeichnete. D e r H o f f a k t o r W . J. Eybeschütz erhielt am 25. September 1770 einen Freipaß für Dresden; w a n n u n d wofür er seinen T i t e l empfing, ist nicht ersichtlich. A u d i von späteren Leistungen f ü r den H o f oder Staat hören w i r nichts. Er erfreute sich aber der Gunst des Hofes; am 8. März 1777 w u r d é er der Gerichtsbarkeit des Rates entzogen u n d als Hoff aktor der Jurisdiktion des Hofes unterstéllt. I m nächsten Jahre k a m Eybeschütz m i t einer Heuen Eingabe; er teilte am 16. J u l i dem Kurfürsten mit, daß er i m Juni 1776 unter dem Namen v o n A d l e r s t h a i i n den Reichsfreiherriistand erhoben worden sei. Unter den gegenwärtigen Umständen sei er verhindert, dies öffentlich bekanntzugeben. Zur Unterscheidung von seinen Glaubensgenossen möchte er jedoch einige Freiheiten genießen; d a r u m bitte er u m den Namen Adlersthal für sich u n d seine Firma. Nachdem K u r f ü r s t Friedrich August ein Gutachten angefordert hatte, w u r d e am 5. September 1778 der Paß für W o l f Jonas Adlersthal, sonst Eybeschütz genannt, ausgestellt; er hatte als Adlersthal schon vofc zwei Monaten die Konzession für Dresden erneut erhalteil. E i n Jonas W o l f Eybeschützer, Sohn des 1690 i n K r a k a u geborenen, 1764 i n A l t o n a verstorbenen Oberrabbiners Jonathan Eybeschütz, w a r tatsächlich auf G r u n d falscher Angaben am 17. J u l i 1776 i n W i e n durch Kaiser Joseph I I . als „ v o n Adlersthal" i n den Freiherrnstand erhoben worden. Als man erfuhr, daß er Jude sei, mußte er das D i p l o m wieder zurückgeben. Eybeschütz w a r nicht der erste, der sich das Adelsdiplom zu verschaffen suchte. Vor i h m hatte 1673 Isaak Nunez, Agent der Kgl. Spanischen Gesandtschaft bei den Generalstaaten i n Amsterdam, sich vom Kaiser ein Adelsdiplom auf den Namen Eüianuel de Belmonte ausstellen lassèn; ails man erfuhr, daß Nunez Jude sei, w u r d e i h m das D i p l o m nicht ausgehändigt. Doch erreichte er 1693 durch K a r l I I . von Spanien die Erhebung zum Baron. D e r nunmehrige W o l f Jonas Adlersthal wollte auch w i e die Christen außerhalb der Ringmauer wohnen, was Juden nicht gestattet war. O b w o h l das · Gouvernement protestierte, durfte Adlersthal doch vom 17. Juni 1780 ab i n seinem Hause vor dem Seetor wohnen; die Ausnahme w u r d e i h m am 16. September 1780 nochmals bestätigt. Dieses Vorrecht, das Adlersthal genoß, ließ seinen wohlhabenden Glaubensgénossen keine Ruhe. Sie w o l l t e n auch außerhalb der Ringmauern wohnen, wenigstens den Sommer hindurch. So èrhielt D a v i d Simon Bondi 1790 für seine F r a u Kaile die Erlaubnis, desgleichen Hirsch Nathan. I m nächsten Sommer durfte der Hoff aktor P h i l i p p A r o n „auf dem Sande vor dem schwarzen Tore" zur Miete wohnen, ebenso i m nächsten Jahre. Auch Michel Nathan erhielt die Erlaubnis,
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außerhalb der Ringmauern wohnen zu dürfen. I n diesem Bestreben, aus den Judenvierteln herauszukommen u n d i n den Vorstädten wohnen zu dürfen, das sich i n erster L i n i e bei den reichen Familien zeigte, kündigte sich die kommende staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden an. W ä h r e n d der durch die napoleonischen Kriege hervorgerufenen W i r r e n tauchte als redit fragwürdige Gestalt in Sachsen der Hoffaktor L e m l e E l i a s S e l i g m a n n auf, der aus der Pfalz kam, wo er m i t den Gesetzen i n K o n f l i k t geraten war, u n d der nun hoffte, am Dresdener H o f wieder hochzukommen. I n der Strafsache Seligmann handelte es sich u m Lemle Elias Seligmann u n d seine Söhne E l i Lemle oder Eduard Seligmann u n d Aaron oder A d o l p h Seligmann. D i e Familie, zu der auch der Münchener Hofbankier Aaron Elias Seligmann gehörte, der später als Freiherr von Eichthal n o b i l i t i e r t wurde, stammte aus Leimen i n der Pfalz. Sie spielte zunächst dort eine große Rolle u n d stellte mehrere Hoffaktoren. Auch Lemle Elias Seligmann lebte zunächst in der pfälzischen Residenz Mannheim als Hoffaktor, bis er Bankerott machte u n d i n K r i m i n a l arrest kam, wie sein Bruder, der Münchener Hofbankier, später selbst berichtete. I n Mannheim w a r dann seines Bleibens nicht mehr, und so siedelte er i m Jahre 1803 nach Dresden über. I n den dortigen A k t e n w i r d er gleichfalls als H o f f a k t o r geführt, jedoch ist nicht ersichtlich, ob er seinen pfälzischen T i t e l einfach weiterführte oder i n Sachsen einen neuen erhalten hatte. Seine F r a u sprach i n den Eingaben von dem Hoffaktor Seligmann. Jedenfalls hat Seligmann m i t dem T i t e l Hoffaktor i n Sachsen geschäftlich operiert u n d i h n genutzt, er verstand es, durch unredliche Machenschaften unter Ausnutzung des Ansehens, das nun einmal m i t seinem H o f t i t e l verbunden war, wieder zu Gelde zu kommen. Sein unsolides Unternehmen stürzte viele ins Unglück; den Advokaten Bielitz brachte er nicht nur u m sein Vermögen i n Höhe von 20 000 R t l r . und damit an den Bettelstab, sondern auch ins Zuchthaus, w e i l er den Rechtsanwalt zu Straftaten verleitet hatte. D i e Familie des Bielitz w u r d e ins Unglück gestürzt, u n d erschütternd w i r k e n die Eingaben seiner Frau, die m i t ihren kleinen K i n d e r n mittellos dastand, trotzdem aber vergeblich u m M i l d e r u n g der Strafe für ihren Mann bat. Obwohl, wie F r a u Bielitz i n ihrem Gesuch ganz richtig bemerkte, i h r Mann der Verführte, der Hoffaktor Seligmann aber der w i r k l i c h Schuldige war, hatte i h r Mann trotzdem eine hohe Strafe — vier Jahre Zuchthaus — erhalten, bei der es auch verblieb. Es w a r ein U r t e i l von einer Härte, die i n keinem Verhältnis stand zu dem Strafmaß, das man Seligmann u n d Genossen zudiktierte. Lemle Elias Seligmann hatte zwei Jahre, E l i Lemle ebenfals zwei Jahre und A a r o n Selig-
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mann anderthalb Jahre Zuchthaus erhalten. E l i Lemle Seligmann war i n London außerdem wegen Diebstahls schon zur Deportation nach der Botany Bay, dann aber zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. D e r Münchener Hofbankier Seligmann von Eichthal empfand diesen Bruder als eine Belastung für das Ansehen seiner Familie; besonders peinlich w a r ihm, dem Nobilitierten, daß drei Mitglieder seiner Familie zu entehrenden Strafen v e r u r t e i l t worden waren. W ä h r e n die sächsischen Behörden u n d auch die Behörden während der Besetzung 1813/15 die drei Seligmann zwingen wollten, ihre rechtskräftig zuerkannte Strafe abzusitzen, bemühte sich der Münchener einflußreiche Hofbankier i m Interesse der Familie, dies unter allen Umständen zu verhindern. Sein Ziel w a r es, den Bruder und dessen Söhne freizubekommen. Er ließ alle seine Verbindungen nach Dresden spielen. Welchen Einfluß Seligmann von Eichthal am M ü r chener Hofe ausübte, ersieht man daraus, daß sich i n Dresden auf Bitten des Hofbankiers Persönlichkeiten w i e Graf Montgelas und der preußische Staatskanzler Hardenberg für den verurteilten Seligmann einsetzten u n d tatsächlich seine Freilassung erreichten. Man k a n n es verstehen, wenn der Münchener Hofbankier m i t Rücksichi auf seine N o b i l i t i e r u n g alles tat, u m zu verhindern, daß sein Bruder ins Zuchthaus kam. So erreichte er es auch, daß Männer w i e Hardenberg und Montgelas ihren politischen Einfluß aufboten, u m dem Verurteilten zur Freiheit zu verhelfen; denn es w a r j a der Bruder eines einflußreichen Hoffaktors u n d Staatsbankiers. U m den Advokaten Bielitz kümmerte sich jedoch keine Seele. Niemand setzte sich für i h n ein, k e i n W u n d e r daher, wenn die Bittgesuche seiner aus guten Verhältnissen stammenden F r a u unerhört blieben. Zunächst erreichten die „Seligmänner", so werden sie i n den A k t e n genannt, m i t H i l f e ihres Münchener Bruders, daß die entehrende Zuchthausstrafe i n Festungshaft umgewandelt wurde. Als sie auf die Festung Königstein gebracht wurden, u m dort zu arbeiten u n d wenigstens etwas abzubüßen, protestierte der Festungskommandant dagegen, daß man i h m Zuchthäusler auf die Festung schicke, da Königstein doch n u r für Offiziere u n d vornehme Staatsgefangene bestimmt sei. Aber die Seligmann brauchten auf den Festungen nicht zu arbeiten; E l i Lemle sollte es i n Torgau tun. Dafür sorgte m i t aller Energie Hardenberg von W i e n aus, w o er anläßlich des dort tagenden Kongresses weilte. D i e sächsischen Behörden bemühten sich, die Verurteilten zur A r b e i t zu zwingen, u m dem Sinn der Strafe i n etwa gerecht zu werden. Aber immer wieder intervenierte Hardenberg aus „politischen Rücksichten" zugunsten der Seligmann u n d Genossen, die außerdem durch ärztliche Atteste
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sich der A r b e i t entzogen. Als man wenigstens die Söhne zur A r b e i t anhalten wollte, wußte Hardenberg auch dies durch energische Intervention i n Dresden, w o ein Brief Hardenbergs nach dem anderen auf Veranlassung des bayerischen Ministers Montgelas einlief, zu verhindern. D i e ganze Angelegenheit endete schließlich damit, daß am 17. Juni 1816 K ö n i g August die Familie Seligmann aus Sachsen auswies, nachdem sich der Münchener Freiherr von Eichthàl verpflichtet hatte, für ihren Unterhalt aufzukommen. D i e Seligmann ließen sich darauf i n Bayern nieder. F ü r Sachsen w a r damit der F a l l erledigt. I n die Affaire waren noch verwickelt die uns schon bekannten Lieferanten P h i l i p p A a r o n u n d Gabriel Wallerstein, von denen der erstere auch eine Zeitlang Hoffaktor war. Auch diese beiden wurden durch die Intervention Hardenbergs i n Freiheit gesetzt. Hardenberg war gewiß nicht von sich aus dazu gekommen, sich für Seligmann und Genossen einzusetzen; aber er w u r d e von München aus durch die bayerischen Minister Montgelas u n d Graf Rechberg bearbeitet; Seligmanns F r a u Bella w a r eigens nach W i e n gereist, u m den preußischen Staatskanzler zur Intervention i n Dresden zu gewinnen. Sachsen aber mußte sich schließlich fügen, da das Schicksal des Landes i n der H a n d der Großmächte lag. W i r beschließen die stattliche Reihe der sächsischen Hoffaktoren m i t der Familie Kaskel, deren Mitglieder noch die alte Institution des Hofjudentums verkörpern, zugleich aber schon hinüberführen i n die neue Zeit. D i e Familie Kaskel schrieb sich lange Zeit Kaskele; sie k a m aus Polen, das j a i n der napoleonischen Zeit zum drittenmal mit dem nunmehrigen Königreich Sachsen verbunden wurde. D i e Kaskele hielten ihre Verbindungen nach Warschau und Posen lange Zeit aufrecht, auch dann noch, als sie schon längst i n Dresden seßhaft waren. Ihre Niederlassung i n Dresden w u r d e jedoch bald zum Hauptgeschäft; von dort unterhielten sie dann Geschäftsbeziehungen nach Berlin, Wien, K ö l n u n d F r a n k f u r t a. M. Man k a n n diese Familie als die sächsischen Rothschilds bezeichnen. Ihre Mitglieder waren Hofbankiers der sächsischen Könige u n d i m 19. Jahrhundert Staatsbankiers. W i e i n München die nobilitierte u n d christlich gewordene Familie Seligmann von Eichthal maßgeblich an der G r ü n d u n g der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank beteiligt war, so i n Sachsen die gleichfalls christlich gewordene u n d i n den Freiherrnstand erhobene Familie Kaskel an der G r ü n d u n g der Dresdener Bank. Durch verwandtschaftliche Beziehungen waren die Kaskel m i t den später ebenfalls riobilitierten Bankierfamilien F r ä n k e l i n W a r schau u n d Oppenheim i n K ö l n verbunden. Von den Mitgliedern der
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Familie Kaskel sollen die Hoffaktoren jener Zeit herausgestellt werden. D e r Begründer dieser Finanzdynastie w a r J a k o b K a s k e l e ; er begann m i t Getreidelieferungen für den sächsischen Staat und erstrebte dafür einen Hoftitel. D i e Aufenthalts- u n d Handelskonzession für Dresden hatte er schon am 7. Dezember 1771 erhalten. Doch Jakob Kaskel w o l l t e mehr erreichen. Noch i m gleichen Jahre k a m er zum erstenmal u m seine Ernennung zum sächsischen Hofagenten ein. Seine Bitte w a r d i h m abgeschlagen, doch w u r d e i h m ein Patent für das nächste Jahr i n Aussicht gestellt, wenn er dreibis viertausend Scheffel ausländisches K o r n für den inländischen Verbrauch liefern würde. Jakob Kaskele lieferte darauf 3324 Scheffel ausländisches Getreide u n d k a m dann von Magdeburg aus am 8. Januar 1772 erneut u m das Patent als Hofagent ein, worauf am 25. A p r i l für Kaskele Jakob das D e k r e t als kurfürstlicher Η ο f a g e n t ausgestellt wurde. Durch Verfügung vom 26. Juni 1779 w a r d er der Gerichtsbarkeit des Stadtrates entzogen u n d dem A m t unterstellt w i e andere Hofbeamte. Jakob Kaskel eröffnete i n Dresden ein Bankgeschäft, erhielt aber auch die Erlaubnis zum Warenhandel aller A r t w i e christliche Kaufleute. Der erste Hofagent Jakob Kaskel starb 1788 u n d hinterließ acht Kinder. Sein Nachlaß betrug bereits 71 999 R t l r . 3 Gr. 1 Pf., das w a r für die damalige Zeit ein stattliches Vermögen. Zwei Töchter hatten ins „ A u s l a n d " geheiratet, eine i n die Familie A a r o n nach F r a n k f u r t a./O., die andere nach W i e n i n die jüdische, ebenfalls nobilitierte Familie von Hönigshof, a u d i Hennighofer geschrieben. E i n Nachkomme Kaskels diente 1813 bereits als Premierleutnant i n der österreichischen Armee. V o n Jakobs Söhnen w u r d e n mehrere Hofagenten, u n d zwar Michel u n d Joseph Kaskele i n Dresden u n d Bär Kaskele i n Posen, ein anderer Sohn, der nicht m i t Namen genannt w i r d , hatte sich nach B e r l i n verheiratet. „ H e r r B ä r K a s k e l e " zu Posen erhielt sein Patent als Kgl. H o f a g e n t i n Warschau am 5. Dezember 1808 ausgestellt. E i n Vermerk auf dem Patent besagt, daß es am 14. Dezember dessen Bruder, dem Bankier Michael Kaskel, übergeben wurde. Bär Kaskel erhielt das Dekret, als er seine Absicht kundtat, sein Wechselkontor von Posen nach Dresden zu verlegen; denn J o s e p h K a s k e l i n Dresden, gleichfalls H o f a g e n t , w a r inzwischen verstorben. I n seiner Eingabe behauptete Bär, a u d i seine Mutter P h i l i p p i n e K a s k e l wäre H o f a g e n t i n gewesen; ein D e k r e t liegt jedoch nicht vor; sie dürfte den T i t e l ihres Mannes w o h l weitergeführt haben. A u f ihren 1789 gestellten A n t r a g erhielt Philippine Kaskel unterm 15. September 1790 die kurfürstliche Konzession zum ferneren Aufenthalt sowie Paß für ihre Handelsreisen i n Kursachsen
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samt der ihrem Ehemann bewilligten Exemption vom Stadtgericht. Aus Erbschaftsauseinandersetzungen erfahren w i r , dafi Philippine Kaskel 1811 starb. Das elterliche Bank- u n d Warengeschäft w u r d e i n erster L i n i e von M i c h a e l K a s k e l fortgeführt, der auch H o f a g e n t wurde. Von Jakob Kaskels Söhnen waren demnach drei Königlich Sächsische Hofagenten. E i n anderer Sohn des ersten Hofagenten, der Bankgeschäfte i n Leipzig tätigte, machte jedoch Konkurs. Er w u r d e 1818 Christ und heiratete eine Christin. M i t geliehenen Geldern versuchte er ein neues Wechselgeschäft zu gründen, machte jedoch zum zweitenmal Bankerott; 1819 verließ er Leipzig, u m den Gläubigern zu entgehen. E i n Abolitionsgesuch w u r d e abgewiesen. Von der geschäftlichen T ä t i g k e i t der verschiedenen Brüder Kaskel berichten uns die A k t e n wenig; n u r auf Michaels Geschäfte fallen einige Streiflichter. Von Joseph Kaskel wissen war, daß er sein Wechselkontor i m H o t e l de Pologne hatte. I m Jahre 1806 bat er u m „Gestellung eines Einganges i n sein Kontor von der Straße" aus; Kaufmannschaft u n d Regierung waren dagegen, die Entscheidung fehlt i n den A k t e n . U m 1816/17 begegnet uns dann noch A n t o n K a s k e l als j ü d i scher F i n a n z - M e ß - S e n s a l ; er bat u m die Erlaubnis, auch außerhalb der Messen i n Leipzig wohnen zu dürfen. Auch hier w a r die Landesregierung dagegen, die Entscheidung fehlt wiederum. Dieser A n t o n Kaskel dürfte ein Sohn von Jakob Kaskel und Bruder Michaels gewesen sein. Michael Kaskel w u r d e am 9. November 1775 geboren; sein Vormund w a r während seiner M i n d e r j ä h r i g k e i t der uns schon mehrfach begegnete Hoffaktor P h i l i p p Aaron, der dann i n die Affäre Seligmann verwickelt wurde. A m 22. März 1796 w u r d e Michael Kaskel für v o l l j ä h r i g e r k l ä r t ; sein väterliches Vermögen betrug 6427 T i r . 17 Gr. l 7 /e Pf., w a r also nicht beträchtlich. Es dauerte jedoch gar nicht lange, da hatte sich Michael Kaskel 2um großen Hof- und Staatsbankier emporgearbeitet. Er leistete zum Beispiel Zahlungen für das Herzogtum Warschau i n Paris; 1810 hatte er die stattliche Summe von 130 000 T l r n . vorgeschossen. Nach der Abrechnung vom 19. Februar 1811 waren Michael Kaskel an Vorschüssen 1810/11 = 136 539 R t l r . 6 Gr. zu vergüten; das dürfte die obige Summe samt Zinsen sein. Aus der Eingabe Kaskels u m Erlaubnis zum Warenhandel ergibt sich, daß er nicht n u r Bankier, sondern auch H e e r e s u n d M ü n z l i e f e r a n t gewesen ist. Er pflegte neben seinem Bankgeschäft vor allem den Handel m i t dem Osten; denn seine Geschäftsbeziehungen erstreckten sich bis nach Odessa i n Südrußland. A m 17. August 1812 w a r d i h m der Warenhandel für eigene und
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fremde Rechnung gestattet. Michael Kaskel w u r d e i m Jahre 1841 Kgl. Sächsischer K o m m e r z i e n r a t ; er w a r m i t Sarah Schlesinger aus F r a n k f u r t verheiratet. Noch höher stieg beider Sohn Michael Ernst K a r l K a s k e l , der m i t seinem Bruder Julius Eduard zusammen das väterliche Bankhaus Michael Kaskel fortführte. Er w u r d e am 6. Oktober 1798 i n Dresden geboren u n d erwarb am 19. Juni 1830 das Bürgerrecht. K a r l Kaskel brachte es zum Sächsischen G e h e i m e n K a m m e r und K o m m e r z i e n r a t , K g l . Schwedischen und Norwegischen G e n e r a l k o n s u l u n d w u r d e am 28. Oktober 1867 i n Österreich nobilitiert. Durch kaiserliche Entschließung vom 9. Februar 1869 erhielt er den Orden der Eisernen Krone I I . Klasse, w o m i t die Erhebung i n der österreichischen Freiherrnstand verbunden war, die am 19. M a i erfolgte. D i e sächsische Anerkennung des Freiherrnstandes e r w i r k t e er am 4. Juni des Jahres. Freiherr K a r l von Kaskel war protestantisch, seine G a t t i n Y i k t o r i e Karoline Eugenie von F r ä n k e l aus Warschau katholisch. Beide w u r d e n auf dem katholischen Kirchhof i n Dresden begraben. I m Jahre 1865 gründete K a r l Kaskel unter Beteiligung der Häuser Rothschild i n F r a n k f u r t a. M., S. Oppenheim i n Köln, Magnus & Bleichröder i n Berlin, Kaskel & Bassenge i n Dresden, H a r t m a n n i n Chemnitz, des Fürsten von Schönburg-Waldenburg u. a. die Dresdener Bank. Welche Stellung K a r l Kaskel i n der Dresdener Hofgesellschaft einnahm, zeigt am besten die Liste der Gäste, die 1852 zu einem Hoffeste bei dem Ministerpräsidenten F r e i h e r r n — dann Grafen — von Beust, Bismarcks späteren Widersacher, geladen wurden. N u r ein einziger „Bürgerlicher" w a r einer Einladung i n die adlige Hofgesellschaft für w ü r d i g befunden worden, H e r r Kammerrat Kaskel, der Staatsund Hausbankier, dessen Gelder es jener Gesellschaft erst ermöglichten, solche Prachtfeste zu feiern. Durch Ü b e r t r i t t zum Christentum, N o b i l i t i e r u n g u n d Einheirat i n andere Adelsfamilien, so i n die Kölner Familie Oppenheim, sind dann die Kaskel aus der Institution des Hoffaktorentums ausgeschieden. Eine abschließende Betrachtung der Institution des Hof judentums i n Sachsen ergibt zunächst einmal die Tatsache, daß dieser Mittelstaat neben Preußen die größte Zahl an Hoffaktoren i n Norddeutschland auf weist; sie tragen eine F ü l l e von H o f titeln, doch n u r i n einigen wenigen Fällen ist m i t dem T i t e l eine Besoldung verbunden. I n Sachsen ist das 18. Jahrhundert die klassische Zeit der Hoffaktoren. Ihre große Zahl e r k l ä r t sich aus der Begünstigung durch Hof, Hofgesellschaft, leitende Minister und Militärs. D i e Verbindung K u r sachsens m i t Polen zog weitere Hoffaktoren ins Land. Ihre Vermehrung w u r d e stark gefördert durch das Luxusbedürfnis des Hofes
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und der Hofgesellschaft unter August dem Starken und dem Grafen B r ü h l u n d durch deren Machtpolitik. Kennzeichnend für die Institution des Hofjudentums i n Sachsen ist ferner die große Zahl auswärtiger Juden, die als kursächsische oder polnische Hoffaktoren tätig waren, ihren Wohnsitz aber außerhalb des Landes beibehielten. Hoffaktoren waren die Begründer der jüdischen Gemeinden i n Dresden u n d Leipzig. Einen besonderen A n t e i l an der Judenemanzipation i n Sachsen haben dagegen Hof faktoren nicht; die Institution w a r u m diese Zeit bereits i n der Auflösung begriffen. Bedeutende H o f j u d e n gab es nicht mehr, die letzte einflußreiche Familie trat f r ü h zum Christentum über u n d trennte sich vom Judentum.
Die Hoffaktoren in Anhalt I m Gegensatz zu Kursachsen ist die Geschichte der Hoffaktoren i n Sachsen-Anhalt recht einfach. Dessau, die Hauptstadt des Landes, besaß zwar i n der Neuzeit eine große und bedeutende jüdische Gemeinde, die auch einen besonderen Platz i n der allgemeinen Geschichte des Judentums einnimmt, aber die Zahl der H o f j u d e n ist doch verhältnismäßig gering nach dem, was uns die A k t e n bieten. D i e Geschichte der H o f j u d e n i n A n h a l t ist danach i m wesentlichen eine Geschichte der Familie W u l f f , deren Mitglieder als Dessauer Hoffinanziers eine beherrschende Stellung i n der Judenschaft des Landes einnehmen. M i t t e l p u n k t dieser Familie blieb Dessau; von diesem Zentralpunkt aus unterhielten ihre Hoffaktoren sehr lebhafte Geschäftsbeziehungen zu den Höfen i n Berlin, Dresden, Gotha und Wien. Das Unternehmen der Familie ähnelte stark der F i r m a Lehmann; auch A r t u n d Umfang der Tätigkeit von Moses Benjamin W u l f f erinnern an die Vielseitigkeit des Residenten; W u l f f w a r nicht n u r Hofbankier i n Dessau, sondern seiner Stellung nach auch auswärtiger F a k t o r mehrerer benachbarter Höfe. D e r Kreis um W u l f f weist n u r wenige H o f j u d e n auf, u n d auch von den wenigen wissen w i r nicht viel. D a f ü r bietet Dessau das nur an diesem norddeutschen Fürstenhof vorkommende Schauspiel einer Trauung zweier K i n d e r von Hoffaktoren auf dem herzoglichen Schlosse. I n Dessau begann die Ansiedlung der Juden nach dem Dreißigj ä h r i g e n Kriege; i n Bernburg wohnten sie schon i m Jahre 1454, wo sie auch eine Schule u n d einen Begräbnisplatz hatten. 1488 finden sich auch Juden i n Zerbst, dürften aber keinen Grundbesitz besessen haben; denn das Zerbster Landbuch erwähnt sie nicht. I n Kothen stoßen w i r 1620 auf Juden; denn während des D r e i ß i g j ä h r i g e n Krie-
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ges leistete A b r a h a m H e l i dem Rat der Stadt Kapitalvorschüsse. I n Dessau gestattete Fürst Johann Georg I L (1660—1693) den Juden den Aufenthalt; nach der Überlieferung soll sie seine Gemahlin aus H o l l a n d mitgebracht haben. D i e ersten Juden, die am 17. Februar 1672 Aufnahme fanden, waren Berndt D a v i d aus Egeln u n d Joachim D a v i d aus Aschersleben. A u f den D ö r f e r n u m Dessau hatten sich jüdische Familien schon zwei Jahrzehnte früher unter Johann Kasim i r (1618—1660) seßhaft gemacht. Als Wohnort w u r d e den Dessauer Juden die Vorstadt auf dem Sande zugewiesen, w o sie i n der Judenstraße, der späteren Schulstraße, sich ansiedelten. D e r Zuzug nach Dessau muß bald sehr rege geworden sein; denn am 5. August 1684 fragte der Rat beim Fürsten an, w i e die Torwache sich den Juden gegenüber zu verhalten habe, „die oft zu 6—8 m i t W e i b u n d K i n d kämen, auch zum öfteren ihren Sabbath vorschützten und sich durchaus nicht abweisen ließen". 1685 gab es schon 25 jüdische Familien i n Dessau. Das beunruhigte den Fürsten, der darüber ein Gutachten seiner Regierung* anforderte. Es lief i m wesentlichen auf folgende Vorschläge hinaus: 1. Man möge die Juden dulden nur in der Hoffnung auf ihre Bekehrung zum Christentum; u m dies zu erreichen, müßte man sie 2. anhalten, dann u n d w a n n die Kirche zu besuchen und die Predigt anzuhören, „dabei ihnen bei hoher und harter Strafe zu befehlen wäre, keiner Lästerung w i d e r die christliche Religion insonderheit gegen den H e r r n Christus und dessen heilige Mutter sich zu unterfangen, wie solches i n ihren Synagogen und talmudischen Büchern gewiß geschieht; 3. müßten sie stets so gehalten werden, daß sie i n der Tat merkten und erführen, w i e sie durch den auf ihnen liegenden Fluch wahrhaftig verfluchet und zu Knechten geworden sind; u n d 4. müßten sie auch angehalten werden, am Sonntag keine A r b e i t zu verrichten, noch sich von den Christen bedienen zu lassen; 5. wären noch die Privilegien, so sie i n Kurbrandenburg genießen, vielfach abzuändern und den hiesigen Verhältnissen anzupassen." I m Jahre 1687 erhielt die jüdische Gemeinde bereits die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge, eines Begräbnisplatzes und Krankenhauses. D i e Dessauer Gemeinde wuchs vor allem dadurch, daß auf Empfehlung der bereits ansässigen Juden fremde Glaubensgenossen aufgenommen wurden; 1741 hatten schon 22 F a m i l i e n eigene Häuser; 78 Juden waren schon i n Dessau geboren, 46 hatten sich dorthin verheiratet. D i e Häuser der Juden lagen i n der Sandvorstadt, die unter dem fürstlichen A m t e stand. Gelegentlich k a m es auch vor, daß ein Jude sich i n der Stadt einmietete. Das änderte jedoch an seiner 17 Schnee, Hoffinanz I I
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rechtlichen Stellung als fürstlicher Schutzjude nichts. Schutzbriefe besaßen i m Jahre 1755 bereits 168 Juden; daneben gab es Juden, die ohne Schutzbriefe geduldet wurden. 1759 zählte die Residenzstadt schon 214 Schutz j u d e n ; rechnet man die Familie zu fünf Köpfen, eine Zahl, die eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist, so bestand die Gemeinde bereits aus mehr denn 1000 Seelen. I m gleichen Jahre mußte Fürst Leopold Friedrich Franz den Juden befehlen, i n der Synagoge bekanntzumachen, dafi er i n Zukunft bei dem starken Zuzug nicht a l l und jeden Juden i n Schutz zu nehmen gesonnen sei. Trotzdem wuchs die Gemeinde ständig; denn i m allgemeinen waren die Fürsten i n A n h a l t w i e die meisten deutschen Fürsten doch judenfreundlich gesinnt. I m Jahre 1765 mußte der Befehl an die Juden erlassen werden, „dafi keiner derselben sich unterstehen solle, weder in- noch außerhalb des Landes offenbare Betrügereien vorzunehmen oder Schulden zu machen". Bei den Dessauer Schutzjuden schlüpften auch zahlreiche fremde Glaubensgenossen heimlich unter, wie dies i n allen jüdischen Gemeinden vorkam. D i e Regierung erließ zwar scharfe Strafbestimmungen dagegen, auch gegen die fremden Betteljuden, richtete sogar ein Zwangsarbeitshaus ein, jedoch mußte 1802 der Fürst bekennen, daß damit keine Verminderung der ausländischen herumstreifenden Juden erzielt wurde. Schon 1785 begründete die stark gewordene Gemeinde eine Hauptschule u n d 1799 noch eine Freischule, die 1801 vom Fürsten unter die Kontrolle der Regierung gestellt wurde. D i e Freischule, auch Franzschule genannt, wurde 1849 i n eine Handelsschule umgewandelt und vom Staate übernommen; 1869 ging sie ein. Durch allerhöchste O r d r e vom 18. M a i 1804 wurde i n A n h a l t der Leibzoll abgeschafft. A n der E n t w i c k l u n g der Gemeinde i n Dessau und i n den anderen anhaltischen Residenzen hatten die H o f j u d e n ihren Anteil, wenn sie auch — w i e i n anderen Residenzen — nicht zu den Begründern der Gemeinden gehörten 1 . Auch i n Dessau gelang es den Juden frühzeitig, Geschäfte m i t dem Hof zu tätigen; 1672 waren sie i n die Residenz eingezogen, und schon 1680 führte J a k o b J o a c h i m den T i t e l Η ο f j u d e. Er ist als der erste Dessauer Hoffaktor anzusprechen 2 . I h m folgte alsbald der v i e l gefeierte Moses B e n j a m i n W u l f f , der uns schon als Berliner H o f j u d e begegnet ist. M o s e s B e n j a m i n W u l f f , auch W o l f f geschrieben, entstammte dem Ostjudentum. D e r Stammvater Moses Isseries (1520 bis 1572) w i r k t e i n K r a k a u als Rabbiner. Von dem Schwager dieses Rabbiners, Joseph Cohen, stammt nach jüdischen Forschungen auch K a r l M a r x ab. Isseries' E n k e l Jsaak W u l f f , Sohn des Dresel (1561 bis 1601), w a r Vorsteher der Gemeinde i n Pinsk; sein Sohn Simon
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W u l f f bekleidete das gleiche A m t i n W i l n a , zog aber dann nach Hamburg; er starb 1682 i n der alten Gemeinde Halberstadt. Simon Wulffs Sohn, B e r e n d W u l f f , auch Baruch Minden genannt, w e i l er eine Zeitlang i n Minden i. Westf. wohnte, w a r bereits preußischer H o f j u d e unter dem Großen Kurfürsten, der i h m 1672 nach dem Tode des Hoffaktors Gomperz dessen P r i v i l e g i u m verlieh u n d dann zu seinem Nachfolger ernannte 3 . Berend W u l f f , der erste H o f j u d e aus dieser Familie, gehörte zu den Gegnern der Wiener Juden, die sich in B e r l i n niedergelassen hatten. Sein Schwiegersohn R u b e n F ü r s t aus H a m b u r g ließ sich gleichfalls in B e r l i n nieder; ein anderer Schwiegersohn Wulffs w a r M i c h a e l A b r a h a m , den Friedrich I I I . 1692 zu seinem H o f p e t s c h i e r s t e c h e r ernannte für verschiedene „ z u Dero gnädigstem Vergnügen" gelieferte Arbeiten, „jedoch ohne Gehalt, welches er nicht prätendieret, sondern n u r einen Schild auszuhängen verlanget". W i e die Wulffs, so wurde er später ein Gegner des mächtigen Berliner H o f j u d e n Jost Liebmann. I m Jahre 1675 geriet Berend W u l f f i n schwierige Vermögensverhältnisse, konnte aber noch die Übertragung seiner Privilegien auf seine Nachkommen durchsetzen. Als sein Schwiegersohn und Neffe Moses B e n j a m i n W u l f f aus B e r l i n ausgewiesen wurde, begab sich Berend W u l f f nach Halberstadt, ließ sich dann i n Halle nieder, kehrte aber wieder nach Berlin zurück, w o er am 15. Juni 1706 gestorben ist; sein Bruder B e n j a m i n W u l f f , der i n B e r l i n u n d Dessau gelebt hatte, w a r schon 1697 gestorben. Dessen Sohn Moses Benjamin W u l f f heiratete Zippora, die Tochter seines Onkels Berend, w u r d e damit Schwiegersohn des Berliner H o f j u d e n und selbst dann Hoffaktor i n B e r l i n u n d Dessau; er starb 1729. Auch sein Sohn E l i a s M o s e s W u l f f w a r H o f f a k t o r i n Dessau. Dessen Nachkommen zogen wieder nach Berlin, w o der E n k e l I s a a k B e n j a m i n W u l f f Ältester der Judenschaft wurde. Durch Heiraten w a r die Familie W u l f f m i t den Hoffaktorenfamilien i n Hannover und K u r sachsen verbunden. V o n Dessau als M i t t e l p u n k t erstreckten sich die geschäftlichen Beziehungen der Familie W u l f f , auch Dessau genannt, strahlenförmig nach allen Richtungen. Moses B e n j a m i n W u l f f hatte zunächst den Versuch unternommen, sich i n Berlin, wo sein O n k e l und Schwiegervater tätig war, eine Stellung zu verschaffen. Es gelang i h m nicht; i m Gegenteil, er w u r d e aus B e r l i n ausgewiesen, jedoch nicht allein deshalb, w e i l der Hofj u w e l i e r Jost Liebmann sein Todfeind u n d K o n k u r r e n t war, sondern auch wegen einer Reihe nicht einwandfreier Unternehmungen. I n B e r l i n betrieb W u l f f einen Juwelenhandel u n d ein Wechselgeschäft; seine Anfänge waren bescheiden; denn bei den Geld1*
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geschäften handelte es sich meist u m kleine Summen. Von Anfang an steckte Moses B e n j a m i n W u l f f i n Schwierigkeiten; selbst seine Glaubensgenossen, nicht bloß Liebmann, nahmen gegen i h n Stellung; er borgte recht fleißig auf K r e d i t bei Christen u n d Juden, w a r aber ein schlechter Zahler; seine unredlichen Manipulationen fingen schon zu Beginn der 80er Jahre an. Moses Nathan aus H a m b u r g machte 1681 bereits gegen W u l f f Forderungen geltend, i m folgenden Jahre taten es gleichzeitig mehrere Kreditoren; 1683 hatte Johann Friedrich Popping 60 Taler zu bekommen, Sophia Hammann machte eine Schuldforderung gegen Debora Elias, „Eheweib des Moses Benj a m i n W u l f f " , geltend. Schon 1683 w a r Moses B e n j a m i n W u l f f i n Haft genommen worden als Mitwisser der Geschäfte seiner Eltern, die sich aus B e r l i n entfernt hatten, u m nach ihrer Behauptung Gelder zur Bezahlung ihrer Schulden aufzubringen. General du Hamel, einer ihrer Hauptgläubiger, befürchtete, daß sie sich ihren Verpflichtungen entziehen wollten. W u l f f nannte sich damals „schutzverwandter Jude". I m nächsten Jahre gingen die Geschwister Schardius gegen i h n wegen eines Juwelenhandels vor, i n dem es sich schon u m die stattliche Summe von 2000 und etlichen Talern handelte. Anfang 1684 w u r d e M. B. W u l f f erneut verhaftet u n d auf die Festung Peitz gebracht. D o r t sollte er alle Sträflingsarbeiten verrichten. D a gelang es den Freunden Wulffs, i h n in der Festung Spandau unterzubringen, w o er nach 3 A Jahren freigelassen wurde m i t der Verpflichtung, für seine Schulden die Bürgschaft aufzutreiben. Zwei Jahre später erfolgte dann der schwere Zusammenstoß zwischen den beiden Rivalen Liebmann und W u l f f ; die haßerfüllten Gegner prügelten einander i m Zimmer des Geheimen Rats von C h w a l k o w s k y . Als W u l f f dort gerade Juwelen verkaufte, stürzten Liebmann u n d seine F r a u herein u n d fielen über den Rivalen her. I n dem Streite blieb der kurfürstliche Hof j u w e l i e r Sieger; er beschuldigte W u l f f , daß er früher Christ geworden, jetzt aber wieder Jude sei; seine Familie wäre außerdem aus der T ü r k e i eingewandert. Nachdem er erst verhaftet, dann wieder freigelassen worden war, erfolgte am 15. November 1686 die Ausweisung. D e r Streit der beiden Familien ging trotzdem weiter. Liebmann konnte es auch nicht verhindern, daß sein Rivale unter Friedrich I I I . doch wieder Fuß i n Brandenburg faßte. Das Ausweisungsdekret vom 15. November 1686 ist für W u l f f und seine Geschäfte aufschlußreich. Beide Teile — Liebmann und W u l f f — w u r d e n zunächst verurteilt, beim Geheimen Rat Chwalk o w s k i A b b i t t e zu leisten, da sie sich i n seinem Zimmer geprügelt und beschimpft hatten. W e i l i m übrigen „der inhaftierte Moses Benjamin W u l f f u n d dessen E l t e r n bereits verschiedener böser
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A k t i o n e n halber condemnieret u n d m i t Gefängnis, auch gar Festungsarbeit bestraft, und ihre Privilegien bereits v o r h i n abgefordert worden, und zu besorgen, es möchten dieselben noch mehrmals, als schon v o r h i n geschehen, anrichten", so w u r d e ihnen anbefohlen, innerhalb von 24 Stunden „ i h r e habenden Privilegien wieder einzuliefern" und sich aus diesen Residenzen und den Landen zu begeben, nachdem der inhaftierte M. B. W u l f f Urfehde geleistet. U m den Ansprüchen seiner Kreditoren zu genügen, w u r d e auf Hab und Gut des Ausgewiesenen Arrest gelegt. 2000 R t l r . sollten daraus aufgebracht und durch besondere Kommissare dann verteilt werden. Das D e k r e t sagt, dafi W u l f f schon wegen verschiedener Vergehen vorbestraft w a r ; seine Ausweisung w a r v ö l l i g gerechtfertigt. Liebmanns Vorgehen gegen ihn gab dann den Anstoß; der Hof Juwelier und seine F r a u nicht minder — sie hatte ihrem Manne wacker geholfen, den Konkurrenten weidlich durchzuprügeln — hafiten W u l f f vor allem deshalb, w e i l dieser es wagte, an die Kavaliere des Hofes Juwelen zu billigeren Preisen zu liefern, als der privilegierte Hofj u w e l i e r dies tat. Zweifellos w o l l t e W u l f f durch dieses „ D u m p i n g " seinem Rivalen die Kunden abjagen, was i h m jedoch schlecht bekam. Bezeichnend für die Machtstellung der Familie Liebmann ist es nun, dafi keiner der Kunden Wulffs es wagte, für seinen Lieferanten gegen Liebmann einzutreten. N u r ein Kunde, ein H e r r von Fridag, sandte wenige Tage nach der Ausweisung, am 27. November, ein Empfehlungsschreiben zugunsten Wulffs nach Dessau, w o sich der Ausgewiesene jetzt niederließ. Johann Georg II., der Vater des alten Dessauer, nahm W u l f f i n seine Residenz auf u n d machte i h n zu seinem Hoffaktor. Liebmann wagte jetzt einen Vorstoß gegen W u l f f i n Dessau. Er sandte schon wenige Tage nach Veröffentlichung des Ausweisungsdekrets ein Schreiben an den Fürsten von Dessau, i n dem er behauptete, „Moses W u l f f sei sein Mörder, der i h m nachgestanden; sein Vater sei i n Polen K a t h o l i k gewesen und habe dieses L a n d u m über 25 000 Taler betrogen, u n d der Fürst soll doch i h m den Schimpf nicht antun, eine solche Kanaille i n seinen Schutz zu nehmen". Liebmanns Vorstoß war vergeblich. Mehr als vier Jahrzehnte stand Moses Benjamin W u l f f als Hoff aktor i n den Diensten des Dessauer Hofes; er erlebte noch, sicher m i t Genugtuung, den Sturz seiner allgewaltigen Gegnerin, der Liebmännin, die er u m viele Jahre überlebte. Bevor w i r Wulffs Stellung u n d W i r k e n i n Dessau kennzeichnen, wollen w i r sein weiteres Verhältnis zum Berliner Hof verfolgen. Trotz der 1686 erfolgten Ausweisung verstand es der Dessauer Hoffaktor, schon am 11. Oktober 1688 die Erlaubnis zur Durchreise durch Brandenburg, B e r l i n ausgenommen, zu erhalten. Liebmann
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hatte aber aus dem Erlös der Wulffschen Hinterlassenschaft n u r einen T e i l der Gläubiger befriedigen können. A m 16. A p r i l 1691 erging daher an Liebmann die Aufforderung, für die Rückzahlung vor allem der Schuld des Generals d u Hamel zu sorgen. Als die Mahnung nichts half, erhielt W u l f f 1692 einen uneingeschränkten Reisepaß zur Regelung der Angelegenheiten des Dessauer Hofes i n der M a r k Brandenburg, der i m nächsten Jahre erneuert wurde. Um W u l f f von B e r l i n fernzuhalten, machte Liebmann (der für Wulffs Schulden die Haftung übernehmen mußte, aber nicht gezahlt hatte) nun den Vorschlag, die gesamte Judenschaft Berlins m i t der Restschuld Wulffs zu belasten. D e r K u r f ü r s t verfügte denn auch am 21. August 1694, daß die Juden binnen 14 Tagen die fehlenden 800 Taler zahlen müßten. Das brachte die ganze Judenschaft gegen den Hof j u w e l i e r auf; sie erreichte jedoch nur, daß die Summe auf die Hälfte herabgesetzt wurde. Liebmann, der sich ausnehmen wollte, mußte 200 T i r . übernehmen. W u l f f w a r damit vorläufig von B e r l i n ferngehalten worden. A m 27. August 1698 verwandte sich aber Fürst Leopold für seinen H o f j u d e n beim Kurfürsten u n d bat um einen Generalpaß, den W u l f f auch erhielt. Als Liebmann, von einer Reise aus H o l l a n d zurückgekehrt, dies hörte, ging er erneut beim Kurfürsten gegen W u l f f vor. Liebmann siegte; der Paß w u r d e berichtigt; er galt nicht für Brandenburg u n d Berlin. Als sich darauf Leopold wieder für seinen Hof j u d e n einsetzte — am 5. Dezember —, erhielt er am 17. des Monats einen ablehnenden Bescheid, den Liebmann selbst nach Dessau brachte. D a r a u f wandte sich am 8. September 1699 Henriette Katharina, die Tante des Kurfürsten, an diesen, und am 1. November erhielt W u l f f den Paß für Brandenburg und Berlin, der am 20. Juli 1700 u n d am 27. Juli 1703 erneuert wurde. D i e F ü r s t i n - W i t w e setzte sich auch weiter für ihren Hoffaktor i n B e r l i n ein, so 1703, als W u l f f sich länger i n B e r l i n aufhalten wollte, u m seine Angelegenheiten m i t dem Gothaischen Hofe zu regeln; er erhielt zu diesem Zwecke ein sogenanntes Protektorium. Auch unterstützte der Berliner Hof den Dessauer H o f j u d e n i n seinem Streite m i t Gotha. Als W u l f f um das Niederlassungsrecht für einige seiner K i n d e r i n der preußischen Stadt Halle bat, w u r d e sein Wunsch gleichfalls erfüllt. D a r a u f ließen sich sein Sohn Elias u n d sein Schwiegersohn Magnus Moses i n Halle nieder und betrieben dort i n der Steinstraße gemeinsam ein Kaufhaus und Wechselgeschäft. Wulffs Begünstigung durch den ersten Preußenkönig e r k l ä r t sich w o h l nicht allein aus der Förderung, die er von seinen Gönnern i n Dessau erfuhr. Er dürfte auch zu den Geldgebern Friedrichs I. gehört haben, nur daraus läßt si (h verstehen, daß er immer wieder
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nach B e r l i n durfte. Seine Berliner Gläubiger machten i n Eingaben an den K ö n i g wiederholt Versuche, zu ihren Geldern zu kommen, so am 19. Dezember 1702 Jost Liebmanns W i t w e und am 1. November 1712 der Konsistorialrat Christoph Joachim Buchholtz. D i e Liebmännin wies i n ihrem Bittgesuch nochmals auf die früheren Betrügereien h i n und fuhr fort: „ U n d es läßt sich dieses alles damit gar nicht auslöschen, ob er sich anjetzo schon vergeblich vor einen großen ehrlichen Mann u n d Dessauischen H o f j u d e n ausgeben w i l l " ; Buchholtz sprach i n seinem Memorial von dem betrügerischen Moses Benjamin W u l f f , Aus einer Eingabe der Baronesse von A p p e l l in B e r l i n vom 12. Januar 1753 erfahren w i r , daß der Dessauer Hoffaktor ihrer Großmutter laut Bekenntnis vom 11. A p r i l 1703 die Summe von 4000 R t l r n . schuldete, von der ein Rest von 2300 R t l r n . stehen geblieben war. D i e E n k e l i n wandte sich vergeblich u m H i l f e an den Fürsten von Dessau. I n Dessau waren Johann Georg II., dann seine W i t w e Henriette Katharina von Oranien, welche für ihren unmündigen Sohn auch die Regentschaft führte, u n d zuletzt Fürst Leopold seine Gönner. Leopold konfirmierte am 14. M a i 1698 M. B. Wulffs Bestallung zum Hoffaktor u n d H o f j u d e n , nachdem früher durch Johann Georg seine Ernennung und später unter Henriette Katharina die Bestätigung erfolgt war. W u l f f w u r d e der geschäftliche Ratgeber der Familie i n allen finanziellen Angelegenheiten; er w a r Hofbankier, politischer Agent, Hofmünzer u n d Zollpächter. Es gelang W u l f f , sich eine Vertrauensstellung intimster A r t am Dessauer Fürstenhof zu erwerben. Davon zeugen die zahlreichen Briefe, die der Hoffaktor an den F ü r sten Leopold gerichtet hat. Von keinem H o f j u d e n an norddeutschen Fürstenhöfen sind so zahlreiche Briefe vertraulicher A r t erhalten. I n dieser Hinsicht w a r Wulffs Stellung am Dessauer Hofe einzigartig u n d einmalig. W u l f f w a r Betreuer des Münzwesens und lieferte Silber auch für die Zerbster Münze; 1693 gelang es i h m durch die V e r m i t t l u n g seines Schwiegervaters Berend W u l f f , 10 000 Taler in B e r l i n für die Münze aufzutreiben. Durch den Hoffaktor erhielt A n h a l t i m Jahre 1692 auch eine regelmäßige Post. Dessau hatte seit 1678 zweimal in der Woche, mittwochs und sonnabends, eine regelmäßige Postverbindung m i t dem Ausland. 1692 w u r d e ein brandenburgisches Postamt i m A d l e r auf dem Sande eingerichtet. W u l f f führte nun eine Dessauische Landund Postkutsche ein. Diese „Fürstlich Anhaltische Land- und Postkutsche", die das Anhaltische Wappen führte, schloß sich an die an Sonntagen einlaufende Berliner Post an u n d fuhr an den Montagen früh um 9 U h r nach Kothen, von dort nach einstündigem Ausruhen i m „Schwarzen Bären" nach Bernburg, dienstags nach Aschersleben
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und Quedlinburg, abends nodi nach Halberstadt, wo sie übernachtete. Mittwochs trat sie den Rückweg an und gelangte sonnabends wieder nach Dessau, wo sie den Anschlufi an die Berliner Post nodi rechtzeitig erreichte. Moses B e n j a m i n W u l f f finanzierte die zweijährige Reise Leopolds, die dieser zwecks Trennung von der Apothekerstochter Anna Luise Föse unternehmen mußte, a u d i stellte der Hoffaktor die Geldm i t t e l zur Verfügung für die Teilnahme Leopolds am Kampfe gegen L u d w i g X I V . in Holland. Als dann Leopold nach Erlangung der V o l l j ä h r i g k e i t 1698 zur Regierung kam, begann die Glanzzeit Wulffs als anhaltischer Hoffaktor. Seine Tätigkeit w u r d e j e t z t sehr vielseitig. D e r Hoffaktor führte i m Auftrage seines Landesherrn Verhandlungen m i t anderen Höfen, wie dies der Resident Behrend Lehmann getan hatte. I n seinen Briefen lieferte W u l f f Berichte über politische u n d höfische Ereignisse. Er w a r Hoflieferant, besorgte die Ausstattung des Hofstaates, Quartiergelder, Löhne und Ausrüstungsgegenstände aller A r t , betätigte sich als Heereslieferant, verpachtete fürstliche Güter, verkaufte das Holz aus den fürstlichen Forsten, kaufte Jagden, Liegenschaften u n d Bergwerke an, vertrat Leopold in zahlreichen Prozessen, unternahm viele Reisen für den Landesherrn, w a r Reisebegleiter des Fürsten und dessen M i t t l e r am Wiener Hofe, wo W u l f f gute Beziehungen zu den dortigen H o f j u d e n unterhielt. So manchesmal weilte der Dessauer i n W i e n i n vertraulicher Mission; so w a r W u l f f an den Verhandlungen beteiligt, die 1701 Leopolds G a t t i n A n n a Luise Föse die Erhebung in den Reichsfürstenstand brachten. Solche Standeserhebungen, das haben w i r bereits in Kursachsen gesehen, kosteten damals v i e l Geld. A l l die vielen Instanzen, die angegangen werden mußten, forderten ihre „douceurs"; das w a r etwas Selbstverständliches. D e r Hoffaktor hatte die Gelder herbeizuschaffen. Über den A n t e i l des H o f j u d e n i m einzelnen sind w i r nicht unterrichtet, w e i l die beteiligten Personen eidlich zum Schweigen u n d später zur Herausgabe ihrer Papiere verpflichtet wurden. A u f Befehl Leopolds mußte auch der Nachlaß seines Hoffaktors m i t den Briefen des Fürsten an W u l f f versiegelt werden, so daß w o h l dessen Briefe an Leopold, jedoch nicht des Fürsten Briefe an den H o f j u d e n zugänglich sind. Nach der Taxordnung von 1659 waren für diese Fürstenbriefe 12 000 Gulden zu zahlen; m i t den Douceurs für den Vizekanzler und die anderen Instanzen ergab sich jedoch eine Summe von 80 689 Gulden, woraus zu ersehen, w i e v i e l Gelder i n die Taschen a l l jener Personen flössen, die in der Angelegenheit bemüht werden mußten. I n der Liste der Douceurs w u r d e n die Personen, die sie empfingen, nicht m i t Namen
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genannt, sondern unter Ziffern aufgeführt. D i e Zahlungen leistete i m Auftrage Wulffs i n W i e n der dortige Hoffaktor E m a n u e l O p p e n h e i m e r , der auch i n Diensten des Dessauer Hofes stand. Noch i n seinen letzten Lebensjahren w a r W u l f f für den alten Dessauer i n W i e n in politischer Mission tätig, so i n dem anhaltischen Seniorenstreit, i n dem Leopold am 10. Januar 1725 die Reichsbelehnung für ganz A n h a l t erhielt. Auch für die E i n f ü h r u n g der Erstgeburtserbfolge 1727 brauchte der Fürst von Dessau die Zustimmung des Kaisers. A l l e diese A k t i o n e n erforderten große Summen, die der Hoffaktor herbeizuschaffen wußte; er bezahlte auch die Beamten, die für diese Missionen notwendig waren. D a f ü r erhielt W u l f f wiederum viele Gelegenheiten, riesige Gewinne zu erzielen. E i n besonders fettes Geschäft w a r die Pacht des Elbzolles bei Dessau in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. W u l f f handhabte die Verzollung sehr zu seinem V o r t e i l ; indem er nach Einzelsätzen rechnete, bekam er für ein Fafi oder 120 Stück Leinwand, zum Beispiel statt des bisherigen Satzes von 8 Groschen, den stattlichen Betrag von IV2 bis 2 Taler heraus — also zum T e i l den sechsfachen Betrag. W u l f f w a r ein außerordentlich rigoroser Zöllner, der am Sabbath nicht arbeitete, die Schiffer also nicht abfertigte, sondern warten ließ. Solche Verzögerungen bedeuteten aber bereits schwere Schädigungen für die christlichen Kaufleute, die ihre Waren von Dresden nach H a m b u r g verschifften. E r h i e l t W u l f f die geforderten Zölle nicht, dann beschlagnahmte er die W a r e n und hielt sich daran schadlos. Selbst der englische Gesandte in B e r l i n beschwerte sich über Wulffs Vorgehen gegen einen englischen Kaufmann, ohne etwas auszurichten. Bei den Schiffern w a r der Hoffaktor aufs tiefste verhaßt, und die preußischen Untertanen von Magdeburg klagten vergeblich bei ihrem Könige. I m einzelnen sind w i r nicht über die Geldgeschäfte W u l l f s m i t dem Fürsten und der F ü r s t i n - W i t w e Henriette Katharina unterrichtet; doch ist i n den Briefen Wulffs immer wieder von Geld-, Münz- und Wechselgeschäften die Rede. E i n m a l begegnet uns eine Forderung Wulffs an die fürstliche Kammer i n Höhe von 23 000 R t l r . W i e sehr die Finanzen des Fürsten vom H o f j u d e n abhängig waren, zeigt die Meldung der Räte i m Jahre 1715 an Leopold, dafi nur noch 650 R t l r . i n der Kasse wären, W u l f f aber nicht mehr zahlen wolle. Zum Kundenkreis des Hoffaktors W u l f f gehörte auch des Fürsten Schwester, die Herzogin von R a d z i w i l l . Sie l i e h auch W u l f f Gelder gegen ó^/o Zinsen u n d gab i h m Juwelen zum Pfände; umgekehrt leistete der H o f j u d e der Herzogin Vorschüsse; W u l f f w a r eben der Hofbankier des Fürstenhauses. Bei diesen Geschäften handelte es
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sich, gemessen an den Verhältnissen des kleinen Staates, u m recht beträchtliche Summen. Nach einer Abrechnung aus dem Jahre 1720 hatte die Herzogin von W u l f f für geliehene Gelder, Schnurperlen, goldenes Geschirr und B r i l l a n t e n 25 545 R t l r . K a p i t a l und 13 186 R t l r . 16 Gr. Zinsen, zusammen 38 731 R t l r . 16 Gr. zu fordern. Umgekehrt beliefen sich Wulffs Forderungen an die Herzogin auf 2184 R t l r . K a p i t a l und 2025 R t l r . Interessen, zusammen 4209 Rtlr., so dafi der Hofbankier der Herzogin also 34 522 R t l r . 16 Gr. schuldete. I m gleichen Jahre, am 27. M a i 1720, lieh die Herzogin von Radziw i l l W u l f f einen großen K o r b m i t einem Deckel, durchbrochen von Gold; ein kostbares Kästchen, m i t Gold verziert; einen kostbaren Topf u n d Geschirr; am 17. August 1720 erhielt er noch 36 Perlen. Nach dem Tode des Hofbankiers wandte sich M a r i a Eleonore Herzogin zu Radziwill, geborene Fürstin zu Anhalt, am 21. A p r i l 1730 von B e r l i n aus an den Kaiser und teilte i h m mit, daß sie von Wulffs Erben noch 55 232 R t l r . zu fordern habe, darüber befänden sich die Dokumente Wulffs i n ihren Händen; sie habe daher Ansprüche an die Kammer zu stellen. H i e r k a n n es sich n u r u m den Prozeß zwischen W u l f f u n d Gotha handeln u n d u m Ansprüche, die jetzt Wulffs Gläubigerin an die Gothaische Kammer stellte. A u f Wulffs Beziehungen zu Gotha werden w i r n o d i näher eingehen. Welche Stellung W u l f f als H o f j u d e i n Dessau einnahm, w i r d nicht nur durch seine zahlreichen Privatbriefe an fürstliche Persönlichkeiten beleuchtet, i n denen er unter anderem auch von seinen Familienereignissen berichtete, sondern mehr noch durch vertraute Briefe an hohe Beamte u n d der Hofgesellschaft an den Hoffaktor, i n denen W u l f f als très ami bezeichnet w i r d , die hohen Herren sich seine Diener nennen. Selbst der erste Soldat seiner Zeit, Prinz Eugen von Savoyen, schrieb einen Empfehlungsbrief für Moses Benj a m i n W u l f f u n d setzte sich für i h n i n Prozessen ein, die dieser i n W i e n zu führen hatte. I n den letzten Lebensjahren führte er den Titel H o f - u n d K a m m e r a g e n t . W u l f f w a r ständig unterwegs; bald treffen w i r ihn i n H a m b u r g oder Berlin, dann i n Leipzig oder i n Dresden, i n Warschau, i n Gotha u n d sehr häufig i n Wien. I n England, H o l l a n d und Brabant, i n Rom, Venedig und Paris genoß W u l f f Kredit. Er w a r Hof j u d e der Höfe von Kothen, Zerbst, Berlin, Dresden, Gotha, wo er den T i t e l H o f f a k t o r führte, Hildburghausen und Merseburg. D e m Erbprinzen Johann August von Zerbst ermöglichte W u l f f 1697 den A n t r i t t seiner großen Reise. M i t den großen Hoffaktoren Behrend Lehmann i n Halberstadt, Leffmann Behrens und Joseph D a v i d Oppenheimer i n Hannover, Emanuel Oppenheimer i n W i e n u n d dem Hause Gomperz i n Kleve stand er i n Verbindung. Als 1710 W u l f f
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wieder einmal i n W i e n weilte, da besuchte die F ü r s t i n von Nassau m i t ihren K i n d e r n u n d ihrer Schwägerin, der Herzogin von Radziw i l l , die F r a u des Hofbankiers. N o d i weiter i n der E h r u n g Wulffs war das Gothaer Fürstenhaus gegangen, das allerdings i n stärkste finanzielle Abhängigkeit von dem Dessauer H o f j u d e n geraten war. Als die Schwester des Herzogs von Gotha sich m i t dem Erbherzog A d o l p h Friedrich von Mecklenburg-Strelitz verheiratete, mußte W u l f f 20 000 R t l r . Ehegelder vorstrecken. A m 15. Juni 1702 wohnte die Braut i n Wulffs Hause i n Dessau u n d w u r d e dort auch bewirtet; sie übernachtete sogar i m Hause des Hofbankiers. D e r Herzog wohnte später selbst bei W u l f f u n d überreichte dem H o f j u d e n als Anerkennung ein Präsent. D e r regierende Fürst eines Landes ließ hier seine Schwester durch den Hof j u d e n ausstatten u n d die M i t g i f t für die Braut aufbringen. W u l f f hatte sich 1686 i n Dessau niedergelassen; schon vom nächsten Jahre ab stand er auch in kursächsischen Diensten als Hoffaktor der Kurfürsten Johann Georg III., Johann Georg I V . u n d Augusts des Starken. Das lebhafte Eintreten des letzteren für M. B. W u l f f läßt sich n u r erklären, wenn der Dessauer Hoffaktor auch für den Dresdener Hof als Geldgeber tätig war. Besonders eng jedoch waren Wulffs Beziehungen zu den Herzögen von Sachsen-Gotha u n d A l t e n b u r g ; Moses B e n j a m i n w a r i h r Münzentrepreneur und Hofbankier. I m Jahre 1691 hatte Friedrich I. Wulffs Dienste zum erstenmal i n Anspruch genommen; laut K o n t r a k t vom 28. A p r i l übernahm der Hoffaktor die Silberlieferung für die Gothaer Münze. W ä h r e n d der .vormundschaftlichen Regierung für Friedrich I I . hatte W u l f f , nach seiner Angabe ohne sein Wissen, geringwertige Münzen erhalten und i n den Verkehr gebracht. D e r Kaiser ging jedoch gegen den Hofmünzer scharf vor. A m 14. September 1700 verfügte Leopold I., daß 24 000 Gulden, welche die Gothaer Hofkammer dem Hofmünzer zu zahlen hatte, zur Strafe wegen der geringhaltigen Münzen beschlagnahmt, eingezogen u n d nicht an W u l f f ausgezahlt werden dürften. D e r Hoffaktor muß trotzdem die Münzmalversationen weiter betrieben haben; denn zwei Jahre später w u r d e W u l f f auf Befehl des kaiserlichen Münzkommissars i n Sachsen verhaftet und nach Eger gebracht. Wulffs Gönner: die Könige von Preußen und Polen, Fürst Leopold von Dessau setzten sich sofort eifrig für i h n ein; Leopold schrieb gleich zweimal an den Kaiser. D i e fürstlichen V e r m i t t l e r erreichten jedoch nur, daß der Kaiser rasch das U r t e i l sprach. D e r Hofmünzer w u r d e zu einer hohen Geldstrafe und Tragung sämtlicher Kosten verurteilt, und der Kaiser blieb bei dem Urteil, da nutzten alle Proteste von Wulffs Gönnern nichts. D e r Hofmünzer mußte w o h l oder übel zu-
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stimmen u n d zahlen, bevor er seine Freiheit wiedererlangte. D i e kaiserliche Münzstrafe betrug 33 000 fl. Inzwischen hatte Gotha bei W u l f f riesige Summen aufgenommen. Friedrich I I , der auch bei Wertheimer i n W i e n verschuldet war, lieh von 1699 an nach u n d nach Summen, welche 1703 die Höhe von 211 000 R t l r n . erreicht hatten. Das waren Schulden, welche die Jahreseinnahmen des Staates bei weitem überstiegen. W u l f f w a r dafür am 12. Juli auch Gothaischer Hoffaktor geworden. D a n n streckte W u l f f noch 35 000 R t l r . für die Aufstellung der Truppen vor, die Gotha an H o l l a n d überlassen wollte. D a f ü r w u r d e n dem Finanzier die m i t H o l l a n d vereinbarten Subsidien verpfändet, deren Auszahlung ein Gomperz i n Kleve übernahm. W u l f f hatte Gotha noch weitere Summen geliehen; die Schulden des kleinen Hofes und Staates an den Hofbankier beliefen sich jedenfalls, nach dem Geldwert von 1900, auf mehrere Millionen. F ü r die 211 000 Rtlr., die W u l f f bis 1703 zur Rettung des fürstlichen Kredits vorgestreckt hatte, verpfändete Friedrich I I . am 19. Januar dem Hofbankier das kursächsische A m t Borna, das 17 Rittergüter und Dörfer umfafite! August der Starke hatte 1698 dieses A m t für 24 Jahre an Gotha überlassen, als er i m Zusammenhang m i t der W a h l zum K ö n i g von Polen Gelder brauchte. Gotha konnte dann die gewaltige Summe nicht zurückzahlen; es k a m zu einem Prozeß zwischen beiden Parteien, der Jahrzehnte dauerte u n d bei Wulffs Tode noch nicht beendet war. Wulffs Gönner: Kursachsen, Preußen, Fürst Leopold, die Herzogin von Radziwill, traten recht eifrig am Wiener Hofe für ihren Hofbankier ein, da sie alle ein Interesse daran hatten, daß W u l f f finanzkräftig u n d sein K r e d i t erhalten blieb. D e r Prozeß, in dem es auch u m die sogenannten Bornaischen Dokumente ging, die dem Hoffaktor ohne Kursachsens E i n w i l l i g u n g überlassen worden waren, verlief i m wesentlichen i m Sande. Solange jedenfalls W u l f f die Dokumente i n Händen hatte, w a r er H e r r des Amtes Borna und konnte die Revenuen daraus beziehen. W u l f f ist so nach Behrend Lehmann der zweite H o f j u d e an norddeutschen Fürstenhöfen, der eine Zeitlang Herrschaftsbesitzer gewesen ist. A u f der Ostermesse 1707 sprach August der Starke i n Leipzig die Vertreter von Gotha und Dessau. Es w u r d e eine Kommission eingesetzt, deren Gutachten für W u l f f günstig lautete. I m Jahre darauf erreichte jedoch Gotha ein kaiserliches Protektorium, das Gotha von der Verpflichtung befreite, die W u l f f i n Leipzig ausgestellten Wechsel einzulösen. D i e sächsischen Minister erhoben darob flammenden Protest, da sie i n der kaiserlichen Verfügung einen E i n g r i f f in das Leipziger Wechselrecht u n d eine Gefährdung der Leipziger J e s s e n erblickten. I m Jahre 1709 befand sich W u l f f i m Hoflager Augusts des Starken, von
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dem er besondere H i l f e erwartete, da Sachsen wegen des Amtes Borna an dem Prozeß auch stark interessiert war. A u d i Preußen unterstützte eifrig Wulffs Forderungen an Gotha. Der dortige Hof hatte W u l f f aufgefordert, zur Regelung der Sache selbst nach Gotha zu kommen; aber der Hoff aktor traute offenbar Gotha nicht, obwohl er früher immer zuvorkommend behandelt worden w a r und man i h m zur „Salve Guarde" sogar zwei Reiter mitgegeben hatte. W u l f f begab sich vielmehr nach B e r l i n u n d bat u m die V e r m i t t l u n g des mächtigen Berliner Hofes, die er auch erhielt. Zunächst ließ er sich einen Schutzpaß von Preußen geben, i n dem enthalten war, daß „Unserem zu Halle vergleiteten Schutzj u d e n Moses B e n j a m i n W u l f f i n unseren Angelegenheiten eine Reise nach Frankenland zu t u n befehliget". Das entsprach nicht den Tatsachen, denn W u l f f reiste i n eigener Angelegenheit nach dem Süden, nach Thüringen. Preußen setzte sogar eine Kommission ein, um die „Forderungen" zwischen Gotha u n d W u l f f zu regeln; diese schlug vor, W u l f f teils bar, teils i n größeren Wechseln zu bezahlen. D a f ü r sollte er alle Bornaischen Dokumente dem preußischen General-Feldmarschall von Wartensleben ausliefern, der sie dann Gotha übergeben würde. A n Gotha machte Preußen den Vorschlag, W u l f f 70 000 R t l r . bar u n d 100 000 R t l r . i n neuen Wechseln auszuzahlen. I n W i e n mußte sich Preußens Gesandter Graf Schwerin für W u l f f einsetzen. D i e Herzogin von R a d z i w i l l verwandte sich ebenfalls mehrfach für den H o f j u d e n am Wiener Hofe. W u l f f w u r d e infolgedessen immer kühner und bezifferte schließlich seine Forderungen an Gotha, bestehend aus Kapital, Interessen u n d Schäden, auf die phantastische Summe von 600 000 R t l r . W u l f f tat dies offensichtlich aus dem Bestreben heraus, von Gotha möglichst v i e l herauszuschlagen. I m Jahre 1719 schoß Anhalt-Dessau seinem Hof j u d e n zur Rettung seines Kredits 70 000 R t l r . vor, dafür mußte W u l f f die Bornaischen Dokumente ausliefern, die vorher schon aus seinen Händen nach Berlin, von B e r l i n wieder zurück an den Hoffaktor gekommen waren. Fürst Leopold w a r bei dieser Übergabe nicht zugegen. Denn am 6. Januar 1719 bescheinigte „ A n n a Loysa, Fürstin zu Anhalt, daß uns unser Hoffaktor Elias Moses W u l f f heute dato die Bornaischen Dokumente geliefert hat und Uns i n unsere Verw a h r u n g gegeben". Elias Moses w a r Wulffs Sohn; er hat demnach die Dokumente ausgeliefert. Sie wanderten dann nochmals nach Berlin, von dort wieder nach Dessau. W i e v i e l W u l f f von Gotha eigentlich zurückerhalten hat, läßt sich kaum feststellen. Gotha hat jedenfalls an W u l f f einzelne Zahlungen geleistet; so wissen w i r , daß am 9. Oktober 1709 Herzog Friedrich zwei Wechselbriefe des Hoffaktors i n Höhe von 20 000 R t l r . eingelöst hat. W u l f f mußte sich zur Ge-
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heimhaltung verpflichten, damit nicht andere Gläubiger kamen und ihre Wechsel gleichfalls dem Herzog präsentierten; auch ist nicht ersichtlich, ob Anhalt-Dessaus Vorschlag, Preußen solle gegen Aushändigung der Bornaischen Dokumente W u l f f 100 000 R t l r . bis zum Spruch des Wiener Reichshofrats vorstrecken, angenommen u n d ausgeführt worden ist. I n diesem Falle hätte der Hofbankier den größten T e i l der Gelder, die er Gotha vorgestreckt hätte, zurückerhalten. K l a r h e i t ergibt sich aus den vorhandenen A k t e n über den Verlauf der Affaire nicht. Beide Seiten arbeiteten m i t umfangreichen Druckschriften, deren Behauptungen sich nicht mehr nachprüfen lassen. M i t Sachsen-Hildburghausen tätigte Moses B e n j a m i n W u l f f gleichfalls Geldgeschäfte; er l i e h dem Herzog Ernst gegen Wechsel 23 851 R t l r . zu 6°/o, die i m Jahre 1714 auf 40 666 R t l r . — K a p i t a l und Zinsen — angelaufen waren; i m gleichen Jahre erfolgte die Zahl u n g s r e g e l n g. D e m Hause Sachsen-Merseburg gewährte der Dessauer Hofbankier eine Anleihe von 100 000 T a l e r n gegen hohe Provision u n d gegen ein Paar schwere silberne Armleuchter. Merseb u r g brauchte diese Summe für August den Starken, der dafür dieser Nebenlinie seines Hauses auf den Reichs- und Kreistagen Sitz u n d Stimme verschaffen wollte. I m Jahre 1726 k a m es zwischen W u l f f und seinen Gläubigern zu einer Verständigung gelegentlich der Neujahrsmesse durch das Eingreifen seines Gönners, des Ministers Grafen Flemming. I n der Gunst des Hofes hielt sich Moses B e n j a m i n W u l f f bis zu seinem Tode 1729. Diese Begünstigung ging so weit, daß Fürst Leopold i n mehreren Fällen gegen Beamte u n d Offiziere Stellung nahm und sie i n Haft setzen ließ, w e i l sie es gewagt hatten, Unregelmäßigkeiten des Hofbankiers aufzudecken u n d anzuzeigen. Als Münzfaktor durfte W u l f f die kleinen Dessauischen zwei D r i t t e l Münzen sogar ohne jeden Schlagschatz ausliefern. Es bleibt n u r noch zu erwähnen übrig, daß auch Moses B e n j a m i n W u l f f die Dessauer Gemeinde u n d das Studium des T a l m u d förderte. D i e Gemeinde mehrte der Hof- und Kammeragent durch Empfehlung fremder Juden zur Ansiedlung i n Dessau, so am 2. Januar 1702 seinen Glaubensgenossen L e v i n Samuel aus Halberstadt m i t den W o r t e n : „daß er gewiß keinen Diebstahl an sich kaufen, sich auch redlich u n d w o h l i n seinem Handel verhalten und gern j ä h r l i c h das geforderte Schutzgeld zahlen werde". Als Moses B e n j a m i n W u l f f m i t Michael Gottschalk 1695 unter der vormundschaftlichen Regierung der F ü r s t i n Henriette Katharina u m die Erlaubnis bat, eine jüdische Druckerei anlegen u n d dort den T a l m u d drucken zu dürfen, lautete die Resolution der fürstlichen Kanzlei:
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„ W e n n Sie sonst nichts gegen die christliche Religion drucken, ist es Ihnen erlaubt." Wulffs Sohn E l i a s M o s e s W u l f f w a r noch zu Lebzeiten seines Vaters H o f f a k t o r geworden; er w a r an den geschäftlichen A k t i o n e n und politischen Missionen seines Vaters beteiligt. Sonst hören w i r w e n i g von seiner T ä t i g k e i t i n Dessau; unter i h m erfolgte der gänzliche Zusammenbruch der väterlichen Firma, die sich zweifellos an den großen Finanzaktionen m i t Gotha übernommen hatte. Als 1753 noch Gläubiger seines Vaters Erbansprüche stellten, da mußte der Fürst von Anhalt-Dessau am 24. Januar berichten, daß Elias Moses W u l f f „nichts i m Vermögen" habe und von seinem i n B e r l i n wohnenden Sohne B e n j a m i n unterhalten werde. I m m e r h i n hatte Elias Moses aus den Elbzöllen jahrelang große Einnahmen gezogen. Er w a r Pächter des Elbzolls i n Dessau und seit 1720 auch Pächter der preußischen Elbzölle zu Aken, Jerichow, Sandau, dann zu Mühlenvogtei u n d Tangermünde. W u l f f wurde als Zöllner b a l d gefürchtet. A l l e Beschwerden blieben jedoch ohne W i r k u n g , da er v i e l zu k l u g war, u m sich direkte Übergriffe gegen die Vorschriften nachweisen zu lassen. E r verstand es nur, die Zollbefugnisse aufs äußerste auszunutzen; er erhob Zoll von Waren, die bisher passieren durften, nahm höhere Akzidentien u n d wandte scharfe Visitierung u n d Ausmessung an. I m August 1726 hatte W u l f f von zwei Ladungen 119 Taler zuviel erhoben; die Magdeburger Schiffer gingen dagegen an, doch entschied die Kammer zugunsten des Zöllners. D i e Folge dieser rigorosen Maßnahme w a r eine große Verarmung; denn 1728 betrieben von 70 Schiffern n u r noch wenige — fünf bis sieben — die Schiffahrt. W u l f f erhielt von Preußen sogar die Konzession, i n B e r l i n zwei jüdische Familien ansiedeln zu dürfen. U m von W u l f f endlich frei zu kommen, pachtete Magdeburg 1726 selbst den Elbzoll für 4000 Taler, während W u l f f 3700 geboten hatte. Schon nach zwei Jahren k a m W u l f f m i t einem neuen Plan, um die preußischen Elbzölle wiederum i n seine H a n d zu bekommen. Unter Hinterlegung genügender K a u t i o n w o l l t e er die Elbe-, Havelund Spreezölle auf sechs Jahre i n A d m i n i s t r a t i o n nehmen. K ö n i g Friedrich W i l h e l m I. versprach er große Vorteile, da er i n den 26 Jahren, so er m i t Zöllen zu t u n habe, viele Erfahrungen gesammelt habe. D i e Bedienten w o l l t e W u l f f anstellen u n d besolden, jedoch deren Douceurs einziehen, den G e w i n n dagegen, der über die Jahressumme hinausging, teilen. D i e Stadt nahm gegen dieses P r o j e k t Stellung. Elias Moses W u l f f starb 1754.
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Sein Enkel I s a a k B e n j a m i n W u l f f begann 1751 i n B e r l i n unter dem Namen seines 1756 verstorbenen Vaters B e n j a m i n Elias eine Barchentfabrik anzulegen u n d erhielt zu diesem Zweck ein großes Grundstück i m Tiergarten u n d freie Baumaterialien; dann beteiligte er sich an weiteren Fabrikunternehmungen. Er gehörte zu den privilegierten Berliner Fabrikanten, D a n i e l Itzig, der Münzentrepreneur, w a r sein Schwager, Moses I t z i g sein Schwiegersohn. Diese verwandtschaftlichen Beziehungen erklären, daß I. B. W u l f f während des Siebenjährigen Krieges auch i n A n h a l t - B e r n b u r g als Münzfaktor w i r k t e . E i n anderer E n k e l des Moses B e n j a m i n W u l f f namens B a r u c h A r o n L e v i w u r d e 1754 Münzentrepreneur und 1769 Hoffaktor i n Kursachsen. Außer den Wulffs hatte Fürst Leopold noch andere H o f j u d e n i n Diensten; 1728 w u r d e E l i a s R u b e n G o m p e r z sein H o f f a k t ο r unter der Bedingung, sich ein Haus von mindestens 1000 Gulden zu kaufen oder zu bauen. Gomperz zog später nach Halle, wo er 1737 ermordet wurde. I m Jahre 1729 erscheint M o s e s S a l o m o n als Fürstlich Anhalt-Dessauischer H o f j u d e i n eineni Streit w i d e r die Amtskammer von Sachsen-Gotha. Zu den auswärtigen Hofagenten des Dessauer Fürstenhauses gehörten J o s t L i e b m a n n i n Berlin, E m a n u e l und L e v i n O p p e n h e i m e r i n Wien, M o s e s G e r s o n i n Ansbach, L e v i n J a k o b G o m p e r z i n Kleve und L ö b B a r u c h , kurmainzischer u n d fürstlich Darmstädtischer Hoffaktor zu Weinheim, der von Fürst Leopold am 28. Dezember 1727 zu seinem „Agenten für Affairen, so Reisen nötig machen", ernannt wurde. Nach dem Tode des Moses B e n j a m i n W u l f f schenkte Fürst Leopold seine Gunst dem H o f f a k t o r C a i m a n I s a a k , den er am 9. März 1730 m i t seinen K i n d e r n von der Zahlung des Schutzgeldes befreite, „so lange er u n d sie leben". Einen neuen T i t e l führte der F ü r s t l i c h e G ü t e r b e s c h a u e r J a k o b ; er hieß V i s i t a t o r und hatte die Güter bei der Akzise zu beschauen. Beide Hoffaktoren waren Vorsteher der jüdischen Gemeinde Dessau und standen i n hoher Gunst beim Landesherrn. Das zeigte sich, als Jakobs Sohn K o n r a d Caimans Tochter Beßgen am 4. Februar 1740 heiratete. Diese T r a u u n g fand auf dem Schloß zu Dessau statt; dem Fürstenhof zu Dessau gebührt der Ruhm, Jahrzehnte vor der jüdischen Emanzipation auf seinem Schlosse eine jüdische T r a u u n g abgehalten zu haben. Zur Vornahme der jüdischen Zeremonie stellte der Fürst ein Zimmer seines Schlosses zur Verfügung, die T r a u u n g selbst w a r d i m fürstlichen Lustgarten abgehalten. Das Brautpaar w u r d e m i t einer reichlichen Aussteuer begnadigt. Der regierende Fürst be-
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schenkte es m i t 175 Talern, der Freiheit vom Schutzgelde und 30 Talern „zur Lösung eines Stuhles i n der Synagoge". Des B r ä u t i gams Vater erhielte zu einem neuen Kleide 25, der Bräutigam für den gleichen Zweck 30 Taler, dazu einen gemästeten Ochsen für 40, einen fetten Hammel für 3 u n d ein Fafi W e i n für 12 Taler. D i e regierende F ü r s t i n schenkte zur Aussteuer 137 T i r . 17 Gr. und ein „propres B r a u t k l e i d " . Erbprinz Leopold ließ ein „propres Brautbette" machen, die Erbprinzessin Mütze und Haube. Prinz Eugen schenkte 24 Ellen L e i n w a n d zum Bettlaken, Prinzessin W i l h e l m i n e der Braut einen „properen Fischbeinrock", die Prinzen Diederich u n d Moritz u n d Prinzessin Henriette „allerseits ein raisonables Geschenk". Bei der T r a u u n g i m Lustgarten schauten sämtliche hochfürstlichen Herrschaften aus den Fenstern des Schlosses zu. Nach der T r a u u n g zog das neue Ehepaar vom Schlosse m i t klingendem Spiel zur Mahlzeit nach dem Hochzeitshause, w o der „sämtlichen Hochfürstlichen Herrschaften hohe Gesundheit dabei getrunken und also diese Hochzeit m i t vielem Vergnügen beschlossen worden". Diese A r t der Ehrung zweier Hoffaktorenfamilien steht i n der Geschichte des Hofjudentums einzig da. K e i n Wunder, wenn über die Hochzeit eine Druckschrift erschien, i n der auch eine Liste der fürstlichen Geschenke veröffentlicht wurde. D e r Güterbeschauer Jakob, der zweifellos die Aufgabe hatte, seinen Glaubensgenossen auf die Finger zu sehen, w a r wegen seines Diensteifers keineswegs beliebt. I n Anhalt-Köthen gab es seit 1698 den H o f j u d e n J a k o b W u l f f ; ob er ein Verwandter des Dessauer W u l f f war, läfit sich nicht bestimmen. D e r Magistrat verweigerte i h m den A n k a u f von G r u n d u n d Boden u n d blieb dabei trotz aller Gegenvorstellungen der F ü r s t i n - W i t w e u n d ihrer Beamten. I n A n h a l t - B e r n b u r g w u r d e 1730 W o l f B e n j a m i n C o h e n zum H o f j u d e n ernannt und in E i d u n d Pflicht genommen 4 . Zum Schlufi werfen w i r noch einen Blick auf das anhaltische Münzwesen i m Siebenjährigen Kriege u n d die T ä t i g k e i t der preußischen u n d anhaltischen M ü n z e n t r e p r e n e u r s 5 . I n die allgemeine M ü n z v e r w i r r u n g des 18. Jahrhunderts w u r d e i m Siebenjährigen Kriege auch Sachsen-Anhalt einbezogen. Diese Münzverw i r r u n g i n Deutschland w a r einmal entstanden durch die Aufgabe des 1737 als Reichsmünzfuß angenommenen Leipziger 12 Talerfußes, welcher die M a r k Feinsilber zu 12 Taler oder 18 Gulden ausprägte. D i e geringhaltigere Ausprägung ging von Oberdeutschland seit 1740 aus, so daß Kaiser Franz I. bereits 1748 den Leipziger Fuß von 18 auf 20 Gulden herabsetzte; es folgten Braunschweig-Wolfenbüttel und Kursachsen. A u f Anraten Graumanns führte darauf Friedrich 18 Schnee, Hoffinanz I I
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der Große 1750 den 14 Taler oder 21 Guldenfuß ein. D e r Siebenj ä h r i g e K r i e g brachte dann die völlige Münzanarchie. Friedrichs Münzentrepreneurs Ephraim, Isaak, Itzig, Gomperz u n d Fränkel sind uns bereits bekannt. Nach der Niederlage von K o l i n gab Friedricht der Große den Befehl, das vorhandene Silber i m Werte von 4 000 000 Talern so gering u n d m i t solchem Zusätze auszuprägen, daß es mindestens das Doppelte ergäbe, „da es i n denen jetzigen verworrenen Kriegszeiten so genau auf einen ordentlichen Münzfuß und Gehalt nicht ankommen könne". I n diese M ü n z v e r w i r r u n g w u r d e A n h a l t dadurch hineingezogen, daß es K o n t r i b u t i o n e n i n gutem Geld leisten mußte, Zahlungen aber i n geringwertigen preußischen oder sächsischen Münzen empfing, die bekanntlich E p h r a i m prägen ließ. D a n n kamen die preußischen Münzentrepreneurs u n d traten an A n h a l t m i t Projekten zur Münzverschlechterung heran. D e m Fürsten V i k t o r Friedrich von A n h a l t Bernburg, der als Senior das Münzregal verwaltete, legte am 14. M a i 1758 ein gewisser Joh. Friedrich M a r t i n i einen Plan zur Münzverschlechterung vor. Danach sollten 100 000 M a r k Feinsilber zu 19 Reichstaler 14 Groschen ausgemünzt werden gegen einen Schlagschatz von 50 000 Rtlrn., und ein Geschenk von 2000 D u k a t e n für den Erbprinzen. Es ist sicher, daß sich unter dem Decknamen M a r t i n i k e i n anderer verbarg als einer der preußischen Münzfaktoren, nämlich Moses Isaak. Ein solches Angebot w a r mehr als verlockend, bedeuteten doch 50 000 R t l r . Schlagschatz und 2000 D u k a t e n gewaltige Einnähmen für die Fürsten. A m 20. Juni 1758 schloß Erbprinz Friedrich Albrecht (1735—1796) m i t M a r t i n i den A k k o r d , der i m Namen seines Prinzipals von Jakob Bernhard W o l f f unterzeichnet wurde. D e r Schlagsatz für die Unternehmer w a r d u m das Doppelte erhöht; der G e w i n n betrug mehr als eine halbe M i l l i o n Taler. Jetzt machte M o s e s I s a a k das Angebot, i n Bernburger Dienste zu tretender forderte dafür den landesherrlichen Schutz, ein von allen Abgabén befreites Haus u n d die Übertragung aller Lieferungen für die Münze. D a m i t w o l l t e sich Isaak i m anhaltischen Münzwesen die Vormachtstellung sichern. Bernburg erteilte am 12. August 1758 Moses Isaak das gewünschte P r i v i l e g und ernannte den Hofmünzer auch zum H o f a g e n t e n . A m gleichen Tage w u r d e mit Moses Isaak, D a n i e l l t z i g u n d B e r n h a r d W o l f f ein A k k o r d unterzeichnet auf Ausmünzung von 200 000 M a r k Feinsilber zu den gleichen Bedingungen, w i e sie vorher M a r t i n i allein gewährt worden waren. E i n ganzer Schwärm von Händlern u n d Hausierern kaufte nun i m Lande und i n der Umgebung alle guten Münzen auf, u m sie den Unternehmern zur Umschmelzung anzubieten. Preußen begünstigte diese Münzentrepreneurs, indem diese sogar Pässe vom
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preußischen Generalpostamt erhielten, m i t deren H i l f e sie frei passieren durften. Als zum Beispiel ein Jude m i t zwölf Geldfässern nach der Harzgeroder Münze fuhr, w u r d e er zu Q u e d l i n b u r g angehalten; sobald er seinen preußischen Paß vorzeigte, konnte er passieren. Isaak u n d Itzig standen j a selber zur gleichen Zeit i n preußischen Diensten, machten also Geschäfte nach beiden Seiten; denn amtlich hatte sich auch A n h a l t an dem Beschlüsse beteiligt, den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen zu erklären. Was Isaak und I t z i g taten, konnte auch E p h r a i m . D i e anderen anhaltischen Fürsten w o l l t e n auch verdienen. Daher Schloß K a r l Georg Leberecht von Anhalt-Köthen am 1. und 19. Oktober 1758 Kontrakte m i t E p h r a i m ab, der durch seine Beziehungen als Generalunternehmer der preußischen u n d sächsischen Münzen die schlechten Münzen vor allem absetzen sollte. Ephraim kontrahierte hinter dem Rücken Friedrichs des Großen, der selbstverständlich k e i n Interesse daran hatte, daß sein L a n d auch noch m i t den minderwertigen anhaltischen Münzen überschwemmt wurde. D e r Bernburger wollte gleichfalls gern m i t dem Großunternehmer E p h r a i m ins Geschäft kommen, u m die Münzen außerhalb Anhalts absetzen zu können. So k a m unter Aufhebung des Vertrages m i t Isaak, I t z i g und W o l f f am 24. Oktober ein neuer Vertrag des Bernburgers m i t Ephraim, Isaak und Itzig, dem preußischen Münzkonsortium, zustande, der die Ausprägung von 100 000 M a r k Feinsilber i n acht Monaten zu den alten Bedingungen vorsah, jedoch m i t der ausdrücklichen Verpflichtung, die schlechten Bernburger Münzen besonders i n den preußischen Landen zu vertreiben. Denn selbst Dessau und Kothen wehrten sich gegen die verrufenen Bernburger Münzen, indem es den kaiserlichen Verruf an den Kirchtüren anschlagen und von allen Kanzeln verlesen ließ. Als man i n der Harzgeroder Münze den Stempel ändern ließ, w u r d e ein Nachtrag dagegen erlassen. Auch die auf Veranlassung des Moses Isaak erfolgte Bitte des Bernburger Fürsten, seine Münzen, wenn nicht an den Kassen, so doch wenigstens i m Handel des Landes zuzulassen, w a r vergeblich. Trotzdem schritt Bernburg auf Betreiben des Moses Isaak, welcher der böse Geist des Hofes geworden war, auf der einmal betretenen Bahn weiter. Unter Abänderung des laufenden Akkordes ging Bernburg vom 19. März 1759 ab zum 24-Talerfuß über, was eine neue gewaltige Verschlechterung bedeutete. D e m Bernburger Hof w a r es selbst nicht geheuer bei dem neuen Vertrage; der Münzmeister K e i l erhielt daher die Anweisung, den Münzfuß sorgfältig geheim zu halten. A m 9. J u l i 1759 k a m m i t Isaak und I t z i g ein neuer A k k o r d zustande; diesmal w a r E p h r a i m nicht dabei; denn er hatte auf Befehl 18*
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Friedrichs des Großen vom K o n t r a k t m i t Kothen zurücktreten müssen, wahrscheinlich auch vom A k k o r d m i t Bernburg. E p h r a i m erscheint n u r i n dem Vertrag m i t Bernburg vom 24. Oktober 1758. Näheres über sein Ausscheiden fehlt. D e r neue A k k o r d vom 9. Juli 1759 sah die Ausprägung von 200 000 Silbermark binnen Jahresfrist zum 24 bis 26 Talerfuß vor gegen einen Schlagschatz von 2 R t l r n . für jede F e i n m a r k u n d ein Geschenk von 30 000 R t l r n . an den Erbprinzen. Dieses Geschenk w a r nichts weiter als eine Bestechung großen Stils, der Lohn an einen Fürsten für die Erlaubnis, das V o l k zu schädigen. D i e Münze w u r d e außerdem nach Bernburg verlegt. D i e Unternehmer übernahmen den Bau eines Wasserstreckwerkes u n d die Anstellung eines Münzers, der Fürst stellte die Baumaterialien zur Verfügung u n d verpflichtete sich, später die Baukosten nach der Taxe zur Zeit der Abnahme zu erstatten. Aus Leipzig, Dresden, Breslau, Magdeburg, F r a n k f u r t u n d Holland erfolgten die Silberlieferungen. Das Reich tat die Bernburger Münze durch E d i k t vom 13. August 1759 i n den Verruf. Bernburg prägte jedoch nicht n u r weiter, sondern Schloß am 14. November des gleichen Jahres einen neuen A k k o r d m i t Moses Isaak, der gegen einen einmaligen Schlagschatz ein unbestimmtes Q u a n t u m Silber i n Scheidemünzen ausprägen durfte; der noch laufende Vertrag vom 9. Juli w a r d am 2. Januar 1760 erneuert, u m noch 100 000 Feinmark i n drei Monaten auszuschlagen. Isaak w a r aus dem preußischen Münzwesen ausgeschieden, u m ganz als Bernburger Münzer zu fungieren. I n Harzgerode w u r d e zwar i m A p r i l 1760 der Münzbetrieb auf Verlangen des Kaisers offiziell eingestellt, jedoch i n der Absicht, weiter zu prägen. E p h r a i m verfolgte das Ziel, die Bernburger Münze, die zu einem Konkurrenzunternehmen geworden war, i n seine H a n d zu bekommen. Dies ist i h m auch gelungen. Durch Mittelsmänner machte E p h r a i m Anfang 1760 Bernburg dreimal Angebote, doch lehnte Bernburg ab, da es den A k k o r d m i t Isaak u n d I t z i g am 2. Januar bereits erneuert hatte. D a boten E p h r a i m u n d Genossen Friedrich dem Großen 30 000 R t l r . an, wenn er durch seine Offiziere die Prägestätten zu Harzgerode u n d Bernburg außer T ä t i g k e i t setzen ließe. Der K ö n i g half tatsächlich den Münzunternehmern bei ihren Plänen. A m 2. Januar 1761 erging der Befehl Friedrichs an den M a j o r von der M a r w i t z , die Münzen i n Harzgerode u n d Bernburg zu versiegeln. Veitel E p h r a i m bekam es sogar fertig, i n einem Schreiben an den Bernburger Fürsten vom 13. Februar dessen Vermutung, er wäre schuld, zu bedauern, nachdem er vorher dem Könige für die Versiegelung der Münzen 30 000 R t l r . angeboten hatte. Bernburg wurde gezwungen, jetzt m i t dem preußischen Münzentrepreneur zu
Die Hoffaktoren i n A n h a l t
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akkordieren, indem Friedrich der Große den Abgesandten Bernburgs einfach an E p h r a i m u n d I t z i g verwies. Isaak mußte das Feld räumen. Nach dem m i t E p h r a i m u n d I t z i g am 19. Februar 1761 abgeschlossenen Vertrage w u r d e zum 30 Talerfuß geprägt, während der Schlagschatz für den Fürsten der frühere von 2 R t l r . blieb; für die 4-, 2- und 1-Groschenstücke w u r d e einstweilen sogar der 35 Talerfuß angenommen. I m übrigen w u r d e der Münzfuß offengelassen; die Münzunternehmer behielten damit freie Hand. A m 2. März wurden die Münzen entsiegelt, am 1. M a i begann die Ausmünzung i n Bernburg durch E p h r a i m u n d Genossen, die bis zum 40 Talerfuß gingen. D e r Erbprinz protestierte dagegen am 27. Januar 1762. Friedrich der Große hatte jedoch schon durch Erlaß vom 18. November 1761 das Bernburger schlechte Geld i n allen preußischen Landen zugelassen. Als sich die Mindensche Kammer am 28. Februar 1762 über die Bernburger „ E p h r a i m i t e n " beschwerte, w u r d e n diese erneut i n Preußen zugelassen; n u r an den Kgl. Kassen blieben sie audi weiter verboten. Es gab daneben noch schlechtere Ausmünzungen, nach Ephraims Behauptung i n Hildburghausen sogar zum 50 Talerfuß! A m 6. August 1762 überließ Bernburg seine beiden Prägestätten gänzlich den preußischen Hof münzern; da diese jetzt dem K ö n i g u n d dem Fürsten Schlagschatz zahlen mußten, so w u r d e nicht mehr so v i e l geprägt. Vom 30. März 1761 bis zum 19. Februar 1763 kamen 172 966 M a r k 11 Lot 14 Grän Feinsilber zur Ausmünzung. D e r letzte A k k o r d vom 28. Juni 1763 w u r d e bald wieder aufgehoben, da die Unternehmer auch die preußischen Münzen abgeben mußten. Fürst V i k t o r Friedrich von A n h a l t - B e r n b u r g hatte an den Münzverschlechterungen der Hofmünzer etwa IV2 M i l l i o n e n R t l r . verdient, für diesen kleinen Hof eine gewaltige Summe. D i e Berliner Münzfaktoren nutzten ihre Stellung, u m auch i n Anhalt-Bernburg weitere Vorteile zu erreichen. O b w o h l keiner von ihnen an eine tatsächliche Niederlassung i n A n h a l t dachte, ließen sie sich doch von Bernburg Schutzbriefe u n d Handelsprivilegien ausstellen. Sie erhielten Befreiung von allen Abgaben u n d das Recht, Haus u n d Hof zu erwerben. W i e alle christlichen Untertanen, durften sie auch mehrere Grundstücke i m Lande besitzen. Das waren Vergünstigungen, welche die meisten Hof j u d e n dieser Zeit i n anderen Ländern nicht erreichten. D i e Ausgestaltung der Schutzbriefe erfolgte nach den Wünschen der Münzfaktoren. D e r „Handelsjude u n d Silbernegotiant" Moses Isaak erhielt am 12. August 1758 seinen Schutzbrief zugleich m i t seiner Bestallung zum w i r k l i c h e n H o f a g e n t e n . Nach dem Paß hatte der Hofagent Moses Isaak auch die Lieferungen für die Hofhaltung und Ökonomie
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Die Hoffaktoren i n Anhalt
zu besorgen. D e r Münzfaktor w a r also nicht bloß Titularagent, sondern „ w i r k l i c h e r Hofagent", w i e es i n der Bestallung auch hieß. D i e Schutzbriefe u n d Privilegien für E p h r a i m und I t z i g unterzeichnete V i k t o r Friedrich von Bernburg am 8. August 1761. Veitel Ephraim w u r d e darin als Kgl. Preußischer H o f j u w e l i e r und Kgl. Dänischer Kommerzienrat bezeichnet, D a n i e l I t z i g als Kgl. Preußischer Schutz- und privilegierter Handelsjude u n d „Unser Hofagent". I t z i g w a r m i t Jakob Bernhard W o l f f u n d Isaak Benjamin W o l f f (Wulff) zusammen schon 1758 H o f a g e n t von Bernburg geworden. I s a a k B e n j a m i n W u l f f , der hier als Bernburgischer Hofagent a u f t r i t t , w i r d identisch sein m i t dem gleichnamigen Münzer und Fabrikanten i n B e r l i n aus der Familie der Dessauer Hof j u d e n W u l f f . I n Bernburg scheint dieser I. B. W u l f f neben Isaak, Itzig und E p h r a i m jedoch nicht zur Geltung gekommen zu sein; denn die A k t e n berichten nichts von weiteren geschäftlichen Beziehungen zu Anhalt-Bernburg. D i e Privilegien, die sich E p h r a i m u n d I t z i g i n Bernburg sicherten, waren sehr weitgehend. V i k t o r Friedrich gewährte ihnen, ihren Leibeserben „auch denen, die k ü n f t i g dazu kommen", für alle Zeiten i n unseren Landen die vollkommene „Jura indigenata". Überhaupt entwickelte sich zwischen Bernburg und den Münzfaktoren, besonders zu Isaak u n d Itzig, ein recht vertrauliches Verhältnis. So teilten die beiden Hofagenten am 25. August 1758 durch Schreiben aus Leipzig ihren Fürsten mit, daß sie, da die Lage k r i tisch geworden sei, 56 versiegelte Fäßchen u n d 14 Kästchen mit Silber auf sechs Wagen nach Bernburg schickten. Sie baten den Fürsten, diese 70 Stückgüter bis zum Eintreffen weiterer Disposition aufzubewahren. V i k t o r Friedrich schrieb darauf am nächsten Tàge an seinen „Lieben H e r r n Hofagenten Moses Isaak", daß er die Kisten auf seinem Schlosse i n Bernburg aufbewahren werde und dafi entsprechende Befehle ergangen seien. D i e Kisten kamen auch tatsächlich an, u n d der Fürst widmete sich so eifrig der Sache, dafi er seine Beamten scharf tadelte, w e i l sie bei der Betreuung der 70 Stück zuviel Gelder an die bewachenden Soldaten usw. ausgegeben hatten. Was alles i n den Kisten, die der Fürst auf seinem Schlosse i n Bernburg aufbewahrte, enthalten war, verraten uns die A k t e n leider nicht. M i t D a n i e l I t z i g muß V i k t o r Friedrich gleichfalls sehr zufrieden gewesen sein, denn der Fürst ließ diesem Hofagenten durch D a v i d Heinemann als Zeichen seiner Wertschätzung einen schönen Schimmel überreichen. Erhalten ist uns Itzigs D a n k schreiben an den Fürsten für dieses schöne Geschenk; es trägt das D a t u m vom 13. März 1762. Erwähnenswert ist, daß an Moses Isaaks Münzgeschäften in Bernburg auch seine älteste Tochter beteiligt ge-
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wesen ist. Aus einem Bericht des Harzgeroder Münzdirektors K e i l vom 15. Januar 1760 ergibt sich, dafi die dem Münzentrepreneur Moses Isaak und dessen ältester Tochter bewilligten 10 000 M a r k Feinsilber seit dem 30. Dezember 1759 bis zum Ende dieses Monats v ö l l i g vermünzt seien u n d dafi dieserhalb zwei andere Münzfaktoren sich wegbegeben hätten. Moses Isaaks Tochter muß danach als Bernburgische H o f m ü n z e r i n gelten; auch Isaaks Schwiegersohn D r . med. G u m p e r t z w a r als Münzfaktor an den Geschäften beteiligt. Daß die Bernburger m i t diesen Münzfaktoren auf Kosten des Volkes gute Gewinne einheimsten, ergibt auch die Tatsache, daß nach dem Siebenjährigen Kriege Moses Isaak mehrfach gebeten wurde, die Münzprägungen zu übernehmen. Förmliche Bettelbriefe gingen an i h n ab; aber selbst Anreden, w i e „Hoch Edler, Hoch geehrtester H e r r Moses!" vermochten Isaak nicht zu bewegen, die Bernburger Münze zu betreiben. E r hatte i m Kriege ungeheure Gewinne eingesteckt u n d w a r vielfacher M i l l i o n ä r geworden. D i e Zeit der Münzmalversationen w a r vorläufig vorbei, da reizte i h n der kleine Betrieb i n Bernburg nicht. Isaak, I t z i g und W o l f akkordierten auch m i t Anhalt-Köthen. Neben diesen großen Münzentrepreneurs waren mehrere jüdische Silberlieferanten für A n h a l t - B e r n b u r g tätig; einige von ihnen beherrschten vor dem Auftreten der Berliner Münzfaktoren allein das Feld i n Bernburg, waren also selbständige Bernburgsche Münzfaktoren; dann mußten sie sich jedoch m i t Silberlieferungen für die anhaltischen Münzstätten begnügen. Als M ü n z e n t r e p r e n e u r amtierten vor Isaaks Auftauchen i n Bernburg G ö d e l H i r s c h C o h e n , B e n d i x L e v i n u n d H e r t z I s r a e l B i n g ; der letztere stammte auch aus Berlin. Cohen u n d L e v i n erhielten am 15. August 1756 ihre Schutzbriefe und Privilegien, u n d ein Jahr später, am 31. August 1757, w u r d e n die drei wegen ihrer „Dienste als Münz- und Silberlieferanten" von V i k t o r Friedrich zu H o f f a k t o r e n ernannt. A m 12. August 1759 erhielten sie einen Paß für alle Reisen zur Hof Ökonomie u n d i n allen Hofangelegenheiten; sie durften zoll- u n d abgabenfrei paß- und repassieren. Einen Reisepaß erhielt am 20. Januar 1760 i n Bernburg auch der „ h i e s i g e H o f u n d S c h u t z j u d e S a l o m o n G u m p e r t z", der i n „unseren Angelegenheiten von hier nacher F r a n k f u r t a./M." reisen sollte. Dieser Salomon Gumpertz ist identisch m i t Isaaks Schwiegersohn D r . Gumpertz, der sich demnach i n Bernburg als Hof- u n d Münzfaktor betätigte. E m a n u e l A s c h e r und E m a n u e l J o e l waren an der Harzgeroder Münze als G r a v e u r e u n d Stempelschneider angestellt; als O f f i z i a n t e n w u r d e n S i m o n H i r s c h , Isaak M a g -
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n u s , Z a c h a r i a s H i r s c h e l u n d A b r a h a m W e s e l (Wentzel) vereidigt. Zacharias Hirschel w a r zum Beispiel als Kassierer tätig. D e r Hoffaktor u n d Münzer Jakob Bernhard Wolff, Isaaks Vertreter i n Bernburg, arbeitete m i t B e n d i x J e r e m i a s i n Leipzig zusammen. V o n Ephraims Söhnen tauchte gelegentlich Z a c h a r i a s V e i t e ! E p h r a i m i n Harzgerode auf; den M ü n z a k k o r d vom 24. Oktober 1758 unterzeichnete i m Namen des Hof Juweliers E l i a s H i r s c h e l F r ä n k e l aus Berlin. Z u den bedeutenden Silberlieferanten gehörten ferner D a v i d H e i n e m a n n , I s r a e l L e v i n , beide aus Bernburg, u n d H e r t z D a v i d aus Ballenstädt. I n den Jahren 1759/60 empfingen sie beträchtliche Zahlungen für ihre Lieferungen zur Harzgeroder Münze. D a v i d Heinemann u n d Hertz D a v i d w u r d e n auch zu H o f j u d e n ernannt. 1761 bestellte I t z i g seinen Glaubensgenossen B e n d i x L e v i aus Halle, später i n Berlin, zu seinem Vertreter i n Bernburg, für E p h r a i m holte A r o n M e y e r den neuen K o n t r a k t ab. Als M i t t l e r zwischen dem Fürsten von Bernburg u n d den Münzunternehmern w a r der preußische Hoffaktor M i c h a e l A b r a h a m tätig; er vertrieb auch außerhalb Anhalts die minderwertigen Bernburger Münzen. F ü r den Bernburger Fürsten lieferte er B r i l l a n t e n u n d besorgte „bewufite Geschäfte", w a r also auch Bernburgischer H o f l i e f e r a n t u n d H o f a g e n t . E r pflegte einen sehr regen Briefwechsel m i t dem Fürsten. Noch 1775 hatte er von Anhalt-Bernb u r g 20 000 R t l r . i n Courant u n d 4200 R t l r . i n Gold zu fordern. Friedrich der Große unterstützte diese Forderungen, indem er am 20. März 1775 die Magdeburger Regierung anwies, auf Bernburgische Pertinentien Arrest zu legen. Schließlich erscheint i n Bernburg P h i l i p p L e v i n B a u e r als Η ο f j u d e , doch w o h l derselbe, der uns i n Schleusingen als Hoffaktor begegnete. Als Zacharias Veitel E p h r a i m 1758 m i t Kothen kontrahierte, w a r S a l o m o n S p i r o Buchhalter des Hofjuweliers. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren H i r s c h Isaak W o l f f und die Gebrüder M o s e s u n d S ü ß k i n d David H e r t z , Söhne des H o f j u d e n Hertz D a v i d i n Ballenstädt, die bedeutendsten M ü n z j u d e n i n Anhalt-Bernburg. 1796 erhielten die Gebrüder Hertz das Monopol für Silberlieferungen zunächst für ein Jahr, i m nächsten Jahre w u r d e der K o n t r a k t auf vier Jahre erneuert. W o l f f w a r verdrängt worden. Münzentrepreneurs des Fürsten Friedrich August (1734—1793) von Anhalt-Zerbst waren M e y e r S a l o m o n j r . und A r o n M o s e s aus Hamburg; der m i t ihnen abgeschlossene A k k o r d vom 19. Februar 1760 k a m jedoch nicht zur Ausführung, da m i t anderen
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Unternehmern, offenbar Christen, ein neuer Vertrag abgeschlossen wurde. D i e Zerbster Münzen w u r d e n i n Plön geprägt. E p h r a i m wollte n u n der Zerbster Münze das Schicksal der Bernburger bereiten; auf seine Veranlassung w u r d e daher am 22. November 1762 i n Minden ein Transport von 50 000 Talern Plönschen Geldes angehalten. E p h r a i m riet zur schärfsten Untersuchung u n d Konfiskation. B a l d darauf k a m Plön auch i n seine Hände, u n d i n Rethwisch mußte die Ausmünzung für Zerbst eingestellt werden. D e n H a u p t g e w i n n aus der. Vermünzung hatten von fürstlicher Seite i n erster L i n i e die Bernburger; für Kothen u n d Zerbst k a m nicht v i e l heraus. I n der Geschichte des deutschen Münzwesens bildet das anhaltische Münzwesen i m Siebenjährigen Kriege ein recht trübes Kapitel, das durch Habsucht, Bestechung u n d Volksbetrug gekennzeichnet w i r d . Noch einmal w i r d die überragende Rolle des preußischen Großmünzers Veitel E p h r a i m deutlich. Nach dem Kriege w u r d e die Münzordnung wiederhergestellt; Preußen nahm den 14 Talerfuß an; aber der Dualismus zwischen Österreich u n d Preußen lebte i m Münzwesen fort; erst seit 1857 gab es wieder eine einheitliche deutsche Münze.
Hoffaktoren in Sachsen und Anhalt Sachsen Name
Abraham Gerhard D a v i d Alexander Hertz Aaron Salomon Abraham
Abraham Aaron Philipp Aaron Israel Aaron Valerian Agoprowicz Samuel Abraham Benjamin Meister Baruch Levin P h i l i p p Bauer Aaron Beer Leffmann Behrens Emanuel Behr Simon Isaak Bondi Salomon Simon Bondi D a v i d Baruch Bernhardt Samuel Bruschke Samuel Mendel Cohn Moses Abraham Changé Samuel Duschenes D a v i d Duschenes Elia Markus Elias Lehmann Aaron Emanuel Joel Aaron Emanuel Israel Elias Nathan Eibeschütz Nathanael Jonas Eibeschütz W o l f Jonas Eibeschütz Freudel Abraham Friese Samuel Levi Fröschel
Bezeichnung in den Akten
Zeit der Wirksamkeit
Unser Jude, H o f j u d e Hoffaktor
15. J h , 1. Hälfte 1760
Juwelenlieferant Kgl. Dan. Provediteur, Kursächsischer Fouragelieferant Hofjude, Judenprimas Hoffaktor, Münzlieferant, Hausjude Hoffaktor Heereslieferant Hoffaktor Hof j u d e Leibarzt Hofjude Hoflieferant, Resident Hofbankier Kammeragent, Juwelenlieferant Münzlieferant, Hoffaktor Münzlieferant Hoffaktor, Kronschatzfaktor Maler Hof agent Haus jude Hofjude Münzlieferant Münzjude Hofjude Hofbankier Münz jude
u m 1700 seit 1711
Hoffaktor Hoffaktor Münzlieferant Hoffaktor
18. Jh., 2. Hälfte seit 1766 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte
Hoffaktor Hofbankier Hoffaktor Juwelenlieferant
18. Jh., 2. Hälfte 1364 u m 1700 u m 1700
18. Jh., 1. Hälfte seit 1764 18. Jh., 1. Hälfte Ende des 18. Jh. seit 1762 1364 1464—1510 Anfang des 18. Jh. seit 1692 η m 1700 1711 Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. seit 1761 Ende des 18. Jh. seit 1806 18. Jh., 1. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. 1640 1705 18. Jh., 2. Hälfte
H f f a k t o r e n i n Sadisen u n d Anhalt Name
Abraham Falckler Levi Flores Vater und Sohn Meyer Schiff zum Goldstein Jobst Goldschmidt D a v i d Gumpert Isaak Moses Gerson Hanse Abraham Hirschel Lazarus Hirschel
Marx Hirschel Hirschel M a r x Moses Heynemann Mendel Hirschel Israel Hirschowitz Israel Hirschel Hirschel Abraham Abraham Hirschel Moses Hirschel Raphael D a v i d Hertz Michael D a v i d Hertz Simon Hirschel Julius Heymann Joseph Hortag Isaak Jakob Isaak Aaron Salomon Israel Samuel Isaak Jordan Levin Joel Isaak Jakob Meyer Jakob Nathan Jakob Samuel Julius Levy Jaroczyner Elias Joseph Kohn Joseph Krabatt Faber Kohn Jakob Kaskele Bär Kaskele Joseph Kaskel Philipine Kaskel
Bezeichnung in den Akten
Zeit der Wirksamkeit
Hausjude Hof faktoren Facteur de la cour Hoffaktor
seit 1730 Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte
Juwelenlieferant, H o f f aktor Hof schütz j u de Kriegslieferant Geldwechsler Hoffaktor Poln. Faktor, Kaiserl. Faktor, Prinzipalmünzlieferant, Kaiserl. Oberfaktor, Münzjude, Kursächs. Hof- und Pro viantf aktor Kgl. Poln. u n d K u r sächs. H o f f aktor Hoffaktor Hoffaktor Unteragent Faktor Faktor Hoffaktor Hoffaktor H o f f aktor Hof- u n d Milizfaktor Hof- u n d Milizfaktor Hof sänger Künstler Hoffaktor Hofjude Hoflieferant Münzjude, H o f f aktor Hofjude Hofjude H o f f aktor Süberlieferant, Hofmünzjude Hofschutzjude Hoffaktor Heereslieferant Heereslieferant Hoffaktor Hausjude Hausjude Hofagent Kgl. Hofagent Kgl. Hofagent Hofagentin
um 1700 Mitte des 18. Jh. 1806 15. Jh.» 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte u m 1700
seit 1712 Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. seit 1743 seit 1751 seit 1757 seit 1762 seit 1762 Ende des 18. Jh. Ende des 18. Jh. seit 1771 1364 1692 Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. 15. Jh., 1. Hälfte um 1700 1720, 1732 18. Jh., 1. seit 1796 18. Jh., 2. 18. Jh., 2. 18. Jh., 2. 18. Jh., 2. 18. Jh., 2. seit 1772 seit 1808 u m 1800 u m 1800
Hälfte Hälfte Hälfte Hälfte Hälfte Hälfte
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Hof faktoren i n Sachsen und A n h a l t Name
Michael Kaskel Anton Kaskel Familie Lehmann 1. Behrend Lehmann 2. 3. 4. 5.
Herz Lehmann Jakob Lehmann Lehmann Behrend . Elias Behrend Lehmann 6. Kosmann Lehmann 7. Isaak Lehmann 8. Hirschel Lehmann 9. Lehmann Elias 10. Lehmann Anna 11. Lehmann Marianna Samuel Lochheimer Gerd Levi Levi Gerd Baruch Aaron Levy Baruch Ahron L e v i Samuel Levi Hertz L i p p m a n n Meyer de Levy Jakob Loebel Abraham E p h r a i m Levy Samuel Ephraim Levy Moses Ephraim Levy Abraham Levin und Sohn Levin A b r a h a m Herz Lob L e v y Moses Loebel Isaak Meyer Jonas Meyer Ruben Meyer Joseph Jonas Meyer Assur M a r x Moses Assur M a r x Assur Jakob M a y Moses Metz
Bezeichnung in den Akten
Hofagent, Kgl. Kommerzienrat Finanz-Meß-Sensal, Heeres- u n d Münzlieferant Hof juden Hof jude, Resident, Münzjude Faktor Hausjude Hoffaktor Hofschutzjude Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktorin H o f faktorin Hoffaktor Münzjude Münzlieferant Münzjude, Hoflieferant Münzjude, Hoffaktor Münzjude Silberlieferant, Hoffaktor Agent Hoffaktor, Hofschutzjude Hoffaktor, Hofschutzjude Hoffaktor, Hofschutzjude Hoffaktor, Hofschutzjude Gouvernementsjuden Hofagent Hof- u n d Hausjude Heereslieferant Hof- u n d Generalprovediteur, Hoffaktor, Hofagent Hoffaktor Hofagent, Kammeragent Hoffaktor Hoffaktor Hof- u n d Milizfaktor Agent, Hoffaktor Hoffaktor '
Zeit der Wirksamkeit
u m 1800 u m 1816
1700 bis Anfang des 19. Jh. 1661—1730 1694 1770 1724 1732 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte u m 1800 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1659—1739 Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. seit 1744 seit 1747 seit 1755 seit 1756 Mitte des 18. Jh. u m 1800 18. Jh., 2. Hälfte 1537 18. Jh., 1. Hälfte
18. Jh., 1. Hälfte Mitte des 18. Jh. seit 1701 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., Mitte 1761
Hoffaktoren i n S a s e n und Anhalt Name
Moses Meyer Jakob Moyses Jakob Moses Israel Moses Gerson Moses Markus D a v i d Moses Paul Isaak M ü n k Sara Meyerin Levin Meyer Moses Mendelssohn Veit Meyer Moses Mey Samuel Oppenheimer Hertz Oppenheimer Simon Philipp Moses P h i l i p p Joseph Löbel Perlheffter Levi Paul Paul u n d Samuel Polack Aaron Polack Isaak Poppe Samson Salomon Joel Elias Seckel Isaak Elias Seckel Levin Joel Seckel W o l f Seckel Elias Salomon Elias Susmann Saul Samuel Michael Samuel u. Sohn Schmul Samuel D a v i d Loebel Strasser Isaak Simon Benjamin u n d Samuel Simon Jonas Simon Loebel Schie und Sohn Jakob Loebel Sdiie Jakob u n d Samuel Schey Moses Salomon Hirsch Salomon Lemle Elias Seligmann Samson Wertheimer W o l f Wertheimer Samuel Wertheimer Samson Samuel Wertheimer Moses Benjamin W u l f f
Bezeichnung in den Akten
Juwelenlieferant Faktor Münzjude Münzjude Hofschutzjude Hausjude Hofschutzjude Hoffaktorin Geldlieferant Hofjude Heereslieferant Hoflieferant Hofbankier Kgl. Münzfaktor Hoffaktor Unteragent Juwelenlieferant Hofjude Kgl. Hoflieferanten Hoffaktor Hoffaktor Hofjude Silberlieferant Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor Unteragent Unteragent Hofschutzjude Hoffaktor, Petschierstecher Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor Unteragenten Hausjude Gouvernementsjuden Judenbesteller Heereslieferanten Hofjude Heilkundiger Hoffaktor Hoffaktor, Oberfaktor des Hofes Oberfaktor Hof agent, Oberhoff aktor Hoffaktor
Hofjude
Zeit der Wirksamkeit
18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., Mitte 18. Jh., Mitte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. 1762 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte 18. Jh., 2. Hälfte um 1700 seit 1753 seit 1710 Mitte des 18. Jh. um 1700 18. Jh., 1. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. seit 1767 1364 15. Jh., 2. Hälfte seit 1733 1743 1764 seit 1763 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1732 seit 1748 seit 1754 seit 1763 18. Jh., 2. Hälfte Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 2. Hälfte Ende des 18. Jh. Ende des 18. Jh. 18. Jh., 2. Hälfte 1729 18. Jh., 2. Hälfte Anfang des 19. Jh. seit 1697 seit 1791 1768 seit 1769
um 1700
Höf faktoren i n Sadisen und Anhalt
286 Name
L o w Weißweiler D a v i d Isaak Wallach Daniel Salomon W a l l i c h Loebel W u l f f Samuel Hirschel Winternitz Gabriel Wallerstein Mayer Zacharias Isaak Zacharias Michael Abraham Emanuel Ascher Michael Abraham Hertz Israel Bing Löb Baruch Philipp Levin Bauer Wolf Benjamin Cohen Gödel Hirsch Cohen Hertz D a v i d Veitel Heine Ephraim Zacharias Veitel Ephraim Elias Hirschel Frankel Elias Ruben Gomperz Levin Jakob Gomperz Moses Gerson Dr. med. Gomperz Salomon Gumpertz Abraham H e l i Simon Hirsch Zacharias Hirschel D a v i d Heinemann Moses D a v i d Hertz Süßkind D a v i d Hertz Jakob Joachim Caiman Isaak Moses Isaak Moses Isaaks Tochter Daniel I t z i g Emanuel Joel Bendix Jeremias Jost Liebmann Bendix Levin Israel Levin Bendix Levi Isaak Magnus
Bezeichnung in den Akten
Zeit der Wirksamkeit
Hof juwelier Korrespondent Hoffaktor Hoffaktor Hoffaktor
seit 1705 Mitte des 18. Jh. seit 1754 seit 1761 1783
Heereslieferant Unteragent, Gouvernementsjude Hofjude
u m 1800
Anhalt Münzjude Graveur Hofjude Münzentrepreneur, Hoffaktor Hof jude Hofjude Hofjude Münzentrepreneur, Hoffaktor Hofjude, Silberlieferant Münzentrepreneur Münzentrepreneur Münzjude Hoffaktor Hofjude Hofjude Münzjude, Hof- und Schutz jude Hofjude Geldverleiher Offiziant Offiziant Silberlieferant, H o f j u d e Münz j u d e Münz jude H o f jude Hoffaktor, fürstl. Güterbeschauer, Yisitator Hofaigent H o f münzer in Hofagent Graveur Münzjude Hofjuwelier Münzentrepreneur Silberlieferant Unteragent Offizien!
Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. Mitte Mitte Mitte Mitte
des des des des
18. 18. 18. 18.
Jh. Jh. Jh. Jh.
18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 2. Hälfte Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. seit 1728 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 1759 1760 30jähr. Krieg Mitte des 18. Jh, Mitte des 18. Jh. Mitte des 18. Jh. Ende des 18. Jh. Ende des 18. Jh. seit 1680 18. Jh., 2. Hälfte Mitte des Mitte des Mitte des Mitte des Mitte des 18. Jh., 1. Mitte des 18. Jh., 2. 18. Jh., 2. 18. Jh., 2.
18. Jh. 18. Jh. 18. Jh. 18. Jh. 18. Jh. Hälfte 18. Jh. Hälfte Hälfte Hälfte
H f f a k t o r e n i n Sadisen u n d Anhalt Name
Bezeichnung in den Akten
Aron Meyer Aron Moses Emanuel Oppenheimer Levin Oppenheimer Moses Salomon Meyer Salomon jr. Jakob Wulff Berend Wulff Moses Benjamin Wulff
Unteragent Münzjude Hofjude Hofjude Hof jude Münz j u de Hofjude Hofjude Hoff aktor, Hof* und Kammeragent Hoffaktor Münzfaktor, Hof agent Hofagent Offizient Münz jude
Elias Moses Wulff Isaak Benjamin Wulff Jakob Bernhard Wolff Abraham Wesel Hirsch Isaak Wolff
Zeit der Wirksamkeit
18. Jh., 2. Hälfte Mitte des 18. Jh. 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte u m 1700 u m 1700
18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh., 1. Hälfte 18. Jh.. 1. Hälfte 1758
18. Jh., 2. Hälfte Ende des 18. Jh.
Quellen- und Schriftennachweis zum dritten T e i l Η οf j u de η i η S ach s eη 1
D i e A n f ä n g e d e s H o f j u d e n t u m s i n S a c h s e n . H. St. A. D r e s d e n : O. = U. 5898. — U r k u n d e n b u c h der Stadt L e i p z i g , Bd. I, Nr. 65, 170, 189, 66, 188, 203. — Neufeld, Bd. II, S. 159. — H. St. A. D r e s d e n : Cop. 5 f. 94; Loc. 4346 Wittenberger Archiv, Judensachen. — M a r k g r a f , Zur Geschichte der Juden auf den Messen in Leipzig von 1664—1839, S. 4. — L e h m a n n , Gesammelte Schriften, S. 116 ff. — L e v y ,
Geschichte der Juden in Sachsen, S. 37. — L i n d a u , Geschichtc der Residenzstadt Dresden, S. 225. — L i ρ ρ e r t , Wet tiner und Wittelsbacher, S. 129.
— N e u f e l d , Juden i m thüringisch-sächsischen Gebiet, bringt gegenüber der Darstellung von L e v y über unseren Gegenstand nichts Neues. — H a r t e n s t e i n , D i e Juden i n der Geschichte Leipzigs. Berlin 1938. • B e h r e n d L e h m a n n u n d s e i n K r e i s . Das Aktenmaterial darüber ist sehr umfangreich und -befindet sich i m Sächsischen Hauptstaatsarchiv zu D r e s d e n , i m Geheimen Staatsarchiv zu B e r l i n - D a h l e m , i n den Staatsarchiven zu H a n n o v e r u n d M a g d e b u r g und i m Staatsarchiv zu P o s e n . Der ganze Abschnitt ist i n allen Teilen nach den Akten gearbeitet. D a die A k t e n i m Gesamtverzeichnis i n Bd. I I I auch ihren Inhalt angeben, k a n n hier darauf verzichtet werden, sie i n jedem einzelnen Falle anzuführen. — H. St. A. D r e s d e n : Vgl. Gesamtverzeichnis der Akten i n Bd. I I I . — G e h. St. Α. Β e r 1 i η : Rep. 33. Nr. 120 a, 120 b, 120 c Halberstadt; Rep. 52 Nr. 159 k 1 b Halle; Rep. 1 Abtlg. Y I . Conv. 3. — St. A. H a n n o v e r : Hannover 92. X V I I , Y, Nr. 13 YoL I u n d I I . Diese beiden umfangreichen Bände enthalten sehr viel Material über Behrend Lehmann, ebenso die Berliner A k t e n über die Juden i n Halberstadt. — St. A. M a g d e b u r g : Ygl. Gesamtverzeichnis i n Bd. I I I . — S. S t e r η I, 2 Nr. 363, 364, 369, 370.
Schrifttum zu diesem Abschnitt:
H. S c h n e e , Der Finanzier u. Resident Behrend Lehmann als T y p eines Hoffaktors i m System des absoluten Fürstenstaates. Die Welt als Geschichte, 1953. — L e h m a n n , Gesammelte Schriften; die darin enthaltene Biographie über seinen Ahnen, den Residenten Lehmann, ist von außerordentlicher D ü r f t i g keit, oberflächlich und vielfach falsch. Aktenmaterial hat Lehmann nur ganz gering benutzt. — G r u n w a l d , S. Oppenheimer bringt Material über die Geschäftsbeziehungen der Dresdener Hof juden nach Wien. — H i r s c h , D r e i kurpfälzische Hoffaktoren, Hinweis auf Beziehungen Lehmanns zur kurpfälzischen H o f j u d e n f a m i l i e Mayer. — K ö h l e r , Juden i n Halberstadt, berücksichtigt auch die Beziehungen Behrend Lehmanns u n d anderer Halberstädter Juden zum Dresdener Hof. — Y e h s e , Geschichte der Höfe des Hauses Sachen, enthält manche Einzelheit, besonders i m 6. Bd., sonst recht wenig. — K o i t z s c h , Kursachsen u n d die Juden i n der Zeit Brühls, berücksichtigt auch Behrend Lehmann u n d seinen Kreis, wenn auch nicht vollständig, da Koitzsch eine Geschichte der Juden jener Zeit geben w i l l . Die Arbeit ist wichtig, da sie sich auf das Dresdener Aktenmaterial stützt. Für den vorliegenden Abschnitt kommen daraus i n Betracht: S. 21 ff., S. 33 ff., S. 264 ff., S. 272 ff. — M e i s l , Behrend Lehmann u n d der sächsische Hof, singt ein Loblied auf den Residenten. — H a a k e , August der Starke u n d : Die W a h l Augusts des Starken zum König von Polen, berücksichtigt auch
Quellen- und Schriftennachweis zum dritten Teil
289
Behrend Lehmann, Jonas Meyer und andere Hof juden. — S a m u e l , Geschichte der Juden i n Stadt und Stift Essen, k l ä r t die H e r k u n f t Lehmanns aus Essen. — L e v y , Geschichte der Juden i n Sachsen, S. 52 ff.; dürftige Darstellung. — R i e g e r , Deutsche Juden als Heidelberger Studenten i m 18. Jh. I n : Festschrift für M. Philippson. — A u e r b a c h , Geschichte der israelitischen Gemeinde Halberstadt, bringt nur Andeutungen. — M a r k g r a f , Zur Geschichte der Juden auf den Messen in Leipzig, S. 82. — F r e u d e n t h a l , Die jüdischen Besucher der Leipziger Messen, S. 6, Anmerkung 1, A b r a h a m Aron. — L e w i η , Geschichte der Juden i n Lissa, S. 127 ff. Lehmann als Besitzer der Herrschaft Lissa. — L i s c h , Geschichte und Urkunden des Geschlechts v. Hahn. 4. Bd., S. 10, S. 113/4. Prozeß Lehmann ./. Hahn. — H e i n e , Schloß Seeburg und seine Bewohner. S. 321 f. Lehmann als Besitzer von Seeburg. — M a g a z i n für jüdische Geschichte u n d Literatur, 1. Jahrgang 1874, enthält den Brief Jablonskys an Lehmann i m Wortlaut. — Hoffaktor L e v i n J o e l nach Köhlers Darstellung u n d den Berliner A k t e n über Halberstadt. Die Dresdener A k t e n über Joel waren leider trotz wiederholten Suchens nicht aufzufinden. 3
M ü n z j u d e n i n S a c h s e n . Nach den A k t e n des H. St. A. D r e s d e η. Vgl. Gesamtverzeichnis m i t den Titeln i n Bd. I I I . Literatur: K o i t z s c h , S. 235 ff., ergänzt durch unsere Darstellung nach den A k t e n des H. St. A. Dresden. Manches dürfte sich noch i n den Akten über das Münzwesen finden. — J. Fr. Κ 1 ο t ζ s c h , Versuch einer kursächsischen Münzgeschichte, 2 Bde. Chemnitz. 1779/80. Bd. I, S. 144. Bd. I I , S. 843 ff., S. 852. — W e r l h o f , Friedrich der Große und Sachsen. Neues A r c h i v f. Sächs. Geschichte. — F 1 a t h e , Geschichte von Sachsen. 2. Bd. — Aus G e s c h i c h t e und L e b e n der J u d e n i n L e i p z i g 1855—1930. D a r i n auch eine Geschichte der Judengemeinde Leipzig. — Unsere Darstellung über die Berliner Münzjuden in Bd. I. — B e y r i c h , Kursachsen und die Polnische Thronfolge 1733 bis 1736. S. 12, S. 170. — V e h s e , Geschichte der Höfe des Hauses Sachsen. 5. Bd., S. 184. 4
A e r a B r ü h l . Nach den Akten des H. St. A. D r e s d e n , vgl. Gesamtverzeichnis, Bd. I I I . Dazu St. Α. I. und J. W i e n , vgl. Gesamtverzeichnis, Bd. I I I . - K o i t z s c h , S. 21 ff., S. 38 ff., S. 52 ff., S. 276 ff., S. 347 ff., S. 354 ff., S. 367 ff. Die Darstellung von Koitzsch i n bezug auf die Hofjuden ist unvollständig. Die Zahl der H o f j u d e n ist viel größer, auch, mehr Dekrete sind vorhanden, als Koitzsch angibt. Die Darstellung über Levy ist erweitert; B o l z a ist nach unseren Feststellungen als Jude nicht nachzuweisen; die Akten des H. St. A. Dresden enthalten darüber nichts; die Nachkommen Bolzas haben außerdem die arischë Abstammung nachgewiesen. Stammtafel i m H. St. A. D r e s d e n . — W. L i ρ ρ e r t , Maria Theresia und K u r f ü r s t i n Maria Antonia, Briefwechsel, äußert sich sehr zurückhaltend über Bolza, S. 223 ff. und an anderen Stellen. — B r a b a η t , Bd. I I I , S. 285—287. Bolza ist nicht, wie Brabant meint, portugiesischer, sondern italienischer Abstammung. — L i n d a u , Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Dresden, S. 606. β
Hof juden im Zeitalter der Emanzipationsbestreb u n g e n . Nach den A k t e n des H. St. A. D r e s d e n . Vgl. Gesamtverzeichnis, Bd. I I I , ferner G e h . St. A. M ü n c h e n . Vgl. Bd. I I I . Die Münchener Akten bieten Ergänzungen zu den Dresdener Archivalien i n bezug auf den F a l l Seligmann; enthalten auch viel zur Judenpolitik Hardenbergs, die einmal zusammenfassend dargestellt werden müßte. — St. A. I . u . J. W i e η. Vgl. Gesamtverzeichnis, Bd. I I I . — Familie K a s k e l nach den Akten i m H. St. A. D r e s d e η. Vgl. Bd. I I I ; ferner Auskunft des S t a d t a r c h i v s D r e s d e n vom 22. Dezember 1938 und der Sächsischen Stiftung für Familienforschung vom 23. Oktober 1939, erteilt i m Auftrage des Sächsischen Ministeriums des Innern an den Verfasser. — Ball bei B r ü h l : V e h s e , Geschichte der Höfe des Hauses Sachsen. Bd. 7, S. 474. 19 Schnee, Hoffinanz I I
Quellen- und S c h r i f t e n n a w e i s zum dritten Teil
Η ο f j u d e η i η S a c h s e η - A η h a 11 1
Allgemeine E n t w i c k l u n g der Dessauer Judengemeinde: W ü r d i g . Chronik der Stadt Dessau, S. 331 ff. — W ä s c h k e , Geschichte der Stadt Dessau, S. 93, 106, 114, 126 ff., 221. — W ä s c h k e , Anhaltische Geschichte, I I I . Bd., S. 185 f., 254. 2 W ü r d i g , S. 331. 3 G e i g e r , L S . 7. K ö n i g , Annalen, S. 85. — F r e u d e n t h a l , Aus der Heimat Moses Mendelssohns. S. 16 ff. 4 Die Familie W u l f f und ihr Kreis. Nach den Akten i m G e h . St. A. Β e r 11 i η : Rep. 21 Nr. 203 Fase. 4; Rep. 1 Conv. 42 A I a., A I b.; Rep. 1 Abtlg. V I . Conv. 3: Rep. X I Anhalt 42 Nr. E—G. — St. Α. H a η η ο ν e r : Hannover 93.23 Nr. 19. — H. St. A. D r e s d e n , H. u. St. A. Z e r b s t , St. Α. G o t h a : Vgl. Gesamtverzeichnis, Bd. I I I . — S. S t e r η , I, 2 Nr. 375, 392, 392 a Specialia Nr. 17. — A c t a B o r u s s i c a , Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, I I . Bd. 1. Teil, S. 13, 128, 133 ff., 137 ff. — B e c k m a n n , Historie des Fürstentums Anhalt. — F r e u d e n t h a l , Aus der Heimat Mendelssohns. — K o i t z s c h , S. 21 ff. — S a 1 f e 1 d , Jüdische Trauung auf dem Schlosse zu Dessau, S. 789 ff. — D r e y h a u p t , Beschreibung des Saalekreises. Dazu die Werke von W ü r d i g u n d W ä s c h k e , Bd. I I I . 5 M ü n z j u d e n : A r n h o l d , Anhaltisches Münzwesen i m Siebenjährigen Krieg, Halle 1908. D o r t auch genaue Quellenangabe; sehr wertvolle Studie. — W ä s c h k e , Bd. I I I , S. 252. — G e h. St. A. B e r l i n : Rep. X I . 167 Nr. 86.
Vierter
Teil
Die Hoffaktoren i n Mecklenburg, Hessen-Kassel und Hanau
Geschichte der Hoffaktoren in Mecklenburg D i e Hoffaktoren i n Mecklenburg bilden einen Kreis für sich, der k a u m Verbindung zu den bisher behandelten Hoffinanziers hat, deren Wirkungsbereich i n Berlin, Braunschweig, Wolfenbüttel, Hannover, Halberstadt, Halle, Warschau, Dresden und Leipzig lag. Während die Hoff aktor en i n a l l diesen Residenzen untereinander verwandt sind u n d eine einzige große Sippe bilden, sind die meisten H o f j u d e n f a m i l i e n i n Schwerin und Strelitz auf sich selbst gestellt. Ihre geschäftlichen Beziehungen waren hauptsächlich nach H a m b u r g ausgerichtet, hatten also wenig Verbindung m i t dem Süden; sie entstammten zudem nicht jüdischen Familien i n Deutschland, sondern waren sephardische Juden, die, aus der Pyrenäenhalbinsel ausgewiesen, sich i n H a m b u r g u n d Umgebung niedergelassen hatten. Von H a m b u r g aus tätigten sie f r ü h Geschäfte m i t den benachbarten Höfen, w u r d e n bald Hoffaktoren und als solche i n den Residenzen auch Begründer der jüdischen Gemeinden. W i e i n den meisten anderen M i t t e l - u n d Kleinstaaten, steht auch i n Mecklenburg eine Familie beherrschend i m M i t t e l p u n k t u n d verkörpert dort die Institution des Hof judentums. W i r behandeln daher i m ersten T e i l die Familie Hinrichsen, i m zweiten die übrigen Hoffaktoren. D i e Geschichte der Juden i n Mecklenburg gliedert sich w i e die allgemeine Geschichte der Juden i n Deutschland i n zwei Abschnitte; der erste umfaßt die Juden im Mittelalter u n d endet m i t ihrer Ausweisung, der zweite Abschnitt, die neuere Zeit, beginnt m i t dem Einzug der Hoffaktoren, denen die Masse der kleinen Handelsjuden folgt, welche dann die jüdischen Gemeinden bilden.
Die ersten Hoffaktoren in Mecklenburg I m Jahre 1170 w u r d e Pribislaw von Mecklenburg Reichsfürst, damit gehörten die Juden de iure als Kammerknechte dem Kaiser. Es liegt jedoch nichts vor, was darauf schließen läßt, daß die Kaiser jemals die Juden i n Mecklenburg beansprucht hätten. Als Kaiser Friedrich I I I . 1442 den dritten Pfennig von den Juden als Krönungssteuer forderte, w u r d e zwar der obersächsische Kreis und — das einzige M a l — auch Braunschweig i n Anspruch genommen, aber
294
Die ersten Hof faktoren in Mecklenburg
niemals Mecklenburg. D e r Judenschatz u n d die Einnahmen daraus waren demnach i n Mecklenburg stets ein Regal des Landesfürsten. Als Vorläufer der Hoffaktoren i n Mecklenburg ist S a l a t h i e l i n Rostock (1283—1287) anzusehen, der dort ein eigenes Haus besaß u n d Geldgeschäfte m i t der Stadt u n d dem Grafen H e l m o l d von Schwerin tätigte. Salathiel borgte der Stadt 1283: 300 M a r k , i m nächsten Jahre 400 M a r k u n d 1286: 500 M a r k , für die damalige Zeit schon redit stattliche Summen. I m folgenden Jahrhundert, 1346, lebte i n Rostock der Geldwechsler J a k o b und sein Sohn M ο s s e k e , die Geldgeber des Adels waren. Schon i m 15. Jahrhundert gab es in Mecklenburg eine A r t von Hausfaktoren, die für Ostdeutschland charakteristisch wurde. Nach dem D r e i ß i g j ä h r i g e n Kriege, i n der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, traten Juden als Hofagenten i n die Dienste des Schweriner Hofes; begünstigt w u r d e diese E n t w i c k l u n g durch den Herzog Christian L u d w i g (1658—1692), der lange Zeit i n Paris gelebt hatte und ein glühender Verehrer des Sonnenkönigs war. Sein Bestreben, i h m nachzueifern, kostete dem kleinen Hofe v i e l Geld; die Hoffinanziers mußten es beschaffen. Unter diesem Herzog begannen die Hoffaktoren zunächst als Tabakfabrikanten ihre W i r k s a m k e i t . Auch i n dieser Hinsicht ahmte Christian L u d w i g den Sonnenkönig nach, hatte doch L u d w i g XIV., sein Abgott, das Tabakmonopol Jona Salvador aus Pignerol verpachtet. Etwa u m die gleiche Zeit érhielten D a v i d Nathan u n d H a r t w i g D a n i e l vom Großen Kurfürsten das Tabakmonopol für zwölf Jahre i n der A l t - , M i t t e l - und Uckermark, der Grafschaft R u p p i n u n d der Priegnitz; ausgenommen blieben die Residenzen Berlin, K ö l l n und Friedrichswerder. Herzog Christian L u d w i g zog Hamburger Juden an seinen Hof, tätigte m i t ihnen Geldgeschäfte und überließ ihnen das Tabakmonopol i m Lande. A b r a h a m Hagen dürfte der erste Jude neuerer Zeit in Mecklenburg sein; er empfahl bereits 1664 seine reichen Hamburger Glaubensgenossen Nathan Benedix u n d Ruben Goldschmidt dem Schweriner Hofe. Diese weilten jedoch n u r zeitweilig am mecklenburgischen Fürstenhofe; i h r Wohnsitz blieb Hamburg. Der erste Faktor, der das T a b a k p r i v i l e g erhielt, w a r L e v i n S a 1 ο m ο η ; er w u r d e am 8. M a i 1671 für 2V2 Jahre m i t dem Tabakmonopol für Mecklenburg-Schwerin „begnadet"; i h m w a r d gestattet, i n der Residenzstadt und i m Lande Tabak zu verkaufen; allen Behörden aber w a r d befohlen, sich an dem Juden nicht zu vergreifen. L e v i n Salomon, der erste jüdische Tabakfabrikant i n Mecklenburg, wurde abgelöst durçh N a t h a n B e n e d i x u n d S i m o n F ü r s t ,
Die Familie Hinrichsen
205
die am 13. Dezember 1673 für den Tabakhandel p r i v i l e g i e r t wurden. Nach drei Jahren schied jedoch Fürst wieder aus, u n d am 9. M a i 1675 dankte er für das Privileg, als er wieder nach H a m b u r g zog. Nathan Benedix' Bruder J a k o b B e n e d i x betrieb das Tabakgeschäft i n Parchim. D a Nathan Benedix die Zahlungsverpflichtungen aus dem P r i v i l e g nicht erfüllen konnte, verband er sich m i t A b r a h a m H a g e n , der ihn j a dem Hofe empfohlen hatte, worauf beide am 1. Juni 1679 ein P r i v i l e g zum Tabakhandel erhielten. Sie hatten den Tabak „ i n großen Sorten aller Orten gegen billigen leidlichen Preis zu verkaufen" und mußten dafür „ j ä h r l i c h ein gewisses" erlegen; die Höhe der Zahlungen w u r d e also nicht festgesetzt, sondern offen gelassen. M i t dem P r i v i l e g w a r für die beiden Tabakfabrikanten ein Schutzbrief m i t großen Vorrechten verbunden. Hagen und Benedix erhielten die Erlaubnis, sich m i t ihren Familien i n der Residenz häuslich niederzulassen, benötigte Wohnungen zu mieten, zu kaufen und zu bauen; von allen Kontributionen wurden sie für vier Jahre befreit. Ihre Toten durften sie i n der Residenzstadt nach „ i h r e m Gebrauch" beerdigen oder aus dem Lande nach H a m b u r g überführen. A l l e n Haupt- und Amtsleuten, Bürgermeistern, Richtern und Räten aber w a r d befohlen, die Tabakfabrikanten bei ihrem P r i v i l e g i u m zu schützen u n d fremden Tabak zu beschlagnahmen, um „vermittelst solcher Handhabung sie dieser Unserer Konzession w i r k l i c h genießen zu lassen". Bemerkenswert an diesem P r i v i l e g ist, daß es i n H a m b u r g ausgestellt wurde. Nathan Benedix trat schon Ende 1680 wieder vom Geschäft zurück. Abraham Hagen w a r dann bis 1688 alleiniger Inhaber des Tabakmonopols, dann empfahl er seine Verwandten Michael H i n richsen und Moses Israel Fürst 1 .
Die Familie Hinrichsen M i t Michael Hinrichsen 2 hielt Mecklenburgs bedeutendste Hoffaktorenfamilie ihren Einzug; zweihundert Jahre lang hatte sie eine hervorragende Stellung am Schweriner Hofe inne; m i t i h r begann die zweite Einwanderung der Juden i n Mecklenburg. Stammvater der Familie w a r der portugiesische Jude R u b e n Hinrichs (Henriques), auch P o r t u g i e s genannt, der am 23. Juli 1646 das Bürgerrecht in Glückstadt erwarb; sein Sohn Michael bar Ruben Hinrichs erhielt am 7. A p r i l 1671 das Bürgerrecht i n Glückstadt; seit 1688 w a r er Hoffaktor i n Schwerin, w o er 1710 starb. Er w i r d auch Michael Portugies genannt; i n den Schweriner
296
D i e Familie H i n r i s e n
A k t e n erscheint er unter dem Namen M i c h a e l H i n r i c h s e n , und so w o l l e n w i r i h n auch i n unserer weiteren Darstellung nennen. D e r erste Hoffaktor aus der Familie Hinrichsen i n Mecklenburg begann als T a b a k f a b r i k a n t , w u r d e dann H o f j u w e l i e r u n d schließlich H o f a g e n t . A m 14. August 1688 erhielten Michael Hinrichsen u n d M o s e s I s r a e l F ü r s t das Tabakmonopol auf ein Jahr; am 27. Februar 1690 w u r d e es u m zwei Jahre verlängert. D e r neue Herzog Friedrich W i l h e l m (1692—1713) bestätigte 1692 das Privileg, das am 19. Januar des nächsten Jahres auf Michael H i n richsen und seinen Schwager B e n e d i x G o l d s c h m i d t , Ruben Goldschmidts Bruder, überging, und das ihnen am 9. Juni 1694, am 1. Dezember des gleichen Jahres, dann 1695, 1697, 1698 u n d 1701 und am 11. Januar 1706 unter A n d r o h u n g schwerer Strafen erneuert wurde. Es blieb bis 1708 i n ihrer Hand; i m Yolksmunde hieß Michael Hinrichsen der Tabakspinner. Stände und Geheimräte waren sowohl gegen das Monopol als auch gegen seine Übertragung an Juden, und sie erreichten schließlich die Aufhebung des Monopols, die der Herzog Michael Hinrichsen m i t den W o r t e n mitteilte: „ D a nunmehro wegen eines m i t den Städten getroffenen Vergleichs alle Monopolia i m Lande zessieren"; 1749 bemühte sich Michaels Sohn Ruben vergeblich u m die Erneuerung des Monopols; die Kammer erklärte, Monopole wären der N a t u r der Commercii und der Staatsverfassung Mecklenburgs zuwider. I m Jahre 1692 bemühte sich auch Michaels Sohn M o s e s H i n r i c h s e n u m das Tabakmonopol für die Ä m t e r Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen; er stellte dafür seinen Ü b e r t r i t t zum Christent u m i n Aussicht; außerdem w o l l t e er einen Bier- und Branntweinausschank und eine „ H i r b e r g i r e y " i n Rehna eröffnen. Moses trat zwar zum Christentum über u n d hieß fortan F r i e d r i c h W i l h e l m H i n r i c h s e n , erhielt also i n der Taufe die Namen des regierenden Herzogs, erreichte aber nichts. Friedrich W i l h e l m H i n richsen bewarb sich dann u m das Recht, auf den Jahrmärkten Tabakhandel treiben zu dürfen und erhielt es wahrscheinlich auch trotz des Protestes seines Vaters und Monopolinhabers. Von Michaels Söhnen trat noch ein anderer Sohn namens J o n a t h a n H i n r i c h s e n zum Christentum über, dieser Ü b e r t r i t t zweier Hoffaktoren zum Christentum noch i m 17. Jahrhundert gehört zu den frühesten Beispielen des Versuchs reicher Juden, Eingang i n die Gesellschaft zu finden. D e r Mitinhaber des Tabakmonopols Benedix Goldschmidt w a r zugleich H o f j u w e l i e r des Herzogs von Holstein, das i n Personalunion m i t Dänemark verbunden war. D i e beiden Tabakfabrikanten w u r d e n vom Herzog Friedrich W i l h e l m am 29. Juni 1692 auch zu mecklenburgischen H o f j u w e l i e r e n ernannt; sie
Die Familie H i n r i s e n
hatten dem Hofstaat die erforderlichen Juwelen u n d das nötige Silbergeschirr zu liefern und auf „gnädigstes Begehren sich zu allerhand T a x i e r und Kaufung gebrauchen" zu lassen. D a f ü r durften sie oder die Yorzeiger des Privilegs m i t ihren Juwelen u n d dem Silbergeschirr überall i m Lande zollfrei passieren und repassieren. A n deren Juwelieren w u r d e der Juwelen- u n d Silberhandel bei Konfiskation der bei sich habenden Wertsachen verboten. D a m i t hatten die beiden Tabakfabrikanten auch als H o f j u w e l i e r e das Monopol i n ihren Händen, u n d durch Reskript vom 21. J u l i 1691 erhielten H i n richsen u n d Goldschmidt nodi dazu das P r i v i l e g i u m zum Juwelenhandel für Mecklenburg-Güstrow. E i n Protest der Goldschmiede wurde abgewiesen. D i e H o f j u w e l i e r e lieferten auch Wachskerzen und Fackeln für die Hofhaltung. Michael Hinridisen muß sich schon unter Christian L u d w i g eine einflußreiche Stellung verschafft haben; seine W o h n u n g w u r d e das „große Haus" genannt. Er besaß darin seine eigene Synagoge, und sein Rabbiner w u r d e der Begründer der Schweriner Gemeinde. Bei der Beschneidung eines seiner Söhne veranstaltete Hinridisen ein solemnes Beschneidungsfest u n d l u d dazu christliche Männer und Frauen ein, die auch den Zeremonien beiwohnten, beim Festmahl blieben u n d m i t „Speisen, Konfitüren u n d W e i n t r a k t i e r t " wurden. Das ging selbst dem judenfreundlichen Christian L u d w i g zu weit, und i n einem Erlaß vom 29. Dezember 1681 nahm er gegen dieses Ärgernis scharf Stellung. D i e Geistlichen sollten deshalb i n ihren Predigten auf den Unterschied zwischen Christen u n d Juden hinweisen und fordern, daß Christen sich jüdischer Gebräuche entäußerten. D e r Erlaß w a r an den Superintendenten u n d Domprediger Schütz gerichtet. Hinrichsens Schwager Benedix und dessen Bruder Ruben G o l d s c h m i d t gehörten gleichfalls zu den Geldgebern des Herzogs. Beide blieben jedoch i n H a m b u r g u n d weilten immer n u r vorübergehend am Schweriner Hofe. Benedix Goldschmidt lieh 1718 auch der mecklenburgischen Ritterschaft die stattliche Summe von 27 000 Reichstalern. A m 17. Juni 1701 erreichten Benedix Goldschmidt u n d Michael Hinrichsen durch ihren Einfluß die Abschaffung des Judenleibzolls für die Zeit ihres Lebens; es ist dies eines der frühesten Beispiele für die Abschaffung des Kopfzolls i n deutschen Landen; es w a r eine Gunst, die Herzog Friedrich W i l h e l m seinem Hoffaktoren persönlich gewährte. F ü r die beiden Hofbankiers setzte sich daher Schwerin a u d i tatk r ä f t i g ein, wenn sie Forderungen an auswärtige Glaubensgenossen hatten. Als i n H a m b u r g die Gebrüder Michelsen m i t 150 000 R t l r n .
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Die Familie Hinrichsen
bankerott machten, hatte Benedix Goldschmidt noch 2500 R t l r . Spezies zu fordern. D i e Gebrüder Michelsen waren nach A l t o n a geflohen, hatten sich also auf dänisches Gebiet i n Sicherheit begeben. A u f Goldschmidts Wunsch intervenierte Schwerin beim Könige von Dänemark zu seinen Gunsten und wies seine Residenten i n Hamb u r g und A l t o n a an, sich für Goldschmidt zu verwenden. Als einer der Schuldner so unvorsichtig war, sich auf mecklenburgisches Gebiet zu begeben, w u r d e er 1699 gefangen genommen, u m auf diese Weise die Satisfaktion für Goldschmidt zu erzwingen. Ebenso vertrat Schwerin Hinrichsens Interessen, als der Hofagent m i t Moses Josua Henriques zu Glückstadt eine Auseinandersetzung hatte. Henriques w a r Michaels Schwager, der Bruder seiner „gewesenen F r a u " (1706), von der sich der Hoffaktor hatte scheiden lassen. D a man sich wegen der Vermögensauseinandersetzung nicht vergleichen konnte, sollte Michael Hinrichsen in den Judenbann getan werden, was für den Hoffaktor eine schwere wirtschaftliche Schädigung bedeutet hätte. Michael Hinrichsen bat n u n seinen Landesherrn u m Intervention beim Dänenkönig, u m die Verhängung des Bannes zu verhindern. M o s e s J o s u a H e n r i q u e s , ebenfalls F a k t o r , machte beim Dänenkönig entsprechende Gegeneingaben, u m durch den zu verhängenden Bann Michael zu zwingen, sich m i t seiner geschiedenen F r a u gütlich zu einigen. Beide Herrscher unterstüzten ihre Hoffaktoren auch i n diesen rein familiären Angelegenheiten. Aus dieser Ehe Michaels m i t der Schwester des Henriques, also auch eines Hinrichs, waren die beiden Söhne Moses u n d Jonathan hervorgegangen, deren Ü b e r t r i t t zum Christentum schon hervorgehoben wurde. Moses w a r am 8. M a i 1668 geboren, ließ sich am 17. Juli 1692 taufen u n d w u r d e am 26. Oktober des gleichen Jahres vom Herzog für v o l l j ä h r i g erklärt, u m sich m i t seinem Vater vermögensrechtlich auseinandersetzen zu können. Es ist nicht ersichtlich, ob diese beiden getauften Hinrichsen ein Hofamt bekleidet haben. Fortgeführt w u r d e die F i r m a Hinrichsen und Goldschmidt nach dem 1710 erfolgten Tode Michaels von seiner W i t w e Cecilia und Benedix Goldschmidt, dann von Michaels u n d Ceciliens Sohn Ruben Michael Hinrichsen, welcher die zweite Generation dieser Hoffaktorenfamilie verkörpert. Diese C e c i l i a H i n r i c h s e n wurde nach dem Tode ihres Mannes zunächst seine Nachfolgerin; sie ist Mecklenburgs H o f j ü d i η. Sie hat sehr energisch die Interessen ihrer Familie i n zahllosen Eingaben vertreten und scheute sich nicht, von dem Herzog und seinen Beamten scharfe Maßnahmen gegen ihre Glaubensgenossen zu fordern, wenn diese als Händler oder Trödler ihrem Unternehmen Konkurrenz machten. E i n A n w a l t des Judentums w a r
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sie gewiß nicht; i n dieser Hinsicht ähnelt sie stark ihrer Zeitgenossin, der Berliner Hof j u w e l i e r i n Esther Liebmann. I n ihren Eingaben u n d ständigen Forderungen erscheint sie sogar noch rücksichtsloser als ihre Berliner Glaubens- u n d Amtsgenossin. Cecilia Hinrichsen w i r d i n den Urkunden als „privilegierte Hofj ü d i n " bezeichnet; sie w a r Michael Hinrichsens zweite Frau. Cecilia k a m am 6. M a i 1710 i n ihrer Eigenschaft als W i t w e des Hoffaktors Michael Hinrichsen darum ein, i h r die Privilegien ihres verstorbenen Mannes, die sie i n Abschrift beifügte, zu übertragen, und schon am 24. M a i w u r d e das Gesuch der W i t w e genehmigt. Als 1713 K a r l Leopold (1713—1728) zur Regierung kam, machten am 28. November Benedix Goldschmidt und Cecilia Hinrichsen gemeinsam ihre Eingabe an den neuen Herzog u n d baten u m Bestätigung ihrer alten Privilegien. Goldschmidt und Hinrichsen arbeiteten demnach damals noch zusammen. Aus dieser neuen Bittschrift ergibt sich, daß Benedix Goldschmidt als Besoldung j ä h r l i c h „30 Faden Holz" erhielt. Gemeinsam lieferten die beiden für den Hofstaat Wachslichter; Benedix betrieb nämlich eine Wachsbleicherei. K a r l Leopold hatte es jedoch m i t der Bestätigung der Privilegien nicht so eilig wie sein Vorgänger; denn am 9. Januar 1715 baten Goldschmidt und Cecilia Hinrichsen i n einer zweiten Eingabe u m Bestätigung ihrer Privilegien als „Fürstlich Mecklenburgische H o f j u w e l i e r e und Hof j u d e n " . Sie wiesen darauf hin, daß ihnen der Juwelenhandel allein zustünde, daß sie das freie E x e r c i t i u m des Gottesdienstes i n Schwerin ausüben dürften, und daß Benedix Goldschmidt das Holz sogar nach H a m b u r g geliefert worden wäre. D i e Räte sprachen sich am 17. Januar für die Erneuerung der Privilegien aus, überließen aber die Frage der Holzlieferung der herzoglichen Entschließung. Nachdem der Herzog sich am 3. M a i ebenfalls für die Bestätigung der Vorzugsstellung der beiden Hoffaktoren ausgesprochen hatte, erfolgte am 2. November 1715 die Unterzeichnung des Patentes durch K a r l Leopold. D i e H o f j u d e n sollten durch ihre Konkurrenz den Handel beleben, w a r die Begründung. Zur gleichen Zeit trat auch Ceciliens Sohn R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n als H o f j u d e u n d J u w e l i e r e r i n A k t i o n . M i t Benedix Goldschmidt zusammen gelang es ihm, beim Herzog am 1. November 1715 die Aufhebung des Kopfzolls der Juden für 30 Jahre zu erreichen; außerdem sollten die verzollbaren Waren aller reisenden Juden wie die W a r e n anderer Kaufleute behandelt werden. D i e Neuordnung galt für die durchreisenden Juden. Diese außerordentliche Vergünstigung, welche Goldschmidt u n d Ruben Michael Hinrichsen für ihre Glaubensgenossen erreichten, läßt sich nur aus der einflußreichen Stellung der beiden Hofagenten erklären.
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A m 21. A p r i l 1727 w a r d das P r i v i l e g für die H o f j ü d i n erweitert, indem allen Fremden der Hausierhandel i m Lande verboten, Cecilia Hinrichsen dagegen ein Stapellager i n Schwerin gestattet wurde. Das P r i v i l e g hatten die Räte erteilt, u n d noch am gleichen Tage wurden entsprechende Anweisungen an die Behörden erlassen. Als die Städte sich jedoch über eine derartige Begünstigung der H o f j ü d i n beschwerten, forderte der Herzog durch Schreiben vom 24. M a i aus Danzig das P r i v i l e g zurück, da auch das Krameramt zu Dömitz Beschwerde eingelegt hatte. D i e Hof j ü d i n ließ jedoch nicht locker und bat erneut den Herzog um Konfirmierung des ihr von den Räten erteilten Privilegs, das nach ihrer Meinung gar keine neue Vergünstigung darstellte. Ihre Eingaben w u r d e n w i e die Bittgesuche ihres Sohnes von einzelnen Beamten unterstützt. Nach hartnäckigem Kampf setzte die H o f j ü d i n am 9. September 1729 und am 22. August 1730 ihren W i l l e n a u d i durch. D i e Verfügung blieb jedoch hauptsächlich auf dem Papier stehen; denn der Hausierhandel blühte nach wie vor weiter. D a w u r d e Cecilia Hinrichsen energisch. I n einer Audienz verlangte sie die Zusicherung, die fremden Hausierer „durch einen gewissen Menschen" aus dem Lande treiben zu dürfen. Entsprechend dieser Zusage bat die „demütigste W i t w e Cecilia H i n richs" u m Ausstellung einer Vollmacht für den gewissen Menschen, den sie als Polizisten i n ihren Dienst gestellt hatte, u m i h r die Konkurrenz vom Leibe zu halten. Ihren Wünschen w u r d e entsprochen. A l l e Vergünstigungen, die Cecilia Hinrichsen durch die Herzöge und die Räte zuteil wurden, vermochten nicht zu verhindern, daß die unteren Amtsstellen i h r alle nur erdenklichen Schwierigkeiten bereiteten, indem sie entweder W a r e n der H o f j ü d i n m i t Beschlag belegten u n d deren Verkauf verhinderten oder ihren Angestellten i m Handel Hindernisse i n den Weg legten. Mehrfach wagten es Beamte, den Verfügungen der Herzöge zugunsten der H o f j ü d i n zu trotzen; namentlich die Bürgermeister mehrerer Städte taten dies. Cecilia Hinrichsens Einfluß bei Hofe reichte so weit, daß auf i h r Ansuchen Beamte bestraft w u r d e n und Privilegien an christliche Händler nach ihren Wünschen ausgestellt wurden. W ä h r e n d sie selbst zahlreiche Bediente beschäftigte, die m i t ihren W a r e n i m Lande herumreisten, versuchte sie die Einbeziehung der Gehilfen i n die Privilegien christlicher Händler zu verhindern. I n allen Streitfällen ergingen die Verfügungen stets zugunsten der H o f j ü d i n , Gegenvorstellungen w u r d e k e i n Gehör geschenkt. Auch wenn die H o f j ü d i n i n Schwierigkeiten k a m und um ein M o r a t o r i u m bitten mußte, w u r d e ihren Wünschen entsprochen, obwohl es sich i n manchen Fällen u m die Auszahlung von Geldern an Erben handelte.
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D e r Sohn der Hof j ü d i n R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n , der bald nach dem Tode seines Vaters a u d i Hoffaktor wurde, erhielt am 25. Februar 1749 seine Bestallung zum H o f a g e n t e n m i t einer jährlichen Besoldung von 200 Rtlr., die v i e r t e l j ä h r l i c h zu zahlen waren. Er ist der erste Hinrichsen, der den T i t e l Hof agent erhielt; er starb 1757. D e r Hofagent erstrebte auch das alleinige Recht, Pässe für die handeltreibenden Juden verkaufen zu dürfen. D i e Räte waren gegen eine solche Vollmacht; später hat sie der Hof agent dodi durchgesetzt. Auch Ruben Michael Hinrichsen betrieb einen ausgedehnten Handel i m Lande; sein Gesuch, auch das Tabakmonopol seines Vaters zu erhalten, w u r d e jedoch abschlägig beschieden. Daneben betrieb der Hofagent recht umfangreiche Geldgeschäfte. Er lieh Gelder gegen Pfänder an die Hofgesellschaft, die wieder überflüssige Kapitalien dem Hofagenten gegen Zinsen anvertraute. D e r Hof agent w a r also H o f b a n k i e r u n d privilegierter Händler; über seine Vorrechte wachte er m i t demselben Eifer w i e seine Mutter. Teilhaber seiner F i r m a waren seine Schwäger Ruben Hinrichsen, Leser und Abraham. E i n anderer Schwager Jeremias Israel w u r d e 1763 Oberlandrabbiner von Mecklenburg-Schwerin; der Hofagent selbst bekleidete das A m t eines Vorstehers der jüdischen Gemeinde. Cecilia Hinrichsen hatte noch zu ihren Lebzeiten dafür gesorgt, daß ihre Privilegien auf ihren einzigen Sohn übertragen wurden. Dies geschah durch ein Reskript aus Wismar vom 13. Januar 1736, u n d diese Privilegien w u r d e n unter den neuen Herrschern immer wieder bestätigt. Als Christian L u d w i g I I . die Regierung übernahm, ging es mit der Erneuerung der Privilegien nicht so schnell, w e i l sich herausgestellt hatte, dafi der Hoffaktor seine Vorrechte überschritten hatte. So w a r i h m nur der Kauf eines Hauses gestattet, seine Schwäger besaßen als seine Teilhaber jedoch eigene Häuser. Außerdem hatte der Hofagent die 60 R t l r . Rekognitionsgelder für seine P r i v i legien nicht bezahlt von der Zeit ab, da Herzog Leopold aus dem Lande gegangen war. D e r Hoffaktor behauptete allerdings, von K a r l Leopold durch eine mündliche Zusage bis auf weitere O r d r e von der Zahlung befreit worden zu sein, erklärte sich jedoch bereit, als Buße j ä h r l i c h 32 R t l r . für die Erhaltung der Garnison zu zahlen. D e r Hofagent hatte ferner nach Belieben Pässe für Glaubensgenossen ausgestellt. Daher w u r d e n durch Reskript vom 12. September 1741 alle Juden außer dem Hofagenten u n d seinen Schwägern aus dem Lande gewiesen, wenn sie keine Sondererlaubnis besaßen. Jedenfalls hatte Rubel Michael Hinrichsen zunächst Schwierigkeiten, sich unter Christian L u d w i g I L durchzusetzen; dafür brachte er es aber unter diesem Herzog später zum Hofagenten. W i e seiner Mutter, so bereiteten die unteren Beamten auch dem Hofagenten
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Schwierigkeiten. D e r Herzog hatte i h m auch Holz zum Bauen u n d Brennen geschenkt; die Beamten w o l l t e n i h m jedoch das Holz erst auf ausdrückliche O r d r e des Herzogs ausliefern. I m Jahre 1722 besaß Ruben Michael Hinrichsen einen Wechsel i n Höhe von 16 000 Gulden „an Sr. Czarischen Majestät"; er bat daher den Herzog, i h n bei der Einlösung zu unterstützen. Als der Hoffaktor gegen Mitglieder der Hofgesellschaft gerichtlich vorging, u m seine Forderungen einzutreiben, lieh i h m der Herzog gleichfalls seine Unterstützung. Besonders lebhaft waren die Geschäftsbeziehungen Rubens m i t H a m b u r g ; seine Teilhaber waren dort die Glaubensgenossen Ruben und A r o n Fürst. Als Hinrichsen u n d seine Mutter m i t ihnen wegen einer Forderung von 8000 T i r . i n Streit gerieten und deshalb in den Judenbann getan wurden, erfreuten sie sich wiederum der herzoglichen Unterstützung; und als der Hamburger Nathan H e i l b u t t wegen Geldforderungen an Hinrichsen die E x e k u t i o n gegen den Hoffaktor durchsetzte, suspendierte der Herzog sie kurzerhand. A u d i wenn christliche Gläubiger gegen den Hoffaktor vorgingen, stand der Herzog auf Seiten seines Schützlings, und m i t E r b i t t e r u n g sprach einer der christlichen Gläubiger von Hinrichsen als einem „ m i t Listen u n d Ränken besetzten Juden". I m allgemeinen handelte es sich bei den Geldgeschäften von Ruben Michael u m kleinere Summen, für deren Eintreibung der Hoffaktor stets die H i l f e seines Landesherren nachsuchte. So bat Hinrichsen am 19. August 1743 u m Intervention des Herzogs bei dem König von Preußen, w e i l i h m der Hofrat M i r o w i n Glienicke ganze 538 R t l r . schuldete. I n der Tat ging auch bereits am 26. August das Interzessionsschreiben an Friedrich den Großen ab, der am 29. September antwortete u n d mitteilte, daß er zur Regelung der Angelegenheit eine besondere Kommission eingesetzt habe. I n einer erneuten Eingabe vom 8. M a i 1744 stellte sich heraus, daß die Forderung ursprünglich Ruben Hinrichsen, dem Schwager des Ruben Michael Hinrichsen, gehört u n d dieser sie bereits 1729 abgetreten hatte. Als i n der Angelegenheit i n B e r l i n noch einmal interveniert wurde, antwortete Friedrich der Große, daß der Hofrat M i r o w appelliert habe, daß aber der Herzog versichert sein könne, daß „ W i r dem Rechte den Lauf lassen und dergestalt verfahren lassen werden, daß dem supplizierenden Juden dem Befinden nach alle Justiz administriert werden soll". Aus den A k t e n ist nicht ersichtlich, welchen Ausgang dieser Streit nahm; der F a l l zeigt jedoch, m i t welchen rein persönlichen Angelegenheiten der Hoffaktor damals höchste Staatsstellen beschäftigte. Aus dem Streitfall ergibt sich ferner, daß der Schwiegersohn Michael Hinrichsens und Schwager von Ruben Michael Hinrichsen m i t Namen R u b e n H i n r i c h s e n
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gleichfalls mecklenburgischer H o f j u d e gewesen ist. D o d i scheint das Verhältnis Rubens zu Schwiegermutter und Schwager nicht das beste gewesen zu sein; denn am 28. März 1730 teilte Ruben Hinrichsen dem Herzog mit, dafi er sich von der Schwiegermutter u n d ihrem ganzen Handel „separiert" habe. D a die Privilegien auf den Namen seiner Schwiegermutter ausgestellt waren, er F r a u u n d sechs K i n d e r zu ernähren hatte, bat er u m ein gleiches P r i v i l e g i u m für seine Person. O b er ein Sonderprivileg erhalten hat, ist nicht ersichtlich. 1744 w i r d von dem w e i l a n d mecklenburgischen H o f j u d e n Ruben Hinrichsen gesprochen; zur gleichen Zeit stellte dieser aber seinem Schwager Ruben Michael Hinrichsen ein Zeugnis aus; danach hat das W o r t weiland hier den Sinn von gewesener Hof jude. Als Hofj u d e des Herzogs Friedrich W i l h e l m w i r d er in den A k t e n ausdrücklich bezeichnet. E i n Vetter des Ruben Michael Hinrichsen namens M i c h e l A b r a h a m A h r e n s w a r Η ο f j u d e der Herzogin-Witwe Sophie Charlotte zu Bützow. Ahrens, der nur für Bützow zugelassen war, machte aber seinem Vetter Konkurrenz, indem er sich nach der Behauptung Hinrichsens während dessen K r a n k h e i t ein P r i v i l e g auch als H o f j u d e in Schwerin erschlich. Hinrichsen verlangte auf G r u n d seiner Privilegien, dafi Ahrens das Patent wieder abgefordert würde. I n einer weiteren Beschwerde beklagte er sich darüber, dafi er auf dem Pfingstmarkt zu Rostock von der Wache m i t der Begründung nicht zugelassen wurde, dafi bereits der H o f j u d e Ahrens eingetroffen sei. Sein Vetter Ahrens habe sich das P r i v i l e g nur erschlichen, u m eine reiche Heirat zu machen. Ahrens wiederum beklagte sich, dafi i h n Hinrichsen beschimpft und i h m durch den Notar Dohrmann das Betreten des Tempels, der sich i n Ruben Hinrichsens Hause befand, verboten habe. Hinrichsen e r w i r k t e i n einer Audienz die mündliche Zusicherung des Herzogs, die Angelegenheit wegen der Privilegien zu untersuchen. A m Tage nach der Audienz ging der Hoffaktor Hinrichsen erneut den Herzog an; er machte i h m den V o r w u r f , dafi er gestern zwar die mündliche Zusicherung, aber bis jetzt noch keine schriftliche Resolution erhalten habe. Selbst dem Herzog w a r dies anscheinend zu viel; denn m i t dieser Eingabe vom 11. September 1744 endete die Angelegenheit, die ein bezeichnendes Licht auf das Verhältnis von Landesfürst u n d Hoffaktor w i r f t . R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n s W i t w e , von der w i r nichts Näheres wissen, führte nach dem Tode ihres Mannes die Geschäfte als H o f a g e n t i n weiter; sie ist die zweite Hof j ü d i n der Familie, die genau so energisch die Interessen der F i r m a u n d ihrer Kinder vertrat w i e vor ihr Cecilia Hinrichsen.
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D i e dritte Generation der Familie H i n r i d i s e n repräsentierte der Sohn des ersten Hofagenten, der M i c h a e l R u b e n H i n r i c h s e n hieß; er brachte es noch weiter als sein Vater. A m 1. M a i 1782 w u r d e der bisherige Schutzjude Michael Ruben H i n r i d i s e n zum H o f a g e n t e n bestallt und angenommen, u n d am 19. August 1802 erhielt er das Patent als O b e r h o f a g e n t . A n die Kammer erging die Anweisung, den Hofagenten bei der „Renterei und sonst zu gebrauchen". I n seinem Dankschreiben bat Michael Ruben den Herzog, i h m die Besorgung der Wechsel nach F r a n k f u r t a. M. u n d W i e n gegen eine Provision von V-Iz^lfs zu übertragen. Herzog Friedrich der Fromme (1756—1786) verfügte darauf am 1. August 1782 die Übertragung aller Geldgeschäfte u n d die Einwechslung der Münzsorten an Hinridisen, dem dafür ein jährliches Gehalt von 400 R t l r . ausgesetzt wurde. A n die Reluitionskasse erging die Verordnung, den Hofagenten zu Geldgeschäften heranzuziehen, so oft es i m Interesse des Herzogs liege. D e r Hofagent stellte dann a u d i auf Anfordern des Herzogs Wechsel i n beträchtlicher Höhe aus. Michael Ruben w a r jedenfalls in höherem Maße Hofbankier als sein Vater Ruben Michael. D e r Oberhofagent w u r d e auch der Gründer der ersten öffentlichen Leihbank i n Schwerin; er starb am 17. November 1812. Einen Einblick i n die Vermögensverhältnisse des Oberhofagenten erhalten w i r gelegentlich der Verheiratung einer Tochter nach Detmold; sie sollte eine M i t g i f t von 1000 R t l r . Louisdor erhalten. Michael Ruben Hinrichsen bat u m Erlaß des zu zahlenden Abschosses als „Diener des Herzogs" m i t der Begründung, daß er durch die Verheiratung seiner Söhne m i t Frauen aus B e r l i n u n d H a m b u r g viel K a p i t a l ins L a n d gezogen habe. A m 6. M a i 1795 w u r d e die Bitte gewährt, u n d nach dem Tode des Oberhofagenten am 13. März 1814 noch verfügt, daß der Erlaß des Abschosses vom ganzen E r b t e i l gelte; es handelte sich u m 5000 R t l r . Gold, welche die nach Detmold verheiratete Tochter erhalten hatte. Schon zu seinen Lebzeiten hatte der Oberhofagent dafür gesorgt, daß seine W ü r d e n auf seinen Sohn übergingen. R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n v e r t r i t t die vierte Generation der F a m i l i e ; schon am 17. März 1797 hatte er die Anwartschaft auf die Stelle seines Vaters als H o f agent erhalten. Als der Vater dann am 19. August 1802 Oberhofagent wurde, erhielt der Sohn Ruben Michael die freigewordene Stelle als H o f a g e n t , jedoch ohne Besoldung. D i e Doppelernennung w u r d e der Öffentlichkeit durch eine Anzeige i n den Intelligenzblättern ausdrücklich bekanntgemacht. Nach der Ernennung zum Hofagenten bat Ruben Michael u m die Befreiung von der Zahlung des jährlichen Schutzgeldes, die
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i h m auch, gewährt wurde. Als der Oberhofagent gestorben war, k a m sein Sohn, der Hofagent, u m die Gewährung der Besoldung seines Vaters ein. Schon nach wenigen Tagen wurde das Gesuch genehmigt; Holz w u r d e i h m jedoch, w i e er gewünscht, nicht b e w i l l i g t . A m 12. Juli 1815 bat der Hofagent Ruben Michael Hinrichsen, i h m allein sämtliche Geldgeschäfte zu übertragen. E i n solches Vorrecht w a r seinem Vater schon 1782 übertragen, jedoch nicht immer beachtet worden. D e m Antrage des Hofagenten gab der Herzog am 29. Juli 1815 statt u n d erließ die entsprechenden Verfügungen an die verschiedenen Kassen, darunter auch an die Legationskasse. D i e fünfte Generation Hinrichsen vertrat Ruben Michaels Sohn M e y e r M i c h a e l H i n r i c h s e n , der auf Bitten seines Vaters am 22. Oktober 1817 zum A d j u n k t e n und G e h i l f e n des Hofagenten ernannt wurde. I m nächsten Jahre erhielt er, obwohl noch nicht Hoffaktor, auch die Befreiung von der Zahlung des Schutzgeldes. K u r z vor seinem Tode, am 13. Dezember 1825, bat dann der Hofagent u m Enthebung von seinen Amtspflichten u n d Übertragung der Hofagentenstelle auf seinen Sohn Meyer Michael. A m 31. Dezember noch wurde das Patent für den adjungierten Hofagenten Meyer Michael Hinrichsen als w i r k l i c h e n H o f a g e n t e n ausgestellt, und auch die Besoldung seines inzwischen verstorbenen Vaters sollte er nach A b l a u f des Sterbe- u n d Gnadenquartals erhalten. Als K u r i o sum sei erwähnt, daß Meyer Michael erst am 3. Januar 1826 um die Hofagentenstelle einkam, die i h m schon am 31. Dezember des Vorjahres verliehen wurde. Meyer Michael sollte noch höher steigen. A m 27. September 1828 wurde der Hofagent zum K o m m i s s i o n s r a t ernannt, nachdem am 20. September eine entsprechende M i t t e i l u n g an die Regierung erfolgt war. D e n Kommissionsrat Hinrichsen hielt es aber nicht mehr i n Schwerin; am 17. Januar 1830 bat er den Großherzog Friedrich Franz I. (1785—1837) u m die Erlaubnis, seinen Wohnsitz nach Hamburg verlegen zu dürfen. Als Begründung führte er an, daß in den Geldgeschäften, die er als Hofagent zu besorgen habe, seit einigen Jahren eine bedeutende Veränderung eingetreten sei, indem „die Geldverwechselung an der Großherzoglichen Kasse sehr vermindert worden, dagegen die auswärtigen Bankier- u n d Wechselgeschäfte sich vermehrt haben". D a die auswärtigen Geschäfte größtenteils i n H a m b u r g getätigt werden mußten, w ü r d e es dem V o r t e i l des Staates und der eigenen Erleichterung dienen, wenn er bei der Besorgung der Geschäfte k ü n f t i g i n H a m b u r g wohne. D i e Geschäfte i n Schwerin könnten durch einen Stellvertreter besorgt werden. Schon am 18. Januar genehmigte der Großherzog den A n trag; damit kehrte der Hauptzweig der Familie Hinrichsen wieder 20 Schnee, Hofîinanz I I
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dahin zurück, woher sie gekommen w a r ; denn die Portugiesengemeinde Glückstadt stand von jeder i n engster Verbindung m i t der Nachbargemeinde Hamburg. Als seinen Stellvertreter empfahl der Kommissionsrat am 8. A p r i l 1830 den L o t t e r i e - A d m i n i s t r a t o r Aaron Hinrichs e n , zweifellos ebenfalls aus der gleichnamigen Familie stammend. D a r a u f h i n w u r d e die Stellvertretung A a r o n Hinrichsen übertragen, der damit jedoch nicht zufrieden war. A m 6. M a i bat er, die Geschäfte des Hofagenten selbständig führen zu dürfen, ohne Verbindung m i t Meyer Michael Hinrichsen i n Hamburg, so w i e er es m i t diesem abgemacht hätte. Nachdem man sich des Einverständnisses von Hinrichsen i n H a m b u r g nochmals versichert hatte, erhielt Aaron die Geschäfte des Hofagenten „ad i n t e r i m " übertragen; doch schon am 16. September w u r d e der Hofagent ad i n t e r i m stempelund gebührenfrei zum K o m m i s s i o n s r a t ernannt. D a f ü r avancierte der Hamburger Meyer Michael H i n r i d i s e n zum K o n s u l . So begegnet uns auch in Mecklenburg der Hoff aktor i n diplomatischen Diensten. D i e ganze A k t i o n erweckt den Eindruck, als wenn Meyer Michael und Aaron Hinrichsen sich gegenseitig die Posten zuspielten; der eine bekam die Stelle des anderen, wenn dieser aufstieg. Durch Kabinettsresolution vom 27. Oktober 1836 erhielt der Konsul H i n ridisen die Besoldung eines G e s c h ä f t s t r ä g e r s ; zu seinen A u f gaben gehörte es, Zahlungen an den mecklenburgischen Bundestagsgesandten i n F r a n k f u r t a. M. zu leisten. Von allen auswärtigen Geschäften erhielt der Konsul V 4 ° / o Provision. D e r D i p l o m a t tätigte also für den Staat Geldgeschäfte, an denen er gleichzeitig verdiente. Diese Geschäfte hatte Meyer Michael Hinrichsen auch zu besorgen, nachdem er besoldeter Geschäftsträger geworden war. Als der Konsul Geschäftsträger wurde, wollte auch A a r o n H i n richsen befördert werden; denn der Konsul hatte auch die Schweriner Hofagentur beibehalten, m i t deren Geschäftsführung der Kommissionsrat Aaron Hinrichsen nur beauftragt war. M i t der Ernennung Meyer Michaels zum Geschäftsträger w a r die Hofagentur freigeworden; daher erfolgte am 2. November 1836 die Ernennung Aaron Hinrichsens zum w i r k 1 i c h e n H o f a g e n t e n m i t 400 R t l r . Besoldung. Während vorher der Hofagent Meyer Michael Hinridisen Kommissionsrat geworden war, w u r d e jetzt der Kommissionsrat Aaron Hinrichsen Hofagent; da dieser erst m i t seiner Ernennung zum w i r k l i c h e n Hofagenten auch die Besoldung der Stelle erhielt, ist der Schlufi berechtigt, dafi der Konsul Hinrichsen bis zu seiner Ernennung zum Geschäftsträger als Hof agent besoldet wurde. A m 20. Februar 1838 bat Aaron Hinrichsen, dafür zu sorgen, dafi i h m der Geschäftsbetrieb als Hofbankier in keiner Weise beschränkt
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werde, worauf der Kommissionsrat u n d Hofagent entsprechende Zusagen erhielt. D i e Beamten scheinen sich jedoch nicht an diese Weisungen gehalten zu haben; denn Aaron Hinrichsen mußte noch mehrfach gegen sie Beschwerde einlegen. A m 27. A p r i l 1840 erhielt zum Beispiel der Landrentmeister Ahrens eine scharfe Rüge, w e i l er Geldgeschäfte m i t einem anderen Finanzmann abgeschlossen und Hinrichsen nicht zugezogen hatte. D i e beiden Hinrichsen förderten sich gegenseitig weiter. Der Geschäftsträger Meyer Michael Hinrichsen w u r d e schließlich L e g a t i o n s r a t : der Hofagent und Kommissionsrat A a r o n Hinr i c h s e n am 15. Dezember 1851 F i n a n z r a t und am 14. Dezember 1858 G e h e i m e r F i n a n z r a t . Er w a r freilich nicht der erste Hoffaktor i n Mecklenburg, der Geheimer Finanzrat w u r d e ; denn vor i h m w a r schon Israel Jacobson zu dieser W ü r d e emporgestiegen. Von dem Geheimen Finanzrat A a r o n Hinrichsen hören w i r am 20. September 1869 noch einmal, als er sich beim Finanzministerium darüber beschwerte, daß man i h n bei einem großen Geschäft m i t der Berliner Diskonto-Gesellschaft übergangen hatte. D a m i t endet die Geschichte der Familie Hinrichsen i n Mecklenburg, soweit sie in den A k t e n ihren Niederschlag gefunden hat. Neben den genannten Hoffaktoren Hinrichsen begegnen uns in den A k t e n nodi viele andere Mitglieder dieser offenbar sehr weitverzweigten Familie, die aber durch keine T i t e l ausgezeichnet w u r den. Bis i n die neueste Zeit hinein lebten Mitglieder der Familie Hinrichsen i n H a m b ü r g und Berlin. E i n Rückblick auf die Hoffaktoren dieser Familie ergibt folgendes Bild: 1.
Generation: a) M i c h a e l H i n r i c h s e n , 1671 Bürger von Glückstadt, gestorben 1710, H o f j u d e und H o f j u w e l i e r . b) C e c i l i a H i n r i c h s e n , seine W i t w e , Hof j ü d i n und Hofjuwelierin.
2.
Generation: a) beider Sohn R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n , gestorben 1757. Hof jude, Hofagent. b) R u b e n H i n r i c h s e n , Schwiegersohn von 1 u n d Schwager von 2 a und c, Hof jude. c) R u b e n M i c h a e l H i n r i c h s e n s W i t w e , Hofagentin.
3.
Generation: M i c h a e l R u b e n H i n r i c h s e n , Sohn von 2 a und c, gestorben 1812. Hofagent, Oberhofagent.
20·
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5.
Hoffaktoren neben der Familie Hinridisen
Generation: Ruben Michael Hinrichsen, 1825. Hofagent.
Sohn von 3, gestorben
Generation: a) M e y e r M i c h a e l H i n r i c h s e n , Sohn von 4, Hofagent. Kommissionsrat, Konsul, Geschäftsträger, Legationsrat, 19. Jahrhundert. b) A a r o n H i n r i c h s e n , Lotterie-Administrator, Kommissionsrat, Hofagent, Finanzrat, Geheimer Finanzrat, 19. Jahrhundert.
Dauer der W i r k s a m k e i t am Schweriner Hofe: r u n d zweihundert Jahre. I n dieser Zeit waren neun Mitglieder dieser Familie amtlich bestallte Hoffinanziers; die Hinrichsen sind die erfolgreichste Hoffaktorenfamilie i n Mecklenburg geblieben, wenn man ihren Aufstieg i n diesem L a n d betrachtet. Finanziell w u r d e n sie von Israel Jacobson dagegen übertrumpft. D i e Hinrichsen waren hauptsächlich Hof- und Staatsbankiers, Hof Juweliere, beherrschten den Tabak-, Waren- und Holzhandel des Landes, verwalteten die Lotterie, betätigten sich als politische Agenten, waren mehrfach Vorsteher der jüdischen Gemeinde Schwerin, als deren eigentliche Gründer sie zu gelten haben, u n d w i r k t e n i n Verbindung m i t dem Geheimen Finanzrat Israel Jacobson a u d i für die staatsbürgerliche Gleichberechtigung ihrer Glaubensgenossen. I n Mecklenburg hatten die Hoffaktoren, ebenso w i e i n Berlin, einen entscheidenden A n t e i l an der Judenemanzipation. D e r Oberhofagent Michael Ruben Hinrichsen ging dabei i n seinem Eifer so weit, dafi sich die Regierung zu der Bemerkung veranlafit sah, „dafi die Supplikanten sich hier zu v i e l anmaßen". D e r zweite Bittsteller war der Holzhändler Nathan Mendel. Nach dem Tode des Oberhofagenten w i r k t e sein Sohn, der Hofagent Ruben Michael Hinrichsen, i m gleichen Sinne; am 19. Februar 1821 bat er zusammen m i t Mendel a u d i u m Befreiung der Juden von der Militärpflicht.
Hoffaktoren neben der Familie Hinrichsen D a die ersten Tabakfabrikanten, die meist auch Hof j u d e n waren, nicht i n Schwerin blieben, sondern H a m b u r g als ständigen Wohnsitz beibehielten, standen die Hoffaktoren der Familie Hinrichsen zunächst ohne Mitbewerber da. D o d i dauerte dieser Zustand nicht lange; denn wo erst ein Hoff aktor Fuß gefafit hatte, erschienen alsbald seine Glaubensgenossen und suchten eine ähnliche Stellung zu
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erringen. Mecklenburg bildet keine Ausnahme i n dieser Entwicklung. Auch die Familie Hinrichsen mußte eine Reihe anderer Hofj u d e n neben sich dulden; aber i m Gegensatz zu der Institution der Hoffaktoren i n anderen Staaten verstand es diese Familie, zweihundert Jahre lang eine fast monopolartige Stellung am Hofe und i m Lande zu behaupten. Von der Gastrolle abgesehen, die der Geheime Finanzrat Jacobson spielte, gelang es keinem der K o n k u r renten der Familie Hinrichsen, eine Stellung von überragender Bedeutung zu gewinnen. Von den übrigen Hoffaktoren des Landes wissen w i r nicht v i e l mehr als ihre Namen u n d T i t e l 3 . I m Jahre 1694 erscheint i n Mecklenburg der Hessen-Homburgische Faktor u n d Hofagent Z a c h a r i a s S e l i g m a n n ; durch E d i k t vom 29. Januar w u r d e er von der Personalabgabe befreit. Diese Vergünstigung läßt den Schluß zu, daß Seligmann auch am Schweriner Hofe eine bevorzugte Stellung innehatte. P h i l i p p L i p m a n n A a r o n war H o f p e t s c h i e r s t e c h e r in Schwerin; sein Bruder N a t h a n A a r o n w u r d e Hof agent, nachdem Ruben Michael Hinrichsen das Unglück gehabt hatte, sich tödlich zu verletzen, als er zur Ader gelassen wurde. D e r Schutzjude Nathan Aaron w a r d am 18. September 1760 zunächst zum H ο f j u d e n ernannt; vier Jahre später, am 2. August, erhielt er das Patent als H o f a g e n t , das auf den 18. September 1760, dem Tag seiner Ernennung zum H o f j u d e n , zurückdatiert wurde. Nathan A a r o n w a r Hofbankier und Münzentrepreneur; er erhielt von der herzoglichen Münze gute Zeugnisse, als er befördert werden sollte, und konnte nachweisen, daß er auf höchste O r d r e Wechselgeschäfte nach auswärts besorgt hatte. D e r Herzog wies auch seine Kammer an, Nathan Aaron Aufträge zu erteilen. A n auswärts weilende Mitglieder der Fürstenfamilie, zum Beispiel den Prinzen Friedrich Franz, leistete er Zahlungen; der Münze lieferte er jahrelang Silber. I n seinen Diensten stand ein Buchhalter, der i h m j ä h r l i c h 100 Taler kostete. Angesichts dieser Leistungen bat Nathan A a r o n am 11. August 1764 u m Belohnung seiner Verdienste. Er wies darauf hin, daß der verstorbene Hofagent Ruben Michael Hinrichsen 250 R t l r . jährlich, dazu Deputat an Holz u n d T o r f u n d Befreiung von allen bürgerlichen Lasten u n d Abgaben genossen hätte. So w e i t gingen seine Forderungen nun nicht; doch wünschte er Befreiung von den bürgerlichen Lasten u n d ein Deputat an Holz u n d Torf. D e r Herzog ließ die Frage des Deputats zunächst von der Kammer p r ü fen, die i n ihrem Bericht darauf hinwies, daß Aaron bei den Geschäften stets seinen V o r t e i l gehabt hätte. D a n n ruhte die Angelegenheit bis 1770; am 5. Februar dieses Jahres bat A a r o n erneut, i h m doch die Gage seines Vorgängers zuzuwenden und Holz und T o r f zu
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schenken. Als neue Leistung hob er hervor, dafi er jetzt a u d i die Gesandtschaftsgelder auszahle. F ü r seine Bemühungen sei er zwar selbst nicht ohne Belohnung geblieben, auch koste i h n der Buchhalter jetzt nur noch 50 T i r . jährlich. Diese Eingabe hatte auch keinen Erfolg, obwohl die Behandlung des Gesuches ergab, dafi der Hofagent auch die Gelder des Elbzolls pünktlich, oft sogar pränumerando, abgeliefert hatte und sein derzeitiger Vorschufi an die Kammer 14 000 M a r k betrug. D i e Ablehnung des Herzogs trotz Bef ü r w o r t u n g durch die Räte wurde m i t den Gewinnen begründet, die der Hoffaktor bei jedem Geschäft madie. Außerdem hatte der verstorbene Hofagent nur 200 R t l r . j ä h r l i c h erhalten und nicht 250, wie Nathan Aaron behauptete. Bald darauf muß der Hofagent gestorben sein; seine reichhaltige Bibliothek ging später i n den Besitz der Universitätsbibliothek Rostock über. A m 11. Oktober 1773 bat seine W i t w e um die Hofagentur für ihren Sohn J o s e p h N a t h a n A a r o n . Nach wenigen Tagen, am 9. November, k a m auch i h r Schwiegersohn L a z a r u s W e r t h e i m e r um eine Hofagentenstelle ein. Dieser Wertheimer w a r der Sohn des K . K . und Kurfürstlich Bayerischen Hoffaktors und K u r sächsischen Hofagenten Samuel Wertheimer. D i e Familie Aaron stand demnach i n Verbindung m i t einer der ersten Hoffaktorenfamilien Deutschlands. Es ist dies eine der wenigen Verbindungen, die den Kreis der Schweriner Hofagenten m i t W i e n in Beziehungen zeigt. Interessant ist der Bericht der Räte über beide Gesuche. D i e Bewerber werden als Männer m i t v i e l Vermögen geschildert. Joseph Nathan zeige zwar noch nicht den Geist seines Vaters, doch besitze dafür Wertheimer als Sohn eines reichen Wiener Bankiers das, was Joseph Nathan noch fehle. A u f die Wechsel der beiden Agenten habe man bisher Geld i n Wien, Amsterdam, Paris, F r a n k f u r t , Berlin, Hamburg, Kopenhagen u n d in sieben anderen O r t e n erhalten; audi lösten die Juden hier i n Schwerin alle Wechsel ein; diese Bequemlichkeit müsse erhalten bleiben. Nathan und Wertheimer besäßen zudem das einzige derartige Kontor i n Schwerin und in den herzoglichen Landen. D i e beiden Faktoren erhielten darauf am 16. November 1773 gemeinsam die Hofagentur ihres verstorbenen Vaters bzw. Schwiegervaters und sollten das Kontor unter dem Namen Nathan Aaronsche Erben fortführen; man sprach zugleich die E r w a r t u n g aus, daß sie die A k t i v i t ä t ihres verstorbenen Vaters bzw. Schwiegervaters zeigen würden. A m 14. Dezember erging die Anweisung an die herzogliche Kammer, sich bei Geldgeschäften der H o f a g e n t u r N a t h a n A a r o n s c h e E r b e n zu bedienen. I n weiteren Eingaben baten dann die Inhaber der F i r m a vergeblich darum, ihnen für die Geldgeschäfte 2°/o Provision w i e ihrem Vater zu gewähren;
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sie erhielten teils 2, teils 1 °/o, nicht w i e gewünscht, allgemein für alle Geschäfte 2 o/o. M i t der Einigkeit der beiden Firmeninhaber w a r es jedoch nicht weit her. Schon am 28. M a i 1774 wurde die F i r m a aufgelöst und J o s e p h N a t h a n die H o f a g e n t u r für seine Person übertragen. Lazarus Wertheimer w o l l t e darauf auch Hof agent werden; seine Eingabe w u r d e jedoch am 16. Juni abschlägig beschieden, da es am Schweriner Hofe bis dahin keinen zweiten Hofagenten gegeben hatte. Weitere Beschlüsse sollten i n dieser Angelegenheit erst erfolgen, wenn Lazarus Wertheimer seinen auswärtigen Wohnort aufgeben würde. Joseph Nathan w a r dann allein als Hofagent tätig; er erhielt für die Besorgung der Wechsel zuerst 2 % , dann wollte der Zahlkommissar Pauli i h m die Geschäfte nicht mehr übertragen, da man diese wohlfeiler haben könnte. Darauf erbot sich Nathan, die Geschäfte auch für IV2 °/o zu besorgen, und in einer Eingabe bat er den Herzog, i h m die Geldgeschäfte zu diesem Satz i m Interesse seines Kredits zu lassen, worauf am 17. August 1777 die entsprechende Verfügung des Herzogs an Pauli erging. Von der Familie Aaron waren demnach drei Mitglieder Schwerinsche Hof faktoren; von 1782 ab wurde die Familie wieder durch die Dynastie Hinrichsen ausgeschaltet. Auch die Hoffaktoren Aaron förderten eifrig die Interessen der mecklenburgischen Glaubensgenossen. 1752 w u r d e unter dem Vorsitz von P h i l i p p Aaron zu Malchin ein Judenlandtag abgehalten, der i h m in einer Resolution für die Förderung der jüdischen Interessen dankte. Der Hausrabbiner des Hofagenten Nathan Aaron namens Josua Spira wurde 1773 nach dem Tode von Jeremias Israel Landrabbiner. I m Jahre 1715 w u r d e n M o s e s und E l i a s G o m p e r z z u H o f u n d K a m m e r a g e n t e n des Herzogs K a r l Leopold bestallt; sie blieben die einzigen H o f j u d e n i n Mecklenburg, die den T i t e l Hofund Kammeragenten führten. R. A b r a h a m P a c h w a r H o f m e d a i l l e u r ; bei i h m lernte Aaron Isak, der dann Gründer der Judengemeinde i n Stockholm wurde. Isak w i r k t e am schwedischen Hofe als H o f j u w e l i e r und Siegelstecher; er stammte aus Treuenbritzen i n der M a r k , w o er 1730 geboren wurde. Zu seinen Nachkommen zählt der weltbekannte Forscher Sven Hedin. K a m m e r a g e n t w a r P i n k u s M o s e s , der bis 1784 jährlich 12 R t l r . Schutzgeld zahlte, dann von der Abgabe befreit wurde. (Jm die gleiche Zeit w a r seit 1782 die Hofagentur durch einen H i n richsen besetzt, so dafi man offenbar den Ausweg fand, Pinkus Moses den T i t e l Kammeragent zu verleihen. Pinkus Moses w a r verwandt
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m i t der Familie Aaron; er heiratete Esther Meyer, die W i t w e des Schutzjuden L e v i n Aaron, der ein Bruder des Hofagenten Nathan A a r o n war. Als der Kammeragent die Befreiung vom Schutzgeld erhielt, w u r d e i h m jedoch ausdrücklich bedeutet, dafi er als Kammeragent darauf keinen Anspruch, die Befreiung vielmehr als einen Gnadenakt zu betrachten habe. A m 22. Oktober 1781 w u r d e M o s e s W u l f f zum H o f f a k t o r bestallt und von der Erlegung des Schutzgeldes befreit. D i e W ü r d e eines Hofagenten u n d Hoffaktors, m i t der die Befreiung von der Zahlung der Schutzgeldes verbunden war, w a r d demnach i n Mecklenburg höher gewertet als die Stelle eines Kammeragenten, dem die Befreiung von dieser Abgabe erst als fürstliche Gnade gewährt wurde. J a k o b I s r a e l E l i a s erhielt auf warme Befürwortung Nathan Aarons am 1. Juli 1758 einen Schutzbrief; er w o l l t e die Schwester von Aarons F r a u heiraten. A m 21. A p r i l 1773 w u r d e der Schwager des Hofagenten A a r o n zum H o f l i e f e r a n t e n ernannt, am 22. Juli 1774 auch von der Zahlung des Schutzgeldes befreit. Als S i l b e r l i e f e r a n t e n , also Münzfaktoren, waren i n der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts J e s a i a s J e r e m i a s I s r a e l und I s r a e l P i n k u s tätig; als Münzfaktoren werden weiter genannt S a l o m o n u n d S e l i g A b r a h a m A h r e n s . Des letzteren Bruder Michael Abraham Ahrens, einen Verwandten der Hinrichsen, haben w i r bereits als Hoffaktor kennengelernt. E r besaß den Ehrgeiz, eigenen Gottesdienst abzuhalten, k a m aber gegenüber der Familie Hinrichsen, der dieses Recht zustand, nicht auf. I n den Jahren 1813 u n d 1814 waren i n Schwerin noch ansässig der H o f f a k t o r M o s e s A a r o n W o l f f , der H o f l i e f e r a n t I t z i g B o r c h a r d , der H o f m e d a i l l e u r A b r a h a m A a r o n , der H o f l i e f e r a n t S i m o n H e y m a n n , der dann den Namen R o t h s c h i l d annahm, u n d der Sohn des Holzhändlers Nathan M e n d e l , der i m Verzeichnis als K a m m e r a g e n t aufgeführt w i r d . N a t h a n M e y e r L ö s e r , der H o f g r a v e u r , w u r d e m i t Hinrichsen u n d Jacobson zum Vorkämpfer der Judenemanzipation in Mecklenburg. Mecklenburgs zweitgrößte jüdische Gemeinde Bützow ist eine Gründung der Hoffaktoren J o a c h i m G o m p e r z u n d N a t h a n H i r s c h , die am 18. A p r i l 1738 von der Herzogin-Witwe Sophie Charlotte als „ w i r k l i c h e Diener bestellet und angenommen" wurden. Sie sollten „Waren, welche w i r für Uns und Unsern Fürstlichen Hofstaat nötig haben, m i t möglichster Menage und vor billige Preise anschaffen". Gomperz hieß vorher C h a j i m Friedberg u n d k a m aus der M a r k Brandenburg nach Mecklenburg; er stammte aus der be-
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kannten Hoffaktorenfamilie Gomperz. D e r Bürgermeister von Bützow kämpfte gegen die Zulassung der Hoffaktoren u n d die Entstehung der jüdischen Gemeinde. Das Patent für die beiden Hoffaktoren enthielt den Vorbehalt, dafi diese durch ihren Handel den H o f j u d e n ihres Schwagers, des regierenden Herzogs, keinen A b bruch t u n dürften. Ruben Michael Hinrichsen meldete sich denn auch schon am 6. M a i u n d protestierte gegen die Bestallung der neuen Hof juden, da er imstande sei, alle Dienste zu leisten; die Herzogin-Witwe brauche keinen besonderen H o f j u d e n . I n den folgenden Jahren machten die beiden Bützowschen Hoffaktoren Reisen zu den Messen nach F r a n k f u r t u n d zu den M ä r k t e n nach Wismar, um für die Herzogin-Witwe W a r e n einzukaufen, da diese behauptete, dafi bei den hiesigen K r ä m e r n fast nichts zu haben wäre, vorhandene W a r e n dagegen zuviel kosteten. Sophie Charlotte setzte sich bei K a r l Leopold auch für eine Erweiterung der Privilegien ihrer Hof faktoren ein; sie durften auch i m Lande Handel treiben; als dann aber Hinrichsen sich beschwerte, w u r d e die Handelserlaubnis der Bützowschen Hof j u d e n auf die Stadt Bützow u n d die Jahrmärkte beschränkt, obwohl Gomperz u n d Hirsch ihrem Rivalen H i n richsen j ä h r l i c h 24 R t l r . Abstand zahlen wollten. Als Christian L u d w i g I L 1747 die Regierung übernahm, kamen die beiden Hoffaktoren u m die Bestätigung ihrer Privilegien ein; Sophie Charlotte befürwortete i h r Gesuch; eine A n t w o r t auf die Eingabe fehlt i n den Akten. Der schon genannte Schweriner Hoffaktor M i c h a e l A b r a h a m A h r e n s w a r 1744 auch Η ο f j u d e der Herzogin-Witwe Sophie Charlotte.
Die Hoffaktoren in Strelitz Auch die jüdische Gemeinde zu Strelitz ist eine G r ü n d u n g der dortigen Hoffaktoren 4 . A m Hofe zu Strelitz w u r d e n die Juden unter Herzog A d o l p h Friedrich I L (1701—1708) u n d A d o l p h Friedrich I I I . (1708—1752) zugelassen. D e r erstere berief R. J a k o b aus F r a n k furt a./O. als H o f j u d e n i n seine Dienste; seine Gemahlin, eine Prinzessin von Sondershausen, ernannte A l e x a n d e r aus Sondershausen zu ihrem H o f j u d e n . A d o l p h Friedrichs I I I . H ο f j u d e w a r W o l f J a k o b , der eine Warenhandlung führte und Geldgeschäfte betrieb; doch 1741 mußte er u m ein M o r a t o r i u m für fünf Jahre bitten. Wolfs Nachfolger als Η ο f j u d e w u r d e N a t h a n M e n d e l K a t z , der zum Freundeskreis von Moses Mendelssohn gehörte. L a z a r u s M i c h a e l w a r
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Die Hoffaktoren i n Strelitz
zunächst des Schweriner Juden L e v i n Moses Bedienter, dann stieg er zum H o f j u d e n i n Strelitz auf. A b r a h a m M a r c u s e ist uns schon i n Preußen begegnet; er gehörte zu den reichsten Strelitzer Hoffaktoren; wegen seines großen Vermögens zog i h n Friedrich der Große nach Berlin. D o r t wurde er preußischer Münzentrepreneur und akkreditierter Mecklenburg-Schwerinscher Hofagent; der Strelitzer Synagoge schenkte er einen Thoraschrein i m Werte von 3000 R t l r . S i m o n O e t t i n g e r w a r F a k t o r der Pottaschefabrik; 1770 bat er um seine Entlassung. Als Herzog K a r l 1794 zur Regierung kam, lieferte der H o f g r a v e u r A. H e y n e die Huldigungsmedaillen; 1795 empfing er dafür Zahlungen. U m 1800 w a r H i r s c h A h r o n H o f a g e n t des Herzogs K a r l ; er bemühte sich eifrig um die Aufhebung des Leibzolls der Juden; auf seine diesbezügliche Eingabe vom 16. A p r i l 1804 erhielt er vom Herzog die A n t w o r t : „ W i r geben D i r auf Deine untertänigste Vorstellung vom 16. des Monats zur A n t w o r t , daß die Aufhebung des Leibzolls bereits geschehen, m i t h i n Deine Bitte überflüssig sei." Hirsch A h r o n und sechs andere Glaubensgenossen dankten darauf dem Landesherrn i m Namen der Judenschaft von MecklenburgStrelitz. Sie veranlaßten ihre Regierung, sich für die Aufhebung des Leibzolls i n Preußen und Sachsen einzusetzen. Hirsch Ahrons Sohn S a l o m o n A r n d t ließ sich in Königsberg nieder, um dort Geldgeschäfte für „Uns und Unsern H o f " zu besorgen; er w a r also auswärtiger Η ο f j u d e von Mecklenburg-Strelitz. O b der H ο f a g e i l t und Bankier A r n o l d A r n d t oder Arendt, der sich 1824 zugunsten seines Bruders H. M. A r n d t , der sich i n Berlin niederlassen wollte, verwandte, auch der Familie A h r o n angehörte, ist aus den A k t e n nicht ersichtlich; er könnte der Sohn von Hirsch A h r o n sein; denn A r n d t ist nur eine andere Schreibung für Aaron oder Ahron. Als L o t t e r i e i n s p e k t o r amtierte i n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts J o s e p h D a v i d L e v y , der auch ein Fideikommiß errichtete. Schon im 18. Jahrhundert hatten adlige Gutsbesitzer auf ihren Gütern H a u s j u d e n , i n deren Händen der Holzhandel und die Ausnutzung der Branntweinbrennereien lag. D i e mecklenburgische Ritterschaft w a r mehrfach bei auswärtigen Hoffinanziers stark verschuldet. D e r Kreis der Hoffaktoren des Landes hatte w e n i g Beziehung zu den Hof j u d e n anderer Länder; dafür nahm Hof und Ritterschaft die Dienste der Hoffinanziers i n Hannover, Braunschweig, Dessau und Halberstadt i n Anspruch, w i e unsere Ausführungen bereits gezeigt haben. Bei Leffmann Behrens, Gumpert und Isaak Behrens, bei Behrend Lehmann, Moses Benjamin W u l f f und
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Israel Jacobson machten Landesherr u n d Stände ihre Anleihen; P h i l i p p S a l o m o n i n Hannover w a r 1799 H o f - u n d K a m m e r a g e η t des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz geworden und durfte diesen T i t e l auch i n der Weifenresidenz führen 5 . Der bedeutendste auswärtige Hoffaktor des Landes w u r d e I s r a e l J a c o b s o n i n Braunschweig, Kassel u n d Berlin, der in Mecklenburg zum G e h e i m e n F i n a n z r a t aufstieg und mehrfacher Rittergutsbesitzer wurde. M i t den Hof j u d e n des Landes hatte er keine Beziehungen; sein W i r k e n i n Mecklenburg ist i n dem I I . T e i l über die Hoffaktoren der Weifen geschildert worden. I n den beiden Mecklenburg haben sich die Stände u n d die Bürgermeister der Städte gegen die Begünstigung der Hoffaktoren und die Entstehung der jüdischen Gemeinden ebenso zur W e h r gesetzt w i e in anderen Ländern. Doch waren auch hier die Finanziers dank ihrer Beziehungen stärker als die entgegenstrebenden Kräfte.
Geschichte der Hofjuden in Hessen-Kassel Unter Hessen w i r d hier die Landgrafschaft Hessen-Kassel, die später zum K u r f ü r s t e n t u m erhoben wurde, verstanden; da m i t Hessen auch die Grafschaft Hanau verbunden war, kommen i m A n schlufi an die Finanziers in Kassel auch die Hof faktoren der Grafschaft Hanau zur Behandlung; denn Hanauer H o f j u d e n w u r d e n auch Kasseler Hoffaktoren. W e r von Hoffinanziers i n Hessen-Kassel hört, denkt zunächst an das Haus Rothschild, die mächtigste Hoffaktorenfamilie i n Deutschland, deren Aufstieg m i t der Geschichte der Landgrafen verbunden ist. D e r Name Rothschild bedeutet i n der Tat Höhepunkt und A b schlufi der Institution des Hofjudentums i n Hessen; aber vor Meyer Amschel Rothschilds Auftreten i n Hanau u n d Kassel besaß Hessen bereits eine wohlentwickelte Hierarchie von Hoffaktoren i n machtvoller Stellung und m i t bedeutendem Vermögen. Rothschild w a r zunächst n u r ein kleiner Mann i n Kassel; dank seiner Fähigkeiten übertrumpfte er jedoch alle Hoffinanziers. D i e Institution des Hofjudentums i n Hessen hat eine besondere Note; das Fürstenhaus w a r i m 17. u n d 18. Jahrhundert, der klassischen Zeit der Hoffaktoren, reich geworden, brauchte also gar keine Hoffinanziers. Wenn es sich trotzdem einer stattlichen Zahl von Hof j u d e n bediente, dann nicht aus finanzieller Notlage wie andere Fürsten, der absoluten Staaten, sondern aus dem Bestreben, den vorhandenen Reichtum zu mehren. Zu diesem Zwecke bedienten sich
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die Landgrafen der Hoffaktoren, die bald heraus hatten, dafi bei den Finanzoperationen des hessischen Fürstenhauses viel zu verdienen war. Auch der Kreis der hessischen Hoffaktoren steht ziemlich vereinzelt da; i m allgemeinen tendiert er nach F r a n k f u r t a. M. Zu den bisher behandelten Gruppen der Hoffinanz bestanden n u r geringe Beziehungen geschäftlicher A r t ; verwandtschaftliche Bande verknüpften einzelne Hoffaktoren i n Kassel m i t Glaubensgenossen i n Hannover u n d Halle. D r e i bedeutende Hoffaktoren i n Kassel werden i n dieser D a r stellung n u r gestreift: Rothschild, Jacobson und Breidenbach. D e r Komplex Rothschild ist so umfangreich, daß er einer besonderen Untersuchung und Darstellung bedarf; hier k a n n er n u r so w e i t berücksichtigt werden, als er dazu dient, die Institution des H u f Judentums i n Hessen nach seiner Eigenart zu kennzeichnen. Jacobson ist i n dem Abschnitt I I über die Hoffinanz der Weifen zur Darstellung gekommen. Breidenbach w i r d bei den kleinen Fürstenhöfen i n Bd. I I I behandelt werden. Auch i n Hessen begann m i t der Zeit des Dreißigjährigen Krieges die Institution der Hoffinanziers. Vereinzelt finden w i r Juden i n gehobener Stellung schon vor diesem Kriege i n Hessen. So begegnen uns mehrfach jüdische Ä r z t e i m Hofdienst Ludwigs I. (1413—1458); Leibarzt L e o n h a r d aus Schweinfurt trat bereits zum Christent u m über u n d verwendete den i h m gewährten Ablaß zum Wiederaufbau der Martinskirche i n Kassel. 1481 w u r d e Abraham J u d d e m i t Gehalt u n d H o f k l e i d u n g zum Leibarzt Heinrichs I I I . und seines Hofes bestallt. 1549 durfte A l e x a n d e r J u d e arzneihalber gegen Dienstgehalt in Kassel wohnen, und 1552 w a r M e i s t e r H i r s c h als Leibarzt von Philipps Schwester Elisabeth von Rochlitz tätig. Unter Landgraf W i l h e l m I V . besorgte der Ebräer M e d i c u s E l i a s dem gelehrten Fürsten für seine pharmakologischen und botanischen Studien K r ä u t e r , nachdem bereits sein Vater L a z a r u s B o b e n h a u s e n P h i l i p p dem Großmütigen als Medicus gedient hatte. I n den Jahren 1417 und 1420 reiste der Jude A r o n m i t Empfehlungen des Landgrafen L u d w i g I. (1413—1458) von Kassel nach Göttingen; um 1450 w a r der Jude M i c h e l sein alchimistischer Berater. „Meister Falcke" und seine W i t w e gaben 1513 bzw. 1520 und 1526 der Stadt Geld zum Bau der Fuldabrücke u n d Zins vom Judenkirchhof; 1538/39 w a r L a z a r u s J u d e als V e r m i t t l e r zwischen der Judenschaft und dem Landgrafen P h i l i p p (1518—1567) tätig. Dessen bedeutendster H o f j u d e w u r d e der uns bereits bekannte reiche M i c h e l v o n D e r e n b u r g , der als „Diener von Haus aus" von
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1530 bis 1539 i n den Diensten Philipps des Großmütigen gestanden hat. A m 1. März 1530 w u r d e Michel für zehn Jahre zum fürstlichen Diener ernannt m i t der Verpflichtung, dem Landgrafen auf Erfordern mit fünf „reisigen gerusten Pferden" gegen jedermann zu dienen, ausgenommen gegen Herzog Erich von Braunschweig u n d Lüneburg, unsern Oheim, Schwäher u n d Gevatter, u n d alles tun, was ein treuer Diener u n d Untertan seinem H e r r n schuldig ist, w i e Michel zuvor durch einen „Reversbrief" gelobt. D a f ü r w i r d i h m u n d seinem Diener Schutz u n d Schirm gewährt w i e allen Untertanen des Landgrafen. Zu den politischen Agenten des Landgrafen gehörte dann T h i d e r i c u s S m y t d e r H e b r e e r , w i e er sich selber nannte. E i n ausführlicher Bericht des Smyt vom 7. Februar 1535 an den „gnädigen Fürsten u n d H e r r n zur eigner H a n d " zeigt, daß er als politischer Agent dem Landgrafen persönliche Informationen zukommen ließ. I n den norddeutschen Staaten ist dies einer der frühesten Fälle, daß ein Jude als politischer Agent verwendet wurde. Aus dem genannten Schreiben ergibt sich, daß der Hebräer Smyt den Landgrafen über die religiöse Lage i n Holland, Brabant und Flandern informierte. Zu vertrauten Missionen w u r d e offenbar auch A b r a h a m v o n P e i n e , Jud zu Elrich, herangezogen; von i h m liegt ein Schreiben vom 22. Februar 1577 an Landgraf W i l h e l m IV. vor, wonach „ein Land, so acht Städte, vier Schlösser u n d sechzig bis siebenzig Dörfer hätte, u m 200 000 R t l r . zu kaufen wäre". Des Landgrafen „geliebter H e r r B r u d e r " sollte damit bedacht werden 1 . D e r zweite bedeutende Finanzier der Landgrafen von Hessen wurde J o s e p h z u m g o l d e n e n S c h w a n i n F r a n k f u r t a./M., der m i t seinem Sohne Hirsch einen Geleitbrief erhielt, der am 29. Oktober 1562 i n F r a n k f u r t ausgestellt wurde. „Joseph Jud zum goldenen Schwan", w i e er i n den A k t e n genannt w i r d , ohne Zweifel identisch m i t dem von Dietz i m Stammbuch der F r a n k f u r t e r Juden aufgeführten Joseph Goldschmidt zum goldenen Schwan, gehört zu den bedeutenderen Kapitalisten des 16. Jahrhunderts. D e r reiche Michel aus Derenburg und Joseph Jud zum goldenen Schwan sind die ersten großen jüdischen Finanziers i n der frühkapitalistischen Epoche. Aus den Marburger A k t e n ergibt sich, daß Joseph zum goldenen Schwan H o f b a n k i e r und H o f l i e f e r a n t des Landgrafen gewesen ist, ebenso Geldgeber des Erzbischofs von K ö l n und des Grafen von Sayn. Von K u r k ö l n forderte der Finanzier die stattliche Summe von 11 500 fl. Mehrfach bat er den Landgrafen u m Interzessionsschreiben an K u r k ö l n und Sayn, damit er zu seinem Gelde komme. Jud Joseph entwarf sogar selbst die Vorlagen und sandte sie dann zur Weitergabe an den Landgrafen, der sich auch,
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wie alle Fürsten jener Zeit, für die Geldinteressen seines Faktors einsetzte. D e r Landgraf w a r selbst m i t beträchtlichen Summen verschuldet; am 16. November 1562 stellte W i l h e l m I V . seinem Hofj u d e n i n F r a n k f u r t einen Schuldbrief über 1000 Taler aus, 1564 hatte der F a k t o r 7000 fl. geliehen, i m nächsten Jahre sollte Joseph die Rückzahlung von 12 400 T a l e r n verlängern, 1565 Seide, Silberwaren u n d ein großes Siegel liefern. Auch Saiten für Geigen werden bei dem H o f j u d e n bestellt, desgleichen Bücher. Mittelsmann zwischen dem i n F r a n k f u r t wohnenden Finanzier und dem Landgrafen w a r Josephs vertrauter Diener, gelegentlich sandte der Landgraf auch seinen Rat zu i h m u n d bestellte i h n nach Marburg. A m fürstlichen Hofe hatte er zudem seine Gönner, die seine Briefe dem Landgrafen übermachten und seine Interessen vertraten. D i e erhaltenen Briefe deuten auf ein recht vertrautes Verhältnis zwischen Fürst u n d Finanzier, den der Landgraf m i t „Lieber Bester!" und „Unserem lieben, besonderen Joseph!" anredete. D i e Zollbeamten durften den H o f j u d e n auf seinen Geschäftsreisen nicht anhalten, da er „ v o m gnädigsten H e r r n einen Freibrief" hatte. Als dieser eines Tages dem Hoffaktor verloren ging, schickte der Landgraf i h m einen neuen, i n den auch Sohn und Diener eingeschlossen waren. Aus einem Dankschreiben Josephs geht hervor, daß i h n der Landgraf m i t Bier beschenkt hatte. H o f l i e f e r a n t w a r E c k s t e i n e r aus Witzenhausen, der 1588 Kostbarkeiten wie Bergkristall lieferte; 1610 hören w i r von Silberlieferungen der Familie W a l l a c h aus Rinteln, 1621 war N a t h a n S c h e y aus Bockelo als M ü n z j u d e tätig. S e l i g m a n n in M a r b u r g w a r d 1664 gejstattet, Personenposten zu fahren 2 . Münzund Hoflieferant unter Moritz dem Gelehrten (1592—1627) w a r seit 1602 H a y u m , doch auch das Federvieh zur Speisung des Hofes mußte er mästen. Sein Rivale und Überwinder w u r d e B e n e d i k t G o l d s c h m i d t aus F r a n k f u r t a./M., der zweifellos aus der gleichen F r a n k f u r t e r Familie stammt wie der erste Goldschmidt am Fürstenhofe der Landgrafen von Hessen. Benedikt Goldschmidt wurde der Begründer der Institution der Hoffaktoren i n Hessen und der Stammvater der i n Kassel ansässigen Familie Goldschmidt, die bis zum Aufstieg des Hauses Rothschild eine führende Stellung unter den H o f j u d e n i n Kassel innehatte. Benedikt Goldschmidt w a r H o f b a n k i e r der Landgrafen Moritz (1592—1627), W i l h e l m V. (1Ö27—1637) und W i l h e l m VI. (1637-1663); sie nutzten i h n vor allem zur Erledigung ihrer Geldgeschäfte i n F r a n k f u r t a./M. Seine Kapitalk r a f t beleuchtet die Tatsache, daß er 2000 Taler Gold vorstreckte, welche die hessische Judenschaft während des D r e i ß i g j ä h r i g e n Krieges aufbringen mußte. A u f dem ersten allgemeinen Judenlandtage
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1626 verteilte dann Goldschmidt diese Summe auf seine Glaubensgenossen i n Ober- u n d Niederhessen; der Hofbankier bekleidete auch das A m t eines Obervorstehers der Kasseler Juden. Als Hofbeamter genofi er die sehr ins Gewicht fallende Vergünstigung, dafi er von allen Quartierlasten befreit war. Benedikt Goldschmidt beschwerte sich daher sofort, als trotz seiner Privilegien der Stadtrat von Kassel seine W o h n u n g m i t Einquartierung belegte, indem er sich auf seine Privilegien von 1625 u n d 1636 berief, für die er 600 R t l r . vorgeschossen hätte; der Landgraf gab seinem Hof j u d e n Recht, und die Soldaten kamen i n ein anderes Quartier. D e r Hoffaktor zog bald andere Glaubensgenossen nach Kassel; dagegen setzte sich die Bürgerschaft zur Wehr, u n d 1635 erreichte sie auch, dafi alle Juden Kassel verlassen mußten. N u r Benedikt m i t den Seinen durfte bleiben. Doch stand jene Verordnung w o h l auch n u r auf dem Papier, denn wenige Jahre später w a r der Hoffaktor Vorsteher der Kasseler Juden, die demnach wieder eine kleine Gemeinde bildeten, obwohl das D e k r e t von 1635 schon zwei Jahre später erneuert worden war, „dafi keinem Juden — außer i h m — i n Kassel seßhaft zu sein, vergönnt sein sollte"; 1631 verfocht er das Recht auf rituelles Schlachten gegen die Kasseler Metzgerzunft und gewann. Deutlich ist die Vorzugsstellung, die Benedikt Goldschmidt bereits innehatte. Er starb 1642. Nachfolger als Η ο f j u d e w u r d e sein Sohn S i m o n G o l d s c h m i d t , der auch das A m t des Obervorstehers der Kasseler Juden bekleidete; seine Stellung am Kasseler Hofe kennzeichnet am besten die Tatsache, dafi er 1656 W i l h e l m V L zwei kristallene Leuchter zum N e u j a h r schenkte. Als Gegenleistung empfing er Geld. Es ist dies einer der wenigen Fälle i n der Geschichte der Hoffaktoren, dafi Landesherr und H o f j u d e sich gegenseitig beschenkten. Auch Briefe w u r d e n zwischen Landgraf und Hoffaktor gewechselt. Simon Goldschmidt w a r w i e sein Vater H o f b a n k i e r . Aus einer Beschwerde der Goldschmiede vom Jahre 1652 ergibt sich, dafi Simon auch H o f j u w e l i e r gewesen ist. D e r Landgraf verfügte am 29. Juli ausdrücklich, dafi aus „sonderbaren Ursachen" Simon Goldschmidt zugelassen w i r d , „Wertsachen an Uns und Unseren Hof zu verhandeln. D i e Unserigen haben sich gehörig danach zu achten". Als M ü n z e n t r e p r e n e u r lieferte er Silber zur landgräflichen Münze. Simon Goldschmidt und sein Diener w u r d e n durch Reskript vom 29. M a i 1648 von der Erlegung des Leibzolls befreit und durften frei passieren; der Hoffaktor zahlte dafür zwei Gulden jährlich. Landgraf W i l h e l m V I . bestätigte am 8. M a i 1651 dieses von seiner Mutter Amalie Elisabeth dem H o f j u d e n gegebene Privileg. Simon Goldschmidts Tochter Buna w u r d e die F r a u Alexander
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Michael Davids, des Sohnes des bekannten hannoverschen Hoffaktors Michael D a v i d , dessen Familie a u d i i n Kassel Fuß fassen sollte. Simon starb 1658. Simons Sohn H e r t z G o l d s c h m i d t erhielt am 12. Oktober 1658 den Schutzbrief seines Vaters, doch nicht dessen P r i v i l e g zur Silberlieferung für die Münze. Benedikt Goldschmidts E n k e l w a r demnach n u r gewöhnlicher Schutz j u d e ; i n der Kasseler Gemeinde brachte er es ebenfalls zum Obervorsteher seiner Glaubensgenossen; Benedikts Schwiegersohn Isaak bekleidete das A m t des Rabbiners zu Bettenhausen 3 . Aus ihrer Stellung als H o f j u d e n w u r d e n drängt durch I s r a e l H e r t z , der 1690 als Vorstehern der hessischen Gesamtjudenschaft h a m D a v i d , den bedeutendsten Hoffaktor
die Goldschmidts verΗ ο f f a k t ο r zu den gehörte, u n d A b r a jener Zeit i n Kassel.
Israel Hertz Zangwert, w i e er von seinen Glaubensgenossen genannt w i r d , k a m von St. Goar nach Kassel; er darf nicht verwechselt werden m i t der aus Halle nach Kassel gezogenen Familie Israel, die i n den Personenkreis u m D a v i d gehört. Israel Hertz w i r d i n den A k t e n auch als H o f a g e n t bezeichnet; er w u r d e unter dem Landgrafen K a r l (1670—1730) zu den „Negotien" herangezogen. D i e Geschäfte führte nach seinem Tode seine W i t w e B l ü m c h e n H e r t z , k u r z die H e r t z i n genannt, weiter. A u f ihre T ä t i g k e i t deutet i h r amtlicher T i t e l P r o v i a n t l i e f e r a n t i n hin. Nach dem Tode Abraham Davids bat sie am 27. Juni 1754 den Landgrafen W i l helm V I I I . (1751—1760), i h r die freigewordene Stelle des Hof- und Kammeragenten zu übertragen, m i t der Begründung, sie traue sich die Fähigkeit zu, „einer solchen Stelle w o h l vorzustehen"; außerdem versprach sie, noch mehr als bisher für den Hof zu leisten. Schon am 7. Juli w u r d e der „supplizierenden Proviantlieferantin Hertzin allhier die vakante Hof- und Kammeragentenstelle gnädigst konferieret und derselben zugleich die von dem verstorbenen Hofund Kammeragenten Abraham D a v i d genossene Besoldung verordnet". M i t diesem Reskript avancierte die H e r t z i n zur H o f - und K a m m e r a g e n t i n , was also außerordentliche Gunstbezeugung gelten muß. So w e i t hatte es nicht einmal die Berliner H o f j ü d i n Esther Liebmann gebracht. F ü r ihre Stellung zum Hofe ist kennzeichnend, daß sie 1749 dem Landgräflichen Münzkabinett Medaillen schenkte. F ü r Münzen und Medaillen hatten die hessischen Landgrafen offenbar eine Schwäche; denn auch der Aufstieg des Hauses Rothschild begann b a l d danach m i t der Beschaffung von Münzen und Medaillen für die Landgrafen. D i e H e r t z i n hatte eine ganz Reihe jüdischer P r o v i a n t k o m m i s s a r e i n ihrem Dienst; auch für diese erhielt sie Abgabenfreiheit.
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Als die H e r t z i n gestorben war, baten ihre Söhne, die Schutzj u d e n Gebrüder Hertz, am 4. Januar 1771 den Landgrafen Friedrich I L (1760—1785), ihnen den Charakter als Kabinettsagenten zu verleihen, da die Hofagentenstelle bereits Feidel D a v i d erhalten habe. I h r Gesuch begründeten die Gebrüder Hertz m i t dem Hinweis auf die seit den Zeiten des Landgrafen K a r l dem hessischen Hofe geleisteten Dienste, daß ihre Familie zu den ältesten Judenfamilien Kassels zähle u n d bereits Vater und M u t t e r Hofagenten gewesen! seien. Beider Schwiegervater, der reiche Bankier Boas i m Haag, hatte seinen Töchtern ein „starkes K a p i t a l " ausgesetzt „ i n Rücksicht darauf, dafi unsere Familie i n gewissem Charakter steht". I h r e m Rufe würde es daher schaden, wenn der Charakter gänzlich wegfiele. Ihre Eingabe hatte n u r zum T e i l Erfolg. Kassel kannte den T i t e l Kabinettsagent für Hof j u d e n nicht; die Hof- u n d Kammeragentenstelle w a r aber bereits besetzt. So traf man den Ausweg, daß am 8. Januar einer der Brüder, wahrscheinlich der ältere, der Schutzjude S u s m a n n H e r t z zum z w e i t e n H o f - u n d K a m m e r a g e n t e n ernannt wurde. I n diesem Falle w u r d e also ein Jude i n ein Hofamt befördert, w e i l die E l t e r n bereits eine derartige Stellung bekleidet hatten, u n d aus Rücksicht auf die Heirat der Bewerber, die befördert wurden, da ihre Frauen K a p i t a l ins L a n d gebracht hatten. D i e Auszeichnung erfolgte nicht für besondere Leistungen. A b r a h a m L e v i aus Amsterdam erhielt 1709 die Erlaubnis, seine Waren aus der holländischen Hauptstadt i n Kassel zu verkaufen; E m a n u e l L e v i aus der gleichen Stadt lieferte i m nächsten Jahre dem Hofe ostindisches Porzellan. M a r k u s L e v i wurde 1723 mit seinen Silbervorräten an die Münzkommission verwiesen. Diese Juden führten jedoch keine Hoftitel. Dagegen w u r d e der Schutz j u d e J o s e p h L e v i am 19. Oktober 1730 durch ein Reskript aus Stockholm zum „ H ο f j u d e η , jedoch ohne Bestallung" ernannt. Er durfte Handel m i t seidenen Stoffen und dergleichen W a r e n i n einem verschlossenen Laden i n Kassel treiben. A n die Stadt erging die Aufforderung, den H o f j u d e n bei seinem P r i v i l e g zu schützen. D e r damalige Landgraf Friedrich I. (1730—1751) w a r durch seine Heirat m i t U l r i k e Eleonore, der Tochter Karls XII., seit 1720 auch K ö n i g von Schweden; daher w a r das Resk r i p t aus Stockholm datiert. Nach dem P r i v i l e g dürfte Joseph L e v i auch für den Hof seidene Stoffe u n d ähnliche Waren geliefert haben. M a r x G o l d z i e h e r erscheint 1716 als Pächter des Eisenhandels, der gegen alle K o n k u r r e n t e n rücksichtslos vorging, deren Öfen beschlagnahmen und einziehen ließ. A b r a h a m D a v i d w a r der mittlere der drei Brüder D a v i d , die als Hoffaktoren i n Hannover, Braunschweig und Kassel i n der 2
Schnee, Hoffinanz
Geschichte der Hof juden in Hessen-Kassel
Geschichte des Hofjudentums eine bedeutsame Rolle spielten. Michael D a v i d , Hof- u n d Kammeragent i n Hannover, bemühte sich bereits 1710, seinem Bruder Abraham i n Braunschweig Wohn- und Handelsfreiheit zu verschaffen. A u f seine Veranlassung hatte sein Landesherr u n d Gönner, K u r f ü r s t Georg L u d w i g , am 24. Februar 1710 Herzog A n t o n Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel folgenden Brief geschrieben: „ W i r vernehmen von unserer F r a u M u t t e r Gnaden, dafi Euer Liebden durch Ihrer Gnaden V o r w o r t sich haben bewegen lassen, einen dohrtigen Juden nahmens Abraham D a v i d einen Schutz- und Geleitsbrief zu ertheilen, jedoch m i t der condition, dafi er bei seinem dohrt auch vergleiteten Bruder i m Hause zu wohnen u n d m i t demselben eine Familie zu konstituieren. N u n wohnt besagter Abraham Davids ältester Bruder Michael D a v i d als Schutzj u d e a l l h i r und w i r d wegen seiner capacitet, ohnverdrossenheit und trewe i n Sachen, die man i h m committiret . . ., i n unser diensten vielfältig gebrauchet. Von demselben seyn w i r unterthgst. angelanget worden, bei Ew. Lb. vorbitte einzulegen, dafi, w e i l zwo haushaltungen und Familien, zumahl von einerley profession, in einem Hause, wenn es gleich Brüder seyen, sich nicht w o l schicke . . . Ew. Lbdn. geruhen wollten, für mehrgedachten Juden A b r a h a m D a v i d noch die Gnade zu haben, seinen erhaltenen Geleitsbrief dahin declariren zu lassen, dafi er nicht verbunden seyn solle, m i t seinem dortigen Bruder i n einem Hause sich aufzuhalten, sondern i n einer absonderlichen Wohnung sich niederlassen, auch dafi er nicht allein i n den Städten Braunschweig und Wolfenbüttel sondern auch auf dem Lande geziemenden Handel treiben möge. W i r ersuchen demnach Ew. Lbden. dienst freundvetterlich, Sie wollen belieben, . . . Abraham D a v i d i n obangeführter angelegenheit nicht ohnerhört zu lassen. D i e Reflexion, die E. L. gefällig sein w i r d , i n solcher Sache auf dieses unser intercessions-Schreiben zu machen, werden w i r m i t sonderlichem D a n k erkennen und verbleiben Ew. Lbdn. Georg L u d w i g Churfürst." Das Schreiben hatte keinen Erfolg; schon i m nächsten Jahre wandte sich Abraham D a v i d nach Kassel i n der Absicht, dort eine Glaubensgenossin zu heiraten. Wieder spielte der K u r f ü r s t von Hannover der V e r m i t t l e r beim Landgrafen K a r l von Hessen und ebnete dem Bruder seines Hoffaktors am 12. März 1711 den Weg m i t folgendem Schreiben: „Uns hat unser Hof j u d e Michael D a v i d zu vernehmen gegeben, was gestalt er gern seinen jüngeren Bruder Abraham D a v i d , w e i l er ein verständiger négociant wäre, an einem guten Ohrte stabiliret sehen möchte. W i r haben uns erklehret, denselben allhier oder sonst i n unseren Landen, wo es i h m w ü r d e anstendig seyn, Schutz zu geben, er reflect iret aber am meisten auf
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Euer Liebden Residenzstadt Cassel und zwar unter Anderen sonderlich darumb, w e i l er sich an eine person verlobt, deren voreitern vor undenklicher Zeit her zu Cassel gewöhnet, dahero uns gedachter unser H o f j u d e u m unser V o r w o r t bei Ew. Lb. beweglich ersuchet, dafi dieselbe geruhen wolle, die gnade für vermeldten seinen Bruder zu haben, i h n dergestalt i n dero Schutz und Geleite zu nehmen, dafi er zu Cassel sich niederlassen möge. W i r tragen demnach kein Bedenken, E. L. solches anliegen hiemit freundvetterlich zu recommandiren und werden für die Gnade, die von Euer Ld. i h m umb dieser unserer intercession w i l l e n wiederfolgen w i r d , deroselben als für eine uns erweisende angenehme Freundschaft obligieret sein, der w i r E. L. verbleiben Georg L u d w i g . " Schon am 23. A p r i l erhielt Abraham D a v i d den gewünschten Schutzbrief auf Kassel, w u r d e vor der übrigen Judenschaft als independent e r k l ä r t und als Η ο f j u d e bezeichnet. Seine F r a u stammte aus der Familie Wallach i n Rinteln an der Weser, wo bereits 1618 ein Meier Wallich zur Schaumburger Münze i n R i n t e l n Silber geliefert hatte. Das Verhältnis zu seinem Schwager scheint jedoch alles andere als gut gewesen zu sein. Als D a v i d gegen Bendix Wallach wegen einer Schuldsumme die E x e k u t i o n durchsetzte, behauptete dieser i n einer Eingabe an den Landgrafen, daß i h n sein Schwager Abraham „arglistig und betrügerisch" hintergangen habe. D a v i d kann damals noch nicht sehr vermögend gewesen sein; denn i n dem Streit handelte es sich um die verhältnismäßig kleine Summe von 500 bis 750 R t l r . D e r Landgraf K a r l entschied am 17. A p r i l 1716 dahin, daß er die E x e k u t i o n gegen Wallach zunächst suspendierte, damit dieser zur F r a n k f u r t e r Messe reisen konnte. Sollte er danach die Angelegenheit m i t seinem Schwager nicht ins Reine bringen, dann drohte i h m die Entziehung seines Schutzbriefes. D e r Landgraf nahm jedenfalls recht energisch die Interessen seines Hofagenten wahr. A b r a h a m D a v i d bezog j ä h r l i c h hundert Taler; am 1. November 1724 erhielt der Kammerpräsident Anweisung, dem H o f j u d e n „nunmehr auch zu einer jährlichen Hausbestellung vier Malter Korn, zwei Gerste und ein M e h l " zu liefern. Beim Tode Landgraf Karls scheinen auch Davids Bezüge gesperrt worden zu sein; denn auf seine Eingabe an den Sohn u n d Nachfolger Landgraf Friedrich I. König von Schweden, erging am 29. Dezember 1734 aus Stockholm die Resolution, dafi i h m „die vormals eingezogenen 100 R t l r . von Zeit der Reduktion an nun wieder gereicht werden können", und durch Befehl vom 26. A p r i l 1735 wurde der Kabinettsdirektor aus Stockholm angewiesen, die 100 R t l r . „aus unseren dortigen Cabinettsrevenuen" auszuzahlen u n d gehörig zu verrechnen. 21*
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M i t der Rückzahlung des Rückstandes scheint es Schwierigkeiten gegeben zu haben. D e n n am 15. Januar 1737 erging aus Ziegenhein an den Kabinettsdirektor von Adelebsen die Anweisung, „weniger nicht den Nachstand zu vergüthen, als auch pro futuro nunmehro a l l j ä h r l i c h 200 R t l r . aus unserer Privat-Casse zu Cassel zu zahlen". Schließlich w u r d e dem Hoffaktor am 16. August 1740 noch das Futter für zwei Pferde b e w i l l i g t , und am 10. März 1744 i h m auf seine Bitte zugestanden, daß er zwar i n realiter der Jurisdiktion des Landgerichts unterstände, „soviel seine Person angeht, er aber sein F o r u m vor dem Hofgericht habe". Davids Stellung als Hofagent kennzeichnet am besten ein Vorfall aus dem Jahre 1753, als er i n Hofgeismar, w o die Juden ein besonderes Haus m i t 16 Zimmern hatten, zur K u r weilte. A m 20. August 1753 zeigte der Rentmeister an, daß der Kurgast A b r a h a m D a v i d dem hiesigen Vorsinger Jakob Leyser zu einem Kinde Gevatter gestanden u n d die Beschneidung hat verrichten lassen, aber nicht w i e § 11 der hessischen Judenordnung es verfügte, i n aller Stille, sondern m i t Musikanten und Tanz, was nicht einmal Christen gestattet sei. Leyser sagte bei seiner Vernehmung aus, daß sich i h m D a v i d zum Gevatter angeboten u n d die Beschneidung i m Zimmer des Hoffaktors am Gesundbrunnen erfolgt sei. Er habe geglaubt, der H o f j u d e D a v i d werde die Erlaubnis dazu schon erwirken. Es sei auch richtig, daß musiziert u n d getanzt worden wäre; Christen hätten auch zugesehen. Auch D a v i d sollte am 28. November i n Kassel deswegen vernommen werden, schützte aber K r a n k h e i t vor und ließ eine schriftliche Verantwortung überreichen, i n der er sein Recht betonte, i n seinem i n Hosgeismar gemieteten Zimmer die Zeremonie vornehmen zu dürfen. D i e Anzeige hätte dem Vater des Kindes obgelegen. Zum Schluß verstieg sich der Hoff aktor zu der D r o h u n g : „Sollte ich — trotz meines guten Rechts — dennoch bestraft werden, so werden, da dergleichen w e i t u n d breit spargiert w i r d , der gar zu großen Einschränkung wegen die Paderbornischen, Hannoverischen und Corveyischen Juden diesen O r t (Hofgeismar) b i l l i g vermeiden! Gehorsamer Diener, der Hofagent A b r a h a m D a v i d . " Er erhielt trotzdem 10 R t l r . Strafe zudiktiert, die er auch zahlte. Aus dem Vorfall erhellt, daß der Badeort Hofgeismar von der Judenschaft recht zahlreich besucht wurde. Uber die Leistungen des Hof j u d e n D a v i d sind w i r nun d ü r f t i g unterrichtet; 1734 w u r d e i h m bescheinigt, daß er „ i n verschiedenen pressanten Geldangelegenheiten durch Negotiierung einiger Summen nützliche Dienste geleistet u n d deshalb Mühe und Kosten nicht gespart". D e r Hofagent D a v i d hat nachweislich auch m i t den landgräflichen Beamten Geldgeschäfte getätigt, so hatte er von dem Regierungsrat und Oberamtmann von Malsbourg zu
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Carlshafen 9900 Taler zu fordern. Landgraf Friedrich stand auch hier auf Seiten seines Hoffaktors. D i e Gunst des Landgrafen K a r l hatte i h m schon 1728 einen Schutzbrief für seine älteste Tochter Golde verschafft, obwohl nach der hessischen Judenordnung n u r dem ältesten Sohne der Schutz zu gewähren war. Dieser am 12. Oktober 1728 dem Hoffaktor gewährte ungewöhnliche Gnadenakt läßt den Schluß zu, daß A b r a h a m D a v i d doch bedeutende Geldgeschäfte für den Landesherrn tätigte. A b r a ham D a v i d w i r d i n den A k t e n H o f j u d e , Hoffaktor, Hofagent u n d Hof- u n d Kammeragent genannt; doch wissen w i r n u r von seiner Ernennung zum H o f f a k t o r , die am 1. November 1727 erfolgte. Davids Schwiegersohn, der Golde heiratete, w u r d e D a v i d Salomon Israel aus Halle, ein E n k e l des Berliner H o f j u d e n A r o n Israel, dessen Sohn Hertz D a v i d Israel, also Abraham Davids Enkel, am 5. Januar 1779 gleichfalls H o f f a k t o r i n Kassel wurde. Er hatte schon 1765 u m den Charakter als Hofagent gebeten, w a r aber abschlägig beschieden worden, „da die Hofagentenstelle dermalen bereits doppelt bestellet ist". Sie w a r durch die H e r t z i n u n d Feidel besetzt. D a n n stieg Hertz Halle, wie er nach seinem Herkunftsorte auch genannt wurde, zum Vorsteher der Juden auf, u n d 1779 w a r d er dann endlich Hoffaktor. So fand die Hoffaktorenfamilie A r o n Israel auch i n Kassel i h r e Fortsetzung. Seit 1759 w a r A b r a h a m D a v i d Eigentümer eines Hauses am A l t m a r k t ; seine hauptsächlichste H a n d l u n g bestand i m Textilgeschäft. Zunächst durfte er n u r m i t Linnentuch handeln, seit 1725 w a r i h m der Handel m i t allerlei Tuch freigegeben, am 9. August des gleichen Jahres w u r d e i h m ausdrücklich der Handel m i t englischen Tuchen gestattet. D a der Handel beträchtlich war, bemühte sich der i n Hannover wohnende Bruder Michael, i n das Kasseler Geschäft zu kommen, u n d bat am 20. Dezember 1737 den Landgrafen u m die Erlaubnis, i n Kassel eintreten zu dürfen. D i e Erlaubnis scheint Michaels Sohn P h i l i p p Alexander ausgewertet zu haben. Aus dem Jahre 1734 stammt Davids P r o j e k t an die Rentkammer, eine T a b a k f a b r i k i m Lande anlegen zu lassen, m i t der er Geld i m Lande halten und den Insassen des Zuchthauses durch ertragreiche Beschäftigung helfen wollte. F ü r die Judenschaft hat sich D a v i d stark eingesetzt; eine Zeitlang w a r er Vorsteher der hessischen Juden wie der Hoffaktor Hertz. Eine Haussynagoge w i e seinem Bruder Alexander i n Braunschweig scheint Abraham nicht gestattet worden zu sein, denn als am 29. A p r i l 1746 die Proviantlieferantin Hertz bat, wegen der Entlegenheit der Synagoge den Gottesdienst i n ihrer W o h n u n g w i e Abraham D a v i d abhalten zu dürfen, erhielt sie einen abschlägigen
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Bescheid, „da nicht gefunden werden kann, daß Abraham D a v i d j e diese Erlaubnis erteilt wäre". Dagegen hielt sich Abraham D a v i d 1722 wie die H o f j u d e n Levi, Joseph Ruben L e v i u n d Simon Goldschmidt W i t w e einen eigenen Lehrer, und trotzdem am 7. Januar 1723 die Privatlehrer verboten wurden, zählte 1729 zum Haushalt Davids ein Rabbiner als Schreiber; der Hoffaktor kehrte sich nicht an die Verordnungen. Davids Sohn D a v i d A b r a h a m bekleidete k e i n Hofamt; w o h l wurde der Schwiegersohn, der Mann seiner Tochter Golde, Hoffaktor. D i e zweite Tochter Bella heiratete nach 1745 ihren Vetter D a v i d Michael D a v i d in Hannover, und die dritte Tochter Crona w u r d e die Frau Philipps, des jüngsten Sohnes von Alexander D a v i d in Braunschweig, den w i r schon aus unserer Darstellung über die Hoffaktoren i n Braunschweig kennen. Dieser P h i l i p p Alexander D a v i d hatte auch unter hessischem Schutz gestanden, muß dann aber des Schutzes wegen Unehrenhaftigkeit verloren gegangen sein; denn nach Abraham Davids Tod bemüht sich Alexander D a v i d der Erbschaftsregelung wegen von Braunschweig nachdrücklich darum, seinen „des Schutzes sich verlustig gemachten Sohn" P h i l i p p wieder aufzunehmen. D i e judenschaftliche Kommission widerriet jedoch am 26. A p r i l 1754 der Wiederaufnahme m i t der Begründung: „Notorisch ist der Mann zu Braunschweig eines starken Bankeritts halber von der jüdischen Religion abgefallen; dann aber hat er sich nach Holland begeben und m i t der Religion gleichsam Hohn und Spott getrieben." Alexander D a v i d erhielt daher am gleichen Tage und nochmals am 14. Juni ablehnende Bescheide, jedoch m i t dem Entgegenkommen, daß dem Sohne „zur Regulierung seiner Frauen Erbschaft ein dreiwöchiger nachtgeldfreier Aufenthalt gnädigst gestattet w i r d , als worauf diejenigen, so es angeht, . . . zu achten haben". Einen hessischen Schutzbrief besaß auch der Sohn des Hof- und Kammeragenten Michael D a v i d i n Hannover namens A l e x a n d e r M i c h a e l D a v i d , für dessen Erneuerung nach dem Tode des Landgrafen K a r l sich die Geheimen Räte auf Bitten des Vaters am 21. August 1731 einsetzten. Michael D a v i d w o l l t e m i t diesem Schutzbrief offenbar seinem Sohn die Möglichkeit erhalten, i n den hessischen Hof dienst treten zu können. Ob dies erfolgt ist, läßt sich aus den A k t e n nicht ersehen. Michael D a v i d , „ K g l . Großbritannischer und Kurfürstlich Braunschweig-Lüneburgischer Kammeragent" erhielt auf seine Bitte am 29. August 1738 selbst eine hohe Vergünstigung; er wurde m i t seinen Leuten auf 30 Jahre vom Leibzoll befreit und bekam nodi einen Freipaß für Hessen. Michael D a v i d muß demnach auch zum hessischen H o f gute Beziehungen unterhalten haben 4 .
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A u d i der bekannte württembergische Hoffaktor J o s e p h S ü ß O p p e n h e i m e r w u r d e vom hessischen Fürstenhause i n Anspruch genommen. A m 20. August 1735 schrieb M a x i m i l i a n von HessenKassel aus Bruchsal an den Hoffinanzier: „Dieselben ersuche dienstlich m i r die Gefälligkeit zu erweisen, und gegen Interesse m i r 6000 Gulden vorzuschießen. Wenn dieselben m i r zu gratificieren gew i l l e t wären, so werde die diesfalls erforderliche Conditiones nachgehende regulieren." A m 28. August nochmals: „Ich schicke den Juden Abraham zu Ihnen, um den Einverständnis gemäß 6000 Gulden zu empfangen, wogegen ein Wechsel ausgestellt werden w i r d , welchen der Überbringer dieses ausantworten w i r d . Ν . B. Dieses Geld soll i h m i n 6. od. 5. Monath . . . remboursiert werden und kann der Wechsel auf mich gesetzt werden. — — A m 20. Juli 1747 erhielt der H o f - u n d Kammeragent M a r x A s s u r für sich, seine Familie und seine Bedienten die Befreiung vom Leibsoll u n d von der Abgabe der Ubernachtungsgelder. M a r x Assur w i r d ausdrücklich „Unser Hof- und Kammeragent" genannt; er dürfte mit dem bekannten kursächsischen Hoffaktor identisch sein, der danach auch i n hessischen Hofdiensten gestanden haben muß. Während des Siebenjährigen Krieges erschien i n Kassel der Braunschweiger Hoffaktor D a v i d G o u n s oder G o u n t z , der in seinem Lande Fouragelieferant war. I n Braunschweig spielte er den Franzosenfeind; beim Rückzug der französischen Armee nach der Schlacht bei Minden fand man jedoch Briefe, wonach sich Gouns der französischen Generalität als Spion angeboten hatte. I n Kassel wurde der aus Holland nach Braunschweig eingewanderte Gouns daher als Spion verhaftet. Das Vernehmungsprotokoll fehlt leider, so daß nicht mehr ersichtlich ist, w i e die Angelegenheit ausgegangen ist. Offenbar wollte Gouns auch i n Kassel eine Rolle spielen. Auswärtiger H o f j u d e w a r seit 1757 der Hamburger W o l f f B a r u c h H o l l ä n d e r , der dem Hofstaat und der Kriegskasse Dienste leistete, ohne zunächst einen Landgräflich-Hessischen T i t e l zu führen; 1766 bat er jedoch u m seine Ernennung zum Faktor des Landgrafen m i t dem Wohnsitz i n Hamburg. Er wollte die Aufträge für Hofhalt und Kassen noch besser ausführen und die hessische Lotterie i n Hamburg, Lübeck und Bremen vertreiben; Gehalt beanspruchte er nicht. A m 2. M a i erfolgte seine Bestallung zum F a k t o r unter Übertragung der Verrichtungen, die er i n seiner Eingabe selbst genannt hatte. I m Jahre 1776 muß Holländer dann zum Hoffaktor ernannt worden sein; denn i n einer Eingabe vom 9. März 1786 bat er von H a m b u r g aus den neuen Landgrafen W i l h e l m I X . (1785—1821) um Bestätigung seines Patents als Hoffaktor von 1776
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und Erneuerung des landesherrlichen Schutzes für seinen Sohn Abraham W o l f f Holländer, dem also der Vater die Niederlassungsmöglichkeiten i n dem Lande gesichert hatte, dessen Hoffaktor er selber war. Hoffaktor Holländer wies erneut auf seine „Verdienste" hin, die er den früheren Landgrafen W i l h e l m V I I I . u n d Friedrich I I . erwiesen hätte. Zu höchsten Kursen habe er holländische u n d englische Wechsel „manteniert", „millionenweise" Gold u n d Silber zur Münze geliefert und seit 20 Jahren die hessische Klassenlotterie vertrieben. Nach seinen Eingaben mufi dieser Hoffaktor danach von Friedrich I. bei der Ü b e r m i t t l u n g der englischen Subsidien herangezogen worden sein. U m seiner Eingabe* mehr Nachdruck zu verleihen, hatte Holländer Zeugnisse der Lotteriedirektion, des Generalkriegskommissariats, der Kriegs- und Domänenkammer und des Hofmarschallamtes beigefügt. A m 23. Juli 1786 erhielt dann der Hoffaktor die gewünschte Bestätigung, für die er sich am 11. August i n einem warmen Schreiben bedankte. Seiner Stellung und Tätigkeit nach w a r der Hoffaktor ein Vorläufer Rothschilds 5 . W ä h r e n d des Siebenjährigen Krieges, der j a überall die Instit u t i o n der Hof j u d e n förderte, begannen die Brüder M o s e s u n d S u f i m a n n A b r a h a m i n Kassel ihre Tätigkeit. Sie kamen aus Petershagen an der Weser u n d erhielten 1762 die Wohnberechtigung i n der hessischen Hauptstadt, nachdem sie als K r i e g s l i e f e r a n t e n sich hervorgetan hatten. A m 2. Februar 1788 w u r d e n die Gebrüder A b r a h a m zu H o f - u n d K a m m e r a g e n t e n ernannt; sie hatten seit 26 Jahren holländische u n d englische Wechsel zu hohen Preisen abgesetzt, waren also w i e der Hoffaktor Holländer i n dem Subsidiengeschäft der hessischen Landgrafen tätig. Eine Besoldung erhielten sie jedoch nicht. Deshalb baten sie i n ihrer Bittschrift vom 23. Oktober 1789 u m ein Gehalt, da dieses m i t ihrer W ü r d e verk n ü p f t sei, der Hofagent A b r a h a m D a v i d u n d die W i t w e H e r t z i n es auch erhalten hätten. Sie wären außerdem Väter von 15 Kindern. Durch Resolution vom 27. Oktober w u r d e n ihnen j ä h r l i c h 100 R t l r . bewilligt, die vom d r i t t e n Q u a r t a l des laufenden Jahres ab zu zahlen waren. Das w a r für beide nicht viel, entsprach jedoch ganz und gar der F i n a n z p o l i t i k des Landgrafen Wilhelms I X . Nach wenigen Jahren kamen die Hof- u n d Kammeragenten u m eine neue Vergünstigung ein. Unter Hinweis auf ihre Dienste als Heereslieferanten, die ihnen sogar 10 000 R t l r . Schaden verursacht hätten, baten sie um einen Generalschutzbrief für ihre sämtlichen Kinder. I n W i l helmsbad bewilligte Landgraf W i l h e l m am 2. August 1792 den „Gebrüdern Moses u n d Sufimann Abraham i n Betracht der von ihnen als Hof- und Kammeragenten zu Unserer vorzüglichen Zufriedenheit treu geleisteten Dienste den gebetenen Generalschutz-
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brief für ihre sämtlichen Kinder, männ- u n d weiblichen Geschlechts auf Unsere Residenzstadt Kassel aus besonderen Gnaden". Das P r i vileg, das eine außerordentliche Vergünstigung darstellt, w u r d e dann noch auf die Schwiegersöhne ausgedehnt. Sußmann Abrahams Schwiegersohn w u r d e H e r z B a r u c h aus Bonn, ein Sohn des kurkölnischen Hoffaktors Baruch Simon. Dieser Herz Baruch, Verlobter von S. Abrahams ältester Tochter, w a r der O n k e l L u d w i g Börnes. D e r K u r f ü r s t von K ö l n stellte dem Sohne seines Hofbankiers eine Empfehlung für Kassel aus, u n d da Herz Baruch ein beträchtliches Vermögen nach Kassel brachte, erhielt er am 10. August 1795 den gewünschten Schutzbrief. Durch diese Eheschließung w u r d e n die Hoffaktorenfamilien Baruch i n Bonn und Abraham i n Kassel verbunden. D i e Söhne der Brüder A b r a h a m w u r d e n ebenfalls Hoffaktoren. A m 16. M a i 1795 w u r d e „des verstorbenen Hofagenten u n d Schutzj u d e n Moses Abrahams Sohn namens A b r a h a m M o s e s " , später M o s e n t h a l genannt, zum Hoffaktor ernannt u n d am gleichen Tage auch das Patent als H o f f a k t o r für „des hiesigen Hofagenten und Schutzjuden Sußmann Abrahams ältesten Sohn namens D a n i e l S u ß m a n n A b r a h a m " entworfen. Als D a n i e l Sußmann A b r a h a m Hoff aktor wurde, hatte er noch keinen Schutzbrief. Erst am 25. A p r i l 1796 bat er darum, als er sich m i t der Tochter des Bankiers Salomon aus Amsterdam verheiraten wollte. D a diese eine M i t g i f t von 22 500 Gulden erhielt, w a r die Rentkammer für die B e w i l l i g u n g des Schutzbriefes. Als 1792 der Kampf Preußens und Österreichs gegen das revolutionäre Frankreich begann, hatten die Gebrüder Abraham laut Kont r a k t vom 6. August für das zur preußischen Armee stoßende hessische Hilfscorps von 6000 Mann bis zum Marsch über die französische Grenze Fouràge und Brot zu liefern. A n dem Lieferungskont r a k t w a r noch der P r o v i a n t m e i s t e r S a l o m o n A b r a h a m beteiligt, der nach der i m Vertrag angewandten Bezeichnung ein Bruder des Hof- und Kammeragenten gewesen sein muß. Als M i t l i e f e ' r a n t w i r d noch M o s e s L i e b m a n n genannt. Sußmann A b r a h a m w u r d e am 28. Juli 1802 zum O b e r h o f a g e n t e η und judenschaftlichen Oberassistenten bestellt, „dergestalt, daß er nicht n u r Unser höchstes Interesse m i t wahren, sondern auch nebst dem judenschaftlichen Assistenten sowohl hier, als aus dem Lande der Judenschaft nach seinem besten Wissen und Gewissen treulich beistehen, alles m i t unterschreiben, keine Gelder ohne seine Unterschrift ausgezahlt u n d ohne denselben keine judenschaftlichen Sachen vorgenommen werden sollen. So haben die Landgerichtsbeamten denselben hierauf i n Gegenwart der judenschaft-
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liehen Vorsteher gehörig zu verpflichten". M i t dieser Ernennung erreichte Sußmann A b r a h a m die höchste Würde, die Hoffaktoren bis dahin i n Kassel erlangen konnten. Zugleich erhielt der Oberhofagent einen entscheidenden Einfluß i n der V e r w a l t u n g der judenschaftlichen Angelegenheiten. Als Landgraf W i l h e l m 1803 K u r f ü r s t wurde, überreichten i m Namen der sämtlichen jüdischen Gemeinden Hessens der Oberhofagent Sußmann Abraham, Moses Joseph B ü d i n g als judenschaftliche Oberassistenten und Assistenten u n d Jakob Simon Michel als Vorsteher ihrem Landesherrn einen „Festgesang bey Erhebung ihres Durchlauchtigsten Landesherrn zur hohen K u r w ü r d e " . D e r Oberhofagent und Oberassistent Sußmann unterzeichnete mit Michel Bensa, L e v y Feidel, A d o l p h Feidel, Samson Goldschmidt, Jakob Herz Meinard auch das Dankschreiben an den Kurfürsten für die Verleihung der bürgerlichen Rechte an „ I h r e getreuen Hessen alttestamentarischen Glaubens" i m Jahre 1815. Diese Verleihung hatte der K u r f ü r s t zuerst seinem Oberhofagenten mitgeteilt, der sie dann an seine Glaubensgenossen weitergab, die als Ablösung für die Verleihung bürgerlicher Rechte dem als geizig bekannten K u r f ü r sten die stattliche Summe von 57 000 R t l r . zahlen mußten; es w u r d e vereinbart, die Zahlung in vier Raten zu leisten. I n der F i n a n z p o l i t i k Wilhelms spielte Sußmann Abraham keine bedeutende Rolle; 1802 kaufte er 60 Obligationen der bei Gebr. Bethmann i n F r a n k f u r t a./M. eröffneten dänischen Anleihe zu 4V2°/o zum Nominalbetrag von 72 000 Gulden. Er trat bald v ö l l i g hinter Rothschild und Simon zurück, die in den meisten Fällen beim A n k a u f der i n Amsterdam und F r a n k f u r t negotiierten Anleihen herangezogen wurden. Von der Familie Abraham waren jedenfalls fünf Mitglieder amtlich bestallte H o f j u d e n . I m Jahre 1801 bat der L a n d p a r t i s a n I s a a k S u ß m a n n um den landesherrlichen Schutz für seine Tochter, als diese sich m i t Gedalja Hertz verheiraten wollte. D e r Landpartisan behauptete, dem Hause Hessen schon seit zehn Jahren zu dienen; er wies ferner darauf hin, daß seine F u n k t i o n stets mit Lebensgefahr verbunden sei. Sein Gesuch w u r d e genehmigt. O b dieser Sußmann i n Beziehungen stand zu Sußmann Abraham, ist aus den A k t e n ebensowenig ersichtlich w i e die A r t seiner F u n k t i o n als Landpartisan. Dieser Sußmann scheint sich i n der Zeit des westfälischen Königreichs unter dem Namen Sußmann Birckenruth als P o l i z e i a g e n t betätigt zu haben; 1817 bat ein gewisser Jakob Loewenstein um die Erlaubnis zum ferneren Aufenthalt i m Lande u n d Gestattung des Handels und wies dabei darauf hin, daß seine F r a u eine Tochter des zu Kassel verstorbenen Landpartisans, nachherigen Polizeiagenten Sußmann
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Birckenruth wäre. Sein Gesuch w u r d e abgelehnt wegen des üblen Verhaltens des Polizeiagenten i n westfälischer Zeit, und da es dahinstehe, ob von dem Schwiegersohn eines solchen Mannes Treue zu erwarten sei 6 . Auch die Familie F e i d e 1 stellte dem hessischen Hofe eine Reihe von Hof faktoren; die W ü r d e n erbten sich auch hier durch Generationen i n der Familie fort. D e r Schutzjude F e i d e l D a v i d begann während des Siebenjährigen Krieges als H o f l i e f e r a n t ; durch Reskript vom 9. Februar 1756 w u r d e er zum „ L i v r a n c i e r " bestallt und i n dieser W ü r d e am 27. M a i 1760 bestätigt, als Landgraf Friedrich I L die Regierung übernahm. V i e r Jahre später bat der „untertänigste Knecht" Feidel D a v i d u m die Stelle des Hofund Kammeragenten, da er seit geraumer Zeit i n den Diensten des Landgrafen und dessen Kassen stehe. Durch Reskript vom 31. A u gust 1764 erhielt darauf „der Hof j u d e D a v i d Feidel — es mufi Feidel D a v i d heißen — den Charakter als H o f a g e n t " ; demselben w a r jedoch zu bedeuten, „daß er keine Besoldung wegen der Hofagentenstelle zu gewärtigen habe". Als dann die H o f j ü d i n Hertz gestorben war, machte Feidel D a v i d wegen der Besoldung eine neue Eingabe, u n d diesmal hatte er Erfolg. A m 18. M a i 1770 w u r d e i h m ein Gehalt von 200 R t l r . b e w i l l i g t ; i n der Resolution w i r d er als H o f - u n d K a m m e r a g e n t bezeichnet. Feidel D a v i d sorgte noch zu Lebzeiten dafür, daß sein Sohn D a v i d F e i d e l die Anwartschaft auf die Stellung seines Vaters erhielt; das „Expektanz-Reskript" w u r d e am 18. Februar 1785 unterzeichnet. Auch die Besoldung des Vaters w u r d e D a v i d Feidel zugesichert. Feidel D a v i d w a r über 60 Jahre àlt, als er sich die Übertragung seiner Stelle auf seinen Sohn sicherte. Nach einigen Jahren k a m er m i t einem neuen Gesuch; er bat, i h n auch „zum Oberhofagenten zu ernennen, bevor er als. alter Greis zu Abraham, Isack und Jakob geht". Tatsächlich ernannte der Landgraf am 8. Februar 1792 den Hof- u n d Kammeragenten Feidel D a v i d zum O b e r h o f - u n d K a m m e r a g e n t e n . So w a r von 1756 bis 1792 Feidel D a v i d vom H o f j u d e n und Livrancier zum Hofagenten, dann zum Hof- und Kammeragenten und schließlich zum Oberhof- und Kammeragenten aufgestiegen und hatte obendrein seine Stellung als Hoffaktor noch seinem Sohne gesichert. Nach seiner Ernennung zum Oberhof- und Kammeragenten e r w i r k t e Feidel D a v i d am 16. März 1793 den Schutz für seine Kinder männlichen u n d weiblichen Geschlechts, u m das Vermögen der Familie dem Lande zu erhalten, w i e die Oberrentkammer i n ihrem Bericht befürwortend bemerkte. D e r Oberhof- und Kammeragent hatte, wie die meisten Hof faktoren, sehr viele K i n d e r ; einer ganzen Reihe von ihnen
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konnte er noch, zu seinen Lebzeiten die erforderlichen Einzelschutzbriefe e r w i r k e n u n d so zur Mehrung der jüdischen Gemeinden des Landes beitragen. Vor dem Auftreten Rothschilds w a r Feidel D a v i d der bedeutendste Hoffaktor des Landgrafen. Bei dem Verkauf englischer Wechsel erhielt er regelmäßig den Vorzug vor Michel Simon, Moses Joseph B ü d i n g u n d Rothschild. W ä h r e n d Rothschild 1789 versuchsweise einen K r e d i t von 9600 fl. erhielt, w u r d e n Feidel D a v i d gleichzeitig 300 000 fl. auf sechs Monate k r e d i t i e r t . Auch an der Aufnahme von 1 800 000 fl. bei dem Londoner Bankhaus van Notten i m Jahre 1794 w a r er am stärksten beteiligt. I n demselben Maße aber, wie der Einfluß des Kriegszahlmeisters Buderus i n Kassel stieg, bekam Feidel die Konkurrenz von Rothschild zu spüren. A m 6. Oktober 1801 teilten Feidels Söhne dem Landgrafen mit, daß i h r Vater, der Oberhofagent, diesen Morgen gestorben sei; gleichzeitig baten sie, die H u l d , die i h r Vater genossen, auch ihnen zu übertragen. D e r Oberhof- u n d Kammeragent w a r also von 1756 bis 1801 für den hessischen Fürstenhof tätig. Daß er i n hoher Gunst gestanden haben muß, geht aus der auffällig raschen B e w i l l i g u n g seiner Beförderungsgesuche hervor. Auch andere außergewöhnliche Vergünstigungen sind bezeugt. I n Hessen durften Juden ihre Forderungen an Christen nicht an andere Christen zedieren. Feidel D a v i d w u r d e n 1785 aber solche Ausnahmen auf seine Gesuche zugestanden. Ebenso erreichte er, daß seine Schwester von der vorgeschriebenen Silberlieferung bei der Erlangung des Schutzbriefes befreit wurde. Feidel D a v i d bekleidete auch das A m t eines judenschaftlichen Assistenten; 1778 erhielt er jedoch i n dieser Eigenschaft einen Verweis, w e i l er seine Befugnisse zusammen m i t dem Judenschaftsvorsteher Hertz D a v i d Israel überschritten hatte. Feidel D a v i d muß auch zum Darmstädter Hof i n Beziehungen gestanden haben; denn i n Hessen-Darmstadt w a r er vom Leibzoll befreit. D a v i d Feidel, der älteste Sohn des Oberhof- und Kammeragenten, der schon 1785 die Anwartschaft auf die Hof- u n d Kammeragentenstelle seines Vaters erlangt hatte, erhielt nach dessen Tode diese Stelle jedoch nicht; er w u r d e übergangen. Moses Joseph B ü d i n g und Sußmann A b r a h a m w u r d e n dafür k u r z nacheinander zu Oberhofu n d Kammeragenten ernannt. D a v i d Feidel hatte sich 1777 nach F r a n k f u r t a./M. verheiratet u n d dort auch niedergelassen. Seine. F r a u Merle K u l p w a r eine Tochter des kaiserlichen Hoffaktors Gusel Mayer Juda K u l p , seine Schwester Hanna hatte den reichen K a t t u n händler Gomperz Ellisen, späteren Bankier und Kaiserlichen Hoffaktor, geheiratet. Als Feidels Schwiegervater schon 1779 starb,
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dürfte er a u d i dessen Geschäfte übernommen haben, dies u m so mehr, da Kulps Hauptgläubiger m i t 14 892 R t l r n . Feidels Vater i n Kassel war. D a v i d Feidel w a r 1792 i n den Anleihegeschäften des dänischen Hofes u n d besonders seines Gesandten von Wächter tätig. Gegen Ende des Jahrhunderts versteuerte er ein Vermögen von 30 000 Gulden. Von F r a n k f u r t a./M. aus bat D a v i d Feidel den Landgrafen am 20. März 1792 u m einen Freipaß nach dem Muster, w i e i h n auch Meyer Amschel Rothschild besitze. Er wies dabei auf seine der Kriegskasse geleisteten Dienste hin. I m nächsten Jahre, am 27. A u gust, wünschte der F r a n k f u r t e r Schutzjude eine „gnädigste Verfügung", daß i h n der Magistrat i n der Eigenschaft seines Vaters u n d als dessen Geschäftsträger anerkennen u n d i h m zur Besorgung der hochfürstlichen Geschäfte einen Paß erteile. Dieses Gesuch w u r d e jedoch abgelehnt. D i e F i r m a Feidel i n Kassel w u r d e von dem zweiten u n d driten Sohne des Oberhof- u n d Kammeragenten fortgeführt. D e r zweite Sohn Gumpert Feidel hatte am 16. Januar 1797 den Schutzbrief für Kassel erhalten, als er sich dort etablieren wollte. D e r d r i t t e Sohn L e v y Feidel erhielt am 17. A p r i l 1801 den Schutzbrief, da er beabsichtigte, sich m i t der Tochter des judenschaftlichen Landschreibers Abraham Hirsch zu verheiraten. K u r z nach dem Tode ihres Vaters, am 30. Oktober 1801, w u r d e n G u m p e r t u n d L e v y F e i d e l zu H o f - u n d Kammera g e n t e n ernannt. I n ihrer Eingabe hatten die Gebrüder Feidel darauf hingewiesen, daß i h r Vater auch die Konzession der HofApotheke besessen hätte. Sie erboten sich, das K a p i t a l „Euer Durchlaucht" . . . „weiter w i e bisher m i t 5 % zu verzinsen". F ü r die Erteilung der Privilegien ihres Vaters w o l l t e n sie 100 D u k a t e n opfern; sie mußten jedoch 600 Laubentaler bezahlen, und zwar 300 Taler zum Kirchenbaufonds u n d 300 Taler für das Z i v i l w i t w e n - I n s t i t u t . A m Tage nach ihrer Ernennung zahlten sie die Gelder ein; 300 Laubentaler w u r d e n als 462V2 R t l r . gerechnet. D i e Gebrüder Feidel führten das Wechselkontor ihres Vaters unter dessen Namen i n Kassel fort, w i e es dieser i n seinem Testament vom 18. Juni 1800 bestimmt hatte. I m Februar 1814 gewährten L e v y Feidel u n d der Schutz j u d e Löb Herz G a n s der Kriegskasse einen Vorschuß von 200 000 fl. Das F r a n k f u r t e r Bankhaus erlosch 1836 m i t dem Tode D a v i d Feidels, die Kasseler F i r m a bestand bis 1874, i n welchem Jahre Albrecht Feidel starb. E t w a zur gleichen Zeit hörten auch die Bankhäuser B ü d i n g und Goldschmidt zu bestehen auf 7 . U m 1800 k a m auch die alte Kasseler Familie Goldschmidt noch einmal i n Hofstellungen. R u b e n H e s s e G o l d s c h m i d t be-
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trieb ein ansehnliches Bankgeschäft, das von seinen Söhnen fortgeführt wurde. 1804 baten dann der Sohn S a m s o n R u b e n G o l d s c h m i d t u n d der Schwiegersohn S e l i g F e i s t M a a s den Kurfürsten, i m Interesse ihres Wechselgeschäfts ihnen einen öffentlichen Charakter zu verleihen. Sie versprachen, alle Kräfte aufzubieten, wenn sie zur Förderung herrschaftlicher Interessen beitragen könnten. I h r e m Wunsche entsprechend erhielten die Petenten den Charakter als H o f - u n d K r i e g s b a n k i e r s ; dafür hatte jeder 100 R t l r . zum Unterneustädter Kirchenbau zu zahlen. H i e r wurde also für eine verhältnismäßig geringe Summe der Hoftitel verkauft. Einige Jahre später begegnet uns in den A k t e n ein F i n a n z r a t S e l i g G o l d s c h m i d t ; es läßt sich nicht feststellen, ob dieser ein Sohn Ruben Hesse Goldschmidts w a r oder identisch ist mit Selig Feist Maas, der auch einmal Selig Goldschmidt genannt w i r d . Wahrscheinlich ist, daß es Goldschmidts Schwiegersohn war, der m i t seinem Schwager Hof- u n d Kriegsbankier wurde. 1820 stellten die Kasseler Juden den Antrag, den Finanzrat Goldschmidt zum Vorsitzenden Mitgliede der judenschaftlichen Deputation zu benennen. D e m Ansuchen wurde jedoch nicht stattgegeben. Das Bankhaus Ruben Hesse Goldschmidt w u r d e von dem K u r fürsten W i l h e l m bei seinen bekannten Anleihegeschäften herangezogen; es hatte vor allem die Aufgabe, von den Schuldnern dieses Kurfürsten die Zinsen einzuziehen, so i m November 1806: 96 359 Gulden 50 Kreuzer. Auch nach der Flucht des Kurfürsten blieben die Hof- u n d Kriegsbankiers m i t dem Landesherrn i n Verbindung, tätigten für i h n Geldgeschäfte und stellten Wechsel aus; sie arbeiteten vor allem auf den Geldmärkten F r a n k f u r t a. M., Amsterdam und Berlin, wo die bekannte F i r m a S. M. Levys Erben i h r V e r m i t t l e r war. I n F r a n k f u r t w i r k t e n sie gelegentlich m i t Rothschild zusammen, u m Anleihen des Kurfürsten für diesen zu retten. D i e Geldgeschäfte der Hof- und Kriegsbankiers m i t dem Kurfürsten während der Zeit des Exils müssen recht beträchtlich gewesen sein; denn als nach der Rückkehr des Kurfürsten die Abrechnung stattfand, hatten Goldschmidts Söhne noch die einhalbjährlichen Zinsen von 500 000 Gulden und V2 %> Provision davon zu fordern. Zur besonderen Geltung k a m das Bankhaus Ruben Hesse Goldschmidt i n westfälischer Zeit unter K ö n i g Jerome. W ä h r e n d Israel Jacobson mehr Hofbankier der Könige wurde, stieg das Haus Goldschmidt zum Staatsbankier des Königreichs auf. D i e gewährten Anleihen standen k a u m hinter den Summen zurück, die Jacobson K ö n i g und Staat vorstreckte.
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I m Jahre 1810 w u r d e bei Goldschmidt zunächst eine Anleihe von 214 531 Frcs. 95 Cents aufgenommen zwecks Entschädigung der kaiserlichen Donatarien, deren Revenuen durch D e k r e t vom 1. August 1808 zum Kronschatz geschlagen worden waren. Es handelte sich um fünf Generäle und einen Senator. D i e Rückzahlung des Anlehens sollte aus Kloster-Kaufgeldern erfolgen. I m gleichen Jahre w u r d e m i t dem Bankhaus R. H. Goldschmidt eine Millionen-Anleihe abgeschlossen; Jérôme hatte durch D e k r e t die Aufnahme von drei M i l l i o n e n verfügt. A m 1. Oktober 1810 schoß Goldschmidt die erste M i l l i o n Frcs. vor gegen 1 °/o monatlich an Zinsen u n d Provision. D i e Rückzahlung sollte wiederum aus den Verkaufsgeldern der aufgehobenen Klöster erfolgen. A n dem Geschäft waren das F r a n k f u r t e r Bankhaus Gompertz I. Ellissen und der Kasseler Hoffaktor D a v i d Feidel beteiligt. Zwecks Aufstellung neuer Regimenter w u r d e bei Goldschmidt gleichfalls 1810 eine Anleihe von 500 000 Frcs. aufgenommen; das Geschäft k a m zustande m i t Unterstützung der Finanziers Ellissen in F r a n k f u r t a. M., Heinemann i n Magdeburg und Ries und W o l f f L e v y i n Berlin. Goldschmidts Wechsel erhielt der „Fournisseur" Simon Mayer Dalembert. I m nächsten Jahre bot R. H. Goldschmidt der Generaldirektion des Staatsschatzes wiederum 500 000 Frcs. an; man begnügte sich jedoch am 9. Oktober 1811 m i t 400 000 Frcs. 1812 kontrahierte die Generaldirektion m i t Goldschmidt über eine Anleihe von 300 000 Frcs. auf 30 Tage gegen 1 / 2 ° / o Zinsen und 1 /2°/o Provision. A m 6. und 9. März zahlte Goldschmidt j e 150 000 Frcs. an den Staatsschatz. Das Bankhaus Ruben Hesse Goldschmidt hatte damit i n den Jahren 1810—1812 dem Staatsschatz fast 2V2 M i l l i o n e n Frcs. geliehen, allerdings immer m i t Unterstützung anderer jüdischer Firmen. Zu den Kunden des Hauses Goldschmidt gehörte auch der K u r prinz, der von seinem Vater recht knapp gehalten w u r d e ; er machte bei Goldschmidt ziemlich beträchtliche Schulden. Geldgeber des K u r prinzen waren ferner die Bankiers Gumprecht M o s e s , Joseph R i n a l d I t z i g , Nathan Simon Michel D i l l o n , Moses Joseph Β ü d i η g , A r o n Meyer B ü d i n g e r und audi Meyer Amschel Rothschild. Jahrelang mußte der Hofbortenmacher I s a a k R e m o n d auf die Bezahlung seiner Lieferungen für den kurprinzlichen Hofstaat warten 8 . A u f Empfehlung des Grafen von Büdingen, dessen H o f j u d e er schon war, k a m 1772 Moses Joseph nach Kassel; dort stieg er als M o s e s J o s e p h B ü d i n g ebenfalls zum Hof j u d e n auf. A m 29. März 1776 erhielt er den Schutzbrief für die hessische Residenzstadt, u n d am 22. August 1801 das Patent als H o f - u n d K a m -
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m e r a g e n t . Als der Oberhofagent Feidel gestorben war, bat Büding, i h n zu dessen Nachfolger zu ernennen; er erbot sich, ohne Gehalt zu dienen. Das Gesuch w u r d e b e w i l l i g t unter der Bedingung, dafi er 100 D u k a t e n stifte, die j e zur Hälfte für den Unterneustädter Kirchenbau u n d die neu errichtete Zivilwitwen-Kasse zu bezahlen waren. Nach der Einzahlung der Summen erfolgte am 13. Oktober 1801 die Ernennung Moses Joseph Büdings zum O b e r h o f a g e n t e n u n d judenschaftlichen Assistenten. Moses Joseph B ü d i n g w a r an den Finanzgeschäften des K u r fürsten beteiligt; i n den Jahren 1801 bis 1805 kaufte er für die hessischen Kassen 60 dänische Obligationen für 72Ό00 Gulden, bayerische Obligationen für 25 000 fl., Obligationen der bei Bethmann i n F r a n k furt a. M. für den Fürsten von Fürstenberg eröffneten Anleihe zum Nominalbetrag von 150 000 fl. u n d mecklenburgische P a r t i a l o b l i g a tionen für 8000 R t l r . E r k a m auch u m weitere Aufträge ein, so 1803 um Beteiligung der hessischen Kassen an einer Anleihe der Fürsten von Nassau-Weilburg u n d Nassau-Usingen i n Höhe von 300 000 Gulden. D e m K u r p r i n z e n diente Büding als Hofbankier; er l i e h i h m 1806 und 1812 auf Wechsel Gelder zu 5 % . Interessant ist, dafi der K u r prinz 1806 seinen Geldgeber m i t „Oberhof- u n d Kammeragent" titulierte, 1812 i h n aber als „ H e r r Moses Joseph B ü d i n g " anredete 9 . A r o n M e y e r B ü d i n g e r streckte dem K u r p r i n z e n 1814 bis 1816 gleichfalls Gelder auf Wechsel zu 5°/o vor. A r o n Meyer dürfte ein Bruder Moses Josephs gewesen sein. H a u p t k o l l e k t e u r der Lotterie w a r H e r t z K a t z e n s t e i n i n Bettenhausen; er w o l l t e gern nach Kassel ziehen, erhielt jedoch keine Erlaubnis. Auch S a l o m o n H o r s c h ü t z aus Böhmen, der sich unter Jérôme als H e e r e s l i e f e r a n t betätigt hatte, durfte nicht i n Kassel verbleiben, als die Herrlichkeit des westfälischen Königreichs vorüber war. Besser erging es dem U n t e r m a g a z i n v e r w a l t e r Israel Salomon C o r n e l i u s ; da sich die einflufireichen Hof j u d e n Levy Feidel u n d Samson Ruben Goldschmidt für i h n einsetzten, durfte er bleiben u n d als L o t t e r i e - K o l l e k t e u r weiter tätig sein. Meyer Benedix M ο r j e betätigte sich i n westfälischer Zeit als P o l i z e i a g e n t ; nach der Rückkehr des Kurfürsten w u r d e er ausgewiesen. I m allgemeinen w a r es gegen Ende des 18. Jahrhunderts i n Hessen leicht, gegen Zahlung einer entsprechenden Gebühr zum Kirchenbau u n d zur Witwenkasse Patente als Hoffaktor zu erhalten. Solche Ernennungen dienten der Geschäftsreklame. Leistungen für den H o f oder die Hofgesellschaft waren i n vielen Fällen gar nicht vollbracht worden oder lassen sich nicht nachweisen. Selbst
Gesdiidite der Hof juden i n Hessen-Kassel
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arme Juden, die sich k a u m i n Kassel niedergelassen u n d einen kleinen Laden eröffnet hatten, wagten es, u m Hofprädikate einzukommen. E i n Beispiel hierfür bietet G o p p e l N a t h a n , der u m den Charakter als Hoffaktor bat, um sein Geschäft zu vergrößern; denn das Prädikat Hoffaktor gab i h m das Recht, bei Hofe ein- u n d auszugehen und seine Waren anzubieten. Das Gesuch w u r d e abgelehnt, w e i l der Jude zu arm w a r u n d die Räte es als bedenklich ansahen, dergleichen Leute i n das Schloß zu lassen. Aus P y r m o n t k a m M i c h a e l M o s e s B e e r m a n n nach Kassel; er besaß ein Vermögen von 2150 Pfund Sterling, das er zu 3 % i n der Bank von England angelegt hatte. Er w a r ein E n k e l des Kasseler Schutzjuden Nathan Selig Rinteln, ging 1777 nach England und kehrte nach einigen Jahren als vermögender Mann m i t Empfehlungen des hessischen Gesandten i n London zurück. O b w o h l die Kriegs- und Domänenkammer gegen seine Niederlassung Bedenken hatte, da schon viele jüdische Familien i n Kassel wohnten, erhielt er doch den erbetenen Schutzbrief gegen Zahlung von 200 R t l r . für das Arbeitshaus. I n der Schloßstraße eröffnete er i m Hause des Hofuhrmachers Schmidt einen offenen Laden m i t englischen Waren. Schon nach einem halben Jahre, am 30. September 1785, erhielt er den Charakter als H o f l i e f e r a n t , w e i l er den H o f m i t Waren versorgt hatte. I n hessischen Diensten stand auch der kurmainzische Η ο f f a k t o r A b r a h a m L ö b i n Aschaffenburg, ohne jedoch einen kurhessischen T i t e l zu führen. E m m a n u e l E i c h e n g r ü n , aus Warschau gebürtig, w a r nach seiner Niederlassung i n Kassel 1809 als H e e r e s l i e f e r a n t tätig. H e r z M e y e r führte den T i t e l K r i e g s z a h l a m t s - A g e n t . M i t dem Schutzjuden Juda Salomon A b r a h a m zusammen w u r d e er von der Kriegskasse — daher der T i t e l Kriegszahlamts-Agent — und einmal von der Oberrentkasse zur Beschaffung von Anleihen herangezogen. I m Jahre 1802 kauften beide Obligationen mehrerer Anleihen für 20 000, 36 000 und 50 000 Gulden. Umgekehrt erhielten sie aus der Kriegskasse Vorschüsse gegen Hinterlegung verschiedener Staatspapiere; auch Nathan Simon Michel w u r d e n Gelder gegen Verpfändung dänischer Partialobligationen vorgestreckt. Aus D e t m o l d stammte A b r a h a m Herz G o t t h e l f t , der unter W i l h e l m I X . das Niederlassungsrecht i n Kassel erhielt. Sein Vater Herz Salomon w a r von dem regierenden Grafen zur Lippe zum Gräflichen H o f - und B r u n n e n f a k t o r ernannt worden. Gotthelft diente dem hessischen A d e l und der Hofgesellschaft und w u r d e am 16. M a i 1815 kurhessischer H o f a g e n t . 22 Schnee, Hoffinanz I I
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Geschichte der Hof juden in Hessen-Kassel
W o l f B r e i d e n b a c h , der am 30. September 1795 kurhessischer H o f f a k t o r wurde, hat unter den hessischen Finanziers keine besondere Stellung eingenommen; seine Bedeutung für die Geschichte der Juden i n Deutschland w i r d an anderer Stelle gezeigt werden. I s r a e l J a c o b s o n w a r der bedeutendste Hoffaktor König Jérômes; sein W i r k e n haben w i r an anderer Stelle dargestellt 1 0 . D e r ernsthafteste K o n k u r r e n t Rothschilds i n Kassel w a r neben Feidel der O b e r k r i e g s z a h l a m t s - A g e n t Michel Sim o n , der sehr k a p i t a l k r ä f t i g w a r u n d daher von W i l h e l m I X . von 1798 bis 1804 sehr häufig m i t dem A n k a u f vieler Obligationen beauftragt wurde, w i e die beigefügte folgende Übersicht zeigt. W i r heben nur einige hohe Beträge heraus; 1801 k a u f te Michel Simon Obligationen für 120 000 fl., 1802 für 200 000 fl., 134 000 fl. und 160 000 fl., i n den folgenden Jahren für 200000, 400000 u n d 300 000 Gulden. Das waren recht hohe Summen für die damaligen Verhältnisse. Vierzehnmal erhielt der Oberkriegszahlamtsagent i n den genannten Jahren solche A u f träge; i n der gleichen Zeit w u r d e Rothschild als Oberhofagent dreizehnmal herangezogen. Schließlich w u r d e auch Michel Simon wie alle Hoffaktoren von Rothschild überholt u n d i n den H i n t e r g r u n d gedrängt. Michel Simon w a r auch judenschaftlicher Vorsteher. I n dieser Eigenschaft bat er 1797 den Landgrafen um ein Schutzprivileg für seine sämtlichen K i n d e r männlichen und weiblichen Geschlechts unter Hinweis darauf, dafi auch Feidel D a v i d u n d die Gebrüder Moses und Sußmann Abraham einen Generalschutzbrief für ihre Familien erhalten hatten. Simon w a r damals noch nicht Agent des Kriegszahlamtes, galt aber als reicher Bankier; er besaß zwei Söhne u n d sieben Töchter, von denen eine an den „hiesigen Hoffaktor A b r a h a m " verheiratet war. D i e Oberrentkammer befürwortete das Gesuch, damit sich die Töchter i m Lande verheiraten konnten. Durch Heiraten außerhalb des Landes ginge sonst ein beträchtliches Vermögen für Hessen verloren. Nachdem Simon am 30. Juni 1797 i n die fürstliche Schatullenkasse 2000 R t l r . gezahlt hatte, wurde das Gesuch a u d i am gleichen Tage „aus besonderen Gnaden" genehmigt. Diese besonderen Gnaden können nur die 2000 R t r l . sein, die der landgräflichen Privatkasse zuflössen; denn diese außerorentlich hohe Summe konnte nicht mehr als Gebühr für die Ausstellung des Generalschutzbriefes gewertet werden; sie erweckt den Eindruck eines „douceurs" an den Landgrafen. Gleich darauf muß Michel Simon zum Oberkriegszahlamtsagenten ernannt worden sein; denn von 1798 an w u r d e er i n dieser Eigenschaft für die Finanzoperationen der Kriegskasse herangezogen, und i m gleichen Jahre bat der Ober-
Hoffaktoren d. Kurfürsten W i l h e l m ν . Hessen-Kassel i m Jahre 1805
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kriegszahlamtsagent u m den Schutz für seinen Schwiegersohn Salomon L e v i aus Witzenhausen. Michel Simon hatte einen eigenen Korrespondenten i n Amsterdam, wo j a W i l h e l m I X . so oft Geldgeschäfte tätigte. I n München arbeitete er m i t dem bayerischen Hofbankier A r o n Elias Seligmann, dem späteren Baron von Eichthal, zusammen 1 1 . D i e Jahre u m 1800 bedeuten den Höhepunkt der Hoffinanziers in Hessen-Kassel, sowohl was die Zahl der Hoffaktoren, als auch ihre Bedeutung angeht. D e r Hessische Staats- und Adreßkalender verzeichnete 1805 nicht weniger als ihrer 21.
Hoffaktoren des Kurfürsten W i l h e l m von Hessen-Kassel i m Jahre 1805 Moses Joseph Büding, Sußmann Abraham,
zu Kassel
zu Kassel
zu Hanau
D a v i d Abraham, Abraham Moses, Salomon Abraham, Michel Simon, Herz Meyer, P h i l i p p Meyer, Gumpert Feidel, L e v i Feidel, Samson Ruben Goldschmidt, Selig Feist Maas, Süßel u. Joseph Nathan Binge, Gebrüder, Loeb D a v i d , D a v i d Loeb,
Meyer Amschel Rothschild, Amschel Meyer Rothzu F r a n k f u r t a. M. schild, Salom. Meyer Rothschild, Samuel u n d Isaak Stiebel, Gebrüder, 22*
Oberhof- und Kammeragent Oberhof- und Kammeragent Hof-Faktor Hof-Faktor Proviantmeister Ob. Kriegs-ZahlamtsAgent Kriegs-Zahlamts-Agent Hof-Mäkler Hof- u. Kammer-Agent Hof- u. Kammer-Agent Hof- u. Kriegs-Bankiers
Hof-Agenten Oberhof-Agent Hof-Faktor Oberhof-Agent Kriegs-ZahlamtsAgenten
Hof-Agenten
Hoffaktoren d. Kurfürsten W i l h e l m
zu Offenbach zu Kopenhagen
. Hessen-Kassel i m Jahre 1805
W o l f Breidenbach, A b r a h a m Moses Henriques
Hof-Faktor Hof-Agent
E i n E n k e l des Samuel Seligmann Stiebel, Kollekteurs der Hanauischen Landkassenlotterie, w a r der Konsul Heinrich Herz von Stiebel. U n d doch kam, wenn w i r von Rothschild absehen, keiner von den vielen Hoffaktoren zu der Bedeutung u n d Stellung, w i e etwa Israel Aron, Jost Liebmann oder E p h r a i m i n Berlin, der Resident Lehmann i n Dresden, die Behrens i n Hannover, Alexander D a v i d i n Braunschweig oder Moses B e n j a m i n W u l f f i n Dessau sie erlangten. M i t diesen vermögenden u n d einfluß reichen Hoffinanziers verglichen, waren die Kasseler Hoffaktoren dodi nur kleine Hofu n d Heereslieferanten, Münzentrepreneurs u n d bescheidene Hofbankiers. D e r G r u n d hierfür ist i n erster L i n i e darin zu sehen, daß das hessische Fürstenhaus durch seine Subsidienpolitik sehr reich, die Landgrafen zu Großkapitalisten geworden waren, Hoffinanziers also gar nicht brauchten. Daher erleben w i r es gerade an diesem Fürstenhofe, daß sich wohlhabende Juden u m einen Hoft iteI bemühen, u m damit bessere Geschäfte machen zu können. Vielfach wurde der T i t e l einfach gekauft. M a n wagte es sogar ganz offen, dem Landgrafen Gratifikationen anzubieten. Eine besondere Note erhielt die Institution des Hofjudentums i n Hessen u m 1800 n u n dadurch, daß Landesfürst und Hoffaktoren m i t den Subsidiengeldern Finanzgeschäfte tätigten, u m diese Gelder zu vermehren. D i e Landgrafen bzw. Kurfürsten w o l l t e n i h r Vermögen nicht zinslos i n den Kassen liegen lassen und suchten es daher i n Anleihen zu günstigen Bedingungen unterzubringen. D i e Hoffaktoren waren die Vermittler, Landesherr und Hoffaktoren verdienten dabei. Ebenso w u r d e n die Kasseler Hoffaktoren herangezogen für die Versilberung der Wechsel, m i t denen die bei den Bankhäusern van Notten i n London u n d Amsterdam eingehenden Subsidiengelder zur Kriegskasse gezogen wurden. Um die Wechselkurse nicht zu sehr zu drücken, verfuhr man i n der Weise, daß man Wechsel über kleinere Beträge an den Meistbietenden verkaufte. D i e Kasseler Hoffaktoren w u r d e n zu diesem Zweck gewöhnlich zur Abgabe ihres Angebotes auf das Kriegszahlamt bestellt; bei größeren Posten gab man den kapitalkräftigsten Bankiers hohe Kredite auf mehrere Monate, i n der Regel bis zur nächsten F r a n k f u r t e r Messe. A n den Anleihegeschäften der Landgrafen und Kurfürsten waren auch die christlichen Bankhäuser i n F r a n k f u r t a. M. stark beteiligt; sie arbeiteten m i t den Kasseler Hof faktoren zusammen, die
Hoffaktoren d. Kurfürsten W i l h e l m γ. Hessen-Kassel i m Jahre .1805
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meist die Unterbringung eines Teiles der Partialobligationen übernahmen. Neben den F r a n k f u r t e r Bankiers Bethmann, Rüppel u n d Harnier und dem Oberhofagenten Meyer Amschel Rothschild gehörten Feidel u n d der Oberkriegszahlamtsagent Michel Simon zu den Hoffaktoren, m i t denen die Kriegskasse i n der Hauptsache ihre Ankäufe in Obligationen tätigte. D i e übrigen Kasseler H o f j u d e n traten i n Anleihegeschäften stark zurück; Feidel D a v i d w a r als K o n k u r r e n t schon 1801 durch T o d ausgeschieden. So k a m von den anderen Hoffaktoren eigentlich n u r der Oberhof- u n d Katnmeragent Moses Joseph Büding i n Betracht. D i e Oberrentkammer bemühte sich sogar darum, die anderen H o f j u d e n als Konkurrenten Michel Simons heranzuziehen. Als zum Beispiel i m November 1801 die Oberrentkammer die Erlaubnis erhielt, 250 Partialobligationen der beim Bankhaus Bethmann eröffneten dänischen Anleihe anzukaufen, nahm sie nicht das Angebot Michel Simons an, sondern verteilte den Auftrag, indem Michel Simon 100, Moses Joseph B ü d i n g 60, Sußmann Abraham 60 und Herz Meyer m i t Juda Salomon Abraham 30 Stück aufkaufen durften. Bei diesen Anleihegeschäften nahm das Frankfurter Haus Meyer Amschel Rothschild und Söhne zunächst eine bescheidene Stellung ein. Feidel D a v i d und Michel Simon hatten am Kasseler Hofe u m 1800 eine angesehenere Stellung als Rothschild. Als i m Jahre 1789 Meyer Amschel Rothschild beim Verkauf englischer Wechsel zum erstenmal ein K r e d i t von 800 Pfund Sterling eingeräumt wurde, erhielt Feidel D a v i d 25 000 Pfund kreditiert. Michel Simon aber hatte bis Ende 1802 für höhere Summen Partialobligationen an die hessischen Kassen verkauft als Rothschild. E i n Vergleich der den F r a n k f u r t e r und Kasseler jüdischen u n d christlichen Bankiers gewährten Lombarddarlehn zeigt am einfachsten die Bedeutung der i n Kassel ansässigen Hoffaktoren für die Finanzgeschäfte der Landgrafen. Bis zum Jahre 1803 hatten gegen H i n t e r legung von Wechseln u n d Wertpapieren aus der Kriegskasse erhalten : Die Finanzräte a) b) c) d) e) f)
22 000 22 000 22 000 150 000 504 000 300 000
fl. fl. fl. fl. fl. fl.
1 020 000 fl.
zu zu zu zu zu zu
4 4 4 4 4 4
Rüppel und
Harnier
Proz. Wechsel Ende 1799 Proz. Wechsel Ende 1799 Proz. Wechsel vom 22. August 1800 Proz. Wechsel vom 22. August 1801 Proz. Wechsel Ende 1801 Proz. Wechsel September 1802
Hoffaktoren d. Kurfürsten W i l h e l m
. Hessen-Kassel i m Jahre 805
H o f f a k t o r M e y e r A m s c h e l R o t h s c h i l d u. S ö h n e a) 288 000 fl. zu 4 Proz. Wechsel November 1801 b) 200 000 fl. zu 4 Proz. Wechsel Juli 1802 488 000 fl. Oberkriegsz a) 9 000 fl. zu 4 b) 22 000 fl. zu 4 c) 63 000 fl. zu 4 d)
ahlamtsage Proz. Wechsel Proz. Wechsel Proz. Wechsel
200 000 fl. zu 4 Proz.
nt Michel Simon Ende 1799 Ende 1799 Dezember 1801
Wechsel 2. September 1802
294 000 fl. K r i e g s z a h l a m t sagent Herz M e y e r und Schutzjude Juda Salomon Abraham 45 000 fl. zu 4 Proz. Wechsel November 1801 Schutz jude Nathan Simon Michel 16 000 fl. zu 5 Proz. Wechsel Juli 1801 Die B e t e i l i g u n g der Hessischen Hauptkassen durch Faktoren an den in Frankfurt und Amsterdam negotiierteri Anleihen I. H o f f a k t o r u n d O b e r h o f a g e n t M e y e r Amschel Rothschild Jahr Angekauft von Nominal-Betrag 1796/97 1799 1801 1802 1802 1802
1803
1804
100 Obligationen der F r a n k f u r t e r Anleihe zu 40/0 (Kr.K.) 46 Preuß.-Wittgensteinsche Obligationen zu 40/0 (Kabinetts-Kasse) 150 Dänisch-Bethm. Oblig. zu 4V2